ee, . u De ie a ee BE nen Ze Er An . IE z E - . ee, - EEE nn . ; re y = Re as a > te A . De un ee we ie ui 5 ne j BAMREN LE: ee A en nee 3 fe Ah, Beer ELLE man 4 ee LER. Nr En on a yer rs N . 2% BEREETRERE A ai EEE DT een re Ener Tenkr ae a 5 TEE ER rn ee n er Per uf Feiner A : 5 4 RE et . Re, R EEE EEE ee a Een BER a he ENTE £ Ber nun 23 DENKSCHRIFTEN DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE KLASSE SECHSUNDACHTZIGSTER BAND I. HALBBAND. WIEN AUS DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN HOF- UND STAATSDRUCKEREI 1911. FR “r0,10. A EX-HEREDITATE | IOSEPHI-TREITL| Inhalt. Physiologische Ergebnisse der im Jahre 1906 durchgeführten Monte Rosa-Expedition. (Brete Blalıı,) Seite 037082 \eitalletuuinez (NIS Baltelin)re ne ee 1 Durig und Kolmer: Über das Verhalten von Puls, Blutdruck und Körpertemperatur. (Mit arünzentarelnsunede NarelnsmizSphyemosrammen) Ze en Reichel: Über die Dauer einfacher psychischer Vorgänge unter dem Einflusse des Höhenklimas _ und über die psychische Alkoholwirkung in großen Höhen. (Mit 4 Tafeln) . ..... 79 Dino: \Ülser een \Bcheilstmesumeasz (uille ıı desto) a le Ieichel Beobachtungen üben Euftionisation. (Mic. L Kurventatel) 2 2 2 nenn 2 2838 Durig: Über den Gaswechsel beim Gehen auf horizontaler Bahn. (Mit 2 Textfiguren) . . . . 241 Durig: Über den Gaswechsel beim Gehen auf ansteigender Bahn. (Mit I Textfigur). . . . . 293 Durig: Über das Verhalten der Atemmechanik und der Alveolartension . . 2 2.2.2..2...8349 ter Ga rn 2 PHYSIOLOGISCHE ERGEBNISSE DER IM JAHRE 1906 DURCHGEFÜHRTEN MONTE ROSA-EAPEDITION VON PROF. DR A. DURIG. [2 UNTER MITWIRKUNG VON PRIVATDOZENT DR W. KOLMER, ING.R. RAINER, DR. H. REICHEL (WIEN) UND PROF. DR. W. CASPARI (BERLIN). BE EN IE JEIEIGENKE VON A. DURIG. Mit 5 Tafeln. VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 10. DEZEMBER 1908. Ik Versuchsplan. In zwei umfangreichen, auch für weitere Kreise berechneten und daher populär gehaltenen Mono- graphien! haben Mosso und Zuntz? (dieser mit seinen Mitarbeitern) die Ergebnisse ihrer wissenschaft- lichen Forschungen am Menschen im Hochgebirge zusammengestellt. Speziell im Werke »Höhenklima und Bergwanderungen« fand die ganze vorliegende Literatur gründliche Berücksichtigung und auch die gesamte Versuchsmethodik wurde daselbst an der Hand von Abbildungen ausführlich besprochen. Trotz des großen wissenschaftlichen Materiales, das durch die älteren Arbeiten französischer Autoren, durch Mosso, Zuntz, Jaquet und deren Schüler gefördert wurde, das auch in den beiden Büchern niedergelegt erscheint, bedurften doch gar manche Fragen über die Wirkung des Höhenklimas auf den Menschen noch sehr des Ausbaues, da sich die Versuche in sehr großen Höhen bis dahin stets nur auf kurze Perioden erstreckt hatten und auch die Methodik für das Arbeiten unter solchen Bedingungen teilweise erst geschaffen und ausgebildet werden mußte. So schien es nach der Expedition des Jahres 1901 vorerst wichtig, die bereits damals auf dem Monte Rosa begonnenen Respirationsversuche, die noch sehr unter der Unvollkommenheit der Apparate gelitten hatten, neuerdings aufzunehmen und durch exakte Beob- achtungen über den Gaswechsel zu ergänzen. 1 Mosso: Der Mensch auf den Hochalpen. Leipzig, Veit und Co., 1899. 2 Höhenklima und Bergwanderungen in ihrer Wirkung auf den Menschen, von Zuntz, Loewy, Müller und Caspari, Bong, 1906. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 1 2 A. Durig, In drei früheren Mitteilungen! ergab sich die Gelegenheit, über Versuche bei Körperruhe und Arbeit zu berichten, die ich zu diesem Zwecke zum Teile mit meinem verehrten Lehrer N. Zuntz auf dem Monte Rosa in 4560 m Höhe und auf Col d’Olen in 28562 Höhe ausführte. In Ver- suchen auf der Sporner Alpe und dem Bilkengrat in Höhen von 1300 bis 2400 m wurden diese weiter vervollständigt. An die Höhenversuche schlossen sich Kontrollversuche in der Ebene in Wien und in Berlin an, so daß damit ein guter Überblick über den Gaswechsel einer Versuchsperson in den ver- schiedensten Höhen gegeben war. Auch die Durchführung eines Stoffwechselversuches in großer Höhe harrte noch der Erledigung und schien als Fortsetzung der Arbeiten der früheren Autoren, speziell der von Zuntz und seinen Mit- arbeitern auf dem Brienzer Rothorn wie jener von Jaquet auf dem Chasseral, höchst erwünscht, um eine genaue Bilanz über die Einnahmen in der Kost und die Ausgaben in Harn und Kot unter sonst möglichst normalen Bedingungen aufstellen zu können und einen Einblick in die Ausnützung der Kost in Höhen “ über 4000 »n zu erhalten. In einem kurzdauernden Versuch beschäftigte sich inzwischen bereitsG. v. Wendt? mit dieser Frage, indem er zugleich auch den Salzstoffwechsel mit in den Kreis seiner Untersuchungen zog. Das Problem der Bergkrankheit ist es natürlich, das bei Studien im Hochgebirge unsere Aufmerk- samkeit ganz besonders fesselt. Bei der Mannigfaltigkeit der Erscheinungen, die teils sich widersprechend von verschiedensten Seiten beschrieben wurden, war auch die Beschaffung neuen einwandfreien Materiales hiefür dringend erforderlich. Schon im Jahre 1903, als Zuntz gemeinsam mit mir behufs Klarstellung der Gaswechselverhält- nisse wieder auf dem Monte Rosa weilte, wurde von uns der Plan eingehend erwogen, die Stoffwechsel- versuche der Expedition des Jahres 1901 neuerlich aufzunehmen und exakt und einwandfrei zum Abschluß zu bringen. Hatten die Pioniere des Stoffwechselversuches auf dem Monte Rosa im Jahre 1901 noch unter einer Summe ungünstiger Einflüsse zu leiden gehabt, die wesentliche Störungen in ihren Versuchsresultaten zur Folge hatten, und war auch der Aufenthalt ein recht kurzer gewesen, so sollten auf Grund der neuen Erfahrungen über das Arbeiten unter so exzeptionellen Verhältnissen, wie solche in einer Höhe von 4560 m in unseren Breiten herrschen, die Experimente neuerdings aufgenommen werden in der Hoff- nung, nun in lang ausgedehnter Versuchsreihe unter Berücksichtigung der verschiedensten, voraussicht- lich in Betracht kommenden Faktoren eindeutige und sichere Ergebnisse zu erzielen. Vor allem andern sollte auf die Eignung der Versuchspersonen zu einem solchen Versuche beson- dere Rücksicht genommen werden und für den Transport und die Ausrüstung so vorgesorgt sein, ferner die Nahrung so gewählt werden, daß Störungen des Versuches von vornherein nahezu ausge- schlossen schienen. Die ursprüngliche Absicht, mehrere der Herren, die an den Versuchen im Jahre 1901 teilgenommen hatten, auch für die neue Expedition zu gewinnen, ließ sich leider nur teilweise verwirk- lichen, da sich von ihnen infolge anderweitiger Abhaltungen der übrigen Herren bloß Prof. Wilhelm Caspari aus Berlin und Privatdozent Dr. W. Kolmer der Expedition anschlossen. Dadurch war aber allerdings auch die Möglichkeit gegeben, noch zwei körperlich leistungsfähige Versuchspersonen zur Expedition heranzuziehen, von denen zu erwarten war, daß sie zu längerem Verweilen im Hochgebirge geeignet seien. Die Vorarbeiten für die Versuche begannen bereits im Herbst 1905 mit der Beschaffung der Lebens- mittel für den Stoffwechselversuch. Es sollte diesmal, abweichend von der bisherigen, gewöhnlichen Gepflogenheit, nicht eine täglich gleichartige Kost gewählt werden, da man nach unseren bisherigen Erfahrungen im Hochgebirge gar manches nur mit Widerstreben oder gar nicht genießt, was man in der Ebene mit Behagen verzehrt, wie sich dies zum Beispiel bei unseren grünen Erbsen herausstellte. Während wir die vorzüglichen jungen Erbsen in Wien gerne auf unserem Mittagtisch sahen, verzichteten 1 Zuntz u. Durig, Archiv für Anat. und Physiol., 1904, Suppl., p. 417. — Durig, Pflüger’s Archiv. Bd. 113, p. 213 u. 341. 2 Nägra iakttagelser öfver höjdklimatets inflytande pä ämnesomsättningen hos människan. Finska Läkaresällskapes Handlingar, Bd.L, p. 226. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 3 wir alle am Monte Rosa auf diese nach einem einzigen Versuche und nahmen sie nie wieder ins Kost- programm auf. Außerdem war auf eine gewisse Abwechslung in der Kost Rücksicht zu nehmen, so daß dem einzelnen innerhalb eines natürlich begrenzten Programmes ein gewisser Spielraum für freie Wahl der Kost eingeräumt blieb. Aus demselben Grunde wurden Reizmittel in die Nahrung aufgenommen, um das sonst eintönige Programm etwas schmackhafter machen zu können und nicht der Gefahr einer so weitgehenden Unterernährung durch Appetitmangel ausgesetzt zu sein, wie dies bei den Versuchen im Jahre 1901 der Fall gewesen war. Bei der Bestellung war natürlich auch von vornherein für die Anschaffung hinreichender Quanti- täten eines jeden Nahrungsmittels vorzusorgen, da diese nicht nur für den Versuch auf dem Monte Rosa, sondern auch für die sich anschließenden Vor- und Nachversuche sowie für die Analysen der Kost zu Beginn und nach Ende der Versuchsreihen ausreichen mußten. Eine Hauptfrage bildete die Deckung des Eiweißbedarfes. Hiefür kam in erster Linie die bereits im Jahre 1901 erprobte Hackfleischkonserve von Michel in Straßburg in Betracht, die über Angabe von Zuntz verfertigt worden war. Für unseren Versuch wurden 54 %g Rindfleisch und ebensoviel Schweine- fleisch zerhackt und mit der Maschine vermischt, je 150g dieses Breies dann unter Zutat von Salz zu einem Beefsteak geformt und zwei derselben mit 50 g Butter gebraten, in einer Blechbüchse sterili- siert und verlötet. Diese Konserven erwiesen sich leider bald als recht wenig schmackhaft und wurden schließlich fast mit Mißbehagen gegessen. Sie dürften aber durch Zutat von etwas Gewürz außer Salz allein sowie durch Beimengung eines Teiles Kalbfleisch wesentlich schmackhafter gemacht werden können. Daneben schien es nötig, noch für weitere eiweißreiche Nahrungsmittel vorzusorgen, um auch über eine andere Möglichkeit zur Deckung des täglichen Stickstoffbedarfes zu verfügen. Auch war es wünschenswert, bei Feststellung der täglichen Stickstoffration eine größere Freiheit in der Wahl zu erzielen. Vorerst dachten wir an Eier und Eierkonserven. Wegen der Ungleichmäßigkeit der Zusammen- setzung der Eier selbst bei Hühnern derselben Rasse und derselben Fütterung mußte diese Absicht auf- gegeben werden. Auch den Eierkonserven brachten wir nach einigen Kostproben wohl mit Grund wenig Vertrauen entgegen. Die Versuche, die wir daraufhin mit Wurstkonserven anstellten, ermutigten uns ebenfalls nicht zur Einführung dieser Nahrung in das Kostprogramm, obwohl wir die Fabrikate einiger Firmen in Betracht gezogen hatten. Entweder konnte man nach Eigenheiten im Geschmack, wie zum Beispiel bei den Frankfurter Würsten von Türk und Papst, voraussetzen, daß das für seltenen Genuß leckere Fabrikat bei wiederholtem Essen bald widerstehen werde, oder aber es war die Wurst zu wenig homogen und von verschiedenem Wasser- oder Fettgehalt am Rande und in derMitte, so daß wir sie für unsere Zwecke nicht verwenden konnten. Ein Ausweg fand sich in der Verwendung von Käse, von dem wir dreierlei Sorten beschafften: einen fetten Schafkäse (Brimsenkäse), einen Roquefortkäse und Parmesankäse, sämtliche von ganz vorzüglicher Qualität. Brimsenkäse und Roquefort wurden mit der Mischmaschine zu einem homogenen Brei verarbeitet und in Büchsen verlötet. Der trockene Parmesan- käse wurde in Salz gepackt, wobei sein Wassergehalt, wie ich mich durch Kontrollbestimmungen zu Beginn des Versuches auf dem Gipfel und in einer Analysenprobe, die vier Monate später zur Unter- suchung gelangte, überzeugte, fast ganz konstant war, Zudem wurden von diesem Käse nur ab und zu von Rainer beträchtlichere Quantitäten verzehrt. Der Roquefortkäse, auf den wir uns wegen des vorzüg- lichen Geschmackes besonders gefreut hatten, mußte leider aus dem Versuch ausgeschaltet werden, da in den verschlossenen Büchsen Gärungsvorgänge auftraten. Wir fanden jedoch mit den beiden anderen Käsesorten reichlich das Auslangen. Als vierte Speise für die Regelung der Stickstoffzufuhr führten wir noch eine sehr schmackhafte Gansleberkonserve von Michel in Straßburg ein, die sich während des ganzen Versuches vorzüglich bewährte und aus einem Gemisch von Gansleber, Fleisch, Fett, Reis und Wasser bestand. Sie war in Mengen von zirka 70 g abgefüllt und in Büchsen verlötet; sämtliche Büchsen stammten aus einer einzigen Herstellung, ihr Inhalt stellte einen vollständig homogenen Brei vor. Viel Sorge machte uns durch geraume Zeit die Deckung des Bedarfes an Brot. Es ist natürlich im Stoffwechselversuch nicht zulässig, gewöhnliches gebackenes Brot einzuführen, falls man nicht von 15 4 A.:Durig, diesem tägliche Analysenproben aufbewahrt und dann verarbeitet. Aber auch dann bleibt der wesent- lich verschiedene Wassergehalt der einzelnen Teile des Brotes und die wechselnde Menge von Brotrinde die mitverzehrt wird, immer noch eine bedenkliche Komplikation im Versuch. Ganz besonders schwierig, wenn nicht unzulässig, gestaltet sich daher die Verwendung von Brot bei Versuchen auf dem Monte Rosa. Wir versuchten daher, das vom Deutschen und Österreichischen Alpenverein empfohlene Kon- servenbrot, das sich als sehr schmackhaft erwies. Es zeigte sich jedoch dabei, daß auch dessen Wasser- gehalt kein gleichmäßiger ist und daß dessen Haltbarkeit bei der bisherigen Art der Herstellung trotz der Einlötung in Blechbüchsen eine recht beschränkte ist. Wir fanden Musterbüchsen, die wir einige Monate nach Erhalt eröffneten, teilweise verschimmelt. Es blieb daher nichts anderes übrig, als auf die Brotkonserve und das Brot überhaupt ganz zu verzichten. Auch von der Verwendung von Zwieback sahen wir nach den Resultaten eines Vorversuches ab. Wir entschlossen uns daher schließlich, den ganzen Brotbedarf durch Biskuits zu decken. Von diesen nahmen wir zweierlei Art mit, nämlich ein Kaffeebrot von Hildebrandt in Berlin und Albertbiskuits von Thiele in Berlin. Obwohl wir an manchen Tagen, der Forderung nach Deckung des Kalorienbedarfes gehorchend, große Quantitäten davon verzehren mußten, täglich aber mindestens 200 g Biskuit aßen, erregten sie bei uns nie Widerwillen. Die Frage der Butter machte uns ebenfalls einige Sorgen. Es wollte keine Firma garantieren, daß die Butterkonserve trotz des Sommertransportes durch Italien ?/, Jahre halten werde. Wir entschlossen uns daher, ganz auf eine solche zu verzichten und jeweils ein gutdurchgeknetetes Butterquantum zu kaufen und hievon alle Male eigene Analysenproben zu verarbeiten. Nach unseren Erfahrungen im Hochgebirge legten wir besonderen Wert auf die Einführung von Suppen in das Kostprogramm und es verging auch kein Tag während der ganzen Versuchsserien, an dem wir nicht Suppen gegessen hätten. Die Möglichkeit, auf diese Weise am Monte Rosa, wo man doch ganz auf Eisschmelzwasser angewiesen ist, einen guten Teil des erforderlichen Flüssigkeitsquantums in ange- nehmer Form decken zu können, wie auch die Schmackhaftigkeit, die man der Suppe verleihen kann, ließen deren Verwendung besonders zweckmäßig erscheinen. Wir sahen auch hiebei auf die Möglichkeit genügender Abwechslung und sorgten daher für einen Vorrat an Erbsensuppe, Gerstensuppe und Reibteig- suppe. Die Reibteigsuppe wurde aus getrocknetem Eierteig und Maggis Bouillonkapseln, beziehungs- weise trockenem Bouillonextrakt hergestellt, wozu uns die Frima Maggi in zuvorkommenster Weise ihre vorzüglichen Suppenkonserven kostenlos zur Verfügung stellte, die aus einer einzigen Herstellung stammten und daher auch vollständig homogen waren. Es ist gewiß nicht überflüssig, hervorzuheben, daß uns dieser Teil der Mahlzeit jedesmal ganz besonderes Behagen bereitete. Außer diesen Hauptspeisen war auch für Zuspeisen Vorsorge getroffen, die teils als Kalorien- spender, teils als Anregungsmittel eingeführt wurden. Hieher gehören die Trockenkartoffeln von der Hohenlohe’schen Nährmittelfabrik in Berlin, die zur Herstellung von Kartoffelpüree dienten, Maccaroni, Reis, ferner Pflaumenmus (österreichischer Powidl), Preiselbeeren, letztere beide in Blechbüchsen, ferner Schnittbohnen und Erbsen als Dörrgemüse und endlich Essig und Senf. Für das Frühstück war außer- dem mit Thee und Orangenmarmelade (von Lenzburg, Schweiz) vorgesorgt. Als energiespendende Zulagen bei Marschversuchen sollten speziell Butter, Zucker und Schokolade verwendet werden. Unser Kostprogramm näherte sich also ziemlich dem eines Alltagshaushaltes. Als Getränk diente bei allen Ver- suchen auf dem Monte Rosa ausschließlich das durch Schmelzen von Eis gewonnene Wasser. Bei den Versuchen an anderen Orten hatten wir natürlich Brunnenwasser zur Verfügung. Das Eiswasser machten wir uns in Form von Tee genießbarer. Es ist gewiß gegenüber gegenteiligen Angaben nicht überflüssig zu erwähnen, daß wir während mehr als Monatsfrist unseren gesamten Flüssigkeitsbedarf mit Schmelz- wasser deckten, ohne hiedurch auch nur die leiseste Störung in unserem Befinden herbeizuführen. Auch für einen kleinen Vorrat an Wein trugen wir in den Versuchen am Monte Rosa Vorsorge. Jedoch genossen nur zwei von uns ab und zu ganz geringe Mengen. Da die Kost dem Geschmacke von fünf Versuchspersonen anzupassen war, mußte uns daran gelegen sein, sie so zu wählen, daß sich nicht etwa später bei dem einen oder anderen Teilnehmer eine Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 6) Abneigung gegen eines der Nahrungsmittel einstellen werde. Eine solche wäre imstande gewesen, das ganze Versuchsprogramm umzustoßen. Es war daher nötig, auf die Auswahl der Nahrungsmittel, deren Haltbarkeit und Bekömmlichkeit ein so großes Augenmerk zu richten. Natürlich war dabei nie außer acht zu lassen, daß die Kost einer quantitativen Untersuchung zugänglich sei und diese auch quantitativ ohne Verluste oder Reste aufgegessen werden könne. Dieser Anforderung genügten, wie die Erfahrung zeigte, die ausgewählten Nahrungsmittel in vollem Umfange. Die sämtlichen erwähnten Nahrungsmittel wurden in Serien von Analysen zu Beginn und Ende des Versuches untersucht, wobei zum Beispiel von den Fleischkonserven, bei denen es besonders wichtig war, sich von der Gleichartigkeit der Herstellung durch die Fabrik zu versichern, im ganzen etwa 30 Büchsen zur Untersuchung gelangten. Eine Reihe weiterer Analysen erwuchs aus dem Umstande, daß einige der für den Nachversuch in Wien zurückbehaltenen Nahrungsmittel aus dem Depot entwendet wurden und die hiefür zum Ersatz bestellten analogen Konserven neuerdings auf Homogenität und Zusammensetzung untersucht werden mußten. Bezüglich der Fleischkonserve wäre noch zu erwähnen, daß die Büchsen ein wesentlich verschiedenes Bruttogewicht aufwiesen, sie enthielten jedoch trotzdem quantitativ dieselben Mengen von Stickstoff, Fett und Kalorien. Der Unterschied im Gewicht war also nur auf größeren oder geringeren Wasserverlust der Konserve bei der Herstellung zurückzuführen, was für uns jedoch gleichgültig war, da jede Büchse vor der Mahlzeit gewogen wurde. Zur Feststellung des Stoffwechsels der einzelnen Versuchspersonen sollte der ganze große Versuch mit einer Stoffwechselversuchsserie im Sommer in der Ebene eingeleitet werden, für den eine Woche in Aussicht genommen war und der natürlich mit genau derselben Kost wie sämtliche späteren Versuche durchzuführen war. Hieran hatte sich dann der eigentliche Versuch in der Capanna Margherita auf dem Gipfel des Monte Rosa in 4560 m Höhe anzuschließen. Zu diesem Zweck sollten sich aber zwei der Versuchsteilnehmer möglichst unvermittelt aus der Ebene auf den Gipfel begeben, während zwei andere Mitglieder der Expedition sich vorher zu trainieren hatten, also bereits vorbereitet auf den Gipfel gelangen sollten. Wir wollten damit unsere Fragestellung erweitern und einen Einblick gewinnen, wie sich die einzelne Person beim jähen Übergange aus der Ebene ins höchste Hochgebirge verhält; wir konnten hoffen festzustellen, ob hiebei heftigere Stoffwechselstörungen auftreten. Durch den Stoffwechselversuch auf dem Monte Rosa waren verschiedene Fragen zur Entscheidung zu bringen, dementsprechend mußte der Aufenthalt daselbst in mehrere Abschnitte zerlegt werden. Vor- erst sollte von allen Teilnehmern gemeinsam und unter denselben Verhältnissen bei Körperruhe nur unter Ausführung der im täglichen Leben, bei Zimmeraufenthalt unvermeidlichen Bewegungen ein Ruhestoffwechselversuch durchgeführt werden. Parallel mit uns sollte ein Versuchsteilnehmer am Fuße des Monte Rosa, in Alagna, einen anologen Stoffwechselversuch ausführen. Der Ruheperiode hatte sich eine Arbeitsperiode anzureihen, die zur Feststellung des Einflusses täglicher, verschieden großer körperlicher Arbeit auf den Stoffumsatz in diesen Höhen dienen sollte. Dabei war die Arbeit bei den Versuchsteilnehmern so zu regeln, daß zwei derselben täglich eine annähernd gleich große körperliche Arbeit in Form eines Marsches von vier bis fünf Stunden unter Überwindung einer Steigung von rund 1000 m auszuführen hatten, während die beiden anderen Versuchsteilnehmer nur halb so weite Wege zurücklegen durften. Gleichlaufend damit waren auch für die Versuchsperson in Alagna während derselben Tage Versuchsmärsche, also ein Arbeitsstoffwechselversuch in Aussicht genommen. Um eine eventuelle Nachwirkung schwerer oder selbst leichter körperlicher Arbeit feststellen zu können, war anschließend eine Übergangsperiode gedacht, die eventuelle Veränderungen im Ruhestoff- wechsel gegenüber der ersten Ruheperiode erkennen lassen mußte, Bis zu diesem Zeitpunkte mußte wie bei der Durchführung der Vorversuche in Wien die Zufuhr von Stickstoff bei allen Teilnehmern täglich in derselben Höhe gehalten werden, wie sie der Gewohnheit des einzelnen im Alltagsleben außerhalb des Stoffwechselversuches entsprach. Im Hinblick auf die zu erwartenden Veränderungen im Stickstoffumsatz beim Aufenthalt im Hochgebirge sollte in der sich nun 6 A. Durig, anschließenden Versuchsperiode wie auch im weiteren Verlauf bei zweien der Teilnehmer eine weit- gehende Reduktion der Eiweißzufuhr eintreten und die Einstellung auf ein niedrigeres Stickstoffgleich- gewicht erstrebt werden, um feststellen zu können, ob auch bei einer so verminderten Zufuhr noch ein Stickstoffansatz nachzuweisen sei. ’ Unter diesen Verhältnissen sollte nun schwere körperliche Arbeit geleistet werden und dabei sämt- liche, auch die als recht schwierig bekannten Gipfel der Monte Rosa-Gruppe im Stoffwechselversuch begangen werden. Während dieser Periode sollte auch der Versuchsteilnehmer in der Talstation den Aufstieg zum Monte Rosa unternehmen und wieder in das Tal zurückkehren, so .daß in dieser Ver- suchsserie Ergebnisse über die Arbeit unter dreierlei verschiedenen Versuchsbedingungen zu erwarten waren. Auch an diese Versuchsserie hatte sich eine Periode unter körperlicher Ruhe anzureihen, die wieder der Feststellung eventueller Nachwirkungen dienen sollte. Anschließend war noch eine Schluß- periode auf dem Monte Rosa gedacht, um einen Vergleich zwischen dem Stoffwechsel am Beginn und am Ende des Höhenaufenthaltes ausführen zu können und eventuelle Anpassungserscheinungen zu erkennen. Dem weiteren Versuchsplan zufolge mußte mit der Stunde des Abschlusses dieser Periode der Abstieg nach Alagna angetreten werden, um daselbst noch einen Ruhestoffwechselversuch zur Klärung der Nachwirkung des Hochgebirgsaufenthaltes auszuführen. Es schien dies zweckmäßiger als etwa noch weiter bis in die Poebene abzusteigen, da ein Versuch daselbst durch die große dort herrschende Hitze kein klares, direkt vergleichbares Bild hätte liefern können und auch die lange Fahrt von Alagna bis zur Tiefebene die Unmittelbarkeit des anschließenden Versuches gestört hätte. Als Kontrolle zu den Sommerversuchen war des weiteren eine Stoffwechselreihe im Winter in Wien geplant in der sowohl Arbeits- als Ruhestoffwechsel zu untersuchen war. Dadurch schien es möglich, einerseits einen Vergleich zwischen dem Umsatz bei derselben Ernährung in den heißen Sommertagen des Juli gegenüber denen des Winters durchführen zu können, anderseits wieder unter Temperaturen und Verhältnissen in der Ebene zu arbeiten, wie sie während des Sommers auf dem Monte Rosa bestehen. Auch die Versuchsmärsche, die im Winter in Wien auf Schnee im selben Ausmaße wie auf dem Monte Rosa auszuführen waren, mußten direkt vergleichbares Material mit den auf dem Gipfel gewonnenen Resultaten geben. Um aber für die Verhältnisse des Alltagslebens entscheiden zu können, inwieweit die Einwirkung des Höhenklimas bei Sommerstationen in Betracht kommt, die man als sogenannte Sommer- frischen aufzusuchen pflegt, und inwieweit dort eintretende Änderungen im Stoffwechsel etwa auf die daselbst herrschende niedere Temperatur gegenüber der Ebene zurückzuführen seien, war anschließend an den Winterversuch in Wien ein Ruhestoffwechselversuch auf dem Semmering in Aussicht genommen, nach dessen Abschluß noch eine kurze Nachwirkungsperiode in Wien zur Analyse gelangen sollte, um das eventuelle Abklingen der reinen Höhenwirkung beobachten zu können. Der Stoffwechselversuch sollte sich diesmal jedoch nicht bloß wie meist bisher auf die Bestimmung des Stickstoff-, Fett- und Kalorienumsatzes erstrecken, sondern auf wesentlich breiterer Basis auf- bauen. Die Anschauung, daß im Hochgebirge unter dem Einflusse des Sauerstoffmangels ein veränderter Eiweißabbau stattfindet und speziell im Harn Aminosäuren auftreten, gibt dazu Veranlassung, dem Stick- stoffumsatz näherzutreten und gesonderte Analysen der wichtigsten Bestandteile des Harns und des Kotes auszuführen. Demnach sollte die Stickstoffverteilung im Harn durch Analyse des Gesamtstick- stoffes, ferner jener von Harnstoff, Harnsäure und Ammoniak bestimmt werden, um dadurch den Rest- stickstoff berechnen zu können, und ferner war gesondert auf das Vorhandensein von Aminosäuren zu prüfen. Außerdem wollten wir den Salzstoffwechsel ins Auge fassen, um Besonderheiten im Eiweiß- stoffwechsel, beziehungsweise der Frage nach der Form, in der der Stickstoff zurückgehalten wird, näherzutreten. Deshalb wollten wir auch in der Kost wie in sämtlichen Ausscheidungen Phosphor, Schwefel, Calzium und Magnesium bestimmen. Die Absicht, auch Eisen, Natrium und Kalium mit in die | Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. Analysen einzubeziehen, wurde jedoch aufgegeben, da dies, wie später ausgeführt werden wird, nur zu sehr unsicheren Ergebnissen hätte führen können. Der Versuchsplan war aber mit dem beabsichtigten Stoffwechselversuche allein noch nicht abge- schlossen, sondern es wurde auch die Durchführung von Respirationsversuchen während sämtlicher Perioden in Aussicht genommen, um vor allem andern jene Lücken auszufüllen, die Zuntz und ich auch im Jahre 1903 noch offenlassen mußten. So war die Frage nach dem Einflusse, den die Temperatur auf dem Monte Rosa auf die Größe des Gaswechsels ausübt, zu untersuchen und eine eventuelle Nachwirkung des vorangegangenen Höhenaufenthaltes bei einem plötzlichen Abstieg in die Tiefe festzustellen, wobei zu beachten ist, daß die Höhendifferenz zwischen dem Gipfel und Alagna nahezu 3300 7 beträgt. Auch die Frage nach der Größe des Arbeitsgaswechsels schien noch einiger wesent- licher Ergänzungen zu bedürfen, was sich nach Abschluß meiner Versuche auf der Sporner Alpe ergeben hatte. Es war daher nötig, neuerlich Horizontalkomponenten in größerer Höhe zu bestimmen und neue Beiträge über den Aufwand bei der Steigarbeit zu liefern. Jedenfalls schien es auch wertvoll, an jenen Personen den Gaswechsel in den großen Höhen zu beobachten, die schon bei der früheren Expe- dition untersucht worden waren, ferner mußten doch neuerlich Respirationsversuche ausgeführt werden, um den Erfolg des Aufenthaltes bei so lange ausgedehntem Verweilen auf dem Gipfel erkennen zu können und dabei zu verfolgen, ob Anpassungen an das Höhenklima hiebei eintreten. Die Versuchsperioden der früheren Autoren, ausgenommen den Versuch von Zuntz und mir, hatten ja auf dem Monte Rosa stets nur wenige Tage gedauert. Wenn schon im Jahre 1903 unsere Anschauungen über den Zusammenhang zwischen bekannten klimatischen Faktoren und dem Gaswechsel dahin gediehen waren, daß es unwahrscheinlich sei, daß irgendeiner jener Faktoren, die bisher der messenden Beobachtung zugänglich sind, in. sinnfälligem Zusammenhäng mit den Erscheinungen des Gaswechsels stehe — ich sehe dabei natürlich von dem Absinken des Luftdruckes ab — so schien doch noch immer die Möglichkeit einer Abhängigkeit der Erscheinungen vom Potentialgefälle oder der lonisation der Luft möglich, weshalb wir beabsichtigten, die Respirationsversuche mit exakten derartigen Messungen in Zusammenhang zu bringen. Endlich sollte die bereits von Mosso angeregte Frage über die Wirkung des Alkohols im Hochgebirge zur Unter- suchung gelangen und damit im Zusammenharge auch der eigentümliche Einfluß des Höhenklimas auf geistige Leistungen untersucht werden. Es hatte nämlich ganz besonders Mosso uns gegenüber wieder- holt hervorgehoben, daß man während des Aufenthaltes in der Capanna Margherita vergeßlicher sei und daß dabei das Namensgedächtnis auffallend leide. Wir wollten zu diesem Zweck die Leistung des Gehirns gegenüber Erinnerungsbildern und zwar in bezug auf die Erinnerung an vorher gegebene Zeitintervalle wie in bezug auf Zahlen- und Silbengruppen prüfen und endlich auch Bestimmungen über die Reaktions- zeit ausführen. Natürlich stand die Frage der Bergkrankheit mit im Vordergrund des Interesses und es hat sich —fast möchte ich sagen — dabei die Hoffnung erfüllt, daß Dr. Kolmer, der auch im Jahre 1901 auf dem Monte Rosa bergkrank geworden war, wieder bergkrank werde, so daß wir während unserer ganzen Versuchsserie einen bergkranken Teilnehmer zum Vergleich mitbeobachten konnten. Auch die Frage, ob es sich direkt nachweisen lasse, daß der Sauerstoffmangel die Ursache der Erschei- nungen im Höhenklima sei, sollte in gesonderten Versuchen über die Oxydation reichlich eingeführter Traubenzuckermengen angeschnitten werden. Ferner schwebte uns die Tatsache vor, daß speziell Aggazzotti in letzter Zeit bei Versuchen im pneumatischen Kabinett, die er, ausgehend von der Mosso- schen Akapnietheorie, an Affen und Menschen ausgeführt hatte, einen außerordentlich günstigen Einfluß erhöhter Zufuhr von Kohlensäure im Inspirationsgemisch nachwies. Es waren daher auch bei uns exakte Respirationsversuche mit verschiedenen Gasgemischen für den Gipfel in Aussicht genommen, zu deren Durchführung uns das k. u. k. Technische Militärkomitee in liebenswürdigster Weise einen großen Darm- hautluftballon zur Verfügung stellte, der zur Anfertigung und Homogenisierung der großen Mengen nötiger Gasgemische dienen sollte. 8 A. Durig, Der Umstand, daß man auf der Capanna Margherita, besonders in den ersten Tagen des Aufenthaltes, unter Herzklopfen leidet und daß auch nicht selten Schwindelgefühl eintritt, wenn man längere Zeit in gebückter Stellung Kauert oder arbeitet, veranlaßte uns schon im Jahre 1903 zu einer Diskussion darüber, ob nicht speziell beim Bücken die Verlagerung des Zwerchfells durch die Eingeweide und die dadurch bedingte Wirkung auf das Herz Störungen im Kreislauf hervorrufen. Bück- und Hockversuche sollten darüber Aufschluß geben. Die Angaben über das Verhalten des Pulses bedurften weiteren Ausbaues, Ferner waren Beob- achtungen über den Blutdruck nötig, da solche im Höhenklima und besonders in großen Höhen in ein- wandfreier Weise bisher fast gar nicht ausgeführt worden waren. Es wurde deshalb beides mit ins Ver- suchsprogramm aufgenommen. Dies schien auch darum nötig, weil es sich ja bei allen früheren Beob- achtern immer nur um kurze Aufenthalte in den großen Höhen gehandelt hatte, bei denen meist noch an eine Nachwirkung vorangegangener Arbeit zu denken war. In den Jahren 1901 wie 1903 war uns besonders die Steigerung der Körpertemperatur in den ersten Tagen des Aufenthaltes auf dem Gipfel aufgefallen. Die Angaben über das diesbezügliche Verhalten lauten aber von verschiedenen Autoren recht widersprechend, weshalb wir tägliche Körpertemperatur- messungen ebenfalls in das Versuchsprogramm aufnahmen. Für die Frage der Bergkrankheit und die eigentümliche Wirkung des Höhenaufenthaltes überhaupt bildet einen gewiß nicht zu unterschätzenden Faktor die Sonnenstrahlung. Der größere Reichtum an Strahlen des kurzwelligen Teiles des Spektrums, die Menge reflektierten Lichtes, das vom Schnee zurück- geworfen auf den Körper auftrifft, schaffen Bedingungen, die von denen in der Ebene vollkommen abweichen. Übrigens hat ja erst in neuester Zeit die Untersuchung der Wirkung einer Bestrahlung des menschlichen Körpers mit Bogenlicht gezeigt, daß sich hiebei Veränderungen in Respiration, Blutdruck und Puls ausbilden. Auch treten auf dem Monte Rosa ganz gewaltige Differenzen in der wahren Luft- temperatur, wie sie das Aßmannsche Aspirationsthermometer anzeigt, und jenen, die am Sonnenschein- thermometer abgelesen werden können, auf, die natürlich noch umso größer ausfallen, wenn man das Sonnenscheinthermometer derart anbringt, daß es auch von reflektiertem Licht und reflektierten Wärme- strahlen mit beeinflußt wird. Differenzen von 50° C und mehr zählen im letzteren Falle gar nicht zu den Seltenheiten, während auch die vom frei aufgehängten Schwarzkugelthermometer angezeigte Tempe- ratur von der wahren Lufttemperatur in der Sonne immerhin häufig noch um 40° C abweicht. Zu den Bestimmungen über den Zustand der Atmosphäre und der Ermittelung der uns interessieren- den meteorologischen Daten sollten daher auch noch Bestimmungen über die Temperaturverhältnisse an verschiedenen Stellen des Körpers in der Kleidung treten, die mit Hilfe des Galvanometers auf thermo- elektrischem Wege auszuführen waren. Die Einteilung der Versuchszeit in Perioden war natürlich durch den Stoffwechselversuch gegeben; über diese gibt nachfolgender Überblick Aufschluß. Ruheversuch im Sommer in Wien, 8 Tage. Ruheversuch auf dem Monte Rosa, 6 Tage. kleine Arbeit große Arbeit Sala Arbeitsversuch auf dem Monte Rosa | Nachwirkungsperiode (Ruhe) Monte Rosa, 3 Tage. bei stickstoffarmer Tage. bei stickstoffreicher Kost, 3 Tage Große Märsche auf dem Monte Rosa bei stickstoffarmer Nachwirkung der großen Märsche lost, 3 Tage. bei stickstoffreicher Le Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 9 bei stickstoffarmer Schlußperiode auf dem Monte Rosa (Ruhe) en Kost, 3 Tage. \ Kost, 1 Tag. stickstoffarme Abmarsch nach Alagna : stickstoffreiche j 2 stickstoffarme ; m 1 ost ; Übergangstag in Alagna ee Kost, ag stickstoffarme & 17 1 : S t ge. Ruheversuch in Alagna ech ost, age stickstoffarme Arbeitsversuch in Wien im Winter . . i : Kost, 4 Tage. stickstoffreiche i j EP i stickstoffarme E Ast Ruheperiode in Wien im Winter ee ost, age. stickstoffarme Au . “7 7 t N Ruheversuch auf dem Semmering ans Kost, age stickstoffarme Nachwirkung nach dem Semmeringaufenthalt in Wien, Ruhe Kost, 3 Tage. stickstoffreiche Ruheversuch in Alagna, 6 Tage. Arbeitsversuch in Alagna, 6 Tage. Nachwirkungsversuch Alagna. Aufstieg zum Monte Rosa-Gipfel, 3 Tage. Nachwirkung Alagna, 3 Tage. Ruheversuch in Alagna, 6 Tage. Dieses Versuchsprogramm, das auch wirklich, und zwar an allen Personen fast vollständig zur Aus- führung gelangte, unter genauer Einhaltung ein und derselben Kost, mußte ein klares Bild über die Stoff- wechselverhältnisse in verschiedenen Höhen geben; auch konnten wir hoffen, einen Einblick in den Symp- tomenkomplex der Bergkrankheit zu gewinnen. Die Versuche in Wien geben einen Einblick in das Verhalten in der Ebene im Sommer und im Winter, der Versuch in Alagna und auf dem Semmering gestattet Rückschlüsse auf das Verhalten in einer Höhe von 1000, beziehungsweise 2000 m. im Sommer und im Winter. Daran gliedern sich die Beob- achtungen auf dem Monte Rosa, entsprechend einem Aufenthalt in 4560 m» Höhe bei Winterkälte, dem als Gegenstück die Versuche in Wien im Winter, also in der Ebene gegenüberstehen. In allen diesen Beob- achtungszeiten wurden die Bedingungen bis ins kleinste Detail möglichst gleichgehalten, ja es wurden sogar dieselben Kleider getragen, obwohl die krassesten Temperaturdifferenzen bestanden. Während des besonders strengen Winters 1906/07 arbeiteten wir zum Beispiel in Wien bei — 22° C, also bei Tem- peraturen wie auf dem Monte Rosa im Freien. Demgegenüber steht die Fahrt durch die heiße italienische Ebene in der Mittagshitze des wolkenlosen 4. August, an die sich zwei Tage später bereits der Aufenthalt in der Eisregion des Monte Rosa schloß. Unsere Versuche reihen sich innig an die Stoffwechselversuche von Zuntz und seinen Mitarbeitern in Brienz und auf dem Brienzer Rothorn in 500, beziehungsweise 2200 m an, wie sie auch die unmittel- bare Fortsetzung der Respirationsversuche vorstellen, die diese daselbst und später Zuntz und ich auf dem Monte Rosa-Gipfel und in Col d’Olen ausführten. Hieher gehören dann auch meine Respirationsversuche Denkschr. d. math.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI, 2 [4 10 A. Durig, vom Bilkengrat und von der Sporner Alpe zwischen 1400 und 2400 m, so daß nun ein ganz geschlossener Komplex von Tatsachen vorliegt, der deshalb um so wertvoller erscheint, als bei diesen Arbeiten zum Teil dieselben Versuchspersonen tätig waren und in den Hauptumrissen die nämlichen Versuchs- methoden verwendet wurden. Diesem Überblick soll ein kurzer Rückblick auf die für den Aufenthalt im Höhenklima aufgeworfenen Fragen angeschlossen werden. 1. Der Gesamtstoffwechsel bei Ruhe und Arbeit unter Aufstellung der Bilanz über Stickstoff, Eiweiß, Fett, Kalorien, Phosphor, Schwefel, Calcium und Magnesium. 2. Die Ausnützung der Kost bei Ruhe und Arbeit. . Verteilung des Stickstoffs und Schwefels im Harn. . Verhalten des Körpergewichtes. . Wirkung eines Aufstieges aus der Ebene zum Gipfel. 3 4 5 6. Verhalten von Blutdruck, Puls und Pulskurve und Körpertemperatur. 7. Reaktionszeit, Unterscheidungszeit und Erinnerungsbilder. 8. Wirkung des Alkohols auf die Reaktionszeit, auf Erinnerungsbilder und auf Puls und Blutdruck. 9. Verhalten des Gaswechsels bei Ruhe und Arbeit. 10. Höhe der alveolaren Tension und Größe der Vitalkapazität. 11. Einfluß von Gasgemischen auf den Gaswechsel. 12. Hock- und Bückversuche über die Wirkung der Verlagerung des Zwerchfelles. 13. Versuche über die Oxydation eingeführter Traubenzuckermengen. 14. Verhalten der Wärmeleitung durch die Kleider, Verhalten der Temperatur an der Körper- oberfläche. 15. Meteorologische Messungen (Barometerstand, wahre Lufttemperatur, Wärmestrahlung, absolute relative Feuchtigheit, Ionisation der Luft). Trotz der umfangreichen Arbeit, die der Stoffwechselversuch an und für sich erforderte, konnte nahezu das ganze Programm absolviert werden. Nur die Versuche über die Erinnerungsbilder mußten mangels an Zeit und genügender Ruhe in der Hütte ausgelassen werden, auch entfielen die Versuche über die Alkoholeinwirkung auf den Puls infolge der dauernden Indisposition Dr. Kolmer’s, dem diese übertragen waren. Sie wurden nur unzulänglich bearbeitet. Endlich mußte auch ich selbst von den Versuchen über die Gasgemische vollständig Abstand nehmen; da die Analysen der Gase, die Berechnung des täglichen Kostprogramms und die Feststellung und Verteilung der täglich von den einzelnen auszuführenden Arbeiten sehr viel Zeit in Anspruch nahmen auch die Kontrolle des ganzen Versuches, speziell das Nachwägen in Stichproben, die Verifizierung der Versuchsprotokolle, die Versorgung von Harn und Kot etc. gestalteten sich ungemein zeitraubend. : Trotz einer täglichen Arbeitszeit von etwa 15 Stunden, die wir während des Gipfelversuches einhielten, war es daher unmöglich, auch diese Fragen noch in Angriff zu nehmen. In der Hauptsache war die Arbeit auf die übrigen Teil- nehmer folgendermaßen verteilt: Reichel sollte das Hauptprotokoll führen, ferner die meteorologischen Beobachtungen und die thermoelektrischen Versuche bearbeiten. — Die Untersuchungen über Puls und Blutdruck waren Kolmer übertragen und Rainer hatte nicht nur immerwährend die Liebenswürdigkeit, uns die Arbeit in der Küche abzunehmen, sondern beteiligte sich auch ganz besonders an den thermoelektrischen Messungen Reichel’s und bei den Reaktionszeitversuchen. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition,. 11 n. Teilnehmer und Verlauf der Expedition. Wie erwähnt, sollten an der Expedition nur Personen teilnehmen, von denen vorauszusetzen war, daß sie den körperlichen Strapazen, die der Versuch forderte, gewachsen seien. Körperliche Rüstigkeit und ein gesunder Magendarmtrakt, vor allem aber auch eine gewisse normale Regelmäßigkeit in der Kot- entleerung mußten Voraussetzung sein. Ferner sollten die Teilnehmer auch über hinreichende touristische Übung verfügen, um selbst schwierige Touren während der Arbeitsperiode ohne Gefahr für Leben und Gesundheit ausführen zu können. In bezug auf die Kost forderte der Stoffwechselversuch trotz der sorg- fältigen Auswahl der Nahrungsmittel natürlich auch von jedem einzelnen eine gewisse Anspruchs- losigkeit, da es doch nicht jedermanns Sache ist, durch mehrere Wochen unter dem Mangel fast aller Bequemlichkeit eine aufgezwungene Kost konsequent und täglich quantitativ aufzuessen. Die Erfüllung dieser Bedingungen mußte die Grundlage für das ganze Experiment bilden, sollten nicht an Stelle normaler Verhältnisse Erscheinungen studiert werden, welche durch allerlei schwer zu analysierende Störungen, die mit dem eigentlichen Versuch nichts zu tun haben, ausgelöst waren. Dementsprechend mußte auch in dem Versuch auf peinlichste Ordnung und Disziplin Rücksicht genommen werden, damit persönliche Reibungen, wie sie so zutreffend von Arnold in Hannover als Alpenkoller bezeichnet wurden, von vorn- herein ausgeschlossen blieben und auch Änderungen in der Ausnützung der Kost infolge etwaiger psychischer Störungen und Mißstimmungen nicht zu gewärtigen waren. Es ist dies ein Umstand, auf den gerade beim Arbeiten in der Höhe ganz besonders Rücksicht genommen werden muß, da sich hiebei auffallend leicht persönliche Mißstimmungen geltend machen, die man in der Ebene auf den Wegfall von Hemmungen beziehen würde In der Höhe ist wohl wahrscheinlicher an eine Verlagerung der Reizschwelle zu denken. Beim Aufenthalt im Hochgebirge wirken ja dauernd eine ganze Summe von Unterschwellenreizen, wie sie infolge körperlicher Überanstrengung, Ermüdung und Vermissen des täg- lichen Behagens gegeben sind. Aber auch somatische Erscheinungen sind in Betracht zu ziehen, zum Beispiel Herzklopfen und Kopfschmerzen, Erscheinungen, die während der ersten Zeit des Aufenthaltes regelmäßig beobachtet werden. Auffallenderweise bildeten sich übrigens im Laufe der Versuche des Jahres 1906 ganz ähnlich wie im Jahre 1903 bei uns Zahnschmerzen aus, die sich trotz steter, regel- mäßiger Zahnpflege einstellten. Auch rheumatische Schmerzen können natürlich ganz leicht auftreten und ich erinnere mich noch mit größtem Unbehagen an einen Morgen des Sommers 1903, an dem Zuntz mit mir allein in der Hütte weilte und beim Erwachen über Seitenstechen klagte, wobei er der Vermutung Ausdruck gab, es käme bei ihm eine Pleuritis zum Ausbruch, was natürlich sofort die Erinnerung an den Tod des Dr. Jacottet auf dem Refuge Vallot erweckte. Sämtliche Teilnehmer unserer Expedition waren an die Verhältnisse im Hochgebirge und speziell an den Aufenthalt in den Schutzhütten wohl gewöhnt und geübte Alpinisten. An unseren Versuchen beteiligten sich die folgenden Herren: Ingenieur R. Sterner-Rainer, 23 Jahre alt, 62%g schwer, 176 cm groß, ein ungemein sehnig gebauter, muskelkräftiger junger Mann, in vollem Training befindlicher Turner, der oft führerlose Touren in den Ostalpen ausgeführt hatte. Vor dem Aufstieg zum Monte Rosa trainierte er sich neuerlich fürs Gebirge durch Touren in den Stubaier Alpen. Er war häufig in Höhen über 3000 ın gekommen, hatte aber noch nie 4000 m Höhe erreicht. Er schloß sich uns aus Vergnügen an der Expedition an, ohne selbst an der wissenschaftlichen Bearbeitung der Resultate teilzunehmen. Sein Versuchsprotokoll führte er in geradezu musterhafter Weise und verpflichtete uns auch dadurch zu großem Dank, daß er uns die ganze Besorgung der Küche abnahm. 12 A. Durig, Dr. H. Reichel, Assistent am Hygienischen Institut in Wien, 30 Jahre alt, 182cm groß, 78 kg schwer, ebenfalls an Touren in den Alpen gewöhnt, die er teilweise in Gemeinschaft mit Dr. Rainer ausgeführt hatte. Turner, kräftig gebaut, von massivem Knochenbau, wenn auch relativ nicht so muskulös wie Dr. Rainer; von sehr mäßigem Fettpolster. Er sollte den Aufstieg zum Monte Rosa untrainiert aus der Ebene antreten. j Privatdozent Dr. W. Kolmer, Assistent am Physiologischen Institut der Hochschule für Boden- kultur in Wien, 167 cm groß, 75 kg schwer, 27 Jahre alt, geübter Alpinist, hatte bereits die Versuche im Jahre 1901 auf dem Monte Rosa mitgemacht, war damals 6!/, Tage auf dem Gipfel gewesen und während dieser Zeit an der Bergkrankheit erkrankt. Auch beieiner späteren Besteigung des Mont Blanc stellten sich bei ihm die Symptome der Bergkrankheit ein. Kolmer hat zahlreiche Touren in den Ost- und Westalpen ausgeführt und war oft bis in Höhen über 4000 ız gekommen. Er ist von kräftigem Körperbau und besitzt ausgiebiges Fettpolster. Bei einer mäßig anstrengenden Tour auf die Raxalpe, die Durig mit ihm vor der Expedition zur Erprobung ausführte, erwies er sich von mittelmäßiger Leistungsfähigkeit und ermüdete dabei stark. Auch bei sämtlichen Versuchsmärschen zeigte sich Kolmer als nicht besonders ausdauernd. Im Gegensatz zu der Expedition 1901, bei der er der touristisch leistungsfähigste Teilnehmer war und als hervorragend kräftig bezeichnet wurde, muß er uns gegenüber als der weitaus am wenigsten Leistungsfähige klassifiziert werden. Kolmer hatte sich daher vor dem Aufstieg auf den Monte Rosa kräftig trainiert, wozu er einige Touren in der Schweiz ausführte. Prof. Dr. A. Durig, 33 Jahre alt, 59%g schwer, 172cm groß, von Jugend auf als führerloser Alpinist trainiert und speziell an Dauerleistungen und sehr schnelles Marschtempo gewöhnt, muskel- kräftig und von ganz geringem Fettpolster, war im Jahre 1903 durch 18 Tage auf der Capanna Margherita gewesen, ohne Erscheinungen von Bergkrankheit zu zeigen, kehrte damals unter Zunahme des Körper- gewichtes, bei vollem Wohlbefinden und erhöhter physischer Leistungsfähigkeit vom Monte Rosa zurück. Durig war außerdem auf vielen Gipfeln über 3000 m gewesen. Er sollte untrainiert zum Gipfel auf- steigen. Für die Talstation war Prof. Dr. W. Caspari, 34 Jahre alt, 172cm groß, 78kg schwer, in Aus- sicht genommen. Caspari hatte ebenfalls an der Expedition 1901 teilgenommen, war aber während des Aufenthaltes auf der Capanna Margherita schwer bergkrank geworden. Caspari kann als ausdauernder Fußgänger gelten, jedoch fehlt ihm alpinistische Übung und Training, in bezug auf die Kost kann er wohl als der anspruchsvollste der Teilnehmer der Expedition gelten. Auch die Regelmäßigkeit seiner Kot- entleerung ließzu wünschen übrig. Gegenüber 1901 hatte sich seine Konstitution durch Ansatz eines kräftigen Fettpolsters wesentlich geändert. Der Reihenfolge der Leistungsfähigkeit nach würden die Versuchspersonen etwa in folgender Weise anzuordnen sein, und zwar als muskelkräftigster zuerst Dr. Rainer, diesem gleich oder ganz nahe stehend Durig, dann würde Dr. Reichel und als wesentlich weniger leistungsfähig Kolmer folgen. Hinter Kolmer wäre dann der für den Talversuch in Aussicht genommene Caspari einzureihen. Es dürfte nicht uninteressant sein, im Hinblick auf eine Angabe Rubner’s in seinem Buch über Volksernährungs- fragen das Verhalten des Körpergewichts zur Körpergröße der Versuchspersonen näher zu beleuchten, da deren Leistungsfähigkeit ja während des lange dauernden Stoffwechselversuches genau erkannt werden konnte. Rubner! schreibt nämlich: »Die körperliche Beschaffenheit muß eine eingehende Berücksichti- gung finden, wenn es sich um die Werteinschätzung einer Kost handelt. Wir wollen als Folge einer richtigen Ernährung einen proportionierten muskelreichen Körper. Wie in allen Dingen wird man sich nach einem Kriterium, das ja gewisse Breiten der Schwankungen zulassen muß, umsehen müssen. Es wäre schon sehr viel gewonnen, wenn man bei Beurteilung solcher Fragen wenigstens Körpergröße und Gewicht festzustellen sich bemüht hätte. Bornhardt gibt zur Beurteilung der Körperkonstitution folgende ! Volksernährungsfragen. Leipzig, Akad. Verlagsgesellschaft, 1908, p. 59, Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 13 Formel: Wenn H = Körpergröße, C = mittlerer Brustumfang, P = das Gewicht: so wird P= >40 im . .. .. D P HC Mittel, für Schwächliche >= 209-8 Sucht man also den Ausdruck für die Konstitution, so kann man auch schreiben x = FR wobei für die Werte für x den Zahlen 240, 210 usw. entsprechen. Manche Lebensversicherungen lassen es sich zur Richtschnur dienen, Personen, welche weniger als 340 und mehr als 530 g pro lcm Körperlänge wiegen, als Minderwertige zu betrachten; das sind aller- dings horrende Extreme. Nach unserer Meinung ist das Fettpolster, welches einer Gewichtsmenge von 490 8 pro 1 cm entspricht, schon recht reichlich und eine Magerkeit von 393 g pro 1 cm eine nicht unbe- trächtliche und sicherlich erheblich unter dem Mittel der optimalen Entwicklung stehende. In der Tat wäre es wichtig, die Frage nach dem wahren Normalgewichte bei gesunden Erwachsenen einer eingehenden Prüfung zu unterziehen... .«. Es sollten also Werte von 340 gpro 1 cm und 530 gpro l cm, wie Rubner sich ausdrückt, »horrende Extreme« sein. Wie fallen aber nun die Quotienten bei uns aus? Durig.. . .343gprolcm INalinreirsr 7002 > Reichel. . „429 » Caspar 2291 » Kolmer.. . . 455 » Rainer und Durig liegen ganz an dem untern »horrenden Extrem«, und erst Reichel steht über der »sicher schon beträchtlichen Magerkeit« von 3938 pro l cm, die einen Menschen als unter der optimalen Entwicklung stehend kennzeichnet. Nichtsdestoweniger sind aber Rainer und Durig die körperlich leistungsfähigsten von allen fünf. Nimmt man Durig und Rainer als gleich an, so folgen Reichel, Caspari und Kolmer in der Reihe der Marschleistungsfähigkeit, wobei Kolmer und Caspari wohl ohne alle Frage die am wenigsten leistungsfähigsten sind, während Rainer wie Durig wohl wesent- lich über dem Durchschnitt selbst geübter Touristen einzureihen sein dürfen. Derartige Figuren wie die genannten trifft man in unseren Gegenden ganz speziell bei Sportsleuten mit kräftig trainierter Musku- latur, denn ein geringes relatives Körpergewicht beweist eben noch lange nicht eine ungenügende Aus- bildung der Muskulatur oder geringe körperliche Leistungsfähigkeit, sowohl was schwere als auch schnelle Arbeit betrifft. Es trug zum Beispiel Durig wiederholt und wieder vor ganz kurzer Zeit 12 bis 18 kg Last in 50 Minuten über 800 m absoluter Steigung auf einem Weg, der sonst für mehr als zwei Stunden veran- schlagt wird. Dasselbe würde Rainerleisten und beide haben Tagesleistungen von 20 Marschstunden und darüber hinter sich. Aber auch für eine Körperarbeit mit den oberen Extremitäten würden beide bei ent- sprechendem Training gewiß nicht weniger als Durchschnittsmenschen leisten können. Es sei dies erwähnt, da unsere Aufstellung gerade die gegenteilige Reihenfolge ergibt, als man nach dem Quotienten erwarten sollte, und speziell die Quotienten von Rainer und Durig so weit unter den bereits nicht mehr als normal anzusetzenden Mittelwert des Quotienten fallen. Es dürfte daher die Allgemeingültigkeit desselben, besonders Sportsleuten gegenüber, doch recht eingeschränkt sein, Es ist vielleicht nicht uninteressant zu erwähnen, daß zum Beispiel auch Dr. OÖ. Zigmondy, ein bekannter Alpinist, nur einen Quotienten von 371 und der berühmte Führer Zurbriggen einen solchen von 398 aufweist. Beide müßten daher ebenfalls als Personen von schlechter Entwicklung erachtet werden. Von zwanzig anderen Alpinisten, deren Maße und Gewichte uns übermittelt wurden, zeigt die Hälfte ebenfalls unter 393 liegende Quotienten, 14 A. Durig, Es scheint für eine Reihe sportlicher Leistungen derjenige besonders qualifiziert zu sein, der bei gut ausgebildeter Muskulatur ein möglichst geringes Gewicht als Ballastzu bewegen hat, dessen Fettpolster also gering und dessen Knochenskelett leicht ist. Gerade große Schwankungen in bezug auf den Knochen- bau, die auch nach der Rasse und Nationalität der Person sehr stark wechseln dürften, müssen den Quotienten, der einen Rückschluß auf die Muskelmasse gestatten sollte, sehr verändern. Übrigens wird in diesem Fall ein Maß für das Gewicht in einfache Beziehung zum Längenmaß gebracht, was die Verwert- barkeit des Quotienten von vornherein als zweifelhaft erscheinen läßt. Anscheinend viel besser stimmen die Resultate, wenn wir den von Bornhardt vorgeschlagenen Quotienten als Kriterium in unsere Verhältnisse einführen. Setzen wir die Werte in die obige Formel JE. = = ein, so erhält man Rainer NAD gg 62 .96 Durig uaL = 280 9 Reichel all ==), 78 Kolmer OS 75 Jetzt sieht man die relative Größe des Brustumfanges entscheidend in die Relation treten. Die Reihenfolge ist bei Einführung des Quotienten g pro lcm Körpergröße genau umgekehrt worden. Nunmehr stehen Rainer und Durig wesentlich über dem Mittel für kräftige Konstitution, werden also im Gegensatz zu obigem Quotienten zu besonders leistungsfähigen Leuten gestempelt. Dann folgt Reichel, knapp am Mittelwert für kräftige Konstitution, und nunmehr Kolmer, dessen Quotient jenem, der für schwächliche Personen angenommen ist, entspricht. Allerdings trifft auch für ihn diese Bezeich- nung gewiß nicht zu, da er immerhin ein recht rüstiger Gänger ist. Daß aber auch dieser Quotient nicht allgemein gültig ist, dafür liefert ein interessantes Beispiel mein hochverehrter Kollege Prof. Dr. Simony, ein Mann von ungewöhnlich starkem Körperbau (56 Jahre alt) und ganz außergewöhnlich ausgebildeter Muskulatur. Simony ist als hervorragend leistungsfähiger Gänger, als Schwimmer und Ruderer bekannt. Er führte zum Beispiel erst vor kurzer Zeit allein im vierrudrigen Boot und bei teilweise 70 cm hohem Wellengang eine Rudertour aus, bei der er in 9% 50” zweimal die ganze Länge des Attersees, also eine Strecke von ungefähr 50 km durchfuhr. Dabei stellen sich seine Quotienten, wie folgt: a) bei untrainiertem Körper 1 er — As) 186 bei trainiertem Körper © — 409. 186 b) bei untrainiertem Körper 186.95 — 913, sl bei trainiertem Körper 186.98 — 997 76 Simony, der uns allen an Gesamtkörperleistung jedenfalls weit überlegen ist, in bezug auf Marsch- leistung mit Rainer und Durig etwa gleichzustellen sein dürfte, wird daher auf Grund des auffallend Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 15 niedrigen Brustumfanges zum Schwächling gestempelt und rückt in trainiertem Zustand ganz nahe an das Maß der Magerkeit, die als erheblich unter dem Mittel optimaler Entwicklung anzusehen wäre. Es trifft somit in diesem Falle keiner der beiden Quotienten, ganz besonders aber der Bornhardt's nicht in die Nähe der Wahrheit, obwohl er anscheinend mit dem Verhalten unserer Leistungsfähigkeit in guter Übereinstimmung steht. Für die Leistungsfähigkeit bei körperlicher Arbeit, wie wir sie im Auge haben — und diese ist wohl jene, die das allgemeinste Interesse beansprucht, man denke an den Soldaten und an die Tausende von Touristen — kommt eben außer dem Brustumfang und der Muskulatur noch allerlei in Betracht. Hiezu gehört zum Beispiel besonders die Herzarbeit. Es braucht ja deswegen bei einem Menschen noch lange kein Herzfehler vorhanden zu sein und doch wird seiner Leistungsfähigkeit selbst bei kräftiger Mus- kulatur durch die Arbeit seines Herzens eine Grenze gezogen. Man vergleiche dabei nur die Pulsfrequenz bei trainierten und untrainierten Menschen. Brustumfang und Körpergröße erfahren im Training bei einem geübten Menschen keine Änderung, vielfach aber ändert sich das Körpergewicht und meist nimmt es ab. Und doch wächst die Leistungsfähigkeit, obwohl der eine Quotient größer, der andere kleiner wird. Gewiß wäre es von großem Werte, wenn aus einfach zu ermittelnden Größen wie Körpergröße und Körpergewicht, dem Brustumfang, dem Verhalten der Pulsfrequenz bei bestimmter Arbeit und der Beschaffenheit des Pulses, eventuell noch dem Verhalten des Blutdruckes oder anderen einfach zu bestim- menden Kriterien, ein begründetes Urteil über die Leistungsfähigkeit einer Person abgeleitet werden könnte, doch stehen dem jedenfalls große Hindernisse entgegen, da auch die erreichte Pulsfrequenz bei einer Arbeit, wie später erörtert werden wird, für die Leistungsfähigkeit einer Person nicht ausschlag- gebend ist. Bezüglich des Brustumfanges oder, besser gesagt, der Vitalkapazität wissen wir gleichfalls, daß sie mit der Leistungsfähigkeit einer Person nicht in Zusammenhang zu bringen ist. Nach Erledigung der umfangreichen Vorarbeiten, die sich unter anderem aut die Verhand- lung mit den bezüglichen österreichischen und italienischen Behörden behufs zoll- und revisions- freier Aus- und Wiederrückeinfuhr des Expeditionsgepäcks und auf die Beschaffung der Nahrungs- mittel sowie der nötigen Utensilien erstreckten, wurde im Frühjahr 1906 mit den eigentlichen wissen- schaftlichen Vorarbeiten für die Versuche begonnen. Zuerst waren die grundlegendsten Analysen für sämtliche Nahrungsmittel auszuführen und zwar vorerst die Stickstoffbestimmungen und Bestimmungen der Verbrennungswerte, um das Kostprogramm für die Versuchstage zusammenstellen zu können. Dann mußten die Ruherespirationsversuche für den Wiener Aufenthalt durchgeführt werden und endlich kam die mühevolle Packarbeit an die Reihe, die die peinlichste Aufmerksamkeit erforderte, da ein Vergessen des gering- fügigsten Behelfes, der natürlich auf dem Monte Rosa nicht zu beschaffen gewesen wäre, einen guten Teil des ganzen Versuchsplanes vereiteln konnte. Für das Sammeln des Harnes waren 200 Glasflaschen mit Patentverschluß mitzupacken, der Schreibdiamant, um diese fortlaufend zu signieren, damit Verwechs- lungen durch mögliches Abfallen von Etiketten ausgeschlossen waren. 50 Blechbüchsen für das Sam- meln des Kots, Reagenzien, die Apparate für die Versuche, sämtliche Nahrungsmittel und endlich das Nötige an Kleidung und Wäsche. Das ganze Gepäck war so geordnet und in Trägerlasten verpackt, daß in Alagna die Kisten auch während unserer Abwesenheit geöffnet und deren Inhalt je nach seiner Bezeichnung auf den Monte Rosa geschafft werden Konnte oder für den Versuch in Alagna reserviert blieb. Es war diese Vorsorge beson- ders darum nötig, damit unser Aufstieg aus der Ebene sich möglichst unvermittelt vollziehen konnte und wir sofort unter exzessivem Klimawechsel unsere Arbeiten beginnen konnten. Im ganzen ergab sich eine Fracht von 737 kg, von der °/, auf den Monte Rosa geschafft werden mußten. Das für den privaten Bedarf mitgeführte Gepäck, das wir wegen der hohen Trägerkosten möglichst eingeschränkt hatten, wog für alle Personen zusammen nicht einmal 50%kg. Wir hatten eben wegen der vielen Gefäße und Apparate so wie an Nahrungsmitteln und einer Menge kleiner Behelfe, dann an Wagen und 16 A. Durig, Gewichtssätzen, Analysenapparaten etc. große Lasten mit uns zu schleppen und außerdem mußten wir vieles für unseren Haushalt mit uns führen, da wir aus Erfahrung vom Versuch 1903 her wußten, daß wir auf der Hütte außer dem nötigsten Eßgeschirr nichts vorfinden würden, ja nicht einmal auf einen Leuchter oder eine Lampe rechnen durften. A Mit einigem Bangen sahen wir die vielen Kisten die Reise antreten, immer in der Furcht, es könne bei der Zentnerlast die eine oder andere Kleinigkeit in Vergessenheit geraten sein oder auf dem Trans- port etwas zugrunde gehen, was uns unersetzlich wäre. Es ist wohl dem Umstande zuzuschreiben, daß die ganze Aufstellung des Erfordernisses und die ganze Packung von einer Person allein durch- geführt wurde (Durig besorgte alles selbst), daß zu unserer Freude weder auf der Hin- noch auf der Rückreise etwas in Verlust geriet oder von dem gewiß zerbrechlichen Gepäck etwas zerschlagen worden wäre. Wir verloren nur eine unserer Harnflaschen auf dem Transport vom Gipfel zu Tal durch einen Stein- schlag, der den Träger und die Kiste traf. Es war notwendig, das Gepäck lange Zeit vor unserer Abreise nach Italien zu senden, um es während unserer Abwesenheit auf den Gipfel schaffen zu lassen, da nur ganz wenige Träger — es nimmt ein Mann 25%g — es wagen dürfen, mit so großen Lasten zum Gipfel aufzu- steigen und da man natürlich auch hinsichtlich der Durchführbarkeit des Transportes ganz von den Witterungsverhältnissen abhängig ist, die durch Tage einen Aufstieg auf den Gipfel unmöglich machen können. Im Juli wurde der Stoffwechselversuch für die Sommerperiode in Wien in Angriff genommen. Diese begann am 11. um sieben Uhr morgens, von welcher Stunde ab wir jede Zufuhr von Speise und Getränk quantitativ feststellten und sämtliche Ausscheidungen sammelten. Die Stickstoffzufuhr wurde entsprechend dem normalen Stickstoffumsatz gewählt, jedoch im Hinblick darauf etwas niedriger gehalten, daß man auch auf Touren in der Regel weniger Eiweiß zuzuführen pflegt als beim Leben in der Stadt. Zur Erreichung des Stickstoffgleichgewichtes wurde die Kost so berechnet, daß die tägliche Stickstoffzufuhr nicht mehr als etwa um 0:1 g schwankte. Die Kalorienzufuhr. wurde so variiert, daß mit der gegebenen Nahrung eben das Körpergewicht konstant erhalten werden konnte. Letzteres wurde täg- lich morgens bei allen noch vollkommen nüchternen Versuchspersonen auf der Stoffwechselwage, die noch Gramme anzeigt, ermittelt, jedoch auf 10g aufgerundet. Zugleich mit dem Stoffwechselversuch liefen die Kontrollversuche über Reaktionszeit und Erinnerungsbilder. Die Versuche, an denen Rainer, Reichel, Kolmer und Durig teilnahmen, dauerten bis 18. Juli. Kolmer und Rainer begaben sich nun ins Gebirge zum Trainieren, Durig und Reichel blieben am flachen Land, um die letzten Vorbereitungen für die Expedition zu treffen und noch Kontrollbestimmungen für diese auszuführen. Am 3. August zwei Uhr früh trafen wir uns sämtlich in voller Tourenausrüstung am Bahnhof in Innsbruck, dort gesellte sich uns auch Dr. Hertzsprung aus Kopenhagen zu, der sich der Expedition anschloß, um spektrophotometrische Aufnahmen auf dem Monte Rosa auszuführen. In wahrer Gluthitze fuhren wir durch Oberitalien und langten abends in Varallo an. Wieder im heißen Sonnenbrand ging es am 4. August nach Alagna, wo wir um 1 Uhr mittags anlangten und unser die erste unangenehme Über- raschung wartete. Noch ein beträchtlicher Teil des Gepäcks für den Gipfel war in Alagna zurück- geblieben, vieles davon lag, wie wir hörten, noch in Col d’Olen in 2856 m Höhe und nur ganz Weniges war bis zum Gipfel geschafft worden. Die Ursache lag in einer enormen Verzögerung des Bahn- transportes infolge einer Güterstauung auf der oberitalienischen Bahn anläßlich der Eröffnung der Mailänder Ausstellung, so daß unsere Fracht von Wien bis Varallo allein mehr als 1 Monat unterwegs gewesen war. Nach einer kurzen Mittagspause trieben wir daher zur Eile, um den Transport auf den Gipfel selbst energisch in die Hand zu nehmen. Alle noch nicht eröffneten Kisten wurden ausgepackt und ihr Inhalt in der Schule, die wir als Depot für unser Gepäck gemietet hatten, aufgespeichert: Jene Apparate, welche zurückgeblieben waren, die uns für die ersten Versuche aber doch unumgänglich notwendig schienen, verluden wir in unsere Rucksäcke. Im Bestreben, möglichst viel mit uns hinaufzuschleppen, hatten wir uns so beladen, daß keinem Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 10% von uns ein Raum für die Mitnahme eigener Bequemlichkeiten im Rucksack blieb. Drei Stunden nach unserer Ankunft in Alagna waren wir bereits marschbereit und stiegen schwerbepackt den Weg nach Col d’Olen empor. Die Gasuhr auf dem Rücken und Apparatteile, die überall aus den Rucksäcken heraus- sahen, gaben dem Zug einen eigentümlich romantischen Charakter. Caspari, der in Alagna zurück- bleiben sollte, gab uns noch ein Stück des Weges das Geleite. In flottem Tempo, dem Reichel und Kolmer aber bald nicht mehr folgen konnten, ging es bergauf und, als wir dem letzten Hang unter dem Col d’Olen-Schutzhaus zusteuerten, waren wir schon in zwei weitgetrennte Gruppen geschieden. Rainer und Durig trafen bereits um 71/, Uhr inCol d’Olen ein, obwohl sie am schwersten bepackt waren, und erst eine halbe Stunde später folgte Kolmer, mit den Erscheinun- gen ausgesprochener Ermüdung noch später Reichel, der, durch Krämpfe in der Beinmuskulatur behindert, zurückgeblieben war. Hier gab es die zweite Überraschung. Sofort nach dem Eintreffen und, nachdem die ersten Puls- zählungen und Messungen erledigt waren, ging es an die Verhandlungen mit den italienischen Trägern. Im engen Vorraume stand Kiste an Kiste unseres Gepäcks und es zeigte sich, daß nur ganz weniges bis zur Capanna Gnifetti und nur eine Kiste bis zur Margherita-Hütte gebracht worden war, da die Träger teils wegen des Wetters, teils wegen Verpflichtungen, die sie für das meteorologische Observatorium ein- gegangen hatten, nicht mehr bewältigen konnten. Da am kommenden Tage Sonntag war, waren die Träger erst für den Nachmittag zu gewinnen. Sie sollten wenigstens die wichtigsten Konserven zum Gipfel bringen, damit wir möglichst rasch mit dem Versuch beginnen könnten. Unser Abmarsch mußte daher um einen Tag verschoben werden. Diesen benützten wir zu Blutdruckmessungen und Pulsbestim- mungen auf dem Corno Camoscio. Wir brachen demnach Montag, den 6. August, um 5 Uhr früh von Col d’Olen auf und langten nach 2!/,stündigem Marsche und bei sehr guten Schneeverhältnissen auf dem Gletscher in. der Gnifetti-Hütte an. Hier wartete unser eine neue Überraschung. Jener Träger, der die schwere Kiste mit den Fleischkonserven zu tragen hatte, war fußmarode auf der Hütte liegen geblieben, wir verbanden zwar die schmerzhafte und entzündete Wunde, doch war es ausgeschlossen, daß unsere Fleischkonserven noch am selben Tage auf die Margherita-Hütte gelangen könnten, wir durften hoffen, daß einer der drei anderen Träger, dieschon auf dem Rückwege von der Margherita-Hütte sein mußten (siehatten auf der Gnifetti-Hütte übernachtet), die Fleischkonserven am nächsten Tag auf die Hütte bringen werde. Nach kurzem Imbiß wanderten wir zur Margherita-Hütte weiter. In gleichmäßig anhaltendem Tempo stapften wir den spaltenreichen Lysgletscher empor und bald bildeten sich wieder dieselben beiden Gruppen wie beim Marsch nach Col d’Olen. Wir trennten uns daher nach Übereinkommen am Lysjoch definitiv und Rainer eilte mit Durig nun in flottem Tempo voraus auf die Hütte, um möglichst bald mit den Vorarbeiten beginnen zu können und das Mittagmahl zu kochen. Um 12 Uhr 30 Minuten trafen wir auf der Margherita-Hütte ein. Nicht lange nach uns folgte Dr. Reichel, erst 1 Stunde später kam Dr. Kolmer an. Den Aufstieg hatten wir wie auch alle späteren Märsche führerlos ausgeführt. Das Seil verwendeten wir auf dem Gletscher fast nie. Während Rainer, Reichel und Durig sich durch das rasche Tempo im letzten steilen Eishang unterhalb der Hütte und durch das Ausbessern der Stufen im Eis etwas außer Atem gearbeitet hatten, doch aber recht frisch und leistungsfähig am Gipfel eintrafen, langte Kolmer in einem Zustande voller Erschöpfung ein. Er fand bereits die Vorbereitungen für die erste Mahlzeit fertig an, da Rainer, der während des ganzen Versuches mit viel Geschick und Sorgfalt das Geschäft des Kochens übernommen hatte, bereits die erste Suppe auf den Tisch brachte, Ich hatte vorerst mit dem mir nunmehr so lieb gewordenen Freunde, dem Leiter der meteorologischen Station Prof. Alessandri zu verhandeln, denn auch auf der Hütte sah es wesentlich anders aus, als wir erwartet hatten. Als Zuntz und Durig im Jahre 1903 in der Hütte ihre Respirationsversuche ausführten, arbeitete Mosso mit vier Begleitern durch einige Tage auf der Margherita-Hütte, und zwar in den ebenerdigen Räumen (siehe Tafel II), während wir auch dann noch, als die Räume nach der Abreise Mosso’s frei Denkschr. d. mathem.,-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 3 18 A. Durig, geworden waren, den großen sechsfenstrigen Raum im Oberstock in Benützung hatten. Nach einem Briefe Mosso’s, dem wir unser ganzes Versuchsprogramm mitgeteilt hatten, mußten wir der Meinung sein, daß wir in diesem Jahre die einzigen wissenschaftlichen Besucher der Hütte sein würden, also auf die Räume im Unterstock und den Raum im Oberstock rechnen könnten, soweit nicht etwa registrierende meteoro- logische Instrumente dort aufgestellt wären. Groß war nun unsere Überraschung, als wir bei der Ankunft sahen, daß Professor Alessandri die Turmzimmer in beiden Stockwerken in voller Benützung hatte, außerdem Raum 5 in eine Dunkelkammer für das meteorologische Observatorium umgebaut war. Das Resümee war daher ein erschreckendes und fast wollten wir einen Augenblick an der Möglichkeit, unsere Versuche durchzuführen, verzweifeln. Der erste Raum und Raum 2 sind ausschließlich für das Nachtlager und als Küche für Touristen reserviert. Raum 3 ist als gemeinsame Küche für den von der Regierung bestellten Meteorologen mit Diener und Assistenten und die Physiologen bestimmt und reichte natürlich wegen der geringen Größe eben aus, daß eine so große Versammlung, wie wir es waren (mit Dr. Hertzsprung und Caspari sechs Köpfe, dazu Prof. Alessandri, Assistent Marabelli und der Diener, also neun Personen), dort Platz finden konnte. Raum 4 ist der Schlafraum mit 4 Matratzen. Diese sind in zwei Etagen angeordnet; ein Lager für je zwei Personen, 170cm breit und 200. cm lang, ist knapp über dem Boden angebracht, ein zweites befindet sich 95cm darüber und wieder 95 cm über diesem die Decke, Diese »Schlafkiste« — der Ausdruck charakterisiert die Situation wohlam besten — ist allseitig durch Bretterwand begrenzt und nur am Fußende gegen den schmalen Mittelgang offen, von dem aus man auf die Lager kriecht. Auf dieser Seite befindet sich auch das kleine Fensterchen des Ganges. Also auch hier konnte kein Quentchen Raum für unsere Arbeiten geschaffen werden. Der nächste Raum war, wie erwähnt, als Dunkelkammer von den Meteoro- logen mit Beschlag belegt, so daß ebenfalls nur der für die Passage von einer Person berechnete Gang, der den Zugang zu den weiteren Räumen bildet, frei blieb. Es war also auch hier kein Plätzchen auszu- nützen. Für unsere physiologischen Arbeiten. waren wir deshalb allein auf das eigentliche physiologische Laboratorium angewiesen, von dem nur eine Grundfläche von etwa 6!/, m? ausnützbar ist, da der Durch- gang zum Observatorium ebenfalls frei gehalten werden muß. Der Raum hat überdies nur ein Fensterchen, das man wohl mit zwei Händen zuzudecken imstande ist. Hier sollten alle unsere Apparate für die Gasanalyse, das Galvanometer mit Fernrohrablesung aufgestellt werden und hier sollten unsere 700 kg Gepäck Platz finden, die wir auf den Gipfel zu schaffen hatten, hier sollte der Stoffwechselversuch durch- geführt werden! Es kam aber doch besser, als erwartet. In der liebenswürdigsten Weise kam uns aus freien Stücken Prof. Alessandri entgegen, dem wir hiefür ganz besonderen Dank schulden. In seinem Laboratorium _ räumte er den Platz und einen Tisch am Fenster für die Gasanalysenapparate ein. Das Galvanometer fand brüderlich Platz auf dem Konsol neben seinem eigenen und ein Ablesefernrohr und eine Skala diente uns beiden gemeinsam. Auch sonst lieh uns Prof. Alessandri Werkzeug und Kochgeschirr und mit seiner Mithilfe sowie der seines Dieners hatten wir bald aus Kistendeckeln und Draht Konsole und Stellage über Stellage an die Wände des Ganges und des Laboratoriums gehängt, so daß wenigstens die haupt- sächlichsten Behelfe im Laboratorium untergebracht werden konnten. Auch der Dachraum faßte noch allerlei von unserem Gepäck und es dauerte daher nicht lange, bis wir uns behaglich eingerichtet hatten. An der Wand des Laboratoriums türmten sich die Kisten mit Harnflaschen übereinander auf, am Gang standen in Mannshöhe über dem Boden die Kotbüchsen in Reih und Glied, unter dem Wagkonsol, das wir gezimmert hatten, stauten sich wie in einem Krämerladen die Blechkassetten mit den wichtigsten Nahrungsmitteln, während die Konservenbüchsen auf langem Brett an der Decke aufgehängt waren. Dies alles gab viele rastlose Arbeit, von der wir hier nur darum sprechen, um zeigen zu können, wie sehr geistig und körperlich regsam wir in der Hütte anlangten, wo doch nicht allein mechanische Arbeit zu leisten, sondern diese auch zielbewußt so zu gestalten war, daß im späteren Versuch zweckmäßige Ordnung einge- halten werden konnte. Reichel und Rainer beteiligten sich wacker an diesen Vorarbeiten, auch Kolmer Ergebnisse der Monte Rosa-Expediition. 19 bestrebte sich anfangs mitzuhalten, bald aber stellte sich beiihm Unwohlsein ein, weshalb er sich zu Bett legte. Im Laufe des Nachmittags erbrach er siebenmal. Wie bei überhasteter Arbeit wohl nicht wunder zu nehmen, stellte sich bei Durig, nachdem er mit guter Lust zu Mittag gegessen hatte, Kopfschmerz ein. Auch Dr. Reichel klagte abends über heftiges Kopfweh. Bei Rainer, der daran nicht zu leiden hatte, traten aber heftige Diarrhöen auf, die allerdings darauf zurückzuführen sein dürften, daß er den Aufstieg ohne Unterkleider in Lederhosen ausführte, die die Knie nackt ließen und daß er sich trotz der niedrigen Temperatur, die in der Hütte herrschte — es waren nur wenige Grade über Null (die Außentemperatur dürfte während des Aufstieges nicht über —6° C betragen haben) —, nicht wärmer kleidete. Durch Opiumtinktur gelang es übrigens bald, die Diarrhöe zu stillen. Im ganzen befanden wir uns alle bis auf Dr. Kolmer vollständig wohl, verfügten aber sämtlich zur Abendmahlzeit über recht geringen Appetit. Nach der anstrengenden Tagesarbeit legten wir uns bald zur Ruhe. Reichel und Kolmer schliefen auf dem Boden der »Kistes Rainer und ich in der ersten Etage. Die Luft hier oben war sehr schlecht, weshalb wir die Lucke gegen den Dachboden öffneten, bei dieser fiel aber so eisige Kälte herab, daß wir doch lieber auf diese Erfrischung verzichteten. Kolmer, Rainer und Durig schliefen in der etwas ungewohnten Situation fest und gut, Reichellitt an Schlaflosigkeit; auch uns hatte das Hämmern der Pulse und Herzklopfen beim Einschlafen gestört. Am Morgen erhoben wir uns sämtlich mit Kopfschmerz und auch der Appetit zum Frühstück war gering. Es schien nicht zweckmäßig, mit dem eigentlichen Stoffwechselversuch bereits zu beginnen, da wir unsere Fleischkonserven noch nicht erhalten hatten und da es auch nicht sicher war, ob diese noch am selben Tag eintreffen könnten. Zudem besserte sich der Appetit auch gegen Mittag nicht bei allen und Rainer äußerte speziell heftigen Widerwillen gegen Fleischnahrung. Auch Reichel wollte nicht gerne an die volle Kost des Stoffwechseltages heran, Kolmer litt wieder unter Unwohlsein und erbrach neuerdings. Den größten Teıl des Tages brachte er in der »Kiste« zu. Der Kopfschmerz verließ uns alle kurze Zeit nach dem Aufstehen. Durig war übrigens so weit bei Appetit, daß er die gesamte Stoffwechselkost verzehrte und zudem auch noch die Reste der von Col d’Olen mitgenommenen Salami vertilgte. Sieht man von den Kopfschmerzen und der Appetitstörung bei Rainer ab, so war auch an diesem Morgen unser Befinden, natürlich Kolmer ausgenommen, ein fast normales und wir fühlten uns in der herrlichen Landschaft ungemein wohl. Rainer stieg von der Hütte zum oberen Teil des Grenzgletschers ab, machte einen Ausflug gegen die Zumsteinspitze, kehrte aber auffallend ermüdet zurück. Dies dürfte wohl noch eine Folge der vortägigen Entleerungen und der nichtgenügenden Nahrungsaufnahme gewesen sein. Reichel und ich arbeiteten an der Einrichtung unseres Laboratoriums. Trotzdem wir eben aus der heißen Ebene gekommen waren, die wir in derselben Kleidung passiert hatten, welche wir hier trugen, war uns bei der Zimmertemperatur von +2° C doch recht behaglich, während besonders Kolmer, der sich an der Arbeit nicht beteiligte, heftig fror und zeitweise mit den Zähnen klapperte. Wie erwähnt, hatten wir ursprünglich den Plan gehabt, sofort mit dem Tage der Ankunft den Stoff- wechselversuch in der Margherita-Hütte zu beginnen und die drei aufeinanderfolgenden ersten Tage des Aufenthaltes für sich als Ankunftsperiode zusammenzufassen und erst dann mit dem eigentlichen Stoff- wechselversuch zu beginnen. Diese Absicht war aber durchkreuzt durch den Unfall, der unserem Träger passiert war, und im ganzen waren wir darüber nicht sehr ungehalten, wenn wir auch dabei die erste Serie der Gipfelversuche nicht so durchführen konnten, wie wir beabsichtigten. Ich hatte nämlich einesteils auf die Resultate dieser Versuchsperiode von vornherein nicht viel Gewicht gelegt, da in dieser sich die Nachwirkung des Aufstieges, eine Menge unkontrollierbarer Arbeit nebst der Einwir- kung der an und für sich ungewohnten Verhältnisse zusammen geltend machen mußte, so daß wir weder einen reinen Arbeitsversuch noch einen Ruheversuch vor uns gehabt hätten. Außerdem wäre es wohl zweien der Teilnehmer unmöglich gewesen, die für den ersten Tag entfallende Stoff- wechselkost aufzunehmen, Kolmer’s Versuch wäre jedenfalls durch das Erbrechen wie der Rainer’s gx 20 A. Durig, durch die Diarrhöen auszuschalten gewesen. Der ganze Versuch würde auch noch dadurch wesentlich kompliziert worden sein, daß wir uns von vornherein am Tage des Aufmarsches und der Ankunft nicht im Stickstoffgleichgewicht befanden und auch die Kalorienzufuhr für den Aufwand bei der Arbeit des Auf- stieges wohl nur sehr unrichtig zu bemessen gewesen wäre. Wir beschlossen daher. die Vorperiode auf der Capanna Margherita ganz auszuschalten und statt dessen noch einen weiteren Tag von Stoff- wechselkost nach dem Kostprogramm zu leben, ohne jedoch den Tag in die Versuchsreihen einzubeziehen, um für die folgenden Tage annähernd Stickstoff und Kaloriengleichgewicht zu erzielen. Am nächsten Tag (8. August) erwachten wir wieder alle mit Kopfschmerz, der besonders bei Durig sehr heftig war aber auch wieder nach zwei Stunden ganz spontan verschwand. Sonst befanden wir uns alle fast vollständig normal. Reichel hatte zwar wieder nicht gut geschlafen und litt immer noch an geringem Appetit, war aber vollständig leistungsfähig. Auch das Gefühl erhöhter Herzarbeit, ab und zu bis zum Herzklopfen gesteigert, hatte sich vor dem Einschlafen noch bemerkbar gemacht. Wir gingen jedoch alle wie in Wien der Laboratoriumsarbeit nach, nur Kolmer war zu dieser noch nicht leistungsfähig genug. Es mußte die Tageskost berechnet werden. Rainer versah die Küche, Reichel das Auswägen und die Kontrollrechnung wie das Führen des Hauptprotokolls, in das die Gesamtdaten des Versuches aufgenommen wurden. Jeder der Versuchsteilnehmer führte außerdem sein eigenes Versuchsprotokoll und zudem führte auch ich selbst noch ein Protokoll über den ganzen Versuch, so daß eine dreifache Sicher- heit gegen eventuelle Unrichtigkeiten in den Aufzeichnungen oder ein Vergessen der Daten gegeben war. Jeden Abend erfolgte dann die gegenseitige Verifizierung der Protokolle. Für die Respirationsversuche, die Reaktionszeitversuche etc. wurden natürlich gesonderte Protokolle geführt. Kolmer verbrachte auch jetzt noch den größten Teil des Tages fröstelnd auf seinem Lager in die Decken eingehüllt und fühlte sich scheinbar nur bei den Mahlzeiten ziemlich wohl, Durig baute den Analysenapparat zusammen, stellte Mischungen für dessen Füllung her und brachte auch bald die Kontroll- luftanalysen zu ganz befriedigenden Resultaten, so daß die Respirationsversuche ungehindert ihren Anfang finden konnten. Am 9. August morgens begann dann mit der Kotabgrenzung und der Scheidung des Harns der eigentliche Versuch. Als Arbeitszeit, die stets eingehalten, manchmal aber noch wesentlich überschritten wurde, waren die Stunden von 6! früh bis 9% abends festgesetzt. Auch an diesem Tage erwachten Rainer und Durig wieder mit heftigen Kopfschmerzen, die uns aber nicht mehr so stark behelligten, da wir wußten, sie würden bald vorüber sein. Wir zweifelten auch nicht mehr im mindesten daran, daß ihr Ent- stehen hauptsächlich durch die Stickluft über unserem Lager bedingt sei, weshalb wir beschlossen, aus der »Kiste« auszuziehen und lieber während der weiteren Wochen die Nächte auf dem Boden des Laboratoriums zu verbringen, so kalt es auch dort sein mochte. Es war übrigens an diesem Morgen auch in der »Kiste« kalt genug gewesen, das Thermometer stand 2° unter Null beim Bett und im Freien herrschte Schneesturm und Gewitter. Der tosende Wind hatte reichlich Schnee durch die Fugen des Hüttenbodens hereingetrieben und ihn besonders am Boden des Laboratoriums an manchen Stellen etwa 19cm tief zusammengeblasen. An diesem Morgen begannen wir vollständig nüchtern mit den Respirationsversuchen, bei denen am beneidenswertesten die Versuchsperson war, die behaglich in der Decke eingewickelt im Bett liegen bleiben konnte, während der Versuchsansteller während dreier Stunden neben dem offenen Fenster, durch das der Schlauch der Inspirationsleitung gesteckt war, ruhig aushalten mußte. Endlich durfte auch Durig diesen Posten verlassen und es traf ihn das Los des Versuchsobjektes, während Reichel an seiner Stelle beobachtete. Unter der warmen Decke stellte sich bald wieder volles Wohlbehagen ein und nach dem Einnehmen des Frühstücks war Durig wieder vollständig aufgetaut. In voller Arbeitsfreudigkeit und gehobener Stimmung eilten nun die Tage dahin. Die Kopfschmerzen am Morgen traten gleich nach der ersten Nacht, die Rainer und ich im Laboratorium verbracht hatten, nicht mehr auf. Wir hatten es uns dort durch Verkleben der Fugen mit Papier und durch Ausstopfen mit Watte so weit leidlich und behaglich gemacht, daß der eindringende Schnee uns nicht mehr bis zum Bett Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 21 kommen konnte. Und wir schliefen nun hier fortan mit größtem Behagen. Was schadete es, daß Durig unter dem Laboratoriumstisch und dem Reagensgestell lag, das beim Aufstehen jedesmal den Kopt bedrohte, oder daß Rainer mit seinem Oberteil noch auf der Dezimalwage zwischen Flaschenkisten, Butter und Zuckerbüchse lag? Wir waren froh, der »Kiste« entronnen zu sein. Sieht man von rein akzidentellen Störungen ab, die mit der Höhenwirkung an und für sich nichts zu tun haben, so hatten wir von Anbeginn an, natürlich Kolmer wieder ausgenommen, alle nicht an der eigentlich ausgesprochenen Bergkrankheit zu leiden gehabt. Die Einwirkung des Höhenklimas war aber bei dem jähen Wechsel zwischen Ebene und Hochgebirge doch nicht spurlos an uns vorübergegangen und das Auftreten der Kopfschmerzen wie die anfängliche Appetitlosigkeit und das Gefühl von Herz- klopfen am Abend waren jedenfalls auf das Höhenklima zurückzuführen, doch waren wir nicht im mindesten in unserer Arbeit behindert. Kolmer dagegen machte stets den Eindruck eines Erkrankten. Er war zu keinerlei intensiverer Arbeit zu verwenden und selbst leichte Verrichtungen, die er aus- führen sollte, vergaß er mit einer gewissen Teilnahmslosigkeit; auch subjektiv fühlte er sich während der ganzen Zeit wie nach einer vorhergegangenen großen Anstrengung. So blieb es bei ihm während des ganzen Aufenthaltes. Wir übrigen drei befanden uns aber nach dem Abklingen der ersten sub- jektiven Symptome vollständig wohl geradeso wie zu Hause, ja es stellte sich bei uns ein Gefühl gesteigerten Kraftbewußtseins und gesteigerter Gesundheit ein. Wir verzehrten alle, auch Kolmer, die für den Tag berechnete Stoffwechselkost quantitativ und mit größtem Behagen. Es blieb auch, wie wir später erörtern werden, unser Körpergewicht während der ganzen Zeit fast konstant. Unsere psychische Stimmung war heiter und fröhlich und an manchem Abend schallten fröhliche Lieder aus der Hütte in die eisige Nacht. Die erste Ruheperiode, die mit Schneesturm, Gewitter und Nebel eingesetzt hatte, schloß am 14. August bei schönem Wetter, so daß wir hoffen konnten, die nun sich anschließenden Versuchs- märsche programmgemäß absolvieren zu können. Es kam aber anders. Und nur unter Aufwand aller Energie gelang es, das Programm wirklich einzuhalten. Bereits der erste Marschtag setzte mit heftigem Wind und Nebel ein. Doch war es nur mäßig kalt. In zwei Partien geteilt, verließen wir gemeinsam die Hütte. Entsprechend der alpinen Erfahrung war Durig der Führer der einen, Rainer der der anderen. An Rainer schloß sich Kolmer an, Letztere beiden hatten über das Lysjoch bis zur Capanna Gnifetti abzusteigen und dann zur Hütte zurückzukehren, während Reichel und Durig nur bis zum Lysjoch gehen sollten. Vorsichtig stapften wir im Sturm den Eishang hinab, um vom Wind nicht aus den Stufen geworfen zu werden. Zum Lohn für die Entschlossen- heit besserte sich das Wetter bald, nachdem wir das Sesiajoch passiert hatten, und von der Traverse unter der Parottspitze an gab es schon herrliche Ausblicke in die Schweiz, so daß der weitere Marsch dann ohne Gefährdung ausgeführt werden konnte. Als letzter, fast 3/, Stunden nach Rainer’s Ankunft, kehrte Kolmer schnaubend und atemlos in einem Zustande wirklicher Erschöpfung in die Hütte zurück, während Rainer wie nach einem Spaziergange erfrischt und munter in der Hütte angekommen war, Er hatte zum Abmarsch 1 Stunde 40 Minuten, zum Aufstieg 3 Stunden 20 Minuten benötigt. Es war also der Aufstieg in nicht sehr raschem Tempo ausgeführt worden. Sofort nach der Ankunft wurde wie beim Abmarsch bei jedem Teilnehmer das Körpergewicht zur Feststellung der Perspiratio insensibilis bestimmt, ferner Puls und Temperatur beobachtet und die Respirationsversuche behufs Untersuchung der Nachwirkung des Marsches auf die Atmung ausgeführt. Ähnlich verliefen die folgenden Marschtage. Reichelund Durig benötigten für den Abstieg bis zum Lysjoch und die Rückkehr zur Capanna Margherita ungefähr 1!/, Stunden. Auch bei allen späteren Versuchen langte Kolmer im selben Erschöpfungszustande und wesentlich später in der Hütte ein, er paßte sich durch das Training nicht wesentlich an den Marsch im Hochgebirge an. Die letzten Tage dieser Marschperiode waren besonders unangenehm durch die heftige Kälte. Am 18. August marschierten wir bei — 16°C von derHütte ab und am 19. zeigte das Thermometer sogar — 22°C. Bei eisigem Sturm bahnten wir uns den Weg über den glattgefrorenen Hang trotz aller 22 A. Duris, Warnungen des Kustoden in der Hütte, der unserem Beginnen kopfschüttelnd zusah. Für uns gab es aber nur die eine Direktive, das Programm durchzuführen, und wir waren froh, daß wenigstens das morgend- liche Gewitter aufgehört hatte und die Gefahr des Blitzschlages nicht mehr bestand. Dies war übrigens unser kältester Tag, den wir am Gipfel erlebten. Das Thermometer zeigte morgens in der »Kiste« — 5° C und selbst der Harn in der Harnflasche, die Dr. Kolmer bei sich unter der Decke hatte, war gefroren. Im Laboratorium herrschte eine Temperatur von —9°C und wohl merklich kälter muß es im großen Turmzimmer gewesen sein — Prof. Alessandriwar aufeinige Tage verreist — da sogar die Salz- lösung im Analysenapparat fest eingefroren war. Es stieg übrigens wegen des Windes, der durch die Fugen pfiff und alles Heizen vergeblich erscheinen ließ, während des ganzen Tages die Temperatur daselbst nicht über —5°C, so daß die Wiederinstandsetzung des Analysenapparates und die Durch- führung der Analysen, die Durig für den ganzen Nachmittag mit nassen Händen in diesen kalten der Zugluft ausgesetzten Raum bannte, mit rechtem Unbehagen verknüpft war. Einige Frostbeulen durch die Wirkung der Kältemischungen waren die Folge. Wegen des stürmischen Wetters hatte auch Caspari, der an diesen Tagen von Alagna zum Gipfel aufsteigen sollte, seinen Marsch auf die Margherita-Hütte aufgeben müssen. Er traf deshalb erst am 22. August bei uns ein. Mit dem 20. August schlossen die Versuchsmärsche der ersten Arbeitsperiode und es folgte die Nachwirkungsperiode von drei Tagen bei herrlichem, warmem Wetter. Diese Versuchsreihe ging bei Durig verloren. In der freudigen Stimmung über die Ankunft Caspari’s gab es zum Mittagstisch eine Menge Scherz, der sich hauptsächlich auf die Fleischkonserve bezog, die uns allen wegen des eigentüm- lichen Geschmackes bei dem täglichen Genuß schon recht unsympathisch geworden war. SpeziellRainer versuchte durch allerlei Vergleiche Ekel bei Caspari zu erregen, was aber nur zur Folge hatte, daß Durig während des Kauens seiner Fleischration ohne Spur von Unwohlsein zum Erbrechen gereizt wurde wodurch natürlich die quantitative Bestimmung der Tageskost illusorisch wurde. Es bedeutete dies kein großes Unglück, da der Versuch an den anderen Teilnehmern glatt weiterlief. Dieser Tag bildete bei Durig den Übergang zur stickstoffarmen Kost. Der Verlust wurde ungefähr geschätzt und die Kost nun der niedereren, von da ab täglich einzuhaltenden Stickstoffmenge von 9g angepaßt. Am folgenden Tag führte ich Caspari zur Gnifetti-Hütte zurück, da dieser den Führer und den zweiten Begleiter, die den Aufstieg mit ihm gemacht hatten, noch am selben Tag entlassen hatte. In der Gnifetti- Hütte konnte er sicheren Anschluß an Touristen, die nach Col d’Olen gingen, finden; anderenfalls hätte ich ihn selbst bis an das Ende der Gletscherregion gebracht. Bei herrlichem Wetter langten wir nach 11/,stündiger Marschzeit in der Gnifetti-Hütte an, wo Caspari Begleitung traf, während Durig nach kurzer Rast, ganz allein, zur Margherita-Hütte zurückkehrte. Ertraf 2 Stunden 10 Minuten später munter und hungrig beim Mittagstisch ein. Trotz dieses raschen Tempos hatte er es nie nötig gehabt, dabei mit geöffnetem Mund zu atmen. Wir geben diese Marschzeit an im Vergleich zu jener Kolmer’s, der das Beispiel für den Bergkranken liefert; Kolmer benötigte für die Aufstiege von der Gnifetti-Hütte zur Margherita-Hütte, die er mit Rainer zusammen ausführte, 4 bis 5 Stunden. Trotz dieses langsamen Tempos kam er stets dyspnoisch und erschöpft in der Hütte an. Auch Caspari, der übrigens auf der Gnifetti-Hütte übernachtet hatte, war ähnlich lange unterwegs gewesen und auch er traf ziemlich außer Atem in der Hütte ein. Er wurde während seines eintägigen Aufenthaltes auf dem Gipfel diesmal nicht bergkrank, obwohl er bei der Expedition des Jahres 1901 so schwer erkrankt war. Das Verhältnis der Marschzeiten ist wegen eines Vergleiches unserer Leistungsfähigkeit gegenüber jener der Teilnehmer an den Versuchen im Jahre 1901, von denen Kolmer der beste Gänger war, von Interesse. Die größere Erschöpfung bei ungleich längerer Marschzeit ist wohl sicher sehr charakteristisch dafür, daß, wie bereits erwähnt, der Quotient aus Körpergewicht und Körpergröße keinen Anhaltspunkt für die Leistungsfähig- keit gibt. Bei Kolmer ging die physische Leistungsfähigkeit während des Monte Rosa - Aufenthaltes parallel mit einer Verringerung seiner geistigen Arbeitsfähigkeit, an der er infolge der Einwirkung des Höhenklimas litt. Fast mit einem Schlage waren diese Erscheinungen bei der Rückkehr nach Alagna Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 23 verschwunden. Über den Verlauf des Versuches Caspari’s, der inzwischen in Alagna ausgeführt wurde, wird dieser selbst an anderer Stelle berichten. Nun folgte die Periode der großen Märsche, eigentlichen Hochtouren entsprechend, auf die wir uns von Anbeginn an besonders gefreut hatten. Mit Ausnahme eines einzigen Tages waren wir dabei stets von herrlichem, warmem Wetter begünstigt. Auch hier teilten wir uns in zwei Parteien, wieder mitRainer und Durig als Führenden. Diesmal nahm sich Durig Dr. Kolmer’s an, während Reichel sich an Rainer anschloß. Natürlich wurden diese Touren unter strengster Einhaltung des ganzen Stoffwechsel- programmes durchgeführt, wobei täglich, je nach den zu erwartenden Aufgaben, der voraussichtliche Kalorienbedarf und danach die Tageskost berechnet wurde. Am ersten Tage stieg Rainer und Reichel zum Lysjoch ab, das in 30 Minuten erreicht war, und dann auf dem gewöhnlichen Weg zur Schulter des Lyskammes und auf den Lyskammgipfel selbst (Tafel II). Die Schneeverhältnisse, auf die es bei dieser zeitweise ganz außerordentlich gefährlichen Tour ankommt, waren ungemein günstige, dagegen die überhängende Randkluft so weit offen, daß sie nur mit Hilfe des Steigbaumes (durch Aufeinandersteigen) zu überwinden war. Die ungemein exponierte scharfe Firnkante und die Traverse im steilen Hang unterhalb der Wächte erforderten natürlich äußerste Vorsicht. Um 8! früh war der Gipfel erreicht, der nach einstündiger Rast wieder verlassen wurde, nach- dem photographische Aufnahmen gemacht waren und das bestimmte Stoffwechselfrühstück verzehrt war. Nach längerer Rast am Lysjoch trafen beide um 1" wieder in der Margherita-Hütte ein. Der eigentliche Auf- und Abstieg auf den Lyskamm war natürlich am Seil ausgeführt worden, das wir wie erwähnt sonst, um möglichst normale Verhältnisse einzuhalten, fast nie verwendeten. Kolmer und Durig standen beide unter niedriger Stickstoffzufuhr. Sie stiegen etwa 1200 m tief über den Grenzgletscher ab, der in seinen unteren Partien spaltenreich und tückisch ist und größte Vor- sicht forderte. (Taf. IV.) Auch die Eisbrüche des Gletschers durchstiegen sie noch und kehrten dann nach kurzem Imbiß wieder zur Hütte zurück. Längeres Ausdehnen der Tour hätte beiden Partien gefährlich werden können, denn bald nach ihrer Ankunft begann ein heftiges Gewitter mit Schneesturm und knapp neben Durig’s Kopf fuhr ein Blitz in den Boden, als er das schützende Kupferblechhaus auf einen Augenblick verlassen wollte. Der 25. August brachte uns wieder herrliches Wetter. Wir traten den Marsch wieder gemeinsam an, trennten uns aber auf dem Sesiajoch. Reichel und Rainer erstiegen die Parrotspitze (Taf. III), während Durig mit Kolmer dem Gipfel der Ludwigshöhe zusteuerte und von dort zum Lysgletscher abstieg, um darauf dem Schwarzhorn (Taf. II und III) einen Besuch abzustatten, dessen steile Eislehne mit rutschigem Neuschnee überdeckt war und vorsichtiges Stufenschlagen erforderte. Bald war der scharfe, felsige Gipfel- grat erreicht, der in überhängender Wand fast 2000 »» zu den Gletschern des obersten Sesiatales abbricht. Vorsichtig ginges dann in den Stufen herab, über verdächtige Klüfte zum Balmenhorn, wo die Pflicht des Stoffwechselversuches eine Mahlzeit von Käse, Butter und Kakes vorschrieb. Eben als wir den Gipfel ver- ließen, sahen wir Reichel und Rainer, die von der Parrotspitze zur Ludwigshöhe gestiegen waren (Taf. II), diesen Gipfel verlassen und dem Schwarzhorn zusteuern, das sie in Mißtrauen gegenüber dem Eisgang auf ziemlich schwierigen Felspartien überschritten. Kolmer und Durig hatten inzwischen noch einen Abstecher zu dem am weitesten vorgeschobenen Gipfel der Monte Rosa-Gruppe (Tafel III), der Vinzentpyramide, gemacht und trafen mit Rainer und Reichel, die vom Schwarzhorn kamen, wieder auf dem Lysjoch zusammen. Um °/,1 Uhr trafen wir nach der herrlichen Wanderung wieder in der Hütte ein und ließen die obligaten Wägungen und Messungen über uns ergehen, dann erst durften wir an das Aus- wiegen der Mittagsmahlzeit und an das Kochen denken. Sturm, Nebel und Neuschnee überraschten uns am 26. August morgens. Es schien aussichtslos, die Hütte verlassen zu können. Trotz des Bewußtseins der großen Gefahr siegte aber doch das Pflichtgefühl. Wir mußten einen Versuchsmarsch ausführen, es war darum auch alles Abreden und alle Warnung des wohlmeinenden Kustoden vergebens. Als bester Kenner des Terrains ging Durig voran, knapp Mann an Mann folgten Rainer, dann Reichel und zuletzt Kolmer, um diesem die schwere Arbeit des Watens im 24 A. Durig, tiefen Neuschnee möglichst zu erleichtern. Weiß in weiß sah die ganze Gegend aus, keine Kontur ver- riet die Lage der Aufstiegroute und nur unter dem Gefühl des tastenden Fußes merkte man die Uneben- heiten der zerstapften Fährte im alten Schnee, auf dem knietief der neue lag. Als wir den Eissturz beim Sesiajoch erreichten und dessen Eisblöcke die Sicherheit gaben, daß wir uns am richtigen Wege befinden, atmeten wir erleichtert auf und es galt jetzt nur die stets tief ausgetretene Spur in der Traverse unter der Parrotspitze zu finden. Dann war unser Weg bis zum Lysjoch sicher. Vorsichtig ging es über den Sattel des Sesiajoches und nach wenigen Schritten stießen wir fast an einen haushohen, abgestürzten Eisblock, neben dem, wie wir wußten, die gewohnte Fährte lag, und schon trat der Fuß, fast bis an die Hüfte in den Schnee versinkend, in die tiefen Tapfen der Traverse. | Nach einigen hundert Schritten, bis wir glaubten, knapp unter dem Lysjoch zu sein, nahm Rainer den Vortritt und löste Durig ab, um an seiner Stelle das mühsame Vorantreten im tiefen Schnee zu über- nehmen. Bald standen wir auch auf der Jochhöhe, wo der Schnee zu unserer freudigen Überraschung nicht mehr so tief lag und die Spuren deutlich sichtbar wurden. Auch hatte der Nebel nachgelassen und man konnte schon ferne Verschneidungen im Gletscher erkennen, bald sahen wir unter den Wolken hin- durch ins Gressoneytal hinab. Erleichtert eilten wir zur Gnifetti-Hütte abwärts und in ®/, Stunden war diese erreicht. Unser Erscheinen erweckte dort Verwunderung und Mißbilligung von seiten der Führer. Die Leute freuten sich, daß die Sache gut abgelaufen war. Mehrere ihrer Kameraden hatten ja schon in den ungeheuer ausgedehnten Eisgefilden des Monte Rosa im Unwetter ihr Leben lassen müssen. Das Wetter besserte sich von Viertelstunde zu Viertelstunde und, als wir aufbrachen, lag die Sonne glitzernd auf den Gletscherflächen. Von den tiefen Tapfen, die wir getreten hatten, fanden wir auf dem Rückweg in den letzten Partien gegen den Gipfel nichts mehr vor. Sie waren bereits verweht und ver- schneit. Da aber das Wetter klar und hell war, trafen wir schon um 1 Uhr 30 Minuten wieder in der Hütte ein. Ein schöner, warmer Morgen begrüßte uns am 27. Rainer und Reichel wollten den Übergang von der Margherita-Hütte über den Grenzsattel zur Dufourspitze durchführen, während Kollmer und Durig zum Gorner Gletscher gegen Zermatt absteigen sollten. Wir gelangten bis etwa zur Kote 3850. Als stolze Zinne ragte über uns die Dufourspitze in den tiefblauen Himmel und verlockend sah silberweiß der Grenz- sattel herab. Schwarz türmte sich in jähem Anstieg der Reygrat zum Gipfel empor. Durig wollte wider- stehen und die Verantwortung nicht übernehmen, mit dem doch nicht sehr leistungsfähigen Kolmer den anstrengenden Aufstieg zum Gipfel anzutreten, schloß sich doch auch die Notwendigkeit an, den feinen Firngrat zur Zumsteinspitze zu überschreiten, um zur Margherita-Hütte zu gelangen (Taf. IV). Endlich versuchten wir die Sache in der Absicht, beim ersten größeren Hindernis umzukehren. Doch stieg Kolmer viel besser, als wir erwartet hatten. Nach Überqueren des steilen Gletscherarmes, der vom Grenzsattel herabzieht, betraten wir über die Randkluft bald den Felsgrat und in leichter Kletterei ging es nun auf der luftig ansteigenden Gratrippe empor. Ein etwas höherer Überhang läßt sich durch Aufsteigen auf die Schultern (Steigbaum) nicht schwer überwinden. Weiter geht es im steilen, aber festen und gutgestuften Fels empor, von dem rechts und links die glitzernden Eisflächen abstürzen. Kolmer keucht und schnaubt zwar tüchtig und immer gibt es wieder Pausen, um ihn zu Atem kommen zu lassen. Einen großen Teil seiner Arbeit und seines Körpergewichtes vermag ihm Durig aber abzu- nehmen, indem er, Seillänge um Seillänge vorauseilend, ihn immer wieder zu sich heraufzieht. Wir hatten erwartet, Rainer und Reichel, die über den Grenzsattel kommen sollten, auf dem Gipfel der Dufourspitze zu treffen, fanden aber dort nur einige Führer und Touristen, die den Gipfel auf der gewöhnlichen Anstiegsroute bestiegen hatten. Mehrere von ihnen zeigten typische Zeichen der Berg- krankheit und erbrachen, während wir abseits mit Behagen aus unseren Blechbüchsen das Stoffwechsel- frühstück verzehrten und unsern Harn und Kot versorgten. Dann ging es zum Abmarsch. Das kommende Stück sah sehr unheimlich aus (Taf. V). Zuerst eine scharfe Firnschneide, mit steilen, nach beiden Seiten Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 25 fast unmeßbar tief abstürzenden Felspartien wechselnd, dann tief unten wieder ein Stück des Firngrates, aus dem sich als feiner Saum der Firnkamm zur Zumsteinspitze erhebt. Die außerordentlich exponierte Kletterei erwies sich aber an keiner Stelle als besonders schwierig, nur war Trittsicherheit und absolute Schwindelfreiheit unbedingte Voraussetzung. Besonders das Passieren des Firngrates am Grenzsattel erinnert stark an Seiltänzerei. Die Schneide ist bis zu Fingerbreite zuge- schärft und rechts und links stürzen die Steilwände in unheimlicher Glätte ab, so daß der Eispickel an keiner Stelle Halt findet. Links grüßt aus einer Tiefe von 30002 zu unseren Füßen Macugnaga und rechts drohen, einige 100 m tiefer, weitaufgesperrte Gletscherspalten des Grenzgletschers herauf. Den Blick fest auf die Scheide geheftet, den Pickel zur Balance quer in der Hand, passiert man vorsichtig Fuß . vor Fuß die drei Schneiden, die durch Grattürme mit vereisten Felsen gekrönt sind; nur ab und zu schweift der Blick in die herrliche Tiefe. Mit dem Gefühl der Befriedigung, wieder sicheren Boden unler den Füßen zu haben, stiegen wir dann zur Zumsteinspitze empor. Hier im Aufstieg versagte Dr. Kolmer wieder, während er sich in den Schneiden sehr tapfer und trittsicher gehalten hatte. Die Herz- und Atem- arbeit reichte bei ihm im Aufstieg eben wieder nicht aus. Aber auch da tat das Seil gute Hilfe. Ohne Rast eilten wir fast in Sprüngen über die eisige Flanke der Zumsteinspitze hinab zum oberen Grenzgletscher; der auch hier noch ziemlich exponierte, aber doch breitere Grat machte auf uns keinen Eindruck mehr. Wir seilten ab und in flottem Tempo eilte Durig zur Margherita-Hütte hinauf, wo Dr. Kolmer !/, Stunde nach ihm eintraf. Der Aufstieg über den letzten Hang zur Hütte hatte ihn ebenfalls wieder sehr dyspnoisch gemacht. Der Weg von der Hütte zum Reygrat und über diesen zum Gipfel hatte 3 Stunden, jener vom Gipfel über den Grenzsattel zur Hütte zurück 2 Stunden 20 Minuten erfordert. Rainer und Reichel, die den Weg in umgekehrter Richtung hatten einschlagen wollen, waren zwar bis zur Zumsteinspitze gelangt, hatten sich aber infolge des Windes, der am Morgen ging, nicht in die Firnschneiden gewagt in der Befürchtung, dort aus dem Gleichgewicht gebracht zu werden. Sie hatten ihren Versuchsmarsch deshalb wieder zum Lysjoch und von dort zur Vinzentpyramide ausgedehnt und präsentierten uns bei der Ankunft das fertige Mittagmahl. Am folgenden Tag wiederholten Rainer und Reichel in derselben Richtung die Tour über den Reygrat zur Dufourspitze und von da zur Zumsteinspitze, während Kolmer und Durig bis auf 2830 m gegen den Gorner Gletscher abstiegen und dann zur Hütte zurückkehrten. Damit waren die großen Märsche abgeschlossen. Unser Körpergewicht hatte, wie später gezeigt werden wird, dabei zugenommen oder war konstant geblieben, obwohl die Anforderungen täglich und auch für jede Versuchsperson ver- schieden waren und das Kostprogramm demnach jedesmal eigens berechnet werden mußte. Es folgte die Nachwirkungsperiode, die den 29., 30. und 31. August umfaßte und zu Respirations- versuchen, speziell beim Marsch, auf dem unter der Hütte gelegenen Firnfeld benützt wurden. Auch das Scheiden von der Hütte schickte seine Vorboten voraus, indem nun das Packen begonnen werden mußte Endlich reihte sich der letzte Ruheversuch an, der der Kontrolle gegenüber der ersten Ruheperiode auf dem Gipfel dienen sollte. Dabei gab es noch Arbeit in Hülle und Fülle. Es war noch eine Reihe von Kontrollversuchen auszuführen und endlich das Programm für den Abmarsch festzustellen und die Kost für diesen auszuwiegen. Am 4. September brachen wir bei herrlichem Wetter auf. Mit gewogenem Proviant, mit Getränk, Harnflasche und Kotbüchse versehen verließen wir die Hütte und bald überholten wir die Träger, die unsere letzte Habe zu Tal schaffen sollten. Ausgeapert bot der Lysgletscher ein Bild wirrer Zerklüftung und vorsichtig wanden wir uns durch das Spaltengewirr und über schmale verdächtige Brücken, die der Pickel, vorsichtig sondierend, prüfte. Wie um uns den Abschied noch schwerer zu machen, glänzte das Eis aus den tiefen Schründen in magisch blauem Licht. Nach kurzem Abschied von dem Kustoden auf der Gnifetti-Hütte eilten wir in die Tiefe und freudig begrüßten wir wieder das erste fließende Wasser und bald nachher die schneefreie Region mit den spärlichen Herbstblumen. Eine eigentümliche Sinnes- täuschung machle sich bei uns allen bemerkbar. Der eben daliegende kleine See, der in der Nähe des Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 4 26 A. Durig, neugebauten Observatoriums liegt, schien uns schief zu sein und das Wasser in ihm eine schräge Fläche zu bilden. In Col d’Olen wurden wir von Caspari erwartet. Wie schön sah wieder das erste Tischtuch aus! Das einzige Unbehagen bildete nur, daß wir nicht auch der Fleischkonserve entkommen waren. Das Programm schrieb es vor und so mußte sie gegessen werden. Mit Hilfe einer Briefwage wogen wir die Emballage zurück. - Nun ging es weiter bergab nach Alagna, wo uns Caspari in einer schönen Villa mit Veranda die Wohnung besorgt hatte. Wir konnten uns aber nicht entschließen, diese sofort zu beziehen und, obwohl wir seit morgens unterwegs waren, die Mahlzeit zu kochen, denn noch mehr lockte uns die Wohltat des ersten Bades nach so langer Zeit und nach dem Mangel an Hautpflege, den der Aufenthalt auf dem Gipfel mit sich bringt, wo das Wasser erst aus Eis geschmolzen werden muß und nicht selten nachtsüber neuerdings friert. Unsere knappen Mittel hießen uns eben bei dem hohen Preise des Feuerungsmateriales (pro Kilo 0:60 Lire für den Transport allein) und dem Erfordernisse an Wasser für die Versuche die für persönlichen Bedarf nötige Wassermenge auf das äußerste einschränken. Unter den behaglichen Verhältnissen eines Sommerfrischortes wickelte sich nun der Stoffwechsel- versuch in Alagna ab. Dankbar empfanden wir wieder die Wohltat eines Bettes, speziell Rainer und Durig, die 4 Wochen auf dem Boden geschlafen hatten. Die Möglichkeit, auf reichlichem Raum sich aus- breiten zu können, erleichterte den Versuch sehr, so daß wir bald auch, mit den Respirationsversuchen zu Ende waren. Von den fünf Versuchstagen wurden die ersten beiden für sich abgegrenzt, um die Periode des Abmarsches und des ersten Tages in Alagna gesondert untersuchen zu können. Am 10. September 4 Uhr morgens fuhren wir von Alagna weg und um 7 Uhr früh, als wir in Varallo ankamen, war der Versuch beendet. Der letzte Versuchsharn wurde in die Flasche entleert, die Karmin- kapseln zur Abgrenzung des Kotes gegessen und nun durften wir frei von Vorschrift und Zwang essen, was uns beliebte. Die Kotbüchsen in unserem Rucksack begleiteten uns allerdings noch zwei Tage lang, da das Erscheinen der Abgrenzung des Kotes, der noch zum Versuch gehörte, abzuwarten war. In Mailand trennten wir uns und fuhren dann auf verschiedenen Wegen im vollen Wohlsein der Heimat zu. Sieht man von den ersten Erscheinungen nach der Ankunft auf dem Gipfel sowie von dem steten Unbehagen und Krankheitsgefühl, unter dem Kolmer zu leiden hatte, ab, so war der ganze Versuch trotz mancher Entbehrungen, denen wir dabei naturgemäß ausgesetzt waren, für uns in voller Annehmlichkeit verlaufen und keine einzige Störung eingetreten. Im Gefühle voller Kraft und voller Gesundheit schlossen wir die letzte Versuchsperiode, ohne daß auch nur einmal das leiseste Zeichen einer Erkrankung des Magen- darmkanales sich bemerkbar gemacht hätte, wobei wir natürlich von den abnormen Erscheinungen der beiden ersten Tage absehen. Gewiß hätten wir manchmal allerlei lieber gegessen als das, was das Pro- gramm gebot, besonders an solchen Tagen, an denen wir uns die Aufzehrung der Kost nicht geschickt genug eingeteilt hatten. So konnte es wohl der Fall sein, daß einer von uns abends noch 150g Zucker und eine Portion Brimsenkäse vor sich hatte, die natürlich aufgezehrt werden mußten, oder daß einmal etwas Kochsalz an Stelle von Zucker in das Pflaumenmus kam, dieses, weil davon schon gegessen war, aber dann doch ganz aufgezehrt werden mußte, wir lachten aber stets herzlich über solche Freignisse und so war in Arbeit und Scherz die Versuchszeit in überraschender Eile entflohen. Der Winter 1906/07 war, unserem Vorhaben entsprechend, für Kontrollversuche zu den bisherigen Beobachtungen in Aussicht genommen. Die Temperaturverhältnisse waren so günstig, wie wir sie uns nur wünschen konnten. Frühzeitig setzte Kälte und Schnee ein, so daß wir uns bequem die gelegenste Versuchs- zeit auswählen konnten. Wir verschoben deshalb den Stoffwechselversuch auch bis Neujahr, um mit den dringendsten Analysen (Gesamtstickstoff, Harnstoff und Ammoniak) noch vorher fertig zu sein. Ein Respi- rationsversuch, den wir im Freien auf einem beschneiten Weg ausführen wollten, war übrigens früher schon durch die große Kälte unmöglich gemacht worden, da uns alle Sammelröhren und die Schläuche mit den Salzlösungen einfroren, knapp nachdem sie gefüllt waren. Es herrschten —22° C und nach der Ankunft im Laboratorium zeigte das Thermometer in der Innentasche von Durig’s Jacke noch —5°C. Wie erwähnt, trugen wir auch bei diesen Versuchen wie überhaupt während des ganzen strengen Winters, um DD N Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. unbedingte Vergleichswerte erhalten zu können, dieselbe Kleidung wie auf dem Monte Rosa. Diese bestand nur aus Trikot oder Leinenhemd und Unterhose, Gilet, Hose und Rock, Wollstrümpfen, den Schuhen und einer Kappe. Wir waren also stets verhältnismäßig leicht gekleidet. Nur Kolmer, der mehr zum Frieren neigte, hatte sich außerdem noch einen Sweater zugelegt. Mantel und Überkleider trugen wir nie. dagegen stets Fausthandschuhe bei großer Kälte. Der Winterversuch begann mit dem 2. Jänner als Vortag, an dem Stoffwechselkost in jener Menge und von jenem Stickstoffgehalt verzehrt wurde, wie dies während der übrigen Versuchsperioden der Fall gewesen war. Am 3. Jänner begannen die Marschversuche, die vier Tage dauerten, es wurden hiebei täg- lich Ausflüge in den Wienerwald gemacht, bei denen ungefähr die nämliche Steigung und auch eine ähnliche Wegstrecke zurückzulegen war wie bei den großen Märschen auf dem Monte Rosa. Die Weg- verhältnisse waren, soweit dies überhaupt möglich ist, mit jenen auf dem Monte Rosa vergleichbar, da besonders auf den Waldwegen eine ausgiebige, zum Teil nicht angetretene Schneedecke lag. An den Marschversuchen nahm Rainer, dessen Zeit es nicht gestattete, nicht teil. Er absolvierte während derselben Tage seinen Kontroll-Ruhestoffwechselversuch. Wir trafen uns sämtlich morgens im Laboratorium, wo das Frühstüsk nach vorangegangenen Wägungen eingenommen wurde, und traten dann den Versuchs- marsch an. Rainer besorgte wieder die Küche und den Mittagstisch, der im Laboratorium bereit stand, bis wir zurückkehrten. Kolmer blieb auch bei diesen Märschen meist stark zurück, war also auch in der Ebene der am wenigsten leistungsfähige Gänger. Am 7. Jänner begann der Ruheversuch in der normalen Weise. Er wurde ohne Zwischenfall am 10., also ebenfalls nach vier Tagen beendet. Inzwischen richtete Durig alle Behelfe für den Semmering-Versuch zusammen, so daß wir am 11. um 7 Uhr früh ohne Störung des Versuchsprogramms von Wien abfahren und noch am Vormittag den Versuch am Semmering beginnen konnten. Die Abgrenzung des Kotes erfolgte wie immer durch Karmin mit dem Frühstück, von dem wir einen Teil auf die Eisenbahn mitgenommen hatten. In zuvorkommendster Weise räumte uns Herr Hotelier Pannhans eine Villa ein, in der wir unsere Versuche ungestört durchführen konnten. An diesen nahmen nur Reichel und Durig teil. Reichel erhielt dieselbe Stickstoffzufuhr wie immer, Durig die niederen Stickstoffmengen, wie er sie in der zweiten Hälfte der Versuche auf dem Monte Rosa gegessen hatte. Wir durften es hier nicht wärmer haben als sonst bei unseren Versuchen, durften uns also auch die Behag- lichkeit eines geheizten Zimmers nicht erlauben, es war daher das erste, die Vorsorge, die man für uns getroffen hatte, zunichte zu machen, die Fenster zu Öffnen und das Feuer zu löschen. Die Witterung konnte für unsere Verhältnisse nicht günstiger sein. Es lag tiefer Schnee, zeitweise herrschte Schnee- treiben, doch war die Kälte nur eine ziemlich mäßige und unsere Zimmertemperatur hielt sich nahe an Null. Zugleich mit dem Ruheversuch führten wir eine Reihe von Respirationsversuchen bei Ruhe und Arbeit durch. Die Arbeitsversuche beschränkten sich auf die Feststellung des Energieverbrauches beim Horizontalmarsch, wofür wir in der unbenützten Wäscherei des Hotels ein außerordentlich bequemes Terrain fanden. Der Semmering-Versuch schloß am 15. Jänner morgens. Wieder erfolgte Frühstück und Kotabgren- zung auf der Eisenbahn und damit war die letzte Versuchsreihe, die dreitägige Nachwirkungsperiode, ein- geleitet. Diese schloß am 18. Jänner morgens. Es folgten noch am 8. Februar Respirationsversuche bei Muskelarbeit auf beschneitem, ansteigendem ° Waldweg, den wir bei etwa 5° unter Null ausführten, dann anfangs April Horizontalmärsche in Wien und am 16. Juni Märsche auf derselben ansteigenden Strecke wie im Winter behufs Bestimmung des Verbrauches bei Steigarbeit ohne Schnee und endlich noch an verschiedenen späteren Tagen Horizontal- märsche unter Einhaltung verschiedener Geschwindigkeiten. Damit war der eigentliche experimentelle Teil der Versuche abgeschlossen. Die analytischen Arbeiten nahmen nebenher ihren Fortgang und wurden mit dem Frühjahr 1908 beendet, so daß an die Berechnung der Resultate gegangen werden konnte. Auf die Methoden, die bei der Verarbeitung verwendet wurden, 1% 4 28 A. Durig, wird in den speziellen Kapiteln eingegangen werden. Erwähnt möge nur sein, daß Durig sämtliche Analysen, und zwar fast ausschließlich als Doppelanalysen selbst ausführte. Von manchen Nahrungs- mitteln, speziellvon solchen, beidenen man sich über die Richtigkeit der Durchschnittsproben überzeugen mußte, wurden zahlreiche Analysen ausgeführt, ebenso immer dann weitere Analysen nachgetragen, wenn die Doppelanalysen nicht übereinstimmten. Sämtliche Reagenzien wurden von vornherein in den entsprechend großen Quantitäten angeschafft und eigens auf ihre Reinheit geprüft, ebenso die Maßgefäße, die für die Verarbeitung des Materials benötigt wurden, geeicht. Auch wurden allen Analysen Kontroll- bestimmungen mit Substanzen bekannter Zusammensetzungen vorangeschickt undin einzelnen Fällen eine weitere Sicherung der Resultate durch Parallelbestimmungen geschaffen. Diese führte teils Prof. Caspari in Berlin aus, teils stammen sie aus dem Laboratorium meines verehrten Kollegen Hofrat Zeisel. Es dürfte die Tatsache, daß nur einerlei Methodik, ein und dieselben Meßgefäße und Reagenzien und die- selben Titreflüssigkeiten bei allen Analysen verwendet wurden, ganz besonders dazu beitragen, daß die Resultate, die unter den angegebenen Versuchsbedingungen gewonnen wurden, nicht nur unbedingt unter- einander vergleichbar sind, sondern daß die gewonnenen Zahlen auch vollen Anspruch auf absolute Richtigkeit haben, da sie sämtlich auf Analysen mit bekannten und kontrollierten Testbestimmungen aufbauen. Die Analysen des gesamten Stoffwechselversuches an fünf Versuchsteilnehmern hatten sich auf 265 Harne zu erstrecken, ferner waren die Kote der 19 Versuchsperioden von den 5 Teilnehmern und 40 Nahrungsmittel zu untersuchen. Hijefür waren der zahlreichen Doppelanalysen wegen, die teilweise auch noch wiederholt wurden, und wegen der vielen Durchschnittsproben, die beiNahrungsmitteln unter- sucht wurden, sowie unter Einbeziehung der Harnstoff- und Harnsäurebestimmungen, bei denen die End- operation ebenfalls die Stickstoffbestimmung war, allein wesentlich über 2000 Kjeldahlanalysen erfor- derlich, wofür rund 130 konzentrierter Lauge verbraucht wurden, während für das Titrieren 126 / Titrier- säure nötig waren; dies möge einen kleinen Hinweis auf den Umfang der Arbeiten geben. Als besonders zeitraubende Operationen machten sich natürlich die Bestimmung der Verbrennungs- wärme in den Harnen, im Kot und in den Nahrungsmitteln geltend, die zwar in ähnlichen Harnen als Einzelbestimmungen ausgeführt wurden, aber doch allein mehr als 21/, Monate Arbeitszeit erforderten, da auch bei angestrengter Arbeit nicht mehr als 12 bis 15 Verbrennungen im Tage ausgeführt werden konnten. Ebenfalls als ungemein zeitraubend erwiesen sich die Gesamtschwefelbestimmungen, die im Nickeltigel über der Spiritusflamme ausgeführt wurden. Ein unangenehmes Geschäft bildete das Trocknen der fast 30 Kilo betragenden Gesamtmenge der Versuchskote im Vakuum. Endlich wäre noch zu erwähnen, daß in 221 Harnen Harnstoff-, Harnsäure und Ammoniak zu bestimmen war und in mehr als 100 Harnen Gesamtschwefel, Sulfatschwefel und Phosphoranalysen ausgeführt werden mußten. Trotz energischester Förderung der Arbeit verstrich mehr als 1t/, Jahr, bis die Analysen als ab- geschlossen betrachtet werden konnten und auch die letzten Kontrollen erledigt waren. Die Einzelnheiten über die verwendeten analytischen Methoden, die speziell für Massenbestimmungen eingerichtet werden mußten — es wurden zum Beispiel täglich bis zu 100 Kjeldahlbestimmungen erledigt — sollen an zuge- höriger Stelle in den späteren Mitteilungen erwähnt werden. Hier soll nur noch einiges über die Kosten der Expedition angeführt werden, da wohl auch diese einen Einblick in den Umfang der Arbeiten gestatten dürften. Ebenso scheint es nicht uninteressant, die erforderlichen Mengen der hauptsächlichsten Nahrungs- mittel aufzuzählen. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 29 Ausgaben: Unter anderem erforderlich waren: 1463°20 Kronen für Fracht. 300 Büchsen Fleisch. 198202 » » Lebensmittel. 200 » Gansleber. 20580 » » Miete. 14 kg Orangenmarmelade. 68:00 » » Auslagen auf dem Semmering. 14 » Preiselbeeren. 1690: 14 » » Chemikalien. ED zERase: 173 °695 » » r 11 » Chocolade. 81-00 R 2 958 kg Ather, 150 Z Alkohol. ne 18420 » » Glasbläserarbeit. losen eRreis: 66:65 >» » Kautschuk. 320 Portionen Suppe. 42320 > » verschiedene Utensilien. > kg Makkaroni. 50141 > » Glasware. : 5 » Dörrkartoffel. BER. 60 » Kakes. 683927 Kronen. Schon die ersten Überschläge über die voraussichtlichen Kosten der Expedition hatten auf Grund der früheren gesammelten Erfahrungen ergeben, daß es nur mit Hilfe einer großen Subvention möglich sein werde, das Unternehmen in Gang zu bringen. Wir traten daher an die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien mit der Bitte um die Gewährung einer Subvention von 4000 Kronen heran, die uns von dieser auch in munifizenter Weise zugebilligt wurde, indem Durig einen Betrag von 3000, Reichel einen solchen von 1000 Kronen erhielt. In aufrichtiger Dankbarkeit gedenken wir dieser großen Spende. Der fehlende Rest von 2839 Kronen wurde durch Beiträge aus unseren eigenen Mitteln gedeckt bis auf die Auslagen für Glaswaren und einen Teil der Reagenzien, die das von mir geleitete Institut bestritt. Auch sonst waren wir vielfach auf Rat, Hilfe und Unterstützung angewiesen, die uns in mannigfaltig- ster Weise zuteil wurde. So ist es eine Pflicht, der wir freudigst nachkommen, Herrn Hofrat Sigm. Exner in Wien, Geheimrat Zuntz in Berlin und Senator Prof. Angelo Mosso in Turin unseren verbindlichsten Dank auszusprechen. Aufrichtigen Dank schulden wir auch dem Club Alpino Italiano und dessen Präsidenten Advokaten Grober für die freigebige Gastfreundschaft, die uns auf der Capanna Margherita gewährt wurde. Endlich erinnern wir uns auch noch dankbar der Firma Fratelli Guglielmina in Alagna, die in uneigennützigster Weise und unter ganz außerordentlichem Entgegenkommen uns beim Trans- port und bei der Beschaffung der Lebensmittel behilflich war, wie wir auch gerne unserer wackeren Träger gedenken, die unter den schwierigsten Verhältnissen stets bereit waren, das Möglichste für uns zu leisten, und viel dazu beitrugen, daß der Verlauf der Versuche auf dem Monte Rosa ein ungestörter war. Wie sehr verpflichtet wir uns gegenüber meinem lieben Freunde Prof. Alessandri fühlen, der uns durch Abtretung eigenen Raumes in der Hütte einen beträchtlichen Teil unserer Versuche erst ermög- lichte, haben wir schon oben hervorgehoben. Ihm danken wir auch wiederholte Aushilfe mit Brennmaterial und sonstigen Behelfen, durch die uns das Arbeiten wesentlich erleichtert wurde. In den anschließenden Mitteilungen sollen nun die während der ganzen Versuchsreihen an den ein- zelnen Teilnehmern gewonnenen Ergebnisse niedergelegt werden. Die Wiedergabe eines umfangreichen Zahlenmaterials, das die Belege für die durchgeführten Arbeiten und die Grundlagen der Resultate liefert, Kann dabei nicht umgangen werden. Dagegen soll die Beschreibung der angewendeten Versuchs- methoden auf das knappste beschränkt und sollen nur bemerkensweıte Abweichungen von dem üblichen Verfahren besprochen werden, da wohl jeder, der solche Summen von Analysen durchzuführen hat, seine spezielle Art der Arbeit den örtlichen Arbeitsbedingungen anpassen muß. 30 A. Durig, Tabelle I. Zusammensetzung der verwendeten Nahrungsmittel. 100 8 der Originalsubstanz enthielten: Ng Cal. Rohfelt g Pg Sg Cag Mgg Bemerkung Butter Gipfel 272225205153 8026 87:56 0:021 0:083 De aller 0:157 8075 88:70 0'025 0.079 » Alagna 0140 8020 87:89 0:018 0:080 0'016 0:009 Ca u. Mg Mittelwert. » Wien I, Vorperiode 0:124 7786 84:55 0:014 0:072 » Winter II 0127 7970 8755 0015 0:075 » » Ill, Semmering| 0'118 7774 8522 0015 0:081 Chocolade7 272 2722.249152.028375 9366 22:95 0:189 O-111 0:018 0:086 Erbsen, Original . ... 4'333 3791 Das ckochtne 3803 361°6 1:48 0486 0:286 0:072 0:090 Bribsensupperses rer 3'457 431°5 11:08 0'403 0'209 0'032 0:091 Essiegn nel 2:21:105022 28:0 0003 0:001 0:003 0:004 Bleischegg "21 2.0010292266 6740 40:92 0573 0:609 0:023 0019 Inhalt einer Büchse. GansieDen Te 1'658 3829 3355 0'186 0:163 0'026 0038 » Dies am 212008 373°3 3120 0201 0: 163 0026 0:038 Gerstensuppensr ur: 1'488 307'2 7:48 0'196 0:276 0:013 0:022 Külfees er 002 0:002 1 1 1| 1 Nicht bestimmt. Aufguß. Kartoffel (trocken). . . . | 1'050 3784 0:32 0'153 0:120 0:028 0:064 Kakes Hildebrandt . . . 1'456 4658 9-11 0:148 0:216 0030 0:028 > Mae 0 6 0 0.0.0 1'636 4559 11:15 0:119 0:226 0:028 0026 Marmeladel . . . ...| 0'064 2644 0006 0:009 0001 0:024 » IEEn er 08036 3095 0:006 0009 0:001 0024 Maggis Extrakt... . .| 4:010 98:0 4:62 0'844 0'326 0012 0003 Trocken in Körnern. 4'480 84:0 3:20 0:811 0'357 0'012 0:003 Kapseln. NMalkkaroniege 1'982 3907 1:02 0:108 0192 0:014 0:001 Milch.(trocken) . . . . .|774.039 930'8 2660 0:665 0:842 0'872 0:073 »Trockenmilch«. Parmesankäse.. ... ...| 9'274 511'9 29955 0'889 0'391 1'330 0:029 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 31 Tabelle I (Schluß). Ng Cal Rohfett g Pg Sg Cag Mgg Bemerkung ! Btüimsenkase Dr 2a: 3'728 4189 2186 0-290 0-226 0'580 0:022 komidleren 0.022.027 108367 286.4 — 0:176 0033 0:018 0033 Preiselbeeren I . 0:133 285°8 — 0:018 0003 0:007 0:024 > u 0:079 253°7 Reibteig I 2:083 398-8 3:06 0:131 0'222 0:015 0'014 5 2065 4042 3:08 0'126 0222 0°015 0014 ReiSple N es > 1'324 376°0 0:28 0:140 0:014 0022 0:080 es 1'509 3700 0:20 0:142 0:015 0022 0:080 Schnittbohnen, Original . 2781 3534 » gekocht .| 2227 3342 0:79 0:306 0221 0:037 0096 Senf 1:080 89-5 2-50 0'182 0:269 0'158 0°005 INneenler ee en 251150012 Aufguß mit destill. Wasser. De ee 05007 _ — 0001 0001 —_ 0001 Hraubenzuckerı 2 a2: 3239 Wen 3a a elle: 554 — 0.014 0:008 0:001 0007 7:79%/, Alkohol. Macken Wien 2. 0: 3960 > Monte Rosa . . . 389-2 Wasser, Wien, Semmering 0:0003 00015 | 1 Wasser aus Kalk- gebirge. > Alaenarez 22 = — == = — 00010 0:0005 | Wasser aus Urge- stein. > Monte Rosa... . —_ — — = — — — Eiswasser. 1 Nach Mittelzahlen für die Wiener Hochquellenleitung. (0%) ID A. Durig, Tabelle Meteorologische Beobachtungen während des Aufenthaltes Mittlerer 1 Mittlere tägliche 1 Geschwindig- Lufttemperatur ? Monat und Datum Banometat- Windrichtung 1 keit in Sonnenschein-| Tageszeit stand Stunden Aßmann’s Th. { 3 der thermometer (reduziert) er: °C Temperatur- Kilometer o (6) messung August 9 440 0 10 4372 11 436°5 12 4391 — 5:0 —+33'0 12h 30m 13 441 3 — 83'0 -+38°0 2h 20m 14 440°7 — 41 —+36:0 ıh 15 4392 16 438°6 — 72 2h 7 4351 — 9:2 1b 30m —12°8 7h 30m 18 432°5 —12:8 —+-36°8 1b 30m 19: 1 19 434-0 u = — 10:0 7u 20 4374 — 74 —+-25°0 5h 30m 21 4428 — 3°8 41:0 12h 30m 22 444-7 — 36 3 30m 23 4440 — 4'6 12h 24 4422 NE 10:3 1 Die Daten stammen von Beobachtungen von Prof. C. Alessandri. 2 Beobachtungen von Dr. Reichel. I. Ergebnisse der Monte Rosa-Exdedıtion. auf dem Monte Rosa-Gipfel, Sommer 1906. Feuchtigkeit? Zimmer- temperatur - Knsokuts ale Sättigungs- elalive Allgemeiner Witterungscharakter u /m3 Im3 ER 0/ 8 u? gjm3 0 0:0 Schneesturm, Gewitter. — 0'5 Wind, zeitweise klar. — il°) Nebel, Sturm. — 10 1:76 3:80 1:54 93 °4 Ausheiterung, mäßiger Wind. + 6°0 1252 3:90 2.838 39:0 schön warm, fast windstill. +10°0 1:74 3:57 1:83 48'9 warm, sonnig. stürmisch, Nebel, kalt. —+ 4:0 1:86 2:66 0:80 70:0 schön, warm und sonnig. + 2°5 2:01 2222 O2 90° 4 schön, warm. 1:00 1:62 062 61° — 3:0 1:58 162 0:04 97-8 morgens klar und kalt. — 90 BEL ne 9:86 0 morgens Schneetreiben, mittags sonnig. 0:25 1:98 73 12-8 + 40 1:61 2:62 1:01 61'6 etwas windig, sonnig. —+12°0 3:00 3:54 0:54 84:7 warm, klar und sonnig. 2:92 3:72 1720 67°7 sehr schön, sonnig, fast windstill. + 9:0 1:14 3:42 2:28 334 sehr schön, sonnig, warm. mäßig warm, bedeckt, später Gewitter und + 9:0 Graupenfall. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 34 A. Durig, Tabelle II Mittlere Lufttemperatur 2 Mittlerer 1 tägliche 1 Baromater Geschwindig- | } Monat und Datum ä Windrichtung 1 keit in Sonnenschein- Tageszeit stand Stunden |Aßmanns’ Th. ? der thermometer rn N (reduziert) : Z IE & emperafur- Kilometeı C messung August 25 4416 ENE 16°2 26 442°3 E 31’3 — 5°'0 12h 27 4425 E 2225 28 4422 SSW 31'3 29 4440 SSW 25:5 + 1:2 —+33'0 5h 30m 30 445°1 Ww 11:3 31 445°2 W 142 + 0:1 —+34:0 5b 30m September 1 4450 NW 28:3 + 0:6 +37:0 5h 30m 2 4440 NNW 10:0 3 4436 N 9.4 4 4435 NNW 5'8 1 Beobachtungen von Prof. ©. Alessandri. 2 Beobachtungen von Dr. Reichel. Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. 39 (Schluß). Feuchtigkeit ? Zimmer- temperatur ebsolute esimale Sättigungs- late Allgemeiner Witterungscharakter (Morgens) gjm> gjm3 u 0) gjm> 2 22950 warmer schöner Tag. —+ 4:0 1'836 3'830 1.94 41:2 Nebel, kalt, Sturm, Schneetreiben. + 7:0 horrlicher warmer Tag. E40 warm, sonnig, windstill. 0:65 528 4:68 12:4 klar, sonnig, wenig Wind. —+13'0 dto. —+12:0 0:44 4:63 4:19 9:6 dto. —10°0 0:57 4:66 4:09 Zell etwas kühler und windig. +12:0 dto. —+12:0 warm, wenig Wind. —+10°0 schöner warmer Tag. cı 4. Durig, Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition, Tabelle III. Versuchskalender 1906/07. Dause Allgemeiner S £ 2: Dre BE Beginn Ende Teilnehmer Ort Seanchhe Se Bemerkung 5 Nur ' Temperatur fa m P D 11. Juli 18. Juli 7 Rainer, Wien 250 | Sommertemp. Ruheversuch Reichel, Kolmer, Durig II 9. August 15. August 6 » Monte Rosa 4560. | Wintertemp. » II 18. » 21 » 6 » » 4560 » Arbeitsversuch (große und kleine Märsche) IV aile » 24, » 3 » » 4560 » Ruhe (Nachwirkung) V 24. » > 5 » > 4560 > Arbeitsversuch (Hochtouren) VI 29) » 1. Sept 3 > 4560 > Ruhe (Nachwirkung) f 1. Sept. 4.» 3 > » 4560 » Ruheversuch VI \ Ze De 2 Durig » 4560 » Zuckerversuch A > 1 Rainer, Übergang Abstieg Reichel, Kolmer, VII Durig Or» 1 » Alagna 1190 | Sommertemp. 1. Ruhetag in Alagua IX Gae> 10. Sept. 4 » » 1190 » Ruheversuch X 3. Jänner 7. Jänner 4 » Wien 250 Wintertemp. Arbeitsversuch XI Ts » il. 4 Reichel, » 250 » Ruheversuch Kolmer, Durig XII Wil, 8» 15. > 4 Reichel, Semmering 1000 » » Durig RUE llose> 18. » 3 » Wien 1000 » Ruheversuch (Nachwirkung) I 8. August 13. August D) Caspari Alagna 1190 | Sommertemp. Ruheversuch II 13. » 17. » 4 » » 1190 » Arbeitsversuch III 17. » 1). » 2 1190 Übergang Aufstieg zur Capanna Gnifetti IV 119% » 22 3 » Alagna 1190 | Sommertemp. Ruheversuch V 22. 25 >» 3 > Übergang Aufstieg zum Gipfel VI 29. » 30. » B) » Alagna 1190 | Sommertemp. Ruheversuch Iaielli Gerippe der Monte Rosa-Gruppe (Maßstab 1 :50000) nach der italienischen Generalstabskarte und Blatt 535 des Siegfried- Atlas, gezeichnet von Dr. W. Kolmer. Die Routen der Versuchsmärsche sind als punktierte Linien eingezeichnet. Überblick über die im Text genannten Orte: Varallo: Endstation der Bahnlinie Novara— Varallo im Sesiatal. Alagna: 5 Poststunden talaufwärts von Varallo (1190 n). Col d’'Olen: 4 Gehstunden von Alagna (2856 »1). Corno del Camoscio: kleiner Gipfel bei Col d’Olen (3026 11). Capanna Gnifetti: am Aufstiege zur Margherita-Hütte, gelegenen auf einer Felsrippe zwischen Lysgletscher und Garsteletgletscher, Höhe 3647 m (zirka 3 Stunden von Col d’Olen entfernt). Lysjoch: Wasserscheide zwischen dem Tal von Zermatt und Gressoney, 4277 m eingesenkt zwischen Lyskamm und Ludwigshöhe (zirka 2 Stunden von der Gnifetti-Hütte entfernt). Capanna Margherita auf dem Gipfel der Punta Gnifetti in 4560 »n» Höhe (zirka 11/, Stunden vom Lysjoch entfernt). Adurig Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition 1906. Tal a 3600 en DS 3, - Pla re amıcı SL IS Cima delle Loccie 2 #.Parro i x 3042 en us FUN, N: SL 4217 ”1>S Vigne Gletscher H— au AN Kar, n A pächn Tr Sesiaquellen Bi a ' Su i | a | \ ee N 405. i: Col a Vlen "nenne, =.—_—— oo... _ SR u I Lith.Anstv.Th.Bannwarth Wien. Denkschriften d.kais. Akad. d. Wiss. math-naturw. Klasse, Bd. LXXXVI. RER WM N Ye a 1% Tafel I. I. Die Punta Gnifetti des Monte Rosa (4560 m über dem Meere) von der Parrotspitze aus gesehen (Aufnahme Ing. R. Rainer). Punktiert: Links oben der Aufstieg zum Observatorium, das auf der Spitze sichtbar ist. Mitte unten: die gewöhnliche Anstiegstraße zum Gipfel auf dem Sesiajoche. Rechts im Vordergrund: Spuren vom Aufstieg auf die Parrotspitze (Versuchsmarsch vom 25. Aug. 1906). II. Die Ludwigshöhe X(4344 7) und das Schwarzhorn *X(4328) vom Balmenhorn aus (Aufnahme Dr. W. Kolmer). Auf der Ludwigshöhe im Abstieg begriffen Dr. Reichel und Rainer. III. Skizze des Observatoriums, Capanna Regina Margherita auf der Punta Gnifetti, nach einer Abbildung in »Höhenklima, Bergwanderungen ete.« mit der gegenwärtigen Abgrenzung der Räumlichkeiten: 1. Touristenschlafraum. 2. Touristenküche. 3. Küche für das Observatorium. 4. Schlafraum für das Observatorium. 5. Dunkelkammer. 6. Physiologisches Laboratorium. Im Turm die Räume für das meteorologische Observatorium. Durig, A.: Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition 1906. Dark 11. Lichtdruck v. Max Jafle, Wien. Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw, Klasse, Band LXXXVL Errer Tafel M. Südlicher Ast der Monte Rosa-Gruppe vom Gipfel des Lyskammes gesehen. (Aufnahme Ing. R. Rainer). * Parrotspitze. ** Ludwigshöhe. —+ Schwarzhorn. I. Aufstieg zum Observatorium von der Gnifetti-Hütte aus (Versuch vom 15.—21. August) am Kreuzungspunkt der Routen das Lysjoch. Il. Aufstieg auf die Parrotspitze vom Sesiajoch aus. > zur Ludwigshöhe. ING 8 zum Schwarzhorn. V. Weg zur Vincentpyramide. VI. Gemeinsamer Rückweg. (Versuch vom 25. August.) VII. Kurze Versuchsmärsche vom 15.— 21. August. VIII. Aufstieg zum Lyskamm. (Versuch vom 24. August.) IX. »Traverse« unter der Parrotspitze. Durig, A.: Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition 1906. raue, INT Lichtdruck v. Max Jafle, Wien. Denkschriften d. kais. Akad, d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Band LXXXVI Tafel IV. Nördlicher Ast der Monte Rosa-Gruppe vom Lyskamm aus gesehen (Aufnahme Ing. R. Rainer). X Dufourspitze. ** Grenzblock. + Eienzeahel. z. Zumsteinspitze. A Gnifettispitze mit dem Observatorium. © Sesiajoch. % Gewöhnlicher Aucties zum Observatorium von der Gnifetti-Hütte aus(Versuche vom 15.bis21. Augustund 26. August). II. Abstieg über den Grenzgletscher gegen Zermatt (Versuche vom 24. und 28. August). II. Aufstieg zur Dufourspitze über den Crestone Rey (f). Versuche vom 27. und 28. August mit Übergang zur Zum- steinspitze und Margherita-Hütte. Durig, A.: Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition 1906. deut, IN, Lientdruck v. Max Jafle, Wien. Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Band LXXXVl. Tafel V. Der Grenz sattel von der Dufourspitze aus (Versuche vom 27. und 28. August 1906), Aufnahme Ing. Rainer. 1. Gipfelfelsen der Dufourspitze 4638 m (in der Tiefe links das Tal von Macugnaga, zirka 1000 1m). 2. Grenzblock. I 3. Grenzsattel. | 4. Zumsteinspitze, 4573 m. 5. Gnifettispitze mit dem Obssaionm, 4560 m. h ne; ER 2 6. Sesiajoch, 390m. e an a Durig, A.: Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition 1906. Taf. Lichtdruck v. Max Jafle, Wien. Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Band LXXXVI ERGEBNISSE DER MONTE ROSA-EXPEDITION VOM JAHRE 1906 VON PROF. D*- A, DURIG. ÜBER DAS VERHALTEN VON PULS, BLUTDRUCK UND KÖRPER- TEMPERATUR. | VON A. DURIG UND W. KOLMER. Mit 4 Kurventafeln und 4 Tafeln mit Sphygmogrammen. VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 10. DEZEMBER 1908. III. Der Puls. Die Möglichkeit, uns über die Frage der Herzarbeit beim Menschen unter wechselnden Verhält- nissen klimatischer Einflüsse ein Bild zu verschaffen, ist leider eine nur recht beschränkte. So über- zeugend oft subjektive Empfindungen darauf hinweisen können, daß die Tätigkeit des Herzens nicht ganz der Norm entspricht, so schwierig ist es dabei, objektive Befunde anschaulich zum Ausdruck zu bringen. Eine der besten Methoden wäre es gewiß, wenn es möglich wäre, den Blutdruck beim Menschen in einer Arterie direkt zu messen oder die Größen- und Lageänderung des Herzens durch Röntgenaufnahme oder exakte Ermittelung der Dämpfungsgrenzen festzustellen und so den Beweis für den Eintritt einer even- tuellen Überdehnung des Herzens liefern zu können. Beides stößt aber im Hochgebirge auf fast unübersteig- liche Schwierigkeiten. An eine direkte Blutdruckmessung ist natürlich von vornherein nicht zu denken und die Röntgendurchleuchtung ist wegen des Mangels an entsprechenden Stromquellen, wie sie ein großer Induktor erfordern würde, in einer Höhe von mehreren Tausend Metern derzeit undurchführbar, auch sind es doch schon relativ grobe Veränderungen, die auf diesem Wege nachgewiesen werden können. Die perkutorische Feststellung der Dämpfungsgrenzen, der ja an und für sich keine Schwierigkeiten gegen- überstehen würden, verliert jedoch durch die Lageänderung der Lunge beim Aufenthalt im Höhenklima wesentlich an Wert und kann zu großen Trugschlüssen führen, wie sich dies zum Beispiel bei den Unter- suchungen von R. Beck! ergeben hat; aber auch dann, wenn es sich um tatsächlich nachweisbare Änderungen der Dämpfungsgrenzen handelt und der Schluß auf eine Vergrößerung der Herzhöhlen 1 Wiener klinische Wochenschrift. 1906. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 6 38 A. Durig u. W. Kolmer, gerechtfertigt erscheinen würde, müssen lange vorher schon Veränderungen im physiologischen Ver- halten der Herztätigkeit eingetreten sein, die eine Kontrolle erfordert hätten. Die einfachste und bei genügender Übung die beste Form, über die Herzarbeit Aufschluß zu gewinnen, bleibt doch immer noch die Palpation des Pulses und das Auskultieren der Herztöne, wobei das Puls- fühlen ja nicht bloß die Zahl der Herzschläge, sondern auch eine Reihe von Eigenschaften des Pulses zu erkennen erlaubt, welche Rückschlüsse auf die Beschaffenheit der Gefäßwand und auf die Art der Herz- arbeit ermöglichen. Dem Bestreben, die subjektive Beobachtung dabei durch objektive Registrierung zu ersetzen, verdanken bekanntlich die Sphygmographen ihre Entstehung. Trotzdem in zwei vorzüglichen Monographien! die Leistungen der Sphygmographen schon vor mehr als einem Dezennium einer Kritik unterzogen wurden, sind die Schlüsse, die aus den Sphygmogrammen gezogen wurden, meist viel zu weitgehende. Was der Sphygmograph leistet, weiß wohl auch jeder, der auf Kliniken mit diesem Instrument arbeitete und der erfuhr, welcher Mühe es bedarf, für die Demonstration im Kolleg von einem ganz typischen klinischen Fall eine als charakteristisch anzusehende Pulskurve zu erhalten. Man gelangt dabei “ immer zur Erfahrung, daß man willkürlich oder unwillkürlich die verschiedensten Bilder erzielen kann und daß die Ausschläge wie die Form der Kurve an einem und demselben Individuum, wenn man nach- einander an der rechten und der linken Radialarterie Pulse zeichnet, recht verschieden ausfallen können. In den jüngsten Tagen hat die Frage nach der Richtigkeit der gezeichneten Pulskurve, wie sie von den bisher üblichen Apparaten geliefert wird, durch Frank und seinen Mitarbeiter Petter? eine neuer- liche kritische Bearbeitung erfahren, aus der hervorgeht, daß es Zerrbilder sein müssen, die man mit den geläufigen Methoden erhält. Die daselbst dargelegten überzeugenden Erwägungen berechtigen zum sicheren Schlusse, daß jene Charakteristika, die aus den Pulskurven bei Untersuchungen über die Einwirkung des Höhenklimas herausgelesen wurden, nur mit der allergrößten Reserve aufzufassen sind, da nicht nur die Lage und Höhe der einzelnen Erhebungen verzeichnet erscheint, sondern auch die Zahl der Erhebungen durch die graphische Registrierung fälschlich wiedergegeben wird. Noch viel größeres Mißtrauen muß natürlich solchen Pulskurven entgegengebracht werden, die während einer Arbeitleistung oder etwa gar während eines Marsches gewonnen werden. Ist die Form der Pulskurve wie sie ältere Apparate lieferten mit ihren als charakteristisch ange- sprochenen Details nach diesen neuen Untersuchungen kaum einfach zu deuten und darf, wie schon v. Frey in seiner Untersuchung des Pulses betont, ein Vergleichen der Pulskurven sich nur auf die »gröbsten Merkmale« beziehen, so darf auch die Höhe der Pulskurve, die von verschiedenen Autoren als beweisend für eine Änderung des Blutdruckes oder der Herzarbeit im Hochgebirge verwertet wurde, in diesem Sinne nicht zu Schlüssen herangezogen werden. Die Höhe der Pulskurve (Frey, Tigerstedt) ist an und für sich nicht als Ausdruck der Größe des Pulses anzusehen, denn diese hängt nicht bloß von der Lage der Arterie, der Dicke und Beschaffenheit der über der Arterie liegenden Gewebe ab, sondern sie wechselt auch, je nachdem die Arterie gegen die Epiphyse komprimiert wird. Der Turgor der Haut wie die Art, in der der Sphygmograph angelegt wird, kommen naturgemäß für die Aufnahme von Kurven im Hochgebirge ganz besonders in Betracht, und zwar am allermeisten dann, wenn es sich um Aufzeichnungen im Freien handelt. Bei diesen ist außer der Innervation der Hautgefäße besonders ein nachhaltender Tonus der Vorarmmuskulatur (durch Halten des Stockes oder Pickels) in Betracht zu ziehen und es sind auch für das Anlegen nicht jene günstigen bequemen Verhältnisse gegeben wie beim Arbeiten auf dem Laboratoriumstisch und im warmen Zimmer. 1 v. Frey, Die Untersuchung des Pulses. Springer, Berlin 1892. — Tigerstedt, Physiologie des Kreislaufes. Leipzig, Veit. 1893. 2 Zeitschrift für Biologie, 1908, XXXII, p. 335 u. 354, und XXXI, p. 70, 1907. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedilion. 39 Wenn bei Temperaturen von einigen Graden unter Null ganz andere Widerstände in den peripheren Ver- ästelungen der Arteria radialis eingeschaltet sind, so wird dies allein schon unter sonst an und für sich ganz gleichen Verhältnissen das Pulsbild wesentlich verändern; dazu kommt aber noch, daß die anlegende Hand, besonders wennder Experimentator selbst bergkrank ist, viel ungeschickter arbeitet. Aber nicht nur die örtliche Blutverteilung und die Veränderung der Widerstände im Gebiet der Radialarterie kommen hierin Betracht, sondern wir müssen als Folge der Insolation geradezu Innervationsstörungen in ausgedehnten Gefäß- bezirken erwarten, die ihrerseits wieder gewiß einen wesentlichen Einfluß auf dasRadialissphygmogramm ausüben. Ebensowenig wie die sphygmographische Kurve einen verläßlichen Einblick in die Größe des Pulses gestattet, ebensowenig läßt sie einen Rückschluß auf den Blutdruck und die Herzarbeit zu. Sie gestattet janur, den Druckverlauf in der speziellen Arterie, an der gemessen wird, annähernd festzu- stellen, und dies auch blos insoweit, als während der Aufzeichnung keine Änderung im Turgor der Weichteile oder in der Lage der Pelotte zur Arterie stattfindet oder der Tonus der Muskulatur der Arterien- wand sich nicht ändert. Selbst der Vorzug, den die sphygmographische Kurve gegenüber der Palpation hat, daß sie es ermöglicht, die Zahl und Lage der Gipfelpunkte zu erkennen, ist ein sehr problematischer, da die Größe der dikroten Erhebung weder einen Rückschluß auf die Herzarbeit oder den Blutdruck gestattet, noch sichere Schlüsse auf die Spannung der Gefäßwand zuläßt; es ist dementsprechend auch die Lage der dikroten Erhebung kein Kriterium, aus dem sichere Schlüsse gezogen werden können, um so mehr als die bisherigen Sphygmographen sie an anderer Stelle zeigten als an jener, wo sie bei richtiger, korrekter Auf- zeichnung eigentlich stehen müßte (Petter). Aus diesen Gründen berechtigt zum Beispiel auch die von Chauveau und Lortet auf dem Mont Blanc beobachtete Dikrotie zu keinen weiteren Schlüssen. Infolge dieser Umstände möchten wir daher das Hauptgewicht unserer Studien über den Puls auf die Pulsfrequenz legen und das, was an den gezeichneten Pulskurven zu besprechen ist, nur mit äußerster Reserve ausführen. Gewiß wäre es für unsere Beobachtungen besser gewesen, wir hätten bereits damals den neuen Frank-Petter’schen Sphygmographen verwenden können, aber selbst dann, wenn das Instru- ment zu dieser Zeit schon konstruiert gewesen wäre und infolgedessen der Entstellung der Kurven durch das Instrument an und für sich vorgebaut hätte werden können, würden berechtigte Zweifel über die Ver- gleichbarkeit von in der Ebene und im Hochgebirge gewonnenen Kurven nicht von der Hand zu weisen sein. Ganz abgesehen von diesen schon in der Theorie der Sphygmographen begründeten Verhältnissen ist aber auch sonst die Beurteilung der meisten bisher im Hochgebirge geschriebenen Pulskurven eine sehr erschwerte und dasselbe gilt auch für die Angaben über die Pulsfrequenz. Die Untersuchungen wurden nämlich vielfach unter ganz unvergleichbaren Verhältnissen ausgeführt, indem die Versuchspersonen sich zum Beispiel in ganz unkontrollierbarem Ernährungszustand befanden. Von manchen Autoren wissen wir, daß die Personen vor der Untersuchung Tee, Alkohol oder Kaffee zu sich genommen hatten, manche Zählungen und Aufzeichnungen fallen sogar in die Zeit nach Mahlzeiten; ob vorher geraucht wurde oder nicht, ist nicht auszuschließen, und in vielen Fällen ist sicher ein Abklingen des Einflusses vorangegangener Arbeit oder Ermüdung anzunehmen. Nur bei wenigen der mitgeteilten Beobachtungen können solche Einwände sicher ausgeschaltet werden; hieher gehören zum Beispiel einige der von Mosso mitgeteilten Resultate, speziell aber jene von Zuntz und seinen Mitarbeitern, welch letztere Beobachtungen an Personen ausgeführt wurden, die sich im strengen Stoffwechselversuche befanden, wobei alle Kautelen, die in Betracht zu ziehen sind, auf das gewissenhafteste beachtet wurden. Die Ver- suche auf dem Monte Rosa, die Zuntz und seine Mitarbeiter diesbezüglich anstellten, können jedoch ebenfalls nicht als rein bezeichnet werden, da während dieser sich sämtliche Personen im Zustande einer Unterernährung befanden und bekannt ist, daß im Hungern aber auch bei Unterernährung die Puls- frequenz sich ändert, ganz besonders aber viel labiler wird und aus den geringfügigsten Anlässen eine 6° 40 A. Durig u. W. Kolmer, wesentliche Beschleunigung der Schlagfolge ausgelöst wird. Solche Anlässe gibt es natürlich beim Aufent- halt in der Capanna Margherita genügend, da doch viele Personen auf engem Raume zusammengepfercht sind und fast jedes Geräusch in allen Räumen gehört wird; dazu kommt noch das Tosen des Windes, der die Drahtseile, mit denen die Hütte festgebunden ist, oft zu lautem Tönen bringt. Ein weiterer Umstand, den man bei den wenigsten Autoren, die Angaben über Puls und Puls- frequenz veröffentlichten, berücksichtiget findet, ist der, ob die Untersuchungen in liegender, stehender oder sitzender Stellung der Versuchspersonen ausgeführt wurden. Bekanntermaßen ist jedoch die Stellung des Körpers nicht ohne Einfluß auf Frequenz und Form des Pulses, eine Tatsache, die neuerdings von Velich! eine Würdigung erfahren hat. Insbesondere sind es Rekonvaleszenten oder geschwächte Individuen, bei denen ganz besonders Beschleunigung des Pulses im Sitzen und Stehen beobachtet wird. Dieser.letztere Umstand kommt nun für Personen, die sich im Hochgebirge im Zustand von Unter- ernährung befinden, wesentlich in Betracht. So sieht man eine solche Beschleunigung zum Beispiel in den Angaben, die Zuntz und seine Mitarbeiter in dem Werke über das Höhenklima veröffentlichten, deutlich ausgeprägt. Es finden sich dort folgende Pulsfrequenzen angeführt: ? Zuntz Caspari Löwy Im Tiegen was et 66 84 3 SITZEN EN Pe 92 96 110 >». Stehem UK Ni me = 109 _ . Einwandfrei kann eine Beurteilung des Verhaltens der Ruhe-Pulsfrequenz in großen Höhen nur dann erfolgen, wenn die Versuchspersonen bei voller Körperruhe morgens, nüchtern im Bett untersucht werden und jede Nachwirkung vorangegangener Arbeit, ja selbst jene geringfügiger Bewegung ausgeschaltet ist; auch wird man gewiß darauf zu achten haben, daß die Umgebungstemperatur nicht in weiten Grenzen schwanke, und erst dann den Zählungen eine Bedeutung beilegen, wenn sie systematisch durch Reihen von Tagen hindurch ausgeführt werden, was natürlich nur bei langem Aufenthalt in der Höhe möglich ist. Dasjenige, was für die Pulsfrequenz gilt, gilt natürlich auch zum Teil für die Aufzeichnung der Form der Pulskurve, denn wenn die Pulskurven vergleichbar sein sollen, müssen diese ebenfalls unter mög- lichst analogen Verhältnissen gewonnen sein. 1 Studien über den Einfluß des Nervensystems auf den Puls. Wiener klin. Wochenschrift, 1906, p. 22. Siehe auch Spengler zit. nach v. Frey, Der Puls, p. 217. 2 Höhenklima und Bergwanderungen, p. 344. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 41 A. Die Pulsfrequenz. Die Pulsfrequenz bei Körperruhe. Nach den voranstehenden Bemerkungen über die Bedeutung akzidenteller Umstände für die Unter- suchung des Pulses ist es möglich, die ziemlich umfangreichen hierüber vorliegenden Literaturangaben nur mit wenigen Worten zu streifen, um so mehr alsin dem Buche Mosso’s! wie in dem Gutachten Kron- eckers?, in der vorzüglichen Programmrede Jaquet’s? sowie in dem bereits wiederholt erwähnten Buch von Zuntz und seinen Mitarbeitern diese ausführlich berücksichtiget wurden. Es mögen nur einige Tatsachen, die sich auf das Verhalten des Pulses bei Körperruhe ohne Nach- wirkung vorangegangener Anstrengung beziehen, vorerst Erwähnung finden. Wenn auch mit den Höhenversuchen nicht direkt vergleichbar, so doch rein in bezug auf die Wirkung des Abfallens des Luftdruckes auf die Pulsfrequenz sind die Versuche im pneumatischen Kabinett, die wir speziell P. Bert, Liebig und Mosso verdanken. Mosso ging dabei auf ganz besonders niedere Drucke herab, und zwar bis zu einem Barometerstand von 192 mm, der einer Höhe von 11.650 m ent- spricht. Übereinstimmend in allen Beobachtungen kam eine Zunahme der Pulsfrequenz mit der Abnahme des Atmosphärendruckes unter etwa 500 mm zum Ausdruck. Bei Mosso stieg die Zahl der Pulse zum Beispiel von 63 auf 107, erreichte jedoch nicht diese Höhe, wenn er im Kabinett Sauerstoff einatmete, die Erhöhung der Pulsfrequenz betrug dann nur 14 Schläge; dasselbe hatte auch P. Bert konstatieren können. Zu ähnlichen Resultaten wie die Versuche in der pneumatischen Kammer führten die Zählungen der Pulsfrequenz im Luftballon. Auch hier wurde die Vermehrung beobachtet. Die kurze Versuchsdauer, die rasche Druckänderung und die ganze Situation läßt in beiden Fällen jedoch einen Rückschluß auf das Verhalten im Hochgebirge nicht einwandfrei zu. Über den Puls im Höhenklima berichten zahlreiche Autoren und es ist wohl einejedem Sanatoriums- arzt, der in einer Höhenstation tätig ist, bekannte Erscheinung, daß die Kurgäste in der ersten Nacht nach der Ankunft unter Herzklopfen zu leiden haben und unruhiger schlafen. Diese Beschleunigung kann auch fehlen und läßt meist sehr bald nach. Es ist natürlich kaum möglich, aus Resultaten, die unter so wechselnden Bedingungen gewonnen werden, wie in Höhenkurorten, den wahren Kern zu schälen, da es doch vielfach nicht normale Personen sind, die dort zur Beobachtung kommen, bei denen speziell nervöse Erscheinungen der verschiedensten Art die Herzarbeit beeinflussen. Auch setzen sich die Leute vielfach in den Höhenstationen dem Wind, der Besonnung und niederen Temperaturen aus, sie leisten Arbeit, die sie sonst nicht leisten, und zudem kommt noch das ganze Hotelleben, psychische Einflüsse aller Art, womöglich auch Tabak- und Alkoholwirkung, ja selbst mäßiger Harndrang vermag die Puls- frequenz schon zu steigern, so daß eine Summe von Variabeln geschaffen wird, in die der Arzt nur sehr schwer und unvollkommen Einblick gewinnen kann. Es vermögen deshalb auch die am Morgen im Bett ausgeführten Zählungen, speziell unter Unkenntnis der sexuellen Verhältnisse, zu ganz irrigen Resultaten zu führen. Hinsichtlich der in geringen Höhen ausgeführten Beobachtungen möchten wir nur erwähnen, daß Veraguth in St. Moritz in 1770 m gegenüber Zürich in acht Fällen eine Zunahme der Puls- frequenz um drei Schläge fand, in zwei Fällen trat dagegen Verlangsamung der Pulsfrequenz in der Höhe 1 Mosso, Der Mensch auf den Hochalpen. Leipzig, Veit & Co., 1899. 6} L Kronecker, Die Bergkrankheit. Urban & Schwarzenberg, Wien, Berlin 1903. 3 F. Jaquet, Über die physiologische Wirkung des Höhenklimas. Programm zur Rektoratsfeier der Universität Basel. Friedr. Reinhardt, Basel 1904, p. 31 ff. 42 A. Durig n. W. Kolmer, auf. Wesentlich verläßlicher erscheinen die zahlreichen Zählungen Mermod'’s!, der in St. Croix (1100 m) gegenüber Erlangen (323 m) eine Zunahme der Pulsfrequenz um vier Schläge pro Minute beobachtete. Auch Karcher fand in Champery (1052 m Höhe) an drei Personen erhöhte Pulsfrequenz. Demgegen- über stehen wieder die Angaben Egger’s? der in Basel und Arosa (1890 m) keine Änderung der Puls- frequenz an sich nachweisen konnte, sowie jene von Suter, ‘der in Serneus (958 m) ebenfalls keine Frequenzsteigerung beobachtete. Aus dem eigentlichen Hochgebirge stammen die Angaben Wood's, der eine so gesetzmäßige Steigerung der Pulsfrequenz mit der Meereshöhe nachzuweisen glaubte, daß er geradezu von einem »barometre vivant« spricht. Besonders interessant sind von den neuen Beobachtungen jenesudie Kronecker, Sahli und Asher auf dem Breithorn anläßlich der Frage der Konzessionierung der Jungfraubahn ausführten, doch können auch diese Ergebnisse über das Verhalten der Pulsfiequenz, noch weniger natürlich jene über Form der Pulskurve als einwandfrei angesehen werden, denn die ganze Versuchsanordnung wie die Situation überhaupt mußten an und für sich eine Änderung der Pulsfrequenz auslösen, ohne daß von dieser die reine Höhenwirkung zu isolieren war. Bereits eine kurze Bahn- oder Wagenfahrt in der Ebene führt bei einzelnen Personen zur Änderung der Pulsfrequenz, ja der eine von uns konstatierte wiederholt, daß bei ihm allemal dann, wenn er an einem ungewohnten Ort am ersten Morgen erwacht, in gewöhnlicher Bettruhe die Pulsfrequenz gegenüber der Norm erhöht ist, umsomehr mußte dies natürlich beim Emporbefördern ins Hochgebirge auf dem Tragstuhl der Fall sein bei einer Expedition, die unfehlbar mit einer Summe von Aufregung verbunden war. Die Pulszählungen, die bei passiver Beförderung einer Versuchsperson in die Höhe oder von der Höhe wieder zu Tal auf den Alpenbahnen gemacht wurden, haben zu keinen eindeutigen Resultaten geführt. Nach den Angaben, die Kronecker auf Grund seiner Versuche zusammengestellt hat, gab es Personen, bei denen mit der Bergfahrt die Frequenz stieg, und solche, bei denen sie während der Tal- fahrt größer wurde. Bei derartigen Untersuchungen kommt immer als besonders störendes Moment die rein passagere Beobachtung in Betracht. Die kurze Beobachtungsdauer ist es, die die Bedeutung der Ergebnisse der Pulszählungen von v. Schrötter, Mager und Heller auf der Simonyhütte ebenfalls einschränkt, und auch das Bild, das die Reisegesellschaft zeigte, die sich am 27. August 1896 in der Capanna Margherita einfand, bedarf einer besonderen Beleuchtung. ? Es waren an diesem Tage 45 Personen in der kleinen Hütte anwesend, verteilt auf einen Raum von kaum mehr als 27 m?, so daß auf die Person ein Luftvolum von 1'29m? entfiel; dabei denke man sich temperamentvolle italienische Studenten und als Ferment dazwischen ein junges Fräulein, sämtliche Personen in der Siegesstiimmung des bezwungenen Aufstieges! Wenn es hierbei zur Puls- beschleunigung kam, so ist diese Erscheinung sicher nicht allein auf eine Höhenwirkung zurückzuführen und schwer zu entscheiden, wie viel bei der Pulsfrequenzerhöhung auf die Begleitumstände zu schieben ist. Solchen Daten gegenüber hat die Expedition von Zuntz und seinen Mitarbeitern einwandfreie Ergebnisse für das Verhalten der Pulsfrequenz in Höhen bis zu 3000 m geliefert, da die Beobachtungen unter gewissenhafter Berücksichtigung aller Kautelen von Personen ausgeführt wurden, die sich stets mit derselben Kost ernährten, im Stoffwechsel- und Stickstoffgleichgewicht lebten und stets zu denselben Tagesstunden in Bettruhe beobachteten. Wir stellen die Resultate, nach den Mittelwerten der Morgenmessungen berechnet, im Nachstehenden zusammen: 1 Jnaug. Diss. Straßburg. 1877. 2 Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 39, p. 464. 3 Mosso der Mensch auf den Hochalpen. Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. 43 Kolmer Müller Loewy Brienz rare ger ak DO 50 70 Rathornk le ar E50 50 70 Rotkormall WE A022 50 50 _ BEienze a RAIN EIER NAH 45 67 Waldenburg Caspari Zuntz eimlenz Ic 0.0 © u 0.0 8.0108) 66 68 Brienzelle er a ne 04 67 67 Rothörne le re un 69 68 Überblickt man diese Zahlen, so ergibt sich aus diesen beweisend durchgeführten Versuchen, bei denen Arbeits- und Ruheperioden wechselten, vollkommen einheitlich, daß die Pulsfrequenz bei sämt- lichen Teilnehmern während des Aufenthaltes auf dem Rothorn in 2150 m gegenüber dem vorangehenden Aufenthalt in Brienz keine Veränderung erfahren hat. Die betreffenden Mittelwerte zeigen untereinander eine ganz auffallend gute Übereinstimmung, dagegen weichen die während der Nachperiode in Brienz ermittelten Zahlen bei zweien der Teilnehmer, Kolmer und Müller, wesentlich ab, bei ihnen liegen die Werte etwas niedriger, woraus sich ergibt, daß im Gefolge des Abstieges vom Gipfel eine ausge- sprochene Verlangsamung der Schlagfrequenz aufgetreten ist.! Einen Vergleich zwischen den Puls- frequenzen in Berlin vor Antritt der Expedition und jenen in der ersten Periode in Brienz darf man bei den Versuchen von Zuntz und seinen Mitarbeitern nicht ziehen, da die Verhältnisse nicht unbe- dingt analog waren; es würde daher unrichtig sein, aus der geringeren Größe der Pulsfrequenz in Berlin vor der Abreise gegenüber Brienz auf eine Frequenzzunahme in Brienz infolge der Höhenlage zu schließen. Nach diesen Ergebnissen hat daher der Höhenaufenthalt an und für sich in mittleren Höhen, also in Gegenden, wie sie für Sanatorien in Betracht kommen, bei gesunden Personen keine Veränderung der Pulsfrequenz herbeigeführt. Es ist dies ein Resultat, das, in einwandfreien Versuchen gewonnen, eine teilweise Widerlegung der Angaben der früheren Autoren darstellt. Aus Höhen von 2900 m liegen von der Expedition 1901 nur wenige Werte vor. Die Mittelwerte von der ersten Brienzer- und der Rothorn-Periode mit der mittleren morgendlichen Pulsfrequenz auf Col d’Olen, von Müller und Waldenburg zusammengestellt, geben folgendes Bild: Müller Waldenburg Bien zAaunde Ko: NorDe 5 645 EolzdiOTenE 2 INN ol! 63 es fand also auch hier keine Erhöhung der Pulsfrequenz statt. Vollkommen anders wird das Bild jedoch, wenn man die Pulsfrequenz der Versuchsteilnehmer aus den Jahren 1901 auf dem Monte Rosa (Capanna Margherita 4560 m) betrachtet. Es folgen wieder die Mittelzahlen Kolmer Caspari Löwy Zuntz Birenzaund Kothorinarn 222 2,20.2,80 66°5 70 67:5 CApantar Marslieritan 0. mm. 22.268 80 90 86 Nun weisen alle Personen eine ganz erhebliche Steigerung der Pulsfrequenz auf, die während des sechs- tägigen Aufenthaltes nicht verschwand, während auch am ersten Morgen nach der Ankunft auf dem Rothorn an keiner der damaligen Versuchspersonen eine Vermehrung der Pulse zu erkennen war. Wie 1 Dieser Ausschlag ist darum von geringerer Bedeutung, weil bei denselben beiden Personen auch nach dem Aufstieg (Fahrt) zum Rothorngipfel eine Verminderung der Pulsfrequenz bis auf 44 Schläge beobachtet wurde. 44 A. Durig u. WI Kolmer, erwähnt ist dieses Resultat jedoch nicht vollständig eindeutig, da sich sämtliche Personen auf dem Monte Rosa im Zustande einer ausgesprochenen Unterernährung befanden, die in wenigen Tagen zu einem Körpergewichtsverlust führte, der bei Kolmer 2%g, bei Caspari 3°/,%g betrug. Auch zeigten sämtliche Teilnehmer die ausgesprochenen Symptome der Bergkrankheit, so daß sich nicht entscheiden läßt, wie sich der Puls eines normalen Menschen in solcher Höhe verhalten würde. Auffallend ist, wie lang- sam sich bei den Teilnehmern die hohe Pulsfrequenz wieder verminderte, daam sechsten, dem letzten Tage des Aufenthaltes, gegenüber jenem im Tale noch immer ein ganz ausgesprochen beschleunigter Puls beobachtet wurde, wie folgende Zahlen zeigen: Kolmer Caspari Löwy Zuntz Brienz und Rothorm. . ... . .50 66:5 70 67:5 Capanna Margherita . . . . .o4 [SO] S4 90:0 Bei der oben erwähnten Studentenkarawane im Jahre 1896 war die Pulsfregquenz durchschnittlich schon am dritten Tage ähnlich stark abgesunken. Nach den Arbeiten von Zuntz und seinen Mitarbeitern erschienen nur noch zwei Publikationen über Pulszählungen im Hochgebirge: jene von Bayeux und dessen Frau im Jahre 1903 anläßlich von Beobachtungen, die auf dem Montblanc ausgeführt waren,! und von E.C. Schneider und Hedblom;? beide können jedoch übergangen werden. Bezüglich letzterer Arbeit sei hervorgehoben, daß diese beiden Autoren beim Aufenthalt in sehr großer Höhe eine Abnahme der Pulsfrequenz beobachtet haben, was mit allen bekannten Tatsachen im Widerspruche steht. Unsere neuerlichen Zählungen sollten die bestehenden Lücken ausfüllen und über das Verhalten des Pulses bei lange dauerndem Aufenthalt im Hochgebirge Aufschluß geben, und zwar bei Menschen, die sich im Stoffwechselgleichgewicht befanden und unter ganz gleichmäßigen Ernährungsverhältnissen wie in der Ebene lebten. Die Pulse wurden stets morgens nüchtern im Bett vor dem Aufstehen gezählt und vorher jede stärkere Körperbewegung vermieden. Die Zählung wurde eventuell durch mehrere Minuten fortgesetzt, bis die ermittelte Frequenz eine konstante war. Unsere diesbezüglichen Beobachtungen erstreckten sich über die gesamten Versuchsperioden auf dem Monte Rosa-Gipfel, in Alagna und dem Semmering. Während der Wiener Periode wurde die Frequenz nur an einzelnen Tagen ermittelt, da sich häufigere Zählungen wegen der Übereinstimmung der Werte nicht als nötig erwiesen. Die nachstehenden Kurven (Taf. VI und Taf. VII) zeigen die Verhältnisse. Die mit punktierten Linien verbundenen Werte sind an Tagen gewonnen, die nicht direkt einander folgen. Wie die graphische Darstellung ergibt, läßt das Verhalten der Pulsfrequenz einige ganz charak- teristische Erscheinungen erkennen. Der Aufstieg von der Ebene nach Col d’Olen hatte sowohl bei den trainierten wie den untrainierten Personen keinen nennenswerten Einfluß auf die Ruhepulsfrequenz am Morger. Die Zahlen für die Puls- frequenz zeigen nur eine leichte Tendenz im Sinne einer Zunahme der Herzschläge. Liegt von Col d’Olen auch nur je ein Wert vor, da wir uns dort nur einen Tag, durch die Umstände gezwungen, aufhielten, so ist das Fehlen einer ausgesprochenen Frequenzsteigerung im Zusammenhalte mit den von Zuntz und seinen Mitarbeitern, speziell den von Müller und Waldenburg gewonnenen Ergebnissen doch neuerdings beweisend für die Tatsache, daß bei gesunden Menschen, wenn sonstige Einflüsse nicht wirk- sam sind, der Aufstieg in Höhen von fast 3000 m noch zu keiner erheblichen Steigung der Ruhepuls- frequenz führt, seien diese Personen nun vorher schon an den Höhenaufenthalt gewöhnt oder nicht. Vom 6. August, dem Tag des Aufstieges zum Gipfel, besitzen wir keine Werte über die Puls- frequenz, da es zwecklos schien, die Pulse vor dem Aufbruch zum Gipfel zu zählen. Wir marschierten um 1 Compt. rend. 1904. Bd. 138, p. 920. 2 American Journal of Physiology, XXIII, p. 90 (1908). Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 45 > Uhr früh ab und hätten sicherlich eine Erhöhung der Pulszahlen gefunden, die durch das Wecken zu so ungewohnter Stunde und den ganzen psychischen Reiz der mit einem bevorstehenden Aufbruch ver- knüpft, ist ausgelöst werden mußte. Wir zählten dagegen sofort bei der Ankunft in der Margherita-Hütte die Pulsfrequenz, wovon später die Rede sein wird. Der Aufstieg von Col d’Olen zur Margherita-Hütte bedeutete für drei von uns gewiß keine anstren- gende Tour um so mehr, als wir nur ganz wenig Gepäck zu tragen hatten und speziell wegen Kolmer wesentlich langsamer gehen mußten. Wir können vom Aufstieg daher viel eher als einem schönen Spazicr- gang denn von einer Tour sprechen. Wir benötigten nämlich für den Weg von Col d’Olen zum Gipfel 7!/, Stunden, während ein guttrainierter, leistungsfähiger Gänger unter ebenso günstigen Verhältnissen ganz gut in 41/, Stunden zum Gipfel gelangen kann, wie der eine von uns aus eigener Erfahrung weiß. Trotzdem überraschte uns abends beim Einschlafen der Befund, daß unsere Herzarbeit eine wesentlich andere war als gewöhnlich; das auftretende Herzklopfen und das Hämmern der Pulse störte uns geraume Zeit beim Einschlafen. Nebenher hatten wir nur wenig an Kopfschmerz zu leiden und fühlten fast alle das Brennen von Gesicht und Nackenhaut, wie sich dies stets nach starker Besonnung auf dem Gletscher einstellt. Bei Kolmer wäre die Veränderung der Herzarbeit nicht auffallend gewesen, da er erschöpft und dyspnoisch auf dem Gipfel angekommen war und nachmittags typische Erscheinungen von Bergkrank- heit zeigte, sich also so verhielt wie viele andere Personen, von denen in der Literatur erzählt wird. Auch Rainer ist für eine einwandfreie Diskussion auszuschalten, da er am Nachmittage einige diarrhöische Stühle hatte, die bei ihm Schwächegefühl auslösten, und ja alle auf ein geschwächtes Individuum wirken- den Reize zu größeren Ausschlägen in der Pulsfrequenz Anlaß geben als bei normalen. Durig und Reichel befanden sich aber ganz wohl und beide aßen, wenn auch nicht mit vollem Behagen. Es wäre also bei uns unter denselben Verhältnissen in der Ebene und wohl auch auf Col d’Olen keine irgendwie beträchtliche Vermehrung der Pulsfrequenz zu erwarten gewesen, desungeachtet war diese jedoch am nächsten Morgen zu imponierender Höhe angestiegen. Denkt man nun immerhin an die Möglichkeit einer Nachwirkung der vorausgegangenen Anstrengung beim Aufstieg, die bei uns beiden jedoch sicherlich nicht in Betracht kam, so wird eine solche Annahme durch das Verhalten des Pulses am zweiten Aufenthaltstage auf dem Gipfel sicher widerlegt, denn nach einem, beziehungsweise zwei weiteren Tagen hielt sich die Pulsfrequenz fast auf der nämlichen Höhe und doch war unser Befinden ein vorzügliches. Auch Rainer befand sich nunmehr wohl, aber auch seine Pulsfrequenz war wesentlich erhöht. Am 8. und 9. August hatten wir schon alle die Stoffwechselkost quantitativ aufgezehrt und befanden uns im Gleichgewicht, wie dies das Verhalten des Körpergewichtes nachweist; trotzdem liegt aber zum Beispiel bei Durig die höchste Pulsfrequenz am Morgen des 9. August also am dritten Aufenthaltstage. Ein solcher späterer Anstieg der Pulsfrequenz bei Körperruhe fand sich auch bei anderen geübten Alpinisten, die keine merklichen Symptome der Bergkrankheit zeigen (vide Mosso, l.c., p. 86), wenn auch diese letzteren Beobachtungen nicht einwandfrei sind. Es trat also in unseren Versuchen als Folge einer spezifischen Einwirkung des Höhenklimas an und für sich eine unzweifelhaft festzustellende Vermehrung der Pulsfrequenz auf, die bei Rainer 74°)/,, bei Kolmer 50°/,, bei Reichel 44°/, und bei Durig 30°/, betrug, wenn man das Mittel der Vorperiode in der Capanna Margherita mit den Werten aus der Ebene vergleicht. Die auch sonst durch den Gipfel- aufenthalt am wenigsten in Mitleidenschaft Gezogenen, Durig und Reichel, zeigen auch die geringste Frequenzerhöhung. Die hohen Werte bei Rainer hängen wahrscheinlich mit dessen Diarrhöen zusammen. Die bei uns bestimmten Frequenzerhöhungen sind mit Ausnahme jener Rainer's nicht so hoch, als sie bei anderen Personen beschrieben wurden, was wohl darauf zurückzuführen ist, daß die Versuche bei voll- ständiger Körperruhe ausgeführt wurden. Es ergibt sich also, daß auch die von Zuntz und seinen Begleitern beobachteten Frequenzzunahmen nicht aufaufakzidenteller Ursache beruhen, und unsere gemein- samen Resultate beweisen daher, daß bei Personen ganz verschiedenen Lebensalters, ganz verschiedener Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 7 46 A. Durig um. W. Kolmer, Leistungsfähigkeit und Körperbeschaffenheit, ob diese nun direkt aus der Ebene aufsteigen oder sich vorher in niedrigeren Höhen trainiert hatten, in der Höhe von 4560 m eine Steigerung der Pulsfrequenz auftrat. Diese war bei uns nie so groß, daß eine Frequenz von 100 Schlägen erreicht worden wäre. Der weitere Verlauf der graphischen Darstellung über das Verhalten der täglichen Pulsfrequenzen zeigt, daß bis zum letzten Tage des Aufenthaltes ein Absinken der Pulsfrequenz stattfand, und daß sich sofortnach den ersten Tagen des Gipfelaufenthaltes eine sehr starke initale Verminderung angebahnt hatte. Selbst bei einem ab und zu beobachteten’ Wiederansteigen der Pulsfrequenz wurde nie mehr jene Höhe erreicht, die wir in den ersten Tagen beobachtet hatten. Ganz auffallenderweise ist bei uns allen mit Aus- nahme des bergkranken Kolmer auch nach schwerer körperlicher Arbeit und kräftiger Besonnung in der späteren Zeit des Aufenthaltes keine typische Steigerung der Ruhepulsfrequenz am nächsten Morgen erfolgt, dagegen zeigt das Bild der täglichen Pulszahlen einen ungemein schwankenden Charakter. Bald an diesem, bald an jenem Tag schnellt die Pulsfrequenz in die Höhe, ohne daß eine einheitliche Ursache hierfür zu finden wäre, nur bei Kolmer sind Steigerungen speziell in den Arbeitsperioden aufgetreten und von solcher Höhe, daß nahezu die maximale Frequenz, die wiran den ersten Aufenthaltstagen beobachteten erreicht wurde. Für die Steigerung an anderen Tagen ist aber gar kein Zusammenhang mit bekannten Faktoren zu finden, der zu einer Erklärung für deren Zustandekommen dienen könnte. So findet sich zum Beispiel bei allen mit Ausnahme Durig’s am 13. August eine Frequenzerhöhung während der Ruheperiode und doch war weder im subjektiven Befinden des einzelnen noch nach meteorologischen Verhältnissen irgend etwas Bemerkenswertes zu beobachten gewesen; es war ein schöner klarer, fast windstiller Tag. Die für die lonisation in der Atmosphäre ermittelten Werte waren allerdings auffallend groß! sie können aber für uns kaum irgend eine besondere Bedeutung gehabt haben da wir die Hütte nicht verlassen hatten. In der auf die erste Ruheperiode folgenden Arbeitsperiode vom 15. "bis 20. August liegen Reichel’s Pulszahlen anfangs sogar auffallend tief, später steigen sie wieder an und doch war während der ganzen Periode täglich dieselbe gleich große Arbeit geleistet worden. Bei Durig sinkt ungeachtet der Arbeit die Pulsfrequenz stetig und gleichmäßig ab. Die bei Kolmer während der Arbeitsperiode beobachteten Erhöhungen der Pulsfrequenz fallen mit Körpertemperatursteigerungen zusammen (vergl. folgend die | graphische Aufzeichnung des Verlaufes der Körpertemperatur). Auch die Periode der großen Märsche vom 24. bis 29. August führte keine Erhöhung der Puls- frequenz am Morgen herbei, und zwar diesmal auch bei Kolmer nicht mit Ausnahme eines einzigen Tages, an dem ein ebenso hoher Wert auftrat wie zu Beginn des Aufenthaltes. Im allgemeinen sank aber die Pulsfrequenz sonst während dieser Periode weiter ab, ganz ähnlich wie in der vorausgegangenen Ruheperiode. Für die auffallenden Zacken der Kurve Durig’s am 22. und 31. August während der beiden Nach- wirkungsperioden kann als bemerkenswert bezeichnet werden, daß sich zugleich eine Steigerung der Körpertemperatur am Morgen fand, die sich schon tagsvorher gewissermaßen vorbereitet hatte. Auf dem Mittag des 22. August fiel auch das Erbrechen (siehe Einleitung), das vielleicht nicht zustande gekommen wäre, wenn nicht zugleich etwas Abnormes im Körper vorgegangen wäre, das gleichzeitig zur Temperatur- und Pulsfrequenzsteigerung geführt hatte. Natürlich muß man dabei in erster Linie an einen subjektiv nicht empfundenen leichten Anfall von Bergkrankheit denken. Der am folgenden Tag (23. August) ausgeführte rasche Aufstieg von der Gnifetti- zur Margherita-Hütte (s. p. 22) zeigt, daß Durig jedenfalls wieder seine volle Leistungsfähigkeit erlangt hatte. Der 30. und 31. August waren herrliche Tage, die wir zu Respira- tionsversuchen auf dem Gletscher benützten; Durig und Rainer standen ebenso wie Kolmer und Reichel lange Zeit in der prallen Sonne, die beiden ersteren zeigten am Morgen nach dem Erwachen Puls- frequenzsteigerungen, die bei letzteren fehlten, bei Durig trat zugleich eine Temperatursteigerung auf. 1 Siehe Abschnitt IX. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 47 Da wir uns alle mit genau derselben Kost nährten und den nämlichen klimatischen Einflüssen aus- gesetzt waren, sind Gründe für das abweichende Verhalten nicht aufzufinden. Betrachtet man denjenigen Teil der Kurve, der dem letzten Tag des Gipfelaufenthaltes entspricht, und vergleicht diesen mit dem Anfangsteil, so sieht man, daß sich während des einen Monat dauernden Aufenthaltes ein Anpassungsvorgang ausgebildet hat, infolgedessen die Pulsfrequenz allmählich erniedrigt wurde; desungeachtet besteht jedoch stets eine große Labilität in der Pulsfrequenz. Aus anscheinend geringfügigen Ursachen entspringen sofort wesentliche Änderungen der Ruhepulsfrequenz, ohne daß hierbei jedoch ein Zusammenhang dieser Erscheinung mit bestimmten Verhältnissen nachgewiesen werden könnte. Auch das gleichzeitige Verhalten der Körpertemperatur läßt keine sichere Übereinstimmung mit der Frequenzsteigerung erkennen, obwohl letztere manchmal mit einer Temperatursteigerung zusammen- fällt, also wohl ab und zu eine gemeinsame Ursache für beides vorhanden war. Die Labilität der Pulsfrequenz wie auch die Tatsache, daß die Pulsfrequenzen selbst am Schlusse des einmonatlichen Aufenthaltes noch höher liegen als in der Ebene oder selbst auf Höhen von 30001, läßt die Annahme naheliegend erscheinen, daß das Herz während des ganzen Aufenthaltes infolge der Ein- wirkung der klimatischen Faktoren zu beschleunigter Arbeit veranlaßt wurde. Gegen diesen Reiz hat sich jedoch allmählich eine Abstumpfung eingestellt oder es wurde dessen Wirkung abgeschwächt. Man kann sich vielleicht auch vorstellen, daß durch diese Wirkung des klimatischen Dauerreizes eine Änderung in der Lage der Reizschwelle eingetreten sei, so daß Reize, die unter normalen Verhältnissen unwirksam sind oder zu ganz geringer Vermehrung der Schlagfolge führen, wesentlich wirksamer werden und eine auf- fallende Steigerung der Pulsfrequenz herbeiführen. Seinem Verhalten nach war Kolmer auf Grund unserer Erfahrungen als schwach bergkrank anzu- sehen, die Erscheinungen der Krankheit verließen ihn während des ganzen Gipfelaufenthaltes nie. Seine Pulsfrequenz weist in Übereinstimmung damit wesentlich größere und anhaltendere Abweichungen von der Norm auf als bei allen übrigen Versuchspersonen. Bildet man das Verhältnis der prozentischen Zunahme aus den Mitteln der Pulsfrequenzen an den Morgen der einzelnen Versuchsperioden, so ergibt sich folgendes: Kolmer Rainer Durig Reichel Beniodenie rn: 34%), 28n 18°/, Ruhe Re) 26 10 8 Arbeit I ee A 20 13 8 Rune Sa Va ne 2 d 18 Arbeit Di a Verheee 29 15 62 Ruhe N A Ne 7722) 11 10 > Ruhe Die Zunahme der Pulsfrequenz betrug im Mittel während der 6 Perioden . 34°/, 9 18%, 109% Es fällt also Kolmer’s Wert ganz ungleich höher aus und ihm zunächst folgt Rainer, was wohl zum Teil noch durch die hohe Pulsfrequenz im Gefolge der Diarrhöen und den ganz auffallenden Wert vom 30. August bedingt ist. Kolmer zeigte aber nicht nur die größte relative und die andauerndste Frequenzsteigerung, sondern sein Puls war auch der labilste. Wenn nun sichtbare äußere Zeichen berechtigen, Kolmer’s Zustand als Bergkrankheit zu bezeichnen, so muß die Gleichartigkeit im Verhalten der Pulsfrequenz bei den übrigen Teilnehmern an der Expedition, die sich nur durch das quantitative Ausmaß unterscheidet, zum Schlusse führen, daß Durig, Rainer und Reichel ebenfalls, wenn auch in viel geringerem Ausmaße als Kolmer, bergkrank 1 In der Vorperiode 500/,. 48 A. Durig u. W. Kolmer, waren, so sehr wir uns auch gegen die Zumutung verwahrt hätten, wenn uns, die wir uns vollkommen wohl, ja geradezu gekräftigt fühlten, jemand gesagt hätte, wir seien bergkrank. Kann schon nach dem Verhalten des Pulses vermutet werden, daß sich auch in dem widerstandsfähigen und trainierten Körper Durig’s, Rainer’'s und Reichel’ trotz vollkommenen Fehlens äußerer Zeichen von Bergkrankheit unter dem Einflusse des Höhenklimas während des ganzen Aufenthaltes abnorme Vorgänge abgespielt haben, so werden im späteren noch weitere Erscheinungen aufgezählt werden, die im selben Sinne sprechen. Sie sollen sämtlich in dem Abschnitte über die Bergkrankheit zusammenfassend besprochen werden. Der Abstieg vom Gipfel in das Tal wurde am 4. September ausgeführt. Am Morgen fanden wir vor dem Verlassen des Bettes auf dem Gipfel noch dieselben Zahlen für die Pulsfrequenz wie während der Schlußperioden auf dem Gipfel überhaupt. Als wir dann am 5. September in Alagna erwachten, zeigte es sich, daß die Pulsfrequenz bei uns allen gefallen war und zwar, besonders stark bei Kolmer und Rainer. Diese Frequenzverminderung trat auf, obwohl der Abstieg bei schönem, warmem Wetter in ziemlich raschem Tempo ausgeführt worden war und uns ungefähr 3300 zn tiefer geführt hatte, also jedenfalls zu kräftiger Körpertemperaturerhöhung Anlaß gegeben hatte. Keiner von uns beobachtete Herzklopfen. Auch am folgenden Tage zeigte die Pulsfrequenz eine neuerliche Verminderung, und zwar bei uns allen bis auf Werte, die ganz wesentlich unter unseren normalen Pulsfrequenzen in der Ebene liegen. Bei Rainer stellte sich sogar eine Frequenz von 40 Pulsen pro Minute ein. Bei Kolmer zählten wir 45, beiReichel52 und bei Durig 54 Pulse, Diese Erscheinung, die mit der ähnlichen Beobachtung an Müller und Kolmer nach dem Abstieg vom Rothorn übereinstimmt (siehe p. 7 [43]), ist gewiß auffallend, und zwar dies umso- mehr, als mit dem vierten Tage des Aufenthaltes in Alagna (1190 :») die Pulsfrequenz wieder anstieg und bald dieselben Werte erreichte und weiterhin einhielt wie in der Ebene. Es wurde oben bei Besprechung der auffallenden Labilität der Pulsfrequenz die Annahme erörtert, daß eine allmähliche Anpassung an die Dauerwirkung der klimatischen Reize stattfindet, sich also eine Regulationseinrichtung ausbildet, die zu einer Verlangsamung der Herztätigkeit führt. Im selben Sinne spricht die Tatsache, daß mit dem Absteigen in tiefere Lagen eine Verminderung der Pulsfrequenz wesent- lich unter das Normale eintritt und diese Wirkung dann in einigen Tagen vollständig verschwindet, ja das genannte Verhalten scheint einen tieferen Einblick in die Vorgänge der Regulation zu gestatten. Es können dabei mehrere Möglichkeiten ins Auge gefaßt werden. Zu denjenigen Erscheinungen, die beim Höhenaufenthalt ganz besonders ins Auge fallen, gehört die Vertiefung der Atmung und die Vergrößerung des pro Minute ventilierten Gasvolums; da sich jedoch der Mechanismus in Atmung während des Aufenthaltes auf dem Gipfel gar nicht wesentlich ändert und die höchsten Pulsfrequenzen sich vielfach erst nach dem ersten Aufenthaltstage ausbilden, ist ein Zusammen- hang zwischen der Atmung und der Anpassung wohl kurzerhand auszuschließen. Auch die Annahme, es seien Veränderungen im Gaswechsel, die sich allmählich ausbilden und die eine höhere Arterialisierung und eine Änderung im CO,-Gehalt des Blutes zur Folge haben würden, findet an den Tatsachen, auf die im Abschnitt über die Atemmechanik eingegangen werden wird, keine SEÜZEN, Von den übrigen Einwirkungen, die die Schlagfrequenz des Herzens beeinflussen können, sind also nur solche in Betracht zu ziehen, die entweder auf dem Wege der Herznerven direkt oder reflek- torisch die Herztätigkeit beeinflussen oder auf das Herz als solches einwirken, indem Stoffe im Blut zuge- führt werden, die zur Beschleunigung der Herzarbeit Anlaß geben. Endlich wäre an eine einfache Wirkung der Temperatur oder an mechanische Einflüsse zu denken. Letztere beiden Momente können aus der Diskussion geschaltet werden, denn, falls es sich zum Beispiel um eine Verlagerung des Zwerchfelles infolge der Darmgase handeln sollte, müßte der Wegfall der Druckverminderung beim Abstieg in die Ebene einfach zur Wiederherstellung der ursprünglichen Verhältnisse führen, was nicht dem tatsächlichen Verhalten entspricht; auch müßte dann, wenn man den Stand des Zwerchfells absichtlich gegen das Herz 1 Siehe auch p. 19. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 49 zu noch ausgiebiger verschiebt, auf dem Gipfel eine ausgesprochene Frequenzsteigerung ausgelöst werden. Dies ist jedoch, wie später bei Besprechung der Hockversuche erwähnt werden wird, nicht der Fall. Die Körpertemperatur stand bei uns nur in dem Zusammenhange mit der Pulsfrequenz, als dieselben Momente ab und zu zur Steigerung beider führten, eine direkte Abhängigkeit der Schlagfrequenz von der Körper- temperatur bestand aber nicht, die Einwirkung der Temperatur auf das Herz kann also nicht die Ursache der Pulsfrequenzsteigerung sein. Auf diese Tatsache wurde übrigens schon oben hinge- wiesen, sie ergibt sich eindeutig aus dem Vergleich der Tafeln über das Verhalten des Pulses und der Temperatur. Für eine reflektorische Erregung der Herznerven scheint auf den ersten Augenblick allerlei zu sprechen. Man möchte es für naheliegend erachten, speziell an eine Einwirkung der klimatischen Reize des Hochgebirges auf die Nervenendigungen in der Haut zu denken, der Umstand jedoch, daß sich keiner- lei Einfluß der Besonnung, der Lufttemperatur oder des elektrischen Zustandes der Atmosphäre auf die Pulsfrequenz nachweisen läßt, und die Tatsache, daß die Anpassung sich ganz unabhängig von ver- schiedensten, wechselnden Verhältnissen allmählich vollzieht, spricht wohl gegen eine solche Vermutung. Sollte es sich doch um eine Abstumpfung gegen derartige Klimareize handeln, so würde die zugleich bestehende Labilität der Pulsfrequenz bei geringfügigen Reizen ziemlich unerklärlich sein, da die Abstumpfung gegen den einen Reiz zugleich mit einer Steigerung der Empfindlichkeit gegen andere Reize verbunden sein müßte oder mindestens keine Abschwächung der Empfindlichkeit gegen diese sich ein- gestellt haben dürfte, Betrachtet man das Verhalten des Pulses und den Vorgang der Anpassung, so wird man vielmehr auf die Anschauung hingewiesen, daß es sich nicht um einen passiven Anpassungsvorgang, zum Beispiel eine Abstumpfung der Accelerantes, beziehungsweise des Beschleunigungszentrums gegen die Wirkung der Reize, sondern viel eher um einen aktiven Vorgang in der Form der Ausbildung einer Regulationseinrichtung handeln müsse. Diese kann sehr wohl auf einer erhöhten tonischen Innervation der Herzhemmungsfasern beruhen, worauf auch das auffallende Herzklopfen hindeutet. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß sich ein solcher Mechanismus unter dem dauernden Einfluß des Höhenklimas langsam als zweckmäßige Ein- richtung ausbildet. Hiebei wird man den Umstand nicht außer Acht lassen, daß die Lungenfasern des Nervus Vagus während der ganzen Dauer des Gipfelaufenthaltes in Folge der Steigerung der Ventilation häufigere und intensivere Impulse ihren Centren zuführen als bei Körperruhe in der Ebene. Wenn mit dem Abstieg die Reize, die in der großen Höhe wirksam waren, verschwinden, so dürfte ein solcher durch Wochen hindurch erhöhter Tonus, der nur allmählich entstand, auch nicht sofort wieder aufgegeben werden, sondern im Tale anfänglich noch einige Zeit unter allmählichem Abklingen fort- bestehen. Ein solches Verhalten müßte aber zum Absinken der Pulsfrequenz unter die Norm, wie es in der Tat nach dem Abstiege beobachtet wird, führen. Der Wegfall der Reize im Höhenklima sollte bei der Rückkehr ins Tal nur zur Wiederherstellung der normalen Pulsfrequenz Anlaß geben; wirkt aber nach Ausschaltung der Reize der erhöhte Vagustonus noch einige Zeit fort, so muß auch die außer- gewöhnliche Pulsverlangsamung eintreten und so lange anhalten, bis das normale Gleichgewicht zwischen der tonischen Innervation des Vagus und der Accelerantes wieder erreicht ist. Eine weitere Frage muß sich nach der Art der Reize richten, die zur Herzbeschleunigung und zur Ausbildung des Anpassungsvorganges Anlaß geben. Von allen Faktoren, die im Hochgebirge auf den Menschen anders einwirken als in der Ebene, ist, soweit bis heute bekannt, nur einer stets vorhanden, während alle übrigen dem Wechsel unterworfen sind, das ist der erniedrigte Luftdruck. Wenn im pneumatischen Kabinett erst von Drucken an, die etwa der Höhe von Col d’Olen entsprechen, eine Zunahme der Pulsfrequenz eintritt, so stimmt dies ganz auffallend mit unseren Befunden und jenen aus dem Jahre 1901 im Hochgebirge überein. Es ist ja bei uns wie bei Waldenburg und Müller in dieser Höhe noch keine merklichere Zunahme der Pulsfrequenz zu beobachten gewesen. Allerdings können wir die Grenze nicht angeben, bei der eine solche sicher eintritt, auch dürfte die Lage der Grenze ebenso wie im pneumatischen Kabinett für verschiedene Menschen eine verschiedene sein, wahrscheinlich ist jedoch, daß man im Hochgebirge Pulsfrequenzsteigerungen schon bei Drucken wird beobachten können, bei 50 A. Durig u. W. Kolmer, denen im pneumatischen Kabinett noch eine Vermehrung fehlt. Die Dauer der Kabinettversuche ist eine sehr geringe, auch fehlt bei diesen die Wirkung der vorangegangenen Arbeit. Sicherlich bedarf es aber einer gewissen Zeit, bis die Pulsfrequenzsteigerung in Körperruhe beim Aufenthalt in einer Höhenstation den Maximalwert erreicht hat. Hierfür ist nicht einmal ein Tag immer ausreichend und deshalb muß der höchstens auf Stunden sich erstreckende Versuch in der pneumatischen Kammer nicht zu genau denselben Resultaten führen, wie der Versuch im Hochgebirge. Die Annahme, daß es nicht das Absinken des Sauerstoffdruckes, sondern vielmehr unbekannte nervöse Einflüsse seien, die die Steigerung der Puls- frequenz herbeiführen, die Heller, Mager und v. Schrötter machten, kann also aus den Versuchen im pneumatischen Kabinett nicht abgeleitet werden. Im Gegenteil sprechen die Kabinettversuche in Über- einstimmung mit jenen im Hochgebirge im selben Sinne, daß bei Drucken, die Höhen zwischen 3000 und 4600 »z entsprechen, Pulsbeschleunigung sich einstellt. Aber auch die Sauerstoffarmut des Blutes als solche darf wohl fragelos nicht ohneweiters als die Ursache der Pulsfrequenzsteigerung angesehen werden, denn aus den Versuchen von Fraenkel und Geppert! geht also wahrscheinlich hervor, daß in Höhen, wie sie dem Monte Rosa entsprechen, eine Abnahme des Sauerstoffgehaltes des Blutes beim Hund noch nicht gesetzmäßig eintritt und erst bei weiterem Absinken des Druckes regelmäßig beobachtet wird. Im selben Sinne sprechen die Versuche von v.Schrötter und Zuntz? im Luftballon und es wäre irrig, anzunehmen, daß etwa bei der Arbeit des Aufstieges infolge des höheren Sauerstoffverbrauches und schlechterer Arterialisierung des Blutes Sauerstoffmangel eintreten müßte, denn die Arbeit führt weder in der Ebene zu einer schlechteren Arterialisierung des Blutes,® noch tritt diese im Hochgebirge‘ ein, ja Zuntz zeigte sogar in unseren Versuchen über den Gaswechsel beim Marsch eine Erhöhung der alveolaren Sauerstofftension bei der Arbeit. Trotzdem das Arterienblut aber nicht weniger Sauerstoff enthält, strömt das Venenblut bei der Arbeit ungleich sauerstoffärmer ab, wie dies unter anderem auch aus den Versuchen von Zuntz und Hage- mann am Pferd hervorgeht, da der energischere Stoffwechsel des tätigen Muskels zu einem größeren Sauerstoffverbrauch führt, der durch die Erhöhung der durchströmenden Blutmenge nicht kompensiert wird. Die Stoffe, die sich hierbei bilden, wirken beschleunigend auf die Herzarbeit ein (siehe später). Es ist gewiß nicht unwahrscheinlich, daß während des Aufstieges zum Monte Rosa sich größere Mengen weniger weit oxydierter derartiger Abbauprodukte bilden, weil die Sauerstoffversorgung nach der Analogie mit Fraenkel und Geppert's Hundeversuchen in solchen Höhen schon an der Grenze angelangt ist, bei der eben noch normale Arterialisation des Blutes stattfindet oder bereits Sauerstoff- mangel eintritt. Flacheres Atmen kann in solchen Höhen ja schon leicht zu einem Mißverhältnis zwischen Sauerstoffzufuhr und -verbrauch führen. In ähnlichem Sinne sprechen übrigens auch die Ausführungen A. Loewy’s über das Verhalten der Blutgase beim Höhenaufenthalt wie auch die Beobachtungen von Mosso und Marro,? soweit diese verwertbar sind. Der Eintritt der Körpertemperatursteigerung während des Aufstieges zum Gipfel und an den ersten Tagen des Gipfelaufenthaltes trägt sicher ebenfalls zur Steigerung der Pulsfrequenz weiter bei. Es kommt dabei der Umstand in Betracht, daß die Bindungsfähigkeit des Hämoglobins für den Sauerstoff unter erhöhter Temperatur vermindert ist, und ferner möchte man erwarten, daß der Umsatz in den Geweben infolge der höheren Temperatur gesteigert wird. Es sind daher an den ersten Aufenthaltstagen nicht nur ungünstige Verhältnisse für die Abnahme der Pulsfrequenz vorhanden, sondern direkt die Bedingungen für eine weitere Zunahme derselben gegeben, um so mehr als die höhere Bluttemperatur durch die direkte Wirkung auf das Herz ebenfalls zur Beschleunigung Anlaß geben sollte. 1 Fraenkel und Geppert, Über die Wirkung verdünnter Luft auf den Organismus. Berlin 1883. Schrötter und Zuntz, Pflüger’s Arch., Bd. 92, p. 479. Geppert und Zuntz, Pflüger’s Arch., Bd. 42, p. 64. + Durig und Zuntz, Arch. f. Physiologie u. Anat. 1904, Suppl. p. 455. Rend. Acad. linc. XII. 187 w [3)1 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 51 Haben sich an den ersten Tagen auf dem Gipfel größere Mengen von unfertig oxydierten Abbau- produkten gebildet, so ist wohl zu erwarten, daß deren Fortschaffung und Oxydation auf dem Monte Rosa langsamer erfolgt als in der Ebene, da die Sauerstoffversorgung eben keine abundante ist, und die Puls- frequenz würde sich infolge der Wirkung dieser Stoffe trotz des Sinkens der Körpertemperatur wohl noch längere Zeit auf größerer Höhe halten, wenn sich nicht eine entsprechende Regulationseinrichtung ausbilden würde. Daß weitere Märsche in der Regel keine neue Frequenzsteigerung herbeiführen, vermag nicht so sonderlich zu verwundern, wenn man bedenkt, daß die alveolare Sauerstofftension bei der Arbeit nicht tiefer absinkt und bei den späteren Märschen jedenfalls eine zweckmäßigere Atmung erfolgt als beim ersten Aufstieg. Auch müßte zu der Zeit, in der wir die Märsche ausführten, eine erhöhte Hemmungswirkung schon sehr stark ausgebildet gewesen sein. Die Tatsache, daß der stets nach Märschen stark dyspnoische Kolmer am Morgen nach einem Marschtag (II. Periode) so sehr zu Pulsfrequenz- steigerungen neigte, spricht auch in dem Sinne, daß ein zeitweilig herrschender Sauerstoffmangel bestand der in seinen Folgen nur langsam behoben wurde. Es ist natürlich nicht zu entscheiden, wie viel Wahrscheinlichkeit eine solche Hypothese für sich hat, doch dürfte eine solche mit keiner bekannten Tatsache in Widerspruch stehen, auch vermag sie die Vorgänge zu erklären. Jedenfalls sind aber weitere experimentelle Studien erforderlich, um die Ursache der auffallenden Erscheinung der Anpassung und das tiefe Absinken der Pulsfrequenz weit unter die Norm das nach der Rückkehr in die Talstation auftritt, verstehen zu können. Die Versuche, die wir auf dem Semmering ausführten, lieferten hinsichtlich der Pulsfrequenz keine nennenswerte Ausbeute. Die Pulsfrequenzen liegen an den einzelnen Morgen einander außerordentlich nahe, sie sind gleich groß wie jene in der Ebene und auch nach der Rückkehr nach Wien fanden wir keine Verminderung der Frequenz. Die etwas niederen Pulszahlen, die bei Durig während des Nachver- suches in Wien beobachtet wurden, zeigen einen so geringen Unterschied gegenüber den auf dem Semmering gewonnenen Werten, daß Schlüsse hieraus nicht gezogen werden können. Die Pulsfrequenz bei Körperarbeit. Daß die Arbeit eine Steigerung der Pulsfrequenz bedingt, ist eine bekannte Tatsache.! Berücksichtigt man den Umstand, daß an geschwächten Personen ein und derselbe Reiz zu größerer Vermehrung der Pulsfrequenz als bei normalen Anlaß gibt, so ist es eigentlich selbstverständlich, daß bei Personen, die von der Bergkrankheit befallen sind, dieselbe Arbeit zu einer stärkeren Beschleunigung der Pulsfrequenz führen muß als in der Ebene. Dementsprechend sind ganz außerordentlich hohe Pulsfrequenzen bei Berg- kranken während des Aufstieges beobachtet worden, die in denjenigen Fällen, in denen schließlich Erschöpfungstod eintrat, meist bis zum Tode anhielten. Fast stets wird bei Personen, die Erscheinungen von Bergkrankheit zeigen, beim Stehenbleiben während des Marsches fadenförmiger Puls beobachtet. Bezüglich des Einflusses der Arbeit auf die Frequenz in mittleren Höhen sind die Angaben nicht ganz übereinstimmend, im allgemeinen kann man aus den vorliegenden Veröffentlichungen nur entnehmen, daß bis zu Höhen von 1800 m bei derselben Arbeit wie in der Ebene keine wesentlich größere Steigerung der Pulsfrequenz auftritt. ? In sehr hohen Lagen zeigen wohl alle Personen eine ganz ausgesprochen gesteigerte Vermehrung der Pulsfrequenz bei der Arbeit,? allerdings wird die Größe dieser Beschleunigung durch die Höhe, bis zu welcher die Anpassung in der Ruhepulsfrequenz erfolgt ist, beeinflußt, wie durch den Umstand, daß im Gebirge wie in der Ebene nach einem Training bei derselben Arbeit geringere Frequenzsteigerungen eintreten als vorher. 1 Siehe hierüber z. B. Zuntz und Schumburg, Physiologie des Marsches, und Tewildt, Pflüger’s Arch., 98, p. 346. IV Jaquetl.c. 3 Kronecker, Die Bergkrankheit, p. 48. @L| DD A. Durig u W. Kolmer, So beobachteten Zuntz und seine A\litarbeiter folgende Pulsfrequenzen am Beginn und am Ende ihrer Marschversuchsreihen: Caspari Waldenburg Kolmer Loewy 156—175 150 — 175 1350 — 140 144 Pulsfrequenz im Anfang der Marschversuche 120 130 120— 130 90— 100 128 » am Ende >» » Infolge dieser Verhältnisse fällt unter Umständen auch die Zunahme der Herzschläge in mittleren Höhen bei angepaßten Menschen nicht so auffallend aus wie bei Personen, die direkt aus der Ebene aufsteigen und Muskelarbeit nicht gewöhnt sind. Wenn wir im vorigen Abschnitte zum Schlusse kamen, daß die’ an uns in sehr großer Höhe beobachtete labile Pulsfrequenz und die dauernde Steigerung der Pulszahlen am Morgen als Ausdruck einer latenten Bergkrankheit (im Gegensatz zur manifesten Bergkrankheit Kolmer’s) aufzufassen seien, so ist es unter dieser Voraussetzung auch für die scheinbar nicht Bergkranken eine natürliche Folge, daß sie vor der Ausbildung eines Anpassungsvorganges bei der Arbeit höhere Pulsbeschleunigungen als in der Ebene aufweisen müssen; in der Tat beobachteten wir auch bei uns dieses Verhalten. Es ist aber auch naheliegend, daß Personen, die sonst keine Zeichen von Bergkrankheit zeigen, unter dem Einflusse der Körperarbeit vorübergehend die Erscheinungen manifester Berskrankheit aufweisen können. Dies war bei Durig im Jahre 1903 der Fall, als er in der Hütte hastig einen Schlitten zusammen- zimmerte; nur noch ausgesprochener schildert dies aber Mosso beim Soldaten Camozzi. ! Der ungemein kräftige Mann, der vorher keine Erscheinungen der Bergkrankheit gezeigt hatte, hob auf dem Monte Rosa 150 mal zwei je S%g schwere Hanteln, dabei stieg seine Pulsfrequenz auf 136; sechs Minuten später wurde jedoch in Körperruhe sein Radialispuls fadenförmig, dabei sank die Pulsfrequenz auf 120 Schläge und der Mann wurde ohnmächtig und erholte sich erst einige Zeit später, nachdem er sich nieder- gelegt hatte und mit Kaffee gelabt worden war. Noch am selben Tag fühlte er sich wieder voll- kommen wohl. Da es bei Versuchen über die Zunahme der Pulsfrequenz bei der Arbeit nicht auf die Einhaltung besonderer Kautelen ankommt, können auch die vielen Erfahrungen, die von Touristen gesammelt wurden, als einwandfrei anerkannt werden, so daß die Tatsache der ganz besonderen Erhöhung der Pulsfrequenz bei der Arbeit im Hochgebirge durch viele Belege gestützt ist. Wir konnten daher auf die Beschaffung reichlicheren Materials in dieser Frage verzichten und führten nur einige orientierende Versuche aus, die uns besonders im Hinblick auf den bergkranken Kolmer wertvoll erschienen. Auch sollten auf dem Gipfel Beobachtungen über den Einfluß von Alkoholgenuß auf die Pulsfrequenz bei der Steigarbeit ausgeführt werden, diese mußten aber wegen der Arbeitsunfähigkeit des an Bergkrankheit - erkrankten Kolmer fallen gelassen werden. Den Tag, den wir gezwungenerweise auf Col d’Olen verbringen mußten, füllten wir mit Pulszählungen, unter anderem auch bei einer Arbeit aus, die im Aufstieg von dem 2865 m hoch gelegenen Col d’Olen auf das ’3026 m hohe Gemshorn bestand; ferner bestimmten wir die Pulsfrequenz bei der Ankunft in Col d’Olen und auf der Capanna Margherita. Ganz übereinstimmend mit dem, was bereits Zuntz und Schumburg? fanden, zeigte sich auch bei uns, daß die Erhöhung der Pulsfrequenz, die bei einer Arbeit beobachtet wird, keineswegs als Ausdruck verminderter Leistungsfähigkeit der Versuchsperson angesehen werden kann. Wie in der Einleitung erwähnt, blieben Kolmer und Reichel beim Aufstieg nach Col d’Olen sehr stark zurück und trafen erst lange nach Rainer und Durig ein. Rainer und Durig, letzterer untrainiert, waren beide trotz der großen Belastung in recht flottem Tempo ohne Rast die 1700 m emporgestiegen und zeigten bei der Ankunft in Col d’Olen 120, beziehungsweise 106 Pulse, wobei die wesentlich höhere Pulsfrequenz dem 1 Der Mensch auf den Hochalpen, p. 17 und 18. 2 Physiologie des Marsches. Berlin 1901, Hirschwald. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 55 mindestens ebenso leistungsfähigen und vorher trainierten Rainer zukam. Kolmer langte mit 100, Reichel mit 116 Pulsen an und doch war Reichel in ungleich besserer Verfassung als der recht »ausgepumpte« Kolmer angekommen. Auch bei der Ankunft auf dem Monte-Rosa-Gipfel war die Pulsfrequenz bei Reichel höher als bei Kolmer, während Rainer und Durig ganz ähnliche, allerdings wesentlich niedere Pulsfrequenzen zeigten. Wir bestimmten bei Rainer 96, Durig 92, Kolmer 132, Reichel 138 Pulse. Die hohe Zahl bei Reichel mag wohl zum Teil dadurch bedingt sein, daß er den letzten Hang zum Gipfel ziemlich rasch emporeilte, wogegen Kolmer ungemein langsam nachfolgte und trotzdem schwer dyspnoisch ankam, seine Pulsfrequenz war daher jedenfalls relativ viel mehr gesteigert als jene Reichel’s. Es ist die Tatsache nicht uninteressant, daß Kolmer bei unserer Expedition im Jahre 1906 bei der Ankunft auf dem Gipfel fast dieselbe Pulsfrequenz aufwies wie im Jahre 1901, er war mit uns allerdings schon von Col d’Olen aufgebrochen, während er damals wie Zuntz und seine übrigen Begleiter nur den Weg von der Gnifetti-Hütte zum Gipfel zurückzulegen hatte, für den diese damals fast 6 Stunden benötigt hatten, während er im Jahre 1906 nach 5 Stunden am Gipfel eintraf. Die Pulsfrequenz Kolmer’s betrug 1901 128 Schläge bei der Ankunft gegen 132 im Jahre 1906. Nicht uninteressant ist übrigens der Vergleich der Marschzeiten von Zuntz und seinen Mitarbeitern im Jahre 1901 und Durig’s Aufstieg auf genau demselben Wege am 23. August 1906, an welchem Tage Durig die Strecke Genifetti-Hütte — Gipfel in 2 Stunden 10 Minuten zurücklegte und mit 958 Pulsen (wie die Führer bei der Zuntz-Expedition) am Gipfel eintraf (gegenüber der fast 6stündigen Anstiegszeit der trainierten Teilnehmer im Jahre 1901). Diese Zahlen zeigen wohl deutlich die Überlegenheit des geübten Gängers bei Märschen in so hohen Lagen. Kurze Arbeitsperioden können zu sehr irrigen Schlüssen in bezug auf das Verhältnis zwischen Pulsfrequenz und Leistungsfähigkeit führen. Dies besagen sowohl Versuche, die wir auf dem Gipfel wie auf Col d’Olen, und zwar auf dem Gemshorn ausführten. Als Beispiel diene unser Versuch auf dem Gipfel am 21. August. Wir stiegen von der Hütte zum Gletscherplateau ab, auf dem Zuntz und Durig im Jahre 1903 die Marschversuche ausgeführt hatten, und dann wieder zum Gipfel empor. Bei der Ankunft bestimmten wir an Rainer 80, an Durig 98, an Kolmer 108 und an Reichel 120 Pulse. Diesmal ist Rainer’s Pulsfrequenz die niederste und auch Kolmer weist geringere Frequenz als Reichel auf, obwohl die morgens in Ruhe bestimmte Frequenz bei ersterem 90, bei Reichel 72 gewesen war, weshalb die Frequenzzunahme für Reichel noch ungleich größer ausfällt, als es nach den erreichten Zahlen bei der Ankunft den Anschein hat, und doch ist Reichel der Leistungsfähigere. Zum selben Resultate, der Unmöglichkeit, aus der Höhe der erreichten Pulsfrequenzen bei kurz- dauernder Arbeit einen Schluß auf die Leistungsfähigkeit zu ziehen, führten die Col-d’Olen-Versuche. Bei Durig scheint zum Beispiel eine kurze Arbeit anfänglich viel höhere Frequenzsteigerungen auszu- lösen wie ein langer, anhaltend im raschem Tempo ausgeführter Marsch. Kolmer reagiert dagegen auf kurze Märsche mit geringerer Frequenzsteigerung. Wir legten die 161 m absolute Höhendifferenz zwischen Col d’Olen und dem Gemshorngipfel in 12 Minuten zurück. Während des Steigens zeigten Kolmer 130, Durig 142, Rainer 135, Reichel 180 Pulse. Kolmer, der wenigst leistungsfähige, wies also die geringste Frequenz auf. 10 Minuten später in der Ruhe war die Pulsfrequenz aber bei Rainer auf 80, bei Durig auf 84, bei Kolmer auf 90 und bei Reichel auf 104 Schläge gefallen, also bei uns allen um viel größere Beträge abgesunken als bei Kolmer. Dieses rasche Absinken! zeigte sich auch bei einem in forciertestem Tempo von Durig und Rainer ausgeführter Aufstieg zum Gemshorn, bei dem die 161» Höhendifferenz in 7 Minuten zurückgelegt wurden, was einer Leistung von rund 10.000 m/kg reiner Steigarbeit oder im ganzen einem Effekt von !/s P. S. entspricht. Die Pulsfrequenzen betrugen: 1 Vergl. auch Kronecker, Die Bergkrankheit, p. 48, und Höhenklima und Bergwanderungen, p. 347. Denkschr. d. math.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 54 A. Durign. W. Kolmer, Rainer Durig während des Gehens . . . . 176 181 nach der Ankunft im Stehen . 109 118 DAMInutenEspAten rs 8l Es zeigt dies, wie ungemein rasch beim Leistungsfähigen die Pulsfrequenz nach kurzer, selbst maximaler Arbeit auch im Hochgebirge absinkt. Demgegenüber sind Versuche über die Nachwirkung vorangegangener Arbeit, die Kolmer auf der Margherita-Hütte ausführte, sehr bemerkenswert. Es handelte sich bloß um die Überwindung einer Höhendifferenz von 53 m bei einer Steigung von 38 Prozent im Mittel; die Trasse bildete der gewöhnliche Aufstieg über den Eishang zum Schutzhaus auf dem Gipfel, als Kontrolle ‘hierzu führte Kolmer Anstiege auf ebenso steilem Weg in der Nähe von Wien aus. Wie zu erwarten, war trotz des Trainings, in dem sich Kolmer auf den Monte Rosa befand, die Frequenzsteigerung größer als in der Ebene; ganz auffallend sind aber die Unterschiede in der Zeit, die in beiden Fällen verstreichen mußte, bis die Pulsfrequenz wieder zur Norm zurückgekehrt war. Die Zahl der Herzschläge erreichte dann, wenn der Aufstieg vom Plateau auf den Monte-Rosagipfel in 41/s Minuten ausgeführt wurde, erst nach 40 Minuten, bei 61/, Minuten Gehzeit nach 25 Minuten wieder die ursprüngliche Höhe. Bei den Versuchen in Wien war selbstnach dem in wesent- lich rascherem Tempo, dem schnellsten, in dem Kolmer zu steigen vermochte, ausgeführten Anstieg die Schlagfrequenz in längstens 15 Minuten wieder zur Norm zurückgekehrt. Es ist also wohl ohne Zweifel die lange Nachwirkung vorangegangener Arbeit auf das Herz von größter Bedeutung für die Leistung von Arbeit im Hochgebirge und derjenige, dessen Herz sich rascher wieder auf normale Frequenz einstellt, dem überlegen, der lange dauernde Nachwirkung zeigt, da es bei letzterem während anstrengender Aufstiege wohl geradezu zu einer Summation der Nachwirkung kommen muß. Staehelin! verdanken wir übrigens ausgedehnte experimentelle Studien über die Nachwirkung einer Arbeit auf die Pulsfrequenz, aus denen hervorgeht, daß die Pulsfrequenz bei der Arbeit leistungsfähiger Personen rascher abfällt als bei weniger leistungsfähigen. Nach seinen zahlreichen Zählungen verschwindet die Pulsbeschleunigung bei kleiner Arbeit (1000 n/kg) bei gesunden kräftigen Menschen schon nach wenigen Minuten, während bei großer Arbeit (10.000 mn/kg) erst in 20 bis 30 Minuten vollständige Erholung eintritt. Bei Kolmer ist also die Nachwirkung nach kleiner Arbeit im Hochgebirge anhaltender als selbst nach großer Arbeit (im Sinne Staehelin’s) in der Ebene. Der Umstand, daß die Pulsfrequenz auf dem Monte Rosa selbst nach so lange dauerndem Aufenthalt wie bei unseren Versuchen eine so labile ist und daß speziell die Nachwirkung vorausgegangener Arbeit so ungleich verlängert wird, wie dies beim bergkranken Kolmer der Fall ist, scheint uns nach anderer Richtung bedeutsam zu sein. Die Diskussion zwischen Johansson einerseits, Athanasiu und Caravallo anderseits über die Ursache der Beschleunigung der Pulsfrequenz bei der willkürlichen Muskelarbeit hat diese Frage, die Geppert und Zuntz schon in Angriff genommen hatten, neuerlich aufgerollt. Es handelt sich um die Entscheidung, ob die Ursache der Beschleunigung in einer Miterregung der Zentren der Herznerven bei Entsendung des motorischen Impulses zu suchen sei oder ob es die gebildeten Stoffwechselprodukte sind, die die Erhöhung der Pulsfrequenz auslösen. Auch die reflektorische Erregung der Herzzentren, die Änderung der Zirkulationsverhältnisse, die direkte Wirkung des Blutes auf das Herz selbst und die Frage der Erhöhung der Atemtätigkeit bei der Arbeit wurden mit in den Kreis der Diskussion gezogen. In jüngster Zeit hat Aulo? die Frage neuerdings aufgegriffen und experimentell zu entscheiden versucht. Er gelangte dabei zum Schlusse, daß die Beschleunigung der Herzfrequenz bei der Muskelarbeit im wesentlichen durch die Miterregung der Zentren der Herznerven beim Abgeben der motorischen Impulse bedingt sei. Es scheint nun die ganz besonders gesteigerte und unter Umständen nachhaltende 1 Deutsches Archiv für klinische Medizin, XLIX, p. 79 bis 139. 2 Skand. Arch. XXI, p. 146. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 99 Erhöhung der Pulsfrequenz im Hochgebirge eine gewichtige Tatsache zu sein, die bei der Beurteilung der Frage nicht übersehen werden darf. Es muß hierbei bedacht werden, daß bei wesentlich rascherer Arbeit in der Ebene die Impulse zum Muskel gewiß nicht weniger kräftig, auf keinen Fall aber seltener abgesendet werden als bei langsamer Arbeit im Hochgebirge, und doch ist die Frequenzsteigerung im letzten Falle anhaltender und größer gewesen. Es kann ferner wohl von vornherein ausgeschlossen werden, daß nach einem Aufstieg über 53 m Höhe und 140m Weglänge in der Zeit von nur 5 Minuten eine akute Herzdilatation zustande kommt, die sich fast 1 Stunde lang bemerkbar machen würde, und dies bei einer Person, die als trainiert und touristisch geübt anzusehen ist und die täglich 5—6stündige Märsche auf dem Gletscher ausführte und dabei auch gewiß als schwierig zu bezeichnenden Hochtouren gewachsen war. Frägt man also nach der Ursache der besonderen Pulsbeschleunigung im Hochgebirge bei der Arbeit, so wird man diese unter gewöhnlichen Verhältnissen keinesfalls in der geänderten Mitinnervation des Herzens oder in einer Schädigung des Herzens infolge akuter Überdehnung suchen dürfen. Von den oben erwähnten Möglichkeiten können auch einige andere woh! ohneweiteres als weniger ausschlaggebend bezeichnet werden. Jedenfalls kommt eine Änderung des Blutdruckes bei unseren Monte Rosa-Versuchen nicht in Betracht, da wir nicht nur im Verlaufe der Gipfelaufenthalte überhaupt, sondern speziell im Anschluß an die Aufstiegsversuche Kolmer’s Blutdruckmessungen ausführten (siehe den Abschnitt über den Blutdruck) wobei sich keine Änderung des Blutdruckes nachweisen ließ. Auch eine etwaige Temperatursteigerung ist als ursächliches Moment auszuschließen, denn es wird wohl kaum jemand annehmen, daß eine Versuchsperson, die bei einer Lufttemperatur, die —10°C betragen haben dürfte, während weniger Minuten in Zimmerkleidung an einem Hang emporsteigt, eine Erhöhung der Körpertemperatur zeigen wird und, wenn auch sonst vielfach ein gewisser Zusammenhang zwischen Körpertemperatur und Pulsfrequenz besteht, so ist dieser, wie erwähnt, gerade auf dem Monte Rosa kein unbedingter. Jedenfalls wäre auch im Wiener Kontrollversuch viel eher die Möglichkeit einer Steigerung der Körpertemperatur gegeben gewesen als auf dem Monte Rosa und doch fand sich in der Höhenstation die anhaltendere und stärkere Erhöhung der Pulsfrequenz. Auch die Steigerung der Ventilation bei der Arbeit kann in unserem Falle nicht als ausschlaggebende Ursache für die Vermehrung der Herzschläge angesehen werden. Eine Steigerung der Atmung bis zu derselben Größe wie bei der Arbeit führt nicht annähernd solche Erhöhungen der Pulsfrequenz herbei wie beim arbeitenden Menschen und selbstverständlich kann auch von einer nachhaltigen Pulsbeschleuni- gung im Gefolge einer Überventilation nicht die Rede sein.!,2 Auf dem Monte Rosa ist übrigens die Atem- frequenz und -tiefe schon lange ganz oder nahezu zur Norm zurückgekehrt, wenn die Pulsfrequenz noch 1 Einschlägige Literatur bei Tigerstedt in den Ergebnissen der Physiologie, Il/2, 1903, p. 568. 2 Die Versuche Hendersons (American Journal of Physiologie, XXI, p. 126. Carbon dioxid as a factor in the regulation of the heart-rate), auf welche im Kapitel Bergkrankheit näher eingegangen werden wird, ergaben, daß eine Pulsfrequenzsteigerung bei künstlicher Überventilation gleichzeitig mit einem Absinken des Blutdruckes eintritt. Es sei hier nur darauf hingewiesen, daß diese am Tier angestellten Beobachtungen sich in ihren Ergebnissen mit den in unserem Laboratorium von Reach und Röder angestellten Versuchen über willkürliche Überventilation des Menschen keineswegs decken. Ferner ist zu bemerken, daß auf dem Monte Rosa die Überventilation bei Körperruhe während der ganzen Dauer eines Monates konstant blieb, während die anfänglich hohe Pulsfrequenz sich allmählich verminderte, der Blutdruck aber stets unverändert blieb. Wie die Besprechung der Resultate der Arbeitsversuche und die Auseinandersetzungen im Abschnitt Atemmechanik dartun werden, war das Atemvolum beim Marschieren in der Ebene bei forziertem Gehen kein geringeres als auf dem Monte Rosa und anderseits die Kohlensäuretension während der Arbeit auf dem Monte Rosa keine geringere als sie daselbst auch bei Körperruhe ist, so kann somit weder die Erhöhung der Ventilation noch das Absinken der CO,-Spannung im Blut als Ursache für die längere Nachwirkung der Arbeit auf die Herzarbeit im Gebirge angesehen werden. Auch die große Labilität der Pulsfrequenz spricht nicht in dem Sinne, als wäre die Akapnie das ausschlaggebende Moment für das Eintreten der Frequenzsteigerung. g* 96 A. Durig u. W. Kolmer, immer erhöht ist. Jene Pulsbeschleunigungen, die durch willkürlich forcierte Atmung herbeigeführt wird, verschwindet fast sofort mit dem Übergang zur normalen Atmung. Ein Effekt mechanischer Reizung der in den Muskeln zentripetal verlaufenden Nerven und eine dadurch bedingte reflektorische Erregung der zentrifugalen Herznerven ist nach den Angaben der vor- liegenden Literatur als unwesentlich oder wirkungslos anzusehen..Sensible Reizung der Haut durch die Sonnenstrahlung kann in Kolmer’s Versuchen ebenfalls ausgeschlossen werden, da Kolmer von uns allen der widerstandsfähigste gegen die Besonnung war. Die Versuche fanden zudem am späten Nach- mittag im Licht der versinkenden Sonne statt. Es erübrigt daher als gewichtigste Ursache nur noch die Einwirkung der bei der Arbeit durch den Stoffwechsel der Muskulatur gebildeten Stoffe, die im Hochgebirge kräftiger und nachhaltender wirken müßten als in der Ebene, wenn durch sie die Erklärung der größeren und dauernden Frequenzsteigerung gegeben werden soll. Hierbei wäre erst zu entscheiden, ob diese Stoffe auf das Herz direkt oder auf die peripheren Nerven oder auf die Herzzentren wirken. Außerdem steht noch die Frage zu erörtern, ob die Annahme einer Beschleunigung durch die gleichzeitige Absendung von Impulsen zum Herzen und zu den Muskeln durch positive experimentelle Beweise gestützt wird. Hier ist es nötig, näher auf die schönen und sorgfältigen Beobachtungen Johansson's! einzugehen, der am Kaninchen und am Hund bei einer ähnlichen Versuchsanordnung, wie sie Geppert und Zuntz? in ihren klassischen Versuchen verwendeten, die Frage nach der Ursache der Frequenzsteigerung experimentell bearbeitete. Es handelte sich dabei bekanntlich um die Schlagfrequenzänderung des Herzens im Gefolge sensibler Reizung, passiver Bewegung, Änderungen der Atmung und des Blutdruckes wie bei Tetanus der hinteren Extremitäten, wobei mittels Durchtrennung des Lendenmarkes das Tier in Vordertier und Hintertier gesondert wurde. Johansson stellte dabei fest, daß die sensiblen Reize nicht die Ursache der Frequenzsteigerung sein können (I), daß die künstliche Muskeltätigkeit (Tetanus) nur eine geringe Steigerung der Pulsfrequenz hervorruft (Il). Er gelangte weiter zu den Schlüssen, daß die Vermehrung der Pulse auch nicht mit einer Zunahme der Atembewegungen zusammenhängt oder in einer Änderung des Blutdruckes bedingt ist (V und VI). Ferner fand Johansson, daß die Steigerung der Pulsfrequenz ausfällt oder geringer wird, wenn das Rückströmen des Blutes aus dem tetanisierten Hintertier ins Vordertier verhindert wird. Es zeigte sich dagegen, daß eine Vermehrung der Pulse eintrat, wenn er das Blut ins Vordertier treten ließ, das die ruhenden aber vorher tetanisierten hinteren Extremitäten durchströmt hatte. Johansson gelangt daher in Übereinstimmung mit Gepper und Zuntz zum positiven Ergebnis, daß die bei der Muskeltätigkeit gebildeten Stoffe eine pulsbeschleu- nigende Wirkung ausüben (VII, p. 59) die direkt auf das Herz erfolgt, da nach Ausrottung der Accelerantes und Vagi noch immer Beschleunigung auf Tetanisieren des Hintertieres eintrat (p. 61). Auf Grund der Versuchsprotokolle folgert Johansson jedoch, daß die Frequenzsteigerung bei der Arbeit in der Haupt- sache nicht auf die Wirkung der Stoffwechselprodukte zurückzuführen sei, da die Erhöhung der Schlag- frequenz infelge des Rückfließens des Blutes aus den tetanisierten Muskeln, doch nur eine ganz gering- fügige sei gegenüber der Frequenzerhöhung, die bei willkürlichen Bewegungen eintritt. Johansson leitet daher die Ansicht ab, daß es die Miterregung der nervösen Zentra des Herzens bei Abgabe der Impulse an die Muskeln sein müsse, die das ausschlaggebende Moment bei der Herzbeschleunigung während der Arbeit vorstellt. Dieser letztere Schluß ist eigentlich per exclusionem gewonnen. Wenn man die Ver- suchsprotokolle genauer durchgeht, so findet man, daß die Beweiskraft der Experimente keine so unbedingte ist, daß man aus diesen den Schluß auf die pulsbeschleunigende Wirkung der Mitinnervation ziehen muß. Johansson betont auch selbst, daß die Tiere in den Versuchen durch die Operation stark mitgenommen wurden und dadurch die, Sicherheit der Resultate geringer sei. Einen wirklichen Vergleich 1 Johansson Skand. Arch., V, 1893, p. 20. 2 Pflüger’s Arch. Bd. 42, p. 189, 3 Siehe p. 23 [59]. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 97 zwischen dem Effekt künstlicher und willkürlicher Muskelerregung lassen wohl nur jene Versuche zu, in denen die Pulsfrequenzänderung bei spontanen Bewegungen des Vordertiers mit dem Erfolg der Tetanisierung des Hintertieres verglichen werden Kann. Beim Durchgehen der Tabellen sieht man aber, daß nur in wenigen Versuchen eine spontane Bewegung des Vorderkörpers von einer wesent- lichen Erhöhung der Frequenz begleitet war; zu diesen gehört der Versuch auf Tab. I, p. 22. Bei der genannten Beobachtung trat Pulsfrequenzsteigerung bei willkürlicher Bewegung auf, dagegen hatte tetanischer Krampf der hinteren Extremitäten sogar eine Abnahme der Pulsfrequenz zur Folge, was wohl die Deutung der Erscheinung sehr schwierig macht. Bemerkenswert ist dabei jedenfalls das gleichzeitige Verhalten des Blutdruckes, der bei der spontanen Bewegung stark gestiegen, beim Tetanus gesunken war. Diesem Ergebnis steht das Resultat, das Tab. X wiedergibt, gegenüber. Hier sehen wir in beiden Fällen in denen das Tier sich willkürlich mit dem Vorderkörper bewegte und zugleich Tetanus der hinteren Extremitäten bestand, eine Abnahme der Pulsfrequenz. In einem Falle war die Aorta und die Cava ver- schlossen, im anderen nicht. Das Tier wies 117! Pulse in derRuhe auf, bei willkürlicher Bewegung des Vor- dertiers wurden es 113. In einer späteren Beobachtung sieht man 122 Pulse und bei willkürlicher Bewegung 118 Pulse. Tab. XV gibt einen ähnlichen Versuch wie Tab. I; auf Tetanisieren stieg die Frequenz von 108 auf 113 Schläge, bei willkürlicher Bewegung von 116 auf 130. Es trat also wohl eine etwas stärkere Zunahme im Gefolge willkürlicher Bewegung auf, dabei haben sich aber die sonstigen Verhältnisse zugleich stark geändert. Der Blutdruck verhielt sich in beiden Fällen ganz verschieden und die Atem- größe betrug in einem Falle 650 gegen 986. Es scheint daher schwer, die etwas geringere Frequenz- steigerung während des künstlichen Tetanus mit jener bei der Spontanbewegung zu vergleichen. Außer diesen erwähnten drei Versuchen kommt nur noch auf Tab. XII, p. 64 eine Beobachtung vor, bei der man den Einfluß willkürlicher Bewegung gegenüber künstlicher, durch Reizung herbeigeführter abwägen kann Es findet sich eine Zunahme (willkürlich) von 128 auf 145 Schläge und von 114 auf 125 Schläge (künst- licher Tetanus) in der folgenden Ruheperiode. In beiden Fällen handelt es sich also um ganz analoge Ausschläge in der Schlagfrequenz. Die einzigen, einen direkten Vergleich zulassenden Beobachtungen ergeben also, daß bei willkür- licher wie bei unwillkürlicher Muskelarbeit bald eine annähernd gleich große Zunahme der Frequenz, bald in beiden Fällen eine Abnahme der Frequenz eintrat, bald war eine stärkere Zunahme bei willkür- licher Muskelarbeit zu beobachten. Hiebei muß man des weiteren noch berücksichtigen, daß die Arbeit, die beim Tetanisieren der hinteren Extremitäten geleistet wird, als sehr gering anzusehen ist, was aus der Höhe des Sauerstoffverbrauches in den Versuchen von Zuntz und Geppert hervorgeht. Es ist fast sicher, daß der Umsatz beim Reizen der Hinterextremitäten ein ungleich geringerer gewesen sein muß als jener der bei den energischen Abwehrbewegungen des Tieres in den Beobachtungen Johansson’s in Betracht zu ziehen war. Berücksichtigt man den Zustand des Tieres, der jedenfalls infolge der Operation und Narkose ein stark veränderter war und auch in den einzelnen Beobachtungen recht sehr verschieden gewesen sein dürfte, so gelangt man zur Anschauung, daß es wohl kaum möglich ist, aus den unsicheren Unterschieden im Verhalten der Pulsfrequenz bei willkürlicher und unwillkürlicher Arbeit einen Schluß in dem Sinne zu ziehen, daß die Pulsbeschleunigung durch die bei der Arbeit gebildeten Stoffe nicht hinreichend erklärt werden könne und deshalb die gleichzeitige Mitinnervation des Herzens bei der Muskeltätigkeit zur Deutung der Erscheinung herangezogen werden müsse. Gegen letztere Anschauung sprechen übrigens noch zahlreiche andere Momente. Bei der Beurteilung der Bedeutung des Kaninchenversuches für die Entscheidung der auf das Herz wirkenden Impulse ist übrigens die Frage nach der Pulsfrequenz des Kaninchens von größter Wichtigkeit, um so mehr als die Lösung des Problems am Menschen wegen der Vieldeutigkeit der Wirkung tetanischer Muskelreizung (zum Beispiel der Beinmuskeln) auf die Herzfrequenz (künstlicher Muskelarbeit am 1 Immer in 30 Sekunden, 88 A. Durig un. W. Kolmer, Menschen) wohl kaum möglich ist und man für das Experiment fast ganz auf das Versuchstier ange- wiesen ist.! Für gewöhnlich nimmt man als normale Pulsfrequenz des ruhenden Kaninchens bekannter- maßen 120—160 Schläge pro Minute an, wogegen die Pulsfrequenz der Versuchstiere Johansson’s 220—320 Schläge betrug, also doppelt so hoch war; dagegen führte die Muskelarbeit der Tiere nur eine relativ geringe Beschleunigung herbei, die meist nur wenige Schläge pro Minute betrug (eventuell sogar Verlangsamung) und bis zu einer maximalen Beschleunigung von rund 50 Pulsen schwankte. Jedenfalls verteilt sich diese Zunahme auf eine ganze Reihe verschiedener Ursachen. Gegenüber dem Verhalten des Menschen, bei dem die Frequenz bis auf das Dreifache des Ruhe- wertes steigt, sind diese Zunahmen sicherlich verschwindend klein. Noch schwieriger Scheint aber die Beurteilung des Verhaltens am Kaninchen, wenn wir die von Hering? mitgeteilten Resultate mit jenen .Johanssons vergleichen. In seinen grundlegenden Untersuchungen über die Frage, auf welchem nervösen Wege die Pulsbeschleunigung bei der Arbeit ausgelöst wird, stellte Hering fest, daß die Pulsfrequenz des Kaninchens überhaupt eine sehr variable ist und zwischen 123 und 304 Schlägen schwankt. Es ergab sich, daß das Beobachten des Tieres allein schon dessen Pulsfrequenz durch Vaguswirkung stark herab- zusetzen vermag. Dagegen fand Hering für die Arbeit ganz ungleich höhere Frequenzsteigerungen. Diese betrugen 80 bis 188 Schläge pro Minute. Schon das Aufbinden des Kaninchens allein führte beim ruhigen Tier ein Ansteigen der Pulsfrequenz von 172 auf 276 Schläge, also um 104 Pulse herbei, es ist daher bereits beim nicht operierten ruhenden Kaninchen eine mächtige Frequenzsteigerung ausgelöst. Hinsichtlich der Wirkung der Stoffe, die aus dem Umsatz der Muskeln enstehen, verweist Hering auf die Arbeit Johanssons und gelangt unter der Annahme, daß diesen Stoffen nur eine nebensächliche Wirkung zuzuschreiben sei, zum Resultat, daß die Pulsbeschleunigung bei der Arbeit auf dem Wege durch die Accelerantes ausgelöst wird, da deren Ausrottung eine Verminderung der Beschleunigung zur Folge hat. Allerdings steigt die beschleunigende Wirkung der Arbeit wieder an, wenn mehrere Tage nach der Operation vergangen sind. Zugleich mit der Wirkung der Accelerantes, die sich Hering auf Grund der Versuche von Asp auf reflektorischem Wege ausgelöst durch eine Erregung zentripetaler Nerven denkt, ist eine Abnahme des Vagustonus ins Auge zu fassen, die reflektorisch durch die Atembewegungen herbei- geführt wird. Die Frage nach der Möglichkeit gleichzeitiger Innervation der Herznerven mit den Muskel- nerven entscheidet Hering nicht, wenn ihm auch das rasche Einsetzen der Beschleunigung infolge der Wirkung der Muskelarbeit in diesem Sinne zu sprechen scheint; dagegen nimmt er für die lange Nach- wirkung vorausgegangener Arbeit das als charakteristisch bekannte lange Überdauern der Accelerans- wirkung nach einem Reiz als Ursache an und erklärt dadurch die Erscheinung, daß ein Kaninchen, das durch eine Minute herumgejagt wurde, auch nach 30 Minuten seine normale Pulsfrequenz nicht wieder erreicht hat. Allerdings ist eine so lange nachhaltende Acceleranswirkung überraschend und eine in diesem Sinne gedachte Erklärung für eine Nachwirkung von fast dreiviertelstündiger Dauer beim Menschen unwahrscheinlich. Diese Tatsachen müssen ins Auge gefaßt werden, wenn man in die Ursachen der erhöhten Puls- beschleunigung bei der Arbeit im Hochgebirge und der verlängerten Nachwirkung gegenüber der Ebene einen Einblick gewinnen will. Die größere Steigerung der Pulsfrequenz kann durch eine geänderte Mitinnervation der Herznerven zugleich mit der Erregung der Muskelnerven nicht erklärt werden. Es zeigt sich, daß die Muskeln im Hochgebirge ebenso ansprechen wie in der Ebene und daß auch die Muskelkraft keine verringerte ist (Mosso). Die Geschicklichkeit der Muskulatur und die Schnelligkeit, mit der Bewegungen ausgeführt werden, hat ebensowenig eine Veränderung erfahren wie der Ablauf der Erregung im Nerven. Letzteres geht aus unseren an späterer Stelle mitgeteilten Neuramöbi- meterversuchen hervor.? Es wäre aber auch gar nicht einzusehen, wie so gleichzeitig an das Herz 1 Vgl. übrigens die Beobachtungen am Menschen von Athanasiu und Caravallo. 2 Pflüger’s Arch. Bd. 60, p. 429. 3 Siehe den Abschnitt über die Dauer einfacher psychischer Vorgänge unter dem Einflusse des Höhenklimas. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 59 abgegebene Impulse in der Höhe von so ungleich längerer Nachwirkung begleitet sein sollten, so daß eine Frequenzsteigerung, die in der Ebene nach Minuten verschwunden ist, im Hochgebirge erst nach Viertelstunden rückgäng gemacht wird. Es ist wohl kaum anzunehmen, daß dies etwa allein auf einer längeren Dauer der Erregung der einmal gereizten Accelerantes beruhen sollte, da gar keine Anhalts- punkte dafür vorhanden sind, ein derartiges Verhalten unter vermindertem Luftdruck anzunehmen. Und doch liegt in der Druckabnahme anscheinend der einzige durchgreifende Unterschied zwischen den klimatischen Verhältnissen im Hochgebirge und in der Ebene, der physiologisch ausschlaggebend ist. Daß das Sinken des Sauerstoffdruckes ganz besonders für die Pulsbeschleunigung in Betracht kommt, wurde schon oben erwähnt, indem ausgeführt wurde, daß von bestimmten, niederen Drucken an die Puls- frequenz im pneumatischen Kabinett wie im Hochgebirge zunimmt, daß aber Einatmung von Sauerstoff diese Zunahme ganz oder nahezu ganz zu beheben vermag. Gewiß steigt mit dem Emporwandern in großen Höhen das Atemvolum, und zwar ganz speziell bei der Arbeit und sicherlich kann im Sinne der Hering’schen Versuche dies zu einer Steigerung der Pulsfrequenz infolge geänderter Vaguswirkung bei- tragen, die hohen wirklich erreichten Frequenzen aber und die Nachwirkung der Arbeit finden darin ihre Erklärung nicht.! Nun hatten Johansson’s Versuche ebenso wie schon die älteren Versuche von Geppert und Zuntz in der Tat bewiesen, daß die aus dem ermüdeten Muskel eingeschwemmten Stoffe eine Erhöhung der Puls- frequenz auslösen können, indem jenes Blut, das während der Arbeit der Muskeln der hinteren Extremi- täten ins Vordertier gelangt, Pulsbeschleunigung herbeiführt. Die geringe Größe der Beschleunigung und deren zeitweises Fehlen darf jedoch bei Johansson’s Beobachtungen nicht befremden, da dasselbe auch bei willkürlicher Muskeltätigkeit beobachtet wurde. Es liegt daher nahe, für die erhöhte Steigerung der Frequenz bei der Arbeit im Gebirge wie für die verlängerte Nachwirkung die Ursache in dem Einfluß dieser Stoffe zu suchen. In großen Höhen dürften solche unter dem Einfluß größerer Sauerstoffarmut des Blutes und der Gewebe reichlicher auftreten oder in Form von noch weniger weit oxydierten Zwischen- produkten vorhanden sein. So würde sich eine kräftigere Erregung der beschleunigenden Fasern leicht erklären. Ob diese Erregung durch eine direkte Wirkung der Substanzen auf das Herz stattfindet, was nach Johansson’s Versuchen anzunehmen ist, ?2 oder ob diese im Blut kreisenden Stoffe die peripheren, zentripetal verlaufenden Nerven erregen und so reflektorisch zur Herzbeschleunigung Anlaß geben (Hering) oder auf die Zentren wirken, ist nicht zu entscheiden, sondern erst durch experimentelle Studien zu erforschen, die ja auch die noch immer strittige Frage der Ursache der Beschleunigung bei der Arbeit überhaupt erst zu lösen haben werden. Die lange Dauer der Nachwirkung im Hochgebirge findet in der Annahme, daß es reichlichere Stoffwechselprodukte oder unvollkommen oxydierte Stoffe seien, die die Beschleunigung auslösen, in einfacher Form ihre Erklärung, wobei das Nachhalten der Accelerans- wirkung ja immer noch nebenher zu berücksichtigen sein wird, und zwar von jenem Zeitpunkte ab, in dem die direkte oder reflektorische Erregung der Zentren der Beschleunigungsnerven einsetzte oder durch die Oxydation und Wegschaffung der gebildeten, als Reizträger aufzufassenden Stoffwechselprodukte beendigt ist. Eine direkte Wirkung der Stoffe auf das Herz ist übrigens nicht bloß nach Johansson’s sondern auch nach Hering’s Versuchen in den Bereich der Möglichkeiten einzubeziehen, da aus den Angaben Hering’s hervorgeht, daß sich auch nach Ausschaltung der Accelerantes die Beschleunigung der Pulsfrequenz bei der Arbeit doch wieder allmählich einstellt. In neuester Zeit erschienen auch die Resultate von Versuchen, die Backmann? ausführte, welche sich speziell mit der Wirkung solcher Milch- säuremengen auf das »Langendorff-Herz« befassen, wie sie physiologischerweise im Körper bei ange- 1 Auf die Theorie Kronecker’s bezüglich der mechanischen Beeinflussung des Lungenkreislaufes wird am späterer Stelle eingegangen werden. ? Die Versuche Friedenthals an dem seiner Herznerven beraubten Hund ergaben, daß das Tier bei Leistung von Muskel- arbeit mit keiner deutlichen Vermehrung der Pulsschläge reagierte. Siehe Arch. für (Anatomie) Physiologie 1902, p. 142. 3 Skand. Arch., Bd. XX, p. 162. 60 A. Durig u. W. Kolmer, strengter Arbeit vorkommen. Es ergab sich, daß Lösungen mit 0:25°/, Natriumlaktat eine Erhöhung der Schlagfrequenz des Herzens auslösen. Dies Ergebnis weist also eine direkte Wirkung der milch- sauren Salze auf das ausgeschnittene Herz nach und man wird wohl kaum fehlgehen, wenn man annimmt, daß die Frequenzsteigerung die solche Lösungen bei dem in situ befindlichen, intakten Menschen- herzen herbeiführen, noch wesentlich ausgiebiger sind, beziehungsweise daß an diesem geringere Kon- zentrationen schon zur Beschleunigung Anlaß geben. Die Ergebnisse der Untersuchungen Backmann’s sprechen also auch ganz im Sinne der Johansson’schen und Hering’schen Versuche über den Ort, an dem die herzbeschleunigend wirkenden Stoffe bei der Muskelarbeit angreifen. Wir werden aber nach den übrigen Angaben in der Literatur kaum fehlgehen, wenn wir auch eine Wirkung dieser Stoffe auf die herzbeschleunigenden Zentren als bewiesen ansehen und beide Momente für die Erklärung der Puls- beschleunigung als hauptsächlichste Momente heranziehen. So kompliziert unter gewöhnlichen Verhältnissen die Ursachen der Pulsbeschleunigung bei der Herzarbeit liegen, indem Acceleranswirkung, durch die Veränderung der Atmung herabgesetzter Tonus des Nervus vagus und direkte Wirkung der Stoffwechselprodukte auf das Herz, vielleicht auch noch andere Faktoren zusammenwirken, so kompliziert müssen auch die Ursachen der erhöhten Beschleunigung und der verlängerten Nachwirkung im Hochgebirge sein, sicherlich spielten aber im Hochgebirge der Sauerstoffmangel und die bei der Tätigkeit des Muskels entstehenden Abbauprodukte eine besonders große Rolle. Endlich ist auch das Verhalten der Kohlensäure nicht zu vergessen. In großen Höhen sinkt nicht nur die alveolare Sauerstoffspannung ab, sondern es sinkt auch die alveolare Kohlensäuretension, ! indem die Ventilation in solchem Maße gesteigert wird, daß mehr Kohlensäure aus dem Körper zur Aus- schwemmung gelangt, es sinkt dadurch die Menge der Blutkohlensäure.” Da der Kohlensäuregehalt des Blutes erregend auf die Zentren der Hemmungsfasern einwirkt, müßte Abnahme des Kohlensäuregehaltes ebenfalls zur Beschleunigung Anlaß geben und niedere alveolare Kohlensäuretension, wie wir sie zum Beispiel bei Zuntz gegenüber dem geübten Durig finden,? beim weniger Leistungsfähigen eine höhere Steigerung der Pulsfrequenz herbeiführen. ? B. Die Pulskurve. Wie schon eingangs erwähnt, möchten wir der Form der Pulskurve nur wenig Bedeutung beilegen, obwohl wir uns bemühten, mit demselben Instrument (Dudgeon) unter möglichst gleichen Bedingungen zu arbeiten. Dieser Forderung ist bei früheren Versuchen fast nur Mosso° gerecht geworden. Er faßt seine Resultate in folgenden Worten zusammen: »Aus den Ergebnissen dieser und andere Beobachtungen, die ich auf dem Monte Rosa anstellte, kann ich mit Sicherheit den Schluß ziehen, daß in einer Höhe von 4560 m an mir und meinen Gefährten die physiologische Beschaffenheit der Gefäße infolge des vermin- derten Atmosphärendruckes keine Veränderung erfuhr.« Er führt ferner an, daß ab und zu Arhythmie und auch auffallender Dikrotismus beobachtet wurde, der im Gefolge vorangegangener Anstrengung auftrat, bei der Mehrzahl der Soldaten, die mit ihm auf der Hütte waren, zeigte sich die Erscheinung nicht und die Pulskurven seiner Begleiter unterschieden sich von jenen in der Ebene nicht. »Diese Tatsache beweist daß der in einer Höhe von 4560 m auf die Oberfläche unseres Körpers wirkende Luftdruck in dem Ver- halten der durch die Veränderungen der Gefäßwände herbeigeführten Schwankungen der Pulsbilder keine 1 Durig, Pflüger’s Arch. 113, p. 312. 2 Mosso und Marro, Rend. Acad. Linc., XII. 3 Durig und Zuntz, |. c., p. 455. 4 Diesbezüglich siehe auch Henderson und die Anm. 2, p. 19. Wenn das Sinken der CO, Tension auch nicht Ursache der nachhaltenden Pulsbeschleunigung nach der Arbeit sein kann, so kann dieser Faktor wenigstens teilweise, wenn auch kaum aus- schlaggebend bei der Erhöhung der Pulsfrequenz, die überhaupt bei Ruhe und Arbeit im Hochgebirge eintritt, in Betracht kommen. DL, & 186 70: Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 61 Veränderung hervorruft. Die Form der Pulskurve wird nicht durch Unterschiede im äußeren Luftdruck, sondern durch die Ermüdung und durch die veränderte chemische Beschaffenheit des Organismus variiert, insoferne dadurch die Herztätigkeit geschwächt und dementsprechend der Blutkreislauf verlang- samt wird.« Dieser letztere Satz ist gegenüber den früheren, positiven Angaben allerdings ziemlich viel- deutig. Interessante Aufzeichnungen finden wir ferner in der Abhandlung Kronecker’s über die Berg- krankheit.! Nach diesen weisen leistungsfähige Männer wie Zurbriggen auch in großen Höhen normale Pulskurven auf, dagegen finden sich bei vielen anderen Personen, allerdings unter Verhältnissen, die die Deutung der Pulskurve sehr erschweren, Pulsbilder, die von dem Normalen sehr weit abweichen. Die- jenigen Aufzeichnungen von Pulsen, die wohl aus den höchsten Höhen stammen, in denen derartige Unter- suchungen vorgenommen wurden, rühren von Conway und seinen Begleitern her. Über diese in 16.000 bis 19.000 Fuß gezeichneten Pulskurven schreibt Roy: »Die Regelmäßigkeit der Pulse spricht entschieden gegen Herzschwäche in dieser Zeit und dies ist alles, was ich über die Pulskurven sagen kann.« Also auch hier begegnet man keinen Pulsen, die als abnorme angesprochen werden können. Die im pneumatischen Kabinet unter Luftverdünnung aufgenommenen Pulskurven zeigen in Körper- ruhe ebenfalls keine Veränderungen gegenüber der Norm, wohl aber finden sich solche nach vorangegan- gener Arbeit ein. Von Zuntz und seinen Mitarbeitern liegen aus dem Jahre 1901 leider keine Auf- zeichnungen des Pulses vor, dagegen finden wir bei verschiedenen Autoren Pulskurven als charak- teristisch für das Hochgebirge angeführt oder als »typische Ermüdungspulse« bezeichnet, wobei jedoch stets schwer zu entscheiden ist, inwiefern das Ermüdungspulsbild nur durch das Anlegen des Apparates bedingt gewesen ist. Zur Feststellung der Tatsache, daß Ermüdungspulse speziell nach Aufstiegen im Hochgebirge auftreten, bedarf es übrigens keines Sphygmographen, denn man fühlt bei erschöpften Ankömmlingen auf dem Gipfel oft fadenförmigen, kaum noch zu tastenden Puls, was ja auch an vielen Stellen des Mosso’schen Buches ausdrücklich hervorgehoben ist. Die Tatsache, daß dieser Puls jedoch als Ausdruck der Erschöpfung oder der Erkrankung der Person an Bergkrankheit aufzufassen ist, vermag die Pulskurve viel weniger einwandfrei auszudrücken als die gleichzeitige klinische Untersuchung des Herzens. Diesbezüglich wissen wir übrigens aus den Untersuchungen Mosso'’s und jenen von Zuntz und Schumburg wie von Stähelin, daß akute Überdehnungen des Herzens nach größeren Anstrengungen häufig zustande kommen, ja daß auch vorübergehend die auskultatorischen Symptome einer Mitral- insuffizienz bei Personen auftreten können (Kronecker),? bei denen ein Herzfehler weder früher noch später nachweisbar ist. Arhythmien finden sich selbst bei leistungsfähigen Personen, wie Zurbriggen, und auch an unserem Begleiter Rainer beobachteten wir solche auf dem Monte Rosa wiederholt. Von dem umfangreichen Kurvenmaterial, das wir gewonnen haben, sollen nur einige Beispiele wiedergegeben werden. Bei deren Besprechung soll natürlich nur auf die gröbsten Züge hingewiesen werden (siehe Taf. VID). Betrachtet man die an Kolmer gewonnenen Kurven, so ist wie überhaupt bei den Pulskurven von deren Höhe von vorneherein ganz abzusehen, da aus dieser Schlüsse nicht gezogen werden können. Die zuletzt angeführte Kurve wurde speziell darum beigegeben, um ein Beispiel dafür zu liefern, wie selbst bei ruhigem Arbeiten im geheizten Raum im Hochgebirge trotz bequemer Lage der Versuchsperson Puls- kurven gewonnen werden können, die dem Anscheine nach als »typische Erschöpfungskurven« anzu- sehen sind und zu falschen Schlüssen führen müssen, wenn nicht für genügende Kontrolle gesorgt wird. Es gelang übrigens an diesem Tage nicht, an Kolmer andere Kurven zu erhalten, obwohl sein Puls sicherlich kein anderer war als an den anschließenden Tagen. Vergleicht man die etwas auffallend geformte Wiener Kurve mit derjenigen vom Monte Rosa, so verhält sich der anakrote Teil hier wie dort ziemlich gleich, dagegen sieht auf allen Kurven vom Monte Rosa der katakrote Schenkel anders aus als in Wien, Die Pelotte sinkt langsamer zurück und die sekundären Erhebungen als Ausdruck der reflektierten Wellen 11. c., p. 56 ff. u. p. 99#f. 2 Im Buche über die Bergkrankheit. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 9 62 A. Durig nu. W. Kolmev, erscheinen später. Die Schlüsse, die daraus gezogen werden können, sind natürlich höchst problematisch und die Vermutung, daß das Verhalten des Pulsbildes auch ein Zeichen langsamerer Erschlaffung und Wiederfüllung des Herzens während der Diastole sei, ist eine sehr vage. Auch der Schluß auf größere Schlaffheit der Arterie oder schwächere Herzarbeit ist aus der Lage der Rückstoßelevation und den weiteren Erhebungen nicht zu rechtfertigen. Übrigens ist die Form, der Pulskurve, die Kolmer auf dem Monte Rosa zeigt, für andere Personen in der Ebene charakteristisch. Im Sinne der Besprechung von Pulskurven aus Höhenstationen bei anderen Autoren von denen eine Verspätung der Rückstoßelevation und das Auftreten vermehrter und eventuell erhöhter weiterer Erhebungen im katakroten Teil der Kurve als bezeichnend angesehen wird, »für eine Herabsetzung des Blutdruckes, die teils durch Erschlaffung der Gefäßwände, teils durch Schwäche der Herzaktion bedingt ist«, darf man Kolmer’s Kurven jedenfalls nicht auffassen. Ebensowenig wird man aus einer stellenweisen Abrundung des Kurvengipfels wie in Kurve VI das Kennzeichen einer Kraftabnahme des Herzens und aus der verminderten Höhe der Pulskurve eine Abnahme der vom Herzen ausgeworfenen Blutmenge erschließen dürfen, wenn man die Warnungen v. Frey’s und Tigerstedt’s berücksichtigt. Hinsichtlich des Blutdruckes Kolmer’s wissen wir aus den Messungen geradezu, daß er an Tagen, an denen wir von ihm scheinbar typische Erschöpfungskurven erhielten, keine Veränderung des Blutdruckes gegenüber der Norm zeigte. Bezüglich der vielen Kurven, die von Kolmer vorliegen, kann man jedoch das eine sagen, daß trotz- dem die Kurven vom Gipfel (mit Ausnahme der erwähnten) untereinander vorzüglich übereinstimmen und trotzdem Pulsbilder aus den verschiedenen Perioden unseres Gipfelaufenthaltes vorliegen, doch kein Sphygmogramm mit den an ihm in Wien aufgezeichneten Pulskurven übereinstimmt. Man scheint also doch berechtigt zu sein, anzunehmen, daß die Form der Pulskurve bei ihm auf dem Gipfel gegenüber der Ebene tatsächlich eine abweichende gewesen sei, was auch mit seinem Verhalten in einer gewissen Über- einstimmung stehen würde, da Kolmer ja während der ganzen Dauer des Aufenthaltes auf dem Gipfel bergkrank war. Zu bemerken wäre noch, daß die auf dem Gipfel noch unter dem Einfluß der Nachwirkung einer Arbeit, also während einer bestehenden Pulsbeschleunigung aufgenommene Pulskurven, von den übrigen auf dem Gipfel gezeichneten Kurven keine Abweichung aufweisen. Es folgen nun einige ausgewählte Pulskurven Rainer’s (Taf. IX), die sämtlich für ihn so charakteri- stisch sind, daß sie ohne weiters von den Kurven von allen übrigen Teilnehmern an derExpedition unter- schieden werden können. Auch hier möchten wir ein Beispiel anführen, das besagt, wie verschieden das Puls- bild je nach den Verhältnissen, unter denen man auf dem Monte Rosa arbeitet, ausfallen kann, wenn man den Sphygmographen an ein und derselben Stelle bei ein und derselben Person mehrmals nacheinander anlegt und sich bemüht, bestmögliche Kurven zu erhalten. Gewiß zeigen die Kurven vom 21. August, IV a,bunde, im Prinzip ganz ähnliche Verhältnisse, aber die Zahl, Lage und Form der Nachschwankungen und die Exkursionen sind ganz verschieden. Handelt sich aber beilIVa und um Pulse, die als gleichwertig aufzu- fassen sind, so darf zwischen I und II ein Unterschied noch viel weniger konstruiert werden. Rainer zeigt überhaupt ein ganz eigenartiges Sphygmogramm. Bei ihm fällt schon in Wien die ungemein kräftige und spät auftretende Rückstoßelevation auf, während die eigentliche, primäre Erhebung einen mehr schnellenden Charakter aufweist. Der Puls ist wohl als ausgesprochen dikrot zu bezeichnen und als solcher war er auch zu fühlen. Dieses Verhalten blieb aber auf dem Monte Rosa genau dasselbe obwohl, wie die bei- gegebenen Beispiele zeigen, die Frequenz sich um mehr als das Doppelte geändert hat. Vielleicht erscheint die Rückstoßelevation in der einen oder anderen Kurve ein klein wenig später, jedenfalls sind aber die Kurven von Wien mit denen vom Gipfel (in II, IVa und V) als ganz gleichwertig anzusehen. Selbst der vorangegangene Aufstieg auf den Lyskamm hat keinen Unterschied herbeigeführt. Für Rainer kann also mit voller Sicherheit eine Änderung des Pulsbildes in 4560,» gegenüber der Ebene ausgeschlossen werden. Von Reichel stellten wir zwei Monte Rosa-Kurven zwischen zwei Wiener-Kurven in der Wieder- gabe zusammen. Sieht man von der Höhe der Kurven ab — die Monte Rosa-Kurven sind in diesem Falle sogar die höheren —- so ist auch bei Reichel der Charakter der Pulskurve genau derselbe geblieben. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 63 Man vergleiche zum Beispiel die ersten Pulse der Kurve I und II miteinander oder die ersten Pulse der Kurven III und IV. Genau so wie die gewählten Beispiele verhalten sich auch die übrigen an verschiedenen Tagen unseres Aufenthaltes aufgezeichneten Sphygmogramme (s. Taf. X). Auch bei Reichel findet sich also auf dem Monte Rosa keine Veränderung der Form der Pulskurve. Tafel XI enthält eine Auswahl von den bei Durig gewonnenen Kurven. Kurve I und II — die eine von Wien — die andere vom Monte Rosa, sind voneinander wohl überhaupt nicht zu unterscheiden. Kurve Ill vom dritten Aufenthaltstag zeigt geringere Amplituden, aber dennoch entspricht der Charakter der Kurve genau jenem der Normalkurve, beide können daher wohl unzweifelhaft identifiziert werden, da Unter- schiede in der Größe des Ausschlages zu keinenSchlüssen verwertet werden dürfen. Die Sphygmogramme, die an Marschtagen aufgenommen wurden, zeigen keinen Unterschied gegenüber den anderen. Um zu sehen, welchen Einfluß das In-die-Höhe-Drängen des Zwerchfelles durch die Baucheingeweide und eine dadurch erzeugte Verminderung des Thoraxraumes auf den Puls auf dem Monte Rosa ausübt, wurden Pulskurven im Liegen und im Sitzen aufgenommen und zugleich auch die Atemgase bestimmt, wovon in einem spätern Abschnitt die Rede sein wird. Der Umstand, daß das Bücken auf dem Monte Rosa ab und zu vorübergehendes Schwindelgefühl auslöst,! ließ an die Möglichkeit einer Hirnanämie denken. Auch sind Angaben aus der Literatur bekannt, die diese Annahme näherrücken. So beschreibt Longowoy eine Zunahme der Pulsfrequenz im Hocken bei gesunden Menschen, die bei Kranken und Fiebernden viel aus- geprägter auftritt. Longowoy glaubt diese Erscheinung zum Teile durch die Muskelkontraktion beim Sitzen zu erklären, ferner nimmt er ein Sinken des intrakardialen und arteriellen Druckes an, das seiner Anschauung nach auf die Herzganglien wirken soll, wodurch ein Sinken des intrakraniellen Druckes und eine Verminderung der Erregbarkeit der Hemmungszentren in der Medulla eintreten soll. Unter unseren Hochgebirgsverhältnissen hätten diese Erscheinungen um so deutlicher auftreten müssen. Wir maßen aber den Blutdruck im Hocken und fanden ihn nicht verändert, er war im Sitzen wie im Liegen fast ganz gleich hoch. Die Pulszählung ergab bald eine geringe Pulsbeschleunigung, bald eine Verlangsamung, was mit den Angaben Velich’s? für Gesunde übereinstimmt. Aus dessen Tabellen ergibt sich bei manchen Personen Zunahme der Pulsfrequenz, bei manchen Abnahme derselben im Hocken. Der Versuch wurde derart ausgeführt, daß die Versuchsperson bald in bequemer Ruhelage auf der Matratze lag, bald aufhockte, so daß die Knie bis an die Brust gebeugt waren und der Rücken sich an die Zimmerwand anlehnte. Wir warteten, bis die Pulsfrequenz jedesmal konstant geworden war. Speisen waren vor dem Versuch, der morgens ausgeführt wurde, nicht eingeführt worden. Zwei der erhaltenen zusammengehörigen Kurvenpaare gibt Nr. IV und V oder Nr. VI und VI. Speziell die mittleren Pulse der Kurve IV sind jenen am Ende von V ungemein ähnlich und Kurve VI läßt wohl auch bei aufmerksamster Betrachtung keinen Unterschied gegenüber VII erkennen. Unsere Ergebnisse, die wir bei der Untersuchung des Pulses gewannen, können daher in folgendem zusammengefaßt werden: Ergebnisse. A. Bezüglich der Pulsfrequenz in Körperruhe am Morgen. Der Aufenthalt auf 3000 m hatte bei keinem der Versuchsteilnehmer eine ausgesprochene Vermehrung der Pulsfrequenz zur Folge. 1 Mosso erwähnt ebenfalls: »Eine Unbequemlichkeit, welche niemals bei mir ganz verschwand, bestand in der Beschwerde, welche mir das Niederbücken verursachte, wobei der venöse Kreislauf gestört wird. Wir spürten später nichts mehr davon.« ? Velich, Wiener klinische Wochenschrift, 1906, p. 663. — A. Hesse, ebenda, XX, p. 902. %* 9) 64 A. Durig u. W. Kolmer, Der Aufenthaltauf dem Monte Rosa-Gipfel (4560 »») führte bei uns allen zur Pulsbeschleunigung, die in vermindertem Maße während des ganzen einmonatlichen Aufenthaltes anhielt. Diese Pulsbeschleunigung betrug an den ersten Tagen bis zu 74°/, des ursprünglichen Wertes und erreichte bei einzelnen der Versuchspersonen erst am zweiten oder dritten Tage des Aufent- haltes das Maximum. \ Der bergkranke Kolmer wies im Durchschnitt stets die größte Pulsbeschleunigung auf, auch sank bei ihm die Pulsfrequenz am wenigsten tief ab. Die Pulsfrequenz aller Versuchsteilnehmer erwies sich auf dem Monte Rosa als außerordent- lich labil und verschiedene, zum Teil nicht eruierbare Einflüsse veranlaßten stets wieder plötzliches Ansteigen der Pulsfrequenzen am Morgen. Das Verhalten der Körpertemperatur ging nur zum Teil mit jenem der Pulsfrequenz parallel. Der bergkranke Kolmer zeigte eine ungleich größere Labilität des Pulses als alle übrigen anscheinend normalen Versuchspersonen. Ein Einfluß der gleichzeitig beobachteten meteorologischen Erscheinungen auf das Verhalten der Pulsfrequenz war nicht festzustellen. Schwere körperliche Arbeit, tags vorher ausgeführt, hatte bei allen Teilnehmern mit Ausnahme Kolmer’s keine Änderung der Pulsfregquenz am nächsten Morgen zur Folge. Kolmer (bergkrank) wies während der Marschperioden besonders starke Steigerungen der Pulsfrequenz auf, die nahe an jene bei der Ankunft auf dem Gipfel heranreichten. Mit dem Abstieg vom Monte Rosa fiel bei allen sofort die Pulsfrequenz ab und erreichte Größen, die wesentlich unter der Norm liegen. Bei allen vier Teilnehmern hob sich nach 3 Tagen die Frequenz wieder und erreichte die gewöhnlichen Werte, die für die Ebene festgestellt waren. Ein Aufenthalt im Winter auf 1000 »» Höhe führte gegenüber Wien zu keiner nachweislichen Änderung der Pulsfrequenz; auch eine Nachwirkung nach der Rückkehr nach Wien wurde nicht beobachtet. B. Bezüglich der Wirkung und Nachwirkung der Arbeit auf die Pulsfrequenz. Arbeitsleistungen in 3000 m Höhe steigerten die Pulsfrequenz mehr als dieselbe Arbeit in der Ebene; noch ausgesprochener ist diese Steigerung auf dem Monte Rosa eingetreten. Die Größe der Frequenzsteigerung bei der Arbeit steht nur in einem teilweisen Zusammen- hang mit der Leistungsfähigkeit der Versuchsperson. Bei langdauernden Märschen, speziell bei großen Anstrengungen blieb jedoch die Pulsfrequenz der leistungsfähigeren Teilnehmer weit hinter jener der weniger leistungsfähigen zurück. Die bergkranke Versuchsperson zeigte eine Neigung zu sehr langer Nachwirkung vorange- gangener Arbeit, sie wies höhere, andauerndere Frequenzsteigerungen auf. Die Ursache der Pulsbeschleunigung bei der Arbeit im Hochgebirge kann nicht in einer Mit- innervation des Herzens zugleich mit der Körpermuskulatur gesucht werden, sondern ist aller Wahr- scheinlichkeit nach durch Veränderungen der Blutbeschaffenheit bedingt. C. Bezüglich der Form der Pulskurve. Die Form der Pulskurve zeigte während des ganzen Aufenthaltes auf dem Gipfel bei allen Teilnehmern mit Ausnahme Kolmer’s dieselben Charaktere wie in der Ebene. Die Sphygmo- Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 69 gramme von Kolmer’s Radialarterie deuten darauf hin, daß die pulsatorische Druckschwankung in seiner Arterie gegenüber der Ebene verändert war. Die Form der Pulskurve erfuhr bei uns auch nach vorherigen starken Anstrengungen keine Änderung. Die im Hocken aufgenommenen Pulskurven lassen keine Abweichung von den sonstigen Kurven erkennen; das Empordrängen des Zwerchfells hat weder die Höhe der Pulsfrequenz noch die Form des Sphygmogrammes oder den Blutdruck verändert. Die Kreislaufsverhältnisse lassen also keineVeränderung erkennen, die als Anhaltspunkt für die Erklärung des Zustandekommens des Bückschwindels auf dem Monte Rosa dienen könnte. IV. Der Blutdruck. Für die Untersuchung der Kreislaufverhältnisse kommen außer der Beobachtung des Pulses und eventuellen plethysmographischen Aufzeichnungen beim Menschen noch die Kardiographie und die Bestimmung des Blutdruckes in Betracht. Die Ergebnisse der Registrierung der Herztätigkeit mit dem Kardiographen sind bekanntermaßen noch weniger eindeutig als jene der Pulsschreibung, denn es ist ja nicht einmal die Frage über das nor- male Kardiogramm sicher entschieden und daher nicht zu erwarten, charakteristische Kurven zu erhalten, die zu Schlüssen berechtigen würden. Die Verhältnisse für die Aufzeichnung von Kardiogrammen liegen im Hochgebirge übrigens besonders ungünstig.! Bequemer durchführbar ist die Messung des Blutdruckes. Für die Höhe des mittleren Blutdruckes wird von Tigerstedt ein Wert von 120mm als wahrscheinlichster angenommen. Nach Messungen mit Gärtner’s Tonometer und mit dem ursprünglichen Riva Rocei’'schen Apparat wurden 100 bis 160 mm als dieGrenzen der normalenBlutdruckwerte ermittelt, währendv. Recklinghausen und Erlangermit der breiten Manschette Werte zwischen 74 und 120 mm erhielten, entsprechend einem Mittelwert von 97 mm. Zahlreiche klinische Untersuchungen wie auch die vielen neuen Messungen Gärtner’s (nach persön- licher Mitteilung) geben Werte von 90 mm Hg als mittleren Blutdruck des Menschen an.? Allerdings kann man der Blutdruckmessung am Menschen gewiß eine Reihe berechtigter Bedenken entgegenhalten, aber man überzeugt sich bei einiger Übung doch, daß die Werte, die man an ein und derselben Person mit der- selben Methodik erzielt, auffallend übereinstimmen, so daß man die Berechtigung empfindet, die Resultate der Messungen zu vergleichenden Schlüssen verwenden zu dürfen. Übrigens stützen auch die annähernd übereinstimmenden Ergebnisse, die mit dem Gärtner’schen Apparat und mit jenem. von Riva Rocci gewonnen wurden, die Brauchbarkeit der Instrumente in befriedigender Weise. Die Anführung der zahl- reichen besonders von Seite klinischer Autoren durchgeführten Blutdruckmessungen in der Ebene kann an dieser Stelle unterbleiben, da es sich bei unseren Beobachtungen nur um den Vergleich von Resultaten die mit einer bestimmten Methode in der Ebene und im Hochgebirge gewonnen wurden, handeln kann. Es sei nur erwähnt, daß die neuesten Versuche etwas höhere Werte für den am Arm gemessenen Blut- druck ergaben, die mit der an Amputationsstümpfen ermittelten Größe 100— 120 mm gut übereinstimmen. Das Tatsachenmaterial, das bislang über das Verhalten des Blutdruckes unter vermindertem Luft- druck vorliegt, ist ein recht bescheidenes und hiervon können auch manche Resultate wegen der ver- wendeten Methodik kaum als beweisend angesehen werden. Bestimmungen des Blutdruckes wurden zum Teile im pneumatischen Kabinett, zum Teile im Hochgebirge ausgeführt. Die einschlägige hiehergehörige Literatur bis zum Jahr 1895 findet sich in übersichtlicher Weise bei A. Löwy: zusammengestellt. Löwy kommt in Übereinstimmung mit den exakten Versuchen von Fränkel und Geppert zum 1 Der inzwischen von Frank für die Untersuchung, der Herztätigkeit konstruierte neue Apparat bedeutet eine volle Umwälzung in der betreffenden Methodik, er wird wohl auch die Durchführbarkeit derartiger Versuche im Hochgebirge ermöglichen. 2 Tigerstedt, Lehrbuch. 4. Aufl., p. 266. 3 Es wird im nachstehenden nicht von systolischem und diastolischem Blutdruck getrennt die Rede sein. * A. Loewy, Untersuchungen über die Respiration und Zirkulation. Berlin, Hirschwald, 1895, p. 103 ff. Siehe auch die vor- zügliche Zusammenstellung bei Jaquet, Über die physiologische Wirkung des Höhenklimıs. Programm de: Universität Basel, 1904. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 67 Resultat, daß die Abnahme des Druckes, welche dem Aufstieg in eine Höhe von 50003n entspricht, eine Veränderung des Blutdruckes nicht herbeiführt.! Demgegenüber steht die Angabe Kronecker’s, der (l. c., p. 38) auf dem Pilatus, wohin er mit der Bahn gefahren war, an sich selbst mit Hilfe des Basch- schen Sphygmomanometers einen um 10mm niedereren Blutdruck als im Tale bestimmte. Im Jahre 1903 gelangte Bartlett bei Versuchen am Kaninchen im Laboratorium Kronecker’s zum selben Resultate. Auch Veraguth (zit. nach Kronecker, |.c., p. 47) erwähnt, daß bei vielen Personen bereits in St. Moritz in 1770 m Höhe mit dem Basch’schen Instrumente Verminderung des Blutdruckes nachweisbar sei. Die Versuche von Lazarus und Schimunski ergaben bald Druckabnahme, bald Fehlen einer solchen. Am Kaninchen fand Kronecker bei 420 mm Druck keine Änderung des Blutdruckes, dagegen gibt Bayeux?an, daß er an sich und seiner Frau auf dem Montblanc mit dem Sphygmomanometer von Potain eine Zunahme des Blutdruckes habe nachweisen können, und auch Potain fand nach dem Auf- stieg auf den Eiffelturm eine Zunahme des Blutdruckes. Eine Reihe von Daten über den Blutdruck im Höhenklima verdanken wir Mosso. Während seines allerdings nur kurzen Aufenthaltes auf dem Gipfel gelangte er zum Resultate, daß der Blutdruck auf dem Monte Rosa von jenem in Turin nicht abweicht. Bei Tieren, die Mosso untersuchte, indem er den Luft druck so weit erniedrigte, daß dieser einer Meereshöhe von 7000 m entsprach, fand er wohl Pulsfrequenz- steigerung, aber keine Veränderung des Blutdruckes, wogegen die meisten anderen Autoren bei derartigen Druckabnahmen an Tieren schon geänderten Blutdruck gemessen hatten. Während also für das Tier die Frage nach der Einwirkung der Luftverdünnung dahin entschieden scheint, daß bis zu Drucken von ungefähr 400 mm keine Änderung des Blutdruckes eintritt, stehen sich bezüglich des Menschen Angaben über Zunahme, Abnahme und Konstantbleiben des Druckes gegenüber. ? Wir führten daher Messungen sowohl in Wien wie auf Col d’Olen und in der Capanna Margherita aus und kontrollierten die Bestimmungen nach unserer Rückkehr nach Wien. Als bequemste Methode für das Arbeiten im Hochgebirge verwendeten wir jene Gärtner’s, obwohl wir dieser anfänglich wenig Zutrauen entgegenbrachten, was speziell auf den Erfahrungen eines von uns über die Blutdruckmessungen an Medizinern im physiologischen Praktikum zurückzuführen war. Es stand uns ein Instrument neuester Type zur Verfügung. Die ersten Messungen, die wir in Wien ausführten, lieferten aber doch sehr heterogene Resultate und erst, als Prof. Gärtner die Liebenswürdigkeit hatte, uns auf eine Reihe kleiner Kunstgriffe 1 Friedländer und Herter hatten nach Einatmung sauerstoffarmer Gemische Zunahme des Blutdruckes beobachtet. 2 Compt. rend. 1904, Bd. 138, p. 920. 3 Nach Abschluß dieser Mitteilung erschien eine Veröffentlichung von Schneider und Hedblom (Americ. Journ. ofPhysiology, XXII, Nr. 11, p. 90), in.der auch einige uns nicht zugänglich gewordene Angaben aus der Literatur angefühıt sind. Diese können wegen der Unvergleichbarkeit der Verhältnisse bei den einzelnen Beobachtungen jedoch ebenfalls unberücksichtigt bleiben. Auch die VersucheSchneider’s undHedblom’s lassen keineeinwandfreien Schlüssezu. Sie sind insofern mitunserennichtin Parallele zustellen, als sie mit dem Erlanger’schen Manometer ausgeführt sind, das an und für sich dem Gärtner’schen wohl überlegen sein dürfte. Die Angaben sind aber ebenfalls sehr schwer diskutierbar, weil sie unter ganz unzweckmäßigen Bedingungen ausgeführt worden sind. Es wurden wohl eine Reihe von Besonderheiten bei jedem der Versuche registriert, aber nicht dafür gesorgt, daß diese jedesmal in gleicher Weise sich geltend machten. Darum zeigen die Werte auch ganz außerordentlich große Schwankungen, was man am besten erkennt, wenn man die Differenzen zwischen systolischem und diastolischem Blutdruck (Pulsdruck) bildet. In derselben Meereshöhe an ein und derselben Person und zur selben Tagesstunde schwankten die Werte an aufeinanderfolgenden Tagen bis über das Doppelte (zum Beispiel 59 gegenüber 120 mm), springen von 56 auf 98 mm urıd ähnlichen Unterschieden begegnet man oft, Demgegenüber sind die Ausschläge im diastolischen oder systolischen Blutdruck, die auf den Einfluß des Höhenklimas zurückgeführt werden könnten, bei Vergleichung der Mittel geradezu verschwindend und betragen nur wenige Millimeter nach aufwärts oder abwärts. Selbst der interessanteste Versuch, wenn er verwertbar wäre, wird durch die Lage der Verhältnisse undiskutierbar. Er betrifft einen Neger und eine zweite Person, die den ganzen Sommer auf dem Pikes Peak verbrachten. Die Blutdruckmessungen wurden vorgenommen, gleich nachdem die Versuchspeison als Kellner den Mittagstisch serviert hatte, und verglichen mit den Druckwerten in niedriger Höhe in Körperruhe oder nach einem Spaziergang. Bezeichnend scheint, daß der Kellner in 14.109 Fuß nach dem Servieren Pulsverlang- samung zeigte| 68 A. Durig u. W. Kolmerv, aufmerksam zu machen, erhielten wir zu unserem Erstaunen unter einander ganz überraschend stimmende Zahlen, sooft wir auch nacheinander und an beiden Händen messen mochten. Die Höhen der für den Blut- druck ermittelten Werte erwies sich nunmehr als wesentlich niederer als bei unseren früheren Bestimmun- gen. Es ist zweckmäßig, den Finger für die Beobachtung so zu wählen, daß er eben gut in die Pelotte paßt, und darauf zu achten, daß er überhaupt nach dem Zustande der Gefäße für die Messung geeignet sei. Auch die Art der Dekompression muß geschickt ausgeführt werden, wobei man am besten das Wiedererscheinen der Rötung am Nagelfalz beobachtet. Bei Messungen im Hochgebirge muß man beson- ders auf einen eventuellen Spasmus der Hautgefäße achten und wiederholt war es nötig, geraume Zeit zu warten, bis die Durchblutung der Finger wieder eine solche war, daß wir mit den Messungen beginnen konnten. Auch auf eine bequeme Lage der Hand in Brusthöhe ist bei der Messung zu achten. Wir führten die Bestimmungen in der Regel an beiden Händen und an verschiedenen Fingern aus und stets wurden die Ablesungen von zwei Personen kontrolliert, um verläßliche Vergleichswerte zwischen den einzelnen Tagen erhalten zu können. Die erste Messung an einem Finger fällt übrigens oft ganz anders aus als die späteren. Diese wurde dann in die Berechnung des Mittelwertes nicht einbezogen. Die übrigen Werte wichen stets nur um wenige Millimeter voneinander ab. Die folgende Tabelle gibt die Mittelwerte des gefundenen Blutdruckes für jeden Tag, beziehungs- weise jede Serie zusammengehöriger Beobachtungen. Da die Veränderung des Luftdruckes bei den Angaben des Apparates mit berücksichtigt werden muß, sind sämtliche Werte auf einen Wiener Baro- meterstand von 750mm umgerechnet. Für Wien liegen die Blutdruckwerte, bei Rainer, Reichel und Kolmer fast gleich hoch, nur Durig weist einen höheren Blutdruck auf. Die Werte liegen in jener Höhe, wie sie Gärtner bei Messun- gen mit seinem Apparate als normal angibt. Auf Col d’Olen sind die Blutdruckwerte bei Reichel wesentlich höher, bei den übrigen, soweit es sich um Messungen unter denselben Verhältnissen handelt, gleich hoch wie jene in Wien; der Aufstieg von Col d’Olen auf das Corno del Camoscio übte ebenfalls keinen Einfluß auf die Höhe des Blutdruckes aus, dagegen finden sich bei uns allen abends nach dem Essen erhöhte Blutdruckwerte, wobei zu bemerken ist, daß Rainer und Durig zu Tisch Wein tranken, Kolmer und Reichel jedoch keinen Alkohol zu sich nahmen, ! Der hohe Wert, der bei Reichel gefunden wurde, fällt jedenfalls nicht mehr in die Messungsfehler, bildet aber doch eine Ausnahme von allen übrigen an ihm bestimmten Daten, so daß die Zahl wohl durch ganz besondere Bedingungen, die wahrscheinlich nicht mit dem Höhenklima zusammenhängen, hervor- gerufen sein dürfte. Vielleicht kann eine Erklärung aus den Krämpfen der Muskulatur, die sich bei Reichel während des Aufstieges nach Col d’Olen und auf Col d’Olen selbst einstellten, abgeleitet werden. Im Gegensatze dazu bildet das Absinken des Blutdruckes bei der Ankunft in der Capanna Margherita bei uns allen eine auffallende Erscheinung. Merkwürdigerweise ist die Verminderung bei Kolmer am geringsten, obwohl dieser im Zustand ausgesprochener Erschöpfung anlangte. Bei der Ankunft war sein Puls fast fadenförmig und ungleich frequenter als jener Durig’s und Rainer’s, deren Puls sich voll und gut gespannt anfühlte. Es muß daher wohl angenommen werden, daß die Ursachen der niedrigen Werte, die die Blutdruckmessung bei uns ergab, nicht für alle Versuchspersonen dieselbe war. Als Hauptmomente, welche die Höhe des Blutdruckes beeinflussen, Kommen bekanntlich in Betracht: die Energie des Herzens, der Widerstand in den Gefäßen und die Blutmenge. Das naheliegendste ist es wohl, anzunehmen, daß nach der vorangegangenen Anstrengung die Abnahme der Energie des Herzens das ausschlaggebende Moment für die Blutdrucksenkung gewesen sei; dafür sprechen zum Beispiel die Beobachtungen von Baldes, Heichelheim und Metzger an 16 Vegetariern, die einen 100km langen Dauermarsch zurückgelegt hatten. Bei allen zeigte sich auf Grund der Blutdruckmessung, 1 Vgl. oben die Einwände gegen die Versuche von Schneider und Hedblom. Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. 69 Blutdruck (mit Gärtner’s Tonometer gemessen und auf Wiener Barometerstand reduzierte Mittel- werte je einer Reihe von Bestimmungen). = Ort Tag Reichel Rainer Kolmer Durig Bemerkung Wien 150 n 85 86 84 97 Mittelwert Col d’Olen 2865 m 3. Juli 102 87 88 98 früh 99 93 — -— vormittags 109 95 93 1112 abends nach dem Essen 3026 ın 100 83 89 97 auf demCorno del Camoscio 102 91 92 102 Mittel Capanna Margherita 6. August UM 79 80 80 nach der Ankunft 4560 ın 11. August 99 102 95 92 Ruheperiode 12. August 94 99 —_ — > 13. August 100 94 105 94 » 16. August 102 95 89 94 Arbeitsperiode 22. August — _ 95 93 Ruheperiode 4560 m 99 98 95 93 Mittel 4560 an 16. August 96 97 88 90 nach kurzer Arbeit Alagna 1191 n 5. September 100 94 84 | 6. September 91 95 92 92 8. September 90 91 89 93 93 88 92 Mittel daß eine Abnahme des gewöhnlichen Druckwertes um 25 Prozent eingetreten war.! Einen besonders interessanten Beleg gibt auch diesbezüglich Mosso’s Beobachtung am Soldaten Janetti (l.c, p. 107), dessen Blutdruck beim Abmarsch von Turin SOmm betrug, nach einem größeren Marsche stieg derselbe auf 100 mm an. Als dann der Marsch weiter fortgesesetzt murde, sank der Blutdruck auf 50 nm herab und erst geraume Zeit später stieg er wieder auf 75mm. Es liegt nahe, bei Kolmer dieselbe Ursache für die Abnahme der Herzarbeit als wahrscheinlich zu halten. Für das Verhalten des Blutdruckes bei Reichel, 1 Münchner med. Wochenschrift, 1906, p. 1865. Denkschr. d. math.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI, 10 70 A. Durig u. W. Kolmer, Rainer und Durig kann aber dieses Moment nach der Beschaffenheit des Pulses wie auch nach dem körperlichen Zustand kaum als ausschlaggebend angenommen werden, dagegen ist jedoch zu bedenken, daß Kolmer gar nicht unter der Wirkung der Insolation litt, während Reichel und Durig eine gegen Besonnung sehr empfindliche Haut besitzen; bei ihnen ist es naheliegender, an eine Änderung im Widerstand der Gefäße, speziell der Hautgefäße zu denken, und vielleicht kommt bei Rainer eine Ver- änderung des Zustandes seiner Darmgefäße mit in Betracht, da sich bei ihm ja bald nach seiner Ankunft profuse Diarrhöen einstellten. An dieser Stelle ist es nötig, auf die Beobachtungen Hasselbach’s! zu verweisen, die sich auf das Verhalten des Blutdrucks bei Bestrahlung beziehen. Hasselbach fand nämlich, daß unter der Lichteinwirkung Pulsbeschleunigung eintreten kann, daß aber mit der Aus- bildung von Erythemen infolge einer Bestrahlung ausgiebige Senkungen des Blutdruckes eintraten. Es ist nun ganz gut möglich, daß die bei uns gemessene Blutdrucksenkung zum Teile auf die ganz besonders intensive Lichtwirkung während des Aufstieges über den Gletscher zurückzuführen ist, die bei Reichel und Durig direkt zur Blasenbildung führte. Auch ein Einfluß der Blutmenge ist nicht von der Hand zu weisen; diese dürfte während des Auf- stieges sicher eine Verminderung erfahren haben, da die geringe Wasserdampftension der Luft bei starker Luftbewegung zu relativ hohen Wasserverlusten Anlaß geben mußte, dies um so mehr, als während des Aufstieges sehr wenig Wasser getrunken wurde. Es ist also wohl zu bedenken, daß das Absinken des Blutdruckes, das nach dem Aufstieg auf den Gipfel bei uns beobachtet wurde, nicht schlechtweg als Folge einer Herzermüdung gedeutet werden darf. Unzweifelhaft können im Hochgebirge auch blutdrucksteigernde Einflüsse neben solchen einhergehen, die zur Blutdrucksenkung Anlaß geben; es darf daher nicht wundernehmen, wenn verschiedene Autoren, die nur ganz kurze Zeit im Höhenklima weilten, zu ganz entgegengesetzten Anschauungen über das Verhalten des Blutdruckes kamen und bald eine Zunahme, bald eine Abnahme des Blutdruckes beschrieben. Da für drei von uns die Arbeit des Aufstieges eine recht geringe genannt werden mußte, stellten wir eigens noch einige Blutdruckmessungen auf dem Gipfel nach vorangegangener Arbeit an, um entscheiden zu können, ob diese an und für sich in so hohen Lagen eine Senkung des Blutdruckes auszulösen ver- möge. Wir konnten jedoch keine Abnahme des Druckes konstatieren und auch Kolmer zeigte in einem Versuch, der iin der letzten Zeit unseres Aufenthaltes auf dem Gipfel durchgeführt wurde, nach der Ankunft in der Hütte keine Änderung des Blutdruckes. Obwohl er ziemlich außer Atem eingetroffen war und sein Puls eine anhaltend starke Beschleunigung aufwies, bestimmten wir an ihm: bei der Ankunft . . 92 mm, nach 20 Minuten . . 93 nach 40 » 33 Die übrigen Werte, die während des langen Aufenthaltes auf dem Gipfel zur Zeit der Ruhe und Arbeitsperioden gefunden wurden, stimmen untereinander gut überein. Es läßt sich während der ganzen weiteren Dauer unserer Versuche auf dem Gipfel keinerlei Änderung des Druckes erkennen. Die Zahlen liegen nahe an jenen, die auf Col d’Olen beobachtet wurden. Auch die in Alagna gewonnenen Blutdruck- werte stimmen gut mit den übrigen überein. Wenn man die Mittelwerte in den einzelnen Stationen mit- einander vergleicht, so könnte man eher auf eine geringe Zunahme der Höhe des Blutdruckes auf dem Monte Rosa denken als an eine Verminderung desselben. Es dürfte aber richtiger sein, die Monte Rosa- Werte nicht mit den nach der Rückkehr in Wien ausgeführten Messungen zu vergleichen, da diese auf einen viel späteren Zeitpunkt fallen, sondern vielmehr nur eine Parallele zwischen den Werten, die in Alagna 1 Hasselbach, Skand. Arch., XVII, p. 431. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 71 gewonnen wurden, und jenen, die vom Gipfel stammen, zu ziehen. Tut man dies, so fallen die Unter- schiede jedenfalls in die Fehlergrenzen. Die Blutdruckmessungen, die wir ausführten und über die uns ein recht reichliches Zahlenmaterial vorliegt, lassen also folgende Angaben zu: Ergebnisse. Es ist nur möglich, aus einer großen Reihe von fortgesetzten Blutdruckmessungen im Hoch- gebirge Schlüsse auf das Verhalten des Blutdruckes zu ziehen; die Beobachtungen müssen, wenn sie vergleichbar sein sollen, unter denselben Verhältnissen und jedenfalls unter Ausschiuß einer Einwirkung vorangegangener Nahrungsaufnahme ausgeführt werden. Absolute Körperruhe und Ent- spannung der Muskulatur sowie Vermeidung jeder Bewegung vor, und bei der Messung ist jedoch nicht zu fordern. In einer Höhe von 3000 m war bei drei Versuchspersonen noch keine Änderung des Blut- druckes gegenüber der Ebene nachzuweisen, eine Person zeigte eine Drucksteigerung, welche aber kaum durch das Höhenklima verursacht war. Bei der Ankunft auf dem Monte Rosa-Gipfel in 4560 m Höhe wiesen alle Versuchspersonen eine starke Abnahme des Blutdruckes auf. Die Ursache dieser Blutdrucksenkung ist jedenfalls nicht bei allen Versuchspersonen die nämliche. Es kann vermutet werden, daß in einem Falle eine Ermüdung des Herzens, bei zwei Personen der durch die Insolation gesetzte Hautreiz ausschlag- gebend gewesen sei. Kleinere, aber auch größere Arbeit hatte in späteren Versuchsperioden auf dem Gipfel keine Blutdrucksenkungen mehr zur Folge. (Es fehlten auch die Wirkungen der Insolation.) Erachtet man die Unterschiede in den Druckwerten, die auf dem Gipfel und im Tale gefunden wurden, nicht mehr als nebensächlich, so ist der Einfluß des Höhenklimas eher im Sinne einer Drucksteigerung als einer Drucksenkung zum Ausdruck gekommen. Eine Nachwirkung des vorangegangenen Höhenaufenthaltes auf dem Monte Rosa ist beim Blutdruck nicht zu beobachten gewesen. Die in Alagna nach dem Abstieg gefundenen Werte stimmen mit den übrigen überein. 10* M Über das Verhalten der Körpertemperatur. Schon bei der Besprechung der Pulsfrequenz wurde der Änderungen der Körpertemperatur Erwäh- nung getan. Ebenso wie absolute Körperruhe bei der Bestimmung der Pulsfrequenz eingehalten werden muß, ebenso ist es nötig, auch beim Messen der Körperwärme jede Muskelaktion zu vermeiden, ja sogar die Muskulatur so weit als möglich zu entspannen. Es ist dieser Einfluß verschiedenster, selbst geringfügigster Muskelbewegungen bereits von Johansson ! gründlich betont worden und neuerlich hat Dodo Rancken? in umfangreichen Studien nochmals den Nachweis erbracht, von welch großem Einfluß selbst »aktive Lage«, bei der die Muskulatur nicht ganz außer Tätigkeit gesetzt wird, auf das Verhalten der Körpertemperatur ist. Bisher liegen erst recht spärliche Körpertemperaturbestimmungen aus dem Hoch- gebirge vor und auch bei jenen Untersuchungen, in denen die Messung der Körperwärme in Betracht gezogen wurde, ist nur selten auf die Ausschaltung der Wirkung von Muskelarbeit genügend Rücksicht genommen worden. Als ziemlich einwandfrei können wohl nur einige Beobachtungen Mosso’s wie jene von Zuntz und seinen Mitarbeitern gelten. Da sich die Untersuchungen beider Expeditionen nur auf sehr kurz dauernde Aufenthalte auf dem Gipfel beziehen, war eine systematische Durchführung von Messungen der Körpertemperatur in langer Versuchsperiode wünschenswert, um den Verlauf der Anpassung an das Höhenklima verfolgen zu können. Durch unsere zahlreichen Respirationsversuche, bei denen absolute Körperruhe eingehalten werden mußte, waren wir gewöhnt, die Muskulatur vollkommen zu entspannen; deshalb wurden wir der Forderung nach Ausschließung von Muskelarbeit ebenso gerecht wie auch Zuntz und seine Mitarbeiter in ihren Hochgebirgsversuchen. Wir führten unsere Messungen stets am Morgen sofort nach dem Erwachen im Bett aus. Es waren somit seit der letzten Mahlzeit mindestens 8 bis 10 Stunden verstrichen und keinerlei Bewegungen als höchstens die im Schlafe ausgeführten vorangegangenen. Natürlich vermieden wir auch beim Erwachen nach Möglichkeit jede Bewegung bis auf die geringe Arbeit, die naturgemäß das Ein- führen des Thermometers mit sich bringt. Diese konnte selbstverständlich nicht umgangen werden. Das Thermometer lag stets jederVersuchsperson im Bett bequem zur Hand. Sämtliche Messungen sind Rektal- messungen. Auch dann, wenn ein Einfluß der Ernährung auf die Körpertemperatur bestehen würde, hätte dieser sich in unseren Versuchen nicht geltend machen können, da wir in jeder Versuchsperiode bei Zufuhı derselben täglichen Menge von Stickstoff lebten. In den einzelnen Perioden war die Menge der zugeführten Mengen von Fett und Kohlehydrat fast dieselbe, zudem benützten wir zu allen Versuchen die nämlichen, in das Versuchsprogramm aufgenommenen Lebensmittel. Bei Durig und Kolmer teilt sich der Versuch auf dem Monte Rosa hinsichtlich der Kost in zwei Hauptabschnitte, von denen der erste durch höhere, der zweite durch niedere Stickstoffzufuhr gekennzeichnet war. Doch auch dies kann von keinem Einfluß auf die gemessene Höhe der Körpertemperatur gewesen sein, da durch 1 Johansson, Skand. Arch., 1898, Bd. VIII, p. 128. — Wendt, Skand. Arch., 1907, Bd, XIX, p. 172, 2 Rancken, Skand, Arch., 1908, Bd. XXI, p. 161. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 13 Rancken nachgewiesen ist, daß unter gewöhnlichen Verhältnissen die Art der Nahrung insoweit ohne Einfluß auf die Körpertemperatur ist, als deren Genuß nicht mit verschiedener Muskelarbeit ver- bunden ist. Überblickt man die bei Körperruhe der Versuchspersonen von Zuntz und seinen Mitarbeitern im Jahre 1901 gewonnenen Temperaturwerte, so springt als hauptsächliches Ergebnis in die Augen, daß auf dem Rothorn noch kein sicherer Einfluß der Höhe auf die Körpertemperatur nachzuweisen war; dagegen trat bei den vier Herren, die zum Monte Rosa aufstiegen, sofort am Morgen nach der ersten auf dem Gipfel verbrachten Nacht eine ganz wesentliche Temperatursteigerung über die Norm auf. Diese betrug bei: Ko ine N 1,070, ONE ee el 20, Galsıpania Se ana 20000, ZZ ee ee ee 00): Die Temperatursteigerung verminderte sich im Laufe des sechstägigen Aufenthaltes, verschwand aber bis zu dessen Ende nicht vollständig. Die Resultate, die im Jahre 1901 über das Verhalten der Körperwärme gewonnen wurden, könnten nun immerhin dadurch bedingt sein, daß die Teilnehmer sämt- lich mehr oder minder ausgesprochen bergkrank waren und sich recht elend fühlten, denn sie schrieben (p. 143): »Die Bergkrankheit war in voller Stärke da, es blieb nichts übrig, als sich in sein Schicksal zu fügen und möglichst gut zu beobachten. Man versuchte, wenn die Beschwerden unerträglich wurden, sie durch methodisch geübtes tiefes und langsames Atmen zu bekämpfen... Die Nacht war furchtbar, niemand schlief...« Aber schon 1903 kamen Zuntz und Durig zum Ergebnis, daß es nicht die Bergkrankheit allein sein könne, die die Temperatursteigerung auslöst, denn Zuntz und Durig befanden sich damals von Anbeeinn an vollkommen wohl und waren stets arbeitsfähig; dennoch zeigten ihre Morgentemperaturen an, daß eine Erhöhung der Körperwärme über die Norm eingetreten war. Es war damit auch aus- geschlossen, daß die im Jahre 1901 beobachteten Erscheinungen eine Folge des vorangegangenen, in großer Hitze ausgeführten Aufstieges von Gressoney zum Col d’Olen gewesen seien. Als ganz rein können allerdings auch unsere Beobachtungen vom Jahre 1903 nicht bezeichnet werden, da Zuntz im Aufstiege Zeichen von Lufthunger und geschwächter Herzarbeit aufwies und recht stark ermüdet schien. Durig wurde auf dem Gipfel bald nach der Ankunft von heftiger Migräne befallen, außerdem aßen wir verschiedenerlei Konserven und tranken auch konzentrierte alkoholische Getränke, die uns Mosso in liebenswürdigster Gastfreundschaft anbot. Die beigegebenen beiden Kurvenblätter, Taf. XI und XII, sollen unsere Resultate, die wir im Jahre 1906 gewannen, wiedergeben. Ganz auffallend zeigt sich bei allen vier Teilnehmern ein Ansteigen der Temperatur, und zwar wurde deren Maximum nicht am ersten Morgen, sondern erst am zweiten oder dritten Tag erreicht. Es kann also eine Nachwirkung des vorangegangenen Aufstieges schon nach diesem Verhalten ausgeschlossen werden. Aber auch die subjektiven Symptome der Bergkrankheit können mit dem Verhalten der Körpertemperatur nicht in Parallele gestellt werden, da diese bei Kolmer fortbestanden, bei uns, soweit von solchen überhaupt die Rede sein konnte, am dritten Tag mit Ausnahme des Kopf- schmerzes! schon verschwunden waren. Aus der verschiedenen Höhe der Temperatursteigerung geht hervor, daß die Bergkrankheit aber keine »fieberhafte« Erkrankung ist. Kolmer, der auffallende Zeichen der Erkrankung zeigte, wies die geringsten Temperaturerhöhungen auf. 1 Über deren mutmaßliche Ursache siehe Einleitung, p. 20. 74 A. Durig u. W. Kolmer, Die Temperaturzunahme gegenüber der Ebene erreichte bei uns die nachfolgenden Werte. 1. Tag 2. Tag 3. Tag 4. Tag Kolmiener 222.0 8° © 927 € 0507 Ranmierz:, nel? 123 el 08 Diibalen en a We 039 12 VE Reichel ua ll 1:4 059 (VES% An jedem Tage war die Temperatursteigerung Kolmer’s also geringer als bei allen anderen und am vierten Tage fehlte sie bei ihm ganz. Im Jahre 1901, und dies dürfte nicht uninteressant sein, war Caspari derjenige, der am stärksten unter der Bergkrankheit zu leiden hatte, ihm stand Kolmer am nächsten, dagegen waren Zuntz und Löwy die am wenigsten erkrankten. Zuntz aß auch bald am aus- giebigsten von allen. Die Temperatursteigerung verhält sich bei ihnen nun so, daß Caspari die geringste Temperaturerhöhung aufweist. Ihm folgt mit der nächst kleineren Zunahme Kolmer und die höchste Steigerung findet sich bei Löwy und Zuntz. Fast möchte man glauben, daß die Temperaturerhöhung ein Reaktionsbestreben des Körpers gegen die Bergkrankheit, beziehungsweise gegen den Einfluß des Höhenklimas darstellt, da sie sich am wenigsten bei jenen zeigte, die auffallend von Bergkrankheit befallen waren. Das Verhalten der Körpertemperatur am Morgen ist im Verlauf der ersten Tage des Aufenthaltes bei Durig, Rainer und Reichel ein auffallend übereinstimmendes. Bei Rainer trat die Temperatur- steigerung nur etwas früher und in höherem Grade auf, was vielleicht mit seinem erkrankten Darmkanal im Zusammenhang stand. Eine Nachwirkung der Märsche als Ursache der Temperatursteigerung wurde bereits oben auf Grund des nachträglichen Ansteigens der Körpertemperatur nach dem Tage der Ankunft ausgeschlossen, aber auch der Wechsel zwischen Ruhe und Arbeitsperioden hat keinen Einfluß auf die Höhe der Morgen- temperaturen ausgeübt, wie ein Überblick über die nachfolgende Zusammenstellung der Temperaturmittel der Mergentemperaturen in den einzelnen Versuchsperioden ergibt. Durig Kolmer Rainer Reichel Rune 0) ei 878 Abel. a5 0 28 ae 38:9. 36:8 87:0 Rules ee ee 369 36'7 6'9 Atbeit en ee 0 368 86°'9 36'8 Ruhe 37 36'6 36'6 36:8 (Arbeit) Abmarsch . . 37 1 30.7 36°5 36°8 Nla'eman ee 72, 36'8 366 369 Nlaemase 030,9 36'6 36°6 86:7 Wien? sn. ur .200 00288 36°8 36'5 86'7 Die voranstehende Tabelle zeigt auch, daß Kolmer bereits nach dem Ablauf der Vorperiode keine Temperaturerhöhung gegenüber der Ebene mehr aufwies, dasich seine Morgentemperaturen stets wie jene in der Ebene verhielten. Wir fanden bei ihm auf dem Monte Rosa sogar einen nicht unbeträchtlich niedern Wert als in der Ebene, während Durig und Reichel ausgesprochen, Rainer weniger ausgesprochen eine dauernde Erhöhung der Temperatur gegenüber der Ebene zeigen. Rainer’s niedere Werte kamen zum größten Teil übrigens dadurch zustande, daß bei ihm ab und zu ganz ausnahmsweise tiefe Morgentempera- turen beobachtet wurden, die den Mittelwert herabdrücken. Da Rainer nicht wie die übrigen Teilnehmer Arzt ist, dürften Messungsfehler bei ihm wohl nicht ganz von der Hand zu weisen sein. Kolmer zeigte auf dem Gipfel stets ausgesprochene Neigung zum Frösteln, was wohl zum Teile auch durch seine Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. % (o1 Untätigkeit bedingt sein konnte, zum Teile aber möglicher Weise auch auf seine niedere Körpertemperatur zurückgeführt werden könnte. Wenn man die Form der Kurven, die das Verhalten der Morgentemperaturen graphisch darstellen, betrachtet, so sieht man auch, daß noch andere Unterschiede zwischen uns im Verhalten der Körperwärme bestehen. Die Kurve Reichel’s zeigt nahezu keine Schwankungen, die Anpassung an das Höhenklima ist bei ihm fast in einer geraden, gleichmäßig geneigten Linie ausgedrückt; demgegenüber finden sich bei Rainer, Kolmer, ganz besonders aber bei Durig auffallende Ungleichmäßigkeiten in dem Kurvenbild. Ganz unregelmäßig folgen sich bei ihnen Tage mit erhöhter und Tage mit niederer Temperatur; es traten dabei Unterschiede bis zu 0:70°C auf. Besonders merkwürdig sind die Temperaturerhöhungen bei Durig in beiden Nachwirkungsperioden. Es handelt sich hier sicher nicht um ein zufälliges Ereignis an einem Tage, das vielleicht durch äußere Umstände, etwa durch Muskelspannung beim Messen erklärt werden könnte, denn die Erscheinung machte sich in der ersten Nachwirkungsperiode bereits einen Tag vor jenem, an dem die große Steigerung beobachtet wurde bemerkbar, während sie sich in der zweiten Nachwirkungsperiode über 5 Tage erstreckte Es müssen sich also im Körper Vorgänge abgespielt haben, die zu einem Mißverhältnis zwischen Wärme- produktion und Wärmeabgabe führten; ob es sich dabei um dieselben Ursachen handelt, wie an den ersten Tagen des Gipfelaufenthaltes, muß noch unentschieden bleiben. Jedenfalls zeigt aber die Körper- temperatur auch bei lange dauerndem Aufenthalt im Höhenklima unter Verhältnissen, wie sie während unserer Versuche auf dem Monte Rosa bestanden, bei einigen Personen, die gegen den Höhenaufenthalt sonst sehr abgehäfrtet sind, einen recht labilen Charakter. Da bereits geringe Körperbewegungen schon Änderungen der Körpertemperatur herbeiführen, ist es selbstverständlich, daß größere Körperarbeit entsprechend ausgeprägte Temperatursteigerungen auslösen muß. Eine ganze Reihe von Angaben der Literatur beschäftigt sich mit der Höhe dieser Temperatur- steigerungen, die je nach den Verhältnissen verschieden groß waren. Die gegenteilige Angabe Mosso’s, daß Korporal Jachini,! der mit 40%g Belastung zum Monte Rosa aufstieg, nur eine Temperatursteigerung um wenige Zehntelgrade aufgewiesen habe, ist desungeachtet nicht besonders schwerwiegend, wenn man berücksichtigt, daß der Korporal bei der Ankunft 374° C gegenüber 36:5° C in der Ruhe nachher zeigte; letzterer Wert ist allerdings wegen seiner — absolut genommen — geringen Größe auffallend bei einem Mann, der untertags, und zwar nicht in vollkommener Körperruhe gemessen wurde. Die Temperaturdifferenz zwischen Ruhe und Arbeit beträgt bei Jachiniimmerhin 0°9° C und dies ist ein ganz beträchtlicher . Wert, der unter der Situation gar nicht besonders niedrig erscheint. Jachini war bei niedriger Temperatur den Weg von der Gnifetti-Hütte, wo er übernachtet hatte, zum Gipfel in 31), Stunden gegangen. Die Größe der Last spielt bei der Größe der Temperatursteigerung gar keine so große Rolle, da hierbei einesteils die Übung im Tragen und die Umgebungstemperatur sehr stark in Betracht kommt, andernteils die Größe des Effekts überhaupt zu berücksichtigen ist. Jachini war um 5" 40” früh von der Gnifetti-Hütte aufgebrochen und bis 9" 30” unterwegs gewesen, es war also jedenfalls die Tem- peratur, bei der er ging, weit unter Null gewesen, was für die Regulation der Körpertemperatur sehr bedeutungsvoll ist, um so mehr als er in der wasserdampfarmen Luft auch viel Wärme durch Verdunstung verlieren konnte. Die Temperatursteigerung um 0:9° C entspricht übrigens zufällig genau der an Durig beim Aufstieg von Alagna nach Col d’Olen gemessenen. Obwohl Durig ganz untrainiert war, zeigte die Rektalmessung bei der Ankunft in Col d’Olen 38:5° C gegen 37°:6°C beim Abmarsch in Alagna.? Die für die Beförderung der Last allein zu leistende Arbeit war für beide Personen fast dieselbe, sie betrug für Jachini’s Aufstieg rund 32.000,n/kg, für Durig rund 34.000 n/Rg, und beide benötigten für den Weg fast genau dieselbe Zeit, SU], 0, 190092 2 Beide Werte im Stehen gemessen. Der Wert bei der Ankunft wurde sofort, nachdem die letzten Schritte getan waren, bestimmt. 76 A. Durig u. W. Kolmer, nämlich 3'/, Stunden. Auch das rasche Absinken der Körpertemperatur bei Jachini ist durchaus nichts Auffallendes. In so niederer Umgebungstemperatur wie auf dem Monte Rosa, ganz besonders wenn der Korporal etwa seinen Durst mit Wasser gelöscht haben sollte (das am Gipfel stets O° hat, da es aus dem Gefäß entnommen wird, in dem Eis schmilzt), ist dies selbstverständlich. Es darf daher das Verhalten des Soldaten Jachini, das Mosso ganz besonders hervorhebt, gewiß nicht als auffallend bezeichnet werden, es stimmt im Gegenteil ganz mit dem Durig’s überein. Wenn in einem zweiten Beispiel, das Mosso gibt, noch eine etwas geringere Temperatursteigerung aufgetreten ist, so kann dies ebenfalls nicht wundernehmen, da die Höhe, der Körpertemperatur bei der Arbeit in einer Umgebung von so niederer Temperatur sehr vorsichtig beurteilt werden muß. Ein kurzes Ausrasten auf dem Schnee (wenn man nicht in praller Sonne sitzt) gibt bei kräftigem Wind und mehreren Graden Celsius unter Null schon zu kräftiger Wärmeentziehung Anlaß und jeden- falls sinkt auch die Körpertemperatur während des Aufstieges über den letzten Eishang zur Hütte wesent- lich, da man diesen nur sehr langsam und am Morgen meist im Schatten passiert. Es ist gewiß möglich, daß das Training einen Einfluß auf die Höhe der Steigerung der Körper- temperatur bei der Arbeit ausübt, doch kann ein derartiges Verhalten nur aus unbedingt vergleichbaren Versuchen erschlossen werden. Es muß dahingestellt bleiben, ob die von Mosso beobachteten Unter- schiede, die er bei einem Träger in trainiertem und untrainiertem Zustande fand, wirklich auf der Wirkung der Übung beruhen. Mosso fand nämlich, daß ein Träger, der beim Steigen im geübten Zustande nach einer Arbeitsleistung, bestehend im Heben einer Last (entsprechend 1600 n/kg ohne Berücksichtigung der Arbeit für das Heben des Körpergewichtes), um 0°4°C höhere Temperatur aufgewiesen hat, aber um 18° C wärmer wurde, wenn er dieselbe Arbeit in ungeübtem Zustande ausführte. Bei der Beurteilung eines solches Versuches kommen außer der Schnelligkeit des Ganges nicht bloß die Witterung, das Sättigungsdefizit der Luft, die Lufttemperatur und die Kleidung der Versuchspersonen in Betracht, sondern auch die Flüssigkeitsmengen, die dem Körper zur Verdunstung zur Verfügung standen; auch ist die Frage, ob vorher Alkohol genossen wurde, ob die Person mit geöffneten Oberkleidern gegangen ist oder nicht und vieles andere mehr nicht außer acht zu lassen. Übrigens gestatten die Ver- suche an Zuntz und seinen Mitarbeitern, die unter möglichst gleichen Bedingungen ausgeführt wurden und sich auf Serien von Märschen erstreckten, einen guten Einblick in die Wirkung des Trainings auf die Temperatur. Beim Durchsehen der Zahlen! läßt sich aber gar kein klarer Einfluß des Trainings auf die Höhe der Körpertemperatur erkennen. Der trainierteste der damaligen Versuchsteilnehmer — Kolmer — weist am Schlusse der kleinen Märsche nach einer Marscharbeit keine geringeren Temperatursteigerungen auf wie Zuntz, Caspari und Waldenburg. Müller, der neben Kolmer der beste Gänger der Expedition gewesen sein dürfte, zeigt stets und selbst im Training die höchsten Temperaturzunahmen. Auch eine Abnahme der Temperatur- steigerung bei den Märschen bei ein und derselben Versuchsperson ist nicht zu erkennen, bei manchen Personen scheint eine solche vorzukommen, bei anderen, zum Beispiel Löwy, lag am Ende der späteren Märsche die Körpertemperatur sogar wesentlich höher als bei den Märschen am Beginne derselben Serie Aus den Versuchen Durigs? auf der Sporner Alpe, die das Training betreffen, geht übrigens hervor, daß das Training sich wohl in einer Abnahme des Energieverbrauches für das Meterkilogramm Steig- arbeit ausdrückt, daß aber bei ihm als leistungsfähigem Gänger dadurch etwa nicht der Umsatz an Kalorien pro Minute kleiner wurde. Es nahm bei ihm im Gegenteil die Arbeit pro Minute derart zu, daß der Ver- brauch an Kalorien und damit die Menge der Kalorien, die als Wärme abzugeben waren, sogar anstieg. Daraus läßt sich also der Schluß ziehen, daß die Arbeit des Geübteren nicht zu verminderter Wärme- 1 L. c., p. 403. 2 Pflüger's Arch., 113. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. | N produktion führen muß; dies kann allerdings geschehen, wenn nämlich unter sonst gleichen Bedingungen der Effekt nicht gleichzeitig wächst. Für die Erwärmung des Körpers kommt speziell in großen Höhen gewiß viel wesentlicher als die Produktion die Abgabe in Betracht. So kann ein wesentlich weniger geübter Mensch, der eine große Fähigkeit besitzt, Wärme von seinem Körper abzugeben, indem er zum Beispiel kräftig schwitzt und die Verdampfung des Schweißes durch Ablegen der Kleider begünstigt, un- gleich geringere Temperatursteigerungen beider Arbeit zeigen als ein recht guter Gänger. Die von Mosso angeführten Soldaten können daher nach der Höhe der Körpertemperatursteigerung, die nach den Märschen an ihnen beobachtet wurden, gewiß nicht als »Übermenschen« bezeichnet werden und keinesfalls ist aus der Temperatursteigerung ein Rückschluß auf die Ökonomie möglich, unter der sie die Arbeit geleistet haben. Ganz ähnlich niedere Temperatursteigerungen werden sich ebenso wie bei Durig auch bei vielen anderen Leuten finden. Selbstverständlich ist es auch unmöglich, aus der Größe einer geleisteten Arbeit einen Rückschluß auf einen einzelnen Faktor der Wärmeabgabe, auf den Verlust an Wärme durch Wasserverdunstung, speziell aber auf den Wasserverlust durch den Schweiß zu ziehen, wie dies Cohnheim tat, da die übrigen Quellen des Wärmeverlustes? die Abgabe durch Leitung und Strahlung und der Verlust an Wärme durch Wasserverdunstung von der Lunge, in Betracht zu ziehen sind und deren Größe nicht geschätzt werden kann. Auch die Erwärmung des Körpers darf hiebei nicht außer acht gelassen werden. Da die Ergebnisse der Messung der Körpertemperatur nach vorangegangenen Marschleistungen weitergehende Schlüsse nicht zulassen und auch die Unterschiede in den Körpertemperaturen nach einer Arbeit im Hochgebirge keine solchen sind, daß hieraus etwas über das Verhalten der Versuchsperson gegenüber dem Höhenklima gefolgert werden könnte, kann die Anführung unserer diesbezüglich ermittelten Werte unterbleiben. Auf das Verhalten des Stoffwechsels im Verhältnis zu den Änderungen der Körpertemperatur wird in einem späteren Abschnitt! eingegangen werden. Die Ergebnisse unserer Temperaturmessungen können in folgende Sätze zusammengefaßt werden: Ergebnisse. Die Körpertemperatur erfuhr bei allen vier beobachteten Personen auf dem Monte Rosa eine Steigerung, die ganz besonders hoch an den ersten Tagen des Aufenthaltes auf dem Gipfel war. Diese Steigerung steht nicht im Zusammenhange mit vorangegangener Muskelarbeit, da sie ihr Maximum erst nach dem ersten Aufenthaltstage erreichte. Auch war ein Einfluß des Wechsels zwischen Marsch- und Ruheversuchsserien auf die Höhe der Körpertemperatur am Morgen nicht nachzuweisen. Die Körpertemperatursteigerung ist insofern nicht in Zusammenhang mit der Bergkrankheit zu bringen, als die am stärksten erkrankten Personen sowohl bei unseren Versuchen wie im Jahre 1901 nicht die größten Temperatursteigerungen aufweisen, im Gegenteile ist es eher wahrscheinlich, daß die Temperaturerhöhung das Zeichen eines Reaktionsbestrebens oder die Begleiterscheinung einer Reaktion gegen das Höhenklima, vielleicht auch gegen den Eintritt der Bergkrankheit vorstellt. Die Steigerung der Körpertemperatur verschwand bei zwei Teilnehmern ganz oder nahezu ganz im Verlaufe der ersten Aufenthaltswoche auf dem Gipfel, bei zweien der Teilnehmer sank sie jedoch bis zum Abmarsch ins Tal nicht wieder auf den Normalwert ab, den wir in der Ebene fest- gestellt hatten. 3 Conheim, Die Physiologie der Verdauung und Ernährung. Urban und Schwarzenberg, 1908, p. 326. 1 Siehe Kapitel Erhaltungsumsatz. Denkschr, d, mathem.-naturw. Kl. Dd. ULXXXVI, 11 18 A. Durig u. W. Kolmer, Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. Ähnlich wie die Pulsfregquenz war auch die tägliche Morgentemperatur, auf dem Monte Rosa eine labilere als in der Ebene. Es traten bald kürzere, bald längere Perioden mit höherer oder niederer Morgentemperatur auf. Die Größe der Temperatursteigerung während oder nach einem Marsche wird besonders im Höhenklima von verschiedenen Umständen beeinflußt, so daß aus ihr weder auf die Leistungsfähig- keit einer Versuchsperson noch auf deren Arbeitsökonomie Rückschlüsse gezogen werden können. Der Aufenthalt auf dem Semmering in 1000 m» Höhe im Winter wie jener in Alagna im Sommer hatte keinen Einfluß auf die Höhe der Morgentemperaturen. Eine Nachwirkung des einmonatlichen Aufenthaltes auf dem Gipfel und des Abstieges in das Tal, der sich in einer Veränderung der Höhe der Körpertemperatur ausgedrückt hätte, wurde nicht beobachtet. Puls und Temperatur verhielten sich also in dieser Hinsicht nicht gleichartig. — ES — | | | | ADurig: Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition 1908 Durigund Kolmer: Puls. Juli rk 98.8.7 8.80 er aD 1 ! ! / (4 2 7 E = .-* > BEER ! / 1 en NE Ü 1 ! ‘ + 1” r | wa | an Col Capanna| I.Versuch 'Olen de Ru 250m | 2856m. are 4560 m Zulsfreguenzen ın der Minute, bestimmt a) Alurig-Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition 1906, Durigımd Rolmer: Puls. August September 1906 TatM. Jänner 1907 20 21 20 2% 2u 25 26 27 28 29 30 3 a „0 2 3 %k 15 16 = TE nn Capanna| I Versirchsperio- ; de Ruhe Margherita 560m en ILVersuchsperiode ‚Arbeit 4560m Nach- warkung 4560m IV-Yersuchsperio: di Q Arbeit 4560m Nach- wirkung 4560m VI.eriode Ruhe 4560m Semme=) Ting 1000m Blsfreguenzen ın der Minute, bestimmt an der liegenden Versuchspersen, morgens, nüchtern, vor dem Aufstehen (Beide Versüchspensanen ame werangegangenes Traing) Denkschriften d.kais. Akad. d. Wiss. matlı-naturw. Klasse, Bd. LXXXVT. LivıAnsty Tiultanmvarth Wien Aluri S:Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition 1906. Durig und Kolmer: Puls. Puls- en 90 80 WEL Ben: 70 50 100 % 80 70 60 50 Wien Col }Capanna | IVersuch, 250m d’Olen |Margheritz il 2856m | 4560 Pırlsfrequenzen ın der Minırte, bestmmi AlDurig:Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition 1906. Durigımd Kolmer:Puls. Puls- Tatil. Fe Juli1906 August September1906 Jänner 1907 kSs6 789 jo 1 12 15 ik 55 16 17 18 19 20 21 22 23 2u 25 28 27 28 29 30 a En 3 1 RER) 3 g Se ER A Er er N jean FL SR ; re fnegıtenz) 0 80 70 60 Wien Col |Capanna 250m |d'Olen Margherita 2856m | 4560 1Versuchsperiode uhe 4560 m T.Versuchsperiode Arbeit 4560m Nachwir=| 1V.Versuchsperioı Nachwir: d kun. kung 4560m e Arbeit 4560m 4560m una N une nach | Ruhe 4560m |Aaga| aom Absteg| Alagna = Wien Wien Pılstreguenzen in der Minute, bestimmt an der Iiegenden Versuchspersan, morgens, nüchtern, var dem Autstehen (Beide Versuchspersonen. varker zainızt), Denkschriften d.kais. Akad. d. Wiss. math-naturw. Klasse, Bd. LXXXVI. LithAnstyTiuBannwarth, Wien A. Durig: Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition 1906. KaraNyzll (Durig und Kolmer: Puls.) Kolmer IE 1. 9./VIII. Monte Rosa (dritter Tag, Ruhe) 84 Pulse. II. : RE ee ee Ne 20./VIII. Marschtag, Er Rosa, 108 Pulse, IV. 24./VIII. Marschtag, Monte Rose, 90 Pulse. V VIE 21./VIII. Scheinbarer Ermüdungspuls, Monte Rosa (Ruhe) 108 Pulse. Denkschriften d. kais. Akad, d. Wiss. math.-naturw, Klasse, Band LXXXVI Te ai .. r a SE BEST E 5 ro - - u : — Tr mu > - v Bay e u b & y en ex! = P ee 5 x , er 3 AD. q PB, 4 & 7 ' k AR 3 N DE Fe = Fi Sch T 08 d E23 az = Bu we - De ee - De 2 we A ee en De ET 3 = f 5 1% xr E Pe > - - ö =” #n % BE. = B - «dd A Ei E hr ; h E } E v jer a = u a 2 i - - 124 - - -_ 7 E . = Ar Be a ein Dun = = Fan TR ee ih Fi mn a A 1%, A. Durig: Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition 1906. Bat (Durig und Kolmer: Puls). Rainer II. 9./VTIII. Monte Rosa (dritter Tag) Ruhe, 108 Pulse. Ill. 2./IX, Ruheperiode, Monte Rosa, 112 Pulse. 24./VIIl. Monte Rosa (nach Lyskamm-Besteigung) 92 Pulse. Denkschriften d. kais, Akad, d. Wiss. math,-naturw, Klasse, Band LXXXVL [g) = EIER RI A. Durig: Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition 1906. a (Durig und Kolmer: Puls). Reichel Wien, 74 Pulse, 11 21./VIII. Monte Rosa, 104 Pulse. 24./VIII. Monte Rosa, 94 Pulse. Wien, 74 Pulse, Denkschriften d. kais, Akad, d, Wiss. math.-naturw. Klasse, Band LXXXVI. x na i . Bin ie art ‚ Du A Merian A. Durig: Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition 1906. rar DAL (Durig und Kolmer: Puls). Durig liegend, 94 Pulse. IN erR hockend, 88 Pulse. VII heckend, 104 Pulse Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Band LXXXVI. ADuri g:Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition 190 Durisımd Kolmer :Körpertemperatur. | 1906 Juli 57 365 ae ner, 36 — 2 | Col ya! Wien d.0len een Ive: 250m 2856m | 4560m | De Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition 1906, DuvisımdKolmer:Körpertemperatur. Verhalten der Körpertemperatur. TaixI. 1906 August September 1906. T Sae3 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 3 ı 2 5 Wh © Near) er en m. R = | en = olmer [ —ı = fs I Se ee I_ Rainer A E 2 al elle Sa Col d.0len 7,856m Liereuchepsuoas I.Versuchsperiode Arbeit 4560m kung 4560:m Nachwir= IVersnehsnti Nachwir- g e Arbeit 4560:m Denkschriften d.kais, Akad. d. Wiss. math-naturw. Klasse, Bd. LXXXVI, Alagna Ru 190m Li'uAnstyTuBanmwarth\Vien, ES TE ER pen es Ann ah Minkeninunmn m Hann Mer re rae erkenne Ar Neben Ken en ES En Ey et re ne anN e) rı Naar en nina an nr x N x Fer VE aA he \ rn 5 : ö 1 r I: ee t Ren at ka nat Berne ri arena. ne BER. SER hatt) = N —T un N z 4 4 I H Damm einladen ra > nam ee nn A A.Durig : Ergebnisse der Monte Rosa Expedition 19 Durigund Kolıner : Kö rpertemperatur 1906 ı ml ame rn ( Denks Ergebnisse derMonteRosa-Expedition 1906. Durisund Kolmer :Körpertemperatur. Tarxı. ‚Verhalten der Körpertemperatur, 1906 Deptember 1906 Temperatok 45 SE 6 9 0 u 12 13 ih 15 4 7 48 23 20 21 zo 25 zu 26 26 27 ze zu sol Zn SE SER: 9 0 12 15 1% ii 2 Er 1 1 eilt : = gr a Durig | 58 ars > 1 Erz 37 4 een u He rn, | et Nez ie x“ u Ei: 36 —— 1 85 4 - er ee wer.| Reichel 38 = 5, | a8 - 74 2 3 or DE -_-- --% - 36 - in 5 = I — = - wien Col. | Capanna| IVersuchsperio- | I Versuchsperiode; Nach- | W:.Versuchspe=| Nach | VI.Periode| Absti DR (d.Olen Margherita I Arbeit uinuing) a wirkung) Ruhe 28b6m| 4560m Felsen 4560m. 4560m. Bee 4560m Li Ansty/n Banıvarth, Vien Denkschriften d.kais. Akad. d. Wiss. math-naturw. Klasse, Bd. LXXXYI. " ’ x SE f j 2 r - R “m 4 ö ur Fr iR Fr 5 nen Teer mn aee Hr RnIn e Irean n rde An ug Rare ES Fee vr at an ut vun kn I Uagsua dl OR wel v Ne ER ee \ a emenn een De Ken ERGEBNISSE DER MONTE ROSA-EXPEDITION VOM JAHRE 1906 VON PROF, D" A. DURIG. ÜBER DIE DAUER EINFACHER PSYCHISCHER VORGÄNGE UNTER DEM EINFLUSSE DES HÖHRNKLIMAS ÜBER DIE PSYCHISCHE ALKOHOLWIRKUNG IN GROSZEN HÖHEN H. REICHEL. Mit 4 Tabellen und 4 Tafeln. VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 18. FEBRUAR 1909. v1. Über die Dauer einfacher psychischer Vorgänge unter dem Einflusse des Höhenklımas. Unser Plan eines auf vier Wochen bemessenen Aufenthaltes auf dem Gipfel des Monte Rosa in einer Höhe von 4560 m legte es nahe, auch an die Frage der zentralnervösen und psychischen Höhenwir- kung mit messenden Versuchen heranzutreten. Einmal war hier eine gewisse Stabilität der Lebens- verhältnisse zu erwarten, die unter ähnlichen Umständen selten anzutreffen, für die erfolgreiche Anstel- lung psychometrischer Versuche jedoch unbedingt erforderlich ist. Dann versprach der Zusammenhang mit den sonst geplanten physiologischen Untersuchungen, die vorzüglich auf die chemischen Lebens- bedingungen gerichtet waren, eine vielseitige Kontrolle unseres allgemeinen Zustandes. Endlich sollte dadurch das Gesamtbild ebendieses Zustandes selbst eine wünschenswerte Ergänzung nach der Richtung unseres psychischen Verhaltens hin erfahren. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 12 s0 EI Re clan, In zweiter Linie war mit den hierzu veıwendeten Methoden auch die Frage zu beantworten, ob sich der von Mosso und Galeotti! angegebene Unterschied der physiologischen Alkoholwirkung in der Höhe und im Tale auch auf psychischem und nervösem Gebiete nachweisen, respektive bezüglich der subjektiven Wirkung bestätigen lasse. Die beiden Gegenstände sollen einer gesonderten Darstellung unter- zogen werden. Die psychische Höhenwirkung. Es erscheint in mehreren Richtungen von wesentlichem Interesse, zu entscheiden, ob ein weitgehen- der oder auch nur ein feststellbarer Einfluß der Höhe auf die Zustände des Zentralnervensystems, bezie- hungsweise auf psychische Vorgänge stattfindet. Schon für die allgemeine Auffassung physiologischer und pathologischer Höhenwirkungen ist es von Bedeutung zu wissen, ob und inwieweit dieselben etwa auf primäre Beeinflussung der Nervenzentra zurückgeführt werden können. Erweisen sich doch diese letzteren gegenüber den verschiedenen bekannten Schädigungen als sehr verschieden widerstandsfähig, indem sie durch die einen — zum Beispiel zahlreiche Gifte — zuerst, durch andere — wie Hunger — erst nach allen anderen Organen Schaden nehmen. Dazu kommt, daß wir mit Recht unsere psychische Tätigkeit für die unbedingt wertvollste — ja in letzter Linie einzig wertvolle — Seite unseres Lebens halten, weshalb ihre Integrität und damit die genaue Kenntnis aller darauf wirksamen Einflüsse auch an und für sich das größte Interesse in Anspruch nimmt. Es könnte aber auch die unbedingte Verwertbarkeit in großer Höhe gewonnener wissenschaft- licher Beobachtungen — beispielsweise astronomischer — in Frage gezogen werden, solange über Existenz, Richtung und Ausmaß einer psychischen Höhenwirkung keine zureichenden Feststellungen vorliegen. Was nun bisher hierüber vorgebracht wurde, beschränkt sich trotz der umfangreichen Arbeit, die in den letzten Jahrzehnten dem Studium der physiologischen Höhenwirkung zugewendet wurde, auf Vermutungen und indirekte Schlüsse. Daß freilich schwerere Störungen des Allgemeinbefindens auch auf die psychischen und nervösen Erscheinungen übergreifen Können, ist von vornherein nicht zweifelhaft und wird auch von allen wissenschaftlichen Beobachtern der Bergkrankheit angegeben. Schon v. Humboldt,? Pöppig°? und Tschudi! sprechen in ihren Reisebeschreibungen von durch die Höhenwirkung bedingten Zuständen seelischer Störung: Niedergeschlagenheit, Ermattung, Angst- gefühl, Ohnmacht u. a. m. v. Schrötter? beobachtete an sich selbst gelegentlich einer akuten Erkrankung im Ballon Benommenheit und Verwirrtheit und er belegt diese subjektiven Wahrnehmungen durch die Unfähigkeit zu korrektem Schreiben und geordneter Protokollführung. N. Zuntz und seine Mitarbeiter‘ schildern die psychische und nervöse Wirkung von Hochgebirgswanderungen gelegentlich der Darstel-- lung ihrer bei der Monte Rosa-Expedition des Jahres 1901 gewonnenen Ergebnisse als erregend durch Neuheit und Intensität der Sinneseindrücke, unter Umständen beruhigend durch Ablenkung bei bestehender Erregung. Sie beschreiben ein Ineinandergreifen von Überreizbarkeit und leichter Erschöpfbarkeit und Ausbrüche von Exaltation und Depression. Sie vermuten ein andersartiges Reagieren des Zentralnerven- systems in der Höhe als im Flachland, betonen aber auch die starke individuelle Verschiedenheit der 1 L’action physiologique de l’alcoolä des grandes altitudes. Labor. scient. intern. du Mont Rosa. Trav. de l’annee 1903, p. 250, Turin 1904. 2 Voyages aux regions Equinoctiales du nouveau Continent, fait en 1799 — 1804. Paris 1814. 3 Reisen in Chile, Peru und auf dem Amazonenstrom. Leipzig 1836. 4 Peru. Reiseskizzen aus den Jahren 1838— 1842. II, St. Gallen 1846. 5 Zur Kenntnis der Bergkrankheıt. Wien und Leipzig 1899. Der Sauerstoff in Prophylaxe und Therapie der Luftdruckerkran- kungen. Belin 1904. 6 Höhenklima und Bergwanderungen in ihrer Wirkung auf den Menschen. Berlin 1906. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedilion. Sl Wirkung. Mosso der schon früher! eine große Anzahl interessanter psychologischer Beobachtungen an sich und anderen vorbringt, ist geneigt, eine herabgesetzte Erregbarkeit des Zentralnervensystems in der Höhe anzunehmen, da er in seinen mit Galeotti? im Jahre 1903 am Monte Rosa angestellten Versuchen die Herz- und Atemerregung sowie die subjektive Wirkung des Äthylalkohols nicht in dem Maße finden konnte wie in Vergleichsversuchen in Turin. Galeotti? schließt zudem auf eine gesteigerte Ermüdbarkeit der Nervenzentren aus der Tatsache, daß er Schluckbewegungen während angehaltenen Athems oben nur langsamer aufeinanderfolgen zu lassen imstande war als im Tale. Die Anwendung der messenden psychologischen Versuchsmethoden unterblieb auf diesem Arbeits- felde bisher wohl aus dem Grunde, weil die kurze Dauer der physiologischen Forschungen gewidmeten Höhenaufenthalte nicht die erforderliche Stabilität der Verhältnisse und die für solche Versuche gebotene Ausdehnung möglich erscheinen ließ. Im Rahmen der dreiwöchentlichen Monte Rosa-Expedition des Jahres 1903 waren von N. Zuntz und Durig solche Versuche allerdings geplant, doch konnten sie aus Zeit- mangel nicht zur Ausführung gelangen. Dagegen liegen Untersuchungen vor, die sich die Anwendung der psychischen Maßmethoden auf sehr verwandten Gebieten zur Aufgabe machten. Die Frage einer psychischen Klimawirkung wurde zuerst durch v. Vintschgau und Dietl* experimentell angegriffen, indem sie einen Einfluß der Jahres- zeiten auf die Dauer der einfachen psychischen Reaktion suchten und feststellten. Diese Zeit soll danach im Winter eine geringe Verkürzung im Vergleich mit den Messungen im Sommer erfahren. Grijns? findet in den Tropen (Java) bei Europäern nach längerem Aufenthalt wesentlich — um rund 15 Prozent — längere Reaktionszeiten als in Europa oder kurz nach der Einwanderung, während er den Malaien eine überhaupt etwas kürzere solche Zeit zuschreibt als den Europäern. N. Zuntz und Schumburg® finden im Rahmen ihrer »Physiologie des Marsches« den Einfluß geringerer körperlicher Anstrengung auf Reaktionszeit und Gedächtniskraft als förderlich, den größerer als herabsetzend. Doch waren die Aus- schläge keine sehr ausgesprochenen. Diese Ergebnisse sind für unseren Gegenstand von großem Interesse, denn sie gestatten von vorn- herein manche Vermutungen. Die klimatischen Faktoren des Winters finden sich ja zum Teil auch in der Höhe vor, so daß ihre erwiesene Wirksamkeit für die Beurteilung unserer Ergebnisse in Betracht gezogen werden muß. Auch die Erfahrungen in den Tropen lassen an eine gegensätzliche Wirkung kalten und warmen Klimas denken, doch ist auch die Möglichkeit einer störenden Wirksamkeit der Akklimati- sation an jedes allzu fremde Klima offen. Der Einfluß von Anstrengungen auf den Ausfall solcher Ver- suche gebietet endlich die sorgfältigste Berücksichtigung dieses Momentes bei ihrer Vergleichung. Methodik. Bei der Wahl der anzustellenden Untersuchungen richtete sich unser Hauptaugenmerk auf die psychische Zeitmessung als die älteste und meistverwendete Form psychologischer Maßversuche. Wir hatten zunächst auch andere solche, besonders: Merkfähigkeits-, Zeitschätzungs-, Assoziations- und Additionsversuche in Betracht gezogen, doch erwiesen Vorversuche, daß diese teils an sich zu zeit- raubend gewesen wären, teils eine Schulung und Einübung der Versuchspersonen verlangt hätten, die in der kurzen für die Vorbereitung der Expedition zu Gebote stehenden Frist nicht zu erreichen war. je Der Mensch auf den Hochalpen. Leipzig 1879. IE, &, 05 &% w 3 Modifications du reflexe de la deglutition. Lab. scient. intern. du Monte Rosa. Trav. de l’annde 1903, p. 133, Turin 1904. * Das Verhalten der physiologischen Reaktionszeit unter dem Einflusse von Morphium, Kaffee und Wein. Pflüger’s Archiv, 16, 316 (1877). 5 Bestimmungen der einfachen Reaktionszeit bei Europäern und Malaien. Dubois’ Archiv, 1902, p. 1. 6 Physiologie des Marsches. Berlin 1900. 12: 82 Hr Reichel, Die Messung der Dauer einfacher psychischer Vorgänge bildete im vergangenen Jahrhundert den Gegenstand zahlreicher eingehender Untersuchungen. Zuerst machte sich diese Zeitdauer störend in den Beobachtungen der Astronomen geltend, die sie seither durch die Aufstellung der »persönlichen Gleichung« zu eliminieren trachten. Dann begegneten ihr Helmholtz und Baxt! bei ihren ersten Versuchen, die Geschwindigkeit der Nervenleitung zu bestimmen, als einem Hindernisse. Donders? war es, der zuerst sie selbst einer systematischen Untersuchung unterzog; die wichtigsten Studien hierüber verdanken wir Exner? und Wundt.* Der erstere konnte durch eine genaue Analyse der sogenannten einfachen Reaktionszeit, das heißt der Zeitdauer zwischen dem Empfang eines erwarteten Reizes durch ein Sinnes- organ und dem Erfolgen einer verabredeten Muskelbewegung, zeigen, daß der größere Teil dieses Zeit- intervalles durch den zentralnervösen Umsatz des Reizes in die Bewegung, also durch den psychischen oder psycho-physischen Teil des Vorganges bedingt sei, und daß auch die vorkommenden Schwankungen und individuellen Verschiedenheiten der gemessenen Gesamtzeit im wesentlichen diesem Teile zuzu- schreiben sind. Auf Grund dieser Feststellung war es möglich, vergleichende Reaktionszeitmessungen aus- zuführen. Diese betrafen in der Folge die verschiedensten Einflüsse, vorzüglich jedoch jene seelischer Erkrankungen und medikamentöser Stoffe. Zugleich gelang es Exner, zur Messung der einfachen Reaktions- zeit einen Apparat — Neuramoebimeter genannt — zu konstruieren, der durch seine Einfachheit auch unter schwierigen äußeren Verhältnissen solche Messungen mit einer für vergleichende Versuche mehr als aus- reichenden Genauigkeit anzustellen gestattet. Den Sinnesreiz bildet der Ton einer Stahlfeder, die, aus gespannter Stellung durch das Anziehen eines Schlittens gelöst, selbst auf einen mit dem Schlitten ver- bundenen berußten Glasstreifen mittels einer Borste ihre Schwingungen schreibt, bis sie durch die Reaktionsbewegung davon abgehoben wird. Zur weiteren Vereinfachung sind die Dimensionen der Feder so gewählt, daß sie 100 Schwingungen in der Sekunde machen muß, so daß die bloße Zählung der Wellenzüge die Zeitdauer in 1/,., Sekunde ergibt und Bruchteile des letzten Wellenganges noch leicht zu schätzen sind. | Dieses Instrument ermöglichte auch uns durch seine leichte Transportabilität und einfache Hand- habung die Anstellung derartiger Messungen. Unsere sämtlichen Versuche sind mit einem solchen Apparate ausgeführt, den uns Herr Hofrat Prof. Exner zu diesem Zwecke in der liebenswürdigsten Weise zur Verrügung stellte, wofür ihm an dieser Stelle der beste Dank ausgesprochen sei. Wundt unterscheidet in dem psychophysischen Zeitanteile eine Perzeptions-, Apperzeptions- und eine Willenszeit und glaubt, daß die letzteren beiden bei der einfachen Reaktion bald eine maximale Ver- kürzung erfahren. Eine prinzipielle Unterscheidung längerer und kürzerer Reaktionszeiten als sensorielle und motorische Reaktionen je nach der Richtung der Aufmerksamkeit auf Reiz oder Bewegung, wie es Lange? versucht hat, dem später Kiesow® und andere folgten, erscheint nicht zweckmäßig, da es sich dabei nur um verschiedene Abstufungen vorausgehender Bahnungsprozesse im Sinne Exner’s’ han- deln kann. Die Größe normaler Reaktionszeiten liegt nach allen Untersuchungen zwischen 0:10 und 0:20 Sekunden; die Schwankungen unter den verschiedensten Einflüssen sind zum Teil geringer als die individuelle und zeitliche Variationsbreite, weshalb eine besonders sorgfältige Austellung und Beurteilung solcher Versuche erforderlich erscheint. 1 Über die Zeit, welche nötig ist, damit ein Gesichtseindruck zum Bewußtsein kommt etc. Pflügers Archiv, 4, 325, 1871. 2 Die Schnelligkeit psychischer Prozesse. Dubois’ Archiv, 1868, 657. o Experimentelle Untersuchung der einfachsten psychischen Prozesse. Pflüger’s Archiv, 22, 601, 1873. 4 Physiologische Psychologie, 1873. oO Über motorische und sensorielle Reaktion. Philosophische Studien, 4, 479. 6 Über die einfachen Reaktionszeiten der taktilen Belastungsempfindung. Zeitschr. für Psychologie und Physiologie der Sinne, 35, 8. * Zur Kenntnis der Wechselwirkungen der Erregungen im Zentralnervensystem. Pflügers Archiv, 28, 487, 1882. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 83 Obwohl nach dem Gesagten schon die einfache Größe der Reaktionszeit als ein im wesentlichen psychisches Maß gelten darf, waren die Bestrebungen der meisten Forscher begreiflicherweise darauf gerichtet, durch Änderung der Methodik auch andere kompliziertere psychische Vorgänge, vor allem aber solche allein — ohne damit verknüpfte peripher nervöse und muskuläre Prozesse -- der Messung zugäng- lich zu machen. Schon Donders! gewann durch Veränderung der Aufgabe für die Versuchsperson längere Zeiten und betrachtete die Differenz dieser und der einfachen Reaktionszeiten als Maß der eingeschalteten psychischen Prozesse. Er ließ auf verschiedene Reize verschiedene Reaktionen (b-Methode, Wahlreak- tion) oder auf nur einen von mehreren Reizen eine bestimmte Reaktion ausführen (c-Methode, Unter- scheidungsreaktion). Er findet auf letztere Art für die Unterscheidung von Gehörseindrücken (Silben) im Mittel 0:36, als wahrscheinlicher 0:42 Sekunden. Wundt? erhob gegen diese Methode den Einwand, daß die gemessene Zeit neben der Unterscheidung der Reize auch noch die Wahl zwischen Bewegung und Ruhe enthalte. Er mißt die Unterscheidungszeit so, daß auf jeden Fall, aber erst nach Erkennung des Reizes reagiert werden soll. v. Kries und Auerbach? haben die Unterscheidungszeit im Sinne Donder’s für verschiedene Sinnesqualitäten an sich selbst bestimmt. Sie finden für die Unterscheidung der Töne zweier Stahlfedern vom Intervall einer kleinen Sext verschiedene Werte, je nachdem auf den höheren oder tieferen Ton reagiert werden sollte, und zwar bei der einen Versuchsperson 0:49 und 0:54, bei der anderen 0:19 und 0°34 Sekunden, wobei die kürzere Zeit bei beiden zur Erkennung des höheren Tones ausreichte. v. Kries* brachte später bestätigende Versuche und verteidigte die Brauchbar- keit der Methode gegen Wundt’s Einwand, indem er den ganzen psychischen Prozeß, der zur Messung gelangt, als eine natürliche Einheit deutet. Für eine solche Auffassung scheinen auch die mit Wundt’s Methodik gewonnenen Erfahrungen Tischer’s? zu sprechen, die Kraepelin® bestätigt. Darnach soll die Summe von Unterscheidungs- und Wahlzeit für alle Versuchspersonen annähernd konstant sein, während die beiden Komponenten starken individuellen Schwankungen unterliegen. Tigerstedt legt überdies mit Berquist’ dar, daß auch der Versuch Wundt’s, den Unterscheidungsvorgang völlig zu isolieren, nicht einwandfrei ist, da die Willens- zeit bei Unterscheidung sicher nicht ebenso stark verkürzt sei als bei einfacher Reaktion. Er glaubt, daß eine exakte solche Messung nur für die Differenz der Apperzeption einer einfachen und einer zusammen- gesetzten Vorstellung möglich sei, was er sowohl mit Wundt's als auch mit Donder’s Methode durch entsprechende Aufgaben für erreichbar hält. Die späteren Untersuchungen über die Dauer komplizierter psychischer Vorgänge halten sich vorwiegend an die Methodik Wundt’s, wobei allerdings nicht die Unterscheidungszeit allein, sondern daneben auch die Wahlzeit festgestellt wird, so daß der Nachteil der Unmöglichkeit einer Fehlerberechnung bei den Unterscheidungsversuchen wegen der Möglichkeit einer solchen bei den Wahlversuchen weniger ins Gewicht fällt. Für unsere Zwecke konnte die Einschaltung einer Wahlreaktion wegen der damit verknüpften Komplizierung des Apparates nicht in Betracht kommen. Auch eine Unterscheidung im Sinne Wundt’s war unmöglich, da bei unserem Instrumente die signalgebende Feder einen fixen Teil des Ganzen bilden muß. Die Unterscheidung im Sinne Donders’ war aber ohne weitere Komplikation durch die Anbringung einer zweiten Feder am Tische möglich. Wir wählten den Ton derselben um eine Quinte höher als den der Signalfeder, auf die allein reagiert werden sollte. Unsere diesbezüglichen Versuchsreihen stimmen also 1 L.c.,p.4. 2 L. c.,p. 4. 3 Die Zeitdauer einfacher psychischer Vorgänge. Dubois’ Archiv für Phys., 1877, 297. 4 Über Unterscheidungszeiten. Vierteljahrschr. f. wissensch. Philosophie 11, 1 (1887). 5 Über die Unterscheidung von Schallstärken. Philos. Studien, /, 472 (1881). 6 Über psychische Zeitmessungen. Schmidt’s Jahrbücher, 196, 205 (1882). 7 Über die Apperzeptionsdauer zusammengesetzter Gesichtsvorstellungen. Zeitschr. f. Biologie, 79, 4 (1883). 84 H. Reichel, in allen wesentlichen Punkten mit der Methodik v. Kries’ und Auerbach’s! überein, deren Resultate somit auch zum Vergleich mit den unserigen herangezogen werden können. Diese Versuche schienen uns trotz der damit verknüpften Komplikation zur Ergänzung der einfachen Reaktionsversuche wertvoll, weil sich ein rein psychischer Einfluß nier noch deutlicher als dort hätte zeigen müssen und weil sie die Möglichkeit der Fehlerberechnung, also der Erlangung weiterer psychischer Maßzahlen, deren Vergleichung von Interesse sein mußte, boten und außerdem die parallele Anstellung von zweierlei Versuchsreihen eine gegenseitige Kontrolle derselben sicherte, die bei der Natur der Versuche für die richtige Beurteilung der Ergebnisse äußerst wichtig war. In allen Reaktions- und Unterscheidungsversuchen wurde dem Reizsignal ein Aviso — der Zuruf » Jetzt!« — vorausgeschickt, wie das in ähnlicher Weise von allen früheren Experimentatoren geübt wurde, um den Reiz zu einem erwarteten zu machen. Der Abstand von Vor- und Hauptsignal betrug wenige — etwa drei — Sekunden, doch vermieden wir genaue Gleichmäßigkeit des Intervalles, da eine solche, wie schon v. Kries und Auerbach! hervorheben, zu einer unbewußten Zeitschätzung bei der untersuchten Person und damit zu vorzeitigen Reaktionen führen könnte. Die Einzelversuche folgten einander in kurzen, ebenfalls, und zwar aus äußeren Gründen nicht ganz gleichmäßigen Intervallen. Diese betrugen niemals weniger als 15 Sekunden um Störungen durch allzu rasche Aufeinanderfolge zu vermeiden. Bei Unterscheidungsversuchen waren die Intervalle im allgemeinen länger als bei einfachen Reaktionen. Jede Versuchsreihe setzte sich aus etwa 12 einfachen Reaktionen und meist 50, manchesmal nur 25 Unterscheidungsversuchen zusammen. Vereinzelte Reihen bestehen nur aus 30 bis 40 einfachen Reaktionen. Die gesamte Dauer einer Versuchsreihe dürfte selten mehr als 1/, Stunde betragen haben. Die Reihenfolge der Abwechslung der zwei Federsignale bei den Unterscheidungsversuchen war der Willkür der den Versuch leitenden Person überlassen, doch wurde eine durchschnittlich gleiche Häufigkeit beider Signale angestrebt und, wie sich aus der diesbezüglichen Berechnung der Protokolle ergibt, auch fast immer erreicht. In der überwiegenden Mehrheit aller solcher Versuchsreihen betragen die Signale, auf die nicht reagiert werden sollte (Vexiersignale) nahe an 50 Prozent der Gesamtzahl, meist etwas mehr, nur in zwei Reihen mehr als 67 Prozent, nämlich 74 Prozent. In einer Reihe mit Durig am Monte Rosa (am 14. August, 2. Reihe) wurde die Anzahl derselben verabredetermaßen erheblich, etwa auf 90 Prozent, vermehrt, doch ergab sich in den Resultaten kein auffälliger Unterschied gegenüber denen zweier gewöhnlicher, unmittelbar vor und nachher angestellter Reihen, die gemeinsam berechnet wurden. Ein Einfluß geringer Schwankungen dieser relativen Häufigkeit der zwei Versuchsformen ist demnach nicht anzunehmen. Die annähernd gleiche Häufigkeit wurde gewählt, um die Wahrscheinlichkeit jedes der beiden Fälle tunlich gleich groß zu halten. Eine genaue Einhaltung dieser Verhältnisse hätte aber gerade wieder zu gesteigerter Erwartung für eines der Signale führen müssen, wenn es in einem vorausgehenden Teile der Reihe seltener vorgekommen war. Die Protokollierung der Ergebnisse erfolgte rach jedem Einzelversuche. Auch verlorene Versuche wurden nach Art und allgemeinem Ausfall verzeichnet. Bemerkungen der untersuchten Person über sub- jektive Begutachtung der soeben gewonnenen Werte sowie Angaben über die Ursachen auffallender Resultate wurden vielfach registriert. Verlauf und Versuche. Unsere Versuche erstreckten sich auf vier Personen: Prof. Dr. A. Durig, Dr. H. Reichel, Dr. W. Kolmer und Ingenieur R. Rainer, die in gleicher Reihenfolge im Alter von 33, 30, 26 und 23 Jahren standen. Der eine Teil der Versuche wurde -— vor und nach der Expedition — in Wien im Laboratorium Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 85 des Erstgenannten, der andere Teil in der Capanna Margherita auf der Punta Gnifetti des Monte Rosa- Stockes ausgeführt. Als leitende Versuchsperson und Protokollführer fungierte zumeist der Verfasser dieses Berichtes, doch wurde derselbe dabei von allen anderen Teilnehmern nach Maßgabe ihrer Zeit, in besonderem Maße durch Ingenieur Rainer in der dankenswertesten Weise unterstützt. Der Umfang der tatsächlich durchgeführten Versuche mußte leider hinter dem geplanten, besonders am Monte Rosa selbst aus Mangel an verfügbarer Zeit weit zurückbleiben. Dieser Umstand legt der Ableitung von Schlüssen aus den darzustellenden Ergebnissen eine gewisse Reserve auf; ihre Veröffentlichung erscheint uns aber immerhin im Hinblick auf die außerordentlichen Bedingungen der Gewinnung dieses Materials, den bei allen vier Personen im großen und ganzen übereinstimmenden Ausfall der Versuche, und die meist offenkundige gegenseitige Bestätigung der Resultate der einfachen Reaktions- und der Unter- scheidungsversuche gerechtfertigt zu sein. Die Zahl der mit den einzelnen Personen durchgeführten normalen Versuchsreihen betrug: Mit Vorher Am Monte Rosa Nachher Durig . 4 2 2 Reichel 6 Ö 6) Kolmer 8 2 — Rainer 2 2 1 Die gleichen Ziffern gelten für die Anzahl der Versuchstage, mit einer Ausnahme bei Kolmer, mit dem einmal, am 5. Juli in Wien zwei Versuchsreihen morgens und abends vorgenommen wurden, um den Einfluß der Tageszeit, beziehungsweise der Ermüdung zu studieren. Als Tageszeit des Versuchsbeginnes konnte leider aus äußeren Gründen nicht immer die gleiche und günstigste gewählt werden, als die zweifellos der frühe Morgen zu betrachten wäre. Immerhin liegen, wie in den Tabellen vermerkt, fast alle Versuchsreihen früh am Vormittage. Bei der Verwertung der Ergebnisse einzelner abends erhobener Reihen wird dieser Umstand in Rücksicht zu ziehen sein. Alle Versuche fanden in der zweiten Hälfte des Jahres 1906 statt. Hinsichtlich ihrer genaueren zeit- lichen Lage zueinander und zu den körperlichen Anstrengungen der Expedition sei auf das nachfolgende, besonders auf die Tabellen und Kurven verwiesen. Ganz im allgemeinen ergibt sich hieraus, daß bei allen Versuchspersonen eine Gruppe dicht aufeinanderfolgender Versuchsreihen zur Erlangung der nötigen Übung in der ersten Julihälfte durchgeführt wurde, der sich nach rund 1 bis 2 Monaten die Monte Rosa- Versuche und nach einer ähnlichen Unterbrechungszeit einige Nachversuche anschließen. Die Monte Rosa-Versuche liegen mit zwei Ausnahmen — bei Reichel am 15. und bei Durig am 24. August — nicht in zeitlicher Nähe vorangehender Anstrengungen. Berechnung. Starke Schwankungen der gleichmäßig gewonnenen Werte, wie sie wohl bei allen psychometrischen Beobachtungen zu finden sind, die aber bei dem geringen Umfang unserer Versuche auf die Beurteilung der Ergebnisse leicht störend wirken mußten, machten eine besonders sorgfältige Behandlung der unvermeid- lichen Berechnung der zu vergleichenden Zahlenwerte aus den Einzelresultaten nötig, wenn die Gefahr einer Täuschung durch Willkür oder durch Zufall tunlich vermieden werden sollte. Von den älteren Autoren wurden sehr verschiedene Methoden angewendet, um aus einer Reihe rasch aufeinanderfolgender Versuche ungleichen Ergebnisses den wahrscheinlichst richtigen Wert zu bestimmen. Donders! hält die kürzesten Zahlenwerte für die besten, soweit sie nicht verdächtig sind, Eegerpat. 86 Eh Renee, durch vorzeitige Reaktion entstanden zu sein; daneben berücksichtigte er zur Kontrolle auch die Mittel- zahlen. Exner! mittelt bei vollständiger Wiedergabe der Werte nur diejenigen, die die Versuchsperson unmittelbar nach ihrer Gewinnung, ohne sie zu kennen, als richtig erklärt hat, wobei im allgemeinen eben- falls eine Auswahl der kürzeren erfolgt. Er betont später? gegenüber der Forderung des Astronomen Hirsch, alle erhaltenen Werte zu mitteln, die Verschiedenheit des Zweckes der Feststellung psychischer Zeiten und die davon abhängige Verschiedenheit der entsprechenden Berechnungsweise. v. Kries und Auerbach? heben ebenfalls die Möglichkeit und Notwendigkeit, gewisse Werte als sicher unrichtig — meist verspätet — von der Berechnung auszuschließen, hervor, und mitteln nur die als brauchbar wieder- gegebenen Zahlen. Tigerstedt und Berquist* schlagen — nach dem Vorgange Gauß’ — vor, die Einzelwerte in kleinen Gruppen zu mitteln und den Wert der dichtesten Gruppe als richtig zu betrachten, und sie geben als vollkommensten Ausdruck der vorkommenden Schwankungen die ganzen Kurven der Häufigkeit wieder, deren Gipfel eben die besten Werte einnehmen. Kraepelin® erkennt die Richtigkeit dieses Vorgehens an, wendet aber gegen dessen Durchführbarkeit für größeres Zahlenmaterial die schwere Vergleichbarkeit von Kurven und den unbequemen Umfang der Darstellung ein. Er nimmt als den wahr- scheinlichsten Wert denjenigen an, der ebensooft übertroffen als nicht erreicht wurde, nötigenfalls auch das Mittel zweier benachbarter Werte; er bestimmt denselben durch einfache Auszählung und beweist an einer größeren Gruppe von Versuchen, daß auch bei dieser Art der Rechnung die Häufigkeitsver- teilung dem Gauß’schen Gesetz der Fehlerzerstreuung entspricht, und zwar selbst noch dann in hin- reichendem Maße, wenn die Zahl der zu mittelnden Werte bis auf 12 heruntergeht. Den Spielraum, der die Hälfte der unter- und oberhalb des »Mittels« liegenden Werte umfaßt, und der wegen der ungleichen Verteilung der Werte nach beiden Richtungen nicht als doppelte »mittlere Abweichung« bezeichnet werden kann, betrachtet er als kurzes geeignetes Maß der Variationsbreite der Einzelwerte. Er zieht auch das Verhältnis des oberen zum unteren Teile dieses Spielraumes in Betracht und faßt die Abnahme beider Größen als Ausdruck fortschreitender Übung auf. Kraepelin verzichtet darauf, den Wert des mittleren Spielraumes für alle Versuche mitzuteilen, doch gibt er an, daß sein Betrag bei fast allen Versuchs- personen für die einfache Reaktion 0:02, für die Unterscheidungsreaktion 0:04 Sekunden nicht oder nicht wesentlich überstieg. | Für unser Zahlenmaterial mußte schon die Ähnlichkeit des Zweckes — Vergleichung vieler Reihen zur Feststellung eines Einflusses — die Anwendung des Rechenverfahrens Kraepelin’s nahelegen. Als ein großer Vorteil erschien, daß dabei das geringe Gewicht extremgelegener Werte ihre Ausschließung und somit die ganze, nur schwer in objektiver und konsequenter Weise durchführbare Scheidung in brauchbare und unbrauchbare Werte überflüssig macht. Auch die durchaus objektive Gewinnung eines Variationsmaßes in der Größe des mittleren Spielraumes war als Ausdruck der Verläßlichkeit der Mittel- zahl und der individuellen oder jeweiligen Neigung zu Schwankungen sehr erwünscht. Wir betrachten die so gewonnenen und in den Tabellen zuerst als »wahrscheinlichste Werte« und »mittlerer Spielraum« angeführten Zahlen als das maßgebende Resultat unserer Versuche. Die Anzahl unserer zu vereinigenden Einzelwerte entsprach nach dem Gesagten allerdings nur im Mittel der geringsten Ziffer, für die Kraepelin die Anwendbarkeit seiner Berechnungsart bewiesen hat, so daß nicht wenige Reihen noch geringeren Umfanges vorkommen, doch kann auch für diese die prinzipielle Eignung der Methode nicht bezweifelt werden, wenn auch die Verläßlichkeit der Resultate naturgemäß bei jeder Berechnungsart mit der Anzahl der Einzelwerte abnimmt. Die Zahl ist in den Tabellen für jede Versuchsreihe angegeben. 24]. c5,pr 4. 2 D.e., p..2. SEEze.,p2D: = IL, ©, 9% Bu 5 Über die Beeinflussung einfacher physischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena 1892. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 87 Es könnte aber gegen die Methode der Einwand erhoben werden, daß sie vielleicht einen die psychi- schen Zeiten verlängernden Einfluß zu verwischen vermöchte, da die so häufigen abnorm langen Zeiten bei dieser Rechnungsart nur ihrer Zahl, nicht ihrer Größe nach ins Gewicht fallen. Solche verzögerte Reaktionen unterscheiden sich abernoch — wie Exner! gezeigt hat — recht wohl von wirklich versäumten und willkürlich nachgeholten, die mehr als 1 Sekunde dauern, während jene 0:40 Sekunde selten über- steigen. Es wäre immerhin denkbar, daß irgendwelche Einflüsse mehr das Ausmaß als die Zahl dieser Verspätungsreaktionen verändern könnte. Um hierüber Sicherheit zu gewinnen, wurde die Berechnung des ganzen Materials auch mit arithmetischer Mittelung der Einzelwerte durchgeführt. Naturgemäß mußte aber hiefür an die Ausschaltung ersichtlich falscher Werte geschritten werden. Die Mittelung aller Werte wäre, abgesehen von dem enormen Einfluß, der damit Zufälligkeiten eingeräumt würde, schon deshalb untunlich, weil die obere Grenze der überhaupt ziffermäßig registrierten Verspätungen von der Hand- habung des Apparates abhing. Zeiten von über etwa 35 Federschwingungen fanden bei der üblichen Geschwindigkeit des Herausziehens des Apparatschlittens auf der berußten Glasplatte überhaupt nicht Platz. Für die Anwendung der Rechenmethode Exner’s waren einerseits die subjektiven Notizen nicht in allen Versuchsreihen mit genügender Konsequenz durchgeführt, andererseits mußte dieselbe aber auch für unseren Zweck als ungeeignet erscheinen, da die zu untersuchenden Einflüsse recht wohl die Dauer der psychischen Prozesse und deren subjektive Beurteilung unabhängig voneinander beeinflussen konnten. War es also geboten, stärkere Verspätungen von der Berechnung auszuschließen, so mußte das bei allen Reihen einer Versuchsperson gleichmäßig und bei allen Versuchspersonen bei einer möglichst gleichen Abstufung der Häufigkeit solcher Werte geschehen. Denn es durfte, abgesehen von den ersten Reihen, in denen jede Übung fehlte, kein irgend einmal — auch unter den untersuchten Einflüssen — gehäuft vorkommender Wert der Berechnung und Vergleichung entgehen. In analoger Weise war mit .den überhaupt spärlicher auftretenden, anscheinend zu kurzen Werten zu verfahren. Es ergibt sich dabei ein recht weiter, aber für die einzelnen Personen recht ähnlicher Spielraum der zu mittelnden Werte: Für Reaktionsversuche - Für Unterscheidungsversuche DU Sonn Sekunden — 22 200 Sekunden Reichel m 9 » —22 » Kolmernsrea re 1) » — 23 » ame 36 Sr. —22 » Die untere Grenze für die Brauchbarkeit der Unterscheidungswerte bildete der jeweilige Mittelwert der zugehörigen einfachen Reaktionen. Dieses ganze Rechenverfahren ist dem von v. Kries und Auer- bach! eingehaltenen sehr ähnlich. Die entsprechend gewonnenen Zahlen sind in den Tabellen als »arithmetische Mittel der guten Werte« angeführt. Auch bei dieser Berechnungsart war ein Maß der Variationsbreite, die »mittlere Abweichung«, leicht zu berechnen, doch wird auf deren Wiedergabe ver- zichtet, da dieselbe bestenfalls nichts anderes als der »mittlere Spielraum« der vorhergehenden Rechnungs- methode besagen könnte, ihr jedoch die Willkürlichkeit vereinzelter Ausschaltungen besonders stark anhaften muß. Da aber die strikte Durchführung jedes umfassenden Rechnungsprinzips gewisse Härten da und dort mit sich bringt, wurde überdies, um etwaige solche aufdecken und ihre Wirkung auf die zu ziehen- den Schlußfolgerungen entkräften zu können, versucht, die richtigsten Werte in dem ganzen Zahlen- materiale durch Schätzung zu bestimmen. Das Verfahren nähert sich sehr demjenigen von Tigerstedt und Berquist, da auch wir die Häufigkeit der Einzelwerte vor allem, die Dichtigkeit von Gruppen benachbarter Werte zunächst berücksichtigten. Nur in zweifelhaften Fällen war manchmal auch der I L.c.,p.4. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI, 13 38 H. Reichel, Vergleich mit der zugehörigen Versuchsreihe anderer Art (Reaktion, beziehungsweise Unterscheidung) maßgebend. Die so ermittelten Zahlen sind als »Schätzungsweise beste Werte« zuletzt in die Tabellen auf- genommen. Eine Berechnung der Variationsbreite gestattet diese Methode nicht. Die Wiedergabe der Häufiskeitskurven erscheint neben dem zahlenmäßig vergleichbaren mittleren Spielraum bei der ersten Rechenmethode nicht erforderlich. Eine Vergleichung der nach allen drei überhaupt sinngemäß erscheinen- den Methoden berechneten Ergebnisse, die durch die kurvenmäßige Wiedergabe derselben wesentlich erleichtert wird, sichert uns in ausreichender \Veise gegen in der Rechenmethode begründete Trug- schlüsse. Hinsichtlich der Beurteitung vorkommender Fehlreaktionen bei Unterscheidungsversuchen schließen wir uns den Ausführungen von v. Kries’ und Auerbach’s! an, die gegenüber Donders’? strengeren Forderungen betonen, daß eine nicht allzu große Zahl solcher Fehler die Verwert- barkeit gleichzeitig gewonnener leidlich übereinstimmender Zahlen nicht wesentlich beeinträchtigt. Genaue Registrierung und vergleichbare Berechnung derselben erschien nicht nur für die Beurteilung der Zuver- lässigkeit der Hauptresultate, sondern auch als neue Maßzahl unseres psychischen Verhaltens erwünscht. Die Berechnung der prozentischen Häufigkeit der Fehlreaktionen geschieht meist in der einfachen Form, daß das Verhältnis der Zahl aller beobachteten Fehler und aller angestellten Versuche bestimmt und angegeben wird, wobei dann die doppelte Anzahl von Fehlern als wahrscheinlich gilt, so daß zum Beispiel eine Fehlerquote von 50 Prozent die Verwendbarkeit der Resultate völlig aufhebt, das heißt, diese als zufällig erscheinen läßt. Diese Annahme hat zur Voraussetzung, daß etwa jeder zweite Fehler durch Zufall das richtige trifft und so der Entdeckung entgeht, was nur dann zutrifft, wenn die Zahl der beiden zu unterscheidenden Fälle gleich groß oder andernfalls die Entstehung der beiden möglichen Fehlerarten gleich wahrscheinlich ist und wenn überdies diesen Fehlern kein anderes Merkmal als die unrichtige Einteilung anhaftet. In unserem Falle treffen diese Voraussetzungen nicht völlig zu: das Verhältnis der Vexiersignale zu den Hauptsignalen übersteigt meistens 50 Prozent und die subjektive Neigung zu vorzeitiger oder unter- lassener Reaktion kann aus individuellen oder vorübergehenden Gründen zweifellos verschieden groß sein; man könnte überdies auch anscheinend richtig unterschiedene Fälle dann als Fehler zählen, wenn sie durch besondere Kürze oder Länge auffallen. Es erscheint demnach richtiger, die Fehler zunächst für jedes der beiden Signale getrennt zu betrachten und zu berechnen. Bei den Vexierversuchen machen sich ausschließlich jene Fehler bemerkbar, die als Reaktion ohne Erkennung charakterisiert werden können. Der umgekehrte Fall — Ausbleiben der Reaktion — bleibt hier verborgen. Für das Signal des Apparates selbst, auf das reagiert werden sollte — für die Hauptversuche — treten dagegen zunächst gerade diese unterbliebenen Reaktionen hervor. Auffallend lange Werte dürfen nach dem Gesagtem bei unserer oberen E Grenze der Registrierung nicht als Versäumnisse gedeutet werden, ja deren Zahl muß vielmehr als Maximum gelten, da noch vereinzelte stärkere Verspätungen der ziffernmäßigen Feststellung entgehen konnten, doch kann die Zahl derselben keinesfalls groß sein. Hingegen könnten hier besonders kurze, richtige Unterscheidungsreaktionen als Fehler der anderen Art verdächtig sein. Da jedoch diese, an sich wenig zahlreich und nicht überall leicht abgrenzbar, bei der angewendeten Rechenmethode Kraepelins ihr Gewicht für das Resultat verlieren und in dem Maß der Variationsbreite genügend zum Ausdruck gelangen, erschien es nicht zweckmäßig, sie auch noch in die Fehlerberechnung einzubeziehen, die dadurch wesentlich kompliziert worden wäre. Es dürfte auch den natürlichen Verhältnissen der Gewinnung des Zahlenmaterials am besten ent- sprechen, wenn in den folgenden Tabellen die Prozentverhältnisse einerseits der falschen stattgefundenen 16, & j9: 8 Zuge Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 89 Reaktionen unter den Vexierversuchen, andererseits der ausgebliebenen Reaktionen unter den Hauptver- suchen wiedergegeben werden. Ein durchgehender Vergleich der beiden Zahlen wird zudem einen gewissenRückschluß auf die jeweilige Neigung der Versuchsperson zu dieser oder jenerFehlerart gestatten. Die ebenfalls wiedergegebene Summe der beiden Prozentzahlen stellt dann — besser als die übliche Prozentzahl der Fehlersumme — ein einfaches Maß der Fehlerhaftigkeit jeder Versuchsreihe vor, denn es darf als wahrscheinlich gelten, daß die für die eine Gruppe von Versuchen beobachtete Häufigkeit einer Fehlerart auch für die andere Gruppe zutrifft, während andererseits, wie gesagt, die gleiche Häufigkeit beider Fehlerarten keineswegs anzunehmen ist. Doch ist zu berücksichtigen, daß der Betrag dieser Summe auch schon die wahrscheinlichen Fehler einschließt, so wie das Doppelte der gewöhnlichen Fehlerzahl in einfachen Fällen. Es würden also bei unserer Rechnungsart erst bei 100 Prozent Fehler alle Resultate als zufällig erscheinen. Ergebnisse. Die Größenordnung der Zeitwerte entsprach im allgemeinem völlig den bisher darüber vorliegenden Daten, sowohl hinsichtlich der einfachen Reaktionszeit, die meist zwischen 0:10 und 0°'20 Sekunden» als auch der Unterscheidungszeit, die vorwiegend zwischen 0:02 und 0:05 Sekunden gefunden wurde’ Die Größe und Häufigkeit der vorkommenden Schwankungen war im einzelnen am vollkommensten an graphischen Darstellungen der Werte jeder Reihe als Zeitfunktion zu überblicken. Doch ließ die Ver- gleichung derselben eine allgemeinere Gesetzmäßigkeit — wie etwa zeitliche Regelmäßigkeit der Schwankungen als Ausdruck schwankender Aufmerksamkeit — nicht mit Deutlichkeit erkennen, weshalb auf deren Wiedergabe verzichtet wird. Auch ausgesprochene Übungseinflüsse waren in den meist kurzen Reihen nur vereinzelt zu erkennen, Ermüdung machte sich in einigen der längeren Reihen am Ende durch leichten Anstieg der Kurven bemerkbar. Eine vergleichende Betrachtung des Gesamtverlaufes der auf kurzen Ausdruck gebrachten Ergeb- nisse lehrt zunächst — am deutlichsten an der Hand der wiedergegebenen Kurven — eine weitgehende Übereinstimmung der nach den drei genannten Rechenverfahren ermittelten Werte. Die Übereinstimmung der Resultate arithmetischer Mittelung mit den beiden übrigen beweist nach dem Gesagten, daß jeden- falls eine einseitige Vermehrung der Länge gegenüber der Häufigkeit der langen Werte nicht stattgefunden hat. Naturgemäß sind die absoluten Zahlen der dritten Rechnungsmethode (Schätzung) meist die niedrig- sten, die der zweiten (arithmetische Mittelung) die höchsten. Auf die Größe des Abstandes der beiden gemessenen Werte, also auf das Maß der Unterscheidungszeit (im Sinne Donders’) war die Rechen- methode ohne größeren und einheitlichen Einfluß. Auffällige diesbezügliche Unterschiede werden gelegent- lich zu erwähnen sein. Ferner drängt sich ohne weiteres ein durchgreifender allgemeiner Parallelismus zwischen den Reaktions- und Unterscheidungswerten auf, der beweist, daß voneinander unabhängige Variationen der beiden Maßzahlen im großen und ganzen nicht stattgefunden haben, der aber vor allem eine wesentliche Stütze für die Annahme objektiver Richtigkeit auch solcher Feststellungen bietet, deren Ausmaß neben dem der Variationsbreite vielleicht häufig für jede Schlußfolgerung als zu gering erscheinen möchte. Im ganzen weisen sämtliche Kurven eine leichte fallende Tendenz auf, die anfangs mehr als später, und im allgemeinen um so stärker hervortritt, je dichter die Reihen zeitlich aufeinanderfolgen, Erscheinungen, die ohne Schwierigkeit auf die zunehmende Übung der Versuchspersonen bezogen werden können. Nach längeren Zwischenpausen der Versuchsreihen treten nicht selten leichte Steigungen wohl als Ausdruck eines Übungsverlustes auf. Doch ist dieses Verhalten kein durchgreifendes und wird noch im einzelnen zu berücksichtigen sein. Die Größe des mittleren Spielraumes übertrifft zwar beiallen Ver- suchspersonen gelegentlich die von Kraepelin für gute Reihen aufgestellte Grenze,jedoch meistens nicht in einem Maße, daß dadurch die Verwertbarkeit der Reihen ernstlich in Frage gezogen wäre. Die Größe der Fehlerzahl ist im allgemeinen meist groß, jedoch bei den einzelnen Personen recht sehr verschieden, 19° D 90 VER Sera, für eine und dieselbe immer leidlich konstant. Alle Personen scheinen mehr zur Unterlassung als zur über- eilten Reaktion zu neigen, da für alle die — im einzelnen freilich sehr schwankenden — Zahlen durch- schnittlich für die erstere Fehlerart größer sind. Doch könnte hierfür auch der besprochene Maximum- charakter der zweitgenannten Fehlerzahl von Wirkung sein. Die allgemeine Vergleichung der auf dem Monte Rosa und im Tale gewonnenen Zahlen ergibt keine irgend auffälligen Ausschläge im Sinne einer Verlängerung oder Verkürzung der untersuchten Zeitwerte und keine srößeren durchereifenden Untersichiede in Variationsbreite und Fehlerzahl. Die Frage, ob überhaupt ein Einfluß der Höhe auf diese Werte anzunehmen oder auch nur zu vermuten ist, kann jedoch erst durch die Betrachtung im einzelnen zur Entscheidung gelangen, die andererseits auch zur Charakteristik unseres individuellen psychischen Ver- haltens wertvoll erscheint. Was zunächst die an Durig gewonnenen Resultate betrifft, so erscheinen sie mit den übrigen ver- glichen im allgemeinen als die niedrigsten. Der Parallelismus der beiden Versuchsreihen ist — bei allen Rechenmethoden ein außerordentlich großer. Die letztere Tatsache dürfte allerdings zum Teil darauf zurückzuführen sein, daß die Anzahl der Einzelversuche in diesen Reihen fast durchwegs wesentlich über dem allgemeinen Mittel (12) liegt. Die Größe der Unterscheidungszeit selbst erscheint in diesem.Falle — mehr als in den anderen — von der Rechenmethode abhängig. Diese fällt nach der Schätzungsmethode durchwegs am kleinsten (1’2—2:5) aus, länger nach der Auszählung des Mittels (2:0—3°5), am längsten nach der arithmetischen Mittelung (2:7—4:2). Diese Zeit nimmt im ganzen Verlauf der Kurve — ebenfalls bei allen Methoden der Rechnung — etwas zu, was wohl treffender dahin auszudrücken ist, daß die einfache Reaktionszeit der Verkürzung durch Übung im stärkeren Maße als die Unterscheidung zugänglich erscheint. Der mittlere Spielraum der Werte ist hier auffällig gleichmäßig, soweit er nicht aus ersichtlichen Gründen vergrößert ist. Letzteres gilt — wie bei fast allen Personen — von den Unterscheidungsversuchen der ersten Versuchsreihe, ferner von der einzigen Abendreihe (am 5. Juli in Wien) und in geringerem Maße noch von der zweiten Untersuchungsreihe vom 14. August am Monte Rosa unter veränderten Ver- suchsbedingungen. Auch die Fehlerzahlen sindin den Versuchen vor der Expedition — wieder mit Ausnahme des Abend- versuches — niedrig und Konstant, die einzige auf dem Monte Rosa gewonnene Zahl ist auffällig hoch und die höchste vorkommende, wobei zu bemerken ist, daß die Versuche am Monte Rosa schon infolge der unvermeidlichen zeitlichen und räumlichen Enge der Verhältnisse trotz aller Bemühung doch nicht mit derselben Muße und in derselben Ungestörtheit, namentlich durch fremde Schalleindrücke, durchgeführt werden konnten als im Tale und im Laboratorium. Die zwei später gewonnenen Zablen sind dann ohne ersichtlichen Grund ebenfalls höher als die der - Expedition vorausgehenden. Die Zeitwerte selbst lassen in der ersten Versuchsperiode einen Übungs- gewinn erkennen, der allerdings geringer als bei den übrigen Personen ist. Das erscheint nicht auffällig, da die Zahlen überhaupt besonders niedrig sind und die Versuchsperson in früheren Jahren solche und ähn- liche! Versuche in großer Zahl ausführte. Die damals gewonnenen Werte stimmen mit den jetzigen gut überein. Bemerkenswert mag es sein, daß der Abendversuch, der ja auch durch eine höhere Variations- größe beider Werte und durch vermehrte Fehler abstach, nach allen Rechenmethoden zwar eine ver- längerte Unterscheidung, jedoch eine besonders kurze Reaktion aufweist. Am Monte Rosa macht sich am 8. Tage des Aufenthalts anscheinend ein gewisser Übungsverlust geltend. Der Unterschied ist jedoch sehr gering und läßt sich höchstens deshalb verwerten, weil damit auch eine relativ größere Variationsbreite und Fehlerzahl einhergeht. Die 2. Versuchsreihe des 14. August diente lediglich dem Studium der Methodik und wurde deshalb in die Kurven nicht aufgenommen. Sie 1 v. Vintschgau und Durig, Über die Unterscheidung zweier elektrischer Hautreize, Pflüger’s Archiv, #9, 307, 1897. Be Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 91 beweist, wie erwähnt die Vernachlässigbarkeit des Einflusses der relativen Zahl von Vexier- und Haupt- versuchen. Am 16. Tage des Aufenthaltes wurde noch eine reine Reaktionszeitreihe aufgenommen, die nicht die geringste Änderung gegenüber dem vorigen Versuch erkennen läßt. Das Fehlen eines Übungsgewinnes erklärt sich hier jedoch ungezwungen aus der Tatsache, daß es sich um einen Abendversuch handelt und daß an diesem Tage für alle Expeditionsteilnehmer eine Periode großer Marschleistungen begonnen hatte. Auffällig mag aber schließlich der verhältnismäßig große Übungsgewinn erscheinen, der nach fast sechs- wöchentlicher Unterbrechung der Versuche im Tale hervortritt, besonders im Vergleich mit dem genannten Übungsverluste, der nach der kürzeren Unterbrechung vor der Expedition festzustellen war. Die Versuche an Reichel weisen die größten absoluten Zahlen sowohl für beide gewonnenen Werte als auch für die Differenz beider auf. Der Unterschied gegenüber den Werten Durig’s beträgt für Reaktionszeit rund 2, die Unterscheidungszeit rund weitere 1'51/,.. Sekunden. Zur teilweisen Erklärung dieser Tatsache könnte — wenigstens für die Reaktionszeit — die bedeutendere Körpergröße Reichel’s (182cm gegenüber 172, 167 und 176cm) herangezogen werden. Der Parallelismus der beiden Kurvenarten ist im allgemeinen leidlich ausgeprägt, bei den geschätzten Werten sogar auffällig gut. Die Anzahl der berechneten Einzelwerte lag dabei hier der Mehrzahl nach unter dem Mittel (12). Die Größe der Unter- scheidungszeit fällt bei Krae pelin’s Rechenmethode am größten (rund 50), bei den anderen beiden sehr ähnlich (rund 4:0) aus. Sie nimmt auch wie bei Durig im Laufe der ganzen Versuche etwas zu, was wie dort zu deuten wäre. Der mittlere Spielraum ist minder konstant aber für einfache Reaktionen durchschnitt- lich noch kleiner als bei Durig, er überragt 3mal, und zwar ohne ersichtlichen Grund die Grenze Krae- pelin’s, zweimal unbedeutend, einmal infolge zufälliger größerer Neigung zu anscheinend vorzeitigen Reaktionen, was also mehr auf Rechnung der hier nicht bestimmbaren Fehler zu setzen wäre. Auf dem Monte Rosa ist seine Größe immer niedrig. Dagegen ist der Spielraum für die Unterscheidung fast durchwegs wesentlich größer als beiallen anderen Versuchspersonen, ohne daß jedoch die Monte Rosa-Werte über die anderen hervorragen würden. Auch die Fehlerzahlen für Unterscheidung verhalten sich äußerst ähnlich, nur ist hier auch deren durchschnittliche Höhe am Monte Rosa etwas größer als im Tale. Die stärkere Neigung zu Versäumnis als zur vorzeitiger Entscheidung ist hierbei in fast allen Reihen zu erkennen. Das abweichende Verhalten Reichel’s hinsichtlich absoluter Größe der Unterscheidungszeit, ihrer Schwankungsbreite und Fehlerzahl vermag vielleicht durch die Tatsache aufgeklärt zu werden, daß unter allen Versuchspersonen nur dieser musikalische Bildung und Übung fehlt. Gegen die Annahme allgemeinerer psychologischer Ursachen spricht wohl die gute Qualifikation der einfachen Reaktionsversuche. Überdies ist auch hier die Länge der psychischen Zeiten im Vergleich mit den sonst in der Literatur angegebenen Werten keine auf- fällig große zu nennen. Die Zeitwerte Reichels zeigen in der ersten Versuchsperiode einen starken Abfall durch Übung, der allerdings nach der Schätzungsmethode weit geringer als nach den beiden übrigen erscheint. Am Monte Rosa, wo schon am 2. Tage nach der Ankunft eine Versuchsreihe aufgenommen wurde, fehlt zunächst jede sichere Veränderung, wobei allerdings die Nachwirkung des kurz vorhergegangenen Auf- Stieges nicht ganz auszuschließen ist. Versuche am 4. und 8. Tage zeigen ausgesprochen zunehmende Verkürzung der Reaktionszeit bei gleichbleibenden Werten der Unterscheidungszeit. Hierbei ist zu be- achten, daß jede der beiden Versuchsreihen abends, die letztere sogar am Tage des ersten kleinen Marsches von drei Stunden stattfand. Man könnte annehmen, daß hiedurch im besonderen Maße die Übbarkeit in der Höhe beweisen sei, wenn nicht die sehr kurzen Abendwerte für einfache Reaktionen bei Durig am 5. Juli zur Vorsicht mahnen würden. Immerhin spricht das Fehlen einer verlängerten Unter- scheidung am Abend an der diesbezüglich fast überempfindlichen Versuchsperson Reichel für die Annahme von Übungsfortschritten, doch wäre immer noch auch an eine anregende Marschwirkung zu denken. Auffällig erscheint nun ein offenkundiger Übungsverlust am 28. Tage des Höhenaufenthaltes. Da es sich um den 5. Tag nach dem letzten Marsch handelt, kann die Nachwirkung von Anstrengung nicht recht als Ursache angenommen werden. Der zweifellose Übungsgewinn am nächsten Tage beweist dies- mal einwandfrei die intakte Erhaltung der Übbarkeit, Die Nachversuche nach zweimonatlicher Unter- (do) DD JET, Reiche), brechung zeigen für die Reaktionszeit nach allen Methoden für die Unterscheidung nach der Schätzung auch hier — wie bei Durig — einen ziemlich ausgesprochenen Übungsgewinn, während die Methode Kraepelin’s und die der arithmetischen Mittel für die Unterscheidung Verluste ausweisen. Die anKolmer gewonnenen Zeitwerte liegen der Größe nach durchwegs etwa in der Mitte zwischen denen Durig’s und Reichel’s. Der Parallelismus der Kurven ist ein mäßiger, wofür in Betracht kommt, daß auch hier die Zahl der berechneten Einzelversuche — wenigstens für die Reaktionszeit — vorwiegend untermittelgroß war. Die Größe der Unterscheidungszeit ist hier — ebenso wie bei Durig — nach der 3. Rechnungsmethode am kleinsten (rund 2:0), nach den anderen sehr ähnlich (rund 4:0!/,,, Sekunden). Ein allgemeiner Gang dieser Größe im Laufe aller Versuche ist infolge des oft gestörten Parallelismuses nicht zu entnehmen Der mittlere Spielraum schwankt für beide gewonnenen Größen stark, doch geht der- selbe außer im Anfang und im Abendversuch vom 5. Juli nur zweimal über die genannten Grenzen und auch da nicht sehr wesentlich hinaus; bei den zwei Monte Rosa-Reihen weist er eine geringe Höhe auf. Die Fehlerzahl ist nirgends extrem groß, am größten allerdings im 2. Monte Rosa-Versuch am 28. Tage des Aufenthaltes. Die größere Neigung zu Versäumnis als zu vorschneller Reaktion ist überall deutlich, nur verschwindet sie im Abendversuch. Die Zeitwerte selbst zeigen anfangs einen starken Übungsgewinn besonders bezüglich der Unterschei- dung. Der Abendversuch weist hier hinsichtlich beider Maßzahlen eine unzweifelhafte Verlängerung auf. Am 4. Tag des Monte Rosa-Aufenthaltes ist ein entschiedener Übungsgewinn für einfache Reaktion, ein Verlust für Unterscheidung wohl nur scheinbar — durch die abnorm tiefe Lage des letzten Wiener Wertes — festzustellen. Der spätere Monte Rosa-Wert am 28. Tage des Aufenthaltes, dem 5. seit Abschluß der Märsche, weist für einfache Reaktion eine deutliche Verspätung, für Unterscheidung keinen sicheren Ausschlag auf. Nachversuche unterblieben hier leider aus äußeren Gründen. Es mag bemerkenswert sein, daß an Kolmer während der Dauer des ganzen Aufenthaltes anderweitige Störungen zu beob- achten waren, die im Sinne einer chronischen Bergkrankheit aufgefaßt werden können, während er nach dem Vorstehenden in diesen Versuchen ein von den anderen Teilnehmern abweichendes Verhalten nicht darbot, das heißt, keine wesentlichen Veränderungen an Reaktions- und Unterscheidungszeit und deren Variationsbreite aufwies. Die Versuche an Rainer zeigen im allgemeinen wohl etwas kürzere Zeitwerte als die an Kolmer, aber -- mit Ausnahme der Schätzungswerte für einfache Reaktion — immer noch höhere als die von Durig. Der Parallelismus der Kurven ist ein leidlicher; die Zahlen der Einzelwerte liegen meist über dem Mittel. Die Unterscheidungszeit fällt hier nach der Schätzung am größten (rund 3°5) nach den zwei anderen Methoden fast gleich (etwa 3:0) aus. Ihr Gang mit dem Verlauf der Versuche ist hier eher umgekehrt als bei Durig undReichel, wohl durch anfänglich zurückbleibende Übung für Unterscheidung infolge zu spär- licher Versuche. Der mittlere Spielraum ist hier recht konstant und übersteigt den Grenzwert nur zwei-- mal bei einfachen Reaktionen ganz unbedeutend, das erste Mal bei der ersten Reihe, dann bei der späteren der zwei Monte Rosa-Reihen. Die Fehlerzahlen sind durchwegs gering, am größten wieder in der zweiten Monte Rosa-Reihe. Die größere Neigung zu Versäumnis als zu vorschnellen Reaktionen ist überall ausge- sprochen. Die Zeitwerte Rainer’s zeigen ebenfalls den anfänglichen Übungsgewinn, der wegen der geringen Anzahl der Versuche für die Unterscheidung unvollkommen erscheint. Diesem Umstande dürfte der aus- gesprochene Übungsgewinn für Unterscheidung zuzuschreiben sein, der am achten Monte Rosa-Tage hervortritt, während einfache Reaktionszeit hier einen Verlust ähnlich wie bei Durig — aufweist. Zur Erklärung dieser Erscheinung und ihres Fehlens an Reichel und Kolmer könnte herausgezogen werden, daß die ersten Monte Rosa-Versuche an beiden letzteren früher — am 2. und 4. Tage — als an beiden ersteren — am achten Tage — angestellt wurden, so daß die etwaigen einen rascheren Übungsverlust bedingenden Faktoren des Höhenaufenthaltes länger Zeit hatten, ihre Wirkung zu entfalten. Auch an Reichel und Kolmer finden sich ja am Ende des Aufenthaltes Übungsverluste, die noch mehr als jene anfänglichen nach längerer Unterbrechung erklärungsbedürftig erscheinen. Auch der spätere Monte Rosa- Versuch an Rainer zeigt auffallenderweise keinen Übungsgewinn, obwohl der letzte große Marsch um Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 93 vier Tage zurückliegt. Hingegen tritt, wie auch bei Durig und Reichel — Kolmer ist diesbezüglich nicht untersucht — nach mehrwöchentlicher Unterbrechung der Versuche im Tale ein starker Übungsgewinn unmittelbar hervor. Es muß demnach auch nach der eingehenden Betrachtung der Resultate das Vorhandensein einer ausgesprochenen Höhenwirkung auf die Dauer und Gleichmäßigkeit der gemessenen einfachen psychischen Prozesse sowie die Sicherheit ihres Ablaufes in Abrede gestellt werden. Doch darf behauptet werden, daß eine Reihe von — vielleicht allerdings zufälligen — Einzelheiten der Versuchsergebnisse zu der Vermutung führe könnten, daß irgendwelche nur allmählich wirksame Faktoren unseres Höhenaufent- haltes in der Richtung einer Erhöhung der psychischen Zeitwerte und vielleicht auch ihrer Variations- breite und Fehlerzahl tätig waren, beziehungsweise eine verhältnismäßig raschere Unterdrückung erworbenen Übungsgewinnes bei sicher erhaltener Übungsfähigkeit, sowie eine durchschnittlich etwas größere Fehlerhaftigkeit der in der Höhe gemessenen Werte mit sich brachten. Unter diesen hypothetischen Faktoren vermögen wir — nach dem Gesagten — die körperliche Anstrengung mit einiger Sicherheit auszuschließen; die winterlichen Eigenschaften des Klimas können infolge ihrer erwiesenen gegensätz- lichen Wirkung nicht zur Erklärung herangezogen werden, ja man könnte vermuten, daß sie einen Teil der in Rede stehenden Wirkung verdeckt haben. Eine gewisse Analogie zu dieser könnte jedoch in der angegebenen Wirkung des Tropenklimas mit einigem Grund erblickt werden; einmal erinnert daran das auch hier sicher nur sehr allmähliche Eintreten wahrnehmbarer Wirksamkeit und zweitens erscheint ein paralleler Einfluß schwieriger Akklimatisation — auch wenn sehr verschiedene Klimate in Betracht kommen — nicht als unwahrscheinlich. Vielleicht reichen aber die genannten unvermeidlichen Momente und Umstände, die für die Anstellung solcher Versuche in der Hütte immerhin minder günstig waren als im Laboratorium, aus, um die geringe Differenz der durchschnittlichen Ergebnisse in der Höhe und im Tale zu erklären. Endlich sei noch erwähnt, daß irgendwelche anderweitige Zeichen, die auf ein geändertes Verhalten, besonders auf eine Beeinträchtigung unseres seelischen Lebens hingewiesen hätten, während des ganzen Höhenaufenthaltes von uns aneinander nicht beobachtet wurden. Nur Kolmer bot Züge leichter Depression dar, die sich aber mehr in relativ verminderter Unternehmungs- und Arbeitslust als in getrübter Stimmung, geschweige denn in schwereren Störungen des Seelengleichgewichtes äußerten, und die durch die genannten zwar geringen aber anhaltenden körperlichen Störungen dieser Versuchsperson hinlänglich erklärt erscheinen. Insbesondere fehlte an uns allen jede erkennbare Störung des psychomotorischen Aus- druckes: der Rede und der Schrift, was hinsichtlich der letzteren aus den Protokollen und Briefen jedes einzelnen von uns jederzeit ohne Schwierigkeit zu erweisen wäre. Das Gesamtergebnis läßt sich dahin zusammenfassen, daß eine wesentliche Beein- flussung unseres psychischen Verhaltens durch das Höhenklima ausgeschlossen werden kann, daß aber manche Einzelheiten an die Existenz einer leichten, nur allmählich hervor- tretenden störenden Wirkung dieses Klimas denken lassen, über welche jedoch ein ent- scheidendes Urteilabzugeben bei der Geringfügigkeit der feststellbaren Ausschläge und der Unmöglichkeit völlig gleicher Versuchsbedingungen nicht angeht. 94 Kieser een Reichel: Dauer psychischer Vorgänge. Normal- Versuchsperson Ort Wien Monte Rosa Wien Datum (1906) 4./VIL. | 5./VIL | 7./VIIT | 9./V1l. 14./VII. 24./VIIL. 3./X. | 10./X. Tageszeit des Versuchsbeginnes 9h 7h zu (ji 9h zu 10h sh einfache Reaktion 9 17 15 16 18 _ 41 10 14 Zahl der Werte für Unterscheidung 24 11 12 19 17 39 _ & 12 Reaktionszeit | OO | N is —_ ll) 10.0 | 10.3 Wahrscheinliche Mittel der $ : en Uneiseheitings 1370, 14521220: | 1350, | 1220. | Kool Teronere (/100 Sek.) —- Reaktionszeit Unterscheidungszeit 2.0 4,5 22.3 2.0 2.5 = = 3.0 3.5 Reaktionswerte 1.5 5.0 3.0 2.0 ZU _ 2.0 1.0 2.0 Mittlerer Spielraum der (/ıoo Sek.) i Unterscheidungswerte 8.1 9.5 3.5| 3.0 | 4.0 9.0 —_ 4.8 2.8 Reaktion ohne Erkennung | 15.5 | 18.2 3.7 _ 23.1 _ u 5.9 | 15.0 Prozente der Fehler bei ; Ausbleiben der Reaktion —_ 14.3 Tod | 18.68 || 20,7 _ _ 25.0 | 20.0 Unterscheidungsversuchen Summe 1925217322027 101242718262 743%8 —_ —_ 30.9 | 35.0 Reaktionszeit a oe 10 Oz 1 = 11° 9.8 || 1O),® Arithmetische Mittel der guten Werte Unterscheidungs= 18,0 | |) rl s,n ie = ei h —- Reaktionszeit (oo Sek.) = Unterscheidungszeit 3.9 29 3.6 Bol 3.9 3.9 _ 4.2 4.1 Reaktionszeit 10.8 | 10,8 || 1,8 | so | _ 18S IOROR|EO: Schätzungsweise beste Werte Datersehacunen 1220, 2143| 313x03| 10.52 1a250 Parse 2 Bro Be —- Reaktionszeit 100 Sek.) Unterscheidungszeit 1.32 3.8 1.2 1.8 2.8 _ —_ 3.0 | 2.0 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 95 Tabelle IV. versuche. Kereineill Wien Monte Rosa Wien 2./VIL.| 3./VII. | 6./VII. | 7./VIL | 8./VII.| 10./VII. | 8./VII. | 10./VII. | 15./VIIl. 2./IX 3./IX. 3./Xl. 10./XT. | 18./XII. 11h | oh gh gh gh gh 5h oh 6h 6h zu 9h gh 10h 9 10 8 9 8 15 9 6 6 11 16 b) 15 17 _ Dal 18 a 3 9 1 13 4 15 12 17 21 17 18.0 | 125 || 1808 || 1258 || 1120 1328 13.9 13.0 NR 13.9 13.0 168 11,5 12.5 _ I 9.8 | 21,0 | 18.8 17.5 16,5 16.5 16.8 19,0 18.0 21.0 16.5 18.0 _ Web 6.5 6.9 9.9 3.9 3.0 3.9 9.0 DD) 9.0 9.5 3.0 9.9 4.5 2:0 0.8 178 2.8 DD) 1.8 | 0.9 1.0 128 1.8 0,5 2.0 4.0 = 7.0 3.0 8.5 7.0 4.0 _ 9.3 5.0 9.0 9.0 12.5 9.8 9.0 En _ 15.3 4.0 | 16.7 _ = 16.0 37.9 8.3 18.2 20.0 1722 _ 2 _ 9.0 | 38.6 | 50.0 20.0 50.0 48.0 20.0 42.8 14.3 28, — 231 _ _ 20.3 | 42.6 | 66.7 20.0 50.0 64.0 90.0 50.1 32.9 46.1 Kas2 29.1 14.0 | 14.4 | 13.1. | 14.6 | 13.6 14,3 13.1 12.9 7 13.8 13.2 11.7 NZZ 11.8 | _ 19.8 | 18.8 || 860 || 177,8 16.5 16.5 16.0 16.0 IR83 17.3 18.5 16.1 16.9 _ 5.4 5.4 3.9 4.2 2.2 3.4 3.1 4.3 3.5 4.2 Ka 4.4 9.1 15.9 | 14.0 | 13.1 | 14.5 | 13.0 13.5 14.0 13.0 1270 13.5 13.0 11.8 11.5 13.0 — | 1 || 1 17.0 16.5 17.0 16.0 6) 17.0 16.5 15.8 nn _ 4.5 9.4 3m 4.5 3.7 2.8 4.0 4.0 4.0 4.0 4.7 4.3 5.0 Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 14 96 Rein Reichel: Dauer psychischer Vorgänge. Normal- Versuchsperson Kolmer Ort Wien Datum (1906) 29./VI. 2./VIl. 4./VII. 5./VIL 6./VII. Tageszeit des Versuchsbeginnes 9h sh zu 10h 7 $h einfache Reaklion 9 Ö) 7 B) 5 37 Zahl der Werte für = Unterscheidung _ 15 18 17 12 — Reaktionszeit 13.0 13.0 11.0 11.0 13.5 13.0 Wahr inlic Mi P : idunes- ıhrscheinliche Mittel der ee Y 20.1 17.5 19.0 21.5 3 ("100 Sekude) —+- Reaktionszei Unterscheidungszeit = 7.1 6.5 8.0 8.0 == Reaktionswerte 6.0 4.5 1.0 2.0 1.3 4:8 Mittlerer Spielraum der (4/00 Sekude) Unterscheidungswerte —_ 10.0 3.0 3.9 11.5 — Reaktion ohne Erkennung _ = _ 5.4 ID) _ Prozente der Fehler bei R r Ausbleiben der Reaktion == = — 13.2 14.3 —_ Unterscheidungsversuchen Summe —_ = — 23.6 29.3 —_ Reaktionszeit 13.0 13.0 11.1 1195 13.6 1289 Arithmetische Mittel der Unterscheidungs- 8 28 guten Werte a eonezeit 17.6 17.2 7-9 19.3 ("/ioo Sekude) = Unterscheidungszeit —_ 4.6 6.1 6.4 Dal —_ Reaktionszeit 14.0 15.0 10.8 11.0 13.6 12.5 Schätzungsweise beste Unterscheidungs- A Bed Werte Na 16.0 17.5 17.8 19.0 (4/i00 Sekude) Unterscheidungszeit — 3.0 6.7 6.8 3.4 —_ | Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. 97 Tabelle V. versuche. Kolmer Rainer | Wien Monte Rosa Wien Monte Rosa Wien 7.|VIl. 10./VII. 10./VI. 2./IX. 8./VII. 9./VII. 14./VIN. 1./IX. 20./X. sh sh an 10h 106 3 9h n 12h a on 9h 8 14 5 30 13 12 14 28 14 18 E 10 10 11 17 | 16 11 11 23 12.8 12.0 10.0 11.5 “ a 11.0 12.0 12.0 ID 16.9 1#.0 14.8 15.0 19.0 u 14.5 14.0 RE 3.7 2.0 4.8 3 s 6.0 9.3 2.9 2.0 3.9 129 2.0 1.0 1.5 2.9 1.5 1.5 2.3 2.0 9.0 2.0 3.0 ar 4.0 3.8 2 1.5 A 2.9 - _ ÜoQ 29.0 6.9 — —_ Jr n 1 —_ _ 9.0 16.7 31.3 15.0 20.0 15.4 15.4 | 8.0 & | 9.0 24.4 96.3 : 21.6 20.0 15.4 26.4 8.0 12.8 12.2 10.4 11.4 12.9 1,6 12.1 11.9 10.0 17.0 14.1 16.1 f5.1 , 18.1 16.3 14.7 14.7 1289 4.2 EN Sa 3.7 5.2 4.7 fh 2.6 N 2) ae ie 10.4 11.5 Ben nr | 11.0 12.0 9.0 16.8 14.0 14.5 13.5 19.0 16.5 14.5 14.7 ; 12.0 4.3 2.5 3.1 2.0 7.0 9.0 3.9 2.0 3.0 143 VL. Über die psychische Alkoholwirkung in großer Höhe von H. Reichel. Unter den mannigfaltigen Wirkungen, die der Äthylalkohol auf den Menschen ausübt ist es vor allem die euphorische bis berauschende Wirkung auf die Psyche, die seit jeher auch in weiteren Kreisen Beachtung findet und in Diskussion steht. Besonders sind allenthalben Meinungen vertreten und ver- breitet, die darauf hinausgehen, den Genuß alkoholischer Getränke unter den oder jenen besonderen Umständen harmloser als sonst erscheinen zu lassen. Manchmal wird jene Wirkung als auffallend gering- fügig, manchmal als unter den gegebenen Verhältnissen nützlich, ja unentbehrlich bezeichnet. Mag nun auch das Urteil zu Recht bestehen, daß die Mehrzahl der gesundheitlichen Regeln des Volkes im Großen und Ganzen das richtige trifft, so ist doch einer Lehre mit dem größten Mißtrauen zu begegnen, wenn sie eine Handlung verlangt oder begünstigt, die nur allzu gern getan wird. Die vielseitige Anwendung einer in der Form übereinstimmenden Regel möchte hier im Gegenteil den Verdacht nahelegen, daß es sich um eine zur Selbsttäuschung bestimmte Entschuldigung des im tieferen Bewustßein immer als schädlich empfundenen Alkoholgenusses handelt. Jedenfalls wird auch der verbreitetste Volksglaube als Stütze einer solchen Ansicht nie und nimmer herangezogen werden können. Die enorme individuelle und zeitweilige Verschiedenheit der Äußerungen jener Wirkung, die uns bei der komplizierten Abhängigkeit psychisch bedingter Erscheinungen nicht überraschen kann, bringt es aber mit sich, daß solche Fragen auch durch exakte Einzelbeobachtungen nicht wesentlich zu klären sind, sondern ihre Lösung systematischer Unter- suchung vorbehalten bleiben muß. ; Auch in bezug auf die psychische Wirksamkeit des Alkohols in großer Höhe finden sich im Volke, besonders auch bei Bergführern und Touristen Meinungen verbreitet, die eine gesteigerte Toleranz, eine verminderte nachteilige Wirkung behaupten. Ist nun auch nach dem Gesagten der beweisende Wert solcher Anschauungen verschwindend gering und sind bei der Natur der in Rede stehenden Wirkung auch die redlichsten Selbstbeobachtungen nicht als direkt verwertbar zu betrachten, so erfahren dieselben in unserem Falle doch anscheinend eine gewisse Bestätigung durch einzelne Feststellungen wissen- schaftlichen Charakters. Pöppig! und Tschudi? geben an, den genannten Unterschied der Wirkung bei ihren Reisen in den Anden an ihren eingebornen Begleitern objektiv beobachtet zu haben. Mosso und Galeotti? fanden in messenden Versuchen am eigenen Körper die herz- und atmungerregende Wirkung 1 Reisen in Chile, Peru und auf dem Amazonenstrom. Leipzig 1836. 2 Peru. Reiseskizzen aus den Jahren 1838 — 1842. II, St. Gallen, 1846. 3 L’action physiologique de l’alcool A des grandes altitudes. Labor. scient. du Mont Rosa. Trav. de l’annee 1903. Turin 1904. Ergebnisse der Monte Rosa-Expediltion. 99 des Alkohols am Monte Rosa-Gipfel nicht in dem Maße vor als in Vergleichsversuchen im Tale. Sie glauben ein gleiches Verhalten der psychischen Wirkung subjektiv zu erkennen und beziehen auch die zuerst genannten Tatsachen auf eine herabgesetzte Erregbarkeit des Zentralnervensystems. Unsere Versuche, über die im folgenden berichtet werden soll, hatten zur Aufgabe mittels der im vorausgehenden Teile geschilderten psychometrischen Untersuchungsmethoden die Richtigkeit jener Anschauung zu prüfen, dıe eine veränderte psychische Wirksamkeit des Alkohols in der Höhe annimmt. Die psychische Alkoholwirkung gehört zu den bestbekannten Einflüssen medikamentöser Stoffe auf psychische Vorgänge. Besonders wurde auch die damit gegebene Variation der Dauer einfacher solcher Prozesse wiederholt zum Gegenstand eingehender Studien gewählt. Schon Exner! stellte einen verzögernden Einfluß großer Alkoholdosen auf die einfache Reaktionszeit fest. Dietl und v. Vintschgau? lehrten als die ersten ein gegensätzliches Verhalten kleiner und großer Dosen kennen. Kraepelin? stellte die wesentlichsten Einzelheiten dieser Wirkungsweise, aber auch die starken individuellen Verschieden- heiten derselben fest. Danach tritt die die Reaktionszeit verkürzende Wirkung des Alkohols außerordent- lich rasch, schon 2 bis 3 Minuten nach dem Genuß geringer Dosen ein, dauert jedoch meist nicht über 20 Minuten an, um sodann in eine längerdauernde verzögernde Wirkung überzugehen. Größere Dosen wirken sogleich verlängernd, doch ist ihre absolute Größe je nach individueller und zeitlicher Disposition recht verschieden; für die Person Kraepelin’s selbst schwankt dieselbe zwischen 45 und 608 Alkohol. Für Unterscheidung scheinen auch bei einer Person schon geringere Dosen als für einfache Reaktion von Anbeginn eine verzögernde Wirkung zu entfalten. Die späteren Untersuchungen Warrens’* bestätigen — im Lichte der Kritik Kraepelin’s? betrachtet — diese Feststellungen in allen wesentlichen Punkten. Die Methodik unserer auf diese Frage gerichteten Versuche war in allen Einzelheiten, auch hin- sichtlich der Berechnung die im vorausgehenden Teile ausführlich beschriebene. An jenen Ver- suchstagen, die wir dem Studium des Alkonoleinflusses widmeten, schloß sich an eine normale Versuchs- reihe, die oben geschildert und auch ihrem Ergebnis nach verwertet wurde, der Genuß von Alkohol und hieran unmittelbar eine Kette weiterer Reihen, meist abwechselnd auf einfache Reaktion und Unter- scheidung gerichtet. Nach ungefähr 1 Stunde wurde der Versuch entweder abgebrochen oder es traten nun längere, durch andere Beschäftigung ausgefüllte Zwischenpausen vor Anstellung weiterer Reihen ein. Diese Einzelreihen bildeten die Grundlage für die Berechnung der in den Tabellen und Kurven wieder- gegebenen Mittelzahlen nach den drei besprochenen Rechenmethoden. Die Alkoholdosis war in allen Ver- suchen mit Ausnahme des ersten an Kolmer in Wien 20cm?, in diesem 10cm? 95°/,igen Alkohols, die in einem Glase Wasser auf einen Zug genossen wurden. Die niedrige Dosis sollte einerseits die Ein- beziehung beider typischen Wirkungen — anfängliche Verkürzung, spätere Verlängerung — wenigstens in die Vergleichsversuche im Tale sicherstellen, andererseits die Erkennbarkeit einer etwaigen Änderung der Wirkung in der Höhe erleichtern. Die längere Dauer dieser Alkoholversuche im Vergleich mit den beschriebenen Normalreihen gestattet allerdings keine durchgreifende Vergleichung beider, insofern das normale Verhalten bei so lange fortgesetztem Arbeiten nicht festgelegt erscheint. Die Mitwirkung von Übung oder Ermüdung wird somit für das Zustandekommen von Ausschlägen nicht auszuschließen und fallweise in Betracht zu ziehen sein. Immerhin scheint uns durch die in der Literatur vorliegenden Daten der typische Verlauf alkoholbeeinflußter Kurven hinlänglich festgestellt zu sein, um aus dem Vergleich unserer Versuche untereinander und mit diesen auf die Wirksamkeit jenes Einflusses schließen zu 1 Experimentelle Untersuchungen der einfachsten psychischen Prozesse. Pflüger’s Archiv, /2, 601 (1873). 2 Das Verhalten der physiologischen Reaktionszeit unter dem Einfluß von Morphium, Kaffee und Wein. Pflüger's Archiv, 76, 316 (1877). 3 Über die Einwirkung einiger medik. Stoffe auf die Dauer einfacher psychischer Vorgänge. Philos. St., I, 3, 417 (1883). i The effect of the pure alkohol on the reaktion time. Journ. of physiology, 8, 311 (1887). 5 Über die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena 1892. 100 H. Reichel, dürfen. Die Kürze der im einzelnen Versuch aufeinanderfolgenden Reihen, das heißt die geringe Anzahl der annähernd gleichzeitig gewonnenen und deshalb gemeinsam berechenbaren Einzelwerte, beeinträchtigt allerdings die Zuverlässigkeit der Resultate schr wesentlich. Diese Zahl war, wie aus den Tabellen hervorgeht, in den nach Alkoholgenuß angestellten Reihen fast durchwegs geringer als bei den Normalversuchen — im Durchschnitt etwa 8. Die einzelnen Kurvenpunkte werden also an und für sich in noch geringerem Maße Anspruch auf Glaubwürdigkeit verdienen, als es dort der Fall war, wenn diese nicht in der wechselseitigen Bestätigung der beiden Versuchsarten (Reaktion und Unter- scheidung) und in der Lage benachbarter Punkte, das heißt im Hineinpassen in den allgemeinen Zug der Kurve, wesentliche Stützen findet, wobei der letztere wieder nur aus einem nahe übereinstimmenden Ergebnis der verschiedenen Rechenmethoden einwandfrei entnommen werden kann. Die Unterscheidungsreihen gestalteten sich hinsichtlich der Häufigkeit der beiden Signale hier ebenso wie bei den Normalversuchen. Unter 41 zu vergleichenden Reihen zeigen nur 8 unter 50, nur 1 über 67 Prozent Vexiersignale. Auch die Versuchspersonen waren dieselben wie in den Normalversuchen. Zwei derselben, Reichel und Kolmer, lebten während der Dauer der Versuche — ihrer sonstigen Gewohnheit entsprechend — alkoholabstinent, die beiden anderen, die an geringe tägliche Dosen alkoholischer Getränke gewöhnt waren, hielten hieran auch während der Zeit der Versuche — am Monte Rosa selbst jedoch in noch ver- mindertem Maße — fest. ’ Die Anzahl der durchgeführten Versuche ist infolge des damit verknüpften Zeitaufwandes ver- hältnismäßig noch viel geringer als bei den Normalversuchen, weshalb die Reserve, welche den zu ziehenden Schlußfolgerungen dort auferlegt wurde, hier im verstärkten Maße Geltung haben muß. An Durig konnte am Monte Rosa aus Zeitmangel überhaupt kein derartiger Versuch unternommen werden, weshalb auch ein späterer unterblieb, so daß ein Vorversuch der einzige ist. Für Kolmer liegt ein solcher und ein Monte Rosa-Versuch vor, ein Nachversuch unterblieb aus äußeren Gründen. Mit Reichel und Rainer gelangten je drei Versuche, und zwar vorher, am Monte Rosa und nachher zur Durchführung. Die zeitliche Lage derselben war die, daß alle Vorversuche am 9. und 10. Juli, alle Monte Rosa-Versuche in den letzten Tagen des Aufenthaltes am 1. bis 3. September, die Nachversuche im Oktober (Rainer) und Dezember (Reichel) ausgeführt wurden. Die Tageszeit des Versuchsbeginnes war immer der Morgen, spätestens 10 Uhr vormittags. Die Darstellung der Ergebnisse weicht von der der Normalversuche nur insofern ab, als die ziffer- mäßige Wiedergabe der Differenz beider gemessenen Zeitwerte (Unterscheidungszeit Donders’) hier unterblieb. Das Verhalten dieser Größe kann einerseits aus der Lage der Kurven zueinander leicht über- blickt werden, während andererseits ihre Berechnung wegen der Notwendigkeit der Interpolation für gleiche Zeitpunkte zum Zwecke der Differenzbildung recht umständlich gewesen wäre. Ergebnisse. Art, Richtung und Größe der unter dem Einflusse des Alkohols beobachteten Veränderungen der Dauer psychischer Vorgänge stimmen im großen und ganzen mit den Angaben Kraepelin’s,! soweit sie sich auf ähnliche Dosen beziehen, überein. Das Resultat gestaltet sich nach den drei Rechenmethoden sehr ähnlich, was wieder hinsichtlich der arithmetischen Mittelung beweist, daß auch dieser Einfluß eine wesentlich voneinander unabhängige Variation von Größe und Häufigkeit der Verspätungen nicht mit sich bringt. Auch ein übereinstimmendes Verhalten beider Versuchsarten — Reaktion und Unterscheidung — ist, soweit es unter diesen Verhältnissen zu erwarten war, fast durchwegs zu beobachten, so daß eine wechselseitige Bestätigung der Ergebnisse im allgemeinen angenommen werden darf. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 101 Die immerhin große Verschiedenheit der einzelnen Kurvenpaare gestattet hier keine allgemeine Ver- gleichung derselben vor ihrer Betrachtung im einzelnen. Der Versuch an Durig zeigt in ausgesprochener Weise ein Verhalten, das sonst nur für die Wirkung größerer Alkoholdosen als typisch betrachtet wird. Die nach dem Alhoholigenuß festgestellten Werte erscheinen erhöht, und zwar nach allen Rechenmethoden. Zunächst ist die Wirkung stark, wenigstens für Unterscheidung; erst nach einer Stunde klingt sie deutlich ab. Die in den Kurven aus Platzrücksichten nicht mehr wiedergegebenen Weıte nach 3!/, Stunden liegen hinsichtlich einfacher Reaktion etwa in der Höhe der Ausgangsversuche, nach der Auszählmethode sogar tiefer, was durch Übungsgewinn zu ver- stehen wäre. Die Unterscheidungsreaktionen dauern auch in diesem Zeitpunkte, offenbar unter dem Ein- fluß des Alkohols, noch deutlich länger als im Anfang. Das ganze Verhalten muß auf unbekannten Momenten individueller oder auch zeitweiliger Disposition beruhen. Der mittlere Spielraum erscheint nach der ersten !/, Stunde der Alkoholwirkung für beide Versuchsarten unverkennbar erhöht, wobei zu berück- sichtigen ist, daß die »normalen« Grenzen von 0:02, beziehungsweise 0'04 Sekunden von dieser Versuchs- person sonst niemals ohne eısichtlichen Grund überschritten werden. Bezüglich der Fehler scheinen die wenigen vorliegenden Zahlen auf eine rasch vorübergehende Steigerung der Fehlerhaftigkeit hinzuweisen, noch mehr aber auf ein Hervortreten einer stärkeren Neigung zu Unterlassungsfehlern als zu vorzeitigen Entscheidungen, die gerade bei dieser Person sonst am wenigsten ausgesprochen war. Leider fehlen hier weitere Versuche. Die drei Versuche an Reichel weisen wieder eine gute Übereinstimmung der dreierlei Rechen- resultate und mit Ausnahme des 3. Versuches auch eine solche der beiden Kurven (Reaktion und Unter- scheidung) auf. Im ersten Versuche sind alle zu erwartenden typischen Erscheinungen nach allen Rechen- methoden zu sehen: die anfängliche Verkürzung aller Werte und der bald folgende Wiederanstieg, der besonders zu einer länger anhaltenden Erhöhung der Unterscheidungszeit führt. Daß eine Erhöhung der einfachen Reaktionszeit über den Anfangswert nicht zu beobachten ist, beruht wohl auf der fortschreitenden Übung, der es auch zuzuschreiben ist, daß nach 3 Stunden die Werte — mit alleiniger Ausnahme der Unterscheidung nach arithmetischer Mittelung — tiefer als vor dem Alkoholgenuß liegen. Eine sehr weitgehende Übereinstimmung mit diesem Verlaufe weist der Monte Rosa-Versuch an Reichel auf. Besonders das Verhalten der einfachen Reaktionszeit ist nahezu identisch, nur daß hier zwei Rechenmethoden (Auszählung und Schätzung) !/, Stunde nach dem Alkoholgenuß geringfügige Ver- längerungen auch über den Vergleichswert hinaus hervortreten lassen. Bei den Unterscheidungsreaktionen scheinen zunächst stärkere und eindeutige Ausschläge zu fehlen. Genauere Betrachtung lehrt, daß der erste nach Alkoholgenuß gewonnene Wert die — besonders im Vergleich mit dem vorausgehenden Ver- suche — zu erwartende Verkürzung nur nach der Rechenmethode der Auszählung und auch da nur schwach erkennen läßt; nach arithmetischer Mittelung steigt diese Zahl, nach der Schätzung bleibt sie unverändert. Der zweite und letzte Wert weist allerdings nach arithmetischer Mittelung und Schätzung eine geringe Erhöhung auf, die aber wieder nach der Auszählung fehlt. Die letztere Zahl entspricht jedoch nach ihrer zeitlichen Lage (1?/, Stunden nach Alkoholgenuß) nach jeder Rechenmethode völlig dem Ver- lauf des vorausgehenden Versuches. Das Fehlen ausgesprochener Erhöhungen kann somit hier allein auf der unzweckmäßigen Wahl, beziehungsweise der zu geringen Anzahl der Untersuchungszeitpunkte beruhen und das vorliegende Material gestattet im Vergleich mit den entsprechenden Daten des Vorver- suches höchstens einen Schluß auf Ausbleiben der anfänglichen Verkürzung, also vielleicht auf etwas stärkere Wirksamkeit des Alkoholeinflusses, wofür ja auch in dem genannten Verhalten der einfachen Reaktionszeit eine gewisse Stütze erblickt werden könnte. Das dritte Kurvenpaar, der Nachversuch, bietet zum Teil recht abweichende Verhältnisse dar. Die anfängliche Verkürzung der Zeiten ist zwar nach Auszählung und Schätzung überall deutlich vorhan- den, fehlt aber für beide Versuchsarten bei arithmetischer Mittelung. Es darf dabei in Erinnerung gebracht werden, daß diese Methode die geringste innere Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit ihrer Resultate bietet. Auffälliger ist der schon 14 Minuten nach dem Alkoholgenuß nach allen Rechenmethoden 102 JEL Rear @l., zu erschließende rapide Eintritt einer starken, aber nur die einfache Reaktion treffenden Verzögerung, welche Wirkung 1 Stunde nach dem Genuß abgeklungen erscheint. Dieses auf unbekannten, zufällig wirksamen Momenten beruhende Verhalten setzt die Vergleichbarkeit des Versuches mit den beiden vorigen natürlich wesentlich herab; es mahnt aber gleichzeitig zur Vorsicht vor der rückhaltlosen \er- wertung selbst eindeutiger und starker Ausschläge, besonders bei so spärlichen Versuchen, wie sie hier vorliegen. Die Unterscheidungsreaktion weist hier — abgesehen von Schwankungen, die bei der etwas größeren Anzahl und geringen Ausdehnung der Reihen nicht überraschen dürfen — ein leidlich typisches Verhalten auf. Der Abfall dieser Werte am Schlusse des Versuches dürfte auf Übungsgewinn zu beziehen sein. Die Variationsbreite ist in den Alkoholversuchen an Reichel durchwegs nicht groß. In den zwei Talversuchen scheint für die einfache Reaktionszeit eine Veringerung, im Monte Rosa-Versuch eine geringe Vergrößerung des Spielraumes durch den Alkoholeinfluß zustande zu kommen. Auffällig ist die durchwegs geringere Größe des mittleren Spielraumes für Unterscheidungsversuche gegenüber den ent- sprechenden abnorm hohen Zahlen, die bei den Normalversuchen vorliegen. Allerdings fehlen exzessive Normalwerte gerade an den Tagen der Alkoholversuche. Es mag aber bemerkenswert sein, daß mit jener Tatsache geringerer Variation eine subjektive Empfindung von Erleichterung der Entscheidung unter der Wirkung des Alkohols einherging. Auch v. Vintschgau und Dietl! sowie Kraepelin? geben übrigens das Auftreten verminderter Variation unter leichtem Alkoholeinfluß an. Die Fehlerzahl zeigt ein ähnliches Verhalten; auch am Monte Rosa ist eine Herabsetzung unter dem Einflusse des Alkohols erkennbar. Die sonst deutliche Bevorzugung der Versäumnisfehler gegenüber den vorschnellen Entscheidungen erscheint in ihr Gegenteil verkehrt, und zwar überall, soweit Alkoholeinfluß vorliegt, mit alleiniger Ausnahme einer Reihe im Anfang des Nachversuches, der ja in diesem Abschnitt überhaupt ein abnormes Bild bietet. Die Versuche an Kolmer zeigen ebenfalls fast durchwegs gute Übereinstimmung der drei Rechen- resultate und der zusammengehörigen Kurven. Der erste Versuch zeigt die typischen Variationen in fast noch reinerer und stärkerer Weise als der an Reichel. Die Verkürzung ist an beiden Werten nach allen Rechenmethoden deutlich, die nachträgliche Verlängerung der einfachen Reaktionszeit schon nach 18 Minuten, bei der Unterscheidungsreaktion nach 25 Minuten ausgeprägt, letztere 40 Minuten nach Alkoholgenuß noch wesentlich verstärkt. Dagegen bietet der Monte Rosa-Versuch deutliche Zeichen inten- siverer Alkoholwirkung, was nicht verwundern darf, da die Dose im ersteren 10, hier 20cm? Alkohol betrug. Die Kurven sind im allgemeinen den an Durig gewonnenen sehr ähnlich. Nur die Schätzungs- methode läßt die vorübergehende Verkürzung der einfachen Reaktionszeit noch erkennen, die beiden anderen weisen schon von Beginn den verlängernden Einfluß auch hier, alle drei Methoden gleichartige stärkere Wirkungen für die Unterscheidungsreaktion auf. Nach 1?/, Stunden erscheinen die Reaktions- zeiten wieder normal, die Unterscheidungszeiten noch stark verlängert. Auch nach mehreren Stunden ist offenbar nicht jede Nachwirkung verschwunden, wenn sich hier nicht schon die ermüdenden Einflüsse des Arbeitstages geltend gemacht haben. Bezüglich der Variationsbreite finden sich in beiden Versuchen und bei beiden Arten der Reaktion einzelne größere Zahlen, die auf den Alkoholeinfluß füglich bezogen werden können. Die stärkste derartige Wirkung scheint im zweiten Versuch hinsichtlich Unterscheidung zu bestehen. Die bei Reichel ausgesprochene Umkehrung der Fehlerneigung ist hier nur im Beginn des Wiener Versuches angedeutet. Auffällig ist dagegen die enorme Fehlerhaftigkeit des ganzen Monte Rosa- Versuches, besonders in seinen späteren Reihen, während im ersten Versuch ein solcher Einfluß des Alko- hols kaum zu erkennen ist. Bei den drei an Rainer gewonnenen Versuchen ist die gegenseitige Lagerung der zwei zusammen- gehörigen Kurven im Verhältnis zu dem bisher besprochenen Materiale häufiger eine überraschende und Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 103 wenig befriedigende. Dagegen bestätigen sich die drei Rechenmethoden auch hier meist in hinreichen- dem Maße. Das Ergebnis des ersten Versuches zeigt Ähnlichkeit einerseits mit dem an Durig gewonnenen, andererseits mit dem des dritten Versuches an Reichel. Eine Verzögerung der einfachen Reaktionszeit tritt hier sofort und stark, aber rasch vorübergehend ein. Nach 1 Stunde ist der normale Stand erreicht oder etwas unterschritten. Die Dauer der Unterscheidungsreaktion wird dabei wenig verändert, jedenfalls nicht stark erhöht, so daß — ebenso wie im Versuche 3 an Reichel — in einem gewissen Zeitpunkt kurz nach der Alkoholgabe die Unterscheidungszeit selbst als abnorm kurz erscheint. Dem typischen Ver- lauf alkokolbeeinflußter Kurven nähert sich vielmehr diejenige des Monte Rosa-Versuches. Hier findet sich eine zweifellose Verkürzung der einfachen Reaktion, die freilich gegen die Regel nicht sofort (3 Minuten nach Alkohol), wohl aber bald (15 Minuten darnach) festzustellen ist. Die spätere Verzögerung geht bei arithmetischer Mittelung gar nicht und auch sonst nicht stark über den Wert des Normalversuches hinaus. Auch die Unterscheidungsreaktion ist zunächst (nach 11 Minuten) nicht, später (nach 25 Minuten) wenigstens nach Auszählung und arithmetischer Mittelung verkürzt, nach 46 Minuten jedoch sicher ver- längert. Den absonderlichsten Verlauf zeigt der Wiener Nachversuch Rainer’s. Die einfache Reaktionszeit erscheint nach 6 Minuten unverändert, nach 23 Minuten verlängert. Die bei 40 Minuten folgende, nach Auszählung und Schätzung sogar unter dem Vergleichswert gehende Verkürzung dürfte auf dem Auf- treten mehrerer verdächtig kurzer Werte, wohl vorzeitiger Reaktionen beruhen. Es folgt ein allmählicher Anstieg, den man als Ausdruck einer Ermüdung deuten könnte. Die Unterscheidungsreaktion erfährt nach einer anfänglichen (13 Minuten) Verlängerung, die übrigens nach der Auszählungsmethode nicht deutlich wird, eine fortschreitende allmähliche Verkürzung, bis sie sich den verlängerten — aber immer noch kurzen einfachen Reaktionszeiten nähert — ja diese bei Auszählung sogar unterschreitet. Auch diese Erscheinung dürfte auf vorzeitigen Reaktionen beruhen, die sich allerdings gerade hier in der Fehlerhäufigkeit nicht verraten. Jedenfalls muß aber das abnorme Verhalten dieses Versuches seine Vergleichbarkeit mit den anderen fast aufheben. Die Variationsbreite zeigt in den Versuchen an Rainer nichts sehr auffälliges. Neben niedrigen und ziemlich gleichmäßigen Zahlen kommt im Vorversuch und im Monte Rosa-Versuch je ein großer Wert vor, der dem Alkoholeinfluß zuzuschreiben sein dürfte, im Nachversuch sind die ersten Werte nach Alkoholgenuß für beide Versuchsarten höher als sonst. Von einer Umkehrung der Fehlerbevorzugung kann hier nicht gesprochen werden. Die Fehlerhaftigkeit der alkoholbeeinflußten Reihen in Wien ist auffällig gering, während sie im Monte Rosa-Versuche 1 Stunde lang über dem Durchschnitt der Normalver- suche bleibt. Es zeigt sich in der vorstehenden Betrachtung der Versuchsergebnisse, daß die als typisch erwarteten Alkoholeinflüsse an zwei Versuchspersonen, Reichel und Kolmer, klarer hervortreten als an den anderen, was seine Erklärung vielleicht in der seit Jahren geübten Alkoholabstinenzgewohnheit gerade dieser beiden findet. Freilich gestattet der ganz isolierte Versuch an Durig mit dem Befunde eines atypisch schweren Alkoholeinflusses Kaum überhaupt eine Vergleichung. Das schwankende und atypische Ver- halten Rainer’s dürfte jedoch immerhin — besonders in Anbetracht der großen Regelmäßigkeit seiner Normalversuche — auf Störungen durch den vergleichsweise größten, jedoch mehr ungleichmäßigen als wirklich großen Alkoholgenuß dieser Person während der vorangehenden Jahre und wohl auch während der weiteren Versuchszeit zu beziehen sein. Bemerkenswert mögen noch einige Angaben über subjektive Empfindungen während der Alkohol- versuche sein, die wir unmittelbar bei ihrem Auftreten in dem Protokolle vermerkten, ohne also die geringste Kenntnis von dem allgemeinen Ausfall der Versuche haben zu können. Die genauesten Daten über Beginn und Ende der subjektiv empfundenen Alkoholwirkung finden sich in den mit Reichel auf- genommenen Protokollen. Das Auftreten einer solchen ist hier immer noch während der ersten auf den Alkoholgenuß folgenden Versuchsreihe, also wenige Minuten nach demselben, vermerkt. In dem ersten Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 15 104 Ike care, Versuche wird direkt vorübergehender Kopfschmerz, im Monte Rosa- und im Nachversuch »schwerer Kopf« angegeben, im Vor- und im Monte Rosa-Versuch folgen dann Notizen über angenehme Empfin- dungen, besonders, wie erwähnt, über subjektive Erleichterung der Unterscheidungsaufgabe; im Nach- versuch, der ja auch sonst durch stärkere Wirkung abweicht, die Angabe: Schläfrigkeit. Das Ende der Wirkung ist im Vorversuch nach 35 Minuten, am Monte Rosa nach 11/, Stunden und im Nachversuch nach 48 Minuten angegeben. Spärlicher oder minder gleichmäßig sind die Angaben bei Kolmer undRainer. Im ersten Versuchs- protokoll Kolmer’s findet sich bloß 27 Minuten nach Alkoholgenuß die Anmerkung: Schläfrigkeit; im zweiten — am Monte Rosa — nach 7 Minuten: Müdigkeit, Schwere in den Gliedern, dann: Gefühl körperlicher Unsicherheit, Unwohlsein; nach 30 Minuten: Gleichmut, Heiterkeit, Unaufmerksamkeit. Das alles paßt außerordentlich gut zu dem Bilde, das uns auch die Maßzahlen der Dauer, der Variations- breite und der Fehlerhaftigkeit von diesem Versuche entwerfen. Bei Rainer findet sich nur im Vor- und Monte Rosa-Versuch 9, beziehungsweise 8 Minuten nach Alkoholgenuß der Beginn subjektiver Wirkung angemerkt. Wenn nun auch solchen subjektiven Beobachtungen bei der bekannten großen Suggestibilität alko- holbeeinflußter Personen irgendein entscheidender Wert nicht zugeschrieben werden darf und soll, so lehren sie doch, daß bei allen untersuchten Personen jede Andeutung einer verminderten subjektiven Alkoholwirkung in der Höhe fehlte, eher vielleicht solche zu finden wären, die in entgegengesetzte Richtung weisen. Ausallem Gesagten geht hervor, daß ein Vergleich deram Monte Rosa und im Tale angestellten Alkoholversuche nichts ergibt, was aufeinein der Höhe verminderte Wirk- samkeit dieses Stoffes auf die Dauer einfacher psychischer Vorgänge sowie auf deren Konstanz und Fehlerhaftigkeit irgend hinweisen würde. Hingegen deuten manche Einzel- heiten unserer Versuchsergebnisse eher in die Richtung eines in der Höhe verstärkten Einflusses, sowohl hinsichtlich der früheren und stärkeren Zeitverlängerung als besonders der in der Höhe leichter ver- größerten Variationsbreite und Fehlerhaftigkeit der Versuche. Es liegt jedoch nahe, diesen kleinen, aber unverkennbaren Unterschied der nach der Betrachtung der Normalversuche vermuteten allgemeinen störenden Wirkung unseres Höhenaufenthaltes — mag sie nun durch das Klima selbst oder durch die lokalen Umstände der Versuche bedingt sein — zuzuschreiben, wobei zunächst nicht entschieden werden kann, ob eine hypothetische Klimawirkung allein zur Erklärung der Erscheinungen ausreichen würde oder ob eine damit gegebene verminderte Alkoholtoleranz in der Höhe anzunehmen wäre. Es mag an dieser Stelle — namentlich im Hinblick auf den auch bei Besprechung jener allgemeinen Höhenwirkung herangezogenen Parallelismus von in den Tropen gewonnenen Versuchsergebnissen — bemerkenswert sein, daß Fiebig,! ein Truppenarzt in Niederländisch-Indien, das dortselbst verbreitete Vorurteil: Alkohol sei für den Europäer in den Tropen nützlich und unentbehrlich, unter Beibringung zahlreicher Beobachtungen zu bekämpfen sucht, die alle auf eine ungleich schwerere Wirkung des Alko- hols in den Tropen als in gemäßigtem Klima hinweisen. Bei demnahen Zusammenhange der Vasomotoren- leistung einerseits mit jeder Akklimatisation, andererseits mit der Alkoholwirkung scheint eine solche Art des Zusammenhanges jedenfalls wahrscheinlicher als ihre oft behauptete Umkehrung. Jedenfalls sind aber andere dispositionelle Momente auf die Gestaltung alkoholbeeinflußter Kurven solcher Zeitwerte gelegentlich wirksamer als die Höhe. Bindende Schlüsse positiver Natur vermögen sonach aus einem so lückenhaften Materiale überhaupt nicht gezogen werden. Immerhin bleibt aber die Erkenntnis zu Recht bestehen, daß selbst die Wirkung geringer Alkoholgaben auf unsere Psyche nach messenden Versuchen beurteilt, keineswegs eine Abnahme erfahren hat, welche Tatsache durch unsere subjektiven Empfindungen voll bestätigt zu werden scheint. 1 Über den Einfluß des Alkohols auf den Europäer in den Tropen. Archiv für Schiffs- und Tropenhygiene, 5, 14 und 59. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 105 Diese unsere Feststellung muß mit den eingangs erwähnten Angaben anderer Autoren keineswegs als im Widerspruche stehend betrachtet werden. Die Beobachtungen Pöppig’s! und Tschudi’s? können einerseits einen Anspruch auf Gleichwertigkeit mit Maßversuchen nicht erheben, erklären sich vielleicht andererseits wie manche andere diesbezügliche Angaben durch veränderte Äußerungen der viel- gestaltigen Alkoholwirkung, ohne daß eine Abschwächung derselben insbesondere auf das Gehirn ange- nommen werden müßte. Hinsichtlich der Versuchsergebnisse von Mosso und Galeotti? erscheint es gar nicht unwahrscheinlich, daß eine auf Herz und Lunge gerichtete Wirkung durch die starke Alteration, die diese Organe vor allen anderen in der Höhe zweifellos erfahren, bis zur Unkenntlichkeit verdeckt oder verändert sein kann, während das sonst — nach dem Vorangehenden jedenfalls — nur mäßig in Mitt- leidenschaft gezogene Großhirn die Erscheinungen der Alkoholwirkung ganz im gleichen, vielleicht ver- stärkten Maße wie im Tale darbietet. Den subjektiven Beobachtungen dieser Autoren, die wir allerdings nicht bestätigen können, vermögen wir — ebensowenig wie unseren eigenen — eine wesentliche Beweis- kraft zuzubilligen. 1% ce. p: 20. POT ECH Pr 20: IL, Co, 9% ZU: 15* 106 jch Kenelmal, Reichel: Psychische Alkoholwirkung. —- Reaktionszeit Normal- Versuchsperson Durig Ort Wien Datum (1906) 9./V1I. Tageszeit des Versuchsbeginnes 7u (8h) (und des Alkoholgenusses) Mittere Zeit nach Alhoholgenuß vorher 5' 16' 28" 46' einfache Reaktion 16 18 _ 13 _ Zahl der Werte für en Unterscheidung 19 —_ 5 — 6 Reaktionszeit 11.0 12.8 _ 14.5 _ Wahrscheinliche Mittel der (oo Sek.) Unterscheidun 8S- = = —- Reaktionszeit a a u Reaktionswerte 2.0 2.0 = 4.8 _ Mittlerer Spielraum der (/ıoo Sek.) : Unterscheidungswerte 3.0 — 11.0 = 3.0 Reaktion ohne Erkennung — = = = — Prozente der Fehler bei i ß Ausbleiben der Reaktion 13.6 _ 28.6 —_ 14.3 Unterscheidungsversuchen Summe 13.6 = 28.6 = 14.3 Arithmetische Mittel der Reaktionszeit 10.7 12.9 — 14.2 = guten Werte EN 1 Sek, Unterscheidungs- 5 > (/ıoo Sek.) ae 13.4 17.0 18.5 Schätzungsweise beste Reaktionszeit 11.0 12.0 = = = Werte (/ıoo Sek.) NS eh une 12.5 — 17.0 - 19.0 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 107 Tabelle VI. versuche. Durig Wo @ 9./VII. 10./VI. 7u (8%) 9h (91,h) DZ 31/, St. voıher Du 19" ag“ 39" Si 3 St. 7 14 15 7 _ 8 _ 6 6 = 11 8 TE 13 _ 13 _ 8 17.0 BR 13.8 13.0 — 13.5 = 13.0 13.0 = 14. 17.0 — 15.9 _ 19.0 ö 16.3 7.9 = 3. 3.5 1.5 = 1.5 _ 175 2.0 _ 5. 4.0 _ 4.8 _ 3.9 _ 3.9 _ _ _ _ Gall _ Ho _ 27.3 — — 23.1 _ _ _ _ u Tel _ _ Zart _ Wall _ Koll _ 38.4 14.1 10. 14.3 13.2 _ 13.6 = 13.4 13.1 _ 14. 16.5 — 15.5 _ 18.3 _ 16.8 14.0 itilz 13.5 13.0 _ 13.3 = 13.0 13.0 _ 14. 17.0 _ 15.0 _ 19.0 _ 16.0 108 Hr; Reiche; Reichel: Psychische Alkoholwirkung. Normal- Versuchsperson Reichel Ort Monte Rosa Datum (1906) 3./IX. Tageszeit des Versuchsbeginnes Zu (71/5h) (und des Alkoholgenusses) z Mittlere Zeit nach Alkoholgenuß vorher 4' 16' 28' 95' 108' einfache Reaktion 16 15 — 11 14 — Zahl der Werte für Unterscheidung 12 — 16 —_ = 13 Reaktionszeit 13.0 12:5 _ 13.5 13.0 _ Wahrscheinliche Mittel der (/ıoo Sek.) Unten : nterscheidungs- —+- Reaktionszeit 13.0 z} "0:9 ee Zu 10.8 Reaktionswerte 1.8 2.8 —_ 3.0 10) _ Mittlerer Spielraum der (ıoo Sek.) Unterscheidungswerte 5.0 —_ 4.3 = = 4.5 Reaktion ohne Erkennung 18.2 _ 14.83 —_ _ 22.2 Pıozente der Fehler bei { ; ‘ Ausbleiben der Reaktion 14.3 —_ _ _ _ 7.2 Unterscheidungsversuchen Summe 32.6 — 14.3 —_ _ 29.4 Arithmetische Mittel der Reaktionszeit 13.2 12.6 _ 13.0 13.1 _ guten Werte 1/... Sek. Unterscheidungs- 4 En Ei & (oo Sek.) a 17.3 17.8 18.5 Schätzungsweise beste Reaktionszeit 13.0 12.5 —_ 13.5 12.8 — Werte (/ıoo Sek.) Unterschaidungs; 17.0 — 17.0 = — 1725 —- Reaktionszeit Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 109 Tabelle VI (Fortsetzung). versuche. Reichel Wien SC DRIE 10h (11h) vorher 4' 9! 14' 28 28" 3 46' 55' 59" 66' 72" 17 6 = 9 — b) _ 5 _ 10 — 6 17 — 4 _ 5 — 4 — 5 = 6 — 12.5 12.0 _ 16.5 _ 17.5 _ 14.0 = 14.0 — 1855 18.0 _ 16.8 _ 19.0 _ 17.0 _ 19.0 — ; 15.0 — 4.0 2340) _ 2.8 _ 1.0 _ 2.3 = 4.0 = 2.0 5.0 _ 5.0 _ 4.3 _ 20) _ 4.0 = 4.0 — en = SS = — — — — 1969 — h 10.0 _ Il — _ — 28.6 _ — en en es = a 2 — _ —_ 28.6 _ _ _ 1269 — 10.0 = 1228 12.6 — 15%9 _ 17.5 — 1329 — 14.1 — 13.6 16.9 — 17.9 _ 18.9 _ 17.8 _ 18.6 = 16.6 — 13.0 12.0 _ 15.0 _ 17.0 _ 14.0 _ 14.0 = 12.8 18.0 _ 16.5 _ 19.0 _ 17.0 _ 18.9 _ 15.0 = 110 INSEDaleN» Reichel: Psychische Alkoholwirkung. Normal- Versuchsperson Kolmer Ort Wien Datum (1906) 10/VII. Tageszeit des Versuchsbeginnes (und des Alkoholgenusses) gh (81/,R) Mittlere Zeit nach Alkoholgenuß vorber | 4! 11' 18' 29) 33' 41' INSe einfache Reaktion 14 14 —_ 9 — 8 —_ 10 Zahl der Werte für Unterscheidung 10 — 8 = 6 — 8 _ Reaktionszeit 12502151120 _ 13.0 — 11.8 — 13.0 Wahrscheinliche Mittel der (100 Sek.) Uhlersehei erscheidungs- ve 9) a = oT 14.0 12.8 14.5 —_ 17.9 _ Reaktionswerte 2.0 2.5 —_ 3.3 — 1.5 — 4.0 Mittlerer Spielraum der (!ıoo Sek.) | \ Unterscheidungswerte 2.0 _ 2.0 — 6.0 —_ 1.5 _ Reaktion ohne Erkennung = = 9.0 _ 5.0 _ —_ —_ Prozente der Fehler bei ‚ Ausbleiben der Reaktion 9.0 _ _ —_ 14.3 _ _ _ Unterscheidungsversuchen Summe 9.0 _ 9.0 _ 19.3 _ —_ _ Arithmetische Mittel der Reaktionszeit 12.2 | 10.9 —_ 12.0 = 12.2 _ 12.6 guten Werte 1 Sek. Unterscheidungs- + er n R = oo Sek.) En 14.1 12.7 16.4 7/08 Schätzungsweise beste Reaktionszeit 11.5 | 11.0 — 13.0 = 11.5 _ 13.0 Werte (!/1oo Sek.) Bi Sr vo no oe || — —- Reaktionszeit Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 121 Tabelle VL. versuche. Kolmer Rainer Monte Rosa Wien 2.1X. 9./VII. job (12h) 9h (106) vorher | 5' 20' 35% a" | 08" | 8 Si, | 7 Sk, || worden] 8) 8" 12" 16' 22h sl 39) 30 15 —_ _ 13 16 12 _ 12 8 _ 4 = W 9 _ 7 11 —_ 15 9 4 —_ b) 16 — 6 _ Ü —_ 12 —_ 1,8 || 12,0 — — 12.5 | 11.5 | 112.8 _ 1150 | 1868 — 14.3 = 13.0 -— 13.0 15.0 = 16203171928 = 17,8 _ 17.0 || 18.8 _ Ber seh as _ 16.0 _ 1.5 4.5 — —_ 2.3 3.0 2.0 _ 15 2.0 —_ 0.8 —_ 4.3 — = 3.0 _ 70) 3.9 —_ 6.3 _ 13.0 3.8 — en = 1.0 — 4.3 _ 23.0 = 14.3 | 14.0 _ Dia —_ DDSL E _ — ar re 19-7 | 1862 _ 66.7 — 37.9 20.0 _ _ _ _ — 29M0 29 56.3 _ 31.0) 58.2 — 93.9 _ 89.7 | 20.0 _ _ _ _ — 29.0 2 Be Ri _ _ 18,2. | All. 1252 _ 1158 || 1858 _ 14.1 —_ 12.6 - 13.4 Be Ioaos lra> _ 16.7 _ 15.0 | 16.3 _ 16.2 —_ ee = 15.8 n ln, — 7182011965 In12.8) — en | ee 12.5 — (2 -13.5 - 16.072025 _ 68 _ 16.5 16.5 -- 16.5 _ 16.0 = 15.0 nn | Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd, LXXXVI. 16 2 EL Reden el, Reichel: Psychische Alkoholwirkung. Normal- Versuchsperson | Rainer Ort Wien MonteRosa Datum (1906) 9./VI. 1./IX. 2 Tageszeit des Versuchsbeginnes gu (104) 101/54 (111/N) (und des Alkoholgenusses) Mittlere Zeit nach Alkoholgenuß 47' 54' 62" 68' |vorher| 3" 11" 16' 25" einfache Reaktion — 6 a & | 28 10 — 6 = Zahl der Werte ze Unterscheidung 1/6 —_ 7 —_ 11 _ 6 -— 4 Reaktionszeit — 12.8 _ 1102 512702 712270 — 10.3 = Wahrscheinliche Mittel der Unterscheidungs- N 5 —+ Reaktionszeit 18.9 |. = 0 | = A 12 ne Reaktionswerte _ 2.0 —_ 2.0 2.8 3.0 — 6.0 — Mittlerer Spielraum der Unterscheidungswerte 3.0 —_ 14.0 _ 158 —_ 1.5 — 2.0 Reaktion ohne Erkennung | — — _ _ Lili = 14.3 —_ —_ Prozente der Fehler. bei ß , Ausbleiben der Reaktion | — = 12.5 _ 19.4 = il — 28.6 Unterscheidungsversuchen | Summe | — —_ 12.5 — 26.6 _ 25.4 — 28.6 Realtionszeit 0 12.8 _ | se 12‘ — alegı _ Arithmetische Mittel der auien \Nerie Unterscheidung ungs- e de > Be u % = ie 13.3 — Reaktionszeit 10 1.0 al BEN > Reaktionszeit | — 12.9 _ 1502212705 21270 _ 10.3 = Schätzungsweise beste Werte : Inters os- Unterscheidungs = Ri 13.5 of 14.0 en 14.0 — 14.0 — Reaktionszeit | Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 113 Tabelle VII (Fortsetzung). versuche. Reasienkenn Monte Rosa Wien 1./X. 20./X. b 101/5b (111/,b) 81/,h (9h) Er. 46' 78" 83' | vorher 6' 13" 23" 40' 47' 54' 76' 83" 90" 9 _ 12 _ 14 14 — 8 | 7 — 13 15 _ 13 _ 6 _ 7 23 _ 10 _ — 9 —_ _ 9 er 12.0 _ 12.0 — 9 95 _ 11.0 8.0 —_ 9.0 RO RO —_ 15.8 _ 14.0 | 13.0 = 13.0 —_ —_ RO — = 10.5 — 2.0 n 2.8 — 2.0 4.5 _ 2.0 3.0 ma, ws n— 1.0 _ 1,0 2.0 _ 9.0 _ = 1.0 _ _ 1.0 _ _ 1225 _ —_ = _ _ _ = _ _ —_ ill — —. 1280| — 8.0 — 9.0 _ _ — — — — _ szene _ 8.0 — 9.0 — — — — = Wlan = lo) — 2 _ 10.0 10.1 _ 11.2 10.0 _ 10, il 10.7 _ 10.8 —_ | 16.8 _ ra 29 — 14.1 — 11.4 _ = ill —_ ES — 12.0 —_ 9.0 MO) _ 11.0 8.0 _ 8.0 11.0 _ 11.0 _ 15.8 — 12,0 || 11260 _ 13.0 —_ —_ 1.0) = = 11.0 _ 16* un... 5 a IT, 5 “ re - - \ ER ! D i , i i Er n DE le abi POBEE : 15 As m Pre a rn a ru reg eg er nn c \ f 2 B } = ie: ji SEND RTZ PER, | er 7 E e i a 3 ER Eu bi - = u Fe u - here ee ee Bee a iz Ri Fr ; } { u { Jr B t x & . : ’ ; Er m f 9 ur 5 5 Ben RER TEE ER u er IUREREEE EDERDESHAEEGEEE SB SEID 0 6 ERS ch, Cu > we EZ a 25 R A en ie Tafel XIV. Reichel: ‚Dauer psychischer Vorgänge. zaq 'AoN MO das "Iny ımf "zaq AoN 310 des "äny ng zog 'AoN 110 „des "Iny mg (urpadaeıy yoeu) 11a 29s9q asıomsZunzyeuag allem U9NZ 1op Joy Syasıyawygmy ala M 2ISyaruroyosiyeM joyoray uoslodsyonsIa‘ Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. LXXXVl. Tafel XV. Dauer psychischer Vorgänge. Reichel zoq "don "Io das "Iny ımp oa 2Jsaq asıamsdunzteysg 1s10asDimpi1ps.2yUN 2p LOL = TOZSUMYDOY YDNAT * zaq "AoN WO das “Iny ımf ala, ueIn3 JOp Joy ayasyowyyuy 'zaq ron mo des 'Iny (urpodaeıy yoeu) J1aM Jsyorursyasıye M nf opunyag @; uosjodsyansıo\ Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. LXXXVL a - REN) Er) a? } Tafel XVI. Psychische Alkoholwirkung. Reichel 19wJoy] + anzu een BP ED UORYDOY APDJUT Pi | z Bea as [eo] 5 = o ; es) y% © | [7] fS} 2 [e} >) = © ce) u [e} 7] [$} 351 gnu9gjoyoyIy yaru 19Z (uıfodorıy yoru) uosıodsyansio‘ aM SIsyonuroyasıye A 310 M 2Is9q asiomsdunzyeyas ala, UENF 19p Jay SOyasrauygmy Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. LXXXVI. Tafel XVII. pasnasbunpwıps.27u 2p 2onv\* AO DOYy ApRpng | * DSzT gnu9sjoyoyIvy yaeu 19Z (urjsdoeıy yoeu) To M 2JSyorursyasiyeM ala, a1saq Astamsdunzyeyas 2119, U2nZ 19p Joy SOyasyouyymy Psychische Alkoholwirkung. Reichel 8soy 3}uoN] 1oyoıoy Bd. LXXXVI. ? naturw. Klasse math 2 Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. a 5 # a} er ERGEBNISSE DER MONTE ROSA-EXPEDITION VOM JAHRE 1906 VON PROF, D" A. DURIG. ÜBER DEN ERHALTUNGSUMSATZ VON ARNOLD DURIG. Mit 1 Textfigur. VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 18. FEBRUAR 1909. INHALT. Et BEE Sal 6 ER WIEN ee tte Vico IH oe oe len lei elite ter, eulheu lie nel wien io, Meier jet jene, nie heukaısert wie /eH die, jener = C. Über die Größe des Erhaltungsumsatzes in verschiedenen Höhen 5.10 OD. DE BOOT) EEE RL ET a ET D. Die Anpassung an den Höhenaufenthalt . . . E. Über die Wirkung einzelner klimatischer Faktoren auf den Erhaltungsumsatz F. Über die Nachwirkung eines vorangegangenen Höhenaufenthaltes 0-0 N OO OT ER EL WC G. Über den respiratorischen Quotienten und die Nachwirkung vorausgegangener Arbeit H. Traubenzuckerversuche HERNE Oie DT11SSC RS AR RE Re ei ee ee ee rn Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 11 vm. Über den Erhaltungsumsatz. A. Kritik der Methodik. Die Versuche über den Chemismus der Atmung und über die Atemmechanik im Hochgebirge haben in den letzten Jahren eine solche Ausgestaltung erfahren, daß es auf den ersten Blick fast überflüssig erscheinen möchte, neue Beiträge zur Frage nach dem Gaswechsel im Höhenklima zu liefern. Gewinnt man jedoch näheren Einblick in die Verhältnisse, so sieht man, daß es nicht nur wünschenswert ist, die bekannten Tatsachen durch neue Ergebnisse zu stützen, sondern daß auch mancherlei Widersprüche in den bisherigen Resultaten erst ihrer Lösung harren. Die Fragestellung auf dem Gebiete des respiratorischen Gaswechsels ist übrigens noch lange nicht so weit erschöpft, daß es nicht noch neue Probleme geben würde, die der analytischen Bearbeitung zu- gänglich wären. Einen guten Überblick über das bisher bezüglich des Gaswechsels im Höhenklima vor- liegende Tatsachenmaterial geben die Monographien von Jaquet! und Kronecker? sowie die Zusammen- fassung von A. Loewy° in Oppenheimer’s Handbuch der Biochemie und endlich das bereits wiederholt erwähnte Buch von Zuntz* und seinen Mitarbeitern, in dem die Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition des Jahres 1901 niedergelegt sind. Im letztgenannten Werke finden sich auch ausführliche, durch Abbildungen dem Verständnis nähergerückte Darlegungen über die Methodik der Analyse des tierischen Gaswechsels. Endlich sei auch noch auf die Ausführungen Mossos über die Respiration hingewiesen, die in seinem Buche »Der Mensch auf den Hochalpen« enthalten sind. Die sämtlichen älteren und auch noch eine Zahl der neueren Untersuchungen über den Gaswechsel im Hochgebirge haben ausschließlich das Verhalten der Kohlensäure ins Auge gefaßt und nur Zuntz und seine Schüler wie auch Jaquet bedienten sich des Verfahrens mit der proportionalen Probeentnahme, das die Ermittlung von Kohlensäureproduktion und Sauerstoffverbrauch gestattet und es daher auch ermöglicht, die respiratorischen Quotienten zu bilden. Es wäre gewiß in mancher Hinsicht wünschenswert, wenn die Versuche in verschiedenen Klimaten und speziell auch im Höhenklima im Respirationskalorimeter durchgeführt werden könnten. Derzeit scheint es aber, trotz der Anregung Tigerstedt’s im neuen Col d’Olen-Laboratorium eine Respirationskammer einzubauen, noch auf lange Zeit aussichtslos, daß ein derartiger Apparat in einer Höhenstation in Betrieb gesetzt werden könne. Für die Aufstellung eines Respirationsapparates auf dem Monte Rosa- Gipfel selbst bestehen wohl fast unüberwindliche Schwierigkeiten und auch der Betrieb eines derartigen Apparates würde wegen der Schwierigkeit der Beschaffung der Kraft und des Wassers auf große Hinder- nisse stoßen und unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen. Gewiß noch ungünstiger wie auf dem Monte Rosa liegen die Verhältnisse auf dem Montblanc, dagegen würde Bau und Betrieb eines Respirations- 1 Jaquet: Über die physiologische Wirkung des Höhenklimas. Programm der Rektoratsfeier der Universität Basel 1904. Reinhardt. — Derselbe: Der respiratorische Gaswechsel. Ergebnisse der Physiologie II/1, p. 457. 2 Kronecker: Die Bergkrankheit. Urban und Schwarzenberg. 1903. 3 Loewy: Die Gase des Körpers, der respiratorische und der Gesammtumsatz, Oppenheimer’s Handbuch, IV, p. 10. * Zuntz, Loewy, Müller und Caspari: Höhenklima und Bergwanderungen (Berlin, Bong 1906). Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. zZ kalorimeters auf dem Jungfraugipfel oder auf einem außerhalb unseres Kontinents liegenden Hochgipfel gewiß ganz gut im Bereiche des Möglichen liegen. Für Untersuchungen des Gaswechsels im Hochgebirge kann man jedoch der Methodik, die sich der Respirationskammern bedient, eine unbedingte Überlegenheit nicht zuschreiben. Es ist speziell bei derartigen Studien oft wünschenswert, dem Wechsel der Erscheinungen in kurzen Zeitabschnitten gesondert zu folgen, um den Erhaltungsumsatz streng vom Umsatz bei Muskeltätigkeit trennen und kleine Ausschläge im Gaswechsel, die nur vorübergehender Natur sind, noch wahrnehmen zu können. Wie schwer es fällt, durch längere Versuchsperioden — hierunter sind bereits wenige Viertelstunden zu ver- stehen — jede Muskeltätigkeit vollkommen auszuschließen und die Muskulatur hiebei ständig ganz zu ent- spannen, lehren die Versuche von Zuntz und seinen Schülern, ganz besonders aber die zahlreichen, ungemein exakten Beobachtungen Johansson’s im Respirationsapparate, sowie neuerdings wieder die Versuche, die Dodo Ranken! über das Verhalten der Körpertemperatur bei vorsätzlicher Muskelruhe ausführte. Es ist deshalb für eine ganze Reihe von Fragen über den Gaswechsel, die im Hochgebirge zu lösen sind, das Zuntz-Geppert’sche Verfahren bis heute dasjenige, das die Resultate auf die breiteste Basis stellt und der Fragestellung den weitesten Spielraum einräumt. Dies gilt natürlich ganz besonders für Studien über den Umsatz bei der Marscharbeit. Versuche, wie zum Beispiel jene Durig’s? über den Verlauf der Verbrennungsvorgänge nach Zufuhr von Alkohol während eines ganzen Anstieges auf einen 2460 m hohen Berggipfel, wären mit irgendeiner der anderen, bekannten Untersuchungsmethoden einfach undurchführbar gewesen. Gewiß wäre es wünschenswert, wenn auf einem so günstig gelegenen Punkte, wie es etwa der Pike’s Peak ist, ein Respirationskalorimeter erstehen würde und so eine Kontrolle über jene Werte geschaffen werden könnte, die mit der Methode der proportionalen Probeentnahme gefördert wurden. Es scheint aber, daß eine derartige Sicherung der vorhandenen Resultate durchaus kein dringendes Erfordernis vorstellt, wenn man jene Werte vergleicht, die man unter analogen Verhältnissen in der Ebene mit dem Geppert- Zuntz’schen Verfahren und in der Respirationskammer erhält. Es steht übrigens zu hoffen, daß wohl in Bälde die Versuche meines verehrten Freundes Prof. Benedict in Boston vorliegen werden, bei denen der Gaswechsel der Versuchspersonen im Respirationskalorimeter und gleichzeitig durch das Geppert- Zuntz’sche Verfahren analysiert werden soll. Eine Reihe von Bedenken wurde gegen das Arbeiten mit der trockenen Gasuhr und speziell gegen die Entnahme proportionaler Teilproben während kurzdauernder Versuche erhoben. Gewiß sind die Ein- wände zu einem Teile vollberechtigt, denn es ist selbstverständlich, daß jeder Fehler in der Probeent- nahme sich durch Multiplikation außerordentlich vergrößert. Das nämliche gilt natürlich auch von den Analysen. Es ist aber ganz gut möglich, viele Fehlerquellen auszuschalten oder doch auf eine recht geringe Größe zu reduzieren, wenn man sehr exakt und peinlich arbeitet. Dies ist eine Grundbedingung für jeden. der die Geppert-Zuntz’sche Methode mit Erfolg verwenden will, anderen Falles werden die Fehler so groß, daß die gewonnenen Werte direkt zu falschen Schlüssen führen müssen, und man über- zeugt sich leicht, daß das geringste Übersehen oder eine kleine Nachlässigkeit bereits zu Resultaten führt, die wesentlich von denen der zugehörigen Kontrollversuche abweichen. Auf diese Verhältnisse ist es zurückzuführen, wenn man in mancher der veröffentlichten Beobachtungsreihen über den Gaswechsel auffallend stark schwankende Resultate findet, die man mit vollem Rechte nicht mehr als beweisend ansehen darf. Vorwürfe gegen derartige Versuche treffen aber nicht die Methode, sondern den Beobachter, der die Methode verwendete. Am raschesten kann man sich wohl einen Überblick über die Güte vorliegender Resultate, betreffend den respiratorischen Umsatz verschaffen, wenn man die Größe des Sauerstoffverbrauches pro Minute 1 Skand. Arch., XXI, p. 161. 2 Pflüger’s Arch., 113, p. 340. 118 A. Durvig, speziell bei den zusammengehörigen Kontrollversuchen in den Zahlenreihen ins Auge faßt oder den Blick auf die Größe der respiratorischen Quotienten wendet. Wie oft begegnet man da Sprüngen in der ur (0) : Größe der N Werte die 0‘ bis 0:2 betragen! Daß derartige Differenzen auf methodischen Fehlern 2 beruhen müssen, ist ohneweiters klar, vorausgesetzt, daß es sich um Versuche, die direkt vergleichbar sein sollen, handelt. Man kann daher mit einem gewissen Recht in der Gleichartigkeit der respiratorischen Quotienten oder der Größen, die den Sauerstoffverbrauch angeben, einen Ausdruck für die Verläßlichkeit und Verwertbarkeit der Resultate, die mit der Zuntz’schen Methode gewonnen wurden, finden. Wie sehr scheinbar geringfügige Unterschiede bei den Bestimmungen in Betracht kommen, dürften bereits wenige Zahlen beweisen. Es scheint auf den ersten Anblick recht gleichgültig, ob in zwei zusammengehörigen Kon- trollversuchen der Sauerstoffverbrauch einesMenschen pro Minute um 8 cm? schwankte und 240 oder 232 cm? beträgt oder ob die Kohlensäureproduktion 179 cm? anstatt 168 cm? beträgt, und doch ändert sich dabei der respiratorische Quotient von 0700 auf: 772, also ganz beträchtlich, wenn die Ausschläge entgegengesetzte sind. Es ist dabei zu bedenken, daß ein Unterschied von rund 10 cm’ in den Werten für den Sauerstoffver- brauch und die Kohlensäureproduktion aus dem Grunde noch wesentlich belangloser erscheint, da sich dieser aus den Fehlern beider Druck-,Temperatur- und Volumsbestimmung (des unreduzierten Atemvolumens) sowie aus den Abweichungen, die durch die Grenzen der gasanalytischen Metodik bedingt sind, zusammensetzt. Es überraschen daher Unterschiede zwischen zwei Doppelbestimmungen im Ausmaße von 5°/, durchaus nicht, um so mehr als man nicht vergessen darf, daß das zu analysierende Gasgemenge von einem Lebewesen produziert wird, und wir nicht voraussetzen können, daß die Verbrennungsvorgänge in einem Menschen sogar in zwei aufeinander folgenden Minuten ganz genau von derselben Größe seien. Demnach muß also der Breite der physiologischen Schwankungen ein nicht unbeträchtlicher Einfluß auf die Unstimmigkeit der Doppelversuche eingeräumt werden. Nichtsdestoweniger sind aber Unterschiede zwischen zusammen- gehörigen Versuchen, die 5°/, erreichen oder gar übersteigen, wie dies später noch ausgeführt werden soll, bei dem gegenwärtigen Stande der Versuchstechnik bereits als zu große zu bezeichnen, wie ja auch eine Schwankung des Quotienten von 0'700 auf 0'772 bereits namhafte Bedenken gegen die Richtigkeit der Beobachtungen wachruft, wenn nicht bestimmte Gründe für dieses Verhalten des Quotienten angegeben werden können. Es möge nur noch darauf hingewiesen sein, wie stark die Werte für den Sauerstoffver- brauch und die Kohlensäureproduktion voneinander abweichen, wenn man die zulässige Grenze für die Brauchbarkeit der Doppelanalysen bei der Untersuchung der Gasgemenge nur etwas weiter steckt, wie dies von mir schon an anderer Stelle betont wurde.! Vielfach werden Gasanalysen, bei denen in den Kontrollbestimmungen die Werte um 0° 1°/, differieren, noch als ganz gut verwertbar bezeichnet; für die respiratorischen Quotienten ergeben sich aber unter dieser Voraussetzung allein schon ganz erhebliche Abweichungen, zum Beispiel: NV N er 0 4-10 und man bedenke nur, daß hierzu sich noch bei der Bestimmung des Wertes für den Minutenumsatz erst alle übrigen Fehlerquellen summieren müssen. Gewiß bietet die Kontrolle durch die Luftanalyse eine gute Gewähr dafür, daß die absolute Größe des gefundenen Prozentgehaltes des Gasgemenges an Sauerstoff und Kohlensäure den Tatsachen ent- spricht, aber eine vollkommene Sicherung kann auch darin, daß etwa zum Beginn der Arbeiten eine Probe von Außenluft analysiert wird, nicht gefunden werden. Ganz besonders wenn viele Gase zu untersuchen sind, stellt sich naturgemäß eine gewisse Hast im Arbeiten ein, und es besteht dann die Gefahr, daß die Zeit für die Einwirkung des Sauerstoffabsorptionsmittels zu kurz gewählt wird. Speziell wenn Phosphor 1 Arch, f. (Anat. u.) Physiologie 1903, Suppl. p. 219. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 119 zur Verwendung gelangt, scheinen oft Sauerstoffanalysen beendet und man findet ganz passabel über- einstimmende Analysenwerte und doch war in beiden Doppelbestimmungen die Verbrennung noch lange nicht zu Ende gekommen und der wahre Stickstoffwert noch nicht erreicht worden. Alle Fehler in der Kohlensäureanalyse und der Sauerstoffanalyse häufen sich aber auf die Größe des gesuchten Sauerstoff- wertes, da es sich bei der Sauerstoffbestimmung um eine Restanalyse handelt. Esmuß daherauf das Ein- halten bestimmter Zeitintervalle für das Verbleiben der Gase in den Absorptionsmitteln an der Hand der Uhr immer geachtet werden. Für die Ausführung von Analysen im Hochgebirge, wobei auch der Einfluß der niederen Temperatur sich noch geltend macht, sollte diese Kontrolle nie versäumt werden. Gerade darum, weil die Zuntz’sche Methode so außerordentlich expeditiv und bequem ist, verleitet sie den Anfänger, der mit den Fehlerquellen derselben nicht vertraut ist und der sich kein Bild über die- jenige Genauigkeit der Ergebnisse macht, die gefordert werden muß, zu ungenauem und direkt fehler- haftem Arbeiten. Die gefundenen Werte werden natürlich auch bei der Zuntz’schen Methode umso unrichtiger sein, je mehr jene Kautelen, denen man beim gasanalytischen Arbeiten über- haupt gerecht werden soll, vernachlässigt werden. Nur zu häufig wird die Kontrolle der Thermo- meter, der Meßgefäße und der Gasuhren auf die Richtigkeit ihrer Angaben unterlassen und ent- sprechende Korrekturen an den Ablesungen nicht angebracht. Es ist sicher nicht überflüssig zu erwähnen, daß die »trockene« Gasuhr, wie sie für die Hochgebirgsversuche ausschließlich in Betracht kommt, sehr zur Änderung ihrer Ausschläge neigt und daher wiederholt nachgeeicht werden muß. Eine besonders häufige Fehlerquelle stellen auch die Ventile und die Verbindungen der gasführenden Röhrensysteme vor und man kann sich oft genug überzeugen, daß selbst bei der Verwendung dickwandiger Kautschukschläuche Vorsicht sehr am Platze ist. Man darf wohl keiner Verbindung zwischen dem Metall- oder Glasende einer Röhre und einem Kautschuckrohr trauen, wenn der Anschluß nicht durch eine feste Drahtligatur gesichert ist.! Gar mancher unwahrscheinliche Wert in der Literatur findet in derartigen Versäumnissen seine Erklärung und sogar scheinbar fundamental wichtige Ergebnisse (wie dies zum Beispiel bei den bekannten Versuchen an Schmetterlingspuppen der Fall war) können durch unexaktes, gasanalytisches Arbeiten vorgetäuscht werden, und manches Resultat erweist sich schon infolge der Bedenken gegenüber der ver- wendeten gasanalytischen Methodik als unsicher, bevor noch dessen tatsächliche Unrichtigkeit erwiesen werden kann. Es ist selbstverständlich, daß zur Bestimmung des Ruheumsatzes, welche die Grundlage jeder Unter- suchung über den Energieumsatz bilden muß, nur solche Beobachtungen verwendbar sind, bei denen vor- sätzliche, vollkommene Muskelruhe unter möglichster Entspannung der gesamten Muskulatur einge halten wurde, da ja bereits ein ganz unmerklich gesteigerter Tonus der Muskeln sich in einer Erhöhung der Kohlensäureproduktion und des Sauerstoffverbrauches ausdrückt. Eine weitere Forderung geht dahin, daß die Körperruhe schon geraume Zeit angehalten haben muß, wenn nicht durch das Fortbestehen einer Überventilation noch während des eigentlichen Versuches vorgebildete Kohlensäure, die nicht den augen- blicklichen Verbrennungsvorgängen entspricht, aus dem Körper ausgewaschen werden soll. Dies würde unbedingt zu einer Ermittlung eines falschen respiratorischen Quotienten und zur Annahme eines zu hohen Umsatzes führen. Aber auch eine gegenteilige Beeinflussung der Resultate, nämlich im Sinne einer Umsatzverringerung, kann ganz gut künstlich herbeigeführt werden, wenn nach einer Periode mit vorangegangener Überventilation sofort der Gaswechsel untersucht wird, danunmehr die Retention von Kohlensäure im Körper die Resultate fälscht. So zahlreich also die Fehlerquellen sind, die besonders beim Zuntz’schen Verfahren die Resultate beeinflussen können, so schön wird die Übereinstimmung der Werte, wenn man mit entsprechender Sorg- falt und Geduld arbeitet und sich die etwas mühevolle Prüfung jedes einzelnen Teiles der Apparatur nicht 1 Es ist zweckmäßig, diese wegen des Einschneidens in den Kautschuk nicht direkt anzulegen, sondern vorerst den Kautschuk mit einer einfachen Lage vom klebendem Isolierband zu umwickeln. 20 A. Durig, Tabelle Ia. Versuche nach dem Zuntz’schen Verfahren. Pro Körperkilogramm und Pro Quadratmeter und Minute Minute Körper- Nummer Name gewicht OÖ, CO, O5 Co, Anmerkung Br Verbrauch Bildung Verbrauch Bildung ‘5 cm?’ | 1 W. 555 3:93 2.98 122 93 MagnusLevy und Falk. um ’ Arch. für (Anat.) u. Physio- 2 D o 2. 2 B: 58:0 Sell 230 120 91 Mora, RO), Supai. ! 2 > Arch. für (Anat.) u. Physio- . - . 2) 3 Prof. Z. 65:0 3'839 2:50 111 82 logie, 1899, Suppl. h = au j Arch für (Anat.) u. Physio- N . Ö 9. 4 Die, Al, IL, 67°5 3:43 2:86 113 94 Io, ER) Sun. = = ; » Arch. für (Anat.) u. Physio- B) ID), Io 7 67'8 343 2-07 113 98 logie, 1899, Suppl. EN EN 2 Arch. für (Anat.) u. Physio- 6 Sp. 82-7 3-60 2:72 127 96 logie, 1899, Suppl. = i f 5 h Arch. für (Anat.) u. Physio- 7 Schm. 88-3 3:30 2:69 119 97 logie, 1899 8 ©: 61°1 3:42 2:60 118 90 »Höhenklima«<, Zuntz etc. 9 Dr. Sch 48:0 3:68 2:88 108 96 Loewy, Oppenh. Handb. 10 Prof. L 60:0 3:80 2:96 119 94 »Höhenklima«<, Zuntz etc. 11 Dr. M 13-6 3-37 2:66 114 90 »Höhenklima«, Zuntz etc. 12 IL. 50'8 3-73 3:08 112 93 »Höhenklima«, Zuntz etc. 13 Rutt. 930 4:14 3:45 126 97 A.Loewy, Oppenh. Handb. 14 Prof. D 60:0 Ba 2.82 112 92 Expedition 1906 15 Prof. D 62-5 3:36 3:15 110 101 Expedition 1906 16 Dr. K. 70.5 3-20 2159 113 90 Expedition 1906 17 Dr. K 81°4 8215 2:68 113 93 Expedition 1906 18 Rn. 64:6 3:61 2:78 17 89 Expedition 1906 19 Dr. RI. 78:6 3:33 207 116 93 Expedition 1906 Mittel 3:98 2:83 116 93 cm? Mittel 9:08 9:96 1669 1829 ME Versuche in der Respirations- kammer Mittelwert Johanssons für 12 Versuchspersonen (1908) 5:40 mg Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. Versuche Benedict’s im Respirationskalorimeter. Tabelle ID. 121 Pro Körperkilogramm und Pro Quadratmeter Minute Oberfläche Zahl.der | Korper- Nummer Name gewicht (07) CO, 07) CO, Anmerkung | Versuche Verbrauch Bildung Verbrauch Bildung kg cm3 1 13, IB, ID) 3 6783 3'919 212997 128-7 98:36 “ Hunger 2 A Sa Ib, 2 / 73:0 3:620 21.8 12223 93:54 Hunger 3 ESEL 4 73:0 3'578 2:630 lei 89:02 Hunger 4 NMESE]F 3 73:0 3611 2:896 1213 97:37 Kost Ö) S; Ab 18 + 62.1 3'619 2:768 1112°0) 86:37 Hunger 6 S. A. B 1 62:1 3'324 2.993 102-8 80:17 Kost q ” 9: Au 5 62-1 3'716 2:68 116-1 83:04 Hunger 8 S; Au BB 3 62:1 3498 2641 108-3 81:78 Kost 9 ; SEENB; m 62-1 3'688 2737 114°4 84:14 Hunger 10 S A. 18 3 62-1 3'309 2:7783 1028 8612 Kost il S Au BB 4 62:1 4'220 3:105 133-5 97:62 Kost, Hunger 12 EIRSERSS 2 999 4177 3'628 -145°3 112-73 Hunger 13 C.R.Y 2 68°5 4:330 3:189 1399 10549 Hunger 14 A.H.M 2 62:8 3664 2'676 1171 85.52 Hunger 15 Jul, (O9 188 2 12°0 3925 3'098 131°7 10400 Hunger 16 ERER=EDE 2 55°9 4:427 3311 138-6 10228 Hunger 1% ING ML, 12 2 64:8 4'205 3251 1382 10685 Hunger 18 D. W. 2 743 3'560 2:781 123-3 96:56 Hunger Mittel 3'550 2:912 123.2 94:3 cm? Mittel >11 5:72 1773 1853 mg diese lieferten ein vollkommen übereinstimmendes Ergebnis mit jenem, das stets bei ihm gefunden wurde, wenn sein Gaswechsel nach dem Verfahren mit der proportionalen Probenahme untersucht wurde. (Siehe bei Johansson. Skand. Arch. VIII, p. 118). Anmerkung: An Zuntz wurden auch Respirationsversuche in der Sonden-Tigerstedt’schen Respirationskammer ausgeführt; 122 A. Duvig, verdrießen läßt. Es wird weiter unten gezeigt werden, wie sehr sich dadurch die Verläßlichkeit der Resultate gehoben hat und wie eng nunmehr die Grenzen für die Fehlerbreite geworden sind. Durchblättern wir die Protokollhefte, die die Resultate der Gasanalysen enthalten, so ist man überrascht über die Gleich- mäßigkeit der Werte, die man in bezug auf die Zusammensetzung der Gase zusammengehöriger Versuche findet. In einer großen Zahl der Fälle liegen sich die Analysenwerte in unseren Versuchen näher, als man dies sonst sogar bei Kontrollbestimmungen an einem und demselben Gas sieht. Wir haben bei unseren Gasanalysen stets als Grundsatz aufgestellt, Differenzen über 0:03°/, zwischen den Doppelbestimmungen von einem und demselben Gas nicht mehr als zulässig zu erklären. In der Tat wurden aber selten Abweichungen beobachtet, die diese Größe erreichten, meist traten nur Unterschiede von 0:01 und 0:02 °/, auf. Eine vorzügliche Kontrolle dafür, daß man mit dem Zuntz’schen Verfahren bei gutem Arbeiten wirk- lich absolut genommen richtige Werte erhält und nicht etwa sich mit Vergleichwerten zufrieden geben muß, ergeben die neuen und neuesten Versuche an dem Tigerstedt-Sonden’schen Respirationsapparat wie die Versuche Benedicts im Respirationskalorimeter. Die vorzügliche Übereinstimmung der Werte, die für den Erhaltungsumsatz, bezogen auf die näm- lichen Einheiten mit allen drei Methoden, erhalten wurden, liefern den Beweis, daß die Einwände gegen die kurze Versuchsdauer und die proportionale Probeentnahme jedes Grundes entbehren. Jedenfalls ist es auch bemerkenswert, daß die Werte, die für den Erhaltungsumsatz an ein und derselben Versuchsperson mit dem Zuntz’schen Verfahren gewonnen wurden, durch Beobachtungen, die Jahre später mit anderen Apparaten ausgeführt sind, ihre volle Bestätigung fanden. Wenn bei der Bestimmung der Kohlensäure- ausscheidung und des Sauerstoffverbrauches in gar manchen Versuchen, die mit dem Zuntz’schen Ver- fahren oder mit Hilfe anderer Methodik ausgeführt wurden, wesentlich höhere Werte für den Erhaltungs- umsatz zur Beobachtung gelangten, die wir nicht mehr als richtig ansehen können, so liegt die Ursache für das Zustandekommen solcher Größen sicher an dem Umstande, daß in diesen Experimenten (ganz abgesehen von allen übrigen Fehlern) nicht der Erhaltungsumsatz, sondern auch ein Teil der Ausgaben für Muskelarbeit mit berechnet wurde. Auf diese Weise erklären sich zum Beispiel die hohen Werte für den Verbrauch bei Körperruhe, die Bürgi! fand. Als beweisende Tatsachen für die Übereinstimmung der Resultate, die in Versuchen mit dem trockenen, transportablen Gasmesser, oder in solchen mit der feuchten Gasuhr in kurzen Versuchs- perioden gewonnen wurden, gegenüber jenen Werten, die im Respirationsapparat und Respirations- kalorimeter für den Umsatz gefunden werden konnten, wurden in der voranstehenden Tabelle Beobachtun- gen von Magnus Levy, von Zuntz und seinen Mitarbeitern, von Benedict? (mittels des Respirations- kalorimeters) und von Johansson? (in der Respirationskammer) ausgeführt, denen auch noch Daten aus unseren neueren Ergebnissen, über die in der vorliegenden Veröffentlichung berichtet wird, beigegeben wurden. Zur Ermöglichung eines direkten Vergleiches sind die Mittelwerte auf den Umsatz pro Minute und Körperkilo wie auf das Quadratmeter Körperfläche berechnet und die Kohlensäure und Sauerstoff- mengen, die bei der Analysenmethodik im Zuntz’schen Verfahren in Kubikzentimetern ermittelt werden, auf Milligsramme umgerechnet. Von den Beobachtungen Benedict's sind nur jene Versuche ausgewählt, die sich auf die Zeit von 1" bis 7" früh erstrecken, also mit der Schlafenszeit der Versuchspersonen zusammen- fallen, weil in diesen Versuchen die Nachwirkung der Nahrungsaufnahme am vorangegangenen Abend und eine Beeinflussung der Resultate durch Körperbewegungen möglichst ausgeschaltet sind. Die voranstehende Tabelle ergibt wohl zur Genüge, daß zwischen den in Berlin, Boston, Stockholm und Wien erhaltenen Resultaten trotz der ganz verschiedenen Versuchsmethoden eine ganz überraschende 1 Engelmann’s Archiv, 1900, p. 508. 2 The influence of the inanition on metabolism by F. C. Benedict. Carnegie Institution of Washington, 1907. 3 Skand. Arch., XXI, p. 1. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 123 Übereinstimmung der Werte besteht. Man muß bei der Betrachtung der Resultate allerdings noch berück- sichtigen, daß die Versuche Benedict's zum Teil an hungernden Versuchspersonen ausgeführt wurden, weshalb geänderte Verhältnisse wenigstens in bezug auf den respiratorischen Quotienten vorlagen, ander- seits ist zu erwarten, daß die Versuchspersonen in den späten Morgenstunden nicht mehr jene absolute Bewegungslosigkeit beibehielten, die wir für die Beobachtung des Erhaltungsumsatzes fordern. Endlich darf auf jenen Mangel der Zuntz’schen Methode nicht vergessen werden, der dazu führt, daß mit diesem Verfahren immer etwas zu niedere Weıte bestimmt werden. Bei der Zuntz’schen Methode ist nämlich der ganze Hautgaswechsel, der bei den Versuchen in den Respirationskammern mit einbezogen ist, vernach- lässigt und es gelangen jene Gasmengen, die die Haut passieren, überhaupt nicht zur Bestimmung. Für die Feststellung desErhaltungsumsatzes kommt dieserFehler allerdings nur in so geringem Maße in Betracht, daß er füglich vollständig vernachlässigt werden kann, denn es ist wohl als sicher anzunehmen, daß die Kohlen- säureausscheidung durch die Haut besonders bei einer mit Kleidern und eventuell Decken umgebenen Ver- suchsperson eine recht geringe ist, die kaum 1°/, des Lungengaswechsels erreichen wird. Wir müssen an- nehmen, daß die ruhende,bedeckte Versuchsperson sich mit einerHülle stagnierender, kohlensäurereicherer Luft, als es die atmosphärische Luft ist, umgibt, so daß die Abgabe von CO, durch die Haut im Ruheversuch jedenfalls sogar noch etwas niedriger anzusetzen ist als in den eigens mit Rücksicht auf die Hautatmung ausgeführten Beobachtungen. Die Sauerstoffmengen, !, ”die durch die Haut eintreten, sind jedenfalls noch unter den Werten der Kohlensäureausscheidung gelegen. Führt man übrigens eine Korrektur für die Haut- atmung ein, so nähern sich die Werte, die mit der Zuntz’schen Methode erhalten wurden, noch mehr jenen, die Benedict feststellte. Ganz einwandsfrei, aber leider nicht durch die Größe des Sauerstoffverbrauches erweitert, sind die Versuche Johansson'’s. Die Resultate, die hierbei für den Umsatz erhalten wurden, stimmen sehr gut mit den Werten nach der Zuntz-Methode überein. Unter Berücksichtigung der Hautatmung hätten wir übrigens 5:6 mit 5'4 mg CO, pro Minute und Körperkilo in den Mitteln in Parallele zu stellen. Die Umrechnung auf Körperkilo birgt bekanntermaßen (Rubner) Bedingungen in sich, durch die ein direkter Vergleich der Werte, die an verschiedenen Versuchspersonen gewonnen wurden, viel weniger erlaubt erscheint als ein Vergleich des Verbrauchs bezogen auf die Körperoberfläche. Berechnet man die neuesten Versuche Johansson’s nach diesem Gesichtspunkte, so findet man bei seinen Versuchs- personen Werte für den Umsatz, die zum Teile höher, zum Teile niederer ausfallen als die in der Tabelle angeführten Mittelwerte. Auch in einer früheren Versuchreihe finden wir 0:181 g CO, Ausscheidung pro Minute und Quadratmeter Körperoberfläche bei einer Versuchsperson Johansson’s gegenüber 0'183 g, dem Mittelwert der nach dem Zuntz’schen Verfahren ausgeführten Versuche. Wie nicht anders zu erwarten, weist die Höhe des Ruhegaswechsels trotz der Umrechnung auf dieselben Einheiten doch bei einzelnen Versuchspersonen nicht unwesentliche Unterschiede auf; ver- gleichen wir aber eine Versuchsperson aus obiger Tabelle, die dem Körpergewicht Johansson’s am nächsten steht, so finden wir eine wohl als zufällig zu erachtende, besonders große Übereinstimmung im Umsatz beider, und zwar 0:172 gegen 0:179g8 CO, pro Minute. Bedenkt man, daß das Körpergewicht der Versuchspersonen, die in der linksseitigen Hälfte der obigen Tabelle angeführt sind, zwischen 48 und 887g schwankt, so erscheint die Übereinstimmung der Mittelwerte für den Umsatz, die nach verschiedenen Verfahren in verschiedenen Erdteilen und an Personen ganz verschiedener Nationalität gewonnen wurden, von besonderem Interesse. Man empfängt aber auch das Gefühl vollkommener Beruhigung gegenüber jenen Resultaten, die bei exakter Arbeit in ganz kurzen Versuchsperioden gewonnen wurden. Es kann daher an dieser Stelle wohl nochmals betont werden, daß jene Größen, welche unsere Beob- achtungen lieferten und an der Hand derer wir die Änderung des Umsatzes unter verschiedenen Bedin- 1 Zuelzer, Zeitschr. f. klin. Medicin, Bd. 53. 2 Franchini und Preti, Biochem. Zeitschr., Bd. IX, p. 442. Denkschr. d. mathem.-naturw. K]. Bd. LXXXVI. 1S 124 A. Durig, gungen besprechen werden, nicht allein als Vergleichswerte aufgefaßt werden dürfen, sondern daß man diese mit aller Berechtigung als absolute Werte ansehen könne, dies jedoch unter der Voraussetzung, daß die gefundenen Werte für den Umsatz noch um jenen Betrag zu erhöhen sind, der der Hautatmung ent- spricht. Mit nicht so großer Sicherheit steht man den Ergebnissen bei den Marschversuchen gegenüber. Bei diesen kommen jedenfalls ungleich höhere Werte für den Hautgaswechsel in Betiacht (Versuche von Zuntz am Pferde), aber es ist auch die Größe des Gesamtumsatzes dabei gewaltig, und zwar bis auf das Zehnfache gesteigert. Wesentlich unsicherer als durch den Hautgaswechsel werden die Ergebnisse aber durch die Volumsbestimmung. Besonders dann, wenn bei forciertem Marsch große Gasmengen durch die Gasuhr getrieben werden, wachsen die Fehler bei den Voluminis, die diese anzeigt, sehr rasch und auch die Korrektur für eine analoge Durchströmungsgeschwindigkeit läßt sich experimentell nur recht unvoll- kommen feststellen. Das Gas passiert übrigens unter solchen Verhältnissen gewiß nicht mehr unter ganz zu vernachlässigenden Überdrucken durch den Gasmesser und es müssen daher jene Werte, die wir für den Umsatz pro Meterkilogramm Steigarbeit fanden, als Minimalwerte angesprochen werden. Zur Charakterisie- rung der Verhältnisse sei nur erwähnt, daß unsere trockene Gasuhr von Elster in Berlin bei 57 Durch- gang pro Minute um 0:7°/, zu hohe Werte gab, also eine entsprechende Korrektur der Volumina forderte, während bei einer Durchströmung mit 507 pro Minute (Arbeit) die Werte um fast 3°/, zu nieder aus- fielen. Natürlich ist die Geschwindigkeit, mit der der Gasstrom durch die Gasuhr streicht, während eines Atemzuges eine ständig wechselnde! und daher auch die anzubringende Korrektur stets ungenau.? Für die Beobachtungen über die Marscharbeit kommt übrigens auch der Widerstand der Gasuhr der Ventile und der Zuleitungsröhren bereits merkbar in Betracht. Während man beim Ruheversuch gar nicht die Empfindung hat, gegen irgend welche Widerstände zu atmen und gar nicht selten beobachtet, daß die Versuchsperson während des Versuches einschläft, ist die Atemarbeit beim Marschversuch unter dem Einflusse der Versuchsanordnung gewiß eine gesteigerte. Wie wenig die Atmung im Ruhe- versuch durch die Ventile und die Gasuhr beeinflußt wird, ergibt sich wohl aus der Tatsache, daß man zum Beispiel den Typus des Cheyne-Stokes’schen Atmens mittels der Ablesungen an der Gasuhr ganz so verfolgen kann, wie wenn die Aufzeichnungen mit der Marey’schen Kapsel gemacht worden wären. Dem scharf formulierten Vorwurf Zwaardemakers, daß das Atmen bei Verwendung einer Gasuhr zu einem abnormen werden müsse, möchten wir daher jedenfalls für geübte Versuchspersonen nicht vollkommen beistimmen.® Auch das Halten des Mundstückes führt im Ruheversuch gewiß keine Umsatzsteigerung und keine Änderung der Atmung herbei, da dies derart über dem Lager aufgehängt werden muß, daß die Kautschukplatte sich von selbst ohne Zerrung zwischen den Wangen und den Alveolarfortsätzen hält und die Lippen sich nur leicht dem Rohr des Mundstückes anzulegen brauchen. Sehr fühlbar werden die Widerstände beim forcierten Bergaufmarsch im Hochgebirge und ohne Zweifel entstehen hierbei auch Drucksteigerungen in der Lunge, die sich rückwirkend auf den Lungen- kreislauf und auch auf das Herz geltend machen, wie dies ziemlich zweifellos aus den Versuchen auf dem Bilkengrat hervorging.* Trotzdem wir annehmen müssen, daß hierdurch sicher Änderungen in der Mechanik der Atmung ausgelöst werden, können wir derzeit diesem Übelstande nicht begegnen, und des- halb müssen unzweifelhaft die bei der Arbeit, ganz besonders aber die bei forcierter Arbeit gewonnenen Resultate als nicht mehr absolut richtige bezeichnet werden, jedenfalls nähern sie sich aber absoluten Werten und ohne Zweifel besteht auch die Berechtigung, sie zu Vergleichen einwandfrei heranzu- ZAehem> 1H. Zwaardemaker und C. D. OQuwenhand, Arch. f. Anat. Phys. 1904, Suppl. p. 241. 2 Siehe übrigens auch Durig: Arch. f. Anat. u. Physiologie 1903, Suppl. p. 209. 31, ©, 10. ZI, 4 Durig, Pflügers Arch. 113, p. 254. 5 Siehe das Kapitel über den Gaswechsel beim Gehen. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 12 [Bj Diese kritische Ausführung über die Methodik mußte vorangeschickt werden, da im folgenden eine sehr große Zahl von Versuchen zu besprechen sein wird, die mit dem Geppert-Zuntz’schen Ver- fahren durchgeführt wurden. Obwohl in der letzten Zeit einige Handbücher erschienen sind, in denen speziell die Arbeitsmethoden Berücksichtigung gefunden haben, wurde doch in keinem derselben auf die Fehlerquellen bei der erwähnten Methode und die Möglichkeit, inwieweit diese vermieden werden können, in ausreichender Weise hingewiesen. Bezüglich der Technik, derer wir uns bei den Respirationsversuchen bedienten, erübrigt nur mehr weniges anzuführen, da die Einzelheiten des Verfahrens ja von anderer Seite wiederholt beschrieben wurden. Als eine recht zweckmäßige Neuerung erwies sich die von uns bereits im Jahre 1903 benützte Federspannung, die das Nachrücken des Hebers mit der Auslaufspitze unterstützt. Durch den stetig ausgeübten Zug wird die Drehung der Gasuhr im Sinne ihrer Vorwärts- bewegung beim Durchatmen wesentlich erleichtert und der Widerstand verringert. Gegen ungleiche Erwärmung durch Wind und direkte Wirkung der Sonnenstrahlen war die weiß lackierte Gasuhr noch miteinem dicht schließenden weißen Filzmantel umgeben. Für die Sonderung von In- und Exspirationsluft dienten uns wieder die bereits auf der Sporner Alpe und auf dem Bilkengrat verwen- deten Hausenblasenventile, die, soweit unsere Erfahrung reicht, in bezug auf die geringe Größe des Wider- standes und verläßlich dichten Schluß allen anderen Ventilen weit überlegen sind. Sie waren, wie üblich, mit Glyzerin und Wasser befeuchtet. Wir möchten uns der Anschauung von Schenck! daß Ventile aus festen Teilen mit genau kongruenten Flächen vorzuziehen seien, wenigstens was ihre Verwendbarkeit im Hochgebirge betrifft, nicht anschließen. Es ist selbstverständlich nötig, jedes Ventil vor der Verwendung sorgfältig auf dichten und prompten Schluß gegen Druck und Saugzug zu prüfen. Für die Abgrenzung der Versuche und den Wechsel zwischen der Atmung in freier Luft oder durch die Gasuhr verwendeten wir wieder den auf Dichtigkeit wiederholt geprüften, allerdings etwas schwereren Metallhahn da wir mit dem sogenannten »Cloverschen« Wechselhahn recht üble Erfahrungen hinsichtlich seiner Verläßlichkeit gemacht hatten und jedenfalls bei Verwendung eines solchen zu großer Vorsicht mahnen möchten. Die Gasanalysen wurden als Doppelanalysen durchgeführt und zu diesem Zwecke auf dem Monte Rosa zwei Analysenapparate mit gesondertem Thermobarometer aufgestellt, von denen der eine identisch ist mit jenem, den ich für unsere Versuche im Jahre 1903 gebaut hatte,” der zweite Apparat sollte außer zu den Kontrollanalysen auch für die Untersuchung stark sauerstoffhaltiger Gemische dienen. Die folgende Abbildung zeigt, unter Weglassung der Gaspipetten am neuen (rechtsseitigen) Apparat, die getroffene Anordnung. (Siehe Figur auf p. 12 [126.] Der linksseitige Apparat entnält in einem Glaszylinder (Wasserwanne) ein Sammelrohr, das auch für die Rückmessung des Gasvolums nach Absorption der Kohlensäure dient, das Thermobarometer und eine Gasbürette mit »?/,oo Teilung« von 78 bis 81 cm” Inhalt, den Heber der zum Niveaurohr N führt und das Mischrohr, verbunden mit dem Kautschukgebläse für das Durchlüften des Wasserbades. Im zweiten — rechtsseitigen — Analysenapparat ist außer dem Thermobarometer nur ein gegabeltes Eudiometer vorgesehen, das oben durch einen Hahn mit einfacher, weiter Bohrung verschlossen werden kann. Der eine Ast des Eudiometers besteht aus einem 20 cm’ fassenden, in ?/,o. geteilten Rohr, dessen O-Punkt mit der Bohrung im Hahn zusammenfällt. Dieser Schenkel ist mit dem zugehörigen Niveaurohr in Verbindung. Der zweite Ast des Eudiometers besteht aus fünf aufeinander folgenden, je 20 cm? fassenden Kugeln, die durch enge, aber nicht kapillare Rohrstücke verbunden sind, auf denen die Marke angeätzt ist. Das äußere Ende des Schenkels ist mittels eines Hahnes verschlossen und mit einer Füllkugel verbunden. Das zur Analyse bestimmte Gas wurde aus dem Rohr A, in dem es während des Versuches aufgefangen wurde, zum Teil in den linksseitigen, zum Teil in den rechtsseitigen Analysenapparat durch Heben der Füll- kugel F übergetrieben. Im gegabelten Eudiometerrohr füllt man zuerst gerade 100 cm? in den Ast mit den 1 Tigerstedt, Handbuch der physiologischen Methodik, 1908, p. 32. 2 Höhenklima, Bergwanderungen etc. p. 167. 18* 126 A. Durig, Kugeln bis zur Marke über und sperrt den Hahn H,. Hierauf stellt man durch Wenden des Hahnes Z, Kommunikation zwischen A und dem engen Schenkel des Eudiometers her, um noch etwas Gas in dieses Rohr eintreten zu lassen, und dreht dann den Hahn so, daß durch dessen weite Bohrung nunmehr beide Schenkel des Eudiometers in Verbindung gesetzt sind. Nun wird durch Visieren über die beiden Menisken des Niveaurohres und den Meniskus im engen Schenkel das Gas im ganzen Eudiometer unter den Apparat für Doppelanalysen und für die Untersuchung sehr differenter Gasmengen. herrschenden Atmosphärendruck gebracht und das Volumen wiederholt abgelesen. Zu jeder solchen Volums- bestimmung gehört natürlich die Ablesung des Thermobarometerstandes in B. Durch die Kapillare V gelangt das Gas in die Absorptionspipetten und wieder in das Eudiometer zurück. Nach Schluß der Analyse und Entleerung des Proberohres A läßt man das Gas durch ein seitliches T-Stück entweichen das auch beim Vorspülen der zuführenden Kapillaren vor jeder Analyse benötigt wird. Die Bohrung des Hahnes bedingt keinen Fehler, da die Nullmarke für das ganze Eudiometer an der Stelle wo das kapillare T-Stück an den Hahn angeblasen ist, liegt. Der Apparat gestattet Gasvolumina von O'1 bis 120 cm? auf 0:01 cm? abzulesen, Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 127 Für die Bestimmung des Sauerstoffes hat sich die Verwendung des Natriumhydrosulfit! ganz außerordentlich bewährt. Bei richtigem Arbeiten gewinnt man den Eindruck ungleich größerer Sicherheit. Es ist ganz besonders wertvoll, daß man bei Verwendung dieser Substanz am Beginn von Analysen nicht nutzlos eine Menge Zeit durch »Luft-Kontrollen« verliert. Bekanntermaßen dauert es nach der Neufüllung einer Phosphorpipette meist ziemlich lange, bis man mit dieser richtige Werte für die Sauerstoffmenge in einem Gase erzielt.” Bei Verwendung der Hydrosulfitlösung kann man sicher sein, daß, wenn die Pipette ohne Luftblasen gefüllt wurde und wenn keine Hydrosulfitlauge gegen die Eudiometer vorge- drungen ist, bereits die erste, zur Kontrolle ausgeführte Luftanalyse, ein vollkommen richtiges Prozent- verhältnis für die Zusammensetzung der atmosphärischen Luft ergibt. Wir haben uns durch viele Analysen während langer Zeit und durch gleichzeitiges Arbeiten mit der Phosphorpipette und der Hydrosulfitpipette überzeugt, daß letztere ganz besonders dann, wenn es sich um das Arbeiten bei niederen Temperaturen handelt, weit überlegen ist. Die Phosphorpipette mußte auf dem Monte Rosa stets in einem Wasserbade auf etwa 25° C angewärmt gehalten werden. (Siehe Abb. P). Obwohl auch andere Autoren mit der Verwendung der Hydrosulfitlösung ebenso gute Erfahrungen gemacht haben wie wir, erfuhren wir doch von mancher Seite, daß mit der Methode unbefriedigende Resultate gewonnen worden seien. Die Ursache hierfür dürfte darin gelegen sein, daß das gelieferte Präparat nicht immer verläßlich gut ist. Auch ist es nicht zweckmäßig, bei der Herstellung der Lösung das Hydrosulfit in Substanz in 10°/, Lauge einzutragen, sondern es muß die unter Luftabschluß bereitete, wässerige Hydrosulfitlösung mit der bereits ausgekühlten, konzentrierten Lauge versetzt werden. Auch ist bei allen Manipulationen wie beim Einfüllen der Lösung in die Gaspipetten der Luftzutritt nach Möglichkeit zu vermeiden. Die Gaspipette muß mit einem Wasserverschluß versehen werden und dieser ist durch eine Paraffinölschicht weiter zu sichern, wobei darauf zu achten ıst, daß das Paraffinöl nicht in die gegen die Bürette zu gelegene Verschlußkugel gelangt, da dieses sonst allmählich in die Gaspipette übertritt und das Gas in der Pipette gegen das Absorptionsmittel schützt. Die Gaspipetten werden übrigens durch die Hydrosulfitlauge stark angegriffen und müssen durch einen dünnen, kautschukhaltigen Paraffinüberzug vor der Einwirkung des Reagens bewahrt werden. B. Über den Einfluß der Jahreszeit auf den Erhaltungsumsatz. Bei den Versuchen, die im Hochgebirge behufs Erforschung des Erhaltungsumsatzes — wir ver- stehen unter diesem den Umsatz bei vollständiger Körperruhe* — angestellt wurden, kommt eine ganze Summe von Momenten in Betracht, die den Gaswechsel zu beeinflussen vermögen und als Ursache für das geänderte Verhalten angesprochen werden können. Von allen Besonderheiten, die das Höhenklima gegenüber dem Klima in der Ebene aufweist, ist natürlich das Verhalten des Luftdruckes, der um so tiefer absinkt, je höher wir im Gebirge vordringen und die Abnahme der Lufttemperatur mit zunehmender Höhe am auffallendsten. Der vorliegende Abschnitt soll nun zur Erledigung der Frage dienen, ob solche Unter- schiede in der Umgebungstemperatur, wie wir sie während des Aufenthaltes in Wien und auf dem Monte Rosa-Gipfel beobachteten, den Anlaß zu Veränderungen im Erhaltungsumsatz geben können. Bekannter- maßen liegt über diese Frage eine ganze Fülle mehr oder minder eindeutiger Forschungsergebnisse vor, die von Loewy in neuester Zeit in übersichtlicher Weise zusammengestellt wurden, weshalb es wohl 1 Durig, Biochem. Zeitschrift, IV, p. 68. 2 Eykman, Pflüger's Archiv, 64, p. 69. 3 Die Hydrosulfitlösung hält sich in der Bürette nicht länger als etwa fünf Tage, später gibt sie unverläßliche Resultate. Es ist daher nötig, die Lösung auch dann, wenn sie nicht verwendet wurde, nach dieser Zeit in der Pipette zu erneuern. * A. Loewy in Oppenheimer’s Handbuch der Biochemie, IV, p. 172. 128 A. Durig, unnötig sein dürfte, auf die bisherige Diskussion über diese so strittige Frage im Detail einzugehen.!Es kann wohl als sicher festgestellt betrachtet werden, daß vorübergehende Abkühlung, soferne sie nicht zu Muskeltätigkeit Anlaß gibt, von keiner Steigerung des Umsatzes begleitet ist (Loewy, Speck, Johansson). Für die Entscheidung der Frage, wie sich der Umsatz des Menschen verhält, wenn er durch lange Zeit hin- durch niedrigen Temperaturen ausgesetzt ist, liegen bis heute jedoch, soweit uns bekannt, keinerlei wirklich einwandfreie Versuche vor. Während man sich für gewöhnlich dem Einflusse der Temperatur, die in ver- schiedenen Jahreszeiten oder Klimaten herrscht, durch passende Wahl der Kleidung möglichst zu ent- ziehen sucht und sich der direkten Wirkung weder im Sommer noch im Winter aussetzt, bringt es der Aufenthalt in großen Höhen während des Sommers mit sich, daß man wirklich niedere Temperaturen durch geraume Zeit hindurch auf sich wirken lassen muß, ohne sich künstlich gegen diese ebenso wie in der Ebene schützen zu können, da man doch im Wintermantel keine Touren ausführen kann. Im Sommer wie im Winter lebt man in der Ebene meist in Räumen, deren Temperaturen selten zwischen größeren Werten als 15 bis 28° C schwanken dürften, und wenn man sich ins Freie begibt, so sorgt man meist durch die entsprechende Kleidung dafür, daß die Temperatur der Luftschichte, die unseren Körper umgibt, ebenfalls keinen allzugroßen Schwankungen unterworfen ist. Sinken die Außenlufttemperaturen sehr stark ab, so wird einzig und allein das Gesicht und ein kurzes Stückchen des Halses der direkten Ein- wirkung der Kälte preisgegeben, während der ganze übrige Körper vor Wärmeverlust möglichst bewahrt wird. Wesentlich anders lagen aber die Dinge während des Aufenthaltes auf dem Monte Rosa. Es dienten eigene Versuche, die Reichel übernahm und die in einem späteren Abschnitte besprochen werden sollen, dazu, das Temperaturgefälle von der Körperoberfläche durch die Kleidung hindurch zu verfolgen, und mit jenem, wie es sich beim ebenso bekleideten Menschen in der Ebene findet, zu vergleichen. Auf dem Monte Rosa steigt die wahre Lufttemperatur während des Sommers im Freien selten bis auf 0° C und es gab Tage, an denen wir unsere Arbeitsversuche auf dem Gletscher bei 20° C unter Null ausführen mußten. Aber auch die Zimmertemperatur ist von jener in der Ebene sehr verschieden, da diese sich tagelang um O°C hielt und selten wesentlich über 0° stieg. Nur während der letzten Zeit unseres Aufenthaltes war es wärmer. Am Beginne des August hatten wir einmal sogar —9° C als Zimmer- temperatur beobachtet. Wenn auch in bewohnten Höhenstationen die Temperaturen natürlich nicht annähernd so tief absinken, so treten doch auch an diesen Orten bei Regenwetter so merkliche Abkühlun- gen ein, daß die Kurgäste in ihrer Sommerkleidung sich dort der Einwirkung viel niederer Temperaturen aussetzen dürften, als etwa im Winter in den Talstationen. Die Frage nach der Einwirkung niederer Umgebungstemperatur streift daher auch das Problem, ob der günstige Einfluß des Aufenthaltes in Höhenstationen nicht auf eine Anregung des Umsatzes infolge der Wirkung der Temperaturkomponente im Höhenklima zurückzuführen sei. »Es scheint fast selbstverständlich, daß die frischere und reinere Luft in den Höhenstationen gegenüber der drückenden und erschlaffenden Sonnenschwüle in einer Großstadt zu einer Steigerung der Oxydationsvorgänge führen müsse.«? Die Steigerung des Umsatzes, die man in der Tat in größeren Höhen zahlenmäßig festlegen kann, rückt eine solche Anschauung noch mehr in den Bereich der Möglichkeit. Zur Klärung der Frage über die Einwirkung der Umgebungstemperatur auf den Stoffumsatz stellten wir eine Reihe von Versuchen bei Körperruhe im Sommer und im Winter in verschiedenen Höhen an, und zwar derart, daß die Verhältnisse in allen Fällen möglichst die gleichen waren, also Störungen durch anderweitige Einflüsse die Resultate nicht beeinträchtigen konnten. Die Versuche im Winter wie im Sommer und im Frühjahre führten wir zum größten Teile (es war dies nämlich nicht bei allen Versuchs- personen der Fall) in genau derselben Kleidung durch, auch befanden wir uns möglichst unter denselben Ernährungsverhältnissen. Wir ließen im Winter in Wien die Kälte ebenso auf uns wirken, wie auf dem 1 A. Loewy: Oppenheimers’s Handbuch der Biochemie IV, p. 199. 2 Siehe Speck: Über Luftkuren, Arch. f. exp. Pathologie XVII, p. 278. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 129 Monte Rosa und trugen während der kalten Jahreszeit in der Ebene ebensowenig Überkleider, wie im Sommer in einer Höhe von 4560 m. Um auch die Zimmertemperatur annähernd auf einer Höhe wie auf dem Monte Rosa-Gipfel zu halten, sperrten wir die Heizkörper im Laboratorium ab und Öffneten zeit- weise die Fenster auch die Nächte verbrachten wir im kalten, ungeheizten Zimmer. Speziell Durig war bestrebt, diesen Forderungen auf das peinlichste gerecht zu werden. Auch Reichel trug während des ganzen besonders strengen Winters 1906/07, in welchem wir Morgentemperaturen bis zu —22° C beob- achteten, dieselben Kleidungsstücke wie in den Sommerversuchen oder während der Fahrt durch die heiße Po-Ebene im August 1906. Genau ebenso verhielten wir uns bei dem Versuch auf dem Semmering. Die Untersuchungen über den Gaswechsel führten wir stets morgens an der nüchtern im Bette liegenden Versuchsperson aus! und achteten darauf, daß diese vorher keinerlei Muskelarbeit geleistet hatte. Wie wir aus den Beobachtungen von Zuntz und seinen Mitarbeitern entnehmen, vermag ja bereits der Gang von der Wohnung zum Laboratorium noch geraume Zeit nachher auf die Größe des Erhaltungs- umsatzes einzuwirken. Wir wanderten deshalb mit unseren Apparaten in die Wohnung der einzelnen Versuchsteilnehmer und führten dort, noch bevor der zu Untersuchende das Bett verlassen hatte, die Respirationsversuche aus. Da wir als wahrscheinlich voraussetzen konnten, daß, wenn wir einen Unter- schied im Erhaltungsumsatz zwischen Sommer- und Winterbeobachtungen finden würden, dieser jeden- falls sehr gering sein würde, mußte eben auf die Ausschaltung jeder, nur irgendwie vermeidbaren Fehler- quelle geachtet werden. Mit Recht betont Ranke, daß speziell Ernährungs- und Verdauungsstörungen die Resultate bei der Bestimmung des Gaswechsels zu verschieben imstande sind und dadurch scheinbare Änderungen des Umsatzes durch das Klima vorzutäuschen vermögen. Wir trachteten daher die Respira- tionsversuche mit wenigen Ausnahmen stets gleichzeitig mit unseren Stoffwechselversuchen durch- zuführen, während derer wir uns im Zustande genau kontrollierter Ernährung befanden und täglich ganz gleichartige Kost verzehrten. Wir konnten also erwarten, sicher miteinander vergleichbare Werte während verschiedener Jahrenzeiten an denselben Versuchspersonen zu gewinnen und so jenen Einwänden zu ent- gehen, die man den bisherigen Versuchen über den Einfluß des Klimas verwerfen kann. Von bereits vorliegenden, einschlägigen Beobachtungen muß nur weniges erwähnt werden. Eykman? untersuchte den Einfluß des Tropenklimas, indem er den Umsatzin den Tropen, berechnet auf das Quadrat- meter Körperoberfläche, durch Beobachtungen über den Gaswechsel von 12 Malayen feststellte und die Resultate mit mit jenen verglich, die von anderen Autoren in Europa gewonnen wurden. Er kam zum Schlusse, daß Unterschiede nicht bestehen. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß der Vergleich zwischen dem Gaswechsel ganz verschiedener Versuchspersonen, auch wenn sie von ähnlichem Körpergewichte sind, kaum zu sicheren Schlüssen berechtigt. Versuche über den Erhaltungsumsatz von Personen während des Sommers und Winters scheinen nicht vorzuliegen. Zahlreich sind die Beobachtungen über die Einwirkung vorübergehender Abkühlung, und in bezug auf diese steht es fest, daß innerhalb nicht zu weit gezogener Grenzen jedenfalls keine chemische, sondern nur eine rein mechanische Wärmeregulation im Sinne einer Sperrung der Wärmeausfuhr stattfindet. Jede Umsatzsteigerung war auf Muskelzittern oder Muskelspannung, die einzige Form chemischer Regulation, die wir kennen, zurückzuführen, wie dies die Versuche im kalten Bade von Speck und Loewy erwiesen. Auch die Beobachtungen, die Johansson am bekleideten und unbekleideten Menschen? aus- führte, sprechen ganz entschieden gegen eine Steigerung des Erhaltungsumsatzes durch Abkühlung. Diesen Tatsachen gegenüber vermögen die Beobachtungen Rubner’s, die teilweise im Sinne einer chemischen Wärmeregulation beim Menschen sprechen, nicht zu überzeugen, da in manchem seiner Versuche sogar ausgesprochenes Muskelzittern von keiner Umsatzsteigerung begleitet war. Man darf 1 Vor den Versuchen im Frühling hatte Durig eine Tasse Tee mit etwas Zucker genossen. 2 Pflüger’s Arch., Bd. 64, p. 57. 3 Skand. Arch., 7. Bd., p. 123. 130 A. Durig, nach diesen Ergebnissen bei einem Menschen, der seine mechanische Wärmeregulation noch durch Kleidung und Heizung unterstützt, wohl kaum eine Änderung im Umsatz im Winter gegenüber den Sommermonaten erwarten. Einen Hinweis auf die Bedeutung der Kleidung geben übrigens die Beobachtungen von Rubner über die Kohlensäureausscheidung bei einer Versuchsperson, deren Gaswechsel in leichter Kleidung, im Überzieher und im Pelz bei einer Umgebungstemperatur von Ni DOC untersucht wurde, wenn auch Bedenken gegen die festgestellten Zahlen nicht zu umgehen sind, da in ihnen gewiß auch zum guten Teile variable Muskelspannung zum Ausdruck kommt. Für die Lösung der Frage können also nur Versuche entscheidend sein, in. denen man den Organismus ganz auf seine eigenen Einrichtungen zum Schutze gegen Übererwärmung oder Wärmever- lust verweist und ihn durch keine künstliche Mithilfe in seinem Bestreben, die Körperwärme konstant zu erhalten, unterstützt oder indem man die künstlichen Schutzmaßregeln stets unverändert läßt und die Wirkung der Winterkälte durch keinerlei Zugabe schützender Hüllen abschwächt, sie also geradeso wie die Wärme des Sommertages auf den hinreichend gekleideten Menschen einwirken läßt. Dadurch wird der Winterversuch eben erst zu einem Versuch über den Stoffumsatz im Winter. Ein Teil der Frage kann hierbei allerdings nicht beantwortet werden. Wenn man vom Sommer beginnend bis zum Versuch in der kalten Jahreszeit ständig in derselben Kleidung lebt, so muß gegenüber der Einwirkung der niederer werdenden Temperatur ganz allmählich und schon während der Herbstmonate eine Gewöhnung eintreten. Der Erfolg, den wir in unserem Versuch beobachteten, ist daher sicher im wesentlichen ein anderer, als wenn wir bis zum Jänner stets mit dem Winterrock bekleidet ins Freie gegangen wären oder unter Tags im geheizten Zimmer gelebt hätten und dann plötzlich alle Zulagen an Kleidungsstücken bis auf unser Tourenkleid, das wir tatsächlich trugen, entfernt hätten. Gewiß sehen wir im Ausfall des Winterversuches schon den Erfolg einer Gewöhnung vor uns, und wir können auf Grund neuer Versuche daher nur ent- scheiden, wie sich der »Abgehärtete« bei Winterkälte verhielt. Für den Hund liegen übrigens Versuche vor, die, soweit sie auf den Menschen übertragbar sind, besagen, daß auch zur Zeit, zu der die Anpassung erfolgte, keine Steigerung des Umsatzes eintreten dürfte, also auch nicht einmal vorübergehend eine chemische Regulation stattfindet. Die Versuche Nasaroffs und jene von Durig und Lode! weisen nach, daß Hunde, deren Körper- temperatur im kalten Bade sinkt, bei Wiederholung der Bäder immer geringere Temperatursenkungen auf- weisen und endlich an ihrer Körperwärme festhalten, dabei konnte von Durig und Lode nachgewiesen werden, daß dieser Anpassungsvorgang von keiner Steigerung der Kohlensäureproduktion begleitet ist. Nun zu unseren eigenen Versuchen! Diese ergeben Parallelen zwischen dem Erhaltungsumsatz im Sommer, Winter und Frühling in Wien und zwischen Sommer und Winter in einer Höhe von 1000 »z (Semmering und Alagna). Hieran reihen sich die Versuche bei Winterkälte auf dem Monte Rosa im August der Jahre 1903 und 1906 und im Sommer auf der Sporner Alpe in einer Höhe von etwas über 1300 m. Überblickt man die Resultate, die bei der Bestimmung des Gaswechsels an Durig gewonnen wurden, so fällt vor allem die Gleichartigkeit der respiratorischen Quotienten (Stab 11) auf. Der Versuch vom März liegt außerhalb der eigentlichen Versuchsserien, wurde also an der Versuchsperson nicht unter denselben Verhältnissen wie die anderen Beobachtungen durchgeführt.” Der respiratorische Quotient dieser Reihe fiel auch wesentlich anders aus als in den übrigen Reihen. Obwohl die sämtlichen Versuche zeit- lich sehr weit auseinanderliegen, stimmen die Resultate doch sehr befriedigend überein. Da das Körper- gewicht im Verlaufe des Jahres nicht konstant blieb, ist der Erhaltungsumsatz auf das Quadratmeter umgerechnet, was auch den Vorteil bietet, die an den einzelnen Versuchspersonen erhaltenen Werte unter- einander vergleichen zu können. (Stab 12.) Um auch einen guten Überblick über die Resultate der 1 Arch. für Hygiene, Bd. 39. 2 Wie erwähnt, war vorher etwas Tee mit Zucker getrunken worden. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. Tabelle II. Mittelwerte für den Erhaltungsumsatz im Sommer und im Winter. 151 Durig. 1 2 3 4 B) 6 7 | 8 9 | 10 11 12 Pro Minute Pro Minute Ss R Pro Minute und und 3 E = ee Körper Kilogramm | Quadratmeter = ge Ort Jahreszeit 5 au DL En höhe gewicht | °°8 a3 co | 95 |C, | 5 | CO, % |83 | 2% a3 | Se cm3 BIO BESE Juli 99:8 174.6) 2116| 2920) 3.538] 92-4 | 112-0) 0-327)0-542 8. und 9. Jänner 600 1735| 211:8| 2:825| 3534| 92:2 | 1122| 0:806|0540 Wien 250 17. und 18. Jänner 59-1 176°4| 2109|) 2903] 3552| 9384| 112:2| 08370545 März 6275 1969| 214°5| 3:153) 3°363|101°32| 110-1) 0:922|0-545 Semmering 1000 Jänner 59:5 1927| 226:9| 3:230| 3:804|102:27|) 120:4| 0:849|0°585 Alagna II 1190 9.—9. September 987 1752| 212 2:795| 3°607| 93:72| 1136| 0:825,0:550 Sporner Alpe|l 1326 Sommer 63°83 1881| 240-3) 2:968| 3:794| 95:86] 1224| 0:782|0:585 1 Die entsprechenden Grundwerte sind in den Anhangtabellen enthalten. Arbeiten anderer Autoren zu schaffen, bei denen sich ausschließlich die Werte für die Kohlensäure- produktion angegeben finden, wurde in Stab 7 und 8 die Größe der Kohlensäureausscheidung und des Sauerstoffverbrauches pro Körperkilo und Minute angeführt. Den besten Einblick in die Verhältnisse gibt jedenfalls Kolumne 12,in der der Umsatz pro Minute be- zogen auf die Oberflächeneinheit eingetragen ist. Die Berechnung dieses Wertes erfolgte von den bekannten durch Zuntz gegebenen Prinzipien aus auf Grund der ermittelten Größen des Sauerstoffverbrauches und der Höhe der respiratorischen Quotienten, wobei die Verbrennungswärme des umgesetzten Eiweißes nicht gesondert berücksichtigt ist. Die Zulässigkeit dieser Art der Berechnung ist durch Magnus Levy! eingehend begründet worden. In unseren Versuchen erscheint diese Berechnung um so begründeter, als der calorische Wert, der dem Verbrauch von 1cm?” Sauerstoff entspricht, bei den respiratorischen Quotienten unserer Versuche ohnedies nahezu der nämliche ist wie jener bei Eiweißverbrennung. I v. Noorden, Handbuch etc., I, p. 207. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 19 132 A. Durig, Die Kalorienwerte sind auf drei Stellen gekürzt, da ja selbst bei der dritten Stelle die Sicherheit schon eine recht problematische ist. Die Versuche an Durig ergeben, daß die Größe des Erhaltungsumsatzes im Juli, im Jänner und im März fast genau dieselbe gewesen ist und ohne Zweifel fallen alle Unterschiede zwischen den angeführten vier Mittelwerten noch vollkommen in die Fehlergrenzen. Wir können daher auf Grund der vorliegenden, bei Durig gewonnenen Ergebnisse mit voller Bestimmtheit aussagen, daß bei ihm keinerlei Einfluß der Jahreszeit und der Umgebungstemperatur auf den Ruheumsatz nachzuweisen war, obwohl er sich der Kälte des strengen Winters in derselben Klei- dung wie den höheren Temperaturen während des Frühlings und Sommers aussetzte. Es hat sich also bei ihm sicher keine chemische Regulation ausgebildet, da diese in einer Steigerung der Oxydationsvorgänge zum Ausdruck gekommen sein müßte, sondern es ist anzunehmen, daß einem größeren Wärmeverluste im Winter-nur durch entsprechend ausgiebige Sperrung der Wärmeabgabe entgegen- gewirkt wurde. Diese Feststellung kann sich einwandsfrei natürlich nur auf das Gesamtniveau erstrecken, auf das sich der Erhaltungsumsatz im Winter eingestellt hatte, sie besagt aber nicht, ob nicht etwa während des Aufenthaltes im Freien unter der Einwirkung der niederen Umgebungstemperatur eine Erhöhung des Stoffwechsels im Sinne chemischer Wärmeregulation eingetreten sei. Wir glauben aber annehmen zu können, daß auch unter Tags eine Erhöhung der Verbrennungsvor- gänge zu diesem Zwecke nicht stattgefunden hat. Es ist aus den bereits oben .angeführten Arbeiten bekannt, daß eine Umsatzsteigerung bei vorübergehenden Wärmeentziehungen nur dann eintritt, wenn gleichzeitig Muskelzittern und erhöhte Spannung der Muskulatur besteht, was aber immer mit subjektivem Kältegefühl, dem »Frösteln« verbunden ist. Letzteres trat nun bei Durig trotz der leichten Kleidung während der ganzen Winterperiode nie auf, und selbst an Tagen, an denen das Thermometer in der Innentasche des Rockes Werte unter 0° zeigte,! empfand er noch das Gefühl behaglicher, wohliger Wärme. Sicherlich kommt für das Eintreten des Fröstelns und Muskelzitterns bei niederer Umgebungs- temperatur nicht bloß die tatsächliche Größe des Wärmeverlustes in Betracht, sondern es spielen dabei gewiß auch psychische Momente eine große Rolle. Für die zweite Höhenstufe liegen von Durig Werte von der Sporner Alpe im Sommer, vom Semmering im Winter und von Alagna im Sommer vor. Der Wert, der auf der Sporner Alpe im Sommer gefunden wurde, stimmt mit jenem vom Semmering aus dem Winterversuch vollkommen über- ein, in beiden Fällen ergaben sich 0'585 Kalorien für den Umsatz pro Quadratmeter Körperoberfläche und die Zeit einer Minute. Also auch hier finden wir im Sommer wie im Winter den nämlichen Erhaltungsumsatz. Der Wert, der von den Versuchen in Alagna stammt, ist etwas niedriger, die Gründe hierfür liegen aber sicherlich wie später erwähnt werden wird, nicht in Verschiedenheiten der Temperatur, sondern in einer Nachwirkung des vorangegangenen Aufenthaltes auf dem Monte Rosa-Gipfel. Der Energieverbrauch während der Ruhe war nämlich in den ersten Tagen nach dem Abstieg ganz merkbar vermindert, er stieg erst allmählich während des Aufenthaltes in Alagna wieder an und erreichte bereits am 6. Tage des Auf- enthaltes 0'562 Kalorien. Es ist wohl wahrscheinlich, daß der Umsatz bei längerem Verweilen sich noch weiterhin etwas gesteigert hätte. Übrigens entspricht die für den Umsatz auf dem Semmering gefundene Größe ebenfalls durchaus keinem Verhalten, das während des ganzen Aufenthaltes daselbst konstant gewesen wäre, denn es zeigte sich, daß einer anfänglichen, erheblichen Erhöhung des Ruheverbrauches bald eine Abnahme folgte, daam vorletzten Tag des Aufenthaltes ein Wert von 0:575 Kalorien für die Größe der Verbrennung pro Quadrat- meter berechnet wurde. Die beiden Werte, jener der dem Aufenthalt in Alagna im Sommer entsprach 2 Bis zu — I (©, Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. 133 und jener der von den Versuchen auf dem Semmering im Winter stammt, stehen sich also in der Tat wesentlich näher, als es auf den ersten Blick scheinen möchte. Bezüglich des Umsatzes auf der Sporner Alpe müssen ebenfalls noch einige Bemerkungen nach- tragen werden. Auch dieser Mittelwert, der die Größe des Verbrauches pro Minute anzeigt, ist ebenso wie jener vom Semmering aufzufassen. Er birgt in sich erhöhte Werte von der ersten Zeit des Aufenthaltes auf der Sporner Alpe, aber auch wesentlich später daselbst für den Umsatz ermittelte Größen, die niederer sind als die anfänglich erhaltenen. Zudem muß noch erwähnt werden, daß für den Sauerstoffverbrauch und die Kohlensäureproduktion in den ersten Versuchen auf der Sporner Alpe wohl sicher etwas zu hohe Werte ermittelt wurden, da bei diesen kaum eine vollkommene Erschlaffung der Muskulatur der Versuchs- person und absolute Bewegungslosigkeit eingehalten worden sein dürfte. Durig folgte nämlich während der ersten Versuche noch stets mit den Augen den Bewegungen seiner Frau bei Anstellung der Ablesungen, um sich von der richtigen Handhabung der Apparate zu überzeugen. Wenn wir auch aus der Übereinstimmung und der absoluten Höhe der Werte schließen können, daß wesentliche Umsatz- steigerungen dadurch nicht ausgelöst wurden, so ist doch anzunehmen, daß der anfänglich gefundene Verbrauch eine Vergrößerung des angeführten Mittelwertes mit sich brachte und den Tatsachen entspre- chend etwas niederer einzusetzen sein dürfte. Im Verhältnis zu jener Erhöhung der Kohlensäureproduktion und des Sauerstoffverbrauches, die sich bei einigermaßen beträchtlicher Unruhe der Muskulatur findet, ist die hier in Betracht zu ziehende Größe jedenfalls verschwindend, so daß wir mit vollem Recht von einer Gleichartigkeit des Umsatzes bei der Versuchsperson Durig im Sommer wie im Winter in Höhen von ungefähr 1000 m sprechen können. Es weichen die für den Verbrauch pro Quadratmeter gefundenen Größen, ob sienun von Winterversuchen auf dem Semmering oder von Sommerversuchen in Alagna oder aufder Sporner Alpe stammen, nur um Beträge voneinander ab, die die zulässige Fehlergrenze nicht übersteigen, wenn wir die Besonderheiten im Umsatz in solchen Höhen und speziell in den vorliegenden Fällen berücksichtigen. Es scheint nicht unzweckmäßig, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, wie groß bei merklich ver- schiedener Muskelspannung die Unterschiede im Umsatz sind und wie sehr dies speziell bei Versuchs- personen zum Ausdruck kommt, die das Atmen im Respirationsversuch nicht gewöhnt sind und die die möglichste Entspannung der Muskulatur nicht geübt haben. Bekanntermaßen hat Johansson dieses Verhalten in eigens ausgeführten Beobachtungen unter- sucht und gefunden, daß Muskelunruhe den Umsatz um ein Viertel erhöht, seine Werte geben aber nur die Größe der Änderung in der Kohlensäureproduktion wieder. Ebenso anschaulich geht dies aus den Ver- suchen von Zuntz! und seinen Mitarbeitern hervor, in denen auch der Sauerstoffverbrauch bestimmt wurde. Die Autoren führen die Unterschiede in der Kohlensäureproduktion und dem Sauerstofiverbrauch, die sie in Berlin gegenüber Brienz gefunden hatten, auf die Nachwirkung vorangegangener Muskeltätig- keit oder auf Spannungen in der Muskulatur während der Versuche zurück. Diese sind besonders bei dem damals noch am wenigsten an Respirationsversuche gewöhnten Kolmer am ausgesprochensten. Selbst die unmittelbar nacheinander am selben Tage ausgeführten Beobachtungen weisen hier auf Schwankungen im Umsatze hin, die jene weit übertreffen, die oben bei den Versuchen an Durig erwähnt wurden, obwohl letztere in ganz verschiedenen Jahreszeiten, ja nicht einmal im selben Jahre durchgeführt wurden. I2[2e., Pr 291. 19 154 A. Durig, Tabelle III. Werte für den Erhaltungsumsatz bei Kolmer im Jahre 1901 am selben Tage ermittelt. (Atmung eines Ungeübten bei unvollkommener Entspannung der Muskulatur.) 5 | 6 9 | 10 1 12 13 Pros Pro Minute und Quadrat- Pag Inetet Respira- Kalorien pro 8 III — T — Be, nen Differenz in orischer uadratmeter Co, | O, Co, | O5 ; Prozent Quotient und Minute cm? 200-1 231.9 greil 112-6 0'863 0:54 7. August 4 203°9 216°5 98-9 105°1 0'942 0:52 221°3 2626 1075 1256 0'843 0:62 2226 2780 108-1 135°0 0801 0:65 9. August 83 222-0 2716 1079 131°9 0'818 0.64 2012 2693 OO) 1278 0°747 0:60 178°6 2472 86.4 1195 0722 0:56 24. August 12 196°9 2026 951 9749 0970 0:50 205:7 2530 999 1229 0'813 0-59 28. August EIEre Petr Tre (0) 205-5 2501 99-8 1214 0822 0:59 Es schwankten also hier die Werte in den Kontrollversuchen, die an ein und demselben Tag unmittelbar nacheinander gewonnen wurden, um Größen bis zu 12°/,, während die größte Differenz bei Versuchen, die wohl als analog anzusehen sind, aber nicht auf den nämlichen Tag fallen, die Höhe von 30°/, erreicht. Immerhin könnte bei den Beobachtungen vom 9. und 24. August vielleicht doch eine wirkliche Änderung des Ruheumsatzes (Nachwirkung des Höhenaufenthaltes) zur Entstehung dieser großen Unterschiede beigetragen haben, dies ist aber bei den Versuchen am 7. und 9. August aus- geschlossen, und doch betragen auch hier die Abweichungen der Werte bis zu 26°,. So sehr vermögen also scheinbar ganz geringfügige Spannungen in der Muskulatur und ungleichmäßiges Atmen die Resultate zu beeinflussen. Es kann daher wohl als gerechtfertigt betrachtet werden, daß wir den Wert, den wir für den Umsatz auf der Sporner Alpe fanden, schon infolge der Aufmerksamkeit auf den Experimen- tator als etwas erhöht betrachten, wenn auch sonst vollkommen Muskelruhe bestanden hatte. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 135 Die Versuche an Durig können daher als beweisend dafür angesehen werden, daß ein nachweis- barer Einfluß der Umgebungstemperatur, innerhalb eines Temperaturintervalles von zirka +30 bis —20° C! nicht bestanden hat. Tabelle IV. Mittelwerte für den Erhaltungsumsatz im Sommer und im Winter. Reichel. N 2 3 4 5. se = 9 10 1 | 12 Pro Minute Pro Minute Er Pro Minute und und % E 3 . () as Nase Körper- Kilogramm Quadratmeter 5 SE Ort Jahreszeit } De Se höhe gewicht 2.8 a8 Ba Se cm? ec 8 Juni 81-1 2144 | 271°0 | 2.642 | 3348 92:6 ul Oo oe 802 2226 2749 2°775 3'428 96.9 1196 0'809 | 0'576 Wien 250 Jänner 78-5 220:9 | 266°5 2214 | 3'395 976 zer 0'829 | 0:569 März A922 209-9 2621 2'650 3309 ga?) le 0'799 a Semmering En Jänner j 79-4 2196 2670 | 2805 3'363 Ole 117.72 = 056. Alagna 1190 September 750 2069 252°8 2:79 3'364 94:2 1149 0824 | 0597 Gerade so gut wie die Werte bei Durig untereinander vergleichbar sind, sind auch jene, die an Reichel gewonnen wurden, einwandfrei in eine Parallele zu stellen. Auch bei ihm fällt vorerst die Gleichartigkeit der respiratorischen Quotienten auf, die für die Güte der Versuche spricht. Die Werte, welche im Juni und im Jänner in Wien ermittelt wurden, können als vollkommen identisch angesehen werden, ein kleines wenig niedriger fällt die Größe für den Umsatz im März aus, doch beträgt auch hier die Abweichung im Maximum nicht einmal 4°/,, fällt also wohl noch ganz nahe an die Fehlergrenzen. In der Höhenstufe von 1000» liegt wieder der Wert aus Alagna etwas niederer als jener vom Semmering, der Unterschied ist aber nur ein ganz verschwindender, auch hier ist die Nachwirkung des vorangegangenen Gipfelaufenthaltes mit im Spiele gewesen. Die Ergebnisse der Versuche in Wien wie jener, diein den beiden Höhenstationen ausgeführt wurden, sprechen eindeutig dafür, daß auch bei Reichel die Jahreszeit keinen Einfluß auf den Erhaltungsumsatz ausübt, daß also das Absinken der Umgebungstemperatur keine Steigerung der Stoffzersetzung herbeiführt. Ebenso wie Durig hat Reichel gegenüber der Wirkung der Winterkälte »mechanisch« und nicht »chemisch« reguliert. 1 Hierunter sind die Temperaturextreme gemeint, denen sich die Versuchsperson unter Tags aussetzte. 136 A. Durig, Tabelle V. Mittelwerte für den Erhaltungsumsatz im Sommer und im Winter. 1 2 3 4 5 | 6 7 | 8 9 | 10 1 12 Pro Minute Pro Minute Ss A Pro Minute und und S e 5 3 Hloer andkr : > Ds Masres: Körper Kilogramm Quadratmeter 3 ze O ei Jahreszeit i 2 a höhe gewicht 3 = CO, O5 Co, O, (010) O, SB 3 4 r RE 8 238 aa = 2 | cm? £ $ = Kolmer. Sommer 76:42 1958 256'8 2508 3'361 878 1150 0761 0'546 Wien Winter 10:48 2005 2536 2.589 37272 SB 1122) 05791 0541 [5%] Frühling 81:42 214°5 ZO. 2:634 3'160 8893 alle 0'833 0'544 Rainer. Sommer 64:58 179-8 2 [86 "7830 3606 86'7 114:9 0756 0'556 Wien rn Frühling 9. D 9 & 9. -479 . B "ge © (März) 62:90 1831 2184 29 3472 DT Jeans 0'838 0) ou > & Von Kolmer und Rainer liegen nur einschlägige Beobachtungen aus Wien vom Sommer, Winter und Frühling vor. Die Betrachtung der Kolonne 12 ergibt, daß auch bei Kolmer der Umsatz: während der drei Jahreszeiten unter sonst gleichen Bedingungen keine Änderung erfuhr. Bei Rainer liegt der Wert für die Verbrennungsvorgänge im Sommer etwas höher als im Winter, doch ist auch hier der Unterschied nur ein geringer. Der größere Verbrauch im Juni dürfte bei ihm wohl.eine Erklärung darin finden, daß Rainer damals an die Respirationsversuche noch nicht gewöhnt war und deshalb seine Muskulatur noch nicht hinreichend vollkommen entspannte. Auffallend ist, wie viel besser die Übereinstimmung der Werte nunmehr bei Kolmer geworden ist, wenn man diese mit jenen in Tab. Ill vergleicht. Es ist übrigens viel- leicht auch nicht vollkommen auszuschließen, daß der Tonus der Muskulatur jugendlicher Personen über- haupt einem größeren Wechsel unterworfen ist. In diesem Sinne würde die Ungleichmäßigkeit der Werte bei Rainer sprechen, die noch später zu erörtern sein wird. Auch bei Waldenburg, neben Kolmer dem jüngsten Teilnehmer an der Expedition 1901, zeigten sich ab und zu sprunghafte Unterschiede in den gewonnenen Resultaten. Bezüglich der vorliegenden Versuche wäre übrigens noch nachzutragen, daß Kolmer wie Rainer sich weit weniger intensiv der Einwirkung der Temperatur aussetzten. Sie trugen auch während des Winters meist Überkleider und nicht dieselben Anzüge wie im Sommerversuch. Die bei Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 137 ihnen gefundene Übereinstimmung der Sommer- und Winterwerte ist daher viel weniger beweisend als bei Durig und Reichel. Die Versuche über den Einfluß der Jahreszeit und der Umgebungstemperatur auf den Erhaltungs- umsatz haben demnach zu einem eindeutigen Resultat geführt. Es war bei keiner Versuchsperson eine Änderung des Sauerstoffverbrauchs und der Kohlensäureproduktion nachzuweisen, die darauf hindeuten würde, daß die Verbrennungsprozesse im Körper bei absoluter Körperruhe im Sommer andere wären, als im Winter oder Frühjahr; wir müssen im Gegenteil daran festhalten, daß die Temperaturkomponente bei der Einwirkung des Klimas keinen Einfluß auf die Höhe des Umsatzes ausübt, sei es nun, daß es sich hierbei um einen Aufenthalt in der Ebene oder um einen solchen in Höhen von zirka 1000 m» oder 4500 m handelt. C. Über die Größe des Erhaltungsumsatzes in verschiedenen Höhenlagen. Im vorigen Abschnitte wurde gezeigt, daß recht merkliche Unterschiede in der Höhe der Umgebungs- temperatur keine Änderung des Stoffumsatzes beim Höhenaufenthalt herbeiführen. In einwandfreier Weise haben aber die Versuche von Durig und Zuntz im Jahre 1903 dargetan, daß auf dem Monte Rosa-Gipfel eine Steigerung des Sauerstoffverbrauches und der Kohlensäureproduktion beobachtet wird, die in der Erhö- hung der Atemarbeitallein keine ausreichende Erklärung findet. Beobachtungen Mossos und zwei Respira- tionsversuche an einem Teilnehmer der Expedition im Jahre 1901 scheinen dagegen darauf hinzuweisen, daß es Menschen gebe, bei denen der Erhaltungsumsatz in so großen Höhen keine Veränderung erfährt oder vielleicht sogar geringer wird. Es war deshalb nötig, noch an weiteren Versuchspersonen festzustellen, ob die Zunahme des Umsatzes in einer Höhe von 4560 7 dennoch eine gesetzmäßige ist, und ob nicht etwa längerer oder wiederholter Aufenthalt in solchen Regionen die Erhöhung der Verbrennungsprozesse zu verringern oder zu verwischen vermag. Es galt ferner zu ermitteln, wie sich der Gaswechsel bei einem möglichst unvermittelten Übergang aus der Ebene in die Höhenstation verhält, und festzustellen, ob ein lange dauernder Aufenthalt im Hochgebirge zu Nachwirkungen führt, die sich in der Größe des Erhaltungs- umsatzes ausdrücken. Gute Zusammenstellungen der bisher vorliegenden Ergebnisse finden sich ebenfalls in den wieder- holt namhaft gemachten Veröffentlichungen von Kronecker, Jaquet, Zuntz und dessen Mitarbeitern, wie bei A. Löwy in Oppenheimer’s Handbuch; dort haben auch die einschlägigen Versuche im pneuma- tischen Kabinett gebührende Berücksichtigung gefunden. Bezüglich der Versuche in der pneumatischen Kammer genügt es daher wohl hier nur hervorzuheben, daß erst bei Luftverdünnungen, wie sie dem Luftdruck in der Höhe des Monte Rosa entsprechen, die ersten Erscheinungen eintreten, die auf die Wirkung eines Sauerstoffmangels hindeuten. Es zeigt sich nämlich, daß erst von einem Barometerstand von 400 bis 500 mm an eine merkliche Erhöhung des Atemvolumens eintritt, wodurch eine Ausschwem- mung von Kohlensäure aus dem Körper herbeigeführt wird, was beim Gleichbleiben des Sauerstoffver- brauches zu einem Ansteigen der respiratorischen Quotienten führt. Eine Änderung der Verbrennungsprozesse im Sinne einer Verringerung des Sauerstoffverbrauches stellt sich im pneumatischen Kabinett jedoch auch bei weiterem Absinken des Luftdruckes nicht ein.! Derartige Versuche sind aber aus verschiedenen Gründen mit jenen im Hochgebirge nicht ver- gleichbar, wie schon im III. Teile dieser Abhandlung betont wurde. (Raschheit der Kompression und 1 Es ist wenigstens bei keiner der bisher untersuchten Personen ein zwingender Nachweis hierfür erbracht. Die Unter- schiede in den Einzelbeobachtungen schließen aber eine eventuelle Steigerung des Umsatzes nicht aus. So findet sich bei Zuntz und an einem Tage auch bei Waldenburg eine deutliche Erhöhung des Sauerstoffverbrauches während des Atmens unter ver- mindertem Luftdruck. Die Versuche an Kolmer, Caspari, Müller undLoewy wie die übrigen Beobachtungen an Waldenburg schwanken im pneumatischen Kabinett allerdings um ähnlich weit auseinander liegende Extreme wie im Normalversuch. (Siehe auch »Höhenklima«, Anhangtabelle XVI.) 138 4. Durvig, Dekompression, kurze Versuchsdauer, Körpergase, Mangel an Raum, Muskelunruhe etc.) Es darf daher nicht wundernehmen, wenn die Resultate von Untersuchungen hier wie dort nicht die nämlichen sind. Auch Beobachtungen über die Nachwirkung eines Aufenthaltes im pneumatischen Kabinett können zu Analogieschlüssen in bezug auf das Verhalten des Umsatzes nach der Rückkehr aus einer Höhenstation nicht herangezogen werden. Bei den hierüber vorliegenden Versuchen haben übrigens stets mehrere ver- schiedene Versuchsbedingungen zusammengewirkt, so daß die Resultate derzeit noch keine Schlüsse zulassen. Noch weniger als Beobachtungen am Menschen können natürlich Tierversuche als entscheidend über die Frage nach dem Ruheumsatz ins Feld geführt werden. Wenn auch Speck, Loewy, Terray, Durig und Tissot nachweisen konnten, daß eine Abnahme des Sauerstoffgehaltes in der Inspirationsluft bis auf etwa 8°/, noch keine Veränderung des Ruheumsatzes herbeiführt, so ist dadurch noch lange kein Beweis dafür erbracht, daß erst dann, wenn der Atmosphären- druck tiefer als auf 360mm absinkt, Störungen im Umsatze beim Aufenthalte im Hochgebirge eintreten. Bei den Respirationsversuchen mit Gasgemischen handelt es sich immer nur um kurz dauernde Beobachtungen, und es ist wohl sehr gut möglich, daß die Erscheinungen manifesten Sauerstoffmangels oder Änderungen in der Größe der Verbrennungsvorgänge eintreten würden, wenn die Gasgemische tagelang geatmet würden und zeitweise der Sauerstoffverbrauch erheblich gesteigert wäre, wie dies bei der Muskelarbeit der Fall ist. Es ist naheliegend anzunehmen, daß bei absoluter Körperruhe in derartigen Versuchen vorübergehend ein Gleichgewicht zwischen Sauerstoffanbot und Sauerstoffverbrauch bestehen kann, dieses würde aber unter der gegebenen Voraussetzung bei geringer Steigerung des Erfordernisses gestört werden, und es wäre dann auch in vollkommener Körperruhe nicht mehr möglich, bei dem herrschenden niederen Sauer- stoffdruck die ursprünglichen Verhältnisse wieder herzustellen. Sicherlich wäre es vom größten Interesse, wenn im Respirationskalorimeter, das lange dauernde Versuche am Menschen gestattet und dessen Kreis- strom es auch ermöglicht, den Sauerstoffgehalt des Atmungsgases durch verminderten Ersatz des ver- brauchten Sauerstoffes auf ein niedrigeres Niveau einzustellen, Versuche am Menschen ausgeführt würden, die dessen Verhalten bei lange dauernder Einatmung sauerstoffarmer Gasgemische näher beleuchten würden. Die Wertigkeit der Angaben, die über den Gaswechsel des Menschen in verschiedenen Höhen vor- liegen, ist eine außerordentlich verschiedene und die Durchsicht des bisher geförderten Zahlenmaterials lehrt, daß gar manche der veröffentlichten Resultate überhaupt unverwertbar sind, weil die Respirations- versuche nicht bei nüchternem Zustande der Versuchsperson ausgeführt wurden und während der Experi- mente auch nicht hinreichend auf eine vollkommene Entspannung der Muskulatur geachtet wurde. Wesentlich erschwert ist natürlich eine begründete Beurteilung der Resultate auch in allen jenen Ver- suchen, bei denen die Kohlensäureproduktion ausschließlich zur Untersuchung gelangte, da gerade die Ausscheidung der Kohlensäure in denjenigen Beobachtungen, bei denen nicht eine absolute Gleichheit aller Versuchsbedingungen eingehalten wurde, sich sehr stark zu ändern pflegt, so daß der Anschein von Veränderungen im Umsatz hervorgerufen wird, die tatsächlich nicht bestanden haben. Die gleichzeitige Bestimmung des Sauerstoffverbrauches liefert nicht nur in der Größe und Gleichartigkeit der Sauerstoff- werte eine vorzügliche Kontrolle, sondern auch speziell in der Beziehung des Sauerstoffverbrauches zur Kohlensäureproduktion, dem respiratorischen Quotienten, den wertvollen Rückschluß darauf, ob die Größe der Kohlensäureproduktion richtig bestimmt wurde. Ganz besonders schwierig ist es, sich gegenüber den kurzen, auszugsweisen Publikationen mancher französischer Autoren in den »Comptes rendus« voile Klar- heit zu verschaffen, da allein aus der tabellarischen Aufzählung von wenigen Werten keine oder nur sehr unsichere Rückschlüsse auf die Durchführung der Versuche gezogen werden können. Auf diese Erfahrung aufbauend, schien es uns auch nötig, zu allen unseren anzuführenden Resultaten die gesamten Belege beizugeben, die für die Kontrolle der Arbeiten erforderlich sind. Im folgenden sollen nur einige Daten aus der Literatur angeführt werden. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 139 Ziemlich zahlreiche Versuche liegen aus dem Jahre 1877 von Mermod! vor, der bestrebt war, stets unter möglichst gleichartigen Bedingungen — es handelt sich um morgens, nüchtern ausgeführte Ruheversuche — zu arbeiten. Er beobachtete in St.-Croix, das in einer Höhe von 1100 m gelegen ist, eine Steigerung der Kohlensäureausscheidung gegenüber den Werten, die er in Straßburg gefunden hatte, diese ist so gering, daß sie wohl nur dann als beweisend angesehen werden könnte, wenn die Methodik eine ganz zuverlässige gewesen wäre und wenn es möglich wäre, auf Grund des Körper- gewichtes und des Sauerstoftverbrauches den Umsatz an beiden Orten auf denselben Grundlagen zu be- rechnen. Auch der Verwendung des Spirometers bei derartigen Versuchen stehen gewichtige Bedenken entgegen, dagegen scheint der Einwand A. Loewy’s, daß die Fehlergrenze der Versuche eine zu weite sei, doch etwas zu scharf formuliert. Für den damaligen Stand der Methodik können die Resultate als gewiß nicht so schlecht stimmend erachtet werden, denn wir begegnen Dezennien später bei viel weiter vervollkommter Methodik noch breiteren Schwankungen in den gefundenen Werten. Gewiß weniger beweiskräftig sind die Beobachtungen, die Marcet? in der Schweiz und auf dem Pic von Teneriffa anstellte.e Man gewinnt fast den Eindruck, als wenn das Zutrauen des Verfassers zu seinen eigenen Resultaten kein allzugroßes wäre. Demgegenüber scheint wenigstens ein Teil der Beob- achtungen von Veragut? über den Gaswechsel in Zürich und St. Moritz (1769) relativ verwertbarere Daten zu liefern, die im Sinne einer Steigerung des Umsatzes im Höhenkurort sprechen. Überblickt man aber seine Ergebnisse, so läßt die Übereinstimmung der Werte allerdings ziemlich viel zu wünschen übrig und auch die absolute Höhe der Kohlensäureausscheidung erweckt Bedenken. Liegt doch die Größe der Kohlen- säureausscheidung bei ihm so, daß sicher ganz erhebliche Muskelarbeit mit im Spiele gewesen sein muß. Werte von mehr als 400 cm” pro Minute reichen schon fast an die Kohlensäureproduktion bei ganz lang- samem Gehen (600cm? pro Minute) heran! Die Steigerung der Kohlensäureproduktion in St. Moritz ist daher jedenfalls zu einem guten Teile, wenn nicht ganz, durch Muskelarbeit zustande gekommen, und die Tatsache, daß er in Zürich niederere Werte fand, die immer noch abnormal hoch sind, besagt wohl nur, daß Veragut dort unter bequemeren Verhältnissen, unter geringerer Beteiligung seiner Muskulatur manipulierte als in St. Moritz. Auf die Versuche Bürgis* haben wir schon an anderem Orte hingewiesen. Die sorg- fältigen, von ihm ausgeführten Beobachtungen kranken alle an dem Umstande, daß ihnen die vergleich- bare Grundlage, der reine Wert für den Erhaltungsumsatz fehlt. Auch bei ihm ist der sogenannte Ruhewert durch Muskelaktion fast um das Doppelte über seine wahre Größe gesteigert. Übrigens lassen die Ergeb- nisse schon unter sich jene Übereinstimmung vermissen, die wir bei einwandfreien Versuchen fordern müssen. Als Ursache hierfür ist wohl sicherlich eine wechselnde Muskelinervation anzunehmen. Diese erklärt vollauf die in seinen Resultaten vorkommenden Schwankungen. Eine ganze Summe von Bestimmungen über die Kohlensäureausscheidung in verschiedenen Höhen- lagen zwischen Turin und der Capanna Margherita führte U. Mosso aus, doch auch diese können einer freimütigen Kritik nicht standhalten. Zum Teil liegt die Ursache für das Zustandekommen der so abweichen- den Resultate in der damals noch nicht hinlänglich ausgebildeten Methodik, zum Teil auch an der Durch- führung der Versuche. Diese wurden zu den verschiedensten Stunden des Tages ausgeführt, auch auf die Kost wurde wenig Rücksicht genommen, und jedenfalls ist trotz der horizontalen Lage der Versuchs- personen ein Umsatz bestimmt worden, der durch reichliche Muskelbewegungen erhöht war. So fandMosso bei zwei Versuchspersonen in der nämlichen Meereshöhe Werte wie 0:284g und 0'574g CO,-Produktion pro Kilogramm und Stunde’, Größen, die wohl am besten die Höhe der vorhandenen Fehlergrenzen 1 Diss. Straßburg 1877. 2 Proc. of the Royal Society of London, XXVII. 3 Diss., Paris 1887. % Arch. für (Anat.) und Physiologie, 1900. 5 Der Mensch auf den Hochalpen, p. 270. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 20 140 A. Durig, versinnbildlichen. Und doch wurden diese Zahlen noch unter den bequemen Versuchsbedingungen in Gressoney gewonnen. Wenn wir auch das Körpergewicht der beiden Soldaten zu dieser Zeit nicht genau kennen,! so sind die Unterschiede der Kohlensäureausscheidung pro Kilogramm bei Personen von ganz extrem ver- schiedenen Körpergewichten dagegen verschwindend. Als Beispiel hierfür mögen zwei Versuchspersonen von Magnus Levy dienen: Sch. Ur NASORZIScCHWer. 0:339g CO, pro Stunde Schm N 778253 » 0:317 Es scheint ferner, daß in Mosso’s Beobachtungen eine ziemlich große Zahl von Werten für die Kohlensäureproduktion gefunden wurde, die so sehr zu niedrig sind, daß sie tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprochen haben können. Wir wollen daher die Resultate Mosso’s für die Entscheidung der Frage nach dem Einflusse des Höhenklimas auf den Erhaltungsumsatz bei unseren späteren Auseinander- setzungen nicht mehr in Diskussion ziehen, so wünschenswert es wäre, wenn die Früchte der so mühe- vollen Arbeiten verwertet werden könnten. Das große Verdienst U. Mosso’s, diese Untersuchungen in so großen Höhen systematisch aufgenommen zu haben und die Vorarbeit für spätere Forschungen’ geleistet zu haben, wird hierdurch gewiß nicht geschmälert. Die Resultate der Versuche von Zuntz und Schumburg? lauten nach den Angaben der Autoren dahin, daß bei Schumburg ein Anwachsen des Umsatzes beobachtet wurde, das aber nur der Ver- größerung der Atemarbeit entsprach, während bei Zuntz ein Effekt der Höhenwirkung nach weniger deut- lich wahrgenommen werden konnte. Im Jahre 1896 folgten dann die Versuche von A.Loewy, J. Loewy und Leo Zuntz? auf dem Monte Rosa, die zu dem Ergebnisse führten, daß »in Keinem Versuche Sauerstoffmangel eine Rolle spielte«; bei A. Loewy hatte keine Steigerung des Umsatzes statt- gefunden, während bei J. Loewy eine solche bereits auf der Gnifetti-Hütte in 3647 m Höhe zu beobachten war; L. Zuntz wies dagegen schon in 2856 Zunahme des Sauerstoffverbrauches und der Kohlensäure- produktion auf. Es sind demnach die Resultate der Versuche sehr mannigfaltige gewesen. Es soll an späterer Stelle noch ausführlicher auf diese Beobachtungen eingegangen werden. Zur Entscheidung der Frage über den Einfluß des Höhenklimas auf den Stoffwechsel, die bis dahin noch kaum in Angriff genommen war, führten Jaquet mit Staehelin* gemeinsame Untersuchungen über den Stoffwechsel (Stickstoff- und Salzumsatz) im Höhenklima durch, indem sie ihr Verhalten in Basel und auf dem Chasseral (16007) verglichen. An diese Versuche, auf die in einem späteren Abschnitte des näheren eingegangen werden wird, schlossen sich Respirationsversuche, die nach dem Geppert-Zuntz- schen Verfahren ausgeführt wurden, an. Die von den Verfassern in den Anhangstabellen mitgeteilten Versuchsprotokolle gestatten einen sehr guten Einblick in die Durchführung der Beobachtungen, und ergeben, daß die gefundenen Einzelwerte recht befriedigend untereinander übereingestimmt haben. Die Respirationsversuche sind morgens in nüchternem Zustande bei vollkommener Entspannung der Muskulatur ausgeführt. Jaquet und Staehelin kommen auf Grund ihrer Resultate zum Schlusse, daß bereits in einer Höhe von 1600n eine Steigerung des Erhaltungsumsatzes eintritt. Die Zunahme des Sauerstoffver- brauches betrug 8:8°/,, jene der Kohlensäureproduktion 14'8°/, und es erscheinen den Verfassern die Aus- schläge auf keinen Fall so gering, als daß diese noch in die Fehlergrenzen der Methodik fallen würden. 1 Der Mensch auf den Hochalpen. Anhangtabelle, 1. Seite. Beide Soldaten wogen nach einer Bestimmung fast gleich viel, nämlich 641 und 648 kg. 2 Pflü ger’s Arch., 63, p. 461. 3 Pflüger’s Arch., 66, p. 477. ! Arch. für exp. Path., XXXXVI, p. 274. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 141 Überblickt man die Mittelwerte und die Abweichungen der gut stimmenden Versuche untereinander, so ergibt sich in der Tat, daß im Chasseral-Versuch eine derartige Zunahme der Kohlensäureproduktion und des Sauerstoffverbrauches erfolgt ist, so daß diese weder durch die Steigerung der Atemarbeit noch durch einen etwaigen, während dieser Zeit eingetretenen Riweißansatz oder durch die Fehlerbreiten erklärt werden kann. Es möge hier bereits als auffallende Tatsache erwähnt werden, daß nach der Deutung der genannten Autoren die gefundene Umsatzsteigerung noch durch drei Wochen nach der Rückkehr vom Chasseral fast ungeändert fortbestand, ja sogar nach drei Monaten noch nicht abgeklungen war. Es wäre wohl von größter Wichtigkeit, wenn ein derart nachhaltender Einfluß eines vorangegangenen Aufenthaltes in einer Höhenstation, die noch niederer als manche Engadiner Hotels liegt, tatsächlich bestehen würde. Natürlich ist erst zu entscheiden, ob eine im Höhenklima ausgelöste Umsatzsteigerung während ihres Bestehens der Ausdruck einer Beeinflussung des Körpersin günstigem Sinne ist (s. p.48,50 [162,164]). Das reichste Material in bezug auf die Einwirkung des Höhenaufenthaltes auf den Gaswechsel förderten seit Beginn dieses Jahrhunderts Zuntz und seine Schule. Auch diese Ergebnisse sollen vorerst nur in ihren allergrößten Grundzügen berücksichtigt werden, da es nötig sein wird, die einzelnen Resultate im Zusammenhalt mit unseren neuen Beobachtungen noch genauerer Besprechung zu unterziehen. Im Jahre 1901 trat Zuntz! mit fünf Mitarbeitern eine auf breiten Grundlagen aufgebaute Expedition ins Hochgebirge an, während welcher die Versuchsteilnehmer stets im Stoffwechselversuch lebten und durch einen vollen Monat nur gewogene und analysierte Kost in genau berechneten Tagesrationen verzehrten. An die Stoffwechseiversuche waren ebenfalls Respirationsversuche in großer Zahl angereiht, von welch’ letzteren in diesem Abschnitte ausschließlich gesprochen werden soll. Die Beobachtungen begannen mit Kontrollversuchen in Berlin, an diese schloß sich ein 12 bis 18tägiger Aufenthalt in Brienz (500 m), 5 bis 11 Versuchstage auf dem Brienzer Rothorn (2130 m), 6 Versuchstage auf Col d’Olen (2858 m) und ebensoviel in der Capanna Margherita (4560 m). Die Verfasser gelangten hinsichtlich des Erhaltungsumsatzes zu folgenden Schlüssen. In Brienz wurde gegenüber Berlin eine Abnahme des Umsatzes gefunden und auch nach dem Abstiege vom Rothorn sank die Größe von Sauerstoffverbrauch und Kohlensäureproduktion noch weiter ab. Erstere Verminderung bezogen die Verfasser auf mehr akzidentelle Momente, letztere auf eine Wirkung des vorangegangenen Höhenaufenthaltes, was somit im Gegensatz zu den von Jaquet gewon- nenen Ergebnissen steht. Auf dem Rothorn konstatierten sie bloß bei Kolmer (auffallenderweise dem am meisten ans Hochgebirge Gewöhnten) eine Steigerung des Erhaltungsumsatzes, bei den übrigen vier unter- suchten Personen fehlte eine solche. Die auf Col d’Olen gewonnenen Werte sprechen bei dem einen der beiden Versuchsteilnehmer für eine Umsatzsteigerung, bei dem andern für eine Verminderung der Ver- brennungsvorgänge in Körperruhe. Auf dem Monte Rosa-Gipfel trat bei vier Versuchspersonen eine Erhöhung des Erhaltungsumsatzes ein, bei einer wurde eine Verminderung gefunden. Die Resultate lauten also auch hier ziemlich ähnlich wie jene der früheren Expeditionen von Zuntz und Schumburg sowie von A. Loewy und seinen Mitarbeitern, und zwar in dem Sinne, daß bereits in mäßigen Höhen eine Steigerung der Verbrennungsvorgänge eintreten kann, daß aber eine solche möglicherweise bei manchen Individuen selbst in einer Höhe von 4560 m fehlt. Die Unsicherheit der Ergebnisse der Gasanalysen mangels eines geeigneten, in großen Höhen ver- wendbaren Analysenapparates veranlaßte Zuntz im Jahre 1902, neuerliche Versuche über den Gas- wechsel im Höhenklima anzuregen. Er rüstete deshalb zu diesem Zwecke gemeinsam mit Durig im Sommer 1903 eine neue Expedition auf den Monte Rosa aus, die sich ausschließlich mit der Klarstellung der Frage nach dem Gaswechsel des Menschen in einer Höhe von 2900 und 4560 m in lange ausgedehnter Versuchsreihe befassen sollte. Die bereits vor Erscheinen des Buches über Höhenklima und Bergwande- rungen veröffentlichten und daher in diesem Werke schon berücksichtigten Resultate lauteten dahin,? daß 1 Höhenklima und Bergwanderungen. Bong, Leipzig, Berlin 1906. 2 Arch. f. (Anat. und) Physiologie 1904. Suppl., p. 417. 20* 142 A. Durig, in Col d’Olen während der wenigen Aufenthaltstage bei der einen Versuchsperson (D) eine deutliche, bei der anderen (Z) eine weniger ausgesprochene Erhöhung des Umsatzes beobachtet wurde. Während des fast drei Wochen dauernden Aufenthaltes auf dem Monte Rosa-Gipfel zeigte sich bei beiden Ver- suchspersonen eine ganz eindeutige und vollkommen klar ausgesprochene Steigerung des Verbrennungs- prozesses in Körperruhe. Auch hierüber soll die Diskussion an späterer Stelle eröffnet werden. Im Jahre 1905 veröffentlichte Kuss! die Ergebnisse von Respirationsversuchen in Angicourt, Chamonix und dem Refuge Vallot auf dem Mont Blanc. Die Resultate scheinen auf den ersten Blick recht vertrauenerweckend und viel verläßlicher als jene, die Bayeux mit seiner Frau bei zwei Besteigungen des Mont Blanc gewann. Die Veröffentlichung von Kuss istaber soknapp gehalten, daß man aus ihr kaum mehr als die vom Verfasser abgeleitete Folgerung entnimmt, nach der bei einem Wechsel im Aufenthalt zwischen der Ebene und dem Refuge Vallot keine Änderung im Umsatz eintreten soll. Kuss arbeitete auch wie ältere Autoren mit einem äquilibrierten Spirometer, in dem er die Exspirationsgase auffing. Die großen Bedenken, die gegen die Verwendung dieser Methodik im Höhenklima bestehen, sind wohl naheiiegend. Über die Durchführung der Beobachtungen erfahren wir nur, daß sich die Versuchspersonen in nüchternem Zustande befanden und möglichster Körperruhe befleißigten. Die an sieben Teilnehmern gewonnenen Ergebnisse sind in einer einzigen, kargen Übersichtstabelle zusammengefaßt, aus der wir nur je einen Wert entnehmen, der der Kontrolle zugänglich ist. Es ist dies der Gaswechsel an der Versuchsperson G.K. Der Genannte wog im Jahre 1903 und 1904 gleichmäßig 52 kg. Das Atemvolum betrug aber bei ihm am selben Orte in einem Jahre 5:88/, im anderen 4:63/. Das entspricht einer Differenz von 27 °/,, die dann, wenn es sich um Mittelwerte handelt, gewiß sehr groß ist. Für den Sauerstoffverbrauch der untersuchten Person liegen ebenfalls nur die gewiß sehr wenig stimmenden Werte von 221 und 200 cm? pro Minute vor. Die mitgeteilten Zahlen sprechen übrigens keineswegs für die Anschauung, daß das Höhen- klima ohne Einfluß auf den Erhaltungsumsatz sei, denn man kann aus den angeführten Zahlen sehr wohl herauslesen, daß bei sechs von den sieben Versuchsteilnehmern eine Steigerung des Umsatzes in einer Höhenstation aufgetreten ist. Dies geht zum Beispiel aus dem Verhalten des Herrn »Dav« hervor. Bei diesem betrug der Sauerstoffverbrauch in Chamonix (1065 m) 239 cm? pro Minute, während beim selben Individuum in Angicourt nur ein Verbrauch von 205 cm? Sauerstoff pro Minute zur Beobachtung gelangte. Es ist demnach in der Höhenstation eine Zunahme um 17°/, erfolgt. Kuss gibt nun an, daß er ebensolche Schwankungen in den Werten für den Sauerstoffverbrauch in der Ebene beobachtet habe. Da wir doch annehmen müssen, daß die mitgeteilten Zahlen nicht die Ergebnisse von Einzelbeobachtungen sind, sondern Mittelwerte aus mehreren Beobachtungen vorstellen, so sind die Unterschiede zwischen den Einzelversuchen noch als wesentlich größer anzunehmen, und man darf wohl nicht erwarten, daß der- artige Versuche Umsatzsteigerungen im Hochgebirge anzeigen werden, da wir sehen werden, daß diese nicht höher sind als jene Fehlergrenzen, die Kuss in seinen Versuchen zugesteht. Man wird den mit- geteilten Resultaten daher nicht allzu viel Vertrauen entgegenbringen dürfen. Keinesfalls kann man aber auf Grund des Erwähnten die vom Verfasser angeführten Größen als absolute ansehen. Auf eine Bemerkung in der Veröffentlichung von Kuss müssen wir übrigens noch eingehen. Kuss glaubt, daß die Annahme einer Umsatzsteigerung im Hochgebirge durch Zuntz nur in irriger Weise gemacht wurde, da die von Zuntz gewonnenen Resultate nur scheinbar für eine Erhöhung der Stoff- wechselvorgänge sprechen. Zuntz habe die respiratorischen Quotienten nicht hinreichend berücksichtigt. Diese Auffassung entspricht nicht den Tatsachen. Es wurde in den Versuchen von Zuntz und seinen Mitarbeitern nicht nur eine eigene Diskussion der Höhe des respiratorischen Quotienten gewidmet, sondern mit Hilfe des respiratorischen Quotienten und unter Bezugnahme auf die Größe des Sauerstoffverbrauchs, durch die von Zuntz selbst ersonnene Methode der Berechnung, die Größe des kalorischen Umsatzes festgestellt. Übrigens beweisen die früheren, wie unsere neuen, zahlenmäßigen Ergebnisse, daß eine 1 Comptes rendus, t. CXIV, p. 273— 275. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 143 Änderung des respiratorischen Quotienten im Hochgebirge in diesen Höhen nicht eintritt. Ferner ist es wohl jedem, der mit der Methodik der Respirationsversuche vertraut ist, bekannt, daß mit dem Beginne der Beobachtungen zugewartet werden muß, bis die Atmung eine gleichmäßige geworden ist, um der Gefahr einer Fälschung der Resultate durch ein Auswaschen von Kohlensäure aus dem Körper zu begegnen. Diese Vorsichtsmaßregel wurde speziell von Zuntz und seinen Schülern betont und natürlich auch stets berücksichtigt. In das Jahr 1905 fallen auch die Beobachtungen von Durig auf der Sporner Alpe, bei denen die Durchführung von Ruherespirationsversuchen nötig war, um die Grundlagen für die Arbeitsversuche zu gewinnen. Die hierbei erzielten Resultate berechtigten zu dem Schlusse, daß bei der einen der beiden Versuchspersonen in der Höhe von 1326 m eine lange dauernde Steigerung der Verbrennungsvorgänge eingetreten war, während eine solche bei dem zweiten Teilnehmer an den Versuchen nur vorübergehend zur Beobachtung gelangte. Im Jahre 1906 schließen sich daran unsere neuen Respirationsversuche an, deren Veröffentlichung Gegenstand dieser Abhandlung ist. So weit reicht das bisher vorliegende, bemerkenswerteste Tatsachenmaterial. Überblickt man die Schlüsse, die aus den Resultaten der verschiedenen Expeditionen von deren Leitern gezogen wurden, so ergibt sich, daß in der Mehrzahl der Fälle das Auftreten einer Umsatzsteigerung im Hochgebirge abgeleitet wurde, während in einzelnen Fällen eine solche gefehlt haben soll, oder sogar eine Vermin- derung der Verbrennungsvorgänge als wahrscheinlich angenommen wurde. Im folgenden sollen nur die einschlägigen Beobachtungen von Jaquet und Staehelin und jene von Zuntz und seinen ver- schiedenen Schülern weitere Berücksichtigung finden, da diese Versuche sämtlich mit einer einheit- lichen Methodik durchgeführt wurden, von der wir wissen, daß sie bei richtiger Handhabung absolut richtige Werte liefert. Es wird jedoch nötig sein, auch die mit den Geppert-Zuntz’schen Verfahren gewonnenen Resultate hinsichtlich ihrer Verläßlichkeit und Verwertbarkeit zu prüfen. Zu diesem Zwecke wollen wir auf Grund der bereits veröffentlichten Versuchsprotokolle in älteren Versuchen, ebenso wie bei den in vorliegenden, erst zu besprechenden neuen Werten, die Breite der Abweichungen in zusammengehörigen Versuchen nach einem einheitlichen Prinzipe abzuleiten trachten, um ein Urteil darüber gewinnen zu Können, ob die, aus der Verschiedenheit der Mittelwerte der einzelnen Versuchsserien, gezogenen Schlüsse berechtigt sind, oder ob die Unterschiede sich noch mit den möglichen, aus dem Verhalten der Versuchspersonen und der Methodik entspringenden Schwan- kungen decken. Die nachfolgende Tabelle enthält, zu diesem Zwecke zusammengestellt, die Größe des Sauerstoff- verbrauches, die in jenen Beobachtungen ermittelt wurde, welche zur Feststellung der sicheren Tatsachen in der folgenden Auseinandersetzung berücksichtigt werden sollen. Bezüglich der Anordnung der Werte muß erwähnt werden, daß die Kolonne c die Zahl der Beobachtungen angibt, die von den einzelnen Autoren zur Berechnung des Mittelwertes in ihren Veröffentlichungen verwertet wurden. In den Versuchen der Expedition 1901 sind dabei die ganz aus der Reihe fallenden oder aus anderen Gründen unsicheren Werte bereits eliminiert, während wir bei den Versuchen von Jaquet, von Durig auf der Sporner Alpe und unseren Beobachtungen anläßlich der Expedition 1906 keine Auswahl trafen und die Resultate so wie sie sich aus Analyse und Berechnung ergaben sämtlich in die Mittelwerte einbezogen; dadurch sind die absoluten und relativen Abweichungen gegenüber den Beobachtungen der anderen Autoren natürlich verhältnismäßig größer ausgefallen, als sie geworden wären, wenn wir alle jene Beobachtungen, bei denen Notizen im Protokoll eine Rechtfertigung für einen abnormen Wert geben, ausgeschaltet hätten. Wir zogen diese Ungleichförmigkeit, die auf unsere Resultate ungünstiger wirkt, vor, um diese nicht in irgendeinem Sinne zu beeinflussen. Ganz aus der Reihe fallende Werte, die eine Ausschaltung sicher gerechtfertigt hätten, finden sich übrigens in unseren Beobachtungen vom Jahre 1906 nur sehr selten. 144 A. Durig, Tabelle Vla. Übersicht über den Sauerstoffverbrauch in den verwertbaren Versuchen über den Gaswechsel im Höhenklima mit Rücksicht auf die Breite der Abweichungen der Beobachtungen voneinander. a b c d e H Fa h i k 100 f Arithmet. 100% Zahl der | Mittelwert | Extreme Differenz a Mittel der Prism: Literatur- Name Ort z .Alb= 2 & Versuche cm? Os Werte cm? Os c angabe = 2 weichungen = Prozent EV Prozent cm? Os Zermatt 5 219 I 75 34-2 22:0 10-0 Zuntz = Betempshütte| 6 246 2 85 34:6 21-0 8:6 = Pflüger’s | Archiv, Bd.63 949 Zermatt 6 278 & 93 33-4 35-5 12:8 1295 Schumburg Betempshütte 6 290 En: 55 18-9 18-3 6-3 Col d’Olen 2 198 es 16 8-1 3-6 1-8 A. Loewy Gnifettihütte | 4 218 Er 25 9-1 6:0 2:8 ColdOlen| 2 225 Ds 13 5:7 6:5 2:9 Pflüger’s J. Loewy 12,5 i 7 Archiv, 9 2 Gnifettihütte | 2 287 Be 1 0:3 1:0 0:3 Be Col d’Olen 2 291 2 29 10-0 11:0 3-8 L. Zuntz = Se 244 f Gnifettihütte 4 268 977, 33 12/73 12°2 45 Berlin 4 267 5 26 9*7 8-0 3-0 Brienz 10 248 nn 75 30°3 13 69 Kolmer 953 »Höhenklima« Rothorn 5 268 981 23 10°7 6°8 245 von Zuntz = und Mitarbeitern 282 Monte Rosa 3 293 3092 20 6°9 77 26 ; 178 a n Loewy Brienz A 203 993 45 22°2 13.4 997 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. Tabelle VIa (1. Fortsetzung). a b c d e Fr g h i k 100 f Arithmet. 100 ı Zahl der | Mittelwert Extreme Differenz 2 Mittel der EZ Literatur- Name Ort a NE d Versuche cm? O5 Werte cm? Os en angabe Prozent |“ NY Prozent cm? Os, Rothorn 6 211 De 37 17-5 13+3 6°3 Loewy Monte Rosa 5 262 = 107 40°8 19-8 715 Bein 4 224 ze 8 3-6 2-7 1°2 ze 229 a = R 212 9 : & ; Brienz 6 224 041 29 12°9 6°8 502 Caspari _ 224 = Rothorn 3 226 998 4 1°8 102 0°5 Monte Rosa 4 325 A 201 61°8 448 13°8 5 Berlin 3 248 en 2 1 0:7 0-2 Brienz 10 237 a 41 17-3 11:6 4-9 258 »Höhenklima« 2 von Müller Zuntz und Rothorn 4 249 > 24 18-5 7-5 Do Nuzrbeitzcu : 213 R : B Col d’Olen 4 229 937 24 10°5 8-2 305) Brienz 5 257 nn 3] 12-3 13°0 5-0 270 Walden- 031 e 9r9 ‘ er 3x b burg Rothorn 4 252 062 31 10°5 10°5 4*1 : S 251 r Col d’Olen 4 279 312 61 24-8 24°8 88 Brienz 3 231 2 25 9:0 9-0 3-9 244 223 - Zuntz Rothorn 4 248 987 64 19:2 19°2 17 Monte Rosa | 3 332 74 26-3 26-3 7.9 | 146 A. Durig, Tabelle Vla (2. Fortsetzung). b a © d e F £ h D k 100 f Arithmet. 100 ı Zahl der | Mittelwert | Extreme Differenz >Z Mittel der d Literatur- Name Ort Versuche cm? Os Werte cm? Os, ar angabe Prozent |” UNSEen| Prozent cm? Os 9 Wien 12 232 ns 16 6:8 5-0 2-1 . 9 231 Durig Col d’Olen 3 224 961 30 124 12-3 92 Archiv für 96 1 Monte Rosa | 14 277 en 29 10-4 9-8 3-5 ee 2 gie, L 2 1904, Suppl. 223 Col d’Olen 3 232 41 18 UeH 9:0 3.9 Zuntz 242 Monte Rosa 16 259 989 40 15°6 10:5 4-0 ; 221 Durig | Sporner Alp 18 240 063 42 1708 12-8 5°3 j Pflüger’s = = Archiv, 196 Bde 12: Frau Durig » 11 213 098 32 15:0 8-7 el 212 Basel 12 DU 947 35 15.4 7.0 38 Archiv für 9 Xp. Jaquet || Chasseral | 21 247 a 60 24-3 12-8 52 I an 2 p- 309 2 240 Basel 12 259 308 68 26-2 15°9 Sl Wien 10 257 nn 15 5-8 3-5 1-3 9 » 5 254 ee 23 9:0 88 34 Kolmer \ 5 258 En 4 1:6 1:0 0-4 = Expedition 1906 Alagna 6 239 A 18 7-4 4:0 1:7 Monte Rosa 6 279 a 24 8-2 9-3 3-3 - . 221 Rainer Wien 10 233 059 31 199 128 5"2 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 1 Außerdem 2 Versuche am 5./IX. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 147 Tabelle VIa (Schluß). a b c d e ni £ h i k 100 f Arithmet. 100 ı Zahl der | Mittelwert | - Extreme Differenz Mittel der Literatur- Name Oxrst a Ab- d Versuche | cm? O5 Werte cm? Oy nd angabe Prozent Eu Prozent cm? Os, : 215 Wien 4 218 292 7 302 3.0 1-4 A R: 201 : Rainer Alagna B) 220 936 39 16°9 11°5 2 Monte Rosa 6 260 23 14 5-4 4:0 1:6 268 201 ee Wien 6 212 020 19 9-0 5°8 2-8 209 a .r . > 10 213 996 15 40 15) 0°7 Durig Semmering Ü 227 —ı 19 79 94 2°2 | T 240 | Alagna 31 212 En 13 61 4-8 2-2 | Expedition 1906 Monte Rosa 6 271 = 23 8-5 8-8 3-2 284 7 Wien 10 271 202 22 8-0 6-0 2-2 284 2] 251 ; . ® > 12 268 979 28 10°5 3°5 1108) 3 : 276 2 i ö Reichel Semmering 3 286 205 29 10-1 10:0 3°5 241 : En a > 4 247 054 13 De? 4°2 107 5 242 > b) . . . Alagna 6 252 959 17 6°7 48 1126) 283 5 .o o Monte Rosa 6 309 398 45 14-2 10-2 3.8 148 A. Durig, Stab d gibt den Mittelwert wie er in den Generaltabellen angeführt ist. Stabe enthält den größten und kleinsten Wert der betreffenden Versuchsreihe, die natürlich in jenen Beobachtungen, bei denen nur zwei Versuche ausgeführt wurden, wie bei der Expedition vom Jahre 1896, das ganze Versuchsmaterial vor- stellen. Stab f enthält die Differenz der extremen Werte, die darin enthaltenen Größen stellen demnach die maximalen Unterschiede in jeder Versuchsreihe vor. In Stab g ist das Verhältnis eingetragen, in dem die maximale Abweichung der Werte einer Reihe zum Mittelwert steht; wir möchten dies als die »relative, maximale Abweichung« bezeichnen. Kolonne h enthält die Summe sämtlicher Abweichungen vom Mittel- wert einer Reihe, die ohne Rücksicht auf das Vorzeichen addiert wurden, dividiert durch die Zahl der Versuche in der betreffenden Reihe. Bleiben wir bei den üblichen Bezeichnungen für die Berechnung des mittleren Fehlers der einzelnen Messung ya == » Mn al 5 t so würden wir unsere Form der Berechnung mit — kennzeichnen müssen. Es schien uns zwecklos, in N unserem Falle die Methode der kleinsten Quadrate anzuwenden, da diese wegen der Berechnung der vielen Quadrate und deren Summen recht umständlich gewesen wäre und uns kaum mehr über die größere oder geringere Güte der Versuche ausgesagt hätte, als unser vereinfachtes Verfahren; denn es war ja nicht der Zweck, der bei der ungefähren Feststellung der Breite der Abweichungen erreicht werden sollte, den wahr- scheinlichen Fehler des Mittelwertes oder der einzelnen Beobachtung mit einer trügerischen Genauigkeitfest- stellen zu wollen. Man denke hierbei nur an die vielfach so geringe Zahl der Einzelwerte in den Versuchs- reihen! Stab z gibt endlich das, was wir als relative, mittlere Abweichung! bezeichnen möchten; die Werte zeigen an, in welchem Verhältnis die Größe der mittleren Abweichung zum Mittelwert steht. Wir sind uns wohl bewußt, daß auch diese objektive Form der Beurteilung der Wertigkeit der Versuche einer gewissen Härte und Einseitigkeit nicht entbehrt; es ist aber wohl in anderer Form sehr schwer möglich, ohne die Anführung sämtlicher Einzelwerte, das was man über deren Brauchbarkeit zu sagen hätte, zum Aus- druck zu bringen. Natürlicherweise kommen Versuchsreihen, die nur aus zwei unmittelbar anschließenden Doppelbeobachtungen bestehen, die ja untereinander ganz übereinstimmen sollten, zu einem sehr guten Kalkül, wenn sie nicht allzusehr voneinander abweichen; deshalb möge stets ein Blick auf die Kolonne c lehren, durch welches Beweismaterial die Resultate, die an einem Orte gewonnen wurden, gestützt sind.? Überblickt man die Größen in den letzten vier Kolonnen vor der Spalte %, so sieht man, daß die Werte in allen Spalten durchschnittlich kleiner werden je weiter wir in der Durchsicht der Tabelle vor- schreiten. Wir wollen nur die relative, mittlere Fehlerbreite betrachten. Diese steigt im Jahre 1895 noch bis zu 12°8°/, an und erreicht in keiner der Reihen einen unter 6°/, gelegenen Wert. Im Jahre 1901 wurden so hohe Werte wie 1895 bereits nicht mehr erreicht, immerhin steigen die Quotienten in Spalte noch einmalaufnahezu 14und nur die Hälfte der Werte liegt unter einer Größe von 5 °/,. Wesentlich günstiger ist bereits der Eindruck, den man über die Verläßlichkeit der Versuche von der Expedition 1903 gewinnt; hier liegt nur mehr einer der fünf Quotienten über fünf und bei den Versuchen der Expedition, die Gegen- stand dieser Ausführungen sind (1906), finden sich unter 20 Werten nur zwei, welche für die relative mittlere 1 Es wird hier das Wort Durchschnittsfehler absichtlich vermieden, da die Abweichungen nicht schlechtweg als Fehler gedeutet werden dürfen. Es können beträchtliche Schwankungen in den Werten vorliegen, ohne daß es sich hierbei aber um Fehler zu handeln braucht. Die Abweichungen sind bedingt einerseits durch die Grenzen der Leistungsfähigkeit der Methodik und unver- meidliche, physiologische Schwankungen im Verhalten der Versuchsperson, denen eine gewisse Breite eingeräumt werden muß und anderseits durch wirkliche Fehler, denen außerdenanalytischen, Messungs-und Berechnungsfehlern auch jene zugezählt werden dürfen, die durch ungeschicktes Verhalten der Versuchsperson entstehen. Hierzu wären zu rechnen mangelnde Entspannung der Muskulatur, unregelmäßige oder sonstig modifizierte Atmung, Gasverlust etc. 2 Im späteren werden Ergebnisse, die nicht durch mehr als mindestens zwei Beobachtungen gestützt sind, in der Regel über- gangen werden und nicht weiter in der Diskussion verwertet. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 149 Fehlerbreite die Höhe von 5°/, erreichen. Beide Werte stammen aus Versuchen, die an Rainer ange- stellt wurden. Rainer war, wie bereits oben erwähnt, derjenige, der mit der experimentellen Methodik am wenigsten vertraut war und vielleicht auch infolge seines jugendlichen Alters am meisten zu Ungleich- förmigkeiten in der Spannung seiner Muskulatur neigte. Einer besonderen Erwähnung bedürfen noch die Versuche von A. Loewy aus dem Jahre 1896 sowie jene von Jaquet und von Durig und seiner Frau. Die genannten Versuche Loewys zeigen ganz auffallend geringe Fehlergrenzen, die Ursache hierfür dürfte aber kaum an der Güte der Analysen und der Durchführung der Beobachtungen gelegen sein, die damals noch in recht primitiver Form ausgeführt werden mußten. Man muß bedenken, daß es sich auf der ganzen Expedition um 16 Ruheversuche handelte, die sich auf drei Versuchsteilnehmer und zwei Höhenstationen verteilen, so daß sich als Mittel für die Fest- legung der Resultate an einer Versuchsperson unter denselben Verhältnissen nicht einmal drei Einzel- beobachtungen ergeben. Dadurch müssen natürlich, wie schon oben erwähnt, die Fehlergrenzen scheinbar recht geringe werden. Wie groß diese aber in der Tat gewesen sein dürften, ergibt sich, wenn man die Mittelwerte für den Sauerstoffverbrauch, die beiLoewy in diesem Jahre und fünf Jahre später bestimmt wurden, vergleicht (siehe Tab. VII, Spalte a); diese weichen um 22 °/, voneinander ab, obwohl das Körper- gewicht Loewy’s sich nicht geändert hatte. Die Größe für die relative, mittlere Abweichung liegt bei Jaquet höher alsin den Versuchen von Durig und Zuntz, sowie von Durig und Frau Durig, sie nähert sich aber sehr jener, die für die Expedition des Jahres 1901 gelten kann, es ist dabei nur zu berücksichtigen, daß bei den Versuchen von Zuntz und seinen Mitarbeitern speziell die Beobachtungen auf dem Monte Rosa, die unter sehr ungünstigen Ver- hältnissen ausgeführt werden mußten, die relative Abweichungsbreite erhöhten. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes erscheinen daher die Schwankungen in Jaquet’s Versuchen größer. Wenn auch absolut genommen nieder, sind doch die relativen Abweichungen in den Versuchen von Durig und Frau auf der Sporner Alpe beträchtlich. Die Ursache hierfür ist darin gelegen, daß hier Werte zum Mittel ver- einigt sind, die nach den Versuchsbedingungen nicht als vollkommen vergleichbar aufzufassen sind. Ähnliches gilt übrigens auch für einen Teil der Werte aus Brienz von der Expedition 1901. Bei Durig dürfte sich die größere Ungleichförmigkeit der Resultate, wie schon oben erwähnt, zum Teile auf die Auf- merksamkeit zurückführen lassen, die er der Tätigkeit seiner Frau bei den Apparaten anfänglich zuwendete, Der nachstehende, kleine Überblick gibt in rohem Umriß das Gesagte zahlenmäßig wieder, indem die Mittelgrößen der relativen Abweichungen für eine jede der Expeditionen in chronologischer Reihenfolge angeordnet wurden. Sieht man von dem einzigen Sprung in der Reihe ab, der in der geringen Zahl der Beobachtungen bei Loewy’s Expedition im Jahre 1896 begründet ist, so ergibt sich zahlenmäßig die fort- schreitende Verbesserung, die die Methodik von einer Expedition zur andern erfahren hat. So sind denn die maximalen wie die mittleren relativen Abweichungen seit den ersten Versuchen von Zuntzund Schum- burg auf den vierten Teil der ursprünglichen Größe abgesunken, gleichzeitig hat aber mit der größeren Bequemlichkeit des Arbeitens auch die Zahl der auf einer Expedition ausgeführten Versuche über den Erhaltungsumsatz wesentlich zugenommen. Die Hauptursache für die Verbesserung der Resultate, die speziell in den Höhenstationen nunmehr ungleich weniger voneinander abweichen, liegt wohl darin, daß in den neuesten Beobachtungen die Analysen der Gase stets im gelüfteten Wasserbad ausgeführt wurden und bei den Beobachtungen des Jahres 1906 sogar ein Doppelanalysenapparat zur Verwendung gelangte, während bis zum Jahre 1903 auf Col d’Olen wie in der Gnifetti- und Margherita-Hütte die Ablesungen an dem frei in der Luft aufgehängten Eudiometer ausgeführt werden mußten. Die außerordentlich stark wechselnde Temperatur in den Schutz- hütten und die Wirkung der strahlenden Wärme des Körpers, eventuell sogar des Ofens (wie Loewy bei seinem Versuche erwähnt) mußte naturgemäß einen nachteiligen Einfluß auf die Ergebnisse der Gas- analysen ausüben, der seinerseits wieder die Feststellung der Höhe des Gesamtumsatzes sehr ungünstig beeinflußte. Nach den zahlreichen Beobachtungen, die an vier verschiedenen Versuchspersonen im Jahre 1906 und 1907 ausgeführt wurden, können wir daher wohl mit einiger Berechtigung die Forderung auf- 21 150 A. Durig, Tabelle VId. Zahl der |Relative Breite Relative Jahr Expedition (Versuche) von: beziicke 3% LEE sichtigten maximalen |Abweichungs- Versuche [Abweichungen breite 1895 ZUnVvzRUNdRSchumbut se 23 30°2 9-4 1896 A. Loewy, J. Loewy und L. Zuntz . . 16 76 227, 1899 JaquetzunduStaeneln@ere re 45 23°0 0 1901 Zuntz, Loewy, Müller, Caspari, Kolmer undaWaldenbursgas re 103 17°5 9.0 1903 ZuntzAun daD Uri SD 48 10°6 31 1905 Versuche von A. und S. Durig auf der SPornenzAlp] „un. nur ee: 39 16°2 4-6 1906 Expedition von Durig, Kolmer, Rainer UndaRe che ler 134 7.0 24 stellen, daß die »Breite der relativen, mittleren Abweichung« in guten Versuchen 3°/, des Mittelwertes womöglich nicht wesentlich übersteigen soll. Der Erhaltungsumsatz in Höhen unter 1000 m. Über den Erhaltungsumsatz in so geringen Höhen liegen, wie sich aus dem Vorangehenden ergibt, sofern es sich nicht um Versuche in der Ebene handelt, keine Beobachtungen vor, die wir in Diskussion zu ziehen hatten, als jene aus dem Jahre 1906, bei denen der Gaswechsel in Brienz in 500 m Höhe mit dem in Berlin verglichen wurde. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle geordnet; die Überschriften der Stäbe ergeben ohne weiteres die Bedeutung der in diesen enthaltenen Zahlen. Kolonne %k und 3 enthalten die mittleren, relativen Breiten der Abweichungen (siehe den voranstehenden Abschnitt) für die beiden Höhenstationen, in Spalte A wurde die maximale Abweichung vom Mittelwert (gegenüber der An- führung der größten Abweichung der Werte in Tabelle VI) eingeführt. Diese Werte dienen zum Vergleich mit der absoluten Größe der gefundenen Unterschiede zwischen Ebene und Höhenstation, beziehungsweise der relativen Änderung des Sauerstoffverbrauches. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. Tabelle VII. Brienz. 500 Meter. 151 (Verwertbare Ergebnisse über den Umsatz in 500m Höhe liegen nur von Zuntz und seinen Mitarbeitern vor.) Berli Bri j Körper- ER neo Änderung des | Relative, mittlere| Maximale Ab- gewicht kg Mittelwerte für | Mittelwerte für i BR E0R & 5 Re: : Sauerstoffver- Breite der Ab- | weichungen vom SIEER: die Ebene cm3 | die Höhenstation ERENSS en Mittel & pro Minute |! cm?pro Minute 5 i Berlin | Brienz Name absolut | relativ 100f | Ebene | Höhe Ebene | Höhe (010), (0 CO, 0, Gy 2 Ebene | Höhe cm? Prozent Prozent cm? Os Zuntz Teil 228110 BE18320 7223070227 lei —_ 3.9 147 68 1896 1| 134°2| 1858| 155°8| 202°4| —-16°6 8.0 6°7 19:0 593 61 A. Loewy 1903 2 Is =227720 — 24.6 12:4 60 Mittel 150°8| 2064 — AM 7 Müller 196-1 2482| 183-2) 237.2, 11.0 46 0-2 4-9) 1°0 21°0 73 73 Caspari . 171.8) 223°7| 1745| 224-0) + 0'3 1°2 9.2| 3°2 174 66 65 Kolmer . 2124| 2675| 205-8] 2483| —17°2 76 30 6°9| 13°6 30°3 71 ai Waldenburg 180°9| 248-3] 204°9| 2572| + 8°9 3°5 1.83 50 18-4 86 86 1 Siehe auch A. Loewy. Oppenheimer’s Handbuch der Biochemie, IV, p. 226. 2 Pflüger’s Archiv 103, p. 459. Die Sauerstoffwerte schwanken von 215 bis 239 cm?, die Versuche sind nach dem Früh- stück ausgeführt. 3 Nach dem Gewicht A. Loewy’s mit der Gasuhr siehe Pflüger’s Archiv, Bd. 66. 4 Um einen einfacheren Einblick geben zu können, wurde die maximale Abweichung vom Mittelwert als Kriterium für die Beweiskraft der Versuche eingeführt, während oben in Tab. VI die Güte der Versuche außer durch die relative, mittlere Breite der Abweichungen durch die extremen Werte und deren Abweichung charakterisiert war. Es ist hierbei zu bemerken, daß die von dem Autoren selbst als wahrscheinlich unrichtig bezeichneten und daher von diesen eingeklammerten Werte auch in dieser Tabelle nicht in die Diskussion einbezogen sind. Ein Überblick über die Tabelle lehrt, daß wir etwa 20cm? Abweichungen vom Mittelwert nach oben und unten als maximal ansehen dürfen und 6°/, als relative, mittlere Abweichungsbreite betrachten können. Den Versuch an Loewy dürfen wir übrigens wegen der unsicheren Ruhewerte in Berlin wohl ausschalten. Es ergibt sich daher der Schluß, daß die Größe der Abweichungsbreiten eine hinreichende Erklärung für die beobachteten Änderungen im Sauerstoffverbrauch liefert und daher Schlüsse auf die Veränderung 192 A. Durig, des Umsatzes bei einem Flachländler, der aus der Ebene kommt und sich der Einwirkung eines Aufent- haltes in 500 m Höhe aussetzt, derzeit noch nicht gezogen werden können. Unzweifelhaft kann Brienz für einen Großstädter jedoch schon als Höhenstation bezeichnet werden, da die Höhendifferenz zwischen der Ebene und den Sommeraufenthalten, die von der Stadtbevölkerung aufgesucht werden, vielfach 400 m nicht übersteigt. Loewy leitet zwar aus dem Befund vermehrter Aminosäuren im Harn! die Anschauung ab, daß in solchen Höhen bei Muskelarbeit schon Sauerstoffmangel zustande komme (hierüber an späterer Stelle), der auf Grund von Respirationsversuchen festgestellte Umsatz besagt aber nach obigen Resultaten, daß jedenfalls Schwankungen in der Höhe der Verbrennungsprozesse, die mehr als ganz wenige Prozente betragen, nicht eintreten dürften. Es wird noch weiterer Versuche bedürfen, diese gewiß wichtige Frage zu klären, um so mehr, als wir nach den oben angeführten Versuchen über die Einwirkung der Temperatur auf den Gaswechsel wissen, daß wir von dieser Seite aus eine Störung nicht zu erwarten haben werden. Der Umsatz in 1000 m Höhe. In einer Höhe von 1000 z verglichen Durig und Reichel den Umsatz mit jenem, den sie in Wien unmittelbar vor und nach einem Aufenthalte auf dem Semmering aufwiesen. Sie lebten während der zusammengehörigen Versuchsreihen ständig im Stoffwechselversuch und Durig befand sich auch im Stickstoffgleichgewicht. Tabelle VII. Semmering. 1000 Meter. a b c a e J | £ h i k L m | n Wien Semmering “ : OB > & > en Anderung des |Relative, mittlere) Maximale Ab- gewicht kg Mittelwerte für | Mittelwerte für : ; ; : BER h Sauerstoffver- Breite der Ab- | weichungen vom die Ebene cn? | die Höhenstation ; E ; i brauches weichungen Mittel ; Semme- pro Minute cm? pro Minute Wien ine I Name absolut | relativ ı00f | Ebene | Höhe | Ebene | Höhe C O, O5 C O5 O, OZE r Ebene Höhe cm? Prozent Prozent cm? Os Durig 173-6) 211.8) 192-7) 226-9) 116-314 72 24 2°2 87 6-1 60:0] 59°7 2226| 274°9| 229-6) 2866| 11-71 4-1 1 4° 44 18-83 79-4| 79°7 our 209-2| 247-4] 27-5 11-1) 1 4-41 6:7 Mittel _ — _ —_ —_ = 1-5] 27 SG) 13-3 | | 1 Deutsche med. Wochenschrift 1905, Nr. 48. 2 MitAusnahme der Versuche an Kolmer, bei dem der Ausschlag (Spalte g) 76 0/,, die relative mittlere Breite der Abweichun- gen 69 0/, beträgt (Spalte z), übersteigt die Größe der relativen Änderung des Sauerstoffverbrauches die mittlere Breite der Abwei- chungen nicht, wie sich aus dem Vergleich der übrigen Werte der Spalten g und z ergibt. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 153 Bei Durig wie bei Reichel sind die absoluten Größen für die Änderung des Sauerstoffverbrauches im Mittelwert so bedeutend, daß diese durch die möglichen Fehler, selbst wenn sich die relativen Fehler- breiten für Wien und für den Semmering addiert hätten, nicht erklärt werden könnten. Für Durig steht daher eine ganz beträchtliche Erhöhung des Umsatzes auf dem Semmering gegenüber Wien außer allem Zweifel, bei Reichel ist durch einen auffallend abweichenden Wert am ersten Versuchstag die maximale Abweichung vom Mittelwert größer, so daß die Zunahme des Umsatzes! im Beginne des Semmering- aufenthaltes beiihm in Zweifel zu ziehen ist,jedenfalls hat sich aber bei ihm im Anschluß daran eine auf- fallende Abnahme der Verbrennungsvorgänge eingestellt, die nicht mehr durch die Fehlerbreite zu erklären ist. Wenn man übrigens die einzelnen Versuche bei Durig betrachtet,” so findet man ein Verhalten, das jenem Reichel’s nicht unähnlich ist. Die deutliche Umsatzsteigerung erstreckt sich ganz besonders auf den ersten Versuchstag, während sie am zweiten Versuchstag schon wesentlich vermindert war. Bei beiden Versuchspersonen hatte demnach der Aufenthalt auf dem Semmering zuerst zu einer Umsatzsteigerung Anlaß gegeben, die bei Durig sicher ausgesprochen, bei Reichel weniger ein- wandfrei zu erkennen war, bei beiden Personen bildete sich diese Zunahme der Verbrennungsvorgänge bald zurück, so daß bei Reichel direkt eine Verminderung des Erhaltungsumsatzes zustande kam. Der Umsatz in Höhen von 1000 bis 2000 nm. Aus diesen Regionen stammen die Beobachtungen von Mermod (1100 m), Mosso (1627 m), Vera- gut (1769m), Zuntz und Schumburg (1632 m), Jaquet und Staehelin (1600 »), Durig und Frau (1326 m) und von Kuss 1065 m. Auf die Bewertung der Resultate der Mehrzahl der genannten Autoren wurde schon oben ein- gegangen. Es sei nur erwähnt, daß die Zahlen, die Mermod, Veraguth, Zuntz und Schumbursg, Jaquet und Staehelin, Durig und Kuss erhielten, teilweise im Sinne einer Zunahme der Verbrennungs- prozesse sprechen und in keiner dieser Reihen ein wirklicher Gegenbeweis gegen eine solche erbracht ist. In folgender Tabelle sollen die beweiskräftigsten der Versuche nach den erwähnten Gesichtspunkten geordnet zur Diskussion gestellt werden. Durig fand bei seiner Frau eine ausgesprochene Zunahme des Umsatzes auf der Sporner Alpe, die unzweifelhaft über den Fehlergrenzen liegt. Für ihn selbst liegt der Mittelwert sämtlicher Versuche zwar ebenfalls etwas höher als der in Wien gewonnene, aber nur so unwesentlich, daß hieraus keine Schlüsse gezogen werden dürfen, um so mehr, wenn man in Betracht zieht, daß Durig durch das Training auf der Sporner Alpe sicher Stickstoff angesetzt hatte. Berücksichtigt man bei ihm jedoch die Werte, die an den beiden ersten Versuchstagen gewonnen wurden, gesondert von jenen, die später erhalten wurden, so ergibt sich, wie Tabelle IX lehrt, eine deutliche Zunahme des Erhaltungsumsatzes im Beginne des Aufenthaltes in der Höhenstation, die aber bald rückgängig gemacht wurde. Die Umsatzwerte sind bezogen auf dasselbe Körpergewicht wie in Wien, in den späteren Versuchen sicher erniedrigt.? Durig verhielt sich also hier ganz analog wie Reichel auf dem Semmering und auch die an ihm daselbst gewonnenen Ergebnisse deuten darauf hin, daß die anfänglich vorhandene Erhöhung der Verbrennungs- vorgänge wieder rückgängig gemacht wurde. Es waren übrigens auch bei seiner Frau die Werte für Sauerstoffverbrauch und Kohlensäure- produktion an den späteren Tagen des Aufenthaltes niedriger als am Beginne, wenn sie auch stets die Wiener Werte noch übertrafen. In den Beobachtungen Jaquet’s halten sich maximale Abweichung vom Mittelwert und Änderung des Sauerstoffverbrauches ungefähr das Gleichgewicht, die relative, mittlere Breite der Abweichungen liegt 1 Siehe Generaltabelle XT. 2 Siehe Generaltabelle IX. 3 Aus den Werten, die in der Tabelle IX eingetragen sind, kann dies nicht abgeleitet werden, sondern nur aus den Original- zahlen. Aus der Tabelle ergibt sich nur beweisend eine Verminderung aus den Werten 261 gegen 234. 154 A. Durig, aber jedenfalls niedriger als die relative Änderung des Sauerstoffverbrauches, so daß die Werte wohl unzweifelhaft für eine Umsatzsteigerung sprechen, die Sicherheit derselben ist jedoch, wie später erwähnt werden wird, wegen ihrer absoluten Höhe eine zweifelhafte. Wenn man aber annimmt, daß der angeführte Wert für den Sauerstoffverbrauch, der aus der Ebene stammt, durch die nämlichen Bedingungen beein- flußt war wie jener vom Versuch auf dem Chasseral, so kann man an dem Schluß aufeine Erhöhung des Erhaltungsumsatzes festhalten. ; Tabelle IX. Sporner Alpe, Chasseral, Zermatt. 1000 bis 2000 Meter. a b | c 1) e JH | € h | Ü k l m N Mittelwerte für | Mittelwerte für Änderung des |Relative, mittlerel Maximale Ab- Körper die Ebene cm? | die Höhenstation] Sauerstoffver- Breite der Ab- | weichungen vom ; > = : > gewicht kg pro Minute cm? pro Minute brauches weichungen Mittel Name absolut | relativ 100f | Ebene | Höhe | Ebene | Höhe CO, (07) CO, O5 Te 2 Ebene | Höhe cm? | Prozent Prozent cm? Os ner 178°4 2317) 202-0| 2612| +39-4 15°9 2-1 1°5 Seil 6-1 59-0] 62°8 uri 2 Zu een re] al so 5 — i7:8| — |ooer Frau Duig . . .| 151-1] 194-6| 161-9] 213-2) -+-18°6 8:9 31 41 6-2 17:7) 45°0| 46°0 JACEE 0 0 50 0 || a9 22700 208-0 2470| =-20> 8.0 3-8 52 20°0, 2370| Bill — BUND, 0 0 000 186°4| 242-0) 187-2) 219-2) _—-23°8 10°8 9-4 10°0 87°0 39-0 = Sr Schumburg . . . 2286| 275°3]| 236-6) 2781| —+- 3°2 1:2 128 5.9 33°6 Sl — = Die Versuche von Zuntz und Schumburg zeigen, als die ersten Gebirgsversuche, in denen mit der Geppert- Zuntz’schen Methode gearbeitet wurde, wie erwähnt, die größten Abweichungsbreiten; die relativen wie die absoluten Abweichungen vom Mittelwert decken die gefundene Änderung im Sauer- stoffverbrauch in der Höhenlage vollkommen, es kann daher aus ihnen nur abgeleitet werden, daß größere Änderungen im Sauerstoffverbrauch als den damaligen Fehlergrenzen entsprachen, nicht anzunehmen sind. Die Grenzen sind hierdurch aber so weit gezogen, daß man diese Beobachtungen, so wertvoll sie für die Sammlung von Erfahrungen über das Arbeiten im Hochgebirge waren, wohl am besten ausschalten dürfte. Für den Umsatz in Höhen von 1000 bis 2000» liegt daher eigentlich recht wenig beweiskräftiges Material vor. Die einwandfreiesten Versuche bleiben immer noch jene von Durig und Frau, die eine anfängliche, allmählich sich vermindernde Zunahme des Umsatzes in 1326m Höhe ergaben; doch auch diese Beobachtungen bedürfen noch weiterer Ergänzung und Sicherung, da die Zahl der Versuche gering ist und die Reihen nicht täglich fortgesetzt wurden. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 155 Die in Alagna angestellten Versuche dürfen hier nicht angeführt werden, da sie sich nicht auf das Verhalten des Umsatzes beim Übergang von der Ebene in die Höhenstation beziehen; sie werden im Kapitel über die Nachwirkung des Höhenaufenthaltes behandelt werden. Der Erhaltungsumsatz in Höhen von 2000 bis 3000 ız. In diesen Höhen, die schon über jenen Regionen liegen, die noch für Höhensanatorien in Betracht kommen, stellten Marcet, Zuntzund Schumburg, A. Loewy,J.Loewy undL. Zuntz, ferner Bürgi, Zuntz, Loewy, Müller, Caspari, Kolmer und Waldenburg, und endlich Zuntz und Durig sowie Kuss Beobachtungen an. Bürgi’s Versuche haben wir schon oben besprochen und wollen sie darum, weil sie nicht Werte über den Erhaltungsumsatz lieferten, ausschalten; auch auf die Beobachtungen von Kuss glauben wir nach dem bereits Angeführten nicht mehr eingehen zu sollen. Es erübrigen daher nur mehr die Versuche, die von der Zuntz’schen Schule ausgeführt wurden. Beim ersten Überblick über Tabelle X scheint mit Ausnahme von drei Versuchspersonen bei allen eine Steigerung des Umsatzes in der Höhe ausgeprägt. Beim näheren Zusehen müssen wir die Sicherheit dieses Urteiles allerdings sehr stark einschränken. Es seien vorerst die Befunde an jenen Personen, die eine Umsatzverminderung zeigten, besprochen. Der Versuch an A. Loewy dürfte wegen der unsicheren Berliner Werte, die die Grundlage für den Vergleich geben sollten, kaum diskutiert werden können. Wie oben erwähnt, liegt aus dem Jahre 1896 ein Mittelwert für den Sauerstoffverbrauch pro Minute von 185°8cm? vor und ferner finden wir sechs Versuche von zwei Tagen aus dem Jahre 1903, und auch an jedem dieser Tage schwankten die Größen für den Sauerstoffverbrauch um rund 11°/,. Trotz der zufälligen Übereinstimmung der allerdings äußerst spärlichen Werte aus der Höhenstation, die ja unter ungleich ungünstigeren Bedingungen als in Berlin gewonnen wurden, übertreffen die Fehlergrenzen der Berliner Versuche die gefundenen Unterschiede so sehr, daß diese zu keiner Aussage über eine mäßige Änderung des Umsatzes berechtigen. Bezüglich des Ergebnisses an A. Loewy nehmen die Verfasser! selbstan, daß die geringe Abnahme des Sauerstoffverbrauches noch innerhalb der »physiologischen Schwankungen« gelegen sei. Endlich kommt Müller in Betracht. Der Versuch scheint wirklich für eine Abnahme des Umsatzes zu sprechen und auch nach den Werten über die Größe der Abweichungen kann man kaum umhin zuzugeben, daß wirklich eine Abnahme des Umsatzes vorliegt. Hier handelt es sich aber um eine der Schwächen unserer Fehlerrechnung, weshalb die Originaldaten angeführt sein mögen. Die Höhe des Sauerstoffverbrauches bei Müller wurde nämlich folgendermaßen (Kubikzentimeter pro Minute) ermittelt: 2WSepiemben an... 02.2205320 BESceplempernsen 22 720.272728250 4. » re 2]30) 6. » er 22300 4. » ne Be Wegen eines gewiß unrichtigen Wertes für die Kohlensäureproduktion wurde der Wert am 2. Sep- tember ausgeschaltet. Bedenkt man, daß die Respirationsversuche an Müller von dem damals noch recht unerfahreren Waldenburg ausgeführt wurden, und daß die Gase auf Col d’Olen unter sehr ungünstigen Bedingungen analysiert werden mußten, so kann man kaum mehr zweifeln, daß die Breite der Abweichungen infolge der Grenzen der Genauigkeit allein schon die Größe des Ausschlags bedingte, jedenfalls ist der Ausschlag nach unten nicht als bewiesen zu erachten. Vergleicht man, wie schön die an Müller in Berlin ausgeführten Versuche untereinander übereinstimmen mit der Unstimmigkeit der auf Col d’Olen gewonnenen Werte, so wird dieses Urteil begründet erscheinen. Es ließe sich übrigens aus den Zahlen unschwer das Gegenteil, nämlich eine Zunahme des Umsatzes ableiten. Der vor dem Aufstieg auf den Monte Rosa in Brienz (also in der Ebene gegenüber dem Monte Rosa) gewonnene Mittelwert für den 1 Pflüger’s Arch., 66, P- 922. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. [86} [&e) A. Durig, Tabelle X. Brienzer Rothorn 2130, Betempshütte 2800, Col d’Olen 2856 Meter. 2000 bis 3000 Meter. b | c d | e Baer Mittelwerte für die Ebene Mittelwerte für die Höhen- Änderung des Sauerstoff- cm? pro Minute station cm? pro Minute verbrauches absolut relativ Name und Höhenstation ee... 100 f CO, O3 CO, (07) e—c RE cm? Prozent Kolmer (2130 ın) . 212-4 267°5 222°4 268 °4 —+ 0°'9 —+ 0°3 Waldenburg (2130 m) 180°9 248°3 198°5 252-4 + 41 + 1°6 Caspari (2130) . 171°8 223°7 1869 226°3 + 34 + 1'5 Müller (2130 77) 1961 248.2 182°9 248-5 + 0°3 + 0°1 1896 1342 2858 170-9 Loewy (2130) . 1901 ANTEC, 2270 211-4 + 5°0 + 2°4 Mittel . 150.8 2064 Zuntz (2130 m) 181°7 2230 192°7 2479 —+19°9 + 81 1896 1342 1858 187°2 A. Loewy (2856) 2% 1901 Vaud 2270 197°8 — 8°6 — 48 Mittel . 1508 206-4 J. Loewy (2856 n) . 1870 239-0 198-9 225-7. —13°3 — 5°8 L. Zuntz (2856 n) 206 °6 232°5 2254 340-4 + 7.9 + 2°3 Waldenburg (2856 n) . 180.9 248°3 227°0 2a gt —+30°8 —+10°7 Müller (2856 u) 196° 1 2482 1864 229-4 — 18:8 —8T2 Durig (2856 n) 178.4 2318 183°6 242°1 —+10°3 + 41 Zuntz (2856 ) 181°7 223-0 aller 2319 + 3°9 + 17 Zuntz (2800 m) 1864 242°0 1979 2460 + 40 + 12 | Schumburg (2800 zn) 2286 2793 2430 2899 —+14°6 + 5°0 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 157 Tabelle X (Schluß). h | i k | I m n Relative mittlere Breite der Maximale Abweichungen Könenenton Br = N: ‘5 Neun rölenstätion Abweichungen vom Mittel Ebene Höhe Ebene Höhe Ebene Höhe Prozent cm? Os Kolmeri2ls Op) 3.0 3°0 13°6 154 Zu1R=36 68°1 Waldenburg 2130 m). ...... ? 4-1 ? 18°6 86°3 56°7 Gasparl AlSO)Es Er 102 0°5 3°2 35 66°0 64°3 IVIolleng(2211> 0170) 0:2 2° 1°0 14°8 734 ze? Boewyal2ls0 m) se: 8.0 6°3 16°6 18°6 99-8 60-1 Zunvza(2l 80mm) ? 02% — 40°6 68°1 67°0 INlLoewiya(28907 EI 8.0 _ 16°6 33 = _ J. Loewy (2856 m) . 2-4 2-9 _ 6°2 _ — Pezuntze(28000n)e a: 43 3.8 16-0 35°8 —_ —_ Waldenburg (2856 m) . ..... ? 88 _ 32-7 56:2 6°2 IMüller](283569)E 20 re 0-2 3°5 1°0 Sl 734 70-2 Durig (2856 1) Bol 52 10-1 18°6 _ _ Zuntzu(2806M) Er Nr. ? 3.9 _ 8.9 — —_ Zuntz (2800 m) 9-4 8°6 37°0 61°8 _ _ | | = a Schumbiwe#(2800p77) Er 12°8 6°3 33°6 28°5 _ — Sauerstoffverbrauch bei Müller lautet 227°8 cm’, das Mittel für die sämtlichen Versuche auf Col d’Olen 234'1cm? und, wenn wir den niedrigsten Wert als unwahrscheinlichsten ausschalten wollten, sogar 2394cm?; es läßt sich also auch eine Steigerung des Verbrauches um 5°/, konstruieren. Wir möchten daher in bezug auf die negativen Werte in Kolonne f zum Schlusse kommen, daß derzeit Beweise für das Vorkommen einer Abnahme des Sauerstoffverbrauches in 2000 bis 3000,» Höhe noch nicht erbracht sind und daß die gefundenen Anschläge sich ganz hinreichend auf Grund der Methodik erklären lassen. Wie steht es nun mit den Zunahmen? Auf dem Brienzer Rothorn findet sich bei allen untersuchten Personen eine geringe Erhöhung der Verbrennungsvorgänge gegenüber der Ebene. Da die Versuche im heimischen Laboratorium die grund- 99% 158 A. Durig, legendsten sein sollten, wurden diese und nicht die Werte, die bei den Versuchen in Brienz gewonnen, in Parallele gestellt; berücksichtigt man übrigens die großen Schwankungen in den Brienzer Resultaten bei selbst am nämlichen Tag ausgeführten Beobachtungen, so ändert es an der Sachlage ebenfalls nichts, wenn die Brienzer Versuche mit jenen auf dem Rothorn verglichen werden. Man gelangt beim Durch- sehen der Werte, speziell wenn man die Abweichungen vom Mittelwert ins Auge faßt oder auch die relative Änderung des Sauerstoffverbrauches (g) mit der relativen, mittleren Abweichung (zZ) zusammen- hält, zum Schlusse, daß die Ausschläge durch die Grenzen der Methodik erklärt werden können. Es kann sich in der Wirklichkeit sowohl um erheblichere Umsatzsteigerungen handeln, es können solche aber auch gefehlt haben. Sicher ist durch die Versuche das eine Ergebnis gefördert, daß große Zu- nahmen im Umsatz bei Körperruhe nicht stattgefunden haben.! Die Autoren haben übrigens selbst auf Grund der Berechnung des Verbrauches in Kalorien eine Parallele zwischen den in Brienz und auf dem Rothorn gewonnenen Resultaten gezogen; ? sie gelangen dabei zum Resultate, daß bei Kolmer eine ausgesprochene Steigerung im Umsatz bestanden habe, die bei den anderen wenig deutlich und von zu vernachlässigender Größe war. Aber auch Kolmer’s Wert kann wohl kaum in diesem Sinne gedeutet werden, denn die Zunahme des Energieverbrauches betrug bei ihm zwar 58:5 Kalorien pro Minute, dem gegenüber ist aber zu bedenken, daß sich bei ihm in einem ein- zigen zusammengehörigen Kontrollversuchspaar vom selben Tage in Brienz eine Differenz von 1244 Kalorien findet. In den Versuchen bei L. Zuntz kann die Zunahme um 2:3°/, gegenüber 3'8 bis 4:3°/, relativer, mittlerer Breite der Abweichungen nur ebenso beurteilt werden wie die Steigerung in den Beobachtungen auf dem Rothorn. Es folgen nun die Resultate der Versuche, die auf Col d’Olen an Waldenburg, Durig und Zuntz ausgeführt wurden. Bei Waldenburg scheint tatsächlich eine Erhöhung des Sauerstoffverbrauches vorzuliegen, die die Fehlergrenzen übersteigt, aber auch hier ist die Sicherheit doch keine sehr große, denn von sechs Ver- suchen mußten zwei wegen Unstimmigkeit der Analysen ausgeschaltet werden und die übrigen Werte differieren außerordentlich weit. Sie lauten: 2. September 3128 cm’ O, 3. September 2518 cm? O, 2. » 2944 cm’ O, 3. >» (219:5) cm? O, eliminiert 2. » 291.:6 cm? O, 3. » (203:3) cm? O, » Hier ist eben mit Mittelwerten nicht wohl etwas anzufangen, weshalb auch die beobachtete‘ Zunahme nicht hinreichend sicher bewiesen ist. Man könnte übrigens noch allenfalls daran denken, daß anfangs eine höhere Umsatzsteigerung bestand, die aber allmählich rückgängig gemacht wurde, wie wir dies bei einigen Versuchspersonen beobachten konnten. Nicht viel günstiger können wir übrigens auch über die Werte urteilen, die Durig und Zuntz auf Col d’Olen ermittelten. Sowohl die mittlere, relative Breite der Abweichungen, wie auch die Größe der maxi- malen Abweichungen vom Mittelwert spricht dafür, daß die Änderung im Umsatz noch in den Bereich der Fehlergrenzen unserer Methodik und in die Breite der physiologisch vorkommenden Schwankungen fällt. Die Zahl der Versuche ist auch auf jeden Fall eine viel zu geringe, um einigermaßen sichere Schlüsse zu gestatten. 1 Wir sprechen von einer Zunahme und nicht von einer Abnahme, da in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle Werte, die im Sinne einer Zunahme zu deuten sind, gefunden wurden. 2 »Höhenklima und Bergwanderungen«, p. 235. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 199 Gewiß noch weniger verläßlich sind die acht Jahre früher ausgeführten Versuche von Zuntz und Schumburg. Wir können von diesen Beobachtungen nur aussagen, daß bei ihnen die möglichen Grenzen für etwaige Abweichungen, wie es dem damaligen Stande der Versuchstechnik entsprach, noch wesent- lich weiter gesteckt sind. Das Resultat dieser Beobachtungen über die in 2000 bis 3000 7m Höhe ausgeführten Beobachtungen geht daher dahin, daß derzeit Beweise füreine Änderungim Umsatze weder im Sinne einer Steigerung noch einer Abnahme vorliegen. Imallgemeinen herrscht eine Tendenz der Werte nach der Richtung einer Steigerung hin vor. Es kann heute auf Grund der ausgeführten Versuche angenommen werden, daß die Änderung im Erhaltungsumsatz bei keiner Versuchsperson einen Wert erreicht haben kann, der mehr als ganz wenige Prozente von dem Umsatzes derselben Versuchsperson in der Ebene beträgt. Bezüglich der Tatsache, daß die Größen für den Sauerstoffverbrauch pro Minute in der Höhenlage im allgemeinen die Tendenz zeigen, gegenüber der Ebene anzuwachsen und ein Ansteigen speziell an den ersten Versuchstagen zu bestehen scheint, ist zu bemerken, daß auch dies Verhalten durch mehrerlei Ursachen begründet sein könnte, die mit der eigentlichen Wirkung des Höhen- klimas nichts zu tun haben. Bei manchen, und zwar besonders älteren Beobachtungen ist zu berücksichtigen, daß die frisch gefüllte Phosphorpipette bei der Neueinrichtung eines Analysenapparates in der Höhenstation leicht zur Ermittlung fälschlich zu hoher Größen für den Prozentgehalt der Luft an Stickstoff führen kann, was natürlich zu einer scheinbaren Erhöhung des Sauerstoffverbrauches im berechneten Resultat führen muß. Auch die niedere Temperatur in der Höhenstation wirkt im selben Sinne. Das Hydrosulfitverfahren kann diesen Übelständen begegnen. Wir trachteten diesen Fehlern vor Verwendung des Hydrosulfits durch Anfertigung der Phosphorstangen in der Dunkelkammer, dureh Füllen der Pipette im Dunkeln und durch Anwärmen bei der Analyse zu begegnen. Ein weiteres Moment kann im Verhalten beim Versuch liegen. Die Ungewohntheit und Unbequem- lichkeit, in einem anderen als dem gewohnten Orte das erstemal zu arbeiten, trifft natürlich die Versuchs- person und den Experimentator; so wird wohl nach den ersten Versuchen fast stets noch etwas zu ver- bessern oder zu ändern sein, so daß die späteren Beobachtungen glatter verlaufen, und es ist sicher nicht unwahrscheinlich, daß der Untersuchte an dem ersten Versuchstage mehr zu Muskelspannungen und Unruhe geneigt ist als später, wenn die Umgebung und das Lager, auf dem er liegt, für ihn nichts mehr Neues und Fremdartiges haben. Im Sinne einer Erhöhung der Verbrennungsvorgänge wirkt auch die gesteigerte Atemarbeit. Wegen der Unsicherheit, die die Werte an und für sich bieten, wurde diese bei den bisherigen Besprechungen nicht berücksichtigt, die nur den Zweck hatten festzustellen, ob eine Umsatz- steigerung überhaupt bewiesen worden sei. Es ist aber eine Entscheidung über das Verhalten des Umsatzes in den bisher besprochenen Höhen noch nicht gefallen. Der Erhaltungsumsatz in Höhen von 3000 bis 4000 m. Hier wären nur die Beobachtungen von A. Loewy, J. Loewy und Leo Zuntz, die in der Capanna Gnifetti angestellt wurden, hervorzuheben. Wegen des unsicheren Berliner Wertes sind die Versuche an A. Loewy auch hier von vornherein auszuschalten; bezüglich J. Loewy und LL. Zuntz wurden in den wenigen Beobachtungen folgende Zahlen für den Sauerstoffverbrauch gefunden: J. Loewy L. Zuntz 285:04 2768 286793 281 2730 243°7 160 A. Durig, gegenüber dem für Berlin festgestellten Sauerstoffverbrauch von 239 Ocm? für J. Loewy und 2311 für L. Zuntz. In beiden Fällen findet sich eine so ausgesprochene Zunahme des Umsatzes, daß diese selbst durch die Größe der Fehlergrenzen, die trotz der Stimmigkeit der Werte anzunehmen sind, nicht mehr erklärt werden kann. Es ist jedoch jedenfalls nicht zulässig, den niederen Wert im zweiten Doppel- versuch, der an L. Zuntz nach einem Ausflug auf die Margherita-Hütte gefunden wurde, als Ausdruck einer Anpassungserscheinung an das Höhenklima aufzufassen. Man kann also für die Höhenlage von 3647 m auf Grund der obigen, allerdings sehr spärlichen und wenig sicheren Beweise annehmen, daß in dieser Höhe bereits eine deutliche Umsatzsteigerung einsetzt, die auch durch gröbere Abweichungen nicht mehr ganz verdeckt wird. Der Erhaltungsumsatz in Höhen über 4000 m. In so großen Höhen wurden bisher Respirationsversuche nur auf dem Mont Blanc, und zwar im Refuge Vallot und in der Capanna Margherita auf dem Monte Rosa ausgeführt. Von den in Betracht gezogenen Angaben aus der Literatur wurden diejenigen von Kuss und Mosso wegen der ange- wendeten Untersuchungsmethodik bereits ausgeschaltet. Auch der Respirationsversuch an L. Zuntz, der bald nach dessen Ankunft in der Margherita-Hütte angestellt wurde, ist als nicht einwandfrei in der Durchführung auszuschalten. Dieselben Gründe veranlassen uns auch, die einzige von Müller herrührende, eventuell für die Höhe des Erhaltungsumsatzes in Diskussion zu ziehende Beobachtung vom 10. September auszuschalten, die knapp vor dem Abstieg ins Tal ausgeführt wurde, weil dem Wert wegen der wesentlich später in Berlin ausgeführten Gasanalyse wohl keine beweisende Bedeutung mehr zukommt. Es erübrigen daher nur mehr die in der folgenden Tabelle XI zusammengestellten Ver- suche, die während der Expeditionen des Jahres 1901 von »Zuntz und seinen Mitarbeitern«, im Jahre 1903 von Zuntz und Durig und im Sommer 1906 während unserer letzten Expedition gewonnen wurden. Das Material, das Zuntz und seine Mitarbeiter bei ihrem sechstägigen Aufenthalt in der Margherita- Hütte förderten (15 Beobachtungen), ist natürlich ein geringeres gegenüber demjenigen, das während unserer mehr als siebenwöchentlichen, späteren Arbeitsperioden gewonnen werden konnte (rund 180 Versuche), weshalb schon ihrer Zahl nach den letzteren Versuchen eine ganz andere Beweiskraft zukommt. Auch die Abweichungsbreiten führen uns zum Ergebnis, daß, wie nicht anders zu erwarten, die Werte vom Jahre 1901 nur mit großer Reserve zu verwerten sind. Der Überblick über die Tabelle ergibt eindeutig, daß bei den Versuchspersonen der Expedition 1901 eine ganz ausgesprochene Steigerung des Umsatzes bestand, die in allen Versuchen die absolute und relative Breite der Abweichungen übertrifft mit Ausnahme des einzigen Wertes bei Caspari, der durch den sicher ganz abnormen Sauerstoffverbrauch in einem Versuche stark entstellt ist. Von Zuntz und Durig liegen aus dem Jahre 1903 54 (77) einwandfreie Beobachtungen vor, die mit der verbesserten Methodik ausgeführt wurden, sie geben sämmtlich ebenfalls eine mächtige Erhöhung des Sauerstoffverbrauches über die Norm und im selben Sinne sprechen unsere neuen Resultate. Es hat sich demnach unter allen sieben Versuchspersonen nicht eine gefunden deren Erhaltungsumsatz nicht gesteigertgewesen wäre. Man muß berücksichtigen, daß die Versuche an berggewöhnten, geübten Alpinisten, aber auch an Flachländlern ausgeführt wurden, die vorher noch nie einen Hochgipfel betreten hatten. Ein Teil der Teil- nehmer an den Untersuchungen war bergkrank gewesen, ein anderer hatte sich auf dem Gipfel dauernd wohl befunden. Kolmer, der neben Caspari im Jahre 1901 am stärksten bergkrank geworden war, zeigte damals die geringste Erhöhung des Umsatzes, bei Caspari fand sich die mächtigste Steigerung, die nur von jener ungefähr erreicht wird, die an dem wenig bergkranken Leiter der Versuche, Zuntz, ermittelt wurde. Allerdings dürfen wir, wie erwähnt, auf die absolute Höhe der damals bestimmten Größen des Sauerstoifverbrauches nur einen geringen Wert legen. Interessant ist jedenfalls auch die Tatsache, daß sich bei Zuntz wie Durig, die beide zweimal durch längere Zeit auf dem Monte Rosa weilten, auch während des zweiten Aufenthaltes auf dem Gipfel wieder die Erhöhung des Erhaltungsumsatzes einstellte. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. Tabelle XI. Capanna Margherita. 4560 Meter. a b c d | e y £ h D k 2 m n Mittelwerte für | Mittelwerte für Änderung des | Relative, mittlere| Maximale Ab- or die Ebene cm? | die Höhenstation Sauerstoff- Breite der weichungen vom L nn pro Minute cm? pro Minute verbrauches Abweichungen Mittel ET Name absolut | relativ ı00f | Ebene | Höhe | Ebene | Höhe Co, O, CO, (07 Ze Nat Ebene | Höhe » cm? Prozent Prozent cm? Os, Kolmer . 212°4| 2675| 2343| 2930| + 26°5| +11°3 3.0 2°6 13-6 11-3 71-6) 65°8 Caspari 171:8| 223°7| 238°0) 324°6| +100°9| +45°1 12 13°8 3-2| 120-0 66°0| 61°3 Loewy 1 177.70| 2270| 179-0) 262°2| + 35-2] +15°5 ? 75 ? 62°0 89-8] 57°8 Zuntz 181°7| 228-0] 255°9) 331°7| +103°7| +45°5 ? 78) ? 39-8 68°1| 63°9 Zuntz 1817| 228-0) 192-7) 2592| + 31°2| +13°7 ? 40) — 21°4 _ _ Durig 178-4| 231°8| 210°0| 277°5| + 45°7| +19°3 al 98 Sal 20-9 —_ —_ Durig 2 173°:6| 211-8) 207°5| 271°0| + 60°7| +28°9 2-4 3.2 87 12°6 60°0I| 60°7 Kolmer . 2 200.5] 253°6| 218°9| 278°7| + 25°1| + 9°9 1°5 38 13°3 12-2 Fass a Rainer 183-1] 2184 211°5] 2604| + 42°0| —+19°3 49 1°8 144 14-4 62°9| 64°0 Reichel . 2 2226| 274-9) 249°7| 3096| + 34-7) +12°1 1°0 3.3 5 27°0 80°4| 78-0 1 Der Mittelwert für die Ebene ist nicht sicher (siehe Tab. VI). 2 Winterversuch bei Stoffwechselkost. Unsere Beobachtungen über das Verhalten der Verbrennungsvorgänge bezogen sich bis jetzt auf den Bruttowert, in dem auch die Änderung, des Umsatzes die durch die Steigerung der Atemgröße bedingt ist, mit inbegriffen ist. Um den reinen Einfluß des Höhenklimas kennen zu lernen, müssen wir aber jenen Aufwand an Energie, der für die größere Leistung der Atmungsmuskeln benötigt wurde, mit in Rechnung stellen. Da man nach den Ergebnissen der Untersuchungen von Zuntz über den Mehraufwand bei Steigerung der Ventilation derzeit noch immer am besten einen Verbrauch von 5 cm” Sauerstoff pro Liter mehr geatmeter Luft einsetzen wird,! kann man unter Berücksichtigung eines mittleren respiratorischen 1 Eine während der Drucklegung dieses Abschnittes in meinem Laboratorium ausgeführte Untersuchung von Reach und Röder ergab, daß dieser Wert etwas zu hoch gegriffen ist, daß also der Verbrauch für das Liter Mehrventilation pro Minute bei der hier in Betracht kommenden Atemtiefe niedriger eingesetzt werden muß, wie von den Genannten auch nachgewiesen wurde, daß es nicht das pro Minute geatmete Volumen, sondern die Tiefe der Atemzüge ist, die als ausschlaggebendes Moment für den Ein- tritt oder das Fehlen einer Umsatzsteigerung bei Änderung der Ventilationsgröße in Betracht kommt. 162 A. Durvig, Quotienten von 0'80 einen Verbrauch von 24 Kalorien pro Liter Mehrventilation und pro Minute in Rechnung stellen und von dem für die Minute in Kalorien ausgedrückten Umsatz abziehen. Ein Vergleich der Erhöhung des Umsatzes bei den einzelnen Versuchspersonen wird nur dann möglich sein, wenn man diesen auf die nämliche Einheit bezieht. Es sollen daher jene Versuche, aus denen man mit Sicherheit oder doch wenigstens mit einiger Wahrscheinlichkeit auf eine Änderung des Sauerstoffverbrauches schließen kann, unter diesem Gesichtspunkte geordnet wiedergegeben werden. Natürlich birgt auch diese Berechnung ebenfalls ihre Härten und Unrichtigkeiten in sich, da ja eine Änderung des Körpergewichtes nicht stets als eine Änderung des atmenden und oxydierenden Gewebebestandes aufzufassen ist, denn wenn wir am Zusammenhang zwischen Verbrennungsvorgängen und Körpergewicht oder Körperoberfläche streng fest- halten wollten, würden wir uns demselben Vorwurfe aussetzen, den wir in unserer Einleitung gegen die Aufstellung eines Quotienten zur Charakterisierung der Leistungsfähigkeit eines Menschen erhoben haben. Für die Höhenstufe von 500 m kann die Anführung der Mittelzahlen wohl unterbleiben, da alle Aus- schläge jedenfalls ganz verschieden gedeutet werden können. Sie sind zum Teil sicher auf die Breite der Fehler in der Methodik, zum Teil auf das individuelle Verhalten der Versuchsperson, zum Teil endlich auf nicht abschätzbare, akzidentelle Momente zurückzuführen. Es scheint nur das eine hinsichtlich des Verhaltens des respiratorischen Stoffwechsels in diesen Höhen festzustehen, daß Änderungen, die mehr als etwa 5°/, von den in der Ebene gefundenen Werten für den Umsatz betragen, in solchen Höhen nicht auftreten dürften. Auch die Versuche aus den Jahren 1895 und 1896 wurden wegen der geringen Zahl der Beobachtungen und der Unsicherheit der Werte ausgelassen, derselbe Grund veranlaßte uns, die Versuche von Durig und Zuntz auf Col d’Olen und die Versuche auf dem Rothorn ebenfalls zu über- gehen. Dagegen glaubten wir die Beobachtungen an Loewy auf dem Monte Rosa unter Berücksichtigung des einen der beiden weit differierenden Berliner Werte aufnehmen zu sollen. Die Einteilung der Tabelle XII, welche die corrigierten Werte enthält, bedarf wohl keiner weiteren Erläuterung. Die Versuche sind nach den Höhenstationen, in denen sie ausgeführt wurden, geordnet. Spalte 3 enthält den Namen der Versuchsperson und das Versuchsjahr. Spalte 5 den Nettowert für den Erhaltungs- umsatz, der durch Abzug des Verbrauches für die Zunahme der Atemarbeit in der Höhe korrigiert ist und dadurch mit dem Werte vergleichbar wurde, der für die in der Ebene befindliche Versuchsperson fest- gelegt erscheint. Wir möchten noch bemerken, daß wir bei der Korrektur für die Umsatzsteigerung durch Erhöhung der Atemarbeit den alten Zuntz’schen Wert den von Bornstein und Gartzen! in neuerer Zeit hiefür ermittelten Größen darum vorgezogen haben, da wir den letzteren nur ein sehr beschränktes Vertrauen entgegen bringen können. Stab 7 gibt die Differenz zwischen der in der Höhe und der in der Ebene gewonnenen Größe für den Umsatz pro Minute und Stab 8 das relative Verhältnis der Umsatzsteigerung gegenüber den Normal- werten. Die Tabelle besagt, daß in allen angeführten Versuchen über den Gaswechsel in Höhen von 1000 1 angefangen vorerst Abweichungen im Nettowert des Erhaltungssatzes beobachtet wurden, die im Sinne einer Zunahme ausgefallen sind. Diese Zunahme erreichte in mittleren Höhen kaum den Wert von 6°), und es ist daher wohl verständlich, daß in dem Rothorn- und Col d’Olen-Versuche des Jahres 1901 eine solche nur sehr unsicher zum Ausdruck kommen konnte, auch wenn diese bei den damaligen Teilnehmern an den Experimenten wirklich bestanden hätte. Ganz auffallend hoch sind die Umsatzsteigerungen, die Jaquet und Staehelin auf dem Chasseral fanden. Es wurde bereits oben darauf hingedeutet, daß gegen die Respirationsversuche dieser Autoren Einwände erhoben werden könnten. Diese beruhen auf der absoluten Höhe des für den Umsatz pro Minute an Jaquet gefundenen Wertes und es liegt die Deutung nahe, daß die Größe des Gaswechsels, die an Jaquet vor dem Aufstiege zum Chasseral in der Ebene ermittelt wurde, eine zu niedrige war, denn wir 1 Pflüger's Arch., 109, p. 628. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 163 Tabelle XII. Die Größe des Erhaltungsumsatzes abzüglich der Erhöhung des Umsatzes durch die Atemarbeit, bezogen auf die Einheit der Körperoberfläche. 1 2 3 4 5 6 7 8 Kalori \ z Kalorien pro Meeres- | Ka Ei a korrigiert auf Quadratmeter or Änderung m höhe Ort Name Qua NEE er das nd Minute ifferenz es en und Minute Atemvolum er Ehen in der Ebene Durig 0585 0:571 0540 —+ 0'031 2 537 1000 Semmering Reichell 0600 0600 0576 + 0:024 + 41 ReichellIlI 0°527 0:527 0:576 — 0'049 — 85 A. Durigl 0638 0-616 0:582 —+ 0:034 + 5'8 A. Durig II 0-567 0552 0 582 — 0°030 — 5'2 1326 |Sporner Alpel S. Durigl 0659 0639 0597 —+ 0042 + 7°%90 S. Durigll 0°633 0'615 0:597 — 0.018 + 3'0 JaquetI? 0542 0542 0'468 —+ 0'074 —+ 157 1600 Chasseral Jaquet II 0-522 0'517 0'468 +: 0:019 — 10°4 Kolmer 1901 0:704 0680 0'598 —+ 0'082 —+ 13'7 Loewy 1901 0:672 0657 0:376 —+ 0'081 —+ 14-1 Zuntz 1903 0:620 0'589 02532 —+ 0:037 + 6'7 Durig 1903 0:674 0'665 0582 — 0083 —+ 14°3 4560 Monte Rosa Durig 1906 0:674 0:613 0'540 —+ 0:073 —+ 13°6 Kolmer 1906 0617 0'578 0.541 — 0:037 + 6°'8 Rainer 1906 0636 0599 0556 —+ 0:043 + 7'7 Reichel 1906 0:661 0:618 0576 —+ 0'042 + 71 1 Nicht im Stoffwechselversuch. 2 Erster Versuchstag. 3 Die Änderung würde größer ausfallen, wenn wir auf Grund der neuen Erfahrungen über den Aufwand für die Atemarbeit (siehe Anm. p. 47 [161)) einen niedereren Wert für die Mehrventilation in Anrechnung gebracht hätten. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 23 164 A. Durig, begegnen in dem erwähnten Versuche für den Ruheumsatz eines erwachsenen, normalen Menschen einem Verbrauch von 0'468 Kalorien pro Quadratmeter und Minute. Unsere sämtlichen Beobachtungen an ver- schiedenen Versuchspersonen weisen Größen von ungefähr 0:55 Kalorien auf und dieses Resultat steht wie im Eingange dieses Abschnittes ausgeführt wurde, in sehr guter Übereinstimmung mit den Ergeb- nissen, die andere Autoren mittels ganz anderer Untersuchungsmethoden gewonnen haben. Ist jedoch der Grundwert für den Erhaltungsumsatz in der Ebene zu niedrig, so muß unter dieser Voraussetzung, wenn der in der Höhenstation ermittelte Wert richtig war, die Umsatzsteigerung in der Höhe als eine zu große bestimmt worden sein. Die Zunahme des Umsatzes vermindert sich übrigens auch bei Jaquet bereits nach dem ersten Aufenthaltstage, sie würde sich also, wenn sie zurecht besteht, ähnlich verhalten, wie auf dem Semmering bei Durig und Reichel und auf der Sporner Alpe beiDurig und dessen Frau. Ganz ähnliches ergibt sich übrigens auch vielleicht aus einigen Versuchen auf dem Rothorn und in Sylt,! obwohl die großen Schwankungen, die in den Werten an und für sich vorkommen, diese Erscheinung auch vor- getäuscht haben könnten. Die anfänglich bei Reichel? auf dem Semmering beobachtete Zunahme, wie jene, die bei Durig aufder Sporner Alpe gefunden wurde, bildete sich soweit zurück, daß schließlich eine Verminderung des reinen Erhaltungsumsatzes resultierte. Ganz klar liegen die auf der Capanna Margherita gewonnenen Ergebnisse. Hier ist bei allen Personen, von denen einwandfreie Versuche vorliegen, eine Umsatzsteigerung eingetreten, die zwischen 6°7 und 14°/, jenes Wertes liegt, der für den Umsatz in der Ebene bestimmt wurde. Wie schon oben erwähnt, ist im Jahre 1901 bei Müller eine solche Steigerung nicht beobachtet worden, wir glaubten diesen (einzigen) Versuch jedoch ausschalten zu müssen. Es muß also, insolange die Untersuchung weiterer Personen nicht das Gegenteil beweist, angenommen werden, daß schon in Höhen wie sie für Sanatorien, Sommerfrischen und klimatische Höhenstationen in Betracht kommen, eine geringfügige und vorübergehende Erhöhung des Erhaltungsumsatzes zu erwarten ist, die sich ganz unabhängig von der Umgebungstemperatur ausbildet. Diese Steigerung beträgt jedenfalls nur wenige Prozente des Ruheumsatzes in der Ebene, ist daher so gering, daß sie fast ganz an die Grenze der physiologischer Weise und durch das Experiment gegebene Abweichungen heranreicht. Es ist jedoch nötig, noch das Verhalten zahlreicher Versuchspersonen in diesen Höhen fest- zustellen, und es müssen durch einwandfreie Beobachtungen die bisher spärlich vorliegenden Ergebnisse erst eine wesentliche Bereicherung erfahren, bis eine entscheidende Aussage darüber gemacht werden kann, ob und inwieweit bereits die für die Anlage von Heilstätten und für Sommeraufenthalte in Betracht kommenden Höhen einen gesetzmäßig festzustellenden Einfluß auf den Erhaltungsumsatz ausüben. Es ist merkwürdig, daß man nach dem Dargelegten gestehen muß, daß wir über das Verhalten des Gaswechsels in Höhen bis zu 4000 m noch keine gesicherten Kenntnisse besitzen, und daß die Ursache hierfür speziell darin liegt, daß aus diesen Regionen weit weniger zahlreiche, aber auch weniger eindeutige Versuche vorliegen, als aus der Höhe des Monte Rosa-Gipfels. Es hatte eben das Absonderliche und fast könnte man sagen Romantische des Aufenthaltes und des Arbeitens in so großer Höhe viel mehr Anziehendes an sich, als die praktisch ungleich interessantere und wichtigere, aber auch wesentlich schwierigere Lösung der Frage nach dem Verhalten in Höhen, die dem Alltagsmenschen zugänglich sind, und wir müssen gestehen, daß wir durch dieses Resume, das sich nach dem Überblick über die feststehenden Tatsachen ergab, selbst überrascht wurden. Können wir als bewiesen annehmen, daß ein Aufenthalt in 4560 m zu einer ganz erheblichen und wie wir sehen werden, dauernden Steigerung des Erhaltungsumsatzes führt, so muß der Wunsch aus- gesprochen werden, es mögen bald auch die Stationen des Mittelgebirges und der Voralpen gebührender Aufmerksamkeit in bezug auf das Studium der Frage nach dem Umsatz gewürdigt werden. Von größtem theoretischen Interesse würde es aber auch sein, in noch wesentlich größere Höhen als auf den Monte Rosa-Gipfel vorzudringen und zu ermitteln, ob wir dort jener Erscheinung begegnen, 1 Pflüger’s Arch. 103. 2 Als zweilelhaft zu bezeichnende. (Siehe p. 39 [153)].) Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 165 die sich bei der Einatmung sauerstoffarmer Gemische einstellt, der Verminderung der Oxydationsvorgänge. Während man im Gegensatz zum Verhalten bei der Verbrennung lebloser Materie auf dem Monte Rosa ein Ansteigen der Oxydationsvorgänge unter wesentlich erniedrigtem Sauerstoffdruck beobachtete, dürfte vielleicht einmal der Umkehrpunkt eintreten, bei dem die Verbrennung im menschlichen Körper unter Verringerung der Sauerstoffzufuhr herabgesetzt wird, bevor sie vollständig sistiert wird. Wie hoch steigt aber vorher der Erhaltungsumsatz an und in welcher Höhe und wie tritt dann die Abnahme auf, oder geht der Mensch unter steter Steigerung seines Umsatzes, also im Zeichen einer anscheinend unzweckmäßigen Regulation in sehr großen Höhen dem Tode infolge des Sauerstoffmangels entgegen? Diesen Fragen stehen wir heute noch vollkommen ununterrichtet gegenüber, denn die Versuche im pneumatischen Kabinett haben uns bisher nicht den gewünschten Aufschluß gebracht und können auch keinesfalls das aufgestellte Problem lösen, das nur im Hochgebirge bearbeitet werden kann. In so großen Höhen stehen der Durchführung der Versuche enorme technische Schwierigkeiten gegen- über. Es ist ein Resultat auf Grund von Beobachtungen bei einem einzigen, kurzdauernden Aufenthalt nicht zu erwarten, während ein längeres Verweilen in diesen Regionen große Anforderungen an die Ausrüstung und Leistungsfähigkeit der Versuchsperson stellt. Die bedeutendsten Schwierigkeiten liegen aber nicht darin, sondern in der Messung und Verarbeitung der Gase. Feuchte Gasuhren sind nicht zu verwenden, Spiro- meter natürlich ganz ausgeschlossen und der trockene Gasmesser ist der Gefahr des Frierens der Leder- bälge ausgesetzt, indem der aus der Respirationsluft ausfrierende Wasserdampf bei der niederen, in solchen Höhen herrschenden Temperatur direkt zur Zerstörung des Gasmessers führen muß. Die Frage, ob die Analyse von Gasen bei den Temperaturen auf Bergen von 5000 und mehr Metern Höhe überhaupt noch mit hinreichender Genauigkeit gelingen wird, kann kaum als zweifelhaft bezeichnet werden; anstatt der Verwendung von Salzlösungen für das Wasserbad, die nicht mehr ausreichen dürften, könnte ganz wohl an die Füllung der Zylinder mit Alkohol gedacht werden, und auch bei den Absorptionsmitteln in den Pipetten wäre durch Heizung der Pipetten ein Ausweg zu finden, als Sperrflüssigkeit käme aber für den Analysenapparat jedenfalls nur mehr Quecksilber in Betracht. Von dieser Seite würde daher eine unüber- windliche Schwierigkeit nicht bestehen, denn durch geeignete Konstruktion des Analysenapparates ließe sich das Arbeiten immer noch ziemlich expeditiv gestalten, auch würde es möglich sein, die proportionale Entnahme von Gasproben aus dem Exspirationsgemisch mit Hilfe von Quecksilbersperrung für Ruhe- versuche ganz gut durchzuführen. Das einzig wirklich Problematische bei der Durchführung solcher Ver- suche würde also nur an der Bestimmung des geatmeten Gasvolums liegen. D. Die Anpassung an den Höhenaufenthalt. Die im vorangehenden Abschnitte wiedergegebenen Tatsachen beziehen sich auf das Verhalten des Umsatzes bei ziemlich unvermitteltem Übergang aus einem niederer gelegenen Aufenthaltsort in eine höhere Station. Es soll uns daher nunmehr die Frage beschäftigen, ob sich die Umsatzsteigerung in jenen Fällen anders verhält, in denen der Aufstieg allmählich erfolgte, als in denen, in welchen plötzlich aus der Ebene ins Hochgebirge aufgestiegen wurde. Da wir einzig die Versuche auf dem Monte Rosa-Gipfel als ausschlaggebend bezeichnen konnten, kann sich unsere Betrachtung daher ebenfalls nur auf die dort aus- geführten Beobachtungen erstrecken. Im Jahre 1901 stiegen Zuntz und seine Mitarbeiter langsam in vier- tägiger Etappe zum Monte Rosa-Gipfel auf, zudem sollten sie sich durch die Rothornperiode schon mehr an das Höhenklima gewöhnt haben. Auch Durig und Zuntz verweilten vorerst fast einen Tag in Varallo, einen Tag in Alagna, dann mehrere Tage auf Cold’Olen und gelangten so allmählich zum Gipfel. Von den Teilnehmern an unserer Expedition im Jahre 1906 hatten sich zwei, nämlich Kolmer und Rainer bereits 232 166 A.Durig, durch Touren in den Alpen an das Höhenklima gewöhnt, während Reichel und Durig möglichst unver- mittelt zur Punta Gnifetti gelangten. Allerdings vollzog sich der Aufstieg bei unserer letzten Expedition nicht ganz so unvermittelt als wir gewünscht hatten, da wir, wie in der Einleitung erwähnt, durch die Ver- zögerung des Transportes unseres Gepäcks gezwungen waren, einen Tag auf Col d’Olen zu verweilen. Desungeachtet kann doch der Übergang aus der Talstation zum Gipfel noch als ein ganz schroffer bezeichnet werden, denn 48 Stunden, nachdem wir die glühend heiße Po-Ebene verlassen hatten, befanden wir uns schon in einer Höhe von 4000 z auf dem Lysjoch. Vergleichen wir die Umsatzsteigerung, die bei Durig im Jahre 1903 und dann im Jahre 1906 nach der Ankunft auf dem Gipfel gefunden wurde — beide Werte stammen aus ganz einwandfreien Versuchs- reihen — so sieht man, daß die Schnelligkeit, mit der der Wechsel zwischen Tal und Hoch- gebirge ausgeführt wurde,keinen Einfluß auf dieHöhe derSteigerung ausübt.Die beiden, in den verschiedenen Jahren gefundenen Größen, stimmen gut überein. Auch vorheriges Training im Hoch- gebirge vermochte die nachherige Erhöhung der Verbrennungsvorgänge auf dem Monte Rosa nicht zu beeinflussen, das besagt die Ähnlichkeit der bei Reichel (untrainiert), Rainer und Kolmer (trainiert) gefundenen Umsatzsteigerung (Tab. XII, Spalte 8). Es wurde schon an früherer Stelle erwähnt, daß Kolmer trotz des vorhergegangenen Trainings bergkrank geworden ist und während des ganzen Gipfelaufenthaltes, also während eines Monates unpäß- lich blieb.! Dies Resultat scheint uns mit der sonstigen Erfahrung in Einklang zu stehen, daß auch ein recht unvermittelter Aufstieg aus dem Tale in große Höhen für das Zustandekommen von abnormen Erscheinungen nicht ausschlaggebend ist. Wir beobachteten wiederholt Einheimische, und zwar Frauen wie Männer, die in einem Tage von Alagna oder Gressoney zum Gipfel emporstiegen, ohne irgend welche auffallendere Störungen zu zeigen oder auch unter Apetitmangel zu leiden, während weniger leistungs- fähige Personen, die ebenso wie die Teilnehmer an der Expedition 1901 im Tale, auf Col d’Olen und in der Gnifetti-Hütte übernachtet hatten, also drei Tagreisen zum Aufstieg auf dem Gipfel benötigt hatten, in desolatem Zustande in der Hütte eintrafen. Übrigens ergibt sich auch aus dem Verhalten Kolmers anläßlich der Expedition 1901 bereits beim Aufenthalt auf dem Rothorn ein ähnliches Resultat. Obwohl Kolmer damals die geübteste und leistungs- fähigste Versuchsperson war und vorher wiederholt auf dem Rothorn gewesen war, um die Bestimmungen der Blutkörperchen bei den Versuchshunden auszuführen, zeigte doch er von allen seinen Kameraden diejenigen Werte, die am ehesten für eine Umsatzsteigerung infolge aer Höhenwirkung sprechen. Wir können also annehmen, daß ebensowenig wie die Raschheit des Aufstieges aus der Ebene auch die vorherige Anpassung an das Klima in einer Höhenstation einen Einfluß auf die Umsatzsteigerung ausübt. Die fast dreiwöchentliche Dauer des Aufenthaltes Durigs in der Margherita-Hütte im Jahre 1903 hat sich bei den Versuchen im Jahre 1906 nicht geltend gemacht. Der Erhaltungsumsatz hielt sich‘ in der zweiten Aufenthaltsperiode in denselben Grenzen wie in der ersten. Allerdings scheint bei Zuntz die Steigerung des Sauerstoffverbrauchs im Jahre 1903 geringer zu sein, als bei den Versuchen im Sommer 1901. Diesen Unterschied dürften wir aber keinesfalls im Sinne einer nachhaltenden (an und für sich nach so langer Zeit unwahrscheinlichen) Anpassung auffassen, da wir die Resultate, die 1901 auf dem Monte Rosa gewonnen wurden, ja nicht als wirklich quantitative ansehen dürfen. Die Versuche an Durig und Zuntz wie auch unsere neuen Beobachtungen aus dem Jahre 1906 besagen ferner, daß auch während eines lange dauernden Aufenthaltesin diesen Höhen eine Änderung des Erhaltungsumsatzes im Sinne einer Anpassung nicht stattfindet, daß also die anfänglich eingetretene Umsatzsteigerung nicht rückgebildet wird. Wir möchten diesbezüglich auf die beiden Tabellen, die Durig und Zuntz veröffentlichten,” verweisen. Im Jahre 1906 führten wir zur 1 Kolmer hatte sich auch länger in Alagna aufgehalten. ° Arch, für (Anat. und) Physiologie 1904, Suppl. p. 429 und 430. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 167 nochmaligen, gesicherten Feststellung dieses Befundes am Schlusse unseres einmonatlichen Gipfelaufent- haltes eine zweite Serie von Kontrollversuchen durch, die in den Generaltabellen V, VI, VII und VII ent- halten ist. Übersichtlich zusammengestellt, folgen hier die Mittelwerte für den Umsatz in großen Kalorien pro Minute und Qudratmeter. Durig Kolmer Rainer Reichel 0:674 0:617 0:636 0:661 Anfangsperiode 0701 -@llz, 0634 0:618 Schlußperiode. Bei Durig findet sich am Schluß der Versuche eine geringe Steigerung des Umsatzes, bei Reichel eine Abnahme, bei Kolmer und Rainer bleiben die Werte ganz konstant. Die Abnahme bei Reichel kann sich zum Teile dadurch erklären, daß er in den Versuchen der Schlußperiode ein geringeres Gas- volumen atmete als in der Anfangsperiode, weshalb der erhebliche Unterschied im Aufwand für die Atemarbeit von dem größeren Wert in Abzug zu bringen ist, zum Teil dürfte die Ursache darin gelegen sein, daß Reichel in den Versuchen auf dem Monte Rosa weniger ruhig lag. Da er stets als der Erste bei den Respirationsversuchen an die Reihe kam, und bei seiner Körpergröße und seinem Gewicht sich mit einiger Anstrengung auf dem niederen Lager in der »Kiste« zum Versuch zurechtlegen mußte, ist diese Annahme nicht unwahrscheinlich. Schaltet man daher die Werte, die bei ihm in den ersten Respirationsversuchen am 9. August gewonnen wurden, aus (es waren dies die ersten Respirationsver- suche, die überhaupt während der Expedition ausgeführt wurden), so nähert sich der Wert für den Erhal- tungsumsatz mit 0:630 Kalorien pro Minute jenem der späteren Periode mit 0618 bis auf fast normale Fehlergrenzen; so daß man daher auch bei ihm von einer bemerkenswerten Anpassung nicht mehr sprechen kann. Der an Durig in der Schlußperiode erhaltene Wert ist infolge von Muskelspannung sicher etwas zu hoch, es wird dies an späterem Orte begründet werden. Über die Entwicklung der Umsatzsteigerung beim Übergang aus der Ebene in das Höhen- klima haben wir bei unserer letzten Expedition keine Beobachtungen angestellt. Die Resultate, die Durig und Zuntz im Jahre 1903 gewonnen hatten, sprechen aber unzweifelhaft dafür, daß sofort mit dem Eintreffen auf dem Gipfel auch die Umsatzsteigerung in ihrer ganzen Größe ausgebildet ist. Durig wies nach der Ankunftin der Margherita-Hütte dieselben Werte für den Erhaltungsumsatz auf, wie in den späteren Versuchen und auch bei Zuntz fand sich eine Größe, die ganz den späteren Resul- taten entsprach und nur infolge der noch fortbestehenden Nachwirkung der vorangegangenen Anstren- gung etwas höher ausgefallen ist. Es kann demnach als kein sonderlich großes Mißgeschick bezeichnet werden, daß durch den Unfall unseres Trägers und durch die Verzögerung des Transportes um einen Tag im Jahre 1906 die geplanten Beobachtungen, die sich gleich an den Aufstieg anschließen sollten, nicht so rasch wie beabsichtigt zur Durchführung gelangen konnten. Auch diese Frage ist übrigens noch einer weiteren Bearbeitung zugänglich und es wäre gewiß nicht uninteressant, in einigen Beobachtungen, die hiefür genügen würden, das Verhalten des Gaswechsels während des Überganges in die Höhenstation festzustellen. Wir kennen die Veränderungen des Gaswechsels derzeit nur auf Grund der Untersuchungen in wenigen, und zwar in verschiedener Höhe gelegenen Stationen. Der Ausbau von Bergbahnen, die speziell in Amerika bis zur Höhe des Monte Rosa emporklimmen, ermöglicht es aber, den Verlauf der Umsatzänderung losgelöst von der Einwirkung der Steigarbeit untersuchen zu können. Es würde keiner Schwierigkeit unterliegen, ebenso wie Durig auf dem Bilkengrat in fortgesetztem Respirationsversuch den Umsatz beim Marsch während eines ganzen Gipfelaufstieges untersuchte, der Erhöhung des Erhaltungs- umsatzes von der Talstation bis zum Gipfel kontinuierlich zu folgen und zu ermitteln, ob die Veränderung sprungweise von einer gewissen Höhe an einsetzt, oder ob sie sich allmählich zugleich mit der Empor- fahrt ausbildet. Gewiß wird man letzteres für wahrscheinlicher halten müssen. Auf diesem Wege könnte viel leichter der Nachweis erbracht werden, daß auch in geringen Höhen bereits Umsatzsteigerungen 168 A. Durig, bestehen, da man durch den Verlauf der Kurve, die die deutlich zu beweisende Änderung des Umsatzes in den großen Höhen ausdrücken würde, den Verlauf der Prozesse in niederen Höhen, selbst wenn die Steigerung dort schon in die Fehlergrenzen der Methodik fällt, zu erschließen imstande wäre. E. Über die Wirkung einzelner klimatischer Faktoren auf die Größe des Erhaltungsumsatzes. Es wurde bereits im zweiten Abschnitte (D) dieses Aufsatzes ausgeführt, daß es die Temperaturunter- schiede zwischen dem Monte Rosa und der Ebene nicht sein können, die die Steigerung des Erhaltungs- umsatzes im Hochgebirge herbeiführen. Von den anderen, uns derzeit bekannten Komponenten im Klima kommen außer der Luftverdünnung auch noch die Feuchtigkeit der Luft, beziehungsweise deren Sättigungs- defizit in Betracht, ferner muß auf den Wind Rücksicht genommen werden und auch die Wirkung der Sonnenstrahlung wäre nicht außer acht zu lassen. In neuester Zeit hat man speziell die elektrischen Erscheinungen in der Atmosphäre mit in den Kreis der Beobachtungen gezogen, daher sollte auch ermittelt werden, ob zwischen diesen und dem Verhalten des Gaswechsels ein Zusammenhang nach- zuweisen sei. In dem fünften Kapitel dieses Bandes wiesen wir auch auf die Veränderungen, die die Körpertemperatur im Hochgebirge erfährt, hin. Esist aus zahlreichen Abhandlungen bekannt, daß in vielen Fällen eine geradezu gesetzmäßige Abhängigkeit des Umsatzes von der beobachteten Temperatur- steigerung des Körpers besteht. Da sich diese jedoch als typische Folge der Klimawirkung auf dem Monte Rosa bei uns allen ausbildete, mag es gerechtfertigt erscheinen, auch den Einfluß der Steigerung der Körperwärme auf den Umsatz als eine indirekte Wirkung des Klimas an dieser Stelle zu be- sprechen. Unser positives Wissen über das Verhalten gegenüber wechselnden derartigen Einflüssen ist ein recht geringes. Im Hochgebirge führten eigens auf die Lösung dieser Frage hinzielende Versuche wohl nur Zuntz und Durig aus. Eine größere Zahl meteorologischer Daten haben bei physiologischen Ver- suchen im Hochgebirge nur Zuntz und seine Mitarbeiter im Jahre 1901 gesammelt, doch konnten nur ganz wenige von diesen veröffentlicht werden. Ferner finden wir in Mosso’s Buch »Der Mensch auf den Hochalpen« einige Angaben über Barometerstand und Lufttemperatur, und endlich wären auch noch die Resultate der Bestimmungen der Elektrizitätzerstreuung zu erwähnen, die Caspari veröffentlichte. Diese können bedauerlicher Weise an und für sich kaum verwertet werden und auch ein Vergleich mit gleich- zeitig ausgeführten, brauchbaren Respirationsversuchen ist bei ihnen nicht möglich. Anläßlich unserer Expedition im Jahre 1906 führten wir selbst Messungen über die Lufttemperatur (mit dem Aspirationsthermometer), der Zimmertemperatur, der Luftfeuchtigkeit (Aspirationspsychrometer) und des Luftdruckes aus. Auch schlossen wir Beobachtungen über die Luftionisation an. Diese mußten leider früher als beabsichtigt unterbrochen werden, da anscheinend infolge der niederen Temperaturen Zähne aus dem Rad des Uhrwerkes, das den Aspirator bewegt, aussprangen und den Apparat dadurch vorzeitig unverwendbar machten. Wohl hätten wir Messungen ohne den Aspirator auch ausführen können, diese schienen aber noch weniger Bedeutung für die Feststellung quantitativer Werte zu haben als die mit dem intakten Apparat ausgeführten Bestimmungen. Mit den meteorologischen Beobachtungen befaßte sich Reichel. Weitere Werte verdanken wir unserem verehrten Freunde Prof. Alessandri, dem Direktor des Monte Rosa-Observatoriums. Wegen Mängeln, die an den registrierenden Instrumenten bestanden, sind auch manche seiner Beobachtungen unverwertbar geworden. Die brauchbaren Ergebnisse finden sich in der Anhangstabelle, am Schlusse der Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 169 Einleitung angeführt. Die Beobachtungen Alessandri's über Potentialgefälle und am Aktinometer? wie diejenigen über die Ionisation gewonnenen Werte sind daselbst nicht mitgeteilt. Wie wir aus den Untersuchungen Rubners und seiner Schüler wissen, ist der Wassergehalt der Luft in der Ebene ohne nachweisbaren Einfluß auf den Stoffwechsel; dasselbe fanden wir auch in unseren Beobachtungen auf dem Monte Rosa. Die Feuchtigkeit der Luft war im August und im Sep- tember sehr verschieden (13. August 390°), 1. September 12°1°/, relative Feuchtigkeit). Eine Rückwirkung auf die Größe der für den Erhaltungsumsatz gefundene Werte bestand nicht. Auch abnormale Erscheinungen in unserem subjektiven Befinden, die stets in den Versuchsprotokollen ver- zeichnet wurden, lassen keinen Zusammenhang mit dem wechselnden Feuchtigkeitsgehalt der Luft erkennen. Übrigens war die relative Feuchtigkeit in der ersten Zeit unseres Aufenthaltes auf dem Monte Rosa von ganz ähnlicher Höhe wie im Sommer in Wien, während sie Ende August und Anfangs September außerordentlich niedrig lag. | Auch dem Wind darf man nach Wolpert’s Untersuchungen keinen Einfluß auf den Erhaltungs- umsatz zuschreiben. Er wird sich wohl bei der Bestimmung des Aufwandes für die Steigarbeit sehr stark bemerkbar machen, bei der Feststellung des Erhaltungsumsatzes vermag er nur insoweit beeinflußend zu wirken, als bei niederen Temperaturen ausgelöstes Muskelzittern natürlich eine Umsatzsteigerung vor- täuschen könnte. Wir waren bei unseren Marschversuchen sehr oft heftiger Windbewegung ausgesesetzt und auch in der Hütte machten sich stets feine kalte Windströme bemerkbar, die bei schlechtem Wetter den Schnee durch die Fugen auf den Stubenboden bließen. Ein Teil unserer Beobachtungen fällt auf herrliche, dem subjektiven Befinden nach windstille Tage, an denen allerdings das Anemometer immer noch eine ganz beträchtliche Luftbewegung registrierte. Wir konnten einen sicheren Einfluß auf unseren Ruhegaswechsel in jener Periode, in der wir den ganzen Tag windgeschützt in der Hütte verbrachten, gegenüber den Ver- suchen, die im Anschluß an die Versuchstage ausgeführt wurden, während derer wir uns viel dem Wind im Freien ausgesetzt hatten, nicht beobachten. Nur in den Versuchen an Durig könnte man an einem Tage an einen solchen Einfluß denken, die Umsatzsteigerung während dieser Beobachtung erklärt sich aber vollkommen dadurch, daß Durig anfänglich fror und sich erst allmählich erwärmen konnte. Um den Einfluß direkter Bestrahlung des Körpers durch die Sonne auf den Gaswechsel kennen zu lernen, stellten Durig und Zuntz im Jahre 1903 eine Reihe von Versuchen im Freien an, die zum Teile auf dem Corno del Camoscio, zum Teile auf dem Dache der Capanna Margherita und auf dem obersten Plateau des Grenzgletschers ausgeführt wurden; während unserer letzten Expedition nahmen wir dieses Thema nicht mehr neuerlich auf. Bezüglich des Verhaltens des Menschen in der Ebene gegenüber direkter Sonnenbestrahlung wissen wir aus Wolpert’s®? Untersuchungen, daß keine charakteristische Änderung der Kohlensäureproduktion eintritt, wenn man die Versuchsperson der Besonnung aussetzt oder die Sonne abblendet und dabei ver- hindert, daß das Resultat nicht etwa durch die Wirkung einer Wärmeentziehung kompliziert wird. Aller- dings zeigen die von Wolpert für die Größe des Umsatzes gefundenen Werte eine solche Höhe und derart große Schwankungen, daß man sicher auf die Mitwirkung reichlicher Spannung der Muskulatur schließen muß. Übrigens hat schon Speck viel früher darauf hingewiesen, daß die Belichtung keinen wesentlichen Einfluß auf die Höhe des Umsatzes ausübt. Den Einfluß künstlicher Lichtquellen auf die Höhe des Erhal- 1 Die von Reichel ausgeführten Ionisationsbestimmungen sind in Abschnitt IX besprochen. 2 Siehe Rendiconti della R. Accademia dei Lincei. Cl. d. scienze fisiche etc. XVII, p. 58 und 214. 3 Arch. für Hygiene XLIV. 1902. 4 Arch. für exp. Pathologie, XII, 1879. 170 A. Durvig, tungsumsatzesuntersuchtenHasselbach!und Salomon,?beideAutoren kamen zum selben Resultate, daß Belichtungen des Körpers mit den Strahlen der Bogenlampe keinen Einfluß auf die Höhe des Erhaltungs- umsatzes ausüben. Unsere Versuche? wurden in vollkommener Köperruhe ausgeführt. Anfangs waren wir besonders bei den Versuchen auf dem Gemshorn der Meinung gewesen, es sei die geringe Erhöhung der Verbrennungs- vorgänge, die wir auf Grund unserer Analysen berechneten, durch die direkte Besonnung und die unmittelbare Einwirkung der klimatischen Faktoren im Freien bedingt. Kontrollbeobachtungen belehrten uns aber eines besseren. Diese zeigten, daß es nur die Nachwirkung der vorangegangenen Muskelarbeit war, die in der Umsatzsteigerung zum Ausdruck gelangte. Eine Erhöhung der Verbrennungsvorgänge trat im selben Ausmaße wie im Freien ein, wenn wir nach Ausführung gleich großer Muskelarbeit wie vor den Gemshornversuchen unseren Gaswechsel in Bettruhe untersuchten. Noch intensiver war die Besonnung, der wir uns auf dem Monte Rosa-Gipfel aussetzten. Als Beweis für die Wirkung der Sonnenstrahlung mag der Umstand dienen, daß wir während eines der Versuche‘ am Sonnenscheinthermometer eine Temperaturdifferenz von 48°C gegenüber dem gewöhnlichen Thermometer fanden. Im selben Sinne sprechen übrigens auch die diesjährigen Temperaturbestimmungen, bei denen wir in praller Sonne zwischen dem Schwarzkugel- und dem Aspirationsthermometer 49:6 °C Unterschied in der Angabe feststellen konnten. Die Respirationsversuche, die wir bei so intensiver Besonnung ausführten, ergaben nun allerdings eine Erhöhung der Verbrennungsvorgänge in Körperruhe, die bei Zuntz deutlich erkennbar ist. Durig dagegen zeigte eine fast ebensogroße Abnahme des Sauerstoffverbrauches, wie folgende Mittelwerte dartun mögen. Durig Ventilationsgröße, Liter Sauerstoffverbrauch pro Minute (Kubikzentimeter) Infdersblütke ger ZA 28 InzdeaSonneen ee 280:9 Zuntz Ventilationsgröße, Liter Sauerstoffverbrauch pro Minute (Kubikzentimeter) Ingderıhlünteg a! 2992 IordersSonnese a 927 2230) Korrigieren wir die Werte auf dasselbe Atemvolum, das in der Hütte beobachtet wurde, so lautet der Weri bei Zuntz 264cm?, nähert sich also schon sehr dem Ruhewert der im Bett gefunden wurde. Der Ausschlag fällt dannjedenfalls nicht größer ausals die Unterschiede, die wir bei den Versuchen auf dem Monte Rosa damals überhaupt beobachteten. Die Größen für den Sauerstoffverbrauch schwankten bei Zuntz zwischen 241 und 286 cm? pro Minute und es konnte in den wenigen Beobachtungen auf dem Dache natürlich auch ein Zufall, eine Verschiebung des Mittelwertes des Sauerstoffverbrauches, gegen das Minimum oder das Maximum der Normalwerte herbeiführen. Bei Zuntz dürfte übrigens der Sauerstoffverbrauch auf dem Dache jedenfalls zu hoch bestimmt worden sein, da er die Pausen zwischen den Respirationsversuchen benutzte, um auf dem Boden knieend Bestimmungen der Elektrizitätszerstreuung mit dem Elster Geitel’schen Apparat auszuführen. Durig blieb dagegen in möglichster Muskelruhe in Decken gehüllt 1 Skandinavisches Arch., Bd. XVII, p. 431. 2 v. Noorden’s Handbuch, II. p. 624. 3 Arch. f. (Anat. u.) Phys. 1904. Suppl. 417. * Arch. f. (Anat. u.) Phys. 1904, Suppl., p. 433. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 171 auf der Plattform des Daches liegen und genoß mit Muße den herrlichen Blick in den 3000 m tiefen sonnenschimmernden Abgrund auf der italienischen Seite des Gipfels. Wenn wir im Anschluß an die Ruheversuche auf dem Dache der Capanna Margherita, im Bette, im Inneren der Hütte, an Durig eine Umsatzsteigerung fanden, so kann diese nicht etwa in dem Sinne auf- gefaßt werden, als hätte sich nachher eine Wirkung der Besonnung geltend gemacht. Nach Abschluß der Beobachtungen auf der Plattform mußte nämlich ziemlich angestrengte Arbeit geleistet werden, um die Decken und Matratzen, die wir während des Versuches oben benutzt hatten, über die steile Treppe und durch die enge Dachtüre wieder ins Zimmer zu bringen. Es ist daher die geringe, bei der ersten Bestimmung beobachtete Umsatzsteigerung wohl nur ein Ausdruck der Nachwirkung vorangegangener Anstrengung gewesen. Auch einige weitere Respirationsversuche, die wir auf dem Grenzgletscher ausführten, und während derer wir vier Stunden in Decken eingehüllt in einer Grube lagen, die wir aus dem Firn aus- gehauen hatten, ließen keine Umsatzsteigerung infolge der direkten Einwirkung der Klimareize erkennen. Eine wesentliche Erhöhung, die bei dem ersten derartigen Versuchen an Durig bestand, ist eindeutig durch die Arbeit mit dem Eispikel beim Herrichten des Lagers zu erklären; der folgende Versuch (3. September, Nr. 32) beweist, daß, wenn diese Anstrengung vorher nicht stattfand, auch die Umsatzsteigerung nicht zustande kam. Der geringeren Arbeitsleistung entsprechend war auch bei Zuntz die Zunahme nur eine schwächere. Es geben also unsere Versuche aus dem Jahre 1903 keinen Anhaltspunkt dafür, daß die direkte Bestrahlung oder die ungedämpfte Einwirkung des Höhenklimas im Freien eine Erhöhung des Umsatzes hervorruft. Sollte eine solche in den leicht auf andere Weise zu erklärenden Steigerungen des Sauerstoff- verbrauches ausgedrückt sein, so ist diese jedenfalls so klein, daß sie für die Erklärung der ganz ausge- sprochenen, dauernden Umsatzsteigerung auf dem Gipfel nicht in Betracht kommt. Die Ruheversuche, die wir im Jahre 1906 ausführten, sprechen übrigens im selben Sinne, da sie erkennen lassen, daß kein Einfluß auf den Umsatz bestand, ob nun die Beobachtungen nach einer Serie von Märschen stattfanden, in denen wir uns täglich durch mehrere Stunden der Besonnung ausgesetzt hatten oder ob sie in eine Zeit fallen, in der wir uns direkter Klimawirkung nicht ausgesetzt hatten. Nur bei Durig findetsich nach den großen Märschen im Jahre 1906 ein erhöhter Sauerstoffverbrauch, dieser kann aber sehr wohl auf das Training zurück zuführen sein, da Durig fast während eines ganzen Jahres vor der Expedition keine größere Muskelarbeit geleistet hatte und erst während der Monte Rosa-Epoche durch die Versuchsmärsche und sonstige Betätigung wieder »in Form« gekommen war. Eine solche Zunahme des Sauerstoffverbrauches nach wiederholter Muskelarbeit ist von Zuntz und Schumburg, und zwar an trainierenden Soldaten ebenfalls beobachtet worden. Einem modernen Zug entsprechend, hat man aüch an einen Einfluß der IonisationderLuftund des Potentialgefälles gedacht in der Meinung, es könnten diese Faktoren in einen Zusammenhang mit der Umsatzsteigerung im Hochgebirge stehen, da eine solche im pneumatischen Kabinett bei gleich hohem Luftdruck nicht zu beobachten ist. Bezüglich des Potentialgefälles war es die Tatsache, daß im Hochgebirge und auf exponierten Punkten das Potentialgefälle ein besonders großes ist .(F. Exner, Elster-Geitel), die den Anlaß dazu gab, daß man auch diese Frage bei Stoffwechselversuchen im Hochgebirge mit in den Bereich der Dis- kussion zog, während zur Beobachtung der Elektrizitätszerstreuung Versuche von Aschkinaß und Caspari! anregten, in denen schon auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, daß die Steigerung der Ioni- sation im Hochgebirge eventuell von Einfluß auf das Zustandekommen der Bergkrankheit sein könnte. 1 Pflüger’s Arch., 86. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 4 172 A. Durig, Über das Potentialgefälle liegen bisher nur Daten von der Expedition von Zuntz und Durig im Jahre 1903 vor, während welcher Zuntz Messungen des Gefälles an verschiedenen Orten im Anschluß an unsere Respirationsversuche ausführte. Wir kamen damals zum Ergebnis, daß die Höhe des Potential- gefälles gar keinen nachweisbaren Einfluß auf die Größe des Erhaltungsumsatzes ausübt. Im Jahre 1906 hofften wir die Messungen Prof. Alessandris benützen zu können, um sie mit den Ergebnissen unserer Respirationsversuche zusammenstellen zu können, leider sind aber infolge von Mängeln an der Apparatur nur wenige Bestimmungen verwertbar geblieben. Es fielen aber einige unserer Respirationsver- suche direkt in die Zeit eines Gewitters, andere wurden bei schönem kalten Wetter und dritte bei Schnee- fall ausgeführt, so daß während unserer Beobachtungen sicher die verschiedensten in den Sommermonaten auf dem Monte Rosa vorkommenden Spannungen, die etwa von 1000 bis 2500 Volt schwanken, bestanden haben dürften, ohne daß unsere Respirationsversuche irgend welche, "bemerkenswerte Veränderungen gezeigt hätten. Es kann übrigens erwähnt werden, daß wir auch in unserem Befinden, weder zur Zeit eines Gewitters, noch vor dem Ausbruch eines solchen, jemals irgend eine Abnormität baobachtet haben, obwohl wir eigens hierauf achteten und jede Besonderheit notiert hätten. Wir können daher unter Berücksichtigung dessen, was wir schon im Jahre 1903 angenommen hatten, als sicher erachten, daß das Potentialgefälle keinen Einfluß auf die Höhe des Erhaltungsumsatzes oder auf Puls und Temperatur ausübt. Ebensowenig, als wir einen wesentlichen Einfluß der elektrischen Spannung in der Atmosphäre auf den Erhaltungsumsatz finden konnten, ebenso möchten wir auch eine Wirkung von Änderungen in der Ionisation derzeit noch als ganz unbewiesen, ja als unwahrscheinlich ansehen. Die Tatsachen, die bisher hierüber vorliegen, sind recht spärliche und überhaupt kaum verwertbare. Anläßlich physiologischer Unter- suchungen wurden nur während der drei wiederholt erwähnten Monte Rosa-Expeditionen Messungen über die Elektrizitätszerstreuung ausgeführt. Die im Jahre 1901 angestellten Beobachtungen hat Caspari! veröffentlicht, sie sind jedoch mit den Respirationsversuchen in keinem Zusammenhang zu bringen. Die Werte, die aus der Margherita-Hütte stammen, weisen eine auffallend geringe Höhe auf, weshalb Caspari annimmt, daß sie infolge Ein- wirkung der Örtlichkeit (unter dem Fenster), an dem sie ausgeführt wurden, zu niedrig ausgefallen seien. Zwei, allerdings bei Nebel, im andern Fall sogar bei Nebel und Gewitter in der Gnifettihütte angestellte Beobachtungen ergaben viel höhere Werte für die Elektrizitätszerstreuung unter Überwiegen der positiven Ionen. Zu dieser Bestimmung diente ein Elster-Geitel’scher Apparat älterer Type. Mit demselben Apparate arbeitete Zuntz auch im Jahre 1903 anläßlich unseres Aufenthaltes auf Col d’Olen und in der Margherita-Hütte. Er fand ausgesprochene Unipolarität? in knapp an unsere Respirationsversuche anschließenden Beobachtungen. Im Jahre 1906 stand uns ein Apparat mit Ebert’schem Aspirator zur Verfügung, den mein verehrter Kollege Prof. Dr. Simony eigens für die Expedition beschafft hat. Wir sind ihm hiefür zu herzlichstem Danke verpflichtet, wie wir auch Herrn Prof. Dr. Mache für seine Ratschläge über die Ausführung der Messungen aufrichtigen Dank schulden. Die Beob- achtungen führte Dr. Reichel durch. Er berichtet hierüber in einer eigenen Mitteilung und zwar im folgenden Abschnitte? Wir hatten zwar bereits im Jahre 1903 die volle Überzeugung gewonnen, daß ein einigermaßen bemerkenswerter und mit unserer Methodik noch nachweisbarer Einfluß der geänderten lIonisation auf den Erhaltungsumsatz, aber auch auf jenen Symptomenkomplex, den wir als Bergkrankheit bezeichnen, nicht besteht. Dennoch scheint die Deutung, es könnten die Werte, die wir in den Respirations- versuchen zur Zeit starker Unipolarität im Jahre 1903 auf dem Monte Rosa fanden, der Ausdruck 1 Siehe Physikalische Zeitschrift III. 2 L.c., p. 464. 3 Siehe Kapitel IX. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. Tabelle XI. | Sauerstoff- | Kohlensäure- Respirat. Atemgröße | verbrauch produktion Quotienten Zuntz 27. August. 9500 253°6 1864 0°738 27. August . 10°183 263°5 195°6 0.742 Mittel der übrigen Versuche 8.890 | 2809 1956 0687 Durig 27. August. -100 2694 194-2 "732 27. August. "067 270-3 198-2 733 Mittel der übrigen Versuche (4. September) . 7.604 247°3 182-0 0°733 Zuntz Mittel aus 16 Ruhever- suchen . 7613 259.2 192°7 0.738 Durig Mittel aus 14 Ruhever- suchen . 7:970 277°5 2100 0:757 Zuntz 26. August, erster Versuch nach 13/, Stunden Auf- enthalt auf der Plattform 9.050 29977 2176 0726 Mittel der übrigen Respi- rationsversuche nach längerem Aufenhalt im Freien 8509 282*6 1997 0707 Durig 26. August, erster Versuch 8013 283°7 211-4 0.738 Mittel der übrigen gleich- artigen . Zus 272°83 190*6 0699 einer Einwirkung dieses besonderen Klimafaktors seien, nicht ganz von der Hand zu weisen. In diesem Sinne sprechen besonders zwei Tabellen auf p. 464 und 465 des Buches von Zuntz und seinen Mitarbeitern, in denen unsere einschlägigen Resultate zusammengestellt sind. Diese mögen daher wegen der darangeknüpften Schlüsse hier wiedergegeben werden. Wir fügen ihnen aber auch noch den Mittel- wert über die Größe des Ruheverbrauches aus 14, beziehungsweise 16 Beobachtungen bei. 24° 174 A. Durig, Die Werte für die Elektrizitätszerstreuung, die wir damals beobachteten, betrugen: a— a— q DAENUSUSt MOSE nk are 0 Uezer 6:78 2421» h SERIEN I 7 ELONET, 6:67 Wie bereits oben erwähnt, lag Durig während der ganzen Versuchszeit ruhig auf dem Dache der Margherita-Hütte, Zuntz beschäftigte sich mit den Bestimmungen über die Elektrizitätszerstreuung. Nach dem Aufenthalte auf dem Dache kehrten wir in die Hütte zurück und führten dort Respirationsversuche aus. Wir müssen nun prüfen, ob es möglich ist, aus den in obiger Tabelle wiedergegebenen Zahlen den Schluß zu ziehen, es habe die an den beiden genannten Tagen beobachtete große Unipolarität einen Ein- fluß auf den respiratorischen Umsatz ausgeübt. Wir finden hierüber im Buche »Über Höhenklima und Berg- wanderungen etc.« folgende Erwägung:! »...es ergab sich das sehr bemerkenswerte Resultat, daß die Daten dieser Versuche bei Zuntz sowohl wie bei Durig deutlich abweichen von jenen Werten, welche sonst unter gleichen Bedingungen gewonnen wurden. Es ergibt sich also, daß bei Durig am 27. August die Atemgröße, Sauerstoffverbrauch und Kohlensäureausscheidung deutlich gesteigert sind. Bei Zuntz ist nur die Mechanik der Atmung verändert, während der Atemchemismus keine weitere Veränderung zeigt. Wir haben aber gesehen, daß gerade die Atemmechanik eines der Momente ist, welche für ein früheres oder späteres Einsetzen der Bergkrankheit als wesentlich in Betracht kommen.« »Am Nachmittag desselben Tages wurden ferner Versuche auf dem Schneefeld zwischen Gnifetti- und Zumsteinspitze angestellt. Auch hier sind die Werte für die Atemgröße bei Zuntz und Durig, ebenso gleichzeitig in auffallender Weise Sauerstoffverbrauch und Kohlensäureausscheidung wesentlich höher als bei den übrigen, unter gleichen Bedingungen angestellten Untersuchungen. Schon Zuntz und Durig fielen die abnormen Werte auf und sie suchten nach einer Erklärung. Sie glaubten sie für Zuntz in der Wirkung der Verdauungsarbeit, für Durig in einer vorangegangenen körperlichen Anstrengung zu finden. Es muß natürlich dahingestellt bleiben, ob für den Verbrauch auf dem Schneefelde diese Momente aus- schlaggebend gewesen sind oder die genannten, elektrischen Zustände der Atmosphäre dabei mitgewirkt haben. Eine Diskussion darüber ist umsoweniger aussichtsreich, als ja keineswegs erwiesen ist, daß Nach- mittag derselbe Zustand der Atmosphäre bestanden hat wie am Vormittage. Am vorhergehenden Tage am 26. August waren vormittags auf der Plattform der Gipfelhütte, während Durig und Zuntz sich daselbst aufhielten (siehe oben), ähnlich hohe Werte für die Unipolarität gefunden worden.« »Im Freien wurden am 26. August keine Versuche ausgeführt, wohl aber wurden unmittelbar nach Verlassen der Plattform in der Hütte Respirationsversuche in Ruhe vorgenommen. Hierbei zeigte sich eine deutliche Nachwirkung der vorangegangenen, klimatischen Einwirkungen. Wir finden in dem ersten Versuche nach dem Aufenthalte auf dem Dache bei Zuntz, ebenso wie bei Durig eine deutliche Steigerung der Atemmechanik, aber diesmal bei beiden auch eine geringe Steigerung des Sauerstoffverbrauches und der Kohlensäureausscheidung.« Auch an späterer Stelle wird nochmals auf die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhanges zwischen Bergkrankheit, Umsatzsteigerung und lonisation hingewiesen. Allerdings finden wir dieser Vermutung teilweise widersprechend an anderer Stelle desselben Buches eine Feststellung, die die Bedeutung der lonisationswirkung sehr einschränkt:? »Die klimatischen Faktoren für sich haben also, wenn überhaupt, jedenfalls nur in geringem Maße den Stoffumsatz gesteigert.« »Da der Aufenthalt im Freien mehrfach zu Zeiten stattfand, wo diese für das Hochgebirge so charakteri- stische Unipolarität der Luftelektrizität sehr ausgesprochen war, können wir auch diesem Moment, trotz der am 26. August beobachteten Steigerung keinen erheblichen Einfluß auf den Sauerstoffiverbrauch zuschreiben; dagegen scheint es die Atemmechanik und das subjektive Befinden zu beeinflussen; nament- 1 »Höhenklima«, p. 464. ?2 »Höhenklima und Bergwanderungen«, p. 242, Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 175 lich war einigemale Beklemmungsgefühl notiert, wenn längerer Aufenthalt im Freien bei starker Unipolarität stattgefunden hatte.« Bevor wir auf diese Ausführungen näher eingehen, möchten wir auch noch einige andere Angaben erwähnen, die dafür zu sprechen scheinen, daß Steigerung der Luftionisation und Unipolarität den Aus- bruch von Bergkrankheit bei gleichzeitig bestehendem Sauerstoffmangel begünstigen können. Zugunsten dieser Anschauung wurde der Umstand geltend gemacht, daß die Alpinisten speziell an bestimmten Ört- lichkeiten von dieser befallen werden und daß der Eintritt der Erkrankung besonders bei kalter, klarer Luft und wolkenlosem Himmel stattfinden soll. Die Luftionisation ist nun bei klarem Wetter höher als an feuchten Tagen. Aus der Tatsache, daß die Ionisation der Luft an Orten, an denen sich abgeschlossene, stagnierende Luft befindet, besonders groß ist, schien sich für die Teilnehmer an der Expedition des Jahres 1901 ein weiterer Beweis im Sinne der ausgesprochenen Vermutung zu ergeben. Sie schreiben hierüber: »Zur Unterstützung der Annahme, daß die Bergkrankheit mit diesen elektrischen Vorgängen der Atmosphäre in Verbindung steht, konnten wir (1901) nur eine, allerdings bemerkenswerte, Tatsache beibringen. Auf dem Wege unseres Aufstieges zur Capanna Margherita passierten wir dicht oberhalb des Lysjoches in etwa 4000 m Höhe eine Stelle, welche einen der bekannten Orte darstellt, an denen die Berg- krankheit einzusetzen pflegt. Es ist dies eine »Sasso del diavolo« genannte, muldenförmige Boden- senkung am Rande einer ungeheuren Eiskluft. Nur nach Westen ist diese Stelle freigelegen, sonst rings von überragenden Eiswänden abgeschlossen. Die Ventilation muß dort zweifellos eine sehr geringe sein. Es ergaben sich sehr hohe Werte der lonisation, vor allem eine ausgesprochene Unipolarität.« Wie liegen nun die Dinge nach unserer heutigen Auffassung? Über die Durchführung von lonisa- tionsbestimmungen auf Gletschern sind die Ansichten derjenigen Fachleute, die sich speziell mit diesem Gebiete befassen, ziemlich eindeutig. Sie lauten dahin, daß man nicht erwarten darf, mit den bestehenden Methoden auf Schneefeldern, auf denen eine sichere Ableitung zur Erde unmöglich ist, absolute Werte über lonisation und Unipolarität zu erhalten. Auch die Ableitung gegen ein großes Blech, die wir im Jahre 1906 auf dem Monte Rosa versuchten, liefert gewiß keine wesentlich anderen Werte, als wenn auf dem Schnee ohne solche Vorsichtsmaßregel abgeleitet wird, ferner wissen wir, daß bei den stetig wechselnden Verhältnissen auf einem solchen Hochgipfel durch Vorbeiziehen von kleinen Dunstschwaden, durch Änderung von Wind etc. die Ionisation auch innerhalb kurzer Zeiträume eine sehr wechselnde ist. Wir können daher wohl allen älteren, einschlägigen Messungen auf dem Monte Rosa ganz unbedenklich jede Beweiskraft absprechen, jedenfalls insoferne es sich um den Vergleich quantitativ verschiedener Größen handelt. Es wird wohl erst dann möglich sein, auch von physiologischer Seite an die Untersuchung eines Zusammenhanges zwischen der lonisation und dem Verhalten des Menschen auf Gletschern zu denken, wenn die betreffenden physikalischen Methoden so weit ausgebaut sein werden, daß sie unter solchen Ver- hältnissen absolute Werte liefern. Wir legen aber auch auf unsere mit vervollkommter Methodik ausgeführten Bestimmungen kein großes Gewicht, obwohl wir bei den Versuchen auf dem Gletscher durch ein langes Kabel, das wir an die Hütte und an den Blitzableiter anschlossen, eine sichere Ableitung zur Erde anstrebten. Die Zahl unserer Ver- suche ist eine zu geringe und nur wenige Beobachtungen fallen mit Respirationsversuchen zusammen. Von solchen wären nur die Versuche über die Nachwirkung der Marscharbeit in Diskussion zu stellen. Wir möchten aber in Bezug auf diese nur erwähnen (siehe Abschnitt IX), daß zwischen der Elektrizitäts- zerstreuung am 16. und 20. August jedenfalls bemerkenswerte Unterschiede bestanden. Aus den Respira- tionsversuchen ergibt sich, daß weder aus der Höhe des Atemvolums noch jener des Sauerstoffverbrauches irgend ein auffallender Unterschied abgeleitet werden kann. Können uns direkte Messungen an Punkten des Gletschers, an denen besonders leicht Berg- krankheit auftreten soll, also derzeit keinen Aufschluß über einen Zusammenhang zwischen loni- 1 »Höhenklima und Bergwanderungen«, p. 462. 176 A. Durig, sation und respiratorischem Umsatz geben, so steht es auch um die Vermutungen auf Grund von Analogieschlüssen nicht besser. Wir verfügten wohl sämtlich über einige alpine Erfahrung und beson- ders Durig, der fast zwei Monate auf dem Gipfel des Monte Rosa verbrachte, hatte während dieses langen Aufenthaltes oft Gelegenheit, bergkranke Personen zu sehen. Wir können nur das bestätigen, was aus den so verschieden lautenden Angaben vieler Alpinisten und Forschungsreisender hervorgeht, daß man keine bestimmte Witterung als jene namhaft machen kann, bei der die Bergkrankheit auftritt. Wir sahen sowohl in feuchtem Nebel wie bei herrlich klarem Wetter Personen, die von Bergkrankheit befallen werden und selbst der Eintritt eines Gewitters schien uns keinen nachweislichen Einfluß zu besitzen. Wenn wir aber einen Ort angeben sollten, an dem auf dem Monte Rosa am leichtesten die Bergkrankheit eintritt, so möchten wir behaupten, daß dies das Bettist. Es hat darauf übrigens schon Mosso in seinem Buche »Der Mensch auf den Hochalpen« hingewiesen, daß die Bergkrankheit vielfach erst nach längerem Aus- ruhen eintritt, und auch wir konnten wiederholt beobachten, daß Personen, die bei vollem Wohlsein in der Hütte eintrafen, erst nach einigen Stunden oder während der Nacht unwohl wurden und sich erbrechen mußten. Auch auf der Dufourspitze sahen wir Touristen, die in ganz leidlichem Zustande angekommen waren und erst dann, nachdem sie geraume Zeit ausgeruht hatten, den bekannten Symptomkomplex zeigten. Diese Erfahrungen sprechen wohl von vorneherein sehr gegen die lIonisationshypothese. Was die als oben erwähnte besonders bedenklich bezeichnete Stelle oberhalb des Lysjoches betrifft, an der so leicht Bergkrankheit eintreten soll, so möchten wir uns der Auffassung ebenfalls nicht anschließen, daß an diesem Orte erhöhte Ionisation im Spiele sein könnte. Die ersten Zeichen von Bergkrankheit beobachteten wir an Touristen entweder noch unterhalb des Lysjoches oder oberhalb des Sesiajoches. In beiden Fällen handelt es sich um ziemlich lange, gleichmäßige Steigungen. An der zweiten dieser Stellen vermochte auch Zuntz im Jahre 1903 nur mehr schrittweise fortzukommen, während er den gefürchteten »Sasso del diavolo« ohne Beschwerden passiert hatte. Dem im Werke »Höhenklima und Bergwanderungen« so bezeichneten Punkt müssen wir übrigens seinen romantischen Namen rauben und diese Bezeichnung einem harmlosen, großen Felsblock rückerstatten, der auf einer Alpe unterhalb Col d’Olen liegt und seinen Namen nach einer hübschen Sage trägt, die sich an ihn knüpft. Es ist allerdings möglich, daß unter bestimmten Verhältnissen in der Traverse unterhalb der Parrot- spitze! Menschen von Bergkrankheit befallen werden — ich möchte dabei auf die Schilderung eines der Versuchsmärsche in unserer Einleitung verweisen —, denn diese kann leicht eintreten, wenn tiefes Ein- sinken in Neuschnee daselbst hochgradige Anforderungen an die Leistungsfähigkeit eines erschöpften oder weniger kräftigen Touristen stellt und dieser etwa noch vom Führer zur Eile angetrieben wird. Trotz der anscheinend erhöhten? Werte, die übrigens dort für die lonisation gefunden wurden, ist es kaum anzunehmen, daß sich an dieser Stelle stagnierende Luft finden soll.3 Die Stelle ist gegen Westen offen und wie aus einem Kamin steigt durch das Tal des Grenzgletschers, das lange im Schatten bleibt, meist ein eisiger Luftstrom direkt gegen die Parrotspitze herauf, die auf der entgegengesetzten Seite (Süd- seite) von der prallen Sonne angewärmt wird. Übrigens ist es ja schon durch die Jahr für Jahr veränderliche Lage der Anstieglinie, der Spalten und der Eistürme klar, daß man diese Stelle nicht vermöge der dort herrschenden stärkeren Elektrizitäts- zerstreuung als besonders bergkrankheitgefährlich bezeichnen Kann. Es wären nun nur noch die obigen beiden Tabellen zu besprechen, die unter der Voraussetzung, es seien die Messungen der Elektrizitätszerstreuung damals wirklich einwandfrei gewesen, im Sinne eines Einflusses der Elektrizitätszerstreuung auf den Gaswechsel sprechen. 1 Siehe Abschn. II, Taf. III (bei Ziffer IX). Wegen der Methodik. 3 Man vergleiche die Windgeschwindigkeiten auf dem nahen Gipfel, Anhangstabelle der Einleitung, p. 32. 157 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 177 Am 27. August soll bei Durig Atemmechanik, Kohlensäureproduktion und Sauerstoffverbrauch erhöht gewesen sein. Eine Erhöhung der Atemmechanik ist sofort auszuschalten, wenn wir berück- sichtigen, daß das gewechseite Gasvolum zufällig fast genau dasselbe ist, wie im Mittel von 14 Versuchen in der Hütte. Wenn an einem andern Tag (Mittel der übrigen Versuche) das Volum nur 76 / beträgt, also ganz unwesentlich niederer ist, so stimmt dies mit den Versuchen in der Hütte ebenfalls überein, wir beobachteten dort auch 7:52 in zwei aufeinanderfolgenden Beobachtungen.! Sauerstoffverbrauch und Kohlensäureproduktion sind aber ebensowenig erhöht, sondern im Vergleich zu dem Mittel der 14 Ruhe- werte eher erniedrigt.” Wenn eine Erklärung für einen Wert zu schaffen wäre, müßte dies für die niedrigen Werte der Versuche vom 4.September geschehen, die etwas aus der Reihe fallen, von diesem Tag liegen aber keine auffallenden Werte für die Ionisation vor. Vielleicht hat am 4. September die behagliche Wärme mit- gespielt und zu besserer Entspannung der Muskulatur Anlaß gegeben. An jenem Tage, an dem so auf- fallende Größen für die Ionisation bestimmt wurden, fand sich aber ganz sicher keine Abnormität im Gaswechsel Durig'’s. Genau dasselbe gilt von Zuntz, bei dem die Resultate der Respirationsversuche sicher durch das vorangehende Arbeiten in gebückter Stellung (der Apparat stand auf dem Boden) beeinflußt sind. Eine Steigerung des Atemvolums hätten wir unter diesen Verhältnissen geradeso in der Ebene gefunden. Auch bei ihm war der Umsatz derselbe gewesen, wie in cler Hütte. Nicht viel anders sieht es mit der Deutung der Versuche am 26. August 1903 aus. Bei Durig ist das Atemvolum gegenüber dem Hauptmittel des Ruheversuchswertes nicht verändert, der Sauerstoffver- brauch um 2°/, erhöht; wir wissen aus dem oben Angeführten, daß dies zu den Fehlergrenzen® der Methodik gehört und daß wir sehr befriedigt sein könnten, wenn alle Respirationsversuche um keine größeren Beträge schwanken würden. Übrigens ist dieser Wert sicher als zu hoch anzusehen, da der Versuch möglichst rasch an den Versuch auf dem Dache der Hütte angeschlossen wurde und sicher die Arbeit, die das Herabbefördern der Matratzen verursachte, noch nachwirkte. Bei Zuntz spricht der Wert von 299:7 cm?’ Sauerstoffverbrauch und 9:07 Ventilation für eine Umsatzsteigerung, man bedenke aber, daß wir eine solche auf der Plattform unter direkter Einwirkung der klimatischen Faktoren nicht beobachteten und daß in dem etwa 6 Minuten nach der genannten Beob- achtung angestellten Kontrollversuche 261°4 cm” Sauerstoffverbrauch und 7°97 Ventilation beobachtet wurden, also Werte, die wieder mit dem Mittel 7°6, beziehungsweise 259 sehr gut übereinstimmen. Wir können ganz gewiß voraussetzen, daß der erste Versuch schlecht war, weil infolge der Arbeit des Zusammenräumensder Apparateund vorangegangener, anderer Muskelbewegungen nochnicht vollkommene Ruhe eingetreten war. Derart abweichende Werte finden wir bei Zuntz im Jahre 1901 auch bei Versuchen, die ausschließlich im Bett in der Hütte ausgeführt wurden (zum Beispiel 236 cm?” und 287 cm? Sauerstoff- verbrauch). Wir können daher mit aller Bestimmtheit sagen, daßin deneinzelnen Versuchenim Jahre 1903 gewiß kein Einfluß der Ionisation auf den Gaswechsel nachzuweisen ist und daß selbst dann, wenn wir die Größen der Messungen der Elektrizitätszerstreuung als positiv richtig annehmen würden, unsere damaligen Ergebnisse direkt den Gegenbeweis erbringen würden, indem sie dann aussagen müßten, daß kein Einfluß dieses Klimafaktors auf den Umsatz besteht. Auch unsere sonstigen Erwägungen, die wir der Annahme einer Möglichkeit solcher Einwirkungen auf Grund von Analogieschlüssen entgegenhielten, sprechen sicher eher zuungunsten als zugunsten der Ionisationshypothese, Es darf endlich nicht vergessen werden, daß selbst, im Falle der Nachweis hätte erbracht werden können, daß unter dem Einflusse erhöhter Unipolarität eine Steigerung des Atemvolumens 1 Arch. f. (Anat. u.) Phys. Suppl. 1904, p. 430. 2 Der Verbrauch am selben Morgen im Bett ist übrigens 274 cm? O,, Kohlensäureproduktion 221 cm? pro Minute, also ganz analog dem auf dem Dach gefundenen. 3 Einschließlich der physiologischen Schwankungen. 178 A. Durig, oder eine Änderung im Erhaltungsumsatz eintritt, darin noch lange kein Hinweis darauf gelegen wäre, daß die Elektrizitätszerstreuung einer jener Faktoren ist, der für das Zustandekommen der Berekrankheit verantwortlich gemacht werden kann. Wir werden nämlich noch festzustellen haben, daß keinerlei Zusammenhang zwischen der Höhe der Umsatzsteigerung auf dem Monte Rosa und jenem Symptomen- komplex, den wir als manifeste Bergkrankheit bezeichnen möchten, besteht. Eine Erhöhung der Körpertemperatur führt im allgemeinen zu einer Steigerung des Erhaltungs- umsatzes. Pflüger wies nach, daß an Kaninchen, deren Körpertemperatur künstlich gesteigert wurde, auch der Sauerstoffverbrauch und die Kohlensäureproduktion erhöht wird;! es handelte sich hiebei um curaresierte Tiere und solche, bei denen Rückenmarksdurchschneidung ausgeführt war. Zu demselben, wenn auch quantitativ etwas verschiedenen Resultate gelangte Velten.” Beim Hunde wurde ebenfalls in heißen Bädern eine wesentliche Umsatzsteigerung beobachtet. (Quinquaud.) Bekanntermaßen hat übrigens diese Frage eine große Bedeutung für die Theorie des Fiebers gewonnen.? Finkler* glaubt in der fieberhaften Temperatursteigerung eine Schutzvorrichtung zu sehen, die gesteigerte Oxydationsvorgänge herbeiführt; die intensive Steigerung der Verbrennungsvorgänge »soll die fiebererzeugende Substanz zerstören«,? aber aus Versuchen von Loewy° geht hervor, daß sich nicht einmal jene Vermehrung des Sauerstofiverbrauches, die während des Anstieges des Fiebers erfolgt, auf eine Steigerung des Erhaltungsumsatzes beziehen lasse. Ganz besonders bedeutungsvoll sind aber die Versuche von Zuntz,‘ durch welche nachgewiesen wurde, daß curaresierte Tiere unter der Einwirkung sonst sicher Fieber erzeugender Substanzen keine Temperatursteigerung und damit auch keine Steigerung der Oxydationsprozesse aufweisen. Es spricht dies für den direkten Zusammenhang zwischen der fieberhaften Temperatursteigerung und der Muskelinnervation. Versuche, die Speck an sich selbst anstellte°, führten gleichfalls zu dem ganz eindeutigen Resultate, daß die Temperaturerhöhung im Fieber mit keiner Steigerung des Erhaltungsumsatzes verbunden ist.” Speck selbst faßt seine Anschauung in bezug auf die febrile Temperatursteigerung in den Worten zusammen: »Die Wärmeregulation wird ausschließlich nur durch die Änderung in der Wärmeabgabe hervorgebracht und nicht durch Änderung der Wärmeproduktion und die Fiebertemperatur ist ganz allein die Folge einer verminderten Wärmeabgabe, nicht die Folge vermehrter Oxydation.«! Die Versuche von Winternitz!! vermögen diese Tatsachen nicht zu widerlegen, !? und auch Beobachtungen, die Winternitz und Pospischill!?ausführten, sind nicht nur gegenüber den Argumenten Speck’s unhaltbar, sondern schon auf Grund der absoluten Größe der gefundenen Werte auszuschalten. In den Untersuchungen zahlreicher Autoren ist übrigens 1 Pflüger’s Arch., XVIII, p. 247. 2 Ebenda, XXI, p. 361. 3 Eine übersichtliche Zusammenstellung hierüber findet sich bei Loewit: Vorlesungen über allgemeine Pathologie, Jena. Fischer, 1897. 4 Pflüger’s Arch., XXIV, p. 98. Sulzrch pr 2A 6 Berliner klin. Wochenschr., 1891, p. 93. 7 Zentralbl. f. d. mediz. Wissensch., 1882, p. 561. 3 Deutsches Arch. für klin. Mediz., 1885. p. 107. V. Untersuchungen über den Einfluß warmer Bäder etc. 3 IL, C, 0 115% 10 L.c., p. 150. 11 Klin. Jahrb., VII, 1899. 12 Speck, Abkühlung, Lichtwirkung ete. Blätter für klin. Hydrotherapie, 1902. 13 Ebenda 1893. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 179 nachgewiesen worden, daß aber auch Temperatursteigerungen bei Tieren auftreten können, ohne daß eine wesentliche Steigerung des Sauerstoffverbrauches zustande kommt. In vielen Fällen, bei denen sich zugleich mit der fieberhaften Temperatursteigerung auch eine Erhöhung der Verbrennungsvorgänge nachweisen läßt, ist diese außer durch Muskelzittern auch durch die vermehrte Herz- und Atemarbeit sehr wohl zu erklären. Desungeachtet ist es aber unzweifelhaft, daß, ebenso wie jede Temperaturerhöhung eine Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit herbeiführt, auch im Tierkörper bei gesteigerter Temperatur ein rascherer Ablauf der Oxydationsvorgänge eintreten muß, so daß wir neben der Erhöhung der Ver- brennungsvorgänge durch Muskelaktion auch eine Steigerung des Erhaltungsumsatzes annehmen müssen. Auf die Frage, in welchem Umfange Temperatursteigerungen beim vollständig bewegungslos liegenden Menschen, dessen Muskulatur nach Möglichkeit entspannt ist, etwa wie bei dem Kaninchen Pflüger’s den Umsatz zu verändern vermögen, können wir heute kaum eine vollkommen entscheidende Antwort geben. Das eine steht jedenfalls fest, daß das Ausmaß dieser Steigerung beim Menschen jedenfalls nicht so groß sein muß wie beim Tier. Die Beobachtungen von Linser und Schmidt! sind in dieser Hinsicht nicht beweisend, denn die Ergebnisse ihrer Versuche an einem Patienten, der an Ichthyosis litt, besagen nur, daß bei der- artigen pathologischen Verhältnissen der Haut eine Steigerung des Sauerstoffverbrauches im warmen Bade eintritt. Schon der Umstand allein, daß bei ihrer Versuchsperson bei einem Anstieg der Körper- temperatur um wenige Zehntelgrade bereits eine Umsatzsteigerung von nahezu 100°/, zustande kommt, beweist, daß wir solche Resultate mit physiologischem Verhalten, ja selbst mit dem Verhalten im Fieber nicht vergleichen dürfen. Sogar das Kaninchen zeigt nach Rückenmarkdurchschneidung oder Curare- vergiftung bei so geringen Temperaturänderungen keine derartige Zunahme des Umsatzes, und nicht einmal die Kaltblüter würden unter diesen Verhältnissen ähnliche Erhöhungen des Stoffwechsels auf- weisen. Neue Beobachtungen von Salomon”? über den Gaswechsel im Heißluft- und Lichtbad bestätigen aber unzweifelhaft den Befund, daß bei Steigerung der Körpertemperatur des Menschen auch eine Umsatzsteigerung eintritt, letztere ist aber ganz verschieden groß, je nach der Art, in der die Tempe- raturerhöhung des Körpers herbeigeführt wurde. Im Glühlichtbad, im Bade des Bogenlampenlichtes wie im Heißluftbad, war nahezu keine Umsatzsteigerung nachzuweisen, intensiver wirkte das Sandbad und am kräftigsten das heiße Wasserbad auf die Verbrennungsvorgänge im Sinne einer Steigerung. (Winter- nitz).” Hiebei spielt jedenfalls der Umstand, inwieweit die Hautregulation beeinträchtigt war und inwie- weit die Temperatursteigerung den ganzen Körper betraf eine große Rolle. Die Erhöhung der Körper- temperatur auf dem Monte Rosa unterscheidet sich jedenfalls von jener in den Bädern dadurch, daß das umgebende Medium eine hinreichende Abgabe von Wärme durch Leitung und Strahlung nicht verhindern sondern im Gegenteil begünstigen mußte (niedere Umgebungstemperatur); die Verhältnisse liegen also auf dem Monte Rosa jenen beim Fieber näher. In bezug auf die Steigerung der Verbrennungsvorgänge, die wir auf dem Monte Rosa beobachteten, haben wir aber oben ausgeführt, daß bei keinem von uns allen während des ganzen, mehr als vier Wochen dauernden Aufenthaltes eine Verminderung des erhöhten Umsatzes eintrat. Ganz anders war das Verhalten der Körpertemperatur. Während wir bereits wenige Stunden nach unserer Ankunft? die- selbenWerte für den Erhaltungsumsatz fanden wie 27 Tage nach dem Betreten des Gipfels,? zeigte essich, daß die Temperatursteigerung, welche ihr Maximum in den ersten Tagen des Gipfelaufenthaltes erreicht hatte, dann allmählich immer geringer geworden ist, so daß sie am Schlusse des Aufenthaltes ganz oder nahezu 1 Arch. für klin. Medizin, 79, p. 514. 2 L. c.,v. Noorden’s Handbuch, Bd. II, besonders p. 590 v. ff. u. 627. 3 Klinische Jahrb. VII, 1899 und Habilitationsschrift Halle 1902 bei Lippert Naumburg. 4 Siehe oben Arch. für (Anat. u.) Physiologie, 1904, Suppl., p. 437. 5 Siehe die Generaltabelle über die Ruheversuche auf dem Monte Rosa im Anhang. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. DD S}\ 180 A. Durig, ganz verschwunden war. Übrigens ähnelt das Verhalten der Pulsfrequenz dem der Körpertemperatur insoferne, als auch diese anfänglich am höchsten war und sich während des Monats August stetig vermin- derte. Da somit auf dem Monte Rosa jeder Parallelismus zwischen dem Verhalten der Pulsfrequenz (Herz- arbeit) und der Temperatur einerseits und der Steigerung der Verbrennungsvorgänge andererseits fehlte, können wir es als ausgeschlossen erachten, daß diese Faktoren in entscheidendem Zusammenhang mit den Veränderungen stehen, die wir im Chemismus des Gaswechsels beobachten konnten. Nach dem im Voranstehenden Gesagten hätten wir eher zu erwarten, daß die anfängliche Temperatursteigerung eine Folge der Erhöhung der Verbrennungsvorgänge war, die später durch Ausbildung einer mechanischen Regulation verschwand, als. daß wir annehmen könnten, es sei die Steigerung der Verbrennungsvorgänge eine Folge der Temperaturerhöhung gewesen. Endlich wäre noch die Frage zu erwägen, auf die wir schon oben hingedeutet haben, ob die Berg- krankheit, die doch jedenfalls in ihrer Entstehung auf die klimatischen Verhältnisse im Hochgebirge zurückzuführen ist, in einem Zusammenhang mit der Umsatzsteigerung zu bringen ist oder nicht. Wir möchten unsere Antwort nur auf jene (manifeste) Erkrankung beziehen, die sich hauptsächlich durch Appetitmangel, Erbrechen, Kopfschmerz, Herzklopfen, fadenförmigen Puls, Schlaffheit und Unfähigkeit zur Arbeit, eventuell auch durch das Gefühl der Beklemmung und Atemnot kennzeichnet. Solche Erscheinun- gen in anfangs ausgesprochener, später mehr verwischter Form machten sich bei Kolmer während des ganzen Aufenthaltes geltend, dennoch ist sein Erhaltungsumsatz ebenso gesteigert, wie derjenige von Zuntz im Jahre 1903, und jener von Durig, Rainer und Reichel im Jahre 1906. Die Werte, die 1901 gewonnen wurden, können wir hier zum Vergleich nicht heranziehen, da sie in quantitativer Hinsicht unsicher sind und damals sämtliche Teilnehmer von der Bergkrankheit befallen waren, sich aber während des sehr kurzen Aufenthaltes wieder ziemlich erholten. Auch die Tatsache, daß Kolmer anfänglich viel schwerer unter der Bergkrankheit zu leiden hatte als in den späteren Versuchen, ergibt, daß weder die Intensität der Erkrankung noch deren Auftreten überhaupt in einem Zusammenhang mit der Umsatz- steigerung stehen. Wir werden daher den Symptomenkomplex Bergkrankheit in dieselbe Reihe der beobachteten Erscheinungen stellen müssen, wie das Auftreten der Umsatzsteigerung, der Temperatur- erhöhung etc., indem wir diese Erscheinungen alle als das nebeneinander laufende Resultat der Klima- wirkung betrachten. Von den Komponenten, die sich in der Wirkung des Höhenklimas geltend machen, ist uns nach dem, was wir in diesem Abschnitte ausführten, als einziges Moment, das sicher in Betracht zu ziehen ist, derzeit nur die Abnahme des Luftdruckes bekannt, alle übrigen, bekannten Faktoren, die bisher zugleich mit der Erhöhung des Umsatzes oder mit dem Auftreten der Bergkrank- heit untersucht wurden, haben sich als nebensächlich oder unwirksam erwiesen. F. Über die Nachwirkung eines vorangegangenen Höhenaufenthaltes. Über diese Frage liegen bisher zwei vollständig gegensätzliche Angaben vor. Als Resultat der Ver- suche, die nach dem Aufenthalte auf dem Chasseral in Basel ausgeführt wurden, fanden Jaquet und Staehelin eine Steigerung des Umsatzes, die zwei Monate nach der Rückkehr nach Basel noch nicht vollkommen zurückgebildet war. Es hätte nach diesen Ergebnissen der Aufenthalt in relativ niedriger Höhe zu einer nachhaltenden Erhöhung der Verbrennungsvorgänge geführt. Anläßlich der Besprechung ihrer Versuche in der zweiten Periode des Brienzer-Aufenthaltes erwähnen Zuntz und seine Mitarbeiter, daß nach dem Abstieg vom Rothorn eine Verminderung des Ruhegas- Ergebnisse der Monte Rosa -Expedition. 181 wechsels eingetreten sei, im Gegensatze zu Jaquet hätte also bei diesen Beobachtungen ein Aufenthalt von wenigen Tagen in mittlerer Höhe zu einer Verminderung der Verbrennungsprozesse geführt. Über die Nachwirkung eines Aufenthaltes in sehr großer Höhe, wie zum Beispiel auf dem Monte Rosa, lagen bisher keine Beobachtungen vor. Wir können aber auch keiner der beiden angeführten Angaben, weder jener von Jaquet noch jener von Zuntz und seiner Mitarbeiter eine Beweiskraft zuer- kennen. Bezüglich der Versuche Jaquets haben wir schon oben p. 48 [162] Bedenken erhoben, da die im Vorversuche gefundenen Größen für den Umsatz einer Versuchsperson von 815 kg! sehr wahrscheinlich zu niedrige sind. Mögen wir diese nun mit unseren eigenen Resultaten oder mit jenen von Johansson zusammenhalten, indem wir die Kohlensäureproduktion in beiden Fällen vergleichen.” Wenn wir geneigt sind, den auf dem Chasseral gewonnenen Wert seiner Höhe nach für einen Normalwert zu halten, so ändert sich natürlich die Bedeutung der Größen, die für den Gaswechsel im Nachversuch gewonnen wurden. Der in Basel nach der Rückkehr vom Chasseral gefundene Umsatz weicht von jenem, der in der Höhenstation ermittelt wurde, um 5°, ab; dem gegenüber beträgt die relative, mittlere Breite der Abweichungen in diesen Versuchen 6°/,. Es fällt also der Ausschlag noch in die Schwankungen, die durch Methodik und Verhalten der Versuchsperson gegeben sind, ja es könnte sogar noch eine Abnahme des Umsatzes verdeckt worden sein. Ob in den Versuchen von Zuntz und seinen Mitarbeitern nach dem wenige Tage währenden Auf- enthalt auf dem Rothorn eine Veränderung des Umsatzes vorhanden war oder nicht, läßt sich ebenfalls nicht mit Sicherheit entscheiden. Lesen wir die Resultate im Sinne der Verfasser, so zeigte sich nach der Rückkehr vom Rothorngipfel in das Tal bei Kolmer, Müller und Loewy eine Abnahme der Verbrennungsvorgänge. Die Beweiskraft sämtlicher Ausschläge wird aber durch die Schwankungen, die die gefundenen Werte unter sich zeigen, wesentlich eingeschränkt; umso mehr, als die Zahl der Ver- suche nach der Rückkehr vom Rothorngipfel eine sehr geringe ist. Wir müssen berücksichtigen, daß bei den untersuchten Personen der Umsatz in Brienz niederer war als in den vorhergehenden Versuchen in Berlin, daß es also nicht befremden kann, wenn er auch nach den ersten Versuchen in Brienz noch etwas weiter absank. Ferner sehen wir bei einem Einblick in die vorliegenden Tabellen über den Gaswechsel in den beiden Brienzer Perioden, daß die Verminderung des Umsatzes bei Kolmer zum Beispiel nur eine scheinbare ist. Die Werte für den Sauerstoffverbrauch pro Minute schwanken in der ersten Brienzer Periode bei ihm von 216 bis 278cm?, in der zweiten Brienzer Periode von 247 bis 253cm? (drei Versuche).? Sie geben also sicher keinen Anhaltspunkt für Umsatz- änderungen. Ganz ähnlich liegen die Dinge bei Loewy, wenn wir auch ganz vom unsicheren Berliner Grundwert absehen. Bei ihm finden wir vor dem Aufstieg in Brienz einen Sauerstoffverbrauch, der von 196 bis 223cm? pro Minute schwankt, am Tage nach der Rückkehr wurden 222 cm? hierfür ermittelt, während am Tage vor dem Aufstieg 209-3cm? bestimmt wurden. Am fünften Tage nach dem Abstieg wurde in einem Doppelversuch ein etwas niederer Wert als das vorher in Brienz gefundene Minimum beobachtet. Die Abnahme liegt aber wohl noch ganz in den Abweichungsbreiten. Man würde also, ohne den Zahlen einen größeren Zwang anzutun, auch bei Kolmer und Loewy eine Zunahme des Umsatzes anstatt einer Abnahme in den Versuchen über die Nachwirkung des Höhen- aufenthaltes ableiten können, wenn auch die Mittelwerte im letzteren Sinne sprechen. 1 Siehe Arch. für exp. Path. 46, p. 278. 2 Die Personen Lm., Bg. und Fst. von Johansson produzierten bei 85, 86, beziehungsweise 87 kg Körpergewicht rund 220cm®? CO, pro Minute, während wir bei Jaquet im Vorversuch 180cm?, auf dem Chasseral 206 und nachher 207 und 215cm3 pro Minute finden (vgl. Skand. Arch., XXI, p. 2). 3 Den Wert von 202cm3 muß man gewiß als ganz unrichtig elliminieren, da in einem unmittelbar anschließenden Versuch der Quotient 0:97 gegenüber 0:72 vorher lautet. 25* 182 A. Durig, Betrachtet man die Werte für den Sauerstoffverbrauch Müllers am Tage vor dem Aufstieg zum Rothorn, so lauten diese 228cm? im Mittel; als Mittel der Versuche nach der Rückkehr finden wir 227'8cm’. Es findet sich also geradezu eine ideale Übereinstimmung, aber keine Abnahme. Wir können daher aus den diesbezüglichen Versuchen des Jahres 1901 nur folgern, daß der Aufenthalt auf dem Rothorn keinen nachweisbaren Einfluß auf den Umsatz ausgeübt hat. Die Ergebnisse unserer neuen Versuche über die Nachwirkung eines Höhenaufenthaltes finden sich in den drei Anhangstabellen (IX, X und XI). Es handelte sich in unseren Versuchen um die Festellung, ob eine Nachwirkung eines vorangegangenen Aufenthaltes auf dem Semmering und auf dem Monte Rosa nach der Rückkehr ins Tal nachzuweisen sei. An dieser Stelle soll vorerst nur das Verhalten des respira- torischen Umsatzes berücksichtigt werden. Tabelle XIV. Nachwirkung des Höhenaufenthaltes. (Semmering.) Durig. Reteinfell: i Kalorien F Kalorien Kalorien 5 Kalorien pro ın? pro m? Ost pro ORzt pro und ; und Minute 4 Minute ! Minute Minute Viren aV/oRversuchse er 1-021 0540 Viren’ SNorversuchse 1°325 0576 ! i 1'376 - 0600 SEINMIERIN Se Er 1°101 0585 DEINMELIN EP 1"202 0.527 Wien, Nachversuch na: 12022 0°545 Wien Nachversuch . .. ... 1°290 0569 | Die voranstehende Tabelle gibt die hauptsächlichsten Zahlen vom »Semmeringversuch« wieder. Es ist dazu zu bemerken, daß der Aufenthalt auf dem Semmering vier Tage dauerte und daß die Personen im Stoffwechselversuch lebten. Übersieht man die Resultate, so ergibt sich, daß der Umsatz, der sofort nach der Ankunft auf dem Semmering eine Änderung erfuhr (siehe p. 38 u. 39 [152]), die bei beiden Versuchsteil- nehmern nicht genau gleichartig war, nach der Rückkehr nach Wien sich prompt wieder auf die alte Höhe eingestellt hat. Es ist dabei besonders bemerkenswert, daß hierzu bei Reichel ein Ansteigen, bei Durig eine Abnahme des Umsatzes eintreten mußte. Wir können demnach ausschließen, daß sich in diesem Falle eine Nachwirkung des Höhenaufenthaltes auf die Verbrennungsprozsse eingestellt hat. Nach dem Abstieg vom Monte Rosa führten wir ebenfalls Respirationsversuche aus, die uns im Anschlusse an die Beobachtungen auf dem Gipfel lehren sollten, welche Veränderungen im Gaswechsel bei dem plötzlichen Wechsel zwischen dem Aufenthalte auf der Capanna Margherita und dem 3300 m tiefer gele- genen Alagna bestehen. Wir führten den Abstieg in etwas mehr alseinemhalben Tage durch und begannen bereits am nächsten Morgen wenigstens an zwei Versuchspersonen mit den Respirationsversuchen. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 183 Tabelle XV. Nachwirkung des Höhenaufenthaltes. (Monte Rosa.) Durig. Kolmer. Kalorien Kalorien Kalorien pro m? Kalorien pro m? Ort Ort , pro Minute und pro Minute und Minute Minute IWienU Sommer) re 1024 0.542 \ienE Sommer) re: 0227 0546 NontesRosas 1'324 0683 IMonteaRoOSag re 1'285 0.611 Nls'enarsozscpiembersss u: 0968 0.520 Alasnakı au. ieh: zu len; — = Alagna, 6. bis 8. September . . 1023 0.550 AN atom es 1°165 0545 eng (WVGnIen) N 1.022 0.540 en lVznten) ee 1°261 0.541 Tabelle XV. Nachwirkung des Höhenaufenthaltes. (Monte Rosa.) Rainer. Reireihel. Kalorien Kalorien Kalorien pro m? Kalorien pro m? Ort x Ort pro Minute und pro Minute und Minute Minute Wien (SOME) © 5 ou ec 1° 1107 0556 WVnenk((Sominten) Mes 1.325 0.572 Nonreakosae nr 1°245 0.634 AN ontcalXo SA 1422 0640 Adenau lage se aa — _ ANlalon 2729 September 1.048 0-480 Alagna, 6. bis 8. September . . 1°075 0545 Alagna, 6. bis 8. September . . 1"224 0557 Wen (NAEH) ee 1°059 0.542 NVZLE DE (UVA LEN) 1257 0557 Der Erfolg des Abstieges vom Monte Rosa ist bei Durig und Reichel ganz eindeutig derselbe. Beide zeigen, daß nicht nur mit einem Schlage die während eines Monates kontinuier- 184 A. Durüg, lich eingehaltene Umsatzsteigerung verschwunden ist, sondern daß bei Durig wie bei Reicheldie Verbrennungsprozesse unter die Norm abgesunken sind. Dies ist ganz besonders stark bei Reichel hervorgetreten, so daß man fast an einen Versuchsfehler denken möchte, doch läßt sich hierfür kein Grund ausfindig machen. Die Analysen sind gut übereinstimmende Doppelanalysen. Die Luftanalysen zeigten zwar ein wenig zu hohe Werte für den Stickstoffprozentgehalt, immerhin bewiesen sie aber, daß die Resultate ganz gut brauchbare gewesen sein müssen und daß keine Störung von seiten des Phosphors in den Analysen zu befürchten ist. Zu hohe Stickstoffwerte hätten übrigens nur ein entgegengesetztes Resultat (eine Vermehrung des Sauerstoffverbrauches) vortäuschen können. Am folgenden Tage, dem 6. September beobachteten wir bei uns beiden wieder höhere Werte für den Umsatz. Bei Durig zeigte sich überhaupt während der Versuchsperiode in Alagna ein allmähliges Anwachsen des Sauerstoffverbrauches bis zu Normalwerten (siehe Anhangstabelle) während bei Reichel die Einstellung auf höheren (ungefähr seine normalen) Sauerstoffverbrauch rascher erfolgte. Auch bei Rainer finden sich ähnliche Verhältnisse wie bei Durig. Leider fehlten von ihm wie von Kolmer Versuche vom ersten Tage nach dem Abstieg. Bei allen vier Versuchspersonen hat demnach der Wechsel zwischen dem Gipfelaufenthalt und jenem im Tale im Wesen ganz einheitlich dieselbe Erscheinung herbeigeführt — ein plötzliches Ver- schwinden der Umsatzsteigerung. Diesem war wenigstens bei zweien der Teilnehmer an der Expedition ein Absinken der Verbrennungsvorgänge unter die Norm vorangegangen. Es ist interessant zu sehen, wie unmittelbar mit der Ankunftaufdem Gipfel der Stoffumsatz in die Höhe schnellt und wie plötzlich diese Einstellung auf ein höheres Niveau unter Fortfallder Wirkung der klima- tischen Faktoren wieder verlassen wurde. Gewiß bemerkenswert ist auch das Auftreten sub- normaler Größen für den Erhaltungsumsatz unter dem Gefühle ausgesprochener Euphorie. Fast zwingend erinnert uns dieses Verhalten an den Vorgang der Einstellung auf erhöhte Fieber- temperaturen und die plötzliche kritische Entfieberung unter dem Auftreten subnormaler Temperaturen und man wird auch hier an die Hypothese gemahnt, daß sich ein Reaktionsbestreben des Organismus auf Grund der Wirkung von Reizen auf höhere Zentren einstellt, das rückgängig gemacht wird, wenn diese Reize wegfallen. Wir werden im Abschnitte über die Bergkrankheit noch darauf zurückzukommen haben. An dieser Stelle wollen wir noch darauf hinweisen, daß zwischen dem Verhalten des Umsatzes bei Körperruhe und der Änderung, welche die Pulsfrequenz erfährt, eine gewisse, wenn auch nicht zeitlich zusammenfallende Übereinstimmung besteht. Auch die Pulsfrequenz fiel bei uns, wie in Abschnitt II erwähnt wurde, nach dem Abstieg vom Gipfel ab und erreichte dabei subnormale Werte. Bemerkenswert scheint uns die außerordentlich prompte Reaktion des Stoffumsatzes auf die Wirkung des Höhenklimas. Wir sahen keine der bisher erwähnten Erscheinungen (abgesehen von der Änderung der Atemmechanik) so plötzlich eintreten und so rasch wieder verschwinden. Über den Einfluß eines vorangegangenen Aufenthaltes in mittleren Höhen fehlen uns derzeit noch sicher gestützte Befunde, ebenso wie über die Frage, ob es in solchen Lagen, wie sie noch für Klimatische Kurorte in Betracht kommen, zu einer Veränderung des Umsatzes kommt. Beide Fragen werden in zweck- mäßiger Weise gemeinsam in Angriff zu nehmen sein. Es wäre noch zu erörtern, ob wir Anhaltspunkte dafür gewinnen konnten, daß ein jäher Wechsel zwischen Höhenstation und Talstation zu vermeiden sei. Wir müssen hierauf eine verneinende Antwort geben. Ebensowenig wie sich ein Einfluß der Raschheit des Aufstieges aus der Ebene zum Gipfel auf Grund bisher besprochener Erscheinungen experimentell nachweisen ließ, ebensowenig können wir weder aus unseren objektiven, noch den subjektiven Befunden irgend etwas ableiten, was auf eine schädliche Wirkung des plötzlichen Abstieges aus großen oder geringen Höhen in die Ebene hindeuten würde. Auch diese Frage ist, sofern es sich um die Wirkung eines längeren Aufenthaltes in mittleren Höhen und besonders um Höhen handelt, in denen Sanatorien bestehen, erst experimentellem Studium zu unterziehen. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 185 Wir möchten an dieser Stelle darauf hinweisen, daß es uns ferne liegt, die angeführten Ergebnisse, die sich wohl auf die Untersuchung von mehreren Personen stützen, als für alle Menschen gültig zu bezeichnen, denn wir sind nicht in der Lage, heute schon auf Grund des vorliegenden Materials allgemein gehaltene Gesetze für das Verhalten des Umsatzes in verschiedenen Höhen abzuleiten. Auch möchten wir betonen, daß wir über die Frage nach der Einwirkung des Höhenklimas auf Kinder und Frauen und Kranke derzeit noch vollkommen ununterrichtet sind. So sehr es also den Anschein haben mag, es seien schon mehr als genügend Respirationsversuche ausgeführt, so lückenhaft gestaltet sich das Bild, wenn wir den Bestand der sicheren Tatsachen feststellen. G. Über das Verhalten der respiratorischen Quotienten und über die Nach- wirkung vorangegangener Muskelarbeit. In seinen Versuchen über die Wirkung ermüdender Muskelarbeit auf den Gaswechsel des Menschen fand Loewy! ein Ansteigen der respiratorischen Quotienten. Loewy schloß daraus, daß die mit der Ermüdung sich ausbildende Insuffizienz der Atmung hierfür einen Teil der Ursache bilden soll. Auch glaubt er, daß Sauerstoffmangel beim schnellen Drehen am Ergostaten im tätigen Muskel einge- treten sein müsse und die Verschiebung der respiratorischen Quotienten herbeigeführt habe. Diese Anschauung scheint noch eine Stütze darin zu finden, daß bei der Leistung von Dreharbeit unter ver- mindertem Luftdruck? eine Steigerung des respiratorischen Quotienten eintrat, die zum Beispiel in einer der Beobachtungen bei einem Luftdruck von 414mm Quecksilber besonders auffällig war; wir finden hier einen respiratorischen Quotienten von 1'042. Der Schluß scheint aber doch nicht so gerecht- fertigt, wenn wir die Tabelle über die Höhe des Gaswechsels und über das Verhalten des Quotienten für andauernde Arbeit betrachten.” Wir sehen, daß der Quotient gerade am Beginne der Arbeit am höchsten war und gegen Schluß der Arbeit immer mehr absank, obwohl diese solange fortgesetzt wurde, bis es unmöglich war, weiter zu arbeiten. Loewy erblickt in dem genannten Verhalten einen Beweis dafür, daß im Blute säureartige Substanzen vorhanden gewesen sein müssen, die zur Austreibung von Kohlensäure führten. Eine Zunahme der respiratorischen Quotienten selbst bei anstrengender Arbeit konnten übrigens in eigens zur Klärung dieser Verhältnisse angestellten Versuchen Porges und Pribram am Hunde nicht beob- achten, * und auch die Beobachtungen von Zuntz und Schumburg? wie speziell jene von Durig® über das Verhalten der respiratorischen Quotienten bei anstrengenden Anstiegen unter vermindertem Luftdruck sprechen dafür, daß das Verhältnis zwischen dem Volumen der produzierten Kohlensäure und jenem des verbrauchten Sauerstoffes entsprechend fortschreitender Verminderung der zuerst angegriffenen Kohlen- hydrate stets niedriger wird, je länger die Arbeit dauert. Das Verhalten des Menschen bei der Arbeit unter normalen Verhältnissen oder auch im Gebirge bei vermindertem Luftdruck würde daher nicht dafür sprechen, daß in größeren Höhen Veränderungen des respiratorischen Quotienten eintreten, dagegen scheinen die Beobachtungen, die im pneumatischen Kabinett angestellt wurden, darauf hinzuweisen, daß an die Möglichkeit einer Änderung der »Quotienten« während des Aufenthaltes auf demMonteRosa zu denken 1 Pflüger’'s Arch. 49, p. 405, siehe auch Pflüger’s Arch. 66, p. 477. 2 Über Respiration und Zirkulation, Berlin, Hirschwald 1895. 3 L. c.,p. 36. 4 Biochem. Zeitschrift III, p. 453. 5 Physiologie des Marsches, 6 Pflüger, 113. Bd. 186 A. Duvig, ist. Loewy führte an zwei Versuchspersonen 27 Respirationsversuche in Körperruhe unter dem Einflusse verschiedenen Luftdrucks aus! und auch von Zuntz und seinen Begleitern liegen aus dem Jahre 1901, 16 Kabinettversuche vor.? Die Versuche Loewy’s geben kein eindeutiges Resultat, soweit es sich um ein Absinken des Luftdruckes bis auf 440 mm Quecksilber handelt, ja selbst bei einem Druck von zirka 360 mm ist nicht immer eine Änderung des respiratorischen Quotienten eingetreten, die Mehrzahl der Fälle spricht allerdings für eine Zunahme bei sehr niederen Drucken, doch wissen wir nach der Abweichungs- breite die zu jener Zeit (1895) noch für die Versuchsresultate auf Grund der Methodik angenommen werden muß, daß wir mit ziemlich großen, durch den Versuch gegebenen Schwankungen zu rechnen haben werden. Bei Beobachtungen, die an sitzenden (oder stehenden) Versuchspersonen ausgeführt sind, ist eine gewisse Reserve in der Deutung natürlich besonders begründet. Auch im Jahre 1901 zeigten die respiratorischen Quotienten unter Luftverdünnung ein recht wechselndes Verhalten. Bei Zuntz schwankten diese zum Beispiel bei demselben Luftdruck wie auf dem Monte Rosa zwischen 0:84 und 0'95, bei Caspari bleiben diese in zwei Versuchen bei 484 und 418 mm Druck auf normaler Höhe, in zwei Kontroll- versuchen waren sie gestiegen, und ähnlich wechselnd sind auch die übrigen Werte. Wir müssen eben bedenken, daß zu den normalen Schwankungen, die wir zwischen gleichartigen Beobachtungen, bei den Versuchen dieses Jahres kennen gelernt haben, hier eine noch größere Beeinflussung der Werte dadurch dazu kommt, daß das Arbeiten im pneumatischen Kabinett ein höchst unbequemes und unangenehmes ist, da der Raum in der Kammer zur Ausführung eines Ruheversuches, der vollständige Entspannung der Muskulatur fordert, ein zu beschränkter war. Auch die sich entleerenden Darmgase, die die Luft in der Kammer geradezu verpesten können, müssen im Kabinett zum Teile mit eingeatmet werden, dabei steigt die Temperatur des Raumes in recht unangenehmer Weise an und zu dem ist es auch sehr schwer, die Zusammensetzung der Inspirationsluft richtig in Rechnung zu stellen.? Zu alledem kommt natürlich noch die Auswaschung von Kohlensäure aus dem Körper durch veränderte Atemmechanik.* Ferner muß man berücksichtigen, daß bei fortschreitender Verminderung des Luftdruckes sich ein Ausgleich der Körper- gase mit jenen des umgebenden Raumes in der Weise vollzieht, daß Kohlensäuremengen aus dem Kohlen- säurebestand des Körpers abgegeben werden, die in kurz dauernden Versuchen jene Werte, die für. die CO,-Produktion des Körpers ermittelt werden, stark beeinflussen. In einem Versuche an Waldenburg begegnen wir allerdings einer ganz ausgesprochenen Erhöhung des Sauerstoffverbrauches, in der man vielleicht ein Analogon zu der auf dem Monte Rosa beobachteten Umsatzsteigerung erblicken kann. Einer strengen, kritischen Beurteilung vermögen die Kabinettversuche aber derzeit noch nicht standzuhalten und wir können daher keine sicheren Vergleiche zwischen dem Verhalten in der Kammer und im Hochgebirge ziehen. Wenn im Hochgebirge eine Veränderung der respiratorischen Quotienten nach- weisbar sein würde, so wäre dies von großer Bedeutung für die Feststellung einer Verschiebung in dem Ablaufe der Verbrennungsprozesse. Das Verhalten von Personen, die sich geraume Zeit im Hochgebirge aufgehalten haben, kann übrigens eine zeitweise und nur vorübergehend eingetretene Änderung des respiratorischen Quotienten ver- decken. Es ist sehr wohl möglich, daß sich während des Emporsteigens in die Höhe Änderungen speziell in der Kohlensäureausscheidung einstellen, die mit dem Zeitpunkte, in dem die Untersuchungen auf dem Gipfel begonnen werden können, bereits abgeschlossen sind, indem ein neuer Gleichgewichts- zustand sich ausgebildet hat. Diese Frage, die auf die Auswaschung von Kohlensäure aus dem Körper beim Übergang in größere Höhen hinzielt, könnte wohl in einwandfreier Weise auch nur in dauernd fortgesetzten Beobachtungen während der Fahrt auf einen Hochgipfel erledigt werden. LI, ©, 05 De Höhenklima ete., Anhangstabelle XVI. 3 Wegen der Notwendigkeit, die Inspirationsluft bei diesen Versuchen ebenfalls zu untersuchen und in Rechnung stellen zu m müssen, verdoppelt sich natürlich die Fehlerbreite, die durch die analytische Arbeit bedingt ist» 4 Siehe übrigens auch Pflüger’s Arch., Bd. 66. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 187 Unsere Resultate erstrecken sich nur auf das Verhalten bei bereits vollzogener Einstellung auf den geänderten Gaswechsel in der Höhenstation, denn wir haben schon oben erwähnt, daß wir keinerlei Anpassung des respiratorischen Umsatzes an die Wirkungen des Höhenklimas nach unserer Ankunft nach- weisen konnten. Wenn wir aber annehmen würden, daß durch weitere Steigerung des Sauerstoffver- brauches bei gleichmäßig geringem Anbot die Gefahr einer Störung dieses Gleichgewichtes nahegerückt wird — man denke an die Arbeitsversuche im pneumatischen Kabinett — so müßten wir im Hochgebirge nach größeren Muskelanstrengungen eine bezeichnende Änderung im respiratorischen Quotienten erwarten, die sich von jener unterscheidet, die wir in der Ebene beobachten können. Es sollen daher unsere Versuche über die Nachwirkung vorangegangener Anstrengungen ebenfalls an dieser Stelle besprochen werden. Endlich mögen die Beobachtungen über die Oxydation eingeführter Traubenzucker- mengen als eigener Abschnitt folgen und einen Einblick gestatten, ob hierbei Unterschiede im Verhalten des Gaswechsels gegenüber jenem beim selben Versuche in der Ebene eintraten. In dem Versuche Jaquet’s! liegen die respiratorischen Quotienten im zugehörigen Versuche einander ziemlich nahe, es ergibt sich aus seinen und Staehelin’s Beobachtungsreihen, daß der respiratorische Quotient auf dem Chasseral im Mittel 0:839 gegenüber 0'791 in der Ebene in der Vorperiode und rund 0:80 in den Nachperioden betrug (zweite Nachperiode 0:82). Dies sind wohl Schwankungen, die jeden- falls in den Bereich der natürlichen Abweichungen in seinen Versuchen fallen, um so mehr als die extremen Werte in allen Reihen übereinandergreifen. Es ergaben daher diese Beobachtungen keinen Einfluß des Höhenklimas auf den qualitativen Ablauf der Verbrennungsvorgänge. Die folgende Tabelle XVII gibt die während der Expedition des Jahres 1901 gewonnenen Werte für den respiratorischen Quotienten wieder; um die Schwankungsbreiten zu kennzeichnen, sind auch die Extreme angeführt, ganz unwahrscheinliche Werte wurden ausgelassen. Tabelle XVII. Waldenburg Kolmer Caspari Müller Loewy Zuntz Osrzt Mittel |Extreme| Mittel | Mittel |Extreme| Mittel |Extreme| Mittel |Extreme| Mittel | Extreme | 0.729 0°795 | 0°753 | 0°768 | 0-721 | 0°824 | 0°794 | 0763 Berlin 0°808 0°810 0'885 & 0°797 | 0669 | 0-828 | 0-722 | 0°782 | 0-635 | 0-772 | 0°688 | 0-767 | 0°712 | 0794 0-775 rienz i 0°864 0°978 0864 0'847 0°783 0°830 ar 0.787 | 0-762 | 0°832 | 0:768 | 0'826 | 0812 | 0-736 | 0688 | 0-809 | 0°725 | 0:777 0°742 othorn 0'828 0°964 0873 0801 0:926 0-811 0°808 | 0742 . . Col Olen 0°813 | 0°760 0°919 0°865 0'806 | 0°781 | 0°750 | 0-623 | 0°863 | 0-819 | 0755 | 0°683 | 0770 0°682 Monte Rosa 0'834 0°886 0°907 0'858 0'817 1 Arch. f. exp. Path., Bd. 46. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 26 188 A. Durig, Ein Überblick über die Resultate lehrt, daß in zahlreichen Reihen die Größe der Quotienten um die ganze Breite jener Grenzen schwankt, innerhalb deren unter nicht als abnorm zu bezeichnenden Ver- hältnissen überhaupt die respiratorischen Quotienten sich bewegen. Aus den Mittelwerten gelangt man zu dem Schlusse, daß die Schwankungen auf dem Monte Rosa wie in den übrigen Stationen ähnliche gewesen sein müssen, woraus sich das Ergebnis ableitet, daß ein Unterschied in der Höhe des respira- torischen Quotienten gegenüber der Ebene beim Aufenthalt in 4560 m ebensowenig zu beobachten war wie während der Versuche in mittleren Höhen. Tabelle XVII enthält die während unserer neuen Expedition im Jahre 1906 geförderten Ergebnisse. Die älteren Versuche können wir wohl ausschalten, da sie nach Einnahme des Frühstückes ausgeführt sind, dagegen müssen wir auf den unbedingt eindeutigen Befund unserer zahlreichen Beob- achtungen vom Jahre 1905 hinweisen, indenen wir feststellen konnten, daß der respira- torische Quotient auf dem Monte Rosa keine nachweisbare Veränderung erfährt. Tabelle XVII. Respiratorische Quotienten. Extreme Ort Durig Kolmer Rainer Reichel Durig Kolmer | Rainer Reichel 0°827 0°763 1 0°7551 0°7831 0°852 0.7981 0°735 1 0.8141 -813 0°739 0°770 0:754 0°814 0°791 — 0816 869 0°785 —_ 0'834 Wien 779 0801 0781 0.9181 0.8291 0:838 1 0:7981 -9021 8161 08161 0°792 1 944 840 0'845 0°817 f 0°843 —_ _ 0°823 814 — — 0°:790 Semmering -870 0:863 0°817 0.854 0°877 0°856 798 0°841 816 0:797 Alagna 877 0°909 0°928 0-881 ; 0°757 0°785 0-811 0°808 702 0°769 «748 0759 Monte Rosa I]. Serie 834 808 -923 0°863 { 0°804 0°881 0806 0:855 789 842 «789 0:814 Monte Rosa II. Serie 817 0°936 "827 0°906 \ 0°775 0°740 O2} 0°734 0°755 706 «749 0°706 Nach Märschen 0°803 781 799 0:792 1 Nicht im Stoffwechselversuch. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 159 Unsere neuen Beobachtungen schränken die Möglichkeit einer Abweichung des respiratorischen Quotienten von der Norm für verschiedene Höhenlagen neuerdings wesentlich ein, da die gefundenen Werte einander näher liegen. Die vorhandenen Schwankungen erklären sich wohl leicht aus Unterschieden in der Ernährung und durch die Nachwirkung vorangegangener Arbeit in dem Sinne, als dem Körper ein ungleicher Kohlehydratvorrat zur Verfügung stand. Wir können daher derzeit wohl mit großer Sicherheit behaupten, daß das Höhenklima in jenen Stationen, in denen bisher Untersuchungen über den Gaswechsel angestellt wurden, keine Verschiebung in der Qualität der Verbrennungspro- zesse bei Körperruhe herbeigeführt hat. Wenn bei Durig und Kolmer in der zweiten Monte Rosa-Periode höhere respiratorische Quotienten alsin der ersten gefunden wurden, liegt der Grund hierfür wohl darin, daß ihre Kost während der zweiten Versuchsserie wesentlich kohlenhydratreicher war als während der ersten, da die Eiweißzufuhr in der zweiten Hälfte des Gipfelaufenthaltes vermindert worden war und als Ersatz für den dadurch bedingten Ausfall an Kalorien mehr Kohlenhydrat genossen wurde. Besonders hohe respiratorische Quotienten finden sich bei Durig während des Frühlingsversuches in Wien. Die Ursache hierfür ist indem Umstande gegeben, daß diese Versuchsreihen nicht während eines Stoffwechsel- versuches ausgeführt wurden. Durig genoß etwa zwei Stunden vor dem Versuche eine Tasse Tee mit Zucker ohne weitere Beikost. Die Zuckerverbrennung hatte sich jedenfalls in dem erhöhten Quotienten geltend gemacht. Es erscheint daher der Schluß, daß der respiratorische Quotient während des Aufent- haltes in Höhen bis zu 4560 m bei Körperruhe der Versuchsperson keine Veränderung erfährt, voll- kommen gerechtfertigt. Wir können ferner nunmehraufGrund eines ziemlich umfangreichen Materials fast mit völliger Sicherheit die Behauptung aufstellen, daß unter normalen Verhältnissen, wenn es sich also um morgens bei nüchternem Zustand der Versuchsperson ausgeführte Beobachtungen handelt, weder im Hochgebirge noch in der Ebene niederere respiratorische Quotienten als 0'707, also jenem Werte, der der Verbrennung von Fett allein entspricht, nicht beobachtet werden und wir möchten uns der Auffassung von Magnus Levy anschließen, daß dann, wenn respiratorische Quotienten unter 0'7 beob- achtet werden, dies entweder auf Versuchsfehlern oder auf dem Vorwalten abnormaler Vorgänge beruht. Wir möchten glauben, daß bisher in keiner Beobachtung der Beweis erbracht wurde, daß so niedere Quotienten tatsächlich in einwandfreien Ruherespirationsversuchen vorkommen; wohl finden sich solche Werte in Beobachtungen, bei denen Hunger, vorausgegangene Arbeit, Modifikation der Atmung oder krankhafte Vorgänge mit im Spiele gewesen waren. Besonders leicht kann man in Respirationsversuchen an Hunden respiratorische Quotienten, die bei 0:66 und noch tiefer liegen, beobachten und es zeigt sich, daß gerade manche Hunde sehr zu Unregelmäßigkeiten in der Atmung neigen, die solche Werte provozieren. Ich konnte mich von der Richtigkeit dieser Tatsache in meinen Versuchen »über Aufnahme und Verbrauch von Sauerstoff ete.«! überzeugen. Die Hunde neigen sehr zu sogenannter hachelnder Atmung (es wies darauf schon A. Loewy hin) und ventilieren dadurch eine ganz beträchtliche Menge von Kohlensäure aus ihrem Körper ab. Beginnt man nun den Respirationsversuch, bald nachdem die Atmung wieder regel- mäßig geworden ist, so entnimmt man nur zu leicht die Gasproben zu einer Zeit, zu der das Tier wieder Kohlensäure, die es gleichzeitig gebildet hat, retiniert und die Folge ist natürlich ein zu niederer respira- torischer Quotient. Dies ist auch der Grund, warum wir selbst in Versuchen am Menschen viel mehr Zeit auf die Vorperiode, vor Entnahme des Versuchsgases zu verwenden pflegten als auf die eigentliche Beobachtung selbst. Für die Einwirkung vorangegangener, modifizierter Atmung liefern die Ruheversuche von Porges und Pribram? an Hunden typische Beispiele. Betrachten wir die Mittelwerte der respiratorischen Quotienten in den Versuchen von Benedict über den Hungerstoffwechsel,? so begegnen wir in den Versuchsmitteln nie respiratorischen Quotienten unter 1 Arch. f. (Anatomie und) Physiologie, 1903, Suppl. 2 Biochem. Zeitschr., III, p. 453. 3 Carnegie Institution of Washington 1907, 190 A. Durig, 0'7, wohl aber finden sich unter den einzelnen Zwischenabschnitten der Versuche abnorm niedere Quotienten, die sogar bis auf 049 absinken. Es darf uns dies nach dem Gesagten gewiß nicht wunder- nehmen und wir werden bei dem Arbeiten mit dem Respirationskalorimeter derartige Resultate nicht nur als erklärlich, sondern sogar als selbstverständlich finden. Es können aber abnorm niedere Quotienten tatsächlich in Ruherespirationsversuchen am Menschen unter ganz normalen Bedingungen im Hochgebirge auftreten, wenn vorher Muskelarbeit ausgeführt wurde. Wir beobachteten solche Werte unter 0:7 im Jahre 1903 an Zuntz wie an Durig. Im Jahre 1906 trat jedoch bei keinem von uns jemals eine so niedere Größe für den respiratorischen Quotienten auf, wie dies Tabelle XVIII beweist. Allerdings liegen in den Versuchen über die Nachwirkung von Arbeit die respiratorischen Quotienten niedriger als in den Ruheversuchen, dies ist jedoch nicht überraschend, da wir wissen, daß während der Arbeit der Kohlenhydratvorrat des Körpers schneller verbraucht wird und dadurch der respiratorische Quotient sich immer mehr jenem der Fettverbrennung nähern muß. Wenn in diesen Beobachtungen der Quotient aber nicht noch tiefere Werte erreicht hat, so ist die Ursache dafür nicht darin gelegen, daß unser Verhalten ein anderes war als bei unseren Versuchen im Jahre 1903, sondern es ist zu berücksichtigen, daß wir unsere Versuchsmärsche erst nach Einnahme des aus Tee, Zucker und Biskuits bestehenden Frühstückes begannen. Rainer und Kolmer, die ja einen unge- fähr 5- bis 7stündigen Weg zurückzulegen hatten, genossen auch während des Marsches noch gezuckerten Tee. Es stand dem Körper also mehr Kohlenhydrat zur Verfügung als bei unseren seinerzeitigen Ver- suchen, die entweder Nüchternversuche waren oder nach Zufuhr kohlenhydratarmer Nahrungsmittel ausgeführt wurden. Bei normalen Ruheversuchen im Bette fand sich im Jahre 1903, sehen wir vom Versuch am 22. August ab, in allen 29 Beobachtungen nicht eine Beobachtung, bei der ein abnormer respiratorischer Quotient beobachtet worden wäre, dagegen finden sich zahlreiche (11) abnorm niedere Werte für den Quotienten in jenen Versuchen, bei denen Muskelarbeit vorangegangen war. Dieses Verhalten beweist aber gewiß nicht, daß auf dem Monte Rosa nach vorangegangener Arbeit etwa andere Verhältnisse vorliegen als in viel tieferen Lagen. In dem Versuche auf dem Bilkengrat beobachtete Durig ebenfalls nach kurzer Rast auf dem Gipfel beim Antritt der Märsche nach abwärts abnorm niedere respiratorische Quotienten, die die übliche Berech- nungder Versuchsresultate nicht mehr zuließen. Esmußten daher die betreffenden Versuchsreihen ausgeschal- tet werden. Um die Resultate der Abwärtsmärsche berechnen zu können, wurde deshalb bei den folgenden Versuchen auf dem Gipfel Zuckerwasser genossen und nunmehr erreichten auch die Quotienten keine abnorm niedere Größe. Ganz analog ist das Verhalten auf dem Monte Rosa. Bei lange andauernder Nüchternheit und Muskelarbeit! sinkt der Quotient in nachfolgender Körperruhe unter die Norm, wird Kohlenhydrat gegeben, so fällt er, wie in den Beobachtungen des Jahres 1906, niemals zu so niederen Werten ab. Dieses Verhalten ist wohl bezeichnend für den Vorgang, um den es sich hierbei handelt. Wir werden nicht fehlgehen, wenn wir annehmen, daß dann, wenn das für die Arbeit verfügbare Glykogen der Hauptsache nach verbraucht ist, der respiratorische Quotient auf jene Höhe absinkt, die er bei Ver- brennung von Fett allein aufweist. Legt sich nun die Versuchsperson zu Bett, so wird Ersatz für das verbrauchte Glykogen geschafft und dadurch muß der respiratorische Quotient sinken. Ist der Ver- brauch der Kohlenhydrate kein so weit gehender gewesen oder wurde rechtzeitig für einen Ersatz der Kohlenhydrate gesorgt, so fehlt auch die Abnahme des Quotienten unter die Norm. Ganz charakteristisch für die Annahme, daß es die Glykogenbildung sein dürfte, die zu der Erscheinung Anlaß gibt, ist ein Versuch an Zuntz im Jahre 1903. Zuntz hatte sich an den Marschversuchen beteiligt, die zuerst an Durig, dann an ihm ausgeführt wurden und die uns zwangen, lange Zeit in nüchternem Zustande bei allerdings geringer, körperlicher Arbeit auf dem Gletscher zu verweilen. Die respiratori- schen Quotienten sanken während der Marschversuche bei ihm auf 0'742 ab, als er sich aber nun an Ort 1 In den Versuchen auf dem Dache der Hütte bei Zuntz infolge des Aufstellens und Arbeitens an den Apparaten. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 191 und Stelle niederlegte und ausruhte, und wir seinen Gaswechsel untersuchten, fand sich ein respi- ratorischer Quotient von 0°667, dabei zeigte die Atemgröße den gar nicht abnormen Wert von 8.! Hier kann es sich nicht um den bloßen Ersatz abventilierter Kohlensäure handeln, wie etwa in den ersten Augenblicken nach Abschluß anstrengender Arbeit in den Versuchen von Porges und Pribram, denn die alveolare Kohlensäuretension war nicht sehr wesentlich erniedrigt und die Arbeit durchaus keine anstrengende. Es ist wohl sicher anzunehmen, daß bei einem neuerlichen Marschversuche das gebildete Glykogen wieder zur Verbrennung gekommen wäre und der respiratorische Quotient wieder einen höheren, normalen Wert gezeigt hätte. Mit dem Prozesse der Glykogenbildung ist jedenfalls der Ablauf von Vorgängen, die sich nach Auf- hören der Muskelarbeit abspielen, noch nicht hinreichend erklärt. Wenn wir geraume Zeit nach Been- digung der Arbeit den Stoffumsatz untersuchen, erweist sich dieser noch als gesteigert, ohne daß es sich hierbei um erschöpfende Arbeit gehandelt hat. Es geben hierüber unsere Beobachtungen, deren Ergebnisse den Tabellen über den Erhaltungsumsatz beigedruckt sind, einige Auskunft. Zur besseren Übersicht möge eine Zusammenfassung der wichtigsten Daten an dieser Stelle folgen. Tabelle XIX. Nachwirkung von Märschen auf den Erhaltungsumsatz. Durig Kolmer Rainer Reichel pro Minute pro Minute pro Minute pro Minute geatmetes | Kalorien pro | geatmetes | Kalorien pro | geatmetes | Kalorien pro | Seatmetes | Kalorien pro Volumen Volumen 2 Volumen 5 Volumen % F m? und m? und m? und m? und unreduziert F unreduziert unreduziert unreduziert £ Minute Minute Minute Minute U 2 2 2 Vor der Arbeit 1 10:02 0°674 10:28 0°617 10:09 0686 11:55 0661 Nach der ; 10-43 0°717 11:44 0703 10:38 0714 1223 0731 Arbeit | 1 Zum Vergleich ist die erste Serie der Ruheversuche angeführt, da sich die Versuche über die Nachwirkung von Märschen an diese Beobachtungen, nicht an jene der zweiten Serie der Ruheversuche auf dem Gipfel anschlossen. Die Respirationsversuche begannen stets mehr als eine Viertelstunde nach Abschluß der Arbeit; außerdem ist zu berücksichtigen, daß ein weitgehender Mangel an Kohlehydrat gleichzeitig nicht bestanden haben dürfte, da vor den Märschen und zum Teil auch noch während dieser Kohlehydrat (gezuckerter Tee) zugeführt worden war. Die Versuche zeigen, daß bei uns allen im Gefolge vorangegangener Märsche eine Umsatz- steigerung bestand. Diese war bei Rainer und Kolmer am höchsten, geringer bei Durig und Reichel, was wohl mit der Größe der vorangegangenen Marscharbeit zusammenhängt, da ja Kolmer und Rainer bis zur Gnifetti-Hütte, Durig und Reichel nur bis zum Lysjoch abgestiegen waren. Diese Tatsache besagt, daß auch nach Sistierung jeder willkürlichen Muskelarbeit noch mehr Stoffe zur Verbrennung gelangten, als für die Bestreitung des Erhaltungsumsatzes nötig waren. Dies könnte nun seine Ursache 1 Siehe Arch. für (Anat. und) Physiologie 1904, Suppl., p. 449, Versuch 21, p. 434, Versuch 22. 192 A. Durig, darin haben, daß gesteigerte Herzarbeit, Atemarbeit oder erhöhte Körpertemperatur auch nach Beendigung der Arbeit noch als auslösendes Moment gewirkt haben. Wir wissen aber speziell von dem Verhalten Durig’s, Rainer’s und Reichel’s, daß deren Pulsfrequenz fast plötzlich nach Beendigung eines solchen Marsches zur Norm zurückkehrt und daß auch eine Körpertemperatursteigerung! bei ihnen sicher nicht der Anlaß zur Umsatzsteigerung gewesen sein kann. Bei Kolmer mag immerhin ein Teil der Erhöhung der Verbrennungsvorgänge auf solche Wirkungen zurückgeführt werden. Ganz überraschend ist aber die Tatsache, daß mit der Umsatzsteigerung nicht auch zugleich die Atemfrequenz entsprechend vermehrt und das geatmete Volum gesteigert wurde, denn letzteres hat nur bei Kolmer eine deutliche Erhöhung erfahren. Sollte dieses Verhalten sich in der Tat als ein allgemein gültiges erweisen und auch bei anderen Personen auf dem Monte Rosa zu beobachten sein, so würden wir daraus wohl interessante Gesichtspunkte über die Stoffe, die auf das Atemzentrum reizend wirken, gewinnen und auch einen Einblick in die Frage nach der Bedeutung der Säuerung des Blutes im Hochgebirge tun können. Es scheint daher sehr erwünscht, daß eine weitere Bestätigung für diese Erscheinung gefunden werde. Wir müssen bedenken, daß durch die Beobachtungen von Geppert und Zuntz nachgewiesen wurde, daß bei der Muskelarbeit Stoffe gebildet werden, die dann, wenn sie in das zentrale Nervensystem gelangen, eine Verstärkung der Atmung herbeiführen. Diese Stoffe müssen auch bei der Steigerung der Ventilation während der Arbeit eine Hauptrolle spielen. Wir sehen also beim arbeitenden Tiere beide Momente verbunden, Umsatzsteigerung und zweckmäßige Erhöhung der Ventilation, behufs Steigerung der Sauerstoffzufuhr und Entfernung der Kohlensäure. Bei der Nachwirkung der Arbeit fanden wir in unseren Versuchen diesen Vorgang gespalten, es blieb die Umsatzsteigerung, aber die Erhöhung der Ventilation verschwand ganz oder nahezu ganz. Anderseits beobachten wir in mäßigen Höhen die Steigerung der Ventilation für sich gesondert und losgelöst von einer entsprechenden Umsatzsteigerung. In der Höhe des Monte Rosa begegnen wir bei den Normalversuchen in Körperruhe wieder beiden Vor- gängen nebeneinander, beide halten unverändert während des ganzen Aufenthaltes an, denn es bleibt die Erhöhung der Verbrennungsvorgänge zugleich mit der Vermehrung des geförderten Atemvolums bestehen und zur selben Zeit sind beide wieder verschwunden, wenn man ins Tal absteigt. Bei der Diskussion dieser Verhältnisse sind mehrere Momente in Betracht zu ziehen, insbesondere muß man dabei bedenken, daß die Umsatzsteigerung fortbestehen kann zu einer Zeit, zu der die respira- torischen Quotienten, die im ersten Beginne nach länger dauernder Arbeit unter den Wert, welcher der Fettverbrennung entspricht, abgesunken sind, bereits wieder Größen erreicht haben, die wesentlich über 0:7 liegen. Für jene Zeit nach einer Arbeit, während welcher das Auftreten der niederen respiratorischen Quotienten zugleich mit der Umsatzsteigerung beobachtet wird, gibt die bereits oben angeführte Annahme einer Glykogenbildung eine plausible Erklärung. Die Tatsache, daß wir einer derartigen Nachwirkung vorangegangener Muskeltätigkeit gerade im Hochgebirge begegnen, ebenso wie wir sie bei sehr forcierter Muskelarbeit auch in der Ebene finden, deutet darauf hin, daß der Eintritt unzureichender Sauerstoffversorgung des tätigen Muskels hierbei eine entscheidende Rolle spielt. In diesem Sinne sind die Versuche von Hetcher und Hopkins ? besonders lehrreich. Sie beweisen, daß der anaerobiotisch arbeitende Muskel seine Energie hauptsächlich durch Milchsäurebildung aus Glykogen erzeugt. Nach Abschluß einer bei Sauerstoffmangel oder unzulänglicher Sauerstoffzufuhr ausgeführten Arbeit muß einerseits Milchsäure zur Oxydation gelangen — was allerdings, 1 Die Frage, ob infolge der erhöhten Körpertemperatur bei den Märschen im Hochgebirge eine gesteigerte Elimination von Kohlensäure stattfindet, kann für die Erklärung des Verhaltens des respiratorischen Quotienten im allgemeinen nach Märschen außer acht gelassen werden. Bei mäßiger Arbeit und einer Lufttemperatur, die während unserer Versuche nie 0°C überstieg, ist eine Erhöhung der Körpertemperatur ganz ausgeschlossen. 2 Hetcher und Hopkins. Hopkins. Journ. of physiology, Bd. 35, p. 247. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 193 wie die Versuche von Zuntz und v. Mering'! gezeigt haben, ohne erhebliche Veränderung des gesamten Sauerstoffverbrauches erfolgt — andrerseits besteht ein dringendes Bedürfnis des Körpers, neue Glykogen- vorräte zu beschaffen.” Geschieht dies bei herrschendem Mangel an Kohlehydratvorrat aus Fett oder Eiweiß, so kann dies nur unter erheblichem Extraverbrauch von Sauerstoff geschehen. Für die Bildung von Kohlehydrat aus Fett hat Chauveau bereits rechnerisch nachgewiesen, daß bei vollständiger Überführung des Kohlenstoffes in das neu entstandene Kohlehydrat etwa 30°/, der Energie unter Anlagerung reichlichen Sauerstoffes an das neue Molekül verloren gehen. Bei der Bildung von Kohlehydrat aus Eiweiß liegen die Verhältnisse offenbar analog, da es sich hierbei nur um einen Aufbau aus durch Desamidierung entstandenen Fettsäuren handeln kann, wobei an jedes Kohlenstoffatom im Inneren der Kette ein Sauerstoffatom anzulagern ist. Auf jeden Fall muß dabei der Sauerstoffverbrauch steigen und der respiratorische Quotient sinken, also anhaltende Umsatzsteigerung neben Erniedrigung der respiratorischen Quotienten auftreten. Diese Erklärung langt aber nicht vollkommen aus für die Feststellung der Ursache des Wechsels der respiratorischen Quotienten und für das Verhalten der Ventilation. Was das anfängliche Auftreten von respiratorischen Quotienten unter 0:7 betrifft, so kann hierfür wohl eine besonders energische Glykogenbildung verantwortlich gemacht werden. Auch an eine Bildung und nachherige Verbrennung von Aceton oder Alkohol ist möglicherweise zu denken, ohne daß wir aber einer solchen Annahme bedürfen. Sehr naheliegend ist es auch, die Wirkung saurer, bei der Muskelarbeit gebildeter Stoffe, die sich beson- ders reichlich bei bestehendem Sauerstoffmangel bilden müssen, in Betracht zu ziehen. Es ist wiederholt betont worden, daß die bei der Arbeit eintretende Säurebildung eine Ver- ringerung der Blutalkalinität herbeiführt und dadurch eine Austreibung von Kohlensäure aus dem Blut veranlaßt. Loewy° wies speziell auf die Bedeutung dieses Umstandes bei der Arbeit unter verdünntem Luftdruck hin. Wir benötigen zwar nach dem Angeführten durchaus keine weitere hypothetische Erklärung für das Auftreten abnorm niederer respiratorischer Quotienten nach Arbeitsleistungen im Hochgebirge bei einer nüchternen Versuchsperson, da wir genau dasselbe auch in geringen Höhen und selbst in der Ebene beobachteten, immerhin wird man aber die Möglichkeit einer solchen Entbindung von Kohlensäure bei der Arbeit besonders im Hochgebirge nicht außer acht lassen dürfen. Es ist anzunehmen, daß dann, wenn infolge einer derartigen Wirkung Kohlensäure entbunden worden wäre, für diese nach Beendigung der Arbeit Ersatz geschaffen werden müßte. Zudem kommt eine Verminderung der Alkalinität des Blutes im Hochgebirge, die schon in Körper- ruhe unter dem Einfluß des Sauerstoffmangels eintritt. Diese ist schon durch viele Analysen wahrschein- lich gemacht; hiefür sprechen zum Beispiel die Beobachtungen von Hammarsten über die Kohlenoxyd- vergiftung wie die Versuche von Herter, Loewy und Geppert.* Stets werden wir auf die Bedeutung der Milchsäure bei allen Vergiftungen und Einwirkungen, die zu Sauerstoffmangel im Körper Anlaß geben, geführt. Einen Nachweis für die Verminde- rung der Blutalkalinität in großer Höhe erbrachte aber nur Galeotti;’im pneumatischen Kabinett war die Abnahme der Alkalinität bei ähnlichen Drucken aber wesentlich geringer (Aggazzotti),° was wahrscheinlich an der raschen Druckverminderung und der kurzen Versuchsdauer gelegen ist. Auch über das Verhalten der Blutgase sind derzeit unsere Kentnisse noch recht gering. Mosso’s und Marro’s’ Versuche liefern nur zweifelhafte Resultate (es erübrigen von ihren Untersuchungen nur zwei Beobachtungen an einem Hund, und auch dabei ist der Einfluß der vom Ofen gebildeten Kohlensäure auf die zur Analyse verwen- Zuntz und v. Mering. Pflügers Arch., Bd. 32, p. 173. Siehe die Versuche von Landergren. Skand. Arch., Bd. 14, p. 112. Siehe oben, p. 71 [185]. Siehe übrigens schon Zuntz Hermann’s Handbuch, IV/2, p. 64. Atti della R. Akad. dei Lincei, 12, 646. Ibid. XV, p. 474. Ibid. 12, p. 466. so nn» ww 8 H 194 A. Durig, dete Lauge nicht auszuschließen). Es ist daher allerdings nicht erwiesen, daß die Kohlensäurespannung im Blute auf dem Monte Rosa eine wesentliche Abnahme gezeigt habe und wir sind daher beim Versuch der Erklärung der oben genannten Tatsache auf recht wenige und unsichere Grundlagen angewiesen. Denken wir daran, daß die Einschwemmung von sauren Produkten aus dem Muskelstoffwechsel speziell von Milchsäure während der Muskelarbeit zu einem Austreiben von Kohlensäure Anlaß gegeben hätte, so müßte nach Abschluß der Arbeit die Milchsäure zur Verbrennung gelangen, hiedurch würden aber die respiratorischen Quotienten gesteigert erscheinen. Wir müssen aber annehmen, daß gleich- zeitig mit der Oxydation von Milchsäure das Alkali, das diese an sich gekettet hatte, sich mit Kohlen- säure, und zwar in Form von Bicarbonat verbindet; es wird daher durch Retention von Kohlensäure ein Absinken des respiratorischen Quotienten unter die Norm eintreten. Hier sei auch auf die interessanten Arbeiten von Jaquet verwiesen, die sich mit dem Einfluß der Säuerung des Blutes auf die Kohlensäurespannung! befassen. Jaquet verwendete die Zuntz’sche Titrier- methode, um den Einfluß der Alkaleszenzverminderung des Blutes auf das Verhalten der Blutgase zu studieren. Auch er steht auf dem Standpunkte, daß der Bildung saurer Produkte bei der Muskelarbeit eine große Bedeutung zukommt. Durch deren Bindung an das Alkali des Blutes wird Kohlensäure frei gemacht und diese würde jedenfalls vorübergehend eine Steigerung der Ventilation und eine Vermehrung der Kohlensäureausscheidung auslösen. | Jaquet nimmt nun an, daß die gebildete Säure die Albuminalkalien an sich kettet, daß aber auch Alkali aus den Geweben nachströmt, so daß eine wesentliche Veränderung im Alkalinitätsgrad des Blutes nicht auftritt. Hiebei braucht die Kohlensäuretension sich nicht wesentlich zu ändern. Die Wirkung auf das Atemzentrum würde dann nach Jaquet bei der Säurevergiftung darin zu suchen sein, daß mehr Eiweißkörper von saurem Charakter im Blute kreisen, so daß indirekt durch die dem Blute zuge- führten, aus dem Muskelstoffwechsel stammenden Substanzen von saurem Charakter eine Einwirkung auf die Frequenz und Tiefe der Atmung herbeigeführt würde. Es würde sich durch einen solchen Vor- gang übrigens sehr wohl erklären lassen, daß auf dem Monte Rosa unter der Wirkung derartiger Stoffe (infolge von Sauerstoffarmut) eine Überventilation eingeleitet wird, die zu einer Verminderung des Kohlen- säurebestandes in den Geweben führt, da diese auch eintritt, wenn hiebei die anregende Wirkung der Kohlensäure auf die Atmung durch Sinken der Kohlensäurespannung vermindert wird. Der im Gefolge der Überventilation niedrig gehaltene Kohlensäurebestand des Körpers muß nach dem Aufhören der Ursache für die Steigerung des Gaswechsels ergänzt werden. Auf diese Weise kann abermals nach Abschluß der Arbeit ein Defizit an Kohlensäure in der Exspirationsluft gesetzt werden, das zu einem Sinken der respiratorischen Quotienten Anlaß gibt. Dieser Einfluß wird ver- schwinden, sobald sich in Körperruhe der ursprüngliche Gleichgewichtszustand wieder hergestellt hat. Daß hierzu keine lange Zeit erforderlich ist, erweisen jene Versuche von Porges und Pribram, die an Hunden angestellt wurden, welche nicht an Kohlehydrat Mangel litten. So zeigt einer der Versuchshunde dieser Autoren, der kurz vor Beginn des Versuches gefüttert worden war, 9 Minuten nach Schluß der Laufarbeit, wie 2 Stunden 43 Minuten später, dieselbe Kohlensäureproduktion wie im Ruheversuche vor der Arbeit. Wenn demnach nach Abschluß einer Arbeit besonders im Hochgebirge Gründe genug vorhanden sind, die zu einer Steigerung der Ventilation und zu einem Absinken der respiratorischen Quotienten neben dem Auftreten einer Umsatzsteigerung Anlaß geben, so läßt sich das folgende Ansteigen der Quotienten und das Verschwinden der Überventilation in der folgenden Körperruhe — letzteres durch den Wegfall der Reize, die diese auslösten — erklären. Zugleich mit der Verringerung des Sauerstoffbedarfes nach Beendigung der Muskelarbeit wird sicherlich die Fortschaffung der aufgehäuften, unvollkommen oxydierten, dem Muskelstoffwechsel entstammenden Produkte eingeleitet. Ihre Verbrennung dürfte rasch 1 Arch. f. exp. Path., XXX, p. 311. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 195 erfolgen, da wir ja wissen, daß zum Beispiel eingeführtes milchsaures Natron sehr rasch abge- baut wird. \ Übrigens dürfte die Oxydation der gebildeten Milchsäure gar nicht als Bedingung für die Rückkehr der Atmung zur Norm aufgefaßt werden können, da durch die Umsetzung der Lactate in Carbonate im selben Ausmaß dem Blute Milchsäure als Reizmittel für das Atemzentrum entzogen werden dürfte, als wieder Kohlensäure als Reizmittel in dieses eintritt. Es ist also aus diesen Gründen hierbei keine Änderung der Ventilationsgröße zu erwarten. Man kannsich demnach wohl erklären, daß in einem Zeitpunkte, in dem noch reichlich Milchsäure verbrannt wird, unter Fortbestehen von Glykogenbildung eine Umsatzsteigerung besteht, ohne daß die Ventilationsgröße erhöht ist oder exzessiv niedere respiratorische Quotienten auftreten. Auf Schwierigkeiten stößt die Erklärung aber desungeachtet, wenn wir die Umsatzsteigerung neben respiratorischen Quotienten von 0:76 bis 0:80 fortdauern sehen. Hier langen wir mit der Erklärung der Steigerung der Verbrennungsvorgänge durch die Annahme einer Glykogenbildung wohl kaum mehr aus. Die Antwort auf die Frage aber, welche Substanzen diesen umsatzsteigernden Einfluß ausüben, müssen wir derzeit noch unerledigt lassen. Natürlich ist auch hier ein Vergleich mit jenen Stoffen, die als Ursache der im Fieber eintretenden Wärmesperrung wirken, naheliegend und der Gedanke an das Ermüdungstoxin Weichardt’s recht nahegerückt, unsere Kenntnisse sind aber noch nicht derart, daß wir hierdurch Erklärungen für das Verhalten schaffen könnten, vermögen wir doch nicht einmal aus- schließen, daß es sich während der Nachwirkung der Arbeit nicht einfach um eine Elimination während der Muskelarbeit gebildeter, für den Körper nicht mehr nutzbarer Abbauprodukte durch Verbrennung handelt, etwa wie man sich irrtümlicherweise eine zwecklose Verbrennung des Alkohols im Körper vorgestellt hat. Hier ergibt sich wohl wieder ein ziemlich reiches Feld für weitere Tätigkeit. Es wird nicht nur die Trennung der Steigerung des Atemvolums und der Umsatzsteigerung neuerlich zu bestätigen sein, sondern auch der Verlauf der Umsatzsteigerung erst genauerer Analyse unterzogen werden müssen. Im Hinblick auf die Frage nach der Wirkung von Sauerstoffmangel im Hochgebirge ist nachzuweisen, ob und um wie viel länger diese nach einer ganz bestimmten Arbeit im Hochgebirge gegenüber der Ebene andauert. Das Verhalten des Atemvolums wird hierbei besonders zu berücksichtigen sein. Wie wir erwähnten, sind unsere Kenntnisse über die Blutgase im Hochgebirge noch recht mangel- hafte, ja diese reichen kaum weiter, als daß sie den Anstoß geben würden, diese Frage erst in Angriff zu nehmen und auch die Ergebnisse über die Verminderung der Blutakalinität stützen sich bisher einzig auf die von Galeotti an sich selbst und an Kaninchen ausgeführten Beobachtungen. Es wird wohl sehr zweckmäßig sein, derartige Bestimmungen bei Körperruhe der Versuchsperson auszuführen, von großem Interesse wäre es dann gewiß, wenn auch die Frage über die Veränderungen im Blute bei der Arbeit mit in den Kreis der Beobachtungen einbezogen würde. Es wäre noch die Frage zu erörtern, ob die tägliche, ziemlich bedeutende Muskelarbeit während der Periode der großen Märsche eine Nachwirkung ausgelöst hat, die sich in den Ruheversuchen der nächsten Versuchsperiode bemerkbar gemacht hat. Wir fanden folgende Werte für den Erhaltungsumsatz pro Minute in Kalorien: Durig Kolmer Rainer Reichel Vor den Märschen . . . . 0:674 0'617 0636 0661 Nach den Märschen . . . 0:701 0'614 0'634 0-618. Diese Zahlen zeigen, daß der Umsatz bei Kolmer, Rainer und Reichel vor und nach den Marschver- suchen derselbe war. Es sind daher jene Stoffe, die zur Steigerung der Atemgröße und der Erhöhung des Umsatzes unmittelbar nach der Arbeit Anlaß gaben, nicht mehr wirksam gewesen und auch jene Komponenten nicht mehr in Betracht gekommen, welche die Umsatzsteigerung in den Versuchen über die Nachwirkung der Arbeit herbeiführten. Wie wir aus den Versuchen von Zuntz und Schumburg entnehmen, kann Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 27 196 A. Durvig, man bei Personen, die wiederholt Muskelarbeit ausführen, eine Steigerung des Ruheumsatzes beobachten, die auf die Wirkung des Trainings zurückzuführen sein dürfte. Da Rainer und Kolmer vor dem Auf- stiege auf dem Gipfel programmgemäß Hochtouren ausgeführt hatten, hätten wir bei diesen aus dem genannten Grunde auf keine Umsatzsteigerung zu rechnen gehabt und im Falle eine solche auf dem Monte Rosa eingetreten wäre, diese auf das Vorhandensein von Stoffen zurückführen müssen, die aus der Periode der Muskelarbeit stammten. Wenn wir auch bei Reichel keine Erhöhung des Umsatzes nach den Märschen finden, so dürfte dies darauf zurückzuführen sein, daß er als Turner seine Muskulatur stets in einem gewissen Training erhielt, auch hatte er während des Winters und Frühlings vor dem Aufstieg zum Monte Rosa wiederholt Ausflüge und kleinere Touren ausgeführt. Ganz untrainiert war Durig. Während der Dauer von ?/, Jahren vor der Monte Rosa-Expedition hatte er keine andere Muskelarbeit als wie sie das tägliche Leben und der Weg zum Laboratorium erforderte, ausgeführt. Bei ihm handelte es sich auf dem Monte Rosa daher jedenfalls um ein Training seiner Muskulatur. Es ist also der Umstand, daß sein Erhaltungsumsatz nach Abschluß der Versuchsmärsche ein höberer war, möglicher Weise in diesem Sinne zu deuten. Die Erhöhung des Erhaltungsumsatzes im Gefolge des Trainings ist übrigens noch nicht sicher festgelegt. So fanden Porges und Pribram! bei ihren Studien im Anschlusse an die große Arbeit, welche die Tiere leisten mußten, keine Zunahme des Umsatzes. Auch aus den Versuchen von Zuntz und seinen Mitarbeitern läßt sich kein Einfluß der Märsche, die während der Rothornperiode ausgeführt wurden, auf die Größe des Erhaltungsumsatzes nachweisen. Die damals gefundenen Zahlen für den Sauerstoffver- brauch sind zu wenig eindeutig und besonders auffallend mag es erscheinen, daß sich bei jener Versuchs- person, dieam besten trainiert war, nach den Märschen am ehesten eine Umsatzsteigerung bemerkbar machte, während eine solche bei den sicher vorher ungeübten Teilnehmern an den Untersuchungen gewiß nicht bestand. Auch bei Durig kann der obgenannte höhere Wert, der am Schlusse des Monte Rosa-Aufent- haltes für den Erhaltungsumsatz gefunden wurde, in anderer Weise erklärt werden. Es ist ganz gut möglich, daß es sich bei dem Zustandekommen desselben um die Wirkung rein akzidenteller Momente gehandelt habe. An den Tagen, an denen wir diese Respirationsversuche aus- führten, begann nämlich in den Morgenstunden der Transport unseres Expeditionsgepäckes zu Tal und Durig war vor Beginn der Respirationsversuche stets sehr durch die Zusammenstellung und das Auswiegen der Trägerlasten in Anspruch genommen. Es könnten daher die abweichenden Resultate, welche bei den Versuchen, die während der Schluß- periode an ihm ausgeführt wurden, ganz gut auch durch die Nachwirkung der vorangegangenen Arbeit oder durch anhaltende, stärkere Muskelspannung herbeigeführt worden sein, ohne daß es nötig wäre, die Erklärung in der Wirkung des Trainings zu suchen. H. Traubenzuckerversuche. Bei seinen Versuchen über das Auftreten von Milchsäure im Harn und im Blute unter. dem Einfluß von Sauerstoffmangel und unter der Einwirkung verschiedener Gifte fand Araki,? daß dann, wenn es sich in seinen Experimenten um Beobachtungen handelte, die nicht an hungernden oder kranken Tieren aus- geführt wurden, stets Glykose im Harn auftrat, sobald gleichzeitig Sauerstoffmangel bestand. Die Tat- sache, daß bei der Kohlenoxydvergiftung und bei Dyspnoe eine Vermehrung des Blutzuckers zustande- kommt und auch Zucker im Harn erscheint, wurde übrigens schon von verschiedener Seite betont 1 Biochemische Zeitschrift, III, p. 453. 2. Zeitschr. f. physiolog. Chemie, Bd. 15, p. 335, 453, 516, 546, u. Bd. 19, p. 422. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 19 (Richardson, Senf, Senator, Dastre, Hesse und Friedberg, Seegen, Weintraud u..a.). Und auch Straub konnte übereinstimmend mit Araki feststellen, daß bei hungernden Tieren das Auftreten von Zucker vermißt wird.! In Versuchen am Menschen wiesen Münzer und Palma nach, daß bei Kohlen- oxydvergiftung besonders leicht Glykosurie zustande kommt. Der Zusammenhang zwischen Sauerstoffmangel und Zuckerausscheidung hat auch zur Theorie der unvollkommenen Zuckeroxydation von Paul Mayer geführt.” In einer ziemlichen Zahl von Fällen konnte das Auftreten vermehrter Mengen von Glykuronsäure im Harn nachgewiesen werden, in denen kein Grund für eine solche Zunahme in gleichzeitiger Vermehrung der zugehörigen Paarlinge zu konstatieren war. Stets hatte es sich bei diesen Personen um gleichzeitig vorhandene Störungen der Zirkulation oder der Respiration gehandelt. Auch bei Vergiftungen mit Curare, Kohlenoxyd, Chloralhydrat und Nitrobenzol waren Zunahmen der Glykuronsäure im Harn nachzuweisen, so daß in der Tat einige Beobachtungen zu Gunsten der Annahme sprechen, daß eine mangelhafte Oxydation in ursächlichem Zusammenhang mit dieser Erscheinung steht. Es wäre noch zu bemerken, daß eine Vermehrung der Glykuronsäure speziell dann beobachtet wurde, wenn gleichzeitig Traubenzuckermengen verabreicht wurden, die an der Grenze der Toleranz der Versuchsperson für Zucker lagen oder diese überschritten. Beide Momente, das Vorkommen von Glykosurie bei der Wirkung von Sauerstoffmangel und das Auftreten von Glykuronsäure im Harn bei vermehrter Zuckerzufuhr und verringerter Oxydation ließen es zweckmäßig erscheinen, einige vergleichende Beobachtungen über das Verhalten des Harnes auf dem Monte Rosa und in der Ebene nach Zufuhr größerer Zuckermengen auszuführen, die an der Grenze jener Quantitäten liegen, die von einem gesunden Menschen eben noch ertragen werden, ohne daß wesentliche Mengen von Zucker im Harn auftreten. Es ist hierbei jedoch zu bedenken, daß nach den Untersuchungen von Straub? reichliche Zufuhr von Zucker das Auftreten der Glykosurie bei der Kohlenoxydvergiftung behindert, wie ja Straub auch annimmt, daß der Zucker bei Sauerstoffmangel aus dem Zerfall von Eiweiß herrührt. Es war aber nicht der Hauptzweck unserer hier mitgeteilten Untersuchungen, den Nachweis für das Fehlen oder Vorhandensein von Zucker und Glykuronsäure im Harn zu erbringen, sondern es lag in unserer Absicht, in erster Linie bei den Beobachtungen durch den Verlauf der Veränderungen, die der Chemismus des Gaswechsels nach Zufuhr von Zucker zeigt, nachzuweisen, ob die Verbrennung des Zuckers in so großen Höhen wie auf dem Monte Rosa vielleicht langsamer geschieht, als in der Ebene. Vielleicht, so glaubten wir, ließe sich auch nachweisen, ob der Körper in so großen Höhen dazu neigt, größere Quantitäten von Zucker in Form von Glykogen aufzuspeichern. Es sollten daher 120 gr Trauben- zucker genommen werden, Mengen, die bekanntermaßen so bedeutend sind, daß sie schon eine alimen- täre Glykosurie auslösen können. Wir führten daher vor und nach der Einfuhr des Traubenzuckers Respirationsversuche in regelmäßigen Zwischenräumen aus. Über das Verhalten des Gaswechsels nach Zuckergenuß liegen bereits einige Beobachtungen am Menschen aus früheren Jahren vor. So untersuchte Speck an sich Sauerstoffverbrauch und Kohlensäure- produktion nach Genuß von einigen Stücken Zucker,* ferner stellte Magnus Levy den Verlauf der Ver- brennungsvorgänge nach Einfuhr verschiedener Mengen von Traubenzucker und Rohrzucker? an gesunden und kranken Personen‘ fest. Die Versuche Hanriot’s, bei denen offenkundige Unrichtigkeiten vorliegen, können wohl übergangen werden. Die Resultate, die Magnus Levy gewann, lauten dahin, daß nach Zuckerzufuhr eine Umsatzsteigerung eintritt, ferner wurden die respiratorischen Quotienten nach Genuß 1 Zeitschr. f. physiolog. Chemie, XV, p. 334, XIX, p. 422. 2 Zeitschr. f. klin. Medic., Bd. XLVII. 3 Arch. f. exp. Pathologie, XXXVIIL, p. 139. 4 Physiologie des menschlichen Atmens, Leipzig 1892. 5 Pflüger’s Arch. LV, p. 62. 6 Arch. f. (Anat. u.) Physiologie, 1904, p. 377. 198 A. Durig, des Zuckers höher und erreichten nach 1 bis 2 Stunden ihren größten Wert, dieser wurde einige Zeit beibe- halten, nach welcher der Quotient dann allmählich zur Norm absank. Die verzehrten Traubenzucker- mengen betrugen 60--85 8. In größerem Umfange und unter spezieller Berücksichtigung des Einflusses verschiedener Zuckerarten arbeiteten Johansson, Billström und Heijl! und Johansson;? auch von Koraen? liegen einige Versuche hierüber vor. In allen diesen Beobachtungen begegnen wir Umsatz- steigerungen nach der Einfuhr von Traubenzucker. Hinsichtlich der Toleranz gegen Traubenzucker- gaben, wissen wir aus älteren Versuchen, daß von Mengen angefangen, die etwa 70g betragen, bis zu Dosen von 250g die Grenze liegt, die bei der Zuckerzufuhr nicht überschritten werden kann, ohne daß bei normalen Menschen bereits Glykose im Harn auftritt, ähnliches fand auch Johansson. Bei seinen Ver- suchspersonen erschien bei Gaben, die zwischen 75 und 150g Traubenzucker lagen, alimentäre Glykosurie. Die Steigerung der Kohlensäureabgabe hielt in den Versuchen Johansson’s bis zu sechs Stunden, aber nie länger an. Nicht selten beobachtete er im Anschluß hieran ein Absinken der Kohlensäureproduktion unter die Norm. Durch gleichzeitige Kontrolle der Passage der eingeführten Zuckermenge durch den Darm mit Hilfe der Wismut-Röntgen-Methode konnte er nachweisen, daß die Dauer der Steigerung der Kohlensäure- ausscheidung der Passage des Zuckers durch den Darm, beziehungsweise der Resorption des Zuckers entspricht. Die Steigerung der Kohlensäureproduktion war bereits eine halbe Stunde nach der Einführung von Traubenzucker zu bemerken. Die Vermehrung der Kohlensäureausscheidung erreichte ihr Maximum erst in der zweiten Stunde. Johansson konnte ferner nachweisen, daß die Ausscheidung von Zucker durch den Harn nur während der Zeit der Resorption und der Umsatzsteigerung eintritt. Die Vermehrung der Kohlensäureproduktion erwies sich als abhängig von der Menge des zugeführten Zuckers, sie war nach der Annahme Johanssons jedenfalls bedeutender, als daß die Umsatzsteigerung, die hierdurch zum Ausdruck gelangte, auf die Verdauungsarbeit hätte bezogen werden können. In bezug auf die Frage nach der Bedeutung der höheren Werte für Sauerstoffverbrauch und Kohlensäureproduktion nach Zuckerzufuhr wurde übrigens durch die Beobachtungen von Zuntz, v. Mering und Wolfers* nachgewiesen, daß bei intravenöser Injektion von Zucker keine Erhöhung des Umsatzes eintritt, was wohl einen deutlichen Hinweis dafür abgibt, daß die Umsatzsteigerung im Wesen auf Drüsen- und sonstige Verdauungsarbeit zurückzuführen ist. Gerade bei Zuckerversuchen scheint übrigens für die Beurteilung der Verhältnisse die Ermittlung des Sauerstoffverbrauches außer derjenigen der Kohlensäureproduktion unerläßlich. Als einschlägige Beobachtungen wären auch jene vonReach zu erwähnen, bei welchen zur Kontrolle der Ergebnisse über die Resorption von Zuckerlösungen durch das Rectum auch Versuche zur Ausführung gelangten, in denen Gaben von Traubenzucker per Os eingeführt wurden. Auch Reach fand, daß die höchste Steigerung der respiratorischen Quotienten, entsprechend der größten Erhöhung der Kohlen- säureproduktion bei Johansson, etwa 1!/, Stunden nach der Zufuhr der Glykose eintrete. Seine Versuche beweisen ebenfalis den Eintritt einer Umsatzsteigerung nach Zuckerzufuhr. Unsere Versuche sind sämtliche an Durig ausgeführt. Auf dem Monte Rosa besorgte Dr. Reichel, in Wien Dr. Reach die Ablesungen an der Gasuhr, wofür den betreffenden Herren an dieser Stelle der beste Dank ausgesprochen sei. Die Analysen zu diesen Versuchen, wie ja überhaupt auch alle übrigen, führte Durig aus. Die beiden Anhangstabellen XII und XIII geben die gewonnenen Resultate wieder. Bei den Versuchen auf dem Monte Rosa wie in Wien wurden wie erwähnt 1208 Traubenzucker gelöst in zirka 350 cm? Wasser auf nüchternen Magen genommen. In Wien und auf dem Gipfel gelangte dasselbe Präparat zur Verwendung. Die Versuche wurden in horizontaler Lage im Bett, beziehungsweise im Liege- stuhl ausgeführt und hierbei vollständige Körperruhe eingehalten, sowie jede Muskelspannung möglichst 1 Skand. Arch., XVI, p. 263. 2 Skand. Arch., Bd. XXI, p. 1. 3 Skand. Arch., Bd. XI, p. 183. + Zuntz v. Mering und Wolfers, Pflüger’s Arch., Bd. 32. 5 Arch. f. exp. Patholog. XVII. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 199 vollkommen vermieden. Zwischen den Beobachtungen waren Muskelbewegungen schon durch die Not- wendigkeit von Harn- und Kotentleerung nicht zu umgehen. Zwanzig Minuten vor dem Zeitpunkte, zu dem der Versuch beginnen sollte, lag Durig meist wieder in vollkommener Muskelruhe und atmete durch die Gasuhr. Das Verhalten der Versuchsperson war auf dem Monte Rosa, wie in Wien ein möglichst gleich- artiges. Die analytische Bestimmung von Sauerstoffverbrauch und Kohlensäureproduktion ermöglicht es auch, in unseren Versuchen, wiejenen vonMagnus LevyundReach die Änderungen des respiratorischen Quotienten zu verfolgen. Nachstehende kleine Tabelle soll an der Hand der für den respiratorischen Quotienten ermittelten Zahlen die hauptsächlichsten Ergebnisse der Versuche veranschaulichen. -Tabelle XX. Respiratorische Quotienten nach Traubenzuckerzufuhr. Nach der Zufuhr von Traubenzucker verstrichen Normalversuch 1/, Stunde | 1 Stunde | 2 Stunden | 3 Stunden | 4 Stunden | 5 Stunden | 6 Stunden 092 0°861 0'856 | 0:979 0°972 0°978 0°762 0°809 — Wien ö F m 0°916 0°875 0851 0932 0°993 0949 0846 0.814 _ _ 0°776 0°991 1°000 0956 0'893 0°848 _ 0'818 Monte Rosa = _ 0824 0°915 0°991 0°957 0°902 0°809 — _ In Wien wie auf dem Monte Rosa wurden je zwei Versuchsreihen ausgeführt. Die beiden Wiener Versuche stimmen mit einander sehr gut überein (siehe auch die Anhangtabellen XII und XII). In beiden Fällen sieht man, daß nach dem ersten Normalversuch die respiratorischen Quotienten allmählich absinken. Es ist dies ein Verhalten, das man fast regelmäßig bei der Ausführung von Ruherespirations- versuchen beobachtet. Die Abnahme des respiratorischen Quotienten ist aber trotz der Zufuhr von Trauben- zucker in dem eine Viertelstunde später ausgeführten Versuche noch nicht beendet, es hat sich also zu dieser Zeit die Verbrennung der eingeführten Glykose noch nicht bemerkbar gemacht. Ganz anders ist jedoch der Wert, der für den Quotienten eine Stunde später beobachtet wurde. Fassen wir den ersten Versuch ins Auge, so erweist sich nunmehr der Quotient als ganz bedeutend erhöht, er rückt nahezu an ] heran, und auch in der zweiten und dritten Stunde ist eine Verminderung noch nicht ausgesprochen gewesen. Erst nach vier Stunden fiel er zu einem normalen (vielleicht etwas übermäßig erniedrigten) Werte ab. Wie die nach fünfstündiger Versuchszeit gewonnene Zahl zeigt, war die Verbrennung des Traubenzuckers zu dieser Zeitjedenfalls schon im wesentlichen beendet. Der zweite Wiener-Versuch unter- scheidet sich vom ersten nur dadurch, daß die Steigerung des respiratorischen Quotienten geringer blieb, im übrigen finden wir dieselben Verhältnisse: Kein Ansteigen des Quotienten in der ersten Viertelstunde nach der Zuckerzufuhr, Erhöhung nach Ablauf der ersten bis zum Ende der dritten Stunde, hernach wieder Absinken auf einen niederen Wert. Vergleicht man nun mit diesem Ergebnisse das Verhalten des Gaswechsels auf dem Monte Rosa nach Zufuhr derselben Zuckermenge, so ergeben sich eindeutige Unterschiede, diese sind aber ganz anderer Art, als wir im voraus erwarteten. Beide Versuche stimmen wieder, was den zeitlichen Verlauf 200 A. Durvig, der Änderung des Quotienten betrifft, in ganz befriedigender Weise überein. Auf dem Monte Rosa schnellte bereits in der ersten Viertelstunde der respiratorische Quotient mächtig in die Höhe und wieder hält er sich durch ungefähr drei Stunden auf großen Werten, um dann rasch abzusinken. Nach vier Stunden waren die Quotienten wieder auf einen solch niederen Wert gesunken, daß eine Verbrennung reichlicher Mengen von Zucker sicher nicht mehr stattgefunden hat. Ein nach sechs Stunden ausgeführter Versuch besagt nur, daß der respiratorische Quotient, so wie wir es gewöhnt sind, langsam in geringem Maße sich weiter vermindert hat. Die in der Anhangtabelle XIII angeführten Hockversuche reihen sich zwischen die Respirationsversuche der ersten Serie auf dem Monte Rosa ein. Die auf dem Monte Rosa angestellten Beobachtungen über den Gaswechsel nach Zufuhr von Trauben- zucker zeigen übereinstimmend mit jenen in Wien, daß der Anstieg der respiratorischen Quotienten am zweiten Versuchstage (beide Reihen fielen jedesmal auf anschließende Tage) langsamer erfolgte, als am ersten. Der Anstieg des Quotienten ist aber in den Monte Rosa-Versuchen zeitlich verschoben, ebenso wie man dies wohl auch für das Absinken der Quotienten annehmen kann, dagegen ist die Zeit, während der die Steigerung der Quotienten auf ihren höchsten Wert anhielt, in beiden Fällen dieselbe gewesen. Es ergibt sich demnach das merkwürdige Resultat, daß der Traubenzucker auf dem Monte Rosa etwa während derselben Zeit zur Verbrennung gelangt sein dürfte wie in der Ebene, daß aber die Verbrennung auf dem Gipfel rascher einsetzte. Dies ist wegen der Frage, ob auf dem Monte Rosa infolge des Sauerstoffmangels ein trägerer Ablauf der Verbrennungsvorgänge stattfindet, gewiß nicht uninteressant. Einen Beweis hierfür, daß die Verbrennung auf dem Gipfel mit derselben oder mit größerer Raschheit wie in der Ebene erfolgte, könnten wir aber nicht antreten, ein solcher wäre nur dann möglich, wenn die Respirationsversuche nach der Zuckerzufuhr ununterbrochen fortgesetzt worden wären und wir die Mengen Zucker berechnen könnten, die tatsächlich zur Oxydation gelangten. Aus den Zahlen ist nur zu entnehmen, daß die Verbrennung des Traubenzuckers auf dem Monte Rosa rascher eingesetzt hat, als in der Ebene, weshalb der Zucker bei gleich langer Zeit für die Verbrennung auch schneller aufgebraucht war, denn die respiratorischen Quotienten zeigten in Wien gleich lange Zeit nach der Einfuhr noch höhere Werte als auf dem Monte Rosa. Diese zeitliche Verschiebung der Verbrennungsvorgänge darf aber sicherlich nicht in dem Sinne gedeutet werden, als wäre auf dem Nonte Rosa die Oxydation des Traubenzuckers eine intensivere gewesen. Nach Johansson’s Untersuchungen müssen wir es als wahrscheinlicher annehmen, daß die Erscheinung auf eine raschere Resorption des Traubenzuckers zurückzuführen ist. Dafür würde der Umstand sprechen, daß wir auf dem Monte Rosa möglicherweise einen wasserärmeren Körper gehabt haben dürften alsin Wien, da wir von dem einzigen Getränk, das uns in der Hütte zur Verfügung stand, um den Durst zu löschen, dem Eiswasser, natürlich nur sehr beschränkten Gebrauch machten. Nach der Rückkehr ins Tal tranken wir dagegen mit wahrem Behagen und in viel reichlicherer Menge das wärmere und schmackhaftere Brunnenwasser. Die Zufuhr einer größeren Menge lauwarmer Flüssigkeit zugleich mit dem Zucker kann daher wohl auf dem Monte Rosa zur rascheren Resorption Anlaß gegeben haben als in der Ebene und damit würde das schnellere Eintreten der erhöhten respiratorischen Quotienten gut zu erklären sein. Es wäre aber auch möglich, noch an eine andere Erklärung zu denken. Wir lebten auf dem Monte Rosa bei einer sehr kohlehydratreichen Kost und besonders Durig, der nur zirka 9 g Stickstoff pro Tag einführen durfte, hatte täglich sehr viel Kohlehydrat zu verzehren, so z.B. am Tage, der den Zuckerversuchen voranging, 40 g Marmelade, 150 8 Zucker, 200 8 Biskuits, 40 g Trockenkartoffeln, oder am ersten »Traubenzuckerversuchstag« 40 8 Marmelade, 100 g Zucker, 120 g Traubenzucker, 200 g Biskuits, 60 g Reis, 60 g Makkaroni und 25 g Schokolade. Da es sich nun um Untersuchungstage handelte, an denen schwere körperliche Arbeit nicht geleistet wurde, dürfte in der Leber wohl ein reicher Glykogenvorrat vorhanden gewesen sein, um so mehr als das Körper- gewicht ziemlich konstant blieb, die Nahrung also eine zureichende war. Es kann daher ganz wohl der Fall sein, daß auf dem Monte Rosa größere Mengen von Glykose zur Verbrennung gelangen mußten als in der Ebene, wo vielleicht ein Teil derselben als Glykogen angelagert worden ist. Hierdurch würde es sich auch erklären, daß auf dem Monte Rosa die Quotienten ihre höchsten Werte längere Zeit Ergebnisse der Monte Rosa-Expediltion. 201 beibehalten haben als in der Ebene, was ja auf cine ausgiebigere Verbrennung von Traubenzucker hin- deutet.! Auf eine weitere Erklärungsmöglichkeit weist die Höhe der Umsatzsteigerung hin (siehe Anhangs- tabelle). SowohlMagnusLevy,wieKoraen und Johansson heben die Steigerung des Umsatzes infolge der Zufuhr von Kohlehydrat hervor. Bei Magnus Levy finden wir dies Verhalten auf Grund der Ver- mehrung des Sauerstoffverbrauches, bei Johansson aus den Werten für die Kohlensäureproduktion im Zusammenhalt mit der Menge des verbrannten Traubenzuckers abgeleitet. Auch in unseren Versuchen begegen wir der Erhöhung der Verbrennungsvorgänge, die wir am besten in dem Umsatz an Calorien pro Minute ausdrücken werden (Stab ©, Anhangtab. XII und XII). Wir sehen aber, daß die Umsatzsteigerung auf dem Monte Rosa geringer ausgefallen ist als in der Ebene. Vergieichen wir die Werte, so beträgt die Erhöhung im ersten Versuch in Wien 0'268 Calorien, im zweiten 0:306 Calorien, demgegenüber stehen die Versuche auf dem Monte Rosa mit einer maximalen Umsatzsteigerung von 0:206 und O0:115 Calorien pro Minute. Dieses Verhalten zeigt einen gewissen Zusammenhang mit der Zuckerauscheidung, wovon später die Rede sein wird, wir fanden nämlich in Wien neben der höheren Steigerung der Verbrennungsvorgänge infolge der Zuckereinfuhr auch eine deutliche Vermehrung des Zuckers im Harn. Die Erhöhungdes Umsatzeswarinallen unseren Versuchenbereits in der ersten Stunde nach der Zucker- zufuhr ausgesprochen, mit ihr war aber auch eine Vergrößerung der Ventilation eingetreten, und zwar um rund 1/. Setzen wir nun auch für das Liter Mehrventilation pro Minute den bereits erwähnten Wert von 24 Calorien ein, so erübrigt dennoch eine Steigerung der Verbrennungsvorgänge, die auf andere Ursachen zurückzuführen ist. Hier kommt natürlich in erster Linie die Arbeit der Verdauungsdrüsen und die Resorp- tionsarbeit in Betracht. Es scheint jedoch fraglich, ob sie in diesem Falle das allein ausschlaggebende Moment war. Wir können nämlich mit ziemlicher Berechtigung voraussetzen, daß die Drüsen- und Resorp- tionsarbeit für die Bewältigung der nämlichen Menge Traubenzucker in Wien und auf dem Monte Rosa dieselbe sein dürfte, damit steht aber der Unterschied in der Umsatzsteigerung auf dem Monte Rosa und in der Ebene in Widerspruch. Es ist deshalb wohl möglich anzunehmen, daß auf dem Monte Rosa, entsprechend dem wesentlich höheren Erhaltungsumsatz, den wir dort gegenüber der Ebene beobachteten (1324 gegen 1:022 Calorien pro Minute), der eingeführte Traubenzucker auch rascher und in größerem Umfang angegriffen wird, um zur Deckung der erforderlichen Verbrennungsprozesse beizutragen, und wahrscheinlich würde unter noch größerer Steigerung des Bedarfes, etwa bei Muskelarbeit dies noch deutlicher zum Ausdruck gekommen sein. Gelingtes nun dem Körper, durch raschere Resorption (Wasser- armut?) und größeren Bedarf an Brennmaterial die schneller eingeschwemmten Zuckermassen auch schneller zur Verbrennung zu bringen, somit den ganzen Vorgang der Zuckerverbrennung zeitlich, vielleicht auch quantitativ zu verschieben (längeres Einhalten höherer Quotienten), so würde dadurch eine spezifische Wirkung in die Blutbahn gelangter Zuckermengen herabgedrückt werden können. Ein solcher natürlich hypothetischer Vorgang könnte uns die Erscheinung der geringeren Umsatzsteigerung in der Höhe ganz gut erklären, wir müssen aber immerhin bedenken, daß die Zahl der Versuche eine recht kleine ist und daß diese Unterschiede im Verhalten in der Ebene und auf dem Gipfel auch auf rein zufällige Bedingungen zurückzuführen sein können; dies ist im Hinblick auf die Injektionsversuche von Zuntz, Mering und Wolfers auch das Wahrscheinlichste. Bei der Vereinfachung, die die Methoden für die Bestimmung des Zuckers in Blut und in Organen in neuester Zeit durch Bang erfahren hat, ist es übrigens ganz gut möglich, diese Frage auf experimentellem Wege zur Entscheidung zu bringen. Ebenso wie Koraen und Johansson nach Einführung von Zucker mitunter eine Abnahme der Kohlensäureausscheidung unter der Norm beobachten konnten, die sich nach dem Abschluß der Zucker- verbrennung geltend machte, sahen auch wir in dreien von unseren Versuchen eine solche Verminderung 1 Aneine Einwirkung der Erhöhung der Körpertemperatur auf den Abbau des Zuckers ist in unserem Versuch nicht zu denken, da die Morgentemperatur an beiden Tagen bei Durig eine vollkommen normale war. 202 A. Duvig, der Kohlensäureausscheidung. Es ist, wenn wir die Werte in den Anhangstabellen ins Auge fassen, diese Abnahme aber wohl kaum als ein Zeichen verminderter Kohlensäureproduktion aufzufassen, da wir sehen, daß die Verbrennungsvorgänge wieder auf die normale Höhe zurückgegangen sind. Die Werte für den Umsatz in Calorien pro Minute stimmen in allen diesen Versuchen mit jenen, die wir in den Vorversuchen ermittelten, gut überein. Da zugleich mit der Verminderung der Kohlensäureausscheidung, entgegen der vorhergegangenen, stark erhöhten Ventilation, die pro Minute geatmete Gasmenge wesentlich abgesunken ist, wird man annehmen müssen, daß die Erscheinung nur durch eine Retention von Kohlensäure, und zwar als natürliche Folge der früheren Überventilation aufzufassen ist. Als auffallend ist jedenfalls die prompt nach der Zuckerzufuhr auftretende Steigerung der Athemgröße, die sich zugleich mit der Erhöhung des Umsatzes einstellte, zu betrachten; es ist dabei bemerkenswert, daß zu dieser Zeitin den Wiener Versuchen noch keine Erhöhung des respiratorischen Quotienten eingetreten war. Die Steigerung der Kohlensäure- produktion hat anfangs sicher noch keine derartige Höhe erreicht, daß sie eine so bedeutende Vermehrung der Ventilation hätte herbeiführen können. Auch dies Verhalten spricht im Sinne der angedeuteten Möglichkeit einer spezifischen Wirkung größerer, in den Kreislauf eingeschwemmter Zuckermengen. Das Auftreten größerer CO,-Mengen, als sie sich auf Grund der Verdauungsarbeit erklären lassen, kann hiebei aber sehr wohl zu einem guten Teil auf eine Ausschwemmung aus dem Körper infolge der Überventilation zurückgeführt werden. Es scheint übrigens auch die Herztätigkeit bei dem Zucker- versuch mit beeinflußt zu werden. Wir stellten hierüber zwar keine Versuche an, doch möge auf die sub- jektive Empfindung von Herzklopfen, das sich bei Durig auf dem Monte Rosa während des Zuckerver- suches einstellte, und auf eine Veränderung im Puls, die ihm in Wien auffiel, hingewiesen werden. Es wurde erwähnt, daß wir an die Möglichkeit einer Zuckerausscheidung sowie an eventuelle Bildung von namhaften Mengen von Glykuronräure infolge Sauerstoffmangels auf dem Monte Rosa dachten. Auch darüber lauten die Resultate anders als wir erwarteten. In keinem der Harne, die Durig während der Traubenzuckerversuche auf dem Monte Rosa entleerte, fand sich eine nachweisbare, abnormale Menge von Traubenzucker.‘ Sowohl die Trommer’sche Probe als die Phenylhydrazinprobe mit folgendem Sedimentieren fielen in diesem Sinne negativ aus, selbstver- ständlich konnte auch im Polarisationsapparat kein Drehungsvermögen nachgewiesen werden. Die quali- tative Probe auf Glykuronsäure gab auch kein positives Resultat. Im Gegensatz hierzu wurde an Durig in beiden Wiener Versuchen Traubenzucker in deutlich nachweisbarer Menge mit dem Harn ausgeschieden, und zwar fanden wir diese in der zweiten und dritten Stunde nach der Zufuhr des Zuckers. Im Versuch vom 23. Jänner dauerte die Ausscheidung sogar noch bis in die vierte Stunde. Am 22. Jänner waren die Mengen so gering, daß sie mit Hilfe der Polarisation nicht mehr quantitativ nachgewiesen werden konnten, da die Ausschläge schon in die Fehlergrenzen fielen; am zweiten Tage fanden sich jedoch in den 500 cm? Harn zirka 0:5°/, Zucker. Für unsere Zwecke war ein qualitativer Nachweis ausreichend, weshalb wir auf eine genaue quantitative Bestimmung verzichteten. Wir können also auf Grund unserer Zuckerversuche aussagen: daß aus ihnen keinerlei Anhalts- punkte dafür hervorgehen, daß während des Aufenthaltes auf dem Monte Rosa unter dem Einfluß verminderten Luftdruckes irgendwelche Erscheinungen aufgetreten sind, die für eine langsamere oder eine unvollständigere Oxydation eingeführter Traubenzuckermengen sprechen würden. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 203 I. Ergebnisse. Als hauptsächlichste Ergebnisse sollen die folgenden angeführt werden: Das Zuntz’sche Verfahren liefert bei richtigem Arbeiten für den Sauerstoffverbrauch und die Kohlensäureproduktion des ruhenden Menschen absolute Werte. Die Ergebnisse, welche mit Hilfe des Respirationskalorimeters sowie des Tigerstedt- Sonden’schen Respirationsapparates bei den Untersuchungen über den Erhaltungsumsatz gefunden wurden, stimmen mit jenen überein, die das Zuntz’sche Verfahren liefert. Das Zuntz’sche Verfahren zur Untersuchung des Gaswechsels hat im Laufe der Jahre eine Vervollkommnung erfahren. Man kann die Forderung aufstellen, daß in Versuchen, die als gut bezeichnet werden sollen, die mittlere Abweichung vom Mittelwert nicht mehr als 3°), der Größe, die für den Sauerstoffverbrauch gefunden wurde, betrage. Der Erhaltungsumsatz wurde für alle Teilnehmer an der Expedition im Jahre 1906 mit 0:54 bis 0:57 Kalorien pro Minute und Quadratmeter bestimmt. Ein Einfluß der Jahreszeit und der Umgebungstemperatur auf den Erhaltungsumsatz war nicht nachzuweisen. Im Juni, Jänner und März wurden in Wien die nämlichen Werte für den Erhaltungsumsatz gefunden. Auch in einer Höhe von zirka 1000 m (Semmering) war kein Einfluß der Jahreszeit auf die Höhe der Verbrennungsvorgänge nachzuweisen. Die Regulation gegen den im Winter drohenden Wärmeverlust war bei den Versuchspersonen eine physikalische und nicht eine chemische, sie bestand ausschließlich in einer größeren Behinderung der Wärmeabgabe. In einer Höhe von 1000 m (Semmering) und einer solchen von 1326 7n (Sporner Alpe) trat bei drei Versuchspersonen anfänglich eine Steigerung des Erhaltungsumsatzes auf, diese wurde allmählich rückgebildet. In Höhen von 1000 bis 4000 »z tritt wahrscheinlich eine Umsatzsteigerung ein, doch dürfte diese nicht mehr als 5%, des Normalwertes betragen. Entscheidende Resultate liegen hierüber nicht vor. In 4560 m Höhe wurde in allen einwandfreien Versuchen über den Gaswechsel eine bedeutende Steigerung des Erhaltungsumsatzes nachgewiesen. Diese ist so groß, daß sie durch den . Mehraufwand von Atemarbeit nicht erklärt werden kann. Die Umsatzsteigerung ist in dieser Höhe sofort bei der Ankunft ausgebildet. Sie verschwindet ebenso plötzlich nach dem Verlassen der Höhenregion. Während des einmonatlichen Aufenthaltes auf dem Gipfel fand keine Anpassung statt, die eine Verminderung der Umsatzsteigerung herbeigeführt hätte. Diese blieb bei allen vier Versuchspersonen konstant. Dasselbe war auch bei Zuntz und Durigim Jahre 1903 während eines 18tägigen Gipfel- aufenthaltes der Fall gewesen. Die Raschheit des Aufstieges zum Gipfel war ohne Einfluß auf die Höhe der Umsatz- steigerung. Vorheriges Trainieren und Gewöhnen an den Höhenaufenthalt vermochte die Größe der Umsatzsteigerung nicht herabzudrücken. Außer der Verminderung des Luftdruckes scheint keiner Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 28 204 A. Durig, der bekannten klimatischen Faktoren einen Einfluß auf die Umsatzsteigerung im Hochgebirge zu besitzen. Die ausgeführten Versuche lassen keine Abhängigkeit des Chemismus des Gaswechsels von Feuchtigkeit, Wind, Potentialgefälle oder Luftionisation erkennen. In bezug auf das Eintreten der Bergkrankheit läßt sich ebenfalls kein Zusammenhang mit den letztgenannten Faktoren nachweisen. Die Erhöhung der Körpertemperatur und der Herzarbeit sowie die Vermehrung der Ventilation sind nicht die Ursache der Umsatzsteigerung in großen Höhen. Die erkennbaren Symptome manifester Bergkrankheit stehen in keinem Zusammenhang mit der Höhe der Umsatzsteigerung. Die Raschheit des Abstieges ins Tal war ebensowenig von Einfluß auf das Befinden wie die Schnelligkeit, mit der der Aufstieg ausgeführt wurde. Ein experimenteller Beweis für die Berechti- gung der Forderung, daß der Klimawechsel beim Übergang in eine Höhenstation oder bei der Rück- kehr aus dieser langsam zu vollziehen sei, ist derzeit noch nicht erbracht. Ein viertägiger Aufenthalt in einer Höhe von 1000 »z (Semmering) hat keine Nachwirkung ausgelöst, die sich in einer Veränderung des Erhaltungsumsatzes ausgedrückt hat; die in der Höhe beobachtete Änderung des Umsatzes bildete sich sofort nach der Rückkehr in die Ebene zurück. Nach dem Abstieg vom Monte Rosa in das Tal verschwand die auf dem Gipfel beobachtete Umsatzsteigerung sofort; bei zwei Versuchspersonen wurden hierbei sogar subnormale Werte für den Erhaltungsumsatz beobachtet. Der respiratorische Quotient wies in keiner jener Höhen, in denen Untersuchungen über den Gaswechsel ausgeführt wurden, eine Veränderung gegenüber der Norm auf. Unter normalen Verhältnissen wurden im »Ruheversuch« nie respiratorische Quotienten unter 0:7 gefunden. Das Auftreten von abnorm niederen respiratorischen Quotienten nach voraus- gegangener Muskelarbeit ist wahrscheinlich durch Glykogenbildung zu erklären. Die Versuche über die Nachwirkung vorausgegangener Muskelarbeit sprechen dafür, daß die nach Beendigung der Muskelarbeit noch andauernde Erhöhung des Umsatzes auf die Wirkung anderer Stoffe zurückzuführen ist, als jener, welche die Steigerung der Ventilation herbeiführen. Eine Zufuhr von 120g Traubenzucker hatte in Wien eine Zuckerausscheidung zur Folge, in den entsprechenden Versuchen auf dem Monte Rosa wurde im Harn derselben Versuchsperson weder Zucker noch Glykuronsäure gefunden. Der respiratorische Quotient stieg in den Zuckerversuchen auf dem Monte Rosa rascher an als in der Ebene. Die Verbrennung des Zuckers begann auf dem Monte Rosa früher und war auch früher beendet als in der Ebene. Die Umsatzsteigerung, die infolge der Zuckerzufuhr eintritt, erreichte in der Ebene größere Werte als während des Versuches im Observatorium. Als Ursache für dieses Verhalten kann viel- leicht der größere Bedarf an brennbarem Material und der größere Vorrat an Glykogen bei der Ver- suchsperson in den Hochgebirgsversuchen angesehen werden. In einigen Versuchen wurde nach der Zuckerzufuhr eine Verminderung der Kohlensäure- ausscheidung unter die Norm beobachtet. Diese kann durch die vorangegangene Überventilation erklärt werden. Es dürfte nicht unzweckmäßig sein, auf einige jener einschlägigen Fragen hinzuweisen, deren experimentelles Studium in Angriff genommen werden sollte, um derzeit noch bestehende, wesentliche Lücken in unseren Kenntnissen über das Verhalten des Menschen im Höhenklima auszufüllen. Es ist der Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 205 Nachweis zu erbringen, ob Veränderungen des Erhaltungsumsatzes bereits in jenen Höhen eintreten, die für Sommerfrischen, Kuranstalten und Sanatorien in Betracht kommen (Übergang aus der Ebene in Orte von 500 bis 2000 mm Meereshöhe). Der Verlauf der eventuellen Umsatzänderung ist daselbst zu verfolgen und nach Rückkehr in die Ebene zu ermitteln, ob eine Nachwirkung erkennbar ist. Es ist festzustellen, wie sich der Gaswechsel in Höhen von mehr als 5000 m verhält unter Berück- sichtigung derFrage, ob es eine Grenze der Luftverdünnung gibt, bei der an Stelle der Umsatzsteigerung Abnahme des Sauerstoffverbrauches in Körperruhe eintritt. Die Versuche im pneumatischen Kabinett sollten in einwandfreien Beobachtungen an nüchternen Versuchspersonen wieder aufgenommen werden, um die Wirkung möglichst weitgehender Luft- verdünnungen auf den Gaswechsel zu untersuchen. Es wäre erwünscht, wenn längerdauernde Beob- achtungen über das Verhalten des Menschen im Respirationskalorimeter unter der Einwirkung sauerstoff- armer Luft ausgeführt würden. Weitere Beobachtungen über die Nachwirkung des Aufenthaltes im pneumatischen Kabinett sind erforderlich. Es wäre die Entwicklung und das Verschwinden der Umsatzsteigerung in stetig fortgesetztem, aber in Abschnitte zerlegtem Respirationsversuch bei der Fahrt auf einer der amerikanischen Hochbahnen zu verfolgen. Die Studien über die Blutgase des Menschen bei Ruhe und Arbeit im Höhenklima sind derzeit noch nicht über Vorversuche hinaus gelangt und sollten in Angriff genommen werden. Auch die Bestimmungen über die Blutalkaleszenz sind bisher sehr wenig zahlreich und nur an einer Versuchsperson in wenigen Beobachtungen ausgeführt. Bestimmungen über das Verhalten der Blutgase und über die Blutalkaleszenz bei der Arbeit im Hochgebirge liegen derzeit noch nicht vor. Untersuchungen über die Gasspannung im Blute sind besonders mit Rücksicht auf die Bohr’schen Feststellungen erforderlich. Studien über das Verhalten des Blutzuckers im Hochgebirge dürften nicht unwichtige Resultate liefern. Beobachtungen über die Nachwirkung gleich großer Arbeit sind in der Ebene und in verschiedenen Höhenlagen auszuführen, um den Einfluß verminderten Sauerstoffdruckes auf die im Gefolge von Muskel- tätigkeit ablaufenden Vorgänge ermitteln zu können. Die Zahl der bisher untersuchten Personen ist keine so große, daß nicht weitere Untersuchungen Unterschiede im individuellen Verhalten nachweisen könnten. Ganz besonders ist der Gaswechsel an Frauen und Kindern in Höhenstationen (mit einer Ausnahme) noch keinem Studium unterzogen worden. Auch von Seite klinischer Autoren wären Beobachtungen über die Einwirkung des Höhenklimas bei Erkrankten erst in Angriff zu nehmen und bei diesen Personen wäre auch auf eventuelle Unterschiede im Verhalten zu achten, je nach der Raschheit, mit der der Klimawechsel erfolgt. 18%) [02] + 206 A. Durvig, General- Durig. Erhaltungsumsatz a b c d | 2° H | & | h ; emaroce Analyse in Prozenten Barometer- Liter pro Minute Tea® Nr. stand | beobachtet | reduziert CO, | O5 | “Na Wien, 12. Juli 31 745°6 6-54 583 2-98 17.44 79° 58 32 6°60 8°87 3°16 129 79-59 13. Juli 33 7434 642 570 3.04 17:50 79-46 34 6°66 5-91 303 17:46 79-51 14. Juli . 39 7448 6-59 584 305 17.38 79-57 36 6°33 560 3:00 1745 719253 Mittel . 6:52 9:80 3.04 17-44 29.54 Wien, 8. Jänner . 229 752-4 5:89 5.54 3:24 7027 79-49 230 5:74 527 356 16:80 79.64 231 6-18 3:66 3.04 1734 79-62 9. Jänner . 235 750° 3 360 5°16 3:32 17-01 79-67 236 580 5.85 318 zei 79-69 237 5:94 936 3.13 17.13 79:74 Mittel . 5°60 939 3:24 17-19 79.64 Wien, 27. März 4083 749°7 6383 5993 3.40 17.40 79-20 404 6°200 5825 326 17.42 79.32 28. März 405 6067 5699 3:69 17.02 m9229 406 6°182 5812 3-28 17:40 79.32 Mittel . 6°208 9'852 341 17-31 79-28 11 12 15 16 O1 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. tabelle 1. (Körperruhe). D | k 2 | m n 0 p % Exspirationsluft pro Minute Körper- Kalorien N Respirat. Kalorien { ; N | nein ne gewicht pro Minute Zuwachs Defizit a = REDET Pi j und m? CO, Oh | 0, 0], CO, cm | O5 cm & Sommer 1906. 2:95 3.62 172-0 216°0 0'813 59°8 31 313 3°76 1837 220°7 0'831 32 3-01 3:53 1707 201°2 0.852 598 33 3:00 3.58 177°3 211-5 0'836 34 3:02 368 1764 214°9 0'820 59-8 35 2:97 366 1664 205°83 0810 36 3-01 3:64 1746 211'6 0827 1:024 39:8 0:542 Winter 1907. 3-21 ST 178°0 209-1 0869 60-0 229 3:58 4:27 185:0 2099 0:827 230 301 374 170°4 211°7 0'805 231 3:29 4-08 1697 2104 0'806 60:0 235 315 396 168°3 2116 0°795 236 3:10 3:89 1699 218°1 0779 | 237 321 3:95 173°3 211-8 0:814 1:022 60:0 0'540 Frühling 1907. 337 357 2020 2140 0.944 62°5 403 323 358 188 *1 2085 0902 404 366 397 2086 2262 0-921 62°5 405 3:25 360 1889 209*3 0903 406 3:88 368 1969 214°5 0'918 1'061 62:5 0'545 208 A. Duvig, General- Reichel. Erhaltungsstoffwechsel a b c d | e MH | € | h E 2 Suergle Analyse in Prozenten Baromeiets Liter pro Minute Tag Nr. stand beobachtet | reduziert (0107) | 0, | Ng Wien, Sommer 9lune 11 742°] 7.02 6°32 348 16°85 79-67 12 7-42 6°67 3.29 17°06 19279 13 7.43 668 389 16°77 79-94 14 7.42 6-67 3:22 16-94 79-84 15 7.34 659 325 17°16 79273 10. Juni . 16 742*°5 7.30 660 333 17-03 79-64 17 696 6'28 320 16°96 79-84 18 TaT, 6°47 322 16°95 7983 19 766 Ko 3°06 1718 79-76 20 7-42 668 3-12 17-00 79-88 Mittel . 731 6°59 3:27 17:00 19:79 Wien, 8. Jänner . 232 7524 788 698 3'285 17-01 as 233 zen 6°59 337 16°88 79°75 234 6-94 6'839 359 16:79 79-62 9. Jänner . 238 750°83 7:30 6°73 3.54 16°98 79-48 239 6°72 620 348 16°75 KT 240 6.90 6°37 3.52 16°73 79-79 Mittel . 7.08 645 3:46 16-86 79-68 Wien, 4. März 399 7597 7'238 6°67 3-11 17.30 7959 400 6'867 6-48 334 16°93 79-73 401 7'414 6:84 316 1712 79:70 402 7.412 683 312 17°21 7967 Mittel . 7:23 6.71 3:18 17:14 79:67 oO uU 17 18 19 20 17 18 19 20 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 209 tabelle II. (Körperruhe). 5 | i | k 2 | m n ) p 7% Exspirationsluft pro Minute Körper- Kalorien N Respirat. Kalorien " | . ak ss gewicht pro Minute Zuwachs Defizit 5 Zusuen DO MEINE 5 CO, 9), 0, CO, cm3 | O5 cm3 hg und m? 1906 (250 m). 345 4:24 2182 268-1 0-814 81-1 at 326 4-02 2173 268-0 0-811 12 336 4:36 224-4 284°5 0-771 | 13 3:19 4-19 DRS) 279-0 0°761 14 3-22 3:90 2171 2626 0-801 15 330 4-05 ZUTZ 2671 0.815 st-1 16 Salz, 4-17 198357 261°8 0°760 17 3-19 4-18 209-2 269-9 0763 18 3083 393 2141 275°0 0761 19 3.09 4-10 2061 2740 0-754 20 3:24 4:14 214-4 2710 0783 1'325 81:1 0572 Winter. 3*°25 | 3-99 226-3 278°7 0-834 80-4 232 3.33 | 426 218*1 279-0 0782 233 3:56 4-28 22728 273*3 0.832 234 3-3l 406 2263 2734 0:864 80.4 238 345 4-36 214*1 270°5 0-791 239 3-48 438 221°7 279-0 0795 240 3:43 4:22 222-6 274°9 0'816 1'325 80-4 0:576 Frühling. 3°08 3.77 205°3 251°3 0817 73°6 399 3-31 4-18 2094 2646 0°792 400 3:13 3-97 213°8 271°A 0787 401 3.09 388 211°2 269°2 0:797 402 315 3:95 2099 262-1 0:798 1:257 78:6 0:557 210 A. Durvig, General- Kolmer. Erhaltungsstoffwechsel a b c d | e f | g | h : een Analyse in Prozenten Banometer Liter pro Minute aus Nr. stand | : beobachtet | reduziert CO, O, N, Wien, 7. Juni . 1 741 °7 615 567 348 16:78 79-84 2 6°57 606 Sal, 1695 79-88 3 641 5.91 3:29 16-82 79-89 4 6°15 9°68 3:32 16-72 79-96 5 6:30 5.81 3°28 16°85 79-87 8. Juni . 6 744°5 7-00 6-38 3-28 16°95 79-87 7 6-57 5.92 333 16°78 19:89 8 680 620 3'283 16-96 79-81 9 6°39 580 3-42 16:70 79-88 10 682 6-21 3:23 1692 79*85 Mittel . 6:42 5:96 3:30 16-84 79.56 Wien, 19. Jänner . 272 753°2 6:98 652 303 1725 79.72 273 6-94 6-46 3-00 17-29 79»71 274 7.02 6°55 3-01 17-13 7986 20. Jänner . 275 752°8 weıke/ 6°68 316 17.44 19.70 276 7-31 6-80 3-13 17-15 29.72 Mittel . 7:08 6:50 3:07 17°25 79-74 Wien, 1. März 388 751°5 7-52 6°97 306 1736 7958 389 4:37 6:83 3:24 12-21 79-55 390 aamıl 6-70 3:23 17:24 79:53 392 7-05 6-54 3'835 17-08 19287 394 7.20 667 318 17°21 79-61 Mittel . 7.27 6:74 321 17:22 79-57 OEL Oo EHE DEE TO LER - oO Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 211 tabelle III. (Körperruhe). i | k I m n [) p Y | Exspirationsluft pro Minute Kötper- Kalorien Nr Respirat. Kalorien 3 e ; gewicht pro Minute a Defizit | Quotient pro Minute h uwa 2 2 CO, 9), O5 9% CO, cm3 | O, cm3 hg U CE77 Sommer 1906. 1 345 4-43 195°7 25172 0:798 764 1 2 3-14 420 1904 254°6 0.748 2 3 3-26 4-33 192-8 256-0 0-753 3 4 3.29 4-45 1870 253.0 0°739 4 5 3°25 429 188-9 249-4 0:758 5 6 3-25 417 207.21 265.81 0779 76°4 6 7 330 437 196-4 261-1 0°739 7 8 3°20 4-17 198°3 258°3 0°767 8 e) 3:39 4-44 1966 257°6 0763 10 322 4-21 200-4 261.2 0774 10 3:27 4:29 195°3 256°8 0:763 1'227 76°4 0'546 Winter 1907. 11 3-00 3-81 1954 2486 0786 70.25 272 12 20T 3:76 ao 2434 0790 273 13 2:98 3°96 105.8 248°3 0°785 274 14 313 3-91 208*8 261-1 0-801 Midist 275 15 3-10 3-91 Ze 266°3 0°793 276 3:87 200°5 253°6 0791 1'215 775 0.541 Frühling 1907. 16 3-03 3:70 211-0 2578 0819 814 288 17 Sao 385 219-3 2576 0.834 289 18 320 3-81 214°6 255°4 0840 290 19 3.32 396 Zullzia! 2594 0837 292 20 3-15 3:86 210°7 258-3 0816 294 318 3:83 2145 257°7 0:829 1261 814 0:544 1 Unruhe im Hause, K. machte Bewegungen. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 29 DA, A: Durig, General- Rainer. Erhaltungsstoffwechsel a b c a | e‘ JR | E | h B none Analyse in Prozenten Barometer- Liter pro Minute ese; ale stand | beobachtet | reduziert CO, | O5 | N, | Wien, Plung; 2] 741°7 6°93 620 2-85 Inea7 79-78 22 6-27 360 2.93 1724 79.83 23 veil® 6°37 2-73 1758 7969 24 7.09 632 2:64 17:56 79-80 25 ed 6°37 2.98 1428 79:74 12. Juni . 26 742°0 6°53 983 2:86 229) 79-85 27 6°85 Sl 207% 17.50 AN 28 7:64 6°83 2-74 1788) 79-73 29 8-43 7-51 259 1773 79-68 30 7:86 6-99 2:74 17:54 A T2 Mittel . 7:19 6-41 2.79 17:46 79:73 Wien, 2. März 394 756°9 6°778 6345 2-91 17:64 79-54 395 6911 6°467 2.95 17:68 1987 397 6600 6°171 2-87 17-58 79-55 - 398 6.890 6445 2.90 17-62 79-47 Mittel . 6:79 6:36 2-91 17-63 79-48 1 =] 10 10 11 12 13 14 tabelle IV. (Körperruhe). Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. i k 2 | m N ) p v Exspirationsluft pro Minute Körper- Kalorien Nr Respirat. Kalorien ß N ; J 5 gewicht pro Minute che Defizit | Quotient pro Minute ; > 3 3 k und m? CO, 0, 0, 0 CO, cm | O, cm g_ Sommer. 282 3°75 1747 232-3 0°752 64-58 2 2-90 3.89 162.4 217°8 0747 22 2-70 352 172-2 224°7 0°785 23 2-61 356 164-9 224°9 0733 24 2°95 3'838 1876 243°7 0.779 25 2:83 385 165° 1 2246 0.735 26 2:76 3-61 1688 220°8 0764 64.58 27 2-71 357 1851 243-4 0759 28 256 336 192-3 2524 0.745 29 Bor! 306 1895 2490 0761 30 2-76 365 1763 2338 0759 1°107 6458 0556 Frühling. 2:88 Boa 182-8 216-4 0-845 6290 394 2.93 3:43 189-5 221°8 0.854 395 2:84 3:48 175°3 214°8 0816 397 287 342 1850 220-4 0.839 398 2:88 3:44 183-1 218°4 0.838 1°059 62.90 0'542 29* A. Durig, General- Durig. Erhaltungsumsatz Capanna Margherita a b c a e # | g | h i emErSle Analyse in Prozenten Barometer- Liter pro Minute ass Nr. een» stand | \ beobachtet | reduziert CO, | O5 N, | Anfangs- 9. August. 107 4385 10:64 5.92 3:66 16:38 79:96 1 108 9:86 5:49 3.54 16:24 80:22 2 11. August . 115 4366 10:00 9:61 367 16°41 79-92 3 116 9:98 5:56 3:99 16:08 79:94 4 13. August . 126 4396 995 5.44 4:01 16-32 79-67 5 127 9:65 5:15 3:85 16-12 80:03 © Mittel . 10:02 3:95 3:79 16:29 79:96 Schluß- 31. August. 180 431°2 10-43 5:62 4:04 16:20 79:76 7 181 9-49 5° 4-33 8) 79:94 8 1. September 188 4339 10:06 5-51 4:01 16:18 79-81 9 189 9:16 5:04 4:30 15 83 79:87 10 Mittel . 9:79 9:22 4:17 15:98 79:85 Nachwirkung 16. August . 134 4375 10:71 SE 3:78 16:36 79-86 11 135 1045 987 360 16:48 79:87 12 20. August . 142 4320 10:50 984 318 16:33 79-94 13 143 10:05 5:59 3:78 16:23 80:09 14 Mittel . 10-43 9:87 3:74 16:35 79:94 Mittel für Wien, Winter. ol 5:60 9:39 3:24 17:19 79.64 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 215 tabelle V. (Körperruhe). (Monte Rosa) 4560 m. i | k I | m N 0 Pp v Exspirationsluft pro Minute Körper- Kalorien Nr. Respirat. Kalorien x s sein, nn gewicht pro Minute Zuwachs | Defizit 3 | 3 ne ee k und m? CO, 9), | 0, 0), CO, cm | O0, cm | g periode 1906. 1 3:68 4:79 215°0 283"6 0:758 60°8 107 2 Zeil 5-00 1927 274-4 0-702 108 3 3:64 er 204-0 266 3 0766 115 4 3:96 5:06 220-3 281:7 0:782 60°8 116 5 3:98 4:77 216-4 259-3 0:834 126 6 3:82 5:06 1969 260°8 0-755 60-5 127 316 4:91 207 °5 271.0 0:757 1'237 60:7 0:674 periode 1906. 7 4:01 491 225-5 276-2 0:817 59-6 180 8 3:96 5:43 220-6 279-5 0:789 181 9 4:47 4:94 219-0 272°2 0805 59-8 188 10 4:27 5-31 22 273-8 0:804 189 4:14 5:15 220-1 2794 0.804 1'324 59:7 0.701 11 3:78 4-78 2314 295-1 0'803 59:3 1 134 12 3:62 4:66 2124 273'2 0777 135 13 3:70 4:83 2162 2823 0'766 89-1 4 142 14 375 4:97 2095 2776 0'758 143 3:71 4:81 2176 282-1 0:775 1'345 59:2 0 717 3:21 3:95 173°5 211:8 0.814 1'021 60:0 0'545 1 Nach Weg zum Lysjoch und zurück. 916 A. Durig, General- Kolmer. Erhaltungsumsatz Capanna Margherita a b c d | E28 Di | g | h £ Sem Analyse in Prozenten Barometer- Liter pro Minute Tag Nr. eh, stand | beobachtet | reduziert CO, Os N, | Anfangs- 9. August. 101 438°5 10-025 5783 368 16-41 MOON 1 102 9.850 5.52 3.84 16°07 79-89 2 11. August. 113 4366 10-301 DIS 4-12 16-06 79-82 3 114 10°075 9-61 4-05 16-01 79.94 4 13. August . 120 440'2 10:830 5-90 381 16-56 79-63 5 121 10-611 878 3:72 1636 79-92 6 Mittel . 10-282 9-71 3:87 16-24 29-85 Schluß- 31. August. 174 4443 87) 9°26 4-08 16-27 79:65 2 175 1040 5:09 4-18 16-27 79-50 8 1. September 182 443°2 11°23 6-14 395 16°79 79-26 g 183 10-80 389 383 16°67 79-90 10 Mittel . 10:55 9:72 3:99 16-50 79-48 Nachwirkung 16. August . 138 4431 11°68 6-55 389 16°21 7990 11 139 277; 6°31 384 16°09 80°07 12 20. August. 146 438.9 11-62 6-47 3.68 16°07 - 80°25 13 147 11220 616 354 16°38 80°08 14 Mittel . 11-44 6:37 3:76 16:19 80:07 Mittelwert für Wien, Winter 7-08 6:50 3:07 1725 279 °74 [311 =] Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. tabelle VI. (Körperruhe). (Monte Rosa) 4560 m. 1 | k I | m n 0 p 7 Exspirationsluft pro Minute Körper- Kallyren Nr Respirat. Kalorien R > De re gewicht pro Minute : t pro Minute Zuwachs | Defizit Sl 5 a P ‚7 und m2 CO; | 0, 9, CO, cm | O, cm g periode 1906. 3-65 4-74 208*5 270°8 0°768 1308 101 3-81 308 210°3 280°2 0750 102 4-09 506 234°3 289-9 0808 1302 113 4-02 52115 DPDNT 289-1 0°781 114 3-78 4-52 222-9 266°5 0836 72-6 120 3:69 4-80 ziel 275°9 0°769 121 384 4:89 2189 AS 06°785 1'332 731 0.617 periode 1906. 4-05 4-81 2 253-2 0-842 zo °7 | 174 4-10 4-68 229-2 262-2 0-876 175 Bug2 4-19 240°6 PIE 0936 714 182 380 4-37 223-6 23125 0:869 183 396 4-51 226°6 2356°0 0:881 1'285 ?21°5 0:604 von Märschen. 3"86 4:94 252°8 323°5 0-781 72*0 138 3.81 Dat 240°4 322-4 0746 a 139 3655 Sulz 236°0 334-2 0706 WERT 146 Sl 4-82 215°6 | 2968 0°726 147 3:73 5-01 236°3 319°2 0:740 1°505 72-3 0:703 3:04 3-87 200-5 253-6 0791 1'215 77-5 0545 1 Nach Weg zur Gnifettihütte und zurück. [86] SI] 218 A. Durig, General- Rainer. Erhaltungsumsatz Capanna Margherita a b c d | e 5 | g | h ! use Analyse in Prozenten Barometer- Liter pro Minute ar Nr. stand | beobachtet reduziert CO, | 0, Na | Anfangs- 9. August . 103 438°5 8.12 4549 4.29 15°61 80-10 1 104 883 4.942 396 16-01 80.03 2 11. August. 109 436°6 9.79 9'947 3.58 16°47 7995 3 110 9-58 5272 372 16°26 80-01 4 13. August . 122 4402 12-10 6'585 3-71 17°03 79-26 5 123 12-10 6.589 3.78 1692 79-30 6 Mittel . 10:09 5'495 3:86 16:38 79-77 Schluß- 31. August. 178 4443 8-70 4717 4-43 15°67 79-90 7 179 9-33 9009 4-17 1593 79-90 8 1. September 186 4432 10-00 9465 4-45 16-19 7936 9 187 9-59 9'239 449 16°20 79-31 10 Mittel . | 9-41 5107 4-38 16:00 79-62 Nachwirkung 15. August . 130 4438 | 10.70 9'895 397 16-01 80.02 11 131 10-61 8821 3-92 16:26 79-82 12 16. August. 136 4431 10-33 2.792 4-00 16-10 79:90 13 137 9.87 5526 4-10 1580 8010 14 20. August. 144 438-9 1036 9780 373 1624 80:03 15 145 10-43 9.819 3.86 1627 79-87 16 Mittel . 10-38 5722 3:90 16:28 7994 Mittelwert für Wien, März 6:79 6:36 2-91 17:63 79:48 a1 10 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 219 tabelle VII. (Körperruhe). (Monte Rosa) 4560 m. i | k I | m n () p {7 Exspirationsluft pro Minute Körper- Kalorien Nr Respirat. Kalorien h 3 - Quoti r gewicht pro Minute Zuwachs | Defizit | 5, Bonen! DRONamIaS % und m2 Co, 9), 0, 9), CO, cm3 | O, cm 2 periode 1906. 4:26 359 193-8 2543 0762 63°5 103 393 5-17 194-2 259° 0760 104 355 472 197-3 262"2 0.752 653 109 3:69 4-93 194-3 259-8 0:748 110 3-68 399 242°3 262-4 0-923 63°3 122 3:75 4-07 2471 2682 0.921 123 3:83 4:74 211°5 260-4 0-s1l 1'254 64:0 0:636 periode 1906. 4-40 350 207-4 259.6 0.799 63°5 178 414 5.24 207°2 262-5 0789 179 4:42 4:82 241°6 263-4 0827 63°5 186 4:46 4:79 233.4 2510 0810 187 4:35 9:09 222-4 259-1 0.806 1'245 63°5 0:634 von Märschen. 3.94 5-17 232°2 304*8 0762 62°7 130 3-89 4:87 226-4 283-5 0:799 131 3:97 505 230°0 2925 0:786 62-2 136 4-07 540 224-9 298-4 0754 137 3-70 4:94 2139 285°5 0-749 62°3 144 383 4:87 222.9 283-4 0786 145 3:87 3:05 225-1 2913 0:772 1'385 62-4 0:714 2:83 3:44 1831 2184 0.838 Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 30 220 A. Durig, General- Reichel. Erhaltungsumsatz Capanna Margherita a b c d | ei iR | g | h e OR TON Analyse in Prozenten Barometer- Liter pro Minute Taare Nr. stand | beobachtet | reduziert CO, | (07) | Na Anfangs- G August, a ao 00 > 105 438°5 12-16 6°76 371 1646 79-83 1 106 11:00 6-12 3:98 15-98 80.04 2 I AUTUStH Eee 111 436°6 11°67 6-48 3°97 16-40 79-63 3 112 1146 6°36 388 16°27 7985 4 IS WAUSUStEr Eee 124 4396 12-08 07 388 16°59 7958 5 125 11°00 6°61 3.94 1639 79-67 6 Mittel. . 11:55 6:57 3:89 16.34 79-92 Schluß- SPASS re 176 431°2 10-41 9.60 4-10 16°12 79-78 7 INT 11-39 613 382 16-53 79'698 8 ISSeptembegsr wer 184 433°9 10:96 5.97 425 1636 79-39 9 185 10-29 9.59 4-32 1613 79-97 10 Mittel. . 10:76 3:66 4:12 16:28 79-60 Nachwirkung ko AUmUStEee er 128 4438 1203 6°683 3-72 16-27 80.02 11 129 13.88 765 360 16°16 80-24 12 Io Aususta De: 132 437°5 12203 6-98 350 16-34 8016 joe 133 11-82 6°68 3-59 16°30 80-15 14 AU AERO 140 432-0 11-63 6-40 4-11 16°00 79.89 15 141 1293 657 3°98 19-92 80°15 16 Mittel. . 12:23 6-81 3:73 16:16 so-10 Mittel ohne Nr. 129 Mittel für Wien, Winter 7:08 645 3:46 16:86 79-68 | oa vv mw — 10 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 22 tabelle VIII. (Körperruhe). (Monte Rosa) 4560 m. i | k I | m n (0) p V Exspirationsluft | pro Minute Körper- Kalorien N: Respirat. Kalorien i Ä 2 | Oro ee gewicht pro Minute Zuwachs Defizit 5 Ben PS % und m2 CO; 9, | O5 9, CO, cm | O, cm & periode 1906. 368 485 248°8 321.9 0759 78°8 105 395 920 241°8 318-4 0°760 106 3.94 468 259.4 303°4 0842 111 385 4.87 2446 809°7 2079 77°8 112 885 4-46 27.272 3154 0863 124 3-91 4-70 2301 282-6 0832 ERS) 125 3:86 4:79 249-7 3096 0805 1'490 75:0 0661 periode 1906. 4-07 900 228-0 280-1 0814 SU 176 3.79 459 232°3 278°8 08383 177 4.22 466 201°9 278°2 0°906 749 184 4*27 4:93 239-1 2761 0866 185 4:09 4:78 237°8 2788 0'855 1'355 79°8 0615 von Märschen. 3.69 5-01 244°7 333"2 0°737 16°5 128 3-57 906 2730 386°8 0706 129 3-47 488 242-4 340°9 Oz 76°3 132 352 4-92 233.4 3262 0716 133 4-08 5-19 261°3 329-8 02792 764 140 3-90 930 2902 3498 0°740 141 3:78 305 2518 3444 0.734 1'625 764 0731 3:43 4:22 232-6 2749 0816 1 Nach dem Marsch zum Sesia-Joch. 2 Sträubt sich gegen das Einschlafen. 3 Nach dem Marsch zum Lys-Joch. 30* 222 A. Durig, General- Durig. Nachwirkung des Höhenaufenthaltes Wien—Semmering— Wien a b c d | BRE jF | g | h x AI SHONE Analyse in Prozenten Barometer Liter pro Minute Izase Nr stand ö | beobachtet reduziert CO, O, | N, | | Wien ß 8.—9. Jänner Mittelwert . | | 751°3 | 5:60 5:39 | 3:24 | 17:19 | 79:64 Semme- ealannern Fer 244 6840 9'805 3-42 16°95 79°63 245 681°6 6'242 9.328 3°60 16°67 79.68 Sm lannerer 248 6467 9913 352 17.00 79-48 249 678°5 6801 9746 3833 aeılz 79-50 250 7330 6°185 3.02 17°43 79-55 Er Ban nee 262 678°8 7012 5923 3-31 17°26 79-43 263 6891 9'828 3°25 17.26 79-49 Mittel. . 6:797 5:790 8-35 17-11 79-54 Nachversuch (Cannes 270 7904 9599 9'125 350 | 16:94 7959 27 9389 4-925 358 16°79 AI-63T: Mittel. . 5494 5.025 | 3:54 16:86 79-59 Monte | > 6. August bis 4. September Mittel. . 4360 9905 538 3:95 16:13 79-91 Alagna. DSSEptemib er Er 216a 660.4 9.833 45683 3.69 16:70 79-61 2165 5°729 4474 3:68 1660 Te DSSeptem per 217a 660-8 6'471 9.179 348 17°06 79-51 217b 6°143 4798 3°46 16°81 79°73 SSeptembere 226 662°6 7.000 9507 3°46 ua 79°43 227 5'857 4591 3-80 16°35 79-85 228 929 4629 3°77 16°47 79216 Mittel vom 5. September 5.781 4.519 3:69 16-65 79-66 Mittel vom 6.— 8. September 6'233 4941 358 1676 79:66 SEHE Ber N 9 0 mw tabelle IX. Ergebnisse der. Monte Rosa-Expedition. auf den Erhaltungsumsatz. und Monte Rosa—Alagna. 2285 i | k Y | m N 0 p V Exspirationsluft pro Minute Körper- Kalorien N Respirat. Kalorien f E | Oman kan gewicht pro Minute Zuwachs Defizit A ER ee k und m? CO, 0, | 0, 0%, CO, cm3 | O, cm3 & | r 3.21 | 3:95 173°5 | 211°8 0-S14 1:021 | 60-0 0.540 | 244 ring. 3-39 4-13 196-8 2397 0821 59°7 3.62 4.42 1929 239"2 0820 245 3.49 4.04 1924 222°7 0864 248 330 387 189°7 2225 0852 59-4 249 2.99 363 184-9 224-5 0824 250 328 377 194-4 223-4 0.870 995 262 3-22 3:78 187°7 220-8 0.852 2683 3:32 3:95 1927 226-9 0:843 1’101 59-5 0585 Wien. 3:47 11 178°0 210°6 0'845 59-1 270 355 4-29 1748 211°3 0-828 271 351 4:20 176.4 210-9 0.836 1:022 59-1 0-545 Rosa. 3:92 5-15 215°8 2732 0:780 1'304 597 0683 3:66 4.38 1670 199-8 0'835 88°5 2164 365 4-50 163°3 2012 0.812 2165 3:40 3:99 176-1 206°6 0'852 8°9 217a 343 430 1646 206° 3 0798 217b 343 3-91 188°9 215°3 0°877 58°9 226 3°77 4-78 1731 219-5 0789 227 3:74 463 173-2 2145 0.808 228 3:66 4:44 1637 2005 0.820 0965 585 0520 3:55 4:40 1752 2124 0.814 1'023 58'7 0550 224 A. Durig, General- Kolmer. Nachwirkung des Höhenaufenthaltes (Monte Rosa— a b c d | en f | & ı N PemEise Analyse in Prozenten Barometer- Liter pro Minute Tag Nr. stand | beobachtet reduziert CO, | O, N, Monte 6. Aug. bis 4. Sept. Mittel . 443°7 10:55 | 9:72 3:99 | 16:50 7948 Alagna. 6. September 213 660°8 8.561 6°731 3:14 1757 19229 214 9-200 7:259 3:02 1765 79°33 215 8502 6673 3-01 17:58 79-46 8. September 223 662°6 8850 7.011 3-14 1757 19129 224 8060 6372 316 1733 73201 225 8250 6506 313 17:40 79°47 Mittel. . 8.580 6°790 3:10 17-51 79.40 Mittel für Wien . 7:08 6:50 3:07 17:25 79:74 Rainer. Nachwirkung des Höhenaufenthaltes (Monte Rosa— a b c d e N | € ı Ä TO Analyse in Prozenten Barometer- Liter pro Minute Tag Nr. stand beobachtet reduziert CO, | O5 Na Monte Mittel . 4437 | 9:75 5:301 4-12 16:19 79.69 | 1 . Alagna. 6. September 207b 660°8 7.20 8'798 3°27 1749 79-24 208 7.30 5'845 Sl 1767 79-16 8. September 210 6626 778 6'208 317 1752 79-31 218 7-88 6°285 3:09 17-32 79-59 220 7:84 6'253 3-08 17:36 79:56 Mittel . 7:60 6070 3:16 1747 19-57 Mittel für Wien . 6:79 6:36 2:91 17:63 79:48 oo RB ww DD 10 11 [&6) Qu Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. tabelle X. auf den Erhaltungsumsatz. Alagna.) T | k 2 | m N [0 p V Exspirationsluft pro Minute Körper- Kalorien N Respirat. Kalorien : © f 2 gewicht pro Minute De Defizit | Quotient pro Minute 5 CO, 9, | Os 9% CO, cm? | O, cm? Rg und am? Rosa. 3:96 | 4-51 | 226°6 | 2560 | 0.881 1'285 <1°5 0-611 | | | | 1 3-11 3.42 209-3 230-2 0909 71-8 213 2 2599 343 217-0 2480 0872 214 3 2:98 350 198-9 2339 0851 215 4 eye Ill 3:42 218-0 239-8 0909 0220) 223 5 3-13 3:72 199-4 2370 0.841 224 6 3-10 3.64 201°6 236*8 0855 225 3:07 3:52 2040 239-2 0:854 1'165 71.9 0:545 3:0 3:87 200:5 253°6 0.791 1'215 775 0.541 auf den Erhaltungsumsatz. Alagna.) i k 2 m n 0 p V Exspirationsluft pro Minute Körper- Kayloyken Nr Respirat. Kalorien ’ ; : 5 gewicht pro Minute ne Defizit Quotient pro Minute : Ne = 3 3 (9 — CO, 9. O5 9, CO, cm O, cm g& Rosa. 4:09 4-91 2170 259.8 | 0.809 1'250 63°7 0.635 7 324 3:49 186°5 2010 0°928 63-9 207b 8 3-14 3.28 196° 3 2146 0-912 208 9 3.14 3.47 194-9 215°4 0°905 63-9 210 10 3°06 3°75 192-3 236°3 0816 218 11 305 3:70 190°7 2314 0.824 220 3:13 3:54 1921 2197 0.877 1'075 63.9 0:545 2:88 3:44 1831 2184 0:833 1:059 62:9 0:542 226 A. Durig, General- Reichel. Nachwirkung des Höhenaufenthaltes Wien—Semmering— Wien a b c d | 2 I © h h em grolo Analyse in Prozenten Barometer- Liter pro Minute Mars | Nr. stand . beobachtet reduziert CO, O5 Na Wien 8. u. 9. Jänner, Mittelwert . 7513 7:08 | 6-45 346 16:86 79-68 Semme- One eo Dan 6816 7-038 5°965 3.79 16-44 79-77 242 6°950 5°903 3-81 16-44 79-55 243 7180 6-099 3-98 16-14 79-88 Mittel. . 7'056 5'990 3°86 16:34 79:73 I Ener. a nen 246 678-5 6°750 5:705 3-58 16°86 79-56 247 6°963 5-875 3-57 17-04 79-59 Anne 50 678-8 7188 6°093 3-63 16-87 79-40 | 261 6°956 5-881 3-55 16-88 79-57 Mittel . . 6°964 5.881 356 16:91 79:38 Wien. On ee 265 750-4 6-500 6-000 3.79 16-57 79-64 269 | 6.649 6°103 3-57 16-77 79-66 Mittel . | 654 | 603 3-68 16:67 79:65 | Ki | re \ Monte 6. Aug. bis 4. Sept: Mittel . 436 | 10-53 | 612 4:00 16.46 | 79° 76 Alagna. 5. September . . . . . 2094 660°4 71-575 6-052 3-07 17-56 79-37 2095 6 5°948 3-21 17-34 79-45 Gy September Ho cos 062 6-072 3-55 16-89 79-56 211 7300 5'796 3-50 16-89 79-61 | 212 7210 5.692 3-61 16-59 79:80 Suseptember on Er ee 7 5:895 3:53 16-90 79-57 - | 2a | I aaa I ezoan St 16-79 79-64 | | 7'442 5-928 3-55 16-86 79-59 Mittel vom 5. September . 751 | 6000 | 814 17-45 79-41 Mittel vom 6. u. 8. Sept. . | 7.617 | 5:92 | 855 | 16-82 79:63 Sı [or Ss) | 10 11 O1 So tabelle XI. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. auf den Erhaltungsumsatz. und Monte Rosa— Alagna. 7, k 2 m n [) p r | Zuwachs : Exspirationsluft pro Minute : ? Körper- Kalorien Nr : Respirat. Kalorien e 2 ; : ! gewicht | pro Minute | | Defizit | Quotient pro Minute x c0O% | 0,0) CO, cm2 O, cm? Rg und m? 210 | Be] 3:43 | 4:22 222-6 | 274-9 0'816 1'325 s0-4 | 0°576 | | ring. 3-76 468 2248 2792 0803 79°7 241 3-78 467 2719°8 0809 242 3°95 5.00 240°9 3049 0°790 243 3:85 Er 230°0 23566 0.801 1'376 80-0 0600 3°55 4-22 202-4 240°8 0841 79-4 246 3-54 923 208° 0 248°5 0837 247 3.60 4-17 219°4 2541 0863 79-4 260 3.52 418 2070 245°8 0843 261 353 4:20 209-2 247°5 0'846 1'202 79-4 0:527 376 4-51 229°8 270°2 0836 78-5 268 3.54 4-31 2 262-8 0.322 269 3:65 4-40 220.9 266°5 | 0-329 1'290 785 0:569 Rosa. | 3:98 4:78 2438 294 0 | 0.352 1422 76°5 0:640 3.04 45 1840 208-8 0881 74:2 2092 318 369 189 219°5 0862 2095 352 416 213-7 2532 0846 743 210 347 423 201°1 242°3 0830 211 358 453 203°8 297.9 0797 212 3.50 4-15 206 4 2504 0841 70-7 219 3.54 429 213-5 259-6 0825 221 3.52 4-21 208°7 250°4 0836 222 >11 3'957 156°5 2142 0.872 1'048 742 0480 3:52 | 4-21 206°9 2523 0.541 1'224 75:0 0557 Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXNXVI, 228 A. Durig, General- Traubenzuckerversuch Durig. Erhaltungsumsatz a b © d | e I Atemgröße Zeit verstrichen ; EEE LSEN Analyse Barometer- Liter pro Minute Tag Stunde seit der Zucker- stand : | zufuhr beobachtet | reduziert CO, Wien. 22. Jänner . sh 15 normal 1 751°9 6°733 6°15 2-98 8h 37 » 6'513 5°97 2.98 9h 05 15" 7069 6°45 3.12 106 06 1b 06' 7.924 722 3-31 11b 06 2h 16' 7960 7:24 2082 12b 06 3b 16' 7.871 7-15 2.783 ih 17 4h 27‘ 6'398 5.80 295 eh 8 5h 18' 7.015 6°35 2.70 Normale Versuche, Mittelwert der Periode . 6:20 5°83 341 23. Jänner . 7h 54 normal 1 790-2 6°697 6-12 3°21 sh 14 > 6°317 9°76 318 8h 33 15" 7°A475 6°85 289 9b 33 ıh 15' 8°225 7-51 3'37 10h 35 DSh7i 9.043 824 2-80 11h 38 3b 19' 7.399 6°73 3-20 12h 41 4b 23' 6°972 6°34 2rgil 1h 34 5h 16' 7358 6°68 279) Normale Versuche, Mittelwert der Periode . 6:20 9.83 341 1 »normal« bezeichnet die Versuche vor der Zuckerzufuhr. to 15 16 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 229 tabelle XII. (120 g Traubenzucker zugeführt). (Körperruhe). E | h i | k 2 | m n o in Prozenten Exspirationsluft pro Minute cm? respiratorischer Kalorien 2 | a N | Defizit Ex a Quotient pro Minute . 2 CO, %o 0, %o 2 r 17:78 79.24 2.95 3-20 181-4 1968 0.921 0.974 ) 17°61 79-41 2-95 3.42 1749 202-8 0°861 0.990 17.44 79-54 3:09 3:61 199-3 232-9 0856 1134 17-59 79.10 328 8086) 236°8 241°8 0:979 1°240 1807 79-11 279 2-87 202-9 207-8 0.972 1'039 18-18 79.09 2-70 2-76 193° 1 197 4 0978 1°011 17-31 79.74 2:92 383 1694 DD 0.762 1054 Id6 79:54 267 330 1697 2096 0.809 1°008 17-31 79-28 3:38 3:65 196-9 214°5 0:918 1.022 Io 79-28 3-18 3°47 1946 212-4 0°916 1°050 17.42 79:40 315 3°60 1814 2074 0'875 1.014 INT 79.44 2:86 3:36 195°9 230°3 0-851 1-120 1744 79° 3:34 359 2508 2696 0.932 1'338 18-11 7906 2-80 2-82 232-4 232-4 0'993 1°198 1756 79:24 317 342 230°3 230° 2 0.949 1°147 1760 79-49 288 3.44 184°5 218-1 0846 1062 17°67 79-54 276 3:38 1843 2264 0.814 1°091 17:31 79-28 3:38 3:63 1969 214°5 0918 1'022 31% 30 A. Durig, General- Traubenzuckerversuch Durig. . Erhaltungsumsatz Capanna Margherita a b c a e f Atemgröße Zeit verstrichen : we Analyse Barometer- Liter pro Minute Ta& Stunde seit der Zucker- stand zufuhr beobachtet reduziert CO, 2. September 1906 . sh 30 normal 1 432*5 9221 5017 410 9h 51 16' 11-18 9.984 443 10h 37 Da al 11°89 6'501 4-49 11h 43 2b 8! 10°37 9675 428 12h 58 sh 23' 10°13 9.545 4-34 1b 35 4h 5' 9-11 4974 4:38 4b 10 6b 35' 10-34 5°647 3.93 Normalversuche, Mittelwert der Periode . 9:79 522 41% 3. September 1906 . g9h 25 normal 1 4321 9-98 9418 398 10h 5 15% 10°91 9974 417 ia 5 ib 15' 10-97 6°032 4-40 12b 5 2b 15' 10-30 5688 436 ik 0 3b 10' 9259 5.298 4:35 eh 0 4b 10' 9227 9.092 4-04 Normalversuche, Mittelwert der Periode . 9:79 922 417 Hock- 2. September 11h 58 2h 23" 4325 1380 7.505 380 1b 25 3b 50' 16H 6°366 3°67 5h 15 7h 40' 14-62 7956 3°33 1 »normal« bezeichnet die Versuche vor der Zuckerzufuhr, 11 12 14 15 16 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition, tabelle XII. (120 g Traubenzucker zugeführt). (Körperruhe). (Monte Rosa) 4560 m. g | h i | 2 in Prozenten Exspirationsluft DD [e®) N respiratorischer Kalorien 5 \ ee Defizit ea Ä Quotient pro Minute 2 5 CO; %o O9 %o 2 | . 15°92 79-98 4-07 5025 2042 263-3 0776 1'257 16-49 79-08 4-40 4:44 263-3 265°7 0°991 1'369 16-45 79-06 4-46 4:46 283-4 283-4 1.000 1’463 16-51 79-21 4:25 4-45 241-2 252*6 0956 1'261 1619 79-47 4-13 4-83 239-2 267°9 0-893 OST 15295 79°67 4°35 DisHlla 216-3 290 0°848 1°240 16°24 79:83 3:90 4:89 220-2 276°1 0°818 1.332 15:98 79-85 4-14 515 220-1 275-4 0804 1324 16-30 79-72 3-95 4-79 214-0 259-8 0:824 j1E255 16-48 79-35 4-14 4-51 2474 269-9 0'915 1:334 16-52 79-08 4-37 4-41 263-6 266-0 0991 1'370 16-44 79-20 4-33 4.52 245° 8 256-9 0'957 1'283 16°23 79-42 4-32 4:79 228-9 253-8 0902 1°251 16-16 79-80 4-01 4-96 204°2 252-6 0°809 1’210 15:98 79-85 4-14 5°15 220-1 275.4 0-804 1'324 versuche. 17-01 79-19 3-77 3-95 282°9 | 296-4 0954 16°92 79°41 364 4-10 231°6 261°0 0:888 17-17 79-50 3-30 3-77 262-5 299-9 0°875 Denkschr. d, mathem.-naturw, Kl. Bd. LXXXVI, B t { ee ah a r en genen ars an ut, a Sa a BR N En Pi Er N 7 De Feuiii zelnnue ERGEBNISSE DER MONTE ROSA-EXPEDITION VOM JAHRE 1906 VON PROF. D"- A, DURIG. BEOBACHTUNGEN ÜBER LUFTIONISATION VON HEINRICH REICHEL. Mit 1 Tabelle und 1 Kurventafel. VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 18. FEBRUAR 1909. IX. Beobachtungen über Luftionisatıon. Die Tatsachen der Luftionisation sind erst seit kurzem bekannt und in ihren wesentlichen Zusammen- hängen überblickbar. Doch scheinen sie schon heute nicht bloß für die Erklärung der übrigen luft- elektrischen Erscheinungen, die seit jeher das lebhafteste Interesse der Menschen wach hielten und seit mehr als 100 Jahren oft zum Gegenstande eingehender wissenschaftlicher Forschungen gemacht wurden, sondern auch für mannigfache andere geophysische, besonders meteorologische Verhältnisse von ausschlaggebender Bedeutung zu sein. Daß diesen Erscheinungen auch von physiologischer Seite Aufmerksamkeit zugewendet wird, kann demnach nicht wundernehmen. Die Prinzipien der modernen Untersuchungsmethodik und die Grundzüge der heute widerspruch- freisten Anschauungen dieses Erscheinungsgebietes haben in jüngster Zeit durch Mache und v. Schweidler! eine ebenso klare als gründliche Darlegung erfahren. Nach dieser sind wir zur Auffassung berechtigt, daß die Elektrizitätsleitung durch die Luft den wesentlichen Charakter einer Ionenleitung besitzt. Unter natürlichen Verhältnissen kommt hiebei in der Atmosphäre die Hauptrolle den sogenannten Molionen zu, welche Aggregationen von rund 30 Molekülen als Träger des elektrischen Elementar- quantums (3, 4.1070 E. S. E.) vorstellen, während kleinere und größere relative Massen von unter- geordneter Bedeutung sind. Die Beweglicheit der negativ geladenen Teilchen ist durchschnittlich eine etwas größere als die der positiv geladenen. Als hauptsächliche Quelle der Ionisation darf die Becquerel- Strahlung radioaktiver Erdemanationen (Radium, Thorium) betrachtet werden, neben der in höheren Luft- schichten die Wirkung der ultravioletten Sonnenstrahlung und endlich lokal oder temporär diejenige der Wasserzerstäubung und der photoelektrischen Zerstreuung in Betracht Kommen können. Die lonisation der Atmosphäre scheint in der Erdnähe im allgemeinen kleiner als in größerer Entfernung. Sie ist hier für beide Ladungen gleich groß, dort ausgesprochen unipolar durch Überwiegen positiver Ladung, was teils 1 Die atmosphärische Elektrizität. (Die Wissenschaft, H. 30.) Braunschweig 1909, siehe dort auch die Literatur des Gegenstandes. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 33 234 FH. Reichel, durch Adsorptionswirkung der Bodenluftwege, teils durch leichteren Eintritt von Kondensation an negativen Ionen erklärt wird. Der Einfluß andererer meteorologischer Zustände auf die Ionisation der Atmosphäre ist kein einfacher, doch läßt sich im allgemeinen erkennen, daß alle Umstände, die das Ausströmen von Bodenluft begünstigen — wie niederer Luftdruck, hohe Temperatur, Trockenkeit — auch meist mit höherer lonisation und umgekehrt verknüpft sind. ; b Wir beabsichtigten während des vierwöchentlichen, physiologischen Studien gewidmeten, Aufenthaltes in der Höhe von 4560 m eine Reihe von Messungen über die Luftionisation parallel mit den übrigen Untersuchungen, insbesondere mit den Respirationsversuchen durchzuführen. Wir sind Herrn Prof. Mache für wiederholte wertvolle Beratung in dieser Angelegenheit sehr zu Dank verpflichtet. Unser Plan schien um so aussichtsreicher zu sein, als seit den letzten, diesbezüglichen Beobachtungen, die von N. Zuntz und seinen Mitarbeitern »%® anläßlich der Monte Rosa-Expeditionen der Jahre 1901 und 1903 gemacht wurden, eine wesentliche methodische Verbesserung solcher Messungen in Aufnahme gekommen war. Der Eberth’sche Aspirator oder Ionenzähler* bedeutet zweifellos einen großen Fortschritt gegenüber den älteren Zerstreuungsapparaten von Elster und Geitel.?’ Denn hier ist die gemessene Ladung der Luft nur durch die Zeit der Exposition des ungleichnamig geladenen Zerstreuungskörpers definiert, während das damit in Berührung tretende Luftvolum bei. den enormen Verschiedenheiten der Luftbewegung ein äußerst schwankendes sein kann, ja sein muß. Dort ist hingegen durch die Umdrehungen eines mittels Uhrwerks betriebenen Ventilators gerade das Luftvolum festgelegt, das an dem stabförmigen, in einer Röhre angebrachten Zerstreuungskörper (lonenkollektor) — nahe genug für völlige Entladung — vorbeistreicht. Wir bedienten uns eines solchen Apparates, der von der Firma Günther und Tegetmayer in Braunschweig gebaut war und uns von Herrn Prof. OÖ. Simony in Wien in dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt wurde. Der Apparat besteht aus einem Exner’schen Elektrometer mit Aluminiumblättern, dessen Gehäuse im Versuch mittels eines Kabels zur Erde abgeleitet werden muß, und dessen Ladung durch eine Zamboni- sche Trockensäule erfolgt. Die Eichung des Instrumentes war durch die liefernde Firma in einer Tabelle festgelegt. Die Kapazität des Elektroskopes samt dem damit verbundenen Kollektorstabe beträgt 18°4 cm. Das Uhrwerk des Ventilators gibt in Intervallen von rund 2 Minuten Glockensignale, die zum neuerlichen Aufziehen des Werkes auffordern, wenn die Geschwindigkeit desselben eine ausreichend konstante bleiben soll. Die Fördermenge des Ventilators betrug bei einem Umgang des Uhrwerkes nach der bei- gegebenen Eichung 151'14 l. Jede einzelne Beobachtung erforderte fünf solche Intervalle, also rund 10 Minuten, wobei eine Luftmenge von 0:7557 m?” durch den Apparat getrieben wurde. Allerdings gilt diese Angabe nur für mittleren Luftdruck und mittlere Temperatur genau, weshalb unseren absoluten Werten der Charakter von Näherungszahlen zukommt. Sehr wesentliche Abweichungen können jedoch naturgemäß hiedurch nicht bedingt sein. Die Ionenladung in 1 m” Luft ergibt sich, je nach negativer oder positiver Elektroskopladung als: Voltabfall x 184 300 x 0:7557 VE Todes) I— SR Wie aus der tabellarischen Übersicht der Versuche hervorgeht, wurde an den einzelnen Versuchs- tagen meist eine Reihe solcher Messungen für jede der Ladungen durchgeführt. Dazwischen wurde wiederholt der Abfall der Elektroskopladung am ruhenden Apparat und bei geschlossener Röhre in gleicher Zeit geprüft, um die so erzielten Korrekturwerte von den bei Aspiration erhaltenen abziehen zu 1 Caspari, Phys. Zeitschrift, 3, 1902. 2 Zuntz und Durig, Dubois’ Arch. 1904. 3 Zuntz, Loewy, Müller, und Caspari, Höhenklima und Bergwanderungen in ihrer Wirkung auf den Menschen, 1906. + Phys. Zeitschrift, 2, 1901. 5 Phys. Zeitschrift, 7, 1899. Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. 239 können. Diese Werte waren immer sehr klein, meist überhaupt vernachlässigbar, d. h. nicht sicher zu schätzen. Als Aufstellungsort des Apparates wurde die Südostgalerie der Hütte gewählt. Die hölzerne Galerie stellt einen unbedeckten etwa 1 m breiten, mit Geländer versehenen Gang dar, während die Hütte selbst durchaus mit Kupferblech verschalt ist. Diese steht nach Südosten hart am Abgrunde, der dort sehr steil gegen Alagna abfällt, von den Gletschern des Monte-Rosa-Stockes abgewendet. Nur eine Versuchreihe wurde (am 18. August) nicht dort, sondern teils auf dem Gletscherschnee, und zwar auf der Höhe der Gipfelwächte der Punta Gnifetti etwa 8 m von der Hütte entfernt, teils auf der Nordwestgalerie der Hütte vorgenommen. Die Ableitung zur Erde war in der Regel durch Kontakt mit dem Kupferblech der Hütte bewerk- stelligt, welches seinerseits gegen Blitzgefahr abgeleitet ist. Nur in Hinblick auf unsere Absicht, bei Marschrespirationsversuchen auf anderen Teilen des Gletschers ebenfalls Ionisationsbestimmungen aus- zuführen, wurden auch andere Ableitungsmethoden im Rahmen einiger ausgedehnterer Reihen vergleichs- weise angewendet. Der Ausfall dieser Versuche war aber wenig ermutigend, so daß wir jene Absicht bald aufgaben. Wie die Versuche 9 bis 12 der Reihe vom 13. August zeigen, ist zwar die Ableitung gegen Gestein — der zugespitzte Kupferdraht am Ende des Kabels wurde ın Felsenspalten eingebohrt — eine wirksame, da die so gewonnenen Werte von denen bei Hüttenableitung kaum abweichen. Ableitung gegen Schnee versagt jedoch, wie die Versuche 13 und 14 im Vergleich zu 1 bis 12 vom 13. August beweisen, so ziemlich, und zwar auch dann, wenn — wie im Versuch 3 und 4 vom 18. August — eine große Blechplatte mit dem Kabel verbunden auf den Schnee gelegt wird. Die Versuchsreihen wurden an den in der Tabelle ersichtlichen 6 Tagen, und zwar meist in den späteren Vormittagsstunden, alle zwischen 9" vormittags und 2" nachmittags ausgeführt. Man darf nach den Erfahrungen anderer, insbesondere Conrad’s! annehmen, daß die durch einen typischen täglichen Gang bedingten Schwankungen der lonisationswerte in diesem Zeitraum nicht allzu große waren, da diese auf vereisten Gipfeln überhaupt besonders wenig ausgesprochen zu sein scheinen und alle periodischen Schwankungen solcher meteorologischer Zustände mit der Höhe eher ab als zunehmen. Nach dem 22. August konnten solche Versuche leider nicht mehr vorgenommen werden, weil an diesem Tage der Apparat durch einen — wohl durch die Kälte verschuldeten — Zahnradbruch im Uhrwerk des Ventilators unbenützbar wurde. Die Witterung war während der Versuchsanstellung selbst meist — im Beginn der Reihen immer — eine heitere, mehrmals sogar völlig klar, zweimal stieg gegen Ende der Versuche Nebel auf. Die allgemeinen Witterungsverhältnisse während der Zeit, über die sich die Versuche erstreckten, waren die folgenden: Die ersten drei Messungen am 13., 16. und 18. fallen in eine länger anhaltende Periode vor- wiegend heiteren Wetters bei verhältnismäßig niedrigem Luftdruck. Die Zeit vom 13. bis 18. August selbst ist durch ein allmähliges weiteres Absinken des Luftdruckes, durch Fallen der Temperatur, Anstieg der Feuchtigkeit bis zum 17., und damit durch rapide Verminderung des Sättigungsdefizites zu charakteri- sieren. Am 19. erfolgte ein Wettersturz mit sehr niedrigen * Temperaturen und Schneesturm. Die Zeit vom 20. bis 23. bildet den Übergang zu einer neuen Periode heiteren und dabei beständigeren Wetters als es vorher herrschte. Temperatur und Luftdruck befinden sich an jenen Tagen im Steigen, die absolute Feuchtigkeit, die sichtlich unter dem Einfluß der großen Kälte des 19. auf ein Minimum gesunken war, erreichte am 21. ein Maximum, um dann rasch und stark, trotz konstanter, später sogar wieder steigender Temperatur, zu fallen. | Die erwähnten Verhältnisse dürften sich am besten in der beigefügten Kurvenskizze überblicken lassen, welche außer den lonisationswerten auch die übrigen meteorologischen Daten, soweit sie sich auf 1 Wiener Berichte, 774, Ila, 1905 und 775, Ila, 1906. 2 Unsere am Tage angestellten Messungen ergaben als niedersten Wert der Temperatur —14:6°C. um 71 früh am 19. August. Doch war die Temperatur in der vorausgehenden Nacht nach Mitteilung Herrn Prof. Alessandri’s unter —20° C. gefallen. 33* 236 H. Reichel, die in Rede stehende Zeit beziehen, Konform mit der im zweiten Abschnitt der einleitenden Abhandlung wiedergegebenen Tabelle verzeichnet. Wie dort erwähnt, verdanken wir die barometrischen Werte Herrn Prof. Alessandri, während die Angaben über Lufttemperatur und Feuchtigkeit auf eigenen Beobachtungen mittels eines Assmann’schen Psychrometers beruhen; die Sonnenscheintemperaturen wurden durch Ablesungen an einem Schwarzkugel-Maximalthermometer festgestellt, welches 8 m von der Hütte entfernt auf der Gipfelwächte etwa 1 m» über der Schneefläche aufgehängt war. Die letzteren Beobachtungen wurden nur an einzelnen Tagen angestellt. Die Versuchsergebnisse! der Ionisationsmessungen wurden in elektrostatischen Einheiten elektrischer Ladung im Kubikmeter Luft als J} und J_ wiedergegeben. Die Differenzen in den gleichartig, auch rasch nacheinander angestellten Einzelversuchen sind, wie bei der Natur ‚solcher Untersuchungen und des exponierten Beobachtungspunktes nicht anders zu erwarten ist, nicht unbeträchtlich. Um die sich hierin ausdrückenden Zufälligkeiten zu vermeiden — etwaige tägliche Schwankungen konnten hiebei aus den genannten Gründen kaum in Betracht kommen — wurde überdies die Mittelzahl sämtlicher unter gleichen Bedingungen gewonnenen Werte eines Tages festgestellt und wiedergegeben. Diese wurden dann auch J AND zur Berechnung der Quotienten E ‚, und zur Eintragung in die Kurventafel verwendet. Eine Betrachtung der so ermittelten Werte zeigt — in voller Übereinstimmung mit allen älteren Feststellungen in der Erdnähe überhaupt und auf Berggipfeln insbesondere — durchwegs ein Überwiegen der positiven Luftladung über die negative; besonders stark ist dies in den Versuchen am 20. und am 22. August, also in zwei nach dem Wettersturz erfolgten Messungen, am wenigsten am 16. August, drei Tage vor dem Wettersturz, ausgeprägt. Die Werte von g sind für den Durchschnitt von Messungen in der Ebene oder in Tälern von Ebert mit 1'24, von Gockel? und v. Schweidler? mit 1:20, von Conrad*mit 1:15 angegeben worden. Für Messungen auf Bergspitzen erhöhen sich diese Verhältniszahlen bei Gockel (am Rothorn) und bei Conrad (am Sentis) auf Werte, die den unserigen, am Monte Rosa gewonnenen ähnlich sind, die jedoch im Durchschnitt und in den Extremen noch etwas höher liegen. Unsere absoluten Zahlen fallen gegenüber den in der Literatur vorliegenden zum Teil durch besondere Größe auf. Als »normale« J} Durchschnittswerte der Ebene geben z.B. v. Schweidler 0°:365, Conrad 0'348 E. S.E. an, am Sentis beobachtete der letztere durchschnittlich — und ohne sehr starke Schwankungen — 0:42 E.S.E., am Rothorn (2300 m) Gockel allerdings 0:7 bis 0:8. Demgegenüber reicht eines unserer Tagesmittel über 2:0, ein Einzelwertsogar über 3'O hinaus, Werte um 1:5 sind nicht selten, sogar J_ übersteigt an zwei Tagen die Zahl 1:0, während diese Größe sonst in der Erdnähe kaum jemals über 0:5 gefunden wurde. Zur Erklärung dieser Differenz kann gewiß die besprochene Ungenauigkeit unserer Rechnung infolge unbekannten Fördervolums in der verdünnten Luft nur zum geringsten Teile herangezogen werden. Die bedeutend größere Höhe unseres Beobachtungspunktes dürfte bei der bekannten Tatsache stärkerer Ionisation höherer Luftschichten hiefür am meisten ins Gewicht fallen. Exzessive Steigerungen der Ionisation mit der Höhe z.B. auf rund das 30fache des Wertes am Boden wurden im Ballon? nur mit der älteren Zerstreuungsmethode festgestellt, während die allerdings spärlichen, mit den unserigen einigermaßen vergleichbaren Werte Gerdien’s® nur einmal unwesentlich, und zwar für J_ in 2400 m Höhe über 1:0 E.S.E. hinausgehen und für größere Höhen sogar häufig recht gering sind. Vielleicht kommen daneben auch andere lokale Verhältnisse des Punktes in Betracht, z. B. die Lage knapp über einem der steilsten und tiefsten Felshänge, die die 1 Über eine Reihe von vor der Expedition in der Ebene angestellten Versuchen wird hier nicht berichtet. Ihr Ergebnis entsprach durchaus den zahlreichen vorliegenden Angaben. 2 Meteorol. Zeitschr. 23, 53 und 339, 25, 9. 3 Wiener Ber. 714, Ila, 1905. 4 Wiener Ber. 775, Ila, 1906. 5 Ebert, Meteorol. Zeitschr. 78, 1901. 6 Göttinger Nachrichten 1903, m.-ph. Cl., p. 383. Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. 237 Alpen aufweisen (täglicher Abgang von Steinlawinen), im Zusammenhang mit dem Gesteinscharakter! des Monte-Rosa-Stockes. Aber auch zeitliche, meteorologische Verhältnisse könnten zur Erklärung beitragen. Der Sommer des Jahres 1905, in den die Messungen Gockel’s und Conrad!’s fallen, war für die ganze Schweiz ein besonders feuchter und auch die Untersuchungen selbst wurden damals vielfach durch ungünstige Witterung gestört. Dagegen war der Sommer 1906, in welchem wir beobachteten, in der Schweiz und in Oberitalien ein besonders trockener. In Alagna, wo schon zur Zeit unseres Aufstieges über langen Wasser- mangel geklagt wurde, fiel, wie wir später erfuhren, auch während des ganzen August kein Regen. Wald- brände, von denen wir einen selbst wochenlang aus der Höhe beobachten konnten, waren überall an der Tagesordnung. Der Wettersturz am 19. war lokal und rasch vorübergehend. Besonders verdient vielleicht noch bemerkt zu werden, daß in der Zeit vor dem 19., welcher Periode die exzessiv hohen lonisations- werte angehören, Wolkenmeere auf einer Höhe von rund 3000 mn sehr häufig auftraten. Gockel? betont das häufige Zusammengehen hoher Ionisationswerte im Gebirge mit Nebelmassen in den Tälern. Der allgemeine Gang der absoluten Werte während der gesamten Beobachtungszeit stimmt für beide Arten der Ladung so ziemlich überein. Nur am 20. und 22., den Tagen stärkster Unipolarität, liegen die J_ Werte besonders niedrig, während die J; Werte in den allmählichen Anstieg der Kurve leidlich hineinpassen. Die auf der Gipfelwächte und der Nordwest-Galerie gewonnenen Werte zeigen nichts auffälliges gegenüber den andern. Im großen und ganzen ist eine gewisse Ähnlichkeit des Kurvenzuges mit demjenigen der übrigen meteorologischen Werte nicht zu verkennen. Doch tritt die Senkung der Kurve dort früher ein und wird, wenigstens für J; auch früher behoben als hier. Der 13. August weist die absolut höchsten Werte auf, am 16. folgen relativ besonders niedrige, die sich von da an für J+ allmählich erheben, für J- — abgesehen von einem höheren Wert am 21. — aber noch senken. Die so häufig gefundene Gegensätzlichkeit der Luftdruck- und der lonisationswerte ist nicht überall zu erkennen. Immerhin fallen die sehr hohen Werte mit relativ niederem und konstantem Luftdruck zusammen. In der späteren Beobachtungszeit herrscht in der Barometerkurve zu viel Bewegung, um eine Gesetzmäßigkeit erwarten zu dürfen. Der starke Ionenabfall vom 13. zum 16. geht mit einem schwachen Druckabfall zusammen, dann der leichte Anstieg zum 18. mit einem stärkeren Druckabfall; der nun folgende Barometeranstieg entspricht dem Sinken von J_, aber andrer- seits auch dem Steigen von J}. Auf unserem Beobachtungspunkte kommt vielleicht die Luftströmung mehr als die Geschwindigkeit lokaler Bodenluftausströmung in Betracht, besonders da der größere Teil der nahen Umgebung des Gipfels von dicken Eismassen bedeckt ist, also für Bodenluft undurchgängig sein dürfte. Vielleicht könnte zur Erklärung des Abfalles vom 13. zum 16. das Sinken der Temperatur, beziehungsweise das rasche Steigen der relativen Feuchtigkeit herangezogen werden. Der spätere Anstieg von Jı bei steigendem Barometerstand entspricht übrigens wiederholten Beobachtungen Gockel’s,? der geneigt war gerade in diesem Verhalten die Regel zu erblicken. 1 Sowohl der relativ große Radiumgehalt der Urgesteine als auch die photoelektrische Zerstreuungsfähigkeit derselben (Mache und v. Schweidler, l.c. p. 108) könnten in Betracht kommen. Bei Alagna liegt am Fuße des genannten Absturzes ein Goldbergwerk, was einigermaßen an die Nachbarschaft des Rauriser Goldbergwerkes und der Gasteiner Quellen erinnert. 2 Meteorol. Zeitschr. 23, 53. 3 Meteorolog. Zeitschr. 22, p. 99, 1905 und 23, p. 53, 1906. 238 Eistee Ionenladung im m? in E. S. E. Quotient Tages- } ’ $ Datum Ort 4 Nummer | Einzelmessungen Mittelwerte Jets Ableitung Witterung zei — en Te JAL J= Jar y sh 33' 1 _ 0:93 929 2 1.52 _ 9 58 3 3:09 — 10 37 4 2:20 _ 9-01 1-92 1-65 gegen die 10 48 5 1:36 —_ Hütte Monte Rosa, | 1! 17 & ns ws Südost- 11 43 7 _ 1:83 13. August er 5 So Galerierden Bl2E223 8 —_ 0:89 klar 1906 Capanna Margherita | 12h 31' Ö 2:02 _ 12 43 10 — 1:45 in &r s 058 2:19 1,0912 1:95 |gegen Gestein I) 12 2.35 _ 1732 13 0:72 — le A _ — _ gegen Schnee ans onluınu 2oı las le |E0-51 = il a & egen die la 16. August | Galerie der | 12 42 2 0-55 = oe | me | | ° u i Capanna > ulie : Margherita 25 & IF°i 0:42 nebelig 11h Ag! 1 0:80 _ — — — gegen Schnee Monte Rosa, el - 05 =a Schneewächte 12h 20' 071 ER a 7 Segen ine Kar 18. August 12 30 0:42 u Blechplatte windig, kalt Nordwest- 12h 44' 1:16 == & i egen die a nn en Nee | Capanna Hütte Margherita 7, _ 0:53 h U . = Monte Rosa, a 30 i —_ Südost- 2 2 1:33 — x heiter, egen die 20. August | Galerie der 1 45 3 —_ 0:63 1:41 0:32 441 x f teilweise Capanna 10055 4 — 0:19 ir bewölkt Margherita 205 3 ar 0-14 h \ . en Monte Rosa, una : ni Südost- 10 56 2 1:29 = e klar egen die 21. August | Galerie der | 11 32 3 — 1:31 1:36 | 0-80 1:70 u Capanna 11 42 4 ai 0:60 Hr manchmal Margherita 11 52 5 en 0-50 Nebel Monte Rosa, R Fi } Südost- 9h 48' 1 145 —— gegen die 22. August Galerie der 1'45 0:26 908 A heiter Capanna | 11 22 2 = 0:26 Hütte Margherita 239 A. Durig: Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition 1906. (Reichel H.: Luftionisation.) Tafel XVII. ® [>] Sonnenscheintemperatur in °C. =] (Maximum) 7 Feuchtigkeit der Luft in g/m? I vw. 25 ; 8 I El 17 Re ZEN IR arrengsren X maximal [24 es, £ N | “ uf y x x absolut ze oh [#1] Y% u PJul Hr. Lufttemperatur in °C. 1 NS Barometerstand in mm Hg. Luftionisation x “MH in.E. S. E. im m®. Tag im August 1906: Nu ee SORE nolinarpaileson altoN: 19h SeRındamı? Reli. Be. ER £neitasinodio): VHMaNSIOR - ” va ? En Ä a AR N 8 = 7 e N 5 % R\ ß ir eu ri f ei ? ‘ Te re em BER LTR 1b rn en ee ie he rhie ee een Fon l or E 4 S ar N S 2 en N B N Is % PN ig e2 a E - 3 = E EG \ oe eher Fa Peer De r x J : 7 zanı KR. = A x "laan (ir N Ka / er Ka SEN h a, Er NA W Nor EN nr neh E R Je an El > pe h A » . \ a 1) ”y ' DE ER ) £ r , ve PAR ET FEEN, PR. i v ni = N N en ee ierten Lu R B 3 : \ i ) 2 ı er I N“ ; u Pi Fr 7 K re, | x 2 RER UN Tex h 7 3 R r et Ans > = + N, - „ N A x } Sr Far LEHE & En) r * E 2 wire [74 r v fi 3x 5 < = H Ö \y L \ e r \ . = Te ö £ - ein Tr % : . j Ä i ö h - m FE th E h * Kae 5 2 2 - 5 # = 3 z x 1 ! ae e 7 FEUERS, 5 Ne w er Ö I Bar e 1 { R f \ ” “ “ . “ 2 c 2 R e r f ER wur 4 ] x IN j i | i ei ur! 2 r x Behr Y- v (Er 9 h J d e) v, a h Ahr ERGEBNISSE DER MONTE ROSA-EXPEDITION VOM JAHRE 1906 VON PROF, D“ A, DURIG, ÜBER DEN GASWECHSEL BEIM GEHEN. BEITRÄGE ZUR FRAGE NACH DEM ENERGIEUMSATZ DEBDERSNMUSKBEIRBEIEDES MENSCHEN VON A. DURIG. Mit 2 Textfiguren. VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 16. MAT 1909. IUNIGLAUCT Seite Vorbemerkungen 5 0 oe Se ande MER a. Iren KEN SIE RE ER Due ee ar ee BE ne 2 [242] INTEUHOCHS Ch OS Er a SER a En ee ae ne ne ee 4 [244] Dies@noßerdesumsavzesäpeimuNanschFaniaho nizonltalemgB ah nu 9 [249] ÜBentdenwErintlupgdeg@eschwindisikeitue ee en 27. [267] ÜpendenmBioiinpadessrIchen Klimas en 42 [282] ERS EDTIISS CA N en ua van a a BE Neclhgahe Me a ee er lat 46 [286] Ganerallalaallan:. oc a8 8: Be ee EU 49 [289] Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXNXXVI. 24 x Über den Umsatz beim Marsch auf horizontaler Bahn. Vorbemerkungen. Bei den Versuchen über den Erhaltungsumsatz wurde für jeden von uns in zahlreichen Beob- achtungen die Größe des Gaswechsels bei Körperruhe unter vollkommener Entspannung der Muskulatur festgestellt und hierbei nachgewiesen, daß wir alle im Höhenklima während unseres Aufenthaltes auf dem Monte Rosa-Gipfel mehr Sauerstoff verbrauchten und mehr Kohlensäure produzierten als unter analogen Verhältnissen in der Ebene. Die Untersuchungen wurden bei allen Teilnehmern an der Expedition aus- geführt mit Ausnahme Casparis, der ja nicht mit uns zusammen arbeitete, sondern behufs Durch- führung des Talversuches allein in Alagna weilte und so außerstande war, während der Expedition des Jahres 1906 auch seinerseits Studien über den Gaswechsel durchzuführen. Wie bei den Beobachtungen über den Erhaltungsumsatz umfassen daher die Ergebnisse über den Gaswechsel bei der Arbeit nur Versuche von Durig, Kolmer, Rainer und Reichel. Anläßlich der im Jahre 1903 von Zuntz und Durig durchgeführten Monte Rosa-Expedition waren Werte für den Energieaufwand beim Gehen auf ebenem Terrain gefunden worden, die wir damals in dem Sinne deuteten, daß der Verbrauch für die Fortbewegung von einem Kilogramm entlang einem Meter Weg in Höhenstationen ein größerer sei als in der Ebene." Wir hatten damals zwar nicht beabsichtigt, die Frage nach dem Einfluß des Höhenklimas auf den Umsatz bei der Horizontalbewegung zu untersuchen, sondern nur die »Horizontalkomponente« für die Berechnung unserer Märsche auf ansteigendem Terrain ermitteln wollen, glaubten aber doch, trotz der geringen Zahl der Versuche und der Ungleichförmigkeit der Verhältnisse, aus den Resultaten einen gesetzmäßigen Einfluß der Höhenwirkung erkennen zu können. Für diese Annahme schienen besonders die in der Capanna Margherita angestellten Beobachtungen zu sprechen. Einen recht einwandfreien Beweis lieferten die Bestimmungen aber nicht. Allerdings bildeten die Ergebnisse von Versuchen, die wir zur Kontrolle auf beschneitem Wege in Berlin und Wien ausführten, um den Aufwand bei der Steigarbeit in der Ebene und in sehr großen Höhen vergleichen zu können, eine gute Stütze für die Voraussetzung, daß auch beim Marsch auf ebenem Terrain im Hochgebirge eine Umsatzsteigerung zustande komme. Vollkommen gesichert war aber die Lösung der Frage auch durch die letztgenannten Experimente keineswegs, denn die Umstände, unter denen wir im Gipfelversuch und in jenem in der Ebene arbeiteten, waren keineswegs ganz vergleichbar. Die Entscheidung hierüber, ob im Hochgebirge eine gleich große Arbeit unter demselben oder unter einem höheren Verbrauch ausgeführt werde als in der Ebene, ist gewiß von theoretischem, aber auch unzweifelhaft von praktischem Interesse, da sich hieran die Entscheidung der Frage knüpft, ob es möglich sein werde, die höchsten Gipfel des Erdballes zu erreichen. Deutet schon die Erhöhung der Verbrennungs- vorgänge in Körperruhe unter dem Einflusse der Luftverdünnung darauf hin, daß auch bei der Arbeit eine Steigerung der Oxydationsvorgänge eintreten werde, so muß doch erst entschieden werden, ob dann, 1 Durig und Zuntz, Beiträge zur Physiologie des Menschen im Hochgebirge. Archiv für (Anatomie und) Physiologie 1904, Suppl., p. 444 u. ff., und Laboratoire Scientifique international du Mont Rosa. Turin, Loescher 1904, S. 96 u. ff. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 243 wenn man den gesteigerten Erhaltungsumsatz in Abrechnung bringt, auch für die Leistung der Arbeit allein die Umsatzsteigerung noch sicher nachweisbar sei. Während die Verbrennung lebloser, anorga- nischer und organischer, brennbarer Substanz unter dem Einfluß einer Verminderung des Sauerstoffteil- druckes im allgemeinen langsamer vor sich geht, würden wir im lebenden Körper bei abnehmendem Sauerstoffanbot im Gegensatz hierzu eine Steigerung der Oxydationsvorgänge beobachten. Es ist ferner zu berücksichtigen, daß auf Grund persönlichen Empfindens von der Mehrzahl der Alpinisten angegeben wird, daß sie umso leichter gehen, je mehr sie aus der Niederung des Tales ins Gebirge aufsteigen; aller- dings ist jedoch dabei zu bedenken, daß es sich nur um das Gehen in mäßigen Höhen handelt, während von den Forschern, die in die Hochregionen Zentralasiens vordrangen, ganz einheitlich angeführt wird, daß die Anstrengung um so größer, aber auch die täglichen Fortschritte um so geringer wurden, ie bedeu- tender die Höhen waren, die sie erreichten. Wir wissen zwar unzweifelhaft, daß das Gefühl der Anstrengung bei einer Arbeit keineswegs stets mit der Größe des gleichzeitigen Umsatzes parallel geht — man denke an das Halten eines Gewichtes bei ausgestrecktem Arm —, dennoch kann man aber an- nehmen, daß wenigstens bei der Marscharbeit, ceteris paribus, ein recht inniger Zusammenhang zwischen beiden besteht. Wenn ein und dieselbe Person Marscharbeit leistet, so ist der Umsatz in der Zeiteinheit um so größer, je größer der Effekt war. Wird der Weg ein schlechterer, die Leistung eine forciertere! oder stellt sich allmählich Ermüdung ein — was ja stets mit der Empfindung intensiverer Anstrengung bei gleich großem Effekt verbunden ist, indem es energischerer Impulse bedarf, um die Muskeln zur Tätigkeit zu zwingen — so wird stets der Umsatz steigen. Auch Beobachtungen von Bürgi?, sowie von Zuntz und seinen Mitäurbeitern im Jahre 1901°, die anläßlich von Versuchen auf dem Rothorn gemacht wurden, haben ebenfalls eine Deutung im Sinne einer Zunahme der Verbrennungsvorgänge bei der Leistung von Arbeit im Höhenklima erfahren.“ Im Jahre 1905 führte ich während zweier Monate Serien von Versuchsmärschen auf der Sporner Alp und auf dem Bilkengrat aus, die den Zweck verfolgten, den Einfluß des Trainierens auf die Höhe des Umsatzes beim Gehen im Gebirge festzustellen und zu entscheiden, ob ein schädlicher Einfluß von Alkoholgenuß bei der Verrichtung von Marscharbeit experimentell nachzuweisen sei. Hierbei war es nötig, auch Beobachtungen über die Höhe der Oxydationsvorgänge beim horizontalen Gehen anzustellen, um die Steigversuche berechnen zu können. Die betrefienden Beobachtungen wiesen darauf hin, daß die Frage nach dem Einfluß des Höhen- klimas auf den Umsatz noch keineswegs entschieden sei. Während des Aufstieges auf eine Höhe von 2400 m konnte kein sicherer Einfluß der Höhenlage, die passiert wurde, auf die Größe der Verbrennungs- prozesse nachgewiesen werden. Ferner ergab sich, daß bereits Hindernisse, die sonst als unwesentlich erscheinen, den Verbrauch für das Gehen auf horizontaler Bahn wesentlich zu erhöhen vermögen. Es war aus diesen Gründen sehr wünschenswert, anläßlich der Expedition des Jahres 1906 neuer- liche Beobachtungen über die Höhe der Verbrennungsvorgänge beim Marschieren anzustellen, um so mehr, als es sich zeigte, daß trotz der zahlreichen, grundlegenden Versuche, die Zuntz und unter dessen Anregung und Anleitung seine Schüler bereits ausgeführt hatten, eine Ergänzung der bereits gefestigten Kenntnisse über das Verhalten beim Marsch in der Ebene durch neue Resultate an anderen Versuchs- personen recht nötig war. Von großem Werte war es, daß anläßlich unserer neuen Expedition Kolmer, der auch an den Ver- suchen von Zuntz und seinen Mitarbeitern im Jahre 1901 teilgenommen hatte, wieder als Versuchsperson 1 Über diesen Gegenstand und die Frage, inwieweit Beweise hierfür vorliegen, siehe Capitel XI. 2 Archiv für (Anatomie und) Physiologie 1900, p. 511. 3 Höhenklima und Bergwanderungen. Bong 1906, p. 253. 1 Auf die Versuche wird später näher eingegangen werden. 5 Pflügers Archiv, Bd. 113, p. 234. 34* 244 A. Durig, zur Verfügung stand, so daß nunmehr unter Verwendung verbesserter Methodik untersucht werden konnte, ob die ganz auffallenden, damals bei ihm gewonnenen Werte für den Umsatz den Tatsachen ent- sprechen oder auf Zufälligkeiten in den Versuchsbedingungen zurückzuführen seien. Die Beobachtungen an Durig mußten eine wertvolle Kontrolle für jene Ergebnisse liefern, die er gemeinsam mit Zuntz im Jahre 1903 auf dem Monte Rosa gewonnen hatte. In Rainer und Reichel standen zwei geübte Gänger für die Untersuchungen zur Verfügung, so daß man hoffen konnte, durch die an ihnen auszuführenden Experimente eine erfreuliche Erweiterung und Festigung der Resultate zu erzielen. Infolge des Aufbaues des Programmes unserer Expedition, in das sich die Respirationsversuche erst in zweiter Linie einreihten, während als Hauptziel die Feststellung der Stoffwechselvorgänge ins Auge gefaßt war, konnten Versuche über den Gaswechsel beim Marsch in Col d’Olen und Alagna nicht aus- geführt werden und wir mußten daher auf die Förderung von diesbezüglichen Resultaten aus Höhen von 2000 und 3000 ın verzichten; auch Beobachtungen über den Aufwand beim Horizontalmarsch in der Capanna Margherita unterließen wir im Hinblick auf die schlechte Eignung des Hüttenganges für der- artige Versuche. Diese erstreckten sich daher auf die Bestimmung der Verbrennungsvorgänge beim Marsch in der Horizontalebene in Wien und auf dem Semmering unter Einhaltung verschiedener Geschwindigkeiten, ferner auf »Steigungsmärsche« in Wien im Winter auf beschneitem Wege und auf der nämlichen Trasse im Sommer und endlich auf Marschversuche beim Anstieg über ein geneigtes Firnfeld, das zwischen der Zumstein- und Gnifetti-Spitze auf dem obersten Plateau des Grenzgletschers, etwa eine Viertelstunde unterhalb des Observatoriums gelegen war. Auch einige Tretbahnversuche wurden behufs Kontrolle ausgeführt. Methodisches. Die Berechnung der Verbrennungsvorgänge bei der Marscharbeit stützt sich auf die von Zuntz angegebenen Prinzipien, die auf der Voraussetzung aufbauen, daß dann, wenn dem Körper Kohlehydrat und Fett in zureichender Menge zur Verfügung steht, der Mehrbedarf an Energie bei der Arbeit aus- schließlich durch die Oxydation der genannten beiden Stoffe gedeckt wird. Kennt man daher den Gesamt- gaswechsel einer Versuchsperson während der Leistung einer Arbeit, so hat man von diesem den Sauer- stoffverbrauch und die Kohlensäureproduktion, die dem Erhaltungsumsatz entsprechen, in Abzug zu bringen, um jene Mengen von Sauerstoff und Kohlensäure zu finden, die den Oxydationsprozessen zZU- gehören, welche für die Deckung der Ausgaben bei Leistung der Arbeit ablaufen mußten. Aus der Höhe des Sauerstoffverbrauches und der Kohlensäureproduktion bei der Arbeit ergibt sich der respiratorische Quotient für den Arbeitsgaswechsel, und mit Hilfe dieses läßt sich dann nach wieder- holt angeführten Prinzipien! der kalorische Wert des Umsatzes bei der Marscharbeit berechnen. Die Bestimmung der Größe des Gaswechsels geschieht bei Marschversuchen in der Regel mit Hilfe eines trockenen Gasmessers?, der, auf einer sogenannten Kraxe befestigt, bequem auf dem Rücken getragen wird. Das Gewicht der Gasuhr samt Tragapparat beträgt ungefähr 11 Kilogramm. Ganz analog wie bei den Versuchen auf dem Bilkengrat verwendeten wir ausgebauchte äußere Ventilgefäße, die das Ankleben der Membran verhindern; als Ventilmembran dienten beste, auf Verläßlichkeit gegen Saugzug und Druck geprüfte Hausenblasen. Das Inspirationsventil wurde am Schulterriemen auf der linken Schulterhöhe befestigt, so daß die Inspirationsleitung bis zur T-förmigen Teilung und dem Mundstück eine sehr kurze war. Um Zerren und Belästigung oder eine unbequeme Zwangslage des Kopfes beim Gehen 1 Siehe N. Zuntz: Über den Stoffverbrauch des Hundes bei Muskelarbeit. Pflüger’s Archiv. Bd. 68, p. 201. — Zuntz und Schumburg: Physiologie des Marsches, p. 260. — Frentzel und Reach: Pflüger’s Archiv, Bd. 83, p. 481 u. ff. — Zuntz: Pflüger's Archiv, Bd. 83, p. 557. — Auch bei Magnus Levy in v. Noorden’s Handbuch. 2 Siehe Abbildung XI. p. 42. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 945 zu vermeiden, bestand das T-Stück, an dem sich In- und Exspirationsleitung teilen, ebenfalls aus einem 2! cm weiten Kutschukrohr, wobei ein Knicken durch eingelegte Drahtspiralen verhindert wurde. Als Mundstück diente eine Zuntz’sche Type besonderer Größe mit 21/, cm weiter Öffnung, 11 cm langer und über 4cm breiter Verschlußplatte, an der Einbeißlappen angebracht waren. Es sollten hierdurch wie über- haupt in der ganzen Respirationsleitung die Widerstände möglichst verringert werden. Vom zweiten Schenkel des T-Rohres setzte sich die Exspirationsleitung zum Wechselhahn fort!, der sich bequem bei der rechten Hand der Versuchsperson befand und die Verbindung mit dem vorne an der rechten Schulter am Tragriemen angehängten Exspirationsventil herstellte. Aus diesem trat das Exspirationsgas durch ein kurzes Schlauchstück in die auf dem Rücken getragene Gasuhr und durch diese hindurch und ins Freie aus. Die ganze Anordnung war derart fix mit dem Tragapparat verbunden, daß sie weder gehalten noch gestützt werden mußte und beide Hände der Versuchsperson vollkommen frei blieben. Beim Wechsel der Versuchsperson konnte die ganze Apparatur von einem auf einen anderen Teilnehmer übertragen werden, ohne daß eine Schlauchverbindung geöffnet werden mußte. Alle Stellen, an denen Schläuche mit festen Röhren verbunden waren, wurden sorgfältig mit Kautschukband und durch starke Drahtligatur gesichert, und die ganze Anordnung auf Gasdichtigkeit geprüft. Zum Verschluß der Nase dienten Nasenklemmen verschiedener Form, von denen jeder von uns jene wählte, die bei ihm am sichersten wirkte und am wenigsten Beschwerden machte. Durch die Befestigung der Zu- und Ableitungen an der Schulter konnten wir das Mundstück derart heben und senken, daß es das Bestreben hatte, sich spontan in den Mund der Versuchsperson einzuschieben; es bedurfte daher nicht der mindesten Anstrengung, um das Mundstück zu halten, so daß auch keine Gefahr von Gasverlusten aus Mund- und Nasenöffnung bestand. Die Probeentnahme jener Gasmenge, die zur Analyse gelangte, erfolgte in üblicher Weise propor- tional mit jedem Atemzug durch den automatisch sich senkenden Heber. Die Eichung der Gasuhr, die im Laboratorium und von der Firma Elster sowohl vor wie nach der Expedition vorgenommen wurde, erstreckte sich auf die verschiedenen in Betracht kommenden Geschwindigkeiten. Der Wert der Korrektur wurde von Anfang an bei der Höhe des Gesamtvolums, das geatmet wurde, in Rechnung gestellt. Bei den Tretbahnversuchen wie den Kontrolleversuchen über den Einfluß von Traubenzucker auf den Gaswechsel gelangte im Laboratorium anstatt der trockenen Gasuhr die feuchte Gasuhr zur Verwendung, bei der die Korrekturen unverhältnismäßig kleinere waren. Es wurde schon an früherer Stelle erwähnt, daß man auch dann, wenn man mit möglichster Vorsicht arbeitet und sich vor Gasverlusten schützt, sowie die Widerstände auf das bei der Versuchsanordnung erreichbare Mindestmaß reduziert, die für den Umsatz bei der Arbeit gefundenen Werte doch nur mit gewisser Einschränkung als absolute bezeichnen kann, wenn auch gar kein Zweifel darüber besteht, daß diese untereinander vollständig vergleichbar sind. Bei beschleunigtem Marsch und bei Förderung sehr großer Gasvolumina ist der Widerstand der Gasuhr nicht mehr zu vernachlässigen, und das Gefühl ungestört freier Exspiration, das man im Ruheversuch oder im langsamen Marsch beim Atmen durch die große feuchte Gasuhr hat, geht verloren. Allerdings ist die Behinderung selbst beim forcierten Gehen keinesfalls so groß, daß sich hierbei die Empfindung von Beklemmung oder gar von Dyspnoe einstellen würde, wie dies in den Versuchen von Bürgi? der Fall war; aber man glaubt doch bei jeder Exspiration gegen einen nachgiebigen Widerstand zu atmen. Um wie vieles unsere Methodik diesbezüglich jener Bürgi’s überlegen war, kann aus dem Umstande erschlossen werden, daß dieser Autor, der bei seinen Marschversuchen auf der Rothornbahn, also in der- selben oder in einer niederen Höhe als ich auf dem Bilkengrat experimentierte, nicht imstande war, während 1 Wir verwendeten auch bei diesen Versuchen nur den allerdings schweren, aber unbedingt verläßlichen Wechselhahn, den wir bei den Beobachtungen auf der Sporner Alp trugen, da er gegen Gasverlust ungleich sicherer schützt als der sonst bei Respi- rationsapparaten und bei den Respirationsversuchen verwendete Hahn aus vernickeltem Blech. D) ? Der respiratorische Gaswechsel bei Ruhe und Arbeit auf Bergen. Archiv für (Anatomie und) Physiologie 1900, p. 509 le.p. 922. 246 A. Durig, des Gehens zehn Minuten ununterbrochen durch seinen Apparat zu atmen, obwohl seine Leistung trotz eines Körpergewichtes von 93 kg nur rund 700 Meterkilogramm pro Minute betrug. Dem mögen meine erwähnten Versuche vom Bilkengrat gegenübergestellt werden, bei denen ich während dreier Stunden, also während eines ganzen Gipfelaufstieges nahezu ununterbrochen durch die Apparate atmete und bei einem Körpergewichte von rund 63 kg bis zu 1000 Meterkilogramm reiner Steigarbeit pro Minute leistete. Obwohl die Verhältnisse in unseren Versuchen also viel günstiger liegen als in jenen Bürgi’s, leidet hierbei doch die Richtigkeit der Bestimmung des wirklich geatmeten Gasvolums trotz der Eichung der Gasuhr für den Durchgang einer gleich großen Gasmenge, wie sie in der Zeit einer Exspiration erfolgt. Auch die Vergrößerung der Arbeit der Atmungsmuskulatur über ein normalerweise bei derselben Arbeit, jedoch ohne das Atmen durch die Apparate bestehendes Ausmaß, ist hierbei nicht außer acht zu lassen und zu berücksichtigen, daß im Respirationsversuche während des Marsches die Atemmechanik eine gewöhnlichen Verhältnissen gegenüber geänderte ist. Die Marschversuche begannen stets erst dann, wenn die Marschbewegung unter genau denselben Verhältnissen schon während längerer Zeit ausgeführt worden war, so daß man sicher sein konnte, daß sich ein Zustand ausgebildet habe, der während lange dauernden Fortmarschierens konstant bleiben mußte. Diesen Abschnitt jedes Versuches, die Periode des Vormarsches, zerlegten wir stets in zwei Teile, den »Spülmarsch« und den eigentlichen Vormarsch; hierauf folgte erst der Versuch, in dem die Probe- entnahme geschah und der zur Berechnung herangezogen wurde. Die Dauer eines einzelnen Marsch- versuches stieg dadurch auf eine halbe Stunde bis drei Viertelstunden. Bei meinen früheren Versuchen hatte ich wiederholt beobachtet, daß aus der Reihe fallende Ergeb- nisse, die eine ganze Versuchreihe als unbrauchbar erscheinen ließen, dadurch herbeigeführt wurden, daß die Vorperioden zu kurze gewesen waren, und es kann gewiß nicht als ein zweckmäßiges Verfahren bezeichnet werden, wenn man an Stelle des Bestrebens, ein Gleichgewicht im Verhalten schon am Beginne des Versuches herbeizuführen, diesen nach Ablauf der Arbeit so lange fortsetzt, bis der Ruhegaswechsel wieder annähernd zur Norm zurückgekehrt ist, wie dies Bürgi getan hat, denn wir wissen, daß dies besonders im Hochgebirge oft recht lange nicht eintreten kann. In unseren Versuchen begann die Versuchsperson den Marsch, indem sie durch die Gasuhr atmete, und marschierte, ohne daß jedoch eine Probe des Exspirationsgases aufgefangen wurde; gegen Schluß dieser etwa 5 bis 15 Minuten dauernden Periode wurden während des Gehens von dem im Schritt folgenden Experimentator durch Ein- und Austreiben von Flüssigkeit die Zuleitungen zum Sammelrohr für die Gasprobe mit einem Atemgas gespült, wie es dem betreffendenVersuche zugehörte. Auf ein Kommando blieb dann die Versuchsperson stehen, und während diese weiter durch die Ventile und die Gasuhr atmete, gelangte der Stand der Thermometer, welche die Temperatur der in der Gasuhr ein- und aus- strömenden Exspirationsluft anzeigen, zur Ablesung. Nun hatte die Versuchsperson den Wechselhahn umzuschalten, so daß sie durch diesen ins Freie exspirierte, während die Gasuhr hierbei abgeschaltet wurde und deren Stand abgelesen und notiert werden konnte. Nachdem noch rasch die Vorrichtung für die proportionale Probeentnahme eingerückt worden war, begann der eigentliche Vormarsch als Fort- setzung des Spülmarsches. Die Unterbrechung zwischen beiden dauerte kaum eine Minute. .Im eigentlichen Vormarsch ging die Versuchsperson im gleichmäßigen Tempo etwa 5 bis 10 Minuten fort bis zu einer Marke am Weg, bei deren Überschreitung sie durch Umlegen des Wechselhahnes die Verbindung der Expirationsleitung mit der Gasuhr herstellte, so daß deren Zeigerwerk sich nun zu bewegen 1 Berechnet man die Versuche Bürgi’s auf die ganze Versuchsdauer, so wird die Leistung Bürgi’s während des ganzen, 12 Minuten umfassenden Versuches nur 7000 Meterkilogramm, der jene im Bilkengratversuch mit einer reinen Steigarbeit von 81 %X 800 — 64.800 Meterkilogramm in 160 Minuten und 405 Meterkilogramm pro Minute gegenübersteht, wobei der Unterschied im Körpergewichte der beiden Versuchspersonen zu berücksichtigen ist sowie der Umstand, daß Durig mit 18 kg Belastung ging; auch ist zu bedenken, daß die Marschzeit in Durig’s Versuchen tatsächlich wesentlich kürzer gewesen ist, da in die Zeit von 160 Minuten die Aufenthalte für das Auswechseln der Properöhren und die Ablesungen mit einbezogen sind. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 247 begann und gleichzeitig mit der Drehung der Gasuhrachse das Senken des Hebers und das Auslaufen der angesäuerten Sperrflüssigkeit proportional jedem Atemzuge erfolgte. Im Momente des Überschreitens der Marke wurde auch die Stoppuhr in Gang gesetzt und damit der Beginn der Versuchszeit fixiert. In jenen Versuchen, in denen dies möglich war, wurde der Stand der Thermometer und auch der der Gasuhr während des Marschierens abgelesen. Die Versuchsperson hatte während des Marsches nur die Aufgabe, möglichst gleichmäßig zu gehen und die Zahl der Atemzüge vom Versuchsbeginne an, also dem Augenblicke, in dem der Hahn umgelegt wurde, bis zum Schlusse des Versuchsmarsches zu zählen, der auf ein »Halt« des Experimentators erfolgte. Dieser letztere begleitete, der Versuchsperson folgend, stets deren Marsch und achtete auf das gleichmäßige Einströmen der Gasprobe in das Sammelrohr. Noch bevor dieses bis auf die letzten Tropfen der Sperrflüssigkeit entleert war, erfolgte das »Halt« unter gleichzeitigem Stellen der Stoppulıir zur Feststellung der Versuchszeit und unter Umlegen des Wechselhahnes von Seiten der Versuchs- person, so daß auch die Atmung durch die Gasuhr im selben Momente abgesperrt wurde. Sofort wurde der Stand der Thermometer abgelesen. Nun folgte die Bestimmung des geatmeten Volums durch Ab- lesung des Zeigerstandes der Gasuhr, die Versorgung der Sammelröhre mit der Gasprobe und endlich das Notieren der Zahl der Atemzüge über Angabe der Versuchsperson. Ferner waren eventuelle Besonder- heiten im Verlaufe des Versuches zu registrieren, die Marschzeit, die Weglänge und der Barometerstand zu notieren. Nachdem der Punkt, an dem der Marsch geendet hatte, durch eine Marke gekennzeichnet war, begann der Rückweg zum Ausgangspunkte des Spülmarsches und es konnte ein neuer, gleichartiger Versuch beginnen. Die Versuche begannen stets in den ersten Morgenstunden und waren bis Mittag beendet. Sie wurden entweder in vollkommen nüchternem Zustande oder nach Zufuhr von gezuckertem, schwachem Thee ausgeführt. Bei der Bestimmung des Umsatzes für den Marsch auf horizontaler Bahn genügt es, den Arbeits- gaswechsel nach Abzug des Ruhegaswechsels zu kennen, um aus der Länge der zurückgelegten Weg- strecke, der Zeit, die während des Versuches verstrich und dem Marschgewicht der Versuchsperson! die Größe der Verbrennungsvorgänge für die Fortbewegung von einem Kilogramm entlang einem Meter Weges ermitteln zu können, jenen Wert, den wir schlechtweg für die Berechnung des Verbrauches einer Versuchsperson beim Gehen entlang einer Strecke als Konstante einsetzen. Ist » das bewegte Gewicht, l die Länge des Weges und cal der Arbeitsumsatz während des Versuches, ausgedrückt in Kalorien, so | cal ergibt sich also ZB — k als Konstante für den Energieverbrauch beim Gehen auf horizontater Bahn, dic deshalb als solche gelten kann, weil sie unter ähnlichen Verhältnissen bei ein und derselben Versuchs- person stets in gleicher Höhe gefunden wird. Wir können sie als »Wegkonstante« bezeichnen. Bei der Feststellung der Größe des Umsatzes für die Ausführung einer bestimmten Steigarbeit ist darauf Rücksicht zu nehmen, daß sich die Verbrennungsprozesse, die während eines Marsches auf anstei- gender Bahn ablaufen, verteilen: 1. auf den Ruheumsatz, der während derselben Zeit erfolgt wäre, 2. auf den Aufwand für die Fortbewegung des Körpers entlang einer ebenso großen Strecke in der Horizontalebene und 3. auf die Ausgaben für die Steigarbeit. Es ist demnach vom gesamten Umsatz in der Zeiteinheit der Erhaltungsumsatz und der auf Grund der Konstante berechnete Verbrauch für die entlang des Weges geleistete Arbeit in Abstrich zu bringen. cal Erst der Rest kann durch die Bildung des Quotienten PR wobei % die pro Minute überwundene reine Höhendifferenz bedeutet, die Größe des Umsatzes für die Steigarbeit an und für sich kennzeichnen. Auch dieser Wert bildet unter analogen Verhältnissen für eine und dieselbe Person eine Konstante, die wir für 1 Körpergewicht inklusive Kieidung, Gasuhr, Ventilen etc. 248 Ar DNS, Tabelle 1. Übersicht über die älteren Tretbahnversuche zur Bestimmung des Aufwandes für den Marsch auf horizontaler Bahn (sämtliche Versuche in Berlin ausgeführt). Ei; Pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung Geschwindigkeit Person Meter Bemerkung Autor pro Minute ausgeatmet verbraucht umgesetzt CO, cm? O, cm? kl. Kalorien K. 51—75 0136 0:1682 0'786 i k a En S Bra f E nicht vollkommen hori- W. 58—71 0093 0-1151 0'554 zontale Bahn Kae 2. 64—66 0080 00858 0'426 Neigung berücksichtigt Kh. 65—92 0:088 0: 1095 0'526 B. 76:5 0.1082 0:527 die geringe Neigung der Zuntz und P. 73-5 0: 1057 0:509 Bahn berücksichtigt Schumburg? Schm. 42 0: 1306 616 a Zuntz und Zn. 50 "142 -678 ee Schumburg?® RT 61° 0:0923 1359 "635 nicht vollkommen hori- |A.Loewy und i 69: 0: 1188 0: 1466 705 zontale Bahn L. Zuntz# 62-8 0.0921 1043 Soll Ba 60: 00991 1080 -534 dto. a. Don L. Zuntz 59:0 0.0879 1185 560 89°2 00832 0.0900 0'446 58'2 01041 0: 1306 0:626 1097 54:5 0:0950 0:1075 0:525 dto. a L. Zuntz 547 0:1070 0:1325 0'636 59°7 0: 1055 0:1275 0:616 nicht vollkommen hori- 1% 53—59 0:0955 0:114 0:552 zontale Bahn L. Zuntz5 Steigung berücksichtigt F. 67 541 Frentzel und R. 64 555 Reach® 1 Pflüger's Arch. für Physiologie. Bd. 49, p. 330. 2 Zuntz und Schumburg, Physiologie des Marsches. Berlin 1901, Hirschwald. (Mittel zahlreicher Versuche.) 3 Pflüger’s Arch. für Physiologie. Bd. 63, p. 482 und Bd. 68, p. 208. 1 Ebenda. Bd. 66, p. 477 (bes. p. 496 u. ff.). 5 Untersuchungen über den Gaswechsel des Radfahrers. Berlin 1899, Hirschwald. 6 sehr gut stimmende Versuche. 6 Pflüger’s Arch. Bd. 83, p. 494, 506 u. ff. (Mittelwerte.) Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 249 diese als »Steiskonstante« bezeichnen können. Das Produkt aus diesem Wert mit dem mechanischen Wärmeäquivalent ergibt den Umsatz, ausgedrückt in Meterkilogrammen, pro Meterkilogramm Steigarbeit, woraus sich dann der Wirkungsgrad der menschlichen Arbeitsmaschine bei der Steigarbeit berechnen läßt, als das Verhältnis zwischen der Leistung und dem Aufwand für diese. Die Einschränkung, die wir bereits erwähnten und die dahin lautet, daß es zur Zeit beim Marsch- versuch im Freien methodisch unmöglich ist, absolut richtige Werte für die Größe des Umsatzes bei der Arbeit zu gewinnen, erstreckt sich natürlich auf die Berechnung der letztangeführten Werte; bei der Beurteilung der Bedeutung, die dem für die Steigkonstante ermittelten Wert zukommt, ist aber noch weiter zu berücksichtigen, daß die Größe der Wegkonstante einen sehr wesentlichen Einfluß auf die Höhe der Steigkonstante ausübt. Da die Werte, die wir als Umsatz für die Steigarbeit berechnen, den Rest von dem tatsächlich bestimmten Gesamtumsatz vorstellen, so müssen natürlich auch alle Unrichtigkeiten in der Größe der Steigkonstante zum Ausdruck kommen. Die Größe des Umsatzes beim Marsch auf horizontaler Bahn. Die Versuche, welche die Feststellung des Energieverbrauches beim Marschieren in der Horizontal- ebene bezweckten!, sind bereits in mehreren Sammelwerken in ihren Endresultaten berücksichtigt worden und doch vermissen wir heute eine Diskussion darüber, was wir positiv Gesichertes über den Umsatz bei der Arbeit des Gehens auf horizontaler Bahn wissen, noch fast vollständig, und gar manche Gesetzmäßig- keit, die als festgestellte Tatsache immer und immer wieder angeführt erscheint, erweist sich bei näherem Zusehen als unzulänglich, ja vielleicht gar nicht fundiert. Es soll aus diesem Grunde etwas näher auf die älteren Versuche eingegangen werden. Die Beobachtungen, die über den Gaswechsel beim Horizontalmarsch ausgeführt wurden, lassen sich nach der Methodik, die dabei in Anwendung gelangte, in drei Gruppen teilen. Es sind von einander zu trennen jene Versuche, bei denen die Versuchspersonen auf dem horizontal aufgestellten, maschinel angetriebenen Tretwerk, der sogenannten Tretbahn, gingen und hierbei an Ort und Stelle marschierten, während der Fußboden unter ihnen fortbewegt wurde, dann jene Experimente, bei denen die Marscharbeit in dem engbegrenzten Raum der Respirationskammer geleistet wurde, und endlich die Beobachtungen, die entsprechend dem normalen Gehen im Alltagsleben im Freien oder zum mindesten auf sehr langem in einer Richtung zurückzulegendem Wege ausgeführt wurden. Betrachtet man die Ergebnisse, die mit diesem Verfahren gewonnen wurden, so weichen dieselben ganz auffallend stark von einander ab, wie folgende Zahlen für die Kohlensäureproduktion pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung bei mäßiger Marschgeschwindigkeit beweisen. Es wurden gefunden: Auiedewulrecbahnsn 22.2210208 9110-14 cm’ CO, imiRespirationsapparat . . » 0.056 >» 07-089 > > AuteketenıSiteckene rn 2.055082 ,20:107 > > Werte, die sich also in den Extremen um mehr als das Doppelte von einander unterscheiden. Tretbahnversuche. Ich stelle die älteren Tretbahnversuche vorerst für sich’ in der vorstehenden Tabelle zusammen. Sämtliche Beobachtungen stammen aus dem Laboratorium von Zuntz, und zwar noch aus der Zeit, in der die Methodik der Untersuchung des Arbeitsgaswechsels eben ausgebildet wurde. (Siehe Tab. I.) 1 Siehe hierüber: Tigerstedt, der Nutzeffekt bei Muskelarbeit. Nagel, Handbuch der Physiologie, Bd. I. A. Locewy, Oppenheimer's Handbuch der Biochemie u d Jaquet, Ergebnisse der Physiologie II./1. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 35 D OD ®&) A. Duvig, Die von Katzenstein ausgeführten Versuche können hier darum nicht als vollkommen vergleichbar in Parallele gestellt werden, weil sie nicht bei ganz horizontaler Tretbahn ausgeführt wurden. Mitteln wir die Werte untereinander ——- was in diesem Falle selbstverständlich ein recht wenig einwandfreies Unter- fangen ist — so kommen wir auf eine Größe von 0'558 Kalorien pro Kilogramm und Meter Horizontal- bewegung. Diesem Werte liegen die beiden Zahlen, die Zuntz und Schumburg in ihren grundlegenden Untersuchungen gefunden haben, sehr nahe und dies ist um so bedeutungsvoller, als ihre Resultate auf 22 Versuchen aufbauen, die an zwei Personen ausgeführt wurden, welche das Gehen auf der Tretbahn durch zahlreiche Märsche gewohnt waren. Ziemlich wesentlich weichen hiervon die von Zuntz und Schumburg an sich selbst, anläßlich der ersten Monte Rosa-Reise gewonnenen Werte für die Wesg- konstante ab, speziell der bei Zuntz berechnete Wert ist ungleich höher ausgefallen. Bei der geringen Zahl der Beobachtungen, es handelt sich nur um je zwei Versuche, ist die Beweiskraft dieses Ergebnisses allerdings eine sehr eingeschränkte. Es ist auch ganz gut denkbar, daß im Versuche an Zuntz darum ein wesentlich höherer Verbrauch beobachtet wurde, weil der Genannte auf die Verrichtungen Schum- burgs bei der Ausführung des Experimentes achtete und infolge dessen unzweckmäßiger und unökonomischer ging. Bei so wenigen Versuchen spielt übrigens sicher auch die Übung im Gehen auf der Tretbahn eine wesentliche Rolle, wie sich dies später bei den Versuchen aus dem Jahre 1901 ganz auffallend zeigte. Auch bei Zuntz wie beiSchumburg ist der Sauerstoffverbrauch für das Meter Weg im ersten der beiden Horizontalversuche um rund 10°/, höher als in den beiden folgenden, weshalb man wohl daran denken kann, daß öfteres Marschieren auf der Bahn zu wesentlich niedrigeren Verbrauchs- werten geführt hätte. Die nächste Serie von Beobachtungen stammt aus jener Zeit, zu der A. Loewy, J. Loewy und L. Zuntz ihre Vorbereitungen zu den Versuchen auf der Gnifettihütte und auf Col d’Olen trafen. Von A. Loewy liegen aber im ganzen nur zwei Marschversuche auf horizontaler Bahn vor, die trotz gleichartiger Gehgeschwindigkeit ebenfalls um 10°/, voneinander abweichen. Da auch später keine Beob- achtungen über die Wegkonstante bei A. Loewy mehr ausgeführt wurden, und alle bei ihm auf ansteigendem Weg angestellten Versuche sich nur auf das Mittel dieser genannten beiden Versuche beziehen, so liegt keinerlei Kontrolle darüber vor, inwieweit der Höhe des einen oder des anderen der beiden Werte eine größere Wahrscheinlichkeit zuzusprechen ist, am ehesten dürften wir wohl annehmen, daß alle beide zu hoch sind, und zwar aus denselben Gründen, wie sie bei Besprechung der an Zuntz und Schumburg gefundenen Resultate hervorgehoben wurden. Vergleichen wir das Verhalten der Teilnehmer an der Expedition 1901, bei denen vor der Abreise ziemlich zahlreiche Versuche über den Aufwand beim Horizontalmarsch ausgeführt wurden (der für Loewy angeführte Mittelwert stammt, wie erwähnt, von den beiden genannten Versuchen, weshalb sein Name hier nicht einbezogen ist), so ergibt sich wohl als Analogie zwingend die Annahme, daß eine größere Zahl von Beobachtungen auch bei Loewy ganz andere Resultate gefördert hätte. Der Reihen- folge nach, in der die Märsche auf der horizontal gestellten Tretbahn bei der einzelnen Versuchsperson ausgeführt wurden, gruppieren sich die Werte für den Umsatz in folgender Weise: Waldenburg Kolmer Caspari Müller (0:707) Kalorien! 0:989 Kalorien 0'695 Kalorien (0:644) Kalorien 0:774 0864 0683 0-700 0697 0810 0646 0608 0623 0:808 0'643 0'632 Done 0:640 0:568 07547 0:490 1 Im folgenden sind immer »kleine Kalorien« gemeint. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 201 Es ergibt sich also ganz eindeutig in fast allen Versuchen (mit zwei Ausnahmen) ein fortschreitender Erfolg der Übung im Gehen auf der Tretbahn, wobei natürlich nicht an den Erfolg eines Muskeltrainings zu denken ist, da die Versuche sich nur über wenige Minuten erstreckten und die Mehrzahl derselben nach Abschluß der Rothorn-Versuche angestellt wurde. In der folgenden Tabelle II sind die Werte dieser Versuche übrigens auch nach der Marschgeschwindigkeit geordnet, es zeigt sich dabei, daß zwischen der Marschgeschwindigkeit, die eingehalten wurde, und der Höhe des Umsatzes keineswegs ein Zusammen- hang erschlossen werden kann, woraus sich ergibt, daß dieses Moment keinesfalls den in den Versuchen schon ausgesprochenen Einfluß der Übung im Gehen auf der Tretbahn zu beeinflussen vermochte. Wir werden im späteren ohnedies ausführlicher auf die Höhe der damals gefundenen Werte einzugehen haben, es möge daher an dieser Stelle nur festgelegt werden, daß die Beweiskraft einiger weniger Tret- bahnversuche für die Feststellung der Höhe der Wegkonstante bei einer Versuchsperson eine unzuläng- liche sein muß. Enger aneinander gruppieren sich die in den Versuchen an J. Loewy gefundenen Wette, sie fallen in einen gemeinsamen Mittelwert von 0:53 Kalorien zusammen, der sich sehr jenem der Katzenstein’schen Versuche sowie den Mittelwerten, die beiB und Pvon Zuntz undSchumburg gewonnen werden, nähern. Aus derselben Versuchsperiode liegen sechs Beobachtungen über den Horizontalmarsch an L. Zuntz vor, die sämtlich bei annähernd gleich großer Ganggeschwindigkeit ausgeführt wurden. Die Resultate schwanken zwar, was bei der damaligen Methodik nicht sehr Wunder nehmen kann, in außerordentlich weiten Grenzen, nimmt man aber desungeachtet den Mittelwert aller Zahlen, so erhält man doch einen Umsatz von 0:57 Kalorien für das Kilogramm und Meter Horizontalbewegung, gelangt also abermals zu einer Größe, die sich dem als häufigsten bezeichneten Mittel in sehr befriedigender Weise nähert. Auch spätere Versuche, die an L. Zuntz ausgeführt wurden, stützen diesen Wer; für die Wegkonstante beiL. Zuntz sehr, wenn man jene Beobachtungen auswählt, in denen er mit einer annähernd gleichen Geschwindigkeit ging (0'552 Kalorien). Diesen Beobachtungen reihen sich die Mittelwerte aus den Versuchen von Frentzel und Reach ebenfalls in einer sehr befriedigenden Weise an. Wir begegnen wieder einem Umsatz von etwa 0:55 Ka- lorien. Hierbei darf man aber nicht übersehen, daß die Versuche der letztgenannten beiden Autoren sich auf den Einfluß von Fett und Kohlenhydratkost beziehen, also nicht unbedingt mit den übrigen vergleich- bar sind. Die Schwankungen in der Höhe der Wegkonstante sind übrigens auch bei ihnen sehr große, sie betragen bei Versuchen, in denen mit annähernd derselben Geschwindigkeit gegangen wurde, 20%), (053 gegen 0:44 Kalorien oder 0:51 gegen 0:62 Kalorien bei Frentzel und 0°46 gegen 0°67 bei Reach), bewegen sich also innerhalb so weit gesteckter Grenzen, daß man eher die Versuchsmethodik als die Lage des Mittelwertes beurteilen kann. Der Berechnung des wahrscheinlichen Fehlers des Mittelwertes kommt bei einer Zahl von drei oder vier Versuchen, die untereinander nicht gut stimmen, natürlich keinerlei Bedeutung zu. Überblickt man die Ergebnisse der älteren Tretbahnversuche, so gelangt man trotz der recht großen Unterschiede zwischen den Resultaten der einzelnen Versuche untereinander doch zu einer guten Über- einstimmung und wenn es auch bedenklich ist, aus so stark divergierenden Werten Mittel zu bilden, so lehrt doch das Gesamtbild, daß die Abweichungen nach oben und unten von einem wahrscheinlichen Wert von rund 0:55 Kalorien ziemlich gleichmäßig verteilt gewesen sind. Es ergibt sich für die Weg- konstante aus den Beobachtungen von: Keauzieniee ner 0558 Kaloriene pro, Kilostammlund Meter Zuntz und Schumburg 0:518 >» > » >» >» A. und J. Loewy 0530 » >» » » > L. Zuntz 0:570 > » » » » L. Zuntz 0'552 » » » » » Erentzei OS, > » » » » Reach 0'538 » » » » » OGC / 7 4 292 A. Durig, Tabelle Il. Übersicht über die neueren Tretbahnversuche zur Bestimmung des Aufwandes für den Marsch auf horizontaler Bahn (bei jeder Versuchsperson nach der Marschgeschwin- digkeit geordnet). (Sämtliche Versuche in Berlin ausgeführt.!) 1 2 3 | 4 | b) 6 Pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung Kalorien an Geschwindigkeit Mittelwert, korrigiert Meter pro Minute ausgeatmet verbraucht umgesetzt auf die richtigen CO, cm? O, cm? Kalorien Angaben der Gasuhr 4414 0:0965 0:1517 0'697 44:93 0.1090 0: 1502 0:707 45:72 0:1137 0:1662 0:774 80:27 0:1274 01666 0:792 Waldenberg 5930 0:1147 0:1323 0'646 0'636 71:97 0:0756 01041 0:490 73:82 00833 0:1166 0547 75:15 0:0949 0:1295 0:611 78:85 0:1016 0: 1306 0'623 37.00 0:1288 0: 1848 0'864 39:64 0:1476 0°2115 0:989 Kolmer 0'845 47:57 0:1278 0:1702 0:808 48:45 0:13083 0:1706 0:810 67-47 0: 1061 0:1335 0.640 76:73 0:1059 0:1344 0:643 Caspari 77:53 0:1169 0: 1444 0'695 0'643 79:38 0:1202 0:1401 0:683 82:69 0 1162 0:1317 0:646 73.29 00913 0.1192 0568 74:09 0:0986 0:1338 0632 Müller 83:80 0:1172 0: 1457 0:700 0'613 84:67 0:0960 0:1283 0608 8652 0:1018 0: 1359 0.644 1 Höhenklima und Bergwandungen etc, Anhangstabellen XVII bis XX. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 299 Diesen zahlreichen Werten, die besonders durch die vielen Versuche, welche von Zuntz und Schumburg an den beiden Soldaten ausgeführt wurden, gestützt sind, stehen nur die wenigen nicht in diesen Rahmen passenden Ergebnisse gegenüber, die an Zuntz, Schumburg und A. Loewy gefunden wurden. Mit einer großen Berechtigung wird man daher bereits aus den älteren Marsch- versuchen pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung einen Umsatz von rund 0:55 Kalorien als sehr wahrscheinlich annehmen können. Im Anschluß an das erwähnte Ergebnis muß noch auf drei Marschversuche hingewiesen werden, die zur selben Zeit an Zuntz im Zimmer ausgeführt wurden !, diese weichen untereinander aber so sehr ab, daß sie wohl kaum zu Schlüssen zu verwerten sind. Die großen Unterschiede können hierbei nicht wundernehmen, da die proportionale Probenahme bei freiem Marsch damals noch eine unvollkommene war und das Gehen mit der schweren Gasuhr im Zimmer zu wesentlich veränderter Muskeltätigkeit führen mußte. Es möge an diesem Orte auch erwähnt sein, daß ich im Jahre 1903 auf Col d’Olen an Zuntz drei Beobachtungen über den Energieaufwand beim Horizontalmarsch ausführte, von denen der erste einen Wert von 0:574 Kalorien als Wegkonstante ergab, der dem oben genannten Mittel ziemlich nahe liest. Wenn die zwei folgenden Versuche zu anderen Resultaten führten und einen viel höheren Ver- brauch ergaben, so liegt die Ursache dafür in dem Umstande, daß diese an einem anderen Tage und zu einer Zeit ausgeführt wurden, zu der der Boden aufgetaut, kotig und glitschig geworden war. Zudem handelt es sich hierbei um Versuche, die in sehr beträchtlicher Meereshöhe ausgeführt wurden. Die vorstehende Tab. II gibt einen Überblick über die Tretbahnversuche, die von den Teilnehmern an der Expedition des Jahres 1901 auf dem Tretwerk in Berlin behufs Feststellung der Wegkonstante für die Berechnung des Umsatzes bei der Steigarbeit in den Rothornversuchen angestellt wurden. (Tab. Il.) Die Versuche sind bei jeder einzelnen Versuchsperson nach wachsender Geschwindigkeit geordnet. Sieht man vorerst die Mittelwerte in Spalte 6 an, so fällt auf den ersten Blick eine überraschende Ab- weichung der Wegkonstante gegenüber jener auf, die auf Grund der Angaben in Tab. I abgeleitet wurde. Es wurde bereits erwähnt, von welch großem Einfluß auf die Höhe der Werte zweifellos die Übung im Gehen auf dem Tretwerk gewesen ist. Wir dürften daher vielleicht am zweckmäßigsten handeln, wenn wir aus der Zusammenstellung auf p. 10 jene Werte als wahrscheinlichste annehmen, die im Zustande größter Übung im Gehen auf der Tretbahn gefunden wurden, also jene, die als letzte in der obigen, kleinen Tabelle angeführt sind. Wir dürfen dies um so mehr tun, da, wie erwähnt, ein Einfluß der Geschwindigkeit auf die Höhe der Verbrennungsvorgänge bei diesen Horizontalmärschen nicht nachzuweisen ist, und sich kein Optimum der Schnelligkeit im Gehen bei den einzelnen Teilnehmern nachweisen läßt, das etwa dem Tempo des täglichen Straßenschrittes entsprochen hätte, und das hätte erreicht werden müssen, um ein Minimum .des Verbrauches herbeizuführen. Wir finden bei Waldenburg einen niedrigeren Wert für den Umsatz bei geringerer und bei größerer Marschgeschwindigkeit und einen höchsten Wert bei mitt- lerem Tempo. Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei den übrigen Versuchspersonen. Lesen wir also die niedersten Werte (die letzten) aus jeder Reihe heraus, so findet man für: Valdenbunsuss en nr 20:49, Kalorien IV TR Se a en. ae ni, DZ » CESDEINEIe R 0 > ESOlmIeTe ee ee a nen 2 0SO » und wieder gelangt man, wenn wir vorläufig von dem exorbitant hohen Umsatz bei Kolmer absehen, zu einer ganz befriedigenden Durchschnittszahl von 0:57 Kalorien für die Horizontalkonstante, wobei aller- dings zu berücksichtigen ist, daß der Wert bei Waldenburg auffallend nieder, bei Caspari relativ hoch liegt. 1 Siehe p. 21 [261], Tab. VII. 254 A. Durig, Es ist gewiß nicht zu leugnen, daß ganz beträchtliche Unterschiede in der Art des Gehens bei einzelnen Personen bestehen und man kann daher keineswegs erwarten, daß etwa alle Leute genau den- selben Umsatz für die Fortbewegung von 1 kg entlang einem Meter Weges aufweisen sollen, es kann deshalb auch keineswegs sehr überraschen, wenn zum Beispiel Caspari mit einem größeren Energieverbrauch auf der horizontalen Tretbahn gieng. Da von ihm aber nır drei gut übereinstimmende Versuche vorliegen, ist es ja immerhin möglich, daß weitere Beobachtungen auch bei ihm einen geringeren Verbrauch hätten erkennen lassen, wenn er sich mehr an die Besonderheiten des Gehens auf der Tretbahn gewöhnt hätte. Caspari kann jedenfalls als rüstiger, wenn auch nicht als sehr guter Gänger gelten, so daß eigentlich nicht zu vermuten ist, daß sein Umsatz beim Marsch sich verschieden von demjenigen anderer Personen verhalten sollte. Einen schönen Beweis dafür, wie sehr eine Unbequemlichkeit im Gehen den Umsatz beim Marsch auf ebener Strecke in die Höhe zu treiben vermag, liefern die Versuche von Zuntz und Schumburg! an einem Soldaten, der fußmarod wurde. Die größere Muskelspannung und mit dieser zugleich die unzweckmäßigere Innervation anderer Muskelgruppen bewirkten, daß die Ver- suchsperson ?, die sonst für die Zurücklegung eines Kilometers bei 31 kg Belastung 154 Kalorien ver- braucht hatte, bei schmerzendem Fuß 194 Kalorien umsetzte. Diese Tatsache macht es auch wahrschein- lich, daß zum Beispiel Personen, die wegen der Beschaffenheit ihrer Beine oder Füße als untauglich zum Militär befunden werden, einen erhöhten Aufwand bei der Marscharbeit auf horizontaler Bahn zeigen werden. Der ganz aus der Reihe fallende, überaus hohe Wert für den Verbrauch bei Kolmer kann hierdurch aber nicht erklärt werden. Kolmer ist ein recht ausdauernder, wenn auch nicht sehr leistungsfähiger Gänger, der auch als tauglich für den Militärdienst befunden wurde. Zuntz und seine Mitarbeiter suchten bereits nach einer Erklärung für die auffallende Größe seines Umsatzes und glaubten die Ursache für deren Zustandekommen in dem langsamen Gang des Tretwerkes, beziehungsweise in der Eigenart des Gehens Kolmers suchen zu sollen. Wir können an der Hand der neuen, an Kolmer anläßlich unserer Expedition im Jahre 1906 ausgeführten Versuche wohl mit großer Sicherheit sagen, daß keines der beiden Argumente ausschlaggebend gewesen sein kann. In allererster Linie war es nach Angabe Kolmers wohl die vollkommene Ungewohntheit auf der Tretbahn zu gehen und durch den Respi- rationsapparat zu atmen sowie der unregelmäßige Gang der Tretbahn, deren Motor zu dieser Zeit nicht mehr gut funktionierte, wodurch die hohen Werte für den Verbrauch bei ihm herbeigeführt wurden. Das Gezwungene des Ganges auf dem Tretwerk, das ohrenbetäubende Geklapper und das Zischen des Dampfes der antreibenden Maschine, der die Versuchsperson ab und zu wie in Wolken ein- hüllte, lassen auch große Ausschläge bei einer Versuchsperson, die sich vorher nie mit ähnlichen experi- mentellen Arbeiten beschäftigt hatte, recht wohl erklärlich erscheinen. Wir werden wohl kaum fehlgehen, wenn wir auf Grund der zahlreichen, neuen Versuche, die einen Umsatz für den Horizontalmarsch bei Kolmer ergaben, der ganz ähnlich dem der allermeisten bisher untersuchten Personen ist und durchaus nichts Abnormes zeigt, dies oben angeführte Ergebnis der älteren, auf der Tretbahn in Berlin ausgeführten Versuche an Kolmer vollständig ausschalten. Auch bezüglich der Mehrzahl der an Waldenburg, Caspari und Müller gewonnenen Werte für den Aufwand beim Marsch auf ebener Tretbahn kann wohl als wahrscheinlich angenommen werden, daß diese etwas zu hoch ausgefallen sind, so daß wir für die Wegkonstante der Genannten die erwähnten niedersten Werte, die noch entsprechend der Korrektur für die Gasuhr ? zu verkleinern wären, als wahr- scheinlich entsprechende annehmen können. Für Caspari bleibt desungeachtet als Ausdruck indi- viduellen Verhaltens ein etwas höherer Verbrauch als bei den übrigen bestehen. 1 Physiologie des Marsches, p. 292. 2 Siehe p. 23 [263]. 3 In Spalte 6, Tab. II, sind die Werte hinsichtlich der Gasuhrkorrektur richtig gestellt, in Spalte 5 unterblieb dies zur Verein- fachung der Berechnung der eingesetzten Tabellenwerte. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 259 Unter Berücksichtigung dieser Umstände läßt sich also eine recht befriedigende Übereinstimmung “zwischen den in den Mittelwerten so sehr voneinander abweichenden älteren und neueren Ergebnisse der Tretbahnversuche konstruieren, so daß ein Widerspruch zwischen diesen nicht mehr besteht und ein Umsatz von 0:5 bis 0:6 Kalorien für das Meter und Kilogramm Horizontalbewegung mit einer ziemlich allgemeinen Gültigkeit angenommen werden kann. Versuche im Respirationsapparat. Sehr interessant gestaltet sich ein Vergleich des Aufwandes, der beim Marsch auf den Tretbahnen bestimmt wurde, mit jenen Größen, die sich in den Versuchen über das Gehen in der Respirations- kammer ergaben, wobei die gesamte Kohlensäureproduktion während eines länger dauernden Marsches im Zimmer bestimmt wurde. Wir verdanken diese Beobachtungen Sonden und Tigerstedt, die in ihren umfangreichen und gründlichen Versuchen über die Respiration und den Gesamtstoffwechsel des Menschen! auch die Frage des Gaswechsels bei der Muskelarbeit und speziell auch jene nach dem Umsatz beim Marsch mit in den Kreis ihrer Beobachtungen zogen. Wie es die Methodik mit sich bringt, konnten sich die Untersuchungen über den Gaswechsel bei den beiden Autoren nur auf die Bestimmung der Kohlensäure erstrecken, ohne daß es möglich gewesen wäre, auch den Sauerstofiverbrauch und damit den respiratorischen Quotienten zu bestimmen. Dies erschwert natür- lich die Vergleichbarkeit der mit der Zuntz’schen Methode gewonnenen Resultate mit jenen der genannten beiden Autoren; um aber doch einen Zusammenhang zwischen den Ergebnissen der beiden Schulen zu ermöglichen, wurde der nachstehenden Tabelle eine etwas willkürliche Berechnung zugrunde gelegt, die jedoch immerhin ebensoviel Berechtigung für sich haben dürfte, als Schlüsse, die aus dem Vergleich der Werte der Kohlensäureproduktion allein gezogen werden. Kennen wir in den Versuchen nach dem Zuntz’schen Verfahren den Sauerstoffverbrauch und können wir damit den Umsatz in Kalorien berechnen, so entgehen wir wenigstens bei einer der zwei zu vergleichenden Größen der wechselnden Bedeutung des Kohlensäurewertes für den Umsatz, welcher wir uns schrankenlos ausliefern würden, wenn wir ausschließlich den CO,-Wert berücksichtigen wollten. Bei den Versuchen in der Respirationskammer stehen wir aber der Unmöglichkeit gegenüber, den kalorischen Wert der Kohlensäureproduktion verläß- lich in Rechnung zu stellen. Wir können der Unsicherheit also zum mindesten auf einer Seite des Ver- gleiches nicht entgehen, desungeachtet vermögen wir aber durch Einführung eines respiratorischen Quotienten, der kaum sehr wesentlich von dem tatsächlichen abgewichen sein dürfte, einen Näherungswert für den Umsatz in Kalorien auch im Kammerversuch zu berechnen, so daß wir den gefestigten kalorischen Wert im Versuch nach dem Zuntz’schen Verfahren mit einem annähernd richtigen kalorischen Wert aus der Respirationskammer vergleichen. Diesem ist gewiß nicht weniger Berechtigung für die Vergleichbarkeit zuzuschreiben als dem in der Kammer gefundenen Kohlensäurewert. In der folgenden Tabelle III wurden daher die Versuche von Sonden und Tigerstedt zusammen- gestellt und an ihnen eine mehrfache Umrechnung vorgenommen. Die in Grammen angegebenen Kohlen- säuremengen wurden auf »reduziertes Volum« umgerechnet. Da die Versuche von Sonden und Tiger- stedt aber nicht an nüchternen Versuchspersonen ausgeführt wurden und vier bis fünf Stunden andauerten, hatte der respiratorische Quotient während dieser Zeit jedenfalls einige Wandlung erfahren, es schien daher zweckmäßiger, nicht mit einem mittleren respiratorischen Quotienten zu rechnen, sondern besser eine obere und untere Grenze für den kalorischen Umsatz festzusetzen, dadurch, daß die Versuche für zwei Quotienten gesondert berechnet wurden, innerhalb derer sich das Verhältnis zwischen Sauerstoff- verbrauch und Kohlensäureproduktion höchstwahrscheinlich bewegt haben dürfte. Auch der Quotient für 1 Skandinavisches Archiv 1895, p. 1 bis 225. 2 Es ist wohl unzweifelhaft richtiger, niederere respiratorische Quotienten als einen respiratorischen Quotienten in Rechnung: zu stellen, dem wir nur in Zuckerversuchen begegnen. 256 A. Durvig, die Eiweißverbrennung mußte natürlich innerhalb der beiden einzusetzenden Werte liegen, es wurden daher RO=0:75 und 0:85 gewählt. Tabelle II gibt die Werte. Entsprechend dem niedrigeren respiratorischen Quotienten (der CO,-Wert ist ja gegeben) resultiert natürlich ein höherer Sauerstoffverbrauch und ein höherer Umsatz an Kalorien in Spalte 4 und 6, umgekehrt erscheinen niederere Werte in Spalte 5 und 7. Innerhalb dieser Grenze müßte also, mit einer gewissen Einschränkung für den Fall des Auftretens noch höherer oder niederer Quotienten, der Umsatz für die Fortbewegung von 1%g entlang einem Meter gelegen sein (Tab. III.) Tabelle III. Übersicht über die Versuche von Sonden und Tigerstedt in der Respirationskammer unter Umrechnung des Umsatzes auf kleine Kalorien. 1 2 3 | 4 | 5 | 6 7 Pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung Geschwindig- BNZeRbilakuerhet Person keit in Metern ausgeatmet Kubikzentimeter Sauerstoff Kalorien Pachinue \olllemsäue unter Annahme unter Annahme unter Annahme unter Annahme 3 a CO, CO, CO, CO, L -— 0:75 — 0) 85 =— (7) — 0085 O5 (07) (0) (0P) F. A. W.2 62:4 00885 0:1181 01044 0:559 0'506 G.J. 50-1 00590 0:0787 0:0694 0:373 0-337 IL..18, | 62:2 0:0880 0:1173 01036 0596 0'503 Derselbe 67:9 0:0748 0:0998 00880 0473 0427 R. 32:0 | 00566 0:0755 0.0666 0'358 0:324 1 Sonden und Tigerstedt: Die Respiration und der Gesamtstoffwechsel des Menschen. Skandinavisches Archiv. Bd. VI. 1895, p. 1 (besonders p. 174 u. ff.). 2 Zwei identische Versuche. Die Versuche im Respirationsapparat sind darum besonders wertvoll, weil hierbei abnorme, zwangs- weise veränderte Atmung vollkommen ausgeschlossen ist, denn es fallen die Widerstände der Ventile und der Gasuhr weg, auch ist der Hautgaswechsel, der im Versuch mit dem Mundstück außer acht gelassen werden muß, mit in den Bereich der Betrachtung einbezogen. Außerdem wissen wir aus den Versuchen über den Erhaltungsumsatz, daß man im Sonden-Tigerstedt’schen Respirationsapparat und nach dem Zuntz’schen Verfahren bei Körperruhe und in nüchternem Zustande vollständig übereinstimmende Werte erhält. Die Beobachtungen an F. A.W. wie jene anL.B. ergeben, von allen anderen abweichend, Werte, die mit der oben abgeleiteten Wegkonstante sehr wohl übereinstimmen, ein zweiter Versuch an L.B. unterscheidet sich aber sehr wesentlich vom ersten und bei diesem wie bei den übrigen Versuchen finden sich auffallend niedere Zahlen für den Umsatz, indem der Aufwand für das Meter und Kilogramm Horizontalbewegung bis auf 0°35 Kalorien sinkt. Dies ist ein Wert, den wir bisher in keinem der Ver- suche begegneten und den wir auch niemals in unseren zahlreichen, neuen Beobachtungen erhielten. Dieses Resultat ist zu bedeutungsvoll, als daß man es glattweg zur Kenntnis nehmen dürfte, ohne sich Gedanken darüber zu machen, ob nicht doch unsere Art nach dem Zuntz’schen Verfahren bei Marschversuchen zu arbeiten, ungekannte Fehlerquellen in sich berge. Die Tatsache, daß zwei so Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 2. unbedingt verläßliche Autoren an einem Apparat, dessen tadelloses Arbeiten durch zahlreiche Test- versuche sicher erwiesen ist, zu ganz abweichenden Ergebnissen gelangten, ist in der Tat geeignet, im ersten Augenblick das Vertrauen an der Richtigkeit der eigenen Beobachtungen zu erschüttern. Es scheint alles dafür zu sprechen, daß die niederen, von Sonden und Tigerstedt gefundenen Werte dem wirklichen Verbrauche bei den einzelnen Personen entsprechen, und da wir kaum an- nehmen können, daß letztere so geübtere Gänger gewesen seien als jene, die von uns wie von Zuntz und Schumburg nach dem Zuntz’schen Verfahren untersucht wurden, so findet sich anscheinend keine Erklärung für die auffallende Tatsache der so niederen Wegkonstante, die in Stockholm bestimmt wurde. Überblickt man die von Sonden und Tigerstedt geübte Versuchsmethodik, so ergibt sich, daß die Werte für den Umsatz beim Gehen unseren Versuchen gegenüber eher zu hoch als zu nieder aus- gefallen sein müssen. Das Zimmer, in dem die Versuchspersonen gingen (die Respirationskammer), ist zwar ziemlich geräumig, dennoch war das Marschieren in diesem, jedenfalls kein ideales und nicht dem unbehinderten Gehen auf freier Bahn gleichzusetzen, auch das Einbeziehen des Hautgaswechsels mußte den Umsatz im Sinne einer Zunahme beeinflussen. Die lange Dauer des Marschierens, es handelte sich bei den nordischen Forschern um ein ständiges Gehen, läßt es ausgeschlossen erscheinen, daß etwa wie im kurzdauernden Versuch nach zu kurzer Vorperiode eine Ungleichartigkeit im Gaswechsel sich störend geltend gemacht habe und etwa Kohlensäure zurückgehalten worden sei, die, obwohl zum Versuch gehörig, nicht zur Analyse gelangte. In fast allen Stücken (ausgenommen den Mangel der Sauerstoff- analyse) waren daher die Kammerversuche dem kurzdauernden Versuche auf der Tretbahn unzweifelhaft überlegen. Man könnte nun allenfalls noch daran denken, daß beim Versuch in der Respirationskammer die Kohlensäuremenge, die während der einstündigen Arbeit ausgeatmet wurde, nicht entsprechend scharf abzugrenzen gewesen sein könnte, da die Respirationskammer einen Inhalt von mehr als 100 m” aufwies und mit 12 m? pro Stunde ventiliert wurde. so daß in der folgenden Ruheperiode noch aus der Arbeits- periode stammende Kohlensäure in der Kammerluft zur Bestimmung gelangte. Dies würde naturgemäß zu einem Verlust an Kohlensäure in der Arbeitsperiode und zur Ermittlung zu niederer Werte für den Umsatz Anlaß geben. Die ausgiebige Durchmischung der Kammerluft und die Art der Berechnung der Resultate 1 sowie die Eichungsergebnisse schließen jedoch eine solche Vermutung vollständig aus und ebenso spricht dagegen die Höhe der anschließend gefundenen Ruhewerte. So schienen die Werte für den Arbeits- verbrauch in den Sonden-Tigerstedt’schen Versuchen einwandfrei festzustehen und doch fand sich beim Nachrechnen der Ergebnisse, daß sich sehr wohl ein Grund für das Zustandekommen der so abweichenden Resultate finden läßt, durch den sich die Unterschiede vollkommen erklären, ja sogar die Werte der beiden Autoren derart umgestalten, daß diese in ganz vorzüglicher Übereinstimmung mit der angenommenen Wegkonstante zwischen 0:5 und 0°6 Kalorien stehen. Dank der vollständigen Mitteilung der Versuchsergebnisse — hier zeigt sich wieder der große Wert der ausführlichen Publikation des Zahlenmaterials — entnimmt man nämlich, daß der Grundzustand der Versuchspersonen, von dem Sonden und Tigerstedt einerseits und wir anderseits ausgingen, ein ganz wesentlich verschiedener war, ja auch in den Versuchen der beiden Autoren kein gleichmäßiger gewesen sein kann, wenn sich die Untersuchten auch körperlicher Ruhe befleißigten. * Bei unseren Versuchen über den Aufwand beim Horizontalmarsch pflegten wir stets Ruhewerie, die bei vollkommener Entspannung der Muskulatur gewonnen waren, vom Gesamtumsatz abzuziehen. Wird jedoch von diesem ein Ruheverbrauch subtrahiert, der nicht bei ebenso vollständiger Muskelruhe gewonnen wurde, so erübrigt natürlich ein geringerer, respektive zu geringer Betrag für den Arbeitsumsatz und der Verbrauch für die Einheit, auf die er berechnet wird, muß dann ebenfalls nieder ausfallen. Es läßt sich nun hierüber jedenfalls streiten, ob es richtig sei, einen Wert, der dem reinen Erhaltungsumsatz ie pa2SHEtk. 2]. c.,p. 174 u. 114, Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 30 258 A. Durig, entspricht, vom Arbeitsumsatz in Abzug zu bringen oder ob man nicht richtiger, normalen Verhältnissen Rechnung tragend, den Umsatz, der für Körperruhe gewonnen wurde, in Rechnung stellen soll, im Hin- blick auf die vielerlei Muskelspannung, die mit dem Gehen nichts zu tun hat, aber hierbei doch unver- meidlich eintritt. Es ist aber kaum möglich, für letzteren Zustand einfachen Ruhigseins gut überein- stimmende Werte wie für den Erhaltungsumsatz zu gewinnen, da wir aus den Untersuchungen Johansson’s wissen, daß der Verbrauch in Bettruhe gegenüber dem bei vollkommener Entspannung der Muskulatur bereits um fast 25°/, gesteigert ist, daß es also eine ganze Summe von Abstufungen für mehr oder minder ausgesprochene »vorsätzliche Muskelruhe« geben muß, weshalb nur für vollkommene Ruhe eine definierbare, absolut festzulegende Größe zu ermitteln ist. Aus diesem Grunde sei auch in Sonde&n’s und Tigerstedt's Versuchen auf den Wert für den Erhaltungsumsatz der Versuchspersonen zurückgegriffen. Betrachtet man die Höhe des Ruheumsatzes bei den Versuchspersonen der beiden Autoren, so sieh man, daß zum Beispiel F. A. W. in beiden Versuchen eine recht verschieden hohe Kohlensäureproduktion bei Körperruhe aufwies, die beiden Werte weichen um ungefähr 20°, von einander ab, so daß man Tabelle IV. 1 2 3 4 Kohlensäure pro Stunde Gramm Versuch Ruhe Zunahme beim Gehen im ganzen XLIVF.A.W. 27 40 67 XLVIF. A.W. 22 39 61 XXXVII G.]J. 36 28 64 XLVIIL.B. 30 45 75 162.18; 34 41 75 XLE. 37 | 13 50 schließen kann, es sei Muskelaktion mit im Spiele gewesen, die natürlich, wenn wir vom Erhaltungs- umsatz ausgehen, analog wie bei den Beobachtungen nach der von uns verwendeten Methodik nicht vom Gesamtumsatz abzuziehen wäre. Würde es sich um Verdauungsarbeit gehandelt haben, so wäre die Subtraktion des größeren Wertes gerechtfertigt oder richtiger gesagt, gefordert, da die Umsatzsteigerung durch die Verdauungsarbeit nach Nahrungsaufnahme sowie jene infolge von Muskelarbeit ungestört nebeneinander herlaufen. Die Werte für beide summieren sich, ohne sich gegenseitig zu beeinflussen. ! Wir können aber fast als sicher annehmen, daß eine Steigung infolge von Nahrungsaufnahme, wenn eine solche in den Versuchen von Sonden und Tigerstedt überhaupt als wesentlich in Betracht kam, keinesfalls einen hohen Wert erreicht haben kann und deshalb die Unterschiede in Versuchen an den- selben Versuchspersonen nicht erklären könnte, da die Grundbedingungen, unter denen gearbeitet wurde, gleichartige waren. Bezüglich der Nahrungsaufnahme schreiben die Verfasser ?: »Unsere Versuchsindividuen hatten ein paar Stunden vor dem Versuche gefrühstückt, die Ergeb- nisse beziehen sich also nicht auf die Kohlensäureabgabe beim Hunger.« »Ferner erhielten die Versuchs- personen bei den meisten Versuchen etwas Äpfel und Bonbons oder dergleichen. Wie aus den unten 1 Johansson, Skand. Arch., XXT, p. 3. a = [9 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 259 Tabelle V. 2 ı Körpergewicht Ep: CO, Gramm Zahl der Mittlere CD Sram Versuchsperson 1 oberfläche a Ik per 1 m? hg BE in 1 Stunde Beobachtungen | Abweichung - in ın? | in 1 Stunde | I Herr S— st. 61 1914 222 6 Se 11:60 » E=hl. 98 1'851 2223 b) i 1:84 12-05 | » Ed. 97 17829 20-1 4 se 055 10:99 | » L-m. 85 2:384 25:6 9 + 0:74 10:99 | > Wd. 73 DL 21:9 4 + 1:45 10:16 >» Eon. 71 EG 24:5 7 + 0:94 11a » B-g. 87 2'425 228) 9 Se >08 10:43 » N—d. 74 DU 26-1 10 119g » Fo-st. 86 2436 26°7 1 11:00 | » Ron. 65 1'998 20:0 2 10:00 | Frin. S-f. 54 1:764 16 7 2 9-46 » M-—I. 60 1'893 Kos 2 10:09 | 12 Versuchspersonen 94—87 kg Mittel 22:5 61 Mittel 10:86 | | ohne FrIn. S—f. 10:99 | Tabelle VI. 1 2 3 4 B) 6 7 Kohlensäureproduktion pro Stunde Körper- Gramm Umsatz in Kalorien Versuch Körper- oberfläche Eu pro m und kg gewicht x wahrscheinlicher Wert Zunahme bei m? für vollkommene Gesamt- en RO=0:'802 Körperruhe der Ver- | produktion Gehen suchsperson XLIV : 601 1'893 2092 67 46 0:601 F. A.W. XLVI 60 1:893 20-92 61 40 0'558 B. AW. XXXVII 76 2216 24:38 64 40 0515 Ge XLVII 67 2037 22°41 79 93 0619 IL, 183 IE 67 2037 22°41 75 bp} 0572 IEnJ8% XL 5 66 207 2219 50 28 0650 Mittel 0'585 1 Das Körpergewicht der Originaltabelle, das von der bekleideten Versuchsperson stammte, wurde abgerundet und um 2:5 %kgals ungefährem Gewicht der Kleider vermindert, um das wahrscheinliche Nacktgewicht zu erhalten. 2 Es wurde zur Orientierung nur 1 respiratorischer Quotient in Rechnung gestellt. 260 A. Durig, mitzuteilenden Versuchsprotokollen hervorgeht, ist jedoch die hierdurch entstandene Zufuhr von Nahrungs- stoffen im ganzen so gering, daß sie die Kohlensäureabgabe in keinem nennenswerten Grade hat steigern können, wie daraus hervorgeht, daß die Kohlensäureabgabe während der späteren Perioden des Versuches in der Regel geringer als im Beginne des Versuches gewesen ist. Hätte die erhaltene Kost irgend welche erhebliche Steigung der Kohlensäureabgabe während der Versuchsdauer hervorgerufen, so hätte natürlich das entgegengesetzte Verhalten stattgefunden.« An späterer Stelle heißt es, daß die Ruheversuche, die den Gehversuchen zugrunde gelegt wurden, ergaben, daß während fünf Stunden nur geringe Variationen der Kohlensäureproduktion bei vollkommener Körperruhe vorkamen. Der Arbeitsversuch fand erst eine weitere Stunde später statt als der Ruheversuch (meist 12 Uhr vormittags). Wenn wir daher den Wert für den Erhaltungsumsatz, der den betreffenden Versuchspersonen zukam, vom Gesamtumsatz in Abzug bringen, wird dies allerdings eine etwas zu niedrige Größe sein, wir werden aber doch voraussetzen dürfen, daß wir uns damit der Art der Berechnung in unseren Versuchen wesentlich mehr nähern. Für die Höhe der Kohlensäureproduktion bei den Versuchspersonen von Sonden und Tigerstedt sollen jene Werte in Anschlag gebracht werden, die sich auf Grund der neuesten Zusammenstellung Johansson'’s ergeben, die in Tabelle V auf das Quadratmeter Körperoberfläche berechnet sind und auf einer großen Zahl von Beobachtungen aufbauen, die am selben Apparat, an dem Sonden und Tiger- stedt arbeiteten, durchgeführt wurden. Es kann demnach ein abgerundeter Wert von 11 gr CO, pro Stunde und Quadratmeter Körper- oberfläche als Ruhewert in Rechnung gestellt werden, der mit dem in Tigerstedt’s Lehrbuch? ange- gebenen: 11:16 gr CO, pro Quadratmeter sehr gut übereinstimmt. Bestimmt man nun in den Versuchen von Sonden und Tigerstedt die Körperoberfläche der Versuchspersonen und auf Grund dieser und der genannten Standardzahl für den Umsatz die Kohlensäureproduktion derselben, so findet man die für die Berechnung des Arbeitsumsatzes grundlegenden Zahlen. Die voranstehende Tabelle VI enthält diesen Wert für jede Versuchsperson in Spalte 4. In Spalte 5 wurde der Wert für die Gesamt-CO,-Produktion während der Arbeitsperiode aus Tabelle IV, Spalte 4, übertragen und so in Spalte 6 die nunmehr erübrigende Größe für die Kohlensäureproduktion bei der Arbeit in abgerundetem Werte eingetragen. In derselben Weise wie oben bei Tabelle III erfolgte hieraus die Berechnung des Verbrauches in kleinen Kalorien für das Meter und Kilogramm Horizontalbewegung — also der Wegkonstante, die in Spalte 7 angeführt ist. Es ergibt sich also in der Tat eine ganz überraschende Übereinstimmung mit dem bei den meisten erwähnten Personen gefundenen Verbrauch für das Gehen in der Horizontalen.?” Die Werte von Sonden und Tigerstedt, die nun auch untereinander viel ähnlicher geworden sind, liegen nun fast alle etwas höher als das erwähnte Mittel, was aber ganz selbstverständlich ist, wenn wir die Nachwirkung des mehrere Stunden früher eingenommenen Frühstückes und jene der Nahrungsaufnahme während der Versuche in Betracht ziehen und berücksichtigen, daß wir mit dem reinen Erhaltungsumsatz einen etwas zu kleinen Wert abgezogen haben, auch muß man bedenken, daß die bereits erwähnten Momente sämtlich im Sinne eines höheren Ausfalles der Wegkonstante wirken mußten. Nach dem Angeführten liefern also auch die Kammerversuche eine ganz vorzügliche Stütze für die Annahme, daß bei den meisten normalen Personen der Umsatz für die Fortbewegung von einem Kilo- gramm entlang einem Meter Weges 06 Kalorien nicht erreicht, aber auch kaum weniger als 0:5 Kalorien beträgt, wenn man den Erhaltungsumsatz als grundlegenden Wert in Abzug bringt. 1 Skandinavisches Archiv, Bd. XXI, p. 2. 2 Auflage 1907, p. 150. 3 Es ergaben sich 0°58 gegen 0°55 Kalorien pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung im Mittelwert. Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. 261 Versuche auf freier Bahn. Den Tretbahnversuchen und jenen, die im Respirationsapparat ausgeführt wurden, reihen sich die Beobachtungen an, die im Freien angestellt wurden, hinsichtlich der Art des Gehens, also am meisten den normalen Verhältnissen entsprechen. In bezug auf die Atemmechanik bleiben natürlich die nicht von der Hand zu weisenden Einwände bestehen. Zu den Versuchen auf freier Bahn wären die bereits oben erwähnten Zimmerversuche von Zuntz und Schumburg zu zählen, deren Werte unzweifelhaft zu hohe sind und fast 40°), voneinander differieren. Sonst arbeitete auf langer, ebener Versuchsstrecke nur Durig und dessen Frau. Die Mittel- werte der Versuche sind in Tabelle VII zusammengestellt. Tabelle VI. Aufwand für die horizontale Fortbewegung von einem Kilogramm entlang einem Meter Weges bei Versuchen auf freier Strecke bestimmt (ältere Versuche). Pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung Geschwindigkeit Person Meter Bemerkung Autor pro Minute ausgeatmet verbraucht umgesetzt COzcm? | CO, cm3 Kalorien | 47°8 0:141 0:165 0:803 en arsch Zunt 1 Zuntz 52-4 0:096 0:128 0:606 im I re r mer Schumburgt 50°2 0:125 0159 "745 Marsch auf einem Durig 95:7 111°5 00816 0:112 02527 Gang, Mittel aus Durig? 12 Versuchen Frau Durig 650 0:103 0:135 0:604 detto Durig? 1 Pflüger's Arch., 63, p. 482. 2 Engelmann’sches Archiv, 1904, Suppl., p. 445. 3 Pflüger's Arch., 113, p. 242. Wie sich aus vorstehender Tabelle ergibt, reihen sich die an Durig und Frau gewonnenen Resultate vollkommen jenen von Tigerstedt an. Die an der Frau gewonnenen Werte dürften wohl dadurch etwas in die Höhe gerückt sein, daß dies die ersten Marschversuche waren, die an ihr ausgeführt wurden und daß die Hindernisse für sie beim Gehen infolge der Kleidung größere gewesen sein müssen, endlich ist zu bedenken, daß die Belastung mit der Gasuhr und mit den Apparaten bei ihr nahezu ein Drittel ihres Körpergewichtes betrug. Bei der Besprechung der Resultate der Versuche auf der Sporner Alpe! glaubte ich annehmen zu sollen, daß die Tatsache, daß der Verbrauch bei Frau Durig beim Marsch wesentlich geringer war als bei fast allen Teilnehmern an der Expedition 1901, auf ihre große touristische Übung zurückzuführen, da auch ihre Marschgeschwindigkeit gleich groß oder größer war als die der Berliner Autoren. Auf Grund der voranstehenden Ausführungen muß ich diese Anschauung dahin ändern, daß sich die trainierte 11. c. p. 250. 262 A. Durig, Frau beim Horizontalmarsch nicht anders verhielt als dies anscheinend beim Durchschnitt der Menschen der Fall ist, wogegen eben die Mittelwerte der Berliner Autoren wirklichen Verhältnissen gegenüber zu hoch sein dürften. Unsere neuen Beobachtungen umfassen 44 Marschversuche auf ebener Strecke, bei denen im ganzen etwa SO km Weges mit der Gasuhr zurückgelegt wurden. Die Versuche sind sämtlich in den frühen Morgenstunden bei kühler Witterung ausgeführt, und zwar in nüchternem Zustande oder nachdem etwa eine Stunde vorher etwas gezuckerter Tee genossen worden war. Beim Gehen auf dem 200 m langen gepflasterten Gang der Hochschule, auf dem wir in Wien unsere Versuche ausführten, verwendeten wir Kautschuküberschuhe, um auf den Fließen, auch wenn diese durch die während des Versuches aus- geheberte Sperrflüssigkeit naß geworden waren, nicht zu schlüpfen, was ein Spannen der Muskulatur und dadurch eine Erhöhung der Werte herbeigeführt hätte. Die Generaltabellen XII, XIV und XV enthalten die ermittelten und berechneten Werte, die auf wenige Stellen gekürzt sind. In Stab 4 sind die auf 0°, 760 mm Barometerstand und Trockenheit reduzierten Volumina eingetragen. Die Stäbe 8 und 9 enthalten, ebenfalls auf O° und 760 mm Druck reduziert, das pro Minute produzierte Kohlensäurevolumen und den analog ausgedrückten Sauerstoffverbrauch. Bezüglich Kolonne 15 sei erwähnt, daß diese eingeführt wurde, um auf den ersten Blick ermessen zu können, mit welcher Geschwindigkeit marschiert wurde, da man in der Regel die Schnelligkeit nach der Zeit, die für die Zurücklegung eines Kilometers erforderlich war, zu kennzeichnen pflegt. Die Stäbe 17, 18, 19 und 20 enthalten die Werte für die Größe des Umsatzes in verschiedenen Einheiten, um einen Vergleich mit anderen Beobachtungen erleichtern zu können. Die Überschrift der übrigen Spalten bedarf keiner Erläuterung. In den Tabellen sind Versuche angeführt, bei denen mit Absicht eine sehr verschiedene Geschwindigkeit eingehalten wurde, es weichen daher die meisten Werte sehr stark von einander ab. Vorerst mögen nur jene Beobachtungen Berücksichtigung finden, die bei mittleren Geschwindigkeiten ausgeführt wurden. Sie sind auszugsweise in der folgenden Tabelle zusammengestellt. Die zwanzig in der nachstehenden Tabelle zusammengefaßten Marschversuche ergeben als gemein- sames Mittel einen Umsatz von 0:553 Kalorien für das Meter und Kilogramm Horizontalbewegung. Über- blickt man die einzelnen Größen, so sieht man, daß diese sämtlich nicht sehr wesentlich vom Mittelwert abweichen, so daß die Bildung desselben gerechtfertigt erscheint. Es herrscht in der Tat durchaus eine befriedigende Übereinstimmung zwischen den Werten, da die mittlere Abweichung vom Mittelwert bei Durig 2:20/,, bei Kolmer 2:50), bei Rainer 2:30), und bei Reichel 2:70/, beträgt, hieraus ergibt sich wohl die Grenze für die Leistungsfähigkeit der von uns verwendeten Methodik, da in den Abweichungen auch die physiologischer Weise vorhandenen Schwankungen inbegriffen sind. Auf Grund dieser Versuche, wie auch der älteren, an Durig angestellten Respirationsversuche beim Marsch, kann es daher als feststehend erachtet werden, daß die Wegkonstante für uns alle bei einem Wert von 0:55 Kalorien gelegen ist. Dies ist eine Größe, die wir auf Grund der Diskussion über die übrigen älteren Versuche, mit Ausnahme jener von Zuntz und seinen Mitarbeitern, im Jahre 1901 und ganz vereinzelter Beobachtungen aus der ersten Zeit, in der die Methodik erst ausgebildet wurde, als wahrscheinlichsten, ziemlich allgemein gültigen Wert für den Umsatz beim Gehen auf ebener Bahn angesprochen hatten. Halten wir an dieser Annahme fest, die natürlich die ganz bestimmte Art der Berechnung zur Voraussetzung! hat, so ergibt sich für die Fortbewegung von 1 kg entlang einem Meter Weges ein Aufwand von rund einem Viertel Meterkilogramm. Nimmt man an, daß der Wirkungs- grad der menschlichen Arbeitsmaschine mit 300%, anzusetzen ist, so würde die Arbeit für den Horizontalmarsch, so lange es sich um mittlere Geschwindigkeiten handelt, pro Meter und Kilo Horizontalbewegung mit 0:07 bis 0:08 mkg anzusetzen sein. 1 Siehe p. 17 und 18 |257 und 258]. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 263 Tabelle VII. Übersicht über den Umsatz beim Horizontalmarsch unter Einhaltung mittlerer Geschwindigkeit (neue Versuche). Geschwindigkeit eh Umsatz pro Kilogramm und Meter Versuchsperson Meter | mit pro Minute Belastung % q nn cm? CO, cm? Os Kalorien 1023 0:088 0:114 0'543 102-1 0:084 SR) 0:559 Durig 76:1 f' 83:8 0:078 0110 OoL7 1273 0:081 0:115 "536 69-2 0'083 0:113 0335 62:4 0086 © 1111 ) 0°561 Kolmer 94:2 en 67°0 0:083 0:120 0560 66:4 0:094 0,2122 0591 91:3 0:092 0:129 0'578 88:8 0°101 0:117 0571 Rainer 90-4 754 0100 0:121 0'584 838 0096 0:118 0:567 76:9 0:078 0:114 0'533 100°8 0:102 0:104 0550 964 0:103 0'119 0'583 ; 94:8 0:099 0:113 0:554 Reichel 100°3 9572 0:098 0:138 0'556 952 0:101 0:118 0570 75% 0:088 0:105 0514 Mittel . 84:0 0:087 0'116 0'558 Bezüglich der Tabelle VIII muß noch auf das Verhalten Kolmer's hingewiesen werden. Man ver- gleiche den Umsatz, der an ihm beim Marsch auf freier Bahn gefunden wurde, mit jenem, der im Jahre 1901 auf der Berliner Tretbahn bestimmt wurde (Tab. II). Es zeigt sich, daß Kolmer trotz seines etwas eigenartigen Ganges bei unbeeinflußtem Gehen und bei einer Marschgeschwindigkeit zwischen 62 und 69 m pro Minute eine ganz ähnliche Zahl von Kalorien umsetzt wie wir übrigen, sich also von uns in bezug auf die Höhe des Verbrauches bei einer ihm angepaßten Marschgeschwindigkeit nicht anders ver- hält als wir, es waren also sicher nur Begleitumstände, die damals die hohen Verbrauchszahlen bei ihm herbeiführten. Die Geschwindigkeit, die Kolmer für sich als die ihm behaglichste wählte und die wohl dem »Straßentrott« oder der »Wandergeschwindigkeit« (Fischer) entspricht und jenes Tempo vorstellt, in das man unwillkürlich immer wieder verfällt, wenn man sich nicht absichtlich zwingt, schneller oder langsamer zu gehen, liegt bei Kolmer niedriger als bei uns allen. Durig schlug in der Regel ein Tempo an, das ungefähr der Zurücklegung von einem Kilometer in etwas mehr als zehn Minuten entspricht!, und 1 Siehe auch die älteren Versuche an ihm. Arch. f. (Anat. und) Physiologie, 1904, Suppl. p. 445. 264 A. Durig, auch Reichel wählte eine ähnliche Geschwindigkeit. Die Märsche Rainer’s lassen auf eine ihm bequeme Wandergeschwindigkeit von etwa 11 Minuten für den Kilometer schließen, wogegen Kolmer seinen Schritt auf ein Tempo, in dem für die Zurücklegung eines Kilometers 14 Minuten erforderlich waren, einstellte. Die Ursache für die größere Langsamkeit Kolmer’s als Gänger, die wir auch während der sämtlichen Marschversuche der Expedition wahrnehmen konnten, ist wohl in dem gedrungenen Bau und der geringen Beinlänge Kolmer’s zu suchen, wie ja auch sein Körpergewicht im Verhältnis zur Körpergröße gegenüber den anderen Versuchspersonen ein relativ hohes ist. Es wäre noch die Frage zu erörtern, inwieweit man auf Grund der vorliegenden Versuche behaupten kann, daß eine Wegkonstante von 0:55 Kalorien als näherungsweiser Mittelwert für das Gehen auf ebener Strecke verallgemeinert werden kann und inwieferne die bei einer Versuchsperson festgestellte Wegkonstante als absoluter Wert angesprochen werden darf. Stützen sich die neuen und die zahlreichen älteren Versuche auch auf ein recht umfangreiches Material und auf Beobachtungen an rund 20 Versuchs- personen, bei denen übereinstimmende Ergebnisse erzielt wurden, so kann die Annahme, daß der Ver- brauch für das Meter und Kilogramm Geharbeit zwischen 0:5 und 0:6 Kalorien anzusetzen ist, doch insolange nur eine wahrscheinliche bleiben, als nicht neue Versuche an den im Jahre 1901 untersuchten Personen dargetan haben, daß man berechtigt ist, die niedersten, damals bei ihnen gefundenen Werte als ihrem Umsatz beim Gehen entsprechend anzunehmen. Wir werden allerdings mit einiger Sicherheit voraus- setzen können, daß dies der Fall ist, um so mehr als ja die mit vollkommen anderer Methodik von Sonden und Tigerstedt ausgeführten Beobachtungen, die in ihren Ergebnissen bei den einzelnen Versuchs- personen ursprünglich um 340%, voneinander abweichen, durch die Umrechnung aber bis auf 140%, genähert wurden, eine höchst willkommene Stütze für die Resultate liefern, die nach dem Zuntz’schen Verfahren gewonnen wurden. Es ist dadurch die Wahrscheinlichkeit, daß wirklich durchgreifende Unter- schiede im Aufwand für das Gehen auf horizontaler Bahn bestehen sollen, eine sehr geringe geworden. Die von Sonden und Tigerstedt untersuchten Personen waren Flachländer und inrem Beruf nach Fabriksarbeiter, Laboratoriumsdiener, Bäcker und Studierende, Zuntz und Schumburg arbeiteten bei trainierten Soldaten, auch Leo Zuntz muß als gut trainierter Gänger gelten, in unseren Beobachtungen kamen geübte Alpinisten, darunter eingeborene, von Jugend auf trainierte Bergbewohner zur Untersuchung und doch liegen die Werte trotz ganz verschiedener Körpereigenschaften der Versuchspersonen einander auffallend nahe. Man wird deshalb, und dies gilt natürlich nur für normale Menschen, wohl mit ziemlicher Berechtigung auf eine ziemlich einheitliche Größe des Umsatzes bei behaglicher Wanderungsgeschwindig- keit schließen können, diese wird allerdings für verschiedene Menschen eine ganz beträchtlich abweichende sein. Darüber, daß bei abnormalen Personen von vornherein ganz wesentlich höhere Größen für den Ver- brauch beim Gehen zu erwarten sind, kann wohl kein Zweifel sein, es scheint mir nur wichtig, darauf hinzuweisen, daß der Einfluß der Übung im Gehen sowie der sonstigen Leistungsfähigkeit auf den Aufwand bei der für eine Versuchsperson bequemen Gehgeschwindigkeit kein besonders wesentlicher sein kann. Trotz der großen Zahl übereinstimmender Werte ergab diese Darstellung jedoch, daß bis zur unzweifelhaften Feststellung einer solchen Gesetzmäßigkeit noch weitere Resultate beigebracht werden müssen. Die Versuche aus der Respirationskammer bedürfen sicherlich weiterer Ergänzung, um zu entscheiden, ob die an früherer Stelle ausgeführte Berechnung dem tatsächlichen Verhalten Rechnung getragen hat. Tretbahnversuche in der Respirationskammer werden in zweckdienlicher Weise zum Ziele führen, hierbei wird allerdings ein besonderes Augenmerk darauf zu richten sein, daß durch das Gehen auf dem Tretwerk nicht eine ungewollte, künstliche Verschiebung der Resultate herbeigeführt werde. Die Versuche beim Marsch auf freier Bahn haben so gut übereinstimmende Resultate geliefert und sind auch so zahlreich (62), daß sie als abgeschlossen gelten können, es ist jedoch zu bedenken, daß in diesen der Hautgaswechsel ausgeschaltet war und jene Einwände berücksichtigt werden müssen, die wir 1 Siehe die Ausführungen in der Einleitung über die Beschaffenheit der Versuchspersonen und deren Leistungsfähigkeit. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 265 an früherer Stelle gegen unsere eigene Methodik erhoben haben. Es darf auch nie außer Acht gelassen werden, daß eine einwandfreie Feststellung des Ruhegaswechsels vorausgesetzt werden muß, wenn die Werte, die für den Umsatz beim Marsch auf horizontaler Bahn bestimmt werden, richtige sein sollen, dagegen kann nicht gefordert werden, daß die Größe des Erhaltungsumsatzes am selben Tag bestimmt werde, an dem die Marschversuche zur Ausführung gelangen. Es wurde bei der Besprechung der Ver- suche über den Erhaltungsumsatz festgestellt, daß nicht nur die Ruhewerte einander zugehöriger Ver- suche von ganz gleicher Größe sind, sondern daß auch zeitlich weit auseinander gelegene Beobachtungen, seien diese nun im Sommer oder im Winter ausgeführt, zu ganz übereinstimmenden Ergebnissen führten. Bei unseren Marchversuchen auf dem Semmering schlossen sich übrigens die Horizontalmärsche direkt an vorhergegangene Ruheversuche an, bei den übrigen Gehversuchen führten wir dagegen das Mittel des Erhaltungsumsatzes der nächstgelegenen Ruheversuchsreihen als Größe für den Ruheverbrauch in die Berechnung ein. Wenn es gelingt, für den Aufwand beim Horizontalmarsch in der Respirationskammer vollkommen korrekte Zahlen, die als absolute Werte aufzufassen sind, festzustellen, so bleibt noch immer die Frage offen, inwieweit die Wegkonstante für eine Versuchsperson auch der tatsächliche Ausdruck für die Größe der Verbrennungsvorgänge ist, die der Arbeit entspricht, welche für die Fortbewegung von 1 Rg entlang einem Meter Weges geleistet werden muß. Die Förderung absolut richtiger Zahlen für den Aufwand beim Horizontalmarsch, die theoretisch selbstverständlich und leicht erreichbar scheint, stößt praktisch auf nicht zu übersehende Schwierigkeiten. Beim Versuche mit der Atmung durch Mundstück und Ventile sind es der Ausfall der Hautatmung, die Widerstände in der Gasuhr und den Leitungen und die hier- durch bedingte Erhöhung der Atemarbeit, im Versuch beim Gehen auf dem Zimmerboden in der Respirationskammer die Behinderung des freien Ausschreitens in gerader Linie und bei Beobachtungen mit der Tretbahn, wenn diese im Respirationsapparat aufgestellt wird, der Wegfall des beim freien Gehen zu überwindenden Luftwiderstandes und die erzwungene, nicht dem jeweiligen Behagen der Versuchs- person angepaßte Bewegung, die störend in Betracht kommen müssen. Wird der Tretbahnversuch außer- halb der Kammer mit Hilfe der Gasuhr ausgeführt, so treten natürlich jene Einwände, die wir gegen unsere Arbeiten nach der Zuntz’schen Methode erhoben haben, noch weiter hinzu. Bei der Beurteilung des Aufwandes für die reine Geharbeit ist aber ferner zu berücksichtigen, worauf schon oben hingewiesen wurde, daß zugleich mit dem Gehen eine ganze Menge von Muskelarbeit aus- geführt wird, die nicht der Fortbewegung des Körpers dient; außer einem erhöhten Tonus in ver- schiedenen Muskelgruppen, den wir im Versuch über den Erhaltungsumsatz auszuschalten bestrebt sind, kommt es zur Mitinnervation zahlreicher Muskeln; es wäre daher vielleicht richtiger, den Umsatz beim Stehen än Stelle des Erhaltungsumsatzes vom Gesamtverbrauch beim Horizontalmarsch abzuziehen und die ausschließlich für die Fortbewegung der Last entlang dem Weg eingeleiteten Verbrennungsvorgänge aus diesem Rest zu berechnen. Jedenfalls ist das, was wir als die Wegkonstante bezeichneten, nur ein Aus- druck des rohen Umsatzes für das Marschieren, indem die Ausgabe für alle Arbeit mitinbegniffen ist, die ein gehender Mensch gegenüber einem schlafenden leistet. Die Berechnung des reinen Umsatzes für die Geharbeit ist aber kaum durchführbar. Einerseits begegnet man der Schwierigkeit, die Größe des Aufwandes für die Steharbeit namhaft zu machen und anderseits ist die Frage, ob der Umsatz für die Steharbeit der richtige Wert sei, der vom Gesamtumsatz abzuziehen ist, kaum zu bejahen. Bornstein und Ott! haben sich zwar an der Frage versucht, den Aufwand beim Stehen zu bestimmen, man wird aber kaum fehlgehen, wenn man sagt, daß ihnen die Lösung derselben wohl nicht gelungen ist. Die Ruhewerte, die den Versuchen von Bornstein und Ott in zusammengehörigen Ver- suchen zugrunde liegen, weisen Schwankungen auf, die man sonst kaum in einer Gaswechselarbeit 1 Pflüger’s Archiv, 109, p. 621. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI, 3 SI 266 A. Durvig, findet und dabei waren die Unterschiede, die sie feststellen wollten, der subtilsten Art. Die Extremwerte für den Sauerstoffverbrauch im Ruheversuch mögen in folgender Zusammenstellung unter Weglassung der Dezimalen wiedergegeben sein. Bornstein Ott Niederster\Viert, 0 se Peg 23062 Klochsterä\Vvient 7, u er 31073 3944 Ditterenzi. naar el el 158 Größe der Abweichung in Prozenten. . . 42°2 61°5 Daß die Ursache für derartige Unterschiede zu einem großen Teile durch die Verdauungsarbeit bedingt ist — die übrigen Werte verteilen sich alle zwischen die Größen — ist wohl unzweifelhaft. Betrachten wir demgegenüber die Ausschläge, die das Stehen herbeiführte, so ergibt sich für diese in Kubikzentimetern pro Minute bei Bornstein Ott AOSOE a Ka a aloe 21 bis 126 in Prozenten des Ruhewertess ... 1» 12°5 MB 2 8 Die gefundenen Unterschiede bei den Stehversuchen fallen daher noch vollkommen in die Schwan- kungsbreite der Ruheversuche und Können daher nicht dazu herangezogen werden, den Umsatz bei der Steharbeit zu kennzeichnen. Es sind den beiden genannten Autoren wohl auch selbst die großen Unter- schiede zwischen den Werten aufgefallen, die sie für sich selbst als Ausdruck des Umsatzes beim Stehen berechneten, sie glaubten aber diese durch die verschiedene Stellung, welche sie beim Stehen einnahmen, erklären zu können, die Grundlagen der Versuche sind jedoch keinesfalls ausreichend, um einen der- artigen Schluß ziehen zu können. Einen befriedigenden Einblick in die Verhältnisse vermögen auch die Versuche Katzenstein’s wie die bezüglichen Beobachtungen von Zuntz und Schumburg nicht zu geben, dagegen liegen 22 etwas bessere Stehversuche von Reach? vor, die sich sämtlich auf eine Versuchsperson beziehen. Diese lassen sich in drei Gruppen gliedern, je nachdem die Person frei stand oder sich beim Stehen nach hinten oder nach vorne geneigt aufstützte. Wenn die Versuchsperson sich vorne an einer Querstange hielt und etwas nach rückwärts gelehnt, asymmetrisch stand, war der Verbrauch am kleinsten. Größer wurde er beim vollkommen freien, asymmetrischen Stehen und am größten, wenn der Untersuchte sich vorn, an der Stange haltend, etwas vornüberbeugte. Im Mittel wurde pro Minute und Kilogramm ein Mehrverbrauch von 2 Kalorien beobachtet. Das Verhalten der Versuchsperson ließ aber, wie Reach erwähnt, manches zu wünschen übrig, eine Annahme, die wesentlich durch die Höhe des Erhaltungsumsatzes gestützt wird. Es schwankte nämlich der Sauerstoffverbrauch zwischen 250 und 290 cm’, also um 15°/,, und wenn demnach auch die Versuche Reach’s um Vieles besser sind als jene von Bornstein und Ott, so ist auch durch sie keine sichere Feststellung des Verbrauches beim Stehen erfolgt, da ein viel zu hoher Wert als Erhaltungsgas- wechsel subtrahiert wurde, so daß der Aufwand für die Steharbeit gewiß zu klein ausgefallen ist. Den sichersten Beweis für diese Annahme liefert die Tatsache, daß in vier von den acht Versuchen, in denen bei rückwärts gebeugter Stellung beobachtet wurde, der Sauerstoffverbrauch geringer ausfiel als in Körper- ruhe bei der liegenden Versuchsperson. 1 p. 624, IVa. 2 p. 626, XIlla. 3 p. 624, 1a. 4 p. 624, Ila. 5 Landw. Jahrbücher, 1908, p. 1078, Biochemische Zeitschrift, XIV, p. 440 und XV, p. 501. Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. 267 Berechnet man den Sauerstoffverbrauch für die Versuchsperson auf Grund der Körperoberfläche, so erhält man 230 gegen 275 cm’, den gefundenen Mittelwert. Dieser Mehrverbrauch im Liegen gegenüber dem wahren Erhaltungsumsatz würde allein schon 3°7 Kalorien pro Kilogramm und Minute bedeuten, also fast das Doppelte von dem, was im Mittel für den Aufwand beim Stehen gefunden wurde. Addieren wir die 3:7 Kalorien zum mittleren Aufwand für die Steharbeit, den Reach bestimmte, so erhält man für diese einen Wert von 5:7 Kalorien oder wenn man den größten Wert nimmt, 9 Kalorien pro Kilogramm und Minute Steharbeit; dadurch würden nun bei einer Marschgeschwindigkeit von 100 m pro Minute und einem Aufwand von 0:5 Kalorien pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung nach Abzug der Steharbeit nur mehr 0:44 (0:41) Kalorien als Aufwand für die reine Horizontalbewegung verbleiben, und damit auch der Verbrauch für die Geharbeit als solche etwas niedriger, wenn auch nicht von wesentlich anderer Größenordnung anzusetzen sein. Bezüglich der Beobachtungen, die über die Höhe des Umsatzes bei der Steharbeit ausgeführt wurden, wäre auch auf die Versuche Widlund’s! hinzuweisen, die sich nur auf die Bestimmung der Kohlensäure allein erstrecken; es genügt wohl, von diesen anzuführen, daß in mehr als der Hälfte der Versuche beim Stehen ein niederer Verbrauch als beim Liegen unter Ausschaltung von Muskelbewegungen bestimmt wurde. Wegen der ganz unbefriedigenden Resultate, die demnach derzeit noch über die Höhe des Ver- brauches beim Stehen vorliegen, ist es wohl ziemlich unnötig, darüber schlüssig zu werden, ob es zweck- mäßiger sei, den Verbrauch des Stehenden an Stelle des Erhaltungsumsatzes in Abzug zu bringen. Es ist ziemlich wahrscheinlich, daß das Einhalten der Gleichgewichtslage während des Gehens mit viel geringerem Aufwand an Energie erfolgt als beim Stehen und auch kaum zu entscheiden, ob nicht ein Teil der beim Stehen geleisteten Muskelarbeit während der Arbeit beim Gehen zweckmäßig verwertet wird, also unberechtigter Weise in Abzug gebracht würde. Die obige Betrachtung sollte nur dartun, daß eine schwerwiegende Verschiebung der Resultate durch die Berechnung der Geharbeit unter Berücksichtigung des Umsatzes, den man annähernd für das Stehen anzusetzen hat, nicht stattfindet. Unter den Abstrichen, die bei der Berechnung des reinen Umsatzes für das Gehen auszuführen wären, ist auch an den Mehraufwand für die Vergrößerung der Lungenventilation und der Herzarbeit zu denken. Beide Faktoren hat Zuntz besonders in seinen Pferdeversuchen gründlich berücksichtigt. Man wird jedoch kaum unzweckmäßig verfahren, wenn man die Absicht, den Aufwand der Extremitätenmuskeln beim Horizontalmarsch für sich ermitteln zu wollen, nicht verwirklicht, da man sonst recht wenig sichere Größen in Rechnung zu stellen hat, die wegen ihrer Kleinheit nur sehr schwer richtig zu bestimmen sind. Bei einer Steigerung des Atemvolums um nahezu 50 pro Minute wie in jenem Marschversuch, in dem ich im schnellsten Tempo ging, ist hierfür natürlich ein ganz beträchtlicher Wert (0:09 Kalorien von dem pro Meter und Kilogramm berechneten Wert) abzuziehen. Über den Einfluß der Geschwindigkeit auf die Höhe des Umsatzes beim Marsch auf horizontaler Bahn. Es ist eine jedem Soldaten bekannte Erscheinung, daß die Zurücklegung einer Wegstrecke im »Schnellschritt« eine viel größere Anstrengung bedeutet, als wenn derselbe Weg in gewöhnlichem Marsch- tempo durchschritten wird. Auch von seiten der physiologischen Forschung hat man diese Erscheinung speziell im Hinblick auf die militärische Bedeutung der Frage experimentellem Studium unterzogen und es ist ein unzweifelhaftes Verdienst von Zuntz, daß er gemeinsam mit Schumburg als Erster Unter- suchungen über die Höhe des Umsatzes bei steigender Marschgeschwindigkeit ins Auge faßte ? und die 1 Skandinavisches Archiv, XVII, p. 290. 2 Physiologie des Marsches, p. 283. 268 A. Duvig, recht unvollkommenen Versuche, die Katzenstein auf seine Anregung bereits begonnen hatte, durch eine Reihe gewissenhaft durchgeführter Beobachtungen erweiterte. Wenn uns in dieser Abhandlung nur jene Versuche, die an Menschen ausgeführt wurden, ausschließlich beschäftigen sollen, so darf nicht unterlassen werden, auf die mühevollen Untersuchungen von Zuntz! und Hagemann am Pferde hinzu- weisen, aus denen sich für die Zunahme der Geschwindigkeit über ein mittleres Tempo eine Vergrößerung des Aufwandes pro Meter Weges um rund 1°/, ergab. Bezüglich der einschlägigen Ergebnisse von Tier- versuchen ist ferner zu bemerken, daß Zuntz? am Hunde keine Steigung des Umsatzes mit Zunahme der Geschwindigkeit fand, obwohl er diese von 55 auf 101 m pro Minute steigerte, während Slowtzoff? unter fast den gleichen Verhältnissen eine fast 10°/, betragende Erhöhung der Verbrennungsvorgänge* ermittelte. Tabelle IX. Versuchsperson B. Versuchsperson P. Kleine Kalorien pro Kilogramm und Meter Kleine Kalorien pro Kilogramm und Meter Geschwin- Geschwin- digkeit u Differenz digkeit Be Differenz Meter aan bei | SCSeT eimon Meter Neernd! bei | SS Sen absolut $ ER Mittelwert absolut i Mittelwert ER, a a Gesch, keit > | 0:55 Kalorien keit © 10:55 Kalorien 62:7 0:658 _ + 0:10 93°6 0882 — + 0'05 68°1 0:580 — 0:078 —+ 0°03 58°2 0:504 — 0:08 — 0:05 6957 0'558 — 0100 + 0:01 68:6 0:627 =. 0208 — 007 794 0'546 — 0:112 0:00 Bart 0573 — 0:01 + 0:02 74:4 0556 — 0102 + 0:01 73:4 0:623 + 0:04 + 0°07 75°2 0599 — 0103 0701 VS U 0603 + 0:02 =-.0705 NOn2 0'683 —+ 0:025 + 0:13 749 0'485 — 0:10 — 0:07 79°83 0.519 — 0'139 — 0:03 765 0:493 — 0:09 — 0:06 754 0:669 + !O => Waı2 76:6 0:569 — 0:02 + 0:02 76°9 0'623 — 0032 — 20807 | 769 0:707 + 0:12 + 0'15 76°9 0592 — 0'066 —+ 0:04 779 0:726 + 0°15 + 0:17 781 0'542 — 0'116 — 0:01 80:0 0'529 — 0:05 — 0:03 81'5 0:694 —+ 0036 + 0:14 81°7 0'796 + 0:22 + 0°25 89:1 0623 —+ 0'035 + 0:07 82.4 0-521 — 0:06 — 0°03- 87°7 0:662 + 0:08 + 011 Das Ergebnis, das den Einfluß der Gehgeschwindigkeit auf die Höhe des Umsatzes ausdrücken soll, läßt sich bei den Versuchen, die Zuntz undSchumburg an den Soldaten ausführten, wohlnicht so einfach in den Mittelwerten zusammenfassen, wie dies die beiden Autoren taten, denn wenn Mittelwerte auch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die Tendenz von Zahlen, die untereinander ziemlich stark abweichen, 1 Untersuchungen über den Stoffwechsel des Pferdes bei Ruhe und Arbeit. Neue Folge. Landwirtschaftliche Jahrbücher, XXVII, Ergänzungsband II, 1898, p. 309 u. ff. 2 Pflüger’s Archiv, Bd. 95, p. 206. 3 100m pro Minute sind für einen Hund wohl keine Geschwindigkeit, die für ihn etwas anderes als ein ganz bequemes Tempo bedeutet. Es hält natürlich schwer, den Hund auf der Tretbahn zu schr foreiertem Laufen zu veranlassen, weil er dann, wenn er nicht mehr laufen will, sich einfach auf der Tretbahn schleifen läßt. = Pflüger's Archiv, Bd. 95, p. 158. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 269 zeigen, nach einer gewissen Richtung hin zu fallen oder zu steigen, so ist die Beweiskraft von Versuchen und besonders die Beurteilung der Größe von Ausschlägen doch in erster Linie von dem Verhalten der Einzelversuche abhängig. Es sollen daher die Zahlen aus den Zuntz’schen und Schumburg’schen Versuchen nach Marschgeschwindigkeiten geordnet in einer Tabelle zusammengefaßt werden. Man sieht dann, daß die Unterschiede sich nur in sehr engen Grenzen halten. Die Autoren geben zwar an, daß man nur Ver- suche an einem und demselben Tag miteinander vergleichen könne, dem kann man aber doch kaum vollständig beipflichten, da wir uns überzeugten, daß jahrelang auseinanderliegende Respirationsversuche zu ganz übereinstimmenden Werten führen, wie ja auch Zuntz und seine Mitarbeiter in späteren Publi- kationen weit zurückliegende Marschversuche der Berechnung für den Aufwand zugrunde gelegt und mit neueren Versuchen in Vergleich gezogen haben. Auch dann, wenn der Einfluß von Verdauungsarbeit in den einzelnen Versuchen sich in verschiedener Weise geltend gemacht hätte, könnte dies an der Ver- gleichbarkeit der Resultate nicht viel ändern, da dann ja im Versuch ein entsprechend höherer Ruhe- verbrauch abgezogen worden wäre und der Umsatz für die Geharbeit keine Änderung erfahren hätte. In den Grundbedingungen weichen die Versuche jedoch insoweit voneinander ab, als die Belastung nicht dieselbe war.! Diese ist aber nach den gründlichen Untersuchungen der beiden genannten Autoren ohne entscheidenden Einfluß auf die Höhe des Umsatzes pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung, da sich zeigte, daß der Energieverbrauch beim Gehen in der Regel entsprechend der Zunahme der bewegten Masse wächst, ja, daß unter günstigen Umständen sogar die größere Last mit geringerem Aufwand fort- bewegt werden könne als der eigene Körper der Versuchsperson.? (Tab. IX.) Die Tabelle ergibt, daß innerhalb der untersuchten Geschwindigkeiten eigentlich ein ganz aus- gesprochener Zuwachs des Umsatzes mit Erhöhung des Marschtempos nicht eingetreten ist, und daß der Aufwand für die Fortbewegung von einem Kilogramm entlang einem Meter Weg sich nicht wesentlich geändert hat, wenn die Geschwindigkeit von 53 bis 89 m pro Minute stieg. Man sieht zum Beispiel, daß B. und P. bei Zurücklegung von 75 m pro Minute den niedrigsten Umsatz aufgewiesen haben, während sich höhere Werte sowohl bei größerer, wie bei geringerer Marschgeschwindigkeit finden. Auch findet man dieselben Werte, die bei den geringsten Marschgeschwindigkeiten gefunden wurden, bei viel beschleu- nigterem Marschtempo wieder, und jene Zahlen, die bei dem schnellsten Gehen ermittelt wurden, stimmen mit solchen von langsameren Märschen überein. Aber auch dann, wenn wir zusammengehörige Versuche miteinander vergleichen, ändert sich das Bild nicht wesentlich, wie folgende Werte zeigen, die im Gegen- satz zu solchen Paaren stehen, in denen eine ausgesprochene Zunahme bei erhöhter Marschgeschwindig- keit zum Ausdruck kommt. Energieverbrauch pro Meter und Kilogramm Geschwindigkeit in Kalorien BE EERRIIEN ZEN 0542 79°2 0:518 BERTOSHHTEST NENNEN 05979 708) 0591 B RR 237, 0573 MO=0 0:0569 Ir RS 0:504 764 0'493 » 68°6 0'626 TON 0603 1 Vergl. Tab. 1. c., p. 285 und Anhangstabelle p. 336 u. ff. 2alTeP800: 270 A, Duvig, Wir begegnen also auch Änderungen im entgegengesetzten Sinne oder solchen, die zwar eine Zunahme des Umsatzes ausdrücken, aber so gering sind, daß sie wohl nur ein Zeichen dafür liefern, wie verläßlich die Versuche ausgeführt sind und wie gut die Werte übereinstimmen. Es kann demnach die Beweiskraft der Werte für eine gesetzmäßige Steigerung der Verbrennungsvorgänge, wenn sich auch in einigen Beobachtungen namhafte Ausschläge in positivem Sinme finden, wohl keine sehr große genannt werden, und daher ist es auch nicht gut möglich, aus dem Verhältnis zwischen der Zunahme der Geschwindigkeit in allen Versuchen und dem Mittel aus den Unterschieden zwischen den Versuchspaaren einen Mittelwert für die Zunahme des Umsatzes pro Meter Geschwindigkeitszuwachs abzuleiten. Man wird daher dem so berechneten Wert, von 0:0023 Kalorien Zuwachs der Verbrennungsvorgänge pro Meter Geschwindigkeitszunahme, wohl auch keine allgemein gültige Bedeutung einräumen dürfen. Daß dieser Wert, der von Leo Zuntz als Mittel für ganz andere Geschwindigkeitsänderungen gefundenen Umsatz- steigerung entspricht, ist wohl fast nur als Zufall zu bezeichnen. Beweisend für den Einfluß der Geschwindigkeit beim Gehen auf die Höhe des Umsatzes sind die schönen Versuche von L. Zuntz!, der diese Frage anläßlich seiner Untersuchungen über den Gaswechsel des Radfahrers bearbeitete. Seine Beobachtungen umfassen 18 Märsche, verteilt auf dreierlei verschiedene Geschwindigkeiten. Die Versuche stimmen trefflich untereinander überein und sind wohl das einzig Grundlegende von dem, was bisher über die Bedeutung der Marschgeschwindigkeit für die Höhe der Weg- konstante gefördert wurde. Es ergeben sich aus seinen Tabellen die folgenden Zahlen, denen ich bei der Umrechnung auf Kalorien ein mittleres Gewicht von 72:94 kg zugrunde legte. I Site Il. Stufe III. Stufe Kalorien Kalorien Kalorien Meter pro Meter und Meter pro Meter und Meter pro Meter und pro Minute Kilogramm pro Minute Kilogramm pro Minute Kilogramm zurückgelegt umgesetzt zurückgelegt umgesetzt zurückgelegt umgesetzt 93:94 0:538 ze 0:660 14593 1'062 84:14 0:598 92-41 0:669 14050 1:104 98:79 0:558 97:38 0:621 130 '74 12059) 57:10 0:561 10142 0:647 13709 12026 Sr 0546 10034 0:628 14368 1:015 99:35 0:560 10340 0:699 138:12 1:168 Mittel. . 58-11 0.554 98:97 0:653 140-111 1:072 Überblickt man die Zahlen, so fällt in den Mittelwerten sofort der Einfluß der Geschwindigkeit auf, und betrachtet man die Verhältnisse in den Einzelversuchen, so sieht man, daß diese sich untereinander in vorzüglicher Weise stützen, nur bei der zweiten Geschwindigkeitsstufe finden sich beträchtlichere Abweichungen zwischen den verschiedenen Werten und auch das Ergebnis des letzten Versuches aus der dritten Reihe fällt aus dem einheitlichen Gesamtbild heraus. Ermittelt man die Umsatzsteigung von der ersten zur zweiten Stufe und vergleicht mit ihr jene, die beim Übergang von der zweiten zur dritten Stufe auftrat, so sieht man sofort, daß die Zunahme keine gleichmäßige gewesen sein kann. Der Unterschied in der Geschwindigkeit ist zwischen den Stufen nahezu gleich groß, im einen Falle handelt es sich um 40:56 m, im zweiten um 41:44 m, dagegen beträgt die Erhöhung des Verbrauches für die Einheit der Marscharbeit 0:099 Kalorien beim Übergang von der niederen auf die mittlere Geschwindig- keit und 0'419 Kalorien bei jenem zur höchsten Geschwindigkeit, also viermal so viel. Dieses Ergebnis beweist zur Genüge, daß es nicht zulässig ist, wenn man den Tatsachen keinen Zwang antun will, mit einem Mittelwert für die Umsatzsteigerung pro Meter Geschwindigkeitszunahme zu rechnen, weshalb 1 Untersuchungen über den Gaswechsel und Energieumsatz des Radfahrers, Berlin, 1899, Hirschwald. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 271 auch die allerdings unter entsprechendem Vorbehalt ausgeführte Umrechnung des Umsatzes, welche bei den älteren Horizontalmarschversuchen von mir! durchgeführt wurde, jetzt als sicher nicht berechtigt bezeichnet werden muß. Nach den genannten Versuchen sind nur noch einschlägige Beobachtungen von Frentzel und Reach? erschienen, die sich mit der Frage beschäftigten. Sie wurden wiederholt als beweisend für den Einfluß der Geschwindigkeit auf den Umsatz zitiert, insbesondere in der Richtung, als sie dartun sollten, daß bei Abnahme der Marschgeschwindigkeit unter eine gewisse optimale Geschwindigkeit eine Zunahme des Verbrauches pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung eintreten soll. Doch auch hier handelt es sich wieder um den Vergleich von Mittelwerten eines ziemlich heterogenen Zahlenmaterials, das dann wenn man dieses nach den Marschgeschwindigkeiten ordnet, viel eher für eine Unabhängigkeit des Umsatzes innerhalb weiter Grenzen als für das Gegenteil spricht. Zu diesem Ergebnis gelangt man aber auch, wenn man unmittelbar aufeinander folgende Versuche miteinander vergleicht. Zum Beispiel Frentzel: Geschwindigkeit Kubikzentimeter O, Meter pro Minute pro Meter und Kilogramm 25. Oktober 1897 “ Ss Zo. ober 619 0:104 es findet sich also eine Abnahme um 8°/, bei einer Geschwindigkeitszunahme, die bei Leo Zuntz unzweifelhaft auch zu einer Steigung des Umsatzes um nicht viel weniger Prozente geführt hätte. Zur Stütze dieses Urteils über die unzulängliche Beweiskraft der Mittelwerte seien die einzelnen Zahlen aus- zugsweise zusammengestellt. Noch vielmehr als ein Überblick über diese lehrt aber der Versuch, die Ergebnisse graphisch in einem rechtwinkeligen Koordinatensystem anzuordnen, daß eine Gesetzmäßigkeit aus den Werten nicht abzuleiten ist. Frentzel Reach Umsatz Umsatz Geschwindigkeit Kalorien pro Meter Geschwindigkeit Kalorien pro Meter Meter pro Minute und Kilogramm Meter pro Minute und Kilogramm 31:4 0:511 31'6 0:567 36:0 0561 33'9 0:676 364 0:620 33°6 0:524 39539 0.549 O2 0464 Mittel 399 0560 Mittel. . 834°6 0.558 978 0442 60:3 0582 61-2 0.529 63:2 0528 SR) 0:498 69 °4 0:507 68'6 0:511 66:9 0596 227 0.514 Mittel. - 63-9 0:553 RO 0'487 80:1 0:626 833 0'458 Mittel... 691 0:508 1 Beiträge zur Physiologie des Menschen im Hochgebirge. Pflüger’s Arch., Bd. 113, p. 245. 2 Pflüger’s Arch., Bd. 83, p. 477. 272 A. Durig, Wie man sieht, wird der Mittelwert der Versuche bei geringerer Geschwindigkeit bei Frentzel und Reach durch je einen ganz aus der Reihe fallenden Versuch in die Höhe gepreßt. Eine Durchsicht der Zahlen besagt, daß das Auftreten einer solchen Größe zwischen niedereren Werten eben nur die Höhe der Ausschläge andeutet, die in den Versuchen überhaupt möglich waren, ohne daß dieses Verhalten in irgend einen Zusammenhang mit der Änderung der Geschwindigkeit‘zu bringen wäre. Die Versuchsresultate weichen eben auch bei anderen, ganz naheliegenden Geschwindigkeiten um ganz ähnliche Beträge von- einander ab, und ein zufällig nach oben oder nach unten extremer Wert vermag natürlich bei wenigen Beobachtungen das ganze im Mittelwert zum Ausdruck gebrachte Bild vollkommen zu entstellen. Tabelle X. Person M. PersonB. Geschwindigkeit | umgesetzt pro Meter || umgesetzt pro Meter Geschwindigkeit pro Minute und Kilogramm und Kilogramm pro Minute Meter Kalorien Kalorien Meter 0:906 12272 1'020 1265 0:924 12921 0:981 130:7 0'984 132:8 0:996 133-1 0:991 1343 1'005 1344 1349 0:963 0:938 134°9 0'952 134°9 0996 135527 137°6 0:979 1389 0982 1429 0:952 1429 1:018 172:0 1:154 182:6 1:184 Sehr interessante Beobachtungen verdanken wir Caspari!. Der genannte Autor untersuchte den Umsatz bei der Marscharbeit von Dauergängern, so daß wir einen Einblick in die Höhe der Verbrennungs- vorgänge beim Gehen maximal trainierter Sportsleute gewinnen können. Die Versuche sind Tretbahn- versuche und darum mit jenen, die auf freier Bahn ausgeführt sind, allerdings nicht vollkommen ver- gleichbar, da besonders bei großen Marschgeschwindigkeiten der Wegfall des Luftwiderstandes? und die geänderte Art des Ganges auf der Tretbahn kaum außer acht gelassen werden kann. Auch dadurch unter- scheiden sich die Versuche Caspari’s von den unseren, daß wir bei unseren Märschen mit Belastung gingen und an der Gasuhr ein recht beträchtliches Gewicht zu tragen hatten, während Caspari’s Dauer- gänger unbelastet marschierten. Mit den von Leo Zuntz gewonnenen Werten sind sie jedoch vollständig vergleichbar. 1 Physiologische Studien über den Vegetarismus. Pflüger’s Arch., Bd. 109, p. 473. 2 Der Luftwiderstand kommt hier insoferne in Betracht, als beim schnellen Gehen mit der Gasuhr die Kautschukschürze, die die Versuchsperson vor Benützung mit der auslaufenden Säure schützt, hinderlich wird, da sie zwischen die Beine flattert und das Ausschreiten hemmt. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 273 Die vorstehende Tabelle X enthält das von Caspari mitgeteilte Versuchsmaterial in seinen End- ergebnissen. Da der Verfasser die Mittelwerte der Beobachtungen gebildet hat und diese zur weiteren Diskussion ausschließlich heranzog, erscheint es zulässig, die Einzelwerte trotz verschiedener Grund- bedingungen, die in beiden Versuchen bestanden, nach den Marschgeschwindigkeiten zu ordnen. Zur besseren Übersicht wurden die Werte für den Umsatz bei den beiden Versuchspersonen in der zweiten und dritten Spalte der Tabelle unmittelbar nebeneinander gesetzt, weshalb die erste und letzte Kolonne das Wachsen der Geschwindigkeit anzeigt. (Tab. X.) Wenn man die zusammengestellten Resultate übersieht, so ergibt sich vorerst, daß der Verbrauch bei M. und B. gegenüber dem oben angeführten Wert für die Wegkonstante (0:55) ganz ausgesprochen gesteigert ist, daß also ein unzweifelhafter Zuwachs des Umsatzes unter dem Einfluß erhöhter Geschwindig- keit stattgefunden hat. Der Verbrauch bei B. ist aber beim Wachsen des Marschtempos von 122:2 auf 135°7 m ein recht wenig gleichmäßiger, so daß sich innerhalb dieser Grenze ein gesetzmäßiger Einfluß des Geschwindigkeitszuwachses nicht erkennen läßt. Man findet, daß die Zahlen ungefähr gleichmäßig um einen Mittelwert von 0:97 Kalorien schwankten, so daß es scheint, als wäre der Verbrauch bei B. für dieselbe Geschwindigkeit höher als für M. Hierfür spricht auch der Umstand, daß M. bei noch schnellerem Gehen ebenfalls Werte für den Umsatz aufweist, die kleiner sind als jene, die bei der von B. erreichten größten Geschwindigkeit beobachtet wurden, obwohl diese wesentlich tiefer liegt. Ich möchte daher hier- durch die von Caspari abgeleitete Gesetzmäßigkeit nicht als erwiesen erachten, daß maximal trainierte Menschen die gleiche Arbeit, auf welche sie trainiert sind, mit demselben Verbrauch für die Einheit des Effektes leisten. Zum mindesten liefern die ganz wenigen, in bezug auf die Marschgeschwindigkeit an- nähernd zusammenfallenden Versuche, die in den Ergebnissen nicht vollkommen übereinstimmen, hierfür keinen zwingenden Beweis und auch die unten angeführten Kurven, in denen versucht wurde, graphisch den Einfluß des Geschwindigkeitszuwachses darzustellen, ergeben keinen besseren Anhalts- punkt für eine Gesetzmäßigkeit. Es mögen nun unsere eigenen Versuche folgen, die sich auf Geschwindigkeiten beziehen, welche von 47 bis 152 m pro Minute wechselten. Ein noch langsameres Marschtempo als jenes von 47 m konnten wir beim Marschieren auf freier Bahn nicht erzielen, da wir immer wieder in einen schnelleren Schritt verfielen, als beabsichtigt war. Es dürfte übrigens eine Geschwindigkeit, bei der man für die Zurücklegung eines Kilometers 21 Minuten benötigt, wohl an jene untere Grenze heranreichen, die im allgemeinen für das Gehen noch in Betracht kommt, während ein Tempo, in dem der Kilometer in 6!/, Minuten zurück- gelegt wird, der größten Schnelligkeit entsprechen dürfte, die man durch längere Zeit im Marsch noch einzuhalten vermag. Die Versuche sollen ebenfalls ganz analog wie die bisher erwähnten, nach den Marschgeschwindigkeiten geordnet, angeführt werden. Wegen der Eigenart im Gang des einzelnen und des Bestrebens, den gewöhnten Wanderschritt einzuhalten, gelang es nicht bei uns allen, Geschwindigkeitsvariationen über das ganze Ausmaß von 47 bis 152 m zu erzielen, denn es zeigte sich bei der Berechnung der Resultate, daß die Werte der Gang- geschwindigkeit bei jeder Versuchsperson immer das Bestreben hatten, sich einer mittleren Größe zu nähern, und es scheint mir, daß gerade diese Tatsache auf den wesentlichen Unterschied zwischen dem erzwungenen Gehen auf der Tretbahn und jenem auf freier Strecke hinweist. Sehr ausgesprochen waren die Unterschiede in unseren Marschgeschwindigkeiten nur dann, wenn wir beabsichtigten, ganz besonders langsam oder ganz besonders rasch zu gehen. (Tab. XI.) Der gewöhnliche Wanderschritt stellte sich bei Durig auf rund 100 m pro Minute ein (siehe besonders die älteren Versuche), bei Rainer schwankte er zwischen 80 und 90 m pro Minute, bei Reichel zwischen 95 und 100 m und bei Kolmer fanden wir hierfür 60 bis 70 m. 1 Arch. f. Anatomie u. Physiologie, Suppl., 1904, p. 445. 2 Siehe auch oben, p. 23 [263]. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI, 38 [&6) A. Durvig, Tabelle XI. Übersicht über den Energieverbrauch bei verschiedener Marschgeschwindigkeit. Geschwindigkeit Kalorien pro Kilometer Weg und Kilogramm Gewicht pro Minute | Marschzeit pro Kilometer Rainer Reichel Kolmer Durig Meter | aa a 47'2 0'538 — —_ — 16 51 99°3 _ 0'514 — — 16 02 62:4 — — 0561 — 15 03 66.4 — — 0:59 — 14 59 67°0 — —_ 0'560 — 14 27 69:2 n— — 0'535 —_ 13 50 72-3 — — — 0:534 13 10 79:9 — 0:510 — 125250 NONE 0.533 —_ — — 11 56 83:8 — — —_ 0517 tl 11) 88:8 0571 — — — al 1 88:8 0'567 — — —_ 11.06 90:4 0:584 —_ — — 10 46 Se 0:578 — — — 10 44 93°6 — 0:566 — — 10 33 94:8 — 0'554 — _— 10 31 982 — 0556 — — [0731 952 — 0:570 _ — 10 19 964 u 0:583 — — 10 06 99:0 — 0:591 — — 10 04 992 = 0.572 — — 10 00 1000 — — 0'659 — 953 100:8 — 0:550 — —_ 959 1009 — —_ 0:635 — 9 47 102-1 n— — _— — 9 46 1023 — — —_ 0'543 9 40 1035 — 0659 — 0'559 9 36 103°9 — 0641 — — E30 1040 — — 0'654 — 929 1052 — = 0'642 = 8 838 115°8 0277 — — 0'613 8 34 116°6 — — — 0628 X 56 126-0 — — — 0'735 7 43 129:5 0:954 —_ — = 6 58 141°8 — — — 0'854 6 32 1525 = D — 1:023 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 275 Da das Gefühl der Anstrengung mit dem schnelleren Gehen ganz unverhältnismäßig rasch anwächst, ist es viel leichter, bei sehr raschem Gehen verschiedene Abstufungen in der Marschgeschwindigkeit zu erzielen als bei langsamerem oder behaglicherem Schritt, denn es handelt sich hierbei auch gewiß nicht mehr um ein rein automatisches Ausschreiten wie unter gewöhnlichen Verhältnissen. Die Grenze, bis zu der die Marschgeschwindigkeit gesteigert werden kann, ist natürlich eine individuell verschiedene. So erreichte Kolmer seine größte Schnelligkeit bei 105 m Weg pro Minute, bei Rainer stieg sie auf 129-5 m an und Durig erreichte 152°5 m, wobei natürlich zu bedenken ist, daß alle unsere Märsche bei wesentlicher Belastung und bei Atmen durch die Gasuhr ausgeführt wurden. Ich möchte auch nicht unerwähnt lassen, daß das Studium der Frage über den Einfluß der Geschwindig- keit auf den Umsatz bei unseren Versuchen nur ganz nebensächlich einherging, ohne daß wir die Absicht hatten, entscheidende Beobachtungen darüber auszuführen. Es wurde daher auch bei Reichel], mangels an Zeit, auf die Ausführung von sehr raschen Märschen verzichtet. Durig hätte in unbela- 'stetem Zustand sehr wohl noch ein wesentlich rascheres Marschtempo erreichen können, da beim schnellen Gehen die rückwärts aufgebundene Kautschukschürze, das Herumpendeln der zum Heber und zur Füllkugel führenden Schläuche wie auch die ganze Anbringung der Last hinderlich waren. Zum Vergleiche sei angeführt, daß Leo Zuntz unbelastet bei der größten für ihn erreichbaren Schnelligkeit 1455 m pro Minute zurücklegte und die beiden Dauergänger ebenfalls in unbelastetem Zustande 135'7, beziehungsweise 182:6 m Geschwindigkeit pro Minute erzielten, wobei die letztgenannten Versuche die Versuchsperson ersichtlich anstrengten und »wohl eine schnell eintretende Ermüdung« ! herbeiführten. Abbe A. Umsatz pro Meter und Kilogramm in kleinen Kalorien. AD It: ch 150 m pro Minute Weg. LZ=Leo Zuntz. AD = Durig. Aus unseren vorstehend tabellarisch zusammengefaßten Versuchen geht unzweifelhaft bereits bei oberflächlichem Überblick hervor, daß der Zuwachs, den der Umsatz erfährt, mit Zunahme der Marsch- geschwindigkeit kein gleichmäßiger ist, wie wir dies auch schon oben aus den Beobachtungen von Leo Zuntz abgeleitet hatten. Einen viel klareren Einblick in die Verhältnisse gewinnt man aber, wenn man den Zusammenhang zwischen Verbrauch und Geschwindigkeit graphisch darstellt. Unsere Versuche, wie jene von Leo Zuntz sind für eine solche Wiedergabe vollkommen geeignet, während die Werte der anderen Autoren, die im Voranstehenden besprochen wurden, eine solche Wiedergabe mangels aus- gesprochener Gesetzmäßigkeit nicht wohl ermöglichen. In der vorstehenden Abb. A sind die an Leo 11.c.,p. 297. 38* 276 A. Durig, Zuntz und an Durig ausgeführten Versuche eingetragen; die bogenförmige Verbindung der auseinander- liegenden Punkte an Stelle einer geradlinigen ist natürlich willkürlich gewählt, sie soll dem Zwecke dienen, den wahrscheinlichen Verlauf der Kurve zum Ausdruck zu bringen. Bei L. Zuntz wurden die Mittelwerte als Durchgangspunkte gewählt. Beide Kurven zeigen einen ganz auffallend gleichartigen Verlauf, nur liegen die zugehörigen Ordinaten bei gleicher Abszissenlänge bei Durig stets etwas niederer als bei L. Zuntz. Vielleicht ist dies ein Ausdruck dafür, daß der Belastete, Durig, wegen des Gewichtes, das er zu tragen hatte, ökonomischer ging als der Unbelastete, was dem von N. Zuntz bei seinen Versuchen an P. und B. gefundenen Ergebnis entsprechen würde.! Es muß auch nochmals darauf hingewiesen werden, daß der Tretbahnversuch und jener auf freier Bahn nicht als unbedingt vergleichbar bezeichnet werden dürfen. L. Zuntz wie Durig zeigen demnach bei geringen Geschwindigkeiten noch keine sehr bedeutende Zunahme des Umsatzes, dieser steigt jedoch bei beiden rasch an, wenn mehr als 100» pro Minute zurückgelegt werden soll und aus dem Verlauf der Kurven kann man wohl als wahrseinlich annehmen, daß es ein Forcieren der Marschleistung geben dürfte, bei dem wohl der Umsatz erhöht, aber kaum mehr eine wesentliche Zunahme der Geschwindigkeit erzielt wird. Im Falle des Horizontalmarsches ergibt sich also, daß das Gefühl der Anstrengung in der Tat in einem gewissen kausalen Zusammenhang mit der Steigerung der Verbrennungsvorgänge steht, was zum Beispiel bei der Leistung statischer Arbeit keineswegs zutrifft. Abb. 'B. Umsatz pro Meter und Kilogramm in kleinen Kalorien. [Terz = T5 | i co 70 e0 90 100 110 120 230 14) 150 160 170 zs0om pro Minute Weg. B’ entspricht 6 Werten. Rn=Rainer. Rl=Reichel. K=Kolmer. M undB Versuchspersonen Caspari’s. Das Verhalten von Kolmer, Reichel und Rainer stimmt gut mit dem von Durig und Leo Zuntz überein. Bei allen drei Genannten zeigt es sich ebenfalls, daß der Unterschied im Umsatz, der durch Geschwindigkeitszuwachs bei langsamem oder mäßig raschem Marschtempo herbeigeführt wird, ein geringer ist. Kolmer war nicht imstande, rascher zu gehen; bei Reichel wurden Versuche mit schnel- lerem Marschtempo nicht ausgeführt, dagegen findet sich auch bei Rainer der steile Anstieg bei großer Marschgeschwindigkeit ganz deutlich ausgeprägt. Auch bei ihm ist also dasselbe Verhalten ausgesprochen, 1 Es ist möglich, daß sich die größere Ökonomie dabei nur aus der Art der Berechnung erklärt. Wenn die Minutenleistung in Kilogramm mal Meter wächst und wenn der Weıt für den Arbeitsumsatz infolge Abzuges des Erhaltungsumsatzwertes eigentlich zu sroß gewählt ist (der Erhaltungsumsatz entspricht ja nicht der adäquaten »Leerlaufsarbeit« beim Marsch), so muß der Quotient aus Arbeitsumsatz und Leistung natürlich um so kleiner ausfallen, je größer die Arbeit war. Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. D | =] daß mit steigender Zunahme der Geschwindigkeit jeder weitere Zuwachs stets einen höheren Anstieg des Verbrauches herbeiführt. In Abb. B sind auch die von Caspari an den Dauergängern gefundenen Werte eingetragen. Von diesen fehlen leider alle Versuche, die bei geringeren als den maximalsten Geschwindigkeiten ausgeführt sind. Die bei B. gewonnenen Werte weichen so sehr voneinander ab, liegen aber andrerseits bei so ähn- lichen Geschwindigkeiten!, daß sie nicht zu einer Kurve vereinigt werden können. Bringt man die zwei zusammengehörigen Versuche bei 122 und 126 m Geschwindigkeit und jene sechs Werte, die unter- einander sehr ähnlich sind und um die Geschwindigkeit von 133 m liegen, mit dem Versuche, der bei 129 m pro Minute ausgeführt wurde, in Verbindung, so erhält man zwei Kurvenstücke, die sich sehr gut jenem von Rainer anschließen und auf einen etwas höheren Verbrauch hindeuten, als ihn L. Zuntz bei derselben Marschgeschwindigkeit gehabt hätte. In ihrem mittleren Verlauf würden die Kurvenstücke sich sogar fast ganz mit Rainer’s Werten decken. Diesem Verhalten nach würde B. etwas unökonomischer gegangen sein alsL.Z., wesentlich unökonomischer aber als D., was, wie erwähnt, wohl auf den Umstand zurückgeführt werden kann, daß die Grundbedingungen (Belastung, Tretbahn) nicht dieselben waren. Ganz aus dem Rahmen des Verhaltens aller bisher besprochenen Versuchspersonen fällt jenes von M., für den ebenfalls eine Kurve nur sehr willkürlich entworfen werden kann. Verbindet man die ungefähr in aufsteigender Reihe sich folgenden Punkte miteinander, so gewinnt man eine viel flacher verlaufende Kurve, als man auf Grund jener von L. Z. und Durig vermuten möchte, ja sie wird fast als nach unten konkav zu deuten sein. Auch ist dann der fehlende Anfangsteil der Kurve kaum annähernd ähnlich jenem in unseren Versuchen zu denken. Es ist nun nicht gut anzunehmen, daß M. sich trotz seines hohen Trainings ganz anders verhalten habe als so geübte Gänger wie L. Zuntz, Rainer und Durig, auch ist es auffallend, daß M. bei einer Geschwindigkeit, die seine Leistungsfähigkeit auf das höchste beanspruchte, so wenig mehr umgesetzt hat als bei einem Marschtempo von 130 bis 140 m pro Minute, das für ihn als Dauergänger gar kein so absonderliches gewesen sein kann. Vergleicht man übrigens seinen Umsatz bei dieser letztgenannten Geschwindigkeit mit jenem von L. Z. und D. bei gleichem Tempo, so sieht man, daß er hierbei zwar etwas ökonomischer als L. Z., aber weniger ökonomisch als A. D. gegangen wäre. Auch hier haben wir es mit viel zu wenigen Zahlen zu tun, als daß wir einen gesicherten Einblick in die wirklich gegebenen Verhältnisse gewinnen können, und wenn auch die Werte für den Umsatz bei 130 bis 140 m Geschwindigkeit in eine recht befriedigende Übereinstimmung mit den wenigen Versuchen gebracht werden können, die bei gleichartiger Geschwindigkeit an anderen ausgeführt wurden, so werden die zwei bisher einzeln dastehenden Beobachtungen bei den größten bisher erreichten Marschgeschwin- digkeiten erst einer weiteren Stütze bedürfen. Von großem Werte wäre es jedenfalls, wenn bei so vorzüglich geübten Gängern, wie es M. und B. waren, die ganze Kurve des Umsatzzuwachses entworfen und mit jener von gewöhnlichen Menschen, die nicht berufsmäßig Sportsleute sind, verglichen werden könnte. Die Ähnlichkeit im Verlaufe der beiden, das Verhalten von Durig und L. Zuntz kennzeichnenden Kurven, sowie die Tatsache, daß sich diesen auch die Ku:ven von Rainer, Kolmer und Reichel sehr gut anfügen, legte die Möglichkeit nahe, daß sich vielleicht eine einfache, mathematische Beziehung zwischen den Werten ableiten lasse. Es passen aber die Werte der beiden Kurven weder in die Gleichung eines einzigen Kurventypus, noch ist die Formel eine solche, daß man etwa an einfache Bezie- hungen wie den Teil einer Parabel? oder Hyperbel denken könnte, was nachstehende Gleichung für die Durig’sche Kurve beweist: 100 9 = 60:00 + 0:0356 x — 0:'005037 2° + 000004379 x°, die diese als Potenzkurve charakterisiert. Ganz unzweifelhaft ist die Zahl der Versuche für die genauere Feststellung einer derartigen Darstellung derzeit noch viel zu gering und es wird weiterer Unter- 1 Siehe p. 33 [273]. { 2 Etwa von der Form 100 (y — 0-525) = 00009 (x — 73:00)”. 278 A, Durig, suchungen bedürfen, um die Formel der Kurven mit einer gewissen Sicherheit zu ermitteln. Als sicher festgestellt muß jedoch gelten, daß für gleichen Geschwindigkeitszuwachs bei verschiedener Grund- geschwindigkeit ganz verschiedene Werte für die Umsatzsteigerung einzusetzen sind. Immerhin ist es aber möglich, in Analogie mit anderen physiologischen Vorgängen an eine bestimmte Form von Gesetzmäßigkeit zu denken, deren Gültigkeit für den Umsatz bei wachsender Gehgeschwindigkeit um so mehr an Wahrscheinlichkeit gewinnt, als sich aus ihr auch die individuellen Unterschiede zwischen den bisher untersuchten Personen in recht plausibler Weise erklären lassen. Ich verdanke den Hinweis hierauf meinem Mitarbeiter bei der Expedition, Dr. Reichel, und möchte daher die Darlegung in seinen eigenen Worten folgen lassen: »Die bisher über die Abhängigkeit der Höhe des Umsatzes von der Marschgeschwindigkeit vor- liegenden Versuchsergebnisse scheinen sich in leidlicher Annäherung der Gesetzmäßigkeit zu fügen, daß sich der Umsatz von einem bestimmten, individuell verschiedenen Werte der Marsch- geschwindigkeit an für gleiche Steigerungen derselben in verhältnismäßig gleichem Maße erhöht; mit anderen Worten, daß einer Steigerung der Geschwindigkeit in arithmetischer Reihe eine solche des Umsatzes in geometrischer Reihe entspricht. Es würde damit auch hier das einfache Exponentialgesetz Anwendung finden, welches in so vielen, physikalischen und physiologischen Verhältnissen eine genaue oder annähernde Beschreibung der Tat- sachen gestattet. Es sei diesbezüglich nur an den Einfluß der Temperatur auf chemische Reaktions- geschwindigkeiten, an den Zusammenhang von Intervallempfindung und dem Verhältnis der Schwingungs- zahlen und an das Weber-Fechner’sche Gesetz erinnert. Jener Geschwindigkeitswert nun, der den Ausgangspunkt der Kurve bildet, ist der höchste, bei dem die Arbeit noch ohne Mehrverbrauch (für die Einheit des Effektes) über den Umsatz bei geringerer Marschgeschwindigkeit geleistet wird. Er wäre also etwa als »ökonomische Maximalgeschwindigkeit« (Omg) zu bezeichnen. Der.Wert des minimalen — also ökonomischen — Umsatzes (ausgedrückt in Kalorien für die Leistung pro 1 m und 1%g Horizontalbewegung! darf nach dem Voranstehenden mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit als konstant für alle normalen Menschen angesetzt werden. Sicher berechtigt ist man zu dieser Annahme bei den hier in Vergleich zu stellenden Personen. Für diese gilt unzweifelhaft der Wert von 0:55 Kalorien als Umsatz pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung, so lange die Marschgeschwindigkeit nicht allzusehr angestiegen ist. Die Gleichung einer auf dieser Voraussetzung begründeten Exponentialkurve müßte also lauten: Umsatz 0058 — ck (Geschwindigkeit — Orng) Durch Einsetzen zweier Wertpaare für Geschwindigkeit und Umsatz aus den Versuchsreihen einer Person ist es dann ohne weiteres möglich, die individuelle, ökonomische Maximalgeschwindigkeit zu berechnen. Liegen mehrere brauchbare Wertpaare vor, so muß die Berechnung natürlich mit jedem der- selben durchgeführt werden, um den Wert Omg durch Mittelung der Resultate zu gewinnen. Das vorliegende Zahlenmaterial ist für eine solche, kompliziertere Berechnung zu beschränkt, doch lassen sich in den ausgedehnteren Kurven, die für drei Versuchspersonen festgelegt erscheinen, leicht je zwei Wertpaare finden, die den Ausgangspunkt Omg zu berechnen gestatten. So ergeben für die Versuchsperson L. Zuntz die Mittelwerte der zwei Versuchsgruppen mit erhöhtem Umsatz: 0:66 und 1:07 Kal. bei 98 und 140 m/Min. eine ökonomische Maximalgeschwindigkeit von 82 m/Min.; für Durig ergeben die Werte 0:60 und 1:03 Kal. bei 115 und 151 m/Min. einen Omg-Wert von 109 n/Min. und bei Rainer ergibt sich aus 0:77 und 0'95 Kal. für 114 und 128 m/Min. ein Wert von 92 an/Min. 1 Bezüglich der anzunehmenden entsprechenden Größe des Effektes — 0:07 bis 0:08 mkg siehe p. 22. Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. 279 Die Tatsache, daß diese Zahlen als Anfangswerte bei einem Minimalumsatz von 0:55 Kal. in den Zug der Kurven leidlich hineinpassen, bildet eben für dieses Material die Bestätigung ausreichenden Zutreffens der geschilderten Gesetzmäßigkeit. Eine gewisse Gewähr dafür, daß diese Form der Beschreibung der Tatsachen auch als eine zweckmäßige betrachtet werden darf, liegt darin, daß die so berechneten ökonomischen Maximalgeschwindigkeiten recht nahe mit jenen Werten zusammenfallen, die sich auf ganz anderem Wege, nämlich direkt aus den Versuchen, als individueller Wanderschritt für dieselbe Person ergeben haben. ’ Die Kenntnis des Omg-Wertes gestattet dann natürlich, aus jedem Einzelnpunkte auf die Konstante %, den »Geschwindigkeitskoeffizienten« des Umsatzes, zu schließen. In den drei zur obigen Berechnung herangezogenen Kurven ergeben sich diese als: 2:303 (log Umsatz — log 0:55) AR Geschwindigkeit — Omg der Reihenfolge nach mit 0:0115, 0:0147 und 00152. Die Faktoren jener geometrischen Reihen, in denen der Umsatz fortschreitet (= e®), sind dann 1'0116, 1 -O148 und 1:0153. Das oben ausgesprochene Gesetz läßt sich also ziffernmäßig dahin präzisieren, daß oberhalb der ökonomischen Maximalgeschwindigkeit einem Meter Geschwindigkeitszuwachs eine Umsatzsteigerung vonrund 1'2—1°5 Prozent des Wertes entspricht. Völlig analoge Überlegungen können ferner über die Abhängigkeit des Umsatzes von dem Arbeits- effekt beim Horizontalmarsch angestellt werden und müssen, da der Effekt bei jeder einzelnen Versuchs- person der Geschwindigkeit proportional bleibt, zu prinzipiell mit dem Voranstehenden übereinstimmenden Ergebnissen führen. Ein Vorteil dieser Betrachtungsweise ist der, daß damit ein akzidentelles, aber für den Wert der Konstanten sicher stark ins Gewicht fallendes Moment, das bewegte Gewicht berücksichtigt wird. Ein Nachteil liegt allerdings darin, daß die Beziehung dann nicht allein die unmittelbar gemessenen Größen: Geschwindigkeit und Umsatz, sondern auch einen aus ganz anderen Versuchen ermittelten Wert, den normalen Wirkungsgrad der Steigversuche (31 Prozent), mitumfaßt. Die Übertragung dieses Wirkungs- grades auf die Verhältnisse beim Horizontalmarsch bleibt natürlich eine rein hypothetische. Immerhin erscheint nach dem Vorangehenden die Annahme, daß die Steigarbeit und die Arbeit des Gehens auf hori- zontaler Bahn mit gleichem Wirkungsgrad geleistet werde, gerechtfertigt”? und die Berechnung der Funktion: Effekt— Umsatz zulässig. Sie ergibt für die Versuchspersonen L. Zuntz, Durig und Rainer bei den Marschgewichten von 73, 76 und 7ökg und bei einem Arbeitsäquivalent des Horizontalmarsches von 0:07 mkg pro Meter und Kilogramm als ökonomische Maximalleistung der Reihenfolge nach 418, 581 und 481 mkg-Min. und als »Leistungsfähigkeitskoeffizienten» des Umsatzes 0 :00221,0:00285 und 0 00281. Die Gesetzmäßigkeit würde demnach in dieser Form lauten: Oberhalb der individuellen öko- nomischen Maximalleistung entspricht einem Meterkilogramm Leistungszuwachs pro Minute eine Steigerung des Umsatzes pro Meter und Kilogramm um 2°2 bis 2:9 Promille seines Wertes. Die ökonomischen Maximalleistungen dürften, wie gesagt, schon eher als die betreffenden Geschwindigkeiten als ein numerisches Maß der individuellen Leistungsfähigkeit zu betrachten sein. Sie erscheinen hier für die wenigen in Betracht kommenden Versuchspersonen auffällig stark verschieden, doch entspricht wenigstens die Richtung der Abweichung dem Ergebnisse einer Schätzung nach allgemeinen Gesichtspunkten. Wenn dabei zwei nach Körpergröße, Gewicht, Muskelkraft und Fettpolster so ähnlichen Personen wie Durig und Rainer so weit auseinander liegende Zahlen für die ökonomische Maximalleistung zukommen, so ist zu bedenken, daß sich in der so definierten Marschleistungsfähigkeit 1 Siehe oben p. 23 u. 24 [263 u. 264]. 2 Hiebei ist von den Bedenken gegenüber der Frage, inwieweit die Werte für den Umsatz beim Gehen unter Berücksichtigung der adäquaten »Leerlaufsarbeit« absolute sind (siehe p. 25 [265] und Kapitel XI., p. 13 [295] abgesehen. 280 A. Durig, gewiß neben Momenten der Körperkraft auch solche der Körperproportionen (zum Beispiel der Beinlänge) geltend machen. Auch wäre vielleicht daran zu denken, daß bei der 23jährigen Versuchsperson Rainer die Leistungsfähigkeit der Muskeln, besonders des Herzens, noch nicht ihr volles Maß erreicht hatte. Selbstredend ist aber auch den Grenzen der Methodik und den Versuchsfehlern ein beträchtliches Maß einzuräumen, das bei der geringen Zahl der Beobachtungen nicht unterschätzt werden darf. Die gegenseitige Annäherung, welche die Koeffizienten der drei Versuchspersonen bei dieser Berechnungsweise erfahren, legt den Gedanken nahe, daß die Unterschiede, die diese bei den drei Versuchspersonen zeigen, überhaupt nur Versuchsfehlern zuzuschreiben sein könnten, um so mehr, als die beiden, unter identischen Versuchsbedingungen gewonnenen Beobachtungsreihen, bei Durig und Rainer einen fast identischen Koeffizienten liefern, obwohl die Anfangswerte der Kurve so stark von einander abweichend sind. Bezüglich Leo Zuntz’s ist noch zu erwähnen, daß dieser in seinen Versuchen unbelastet ging, daß er also nur »lebendes Gewicht« zu befördern hatte, während sich bei Durig und Rainer nicht nur die »tote Last«, sondern auch der Einfluß der Anbringung der Versuchsanordnung bemerkbar machte, so daß es nicht befremden kann, wenn wir in seinem Versuche einen von den genannten beiden Personen etwas abweichenden Koeffizienten finden.« Man ist derzeit wegen der geringen Zahl der Werte keinesfalls schon berechtigt, die im voran- stehenden abgeleiteten Beziehungen bereits als erwiesene »Gesetzmäßigkeit« zu bezeichnen, es mögen diese Beziehungen daher vielmehr als Vermutungen ausgesprochen sein, die einen Hinweis darauf liefern sollen, in welchen Bahnen sich das experimentelle Studium nach der Frage über den Einfluß der Geschwindigkeit auf den Umsatz wird weiterhin bewegen müssen; sicherlich ist aber die Tatsache, daß sich hinsichtlich des Umsatzes beim Marsch ein ganz analoges Verhalten ableiten läßt, wie es bei einer Reihe sinnesphysiologischer Vorgänge unzweifelhaft erwiesen ist, von ziemlicher Bedeutung. Als vollkommen gesichertes Ergebnis der vorstehenden Versuche wird man daher nur feststellen können, daß fünf Versuchspersonen, die als Gänger recht verschieden einzuschätzen sein dürften, die ganz verschiedenes Körpergewicht und ungleiche Beinlänge besitzen, von denen eine sogar ziemlich auffal- lende Eigenheiten im Gang aufweist, sich doch im Wesen ganz gleichartig verhielten. Bei allen änderte sich der Umsatz beim Marschieren mit mäßiger Marschgeschwindigkeit wenig, dieser stieg jedoch bei allen um so mehr an, je mehr die Geschwindigkeit gesteigert wurde. Es kann demnach bereits jetzt mit voller Sicherheit erwartet werden, daß der Umsatz ganz allgemein mit der Geschwindigkeit nicht linear, sondern in Form einer ansteigenden Kurve wächst. Bezüglich der mutmaßlichen Gesetzmäßigkeit sei auf das Voranstehende verwiesen. Eine wesentliche Verschiedenheit im Verhalten der fünf Versuchspersonen betrifft nur den Wert, bei dem für den Einzelnen die ökonomische Maximalgeschwindigkeit und die ökonomische Maximalleistung gelegen ist. Auch die maximalen Marschgeschwindigkeiten, die von den einzelnen Personen erreicht wurden, sind verschiedene, teils weil die Beobachteten nicht rascher zu gehen vermochten, teils, weil die Grenze, bis zu der sie ihre Marschgeschwindigkeit hätten steigern können, nicht ermittelt wurde. Es dürften sich also normale Menschen bei Steigerung der Gehgeschwindigkeit ziemlich gleichartig ver- halten und nur der Wert, von dem ab ihr Umsatz rasch anzusteigen beginnt, ein individuell wech- selnder sein. Die Überlegenheit des Schnellgängers scheint in der Hauptsache jedoch nicht darin gesucht werden zu müssen, daß dessen Verbrauch bei derselben großen Geschwindigkeit für eine gleich große Leistung ganz ausgesprochen geringer ist, sondern d ırin, daß für ihn die Möglichkeit besteht, einen höheren Anteil der Umsatzkurve, entsprechend deren steil aufsteigendem Schenkel, zu erreichen, während der Bewegungsapparat, vielleicht auch Herz und Atemapparat, beim langsameren Gänger schon früher versagt, so daß dessen Umsatzkurve, ohne einen steil ansteigenden Abschnitt zu zeigen, abbricht. Schon bei Besprechung der Resultate von Frentzel und Reach wurde hervorgehoben, daß ein Beweis für die Annahme, daß mit der Abnahme der Geschwindigkeit unter ein Optimum ein Zuwachs des Verbrauches für das Meter und Kilogramm Horizontalbewegung erfolgen soll, keineswegs erbracht ist. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 281 Auch unsere Versuche über geringe Marschgeschwindigkeiten lassen eine Steigung des Umsatzes, die als Stütze der genannten Annahme gelten würde, nicht erkennen. Allerdings war es uns nicht möglich, unser Marschtempo auf ein so geringes Maß wie Frentzel und Reach zu erniedrigen, und wir strebten auch nicht darnach, dies in Reihen von Versuchen zu erreichen. Wir können daher auf Grund unserer Beobachtungen nur aussagen, daß eine Verringerung des Marschtempos auf ungefähr die Hälfte des »Wanderschrittes« zu Werten führte, die mit jenen, die bei behaglichem Gehen gewonnen wurden, ganz identisch sind (siehe Tab. XI, Rainer und Reichel). Man wird also, so lange nicht positive Beweise für eine Zunahme des Umsatzes bei langsamem Gang erbracht werden, daran festhalten können, daß eine umsatzsteigernde Wirkung bei starker Verlangsamung des Marschtempos nicht beobachtet wird. Es muß noch begründet werden, warum bei den voranstehenden Ausführungen davon Abstand genommen wurde, den Umsatz beim Marsch auf die Körperoberfläche der Versuchsperson zu beziehen und weshalb sämtliche Werte in der Form des Verbrauches für das Kilogramm und Meter ausgedrückt sind. Schon Hösslin!hat daraufhingewiesen, daß der Verbrauch für die Horizontalbewegung bei Menschen und Tieren nicht dem Körpergewichte, sondern der dritten Wurzel aus dem Quadrate des Körpergewichtes proportional sei, und Zuntz? hat dieses Verhalten auf Grund von Versuchen an Hunden gleichfalls bestätigt; auch Slowtzoff? hat später die Frage in Hundeversuchen neuerlich aufgenommen. Es erschien mir derzeit nicht nötig, beim Menschen auf diese Beziehung zurückzukommen, da doch vorerst, bevor wir bei ihm diese Gesetzmäßigkeit verläßlich nachweisen können, die Höhe des Umsatzes für die Gehzeit genau fixiert sein muß. Wir haben gesehen, daß die älteren Angaben über den Verbrauch bei der Marscharbeit noch sehr weit auseinander gelegen sind, viel weiter, als die Werte, die sich bei der Berechnung auf Gewicht oder Oberfläche ergeben, so lange es sich nicht um Extreme handelt, und mußten ferner einräumen, daß je nach der Eigenart der Versuchspersonen Schwankungen im Umsatz für das Gehen zu gewärtigen sein dürften; endlich konnten wir wenigstens bei einigen Versuchspersonen feststellen, daß die Geschwindigkeit, bei der diese den geringsten Verbrauch für die Einheit des Weges zeigen, eine recht verschiedene ist. Bei einer solchen Zahl wechselnder Komponenten, zu denen noch der Faktor der Übung hinzutritt der dann, wenn es sich um das Gehen auf der Tretbahn handelt, sicher als wesentlich mit in Betracht kommt, ist es wohl ganz ausreichend, wenn man die Werte mit Rücksicht auf das Körpergewicht zum Ausdrucke bringt; in unserem Versuche lag dafür um so mehr Berechtigung vor, als die Unterschiede zwischen den Versuchspersonen in bezug auf deren Körperbeschaffenheit und deren Gang in der dritten Wurzel aus dem Quadrat des Körpergewichtes keinesfalls zum Ausdruck gekommen wären; man denke an den eigenartigen Gang Kolmer’'s und dessen geringe Beinlänge und an das niedere Körpergewicht Durig’s bei einer. großen Körper- und Beinlänge?°; hierbei ist ja nicht zu übersehen, daß auch unsere Methodik der Berechnung der Körperoberfläche nur eine näherungsweise sein kann, die nicht auf alle Fälle paßt. Da das Gewicht der Versuchspersonen sich während der Märsche nur ganz unwesentlich änderte und wir immer nur die Werte von einer Versuchsperson direkt miteinander verglichen, so ist es ganz gleichgültig, ob wir bei dieser den Umsatz stets auf das Quadratmeter oder auf die Körperoberfläche bezogen haben. Wenn wir aber auch so weit sein werden, daß ein reichliches Zahlenmaterial die Größe der Wegkonstante bei verschiedenen Menschen ganz sicher festgestellt hat, so wird erst die Frage zu beantworten sein, welche Marschgeschwindigkeit wir beim Einzelnen in Vergleich zu stellen haben. Nicht 1 Über dieUrsache der scheinbaren Abhängigkeit des Umsatzes von der Größe der Körperoberfläche. Arch. f. (Anat. und) Physiologie, 1888, p. 340. 2 Pflüger's Arch., 68, p. 208. 3 Pflüger's Arch., 95, p. 158. 4 Das Körpergewicht des Menschen schwankt ja auch in relativ engen Grenzen, während es zum Beispiel bei Hunden um das Zehnfache differieren kann. 5 Siehe auch Zuntz, Arch. f. (Anatomie und) Physiologie, 1903, p. 380. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 39 282 A. Durig, jeder Mensch ist ein Schnellgänger und es ist wohl als sicher anzunehmen, daß ein solcher bei einer Geschwindigkeit, die bei einem anderen schon eine erhebliche Umsatzsteigerung auslöst, noch mit einem Minimum an Verbrauch geht. Dürfen wir nun jenen Wert, der beim Schnellgeher für eine Marsch- geschwindigkeit von 100 m pro Minute noch gültig ist, mit dem vergleichen, den wir bei einem anderen Menschen finden, der bei einer Marschgeschwindigkeit von mehr als 60 m» pro Minute bereits mit einer Umsatzsteigerung reagiert? Es scheint mir demnach, daß wir praktisch genommen ein richtiges Bild über den Aufwand einer Person beim Gehen doch nur dann erhalten können, wenn. wir alle etwa in Betracht kommenden Faktoren gegeneinander abwägen, wobei es dann ziemlich gleichgültig ist, ob wir den Wert für den Umsatz bezogen auf das Kilogramm oder die Oberfläche ausdrücken. Gewiß ist gegen die theoretische Richtigkeit von Hösslin’s Überlegungen wenig einzuwenden, praktisch und reellen Tatsachen entsprechend müssen wir aber in die Formel noch eine ganze Reihe von Variabeln einsetzen, die wir durch keine Konstanten ersetzen können; was aber eine Formel mit vielen Variabeln bedeutet, ist eine oft erörterte Tatsache, ebenso wie diejenige, daß der Berechnung des wahr- scheinlichen Fehlers des Mittels bei wenigen, schlecht stimmenden Resultaten keine Bedeutung zukommt. Schließlich dürfen wir nicht vergessen, daß in dem Ausdruck der Wegkonstante einer Versuchsperson noch keineswegs der wahre Verbrauch für die Fortbewegung eines Kilogrammes entlang einem Meter gegeben ist, indem in diesem Werte die ganze Summe übriger Muskelarbeit — neuerdings eine Variable — einbezogen ist, die ein Mensch zugleich mit dem Gehen leistet, die aber zur Fortbewegung der Last entlang dem Wege nur indirekte Beziehungen hat. Es ist übrigens bemerkenswert, daß die an uns gefundenen Werte für den Umsatz bei Zurück- legung einer gleichen Wegstrecke trotzdem und trotz der Berechnung auf das Kilogramm bei allen ganz ähnlich sind und sich mit jenen Werten, die auch an anderen Personen verschiedener Körperbeschaffenheit gefunden wurden, nahezu decken. Es ist dies ein Resultat, das sich zu unserer Überraschung ergab, als wir nach Abschluß der eingehenden Studien das in der Literatur vorliegende Material mit den Ergeb- nissen der Berechnung unserer neuen Versuche verglichen, die wir bereits zwei Jahre vorher fertig- gestellt und in den Tabellen geordnet hatten, welche im Anhang zu diesem Abschnitte beigedruckt sind. Es dürfte nicht unnötig sein, an dieser Stelle nochmals zu erwähnen, daß sich die ganze Diskussion der Resultate ausschließlich nur auf die Versuche am Menschen beschränken will, weshalb es keineswegs beabsichtigt ist, die in Tierversuchen gewonnenen Ergebnisse zu streifen und die hieraus gezogenen Schlüsse zu besprechen. Über den Einfluß des Höhenklimas auf den Umsatz beim Marsch auf horizon- taler Bahn. Unsere Kenntnisse über den Aufwand für die Horizontalbewegung in verschiedenen Höhen sind noch recht mangelhafte, was auf verschiedene Ursachen zurückzuführen ist. Wir konnten zeigen, daß sich bei näherem Eingehen auf die Versuche über den Verbrauch bei der Marscharbeit ergibt, daß dieser Abschnitt der Gaswechselphysiologie keineswegs so weit ausgebaut ist, als man meinen möchte, wenn man die Sammelreferate über diesen Gegenstand liest, und daß es noch zahlreicher Versuche bedürfen wird, bis die einschlägigen Fragen entscheidend gelöst sein werden. Umsomehr fehlen natürlich Bestim- mungen aus Höhenstationen, da der Aufenthalt in diesen stets ein kurzer zu sein pflegte und man dort nicht jene bequemen Einrichtungen Zur Verfügung hat wie im Laboratorium. Ein wesentliches Hindernis für die Ausführung von Marschversuchen auf horizontaler Bahn im Gebirge bildet ferner die Schwierigkeit, eine geeignete Wegstrecke zu finden; meist ist das Terrain geneigt oder die ebenen Flächen sind zu klein und vielfach ist auch die Wegbeschaffenheit keine der- artige, daß sie einen Vergleich mit den Verhältnissen, unter denen in der Ebene marschiert wurde, zulassen würde. Greifen wir auf das zurück, was wir bei den Versuchen über die Bestimmung des Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 283 Erhaltungsumsatzes erwähnten, so muß man noch hinzufügen, daß auch die weiten Grenzen, in denen bei älteren Versuchen die Ruheverbrauchswerte schwankten, mit dazu beitragen mußten, die Ergebnisse der Horizontalmarschversuche im Gebirge zu beeinträchtigen. Die ersten Horizontalmärsche im Gebirge stellten A. Loewy und dessen Mitarbeiter an. Sie verglichen Marschversuche auf Col d’Olen mit solchen, die in Berlin ausgeführt waren. Die Versuche auf Cold’Olen hatten noch unter verschiedenen, ungünstigen Einflüssen zu leiden. Die Analysen mußten im frei aufgehängten Eudiometer ohne Wasserwanne gemacht werden!, und während der Auf- enthaltstage auf Col d’Olen war meist schlechtes Wetter, so zwar, daß der Schnee nur vorübergehend auftaute; es waren daher die Wegverhältnisse auf dem ebenen Plateau vor der Hütte jedenfalls sehr ungünstige. Die zwei Versuche über den Verbrauch bei der Geharbeit hatten in Berlin und Col d’Olen folgende Werte geliefert: Berlin Col d’Olen 9:865 11:05 cm? O, pro Meter Weg. 10:644 9:83 >» » » » » 02220 > » » » » Es findet sich also trotz der erhöhten Atemarbeit und der sicher ungleich ungünstigeren Weg- beschaffenheit bei A. Loewy auf Col d’Olen ein Umsatz, der ganz jenem in Berlin gleichkommt, ein Resultat, das wohl nur besagt, daß die oben ausgesprochene Annahme, daß die beiden Berliner Werte zu hohe sein müssen, bestätigt. Wesentlich anders liegen die Verhältnisse bei J Loewy und L. Zuntz. J. Loewy L. Zuntz Berlin, Mittel Col d’Olen Berlin, Mittel Col d’Olen Kubikzentimeter Sauerstoff pro Meter Weg Kubikzentimeter Sauerstoff pro Meter Weg 8'944 14:61 9-41 9:34 15 14 9288 . je 1 J. Loewy zeigt eine ausgesprochene Steigerung des Umsatzes auf Col d’Olen gegenüber Berlin, wobei allerdings die sehr stark voneinander abweichenden Werte (16°/,) dartun, wie variabel die Versuchsbedingungen gewesen sein müssen. Bei L. Zuntz zeigt ein Wert eine bedeutende Umsatzsteigerung an, zwei liegen den Berliner Werten sehr nahe. Faßt man daher die Ergebnisse der drei Reihen zusammen, so lauten sie: bei einer Versuchs- person keine Änderung, bei einer Zunahme und bei der dritten in zwei Versuchen keine Änderung, in einem eine Zunahme. Das Resume wird wohl dahin lauten müssen, daß die Versuchsbedingungen der- artige waren, daß ein Einfluß des Höhenklimas auf den Umsatz beim Marsch in der Horizontalen nicht untersucht werden konnte. Nicht viel günstiger muß auch das Urteil über unsere Versuche lauten, die ich gemeinsam mit Zuntz im Jahre 1903 auf Col d’Olen ausführte. Bei mir waren es die ersten Marschversuche, an denen ich überhaupt teilnahm, so daß meine Methodik sowohl als Experimentator wie als Versuchsperson keine befriedigende gewesen sein kann, wenn ich die Sorgfalt bedenke, mit der wir jetzt Marschversuche aus- führen und wieder abbrechen, wenn nicht alles tadellos klappt. Außerdem war die Beschaffenheit des Bodens eine sehr wechselnde, denn es fror über Nacht und begann dann aufzutauen, so daß die Weg- strecke, die anfangs hart und fest war, später schlüpfrig wurde?°. 1 Pflüger’s Arch., Bd. 66, p. 506. 2]..c.p. 10 [250]. 3 Arch. für (Anat. und) Physiologie, Suppl., p. 1904. 39* 284 A. Durig, Auch über die Ruheversuche, die wir auf Col d’Olen ausführten, konnten wir ein günstiges Urteil nicht fällen!, ihre Zahl war gering und die Werte schwankend; es darf daher nicht wundernehmen, wenn unter diesen Voraussetzungen die Horizontalmarschversuche auf Col d’Olen kein sicheres Ergebnis lieferten. Bei Zuntz fiel der eine Wert vom ersten Marschtag um rund 20 °/, niederer aus als die beiden anderen Versuche und auch bei Durig war in den ersten Versuchen ein niederer, in den zweiten ein höherer Wert zu beobachten und die Schwankungen übersteigen dabei noch 20 °/, wesentlich. Es ist daher zwecklos, die betreffenden Werte anzuführen, die durchaus ungeeignet sind, subtile Unterschiede im Umsatz im Vergleich zu den Märschen in der Ebene erkennen zu lassen. In der Capanna Margherita? führten wir, im Anschiusse an unsere zahlreichen Marschversuche auf Schnee, Horizontalmärsche aus, deren Resultate sehr gut untereinander übereinstimmen. Diese sind durch zahlreiche, gute Ruhewerte fundiert, aber auch ihnen können wir dessenungeachtet eine Beweiskraft nicht zuerkennen. Die Märsche wurden nämlich auf dem Gang der Hütte ausgeführt, wobei wir sechs Türen und ebensoviele Türschwellen passieren mußten; außerdem hatten wir auf engem Raum mit der Gasuhr kehrt zu machen und mußten im Turmzimmer zwischen dem Fenster und dem gemauerten Konsol durchschlüpfen, sorgfältig darauf achtend, daß wir nicht die Thermometer beschädigen, so daß der Auf- wand für einen ähnlichen Marsch, auch wenn wir ihn in der Ebene ausgeführt hätten, ein wesentlich höherer gewesen wäre als unter normalen Bedingungen. Es ist ferner zu bemerken, daß die Horizontal- märsche auf dem Gang der Hütte in den Nachmittagsstunden ausgeführt wurden, so daß auch die Ver- dauungsarbeit für die vorangegangene Mittagsmahlzeit noch mit in Betracht kam. Die Werte zeigen eine ganz wesentliche Steigerung des Umsatzes an und mögen wegen der Ein- wände, die gegen sie erhoben werden.müssen, nur in den Mitteln angeführt sein: Kalorien pro Meter und Kilogramm h WIEN. re aa en ee END use C@apannayMearsheritae ern Berlin... u eve ee ee Auız CapannalMarsheritar re re OT Nicht uninteressant ist dabei die Tatsache, daß die Marschgeschwindigkeit bei Durig nahezu jene Werte erreichte wie in Wien, denn sie stieg trotz der ungünstigen Wegverhältnisse bis auf 91°6 », und auch Zuntz ging ein Tempo, das sich wenig von jenem in seinen Berliner Versuchen unterschied. Er erreichte auf dem Monte Rosa-Gipfel eine Marschgeschwindigkeit von 667 m. Auch die Versuche von Durig und Frau auf der Sporneralpe sind zu einwandfreiem Vergleich nicht geeignet. Es war in dieser Höhenstation eine genügend lange ebene Strecke ebenfalls nicht aus- findig zu machen, weshalb die Versuche mit vielen Kehren ausgeführt werden mußten, die zwar in keinem jähen Wenden bestanden, aber dazu zwangen, in kurzem Bogen vom Wege auf den mit Gras bewach- senen Boden überzutreten. Es ist daher nicht einwandfrei zu entscheiden, ob die bei Durig und dessen Frau beobachtete Umsatzsteigung zum Teile durch eine Wirkung des Höhenklimas bedingt war oder ob diese ausschließlich auf die Wegverhältnisse zurückgeführt werden muß. Die vollkommene Unsicherheit, die also noch über die aufgeworfene Frage bestand, veranlaßte uns, anläßlich der Expedition im Jahre 1906 Respirationsversuche beim Horizontalmarsch in verschiedenen Höhen auszuführen. Wir dachten selbstverständlich nicht daran, auf der Margherita-Hütte neuerlich zu marschieren, da die Verhältnisse dort infolge der Überfüllung mit unserem und Prof. Alessandri’s Gepäck nur noch ungünstigere gewesen wären. Auf Col d’Olen war die Zeit unseres Aufenthaltes zu kurz, um 11. c.p. 546. 2 Arch. für (Anat. und) Physiologie, 1904, Suppl. DD [6,0) [®)\| Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. Märsche durchführen zu können, dagegen fand sich auf dem Semmering anläßlich unserer Winterversuche willkommene Gelegenheit, unter ideal zu nennenden Versuchsbedingungen auf ganz ebener Strecke zu marschieren und so die Resultate unserer Wiener Versuche direkt mit solchen aus 1000 m Meereshöhe zu vergleichen. Durch die Liebenswürdigkeit des Hoteliers Panhans stand uns das fast ganz leere, sehr geräumige Waschhaus zur Verfügung, durch dessen Räume wir, ohne eine einzige Kehre ausführen zu müssen, in einer weiten, 34 m messenden Ellipse ebenen Fußes gehen konnten. Der Boden war rauh, mit Zementpflaster belegt und bot dem Fuße sehr guten Halt, ohne uneben zu sein. Der Versuchsweg war mit Kreide am Fußboden genau festgestellt und konnte daher ohne Fehler ausgemessen werden. Tabelle XI. Horizontalmärsche auf dem Semmering. Durig. ea Wien 100:01 102:2 103°5 105:01 110:01 Geschwindigkeit Meter pro Minute Semmering 100°7 1024 2 103° 2 1054 110°3 : ‚ Wien 0:54 0550 0'559 0:56 0:58 Kleine Kalorien pro Kilogramm und Meter Weg Semmering 0'568 0:569 0587 0622 0636 IRanelnell El AU ar Wien 95"22 1008 100:8 Geschwindigkeit Meter pro Minute ö Semmering 934 ER 103°5 103°9 k ; Wien 0:56 0:56 0:56 Kleine Kalorien pro Kilogramm und Meter Weg £ Semmering 0:57 0:58 0:66 0:64 1 Aus dem Verlaufe der Kurve gewonnen (interpoliert). 2 Zwei Werte gemittelt. Es liegen Versuche von Reichel und Durig vor!. Vorstehende Übersichtstabelle enthält die Haupt- resultate, zusammengestellt zugleich mit den Werten jener Versuche, die in Wien bei ähnlicher Geschwin- digkeit ausgeführt wurden. (Siehe Tab. XII, Durig). 1 Siehe Generaltabelle XIII und XV, 286 A. Durig, Der Versuch an Durig ergibt, daß unter diesen Bedingungen, die bis auf die Höhenwirkung voll- kommen vergleichbar waren, mit den Verhältnissen, unter denen die Beobachtungen in Wien ausgeführt wurden, der Aufwand für die Fortbewegung von 1 %g entlang einem Meter Weges auf dem Semmering stets größer war als in der Ebene. Die Ausschläge sind allerdings mit Ausnahme der beiden Versuche, in denen am schnellsten gegangen wurde, gering und fallen noch in die Fehlergrenzen; die letztgenannten beiden Werte beweisen aber unzweifelhaft eine Erhöhung des Umsatzes, für die wohl zum Teil die Steigerung der Ventilation verantwortlich gemacht werden kann. Ganz analog liegen die Verhältnisse bei Reichel (Tab. XI, Reichel); bei ihm ist kein Wert auf dem Semmering niedriger ausgefallen als der vom zugehörigen Wiener Versuche; es beweisen daher auch die an ihm angestellten Beobachtungen das Auftreten einer Umsatzsteigung beim Horizontal- marsch in einer relativ noch recht geringen Höhe; bei ihm ist aber der Zuwachs an Atemarbeit keines- wegs ein so beträchtlicher gewesen, daß dieser die Erhöhung des Verbrauches beim Gehen erklären könnte. Bemerkenswert dürfte es auch sein, daß die Umsatzsteigerung besonders bei den größeren Marsch- geschwindigkeiten beobachtet wurde, da hierin ein gewisser Hinweis auf die Wirkung des Absinkens des Luftdruckes gelegen ist, das sich um so mehr fühlbar machen muß, je größer der Bedarf an Sauer- stoff wird. Liefern auch diese wenigen Versuche auf dem Semmering ein recht spärliches Beweismaterial für die Umsatzsteigung beim Horizontalmarsch im Höhenklima, so stimmen sie doch untereinander recht gut überein und zeigen in den Resultaten einheitlich die Tendenz, zu höheren Werten anzusteigen, als beim Marsch in der Ebene. Das Resultat, das vorerst nur von zwei Versuchspersonen stammt, ist interessant genug, um zu weiterer Bearbeitung Anstoß zu geben, denn die Tatsache, daß eine so geringe Arbeit wie jene beim Gehen auf ebenem Boden bereits in der Höhe des Semmering mit größerem Energieverbrauch ausgeführt werden soll als in der Ebene, ist, wenn sie sich bewahrheitet, gewiß eine bemerkenswerte. Wir müssen bedenken, daß es wohl ziemlich vieler Versuche und gut übereinstimmender Resultate bedarf, um eine solche Annahme beweiskräftig zu stützen. Der Vergleich mit den Wiener Versuchen leidet aber darum an einer gewissen Unsicherheit, weil die zusammengehörigen, in Wien und auf dem Semmering ermittelten Werte recht wenig zahlreich sind. Die Tatsache, der wir im folgenden Abschnitte begegnen werden, daß bei der Steigarbeit der Umsatz im Höhenklima ebenfalls gesteigert ist, bildet jedenfalls eine Stütze für das auf dem Semmering gefundene Ergebnis und läßt es auch als wahrscheinlich gelten, daß die von Durig und Frau auf der Sporneralpe beobachtete und auch die von Zuntz und Durigin der Capanna Margherita nachgewiesene Erhöhung der Verbrennungsvorgänge beim Gehen auf ebener Bahn wenigstens zu einem Teile auf eine Klimawirkung zurückzuführen sind. Da die Möglichkeit, in großen Höhen Horizontal- märsche auf hiezu geeignetem Terrain auszuführen, eine recht beschränkte ist, wäre es wertvoll, wenn derartige Versuche in den Höhenstationen ausgeführt würden (so Davos, St. Moritz u. a. O.), wo zum Beispiel Tennisplätze eine für Horizontalmärsche im Freien außerordentlich geeignete Bahn vorstellen. Ergebnisse. Der Aufwand für das Meter und Kilogramm Horizontalbewegung ist bei der größten Zahl der bisher untersuchten Versuchspersonen mit 0:5 bis 0:6 Kalorien, im Mittel 0:55 Kalorien festgestellt worden. Unter Annahme eines Wirkungsgrades von 30 °/, ergibt sich die Leistung beim horizontalen Gehen mit 0:07 bis 0:08 Meterkilogramm pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung. Es besteht die begründete Vermutung, daß in jenen älteren Versuchen, in denen ein höherer Umsatz für die Wegkonstante gefunden wurde, unvollkommene Übung im Gehen auf der Tretbahn und die Methodik ausschlaggebend für das Zustandekommen des abweichenden Ergebnisses war. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 287 Die in der Respirationskammer von Sonden und Tigerstedt ausgeführten Versuche über das Gehen auf ebenem Boden führen dann, wenn man die Werte für den Erhaltungsumsatz der Versuchs- personen zugrunde legt, zuResultaten, die untereinander wie auch mit dem im ersten Punkte angegebenen Resultate wohl übereinstimmen. Es ist unwahrscheinlich, daß bei mäßiger Marschgeschwindigkeit (die den »Wanderschritt« nicht übersteigt) wesentliche Unterschiede im Energieverbrauch für das Gehen auf horizontaler Bahn zwischen normalen Personen bestehen, auch wenn diese verschiedenen Körperbau besitzen oder für das Gehen gut oder wenig trainiert sind. Die Marschgeschwindigkeit, bei der der Energieverbrauch einer Versuchsperson ein annähernd gleichbleibendes Minimum zu übersteigen beginnt, ist bei verschiedenen Personen wesentlich verschieden. Hierin kommt dıe Überlegenheit der leistungsfähigeren Person zum Ausdruck. Der als Wegkonstante bezeichnete Wert ist als Ausdruck für den Rohumsatz bei der Geharbeit auf- zufassen; der Wert für den niedriger zu bemessenden Reinumsatz bei der Bewegung auf horizontaler Bahn ist derzeit nicht festzustellen. Mit zunehmender Marschgeschwindigkeit steigt der Umsatz beim Gehen auf horizontaler Bahn an Der Zuwachs, den die Verbrennungsvorgänge für die Einheit der Arbeitsleistung hiebei erfahren, ist um so größer, je schneller das Marschtempo ist. Es ist derzeit nicht möglich, die Beziehung zwischen Geschwindigkeitszuwachs und Umsatz- steigerung endgültig festzustellen, jedoch kann als sicher gelten, daß diese keine lineare ist. Es kann als wahrscheinlich gelten, daß einer Steigerung der Geschwindigkeit in arithmetischer Reihe eine solche des Umsatzes in geometrischer Reihe entspricht, wenn man die ökonomische Maximal- geschwindigkeit als Ausgangspunkt wählt. Es würde damit das Exponentialgesetz in ähnlicher Weise Anwendung auf den Umsatz beim Marsch finden, wie z. B. auf sinnesphysiologische Vorgänge. Oberhalb der ökonomischen Maximalgeschwindigkeit entsprach bei den untersuchten Personen einem Meter Geschwindigkeitszuwachs eine Umsatzsteigerung von rund 12 bis 1°5 Prozent des Wertes. Es ist nicht wahrscheinlich, daß die Verlangsamung des Marschtempos auf einen niedrigen Wert innerhalb praktisch in Frage kommender Grenzen eine Steigerung des Umsatzes für die Arbeitseinheit herbeiführt; keinesfalls ist zurzeit eine solche Annahme erwiesen. Für die Anschauung, daß gerade maximal trainierte Menschen jene Arbeit, für die sie trainiert sind, mit dem nämlichen Aufwand an Energie leisten, sind zwingende Beweise ebenfalls nicht gegeben. Die bisher untersuchten Personen weisen wohl bei optimaler (also mäßiger) Geschwindigkeit sämtlich sehr ähnliche Werte für die Wegkonstante auf; bei beschleunigtem wie bei sehr forciertem Gehen war jedoch der Umsatz für die Fortbewegung von 1 kg entlang einem Meter Weges ziemlich verschieden. Die Ursache hiefür kann nur zum Teil darin gesucht werden, daß hierbei Tretbahnversuche mit Märschen auf freier . Bahn verglichen wurden, denn auch der Vergleich von Tretbahnversuchen untereinander (Dauergänger) führte zu keinem übereinstimmenden Resultat. Der Umsatz beim Marsch auf horizontaler Bahn war auf dem Semmering bei derselben Geschwin- digkeit größer als in Wien. Es liegt nahe, hierin eine spezifische Wirkung des Höhenklimas zu erblicken. Auf Grund der Diskussion des vorliegenden Materials ergab sich, daß es noch zahlreicher weiterer Beobachtungen bedarf, um unsere Kenntnisse über den Aufwand beim Gehen auf horizontaler Bahn zu vervollständigen. Einige Gesichtspunkte, die zu erledigen sein werden, mögen anschließend folgen. Es muß festgestellt werden, welcher Aufwand der reinen Geharbeit entspricht, um die Arbeitsleistung bei horizontalem Gehen auf Grund des Umsatzes berechnen und mit den aus der Mechanik des Ganges abgeleiteten Werten vergleichen zu können. Es wäre also der als »Leerlaufarbeit« für den Horizontal- marsch entfallende Wert zu bestimmen. 288 A. Durig, Der Vergleich zwischen dem Tretbahnversuch und dem Versuch auf freier Bahn erfordert neue Beob- achtungen, wobei insbesonders auf die Bedeutung der Übung für das Gehen auf der Tretbahn in Betracht zu ziehen sein wird. Die Beobachtungen über den Aufwand beim Horizontalmarsch in der Respirationskammer sind nur durch wenige Werte repräsentiert und unter nicht vollkommen vergleichbaren Kautelen angestellt, eine weitere Ergänzung derselben ist daher dringend erwünscht. Die Beziehung zwischen Körpergewicht, Körperoberfläche und Umsatz beim Gehen des Menschen bedarf erst der Feststellung. Die bisherigen Resultate über den Zuwachs des Aufwandes bei Vergrößerung der Marschgeschwin- digkeit bedürfen einer Erweiterung durch Untersuchung sehr geübter und minder geübter Gänger. Ins- besondere sind Werte über den Aufwand bei sehr großen Gehgeschwindigkeiten festzulegen. Über den Einfluß des Höhenklimas auf den Umsatz beim Horizontalmarsch liegen eindeutige Resultate bisher ausschließlich vom Semmering vor; es sind deshalb die Untersuchungen über diese Frage aus größeren Höhen noch vollkommen ausständig, die wenigen in 1000 m Höhe durchgeführten Versuche bedürfen weiterer Ergänzung. Ergebnisse der Monte Rosa -Expedition. "IST U9POIY9S.I9A M.IEIS uSdunyyoegoag uaufozurs uap CM UI UOUUON SHIOMJONIM IA 109 Joyep zyesupn) Jop pun uop.ımm JIynJoSssne usploysipulmyasasyasiem uauepelyosleA Ioq ayansıo\ aıp ep ‘ulojorf Jyoru suereuoN sap pjigg soay 3-0 | 568-0 | 8GL-0 | TOL-O | 7-9 L-F0L | 908-0 | 626 062 608-0 | &cel 686 68-62 | 66-€I | 8I-F 16-56 | EL-2L6 ıloyıN 993-0 | 869-0 | 661-0 | 901-0 65 6 7.601 | 818-0 | OFOI rP8 c183-0 | 2951 2801 83-62 | 08-07 | ZE-F 6-86 | 68-29 c9E | 6L8-0 | 989-0 | 181.0 | 607.0 | 9.92 v0 6 8-OIT | 828-0 | ITT] 216 288-0 | 8881 6OL I 63-62 | 68-91 | 62.7 Terea | 29.98 12067 alcr] 798 Iez-0.| 289:.0 | Tsl-0O | ZOT-O cr 6 %:801 | 668-0 | 956 62 T22-0 | 8871 986 61-08 | 08-CI | 8S.F 92.16 | 61-95 SssE chs-0 | 998.0 | 6IT-O | 060.0 87 6 1.201 | 892-0 | 266 90, 622.0 | FSTT 668 83-62 | C9.9T | 29-8 92.°8 | 87-66 LEE | rre%-0 | 828.0 | ZIT-O | 760-0 v7 6 L.6c0T | 862-0 | 786 Gy 808-0 | T9T1 386. 66-62 | 82.97 | 6G-€ 83.98 | 08-08 9e8 | e73-0 | 89C.0 | STT-.0 | ©60-0 | 8.92 |,8C,6 | 2.001 | 608.0 | 206 | es2 e18.0 | Fell | Cz6 &6-62 | 70-97 | €0.7 | 61.02 | I9.cz | 2osı ler | sce | "SuUMSWWOS 895-0 729-0 | 8@L-0 | FILO | ST-9 9-60T | 662-0 | TEIL | 980L TIS-0 | FHHL SE6L | IS-6L | 8-41 sE.-7 | SS-Lo | 82-08 tIOIHN 655-0 | 989-0 | SIT-O | 180-0 09 EI | 8-62 802-0 | 089 1077 892.0 | C78 079 70.08 | S6-C1 | 86-8 66:97 | 82.21 Glr 183-0 | 218-0 | OIT-O | 820-0 95 IT | 8.88 602-0 | 902 108 692.0 | 186 669 20.08 | 86-SIT | 00.7 09.21 | 83-61 Ir 683-0 | 689.0 | 6IL.O | 780.0 976 1.201 | T0L.0 | 226 0899 Er2-0 | PIl 878 99.62 | 78-91 | 08-7 98-61 | 68.17 elr 0es-0 | EFC.0 | FIL-O | 8S0-0 | 6-9 27 6 8-601 | 822.0 | 788 889 708-0 | 8601 188 82.62 | 88-.CT | C7-F 88-08 | 96-23 | 2061 "IE elr ler.0 | 880-1 | 118-0 | 821-0 ce 9 G.68T | P78.0 | SyP% 790% 153.0 6°93 6958 69.62 | 89-.CT | 89.7 G9.87 | 98.89 Ir 98.0 | 788.0 | SZT-O | 8S1-0 879 8.171 | 898-0 | 9881 8891 728-0 | TOTg r&sl 79-62 | 71-917 | 28-7 62.0# | C0.27 Olr 393-0 | 889-0 | 661-0 | SIT.O vg 8 9.911 | 128-0 | SHIT G66 228-0 | 2681 E6lT 99.62 | 92-ST | 89.7 09.08 | S0-.8% 607 rIE-0 | SEL.O | SFT-0 | ZET-O | T.92 1.9812 0.961 | 086-0 | YoPl el8l 086-0 | OF91 OILSI 28-62 | 26-97 | T2-7 98.58 | er-CE | 2067 "I" s07 wwv.uS my] | 329o9W yyoneug | Y19ız Jyonerg | J1oız | 2 -oJN |UONOTEY zu19 °Q 5119 809 wwrıg | 9 Moz | omum | © u -1ı9A | -npo1d -ieA | nposd| %oN | ho | u 09 RZ | N 3 -199oN " psuepy |oıd 3a “oO “oO °o °09 | a 3 oJ] Kom! une 3 ıd [ejuoz1ıoy Jy9ImaH9 md aynumm o1d soylam JopPWNUOZAIANN SEN a 109 pun wweAlsopy od zyesun Lo Bun -ayny Soap Inzqy yoeN oynurm oO1d SEN) ESEL ö : ITo13warY oa | 6 | a 91 eı rl el | a | m 01 6 | 8 Bo | q Zu: 7 1 ‘54 °/;g] punı Sungsejog "uoIM 'uyegl] Jofe}UOZIIoy ne yassepy wısq adue3ıoAsZunuuslgIsA\ J9p 2019 "IIIX OIISgeL +0 Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. Durig, A. 290 Größe der Verbrennungsvorgänge beim Marsch auf horizontaler Bahn. Tabelle XIV. Belastung zirka 13 Rg. Wien. 1 2 3 | 4 5 | 6 | 7 8 | 9 10 11 | 12 | 13 14 | 15 16 17 | 18 | 19 | 20 Atemgröß 5 : En Analyse pro Minute Nach Avaug des Ruhe- Geschwindigkeit - Umsatz pro Kilogramm und Meter > Kubikzentimeter wertes pro Minute cm? Gewicht horizontal pro Minute He Datum i R. O. Kilo- =) = (0), ) CO, (07) Wegpro Marsch- Meter- E a Be Cco9,%,\ 02% | N %o | produ- | ver- produ- | ver- R.Q. | Minute | zeit für CO,cm?| Os cm? |Kalorien| kilo- = 3 ziert | braucht ziert | braucht Meter I km gramm 816 | 5./III. 1907 | 40-51 36:54 3:30 | 16:94 | 79:76 1195 1523 | 0784 980 1266 | 0:774 | 100°9 95554 94.225 702311032 7.021855 E05/6355 02271 317 40:50 | 36:54 8:75 | 16:78 | 79:47 1359 1556 | 0873 1145 1299 | 0881 | 105°2 9 33 0115 | 0°131 | 0642 | 07274 318 2 43:38 | 38°67 3:58 | 17:05 | 79:39 1195 1532 | 0:89] 1095 1274 | 0:861 | 100:0 | 10 0-116 | 07136 | 0659 | 07281 319 41:15 | 37:84 3:65 | 16:89 | 79:46 1369 1567 | 0:874 1155 1309 | 0:883 | 104°0 9 36 0:118 | 0:134 | 0:654 | 0279 320 | 6./III. 1907 | 20:57 | 18:92 4:05 | 15:92 | 80:04 759 997| 02763 544 739 | 0:736 69-2 | 14 27 94:2 | 0:083 | 0113 | 05835 | 0228 321 25:26 | 23:18 3:14 | 17:00 | 79:86 721 959 | 0:751 506 202 | 0.721 62:4 | 16 02 0086 | 0:119 | 07561 | 0240 322 aiteall || AGO 3:78 | 16:05 | 80-17 739 1014 | 0:725 521 726 | 0:689 67:0 | 14 55 0:083 | 0:120 | 0°560 | 0'239 32: 18:83 | 17:30 4:73 | 15°26 | 80:01 813 1024 | 0:818 998 766 | 0'768 66°4 | 15 08 0-094=| 0:122 | 0591 | 07252 324 19-08 || I7rA8) 8.223 12.2002 77927% 959 (02.08 0027776 344 463 | 0:742 492 | 20 19 0:085 | 0:115 | 0-542 | 0231 Mittel 30:07 | 27:34 | 335 | 16:54 | 79:66 967 1210 | 0'806 766 949 | 0:784 80:5 94-2 | 0:089 | 0-:112 | 0:537 | 0:225 Rainer. Wien. Belastung zirka 13 Rg. 351 | 30./VI. 1907 | 21:08 | 18:33 4:48 | 15'438 | 80:09 816 1057 | 0:816 633 839 | 0'754 Sieae 2102162 275248 10020922 7021295 705785 202249 392 21:68 | 19-04 | 4:54 | 15:82 | 7964 8959 1002 | 0857 676 783 | 0'862 88:8 | 11 16 Da a Oral | Ve 399 221.398 219509 4:56 | 15:66 | 79:78 865 1042 | 0'829 682 824 | 0827 90:4 | 11 06 0°100 | 0:121 | 0:584 | 0°249 354 20:80 | 18°12 4:58 | 15:58 | 7984 825 1006 | 0820 641 787 | 0'815 838 | 11 16 0:096 | 0:118 | 0:567 | 0242 399 30'380 | 25:76 5:05 | 14:87 | 80:08 1293 1627 | 0°793 1109 1409 | 0:787 | 115°8 8 38 0>127 | 0:161 | 0:772 | 0330 396 19:06 | 16°55 388 | 15:91 | 80°21 637 880 | 0:724 454 662 | 0:686 76-9 | 12 50 0:078 | 0'114 | 0:533 | 0°228 357 14:06 | 12:23 4813| NOT || FOR 499 619 | 0'806 316 400 | 0:789 47-2 | 21 17 0:089 | 0:116 | 0:538 | 0°229 358 34:49 | 29:90 | 6:06 | 14:16 | 79:78 1804 2082 | 0:866 1620 1863 | 0869 | 1295 7 43 0:112 | 0:195 | 0:954 | 0°407 Mittel 23:42 | 21:13 4:41 | 1544 | 79:0 981 1166 | 0:514 769 948 | 0:799 80:8 754 | 0112 | 0:138 | 0:638 | 0:272 1 Siehe Anmerkung p. 49. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. :6F 'd Zunylowuy oyaıS 963-0 | 009.0 | 98L-0 | 00-0 | 47-6 L:86 | 892-0 | S6TI 206 GLL-0 | GEFL | 9IIL | SLT-.08 | 20-°T | 62-9 17-86 | 06-96 ION 723-0 | 199.0 | r&El-O | 21l.O LE 6 6-801 | 282-0 | SEI 9201 782.0 | S2SI GEel 01.08 | 80-51 | 28.7 | 0S-.°5 | 78-66 29€ 183-0 | 669.0 | 881-0 | 601.0 | SF.S6 | 07 6 | S-.80L | 662.0 | 19ET 1207 962.0 | 6091 1871 10.08 | 08-61 | 62-7 06-98 | 22.08 | 2061 "FI | 99€ 0r3-.0 | 896-0 | 611-0 | 680.0 Ir 07 | 9.86 952-0 | 6807 608 722.0 | ZOEI LTOT ST-08 | 80.5] | 28.9 IT.Is | 83-76 7SE rr2.0 | 62S-0 | 181-0 | 660.0 r0 07 | 6-66 192.0 | 9771 878 682.0 | F6EI ZSOT ©3-08 | #6-FI | IS-F 81.78 | 68-.°7 dig 883-0 | 169.0 | SZ1-.0 | 860.0 90 OT | 0.66 682-0 | 0811 618 992.0 | 8CHl 1807 08:08 | 08.71 | 06-7 | 08.65 | S7.%3 (432 72-0 | 999-0 | SIT-O | 860.0 | S7.S6 \.FF,O1 | 6.86 | 782-0 | ZZOT 688 182.0 | Fl GEoT +0.08 | er.cT | e.7 | 66.73 | €3-93 | 2061 'I'EI | 1cE "54 FI eyıız Sungsejag "SuNDWWIS 785-0 | 854-0 | SIL-O | 960-0 | 8-001 6:88 | 698-0 | 666 988 698-0 | IeEL L2SOTL | 9:62 | 08-CT | IS-F7 | 29.06 | 78-% LION 083-0 | FIS.0 | SOT-O | 160.0 TS 97 | 8-69 c98.0 | 239 erg GS8.0 | 888 852 89-62 | 66.C1 | 88-7 | F7-27T | S6-61 088 818-0 | OTS-0 | SOT-.O | 880.0 oT EI | 6-52 888.0 | 664 639 r778-.0 | FIOT 868 72.62 | 97-.ST | 08-7 | 83-81 | 29.17 6r8 878-0 | 029-0 | SIT.O | TOL-.O Te OT | 8.56 | 998-0 | 9TTT 996 828.0 | 2ZEI ssll 69-62 | SE-ST | 96-7 66.88 | 28.27 srE 288.0 | 969-0 | 881-0 | 860.0 Te OT | 3.6 | 798-0 | 8801 076 298.0 | 6FET 9STT 69.62 | E7.ST | 83-.% es-£3 | 91.23 | 2061 'IAl'ee | zrE 288-0 | F89-0 | EI1-O | 660-0 ge 07T | 8.76 928.0 | 8201 G76 298.0 | 6861 TO9TI c9.62 | 8E-ST | 26-7 | 09.85 | 72.95 grE 678-0 | 884.0 | 6IT.O | EOL-O 61 OT | 7.96 | 98.0 | ISTT 6607 093.0 | ZIFT GIel 98-62 | 9S.ST | T8-7 er.Co | 86-87 SHE rv83-0 | 0€CG.0 | FOT.O | SOL.O | 8.001 |„89,6 8.007 | 606-0 | O&IT 2307 868.0 | 1661 erzl 89.62 | #9.9I | 88-7 29.98 | SI.63 | 2061 'IN/'8Z | Fre wumm.ı3 my] | 109oW yyoneiq | y1aLz yyoneig | yualz er Henn 2 -ofI] |UELIOJENY| gma °o |sm9 °09 < | any poz | amumy | "OU -I9A | -npoıd -774 | -npoıd | on | Yo°o | %o 209 ee I 3 wum.18 z 2 -npaı | -goagq 5 -1979N -yos.epn |o1dS9M Te) °09 °o 99 3 "OEM OU | eiaeschet £ e}UOZLIOU JUNGLE) 119 aynurp O1d sorlem 1pWwNuaZzyTqnS Sun I a e oysıpumyosan | ® N 5 ; : ana oskeuy uU1917 ul OP pun wwe4Sojrsp oJd zyesum ; -ayny sop Snzqy yoeN oynurpy od S agorzwerYy oo | | 91 ei #1 Sa ol eo: Da » & 2 ı '5Y 9] ey.ıIz Sungsejog "UoILMN "uyeg] J9feJuozLIoy Jne yasıepy wıoq SdueZ1oassunuusIgJIsA J9p 2019 "AX OIISgeL JELEJERS: 40* Be a 5 r a m ee R R 4 Et Ir ERGEBNISSE DER MONTE ROSA-EXPEDITION VOM JAHRE 1906 VON PROF. D" A, DURIG. ÜBER DEN GASWECHSEL BEIM GEHEN, BEITRÄGE ZUR FRAGE NACH DEM ENERGIEUMSATZ DERDERSUUSKEEARBEHEDESIMENSEHEN A. DURIG. Mit 1 Textfigur. VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 16. MAI 1909. ISIEEMEIR Seite VENEN. & a rn Bela a on on rang: oe, EEE ER 2 [294] Über die Höhe der Steigkonstante in der Ebene . . .. . . 2. 2.2 2 2... er Pr elek 5 [297] ÜpewdenwEImtIuBEderRWIeeDeschalten he ve ee: 18 [310] UpSNdenaEintnggderi@eschyundiekei N DENE 22 [314] Über den Did dar Ski VE N a oa Wi Über den Bin das eines see or Sn eo 29 [321] BBendennpiniiußgdespElopenklumassee no ee hal ae ee brelusae ul 88 [830] EIS EB1115 SC ein: ee ae BE Sys nee leihen 46 [338] GTEneralta elle Tas Er EL Der meh Korn een een tere: erneuern Halten 17% 48 [340] Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 4 xl. Über den Umsatz beim Marsch auf ansteigender Bahn. Über den Aufwand bei der Steigarbeit liegen ziemlich viele ältere Versuche vor, es ist aber keines- wegs zu behaupten, daß die bisher ausgeführten Beobachtungen, wenige Reihen ausgenommen, besser übereinstimmende Resultate gefördert haben, als die im vorangehenden Abschnitt diskutierten älteren Experimente über die Verbrennungsvorgänge beim Marsche auf horizontaler Bahn. Wenn man berücksichtigt, daß der Aufwand für die Steigarbeit als Restwert berechnet wird, so kommen in diesem natürlich alle Fehler in der Bestimmung des Ruhewertes und der Wegkonstante zum Ausdruck. Die Unsicherheit der Größe der Wegkonstante macht sich selbstverständlich um so mehr geltend, je geringer die Steigarbeit im Verhältnis zum zurückgelegten Weg ist, je geringer also die Neigung der Wegstrecke ist, auf der der Umsatz für die Steigarbeit bestimmt wurde. Es wird bei der Diskussion der an Kolmer gefundenen Werte für die Verbrennungsvorgänge beim Bergaufmarsche noch darauf hingewiesen werden, wie groß die Abweichungen ausfallen können, wenn eine Horizontalkomponente in Rechnung gestellt wird, die den wahren Verhältnissen nicht entspricht. Wurde schon bei der Besprechung des Umsatzes beim Horizontalmarsche darauf hingewiesen, daß man die Größen, die für die Verbrennungsvorgänge bei der Leistung einer bestimmten Arbeit berechnet werden, nur mit gewissen Einschränkungen als annähernd absoluten Werten entsprechend bezeichnen kann, so gilt dies noch vielmehr für die Größe des Umsatzes, der für die Leistung von | Meterkilogramm Steigarbeit berechnet wird. Die Werte hierfür würden auch dann nicht als einwandfrei zu bezeichnen sein, wenn die Höhe der Wegkonstante vollkommen korrekt festgelegt werden könnte. Ebenso wie die Frage offen gelassen werden mußte, ob der Umsatz für die Steharbeit oder jener bei absoluter Körperruhe als grundlegender Wert für die »Leerlaufarbeit« vom Umsatz beim Horizontalmarsch abgezogen werden müsse, oder ob wir eigentlich eine ganz andere Größe für diesen Subtrahenden ermitteln sollten, ebenso- wenig ist derzeit zu entscheiden, welche Leerlaufarbeit wir korrekter Weise von dem Gesamtumsatz beim Marsch bergauf abzuziehen haben, um den wahren Umsatz für das Steigen berechnen zu können. Man kann die Frage, ob das Produkt aus Wegkonstante, Körpergewicht und Weg, das wir als Horizontalkomponente des Steigungsmarsches bezeichnen, die wahre Leerlaufarbeit vorstellt oder sich dieser nähert, wohl ziemlich sicher mit einem Nein beantworten. Es ist sicherlich kaum vollkommen ein- wandsfrei, den Ruhewert, dem ein anderer respiratorischer Quotient zukommt, vom Gesamtumsatz abzu- ziehen, um den Arbeitsumsatz festzustellen. Wenn wir auch durch die Untersuchungen von Zuntz und seiner Schule wissen, daß der respiratorische Quotient bei einer Arbeit, die im Anschluß an einen Ruheversuch ausgeführt wird, keine Änderung erfährt, so haben doch speziell Zuntz und Durig, ersterer bei den Marschversuchen an den beiden Soldaten, ! letzterer in seinen Serien von Märschen auf dem Bilkengrat, nachgewiesen, daß bei längerdauernder Arbeit der respiratorische Quotient stetig absinkt, so daß die Subtraktion eines Ruhewertes konstanter Größe nicht dem wirklichen Verhalten gerecht werden kann. Aus diesem Grunde ist bereits die für den Arbeitsumsatz ermittelte Größe, von der erst die Horizontalkomponente abgezogen wird, nicht mehr als absoluter Wert zu betrachten, wenn auch kaum 1 Es handelt sich eigentlich um Freiwillige nach Ableistung ihres Präsenzdienstes. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 295 anzunehmen ist, daß die Verschiebung im respiratorischen Quotienten einen sehr namhaften Einfluß auf die Höhe der »Steigkonstante« ! ausübt. Stellen wir nun beim Gesamtumsatz für die Arbeit den Aufwand für die Horizontalbewegung auf Grund der Wegkonstante in Rechnung, so setzen wir voraus, daß beim Bergaufgehen alle Muskeln die Arbeit für die Fortbewegung entlang der Strecke mit demselben Wirkungs- grade leisten, wie beim Gehen auf ebener Bahn und nehmen ferner an, daß alle diese Muskeln auch im selben Ausmaße in Tätigkeit versetzt werden. Hierfür spricht nun allerdings die von Zuntz vertretene Anschauung, daß eine so geläufige Arbeit wie das Gehen mit dem größten Wirkungsgrad und am gleich- mäßigsten geleistet werde, und neue Untersuchungen von Reach ? weisen auch darauf hin, daß der reine Wirkungsgrad bei mit optimaler Geschwindigkeit ausgeführter Dreharbeit ganz nahe jenem für die Steig- arbeit, nämlich bei 27:2°/, liegt, weshalb wir annehmen können, daß die Bewegung entlang des Weges beim Steigen mit kaum wesentlich anderem Wirkungsgrad ausgeführt werden dürfte, als auf ebener Bahn. Doch liegt hierin kaum der Schwerpunkt der Frage, denn dieser wird darin zu suchen sein, ob die Bewegung entlang des Weges beim Steigen gleich einem Gehen auf ebener Strecke zu setzen sei. Es ist vorerst zu bedenken, daß die Marschgeschwindigkeit beim Steigen eine ganz andere ist, als beim Eben- ausgehen. Entnimmt man in dem voranstehenden Abschnitt die Geschwindigkeit, die dem Wander- schritt für die einzelnen Versuchspersonen entspricht und vergleicht diese mit der Gehgeschwindigkeit beim Marsch bergauf auf mäßig geneigter Strecke, so ergibt sich für den Marsch auf horizontaler Bahn Durig Kolmer Rainer Reichel \Wanderschrite ro. 0... 2. 2.100 60 90 95 Meter pro Minute. Geringste Geschwindigkeit . . . 72 49 47 9 >» > » auf ansteigendem Weg Durig Kolmer Rainer Reichel Maximale Geschwindigkeit. . . . 75 OL) 65 65 Meter pro Minute. Geringste » ee ET 30 Sl 30:7 » » » Es wurde also selbst bei den schnellsten Bergaufmärschen die Wandergeschwindigkeit nie annähernd erreicht und auch die größten Geschwindigkeiten auf ansteigendem Terrain liegen noch so nieder, daß sie eben an das langsamste Marschtempo beim Horizontalmarsch heranrücken. Wenn wir nun auch den Minimalverbrauch beim Gehen auf ebener Bahn der Berechnung der Steigarbeit zugrunde legen, so spricht die ungleich größere Langsamkeit der Bewegung schon dafür, daß es sich hierbei um andere mechanische Verhältnisse handelt, und man wird wohl annehmen müssen, daß der Aufwand für akziden- telle Muskelarbeit und für das Erhalten des Gleichgewichtes eine verschiedene ist. Wenn man auch, wie Fischer in seinen geistvollen Untersuchungen feststellte, von einem ziemlich allgemein gültigen, gleichen Typus des Ganges auf ebener Bahn sprechen kann, so treten doch beim Marsch bergauf ganz wesentliche Unterschiede in der Art des Steigens hervor. Es ist eine jedem Gebirgsbewohner geläufige Erscheinung, daß der ungeübte Flachländer in der Regel schon auf mäßig steil ansteigendem Weg nur mit den Zehen und dem vorderen Anteil des Fußes auftritt, wobei er mit dem Standbein eine ganz andere statische Arbeit leistet wie beim Gehen auf ebener Bahn, wenn er mit voller Sohle auf dem Boden auftritt. Der Ungeübte ermüdet hiebei bald, weshalb der Gänger, der das Gehen im Gebirge gewohnt ist, in der Regel auch auf steil ansteigendem Weg die ganze Fußsohle auf den Boden setzt. Sehr trainierte Gänger und insbesondere geübte Schnellgeher, wie zum Beispiel viele jüngere 1 Es sollim Gegensatz zur »Wegkonstante«, die den Umsatz einer Versuchsperson für das Meter und Kilogramm Horizontal- bewegung vorstellt, der Kürze halber das Wort »Steigkonstante« den Umsatz für das Meterkilogramm Steigarbeit ausdrücken. Beide Werte können natürlich als konstante bei einer Person nur für das Marschieren unter gleichen Verhältnissen, besonders bei gleicher Geschwindigkeit gelten. 2 Biochem. Zeitschr. XIV, p. 448. #15 296 A. Durig, Führer setzen beim raschen Bergaufgehen dagegen ebenfalls nur den vorderen Teil des Fußes auf und fixieren dadurch die Höhenlage, die durch den Schritt gewonnen wurde, bis zum vollzogenen Auftreten mit dem anderen Bein, sie vermögen diesen Gang stundenlang ohne besondere Ermüdung auszuhalten und beginnen dabei, gewissermaßen elastisch schnellend, jeden neuen Schritt. Zwischen diesen Extremen gibt es nun eine ganze Reihe von Übergängen, indem die Spannung im Standbein während der Dorsal- flexion mehr oder minder stark nachläßt, und der Fuß sich mehr oder weniger vollkommen dem Boden anlegt; hierbei ist die Größe und Art der statischen Arbeit, die geleistet wird, aber eine sehr verschiedene. Jene Arbeit, die den Hauptaufwand beim Horizontalmarsch erfordern dürfte, die Hebung des Körpers bei jedem Schritte, kommt beim Gehen auf ansteigender Bahn vielleicht ganz in Wegfall, oder ist doch wesentlich geringer einzuschätzen, so daß hierdurch der Aufwand für die Horizontalkomponente sich wesentlich anders gestalten muß, als wir rechnungsmäßig auf Grund der Wegkonstante annehmen. Es muß hier auf die Ausführungen Jendrässik! hingewiesen werden, der die Resultate seiner Unter- suchungen über das Steigen folgendermaßen kennzeichnet: »Es ist eigentümlich, daß entgegen diesen nicht zu bezweifelnden Daten, nach welchen das Gehen (und besonders das Gehen auf ansteigendem Boden) darin besteht, daß wir mit unserem hinten auf- gestützten Beine unseren Schwerpunkt von Schritt zu Schritt durch die vertikale Ebene der Schwerlinie (statische Gleichgewichtslage) hinüber schleudern (wobei dem vorne aufgestützten Beine noch die Auf- gabe der vertikalen Erhebung zukommt), doch in unserer Selbstbeobachtung eine ganz täuschende Empfindung entsteht. Geht man auf ansteigendem Weg, so bekommt man das Gefühl, als ob man seinen Körper durch das vorne aufgesetzte und nach hinten gezogene Bein weiterbefördern würde. Diese Urteilstäuschung rührt größtenteils daher, daß die einzelnen Komponenten des Ganges, ohne besonders darauf achten zu müssen, höchst präzis ineinandergreifen und daß man durch die relativen Rumpf- und Armbewegungen seinen Schwerpunkt etwas verlegt, wodurch die Anziehungskraft der Erde besser ausgenützt wird.« »Das aktive Bein ist entgegen der bisherigen Auffassungsweise jenes, welches in der Phase der doppelseitigen Aufstützung sich hinten befindet und solange es den Boden berührt, den Körper nach vorne schiebt und gleichzeitig mit der nötigen kinetischen Energie ausrüstet.« »Das andere Bein verhält sich während dieser Phasen passiv, trägt zwar die Körperlast, doch übt es keinen Einfluß auf die Fortbewegung aus.« »Beim Gang auf schief ansteigender Ebene bewegt sich der Gesamtschwerpunkt des Körpers solange in nahezu horizontaler (ja sogar etwas abwärts gerichteter) Richtung, bis das hinten aufgestützte Bein eben den Boden zu verlassen beginnt. In jenem Moment besitzt der Körper die nötige kinetische Energie, welche zum Erklimmen des Wellenberges befähigt.« Es würde demnach das Wesen des Aufwärtsganges in einem stufenweisen Emporwerfen des Körpers durch das nachfolgende Bein zu suchen sein, eine Annahme deren Allgemeingültigkeit wohl erst zu beweisen sein wird.? Jedenfalls geht aber aus Jendrässik’s Untersuchungen mit großer Sicherheit her- vor, daß die Arbeit entlang des Weges beim Steigen eine wesentlich geänderte sein muß, die mit jener auf ebener Strecke nicht direkt vergleichbar ist. Es besteht derzeit keine andere Möglichkeit den Umsatz beim Bergansteigen in anderer Weise als mit Hilfe von Respirationsapparaten zu bestimmen und auch hinsichtlich der Berechnung der Werte ist kein anderes Verfahren als jenes, das wir Zuntz verdanken, annähernd so geeignet, ein richtiges Bild von der Höhe des Umsatzes bei der Steigarbeit zu liefern. Wir sind daher auf die Horizontalkomponente angewiesen. Wie die Erfahrung lehrt, gewinnt man hierbei sehr gut übereinstimmende Werte, die unter 1 Arch. für (Anat. u.) Physiologie, Suppl., 1904, p. 287. 2 Man denke an das Emporgehen auf rutschigem Terrain oder auf einer Geröllhalde. Durch das Abstoßen mit dem folgenden Bein allein würde man wohl nur das eine erzielen, daß durch dieses stets Schotter nach abwärts geworfen würde, ohne daß. man den Körper hierbei auf einen weiteren höheren Tritt heben könnte. Hierbei tritt das Entlasten des hinteren Beines besonders auffällig hervor. Man beugt sich nach vorn um den Schwerpunkt möglichst auf das feststehende Standbein zu verlegen und stemmt mit dem vor- gesetzten Bein und durch Strecken des am Stock fassenden Armes den Körper in die Höhe, um den folgenden Tritt zu gewinnen. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 297 den angeführten Vorbehalten als Ausdruck für den tatsächlichen Umsatz bei der Leistung von Steigarbeit betrachtet werden dürfen, und es unterliegt keinem Zweifel, daß die in einwandfrei durchgeführten Ver- suchen ermittelten Größen für die »Steigkonstante« untereinander-vollkommen vergleichbar sind. Es ist ein bleibendes, großes Verdienst von Zuntz, daß er durch die von ihm geschaffene Methodik bahnbrechend auf einem bis dahin noch fast unbebauten Gebiet gewirkt hat und sämtliche Grundzüge desselben in mühevollen Versuchen feststellte, die den Anlaß zu zahlreichen weiteren und so auch den- jenigen zu den vorliegenden Versuchen gegeben hat. Die nachstehenden Ausführungen sollen sich auch wieder ausschließlich auf Versuche am Menschen erstrecken, während hinsichtlich der vielen Tierexperimente auf die klassischen Versuche von Zuntz und dessen Mitarbeitern am Pferde,! sowie auf die Zusammenstellungen in den Handbüchern ver- wiesen sei. Versuche über die Höhe der „Steigkonstante‘‘ in der Ebene. Von den Versuchen die über den Aufwand beim Marsch auf ansteigender Bahn ausgeführt wurden, kommen derzeit wohl nur solche für die Diskussion in Betracht, in denen die Steigarbeit eine beträcht- liche war, da wegen der begrenzten Möglichkeit die Horizontalkomponente richtig festzustellen und wegen der Unsicherheit, die den meisten älteren Versuchen über die Wegkonstante innewohnt, die Werte für die Steigkonstante in Versuchen mit geringer Neigung der Bahn nicht sehr verläßlich sein können. Es sei daher auf jene Versuche, die Zuntz und Schumburg in ihrer Physiologie des Marsches erwähnen, nicht eingegangen, obwohl diese auf zahlreichen, gut übereinstimmenden Beobachtungen aufbauen. Auch Katzenstein’s Versuche, in denen die Methodik doch noch sehr in den Anfängen lag, beziehen sich nur auf eine durchschnittliche Neigung von nur 10'8°%, die Werte die er fand, beruhen auf stark von einander abweichenden Wegkonstanten, die, wie wir nun wissen, tätsächlich einander viel näher gestanden sein dürften. Es kann daher nicht Wunder nehmen, wenn auch die Steigkonstanten bei den von ihm untersuchten Personen sich bis zu 30°/, von einander unterscheiden. Seine Werte lauten in Kalorien pro Meterkilogramm ausgedrückt, für: Ko lol, K. W. 2. 6'88 Kalorien, 9:68 Kalorien, 6:07 Kalorien, 7:38 Kalorien. Die von Sonden und Tigerstedt in der Respirationskammer ausgeführten Versuche über die Steigarbeit können ebenfalls nicht zur Berechnung des Umsatzes in verläßlicher Weise herangezogen werden, da sie in der Weise angestellt wurden, daß die Versuchspersonen wiederholt nach einander eine Leiter auf- und abstiegen; man kann der Anschauung kaum beipflichten, daß die Arbeit für das Herab- steigen von der Leiter als annähernd gleich groß einzusetzen sei als die für das Emporsteigen.? Auch bei den übrigen bisher über den Umsatz bei der Steigarbeit vorliegenden Beobachtungen werden sehr von einander abweichende und zum Teil sehr auffallende Resultate gefunden, so daß es nötig ist, da nunmehr ein recht reichliches Zahlenmaterial auf Grund unserer neuen Versuche vorliegt, diese einer Diskussion zu unterziehen, denn auch über die anzuführenden Versuche wurde bisher stets auf Grund von Mittelwerten, die sich allmählich in die Literatur einbürgerten, referiert und hierbei auf Gesetzmäßigkeiten hingewiesen, die, wie wir sehen werden, keineswegs als erwiesen gelten können. Vorerst möge ausschließlich die Frage in Betracht gezogen werden, ob die Höhe des Energie- verbrauches für das Meterkilogramm Steigarbeit, die Steigkonstante für die einfachsten Versuchs- bedingungen sicher festgestellt ist, hieran kann sich dann erst die Diskussion darüber anschließen, welchen Einfluß die Steigung, die Beschaffenheit des Weges, die Geschwindigkeit und das Höhenklima auf die 1 Landwirtschaftliche Jahrbücher XVIII, 1889, u. XXVII, Suppl. III, 1898. 2 Skandinavisches Arch., 1895, p. 186. 298 AD Höhe der Steigkonstante nehmen. Folgende Tabelle I gibt einen Überblick über die älteren Versuche; sämt- liche sind auf kleine Kalorien berechnet. Die zahlreichen Versuche von Frentzel und Reach! sind unter Bedingungen ausgeführt worden, die mit denjenigen, die in den übrigen Versuchen bestanden, nicht direkt verglichen werden können, es sind daher in dieser Tabelle nicht die Einzelwerte, sondern nur deren Endresultate aufgenommen. Auch von den Versuchen aus dem Jahre 1901 wurden nur die Mittel- werte eingetragen, da die Einzelwerte später berücksichtigt werden sollen. Beim Überblick über die Tabelle ist vorerst darauf zu achten, daß ein Teil der Versuche auf der Tretbahn ausgeführt wurde; sämtliche bei 25°), Bahnneigung ausgeführten Experimente sind im Freien angestellt. Faßt man den Wirkungsgrad ins Auge, so sieht man, daß dieser von 25:7 bis 46:50), schwankt, sich also in ganz auffallend weiten Grenzen bewegt, innerhalb derer man so ziemlich alle Abstufungen von Werten findet, und doch ist die Höhe der Steigarbeit, die pro Minute geleistet wurde, keine besonders große, aber auch im allgemeinen keine sehr stark verschiedene gewesen, wenigstens insoferne nicht, als ein Einfluß der Größe der Steigarbeit auf die Höhe des Wirkungsgrades nicht als Ursache für diese auffallenden Unterschiede in die Augen springt. In den Versuchen von Zuntz und Schumburg wurde ein Aufwand von 8:89 Kalorien bei Zuntz und 8:38 Kalorien bei Schumburg für das Meterkilogramm Steigarbeit gefunden. Viel niedriger liegen die Werte die A. Loewy, J. Loewy und L. Zuntz bei geringer und großer Neigung der Tretbahn in den Vorversuchen zu den Beobachtungen auf Col d’Olen und auf der Gnifettihütte fanden, denn es ergab sich, daß ihre Steigkonstante nur rund 6°7 Kalorien beitrug. Zu ähnlichen Werten gelangten auch Frentzel und Reach auf der Tretbahn in Berlin. Eine dritte Serie von Beobachtungen wurde anläßlich der Expedition des Jahres 1901 ausgeführt, deren Resultate bei den einzelnen Versuchspersonen aber sehr stark verschieden sind. Die an Zuntz gewonnenen Ergebnisse stehen in einem großen Widerspruch gegen die früheren Beobachtungen, in dem sich nunmehr bei ihm eine Steigkonstante von 5°5 Kalorien (für 12:7°/, Steigung) und 6:1 Kalorien (für 25°/, Steigung) fand, denen der ältere Wert von 8:89 Kalorien, der um 63°/, höher ist, gegenüber- übersteht. Nun ist es naheliegend, die Erklärung hierfür in dem Einfluß der Steigung zu suchen, die, wie Zuntz in seinen klassischen Versuchen am Pferde nachgewiesen hat, bei diesem den Umsatz für die Leistung gleich großer Arbeit wesentlich erhöht. Diese Tatsache ist, wie später ausgeführt werden wird, für den Menschen noch keineswegs sicher erwiesen, und ebenso ist es auch nicht möglich, ohneweiters diese am Pferd beobachteten Verhältnisse auf den Menschen? zu übertragen. Das Pferd geht bekannter- maßen auffallend ungeschickt auf steiler Bahn bergauf oder bergab, wenn man nicht an die Mauiltiere in den Alpenländern denkt, die durch langjährige Übung daran gewöhnt sind. Es kann daher nicht Wunder nehmen, wenn bei ihnen auf der Tretbahn der Verbrauch bei zunehmender Neigung ansteigt. Der Versuch von Zuntz und Schumburg auf der 62%, steigenden Treppe (siehe obige Tabelle) beweist dagegen, daß ein noch viel größerer Unterschied in der Steigung als jener zwischen 25 und 31°, beim Menschen noch zu keiner Vermehrung des Umsatzes führen muß, weshalb die Erklärung für das Abweichen der beiden Resultate in anderen Verhältnissen gesucht werden muß. Allerdings ist auch das Steigen auf der Treppe ein wesentlich andersartiges. Betrachtet man die im Jahre 1901 an A. Loewy ausgeführten Versuche, so fällt der außerordent- lich große Unterschied der Mittelwerte auf, die bei 12:6 und 25°/, Bahnneigung gewonnen wurden. Erstere Beobachtungen stammen von der Tretbahn, letztere von Märschen die auf dem Steinbelag der Rot- hornbahn oberhalb Brienz ausgeführt wurden. Auch hier ist der scheinbar bestimmt ausgesprochene Einfluß der Neigung auf den Umsatz durch das Verhalten der Steigkonstante, die im Jahre 1896 von ihm ermittelt wurde,? keinesfalls erklärbar. 1 Pflüger's Arch., 83. 2 Man bedenke, daß zum Beispiel die Zunahme auch für Schaf, Ziege und Gemse wohl sicher nicht gelten dürfte, vielleicht nicht einmal für die Kuh, die geschickter bergauf geht als das Pferd. 3 Siehe unten p. 25 u. ff [317] und Tab. p. 496 aus Pflüger’s Arch., 66. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. Tabelle 1. Ältere Versuche. | Umgesetzt pro Meter ibid. Bd. 66, p. 497. ibid. Bd. 83, p. 594. "oo vo HH Höhenklima ete., Anhangstabellen XVII bis XXII. Steigung Steigarbeit Meterkilogramm Nuss j grad Autor Prozent pro Minute ; Meter- 0 Kalorien : lo kilogramm 6029 8:68 310% 26°9 4596 8:90 3800 26°3 31 594-4 9-11 3:890 ZOl7, Zuntz (und Schumburg)lauf der Tretbahn 691°6 8:89 3797 263 (6200) (6:98) 2-981 33°5 62 923-2 8:18 3'494 28°6 Vier Versuche auf der Treppe (dieselben) 774:3 8:38 3'664 PR°® 1843 8:14 3476 287 31 810-5 8-50 3'630 PDCU (Zuntz und) Schumburg auf der Tretbahn KON >« 8:21 3500 28°5 7631 8-11 3460 — 22-9 555 "82 2-91 3423 A.L. auf der Tretbahn 2 30:4 677 "84 2:92 34:3 Je e3 > » 36°2 812 258 278 35 RZ » 55 Be -430 75 36-4 Frentzel auf der Tretbahn3 2 — 664 2:85 35 Reach auf der Tretbahn 12-68 680°2 5448 2:34 42° N. Z. Tietbahn+ 25 597°2 156 2:63 38° N. Z. Brienz 12:68 489°6 -402 23-1 43°3 A. L. Tretbahnt 25 625° 7'116 304 326 A.L. Brienz 12:68 359°8 6064 2:59 33°6 M. Tretbahn 4 26°2 7953 7991 341 29:3 M. » 25 636 °2 838-040 3:49 29-1 M. Brienz # 12:68 369°6 7:223 3:09 era W. Tretbahn 4 25 475°5 7'856 336 29:8 W. Brienz De 580°5 7'057 3-01 8852 C. Tretbahn!! 778°9 6°932 2:96 Bow C. Brienz ap 570°8 5'033 ri 6) 46°5 K. Tretbahn 4 880-1 5'508 2:38 425 K. Brienz Pflüger's Arch. Bd. 63, p. 484. 300 A. Durig. Kolmer, der bei den Versuchen auf horizontaler Bahn als außerordentlich schlechter Gänger quali- fiziert wurde, dessen Wegkonstante wir aber im voranstehenden richtiggestellt haben, erscheint mit einem Aufwand von 5:0 Kalorien pro Meterkilogramm Steigarbeit als außerordentlich ökonomisch gehender Bergsteiger, der mit einem Wirkungsgrad von 46 5°), aufwärtssteigen soll. Er wäre also ebenso wie Zuntz, bei dem im Jahre 1901 ein Wirkungsgrad von 42 7°/, bestimmt wurde, dem gewiß touristisch geübten Müller, der bei der Steigarbeit nur 29 bis 38°/, Wirkungsgrad aufwies, weit überlegen gewesen. Ist es schon auffallend, daß zwei geübte Gänger, wie Kolmer und Müller, die in Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit annähernd gleich, und zwar als mittlere Touristen aufzufassen sein dürften, sich so ganz verschieden verhalten sollten, so ist es auch kaum als wahrscheinlich anzusehen, daß gerade ungeübte Gänger, wie die übrigen Teilnehmer an der Expedition, dem.geübten Müller in der Ökonomie des Steigens so weit überlegen sein sollten. Die Erklärung, die Zuntz und seine Mitarbeiter dafür geben wollen, indem sie die Gangart des Einzelnen für diese Erscheinung verantwortlich machen wollen, scheint bei dem gegensätzlichen Ver- halten von Kolmer und Müller wohl nicht recht stichhältig. Faßt man das Bild, das die voranstehende Tabelle gibt, zusammen, so ergibt sich ein durchgreifen- der Unterschied zwischen den Zahlen in der ersten und der zweiten Hälfte der Tabelle. In der ersten Hälfte derselben finden wir ausschließlich Steigkonstanten, die um 8:5 Kalorien liegen. In der zweiten dagegen fallen die meisten Werte um ein Mittel von 6°8 Kalorien zusammen, wenn wir die extrem niederen Werte bei Kolmer und Zuntz nicht in Rechnung stellen. Diese letzteren gruppieren sich zu einer dritten Größe von 5:5 Kalorien. Die Unsicherheit in der Beurteilung der allergrundlegendsten Frage, wie groß der Aufwand des Menschen für das Meterkilogramm Steigarbeit beim Gehen auf ansteigender Bahn sei, die durch die genannten Versuche somit keineswegs benoben wurde, hat auch durch die Versuche, die Bürgi mit einer anderen Methodik ausführte, keine Klärung erfahren, da dieser Autor abermals zu ganz anderen Zahlenwerten gelangte. Die Versuche Bürgi’s wurden in Tabelle II zusammengestellt. Es kann als zwecklos gelten, diese zum Vergleich mit unseren Beobachtungen genau zu berechnen, da Bürgi nur die Kohlensäure- produktion bestimmte und der kalorische Wert der ausgeatmeten Kohlensäure sich natürlich während jedes Versuchs geändert hat. Um einen annähernden Einblick in die Höhe des Umsatzes zu gewinnen, genügt es daher vollkommen, mit einem respiratorischen Quotienten von 080 als Mittelwert zu rechnen, um die Größe des Sauerstoffverbrauchs und dadurch den Gesamtumsatz in Kalorien zu gewinnen. Für die Besprechung bietet die Einheitlichkeit der Werte, die zur Diskussion herangezogen werden, jedenfalls einen gewissen Vorteil. Für die Feststellung des Ruheumsatzes dient wieder der aus dem Körpergewicht, beziehungsweise der Körperoberfläche berechnete Wert, der auf Grund der bekannten Konstanten ermittelt wurde. Da der Weg in Bürgi’s Versuchen genau bekannt ist, kann die Horizontalkomponente für Bürgi als rüstigem Gänger mit gleich hoher Wegkonstante, wie sie in unseren Versuchen ermittelt wurde, berechnet werden und dann aut Grund der Steigung und des Körpergewichtes Bürgi’s der Aufwand für das Meter- kilogramm Steigarbeit (Spalte 11 und 12) und der Wirkungsgrad (Spalte 13) abgeleitet werden. Da es als vollkommen irrelevant gelten kann, ob in diesem Falle der Aufwand für das Meterkilogramm um einige Prozente höher oder niedriger gegriffen wird, mag die Berechnung zulässig erscheinen. Von den in der Tabelle angeführten Versuchen Bürgi’s sollen vorerst nur die in der Nähe von Brienz ausgeführten Versuche besprochen werden, und zwar ohne die nach dem Trainieren gewonnenen Resultate zu berück- sichtigen. 1 Arch. für (Anat. u.) Physiologie, 1900, p. 509. sol Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. < < 9.87 29:€ 08 19.7 03-9 9.2 E69: 1 a1-61 08-91 c0.08 "ımal9a | 1 < < 9.25 9-8 8.8 12-9 93-9 0L.2 c09-1 98-61 Or-SI 83-08 m 1867 "ıal'9s | FI Summer] you « 8.61 90-€ 8-11 29:9 13-8 32:6 920-7 08.77 Fr.61 03.8g | yeisıwıog | 'Mles | 6 Zururea] 104 0/98.67 yonsıoA 3.°% SIE 8-6 80-° 28-9 28-8 892-1 89.07 PS-91 29-2€ male | 2 < < 2.08 P7-8 9.2 ESRE er.G 88.9 ver] 08-21 92.E1 70.23 < "mal'og | 2 ZuruelL YOeN ande Ee er 89.8 3-9 82.9 207-1 18-91 cr.ET c#.97 « "ıAl'0g | 723 < « Oog.27 6681 © 9.77 90.F °.6 08.F 07.9 g8.2 g£9.1 29-61 02.81 78.08 | woz9 zusug | "IIATZ | F Sururesz 10a 003.21 6681 zung | G.r8 sl. 9-6 28.7 1r:9 26.2 Br | re IT-TE ne alız | € 6681 « « < Salt F1.F 1.6 98.9 97.8 16-6 #90:7 91.77 38-61 €6.sE ıal'6s | 07 6681 < < « 8.78 I1.Y 9-6 08.9 0r.8 08.6 970.7 99.+7 79.61 c9.88 "NAl'62 | 61 SurumiL yoeu « 9.63 68-8 6-2 19-C 1@o2 88.6 F08- 1 99.17 TEe.21 20.rE er "XIEI r7 "1082 gas x 8.83 68.9 °-01 93-2 98.8 18-01 9F1-% 92.58 29-03 1°.0F a x 6 08 Oogz s68T = du )@ eL-Y 0-T1 08.2 0r-6 8.01 693-7 0.28 79.17 99.77 "xıl's 61 Ojoez 8s68T < 0-61 3-9 era 84-8 28-07 DRS 337-7 07.67 19.87 03.97 a2 91 s68T yonsıon | 7.08 86-F CET al=S 21-6 SI UI 013-3 08-23 98.17 86.07 xılr Fl Summer, yoeru < 9.77 20-% 9.6 82.9 gE.8 82:6 680-7 97.77 29.61 97.88 "IINl'0e | 27 667 < 8.73 F0-F 0.6 69.9 63-8 PL-6 120-3 yE.77 97.61 #888 "Ale | 12 Suruma] yoeu « 9.67 gE-€ 6-2 6°.€ 61-2 79.8 008-1 09.18 83-21 <6-88 SV [er a Na ERS 29-8 9.8 &6-C SC 86.8 12851! 9%.77 Ge.27 1E.Cg | wre, zung | 'XI'6 17 Selena 8.87 61.F 8-6 #6-9 99.8 66-6 080-7 96-77 96-61 #8-.68 "xı/’s SI Sungrs ocg < 8.87 18-7 8.6 26-9 28.8 20-01 980-7 F0.°8 30-03 g8-68 "XI ul Summen] 9uyo gK8T yansıo\A | 8.87 03-F 8-6 06-9 09.8 6-6 810-8 88.77 16-61 21.68 "xIr cı = z 3 = S & @® ©) —— Sa Sunyıowag en E: _ 2 > = 5 a S =. = 2 = S © | S S 5 B P 11O wngeq IN area Ss ES Sees ee ae re g82 S = 3 > = Fl el al ii ol 6 2 9 g F g ° I "sıaıng ayansıa A "I o1I8geL 42 Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 302 A. Durig, Es ergibt sich, daß Bürgi’s Steigkomponente zwischen 8 und 10 Kalorien liegt. Ihr Wert ist demnach höher als jene Zahlen, die Zuntz und seine Mitarbeiter im Jähre 1901 auf derselben Strecke gefunden hatten, er nähert sich aber den von Zuntz und Schumburg bestimmten Größen sowie jenen von Müller und Waldenburg. Die Versuche Bürgi’s scheinen dadurch, daß in ihnen die gesamte Kohlensäureproduktion während des Marsches bestimmt wurde, auf den ersten Blick dafür zu sprechen, dass die Werte für den Umsatz verläßlichere sein müssen als jene, die bei der Entnahme proportionaler Gasproben gewonnen wurden. Auch glaubt Bürgi, daß seine Versuche allen anderen darum überlegen seien, weil er die Schrittlänge ganz gleichmäßig groß wählte und auch die Schrittdauer regulierte. Beiden Annahmen kann man aber nicht zustimmen, wenn man genauer die Versuchsbedingungen berücksichtigt, unter denen Bürgi marschierte. Um auf den letztgenannten der beiden Punkte zuerst einzugehen, kann es als kein Vorteil bezeichnet werden, wenn die Schrittlänge und Schrittdauer beim Marsche bergauf zwangsweise möglichst gleich- artig gemacht wird, denn unzweifelhaft stört dies den sonst subcortical ausgelösten Mechanismus des Gehens und wechselt diesen in einen cortical beeinflußten um, wodurch das Automatische des Gehens verloren geht und Muskelinnervationen herbeigeführt werden, die sonst nicht zustande kommen würden. Hierdurch wird der Umsatz für die Steigarbeit ohne Zweifel in die Höhe gerückt werden, wie dies zum Beispiel auch meine Versuche auf dem Bilkengrat erwiesen haben. Wir sahen anläßlich der Besprechung der Versuche über den Aufwand beim Horizontalmarsch, daß mäßige Änderungen in der Geschwindigkeit, ja eventuell sogar in der ganzen Art zu gehen, wie bei Kolmer oder bei den Dauergängern Casparis, zu keinen namhaften Veränderungen in der Größe des Umsatzes für die Geharbeit führen, so daß wir annehmen können, daß Schrittlänge und Schrittdauer, so lange es sich nicht um Extreme handelt, und besonders insolange diese nicht künstlich beeinflußt werden, den Verbrauch nicht merklich beeinflussen. Anders wird es allerdings werden, wenn man jemanden zu übermäßig langen Schritten zwingt und für einen solchen Fall wäre Bürgi’s Einwand gerechttertigt. Sicherlich haben aber in Bürgi’s Versuchen noch eine Reihe weiterer Momente gewirkt, die zu einer wesentlichen Steigerung der Verbrennungsvorgänge führten. Bürgi atmete durch Mundstück und Ventile gegen zwei Ballons, die von seinem Begleiter durch rhythmisches Ausdrücken gegen zwei Wasser- absorptionsflaschen und in zwei Natronkalkvorlagen entleert wurden, dabei ging er zwar auf der gleich- mäßig ansteigenden Trasse der Rothornbahn, die seinem Beispiele folgend, später auch Zuntz und seine Mitarbeiter benützten,! wählte aber nicht den bequemeren Weg am Rande des Dammes, wie diese. Um seine Schrittlänge abgrenzen zu können, schritt er nämlich derart aus, daß der rechte Fuß sich stets außerhalb, der linke innerhalb der Schiene befand. Sein Gefährte, mit dem er durch die Schläuche zwangsweise verbunden war, mußte knapp hinter ihm im selben Schritte folgen. Unzweifelhaft war dieses ein recht abnormes Gehen, das zu einer Vermehrung des Verbrauches Anlaß gab, und zwar um so mehr als jeder zweite Schritt auf den groben Schotter? der Bahnstrecke gesetzt werden mußte, da die Schrittlänge nur einem halben Schwellenabstand entsprechen sollte. Im Bestreben, möglichst günstige Versuchsbedingungen einzuführen, hat Bürgi also wohl nur eine unzweckmäßige Beeinflussung der Resultate herbeigeführt, diese kam für ihn allerdings darum nicht so sehr in Betracht als er hauptsächlich Vergleichswerte erzielen wollte. Das Atmen durch seinen Apparat war übrigens auch mit sehr beträchtlichen Hindernissen verbunden. Ich möchte hierüber Bürgi’'s eigene Worte anführen, da wir später auf diesen Umstand bei der Frage nach der Wirkung des Trainings noch zurückkommen müssen. Bürgi schreibt: »Ursprünglich beabsichtigte ich, während 10 Minuten ununter- brochen zu gehen und am Ziele angelangt, eine halbe Minute nachzuatmen. Es zeigte sich sogleich, daß dies nicht möglich war.... Ich brachte es übrigens mit der Zeit so weit, daß ich auch ohne diese Pausen hätte auskommen können.« Bei den Versuchen auf der Gornergratbahn kam es aber sogar trotz der in die 1 Andere Versuche Bürgi’s sind auf der Gornergratbahn angestellt. 2 Siehe Abbildung l. c. p. 518. Ergebnisse der Monte Rosa Expedition. 303 10 Minuten eingeschalteten Pausen während des Gehens noch zu hochgradiger Dyspnoe, obwohl die Marsch- geschwindigkeit! keineswegs eine bedeutende war. Unter diesen Verhältnissen, bei denen also auch die Atemarbeit eine ganz wesentlich gesteigerte war, kann man also trotz der Pausen im Gehen und trotz der Einführung des Nachatmens annehmen, daß die Werte, die er für die Steigarbeit fand, erheblich zu große waren, man wird daher nicht fehlgehen, wenn man aus der berechneten Höhe der Steigkonstanten Bürgi’s auf wahre Werte für dessen Umsatz beim Steigen schließt, die zum mindesten gleich hoch, aber wahrscheinlich niederer als jene sind, die Zuntz und Schumburg an sich beobachteten. Damit wäre durch die älteren Versuche eine obere und untere Grenze für die Höhe: der Verbrennungsvorgänge fest- gelegt, die bei 5 und 8 bis 9 Kalorien liegt, also einen sehr weiten Spielraum freiläßt, innerhalb dessen der wahre Wert für den Umsatz beim Steigen zu suchen sein wird. Noch vor der Veröffentlichung der Ergebnisse der Expedition von Zuntz und seinen Mitarbeitern begann ich anschließend an die von Zuntz und mir auf dem Monte Rosa ausgeführten Versuche im Sommer 1905 die bereits wiederholt erwähnten, über zwei Monate ausgedehnten Serien von Versuchs- märschen auf dem Bilkengrat, um den Einfluß des Trainings und des Genusses von Alkohol auf die Steig- arbeit zu untersuchen, in der Voraussetzung, daß die zu erwartenden Resultate der erstgenannten Expedition sicher verläßliche Zahlen über die Höhe der Verbrennungsvorgänge beim Bergaufgehen liefern würden. Die 49 Versuchsmärsche, die ich auf dem Bilkengrat ausführte, förderten aber Werte für die Steig- komponente, die, wie sich dann herausstellte, mit den Beobachtungen bei der Expedition 1901, aus- genommen jenen von Müller und Waldenburg, nicht in Einklang zu bringen waren, indem sich der Verbrauch für das Meterkilogramm Steigarbeit als ein ungleich höherer erwies? als in den Versuchen der Berliner Autoren. Dies war umso auffallender, als demnach Durig, der als ein geborener Alpenländler von Jugend auf an das Gehen im Gebirge gewöhnt war, sich als viel unökonomischerer Gänger zeigte als die Berliner Herren. Es lag darin auch ein Gegensatz zu den Ergebnissen der Versuche, die Zuntz und Durig im Jahre 1903 gemeinsam auf dem Monte Rosa ausgeführt hatten. Diese hatten ganz unzweifel- haft ergeben, daß bei zahlreichen Beobachtungen, die mit guter Methodik ausgeführt ‚worden waren, Durig stets dieselbe Arbeit ungleich ökonomischer leistete als Zuntz, was sich in plausibler Weise durch die größere Übung des ersteren erklären ließ.? Gegenüber den Beobachtungen des Jahres 1901 sollte Durig aber mit wesentlich größerem Energieaufwand gehen als Zuntz. Es kann daher wohl keinem Zweifel unterliegen, daß dieser Widerspruch nur durch das Vorhandensein besonderer Versuchs- bedingungen erklärbar ist. Als eine der Ursachen könnte die Einwirkung des Höhenklimas in den Ver- suchen auf dem Bilkengrat in Betracht kommen, hierauf wird an späterer Stelle eingegangen werden und gezeigt werden, daß zum mindesten die Versuche aus dem Jahre 1901 hierfür keinen Anhaltspunkt liefern, aber daß auch unsere sonstigen Erfahrungen nicht dafür sprechen, daß das Gehen in so mäßigen Höhen unter dem Einflusse der Luftverdünnung bei so wesentlich erhöhtem Umsatze ausgeführt werde, daß hierdurch die Unterschiede erklärt werden könnten, um so mehr als diese auch den Rothornversuchen gegenüber bestehen. Als weitere Momente kämen Unterschiede in der Steigung, der Wegbeschaffenheit und endlich in der Höhe der in Rechnung gestellten Horizontalkomponente in Betracht, auch darüber soll erst später das Nähere erörtert werden. Es erscheint zweckmäßiger, vorerst auf unsere neuen Versuche einzugehen, bei denen alle diese besonderen Verhältnisse, die auf dem Bilkengrat, abweichend von jenen in der Ebene waren, den Umsatz nicht beeinflussen konnten. Wir führten diese Beobachtungen durch, um einerseits die für die Bilkengrat- versuche erforderlichen Kontrollbestimmungen zu erhalten und zweitens um einen Einblick in die Ursachen der offenkundigen Unstimmigkeit zwischen den Berliner Versuchen und den meinen gewinnen zu 1 Siehe oben X, p. 5 [297]. 2 Die Werte für Arbeit, Umsatz und Wirkungsgrad siehe Tab. XI, p. 37 [329). 3 Siehe Anm. p. 44 [336]. 304 A.Duvig, können. Sehr wertvoll war es, daß Kolmer wieder als Versuchsperson zur Verfügung stand, so daß es möglich war, jenen Teilnehmer an der Expedition des Jahres 1901, bei dem in Berlin und auf dem Rothorn die auffallendsten Ergebnisse erzielt worden waren, neuerlich und mit verbesserter Methodik zu unter- suchen. Die Versuche sind in den Anhangstabellen XIV, XV, XVTund XVII zusammengefaßt. Jene Werte, die wir auf gleichmäßig ansteigender Strecke, und zwar auf einem festen, ganz glatten Waldweg im Sommer bei Neuwaldegg (Wien) gewannen, seien in der folgenden Tabelle übersichtlich zusammen- gestellt. Die Versuche wurden so früh als möglich in den Morgenstunden ausgeführt, doch war es trotz- dem ziemlich dunstig und schwül. Die Versuchsstrecke bildete ein entsprechend langes (im Mittel 164%) gleichmäßig ansteigendes Stück des Weges auf den Heuberg... Auf ihr wurde durch Marken der Ort für den Beginn des Spülmarsches, des Vormarsches und des eigentlichen Versuchsmarsches gekennzeichnet und die Endpunkte jedes Versuchsmarsches ebenfalls durch Marken ersichtlich gemacht. Das Ausmessen und Nivellieren der in Betracht kommenden Strecken wurde stets zweimal durchgeführt. Tabelle III. Übersicht über den Umsatz für das Meterkilogramm Steigarbeit (Versuche in Neu- waldegg, 16'4°/, Steigung). Durig. IN eu in@re, Steiwarbeit Kalorien pro y Steiearbeit Kalorien pro , ni Meterkilogramm | Wirkungsgrad 2% Meterkilogramm | Wirkungsgrad pro Minute EE pro Minute ee Bi Steigarbeit Prozent Steigarbeit Prozent Meterkilogramm umgesetzt Meterkilogramm umgesetzt Il 9295 7:57 309 700: 2 7:61 30°8 9458 7:64 30°6 6867 7:80 32:0 918°4 7:48 31°3 7132:0 7:38 31°7 9437 7:50 31'2 7998 7:59 30°8 9343 7:99 s1°1 Mittel (8195) (6:86) (341) 7495 7:41 316 7320 7:49 31°9 (745 2) (7:88) (318) Mittel 7328 7:46 31:6 Kolmer. Keiemolk 678°0 7:89 29:7 10453 7:70 30:4 741°5 der 30:3 10372 Dez 30°4 658°83 7:36 81°8 11880 7:95 29:4 716:2 7:56 31°0 1241°8 S:17 28°7 71338 7:8) 29:7 8953 7:61 30°7 7101 7:86 298 8293 7:47 31°3 7062 7:61 30:4 Mittel 10394 2:77 30:1 Mittel Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 305 Die einzelnen Teile der voranstehenden Tabelle beweisen, daß der Aufwand für die Steigarbeit bei allen vier Versuchspersonen ein ganz überraschend gleichartiger gewesen ist, der Wirkungsgrad schwankt nur von einem Maximum von 31:6°/, bei Rainer, bis 30:1 beiReichel und 30°4 bei Kolmer. Der letztere nimmt also auch hinsichtlich des Umsatzes beim Gehen auf ansteigendem Terrain keinerlei Ausnahmsstellung ein und verhält sich ebenso wie die übrigen, es ist daher wohl als sicherstehend anzu- nehmen, daß der im Jahre 1901 an ihm bestimmte Wirkungsgrad nicht den Tatsachen entsprach, sondern nur unter dem Einflusse bestimmter Versuchsbedingungen berechnet wurde. Die Neigung des Weges war in allen Versuchen, da wir stets dieselbe Versuchsstrecke begingen, die nämliche, so daß ein Einfluß durch diesen Faktor in den einzelnen Beobachtungen nicht zur Geltung kommen konnte, dagegen sind die Wege, die von den vier Versuchspersonen pro Minute zurückgelegt wurden und dadurch auch die Größen für den Effekt bei uns recht verschieden. Man sieht, daß Reichel mit seinem größten Körpergewicht auch die größte Marschleistung aufweist. Nimmt man jenen seiner Werte für den Wirkungsgrad, der seiner geringsten Marschgeschwindigkeit entsprach und vergleicht diesen mit der bei Rainer gefundenen Größe, so sind beide von nahezu ganz identischer Höhe (31°3 und 31°6°%,) und auch der bei Durig mit 31:1 ermittelte Wert reiht sich den beiden als vollkommen gleichartig an. Bei Reichel findet sich übrigens ein Einfluß der Marschgeschwindigkeit auf die Höhe des Umsatzes angedeutet, und zwar im Sinne einer Zunahme mit Steigerung der Leistung pro Minute. Ein Wert bei Rainer fällt vollkommen aus der Reihe, weshalb er eingeklammert wurde und berechtigter Weise wohl eliminiert werden darf, es muß sich in diesem Versuch um einen Ablesungsfehler oder einen Fehler in den Grundnotizen handeln, doch ist dieser nicht auffindbar. Berücksichtigt man die Leistung der einzelnen Versuchspersonen und die Höhe des Wirkungs- grades bei gegebener Leistung, so ist Kolmer jedenfalls am niedrigsten von uns einzuschätzen. Kolmer gab auch während der Versuche an, daß es ihm nicht möglich wäre, ohne Unbehagen schneller zu gehen. Die Unterschiede in der Höhe des Umsatzes sind aber trotzdem recht gering, wenn wir jene Werte bei allen vier Versuchspersonen ins Auge fassen, die demselben Effekt entsprechen, es zeigt sich daher an uns auch bei der Steigarbeit, daß bei so kurz dauernden Märschen, die ja eine wesentliche Anstrengung nicht bedeuten, in der Höhe der Verbrennungsvorgänge, die unter sonst gleichen Bedingungen bei der Ausführung von Steigarbeit beobachtet werden, die Eignung der Versuchsperson als Gänger für touristische Leistungen nicht zum Ausdruck kommt. Es ist dies ein Resultat, das sich ganz demjenigen anschließt, das wir beim Horizontalmarsch erhielten. Man kann aber auch beim Steigungsmarsch als wahrscheinlich annehmen, daß der Gänger bei einem Forcieren der Steigarbeit unökonomischer tätig sein würde. Dies geht aus der Höhe des Wirkungsgrades bei den Versuchen mit größerer Marschgeschwindig- keit hervor, die an Reichel ausgeführt wurden. Wenn wir nunmehr, von Kolmer absehend, die Werte in Tabelle I mit unseren neuen Resultaten vergleichen, so ergibt sich, daß desungeachtet der Verbrauch für die Steigarbeit bei uns ein höherer war, als bei den meisten in der erwähnten Tabelle angeführten Versuchspersonen und ganz besonders gilt dies Zuntz gegenüber, soweit es sich hiebei um die Versuche aus dem Jahre 1901 handelt, während die an ihm gemeinsam mit Schumburg festgestellten Werte höher als unsere ausgefallen sind. Dieses Ergebnis, wie auch der Umstand, daß die Werte für den Umsatz bei Marschversuchen auf sehr schwach geneigter Bahn im Jahre 1901 in Berlin so außerordentlich nieder gefunden wurden, weist darauf hin, daß hier die Bestimmung der Wegkonstante von ausschlaggebendem Einfluß gewesen sei, hierauf deutet auch der Umstand hin, daß im Jahre 1901 gerade jene Personen, bei denen der größte Aufwand beim Marsch auf horizontaler Bahn bestimmt wurde, beim Gehen auf ansteigender Strecke überaus ökonomisch gingen, obwohl es sich um Flachländler handelte, die doch eher an das Gehen auf ebenem Wege gewöhnt sein sollten, als an jenes im Gebirge. 306 A. Durig, Es hatten sich folgende Zahlen ergeben: Horizontale Bahn Steigende Bahn (25°/, Steigung) Kalorien pro Meterkilogramm Kalorien pro Meterkilogramm GernestersVienbrauchn Muller ro u ISollmiera. 2 0 ren VVzanllatemibium ee ORI0Zt Zuntz Bo Caspar ne 7222002 Caspari , 88) Boca a E07 Loewy el ZUNGZ 05 Waldenburg 7028 Kolmier Et Müller 2) Die Reihenfolge ist also genau die verkehrte nur die Namen von Caspari und Loewy sind ver- tauscht. Dieser Unterschied zwischen den einzelnen Personen ist auch bei geringer Bahnneigung aus- gesprochen. Auch Zuntz und seinen Mitarbeitern ist diese Erscheinung nicht entgangen. Die Autoren äußern sich in der folgenden Weise über diesen auffallenden Gegensatz: »Das ist kein Zufall! Offenbar ändert sich die Gangart vom Horizontal- zum Bergaufgehen. Beim letzteren muß das vorschwingende Bein bei jedem Schritt umsomehr gehoben werden, je steiler der Weg ist. Menschen, die gewohnt sind, auf Berg- pfaden zu gehen, führen diese Hebung des Beines auch auf horizontalem Wege aus und verschwenden dadurch Energie. Dies war ersichtlich bei Kolmer der Fall, daher sein abnorm hoher Verbrauch beim Horizontalgehen, daher aber auch der geringe Mehrverbrauch beim Bergaufgehen. Es ist ja Klar, daß jeder, der beim Bergaufgehen seine Bewegungen vollkommen zweckmäßig ausführt, aber beim horizontalen Schritt unnütz viel Energie aufwendet, durch Abzug des letzteren Verbrauchs vom ersteren eine zn niedrige Zahl für das Meterkilogramm Steigarbeit liefern muß.« Diesen Ausführungen möchte ich nur hinsichtlich des Schlusses des letzten Satzes beipflichten. Es war wohl keiner der Teilnehmer an der Expedition des Jahres 1901 ein so an das Gehen im Gebirge gewohnte Person — sämtliche waren ja Flachländler — die entweder noch nie oder nur ganz vorübergehend im Gebirge gewesen waren — daß sich dadurch ihr Gang in einer typischen Weise hätte ausbilden können, außerdem bilden gerade jene beiden — Kolmer und Müller — die über einige Übung im Berggehen verfügten, die Extreme der beiden Reihen. Endlich ist zu bedenken, daß die geborenen Alpenländler wie Rainer und Durig, von denen Durig bis zu seinem 28. Jahr überhaupt nie aus den Alpen heraus- gekommen war, nichts von einer Steigerung des Umsatzes beim Horizontalmarsch zeigen, sondern für diesen Werte aufweisen, die ganz analog mit jenen sind, die von den beiden preußischen Freiwilligen stammen. Wir haben oben auseinandergesetzt, daß wir nunmehr mit einer großen Wahrscheinlichkeit einen Wert von 05 bis 0:6 Kalorien für die Wegkonstante als ziemlich allgemein gültig annehmen können und auf Grund der steten Abnahme des Verbrauches für den Horizontalmarsch bei den Tretbahnversuchen in Berlin die Art des Ganges auf der Tretbahn für das Zustandekommen der hohen Werte verantwortlich machen möchten, eine Annahmg, in der uns die nunmehr festgestellte richtige Höhe für den Gaswechsel Kolmer’s beim Horizontalmarsch bestärkte. Versuchen wir daher in die Zahlenergebnisse der Expedition 1901 dadurch einzugreifen, daß wir der Berechnung derselben das Mittel der von uns gefundenen, und in den in älteren Versuchen bei verschiedenen Personen in Berlin bestimmten Wegkonstante, 0:55 Kalorien zugrunde legen, so erhalten wir sofort ein wesentlich geändertes, und wohl viel befriedigen- deres Resultat, das den Umsatz bei den Marschversuchen von Zuntz und seinen Mitarbeitern nicht nur mit unsern neuen Ergebnissen in gute Übereinstimmung bringt, sondern auch die damaligen stark von einander abweichenden Ergebnisse der Versuche untereinander viel näher rückt. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 307 Tabelle IV. Kalorien Kalorien Kalorien Neatmie Gesamt- für für die pro Meter- kalorien Horizontal- Steigarbeit logie bewegung Steigarbeiti \WVialdenpurogerssan er 50953 10463 40490 8:26 Kol mer 7820:0 19379 98821 6'592 Kolmer en 64348 15764 4858 4 6:58 Caspar a ee 7875'2 za112572 61630 AAO Müllereen on are. 6497 2 13273 51699 7:98 Boswyie ee an 6331°5 13995 49320 7:67 INA En one 6211°5 12847 49268 8:22 ZZ a Rh 6466 8 13114 51554 8:40 Dis Seen E= — —_ 7:59 Kolmermrr en ee. — — — 7:61 Ramerse ee an: — — — 7:46 Reichel: —_ — — U d« 1 Gasuhrkorrektur abgezogen, aber nur für die Steigarbeit in Rechnung gestellt. Wie aus den angeführten Zahlen hervorgeht, denen unten zur Übersicht noch die Mittelwerte aus unseren Versuchen angefügt sind, ist nur noch der an Kolmer damals bestimmte Verbrauch beim Steigen ein abweichender von unseren neuen Resultaten, da wir aber durch die gut übereinstimmen- den Werte, die wir von ihm bei den letzten Versuchen erhielten, die sich auch den an uns gewonnenen innig anschließen, dessen Steigkonstante nunmehr sicher kennen, mag es belanglos erscheinen, daß damals an ihm abweichende Zahlen bestimmt wurden, Wenn wir auch für die Berechtigung, eine derartige Berechnung des älteren Resultates vornehmen zu dürfen, nur eine ziemliche Wahrscheinlichkeit, nicht aber bewiesene Tatsachen ins Feld führen können, so ist das Ergebnis doch ein recht befriedigendes,! daß die Werte für den Umsatz, die im Originale, wie erwähnt um 85°/, (von 5°4 bis 8:0 Kalorien in den Mittel- werten, in den Extremen natürlich noch viel weiter) schwanken, nunmehr einander bis auf 11°/, nahe- gerückt sind (hiebei ist der neuere Wert für Kolmer’s Umsatz anstatt der beiden älteren berücksichtigt). Aber auch die Versuche, die bei geringerer Bahnneigung ausgeführt wurden, liefern, obwohl es sich um Tretbahnversuche handelt, unter Einrechnung der entsprechend geänderten Horizontalkomponente Werte, die sich allen übrigen viel inniger anschließen. Hievon machen nur die Versuche an Zuntz und Loewy eine Ausnahme. Nach diesen Ergebnissen werden auch die Größen für den Wirkungsgrad entsprechend andere sein, und wir können annehmen, daß Werte von 45°, Wirkungsgrad, aber auch solche, die wesentlich über 320%/, gelegen sind, beim Bergaufmarschieren auf freier Bahn kaum zu beobachten sein dürften. Die Annahme, daß die Wegkonstante auch für die Herren, die an der Expedition des Jahres 1901 teilnahmen, ungefähr dieselbe sein dürfte wie für uns, Leo Zuntz, die beiden Berliner Freiwilligen und andere, ist natürlich eine etwas willkürliche und sie trägt individuellen Eigenheiten keine Rechnung. Es ist daher die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß die auf Grund der Berechnung in Tabelle IV gefundenen Werte für die Steigkonstante, die für Waldenburg, Loewy und Zuntz nicht 1 Nach einer freundlichen, persönlichen Mitteilung stimmt Zuntz dieser, der in obiger Tabelle ausgeführten, geänderten Berech- nung der Resultate der Marschversuche aus dem Jahre 1901 vollkommen bei. 308 A. Durig, unbedeutend höher ausgefallen sind, niedriger ausfallen sollten. Sie würden sich den übrigen Werten mehr nähern, wenn wir eine etwas höhere Wegkonstante für diese eingesetzt hätten. Die Versuche, die in Berlin auf der Tretbahn ausgeführt wurden und die in Tabelle I angeführt sind, liefern natürlich ebenfalls übereinstimmende Werte, wenn wir ihnen so niedere Wegkonstanten zugrunde legen. Abweichend bleiben aber die Versuche von Frentzel und Reach. Bei diesen ergab sich, obwohl ihr Verbrauch für das Meter und Kilogramm Horizontalbewegung ganz dem unseren entspricht, ein relativ niederer Verbrauch für die Steigarbeit, entsprechend einem Wirkungsgrad von 35 und 36°/. Die Versuche sind zahlreich und stimmen untereinander gut überein. Auch an der Höhe des Mittelwertes für die Wegkonstante ist bei ihnen nicht zu rütteln, so wenig auch ihre Einzelwerte, wie bemerkt, etwas über den Einfluß der Geschwindigkeit aussagen. Diese auffallende Tatsache, daß die beiden Autoren einen so großen Wirkungsgrad in einwand- freier Weise feststellten, gab den Anlaß dazu, wenigstens an mir selbst einige Tretbahnversuche aus- zuführen, die lehren sollten, ob der Umsatz beim Gehen auf der Tretbahn bei mir derselbe sei, wie jener, den wir beim Gehen auf freier Bahn ermittelt hatten. Die Versuche wurden im Laboratorium in Wien ausgeführt, und zwar bei zweierlei Neigung. Während jedes der beiden Teile des Versuches, also bei jeder der beiden Neigungen der Bahn wurde ununterbrochen gegangen und nur während der Umstellung der Tretbahn auf das geänderte Gefälle mußte eine Pause von wenigen Minuten eingeschaltet werden. Ich legte an dem Morgen, an dem wir die Beobachtungen ausführten, auf der Tretbahn rund 10.000 m Weg bei 2000 m Steigung zurück, was dem Aufstieg auf einen ganz ansehnlichen Berg entspricht. Während der ganzen Zeit wurde fast stets durch die Gasuhr geatmet. Die Versuche sind insoferne nicht vollkommene Nüchternversuche, als 2!/; Stunden vor dem Beginne zwei Tassen Tee mit vier Stückchen Zucker genossen worden waren. Es ist nicht anzunehmen, daß infolgedessen ein geänderter Ruheumsatz hätte in Rechnung gestellt werden müssen. Die Resultate sind in Tabelle V zusammengestellt, die dem Versuch zugrunde liegenden Werte sind in der Anhangstabelle XIV eingetragen. Tabelle V. Übersicht über die Tretbahnversuche in Wien (Durig). Steigung Steigarbeit E10 Wileieie Weg pro Minute pro Minute pro Minute kilogramm Wirkungsgrad Meter Mieter Meterkilogramm umgesetzt Prozent Kalorien 21:60), Steigung 93'88 11:62 764'8 7:65 30°6 5650 1222 8019 6:92 33:8 58:99 12:74 8369 633 37:0 60:71 13:10 861°7 6:46 36:2 62:57 13:50 886 °5 6:30 371 14:70], Steigung 70:39 10:35 6799 6:88 34:0 70:49 10:37 681:°2 7:04 333 75-19 11:08 7249 6:69 350 Die Versuche sind nach Marschgeschwindigkeiten geordnet. Bei den ersten beiden Beobachtungen war das Tempo das langsamste und in ihnen war auch der Verbrauch der größte. Die Ursache hierfür liegt unzweifelhaft in dem Umstande, daß Durig sich erst an das Gehen auf der Tretbahn gewöhnen mußte, und diese selbst sich gleichmäßig einzulaufen hatte. Es entspricht das Verhalten der Versuchsperson Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 309 daher ganz jenem, das wir aus dem Verhalten hei dem Berliner Tretbahnversuche ableiteten. Überblickt man die übrigen Versuche, so sieht man, daß der Aufwand für die Steigarbeit auf der Tretbahn merk- würdig klein ausgefallen ist und dadurch ein wesentlich höherer Wirkungsgrad erschien als bei den Versuchen auf freier Bahn. Wie die Anhangstabelle ergibt, in der die Gesamtresultate zusammengefaßt sind, war der Verlauf der Versuche ein außerordentlich gleichmäßiger, sowohl das Atemvolum wie die Zusammensetzung der Exspirationsluft ist in den zusammengehörigen Versuchen ein ungemein ähnlicher; wenn also auch die Zahl der Beobachtungen, die auf der Tretbahn ausgeführt wurden, eine sehr geringe ist, so stützen sich diese doch derart, daß sie gestatten, die Höhe des Verbrauches bei der Steigarbeit dabei mit Sicherheit zu erkennen. Es wäre nur noch zu erwähnen, daß der Weg nicht nach den Trommelumgängen, sondern mit Hilfe des Vorbeipassierens einer Marke auf der Bahn registriert wurde, so daß eine unrichtige Angabe von Weg und Steigung durch ein allfälliges Gleiten der Bahn auf der Trommel ausgeschlossen ist. Die Neigung wurde direkt, nicht durch Ermittlung des Winkels bestimmt, wobei ein Fehler von mehr als 2°/oo ausgeschlossen war. Wir können demnach die Tatsache, daß die Steigkonstante für Durig auf der Tretbahn eine niedrigere war! als sicher erwiesen erachten. Auch in Bezug auf das subjektive Empfinden besteht unzweifelhaft ein Unterschied, ob man au der Tretbahn einen Weg von 2000 m Steigung zurücklegst oder ob man gleich hoch einen Berg empor- steigt. Während im letzteren Falle, wie ich aus Erfahrung weiß, bei einem gleich schnellen Tempo unfehlbar das Gefühl von Anstrengung sich eingestellt hätte (700 bis 800 m Steigung pro Stunde) -und auch nach Abschluß des Marsches die bekannte Empfindung von Steifigkeit in den Beinen zurück- geblieben wäre, fehlte dies nach dem Tretbahnversuche fast vollständig und erst am zweiten Tage nach dem Marschversuche machte sich ein schwaches »Ziehen« in den Gesäßmuskeln bemerkbar. Dieses Ergebnis — auch hier möchte ich nicht gleich einen allgemein gültigen Satz aussprechen und mich nur auf meinen unter gegebenen Verhältnissen ausgeführten Versuch beschränken — besagt, daß man Resultate, die über den Aufwand bei der Steigarbeit auf der Tretbahn gewonnen wurden, nicht ohneweiters mit jenen identifizieren darf, die selbst auf ganz glatten, gut gebahnten und gleichmäßig steigenden Wegen gewonnen werden. ES ist diese Tatsache wichtig, weil sie besagt, daß ein Vergleich zwischen Versuchen in der Ebene und im Hochgebirge nur dann als einwandfrei gelten kann, wenn es sich um Märsche auf freier Bahn handelt, und zwar insolange, als nicht der Nachweis erbracht ist, daß es gelingt, auf der Tretbahn Werte zu erhalten, die mit jenen, die beim Gehen im Terrain gewonnen werden, identisch sind. Es ist übrigens auch kaum anzunehmen, daß alle Leute sich beim Gehen auf der Tretbahn in gleicher Weise verhalten dürften. Es wurde am Eingange dieses Abschnittes die Frage aufgeworfen, ob festzustellen sei, wie hoch der Verbrauch für das Meterkilogramm Steigarbeit beim Menschen angesetzt werden müsse. Auf Grund der angeführten Tatsache wird die Antwort dahin lauten müssen, daß unter gewissen Bedingungen beim Gehen auf der Tretbahn ein Wirkungsgrad von 37°/, erreicht werden kann, was mit den Versuchen von Frentzel und Reach und jenen von Loewy? auf der Tretbahn übereinstimmt. Bezüglich des Auf- wandes beim Marsch im Freien auf ansteigendem Weg konnte für einige Personen ein Umsatz von 7 bis 8 Kalorien pro Meterkilogramm, also ein Wirkungsgrad von rund 30°/, nachgewiesen werden und wahrscheinlich gemacht werden, daß diese Größen auch für die Versuchspersonen zutreffen, die in älteren Versuchen zu den Experimenten herangezogen wurden. Die Ursache des Unterschiedes im Aufwand beim Gehen auf der Tretbahn und im Freien wird erst durch weitere Studien geklärt werden können, die vorerst darzutun haben werden, ob dieses Verhalten nur bei Durig und unter den gegebenen Ver- hältnissen beobachtet wurde. 1 Die Werte sind unter Zugrundelegung der beim Marsch auf freier Bahn ermittelten Wegkonstante berechnet, und zwar in der Absicht, daß der ganze Einfluß der Wirkung des Gehens auf der Tretbahn sich im Werte der Steisarbeit ausdreken sollte. 2 Es sind nur die Versuche mit starker Neigung der Tretbahn angeführt. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 43 310 A.Durig, Über den Einfluß der Wegbeschaffenheit auf die Höhe der Steigkonstante. Das Gehen auf Alpenwegen. Unter den Möglichkeiten, die das Zustandekommen der wesentlich niedereren Werte bei den älteren Versuchen hätte herbeiführen können, wurde auch auf den Einfluß der Wegbeschaffenheit hingewiesen. Es ist wohl ohneweiters Klar, daß ein solcher unter Umständen bestehen muß und daß das Gehen über einen durchweichten Sturzacker oder auf rutschigem Gerölle einen größeren Verbrauch für die Zurücklegung derselben Wegstrecke herbeiführt als auf gutem Asphaltpflaster. Ob die Wegbeschaffenheit auf der Tretbahn einen Vorteil gegenüber einem ebenen Weg im Terrain bedeutet, ist nicht ohneweiters zu erkennen, und auch in Bezug auf das Gehen auf steigender Bahn ist dies nicht zu entscheiden, da die Versuche an Zuntz und Schumburg auf der Treppe! dargetan haben, daß der Aufwand an Energie für das Meterkilogramm Steigarbeit auf der zweimal so steilen Treppe gleich oder kleiner war als auf dem Tretwerk, allerdings dürfte beim Zustandekommen dieses Resultates die Berech- nung der Horizontalkomponente nicht unwesentlich im Spiele gewesen sein. Da weitere Beobachtungen ähnlicher Art nicht vorliegen, sind unsere Kenntnisse hierüber ebenfalls noch unzulängliche. Bei den Versuchen auf der Rothornbahn, denen die oben angeführten Beobachtungen über die Steigarbeit aus Brienz zugehören, wurde eine Versuchsstrecke gewählt, deren Beschaffenheit gewiß nicht günstiger war als jene des Weges bei unseren Versuchen in Neuwaldegg. Auf dem Rothorn handelte es sich um ein Gehen auf den Steinplatten, durch die der Bahnkörper seitlich begrenzt ist, während wir auf glattem, festgestampftem Lehmboden gingen, der von einer Beschaffenheit war, wie siein der Regel gepflegten Waldwegen entspricht, die man in unmittelbarer Nähe einer Großstadt oder eines Kurortes überall findet. Es konnte in unseren Versuchen daher die Wegbeschaffenheit jedenfalls zu einer Steigerung des Umsatzes nicht Anlaß geben. Da die Versuche vom Rothorn, wie sie von den Autoren berechnet wurden, mit unseren neuen Beobachtungen nicht vergleichbar sind, und jene Werte, die wir in Tabelle IV zusammen- stellten, doch durch die Einführung unserer Wegkonstante künstlich gewonnen wurden, so können wir einen Einfluß der Wegbeschaffenheit aus beiden Reihen nicht ableiten. Von den übrigen Versuchen der Expedition im Jahre 1901 sind es nur zwei Beobachtungen, jene an Waldenburg und Müller auf Col d’Olen, die einen Vergleich über den Umsatz unter dem Einfluß geänderter Wegbeschaffenheit zulassen; die Werte? lauten in Kalorien: Brienz, Col d’Olen, Rothorn, 250), Steigung 450), Steigung 250), Steigung VVzallidienpiitn ea ee 3° 7° Mer ER ET NZ, 672 78 Während in Brienz und auf dem Rothorn auf der Rothornbahn marschiert wurde, diente auf Col d’Olen ein steiler, ungemein rauher Pfad als Marschstrecke; hierbei zeigte aber nur Waldenburg eine Zunahme des Umsatzes, während bei Müller eine Abnahme desselben beobachtet wurde. Es stehen sich somit zwei entgegengesetzt lautende Resultate gegenüber. Dies sind die letzen Versuche, welche über den Einfluß der Wegbeschaffenheit (soweit es sich nicht um Gehen auf Schnee handelt) vorliegen und die einzigen, in denen das Marschieren im Terrain auf verschieden beschaffenen Wegen verglichen werden kann.? Bezüglich meiner auf dem Bilkengrat ausgeführten Beobachtungen wäre zu erwähnen, daß auch sie für die Beurteilung des Einflusses der Wegbeschaffenheit nicht in Betracht kommen, da ebensogut die Höhenwirkung, wie die veränderte Beschaffenheit des Weges die Steigerung des Umsatzes herbei- geführt haben kann, sie sind also mit den Neuwaldegger Versuchen in diesem Sinne nicht vergleichbar. 1 Siehe Tab. I, p. 7 [299]. 2 Höhenklima, p. 260. 3 Hier wäre auf die älteren Versuche von Zuntz und Schumburg auf der Betempshütte und jene von Loewy und Mit- arbeitern auf Col d’Olen hinzuweisen, denen jedoch Tretbahnversuche zugrunde liegen, so daß sie für die Beurteilung des Einflusses der Wegbeschaffenheit nicht in Betracht kommen. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 301 So selbstverständlich es ist, daß auf schlechtem Weg mit größerem Aufwand an Energie gegangen wird, so wenig ist nach dem Angeführten diese Tatsache experimentell erwiesen, da bisher nicht ein einziger Versuch vorliegt, der ein einwandfreies Ergebnis in dieser Frage geliefert hätte. Es wäre gewiß nicht uninteressant, zu entscheiden, wie in zweckmäßiger Weise ein Alpenweg angelegt werden soll, da die Anlage der vielen Wegbauten, die bisher von unseren Alpenvereinssektionen ausgeführt wurden, meist nur auf rein usuellen Grundlagen oder persönlicher Erfahrung basiert. Darum baut auch die eine Sektion in sehr flachen Serpentinen ansteigende Wege, die mit Steinplatten belegt sind, während andere einen steileren Anstieg der Trasse vorziehen und dem Weg mehr seine natürliche Beschaffenheit belassen. Für die Zweckmäßigkeit der ersteren Type spricht der Zuntz’sche Treppenversuch, und zwar in dem Sinne, daß bei der Anlage von Stufen auch eine viel stärkere Neigung ökonomisch begangen wird. Für längerdauernde Aufstiege bei größerer Neigung scheint es auch einen Vorteil zu bieten, daß dem Fuß ohne zu starke Dorsalflexion eine bequeme Auflage für die ganze Sohle geboten wird; gegen einen derartigen Weg spricht aber der Umstand, daß er das »subcorticale Gehen« zu einem gezwungenen macht, da die Treppe jeweilig die Schrittlänge und die Steigung bei jedem Schritt vorschreibt. Es dürfte kaum zu bezweifeln sein, daß der geübte und ungeübte Gänger sich den beiden Wegtypen gegenüber in ganz anderer Weise verhält. Bezüglich der Neigung des Weges wäre übrigens zu berücksichtigen, daß, wie weiter unten ausgeführt werden soll, noch keinerlei Beweis dafür erbracht ist, daß bei stärkerer Steigung unökonomischer gegangen werde. Es ist unzweifelhaft, daß die Summe der reinen Steigarbeit bei einem Anstieg entsprechend dem Produkt von absoluter Höhendifferenz und Körpergewicht von vorn- herein für den betreffenden Fall feststeht; dagegen wird die Horizontalkomponente umso größer werden, je geringer die Neigung des Weges ist. Während ihr Wert bei einem 300/, ansteigenden Weg mit weniger als einem Fünftel der Größe des Umsatzes für die Steigarbeit anzusetzen ist, wird sie bei 10%, Neigung auf das Dreifache hievon ansteigen, so daß dann außer dem Aufwand für die Hebung des Gewichtes allein noch fast drei Viertel der Kalorien für die Zurücklegung des Weges umgesetzt werden müssen, ja bei einem 7°3°/, ansteigenden Weg wird der Aufwand für die Horizontalbewegung jenem für das Steigen gleichzusetzen sein. Dies ist wohl die Ursache, warum der Geübte einen steileren, rascher in die Höhe fördernden Weg dem sanft ansteigenden vorzieht, ein Verhalten, das ja schon im »Abschneiden« von Serpentinen, von Fahr- und Reitwegen zum Ausdruck kommt und auf den Unterschied im Verhalten von Pferden und Menschen hinweist. Es ist bei der Anlage von Wegen vom physiologischen Standpunkt aus nicht zu vergessen, daß diese nicht bloß dem Aufwärtsgehen, sondern auch dem Bergabgehen dienen müssen. Über den Verbrauch bei letzterem liegen von einem Gebirgsweg bisher ausschließlich Durig’s! Versuche vom Bilkengrat vor. Diese haben dargetan, daß der Energieaufwand hierbei keineswegs kleiner ist als jener für das Fbenaus- gehen und daß die Geschwindigkeit, mit der man bergab geht, gegenüber dem Wanderschritt in der Ebene sehr stark überschätzt wird. Welchen Einfluß die Wegbeschaffenheit auf die Größe des Ver- brauches dabei ausübt, läßt sich derzeit nicht erkennen, denn die Versuche über den Verbrauch beim Abwärtsgehen auf der Rothornbahn, die Zuntz und seine Mitarbeiter im Jahre 1901 ? ausführten, geben uns hierüber keinen sicheren Aufschluß, da wir sie mit jenen vom Bilkengrat wegen der bei ihnen in Rechnung gestellten Wegkonstanten nicht vergleichen können. Selbstredend ist übrigens die ganze Frage nach der Höhe des Verbrauches beim Abwärtsgehen noch keineswegs erledigt, sondern nur eben erst angeschnittenr, da wir gewiß kein Recht haben bei der Berechnung der Versuche schlechtweg die Weg- konstante, die beim Gehen auf horizontaler Bahn gefunden wurde, in Abzug zu bringen.? Demnach ist ! Pflüger's Arch. 113, p. 291, es ist zu bemerken, daß die Märsche bei zirka 18 %g Belastung ausgeführt sind und daß der Weg ein rauher war. 2 Siehe Höhenklima Anhangstabellen. 3 Von den wenigen Versuchen Katzenstein’s kann man wohl ganz abschen; übrigens sind sicher wesentliche Unterschiede zwischen dem Verhalten auf der Tretbahn und auf Alpenwegen zu erwarten. 43° 312 A.Durvig, auch dieses ganze Feld noch als nahezu unbearbeitet zu betrachten, und Stoff für eine ganze Reihe weiterer Untersuchungen vorhanden. Das Gehen auf Schnee. Es würde an und für sich wenig Zweck haben, die Größe des Verbrauches beim Gehen auf Schnee zu bestimmen, da die rohe, dabei geleistete Arbeit unmöglich gemessen werden kann. Es läßt sich auch leicht ermessen, daß die Größe der Widerstände je nach der Beschaffenheit des Schnees eine außerordentlich mannigfaltige ist, und daß es durch eine Beschreibung kaum annähernd möglich ist, ein Bild darüber zu geben wie die Verhältnisse eigentlich lagen. Über die Bezeichnung gut, schlecht und sehr schlecht kommt man bei der Angabe über Schneeverhältnisse eigentlich nicht wesent- lich hinaus. Die Unterschiede zwischen dem Aufwand für das Gehen auf festem Boden, der eben mit einem Anflug von Schnee bedeckt ist, und für das Vorwärtstappen in tiefem Neuschnee sind natürlich gewaltige; maximale würden sie sein, wenn wir den Gaswechsel bei einem Menschen bestimmen könnten, der auf einer Wintertour im Hochgebirge bei jedem Schritt durch einen oberflächlichen »Harsch« bis zu den Hüften in Pulverschnee einsinkt und sich mühevoll Schritt für Schritt vorwärts arbeiten muß. Die Größe der dabei in Betracht kommenden Verbrennungsvorgänge kann wohl nur der gebührend einschätzen, der sich in solcher Lage befunden hat. Wenn wir Versuche über die Höhe des Umsatzes beim Gehen auf Schnee ausführten, so hatten diese nur den Zweck, dadurch Kontrollwerte zu unseren Versuchen auf dem Monte Rosa-Gipfel zu erhalten, da dort Märsche auf ansteigendem Terrain ja nur auf Firn ausgeführt werden konnten. Es wäre unzweifelhaft wesentlich zweckmäßiger, wenn derartige Beobachtungen außerhalb unseres Kontinents in sehr großen aber schneefreien Höhen angestellt werden würden. Im Jahre 1904 führten bereits Zuntz! und ich in Berlin wie in Wien zur Ergänzung unserer Monte Rosa-Versuche Beobachtungen über den Aufwand beim Gehen auf Schnee aus, beide Reihen können aber nicht als einwandfrei betrachtet werden. In den Versuchen an Zuntz war es die ungemein geringe Neigung des Weges (pro Minute wurden nur zirka 2 m Steigung zurückgelegt), die besonders bei der unsicheren Größe der Horizontalkomponente zu unverläßlichen Ergebnissen führte, in meinen Wiener Versuchen war die Schneebeschaffenheit derart, daß sie mit jener auf dem Monte Rosa nicht in Vergleich gestellt werden konnte, da die Schneedecke so dünn war, daß man durch diese auf den gefrorenen erdigen Boden trat.? Es war daher umso nötiger, daß wir unter möglichst gleichartigen Schneeverhält- nissen anläßlich der Expedition des Jahres 1906 neuerlich Märsche auf Schnee in Wien anstellten. Wir führten die Versuche in Neuwaldegg auf derselben Strecke durch, die wir im Sommer zu unseren Märschen benützten. Nach unserem übereinstimmenden Urteil war die Beschaffenheit des Schnees und das Einsinken in diesen ein ganz ähnliches, wie während unserer Versuche auf dem Monte Rosa. In der folgenden Tabelle sind die Werte zusammengestellt. Die Versuche können als gut gelungen bezeichnet werden, mit Ausnahme jenes, der an Rainer durchgeführt wurde. Rainer traf trotz eines Unwohlseins in Neuwaldegg ein und beteiligte sich, obwohl wir ihm abrieten, an den Märschen. Der Tabelle sind zur besseren Übersicht die hauptsächlichsten Mittelwerte jener Versuche bei- gegeben, die im Sommer auf derselben Strecke ausgeführt wurden. Bei uns allen ist mit Ausnahme Kolmer’s die Marschgeschwindigkeit auf dem beschneiten Weg eine wesentlich geringere als im Sommer gewesen und dadurch der Effekt? gesunken, obwohl es kalt war, und das Gehen als ein recht angenehmes bezeichnet werden konnte. Die Empfindung der Anstrengung war unzweifelhaft größer als bei den Sommerversuchen und wir glaubten vor der Berechnung der Versuche nicht, daß wir weniger Arbeit in der Minute geleistet hatten. Die Ursache dafür, daß Kolmer mit größerer Geschwindigkeit ging, mag vielleicht darin gelegen sein, daß er im Sommer unter dem Einflusse des schwülen Wetters zu leiden gehabt hatte, da bei ihm damals an jedem Vormittage die letzten Versuchsreihen angestellt wurden und Arch. für (Anat. u.) Physiologie, Suppl., 1904. l. c., p. 452. w 157 = Unter Außerachtlassung der Arbeit für die Überwindung des Schneewiderstandes. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 313 Tabelle IV. Übersicht über die Märsche in Neuwaldegg auf beschneitem Wege. Durig, 16°4°), Steigung. Steigarbeit Kallenten RN, N pro Meterkilogramm Wirkungsgrad pro Minute ü ö ER Steigarbeit um- Prozent Meterkilogramm gesetzt 655 °4 10:05 23°3 638°8 9:87 236 6969 7A 23:8 (7174) (906) (25:7) (667 1) (969) (243) £ Mittel 650°3 9:89 23° 9343 2:59 311 Mittel auf demselben Weg im Sommer ge- funden. Kolmer, 16:4°/, Steigung. 8364 12:04 1973 8206 10:48 21°8 8019 10:46 21°Q) 675°7 11:44 204 Mittel Mittel auf demselben Weg im Sommer ge- funden. Mittel Mittel auf demselben Weg im Sommer ge- funden. Reichel, 16:4°/, Steigung. 8264 10°783 218 878°9 1051 22:3 8398 10:89 213 8779 10:92 214 120 © 91- 8558 10:76 21:8 Mittel 10394 7:77 30:1 Mittel auf demselben Weg im Sommer ge- funden. 314 AEDWTIS, die Zeit schon stark gegen Mittag vorgerückt war.! Bei uns allen ist der Umsatz für das Meterkilogramm Steigarbeit im Winter sehr gestiegen und dadurch der Wirkungsgrad wesentlich gesunken. Es ist dabei hinsichtlich der Berechnung zu bemerken, daß wir die Wegkonstante vom Gehen auf freier Bahn in Rech- nung stellten und nicht eine solche auf Schnee ermittelten und diese einsetzten. Dieses Verfahren ist be- gründet. Bei dem Einfluß den die wechselnde Beschaffenheit des Schnees auf den Verbrauch beim Horizontalmarsch ausgeübt hätte, würden wir sicher eine nur unsicher festzustellende, oder Schwankungen unterworfene Wegkonstante haben ermitteln können und dadurch eine unverläßliche Größe vom Gesamt- umsatz in Abzug gebracht haben. Es war daher zweckmäßiger die gewöhnliche Wegkonstante zu wählen und aus dem Arbeitsumsatz dann die Arbeit für das Heben des Körpers und jene für das Überwinden des Schneewiderstandes zusammen mit in den Wert für die Steigarbeit einzubeziehen. Die Zahlen für den Wirkungsgrad ergeben, daß dieser bei Diver ou Wa ea a San Kolmer 7%. SLRMERNLER en BAR 28: Reichel » ET N RE ac 1 83% abgesunken ist. Wir gingen also auf Schnee nicht nur langsamer, sondern auch mit größerem Energieaufwand für dieselbe Arbeit. Bemerkenswert ist der Versuch an Rainer. Rainer ging mit sichtlicher Überwindung des Unwohlseins, dabei ist der Umsatz bei der Steigarbeit ganz gewaltig angestiegen und der Wirkungs- grad auf die Hälfte abgesunken. Es zeigt sich hier also noch viel auffallender, das was Zuntz und Schumburg an ihrem fußmaroden Gänger beobachtet hatten, bei einem allgemeinen, körperlichen Übel- befinden, bei dem keine Störung am Gehapparat vorgelegen war. Derartige Steigerungen des Verbrauches mögen es wohl sein, einhergehend mit wesentlicher Verringerung der Leistungsfähigkeit (man vergleiche den niedrigen Nettoeffekt) die beim Auftreten von Unwohlsein anläßlich von Touren im Hochgebirge zu schweren Unfällen führen können und gar mancher Todesfall leistungsfähiger Alpinisten, die sich noch unter der Nachwirkung eines vorangegangenen Gelages, ermüdender Bahnfahrt oder von Verdauungs- störungen befanden, kann in diesem abnormalen Verhalten seine Erklärung finden. Wir werden wohl auch annehmen können, daß eine Herabsetzung des Wirkungsgrades und der Leistungsfähigkeit die wir bei der Gesamtarbeit Rainer’s beobachteten, sich in einem solchen Falle auch bei der Arbeit des Herzens geltend macht. Über den Einfluß der Geschwindigkeit auf den Umsatz beim Marsch auf steigender Bahn. Im voranstehenden Abschnitt wurde gezeigt, daß unsere Kenntnisse über den Einfluß der Weg- beschaffenheit nur durch die Schneeversuche hinreichend sicher fundiert sind, daß aber über das Verhalten beim Gehen auf festem Boden derzeit noch keine verläßlichen Experimente vorliegen. Nicht viel anders steht es mit der Frage nach dem Einfluß der Geschwindigkeit auf die Höhe des Umsatzes. Die Tatsache, daß bei schnellem Gehen der Aufwand für dieselbe Arbeit auch beim Bergansteigen zunehmen und dabei ein Sinken des Wirkungsgrades zustande kommen muß, ist wohl von vorneherein ebenso selbstverständlich wie jene, daß der Umsatz mit Zunahme der Widerstände ansteigt. Es ist auch unzweifelhaft, daß darum, weil bei der Zunahme der Marschgeschwindigkeit auf horizontaler Bahn eine Erhöhung der Verbrennungsvorgänge, für die Leistung derselben Arbeit nachzuweisen war, eine analoge Erscheinung beim Steigen nicht fehlen könne. Auch hierbei werden wir ein rein proportionales Anwachsen der Steigkonstante bei ansteigendem Effekt nicht erwarten dürfen, sondern voraussetzen können,, daß innerhalb nahestehender, mäßiger Geschwindigkeiten die Steigkonstante eine annähernd gleiche sein 1 Auch im Winterversuch kam er als Letzter an die Reihe und möglicherweise hat auch der Umstand, daß der Schnee bei den Versuchen schon »angetreten« war, in seiner Versuchsreihe begünstigend eingewirkt, Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 315 werde, daß dagegen beim Forcieren des Marsches, der Umsatz unverhältnismäßig stark ansteigen müsse. Die experimentell hierüber vorliegenden Daten sind recht spärliche, soweit sie die Steigarbeit beim Menschen betreffen, ja man kann fast sagen, daß von allen Versuchen, die als Beweis für die Zunahme angeführt wurden, eigentlich keiner das Gesetz, das zu erwarten ist, wiedergibt. Es steht demnach die Konstruktion der Kurve, die den Zuwachs des Umsatzes mit steigender Geschwindigkeit versinnbildlichen soll, derzeit noch vollständig aus, während sie, beim Horizontalmarsch, wenigstens für einige Personen entworfen werden konnte. Nachstehend seien einige Belege für dieses Urteil gegeben. In den Versuchen von Zuntz und Schumburg war die Marschgeschwindigkeit sehr gleichmäßig, so daß ein Einfluß auf den Umsatz nicht abzuleiten war. Bei A. Loewy, J. Loewy und L. Zuntz finden wir eine Abnahme des Umsatzes bei steigender Geschwindigkeit. Die Werte für A. Loewy lauten: Weg pro Minute Steigarbeit Kubikzentimeter O5 in Metern in Meterkilogramm pro Meterkilogramm 21 300 127728 38 644 27 Ähnliches findet sich bei J. Loewy und L. Zuntz. Für letzteren ergab sich Weg pro Minute Steigarbeit Kubikzentimeter O, in Metern in Meterkilogramm pro Meterkilogramm 37:6 695 17 44°7 826 1:260 und bei stärkerer Neigung der Bahn Weg pro Minute Steigarbeit Kubikzentimeter O, in Metern in Meterkilogramm pro Meterkilogramm 389 946 1:140 28 732 1446 Die Versuche Katzenstein’s habe ich in der Weise berechnet, daß ich aus den Werten für den Sauerstoffverbrauch und den respiratorischen Quotienten den kalorischen Umsatz bestimmte und von diesem den Aufwand für die Horizotalkomponente einheitlich auf Grund der Wegkonstante 0:55 abzog. Die Resultate sind in folgender Tabelle zusammengestellt und nach Geschwindigkeiten gerechnet. Katzen- stein fand für das Meterkilogramm Steigarbeit bei K. H. 6:88, bei K. 5:68, bei W. 6°07 und bei Z. 7:33 Kalorien.! Ich gebe diese Werte darum, um darzutun, daß die in nachstehender Tabelle eingesetzten Größen hiervon abweichen, da diesen eine andere Horizontalkomponente zugrunde liegt und auch der Ruheverbrauch nicht abgezogen wurde, sie sollen daher nicht als mutmaßliche Werte, sondern nur als Vergleichswerte hingestellt sein, die nur die Aufgabe haben, einen Vergleich über den Einfluß der Ge- schwindigkeit zu ermöglichen. Wie die Tabelle ergibt, fallen die an ein und derselben Versuchsperson gewonnenen Werte für den Umsatz wirr durcheinander, sie sprechen aber eher für eine Abnahme des Umsatzes bei steigender Minutenleistung als für eine Zunahme. Nicht viel anders steht es mit den Resultaten von Frentzel und Reach? bei Marschgeschwindig- keiten auf steigender Bahn, die um zirka 40°/, (von 25 bis 35 m) wechseln; wir finden bei ihnen trotz dieser Änderung im Marschtempo stets Werte für den Umsatz, die sich gleichmäßig nach auf- und abwärts um das Mittel gruppieren. 1 Siehe oben p. 5 [298]. 2 Pflüger’s Arch., Bd. 83, p. 477. 316 A. Durig, Tabelle VII.! a b c a Kalorien seen Gesamtkalorien ee = (Ealorienipro Meterkilogramm uhr für die Meterkilogramm) Horizontalbewegung 308 4991 3048 - 9:83 360 9031 3223 8:94 362 9979 3515 9:69 377 5446 39983 9:42 378 6585 4505 11 °®) 379 6918 4838 27 391 5472 3515 3:97 398 6106 3846 - 9:66 401 6562 4329 10:8 410 5924 3894 gE 63 415 6275 4043 9:74 420 5924 3820 OR) 428 6022 4126 9:64 460 6349 4446 9:65 466 6692 4264 9:15 504 6937 4309 8:99 Die zahlreichen, im Jahre 1901 von Zuntz und seinen Mitarbeitern ausgeführten Versuche, lassen ebenfalls keinen gesetzmäßigen Einfluß der Geschwindigkeit erkennen. Bei Waldenburg findet sich bei geringster Geschwindigkeit und bei 13°/, Steigung der höchste Verbrauch für das Meterkilogramm Steigarbeit und auch bei 25°), Steigung ergibt sich bei einer Zunahme des Effektes von rund 419 auf 501 Meterkilogramm eine Abnahme, anstatt der erwarteten Zunahme des Umsatzes; genau dasselbe trifft bei Kolmer zu, ja zufällig entspricht seiner weitaus höchsten Marschleistung (1077 Meterkilogramm) in Brienz (I. Periode) der geringste Verbrauch und auch der Leistung von 1085 7 Meterkilogramm auf dem Rot- horn bei niederem Verbrauch, steht gleich nachher in Brienz ein wesentlich höherer Umsatz bei nur 778 Meter- kilogramm Steigarbeit gegenüber. Daß die Übung, die Wegbeschaffenheit oder das Klima dabei keine Rolle gespielt hat, geht daraus hervor, daß man analoges bei Versuchen am selben Tage findet. Ganz gleich liegen die Verhältnisse bei den übrigen Herren, zufälliger Weise begegnen wir fast durchgehends höheren Werten für die geringere Minutenleistung als für die größere. Es kann natürlich kein Zweifel darüber bestehen, daß dieses Verhalten nicht wirklichen Tatsachen entspricht, sondern es ist anzunehmen, daß die Geschwindigkeitsänderungen, die in den erwähnten Versuchen in Betracht gekommen sind, nicht so große Ausschläge im Umsatz herbeigeführt haben, daß diese die Breite der Abweichungen der Ver- suche untereinander überstiegen hätten. Andere Beobachtungen, die für die Frage in Betracht kommen würden, liegen nicht vor, denn meine Versuche vom Bilkengrat, in denen es sich jedesmal um mehr- stündige Märsche handelte, zwischen denen an versuchsfreien Tagen übrigens noch weiter trainiert wurde, lassen wegen des Einflusses der steigenden Übung eine Diskussion über die Wirkung des Marschtempos nicht zu. In unseren neuen Versuchen von Neuwaldegg im Sommer ist ein Einfluß der 1 Siehe Katzenstein: Über die Einwirkung, der Muskeltätigkeit auf den Stoffverbrauch. Pflüger’s Arch., Bd. 49, p. 330 u. ff., speziell Tabelle Ila, p. 364. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 3 Geschwindigkeit im Sinne einer Umsatzsteigerung (besonders bei Reichel) zu erkennen, doch ist das Material viel zu gering, um das Verhalten als erwiesen ansehen zu können. Die Tretbahnversuche, die von mir ausgeführt wurden und in denen sich die Wirkung des »Eingehens« noch bemerkbar macht, sind ebenfalls hier nicht verwertbar. Die voranstehende Darstellung ergibt, daß derzeit noch die experimentellen Belege für den Nach- weis des Einflusses der Geschwindigkeit auf den Umsatz bei der Steigarbeit des Menschen vollkommen fehlen, weshalb die naheliegende Annahme einer erwiesenen Gesetzmäßigkeit auf Grund deren mit Steigerung der Leistung eine Erhöhung des Verbrauchs eintreten soll, nicht sichergestellt ist. Über den Einfluß der Steigung auf die Höhe des Umsatzes bei der Steigarbeit. Auch bei der Frage nach dem Einfluß der Steigung soll von der Anführung der Tierversuche und deren Ergebnissen abgesehen werden, da unsere Betrachtungen ausschließlich von dem Bestreben aus- gehen, das den Menschen betreffende Material zu sichten und nun, da eine ganze Fülle von Versuchen vorliegt, es dem Fernestehenderen zu ermöglichen, einen Einblick in das zu gewinnen, was auf dem Gebiete als festgestellt betrachtet werden kann und was noch weiterer experimenteller Prüfung bedarf. Das Urteil, das wir in der in dem vorliegenden Kapitel aufgeworfenen Frage zu fällen haben, wurde schon an früherer Stelle vorweg genommen und lautete dahin, daß auch der Einfluß der Neigung der Bahn auf die Höhe des Umsatzes noch keineswegs geklärt ist. Da die Werte, von denen wir bisher sprachen, auch unter dem Einfluß von Geschwindigkeitsänderungen, bei denen wir bestimmt eine Erhöhung des Umsatzes erwarten müßten, keine typischen Ausschläge zeigen, dürfen solche nur dann als beweisend für den Einfluß der Steigung der Bahn angesehen werden, wenn sie in den Versuchen ganz eindeutig und in überzeugender Höhe zum Ausdruck gelangen. Die bereits wiederholt erwähnten Treppenversuche von Zuntz und Schumburg ergaben eine Zunahme des Verbrauches pro Meterkilogramm Steigarbeit nicht. Es wurde bereits betont, daß hierin kein Gegenbeweis gelegen sei, da die Art der Berechnung hiebei sehr in Frage kommt. Es ist übrigens auch nur zulässig, Versuche, die unter gleichbleibenden Grundbedingungen gewonnen wurden, hinsichtlich des Einflusses des Steigung mit einander zu vergleichen, da die Mechanik des Steigens auf der Tretbahn, auf einer Treppe oder einem Weg im Freien nicht dieselbe ist. Von der Besprechung der Tretbahnversuche Katzenstein’s können wir an der Hand der in Tabelle VII angeführten Zahlen absehen, da diese so stark von einander abweichen (man vergleiche Kolonne d), daß die Wirkung der verschiedenen Steigung in seinen Beobachtungen jedenfalls geringere Anschläge herbei- geführt hat als jene sind, die ohne Änderung der Bahnneigung zustande gekommen sind. Beim Einblick in die übrigen Versuche hinsichtlich des Einflusses der Steigung ist vorerst festzu- stellen, welche Beobachtungen untereinander verglichen werden dürfen, denn man wird nicht schlechtweg die Mittel von Versuchen, die bei verschiedener Bahnneigung ausgeführt werden, zu einander in Parallele stellen dürfen, da der Wert für den Umsatz durch den Einfluß der Steigung und durch andere Momente zu ungleich beeinflußt werden kann. Wird in einem Versuch bei stärkerer Bahnneigung sehr langsam gegangen, so kann es hierbei ganz wohl zu einem geringeren Umsatz für das Meterkilogramm Arbeit kommen als wenn auf schwach geneigter Bahn der Schritt sehr forciert wird. Am zweckmäßigsten scheint es daher, man würde nur jene Versuche miteinander in Vergleich stellen, bei denen ungefähr dieselbe Gesamtarbeit in gleicher Zeit geleistet wurde, doch liegt auch darin noch eine gewisse Schwierigkeit. Es frägt sich nämlich, wie die verschieden große Arbeit für die Fortbewegung entlang der Strecke in Rechnung zu stellen ist, denn es wäre unzweckmäfßig, die Versuche nach der Höhe der Steigarbeit allein in Parallele zu stellen. Es ist sehr wohl möglich, bei großer Steigung eine Steigarbeit von 1000 Meter- kilogramm pro Minute zu leisten, es wird jedoch nur wenige Menschen geben, die bei einer Bahnneigung von 10°/, in der gleichen Zeit noch dieselbe Steigarbeit (natürlich ohne Einrechnung der Arbeit die der Horizontalbewegung entspricht) auszuführen vermöchten, da man hierbei rund 150 m Weges pro Minute bergauf zurückzulegen hätte. Wohl aber wird man, entsprechend 1000 Meterkilogramm, 2340 Kalorien Denkschr. d. mathem.-naturw. K]. Bd. LXXXVI. 44 318 A. Durig, leicht in Geharbeit umsetzen können, selbst wenn man auf horizontaler Strecke geht.! Es scheint daher am naheliegendsten, zwischen jenen Versuchen Vergleiche zu ziehen, in denen der Gesamtumsatz für die Arbeit gleich groß war, doch auch dies ist unzulässig, da wir hierdurch das zu suchende Resultat bereits von vornherein beeinflussen würden. Es nützt daher nichts anderes als auf die Wegkonstante zurückzu- greifen, doch hat man hierbei zu berücksichtigen, daß jeder Fehler in der Bestimmung der Wegkonstante sich als Einfluß der Neigung des Weges auf die Höhe des Umsatzes ausdrücken muß. Ist die Wegkonstante als eine zu große bestimmt worden, so zieht man bei den Versuchen, in denen die Horizontalkomponente einen großen Teil des Gesamtumsatzes bei der Arbeit ausmacht, einen unverhältnismäßig hohen Anteil für die Horizontalbewegung ab und der Wert für die Steigkonstante fällt dadurch klein aus, dieser wird dann um so mehr wachsen müssen, je mehr im Ausmaß der ganzen Arbeit die Horizontalkomponente gegen die Steigkomponente zurücktritt und dadurch ist dann schon die Gesetzmäßigkeit einer Umsatzsteigerung entworfen, ohne daß eine solche tatsächlich vorhanden gewesen sein muß. Diese Betrachtung besagt, daß wir bei der Unsicherheit, die noch über die Höhe der Weg- konstante bei einzelnen Personen, besonders aber bei jenen, die in den älteren Versuchen beobachtet wurden, herrscht, die ganze Frage nach dem Einfluß der Neigung eigentlich gar nicht in Diskussion gezogen werden kann, und zwar dies um so mehr, als in diesen Beobachtungen auch über die Höhe des Umsatzes für das Meterkilogramm Steigarbeit noch keinesivegs eindeutige Resultate erzielt wurden. Wenn man also mit Hilfe der in den einzelnen Reihen bestimmten Wegkonstante die Größe der Horizontalarbeit zusammen mit jener der Steigarbeit als Gesamtarbeit in Rechnung stellt, so wird man wohl der theoretischen Forderung, nur Vergleichbares miteinander in Parallele zu stellen, gerecht, wird sich dabei aber über die grundsätzlichen Bedenken nicht weghelfen können, denen gegenüber die Zuflucht zum Begriffe »Vergleichswert« ebenfalls nichts zur Rettung beitragen kann. Es mögen daher zur Orien- tierung, dort wo nicht der kalorische Umsatz bereits berechnet ist, nur die Sauerstoffwerte als Ausdruck für den Umsatz angeführt sein.? Tabelle VIll a. A. Loewy. - Sauerstoffverbrauch pro Meterkilogramm Arbeit Arbeit pro Minute Meterkilogramm | R | Steigung 13° 17! Steigung 17° 47' | Steigung 21° 27' Über 500 Meterkilogramm 1:728 — _ . e 1'640 Über 700 Meterkilogramm — 1:332 17883 1 \ 1:342 Über 800 Meterkilogramm 1'485 -- 1'353 Über 900 Meterkilogramm al 1:381 _ Bei A. Loewy fallen die Werte bei der niedrigsten Steigung zwischen 1:27 und 1:73 cm” Sauer- stoff pro Meterkilogramm, bei größter Neigung der Bahn begegnet man einer ganz analogen Größe wie bei 1 Siehe zum Beispiel Versuch Nr. 411 von Tab. XIII, Kapitel X, p. 49 [289] in dem 1525 m Weges pro Minute in der Horizontalen bei 76°1 kg Gewicht zurückgelegt wurden. Pro Minute wurden dabei für die Geharbeit 11.371 Kalorien umgesetzt. 2 Die Werte in Meterkilogramm stimmen nun natürlich nicht mehr mit jenen für Meterkilogsramm Steigarbeit in den Original- tabellen überein. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 319 geringster Steigung und geringster Leistung. Auch die Werte von 17° 47' Steigung lassen keineswegs einen Beweis für den Einfluß der Steilheit der Bahn erkennen, denn trotz geringerer Leistung (800 Meter- kilogramm) bei 13° 17' ist der Verbrauch bei mehr als 900 Meterkilogramm in der zweiten Steigungs- stufe kein höherer (der Unterschied fällt natürlich in die Fehlergrenzen), wenn einige Werte im entgegen- gesetzten Sinn gedeutet werden können, so liegt darin doch noch kein Nachweis für eine Gesetzmäßigkeit. Ich möchte hierbei nochmals betonen, daß obwohl hier wie in den anderen älteren Versuchen die sicher zu große Wegkonstante unverändert in Rechnung gestellt ist, trotz alledem also kein Einfluß der Neigung zu erkennen ist. 7 Tabelle VII 2. Ja Zoleiwvay: r ; Sauerstoffverbrauch pro Meterkilogramm Arbeit Arbeit pro Minute Meterkilogramm 1 | . | : Steigung 13° 17" | Steigung 17° 47' | Steigung 21° 27" | Über 600 Meterkilogramm — 1'450 — Über 700 Meterkilogramm 1'227 — 1'559 1'559 Über 800 Meterkilogramm — / 1'479 1'594 1'406 ke 17522 Über 900 Meterkilogramm 1'324 == 1'436 Gar nicht wesentlich anders liegen die Verhältnisse bei J. Loewy, wenn auch bei ihm eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Einfluß der Neigung spricht, wenn man aber näher zusieht, so hätte sich dieser nur beim Übergang von 13° 17' auf 17° 47' geltend gemacht, wäre aber bei dem fast gleich großen weiteren Zuwachs der Neigung auf 21° 27' nicht zum Ausdruck gekommen. Es ist wohl sehr unwahr- scheinlich, daß ein Zuwachs der Steilheit sich bei mehr zunehmender Neigung nicht mehr geltend machen soll. Tabelle VIII ce. IL, Zum ’ | Sauerstofiverbrauch pro Meterkilogramm Arbeit Arbeit pro Minute Meterkilogramm | Steigung 13° 17' | Steigung 17° 47' | Steigung 21° 27' Uber 900 Meterkilogramm 1'397 1'446 — 1640 Über 1100 Meterkilogramm 1'260 —_ 1'442 1'503 5 1°140 Über 1200 Meterkilogramm = —_ 1°260 44* 20 A. Duvig, Bei L. Zuntz findet sich der geringste Wert für den Umsatz bei einer Arbeit von mehr als 1200 Meterkilogramm und einer Neigung von 17°, 47’, es würde also hier der Übergang von der schwächeren zur stärkeren Neigung ein ökonomischeres Arbeiten herbeigeführt haben. Was bedeutet es aber, wenn wir demgegenüber bei 13° 17’ und 21° je einen ganz ähnlichen, um 14cm? Sauerstoff liegenden Wert für den Umsatz finden, der in den drei Beobachtungen nicht mehr abweicht, als sonst zusammengehörige Versuche untereinander. So ergibt sich wohl nur das eine, daß die Werte untereinander ziemlich starke Schwankungen zeigen. Aus dem Bild das sich bei der Betrachtung der drei Versuchs- gruppen von Tabelle VIII ergibt, kann man wohl dem Gefühle nach, da im allgemeinen höhere Werte in der Kolonne liegen, die der größten Steigung entspricht, annehmen, daß ein Einfluß der Neigung zum Aus- druck gekommen sei, erwiesen ist dieser, ganz abgesehen von der verschiebenden Wirkung der Weg- konstante jedoch keineswegs, um so mehr als die Zahl der Versuche eine viel zu geringe ist und sich stets von zwei oder drei Zahlen eine findet, die das Gegenteil besagt. Die Zusammenstellung der Ergebnisse der Steigversuche die anläßlich der Expedition im Jahre 1901 ausgeführt wurden, scheint auf den ersten Blick eindeutig für eine Steigerung des Umsatzes mit der Zunahme der Neigung der Bahn zu sprechen, sieht man aber näher zu, so verwischt sich die Gesetz- mäßigkeit abermals nahezu vollkommen. Einen wirklich zulässigen Vergleich gestatten nur die Versuche an Müller, der bei zweierlei verschiedenen Neigungen auf der Tretbahn und bei verschiedener Neigung auf dem Rothorn und auf Col d’Olen im Terrain marschierte, außerdem der Versuch von Waldenburg auf dem Rothorn und auf Col d’Olen. Alle anderen Versuche betreffen Beobachtungen, die bei niedriger Steigung auf der Tretbahn und bei größerer auf der Bahntrasse angestellt sind, es ist daher weder die pro Minute geleistete Steigarbeit noch die Wegbeschaffenheit eine derart gleichartige, als daß man die Resultate in eine Parallele stellen könnte. Bemerkenswert ist übrigens, daß Caspari auf der 25°/, geneigten Rothorn- bahn mit einem geringeren Umsatz pro Meterkilogramm ging als auf der 12:7°/, geneigten Tretbahn. Aber auch der Versuch an Müller ist nicht geeignet einen Beweis für die Steigerung der Oxydations- vorgänge bei stärker geneigter Bahn zu liefern, denn wenn man jenen seiner Versuche auswählt, bei dem die größte Arbeit auf schwach geneigter Bahn geleistet wurde, so erhält man einen Gesamteffekt von 8265 Meterkilogramm gegenüber 10844 in jenem Versuch, bei dem er auf stärker geneigter Bahn die geringste Leistung aufwies; es geben die beiden Reihen daher nicht annähernd vergleichbare Werte und wenn wir bei größerer Bahnneigung eine ausgesprochene Erhöhung des Verbrauches finden, so ist diese keineswegs eindeutig zu erklären. Bezüglich der Col d’Olen-Versuche wurde bereits oben erwähnt, daß Müller trotz einer wesentlich höheren Steigung der Wegstrecke (von 45°/,) einen geringeren Verbrauch als bei 25°/, geneigter Bahn aufwies. Es stehen sich also die Ergebnisse der einzigen vergleichbaren Versuche direkt diametral gegen- über. Waldenburg’s Versuch auf Col d’Olen spricht im Sinne einer Umsatzsteigerung, es ist aber, wie erwähnt, nicht zu entscheiden, wie viel von dieser auf die Wegbeschaffenheit und auf andere Umstände zurückzuführen ist und wie viel durch den Einfluß der Steigung bedingt ist. Das gegensätzliche Ergebnis zwischen den Versuchen an Müller und Waldenburg und die 25°, betragenden Abweichungen zwischen den Versuchen Waldenburg’s mindern deren Beweiskraft sehr herab. Anschließend an die wenigen bei 21°), Steigung an mir in Wien ausgeführten Versuche marschierte ich auch bei den Experimenten auf der Tretbahn bei geringerer Steigung.! Da die ganze Frage nicht eigentlich in den Bereich unserer Untersuchungen einbezogen war, so hatten wir auch gar nicht die Absicht, mehr Material für die Bearbeitung derselben zu fördern. Die Beobachtungen ergaben, daß bei mir der Umsatz für das Meterkilogramm Steigung auf dem weniger geneigten Tretwerk stets größer war als bei der stärker ansteigenden Bahn. Wir erhielten folgende Werte: 1 Siebe Tab. V, p. 16 |308] und Anhangstabelle XIV. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 921 Bei 216°), Steigung: Arbeit Meterkilogramm . . : . . (1012-6) (10617) 11724 11409 1102-2 Kalorien pro Meterkilogramm . . (7 65) (692) 6:30 6:46 6:33 Bei 14:70], Steigung: bei Mererkiloszammeen 2202.22 10035 10054 1070°5 Kalorien pro Meterkilogramm . ... 6:8 6°7 70 Bei den beiden eingeklammerten Versuchen dürfte es sich (wie erwähnt) um ein »Eingehen« auf der Bahn gehandelt haben, sieht man von diesen ab, so liegen sämtliche Werte für den Umsatz bei 14:7°/, Steigung höher, rechnet man aber die beiden ersten Beobachtungen auch als vollwertig, so wird man doch keinen Einfluß der Steigung im Sinne einer Erhöhung des Umsatzes nachweisen können. Es ist selbstverständlich, daß diese wenigen Versuche zu keinerlei abschließendem Urteile berechtigen. Faßt man daher die Ergebnisse, die den Stand unserer bis heute experimentell am Menschen erwiesenen Tatsachen über den Einfluß der Steigung auf die Größe des Umsatzes für die Leistung bestimmter Arbeit kennzeichnen sollen, zusammen, so muß das Resümee dahin lauten, daß derzeit noch keinerlei sichere Beweise für einen Einfluß der Bahnneigung erbracht sind, weshalb es erst weiterer, unter gleichartigen Bedingungen durchgeführter Versuche bedarf, um das Verhalten des Menschen in dieser Frage experimentell klarzustellen, eine vorerst zu erfüllende Voraussetzung für die Inangrifinahme dieser Versuche bildet aber die Feststellung einwandfrei sichergestellter Wegkonstanten. Über den Einfluß des Trainings auf den Umsatz bei der Steigarbeit. Für die Beurteilung der Größen, die man für den Umsatz bei Marschversuchen findet, kommt außer den besprochenen Einflüssen noch als wesentliches Moment der Umstand in Betracht, ob die Versuchs- person zur Zeit des Versuches ermüdet war, und ob sie sich im Zustande des Trainings befunden hatte oder nicht. Über den Einfluß der Ermüdung bei Märschen haben die grundlegenden Versuche von Zuntz und Schumburg! ein eindeutiges Resultat geliefert, das mit jenem, welches Loewy? bei der Ausführung andersartiger Arbeit fand, ebenso wie mit den Ergebnissen von L. Zuntz? und Reacht vollkommen übereinstimmt. Es darf ferner nicht unerwähnt bleiben, daß auch am Tier analog wie beim Menschen eine Steigerung des Verbrauches für dieselbe Arbeit, also ein Absinken des Wirkungsgrades bei eintretender Ermüdung beobachtet wurde. Eine Ermüdung kam in unseren Marschversuchen nie in Frage, dagegen muß sich der Einfluß des Trainings bei den Marschversuchen auf dem Monte Rosa-Gipfel sehr stark bemerkbar gemacht haben, da wir vor deren Durchführung die ziemlich anstrengenden Trainiermäsche auf die verschiedenen Gipfel des Monte Rosa-Stockes ausgeführt hatten. Auch hier möge ein kritischer Überblick über die vorliegenden Tatsachen Bewiesenes von Unbe- wiesenem scheiden, um ein Weiterarbeiten auf dem Gebiete zu vereinfachen. Zuerst hat Gruber die Frage auf Anregung Kronecker’sin Angriff genommen.” Seine damaligen Versuche leiden natürlich noch stark darunter, daß die Methodik der Untersuchung des Gaswechsels erst am Anfange ihrer Entwicklung stand. Gruber arbeitete meist nach der Mittagsmahlzeit, er führte stets eine gleichartige Arbeit aus, indem er von Aarziele bis zur Warte des Münsterturmes emporstieg, wobei er 81:5 m Steigung zurückzulegen hatte. Die Atmung geschah in der Weise, daß er durch die Nase inspirierte und während der Exspiration die Nase mit den Fingern zuhielt, so daß die ausgeatmete Luft ohne Verlust in einen Kautschuksack entleert werden konnte, den er während der nächstfolgenden 1 Physiologie des Marsches, cit. a. a. ©. 2 Pflüger's Arch., Bd. 49, p. 405. 3 Der Gaswechsel des Radfahrers, eit. a. a. ©. * Landwirtschaftliche Jahrbücher 1908, p. 1053. 5 Zeitschrift für Biologie XXVIIL, p. 468. 322 A. Durig, Inspiration mit Hilfe des Armes komprimierte und so das Gas in die Absorptionsgefäße weiter trieb; ein Zurücktreten von Exspirationsgas in die Mundhöhle wurde durch Zuquetschen des Mundstückes mit den Zähnen verhindert. Natürlich waren die Widerstände recht große und die Atmung recht unbequem. Die Dauer des Versuches, während dessen die Kohlensäure aufgefangen wurde, erstreckt sich nicht nur auf die Zeit des Anstieges, sondern auch auf jene für die Zurücklegung einer ebenen Strecke und ein zehn Minuten dauerndes Sitzen auf einem Stuhl nach Beendigung des Marsches. Es ergab sich, daß in späteren Steig- versuchen weniger Kohlensäure produziert wurde als in früheren, woraus Gruber schloß, daß der Stoff- umsatz für dieselbe Leistung mit dem Einflusse der Übung abnimmt. | Das Resultat steht mit dem, was man auf Grund der Erfahrung sehr wohl weiß, in guter Überein- stimmung. Es ist ja bekannt, daß mit fortschreitender Übung im Gehen die Leistungsfähigkeit wächst und das Gefühl der Anstrengung immer geringer wird. Sind nun auch die Versuche Grubers in bezug auf die Entwicklung der Methodik und dadurch, daß sie als erste die betreffende Frage beim Menschen praktisch angeschnitten haben, von großer Bedeutung, so können die Zahlen, die er fand, doch in recht verschiedener Weise erklärt werden. Auch die Leistung, um die es sich in den Versuchen handelt, ist eine so geringe (80 m Steigung), daß man sich für diese eigentlich nicht erst zu trainieren brauchen sollte, da man ja, wenn man viermal im Tag in eine dritte Stockwohnung steigt, zusammen mit der übrigen im Alltagsleben unvermeidlichen, täglichen Steigarbeit nahezu ebensoviele Meterkilogramme Steig- arbeit leisten dürfte als bei den Versuchen Grubers in Betracht kamen. Man wird bei der Beurteilung der Ergebnisse von Beobachtungen über das Training wohl unter- scheiden müssen, worauf sich dieses erstreckt hat, und zwar ganz besonders dann, wenn es sich um kurzdauernde Versuche handelt. Man wird im Sinne des Sports, dem ja der Ausdruck Training entnommen ist, trennen müssen zwischen einem Geschicklichkeitstraining und einem solchen, das sich auf die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Muskulatur bezieht; ersteres könnte man zweckmäßig vielleicht als relatives, letzteres als absolutes Muskeltraining bezeichnen. Man denke nur an jemanden, der das Rad- fahren erlernt. Mit welchem Aufwand an Muskelarbeit wird er die Balance am Rad erhalten und wie sehr muß er sich anstrengen, um die toten Punkte zu überwinden und das Rad anzutreten! Es wird kaum jemandem beifallen, von einem Anfänger, der sich eben bemüht, auf dem Rade das Gleichgewicht zu erhalten, zu sagen, er trainiere sich. Demgegenüber steht der Radfahrer, der alle nötigen Bewegungen automatisch ausführt. Er wird zum Beginne des Frühjahrs beim Fahren auf einer ansteigenden oder langen Strecke ermüden, nachdem er sich trainiert hat, aber einen größeren Effekt hervorzubringen vermögen, ohne daß ihm dies Anstrengung! verursacht. Beim Atmen durch einen so ungewöhnlichen Apparat, der das rechtzeitige Auspressen eines Kaut- schuksackes zugleich mit allerlei Muskelarbeit und einer sehr rationellen Einteilung der Atemzüge fordert, wobei der Exspiration wesentliche Hindernisse entgegengestellt werden, wird sich die Übung in der Methodik sehr bemerkbar machen und ein Teil des Trainings darin gelegen sein, daß durch die Versuchs- anordnung zweckmäßiger geatmet wird. Dieser Umstand ist sicher auch in den Versuchen von Schnyder und Bürgi ganz wesentlich zum Ausdruck gekommen, so daß jene Werte, die sie als Zeichen für eine Wirkung des Muskeltrainings auf die Größe des Umsatzes für die Steigarbeit ansprachen, nur zu einem Teile in diesem Sinne gedeutet werden können. Cushny und Schnyder? setzten die Versuche Grubers mit ganz ähnlicher Methodik fort. Die Versuchspersonen gingen im Tretrade, das zum Aufwinden von Steinen diente. Die Resultate sind gewiß nicht günstiger hinsichtlich ihrer Beweiskraft als jene Grubers zu bezeichnen, da das »Eingehen« in das Tretrad an und für sich Übung forderte, was beim Gehen auf einem Wege natürlich nicht der Fall ist. Den Einzelversuchen stehen keine Kontrollbeobachtungen gegenüber, an denen die Verläßlichkeit der Resultate geprüft werden könnte, was gerade darum wichtig wäre, weil Schnyder gewöhnliche Taglöhner zu Versuchszwecken gewählt hatte. Dem Schlußsatze 1 Siehe auch L. Zuntz, Untersuchungen über den Gaswechsel und Energieumsatz des Radfahrers. Berlin, Hirschwald, 1899. 2 Zeitschrift für Biologie, Bd. 33, p. 289. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 323 Schnyder's: »Der durch die Kohlensäureausscheidung gemessene Stoffumsatz wird während der Arbeit vermehrt, aber dieser Zuwachs wird durch die Übung vermindert«, wird man ohneweiters zustimmen können, man muß hierbei nur bedenken, daß das Wort Übung mit dem, was wir oben als »absolutes Muskeltraining« bezeichneten, nicht identisch ist. Die ersten einwandfreien Versuche am Menschen, die die Wirkung des Muskeltrainings nachweisen und dartun, daß diese sich in einer Verminderung des Umsatzes für dieselbe Arbeit ausdrückt, haben Zuntz und Schumburg anläßlich ihrer Studien über die Physiologie des Marsches ausgeführt.! Beide Versuchspersonen waren durch zahlreiche Experimente an das Marschieren auf dem Tretwerk und an das Atmen durch die Apparate gewöhnt, zahlreiche Kontrollversuche belegen auch die Richtigkeit der Angaben. Die beiden Autoren fanden zum Beispiel die folgenden Werte: am Beginne des Trainings. . . . . 1893 cm? Os, pro Kilogramm und 1000 n in den folgenden Versuchen . . . . 175°9 cm? Oa >» » » 1000 m 171-8 cm? O; aAunsEinderdeselnammesear. 0227215022 cm O5 > » » 1000 m. Die meisten späteren Experimente sind dagegen wieder, trotzdem die Autoren in ihren Ergebnissen den nachweislichen Einfluß des Trainierens erblicken, wenig geeignet, einwandfreie Belege für diese Annahme zu liefern. Dasselbe gilt von den Versuchen Bürgi’s, die in ihren Mittelwerten scheinbar unwiderleglich für die Verminderung des Verbrauchs bei der Arbeit durch das Trainieren sprechen. Es ist jedoch nötig, näher auf die Einzelbeobachtungen einzugehen. Schon im früheren wurde wiederholt auf Bürgi’s Versuche hingewiesen und diese in Tabelle II auf Kalorien umgerechnet übersichtlich zusammengestellt. Auf p. 10 [302] wurde auch die von ihm verwendete Methodik besprochen. In seinen Versuchen müssen wir den Begriff des Trainings ganz besonders in die zwei Komponenten — Steigerung der Geschicklichkeit und Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Muskulatur — trennen, denn es erfordert unzweifelhaft eine gewisse Übung, auf einer mit grobem Schlegelschotter bedeckten Bahnstrecke, die Schiene zwischen beiden Beinen in einem Schritt zu gehen, der immer abwechselnd in die Mitte zwischen zwei Schwellen oder auf eine solche trifft. Wie sehr auch die Übung für das Atmen durch den Apparat in Betracht kam, lehren uns die eigenen Angaben Bürgi's?, nach denen er sich erst allmählich an die großen Widerstände der Versuchsanordnung gewöhnte (er ging mit Anstrengung 23 m pro Minute, während die sicherlich weniger leistungsfähigen Herren aus Berlin im Jahre 1901 rund 30 bis 40 m pro Minute auf derselben Strecke anstandslos zurücklegten).. Die Tatsache, daß es Bürgi später möglich wurde, ohne die Erscheinung von Atemnot oder Dyspnoe durch 10 Minuten zu marschieren, ist vielleicht dadurch zu erklären, daß er die Luft anfänglich durch die Thoraxmuskulatur und das Zwerchfell gegen die Wider- stände trieb, während er später dazu die Wangenmuskeln innervierte, ähnlich wie die Bläser von Musik- instrumenten. Die oben angeführten Zahlen aus den Versuchen Bürgi’s bedürfen hinsichtlich ihrer Ver- läßlichkeit noch darum einer Einschränkung, weil Bürgi das Körpergewicht samt Belastung stets mit 108 kg in Rechnung stellte, obwohl anzunehmen ist, daß dies während der sich über geraume Zeit erstreckenden Versuche nicht konstant geblieben ist. Schon aus den älteren, aber auch aus unseren neueren Stoffwechselversuchen im Hochgebirge wissen wir, daß selbst bei einer Kost, die dem Verbrauch sehr vollkommen Rechnung trägt, ganz wesentliche Schwankungen im Körpergewicht eintreten können. Diese müssen natürlich um so größer ausfallen, wenn nicht auf die Harnentleerung und die Menge der genossenen Kost Rücksicht genommen ist. Es ergibt sich daraus, daß man Änderungen in der Gesamt- Kohlensäureproduktion im Verlaufe der Versuche Bürgi’s? nicht schlechtweg als Ausdruck einer Ile, p. 279. 2 lyesp20, 22. 3 Dies sind ja seine grundlegenden Zahlen. 324 A. Duvig, Wirkung des Trainings auffassen darf, und zwar dies um so weniger, als wir jenen Einfluß, der sich durch die steigende Übung im Atmen durch den Apparat geltend machte, in Abstrich bringen müssten. Aber auch dann, wenn wir, ganz abgesehen von diesen Einwänden, die Ergebnisse, die Bürgi in seinen beiden Versuchsserien gewann, untereinander vergleichen, wird die Sicherheit der Schlüsse, die Bürgi aus diesen gezogen hat, noch weiter eingeschränkt. ‚In der obigen Tabelle wurden nur jene Versuche eingetragen, bei denen Bürgi die Versuchsstrecke einmal passierte. Nachstehende kleine Hilfstabelle enthält zur Übersicht die Versuche von Brienz und vom Rothorn bei 25°/, Steigung zusammen- gestellt. Tabelle IX. Kalorien nn Ort Höhe pro Meter- uns Training Bemerkung Ä srad kilogramm > 9:8 23:8 9-8 23°8 untrainiert Versuche vom Jahre 1898 9:8 23°8 Brienz 8:6 27°3 P 734 m S 250/, Steigung fE 79 29:6 Versuch vom Jahre 1898 975 24:8 trainiert \ Versuche vom Jahre 1899 9-5 24:6 j 11:5 20-4 12-3 19:0 untrainiert Versuche vom Jahre 1898 11°0 a2 Rothorn 5 i 501,8 5 2184 m 10:2 Zen 25°), Steigung z = 7:9 29-5 Versuch vom Jahre 1898 9 24°3 trainiert Versuche vom Jahre 1899 9 2112 Die Zahlen besagen, daß das Resultat hinsichtlich des Trainings kein eindeutiges war. Ein Einfluß des Trainings kommt nur zum Ausdruck, wenn man die Versuche vom selben Jahr, zwischen denen die Übungsmärsche lagen, vergleicht; bezieht man aber die auf derselben Strecke im folgenden Sommer unter gleichen Bedingungen, und sogar nach viel kräftigerem Trainieren gewonnenen Ergebnisse mit ein, so sieht man, daß der Wirkungsgrad im trainierten und untrainierten Zustande ein ganz analoger war, und zwar sowohl bei den Versuchen in Brienz, wie auch bei jenen auf dem Rothorn. Man muß daher entweder die betreffenden Werte als untereinander nicht vergleichbar ansehen, und dies würde wohl einen prinzipiellen Vorwurf gegen die Versuche Bürgi’s bedeuten, oder man kommt zum Schlusse, daß ein Einfluß des Trainings nicht nachzuweisen war. Ähnliches gilt übrigens von den Beobachtungen, die auf dem Gornergrat ausgeführt wurden, wie dies Tabelle II lehrt. Da in unmittelbar zusammen- gehörigen Versuchen aus der Höhe der Werte ein Einfluß fortschreitender Übung erkennbar ist, der nur dann verschwindet, wenn Beobachtungen, die weiter auseinander liegen, oder solche von einer anderen Versuchsstrecke verglichen werden, wird man als wahrscheinlich annehmen müssen, daß es sich in 1 Er führte auch einige Beobachtungen aus, bei denen er eine Strecke empor, dann wieder abwärts und hierauf neuerlich empor ging. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 325 Bürgi’s Versuchen nicht um einen Erfolg eines eigentlichen Muskeltrainings, sondern um eine den lokalen Verhältnissen angepaßte Übung gehandelt habe, eine Vermutung, die allerdings wegen des Ein- flusses einiger an anderen Orten vom Autor ausgeführter Trainiermärsche nicht unbedingt gesichert ist. Allerdings scheint es, daß bei einem dreitägigen Trainieren (wobei nur an einem Tage eine beträcht- liche Tour ausgeführt wurde) überhaupt noch nicht sehr viel günstiger Erfolg zu erwarten ist.! Wenn es mir auch vollkommen ferneliegt, etwa zu behaupten, daß man aus Bürgi’s Versuchen? nicht auch auf einen Einfluß des Trainings schließen kann, so möchte ich das Urteil über diese doch dahin zusammen- fassen, daß sie einen Beweis dafür nicht erbringen, daß in trainiertem Zustande die Leistungsfähigkeit einer Person erhöht und der Umsatz der Muskulatur bei der Arbeit vermindert ist. Es sind nun die Resultate, die anläßlich der Expedition des Jahres 1901 gewonnen wurden,? zu besprechen. Zuntz und seine Mitarbeiter behandeln diese Frage gemeinsam mit jener über den Einfluß der Höhenwirkung. Da sich die beiden Komponenten aber anscheinend nicht gleichartig verhalten dürften, sind diese im Vorliegenden getrennt besprochen. Während nämlich anzunehmen ist, daß die umsatzsteigernde Wirkung des Höhenklimas sich nicht ändert,‘ muß man voraussetzen, daß der Einfluß des Trainings sich in einer allmähligen Verbesserung der Arbeitsökonomie ausdrücken werde. Die Versuche von Zuntz und seinen Mitarbeitern sind untereinander sehr wohl vergleichbar, weil sie unter ganz analogen Bedingungen in bezug auf Wegbeschaffenheit und Steigung gewonnen sind, und man möchte daher erwarten, bei ihnen den Erfolg des Trainings ganz ausgesprochen erkennen zu können. Da es sich hierbei nicht um eine Umrechnung auf das Meterkilogramm handelt, also die Frage nach der Höhe der Wegskonstante in Wegfall kommt, liefern die Werte, welche die Größe des Umsatzes für die Fortbewegung entlang einem Meter Weg nach aufwärts auf der 25°/, geneigten Strecke ausdrücken, den besten und einwandfreiesten Anhaltspunkt für die Höhe der Verbrennungsvorgänge bei gleich großer Arbeit. Die Länge des Weges gibt für ein und dieselbe Versuchsperson ein relatives Maß für den Effekt. In den nachfolgenden Tabellen sind die Werte, die vor dem Trainieren gewonnen wurden, allen jenen gegenübergestellt, die nach den ersten größeren Märschen gewonnen wurden, weil die nach Abschluß des Trainings durchgeführten Versuche (meist nur zwei oder drei) allein zu spärlich sind, um aus ihnen Mittelwerte mit Beweiskraft zu bilden. Ein beginnender, aber noch nicht voll ausgebildeter Einfluß des Trainierens in den noch zugezählten Versuchen? könnte zwar den maximalen durch das Training erreichten Einfluß im Mittelwert etwas kleiner erscheinen lassen, aber nur dazu beitragen, diesen um so sicherer (durch mehr Werte gefestigt) hervorzuheben, keinesfalls dürfte er aber den Ausschlag ver- wischen. Von den sechs Versuchspersonen war nur Kolmer vom Anfang an im Steigen geübt, da er ja die Blutkörperchenzählungen auf dem Rothorn noch vor dem Eintreffen der Berliner Herren auszuführen hatte, und zu diesem Zwecke auf das Rothorn aufstieg sowie sich außerdem durch zahlreiche Hochtouren trainiert hatte. 1 Vergleiche später die lange Zeit, die für die Ausbildung des Trainings in Durig’s Versuchen erforderlich war. 2 Die wenigen bei 17'290), Steigung ausgeführten Beobachtungen sprechen am meisten für die Ansicht, siehe Tab. II. 3 Höhenklima, p. 253. 1 Dies ergaben die Versuche über den Erhaltungsumsatz und über den Umsatz bei der Steigarbeit auf dem Monte Rosa von Durig und Zuntz. Arch. für (Anat. u.) Physiologie, Suppl. 1904. 5 Hierin weicht diese Zusammenstellung von jener der Autoren ab. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 45 326 A. Durüg, Tabelle X. Umsatz in Kalorien pro Meter Weg und Kilogramm Gewicht (unkorrigierte Werte). Waldenburg. Vor den Übungsmärschen Nach Übungsmärschen Oft Weg pro Minute Kalorien Weg pro Minute Kalorien 23:98 2695 25:97 DUB 24:00 2:640 3015 2:824 Brienz 97:99 92-591 a 2 28:22 2.593 — — 25:85 2.620 28:06 2:277 Kolmer. 47:93 2:247 3612 219 38:25 2'388 35:80 2:598 32:94 2279 33:84 2:367 Brienz 51:48 2223 39:44 1'823 — — 33:36 2:359 42:64 2:284 39:71 2:269 3848 2:378 3102 2 29-25 2:189 4598 2041 Rothorn 39-15 2'435 39522 2.339 — — 51'836 2:228 35683 2:334 41:90 2:21 Caspari. 2:480 — = 2.595 35-36 re | (2898) 1 40:39 2'453 Brienz — — 3715 (2:840) 1 a — = 2-219 38.61 2:536 37:63 2.378 Müller 3343 2:649 42:62 Bo 22:54 2671 42:63 231 Brienz PS NS 2:764 28°47 2412 _- — 31737 2:495 23:04 2:695 33:77 2:383 25-97 2:747 283° 117 2:906 30:60 2:854 32.52 2:740 27:50 2:714 28°77 2:077 Sabo 31-11 2830 34:56 2-456 23:79 2:786 31:00 2:545 (2:701) 2 1 Der Versuch ist wegen schlechten Funktionierens der Ventile in den Originaltabellen eingeklammert und im Mittel nicht berücksichtigt. 2 Mittel unter Auslassung des Wertes 2077. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 327 Tabelle X (Schluß). Loewy. Vor den Übungsmärschen Nach Übungsmärschen Ort Weg pro Minute Kalorien Weg pro Minute Kalorien 3303 2'565 37:02 2'516 3346 2:601 29:84 2:747 30:20 2'993 30:80 2'681 Ä 3394 2:456 30:40 2'523 Brienz 37:10 2:403 33'836 2:943 — 3948 2'413 — — 34:48 2.7983 3399 2:516 33:12 2653 25'798 29093 3822 2768 Rothorn — — 28:11 2.282 Zuntz 24:18 2.311 27:40 2:063 31:32 21222 Boenz 30:14 2-519 27:24 2:297 = — Überblickt man die einzelnen Tabellen bei der angeführten Gruppierung der Werte, so ergibt sich an der Hand der Mittel das Folgende. Bei Waldenburg ist nach dem Trainieren der Effekt, aber auch der Verbrauch für das Meterkilogramm etwas gestiegen, ein Einfluß des Trainings bestand also bei ihm nicht. Bei Kolmer ist der Effekt in Brienz etwas gesunken, und ebenso der Aufwand; die Verhältnisse liegen also beiihm nach dem Training für die Deutung genau so wie bei Waldenburg, wenn man dessen Werte nach dem Training mit jenen vor dem Training vergleicht. Es fehlt also auch hier ein nach- weislicher Einfluß, was auch bei Kolmer nicht wundernehmen kann, da er sich ja vorher an das Gehen gewöhnt hatte. Das Mittel von der zweiten Brienzer Periode ist übrigens nur durch einen aus der Reihe fallenden Wert etwas gedrückt und spricht darum scheinbar für einen etwas geringeren Verbrauch. Auch auf dem Rothorn ergab sich bei Kolmer kein Einfluß der Übungsmärsche; der Umsatz ist nach wie vor der gleiche geblieben. Die dritte Versuchsperson ist Caspari. Bei ihm finden sich recht stark voneinander abweichende Werte, auch ihre Zahl ist recht gering, und wenn man die eingeklammerten hohen Zahlen ausläßt, drückt ein einzelner, sehr niederer Wert das Mittel bei den Versuchen in geübtem Zustand herab; die geringe Abweichung, die sich im Umsatz hieraus ergibt, ist jedoch nach dem Verhalten der Zahlen wahrschein- licher auf eine Zufälligkeit als auf den Ausdruck der Wirkung des Trainings zurückzuführen. Diesen bisher erwähnten Beobachtungen steht das Ergebnis, das bei Müller in Brienz gewonnen wurde, gegenüber, das für einen ausgesprochenen Einfluß des Trainierens spricht. Trotz erhöhter Marsch- geschwindigkeit ist der Umsatz für Meter und Kilogramm geringer geworden. Bei den Rothornversuchen ist dies nicht so ausgesprochen, wenigstens zwingen die Resultate nicht zu einer solchen Annahme. Der niedere Wert von 2.077 Kalorien, dem nicht einmal von Brienz ein annähernd ähnlicher gegenübersteht, ist so unwahrscheinlich, daß man ihn bei der Diskussion wohl ausschalten darf. Es erübrigt dann ein Ver- brauch, der jenem vor dem Training bis auf die Fehlerbreite naherückt. Bei Loewy findet sich eine Zunahme des Umsatzes bei gleichbleibender Marschgeschwindigkeit nach den Übungsmärschen in Brienz und dasselbe in einem Versuch auf dem Rothorn, während eine zweite Beobachtung das Gegenteil ergibt. 45° 328 A. Durig, Da es sich aber alles in allem nur um drei vergleichbare Versuche handelt, von denen jeder einen anderen Wert lieferte, wird wohl keiner derselben eine Beweiskraft besitzen. Auch bei Zuntz läßt sich keine Abhängigkeit des Umsatzes vom Training erkennen. Zusammengefaßt lautet das Ergebnis also dahin, daß bei einer Person in einer Versuchsreihe eine Verbesserung der Ökonomie beim Gehen nach den Übungsmärschen beobachtet wurde, während bei einer anderen eine Verschlechterung eintrat, in allen übrigen sieben Fällen wurde kein oder nur ein unsicherer Ausschlag nach oben oder nach unten erzielt. Es ist dies ein etwas anderes Resultat als jenes, zu dem die genannten Autoren kamen, da sich aus dem Gesagten ergibt, daß die Versuche einen gesetzmäßigen Einfluß des Trainings nicht erweisen konnten. Der Grund für den Unterschied in der Beurteilung liegt darin, daß ganz vereinzelte Werte ja sehr leicht einen entscheidenden Ausschlag nach einer oder der anderen Seite herbeiführen, der jedoch gleich verändert wird, wenn man nahegelegene Werte zur Beurteilung der Lage heranzieht. Die Berech- tigung dieses Verfahrens im gegebenen Falle wurde bereits oben nachgewiesen, doch möge noch erwähnt sein, daß das Einbeziehen von Versuchen, die bereits nach zweitägigem Trainieren gewonnen wurden, auch durch die Anschauung der Autoren selbst gerechtfertigt erscheint, die annehmen, daß Leo Zuntz durch den Marsch von der Gnifetti-Hütte zur Margherita-Hütte und zurück, also nach einem Weg von etwa 21/, Stunden hin und 1!/a Stunden zurück, bereits für das Gehen auf Eis und Schnee trainiert gewesen sei,! was in einer Verringerung seines Umsatzes bei den Marschversuchen auf der Gnifetti- Hütte zum Ausdruck kam. Für das Gehen auf festem Boden liegen die Verhältnisse für das Training natürlich günstiger, auch handelte es sich in den einbezogenen Versuchen um größere Marschleistungen. Es kann wohl kaum als Ausdruck subjektiven Empfindens gelten, wenn wir diesen etwas unsicheren Tatsachen gegenüber, aus denen allein die Versuche von Zuntz und Schumburg als beweisend hervor- ragen, die eigenen auf dem Bilkengrat ausgeführten Versuche über das Training als sicher fundierte bezeichnen und annehmen, daß diese den Beweis geliefert haben, daß beim Trainieren eines sonst geübten Gängers unter dem Einflusse zunehmender Übung und Leistungsfähigkeit der Muskulatur der Effekt und der Wirkungsgrad ansteigt. Die Ursache für die größere Verläßlichkeit dieser Ergebnisse liegt wohl darin, daß es möglich war, ausgehend von den reichen Erfahrungen, die Zuntz und seine Schüler früher gesammelt hatten und die ich mir selbst in seinem Laboratorium und in gemeinsamer, wochenlanger Arbeit mit ihm aneignen konnte, Verbesserungen in der Durchführung der Experimente und Analysen zu schaffen, die wesentlich zum Gelingen beitrugen. Außerdem galt die ganze Arbeit dieses auf der Sporneralpe verbrachten Sommers fast ausschließlich der Durchführung der Respirationsversuche an einer einzigen Versuchsperson, während im Jahre 1901 eine ganze Fülle von Fragen an sechs Teil- nehmern in Angriff genommen worden war. Es kann auch sicher als ein Vorteil bezeichnet werden, daß der Verfasser von Jugend auf an Sport und anstrengende Marschübungen im Gebirge gewöhnt ist, Da seine Muskulatur vor den Bilkengratversuchen, während drei Vierteljahren, fast vollkommen ungeübt geblieben war, mußte sie besonders geeignet sein, den Einfluß des Trainings zu studieren. Auch der Umstand, daß es die Leistungsfähigkeit des Verfassers als Gänger ermöglichte, die Versuche auf mehrere Stunden auszudehnen, während früher immer nur ganz kurz dauernde Märsche ausgeführt worden waren, trug sicher wesentlich dazu bei, daß die Resultate gleichmäßiger wurden. Die Beobachtungen auf dem Bilkengrat gelangten in der Weise zur Durchführung, daß in einer ganzen Reihe von Versuchen beim ersten Morgengrauen der Aufstieg auf den 2446 m hohen Bilkengrat angetreten und in einem Zuge, ohne Rast, durchgeführt wurde, wobei ich fast während der ganzen Dauer durch den Respirationsapparat atmete und beim Passieren einzelner Höhenlagen Gasproben der Exspirationsluft entnommen wurden, während ich eine bestimmte, abgesteckte Strecke passierte. Die Beobachtungen wurden in zwei Perioden durchgeführt, zwischen denen ziemlich anstrengende Hochtouren eingeschaltet waren, um ein möglichst ausgiebiges, nicht allein der Versuchsstrecke angepaßtes Training zu erzielen. Nachstehende Tabelle gibt die Versuche wieder, insoweit es sich hierbei um die Beobachtungen handelt, die nicht nach Alkoholzufuhr ausgeführt wurden. 1 Höhenklima, p. 259. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. Tabelle XI.! Einfluß der Übung auf Effekt und Wirkungsgrad bei Durig. (eb) Pro Minute 1 Meter horizontaler Es entspricht die Gesamt- horizontal- Pro Minute Gesamtarbeit Mittel des 1 Pflüger’s Arch., Bd. 113, p. 266. Kilogramm Bewegung i i Wirkungs- i Nr. Teer entspricht pro bewegung Steigarbeit pro Minute Effekt PS. as Wirkungs- k Kilogramm pro Minute Meter- Meter- grades in horizontal | an Saeaıbeit Nee kilogramm kilogramm a jed " Reil bewegt Meter- kilogramm 27 SR kilogramm Arbeit nzextole, a 4019 0:0903 3630 4600 8230 0:1820 32:9 b 2397 0:0715 171°3 620°5 7918 0:1758 261 DOES G 2614 00704 17959 634°6 8145 0:1810 237 253°6 d 2398 0:0705 1682 6516 819°8 0:1822 25°6 e 2673 0:0684 183°7 6642 8479 0:1884 25°0 a 2909 00741 215°5 8014 1016°9 02250 ZEN BR | b 2799 0:0724 1996 ae Sıll27/ 02026 264 al K c 2927 0:0720 210-9 801'6 1012-5 0:2250 26°3 17 % 3185 0:0710 2314 8749 1106°3 0:2458 2059 a 2881 0:0689 1984 7636 962-0 0:2135 29.9 ae | b 2926 00733 2145 753°6 9671 02151 25-1 an gr c 2791 0:0717 2002 7649 9851 02125 26:7 ? d 3307 0:0704 231:9 8974 10893 0:2421 26°2 a 32083 00755 241°9 820°4 1062°3 0:2360 29°2 ai | b 3077 0.0769 2366 800°5 1037 1 0:2305 276 57:26 c 3041 00768 23383 820°1 10534 0'2337 28-1 u d 3431 0:0761 260°9 891°7 1157°6 0:2534 27°8 II. Periode. a 3398 0:0799 2714 9261 11975 0:2662 2952 55 | b 3383 00806 272-5 920°4 11929 0:2654 294 59-2 Zac 3224 00801 2982 8868 1145°0 0:2550 2972 ae a| 3818 0:0793 302°8 ea u) 12240 0:2720 29-0 a 3488 0:0809 2820 9520 12340 0:2742 29-5 24 | b 3598 00840 2972 9569 12541 0:2787 304 99-8 c 3269 00807 2627 8993 1163°0 0:2585 295 3 a 3501 00802 281°5 9096 ll 0:2647 29-3 a 3469 0:0812 2816 9463 1227.29 0:2729 297. 57 | b 3426 00827 2832 9232 1206 °4 0:2681 30°1 99-5 c 3330 00806 2688 ende) 11867 0:2636 29°4 z d 3602 0°:0801 288°6 8683 1156°9 0:2565 28'6 a 3569 0:0810 28972 9736 12628 0:2806 29-6 23 b 3506 00816 283°6 935°9 1219-5 0'2710 298 099-7 c 3648 0:0811 2958 1005°7 1301°5 02892 296 d 3953 00803 3172 9527 1269-9 0:2822 29-1 330 A. Durig, Bezüglich der Anordnung der voranstehenden Tabelle ist zu bemerken, daß die Versuche, die einer Versuchsnummer zugehören, am selben Tage ausgeführt sind, wobei die einzelnen, unter a, b, c, d ange- führten Werte den Beobachtungen, die während des Aufstieges in den einzelnen Versuchsstrecken aus- geführt wurden, entsprechen. Die zweite, dritte und vierte Kolonne enthalten die Daten für die Umrechnung der Arbeit für die horizontale Fortbewegung auf Steigarbeit (Meterkilogramm), die in Spalte 6 der eigent- lichen Steigarbeit zugezählt ist. Ein Überblick über die Tabelle lehrt, daß der Wirkungsgrad im Verlaufe des Trainings stets ange- stiegen ist.! Anfangs war dessen Zunahme gering, später jedoch stärker. Es ist demnach die Höhe der Verbrennungsvorgänge für die Leistung von einem Meterkilogramm Arbeit geringer geworden und die Arbeit ökonomischer geleistet worden. Dies war jedoch nicht der alleinige Erfolg des Trainings, sondern es ist auch der Effekt mit der Übung, und zwar anfänglich sogar stärker als der Wirkungsgrad gestiegen. Es bestand daher die Wirkung des Trainierens anfänglich hauptsächlich darin, daß ohne Steigerung des Umsatzes (ja sogar mit einer geringen Verminderung) des Aufwandes für das Meterkilogramm Arbeit wesentlich mehr Steigarbeit pro Minute geleistet wurde, während dann, als einmal ein gewisses Marsch- tempo erreicht war, dieses ziemlich konstant blieb, dafür aber der Wirkungsgrad weiter anstieg.” Unzweifel- haft war es das Gefühl der Anstrengung, das diese Art des Erfolges herbeiführte. Wenn sich im Verlaufe des Trainings die Verbrennungsvorgänge vermindern und zugleich die Pulsfrequenz und die Herzarbeit absinkt, so ist es möglich, ohne ein Gefühl des Unbehagens rascher zu gehen. Diese Beschleunigung des Schrittes ging aber natürlich nicht ad infinitum fort, sondern nur insolange, bis das gewöhnlich ein- gehaltene Tempo erreicht war (der Wanderschritt Fischer’s), von da ab machte sich das ausgesprochene Absinken des Umsatzes geltend, das anhielt, bis anscheinend ein Maximum des Trainings erreicht war. Bis dahin war ungefähr ein Monat verflossen. Wie bereits in dem Original bemerkt, ist dieses an einer Versuchsperson erzielte Resultat nicht beweisend für das Verhalten der Allgemeinheit und es wird Sache weiterer Studien sein, festzustellen, wie sich verschiedene Personen im Training verhalten. Auch diesen Resultaten gegenüber möchte ich betonen, daß ich die Werte für den Umsatz pro Meterkilogramm Arbeit keinesfalls als absolute Werte, sondern nur als Näherungswerte ansprechen möchte. Über den Einfluß des Höhenklimas auf den Umsatz bei der Steigarbeit. Die Untersuchungen über den Aufwand beim Gehen auf horizontaler Bahn haben mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ergeben, daß der Verbrauch für die Zurücklegung einer ebenen Strecke im Höhen- klima ein größerer ist als in der Ebene. Viel zahlreicher als die Beobachtungen über den Horizontalmarsch sind jene über den Steigungsmarsch im Hochgebirge; ihr Ergebnis ist jedoch keineswegs ein klares und eindeutiges. Es ist nur in wenigen Fällen möglich, den Verbrauch beim Gehen auf gleichartiger Bahn und bei gleichartiger Geschwindigkeit in Parallele zu stellen, und vielfach sind es verschiedenerlei Kom- ponenten, die gleichzeitig zu einer Verschiebung der Werte beigetragen haben. Wieder war es Loewy,* der zuerst die Frage nach dem Einfluß der Luftverdünnung auf den Umsatz bei der Leistung von Arbeit im pneumatischen Kabinett in Angriff nahm; es gelang ihm jedoch nicht, einen solchen nachzuweisen. Da uns hier nur Marschversuche beschäftigen sollen, sei auf die betreffenden Beobachtungen nicht näher eingegangen. Aus dem Hochgebirge liegen Versuche von 1 Nur in einer Reihe betsteht eine Ausnahme, die durch das Ankämpfen gegen starken Föhn bedingt ist (siehe das Original). 2 Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, daß diese Ergebnisse bei A. Loewy in Oppenheimer’s Handbuch der Bio- chemie, IV. Bd., p. 262, nicht ganz richtig wiedergegeben sind, indem daselbst angeführt ist, es habe sich nur der Effekt, nicht der Wirkungsgrad geändert, während, wie ersichtlich und im Original angeführt, sowohl Effekt wie Wirkungsgrad angewachsen sind. 3 Siehe Abschnitt X, p. 42 [282]. 4 Pflüger’s Arch., Bd. 66, p. 484. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 331 Zuntz und Schumburg#, A. Loewy, J. Loewy, L. Zuntz,? Bürgi,’ Zuntz, Loewy, Müller und Caspari,* Durig und Zuntz,° Durig,® und endlich unsere neuen Beobachtungen vor. Sämtliche Autoren kommen zum Resultat, daß der Umsatz im Höhenklima bei Leistung von Steig- arbeit ein gesteigerter sei. Wenn man jedoch die Zahlen genauer prüft und die Versuchsbedingungen, unter denen diese gewonnen wurden, so kommt man zumSchlusse, daß einen einwandfreien Beweis in dieser Hinsicht eigentlich nur die Versuche auf der Margherita-Hütte erbracht haben und in sämtlichen anderen Beobachtungen das Resultat auch anders gedeutet werden kann als dies die Autoren taten; denn entweder handelte es sich um das Gehen von Personen, die dies nicht gewöhnt waren, auf rauhen Wegen, unter Anwendung einer noch unvollkommen, experimentellen oder analytischen Methodik, oder wir finden neben erhöhten Werten auch solche, die mit jenen, die in der Talstation erhalten wurden, übereinstimmen. Den Versuchen, die auf beschneitem Wege ausgeführt wurden, standen bisher keine entsprechenden Kontrollversuche aus der Ebene gegenüber, so daß auch die seinerzeit von Zuntz und mir auf dem Monte Rosa-Gletscher ausgeführten Beobachtungen kein klares Bild über die Größe der Umsatzsteigung liefern konnten. Die ältesten hiehergehörigen Werte stelle ich nachfolgend, in Kubikzentimetern O, pro Meterkilogramm Steigarbeit ausgedrückt, zusammen: Berlin Col d’Olen 2856 ın Betemps-Hütte 2990 ın Gnifetti-Hütte 3647 ın ZAUEZE oe: 2:34 Sectuandutsg ur 2210) A. Loewy is 1:68 1'864 J.Loewy . ‚102 1:72 1901 L. Zuntz „ie3 1:82 1761 Die Berliner Versuche sind Tretbahnversuche, auf Col d’Olen war es ein äußerst rauher mit tauendem Schnee bedeckter Weg, der als Versuchsstrecke diente. Bei der Gnifetti-Hütte marschierten Loewy und Mitarbeiter auf Schnee und bei der Betemps-Hütte wurden die Märsche auf einem rauhen Moränensteig ausgeführt. Wenn wir bedenken, daß wir bei den Steigversuchen in Berlin bis zu 30°/, Unter- schiede in zusammengehörigen Werten finden, so werden die Steigerungen des Umsatzes bei Versuchen, die unter so abnormen Verhältnissen und so ungünstigen Bedingungen für die Analyse ausgeführt wurden, nicht überraschen und jedenfalls nicht eindeutig auf eine Höhenwirkung zu beziehen sein. Ich möchte dabei auf unsere vergleichenden Versuche über den Einfluß, den das Gehen auf Schnee auf die Höhe des Umsatzes ausübt, hinweisen, auf Grund deren sich allein schon ein beträchtlicher Teil der Ausschläge erklären muß. Bemerkenswert scheint, daß L. Zuntz bei der Gnifetti-Hütte, obwohl er dort auf Schnee und auf ungebahntem Wege ging, einen geringeren Umsatz aufwies, als in dem 800 ın tiefer liegenden Col d’Olen. i Die Versuche Bürgi’s (Tabelle XIV und XXI) sprechen in der Anordnung des Autors ebenfalls für eine unzweifelhafte Steigerung des Umsatzes durch das Höhenklima, doch auch hiegegen lassen sich Bedenken erheben, denn wenn auch einige Werte auf einen Einfluß der Höhe hindeuten, so ist denen gegenüber zu bedenken, daß das Atmen gegen große Widerstände um so schwieriger werden muß, je geringer der Luftdruck ist,” und ferner hervorzuheben, daß in Bürgi's Versuchen sich auch Werte finden, 1 Pflüger’s Arch., Bd. 63. 2 Pflüger's Arch., Bd. 66. 3 Arch. für (Anat. u.) Physiologie 1900. 4 Höhenklima und Bergwanderungen etc. 5 Arch. für (Anat. u.) Physiologie 1904, Suppl. 6 Pflüger's Arch., Bd. 113. 7 Auf dem Monte Rosa ist zum Beispiel anhaltendes Pfeifen nicht mehr so gut und so laut möglich, wenn man sich nicht darauf einübt. Man vergleiche übrigens auch, daß infolge des Trainings (der Übung?) bei Bürgi die umsatzsteigende Wirkung des Höhenklimas verschwindet. 332 4A. Durig, Tabelle XII. Übersicht über den Einfluß der Meereshöhe auf den Umsatz bei der Steigarbeit nach den Versuchen vom Jahre 1901.' Vor den Übungs- Nach Übungs- märschen märschen Mittlere Mittlere Kalorien Aussehlag Abweichung Kalorien Ausschlag Abweichung Name Ort Meter | Pf Meter vom pro Meter. vom Meteı Prozent ; Meter Prozent f a Weg und Mittelwert Weg und Mittelwert eg pro 2 ; Weg pro n n k ae Kilo- Prozent Nase ilo- rozen gramm gramm Gewicht Gewicht Brienz 500 m 25°85 2620 28:06 2°777 2 Waldenburg Rothorn 2130 ın 3380 2:526 — 9:0 4'5 Brienz 500 m| 42:62 2:284 Son dıl -269 Kolmer — 2°2 208 —+ 0°'5 7:6 Rothorn 2130 n 35°'63 2234 41:91 2:281 ! Brienz 500 m| 38°61 252 3763 2:378 Caspari 2 Rothorn 2130 ın 3591 2.531 2 Brienz 500 m| 28:04 2:695 —+ 3'2 1:9 38:77 2.385 Müller Rothorn 2130 m| 28-79 2:786 31:02 2545 er 10:9 (2:701) r Brienz 500 m| 33'55 2:403 le 2.653 .oewy \ Rothorn 2130 m DHo 2:516 3316 2.529 2 Brienz 500,m| 27:24 2297 31:32 222 Zuntz Rothorn 2130 n 29:29 -484 2 1 Die Prozente der Ausschläge beziehen sich auf die Änderung die der Wert in der Höhenstation gegenüber der Talstation aufweist. 2 Nur zwei Versuche. 3 Nur ein Versuch. Meterkilogramm | Kalorien pro Meter- Mittlere = Ausschlag { Name Ort Steigarbeit kilogramm Abweichung vom pro Minute Steigarbeit Frozen: Mittelwert Brienz 500 n 475°5 7856 Waldenburg + 14°6 96 Col d’Olen 2856 m 359°3 8676 Brienz 500 an 778°0 6'824 Müller — 11°5 6:8 Col d’Olen 2856 n 774°7 6'231 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 339 die nicht für die Annahme der Höhenwirkung sprechen. So finden wir einen Wert vom Gornergrat vor dem Training, der ganz mit denjenigen von Brienz übereinstimmt (vgl. Tabelle XII, Spalte 11) und Werte vom Rothorn vor dem Training, die höher sind als jene vom Gornergrat! vor dem Training; nach dem Training sind die Unterschiede überhaupt vollständig verwischt und doch hätten wir schon auf Grund der Ruhewerte und der erhöhten Atemarbeit eigentlich eine Umsatzsteigung erwarten müssen. Die einwandfreiesten Vergleiche untereinander lassen natürlich wieder die Versuche der Expe- dition von Zuntz und seinen Mitarbeitern aus dem Jahre 1901 zu, da sie, wenigstens, soweit es sich um die Versuche auf dem Rothorn handelt, unter ganz gleichartigen Bedingungen ausgeführt sind. In den früheren Abschnitten wurde dargetan, daß sie keinen gesetzmäßigen Einfluß von seiten irgendeiner der anderen genannten Komponenten erkennen lassen, sie mögen daher nun noch hinsichtlich des Einflusses der Höhenwirkung geordnet zur Diskussion zusammengestellt werden. Auch die Versuche auf Col d’Olen wurden angereiht, obwohl die Wegverhältnissse und die Steigung andere waren. Die Mittelwerte sind in in vorstehender Tabelle zusammengestellt. Es sind der Einfachheit halber wieder die unreduzierten Werte für den Aufwand pro Meter Weges und Kilogramm Gewicht beim Aufstieg eingetragen, da die Berechnung der korrigierten Werte hierfür wohl ziemlich irrelevant ist, nachdem diese doch nicht als absolute aufgefaßt werden können. Als Aus- druck der Leistung ist wieder der Weg gewählt. Bei den Col d’Olen-Versuchen ist dagegen, da diese auf anderem Weg und anderer Steigung ausgeführt wurden, der Umsatz in Kalorien, die Leistung in Meter- kilogramm pro Minute ausgedrückt. Versuche, bei denen nur zwei verwertbare Beobachtungen vorliegen sind zur Berechnung der Unterschiede nicht herangezogen, da es sich ja nur darum handelt, festzustellen, was als einwandfrei erwiesen gelten kann. Bei zwei Versuchen, bei denen die Probeentnahme nur je zwei oder drei Minuten dauerte, ist die Möglichkeit, daß zufällig gleichartige Bedingungen herrschten, eine zu große, als daß man aus der Höhe von solchen sichere Schlüsse ziehen könnte. Betrachtet man die Tabelle, und zwar gesondert, die vor und nach dem Trainieren ausgeführten Beobachtungen, so ergibt sich, daß die Breite der mittleren Abweichung vom Mittelwert und die Größe der Ausschläge nahezu ganz gleich- artig sind. Außerdem steht einer Abnahme des Umsatzes bei der einen Versuchsperson eine Zunahme des Umsatzes bei der anderen gegenüber, und zwar ebenso in den Versuchen vor dem Trainieren, nach dem Trainieren und auf Col d’Olen. Die Resultate sind demnach nicht geeignet, etwas über den Einfluß des Höhenklimas auf die Größe des Verbrauches bei der Steigarbeit auszusagen. Dasselbe gilt zum Teile von meinen Versuchen auf dem Bilkengrat; ich stelle nachfolgend die Mittelwerte zusammen: Kalorien pro Meterkilogramm Wien-Neuwaldegg . . : 1199 Bilkengrat 1790 m . 7:91 trainiert 8:97 untrainiert » LI6OE nn ELEHZESDN 2 910 » » REN EN! » 9-13 » » DAAD ae reine > 9:38 » Hieraus ergibt sich ein widersprechendes Resultat: gegenüber Wien wäre auf dem Bilkengrat im Zustande des Trainings eine Steigerung des Umsatzes eingetreten, diese ist aber beim Vordringen in noch größere Höhe nicht entsprechend gewachsen.? Aber auch der Zuwachs von 755 auf 7:93 Kalorien bedeutet keine sicher ausgesprochene Höhenwirkung, denn es müßte erst nachgewiesen werden, daß es nicht die Wegbeschaffenheit war, die den Ausschlag herbeigeführt hat. Die im untrainierten Zustande gewonnenen Zahlen, mit denen wir zutreffendererweise den Wiener Wert vergleichen, zeigen dagegen 1 800 sn höher gelegene Strecke. 2 Der hohe Verbrauch in der am tiefsten gelegenen Versuchsstrecke ist unzweifelhaft auf das »Eingehen« zurückzuführen. (Siehe Pflüger's Arch. Bd. 113, p. 284.) Denkt man sich diesen Wert daher entsprechend niederer, so ist auch im trainierten Zustande ein allmähliges Ansteigen des Umsatzes für das Meterkilogramm Steigarbeit möglicherweise erkennbar, keinesfalls darf man ein solches bei der geringen Größe der Ausschläge als erwiesen erachten. Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 46 334 A. Durig, eine ganz ausgesprochene Steigerung des Umsatzes für das Meterkilogramm Steigarbeit an und auch die Zunahme mit dem Vordringen in größere Höhe ist im Sinne einer umsatzsteigernden Wirkung des Höhen- klimas bei der Arbeit unverkennbar ausgesprochen. Wir dürfen hierbei jedoch nicht übersehen, daß der große Unterschied im Aufwand zwischen dem Wiener und dem Bilkengratversuche zu einem beträchtlichen Teil durch die verschiedene Wegbeschaffenheit bedingt sein kann. Nichtsdestoweniger weisen die Zahlen aber auf eine Steigerung des Verbrauches für die Einheit des Effektes infolge der Wirkung des Höhen- klimas hin, die durch das Training nahezu verwischt wird. Wenn auch die nun wiedergegebenen, von verschiedenen Autoren ausgeführten Beobachtungen darauf hindeuten, daß im Höhenklima eine Steigerung des Verbrauches eintritt, daß also vermutlich nicht leichter, sondern schwerer gegangen wird, wenn man hierbei. den Umsatz mit dem Gefühl der Anstrengung zusammenbringt, so fehlt doch hierfür nach dem Gesagten in der Tat der zwingende Beweis. Obwohl die Versuche vom Jahre 1905 in ihrer Anlage tadellos waren und deutlich im Sinne einer Umsatzsteigerung sprechen, so haben doch die Beobachtungen, die auf dem Rothorn unter ganz eindeutigen Versuchsbedingungen ausgeführt wurden, keine sicheren Ausschläge in diesem Sinne gezeigt. Es muß deshalb die Frage nach dem Umsatz beim Gehen im Höhenklima auf festem Boden noch als unent- schieden gelten. Marschversuche auf dem Monte Rosa-Gletscher. Als geklärt können die Verhältnisse über das Gehen auf Firn auf dem Monte Rosa angesehen werden, und zwar im Sinne einer ausgesprochenen Umsatzsteigung. Die älteren Versuche auf dem Gletscher können als recht unvollkommen und ohne Kontrollbestimmungen in der Ebene wohl ganz über- ‚gangen werden. Auch unsere Versuche, die Zuntz gemeinsam mit mir im Jahre 1903 ausführte, haben erst entscheidend an Wert gewonnen, seit wir wenigstens für Durig brauchbare Kontrollbestimmungen auf Schnee in Wien durchgeführt haben, denn wie an früherer Stelle erwähnt wurde, waren unsere damaligen Versuche auf Schnee in Berlin und Wien mit jenen vom Monte Rosa nicht vergleichbar. Unsere neuen Versuche sind mit den Mittelwerten von jenen, die Zuntz und ich im Jahre 1903 fanden, in der nachfolgenden Tabelle enthalten. Hierbei ist zu bemerken, daß auch in den Monte Rosa- Versuchen die gewöhnliche Wiener Wegkonstante in Rechnung gestellt ist, so daß der ganze Einfluß des Höhenklimas auf die Marscharbeit in dem Umsatz für die Steigarbeit zum Ausdruck gekommen ist. Als Ruhewert wurde in Wien jener für Wien, auf dem Monte Rosa der daselbst gefundene abgezogen, so daß die Steigerung des Erhaltungsumsatzes die Werte für die Verbrennungsvorgänge beim Marsch nicht beein- Nußt. Die Wirkungsgrade sind natürlich im allgemeinen ebenso wie jene von den Schneeversuchen in Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 339 Wien niedriger, da die Widerstände für das Gehen auf dem Schnee in Betracht kamen. Die Gründe, aus denen keine Horizontalkomponenten auf Schnee und auf der Capanna Margherita bestimmt wurden, sind an früherer Stelle angeführt. Unsere Marschversuche auf dem Monte Rosa wurden ebenso wie im Jahre 1903 auf dem obersten, sanft ansteigenden Plateau des Grenzgletschers in nahezu 4500 ın Höhe ausgeführt. Die voranstehende Abbildung zeigt Durig während eines Marsches als Versuchsperson, Reichel als Experimentator mit der Protokollierung von Ablesungen beschäftigt.! Die Versuche an Durig im Jahre 1903 und 1906 sind aus dem Grunde nicht vollkommen vergleichbar, weil Durig im Jahre 1903 nahezu während des ganzen Aufenthaltes auf Col d’Olen und auf dem Monte Rosa in die Hütte gebannt war und keinerlei Märsche ausführte, die ein Training herbeigeführt hätten; auch vor dem Aufstieg zum Gipfel war er untrainiert gewesen. Die Marschversuche im Jahre 1906 fielen im Gegensatz hierzu an den Schluß unserer kleinen und großen Versuchsmärsche, in denen wir reichlich Gelegenheit hatten uns nicht nur für das Gehen auf Eis und Schnee, sondern auch für andere Muskelarbeit zu trainieren. Der Erfolg dieses Trainings drückte sich auch in einem von uns allen wiederholt bemerkten, gesteigerten Kraftgefühle aus. Tabelle XII. Vergleich des Umsatzes bei den Märschen auf Schnee in Wien und auf dem Monte Rosa. ; Kalorien Meterkilogramm Wirkungsgrad Name Ort ; pro Meterkilogramm pro Minute h ; Prozent Steigarbeit Wien (Winter) 666 1 9569 24:0 Durig Monte Rosa 1903 29729 10:53 22°3 Monte Rosa 1906 5241 IE 212 Wien (Winter) 7836 11:10 2059) Kolmer Monte Rosa 4829 12:66 18°5 \ Wien (Winter) 9869 15°45 1572 Rainer Monte Rosa 4748 10:85 21122 £ Wien (Winter) 859°7 10:76 : 21:3 Reichel Monte Rosa 475 11:93 19:8 Zuntz Monte Rosa 1903 2168 14:65 16:1 1 Die im Werke »Höhenklima und Bergwanderungen« in der Abb. p. 258 erfolgte Einzeichnung der Versuchsstrecken, die dort auf das Sesiajoch verlegt sind, beruht auf einer Verwechslung. Die Versuchsmärsche wurden damals ebenso wie bei unseren neuen Beobachtungen auf dem Gletscherplateau zwischen Zumsteinspitze und Gnifettispitze ausgeführt, wären also in der genannten Abbildung ganz links auf die Schulter des Gletschers einzutragen. Die Stelle ist in Taf. IV der Einleitung zu diesem Bande zwischen die Trasse, die von der Zumsteinspitze Z zum Gipfel A zieht, und die unterhalb dieser gelegene breite Gletscherspalte zu verlegen. Die Versuchsstrecke endete ungefähr dort, wo die Routen | und II gemeinsam mit jener über das Plateau von der Zum- steinspitze herüberziehenden sich treifen. Auch der gewöhnliche Aufstieg zum Gipfel ist in der genannten Abbildung im Werke »Höhenklima ete.« auf die nahezu unpassierbare Südkante und über das Sesiajoch statt, wie es der Wirklichkeit entspricht, auf die breite Westflanke verlegt. Siehe Taf. IV der Einleitung und Abb. 2, Taf. II. Es möge auch darauf hingewiesen sein, daß die Bezeich- nungen der Gipfel in den Tafeln der Einleitung von jenen abweichen, die sich durchschnittlich in den übrigen Abbildungen des Werkes »Höhenklima und Bergwanderungen« finden, da diese daselbst verwechselt sind, was an der Hand der in Taf. I dieser Ver- öffentlichung beigegebenen Skizze des Gerippes der Monte Rosa-Gruppe unschwer richtig zu stellen ist. Da die Abbildungen im genannten Werke nur dem Schmucke dienen, wird dieser an und für sich belanglose Umstand hier nur erwähnt, um den Leser, der die vorliegenden Abhandlungen und jene Abbildungen in die Hand bekommen sollte, auf die Unterschiede aufmerksam zu machen. 46* 336 A. Durig, Vergleicht man vorerst die an Durig in Wien und auf dem Monte Rosa im Jahre 1906 gewonnenen Werte, so ergibt sich, daß im Höhenklima die Leistung eine geringere war als in der Ebene bei gleichen Schneeverhältnissen; desungeachtet wurde für dieselbe Arbeit mehr Energie verbraucht; es ist also der Wirkungsgrad namhaft gesunken. Gegenüber dem Versuche im Jahre 1903 ist der Effekt ein wesentlich höherer gewesen. Dies mag in erster Linie auf das Training bei unseren neuen Versuchen zurückzuführen sein. Es zeigt sich, daß der Wirkungsgrad im Jahre 1903 bei mir ein etwas größerer war. Dies deutet darauf hin, daß ich im Jahre 1903 weniger forciert ging als im Jahre 1906. Es ist natürlich auch nicht aus- zuschließen, daß die Schneebeschaffenheit damals eine günstigere war und zu einem geringeren Ver- brauch Anlaß gab. Im Vergleich zu Durig war der Umsatz bei Zuntz im Jahre 1903 ganz besonders hoch und es ist wohl ziemlich wahrscheinlich, daß die Ursache hierfür darin gelegen ist, daß Zuntz das Gehen im Gebirge und besonders auf Firn viel weniger gewöhnt war als der wesentlich geübtere Durig.! Auch mag bei seiner geringeren Beinlänge und dem größeren Körpergewicht das Einsinken in den Schnee für ihn eine größere Arbeit bedeutet haben als für Durig. Kolmer verhielt sich ganz ähnlich wie Durig, nur mit dem einen Unterschiede, daß bei ihm in Wien der Wirkungsgrad beim Marsch auf Schnee schon ein geringerer war und dementsprechend auf dem Monte Rosa noch wesentlich unter jenen von Durig absank. Es war also sein Umsatz für die Leistung derselben Arbeit auch auf dem Monte Rosa ein größerer als jener von Durig, aber auch als jener Rainer’s und Reichels. Vielleicht liegt hierin ein Ausdruck seiner geringeren Leistungsfähigkeit als Gänger im Hochgebirge, es muß jedoch als auffallend erscheinen, daß die Unterschiede zwischen ihm und uns nicht viel ausgesprochenere sind, um so mehr, als er ja ständig unter Bergkrankheit zu leiden hatte und schon außer Atem im Observatorium ankam, wenn er den Eishang unter diesem ein wenig rasch emporgegangen war. Reichel verhielt sich ganz ähnlich wie Durig, bei ihm wie bei Kolmer hat das größere Körpergewicht beim Marschieren auf Schnee sicher etwas zum Absinken des Wirkungs- grades beigetragen. Rainer zeigte auf dem Monte Rosa einen geringeren Verbrauch als in Wien im Zustande des Unwohlseins, er verhielt sich also beim Marsch in Wien ähnlich wie Zuntz auf dem Monte Rosa. Die Höhe des von Rainer auf dem Gipfel beobachteten Verbrauches deckt sich mit jener des Umsatzes von Durig nahezu vollkommen. Wir haben demnach für uns alle anzunehmen, daß beim Vergleich von analogen Versuchen in Wien und auf dem Monte Rosa der Verbrauch für die Aus- führumns, derselben Arbeit in derHiöherein sroößererist.alszinzdenE bene und ezwarssarutehn dann, wenn wir uns in gut trainiertem Zustande befinden. Die Leistung pro Minute war bei uns allen auf dem Monte Rosa eine auffallend gleichartige, ganz einheitlich kam dabei jedoch die Tatsache zum Ausdruck, daß wir bei dem Gefühle gleich großer Anstrengung auf dem Monte Rosa nur einen viel geringeren Effekt zu produzieren vermochten. Zu einem Teil ist hieran wohl unzweifelhaft das Atmen durch die Apparate schuld, als Hauptgrund müssen wir aber jedenfalls den Einfluß des Höhenklimas ansprechen und befinden uns dabei in einer Übereinstimmung mit den Erfah- rungen der anderen Autoren, die ebenfalls im Höhenklima arbeiteten und eine Herabsetzung der Leistungs- fähigkeit beobachteten. Überblickt man die in der Anhangstabelle angeführten Werte für die Veränderung, die das Atemvolumen beim Marsche auf dem Monte Rosa erfuhr, so ergibt sich zum Beispiel für Durig im Maximum eine Ventilation von: Viewer UR/EBrRonNImulte Monte Rosa 05 5 ed > » 1 Zuntz gibt im Werke »Höhenklima« hierüber derselben Anschauung Ausdruck (s. p. 241): »Besonders interessant ist der Vergleich des Verbrauches von Durig mit dem von Zuntz bei Zurücklegung desselben Weges. Ersterer... von früh auf an Höhen- wanderungen gewöhnt, braucht im Durschschnitt auf demselben Wege ein Drittel weniger, so daß die geringere Kraft und Übung bei Zuntz einen Mehrverbrauch von 500], bedingt. « Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 337 Es zeiet sich daher, daß die Erhöhung der Atemarbeit auf dem Monte Rosa keine bedeutende ist und daß durch sie die Umsatzsteigerung beim Marsch nicht erklärt werden kann. Das was für Durig zutrifft, gilt auch für die anderen Teilnehmer an unserer Expedition. Beachtet man die Werte für die Höhe des Gesamtumsatzes für die Arbeit pro Minute auf dem Monte Rosa und in geringerer Höhe, so sieht man, daß der maximale, bei derselben Anstrengung erzielte Umsatz für die Gesamtarbeit in Kalorien auf dem Monte Rosa niedriger ist als jener in allen anderen Höhen. Die betreffenden Werte lauten für Durig: MonierRosae m E37 77716287Kalorien proiNlimute Bilkengrat, 1790 m . en 99. > >» » » 2DIAO mE... 0. 10145 > » Sommer, Wien... ..... 10106 > > » Schueen\Viensae ar 2222227218600 » » Noch ausgesprochener ist dies Verhalten bei Kolmer und Reichel zn erkennen, die beim Marsch auf Schnee in Wien einen noch größeren Effekt aufwiesen. Kolmer Reichel VWienssSommereusn 2. ee 1997, 10839 Kalorien pro Minute NVimternee een 83 11534 Monte,Rosayaıı 2.2.0.0. 7806 7080 Die Ursache für die geringere Leistungsfähigkeit beruht demnach im Hochgebirge darauf, daß die Atemarbeit ohne das Gefühl wesentlicher Anstrengung nicht weiter gesteigert werden kann und daß dadurch dem Körper bei größeren Anforderungen zu wenig Sauerstoff für die Bestreitung der Oxydations- vorgänge zur Verfügung steht. Gewiß ist für die Verminderung des Wirkungsgrades und des reinen Effektes (den wir beim Marsch auf Schnee allein ins Auge fassen) die Hemmung durch den Schnee von ausschlaggebender Bedeutung, es zeigt sich aber, daß in den Winterversuchen das Atemvolum in Wien kaum jenes bei den Sommerversuchen (auf derselben Strecke) erreichte, daß es also die Wegbeschaffen- heit und nicht die Beanspruchung des Atemapparates war, die zur Folge hatte, daß die Leistung keine größere wurde. Trotz Steigerung der Ventilation über das Maximum, das wir sonst bei Arbeitsversuchen in der Ebene beobachteten, ist die Sauerstoffzufuhr auf dem Monte Rosa niedriger geblieben und infolge- dessen auch der Effekt nicht so weit gestiegen als in der Ebene. Unzweifelhaft hätte eine weitere Erhöhung der Ventilation auf dem Gipfel das Gefühl ganz wesentlich größerer Anstrengung ausgelöst. Es ist also in der Tat die Begrenzung der Leistungsfähigkeit hauptsächlich in dem Verhalten der Atemmechanik zu suchen; jedenfalls liegt hierin das ausschlaggebendere Moment als im Herabdrücken des Wirkungs- grades, das an und für sich die ganz auffallende Verminderung des Effektes nicht zu erklären vermöchte und gewiß als kein besonders großes bezeichnet werden kann. Die Höhe des respiratorischen Quotienten hat bei uns allen durch die Arbeit im Hochgebirge keine Veränderung erfahren und niemals gelangten Quotienten zur Beobachtung, die unter jenen für die Fett- verbrennung gelegen gewesen wären. Die Untersuchungen über den Gaswechsel bei der Steigarbeit haben daher zu folgenden Ergebnissen geführt: % 16%) 4A, Durig, Ergebnisse, Die Höhe des Aufwandes für das Gehen auf kontinuierlich ansteigender Strecke wurde bei allen vier Versuchsteilnehmern in der Ebene mit 7-5 Kalorien pro Meterkilogramm Steigarbeit bestimmt, somit ein Wirkungsgrad von rund 31°/, ermittelt. Die Leistungsfähigkeit der Versuchsperson kam in der Höhe des Umsatzes für das Meterkilogramm nicht in deutlicher Weise zum Ausdruck. j Beim Marschieren auf der Tretbahn fand sich bei Durig ein wesentlich geringerer Verbrauch für die Leistung von | Meterkilogramm als auf freiem Terrain. Der Einfluß der Geschwindigkeit auf den Umsatz beim Marsch war innerhalb der gewählten Grenzen für das Marschtempo nur in geringem Ausmaße bemerkbar. Ein steigernder Einfluß der Neigung der Bahn beim Bergaufmarsch konnte nicht nachgewiesen werden. Eine Wegbeschaffenheit, durch die dem Schritt Hindernisse entgegengestellt werden, führt zu einer ausgesprochenen Steigerung des Umsatzes unter Sinken des Fffektes. Die Versuche von Zuntz und seinen Mitarbeitern führen zu ganz analogen Werten für den Aufwand bei der Steigarbeit, wenn diesen unsere Wegkonstante zugrunde gelegt wird. Der Hauptunterschied zwischen den Resultaten unserer neuen Versuche und denen der Versuche von Zuntz und seinen Mit- arbeitern untereinander und gegenüber den unseren, beruht anscheinend auf der Höhe der Wegkonstante. Im Höhenklima war der Umsatz für die Leistung derselben Arbeit gegenüber dem Verhalten in der Ebene erhöht. Hierbei kommt die Steigerung des Umsatzes durch die Vergrößerung der Atemarbeit nicht als ausschlaggebend in Betracht. Das Training vermochte die Umsatzsteigerung nicht zu beheben. Die respiratorischen Quotienten waren bei der Arbeit im Höhenklima ebensowenig verändert wie in Körperruhe. r Im Höhenklima ist auf dem Monte Rosa der Effekt gesunken und es kann angenommen werden, daß dieser Erfolg durch den Mangel an Sauerstoff infolge der Unmöglichkeit, das Atemvolumen dauernd ohne Anstrengung weiter zu erhöhen, ausgelöst ist. Die Diskussion über die bisher vorliegenden Ergebnisse hinsichtlich des Aufwandes bei der Steig- arbeit haben ergeben, daß die folgenden Fragen noch eines eingehenden experimentellen Studiums bedürfen: Es ist die der Steigarbeit adäquate »Leerlaufarbeit« zu bestimmen, um den Umsatz für die reine Steigarbeit richtig berechnen zu können. Versuche auf der Tretbahn und im Terrain müssen lehren, ob der Aufwand beim Gehen auf der Tretbahn derselbe ist wie beim Marschieren auf gutgebahntem Wege. Versuche über die Höhe des Umsatzes bei der Steigarbeit in der Respirationskammer sind bisher nicht ausgeführt, sie sind zur Festlegung der Verläßlichkeit jener Werte, die bei Verwendung der Zuntz’schen Methodik erzielt wurden, erforderlich, insbesondere auch um den Hautgaswechsel mit in Rechnung stellen zu können und den Einfluß der Widerstände auf die Atemarbeit auszuschalten. Es ist der Einfluß der Steigung auf die Höhe des Umsatzes auf dem Tretwerk sowie in gestuftem Terrain am Menschen zu untersuchen und festzustellen, ob hierbei dieselbe Wegkonstante einzusetzen ist und wie groß diese sei. Versuche über den Einfluß der Marschgeschwindigkeit bei Märschen, die auf ein und derselben Bahn und bei gleichbleibender Neigung auszuführen sind, sollen die Feststellung der Kurve für den Zuwachs des Umsatzes mit wachsender Neigung ermöglichen. Der Einfluß der Wegbeschaffenheit, insbesondere im Hinblicke auf den Umsatz beim Gehen auf gestuftem und auf gleichmäßig geneigtem Wege ist derzeit noch nicht bekannt, aber auch die Steigerung Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 339 die der Verbrauch durch das Gehen auf rauhem Pfade unzweifelhaft erfährt, ist derzeit noch nicht experimentell nachgewiesen und ihre annähernde Höhe nicht ermittelt. Die Versuche über den Umsatz beim Abwärtsgehen sind weiter zu vervollständigen. Hierüber liegen nur die untereinander nicht vergleichbaren Versuche von Durig (auf dem Bilkengrat) und von Zuntz und seinen Mitarbeitern (auf dem Rothorn) vor, welch letztere wegen der Unsicherheit der zugrunde gelegten Wegkonstante keine beweisenden Ergebnisse liefern konnten. Die Versuche über den Einfluß des Trainings bedürfen noch des Ausbaues. Ausgiebiges länger- dauerndes Training wurde beim Marsch auf ansteigendem Terrain bisher erst an einer Person (auf dem Bilkengrat) untersucht, die in bezug auf die Marschleistung kaum als Durchschnittsmensch angesehen werden darf. Die Angabe, daß bereits in Höhen unter 4000 m sich der Einfluß des Höhenklimas dadurch geltend macht, daß der Umsatz für gleich große Steigarbeit erhöht wird, ist wohl als wahrscheinlich richtig, nicht ‚aber als erwiesen zu betrachten. Die Angabe Bürgi’s, daß infolge des Trainings die genannte Höhenwirkung verschwindet, wurde durch unsere Versuche, die allerdings in wesentlich größerer Höhe ausgeführt wurden, nicht bestätigt, sie ist aber auch durch die Beobachtungen in niedereren Höhen nicht bewiesen. Die älteren Versuche auf dem Bilkengrat deuten auf die Möglichkeit eines solchen Verhaltens hin. Es erübrigt demnach auch für weitere Forschungen noch ein reiches Feld der Tätigkeit, bis alle jene Fragen, die derzeit erst durch Wahrscheinlichkeitsbeweise oder noch gar nicht im Sinne einer Gesetzmäßigkeit beantwortet sind, ihre entscheidende Lösung gefunden haben werden. 340 A. Durvig, Tabelle Durig. Übersicht über die Marsch- 1 2 3 # 5 6 7 8 | 9 10 11 | 12 Nach Abzug des Atemvolumen Pro Minute . Li Mi Analyse in Prozenten Sa . uavatss iter pro Minute Kubikzentimeter pro Minute Kubik- RO zentimeter | CO, O, CO, | beobachtet | reduziert| CO, (0) N produ- ver- produ- ver- CO, O5 ziert braucht ziert braucht 216°), Steigung 45:85 41:28 4:85 19°7% 79:38 4:82 5:28 || IORSR 25 0921 17280 19446 43:66 SEE 4:87 15°85 79:28 4:84 55125 519025275 0201022 0:945 17053 1757 46:67 41:98 4:82 15:80 79:38 4:79 5:20 | 2010-8 | 2182-8 0:921 18139 1868 °3 46:80 42:08 4:65 15:98 NS 4:62 5:01 | 1944:1 | 21082 0:922 17472 18937, 44:00 39:54 4:52 16:00 79:48 4:49 5:02 | 1775:4 | 19848 0:894 1576°5 1760°3 Mittel 45 47 40:83 4:74 15:88 79:37 4:71 5:11 | 19244 | 2089:0 | 0:920 SR 18525 14:7°/, Steigung 41:08 36:90 4:37 15:91 172 4:34 922112 171605237 71927123 0'833 14084 1706°8 46:09 41:39 4:52 15:97 9eBil 4:49 5:08 | 1858°1 | 2102:2 0:884 16612 18877 43:04 38:61 4:27 16:15 79:58 4:24 4:90 | 1637:3 | 1892-2 0:865 1440°4 1677°7 Mittel 43:40 35:96 4:38 16:01 79:60 4:35 5:06 | 1700°2 | 19719 08360 1500:0 1757 4 Wien, Neuwaldegg 47:23 42:28 5:15 15°69 79:16 Da 5:27 | 21646 | 22280 0:971 1967 °7 201375 51:03 45:49 4:77 15:96 OT 474 5:02 | 21561 | 2283-4 0:944 1969-2 20689 49:14 43:79 4:69 19297 79:34 4:66 5:03 | 2040:5 | 22025 0:926 18436 19880 48:43 43:09 4:85 15:76 79:39 4:82 5:26 | 2076-7 | 22663 0:916 2266°3 2051°8 Mittel 49:11 43:66 4:86 15:84 19:29 4:83 5:14 | 21094 | 22450 0:939 20117 20305 Wien, Neuwaldegg 33297 32459 5:06 14:97 7997 5:03 6:19 | 1643:0 | 2017:3 0:813 1446.1 18028 34:44 33:44 4:93 10533 79:74 4:90 5:78 | 1638-6 | 1932-9 0:848 1441°7 17184 3602 34:92 4:85 15:45 79:70 4:82 521652 011683025 5119773570 0:853 14863 1758°5 3530 34:20 4:87 15:30 79:83 4:84 6-00 | 16563 | 20532 0:806 1459 °4 18387 Mittel 34:83 33:78 4:92 15:26 «9-81 4:89 5:65 | 16552 | 1994 1 0:830 1458 3 17796 Monte Rosa, 98:85 33:14 Dual? 15-31 7987 5:09 5:75 | 1686:7 | 1905:°5 0:885 14667 1a il 53:14 29:83 59 15:07 29-92 4:98 6:08 | 1485°6 | 1813°7 0:819 12656 1537 °3 5529 30:76 540 19° 28) 79:37 9°87 578 | CD 177” 0:921 1431°6 1506 1 5486 30:42 5:46 15:20 79:34 5:43 5:80 | 1651:9 | 1764°5 0:932 1431°9 14881 Mittel 5553 31:03 5.24 15:20 79:55 521 5:84 | 1618°9 | 18154 | 0:8S9 13988 1540 °1 1 QUIET EN! 11 12 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 341 XIV. versuche auf ansteigender Bahn. 13 14 1, ie 17 18 19 20 21 22 23 Pro n Minute | In Kalorien pro Minute kalorischer | Pro Meterkilogramm \ Pro Minute Meter : : R.Q. Gewicht Steig- Wert der Steigarbeit Wirkungs- der Kilo- arbeit grad Arbeit gramm Meter- E Prozent : kilo- zen | Bozen: Meter- Weg Steigung => 2 talen Steigarbeit | Kalorien ES gramm Arbeit Bewegung kilogramm (Tretbahn Wien). 0922 65 °71 93:88 11:64 764°8 77472 18980 3849 7:65 3:27 30:6 0:950 65:71 96:50 12-20 801°9 75384 19898 9949 6:92 2:96 33°8 0922 69°71 62:57 13:50 886 °5 77900 22001 3990 6:30 2:69 37° 0'922 65:71 60:71 13:10 861°7 76974 20897 9968 646 2316 362 0895 65 °71 98:99 12:74 8369 7376°6 20776 9299 633 2:70 370 0:942 65:71 93:58 12:63 830:3 | 7659:0 2051°5 55%1 6:33 2:87 349 (Tretbahn Wien). | | | 0'827 AGs | 70:39 | 10°35 62959 7161°6 2479 46825 6:88 2:94 340 0:880 69:71 19-18 11.08 7249 7565 '8 2647 49191 | 6:69 2:86 350 0'863 65:71 70:49 10:37 681°2 71796 2484 46859 7:04 3.01 33°83 0'856 65.71 72:01 10:60 6953 | 73023 2536 47625 6:87 2:93 34 1 16-4°/, Steigung (Sommer). 0:977 76:52 74'83 12:15 929-5 10105 3069 7036 7:97 3:23 30°9 0:952 76-52 7905 12:36 9458 10318 3088 7230 7:64 3:26 30°6 0927 1292 72:94 12:00 918°4 9856 2991 6865 7:48 3:19 313 0'916 | 76:52 74:84 12:34 943°7 10145 3070 7075 7:50 3:20 31:2 0.943 |; 16:52 7441 12:21 9343 10106 3054 7029 7:59 3:22 31:1 | 16°4°/, Steigung (Winter). 0802 | 18°25 9051 838 659.4 8706 2119 6587 10°05 4:29 23°3 0'839 78'25 49:23 s11 6348 8332 2065 6267 9:87 4:24 23°6 0'847 78:25 90'683 8:40 6569 8544 2124 6420 77 4:19 23°8 0805 78:25 99'29 9-16 7174 8818 | 2319 6499 9:06 3:89 25°7 0'823 78:25 5141 S:51 666 1 S600 | 2156 643 9:69 4:15 24:0 155°/, Steigung. 0900 78'85 | 43:04 | 6:72 3300 8023 1826 6197 11:68 4:99 20°0 0'822 78'85 +41°16 638 302°83 7424 1739 3685 1i°31 4:82 20:7 0.932 78'62 4318 6:72 9284 7626 1820 5806 10:99 4:69 218 0'962 78'62 43:76 6'82 939'9 7441 1844 9997 10:44 4:46 22) 78:73 42:78 6:66 5241 7628 1507 5521 11:10 4:74 212 0:904 Denkschr. d. mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI 342 A. Duvrig, Tabelle Kolmer. Übersicht über die Marsch- Nach Abzug des Atemvolumen 3 Pro Minute Ruhewertes Liter pro Minute Analyse InaBrozenien Kubikzentimeter . | pro Minute Kubik- RO! zentimeter CO, O5 Eon beobachtet reduzietti CO, 0, N produ- ver- produ- ver- CO; 07) ziert braucht ziert braucht -Neuwaldegg 164%), 40°73 39:99 4:36 15595 O5) 4:83 5:14 | 19234 | 18499 0'843 13381 1998-1 41:50 36°58 4:35 15:70 79-95 4:32 5:46 | 1544°3 | 1977°7 0:791 13490 1740:9 14774 > er [ob (S7\ (3%) {op} 1 | > ) (@) {op} (SS) I =] (do) {or} [on o& N [1 | er H {op} de) m O1 (u) HS [&6) oO [0.0] © > [&e} [O1 ar {op} 42:78 3771 4:16 1614 79:70 4:13 4:96 | 15574 | 18704 0'832 1362 °1 1613°6 [6%] 4061 3966 4.88 15:70 EZ 4:35 945 | 1551 ° 19431 0:798 13559 1686 °3 Mittel 41:58 36:62 4:26 | 15:9 | 79:78 4:23 5:18 | 1535 °4 | 1599 4 | 0:20 | 13447 | 16412:6 79:89 432 55395 17 21128:7727265650 0:801 19142 2398°3 79:64 4:50 9.20 | 2157:3 | 29760 0857 1942-8 2318:3 7e-CR) 455 9:73 | 1882-4 | 23775 0.794 | 1667-9 21180 Mittel 43:96 47:79 4:45 | 15:67 79:87 4:48 5:60 | 2039:9 | 26615 | 0.793 | 18754 | 24035°6 15%} = [op] (do) ou (JS) 47:50 ZU Nd 9:18 14:91 era 9:15 6:24 | 1399: 0'825 11726 1438°7 49:45 28:22 5:34 15:01 79:65 5:31 6:07 |, 1498°5 | 17131 0:874 12719 1456 °5 4625 26'383 9:20 14:81 49590 917 6:36 | 1360:9 | 16741 0'813 11343 1417°5 62-91 3457 508 15:51 7941 5'083 951 | 1738°9 | 19048 0'913 1512°3 16482 89:37 34:31 4:77 15:75 79:48 4:74 8:68 | 1553°1 | 18448 0'842 13265 1578°2 64:39 33 °ol 4'836 15:99 7969 4:33 8:09 | 15376 | 1807-5 0851 1311°0 1550°9 Mittel 54:98 31:01 4:95 | 15:33 | 79:66 4:95 9:81 | 15147 | 1773°2 | 0'853 | 128S:1 | 15150 co oı 19 11 12 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. XV. versuche auf ansteigender Bahn. 343 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 Pro | i Minute | In Kalorien pro Minute kalorischer | Pro Meterkilogramm : Pro Minute Meter e nl Stei 3 18 0) Gewicht Steig- Wert der teigarbeit Wirkungs- der Kilo- arbeit grad Arbeit Stamm |77 oral. leere : Prozent : kilo- Ranzen |" „orlzon ; Meter- Weg Steigung = : talen Steigarbeit | Kalorien bi, gramm Arbeit Bewegung kilogramm Steigung (Sommer). 1 0'856 94:90 45:15 7144 678°0 7750 2408 9349 | 7:89 3:37 297. 2 0795 94:90 49:50 7'823 741'5 8346 2642 9704 gez 3:29 303 3 0:850 95:30 49:65 6:907 658°3 7154 2338 4846 7:36 3:14 31'8 4 0853 95:30 47:67 7:547 716-2 7892 2439 9413 7:56 3'293 31°0 5 0:809 95:30 48:62 7695 133°83 8392 2604 5788 7:89 387 ZIEH 6 0803 95:30 47:08 7451 7101 8103 2921 9982 7:86 386 298 0:327 95:16 46.94 7442 7062 7937 2492 5447 vl 329 303 I 11 0'815 92792 29:98 4:648 464°8 6933°7 1566 °0 12 0:873 92:92 31°05 4'826 4827 71248 16219 13 0:800 92292 2975 4:608 460°8 68090 15547 14 0°918 922.92 36'83 5'734 9734 81514 1923-5 15 0837 92:92 23:00 5749 4361 76480 15344 16 0845 92:92 3083 245105) 4794 13322 1610°0 0'848 92:92 31:07 5'178 482:9 | 73667 1635 7 5358 12:42 5:38 | 18:8 5503 12:27 5:24 19:0 5255 12"27 5:24 19:0 6227 11:68 4:99 20-0 6117 15:09 6:44 (15°5) 5922 12:35 5:27 18°9 5730 12:66 542 15°5 344 A. Duvig, Tabelle Rainer. Übersicht über die Marsch- 1 2 Bo) | 4 | 5 | 6 | 7 8 | ) 10 11 | 12 Nach Abzug des Atemvoluümen Me a Pro Minute Brheweree Liter pro Minute a Kubikzentimeter . | pro Minute Kubik- R. ©. zentimeter CO, O, ©, 7 ©, beobachtet | reduziert| CO, O5 N produ- ver- produ- ver- CO, O5 ziert braucht ziert braucht Neuwaldegg 164%), 31:66 28:06 550 14:66 79:84 9°47 6:47 | 15343 | 1815°3 0°846 13512 15969 1 3183 28:18 909 14:94 NIIT 506 6:23 | 1425°9 | 17554 0'812 12428 15370 > 34:96 30:91 9:08 15:18 79:79 905 6:00 | 1561°0 | 1854°6 0'842 13779 16362 3 39'45 31:34 541 14:65 79:94 9:38 6:51 | 1685:2 | 20396 0'826 15021 1821-2 4 3922 31:52 922 14:91 79:87 5:19 6:23 | 1635:8 | 19630 0'833 14527 17446 5 34:84 31:26 5:08 15°06 aeBil 900 6.097] 1562-8 | 19040 0'821 1379°7 16856 6 31'283 28:03 5986 14:54 8010 933 6:66 | 14939 | 18675 0°800 1310°6 1649 1 7 Mittel 33:59 29:90 524 | 1484| 79:94 5:21 6:31 | 15569 | 18856 | 0'822 | 1373:8 | 16672 Neuwaldegg 16 °4%/ 28:60 270.91 6:75 12-77 80:48 6:72 8:53 | 1875:8 | 23810 0:789 16927 38:88 37:48 508 13:65 80:82 5:90 7:74 | 2061:5 | 2901 °1 Oz 18784 31:50 30:73 5:75 13:43 80:82 9:72 8:04 | 1757:9 | 24708 0:710 15748 Mittel 32:82 32:04 6:01 | 13:28 | 80:70 9:98 8:10 | 18984 | 25843 | 0:736 | 17153 47:83 26604 4:49 15:94 7957 4:46 9:12 | 1186°4 | 1361°8 0°871 963°7 1022-0 41 42:52 24487 6:06 14°30 79:64 6°083 6:78 , 1476°6 | 16602 0'889 1253 °9 13704 | 12 48:02 27'885 8:98 14°57 79:50 8:90 647 | 1645°2 | 18041 0912 1422°5 15143 | 13 45:16 24.929 6:19 14:35 7946 6°16 6:68 | 1535°0 | 16646 0:917 1312°3 13748 | 14 4356 24:037 6519 14:35 79:46 6°16 6:68 | 1480:6 | 1605°6 0.922 1257 °9 1315°8 | 15 47:00 25890 6:69 13:80 79:51 6:66 7:25 | 17243 | 1877°0 0:919 15046 15872) 16 Mittel 4568 25:672 3:92 14:65 79:92 5:89 6:49 | 1508:0 | 16622 0:905 12858 13724 | i BD xXVl. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. versuche auf ansteigender Bahn. 345 13 14 Bu Te 17 18 19 20 Pro i In Kalorien pro Minute kalorischer . Pro Minute Meter NE un Re N R.Q. Gewicht Steig- ert der der Kilo- arbeit Arbeit gramm Meter- ? kilo- ganzen NONZOR- : Weg Steigung 2 talen Steigarbeit gramm Arbeit Bewegung Pro Meterkilogramm Steigarbeit Meter- kilogramm Kalorien ° Wirkungs- grad Prozent Steigung (Sommer). Steigung (Winter). 8 0:778 76:30 | 44:42 7:49 Dein 10328 1817 8411 14:71 6:28 15:9 9 0:687 76-30 51:46 8:82 673-1 12548 2104 10444 15552 6:63 lasıl 10 0:675 76°30 42:44 7:16 546-0 10538 1737 8807 16:13 6:89 14:5 0:713 76:30 46:10 7:82 5869 11138 1856 9354 1545 6:60 152 il ae elle BEER RE 15:5°%/, Steigung. 11 0:899 8270 27:92 4:86 358-3 | 52775 1270 4007 11:18 4:78 20:9 12 0:902 82:70 35.91 BLaH 459-5 | 6751:0 1634 5117 3 4:76 21:0 13 0:939 83-10 | 42:00 6:50 653.30, 75302 1965 5565 10:06 4:30 23.3 14 0:956 83° 10 38:39 5°95 505:7 | 6862-2 1795 5067 10:02 4:28 23-4 15 0:959 83:10 32:68 5:07 431:0 | 6569-2 1528 5041 Ina! Sl 19-5 16 0:948 83-10 41:18 6:36 541:0 | 7909-8 1946 5964 11:03 4:72 ie 0:933 32:96 36:34 | 71 47485 | 63383 1659 5121 10:55 4:66 21'5 346 4A. Durig, Tabelle Reichel. Übersicht über die Marsch- 1 2 3 4 5 6 7 E38 | 9 10 11 12 Nach Abzug des Atemvolumen rc in Pro Minute Ruhewertes Liter pro Minute no ana Kubikzentimeter pro Minute Kubik- R.O. zentimeter Co, 0, 0,2220, beobachtet reduziert) CO, O, N produ- ver- produ- ver- CO, O, ziert braucht ziert braucht Neuwaldegg 16:40), 47'74 4245 DE26 14:97 MOSER 22 6°'15 2216 2611 0'849 2000 2348 48:91 43'837 oa 19712 79:75 5:10 999 2212 2598 0'851 1996 2336 47:09 41°71 502) 19729 79:69 4:99 6'65 2081 2774 0733 1865 2512 50:92 4510 8'897 14:88 19270 5'834 6:23 2409 2810 0'857 2193 2548 39:32 34:83 9-03 15:07 79:90 8:00 6:08 1741 2116 0'823 1925 1854 38:64 24:20 4:99 14:99 80:02 4:96 6:19 1696 2118 0'801 1480 1856 Mittel 45 43 40:27 9:13 15:05 ‘9 71 910 6:21 2066 2504 | 0'819 1843 23242 Neuwaldegg 16°4%% 87:72 39.97 8'683 14:62 79:78 5:60 6:49 | 2216°:0 | 2567 °4 0'862 19999 2305°83 46'835 44'383 9'384 1505 79:71 Duo 6:05 | 2353°9 | 2681 °4 0'878 2137.28 24193 4483 42.97 9° 17 14:99 79:84 5-14 6:24 | 22094 | 2681°3 0'823 1993 °3 24192 4652 44:56 8°36 14:90 79:74 9'383 Sl | ee) 27 0'854 2159-0 25050 Mittel 43 86 42:45 3:87 14:89 79:76 5:34 6:24 | 2288:6 | 26743 | 0:8554 | 20725 2410 °9- Monte Rosa 4947 28:10 5:24 14:97 19279 Del 6:38 | 14642 | 1793:0 0'817 1226 °4 1914'7 5245 29.67. 4:92 14:99 80:09 4.89 621 14506 | 18422 0°787 1212-8 1862°8 9308 30:64 9.00 os 79'883 4:97 5-96 | 15121 | 18253 0:834 1274'3 1547°0 5236 28:73 oral 15:06 79°73 5:18 6°04 | 1488°2 | 1735°3 0'858 12504 14570 53:68 29:60 5'20 15°11 79:69 ol 598271580247 71770=1 0:864 12926 14918 43:64 2413 8°30 14:94 79:67 DT, 6:17 | 1271-8 | 1489-1 0:854 10340 1210°8 Mittel 50:86 38:47 9:13 15:01 79:83 511 6:12 | 14528 | 1742°5 0'835 1216°0 | 1445°6 1 XV. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. versuche auf ansteigender Bahn. 34 13 14 15 16 17 15 19 20 21 22 23 Pro - Minute | In Kalorien pro Minute kalorischer | Pro Meterkilogramm Pro Minute Meter : Stei : R.Q. Gewicht Steig- Wert der teigarbeit Wirkungs- der Kilo- arbeit grad Arbeit gramm Meter- E Prozent kilo- ganzen NZ : Meter- Weg Steigung 4 tale Steigarbeit | Kalorien Ä gramm Arbeit Bewegung kilogramm Steigung (Sommer). 0'852 10005 61'62 10:45 1045 °3 11454 3391 8063 770 3.29 304 0:854 10005 61725 10:36 1037 1 11372 3370 8002 al 8229 304 0:742 10005 63:83 10:50 1050'8 11880 3512 8368 7.98 3:40 29:4 0858 10005 6541 10:75 1079: 3 12415 3600 8815 8:17 3:49 28:7 0'823 10005 49:84 8:15 8156 8953 2743 6210 744631 3°25 30:7 0:997 10005 50:67 8:29 8293 8963 27189 6194 7-47 3:19 31:3 0:721 | 100:05 98:77 9:75 976 2 10339 3234 7608 2:76 331 30:1 Steigung (Winter). 0'868 99:65 48:95 8:29 826°4 1136:2 2497 886 °5 10:73 4:58 21°8 0'884 99:65 51:60 8:82 878°9 1186°7 2633 9234 10:51 4:49 223 0:827 99:65 49:78 8:43 8398 11690 253°9 Sl 10:89 4:65 21°5 0'862 99:65 1:54 8:81 8779 12129 263°0 9:589 1092 4:66 21:4 0:860 99:65 50:46 5:58 3557 1153 4 2574 9:209 10:76 4:59 21°8 15:5°/, Steigung. 0:800 94:70 29:74 9:10 483 °2 7280 1445 5835 12-18 9:20 1922 0:776 94:70 30:71 DIT, 4990 7455 1489 9966 11:96 Sl 18°) 0'824 94:70 30:98 3:34 503°3 74783 1502 9971 11795 S-1l 19:6 0'858 94:70 28:65 4:90 464°5 7099 1389 5710 12.29 9:24 19:0 0'867 92:33 31:16 5:34 493°7 7285 1473 5812 11:80 5083 er) 0'855 92:33 25:94 4:43 409:3 5890 1226 4664 11:39 4:87 20-5 0.330 93:91 23:53 9:06 4755 7080 1420 5659 11:93 5:09 19:8 Sn Ne ei a EB STe enter TerNe near NER SR A N AAN? RE Ü Rn a X . Pi x Kies de ; bi R I er. ge Yo } are 7 he Bl i N Use a } Alar re AD PURE rR R h - " x - 1 E - { ; f ' J Y h { E 3 ‚s ı ; ee i EIN, HERE: dh Rah br t r ER ) FL HT x Lahr Far ! Bern 3. a 5 2 SH v E Akoya & E i r A PERL; Bin ß r r I war h a A F en x R an UBraR a A FE 3 PR| De k nm bo Br R s a. 5 - y F ko Bar Be 2 ERGEBNISSE DER MONTE ROSA-EXPEDITION VOM JAHRE 1906 VON PROF. D" A, DURIG. ÜBER DAS VERHALTEN DER ATBMMECHANIK UND DER ALVEOLARTENSION VON A. DURIG. VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 13. JÄNNER 1910. INHALT. Seite XII. Über das Verhalten der Atemmechanik 2 [350] 1. Die Atemfrequenz 2 [350] ZODIERNLEIELLEIEHEEEN A Eee Keen AN Bean are te are .25 [373] 3. Das Minutenvolum . . . . 32 [380] 4. Die Vitalkapazität 54 [402] XII. Über die Alveolartension . .. . 2.2... 61 [409] 1. Vorbemerkungen . . .. . . 61 [409] 2 1eralvyeolate,Kohlensaure_ und-Sauerstofitension in. deräEpener „2 64 Tail] 3. Über den Einfluß der Meereshöhe auf die Gasspannungen in der Lunge . . 2.2. 2 22.2.2202 .02. 0.66 [414] 4. Die Gasspannungen in der Lunge bei der Arbeit 80 [428] Erscbnisser re rn: 92 [440] Generaltabellen . . 98 [446] Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXV1. 48 A. Durig, XI Über das Verhalten der Atemmechanik. 1. Die Atemfrequenz. A. Vorbemerkungen. Zu den scheinbar am einfachsten festzustellenden Veränderungen, die sich im physiologischen Verhalten des Menschen im Hochgebirge einstellen, gehören jene, welche die Atemmechanik betreffen. Nichts scheint selbstverständlicher und leichter nachzuweisen als das, daß mit zunehmender Luft- verdünnung die Zahl der in der Minute ausgeführten Atemzüge erhöht wird. Es ist daher die Atmungs- mechanik, deren Studium am wenigsten experimentelle Behelfe erfordert, zu allererst im Hochgebirge gleichzeitig mit der scheinbar ebenso einfachen Feststellung der Pulsfrequenz untersucht worden. Es waren besonders A. Mosso und U. Mosso, die sich dieser Frage zuwendeten. In seinem Buche »Der Mensch auf den Hochalpen«! betont Mosso am Beginne des Abschnittes über die Atmung auf den Bergen, daß »der Atem auf den Bergen weder an Frequenz noch an Tiefe zunimmt, sondern daß diese Erschei- nungen hier im Gegenteil eine Herabsetzung erfahren können«. Diesen Angaben stehen jedoch andere gegenüber, die das Gegenteil hievon zu erhärten suchen, und gerade aus der neuesten Zeit stammt die Behauptung,? » daß beim Übergang aus der Ebene ins Hochgebirge eine sehr energische Steigerung der Atemfrequenz eintritt«. Bei einer streng kritischen Prüfung der Methodik, die von den einzelnen Autoren zur Bestimmung der Atemfrequenz verwendet wurde, wird man aber ein gewisses Mißtrauen nicht überwinden können und sich nicht wundern, wenn die Resultate so ganz verschieden ausgefallen sind. Kann man bezüglich des pro Minute geatmeten Volumens im allgemeinen annehmen, daß dies in länger dauernden Versuchen unter Einhaltung vollkommener Körperruhe richtig bestimmt wird, so ist man zu dieser Annahme hinsichtlich der Zählung der Atemfrequenz nur mit großer Reserve berechtigt. - Man kann bei dem etwa eine halbe Stunde dauernden Ruherespirationsversuch sehr wohl voraus- setzen, daß keine gekünstelte Steigerung des Atemvolums zustande gekommen ist, wenn wir im ununter- brochen fortgesetzten Versuche Minute für Minute übereinstimmende Werte für das Atemvolum finden, um so mehr, als die Werte für dieses sich selbst beim Einschlafen der Versuchsperson nicht nennenswert ändern, wie wir auf Grund wiederholter Erfahrung wissen.” Auch beim Hund, der ja ganz besonders zu willkürlichen Veränderungen im Atemtypus neigt, sehen wir, daß bei hinreichender Dressur und dann, wenn das Tier durch äußere Reize nicht gestört wird, vollkommen gleichartige Atemvolumina pro Minute beobachtet werden. Grundbedingung bleibt hiebei nur, daß die Versuchsperson oder das Versuchs- tier im Zustande vollkommener Nüchternheit* bei Entspannung der Muskulatur untersucht wird, und daß 1 Leipzig, Veit u. Komp., 1899, p. 42. 2 R.F. Fuchs, Sitzungsberichte der physikalisch-medizinischen Sozietät in Erlangen 1909, p. 228. 3 Dies gilt nicht für Versuche, die in großen Höhen ausgeführt werden. Siehe p. 4 [352]. 4 Diese Forderung gilt natürlich nur für den Fall, als das Verhalten der Ventilation zugleich mit der Feststellung des Erhaltungs- umsatzes erfolgen soll. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 3a man dann, wenn irgendwelche, seien es auch die geringfügigsten, Muskelbewegungen vorangegangen sind, hinreichend lange Zeit wartet, bis man an der gleichartigen Größe der Minutenvolumina erkennt, daß mit dem Versuche begonnen werden darf, weil vollkommene Beruhigung eingetreten ist. Anders liegen die Verhältnisse bei der Zählung der Atemfrequenz. Für diese können mehrere Wege eingeschlagen werden und fast bei keinem kann man das Mitwirken subjektiver, mehr oder minder gewollter Einflußnahme der Versuchsperson auf die Atemfrequenz ausschließen. Es mögen hierüber einige allgemeine Bemerkungen vorangeschickt sein, um später die Resultate, welche die einzelnen Beobachter erhielten, diskutieren und um wieder das Feststehende von dem nur halb oder gar nicht Erwiesenen trennen zu können. Das einfachste ist das Zählen der Atemfrequenz durch die Versuchsperson selbst. Es ist eine wiederholt betonte Tatsache, daß dies wohl stets zu einer starken, subjektiven Beeinflussung der Atem- frequenz führt, der sich auch der Geübte nicht zu entziehen vermag. Bei seinen Beobachtungen im Hoch- gebirge verwendete Fuchs! dieses Verfahren und betont, daß es ihm infolge großer Übung und wegen der langen Dauer der Versuchsreihen möglich gewesen sei, die Zahl der pro Minute ausgeführten Atem- züge einwandfrei zu zählen. Wir werden auf die Versuche dieses Autors noch näher einzugehen haben und glauben wohl sicher zum Schlusse berechtigt zu sein, daß gerade die von Fuchs gewählte Versuchs- methodik besonders leicht zu einer subjektiven Beeinflussung der Atemfrequenzen geführt haben dürfte, ganz abgesehen davon, daß wir es bei der Bestimmung seiner Atemfrequenz in Körperruhe kaum mit Ruheversuchen zu tun haben. Ohne Zweifel zweckmäßiger ist die Zählung der Atemfrequenz durch eine zweite Versuchsperson und dies Verfahren wird ja fast stets auf den Kliniken geübt, in denen man ganz besonders bei der Zählung der Atemfrequenzen bei Kindern sehr vorsichtig vorgehen muß, wenn man keine unrichtigen Zahlen erhalten will. Allerdings wird man dabei nicht so verfahren, wie dies Fuchs beschreibt, und sich keinesfalls wundern, wenn dieser Autor unter den von ihm gewählten Versuchsbedingungen eine Beein- flussung der Atemfrequenz fand. Er schreibt: »Durch eine Reihe von Versuchen an mir selbst habe ich mich hinreichend davon überzeugt, daß die Veränderung der Atemfrequenz eine viel größere ist, wenn eine zweite Person plötzlich an das Bett des ruhig daliegenden Versuchsindividuums herantritt, um anscheinend dessen Puls zu zählen und so die Aufmerksamkeit der Versuchsperson von der Atmung abzulenken.« Man muß dabei noch bedenken, daß es sich bei Fuchs nur um Zählungen während einer Minute handelte. Jeder, der über etwas reichere Erfahrung im Zählen der Atemfrequenz verfügt, weiß wohl, daß man dann, wenn man längere Zeit hinter dem Kopfende des Bettes des Patienten steht, ohne von diesem gesehen zu werden,? sich hinreichend Zeit läßt und für vollständige Ruhe im Raume sorgt, beim Zählen der Frequenz durch mehrere Minuten hindurch wirklich eindeutige Zahlen erhält. Es ist dies Verfahren, wie wohl allgemein anerkannt, das zweckmäßigste, wenn es auch nicht immer zur Durchführung das bequemste ist. Ebenso zuverlässige Werte liefert die graphische Aufzeichnung der Atemfrequenz mittels des Luft- übertragungsverfahrens, wenn man die Versuchsreihen sehr lange ausdehnt und es nicht mit allzu nervösen Personen zu tun hat. Nach einer Periode entschiedener Beeinflussung der Atmung werden die Atemzüge gleich tief und regelmäßig, als Versuchsperson gerät man dabei unter dem eintönigen Summen des Uhrwerkes in einen schläfrigen Zustand und vergißt den Zweck des Versuches bald ganz. Gerade die gleiche Tiefe der Atemzüge, die man an den Kurven, die bei solchen Versuchen in der Ebene erhalten werden, erkennt, dient sehr zur Stütze der Annahme, daß eine Beeinflussung der Atmung gefehlt habe, da man sofort wechselnde Ausschläge auftreten sieht, wenn das Versuchsindividuum seine Aufmerk- 1 Sitzungsberichte der physikalisch-medizinischen Sozietät in Erlangen, Bd. 40. 2 Gewiß hat auch die Zählung Mosso’s verläßliche Werte geliefert. Mosso zählte vorerst durch lange Zeit den Puls und ging dann, ohne daß der Beobachtete es merkte, auf die Zählung der Atmung über. 48 352 A. Durvig, samkeit der Atemtätigkeit zuwendet. Auch im Hochgebirge leistet die Methode, der sich besonders Mosso und seine Schule bedienten, gute Dienste.! Es würde als idealste Versuchsbedingung gelten können, wenn man im Hochgebirge die Atem- frequenz nur im Schlafe zählen würde. Dem ist jedoch keineswegs so, denn, wie Mosso sowie Zuntz und Durig und auch wir in unseren neuen Versuchen wiederholt beobachten konnten, ist die Atmung auf dem Monte Rosa im Schlafe eine wesentlich andere als jene im Wachen. Man überzeugt sich aber auch häufig genug, daß die Atemfrequenz pro Minute auf dem Monte Rosagipfel während des Wachens keine ganz konstante ist, selbst wenn alle äußere Beeinflussung fehlt und man kann wiederholt beobachten, daß die Versuchsperson ab und zu das Bedürfnis hat, tiefer Atem zu holen. Dieses Bedürfnis äußert sich in einer fast seufzerartigen, tiefen Respiration, an die sich dann eine etwas längere Atempause anschließt. Man darf daher keineswegs etwa jene Zählungen der Atemfrequenz im Hochgebirge schlechtweg als die idealsten und am wenigsten künstlich beeinflußten ansehen, bei welchen in einer einzigen Minute die gleichmäßigsten Werte für die Atemfrequenz pro Minute erhalten werden. Bei lange dauernden Ver- suchen verwischen sich natürlich in den Mittelwerten derartige Unregelmäßigkeiten. Als dritter Weg für die Ermittlung der Atemfrequenz ist die Bestimmung der Zahl der Atemzüge während eines Respirationsversuches anzuführen. Die Versuchsperson atmet durch die Gasuhr und zählt ununterbrochen während ungefähr einer halben Stunde die Zahl der Atemzüge. ohne eine Vorstellung darüber zu besitzen, wie viel Zeit während der Beobachtung verstrich oder wie viel Atemzüge etwa auf eine Minute entfallen. Hiebei hält das Versuchsindividuum die Augen geschlossen und bleibt bewegungslos in Rückenlage liegen während der Experimentator an der Hand der Rennuhr Minute um Minute das geatmete Gasvolum feststellt. Im Zimmer muß hiebei vollkommene Ruhe herrschen und jedes Geräusch sorgfältig vermieden werden.” Die Zählung der Atemzüge pro Minute durch den Experimentator (Stricheln), die Feststellung der Gleichartigkeit des pro Minute geatmeten Volums, und endlich die Berechnung des Erhaltungsumsatzes der Versuchsperson geben ausgezeichnete Kontrollen dafür, daß die Atemmechanik keine veränderte war und daß während des Versuches wirklich vollkommene Körperruhe bestand. Das absolute Maß, das wir an der Größe des Erhaltungsumsatzes haben,? gibt auch die Möglichkeit, zu bestimmen, ob die Atemarbeit künstlich erhöht wurde. Die dauernde Kontrolle der Atmung, die im Respirationsversuche während etwa einer halben Stunde ununterbrochen erfolgt, gibt die Gewähr dafür, daß nicht etwa eine will- kürliche, gekünstelte Atemform von der Versuchsperson gewählt wurde, da diese niemals durch so lange Zeit gleichmäßig beibehalten werden könnte. Diese Annahme ist um so mehr berechtigt, als ja hiebei der Versuchsperson (im Gegensatz zu der zum Beispiel von Fuchs geübten, nur je eine Minute dauernden Zählung) jede Schätzung für die Zeit fehlt. Es wäre nun noch auf den Einwand hinzuweisen, daß die Atmung durch die Gasuhr und durch die Ventile eine modifizierte sei. Wir können dem erstens einmal entgegenhalten, daß die Frequenzänderungen im Hochgebirge bei Anwendung derselben Methodik beobachtet wurden, weshalb es sich um Experimente handelt, die unter absolut vergleichbaren Versuchsbedingungen ausgeführt wurden; zweitens glauben wir aber mit vollem Recht annehmen zu dürfen, daß bei richtiger Ausführung der Versuche und insbesondere dann, wenn die Ventile gut gebaut sind und sich ruhig, sowie ohne Widerstand bewegen, bei dem Geübten keine Modifikation der Atmung herbeigeführt wird.* Hiefür spricht nicht nur die Tatsache, daß das 1 Der gewiß sehr geeignete Zwaardemaker’sche Aerodromograph wurde bisher im Hochgebirge nicht verwendet. 2 Wir ließen nicht einmal die Flüssigkeit aus dem Auslaufheber frei abfließen, um das Geräusch der fallenden Tropfen zu vermeiden und der Versuchsperson etwa dadurch eine Möglichkeit zur Modifikation der Atmung nach der Ausströmgeschwindiskeit zu geben. 3 Siehe Abschnitt VIII, p. 123 und 124. 4 Die Angabe, daß beim Atmen durch Ventile und Gasuhr bei jeder Exspiration eine Blähung der Wangengegend erfolgt und daß dies ein Beweis für die Größe der Widerstände der Versuchsanordnung sei, können wir nicht bestätigen. Eine solche Blähung findet sich woll stets bei forgierter Atmung im Arbeitsversuch, wir beobachteten sie dagegen im Ruheversuch nur ausnahmsweise. Ist Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 399 Atmen durch die Versuchsanordnung ohne jede Empfirdung eines Widerstandes vor sich geht, sondern auch besonders der Umstand, daß Kontrollzählungen der Atemfrequenz in Beobachtungen, während derer nicht durch die Apparate geatmet wurde, dieselben Werte, die man bei der nämlichen Versuchsperson im Respirationsversuch erhält, liefern. Endlich sei noch erwähnt, daß unsere Versuchspersonen in der Ebene wie im Hochgebirge nicht selten während der Versuche einschliefen, wobei wir im Hochgebirge, geradeso wie sonst an einschlafenden Menschen, auf dem Monte Rosa die typische Ausbildung des periodischen Atmens (Cheyne Stokes’schen Atmens) beobachteten. Man ist daher wohl berechtigt die Untersuchung der Atmungsfrequenz während des Respirations- versuches als ebenso verläßlich anzusehen, wie deren Bestimmung in der üblichen Form der Zählung (durch eine zweite Person), ja die Kontrolle über die Ruhe des Beobachteten wird im Respirationsversuch sogar eine ungleich schärfere und objektivere sein, weshalb wir letzterer Methodik bis zu einem gewissen Grade sogar den Vorzug vor allen anderen geben möchten. So beruhigt wir also über die Bedeutung der im »Ruheversuch« ermittelten Werte für die Atmungs- frequenz sein können, so sicher ist es, daß die im Respirationsversuch während des Marsches bestimmten Atmungsfrequenzen, besonders wenn forciert marschiert wurde, durch die Versuchsanordnung beeinflußt werden. Beim Marschieren werden wir der Zählung durch die Versuchsperson selbst unbedingt den Vorzug geben müssen und die im Respirationsversuch bestimmten Frequenzen nur als Vergleichswerte auffassen dürfen. Eine Fälschung bei subjektiver Zählung ist nicht zu erwarten, denn die Reize aufdas Atemzentrum sind bei einigermaßen intensiverer Arbeit so mächtige, die Arbeit selbst und die Wirkungen der Umwelt stehen so sehr im Vordergrund, daß die Aufmerksamkeit von der Atmung in solchem Maße abgelenkt ist, daß eine länger dauernde, willkürliche Veränderung des Atemmechanismus nahezu ausgeschlossen ist, wenn eine solche nicht in zielbewußter Absicht herbeigeführt wird, was wohl der mit dem Zweck des Versuches Vertraute niemals tun dürfte. Wenn man also annehmen darf, daß auch im Respirationsversuch während des Marsches durch den Willen der Versuchsperson, wenn diese das Marschieren mit der Gasuhr gewöhnt ist, wohl sicher keine Veränderung der Atemmechanik herbeigeführt wird, so setzen doch die Ventile und besonders die Gasuhr selbst so beträchtliche Hindernisse, daß die Frequenz wie die Tiefe der Atemzüge hiedurch unzweifelhaft gegenüber der Norm verändert werden. B. Atemfrequenz in Körperruhe. Baslkuprdensainıneszeitsanufed Tersteminegulenz, Entscheidend für die Frage, ob im Höhenklima eine Veränderung der Atemfrequenz zustande kommt, können nur solche Versuche sein, die unter genau analogen Bedingungen im Tale und im Gebirge aus- geführt worden sind. Es wurde bereits im Abschnitte über den Erhaltungsumsatz ausgeführt, daß jene Komponenten, die bei Hochgebirgsversuchen in allererster Linie in Betracht gezogen werden müssen, das Absinken des die Weite des Mundstückes oder der Verbindungen zu gering bemessen und der Widerstand der Ventile ein zu großer oder ist die Temperatur eine sehr niedere, so daß das Räderwerk der Gasuhr sich anfangs schwerer bewegt (wohl wegen des Schmiermittels), so tritt allerdings ein eben merkbares Blähen der Wangenpartien während der Exspiration ein. Es kann übrigens bestritten werden, daß dieses zu einer abnormen Modifikation der Atmung führt. Man kann sehr häufig und besonders bei älteren Leuten sehen, daß diese im Schlafe, wenn sie mit leicht geöffneten Mund durch den Mund undnicht durch die Nase atmen, ebenso die Wangen blähen, wie dies bei der Atmung durch die Gasuhr geschieht, wenn merkliche Widerstände vorhanden sind. Es ist begreiflich, daß bei Versuchen, in denen statt des Mundstückes die Nasenoliven verwendet werden, die Blähung der Wangenschleimhaut wegfällt, dies ist aber keines- wegs ein Beweis dafür, daß in diesen Beobachtungen die Widerstände etwa geringere waren, denn infolge des Abschlusses des Rachenraumes gegen die Mundhöhle pflanzt sich die Druckänderung nicht in letztere fort, ja es kommt selbst dann zu keiner Blähung der Wangenschleimhaut, wenn man zur Prüfung, ob die aufgesetzte Nasenklemme schließt, mit Gewalt Luft aus der verschlossenen Nasenöffnung exspiratorisch auspressen will. Es sei übrigens bemerkt, daß wir eben mit Versuchen beschäftigt sind, die klarstellen sollen, welchen Einfluß geringe Widerstände auf die Atemmechanik ausüben. 304 A. Durig, Luftdruckes und die niedere Umgebungstemperatur sind. Während das erstere als das Charakteri- stischeste des Höhenklimas bezeichnet werden kann, wirken Temperaturen, wie sie in den Eis- regionen des Hochgebirges vorkommen, auf den Menschen auch in der Ebene ein und es ist also vorerst zu entscheiden, ob wir Unterschiede in der Atemfrequenz im Sommer und im Winter in der Ebene beobachten können. Bekanntermaßen lauten die geläufigen Angaben dahin, daß beim Steigen der Körper- temperatur wie bei beträchtlicher Erhöhung der Umgebungstemperatur eine Vermehrung der Atemfrequenz eintritt. Die nachstehenden Tabellen, die die Mittelwerte und die Extreme der Zahl der pro Minute bei uns beobachteten Atemzüge enthalten, geben auch einen Überblick über die Wirkung, welche die Umgebungstemperatur auf die Atemfrequenz bei uns ausübte. | Bezüglich der Versuchsbedingungen sei auf den Abschnitt Erhaltungsumsatz verwiesen.? Die Grund- daten sind in den diesem Abschnitt beigegebenen Generaltabellen enthalten.? Es sei nochmals hervor- gehoben, daß nur Reichel und Durig streng genommen der Forderung, sich im Winter derselben Ein- wirkung der Temperatur auszusetzen, wie sie es im Sommer auf dem Monte Rosa taten, gerecht geworden la. Durig. Reichel. Zahl der Atemzüge Zahl der Atemzüge OBrat Jahreszeit ET Ort Jahreszeit Min. Max. Mittel Min. | Max. | Mittel Wien 150 m Winter 10°0 1173 10°4 Wien 150 n Winter 123 14°8 13°6 > Frühling 10°1 11°0 10°5 » Frühling 10°8 18128 123 » Sommer 12-6 13°5 1asalı > Sommer 1808 WA) oa Semmering 5 \ Se Se Semmering ; 3 x 2 1000 m Winter 10-0 12-6 175 1000 m Winter mei 16:2 13°5 Id. Kolmer. Rainer. Zahl der Atemzüge Zahl der Atemzüge OBrEt Jahreszeit gg — Oret Jahreszeit Min. Max. Mittel Min. Max. Mittel Wien 150 n Frühling 12.7 17-0 13:9 Wien 150 m Frühling 15°8 16°7 16°1 » Sommer 11°0 13°0 12-0 » Sommer 16°0 19°6 IK, Alagna : ae 2 Alagna \ i 5 1000 m Sommer 19°0 25°0 2102 1190 m Sommer 17°0 18°7 dor 1 Siehe auch die Bemerkung Zwaardemaker's (Arch. f. [Anat. u.] Physiologie, 1904, Suppl. p. 264), »wenn zum Beispiel warme Luft geatmet wird, kommt ein größeres Atemvolum zur Wahrnehmung. « : 2 Siehe p. 116 u. f. 3 Auch hinsichtlich aller später in den Hilfstabellen nur in Mittelwerten angeführten Ergebnisse sei auf die Generaltabellen am Schlusse dieses Abschnittes p. 98 [446] u. f. verwiesen. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 9) sind. Zum Vergleich sind nur die Versuche in Wien im Sommer, Winter und Frühling heranzuziehen. Es ergibt sich, daß bei Durig sowohl nach dem Minimum wie nach dem Maximum der Atemfrequenz wie auch nach dem Gesamtmittel die Zahl der Atemzüge im Sommer eine größere war als im Winter, die Werte vom Frühling (März) sind fast identisch mit den Winterwerten, was vielleicht damit zusammen- hängen mag, daß die Morgentemperaturen bei sämtlichen Märzversuchen noch ganz nahe am Gefrier- punkt lagen, so daß es im ungeheizten Zimmer ungefähr gleich kalt wie bei den Winterversuchen gewesen sein dürfte. Auch bei Reichel liegen Minimum, Maximum und Mittel der Respirationsfrequenzen in Winter niedriger als im Sommer, noch niedriger fielen die Werte überraschender Weise im Märzversuche aus, wo- für eine Erklärung nicht zu geben ist. Bei Rainer ist in allen Werten die geringere Respirationsfrequenz im Frühjahr als im Sommer aus- gesprochen. Bei Kolmer wurden im Winterversuch leider die Respirationen nicht gezählt. Im Frühjahr ist jedoch die Zahl seiner Atemzüge pro Minute größer als im Sommer, was mit dem Verhalten der drei anderen Beobachteten in Widerspruch steht. Hieran ändert sich auch nichts, wenn man den aus der Reihe fallenden, extremen Wert von 17 Atemzügen pro Minute aus der Berechnung ausschaltet.. Es ist immer- hin möglich, daß Kolmer bei den ersten Versuchen — diese waren ja die Sommerversuche — modifiziert geatmet habe, gegen eine solche Annahme spricht aber die Gleichmäßigkeit der Zahl der Atemzüge während der einzelnen Minuten eines jeden Versuches! sowie die Ähnlichkeit der Minutenvolumina und der Werte für die chemische Zusammensetzung der Exspirationsluft. Es ist demnach bei dreien von uns unter der Einwirkung der wärmeren Jahreszeit eine Erhöhung der Atemfrequenz gegenüber jener im Winter erfolgt, während bei der vierten Versuchsperson ein derartiger Einfluß nicht zu erkennen war. Wissen wir nun aus unseren Versuchen über den Erhaltungsumsatz bei verschiedener Umgebungs- temperatur? und den vorliegenden Beobachtungen über die Atemfrequenz, daß im Winter keine Erhöhung des Gaswechsels eintritt, die eine Steigerung der Atemfrequenz hervorrufen könnte, und daß tatsächlich eher eine Verminderung der Zahl der Atemzüge als eine Vermehrung in der kalten Jahreszeit zu erwarten ist, so ergibt sich daraus, daß die Erhöhung der Atemfrequenz im Hochgebirge nicht auf die direkte oder indirekte Wirkung der niederen Lufttemperatur zurückzuführen ist. Einfluß des Höhenklimas auf die Atmungsfrequenz. Doch wie steht es um die fragliche Steigerung der Atemfrequenz im Höhenklima, die, wie oben erwähnt, von Mosso bestritten worden ist? Hierüber mögen nachfolgende Tabellen Aufschluß geben: IIa. Versuch von Marcet auf Teneriffa. . Atemfrequenz Meereshöhe Osrat : Anmerkung m Marcet Cupelin Puerto de Orotava 0 ar 7-9 Proc. of. the Royal Guajara 2161 11-4 10-6 SE: 11, 28, 0 Ser (1879) Alta Vista 3261 114 Am Fuße des Kegels 3580 10°0 10°6 1 Dies ist natürlich nicht aus den Tabellen, sondern nur aus den Originalprotokollen ersichtlich. 2 Siehe auch Ignatius, Lund u. Wärri, Skand. Arch., XX, p. 226. 356 A. Dürig, Id. Versuch von Veraguth. Onrst Meereshöhe nz | Atemfrequenz Anmerkung Zürich 470 9295 These Paris 1887. St. Moritz 1769 12°0 Zit. nach Jaquet Festrede Ile. Versuche Mosso's. narsermeisrgengmumennwzzl are Meereshöhe Anmerkung (eg U. Mosso Bizzozero Camozzi, Sarteur |Solferino Chamois DER hoffer Turin 276 — — — — | _ 18°5 20 »Der Mensch auf den Hoch- Gressoney 1627 12 11 8 10 10 — — alpen« (Versuche Monte Rosa 4560 13 15 ) 12 14 155 19 1894) 1 Die hier eingetragenen Zahlen stammen aus den Generaltabellen im Buche »Der Mensch auf den Hochalpen«. IId. Versuche von Zuntz und Schumburg. Autwenmelarzengkuenner Sat Meereshöhe Zuntz Schumburg Anmerkune m Minimum | Maximum Mittel Minimum | Maximum Mittel \ | Berlin 54 58 9:5 735 8.3 93 8.80 Pflüger’s Arch. Bd. 63 (1896). Zermatt 625 5:8 DZ 5:46 8-8 10°1 9-14 Betempshütte 2990 5°3 6°2 887 8:6 10°0 9-40 He. Versuch von Gebrüdern Loewy undLl. Zuntz.! A.Loewy J. Loewy L. Zuntz Ort Ma Anmerkung a4 Min. | Max. | Mittel | Min. | Max. | Mittel | Min. | Max. | Mittel = 2 2 Berlin 54 13-0 | 14-0 | 1355 | 1155 | 17 14 55/100| 71 Pflüger’s Arch. Col d’Olen 2856 9-0 | 13 11 s5| 95| 9 64| 6©5| 65 nn: 2 un) Gnifettihütte 3647 12°0 | 15°5 | 14-3 | 11°0 | 15°0 | 18-8 | 9o | 14-5 | 11-8 Margheritahütte 4560 — a — = — — | 10-5 | 11°0 | 11-0 1 In der im Buche »Höhenklima«, p. 310, angeführten Tabelle entsprechen die Werte wohlden Daten der TabelleXXI, p.519, in Pflüger’s Ach., Bd. 66, nicht aber den Originaltabellen p. 506 u. ff. der Abhandlung von Loewy; nach der Einfügung der in diesen enthaltenen Werte ist die in Absatz 4 dieses Buches angenommene Gesetzmäßigkeit nicht mehr erkennbar. Hierin erklären sich auch die Abweichungen in der Darstellung in der vorliegenden Abhandlung. Einer freundlichen brieflichen Mitteilung nach der Drucklegung dieser Abhandlung verdanke ich die Nachricht, daß die im Buche »Höhenklima« enthaltenen einschlägigen Werte nicht publizierten Versuchen Loewys entnommen sind. SE Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 30 If. Atemfrequenzen auf dem Monte Rosa (4560 m), beobachtet von Gurgo! (1896). en 5, | ale. Be Be || a ea | er ar ee As 2250 2: Tag DE a a ee ee ee 50 | 20 insg | a9 | 18 ne | se | ae | nel el al ol nz | One | el 1 Siehe »Der Mensch auf den Hochalpen«, p. 86. 2 Des Aufenthaltes auf dem Monte Rosa. essvger Ss uchsvonJalgquietzunds Ssuzechleilin: ne Atemfrequenz Osrat Anmerkung % Min. | Max. | Mittel Basel, 16. bis 21. August . 279 16°4 | 19:7 | 17°1 | Arch. f. exp. Patho- logie, Bd. 46 (1901). Chasseral, 25. August bis 38Sepiembensa ra 1600 13°9 | 17°8 | 15°8 Basel, 6. bis 11. September 279 14-3 | 16-1 | 15°1 226 | 25% » 279 14-0 | 16°0 | 15:0 2. bis 29. Dezember 279 1a | le IIh. Versuche von Zuntz und Mitarbeitern.! Meeres-]| Waldenburg Kolmer Caspari Müller Loewy Zuntz Ort höhe ee Ne. | #1 — |Min. |Max.|Mittel|Min. |Max. Mittel |Min. No ie Min. |Max.|Mittel ne Mittel|Min. Max.|Mittel Berlin 54 | — |— |10 I15 119:5] 17°2]13 116 14 |jı2 114 13 — | — | 11°5| 5°3| 7°7| — Brienz 500 | 6:5] 9 7-5112°5|21 14 :7110°5115°5| 13°3] 9 12 10 !10 13°5| 11°6| 6 9 73 Rothorn 2110 16 9 7.612 118 16 114 118 15°5|10 |16 13 [11-5117 13°6| 6 8 70 Col d’Olen 2856 |6 |11 s31I —I|-| — I-|—| — |S /105 949 —-|\-| - I—-|-|— Margheritahütte | 4560 | — ı — | — |14 [22 18 Ss [/14°5| 12:1] 8 s:5| 8 [14 119-5) 15°7) — | — | 6°0 1 »Höhenklima und Bergwanderungen« (1901). Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXV]. 49 A. Durig, IS Aue Bxpeciniom IS03. Einzelne Zählungen e { 3 Atemfrequenz der Atemfrequenz Ort Meereshöhe Versuchstag Versuchsdauer Bi DnS der ganzen dureh denlExpere ”e ersuchsdauer ertatee Berlin? 54 6°5 Col d’Olen 2865 15. August3 6h 3em— 7h 10m «>; ln, 1,8, 7, One 227. 727056 "8 5 Mo 6 lo © 105,0 NO 9 47 —10 48 7:6 8 Capanna Margherita 4560 21. August? 6 41 — 7 14 1°®, 8°8 > 7 19 — 7 54 7:4, 8°4 PS> 7 21 —-7 389 8:6 ZW 1297 1259 70), 8%) 66,0, 8,7 2 7 52 — 7 24 oA, 707 30927> 904-9 25 NS, 7° 3. September 6 52 — 6 59 5.9 4. » 7 831 — 7 42 6°8 1 Die in den vorstehenden Tabellen enthaltenen Atemfrequenzen sind aus unserer Abhandlung in Archiv für (Anat. u.) Phys. (1904), Suppl. p. 417, nicht zu entnehmen und werden an dieser Stelle auf Grund der Protokolle nachgetragen. 2 Mittel aus den Berliner Versuchen. 3 Am Tage nach der Ankunft in Col d’Olen. 4 Auf der Gemshornspitze im Freien ausgeführter Versuch. 5 4 Stunden nach der Ankunft in der Hütte. Ir. Durig. Meereshöhe Atemfrequenz ee a Die ie Versuchstag Versuchsdauer Mittel aus der ganzen u B durch den Experi- m Versuchsdauer mentator Wien 150 10:4 Col d’Olen 2865 17. August 6h 57m— 7b 27m il, 12 19.|- » 9.04 — 9 38 12, 13 12, 13, 12,12 Capanna Margherita 4560 21. August ? 7 23 —7 46 14, 13 PO > 8 24 — 8 50 1207, 118 DS 8 06 —8 54 14:8, 12°2 30207 > 9 42 —10 12 1200, 112 Bil, » 3. September 7 13 — 7 24 1220 4. » 801 —38 13 ıLıl9 1 Mittel aus den Winterversuchen. Siehe folgende Tabelle II n. 2 4 Stunden nach Ankunft in der Hütte. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 309 12. Versuch von Bayeux. I. Reihe II. Reihe Anmerkung Meereshöhe Atem- Meereshöhe Atem- m frequenz m frequenz 0 15 0 14 Compt. rend soc. biol., 1050 18 1050 16 N 1924 19 2525 21 2525 23 3020 38 3020 28 4365 40 4810 34 Ilm. Expedition 1906. | Durig Kolmer Rainer Reichel Meereshöhe i % Min. | Max. | Mittel | Min. | Max. | Mittel| Min. | Max. | Mittel | Min. | Max. | Mittel | | \ | Wien, Winter 150 10 ar ee ee cr 15 er ze et eh (nach Semmering) 885 122, 9058 E90 12-4 | 13-2 | 12°8 Semmering 1000 1052108 E22108 Brlklo 12 102 || 10 Alagna I 1190 8:0 “2 190 | 25°0 || 22 | 17°0 || 187 || 1707 || 180 88 || 10 I 9° 7 4 Monte Rosa I 4560 2202 e177:22 015 Te) | 28° 20°5 | 1770 || 2102 | 1907 || 18 ie u 18:2 | ao || il IS | 22 192 | 188 | 17° || 1Z°O || 18@ || 182 | 11702 | | | IIn. Versuch von Fuchs. In einer Beobachtungsreihe Extreme der Periode Gesamtmittel Anmerkung Min. Max. Min. Max. Erlangen 8. August 10°0 10°5 Sitzber. der Physikal. 4 5 Yo » medic. Sozietät, ne . 0 a 1139 Erlangen 1908. Col d’Olen 16. August 120 14 3 Dies 103 112) 92 140 11:03 Margheritahütte 7. Sept. 12 15°2 8. >» 12° lo) 12-8 14°7 1366 lo. > le 16°0 Col d’Olen 15.—21. >» u _ 9.92 Erlangen 10. Oktober Se lo I 8 8:6 9°5 eo! 1072 9-65 (e$) (or) @) A. Durig, Marcet beobachtete an sich und seinem Führer Cupelin eine ausgesprochene Zunahme der Atem- frequenz beim Aufenthalt in größerer Höhe; da wir aber weder seine Versuche auf dem Pic von Teneriffa noch jene, die er in der Schweiz ausführte, in bezug auf den Umsatz im Höhenklima als beweiskräftig ansehen konnten,! so darf man vermuten, daß auch die Zählung der Atemfrequenz nicht, mit jener Vor- sicht ausgeführt wurde, die bei deren Bestimmung erforderlich ist. Ähnlich muß auch unser Urteil über die Beobachtungen von Veraguth lauten.? Unter Berücksichtigung aller Kautelen zählteMosso die Atemfrequenz. Die Personen lagen morgens noch nüchtern im Bette, wurden durch längere Zeit beobachtet und waren in Unkenntnis über die Zeit, während welcher die Atmung gezählt wurde. Fünf von sieben Untersuehten wiesen eine Zunahme der Atemfrequenz auf. Die beiden Soldaten, bei denen an Stelle der Zunahme eine Abnahme der Frequenz beobachtet wurde, verhielten sich aber hinsichtlich der Atemfrequenz anscheinend überhaupt anders als die übrigen. Sie zeigten in Turin ganz auffallend viele Respirationen pro Minute (18°5 und 20) und es wäre erst zu entscheiden, welche Bedingungen bei ihnen in Turin stets eine so hohe Atemfrequenz herbeiführten, wie wir sie sonst bei Personen, die sich vollkommener Körperruhe befleißigen, in der Ebene kaum finden. Schaltet man also diese beiden Versuchspersonen, insolange deren abweichendes Verhalten in der Ebene nicht erklärt werden kann, aus, sosprechen die Beobachtungen Mosso’s einheit- lich für eine, wenn auch geringe Zunahme der Atemfrequenz in großer Höhe. In den Versuchen von Zuntz und Schumburg findet sich im Gegensatz hiezu im Höhenklima eine Abnahme der Atemfrequenz bei Zuntz, der überhaupt (stets) auffallend niedere Atemfrequenzen aufweist,? während die Atemfrequenz von Schumburg unverändert blieb. Nicht eindeutig sind auch die Resultate, welche die Gebrüder Loewy gemeinsam mit L. Zuntz gewannen. In 28562 Höhe scheint eher eine Abnahme der Frequenz ausgesprochen, die bei L. Loewy auch in der Gnifettihütte noch beobachtet wurde, bei A. Loewy und L. Zuntz fand sich dagegen an diesem Orte eine Zunahme der Zahl der Atemzüge pro Minute. Der Vollständigkeit halber wurden auch die Zählungen der Respirationsfrequenzen, die Gurgo im Auftrage Mosso’s ausführte, in obiger Tabelle wiedergegeben. So sehr auch die Zahlen im allgemeinen einheitlich für eine Zunahme der Atemfrequenz im Hochgebirge sprechen, so wenig kann man diesen eine Beweiskraft zuerkennen, da die Versuchsbedingungen sicher keine einwandfreien waren.* Die Versuche von Jaquet in Basel und auf dem Chasseral lassen keinen Einfluß des Höhenklimas auf die Atemfrequenz erkennen und zum selben Resultate führten die Beobachtungen von Zuntz und seinen Mitarbeitern im Jahre 1901, von denen nur beieinem einzigen (Loewy) im Höhenklima eine Zunahme der Atemfrequenz zu beobachten war. Haben wir schon an früherer Stelle ernstliche Bedenken gegen die Beobachtungen von Bayeux erhoben, so gelten diese auch für die Zählungen der Atemfrequenzen durch diesen Autor. Wir können daher nicht umhin, die von ihm gefundene gesetzmäßige Abhängigkelt der Atemfrequenz von der Höhe des Luftdruckes als unerwiesen zu erachten. Anläßlich des lange dauernden Aufenthaltes auf dem Monte Rosa im Jahre 1903 nahmen Zuntz und Durig ebenfalls Zählungen der Atemfrequenz vor, leider wurden die gefundenen Werte damals nicht in die Tabellen eingetragen. Es schien aber nötig, nunmehr auf die Atemfrequenzen in diesen Versuchen zurückzugreifen, weshalb auf Grund der noch vorliegenden Versuchsprotokolle die betreffenden Zahlen in Tabelle IIz und % eingetragen wurden. Die damals ausgeführten Beobachtungen zerfielen meist in zwei 1 Es sei erwähnt, daß Marcet im Sitzen gegen einen Kautschuksack atmete. 2 Siehe p. 139. 3 Ob so geringe Atemfrequenzen unter physiologischen Verhältnissen bei unbeeinflußten Personen in der Tat vorkommen, ist heute kaum sicher entschieden. Auffallend ist es jedenfalls, daß auch Speck in seinen Versuchen ähnlich niedere Frequenzen zeigte. Siehe auch Zwaardemaker, Arch. f. (Anat. u.) Physiologie, 1904, Suppl., p. 263, * Siehe Kapitel III, p. 42 dieses Bandes. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 361 unmittelbar aneinander anschließende Teile; der Mittelwert für die Respirationsfrequenz wurde in jedem derselben gesondert in die Tabelle eingetragen, außerdem bei einigen Versuchen die pro Minute durch den Experimentator zur Kontrolle bestimmte Atemfrequenz angeführt. Die Mittel in der vorletzten Kolonne beziehen sich natürlich auf eine viel größere Zahl von Minuten, als aus der vierten Kolonne ersichtlich ist. Die Versuche betreffen vollkommen einwandfrei durchgeführte Ruheversuche. Tabelle IIz ergibt, daß eine in Betracht kommende Erhöhung der Atemfrequenz bei Zuntz aut dem Col d’Olen sicher nicht bestand, dagegen ist eine Erhöhung derselben in der Capanna Margherita kaum zu bezweifeln. Diese ist jedenfalls nur in dem Beginne des Aufenthalts nachzuweisen gewesen, während am Ende des Aufenthaltes Werte beobachtet wurden, die mit dem in Berlin gefundenen Mittel übereinstimmen. Vergleicht man aber die Grenzen, innerhalb derer bei Zuntz (siehe Tabelle IId die Atemfrequenz in Berlin schwankt (zwischen 5°8 und 9:5), so liegen sämtliche Ausschläge auf dem Gipfel innerhalb des Bereiches solcher Unterschiede, die auch in Berlin beobachtet wurden, weshalb keinerlei Berechtigung besteht, bei ihm eine Zunahme der Atemfrequenz selbst in 4560 m Höhe als erwiesen anzu- nehmen. Es ist dies ein Resultat, das jenes von der Expedition 1901 (Il A) vollkommen bestätigt. Wollte man doch eine geringfügige Zunahme der Frequenz bei ihm annehmen, so hat sich diese jedenfalls während des Aufenthaltes auf dem Gipfel verwischt. Ohne Zweifel steht sie aber in gar keinem Größen- verhältnisse zu dem gewaltigen Unterschiede, der im Luftdruck zwischen Berlin und dem Monte Rosa- gipfel besteht. Interessant ist jedenfalls auch die Tatsache, daß nicht einmal vier Stunden nach der Ankunft aufdem Gipfeleine nennenswerte Veränderung der Atemfrequenzbeiihm eintrat, obwohl Zuntz während des Aufstieges ausgesprochene Zeichen von Erschöpfung und Sauer- stoffmangel gezeigt hatte. Bei Durig ist gegenüber den Winterversuchen in Wien auf Col d’Olen wie auf dem Monte Rosa eine Erhöhung der Frequenz in recht bescheidenem Ausmaße erkennbar, die, wenn wir mit dem Col d’Olen-Versuch jedoch den Sommerversuch in Wien vergleichen! (der diesem analoger als der Winter- versuch ist) auf Col d’Olen fehlt. Auch bei Durig ist die Erhöhung der Atemfrequenz selbst am Tage der Ankunft auf dem Gipfel eine recht geringe. Im Verlaufe des Aufenthaltes verschwindet die Frequenz- erhöhung wieder nahezu ganz. Es ist also bei ihm eine Anpassung an die Verhältnisse bemerkbar, doch ist von einer so raschen und in so großem Umfange stattfindenden Anpassung, wie sie Fuchs? abgeleitet hat, keine Rede. Bei unseren neuen Versuchen stellen wir die während der kalten Jahreszeit in der Ebene gewonnenen Zahlen für die Atemfrequenz jenen vom Monte Rosa gegenüber. Durig und Reichel lebten sowohl im Winterversuch wie auf dem Gipfel unter Einhaltung des vorgeschriebenen Kostprogrammes (im Stoff- wechselversuch), während die Werte für die Atemfrequenz von Kolmer und Rainer in Wien im März gewonnen wurden, ohne daß die Genannten unter Tags dieselbe Kost wie auf dem Monte Rosa genossen hätten. Ein Aufstieg in die Höhe von 1000 m (Semmering) hat weder bei Durig noch bei Reichel eine ausgesprochene Erhöhung der Atemfrequenz zur Folge gehabt, denn die Zunahme um einen Atemzug pro Minute bei Durig ist wohl ebensogut auf Zufälligkeiten zurückzuführen; es war auch nicht nachzuweisen, daß am Beginne des Semmeringaufenthaltes die Atemfrequenz eine größere als später gewesen sei. Auf dem Monte Rosa ist bei uns allen die Atemfrequenz gegenüber jener im Winter in Wien ganz ausgesprochen erhöht gewesen. In der Schlußperiode auf dem Gipfel zeigt sich diese Zunahme der Atem- frequenz vermindert, sie bestand aber immer noch fort und bei keinem von uns waren Atemfrequenzen erreicht worden, die so niedrig wie jene in der Ebene gewesen wären, obwohl wir vier Wochen auf dem Monte Rosagipfel geweilt hatten. Durig verhielt sich also ebenso wie Kolmer beim zweiten Aufent- halt auf dem Gipfel anders als in dem mehrere Jahre früher ausgeführten Versuche auf dem Monte Rosa. 1 Siehe oben die Tabelle Ia, p. 6 [354]. 2 Siehe unten. 362 A Duwrig, Zwei Jahre nach uns verweilte R. Fuchs während einer Woche auf dem Monte Rosa und stellte Untersuchungen über die Atmung und den Puls an. In der Tabelle wurden ebenso wie bei den anderen untersuchten Personen die extremen Werte, soweit diese ermittelt werden konnten, eingetragen, wie die Mittelwerte, welche der Verfasser selbst angegeben hat. Um die Größe in den Schwankungen der Atem- frequenz am selben Orte beurteilen zu können, wurden auch aus den von Fuchs angeführten Kurven die Extreme jener Werte wiedergegeben, die in fortlaufender Versuchsreihe an einem Tage gewonnen wurden. Fuchs äußert sich in Betreff seiner Versuche in folgender Weise, wobei zu bemerken ist, daß er morgens, liegend in Körperruhe, alternierend in jeder Minute Puls und Atmung zählte; die Zählungen dauerten !/, bis 1 Stunde. »Die Mittelzahlen für Erlangen I und Col d’Olen I sind zwar nicht wesentlich voneinander ver- schieden, dennoch wäre es unrichtig aus diesen Zahlen zu folgern, daß beim Übergang von Erlangen auf den Col d’Olen eine Verminderung der Atemfrequenz eingetreten sei. Die Kurve der täglichen Atem- frequenzen zeigt vielmehr, daß, nachdem die Atemzahl in Erlangen allmählich von 13:5 auf 9 am letzten Tage gesunken war, sie zu Beginn des Aufenthaltes auf Col d’Olen auf 14, das heißt um 55° 5°/, gestiegen ist. Demnach findet eine sehr energische Steigerung der Atemfrequenz beim Übergang von der Ebeneins Hochgebirge statt. Aber die Akklimatisation findet sehr rasch und sehr vollständig statt.« »Nach dem Aufstieg auf die Capanna Margherita ist die Atemfrequenz von 9:6 am letzten Tag in Col d’Olen auf 18'8 am 2. Tage des Aufenthaltes auf der Capanna Margherita gestiegen. Diese Steigerung der Atemzahl um 43 :75°/, ist keine Folge der Anstrengungen des Aufstieges, da dieser bereits am Morgen des 6. September stattgefunden hatte und durchaus nicht anstrengend gewesen war; ! außerdem hält sich die Atemfrequenz auf der Capanna Margherita ständig auf dieser Höhe und zeigt kaum eine Tendenz, abzusinken. Die durch die Klimafaktoren geschaffenen Veränderungen der Atemfrequenz sınd auf der Capanna Margherita zunächst dauernde. Ob bei längerem Aufenthalt doch noch eine Verringerung der Atemfrequenz eingetreten wäre, kann nicht entschieden werden.« Im weiteren führt Fuchs aus, daß er periodische Schwankungen in der Frequenz der Atemzüge in aufeinanderfolgenden Minuten im Hochgebirge beobachtet habe, während er solche in Erlangen nicht oder nur in geringem Ausmaße finden konnte. »Die Atemzahlen wechselten von einer Zählung zur andern selten einmal um 1/, Atemzug. Zu Beginn des Aufenthaltes auf Col d’Olen konnte ein deutlicher, wenn auch schwacher Wechsel der Atemtiefe schon während einer Zählung innerhalb einer Minute beobachtet werden«. »Während des Aufenthaltes auf der Capanna Margherita nehmen die Frequenzperioden sehr erheblich zu, sie betragen zwei bis drei Atemzüge; dieser Zustand der Periodizität ändert sich nicht während des ganzen Aufenthaltes auf der Capanna. In Alagna und Erlangen sind diese Perioden kaum angedeutet, sie betragen höchstens 1/, bis 1/, Atemzug.« Auch hier wollen wir trachten das Bewiesene von dem Möglichen oder Wahrscheinlichen zu trennen. Vorerst ist es wohl nötig, festzustellen, daß Resultate, die an einer Person, noch dazu bei sub- jektiver Beobachtung gewonnen wurden, nicht als allgemein gültige Gesetzmäßigkeit aufgefaßt werden dürfen, weshalb die ganz allgemein gehaltene Angabe von Fuchs, daß beim Übergang von der Ebene ins Hochgebirge eine sehr energische Steigerung der Atemfrequenz auftritt, wesentlich eingeschränkt werden muß. Wie die früher erwähnten Versuche dargetan haben, bestehen sicherlich individuelle Unter- schiede, ja sogar ein und dieselbe Person muß sich unter sonst ganz identischen Versuchsbedingungen bei wiederholtem Aufenthalt im Hochgebirge in derselben Station nicht gleichartig verhalten. Die prozentische Zunahme der Atemfrequenz als Kennzeichen für die Mächtigkeit der Höhenwirkung ins Feld zu führen wie dies Fuchs tut, ist kaum zweckmäßig. Wir haben eine Berechnung der Änderung der Zahl der Atemzüge, ausgedrückt in Prozenten, absichtlich unterlassen, da man selbst bei Atemfrequenzen von 6 Atemzügen pro Minute in der Ebene Schwankungen um 2 Atemzüge nach oben unter normalen Ver- 1 Fuchs ging nur von der Gnifettihütte zum Gipfel. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 363 hältnissen bei jener Versuchsperson (Zuntz) findet, die heute wohl am meisten Erfahrung in Respirationsversuchen hat, so daß selbst 30°), betragende Abweichungen — im allgemeinen ein enormer Ausschlag — bei Frequenzzählungen nach der Lage der Sache nicht allzu schwer ins Gewicht fallen. Bei der Methodik der Zählungen von Fuchs deutet aber alles darauf hin, daß wir es nicht mit wirklichen Ruheversuchen zu tun haben. Fuchs betont, daß er sich die Werte der Atemfrequenz von der einen auf die übernächste Minute nicht habe merken können (obwohl die Zahl der Atemzüge nach seiner Angabe selten um mehr als einen halben Atemzug differierte), was wohl etwas überraschend ist, wenn man sich vorstellt, daß er im Verlaufe einer Stunde 30 mal eine ganz analoge Zahl feststellte. Aus dieser Anführung geht aber hervor, daß Fuchs entweder die Atemfrequenz am Schlusse jeder Minute (dieser fällt zusammen mit dem Momente des Beginnes der folgenden, in der aber auch schon die Pulsfrequenz genau gezählt werden sollte!) diktiert hat oder selbst notierte, beides ist aber nach unseren wie Johan- sons Erfahrungen mit dem, was man wirklich einen Ruheversuch nennt und mit einer exakten Zählung der Atmungs- oder Pulsfrequenz unvereinbar. Es ist auch aus der Darstellung nicht zu erkennen, wieso Fuchs imstande war, die Bruchteile von Atemzügen während einer Minute zu beobachten. Nach unserer Erfahrung gelingt dies wohl einer zweiten Versuchsperson mit Hilfe der Stoppuhr oder der graphischen Registrierung; wir würden aber nicht im Stande sein, mit einiger Sicherheit bei Selbstbeobachtung im fortlaufenden Sekundenrhythmus ohne Störung des Versuches (und bei gleichzeitiger Beobachtung der Uhr während einer Minute) alternierend solche Zählungen der Atmungs- und Pulsfrequenz mit einer auf Dezimalen gehenden Genauigkeit auszuführen. Dann, wenn wir Zählungen der Atmungsfrequenz einer Versuchsperson während einer Minute ausführten, begnügten wir uns stets damit, alle während einer Minute begonnenen Atemzüge zu notieren, ohne auf die Bruchteile einer Minute oder eines Atemzuges Rücksicht zu nehmen. Was nun die Frequenzsteigerung betrifft, die Fuchs auf Col d’Olen beobachtete, ist zu bemerken, daß diese trotz der Anschauung von Fuchs bei Betrachtung der Kurve über die Atemfrequenz keineswegs eindeutig hervorgeht. Betrachten wir die Atemfrequenzen bei ihm in Erlangen vom 30. Juli bis 10. August und vergleichen diese mit jenen von Col d’Olen vom 14. bis 26. August, also während einer fast analogen Zeit, so ist das Verhalten, das in beiden Kurven ausgesprochen ist, fast genau dasselbe. Es ist dabei wegen der Erklärung, die Fuchs gibt (Verschwinden von Alkohol-und Tabakwirkung, Übung im Ruhigliegen), hervorzuheben, daß dem 30. Juli in Erlangen schon eine ganze Versuchswoche voranging, während derer sich die » Entgiftung« von Alkohol und die Übung besonders bemerkbar gemacht haben müßte. Wenn wir daher ebensogut annehmen könnten, daß im Gefolge der Reise, des Aufstieges, der ungewohnten Situation, vielleicht der Unruhe im, Hause, die auf Col d’Olen erst zu gewöhnen war, die Frequenz der Atemzüge anfänglich höher gewesen ist, so soll damit nur gesagt sein, daß die Versuche von Fuchs nicht als beweisend dafür angesehen werden können, daß sich bei ihm eine »energische Reizwirkung« des Höhbenklimas geltend gemacht hat, die auf die Atemfrequenz bereits in 2856 m einen großen Einfluß ausgeübt hat, der bei anderen Personen in solchem Umfange gewiß nicht nachzuweisen war. Ist die Frequenzsteigerung bei Fuchs aufCol d’Olen wirklich durch das Höhenklima bedingt gewesen, so ist eben — wenn wir von deren Ausmaß absehen — eine Person mehr beobachtet worden, bei der die Zahl der Atemzüge sich schon in so geringer Höhe vermehrt, während dies bei anderen Personen nicht der Fall ist. Auch die Entscheidung über die Frage, ob das, was Fuchs auf Col d’Olen als Akklimatisation ansieht, wirklich in diesem Sinne gedeutet werden darf, muß wohl derzeit noch unerledigt bleiben. Aut dem Monte Rosa fand Fuchs eine solche Anpassung nicht, dagegen sprechen unsere Versuche bei sehr langem Aufenthalt in der Capanna Margherita dafür, daß eine solche, vielleicht im Sinne einer Anpassung an das Klima zu deutende, Verminderung der Zahl der Atemzüge zustande kommen kann. Wir beob- achteten nämlich an allen unseren Versuchspersonen durchschnittlich eine Verminderung der Zahl der Atemzüge während der Dauer des Gipfelaufenthaltes, ganz analog wie wir sie schon im Jahre 19083 bei Durig, nicht aber bei Zuntz gesehen hatten. Von wesentlicher Bedeutung kann diese Verminderung der 364 AND, Frequenz der Atemzüge bei uns aber keinesfalls gewesen sein, da die Ausschläge nicht größere sind als jene, die man unter Umständen in der Ebene an ein und derselben Versuchsperson ermittelt. Übrigens geht ja selbst das Maximum der Atemfrequenzen, das wir in Körperruhe auf dem Monte Rosa beobachteten, kaum über jene Größen hinaus, die auch bei gesunden Menschen in der Ebene vorkommen. Wir stehen also hinsichtlich der Atemfrequenz auf dem Punkte, den bereits Mosso als erwiesen angenommen hatte, daß es Personen gibt, bei denen im Höhenklima eine Frequenzsteigerung eintritt, und solche, bei denen diese fehlt, ferner, daß bei Personen, bei denen tatsächlich eine Atemfrequenzsteigerung auftrat, eine Verminderung der Frequenz bei längerem Aufenthalt auftreten kann. Als eine charakteristisch unter dem Einflusse der Höhenwirkung eintretende Erscheinung glauben wir aber, wenn auch die Ver- suche an Kolmer, Reichel, Rainer und Durig dafür sprechen, daß im Höhenklima eine Frequenz- steigerung eintritt, derzeit eine solche nicht annehmen zu können, insolange nicht durch zahlreiche Beispiele gezeigt ist, daß die Beobachtungen von Mosso wie von Zuntz und seinen Mitarbeitern aus irgendwelchen Gründen unverläßliche waren. Es ist jedoch unwahrscheinlich, daß ein solcher Beweis erbracht werden wird, da zum Beispiel bei Zuntz in zwei verschiedenen Jahren (1901 und 1903) von verschiedenen Beobachtern keine Frequenzsteigerung auf dem Monte Rosa nachgewiesen werden konnte. Was die von Fuchs beobachtete Periodizität der Atemfrequenz im Höhenklima während einzelner aufeinanderfolgender Minuten betrifft, so wurde eine solche bereits von Mosso vor 15 Jahren beschrieben. Mosso betont jedoch ausdrücklich, daß er eine solche an sich und anderen nur unter ganz besonderen Versuchsbedingungen und zwar vorübergehend beobachtete. Sogar ein periodisches Blasser- und Röter- werden der Haut hat Mosso bereits bei Bizzozero in der Capanna Margherita gesehen und als vorüber- gehendes Zeichen bestehender Bergkrankheit gedeutet. Auch in unseren Protokollen begegnen wir ab und zu Schwankungen in der Atemfrequenz, doch sind diese weder gesetzmäßig aufgetreten, noch entsprachen sie einem andauernden Befunde. Selbst im Beginne des Gipfelaufenthaltes am Tage der Ankunft traten solche Schwankungen bei uns nicht typisch auf und, wenn wir ab und zu solche Unregelmäßigkeiten in der Atmung beobachteten, so verschwanden diese nach kurzem Zuwarten fast stets vollständig, so daß die Durchführung des Respirationsversuches ungestört vor sich gehen konnte. Einige Respirationsversuche mußten allerdings auch auf dem Monte Rosa — geradeso wie in der Ebene — abgebrochen und von neuem begonnen werden, wenn während der Probenahme die Gleichförmigkeit der Atmung keine befriedigende war. Als Beispiele für die Tatsache, daß derartige Schwankungen in der Respirationsfrequenz auf dem Monte Rosa gar nichts Typisches vorstellten, mögen einige Zählungen der Atemzüge angeführt sein. So war die Atemfrequenz bei U. Mosso in aufeinander folgenden Minuten inyGressoney2 (6277) al Some ee DE IingdesMarcherirahutte-el Bela Or DEZE: somit war das Verhalten in der Talstation ganz analog dem auf dem Gipfel. Dasselbe finden wir bei der Versuchsperson Chamois. Die Werte lauteten für die Atemfrequenz in neo, 19, AS, 18, 185 in/der Capannar Mareherita-r 101221107, lo to lol Bei Solferino sind sogar eher in Gressoney die größeren Unregelmäßigkeiten in der Atemfrequenz aufgetreten als auf dem Monte Rosa. Die Werte lauten u edel, 1 2 1, undsautzdem; Gipfel 1222 P ED Bee Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 369 Man wird jedenfalls zugeben müssen, daß also ganz allgemein die Schwankungen in ganz gleicher Weise im Flachland wie im Hochgebirge beschaffen waren. Wenn man gegen die hiebei verwendete Methodik Einwände erheben wollte, so werden diese durch die später ausgeführten Versuche Mosso’s an Galeotti widerlegt, bei denen die graphische Registrierung zur Anwendung gelangte und Atemform wie Atemfrequenz mittelst Luftübertragung (es führte ein Schlauch durch die Wand in den Nebenraum) sowohl bei der wachenden wie bei der einschlafenden und wirklich schlafenden Versuchsperson bestimmt wurden. Wir finden in dem längsten, über drei Minuten sich erstreckenden Kurvenausschnitt die Frequenzen 19, 20, 20 Atemzüge, also wieder keine Spur einer bemerkenswerten Periodizität, obwohl die Atemtiefe keineswegs konstant war. Auch dann, wenn man die in einzelnen Minuten durch den zweiten Beobachter ausgeführten Zählungen der Respirationsfrequenz bei Zuntz und Durig (Tabelle IXa und b) ansieht, gelangt man zum Resultate, daß bei ihnen keine anderen Schwankungen in der Atemfrequenz im Hochgebirge vorkamen als in der Ebene. Die Atem- frequenzen wechselten in aufeinanderfolgenden Minuten auf dem Gipfel (wie in der Ebene) nicht mehr als um einen Atemzug und selbst diese Abweichungen sind aus der Art der Zählung noch zu einem guten Teile zu erklären. Genau so liegen die Verhältnisse für unsere Versuche vom Jahre 1906, während deren wir viel öfter (dureh Stricheln) die Zahl der Atemzüge in ganzen Reihen von Minuten bestimmten. Bei keinem von uns traten in tadellosen Versuchen Perioden von höherer und dann niederer Atemfrequenz auf. Es sei nur ein Beispiel angeführt: Aus Versuch 6 (Kolmer, Wien): 1, ee ae a, lo er ne oe aus Versuch 114 (Kolmer, Monte Rosa): | I, ae la el, ne a Hinsichtlich der Frage nach dem periodischen Wechsel in der Atemfrequenz, der im Hochgebirge auftreten soll,' kann daher zusammenfassend festgestellt werden, daß ein Beweis für das Zustandekommen solcher Schwankungen als Ausdruck einer typischen Einwirkung des Höhenklimas noch keinesfalls erbracht ist, da sämtliche früher nach verschiedenen Methoden untersuchten Personen eine solche Periodizität nicht zeigten. Ob typische Perioden im Hochgebirge an einzelnen Personen auch dann beobachtet werden können, wenn die Zählungen in einwandfreier Weise ausgeführt werden, muß neuer- lichen Experimenten überlassen bleiben. Es ist ferner derzeit nicht zu entscheiden, ob durch die subjektive Beobachtung (wie in den Ver- suchen von Fuchs) derartige Perioden infolge eines periodischen Wechsels der Aufmerksamkeit, wie wir dies aus der Sinnesphysiologie kennen, nur vorgetäuscht werden? oder ob die Ursache dafür in einer ungleichmäßigen Innervation der Muskulatur gesucht werden kann, da die Versuche von Fuchs ja keine Ruheversuche waren. Was die Steigerung der Atemfrequenz im Hochgebirge betrifft, ist festzustellen, daß diese vorhanden sein kann, aber anscheinend bei manchen Personen fehlt. Berücksichtigt man das Absinken des Luft- druckes, so steht unzweifelhaft fest, daß bei jenen Personen, welche eine Erhöhung der Atemfrequenz aufwiesen, diese nicht annähernd so groß war, als daß hiedurch bei gleichbleibender Atemtiefe das Absinken des Luftdruckes hätte kompensiert werden können. 1 Ausgesprochene Perioden in der Atemfrequenz konnten wir während Respirationsversuchen auf dem Meere beobachten, trotz besonderer Aufmerksamkeit auf das eventuelle Eintreten dieser Erscheinung gelang es uns jedoch niemals, diese auf dem Pic von Tene- riffa nachzuweisen. 2 Siehe voranstehende Anmerkung, aus der hervorgeht, daß auch bei objektiver Zählung unter ganz besonderen Umständen Perioden beobachtet werden können. Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXV1. r 366 A. Durig, Vielleicht kann übrigens ein Teil der Atemfrequenzsteigerung im Beginne des Monte Rosaauf- enthaltes auf Grund der Erhöhung der Körpertemperatur erklärt werden und darin auch die Ursache für die allmähliche Verminderung der Frequenzerhöhung während des lange dauernden Gipfelaufenthaltes in unseren Versuchen erblickt werden. Diese Annahme ist aber aus zwei Gründen keine einwandfreie. Erstens ist bei Kolmer, ! dessen Körpertemperatur am wenigsten erhöht war, die Vermehrung der Zahl der Atemzüge pro Minute am allerstärksten aufgetreten und zweitens bestand die Erhöhung der Atem- frequenz auch zu einer Zeit noch fort, zu der bei uns allen die Körpertemperatur schon ganz oder nahezu ganz zur Norm zurückgekehrt war. | Wir müssen demnach die bei uns und einigen anderen Personen beobachtete Erhöhung der Atem- frequenz in eine Reihe mit jenen Erscheinungen stellen, die wohl als Folgen der Klimawirkung im Hoch- gebirge auftreten können, aber nicht auftreten müssen und deren Ausmaß je nach individuellen Verhält- nissen ein recht verschiedenes ist. Als eine entscheidende Regulation, die dem Druckabfall entgegenzu- wirken hat, kommt die Frequenzzunahme aber nicht in Betracht. Es scheint übrigens näherliegend, daß der Mensch im Höhenklima auf die Reize, die durch die Luftverdünnung gesetzt werden, mit einer Ver- tiefung der Atemzüge und nicht so sehr mit einer Erhöhung der Frequenz reagiert, da der Erfolg einer Beschleunigung der Atmung bei gleichbleibendem Minutenvolum geradezu ein ungünstiger wäre und zu einer Verminderung der alveolären Sauerstoffspannung führen müßte, während eine Erhöhung der Atem- tiefe günstigere Verhältnisse für die Sauerstoffversorgung schafft. ? In jenen Fällen, in denen vom Hause aus die Atemfrequenz schon eine relativ große ist, ist daher eine weitere Zunahme der Frequenz im Hochgebirge unwahrscheinlich, während dann, wenn die Frequenz bei größerer Tiefe in der Ebene geringer ist, wohl eher die erstere als die letztere steigen dürfte. Das Ver- halten von Zuntz, dessen geringe Atemfrequenz wir schon hervorhoben, spricht aber nicht in diesem Sinne, da er trotzdem keine Frequenzsteigerung im Hochgebirge zeigte, was neuerdings darauf hindeutet, daß in solchen Höhen wie auf dem Monte Rosa die Frequenzänderung mit der Sauerstoffversorgung des Körpers, beziehungsweise mit den Reizen auf das Atemzentrum nur in einem recht oberflächlichen Zusammenhang steht. Es ist wohl ganz sicher, daß erst dann, wenn die Deckung des Sauerstoffbedarfes eine schwierigere wird und die Atemarbeit bei Vergrößerung der Atemtiefe eine unverhältnismäßig größere werden würde,? die Zahl der Atemzüge, nicht aber die Tiefe derselben gesteigert wird. Über die Nachwirkung eines Höhenaufenthaltes auf die Atemfrequenz. Die Zahl der Versuche, die in Talstationen in unmittelbarem Anschluß an den Aufenthalt im Höhen- klima gemacht wurden, ist relativ klein. In den Versuchen von Jaquet und Stähelin fand sich hiebei kein ausgesprochener Einfluß des Klimawechsels. Die Atemfrequenzen erfuhren durch den Abstieg vom Chasseral nach Basel keine wesentliche Veränderung: £ Chasseral 15°8 Basel 15°1 und zehn Tage später 15°0 Wenn man aus den Zahlen etwas herauslesen wollte — und da es sich um Mittelwerte aus zahlreichen Versuchen handelt, ist dies vielleicht erlaubt — so würde der Abstieg eine Abnahme der Frequenz zur Folge gehabt haben. Diese Annahme scheint dadurch eine Stütze zu gewinnen, daß vor dem Aufstiege zum Gipfel 17°1 Atemzüge im Mittel beobachtet wurden. Bei der Expedition des Jahres 1901 sind die diesbezüglichen Resultate eindeutig; alle drei Personen zeigten eine Abnahme der Frequenz; wesentlich und außerhalb gewöhnlicher Schwankungen liegend ist nur die Abnahme bei Kolmer, bei Müller und Loewy dürfte man eher von’ einer Konstanz sprechen. 1 S.p. 73 dieses Bandes. 2 Diese Tatsache wurde schon von A. Loewy im pneumatischen Kabinett vor mehr als 15 Jahren nachgewiesen. Über Respiration und Zirkulation ete., Berlin, Hirschwald, 1895. 3 Reach und Röder, Biochemische Zeitschr., XXII, p. 471. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 367 Kolmer Müller Loewy Brienz vor dem Rothornaufenthalt 17.4 10:3 11=9 » nach » » 13°6 925 1 — 3'8 — 0°8 — 0'6 Anläßlich unserer Versuche bei der Expedition des Jahres 1906 fanden wir bei Durig und bei Reichel nach der Rückkehr vom Semmering ebenfalls eine geringe Abnahme der Respirationsfrequenz nicht nur unter den Wert, der auf dem Semmering beobachtet wurde, sondern auch unter jenen von Wien vor dem Aufstieg. Durig Reichel Wien vor dem Semmeringaufenthalt 10-4 326 » nach >» » 9-0 12-8 Überraschenderweise fanden wir dies Verhalten aber beim Abstieg vom Monte Rosa nicht einheit- lich bestätigt. Die Werte lauten: Durig Kolmer Rainer Reichel Monte Rosa 13°8 19:3 1720) 22; Alagna 81 Zul 22, Teen, 16:4 Semmering 1226 13:5 Zur Kontrolle sind die Werte aus jener unserer Höhenstation, die Alagna in bezug auf die Höhen- lage am nächsten steht — dem Semmering — beigegeben. Bei Durig hat die Atemfrequenz beim Ab- stieg eine ganz auffallende, sogar bis unter die Höhe des Wiener Wertes reichende Verminderung erfahren. Bei Reichel ist eine, wenn auch nicht so extreme Abnahme erfolgt, wobei ein Wert zustande kam, der über jenem liegt, der für ihn sonst bei einem Aufenthalte in Alagna Geltung haben dürfte. Kolmer und Rainer weisen sogar Zunahmen der Frequenz über das zuletzt auf dem Monte Rosa gefundene Mittel auf. Fuchs fand nach der Rückkehr vom Monte Rosa dieselben Werte für die Atemfrequenz in Col d’Olen, Alagna und Erlangen, seine Atemfrequenz war also genau auf seine »Normalzahlen« abgesunken. Die großen Unterschiede, denen wir also nach dem Dargelegten begegnen: bei einigen Personen Zunahme der Frequenz, bei anderen Abnahme, eventuell sogar Abnahme unter die Norm oder bis eben zur Norm oder einem Werte, der wenig von dieser abweicht, gestatten daher derzeit noch keinerlei sicheren Einblick, inwiefern die Raschheit des Abstieges, die Dauer des Höhenaufenthaltes oder der Unterschied in der Höhenlage auf das Verhalten der Atemfrequenz nach der Rückkehr ins Tal von Ein- fluß ist; es bedarf daher noch weiterer Studien, um diese Frage zu klären und das Gesetzmäßige fest- zustellen. Erwähnt möge sein, daß wir alle nach dem Abstieg vom Monte Rosa das Gefühl eines Überschusses an Luft und ungemein erleichterter Atmung hatten, ohne daß sich dies in der Atemmechanik ausdrückt. C. Über die Atemfrequenz bei der Arbeit. Von den zahlreichen Versuchen, die von verschiedenen Autoren ausgeführt wurden, sind deshalb nur wenige zu Schlüssen verwertbar, da die zugehörigen analogen Kontrollbeobachtungen fehlen. Unter gleichartigen Bedingungen wurden im Hochgebirge und in der Ebene von Fuchs Versuche ausgeführt; diese beziehen sich auf die Steharbeit und ergaben als Resultat, daß bei diesem Autor die Atemfrequenz beim Stehen im Hochgebirge gegenüber dem Liegen mehr erhöht war als in der Ehane. DO# 368 A. Durig, Der Wert dieses Resultates wird hinsichtlich der Frage der Atemfrequenz bei der Arbeit dadurch wesentlich eingeschränkt, daß die Arbeit beim Stehen eine verschwindend kleine ist! und daß die mechanischen Bedingungen für das Atmen im Stehen viel ausgiebiger verändert sind als der Umsatz, den wir als Ausdruck für die Größe der geleisteten Arbeit ansehen können. ? Auch Hantelversuche führte Fuchs aus und beobachtete,‘ daß bei ihm nach der Ausführung der Hantelübungen die Atemfrequenz auf dem Monte Rosa langsamer zu ihrem früheren Wert zurückkehrte als in Erlangen. Auch die Vermehrung, die die Zahl der Atemzüge hiebei erfuhr, war im Höhenklima größer als in der Ebene. Diese betrug gegenüber der Ruhefrequenz nach 30 Hantelübungen in Erlangen 41 °/,, auf Col d’Olen 77 °/,, in der Capanna Margherita 106 °/,. Es hat also ein und dieselbe Arbeit bei ihm auf Col d’Olen fast zu einer Verdoppelung, in der Capanna Margherita zu einer Vermehrung auf das 2t/,fache geführt. Die Beobachtungen von Fuchs stellen nur eine Wiederholung der bereits von Mosso in großem Maßstabe ausgeführten Hantelversuche vor; eindeutig können auch diese Resultate nicht genannt werden, da beim Hantelversuch einerseits die Ausbildung der Übung, worauf Mosso selbst hinweist, in Betracht kommt, anderseits aber zu berücksichtigen ist, daß die Atemmechanik durch die Inanspruchnahme eines Teiles der auxiliären Respirationsmuskeln und durch die Verschiebung, die die Lage des Thorax und jene der Baucheingeweide erfährt, ganz wesentlich beeinflußt ist. Von den Resultaten, die Mosso betreffs dieser Versuche beschreibt, sei erwähnt, daß er länger dauernde Beschleunigung der Atmung nach Beendigung gleich großer Arbeit? in den meisten Fällen beobachten konnte, wenn die Versuche im Gebirge ausgeführt wurden. Auch während der Arbeit trat meist — aber nicht stets — eine größere Frequenzsteigerung auf als in der Ebene. Daß aber auch dies keine Gesetzmäßigkeit vorstellt, ergibt der Versuch am Soldaten Marta, der die je 5%g schweren Hanteln in der Capanna Margherita im Vier-Sekunden-Rhythmus 185 mal nacheinander hob, ohne daß eine Steigerung der Atemfrequenz eintrat! So mächtige Steigerungen der Atemfrequenz bei Hantelversuchen, wie sie jedoch Fuchs an sich gefunden hat, beobachtete selbst bei wesentlich größerer Arbeit Mosso bei seinen Soldaten nicht, aus- genommen vielleicht in dem einen Fall, in dem seine Versuchsperson Solferino nach einer durch- schwärmten Nacht, in der dieser zu viel Wein getrunken haben dürfte, zur Hütte Linty aufgestiegen war. Das von Fuchs in Selbstbeobachtung gewonnene Ergebnis kann daher nicht zur Aufstellung einer Gesetzmäßigkeit verwertet werden, ja es bleibt wohl erst weiteren Beobachtungen überlassen, festzustellen, unter welchen Bedingungen so hochgradige und mit der Höhenlage gesetzmäßig wachsende Atem- frequenzsteigerungen bei der Arbeit eintreten. Die äußere Arbeitist bei Hantelübungen, wenn wir diese berechnen, übrigens gewiß keine große, wenn es auch keinem Zweifel unterliegt, daß das Heben von 5 kg schweren Hanteln während 12Minuten ununter- brochen im Viersekundentakt eine imponierende und anstrengende Leistung ist. Der Effekt berechnet sich hiebei jedoch unter Annahme einer Hebung um 60cm bei jeder Übung nur auf 2X 0:60 xX5xX > = 90 mkg pro Minute gegenüber einem Effekt von 500 bis 1000 mkg pro Minute, der beim Bergauf- 4 1 Siehe p. 265 dieses Bandes. 2 Die Verhältnisse liegen im Versuche von Fuchs darum noch weniger klar, weil es sich bei ihm ja um keinen vollkommenen Ruheversuch handelt und dann der Umsatz im Liegen größer als beim Stehen sein kann, wie zum Beispiel bei Widlund (siehe p. 267). 3 Diese bestand in 120 bis 130 Hantelübungen. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 369 gehen leicht zu erreichen ist.! Allerdings ist bei einer solchen Berechnung zu bedenken, daß in dieser die Leistung der Muskeln für Bremsarbeit, jene der Stammesmuskeln für das Fixieren der Stellung u. a. nicht einbezogen ist. Auf Grund dieser Anführungen ergibt sich, daß derzeit unsere Kenntnisse über das Verhalten der Atemfrequenz bei der Leistung von Arbeit recht mangelhafte sind, denn in jenen Versuchen, in denen die Methode der Zählung der Atemfrequenz eine korrekte gewesen ist, handelte es sich teils um eine sehr geringe Arbeit, teils um eine ungewöhnte Arbeit und endlich um eine Arbeit, bei der die Atemmuskulatur durch die Tätigkeit selbst in Anspruch genommen wurde. Wir sind deshalb zur Beurteilung der Abhängig- keit der Atemfrequenz von der Leistung gewohnter Arbeit eigentlich ausschließlich auf jene Versuche angewiesen, die mit Hilfe der Respirationsapparate ausgeführt wurden, die wir aber wegen des Einflusses der Methodik auf die Atemmechanik nicht als einwandsfrei anerkennen konnten. In Bezug auf die Bedeu- tung der Werte muß daher nochmals betont werden, daß wir diese nur als Vergleichswerte betrachten dürfen, die aussagen, wie sich die Atemfrequenz unter den gleichartigen Versuchsbedingungen ver- halten habe. Illa. Zuntz. Horizontalmarsch. Os Meereshöhe ın Wer au Atemzüge pro Minute [ Berlin 54 56-1 6°6 Capanna Margherita 4560 60°0 15°5 61°2 15°0 63°5 15°0 66°7 15°6 Id. Durig. Horizontalmarsch. Weg pro Minute Osrat Meereshöhe m = Atemzüge pro Minute Wien 250 70—80 18°4 80—90 22°2 102 22°3 Semmering 1000 100—110 20°7 Col d’Olen 2856 94 200 Capanna Margherita 4560 80—90 Do gif 261 Ile. A. Loewy, J. Loewy undL. Zuntz. Horizontalmarsch. Neereskäne Weg: pro Minute Zahl der Atemzüge pro Minute Ost 1 % * A. Loewy J. Loewy L. Zuntz Berlin 250 60—70 11 12 111 Col d’Olen 2856 60—70 11 11 7 1 50 bis 60 m pro Minute. 1 Größer ist die Arbeit natürlich, wenn die Hantelübung mit gleichzeitiger Kniebeuge verbunden ist, hiebei kann vorüber- gehend sogar mehr Arbeit als bei forciertem Gehen geleistet werden, durch die Wirkung auf das Zwerchfell ist dabei aber auch der Einfluß der Übungen auf die Atmung ein ganz ungewöhnlicher und von allen sonstigen Bedingungen abweichender. 370 4A. Durig, IIld. Reichel. Horizontalmarsch. ee a a a a u nn BE Le En er ee o Meereshöhe Weg pro Minute Atemzüge Tat - m | m pro Minute f Wien 250 95-105 ° 16-3 Semmering 1000 95—105 16°0 Aus den beiden Hilfstabellen a und b geht hervor, daß bei Zurücklegung annähernd analoger Weg- strecken auf horizontalem Boden in der Capanna Margherita ungleich frequenter geatmet wurde als in Berlin und Wien. Wie schon an früherer Stelle erwähnt, war das Gehen in der Hütte allerdings ein wesent- lich weniger bequemes als bei den Versuchen in der Ebene. Die Frequenzsteigerung ist dessenungeachtet aberunzweifelhaft zum größeren Teile auf die geringere Höhe des Luftdruckes, beziehungsweise die hieraus entstehenden Folgen zurückzuführen. Im Gegensatz zu diesem Befunde stehen die Resultate der Versuche in geringeren Höhen. Sowohl auf dem Semmering wie auch auf Col d’Olen atmeten bei denselben Marschgeschwindig- keiten alle fünf untersuchten Personen mit derselben Atemfrequenz wie in der Ebene. Das Verhalten ist also bei einer so mäßigen Steigerung der Verbrennungsvorgänge, wie sie der Horizontalmarsch mit sich bringt, dasselbe wie in Körperruhe gewesen. Zu bemerken wäre nur, daß die Versuche auf der Sporneralp, bei denen Horizontalmärsche von Durig ausgeführt wurden, wegen der Unvergleichbarkeit der Verhältnisse in die voranstehende Tabelle nicht aufgenommen wurden. Von den Versuchen über die Atmung bei der Steigarbeit können nur jene, welche in Berlin, auf dem Rothorn und auf Col d’Olen, beziehungsweise bei der Betempshütte angestellt wurden, einigermaßen ver- glichen werden, da sie auf festem Weg ausgeführt wurden, während Parallelen zu den Gletschermärschen auf dem Monte Rosa nur in den Beobachtungen, die in Wien im Winter auf beschneitem Wege ausgeführt wurden, vorliegen. Besonders beweisend für das Verhalten der Atemmechanik sind die Versuche vom Bilkengrat, bei denen unmittelbar im Anschlusse die Atemmechanik in verschiedenen Höhen während ' eines kontinuierlich fortgesetzten Marsches untersucht wurde. Vergleichbar sind in den folgenden Tabellen die Versuche, in denen der Effekt, ausgedrückt in Meterkilogrammen Steigarbeit pro Minute, annähernd derselbe war. IVa. Zuntz und Schumburg (Steigarbeit). Zuntz Schumburg or Meereshöhe Mm Effekt Effekt . Atemfrequenz i Atemfrequenz mkg|Min. mkg]Min. Berlin 54 4596 O7 76831 18°6 Betempshütte 2990 445°7 10-9 6188 19:8 |V5. A. Loewy, J. Loewy und L. Zuntz Steisarbein) A. Loewy J. Loewy L. Zuntz Meereshöhe \ Ost Mm Effekt Effekt ; Effekt 3 mkg]Min. Lenz mkg|Min. Basler ankg]Mın. Beauenz Berlin 54 550— 600 134 450—600 13°5 695 1°) Col d’Olen 2856 450 — 500 17720 450—600 13:0 450 —600 114 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 371 IVe. Expedition 1901 (Steigarbeit). Nies Waldenburg Kolmer Caspari Müller Loewy Zuntz Ouızt höhe ” Effekt | Fre- Effekt |Fre- | Effekt | Fre- Effekt Fre- Effekt | Fre- Effekt | Fre- mkg/Min. | quenz | nkg/Min. \quenz mkgjMin. | quenz jmkgjMin. | quenz \mkg/Min.| quenz jmrg/Min. | quenz ı u D | {} Berlin 54 1350-450) 11 |500—650 | 24 1650—800| 20 1800-900) 20 1500—550| 17 1650—700| 10 Brienz 500 1350—450, 11 1000-1100) 40 1650—800) 21 |800—900| 20 650—700| 12 Rothorn 2130 |500—600| 125] 500—650 | 2451650 —800| 21 |700—800| 19 [500—550| 17 1650—700) 15 1000-1100) 39 Col d’Olen 2856 |500—600| 15°5 800— 900] 20 IVa- Diuri 271902. Atemfrequenz Or: Meereshöhe Ze = in > untrainiert trainiert bei 600— 700 ınkg | bei 900— 1000 mkg Leistung Leistung Wien 150 —_ 25 Bilkengrat 1790 30 23 > 1960 32 28 > 2240 29 30 > 2440 33 s1 IVe. Expedition 1906 (Versuche auf Schnee). Durig Kolmer Rainer Reichel Meereshöhe Osrzt TT ———— — —— 22 Effekt? re Effekt Kreanenz Effekt ee Effekt Fr. mkg/Min. q mkg]Min. a mkgjMin. 4 mkgjMin. | auenz Wien . 150 600—700 18:2 650 — 850 41 570—670 64 800—900 | 21 Capanna : Margherital 4560 500— 550 32 450—550 55 400—550 39 400—500 33 \ 1 Richtiger wäre, die etwas niedrigere Höhe des obersten Gletscherplateaus einzusetzen, der Einheitlichkeit halber ist die Höhe des Gipfels angegeben. 2 Unter Effekt ist Nettoeffekt zu verstehen, also reine Hebung des Körpergewichtes ohne Rücksicht auf die Arbeit zur Über- windung der Widerstände des Schnees. Die Durchsicht der einzelnen Teile der Tabelle lehrt, daß in Brienz gegenüber Berlin noch keine Frequenzsteigerung bei gleich großer Leistung zu beobachten war /c), auf dem Rothorn (2130 m) trat bei Zuntz allein, dessenFrequenz im Tale ganz auffallend niedrig liegt, eine Erhöhung der Zahl der Atemzüge ein, die auch bei Waldenburg angedeutet ist. Drei Versuchspersonen wiesen in dieser Höhe noch keine Vermehrung der Atemzüge bei der Arbeit auf. In einer Höhe von nahezu 3000 » (Col d’Olen, Betempshütte) finden wir wieder die deutliche Vermehrung beiZuntz und bei Waldenburg, aber auch bei A. Loewy, sie fehlte bei J. Loewy,_L. Zuntz und nahezu ganz auch bei Schumburg. Im ganzen scheint aus den 372 A. Durig, Versuchen hervorzugehen, daß jene Personen, die bei der Arbeit in der Ebene eine geringe Atemfrequenz aufgewiesen hatten, bereits in geringerer Höhe mit einer Steigerung der Atemfrequenz bei der Arbeit reagierten, was ja insoferne sehr plausibel ist, als sie eben im Tale schon eine relativ bedeutende Atem- tiefe aufwiesen und nun bei der Mehranforderung an den Respirationsapparat mit einer Vermehrung der Atemzüge antworteten, während jene, diein der Ebene schon schneller, aber flacher atmeten, vorerst durch Vertiefung der Atemzüge den Bedarf zu decken trachteten. Daß dabei das Training eine Rolle spielt, machen die Versuche an Durig auf dem Bilkengrat wahr- scheinlich (d). Bei wesentlich größeren Leistungen sind die Atemfrequenzen bei ihm im trainierten Zustand niedriger als im untrainierten. Im untrainierten Zustande machte sich bei hoher Atemfrequenz der Ein- fluß der Meereshöhe zwischen 1790 und 2440 m nicht geltend, während er im trainierten Zustand ganz eindeutig hervortrat.* Man wird also in niederen und mäßigen Höhen nicht schlechtweg davon sprechen dürfen, daß die Frequenz der Atmung bei gleicher Leistung pro Minute umso höher sein müsse, je mehr der Luftdruck absinkt, sondern (vorausgesetzt, daß unsere nicht einwandfreie Methodik diese Behauptung zuläßt) einem individuellen Verhalten Rechnung tragen, je nachdem die Atemfrequenz bei einer Person vorher höher oder niedriger gewesen ist. Wenn bei forzierten Leistungen, zum Beispiel bei Kolmer (zirka 1000 bis 1100 mkg pro Minute), die Frequenz in der Ebene eine sehr hohe ist, so ist eine weitere Frequenzzunahme beim Vordringen in größere Höhen, wenn der Luftdruck nicht sehr stark sinkt, natürlich unwahrscheinlicher als eine Zunahme der Atemtiefe. Unzweifelhaft ist auf dem Monte Rosa-Gipfel die Frequenzsteigerung ausgesprochen. Es wurde also getrachtet, dem Sauerstoffmangel auch durch eine wesentliche Vermehrung der Zahl der Atemzüge zu steuern. Zwei Ausnahmen sind nun in der Tabelle erkennbar, die eigentlich recht lehrreich sind. Kolmer weist während der Märsche eine viel höhere Frequenzsteigerung auf als wir übrigen, er verhält sich also in Bezug auf seine Atemmechanik sicher unzweckmäßig und wir begegnen hier vielleicht zum erstenmale einem Hinweis auf seine wesentlich geringere Marschleistungsfähigkeit, ja, vielleicht kann man daraus auch auf ein gewisses Übelbefinden schließen, das möglicherweise als ein Symptom beginnender Berg- krankheit zu deuten ist. Dieselbe, nur noch etwas größere Frequenzerhöhung beobachteten wir nämlıch auch bei Rainer in Wien, der während der Wintermärsche über Unwohlsein, Mattigkeit, Kopfschmerz und Neigung zum Erbrechen klagte, dennoch führte er drei Versuchsmärsche aus, deren Resultat aber ganz an den Marsch Kolmer’s auf dem Monte Rosa erinnert. ? 1 Es ist allerdings hierbei daran zu denken, daß die Ermüdung und damit die progressive Anhäufung von Stoffwechsel- produkten infolge der Muskeltätigkeit während des Aufstieges in Betracht gekommen sei und sich unabhängig von der Höhenwirkung geltend gemacht habe. Erfahrungen die in diesem Sinne sprechen, liegen in den Versuchen von Zuntz und Schumburg (»Physiologie des Marsches«, p. 358 u. 359) vor. In diesen Beobachtungen zeigte sich, daß nach ermüdender Muskelarbeit in der Ebene eine Steigerung der Atemfrequenz eintritt; die Vermehrung der Zahl der Atemzüge war aber eine recht bescheidene und kaum gesetzmäßig ausgesprochene. Es beweisen diese Versuche also geradezu, daß im Gefolge anstrengender Arbeit an und für sich keine erhebliche Frequenzsteigerung eintritt. Auch im Höhenklima war ‚bei Durig, solange die Leistung während der Bılkengratversuche noch eine geringe war, die Frequenzsteigerung nicht gesetzmäßig ausgesprochen. Bei großem Umsatz pro Minute und wesentlich erhöhter Leistung im Training sind aber mit dem Ansteigen des Sauerstoffverbrauches in der Zeiteinheit die Atemfrequenzen gestiegen. Die Gesamtleistung war ja im Training die nämliche gewesen wie in den Versuchen vor der Ausbildung des Trainings, es war also zu einer hochgradigeren Ermüdung im trainierten Zustande ganz und gar kein Grund vorhanden. Dasjenige, was sich in den Grund- bedingungen der beiden Versuchsserien jedoch änderte, ist das Mißverhältnis zwischen Anbot und Verbrauch an Sauerstoff, und natur- gemäß mußte dieses Mißverhältnis um so mehr in den Vordergrund treten, je größer der Effekt und je größer die Luftverdünnung (Meereshöhe) war, in welcher der gesteigerte Effekt produziert wurde, Insofern kann eine Anhäufung von reichlicherem, weniger weit oxydiertem Materiale oder von Stoffen im Blute, die das Atemzentrum reizen, für die Frequenzsteigerung verantwortlich gemacht werden, hierin liegt aber eben der Ausdruck einer spezifischen Wirkung eines der im Höhenklima wirksamen Faktoren. Jene Erscheinung, die im Prinzip in der Ebene auf dieselben Grundlagen zurückzuführen war, ist eben unter Zunahme des Mißverhältnisses zwischen Sauerstoffanbot und Sauerstoffverbrauch markant hervorgetreten. 2 Ein analoges Beispiel dazu bildet der eben erwähnte Versuch Mosso’s an dem übernächtigen Soldaten Solferino auf der Lintyhütte. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 373 Leider können die Marschversuche auf dem Gipfel vom Jahre 1901 und 1903 nicht verwertet werden, da ihnen Versuche auf Schnee mit annähernd gleich großen Leistungen nicht gegenübergestellt werden können. Jedenfalls war auch bei ihnen die Atemfrequenz wesentlich gesteigert. Kolmer zeigte bei 373 mkg Steigarbeit pro Minute 42 Atemzüge (gegen 55 bei 450 bis 550 mkg im Jahre 1906), also einen Wert, der mit dem neuerlich beobachteten in sehr guter Übereinstimmung steht. Caspari wies als Ver- suchsperson auf dem Monte Rosa ein ganz ähnliches Verhalten auf wie Kolmer, er bedurfte schon über 40 Atemzüge bei einer knapp über 300 mkg Steigarbeit pro Minute betragenden Leistung. Gering war die Atemfrequenz bei Zuntz auch auf dem Monte Rosa (16 bis 18 Atemzüge), seine Leistung war aber auch klein, denn sie betrug nur wenig über 200 mkg pro Minute. Auch bei Durig waren damals entsprechend der geringen Arbeit die Atemfrequenzen viel niedriger, sie lagen zwischen 20 und 24 Atemzügen pro Minute. Aus dem Angeführten geht hervor, daß bei uns mit Zunahme der Leistung, die auf dem Monte Rosa bei der Arbeit ohnehin schon erhöhte Frequenz unter Steigerung der Leistung überraschend schnell in die Höhe getrieben wurde und zwar rascher alsin der Ebene, was wohl wieder damit zusammenhängt, daß, wie gezeigt werden wird, bei uns auch die Atemtiefe bei gleicher Arbeit auf dem Monte Rosa eine erhöhte war. Inwieweit individuelle Schwankungen sich bei der Atemfrequenz in so großen Höhen geltend machen und welchen Einfluß das Training auf diese ausübt, bedarf erst weiterer Feststellung, insbesondere ist es aber nötig, die Frage unter Anwendung einwandfreierer Methodik, als wir sie verwendeten, zu studieren Unzweifelhaft werden Gehversuche zweckmäßiger als Hantelversuche angesehen werden müssen, bei denen nicht nur die Übung im Heben der Hanteln, sondern auch die Rückwirkung der Tätigkeit der Ober- arm- und Schultermuskulatur auf den Thorax und die Atembewegungen zu berücksichtigen ist.! Im Anhange zu den genannten Beobachtungen sei auch der ungemein gewissenhaft durchgeführten Versuche gedacht, die Marcet bereits im Jahre 1878 ausführte. Er hatte sich für die Beobachtungen über die Steigarbeit einen eigenen Apparat »Rocking-board« konstruiert, bestehend aus zwei Balken, die in der Mitte um eine Achse drehbar waren und auf der einen Seite mit Gewichten belastet wurden, während auf der anderen die Versuchsperson durch abwechselndes Niedertreten der Balken meßbare Arbeit nach dem Takte eines Uhrwerkes leistete. Auch dabei war die Arbeit keine große.*? Marcet beobachtete dabei an sich wie an seinem Führer Cupelin eine Zunahme der Atemfrequenz in größerer Höhe. Seehöhe Marcet Cupelin Bulerloß Sue 1123 EIAO) Guajarasgaı 3 2:5 2161 1259 12-6 Alta Mistasele.022...:23261 13-0 12 025) Wie die Zahlen zeigen, war diese Zunahme aber nur in 2161 »» Höhe erkennbar, während auf der Alta Vista kein weiterer Zuwachs der Atemfrequenz mehr beobachtet wurde. 2. Über das Verhalten der Atemtiefe. Über die Atemtiefe in Körperruhe. Eingehende Studien über die Atemtiefe und deren Veränderlichkeit im Höhenklima hat wohl als erster Mosso ausgeführt. Er war es, der die Gasuhr für die Bestimmung der Atemvolumina zuerst mit ins Hochgebirge nahm und zahlreiche graphische Aufzeichnungen über die Atemtiefe verdanken wir 1 Diese wird ja auch therapeutisch bei der Behandlung der Tuberkulösen verwertet. 2 Marcet hob 39-5 Pfund 45mal pro Minute um 5°06 Inches, was einer Hebung von 14:7 kg auf 14°27 cm — 94 mkg pro Minute gleichkommt. Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXV1. 51 374 A. Durig, ebenfalls seinen mühevollen Untersuchungen.! Er und seine Schüler haben reiches Tatsachmaterial bei- gebracht, so daß es wohl genügt, auf die zahlreichen Publikationen der Turiner Schule zu verweisen, ? Von jenen Erscheinungen, die im Hochgebirge hinsichtlich der Atemtiefe ganz besonders auffallen, ist gewiß das Auftreten der periodischen Atmung das allerbemerkenswerteste. Mosso hat sich eingehend mit dieser Frage beschäftigt. ® ° Haldane und dessen Schüler Douglas haben durch Versuche, die wegen der Einfachkeit, mit der sie ausgeführt wurden, geradezu als genial bezeichnet werden können, nachgewiesen, wie man auch an normalen, im Lehnsessel sitzenden Personen durch Erzeugung vorübergehender Apnöe (durch Über- ventilation und Entfernung der Kohlensäure) Cheyne Stokes’sches Atmen erzeugen kann.* Die Erscheinung kennzeichnet sich ausgesprochen als eine Folge der Wirkung des Sauerstoffmangels, beziehungsweise durch periodische Schwankungen im Sauerstoffmangel und im Gehalte des Blutes an Stoffen, die reizend auf das Atmungszentrum wirken. Wir beobachteten während des Einschlafens und im Schlafe an uns allen wiederholt das periodische Atmen, das auch am Schlusse des Gipfelaufenthaltes bei uns immer noch ab und zu auftrat. Auch die Kustoden und unser Freund Alessandri, die den ganzen Sommer auf dem Gipfel zubringen, zeigten dasselbe Phänomen. Selbst während des Atmens durch die Gasuhr konnten wir an der einschlafenden Versuchsperson das Cheyne Stokes’sche Atmen nachweisen und die Volumina der einzelnen Atemzüge hiebei direkt messen. Hieher würde auch der Hinweis auf die Veränderung im Atemtypus gehören, welche Mosso an seinen Soldaten beobachtete. ® Die mittlere Atemtiefe, die sich aus der Größe des pro Minute geatmeten Volumens und der Zahl der pro Minute ausgeführten Atemzüge ergibt, steht naturgemäß in einem gewissen Wechselverhältnis zur Atemfrequenz, weshalb die einzelnen Versuchspersonen, deren Atemfrequenz wir im Voranstehenden besprachen, sich auch hinsichtlich der Atemtiefe verschieden verhalten. Gegenüber den Beobachtungen Mosso'’s über die Atemtiefe ist leider eine gewisse Reserve nötig, denn die absoluten Größen, mit denen wir es in diesen zu tun haben, lassen den Verdacht, daß störende Momente in den Versuchsbedingungen die Messungen beeinflußt haben, gerechtfertigt erscheinen. ” Es verlieren dadurch die überraschenden Ergebnisse, die zum Beispiel an Solferino gefunden wurden, sehr an Beweiskraft, denn wir wissen, daß selbst in der Ebene ein Mann von 64%g Körpergewicht mehr "als 3722 cm? Luft pro Minute (im Mittel 4433 cm? unreduziert) atmet, umso unwahrscheinlicher würde in 4560 m Höhe eine Ventilation von rund 2/ reduziertem Volum pro Minute sein. Die Größen für den Erhaltungsumsatz können eben, wenn der Mensch überhaupt leben soll, unter gewisse Werte nicht sinken. Es sei daher nur erwähnt, daß außer Solferino, der nach dem Gesagten wohl auszuschalten ist,° von den sieben untersuchten Personen der Expedition Mosso’s nur eine einzige eine Abnahme der Atemtiefe fa Siehe Laboratoire scientifique international du Monte Rosa, Tome I u. II. N Siehe auch die Arbeiten in den Rendiconti della R. Accademia dei Lincei und Archives italiennes de Biologie. Laboratoire scientifique du Monte Rosa, II, p. 1. Journal of the Physiology, XXXVIIL, p. 401. Arch. f. (Anatomie und) Physiologie, 1904, Suppl., p. 439. »Der Mensch auf den Hochalpen«, p. 50. oa an pp w Siehe oben, p. 139 dieses Bandes. a Da wir für Solferino einen Sauerstoffverbrauch von rund 240 cm? pro Minute annehmen müssen, würden von den 420 cms Sauerstoff, die pro Minute von ihm in 2000 cm? reduzierten Volumens eingeatmet wurden, nur mehr 180 cm? in der Exspirationsluft erscheinen, was einem Gehalte von rund 9 Prozent Sauerstoff in der Exspirationsluft entsprechen müßte. Wollen wir die alveolare Tension bei diesem Prozentgehalt der Exspirationsluft und bei einer Frequenz von 13 Atem- zügen (siehe obige Tabelle) berechnen unter der Voraussetzung, daß Solferino 4000 cm? Luft pro Minute atmete, so kommen wir zu Werten, die überzeugend die Unmöglichkeit eines solchen Gaswechsels dartun. Es entspricht dann der Tiefe eines Atemzuges ein Wert von rund 300 cm? mit einem Gehalte von rund 27:0 cm3 Sauerstoff, von denen 140 cm? mit 21 Prozent Sauerstoff, das ist 29:3 cm? aus dem schädlichen Raume stammen sollten, die nicht einmal im Atemzuge exspiriert wurden! Aber selbst dann, wenn wir den Mittelwert aus den Versuchen an Solferino zugrunde legen, erhalten wir einen Wert für die Sauerstofftension, der den Tatsachen Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 379 beim Übergang von Gressoney (1627 m) auf den Monte Rosa gezeigt hat; bei dieser war aber die Atem- frequenz von 11 auf 15 Atemzüge gestiegen. Von Zuntz und seinen Mitarbeitern ist nur bei Loewy in Körperruhe kein Steigen der Atemtiefe auf dem Monte Rosa beobachtet worden, was uns ebenfalls dadurch erklärlich wird, daß seine Atmungs- frequenz eine sehr starke Zunahme gezeigt hat. Im Jahre 1896 war aber auch bei ihm die Steigerung der Atemtiefe beim Aufstieg von Berlin nach Col d’Olen eingetreten. Zunahmen der Atemtiefe wiesen auch Marcet, dessen Führer Cupelin, Zuntz und Schumburg, A. und J. Loewy undL. Zuntz auf. Auch in den Versuchen von Jaquet und Staehelin war die Zunahme der Atemtiefe bereits auf dem 1600 mn hohen Chasseral ausgesprochen. ! Unsere neuen Versuche ergaben nachstehende Werte für die Atemtiefe bei Körperruhe, die in der folgenden Tabelle zusammengestellt sind. Va. Atemtiefe in Körperruhe (cm?). Oft ESTER OS Durig Kolmer Rainer Reichel m I | i 1 Wien (Winter)... . 150 599"6 522°4 Kruhlinsgsr. 887°9 523-7 4154 9884 Sommer Ba: 4960 9394 422 466° 1 SEmmIeno 1000 590-8 9207 Alasnauı 2 20. 1190 659°6 4089 427°3 4540 SpomenAlpesmarr 1326 4776 KAKOER 5 00 0. 2856 510°0 Capanna Margherita. 4500 6418 5171 521°5 6079 Nm 700-8 549-2 5517 625°0 VD. | Waldenburg; Kolmer Müller Caspari Loewy Zuntz Berlin. 566 382 740 4009 438 zirka 900 Brienz 646 432 502 362°9 394 648 Rothorn 689 412 420 3651 246 782 Col d’Olen 7122 585 Capanna Margherita 885 462 1079 6986 399 1495 nicht entsprochen haben kann. Einem Volum von 4433 cn? unreduziert entsprechen auf dem Monte Rosa reduziert rund 2500 cm3, diese enthalten 525 cm? O,, es erübrigen also nach Abzug des Verbrauches von 240 cm? nur mehr 285 cm? für das Exspirationsgemisch, das demnach 11'4 Prozent Sauerstoff enthalten hätte. Pro Atemzug ergeben sich 4433 : 13 —= 341 cm? mit 38°9 cm? Sauerstoff, von denen 29:3 cm? nicht aus der Lunge stammten, so daß in der Lunge 4:8 Prozent O, enthalten gewesen wären. Nehmen wir einen Gasdruck von 400 mm (abzüglich der Wasserdampftension bei 37°C) an, so entspricht dies einem Sauerstoffdruck von 19°2 man, bei welchem das Leben nicht mehr gefristet werden könnte. Der Berechnung liegt allerdings der Fehler zugrunde, daß das inspirierte Volumen gleich dem Exspirierten angenommen wurde, ein Fehler, dem unter Rücksicht auf dem respiratorischen Quotienten und die \Vasserdampfspannung ja unschwer Rechnung getragen werden könnte. 1 Arch. f. experimentelle Pathologie, Bd. 46, p. 296. Eine Zusammenstellung hierüber auch in der Festrede von Jaqust (l. c.). 51* 376 A. Durig, Die Atemtiefen waren bei uns im Sommer und im Winter in Wien verschieden. Bei Durig und Reichel war die Atemtiefe im Winter größer als im Sommer, was natürlich noch mehr zum Ausdruck gekommen wäre, wenn wir die Atemtiefen auf das Gasvolumen bei 37°C und Sättigung mit Wasserdampf umrechnen wollten, was man eigentlich korrekterweise bei den Angaben der Atemtiefe tun müßte. Kolmer und Rainer verhalten sich aber gerade umgekehrt, bei ihnen war die Atemtiefe in der kalten Jahreszeit und im Sommer fast genau dieselbe und Durig wie Reichel hatten im Frühjahre sogar tiefere Atemzüge als im Winter. Die Verhältnisse hinsichtlich des Einflusses der Temperatur sind daher, wie man auch ohne Umrechnung des Volums der Atemzüge auf jene Gasmenge, die ihnen in der Lunge entsprach, erkennt, noch ganz ungeklärte, bei unseren Versuchen konnte keinerlei eindeutiger Zusammen- hang zwischen der Atemtiefe und der Lufttemperatur nachgewiesen werden, sei es, daß die Versuche in der Kälte des Winters! oder während der heißen Jahreszeit ausgeführt wurden, wir unterließen daher die Umrechnung der Versuche auf gleiche Temperatur. Was den Einfluß der Höhenstation betrifft, so verhielten sich die einzelnen Versuchspersonen diesem gegenüber ebenfalls keineswegs gleichartig. In den Höhen unter 3000 m fand sich bei Durig keine ausgesprochene Zunahme oder sogar eine Abnahme der Atemtiefe. Bei der Rückkehr vom Monte Rosa wiesen zwei Teilnehmer eine Abnahme der Atemtiefe unter den Wiener Wert auf, bei Rainer fanden wir in Alagna denselben Wert wie auf dem Monte Rosa, und bei Durig — damit die Mannigfaltig- keit voll sei — eine Zunahme der Tiefe gegenüber dem Wiener Werte. Es handelt sich also abermals um ein ganz gesetzloses Verhalten, das rein individuellen Einflüssen auf die Versuchsperson unterworfen ist, die sich viel mächtiger geltend machten als die Höhenwirkung. Die Berechtigung individuelle Unter- schiede für das Verhalten der Atemmechanik verantwortlich zu machen, ergibt sich aus der Tatsache, daß wir uns sämtlich im Stoffwechselversuch, also unter ganz analogen Ernährungs- und Lebensbedingungen befanden. In der Capanna Margherita ist in den Mitteln einheitlich bei uns allen eine Vergrößerung der Atem- tiefe zur Ausbildung gelangt, diese ist bei Kolmer nur gegenüber dem Werte von Alagna deutlich. Die Atemtiefe war am Schlusse des einmonatlichen Aufenthaltes bei uns allen höher als am Beginne, es hat sich also im Sinne einer günstigen Wirkung auf die Höhe der alveolaren Sauerstofftension eine Vertiefung der Atemzüge ausgebildet, diese Wirkung ist aber im ganzen gegenüber dem Absinken des Sauerstoffluftdruckes in der Inspirationsluft eigentlich recht verschwindend klein ausgefallen, und bei Kolmer (der bergkranken Versuchsperson) fehlte sie ganz. Nur bei Durig ist der Wert der Vertiefung ein einigermaßen beträchtlicher. Es ist bemerkenswert, daß Kolmer auch im Jahre 1901 auf dem Monte Rosa gegenüber dem Brienzer Versuch,® den man als seinen Normalversuch ansehen kann, keine Ver- größerung der Atemtiefe aufwies. - Überblicken wir daher die von so zahlreichen Versuchspersonen von Mosso, Zuntz, Loewy, Müller und Caspari und endlich die von uns gewonnenen Resultate, so kommen wir hinsichtlich der Atemtiefe in der Tat zum selben Schlusse,. den Mosso aus seinen Versuchen im Jahre 1894 zog, daß große individuelle Verschiedenheiten bestehen, und daß wir sowohl Zunahme wie Abnahme und Konstant- bleiben der Atemtiefe in allen Höhen finden können, in denen bisher Untersuchungen über den Gas- wechsel ausgeführt wurden. Es ist weder ein bestimmtes Verhalten der Atemfrequenz noch ein solches der Atemtiefe charakteri- stisch für die Einwirkung der klimatischen Faktoren in Höhen, die bis zu 4560 m betragen. Es wäre noch die Frage zu erörtern, ob ähnliche Nachwirkungen des Höhenaufenthaltes wie bei uns auch bei anderen Personen zu beobachten gewesen seien und ob nicht eventuell ein rasch sich ausbilden- der Vorgang der Anpassung das Bild der örtlich bestimmten Atemtiefe verschoben hat. 1 und an Personen, die sich der Winterkälte ebenso wie der Sommerhitze aussetzten. 2 Den Berliner Versuch glauben wir, bei ihm nicht voll rechnen zu dürfen (siehe Kapitel VIM). Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 377 Weder die Versuche von der Sporner Alpe noch jene vom Semmering sprechen im Sinne einer rasch und gesetzmäßig sich ausbildenden Anpassung;?! auch aus den Rothorn-Versuchen von Zuntz und seinen Mitarbeitern geht kein solcher Einfluß hervor und ebensowenig kann ein solcherin den Beobachtungen von Durig und Zuntz auf Col d’Olen nachgewiesen werden. Nach unseren bisherigen Erfahrungen hätten wir daher nur bei langem Aufenthalt auf dem Monte Rosa-Gipfel beimanchen Personen eine Anpassung im Sinne einer Vertiefung der Atemzüge zu erwarten; eine solche fand sich ganz unzweifelhaft bei Zuntz und Durig im Jahre 1903, was folgende Werte für die Atemtiefe erweisen: Zuntz Durig? 22, Aue 103 2 eos oo 88 584 SULle Sepreinbenl 903m 21245 707 Über eine Nachwirkung des Höhenaufenthaltes auf die Atemtiefe finden sich bei anderen Beob- achtern ebensowenig ausgesprochene Gesetzmäßigkeiten als bei uns. Auch Fuchs hat sein Verhalten in Bezug auf die Atemtiefe in einigen Selbstbeobachtungen unter- sucht. Er deutete seine Werte folgendermaßen: Beim Aufstieg von Erlangen nach Col d’Olen fand eine Vertiefung der Atmung, auf der Capanna Margherita eine Verflachung derselben statt, beim Abstieg nach Col d’Olen erhöhte sich die Atemtiefe, um in Alagna und in Erlangen nach der Rückkehr wieder wesentlich niederere Werte zu zeigen. Fuchs glaubt, aus seinen Versuchen ableiten zu können, daß die Temperaturunterschiede und die Gewöhnung an diese, für das Verhalten ausschlaggebend sei, unter der Voraussetzung, daß die Tem- peratur den Tonus der Atemmuskeln beeinflußt. »Ich bin der Ansicht, daß dieprimäreRe gulation,? welche bei gesteigertem Atembedürfnis eintritt, die Vertiefung der Atmung ist. — Wird die aus- reichende Vertiefung der Atmung durch besondere Bedingungen behindert, dann tritt natürlich dieFrequenzvermehrungals Kompensation in Kraft. Im Hochgebirge wirken die niederen Temperaturen zunächst einer genügenden Vertiefung entgegen und deshalb tritt zuerst eine ent- sprechende Frequenzvermehrung ein. Aus den Beobachtungen über die Abstiegperiode glaube ich sagen zu dürfen, daß bis zu Höhen von 3000 m eine Vertiefung des einzelnen Atemzuges bei vollkommener Bettruhe eintritt, sobald der Organismus hinreichend akklimatisiert ist und nicht besondere individuelle Gründe für eine verminderte Beweglichkeit des Thorax und des Zwerchfelles vorliegen. In größeren Höhen nimmt die Tiefe des Atemzuges ab. Die Höhengrenze, bis zu welcher eine Vertiefung des Atemzuges eintritt, scheint nach den in der Literatur niedergelegten Beobachtungen individuell verschieden zu sein. — Die Zunahme der Atemtiefe im Hochgebirge bei Ruhelage ist von großer praktischer Bedeutung für dieBehandlung von Lungenkrankheiten.« Es ist natürlich im allgemeinen kein Grund vorhanden, einem Autor, der »einer Ansicht« ist, die Berechtigung oder Nichtberechtigung der Ansicht zu erweisen, in diesem Falle ist es aber nötig, auf die- selbe einzugehen, da auch praktische Konsequenzen, ohne daß der Verfasser hiefür genügende Grund- lagen hat, gezogen werden. Es kann nicht als zulässig angesehen werden, daß auf Grund von an sich selbst ausgeführten Einzelnbeobchtungen sofort allgemein gültige Schlüsse aufgestellt werden. Theoretische Spekulationen mögen ja immerhin in reicher Zahl gemacht werden, allzu großen Wert wird man ihnen, besonders wenn sie so wenig fundiert sind wie die angeführten, nicht beimessen. Sanatorien werden in Höhen bis zu höchstens 2500 nz bewohnt, eine Vertiefung der Atemzüge in diesen Höhen, die aber nur einigermaßen in Betracht käme, wurde weder bei Durig noch bei Kolmer, Caspari, Müller oder 1 Reichel und Durig verhielten sich genau entgegengesetzt. 2 Die Werte stimmen ganz befriedigend mit jenen vom Jahre 1906 (Tab. V) überein, die Größe der Anpassung ist eine ganz ähnliche. 3 Die gesperrten Worte wurden vom Autor selbst gesperrt. 378 A. Durig, Loewy oder Zuntz (VD) beobachtet, und zwar auch bei relativ langem Aufenthalte nicht. In Col d’Olen fand sich eine Zunahme der Atemtiefe bei Waldenburg und Fuchs, bei Durig und Müller fehlte sie, obwohl Durig in bezug auf Beweglichkeit des Thorax oder des Zwerchfelles mit Fuchs recht gut in die Schranken treten kann, was aus seinen Marschleistungen zu erschließen ist; auch bei A. Loewy fehlte die Vertiefung der Atmung auf Col d’Olen und in der Gnifettihütte, es ist demnach ein recht schwaches Fundament, auf das die Annahme einer entscheidenden Wirkung der Atemtiefe beim Aufenthalt des Tuberkulösen im Höhenklima gestellt ist und die Mehrzahl der Tuberkulösen würde wohl ohne günstigen Erfolg in die Ebene zurückkehren müssen, wenn nicht andere Wirkungen des Klimas in Betracht kämen. Nebenbei bemerkt, haben wir gar keinen Anhaltspunkt dafür, daß der von Fuchs supponierte Einfluß der Temperatur auf die Atemtiefe besteht, denn einerseits wurden von diesem Autor Beobachtungen über den Einfluß der Temperatur überhaupt nicht angestellt, anderseits lassen die von uns bereits vor mehr als zwei Jahren durchgeführten Versuche keinen gesetzmäßigen Einfluß der Temperatur erkennen, obwohl wir uns beabsichtigterweise der Wirkung niederer Temperatur auch in der Ebene dauernd in gewiß intensiverer Weise ausgesetzt haben, als dies andere Autoren jemals taten. ! Auf die theoretischen Grund- lagen der Wirkung des Höhenklimas auf das Atemvolumen wollen wir jedoch an dieser Stelle nicht näher eingehen, da sich hiezu im Zusammenhange mit der Besprechung der übrigen Wirkungen des Höhen- klimas ausreichend Gelegenheit geben wird. Über die Atemtiefe bei der Arbeit. Wie bei der Besprechung der Frage der Atemfrequenz hervorgehoben wurde, ist es die Leistung, die in erster Linie auf die Größe der Atemtiefe und der Atemfrequenz wirkt. Natürlich macht sich auch bei Bestimmung der Atemtiefe der Einfluß der messenden Apparate in störender, aber doch unvermeidlicher Weise geltend, weshalb man hiebei ganz besonderes Schwergewicht darauf legen muß, daß es sich nur um Vergleichswerte handeln könne. Da das Verhalten des Atemvolumens ohnedies im folgenden Abschnitte besprochen werden soll, möge es genügen, wenn hier nur unsere neueren Versuche, wie jene vom Bilkengrat angeführt werden, da erstere die einzigen sind, bei denen Beobachtungen in sehr großer Höhe mit jenen in der Ebene ver- glichen werden können, während die Versuche auf dem Bilkengrat darum besonders wertvoll erscheinen, da mehrere, in verschiedenen Höhen gelegene Versuchsstrecken unmittelbar nacheinander begangen wurden. VIla. Expedition 1906. Atemtiefe bei der Steigarbeit. Durig Kolmer Rainer Reichel Meereshöhe Ort m Effekt. N Effekt. ; Effekt. : Effekt. i mkg|Min. Aleradele mkg]Min. Auen mkg/Min. nee mkg]Min. Auenleie Wien (auf Schnee) 150 600—700 1946 °3 650 — 850 1067°6 570—670 512-1 800— 900 2054 °7 Capanna Margherita 4560 500-550 ol! 450—-550 1149-8 400—550 1166°5 400— 500 1539-9 Wien (Sommer) 150 900—1000| 1943°7 650 — 750 1122°2 650 —800 20461 |1000—1100| 2224-1 1 Bezüglich des Einflusses der Temperatur auf den Muskeltonus müßten wir übrigens wohl zwischen Umgebungs- und Körpertemperatur entscheiden. Diese verhielten sich bei uns auf dem Monte Rosa gerade entgegengesetzt. Die Körpertemperatur lag über der Norm, die Umgebungstemperatur tiefer, als man sonst in Wohnräumen gewöhnt ist. Es sei hier auch auf die grundlegen- Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. (db) SI (do) VId. Durig (Sporner Alpe 1905). Untrainiert Trainiert Mereshöhe Mm Effekt. ne Effekt. $ mkg/Min. Atemtiefe mkg/Min. Atemtiefe Wien 150 900—1000 1944 Bilkengrat 1 1790 600—700 1283 2398 II 1960 1224 2060 IIT 2240 1443 1706 IV 2440 1375 1746 Die Beobachtungen ergaben also eigentlich ein überraschendes Resultat. Die Atemtiefe ist auf dem MonteRosa während der Arbeit bei uns gegenüber der Ebene nicht erhöht gewesen. Bei Kolmer blieb sie konstant, bei uns übrigen ist sie gesunken, und zwar sowohl dem Winterversuch in Wien gegenüber als auch im Vergleich mit dem Sommerversuche, in dem die Leistung natürlich ungleich größer war, wobei aber das Gefühl der Anstrengung dasselbe blieb wie im Versuche auf Schnee. Bei Rainer fällt als Aus- nahme die ungemein geringe Tiefe im Winterversuch auf, während dessen er, wie erwähnt, unwohl war. Durig, Rainer wie Reichel hätten vermöge ihres Atemapparates auf dem Monte Rosa viel tiefer atmen können, denn alle drei atmen fast einheitlich beim Versuch auf Schnee wie im Sommerversuch (Rainer im Winter ausgenommen) rund 2/2 mit jedem Atemzug. Wenn Kolmer mit seiner Atemtiefe in der Ebene so weit zurückbleibt, so liegt darin wohl ein Ausdruck minder großer Leistungsfähigkeit seiner Respirationsmuskulatur und wenn wir diese Annahme als statthaft erachten, so würde die große Atemtiefe bei Durig auf dem Monte Rosa, die sogar jene von Reichel, der ihm an Körpergröße weit überlegen ist, übersteigt, auf eine besondere Leistungsfähigkeit seiner Atmungsmuskeln hindeuten, die ihn im Vereine mit seinem trainierten Herzen und seiner trainierten Muskulatur zu anhaltend schnellem Marschtempo (als Schnellgänger im Gebirge) befähigen. Dieses Resultat, daß die Atemtiefe bei gleich großer Arbeit im Hochgebirge bei uns nicht ent- sprechend ansteigt, findet seine Bestätigung im Bilkengratversuche Durigs. Bereits im untrainierten Zustande, in dem der Effekt noch relativ gering ist, ist keine charakteristische Zunahme der Atemtiefe mit dem Vordringen in größere Höhen erkennbar, betrachten wir aber das Verhalten der Atemtiefe in trainiertem Zustand, so nimmt die Tiefe in der größeren Höhe ab, und zwar unter jenen Wert, den wir in Wien im Sommer ermittelten. Man ist natürlich versucht, nach einer Erklärung dieser Erscheinung zu forschen, Eine sehr nahe- liegende Möglichkeit besteht darin, daß die Druckdifferenz zwischen Binnenraum der Lunge und Außenluft im Hochgebirge bei der Inspiration geringer ist und infolgedessen die Luft langsamer in den Thorax einströmt, so daß der Reflex für die Auslösung des nächsten Atemzuges (beziehungs- weise vorerst der Exspiration) erfolgt, bevor die Lunge bis zum Druckausgleich mit Luft gefüllt ist. Die Verminderung der Druckdifferenz Kann nun bedingt sein durch den niederen Atmosphären- druck überhaupt, sowie durch den Verbrauch eines relativ großen Teiles der Druckdifferenz durch den Versuche von A. Loewy hingewiesen (Pflüger’s Arch., Bd. 46, p. 204 u. ff.), in denen die Wirkungen kurz dauernder Ver- änderungen der Umgebungstemperatur untersucht wurden. Aus den Werten ergibt sich nirgends ein gesetzmäßiger Einfluß der Umgebungstemperatur auf Atemfrequenz und Atemtiefe. Es seien zwei Beispiele angeführt: Die Versuchsperson bekleidet Atemtiefe 0:49 7 bei einer Zimmertemperatur von 13°C., dieselbe Person stark abgekühlt, nackt bei 13°C. 0:49 2. In vielen Versuchen findet sich bei niederer Temperatur sogar eine Frequenzzunahme, die wohl im Zusammenhange mit Muskelzittern steht. Die Versuchsperson weist bie 28° Umgebungstemperatur bedeckt 7'362 Minutenventilation bei 27 Atemzügen auf, nackt fanden sich bei derselben Person bei 14° Umgebungstemperatur 7:86 Z Minutenventilation und 27:7 Atemzüge. 380 A. Duvig, Zuleitungen und Ventil. Ferner ist zu bedenken, daß ein Teil des äußeren Luftdruckes dazu verbraucht wird, die Lungen über ihren Ruhezustand gedehnt zu erhalten und dieser Teil ausgedrückt in Prozenten des atmosphärischen Luftdruckes ist natürlich im Hochgebirge größer als in der Ebene, er wird aber auch umso mehr ansteigen, je mehr die Lunge aus ihrer Ruhelage gedehnt ist. Hier kommt natürlich auch die Frage der Vitalkapazität in Betracht, die, wie unten erörtert werden wird, im Hochgebirge vielfach vermindert ist. Man darf auch nicht vergessen, daß der Exspiration durch die Apparate Hindernisse entgegengesetzt sind. Das erste, was daher bei der Exspiration im Hoch- gebirge während des Atmens durch die Apparate geschehen muß, ist das, daß die Lungenluft in der Lunge so lange komprimiert werden muß, bis ihr Druck eben die Widerstände in den Apparaten über- windet, es wird daher ein Teil der Zeit, der bei freiem Atmen zum Abströmen des Gases aus der Lunge verwertet wird, für den eigentlichen Respirationsvorgang verloren gehen, so daß die Zeit, die für die Inspiration zur Verfügung steht, auf Kosten jener für die Kompression des Gases und für die Exspiration vermindert werden dürfte. Da aus großen Höhen derzeit keine anderen verwertbaren Versuche vorliegen,! scheint es wohl wünschenswert, daß diese Beobachtungen eine Nachprüfung und Ergänzung erfahren, insbesondere wäre es wertvoll, wenn solche Experimente in lange dauerndem Versuch in der Respirationskammer unter Ein- wirkung verminderten Luftdruckes und im Gegensatz hiezu unter normalem Luftdruck bei Einatmen sauer- stoffarmer Gasgemische ausgeführt werden würden, wobei die Zahl der Atemzüge durch die Versuchs- person selbst oder mit Hilfe des graphischen Verfahrens gezählt werden könnte.? 3. Das Minutenvolum. Man bezeichnet in der Laboratoriumssprache die pro Minute gewechselte Gasmenge als »Minuten- volum« und kennzeichnet dieses als beobachtetes oder reduziertes Minutenvolum, je nachdem die bei der Ablesung an der Gasuhr erhaltenen Werte oder die auf 0° und 760 mm Druck reduzierten Werte ange- führt werden. Der Kürze halber sei dieser Ausdruck auch hier beibehalten, da die Bezeichnung »Atem- größe« nur allzu leicht zu Verwechslungen mit Atemtiefe Anlaß geben kann. Es ist auch hiebei nötig, das Verhalten des Minutenvolums bei Körperruhe und Arbeit gesondert zu betrachten. Das Minutenvolum bei Körperrunhe. Zu jenen Angaben, welche auf dem Gebiete der Atemmechanik das größte Aufsehen erregten, gehörte die These von Mosso, daß der Mensch in größerer Höhe ein viel geringeres Luftquantum atmet als in der Ebene. Dieses Ergebnis veranlaßte Mosso, den Begriff der Luxusatmung aufzustellen, unter der Voraussetzung, daß der Mensch in der Ebene ein wesentlich größeres Volumen atmet, als die Deckung 1 Die Versuche von Marcet auf Teneriffa an den Rocking boards ergaben ebenfalls kein eindeutiges Resultat. Die Arbeit war bei diesen Beobachtungen wie oben erwähnt eine geringe. Bei Marcet fand sich in der höheren Station eine Abnahme, bei Cupelin eine Zunahme der Atemtiefe. Die Werte lauten in Litern unreduziert: Marcet Cupelin BiiertoBr 2 1:76 Guajara 1:47 NItaaVI stay 1:92 2 Zum Beispiel mit Zwaardemaker und Ouvenhand’s Aerodromographen, der die Atmung am wenigsten beeinflußt. Arch. für (Anat. und) Physiologie 1904. Suppl., p. 241. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 381 seines Sauerstoffbedarfes erfordert. Mosso schreibt hierüber: »Diese Einrichtung der Natur war not- wendig; denn wenn die Menschen wie die Tiere immer nur das für ihre Erhaltung unbedingt notwendige Quantum Luft einatmen, so müßte sich, um hier einen Ausgleich zu schaffen, entweder die Frequenz oder die Tiefe der Atemzüge immer gleichzeitig mit jedem Wechsel des Barometerstandes, der bekanntlich oft sehr beträchtlich ist, ändern. Zahl oder Tiefe der Atemzüge müßten beispielsweise eine Zunahme erfahren, sobald wir nur einen Hügel hinaufsteigen. Man kann daher nur sagen, daß die Luxusatmung im Haus- halte der Organismen ein ökonomisches Moment darstellt, insoferne sie die regulatorische Tätigkeit des Atmungsvorganges weniger kompliziert macht«!. Diesen Schlußfolgerungen können wir nun nicht beistimmen. Es wird sich im Folgenden zeigen lassen, daß die Mehrzahl der Versuchspersonen eine Steigerung des Minutenvolums im Höhenklima auf- weist, allerdings ist diese vielfach nicht so groß, daß hiedurch das Absinken des Luftdruckes kompensiert würde. Vom ökonomischen Standpunkte ist es aber keines Falles zweckmäßig, wenn nur zur Verein- fachung der Regulation der Atemmechanik ständig eine Überventilation in der Ebene stattfinden würde. Die Frequenz und Tiefe der Atemzüge wechselt im Laufe des Tages ohnedies ungemein leicht und häufig und dazu bedarf es nicht einmal dessen, daß wir einen Hügel oder auch nur eine Treppe hinaufsteigen es genügt ja schon die Aufmerksamkeit auf die Atmung,? um die Atemfrequenz und Tiefe zu verändern Licht, Schall, Sehnervreize, psychische Reize aller Art, die Nahrungsaufnahme? variieren im Laufe des Tages hi:ndertfältig die Atmung. Der Organismus reagiert also in der Ebene spielend auf alle möglichen Einflüsse, so auf Spuren von Kohlensäure, mit einerVeränderung der Atmungsfrequenz und der Tiefe, und zwar selbst unter Verhältnissen, unter denen er beim Bestehen einer aus ökonomischen Gründen unter- haltenen Luxusatmung gar keinen Grund hiezu hätte. Wir werden die Ursachen für die relativ große Ventilation in der Ebene daher nicht auf demBoden einer ökonomischen Zweckmäßigkeit suchen dürfen * und werden später darauf zurückzukommen haben, daß wir die relativ erhöht scheinende Atmung in der Ebene ebensowenig als eine Luxusatmung bezeichnen dürfen, wie man etwa die Zufuhr von 1008 Eiweiß pro Tag als Zeichen eines Eiweißluxuskonsumes auffassen darf, weil manche Menschen sich auch mit 208 Eiweiß pro Tag noch ins Stickstoffgleichgewicht setzen können. ? Vorerst möge festgestellt werden, in welchem Ausmaße eine Veränderung des Minutenvolums in verschiedenen Höhen stattfindet und welche Beweise für das Fehlen einer Steigerung des Minutenvolums vorliegen. 1 Der »Mensch auf den Hochalpen«, p. 57. 2 Weshalb ja auch Mosso selbst allerlei Vorsichtsmaßregeln beobachtete. 3 Man denke an die Verdauungsdyspnoe. 4 Neuestens bezeichnet es Haldane im Gegenteil als eine Zweckmäßigkeit, daß in der Ebene auf Änderungen im Kohlen- säurereiz das Atemzentrum sofort in der feinsten Weise reagiert. 5 Siehe zum Beispiel: Rubner, Volksernährungsfragen. Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. [ö7 | [85 382 A. Durig, Vlla. Größe des Minutenvolumsin verschiedener Höhe. Minutenvölum ae Meeres- ö Name Ofrät höhe | Autor Br beobachteten | reduzierten beobachtet reduziert Minutenvolums Puerto 0 6440 9840 ‚ 5 : R Nach Jaquet Manson Guajara 2161 7620 5470 — 18°3 — 5'8 ass. Alta Vista 3261 8070 5140 —+ 25 — 12'8 Basel 1904 Fuß des Kegels 3580 8040 4990 —+ 25°0 — 14'5 Puerto 0) 8510 77109 Cupelin Guajara 2161 8450 6070 — 0'7 — 21°3 Alta Vista 3261 10190 6470 —+ 19:7 — 16-1 Turin 720 63961 4316 Mondo Chattillon 550 8976 3735 — 12.8 —. (805 Col du Theodul 3324 6642 3272 —+ 3:8 — 241 Gressoney 1627 6940 5660 M. Mosso L Capanna Margherita 4560 8590 4900 —- 23:9 a l Gressoney 1627 8750 7130 Bizzozero : Capanna Margherita 4560 9150 5170 + 4:6 — 97-5 3 Er Gressoney | 1627 4900 3830 Moss Capanna Margherita 4560 7950 4500 + 62:2 = leo Mensch auf den Gressoney 1627 5620 4580 Hochaipan Sarteur } Capanna Margherita 4560 5826 3300 + 3:6 — 280 Gressoney 1627 6410 9230 Solferino r Capanna Margherita 4560 5540 3130 — 13'6 — 40°4 Turin 1720 7720 7560 Chamois Capanna Margherita 4560 8980 5230 + 16:3 — 30-0 Turin 720 8900 8730 Oberhoffer Capanna Margherita 4560 9190 3200 2 32 — 40:0 Berlin 54 4988 4640 N. Zuntz Zermatt 1600 5452 3937 + 91 — 154 = Zuntz und r .. 42 5 ae ker Betempshütte 2990 6632 ® + 31:0 8:3 Schumbe Pflüger’s Berlin 54 5653 9266 Arch., Bd. 63 Schumburg Zermatt 1600 6364 4823 — 12°5 — 84 Betempshütte 2990 7060 4520 on zn 1 Ein anderer Wert von Turin lautet aber auch 4467. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 383 : ; “| ol Prozentische Veränderung des Meeres- Name Ort höhe Autor beobachteten | reduzierten 2 beobachtet reduziert Minutenvolums Berlin 54 3950 3580 A.Loewy Col d’Olen 2856 5700 3770 —+ 46°7 + 53'3 Gnifettihütte 3647 6260 3710 + 58 + 27, Berlin 54 6030 5220 A.Loewy, J. Loewy Col d’Olen 2856 5020 3300 6 ee | Gnifettihütte 3647 7080 4280 —+ 17:4 — 18 L. Zuntz, Pfüger’s Berlin 54 4930 4360 Sch Bayee Col d’Olen 2856 5490 3710 + 11: — 14 nut Gnifettihütte 3647 7760 4570 a7 2 un) Capanna Margherita 4560 10550 5700 —+114 —+ 830°7 Zürich 470 5260 4580 Nach Veraguth Jaquet St. Moritz 1769 6880 5340 3028 + 16:6 aueh Festrede Basel 270 7940 655 = : 2 Arch. f. exp. Ras 2 es — Jaquet Chasseral 1600 7060 5520 6:4 15:7 Path., Bd. 46 Basel 270 7450 6570 Berlin 54 5662 5148 Brienz 500 4848 4036 -— 14:4 — 211°® Waldenburg Rothorn 2130 5243 3766 — 4 — 240 Col d’Olen 2856 5961 3922 "2 — 238 Capanna Margherita 4560 9308 2847 — 2 — Au) Berlin 54 6571 6009 + 0:6 — 6-0 Brienz 500 6615 5649 Kolmer Rothorn 2130 6585 4715 + 03 — 21°5 Brienz 500 6089 5235 — 7'3 — 12-9 Capanna Margherita 4560 8323 4463 —+ 26°7 — 29:8 Höhenklima Berlin 54 5838 5182 un Pa wanderungen Brienz 500 4610 3339 — 21°0 — 4374 Caspari Brienz 500 5206 4519 — 10°9 1228 Rothorn 2130 8659 4076 — 31 — 21°3 Capanna Margherita 4560 8467 4564 + 45°1 — ıhl>®) Berlin 54 5801 5343 Brienz 500 5042 4460 — 12:0 — 16°5 N Rothorn 2130 5465 3916 — 58 — 25:0 Müller { Brienz 500 4862 4198 — 16°'2 — 22:0 Col d’Olen 2856 5675 3715 — 28 — 80°7 Capanna Margherita 4560 8920 4815 + 53°7 — 99 384 A. Durig, el Prozentische Veränderung Me # des eeres Name Ort höhe Autor in beobachteten | reduzierten beobachtet reduziert Minutenvolums Berlin 54 5041 4467 Brienz 500 4531 3909 — 10:2 — 12:5 Höhenklima Loewy Rothorn 2130 5256 3761 + 4'2 — 15'8 und Berg- Brienz 500 4615 3981 8 =. jo.g. | Wandezungen Capanna Margherita 4560 6270 3387 —+ 22:6 — D1e0 Berlin 54 4877 4460 Brienz 500 4725 4118 — 38'1 — 7:17 Zuntz Rothorn 2130 5474 3926 + 12:3 — 119 Capanna Margherita 4560 8431 4609 -+ 73°0 + 83:3 s | Arch. f. 2 Wien 54 5972 5418 An Durig Col d’Olen 3356 6155 4067 + 31 — 27'9 Physiologie, Capanna Margherita 4560 7970 4421 299 rn | Sur! Berlin 54 4877 4460 Zuntz Col d’Olen 2856 6050 3995 + 24:1 — 10'4 Capanna Margherita 4560 7613 4290 + 56:2 — 3 Angicourt 100 7012 8880 G. Kuss 1903 Chamonix 1065 7485 5938 + 7:6 — 3 Obs. Vallot 4350 7900 3790 + 127 — 835 Angicourt 100 5994 4632 G. Kuss 1904 Chamonix 1065 6088 5511(?) + 8:8 — Obs. Vallot 4350 7148 3434 + 25°9 — 26°0 Angicourt 100 9431 7860 al 1%, Chamonix 1065 9898 7350 749 — 6 Obs. Vallot 4350 10090 4833 + 0 — 38° Angicourt 100 6533 5459 P. de F. Chamonix 1065 7147 5305 + 9-4 ers a Obs. Vallot 4350 7000 3380 + 7:3 — 838°5 Bad. 141. Angicourt 100 7420 6153 Dav Chamonix 1065 10074 7487 + 35°'9 + 21:8 Obs. Vallot 4350 10077 4879 —+ 35°9 — 20°9 Angicourt 100 5879 4922 Andree Chamonix 1065 6406 5735 + 9:0 + 3'7 Obs. Vallot 4350 8062 3872 + 37:0 — 21°0 Angiecourt 100 6650 Soll M. Aug Chamonix 1065 8050 5976 —+ 21°6 + 84 Obs. Vallot 4350 10087 482] + 51'6 — 12°5 Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. 385 EP a a za a Prozentische Veränderung Minutenvolum GER Meeres] at run San Name Oxrst höhe Autor ” beobachteten | reduzierten beobachtet reduziert Minutenvolums Angieourt 100 6060 5022 Ro Chamonix 1065 6225 4591 u 9: — 86 Obs. Vallot 4350 6928 3352 — 12.8 — 88°4 Erlangen I 324 6414 5112 Col d’Olen I 2856 7976 4620 + '25 — 10 Capanna Margherita 4560 7887 3667 + 23 — 30 Sitz. Ber. Suds Col d’Olen II 2856 7540 . 4352 ei 5 en Alagna 1190 6288 4514 — 2 — 12 Erlangen II 324 8657 4554 — 12 — 12 Beobachtetes Atemvolum bei Mosso’s Soldaten. Meeres- Ofrzt höhe Jacchini Solferino Sarteur Mm | Gressoney 1627 8702 6871 1 6932 2 Alpe Indra 2515 9668 soil 9833 Lintyhütte 3047 8130 10122 7345 Gnifettihütte 3620 7122 7129 7294 Margherita- hütte 4560 9211 8907 6402 Gressoney 1627 10032 6595 9374 1 Ein zweiter Wert lautet 9654, jener in Tabelle VIIa 6416! 2 Ein zweiter Wert lautet 5907. VIlla. Minutenvolum von Durig (1903, 1905 und 1906) in Litern. Vene | ETC TuE Meeres- N au beobachteten | reduzierten m beobachtet gedient Minutenvolums Wien, Sommer 150 652 5:80 Frühling 6:20 5:83 Winter 9'85 9'389 Nach Semmering 5:50 4:93 Semmering 1000 6:79 5:79 + 16'0 + 74 386 A.Durig, Nano Dee Meeres- none \ beobachteten reduzierten m beobachtet reduziert Minutenvolums I Alagna I 1190 878 4-51 — 6:71 — I 1190 653 5:16 ı 501 — 9 Sporner Alpe 1326 MS 604 . + 19:42 + 3'4 Col d’Olen 2856 6°16 4:07 —+ 83:13 — 20.29 Capanna Margherita I 4560 10:01 5198 —+ 71°0 — 2A II 9:78 5092 —+ 67°2 — 83°0 Capanna Margherita (1903 Beginn) 4560 Ud2 4:18 —+ 32°0 — 22'6 Capanna Margherita (1903 Ende) 4560 8:84 4:68 — 52°9 — 13:0 1 Gegen Wien, Frühling. 2 Gegen Wien. Sommer. 3 Gegen Wien im Jahre 1904: 5972 (ebenfalls Winter). VIIId. Minutenvolum (Expedition 1906). Kolmer Reichel Rainer Ort CC a, reduz. Prozent Ds reduz. Prozent Dan | reduz. Prozent | Wien, Sommer 6751| 5596 7:19| 641 7.13| 6759 » Frühling 7:19] 6:74 6249026586 7.23| 671 » Winter 7:09] 6:45 Nach Semmering -6°57| 6:05 Semmering 7:00| 5:93)— 1:31—8°1 Alagna 8:57) 6°79)+33°2)+30°5] 7:60) 6:07)+ 5:7)— 5:3) 7:42] 5°90|+ 4:0/—8'6 Monte Rosa I 10:28) 5:71)443-0) —15°4| 9:08| 4:83 4.33:7—24:1| 11:56) 6:57462:9| 0° 1l 10-55] 372 9:40) 5:11+38°3/—19°7| 10:76) 5:66|4+50°1|—12:3 Wie die Tabellen ergeben, liegen Untersuchungen an zahlreichen Personen vor. Es wurde in den ein- zelnen Kolumnen das direkt bestimmte und das reduzierte Minutenvolum (auf 760 mm, O° u. Trockenheit) gesondert behandelt und die relative Änderung gegen den in der Ebene, beziehungsweise in der niedrigst gelegenen Station beobachteten Wert berechnet. Das prozentuelle Verhältnis der Zu- oder Abnahme des Volums gibt in diesem Falle einen gewissen Einblick in die Verschiebung des Atemvolums unter dem Einfluß des Höhenklimas, weil die Minutenvolumbestimmungen Mitteln entstammen, die je aus mehreren, länger dauernden Versuchen gewonnen wurden, und auch die Werte, die in Vergleich gestellt wurden, relativ große sind. Ferner wissen wir, daß bei einwandfreier Anstellung von Versuchen mit der Gasuhr in zusammengehörigen Versuchen außerordentlich ähnliche Minutenvolumina gefunden werden. Zu bemerken wäre nur, daß zu unbedingter Vergleichbarkeit die beobachteten Minutenvolumina eigentlich auf die Temperatur von 37° C. und Sättigung mit Wasserdampf bei dieser Temperatur umzurechnen wären. Zur ersten Übersicht diene folgende Hilfstabelle IXa. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 387 IXa. Übersicht über die Änderung des beobachteten Minutenvolums. | Zahl der Personen, bei denen das Meereshöhe Zahl der Minutenvolum untersuchten n Aasonen zunahm |konstant blieb abnahm Unter 600 7 3 4 » 1000 2 1 1 bis 1500 11 8 2 1 » 2000 1 1 > 2500 10 4 4 2 >» 3000 13 8 3 2 >» 4000 16 11 2 3 » 5000 29 24 3 2 Aus der vorstehenden Tabelle geht hervor, daß merkwürdigerweise in jenen Höhen, dieam meisten als Sommerstationen aufgesucht werden (bis 1000 »z), in der Mehrzahl der Fälle eine Abnahme des be- obachteten Gasvolums ermittelt worden ist, in einigen Fällen blieb das Minutenvolum konstant, in einem einzigen wurde eine Zunahme beobachtet. Am einwandfreiesten sind in dieser Hinsicht wohl die Ver- suche, die wir in Wien und auf dem Semmering unmittelbar anschließend im Winter bei ganz analogen Temperaturverhältnissen ausführten (siehe Tabellen VIIla und b). Schon hier macht sich das individuell ver- schiedene Verhalten geltend. Obwohl die Versuchsbedingungen bei Durig und Reichel ganz identische waren — beide aßen ja sogar dieselbe Stoffwechselkost und waren für die Ausführung von Ruheversuchen besonders geeignet, da wir an ihnen immer die einheitlichsten Werte erhalten hatten — so zeigt doch Durig eine ganz ausgesprochene Zunahme des Minutenvolums auf dem Semmering, während Reichel keine Steigerung aufweist. Da im selben Sinne der Versuch an Durig auf der Sporner Alpe spricht, indem in unwesentlich größerer Höhe eine ganz entsprechende Steigerung der Ventilation beobachtet wurde und bei ihm auch in der Capanna Margherita eine auffallend große Vermehrung des Minutenvolums gefunden wurde, so würde Durig auf den Klimareiz hin besonders leicht — leichter als viele andere — zu einer Erhöhung der Ventilation neigen. Damit stehen allerdings die relativ geringen Ventilationssteigerungen vom Jahre 1903 nicht in Übereinstimmung (Tabelle VIII a). Warum in Brienz im Jahre 1901 bei fast allen Teilnehmern an der Expedition so sehr erniedrigte Werte gegenüber Berlin gefunden wurden, ist nicht zu eruieren; zum Teile mögen ja geringere Übung im Respirationsversuch, besonders im vollkommenen Entspannen der Muskulatur die Ursache gewesen sein '(Kolmer, Waldenburg und vielleicht Caspari), zum Teile handelte es sich in Berlin um Versuche, die nicht in vollkommener Nüchternheit ausgeführt wurden, zum Teile endlich kann eine tatsächliche Abnahme bestanden haben. Nach einer freundlichen persönlichen Mitteitung dürfte aber die Hauptursache darin zu suchen sein, daß die Brienzer Versuche sämtlich im Bette ausgeführt wurden, bevor die Ver- suchsperson sich am Morgen erhoben hatte, während die Berliner Versuche nach dem Frühstück und dem Gang ins Laboratorium angestellt wurden, also keine reinen Beobachtungen über den Erhaltungsumsatz vorstellen. Hinsichtlich der Höhenstufe von 1000 bis 2000 m ist ebenfalls das entscheidende Wort über das Verhalten der Ventilation nicht gesprochen. Acht Versuchsreihen stammen von Kuss. Wir haben oben! erwähnt, daß gegründete Bedenken gegen die Richtigkeit der von ihm bestimmten Atemvolumina bestehen. Der Versuch von Veraguth ist, wie ebenfalls schon erwähnt, nicht als Ruheversuch aufzu- 1 Siehe p. 142. Das Literaturzitat in der Fußnote beruht auf einem Druckfehler, es muß heißen Comptes rendus, Bd. 141, p- 273. 388 A. Durig, fassen. ! Auch gegen den Versuch Jaquet’s bestehen unzweifelhafte Bedenken. ? Außer dem Sporner - Alp- Versuch wurden nur noch Beobachtungen in dieser Höhe angestellt, die nach der Rückkehr aus einer höher gelegenen Station ausgeführt wurden, also die Wirkung von zweierlei Komponenten in sich bergen. Aus der Höhe von 2000 bis 3000 m liegen 24 Versuchsreihen vor; zu diesen gehören die Beob- achtungen auf dem Rothorn, auf Col d’Olen und in der Betempshütte. In vier Versuchen wurde eine Abnahme des Minutenvolums beobachtet. Ein verminderter Wert stammt von J. Loewy, die übrigen von Waldenburg, Müller und Sarteur. Da wir außerdem noch sieben Werte finden, in denen ein Kon- stantbleiben des Atemvolums in dieser Höhe zum Ausdruck kommt, so stehen 13 Versuchsreihen, in denen eine ausgesprochene Zunahme bestand, im ganzen 11 gegenüber, in ‘denen keine Zunahme beobachtet wurde, es ist also für das Verhalten in dieser Höhenlage als wahrscheinlich anzunehmen, daß auf Grund individueller Verschiedenheiten nur etwa die Hälfte der Menschen mit einer Vergrößerung des Minuten- volums reagiert. In einer Höhe von 4000 bis 5000 m ist die Zunahme des Atemvolums schon in den aller- meisten Fällen unverkennbar ausgesprochen. Sie fehlte nur beim Soldaten Solferino, dessen Atemvolum höchstwahrscheinlich unrichtig bestimmt wurde,® ferner bei Waldenburg, von dem nur ein unvoll- ständiger Versuch aus dieser Höhe vorliegt. Auch je ein Versuch an Sarteur wäre hieher zu zählen, den wir ebenfalls nicht als zu sehr beweiskräftig ansehen dürfen, da bei den damaligen Mosso’schen Beob- achtungen über das Atemvolum und den Chemismus des Gaswechsels noch recht große Mängel bestan- den.* Allerdings dürfen wir auch den Versuchen von Kuss, die im Sinne einer Zunahme des Minuten- volums sprechen, keine allzu große Bedeutung beilegen und müssen berücksichtigen, daß in vielen Fällen die Volumzunahmen recht geringfügige sind, während in anderen Steigerungen des Minutenvolums um 60°/, und darüber beobachtet wurden. Man gelangt also in bezug auf das Verhalten des Minutenvolums zu dem folgenden Resultat. Aus geringen Höhen liegt eine unzulängliche Zahl vergleichbarerBeobachtungen vor, und wir wissen derzeit nicht, ob in Höhen, die zu therapeutischen Zwecken aufgesucht werden, eine Steigerung der Minutenventilation oder sogar eine Abnahme derselben zustandekommt; auch können wir kaum angeben, ob die beobachteten Ausschläge nur auf rein akzidentellen Ursachen beruhen, die mit dem Höhenklima nichts zu tun haben. Als wahrscheinlich ist ein individuell verschiedenes Verhalten zu erwarten. In Höhen, wie sie dem Durchschnitt der Berggipfel auf unserem Kontinent entsprechen, ist trotz des wesentlichen Absinkens des Luftdruckes nur etwa bei der Hälfte der untersuchten Personen eine Steigerung des beobachteten Minutenvolums eingetreten und erst in den größten Höhen trat die Ver- mehrung der Ventilation fast? allgemein gültig zu tage. Ob es in der Tat auch Personen gibt, die selbst dann noch, wenn sie bis auf 4500 m oder mehr vordringen, keine Vermehrung der Ventilation aufweisen oder bei denen eine solche verschwindend klein ist, ist heute nicht zu entscheiden. Es ist demnach die Steigerung des Minutenvolums jedenfalls keine derartige, daß man als allgemein gültiges Gesetz, wie man erwarten möchte, eine Zunahme des Volums proportional dem Absinken des Luftdruckes annehmen darf, und insbesondere in geringen Höhen ist die Wirkung des Höhenklimas auf die Ventilation keine charakteristische. Wir müssen uns daher vielmehr der Auffassung Jaquet’s anschließen, obwohl seine Versuche keinen Beweis dafür geliefert hatten, daß erst in großen Höhen eine regelmäßig auftretende Ventilationssteigerung zu erwarten sei. Siehe p. 139. Siehe p. 163. Siehe p. 139. Siehe »Der Mensch auf den Hochalpen«, p. 270. Pe EuDEE Fr Das Wort »fast« dürfte unter Berücksichtigung der Wertigkeit der Beobachtungen gestrichen werden dürfen. Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. 389 Bevor wir auf das Verhalten des »reduzierten Minutenvolums« eingehen, ist es noch nötig, einige Einzelheiten aus unseren neuen Versuchen zu besprechen, wie jene Gesetzmäßigkeiten oder Vermu- tungen zu diskutieren, die von anderen Autororen namhaft gemacht wurden. Wie aus Tabelle VIIla und 5 hervorgeht, hat die Jahreszeit und die Umgebungstemperatur bei uns keinen nachweisbaren Einfluß auf das (beobachtete) Minutenvolum ausgeübt. Bei Durig und Rainer war das Minutenvolum in der kalten Jahreszeit vermindert, bei Kolmer erhöht, bei Reichel blieb es konstant, das Verhalten ist also individuell ein verschiedenes gewesen. Hier muß erwähnt werden, daß in den Versuchen von Marcet ein ausgesprochener Einfluß der Umgebungstemperatur auf das Atemvolum ausgebildet zu sein scheint; bei ihm war ebenso wie bei Cupelin das Atemvolum auf Teneriffa viel größer als in gleicher Höhe in der Schweiz. Marcet’s Werte lauten in Litern reduzierten Volums geatmeterLuft. Auanıo (ANoaemma)) a an ar ee ee Oster GUSjaran Wieneriita) ey ale nee er een: Alltag ystar dlenenita) ice ehe Bol IITEGENIELS Seh ee ae Bi a ee re BittelgundeStyBernharsne ar En RA BREI ORDI RT BE A STERNE und analog für Cupelin. N Wir hoffen die Gelegenheit zu haben, diese vor 30 Jahren doch noch mit recht unvollkommener Methodik ausgeführten Versuche in Bälde auf Teneriffa wiederholen zu können und dadurch Vergleichs- werte zu unseren Beobachtungen auf dem Kontinent zu gewinnen. Ein vorangegangener Aufenthalt in größerer Höhe führte bei Durig (Alagna I nach dem Gipfelaufenthalt) zu einem Absinken der Ventilation unter die zu erwartende Größe, auch bei Rainer und Reichel dürften die Werte in Alagna etwas niederer ausgefallen sein, als sie dort beobachtet worden wären, wenn man sie vor dem Aufstieg ermittelt hätte, bei Kolmer endlich wurde ein relativ hoher Wert gefunden. Es sind demnach wieder Zunahme, Konstanz und Abnahme beobachtet worden, so daß nicht einmal eine Wahrscheinlichkeit für eine bestimmte Gesetzmäßigkeit besteht. Ganz ähnlich lagen übrigens die Verhältnisse bei Zuntz und seinen Mitarbeitern im Jahre 1901. Endlich wäre noch die Frage zu entscheiden, ob während eines länger dauernden Auf- enthaltes auf dem Gipfel eine Gewöhnung stattfindet oder ob wiederholtes Verweilen in der Hochregion die Größe der Ventilation im Hochgebirge zu beeinflussen vermag. Zuntz und seine Mit- arbeiter ? kommen zum Schlusse, daß es eine ausgesprochene Gewöhnung an das Höhenklima gebe. Sie schreiben: »Mustert man die Zahlen darauf hin, ob die genannten Momente einen Einfluß auf das Ergebnis haben, so drängt sich der Gedanke auf, daß ein häufiger Besuch des Hochgebirges, ebenso wie ein längerer Aufenthalt in ihm eine Gewöhnung herbeiführt, derart, daß die Atmung weniger erregt wird. Dafür spricht die relativ geringeSteigerung, welche Mosso’s Bergsoldaten aufweisen, dafür auch das Ergebnis von Marcet’s Bergführer Cupelin. Stellt man die an Zuntz auf drei Expeditionen innerhalb acht Jahren oder die an A. Loewy auf zweien mit einem Zwischenraum von fünf Jahren gewonnenen Zahlen zusammen, so findet man auch hier im Verhalten des Atemvolums Unterschiede zwischen den früheren und späteren Expeditionen 1 Die Versuche sind während der Drucklegung dieses Abschnittes ausgeführt worden, die Temperaturen, bei denen wir unsere Versuche in den Canadas (entsprechend dem Guajara Marcet’s) und in der Alta vista ausführen mußten, waren jenen ganz analog, bei denen wir in der Capanna Margherita und auf Col d’Olen beobachtet hatten. Über die Beobachtungen auf Teneriffa wird an anderem Orte ausführlicher berichtet werden. Über den Einfluß der Temperatur auf das Atemvolum siehe auch bei A. Loewy, Pflüger's Arch., Band 46. 2 »Höhenklima«, p. 314. Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXV1. [0 | 390 4A. Durig, angedeutet. Bei beiden, die zwischen diesen Expeditionen allerdings wiederholt das Hochgebirge besucht hatten, ist eine Art Gewöhnung zustande gekommen. Gewöhnung an das Hochgebirge rückt die Grenze, bei der die Atemsteigerung einsetzt, hinauf.« Wir können uns dieser Annahme des Bestehens einer allgemein gültigen Gesetzmäßigkeit nicht anschließen. Einerseits darum nicht, weil wir sahen,! daß die'Methodik sich im Laufe der Jahre ganz wesentlich vervollkommnet hat und weil man sich durch den öfteren Aufenthalt im Hochgebirge anläßlich von Versuchen sehr an das Arbeiten unter diesen Verhältnissen gewöhnt hat, und endlich auch darum, weil die Unterkunftsstätten — dies gilt besonders von der Margherita- und Gnifettihütte — ungleich bequemer geworden sind. Ist es schon an und für sich nicht wahrscheinlich, daß im allgemeinen ein vorübergehender Auf- enthalt im Hochgebirge sich nach Jahren noch in einer Veränderung der Atemmechanik ausdrücken soll, so besagen unsere neuen Versuche, daß wenigstens bei Personen, bei denen die Gewöhnung an das Höhenklima sich ausgesprochen geltend machen müßte, eine solche vollständig fehlen kann. Das Ver- halten von Mosso’s Soldaten glauben wir nicht als allzusehr beweisend für die Frage ansehen zu sollen. Einerseits weist der eine oder andere von diesen Leuten ganz gewaltige Ventilationssteigerungen auf, so zum Beispiel Camozzi 62:2°/, in der Capanna Margherita, Jacchini 47'3°/, in der nur 3047 m hoch gelegenen Lintyhütte, andrerseits sehen wir das Minutenvolum an ein und derselben Versuchs- person Mosso’s (im Mittelwert!) in derselben Station im Tale und zur selben Tageszeit um 50%, schwanken. Wie viel Bedeutung wir den absoluten Zahlen von Marcet aus dem Jahre 1878 beimessen dürfen, besonders in Versuchen an einer Person, die mit dem Geist der Experimente nicht vertraut ist, wissen wir nicht und müssen hiebei besonders an die Art, in der Marcet die Gase aufgefangen und gemessen hat, denken. Die Wirkung einer nachhaltenden Gewöhnung hätte ganz besonders bei Durig auffallend hervor- treten müssen, da er vorerst fast drei Wochen, dann über vierWochen auf dem Gipfel des Monte Rosa ver- weilte;auch hätte sich der Einfluß einer Gewöhnung ganz besonders während des Aufenthaltes auf dem Gipfel ausdrücken müssen. Wie liegen nun die Dinge? Zunahme der Ventilation 1908 Duni, 7 Nass au Col dOled. 5 2 a a a 2 8" 1905 >» 3 Monate auf der Sporner Alpe . . . 19:49), 1908 » 18 Tage in der Capanna Margherita . 529%, 1906 » 1 Monat in der Capanna Margherita . 672°, Der langdauernde Aufenthalt im Hochgebirge vom Jahre 1903 war demnach auf der Sporner Alpe nicht etwa von einer Abnahme der Ventilation gefolgt, sondern es fand sich dort nunmehr eine Ventilations- steigerung, die früher in dem viel höheren Col d’Olen gefehlt hatte. Durig bringt Jahr für Jahr den Sommer im Hochgebirge zu und kommt in den Sommermonaten kaum jemals unter 1300» Höhe herab und doch war bei ihm im Jahre 1906 die Ventilationssteigerung größer als im Jahre 1903. Die Zunahme fehlte nicht, sondern war ganz besonders groß. Ähnlich liegen die Verhältnisse bei Kolmer, der ebenfalls einen großen Teil des Sommers im Hoch- gebirge und auf Touren verbringt. Bei ihm betrug die Ventilationssteigerung im Jahre 1901 auf dem Monte Rosa 26:7 °/,, im Jahre 1906 43°/, und auch in Alagna war seine Ventilation um 33°/, gesteigert, während erim Jahre 1901 auf dem Rothorn in einer um 1000,» höheren Lage keine Erhöhung des Atemvolums aufgewiesen hatte. Aber auch während eines langen Aufenthaltes auf dem Monte Rosa-Gipfel selbst fand bei uns keine Anpassung in gesetzmäßiger Form statt. 1 Siehe p. 149 dieses Bandes. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 391 Im Jahre 1903 nahm bei Durig ım Verlaufe des Aufenthaltes das Atemvolum etwas zu, im Jahre 1906 nahm es eher etwas ab (siehe Tabelle VIlla). Bei Zuntz nahm das Atemvolum vom ersten Gipfel- aufenthaltstage an bei unseren gemeinsamen Versuchen (1903) im Verlaufe von 12 Tagen etwas zu, jeden- falls aber um keinen Betrag, der die gewöhnliche Breite der Schwankungen im Minutenvolum übersteigt (7:612 am Beginn gegen 7:902 am Schluß). Gerade der Umstand, daß beim ersten, länger dauernden Aufenthalt in so großer Höhe wie auf dem Monte-Rosa-Gipfel eher eine Zunahme als eine Abnahme des Atemvolums zustande kommt, spricht gegen die Annahme, daß eine gesetzmäßige Gewöhnung in dem Sinne sich ausbildet, daß das Atemvolum bei dem ans Hochgebirge Akklimatisierten sich erst in größerer Höhe steigert und daß beim Gewöhnten die Zunahme des Minutenvolums fehlt oder geringer ausfällt. Der Sporner-Alp-Versuch, der nach dem ersten, langen Monte-Rosa-Aufenthalt von großer Volum- steigerung begleitet war, beweist ja auch, daß wenigstens bei der einen Person gerade das Gegenteil ein- getreten war. Auch bei Kolmer, Rainer, Reichel hat das beobachtete Minutenvolum auf dem Monte Rosa während der ganzen Dauer des Aufenthaltes keinerlei Veränderung erfahren, welche die normalen Schwankungen wesentlich übersteigen würde. Es hat sich also einheitlich bei uns allen, inbegriffen die Versuche vom Jahre 1903 an Zuntz und Durig, dasselbe Verhalten gezeigt, es ist bei keinem eine Veränderung des Atemvolums in Form einer Anpassung an die Wirkung der klimati- schen Faktoren erfolgt. Bemerkenswert scheint die Tatsache, daß Zuntz unter den Erscheinungen schwerer Dyspnoe auf dem Gipfel anlangte, sich dort aber wohl fühlte; daß Kolmer auf dem Gipfel dauernd bergkrank war, während wir übrigen uns sehr wohl befanden. Kolmer und Rainer waren vor dem Aufstieg für den Aufenthalt in größeren Höhen trainiert, Durig und Reichel trafen möglichst unvermittelt und untrainiert auf dem Gipfel ein. Am Schlusse der Gipfelversuche waren wir alle durch die Touren, die wir anläßlich der Versuchsmärsche ausführten, in vollem Training. Dennoch war dies ohne Einfluß auf das pro Minute in Körperruhe ventilierte Volum. Es wäre noch der Beobachtungen von Fuchs über das Minutenvolum zu gedenken, die nach den unseren auf dem Monte Rosa ausgeführt wurden. Fuchs fand auf Col d’Olen eine Atemvolumsteigerung, die anfänglich ungefähr ebenso hoch war (24°/,) wie jene bei Durig auf der Sporner Alpe, sich aber während des Aufenthaltes etwas verminderte. In der Capanna Margherita wurde keine weitere Steigerung des Atemvolums mehr beobachtet, nur an einem Tage fand Fuchs einen ganz ungewöhnlich hohen Wert; aus der Publikation sind jedoch die Einzelnversuche nicht zu entnehmen, wir finden nur, daß die Werte um 21:5°/, differierten. Dieselbe Beobachtung daß bei manchen Personen anscheinend eine Steigerung des Atemvolums in geringerer Höhe stattfindet, während in größerer Höhe kein weiterer Zuwachs des Minutenvolums mehr erfolgt, wurde übrigens schon von Marcet im Jahre 1878 gemacht und nachher auch von anderen Autoren bestätigt. Es muß vorläufig dahingestellt bleiben, ob man es hiebei mit einem tatsächlichen Ver- halten oder nur mit einem solchen zu tun hat, das durch die Versuchsbedingungen herbeigeführt wurde. Sollte sich diese interessante Erfahrung bestätigen, so wäre ein neuer Beweis für die großen individuellen Schwankungen gegeben, die in der Wirkung des Höhenklimas auf die einzelnen Versuchspersonen bestehen. Fuchs glaubt in den beim Abstieg gefundenen Werten für das Minutenvolum ein besonders klares Bild über die Höhenwirkung zu erblicken. Wir möchten dem nicht zustimmen. Wenn sich, wie er annimmt eine Anpassung an die klimatischen Reize schon in weniger als 3000 m» Höhe ausbilden sollte, so müßte sich die Nachwirkung des vorangegangenen Höhenaufenthaltes in noch größerer Höhe als zweite Kom- ponente geltend machen, neben jener Wirkung die rein durch die örtliche Lage der im Abstieg berührten Versuchsstation bedingt ist. Bezüglich der Versucheim Abstieg sei erwähnt, daß bei Fuchs die Minuten- volumina auf Col d’Olen noch immer wesentlich gesteigert waren, aber niederer lagen als in der Margheritahütte. In Alagna wurde ein höherer Wert für das Minutenvolum gefunden als nachher in‘ 53* 392 A. Durig, Erlangen, was besagen würde, daß bei Fuchs in 1190 m Höhe bereits eine Ventilationssteigerung um 12°/, bestanden hätte, ein Resultat, das mit jenem, das an Durig auf dem Semmering gewonnen wurde, in Übereinstimmung zu bringen wäre. Die theoretischen und vermutungsweisen Betrachtungen, die Fuchs in seiner Abhandlung anstellt, fußen viel zu sehr auf seinen eigenen, im Verhältnis zum Gesamtmateriale doch recht spärlichen Resultaten. Fuchs glaubt zum Beispiel, daß die Abnahme des Atemvolums zwischen der Periode in Erlangen vor dem Aufstieg und nach der Rückkehr nicht so sehr in der sich ausbildenden größeren Übung, sondern im Verhalten der Blutkörperchenzahl und des Sauerstoffbindungsvermögens des Blutes bedingt sei. Es ist aber wohl durch nichts gerechtfertigt, wenn Fuchs auch hier wieder sofort eine Gesetzmäßigkeit und eine Erklärung der Verhältnisse zur Hand hat und sagt, »die Erklärung der Abnahme des Atemvolums in Erlangen II ist ohne weiteres gegeben, wenn wir die Zahl der roten Blutkörperchen und dem Hämo- globingehalt ... berücksichtigen... Mit der Zunahme des Sauerstoffes im Blut wird aber die Intensität des Atmungsreizes vermindert und so erklärt sich ungezwungen die Verminderung des Atemvolumes an gleichen Orten nach der Rückkehr aus größeren Höhen. Auch das allmähliche Zurückgehen der Atem- volumina in gleicher Höhenlage bei längerem Aufenthalt daselbst ist auf dieselbe Ursache zurückzuführen, weil die erforderlichen Akklimatisationsänderungen des Blutes sich nicht sofort, sondern erst allmählich in ausreichendem Maße einstellen.« Wir können uns dieser Auffassung keinesfalls anschließen. Es ist eine bekannte Tatsache, daß geringe Schwankungen im Sauerstoffgehalt oder im Sauerstoffbindungsvermögen des Blutes in der Ebene — darum handelt es sich ja bei den Versuchen von Fuchs in Erlangen — ohne irgend welchen Einfluß auf die Atmung sind. Insolange Sauerstoffmangel nicht besteht, ist, wie durch zahlreiche Versuche der verschiedensten Autoren! erwiesen, ist der Kohlen- säuregehalt des Blutes der einzig auschlaggebende Faktor, der die Größe des Atemvolums reguliert. Anders liegen natürlich die Verhältnisse im Hochgebirge. Hier könnte die Erklärung, die Fuchs auf Grund seiner Beobachtungen aufstellt, Geltung haben. Je weiter man im Hochgebirge aufsteigt, um so ausgesprochener macht sich das Absinken des Teildruckes des Sauerstoffes bemerkbar. Es ist aber keines- falls zulässig, das Atemvolum gerade für die Höhe der Sauerstoffversorgung verantwortlich zu machen, denn dieses ist noch lange kein Kriterium für die Güte der Sauerstoffversorgung. Wir verweisen hinsicht- lich dessen auf den später noch zu diskutierenden Marschversuch an Rainer in Wien im Winter, bei dem trotz sehr hoch liegender Ventilationsgröße die Sauerstoffversorgung ungünstiger gewesen sein muß als auf dem Monte Rosa. Es kommt eben bei der Sauerstofiversorgung jedenfalls zu einem großen Teil auf die alveolare Spannung an und diese wird außer durch den Gesamtdruck durch den Prozent- gehalt der Lungenluft bedingt, der seinerseits wieder von der Tiefe und Frequenz der Atemzüge ganz wesentlich beeinflußt wird. Gewiß kann die Veränderung im Sauerstoffbindungsvermögen des Blutes einen Einfluß auf die Höhe des Atemvolums ausüben; dieser Einfluß ist aber derzeit noch auf keinen Fall als allgemein gültig erwiesen zu betrachten, denn das Fehlen einer Anpassung der Ventilation im Hochgebirge bei den allermeisten bisher untersuchten Personen spricht nicht zugunsten einer Gesetz- mäßigkeit, wie sie Fuchs annimmt. Im Hochgebirge dürften übrigens auch noch andere Reize? als die durch den Gasgehalt des Blutes übermittelten die Minutenvolumina beeinflussen und wir können wohl als sicher annehmen, daß es Faktoren gibt, die wir derzeit noch nicht erkennen können, welche zu einer Steigerung der Minuten- volumina führen, die nach einer Gewöhnung an diese Reize wieder verschwindet. In diesem Sinne sprechen die Versuche von Loewy und Müller auf Sylt3 wie die Beobachtungen, die Zuntz und Durig auf dem Dache der Capanna Margherita im warmen Sonnenschein ausgeführt haben.* Sicherlich bestehen auch 1 Man denke an die Arbeiten von Zuntz und Loewy, sowie jene von Haldane und seinen Schülern. & 2 Zum Beispiel: Insolation, siehe die Versuche von Hasselbalch über die Ausbildung des Erythems bei Belichtung. 3 Pflüger’s Arch., Bd. 103. % Arch. für Anat, und Physiologie, 1904, Suppl, Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 393 diesen Wirkungen gegenüber individuelle Verschiedenheiten und es wird hinlänglich frühe genug sein, an die Erklärung der Erscheinungen und den Aufbau von Theorien über die Nachwirkung des Höhen- aufenthaltes zu gehen, wenn ein wesentlich größeres, einwandfreies Material vorliegt. Bisher sind nur wenige Versuchsreihen über die Nachwirkung des Höhenaufenthaltes vorhanden, das sind die Selbstbeobachtungen von Fuchs auf Col d’Olen, vor und nach dem Aufenthalte auf dem Monte-Rosa-Gipfel, ferner die Versuche von Reichel und Durig vor und nach dem Aufenthalte auf dem Semmering und endlich die Beobachtungen an den Teilnehmern der Expedition des Jahres 1901 in Brienz im Anschlusse an Versuche auf dem Rothorn.! -Auch der Experimente von Vallot sei hier noch gedacht, der viermal je 12 Tage auf dem Mont- blanc weilte und jedesmal nach dem Abstieg vom Gipfel im Tal dieselben Atemvolumina wie vor dem Aufstieg beobachtete. Die Resultate der Hochgebirgsversuche lauten also hinsichtlich des Verhaltens des Atemvolums nach der Rückkehr aus dem Höhenklima noch ganz widersprechend; es wurde eine Zunahme, eine Abnahme und ein Konstantbleiben des Atemvolums beobachtet, es ist also von einer gesetzmäßigen Veränderung der Atmung keine Rede. Noch viel weniger unterrichtet sind wir aber über das Verhalten des Sauerstoffbindungsvermögens des Blutes.? Das reduzierte Minutenvolum. Von den zahlreichen Beobachtungen über das Atemvolum in verschiedenen Höhen sind es nur ganz wenige, bei denen die Steigerung des Minutenvolums so groß war, daß die wirklich geatmete Luftmenge in der Höhenstation gleich groß oder sogar größer war als jene in der Ebene. Es ist also in den aller- meisten Fällen durch die Steigerung der Ventilation keine Kompensation für die Verminderung des Sauer- stoffgehaltes der Luft infolge des Absinkens des Luftdruckes erfolgt. Eine Steigerung über den Wert aus der Talstation finden wir nur bei Camozzi in der Margheritahütte und werden dieser nicht zu große Bedeutung beilegen. Bei Loewy fand sich eine solches Verhalten in Col d’Olen und in der Gnifettihütte, bei L. Zuntz in der Gnifettihütte, das Ausmaß der Zunahme liegt aber an der Grenze natürlicher Schwankungen. Der Versuch von L. Zuntz in der Margheritahütte kann, da er kein reiner Ruheversuch ist, entfallen. Die von Veragut in St. Moritz beobachtete Steigerung ist keinesfalls als einwandfrei erwiesen anzusehen, es wären demnach nur noch einige Beobachtungen von Kuss zu erwähnen, bei denen in Chamonix eine Zunahme des reduzierten Volums beobachtet wurde; auch diese können wir als nicht sicher fundiert erachten, dagegen ist die Zunahme bei Durig auf dem Semmering wohl kaum zu bezweifeln. Das Ausmaß, in dem das reduzierte Minutenvolum in einer Höhenstation hinter jenem der Ebene zurückbleibt, ist ein ungemein verschiedenes, ja man kann nicht einmal sagen, daß dıeses Zurückbleiben in geringerer Höhe im allgemeinen weniger ausgesprochen ist als in größerer. Die größte Verminderung betrug 40°/,. In unseren neuen Versuchen vom Jahre 1906 war bei Durig durch die Ventilationssteigerung auf dem Monte Rosa ungefähr eine Kompensation der Druckverminderung herbeigeführt worden, wogegen im Jahre 1903 der Wert für das reduzierte Volum ganz bedeutend hinter jenem in der Ebene zurück- geblieben war. Seit dem ersten Monte Rosa-Aufenthalt war bei ihm überhaupt in keiner Station das reduzierte Minutenvolum unter den Normalwert in der Ebene gesunken. Auch Reichel hat auf dem Monte Rosa das Absinken des Druckes durch die Steigerung des Atemvolums kompensiert, während dies 1 Unsere Versuche, die nach der Rückkehr vom Monte Rosa-Gipfel in Alagna ausgeführt wurden, sind für eine einwandfreie Diskusion nicht zu verwerten, da die zugehörigen Beobachtungen, die vor dem Aufstieg auf den Gipfel hätten gemacht werden müssen, in Befolgung des übrigen Versuchsplanes nicht ausgeführt werden konnten. 2 Die während unseres Aufenthaltes auf Teneriffa und auf der Alta Vista von Barcroft durchgeführten Beobachtungen über das Sauerstoffbindungsvermögen, welche derzeit aber noch nicht vorliegen, versprechen wertvolle Ergebnisse. An dieser Stelle sei auch der von Zuntz in seinem und meinem Blute dort ausgeführten Alkaleszenzbestimmungen gedacht, die sich auch auf die Wirkung for- cierter Märsche (Durig) auf die Blutalkaleszenz erstrecken. 394 A. Durig, bei Rainer und Kolmer nicht der Fall war. Letztere beiden zeigen eine Verminderung des reduzierten Volums um 15 bis 24°/,, also in einem Ausmaße, wie es vielfach bei anderen Personen auf dem Monte Rosa beobachtet wurde. Die lange Dauer des Aufenthaltes auf dem Gipfel hat an dem bei uns vieren so verschiedenen Verhalten nichts geändert. Merkwürdig ist, daß Durig und Kolmer, die sich so ver- schieden verhielten, schon früher auf dem Monte Rosa experimentiert hatten. Aber auch bei Rainer und Reichel, die vorher nie in solchen Höhen gewesen waren, sind die Veränderungen in der Atem- mechanik nicht gleichartig. Bei Fuchs war das reduzierte Volum in Alagna, auf Col d’Olen wie in der Capanna Margherita hinter dem Wert, der bei ihm für die Ebene giltig ist, zurückgeblieben, und zwar sowohl während des Auf- stieges wie auch während des Abstieges. Schlüsse auf die Ausbildung einer Akklimatisation können daraus wohl nicht gezogen werden, und man wird nur sagen können, daß er jener Gruppe von Menschen angehört, bei denen eine Kompensation der Luftdruckverminderung durch Überventilation nicht eintritt. Es istnach dem Verhalten Durig’s im Jahre 1903 und 1906 ja auch keineswegs ausgeschlossen, daß die Ergebnisse, die Fuchs anläßlich seines neuerlichen Aufenthaltes auf dem Gipfel fand, lehren werden, daß er sich nunmehr ähnlich verhalten habe wie Durig und Reichel im Jahre 1906, also so stark venti- liert habe, daß das reduzierte Minutenvolum mit jenem in der Ebene übereinstimmt. Hinsichtlich der »Luxusatmung« in Körperruhe kann demnach festgestellt werden, daß es Personen gibt, bei denen die Annahme einer «Luxusatmung« sicher nicht berechtigt ist, da deren Verhalten in größeren Höhen geradezu im Gegenteil dafür spricht, daß ihr Körper bestrebt war, dem Absinken des Luftdruckes durch Steigerung der Ventilation in vollem Umfange zu begegnen. Nochmals sei übrigens darauf hingewiesen, daß das entscheidende Moment für die Kompensation oder Nichtkompensation weder allein in dem Minutenvolum noch in der Atemtiefe, sondern in der Kombination von Atemtiefe und Minuten- volum gelegen ist, wie die Darlegungen über die alveolare Tension beweisen sollen. Es ist auch ganz gut denkbar, daß es Menschen gibt, die bestrebt sind, durch Vertiefung der Atemzüge dem Absinken der alveolären Sauerstoffspannung zu steuern, während andere besonders das Minutenvolum zu erhöhen trachten. Interessant sind in der Hinsicht die Beobachtungen von Vallot, die er an sich und an einer zweiten Versuchsperson auf dem Montblanc anstellte.? Bei beiden stellte sich am Beginne des Höhen- aufenthaltes ? neben unzureichender Vergrößerung des beobachteten Minutenvolums eine gewiß unzweck- mäßige Vermehrung der Atemzüge ein, während zum Schlusse des Aufenthaltes die Atemzüge vertieft wurden und das beobachtete Minutenvolum so gesteigert war, daß es sich schon dem Wert für das reduzierte Minutenvolum, wie es in der Ebene beobachtet wurde, wesentlich näherte. Wir begegnen also bei Vallot einer neuen Form der Anpassung, die sonst bei niemand beobachtet wurde, nämlich einer ganz gewaltigen Steigerung des Atemvolums im Verlaufe eines relativ kurzen Höhenaufenthaltes ® zugleich mit zunehmender Vertiefung der Atmung. Das Minutenvolum bei der Arbeit. Analog wie anläßlich der Besprechung der Atemmechanik bei der Arbeit auf den früheren Seiten, muß auch bei der Beurteilung des Atemvolums bei der Körperarbeit dadurch eine gemeinsame Basis geschaffen werden, daß man nur Versuche, bei denen die Leistung in verschiedenen Höhen eine gleich große war, in Parallele stellt oder besser noch das pro Minute geatmete Volum auf die Arbeitseinheit bezieht. Letzteres kann in zweierlei Weise geschehen. Entweder verfährt man nach dem von Loewy zuerst angegebenen Prinzip, indem man von der pro Minute bei einer Arbeit ventilierten Gasmenge das »Ruhe-Minutenvolum« abzieht und so den Arbeitsgaswechsel vom Ruhegaswechsel trennt. Nach den- 1 Comptes rendus, 137, p. 1284. 2 Es handelt sich um viermaligen 12tägigen Aufenthalt. 3 Während der ersten sechs Tage war das Atemvolum nahezu auf konstanter Höhe gebliebenund erst vom 7. Tage an nahm dieses mit jedem Tage mächtig zu. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 395 selben Überlegungen wie bei der Berechnung des Umsatzes bei der Arbeit läßt sich dann die Ventilation pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung berechnen und bei der Steigarbeit die Ventilation für das Meterkilogramm Steigarbeit feststellen, wenn man die der Horizontalkomponente entsprechende Venti- lation in Abstrich bringt. Oder man schlägt einen einfacheren Weg ein und berechnet durch Division der Gesamtventilation durch das Produkt Weg mal Gewicht oder Steigung mal Gewicht die Ventilationsgröße für die Einheit der Horizontalbewegung oder der Steigarbeit. Für unsere eigenen Versuche haben wir letzterem Verfahren der Einfachheit halber teilweise den Vorzug gegeben, da bei beiden Verfahren Unsicherheiten nicht zu umgehen sind. Wir können sicher nicht voraussetzen, daß sich die Ventilationsgrößen etwa so wie die Größen des Umsatzes bei Ruhe, Hori- zontalmarsch und Steigerungsmarsch addieren und müssen vielmehr annehmen, daß die Reize auf das Atemzentrum bei Muskelarbeit, insbesondere aber bei Muskelarbeit im Hochgebirge sich nicht einfach arithmetisch summieren, wie wenn es sich um gleichartige Größen handeln würde. Wir wissen zum Beispiel nicht, ob die beim Horizontalmarsch ! eintretende Steigerung der Ventilation wirklich für die Horizontalbewegung bei der Steigarbeit noch zustande kommt. Der Zweck der Ventilationssteigerung bei der Arbeit und der Grund, warum sich das Ansprechen des Atemzentrums auf die Reizung durch Kohlensäure, beziehungsweise auf Abbauprodukte ausgebildet hat, ist doch nur der, die Menge der schädlich wirkenden Kohlensäure, beziehungsweise der Abbau- produkte zu verringern und für deren Entfernung zu sorgen. Inwieweit dies erreicht wird, dafür kann nur der Erfolg der Gesamtventilation ausschlaggebend sein, die in der Größe des reduzierten Minuten- volums zum Ausdruck kommt, weshalb eine gewisse Berechtigung dafür besteht, das Verhältnis zwischen der Gesamtventilation und der Arbeit ins Auge zu fassen. Hinsichtlich der Leistung der Atem- muskulatur wird aber die Größe der unreduzierten Minutenventilation den einzig richtigen Einblick geben. Vergleichbar bleiben nach diesem Prinzip allerdings nur jene Versuche, die auf ähnlichen Wegen ausgeführt wurden und in denen die Arbeit annähernd gleich groß war. Überblicken wir die aus der Literatur vorliegenden Ergebnisse. Von A. Loewy, J. Loewy undL. Zuntz wurden bestimmt: Für den Horizontalmarsch in Berlin und Col d’Olen eine Ventilation pro Meter und Kilogramm aus- gedrückt in Kubikzentimetern. ? Berlin Col d’Olen NIBoIe Way es le ee 208 2402 lo away a nenn 0207 3:37 ZU ZE N ae 92 2:14. Es ergibt sich daraus, daß bei Loewy die Ventilation auf Col d’Olen beim Horizontalmarsch annähernd dieselbe war wie in Berlin, bei J. Loewy war sie etwa im selben Ausmaße gesteigert, wie sie bei Zuntz gesunken war. Einheitlich bei allen war aber das Atemvolum für das Meterkilogramm Steigarbeit in der Höhe gesteigert. ? Berlin Col d’Olen Gnifettihütte Naleoe ww. 212120.86 38:17 99:20 I alkoreiwiy 2.2088 34:06 3941 BZ zZ lo 38:05 0) DIE 1 Das Verhalten der Atmung beim Horizontalmarsch bei so langsamem Marschtempo wie beim Steigen wurde bisher gar nicht untersucht. Die Verhältnisse liegen hier analog wie bei der Feststellung der »Leerlaufarbeit« für das Gehen auf ebener oder ansteigen- der Bahn. 2 Die Werte sind unter Abzug des Ruhewertes berechnet und bedeuten nichtreduziertes Volum. 3 Berechnet unter Abzug der Ruheventilation und der Ventilation beim Horizontalmarsche. 396 A. Durig, Diese Steigerung der Ventilation bei der Arbeit war schon von Marcet beobachtet worden, was um so auffallender ist, als die Arbeit, die er und sein Führer leisteten, eine sehr kleine war. ! Marcet fand bei gleich großer Arbeit an seinen Rocking-boards folgende’ Mittelwerte in Litern: unreduziert reduziert Puerto‘. 2. u. ne ee 12:36 GUajara. Tu ek TOT, 12:60 Alta; Vista. se se al 2202, während Cupelin bei gleich großer Arbeit folgende Mittelwerte in Litern zeigte: unreduziert reduziert Puertonyaud. mpjenct enter al 5HSS 14:44 Guajaralı. regen. ua als 13:14 Alta Vista... ne. aan 22506 14:27. Hiebei ist bemerkenswert, daß Cupelin durch die Steigerung der Ventilation den Druckabfall kompensierte, während Marcet nur auf dem Guajara, nicht mehr aber auf der Alta Vista durch Erhöhung des Minutenvolums die Wirkung der Verminderung des Druckabfalles ausglich. Meßbare Arbeit leisteten auch Zuntz und seine Mitarbeiter bei ihren Beobachtungen im Jahre 1901. Horizontalmärsche führten sie zwar nur in Berlin aus, auch fehlen die Kontrollversuche auf Schnee zum Vergleiche mit den Beobachtungen auf dem Gletscher, dagegen liegen aber einwandfreie Beobachtungen über die Ventilation bei der Steigarbeit von Berlin, Brienz und dem Rothorn vor. Es ergaben sich unter Zugrundelegung der Ventilation beim Horizontalmarsch in Berlin folgende Ventilationsgrößen für die Leistung von einem Meterkilogramm Steigarbeit in Kubikzentimetern: Waldenburg Kolmer Caspari Müller Loewy Zuntz Berlins se Er 26 19 19 25 15 20 Bien za Bra EHE NT, 28 U 34 33 2, Rolhornes m 29 28 34 38 35 48 Brienz, nach deın Aufenthalte auf dem Rothorn . . — 22 — 29 — _ Die Versuchspersonen wiesen demnach schon in Brienz eine Steigerung der Ventilation auf, die mit Ausnahme von Kolmer auf dem Rothorn noch wesentlich zunahm; nach dem Abstieg ventilierten Kolmer und Müller in Brienz aber weniger als vor dem Aufstieg. Die Tatsache ist bemerkenswert, berechtigt aber noch zu keinen weiteren Schlüssen, denn daß es eine Gewöhnung an das Hochgebirge sein soll, die zu einer Verminderung der Ventilation führt, wie die Verfasser annehmen, ist wohl möglich, aber darum nicht sehr wahrscheinlich, weil gerade gewöhnte Personen anscheinend ausgiebiger ventilieren dürften als ungewöhnte. Hiefür würden Cupelin wie auch wir Beispiele liefern, die aber keinesfalls besagen, daß es nicht auch berggewohnte Menschen gibt, die eine Anpassung zeigen, deren Ausdruck eine Ventilationsverminderung ist.” Berechnet man aus den Versuchen von Zuntz und seinen Mitarbeitern die Ventilation bei Leistung eines Meterkilogrammes Steigarbeit,” indem man das an zweiter Stelle angeführte Rechenverfahren wählt und das Verhalten der reduzierten Volumina berücksichtigt, so gelangt man zu den folgenden Werten in Kubikzentimetern (reduziertes Volum). 1 Siehe oben, p. 25 [373], 2 Ebenso kann bei den ungewohnten Personen, besondets wenn deren Herz weniger leistungsfähig ist, eine anfängliche starke Überventilation sich im Gefolge von Training und Kräftigung des Herzmuskels vermindern; ein Beispiel dafür würde das Ver- halten von Zuntz auf dem Rothorn liefern. 3 Nicht für Leistung eines Meterkilogrammes. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 397 Waldenburg Kolmer Caspari Müller Loewy Zuntz Beninemee: — 42 — 35 = — Brienzee se 39 38 37 40 39 34 RothornE 32 34 38 39 42 42 Bei Waldenburg und Kolmer hat die Erhöhung der Ventilation in der Höhenstation trotzdem zur Förderung einer geringeren Luftmenge geführt als in der Ebene, während Caspari, Müller und Loewy die Ventilation annähernd so stark steigerten, daß die reduzierten Volumina, die bei Leistung eines Meterkilograms Arbeit geatmet wurden, annähernd konstant blieben. Zuntz hat als einziger sehr stark überventiliert. Wir begegnen also wie so oft bei Besprechung der Verhältnisse der Atemmechanik der vieldeutigsten Mannigfaltigkeit, Zunahme, Abnahme und Konstantbleiben, sind fast in gleichem Aus- maße auf die Versuchspersonen verteilt. Zu erwähnen wäre, daß nur die Beobachtungen bei 25°/, Steigung berücksichtigt wurden. Xa. Ventilation beim Horizontalmarsch (Durig). Pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung geatmet cm3 Osrat Nele Nezes nach Abzug des Ruhewertes Do Mies beobachtet reduziert beobachtet reduziert Wien 72°3 3:23 2:95 2-10 2:03 83:8 3-02 2:76 2:04 1:98 102°3 2:90 2:68 2:06 199 1166 3:17 2:88 240 2.32 1260 3:72 3:39 2.96 2:87 1418 4:36 3:96 369 359 152°5 4:59 4:19 3:91 3:80 Semmering 1007 3:32 2:76 2:32 2:00 102-1 3:59 3:30 267 2:30 1032 3:39 2:95 235 2:02 1054 3:32 2297 2:43 2 110°3 ST] 267 2:26 1:94 Xb. Ventilation beim Horizontalmarsch (Reiche)|). Pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung geatmet cm3 Ort ne nach Abzug des Ruhewertes Rene beobachtet reduziert beobachtet reduziert Wien 1,09 2:83 247 2:14 207 94:8 2:81 2:47 2:08 2201 95°2 2:85 2:50 2:09 2:02 964 2299 2:68 2:24 2:16 1008 2:88 2:53 219 2-12 Semmering 93.4 2 82 2:45 2-05 1:75 Seal 2:69 2:34 1-95 1:65 103°5 3:08 2-75 2:34 2:02 Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. 54 (3%) (do) (0°) A. Durig, Xc. Ventilation beim Horizontalmarsch (Kolmer u. Rainer) (Wien). Pro Meter und Kilogramm Pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung Horizontalbewegung geatmet cm® geatmet cm? Name Meter Weges Na Meter Weges pro Minute pro Minute | nach nach Abzug Abzug beobachtet reduziert des beobachtet reduziert des Ruhe- Ruhe- wertes wertes [ [ Kolmer 49:2 4-11 3:77 2:59 | Rainer AN 2 3:95 3:43 2:03 62:4 4:30 3:94 3:06 76°9 3:29 2:85 2:12 67:0 3:37 Sl 22122 88:8 3:14 DT 197 69:2 3:15 2:90 2:09 90:8 ı Bsald 2:73 2.107 1004 4:44 397 3:68 1158 3:46 2:95 2:75 1046 4:14 3:82 3:44 1295 3:38 3:06 2.95 In den voranstehenden Tabellen sind die bei uns während der Horizontalmärsche gewonnenen Resultate eingetragen. Die Methode der Berechnung ist eine doppelte. In der dritten und vierten Kolumne ist der Ruheverbrauch nicht abgezogen, so daß die Ventilationsgrößen ein Ausdruck der gesamten, während der Leistung bestimmter Arbeit geförderten Luftmenge sind; in der folgenden Kolumne sind die Werte unter Abzug des Ruheverbrauches berechnet. Tabelle Xa zeigt, daß bei Durig in der Ebene, inso- lange die Geschwindigkeit beim Marsch nicht exzessiv gesteigert wird, keine nennenswerte Zunahme des pro Meter und Kilogramm geatmeten Volums beobachtet wurde, dagegen war das Volum bei sehr großen Geschwindigkeiten ausgesprochen erhöht. Rainer führte ebenfalls einen Marsch in sehr raschem Tempo aus, bei ihm tritt aber die Vermehrung der Ventilation nicht so ausgesprochen hervor; jedenfalls sieht man aber bei Durig wie bei Rainer, daß hinsichtlich des Verhaltens des Atemvolums eine ähnliche Gesetzmäßigkeit erkennbar ist, wie sie sich bei den Betrachtungen über den Umsatz beim Horizontalmarsch zu ergeben schien. Bei sehr langsamem Marschtempo war in allen vorliegenden Versuchen auf Grund der Berechnung ohne Abzug der Ruheventilation eine Überventilation ausge- sprochen, die Zahlen täuschen aber nur ein nicht den Tatsachen entsprechendes Verhalten vor, denn es muß auf Grund der bestehenden Ruheventilation der Wert für die Atmung beim Horizontalmarsch umso- mehr in den Vordergrund treten, je geringer die in der Zeiteinheit geleistete Arbeit ist; wie oben erwähnt können bei der vereinfachten Berechnung nur gleichartiger Versuche in Parallele gestellt werden. Für optimale Geschwindigkeiten liegen die reduzierten Ventilationsgrößen bei uns allen in annähernd gleicher Höhe. Es fanden sich bei der Fortbewegung von 1 %g entlang einen Meter Weges bei TO re TE DEITIENN. Reichel. ER LENRE2IS Rainer. erento Kohmier Mama 02 (Gesamt-)Ventilation, wenn wir die nächstgelegenen Werte auslesen. Über den Einfluß des Höhenklimas auf die Ventilation beim Horizontalmarsch geben allein die Semmeringversuche einwandfreien Aufschluß. Sie sind mit den Wiener Versuchen unbedingt vergleich- bar, weil sie bei ähnlicher Temperatur und gleicher Bodenbeschaffenheit ausgeführt wurden, während die oben angeführten Versuche von Lcewy und seinen Mitarbeitern diesen Forderungen nicht gerecht Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 399 werden können. Wie Tabelle Xa und XD beweist, ist bei gleichen Geschwindigkeiten bei Durig die beobachtete Ventilation auf dem Semmering größer gewesen als in Wien, dagegen fallen die Werte für das reduzierte Volumen, das pro Meter und Kilogramm geatmet wurde, ganz mit jenen, die in Wien beobachtet wurden, zusammen. Die Volumsverminderung infolge des niederen Luftdruckes wurde also bei Durig durch die Ventilationssteigerung kompensiert. Die Versuche, die an mir im Jahre 1903 von Zuntz auf dem Monte Rosa ausgeführt wurden, liefern ein Ergebnis, das mit demjenigen vom Semmering sehr wohl in Einklang zu bringen ist. Damals wurde bei mir in Wien ein etwas niederer Wert für die Ventilation gefunden als im Jahre 1907, doch ist die Abweichung keineswegs sehr beträchtlich; es wurden von Durig damals geatmet pro Meter und Kilogramm Horizontalbewegung (Gesamtventilation): unreduziert reduziert Nenn SORT een te aka. 2302 2:52 Coole 830m ee 2:45 CapannarMarshenta 460m 2 2 72.0272. 3.40 2:94 Während auf Col d’Olen und auf der Margherita der Luftdruck zu niederen Werten abgesunken ist, hat sich die Ventilation um einen entsprechenden Betrag erhöht, sie ist zumeist in der Capanna Margherita sogar bis auf das Doppelte gestiegen. Der dort gefundene Wert ist jedenfalls etwas zu hoch und näherte sich bei reinen Versuchsbedingungen sicherlich noch mehr dem Wiener Werte. Wie bereits oben erwähnt wurde, war das Marschieren in der Margheritahütte durchaus kein so unbehindertes wie in freiem Terrain. Bei Reichel ist die Erhöhung des unreduzierten Volumens auf dem Semmering nicht zu beob- achten gewesen. Die nachstehenden Tabellen sollen das Verhalten der Ventilation bei unseren Versuchen über die Steigarbeit illustrieren. SZ Tenillaisiomapreigder Stei sample (Diunto). Ventilation pro mkg Steig- arbeit cm? Steigarbeit tete OFsEr mkg (Mittel) Bemerkung beobachtet reduziert B t Wien 150 ın 934-3 52:0 46-8 Sonne aul stem Weg Bilkengrat 1790 m 620:5 62:0 47.0 1960 m 6346 62°5 45°7 untrainiert (auf 2240 m 651-6 64:2 44:9 este Weg) 2440 m 6642 68:7 46:8 Bilkengrat 1790 m 926-1 54:6 41°5 1960 u 920-4 99'2 40:9 trainiert (auf festem 2240 m 886-8 58-5 42:2 We) 2440 m 9272 58°7 41:6 Wien 150 ın 666 1 924 908 Winter auf Schnee Monte Rosa 4560 m 24:1 1042 59:0 auf Schnee 400 A. Durig, XId. Ventilation bei der Steigarbeit (Kolmer, Rainer, Reiche]). Ventilation pro mkg Steig- ; ; arbeit cm? Steigarbeit Din: mkg (Mittel) Bemerkung beobachtet reduziert Kolmer Wien 698-7 59-4 52-8 So naE Cu en (Weg) » 783°7 625 606 Winter (auf Schnee) Monte Rosa 4694 101°7 978 Nr. 149, 150 u. 151 » 496 °3 1344 73°8 Nr. 169, 170 u. 171 Rainer Wien 759-1 46-2 40-6 Soma: (Du? Bsshom Weg) » 5869 94:9 58°8 Winter (auf Schnee) Monte Rosa 4748 983 943 auf Schnee Reichel Wien 1053-1 46-2 2 Sommer (aufffestem Weg) > 855°7 815 49:0 auf Schnee Monte Rosa 475°5 1096 59-8 auf Schnee Überblickt man die an Durig auf festem Boden angestellten Beobachtungen und vergleicht sie mit jenen, die in Wien und auf dem Bilkengrat ausgeführt wurden, so ergibt sich, daß ganz systematisch mit dem Vordringen in größere Höhe die Ventilation gesteigert wurde, wobei als Resultat eine Konstanz des pro Meterkilogramm Steigarbeit geatmeten aber reduzierten Volums resultierte. Diese vor nunmehr fünf Jahren an mir angestellten Versuche, in denen damals die Atemmechanik ganz unberücksichtigt geblieben war, führen also erfreulicherweise an der Hand der bereits damals in den Tabellen über die Alveolartension veröffentlichten Zahlen zu genau demselben Ergebnisse wie die vor 7 Jahren von Zuntz an mir ausgeführten Versuche beim Horizontalmarsch, bei denen ebenfalls die Atemmechanik in der Publikation unberücksichtigt geblieben war. Die Versuche vom Bilkengrat lehren, daß Durig sich hinsichtlich der Atemmechanik im trainierten und untrainierten Zustand verschieden verhielt. Der Trainierte atmete bei der Leistung eines Meterkilo- grammes Arbeit ein geringeres Volum. Dies darf aber nicht ausschließlich als Ausdruck einer Anpassung der Atemmechanik aufgefaßt werden, da zu berücksichtigen ist, daß im Training der Umsatz für die Leistung eines Meterkilogrammes geringer geworden war und damit die Bildung von Kohlensäure, wie anderer das Atemzentrum reizender Stoffe, bezogen auf die Einheit des Effektes, vermindert war. Die Werte, die bei Rainer und Reichel für die Ventilation in Wien gefunden wurden, liegen etwas niederer als jene von Durig, während die Ventilationsgröße von Kolmer etwas höher ist. Die auf dem Monte Rosa ausgeführten Versuche über die Steigarbeit lassen sich nur mit den Ver- suchen, die auf Schnee im Winter in Wien angestellt wurden, vergleichen. Entsprechend der wesentlich größeren Bruttoarbeit beim Leisten desselben Nettoeffektes während des Gehens auf Schnee ist natürlich bei uns allen die Ventilation berechnet auf die Leistung eines Meterkilogramms Steigarbeit um mehr als Ergebnisse der Monte Rosa-Expediltion. 401 10°/, gestiegen; ganz besonders boch ist die Zunahme bei Rainer, der während des Winterversuches unwohl war. Betrachten wir die Ventilation auf dem Monte Rosa, so ist diese bei uns allen während der Arbeit in der Höhenstation in dem Maße gestiegen, daß bei keinem das reduzierte! Volum auf dem Monte Rosa hinter jenem, das in der Ebene gefunden wurde, zurückblieb. Bei Durig und Reichel ist das Volum in fast gleichem Maße, und zwar um rund 18°/,, über den Wert aus der Ebene erhöht. Bei Kolmer war in den ersten drei Versuchen der Wert konstant ‚geblieben, am folgenden Versuchstag schnellte er aber gewaltig empor, viel höher als bei uns allen (um 25°/,), ein Verhalten, das wohl möglicherweise auf ein unzweckmäßiges, weniger leistungsfähiges Arbeiten seiner Atemmuskulatur hindeutet. Bei Rainer finden wir keine Steigerung ausgesprochen; dies besagt jedoch nur wieder das, was wir schon wissen, daß er während des Unwohlseins in Wien ganz gewaltig überventilierte, weshalb wir den Wiener Wert nicht als Normalwert ansehen dürften. Es könnte der Einwand erhoben werden, daß das wahre Verhalten der Ventilation durch die Art der Berechnung verschleiert worden sei. Es wurde daher, obwohl wir, wie oben dargelegt, dieser Anschauung keineswegs beipflichten, für Durig die Ventilation unter Abzug der Ruheventilation, beziehungsweise bei der Steigarbeit nach Abzug der Ruheventilation und jener, die der Horizontalkomponente entspricht, berechnet; es ergaben sich folgende Werte für die Ventilation beim Horizontalmarsch Geatmet cm? Luft beobachtet reduziert Wien . . 100:7 m 2:16 2:09 (Mittel aus dem zweiten, dritten und vierten Versuche der Tabelle Xa)? Semmering 1043 m 2:41 2:07 beziehungsweise für die Ventilation beim Steigungsmarsch auf festem Boden: cm? Luft (reduziert) N ee RR Le REN REN REEL BIETER CR °e) SpoRmeralpenäunttaintert Dei LEAIDIERG eh ee 2 EDR: Es rücken sich nun die beiden Werte von der Sporner Alpe sogar noch näher und eindeutig geht hervor, daß das bei der Leistung gleicher Arteit geatmete, reduzierte Volum bei Durig in verschiedenen Höhen ein gleich großes war. Wenn wir schon bei dem Verhalten der Ventilation des ruhenden Menschen das Bestehen einer Luxusatmung bestritten haben und die Annahme einer allgemeinen Gültigkeit an der Hand von Versuchs- ergebnissen widerlegten,* so liefern unsere Versuche über die Steigarbeit neuerlich den Beweis, daß es gewiß eine große Zahl von Menschen gibt, die das Absinken des wahren (reduzierten) Minutenvolums im Höhenklima fast mit mathematischer Genauigkeit kompensieren, in großen Höhen eventuell sogar überkompensieren, so daß für gleich große Arbeit bei ihnen stets dasselbe oder eventuell sogar ein größeres (reduziertes) Volum geatmet wird, selbst wenn zur Erreichung dieses Zweckes die Ventilation auf das Doppelte steigen muß. Wir werden dabei wieder auf dasselbe Resultat geführt, das schon an früherer Stelle erwähnt wurde, daß eines der Hauptmomente, das dem Vordringen in größere Höhe eine Grenze setzt oder dieses verlangsamt (geringere Leistung), in dem Verhalten der Atemmechanik gesucht werden muß. 1 Pro Meterkilogramm Steigarbeit berechnetes Volum. 2 Diese Versuche wurden gewählt, um einen annähernd gleich großen Mittelwert für die Geschwindigkeit in Wien und auf dem Semmering in Parallele stellen zu können. 3 Gesamtmittel. 4 Über die Diskussion A. Loewy’s über die Luxusatmung an späterer Stelle. 402 A. Durig, 4. Die Vitalkapazität. Gegenüber den individuell recht verschiedenen Erscheinungen, welche die einzelnen, bisher im Höhenklima untersuchten Personen hinsichtlich ihrer Atemmechanik zeigten, wird das Verhalten in bezug auf die Vitalkapazität bei allen im großen und ganzen gleichartig beschrieben, ja auch in der pneumati- schen Kammer hat man eindeutig das nämliche Resultat erhalten, daß unter der Einwirkung verminderten Druckes die Vitalkapazität verringert wird. Teilweise wurden außerordentlich große Abnahmen der Vital- kapazität beobachtet. So beschreibt Paul Bert! eine Abnahme der Vitalkapazität auf die Hälfte bei einem Barometerstand von 420 mm Hg, der ungefähr jenem entspricht, welchen man auf dem Monte Rosa beobachtet. Die Ausschläge, die Mosso auf dem Monte Rosa fand, sind wesentlich geringer und würden sicher noch viel weniger beträchtlich sein, wenn Mosso an Stelle des an der Gasuhr abgelesenen Volumens das umgerechnete Volumen angegeben hätte, welches das Gas in der Lunge der Versuchs- person bei 37° C und Sättigung mit Wasserdampf eingenommen hätte. Die Werte, wie sie Mosso anführt, lauten gekürzt in Litern und unter Berechnung der Änderung in Prozenten: Turin Margheritahütte Prozentische Abweichung i vom Normalwert (Ebene) Mosso 8° Sl 20 Bizzozeno .4'2 DET 13 Solferino . . 46 44 ) Marta a2 4:6 10 Sarteur 2 4:7 9 Jaeichiniwe ee ne 45 6 Die Größe der Veränderung, die die Vitalkapazität bei den einzelnen Personen erfuhr, war also eine recht schwankende, ja, die Abnahme um 3°/, bei Solferino fällt wohl in die Beobachtungsfehler und wenn wir die Temperatur und Wasserdampftension berücksichtigen könnten, würden wir bei ihm sogar eine Zunahme der Vitalkapazität finden. Zuntz und Schumburg sprachen sich dahin aus, daß die Verminderung der Vitalkapazität nur eine vorübergehende sei, die sich sehr bald ausgleicht, und diese Angabe ist auch in die Literatur über- gegangen, da sie auch durch die Versuche von Loewy eine Stütze zu finden schien. Wir können dieser Anschauung, jedenfalls was ihre Allgemeingültigkeit betrifft, nicht beistimmen. Denn bei Zuntz und Schumburg wurden am ersten wie am letzten Aufenthaltstage in Zermatt und in der Betempshütte wie auch während der Aufenthalte selbst ganz analoge Werte für die Vitalkapazität gefunden.” Auch Loewy’s Versuche * dürfen wir nicht in dieser Weise deuten. Einesteils fehlt in ihnen ebenso wie überhaupt bei allen älteren Versuchen die Umrechnung auf gleiche Temperatur.” Außerdem zeigt sich aber in den 1 Pression barometrique, p. 716. 2 Pflüger’s Arch., Bd. 63, p. 478. 3 Bei Schumburg 2:95 am ersten, 2'971 am letzten Tag, bei Zuntz 4:00 am ersten, 4:03 ! am letzten Tag, von dem um 10 R abends nach der Ankunft ausgeführten Versuch ist hiebei abgesehen. 4 Pflüger’s Arch., Bd. 66, p. 518. 5 Die Umrechnung der an der Gasuhr gemessenen Werte der Vitalkapazität auf die Temperatur, welche das Gas in der Lunge gehabt hat, wie auf entsprechende Wasserdampfsättigung, wurde schon von älteren Autoren wiederholt ausgeführt, es kann aber als recht strittig bezeichnet werden, ob man unter den gegebenen Verhältnissen damit nicht direkt einem Fehler zum Opfer fällt, dem man entgehen will. Man muß bedenken, daß sich in der Gasuhr samt Zuleitungen Exspirationsluft von niedrigerer Temperatur befindet als in der Lunge und daß diese Luft vorerst durch die Masse der nachfolgenden, wärmeren Luft vorgeschoben und durch die Gasuhr getrieben wird. Da nach Schluß der forzierten Exspiration Luft von der Exspirationsleitung her nachtreten kann, fehlt natürlich auch jedes Zurückgehen der Gasuhrzeiger infolge der Abkühlung des aus der Lunge ausgeatmeten Gases. An der feuchten Gasuhr kann man ein solches Zurückgehen bei geeigneter Versuchsanordnung ganz gut beobachten. Es soll damit nicht gesagt sein, daß in der Bestim- Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 403 Versuchen an A. Loewy auf Col d’Olen und in der Gnifettihütte, bei J Loewy und L. Zuntz auf der Gnifettihütte kein Einfluß längeren Verweilens, ja, merkwürdigerweise begegnen wir sogar ohne die Umrechnung auf die Körpertemperatur, und zwar nach vorangegangenen Märschen in einer Höhe von 3600 mm einer Zunahme der Werte für die Vitalkapazität gegenüber den Berliner Werten. Es stützt sich also die Annahme einer anfänglichen, sich später rückbildenden Verminderung der Vitalkapazität nur auf zwei aus der Reihe fallende Werte, von denen der eine von L. Zuntz, der andere von J. Loewy stammt. Die Werte der Vitalkapazität, die von Zuntz und seinen Mitarbeitern im Jahre 1901 ermittelt wurden, sind leider nicht mitgeteilt. Wie wir an der Hand der vorliegenden Ausführungen sehen, sind die Verhältnisse also keineswegs so entscheidend geklärt, daß nicht die Anführung weiterer Beobachtungen wünschenswert wäre, Wenn Fuchs zum Beispiel schreibt, »die Verkleinerung der Vitalkapazität ist von allen Beobachtern konstatiert worden. Meine Beobachtungen ergeben volle Übereinstimmung mit den Angaben der früheren Autoren...«, so weiß man wirklich nicht, womit die an ihm — an einer einzigen Versuchsperson — gewonnenen Resultate stimmen sollen: mit jenen, in denen eine Abnahme, eine Zunahme oder ein Konstantbleiben der Vitalkapazität eingetreten ist, beziehungsweise mit jenen, in denen die Verringerung der Vitalkapazität eine vorübergehende gewesen sein soll. Fuchs legt besonderen Wert darauf, daß die Vitalkapazitätswerte auf Körpertemperatur umgerechnet und dann erst miteinander ver- glichen werden, es war ihm daher jedenfalls auch bekannt, wie stark sich die Werte durch die Umrechnung auf Körpertemperatur verschieben und deshalb hätten ihm die älteren Vitalkapazitätswerte nur noch weniger besagen dürfen. Fuchs maß an sich selbst die Vitalkapazität morgens früh in stehender Stellung. Die Schlüsse, die er daraus zog — er führte stets zwei oder drei Messungen der Vitalkapazität nach- einander aus —, daß der in der zweiten Beobachtung gefundene Wert größer oder kleiner als er erste war,! sind wohl belanglos und dürfen nicht als Erfolg einer Atemgymnastik im Hochgebirge gedeutet werden. Unsere später zu besprechenden Werte beziehen sich stets auf 8 bis 15 Bestimmungen der Vitalkapazität nacheinander in entsprechenden Intervallen, sie lassen keinerlei Gesetzmäßigkeit in dem Wechsel der Höhe erkennen. Die Vitalkapazitäten zeigten bei Fuchs eine typische Abnahme beim Vordringen in größere Höhe. Seine Werte lauten in Litern: Änderung in Prozent Erlangen oe) CO KOLCHER Te ee el Ss GapannawMasshenitaueer 22022722050 12-8 Nach den Angaben von Fuchs nahm sowohl auf Col d’Olen wie in der Capanna Margherita während der Dauer des Aufenthaltes die Vitalkapazität zu, was Fuchs als eine Anpassung, speziell als mung der Größe der Vitalkapazität mittels der Gasuhr infolge der Unsicherheit der in Anschlag zu bringenden Temperatur keine Fehler gemacht werden, wenn man schlechtweg das am Zeigerwerk der Gasuhr abgelesene Volum in Rechnung stellt, es muß aber auch betont werden, daß die Korrektur auf eine Temperatur von 37° C. und entsprechende Wasserdampfsättigung keineswegs die Gewähr dafür gibt, daß die Werte, die man auf diesem Wege berechnet, richtigere sind. Noch ein Umstand ist bei der Bestimmung der Vitalkapazitäts mit Hilfe der Gasuhr zu berücksichtigen, die in der Ebene und im Gebirge selbst bei ganz gleichartiger Ausführung des Experimentes in verschiedener Weise wirkt. Jede Gasuhr läßt sich nur auf eine ganz bestimmte Durchgangsgeschwindigkeit eichen. Die Eichung bezieht sich daher meist nur auf einen Durchgang von 5 bis 50 /, das ist auf jene Gasmengen, die beim Versuch am Menschen in Betracht kommen. Bei der Vitalkapazitätsbestimmung werden aber 42 Luft in etwa zwei Sekunden durch die Gasuhr getrieben, was einem Durchgang von 120 Minutenlitern entsprechen würde, aber auch diese Durchströmungsgeschwindigkeit ist sicher nicht für die ganze Dauer der Exspiration anzunehmen. Die Gasuhr macht daher bei der Vitalkapazitätsbestimmung Fehler, die nicht in Rechnung zu stellen sind. Man überzeugt sich davon leicht; die Größe der Kapazität fällt nämlich viel höher aus, wenn man langsamer exspiriert. Im Höhenklima, zum Beispiel auf dem Monte Rosa, wird bei Konstantbleiben der Widerstände der Gasuhr, aber wesentlich geringerer Dichte des Gases, natürlich neuerlich eine Variable ein- geführt. 1 Fuchs leitet daraus sofort wieder eine Gesetzmäßigkeit im Sinne einer Ermüdung der Atemmuskulatur, beziehungsweise in späteren Versuchen im Sinne einer Akklimatisation ab. 404 A. Durig, eine Anpassung an die Temperaturverhältnisse auffaßt. Fuchs glaubt nämlich, daß die Hauptursache der Verminderung der Vitalkapazität im Hochgebirge nicht in einer dauernden Ermüdung der ganzen Atem- muskeln und einem In-die-Höhe-drängen des Zwerchfelles durch die Ausdehnung der Darmgase unter dem niederen Druck zu suchen sei, wie dies frühere Autoren angenommen hatten, sondern daß die niedere Temperatur im Höhenklima hiebei eine wesentliche Rolle spielt. Er glaubt, diesen Befund daraus ableiten zu können, daß die Vitalkapazität bei ihm vor dem Aufstieg auf dem Monte Rosa in Erlangen 6349 cm? betrug und bei einer Zimmertemperatur von 20° C. bestimmt wurde, während von ihm nach der Rückkehr bei 15:5° C. Zimmertemperatur 5803 cm” Vitalkapazität gefunden wurden. »Ich halte diesen Tem- peraturunterschied für die Ursache der Verkleinerung der Vitalkapazität in Erlangen II gegenüber Erlangen|, und glaube auch, daß die niedrigen Temperaturenin den Hoch- negionen einer der wesentliehsten Ursachen für die Abnahme der N :ıralkaparaean sind. ! Wir wissen aus zahlreichen Versuchen, daß die Herabsetzung der Umgebungstemperatur ein Reiz ist, der zu einer Vermehrung des Muskeltonus führt, die Wärme hingegen den Tonus verringert. Da auch die gesamte Atemmuskulatur tonisch erregt ist, so wird eine Tonusvermehrung dieser Muskeln zur Folge haben, daß die noch mögliche maximale Verkürzung eine geringere sein muß, als bei geringerem Tonus, und die Vitalkapazität sich dementsprechend verkleinern muß.« Also schon wieder eine Gesetzmäßigkeit! Wir wollen auf die möglichen Erklärungen, die eine Ver- schiedenheit im Werte der überraschend großen Vitalkapazität? von Fuchs bei Selbstbeobachtungen in Erlangen vor und nach dem Aufenthalt auf dem Monte Rosa herbeiführen konnte, nicht eingehen. Die Zukunft wird ja erweisen, ob eine derartige Abhängigkeit der Vitalkapazität von der Umgebungstemperatur (die ja noch nichts mit der Temperatur des Muskels zu tun hat, welche auf dem Monte Rosa bei vielen Leuten, jedenfalls aber auch bei Fuchs etwas erhöht war!) besteht, denn an und für sich würde die Ein- zelnbeobachtung von Fuchs ja sowieso zu keinen allgemeingültigen Schlüssen berechtigen, der Zufall will es aber, daß wir ohne Kenntnis der nachher von Fuchs ausgeführten Beobachtungen bereits im Sommer 1906 und im Winter 1907 vergleichende Beobachtungen über den Einfluß der Temperatur auf die Größe der Vitalkapazität anstellten, die aber gar keinen Beweis zugunsten der Hypothese von Fuchs lieferten. Nachstehende Tabelle p. 57 [405] enthält die betreffenden Werte. Wir führten die Versuche in der Weise aus, daß die Versuchsperson bei aufgesetzter Nasenklemme durch ein Ventil nach der Gasuhr exspirierte, um zu verhindern, daß bei der zwingend sich einstellenden Inspiration etwa Luft durch die Gasuhr rückgesaugt werde, bevor das Mundstück aus dem Mund entfernt war. Den jedesmaligen Stand der Gasuhr notierte der Beobachter, während der Untersuchte frei mitten im Zimmer stand und die Ausschläge an der Gasuhr nicht kontrollieren konnte. Die Beobachtungen wurden am Vormittage in nüchternem Zustand ausgeführt. In der nachstehenden Tabelle sind für die Umrechnung der Werte auf Körpertemperatur bei dem am selben Vormittage aneinander anschließenden Beobachtungen je dieselben Gesamttemperaturmittel, die bei den Gasuhrablesungen aufgezeichnet wurden, der Berechnung zugrunde gelegt; wie bemerkt, legen wir auf die Umrechnung gar keinen Wert. Wir zogen es vor, die Größe der Vitalkapazität durch Mittelung zahlreicher Werte je an einem Tage zu bestimmen, dann eine Pause von mindestens einer Woche verstreichen zu lassen und nach dieser erst wieder in derselben Art zu verfahren. Wir wollten auf diese Weise dem Einflusse der Übung auf die Bestimmung entgehen und anderseits Zufälligkeiten, die eine Verlagerung des Wertes nach oben oder unten mit sich bringen konnten, vermeiden. Es schien uns zweckmäßiger, nicht die maximalen Gasvolumina, die von einer Versuchsperson gefördert werden konnten, zu berücksichtigen, sondern den Mittelwert zu wählen, da sich im Verlaufe der Durchführung 1 Vom Autor selbst gesperrt. 2 Im Verhältnis zur Körpergröße von Fuchs. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 405 XI. Größe der Vitalkapazität (Liter). Durig Kolmer Rainer Reichel Zimmer- temperatur s 6 umge- umge- umge- umger beobachtet | rechnet auf | beobachtet | „rechnet auf | beobachtet | rechnet auf | beobachtet | zechnet auf 37°C 37°C 37°C 37°C Wien, Sommer 4. Juli 1906 2 24 4'832 4:64 4:20 4-51 4:56 4:90 4:90 5°26 Capanna Margherita (Beginn des — 1 3:38 4:04 3° Aufenthaltes) 12. Aug. 1906 4:48 3:84 4:59 1 a Br co SI w SQ] ai Capanna Margherita (nach der ersten Marsch- periode) 21. Aug. 1906 + 4 3:36 4:00 335 3:99 3° 447 3:85 4:59 SO] oO Capanna Margherita (Ende des + 12 3:40 4:01 3:26 3:84 3° Aufenthaltes) 3. Sept. 1906 — [86] 4:38 3:83 4-51 Alagna 5.Sept. 1906 —+ 16 3:82 4:23 3:80 4:20 4'283 4:68 4:50 4:98 ‚Wien (Winter) nach der N R 3 5 2 s x : Rückkehr 7 4:30 4:78 4:16 4:62 4:60 Sl 4:85 9:39 4. Jän. 1907 einer Reihe verschiedene Momente gegenteilig beeinflussen konnten.! Eine Zunahme konnte zum Beispiel die jeweils sich ausbildende größere Geschicklichkeit im Füllen und Entleeren des Thorax mit sich bringen, während gleichzeitig eine Verminderung durch eine allmählich sich ausbildende Ermüdung der Atemmuskulatur möglich gewesen wäre. Die Tabelle besagt, daß — vielleicht zufälligerweise — bei uns allen, die bei niedriger Zimmer- temperatur bestimmte Größe der Vitalkapazität umgerechnet auf Körpertemperatur größer war als jene die im Sommer festgestellt wurde; der Unterschied in der Zimmertemperatur betrug dabei 17° C.? Hiezu ist zu bemerken, daß Durig und Reichel sich an die niedere Umgebungstemperatur während der Winter- monate gewöhnt hatten, während Kolmer und besonders Rainer dieser Forderung nicht gerecht wurden. Wir sind übrigens keinesfalls berechtigt, den geringen Unterschied zwischen den im Winter und im Sommer gewonnenen Werten irgend welche Bedeutung beizulegen, denn diese fallen gewiß innerhalb jene Schwankungen, die man an einem und demselben Menschen bei Bestimmung der Vitalkapazität überhaupt beobachtet, so daß wir mit Grund aussagen können, es sei die Vitalkapazität bei uns im Sommer und im Winter dieselbe gewesen. 1 Den Verlauf einer einzelnen Reihe zeigen als Beispiel die folgenden Zahlen, die an Durig am 12. August 1906 auf dem Monte Rosa gewonnen wurden, sie illustrieren auch die Größe der Schwankungen, die wir beim Einzelnen in der Höhe der Vital- kapazität beobachteten: 3310, 3290, 3230, 3220, 3510, 3650, 3250, 3360, 3630 cm?, Mittel 3380 cm?. 2 Bei Fuchs sollen die bedeutenden Unterschiede in der Vitalkapazität durch einen Temperaturunterschied von 4'5°C (der Zimmertemperatur!) bedingt gewesen sein. Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. [o7 1 (br 406 A. Durig, Die großen Veränderungen, welche die Höhe der Vitalkapazität im Hochgebirge zeigt, werden viel geringer, wenn man die Werte auf die einheitliche Grundlage — Körpertemperatur und Sättigung mit Wasserdampf — zurückfühtrt. Die folgende Hilfstabelle gibt dann den besten Einblick in das Verhalten. Tabelle XIII. Relative Änderung der Vitalkapazität in Prozenten des im Winterin Wien gefundenen Wertes für die Vitalkapazität. Abnahme in Prozenten des bei 37° C. gemessenen Volums auf dem Monte Rosa in Alagna ee Reeane | ja Ende des 8 ni Durig 11° 15°9 15°9 Kolmer 91 He 119523 Rainer 8.4 1208 14:2 Reichel 7:6 15° 12 Beachtet man vorerst die auf dem Monte Rosa gewonnenen Ergebnisse, so sieht man, daß bei Durig, Rainer und Reichelsich an der Höhe der Vitalkapazität während des ganzen einen Monat dauernden Aufenthaltes gar nichts Wesentliches geändert hat. Auch die Durchführung der zum Teile wohl anstrengenden Märsche hat zu keinem Training der Atemmuskeln geführt, das etwa eine bessere, maximale Füllung und Entleerung der Lunge zur Folge gehabt hätte. Bei uns allen fand gewiß keine Anpassung an die im Höhenklima wirkenden Faktoren statt, die im Sinne der von anderen Autoren betonten Regel zu deuten wäre, daß die Vitalkapazität nur vorübergehend vermindert sei und dann zur Norm zurückkehre. Ein solches Ansteigen war bei keinem von uns der Fall, im Gegenteil, die Höhe der Vitalkapazität nahm eher ab, und zwar ganz ausgesprochen bei Kolmer, so daß die Verminderung bei ihm endlich auch einen Wert erreichte, der ganz demjenigen von uns übrigen entsprach. Damit ist jedenfalls die hypothetische Annahme gesetzmäßiger Anpassung durchbrochen. Das, was übrigens für das Verhalten der Vitalkapazität unter dem Einfluß der Zimmertemperatur bei uns in der Ebene galt, hat sich in gleicher Weise auch auf dem Monte Rosa bestätigt. Am 12. August war die Höhe der Zimmertemperatur — 1°C., am 3. September 12°C., es hätte also die von Fuchs supponierte Wirkung der Temperatur jene der Anpassung unterstützen müssen, doch war davon keine Rede, ja bei Kolmer sank sogar die Vitalkapazität am zweitgenannten Tage auf einen ungleich tieferen Wert. Sämt- liche Reihen der Vitalkapazitätsbestimmung während unserer Expedition fallen natürlich in Ruheperioden, in denen die direkte Nachwirkung vorangegangener Muskelarbeit ausgeschlossen war.! Nach dem Abstieg vom Monte Rosa bestand bei uns allen in Alagna eine in ähnlichen Grenzen sich bewegende Abnahme der Vitalkapazität fort. Wir können derzeit nicht entscheiden, inwieweit hiebei die Nachwirkung des vorangegangenen Höhenaufenthaltes sich geltend gemacht hat oder inwieweit dieses Verhalten bei uns auch sonst in Alagna beobachtet worden wäre. Noch eines Umstandes muß Erwähnung getan werden. Vielfach glaubt man, eine große Vital- kapazität als Ausdruck einer größeren Leistungsfähigkeit des Atemapparates ansehen zu sollen. Diesem 1 Über die Nachwirkung vorangegangener Anstrengung: auf die Vitalkapazität siehe auch in Zuntz und Schumburg: Physio- logie des Marsches und bei Loewy u. Mitarbeitern (Plüger’s Arch., Bd. 66). Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 407 Vorurteile möchten wir, wenigstens was seine Allgemeingültigkeit betrifft, entgegentreten. Es ist wohl sehr wahrscheinlich, ohne daß man auf die nicht absolut vergleichbaren Werte der Vitalkapazität zurück- zugreifen braucht, daß Menschen, die nach starker körperlicher Anstrengung untersucht werden, zu einer solchen Zeit eine Verminderung der Vitalkapazität aufweisen." Wieeben die Zuckungshöhe eines jeden Muskels bei fortdauernder Ermüdung abnimmt und die Zuckungsdauer verlängert wird, ist es unzweifel- haft auch bei der Atemmuskulatur. Die Erweiterung des Thorax wird unzulänglicher, das Auspressen der Luft unvollkommener erfolgen, vielleicht auch die Möglichkeit, eine Inspiration so lange hinauszuschieben, bis ein maximales Auspressen der Luft aus dem Thorax erfolgt ist, verkürzt, da die noch reichlich im Blute kreisenden, das Atemzentrum reizenden Stoffe gebieterisch früher eine neue Inspiration auslösen. Es ist auch wahrscheinlich, daß dieses Moment bei der ungleich niedrigeren alvolären Sauerstofftension im Hochgebirge sich ganz besonders bemerkbar macht, ja vielleicht kommt dies bei der Bestimmung der Vitalkapazität in großen Höhen überhaupt ausschlaggebend in Betracht. Was die Frage der Leistungsfähigkeit und Vitalkapazität betrifft, so sind die Anführungen Mosso’s interessant. ? Die Vitalkapazität des sehr kräftigen Kustoden und Trägers Franciolli war bei einer Größe der Versuchsperson von 174m und einem Körpergewicht von 77 kg nur 4017 cm’, während der ungefähr gleich große, nur 59 kg schwere Bizzozero 4200cm? Vitalkapazität aufwies, ersterer war nie bergkrank gewesen, letzterer, der ungleich schwächlichere, war stark von der Bergkrankheit befallen worden. Auch sonst hat Mosso verschiedene bergkranke und wenig leistungsfähige Personen beobachtet, deren Vital- kapazität viel größer war als die anderer Personen, insbesondere als jene von Trägern, die im Hochgebirge ungestört schwere Arbeit verrichteten. Auch jene Untersuchungen, die Mosso an den Mitgliedern des Klub Alpino Italiano anstellte, ergaben, daß einige Alpinisten, deren vitale Kapazität die Norm übersteigt, nichtsdestoweniger an Berg- krankheit litten, während gerade zwei ausgezeichnete Alpinisten, die die schwierigsten Touren aus- führten, subnormale Werte für die Vitalkapazität aufwiesen. Ein typisches Beispiel für Personen letzterer Art ist auch mein verehrter Kollege Professor Simony°, ein Mann von ungewöhnlicher Körperkraft und Leistungsfähigkeit, der insbesondere ein ausgezeichneter Schnellgeher und Ruderer ist. Bei einer Körperlänge von 1:86 m besitzt Simony nur eine Vitalkapazität von 3200 cm” (bei 37° C 3500 cm’)! also fast nur die Hälfte jener, die Fuchs an sich bestimmte, obwohl dieser ganz ungleich kleiner ist. Von unseren Versuchspersonen wies Kolmer — und gerade er war der Bergkranke, dessen Atmungs- und Kreislaufapparat im Hochgebirge wie in der Ebene bei anstrengender Leistung relativ früh- zeitig versagte — im Beginne des Gipfelaufenthaltes die geringste Abnahme der Vitalkapazität auf; die relative Höhe seiner Vitalkapazität steht daher auch bei ihm in keinem Zusammenhang mit seinem Befinden oder seiner Leistungsfähigkeit im Gebirge. Von den Gesetzmäßigkeiten hinsichtlich des Verhaltens der Vitalkapazität im Hochgebirge erübrigt daher, soweit die Sachlage bisher feststeht, nur die Tatsache, daß bei den meisten Personen, die in hohen Gebirgslagen untersucht wurden, eine bedeutende Verminderung der Vitalkapazität beobachtet wurde, die sich bei jenen Leuten, welche bisher während der längsten Zeit (auf dem Monte Rosa) beobachtet wurden, im Höhenklima nicht veränderte, so daß keine Anpassung stattfand. Ob es tatsächlich Personen gibt, bei denen unter analogen Verhältnissen in sehr großer Höhe keine Abnahme der Vitalkapazität beobachtet wird, oder bei denen die Vitalkapazität, wenn sie anfänglich gesunken war, später sich bis zu den Werten, wie sie in der Ebene gefunden werden, steigert, muß erst durch weitere Beobachtungen dar- 1 Siehe die Untersuchungen von Bohr: Bericht der Naturforscherversammlung, Dresden 1907, p. 243; auch Hasselbalch Deutsches Archiv f. klinische Medizin, Bd. 93, über Vitalkapazität sowie über die Bedeutung der Mittelkapazität. Es sei hervorgehoben, daß auch Bohr ausdrücklich betont, daß die Höhe der umgebenden Temperatur ohne Einfluß auf die Größe der Vital- kapazitätist, wobei er auf die einschlägigen Versuche von Hasselbalch verweist. 2 »Der Mensch auf den Hochalpen«, p. 212. 3 Siehe p. 14 dieses Bandes. 408 A. Durig, getan werden. Zwingende Beweise für eine solche Annahme liegen nicht vor. Die Behauptung, daß die niedere Umgebungstemperatur ein wesentliches Moment für das Zustandekommen des Absinkens der Vitalkapazität vorstellt, hat durch unsere Beobachtungen keine Stütze erfahren. Bezüglich des Verhaltens der Vitalkapazität, das wir an uns festgestellt haben, darf zum Schlusse dieses Abschnittes nicht uner- wähnt bleiben, daß wir keineswegs der Anschauung sind, durch unsere Ergebnisse allgemein gültige Gesichtspunkte gegeben zu haben. Wir sind alle vier als berggewohnte und auch ziemlich abgehärtete Menschen zu betrachten, es können daher aus dem an uns beobachteten Verhältnisse nicht ohne weiteres Rückschlüsse auf das Verhalten ungeübter oder etwa gar kranker Personen gezogen werden. Wie aus der Darlegung hervorgeht, sind übrigens die derzeitigen Kenntnisse über die Größe der Vitalkapazität in mittleren Höhen noch vollständig unzulängliche, und es muß jeder -weitere Beitrag zu dieser Frage dankbar begrüßt werden. Es scheint zwecklos, über die theoretischen Grundlagen zu rechten, welche die Veränderung der Vitalkapazität im Hochgebirge herbeiführen, bevor das Verhalten nicht allgemein gültig festgestellt ist und bevor wir nicht einmal wissen, ob zum Beispiel muskelschwächere Individuen ein stärkeres Absinken der Vitalkapazität zeigen. Als vollständig befriedigend kann heute keine der Erklärungen gelten. Es ist nicht wohl einzusehen, wieso die Darmgase im Hochgebirge dauernd einen höheren Stand des Zwerchfelles herbeiführen sollen, ohne daß durch den After mehr Gas entleert wird und ohne daß man sich dieser Blähung bewußt wird und wieso die Muskulatur nicht für die Kompression der Gase auf- kommen sollte, es ist auch nicht einzusehen, warum der Tonus der Muskulatur bei erhöhter Körper- temperatur im Hochgebirge vermehrt sein soll. Ausschlaggebender scheinen die Druckverhältnisse im Hinblick auf das Verhalten des Donders’schen und intrapleuralen Druckes zu sein, doch fehlen hierüber Erfahrungen an Menschen; die Tierversuche unter verdünnter Luft vermögen aber nicht zu befriedigen. Gewiß wird man rein akzidentelle Momente, zum Beispiel Einwirkung beengenderer (wärmerer) Kleidung im Hochgebirgsversuch, die Widerstände in der Apparatur, die Zeit des Atemanhaltens u. a. m. in einzelnen Fällen berücksichtigen müssen, bevor man ein entscheidendes Wort in der Sache sprechen kann. Es ist in dieser Hinsicht nicht uninteressant, wie die Resultate ganz anders ausfallen können, als man vermeint. Bei Ausführung der Bückversuche, die den Zweck hatten, nach der Ursache des Bück- schwindels auf dem Monte Rosa zu forschen, maß Reichel auch die Vitalkapazität an Durig. Durig saß hockend, mit gegen die Brust gebeugten Knien, um zu sehen, wie gewaltig sich hiebei durch das Emporpressen der Eingeweide und die Kompression der Darmgase gegen das Zwerchfell die Vitalkapazität ändert. Der Versuch wurde auch in Alagna wiederholt. Das Resultat war das folgende, ausgedrückt in Kubikzentimetern, nicht umgerechnet auf Körpertemperatur:! Monte Rosa Alagna Stehemde ur ri) 3800 hockender ge er 327 3460 liegend sa a ar lee 3300 Die Vitalkapazität war also im Liegen wesentlich geringer als im Hocken gewesen! Hier spielt wohl sicherlich die Möglichkeit, die auxiliäre Muskulatur mit zur Atmung heranzuziehen, eine große Rolle, immerhin spricht aber der Versuch nicht sehr zugunsten der Darmgashypothese. Vermutungsweise kann angenommen werden, daß im Liegen die flach angespannten Bauchdecken das Tiefertreten des Zwerch- felles erschweren und dadurch die Vertiefung der Inspiration mehr behindern, als im Hocken, bei dem die Bauchdecken ausgiebig entspannt sind.? 1 Da die Versuche unmittelbar anschließend vorgenommen wurden, sind sie auch ohne Umrechnung vergleichbar. 2 Siehe diesbezüglich auch die Versuche von Bohr und Hasselbalch. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 409 XM. Über die Alveolartension. 1. Vorbemerkungen. Das Resultat, das durch die Einstellung der Atemmechanik auf einen gewissen Typus erzielt wird, drückt sich in der Höhe der Gasspannungen in den Lungenalveolen aus. Bis vor nicht zu langer Zeit wurde die Höhe des Wertes der alveolaren Tension als ausschließlich entscheidend für den Gehalt des arteriellen Blutes an Sauerstoff und Kohlensäure angesehen. Die Beobachtungen von Haldane, insbesondere aber jene von Bohr haben dargetan,! daß außer dem Übertritt von Gas auf Grund der Differenzen zwischen dem Teildruck des Sauerstoffes und der Kohlensäure in der Alveolarluft und im venösen Blut noch ein Gasaustausch stattfinden kann, für dessen Erklärung man eine aktive Tätigkeit des Lungenepithels annehmen muß. Von den beiden Möglichkeiten — Gassekretion und Vergrößerung der Spannungsdifferenz zwischen Blutgasen und Lungenluft durch vitale Eigenschaften — nimmt Bohr heute die letztere als die wahrscheinlichere an. Nichtsdestoweniger spielt aber in Bezug auf die Frage nach der Deckung des Sauerstofferfordernisses, die Höhe der alveolaren Spannung die ausschlaggebendste Rolle, wenn wir auch annehmen müssen, daß es vielleicht nicht möglich ist, ausschließlich auf Grund der alveolaren Kohlen- säure und Sauerstofftension die Sättigung des Blutes mit Sauerstoff oder dessen Gehalt an Kohlen- säure zu berechnen. Es ist demnach auch heute noch von einem großen Interesse, die Höhe der Teildrucke des Sauer- stoffes und der Kohlensäure in der Lunge zu kennen und die Beziehungen zwischen dem Gaswechsel im Gewebe, dem Sauerstoffverbrauch und der Kohlensäureproduktion und der Gasspannung in den Lungen zu betrachten, um ein Bild über den Vorgang der Deckung des Sauerstoffbedarfes, beziehungsweise über das Verhalten der Reize, durch die das Atemzentrum unter gegebenen Verhältnissen erregt wird, zu gewinnen. Die Höhe der Gasspannungen in den Lungen ist nicht direkt durch die Berücksichtigung der prozentuellen Zusammensetzung der Exspirationsluft gegeben, da ein Teil des Exspirationsgases aus jenen Teilen der Lunge stammt, in denen kein nennenswerter Gasaustausch stattfindet. Wenn man auch annehmen muß, daß in der Mund- und Rachenhöhle, in der Trachea und den größeren Bronchien ein Übertritt von Sauerstoff und Kohlensäure durch die Schleimhaut erfolgt, so ist die Einbuße die das Gas in diesen Teilen an Sauerstoff erfährt, beziehungsweise der Zuwachs an Kohlensäure doch als ein so geringer anzusehen, daß man schlechtweg annehmen darf, daß diese Partien des Respirationstraktes mit unverändertem Inspirationsgas gefüllt blieben. A. Loewy? hat die Größe dieses schädlichen Luftraumes durch zahlreiche Versuche an der Leiche und im Experiment bei fraktionierter Ausatmung festgestellt und Grenzwerte zwischen 100 und 150 cm?’ gefunden, so daß er zur Annahme eines wahrscheinlichen Wertes von 140 cm? gelangte, den er auch beim Versuch, den Bronchialbaum mit Gips auszugießen, erhalten hatte. In ihren späteren Untersuchungen 3 kamen Loewy und v. Schrötter aber zum Resultat, daß dieser Wert ein Maximalwert sein müsse. 1 Auf Grund der neuesten Arbeiten von Krogh, die während der Drucklegung dieser Mitteilung erschienen, wird die Annahme einer Gassekretion sehr unwahrscheinlich oder ist schlechterdings auszuschließen. 2 Pflüger’s Arch., Bd. 58, p. 416. 3A. Loewy und H. v. Schrötter, Untersuchungen über die Blutzirkulation des Menschen. Berlin, Hirschwald 1905, p. 36. 410 A. Durig, In unseren weiter unten mitzuteilenden Versuchen haben wir demnach einen etwas geringeren Wert für den schädlichen Raum des Respirationsapparates angenommen, diesem aber den schädlichen Raum außerhalb des Körpers bis zum Exspirationsventil zugezählt, so daß wir schließlich einen Wert von 160 cm? in Rechnung stellten. Allzugroß ist der Einfluß, den ein etwas größerer oder geringerer Wert für den schädlichen Raum auf die Berechnung ausübt, übrigens nicht, so daß es ziemlich irrelevant erscheint, ob dieser um 10cm’ größer oder kleiner angenommen wird; keinesfalls wird man aber die Berücksichti- gung des schädlichen Raumes vernachlässigen dürfen. Um der gewiß nicht zu bestreitenden Unsicherheit dieses Wertes zu entgehen, haben Haldane und Priestley eine von ihnen als »direkte Bestimmung« der alveolaren Tension bezeichnete Methode ange- geben.! Ihr Verfahren besteht darin, daß zuerst die Zusammensetzung jener Luft bestimmt wird, die in unmittelbarem Anschluß an eine Inspiration durch eine schnelle tiefe Exspiration entleert wird und dann jene Luft analysiert wird, die am Ende einer normalen Exspiration durch forcierte Exspiration mehr aus- geatmet werden kann; das Mittel der beiden Bestimmungen ergibt nach den genannten Autoren den mittleren Gehalt der Alveolarluft an Kohlensäure und Sauerstoff. Der Zweck dieses Verfahrens ist nach kräftiger Spülung des schädlichen Raumes die Zusammensetzung des Lungengases auf der Höhe der Inspiration und der Exspiration bestimmen zu können. Besonders auffallend ist das Resultat, daß die beiden Autoren die Atemfrequenz von 9 bis 30 Atemzügen willkürlich variieren konnten und doch die- selben Gasspannungen für die Kohlensäure in der Lunge fanden. Die Methode lieferte bei der Unter- suchung der Alveolartension verschiedener Personen recht gut übereinstimmende Resultate, sie diente auch zur Bestimmung der Gasspannungen in der Lunge unter dem Einflusse verschiedenen Luftdruckes sowie bei Beobachtungen anläßlich eines Aufenthaltes auf dem Monte Rosa des Schülers von Haldane, R. Ward, auf dessen Versuche später näher eingegangen werden wird. Die Methode von Haldane gestattet in der Tat bei Personen, die geschickt genug sind, immer in gleichartiger Weise am Schlusse der Inspiration und am Schlusse der Exspiration eine Fraktion des Lungengases für die Bestimmung zu entleeren, gewiß sehr gut vergleichbare Werte zu gewinnen, die wenig voneinander abweichen, doch möchten wir glauben, daß durch den eingeschlagenen Weg nichts gewonnen wurde, vor allem aber keine größere Verläßlichkeit erreicht wurde, als wenn wir den etwas dehnbaren Wert für den schädlichen Raum in Rechnung stellen. Bei der »direkten Bestimmung der Tension« handelt es sich unzweifelhaft um eine Modifikation der Atmung. Es muß zum Beispiel jenes Gas, das am Schlusse der Exspiration entleert wird, eine größere Kohlensäuremenge und weniger Sauerstoff enthalten, als inm unter natürlichen Verhältnissen in der Lunge zukommt, denn es stehen die Verbrennungsvorgänge im Körper während der Exspiration nicht still, sondern es wird weiter Kohlensäure produziert und der Lunge zugeführt, da ja die Arbeit des Herzens und der Atemmuskeln andauert und das Blut, das aus diesen auch in Körperruhe besonders energisch tätigen Geweben abströmt und auf kurzem Wege dem rechten Herzen und der Lunge zugeführt wird. In der Lunge selbst wird sich aber, und dieser Umstand ist wohl von größter Bedeutung, je länger Gas in dieser zurückgehalten wird, umsomehr ein Ausgleich zwischen den Gasen des Venenblutes und der Alveolarluft herstellen und damit die Spannung des Sauerstoffes in der Lungenluft sinken, jene der Kohlensäure steigen. Bis zu welchen Werten dies erfolgt, hängt natürlich unter sonst gleichen Verhält- nissen bei einer und derselben Versuchsperson von der Art ab, in der diese die Separierung der Gas- proben, die sie aus der Lunge ausatmet, vornimmt und von der Zeit, in der die der Probe dienende Exspiration nach der Inspiration stattfindet.” Diese Zeit ganz der willkürlichen Beeinflussung zu entziehen und genau so zu bemessen, wie sie bei der automatischen Respiration sein würde, stellt wohl die größte Schwierigkeit vor, der man bei der Methode gerecht werden muß. Es ist selbstverständlich, daß eine 1 Journal of Physiology Bd., 32, p. 225. 2 Als Beweis hiefür dient wohl auch die Tatsache, die aus den Versuchsprotokollen zu entnehmen ist, daß man gar nicht selten findet, daß die Kohlensäurespannung der am Schlusse der Inspiration exhalierten Gasprobe größer als jene der am Schlusse der Exspiralion exhalierten war. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 411 Verlangsamung oder Beschleunigung der Phase Inspiration—Exspiration zu einer Verschiebung der Werte führen muß. Hiebei ist außer den genannten Momenten noch zu bedenken, daß durch Bohr und Henriques! darauf hingewiesen wurde, daß das Lungengewebe selbst unter Umständen einen ganz energischen Stoffumsatz aufweist, der bis zu 60°/, des Gesamtumsatzes in Körperruhe betragen kann, weshalb auch diese Verbrennungsvorgänge die Höhe der Gasspannungen in der Lunge bei jeder Modi- fikation der Atmung ganz wesentlich beeinflussen können. Wir glauben, auf Grund dieser Ausführungen annehmen zu können, daß die Methode von Haldane und Priestley meist etwas höhere, unter Umständen aber auch niedere Werte liefern dürfte als den Tat- sachen entspricht, während es natürlich auch keineswegs ausgeschlossen ist, daß bei geeigneter Ausführung des Experimentes auch die wahren Werte gefunden werden können. Das Übereinstimmen von Werten, die unter gleichartigen Bedingungen gewonnen wurden, kann aber als Beweis für deren absolute Richtigkeit darum nicht dienen, weil hiedurch nur erwiesen ist, daß die Versuchsperson das Experiment jedesmal in ähnlicher Weise ausgeführt habe. Unter dem Einflusse verdünnter Luft dürften wegen der geringen absoluten Größe der in der Lunge vorhandenen Gasmengen sich Änderungen infolge einer Fortdauer der Verbrennungsprozesse und infolge des Spannungsausgleiches ausgiebiger geltend machen als bei normalen Drucken, so daß wir hiebei das Auftreten noch mehr erniedrigter Sauerstofftension und auch relativ mehr erhöhter Kohlensäuretensionen werden erwarten können, wenn nach der Haldane’schen Methode untersucht wird, als wenn der schäd- liche Raum in Rechnung gestellt wird. Zu dieser Vermutung trägt die von Bohr gefundene Tatsache noch neuerlich bei, daß unter vermindertem Druck oder bei eintretender Sauerstoffknappheit der Umsatz in der Lunge selbst ansteigt und dadurch die Spannungsdifferenzen zwischen Blut und Lungengas vergrößert werden. Das Schwergewicht des Einwandes gegen die »direkte Methode« der Bestimmung der alveolaren Tension glauben wir deshalb auf die Veränderung des natürlichen Atemtypus legen zu sollen, da wir aus zahlreichen Respirationsversuchen wissen, daß gerade das Einhalten unveränderter, möglichst gleichartiger Atemmechanik zu den Grundbedingungen des Respirationsversuches zählt. Nichtsdestoweniger soll die große Bedeutung der Methode von Haldane und Priestley und jene der interessanten Resultate, die Haldane und seine Schüler gewonnen haben, nicht geschmälert werden. ? Die Methode der Ermittlung der alveolaren Tension unter Berücksichtigung des schädlichen Raumes stammt in ihrer ursprünglichen Form von Bohr.? Bereits im Jahre 1891 bestimmte Bohr die Gas- spannung in der Bifurkationsluft des Hundes nach einer Formel ee AB — Al — die es ihm ermöglichte, den Prozentgehalt des Gases an Kohlensäure und Sauerstoff in der Bifurkation zu berechnen. In dieser Formel bezeichnet A das Volum des einzelnen Atemzuges, E den Prozentgehalt des Gases in der Exspirationsluft, Z den Prozentgehalt des Gases in der Inspirationsluft und a das Volum des schädlichen Raumes. Letzteres bestimmte Bohr direkt durch Ausgießen. Er überzeugte sich auch, daß die Zusammensetzung der Bifurkationsluft mit jener der Alveolarluft übereinstimmt. Diese Art der Berechnung wurde dann von Zuntz und seiner Schule übernommen und auf Unter- suchungen am Menschen übertragen.* Auch in unseren vorliegenden Untersuchungen anläßlich der Expedition des Jahres 1906 haben wir uns derselben bedient. 2 Siehe auch bei Hasselbalch, Skand. Arch., XVII, p. 462. 3 Skand. Arch., Bd. II, p. 248. 4 Siehe A. Loewy, Pflüger’s Arch., LVIII, p. 427, 1894. 412 A. Durig, Über das Verhalten der Gasspannungen in der Lunge unter verschiedenem Luftdruck liegen Unter suchungen aus dem pneumatischen Kabinett, aus dem Luftballon und aus verschiedenen Bergeshöhen vor. Die grundlegenden Versuche von Loewy! über diesen Gegenstand haben in letzterer Zeit durch Haldane und seine Mitarbeiter eine vorzügliche Ausgestaltung erfahren, da in den Beobachtungen der letztgenannten Autoren auch bei lange dauerndem Aufenthalt in der pneumatischen Kammer die Alveolar- tension bestimmt wurde und viel eindeutigere, denim Hochgebirge gewonnenen Ergebnissen entsprechen- dere Resultate gewonnen wurden. 2. Die alveolare Sauerstoff- und Kohlensäurespannung in der Ebene. Überblickt man die Größen, die für die Sauerstoff- und Kohlensäurespannung in der Lunge beim Menschen in der Ebene gefunden wurden, so ergibt sich als eindeutiges Resultat, daß die Sauerstoff- spannungen bei den einzelnen Versuchspersonen ungemein ähnlich waren, während die Kohlensäure- spannungen etwas mehr wechselnde sind. Folgende Tabelle gibt einen Überblick über die vorliegenden Werte: XIV. Übersicht über die Gasspannungenin der Lunge in der Ebene. Tension in mm Hg (trocken) Name Ort Ba Bemerkung CO, 0, | N. Zuntz Berlin 758 33°8 103°0 A.Loewy » 758 41:8 103 °4 i Pflüger’s Arch., Bd. 63. J. Loewy » 758 37°7 103-1 L. Zuntz > 758 38:4 103-0 Durig Wien 732 31:8 1090 1 Arch. f. Anat. u. Phys., 1904. N. Zuntz Berlin 758 36:1 1047 Waldenburg » 758 331 105°7 Kolmer » 758 40:0 1010 Su »Höhenklima u. Bergwanderungen«, 1905. Müller » 758 395 1050 Zuntz » 798 86°1 104°7 1 Oxford 755 304 — Fitzgerald und Haldane, Journal of 2 3 . A 2 ’ ; 83 es Physiology 32 (1905). 3 > 755 36-5 — Ward London 769 STE, 109-0 Journal of Physiology, XXXVII, 1908. 1 Minimum. 2 Maximum. 3 Mittel der Beobachtungen an Männern; die anderen Mittel sind nicht angeführt, die oberen | und unteren Grenzen der Werte liegen ähnlich wie bei den Männern. 1 A. Loewy, Untersuchungen über die Respiration und Zirkulation bei Änderung des Druckes und des Sauerstoffgehaltes der Luft. Berlin 1895, Hirschwald. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 413 Die Ergebnisse der Versuche von Zuntz, Loewy, Durig sowie die Beobachtungen von Zuntz und seinen Mitarbeitern wurden durch die Beobachtungen von Haldane und Priestley! sowie jene von Fitzgerald und Haldane vollkommen bestätigt. Die Schwankungen in der alveolaren Kohlensäure- spannung bewegen sich in den nämlichen Grenzen zwischen 30 und 40 mmHg. Wesentlich enger anein- ander gruppieren sich die Werte für die Sauerstoffspannung, die in den Versuchen der englischen Schule meist indirekt unter Annahme eines respiratorischen Quotienten von 0°85 berechnet, aber nicht direkt bestimmt wurde. Die Werte sind jedoch ebenfalls ähnlich. Eine der direkten Bestimmungen, die von Ward angeführt wurde, stimmt mit dem bei Durig gefundenen Wert nahezu vollkommen überein. Die Schwankungen im Sauerstoffdruck liegen zwischen 100 und 110 mm Hg, sie sind also (relativ) um den dritten Teil (10°/, gegen 30°/,) geringer als jene in der Kohlensäurespannung. Die in unseren neuen Ver- suchen gewonnenen Werte für die Gasspannungen in den Lungen sind in den Anhangstabellen angeführt. ? Nachstehende Übersichtstabelle gibt die Mitielwerte wieder. Tabelle XV. Übersicht über die Gasspannungenin der Lunge. (Bei den Versuchen in Wien in den Jahren 1906 und 1907.) Tension in Millimeter h Hg trocken Jahreszeit CO, O5 Sommer SA, 1087 Winter 835 109-8 Frühling 33°8 1105 Sommer 32:8 105°3 Frühling 83°2 110°1 Sommer 313 106°5 Frühling SL, 1098 Sommer 34:6 103°2 Reichel Winter 8-1 105°9 Frühling 31°8 111°3 Unsere Versuche liefern neuerlich Werte für die alveolare Tension, die sich ganz an das bisher ‚Beobachtete anschließen. Auch die Einzelwerte in den Generaltabellen liegen recht befriedigend nahe aneinander. Vergleicht man die bei uns im Sommer und im Winter ausgeführten Versuche, so ergibt sich, daß die Tensionen bei uns im Sommer niedriger, im Winter höher lagen; die Ausschläge sind, wenn wir die Schwankungen zwischen den einzelnen Versuchen betrachten, so gering, daß man sie wohl als ganz 1 Diese sind nicht besonders angeführt (Journ. of Physiology, Bd. 32, p. 225). 2 Aus den Generaltabellen ist ersichtlich, daß nicht sämtliche Respirationsversuche hinsichtlich der Höhe der Alveolartension berechnet wurden. Der Grund hiefür liegt darin, daß in manchen Versuchen vergessen wurde, die Zahl der Atemzüge zu zählen, in anderen war die Zählung dadurch illusorisch geworden, daß die Versuchsperson eingeschlafen war oder sich in der Zählung verirrt hatte. Endlich sind jene Beobachtungen, in denen offenkundige Fehler in der Zählung der Atemzüge von seiten der Versuchsperson vorlagen, ohne daß eine Kontrolle durch den Experimentator in Stichproben vorhanden war, ausgeschaltet worden. Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXV]. [11 (op) 414 A. Durıg, zufällig bezeichnen müßte, wenn sie nicht bei uns allen einheitlich aufgetreten wären und wenn nicht Kohlensäuretension und Sauerstofftension sich im Sinne einer Zunahme geändert hätten, während man doch erwarten möchte, daß einem Steigen der Kohlensäuretension (infolge geringerer Ventilation) ein Sinken der Sauerstofftension entsprechen sollte. Auch aus dem Grunde erwähnen wir dieses bei uns beobachtete Zutreffen, weil von Boycott und Haldane! hinsichtlich der Kohlensäuretension ein ähnliches Ver- halten beobachtet wurde. Diese Autoren geben ebenfalls an, daß bei warmer Witterung die alveolare Kohlensäuretension einem niedrigeren Werte zustrebt. Sie fanden im Mal au) ge el Tem November ll Junim ne ee ORT, ANUIOUSEO SE ee 590 also Schwankungen in einem ähnlichen Ausmaße und in gleichem Sinne, wie wir sie gefunden hatten. Bei uns fällt einzig und allein ein Wert von Reichel, der im Frühjahr bestimmt worden war, aus der Reihe. Die Ausschläge sind keinesfalls so groß, als daß sie von irgend welchem entscheidenden Einfluß auf die Höhe der Tensionen beim Aufenthalt im Hochgebirge sein könnten, auch haben sie nichts mit der Höhe der Körpertemperatur zu tun, wir können sie viel eher in Parallele mit der Beobachtung von Hasselbach stellen, die ergab, daß die Bestrahlung mit Licht zu einer Erhöhung der alveolaren Kohlensäuretension führt. ? 3. Über den Einfluß der Meereshöhe auf die Gasspannungen in der Lunge. Bereits vor mehr als 10 Jahren haben Loewy und dessen Mitarbeiter die Größe der alveolaren Tension im Hochgebirge bei Ruhe und Arbeit bestimmt. Neuerlich wurden solche Berechnungen im Jahre 1904 von Durig und Zuntz auf Grund einer großen Zahl von Respirationsversuchen im Hoch- gebirge veröffentlicht, Resultate, die denn auch bei der Wiedergabe der zahlreichen Bestimmungen über die Aveolartension, welche von der Expedition des Jahres 1901 stammten, im Werke »Höhenklima und Berg- wanderungen« eingehend berücksichtigt wurden. Im selben Jahre wie das letztgenannte Buch erschienen auch die Ergebnisse der Arbeiten Durig’s auf der Sporner Alpe und auf dem Bilkengrat, in denen das Verhalten der Alveolartension bei Ruhe und Arbeit, unter dem Einfluß des Trainings und verschiedener Höhe dargestellt wurde. In neuester Zeit sind endlich Beobachtungen, die Ward an sich und zwei Mitarbeitern ansteilte, veröffentlicht worden, die zum Teile wertvolle Bestätigungen dessen erbringen, was Zuntz und dessen Schüler in ihren früheren Arbeiten bereits beschrieben haben. Wenn auch die Verhältnisse in bezug auf die Gasspannungen in der Lunge nicht in solchem Umfange individuellen Schwankungen im Hochgebirge unterworfen sein dürften wie jene bei der Atem- mechanik, bei der ja Atemtiefe und Atemfrequenz in einem gewissen Wechselverhältnis stehen, so zeigen doch die bisher ausgeführten Versuche, daß das Verhalten der einzelnen Versuchspersonen keineswegs ein vollkommen gleichartiges war. In gar manchen Fällen mögen es Fehler in der Methode sein, um die es sich handelt, in anderen scheinen aber wirklich individuelle Verschiedenheiten vorzuliegen. Es sollen aus diesem Grunde, um eine gedeihliche Diskussion durchführen zu können und das Gesetzmäßige fest- zustellen, auch die älteren Versuche in ihren Mittelwerten angeführt werden, um so mehr, als sie in der Literatur bisher recht unvollständig Berücksichtigung gefunden haben. 1 Journal of Physiology, XXXVI, p. 359 (1908). 2 Skand. Arch., XVII, p. 465. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 415 I. Das Verhalten der Kohlensäuretension. Wenn wir vorerst die Versuche von U. Mosso und in diesen die Kohlensäuretension, welche sich aus ihnen berechnet, betrachten, so kommt man zum Schlusse, daß mit dem Vordringen in größere Höhen sich die Kohlensäuretension um gar nichts ändert. Hiebei wäre das Verhalten von Solferino genau dasselbe gewesen wie jenes von Sarteur und Jacchini. XVI. Kohlensäuredruck in der Exspirationsluft.! Millimeter Hg bei Oynzt Ba Jacchini , Solferino Sarteur Gressoney 650 20-82 1Szl 21:88 » 650 2082 22:23 18°35 Alpe Indra 620 21:44 20°73 20:03 > 620 ZN79 Soil Linlyhütte 510 18:42 18°76 19-81 Gnifettihütte 480 21:26 24:35 17-49 Capanna Margherita 430 18:63 20-51 19:64 Capanna Margherita 430 18:29 19:00 19:30 1 Nach »Höhenklima und Bergwanderungen«, p. 325. Wir haben nun bereits oben ausgeführt, daß die an Solferino gewonnenen Zahlen bei näheren Zusehen derart unwahrscheinlich sind, daß sie kaum den Tatsachen entsprochen haben können. Zum selben Resultate kamen wir auch bei der Diskussion über die Höhe des Erhaltungsumsatzes. Wenn es nun noch eines Wahrscheinlichkeitsbeweises für unsere Vermutung bedürfen würde, so könnten wir diesen aus der Höhe der Kohlensäuretension ableiten, denn wir müssen, nach all dem, was wir auf Grund der Untersuchungen an älteren und jungen, an berggewohnten und nicht berggewohnten Personen wissen, annehmen, daß so niedrige Werte für die Kohlensäuretension, wie sie bei den Soldaten Mosso'’s in geringer Höhe gefunden wurden, nur in Versuchen gewonnen werden dürften, die aus sehr großer Höhe stammen oder in denen die Atmung keine unbeeinflußte war.1 Übrigens ist durch die Versuche der verschiedensten Autoren? festgestellt, daß die alveolare Tension in der Ebene zwischen 30 und 40 mm Hg beträgt, so daß dann die Soldaten Mosso’s beim Aufsteigen bis Gressoney schon im vollen Umfang mit jenem Absinken der Kohlensäuretension reagiert haben müßten, wie andere Menschen erst in Höhen von 4560 m oder bei noch größerer Luftverdünnung. Die Annahme von Zuntz und seinen Mitarbeitern, daß das Verhalten der Soldaten Mosso’s auf deren Berggewohnheit zurückzuführen sei, möchten wir daher vollständig fallen lassen. ? Die Resultate, die von Zuntz und seinen Schülern anläßlich der Expeditionen der Jahre 1895, 1896 und 1901 gewonnen wurden, gibt folgende Tabelle wieder. Wir entnehmen aus diesen von den Ver- fassern angeführten Zahlen, daß sich schon in Zermatt eine Verminderung der CO,-Tension gegenüber Berlin bemerkbar gemacht hat, die auf dem Rothhorn im allgemeinen noch größer geworden ist.* Ganz JH Wir nehmen hiebei die an Durig auf der Sporner Alpe ausgeführten Beobachtungen nicht aus. Siehe obige Tabelle und Fitzgerald und Haldane, Journal of Physiolog. XXXII, p. 486. »Höhenklima und Bergwanderungen«, p. 325, auch beiLoewy in Oppenheimer’s Handbuch, IV, p. 121. ww mw Eine Ausnahmebildet Waldenburg, bei Zuntz ist dieVerminderung zwischen Brienzund Rothorn (im selben Jahre) deutlich. DH 416 A. Durig, XVI. Größe der Kohlensäurespannung in den Lungen (ältere Versuche). | ö Walden- Oyrst Sale Kolmer | Caspari Müller |A.Loewy| J. Loewy | L. Zuntz |N. Zuntz | m burg Berlin 54 33-1 40°0 39-5 41°8 37°7 38.4 35°0 Brienz 500 44°5 38.02 46°6 40°83 41°8 38°5 Zermatt 1600 30°9 Rothorn 2130 361 38°8 40°3 376 38°8 326 Col d’Olen 2856 35°1 82-1 29-8 SUCH 33°9 24-4 Betempshütte 2990 25-1 Gnifettihütte 3647 31-5 30°9 30:7 Capanna R 4560 BET 254 18-2 330 21-4 Margherita ausgesprochen ist die Abnahme bis auf niedere, um 25 mm schwankende Werte, wenn wir von dem ganz aus der Reihe fallenden Wert von A. Loewy absehen. Inwieweit dieser letztere Wert Tatsachen entspricht, ist nicht zu entscheiden, da wir nach der Zuntz’schen Methode der Berechnung der Alveolartension derartige Werte im Hochgebirge sonst nicht beobachteten. Es ist ganz wohl möglich, daß es sich hiebei um irgend welche akzidentelle Momente handelt, wie sie auch bei Waldenburg und Caspari in Brienz vorhanden gewesen sein mögen, und zu Größen in der alveolaren Kohlensäuretension geführt haben, die mit allen übrigen Bestimmungen der Kohlensäurespannung in der Lunge kaum in Einklang zu bringen sind.! Allerdings glauben wir, daß hierbei nicht die Einführung des schädlichen Raumes in die Berechnung, sondern andere Bedingungen ursächlich beteiligt gewesen seien. Die nachstehende Tabelle XVIII gibt eine Übersicht über die Resultate, die wir im Jahre 1906 gewannen. Bei Durig findet sich eine stete Abnahme der CO,-Tension in der Lunge mit der Abnahme des Barometerstandes, und zwar bereits in 1000 m Höhe auf dem Semmering deutlich ausgesprochen, auch bei Reichel ist bereits auf dem Semmering die alveolare Kohlensäurespannung im Mittelwerte und den Extremen niedriger. Bei Durig wie bei allen übrigen ist die Kohlensäurespannung in Alagna weiter ver- mindert, noch niedriger liegt sie auf der Sporner Alpe und auf Col d’Olen,? Werte, die um 20 mm CO,- Tension liegen, kennzeichnen bei uns allen das Verhalten auf dem Monte Rosa. Die zwei Jahre nach uns ausgeführten Beobachtungen Ward'’s illustriert die folgende Tabelle XIX. Auch hier finden wir das Absinken der Kohlensäuretension in der höheren gegenüber der niederen Station ausgesprochen, aber die Werte, insbesondere jene der beiden Herren Hutchinson liegen viel höher als bei uns und auch bei den in Tabelle XVII angeführten Personen sowie — wenn man sie berücksichtigen will — bei den Versuchspersonen Mosso's. 1 Siehe auch Boycottu. Haldane, Journal of Physiology, 1908, Bd. 37, p. 356. 2 In diesen beiden Stationen besteht bei Durig keine der Höhendifferenz entsprechende Veränderung der Werte untereinander, was auf die geringere Güte der Sporner-Alpe-Ruheversuche und jene der Col-d’Olen-Versuche zurückzuführen sein dürfte. Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. 417 XVII. Kohlensäurespannung in den Lungen in mm Hg (trocken). Durig Kolmer Rainer Reichel Höhe in (Or | ae all ae nn en En TE Mini- | Maxi Mittel Mini- | Maxi Mittel Mini- | Maxi Mittel Mini- | Maxi Mittel mum |, mum mum | mum mum | mum mum | mum | Wien 150 Sic Br rel Be 3 ee le are az er a Semmering 1000 27400 81227292 81'4| 35'8| 341 Alagna 1190 28:8) 812 28:9) 290 Sl) OO 29:0 Ba 2 Bee 3er re Sporner Alpe 1326 23221 SON 270 Col d’Olen 2856 235. el. 2 Capanva 4560 ı8-8| 20-92 19-6) 20-5] 25-0) 22-4 21-7| 25-8] 23-3| 19-1) 22-0| 20-8 Margherita I Capemız 4560 19-8| 22-3] 20-9| 21°2| 22-3] 22-0) 22-4] 24-7) 23-8| 19-9) 22-5| 21-5 Margherita II Capanna Margherita x R .9| 00. ; x : 7 2 > 4560 18 OP Ne 2a Br DO. 20° 23 22. 17 2 20 nach Märschen 1 Unter Auslassung von Nr. 222. 2 1903 betrug die alveolare Kohlensäurespannung 24° 1 mm im Mittel, sie hatte sich während des fast dreiwöchentlichen Aufenthaltes allmählich vermindert. XIX. Kohlensäurespannung in den Lungen. Dt a Wand a En N a London 769 37°7 Zermatt 683 34:2 33° 2 34:7 Capanna Margherita 443 28:5 319 30:7 Zermatt 632 30°6 z 342 31:3 Dies kann nun mehrerlei Ursache haben. Vor allem müssen wir die Möglichkeit einräumen, daß es sich um ein tatsächlich anderes Verhalten der Versuchspersonen Ward’s handelt. Für diese Annahme spricht insbesondere auch der Umstand, daß an Ward bei kurzem Aufenthalt in der pneumatischen Kammer Werte für die CO,-Tension beobachtet wurden, die wesentlich höher als jene auf dem Monte Rosa sind!, während sie sich bei längerem Aufenthalt in der pneumatischen Kammer mehr den Werten vom Gipfel näherten, wenn in der Kammer auch die Kohlensäuretension immer noch etwas höher blieb als auf dem Monte Rosa. Eine zweite Möglichkeit ist diejenige, die Ursache auf die verschiedene Methodik der Untersuchung zu schieben. Die englischen Autoren verwerfen die Berechnung aufGrund der Einführung des schädlichen 1 Journal of Physiology, Bd. 32, p. 387. 418 A. Durig, Raumes, während wir der Methodik der englischen Autoren, obwohl sie diese als direkte bezeichnen, Zweifel entgegenbringen. Wir haben schon oben die Ansicht ausgesprochen, daß besonders dann, wenn die alveolare Kohlensäurespannung eine sehr niedrige ist, wie auf dem Monte Rosa, eine Modifikation der Atmung im Sinne einer Verzögerung der Exspiration, neben einer Erhöhung der Atemarbeit auch zu einem weitergehenden Ausgleich zwischen der Kohlensäurespannung im venösen Blut und dem Alveolen- gas Anlaß geben kann. Eine solche Verzögerung müßte natürlich zur Konstatierung eines höheren Kohlen- säuredruckes führen, wogegen geringe Unterschiede in der Höhe des angenommenen schädlichen Raumes ziemlich belanglos sind. Wollen wir anirgend einem Beispiele den Einfluß des schädlichen Raumes auf die alveolare Kohlen- säurespannung untersuchen, so ergibt sich, daß die Verschiebungen, die wir hiebei finden, durchaus keine ausschlaggebenden sind, selbst wenn wir extreme Werte wählen, die auf gar keinen Fall nach oben oder unten überschritten werden. Wir sehen hiebei von der Zuzählung des schädlichen Raumes der Ventile ab, da dieser mit der Größe der Verschiebung der Werte nichts zu tun hat. Es enthalte zum Beispiel die Exspirationsluft 5%, CO, und es würden 8000 cm?’ Gas der Einfach- heit halber in 10 Atemzügen geatmet worden sein, so erhalten wir bei 100 cm” schädlichen Raum eine Tension von 23 mm, bei 160 cm” schädlichen Raum eine Tension von 25 mm Kohlensäure, der Ausschlag ist also in der Tat zu vernachlässigen. Zudem müssen wir bedenken, daß bei ein und derselben Person in verschiedenen Höhenstationen der nämliche schädliche Raum in Betracht kommt, weshalb die Abweichung also nur dem Bruchteile entsprechen kann, welcher sich aus der Druckdifferenz ergibt. Die direkte Methode hat zur Voraussetzung, daß die Atmung eine gleichmäßige und nicht modi- fizierte sei. Wohl glauben Haldane und Priestley, ! daß es keinen Einfluß ausübe, wenn die Atmungs- frequenz von 9 bis 30 Atemzügen willkürlich verändert wird und daß hiedurch die Tension in der Lunge nicht geändert werden könne. Dem widerspricht die Tatsache, daß im Hochgebirge gerade durch will- kürliche Vertiefung der Atemzüge unter Erhöhung der alveolaren Sauerstoffspannung (mit der eine Erniedrigung der alveolaren Kohlensäurespannung einhergeht) eintretendes Unbehagen rasch behoben wird. Mögen wir die Größe des schädlichen Raumes annehmen wie wir wollen, immer wird sich aus der Berechnung der Resultate, wenn wir nur die Tiefe der Atemzüge, beziehungsweise deren Zahl variieren, eine beträchtliche Änderung der Tension ergeben. ? Wir müssen annehmen, daß im langedauernden und kontrollierten Ruheversuch, wie wir dies im Kapitel Atemmechanik ausführten, sicher normale Verhältnisse in bezug auf Atemfrequenz und Atemtiefe bestehen; die Werte für die Tiefe eines Atemzuges werden aber um so mehr als richtig zu beurteilen sein, als sie das Mittel aus mehr als 100 Atemzügen vorstellen. Ebenso sicher können wir auch annehmen, daß die Atmung bei den einzigen beiden, noch dazu in verschiedener Weise ausgeführten, Atemzügen (Entleerung am Schlusse der Inspiration, beziehungsweise Exspiration) der englischen Autoren eine ganz beträchtlich modifizierte ist. Wie sich diese Modifikation nun unter dem Einflusse verschiedener Drucke und verschiedener mechanischer Bedingungen für die Atmung (geänderter Donders’scher Druck) verhält, wissen wir derzeit nicht; welchen Einfluß eine Ermüdung der Atemmuskulatur oder ein foıtdauernd gesteigerter Umsatz in der Lunge in den arbeitenden Herz- und Atemmuskeln, beziehungsweise die hiebei gebildete Kohlensäure auf die Zusammensetzung der Lungengase ausübt, können wir derzeit ebenfalls nicht entscheiden. Wir möchten daher auf Grund der vorliegende Resultate zwar keineswegs behaupten, daß die bei uns gewonnenen Werte beweisende, jene Ward’s unrichtige seien und die Frage bis zur Entscheidung über die beste Methodik offen lassen, glauben jedoch, daß vorerst zu erweisen ist, ob derartige Unter- schiede, wie sie zum Beispiel zwischen Hutchinson und uns gefunden wurden, individuelle oder durch die Methode bedingte sind. Diese Frage ist einfach zu entscheiden, wenn an einer jener Personen, deren 1 Journal of Physiology, Bd. 32, p. 225. 2 Auf diese Tatsache hat bereits A. Loewy vor mehr als 10 Jahren hingewiesen. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 419 Alveolartension in der pneumatischen Kammer desLister Institutes bei niederem Druck während längerem Aufenthalt nach der direkten Methode untersucht wurde, unmittelbar anschließend auch mittelst der Berücksichtigung des »schädlichen Raumes« die Alvolartension berechnet wird. Es handelt sich in einem solchen Falle ja nicht um den starren Standpunkt der Verteidigung einer Methode, sondern darum, die Wahrheit zu finden, und jene Methode, welche diese erkennen läßt, ist die richtige. Eine gewisse bedeutungsvolle experimentelle Grundlage, darauf sei noch verwiesen, hat übrigens die Methode, unter Berücksichtigung des schädlichen Raumes die Gastension in der Lunge zu bestimmen, bereits durch die Bohr’schen Experimente über die Zusammensetzung der Bifurkationsluft gefunden. Wenn wir das quantitative Ausmaß der Veränderung der Kohlensäurespannung derzeit noch als unerledigt gelten lassen müssen, so ist das qualitative Verhalten — ein Absinken, das sich schon in einer Höhe von 1000 m (Durig und Mitarbeiter) oder in 1600 »» (Zermatt; Zuntz, Ward) bemerkbar macht — bei allen einwandfreien Versuchen ausgesprochen gewesen; ebenso ist auch die Tatsache sicher festgestellt, daß das Vordringen in größere Höhen eine Abnahme des Kohlensäurebestandes des Körpers zur Folge hat, die um so größer wird, je bedeutender die Höhe ist, in welche die Versuchsperson gelangt. Damit muß also auch die Reizwirkung der Kohlensäure auf das Atemzentrum sinken, je weiter der Mensch in größere Höhe vordringt. Wie bekannt, hat Mosso die Behauptung aufgestellt und durch zahlreiche eigene Versuche wie durch jene seiner Schüler zu erhärten gesucht, daß die Bergkrankheit eine Folge des Kohlensäure- mangels des Körpers im Hochgebirge sei. Es soll an späterer Stelle auf diese Theorie in zusammenhängen- der Besprechung der Frage: Was ist Bergkrankheit? eingegangen werden; daselbst werden auch die neuen Abhandlungen von Henderson gebührende Berücksichtigung finden. An dieser Stelle sei nur hervorgehoben, daß ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Bergkrankheit und der Höhe der alveolaren Kohlensäuretension nicht aufzufinden ist. Die nicht an Bergkrankheit erkrankten Soldaten Mosso’s hatten dauernd schon in geringer Höhe eine so niedere alveolare Kohlensäurespannung, also dementsprechend eine solche Kohlensäurearmut des Körpers wie keine der bisher untersuchten anderen Personen. Bei der Expedition des Jahres 1901 waren alle Teilnehmer stark von der Bergkrankheit befallen worden, auch Zuntz hatte unter der Erkrankung zu leiden und doch war seine alveolare Kohlensäure- spannung in diesem Jahre viel höher (27 mm) als im Jahre 1903 (21 mm), in welchem sich Zuntz auf dem Gipfel vollständig wohl fühlte. Caspari, bei dem die Kohlensäurespannung am höchsten lag, war am allerschwersten erkrankt. Bei G. Hutchinson, der auf dem Monte Rosa viel mehr unter der Berg- krankheit zu leiden hatte als Ward (siehe unten), war die Tension, nach der »direkten Methode« bestimmt, ebenfalls wesentlich höher gewesen. Auch die Tension unseres dauernd bergkranken Kolmer war höher als jene von Reichel und Durig, die nicht an Bergkrankheit zu leiden hatten. 2. Das Verhalten der Sauerstofftension. Die Sauerstoffspannung verhält sich insofern analog wie die Kohlensäurespannung, als auch sie ganz einheitlich bei allen Versuchen im Hochgebirge geringer wird, ja bei ihr sind selbst in den älteren Versuchen Ausnahmen nicht beobachtet worden. Bereits in 500 » Höhe (Brienz) war im Jahre 1901 die alveolare Sauerstoffspannung niedriger als in Berlin und noch tiefer lag sie auf dem Rothorn, am tiefsten in der Capanna Margherita. Folgende Tabelle XX gibt einen Überblick über die im Jahre 1896 und 1901 diesbezüglich gewon- nenen Ergebnisse. Zwei auffallende Werte aus Tabelle XX bedürfen noch der Erwähnung. Der eine derselben stammt von Müller aus der Capanna Margherita, er würde dafür sprechen, daß bei ihm der Sauerstoffdruck in der Lunge auf Col d’Olen und in der 1700 m höher gelegenen Margheritahütte derselbe gewesen sei. Wir dürfen diesen Wert, der mit allen anderen sicher festgelegten nicht in Einklang zu bringen ist, eliminieren, 420 A. Durig, XX. Größe der Sauerstoffspannung in den Alveolen in verschiedenen Höhen (ältere Versuche) mm Hg. . Om nn; en Kolmer | Caspari Müller. ee L. Zuntz | N. Zuntz Berlin 56 105 °7 1010 1050 1034 103° 1 1030 1047 Brienz 500 845 94:0 807 88:5 86'7 Zermatt 1600 5 80 0 Brienzer Rothorn 2130 68°5 66°6 64:3 | 62:0 66°7 Col d’Olen 2856 97°5 60°7 68 °1 97:1 d 58°5 687 Betempshütte 2999 Gnifettihütte 3647 960 53°7 83°9 ne 4560 46:0 49-0 61:0 37:7 57:0 da wir den Monte-Rosa-Versuch an Müller, wie. an früherer Stelle ausgeführt, überhaupt nicht als beweiskräftig ansehen können. Die bei A. Loewy beobachtete alveoläre Tension von 37 °7 mm ist nicht erklärlich, eine Ursache für das Zustandekommen eines so niederen Wertes, wie er sonst bei gar keiner Person gefunden wurde, ist nicht anzugeben, und es muß abgewartet werden, bis die Bestätigung für die Richtigkeit des Vorkommens so niedriger Gasspannungen in der Lunge beim Aufenthalt in 4560 m Höhe erbracht wird. Tatsache ist es jedenfalls, daß bei Loewy auch bei auffallend flacher Atmung im pneumatischen Kabinett sehr niedere alveolare Sauerstofftensionen berechnet wurden, die bis auf 27 mm herabgingen. XXI Größe des Sauerstoffdruckes in den Alveolen in verschiedener Höhe (1906). Höhe Ort Durig Kolmer Rainer Reichel m Wien 150 1061| 111°8| 1098| 108-2] 111°6| 110:1) 1093| 110-6) 109-3] 102-6) 107°5/105°9 Semmering 1000 96-4 101°2| 9972 90:4| 96:5) 93-4 Alagna 1190 92-2) 99:3) 97-2 91-2) 97-1| 94-0) 93.8) 95-6) 94.9] 87:0) . 9173| 8973 Sporner Alpe 1326 9a Sl Col d’Olen 2856 62:1|l 65°4| 63:7 I 55221, 08.61 257.22 5105107582812. 548 725026] 2.5427 2532210256552 259-.15729 Capanna Margherita 4560 - II 55.4 57'6| 56°7| 50'3| 583) 56:9] 51°2| 55°5| 53:9] 54:7| 57:'8|:56°6 vapanme Nauen 56-Al 58-2] 57°6| 53-5 56-4] 54-9] 51-4] 56-6| 54-al 54-3] 57:5| 56-4 nach Märschen Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 491 Wie die voranstehende Tabelle zeigt, sank auch bei uns in allen Höhenstationen der Sauerstoffdruck in der Lunge auf um so tiefere Werte ab, je niedriger der Barometerstand war. In gleicher Höhenlage waren bei uns die Werte für die Sauerstofitension in der Lunge fast ganz gleich groß. Das gleichmäßige Anhalten des Absinkens des Sauerstoffteildruckes in der Lunge ist besonders gut in den Versuchen an Durig ausgesprochen, von dem Beobachtungen aus sechs Höhenstationen vorliegen. XXI. Größe der Sauerstoffspannung in den Alveolen, Versuch von Ward 1908. Ward W. Hutchimson Ort Höhe mn Maximum Minimum Mittel Minimum | Maximum | Mittel London — 1090 — — — Zermatt 1600 76°8 84-9 816 — —_ — Capanna Margherita 4500 45°7 94:6 49:8 41'2 46°7 447 en 1600 83-1 93:7 88-4 79:6 83:7 81:6 (nach der Rückkehr) Bei Ward wurde auf dem Monte Rosa annähernd eine gleiche Höhe der Sauerstofftension wie bei uns gefunden. Diese beträgt wie auch bei Zuntz und Durigim Jahre 1903 rund 50mm Hg; etwas niederer liegt der Wert, der bei Hutchinson beobachtet wurde, was sich möglicherweise auch durch. eine Ver- zögerung der Exspiration unter dem Einflusse geringerer Geschicklichkeit der Ausführung des Experi- mentes durch Hutchinson erklären läßt. Da der Sauerstoffmangel als eines der wichtigsten Momente beim Zustandekommen der Bergkrank- keit angesehen wird, drängt sich die Frage auf, ob die alveoläre Sauerstofftension bei jenen Personen besonders niedrig sei, bei denen es zur Ausbildung unzweifelhafter Symptome von Bergkrankheit gekommen ist. Dieselbe Frage haben wir oben bezüglich der Kohlensäuretension mit Rücksicht auf die Mosso’sche Akapnie-Theorie bereits besprochen. Wie schon oftmals erwähnt, war Kolmer während des ganzen Aufenthaltes auf dem Gipfel ausgesprochen bergkrank, heftig waren die Symptome bei ihm besonders in den ersten Tagen des Aufenthaltes, an denen er nicht bloß über Unwohlsein und Atemnot, sondern auch über Brechreiz klagte. Wenn wir seine Sauerstofftension betrachten, so liegt deren Wert höher als jener, der beim gesunden Rainer gefunden wurde, niederer als jener von Durig und Reichel, jedoch keinesfalls in einem Ausmaße, der von irgend welcher Bedeutung sein kann. Kolmer stellt also nach keiner Richtung hin ein Extrem vor und es besteht demnach gar kein Anhaltspunkt für einen Zusammenhang zwischen der Höhe der Lungengasspannung und dem Auftreten der Bergkrankheit. Die Versuche des Jahres 1901 und 1903 geben uns in der strittigen Frage keine Aus- kunft, denn 1903 waren weder Durig noch Zuntz irgendwie bergkrank und 1901 waren alle Teilnehmer stark von Bergkrankheit befallen, 1 dennoch verhielten sich aber anscheinend die alveolären Tensionen nicht verschieden, jedenfalls wies Zuntz — in diesem Falle bergkrank — dieselbe alveolare Tension auf wie zwei Jahre später im unerkrankten Zustand. Der einzige Hinweis auf eine Abhängigkeit der Bergkrankheit von Schwankungen in der Sauer- stofftension auf dem Monte Rosa kann in den Versuchen von Ward erblickt werden. Ward schreibt nämlich, daß er selbst nur wenig unter der Bergkrankheit zu leiden hatte, während sein Begleiter W.D. Hutchinson von dieser stark befallen war. Es heißt im Original: »On August 3rd, the day of arrival, R. OÖ. W. experienced in a slight degree symptoms,;, such as shortness of breath, headache, chilliness, 1 Siehe die oben p. 73, V, p. 37, zitierte Schilderung und »Höhenklima«, p. 143. Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXV1. 5 =] 422 A. Durvig, which may be attributed to the effect of altitude; these however passed off, but were succeeded on the following day by a severe bilious attack, which came on during the night and lasted twenty-four hours....this disturbance, which undoubtedly was a variety of mountain sickness....« Bezüglich W. Hutchinsons: »As regards symptoms those of W. D.H. were on the whole more severe than those of R. ©. W. He suffered from mountain sickness more acutely. During the first night at Monte Rosahe was sick three times, on each occassion waking up with a sense of suffocation; and several times in the evenings of the first two or three days at the hut he was observed to be slightly cyanosed when sitting still.« Hutchinson wies nun im Mittel der ersten Tage die niedrigeren Sauerstoffspannungen auf (44 mm) als Ward (47 mm), auch war zur Zeit, als Ward sich am wenigsten wohl fühlte, am Tage der Ankunft vormittags, seine alveolare Tension etwas niedriger als später. Wir möchten uns der Anschauung jedoch nicht anschließen, als würden diese Werte beweisend dafür sein, daß die Tension bei Ward und Hutchinson zur Zeit des Höhepunktes der Erkrankung tatsächlich niedriger gewesen sei und dies die Kausalität für das Auftreten der Erkrankung vorstellen würde. Man muß bedenken, daß der niedrige Wert, der zuerst bei Ward vier Stunden nach der Ankunft in der Hütte, und zwar nach dem ziemlich anstrengenden sechsstündigen Aufstieg von der Betempshütte (the summit was reached after 6 hours of somewhat laborious ascent«) gefunden wurde, zu einem guten Teile auf Ermüdung der Atemmuskulatur und unzweckmäßigeres Ausführen der sicherlich eine größere Geschicklichkeit erfordernden fraktionierten Exspiration zurückzuführen, sein dürfte. Um 6" 45% abends wurde nämlich an Ward bereits ein höherer Wert (47:3 mm) gewonnen, den wir zur selben Tageszeit bei ihm auch drei Tage später begegnen. Zwingend ist auch bei Hutchinson die Annahme eines Zusammenhanges zwischen der alveolaren Sauerstofftension und der Bergkrankheit nicht, denn da Hutchinson bereits beim Stillsitzen zyanotisch wurde, so dürfte er wohl den Anforderungen an die Ausführung der »direkten« Bestimmung der Alveolar- tension in der Capanna Margherita nicht in dem Maße gerecht geworden sein, wie in der Ebene. Es wurde an ihm übrigens am ersten und am zweiten Tage des Aufenthaltes — als er krank war — derselbe Wert für die alveolare Sauerstofitension gefunden wie vier und fünf Tage später, also zu einer Zeit, zu der er sich bereits wieder wohl fühlte. Es kann daher die Beobachtung, daß bei ihm an den ersten Aufenthalts- tagen auch eine sehr niedrige Sauerstofftension bestand, ebenso als eine Folge der gleichzeitig bestehen- den Symptome der Bergkrankheit aufgefaßt werden, wie umgekehrt die Bergkrankheit als eine Folge der niederen Sauerstofftension. Gerade die Tatsache, daß zum Beispiel Zuntz bei unseren Versuchen im Jahre 1903 am Tage der Ankunft, ohne irgend welche Zeichen von Bergkrankheit zu zeigen, besonders niedere alveolare Sauerstofftensionen aufwies1, spricht dafür, daß das Auftreten so erniedrigter Werte für die Sauerstoff- tension eine sekundäre Folge des Befindens der Versuchsperson, nicht aber die primäre Ursache des Auf- tretens der Bergkrankheit sein dürfte. Es ist ja auch sicher anzunehmen, daß wir (Rainer, Reichel und Durig) bereits auf der Dufourspitze oder noch mehr natürlich unter dem niedrigeren Drucke auf dem Montblanc ganz analog erniedrigte Werte für die Sauerstofftension gezeigt hätten (oder haben) und doch nicht bergkrank geworden sind. Wir müssen hier auch noch der Bemerkung Ward's? gedenken, daß in der pneumatischen Kammer bei längerem Aufenthalt schon bei einem Barometerstand, wie er der Höhe der Betempshütte entspricht (also rund 3000 sn), Symptome von Bergkrankheit auftraten, obwohl die alveolare Sauerstoffspannung hiebei noch 60 mm Hg betragen haben dürfte. ® 1 Bei der Verschiedenheit der Methoden möchten wir nur auf die relative Änderung der Tension (zirka 5 mm) einen Wert legen, die bei Hutchinson analog wie bei Zuntz ausgesprochen war. 2 L.c., p. 389. »It was remarkable, that in spite of very free ventilation comfortable accommodation and absence of muscular fatigue, nausea and sleeplessness were produced in the chamber with a fall of pressure to only 540 mm<. Zuntz und seine Mit- arbeiter haben solche Erfahrungen in der pneumatischen Kammer allerdings nicht gemacht. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 423 Es soll durch diese Ausführungen natürlich nicht daran gerüttelt werden, daß das Absinken des Sauerstoffdruckes und der Sauerstoffmangel von entscheidendem Einfluß auf das Zustandekommen der Bergkrankheit ist, dagegen muß aber hervorgehoben werden, daß wir keinen Beweis dafür haben und daß auch die Wahrscheinlichkeit dagegen spricht, daß eine Änderung der alveolaren Sauerstofftension um nur wenige Millimeter auf dem Monte Rosa bereits die Erscheinungen der Bergkrankheit herbeiführt. Findet während des Aufenthaltes auf dem Gipfel eine Anpassung statt und modifiziert sich die Atemmechanik derart, daß die alveolare Spannung gesteigert wird, also günstigere Bedingungen für die Sauerstoffversorgung auf dem Wege einer zweckmäßigen Regulation angestrebt werden? Diese Frage hat eigentlich ihre Antwort, wenigstens soweit sie uns als Versuchspersonen betrifft, schon so ziemlich in jenem Abschnitte erfahren, in dem die Verhältnisse bei der Atemmechanik besprochen wurden.! Immerhin wäre aber dessenungeachtet eine wesentliche Erhöhung der Tension bei länger dauerndem Aufenthalt doch durch eine Veränderung des Prozentgehaltes der Exspirationsluft denkbar. Im Jahre 1903 beobachtete Zuntz und Durig bei achtzehntägigem Aufenthalt auf dem Monte Rosa- Gipfel ein leichtes Ansteigen der Sauerstofftension während der ersten drei Tage; dies war aber, sieht man von den ersten Versuchen ab, ein so bescheidenes, daß es gegenüber den Schwankungen, die man überhaupt in der Höhe der Alveolartension bei einer und derselben Person berechnet, nicht sonderlich in die Wagschale fällt. Unsere Versuche vom Jahre 1906, bei denen sich der Gipfelaufenthalt über einen ganzen Monat erstreckte, engen nun die Möglichkeit einer solchen Anpassung noch wesentlich weiter ein. Bei Durig und Reichel fand eher ein geringes Sinken, bei Kolmer und Rainer ein ganz schwaches Ansteigen der alveolaren Sauerstofftension statt; sämmtliche Schwankungen bewegen sich aber ganz innerhalb jener Breite, innerhalb derer die Beobachtungen überhaupt voneinander differieren. Esist demnachinjenen beiden Versuchsreihen, während derer die Versuchspersonen bisher am längsten auf dem Monte-Rosa-Gipfelverweilten, keine Veränderung deralveolarenSauerstofftensionerfolst, welche im Sinne einer Anpassung gedeutet werden dürfte. Diese Schlußfolgerung wird selbst- verständlich auch dann, wenn man die Zweifel der englischen Autoren an den Bestimmungen des schäd- lichen Raumes teilen wollte, von diesen nicht berührt. Die Größen, bis zu denen die Sauerstofftension bei Ward und in unseren Gipfelversuchen absank, sind übrigens ungemein ähnlich, so daß die Höhe der alveolaren Sauerstofftension auf dem Monte Rosa nicht nur als qualitativ, sondern auch als quantitativ feststehend erachtet werden kann. In einer Reihe von Beobachtungen haben wir auch den Einfluß vorangegangenen Aufenthaltes im Freien, beziehungsweise verschieden anstrengender Märsche auf die alveolare Gasspannung untersucht. Wie die Tabellen XVII und XXI zeigen, war die Kohlensäuretension im Gefolge der Märsche etwas erniedrigt, die Sauerstofftension jedoch nahezu unverändert, was vielleicht in dem Sinne gedeutet werden kann, daß die Reizwirkung der Kohlensäure auf das Atemzentrum in dem Maße gesunken ist, als die Wirkung der übrigen, das Atemzentrum reizenden und bei der Muskelarbeit gebildeten Stoffe, die während der Arbeit nicht vollständig genug entfernt wurden, noch vorwaltete und zu einer Mehrventilation Anlaß gab, wobei auch ein Austreiben von Kohlensäure aus dem Blut durch das Auftreten saurer Produkte und eine nachhaltende Reduktion unvollständig oxydierter Stoffe zu berücksichtigen ist. Diese Frage wurde an früherem Orte ausführlich diskutiert. Möglich ist es jedoch, daß wir es hiebei zum allergrößten Teil nur mit den Folgen des Absinkens des respiratorischen Quotienten zu tun haben. Da bei längerdauerdem Marsche der Kohlenhydratbestand immer weiter reduziert wird (Zuntz, Marschversuche an den Soldaten, 1 P. 18, 28 u. 42 [366, 376 u. 390). 2 Siehe Tabelle Nr. XXI, Capanna Margherita I und II. 424 A.Durig, und Durig, Sporneralp-Versuch) liegt naturgemäß der respiratorische Quotient nach den Marschversuchen niederer als vorher und wird dadurch auch die alveolare Kohlensäurespannung gedrückt. Einer Erwähnung wert sind auch noch die Traubenzuckerversuche. Infolge Verschiebung des respiratorischen Quotienten ist die Kohlensäureproduktion in diesen größer gewesen als in anderen Ver- suchen. Während nun in der Ebene die Ventilation im Züuckerversuch um mehr als 17 im Mittel gesteigert war, betrug die Zunahme im Monte-Rosa-Versuch nur 0°4 bis 0°8 /; auch die maximale Zunahme während der größten Höhe der Zuckerwirkung fiel auf dem Monte Rosa geringer aus als in der Ebene; die Werte lauten 2:87 für letztere, 1°92 für den Monte Rosa. Der Kohlensäurereiz ist es wohl, der während des Traubenzuckerversuches in erster Linie für diese Erhöhung der Ventilation verantwortlich gemacht werden muß, um so mehr, als das Ansteigen der Zahlen, welche die Größe der Kohlensäureaus- scheidung pro Minute ausdrücken, so ziemlich mit der Zunahme der Ventilation zusammenfällt.! Auf dem Monte Rosa, wo bei erniedrigter alveolarer Kohlensäuretension jedenfalls die durch den Sauerstoffmangel herbeigeführten Reize auf das Atemzentrum die größere Rolle spielen, ist die Wirkung des Zuwachses an Kohlensäure in der Alveolarluft, beziehungsweise im Blut von geringerem Einfluß auf das Atemzentrum gewesen, als in der Ebene. Es wäre demnach interessant, in eigens darauf abzielenden Versuchen die Größe des Reizzuwachses beim Anwachsen des Kohlensäuregehaltes in der Alveolarluft neben so niedrigen Werten für die Sauerstofftension zu ermitteln. Auch die Bück- und Hockversuche, von denen nur drei berechnet und angeführt wurden, sollen noch kurz gestreift werden. Als Arbeitsversuche — im Gegensatz zu Ruheversuchen, in denen wir nur den reinen Erhaltungsumsatz bestimmen — ist das Atemvolum bei ihnen naturgemäß etwas gesteigert. Die Wirkung auf die Alveolartension ist aber eine ganz auffallende. Unter Vermehrung der Zahl der Atem- züge bei geringerer Steigerung des Atemvolums ist die Sauerstofftension in der Lunge auf Werte gestiegen, die wir sonst bei Durig in gar keinem einzigen Versuch beobachteten und umgekehrt die Kohlensäuretension so tief gesunken wie sonst nie. Nach der Sauerstofftension, die wohl besonders darum so hoch liegt, weil durch den Hochstand des Zwerchlfelles bei gesteigerter Atemtiefe die Ventilation der Lunge eine wesentlich ausgiebigere war, müßte man erwarten, daß das Befinden der Versuchsperson in Hockstellung und beim Bücken ein besonders günstiges sein sollte und doch tritt gerade dabei ein Gefühl von Atemnot und Schwindel und Unbehagen auf. Die Verhältnisse deuten daher eher aufeine Wirkung im Gefolge der niederen Kohlensäure- tension hin, um so mehr als oben gezeigt werden konnte, daß weder das Verhalten des Blutdruckes noch jenes des Pulses im Hockversuch gegenüber dem Versuch in Ruhelage oder beim Sitzen irgendwie merk- lich verändert war.? Auf einen Einfluß der niederen Kohlensäurespannung deutet auch das Verhalten der Luftmenge hin, die pro Millimeter Kohlensäuretension in der Lunge geatmet wurde. Die Werte liegen (unreduziert) 488 cm? in Ruhe gegenüber 735 cm” im Hocken! Es besteht jedoch keineswegs die Berechti- gung, hieraus etwas im Sinne der Akapniehypothese zu folgern. Eine viel naheliegendere Erklärung kann darin gesucht werden, daß eben nicht der Kohlensäure- reiz im Hochgebirge das Ausschlaggebende ist, sondern daß der Sauerstoffmangel sich in seinen Folgen in erster Linie bemerkbar macht. Während des Hockens ist derjenige Teil der Lunge, der sich am Respirationsvorgang beteiligt, infolge der Verlagerung der Eingeweide gegen den Thorax wohl ein geringerer geworden, während jene Partien, die sich während der (vertieften) Atemzüge entfalten sollen, sich mehr entfalten müssen. Unter dieser (natürlich hypothetischen) Annahme, würden sich diese Lungen- partien etwa ähnlich verhalten wie die Alveolen beim Emphysem, bei dem durch die Dehnung der Alveo- larwand auch eine Dehnung der Lungenkapillaren stattfindet und damit eine Verengerung der Lichtung 1 Siehe Anhangstabellen, p. 102 u, 103 [450 u, 451]. 2 Siehe Abschnitt III, p. 27, Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 425 derselben eintritt, die die Widerstände in diesen erhöht.! Es würde sich daher im Hocken um einen Gas- austausch in einem kleineren Lungenabschnitt und unter ungünstigeren Verhältnissen handeln, da gerade die weniger entfalteten, weniger Luft haltenden und daher weniger überdehnten Lungenpartien mehr Blut durchfließen müßte, also trotz erhöhter Alveolartension ungünstigere Bedingungen für die Arterialisation des Blutes vorliegen würden. Trotz örtlich höherer alveolarer Sauerstoffspannung kann also unter solchen Verhältnissen der Sauer- stoffgehalt des Blutes ein niedrigerer werden; kommt hiezu größerer Verbrauch infolge der Muskelarbeit beim Hocken oder Bücken, so wird die Folge des sich steigernden Sauerstoffmangels ausgiebigere Venti- lation und Sinken der Kohlensäuretension in der Lunge sein. Insofern würde also die geringe Größe der alveolaren Kohlensäurespannung, beziehungsweise das Ansteigen der Werte für die pro Millimeter Kohlen- säuredruck in der Lunge ventilierte Gasmenge nur ein Ausdruck dafür sein, wie mächtig die Reize auf das "Atemzentrum im Gefolge des Sauerstoffmangels angestiegen sind, so daß die niedere Kohlensäure- spannung nicht die Ursache, sondern nur eine Begleiterscheinung des im Gefolge des Sauerstoffmangels beim Bücken auftretenden Unwohlseins vorstellen würde.? In unmittelbarem Zusammenhang mit der Gasspannung in den Lungen und dem Atmosphärendruck, unter dem die Gasspannung berechnet wurde, steht der Prozentgehalt der Lungenluft an Kohlensäure und Sauerstoff, aus welchem ja der Tensionswert ermittelt wird. Es mögen nur einige Worte auf das Verhalten dieser Prozentzahlen hinweisen, auch sollen nur unsere eigenen Versuche berücksichtigt werden. XXI. Prozentgehalt der Gase in der Lungenluft. | Durig Kolmer Rainer Reichel Sr Höhe | = CO, | 0, CO, | 0, CO, | 0, CO, | 0, Sommer 462 15:58 | 4:70 15°30 | 451 15.32 | 4°97 14-90 Wien Frühling 150 4:73 15°58 | 4:68 15°68 | 466 15°62 | 4:99 15:00 Winter 4°81 15°73 448 15°70 Semmering 1000 460 15°66 536 14:70 Alagna 1190 471 1551 4-93 15:27 500 15°37 950 1450 Monte Rosa I 5.04 14:67 5:73 14-01 5:65 14:24 5-31 14:70 ‚> II 4560 5.44 14:69 970 14:77 6:19 13:99 9'837 14:60 > RR 4:83 15:79 > 2 495 14°85 9°37 1415 5:61 13:89 5°09 14:50 1 Bohr vertritt eine gegenteilige Ansicht als die erwähnte, die von den meisten Klinikern gelehrt wird. Der experimentelle Nach- weis für den tatsächlichen Einfluß derDehnung der Lungenkapillaren auf die durchströmende Blutmenge wäre unschwer zu erbringen; übrigens ist zu bedenken, daß hier wie beim Emphysem die Wirkung erhöhten negativen Druckes infolge des Foreierens der Inspiration auf die rechte Herzkammer als wesentlich in Betracht zu ziehen ist, die deren Füllung zwar erleichtert, deren Entleerung aber erschwert. Siehe auch Tigerstedt: Über den Lungenkreislauf. Skand. Arch., XIV, p. 286, und die einschlägigen Arbeiten Kron- ecker’'s und seiner Schüler, auf die später eingegangen werden soll. 2 Auch wenn man an die Wirkung des Kohlensäurereizes denkt, kann man sich sehr wohl eine Erklärung des Verhaltens im Sinne dieser Annahme konstruieren, daß man annimmt, daß jene Partien der Lunge, die sich nicht oder nur ungenügend entfalten, von venösem Blut durchströmt werden, das nur Weniges von seinem Kohlensäuregehalt verliert. Das dem Gehirn zugeführte Blut müßte daher nicht nur sauerstoffärmer, sondern auch kohlensäurereicher sein und so aus doppelten Gründen zu vermehrter Ventilation infolge Reizung des Atemzentrums führen, die ihrerseits ein Sinken der alveolaren Kohlensäuretension und ein Steigen der Sauerstofftension auslöst. 426 A. Durvig, Während der Teildruck des Sauerstoffes und der Kohlensäure in der Lunge bei uns ganz gesetz- mäßig absank, je größer die Höhe war, in der wir uns aufhielten, erfuhr der Prozentgehalt der Lungenluft in den verschiedenen Höhen nur eine geringe Verschiebung, wie dies die voranstehende Tabelle zeigt. Nur bei Rainer sind die Abweichungen recht beträchtliche. BziReichelschwanken die Werte für den Prozent- gehalt an Sauerstoff von 1500 bis 14:5°/,, wenn man vom Winterversuch in Wien absieht, und bei Durig beträgt der Unterschied im Durchschnitte ebenfalls kaum ein ganzes Prozent, ja im Bückversuch auf dem Monte Rosa ist der Prozentgehalt an Sauerstoff ganz analog jenem, der in Wien beobachtet wurde. Bei Kolmer und bei Rainer übersteigen die Unterschiede im Prozentgehalt der Lungenluft bereits 11/,%),. Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Prozentgehalt der Lungenluft an Kohlensäure und Sauerstoff an und für sich ohne jeden Einfluß auf die Spannungsdifferenz zwischen den Blutgasen und den Lungen- gasen ist und daß ein Bild über die Bedingungen des Gasaustausches nur der Teildruck der einzelnen Gase geben kann, immerhin bleibt es aber merkwürdig, daß die prozentische Zusammensetzung des Lungengases nur eine so geringfügige Verschiebung zeigt. Wie an späterer Stelle nachgewiesen werden soll, handelt es sich hiebei aber nur um eine sekundäre Erscheinung, die im Gefolge der gebieterisch durch die Folgen des Sauerstoffmangels ausgelösten Mehrventilation eintritt. Durch sie wurde bei uns das geförderte Volum derart gesteigert, daß nach Deckung des Sauerstoffbedarfes noch ein analoger Bruchteil von Sauerstoff im, Exspirationsgemisch zurückbleibt wie in der Ebene, dem allerdings bei dem niedrigen Barometerstande eine viel geringere Tension entspricht. Dieselbe Menge von Kohlensäure, die auch in der Ebene abventiliert wird und die nun im Höhenklima einen größeren Raum (auf dem Monte Rosa nahezu den doppelten Raum) einnimmt, verteilt sich deshalb auf das entsprechend vermehrte Luft- volum, so daß der Prozentgehalt konstant bleiben muß, wenn die Ventilationssteigerung bei gleicher Höhe der Verbrennungsvorgänge das Absinken des Luftdruckes kompensiert hat. Das gegenseitige Verhalten zwischen dem Prozentgehalt von Kohlensäure und Sauerstoff ist im übrigen ja ein gegebenes und durch den respiratorischen Quotienten festgelegt. Um das Verhältnis zwischen Ventilation und Gasspannung zu kennzeichnen, wurde auch das pro Millimeter alveolarer Sauerstoff und Kohlensäuretension geatmete Volum berechnet, worüber folgende Tabellen einen Überblick geben: XXIV. Pro Millimeter alveolarer Kohlensäurespannung geatmet cm’ Luft. Durig Kolmer Rainer Reichel a: Seehöhe m beob- ; beob- . | beob- ? : beob- .- achtet reduziert ehiet reduziert Aha: reduziert achtet reduziert Wien S: 150 DODSH 180°0 199-6 182-1 2342 207°4 2109 190-4 W. 176°4 162°7 203.8 188-1 F. 1839 173°8 219-1 2034 207-7 194-3 1749 161°0 Semmering 1000 2340 199-2 2059 1744 Alagna 1190 239°8 194-2 274-0 216°0 250°0 1992 2170 1727, Monte Rosa I 4560 507'6 280-7 4614 259°8 4639 255°7 858°6 316°9 » II 4689 256°9 4806 261 °4 3965 215°3 501 °2 271°2 MonteRosa Zuckerversuch I 463 °7 2564 > > Il 457 °7 258°2 Monte Rosa nach Märschen 539-1 3051 5492 3059 471°3 263 °3 655.9 | 343:3 > Bückversuche 7347 4000 SI Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 42 XXV. Pro Millimeter alveolarer Sauerstoffspannung geatmet cm’ Luft. Durig Kolmer Rainer Reichel Ort beob- : beob- 3 beob- | ErRe beob- 0 ee reduziert Beer reduziert aa: reduziert A reduziert Wien S. 59-9 53°5 61°4 56°5 67°6 60'2 70°5 63°5 W. 53'2 49-1 66°9 61°6 FE. 50°8 92°7 66 °1 61°1 61°8 56.4 63:4 584 Semmering 683 OT, 751 63°6 Alagna 66°7 531 911 e®) 80:0 63°0 81°9 64:7 Monte Rosa I 1740 96:2 187°5 104-1 1798 1002 1996 1134 » II 172°5 94:0 1851 100°5 1744 947 190-1 102°8 Zuckerversuch I 182-5 98:3 » II 181°8 100:9 nach Märschen 180°9 101:8 207 °9 115°8 1911 105 °1 215°7 120-1 Bückversuche 219°8 119°6 Das pro Millimeter Kohlensäuretension geatmete Volum steigt um so mehr an, je höher die Station gelegen war. Das Absinken des Kohlensäuredruckes einerseits, das Ansteigen der Ventilation andrerseits bedingen es, daß die Ausschläge ungemein auffallend werden und die Werte auf dem Monte Rosa bis nahezu das Dreifache von jenen, die in der Ebene beobachtet wurden, betragen. Der Wert für das redu- zierte Volum, das pro Millimeter Kohlensäurespannung geatmet wurde, bleibt natürlich weit hinter dem Wert für das unreduzierte Volum zurück, nichtsdestoweniger bleibt aber der Zuwachs an Ventilation in allen Posten der Tabelle erkennbar. Dasselbe, was für das Verhältnis zwischen Kohlensäuretension und Ventilation gilt, ergibt sich auch bei Betrachtung der Ventilation pro Millimeter Sauerstoff. Schon in 1000 m Höhe ist die Zunahme der Ventilation pro Millimeter O,-Tension ausgesprochen und auf dem Monte Rosa ist diese auf fast das Vier- fache unreduziert — auf ungefähr das Doppelte reduziert — angestiegen. Diese Verhältnisse weisen daher darauf hin, daß bei uns allen in jeder Höhenstation wohl eine annähernd gleichgroße Ventilation pro Millimeter O,- und CO,-Tension zustande kam, also die Reize auf das Atemzentrum recht gleichartig bei allen gewirkt haben, daß aber die Ventilation für das Einhalten gleicher Kohlensäuretension in der Höhe zu groß, in Bezug auf das Einhalten gleicher Sauerstofftension aber zu klein war. Jene Zahl, welche die größere Menge Luft bezeichnet, die für das Millimeter Spannung geatmet werden mußte, ist eigentlich nur ein umschriebener Ausdruck für das Absinken des Total- druckes, das bei gleichem oder nur wenig verändertem Prozentgehalt der Alveolarluft an Kohlensäure oder Sauerstoff zu einem Absinken der Teildrucke dieser Gase in der Lunge beim Aufenthalte im Höhenklima führen muß. Hinsichtlich der Kohlensäure wäre ein Einhalten des gleichen Druckes in der Lungenluft auf dem Monte Rosa ja nur dann denkbar, wenn der CO,-Prozentgehalt in der Alveolarluft auf ungefähr das Doppelte von jenem in der Ebene, also auf 8 bis 10°/, gestiegen wäre, während selbstverständlich ein Erreichen eines Druckes von 105 mm Hg Sauerstoff auf dem Monte Rosa auch bei forziertestem Atmen unmöglich ist. In den Versuchen von Ward ist darauf hingewiesen, daß nach dem Abstieg aus der Hochregion — Ward untersuchte die Verhältnisse nach dem Abstieg vom Monte Rosa und vom Weißhorn in Zermatt — anfänglich in der Talstation derselbe niedere Kohlensäuredruck besteht wie im Hochgebirge, während der 428 A. Durig, Sauerstoffdruck nach der Rückkehr aus der Höhenstation wesentlich vermehrt gefunden wurde. Die Werte lauten in Millimeter Tension: CO, 0, ASIEN wor Klar Alisbe® 5 0 3 8 58 0 00 IT 76:8— 84:9 mm » nach dem Abstieg vom Monte Rosa . . 28:7 —32°4 83:1—91°4 » » » » » Weißhorn . . . 28:3—32:°6 87°2—93°7 Die niedersten Werte für die Kohlensäuretension und die höchsten für die Sauerstofftension wurden unmittelbar nach dem Abstieg beobachtet; im selben Sinne bestand aber die Veränderung auch nach drei Tagen noch fort. Wir konnten an uns eine einheitlich in gleicher Weise ausgesprochene Gesetzmäßigkeit nicht beob- achten. BeiReicheltrat nach der Rückkehr vom Semmering nach Wien eine Steigerung der Kohlensäure- spannung und eine Abnahme der Sauerstoffspannung auf.! Bei Durig blieben die Werte annähernd kon- stant, hinsichtlich der,Wirkung des Abstieges vom Monte Rosa fehlen uns Parallelbestimmungen in Alagna vor dem Aufstieg, es steht aber für uns in Analogie mit dem Semmering- und Wiener Versuch, beziehungs- weise dem Gipfelversuch fest, daß die Tension der Kohlensäure in keinem Falle auch nur annähernd auf der Höhe des Wertes, den wir am Monte Rosa beobachtet hatten, verblieben ist. Bei uns allen stieg die Tension der CO, auf Werte, die wir als ganz für Alagna angemessene bezeichnen müssen, bei Durig und Reichel liegen sie fast genau in der Höhe des Wertes vom Semmering. Da das Verhalten des Sauerstoffes schon durch die Höhe der gleichbleibenden respiratorischen Quotienten in Zusammenhang mit jenem der Kohlensäure steht, so ist es selbstverständlich, daß sich demnach auch die Sauerstofftension in ganz nor- malen Grenzen bewegt haben müsse. Ein Blick auf Tabelle XXI? bestätigt diese Annahme. Es kann daher von einer Allgemeingültigkeit einer Verminderung der Kohlensäuretension und Steigerung der Sauerstoffspannung in der Lunge nach der Rückkehr aus dem Gebirge nicht gesprochen werden. Inwieweit individuelle Unterschiede oder die Verschiedenheit der Methodik an dem abweichen- den Resultate schuldtragend sind, muß erst festgestellt werden. 4. Die Gasspannungen in der Lunge bei der Arbeit. Als direkt vergleichbar möchten wir in diesem Abschnitte auch nur jene Versuche in Diskussion stellen, bei denen die Arbeitsleistung eine gleichartige und gleich große gewesen ist, es wurde aber schon früher erwähnt, daß dieser Forderung nur wenige Beobachtungen gerecht geworden sind. Den älteren Monte RosaVersuchen stehen keine Parallelversuche auf Schnee gegenüber und den Horizontalmarsch- versuchen in der Ebene fehlen als Ergänzung die Horizontalmärsche unter gleichartigen Verhältnissen im Hochgebirge. Von den Versuchen in der pneumatischen Kammer, insbesondere von den kurz dauernden Versuchen, ebenso jenen, die im Luftballon unter ganz anderen Bedingungen als im Hochgebirge ausge- führt wurden, kann an dieser Stelle wohl abgesehen werden, Eine Reihe sehr gut miteinander vergleichbarer Versuche stammt von Zuntz und seinen Mitarbeitern von Brienz und vom Rothorn, denen wir allerdings die Marschversuche auf der Tretbahn in Berlin, da diese nicht direkt vergleichbar sind, nicht gegenüber- stellen möchten. Es können wohl auch die älteren Monte Rosa-Versuche von Zuntz und Schumburs, wie Loewy und dessen Mitarbeitern entfallen, da die Wegbeschaffenheit, wie an früherem Orte erwähnt, keine vergleichbare war. Bezüglich des Horizontalmarsches seien die Versuchsreihen in der Capanna Margherita, auf Col d’Olen und auf der Sporneralpe als Vertreter derartiger Beobachtungen unter großer Reserve angeführt. 1 Siehe Tabellen XVIII und XXI. 2 Siehe Tabelle XXI, Spalte Alagna und Wien. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 429 XXVI. Gastensionen in Brienz und auf dem Brienzer Rothorn 1901. ne ; Alveolare Spannung bei | Alveolare Spannung in Meereshöhe Steigarbeit der Arbeit der Ruhe Name | Ort Mittel m mkg pro Min (07 CO, 07) CO, Brienz 500 475°5 92-2 45 84:5 445 Waldenburg E Rothorn 2130 9993 790 42-9 68°5 361 Brienz 500 8300 9959 374 94-0 38'2 Kolmer Rothorn 2130 7933 NOT 37'6 66 38:8 : Brienz 500 7789 902 39:0 80:7 46'6 Caspari , Rothorn 2130 7123 ot! 32:0 64:3 40°3 Brienz 500 6362 99"2 41:3 88 40°3 Müller Rothorn 2130 2 EL S8) 383 62:0 376 Brienz 500 625.9 92:4 35°3 86:7 41:3 A.Loewy = Rothorn 2130 973'2 79:9 31:9 66'7 388 Brienz 500 5972 91-2 36-7 91:8 38°5 Zuntz Rothorn 2130 597 °7 80°7 28'3 79 326 Bei den Teilnehmern an der Expedition des Jahres 1901 stieg die alveolare Sauerstoffspannung bei der Arbeit mit Ausnahme des einzigen Zuntz bereits in Brienz wesentlich über den Ruhewert an. Noch ausgesprochener war dies Verhalten auf dem Rothorn, ja Müller wies dort sogar eine fast gleich hohe Gas- spannung auf wie in dem 1700 m tiefer gelegenen Brienz. Im Gegensatz dazu war aber die Kohlensäure- tension in den Arbeitsversuchen fast stets niedriger geworden oder doch konstant geblieben, es hatte also bei allen diesen Versuchspersonen eine Überventilation bei der Arbeit stattgefunden, die den Verbrauch an Sauerstoff, beziehungsweise die gesteigerte Kohlensäureproduktion überkompensierte. Dasselbe beob- XXVI. Gasspannungen beim Horizontalmarsch. Beim Horizontalmarsch Bei Körperruhe Name Ort Wes in m Sauerstoff- | Kohlensäure- spannung spannung O9- CO,- in Millimeter | in Millimeter | Spannung Spannung (07) CO, Wien 1 72—152 105°2 347 108°7 320 Semmering 100— 110 92-8 319 99-2 29-2 Be 9.9 Mia 9. . Durig Sporner Alpe 83—99 92-2 27:5 92-4 270 Col d’Olen 57—95 66°0 27°0 63'2 28-9 Capanna Margherita 66— 91 590 21°0 53°2 241 1 Der Wert vom Jahre 1903 lautet für den Horizontalmarsch Durig’s ganz analog 105 mm Os- und 33:6 mm CO,-Tension gegenüber 109mm O, und 31':8 mm CO, in Körperruhe. Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI1. 58 430 A. Durig, achteten Zuntz und Durig auch im Jahre 1903 an Zuntz, während Durig sich gerade entgegengesetzt verhielt. Unsere neuen Versuche, wie die Beobachtungen, die Durig auf der Sporner Alpe anstellte, bestätigen nun vollständig das an Durig beobachtete Resultat, so daß sich zwischen uns und den damaligen Versuchspersonen hinsichtlich der Atemmechanik beim Marsch tatsächlich ein auf dem indivi- duellen Verhalten beruhender durchgreifender Unterschied ! ergibt. Schon die Betrachtung der Verhältnisse beim Horizontalmarsch ergibt, daß bei Durig die Sauerstoff- wie die Kohlensäurespannung in den Alveolaren bei dieser Arbeit nahezu dieselbe war wie bei vollkommener Körperruhe; selbst in der Capanna Margherita finden wir bei ihm keine Abweichung, welche die normalen Schwankungen übersteigen würde, am Semmering ist sogar eher eine Abnahme des Sauerstoffdruckes zu beobachten gewesen, der eine geringe Zunahme. desselben auf Col d’Olen in aller- dings nicht ganz einwandfreien Versuchen gegenübersteht. XXVI. Beim Horizontalmarsch Bei Körperruhe Name Osrzt Weg in mn Sauerstoff- | Kohlensäure- spannung spannung CO,- CO;- in Millimeter | in Millimeter | Spannung Spannung O, CO, Wien 49—100 103°6 37'2 103:7 34:6 Be | er 88-8 33-3 93-4 34-0 Kolmer Wien 49— 109 1055 31'8 105°3 32-8 Rainer Wien 47—129 1024 36°0 1065 31°3 Auch Reichel, Rainer und Kolmer zeigen eher die Tendenz zu einer Abnahme der Sauerstoff- tension bei der Arbeit als zu einer Zunahme, während umgekehrt die Kohlensäurespannung bei Reichel und Rainer in Wien eher zu höheren Werten gravitiert. Die Tatsache, daß auch beim Marsch bei weiterem Vordringen in größere Höhe die Sauerstoff- und Kohlensäurespannung in der Lunge stetig abnimmt, hat im Bilkengratversuch von Durig eine eindeutige Illustration erfahren. Hundert für hundert Meter Steigung hatten schon ein nachweisliches Absinken der O,- und CO,-Tension in der Lunge zur Folge, in keinem Falle war aber die Sauerstofftension bei der Arbeit merklich über die Tension bei Körperruhe gestiegen und selbst der geringe Ausschlag nach oben, der in den der Tabelle angefügten Mittelwerten der Monte-Rosa-Versuche gefunden wurde, ist nicht eın- mal im Sinne einer Zunahme beweiskräftig. Da wir beim Marsch auf Schnee in Wien eine nennens- _ werte Abnahme der Sauerstofftension beobachteten und die geringe Zunahme im Mittelwert der Arbeits- versuche auf dem Monte Rosa sowohl im Jahre 1903 wie im Jahre 1906 beobachtet wurde überein- stimmend mit der beim Horizontalmarsch auf dem Monte Rosa ermittelten geringfügigen Erhöhung, so kann man doch an das Bestehen einer gewissen Gesetzmäßigkeit in dem Sinne denken, daß in großen Höhen auch bei Durig eine Überventilation beginnt. Diese war niemals so groß, daß sie zu einem Absinken der Kohlensäurespannung unter den Ruhewert Anlaß gegeben hätte. Reichel, Kolmer und Rainer gingen in Wien auf ansteigender Bahn bei ausgesprochenem Absinken der Sauerstofftension, und zwar sowohl im Sommer- wie im Winterversuch. Ganz aus der Reihe fällt der bei Rainer während eines Unwohlseins ausgeführte Marschversuch auf Schnee in Wien. Hiebei 1 Siehe auch Pflüger’s Arch., Bd. 113, p. 313. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 431 XXIX. Durig, Gastensionen beim Steigungsmarsch in verschiedener Höhe. s Alveolare Spannung bei Alveolare Spannung in Nescchöhe in Steigarbeit in der Arbeit Körperruhe Ort = mkg pro Minute O5 CO; O5 (0107) Wien, Sommer 150 934 1063 37°0 108° 32 Wien auf Schnee 150 666 1030 371 109° 33 Bilkengrati 1790 800— 900 851 297 92:4 27-0 1960 800— 900 80°7 29-1 2240 800— 900 78°3 28:0 2440 800 — 900 U) 281 Capanna Margherita? 4560 300 — 400 99°0 24:2 53'2 24-1 » » 3 4560 500 59:6 23-9 96°7 21°0 1 Der Ruhewert entspricht der niedriger gelegenen Sporner Alpe. 2 Versuch 1903. 3 Versuch 1906. XXX. Gasspannungen beim Marsch auf ansteigender Bahn. a Beim Marsch Spannung der In Ruhe Spannung der Name h Steigarbeit und Zeit : 0, CO, (07) CO, Wien, Sommer 698°7 103°7 333 1053 328 Kolmer Winter 783°2 102-3 34:8 110-1 33-2 Monte Rosa 4829 59-3 23-2 56°9 220 >11905 3372 56°9 23-9 Wien, Sommer 131 98:0 38°6 1065 313 a rinter. 586-1 68-8 62:9 109-8 32-7 Monte Rosa 474°8 952 28-1 53°9 23°7 Wien, Sommer 10531 98:7 36 103-2 346 Beheln winter 855-7 98-5 39-9 105-9 35-1 Monte Rosa 475°5 60:2 2329 56°6 2ilkelo sank die Gasspannung für den Sauerstoff auf einen Wert ab, der nahezu so niedrig ist wie jener, den wir bei Kolmer und Reichel auf dem Monte Rosa feststellten; dabei erreichte die Kohlensäurespannung den exzessiven Wert von 629mm. Auf dem Monte Rosa ist bei Kolmer, Rainer und Reichel ebenfalls eine geringe Zunahme des Sauerstoffdruckes bei der Arbeit zu beobachten gewesen, die sich in ähnlichen Grenzen hält wie bei Durig; durchgehends liegt die Kohlensäurespannung im Arbeitsversuch höher als im Ruheversuch. 432 A. Durig, Das Verhalten Kolmer’s, ist wie die Tabelle XXX besagt, auch hinsichtlich der Gastension bei der Arbeit ein ganz analoges wie bei uns und wir finden abermals nicht den geringsten Anhaltspunkt, der auf seine auffällige Schweratmigkeit, die bei anstrengenden Marschleistungen speziell auf dem Monte Rosa bei ihm stets ausgesprochen war, hindeuten würde. Auch zwischen dem Bestehen der Bergkrank- heit und den Gastensionen bei der Arbeit lassen sich keinerlei, auch nur vermutungsweise namhaft zu machende Beziehungen aufstellen. Berechnet man das pro Minute und pro Millimeter alveolärer Gasspannung geatmete, reduzierte und nichtreduzierte Volumen, so gewinnt man auch bei der Arbeit einen Einblick in die Mächtigkeit der Reize, die anregend auf die Ventilation gewirkt haben. Natürlich spielen auch hiebei die Leistungen eine wesent- liche Rolle. Bei den Teilnehmern an der Expediton des Jahres 1901 schwankt das bei Muskelarbeit pro Milli- meter CO,-Tension geförderte (unreduzierte) Volum! a) Dnlenz VON 5 5 00 Eee BO ns 11V air ale |ROLMOHA WON 5 0 0 5 5 05 5 85 KO > LO audem®Nlontenkosamyonm EEE Die Zahlen müßten aber erst gesondert für gleiche Arbeitsleistungen berechnet werden, um einen Ver- gleich über den Einfluß der Höhenstation auf die Ventilation im Verhältnis zu den Gasspannungen zu ermöglichen. Bei annähernd gleichgroßer Steigarbeit in den einzelnen Versuchsstrecken ergibt sich, daß das Vordringen in größere Höhen bei der Arbeit, ebenso wie dies bei der ruhenden Versuchsperson der Fall ist, von einem Ansteigen der Ventilation pro Millimeter Kohlensäurespannung begleitet ist.? Als Beleg mögen die Versuche Durig’s von der Sporner Alpe angeführt sein (Werte in Kubikzentimetern pro l mm CO,). Versuchsstrecke I II II IV 1790 »n 1960 m 2240 m 2440 m Versuch 20 1262 1265 1469 1549 » 24 1574 1572 — 1912 >. Al 1574 1640 == 1744 » 32 1871 1965 1894 1909 Das Minutenvolum ist also im Verhältnis zur Kohlensäurespannung um so mehr angestiegen, je höher die Versuchsstrecke lag. An den einzelnen Versuchstagen sind wegen der verschiedenen Leistungen in derselben Versuchsstrecke die Werte nicht zu vergleichen. Es besagt zum Beispiel das Anwachsen der Ventilation in der ersten Versuchsstrecke von Versuch 20 bis 32, daß die Leistung gestiegen ist, dabei ist aber die Kohlensäureproduktion, bezogen auf dieselbe Leistung, gesunken (erhöhter Wirkungsgrad). Das Anwachsen der Ventilation mit dem Absinken des Luftdruckes spricht aber in demselben Sinne wie das Anwachsen der Ventilation mit der Zunahme der Leistung in derselben Meereshöhe, da die Steigerung der Leistung ebenso zu einer Verminderung des Sauerstoffgehaltes im Blut und zur vermehrter Bildung von Stoffen führt, die auf das Atemzentrum reizend wirken, nicht aber Kohlensäure sind. Über die Größe der Ventilation in unseren neuen Versuchen, bezogen auf die Gasspannungen in der Lunge bei annähernd gleicher Arbeitsleistung, geben die folgenden Hilfstabellen Aufschluß. Zum Vergleich sind die Resultate von den mit den Gefühle gleicher Anstrengung? im Sommer in Wien ausgeführten Versuchen beigegeben. 1 »Höhenklima und Bergwanderungen«, p. 328. 2 Es soll damit keine allgemein gültige Gesetzmäßigkeit behauptet sein. 3 also etwa derselben Bruttoarbeit beim Marschversuch auf Schnee entsprechenden, Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 433 XXXI. Pro Millimeter Kohlensäurespannung und pro Minute geatmet beim Marsch auf ansteigender Bahn cm’. Durig Kolmer Rainer Reichel OLE | Leistung| beob- | redu- [Leistung] beob- | redu- |Leistung| beob- | redu- |Leistung| beob- | redu- mkg | achtet | ziert mkg \ achtet | ziert mkg | achtet | ziert mkg | achtet | ziert Wien, Sommer 934 1319 1182 699 1235 1097 gen 878 768 1053 1287 1141 > Winter 666 941 Sılil 783 1409 1368 887 545 231 857 1102 1054 Monte Rosa 924 | 2369 1340 | 482 2377 1349 478 1661 931 476 2248 1216 XXXI. Pro Millimeter Sauerstoffdruck und pro Minute geatmet beim Marsch auf ansteigender Bahn cm’. Durig Kolmer Rainer | Reichel Ort beobachtet ! reduziert | beobachtet | reduziert | beobachtet | reduziert | beobachtet | reduziert ‚Wien, Sommer 458 413 398 398 341 302 493 442 » Winter 338 a 478 464 478 468 445 425 Monte Rosa 932 515 920 520 830 460 848 471 Wie die Tabellen zeigen, ist die Ventilation auf dem Monte Rosa pro Millimeter Gasspannung auf das Zwei- bis Dreifache erhöht gewesen, obwohl die Arbeit auf dem Gipfel unzweifelhaft eine ungleich geringere war als in der Ebene auf Schnee. Das pro Millimeter Spannung geatmete, reduzierte Volum nähert sich Reichel der Fall ist. Bei ihm ist auch die prozentuelle Zusammensetzung der Alveolarluft auf dem Monte Rosa kaum gegen Wien ver- aber auf dem Gipfel wieder sehr jenem in der Ebene, was besonders bei ändert (Tabelle XXXII); wesentlich weicht diese nur bei Rainer von den im Winter in Wien gefundenen XXXM. Prozentgehalt der Alveolarluf:t. An Kohlensäure An Sauerstoff Okst Durig Kolmer Rainer Reichel Durig Kolmer Rainer Reichel Wien, horizontal 4:98 4'683 5:20 5:34 kosıat 15:38 14:72 14:94 Semmering > 5:08 9283 15°05 14:23 Wien, Sommer, Steigung 5:36 4.92 71 561 15:40 15'836 14:50 14:62 > Winter, > 9'838 5°08 -04 9.84 14:74 14:94 9:89 14'37 Monte Rosa, > 18 909 -88 974 14:58 1457 13:52 14:76 Größen ab. Es findet sich also auch während der Arbeit bei uns einähnliches Verhalten in der Zusammen- setzung der Alveolarluft wie in Körperruhe. Bei Rainer bildet der schon wiederholt erwähnte Winter- versuch während des Unwohlseins eine Ausnahme. Der hohe Prozentgehalt an Kohlensäure, der niedere Prozentgehalt an Sauerstoff in seiner Lungenluft beweisen, daß seine Atmung während der Märsche in Wien auf dem Schnee eine ganz abnorme war. 434 A. Durvig, Diese bei einem Unwohlsein während des Gehens aufgetretenen, auffallenden Erscheinungen in bezug auf die Zusammensetzung seiner Lungenluft und die inden Alveolen herrschenden Gasspannungen deuten darauf hin, wie etwa die Verhältnisse dann liegen, wenn beim forciertem Aufstieg auf einen niedrig gelegenen Gipfel Unwohlsein bei verflachter, beschleunigter Atmung eintritt. Die Lage der Ver- hältnisse läßt es erklärlich scheinen, daß dann Symptome auftreten, die mit denjenigen, die man während der Bergkrankheit in eigentlichen Hochregionen beobachtet, vollkommen übereinstimmen. Es ist ja selbstverständlich, daß bei so niederem Sauerstoffdruck in der Alveole, wie er bei Rainer in der Ebene bestand (68 mm), aber bei einer Kohlensäuretension in der Lungenluft von 63 mm, die pro- zentische Sättigung des Hämoglobins mit Sauerstoff bis auf etwa 70°/, abgesunken sein muß, während diese bei 20 mm Kohlensäurespannung und 57 mm Sauerstoffspannung, wie wir dies auf dem Monte Rosa beobachteten, noch über 80 Prozent erreichen kann. Es liegen daher in einem solchen Falle während einer Arbeitsleistung die Verhältnisse in der Ebene sogar noch günstiger für das Auftreten effektiven Sauerstoffmangels und dessen Folgen oder — wenn man dies so bezeichnen will — von Bergkrankheit, wie auf dem Monte Rosa, und es kann keineswegs wundernehmen, wenn ungeübte Berggänger, die vorerst einen Anstieg in einem ihre Kräfte übersteigenden Maße forcieren und dann unter Ermüdung ihrer Atemmuskulatur flach und frequent zu atmen beginnen, von Unwohlsein oder zum mindesten Unbehagen befallen werden. Treten dann als weitere Folge in einem solchen Falle sogar die Erscheinungen von Bergkrankheit in Höhen auf, die noch weit unter 2000 m liegen, so dürfte hiebei vielfach der ausge- sprochene Sauerstoffmangel ganz wie in Höhen über 4000 m die Ursache sein. Es ist die Tatsache, daß solche Erkrankungen sich recht häufig bei Personen finden, die an einem heißen Tage den Aufstieg zu einer Schutzhütte ausführen, ein Hinweis darauf, daß auch die Temperatur dabei eine ganz wesentliche Rolle spielt. Wie an früherer Stelle hervorgehoben, tritt bei der Arbeit unter Umständen eine ganz wesentliche Erhöhung der Körpertemperatur und der Bluttemperatur ein; diese wird sich umso bemerkbarer machen, wenn der Wassergehalt des Körpers durch übermäßiges Schwitzen im Beginne eines Anstieges vermindert und die Möglichkeit weiterer Wärmeregulation durch Wasser- verdunstung wesentlich eingeschränkt ist. Mit steigender Temperatur nimmt aber die Dissoziations- spannung weiter zu, wodurch die Sättigung des Blutes mit Sauerstoff noch auf niederere Werte, als sie schon durch die flachere Atmung allein herabgedrückt werden würde, absinkt. Es ist selbstverständlich, daß ein Unwohlsein, das primär besteht, wie dies bei Rainer der Fall war, und durch eine Störung im Magen-Darmkanal oder durch Störungen von Seite des Zirkulationsapparates ausgelöst ist, das Zustandekommen von Sauerstoffmangel nur noch weiter begünstigen kann. Anderseits ist es aber sicher, daß gerade der eintretende Sauerstoffmangel auf jene Organe zuerst rückwirken wird, die sich in einem abnormalen Zustand befinden, so daß offenkundige Störungen von seiten derselben beobachtet werden (Erbrechen, Herzklopfen, Dilatatio cordis etc.), also sekundär ein Unwohlsein entsteht, das weiterhin das Auftreten von Sauerstoffmangel bei fortdauernder Arbeit nur noch mehr begünstigt. Blicken wir nochmals auf das Verhalten der Alveolartension bei der Arbeit zurück, so ergibt sich» daß die gewiß leistungsfähigeren Personen, die im Jahre 1906 von uns untersucht wurden, wie auch Durig auf der Sporner Alpe die Ventilation bei der Arbeit nur in dem Maße steigerten, daß die alveolare Sauer- stoffspannung, die sie in derselben Höhe in Körperruhe aufwiesen, nahezu ganz oder ganz erreicht wurde, sie sind daher mit den Ausgaben für die Atemarbeit relativ sparsamer gewesen als die weniger geübten Personen und es ist bemerkenswert, daß die geringere Höhe der Sauerstoffspannung in den Lungen bei der Arbeit sie deshalb keineswegs weniger leistungsfähig gemacht hat, ja daß sie im Gegenteile viel größere Arbeiten pro Sekunde auszuführen imstande waren als jene. Auch die Übung und das Training hatte bei Durig keinen Einfluß auf die Höhe der Sauerstoff- tension, denn diese ist in gleichen Höhen bei ihm stets dieselbe geblieben, ob er nun trainiert war oder nicht. So war die Sauerstoffspannung bei der Arbeit auf dem Monte Rosa bei ihm im Jahre 1903 in untrainiertem Zustande dieselbe wie 1906 in vollem Muskeltraining. Auch auf der Sporner Alpe stellte sich bei den einzelnen während des Trainings ausgeführten Versuchsmärschen in jeder Höhenlage die Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 435 Gasspannung in der Lunge immer wieder auf dasselbe Niveau ein, obwohl die Leistungen ganz ver- schieden waren, so zum Beispiel in der I. und IV. Versuchsstrecke: In 1790 m Höhe In 2440 m Höhe 84:4 mm O,-Tension 74:2 mm O,-Tension 863 LOSE 84:7 on) 85:0 75:0 Es bestand also von seiten des Organismus keineswegs das Bestreben, durch ein Höherrücken der alveolaren Sauerstoffspannung die Leistungsfähigkeit zu steigern. Dieses Verhalten besagt neuerdings, daß die Annahme eines allgemein gültigen, gesetzmäßig stattfindenden Anpassungsvorganges nicht zu Recht besteht. Es mag immerhin Personen geben, bei denen solche Anpassungen sich ausbilden, bisher ist jedoch kein einziger zwingender Beweis für eine solche Ansicht erbracht worden, wogegen wir glauben, einwandfrei gezeigt zu haben, daß es Personen gibt, bei denen selbst auf dem Monte Rosa im Verlaufe eines lange dauernden Aufenthaltes noch gar keine weitere Anpassung der Atemmechanik an die Wirkung des Höhenklimas eintritt. Es istan der Hand unsererer Versuche noch zu erörtern, ob das Absinken des Sauerstoffdruckes im Hochgebirge bei uns ein derartiges war, daß wirklich Sauerstoffmangel bestand, und ob wir Hinweise darauf besitzen, daß die Deckung des Erfordernisses an Sauerstoff nicht mehr durch den Gasaustausch infolge der Spannungsdifferenzen der Gase erfolgen konnte. Die Frage geht also dahin, ob auf Grund aktiver Zellarbeit ein Übertritt von Gas angenommen werden muß und ob wir der Annahme einer Sekretion von Sauerstoff und Kohlensäure bedürfen, um die Verhältnisse erklären zu können. In bezug auf die Versuchsperson Kolmer hat Bohr auf Grund des Verhaltens Kolmer’s bei Märschen auf dem Monte Rosa im Jahre 1901 bereits eine Berechnung! angestellt, die dahin lautet, daß die damals während des Marschierens pro Minute von ihm aufgenommene Sauerstoffmenge von 1520 cm? nicht auf dem Wege einfachen Übertrittes des Sauerstoffes auf Grund der Spannungsdifferenzen zwischen den Blutgasen und dem Alveolargase zustande gekommen sein könne, sondern daß aktive Zelltätigkeit hiebei im Spiel gewesen sein müsse, und zwar in solchem Ausmaße, daß ‚mindestens 6808 cm? Sauerstoff, das ist 40°/, der gesamten aufgenommenen Sauerstoffmenge, mittels direkter Wirkung der Zellen durch die Alveolarwand geschafft worden seien. In einer späteren Veröffentlichung? hat Bohr dann diese Berechnung modifiziert unter der Voraus- setzung, daß das Diffusionsvermögen der bei der Arbeit entfalteten Lunge ein wesentlich größeres ist. Es hatte sich.nämlich in seinen Versuchen über die Einatmung von Kohlenoxydgas gezeigt, daß bei willkür- licher oder unwillkürlicher Steigerung der Atemtiefe wesentlich größere Mengen von Kohlenoxydgas die Lunge passieren als bei ruhiger Atmung. Bohr berechnete auf Grund der erhöhten Diffusion, daß 575 cm’ infolge von aktiver Zelltätigkeit übergetreten sein müssen. Bohr frägt sich nun, ob diese Zelltätigkeit darin bestanden haben kann, daß die Sauerstoffspannung des Blutes reguliert worden ist »und hiedurch einen so niederen Wert angenommen hat, daß die Druckdifferenz genügte, um die aufgenommene Sauer- stoffmenge durch Diffusion zu befördern«. Unter Annahme einer Veränderung der Druckdifferenz von 28 auf 45 mm kann tatsächlich der Über- tritt von 1520 cm? erfolgen, ja bei weiterer — maximaler — Steigerung der Druckdifferenz könnten sogar 1924 cm” Sauerstoff pro Minute durch Diffusion übertreten. Bohr nimmt daher eine aktive Tätigkeit der Lunge bei der Sauerstoffaufnahme in dem Sinne an, daß die Lunge dann, wenn der Sauerstoffbedarf ein großer ist, gegenüber dem Blut, das sie durchströmt, die notwendige Druckdifferenz erzeugt, um den 1 Skand. Arch., XXII, 1909, p. 279. 2 Zentralbl. für Physiologie, XXIII, Nr. 12. 436 A. Durig, Übertritt hinreichender Gasmengen zu ermöglichen. Dagegen glaubt er, daß eine direkte Beförderung von Sauerstoff mit vorausgehender Bindung in den Zellen nicht stattfindet. Wir glauben, auf Grund unserer neuen Versuche Bedenken gegen diese Berechnung erheben zu sollen. Der Sauerstoffbedarf, der pro Minute zu decken war, ist in den Versuchen, die wir neuerlich an Kolmer ausführten, unter sonst ganz analogen Bedingungen. wie in jenem Versuche, den Bohr der Berechnung zugrunde legte, nurnoch wesentlich größer geworden und bis auf 1900 cm?” pro Minute gestiegen, so daß für die Befriedigung dieses Sauerstoffbedarfes, der tatsächlich gedeckt wurde, die Sauerstoffspannung im Blute nahezu auf Null hätte erniedrigt werden müssen. Bei dem nur 60 kg schweren Durig, bei welchem wir eine geringere diffundierende Oberfläche annehmen müßten, langen wir aber mit der Erklärung Bohr’s überhaupt nicht mehr aus. Auch Durig hat bei einer alveolaren Sauerstoffspannung von 59:9 mm Sauerstoff noch einen Ver- brauch von 1905 cm? Sauerstoff aufgewiesen, die pro Minute die Lungenwand passieren mußten, und dabei war die Leistung, die Durig während des Versuches ausführte, gewiß für ihn keine auch nur annähernd maximale und es ist anzunehmen, daß sein Sauerstoffverbrauch beim forcierten Gehen, besonders wenn er in der Atmung nicht durch Ventile und die Gasuhr behindert ist, sicherlich viel höhere Werte erreicht. Es sei zum Beispiel erwähnt, daß Durig beim Aufstieg von der Gnifettihütte zum Gipfel (bei dem horizontale und sogar nach abwärts verlaufende Strecken zwischen den eigentlichem Aufstieg einge- schaltet sind, so daß die durchschnittliche Neigung eine geringere ist) 7 m Steigung pro Minute während mehr als zwei Stunden gegenüber 6°7 im Marschversuch zurücklegte. Bis zu einer maximal forcierten Leistung, die an die Grenze des für ihn Möglichen geht, dürfte aber bei Durig noch ein recht weiter Schritt sein. Wir müssen also für die Erklärung des Vorganges der Deckung des Bedarfes an so großen Mengen von Sauerstoff wieder auf größere Werte für die Diffusionsgeschwindigkeit des Sauerstoffes durch die Lunge zurückgreifen und hiebei an die Resultate jener Versuche denken, die von Zuntz und Loewy an der Froschlunge ausgeführt wurden (Arch. f. Anatomie und Physiologie, 1904, p. 166), denn mit den von Bohr angenommenen Diffusionsgrößen, selbst jenen, die Bohr in seiner neuesten Publikation der Berech- nung zugrunde legt, ist ein Auslangen für die Deckung eines so großen Sauerstofibedarfes bei so niederem alveolären Druck nicht mehr zu finden und es müßte beim Zurechtbestehen eines so langsamen Über- trittes von Sauerstoff, wie dies Bohr annimmt, eine immer weiter fortschreitende Verarmung des Körpers an Sauerstoff eintreten, die in kürzester Zeit ein Absinken der Leistungsfähigkeit des arbeitenden Menschen herbeiführen würde. Ganz unerklärlich wäre es dabei, wie es Menschen möglich geworden ist, bis zu den höchsten Gipfeln der Erde vorzudringen. Ob die von Zuntz und Loewy gefundenen, Diffusionswerte zu große sind oder nicht (Bohr, Skand. Arch. Bd. XXII, p. 242 u. f.), wenn man die Resultate auf die Menschenlunge überträgt, möge heute noch dahingestellt bleiben. Es wird sich wohl erst durch weitere Experimente entscheiden lassen, wie groß das Diffusionsvermögen in der menschlichen Lunge ist, jedenfalls sind aber die von Zuntz und Loewy experimentell ermittelten Werte nicht annähernd um so vieles zu hoch, als man nach den Ausführungen Bohr’s annehmen müßte. Es kann nicht die Aufgabe dieses Aufsatzes sein, weitere theoretische Betrachtungen über die Wege, auf denen die Deckung des Sauerstoffbedarfes auf dem Monte Rosa stattfand, anzuführen, daher sei nur noch einer Tatsache gedacht, die sich dann ergibt, wenn man die Ventilationsgröße für den Kubikzentimeter Sauerstoffverbrauch, beziehungsweise Kohlensäureproduktion berechnet (Ta- belle XXXIV). Bildet man den Quotienten aus dem Minutenvolum in Kubikzentimetern und dem Sauerstoffver- brauch, beziehungsweise der Kohlensäureproduktion pro Minute, ausgedrückt in Kubikzentimetern, so ergibt sich in unseren Versuchen, daß diese Quotienten mit zunehmender Höhenlage anwachsen, was wohl nach dem bisher Gesagten selbstverständlich erscheint. Bezieht man aber den Sauerstoffverbrauch — und wir wollen nur diesen als im Höhenklima ausschlaggebend ins Auge fassen — auf das reduzierte Minutenvolum, so sieht man, daß die Gasmengen, welche für den Bedarf an 1 cm? Sauer- Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 437 stoff in der Ebene bei Körperruhe geatmet wurden, bei uns allen ganz andere sind als jene, die in irgend einer größeren Höhenlage bei der Arbeit oder auf dem Monte Rosa in Körperruhe geatmet wurden. XXXIV. Procm? Sauerstoffverbrauch geatmetes Volum, reduziert. | Osızt Zustand Durig Reichel Kolmer Rainer Wien Ruhe 27.4 343 296 274 Monte Rosa > 20°4 18-3 20-5 19-7 Wien Arbeit 19°5 176 1972 15°8 » Arbeit (Schnee) 17:0 16:0 18°3 12:4 Monte Rosa Arbeit ze 16°3 174 ol Zwischen den Größen, die für den Quotienten: »reduziertes Volum durch Sauerstoffverbrauch« bei den einzelnen Versuchspersonen gefunden wurden, bestanden in der Ebene Unterschiede von rund 12°). Bei Körperruhe, auf dem Monte Rosa beim Marschieren auf Schnee oder auf trockenem Boden in Wien wurden aber von uns allen fast die nämlichen Volumina geatmet. Ein kleines wenig höher liegen im Durchschnitt die von den Ruheversuchen auf dem Monte Rosa stammenden Quotienten eine auffallende Abweichung besteht aber nur beim Marschversuche, den Rainer in Wien auf Schnee ausführte. Sein Verhalten ist auch insoweit ein etwas anderes als jenes von uns übrigen, als er bei der Arbeit relativ! etwas weniger atmete als wir. Dies kann damit zusammenhängen, daß für ihn, wie er angab, die Wider- stände des Respirationsapparates recht fühlbare waren, weshalb seine Atmung so wesentlich modifiziert gewesen sein dürfte. Nichtsdestoweniger ist bei der Arbeit, die er im Sommer in Wien leistete, die Ventilation pro Kubik- zentimeter Sauerstoffverbrauch fast genau die nämliche wie auf dem Monte Rosa. Die Ventilation des bergkranken und weniger leistungsfähigen Kolmer wurde, wie die Tabelle zeigt, in ganz analoger Weise wie bei uns ausreguliert. Das von Kolmer pro Kubikzentimeter Sauerstoff- bedarf geatmete’ reduzierte Volum deckt sich nahezu vollständig mit jenem, das bei Durig während der Märsche auf Schnee in Wien und auf dem Monte Rosa gefunden wurde. Die Unterschiede in den Quotienten der Arbeitsversuche, die bei einer Person etwa 10°/, betragen mögen (Rainer, Winter aus- genommen), sind im Verhältnisse zu den gewaltigen Unterschieden in den Versuchsbedingungen bei Ruhe und Arbeit in der Ebene und in 4560 m Höhe geradezu verblüffend klein. Es ist zu bedenken, daß die Arbeitsleistung im Ruheversuch auf dem Gipfel Null war, während sie im Sommerversuch in Wien bis auf ein Maximum von 1000 snkg pro Minute anstieg, im Arbeitsversuch auf dem Monte Rosa wieder auf die Hälfte absank. Auch die Größe des Sauerstoffverbrauches schwankte zwischen den einzelnen Beobachtungsreihen in einem gewaltigen Umfang, denn die Werte für diesen liegen zwischen einem Minimum von 260cm? und einem Maximum von 2780cm” und doch war die Ventilation den Umständen angepaßt eine derartige, daß die (reduzierte) Gasmenge, die pro Kubikzenti- meter Sauerstoffbedarf geatmet wurde, eine konstante blieb. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, daß die Reize, die auf unser Atemzentrum in Wien bei Körper- ruhe wirkten, anderer Art gewesen sein müssen als beim Marsch in Wien und auf dem Monte Rosa? oder in Körperruhe auf dem Monte Rosa. In Wien wurde in Körperruhe relativ mehr ventiliert und eine leichte Erhöhung der Ventilation gegenüber den Arbeitsversuchen ist auch noch auf dem Monte Rosa aus- gesprochen. Wir werden deshalb darauf geführt, daß der Reiz der Kohlensäure, der ja in der Ebene aus- 1 Bezogen auf den Sauerstoffverbrauch. 2 Auch aus den Bilkengratversuchen berechnen sich ähnliche Werte wie bei den Märschen in Wien und auf dem Monte Rosa. Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXV1. 59 438 A. Durig, schlaggebend für die Regulierung der Atmung ist, in Körperruhe zu einer Überventilation geführt hat, die man in einem gewissen Grade wirklich als eine Luxusatmung — allerdings nicht im Sinne der Mosso’schen Anschauung — bezeichnen kann. Wenn aber der Sauerstoffbedarf ein sehr großer oder aber das Sauerstoff- anbot ein sehr geringes wurde, so hat sich die Ventilation in dem Ausmaße gesteigert, daß sich in der Zeit- einheit die Größe des Sauerstoffanbotes in der Lunge mit der Größe des Verbrauches in einem ganz bestimmten, gleichbleibenden Verhältnisse befand, das eben in den Quotienten der Tabelle XXXIV zum Ausdruck kommt. Es wurde also nach der Wirkung des Reizes, der im Gefolge des Sauerstoffmangels bestand, nicht aber nach dem Teildruck der Kohlensäure oder nach dem Kohlensäuregehalt in Blut und Geweben reguliert. Die Versuche geben auch einen Hinweis darauf, daß bei größerer körperlicher Arbeit auch in der Ebene trotz einer hohen Sauerstoffitension in der Lunge eine Reizung des Atemzentrums durch die Folgen des mächtig gesteigerten Sauerstoffbedarfes stattfindet. Es ist kaum anzunehmen, daß die Empfindlichkeit des Atemzentrums für die Reizung im Gefolge von Sauerstoffmangel bei allen Personen eine identische sei, wenigstens sprechen die wesentlichen indi- viduellen Unterschiede in der Atemmechanik, die im voranstehenden besprochen wurden, in diesem Sinne. Ferner ist daran zu denken, daß eine teilweise Kompensation auch durch Veränderungen im Sauerstoff- bindungsvermögen des Blutes im Hochgebirge! stattfindet, die aber ebenfalls sehr individuellen Schwan- kungen unterworfen sein dürfte. Wir werden deshalb nicht erwarten dürfen, daß etwa alle Personen, wie dies bei uns der Fall ist, gerade 16 bis 18cm”? Luft pro Kubikzentimeter Sauerstoffbedarf ventilieren werden, immerhin gibt aber dieses bei uns beobachtete Verhalten, das auch für die Versuche auf dem Bilken- grat zutrifft, eine neue Stütze für die Annahme, die von Zuntz und seinen Mitarbeitern bereits ausge- sprochen wurde und die dann Durig auch am Schlusse seiner Abhandlung über die Versuche auf der Sporner Alpe betonte, daß die Kohlensäure jenen Reiz vorstellt, der in der Ebene in Körperruhe oder bei geringem Sauerstoffbedarf als ausschließlich wirksames, die Größe der Ventilation bedingendes Moment aufzufassen ist, während immer dann, wenn auf irgend eine Weise das Anbot an Sauerstoff erheblich vermindert wird oder der Verbrauch an Sauerstoff wesentlich steigt, im Gefolge von Sauerstoffmangel eine Reizung des Atemzentrums auftritt, die die Wirkung des Kohlensäurereizes ganz oder nahezu ganz ausschaltet.? Durch den gebieterischen Impuls, dem drohenden Sauerstoffmangel zu steuern, sinkt die Kohlensäure- spannung in der Lunge immer mehr ab je geringer die Sauerstoffzufuhr geworden ist. Bei foreierter Arbeit in der Ebene kann aus denselben Gründen gleichfalls eine Abnahme der Kohlensäurespannung herbei- geführt werden. Inwieweit eine Überventilation, wie in den Versuchen der Berliner Autoren, die zu einem Ansteigen der Sauerstoffspannung bei der Arbeit über die Höhe des Ruhewertes führt, gesetzmäßig bei einzelnen Personen beobachtet wird, müssen wohl erst weitere Versuche lehren. Es ist ganz wohl mög- lich, daß durch eine Superposition der Reizwirkung der Kohlensäure und der beim Muskelstoffwechsel sich bildenden Substanzen eine Steigerung des Minutenvolums herbeigeführt wird, die sogar zu einer Vermehrung der alveolaren Sauerstoffspannung führt. Die Tatsache, daß die im Gefolge von Sauerstoffmangel ausgelöste Reizwirkung die normale Reiz- wirkung der Kohlensäure in den Hintergrund zu drängen vermag, hat durch die schönen Versuche von Haldane und seinen Mitarbeitern, die der jüngsten Zeit entstammen, eine wertvolle Bestätigung erfahren.° Zum Schlusse dieses Abschnittes sei nochmals hervorgehoben, daß bei der Mannigfaltigkeit der Erscheinungen in Bezug auf die Atemmechanik bei verschiedenen Versuchspersonen selbst solche Vor- 1 Es ist hiebei nicht nur an eine Vermehrung des Gesammthämoglobins, sondern auch an die Annahme verschiedener Hämo- globine (Bohr) zu denken. 2 Hier sei nochmals auf die Versuche von Geppert und Zuntz (Pflüger’s Arch., Bd. 42, p. 189), wie die neuen Versuche von Haldane und seinen Schülern hingewiesen. 3 Journ. of Physiology, XXXVII u. XXXVII. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 439 gänge, die sich in ganz eindeutig gleicher Weise bei uns allen vieren abgespielt haben, heute noch nicht als allgemeingültige Gesetzmäßigkeit aufgefaßt werden dürfen, weil es wohl einen allgemeingültigen Typus Mensch in Bezug auf das Verhalten im Hochgebirge nicht gibt, insbesondere aber auch darum, weil ja die Resultate sehr wohl durch geringe Unterschiede in der Versuchsanordnung oder in den Grund- bedingungen der Versuche, wie zum Beispiel bei der Berechnung der Alveolartension, beeinflußt sein können. Wenn wir auch hoffen, durch die Diskussion des umfangreichen Zahlenmaterials, das wir in den Kapiteln VIII, X, XI, XII u. XIII besprachen, wie durch die zahlreichen neuen Versuche, die wir anläßlich der Expedition des Jahres 1906 ausführten, eine Klärung in dem heutigen Stand der Frage über den Einfluß des Höhenklimas auf die Respiration des Menschen gegeben zu haben, so möchten wir doch betonen, daß auf diesem Gebiete bis zu dessen entscheidender Durchforschung noch vielerlei Arbeit geleistet werden muß.! Bei der mühevollen Berechnung, welche den vorliegenden Versuchen zugrunde liegt und die zu einem gutem Teile doppelt — logarithmisch und zur Kontrolle mit der Maschine — durchgeführt wurde, mögen dessenungeachtet an gar mancher Stelle sich Rechenfehler eingeschlichen haben. Diese dürften sich besonders in Versuchen finden, die mit anderen Beobachtungen derselben Reihe übereinstimmende Resultate zeigten, da dann der Hinweis auf die Notwendigkeit einer nochmaligen Kontrolle fehlte. Bei der großen Zahl gleichartiger Versuche, die noch dazu an mehreren Personen ausgeführt sind, steht aber zu erwarten, daß durch derartige Rechenfehler, die mit Nachsicht beurteilt werden mögen, an den Gesamt- resultaten nichts geändert werde. 1 Während der Drucklegung dieser Abhandlung erschien eine Publikation von Fuchs und Daimler (Sitzungsb. der physik.- medizinischen Sozietät in Erlangen, Bd. 41), die hier noch nicht berücksichtigt werden konnte. Gelegenheit zu einer Diskussion über die Beobachtungen der beiden Autoren dürfte sich bei der Besprechung der Resultate ergeben, die inzwischen auf dem Pic von Teneriffa gewonnen wurden anläßlich der Arbeiten, welche daselbst die internationale Kommission für Hochgebirgsforschung ausführte, der auch Zuntz und Durig angehörten. An dieser Stelle möge es genügen, darauf hinzuweisen, daß die mühevollen Untersuchungen von Fuchs und Daimler, die erwünschte, wertvolle Ergänzungen zu der Frage nach dem Gaswechsel im Höhenklima hätten erbringen können, bedauerlicher Weise zu einem guten Teile nicht als einwandsfrei bezeichnet werden können. Es wird nötig sein, gegen die experimentelle Methodik der beiden Autoren Bedenken zu erheben, auf Grund derer sich manche Unstimmigkeit bei den Doppelversuchen wie mancher Widerspruch gegen physiologische Tatsachen erklären lassen wird. 440 A. Durig, Ergebnisse. Die Bestimmungen der Atemfrequenzen in Körperruhe während eines lange dau- ernden Respirationsversuches dürfen bei richtiger Ausführung als einwandfrei angesehen werden; im Arbeitsversuch ist die Möglichkeit einer wesentlichen Änderung der Atmungs- frequenz durch eine beeinträchtigende Wirkung der Versuchsanordnung unbedingt einzu- räumen. Der Einfluß der Jahreszeit auf die Atemfrequenz war kein entscheidender. Drei Ver- suchspersonen atmeten in der wärmeren Jahreszeit frequenter, eine wies in der kalten Jahres- zeit die größere Zahl von Atemzügen pro Minute auf. Das Höhenklima war bei den bisher untersuchten Personen von verschiedenem Ein- fluß auf die Atemfrequenz. Es gibt Personen, bei denen in einer Höhenstation eine Vermehrung der Zahl der Atemzüge pro Minute auftritt — zu diesen gehören sämtliche Teilnehmer an der Expedition des Jahres 1906 —, aber auch Personen, bei denen die Atemfrequenz selbst in 4560 m Höhe konstant blieb oder sogar vermindert wurde. Nicht einmal ein und dieselbe Person ver- hält sich bei wiederholtem Höhenaufenthalt in gleicher Weise. Es besteht demnach keine gesetzmäßig sich geltend machende Einwirkung des Höhenklimas auf die Atemfrequenz in Höhen, die 4560 m nicht übersteigen. Bei einzelnen Personen, die auf dem Monte Rosa eine Erhöhung der Atemfrequenz gezeigt hatten, wurde im Verlaufe eines längeren Aufenthaltes eine vielleicht im Sinne einer Anpassung zu deutende Verminderung der Atemfrequenz beobachtet. Die Annahme, daß im Höhenklima ein periodischer, nach einer gewissen Gesetzmäßig- keit sich vollziehender Wechsel der Atemfregenz auftritt oder daß ein solcher im Hoch- gebirge deutlicher ausgesprochen ist als in der Ebene, ist nicht erwiesen. Keinesfalls tritt ein solcher in Höhen bis 4500 m bei allen Personen auf. Im GefolgeeinesvorangegangenenHöhenaufenthalteserniedrigtesich beieinem Teil der Versuchspersonen die Atemfrequenz, bei anderen wurden gleichhohe oder sogar höhere Werte beobachtet, als sie der betreffenden Talstation entsprechen. In dem unter ganz gleichen Temperaturverhältnissen ausgeführten Versuche auf dem Semmering und in Wien fand bei beiden Versuchspersonen nach der Rückkehr in die Ebene eine Abnahme der Atem- frequenz unter die dem Wiener Normalwert ensprechende Frequenz statt. Nach den bisher vorliegenden Resultaten ist der Einfluß der Arbeit auf die Respirations- frequenz ein verschiedener je nach der Art der Arbeit, nach der Höhe, in der diese geleistet wird, und nach dem subjektiven Verhalten der Versuchsperson. Es gibt Personen, die bei Hantel- übungen keine Erhöhung der Atemfrequenz aufweisen; bei der Mehrzahl der Untersuchten war die Atmung nach einer Arbeit im Höhenklima stärker beschleunigt als in der Ebene, ins- besondere wenn sich die Versuchsperson nicht vollkommen wohl befand. Beim Horizontalmarsch trat bei den bisher untersuchten Leuten in Höhen bis zu 3000 keine größere Steigerung der Atemfrequenz auf als in der Ebene, dagegen war in 4560 m Höhe die Zahl der Atemzüge in allen Fällen wesentlich erhöht. Ungefähr dasselbe Verhalten wurde beim Marsch auf ansteigender Bahn ermittelt. Die Meereshöhe, in der bei einer Person bereits eine ausgiebigere Vermehrung der Atemzüge gegenüber einem Marsch mit gleicher Leistung in der Ebene eintritt, ist individuell verschieden. Im allgemeinen Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. dürfte bei jenen Personen, die in der Ebene relativ langsam, aber mit großer Tiefe atmen, die Frequenzsteigerung früher eintreten als bei jenen, die in der Ebene eine hohe Atemirequenz bei der Arbeit aufweisen. Zwischen der Umgebungstemperatur und der Größe der Atemtiefe in Körperruhe war ein Zusammenhang in unseren Versuchen nicht nachzuweisen. Das Verhalten der einzelnen Versuchspersonen im Höhenklima war in bezug auf die Atemtiefe ein individuell verschiedenes. In der Capanna Margherita bildete sich bei uns im Laufe des Aufenthaltes eine etwas größere Vertiefung der Atmung aus, die als eine zweck- mäßige Anpassung gedeutet werden kann. Bei den Marschversuchen war die Atemtiefe in den Höhenstationen in unseren Versuchen gleich oder geringer als bei jenen in der Ebene. Das pro Minute geatmete Volum ist bei manchen Menschen bereits in 10007 Höhe gesteigert, bei anderen fehlte jedoch diese Vergrößerung oder es trat sogar eine Abnahme der Minutenventilation ein. In einer Höhe von rund 3000 m war erst bei der Hälfte der Ver- suchspersonen in Körperruhe das Minutenvolum erhöht, wogegen eine ausgesprochene Stei- gerung desselben in allen einwandfreien Beobachtungen auf dem Monte-Rosa-Gipfel (4560 m) festgestellt wurde. Bei einzelnen Personen, so bei Durig und Reichel, wurde der Druckabfall durch Steigerung der Ventilation im Hochgebirge insofern kompensiert, als die Größe des »reduzierten Minutenvolums« bei ihnen im Hochgebirge dieselbe war wie in der Ebene. Bei anderen Personen überstieg das reduzierte Minutenvolum den Wert aus der Ebene, bei der Mehrzahl war es aber trotz Steigerung des beobachteten Minutenvolums vermindert. Das Aus- maß der Verminderung ist ebenfalls individuellen Schwankungen unterworfen. Die Umgebungstemperatur (Sommer und Winter) hatte keinen gesetzmäßigen Ein- fluß auf die Höhe der Ventilation pro Minute. Die Wirkung eines vorangegangenen Aul- enthaltes in sehr großer Höhe auf das Minutenvolum war bei den einzelnen Versuchs- personen verschieden. Es sind für das Verhalten rein individuelle Unterschiede ausschlag- gebend gewesen. Eine nachhaltende Gewöhnung an den Einfluß des Höhenklimas, die in einer all- mählich sich ausbildenden, gesetzmäßigen Veränderung des Minutenvolums zum Ausdruck kommen sollte, fand bei keiner der untersuchten Personen statt. Es ist kein Beweis dafür erbracht, daß an das Hochgebirge durch wiederholten Aufenthalt gewöhnte Personen sich anders verhalten als ungewöhnte. Auch während lange dauernden Aufenthalts auf dem Monte-Rosa-Gipfel fand keine Änderung im Sinne einer gesetzmäßigen Anpassung an das Höhenklima statt. Es bestand keineswegs eine einheitliche Tendenz nach einer Zu- oder Abnahme der geatmeten Volumina. Es konnte keinerlei Einfluß des Befindens der ruhenden Versuchsperson auf das Atem- volum nachgewiesen werden. Weder bestehende Bergkrankheit noch Muskeltraining haben eine Verschiebung des Minutenvolums auf dem Monte Rosa herbeigeführt. Dieses stellte sich je nach der Empfindlichkeit der Versuchsperson für die klimatischen Reize auf eine gewisse größere Höhe ein, um die es bei uns nur unwesentlich schwankte. Es ist anzunehmen, daß außer den auf das Atemzentrum wirkenden Reizen im Hoch- gebirge sich noch andere, derzeit nicht sicher erkennbare Einflüsse (zum Beispiel Wirkung der ultravioletten Strahlen u. a.) geltend machen, die eine Steigerung der Ventilation auf reflek- torischem Wege, besonders bei den ans Hochgebirge nicht Gewöhnten herbeiführen können. Die Annahme einer Luxusatmung ist auf Grund der bisher im Höhenklima über die Atmung gemachten Erfahrungen nicht allgemein berechtigt, es zeigt sich im Gegenteil, daß 441 A. Durig, manche Personen ganz ausgesprochen an der Ventilation gleichgroßer Luftmengen wie in der Ebene auch dann festhalten, wenn der Lufidruck bis nahezu auf die Hälfte einer Atmosphäre absinkt. Bei Leistung gleichgroßer Arbeit ‘war die Ventilation in den Höhenstationen eine größere als in der Ebene. Das für die Leistung von Imkg Steigarbeit geatmete, reduzierte Volum stellte sich aber bei den meisten Personen auf dieselbe Höhe wie in der Ebene ein, obwohl die beobachteten Minutenvolumina dabei auf das Doppelte des Wertes aus der Ebene steigen mußten. Bei der Mehrzahl der bisher untersuchten Personen war die Vitalkapazität im Höhenklima vermindert. Ein Einfluß der Temperatur auf-.die Größe der Vitalkapazität konnte nicht nachgewiesen werden. Eine Veränderung der Vitalkapazität in Form einer Anpassung an die Verhältnisse im Höhenklima fand bei uns nicht statt. Die Größe der Vitalkapazität blieb vor und nach dem Trainieren unter ganz verschiedenen Temperaturverhältnissen und selbst nach dem einen Monat dauernden Aufenthalt auf dem Gipfel unverändert und in gleichem Ausmaße gegenüber der Ebene vermindert. Im Hocken war die Vitalkapazität größer als im Liegen, im Stehen größer als im Hocken. | Es läßt sich kein Zusammenhang zwischen der Größe der Vitalkapazität und der Leistungsfähigkeit einer Versuchsperson oder deren Neigung zur Bergkrankheit nach- weisen. Übereinstimmend mit unseren älteren Beobachtungen (denen von Zuntz und dessen Schule) wie mit den seither veröffentlichten Untersuchungen von Haldane und dessen Mit- arbeitern, wurde auch in unseren neuen Versuchen in der Ebene eine alveolare Sauer- stoffspannung von im Mittel I0Oo mmHg und eine Kohlensäurespannung von sommHg gefunden. Die von Boycott und Haldane beobachtete Erscheinung, daß die alveolare Kohlen- säuretension in der kalten Jahreszeit einem höheren Wert zustrebt, fand in unseren Versuchen eine Bestätigung. Nicht nur die Kohlensäuretension, sondern auch die Sauerstoff- tension warim Wintereine höhere alsim Sommer. Die Größe der Verschiebung der Werte ist so gering, daß sie keinen wesentlichen Einfluß auf die Höhe der Tension im Hoch- gebirge ausübt. Die alveolare Kohlensäure und Sauerstofftension sinkt beim Vordringen in größere Höhe mit der Abnahme des Barometerstandes ab. Diese Abnahme war schon in 1000 m Höhe (Semmering) deutlich ausgesprochen. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß berggewöhnte Menschensich in bezug auf die Gasspannungen in der Lunge im Höhen- klima anders verhalten als ungewöhnte. Eine gesetzmäßige Anpassung der Gasspannungen in der Lunge bei längerem Aufenthalt im Höhenklima konnte nicht nachgewiesen werden. Die Werte, bis zu denen die alveolare Kohlensäuretension auf dem Monte Rosa absank, liegen bei uns nahe an 20mm Hg, sie sind niederer als jene der englischen Autoren (28 bis 34 m) und es ist erst zu entscheiden ob die Ursache hievon in der Verwendung einer verschiedenen Methodik der Bestimmung der alveolaren Tension gesucht werden kann oder ob es sich um tatsächliche, so weitgehende individuelle Unterschiede handelt. Direkte Vergleiche der Sauerstofftension unter Verwendung beider Versuchsmethoden bei der Untersuchung einer Person werden hiezu eine wertvolle Ergänzung liefern. Die alveolare Sauerstofftension sank auf dem Monte Rosa auf rund 50 bis 60 mm Hg ab. Ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Bergkrankheit oder der Leistungsfähigkeit und der Höhe der alveolaren Kohlensäurespannung im Sinne Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. der Akapnietheorie bestand nicht; ebensowenig ist eine Abhängigkeit des Befindens von den geringen, bei den einzelnen Versuchspersonen beobachteten Unterschieden in der alveolaren Sauerstofftension zu erweisen gewesen. Im Anschlusse an vorhergehende Anstrengungen lag bei uns die Kohlensäure- tension niederer, die Sauerstofftension blieb unverändert. Im Hocken stieg die alveolare Sauerstofftension stark an und sank die Kohlen- säuretension ab. Die Ursache hiefür kann möglicherweise in einem Auftreten erhöhten Sauer- stoffmangels infolge Verringerung der atmenden Lungenoberfläche gesucht werden. Die Änderungen in der prozentischen Zusammensetzung der Lungenluft in Körperruhe waren im Hochgebirge auffallend gering. Die Prozentzahlen für den Kohlen- säuregehalt zeigen eine steigende, jene für den Sauerstoffgehalt eine sinkende Tendenz. Das pro Millimeter Kohlensäure- und Sauerstoffspannung pro Minute geat- mete Volum stieg bei uns in Körperruhe stetig mit dem Vordringen in größere Höhen an, die Zunahme war bereits auf dem Semmering ausgesprochen. Der Abstieg aus der Hochregion ins Tal war bei uns von keiner gleichartigen Ver- änderung der Alveolartension begleitet; ein Konstantbleiben der Kohlensäuretension auf der auf Höhe des auf dem Monte Rosa beobachteten Wertes, wie dies Ward in Zermatt fand, trat bei uns nicht ein. Die Kohlensäure- und Sauerstofftension stieg bei uns in der Höhenlage von Alagna nach der Rückkehr vom Monte Rosa zu ganz entsprechenden Größen an. Ebensowenig beobachteten wir nach dem Abstieg eine gesetzmäßige Vermehrung der Sauerstofftension über ein normales Ausmaß. Die alveolare Sauerstofftension stieg während der Arbeitsversuche bei den Teil- nehmern an der Expedition des Jahres 1901 und ebenso bei Zuntz im Jahre 1903 gegenüber den Ruheversuchen an, es wurde also von diesen bei der Arbeit überventiliert. Bei Durig im Jahre 1903 und 1905 wie bei allen im Jahre 1906 untersuchten Versuchspersonen sank die alveolare Sauerstoffspannung ab oder blieb konstant. Trotz niederer Sauerstoffspan- nung war bei ihnen die Arbeitsleistung eine ungleich größere. Eine größere Höhe der alveo- laren Sauerstofftension, die hier vielleicht als Folge ungenügender Blutversorgung der Muskeln oder des Gehirns zu deuten ist, kann daher als kein Kriterium für eine größere Leistungsfähigkeit angesehen werden. Es ist wahrscheinlich, daß bei jenen Personen, die in der Höhe des Monte Rosa bei der Arbeit noch keine Überventilation zeigten, eine solche bei der Arbeit in noch größerer Höhe auftreten werde. :Das Training hatte keinen Einfluß auf die Höhe der Sauerstofftension, diese stellte sich in derselben Höhe immer wieder auf den nämlichen Wert ein. Auch im Arbeitsversuch konnte an der bergkranken Versuchsperson keinerlei ab- weichendes Verhalten in Bezug auf die Gasspannungen in der Lunge beobachtet werden. Die pro Millimeter Kohlensäure- oder Sauerstoffspannung pro Minute ventilierte Gasmenge stieg mit dem Vordringen in größere Höhen auch bei der Arbeit an, und zwar um so mehr, je weiter der Luftdruck absank. Die prozentuelle Zusammensetzung der Lungenluft blieb bei Reichel selbst bei der Arbeit auf dem Monte Rosa fast ganz dieselbe wie in der Ebene; wesentlichere Unterschiede in der Zusammensetzung wies nur eine der vier Versuchspersonen (Rainer) auf. Bei bestehendem Unwohlsein können sogar beim Marschieren in der Ebene so niedrige Sauerstoffspannungen in der Lunge auftreten, daß die Bedingungen für die Sauerstoffver- sorgung noch ungünstiger werden als in eine Höhe. von 4560 m. Dies gibt einen Hinweis auf die Möglichkeit des Auftretens von Bergkrankheit bei Marschleistungen in geringen Höhen auf Grund ausgesprochenen Sauerstoffmangels. 448 Brei A. Durig, Die Entscheidung über die Art, in der besonders bei großem Sauerstoffbedarf im Hoch- gebirge die Deckung des Sauerstofferfordernisses stattfindet, stößt auf Schwierig- keiten, wenn man so geringe Werte für die Diffusion des Sauerstoffes durch die Lungenwand annimmt, wie dies Bohr tat. Es reicht nicht nur die ursprünglich von Bohr angenommene Difussionsgeschwindigkeit bei den gegebenen Druckdifferenzen zwischen der Alveolarluft und den Gasen des venösen Blutes nicht aus, um den Übertritt hinreichender Sauerstoffmengen zu erklären, sondern es kann sogar auf Grund der von Bohr neuerdings aufgestellten Annahme vermehrten Gasdurchtrittes durch die Lungenwand infolge einer Steigerung der Druckdifferenz zwischen Blut- und Lungengasen gegebenen Falles kein Auslangen gefunden werden. Es ist daher nötig, zur Erklärung der tatsächlichen Bedeckung des Sauerstoffbedarfes auf noch höhere Diffusionsgeschwindigkeiten — etwa wie sie Zuntz und Loewy experimentell nach- wiesen — zurückzugreifen. Das pro Kubikzentimeter Sauerstoffbedarf von uns geatmete (reduzierte) Volum war in der Ebene wie im Hochgebirge bei der Arbeit das nämliche, der Druckabfall wurde von uns insofern im Hochgebirge kompensiert, als das Atemvolumin dem Ausmaße gesteigert wurde, daß selbst auf dem Monte Rosa ebenso wie in Wien pro Kubikzentimeter Sauer- stoffbedarf 16 bis 13cm? Luft (reduziert) geatmet wurden. In diesem Verhalten liegt ein Hinweis auf die Reize, die bei Muskelarbeit und im Hochgebirge, also bei erhöhtem Sauer- stoffverbrauch oder vermindertem Sauerstoffanbot auf das Atemzentrum erregend einwirken. Wenn auch am Schlusse dieses Abschnittes angegeben werden soll, welche Beobach- tungen über das Verhalten der Atemmechanik weiterhin erforderlich sein werden, so kann fest- gestellt werden, daß bei dem ausgesprochenen Vorwiegen individuell verschiedener Verhält- nisse bei der Regelung der Atemmechanik im Hochgebirge jeder neue Beitrag, der eine Ver- mehrung des bekannten Tatsachenmaterials beibringt, erwünscht sein muß. Es sei deshalb nur auf einige Punkte hingewiesen, die besonders dringend weiteren Aus- baues bedürfen. Die Form und der zeitliche Ablauf der Atembewegungen ist im Hochgebirge besonders unter dem Einflusse wechselnder Umgebungstemperatur, ferner unter dem Einflusse der Muskel- arbeit, sowie nach vorangegangener Muskelarbeit zu untersuchen. Die Geschwindigkeit des Exspirationsstromes wurde im Hochgebirge noch nicht unter- sucht. Die Beobachtungen über den Einfluß der Temperatur auf Atemfrequenz und Atemtiefe bedürfen einer Ergänzung. Die Untersuchungen über die Atemmechanik aus Höhen unter 2000 z sind noch voll- ständig unzulänglich und sollten im Hinblick auf die Sanatoriumbehandlung im Höhenklima und auf das Verhalten kranker Personen aufgenommen werden. Die Versuche über die Größe der Vitalkapazität im Hochgebirge bedürfen noch eines weiteren Ausbaues. Die Unterschiede in der Höhe der alveolaren Kohlensäurespannung, die sich auf Grund der mit verschiedener Methodik ausgeführten Untersuchungen hierüber im Hochgebirge ergaben, müssen unter Nachprüfung der Methodik aufgeklärt werden. Es ist festzustellen, ob es Personen gibt, die eine Änderung der Atemmechanik in Höhen bis zu 3000 m aufweisen, eine solche aber beim Vordringen in größere Höhe nicht mehr zeigen. Es muß nachgewiesen werden, ob es tatsächlich Personen gibt, bei denen sich beim längeren Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. ‚Aufenthalt im Hochgebirge Anpassungsvorgänge in Bezug auf Atemmechanik und Alveolar- tension ausbilden, insbesondere ist es wichtig, die Verhältnisse bei Hochlandsbewohnern (außerhalb von Europa) zu untersuchen. Der durchgreifende Unterschied im Verhalten der Lungengasspannung, der sich bei den Versuchen an den Wiener und Berliner Autoren bei der Arbeit im Hochgebirge ergab, muß in seinen Ursachen geklärt werden. Die Verhältnisse, welche bei der Deckung des Sauerstoffbedarfes im Hochgebirge bei foreierter Arbeit vorliegen, müssen einem experimentellen Studium unterworfen werden, insbe- sondere ist hiebei das Sauerstoffbindungsvermögen des Blutes ins Auge zu fassen.! Es ist wichtig, festzustellen, ob der bei uns gefundene Quotient (Ventilation pro Einheit der Verbrennungsvorgänge) eine allgemeine Gültigkeit bei der Leistung von Arbeit in ver- schiedenen Höhen besitzt. Bei allen künftigen Arbeiten wird man sich stets vor Augen halten müssen, daß die Auf- stellung einer Gesetzmäßigkeit viel einfacher auszuführen ist als der Nachweis für deren tatsächliches Bestehen. Dies ist wohl auch die Ursache, daß in den voranstehenden Abschnitten zahlreichere »Gesetzmäßigkeiten«, die von den verschiedensten Autoren angenommen wurden, als individuell recht schwankende Erscheinungen gekennzeichnet wurden und dem gegenüber viel weniger neue Gesetzmäßigkeiten aufgebaut wurden. Dies dürfte aber keinen Schaden bedeuten, denn ein Fortschritt ist wohl nicht auf Grund unerwiesener Hypothesen, sondern nur auf Grund bewiesener Tatsachen zu erwarten, sei es auch daß wir deren Kausalität derzeit nicht zu erkennen vermögen. 1 Diese Versuche sind inzwischen während unserer Teneriffaexpedition von Barcroft durchgeführt worden. Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXV]. 60 445 446 A. Durig, General- Durig. Verhalten der Atemmechanik und der a b c [7 e HF E h : Zusammensetzung der Barometer- ee Zahl der Volum eins Exspirationsluft in Prozenten Tag Nr. stand RA Atemzüge Atemzuges iter : mm Hg pro Minute pro Minute cm? CO, 0, Wien, TO JE 0, 31 745-6 6-54 13-5 486-3 2-98 17-44 32 745'6 6°60 13-2 499° 3 3°16 17-29 1 a OD 5 oo 33 7434 6-42 12°6 olt-1 3.04 1750 34 7434 6:66 13°1 508.0 303 1746 12, N: 35 7448 6°59 13=5 489°6 3:05 1738 36 7448 6°33 12-8 482°2 300 17°45 Mittel. . 7446 6:52 13-1 496 0 3:04 17:42 Wien, SmlAnnersell)0 re 229 7924 3.89 10°5 561°0 324 1727 230 752.4 974 10°8 531°8 3.56 1680 231 752°4 6°13 3 5427 3.04 17:34 Ol annerello Orr 235 750*3 560 10°0 560.0 3.832 17-01 236 7503 5.80 OS Il 9742 3:18 1713 237 750° 3 5-94 10-1 588-4 31a 17°183 Mittel. . 751'3 85 10-4 5996 3:24 17-11 Wien, 2 Merz NO 5 06 403 749°7 6°38 11°0 880°3 3.40 1740 404 7497 6°20 10°2 6078 326 17-42 28 Me, 0 oa 405 749:7 6:07 11°0 951°6 3.69 17.02 406 749°7 6-18 10°1 612-1 3:28 17.40 Mittel. . 7497 6-20 10-5 5879 3.40 17-31 Wien nach oJ anneiall9 Urs: 270 7504 9:66 9-3 6086 3:50 16:94 Zu 7504 5:39 88 626°6 3'058 16:79 Mittel. . 750.4 5:50 9:0 6176 3:54 16:86 13 14 15 16 17 18 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 447 tabelle I. Gasspannungen in der Lunge bei Körperruhe. i k 2 m n [) pP q V Zusammensetzung der Alveoläre Gasspannung in Geatmet pro Minute und pro mm Gastension in reduz. Lungenluft in Prozenten mm Hg der Lunge Atem- volum co o co o pro mm CO,-Tension | pro mm Os-Tension ] 2 2 2 2 unred. cm? Luft\reduz. cm# Luft unred. cm? Luft|reduz. cm? Luft Sommer 1906. 1 458 1556 32°0 108°8 2041 188 2 60-1 93'059 5:83 2 4-79 15°40 334 1075 198-2 175°7 614 94:61 9:87 3 4-56 15°79 81°7 110°0 202° 0 179:8 984 91'85 9:70 4 4:56 19.72 81°7 1095 209-8 1864 60°8 93:99 Sr 5 467 1550 Sılı9 1082 2069 183-1 609 93:99 9:84 6 4-64 1556 314 108°6 1954 1729 98'3 9276 5:60 4:63 15:58 32-0 1087 202°7 1800 39:9 33:46 5:80 Winter 1907. | 483 1581 32°0 111°5 184*1 1732 92.8 49:64 954 8 5:10 15.04 36°3 106°1 1594 146°3 54:1 49:64 527. \ 541 15°83 38°83 1118 160°1 19172 54'6 50:56 9:66 10 4-64 15°45 32°7. 108°7 a2, 1578 So 47:48 9:16 11 4-41 1566 31°0 11072 187°0 2) 82.6 48:54 5:39 Te 4:29 15°72 30°3 110°6 196° 5 179.0 83'7 48:48 5:36 4:73 15:58 334 109-8 1764 1627 932 49:06 9:39 Frühling 1907. 13 4-69 15 69 330 110°3 193.0 1898 878 94:33 9.99 14 465 1591 32-7 il‘) 1895 1781 594 92707. 9:83 15 020) 15°45 36°6 108°6 16977. 15977 9029) 92'47 9:70 16 4:69 1586 32-9 iu 26) 187°6 1759 99'4 Saal) 9:81 4-81 15:73 338 110°5 1839 173°8 96:1 52:74 9:83 Semmering, 17 4:28 19-01 321 1092 1762 1596 51'8 46:94 8-18 18 480 15-37 33-8 108-1 159.2 145-6 49:8 45:54 4:93 4:54 15 44 32:9 105 °6 1677 1526 90:8 46:24 9:08 448 A. Durig, General- Durig. Verhalten der Atemmechanik und der a b c d e JF & | h Zusammensetzung der Barometer- NL UEn Zahl der Volum eines | Exspirationsluft in Brose Tag Nr. stand Ba Atemzüge Atemzuges iter : mmHg pro Minute pro Minute cm? CO, 0, : Semmering, 12. Jänner 1907 . 244 681°6 6-84 11°2 610°7 342 16°95 245 681°6 6-24 10°0 624 °2 3:65 16°67 248 681°6 6-47 11.0 9879 392 1700 13. Jänner 1907 . 249 678°5 680 122 597°5 333 17-17 250 678°8 7-83 12°7 9771 3.02 17°43 262 678°8 7-01 11-1 631°7 3-31 1726 14. Jänner 1907 . 263 678°8 689 126 5469 3°25 1726 Mittel . 679:9 6:79 11°5 5908 3:39 17.10 Alagna, 9. September 1906 . 2164 6604 9°83 802 589.4 3:69 16°70 2165 6604 973 80 591-1 368 16-60 6. September 1906. 217a 6608 6.47 ST 6668 343 17.065 217b 660:8 6-14 9-4 653 °7 3:46 16-81 8. September 1906 . 226 6626 7.00 9.0 KaR>® 3-46 zei Mittel von 216a u.D. 660.4 9:78 s1 9900 3:68 16:65 Mittel aller übrigen . 6614 6:53 9-4 699-4 3:45 16:99 Monte Rosa, 9. August 1906 107 438°5 10.64 17°2 618°7 366 16°38 108 438°5 9-86 16°2 6148 3.54 1624 11. August 1906 115 436°6 10°00 16°0 625-1 3°67 16°01 116 4366 9.98 15°8 625°5 3:99 1608 13. August 1906 126 4396 9-95 14°0 710°2 4-01 16°32 127 4396 9-69 147 656°5 3°85 16°12 Mittel . 4382 10.01 15°6 641°8 378 16:19 Monte 31. August 1906 180 431'2 10-43 14°0 745°1 4-04 16:20 181 431°2 9-49 13°2 702°8 433 15°73 1. September 1906 . 188 433'9 10:06 13°6 739-8 4-01 16:18 189 4339 9-16 14-5 613°8 4:30 15:83 Mittel . 4327 9:78 13:8 2004 4:17 15:98 SI FRI TEENS I SCH hd ES) 10 11 tabelle II. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. Gasspannungen in der Lunge bei Körperruhe. 449 i | k 2 | m 7) o p q V Zusammensetzung der Alveoläre Gasspannung in Geatmet pro Minute und pro mm Gastension in Reduz. Lungenluft in Prozenten mm Hg der Lunge Atem- volum co o co | o pro mm CO,-Tension pro mm O,-Tension ] 2 2 2 2 unred. cm? Luft|reduz. cm®Luft\unred. cm Luft|reduz. cm? Luft Winter. 4:63 15:54 29-4 98°6 2325 seat 69°3 54:00 5.81 4-91 15°19 31-2 96.4 200°3 1769 64:7 Dale, 533 4:84 15°53 30°7 98-5 210°6 187 1 65°6 5827 Doll 4:67 15°65 I 99-4 229-3 1938 68 4 51:82 5°75 4:17 15°97 27°0 100°9 278°0 248°3 719 59:84 6:19 Asa 16°02 28°0 101.2 250°0 211°3 69:3 58-51 5:92 459 1574 29-0 99-5 237°3 1961 69:2 DEMO 5°83 4:60 15°66 29-2 99-2 2340 199.2 68°3 57:74 9:79 Sommer 5°07 1512 anal 93-1 1549 1462 51°8 48:98 4:56 5-04 1499 31°07 92°2 152-3 1440 Hulaz2) 48:45 4-47 4-51 15.84 PTsSI2; 97.22 2285 186 9 65.1 5325 518 458 15°46 28:14 95°0 218-3 170°9 64:6 5051 4:80 435 16°13 26°83 99-3 260°8 205°3 70:5 5545 Duo 5°06 15:05 31:14 92:7 153°6 1451 o1'5 48:71 4:51 4-46 15:61 2756 97-2 235°8 194 4 66:7 53:07 916 Sommer 4:96 14:80 19-35 98°0 5501 3059 1835 10209 5. 92 4-80 1464 18-80 57°8 524°5 293221 171-9 95:68 5:49 493 14°85 1924 57°2 519-9 291-7 ad 96:86 5.61 5'836 1492 2090 98.2 472-9 2660 1698 99,52 5'056 5-10 1477 19-61 58°6 495°6 Zr als 93-7 5.44 5°09 14:08 20°00 Do=2 4826 A) 1748 93-29 Dllo 5:04 14:67 19:65 97°5 307 °6 280:7 174:0 96:19 8'585 Rosa. 5-14 14°90 19-75 57°3 5283 284°6 182.0 98:04 5.62 SR) 1468 22.28 56°6 425°8 2311 168°0 91722 Hl) Sa 14'87 19:82 57'6 5078 2845 1747 95:68 551 Dal 14:33 22-14 55'4 413°8 LE 1653 9086 5:04 5.44 14:69 20:99 56°7 4689 2569 1725 93:95 5:22 50 A. Durig, General- Durig. Verhalten der Atemmechanik und der a b c d e if g h Ntiemvölumen } Zusammensetzung der Barometer- a Zahl der Volum eines | Exspirationsluft in Prozenten ulware; Nr. stand ee Atemzüge Atemzuges iter 5 mm Hg pro Minute | P! Minute cm? CO, 0, Monte Rosa 16. August 1906 134 4375 10-71 163 657:0 3:78 16:36 135 4375 10-45 16-0 653° 1 3-65 16-48 20. August 1906 142 432-0 10-50 16-0 656-3 3:73 16-33 143 432-0 10:05 16 0 628: 1 3:78 16:23 Mittel . 434 :7 10:42 16:1 648°6 3:73 16:35 Monte Rosa 2. September 1906 . 191 4325 Si 14:0 697 °9 4:10 15:92 192 4325 ee 15°6 oT, 4-43 16:49 193 4325 11:89 15'6 720'6 4-49 16-45 194 4325 10°37 15°0 691°4 4:28 1651 195 4325 10 13 16°1 629-3 4:34 16:19 196 432°5 9-11 143 6371 4:88 15:94 197 4325 10:34 14:0 587°5 3:93 16:24 Mittel . 432-5 10.32 15:0 662:9 4:15 16°25 Monte Rosa 3. September 1906 . 202 432°] 9:98 18:1 8514 3'98 1630 203 4321 10:91 18°5 589-7 4:17 16:48 204 4321 10:97 18°3 999-7 4.40 16-52 205 4321 10:30 15°6 660.4 4:86 1644 206 4321 9-59 16°0 599-1 4:55 16:23 207 432-1 927. Nosa7 990:3 4:04 16:16 Mittel . 4321 10:17 17:0 9934 4:21 16:35 Monte Rosa 2. September 1906 198 4321 13:80 207 666 :7 3:80 17:01 200 4321 11:67 2‘ 999.7 3:67 16:92 201 4321 14:62 Dale 676:9 3:33 Uakı Mittel . 4321 13:36 21:1 6331 3:60 12:03 BR wm8 [oil der EI a Ed Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. tabelle III. Gasspannungen in der Lunge bei Körperruhe. =» 8 18 19 20 i | k I | m n ) | p q V Zusammensetzung der Alveoläre Gasspannung in Geatmet pro Minute und pro mm Gastension in Reduz Lungenluft in Prozenten mm Hg der Lunge Atem- volum Co, | 0, Co, | Ö, pro mm CO,-Tension pro mm O,-Tension 1 ü 5 | 2 unred.cm3Luft|reduz. cm3 Luft\unred. cm’ Luft|reduz. cm3 Luft nach Märschen. 4:98 14:88 19-49 58'2 5382 316°6 1842 10618 Ol 4:83 15:04 18:90 58°7 5530 3106 1778 99:85 5:87 4:93 14:84 19-01 972 5524 3072 183°5 10208 9:84 5:07 1463 19259 564 5130 2860 1783 99:16 959 4:95 14:85 19:23 97:6 5391 3051 180.9 101:81 9:87 Zucker-Versuche. 5:29 14:31 19:96 55'2 461°4 2292 167 '2 90:88 502 570 15°21 22:01 987 5080 271°9 1905 97:37 9:89 9°77 15°17 22327 58°5 933.9 ZaE9 203-1 11104 6:50 59°97 14:66 2101 56°7 4936 270-1 1829 10010 568 5:82 1457 22-45 56°2 4512 2470 1802 98:63 5'095 9'85 14:27 22.58 990 403°7 220-4 165°5 90:37 4:97 5-41 14:25 20:84 990 394-1 2646 188° 10271 9:69 9:63 14:63 21:59 56°5 4637 2564 1825 93:35 5:22 Zucker-Versuche. 961 1474 21611 56'8 461°8 250°7 175°6 95:33 5:42 9:73 14:82 RS DZ 4933 270:2 1909 10455 897 6:00 14:91 23:03 974 4743 2608 195° 3 10741 6:03 8'795 1500 21:18 578 464 °5 ZI 178-2 11395 5:69 5:93 14:52 22:88 509 418:9 232-1 1878 94:68 5:30 5:54 14:39 21:37 56:7 4337 238-3 163°3 89:71 5:09 5:76 14:73 22:03 56:9 4577 2582 151°8 100 :93 9:22 5-15 15:58 4:36 16:01 4:83 15:79 60-1 5866 320-9 1940 10585 6:37 61:1 8688 4728 2389 13000 7:96 60:6 7347 4003 2198 119:63 7:28 452 A. Durig, General- Durig. Verhalten der Atemmechanik und der Horizontal- a b c d e f € | h | i | [2 Atem- Zusammensetzung der volumen Zahl der |Volum eines Pro Minute | unreduz. Atamzisen| Atenzumes Exspirationsluft in | Lungenluft in Tag Nr. Meter ] 5° =, 3 Weges cm? Prozenten pro Minute Co, | O, | CO, | O5 Wien. 2. März 119002. 408 1260 35:42 24:5 14725 4:71 15.92 5:29 15:32 409 116°6 28:08 20-2 13872 4:68 15:76 5:29 15:09 410 1418 | 47:05 286 16428 4:32 16:14 4:68 15:59 411 1525 5336 28:1 18992 4:68 15°63 5:00 15'24 3. März 1907 . . 412 1023 22:96 22.3 10276 4:25 1588 4:98 14:80 414 83°8 19-28 2102 8700 4:00 15:93 4:91 14:80 415 72°83 17:78 184 9800 3:98 15:98 476 14:99 Mittel . 31:99 234 13256 4:37 15:89 4:98 15:11 Semmering, : 13. Jänner 1907 . 355 100°7 2551 19-1 13338 4'083 16:04 4:58 15:38 357 102-1 29:48 241 12220 3:52 16°65 510 15:63 358 103° 2 26:72 18°6 14333 4:58 16:30 5:04 14:59 ‚14. Jänner 1907 . 364 110°3 26°67 20°3 13140 4:79 1539 544 1459 365 1054 27:23 214 1273°7 4:37 15°80 500 1506 Mittel. . 1043 27:14 20:7 13153 4:25 16:03 5:03 15:05 11 12 tabelle IV. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. Gasspannungen in der Lunge bei der Arbeit. marschversuche. 2 m n 0 p | q 7 S t | | Alveoläre ne in Geatmet pro Eee Gastension in Pro Meter und Kilogramm BERES res Reduziertes Horizontalbewegung pro mm COs,-Tension pro mm O,-Tension Ayolumen Serlın cm? Luft unreduz. reduz. unreduz. reduz. I CO, O5 pro Minute cm? Luft unreduziert | reduziert 1 36'85 KOST 939-3 8754 Sale 3028 32:26 372 3:89 2 36°89 105°20 7243 678°2 2669 2433 2560 3 2:88 3 32:60 10866 14431 13097 4331 3930 42:79 4:36 3:96 4 34:81 10627 1932249 13984 502-4 458 48:65 4:59 4-19 5 34:72 10314 616°3 601°4 ORT 2024 2088 21290. 2-68 6 34:15 10316 5697 5 187 °0 170 17:60 3:02 2:76 7 33:20 10452 9390 4474 Os 159% 16°22 3:23 2208 34:74 105 22 9082 8322 301°9 273.0 3:57 3:26 Winter. 8 28 86 9685 8832 768'8 263°3 229: 22:19 3.32 2:76 9 3210 STR, Otayız 802.4 335°9 300° 2376 3:59 3-30 10 32:48 91-92 8228 6700 2908 236 °7 2176 3:59 295 11 34:42 92:28 7749 677°2 289-0 2528 PR Salz 2 12 31:59 95:22 864°6 7580 286°9 291.75 23:95 BR DSL 31:89 92:81 8527 7392 2931 254 1 23:39 3:86 2:93 Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXV1. 61 A. Durig, General- Durig. Verhalten der Atemmechanik und der 1 Marsch auf a b c d e f € h | Ü | k Nem: Zusaneisnsc zung der art | Volumen Zahl der |Volum eines ne unreduz. . Exspirationsluft in | Lungenluft in Tag Nr. | Pro Minute Atemzüge | Atemzuges ; mRg emB Prozenten pro Minute 16. Juni 1907 426 9294 47:23 29:0 15941 5:15 15:69 9:72 15-11 1 427 9458 51:03 26:0 19628 4:77 15:96 5:19 15°52 2 428 9184 49-14 22T, 2166 0 4:69 1597 524 15°23 3 429 943:7 48:43 23:5 2052:0 4:85 15:76 5:31 15:74 4 Mittel . 9343 48:95 29°3 1943 7 4:86 15:84 9:36 15:40 Wien, 8. Februar 1907 376 659 °4 33'597 20-1 1673'2 506 1497 5:60 14:68 5 377 634:8 34:44 18:8 18296 4:98 15'33 940 14:48 6 378 6569 36:02 148 2437 4 4:85 1545 5:19 1506 7 379 7174 3530 Seil 18452 4:87 15:30 538 14:77 8 Mittel . 666 1 34:84 18:2 19463 4:92 19:26 9:38 14:74 - Monte 29. August 1906 155 530°0 5885 32-1 18328 912 15:31 5:60 14:66 9 156 5023 9314 31°5 16878 501 15°07 5:50 ° 14:46 10 30. August 1906 161 5284 59:29 31'3 1766 °6 940 1523 594 14683 11 162 5359 54:86 34:0 16131 546 1520 6:06 14:59 12 Mittel . 5241 59'583 32:2 17251 5:24 15:20 9:78 14:58 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 459 tabelle IV (Fortsetzung). Gasspannungen in der Lunge bei der Arbeit. ansteigender Bahn. I m n | 0 | p q iR s i Alveoläre Gasspannung in Geatmet pro Minute und Millimeter Gastension in mmHg der Lunge E53 Pro Meterkilogramm = Reduziertes REES Steigarbeit geatmet romm CO,-Tension | pro mm O,-Tension Aamyalumen p 2 | 2 cm? Luft unreduz. reduz. | unreduz. | reduz. I CO, 0, : pro Minute | cm? Luft unreduziert | reduziert Sommer. 1 39:50 10423 11704 10704 4436 4056 42:28 49:7 45°5 2 35'83 10708 14241 12696 476°5 4249 45:49 54:0 481 3 36:14 105° 10 13599 121178 4676 4166 43:79 54:8 47°7 4 36'695 10858 13216 lTS®) 4460 406° 3 43:09 51'8 46:1 37:03 106 29 13190 1181:9 45:84 413°3 43:66 92:0 4:68 Winter. 5 3865 101:38 876°8 8432 3312 821-5 32:09 Hi 49:7 6 37:32 102° 17 922-7 8982 3370 3272 33:44 543 92:7. 7 35'85 104083 10048 9742 3462 3301 34:92 548 53°2 8 36 84 10438 958" 2 9284 338-1 327:9 34:20 492 47°7 37:16 102:99 9406 9110 3331 3279 33:78 52-4 50:8 9 2237 Sere7 2631°4 15164 egal 5400 33:14 1060 62:5 10 22:64 59-01 23474 13455 9003 496° 3 29:83 1058 99:83 11 24:26 99:78 2ZEIIO 12678 E22 5146 30°76 1046 58°2 12 2475 59:49 2217-0 12293 922-3 114 30:42 1024 56 7 23:50 99:56 23637 13397 9322 5155 31:03 1042 59:0 61# 406 A. Durig, General- Verhalten der Atemmechanik und der b Atemvolumen eat ha Zusammensetzung der Barometer- Ar Zahl der Volum eines | Exspirationsluft in Prozenten are; Nr. stand Ba Atemzüge Atemzuges iter Be mm Hg ProNiaute pro Minute cm3 co, | 0, Wien, 7. Juni 1906 1 7417 6°15 le) 599-1 348 16:78 2 741°7 6°57 12172 998°5 317 16°95 3 7417 6°41 120 5842 3-29 16°82 4 741'7 6°15 12:5 4920 3'352 16°72 9 741°7 630 12:0 5250 3'28 16°85 8. Juni 1906 6 7445 7.00 13:0 5385 3:28 16°95 m 744°5 6°57 12772 9389 3'383 16°78 8 7445 6°80 123 9928 323 16°96 9 7445 6°39 12:0 5325 3:42 16°70 10 7445 6-82 107 582-9 323 1692 Mittel . 7430 6:51 12:0 539.4 3:30 16-84 Wien, 1. März 1907 . 388 751°9 "52 170 4423 3°06 17836 389 7518 "37 140 526° 2 324 17°21 390 19125 wen A21eE7, 9948 3'283 17-24 392 751°5 705 130 5423 3"25 17:08 394 Lo ©) 7.20 132 9930 3°18 In2t Mittel . 751'5 7-19 13:9 923°7 3:19 17:22 ; Alagna 6. September 1906 . 213 660°8 8:06 21°6 4076 3.14 17°57 214 6608 9720 212 4441 302 1765 215 660°8 8:50 21°0 4048 801 1753 223 6626 8:85 250 3940 314 1757 9. September 1906 . 224 6626 8:06 . 19:0 424'2 3°16 17°33 225 662'6 825 1927 418°7 3'183 17:40 Mittel . 661°7 8:57 21:2 4089 3:10 17:50 AO Lo EIE He re EI A - oO 11 12 13 14 15 oe oo na U m 0m DD mi m oO 16 17 18 19 20 21 tabelle V. Ergebnisse der Monte Rosa- Expedition. Gasspannungen in der Lunge bei Körperruhe. 457 k | m N o | pP q Zusammensetzung der Alveoläre Gasspannung in Geatmet pro Minute und pro mm Gastension in reduz. Lungenluft in Prozenten mm Hg der Lunge Atem- volum co 0 co | o pro mm COs-Tension pro mm O,-Tension 1 2 2 2 2 | | unred.cm®Luftlreduz. cms Luft|unred. cm>Luft\reduz. cm>Luft Sommer. 4-87 oa 33:12 1050 1357 172-0 9850 93:98 567 451 15°27 31'37 1061 209°6 193:2 61-92 Sa 6°06 4-70 15:06 3269 1047 196-4 1810 61-24 87°78 591 492 1509 34-20 102-2 179-8 160°1 6023 9962 568 4-71 1506 3280 104°7 192-1 177-2 60-19 5551 581 467 1524 3256 106°4 215°0 195°9 6083 5660 638 4-74 15:03 3306 104-9 1987 1790 6266 96:46 9.92 4-54 15:34 32-47 107° 2144 1954 63.54 57:93 6°20 4.89 1489 34-11 1039 187°3 170°0 6152 5984 580 449 1540 3136 107° 217° 1980 63-45 97:78 6-21 4:70 15:30 3286 105°3 199-6 1821 61.41 9646 3:96 Frühling. 479 15°35 3379 108°2 222°5 206°2 69-49 64-40 6°97 466 1559 3381 109-8 2245 208°2 6706 62:18 6°83 465 1631 3350 112°3 219°2 200:0 64-17 59:64 6°70 475 15°47 83°50 109-0 210°5 196-2 6465 89:97 654 4:58 15:69 33°28 1116 223°1 206°7 6508 60:29 6°67 4:68 15:68 3317 110-1 219-1 203-4 66:09 61:08 6:74 5-17 15:40 3176 94-6 269-5 212:1 9028 71:14 673 472 1580 29-00 97-1 3173 250°8 94-78 7480 726 498 15:30 30°57 94:0 278° 1 218:2 9040 70:90 6°67 473 14:80 (3530) 91'2 250°8 198°6 97.08 76:91 7.01 496 15'15 30-54 93-4 2640 2086 8636 68°25 6°37 306 15:22 3121 93:8 2643 2086 87:98 69:43 6:51 4:93 15:27 31:39 94-0 2740 2160 91.14 71:90 6:79 458 A. Durig, General- Kolmer. Verhalten der Atemmechanik und der a b © d € F £ | h N eolamen | Zusammensetzung der Barometer- BES Zahl der Volum eines | Exspirationsluft in Prozenten Tag Nr. stand BR Atemzüge Atemzuges iter : mm Hg pro Minute | P'° Minute cm3 co, | 0, | Monte 9. August 1906 101 438°5 10-03 250 4001 3:68 16-41 102 4385 9-85 24°5 4020 3.84 16°07 11. August 1906 113 4366 10°30 17749 5754 4-12 16°06 114 4366 10-08 18:4 9746 4-05 16-01 13. August 1906 120 440°2 10.83 18 °2 9951 381 16°56 121 440-2 10-61 19-1 555-5 3-72 16-36 Mittel . 433 4 10-28 20:9 517-1 3.87 1624 Monte 31. August 1906 174 444°3 92793 15°9 615°7 208 16°27 175 4443 10°40 18:3 9904 4-13 16°27 1. September 1906 . 182 443°2 11-23 21-0 9348 3°95 16°79 183 443-2 10-80 22:0 490-9 3-83 16+67 Mittel . 443°5 10:55 19:3 549.2 3:99 16-50 Monte 16. August 1906 138 4431 ‚11:68 20:0 9840 3.89 16°21 139 4431 1127 20:0 9639 3:84 16-09 20. August 1906 146 438°9 1762 22-5 516°5 3.68 16°07 147 4389 11°20 23°0 4826 3.54 16:38 Mittel . 4410 11:44 213 5366 3:73 16-18 & Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 459 tabelle VI. Gasspannungen in der Lunge bei Körperruhe. | | i | k 2 | m n | o | p q Y | Zusammensetzung der Alveoläre Gasspannung in Geatmet pro Minute und pro mm Gastension in Reduz. Lungenluft in Prozenten mm Hg der Lunge Atem- volum 0, co, co, | 0, pro mm COs-Tension pro mm O,-Tension = € 5 & unred. cm3 Luftlreduz. cm? Luft\unred. cm? Luft|reduz. cm? Luft Rosa. 1 6°13 1336 24:03 592°3 4174 238°5 19614 10950 9'783 D 638 13-15 25:00 51-5 3941 2208 19100 107.04 952 3 571 1414 2226 551 462 + 2574 18681 10392 3:73 4 9°72 13°98 22-31 54°5 451°9 250°5 18472 10286 561 5 5-21 1495 2048 588 5262 288-1 18432 10042 5:90 6 9.23 1451 2053 570 516°7 280-0 18182 10082 9:75 9:73 14-01 22:43 548 4614 2598 18746 104:09 371 Rosa. 7 5-51 1463 2120 86°3 461°8 2480 17394 93-47 926 8 581 | 1438 22°31 89°83 466 2 250°6 1838-11 101°11 559 9 3.64 15-02 2167 578 518°5 283°3 193.43 10630 6:14 10 586 15°07 2267 98°3 475°9 2638 18508 100.94 5:89 | 3.70 14:77 21:96 569 480°6 261 °4 18514 10046 9:72 Rosa. 1 948 14:43 2143 56.4 5450 305°7 20712 116° 14 655 12 536 1417 2097 594 537°6 3011 20345 11287 631 13 5°33 13-89 20-55 53°5 965°6 314°9 217°13 120°88 647 14 530 1412 20-41 54-4 5487 301°8 20393 113-18 6'16 9:37 14:15 20:84 54:9 5492 3059 20791 115°77 6:37 460 ArDWRES, Tabelle Kolmer. Verhalten der Atemmechanik und der Horizontal- a b c d e Yu £ | h | T | k | Ns Zusammensetzung der volumen Zahl der |\yolum eines Pro Minute | unreduz. IN “ Exspirationsluft in | Lungenluft in Tag Nr. Meter 1 SMZUS® | Atemzuges Ne cm? Prozenten pro Minute CO, | O, | Co, | O5 Wien. 5. März 1907 . 316 1009 40:51 62:9 6421 3830 16:94 4:40 1561 317 10572 40:50 64:3 630:2 3:70 16:79 9:03 15:38 318 100:0 43:38 671 646 °5 3:09 17:05 4,69 1541 319 1042 41:15 63°5 6478 365 16:89 4:84 15:56 6. März 1907 . 320 69:2 20-87 22:3 945°5 4:05 1592 4:88 14:90 321 624 25.26 35°83 71978 314 17:00 4:04 1586 322 670 21-31 29-8 714'6 3:78 16:05 4:87 1464 324 ‚49:2 19:06 29° 6379 3:28 17:00 4:31 15:68 Nittelege> 31:46 46:8 6975 3:54 16:70 4:63 15:38 Marsch auf | | a b © d @ F E h i | k a 2 | Atem: Zusammensetzung der S ; volumen Zahl der |Vol Timex Siegen unreduz. ee RE Exspirationsluft in Lungenluft in Tag Nr. | Pro Minute ; Atemzüge | Atemzuges mRg cm3 Prozenten pro Minute CO, (07) CO, O5 Wien, 16. Juni 1907 438 678°0 40:73 37-1 1098°9 4:36 15795 507 lol 4839 741°5 41:50 36°9 10917 4:35 15°70 5:14 14:94 440 6583 41:35 360 1148-4 4:00 16:34 4:65 15:60 441 1.602 42:78 364 11499 4:16 16:14 4:83 15-81 Mittel . 6987 41:98 36:6 11222 4:21 16:03 4:92 15:36 11 12 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 461 tabelle VII. Gasspannungen in der Lunge bei der Arbeit. marschversuch. 2 m N | 0 Pp | q V Ss i ne in Geatmet pro Minute a Gastension in Pro Meter und Kilogramm S 5 Reduziertes Horizontalbewegung pro mm COs-Tension pro mm Os,-Tension uuiumen Beach cm’? Luft unreduz. reduz. unreduz. reduz. Ü CO, O, : pro Minute | cm? Luft unreduziert | reduziert \ 1 30:16 10710 13428 1211°5 3779 3412 36:54 4:26 3:84 2 34:49 105,52 1174:0 10570 3838 346°3 36:54 4:08 3:69 3 82:19 105°78 13475 1201:3 4101 366 4 38°67 4:61 4:10 4 33:26 10678 3702 11378 389°8 3544 37:84 4:20 3:85 5 3346 102: 21 6148 5608 201°4 1851 18:92 3:15 2:90 6 27:69 108:91 912-4 8372 2319 212179 23:18 4:30 3:94 7 33:42 10045 6376 986 °8 2 195-2 19:61 3:37 3-11 8 2959 10762 644 °3 59172 Tail 12°5 17:49 4-11 Suzarl 31:78 10554 983:3 893°5 297 4 2705 28:6 4:02 3:65 ansteigender Bahn. 2 | m N | 0 p | q V Ss z Alveoläre Gasspannung in Geatmet pro Minute und Millimeter Gastension in mmHg der Lunge : Pro Meterkilogramm Reduziertes 2 : Steigarbeit geatmet ro mm CO,-Tension ro nm O,-Tension = u volumen P 2 pP 2 cm> Luft unreduz. reduz. unreduz. reduz. ! CO, 0, : pro Minute cm? Luft unreduziert | reduziert Sommer. 9 34:46 101°98 11820 10445 3994 3529 35'99 601 53:0 10 34:67 10097 11698 10551 402:0 3626 36'658 54:7 49:3 11 31:38 10531 13178 11589 3926 3542 36:45 62:8 59°8 12 33:39 10672 1282-83 11295 4008 353 °4 3771 597 92'6 3347 10374 1235 4 1097 0 3987 359°7 26:68 594 525 Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXV1. 62 462 A. Durig, Tabelle Kolmer. Verhalten der Atemmechanik und der \ Marsch auf a b c d e F € | h | i | k SE Zusammensetzung der onrharr | Volumen Zahl der |Volum eines en unreduz. Amt Exspirationsluft in | Lungenluft in Tag Nr. |proN inute ; emzüge | Atemzuges € mRg cm3 Prozenten pro Minute CO, | O, | CO, | O, Wien, 9. Februar 1907 . 380 8364 51:82 47:0 1101°6 4:38 15:65 4:78 14:75 381 820'6 50:71 41'6 10400 435 15:76 5:10 15727 382 801'9 50:60 430 1015°9 4:53 15:83 | 5:24 15212 383 675°7 42:72 33°5 11128 4:57 15:44 528 14:65 Mittel . 7837 48:96 412 1067 6 4'45 15:67 5:08 14:94 Monte 29. August 1906 149 4648 47:50 36'8 1128-2 5:18 14:91 529 1415 150 4827 49:45 36°7 11861 5:34 15:01 6:06 14:22 151 4608 46°25 35'6 1138°6 520 1481 6:00 1411 30. August. 169 59734 62-91 42:7 1311°5 508 15551 570 14:85 170 436 1 BOB 49:6 10377 4:77 15:75 551 1495 171 4794 64:39 514 10968 4:36 15:99 4:99 15:19 Mittel . 482-9 54:98 42:1 11498 4:98 15:33 9:59 14:57 10 10 tabelle VII (Fortsetzung). Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. Gasspannungen in der Lunge bei der Arbeit. ansteigender Bahn. 2 Mm N o 22 Alveoläre Gasspannung in q Geatmet pro Minute und Millimeter Gastension in mmHg der Lunge 6 Pro Meterkilogramm Reduziertes Se teigarbeit geatmet pro mm CO,-Tension pro mm O,-Tension SNemollumen 2 2 cm Luft unreduz. reduz. unreduz. reduz. I CO, O, : pro Minute cm? Luft unreduziert | reduziert Winter. 32:74 101:02 15820 15381 512°3 4985 5036 61:9 60°2 34:94 10456 1451°9 1410°8 4850 471'3 49:28 61°7 39-9 3591 10356 14092 1366 7 4898 4739 49:07 631 GlRZ2 39:79 10081 11938 1158-2 4259 4132 4145 63°2 61:2 34:84 10236 14092 13684 4783 4642 47:54 62:5 60:6 Rosa. 24:13 57:71 19683 11260 8230 470°8 DIT 102-2 Bil 24:13 54299 1899-3 1141°0 8528 486 °7 28:22 1025 584 24:48 57:58 1889 4 1075 °4 8033 4578 26'383 1004 Sl 23:28 60:67 21025 1485 0 10370 569-8 34:57 132-9 730 22-50 61:09 26390 19250 9673 561°6 34:31 1361 78'6 20:37 62:05 81610 17434 1037 8 5722" 8 3501 1343 75'8 23:15 39:51 2316 °6 13493 9202 5197 31:01 1180 667 62° 464 A. Durig, General- Rainer. Verhalten der Atemmechanik und der a b c d € f £ | h Aternvelumen j Zusammensetzung der Barometer- re Zahl der Volum eines | Exspirationsluft in Prozenten Tag Nr. stand Liter Atemzüge Atemzuges mm Hg pro Minute | P! Minute cm? Cor | 0, Wien, 11. Juni1906 . 21 741°7 6°93 16°5 4200 2.85 17-37 22 6°27 16:0 3919 2.98 17.24 23 Ka) 16°8 424 °4 2783 17.58 24 7.09 18-0 4218 264 1756 25 welt 18:2 3938 2.98 1728 12. Juni1906 . 26 742°0 6°53 16°3 4009 2-86 112) 27 6°85 16:6 412°7 2.79 1750 28 7.64 16°5 4024 2-74 17°53 29 8.43 19:6 4299 259 17°73 30 786 Ian 2 4568 2.74 1754 Mittel . 741°8 719 17:2 415-4 2-78 .17°46 Wien, 2. März 1907 394 7569 6°78 16°7 4059 291 17°64 895 6-91 NO 4266 2.95 17:68 397 6-60 15-7 420-4 2-87 17-58 398 6-89 15-8 436-1 2-90 17-62 Mittel . 7569 6:79 16:1 4222 2.90 1765 Alagna 6. September 1906 . 207 6608 7:20 122 45983 327 17:49 208 6608 7:30 17:8 4427 3:17 17:67 8. September 1906 2181 662°6 7:78 17°8 4266 317 17:52 219 6626 7:88 17:0 4235 3:09 17-32 220 6626 7:84 18°7 3904 3:08 17:36 Mittel . 6618 7:60 17:7 4273 3:16 17:47 1 Die betreffenden Versuchsnummern p. 110, Kapitel VIII [224], sind verwechselt. 10 15 16 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 46 tabelle VIII. Gasspannungen in der Lunge bei Körperruhe. Di 10 11 12 13 14 | i | k 2 | m n ) p q V Zusammensetzung der Alveoläre Gasspannung in Geatmet pro Minute und pro Millimeter Gastension in Reduz. Lungenluft in Prozenten mm Hg der Lunge Atem- volumen co | o co o pro mm CO,-Tension | pro mm Os-Tension 1 2 2 2 2 ’ - | unred.cm3 Luft|reduz. cm? Luft\unred. cm? Luft|reduz. cm’ Luft Sommer. 460 1518 32-10 105°5 216°6 193° 8 65°67 98:76 6-20 495 1469 3442 102-4 178° 1 162-7 61:25 54:71 5.60 4-39 15°55 3058 108° 1 233°6 208°7 66:10 59-92 6°37 425 15°55 29.55 107°9 239°7 218°7 67-21 98:58 632 9.02 1478 3490 1028 2094 1825 69:72 61:98 6°37 4:76 1487 3309 103°4 1978 180°3 63:20 8627 983 4:56 15°32 3169 1066 216°2 1924 64:28 97:83 6-11 4-19 15°74 29-12 1094 262-4 234:6 69:83 62:38 6-83 412 15'883 2868 LOST 294-0 261°8 76:62 68:23 7°Si 421 1572 2926 109° 2 268°5 238°9 71:93 63:98 6°99 4:51 15:32 31'352 106°5 2342 2074 67:58 60:21 6-41 Frühling. 4-80 1554 33°78 109°3 2007 185:0 62:08 88:12 635 472 15:73 3320 110°6 208°2 194-9 62:48 98:49 6°47 4:64 15-52 3238 1091 2030 189-8 60:47 56:54 6°17 4-48 1570 3148 110°4 218°8 2048 62:40 5841 6.44 4:66 15:62 32-71 109-8 207 °7 194-3 61:84 56:39 6:36 5.04 1544 29*67 94-9 242 °7 193°7 79:90 60:73 5°76 4:96 1556 3252 956 2243 175°7 76:39 59:84 9'85 507 15°55 30°10 956 258°5 2063 81:42 63:50 6:21 4:96 1542 29-04 95.0 271°3 216°6 82:94 64:70 629 9'22 1488 3067 938 255'6 203°8 83:51 66 41 6°25 5:05 15:37 30:40 94:9 2504 1992 80:03 63:03 6:07 466 A. Durig, General- Rainer. Verhalten der Atemmechanik und der a b c d e en £ | h Kiemealarten : Zusammensetzung der Barometer- ee Zahl der Volum eines | Exspirationsluft in Prozenten mag Nr. stand Be Atemzüge Atemzuges iter = mm Hg pro Minute pro Minute cm? Cor | 0, Monte 9. August 1906 103 4385 8-12 17:0 ATT°T 4-29 1561 104 438°5 8'883 18:0 4906 3-96 16°01 11. August 1906 109 436°6 9279 22:0 499-1 398 16°47 110 4366 9-58 21'2 451°9 372 16°26 13. August 1906 122 440" 2 12-10 20:0 605-0 3-71 es 123 4402 12-10 20:0 6050 3:78 16-92 Mittel 103—110. 4375 9:08 19:5 4673 3.88 16-08 122—123. 440.2 12:10 20:0 6050 2:73 16:97 Monte 31. August 1906 178 4443 8:70 16:8 917.79 4-43 15°67 179 4443 9-33 I) 5330 4-17 15°93 1. September 1906 186 4432 10.00 46°9 Ba 4-45 16°19 187 44383 9-59 17°0) 9641 4-49 16°20 Mittel . 4437 9-40 17:0 55:17 4:38 15:99 Monte Rosa 15. August 1906 130 443°8 10:70 2170 564-1 3.97 1601 131 4438 10.61 20-0 509-5 3-92 16°26 16. August 1906 136 443-1 10°33 19:0 5305 4-00 16°10 137 4431 9-87 190 5438 4-10 1580 20. August 1906 144 4389 10-36 1925 5919:5 3.73 16°24 145 4389 10°43 19:5 5313 3°86 16°27 Mittel . 4429 10:38 19:6 533 1 3:93 16-11 10 11 12 tabelle IX. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. Gasspannungen in der Lunge bei Körperruhe. i | k 2 | m N (0) | p q V Zusammensetzung der Alveoläre Gasspannung in Geatmet pro Minute und pro Millimeter Gastension in Reduz. Lungenluft in Prozenten mmHg der Lunge kann l volumen CO, 0, CO, 0, pro mm CO,-Tension pro mm Os-Tension 1 unred. cm? Luft|reduz. cm3 Luft|unred. cam? Luft|reduz. cm3 Luft Rosa 1. 1 6°45 12-93 2928 506 321°2 175-9 160:16 89-79 455 9 6-01 13:96 2397 53°5 374°7 209-6 16502 92.32 4-94 3 556 14:00 2169 54:7 4514 2599 178:87 10376 455 4 571 13°75 2246 93°6 426°5 234°6 178°73 9832 5-27 5 5.04 15'63 19-82 61.4 610°5 3325 19703 108°55 659 6 5.14 1548 20-24 60°8 597°8 3256 19392 10834 6°59 5:93 13:58 23:25 931 3934 219:0 170.69 96.04 4:83 3:09 1555 20.53 61-1 604 1 3290 19797 108.44 6:59 Rosa Ill. 7 6°43 13'32 2468 51"2 352°1 191°0 16985 92-14 4-72 8 5°96 13:79 22-40 930 416°5 223°7 17592 94-46 5-01 9 6-10 1443 2363 55°9 423°3 231°5 17888 9785 5°47 10 628 1433 24383 95°5 3941 215°3 17282 94-43 9.24 6:19 13:99 23°76 539 3969 215°3 17437 94:72 s-11 nach Märschen. 1 578 13°75 2299 546 4548 256°7 19582 10078 3.90 12 5.61 1424 22°29 56°6 4759 261°0 187 55 10287 582 13 DB, 14:23 2215 59°6 466°3 2614 18589 104-14 5:79 14 9°75 13°16 22-48 51°4 4392 2461 19200 10757 558 15° 534 13°96 20°57 ‚33"8 503°7 2810 19258 10719 59°78 16 5-51 13°98 2127 53°9 4880 273°7 19261 10800 582 5-61 13:89 21:96 544 4713 2633 19107 105°09 5:77 468 A. Durig, General- Rainer. Verhalten der Atemmechanik und der Horizontal- a b c d e ae a | i | k Atem Zusammensetzung der volumen Zahl der |\olum eines Pro Minute | unreduz. !| A Exspirationsluft in | Lungenluft in Tag Ne Meter. k Atemzüge | Atemzuges WWsegs cm3 Prozenten Pro Minute Co, | 0, | Co, | 0, Wien, 30. Juni 1907 . .| 351 91°3 21:08 1550 14052 4:48 1543 506 14:73 352 88°8 26:68 15°3 14203 4:54 1582 512 19° 17 353 90-4 21:91 15°3 14296 4:56 1566 514 15*00 354 83°8 20:80 15:1 13827 4:58 15:58 5:18 14:87 359 115°8 3030 15:0 20207 8°05 14:87 5:48 14:35 356 76:9 19:06 15°9 1200-1 3:88 15291 4:47 1545 357 47:2 14:06 12-3 11689 4:12 16:07 4-77 1487 358 129-5 34:49 1225 27610 6:06 14:16 6:44 13:74 Mittel. . 80:8 23:54 14:5 15985 4:66 15:43 5:20 14:77 Marsch auf a b c d e H € | h | i | k Atem- Zusammensetzung der volumen Zahl der Steigarbeit | unreduz. N & Volum eines] Fxspirationsluft in | Lungenluft in B e temzüge Tag Nr. | pro Minute n Atemzuges mkg cm3 Prozenten . | | pro Minute co, | 0, | CO, | 0, Wien, 10. Juni 1930722207332 7002 31:66 15°5 20369 5:50 1446 9797 13:91 338 6867 31'83 16°6 1917-9 5:09 1494 5'583 14:39 336 7320 34:96 16°6 21060 5:08 15'183 950 14:50 337 7950 3545 16°7 2123:9 541 1568 9:88 15722 Mittel. . 7591 33:47 16°3 2046 1 9:27 15.04 5:71 14:50 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 469 tabelle X. Gasspannungen in der Lunge bei der Arbeit. marschversuch. ı m n | 0 p | q 7 Ss t Alveoläre Gasspannung in Geatmet pro Minute und Millimeter Gastension in Pro Meter und Kilosrann Ber Es der Lane Reduziertes Horizontalbewegung pro mm CO,-Tension pro mm Os-Tension ray umen same 1 cm? Luft unreduz. reduz. unreduz. reduz. CO, (07) 2 pro Minute cm? Luft unreduziert | reduziert 1 34:91 101:88 6025 3239 206°5 17959 18:33 3:06 2:66 2 3540 104:97 6124 5378 210'6 1814 19:04 3:16 2:84 3 35'54 103 81 616 4 537 1 2022 1839 19:09 3:29 2:80 4 35'81 102.90 580°8 5060 2424 dog 18-12 Sen Beil 5 37:94 99:28 97 6790 305°2 DO ILS 29:16 3:46 2.95 6 30:98 10840 6152 5342 175°8 1524 16:55 3:29 2:85 7 33:03 10291 425°8 3704 136°3 1188 12:23 3:95 3:43 8 44:57 95:09 773°8 6709 3627 3073 29:90 3:53 3:06 36:02 10240 6282 5449 2302 1949 21:13 3:36 2:91 ansteigender Bahn. 2 m N | 0) p | q V S v Alveoläre Gasspannung in Geatmet pro Minute und Millmeter Gastension in mm Hg der Lunge : Pro Meterkilogramm na Steigarbeit geatmet pro mm CO,-Tension pro mm O,-Tension Atemvolumen cms Luft unreduz. reduz. unreduz. reduz. 2 pro Minute 23 cm? Luft unreduz. reduz. Sommer. 9 40:34 94:10 7849 6956 336'8 2985 28:06 452 40:0 11 3716 972299 9409 8319 3568 315°5 30:91 48:9 422 12 39:54 102:86 8966 1926 3447 304 °7 31:34 44:6 39:4 33:64 98:05 8776 7677 3413 3021 29:62 46:2 40:6 10 3759 97:28 8881 7509 32722 289-7 28:18 46°3 410 l 1 Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXV]. 63 470 A. Durıg, General- Verhalten der Atemmechanik und der a b c d e " g | h | i | k Atem- Zusammensetzung der volumen Zahl der Steigarbeit | unreduz. Atemzüge Volum eines| Exspirationsluft in | Lungenluft in Tag Nr. | pro Minute 1 Atemzuges mRg cm3 Prozenten | pro Minute Co, | O, CO, | (07 Wien, 9. Februar 1907 .| 285 571°7 28:60 67°5 423°5 6°75 De 10°85 8:19 13 286 673°1 3338 60°5 633°7 558 13:65 7489 lo ie) 14 287 5460 3150 65°7 479:2 8°75 13:43 8:88 10:30 15 Mittel . 5869 32:82 64:5 5121 6:01 13:28 9:04 9:89 Monte 29. August 1906 . 157 3583 4783 36°4 13142 4:49 15:94 Sell 15°24 16 158 4595 42-52 33°6 11848 6:06 159 993°5 48:02 38:0 12653 9'983 30. August 1906 166 505 °7 4516 3972 1152-5 6-19 167 431°0 4356 454 9589 619 168 541'0 47:00 41°8 1123°8 6:69 Mittel . 4748 45:68 39.4 11665 5:92 14°30 7:00 13'28 17 14:57 6:79 13:65 18 14'835 Fe) 13:29 19 1435 7:43 13:04 20 13:80 7:80 12:62 21 14:55 6:88 13:52 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 471 tabelle X (Schluß). Gasspannungen in der Lunge bei der Arbeit. 2 m N | o | p | q f s t Alveoläre Gasspannung in Geatmet pro Minute und Millimeter Gastension in mmHg der Lunge Pro Meterkilogramm - Reduziertes Steigarbeit geatmet pro mm CO,-Tension pro mm O,-Tension Atemvolumen | ee & 2 cm3 Luft cos unreduz. reduz. unreduz. reduz. ! 2 = 0, RO ha | cm? Luft unreduz. | reduz. | Winter. 13 75:50 57:08 3788 3696 8015 4894 27:91 50:0 48:8 14 51:49 77:89 7454 727.9 492:8 4812 37:48 970 . 88°7 15 61:82 71:54 8095 4970 4403 429-5 30:73 97°7 86°3 62:3 63:82 545 331°5 4782 466 7 32:04 54:9 93°3 Rosa. 16 20:84 62:17 22945 12661 7693 4279 2660 133°5 74:2 17 28:59 54:16 14894 8579 785°0 425°1 24:49 9225 93°8 18 27:69 99:69 17334 10070 862-1 5008 27:89 86°7 504 19 29:38 54:31 15372 8486 831°6 4548 24:93 89:3 49:3 00 30:35 93°25 14352 792:0 818:0 4514 24:04 1010 92:0 4 31'87 51°59 14745 812-2 Se 502” 2 29:89 86:9 478 28-11 55:18 16607 9306 8296 4603 2567 98:3 43 63* 472 A. Durig, General- Reichel Verhalten der Atemmechanik und der a b c d e sn € | h Atenivolimien Ä Zusammensetzung der Barometer- er Zahl der Volum eines | Exspirationsluftin Prozenten Tag Nr. stand ae Atemzüge | Atemzuges iter a mm Hg pro Minute pro Minute cm? ©, | 0, Wien, 9. Juni 1906 11 742°1 7-02 15°5 4529 348 16°85 12 7421 7.42 170 436°5 329 17:06 13 7421 7.43 15°6 476°3 389 os 14 7421 742 15°5 478-1 3"22 16:94 E 15 742°1 7.34 17°2 4170 325 Zst 10. Juni 1906 16 7425 7.30 16°0. 456°0 333 17.083 17 742°5 6°96 142 4901 3°20 16°96 18 742-5 u 13°3 839-1 3.22 16°95 19 742°5 766 16°5 4694 3°06 17-18 20 7425 742 164 4524 312 17-00 Mittel . 742-2 7-81 15°7 466-1 3:25 16:99 Wien, 8. Jänner 1907 232 752.4 8 14°8 512-3 3°28 17-01 233 1524 zeilıl 126 591-4 337 16°88 234 7924 6-94 12.3 562.2 359 16°79 9. Jänner 1907 238 790'3 7°80 14-4 5069 354 16°98 239 790°3 O2 12°7 92911 3-48 16°75 240 7508 6:90 14°6 472°6 3.52 16°73 Mittel . 7913 7:09 13°6 922-4 3:46 16:89 Wien, 4. März 1907 . 399 799° 7 7-23 13°3 5428 3-11 1730 400 799° 7 6:87 108 635°8 3:34 16:93 401 799°7 741 12-3 603 °7 316 17-12 402 799°7. 741 13:0 9718 3:12 17:21 Mittel . 795 °7 723 12-3 5884 3:18 17:14 Wien, nach 16. Jänner 1907 268 7504 6:50 12:4 5364 3:79 16:57 269 7504 6:65 13°2 5394 3'587 16:77 Mittel . 790-4 6°57 12-8 837 °9 3:65 16-67 KDD EEE FESTE IB HE „ [>] 17 18 19 20 21 22 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 473 tabelle XI. Gasspannungen in der Lunge bei Körperruhe. i | k 2 | m n 0 | p q V Zusammensetzung der Alveoläre Gasspannungin Geatmet pro Minute und pro mm Gastension in Reduz. Lungenluft in Prozenten mm Hg der Lunge Atem- volumen co | 0 co | o pro am COs,-Tension | pro mm O,-Tension h 2 | 2 2 2 = | unred. cm? Luft\reduz. cm3 Luft\unred. cm3Luft|reduz. cm» Luft) Sommer. 938 146 37.41 101°9 187°7 1689 68:87 62:02 6:32 5.20 14°8 36*14 103°1 205-3 1846 199 64:71 6:67 So 14°7 3950 101-9 209-3 1883 72:85 65:50 6:68 4:84 14-9 33:62 101°6 215°6 198°3 71:37 64:15 6:67 9°27 14°8 3669 103-0 200-1 N7o)e7 2.126 63:99 6:59 9'183 14°9 3970 103-8 199-9 185°3 70:28 63°59 6:60 475 15°0 3308 1047 210°5 189°) 66:50 60:00 6:28 458 15°8 31°87 1038 2250 1984 67:47 60:89 6°47 467 low? 3250 1035 239°7 212.8 72-37 65:32 6:91 4-83 149 33°69 103°5 220-5 1986 ie ro 64:54 6:68 4:97 149 3461 1032 210-9 190-4 70:46 63:46 6:59 Winter. 4-77 15"2 3447 107°5 229°0 2072 70-47 64:91 6:98 4-75 1372 34:29 107°5 212-2 195-5 66:18 60:96 6:55 5-01 15-1 33"37 1064 196°2 180°7 64:91 99777 6:39 5.14 15°2 3640 1067 200°7 1807 68:42 63:08 6:78 4-99 14°9 3493 1051 191-5 1822 63:94 99:00 6°20 532 147 34-94 1026 197 4 1823 67:27 62:11 6:37 4:99 15°0 33:06 1059 2038 1SS:1 66:86 61:63 6:45 Frühling. 4:43 15°8 31:42 112° 3 2302 2123 64:42 59-41 6:67 4:46 15-6 31:65 110°6 217-0 196-2 62-10 58:60 6:48 4:69 15°6 33'283 O2) 2241 201-2 66'85 61:67 6:84 4:34 15°8 30:75 le 2412 21029 66'358 ill 6'883 4:48 157 3176 1113 228-1 2064 64:93 60:20 6:71 Semmering. 5'45 14:7 38:40 103-1 1693 156°3 63:03 58:32 6:00 5'23 14:8 3682 1044 1805 165°8 63:73 9848 6-10 5.34 14:7 37:61 1037 174°9 161:0 63:33 55.40 6:05 474 A. Durig, General- Reichel. Verhalten der Atemmechanik und der nn nn nn a b c a e Y £ | h x Zusammensetzung der Barometer- a Zahl der Volum eines Exspirationsluft in Prozenten Tag Nr. stand ee Atemzüge Atemzuges iter n= mm Hg pro Minute Bao linufe em? co 0, Semme- anne 241 681°6 7.038 14°3 4922 3°79 16-44 242 681°6 6950 14°0 4964 3.81 16-44 243 681°6 7.180 12-4 579°0 3:98 16-14 lo lannerslg0 246 678°5 6°750 12 il 557°8 3-58 16°86 247 678°5 6°963 16°2 429°8 397 17.04 IA jannernlO Var 260 678°8 7°188 13°1 5487 368 16°87 261 678°8 6956 12-4 560-9 3.59 16°88 Mittel. . 6799 7003 13°5 5207 3:70 16-66 Alagna. 6. September 1907 . . . 210 660°8 7625 lol 4919 359 16°89 211 6608 7.8300 16°4 445°1 306 16°89 212 660°8 7.210 15°0 480-4 3-61 16°95 83Septembersll9 07 Ir 219 6628 7.375 18°5 398°7 3583 16°90 221 662-8 7901 17°0 4442 397 16:79 22 6628 7.442 16°1 4638 305 16°86 Mittel. . 661°8 7417 164 4540 3:56 16-88 Monte IEAmaustW [SO 105 4385 12-16 18°0 675°6 ol 16°46 106 438°5 11-00 20°0 550°0 3-98 22119598 Il, Auen NO 5 0 6 & 111 4366 1167 18°1 6448 397 1640 112 4396 11:46 19:0 603'2 3:88 1627 I82Ausust 1896 2 72: 124 4396 12:08 18°5 6530 3:88 16:59 125 4396 11:00 zen 521°3 3:94 16:39 Mittel. . 4387 11°56 19-1 6079 3:89 16:35 [&) 12 13 14 15 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 475 tabelle XII. Gasspannungen in der Lunge bei Körperruhe. i | k Z | m n | [) | p | q 7 Zusammensetzung der Alveoläre Gasspannung in Geatmet pro Minute und pro mm Gastension in Reduz. Lungenluft in Prozenten mm Hg der Lunge Atem- , volumen Co, | 0, Co8 | 0, pro mm CO,-Tension pro mm O,-Tension h | | unred. cm3Luft|reduz. cm? Luft\unred. cm? Luft|reduz. cm? Luft ring. 1 9°65 14°3 39°84 90°7 1964 1666 77:61 65:79 DIT 2 5.62 14°3 3970 90-4 1947 165 4 76'88 65'830 590 3 9.50 14°3 34'983 90.8 205°5 1747 79:03 67:13 6'10 4 502 15°2 3246 96.8 207°9 755 70:18 59-32 Dual 5 569 147 39°95 930 193°7 163°6 74:81 6312 5:88 6 Si 15'2 3240 96-1 221°9 1881 74:82 63:42 6°09 7 4-97 15°3 3140 96°5 221°5 1873 72:09 60:95 988 536 14:7 34:09 93-4 205°9 1744 7506 63:57 5:93 8 5°26 14°9 3231 91°8 ale 1879 15-79 66:17 6:07 9 5°46 14°7 33:55 89-6 2175 Kaar7 81:50 64:71 5:79 10 542 145 3325 88°8 216°7 aatohl 81-16 64:07 5:69 11 5:90 14°5 36°83 89-5 203°0 1623 82:42 65:88 5:90 12 557 144 34:32 89-1 2208 175°8 85:02 67:70 6:03 13 5.42 14-1 3338 870 228-9 156°6 85:80 60:07 5:93 3:50 145 33'835 893 2170 1727 81:94 64:76 9:90 Rosa. 14 486 15°0 19-06 591 6382 (?) 3548 20585 11444 6:76 15 561 147 22-00 574 500*1 2776 19152 10655 6-12 16 928 14-9 2059 57.9 566°7 3145 20143 IIHRISBEE 6:48 17 5:28 14:6 2060 569 956°5 3089 20152 111'85 636 18 514 151 20:19 99°7 5982 3901 202.51 11852 7:07 19 569 14:3 22:34 56°5 4923 295.9 19470 11700 6:16 531 147 20:79 97:9 998°6 3169 19958 11336 6:57 476 AN Durig, General- Reichel. Verhalten der Atemmechanik und der a b c d e f g | h all ; Zusammensetzung der Barometer- en En Zahl der Volum eines | Exspirationsluft in Prozenten Tag Nr. stand Br Atemzüge Atemzuges mm Hg pro Minute | P!° Minute cm3 co, | 0, Monte 31. August 1906 176 431°2 10°41 18.4 569°7 4:10 16-12 177 431'2 11:39 18.4 619°0 382 16°53 1. September 1906 . 184 4339 10°96 16°3 672-4 4-25 16°36 185 433°9 10-29 16°0 6431 4:32 16°13 Mittel . 4325 10:76 17-2 625°0 4-12 16:28 Monte Rosa 15. August 1906 128 443°8 12-03 21°3 577°9 372 16°27 129 4438 13.88 24-4 968°8 360 16°16 16. August 1906 132 4375 12-08 201 601.0 3.50 1634 133 4375 11.82 19°5 6062 355 16°30 20. August 1906 140 4320 11:63 16°4 709° 2 4-11 16°00 141 4320 11-93 19°9 Se) 3.93 15292 Mittel . 4378 12:23 20°2 610-4 3:73 16:16 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition, 477 tabelle XII. (Fortsetzung.) Gasspannungen in der Lunge bei Körperruhe. 7 | k 2 | m n | 0 gg q 7 Zusammensetzung der Alveoläre Gasspannung in Geatmet pro Minute und pro sum Gastension in Reduz. Lungenluft in Prozenten mmHg der Lunge Atem- volumen co, 0, co, | 0, pro mm CO,-Tension | pro mm O,-Tension ] \ 5 x n unred. cm? Luft|reduz. cm? Luft unred. cm? Luft|reduz. cm Luft 8 Rosa. 1 585 14°2 22:50 547 4626 2489 19031 10238 960 2 915 15°0 19-94 876 71°0 3078 197:62 10638 6:13 3 558 14*9 21°59 97°8 5074 2764 18955 10325 8297 4 572 14*5 22:16 56°3 464*1 2522 182:84 99:33 5:59 3.57 14°6 21:54 96°6 901°2 2712 190:08 102:83 3:66 nach Märschen, 5 5.14 14°5 20°43 57°5 8887 0 Baal 20910 11524 663 6 5-01 14°3 19-90 56°7 697°6 3845 24480, 13473 7:65 7 4-77 14°9 18:65 De 6479 374°5 20680 11949 6:98 8 482 14°6 19°30 97°2 641°5 351°6 20657 11586 6:63 9 9.43 146 20.94 56-1 682°5 3068 207 34 11411 6:40 10 536 14*1 20.66 543 677°5 318:0 21974 121°01 657 3:09 14-5 19-98 96.4 655°9 3433 21572 120:07 6:81 j Denkschr. der mathem.-naturw. Kl, Bd. LXXXV1. 64 478 A. Durig, General- Reichel, Verhalten der Atemmechanik und der Horizontal- a b c d e F E | h | i | k ee Zusammensetzung der Pro Minute | volumen | Zahl der |\Volum eines Meter unreduz. Araztiee Exspirationsluft in | Lungenluft in Tag Nr. Weges ] eMZUEE® | Atemzuges : mkg cm? Prozenten pro Minute Co, | 0, | ce Wien. 28. Juni 1907 344 100°8 29-15 17446 16528 4:88 15:54 940 14:96 345 96-4 28.93 15'8 1826 °7 4:81 1556 9727. 1505 346 94:8 2674 15-9 1687 83 4:97 15°38 9.49 14:80 29. Juni 1907 347 95° 2 27:16 16-1 16833 4:88 1543 539 14:85 348 952 210.287, 1999 1720-2 496 15°35 5°47 1478 349 759 21:57 15°8 13678 4:80 1546 544 14:74 350 59°3 1995 14:0 1421°2 4-38 15:99 4:94 15:40 Mittel . 83:2 25:83 15°8 16227 4:81 15:53 5:34 14:94 Semme- 13. Jänner 1907 sol 93-2 2623 18:1 14458 4:58 15:43 ° 50%) 13:81 352 99:0 2545 16°3 1566'2 4:90 14:80 946 14:10 393 II72 20.89 164 1551°5 4:81 14:93 5'386 1425 354 93:6 24:23 16:6 1448 °7 4:82 15°03 541 14:23 14. Jänner 1907 366 103-5 30:77 184 16689 4:79 15:20 5:30 14:58 367 1039 29:34 79 16411 4:87 15°03 540 14 43 Mittel . 98:7 26:90 172 15537 4:78 15:07 9:33 14:23 10 11 13 tabelle XIII. Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition, Gasspannungen in der Lunge bei der Arbeit. marschversuche. 479 2 m N | oO | pP | q Alveoläre Gasspannung in Geatmet pro Minute und Millimeter Gastension in Pro Meter und Kilogramm za ea: ange Reduziertes Horizontalbewegung pro mm CO,-Tension | pro mm Os-Tension enielumen Sn | cm? Luft unreduz. reduz. | unreduz. reduz. ı CO, 0, = pro Minute cm? Luft unreduziert | reduziert 37.61 10364 7783°8 681°3 279°5 246 1 2562 2:88 208) 36:69 10472 7885 692°8 276'3 242°7 25:42 2:99 2063 38°21 10300 699-7 614°9 2602 22832 2350 2:8] 2:47 37:54 10338 723°6 634°9 262°7 2305 23°80 2>85 2:49 38:07 102°86 719°0 630°3 2661 2332 23:99 2:86 Del 37'883 10263 570-1 497 °7 210° 183-2 18'83 2.88 247 34'835 10487 580'7 807 °7 1905 166 °5 17:44 [1:989)]| [173] 37:18 10358 6936 608:5 2493 218°6 32:67 2:87 2:52 ring. 31:90 8625 822.2 7042 304-1 260°5 22:99 2:94 258 34:09 88:07 746°6 651°3 2889 252-0 22:20 2:69 2085) 33-50 89-01 756'3 660°6 2852 248°6 22:13 2.68 28 3381 88:86 716°3 624°83 DT 2376 all Ba 2-36 32:98 90:81 Bell 815°6 338°9 296°3 26:90 Sul?) DIT; 3359 89:81 873-5 8187 326°7 3062 2550 2.95 DIT 33:81 83:80 808:0 7124 302:7 2668 23:47 2:85 2:51 G4* 480 A. Durig, General- Reichel. Verhalten der Atemmechanik und der Marsch aut a b c d e F £ h | i | k INS Zusammensetzung der Be olumense WE Zahlsdersnroinmreines Eee unreduz. IN: Exspirationsluft in | Lungenluft in ag Nr. | Pro Minute emzüge | Atemzuges mRg ER Prozenten pro Minute Co, 0, | Co, | 0, Wien, 16. Juni 1907 430 1045°3 4774 22°0 21712 5726 1497 568 14:50 431 10371 48:91 2271 231959 Sl) IS 9'009 14:70 432a| 1050'8 47:09 231 20404 5:02 19229 5:44 14:78 432bd) 10793 50:92 2125 23690 5787 1488 5:78 14:50 Mittel . 1053 1 4866 22-1 22241 9:19 15:06 9:61 14:62 Wien, 8. Februar 1907 372 826.4 3712 21°2 1783°7 5:63 1461 6:18 13:98 3783 8789 4635 Bil 217228 5:34 15:05 577 14:59 374 8398 4483 21°0 21348 917 14:99 959 1451 375 S7009 4652 23129 2123-0 5:36 14:90 5:80 1441 Mittel . 855°7 43:60 21°7 20547 8:37 14:89 9:83 14:37 Monte 29. August 1906 152 483°2 4947 31'4 1573°5 9:24 16:79 9'838 16°36 153 499-0 5245 345 1522 °4 4:92 14:99 950 14:29 154 503°83 53:58 343 15643 900 15:17 557 14°52 30. August 1906 163 4645 5236 34:3 15255 512 15°06 5:73 14-40 164 4937 53:68 34°8 1511°0 5:20 15°11 5:49 14:76 165 4093 43:64 28°3 15432 980 14:94 Sl 14'25 Mittel . 475°9 50:83 32:9 15399 3:13 15:34 5:74 14:76 13 14 Ergebnisse der Monte Rosa-Expedition. 481 tabelle XIII (Fortsetzung). Gasspannungen in der Lunge bei der Arbeit. ansteigender Bahn. 2 m N | 0 | p | q V s t Alveoläre Gasspannung in . Geatmet pro Minute und Millimeter Gastension in mm Hg der Lunge Bedeees Pro Meterkilogramm Steigarbeit geatmet ro mm CO,-Tension pro mm O,-Tension yon P 2 2 - cm? Luft co % unreduz. reduz. unreduz. reduz. I : z pro Minute er cm? Luft unreduziert | reduziert Sommer. 5 42-37 95-91 890'2 848-9 393-2 375°2 35'97 45:6 43-5 6 39-50 99:92 1173-4 1119-7 4638 442-6 44:33 52-7 504 7 38-27 99-35 1171°3 11254 451°0 432-5 42:97 546 51°2 8 39-69 98-67 1172-1 1122:8 471°5 451°6 44:56 53:0 50:8 33:95 95:46 11017 10542 : 444-8 425 4 42:45 51°5 49:0 Rosa. 9 23-80 (6677) 2078°7 1180-8 740°9 420°8 28-10 102-4 58:0 10 22-75 58-31 2338-4 13257 899-6 508-9 29-67 105-1 59° 11 22:72 59-21 2357°8 13483 9048 517-4 30:64 109-0 60° 12 23-42 58-85 2235-4 12266 889:7 4770 28-73 1130 61° 13 24:29 60:32 2209-5 1218-4 889-9 490:7 29:60 1248 59° 14 24:16 58:22 2273-8 10010 7496 414-5 24-13 103-2 59° 23:52 60:28 2248°9 12168 845 7 471°5 98:47 109:6 59: Denkschr. der mathem.-naturw. Kl. Bd. LXXXVI. Aadk) Pa ET PIE SB T ) | I: w i Penn are tür ni eh rn nahe er oma nhre mn Ar warn wa meh m ner ar a a ba eo me m m FÜR m anime pam ne ur ae wer re mm ae ke pie a gemein Meeres F f } n \ nn | j a ge an ah ee ne ee ee ee “| ni = % P = 0 { x Be Be RS ee ee a Sea mehhidn ja ererniem mehrer Kaers ung eh | EEE MEERE SERIEN ie | ILKNNN IN SMITHSONIAN INSTITUTION LIBRARIES 2 Eee in Ser > ee ana aa San Kr os SE * Ta : A ne a er af EAN re ne ed ge er 2 vs lee Ka Pest .r et r