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^R BUDDHA

DRAMA IN KU NF AK':

THE LIBRARY

OF

THE UNIVERSITY

OF CALIFORNIA

IRVINE

IN MEMORY OF

FRANK A. THALMANN

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DER BUDDHA

EIN DRAMA IN FÜNF AKTEN UND VIER ZWISCHENSPIELEN

VON

PAUL CARUS

UNTER MITWIRKUNG DES VERFASSERS

AUS DEM ENGLISCHEN ÜBERSETZT

VON

MARTIN DRESCHER

CHICAGO

THE OFEN COURT PUBLISHING CO.

1913

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Anweisungen für den Bühnenleiter.

Die Szenerie kann sowohl durch geschichtliche Genauigkeit, als auch durch Entfaltung orientalischen Pompes äussert an- ziehend gestaltet werden. Aber das Drama büsst nichts an seiner dramatischen Wirkung ein, wenn es mit einfachen Mit- teln bei geringem Kostenaufwand zur Darstellung gelangt. Immerhin sollten einige Verwandlungen recht schnell vor sich gehen.

Die Zwischenspiele können durch Bilder der Laterna Magica ersetzt oder auch fortgelassen werden. Durch das Beibehalten der Zwischenspiele wird der Gang der Handlung des Dramas in keiner Weise zerrissen.

Die Melodien der buddhistischen Lieder sind in einer Bud- dhist Hymns betitelten Sammlung zu finden. (Chicago, Open Court Publishing Co., 191 1.)

Einen Anhalt für die Szenerien und Kostüme bietet das Portfolio of Buddhist Art (Chicago, Open Court Publishing Company, 1908).

COPYRIGHT Bf

THE OPEN COURT PUBLISHING CO. I913

Personen-Verzeichniss.

Wegen der fremdländischen Namen ist folgendes zu bemer- ken : Die Aussprache, besonders der Vokale, ist im Allge- meinen wie im Deutschen ; nur das h muss gehört werden, z. B. Budd-ha wie Land-haus. Sonst sprich y wie /; ch wie tscli ; cell wie verdoppeltes ch ; / wie dj, mit französischer Aus- sprache des j. Siddhattha Gotama, Prinz der Sakya, später der Buddha... ß

Suddhödana, König der Sakya, Siddhatthas Vater S

Pajäpati, Königin der Sakya, Siddhatthas Tante und Stief- mutter P

Prinzessin Yasödhara, Siddhatthas Gemahlin Y

Rähula, Yasödharas Sohn R

Dewadätta, Yasödharas Bruder Dd

Kala Udäyin, des Gärtners Sohn K

Göpa, Yasödharas Zofe G

Wisäkha, ein Brahmane, Suddhodanas Minister W

Dewala, ein Hauptmann der Sakya D

Bimbisara, König von Magadha Bb

Ambapäli, König Bimbisaras Favoritin Ap

Nägadewa, Minister von Magadha, Führer einer Gesandt- schaft A''

General Siha, ein Feldherr im Dienste König Bimbisaras. .G"5"

Jeta, Prinz von Nordkosala /

Anätha Pindika, ein reicher Mann von Sawatthi A

Zeremonienmeister Zm

Ein Dorfpriester Pr

Mära, der böse Geist M

Diener ., . . . Dr

Channa, der Rosselenker.

Sänger und Sängerinnen : Maras Töchter, Engel, Brahma,

Wischnu, Schiwa. Tänzer, Tänzerinnen, ein Bauer, Minister, Offiziere, Soldaten.

Erläuterung fremder Bezeichnungen.

Buddha, der Erleuchtete.

Bodhi, Erleuchtung oder Weisheit.

Bödhisattha (Bodhi-Wesen), ein Sucher nach Weisheit; Einer, der danach trachtet, ein Buddha zu werden.

Bodhibaum, der Baum, unter dem Buddha Erleuchtung em- pfängt.

Muni, Denker oder Weiser.

Sakya-Muni, der Weise der Sakya, der Buddha.

Tathägata, ein Beiname Buddhas, der wahrscheinlich "der Makellose" oder "Er, der Vollendung erreicht hat," be- deutet.

Licchavi, Name eines Fürstengeschlechtes in Wesäli.

Niggantha, "von Banden befreit," ist ein Name der Anhänger der Jaina-Sekte

Nirwana (in Pali "Nibbäna"), ewiger Friede, ewiges Heil.

Kapilawatthu, die Hauptstadt der Sakya.

Kösala, ein indischer Staat.

Sawätthi, die Hauptstadt Kosalas.

Jetawäna, der Lustgarten des Prinzen Jeta in Sawätthi.

Mägadha, ein grosses Reich im Gangestal.

Räjagäha, Magadhas Hauptstadt.

Uruwela, ein Platz in der Nähe von Benares.

Aräda und U'draka, zwei Philosophen.

Indra, zur Zeit Buddhas vom Volke als mächtigster Gott ver- ehrt.

I'ssara, der Herr, ein Name des Gottes Indra.

Yama, der Gott des Todes.

Kali, Maha Kali oder Durga, eine indische Göttin.

ERSTER AKT.

ERSTE SZENE.

[Tropischer Garten in Kapilawatthu. Im Hintergrund Berge, in der Ferne die schneebedeckten Gipfel des Himalaya. Ganz vorn rechts eine von Gebüsch umgebene Marmorbank, dahinter der Eingang zum Palast des Raja. Ueber dem Eingang ein Balkon. Links ein befestigtes Tor mit einem Wächterhaus, Alles prachtvoll im antiken indischen Stil.]

[Auf der Bühne: König Siiddhodana {S), Königin Pajapati (P) und der Staatsminister Wisakha {W).]

S. Mein Sohn Siddhattha scheint die tiefe Schwer- mut, Die ihn so lange Zeit gefangen hielt, Zu überwinden. Seine junge Gattin Uebt sicher guten Einfluss auf ihn aus. Er liebt sie innig, and seitdem die Ehe Mit diesem herz'gen, hoffnungsvollen Knaben Gesegnet ist, hoff' ich mit Zuversicht, Dass wir dem Leben ihn zurückgewinnen, Dem Stamm, dem Staate guten Dienst zu leisten. Es wecken neue Pflichten neue Kraft Und Lebensmut, und so erwarte ich, Dass dieser Sohn des Vaters Retter wird Und ihn bewahrt vor gänzlichem Verderben.

Z DER BUDDHA,

P. Sein Gram liegt tiefer, als du annimmst, furcht' ich.

S. Was sagst denn du, mein sorgsamer Berater?

W. Ich tat wie Ihr befahlt, und habe alles

Versucht, um ihn vom Grübeln loszureissen. Ich lehrte ihn, was einen Mann begeistert : Der Jugend Spiele, Lust an Poesie, Ich zeigte ihm die Grösse unsrer Ahnen ; Ich suchte seine Sinne zu erregen Doch nichts kann seines Herzens Sehnsucht stillen.

S. An religiösen Fragen nimmt er Anteil Und sucht das Weltenrätsel zu ergründen.

W. Nun ja, er plagt sich mit dem Zweck des Lebens, Und sucht der Dinge Ursprung zu erforschen, Doch gellt sein Denken glaubenslose Pfade. Er hegt nicht Achtung vor dem Issara, Und Indra ist ihm nur ein schönes Märchen. Er gönnt den Göttern ihre Opfer nicht Und weint um Lämmer, die am Altar bluten. Nein, nein, er ist nicht gläubig. Wäre er's, Sein Glaube würde ihn vom Leid erlösen, Der Glaube an den grossen Issara, Den Herrn der Welt, den Schöpfer alles Lebens.

5. Was ist nun Eure Meinung von der Sache ?

W. Siddhattha ist ein Jüngling seltnen Wertes, Der Männer übertrifft in jeder Tugend, Von einer abgeseh'n : er ist zu störrisch.

DER BUDDHA. ö

Er beugt sich nicht vor Menschen noch vor Göt- tern.

Das Selber-Denken, das unheilbar ist, {hniiicr leidenschaftlicher zverdend)

Das ist die Krankheit, die er mit sich schleppt.

6^. Gedanken muss man durch Gedanken heilen. Macht ihn bekannt mit unsern heil'gen Schriften ! Macht mit der Veden Inhalt ihn vertraut Und lehrt ihn, den geheimen Sinn entziffern!

IV. Ich tat es, Herr, doch er ist allzu kritisch. Einwürfe bringt er vor, anstatt zu glauben, Gibt Rätsel auf, die ich nicht lösen kann, Und, wahrlich, seine Schlüsse sind gefährlich.

P. Ihr übertreibt die Dinge, wie mir scheint. Gefährlich ist Siddhattha nicht. Er hat Die Sanftmut seiner Mutter, meiner Schwester. Schier allzu freundlich ist er gegen jeden.

IV. Ich weiss es, gnäd'ge Herrin, aber Güte

Bringt Schaden, wenn sie nicht am Platze ist.

6". In seiner Sanftmut seh' ich nicht Gefahr.

W. Ihm fehlt's an Kraft und an Entschlossenheit, An kriegerischem Geiste.

S. Das kommt später.

IV. Ich zweifle dran. Denn nicht nur keinen Glau- ben An heil'ges Wort hat Euer Sohn, er glaubt Auch nicht an Standesunterschied ; er würde

4 DER BUDDHA.

Die alten, heil'gen Satzungen zerstören,

Das Opfern untersagen, blickt er doch

Auf der Brahmanen Bräuche voll Verachtung.

S. Es macht mich zittern, was Ihr sagt.

W. Ganz recht!

Zum Aufstand, fürchte ich, treibt er das Volk. Doch seit ein Kind er sein nennt, hat vielleicht Vom Traum er sich zur Wirklichkeit gewandt. 'S gibt Männer, die um sich nicht Sorge tragen, Die hohen Rang, die Reichtum, Ehre, Stellung, Verachten, wenn es nur sie selbst betrifft, Jedoch für ihrer Kinder Glück sich müh'n. So wird vielleicht Siddhattha auch sich ändern.

S. Lasst uns noch weiter in Geduld verharren! Was widrig ist, das haltet fern von ihm ! Bringt ihn in lust'ge Kumpanei ! Vertreibt Den finstern Vetter Dewadatta. Fastend Will der das Reich der Seligkeit erlangen. Sein Zeitvertreib ist Busse und Zerknirschung.

P. Ananda ist ein besserer Genoss,

Er kennt nicht Dewadattas Grämlichkeit.

S. Auch er passt nicht als Freund zu meinem Sohn. Ich gebe zu, dass er Gemüt besitzt; Doch ist er sinnig. Lasst Siddhattha wandeln Mit Burschen gleich dem muntern Sohn des

Gärtners, Kala Udayin. Wie die Lerche jauchzt er. Ach, wäre doch von dem etwas in ihm !

DER BUDDHA. 0

Der springt und lacht und schaut nie mürrisch

drein. Doch sagt, wie geht's Kala Udayin's Vater?

W. Mit ihm geht's immer schlimmer, und ich fürchte, Er kann nicht lange leben.

S. [In Unruhe] Schafft ihn fort!

Siddhattha hat ihn gern; erführe er Udayins Missgeschick, zerstören möcht' es Die guten Folgen froher Vaterschaft.

IV. Am besten wär's, zur Nacht ihn fortzuschaffen.

S. Schafft in der Nacht ihn heimlich fort! Doch still, Da kommt Yasodhara mit ihrem Knaben.

[Yasodhara (Y) und zwei Zofen, von denen die eine einen Schirm hält, mit dem sie die Prinzessin gegen die Sonne schützt, zvährend die andere, Gopa (G), das Kind trägt.]

P. [begrüsst sie und ki'isst sie.]

Willkommen, schönste Blume unsres Gartens, Du Sonne auf dem Lebenspfad Siddhatthas!

S. Mein Töchterlein ! Wie geht es Rahula ?

Y. Er wächst, mein königlicher Vater. Stärker Und schwerer wird das Kind von Tag zu Tage. Heut lachte er mich äusserst schelmisch an. Ich leg' ihn nieder. Er ist eingeschlafen.

\_AUe betreten den Palast. Die Bühne bleibt einen

Ö DER BUDDHA,

Augenblick leer. Sanfte, ernste Musik {Buddhas "Siegeshymne") l'dsst sich hören.]

[Buddhist Hymns, Seite 15.]

ZWEITE SCENE.

[Siddhattha (B) und Kala Udayin (K) treten auf .]

K. Mein lieber Prinz, wenn Ihr erst König seid, müsst Ihr mich zu Eurem Hofnarren machen. Wollt Ihr, mein guter Herr? Wir sind zwei schöne Gegensätze : Ihr voller Würde auf einem Königsthron, eine goldene Krone auf dem Haupt, ein Szepter in der Hand, und ich in geschecktem Kleide, mit Narrenkappe und Schel- len. Das wird lustig! Und im Grunde genom- men, sind wir einander sehr ähnlich.

B. Eine Königskrone werd' ich niemals tragen!

K. Und warum nicht, süsser Prinz?

B. Ich hab' ein höheres, das höchste Ziel.

Was ist ein Reich ? Und was bedeuten Reichtum

Was Macht, was Krön' und Szepter? Vergäng- lich sind sie.

Ich sehn' mich nach dem Ewigen, Nirwana. K. Dann werdet Ihr ein Buddha sein. O, auch dann

will ich Euch folgen. [£r kniet nieder und

faltet die Hände.']

Wirst du ein heil'ger Buddha sein, Schliess mich in dein Gefolge ein! Der Narr möcht' Gutes gern vollbringen, Und sich die Seligkeit erringen!

DER BUDDHA. /

B. Auf, Kala, auf! Ich bin ein Sterblicher, Bin nicht allwissend, und ich hab' noch lange Der Ziele letztes nicht erreicht : Erleuchtung. Wie kommst du d'rauf, dass wir einander glei- chen ?

K. Herr, Ihr habt keinen Ehrgeiz, König zu sein. Ihr meint, die Welt ist voller Nichtigkeit, und Ihr bedenkt, dass das Leben und seine Herrlich- keit vorübergehen. Genau so denk' auch ich. Da stimm' ich völlig mit Euch überein. Nur, dass Ihr ernst veranlagt seid und Euch die Dinge zu Herzen nehmt, während ich alles für einen riesigen Spass halte. Was hat's für einen Zweck, so viel zu denken? Wir sind alle wie Seifenblasen, wir fliegen in der Luft herum, auf einmal platzt die Seifenblase und das Leben ist vorüber. Ich bin jetzt ein armer Bursche. Ich brauche mich vor keinem Wechsel zu fürchten. Vielleicht werde ich bei einer künftigen Fleisch- werdung wie Ihr als Sohn eines Königs ge- boren. Und dann, bedenkt doch, nach ein paar Millionen Jahren wird diese ganze, grosse und plumpe Welt, dieses alberne Narrenhaus, dies Heim so vieler Schurken und einiger guten Alenschen wie wir zwei, dies Schauspiel von Büberei, Eitelkeit und Torheit, alles das wird in die W^inde zerstreut sein, als hätte es niemals existiert. Seid lustig, Prinz, so lange die Komö- die dauert.

ö DER BUDDHA.

[Dewadatfa {Dd) erscheint im Hintergrund. Seine Wangen sind eingefallen, sein Antlitz düster, aus seinen Augen spricht Fanatismus. 1

B. Ist die Komödie nicht ein Trauerspiel?

K. Meinetwegen kann's sein, was es will. Für mich ist es das, wofür ich es halte, ein ungeheurer Spass.

B. Doch wer wird dazu lachen, Freund?

K. Das tue ich.

B. Die Zeit wird kommen, da du weinen wirst.

K. Nun und? Wenn ich weine, werde ich Tränen vergiessen und

Es lindern Tränen

Schmerz, Gram und Sehnen.

Was auch kommt im Weltgebraus'

Ich mach' das Beste draus.

B. Wie Narrheit klingt es, was du sagst, und doch, Dein Wort birgt tiefe Weisheit.

K. Warum, guter Herr,

Wollt Ihr die Nutzanwendung denn nicht machen ?

B. Hör', guter Kala, und du wirst verstehn. Verschieden sind die Ziele von uns beiden. Du hängst am Leben, am vergänglichen. Ich such' das Ewige. Du siehst das Elend Des Daseins nicht, weil du dich glücklich fühlst. Jetzt wenigstens. Der nächste Augenblick

DER BUDDHA. V

Sieht dich vielleicht, wie du in Klagen wimmerst Ich suche eine Freistatt, um von dort Den Elenden hülfreich die Hand zu bieten. Ich will den Stand der Buddhaschaft erringen, Von ihrem Leid die Menschheit zu erlösen.

Dd. Warum vergeudest du deine Zeit, Siddhattha, mit diesem leichtfertigen Gesellen? Was für Nutzen kann in einem Geschwätz liegen, wie Ihr beide es führt?

K. Ihr könnt immer nur keifen, Ihr Mann mit dem hohläugigen Gesicht. Ihr müsst immer Moral predigen. Selbst Euer guter Schwager ist Euch zu weltlich gesinnt.

Dd. Ich sprach nicht mit dir, ich wandte mich an Siddhattha.

B. Udayins Herz schlägt menschlich ; er ist gut ; Ich fühl' mit ihm, auch wenn ich ihm nicht folge.

Dd. Wenn du danach trachtest ein religiöses Leben zu führen und unter die Heimatlosen zu gehen, dann wäre es besser für dich zu fasten und er- baulichen Betrachtungen nachzuhängen.

K. Ihr sprecht nicht mit mir, aber ich will mit Euch reden und Euch sagen, dass Ihr bei allen Euren Bussübungen nur an Euch denkt, während Sidd- hattha um andere besorgt ist. Ich wollte, Ihr würdet Mönch und wandertet in die Heimat- losigkeit. Keine Seele würde Euch hier ver- missen.

10 DER BUDDHA.

[Sich an Siddhattha wendend'] : Aber Ihr, mein guter Herr, Ihr dürft nicht unter die Heimatlosen gehen : Ihr würdet damit mehr Unheil anrichten als Gutes stiften.

B. Wie kann das möglich sein, mein guter Kala Udayin ?

K. Yasodhara kommt, Euer edles Weib.

[Yasodhara tritt auf; ihre Zofen halten sich mit Schirmen in den Händen in respektvoller Ent- fernung. ]

Y. Schau unsern Knaben an ! Welch' lieblich Kind ! Des Herzens Gram und deinen Weltenkummer Wirst du bei seinem Anblick schnell vergessen ; Denn er ist Leben. Grad ist er erwacht.

[Kala liebäugelt mit Gopa, einer von Y's Zofen.']

B. Ich folge dir sogleich.

Y. [Zu Deivadatta gewandt] :

Und willst du, Bruder, mit uns geh'n?

Dd. Nicht ich!

Dies Kind ist nur der Beginn neuen Elends. Es setzt die alte Irrfahrt im ewigen Kreis des Lebensrades fort.

[Sic geht ins Hans, Deivadatta sieht sich in den Garten zurück.]

B. Jetzt, Kala, sprich !

K. O Prinz Siddhattha, gebt die Heimat nicht auf! Verlasst uns nicht ! Ich kann ohne Euch nicht

DER BUDDHA. 11

leben. Ihr seid mein Glück, mein Lehrer, mein Führer. Ich befolge Eure Anweisungen zwar nicht, aber ich höre Euch doch gern zu. Ich könnte ohne Euch nicht leben. O, lieber Prinz, geht nicht hinweg! Denkt an Euer Weib, an Euer teures, gutes, liebliches Weib! Das Herz wird ihr brechen. Denkt an Euer Kind! Geht nicht, mein edler Prinz ! Lasst irgend einen andern zum Heiland der Welt werden! Irgend jemand anders kann gerade so gut den Befreier, den Buddha machen. Ich bin sicher : es gibt viele, die mit Vergnügen den Platz ausfüllen würden. Dazu mag sich Einer hergeben, der kein so an- genehmes Heim zu verlassen braucht, kein so liebliches W^eib besitzt. Einer, der nicht Erbe eines Königreiches ist und auch keinen so süssen, vielversprechenden kleinen Stammhalter hat, wie Ihr ihn besitzt. Ich kann nicht leben ohne Euch.

B. Bist du bereit, mit mir zu geh'n?

K. [kniet'] Ich bin's.

Nehmt mich mit Euch! Ich werde Euch erhei- tern.

B. Willst du von Haus zu Haus um Nahrung bitten. Die Schale in der Hand, ein Bettelmönch?

K. Nein, edler Herr, das würde mich nicht kleiden.

B. Bist du bereit, des Nachts im Wald zu schlafen?

K. Nein, Herr, da würde ich mich erkälten.

So 'was ist nichts für mich [Er erhebt sich].

12 DER BUDDHA.

Wenn Ihr denn doch einmal gehen müsst, dann ist es schon des Beste: Ihr geht allein. Solch ein Leben behagt mir nicht. Ich will gehen und der Nachtigall lauschen.

[Siddhattha folgt der Prinzessin in den Palast.]

K. Buddha zu sein,

Passt nicht für jedermann,

Nicht für mich, der noch lachen kann.

Ein Buddha lebt allein,

Er kennt kein Weib,

Hat keinen Zeitvertreib. Er predigt, predigt ohne Ruh', Gibt Lehren, Lehren, immerzu. Er staunt ob der Vergänglichkeit, Er raunt von Elend und von Leid Und sieht Erlösung tagen In traurigem Entsagen.

Das sicherlich

Ist nichts für mich; Es war' verlor'ne Müh'. Erleuchtung fand ich nie. Ich linderte kein Weh,

[nach kurzem Besinnen] 'S ist besser schon : Ich geh'. Was nützt's über Wahrheit zu plauschen ? Will lieber der Nachtigall lauschen.

[Während der letzten Szene breitet sich allmählich Dämme- rung aus.]

DER BUDDHA. 13

DRITTE SZENE.

[Die Szene wechselt bei offenem Vorhang. Ein Schleier senkt sich hernieder. Wenn er wieder in die Höhe geht, sieht man das von Wachskerzen spärlich erhellte Schlafzimmer Siddhatthas und Yasodharas.]

[Yasodhara (F) sifct auf dem Bett, ihr Kind im Arm; zivci Zofen, ihrer Befehle harrend. Sidd- hattha tritt ein. Ein Lichtschein, nicht allzu stark, umgibt sein Haupt. Die Zofen ziehen sich zurück. Die Prinzessin erhebt sich, legt das Kind nieder und nähert sich ihrem Gemahl.]

y. Mein guter Herr, mein Prinz, mein Gatte !

[Pause. Sie zvecliselt die Stimme, als ob sie sich iJires Gefühlsausbruchs schäme. In ruhigem Ton] :

Rahula i.st wieder eingeschlafen.

B. Was ficht dich an, Yasodhara, du gute? In deinem Auge gHtzert eine Träne.

y. UnaussprechHche Schwermut schleicht sich mir ins Herz, wenn ich Euch von Eurer religiösen Sehnsucht reden höre.

B. Und war' es dir nicht eine grosse Freude,

Könnt' ich des Lebens höchstes Ziel erreichen?

y. Siddhattha, ach, du liebst mich nicht.

B. Mein Herz umfängt die ganze Welt auch dich.

y. Wenn Ihr mich wahrhaft liebtet, würdet Ihr nicht so viel für die ganze Welt übrisf haben.

14 DER BUDDHA.

Ihr denkt an die Welt den ganzen Tag und habt für Euer Weib nicht eine winzige Minute Zeit.

B. Doch, meine Teure!

Y. Mein edler Gatte !

B. Sprich!

Y. Kaum wag' ich es, Euch, mit dem Namen Gatte zu begrüssen. Ihr seid freundlich und sanft, aber für einen Ehemann seid Ihr zu erhaben, zu kühl in Eurer Würde. Es mag schlecht, es mag sündhaft von mir sein, aber ich wollte, Ihr wäret weniger erhaben und hättet mich dafür ein wenig lieb.

B. Mein teures "Weib," ich nenn' dich so mit Ab- sicht, Ich liebe dich, doch rein ist meine Liebe ; Nur, teures Weib, kannst du es schwer versteh'n. Das Elend und das Leid der ganzen Menschheit Bedrückt mein Herz, und keine Ruhe hab' ich. Bis ich ein Mittel finde, es zu heilen.

Y. Warum machst du dir Sorgen um andrer Leute willen? Denk' an deinen Sohn, deinen süssen Rahula, und wenn du mich nur ein ganz klein wenig liebst, so denke auch an mich!

B. Ich denk' an dich, mein liebes Weib, doch deiner Gedenkend, denk ich aller, aller Frauen Der weiten Welt, die Liebe spenden; denk' ich Der Mütter, die in ihrem Glücke zittern : Um ihre Kinder zittern sie im Glück.

DER BUDDHA. 15

Schreib' dir's in's Herz: Der Sorge Netz um- spannt

Uns alle: Krankheit, Schmerz und Tod sind unser.

Und selbst der Tod kann nicht Erlösung bringen.

Des Lebens Rad rollt weiter in Geburten,

Und unaufhörlich lebt das Leiden fort.

Y. O sprecht nicht davon, Herr! es stimmt mich trübe. Warum denkt Ihr an das Elend, während wir hier von Reichtum und Behaglichkeit um- geben sind und die Zukunft uns in rosigem Licht erglänzt? Warum sich mit Sorgen plagen, ehe das Unglück kommt?

B. Yasodhara, der Wechsel ist des Lebens

Gesetz. Heut sind wir glücklich, doch das Rad Dreht sich beständig, und was oben war, Das Hohe, sinkt alsbald zum Staube nieder.

Y. Dich quälen böse Träume.

B. Hör' mich an !

[Beide setzen sich.] In diesem Prunkpalast und in dem Garten, Der ihn umgibt, hat Sorgfalt mich erzogen. Ich sah nur ein gefälliges, ein schönes, Ein heitres Lebensbild.

Y. Ich weiss, Siddhattha

Ich weiss es wohl.

B. Du weisst, mein guter Vater

Liess Leid und Elend mir nie nahe treten.

16 DER BUDDHA.

Ich konnte glauben, so sei's überall, Doch kamen Zweifel, und ich bat um Urlaub, Zu schau'n, was ausserhalb des Schlosses liegt. Nur zögernd ward Erlaubnis mir gegeben. Mit Channa zog im Wagen ich hinaus. Da sah auf unserm Weg ich vor mir Ein Antlitz, wie ich es noch nie geschaut. Es war ein Mann mit runz'ligem Gesicht, Triefäugig, müden Gangs, ein Jammermensch.

[Yasodhara ist sichtlich bczucgt.] Entsetzen lähmte mich, doch kühl blieb Channa, Dergleichen hatte er schon oft geseh'n; Zu gut nur kannte er der Menschen Schicksal. Mir aber tagte es zum ersten Male : Währt unser Leben lang genug, dann sind Wir alle so erbärmlich anzuschauen.

y. Zu plötzlich fandest du die Wahrheit aus.

B. Channa trieb seine Rosse aus der Stadt. Da wiederum, welch' seltsames Gesicht! Am Wegrand lag ein Mann, hilflos und schwach. Die Glieder bebten ihm im Fieberkrampf, Ich schloss die Augen vor so grausem Schmerz ; Doch an das Ohr drang mir sein Stöhnen und

Aechzen. "O Channa," sprach ich zu dem Rosselenker, "Wie geht das zu ? Wodurch hat dieser Mann Das Elend seiner grossen Qual verschuldet?" "Weiss ich's!" rief Channa, "ist von uns doch

keiner

DER BUDDHA, 17

Vor Ungemach gesichert und vor Krankheit. Zuweilen trifft's den Besten und er stirbt." ''Er stirbt," schrie ich, "was soll das Wort be- deuten ?" Denn, du musst wissen, nie hört' ich vom Tode. ]\Iein Vater hatte untersagt, am Hofe Von etwas widrigem mit mir zu reden. "Ja sterben!" sagte Channa, "schau dich um!" Den Weg entlang kam langsam, feierlich Und traurig anzuseh'n, ein Leichenzug, Ein Körper, steif und kalt, lag auf der Bahre.

F. Reg' dich nicht auf ! Uns ist der Tod noch fern.

B. Fühl' dich nicht allzu sicher ! Die drei Uebel Umschweben überall uns und beständig. Und jetzt sogar umkreist der Tod das Haus. Als ich geboren war, ging meine Mutter Zum Himmel ein. Mein Leben war ihr Tod.

Y. Elerr, denkt nicht an vergangnes Leid zurück !

B. Die Welt bleibt ewig wandelbar. Gebilde, Dem Leiden, dem Verfall und der Zersetzung Geweiht, sind alle körperlichen Wesen. Doch unbekümmert und in grösstem Leichtsinn Jagt jeder seinen Lüsten nach. Vergänglichkeit Hat allem Sein ein Ziel gesetzt. Nicht einer Kann ihrem Fluch entgeh'n. Kein Sterblicher Ist immer glücklich. Elend überfällt Oft unvorhergeseh'n den Glücklichsten. Sodann erzeugen unsichtbare Mächte Furchtbare Krankheiten und Fieberglut.

18 DER BUDDHA.

Und wären wir vom Schicksal noch so sehr Bevorzugt, so wird endhch einmal doch Jeden von uns das Loos von Allen treffen. Der Tod, gespenstisch bleich, der düstre Yama, Erwartet jeden. Das is unabweislich.

Y. Verscheuch' die finsteren Gedanken ! Denk' An Leben, Liebe, an dein herzig Kind.

B. Wie kann ich glücklich sein, indes die Welt Von Elend starrt? Ich habe off'ne Augen. Ich seh' den Tod bei seinen graus'gen Festen. Der Herr der Welt ist er, ihr Schicksalslenker. Erbarmungslos schlägt ein Geschöpf das andre. Und das geschickteste, der Mensch, schlägt alle. Auch er nicht frei : den Bruder schlägt der Bru- der. Nirgends herrscht Friede, überall tobt Krieg. Die Lebensfrage fordert endlich Lösung. Ich will die grosse Aufgabe erfüllen.

y. Und mich willst du des Grübelns wegen opfern ! Ich soll für unfruchtbares Forschen büssen !

B. Ich darf nicht fragen, ob mein Forschen nichtig. Ich muss dem Rufe meiner Pflicht gehorchen.

y. [In leidenschaftlichem Gefühlsausbruch] : O Siddhattha, mein Gebieter, mein Gatte, was willst du tun? Vergisst du das Versprechen, das du am Hochzeitstage mir gegeben hast?

B. Yasodhara, mich rufen höh're Pflichten. Es kommt die Zeit, und sie steht nah bevor,

DER BUDDHA. 19

Da ich ein Heimatloser werde sein, Da ich dies Schloss und seinen prächt'gen Gar- ten Verlasse und der Lust der Welt entsage, Die Wahrheit zu ergründen, ihr zu leben! [Yasodhara sinkt vor ihm nieder und umklammert

seine Knie.] Y. Und mich, Herr, macht dein Wahrheitstrieb zur Witwe. O bleib' und gründe hier dem Glück ein Heim!

B. Yasodhara, ich darf es nicht, mein Liebling.

{Der Prinz steht da, in Gedanken verloren. Rahida wird unruhig. Yasodhara zvendet sich dem Kinde zn] :

Y. Er wacht schon wieder. Herzchen, Mutter

kommt.

[Der Schleier senkt sich wieder hernieder. Wenn er in die Höhe geht, zeigt sich der Garten vor dem Palast wie in der ersten Szene, aber es ist Nacht, und alles ist in Dunkelheit gehüllt.]

VIERTE SZENE.

[König Snddhodana (S) und sein Minister Wisakha (PV) treten aus dem Palasteingang. Später Haupt- mann Dewala (D) und Soldaten.]

S. Ungelegen, recht ungelegen kommt mir Udayins Tod. Siddhattha wird den Gärtner vermissen und nach ihm fragen,

W. Der Prinz liebt Blumen und kann sie alle mit Namen nennen; er liebt Bäume und Sträucher,

20 DER BUDDHA.

weil sie uns Frucht und Korn zur Speise liefern, so dass wir keines Tieres Blut zu vergiessen brauchen.

6^. Schafft den Leichnam fort, so lange es dunkel ist.

W. Wir haben heute Vollmond, bald werden wir ihn aufsteigen sehen.

5. Verdoppelt die Wachen an der Pforte! Ich fürchte, mein Sohn sinnt auf Flucht. Ginge er unter die Bettelmönche, würde auf mein Haus ein Schandfleck fallen. Die Könige von Kosala, Magadha und alle andern blicken mit Missgunst auf unser mutiges Volk. Sie nehmen Anstoss an unseren freien Institutionen und unserem kriege- rischen Geist. Sie würden über uns spotten, wenn ein Sakyaprinz Mönch würde. Aber, wenn Siddhattha wirklich entflieht, dann ich schwör's beim grossen Indra dann werd' ich ihn Verstössen ; ich werde ihn nicht länger als meinen Sohn betrachten. Ich werde ihn ent- erben und Rahula zum gesetzmässigen Thron- folger machen.

[W. schont ihn, aufs höchste erstaunt, an.']

S. Es ist mein Ernst, ich werde es tun. Ich habe einen Eid geschworen, und Issara wird mir bei- steh'n ihn zu halten. Geht jetzt zum Haupt- mann der Wache und richtet ihm meinen Befehl aus!

{S. ah. Der Minister allein.]

DER BUDDHA. 21

IV. O, was für eine Aussicht bietet sich mir dar! Siddhattha wird fliehen, wenn er nicht daran ge- hindert wird. Er wird enterbt werden. Rahula ist ein Säughng, der zwanzig Jahre braucht, ein Mann zu werden. [Er überlegt.] Ich werde auf verschiedenen Wegen vorgehen, und einer davon muss mich sicher zum Ziele führen. Ich werde die Prinzessin heiraten und dadurch der Stiefvater des gesetzmässigen Thronerben wer- den, sein Hüter, der Mann, der ihn in der Ge- walt hat. Ich brauche nicht zu weit im voraus Zukunftspläne zu schmieden. Und sollte dieser Plan fehlschlagen, so würde mich der König von Magadha zum Raja der Sakya machen, wenn ich ihn als meinen Lehnsherrn anerkennte. [Der Vollmond geht auf. W. pocht an die Pforte.] Wer ist auf Wache?

[Ein Offi.cier kommt heraus.]

D. Ich, Herr, Hauptmann Dewala.

IV. Es ist gut. König Suddhodana ersucht Euch, die Wache heute Nacht zu verdoppeln; er hat seine Gründe dafür. Ferner wünscht er, dass der Leichnam Udayins, der heute an einer an- steckenden Krankheit starb, weggeschafft wird. Seid auf Eurer Hut, denn wo der Körper eines Toten liegt, da spukt es und [in halbem Flüsterton] wenn Ihr Dämonen oder böse Geister seht, dann schliesst Euch selbst mitsamt Euren

22 DER BUDDHA.

Leuten in's Wachtlokal ein, und der Spuk wird vorübergehen.

D. Euer Befehl wird prompt vollzogen werden. [£?' salutiert und kehrt in's Wachtlokal zurück.']

W. Damit ist die Wache erledigt. Sollte Siddhattha fliehen, so wird er kein Hindernis vorfinden.

l^Aus der Wachtstuhe treten zwei Männer mit einer Bahre und begehen sich in den Palast. Kala Udayin kommt aus dem Garten zurück. Wisakha geht in den Hintergrund.]

K. Die Nachtigall ist ein süsser Vogel, doch finde ich mehr Gefallen an der Lerche. Die Nachti- gall besitzt grössere Kunstfertigkeit, aber ihr Lied klingt so schwermütig. Die Lerche hin- gegen zwitschert ein Lied wie mein eigenes. Sie ist mir darum lieber. Wie ist die Sommernacht so schön ! Wie strahlt der Mond so voller Glanz ! Wie duften so süss die Rosen! Es ist eine glückverheissende Nacht, und alles atmet Freude und Frieden. [Wisakha beobachtet aus seinem Versteck Kala.] TV. Er kommt zur rechten Zeit, seine Gegenwart wird meine Pläne fördern.

[Musik, aus Beethoven's Siebenter Symphonie, schwermütig und wie von fernher kommend, lässt sich hören.]

[Kala, in Gedanken verloren, fährt plötzlich auf.]

K. [wahrend die Musik spielt] Welch schwermütige Stimmung schleicht sich mir in's Herz? Bin ich

DER BUDDHA. 23

vielleicht zu glücklich gewesen ? Was sagt doch

Siddhattha?

Jeglich Gebilde zeigt sich vergänglich,

Schmerz unterworfen und ohne Selbst.

[Diese Worte haben den Tonfall der Musik und sollten den Rhythmus hören lassen. Siehe Buddhist Hymns, Seite 22.]

[Der Mond verbirgt sich eine Zeit lang hinter einer Wolke.]

l^Die Männer kommen mit dem Leichnam auf der Bahre. Kala hält sie an.]

K. Wen tragt ihr da? Wer ist das? [er schreit auf] Mein Vater! [Die Träger setzen den Leich- nam nieder, Kala sinkt an der Bahre zusammen.] O, mein Vater ! mein liebster Vater ! Warum bist du gestorben? Warum hast du mich verlassen? [Er schluchzt.]

[Siddhattha kommt.] B. Was mag vorgefallen sein? Ich hörte einen Schrei.

[Kala richtet sich auf.] [Die Szene ist wieder hell beleuchtet.]

K. O, mein Prinz! Schaut hier! Mein Vater ist tot! Jetzt kenne ich die Wahrheit so gut, wie Ihr sie kennt. Jetzt empfinde ich Qual. Jetzt ist die Zeit des Jammerns für mich gekommen. Ich war so glücklich und wollte Euren Worten keinen Glauben schenken. O, ihr, die ihr im Glück lebt, denkt in der Stunde des Glückes daran : Alles ist dem Leiden ausgesetzt, und auch zu euch wird die Stunde des Leidens kom-

24 DER BUDDHA.

men. Sie ist zu meinem Vater gekommen, und sie wird auch zu euch und zu mir kommen, und dann wird euer Lachen für immer ver- stummen. Mein armer Vater!

B. Wie selten, Tod, du Bringer heil'gen Friedens, Wie selten bist du ein willkomm'ner Gast! Selbst dieser arme Gärtner, der zeitlebens Im Dienste stand, lässt eine tiefe Lücke Im Herzen uns zurück. Sein Sohn beweint ihn. Und ich bewein' ihn auch, den Freund und

Lehrer, Der auf dem Knie mich manches Mal gewiegt, Der mir erzählte, wie die Blumen wachsen Und blüh'n und nach dem Regen sich entfalten. O möchten deiner Asche zarte Lilien, Rein wie dein eignes braves Herz, entspriessen ! Mit ihrem Duft die selbe Freude spendend, Die du uns schufst, als unter uns du weiltest! \^Die Träger heben die Leiche empor und tragen

sie hinaus.^ Fahr wohl, fahr wohl, du guter, edler Freund, Fahr wohl auf immer! Doch dein Scheiden ist Ein Zeichen mir, dass meine Zeit gekommen.

[£r wendet sich an Kala, der inzwischen, in Tranen auf gelöst, am Boden gekauert hat.]

O, weine nicht, Gefährte meiner Kindheit! Bewahre dir die Tapferkeit des Frohsinns ! Gedenke jeder Tugend deines Vaters Und lass im Herzen jede weiterleben!

DER BUDDHA. 25

Du darfst nicht schwächlich chch in Schmerz

verzehren. Leb' deiner Pflicht! Jetzt geh' und ruf mir

Channa ! Heiss' Kanthaka, mein gutes Ross, ihn satteln Und sich zu einem Nachtritt vorbereiten!

[Kala geht. Siddhattha allein.] Die Stunde naht ! Jetzt noch ein letzter Abschied Von dir, mein Weib, und Rahula, dem Kinde.

[B. tut ein paar Schritte, bleibt stehen.] Dies ist das grösste Opfer, das ich bringe. Fort werf ich eine Krone ohne Kummer, Fort werf ich Reichtum und den Glanz der

Macht. Ich schätze sie nicht höher ein als Asche. Doch muss ich auch von Weib und Kind mich

trennen. Und da, da gilt's des Herzen's Mut zu prüfen. [Er geht in's Haus.]

FUENFTE SZENE.

[Wieder senkt sich ein Wolkenschleier hernieder. Wenn er in die Höhe geht, erhiickt man wiederum Yasodhara's Schlafzimmer.]

[Siddhattha (B) tritt ein. Yasodhara schläft mit dem Säugling im Arm.]

B. Hier ruhen meines Lebens liebste Schätze, Mein edles Weib, mein Knabe Rahula.

[Siddhattha nähert sich dem Bett.]

26 DER BUDDHA.

Wie sanft ihr schlaft in eurer süssen Unschuld! Ich werde eure sel'ge Rast nicht stören. Ich will die Retterin, die Wahrheit suchen. Nicht kehr' ich heim, bevor ich sie gefunden. Fahr wohl, mein Weib, mein Knabe Rahula!

Muss es denn sein? Ist's wirklich meine Pflicht? [Er geht bis an die Tür; dort bleibt er stehen.] Vielleicht sollt' ich um ihretwillen bleiben.

Nein, nein, es kann mein Vater für sie sorgen. Mein weiches Herz verleitet mich zur Schwäche. Dies ist das grösste Opfer, das ich bringe.

SECHSTE SZENE. [Szenenwechsel wie vorher. Der Garten vor dem Palast.]

[Siddhattha (B) und Kala (K) treten auf. Channa

bringt das Ross Kanthaka.] Channa. Mein Prinz, hier ist Euer Ross! [Mara (M), eine übermenschliche Gestalt, prächtig gekleidet, erscheint in der Luft schwebend und redet Siddhattha (B) an.] M. Sein Weib, sein Kind verlassen, welche Schmach ! B. [Sich an die Erscheinung in den Lüften iven- dcnd] : Mara, du hier? du Böser, du Versucher! K. O, Prinz, verlasst uns nicht! Denkt an das Un- recht, das Ihr tut ! Ihr handelt schlecht an Eurem königlichen Vater, Ihr handelt schlecht an Eurem Weib, Ihr handelt schlecht an Eurem Kinde.

DER BUDDHA. . 27

B. Was sagst du da? Du meinst, ich tue Unrecht?

Derselbe Vorwurf hallt im Herzen nach.

Soll ich auf diese sanfte Stimme hören?

Es klingt so süss, so lieblich, so verlockend.

Wie angenehm war' es, daheim zu bleiben,

An Weibes, Kindes Liebe mich zu freu'n.

Liegt darin meine Pflicht? Sag' liegt sie da? K. Gewiss, Herr, Eure Pflicht erwartet Euch in Eurem Heim.

[Siddhattha schwankt wie in Zweifel, er steht einen Augenblick nachsinnend.]

B. Wer sagt mir an, wo meine Pflichten wurzeln?

M. Ich sag' es dir. Ich bin der rechte Führer.

K. Wie könnt Ihr nur noch zweifeln, mein Pvinz? Und könnt Ihr nicht hier in Eurem heimatlichen Garten nach der Wahrheit forschen? Hier gibt es viele stille Plätze, wo Ihr denken und über- legen könnt. O denkt und grübelt unter Blumenduft!

B. Hier komm' ich niemals an mein Ziel.

K. O bleibt!

Ein Königreich ist Euer sich'res Erbteil, Buddha zu werden, ist doch zweifelhaft.

B. Soll eines andern Buddha harr'n die Welt?

Millionen Menschen schmachten nach der Wahr- heit, [iJiit fester Stimvie] : Ich hör' den Ruf, und nichts hält mich zurück. Ich sehe meine Pflicht und will gehorchen.

28 DER BUDDHA.

M. Willst du nicht bleiben, edler Prinz Siddhattha? Das Rad der Herrschaft kreist. Zum Weltbe- herrscher, Zum Herrn der Könige, will ich dich machen. Denk, wieviel gutes kann ein Herrscher schaf- fen! Der Kön'ge König, breitest du die Wahrheit Mit mächt'ger Hand über die Lande aus.

B. Ich kenn' dich Mara, schändlicher Versucher, Fürst dieser Welt, ich kenne deine Absicht. Vergänglich sind die Gaben, die du bietest. Und deine Herrschaft ist nur Eitelkeit. Ich will ein grosses Königreich begründen Im Reich des Ewigen, das nie vergeht. Du hilfst der Wahrheit nicht. Du hemmst sie nur.

K. Ihr sprecht ja in die Luft hinein, mein Prinz. Ich sehe niemand da, mit dem Ihr redet.

[Kala öffnet das Thor. Channa hilft Siddhattha in den Sattel und führt das Pferd zum Hof hinaus. Kala geht in's Schloss. Wisakha kommt nach vorn.]

IV. Er ist gegangen. Er hat mir Platz gemacht. Die Zeit wird kommen, da mir das Reich gehört.

Y. [vom Balkon] : Siddhattha! Siddhattha! Wo bist du ? Er ist gegangen ! Er ist heimatlos gewor- den. [Sie sinkt ohnmächtig nieder.] [Vorhang.]

DER BUDDHA. 29

ERSTES ZWISCHENSPIEL.

[Lebende Bilder, von passender Musik begleitet, als Einfüh- rung zum zweiten Akt.

/. Beim Betteln um Speise.

Eine Szene aus dem Leben des Prinzen als Bettelmönch.

Ein Hindu-Dorf. Siddhattha steht, die Schale in der Hand, vor einer Hütte. Eine Frau schöpft aus einem Kessel Reis in seine Schale. Dorfbewohner, darunter Kinder, stehen um ihn herum und starren ihn an, ein paar von ihnen mit gefalteten Händen.

^. Der König begrüsst den Bettelmönch.

Ueberlieferung erzählt, dass König Bimbisara von dem edlen Mönche hörte und ihn zu sehen auszog. Unter dem Eindruck von dessen geistiger Bedeutung machte er ihm das Anerbieten, an der Regierung teilzunehmen. Als Sidd- hattha dies ausschlug, bat der König ihn, seine Residenz Raja- gaha aufzusuchen, sobald er ein Buddha geworden wäre.

Siddhattha sitzt unter einem Baum in der Nähe eines Baches. Der König steht mit gefalteten Händen vor ihm, von seinem Gefolge umgeben.

3. Siddhattha predigt den Dorfbewohnern.

Unter dem Baum auf dem Marktplatz eines Hindu-Dorfes. Siddhattha sitzt in der Haltung eines Predigers mit aufge- hobener Hand. Die Bewohner stehen und liegen, gespannt zuhörend, um ihn herum.

4. Dem Httngcrtode nahe.

Li Gesellschaft anderer Mönche suchte Siddhattha eine Zeitlang Erleuchtung durch Kasteiung.

Lifolge andauernden Fastens erschöpft, fällt der Bettel- mönch in Ohnmacht. Nanda, des Hirten Tochter, die vor- übergeht, erquickt ihn mit Reismilch. Seine fünf Jünger, die in einiger Entfernung stehen, fürchten, dass er durch die Annahme von Nahrung sein Gelübde gebrochen und das Forschen nach Wahrheit aufgegeben habe.

ZWEITER AKT.

ERSTE SZENE.

[Sieben Jahre sind seit dem ersten Akt verflossen. Ein Zimmer in Bimbisara's Palast]

[Nagadewa, der Minister (N), und General Siha, der Feldmarschall der Streitkräfte Magadhas {GS). Später der Zereuwnienmeister {Zm), König Bimbisara (Bb), ein Trompeter und eine Anzahl Leibwächter.]

AL 'S ist eine Freude, solchem Fürst zu dienen! Wie viele Länder sind ihm Untertan! Im Frieden herrscht er weise, und das Volk Gehorcht ihm willig, denn er ist gerecht. Im Kriege stürzt er sich auf seinen Feind, Ein grimmer Habicht auf ein hülflos Huhn. Im Angriff rasch, in jedem Kampfe glücklich, Verdient er seinen Namen in der Tat : Der kriegerische Bimbisara.

GS. Ihm

Zur Seite focht ich manchen heissen Strauss. Oft schienen wir verloren; doch sein Mut, Verbunden stets mit selt'ner Ueberlegung, Die jegliche Gefahr ihn ahnen Hess,

DER BUDDHA. 31

Gewann den Tag, und nie ward er geschlagen. Er wagte viel in diesem letzten Kriege; War' in der Feinde Hände fast gefallen, Hätt' Freiheit, Thron und Leben dann verloren. Alles setzt' er auf's Spiel, und er gewann. Er warf sich selbst in's tiefste Schlachtgetümmel Und feuerte dadurch die Seinen an, Unglaubliches zu leisten.

[Der Zcremonienmeister (Zm) tritt mit einem Trompeter ein. Der Trompeter bläst ein Signal.]

Zm. Edle Herren,

Es naht des Königs hohe Majestät, Um in geheimer Sitzung Rat zu halten.

CvS". Heil dir, siegreicher König Bimbisara!

[Beide knien nieder, während der König, begleitet von vier Leibwächtern, eintritt.]

Bb. Seid mir gegrüsst, Ihr Herren.

A''. Wir wünschen Euch

Glück, Freude, Ruhm und weiteren Erfolg.

Bb. Ich habe wicht'ge Dinge zu besprechen, Und Pläne von weitreichender Bedeutung. Ich will mit Euch allein sein.

[Zum Führer der Leibzvächter] Bewacht mit Euren Leuten dies Gemach!

[Auf den Gong deutend] Wenn ich Euch brauche, gebe ich das Zeichen. [Die Soldaten gehen ab.]

32 DER BUDDHA.

Setzt Euch, Ihr edlen Herren. Grosse Siege Hab' ich mit Eurer Elülfe leicht errungen ; Und das beweist, dass mich die Götter lieben. Ich prüfte Euren Mut und Eure Umsicht, Und was noch mehr wiegt. Euer Pflichtgefühl, Und hab' Euch tüchtig stets und treu erfunden. Drum geltet Ihr weit mehr mir als Vasallen Oder als Diener. Helfer seid Ihr mir. Freunde, die meinem Herzen nahe stehn. Freunde gebraucht ein Fürst, die zu ihm halten In Fährlichkeit, auf die er bauen kann; Die ihm Verantwortungen tragen helfen; Freunde, die frank und frei die Wahrheit sagen. Wollt Ihr mir solche Freunde sein? Sagt an!

GS. Ich will's von ganzem Herzen.

N. Ich nicht minder.

Bb. Und ich versprech' Euch als Entgelt dafür, Dass ich kein kühnes Wort misdeuten werde. Nicht immer werd' ich Euren Rath befolgen, Doch Euch steht's frei, zu sagen, was Ihr denkt. Und wenn Ihr meint, dass ich es wissen sollte, Dass es dem Reich, dem Volke Nutzen bringt.

Vernehmt denn, was ich Euch zu sagen habe! Dies ist ein Zeitalter grosser Erwartung, In dem sich manche Hoffnungen erfüllen. In unsern Städten häuft sich Reichtum an; In Blüte stehen Handel und Gewerbe, Die Karawanen tauschen unsre Waaren

DER BUDDHA. 33

Gegen die Kostbarkeiten fremder Länder aus. Was Indien braucht, ist einheitliche Herrschaft. EIN Fürst, ein König aller Könige, Sollte das ganze Gangestal regieren Und alle Länder unter sich vereinen. Nicht länger sollte Eifersucht uns lähmen, Und Hader uns're Machtentfaltung hemmen. Dem Einen Mann, der alles schützt und leitet. Ihm sollten willig alle Fürsten dienen. Darum ist dies mein Plan : Ihr, Nagadewa, Müsst Euch der Nachbarkön'ge Gunst gewinnen, So dass sie unsre Stärke kennen lernen. Wenn sie sich willig unterwerfen, sollen Sie als Vasallen uns willkommen sein. Wenn nicht, [sich an Siha wendend] müsst Ihr,

mein tapferer General, Sie mit Gewalt zur Unterwerfung zwingen. Verträge mit den Staaten rechts vom Ganges Und auch den Fürsten beider Kosala Befördern meine Pläne. Nur die Sakya Leisten noch unserm Willen Widerstand. Beugt sich ihr Trotz nicht, müssen wir ihn

brechen. Da gibt's für Euch [rw Siha] noch Arbeit, für

mein Heer.

N. Erlaubt mir, edler König, einen Rat! Ich kenne der Sakya Staatsminister. Er Ist willens, seinen Fürsten zu verraten. Der Sakyaprinz, der einz'ge Sohn und Erbe

34 DER BUDDHA.

Sein Name ist Siddhattha Gotama Ist Mönch geworden und lebt heimatlos; Verlassen hat er Weib und Kind, der Narr! Und der Minister trachtet nach dem Throne. Wenn wir ihm seinen Wunsch gewähren, würde Er Euch als seinem Lehnsherrn huldigen. Und das erspart dem Heere Blut und Mühe.

Bb. Wie heisst der Mann ?

A^. Wisakha, edler König.

Bb. Ich will ihn sehen, Lasst ihn Euch besuchen, Und wie von ungefähr will ich ihn treffen.

GS. Gewährt, o König, mir ein Wort der Warnung!

Bb. Sprecht frei heraus !

GS. [Mit unverhohlener Entrüstung, fast dringend] : Vermeidet ihn, mein König! Schickt mit dem ganzen Heer des Reiches mich ! Heisst mich die Sakya mit Gewalt bezwingen. Doch tut's im offnen Kampf, nicht durch Ver- rat! Hört auf Wisakha nicht, auf den Verräter! Blosser Verkehr mit ihm erniedrigt uns Zu seiner Schurkerei.

Bb. Ich dank' Euch, Siha,

Ich will's mir überlegen. [Bb. wird nachdenklich] Doch 's ist wichtig.

[In Zzviespalt mit sich selbst.] Sollt' ich ihn gar nicht sehen? ihn nicht hören?

DER BUDDHA. 35

Warum sollt' ich nicht Vorteil von ihm zieh'n, Bios weil er ein Verräter ist? N. Bedenket,

Dass man im Kriege auch Spione braucht.

GS. O, tut es nicht !

Bb. Siha, Ihr seid Soldat.

Ich schätze Euch. Ihr sprecht wie ein Soldat. Jedoch bedenket, wie uns Staatskunst nützt, Wieviel Besitz und Leben sie erhält! Wenn wir des Kriegs brutale Mittel sparen, Erfüllen schöner uns're Wünsche sich. Dem Feinde auch kommt es zugut. 'S ist besser, Friedlich ein Land zu nehmen, als die Städte Zu plündern und die Dörfer einzuäschern.

GS. Verzeiht, Herr, ich misstraue dem Verräter.

Bb. Ich werd' auf meiner Hut sein. Aber sehen Will ich ihn doch und ihn dabei erforschen. Ihr haltet unterdess' das Heer bereit. So oder so, ich muss den Sakyakönig Bezwingen und mir untertänig machen.

[Der König erhebt sich und kündet damit an, dass seine beiden Ratgeber entlassen sind. Diese er- heben sich gleichfalls.']

Bb. Es wächst die Welt mit jedem jungen Tage, Und unsre Ziele müssen sich erweitern. Es dämmert eine neue Zeit herauf. Ihr sollt mir helfen, eine grosse Zukunft Zu schaffen und die Pläne zu vollenden.

36 DER BUDDHA.

ZWEITE SZENE.

[Die Verwandlung geht rasch vor sich. Der Wolkenschleiei senkt sich, und wenn er wieder in die Höhe geht, zeigt sich der Garten vor dem Schlosse König Suddhodanas, wie im ersten Akt]

[Anwesend: Yasodhara (F) mit ihrer Zofe Gopa (G) und Rahida (R). Yasodhara sitzt auf der Bank vor dem Palast; auf ihren Schoosse sitzt Rahula, während Gopa den Sonnenschirm über sie hält.]

Y. Wiederhole den Vers noch einmal ! dann mag der Unterricht beendet sein.

R. Vergilt durch Güte eine böse Tat!

Und Lug durch Wandeln auf der Wahrheit

Pfad! Bezwinge Zorn durch Freundlichkeit, Durch Edelmut ersticke Neid!

Y. Jetzt darfst du im Garten herumspringen odei mit des Hauptmann's Sohn spielen.

R. Mutter, ich glaube nicht, dass Güte in diesem Leben immer angebracht ist.

Y. Wie kommst du darauf?

R. Es gibt sehr böse Buben, so böse, dass nur die Rute sie bessern kann.

F. Rahula!

R. Wirklich, Mutter, wirklich. Auch der Gärtner sagt es.

DER BUDDHA. 37

y. Du musst den bösen Buben ein gutes Beispiel geben.

R. Hat keinen Zweck, Mutter, sie bleiben böse. Ich hab's versucht.

y. Du musst Geduld haben.

R. Hat keinen Zweck, Mutter; und der Gärtner sagt: Eine Viper bleibt eine Viper.

y. Auch giftige Reptilien können gezähmt werden.

R. Ja, aber der Gärtner reisst Vipern erst die Gift- zähne aus. Wäre es dir recht, wenn ich mit einer Viper spielte?

y. Nein, mein Kind.

[Unruhe an der Pforte. Soldaten der Wache um- ringen einen Eintretenden.']

R. Was geht vor? O, Mutter, Kala Udayin ist zurück !

[Kala Udayin (K) erscheint unter den Lelbzväch- tcrn. Rahida läuft zur Pforte.']

R. Kala! Willkommen daheim! Gib mir die Hand!

K. Sei herzlich gegrüsst, mein Junge!

R. Hast du Vater gesehen?

K. Ich hab' ihn gesehen, Rahula.

R. Erzähl' mir alles!

K. Ich werde es der Mutter erzählen.

38 DER BUDDHA.

R. Komm' zur Mutter! Sie hat auf dich schon manchen Tag gewartet.

[Kala kniet vor der Prinzessin nieder.']

Y. Gopa, nimm dies Bündel! [Die Zofe nimmt sein Bündel und trägt es in's Hans.] Welche Nachrichten bringst du uns vom Prinzen Sidd- hattha ?

K. Ich folgte ihm von Ort zu Ort und sah ihn zulezt im Walde Uruwela.

y. Wie steht's mit seiner Gesundheit? Wird er zurückkehren ?

K. Seine Gesundheit ist leidlich, ist wohl gut. Aber an sein Zurückkommen ist nicht zu denken noch nicht! O meine teure Herrin! Wenn Ihr ihn sehen könntet ! Er ist abgemagert wie ein Skelett. Ich konnte seine Rippen zählen.

R. Was für Sorgen hat Vater?

K. [zu Rahula] Er fastet. Als ich ihn sah, lebte er von einem Hanf körn den Tag. Denk' dir, ein winziges Hanfkorn den ganzen Tag!

Y. O, er wird sterben. Mein armer Gatte ! Ich muss ihm folgen und auf seine Bedürfnisse achten. Er braucht seines Weibes liebende Für- sorge. Ich werde mein Heim verlassen und ihm folgen.

K. Würdet Ihr ihm helfen können, Prinzessin? Er möchte es nicht gern sehen, und die Mönche

DER BUDDHA. 39

verabscheuen Frauen. Ueberdies hat man mir gesagt, dass er wieder Nahrung zu sich nimmt, jeden Morgen eine Schale Reismilch. Am Tage da ich wegging, sah er besser aus ; doch war er recht blass.

Y. Sag' mir alles, was du von ihm weisst.

K. Ich kam zuerst nach Rajagaha, und hörte dort Wunderdinge über den edlen Mönch Gotama. Alle Welt kannte ihn. Sie nannten ihn einen Weisen, einen Muni, einen Bodhisatta.

R. Was bedeutet das, Kala?

K. Bodhisatta ist Jemand, der das Bodhi sucht, und Bodhi is Erleuchtung oder Buddhatum.

Y. Was sagten die Leute von Rajagaha?

K. Als Prinz Siddhattha nach Rajagaha kam, ver- ursachte er grosse Aufregung in der Stadt. Nie zuvor hatte man einen Bettelmönch von so vor- nehmer Erscheinung erblickt. Die Menge scharte sich um ihn. Man glaubte, er sei ein Buddha und begrüsste ihn als einen solchen. Aber er sprach zu ihnen : Ich bin kein Buddha, ich bin ein Bodhisatta, ich suche Buddhatum, und ich bin entschlossen, es zu finden.

Y. Bist du Leuten begegnet, die ihn sahen?

K. Gewiss ! Sie sagen, er sieht aus wie ein Gott. Die Nachricht verbreitete sich durch die Haupt- stadt, und König Bimbisara selbst zog aus mit

40 DER BUDDHA.

seinen Ministern, den Bodhisatta zu begrüssen. König Bimbisara kam zur Stelle wo der Fremd- ling war unter einem hohen Baum im Walde, in der Nähe eines Baches. Er begrüsste ihn ehrfurchtsvoll und sprach : ''Grosser Mönch, bleibe bei mir hier in Rajagaha! Ich sehe, du bist weise und würdevoll. Wohne bei mir im königlichen Palaste! Sei mein Ratgeber und Vertrauter ! Du bist nicht zum Bettelmönch ge- schaffen. Deine Hände sind geeignet, eines Rei- ches Zügel zu halten. Bleib' hier, ich bitte dich darum, und es wird dir nicht an Ehren und Würden fehlen." "Nein," erwiderte ihm Sidd- hattha, "lass' mich meine Strasse ziehen, Er- leuchtung zu suchen. Ich bin entschlossen, das Rätsel des Seins zu lösen und will ein Buddha werden." Sprach der König: "So höre denn, grosser Mönch! Geh' und suche Erleuchtung, und wenn du sie gefunden hast, dann kehre zurück nach Rajagaha!"

Y. Ist König Bimbisara so fromm?

K. König Bimbisara ist ehrgeizig. Wie jedermann weiss, ist er ein Krieger und Eroberer. Aber das ist nicht alles. Er will der grösste Herrscher aller Zeiten sein und möchte, dass alle Ereignisse von Bedeutung unter seiner Regierung statt- finden. Bimbisara sprach zum Bodhisatta : "Als ich jung war, hegte ich fünf Wünsche : Ich betete, o möchte ich zum König gekrönt werden ! Dieser

DER BUDDHA. 41

Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Dann wünschte ich, o möchte der heilige Buddha, der Eine, Gebenedeite, auf Erden erscheinen, wäh- rend ich König bin, und in mein Reich kommen ! Dies war mein zweiter Wunsch und, wie ich dich anschaue, weiss ich, dass er erfüllt werden wird. Ferner wünschte ich, o möchte ich den heiligen Buddha sehen und ihm meine Verehrung erweisen ! Das war mein dritter Wunsch. Mein vierter Wunsch lautete, o möchte der Eine, Ge- benedeite, mir seine Lehre verkünden ! Und mein fünfter und höchster Wunsch w^ar der, o möchte ich seine Lehre erfassen ! Ich bitte dich deshalb, grosser Mönch : Wenn du ein Buddha geworden bist, kehre zurück, verkünde mir deine Lehre und nimm mich an als deinen Jünger!"

y. Und wohin ging Siddhatta von Rajagaha?

K. Er suchte die grossen Weisheitslehrer Arada und Udraka auf, aber er fand in ihren Anschau- ungen keine Befriedigung. So kam er nach Uruwela, wo die Asketen, die Selbstpeiniger, lelien. Ich folgte dem Bodhisatta und kund- schaftete aus, dass er mit fünf Schülern im Walde verweilte. Ich fand nahebei Obdach, in der Hütte eines Schäfers, eines guten, alten Mannes mit einer hübschen Tochter, Nanda ge- heissen. Dort beobachtete ich aus der Entfer- nung Siddhattha und seine Schüler. Er war unter ihnen der jüngste, aber zugleich der wei-

42 DER BUDDHA.

seste, und sie verehrten ihn als ihren Meister. Er übertraf sie alle im Fasten. Eines Tages sah Nanda, des Schäfers Tochter, ihn in Ohn- macht fallen; vielleicht wäre er auf der Stelle an Erschöpfung gestorben, wenn sie ihm nicht Reismilch zu trinken gegeben hätte.

Y. O guter Kala, was soll ich tun? Was soll ich tun? Hier sitze ich daheim, ein armes, hilfloses Weib, nicht im Stande, ihm beizustehen oder für ihn Sorge zu tragen. O Kala, rate mir! Was soll ich tun?

[König Suddhodana {S) und Wisakha (W) treten aus dem Schlosse. Die Prinzessin zieht sich ins Schloss zurück. Gopa verbirgt sich hinterm Ge- büsch. ]

S. Ich bin froh, dich wieder hier zu haben. Hast du meinen Sohn gesehen ?

K. Gnädigster Herr, ich sah ihn.

5. Wo fandest du ihn?

K. In Uruwela, dem Ort der Ertötung der Begier- den, wo Heilige sich abmühen, Visionen zu haben und in Zustände der Verzückung zu fallen.

JV. Und hat Siddhattha Erfolg gehabt?

K. Er sieht nicht danach aus. Er hungert sich zu

Tode. /F. Liegt er im Sterben?

K. Nicht gerade das ; aber ich verstehe nicht, wie er bei solcher Lebensweise existieren kann.

DER BUDDHA. 43

S. O Wisakha, wie bin ich meines Sohnes durch eine Schrulle beraubt worden!

[Beide treten wieder ins Schloss. Wisakha kommt zurück.']

IV. Es scheint, Siddhattha richtet sich selbst zu Grunde.

K. Wie er's jetzt treibt, kann er's nicht lange aus- halten. Er wird keinen Monat mehr leben. Es ist jammervoll. Ihr hättet ihn nur sehen sollen! Dieser schöne junge Mann sieht aus wie ein Schwindsüchtiger, der dem Tode nahe ist. Ich hatte nicht den Mut, meine Gedanken kund zu tun. Die Prinzessin würde die bösen Nachrich- ten nicht ertragen haben.

W. Zu schlimm. Es sieht hoffnungslos aus.

K. Ich sehe nicht, wie der Prinz weiterleben kann.

W. Welcher Gedanke liegt diesem Fasten zugrunde ?

K. Diese frommen Einsiedler glauben, dass unser Ich im Körper gefangen gehalten wird und dass die Sinne die Gefängnispforten sind. Sie wollen die Seele befreien, und viele von ihnen haben Er- scheinungen, doch Siddhattha scheint zu zwei- feln, ob die Heiligen von Uruwela den rechten Pfad eingeschlagen haben. In der Tat leugnet er die Existenz eines Ich.

IV. Ich weiss, dass er es tut. Seine Ansichten soll- ten als rein irdische Weisheit gebrandmarkt werden. W^ie die Sinne Fingertasten, Augen-

44 DER BUDDHA.

tasten, Ohrentasten, Nasen- und Zungentasten sind, so ist für ihn der Geist ein blosses Ge- dankentasten. Er behauptete, dass das Denken aus dem Zusammenwirken der Sinne entsteht.

K. Seine Schüler beginnen, von ihm sich abzuwen- den.

W. Das ist recht ! Sie hätten es schon längst tun sollen. Ich habe immer gesagt : Siddhattha ist ein Ungläubiger. Er tritt den Glauben mit Füssen und verlässt sich zu sehr auf eigenes Beobachten und Denken. Er wird nie Erleuch- tung finden. Dazu ist er zu sehr Verneiner, zu sehr Zerstörer, und sein Suchen nach dem Bud- dhatum wird jämmerlich misslingen.

K. Das wäre traurig, Herr. Es ist ihm so durchaus ernst damit, die Wahrheit zu finden die wirk- liche Wahrheit, nicht das, was die Priester dafür ausgeben oder was die Veden anführen, nein, Wahrheit, erweisliche Wahrheit.

W. Ja, das ist sein Fehler. Wenn der König mit dir spricht, dann sag' ihm alles, setz' ihm die Hoffnungslosigkeit der Lage auseinander. Der König muss die Tatsachen kennen lernen.

[JVisakha begibt sich ins Schloss ::;urilck.]

K. [Ruft mit leiser Stiuinie] : Gopa! Gopa!

[Gopa koinint hinter den Büschen herz'or.]

K. [Beiseite] Ich wusste, sie würde nicht fern sein.

DER BUDDHA. 45

G. Was willst du?

K. Ich will mit dir plaudern.

G. Nun?

K. Lass uns unsern Hochzeitstag festsetzen.

G. Mir liegt nichts daran, dich zu heiraten gerade jetzt.

K. Ich will einen Kuss haben, Gopa.

G. Du kriegst keinen.

K. Ich werde Kapilawatthu verlassen und zum Bodhisatta zurückkehren.

G. Er wird dir sagen, dass ein junger Bursch kein Mädchen küssen soll.

K. Diese Vorschrift gilt nur für Mönche.

G. Geh' und werde Mönch ! Dann passt sie auf dich.

K. Die Welt würde aussterben, wenn jedermann Mönch werden wollte.

G. Erstens bist du nicht jedermann, und zweitens wäre es nicht ein Segen, wenn die Welt aus Heiligen bestünde?

K. Die Menschheit setzt sich aus verschiedenen Klassen und Berufen zusammen, aus Soldaten und Kaufleuten, aus Bauern und Handwerkern und Lehrern, Die Menschheit gleicht einem Körper mit verschiedenen Gliedern, mit Kopf und Händen, Füssen, Brust und Nacken. Ein Mensch, der nur Kopf wäre, könnte nicht leben, und wenn die Menschheit aus Buddhas allein

46 DER BUDDHA.

bestände, so rnüssten wir alle umkommen. Wir brauchen einen Buddha, aber es müssen auch Familienväter existieren. Und nun, rasch, gib mir einen Kuss.

[Sie schmollt.]

K. Wenn du mich nicht küsst, werde ich nach dem Wald Uruwela zurückgehen. Nanda, des Schä- fers Tochter, ist ein ganz reizendes Mädchen. Sie ist so hübsch wie du. Sie ist nun, ihre Wangen sind rosiger als die deinen. Sie ist ein bischen grösser, und sie sieht so anmutig aus, wenn sie die Kühe melkt. Der Schäfer braucht einen Gehilfen. Ich bin sicher, er würde gern einen Schwiegersohn haben.

[Rahula kommt.]

R. Gopa! Du sollst zur Mutter kommen.

G. [Kala schnell küssend] : Hier ist ein Kuss, aber du musst Nanda vergessen. [Sie läuft davon.]

K. Wart' einen Augenblick !

G. Hab' keine Zeit. [Sie verschwindet.]

K. Ich wusste, dass sie nachgeben würde und sie ist viel niedlicher als Nanda. Nanda ist ein munteres Landmädchen, ein angenehmes Ding, aber Gopa ist so fein wie eine Prinzessin. [Er fährt pathetisch fort.] Bodhisatta sehnt sich nach dem gesegneten Lande Nirwana, und wenn er es gefunden hat, wird er ruhig und ohne Leidenschaft sein. Er wird auf Erden wie ein

DER BUDDHA. 47

Gott unter Menschen wandeln. Keine Erregung wird den Frieden seines Geistes stören, und die Glückseligkeit des grossen Brahma wird nichts bedeuten im Vergleich zur unbegrenzten Wonne seines Buddhatums. [In leichterem Tonfall.] Ich verehre ihn, doch ich beneid' ihn nicht. Ich sehne mich nicht nach dem Glück eines Gottes. Ich bin ein Mensch mit irdischen Schwächen und irdischen Wünschen. Ich begnüge mich mit dem Glück und mit dem Leid eines Menschen. Seit ich der Liebe Gopas gewiss bin, kümmere ich mich nicht um Nirwana. Ich denke, diese Welt ist gut genug für mich. [Ab.]

J^lVisakha, wie ein Späher umher schauend.]

W. Wie friedlich ruht dies Schloss ! Doch sehe ich Ein Kriegsgewitter sich zusammenziehn Und über seine Zinnen sich entladen. Der Sturm kommt unerwartet, und er wird Das ahnungslose Volk schwer treffen. Sein Untergang ist sicher. Widerstand Ist nutzlos, denn der Tapferste muss schliesslich Der zehnfach grossen Uebermacht doch weichen. Was wird dann aus Yasodhara? Ich liebe sie Und möchte sie noch retten, war' es möglich. Ein schönes, edles Fürstenkind. Aber Ich hasse diesen Burschen Rahula. Was kommen mag, es muss mein Plan gelingen, Der Sturz des Fürsten wird mir Nutzen bringen.

[Musik: Chopins Nocturne, Opus 37, No. 2.]

48 DER BUDDHA.

DRITTE SZENE.

[Es wird dunkel. Allmählich wird es heller, und wir sehen Yasodharas Schlafzimmer wie vorher ; nur ist aller Luxus ent- fernt worden. Sie schläft auf dem Boden, auf einer Matte, Rahula im Bett]

R. Mutter! Mutter!

Y. Schlaf, mein Kind, es ist fast Mitternacht.

R. Nimm mich zu dir, Mutter!

[Y. hebt R. aus dem Bett.] R. Warum schläfst du auf dem Boden, Mutter?

Y. Vater schläft auch so. Lass mich dich wieder in dein Bett legen! Du musst schlafen.

R. Erzähl' mir mehr von Vater!

Y. Morgen!

R. Erzähl' mir jetzt! Ist Vater ein König?

Y. Nein, mein Kind, aber er ist ausgezogen, ein Königreich zu gründen.

R. Wird er König davon sein?

Y. Ich weiss es nicht, mein Kind ; aber sein König- reich wird nicht so sein wie weltliche König- reiche. Es wird das Reich der Wahrheit sein ein geistiges Reich, ein Reich der Gerechtigkeit.

R. Ist Vater reich?

y. Er verachtet Reichtum.

R. Warum denn?

Y. Er sucht nach anderen Reichtümern, welche er

DER BUDDHA.

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den Menschen geben will, nach Reichtümern des Gemüts und des Geistes: Wohlwollen und Er- leuchtung.

R. Hat er solche gefunden?

Y. Ich glaube, ja.

R. Er schickt dir Nachricht durch Kala Udayin.

Y. Nein, Rahula. Wir haben Kala Udayin ausge- sandt, ihn zu beobachten, und wenn er zurück- kommt, erzählt er uns, was er gesehen und ge- hört hat. Kala spricht nicht mit Vater.

R. Warum spricht Kala nicht mit Vater?

Y. Grossvater hat es ihm verboten. Als wir Dewa- datta und Ananda aussandten, wandten sie sich dem Leben der Einsiedler zu. Sie schlössen sich Vater an und kehrten nicht zurück; doch Kala wird kein Mönch werden.

R. Aber diesmal wird er mit Vater sprechen.

Y. Woher weisst du das?

R. Ich hörte, wie Gross vater ihm Auftrag gab.

Y. Was hat er ihm aufgetragen?

R. Er sagte Kala, dass er Vater auffordern möchte, uns zu besuchen.

[Sie ist kaum imstande, ihre Freude zu verbergen.]

Y. Du hast Grossvater das sagen hören?

R. Ja, Mutter. Grossvater sagte, er würde alt, und bevor er stürbe, möchte er seinen Sohn wieder- sehen.

50 DER BUDDHA.

Y. Wie? hat er das wirklich gesagt?

R. Ja.

Y. O, mein Herzenskind, dann wirst auch du ihn sehen.

R. Die Leute sagen, er wird ein Buddha werden.

F. Ja, Kind, die einen sagen, er wird ein Buddha werden, aber andere zweifeln daran.

R. Mutter, was ist ein Buddha?

Y. Ein Buddha ist Jemand, der die Wahrheit ge- funden hat.

R. Wie kann Jemand die Wahrheit finden ?

F. Durch Erleuchtung. Er muss den Grund des Uebels ausfindig machen.

R. Warum muss er den Grund des Uebels ausfindig machen ?

F. Er lehrt das Volk, wie man Uebel vermeidet.

R. Hat Vater den Grund des Uebels ausfindig ge- macht ?

F. Kala Udayin sagt so.

R. Was ist der Grund des Uebels?

F. Vater sagt, Selbtsucht sei der Grund des Uebels, und Selbstsucht kommt vom Glauben an das Ich.

R. An das Ich?

F. Ja, an das Ich. Der Mensch glaubt in der Regel, dass er ein Ich, ein eigenes Selbst ist.

DER BUDDHA.

51

R. Wie, ein Selbst?

Y. Ja, ein Selbst, ein Wesen für sich, das nur für sich lebt, und der Gedanke an sein Ich rnacht den Menschen selbstsüchtig.

R. [Mit kindlich ernster Ueberlegnng.] Ich glaube es, Mutter.

Y. Vater sagt, es gibt kein Ich; das Ich ist eine

Täuschung. R. Was bedeutet das?

Y. Es bedeutet, dass wir nicht von einander abge- sonderte Wesen sind. Ich denke einen Gedan- ken und spreche ihn aus, und du hörst ihn. Ich glaube an diesen Gedanken und du auch. Wem gehört er nun, mir oder dir?

R. Er gehört uns beiden.

Y. Aber woher kommt der Gedanke? Wenn er wahr ist, gehört er der Wahrheit und ist wahr gewesen, ehe ich ihn gedacht habe.

R. Ja, Mutter.

Y. Und wenn er falsch war, ist er böse und ist böse gewesen, ehe ich ihn gedacht habe.

R. Ja, Mutter.

Y. Und so sind all' unsere Gedanken. Aber fast ein jeder glaubt, dass er selbst diese Gedanken denkt und ersinnt, und das ist eine Täuschung-

R. Ich sehe es ein.

52 DER BUDDHA.

Y. [Zu sich.] Die Augen fallen ihm zu. Er ist müde. [Zu Rahiila.] Geh' jetzt wieder schla- fen, Rahula, und träume von deinem Vater. Ich werde dir eins von Vaters Liedern singen.

[Yasodhara bringt Rahula zu Bett und singt] :

Aus dir selbst entsteht das Uebel Aus dir selbst erwächst die Pein. Aus dir selbst lässt du vom Unrecht, Aus dir selbst nur wirst du rein. Selber musst du dich erlösen. Keiner hat's für dich getan. Selber musst den Weg du wandeln, Buddhas weisen nur die Bahn. [Die Melodie hierzu findet sich in Buddhist Hymns, Sehe ig.]

[Der Knabe schläft ein. Yasodhara deckt das Kind zu, sie selbst legt sich auf die am Boden liegende Matte. Ein Traumbild erscJicint ihr. Unter dem Bodhi-Baum in einer Waldlandschaft sitzt Sidd- hatta, von einem Lichtkreis nmschzveht. Mara nalit sich, um ihn in Versuchung zu führen.]

M. Du bist erschöpft, erhab'ner Sakyamuni, Bist ausgehungert von beständ'gem Fasten, Und du wirst sterben, nimmst du nicht und isst. Köstliche Speise bring' ich. Iss und lebe !

B. Ich esse nicht, bevor mein Werk vollbracht. Ein Streiter soll nicht weichen in der Schlacht; Weit besser ist's zu fallen ohne Beben, Als flieh'n und ehrlos als ein Eeigling leben.

DER BUDDHA. 53

Vergeblich ist dein tückisches Beginnen; Ich esse nicht, o Mara, weich' von hinnen !

M. Willst du auf meinen guten Rat nicht hören?

B. Stets seinen Rat nennt der Versucher gut, Jedoch die Lust, die er verheisst, ist schlecht.

[Mara nimmt eine drohende Stellung an.]

M. Ich dulde nicht, dass du hier weilst, Siddhattha,

Ich werde deinen Trotz zu brechen wissen ;

Ich hind're dich am Suchen nach der Wahrheit.

Den Bodhi-Baum zerschmettr' ich, Blitze schleu- dernd,

Und dich jag' ich in Angst durch grimmen Don- ner.

[Alles hüllt sich in Finsternis mit Ausnahme Sidd- hatthas und des Bodhi-Baumes. Donner und Blitz. Nach einer Weile legt sich der Lärm. Es wird wieder hell. Maras Töchter erscheinen.]

M. Geht, Töcliter, geht, versucht den heil'gen Mann Und lockt ihn weg vom Sitz des Buddhatumes !

[Drei rei::ende Frauen, Maras Töchter, singen mit leiser, einschmeichelnder Stimme.]

[Melodie: Gesang der Meermädchen aus Olieron.]

Süsser auf Erden ist nichts als die Lust. Liebe begehren, gewähren du musst. Hör' uns, wir lindern das Leid und den Schmerz, Geben dir, was sich erbittet dein Herz. Herrschaft verleihen wir, freudigen Mut,

54 DER BUDDHA.

Reichtum, Gesundheit, ja jegHches Gut.

Was nur das Leben schmückt, schaffen wir her.

Höchster Genuss ist gestilltes Begehr.

[IVälircnd sie singen, schweben sie in verführe- rischer Haltung nin den Bodhi-Baum herum.']

[Siddhattha achtet nicht auf Mara's Töchter. Sie verschwin- den, und es erscheinen seltsame Ungeheuer in drohender Hal- tung, die einen wilden Kriegstanz aufführen, sich beständig dem Baum nähern und ihre Waffen gegen den Sakyamuni schwingen ; sobald sie aber dem Lichtkreis sich nähern, er- matten sie, unfähig, ihn zu verletzen. Lotosblumen regnen hernieder. Sakyamuni hebt seine rechte Hand. Eine Flut von Blitzen und ein heftiger Donnerschlag. Der Spuk ver- schwindet im Dunkeln, während der Buddha allein unter dem Bodhi-Baum zurückbleibt, sichtbar in einem Umkreis von Licht. Die Waldlandschaft erscheint in vollem Licht wie vorher.]

B. Am Lebensrade kreist Geburt und Tod. In Dunkelheit beginnt der Gründe Kette, Zwölf fach gegliedert, und der Rest is Leiden. Die Wahrheit ist entdeckt, die hohe Wahrheit: Das Sein ist Leid, des Leidens Grund Begier. Doch können wir entfliehen unserm Leiden, Wenn wir Begier und Selbstsucht von uns wer- fen. Achtfacher hoher Pfad der Rechtlichkeit Befreit von allem Uebel uns. Er bringt Der Seele Frieden und führt nach Nirwana. [Mit Musikbegleitung.]*

Vergebens durch Geburt und Tod Sucht ich den Schöpfer dieser Not. Den Bauherrn hab' ich nun erschaut,

* Buddhist Hymns, Seite 15.

DER BUDDHA. 55

Kein andres Haus er für mich baut. Das Giebeldach, das Sparrwerk brach. Es schweigt Begier; Ruh fand ich hier.

[Zu den folgenden Worten passt vorzüglich die Musik des Chors mit Soli No. 13* aus Haydns "Schöpfung." Der Geist der Komposition ist dieser Szene völlig angemessen.]

Chor der Engel.

Den grossen Muni schaut! Sein Herz ist frei von Tücke. Des bösen Mara Heer, Es wich vor ihm zurück.

Brahma, Wishnii, Schiwa.

Siegesheld Buddha, Du bist weise und rein. Das Dunkel verschwand, Und das Licht brach herein.

Chor der Engel [wie oben].

Die Wahrheit künd' Der ganzen Welt. Wahrheit, Rettung bringt sie. Wahrheit, dir sei Preis!

[Lotosblumen regnen dichter und dichter hernieder. Wolken bedecken die Szene, doch der Buddha unter dem Bodhi-Baum bleibt, zwar schattenhaft, aber deutlich sichtbar.]

[Yasodhara erwacht vom Traum, erhebt sich, zündet an einer Nachtlampe eine Kerze an und kniet mit

* Edition Peters, Seite 44-55 : "Die Himmel erzählen n. s. w." An einigen Stellen, wo die Fugen einsetzen, sollten die Worte: "Des bösen Mara Heer" lauten: "Des bösen, ja des bösen Mara Heer" u. s. w.

56 DER BUDDHA.

gefalteten Händen vor der Erscheinung des Bud- dha nieder.]

Y. O Siddhattha, mein Herr und Gatte ! Nein, nicht länger mein Gatte, nur noch der Buddha! Zu dir nehme ich meine Zuflucht. An dich und dein Wort glaube ich. Deine Lehre soll mich leiten. Nimm mich an als deine gläubige Jünge- rin, eine Jüngerin des heiligen Buddha, des Tathagata, des grossen Denkers, des Erlösers der Menschheit!

[Vorhang.]

ZWEITES ZWISCHENSPIEL.

[Von passender Musik begleitete, lebende Bilder, die zum drit- ten Akt hinüberführen.]

/. Die Gründung des Reiches der Gerechtigkeit.

Der Buddha predigt seinen fünf Jüngern den Weg des Heils, eine in einem besonderen Buch überlieferte Rede, die häufig mit Christi Bergpredigt verglichen wird.

Der Buddha steht mit erhobener Hand, während fünf Mönche ihn stehend oder sitzend, teilweise mit gefalteten Händen, in ehrfurchtsvoller Haltung umgeben.

2. Einsug in die Hauptstadt.

Als der Buddha nach Rajagaha kam, strömte ihm das Volk auf dem Wege entgegen und begleitete ihn im Triumphzug in die Stadt, ganz wie beim Einzug Christi in Jerusalem.

Der Buddha, mit der Schale in der einen und dem Stab in der andern Hand, wird von gelbgekleideten Mönchen be- gleitet. Das Volk streut Blumen, schwingt Palmenzweige und lässt Tücher wehen.

S. Die Bnhlerin.

Ambapali, die buddhistische Maria Magdalena, kam zum Buddha, betete ihn an und bat ihn, in ihrem Hause sein Mahl

DER BUDDHA. 57

einzunehmen. Zum Erstaunen verschiedener Moralisten nahm er die Einladung an und erwies der reuigen Sünderin Ehre. Ein reichgekleidetes Weib kniet mit erhobenen Händen vor dem Buddha, hinter ihr, dienstbereit, eine Magd. Wohlge- kleidete Leute von hohem Stande beobachten die Szene mit dem Ausdruck der Entrüstung.

4. Der Menschenfreund.

Der reichste Mann der Stadt Sawatthi lud den Buddha zu sich in seine Wohnung and erbot sich, ihm und seinen Jüng- ern ein Rasthaus zu bauen.

Anatha Pindika kniet vor dem Buddha, in der einen Hand Bild und Plan eines Gebäudes haltend. In der Begleitung des Buddha befinden sich zwei Mönche, in der Anatha-Pin- dikas der Architect.

5. Prinz Jeta.

Man sagte, der schönste Fleck Erde in Sawatthi war des Prinzen Jeta königlicher Lustgarten, den Anatha Pindika für die Jünger des Buddha zu kaufen wünschte. Der Eigen- tümer hatte keine Lust, zu verkaufen und stellte die unge- heure Forderung, der ganze Grund und Boden solle mit Gold als Kaufpreis bedeckt werden. Aber Anatha Pindika Hess das Gold in den Garten bringen und bezahlte den Prinzen.

Die Szene ist in den Park verlegt. Anatha-Pindika steht mit Säcken voll Gold in befehlender Haltung da. Die Diener streuen die Münzen aus, während Prinz Jeta erstaunt die Hände aufhebt.

[Anatha Pindika ist nicht der wirkliche Name des Mannes, sondern nur ein Beiname. Die wörtliche Uebersetzung lautet "der Bedürftigen Almosen."]

DRITTER AKT.

ERSTE SZENE.

[Ein Brahmanentempel mit einer Bildsäule der Göttin Durga ; vor dem Götzenbild ein Altar, im Hintergrunde eine Land- schaft mit Feldern und Gehöften.]

[Von rechts treten ein General Siha (GS), ein Hauptmann (H) und eine Anzahl Soldaten.]

GS. Schlagt die Zelte an dem Abhang jenes Hügels auf, da, wo das Bauernhaus steht.

H. Es soll geschehen, mein General.

GS. Was für eine Volksmenge hat sich da mit Fah- nen und Kränzen aufgestellt?

H. Es ist die Familie des Bauern, geführt vom Dorf- priester. Nachbarn drängen sich herum und vergrössern die Zahl.

GS. Der Priester schwingt ein grosses Messer, das in der Sonne blitzt. Ich sehe, seine Hände sind mit Blut befleckt. Man scheint ein Fest zu fei- ern.

H. Die Dorfbewohner sagten mir, dass die Veran- lassung traurig ist. Eins von den Kindern des Bauern is vor kurzem gestorben, und da die

DER BUDDHA. 59

andern krank darniederliegen, fleht der Vater die Göttin Kali an, ihm den Rest seiner FamiHe zu erhalten. Sie haben sich zu einer Prozession geordnet; sie haben ein junges Schaf am Haus- altar ihres Gehöfts geopfert und kommen jetzt herab zum Tempel.

[GS. beobachtet die Szene einen Augenblick, dann wendet er sich an den Hauptmann.]

GS. Nun, schlagt die Zelte auf, ehe die Sonne unter- geht!

[Innzvischen tritt Buddha mit zwei Jüngern auf. Sie setzen sich unter einen Baum. Der Haupt- mann verneigt sich ehrfurchtsvoll vor ihnen und verlässt die Bühne.]

GS. Seid mir gegrüsst, heilige Mönche !

B. Friede sei mit dir! Möge dein Schwert nie mit unschuldigem Blute befleckt werden!

GS. Ich ziehe das Schwert für meinen König, für mein Vaterland und für die Wiederherstellung der Ordnung, wenn Feinde oder Aufrührer sie gefährden.

B. Du siehst mutig aus, und deine Worte haben den Klang schlichter Ehrenhaftigkeit.

GS. Ich diene einem mächtigen König, der das Rechte zu tun gedenkt. Er zieht es vor. seine Herrschaft durch Verträge zu befestigen und schont den Feind, der um Frieden bittet.

60 DER BUDDHA.

B. Du sprichst von Bimbisara, dem Könige von Magadha.

GS. Ja gewiss, ich spreche von dem grossen Bim- bisara, der geboren ist, die Welt zu beherrschen. Ich bin ihm treu ergeben und vertraue ihm. Ich bin Siha, sein General.

B. Dein Name ist in Indien wohl bekannt.

GS. Als ich das Kriegshandwerk erwählte, betete ich zu den Göttern, sie möchten es nie mein Schicksal werden lassen, für eine ungerechte Sache zu kämpfen.

B. Lass dies Gebet dir ein Gelübde sein.

Und halt' es unverbrüchlich. Unser Schicksal, Oder die Götter, gewähren Lebenslagen, Du selbst jedoch musst handeln, und du bist Allein verantwortlich für deine Taten, Denn du formst dir dein Leben, nicht die Götter.

G5". Deine Worte gefallen mir, ehrwürdiger Mönch. Was ist deine Lehre?

B. Ich lehre, auf dem Mittelweg zu wandeln. Vermeide Uebertreibung. Weder sollen Wir unsern Leib kasteien und uns martern, Noch uns von Sinnes freuden leiten lassen. Wir müssen Wahrheit finden und den Pfad Der Rechtlichkeit, den achtfachen, beschreiten.

GS. Wer bist du, wunderbarer Mönch ? Deine Lehre ist so einfach und dabei so überzeugend, dass ich gestehe: sie ist die richtige. Das Volk sollte

DER BUDDHA. 61

dich kennen und deine Lehre annehmen. Wer bist du?

B. Geboren bin ich unter den Sakya. Man nennt mich Sakyamuni.

GS. Gesegnet sei dieser Tag, an dem ich den grössten Mann unserer Zeit treffe ! Ich habe schon von dir gehört. Deine Feinde, die Niggantha, die mit deinem neuen Orden wetteifern, erwähnten dich und sagten, du leugnetest die Seele, du glaubst an ein Verlöschen, du führtest zur Ver- neinung des Lebens, und Nirwana sei nach dei- nem Ausspruch ein leeres Nichts. Ist das wahr ?

B. Ich lehre das Erlöschen, edler Feldherr,

Von Hass, von Gier und Wollust, doch ich dringe Darauf, zu tun, was recht und billig ist und gut. Wir sollen standhaft unser Werk verrichten. Die Wahrheit suchen, und von ihrem Licht Uns unsern Lebenspfad erleuchten lassen. Dort ist Nirwana, wo die Leidenschaften Erloschen sind, wo sel'ger Friede waltet.

GS. Du bist mehr als ein irdischer Mensch, du hei- liger Mann. Ein Glückstag ist's, an dem ich dir begegnet. Das Volk nennt dich den Buddha, und, mir scheint, mit Recht. Ein Gefühl tiefer Ehrfurcht überkommt mich, und die Wahrheit wird mir offenbar. Du bist der grosse Lehr- meister der Welt. Wenn deine Lehre sich dem Volke einprägte, würde ein neues Zeitalter her-

62 DER BUDDHA.

aufsteigen, ein Zeitalter, in welchem die Mensch- heit weiser und edler, glücklicher und besser wäre.

[Barbarische Musik mit vorherrschendem Trommelschlag ertönt hinter der Bühne.]

[Stimmen hinter der Bühne werden laut] : Maha Kali ! Kali Ma !

GS. Sieh, wie elend diese Leute in ihrer Unwissen- heit sind !

B. Man muss sie lehren, und sie werden lernen; Die Wahrheit wird vom Irrtum sie erlösen.

[Die Prosession nähert sich. Zuerst kommt ein kleiner Trupp Musikanten mit primitiven Instru- menten, darunter Trommeln. Dahinter bewegen sich Tänzer in grotesken Stellungen. Dann folgt ein Priester (Pr) in der blutigen Hand ein grosses Messer schwingend. Ihm zur Seite geht ein Hirt, der ein Lamm trägt. Hinter ihnen die Familie des Bauern und anderes Volk.]

GS. Welch' fürchterliche Töne ! Dabei geberdet sich die Gesellschaft wie wahnwitzig.

Pr. Maha Kali !

Chor. Kali Ma !

Pr. Göttin mit dem schwarzen Antlitz ! Grosse, schwarze Mutter!

C/ior. Maha Kah! Kali Ma! MahaKaH! KaH Ma! Maha Kah! KaHMa!

DER BUDDHA. 63

[Das Volk stellt sich nu beiden Seiten auf, und die Tän::cr tan::en den Tanz des Lammes vor dem Hirten. Der Priester schreitet zum Altar, die Menge kniet nieder. Der Hirt legt das Lamm auf den Altar.'] Fr. Erbarme dich unser ! Vertreibe den Dämon des Siechtums ! Halte Yama fern, den schreckHchen, den Gott des Todes! Chor. KaH Ma, erbarm' dich unser!

Pr. Du bist Parvati, das Weib Siwas . Du hast die Riesin Durga überwunden, die böse, und jetzt nennt man dich selbst die Göttin Durga. Du bist Mahischamardini, die Mahischa über- wand. Du bist Kalaratri, die nächtliche Finsternis, der

Abgrund aller Geheimnisse. Du bist Jagaddhatri, die Mutter der Welt. Du bist Jagadgauri, hochberühmt in aller Welt. Du bist Katijayina, mit tausend Sonnen leuch- tend. Du bist Singhawahini. Auf einem Löwen sitzend, errangst du den Sieg über Raktawija, den Füh- rer des Heeres der Riesen.

Grosse Mutter des Lebens, nimm unser Opfer an, das Blut des Lammes!

Chor. Maha Kali, nimm unser Opfer an! Kali Ma, nimm unser Opfer an ! Kali Durga, grosse Göttin, nimm unser Opfer an!

64 DER BUDDHA.

[Der Priester wendet sich gegen das Lamm auf dem Altar und hebt das Messer. Buddha tritt vor und legt ruhig seine Hand auf des Priesters Arm.]

B. Halt!

Pr. Unberufener !

B. Bedenke

Erst was du tuest, eh' du Blut vergiesst.

Pr. Du wagst es, fremder Mönch, die heil'ge Hand- lung Zu unterbrechen? Dieses Opferlamm Gehört der grossen Göttin Kali an, Ihr wird es dargebracht. Du aber störst Den frommen Brauch. Fürchte der Götter Rache.

[Buddha tritt einen Schritt surück und hebt ruhig und zuarnend seine Hand. Da zückt der Priester sein Messer gegen Buddha, aber Siha zieht sein Schwert und schlägt dem Priester das Messer aus der Hand.]

GS. Halt' Frieden, dreister Priester !

B. Die Götter, wenn sie göttlich sind, o Priester, Können nur edel sein, und gross und gut. Sie müssen heilig sein, und sind sie heilig. Bedürfen sie der Opfergabe nicht. Noch wünschen sie das Leben dieses Lammes, Das zitternd hier vor deinem Messer liegt.

Pr. Die Götter sind gütig ; sie nehmen das Lamm [auf den Bauern weisend] an Stelle dieses armen,

DER BUDDHA. 65

geschlagenen Mannes. Für seine Sünden müssen wir Busse tun, für die Sünden seines Weibes, für die Sünden seiner Kinder.

Der Bauer [mif seinen Knien'] : Ich suche Erlösung von den Sünden, für die mein liebes, gutes Kind hat sterben müssen.

Pr. Seine Sünden sind gross, und nur Blut kann sie wegwaschen.

B. Du irrst dich Priester. Blut kann nicht erlösen, Blut wäscht der Sünde Makel nicht hinweg. Der Sclilächter eines Opfers häuft nur Schuld Auf Schuld und macht das Unrecht nicht zum

Recht. Mein guter Freund, erheb dich!

[Der Bauer steht auf.]

Sei ein Mann !

[Die andern stehen gleichfalls nach und nach auf.]

Bauer. Was soll ich tun, grosser Meister?

B. Versöhne den, an dem du Unrecht tatest. Tilge die Schuld und sündige nicht mehr!

Pr. Der Göttin war dies Lamm geweiht. Mein ist's.

GS. Verwaltest du der Göttin Eigentum ?

[Siha tritt nahe an den Priester heran, der sich Schritt für Schritt zurücksieht und schliesslich von der Bühne rennt.]

66 DEK BUDDHA.

B. Komm' Hirt, und nimm das Lämmchen wie es zittert Und trag' es zu der Mutter auf das Feld !

[Der Hirt nhnmt das Lamm, bereif, es fortzutragen. Die Musikanten machen sich ans dem Staube. Lammträger und Volk ziehen in Prozession ah; ihnen folgen der Buddha und seine Schüler. Gene- ral Siha bleibt allein auf der Bühne zurück. Trom- petenstoss in kurzer Entfernung, ein ziveiier ganz nahe hei.'\

GS. Was bedeutet dies Signal ?

[Ein Offizier, von einem Trompeter hegleitet, tritt ein. Ein dritter Trompetenstoss auf der Bühne. Der Offizier überreicht einen Brief.]

Offizier: Eilbotschaft von seiner Majestät Binibi- sara an seinen getreuen und hochedlen General Siha.

GS. [Bricht das Siegel auf und liest für sich'\ : "Die Sak>'a sind eine halsstarrige, kleine Nation. Ihre Einrichtungen sind freier Art, ihre Gesetze von denen der benachbarten Staaten verschieden. Dies Volk ist eine Quelle der Unzufriedenheit und des Aufruhrs, und mir ein Dorn im Auge. Darum müssen die Sakya vertilgt werden, selbst wenn sie um Frieden bitten. Haltet das Heer nahe der Grenze und rüstet Euch für einen plötz- lichen Angriff."

[Mit einem Ausdruck von Trauer] :

DER BUDDHA. 67

Der Krieg ist unvermeidlich, und ich muss das Werkzeug sein, durch das die Sakya vom Erd- boden gefegt werden.

'S ist meine Pflicht. Der König will es so. Dem Krieger ziemt Gehorsam, nicht Kritik.

[Er sieht sein Schwert und betrachtet es.] Dem König ist das Schwert geweiht. Ich hab' Es nur für ehrenhaften Kampf gezogen. Ist Sakyamuni in der Tat der Buddha? Buddhas sind weise, ja, sie sind allwissend. Sie seh'n im voraus, was da kommen wird. Ist Sakyamuni in der Tat der Buddha?

[Nach einigem Nachdenken] Ich glaube doch, er ist's. Und ist er's, Kann dieser Krieg dann recht sein? Dürfen wir Die Seinigen bekämpfen und berauben. Vielleicht gar töten! O, ihr Götter, zeigt Den rechten Weg mir an. Wahrlich ich glaube, Er ist der Heilige, der weise Buddha. Helft mir, o Götter, mein Gelübde halten. Nie einen ungerechten Krieg zu führen!

[Mit grosser Erregung] Helft mir, Ihr Götter, dass unschuldig Blut Niemals dies blanke Schwert beflecken möge!

ZWEITE SZENE.

[Rascher Szenenwechsel. Beratungszimmer an Bimbisaras Hof zu Rajagaha.]

[König Bimbisara (Bb) , Wisakha (W) und Naga- deva (N).

68 DER BUDDHA.

W. Die Sakya werden Euch energischen Widerstand leisten, erhabener König, und der Krieg wird Blut kosten. Diese nördlichen Einwanderer sind grösser und stärker als andere Einwohner Indiens und tatkräftig wie alle Stämme ihrer früheren rauhen Heimat. Ihr würdet leichter von ihrem Lande Besitz ergreifen, wenn ich Prinzessin Ya- sodhara heiratete und dann die Regierung unter Eure Oberhoheit brächte. Eure mächtige Hand würde mich auf dem Throne stützen, und Ihr könntet durch mich herrschen.

Bb. Das klingt annehmbar, doch ist es am besten, zum Kriege gerüstet zu sein.

W. Gerade im Krieg werde ich Euch nützen können. Ich kann Euer Heer dorthin dirigiren, wo es nicht auf Widerstand stossen wird; auch kenne ich die Namen derer, die unzufrieden sind. Gar man- cher könnte dazu veranlasst werden, sich Euren Streitkräften anzuschliessen ; und ich kann den Raja selbst Euch in die Hände spielen.

Bb. [Nickt dem W. freundlich zu, dann sich an N. wendend] : Ist unser Reich zum Kriege bereit?

A^^. Erhabener König, es ist. General Siha steht mit einem wohlgerüsteten Heer im Felde. Dann sind weitere fünfzigtausend Mann bereit, auf ein Wort hin irgend einen unserer Nachbarn zu überfallen, der den Sakya zu Hülfe kommen möchte. Eure Schatzkammer ist wohlgefüllt,

DER BUDDHA. 69

und die Leute von Magadha sind wohlhabend. Wir können einen längeren Krieg weit besser aushalten, als irgend ein anderer Staat Indiens.

Bb. Die Zeit scheint günstig, die Gefahr gering, und die Beute ist gross. Versammelt meine Generäle im Beratungssaal.

[Sie verneigen sich tief und entfernen sich. Amha- pali tritt ein.]

Ap. Sind sie fort, o Herr ? Was habt Ihr beschlos- sen?

Bh. Ich habe vor, in den Krieg zu ziehen.

Ap. Ihr werdet mit Recht "der Kriegerische" ge- nannt.

Bh. Ich will mein Reich abrunden und meine Macht bis an den Himalaya ausbreiten.

Ap. Die Götter werden Eure Schritte fördern und

der Segen der Heiligen wird auf Eurem Volke

ruhen.

\^Diener tritt ein.] Diener. Ein heiliger Alann wünscht Eure Hoheit

zu sprechen. Sein Name is Dewadatta. 5&. Führe ihn herein! {^Diener ab.] Ap. Ist das nicht einer der Schüler Buddhas ? Bh. Ich. glaube, ja. \_Ap. zieht sich zurück.]

[Dewadatta tritt ein.] Dd. Heil, grosser König, Schirmherr des Glaubens

und Sieger in vielen Schlachten!

70 DER BUDDHA.

Bh. Was führt Euch zu mir? Ich freue mich immer, heilige Männer zu treffen. Ihr Kommen bringt Glück, und ich erweise ihnen gerne einen Dienst.

Dd. Grosser König, ich flehe Euren Beistand an für die Brüderschaft, die ich gegründet habe. Wir bedürfen Eurer Unterstützung, und unsere Hei- ligkeit wird Euch wie Lichtglanz mit himm- lischem Schutz umgeben.

Bh. Seid Ihr nicht ein Jünger Gotamas, welchen das Volk den Buddha nennt?

Dd. Nicht mehr, mächtiger König. Ich war sein Jünger, solange ich an ihn glaubte. Aber er ist kein Heiliger. Ich habe mich von ihm abge- wandt. Er ist mir nicht streng genug. Seine Jünger üben keine Selbstkasteiung, und er spricht freundlich zu den Sündern und sitzt mit ihnen zu Tisch. Meine Jünger kleiden sich nicht in weltliche Gewänder. Sie wäirden sich nicht von Weibern einladen lassen. Sie würden kein Fleisch essen. Er, der sich selbst den Buddha nennt, ist dieses hohen Namens unwürdig. Er ist ein Mensch voll Anmassung, der die höchste Stufe nicht erreicht hat. Meine Vorschriften sind weit strenger als die seinen, und meine Brüderschaft allein ist heilig.

Bb. Heiligkeit ist eine gewaltige Sache.

Dd. Ja, und unsere Verdienste werden Eure Herr- schaft, Euren Thron, Euer Heer und Euer Volk gegen jedes Missgeschick beschützen.

DER BUDDHA. 71

Bb. Ich werde meinen Schatzmeister senden, alles zu prüfen, nnd werde tun, was recht ist.

Dd. Maharaja, seid meines tiefsten Dankes ver- sichert !

[Er verneigt sich tief und geht.]

Ap. [tritt zvieder ein, erregt] : Mein königlicher Freund, traut diesem Manne nicht. [Auf die Tür wei.^end, durch die Dd. gegangen] : Er ist falsch. Er mag ein Heiliger sein, aber er ist ein Verräter. Er mag sehr fromm sein. Er mag die Freuden und die Wohltaten des Lebens mei- den. Er mag alle Uebungen der Busse verrich- ten. Er mag seinen Leib martern und kasteien ; aber in ihm lebt kein wahrhaft guter Wille. Seine Heiligkeit ist Selbstsucht, seine Frömmig- keit ist Heuchelei. Unterstützt seine Brüderschaft mit Geld oder Geschenken, wie Ihr es für ange- bracht haltet ; aber glaubt nicht, was er über den Buddha sagt !

Bb. [Mit forschendem Blick] : Warum?

Ap. Ich weiss, was er meinte, als er ihn lästerte. Als der Buddha in Wesali weilte, lud ich diesen vor- nehmsten aller Mönche ein, bei mir sein Mahl' einzunehmen. Ich bin keine Heilige; ich bin ein weltliches Weib. Ich bin nicht frei von Sün- den, aber ich habe ein warmes Herz; ich habe Gefühl, und ich möchte tun, was recht ist. Als ich hörte, dass der Buddha im Manga-Hain ver-

72 DER BUDDHA.

weile, dachte ich bei mir selbst: ich will hin- gehen und ihn sehen. Wenn er in Wahrheit allweise ist, wird er mein Herz richten und er wird barmherzig sein. Er wird wissen, was ich zum Leben nötig habe, und wird mich nicht von sich stossen. Und er blickte auf mich voller Mitleid. Er nahm meine Einladung an, in Gegenwart von Zeugen, offen, furchtlos und mit Freundlichkeit. Da waren die stolzen Licchavi- fürsten, und dicht bei ihm stand der boshafte Devv^adatta. Wie sie sauer darein blickten! Wie sie den grossen und freundlichen Heiligen verach- teten! Wie sie flüsterten: "Schmach über ihn!" Und ich sah, wie sie mich verabscheuten. Doch sie wagten nicht, es auszusprechen und ihn öffentlich zu tadeln. Da, o huldreicher König, erkannte ich, dass er der Buddha war, der All- weise, der Allgütige.

Bh. Meine teure Freundin, ich fühle, dass jedes Wort, das du sagst, wahr ist. Ich kenne deine Herzensgüte. Ich kenne deinen Wert, deine liebevolle Freundlichkeit, und wenn königliches Blut in deinen Adern flösse, wärest du würdig, eine Krone zu tragen. Der Buddha hat sich nicht erniedrigt, als er dir Ehre angetan.

Ap. Gestattet mir eine Frage : Hat der Buddha Euch je gebeten, seine Jünger zu unterstützen-?

Bh. Nein, er hat es nicht getan. Aber ich werde

DER BUDDHA. 72)

ihm allen Beistand zukommen lassen, den er brauchen kann.

Ap. Hat er Euch je versprochen, durch seine Ver- dienste Euch zu helfen, oder Euch die Kraft seiner Heiligkeit angepriesen?

Bh. Er hat es nie getan.

Ap. Auch hat er keine Selbstverherrlichung nötig, denn seine Gegenwart schon ist ein Segen. Von ihm gehen Güte und Freundlichkeit aus, und das Volk, das ihn hört, bessert sich und lässt vom Unrecht. Dewadatta verspricht Euch unbegrenz- ten Schutz durch seine Heiligkeit, wenn Ihr nur seine Jünger unterstützt. Des Buddha Schutz wird nicht so leicht erworben. Ich hörte ihn sagen, dass ein jeder sich durch seine eigene Rechtschaffenheit erlösen muss, nicht aber durch Geschenke an die Brüderschaft des Buddha, nicht durch Opfer oder Gebet, nicht durch reli- giöse Zeremonien, nicht durch Selbstdemütigung vor den Göttern. Ein jeder muss die Folgen seiner Sünden selbst tragen.

Bh. Des Buddha Gegenwart würde mehr Glück bringen als zehn Dewadatta.

Ap. O, ganz gewiss ! Wie ich die tugendhafte Ent- rüstung von Menschen verachte, die in ihrem Hochmut übermoralisch über Andere zu Gericht sitzen! Doch, wenn Ihr ihnen in die Seele schaut, dann entdeckt Ihr, dass sie herzlose und selbstsüchtige Schurken sind.

74 DER BUDDHA,

Bb. Dein Urteil ist wohlbegründet.

Ap. Der Buddha allein besitzt Grösse. Er sucht nicht danach, geehrt zu werden; aber das Volk betet ihn an.

Bb. Rajagaha muss der Mittelpunkt Indiens werden. Ich werde zum Buddha schicken und ihn auf- fordern, mich wieder zu besuchen, und womög- lich Wohnung hier zu nehmen. Seine Anwesen- heit wird dem Reiche Magadha grösseren Ruhm verleihen als Eroberungen und Siege.

[Ein Diener tritt ein.]

Diener. Mächtiger König, Euer Kanzler Nagadewa.

Bb. Er ist willkommen. [Zu Ap.] Leb' wohl, süsses Herz ! Staatsgeschäfte rufen mich.

[Ap. dcht sich zurück nnd Nagadewa (N) tritt ein.]

N. Mächtiger König, die Generäle sind versammelt. Sie grüssen Euch als ihren Kriegsherrn und sehnen sich nach Lorbeeren, nach Ruhm und nach Beute.

[Trompetenstoss. Vorhang.]

DRITTES ZWISCHENSPIEL. [Von passender Musik begleitete, lebende Bilder.]

I. Die Aussendung der Jünger.

Der Buddha versammelte seine Jünger um sich, und, nach- dem er sie mit geistlicher Würde bekleidet hatte, forderte er sie mit nachstehenden, aus dem buddhistischen Kanon übersetzten Worten auf, das Evangelium zu verbreiten :

"Geht jetzt, ihr Jünger, und wandert hinaus zum Wohle

DER BUDDHA. 75

vieler, zum Heile der Menschheit, aus Mitleid mit der Weltl Verkündet die Lehre, die glorreich ist im Beginn, glorreich in der Mitte, glorreich am Ende, dem Geiste sowohl wie dem Buchstaben nach. Es gibt Wesen, deren Augen kaum mit Staub bedeckt sind, aber wenn ihnen die Lehre nicht ge- predigt wird, können sie nicht das Heil erlangen. Ver- kündet ihnen ein Leben der Heiligkeit ! Sie werden die Lehre verstehen und werden sie annehmen."

Der Pali-Ausdruck kalyämo dhammo wird hier mit "glor- reiche Lehre" übersetzt. Das Wörterbuch erklärt das erste Wort als "ausgezeichnet, schön, glorreich." Dies stimmt beinahe mit der christlichen Bezeichnung überein, die aus dem Griechischen abgeleitet, evangelion, "Freudenbotschaft," und in der angelsächsischen Aequivalenz gospcl, "Evange- lium," oder good spell, "gute Botschaft," bedeutet.

Ein anderer Ausdruck, der genau mit dem christlichen Worte "Evangelium" übereinstimmt, ist sad dhammo, "gute Lehre," abgeleitet von saddo, "gut." Das Wort saddho, "Es ist gut," wird in buddhistischen Versammlungen wie das christliche Amen gebraucht.

2. Der reiche Jüngling.

Yssa, der Sohn eines wohlhabenden Edelmannes von Be- nares, kam zur Nachtzeit zu dem Gesegneten und rief aus : "Welch' Elend !" Aber der Buddha antwortete : "Hier gibt es kein Elend." Er meinte, dass wer den rechten Pfad ein- geschlagen hat, dem Elend entkommen ist.

Yssa, reich gekleidet, kniet mit dem Ausdruck des Kum- mers vor dem Buddha, der ihn durch Unterweisung auf- richtet. Die Szene ist in Dunkelheit gehüllt, nur die beiden Gestalten werden durch eine Fackel beleuchtet.

3. Eines Kindes Gabe.

Alte Fresken in den Ajantahöhlen zeigen eine Mutter, wie sie dem Buddha durch ihr Kind eine Gabe über- reichen lässt. Es sieht aus, als wäre dies eine buddhistische Illustration zu dem Worte Christi : "Lasset die Kindlein zu mir kommen !"

[Siehe Buddhist Album, Blatt 2 und Blatt 10.]

VIERTER AKT

ERSTE SZENE.

[Eine Halle im Jetawana. Das Rad des Gesetzes ist an der einen, das des Samsara an der anderen Wand abgebildet. Im übrigen dienen Swastikas und Lotosblumen als Schmuck. Eine weite Oeffnung gewährt Aussicht auf einen Blumengarten mit Springbrunnen. Auf der rechten Seite erhebt sich ein Podium mit niedrigen Sitzen, auf der linken Seite steht ein niedriger Tisch und ein Divan, auf welchem Anatha-Pindika sitzt, Palm- blatt-Manuskripte durchmusternd.]

[Anatha-Pindika (A). Ein Diener (Dr) ; Prinz Jeta (/) ; später Kala Udayin (K) und der Bud- dha (B).

[Ein Diener tritt ein.]

Dr. Seine Hoheit, Prinz Jeta.

A. Führ' ihn herein! [Jeta tritt ein. A. erhebt sich lind empfängt ihn, indem er sich verneigt.] Ihr seid hochwillkommen, mein Prinz!

/. Ich bin von meinem Bruder, dem König, ge- schickt worden. Euch seinen Dank auszu- sprechen, dass ihr meinen Lustgarten zu dem edlen und grossen Zweck erworben habt, dem Buddha und seinen Jüngern ein würdiges Ob- dach zu verschaffen.

DER BUDDHA. 77

A. Bringt Eurem königlichen Bruder für seine gnä- dige Botschaft meinen untertänigsten Gruss!

/. Ich höre : König Bimbisara hat eine Gesandt- schaft an den Buddha geschickt, um ihn zu ver- anlassen, nach Rajagaha zurückzukehren. Hat der Buddha diese Leute empfangen?

A. Noch nicht. Er will sie heute früh sprechen.

/. Wir sollten versuchen, ihn hier festzuhalten. Er ist ein wunderbarer Mann, und ich schätze unsere Stadt glücklich, dass sie ihn unter uns weilen sieht. Was mich an ihm in Erstaunen setzt, ist seine Art und Weise, die Herzen aller ]\Ienschen, selbst seiner Gegner, sich zu erobern, und dabei ist er so taktvoll.

A. Was meint Ihr damit?

/. Ich bin nicht religiös veranlagt ; ich bin zu welt- lich gesinnt, aber ihm würde ich folgen.

A. Warum?

/. Er ist vielleicht der einzige Reformator, der nicht ins Extrem geht. Er verwirft auf der einen Seite alle Uebertreibung, Abtötung des Fleisches, Bussübungen und strenges Fasten als nutzlos. Auf der anderen Seite würde er seinen Anhängern nicht gestatten, in Vergnügungen aufzugehen. Er dringt höchst weise darauf, dass man sich von beiden Extremen fern halten solle, und erklärt die Mittelstrasse für die rich- tige. Es ist nichts Abgeschmacktes an ihm zu

78 DER BUDDHA.

finden. Denkt an Dewadatta! Er besteht dar- auf, dass die Mönche sich in Lumpen kleiden, die sie auf Verbrennungsstätten von Todten auf- gelesen haben. Der Buddha wendet sich an den gesunden Verstand, und deshalb sage ich : er ist ein wunderbarer Mann.

A. Er ist mehr als ein Mann. Er ist kein gewöhn- licher Mensch. Er ist fleischgewordene Er- leuchtung. Ein Strom des Heils geht von ihm aus.

/. Er ist zu einer internationalen Macht geworden, und Könige tun gut daran, seinen Einfluss nicht vmbeachtet zu lassen.

A. So denk' auch ich, und ich bin froh, dass er seinen Einfluss immer nur für das Gute, nie für das Schlechte einsetzt.

/. Das ist in der Tat ein Segen. Wäre er nicht völlig frei von Eigennutz, er könnte wahrhaft ge- fährlich werden. Seine Laien jünger zählen nach Tausenden und Abertausenden. Die Bauern auf dem Lande, die Kaufleute in den Städten, die Gelehrten, die Künstler, ja selbst die Soldaten glauben an ihn. Vor kurzem ist General Siha ein Laienmitglied der Brüderschaft des Buddha geworden, und viele andere hervorragende Offi- ziere sind seinem Beispiel gefolgt.

A. Er ist wunderbar, so edel und göttlich.

/. Ja, er ist würdig in seinem Benehmen. Alle

DER BUDDHA. 79

Kleinlichkeit geht ihm ab. Er ist weise und gut zugleich.

A. Er würde solchen Einfluss nie gewonnen haben, wenn er nicht in Wahrheit der Buddha wäre.

/. Ich möchte Euch mitteilen, dass ein Krieg im Anzug ist; doch sprecht, bitte, nicht darüber, es ist tiefes Geheimnis. Ein Spion im Geheim- dienste meines königlichen Bruders hat entdeckt, dass König Bimbisara sich mit dem Plan trägt, die Sakya zu überfallen und sie ihrer Unab- hängigkeit zu berauben. Der Brahmane Wi- sakha, der Staatsminister, ist zum Verräter ge- worden und verspricht, sein Land in die Hände König Bimbisaras zu liefern, unter der Be- dingung, dass er an Suddhodanas Statt zum Raja erhoben wird.

A. Das Land der Sakyas ist sehr klein und ihre Un- abhängigkeit wird nicht lange währen; es ist nur eine Frage der Zeit.

/. Aber bedenkt : der Buddha stammt aus Kapila- wattha. Er ist der Sohn Suddhodanas, des Rajah der Sakya.

A. Ja, das ist richtig. Darf ich ihn von der Gefahr verständigen, die seines Vaters Haus bedroht?

/. Ich gebe Euch volle Freiheit, denn er wird Schweigen beobachten und nicht an dem zum Verräter werden, der ihm die Nachricht bringt. Bimbisaras Plan ist für ihn selbst gefährlich.

80 DER BUDDHA.

Ein Krieg mit den Sak3^a kann ihm seinen Thron kosten, denn das Volk von Rajagaha glaubt an den Buddha, und ich habe in Erfahrung gebracht, dass es gerade jetzt durch die Kriegsgerüchte unruhig geworden ist.

[Diener (Dr) tritt ein.]

Dr. Es ist ein Mann draussen namens Kala Udayin, der eine Botschaft an den Gebenedeiten hat.

A. Führ' ihn herein!

/. Ich muss Euch nun verlassen und hoffe, dass Ihr den Buddha so lange wie irgend möglich an Sawatthi fesseln werdet [ab].

[Kala Udayin tritt ein und verneigt sich vor A.]

A. Ihr wünscht den Gebenedeiten zu sehen? Wer seid Ihr?

K. Ich bin ein Diener in seines Vaters Hause.

A. Der Gebenedeite wird bald hier erscheinen, und dann sollt Ihr ihn sehen.

[A. geht ah.]

K. [Allein] : Also dies ist der Ort, wo Prinz Sidd- hatta lebt. In der Tat ein entzückender Platz und angenehmer als manches Königsschloss. Und wie das Volk von ihm redet! Sie nennen ihn den Gebenedeiten, den Buddha, den Tathagata, den Sakyamuni, den grossen Weisen. Der reich- ste Mann von Kosala hat diese ausgedehnten und wunderschönen Parkanlagen gekauft und

DER BUDDHA. 81

der Brüderschaft seiner Jünger zum Geschenk gemacht, so dass der Buddha von Zeit zu Zeit hier weilen und das Volk von Sawatthi ihn als Gast begrüssen kann.

[Buddha koinrnt herein, geleitet von A., Zivei seiner Jünger folgen ihm. Der Buddha nimmt auf dem Podium auf einem der Sit::e Plat:^, an jeder Seite steht ein Jünger. A. steht mit gefalteten Händen niedrig er. '\

[K. sinkt mit gefalteten Händen auf die Knie.]

B. Mein Freund, was führt dich her?

K. Eine Botschaft von Eurem königlichen Vater. Er trug mir auf, Euch zu sagen, dass er alt wird und dass er Euch, ehe er stirbt, noch ein- mal sehen möchte. Wäret Ihr geneigt, seiner Aufforderung zu willfahren?

B. Sag mir, mein Ereund : wie befindet sich mein Vater? Hat das Alter ihm seine Spuren auf- geprägt ?

K. Noch nicht so sichtbar, aber er leidet unter Sor- gen.

B. Und wie geht es Rahula? Er ist jetzt sieben Jahre alt und muss ein kräftiger Knabe sein.

K. Er ist es, o Herr. Und wie er von seinem Vater spricht! Er weiss alles, was Ihr tut.

B. Wer erzählt es ihm?

K. Seine Mutter.

82 DER BUDDHA.

B. Sag' mir: wie lebt die Prinzessin?

K. Sie unterzieht sich den Gebräuchen, die die Bettelmönche üben. Sie will nichts voraus haben vor dem Manne, der einst ihr Gatte war. Sie schläft auf dem Fussboden. Sie braucht keine Narden oder wohlriechende Wasser. Sie trägt ein einfaches gelbes Kleid und beobachtet beim Ge- nuss von Nahrung die Vorschriften, die für die Brüderschaft gelten.

[B. nickt und sitzt mit verlorenem Blick ein paar Augenblicke schweigend da.]

B. Und sie ist eine gute Mutter?

K. Es kann keine bessere geben.

Diener [meldet] : Eine Gesandtschaft des gross- mächtigen Königs von Magadha, des grossen Bimbisara.

B. [sich 2u ihm wendend] : Lass sie eintreten ! [zu K. gezvandt] : Kala Udayin, überbringe meinem Vater Grüsse und sage ihm, dass ich kommen werde.

[Kala Udayin ab.]

[Eine Anzahl Männer, die Gesandtschaft König Bimhisaras, in prächtige Gewänder gekleidet, tritt unter Führung Nagadewas ein. Sie um- wandeln das Podium, lassen sich vor Buddha aufs Knie nieder, falten die Hände und stehen dann wieder auf.]

DER BUDDHA. 83

A''. Huldreicher Herr, allweiser, heil'ger Buddha, Es sendet unser edler Herrscher uns, Euch ehrerbietig seinen Gruss zu künden. Er hofft: Ihr kehrt zurück nach Rajagaha; Denn ihn samt seinem Volk verlangt danach, Durch Eure segensreiche Gegenwart Beglückt, erhoben und geehrt zu werden.

B. Ihr Herren, kündet Eurem mächt'gen König: Dass der Tathagata der Einladung Nach Magadha nicht Folge leisten kann. Zur Heimat zieht er, nach dem Sakyaland, Zu seinem alten Vater, seiner Sippschaft. Wenn Krieg und andres Leid sein Volk befällt, Will in der Heimath leben er und sterben.

[Nagadezva verrät eine innere Bewegung bei den letzten Worten.']

N. O Buddha, sprich ein Wahrheitswort zu uns! Du bist allwissend, dess bin ich gewiss. Und unser König wünscht von dir zu hören.

B. Was Fleisch und Blut ist, das wird untergeh'n; Denn jegliches Gebilde muss zerfallen. Doch gibt es eine Norm : Das Unerschaffne, Das Ew'ge ist's, das keinen Anfang hat Und auch kein Ende. Das sei unsre Zuflucht! Wer auf Vergängliches Vertrauen setzt Und, kraftbewusst, den Schwachen niedertritt. Wird bald versinken. Das ist Weltgesetz. Denn wie die Saat, so wird die Ernte sein. An Wahrheit glaub', an's Unerschaff'ne, Ew'ge !

84 DER BUDDHA.

Gerechtigkeit sei Eure Führerin ! Dies meine Botschaft Eurem Herrn, dem König ! Der Rat ergeht an ihn, sein Land zu lenken In FriedensHebe, Güte und mit Weisheit. Mein Segen ruh' auf ihm und seinem Volke !

[Sie knie'n nieder, falten die Hände, umwandeln den Buddha und entfernen sich.]

[Jeta stürmt erregt herein.]

J. Der Krieg ist da! Die Krieger Bimbisaras Bau'n Brücken, um die Sakya anzugreifen. Wir müssen auch zum Kampf gerüstet sein.

[Vorhang. In der Ferne Trompetensignale. Kriegerische Musik.]

VIERTES ZWISCHENSPIEL.

[Von passender Musik begleitete lebende Bilder.]

/. Bimbisara auf dem königlichen Elephanten.

König Bimbisara sitzt mit seinem Minister und Feld- marschall auf dem Rücken des Elephanten unter einem Thronhimmel. Auf dem Kopf des Elephanten der Führer, Zu beiden Seiten Gefolge.

2. Der Buddha auf der Wanderschaft.

Von zwei Jüngern begleitet, mit Almosenschale und Stab, wandert der Buddha durch eine indische Landschaft.

3. Bimbisara im Lager.

Bimbisara, vor dem Königszelt stehend, empfängt die von dem Buddha zurückkehrende Gesandtschaft. General Siha steht neben dem König in sichtlicher Erregung.

FUENFTER AKT.

ERSTE SZENE.

I Empfangshalle des Raja Suddhodana. Prachtvoller in- discher Stil. Säulen, dahinter ein Ausblick auf einen tropi- schen Palmengarten, Sitze im Raum verteilt. Zur Linken ist ein nach dem Zuschauerraum hin offener Teil der Halle durch herabhängende Teppiche vom Hauptsaal getrennt.]

[Nach rechts hin sit2t Suddhodana mit Pajapati und Yasodhara. Rahida im Hintergrund, 2zvischen Gartengebüsch, unter der Obhut einer Wärterin.]

S. Die Zeit ist voller Wirrsal; mich bedünkt, Es steht ein Krieg bevor.

P. Sei unbesorgt !

Wisakha is ein kluger Diplomat. Ich hoff', er ist erfolgreich und gewinnt Den König Bimbisara für den Frieden.

S. Ich wünsch' es auch, doch bin ich ohne Hoff- nung.

[Ein treten Wisakha und Dezcala.]

Ha, der Brahmane und der tapfre Hauptmann!

W. [Vor dem König sich auf ein Knie niederlas- send] : Heil, Maharaja!

D. Heil, gnäd'ger Herr!

86 DER BUDDHA.

S. Willkommen, werte Boten!

ISie knien vor Pajapati.]

P. Seid willkommen?

S. Sagt mir, wie habt ihr meinen Auftrag ausge- führt ?

iV. Es regt sich gegen Euch geheimer Einfluss An Bimbisaras Hofe. Eine Klique Hetzt an zum Krieg, und Krieg scheint unver- meidlich, Falls wir es diplomatisch nicht verhindern. Legt es in meine Hand ! Ich wahr' den Frieden.

S. Wäre mein Sohn nicht Bettelmönch geworden. Wie nützlich war' er jetzt! Mir fehlt ein Mann, Der voller Jugendkraft mit treuem Mut Das Schiff des Staates lenken kann in Sturm. Der Feind ist stark, und die Gefahr ist gross.

W. Mein Raja, o, ich teile Euren Gram.

Ich weiss, was von Siddhattha Ihr erhofftet. Welch' hohe Gaben erbte dieser Knabe Von Euch, von seinem königlichen Vater, Und wie vergass er alle Sohnespflicht! Euch, Weib und Kind verliess er um zu bet- teln.

S. Wahr ist es, doch erinnert mich nicht dran! 'S ist eine Schmach für unser Königshaus, Und alle Rajahs in dem Land der Inder, Sie spotten unser und des Stamms der Sakya.

DER BUDDHA. 87

l^RahuJa tritt in kindlicher Freude ein und bringt

seiner Mutter eine Rose.^ R. Hier, Mutter, ist eine Rose. Ich pflückte sie von

dem Busch, wo die Nachtigall schlägt. Ich

dachte, wäre Vater hier, so würde er sie dir

bringen. Er liebt Blumen und du liebst sie

auch, y. Mein Liebling! S. [Mit einem Anflug von A erger] : Yasodhara,

ich wollte, du sprächest nicht so viel mit ihm

von seinem Vater. R. Warum soll Mutter nicht von Vater sprechen?

Ich lieb' ihn und sollte alles über ihn erfahren;

ich will mich seinen Jüngern anschliessen.

6". Liebst du ihn mehr als deinen Grossvater?

R. Ich liebe meinen Grossvater auch. Ich liebe die Mutter und dich, gute Grossmutter {sich zu Pajapati wendend]. Ich liebe euch alle. Aber meinen Vater liebe ich auf ganz andere Art. Ich liebe ihn als Buddha. Ich falte meine Hände vor ihm wie vor einem Gott. Und machst du es nicht auch so, Mutter?

Y. [Legt ihre Hand auf R's Mund] : St! Ich danke dir für die Rose, mein Kind. Jetzt lauf und bringe deinem Grossvater eine Rose, und deiner Grossmutter auch eine.

R. Ja Mutter, und eine heb' ich für Vater auf, wenn er kommt. [Springt fort.]

88 DER BUDDHA.

W. Euer Enkel, Herr, braucht dringend einen Vater, Nehmt meinen schhchten Dienst in Gnaden an! Ich seh' Yasodhara, die edle Fürstin, Sich in der Stille grämen, und in Trauer Die schönste Glücks- und Jugendzeit verbringen. Verlassen von Siddhattha, wurde sie Zur Witwe einer schnöden Laune willen. Gebt sie zum Weibe mir! Ich werde mich Als bess'rer Vater zeigen, denn der Flüchtling, Als bess'rer Vater Eurem kleinen Enkel, Als bess'rer Gatte der Verlassenen.

S. Fragt meine Tochter drum ! Es steht Euch frei.

W. Lasst ab vom Gram, Prinzess ! Erhört mein Werben ! Dann seht Ihr bess're Tage als zuvor.

Y. Ich gab mein Wort dem Gotama Siddhattha, Und nimmer werd' ich ihm die Treue brechen.

W. Siddhattha ist nicht mehr, denn er ward Mönch, Und Ihr seid frei; Siddhatthas Witwe seid Ihr.

S. Denk' Tochter, nicht, dass mir Wisakhas Wer- bung Zuwider sei ! Nein, ganz im Gegenteil, Ich unterstütze sie; ich wünsch' du würdest Als Gatten ihn empfangen ; denn ich brauche In unserm eignen Hause eine Hülfe, Den Beistand eines treuen, tapfern Mannes.

W. Prinzess Yasodhara, hier meine Hand ! Schlagt sie nicht aus!

DER BUDDHA. 89

Y. Spart jedes Wort, Brahmane!

W. Die Zeit wird kommen, wenn Ihr es bereut. Zwingt sie, o König, zu gehorchen! Braucht Als Herr des Hauses Euer gutes Recht! Ich ganz allein kann Euch den Staat erhalten. Ihr seid verloren, weist Ihr mich zurück.

P. Bedroht uns nicht, hochwürdiger Brahmane!

j^. Entscheidet, Maharaja! Ihr seid Herr!

Eu'r Wille muss gescheh'n. Herrscht hier das

Weib? Seid Ihr im eignen Hause noch Gebieter?

5". Gebieter bin ich hier, doch nicht Tyrann, Bei unserm Volke heisst Gebieter Führer. Der Sakya edles Volk ist ja mit Recht Auf seine Freiheit stolz. Ich bin der erste, Der erste unter Gleichen, kein Despot. Pfadweiser bin ich ihnen, Leiter, Vater. Ich, der das Recht des ärmsten Bauernweibes Nicht beugen würde, sollt' ein Mitglied ich Des Königshauses zu verhasster Ehe Gewaltsam treiben? Nein, mein Herr, nicht Ich. Lieb wär's mir, die Prinzess erhörte Euch. Doch nie befehl' ich's, dass sie Euer werde.

W. König des Sakyalandes, Ihr vergesst Euch. Brahmane bin ich und von edler Herkunft, Und diente Euch in Treue manches Jahr. Doch jetzt verlass ich Euren Dienst. Ich weiss, Willkommen heisst als Freund mich und Be- rater

90 DE3i BUDDHA,

Der König' Magadhas, Held Bimbisara, Der mächtigste der Herrscher Indiens-.

[Er verneigt sich vor dem König nnd Pajapati und geht. Einen Augenblick herrscht allgemeines Schweigen. ]

5, Ich fürchte : Das heisst Krieg.

D. Das heisst es, ja.

Erinnert, König*, Euch : Wisakha sagte : Geheimer Einfluss walte gegen Euch An Bimbisaras Hof. Jetzt dämmert's mir : Wisakha selber ist der Unheilstifter. Mit Höflingen an Bimibisaras Hofe Sah ich ihn flüstern und mit Generälen. Schloss nicht der König selbst sich mit ihm ein ? Der Heuchler hat die Maske abgeworfen. Ich weiss es jetzt, seit er so schamlos sprach. Er war die ganze Zeit ein Ränkeschmied.

^. Er glaubt, ich hasse meinen Sohn. Er irrt. Ich bin nur ärgerlich, ich bin enttäuscht. Weil er den grössten Wunsch mir nicht erfüllte. Ich lieb' ihn immer noch. Ich lud ihn ein In's alte Heim, zu mir, zu seinem Vater. Freundliche Grüsse sandt' ich ihm durch Kala. O, ich vergab' ihm alles, selbst die Flucht, War' er nur nicht zum Bettelmönch geworden. Mein Stolz empört sich, dass ein Sakya-Prinz, Der eigne Sohn, von Haus zu Haus sich schleicht, Die Schale in der Hand, um Speise bittend.

DER BUDDHA. 91

[Rahula kommt aufgeregt herein.]

R. Grossvater, da ist deine Rose und hier die deine, Grossmutter. Und, o, habt ihr das neueste gehört ?

y. Was ist es, Kind? Was erregt dich so?

P. Wer hat dir was neues erzählt?

R. Die Wächter draussen an der Pforte sagen, mein Vater sei zurückgekehrt. Alle Leute rennen aus ihren Häusern und empfangen ihn mit ge- falteten Händen. Sie streuen ihm Blumen auf den Weg und begrüssen ihn als den Buddha.

y. [erhebt sich] Wie? Ist es möglich? [Sie will sich entfernen.]

S. Bleib' hier! Kala Udayin kommt.

[Kala tritt ein und kniet nieder.]

K. Ich neige mich in Demut vor dem König Und grüsse voller Achtung alle Glieder Des königlichen Hauses und [leise zu Gopa] auch dich.

S. Bringst du gute Kunde, Udayin?

K. Mein König, Euer edler Sohn kommt.

S. Wo trafst du ihn?

K. Im Jetawana zu Sawatthi.

S. Was ist das für ein Platz?

K. Es ist der wundervollste Lustgarten, den ich je gesehen habe. O König, Euer Garten hält mit dem Jetawana keinen Vergleich aus.

92 DER BUDDHA.

S. Dort lebt er in Glanz und Pracht?

K. O nein, Herr, keineswegs! Er könnte in Glanz und Herrlichkeit leben, wenn er nur wollte. Aber er führt ein so einfaches Leben, wie der niedrigste Diener in Eurem Hause. Und wenn er nach der Regenzeit das Land durchwandert, lebt er wie ein Bettelmönch. Er überholte mich auf meinem Wege, und als er hierher nach Kapi- lawattha, seiner Heimat, kam, benahm er sich wie immer. Letzte Nacht schlief er im Walde, und heute früh ging er mit der Schale in der Hand von Haus zu Haus und bat um Speise. Wo immer Leute ihn grüssten oder ihm zu essen gaben, da segnete er sie.

S. O, mein Sohn, mein Sohn! Warum bist du nicht geradenweges in den Palast gegangen, wo dein Vater für dich und alle deine Jünger Speise in Fülle hat?

K. Er befolgt immer die Regel der Bettelmönche.

5". O mein Sohn, warum bereitest du deinem Vater in seiner eigenen Hauptstadt Schande?

K. Der Gesegnete hält es nicht für eine Schande, zu betteln. Er ist bescheiden, als Einer der allem entsagt hat, er trägt keinen Stolz zur Schau. Aber, wohin er auch geht, er wird wie ein König begrüsst, nein, wie ein König aller Könige, und die reichsten und mächtigsten Herrscher kom- men, ihm ihre Ehrfurcht zu erweisen.

DER BUDDHA. 93

S. Und er ist hier, dieser wunderbare Mensch? Und er ist mein Sohn Siddhattha?

K. Ja, er ist hier und ist Euer Sohn, aber nicht mehr Siddhattha, der Sakya-Prinz, sondern der Sakya-Muni, der Weise der Sakya, der Buddha, der Gebenedeite. Als ich mit ihm sprach und ihm Eure Botschaft überbrachte, fragte er nach Euch und der Königin Pajapati [Yasodhara erhebt sich] und nach Euch, hochverehrte Prinzessin, und nach Rahula. Ja, er fragte nach Euch und fragte, 0I3 Rahula gewachsen sei.

F. Sprach er freundlich von uns?

K. Er spricht immer freundlich und ist immer ruhig.

[Musik. Ein Lied, die buddhistische Doxologie, ertönt in der Ferne. Buddhist Hyinns, Seite 13.]

K. O, hört Ihr die Musik? Er kommt, der glor- reiche Buddha; er muss schon an der Pforte sein.

Y. [Erhebt sich zuiedcr und entfernt sich] : Ich muss fortgehen.

P. O bleib,' Yasodhara!

Y. Nein, ich will mich vor seinem Angesicht ver- bergen. Wenn er meiner noch irgend wie ge- denkt, so wird er nach mir fragen.

vS". Bleib', Yasodhara!

Y. Er ist von mir geflohen, weil ich ihm bei seinem

94 DER BUDDHA,

Suchen nach dem grossen Ziel ein Hindernis war, und vielleicht meidet er mich noch immer.

S. Nichtsdestoweniger, bleib!

P. Nein, lass sie gehen! Sie ist in Thränen und würde zusammenbrechen.

[F. und P. entfernen sich nach dem Gemach hinter den Vorhängen.']

S. Du sagst, mein Sohn wird selbst von Königen mit gefalteten Händen begrüsst?

K. Ja, selbst Könige knien vor ihm.

S. Ich werde nichts derartiges tun. Er ist mein Sohn, mein Sohn, der mir Gehorsam schuldet, und ich bin immer noch sein Vater. [P. kehrt zurück.']

[Der Buddha tritt mit seiner Geleitschaft ein. Zzvei Mönche schreiten voran und nehmen, jeder an einer Seite des Buddha, ihren Standpunkt ein. Ein Gefolge von Mönchen und anderes Volk kommt in den Garten und drängt sich nach den Säulen hin. Alle knien vor dem Buddha nieder und falten die Hände, S. ausgenommen.]

B. Mein Segen diesem Hause, dir, O König Und auch der Königin Pajapati, Der guten Tante, meiner Pflegemutter!

S So kommst du doch, mein wunderlicher Sohn ? Wie würdig dir der Bettlermantel steht! Doch warum kränkst du mich ? warum gingst du

DER BUDDHA. 95

In meiner Hauptstadt betteln? Du vergisst Dass du von königlichen Ahnen stammst.

B. Buddhas vergang'ner Zeit sind meine Ahnen. Ihr Denken hat auf mich sich fortgepflanzt. Ich folge ihrem Brauche, ihrer Vorschrift Und nicht den Satzungen des Hofes hier.

[Das Volk steht wieder auf. Kala gesellt sich zu Gopa. ]

S. Worin besteh'n die Bräuche früh'rer Buddhas?

B. Sie grüssen dich mit einem Spruch. Entgelt Ist es für Speise und für Gastfreundschaft.

S. Es war' mir lieb, was Du sagst, zu vernehmen.

B. Erwacht vom Schlaf ! Verscheucht den Traum ! Wenn Wahrheitsstrahlen nah'n. Verflüchtigt vieles sich zu Schaum, Nur Wahrheit zeigt die Bahn. Wahrheit allein kann Heil verleih'n In diesem wie im nächsten Sein.

[Rahlila bringt dem Buddha eine Rose.l^ R. Hier Vater, eine Rose, aufgeblüht Im Busche mit dem Nachtigallenneste.

B. Und das ist Rahula! Wie gross er ist! Die Mutter fehlt.

S. Yasodhara war hier.

Doch blieb sie nicht. Als sie vernahm du kämst, Verliess den Saal sie mit dem Wort : Du würdest. Lag' sie dir noch am Herzen, nach ihr fragen.

96 DER BUDDHA.

B. Ich will sie seh'n. Führt mich an Ort und Stelle!

[5. gibt dem König die Schale. Pajapati steht auf und macht die Führerin. In der Ferne ertönt ein Trompetenstoss.]

D. Welch' kriegerischer Klang dringt mir in's Ohr ?

5'. Geht, Hauptmann Dewala! Schaut, was das heisst !

[D. ab. S. übergibt die Schale einem der Jünger.]

B. Ihr beiden Jünger mögt mich jetzt geleiten. Kommt, folgt mir. Wohnt dem Wiedersehen bei ! Zwar aller Leidenschaft steht Buddha fern, Doch sie, die wahr ihn liebt, sie will er ehren. In tiefstem Gram lebt der Prinzessin Herz, Und keiner soll ihr einen Vorwurf machen, Wie immer auch sie ihn empfangen mag.

[P. schiebt den Vorhang beiseite, der in das Zim- mer führt, wo Y. weilt. B., P. und S. treten ein. Y. sinkt vor ihm nieder und nmfasst, weinend, seine Füsse. Der Trompetenstoss zuiederholt sich. ]

[S. wird unruhig, er wendet sich zn P.] S. Der kriegerische Ton hat fremden Klang. Er mag des Feindes Angriff mir verkünden. [£r verlässt das Zimmer in dem Y. sich befindet, kehrt in die Halle zurück und wendet sich dem Hintergrund zivischen den Saiden zu.] B. Yasodhara, ich bring' dir frohe Botschaft; Erlösung ward gefunden. Lass' vom Gram !

DER BUDDHA. 97

{Yasodhara blickt in tiefer Bewegung zum Buddha

empor. '\ Y. O, Herr, wie bange hab' ich Eurer Rückkehr Geharrt. Ich war ein Nichts in Eurem Auge.

B. Traute Gehülfin und einstmals mein Weib, Du warst mir teuer, bist es heute noch. Doch teurer ist mir Wahrheit; und hinfort Ist ihr allein mein Leben ganz geweiht. Vor Zeiten in vormal'gen Existenzen Und auch in meinem jetz'gen Leben hast Du opferwillig mir stets beigestanden. D'rum denke nicht, du sei'st ein Hindernis Für mich, mein Werk und meine heil'ge Sen- dung! Nächst meiner sel'gen Mutter bist du unter Den Frauen dieser Welt gesegnet. Darum Lass allen Gram aus deiner Seele schwinden! Dreimal gesegnet bist du, freue dich!

Y. Gewährt mir, bitte, eine Gnade, Herr!

R. Gewähr der Mutter, was sie wünscht, mein Vater !

B. Prinzessin, sprich! Ich höre auf dein Wort! Ich kenn' dein Herz, Yasodhara. Es können Nur würdige Gedanken in dir wohnen.

Y. Gewähre mir, o Herr, die hohe Gunst,

Dass ich bei deinem grossen Werk dir helfe, Und in die Reihen deiner Jünger trete !

[Sie hält inne. Der Buddha zögert mit der Ant- wort.^

98 DER BUDDHA.

Ich werde glücklich sein, teil ich dein Tun, B. Weisst du auch: diese Gunst ist eine Last? Y. Je schwieriger, um so willkommener! R. Gewähr' die Bitte! B. Noch sind keine Frauen,

Yasodhara, zum Bunde zugelassen.

Doch seh' ich es voraus : die Zeit wird kommen.

Y. Die Zeit ist da, gewährst du meine Bitte. [Der Buddha legt segnend seine Hand auf Yasod- haras Haupt.]

B. So mag es sein. Es sei dein Wunsch erfüllt ! Nicht will ich hindern, wenn du d'^rauf bestehst. [Pajapati hilft Yasodhara auf.] [Während Pajapati der Yasodhara aufhilft, ertönt ein drittes Trompetensignal. Dewala stürzt in sicht- barer Aufregung auf die Bühne und redet Suddho- dana an.] D. Hochedler Herr, eine Gesandtschaft kommt Von Bimbisara, Magadhas Beherrscher. Es sind des Reiches oberste Minister. Missmutig schau'n sie drein und ihr Gefolge. S. 'S ist ungelegen, dennoch, lasst sie ein! D. Ich habe mehr zu melden. S. Sage an.

D. Mein König, 's ist der Anfang nur vom Ende.

Unsere Kundschafter,... [Zaudernd] S. Nun, Dewala?

D. Sie sind gefangen; einer nur entkam Und bringt uns böse Kunde.

DER BUDDHA. 99

5'. Sprich und sage an^

Ich kann das Schlimmste tragen. Sprich was ist's?

D. Oh fehlte mir die Zunge Euch's zu künden!

^. Sprich frei heraus und sei ein Mann.

{Inzwichen ist der Buddha mit den Uhrigen aus dem Seitengemach in die Haupthalle eingetreten.]

D. Wir sind verloren; Brücken sind gebaut; Auf allen Seiten steht der Feind und kann Mit einem Schlage uns vernichten.

6". [Mit Bitterkeit sich an B. wendend] Einst Hat ich 'nen Sohn; doch v^ard er Bettelmönch, Kein Tropfen Kriegerisches Blutes ist In ihm geblieben; jeder Funken Ehre Verlosch in seinem Herzen und so wird Der alte Sakya-Stolz in Schande enden.

B. Vergänglich, Vater, sind die Dinge alle.

Vergänglich sind die Throne hier auf Erden. Doch nimmst du in der Wahrheit deine Zuflucht So wirst du frei von allen Trübsal sein. Der Wahrheit Königreich währt ewiglich.

S. Erspare mir dein Mönchgeschwätz, Siddhattha. Ich hasse feige Unterwürfigkeit, Und denke, es ist edler, besser, würdiger Mit Schwert in Hand ein Held im Kampf zu fallen.

[Die Gesandtschaft schreitet feierlich herein. Der Buddha sieht sich auf der Seite zurück und wird von der Gesandtschaft nicht bemerkt. Der Erste Minister (N) redet den König an] :

A^. O Maharaja, lauschet unsrer Botschaft! Des Königs Majestät von Magadha Entbietet freundlich brüderlichen Gruss!

100 DER BUDDHA..

Er lässt durch Euch den Hochgebenedeiten, Den heil'gen Buddha, der jetzt bei Euch weilt,. Der Euer edler Sohn ist, wie es heisst, Nach Rajagaha laden auf Besuch. Gerüchte laufen um, es drohe Krieg; Und unsre Heere haben Felddienstübung. Doch seid versichert : Unser Herr will Frieden. Nicht gegen Euer Land zückt er das Schwert, Nicht wagt er, Buddha's Vater zu bekriegen.

[Siiddliodana blickt sich nach seinem Sohne um, der hinter einer Säule verborgen gestanden hat und nun in würdiger Haltung hervortritt.]

S. O edler Sohn, du heilig höchster Buddha, In Wahrheit König bist du aller Könige!

{Er kniet nieder. Alle Mitglieder der Gesandt- schaft tun dasselbe.] Nicht eine Krone trägst du, trägst kein Szepter, Brauchst keine Lanze, trägst nicht Schwert noch

Schild, Und herrschest doch, durch Wort nur und Ge- danken. Du stehst hoch über Würden dieser Welt. Ich kannte deine Macht nicht, deinen Wert, Nun aber neig' ich mich in schlichtem Glauben Und nehme meine Zuflucht zu der Wahrheit, Die du gefunden hast und die du lehrst. Fortan will ich dein Reich verbreiten helfen, Das Reich der Güte und Gerechtigkeit.

[Musik: Buddhistische Doxologie.] [Vorhang.]

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