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600035632P

Der

Mationalkrieg

in

Ungarn und Siebenbürgen

in den

Jahren 1848 und 1849.

Bon

Georg Klapka.

Mit einer Karte von Ungarn, Erfler Band. Leinig, Verlag von Otto Wigand, 1851.

EAo. u.SB

Vorwort.

Ueber die thatenreiche Epoche unſeres Unabhängigfeits- " fampfe8 in den Jahren 1848 und 1849 ift bis jeht vom hiftorifchen Standpunfte fo Unzureichendes erfchienen, daß man mit Recht beſorgt auf das Dunkel blicken muß, worin zumal die Kriegsereigniſſe jener Zeit verſchwimmen *).

Dieſer Umſtand und der Wunſch, meinem Vaterlande die Tage ſeines Ruhmes ſowohl, als die Urſachen feines Ver⸗ falles in einfacher Weiſe vorzuführen, beſtimmten mich, dieſes Werk, als ergaͤnzenden Theil meiner vor anderthalb Jahren erſchienenen Memoiren, hiermit der Oeffentlichkeit zu übergeben.

Bei dem Mangel an den nöthigen Quellen, die mir in meiner Berbannung großentheils verfchloffen blieben, war es unausweichlich, daß in diefem Werfe manche Lüde entftand,

®) Ausgenommen das, die zweite Periode (1849) behandelnde Werk: Der Feldzug im Sommer 1849. Herausg. vom k. k. Generalſtab in Wien. ®

T ——

deren Ausfüllung dem fpäteren Geſchichtsſchreiber überlafien werden muß.

Nebſt meinen eigenen Erlebnifien erzähle ich blos forgfältig erhobene Mittheilungen von glaubwürdigen Augenzeugen, bie mich bei meiner Arbeit bereitwillig mit Beiträgen unterftüßten.

Die vorliegenden zwei Bände enthalten den Zeitraum vom Beginn unjerer Erhebung bis zur Intervention der Ruffen; bie zweite Periode; von ber Intervention der Ruflen bis zur Gapitulation Komorn's, den dritten Theil dieſes Werkes bildend, werde ich im Laufe dieſes Winter zum Druck worbereiten.

Möge Ungara aus feiner Züngften Geſchichte den Troft für Die trähe Beagenmwart und bie Lehre und Hoffnung Für «ine beflere Zarkunft ſchoͤpfen!

Am 6. DPrbober 1861,

Beorg Klapka.

Anhalt des erften Bandes.

Borwrt 2 ren. SM. Einleitung . rn 1. Abſchnitt. Greignifle vom März 1848 bie zu dem Cinrücken der

öfterreichifchen Haupiarmee unter Windifhgräk . . . 3 1. Abſchnitt. Winterteldgug der ungarifchen Hauptarme . . . m 83

Einleitung.

ALS die Erfolge der ungarischen Waffen in dein legten Freiheits- fampfe die Augen des erftaunten Europa auf fid) zogen, und man fi) fragte, wie ein fonft jo abgeichloffenes Volk ed wagen fönne, - den Fampfgeübten, wohlausgerüſteten Heeren zweier SKaijerreiche Trotz zu bieten, da hörte man oft die Bermuthung -ausfprechen , es handle fi in diefem Kampfe nicht um die Erhaltung eines recht- mäßigen Befiges, fondern um eine neue, abftracte Fre. verbunden mit dem ©elüfte nach nationaler Suprematie, für welı, man die Wohlfahrt und das Leben von Millionen einfege. Ungarn bat in den legten Jahrzehnten oft genug ©elegenheit gehabt, durch die Stimme feiner Reichötage an fein Recht, fein Dajein und feine Lebendfähigkeit zu erinnern, ein flüchtiger Blick auf die Gefchichte feiner früheren Bergangenheit wird aber auch dem Ungläubigften darthun, daß Ungarn nicht erft zu dem Anfpruche auf neue Rechte und neue Freiheiten feine Zuflucht zu nehmen brauchte, fondern ein» fach einem Gebote der Pflicht nachkam, ald es fi) darum handelte, feine feit Jahrhunderten behauptete Selbfiftändigfeit zu wahren, und

als fie bedroht wurde, mit den Waffen in der Hand zu vertheidigen. I. 1

Die Gefchichte eined Volkes ift die Kritik feines Charakters. Was berichtet fie und von dem Volke der Ungarn?

Kaum hatten fi) die Ungarn, in Sitten und Gebräuchen von ihren Nachbarn verfchieden, nad) einem kühnen Zuge, an der Donau zwilchen dem Bug und Szeret feftgefegt, als fie fi, eine Zahl von nicht mehr als 300,000 freitbaren Männern, inmitten jener wirren Bolföbewegungen ein folche® Uebergewicht verfchafften , daß fie fchon im Jahre 890 unter Herzog Arpad dem byzantinifchen Kaifer Leo dein Weifen wirffamen Beiftand gegen die Bulgaren lei⸗ fteten, im Jahre 894 dem Kaiſer Arnulph gegen Swatopfuf, Fürften von Großmähren, zu Hilfe zogen, die Wlachen oder Rumes nier in Siebenbürgen bezwangen, und bie Petfchenegen verjagten. Die unmittelbar darauf folgenden Siege über die Bulgaren und Staven erhoben Arpad's Feldherrnruhm auf die hoͤchſte Spike. Nah Smwatopluf’s Ende erobern die Ungarn einen Theil beö großmährifchhen Reiches, und beginnen ihre an das Babelhafte gren⸗ zenden Kriegszuͤge nady Deutfchland, Frankreich und Italien. Deferreich bi8 Moͤhk wird unterworfen, die Baiern faft jährlich von ihnen heimgefucht. Sie erſcheinen gewöhnlidy unerwartet, bligichnell, und größtentheild als Sieger; auch in größeren Schladhten, wie 910 bei Augsburg gegen Ludwig ben Deutfchen und an ber Enns. Selbſt Kaifer Heinrich I. wird von ihnen gefchlagen, und zur Errichtung eines jährlichen Tributed gezwungen.

In den Sahren 890 900 unterwerfen fie fidy Unter» PBannos nien von ber Donau bi8 an die Mur, und machen von da auß, lüſtern nach Gold und Silber, mehrere Streifzüge nach Italien. An der Brenta blieben 899 zwanzigtaufend Italier auf dem Schlachtfelde. Während ihres Zuges gegen Swatopluf hatten bie Berfchenegen fih ihrer Wohnfige an der Donau bemädhtigt,

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wurden jedoch nach der Rüdfehr der Ungarn ſchnell vertrieben, unb zum Theil dienftbar gemacht. Im Jahre 943 treibt fie die Unrube mit einem ungenrein zahlreichen Heere gegen das byzantiniſche Reich, allem Kaifer Komnenus Lafopenud, zum Widerſtand zu ſchwach, ftellt fie durch reichliche Geſchenke zufrieden. 944 wird ein Rarfer, in Karnthen eingebrochener Haufe durch die Einwohner, mit Hilfe der Bateın, faft ganz vernichtet, andere Abtheilungen dringen jedoch nad dem Elfaß und Lothringen vor, zerſtoͤren Baſel und erbenten überall die Schäpe, welche die deutſchen Voͤlker früher von den Römern und Avaren erbeutet hatten. Später belas gern fie Stedeburg in Braunſchweig, und ziehen vor Mer⸗ feburg. Viele ihrer Züge wmterhahmen fie mit unbebachter Ueberſchaͤzung ihrer Kräfte. Go wird eines ihrer Heere endlich 958 vom Kaifer Otto auf dem Lechfelde gänzlich aufgerieben, obgleich fle dies nicht Hindert, bald darauf ihre Züge gegen die Byzantiner und gegen Deutichland zu wiederholen.

Die Annahme des Chriftenthums bildet auch in der Ungarn Gefchichte einen Wendepunft. Die Streifzüge hören gröp auf, und Herzog Geiza trachtet de Landes Wohlfahrt im , durch die Heranbildung feines Volfed zu befördern. Unter ı Sohne, Stephan dem Heiligen, im Jahre 1000 beginnt der ſich nach Grundſaͤtzen des europaͤiſchen Bölferrechted zu conftituir. obgleich nad dem Charakter jener Zeit Kriege und Buͤndniſſeen den Nachbarvoͤlkern immer noch die Hauptmomente bed äußere Staatslebens bilden. Unter den folgenden Herrfchern bricht fich der Drang nad) ſtaatlichem Organismus durch ununterbrochene Kämpfe gegen willfürliche Uebergriffe föniglicher Gewalt, teren fid Arpad’s Nachkömmlinge ſchuldig machten, Bahn. Offene Aufs Rände enden biöwellen fogar mit der Vertreibung der Könige, bie

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endlich Andreas II., dem unglücklichen Anführer des zweiten Kreuz⸗ zuges, im Jahre 1222 die Magna charta libertatum, die ſogenannte Bulla aurea, abgetrotzt wurde. Faſt zu derſelben Zeit ſah ſich Koͤnig Johann genöthigt, den Engländern ihre magna charta zu bewilligen.

Nach Ausfterben des Arpad’fchen Stammes 1301 begann bie Periode der Wahlkönige, die neben manchem Schwädhlinge jene gro: fen Männer auf den Thron bradyte, unter beren fegendreicher Regie rung Ungarn den höchiten Gipfel inneren Wohlftandes und äußerer Macht erreichte. Cart Robert von Anjou ordnete den inneren Staatshaushalt, und ficherte durdy Eröffnung neuer Erwerböquellen den Wohlftand ded Landes; fein Sohn aber, der große Ludwig 1. (1342 1382), trug feine fiegreichen Waffen weit über die biöheri- gen Grenzen des Reihed. Nachdem er Siebenbürgen einverleibt und bie aufrührerifchen Wallachen bezwungen, unternahm er zwei Heerzüge nad) Neapel, wo er ftetd ald Sieger und Schiedsrichter einzog, und, im ftolzen Bewußtfein des Krondefiged der glorreichften Nation, die angetragene Würde eines „Herrn der Römer“ ausſchlug. Im Norden drangen feine Waffen bis tief nad) Lithauen, und bewährten fih audy gegen den Chan der Tartaren. Der unmwibers ftehliche Sieger eroberte hierauf Dalımatien, demüthigte die Ve⸗ neter, unterwarf der ungariichen Krone die Moldau und Buls garien, brachte Servien unter feine Oberhoheit, und warb zum Könige von Polen gewählt. Die Ränder, welche feinem Scepter gehorchten, übertrafen an Ausdehnung zweimal das heutige Frank⸗ reih. Ungarn war unter ibm das mächtigfte Reich der Chriftenpheit.

Zu diefer Außeren Macht gefellte fi) unter dem eingebornen Könige Matthias Eorvinus (1458— 1490) der Ergen der gei⸗

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figen Gultur. Nachdem er gleich feinem großen Vater, dem Reiches . gouverneur Johann Hunyaby, tapfer und meift fiegreich gegen bie Osmanen gefochten, diefe über Europa hereinbrechende Barbaren: fluth erfolgreich gedämmt, die räuberifchen Böhmen zu Paaren ges trieben und die Würde und Seldfiftändigfeit der ungarijchen Krone auch gegen den damals allmädjtigen heiligen Stuhl aufrecht erhalten hatte, forgte er für das Aufblühen der Künfte und Wiffenfchaften, die durch wahrhaft Fönigliche Mittel befördert, eine für tie damalige Zeit ungewöhnliche Höhe der Ausbildung erreichten. Die Biblio; thek und Hochichule zu Ofen gehörten zu den vorzüglichften in Eus ropa ; ber glänzende Hof ded Königs war der Sammelplag aller Selehrten jener Zeit.

ALS diefer wahrhaft große Herrſcher, der nie fein Wort gebros chen , überhaupt der edelfte Typus des ungarifchen Nationalcharaf: terö, nach Befiegung des Kaifers Friedrich II. in ber Kaiferburg zu Wien geflorben war, blieb im Munde des ungarifchen Volfes bis zum heutigen Tage dad Sprihwort: „König Matthias ift todt, dahinift die Gerechtigkeit.“

Solche nationale Größe kann der Ungar nie vergeffen, unb bie Erinnerung daran ftimmt ihn um fo wehmüthiger, der Drang zur Miedererlangung berfelben erfaßt ihn um fo unmiberftehlicher, ie drückender die Schmach if, die fein Baterland, als öfterreichifche Co⸗ lonie feit Jahrhunderten ſchon, wie ein böfer Alp drüdt. Aber felbR dein mächtigften und geliebteften feiner Könige geftattete der Ungar nie eine offenbare Verlegung der Eonftitution; die goldene Bulle Andreas II. blieb ſtets ungefchmälert in voller Geltung.

ALS unter dem unfähigen und geiſtesſchwachen König Wla⸗— dis law II., welcher auf jenen großen Herrfcher folgte, die durch innere Yactionen zerrifiene, an Macht und Anfehen herabgefommene

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Nation die Provinzen Rama, Servien, Galizien, Lodo⸗ merien, Bulgarien und Dalmatien verlor, faßten hie auf ben Felde Rakos verſammelten Reichsſtaäͤnde am 23. Juli 1805 ohne Widerſpruch des Königs den Beſchluß: „Für den Fall, ale König Wladislaw ohne männlichen Leibeserben das Zeit- liche ſegnen follte, von nun an in alle Zufunft, fo oft der Thron ohne männlichen Leibeserben, dem nad) Recht oder Gebraud die Erbfolge gebührte, verwaift ſtehen follte, nimmermehr einen ausländiſchen Bürften,' weß Volkes und weldyer Zunge er auch fei, in das Reich berufen, fon- dern allemal einen der Herrfchaft würdigen und fähigen Ungarn aufdem Felde Rakos mit allgemeiner Ueberein⸗ ffimmung zum Herrn und König von Ungarn erwählen, annehmen. und anerfennen zu wollen.” Diefen Beichluß befräftigten fie mit einen, Eide ; die Urkunde aber wurde auf Berfüs gung der Stänte, in mehr als hundert Abfchriften mit. dem Siegel dedöJudex curiae beglaubigt, in alle Gegenden des Reiches verfendet.*) As Wladislaw's Sohn, ber geiftig, wie koͤrperlich ſchwache und kinderlofe Ludwig II., am. 29, Auguft 1526 nad der Schlacht bei Mohacs im Sumpfe erftidte, fand der ungarifche Thron erledigt. Bei dem großen Schlage, der Ungarn an dieſem Tage traf, kann es als eine Gunſt des Schickſals betrachtet werben, daß Soleiman verhindert war, feinen Sieg zu benügen, Einige Tage nad) der Schlacht erhielt er die Rachricht von dem Aufruhr Kalender Deg’s in Ratolien, worauf er, ohne einen Punkt in Ungarn befept zu laſſen, mit feinem Heere eiligft dad Rand verließ. Das verderbendrohende Gewitter war einſtweilen vorübergezos

*) Pray. annal. Par. IV. pag. 33. Istränfy Lib. IV. pag. 33.

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gen, und der Nation vergoͤnnt, für bie Beſetzung des etledigten Thro⸗ ned durch freie Königswahl zu forgen.

Am 5.Rovember verfammelten ſich zu dieſem Zwede die Reiche: fände zu Stuhlweißenburg, wohin auch die verwittiwete Könis gin Marie, Schwefter des römifchen Könige Ferdinand I. von Habsburg Berolimädtigte, König Sigismund von Polen aber einen Botfchafter fandten. Nach Beerdigung der fönig: lichen Leiche fchritt man zur Königswahl, welche trog der Bewerbun⸗ gen Ferdinand's, bafirt auf die doppelte Verſchwaͤgerung mit dem legten König feine Gemahlin Anna war die Schwefter des gefallenen Ludwig auf den Wojwoden von Siebenbürgen Johann Zapolya, den mädtigften Dynaſten Ungarns und Sohn eines der größten Männer der ungariſchen Gefchichte, fiel. Er murbe- mit der heiligen Krone gefhmüdt, und von diefer Wahl die Könige von Polen und Frankreich durch Boten benachrichtigt.

Ungarn war von jeher ein Wahlreich mit der Erbfolge in der männlichen Defcendenz des Gewählten. Nie war ein weibliches Erbrecht anerfannt, und die Bälle, wo die Sronbewerber bei den Königswahlen ihre weibliche Verwandtſchaft mit dem erlofchenen Königeftamme nur als ein zu berüdfichtigendes Motiv anführten, vermochten nie einen derartigen Anſpruch zu begrün⸗ den. Richtd defto weniger verfammelte fid bald nad) dem Stuhl: weißenburger Tage die Partei. der verwittweten Königin, nebft meh⸗ reren durch öfterreichifched Geld und Berfprechungen gewonnenen Großen, am 25. November 1526 zu Breßburg, und rief dafelbſt Ferdinand von Habsburg zum König von Ungarn aus, nach⸗ dem derfelbe vorher die Krönungsurfunde auögeftellt hatte, worin er die Erhaltung der Reichsgeſammtheit zuficyerte und- feierlich vers fprah: „Die Brälaten, Barone, den Übel, die Fönig-

lihen Kreiftädte, und fämmtlihe Stände bei ihren Freiheiten, Geſetzen und Reichsverordnungen, wie fie diefelben von den Zeiten der heil. Könige ber em: pfangen hatten, ermödte durch Waffengewalt, oder durch einffimmige Wahl zu dem Beſitz des Landes gelangen, zuerhalten und zu befhügen, Brälaturen, Pfründen, erblofe Güter und Staatsämter nie an“ Ausländerzuvergeben, inden Staatsrath des unga: rifhen Reiches Feinen Ausländer zu ernennen, vors züglid aber diegoldene Bulle Andreasli., zumwelder fih Ungarns Könige bei ihrer Krönung durch feier= lihen Eid verpflichteten, pünftlid zu beobachten.“

| Diefe Doppelwahl hatte einen blutigen Kampf zwifchen den

Gegenfönigen zur Folge, welcher über 13 Jahre ohne Entfcheidung dauerte, bis er durch den Brieden von Großwardein (Februar 1538) beendigt wurde. Johann Zäapolya behielt mit dem Koͤ⸗ nigstitel dad Land bis an die Theiß und Siebenbürgen; Ferdi⸗ nand aber dad übrige Ungarn nebft Dalmatien, Croatien und Stavonien. Nah Zapolya's Tode follte dad ganze Land an Ferdinand, oder deffen männlichen Erben fallen. Bald nady diefem Bertrage ftarb Zäpolya zu Muͤhlenbach in Sie benbürgen an Gift, und FerdinandI. von Habsburg gelangte zu dem ungetheilten Befiß des ungarifchen Thrones.

Uneingebenf ber jchönen Verfprechungen bei feiner Thronbewers bung vernadläffigte Ferdinand Ungarnd Berwaltung fo fehr, daß fchon neun Jahre nach feiner Krönung die Stände aus ber Reichöverfammlung zu Preßburg in bittere Klagen darüber aus» brachen.

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„Des Königs beftändige Abweſenheit,“ fagten fie in ihrer Repräfentation von 1535, „ift alles Unheile Urfade, daherdie fortwährenden Befehdbungen von Seite ber Osmanen an ben Grenzen, daher die ſchrecklichſten Gewaltthaten der fleinen Tyrannen im Lande, daher die unerträglidhften Erpreffungen feiner ausländi- [hen Feldherrn, die das Reich, ftatt zubefhirmen, ausfaugen und treuloß feinem Widerfaher verfau: fen, daher .die Ueberſchwemmung mit ſclechter Münzen. f. w.“

Diefes öfterreichifche Regierungsiyftem verleugnete fich im Laufe dreier Jahrhunderte niemald. So oft man je einmal, dur plößs liche Gefahren gefchredt, in kurzen Zwifchenperioden eine gefeglichere Berwaltung einführte, fo ermannte man fih in Wien ſchnell wies der, und arbeitete emfiger denn je, wenn die Gefahren vorüber was ren, an der Unterdrüdung und Golonifirung Ungarns.

Trotz des feierlichen Geloͤbniſſes, einen Theil des Iähres in Ungarn Hof zu halten und perfönlich zu regieren, hielt nicht Einer ber Habsburg ’fchen Bamilie Wort, erfüllte nicht einer dieſen fo billigen Nationalwunfh. Stets wurde das Volk mit Scheingründen vertröftet, dagegen der Oberbefehl über die Truppen nur Ausländern überlafien, und das Seldftgefühl der ungarischen Feldherrn, welche mit der Weile der Türken, Krieg zu führen, ungleich beffer vertraut waren, auf das Empfindlichfte gefränft. Sein Wunder, daß gerade unter der Dynaftie, welche nach ber Behauprung ihrer Freunde durch ihre anfehnlihe Hausmacht ein mächtiger Hort Ungarns gegen die Demanen hätte werden follen, ein Theil des ungarifchen Reiches nad) dem andern verloren ging und der Halbmond 145 Jahre über

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bie größere Hälfte des Landes herrſchte. Mit Recht konnten 1667 bie Häupter der Mißvergnügten fügen:

„Es wäre noch auszumitteln, ob das öfterreidhis fhe oder türfifche Regiment läftiger, oder verderb— liher wäre. Einft waren das fhwarze und adriati- (he Meer des ungarifhen Reihes Brenzen. Seit dem erften Könige aus dem Haufe Defterreih durch 140 Jahreift Ungarn ein ſchmaler Landſtrich am Fuße ber Karpathen und derfteyerifchen Berge geworden. Die Donau, Theiß, Drave und Save firömen den Türfen, ihnen find Ungarns Dreipviertheile, Sies benbürgen, Eroatien, Slavonien, Dalmatien, Ser: vien und Bodnienganz, entweder zinds oder dienſt⸗ bar. E8 ift daher beffer, ſich freiwillig der Pforte zuunterwerfen, und wie Siebenbürgen, wenigften® bie Freiheit des Gewiſſens zu genießen.“

Als es ſich zu Ende des 17. Jahrhunderts um die Wieder⸗ eroberung des Landes handelte, nahmen die Ungam an jeder Schlacht, jeder Belagerung heldenmüthigen Antheil, die Stände unterfügten ihren ohnehin fo reidy dotirten König mit außerorbent- lichen Kriegöfubfidien, fo namentlicdy in den 23 Jahren von 1683 1706 mit der damals ungeheuren Summe von 100 Millionen Oul⸗ den. Trogdem wurbe 1699 der Carlovitzer Friebe, in welchem eo ſich hauptfächlicdy um ungarifche Laͤndertheile handelte, ohne Zu⸗ ziehung bes Palatins, ohne Vorwiſſen der Reichöftände gefchloffen, und um über bie Abfichten der Habsburg'ſchen Hauspolitik ja keinen Zweifel auffommen zu laffen, hatte Leopold im Sriedensinftrumente das Wort „Eöniglih” gefliſſentlich ausgelaſſen, und dafür den ein» fachen Titel, Kaiſerliche Majeſtaͤt“ fubftituirt.

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Unter ben verhaßten ausländifchen: Yührern, welche während der öfterreichifchen Herrichaft im Namen des Kaiſers dad Volk miß⸗ Bundelten und ausfaugten,, hatten befonderd die Genfer Heifter, G@araffa, Eob, Straffoldo u. f. w. eine fluchwürbige Be- rübmtheit erhalten. Jedes Blatt, jede Zeile der damaligen Geſchichte it mit dem Blute der: edelftien Batrioten geſchrieben. Wir erinnern nur an das Blutgericht zu Eperjes.

Um den Klagen uͤber Pflichtverletzung und dem Verlangen nach Abhilfe von mancherlei Beſchwerden möglichft vorzubeugen, ging dae Beſtreben der Wiener Minifter von jeher dahin, die Aucfchr-ibung der Reichetage zu bintertreiben,, oder im Kalle des Nichtgelingens in den Berfammlungen durch mancherlei Kunftgriffe die Freiheit ber Abfimmung zu unterdrüden,, den Einn ber gebradyten Reichstags⸗ beſchluͤſſe zu verfälfchen und den Vollzug derfelben zu verhindern. Auf dem Neuſohler Landtage unter Leopold 1. führten fogar die Fremden Rothal und Heifter.den Vorſitz, obgleidy der Palatin Franz Weſſelényi anweſend war. Unter Rudolph, Ber: binand II. und Leopold I. hatten dieſe Mipbräuche den hhööchſten Grab erreicht. Zur politfchen gefellte fich. religiöfe Berfolgung gegen die zahlreichen Anhänger der Reformation. Selbſt⸗ batfe, bei Verfaffungsverletzungen durch die bulla Aurea jedem Eins zelnen gefeplich geftattet, blieb das einzige Mittel in ſolcher Bedraͤng⸗ niß, und vieljährige glorreiche Rationaltämpfe im 17. und:18. Jahr⸗ hundert unter Bocskay, Bethlen, Tököly und ben beiden Rakéczy's find weithiftoriiche Denfmäler des Charakters jener Selbſthilfe. So wie heute, fauteten vor faR zweihumbert Fahren die Klagen der Ungarn: „offenbar ift ed, daß Ungarns Srundverfaffung umgefoßen, alte Rechte und Frei— heiten der Ration vernichtet, des Reiches Würden,

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Güterund Reihthümeran $rembevergeben, bie Uns garn, die fih entfchloffen, auszuwandern, ihrer Büter beraubt, die im Lande blieben, geplündert und zur Knechtſchaft hHerabgewürbdigt worden.” Die immer deutlicher hervortretende Tendenz bed Hofes war bie gänzliche Bertilgung des freiheitöliebenden Magyarenftammes , wie dies unter Leopold. aus den Mafregeln und Aeußerungen bed öfterreichi- Ihen Hofkanzlers Hocher unbezweifelt hervorging. Die Vertilgung des ungarifchen Namens aus der Brfchichte hat ſich jedoch bisher für tie großen und Heinen Tyrannen Oeſterreichs als eine Sifyphus- arbeit ergeben. Die innere Kraft ded Volkes fiegte ſtets über den momentanen Drud, und die Zwingherren mußten, troß ihres Haſſes gegen Völferfreiheit, jede bewaffnete Erhebung der Nation durch friedliche Webereinkunft, allgemeine Amneftie und einige Male fogar durch feierliche Briedensfchlüffe unter Garantie fremder Mächte fo der Linzer, Wiener, Nifol&burger und der Szath⸗ märer Friede beilegen. In den bieafälligen Tractaten wurden bie Aufftändifchen als „conföderirte Stände” des ungarifchen Reiches anerkannt. Der brutale Grundfag: „mit Rebellen nicht zu unterhandeln,“ ift eine neue Erfindung ber öfterreichifchen Regierung, welche fie da in Ausübung bringt, wo fie, geſtützt auf ruffifche Bajonette , feinen vernichtenden Gegendrud zu fürchten hat. Dennod) machte ınan mit Eoinorn eine offene, mit © oͤrgey eine geheime Ausnahme.

Aber trog der erwähnten Friedensſchluͤſſe blieben die öfterreichis ſchen Regierungdgrundfäge Ungarn gegenüber ftetö fo hinterliſtig und gewiſſenlos, daß felbft die heutigen Lenker des centralifirenden Oeſter⸗ reich8 nur als unbeholfene Rachahmer früherer Rechtöverleger baftehen.

Wie heute die Octroyanten ded 4. März, glaubten auch bie

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Miniſter der Leopoldiniſchen Zeit mit der Vernichtung der Haͤupter der Mißvergnügten Nadasdy, Zrinyi, Frangepan und mit der Niederlage der Ungarn bei Gyoͤrke 1672, auch allen Nationalſinn in dem freiheitſtolzen Volke erdruͤckt zu haben; ſie mein⸗ ten, wie die heutigen Miniſter der oͤſterreichiſchen Dynaſtie, der güns flige Zeitpunft wäre gefonmmen, die Grundverfaffung Ungarns aus⸗ urotten, die Palatinowuͤrde und die ftändifche Theilnahme an der Reichöverwaltung aufzuheben, dem König die unumfchränfte Gewalt über Berfonen, Rechte und Eigenthum beigulegen, einen Ausländer zum Qubernator mit Föniglicher Macht zu ernennen und alle Aemter mit Fremden zu befegen. Wer glaubt niht Schwarzenberg oder Haynau zu hören, wenn man das halbtraulicye, halbamtliche Schreiben ded Kanzler Martinig an den Primas von Ungarn, GErzbiichof Szelepcesenyi, im Jahre 1676 über dad Verhalten des Ungarvolfes lieſt: „Die Pflihtder Magnaten und des Adels befteht in Unterwerfung, die des Volkes in Dienftbarfeit; man foll daher niht anmaßend for- hen, obder Monarhindem, durd gerechte Waffen- gewalt wieder in Ordnung gebrachten Lande Gefetz— liches oder Ungefegliched gebiete, nicht widerfpre- hen oder widerftreben dem Willen ded gerechten, glüdlihen, rubmvollen Siegerd. Szelepesenyi müffewoblwiffen, daß man fih durch Unterfudhung über kEöniglihe Macdtbefugniffe und durch Beru— fung auf Rechte und Privilegien den Herrfdhern nur verbaßt made. Die Häupter des Aufftandes feien abgethan, die ſchuldigſten Theilnehmer flüchtig ge- worden, die Feftungen mit treuerMannfchaft befest, der König von-zahlreihen Legionen umgeben, die

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Türken zu Baufe befhäftigt; Niemand könne dem Kaifer widerftehen u. f. w.“

Dreißig Jahre nach diejer gewiffenlofen, hochmüthigen Sprache des oͤſterreichiſchen Kanzlers Hatten aber die Kaiferlichen Ungam bis auf einige Feſtungen wirder räumen muͤſſen, und bie Heerſchaaren Rakéczy's fireiften vor ten Thoren Wiens.

So erweift ſich die Geſchichte Ungarns während ber legten Yahrhunderte ats ein ununterbrocyener Beleg der freiheinnörberifehen Politik Oeſterreichs, zugleich aber auch der Unverwülichfeit ungariſcher Langmuth und bes leithtgläubigen Vertrauens, wommit die Ration beim geringſten ſcheinbaren Einlenken der Regierung ſich ſogleich ihrer angeerbten dynaſtiſchen Bietät rüdhattslos hingab, die fchreiendften Ungerechtigkeiten und Mißhandlungen vergaß, und hun⸗ dertmal gebrochene Verſprechungen ſtets als baare Münze hinnahm. Dieſe Schwäche des ungariſchen Nationalcharakiers büßt das Land gegenwärtig mit ſchweren Leiden.

Das Schickſal, immer gerecht gegen unterdrüdte Voͤlker, wenn fie nit an ſich felbit verzweifeln und ber warnenden Stimme ber Vorſehung ihr Ohr nit verſchließen, bot der Nation in neuerer Zeit zweimal die Gelegenheit zur. Wiedererlangung ihrer urfprünglichen Freiheit und Unabhängigkeit.

Als Maria Therefia 1741 von Ihren beutfchen und fpanis fhen Verwandten, welche ſaͤmmtlich ein älteres, wirkliches Recht auf die Erbidyaft ded Haufed Habsburg beſaßen, auf dad Härtefle bedrängt wurbe, der Hauptprätendent Kurfürft Carl Albert von Baiern, im Befig von Oberöfterreih nad) der Erbhuldigung der Stände ob der Enns, ſich zum König von Böhmen Trönen ließ, und furz darauf in Frankfurt zum römifchen Kaifer gewählt wurde; als Friedrich Il. von Preußen Schlefien im Fluge und zum

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Theil Mähren erobert und Brünn eingefchloffen Hatte; als Frankreichs Truppen im Herzen ber öfterreichiichen Erbftaaten Randen, und Spanien fidy mächtig zum Kriege rüftete: da blieb der jungen Königin nur eine Möglichkeit zur Rettung, der Beiftand Des ungarifhen Heldenvolfed. Wer kennt nicht die Ge⸗ ſchichte des 11. September, an welchem Maria Thereſia, ihren ſechsmonatlichen Sohn auf den Armen, in ben Saal der Reichs⸗ Rände trat? Wer kennt nicht den Erfolg diefes Schrittes?! In rit⸗ terlicher Aufwallung verfprachen tie Stände ,‚vitam et sanguinem, ** und bie Nation löfte dad Wort ihrer Vertreter viel gewifienhafter ein, ald fie dies von ihren Herrfchern zu erfahren gewohnt war. Mit unglaublicher Schneliigfeit wurden dic großartigften Rüftungen ausgeführt, und in wenigen Monaten fanden die Ungarn vor Prag, läuberten Böhmen und Oeſterreich, und, als ritten fie dies felben Rofle, wie vor 900 Jahren ihre Ahnen, jo eroberten fie mit Bligesichnelle München und alle Erbländer des Prätendenten , fo daß Gar! Albert, als Kurfürft, König von Böhmen und römi- fcher Kaifer, durch die Ungarn buchftäblich zum Fürften ohne Land gemacht wurde. ,

Maria Therefia jummt ihrer Defcendenz war gerettet, den Un⸗ garn jebod der günjtige Moment entſchwunden, ihre ſtaatliche Selbſtſtaͤndigkeit ohne Blutvergießen wieder zu erlangen.

Schlecht lohnten die Königin und ihre Rachfommen für diefe beifpiellofe Aufopferung. Zwar wurde die in vieler Beziehung große Frau durch erzwungene Schamhaftigfeit von offenbarer Unter» drüdung ihrer Befreier abgehalten, allein was fie auf geheimen ober Nebenwegen und durch Unterlaffungen gegen bie Berfaffung that, um ihrem ererbten Widerwillen gegen jete Beichränfung des ſouve⸗ taͤnen Willens zu fröhnen, ſchadete der Nation ungleich mehr, als

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offene Verfolgung. Gleich allen ihren Vorfahren, war auch ſie nicht zu bewegen, ihr Hoflager periodiſch in Ungarn aufzuſchlagen. Nur zweimal waͤhrend ihrer 40jaͤhrigen Regierung ward der Reichstag ausgeſchrieben, die Palatinswuͤrde blieb aber beinahe eben ſo lange unbeſetzt. Außerdem waren Verfolgung des proteſtantiſchen und griechiſch nicht unirten Glaubens, Proſelytenmacherei und Intoleranz jeder Art an der Tagesordnung. Zur Einſchläferung und Ber: weichlichung der Ungarn wurden indeſſen unzaͤhlige, zwar ſanftere, aber deshalb nicht minder wirkſame, Mittel in Bewegung geſetzt, und * bier bei den Großen und Reichen begonnen, die großentheils nad) Wien gelodt, fehr bald ihrer Mutterjprache und der eigenthümlichen Sitten ihrer Nation ſich entäußerten,, und bei ihrem großen politi- fchen Einfluß und reichen Orundbefig fm Lande durch ihr Beifpiel eben fo verderblidy auf den moralifchen und nationalen Gehalt ihrer Landoleute einwirkten.

Ihr Sohn Joſeph, derjelbe, den fie 1741 in Preßburg auf den Armen hielt, hatte feinen Rettern einen noch verberblicheren Lohn zugedacht. Er ließ fich nicht Frönen, führte die Krone gewaltfam nah Wien, erklärte die ungarifche Perfaſſung für ab: geihafft, führte deutiche Verfaffung und deutſche Sprache ungleich ſchonungsloſer und mit größerer Strenge ein, als die Mutterfprache 50 Jahre fpäter durch die Nation in ihr urfprüngliches Recht zurüd: geführt wurde, Fehrte in übel angebrachter Theorie in allen Zweigen . ber Stuatöverwaltung das Oberfte zu Unterft, ſprach in feinem phi⸗ lanthropiſchen Cynismus allem Herfömmlichen und durch Alter Ge⸗ heiligten Hohn, und al8 er endlich die ſich alfeitig aufthürmenden Hinterniffe für unüberwindlid, erfannt hatte, widerrief er 1790 kurz vor feinem Tode Alles, weniger aus Rechtsſinn und UÜeberzeugung, als aus Kleinmuth und Angft vor ber franzoͤſiſchen Revolution und

ben Folgen feiner willfürlich ohne alle praftifche Staatsklugheit in Anwendung gebrachten Neuerungen.

Leopold IE. zeigte beim Antritt feiner Regierung einige Hinnei- gung zu politifcher Freiheit und religiöfer Duldung. Die Ungarn gaben fi) ber Hoffnung einer beſſern Zufunft hin, und begannen fhon zu glauben, daß wirklich einmal ein öfterreichifcher Herrfcher aus ber Regel geſchlagen; da raffte ihn der Tud hin, bevor er noch zwei Jahre regiert, und die Verwirklichung feiner guten Abfichten bewirfen fonnte.

Auf ber Adjährigen Regierung feines Sohnes und Nachfolgers ruht der faum noch verhallte Fluch von Millionen Märtyrern , bie feinem und ſeines Hauss, Hof» und Staatöfanzlerd Wirfen zum Dpfer fielen. Wie einft Leopold’ Withrich, der blutdürftige Caraffa öffentlich außfprah: „wenn er in feinem Körper eineden Ungarn günftige Aderentdedte, fowürde er fie außs Ihneiden und in's Feuer werfen,” fo hätten ed Franz und Metternich mit jeder conftitutionellen Aber gethan. Ihre beifpiellofe Confequenz im Abſolutismus hielt fte trog der vielen Ges genfäge ihres Charakters ein ganzes Menfchenalter hindurch an eins ander gefettet, und machte Letzteren, als verförperted Regiesungsprins cip Oeſterreichs, auch nach dem Tode des Kaiſers, der ihm fonft nicht fehr geneigten Dynaftie unentbehrlich. Keinem Könige war die Gonflitution verhaßter, als diefem Franz; aber feiner hat fo oft wie er, in öffentlichen Zufchriften und Anfprachen, Liebe zu ihr und zu feiner „percara gens hungara‘“‘ geheudhelt. Da Franz in den Weltfämpfen ber Unterftügung Ungarns bedurfte, vers hüllte er feine Attentate auf die Verfaſſung nad) Maßgabe ber ihn betrohenden Gefahren. So berief er in ben Bebrängnifien der

Rapoleonifchen Feldzuͤge ven Reichötag in dem kurzen Zeitraume von - 1. 2

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1802 bis 1812 ſechsmal, und war ſtets freigebig an Verſprechm⸗ gen; doch kaum war ber verrathene Heros niedergeworfen, als bie Ausſchreibung des Reichstages 13 Jahre lang unterblieb. Im Jahre 1823 wurden ſogar Gewaltſtreicht verſucht, die auf den Um⸗ ſturz der Verfaſſung hinzielten, und nur durch die mithige Haltung ber Comitate und ben trüben politiſchen Himmel hintertrieben wurden.

As Rapoleon 1809 Sieger, und im Befite ber halben öfterreichifchen Monarchie, von Schönbrunn den denkwuͤrdigen Aufruf an die Ungarn erließ, fi; von Defterreich Toszufagen und nach Weife ihrer Väter auf dem Felde Rakos einen König zu wäh- ben, wies das Schidfal zum zweiten Male mit mahnender Hand auf den einzigen Weg zum Heile hin. Die Ration verfehmääte zum zweiten Male in ihrer hochherzigen Verblendung das bargebotene Rettungsmittel.*)

) Diefer Aufruf Rapoleon’s lautet:

„Ungarn! Der Kaifer von Oeſterreich, ungetreu feinen Tractaten, verfannte die Großmuth, mit weicher ich ihn nach drei auf einander folgenden Kriegen, zumal nach dem Kriege von 1808 behandelt hatte; er bat meine Armee angegriffen; ich habe diefem ungeredhten Angriffe begegnet. Gott, der Geber des Sieges, der den Undanfbaren und Meineidigen fraft, ift meinen Waffen günftig gewefen: ich bin in ber Haupiſtadt Oeſterreichs eingezogen und flehe auf @ueren Grenzen. Der Kai⸗ fer von Deflerreich ift es, nicht der König von Ungarn, welcher mir den Krieg er: Härt hat. Nach Cueren Inftitutionen konnte ex dies nicht ohne Cure Einwilli⸗ gung thun; Euer Eyftem, welches befländig nur defenflo war, und bie Maßre⸗ geln, welche Ihr auf Eurem legten Reichetage genommen habt, haben mir zur Benüge erkennen gegeben, daß Euer Wunſch für die Aufrechthaltung des Fries dens war.’

„Ungarn! Der Augenblick iſt gelommen, Eure Unabhängigkeit wieder zu erhalten. Ich biete Euch ben Frieden an, bie unabänberliche Vollſtaͤndigkeit Cu⸗ res Gebietes, Eurer Kreiheit und Eurer Conſtitution, fie mögen, wie fie bis jetzt beftanden, beibehalten oder durch Buch ſelbſt modifleirt werden, wenn Ihr es für

Es fordert feinen befonderen politiſchen Scharfſinn, ſich bie Folgen zu vergegemvärtigen,, die unaudbleiblich eintreffen mußten, wenn bie Ungarn, biefen Aufruf beherzigend, ben Bicefönig von Italien, oder einen Anderen ehrenhaften Charakters zu ihrem con: ftitutionellen Könige wählten.”) Die erfte unmittelbare Bolge war der Zerfall des fo unnatuͤrlich zufammengefügten, von Franz. zum oͤſterreichiſchen Kaiſerthum umgeftalteten Ländereompleres. Gin freies, felbftiftändiges Ungarn mußte aber ein ähnliches Bolen nad fich ziehen. Diefe zwei jugendfräftigen,, conftitutionelten Reiche, ats

gut findet, je nachdem es der Geiſt ber Zeit, oder das Iniereſſe Curer Mitbürger erheiſchen. Ich verlange nichts von Buch, ich will Bud nur ale eine freie und unabhängige Ration fehen. Eure Bereinigung mit Defterreih hat Euer Unglüd gemadt. Guer Biut ift gefloflen für daficlbe in entfernten @egenden, und Euer Hauptinterefie wurte befländig demjenigen feiner Erbſtaaten aufgeopfert. Ihr waret der ſchoͤnſte Theil feines Reiches und dennoch wurdet Ihr behandelt wie eine Provinz, die immer Leidenſchaften preisgegeben war, die Euch fremd waren. Ihr habt NRationalfitten, eine Nationalſprache; Ihr rühmt Cuch mit Recht eines urs alten und glerreihen Urſprungs. Berichafft Buch alfo wieder eine Eriſtenz ale Nation. Seid, was Ihr ware. Gebt Such einen König, der nur Eurer Wahl feine Krone verdanfe, der nur für Euch regiere, der unter Cuch wohne, der nur von Guren Bürgern und Gurm Soldaten umemgt fei. Ungarn! Diefes if, was Europa von Euch verlangt, welches auf Buch feine Augen richtet. Das if Allee, was ih von Cuch verlange. Einen befläntigen Frieden, Handelsver⸗ haͤltniſſe mit mir, eine geficherte Unabhängigfeit, Tas ift das ſchoͤne Loos, welches Gurer barret, wenn Ihre Eurer Vorfahren und Curer ſelbſt würdig fein wollet.“

„Ihr werdet diefe großmüthigen Anerbietungen nit von Cuch Roßen und Gurr foftbares Blut nicht verfchwenden wollen für ſchwache Fürften, welche bes Räntig beſtochenen Miniftern unterworfen waren, tenen Gngland fein Gold gab, dieſer Feind des feiten Landes, welcher feinen Reichthum auf den Alleinhandel und auf unfere Zwietracht gegrüntet hat.“

„Verſammelt Euch zu einem Nationalreihstag auf tem Felde von Rskos nach der Art Gurer Borfahren und gebt mir Curen Entſchluß zu erkennen.

Napoleon.‘

) Die Schweden hatten zur felben Zeit keinen ſchlechten Taufch mit der Bas

milie Bernadotie für die Waſa'e gemacht.

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Schutzmauer gegen Rußland, ein freies Italien, als Brücke zwiſchen Frankreich und Ungarn, die nothwendig folgende Reinigung Deutſch⸗ lands von Meineid und Reaction wuͤrden der buͤrgerlichen Freiheit volle Bürgfchaft geleiſtet haben, und Europa flünde jetzt wahrlich nit als das troftlofe Bild eines allgemeinen Belagerungszus ftandes ba.

Das Bewußtfein von der Unmöglichkeit, die Regungen der Völker fortwährend auf Rechnung einiger Hebelwollenben zu fchieben und mit gewöhnlichen Mitteln zu unterbrüden, trieb Franz und feinen Kanzler zur Schöpfung jener Armeen an, wie fie die Geſchichte an Zahl, fchroffem Kaftengeift und blinder Ergebenheit für die ſoge⸗ nannte 2egitimität früher nie gefannt. in Heer überflüffiger Be: amten, durch materielle® Interefie an das adoptirte Syſtem des Ab- ſolutismus gefettet, hatte die Aufgabe, durch tägliche Eininengung in das innerfte Volföleben die Abfichten jenes Regierungsmechanis- mus unbemerfbar, jedoch nicht weniger ficher, auszuführen, und ihre Geſchicklichkeit nicht blos auf das Gebiet der öfterreichiichen Staaten zu befchränfen, fondern bis weit über deren Grenzen hinauszutragen und fühlbar zu machen. Welch zahllofe Flüche hat Deutfchland, hat Italien auf die Schergen Hab&burg’fcher Politif, Habo⸗ burg scher Polizei herabbeſchworen einer Politik, welche bie Völker der öfterreichiichen Staaten in Armuth, einer Polizei, welche fie in Knechtſchaft flürzte! Der Hausfchag aber ſchwoll dafür fo mächtig an, daß Franz feiner Familie die Kleinigkeit von über 100 Millionen Gulden, dem Bolfe dagegen das überfchwengliche Gnas dengefchenf „feiner Liebe” vermachte.

Welche Mifere unter dem geiſtesſchwachen Ferdinand, uns erträglich durch des allmächtigen Metternich Hochmuth! Welcher Hohn in dem Bewußtfein dieſes Menfchen, daß nach feinem Tobe

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das Syſtem zuſammenſtürzen und Millionen unter feinen Trüm⸗ mern begraben müfle! „Après nous le deluge“ iſt von jeher der Wahlfpruch antifer und moderner Tyrannen und ihrer Diener geweien.

Da ſich Ungarn den Metternich’fchen Maßregeln am mäd- tigften wiberfeßte, fo wurde zuerft bad Syſtem der indirecten Befteues rung dieſes Landes zu Gunſten ber deutfchen Erbftaaten immer ſcho⸗ nungsloſer, mit einer den Handel und Gewerbfleiß im Keime ers ftidenden Härte und Eonfequenz in Ausübung gebracht. Die Bor: ftellungen der Ungarn gegen foldye Grwaltmaßregeln wurden nicht angehört. Bielmehr begann man zu Wien, um ben Berlegenheis ten ein Ende zu machen, welchen bie lichtfcheue Verwaltung Met: ternich’& durch die offene Sprache und Unfügfamfeit der Comitate und Reichötage ausgeſetzt war, auf die Untergrabung diefer Boll werfe der conftitutionellen Freiheit immer nachdrüdlicher hinzuarbei⸗ ten, und leider fanden fich fäufliche ungarifche Publiciften,, welche ſelbſt in liberalen Blättern unter patriotifcher Bermummung die Aus tonomie der Comitate mit allen Waffen einer rabulifiifchen Dialektik anzugreifen wagten.

Die Oppofition geftaltete fich während diefer Zeit immer maͤch⸗ tiger, und als der Reichstag von 1847— 48 einberufen worden war, drangen bie Stände fofort auf Erledigung ihrer Veſchwerden und Einführung der nöthigen Reformen.

Die Berfaffung ward einer gründlichen Revifion unterworfen, die Eteuerfreiheit des Adeld abgefchafft, der Landmann von ben Urbariallaften befreit und zum gleichberechtigten Staatsbürger erho⸗ ben, Gleichheit vor dem Geſetz, und unbefchränkte Beftgfähigfeit aller Staatöbürger becretirt. Da kam die Radhricht von den Februars ereigniflen in Paris.

J. Abſchnitt.

Ereignifie vom März 1848 bis zu dem Einrüͤcken ber oͤfter⸗ reichiſchen Hauptarmee unter Windiſchgraͤtz.

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I.

Das erſte verantwortliche ungariſche Miniſterium. Schluß des Preßburger Reichstages 18%7/,,. Umtriebe der Reactionspartei. Die Südflaven gegen bie Reformen. Jellachich. Eröffnung des Reichstages zu Peſth. Bergeblihe Berföhnungsverfucdhe. Jellachich überfchreitet mit 40,000 Mann die Drau und rückt gegen Ofen vor. Ereigniſſe in Beth. Schlacht bei Pakozd am 29. September. Rückzug der croatifhen Hauptarmcee. Ges fangennehmung des Roth’fchen Corps bei Ozora 6. October. Flucht bes eroatifhen Landſturms. Jellachich mit den Trümmern feiner Armee rettet

ſich nach Oeſterreich.

Der Februar in Paris hatte die Maͤrzereigniſſe in Wien zur Bolge. Die alte Kaiſerſtadt, von deren Mauern biöher jeder Ber ſuch einer Neuerung abgepralt war, gab dem erftaunten Deutfchland plöglich dad Schaufpiel einer Revolution, und fomit das Lofungds wort für eine allgemeine Erhebung unter den verwandten beutfchen Stämmen. Ungarne Parteien blieben von dieſer Erſchuͤtterung nicht unberührt und am Reichötage zu Preßburg wurden Verfuche | gemacht, die entgegengefeßten Anfichten zu nähern. Confervative und Liberale waren gleich fehr überzeugt, daß man die Bahn ber bis⸗ ber befolgten Politik verlaffen und eine neue Richtung einfchlagen müfle ; während aber jene von einer Wiedergeburt Ungarns träums ten, ohne zu fehr an ber biöher beftandenen Verbindung mit den ans dern öfterreichifchen Staaten zu rütteln, verlangten diefe, geftüßt auf Ungarns Recht und feine fanctionirten Verträge, vollftändige Tren⸗ nung in politifcher und abminiftrativer Hinficht, und die Union blos in ber Perfon ded Monarchen. Der am 15. März kundgegebene

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laute Wille des Volkes gab den Forderungen der Letzteren Nachdruck und der Reichstag entſchloß ſich hierauf, mittelſt einer glaͤnzenden Deputation bie Wuͤnſche des Volkes vor den Thron zu bringen. Diefe Volkswuͤnſche waren in den befannten 12 Peſther Punkten enthalten und umfaßten vor Allem die Bildung eines verant⸗ wortlihen ungarifhen Minifteriums. Am 19. März ernannte in Bolge defien der König ben Erzherzog Stephan zum Vicefönig von Ungarn und den Grafen Ludwig Batthianyi zum ungarifchen Minifterpräftdenten. Am 23. war daß erfle verant- wortliche ungarifche Minifterium zu Stande gebradht, und am 30. vom Könige beftätigt; es beftand aus folgenden Mitgliebern :

Graf Ludwig Batthiänyi, Minifterpräfident ;

Bartholomäus Szemere, Inneres;

Fürft Paul Eſterhazy, Aeußeres;

Ludwig Koſſuth, Finanzen;

Graf Stephan Szehenyi, Straßen und Bauten ;

Baron Joſeph Eötwos, Eultur und Unterricht;

Franz Deäf, Juſtiz;

General Lazaͤr Mészaroso, Krieg;

Gabriel Klauzäl, Aderbau und Handel,

Der Reichdtag und dad Land begrüßten biefe Namen mit Jubel, benn fie waren bie ber bervorragendften Patrioten bed Landes; am 1. April war bie Nachricht. nah Peſth und gleich darauf mit Windesſchnelle in die entlegenften Theile des Landes gebracht.

Der Schluß des denkwürdigen legten Breßburger Reiche» tages warb hierauf von dem König auf den 11. April feſtgeſetzt, und die Zeit bis dahin in raftlofer Thätigfeit von den Vertretern des Vol⸗ kes dazu verwendet, diejenigen neuen Geſetze und Beichlüffe in's Les ben zu rufen, bie bis zur Einberufung bed nächften Reichstages ber

.

neuen ſelbſtſtaͤndigen Organifation bed Landes ala Orundlage dienen ſollten.

Am 11, April 1848 fand vor den verſammelten Staͤnden in Preßburg die feierliche Sanctionirung der neuen Geſetze ſtatt, und König Ferdinand V., von ben Miniſtern und einem glänzenden Befolge umgeben, übergab unter unbefchreiblichem Jubel der Vers fammlung die Sanctionsacte dem Balatin Erzherzog Stephan mit folgenden Worten: „Bon Herzen wuͤnſche ich meiner treuen ungariichen Nation Glück, denn in ihrem Gluͤcke finde ich auch das meinige. Was Sie, meine Lieben und Oetreuen, zur Erreichung befielben von mir gewünfcht, habe ich nicht nur erfüllt, fondern durch mein koͤnigliches Wort befräftiget, unb übergebe es hiemit Dir, mein lieber Better Stephan, und durch Dich der ganzen Nation, in deren Treue mein Herz bie erhebendfte Beruhigung und feinen Reich⸗ thum findet.” Mit diefem Tage erlofchen alle Beubalinftitutionen bes Landes, und Ungarn trat in die Reihe der wahrhaft conflitutios nellen Reiche Europa's ein. Was die Ungarn durch die Sanction biefer Geſetze erlangten, war ihr altes, legitimes Recht, und es grenzt an Unverfchämtheit, fie in den fpäteren Kämpfen für bie Behauptung und Bertheidigung biefed Rechtes mit dem Namen „Rebellen“ zu bezeichnen.

Bald nach dem Schluſſe des Reichötages hielt das neue Minis flerium, welchem fofort die Ausführung der neuen Geſetze oblag, ſei⸗ nen feierlichen Einzug in Peſth. Nur der Miniſter des Krieges, Oberſt Mase za ros, Kommandant des 5. Hufarentegimentd, war noch abweſend, und zwar vor dem Feinde in Italien. Einige Tage ſpaͤter langte auch der damals ſehr beliebte, zum bevollmaͤchtigten Statthalter des Reiches ernannte Erzherzog Stephan in Dfen an.

2s —_

Dem regenerirten Ungarn waren durch den neuen Umſchwung der Verhaͤltniſſe alle Mittel an bie Hand gegeben, durch wackeres Vorwärtöfchreiten auf der Bahn bed Rechtes und ber Eultur bie Wunden anhaltender Unterdrüdung zu heilen. Die Wiener Regies rung dagegen blicdte mit bangem Grauen in den Abgrund admini- firativer Troftlofigfeit, an befien Rand das Eyftem Metternich’ 8 die übrigen Staaten der öfterreichifchen Monardyie gebracht hatte. Ein dritter Staatöbanferott, verderblicher als die zwei früheren, fland in Ausfiht. Das felbfiftändige Ungarn, welches von jeher alle Ausgaben feiner inneren Berwaltung felbft getragen, für das fönigliche Haus auf das Freigebigfte geforgt, die eigenen Truppen durch Contribution befoldet Hatte, und von den ungeheuren Sum⸗ men, die man aus dem Lande führte, nicht einen Pfennig zum Wohle Ungarns verwendet fah, würde genaue Rechnung über die öffent lichen Gelder verlangt, und beim Anblick der heillofen Staatöver; ſchwendung fich von jeder Berheiligung an ber, ohne Einwils ligung bed Reichsſstags contrahirten Staatsſchuld Tosgefagt, fers ner von öfterreichifcher Bevormundung befreit, auch feine Zölle im eigenen Intereſſe regulirt, feine auffeimende Induſtrie ges ſchuͤtzt, und feinen Zivangsmarft geduldet, fondern nach Ermeſſen vortheilhafte Handelstractate mit dem Auslande abgefchloffen haben. Die Beeidigung ded Heeres auf die Berfaffung hätte zugleich bie Verwendung beffelben außerhalb der Grenzen Ungarns ohne Bewils ligung des Reichstages, und fomit die Interventionen mit Hilfe ungarifcher Bajonnette unmöglich gemacht. Fuͤr fremde Beiteljunfer endlich hätte es fortan Feine Stellen mehr in den ungarifchen Regis mentern gegeben !

Diefe und ähnliche trübe Ahnungen fehten die Wiener Regies rung in Angft und Verzweiflung und vermochten fie, zu ber fehr

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gefährlichen zwar, aber doch einigen Aufſchub verheißenden, von Metternich und feinen Vorgängern ererbten Voͤlkerentzweiungs⸗ politif ihre Zuflucht zu nehmen. Zu diefem Zwecke ließ man den ſchwachen Kaifer Schritte thun, unvereinbar mit der Ehre und den Pflichten eines Monarchen und beifpiellos in ber Geſchichte, Telbft ber Öegenmwart.

Zuerſt wurden bie Serben *) und Eroaten zum offenen Wider⸗ ftand gegen bie freifinnigen Maßregeln des ungarifchen Minifteriume aufgewiegelt; dann folgten die Sachſen und Wallachen in Siebens bürgen,**) endlich die Stovafen in Oberungarn.

Die Eroaten verdienten ald der compactefte und zur rafchen militäs rischen DOrganifation fähigfte Stamm der Staven bie vorzüglichfte Aufmerkfamfeit, ba unter ihnen in Folge des vieljährigen Sprachen» fireite® der Rationalhaß gegen die Ungarn am heftigften, und ein rafcher Entichluß am eheften zu erwarten war. Die von dem ungas riſchen Minifterium angeftrebte Berföhnung der Croaten mußte Hins tertrieben und fruchtlo® gemacht werden. Slaviſche und öfterreichis ſche Emiffäre, wie ein Gay, Baron Kulmeru. f. f., geleitet durch übelverftandene panflavifche Intereffen oder vom Hofe befoldet,, ers ſchienen in jenen Gegenden, wo Liebe zur $reiheit und gegenfeitiges Vertrauen beim Volke eben Wurzel zu fehlagen begonnen. Sie bes nugten mit großer Schlauheit Ungarns vergangene, durch die Reichs⸗ tagsbejchlüffe von 1848 fo gut wie gefchloffene Gefchichte, um dem Volke gegen die Abfichten ber Ungarn bei Ertheilung fo vieler Gerecht⸗ fame und Freiheiten Mißtrauen einzuflößen. Trotz ihrer Abges Ihmadtheit fanden folcdye Lügen , fogar von ben Kanzeln herab vers

) Siehe III. Abfchnitt: der Serbenkrieg. Siehe IV. Abſchnitt: der Feldzug in Siebenbürgen:

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breitet, bei dem bigotten Volke Glauben, und die Flamme der Zwie⸗ tracht, dem Erlöfchen nahe, loberte fchnell zum verheerenden Brand empor.

Die Croaten fchidten ſchon im März, bei ber Kunde von ber Ernennung eines felbftftändigen ungarifchen Minifteriums, eine zahl⸗ reiche Deputation an den Hof nad Wien, die außer den damals allgemeinen Volkswuͤnſchen auch ein eigenes verantwortliche Minis fterium, blos vom croatifchen Zandtage abhängig, für die wieberver: einigten Königreiche Croatien, Sfavonien und Dalmatien, und die Ernennung des Oberften Iellachich zum Ban, fomit bie Auflöfung des ftaatlihen Berbandes mit Ungant, verlangte. Der Hof ge: währte ihnen den Wunfch in Betreff des Ban’s. Dberft Sella- ch ich wurde in das Hoflager berufen, an die Partei des Rüdfchrittes nefettet und zum Lohne dafür in 8 Tagen vom Öberften zum Feld» marfchalllieutenant und Banus von Groatien befördert.

Die anderen Forderungen der croatifchen Deputation wurden mit der üblichen Formel: „reiflihe Erwägung und zeitgemäße Bes rüdfichtigung abgeroiefen.

Auf den Verhandlungen der Führer diefer Deputation mit dein damaligen Minifterium Fiquelmont ruht übrigens ein bisher noch wenig aufgeflärte® Dunfel; fo viel fcheint gewiß, daß das öfterrei- chiſche Minifterium ſchon damals den Eroaten bezüglich der ungaris fchen Frage die Verhaltungsmaßregeln ffizzirte, und bie Eroaten in Folge diefer Combination ſcheinbar von jenem Theile der Petition abftanden, welcher die Trennung von Ungarn und ihre gänzliche Uns abhängigfeit beanfprudhte.

Der neue Banus übernahm Anfangs April die Leitung ber eroatifchen Angelegenheiten, und ftellte fi) an die Epige der Bewe⸗ gung. Seine erfte und größte Eorge war, bie croatifche Nation in

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ein Labyrinth von Widerſprüchen zu verwickeln, worin ſie alle ihre Kraft der Dynaſtie widmen und zuletzt doch um die Fruͤchte des Sie⸗ ges betrogen werden ſollte. Er gab den Croaten die „Einheit der Gefammtmonarchie und die Gleichberechtigung aller Nationalitäten” zum Loſungswort, bezeichnete fie als die einzigen Stügen des ver: laffenen und verrathenen Hofes, und eröffnete ihnen die Perſpective der Unabhängigkeit nach gänzlicher Beflegung der herrfchfüchtigen Ungarn. Das Bolf, nur vom Inflinct des nationalen Haſſes ger leitet, lief mit aller Kraft feiner eigenen Knechtung entgegen.

Der croatiiche Landtag warb ausgefchrieben und einberufen; alle Ungarn treue Beamte wurden fuspenbirt, die Verfügungen bes ungarifchen Miniſteriums für nichtig erklärt, die Zujchriften des Pa⸗ latins zerriflen ; ber Palatin felbft und der Premier des ungarifchen Minifteriums im Bilde auf offenem Marfte zu Agram verbrannt. Das gegen ſchloß man mit dem ferbifchen Comits in Karlowitz ein Schuß- und Trugbündniß gegen die Ungarn, proclamirte die Brüderlichfeit und Eolidarität der Interefien mit den übrigen Slavenftämmen, und faßte den einftimmigen Befchluß, eher Gut und Blut zu opfern, ale je wieder zum Gehorſam gegen die ungarifche Regierung zurüdzufeh- ren, ober, wie man damals in Eroatien ſprach, von den Ungarn fich knechten zu laflen.

Das ungarifche Minifterium handelte feinem Amte gemäß. Ein föniglicyer Commifjär follte nady den Landesgeſetzen die Vor⸗ gänge an Ort und Stelle unterfuchen und die Schuldigen zur Bers antwortung ziehen. Der König ernannte hiezu ben Feldmarſchall⸗ lieutenant Hrabowsky, einen eben fo berühmten Militär ald gewand⸗ ten Diplomaten. Der Ban verfagte aber diefem nicht nur ben Gehor⸗ fam, fondern auch den Aufenthalt in Eroatien, indem er ihm andeuten

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ließ, daß er beim Ueberſchreiten der Grenze nicht mehr für ſein Leben ſtehen koͤnne.

Der erſte Schritt zur Ausgleichung war geſcheitert. Die unga⸗ riſche Regierung, immer loyal, immer auf dem Boden des Geſetzes, ſchlug dem Ban vor, im Wege freier Beſprechung mit dem Reichs⸗ palatin die ſtreitigen Fragen zu löfen. Der Ban ſchlug auch dieſe Einladung aus, ja ſtatt die Hand zur Verſoͤhnung zu bieten, begann er eine crontifche Rationalarmee zu organifiten. Die 3. und A. Bataillon der Grenzregimenter wurden errichtet, und die Rejerven aus allen waffenfähigen Bewohnern zufammengeftelt. Eine eigene Leibgarde de Ban warb aus den räuberifhen Rothmäntlern des boßnifchen Grenzlandes, Serefaner genannt und feit ben Gräueln der Wiener Octobertage fluhwürdig berühmt, in's Leben gerufen. Mit Uebermuth und Haß erfüllte Proclamationen fleigerten die Wuth gegen die Ungarn,

Das Wiener Minifterium feinerfeitö beorderte einen Theil ber eroatifhen Brenzregimenter in ihre Heimath zurüd, verfah heimlich den ritterlihen Ban mit Geld, Waffen, Munition und General: ftabSoffizieren, während es andererfeits öffentlich auf das freundlichfte mit dem ungarifchen Minifterium und dem Palatin correfpondirte.

Mitten in diefe Ereigniffe fallen die Unterhandlungen bes neu einberufenen Reichstages, eröffnet durch den Föniglichen Statthalter und alter ego ded Königs, Erzherzog Stephan, am 9. Juli zu Peſth. Die Vertreter des Volfed, im Namen des Könige aufs gefordert, zur Abwendung ber das Vaterland bedrohenden Gefahren die geeigneten Maßregeln zu treffen , befchloffen einftiinmig die Aus» bebung von 200,000 Dann und die Bewilligung von 60 Millionen Gulden. Troß der Begeifterung, welche in Folge dieſer Reichstags⸗ befchlüffe das Volk in allen feinen Schichten ergriff, und ber in dies

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ſelbe Zeit fallenden fortwaͤhrenden Mahnrufe des Koͤnigs an ſeine „Croaten und Slavonier,“ den aufrühreriſchen Anordnun— gen des Banus keine Folge zu leiſten, und in alter Treue zu den Dienern ſeiner ungariſchen Krone zu verharren,“ verblieb die Wiener Hofpartei bei ihren Intri⸗ guen, und fpann die Baden der Berfchwörung mit Jellach ich und den Serben immer weiter aus, von welchen Erfterer nach feinen früher erwähnten Vorbereitungen, an der croatifchen Grenze nun auch noch einen Cordon ziehen ließ, den fein Reifender aus Ungarn mehr überfchreiten durfte.

Das ungarifche Minijterium, durch diefe offene Kriegserflärung zu doppelter Thätigfeit angefpornt, rief feinerfeit3 bie ungarifchen Rationalgarden zur Bertheidigung des bedrohten Baterlandes auf, mobilifirte einen Theil derfelben mit einigen regulären Bataillonen und Huſaren⸗Escadrons, errichtete eine nationale Landwehr aus frei geworbenen HonpebdsBataillonen, und drang beim Könige im ge: feglihen Wege auf die Abſetzung bed verrätherifchen Banus. Beides erfolgte. Jellach ich ward zum Hochverräther, und feiner Würden verluftig erflärt, und „ad audiendum verbum regium‘‘ nad) Innsbruck berufen. Die Honveds Bataillone marſchirten gegen die Serben und die croatijche Grenze.

Diefe beiden legalen Handlungen bezeichnete fpäter der Hof als die erfien Revolutiondacte der ungarifhen Regierung.

Der Ban blieb indeffen in feinen Bunctionen, und brachte vom April bis Auguft 1848 40,000 Mann, in 3 Armeecorps getheilt, auf bie Beine. Das gegen biefe feindliche Macht an ber croatiichen Grenze aufgeftellte ungarifche Armeecorpd fand zuerft unter dem

Commando bed General Dttinger. Als diefer jedoch bei den ftet6 l. 3

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wachſenden Verwicklungen der Zuſtaͤnde den Verlockungen des Bans gefolgt war, und das Vaterland durch ſeinen Uebergang zum Feinde ſchmaͤhlich verrathen hatte, wurde es dem Oberbefehle des General Adam Teleky anvertraut. Daſſelbe beſtand Ende Auguſt nach den von und bisher ermittelten Daten aus folgenden Truppentheilen:

In und um Groß⸗Kaniſcha: 2 Bataillon Infanterie der Regimenter Wafa und Ernft 1600 M.; das 1. und 7. Honved»Bataillon 2400 Mann ; 2 Gavallerieregimenter 1600 Mann, 1600 Pferde; eine Gpfündige und eine 12pfündige Batterie, 16 Gefchüge.

Hiezu famen noch die den Cordon bildenden mangelhaft bewaff- neten Rationalgarden von&omogy, Baranya, Bas, Wesz— prim und Szala, gegen 8400 Mann. Die ganze an der Drau aufgeftellte Macht der Ungarn betrug fomit Ende Auguft 14,000 Mann, 1600 Pferde, 16 Gefüge, worunter kaum die Hälfte friegegeubt und im offenen Felde verwendbar. Der Reft ber durch die neu errichteten Honved-Bataillond und die aus den deutfchen Erbprovinzen und Galizien in dad Land gezogenen Linientruppen vermehrten ungarifchen Streitmacht befand ſich zur felben Zeit auf dem Kriegöfchauplage in der Bacs und im Banat, den Serben gegenüber.

Die Feſtung Effeg unter dem Feſtungscommandanten Jovich mit einer Bejagung von 2 Bataillons Zaninis Infanterie . . . 2000 Mann, 2 Compagnien Alexranders Infanterie . . 320 2 " Wafa . 320, Zuſammen 2640 Mann batte fidy neutral erklärt.

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SmBaranyaer, Stuhblmweißenburger, Weszprimer, Zalaer und ben übrigen Comitaten ded rechten Donauufers orgas nifirte Oberft Joänka ein Steicorps, dad aus 8000 Mann beftchen ſollte, jedoch noch vor feiner vollftändigen Organifirung im Septem- ber dem Hauptcorps zur Verftärfung zugetheilt worden ift.

Die ungarifchen Befehlshaber befolgten das Syſtem, die ver- ſchiedenen bedrohten Punkte an der Grenze zu deden, waren übrigens weder fähig, noch Willens, einen offenftven oder defenfiven Feldzugs⸗ plan zu entwerfen. Sie glaubten an feinen Krieg. Die Unents ichloffenheit der Regierung veranlaßte auch bier, fo wie überall ein ſtetes Schwanken in ben militärifhen Dispofitionen , und half fo dem Feinde ſelbſt den Grund zu feinen erften Erfolgen legen.

Das DOperationsobject des dynaftifchen Heeres war Peſth⸗ Dfen. Der Befig der aufrührerifchen Hauptftädte, Befeitigung ber Führer der Nation, und die Sprengung des Landtags mußten Jel⸗ lach ich und der Dynaftie die Herrichaft über Ungarn fihern.. Zur Erreichung dieſes Zieled hatte der Ban feine Armee in drei Corps getheilt. Mit diefen follte die Operation von beiden Slügeln des Kriegstheaterd an der Drau, einerfeitd von Legrad über Nagyr Kaniſcha länge dem Plattenſee, andererfeitöüber Kaposvär, Koppäny, und mit dem britten Corps von Effeg über Fünf- firchen nad Stuhblmweißenburg zur Bereinigung und gemeins tamen Borrüdung gegen Ofen begonnen werden.

Der Ban hatte alfo zur Bafis feiner Operationen die Drau ge wählt und befchlofien, von dort auf den beiden Seiten und der Per⸗ pendicnlaren des großen ſtrategiſchen Dreiedes Effeg, Legrad, Dfen mit der in Stuhlweißenburg rechtzeitig concentrirten Totals madt dad Operationdobject anzugreifen. Jellach ich comman-

dirte dem linken Fluͤgel bei Legräd in eigener Perſon, dad Centrum 3*

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bei Kaposvar wurde durch General Hartlieb, ber rechte Fluͤgel durch Roth und Philipovich befehligt.

Der Plan war gut entworfen, und um ſo leichter ausfuͤhrbar, je weniger Hinderniſſe beim Uebergang uͤber die Drave zu gewaͤrtigen waren. Die Neutralitätserkläͤrung der Feſtung Eſſeg, der Ver⸗ rath Ottinger's und die Schwaͤche Teleky's beförderten dieſe Unternehmung.

Zur Erleichterung der Operationen des Banus war uͤberdies mit dem kaiſerlichen Commandanten der ſerbiſchen Lager im Banat und der Bacs die Uebereinkunft getroffen worden, daß ſie beim Ein⸗ bruche der Croaten, ihrerfeitö von Szent-Tamäs, Perlasz und Alibunär gleichzeitig gegen bie ungarifche Armee offenfio operiren follten, wodurch die rechte Flanke der Croaten und ihre Rüdzugslinie gefichert, und die zahlreichen, ungarijchen Kräfte an ber untern Theiß und Donau befchäftigt wurden.

Ehe wir dem Ban auf feinem nichts weniger ald ruhmvoll ges endeten Feldzuge folgen, müffen wir den Leſer zur befleren Verſtaͤnd⸗ niß des politifchen Ganges der Gefchichte mit einigen Momenten aus den Ereigniffen jener Tage bekannt machen.

Am 4. September hatte die Reactiondpartei die Maske abge⸗ worfen. In dem von feinem Minifter contrafignirten Erlaffe an „feinen lieben Freiherrn Jellachich“ widerruft Ferdinand fein Manifeft vom 10. Juni, und belobt „Lie treue Ergebenheit, das Pflichtgefuͤhl und die loyale Denfweife des früher von ihn als Hoch⸗ verräther entfepten Ban.” Das Baufelfpiel, welches man zu Inn s brucd mit den Borladungen und Berweifen getrieben hatte, lag nun Klar am Tage,

Obwohl der Brudy zwifchen Ungarn und dem Kaiſer unver: meidlich ſchien, wollte der ungarijche Reichötag dennoch) fein Mittel

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unverfucht laffen, um dem vollen Ausbruch des allgemeinen Bürgers krieges vorzubeugen. Er entfandte deshalb am 8. September eine zahlreiche Deputation an den König nah Schönbrunn, die jedoch falt empfangen und mit einer nichtöfagenden,, ausweichenden Ant⸗ wort entlafien wurde. Mit Unwillen vernahm der Reichstag ben Bericht über das Berfahren Ferdinand’. Dad Minifterium hatte fchon früher feine Abdanfung eingereicht, was der Reaction fehr erwünfcht fam. Der Palatin erließ ſogleich ein Refcript, daß er ſelbſt die Zügel der Regierung ergreifen wolle, bid das vorgeſchlagene Minifterium vom Könige beftätigt fein würde. Allein Koffuth durchblickte den Plan, ließ das von feinem Minifter gegengezeichnete Reſcript als ungeſetzlich bei Seite legen und erflärte, daB das Land feinen Augenblid ohne Regierung bleiben dürfe, da aber der Palatin nur mit einem Minifterium regieren koͤnne, fo werde er bis zur Bes Rätigung der neuen Minifter fein Porteſeuille nicht niederlegen. Er und Szemere wurden demnach beauftragt, die Regierung einftweis (en fortzuführen.

Der allerlegte Verſuch einer Ausgleichung beftand gegen Ende September in der Abfendung einer zweiten Deputation an den öfters teichifchen Reichstag. Die Vertreter beider Nationen folten, geftügt auf die Kraft des Volkswillens, den Umtrieben der Camarilla ein Ente machen. Die Ezechenpartei im Wiener Reichdtage, aus pans flavifchen Rüdfichten dem ungarifchen , wie dem beutfchen Elemente abhold, und in der Bereinigung berfelben ein Scheitern ihrer geheis men Abſichten befürdhtend, Hintertrieb jedoch die Borlaffung der unga⸗ rifchen Deputation,, und diefe, das ihr von ber Aula und von dem Volke gebotene Mittel einer großartigen Sturmpetition ablehnend, fehrte unverrichteter Sache nach Beth zurüd.

Unterdefien drängten bie Ereigniffe immer näher heran. Erz⸗

herzog Stephan ftellte fi an die Spitze der gegen bie Broaten bes fimmten Truppen und madıte glänzende Berfpredhungen. Nachdem er jedoch mit Jellach ich eine Komoͤdie gefpielt, verſchwand er plöß- lic bei Nacht und Nebel vom ungarifchen Boden. Dies fchien dem Wiener Minifterium der rechte Zeitpunkt zu einem Hauptſchlage. Feldmarfchalllieutenant Tamberg wurde in einem f. Befehle von unconftitutioneller Form zum Obercommandanten aller ungarifchen Truppen ernannt, und mit ber fofortigen Auflöfung ded Reichstages betraut. Gegen biefe Gefepwidrigfeit erließ der Reichstag eine Ers klaͤrung, weldye die Maßregeln des Königs ald ungefeglih und unvollziehbar bezeichnet. Es war dies ein Aufruf der Repräfen: tanten an bie Nation und die Landesarmee, und zugleid, eine Zurüd» weifungtamberg’&, dem die Uebernahme bes Commando's unter; fagt wurbe.

Es wäre vergeblich, die Aufregung und Erbitterung in Peſth zu fhilden. Lamberg fiel als ihr Opfer auf der Donaubrüde. Tags darauf erließ der Reichötag auf Antrag Koſſuth's die Er⸗ flärung an ben König, in welcher die Vertreter der Nation den Bor: fall beffagen, und den König bitten, er möge bie Berlebung ber Ge⸗ feße von oben auß, und ben Mißbraud) feines föniglichen Namens nicht dulden. An demfelden Tage wurde dem Peſther Magiftrate die Unterfuchung jenes Vorfall aufgetragen.

Sechs Deputirte der fiebenbürger Sachſen hatten, vom Hofe angeftiftet, ſchon früher den Reichötag heimlich verlaflen und zur Leis tung des Aufftandes ſich nady Siebenbürgen begeben.

Mittlerweile hatte Jellach ich am 11. September bei Legtad bie Drau überfchritten,, ohne von den Ungarn daran im Mindeſten gehindert zu werden. Der ungarifche Commandant, General Graf Adam Teleky erhielt ein Baar Tage zuvor vom Ban ein Einladungs⸗

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ſchreiben zu einer Conferenz, in welchem zugleich der Einmarſch der croatiſchen Armee angezeigt, und Telefy mit Hinweiſung auf ben Befehl des Kaiſers gemahnt wird, keinen hochverrätherifchen Wider⸗ ftand zu leiften,, jondern im Gegentheil das Dffiziercorps der Faifer- lichen Truppen zum Uebertritte zu bewegen. Teleky machte diefen Berfud in ber That, fand jedoch an der Baterlandsliebe der braven Hufaren» und Honveb-Dffiziere unüberfteigliche Hindernifie. Der Führer blieb nun ſelbſt Ehren halber an der Spipe des ihm anvertraus ten Corps jo lange, bis er durch Moga abgelöft wurde.

Die beiden anderen Heeredabtheilungen ber Croaten paffirten eben fo ungehindert in ber Nähe von Effeg die Drau, und fo war der Südweften Ungarns mit einem Male von den fogenannten Beſchuͤtzern Faiferlicher Rechte überfchivemmt.

Bei der durch die Vorgänge im ungarijchen Lager eirigetretenen Rathloſigkeit, bei der Verwidelung der politifchen Zuftände in der Hauptftadt,, die feine einheitliche Oberleitung geftatteten,, war ed in der That nur der Patriotismus des ungarifchen Soldaten und Bol- kes, welcher die geringe Macht der Ungarn auf dem nun eintretenden planlofen Rüdzuge vom gänzlichen Untergange bewahrte.

Jellach ich war am 20. September bi6 Weszprim vorge drungen, und hatte fih am 25. über Enyeng mit feinem Centrum unter General Hartlieb vereinigt. Sein rechter Blügel befand ſich noch in Fünfkirchen. Derfelbe hatte auf feinem Marſche mit den waderen Rationalgarben der Tolnaer und Baranyer Comitate unter der umficdhtigen Leitung des Regierungẽcommiſſaͤrs Grafen Caſi⸗ mir Batthianyi zu vielfache Beichäftigung, um feinen Marfch be fihleunigen zu können. Jellachich wollte benfelben abwarten, und raflete ein Baar Tage am Ufer des Plattenſees.

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Die Ungarn wichen uͤberall zurück, aber die Zahl ihrer Streiter wuchs mit jedem Schritte, den ſie gegen die Hauptſtadt machten, da ſich von allen Seiten die Nationalgarden und Freiwilligen der weſt⸗ lichen Comitate den Retirirenden anſchloſſen.

Andererſeits entwickelte auch Koſſuth, ſowohl auf dem Land⸗ tage, wie in den acht ungariſchen Comitaten zwiſchen der Donau und Theiß und jenſeits der Theiß jene hinreißende Gewalt feiner flammenden Sprache, welche als Ausdruck eines feſten Willens fo viel zur Aufbietung der Volkswehr beitrug. Die Zeit von feinen erften prophetifchen Proclamationen am 20. September, feinen Standreden in Czegléd, Szegedin, Efongräd und anderen Drten bis zur Errichtung bes Landesvertheidigungsausſchuſſes und dem bald darauf erfolgten Vorrüden gegen Wien umfaßt bie glän- zendſte Beriode der Wirkſamkeit Koffuth’s. Im dieſer Zeit hat er allein das Vaterland gerettet.

Nach dem traurigen Ende Lamberg’s, ber Abdanfung bes erften ungarifchen Minifteriums, ber Flucht des Eöniglichen Statt» halter Erzherzog Stephan und bei der hierdurch nothwendig ges wordenen Einfegung einedLandesvertheidigungsausfchuf- ſes, fing man an klarer zu fehen. Die Wahl zwifchen einem eid⸗ brüdigen König und dem Baterlande fiel feinem Ungar ſchwer. Das Volk fonnte jegt ungehindert feinen Willen fund geben, und bie erfte

Bolge davon war ber Sieg bei Pakozd über die Invafionsarmee der Groaten.

Schlacht bei Paͤkozd am 20. September 1848.

Der Ban war ohne Widerftand von der Drau bi6 Stuhl⸗ weißenburg vorgerüdt, und rechnete fchon die Stunde aus, wo er ald Dictator die ungarifche Tricolore in Peſt herabreigen und

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den Reichstag in alle Winde zerſtreuen werde. In dieſer Abſicht wohl, und um mit Lamberg an einem Tage in Ofen zu erſcheinen und die Feſtung zu beſetzen, mag er feinen Generalftaböchef, ben öfters reichiichen Major Fligelli nach Dfen gefendet haben, ber jedoch, von den Hufaren aufgefangen, in's Hauptquartier gebradyt und wider fein Erwarten als Kriegögefangener in bie Hauptſtadt geführt wurde. General Moga, nad der Flucht des Erzherzogs Stephan mit der Führung der ungarifchen Armee betraut, faßte feine Lage richtig auf. Mit ungenbten und mißtrauifchen Truppen fol fein gewagtes Spiel unternommen , fonbern in einer flarfen befenfiven Stellung der Gegner erwartet werden. Auch hat diefes Verfahren für den Unentſchiedenern den Bortheil,, daß man fich in einer zweifelhaften Lage weniger compromittitt, wenn man ſich den Schein gibt, blos abzuwehren.

Am 29. September fammelte Moga feine bis an 16,000 Mann angewachfene Armee auf dem erhöhten Plateau zwifchen Sufuro und Pakozd, über welches fid) die Straße von Stuhlweißen- burg nach Dfen binzieht. Der rechte Fluͤgel, 3500 Mann unter Oberſt Muͤhlboͤck, Ichnte ſich nördlich vonder Straße an die Weins berge von Efala; dad Centrum, 4500 Mann unter General Holſche, ftand quer über der Straße von Sukur«; der linke Flüs gel, 3500 Mann unter Oberft Repäfy, im Süden ber Straße, fügte fih an ben Teich von Belencze. Die Referve unter General Adam Teleky blieb vor Velencze. Jedem Flügel war eine Gpfüns dige Batterie, dem Centrum zwei 6pfündige und eine 12pfünbige Batterie beigegeben, im Ganzen 36 Geſchuͤtze mit der Reſerve. Die wenigen irregulären Bataillone wurden zwifchen die Sreiwilligen und Nationalgarden vertbeilt, die Hufaren fanden zumeift anf. beiden Flügeln. Die Bürger von Ofen⸗Peſth, von Magiftratömitgliedern

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geführt, eilten fampfbereit auf das Schlachtfeld. Ebenſo waren viele Deputirte in Jaͤgertracht bei der Armee erfchienen, und durch⸗ fchritten mit begeifternden Reben die Reiben der Soldaten.

Jellachich, der in der Nacht vom 28. zum 29. September hinter Pakozd bivouafirt hatte, zählte drei Armeebiviflonen in der Stärke von 30 32,000 Mann, mit 58 Gefchügen. Seinem Blan gemäß follte fein linfer Zlürgel gegen die Cſalaer Weinberge ope⸗ tiren, ben rechten Flügel der Ungarn tourniren, und bie erfte Rinie gegen den Belenczeer Teich drängen; in biefem Momente hatte fein Centrum und rechter Blügel die Mitte der Ungarn durchzubrechen, und den Weg nach Ofen zu bahnen, Die Divifion Kempen ver ſuchte auch dreimal den Sturm auf unfern rechten Slügel, warb aber jedesmal von ten braven Freimilligen und ber jungen, begeifterten HonvebsArtillerie zurüdgewiefen, und von ben einhauenden Huſaren in Unorbnung gebracht. Das Gentrum der Ungarn folgte dem Eifer des rechten Fluͤgels und warf die feindlichen Angrifföcolonnen auf der Hauptftraße bei Sukoroͤ zurüd, Der linfe Flügel, der zum Theil jenſeits des Velenczeer Teiches ftand , fam nicht in's Gefecht. Um 2 Uhr Nachmittags zog fih Jellachich nad) Stuhlwei⸗ ßenburg zurüd. Der beiverfeitige Verluft war im Verhältniß zur Dauer der Schlacht fehr gering, und betrug faum einige 100 Mann.

Das damalige Berhältniß beider Armeen zu einander charakte⸗ rifirt der Umftand zur ®enüge , daß das 5. kaiſerliche Artillerieregie ment, größtentbeild Böhmen und Mähren, für beide Theile die Ar⸗ tilleriſten lieſerte.

Die Ungarn hatten geſiegt. Die Freude in der Haupiſtedt war unbefchreiblih. Der größte Theil der männlichen Einwohner lich Ad für den Feldzug gegen die Eroaten als Freiwillige einfchreiben. Gin Baar taufend Mann marfchirten Tage darauf unter Maior

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Piller nah Bieske ad. Vom Lande ſtroͤmten Schaaren von Senſenmaͤnnern herbei. In der Gewehrfabrik und dem Artillerie⸗ arſenal herrſchte große Thätigkeit. Nichts deſto weniger glaubte Moga, welcher Jellachich ohne Verfolgung abziehen ließ, die Haupiſtaͤdte vor einer Umgehung auf der Straße über Lovas⸗ Berény und Bicske nicht ganz fiher, und bezog am 30. ein Lager bei Martonväfär, rüdwärts von dem Schlachtfelbe.

Jellachich aber dachte an Feine fühne ftrategifche Bervegung, fondern war froh, unverfolgtnady Stuhlmweißenburg entfommen zu fein. Er würdigte feine verzweifelte Lage fehr gut, als er auf die Kunde von ber Erhebung des Landfturmed von Sümegb, Zala, Weszprim und Baranyasin feinem Rüden, durch Oberft- lieutenant Jvanka, ber am Tage ber Schlacht zufällig in feine Gefangenſchaft gerieth, dem General Moga und den ungarifchen Regierungscommiffären einen dreitägigen Waffenftidftand vorfchlug, welcher ihm auch fogleich gewährt wurde. Auf diefe Weife vor jeder Berfolgung gefichert, wartete der Ban nicht mehr die Ankunft feiner Referven unter Roth und PBhilipovich ab, fondern trat am 1. October mit Verlegung feines militärifchen Worted die berühmte Glanfenbewegung auf der Fleiſchhackerſtraße gegen Wien an. Am 1. October rüdte er m Moor ein, am 2. in Kisber, von wo er an den Commanbdanten der Feſtung Comorn bie erfolglofe Aufforderung zur Uebergabe erließ. Am 3. famer in Raab und einige Tage darauf in Fläglichem Zuftande auf oͤſterreichiſchem Gebiete an.

Moga lich ihn ruhig ziehen, und entfchuldigte ſich mit feiner Soldatenehre, welche ihm trop Iellachich'6 Woribruch feine Ber- legung der geichloffenen Gonvention erlaubte. Der Ban gewann dadurch freied Terrain und neue Bundesgenofien,

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Tragifcher noch, wie das Schidfal der croatifchen Hauptmadht, war jenes bes feindlichen Refervecorps unter Roth. Diefer, nachdem erbei&@ffegdie Drau paffirt und feine Richtung über Fünfkirchen nah Stuhlweißenburg genommen halte, wollte in der Nähde diefer Stadt feine Bereinigung mit Jellach ich bewirken, fand jedoch nur noch die leeren Lagerftätten des Xegteren und mußte fih auf berfelben Straße, die er gefommen, ſchnell zum Ruͤckzuge entfchließen, der mit feiner und feined ganzen Corps Gefangennehmung endigte. Gleich nach der Flucht Jellach ich's waren naͤmlich Görgeny und Berczel mit etwa 6000 Mann in Eilmärfchen diefem verein» zelten feindlichen Heertheil nachgefandt worden, während rings auf allen Seiten deſſelben fi) in Maffe der Landfturm erhob. Nach einis gen unbebeutenden Gefechten, und als er jeden Ausweg zur Rettung verfchloffen ſah, capitulirte Roth am 6. October und firedte bei Ozora die Waffen. Zwei Generäle, 51 Offiziere, über 8000 Mann wurden zu Kriegägefangenen gemacht, 12 Geſchütze, fammts liche Waffen, eine große Zahl von Bad: und Munitionswagen ers beutet und die Trophäen im Triumphe nach Peſth gebracht.

Eine andere gegen 3000 Dann ftarke croatifche Abtheilung, die Jellachich zur Sicherung feiner vermeinten Rüdzugslinie, fo wie feiner Depots und Spitäler in Großsund Klein⸗Kaniſcha, und an mehreren Bunften an der Mur zurüdgelaffen hatte, warb von den Zalaer und Eifenburger Nationalgarden, unter Vi⸗ dos, JIvankovich und anderen Führern, theils aufgerieben, theils in wilder Flucht nach Eroatien zurüdgetrieben. Endlidy entließ Jellachich, an der öfterreichifchen Grenze angelangt, audy feinen croatifchen Landſturm, den er bis dahin zwecklos mit fi) herumge⸗ fchleppt hatte, und der nun fengend und brennend den Weg über

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Guͤns und von da, um ſich vor den verfolgenden Ungarn zu ſchuͤtzen, durch die Steiermark in ſeine Heimath nahm.

Bon den 40,000 Mann, mit welchen Jellach ich die Drau überfchritt, blieben ihm fonach in Allem noch 14 15,000 Mann übrig, als er ſich auf deutfchem Boden ſah, und die Trümmer feiner Armee der Eaiferlihen Regierung zur Verfügung ſtellte. So endigte der prahlerifch angekündigte Feldzug des Banus, auf den bie Reactiondpartei und verblendete panflavifche Eiferer fo ungeheure Hoffnungen fepten. Welches Erftaunen mußte die Camarilla ers griffen haben, als fie zwei Tage nach dem Manifefte vom 3. October ihren Retter ftatt ald Sieger in Ofen, gefchlagen und zerfprengt auf öfterreichifchem Boden erblidte !

Das erfte lang vorbereitete Attentat gegen Ungarn war gefchei- tert, die blinden Werkzeuge einer gemifienlofen Politik in alle Winde zerftoben. Bald follten ernftere Kämpfe dieſem Vorſpiel folgen.

Das k. Manifeft vom 3. October 1848. Reichstagsbefchlüfle. Die unge: rifche Armee rückt gegen Bien vor. Schlacht bei Schwechat. 30. October. Abdanfung des Könige zu Gunften Franz Joſeph's. Manifeſt des ungaris ſchen Reichstages.

Das Manifeſt des Königs vom 3. October 1848,*) durch welches der gefepliche Reichstag aufgelöft, die Landesbehörden außer

) Wir Ferdinand ber Erſte u. f. w. Ungarns, des Großfürſtenthums Siebenbürgen , fo wie aller Nachbarländer Reichsbaronen, kirchlichen und weltlis hen Bürdenträgern, Magnaten und Repräfentanten, die auf dem von Uns in ber

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Thaͤtigkeit geſetzt, der Kriegszuſtand Uber dad ganze Land verhängt, und der noch furz vorher von bem Monarchen ſelbſt ald Hochver⸗ rather erflärte, von den Ungam bei Päfozd geichlagene croatifche

föniglichen Freiftatt Beth zufammenberufenen Landtage verſammelt find, Unſe⸗ ren Gruß und Unfer Wohlwollen. Zu Unferem tiefen Schmerze und Entrüftung hat das Mepräfentantenhaus ſich durch Ludwig Koſſuth und feine Anhänger zu großen Ungefeglichfeiten verleiten laſſen, fogar mehrere ungefegliche Beſchlüſſe ges gen Unferen königlichen Willen zum Bollzuge gebracht, und neuerlid gegen bie Sendung tes von Uns zur Herflelung des Friedens abgeordneten föniglicden Commiſſärs, Unſeres Feldmarſchalllieutenant Grafen Lamberg, bevor derfelbe nur Unſere Vollmachten zeigen konnte, am 27. September einen Beſchluß gefaßt, in Folge deſſen diefer Unfer königlicher Commiffär von einem wilden Saufen auf - öffentlicher Straße angegriffen, und auf die grauenvollſte Weife ermordet wurde. Unter tiefen Umflänten fehen wir Uns, Unferer Föniglichen Pflicht zur Aufrecht⸗ haltung der Sicherheit und der Geſetze gemäß, genöthiget, Folgente Anorbnungen zu treffen, und deren Vollziehung zu Befehlen: 1) Löfen Wir hiermit ben Reiches tag auf, fo Daß nah Veröffentlichung Unferes gegenwärtigen Allerhöchiten Res feriptes, derfelbe ſogleich feine Sigungen zu fchließen bat; 2) alle von Uns nicht fanctionirten Befchlüffe und Verordnungen bes gegenwärtigen Reichstages erflä- ven Wir für ungefeplih, ungiltig und ohne alle Kraft; 3) unterordnen Wir dem Befehle Unferes Banus von Eroatien, Slavonien und Dalmatien, Feldmarſchall⸗ lieutenant Baron Jellachich, hiermit alle in Ungarn und feinen Rebenländern, fowie in Siebenbürgen liegenden Truppen und bewaffneten Körper, von weld’ immer Gattung, gleichviel, ob diefe aus Nationalgarden oder Yreiwilligen befles ben; 4) bis dahin, wo ber geflörte Friede und die Drbnung im Lande hergeftellt find, wird das Königreich Ungarn den Kriegsgefegen unterivorfen, daher von den betreffenden Behörden bie Abhaltung von Gomitats:, ftädtifchen oder Diſtricts⸗ congregationen einftweilen eingeftellt wird. 8) Unfer Banus von Broatien, Sla⸗ vonien und Dalmatien, Baron Jellachich, wirb hiermit ale bevollmädhtigter Com⸗ miflär Unferer königlichen Majeftät abgefendet, und ertheilen Wir ihm volle Macht und Wirkſamkeit, damit er im Kreiſe der vollziehenden Gewalt die Befugnifle aus» übe, mit welchen er in gegenwärtigen außerorbentlihen Umſtaͤnden als Stellvers treter Unferer königlichen Majeftät bekleidet if. In Folge diefer Unferer Alters hoͤchſten Bevollmädtigung erklären Wir, daß all’ dasjenige, was der Banus von Greatien verorbnen, verfügen, beichließen und befehlen wird, als mit Unferer allerhoͤchſten königlichen Macht verordnet, verfügt, beichloflen und berohlen anzu⸗ fehen if; daher Wir auch allen kirchlichen, Civil⸗ und Militärbehörben, Beamten,

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Ban Jellachich, Ungarns äArgfter und gehaßtefter Feind, zum bes vollmächtigten föniglichen Commiffär ernannt wurde, war die Krieges erklärung des Kaiſers von Defterreich gegen das verrathene Ungar⸗ land. Was bisher den Intriguen des Hofes und feiner mehr oder minder offenen Unterftübung ber Feinde Ungarns nicht gelungen war, nämlidy den ungarifchen Reichſtag zu einer offenen Widerfeglichfeit gegen die Dynaftie zu vermögen, follte jeßt durch biefe wohlberechnete Berhöhnung bed Rationalgefühls bewirkt werben. Bald zeigten ſich bie Folgen diefer herausfordernden Schritte der Reaction. Die liber sale Wiener Preſſe, in richtiger Würdigung ihrer Aufgabe, hielt den

Würdenträgern und Bewohnern, weß immer Standes und Ranges Unſeres Königreiches Ungarn, Siebenbürgens und aller Nebenländer hiermit allergnaͤ⸗ digfi befehlen, daß fie den durch Baron Jellachich, als Unferen bevollmächtig⸗ ten Föniglihen Bommiflär, unterfchriebenen Befehlen in Allem ebenfo nachkom⸗ men und geherchen, ale fie Unferer koͤniglichen Majeftät zu gehorchen verpflichtet And. 6) Insbefondere tragen Wir Uinferem königlichen Sommiflär auf, darüber ju wachen, daß gegen die Angreifer und Mörder Unferes königlichen Commiſſaͤrs Grafen Lamberg, fo wie gegen alle Urheber und Theilnehmer an diefer empoͤ⸗ renden Schandthat nach der vollen Strenge der Geſetze verfahren wird. 7) Die übrigen laufenden Geſchaͤſte der Bivilvertvaltung werben einfiweilen von den, den einzelnen Minifterien zugewiefenen Beamten nach Vorſchrift der Gelege geführt werten. Wie fofort die Einheit der Wahrung und Leitung der gemeinfamen In: terefien der Geſammimonarchie auf bleibende Weiſe hergeftellt, vie gleiche Berech⸗ tigung aller Rationalitäten für immer gewährleiftet, und auf diefer Grundlage die Wechſelbeziehungen aller unter Unterer Rrone vereinigten Länder und Voͤlker ge: ortnet werten follen, wird das Geeignete mit Zugiehung von Vertretern aller Theile berathen und im gefehlichen Wege feſtgeſtellt werden. Gegeben u Shönbrunn, am 3. Detober 1848. Ferdinand m. p. Adam Récſey m. p. Miniſterpraͤſident.

Ich ernenne meinen Feldzeugmeifter Baron Recfey zu meinem ungarifchen Niniferpräfidenten. Ferdinand m. p. Adam Roeſeym. p.

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oͤſterreichiſchen Erbſtaaten das Bild ihres eigenen kuͤnftigen Schickſals im Spiegel der ungarifchen Ereigniſſe vor, und das Volk, von ber Klaren Erkenniniß der Gefahr geleitet, widerſetzte ſich fiegreich am 6. October zu Wien dem Abmarfche der zur Unterftügung des Ban's gegen Ungarn beflimmten Truppen.

Der ungarifche Reichstag feinerfeitd erklärte in einem feier lichen Brotefte, daß: „nachdem das Manifeſt nicht nur eine. Vers letzung, fondern auch die Vernichtung der Verfaffung ausfpreche, man wohl vorausfegen müfle, daß daſſelbe nicht wirklich von Könige ausgehe, fondern auf verbrecherifche Weife zu Stande gekommen fei, benn fo ſchwach der König auch fein möge, fo dürften die Vertreter Ungarns doch nicht annehmen, daß er fich fo weit zum Werkzeuge Anderer erniedrigen könne, um bie königliche Gewalt über die treue ungarifche Nation ihrem ärgfien Feinde und einem Rebellen anzu⸗ vertrauen ; die Hochadhtung für ihren König beſtimme fe, dies Acten⸗ ftüc für ein falfches zu halten; wenn aber, was kaum voraudzufegen fei, die erwähnte Verordnung fich dennoch als Acht erwiefe, fähen fich bie Vertreter der Nation zur Baflung folgender Beichlüffe genötbigt : u. ſ. w. u. ſ. w.“ Der wichtigfte dieſer Befchlüffe lautete: „Im Anbetracht, daß ed dem Kroͤnungseide des Königs, dem Artikel 10 vom Jahre 1790 und den fanctionirten Bundamentalgefeßen vom Jahre 1848 durchaus entgegen fei, die burch eigene Reichsgeſetze ein⸗ gefegte Landesregierung aufzuheben, diefelbe mit jener ded Geſammt⸗ ſtaates zu verfchmelgen,, und die geſetzliche Gewalt in Ungarn einer Körperfchaft zu übertragen, welche zum Theil aus Vertretern fremder Kationen gebildet wird, erflären die Repräfentanten der Nation, die nicht mit ruchlofer Hand den Tod des Volkes unterfchreiben fönnen, dad gefammte Manifeft in Inhalt und Form für ungefeglich und nichtig, und befchließen, die legislativen Arbeiten fortzufegen,, indem

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fie ſich auf ihre Verfaſſung, auf die goͤttliche Gerechtigkeit, auf die Ration und auf die öffentliche Meinung der ganzen Welt berufen.

Das Manifeft erwies fi) nur zu bald als Acht, und die ers wähnten Beichlüffe des Reichstages traten fomit in's Lchen. Der Bruch zwiichen Ungarn und dem Haufe Habsburg-Lothringen wurbe hierdurch vollſtaͤndig. Der König hatte dad Band, welches Ungam an das Fürftenhaus fnüpfte die pragmatiſche Sanction ſelbſt zerrifien, und es eriftirte von diefem Augenblide an fein rechts» fräftiger Bertrag mehr, welcher Reich und Fürſt zufammenhielt. Es fanden daher audy nicht mehr Unterthanen ihrem Monarchen , fons dern zwei gleichgeftellte Mächte, das ungarifche Reich mit feinen Fun⸗ damentalgeſetzen und ber Kaifer von Oeſterreich mit feinen ungeſetz⸗ lichen Anfprücdhen, ſich gegenüber.*)

Dies war der Standpunft , von dem die ungarifche Regierung beim Grgreifen ihrer Maßregeln ausgehen mußte. Wenn ber Feind, denn als folhen mußten wir Defterteid vondiefem Momente an betradhten, die Unterjo- chung Ungarns mit Waffengewalt anftrebte, fo war es unfer heiligKesRedhtund unfere Pflicht, diefelbe mit aller Kraft zu vereiteln. Ein großer Theil der croatis ſchen Invafiondarmee hatte ſich nach der Schlacht bei Pakozd auf oͤſterreichiſches Gebiet geflüchtet, und wurde dort, ſtatt entwaffnet zu werten, mit offenen Armen aufgenommen. “Diefer Umfland und die dreifte Eröffnung der Beindfeligfeiten von Seite der Kaiferlichen

*) Die Diplomatie, diefe Kunft, jede Lüge zur Wahrheit, und jedes menfchs liche und göttliche Recht zum Unrecht zu ſtempeln, je nachdem ihr Vortheil e6 ers heiſcht, hat ſich vergeklich abgemüht, diefe auf fonnenflarem Rechte fußende Seite des ungarifchen Unabhängigfeitsfrieges zu eniftellen oder gar wegzuleugnen. Icht, nachdem die Kofafen ihr ten Sien verichafft haben, Hält fie es nicht mehr der Rüde werth, auch diefe Maske noch beizubehalten.

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an der galizifchen Grenze und in Siebenbürgen , berechtigten auch ung, die Brenze zu überfchreiten, den Ban zu verfolgen unb mit bem aufgeftandenen Wien, ober vielmehr mit bem dort tagenben öfters reichifchen Reichstage in ein Bündniß zu treten.

Die Bernadhläffigung diefer Bortheile, wodurch das Gebot ber Selbſterhaltung nichtigen diplomatifchen Bedenklichkeiten aufgeopfert wurde, legte den erften Grund zum Ulntergange unferer ftaatlichen Selbſtſtaͤndigkeit. Man ließ, von verderblichem Zaubern geblenbet, foftbare 14 Tage verftreichen,, und entichloß ſich erfi dann zum Bor; rüden gegen Wien, als die hartbebrängte Stabt bereitd capitulirt, die Macht der Gegner dagegen fich gemächlicy concentrirt und fo vermehrt hatte, daß bei ber geringen Zahl und der lofen Disci⸗ plin der ungarifchen Truppen für und fein günftiger Erfolg mehr möglich war. Mean Überfchritt die Brenze in dem Momente, "als die jo ungänftig entwirrten Verhaͤltniſſe und bereit die ftrengfte Des fenſive zur Pflicht machten.

Man ift geneigt, die Urſache dieſer verderblichen Saͤumniſſe den excluſiv nationalen Tendenzen der ungariſchen Erhebung beizu⸗ meſſen, während doch die Nation in jener Zeit von einem Tage zum anderen mit unbeichreiblicher Spannung die Nachricht von dem Vor⸗ rüden der ungarifchen Armee gegen Wien erwartete, und das Re- präfentantenhaus den Heerführer auf alle mögliche Weile zum ener- giſchen Entichluffe aufforberte.

Die Nation war auch hier wie immer von jenem welthiftorifchen ritterlichen Geifte durchdrungen, der fie fo oft zu ihrem Schaden bes feelte. Die Schuld trifft nicht die Nation, wohl aber gewiſſe Per⸗ fönlicyfeiten, und unter diefen vornämlich den damaligen Praͤſes des Unterhaufes, Auch waren die Berfäumniffe andererfeit nur die natürliche Folge der ſchwierigen Umſtaͤnde, worein dad Land durch

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eine doctrinaͤre Politik geſtüͤrzt worden war. Das Miniſterium Batthianyi hatte abgedankt, der Landesvertheidigungsausſchuß war im Entftehen, Koſſuth an der Theiß, um Truppen zu werben, die Rationalverfammlung ohne Koffurh unfchlüffig, ängſtlich, fos mit factifch feine Regierung. An der Epige der Armee ftand ein Führer, welcher wider Willen eine Schlacht gewonnen hatte, biefe daher auch nicht audzubeuten gefonnen war. Dazu ber Wiener Reichstag durch den ſlaviſchen Einfluß beherrfcht, egoiftifch, unent⸗ fchieden; das brave Wiener Volk ohne Kenntniß conftitutioneller Rechte, von feinen Kührern in der Kammer betrogen, daher mißs trauiſch gegen die Hilfe der Ungarn, und diefelbe erft dann anfpre- chend, al8 es zu fpät war. Hier find die Urfachen der damaligen Ereigniffe; über die Wirkungen, deren Laft wir jegt fehwer zu tragen haben, werden Gefchichte und Völker einft ihr klares Urtheil fällen.

General Moga hatte nad) der Blucht ded Ban feine Armee, die durch Koſſuth's Bemühungen von Tag zu Tag anwudhe, in furzen Tagmärfchen bis an bie öfterreichifche Grenze vorgefchoben, diefelbe jeboch bei Barndorf längere Zeit müßig liegen laſſen. Zroeimal verfuchte er zwar von hier eine militäriiche ‘Promenade nad) Oeſterreich, aber zweimal fehrte er von dort wieder um.

Schlacht bei Schwechat am 30. Detober 1848.

Am 28. Detober endlich, um 14 Tage zu fpät, überfchritt die ungarlfche Armee zum dritten Male die Leitha, bivouafirte in ber Nacht des 29. bei Schwadorf und lieferte am 30. die Schlacht bei Schwechat.

Die ungariiche Armee beftand an dieſem Tage aus 30,000 M. mit 86 90 Geſchuͤtzen, morunter ungefähr 16,000 M. reguläre

Truppen. A

_—B12

Die Eaiferliche Armee unter Windiſchgrätz betrug mit Eins fchluß ter Truppen von Jellachich und Auersperg 80,000 Mann mit 250 Gefhügen. Zudem waren bie Orte Schwechat, Manns wörth und RaifersEbersdorf leicht befeftigt, und die Bofition von Natur hinreichend ftarf, Da Wien am Abend des 28. capitulirt hatte, fo Fonnte Windifhgräß den größten Theil feiner Macht gegen die Ungarn verwenden.

Nach der Dispofition ded General Moga follte der rechte

Flügel der Ungarn auf der Straße von Mannswoͤrth gegen Albern vordringen, dieſe beiden Orte nehmen und das feindliche Centrum bei Schwechat bedrohen.

Derfelbe unter Oberſt Bärczay beftand, bie Freiwilligen mit- begriffen, aus: 6 Bataillons, A Escadrons und 16 Gefchügen.

Das Centrum 8Bataillond, 8 Escadrons, 32 Geſchuͤtze bie Divifionen Lazar und Görgey hatte Schwechat zu neh⸗ men, gegen Simmering vorzudringen und den Ausfall der Wiener zu unterftügen.

Der linke Flügel unter den Befchlen Repäfy’s, aus A Bas taillons , 16 Escadrons und 24 Gefchügen beſtehend, follte unfere Borrüfung gegen einen feindlichen Anfall von Himberg her decken; die Referve endlich unter Oberfllieutenant Karger, 3 Bataillone, A Escadrons, 16 Gefchüge und einige taufenb mit Senfen bewaffnete Nationalgarben , über KleinsNeufiedel nachrüden.

Schon ein Blid auf bie Ungleichheit der Streitkräfte ließ auf feinen glüdlichen Ausgang der Schlacht rechnen, doch thaten bie Uns gan ihr Möglichftes. Jvanka war noch von Parndorf aus mit dem Ultimatum ber Ungarn, worin dieſe nochmals zur friedlichen Ausgleichung die Hand boten, zu®inpifchgräg entfendet worden, allein ohne allen Erfolg; ja der öfterreichifche Obercommanbant

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vergaß ſich ſo weit, jedem Voͤlkerrecht zum Trotz, den Parlementaͤr als Gefangenen zurückzuhalten.

Am Morgen des 30. ſetzten ſich die ungariſchen Colonnen zum Angriff gegen bie in der Linie Lanzdorf Schwechat mit dem vorge⸗ ſchobenen linfen Flügel zu Mannswoͤrth ftehenden Deflerreicher in Bewegung. Der Kampf entipann ſich zuerft auf dem rechten Fluͤ⸗ gel, wo ber Feind Mannswörth flarf befegt und bie Ausgänge verrammelt hielt. An der Spiße der braven Peſther Freis willigen und des zweiten Szokler Bataillons, Theile der Divi⸗ fion Barczay erftürmte Major Guyon den Drt, vertrieb bie Oeſterreicher und rüdte von hier weiter gegen die neue Mühle am fogenannten Talten Gange vor. Mit dem rechten Flügel gleichzeitig und auf gleicher Höhe rüdten die Gentrumbivifionen und ber linfe Blügel vor, erſtere, ohne auf Wiberftand zu ſtoßen, bis nahe vor Schwechat, letztere bis auf die linfd von der Straße gegen Him⸗ berg gelegenen Höhen. Während diefer Bewegung der Ungarn ließ der feindliche Obercommandant feine geſammte Reiterei, die bes reits früher durch eine weite Umgehung unjeren linfen Fluͤgel bebroßt hatte, ans unbefannten Gründen jedoch wieder in ihre urfprüng» liche Aufftellung zurüdgegangen war, auf feinem rechten Flügel von Reuem zufammenzichen, in tiefe Colonnen formiren und zur Attaque vorrüden. Zwei feindliche Cavallerieangriffe wurden nun von unferem linfen Slügel unter Repäfy, der zur rechten Zeit durch mehrere Hufarenabtheilungen und durch eine 12pfündige Batterie aus dem Eentrum unterftügt wurde, glänzend zurüdgewiefen, und bie feindliche Gavallerie gezwungen, bis zu dem Abbruch des Gefech⸗ tes in ihrer früheren beobachtenden Stellung zu bleiben. Bis hie: ber es mochte Mittag fein ftand alfo das Gluͤck auf Seite der Ungarn und es galt nur noch eined Ausfalls der Wiener, um

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gegen alles Erwarten, bie bereits erkaͤmpften Erfolge zur ſchoͤnſten Entſcheidung zu bringen. Die Wiener aber hatten bereits capitulirt, und obwohl fie bei dem Aufbligen der ungarifchen Ge⸗ fchlige nochmal® zu den Waffen griffen, Boch nicht mehr Kraft genug, ſich an dem Kampfe ernfthaft zu betheiligen. Winpifhgräg ward hierdurch in den Stand geſetzt, über feine gefammte zahlreiche Artillerie zu verfügen, und benügte diefen Umftand, um den größeren Theil derfelben plöglich vor und rechts von Schwechat auffahren und die vorrüdenden ungarlichen Golonnen in das überlegenfte, moͤr⸗ deriſchſte euer nehmen zu laflen. In kurzer Zeit war bie weit fhwächere ungarifche Artillerie im Centrum fowohl, wie auf dem rechten Fluͤgel zum Schweigen und bald darauf zum Rüdzug ge: zwungen.

Einige junge Bataillone des Centrumo, unb im zweiten Treffen ber Comorner Landfturm, eingefchüchtert durch den Rüdzug unſe⸗ rer Batterien und ihrer Vedeckungen, und überbied vom Feinde auf das Heftigfte befchoflen , verließen nun ohne Befehl ihre Aufftellung und fchloffen ſich aufgelöft und in Unordnung den Weichenven an, wodurch den Defterreichern, wenn fte rafch genug vorrüdten,, bie Möglichkeit geboten war, dad Gentrum zu durchbrechen. Unter biefen Umftänden glaubte Moga den Kampf auf der ganzen Linie abbrechen und ben Befehl zum Rückzuge geben zu müffen, der auf allen Punften in Ordnung und vom Feinde unverfolgt angetreten und am felben Tage auf beiden Hauptftraßen bis Fiſchament, Enzeröborf und Schwaabdorf ausgeführt wurde. Zwei Hus farenregimenter mit dein 1. und 23, Honved-Bataillon und zwei Batterien unter der tapferen und umfichtigen Führung des Oberſten Repäfy dedien auf dem linfen Flügel, auf dem rechten die Brigade Guyon den Rüdzug der Armee vom Schlachtfelde.

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Am 31. hatte die ungariſche Armee die Orenze wieder erreicht und dort ihre frühere Aufſtellung genommen.

Wir können über diefe Schlacht Fein anderes Urtheil fällen, als daß fie gegen alle militärifchen Grundfäge, auf fchwanfende Vorauss fegungen bafirt, mit ungleicher Kraft begonnen, ſchon von vorn her: ein ben Keim des Mißlingens in ſich trug.

General Moga, ber gegen feine Üeberzeugung, blo® auf Koſ⸗ ſuth's Drängen, diefen unglüdlichen Zug ohne Plan und Energie angeführt hatte, dankte nach der Schlacht ab, und Goͤrgey, Oberft und biöher Kührer eines Freicorps, wurde von Koffuth zum Ober, commandanten emannt und mit ber Reorganifirung ber obern Dos nauarmee betraut.

Nach diefem erſten, leichten Siege und bem gleichzeitig erfolgten Galle Wien’s, wollten weber der Hof, noch der zum Feldmarſchall und unumfchränften Stellvertreter des Kaiſers ernannte Windiſch⸗ gräg von Unterhandlungen mehr Etwas hören. Die erwuͤnſchte Gelegenheit zur Demüthigung des freiheitöftofgen Sinnes der Ungarn durften fie ſich nicht entſchluͤpfen laſſen.

Am 2. December gelang «8 ber Reaction, den fchwachfinnigen König Ferdinand, welcher durch feterliche Eide zur Aufrechthaltung der den Ungarn garantirten Berfafjung verpflichtet, ihren Planen im Wege Rand, zur Thronentfagung zu Gunſten feined 18jährigen Ref fen Franz Joſeph, des älteſten Sohnes ver Erzherzogin Sophie umd des Erzherzogs Franz Karl, zu zwingen, nachdem Lehterer als präfumtiver und legitimer Nachfolger feinen Anfprüchen auf die Krone entfagt hatte. _

Bei der Nachricht von der Abbication Ferdinand's und dem Antrittömanifefte des jungen Kaiferd, worin dem ungarifchen Volke nicht die Hank zur Berföhnung geboten, fondern den Rebellen

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unbedingte Unterwerfung anbefohlen, oder Vernichtung angedroht wurde, beſchloß der Reichstag in feiner Sigung am 7. December, folgenden Proteſt gegen bie Thronbefteigung des neuen Kaiſers an bie Völker Ungarns, Defterreich® und alle Nationen Europa’d zu erlaffen::

„Der Königethron Ungarns kann ohne vorausgegangene Bewil- ligung ber Nation nad) einem der ganzen Welt gemeinfamen Gefeße nur durdy den Tod des Könige erledigt werben. Stirbt der geſetzlich gefrönte König, jo ift derjenige, ben die Erbfolge unmittelbar trifft, verpflichtet, mit der Nation einen Krönungsbrief abzufaflen, die Lan⸗ deögefege und die Verfaffung zu beichwören , und ſich mit der Krone des heiligen Stephan Erönen zu laſſen. Nur beim Ableben bes Königs kann derfelbe auch vor feiner Krönung gewiſſe Rechte, aber nur im Einne der Gefege ausüben ; biefen einzigen Sal audgenom> men, fann ohne den Willen der Nation und die Zuftimmung bes Reichstages feine Veränderung im Beſitz des ungarifchen Koͤnigsthro⸗ nes erfolgen. So geichah died auch im Jahre 1830, als Franz I., Kaijer und König, wegen Krönung bed damaligen Kronprinzen, fpäs ter Ferdinand V., den Reichdtag um feine Einwilligung aufforderte, und diefer nur unter der ausdrüdlichen Klauſel einwilligte, daB Fer⸗ binand V. während der Lebenszeit feines Baters feine Thronvors rechte au@üben dürfe. Nachdem aljo während der Kebzeit des Könige ohne Beiftimmung der Ration Niemand fi) die föniglichen Rechte aneignen, nod) weniger die Erbfolge durch bloßes Samilienübereins fommen beftimmen kann; nadydem das ungarifche Königthum auf einem beiderfeitigen Bertrage beruht, deffen Grundlage iſt, daß nur derjenige als gefeglicher König betradytet wird, der mit der Ration einen Krönungdvertrag geſchloſſen und auf die Geſetze und Verfaſ⸗ fung des Landes den Eid geleiftet hat, in deſſen Folge derſelbe mit ber Krone ded heiligen Stephan gekrönt wird; nachdem audy in

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dem Halle, wenn der regierenbe König bie Laſten ber Regierung zu tragen fich zu fchwach fühlte, die Nation das Recht hat, über die zeitweilige Regierung des Landes zu verfügen, und nachdem in Betreff der am 2. December in Ol lmütz erfolgten Abdication und Reichs⸗ übertragung nur in derregierenden Familie entfchieben wurbe, ohne bie ungarifche Nation dabei zu Rathe zu ziehen; fo erflärt hiermit ber Reichstag, ald das geiegliche Organ Ungarns und der verbundenen Länder: daß ohne Wiſſen und Bewilligung des Reichstages Niemandem das Recht zuſtehe, über den Beſitz des ungariſchen Thros nes zu verfuͤgen, weshalb zur Wahrung der geſetzlichen Unab⸗ hangigkeit, der Conſtitution und der Grundrechte des Landes im Namen der Nation beſchloſſen und allen kirchlichen, Civil⸗ und Militaͤrbehoͤrden, Beamten, Armeen und jedem Einwohner Ungarns und ber verbundenen Länder befohlen wird, daß fie, treu ihrer Pflicht gegen bie Conſtitution, Riemandem , den Geſetz und Reichstag nicht dazu berechtigen, Folge zu leiften, alle Einmifchung in die Landesans gelegenheiten als Ufurpation zu betrachten unt unter dem gefeglichen - Banner der Treue das Vaterland vor fremder Einmiſchung und feinds liyem Angriffe zu vertheidigen für ihre heilige patriotifche Pflicht halten follen. Wer anders handelt, ift ein Landeavers rätber! *

Der Landesvertheidigungsausſchuß, dem vom Reichötage bie proviforifche Regierung übertragen wurde , warb beauftragt, diefen Beſchluß ungefäumt allen Behörden und Armeen mitzutheilen.

Die übermüthige Herausforderung Oeſterreichs warb von ber Nation im Bewußtfein ihre® guten Rechtes ohne Zaudern angenoms men. Der Kampf, ber ſich hierauf entſpann, und ben das durch den langen Frieden verweichlichte, unvorbereitete Volk gegen wohl⸗ disciplinirte und überlegene kaiſerliche Heere ruhmvoll beftand, war

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einer ber großartigften ber neuen Zeit und erregte mit Recht die Auf: merffamfeit und das Staunen ber Welt. Diefer Kampf galt der Sreiheit im Allgemeinen, und der nationalen Selbftftändigfeit im Beſonderen; ed war ber Kampf ded Kortfchritted, bes Rechtes und der. Befittung eined edlen Volkes gegen bie Unterbrädung, Willkür und Barbarei des Deſpotismus.

Die beiderfeitigen Streitfräfte unmittelbar vor Bröffnung des Winterfeldzuges. Ungarn. Oeſterreicher. Operationsplan. Zuftände auf den Kriegefchauplägen im December 1848.

Seit Eröffnung ded Reichstages zu Peftb im Juli 1848, wo bie Bertreter bed Volkes im Ramen des Königs aufgefordert wurden, zur Abwendung der dad Vaterland bebrohenden Gefahren die geeig⸗ neiften Maßregeln zu treffen, und feit dem einige Tage darauf erfolg- ten hochherzig-einmüthigen Reichötagsbefchluffe, die Aushebung von 200,000 Mann und die Bewilligung von 60 Millionen Gulden betreffend waren fünf Monate verflofien. Bei dem freubigen Widerhall, welchen diefer Beichluß in allen Schichten der Nation fand, bei der Begeifterung, welche das ganze ungariſche Volf befeelte, und bie vereint die unermeßliche Kraft der Nation wedten galt es nur einen feiten Entfchluß, um diefe zu benügen und nicht wieder im Sande überkluger Bebenklichkeiten verfidern zu laflen, und Ungarnd Zufunft war durdy rafche Aufftellung einer impo⸗ fanten Etreitfraft gefichert. Landtag und Regierung verfäumten bied ; der verlorene Moment, die unbenügte Zeit und Gelegenheit

famen unter jo günftigen Umfländen, wie damals, nicht zum zweiten Male wieder.

Die Schuld fo unverantwortlicher Verſaͤumniß trug zum Theil die Regierung, zum Theil der Reichötag. Beide, anftatt den Bes ſchluß ungefäumt dem Könige zur Beftätigung vorzulegen, die Aus⸗ bebung der Truppen umd die Reorganifirung ber Armee zu beginnen, verfehwenbeten bie Zeit mit langwierigen Debatten über leeres Formenweſen und gelangten erft nach ſechs Wochen zu einem befini« tiven Beſchluß, worauf andere 6 Wochen biö zur theilweifen Aus⸗ führung befielben verftrichen.

Hierin liegt einzig und allein der rund, weshalb wir ber erften Invaſion nur ſchwach und unzureichend gerüftet entgegentreten konn⸗ ten, und weshalb der Beginn ber feindlichen Operationen zu Anfang des Winters für die Defterreicher ebenfo glänzend ausfiel, als bie zweite Hälfte des Feldzuges bei energifcherer Entwidelung ber natios nalen Kräfte für fie verderblich ward.

Rad) den erft Ende Auguft zu Stande gefommenen, die Reors ganifirung ber Armee und die Aushebung betreffenden Geſetzen, ſoll⸗ ten von den bewilligten 200,000 Mann 40,000 ungefäumt, und der Reft je nach Umftänden und Erforberniß geftellt werden. Hier⸗ von follten die im Lande befindlichen Linienbataillone und die Hufas renregimenter ergänzt, vom Refte aber neue Honveb»Batailfone, eine nationale Artillerie und die Mannfchaft der technifchen Corps gebils det werden. Doch ber fehnellen, energiichen Ausführung felbft diefer, obgleich bei dem damaligen Stande der Dinge und den angehäuften Gefahren, nur halben Maßregeln, traten noch immer Hindernifie und meift durch dad Kriegdminifterium felbft erzeugte Verzögerungen in ben Weg, 6id endlich nad) Abdanfung des erften verantwortlichen Miniſteriums zu Anfang bed Monated October der Landesvertheidis

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gungsausſchuß, Koſſuth an der Spitze, auch bie Kriegsangelegen⸗ heiten übernahm und die vielen ſchwerwiegenden Verſäumnifſe mit dem redlichften Willen und dem glühendften Eifer nachzubolen begann. Nur ihm, feinen Maßregeln und angeftrengteften Arbeiten war es zu verbdanfen , daß die Streitmacht Ungarns bis Mitte December raſch zu folder Höhe anwuchs, daß biefelbe, ohne fich eben der Vernichtung auszuſetzen, dem erften Eräftigften Stoße bed Yeintes widerſtehen konnte. Anfangd December 1848 Hatten die ungariſchen Armeecorps auf den verfchiedenen Kriegsſchauplaͤtzen folgende Stärke: 1; Obere Donauarınee unter Görgey gegen Windifharäb.- - » .30, 000 Mann 2. Im Trencfiner Comitat und den mährifch- fchlefifchen ©ebirgspäffen unter Jeszenak und Berialy . . .. 20 ...3,000 „5 3. In Oberungarn unter Oberſ Pulszfy . 8,000

4. Das Armeecorps (Cernirungscorps) bei Arad

unter Oberſtlieutenant Märiäfy . . . 7000 5. Die Banater Armee unter Oberft Ernft Kiff 12,000 6. Die Bäcfer Armee unter Bafonyi, fpäter |

Alexander Eſterhazy, Becfey . . . 12,000 7. An der Draumündung bei Effeg unter Oberft-

lieutenant Foöͤhldvary, Graf Cafimir Bat⸗

tbiänyi . . . 00.0.4000 8. An der Mur und ber Orenze von Steiermarf

unter Bercael - . 2 2 2 2.2.6000 9. In Siebenbürgen, wo Oberſt Balbacci,

Latus 82,000 Mann

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Transport 82,000 Mann Major Riczko und Czecz nad) einander com⸗ manbirten, ohne die Szeller . . . - 8,000 10. Die Befagungen der Beftungen Beterwars dein, Eomorn, Leopolpftadt und Muns . lic . 2. 2 2 er 2 ee 200. 16,000.°

Summe 106,000 Dann.

Diefe Streitmacdht, großentheils erft in der Errichtung begriffen,

ſchlecht bewaffnet, ungeübt, in offenem Felde daher nur theilweife

zu verwenden, umfaßte in ihrer Gliederung Linien-, Grenz⸗ und

Honvéed⸗Infanterie, Honved- Artillerie, Hufaren, Honved⸗Jäger, Breicorps und Natlonalgarben.

Zinieninfanterie:

Die ungarifche Rinieninfanterie, welche beim Aus⸗ bruch des Krieges im Lande war, hielt treu an ber Sache des Vater⸗ landes, und zählte die folgenden Bataillone :

Bom 2, nfanterieregimente im März 1848

Alerander Kaifer von Rußland 3 Bataillons 19. Infanterieregiment im März 1848 Fürft Kat Shwarzgendberg . ..1 32. Infanterieregiment im März 1848 Ery herzog Franz Ferdinand d'Eſte 1 933. Infanterieregiment im März 1848 Graf G yulai. ea 1 3. Infanterieregiment im PR 1848 Brinz von Preußen . . x ..9 9%

Latus 9 Bataillon,

& —— ie

Ueberträg 9 Bataillons

Bom 37. Infanterieregiment im März 1848 M is hael Gropfürft von Rußland . . 1 39. Infanterieregiment im März 1848 |

Don Wi gue Il... 3 u 48. Infanterieregiment im März 1848 en herzog Ernfi . . . .. 1 "

52. Infanterieregimentim März 1848 Erz herzog Franz Karl . . . 1 » 60. Infanterieregiment im März 1818

Prinz Wafa . . » 3 5 . 62. Infanterieregiment im März 1848 Rt terv. Zursfi. 2 2 2 2292 , ©renadierbataillon - » 2 2 220. 1

Zujammen 21 Bataillons.

Die anderen ungarifchen Linienbatailone der Öfterreichifchen Armee befanden fich chen vorher gemäß der timaftifchen Politik, eine Nation des Staated durch die andere Enechten zu laffen in Italien oder Galizien, und mußten ſich zu Werkzeugen der Willfür gegen die Breiheit gebrauchen laffen; aber felbft dieſe 21 Bataillons waren zu Anfang des Krieges incomplett und bildeten höchftens eine Macht von 15,000 Mann. Sie behielten ihre frühere Kleidung, Bewaffnung und das deutiche Kommando. Viele, man kann fagen, ber größere Theil der Offiziere, zumeift Ausländer, hatten während ber Herbftmonate den ungarijchen Dienft verlaffen, fo 3. ®. Ente Scptember das Dffiziercorp8 vom Regimente Prinz von Preu⸗ Ben, von Turski, fpäter jenes von Alerander, Ernft, Wafau.A Nur wenige Männer blieben zurüd, die, nachdem fie auf die ungarifche Conftitution einmal beeidet waren, das Berlaffen

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ihrer Fahne mit ihrer Soldatenehre unvereinbar fanden. Dieſe, und die von Cadetten, Unteroffizieren und Gemeinen neu creirten Offi⸗ ziere wußten die Anfangs erfchütterte Disciplin bald wieder herzu⸗ ſtellen, fo daß diefe alten Truppen den jungen Kriegern fpäter in jeder Hinficht zum glänzenden Vorbilde dienen Eonnten.

Örenzer:

Von den Brenzern hielten nur A Szekler⸗Bataillone zu Ungam. Alle anderen Regimenter hatten fich, je nach der Lage ihres Bezirkes und ihrer Rationalität, an die empoͤrten Wallachen, Raizen oder an Jellachich angelchloffen.

Honvéd⸗Infanterie:

Als im Mai 1848 die politiſche Bewegung der ſlaviſchen Staͤmme des Suͤdens einen immer ernſteren Charakter annahm, und die Anſtalten des Banus von Croatien über feine und feiner Lands⸗ leute wahre Abfichten Eeinen Zweifel mehr übrig ließen, überdies auch die im Lande befindlichen fremden Truppen eine eben fo feindliche Stimmung verriethen , wie die Groaten, da erfannte das Mis nifterium für feine Pflicht, zum Schutze des Landes eine reguläre nationale Wehrfraft zu bilden, auf bie man ſich unter allen Um⸗ ftänden verlafien fönnte. Der hierauf bezügliche Miniſterialbeſchluß warb von dem Könige mit Vorbehalt der Einwilligung des Reichstages ſanctionirt, und die Ausfuͤhrung unverzuͤglich in's Werk geſetzt. Die neu zu errichtenden National⸗Infanteriebataillone ſollten auf dem Wege freiwilliger Werbung ganz nach den Muſter der Linieninfanterie formirt und mit dem Namen Honved, d. i. Landwehr, bezeichnet werben. Die Stabsoffiziere wurden vom Könige Ferdinand V. felbft, und die Oberoffiziere für biefe Ba- taillon® zum Theile aus freiwillig ſich meldenden Offizieren ber Linie, mit einem Grade hoͤher, zum Theil aus fähigen jungen Batrioten

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auf Antrag des Kriegsminiſteriums durch den Statthalter und alter ego Erzherzog Stephan ernannt.

Die 10 erftien Bataillond waren ſchon bis Ende Juni vollzäh- lig, da wurde mit einem Dale durd den Kriegsminifter die Errich- tung neuer Bataillond in Folge unzeitiger, von der öfterreichifchen Regierung fchlau entlodter geheimer Zufagen bis auf die weitere Entfcheidung bes Landtages eingeftellt, und erfi im Monate Septem- ber die weitere Organifitung der Landwehr wieter aufgenommen. Trotz biefer durch die unklaren Berhältniffe zum Theile zu entfchuls bigenden, aber in der Wagſchale des Kampfes immer fchwer wiegen- ben Zeitverfäumnifle, waren, Danf ben raftlofen Anftrengungen Koſſuth's, Mitte December außer den 10 erfien bereitö 25 neue Honved. Bataillons vor dem Feinde und eine gleiche Anzahl in rafcher Ausrüftung begriffen. Anfangs Jänner aber 1849 zählte die unga⸗ riſche Armee bereitö über 60 Honved»Bataillond.

Die Honved-Infanterie war in Tracht und Commando ungariſch und wurde nach öfterreichifchen Erercierregeln eingeübt. Sie war ber Hauptbeftandtheil des ftehenden Heeres, Fämpfte, nur halbwegs gut geführt, mit dem Muthe der hoͤchſten Begeifterung und fammelte auf den Schlachtfeldern Ungarns unfterbliche Lorbeeren. Die beiden müthigften unter den braven Bataillond bildeten die zehn erſten, in beren Reihen die Blüthe der ungarifchen Jugend focht, und unter die; fen wieder das dritte unb neunte, von denen fünf Sechötheile ihre Pflicht zum Vaterland mit ihrem Blute befiegelten.

Honved;Artillerie:

Die erfte Anregung zur Bildung einer ſelbſtflaͤndigen ungarifchen Artillerie gab im Monate April 1848 Oberfeuerwerfer, ſpaͤter Major Mad, in einem offenen Schreiben an den bamallgen proviforifcyen Kriegeminifter General Ottinger. Anfangs Juni wurde hierauf

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in Peſth die Eröffnung eines praftifchen Lehrcurſes der Artillerie ge- flattet, und zu gleicher Zeit burh Mad und Lukacs, beide Ungarn und vortreffliche Artilleriften, Hand an die Errichtung der erflen ungarifchen Beldbatterie gelegt. Der erften Feldbatterie folgten bald andere, die Ausrüftung ging immer rafcher von Statten, und Ende December 1848 zählten wir auf allen Kriegdfchauplägen nicht weniger ald 250 zwölfs, ſechs⸗ und dreipfündige, vollfommen aus⸗ gerüftete Feldgeſchuͤtze.

Die Errichtung diefer Waffe warb durch das in Pefth garnis fonirende 5. öfterreichifche Artillerieregiment und den Umftand wefent- lich erleichtert, daß der ungarifche Theil diefed Regiments zu den erfien Batterien die Cadres lieferte. Außerdem ließen fich die mei- ften intelligenten jungen Leute, ald Ingenieure, Studenten, Künftler u. f. w. zur Artillerie anwerben, und bildeten fidh in der fürzeften Zelt durch unermübdeten Fleiß und zureichende Vorbildung zu ben tüchtigften Unter» und Oberoffizieren heran.

Was die ungarifche Artillerie während unſeres jüngften Natio⸗ nalkampfes geleiftet, fönnen wohl Defterreicher und Ruffen am beften bezeugen , die fich nie den Wahn nehmen ließen, daß biefelbe von franzöftfchen Dffizieren geleitet wurde.

Commando und Kleidung waren wie bei der Honved-Infanterie ungarifch, die Uebungen nach Öfterreichifchen Regen. Man lernt auch vom Feinde, und ed war burch die Verhältniffe geboten, auf bie einfachfte praftifchfte Weiſe zum Ziele zu fommen.

Wenn man erwägt, welche Zeit und Mühe erforberlich find, um felbR aus Leuten , bie militärifche Vorbildung befigen , gute Ars tilleriften zu fchaffen, und dann fieht, wie junge Xeute, ohne alle mili⸗ tärifchen Begriffe, heute in die Artillerie eingereiht, am 8. Tage fchon als fertige Artilleriften vor den Zeind zogen, fo fann man ſchwer

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entſcheiden, ob man ber unermüdlichen, aufopfernden und ges ſchickten Thätigfeit Mack's und Lukacso, oder der Vaterlandsliebe und der leichten Faſſungskraft der ungariſchen Jugend überhaupt mehr Bewunderung zollen fol. Jedenfalls ergibt fih für und aus biefer einzelnen Thatſache dad Refultat, daß ein Volk, welches bie Freiheit will, Alles, auch das Unglaublihfle, aus ſich ſelbſt zu ſchoͤpfen im Stande ift.

Hufaren:

Ungarn hat Feinen treueren Sohn, ald den Hufar. Man führe ihn noch fo weit in fremde Länder, bie glühende, ſchwaͤrmeriſche Liebe zur Heimath bleibt in feinem Herzen unverändert dieſelbe. Nie aber hat der Hufar rührendere Beweiſe feiner Vaterlandsliebe geges ben, al® gerade in jüngfter Zeit. Auf die bloße Kunde der Bebräng- niffe feines Baterlandes eilt er aus fremden Zändern über Gebirge, Flüffe und Zeindesleichen fchnell herbei und ftellt fich feinen Brüdern zur Berwendung. Ihn loden weder trügerifcge Berfprechungen feiner ausländifchen Oberen vom Pfade ber erſten Bürgerpfliht, von ber Liebe zum Baterlande ab, noch fchüchtern ihn Drohungen und harte Strafen ein. Wo es Ungarn gilt, da fämpft er, um Sieg oder Tod zu ernten!

So famen im Sommer und Herbft 1848 unter Anführung ber braven Offiziere Sreter, Biräg, Lenfey, Ui, Sulyot und Anderer, ftarfe Abtheilungen der Balatinals, Coburg» und WürtembergsHufaren aus Böhmen und Galizien nad Ungarn und ftellten fich der Regierung zur Verfügung, während fleinere Ab- theilungen fich felbft aus Italien den Weg zu bahnen wußten. Bon den andern Regimentern waren bie Meiften bereit im Lande, oder erhielten, in ber Ueberzeugung, fie nicht zurüdhalten zu fönnen, vom Öfterreichiichen Kriegdminifterium felbft den Befehl, ſich bahin

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zu verfuͤgen; fo daß von den 12 Regimentern, die Ungarn vor dem Kriege ald Bavalleriecontingent an Defterreich ftellte, nur das 5. und 7. ganz außer Lande blieben. Mit den andern 10 Regimentern und ben neu audgerüfteten Abtheilungen betrug bie Stärfe der ungas rifchen Kavallerie beim Beginne des Winterfeldzuges 78 Escadrons, und zwar:

1. Hufarenreg. im März 1848 Kalfer Ferdinand . . . 8E8c.

2. n „u König von Hannover . . 8

3. „nn Erzherzog Ferdinand d’Efe 8

4. w nu nn Merander Garni . . 8, 6. „nn König von Würtembrg . 8 8. " „vn Prinz Sadhfen-Eoburg-Gotha 5 9, n Ricolaus Kaifer von Rußland 8 10. „nn Wilhelm König von Preußen 8

11. nn Szekler 2. ..%6 12. " vn m PBatatndl . 2 2.23, 13. neu errichtetes Hufarenreg. Sunyadti . . . 2.0.02 14. n Schell . 2. 2 20 2 15. n v May. » 2 0. " Im Ganzen 78 Esc.

Die übrigen Escadrons der legten drei Regimenter und bad 16., 17. und 18. Regiment, Bocskay, Kärolyi und Attila, waren erft in der Errichtung und Ausrüftung begriffen.

Die gebienten Hufaren, zumeift Veteranen, wurden al& ber bes währtefie und fampfgeübtefle Theil der ungarifchen Armee betrachtet. Bon tapferen und ritterlichen Offizieren geführt, übertrafen fie oft ihre weltbekannten Borfahren an verwegenem Muthe. Ihre Säbel hatten jeßt doppelte Wucht, denn es galt dem Feinde der Freiheit und für das Baterland! Die meiften Offiziere blieben der ungaris

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am

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ſchen Fahne treu, und ſelbſt von jenen, die mit unſerem Ruͤckzuge von Ofen ihren Abſchied nahmen, kehrten nur Einzelne ihre Waffen undankbar und verraͤtheriſch gegen ihre fruͤheren Frteunde und Waf⸗ fenbruͤder.

Bei den alten Regimentern blieb das Commando deutſch; die neu errichteten wurden auf ungariſchem Fuße organiſirt. Die ge⸗ ſchmackvolle Tracht ward beibehalten, nur kamen an die Stelle der ſchwarzgelben, rothe Schnüre.

Freiwillige (Onkénytesek):

Bald nach Errichtung der erſten Honved-Bataillone,, im Mo⸗ nat Auguft ordnete der Statthalter Erzherzog Stephan im Ein- vernehmen mit dem Miniſterium in den vier Diftricten des Landes die Bildung von A Freicorpe Önkenytes Csapatok an, zu deren Commandanten die Majore Görgey, Kosztolänyi, Märiäfy und Jvanka ernannt, und zu deren Sammelplägen die Städte Papa, Waitzen, Szolnof und Arad beflimmt wurden. Jedes Corps follte bis auf 8000 Mann gebradht und volftändig ausgerüftet dann dem Kriegsminiſterium untergeftellt wers den. Die einzelnen Abtheilungen follten von den Comitaten aus⸗ gerüftet, nach beren Namen benannt, und bis zum Augenblide des Anſchluſſes an die Armee, von denfelben befoldet werben.

Diefe Freicorps, vorn beften Geiſte beſeelt, hätten in den ſpaͤte⸗ ren Kämpfen zweifeldohne ihrer Aufgabe entſprochen, wenn bie Res gierung nicht den Kehler begangen hätte, die Dienftzeit derfelben blos auf A Monate feftzufegen,, wodurch zwar der freiwillige Zufluß an friegsluftigen Leuten erhöht wurde, fpäter jedoch ber Nachtheil eintre⸗ ten mußte, daß die Mannfchaft nach abgelaufener Dienftzeit in den Momenten der höchften Gefahr dem Baterlande entzogen wurbe. Die Meiften nahmen auch wirflich tm Januar 1849 ihre Entlaffung und

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nur ein Theil von ihnen ließ füch durch patriotifche Offiziere bewegen,

auch nach abgelaufener Dienftzeit weiter zu dienen und zur Honved

überzutreten. Dieſe behielten auch fpäter ihre Namen, als: Sza>

bolcjer, Peſther, Biharer Bataillond, und fämpften bei

jeder Gelegenheit mit Muth, Ausdauer und ber reinften Hingebung. Rationalgarbde:

Den Reft der Wehrkraft des Volkes umfaßte die Rationalgarbe. Ihre Errichtung ward von ber Regierung mit Eifer und Vorliebe betrieben. Die früher beftandenen Bürgermilizen wurden aufgelöft, die wehrhaften Männer von 19 bis 50 Jahren conferibirt und mit der Leitung ihrer Organifation ein Kriegerath in Beth betraut. Freudig betheiligte ſich das Volk im ganzen Lande an dieſer, feinem friegerifchen Charakter zufagenden Inftitution, und wären bie Waffen mit derfelben Schnelligkeit herbeigefchafft worden, mit der fidy die Bolfswehr ordnete und einübte, das Minifterium hätte in Furzer Zeit über Hunderttaufende gut bewaffneter Bürger verfügen fönnen. Aber leider blieb die Regierung auch bier bei halben Maßregeln ſtehen. Der Anfauf der Gewehre ward theil fehr laͤſſig und durch Männer von zweifelhaften, ja verrätherifchem Charakter betrieben, theil® gänzlich unterlaffen, und die Erzeugung von Waffen im Lande felbR einer Commiſſion unter Oberſt Marziani übertragen, der, von Oefterreich beftochen, Alles anwandte, um die Anfers tigung berfelben hinauszuichieben, oder gänzlich unmöglich zu machen.

Die Rationalgarde hatte gleich nach ihrem Entflchen gegen bie Serben und Croaten hoͤchſt erfprießliche Dienfte geleiftet, und ihr war es vorzüglich zu verdanken, daß das 10,000 Mann ftarfe Eorps der Generale Roth und Philipovich bei Ozora ohne Schuß die Waffen reden mußte.

Es unterliegt feinem Zweifel, daß auch die Nationalgarbe bei

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gehoͤriger Ausbildung und Gewoͤhnung an militaͤriſche Zucht, obgleich ſchlecht und nur mit Senſen bewaffnet, die Bewegungen des Feindes auch fpäter erfchwert haben würde. Aber die Unwiſſen⸗ heit ihrer Offiziere, die mehr nach ihrer höheren Stellung in ber Ges ſellſchaft als nach ihren Faͤhigkeiten gewählt wurden, und ber Bers rath, womit fie im Serbenkriege durdy die Öfterreichifchen Gommans danten Bechtold u. A. bei Erflürmung ber Schanzen oft ganz zwecklos auf die Schlachtbanf getrieben wurden, demoralifirte fie und vereitelte fo zum großen Theil die bei ihrer Degründung gehegte gute Abficht der Regierung.

„Der Gebrauch bewaffneter Volkshaufen Fann und fol nicht gegen die feindliche Hauptmacht, nicht einmal gegen beträchtliche Eorps gerichtet fein; er fol nicht den Kern zermalmen, fondern nur an ber Oberfläche und an den LUIingrenzungen nagen.*) Wäre die⸗ fer Grundſatz beachtet worden, man hätte gewiß die Nationalgarbe eben fo wenig zur Erftürmung von Schanzen, wie den 12,000 Mann ftarfen Landſturm auf die Schlachtbanf bei Schwechat geführt, weil man überzeugt fein fonnte, daß zum faltblütigen, ruhigen Ber- halten in einer langen, heftigen Kanonade mehr Muth gehört, ale der, welchen ein Sumilienvater nad) ſchwerem Abſchiede von feiner Bamilie zum erften Male auf das Schlachtfeld mitbringt.

Die Rationalgarde wurde vom Jänner an, außer an der Theiß und in Siebenbürgen , wo fie fich im Cordondienſte gefchidt, und in Heinen Gefechten muthig bewies, beinahe nie mehr im offenen Felde verwendet. Unſere Generale aber, von denen nur wenige den rechten, die meiften gar feinen Begriff vom Rationalfriege hatten,

) Klaufewig.

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ließen die immenſen Kraͤfte des Landſturmes zum nicht geringen Nach⸗ theil der guten Sache brach liegen. Fremde Legionen:

Nebſt den hier angefuͤhrten Nationalkraͤften kaͤmpften fuͤr unſere Freiheit mit Hingebung und Begeiſterung: zwei polniſche Legionen, im Winter 1400 Mann ſtark, unter den tapferen Oberſtlieutenants Wiszocki und Bulharyn, dann mehrere deutſche Abtheilungen, als: die Wiener Freiwilligen, die braven TirolersSchügen, und die in Siebenbürgen unter Bem zu drei Biertheilen auf bem Selbe ber Ehre gefalleneheldenmüthige Wiener akademiſche Legion, endlich 8 Com⸗ pagnien von den italienischen Regimentern Zanini und Geccopieri.

Tehnifhe Korps:

Die technifchen Corps, fo wie der Generalftab der Armee waren Anfangs December großentheild erft in der Zufammenftellung begrif- fen, erreichten aber auch fpäter nie eine vollftändige Organifation.

Guerilla's:

Die Guerilla's begannen erſt im Monate Maͤrz ſich zu bilden, waren nie ſehr zahlreich, und nie planmaͤßig organiſirt.

Die Gefammtftärfe und. Eintheilung des kampffähig vor dem Feinde ſtehenden ungarifchen Heeres belief fich fomit Anfang Decem: ber im Ganzen auf:

LiniensInfanterie-Bataillone 21

Honved n n 35

Freiwillige 20

Fremde Legion Inf. 4

Bionier-Bataillon 1

Huſaren⸗Escadrons 78 Beldgeichüge 250

Summa 81 Bat., 78 Escadr., 250 Geſchuͤtze.

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Die Totalſtaͤrke des bereits ausgerüſteten Theils der Armee überftieg daher nicht 80,000 Dann mit 10,000 Pferden. Die ans deren Truppen beftanden aus unvollftändigen Bataillond in ben Feftungen und Depots, und aus den Nationalgarbe Abtheilun- gen in Oberungarn, an der Theiß und an ber fiebenbürger Grenze. Mit allen biefen belief fich der Stand der ungarifchen Armee, wie bereitö früher ausgewiejen worden, auf 106,000 Mann und 10,000 Pferde. Die Monturd-Epmmifftonen, Waffenfabrifen, Kanonengießereien, Pulvermühlen, in allen Theilen des Landes, befonders in Befth, waren in voller Thätigfeit.

Defterreihifhe Streitmacht.

Die Stärfe der gegen Ungarn operitenden feindlichen Kräfte war Ende December nach öfterreichifhen Quellen folgende:

Sauptarmee: an der obern Donau, 1.,2.,3. ArmeecorpsunterWindifchgräs50,000Mann Linker Flügel, Simunid, Götz, Shlid 18,000 Nechter Nugent, Horvath, Dablen 16,000 Südarmee: Suplifag, fpäter Theodorovich, Knidhanin, Zeiningen . 20,000 Arad, Temeövär. - 2 2. 2 2 2.0. 8,000 Siebenbürgen 12,000 Im Ganzen 124,000 Mann teguläres Militär; außerbem einige ſlovaliſche Breicorps in Ober⸗ ungarn, die wallachiſchen und fächfifchen Breifchaaren in Siebenbürs gen, und bie Brenz-Referve-Bataillond in Groatien und Slavonien, welche die Totalftärke der gegen uns operirenden Heere auf 200,000 Mann erhoben. Dieſe impofanten, von alten friegefundigen Ge⸗ neralen geführten und wohlausgerüfteten Heere, denen wir nur noth⸗

n

n

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dürftige Anfaͤnge von dienſtungewohnten Truppen und in bedeutender Minderzahl entgegenzuſtellen im Stande waren, konnten außerdem im Nothfalle auf die Mitwirkung der an der Grenze des Landes lauernden ruſſiſchen Heerſaͤulen rechnen.

Am 16. October wurde Windiſchgrätz zum Feldmarſchall, Oberbefehlshaber aller öfterreichifchen Heere mit Ausnahme bes itas lienifhen, unb zum alter ego dee Kaiſers ernannt, und nad) der Einnahıne Wiens mit ber Bezwingung und Racification Ungarns betraut. Einen Monat fpäter ftand bie zur Invafton beftinnmte Hauptarmee in den Umgebungen Wiens und auf den Marchfelde vereinigt; doch follte diefelbe erft dann gegen Un; garn aufbrechen, wenn bie auf den andern Punften operirenten kai⸗ ferfichen Heeredabtheilungen zur Mitwirkung weit genug vorgerüdt, und die von Windiſchgrätz erlaflenen Proclamationen zur Bermeidung bed Blutvergießend , wie er hoffte, bei den ungaris ſchen Truppen und der Beröfferung die gehörige Wirkung hervorges bracht haben würden. Defterreich bot zu dem neuen Feldzuge feine legte Kraft an Truppen und Geld auf, denn es galt die Niederwer⸗ fung und Bernichtung Ungarns.

Nach dem in Wien unter dem Einflufe des neuen Feldmar⸗ Ihalld entworfenen Operationdplane follte Ungarn von allen Seiten zugleich angegriffen werten ; worauf man concentrifch gegen Peſth vorrüden wollte, um dort, als in dem vermeintlichen Herzen des Landes, den Herb der Revolution zu zerflören.

Die Hauptarmee, von Windifhgräg perfönlich geführt, follte nach der Einnahme Preßburgs auf dem rechten Donau ufer an Eomorn vorüber deſſen Belagerung nur einem Armees corpo überlaffen blieb, direct gegen die Hauptftadt vorrüden, zu

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gleicher Zeit Simunich auf der Straße von Göding über Tyr⸗ nau einbredhen und bei Preßburg ſich mit der Dauptarmee verbinden.

Die Generale Bö& und Frifcheifen erhielten die Aufgabe, den Paß von Jablunka zu forciren, fi in dad obere Waag- Thal zu werfen und von hier gegen bie Bergftädte zu operiren.

Von Galizien über Dufla hatte Schlid auf Kaſchau und Miskolcz und weiter gegen Peft h vorzudringen.

- Aus der Steiermark follte Nugent, unterftügt von einigen kleinen fliegenden Colonnen, gegen den Blattenfee vorgehen, bie Comitate zwifchen der Donau und der Drau befegen und hierauf Eſſeg belagern.

Puchner hatte die Aufgabe, Siebenbürgen zu fäubern, durch dad Maros- Thal zum Entfage von Arad berbeizueilen und von bier der Befagung von Temesvär die Hand zu bieten.

Im Süten follten die Serben unter ihrem Wojwoben Suplis katz auf allen Punkten hervorbrechen , das Banat und die BAacsfa erobern und in die große ungarifche Ebene eindringen.

Endlich Hatten die Generale Trebersburg und Dablen alle disponiblen Orenztruppen und den croatifch-flavonifchen Land⸗ ſturm an fich zu ziehen, und zur Verfügung des Feldzengmeiſters Nugent bereit zu bleiben.

Nebftbem wurden alle fremden Nationalitäten gegen die Ma: gyaren aufgeboten, um bie Bewegung ber kaiſerlichen Heere mit Mord, Brand und Verwüfung zu unterftügen.

Die logifhe Ordnung der Geichichtichreibung würde bier die Darftellung des gegen diefe feindlichen Abfichten gerichteten Verthei⸗

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digungsplanes der Ungarn erheiſchen. Da aber meines Wiſſens um dieſe Zeit kein ſolcher exiſtirte, vielmehr die Operationen auf den einzelnen Kriegsſchauplaͤtzen der Einſicht und den Faͤhigkeiten der betreffenden Obercommandanten allein überlaffen blieben, und ein ' umfaſſender Defenflonsentrourf erft im Laufe des Januars 1849 zu Stande fan, fo halte idy es für angemeflener, lieber bie Wahrheit nadt hinzuftelen, als durch ſelbſterdachte Combina⸗ tionen die Schuldtragenden zu rechtfertigen. Es tritt bei folcher Erzählung die Thatfache nur um fo prägnanter hervor, daß der fonft energijche Randesvertheidigungsausfchuß, im Wirerjpruche mit feinem Namen, feine einzige militärifche Gapacität in feinem Scyooße trug, und defien Mitglieder ihre Aufmerffamfeit in militäs rifcher Beziehung ausfchließlich der Vermehrung der Streitkräfte zus wandten, Außerdem berrfchte bei ihnen der fefte Glaube, die Cams pagne werde erft mit dem Fruͤhjahre eröffnet werden. Der Befehl des Landesvertheidigungsausſchuſſes an die einzelnen Obercomman⸗ danten lautete demgemaͤß auch nur ganz einfach dahin, mit den ihnen zur Berfügung geftellten Kräften die Grenzen und ben ihrer Tapfers feit anvertrauten Theil ded Landes gegen jede Invaſion zu decken und zu vertheidigen. Somit war Goͤrgey die Aufgabe befchieben, die obere Donau zu deden, Perczel, die Örenzen gegen die Steier; marf zu fihern, Bulsfy, fpäter Meszäros, Oberungarn ger gen den eingedrungenen Schlid zu vertheidigen, Baldacci, Eies benbürgen zu hüten, und Bafonyi und Kiff, im Süden des Lan⸗ des den Aufftand der Serben zu unterdrüden.

Man hört von vielen Seiten den Rüdzug unferer Armee in dag Innere des Landes als einen wohlerdachten Plan preifen ; denn bie Welt pflegt den Werth einer Thatfache nur nach dem Grabe des Er⸗ folge® zu beurtheilen, ohne ſich viel darum zu fümmern, ob das Genie

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oder der Zufall derfelben zur Grundlage dienten. Wenn auch diefer Rüdzug die fpäteren glänzenden Refultate der ungarifchen Waffen mit fidy im Keime trug, fo kann derfelbe doch eher den von dem Gegner unbenüpt gelafjenen Fehlern und manchen unbemerften Unterlaffunges fünden ber Feldherrn und der Regierung , als tieferbachten leitenden Ideen zugeichrieben werden, die man erft dann zu fafien begann, ale der Feind bereit im Herzen des Landes ftand. Die Berlufte, bie im Uebrigen diefer Rüdzug unferer Sache brachte, bleiben troß ber fpäteren Erfolge unverfennbar, fobald man erwägt, daß dadurch die Entſcheidung um Monate hinausgefchoben, und dem Czar Zeit ges laſſen wurde, zur Rettung des bedrohten Abfolutismud feine Schaa- ren vom caspiſchen Meere und der Oſtſee gegen bie Grenzen unſeres unglüdtichen Vaterlandes heranzuziehen, um fie dort zur Verfügung des Erbfeindes zu ftellen.

Es ift nicht zu wundern, wenn Windifhgräg beim Hinblid auf feine überlegenen Streitfräfte und den großartig entworfenen oben angeführten Plan von dem übermüthigen Wahne ergriffen wurbe, die Mauern der Freiheit Ungarns würden fchon bei feinem Erfcheinen einſtuͤrzen, und die Knechtung der Nation ihm nichtd weiter als eine militärifche Promenade in das Land foften. In diefem Wahne wurde er noch durch die jüngft erfochtenen wohlfeilen Siege in Wien und bei Schwechat, hauptfächlich aber durch die bedenkliche Rage Uns garns beftärft.. Ein Blick auf diefelbe wird ung ein klares Bild von ihr geben.

Auf dem füpdlichen Kriegsichauplage, dem biutigften von allen, hatte fich in den Monaten October und Rovember nur wenig zu un⸗ feren Qunften geändert. In der Baco behaupteten fich bie Ser⸗ ben in Szent Tamas, Földvar und den Römerjhanzen

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gegen eine aniehnliche Macht ber Ungarn unter ber ungefchidten Füh⸗ rung Bakonyi's. Im Banat hielten fie bie verfchanzten Lager bei Lagerndorf, bie Teufeldbrüde, Alibunär und den fehr feften Brüdenfopf bei Tomaffoväp befegt, und gewannen an ber wichtigen Feſtung Temesvär, "teren Kommandant General Rukawina ſchon im October die Thore fchloß und bie ſchwarz⸗ gelbe Fahne aufpflanzte,, einen neuen Stügpunft. inzelne Eolon- nen ber Temes varer Feftungsbefagung infurgirten den walladhis ſchen Theil des Banats, und ein jerbifch-öfterreichifche® Comité, an deffen Spige ber entartete Sohn feined Vaterlandes, Baron Am⸗ brézy ſtand, bedrohte die Ungarn anhänglichen Städte und Flecken dieſes Landestheiles mit Verwuͤſtung. Die ungarijche Armee, die hier unter den Generalen Kiff, Better und Oberſt Damjanid operirte, errang zwar einige VBortheile, war jedoch nicht im Stande, der Sache im Ganzen eine günftigere Wendung zu geben.

Die Belagerung der an der Maros liegenden Feſtung Arad, die unter General Berger dem Beifpiele Temesväar’s gefolgt war, ging, obwohl ſchon im October begonnen und durch ben Oberſtlieutenant Märiäfy eifrig betrieben, wegen Mangel an dem nöthigen Belagerungsmaterial nur langfam von Statten, und hins derte den Commandanten feineöwegs, feinen Muth an der im Rayın der Feſtung befindlichen blühenden Handelsſtadt Alt⸗Arad, welche die ſchwarzgelbe Fahne unter Feiner Bedingung aufpflanzen wollte, durch verberbliche Bombardements zu Fühlen.

Am traurigften ftanden unfere Angelegenheiten in Siebenbürs gen. Der Racenkampf der Wallachen und Sachſen gegen die Ungarn und Szekler fchon früher durch kaiſerliche Commiffäre entzün- det, war in jeiner ganzen Wildheit entbrannt. Am 18. October erflärte Buchner zum Ueberfluß die Union Siebenbürgens mit Ungarn für

aufgelöft, und drüdte den Schlächtereien der Wallachen den Stempel bes faiferlichen Wohlgefallens und der Gefeplichfeit auf. Die Szek⸗ ler, in ihrem Aufftande ſchlecht organifirt, wurden vereinzelt von ben öfterreichiichen Generalen in mehreren Treffen gefchlagen, und das ganze Szeflerland bis auf den Haromszéker Stuhl (Bezirk) bald bezwungen. Ebenfo erlitten die anderen ungarifchen Abtheitungen unter ihren krieggunkundigen Führern Baldacci, Riczké u. ſ. f. empfindliche Niederlagen und wurden nach Ungarn zurückgeworfen. Anfangs December war mit Ausnahme einiger Punkte im Szekler⸗ Lande , ganz Siebenbürgen in Feindesgewalt, und Buchner fonnte nicht mehr verhindert werden, fid) mit Arad und Temesvär bis rect in Verbindung zu fegen.

Gegen Schlid, der in ben erften Tagen des December bie Kaſchau vorgedrungen war, und nun Miskolecz und die obere Theiß bedrohte, ſammelte der Kriegsminifter Mészaros die Nationalgars ben der umliegenden Gomitate und einige RefrutensBataillond, auf bie nach ben erften Berluften nur wenig zu zählen.

Nur im Süpdweften lächelte und momentan das Kriegsglüd. Das ganze rechte Donauufer bis an die Drau war vom Feinde ges fäubert, und Perczel, ter mit einem 6000 Mann ftarfen Corps an ber fteierifchen Grenze und an der Mur ftand, deckte gegen jeden Einfall die ſüdlichen Comitate.

Bon den Feftungen,, welche und den Befit des Landes fichern follten , befanden fidy eben jene in feindlichen Händen, die unſere Dperationsbafid an der Theiß und unfere Rüdzugslinien nad Siebenbürgen gefährden funnten, nämlihd Arad und Temesvär in Ungarn, Carlsburg und Deva in Siebenbürgen. Comorn, Peterwardein und Effeg hingegen, fo wie die kleineren Plaͤtze

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Leopoldſtadt und Munfäcs, waren durch die Entfchloffenheit einzelner Batrioten der Nation erhalten worden.

Es bleibt noch der wichtigfte Theil, der Zuftand auf dem Kriegsſchauplatze an ber obern Donau zu beleuchten, womit wir den folgenden Abfchnitt beginnen wollen.

1 Abſchnitt.

Winterfeldzug der ungarifchen Hauptarmee.

I.

Zuſtand ber oberen Donauarınee nad} der Schlacht bei Schwechat. Aenderung im Obercommando. Guyon mit 10,000 Mann gegen Simunich. Staͤrke und Stellung der Ungarn. Die Defterreicher. Operationsplan. Bereingelte Gefechte und Erkennungen bis zur Eröffnung des Feldzuges. Die öflerreihifche Armee überichreitet die Grenze. Gefechte bei Neu⸗ dorf, Barentorf und Kaflmir 16. December. Treffen bei Tyrnau 16. De: cember. Ruͤckzug der Ungarn auf Raab und Komorn. Arrieregarkes gefecht vor Wiefelburg 18. Deceinber. Goͤrgey beſetzt die Berfchanzungen von Raab. Neue Bertheidigungsanflulten ber Regierung. Betrachs tungen.

Rach dem unglüdlichen Treffen bei Schwechat fammelte ſich tie obere Donauarmee in und um Breßburg. Durd ben ers haltenen Schlag erfchüttert, von den meiften gebienten Offizieren vers laffen, von verzagten, unentfchloffenen Fuͤhrern befehligt, war ihr moralifher Muth tief gefunfen. Der Rüdtritt Moga's vom Dbercommando vermehrte noch die Verwirrung und Rathlofigkeit. Anter folden Umfländen war ed dringendfte Sorge der Regies rung, mit richtigem Blicke den Dann herauszufinden, ber bie in ber Auflöfung begriffene Armee mit eiferner Hand dem Lande erhalten, fie reorganifiren und anführen follte. Diefe Aufgabe war feine

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leichte; Holtfche, der legte thatkräftige Öfterreichifche General im ungarifchen Heere, hatte gleich allen Ucbrigen vor Schwedat feine Entlaffung genommen, und die beiden commandirenden Generale Hrabowski in Dfen und Blagoevich in Peterwarbein, waren bei allen Sympathien für ihr Vaterland doch zu fehr öfterrei- hifche Soldaten, um ſich in ihren alten Tagen an bie Spige einer Volksarmee zu ftellen und gegen ihre früheren Waffengefährten zu Felde zu ziehen. Kiff und Vetter waren auf dem füdlichen Krieges fchauplage unentbehrlidy, und von den anderen älteren höheren Offi⸗ zieren hatte bisher Feiner noch die Fähigkeiten entwidelt, welche dem Reichötage, der Regierung und der Armee hinreichendes- Bers trauen zu ihrer Perfon eingeflößt hätten. Die Wahl mußte daher unter den jüngeren Staböoffizieren und zwar unter denjenigen ges troffen werden, die fich während ber kurzen Zeit ihrer Wirfjamfeit auf befondere Weiſe audgezeichnet hatten, Hier waren ed zumal zwei Männer, bie fowohl durch perfönliche Vorzüge, als ihre geleis fteten Dienfte die Aufmerkfamfeit der Nation auf fich gelenft hatten: Goͤrgey und Perczel. Dirfer beſaß hohe Vaterlandsliebe, aber eben fo viel Leidenfchaftlichfeit und rüdfichtölofen Ehrgeiz. Jener dagegen zeigte fich ſtets gemäßigt, falt und in feinen An- fprüchen bejcheiden. Ein eigenthümlicher Zufall, wie ihn das Schickſal oft mitten auf die Bahn derjenigen fchleudert, die es durch feine Gunſt beglüden oder verderben will, die Volführung eines auffallenden Actes, verfchaffte Goͤrgey plöglih den Ruf eines eifernen Charaktere. Es war dies die im Monate September angeordnete Hinrichtung des Lanbeöverräthers Grafen Eugen Zichy. Man gewöhnte ſich von diefem Augenblide in Goͤrgey den entfchiedenften Mann der Armee und ben erbittertfien Feind Oeſterreichs und der Reaction zu erbliden. Kein Wunder

BB

daher, wenn in den letzten Tagen Octobers nach der bei Schwechat erlittenen Schlappe, als die obere Donauarmee der Muthloſigkeit und dem Verrathe anheimfiel, die Wahl Koſſuth's in Bezug auf den neuen Obercommandanten, nach kurzer Berathung mit dem Lan⸗ desvertheidigungs⸗Ausfchuſſe und dem Praͤſidenten des Unterhauſes, benjenigen traf, von deſſen militärijchem Talente er überzeugt war, deſſen Beicheidenheit er zu fennen glaubte, und deſſen entfchiedene Sefinnung feinen neuen fchmählichen Verrath befürchten ließ. Am 1. November ward Görgey zum General en chef ber ungarifchen Hauptarmee ernannt, und diefe Ernennung der Armee und dem Reichötage Fundgegeben.

Nach getroffener Wahl fchrieb Koſſuth an den Reichstag: „Die Nation bat mich gewürbigt, bei Leitung ber öffentlichen Angelegenheiten mir ihr volles Ber> trauen zu ſchenken. Möge fie dies aud auf jenen Mann übertragen, dem id) von ganzem Herzen ver— traue, und den ich für würdig befand, unferetapfere Armeczu befehligen.“

Die Ernennung Görgey's zum Obercommandanten wurde von den Reichstag und der Armee mit Beifall begrüßt; vom Reichs⸗ tag, weil derjelbe hierdurch der fteten Sorge um bie Geſinnungstuͤch⸗ tigfeit des Heerführers endlich entbunden wurde; vom Heere, weil man in ®örgey den befonnenen Soldaten erblicdte, der mit feiner Energie und feinem Talente die in legter Zeit fo arg untergrabene Manns⸗ zucht wieder herzuftellen und zu befeftigen vermögend fein werde.

Görgey hatte kaum dad Commando der Armee übernommen, als er die Nachricht von der Befignahme Tyrnau's dur ein feindliches, 7 8000 Mann flarfed Arıneccorps unter General Simunid erhielt. Simunich, aus Galizien kommend, hatte

im Baagthal bei Kos ztohna eine Abtheilung Nationalgarbe unter Ordody geſchlagen und zerfprengt, fannte zweifelsohne noch nicht bie mittlerweile auf öfterreichifchem Boden vorgefallenen Ereignifle, und wollte vielleicht burd, feine Borrüdung auf Breßburg bie ungarifche Armee zum Aufgeben ihrer Unternehmungen gegen Wien vermögen, andere läßt fich Die abenteuerliche Operation deffelben in der Nähe der ungarijchen Hauptmacht wohl nicht erflären. Goͤrgey erfannte ben Irrthum des Feindes, wollte ihn rajch benugen, und disponirte zu dieſem Zweck Oberſt Guyon mit 10,000 Mann Kerntruppen gegen Tyrnau, um Simunich anzugreifen, von ber Straße nach Mähren wegzubrängen und in dad Waagthal auf bie Befasung der Feſtung Leopoldftadt und den in Maſſen auf- geftanbenen Landfturm zurüdzuwerfen.

Am 2. December waren die zu diefem Unternehmen beftimmten 10,000 Mann auf der Linie von Modern did Eziffer in Bereits fchaft, und ed galt nur einen rafchen Angriff und bie Verlegung des Nädafer Paſſes, um den ganz ſorglos cantonnirenden Feind, fei es in Tyrnau ober während ſeines Ruͤckzuges, zu vernichten. Aber ftatt raſch und ungefaumt anzugreifen, ließ man zwei Tage in zwedlofen Vorbereitungen und unnügen KRecognodcis rungen verftreichen, und als man fih endlih Tyrnan näherte, hatte der Feind die Stadt bereits verlaffen und den offenen Weg nach Mähren eingeihlagen. Die hierauf angeorbnete Verfolgung führte zu keinem Refultat, ta Simunich durch die verfpätete Vors rüdung Guyon's einen zu großen Vorfprung gewann, überall auf feinem Rüdzug bie vortrefflichften Arrieregardeftellungen nahın und nicht früher Halt machte, bis er den Grenzfluß, die March, bei Goͤding glüdlich überſchritten hatte.

So wurde eine ber beflen Gelegenheiten verfäumt, die bei

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Schwechat erlittene Scharte audzuwegen und durch eine glänzende Waffenthat, als gutes Vorzeichen für den kommenden großen Kampf, ermuthigend und erhebend auf den Geiſt der Armee und des Volkes zu wirken.

Nach diefer mißglüdten Unternehmung brachte Görgey bie obere Donauarmee in folgend: Aufftellung :

Aufdem linfen Donauufer:

In den Nädafer Gebirgspäflen mit

Detachements in Jablonicz und

Sandorf . . 2 2 0.0. Brigade Orböby. In den Berfhanzungen vor Preß⸗

burg mit vorgefhobenen Abtheis

lungen auf den Straßen von

Stampfen, Neudorf und

Sheben - . 2 20. Brigade Kosztolänyi. Befagung von Preßburg . . . Brigade Aulich.

Aufdem rechten Donanufer:

Im Preßburger Brüdenkopfe und Engerau . 2 2 0... Brigade Barczy. Kittiee © 2 0 2 nee. Brigade Goͤrgey Eornell.

Sattendorf. > . 2.» Brigade Szegeby.

Reudorfund Barenborf. . . Brigade Zichy. Reufidel . . 0 00. Brigade Karger. Dedendburg . - * Colonne Steter.

In der Feſtung Komorn befehligte Oberſt Majtenyi, in Leopoldſtadt Major Bayer Nupertnd. Die noch nicht volftändig ausgerüfteten Bataillons waren in die rücwärtigen Ort⸗

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ſchaften verlegt, Raab und Preßburg mit Depots verſehen, die Verſchanzungen dieſer beiden Staͤdte erweitert und auf dem rechten Donauufer vor Komorn der Bau eines ſtarken verſchanzten Lagers begonnen. Die Gefammtftärfe der hier angeführten Streitmacht, bie Befagungen von Leopoldſtadt und Komorn mitgerechnet, betrug im December 34 36,000 Mann mit 3500 Pferden und 80 90 Gefchügen. Das Hauptquartier befand fich zu Preß⸗ burg. Die fortwährenden Zuzüge, Abgänge, Beränderungen, fo wie unzureichende Daten, geftatten und nicht dieOrdre de bataille der ungarifchen Hauptarmee aus den Monaten Rovember und Des cember 1848 en detail anzuführen, und wir müflen uns aus biefem Grunde, bis wir im Stande fein werben, mit mehr Gewiſſenhaftig⸗ feit auch in die Details einzugehen, auf die Angaben im Allgemeinen beichränfen.

In Verbindung mit ber oberen Donauarmee waren zu gleichem Zwede, nämlich zur Vertheidigung der Weſtgrenze, dad Corps Perezel’d an der Mur und bie Colonnen Guerlonde's und Beniczky's im oberen Waagthal aufgeftell. Perczel - war nad) ber Sefangennehmung Roth's an bie Drau gerüdt, ſchlug einen croatifhen Haufen bei Kottori, einen zweiten am 17. Rovember bei Lettenye an der Mur, rüdte hierauf in bie Muraföz, fänberte dieſen Landſtrich bis an bie fteierifche und croa⸗ tiiche Grenze und nahm fein Hauptquartier in Cſaktornya. In diefer Stellung dedte er im November und in der erften Hälfte Decembers die Rüftungen und beträchtlichen Truppenauss hebungen ber Bomitate des rechten Donauufers, bedrohte Croa⸗ tien und hielt dad in Südſteiermark an der Drau fichende oͤſterreichiſche Refervecorps unter F.3. M. Nugent im Sad. Seine Hauptaufgabe aber follte nach ben Abſichten der Regierung

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darin beſtehen, Fiume im Auge zu behalten, um im alle eines Wiederausbruches und glücklichen Fortganges bed Rationalfrieges in Italien ſich über diefen Hafenplap mit Benebig in Verbindung zu fegen und für die Einfuhr von Waffen und Munition Sorge zu tragen, wodurch zugleich der weitere große Vortheil, die directe Ver⸗ bindung mit dem Auslande, erreicht worden wäre. Die unzureis chenden Kräfte an der oberen Donau und ber hiedurch nothwendig gewordene Anfchluß Perczel's an die Hauptarmee vereitelten diefen Plan, ber fonft auf den Yortgang des Krieges von großem Einfluß hätte werben können. Perczel fuchte indeflen Rugent über feine wirklichen Abfichten zu täufchen, unternahm Mitte Rovember einen Einfall nady Steiermark und drängte bie Oeſterreicher bis Frie dau zurüd. Seine weiteren Unternehmungen befchränften fi) auf Heinere umbebeutente Gefechte und Recognoscirungen, bis die Ereignifle bei ber Hauptarmee Mitte December ihm und feinem Corps eine andere Eeſtimmung gaben. Die Stärfe diefes Corps betrug 6000 Mann mit 16 Geſchuͤtzen.

Im oberen Waagthal organifirten Guerlonde und Beniczky mobile Colonnen, welche am 11. December bie Freifchaaren dee flovafifchen Parteigaͤngers Hurbän am redhten Waagufer bei dem Orte Budetin zerftreuten und hierauf die Grenzpäfle gegen Mähren und Schlefien beſetzten. Diefe Colonnen zählten, wie in dem früheren Abfchnitte bereitö gefagt worden, 3000 Mann und 4 Geſchuͤtze.

Recapituliren wir die eben aufgezählten ungariſchen Wehrkraͤfte, fo finden wir in der Linie von Dedenburg bis Leopoldſtadt die ungarifche Hauptmacht unter Görgey 34,000 Mann flurf; Perczel mit 6000 Mann an der Drau und Mur; und Guers

fonde mit 3000 Dann im oberen Waagthal. Dies giebt eine Totalfumme von 43,000 Mann.

Defterreichifcherfeitö fammelten ſich die Streitfräfte auf brei Hauptpunften. Der linfe Blügel unter Simunich in Mähren, und zwar: Göding und Umgebung; die Haupt⸗ macht unter Windifchgräg’s perfönlicher Führung, im Donau thal an beiten Ufern des Stromes, von Wien bid an die unga= rifche Grenze; und der rechte Flügel oder vielmehr die Neferve unter Nugent, bei Bettau in Steiermark. Kleinere Colonnen in Fürftenfeld, Wiener-Reuftabt und an andern Orten, dienten zur Verbindung ziwifchen den Haupttheilen, die in den Sablunfa= päflen zum Ginmarfch bereit ftehenden Abtheilungen Götz und Srifcheifen aber zur Herftellung der Verbindung mit dem in Ober: ungarn operirenden und bereit bis Kaſchau vorgedrungenen Arneecorpd Schlick's.

Die Ordre de bataille der in Defterreih und Mähren zur Invaflon an der oberen Donau bereit ftehenden öfterreichifchen Hauptarmee war folgende:

I. Armeecorp®. EM. Jellachich. 1. Divifion FE ME Kempen. Brigade Ober Grammont: 35/, Bat. 2 Esc. 6 Geſchuͤtze. ‚, General Neuftäbter: 5 „2,%6 2. Divifion F. M.L. Hartlieb. Brigade General Rarger: 4Bat. 2Esc. 6 Geſchütze.

General Kriegen: 3 „2,6 GavalleriesBrigade Ottinger: 18 „6 Neferve- Artillerie: . . 2 ne A 1 Pioniercompagnie, 1 Brüdenequipage.

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Summe bed I. Corps: 15%, Bataillons, 26 Escadrons 54 Geſchuͤtze, 1 Pioniercompagie und 1 Brüdenequipage. II. Armeecorps. FEML. Wrbna. 1. Divifion F.M.L. Cſorich. Brigade General Wifs: .. . Al, Bat, A Esc. 12 Gefüge. v »„ Sablonowefi: A „1. 6

2. Divifion IM.L. Ramberg.

Brigade General Colloredo: 4 Bat. 1 Esc. 6 Gefchüge. " „Lederer: 3, „1.6, KefervesAttillerie: . . . or 4

1 Pioniercompagnie, 1 Brüdenequipage. Summe bes II. Corps: 153/, Bataillond, 7 Escadrons, 54 Geſchütze, 1 Bioniercompagnie, 1 Brüdencquipage.

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11. Arıneecorp®. EM. Serbelloni. 1. Divifion E.ML. Schwarzenberg. Brigade General Schütte: A Bat. Esc. 6 Gefüge. » „» Riedl: A,„ ,„ 6 NeferoesArtillerie: . . . 2 2020. 12 2. Divifion F. M.L. Lichtenftein. Gavallerie- Brigade General Bellega rde: 10 Esc. 6 Geſchüͤtze. „» Barrot: 5,6 RefervesArtillerie . > 0 2 2 ee 6

"n

Rejerne- Artillerie der Armee: 66 Geſchütze. Techniſche Res ſerve⸗Abtheilung, 1 Compagnie Sapeurs, A Compagnien Pioniere, 8 Brüdencquipagen.

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Summe des IH. Corps: 83/; Bataillone, 25 Escadrons, 108 Sefchüge, 8 Brüdenequipagen.

IV. Armeecorpß. F.M.L. Simunid. ,

Brigade General Simbfhen: 4 Bat. A Esc. 6 Sefchüpe.

" Soffat: 2 un 2. 6 u

" Veigel: ze/, " 4 " 6 " MefervesArtillerie: . . oo 2 2 2. 12 „,

Summe des IV. Armeecorps: 94/, Bataillons, 10 Escadrons,

30 Geſchuͤtze, 1 Brüdenequipage.

Colonne Horväth: 3 Bataillons, 2 Escadrons, 6 Geſchuͤtze. Golonne Goͤtz: 4 Bataillons, 2 Escadrond, 6 Gefchüge.

Totalſtaͤrke ber öfterreichifchen Hauptarmee: 56 Bataillons, 72 Escadrons, 256 Geſchuͤtze.

Die öfterreichifchen Armeecorpd der Generale Nugent und Schlid, wovon das erftere an ber Drau, daß legtere in Ober: ungarn in der erften Periode dieſes Feldzuges felbRftändig agirten, führen wir nicht hier, fondern erft auf den betreffenden Kriegs Ihauplägen an. Die bei Eröffnung des Feldzugs ausfchließlich der Arınee Goͤrgey's gegemüberftehende feindliche Heermacht zählte fomit 62—64,000 Mann.

Diefe Aufzählung und ein Vergleich zwifchen den beiberfeitigen Hauptfräften, dann ein Bli auf die Stellung ber Ungarn an ber Grenze mußte den feindlichen Feldherrn nur noch mehr in feinen kühnen Hoffnungen für ben günftigen Erfolg feiner Operationen bes ftärfen.

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Die erſten Anordnungen, welche Goͤrgey als neuer Oberfeld⸗ herr traſ, waren nicht geeignet, den ſchweren Folgen der vor ihm be⸗ gangenen Fehler ſchnell und kraͤftig genug vorzubeugen. Die Zer⸗ ſplitterung der Armee in einer Cordon⸗Stellung von 20 Meilen Länge verhinderte nicht nur die Möglichkeit einer tüchtigen Reorganis firung derfelben , fondern war auch Urfache, daß fich folche, ftatt zu vermehren, in Bolge zwediofer Strapagen und bes beichwerlichen aus⸗ gedehnten Vorpoftendienfted täglich verininderte. Die meiften Freis willigen-Bataillond und Rationalgarbden, durch Krankheiten dechnirt, verließen nad) abgelaufener Dienftzeit dad Lager und eilten in ihre Heimath, und die nachrüdenden neuen Honved- und Linien: Batails lons waren nicht zahlreich genug , um diefen Abgang zu erfegen. Görgey behauptet, er habe zu wieberhoften Malen bie Regierung auf diefe Zuftände aufmerffam gemacht, fie aber nicht dazu vermögen fönnen, von der ihm anbefohlenen Örenzvertheidigungabzuftehen. Es ſcheint, daß man in Peſth zu diefer Anflcht durch den Irrthum verleitet wurde, baß die Defterreicher die Eröffnung des Feldzuges bis zum naͤchſten Frühjahr hinaudfchieben würden. Koſſuth felbft fchrieb in den erften Tagen December's in biefem Sinne Folgendes an Börgey: „Ih kann ed nicht recht glauben, daß Winpdifchs gräs vor dem Frühjahr eintreffen wird ; bis dahin aber will ich bie obere Armee auf 60,000 Mann und 200 Gefchüge vermehren. In meiner Bruft lebt jegt mehr als jemals bie füße Hoffnung, daß wir beide dad Baterland retten werben. Als Kohn bafür wünfche ich blos, Laß ich als einfacher Landmann meine Tage beichließe, und Sie, Herr General, Brofefior der Chemie werden mögen." Koſ⸗ ſuth richtete in der That feine ganze Aufmerffamfeit auf die Vers mehrung der oberen Donau » Arınee, und fandte im December nicht nur mehrere Honved»Bataillons, fondern auch einen Theil der auf

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dem ſüdlichen Kriegsſchauplatze bisher verwendeten Linien⸗Truppen und Huſaren dahin. Die Nachruͤckung dieſer Verſtaͤrkungen ge⸗ ſchah jedoch ſo langſam, oder ward durch die Gegenvorſtellungen anderer Befehlohaber ſo verzoͤgert, daß die meiſten derſelben ſich erſt während bed begonnenen Rückzuges der Armee anſchließen konnten. Die Broclamationen Windifchgräg’s, womit er vor ſeinem Einrüden das ungarifche Lager überfchwennmie und bie ungarifchen Truppen zum Treubruch und Berrath aufforderte, riefen folgende Erflärung der obe- ten Donauarmee hervor, die vermöge ber Wichtigkeit ihrer Folgen im ungarifchen Heer, bier ihren Plag verlangt:

Erflärungderf, ungarifhen oberen Donauarmee.

„Mit billiger Enträftung haben wir das mit Mißbraud des Namens Seiner Majeftät ded Königs erlaffene Manifeft, fo wie den am 12. db. Mts. an das ungarische Volk gerichteten Aufruf des F.⸗M.⸗L. Windifhgräg, worin er die Nation der Intriguen, bes Verrathes, der Empörung , des Mordes und Raubes beſchuldigt und Ungarn felbft ald den Schauplag ter zügellofeften Anarchie bes zeichnet gelefen. Aber mehr ald Alles biefed, bat und bie ſchaͤndliche Politik mit Abſcheu erfüllt, die, wenn fle an der ganzen Nation Feine Rache zu nehmen im Stande, einzelne Batrioten zu ihren Opfern auserficht,, und indem fie die ganze Laft der Ereignifle auf dieſe zu wälzen beftrebt iſt, Lie Nation blos für bad verführte Werkzeug derfelben ausgiebt.

Die obere Donauarmee des conftitutionchien Königreiches Uns garn ficht fich hiedurch veranlaßt, wiederholt zu erklären, daß fie von ber Lage der Dinge genau unterrichtet iſt und ihre Aufgabe vol; fonnmen begreift. Sie erklärt, daß Ränfe und Berrarh nicht durch die ungarifche Ration, die in ihrer Loyalität gegen ben König,

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wiewohl ſchwer geprüft, doch bis jetzt treu geblieben iſt, wohl aber gegen die ungariſche Nation geſchmiedet werden.

Wir verwahren uns ſaͤmmtlich gegen bie erdichtete Behauptung, als wenn die bisher erlafjenen Berfügungen der Regierung dad Werk Einzelner geweſen wären, und die Nation und wir diefen Einzelnen nur als verführte blinde Werkzeuge gedient hätten, und erflären, daß wir die Bertheidigung der durch Fönigliche Eide fanctionirten Conſtitu⸗ tion Ungarns für gerecht halten und in diefer Ueberzeugung mit Flarer Erfenntniß der Sachlage diefe Eonftitution gegen jeden Angriff aud) vertheidigen wollen.

Wir erflären,, daß, fo wie die ungariſche Nation trog des wie: derhoften beiipiellofen Verrathes, noch immer in treuer Zoyalität ih⸗ rem Könige anhängt, auch wir den Anbruch jenes Tages herbeis mwünfchen, an dem von Seite des Königs der gefegliche Verband mit ber ungarifchen Ration mittelft der Conſtitution von Neuem bes feftigt wird ; daß wir aber jetzt, wo die Ränfe der Reaction jete ges ſetzliche Berührung zwifchen Fürſt und Volk unmöglid zu machen wußten, und nachdem ber Palatin, der gefeplidye Vertreter des Koͤ⸗ nigs, unfer Baterland verlaffen hat, nur in dem geſetzlich einberufenen KReichötage jene Gewalt erfennen , der die Reitung der Angeleyenheis ten des conftitutionellen Ungarn zukoͤmmt; daß wir daher den Lan⸗ desvertheidigungs⸗Ausſchuß als den Auefluß diefer Gewalt für unfere rechtmaͤßige Regierung erkennen , und in deſſen Anordnungen den in conftitutioneller Majorität ſich außernden Willen der gefamms ten Nation erbliden,, und fo wie wir in diefer Ueberzeugung bis jeßt alle und auf biefem Wege zugefommenen Befehle getreu erfüllten, auch in Folge ohne Berüdfihhtigung der von Oeſterreich ausgehenden Vers fpredygungen ober Drohungen, fo wie es unfere Pflicht if, heilig voll ziehen wollen.

Wir erklären endlich, daß, nachdem die Berfügungen des Landes» vertheidigunge » Ausfchufled von ber ganzen Ration willig befolgt werben, ‘auch wir und zwar mit der größten Bereitwilligfeit wunſchen, an der allgemeinen Berantwortung Theil zu nehmen.

Unfer Loſungswort ift: „Das conftitutionelle Recht, die con» ſtitutionelle Freiheit!" für dieſes ſind wir bis zu dem letzten Bluts⸗ tropfen bereit gegen jeden Angriff zu kaͤmpfen, und hegen die Hoff⸗ nung, gegen jede ungeſetzliche Gewalt auch zu ſiegen.

Preßburg, 26. November 1848.

Arthur Görgey, m. p. General. Ladislaus Cſanyi, m.p. Regierungs⸗Commiſſär.“

Die vorſtehende Erklaͤrung brachte die Armee ihrer erhabenen Aufgabe naͤher, und man begann von dieſem Tage an mit mehr Ver⸗ trauen und Zuverſicht in die Zukunft zu bliden. Während man aber fo im ungarifchen Lager erfi den Boben, auf dem man ftand, zu erfennen begann, harrten die in den Ebenen Wien’s unb auf dem Marchfelde verſammelten feindlichen Heerfäulen mit Ungebuld dem Augenblidentgegen, ber ihnen das Zeichen zur Vorruͤckung bringen follte.

Wir haben bereitö in dem früheren Abfchnitt auf den großen Dperationsplan des Feindes hingewiefen und gezeigt, daß deſſen Grundidee darin beftand , durch einen Angriff von allen Seiten und ein moͤglichſt gleichzeitige Borrüden gegen Peſth die Macht ber Ungarn zu zerfplittern, die zerftreuten Corpo einzeln zu vernichten, durch den Beſitz der Hauptftabt dad Land in Schred und Verwir⸗ rung zu fegen und es fo zur Niederlegung der Waffen zu zwingen. Die Hauptaufgabe blieb wie natürlid der Hauptarmee vorbes halten, welche unter Windifchgräg auf der fürzeften Linie von ber oberen Donau gegen bie Schweſter⸗Haupiſtaͤdte vordringen follte. Um dies auszuführen, bandelie es fi vor Allem um ben Beſitz ber

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oberen Donau und um die Entſcheidung auf dieſem Kriegs⸗ theater.

Wirft man einen Blick auf den nordiweftlichen Theil Ungarns, der fi) von der Süpdfpige bed Neufiedpler Sees bis an die mittlere Waag und die Weißen Berge ober die Nädafer Gebirgspäffe erſtrekt und der Breite nad) in den Raum zwilchen Preßburg und Komorn eingefchlofien wird; fo findet man in diefem beinahe gleichfeitigen Dreied die große Waflerftraße der Donau, weldye bie Höhe diefed Dreiedes und als folche bie fürzefte Linie von der Baſis: Dedenburg, Breßburg, Tyrnau, nahter EpikeKomorn darftellt.

Diefe einfache Betrachtung giebt und den Echlüflel zu ben ſtra⸗ tegiichen Combinationen, welche auf dieſem Kriegstheater in offen« fiver und defenfiver Abſicht möglih find. Die Donau, dad Do: nauthal naͤmlich, ift in jeden Falle die einzig mögliche Operationg- linie, fei e8 daß man von Oefterreich gegen Ungarn, alfo von Wien gegen Komorn, oder von Ungarn genen Oeſterreich, alfo von Komorn gegen Wien, operiren will. Im erften Kalle wäre bie Bafid der Operationsarınee von der fteierifchen Orenze über Wiener Neuftadt, Wien bie Böding und weiter bis Brünn; die Vers binbungslinien über Dedenburg, Päpa gegen Weszprim; über Brud, Wiefelburg nah Raab und Komorn; endlich an der Waag oder über Nadao und Tyrnau nah Komorn. Im zweiten Falle, wenn nänlich eine ungarifche Armee gegen Oeſter⸗ reich zu operiren hätte, würbe fie, wenn Raab, Komorn und die Waaglinie ihr zur Bafis diente, diefelden Linien, nur in unge fehrter Ordnung, verfolgen ; mit dem einzigen Unterfchiede, baß ber rechte Flügel nicht im Waagthal, fondern am Iinfen Donauufer nad Breßburg und von ba über Malaczka, Szent Jänoß,

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nad) Nikolsburg und Brünn agiren müßte, In beiden Fällen ergiebt ſich aber für die Wahrfcheinlichkeit ded Erfolges bie Nothwendigkeit, mit der Hauptmacht oder mit bem Centrum bes Heeres im Thale der Donau, alfo auf der fenfsechten,, mit den Flü⸗ geln oder auch nur mit einzelnen Corps auf den Seiten bes großen firategifchen Dreieckes zu operiren. Es erübrigt nur nody die Frage, ob auf dem rechten ober linfen Ufer der Donau bie Operationen einzuleiten? Was Ungarn beirifft, war biefe Frage zur Zeit, ald ed noch ein felbftftändiges Polen gab, leicht ents ſchieden. Die ungarischen Heere fonnten ſich auf dem Linken Donau: ufer leicht bewegen , denn wurden fie gefchlagen, fo gewährten ihnen die kleinen Karpathen, die Waag⸗ und Brans Gegenden, das Gebirgs » Conglomerat der Bergftädte eben fo viele Defenfions-Bar- tieren, ald das freundnacdhbarliche Polen nebft den oberen Theiß⸗ gebieten in Szathbmär, Marmarod und Ugocfa eine immer fichere Baſis zur Erhebung und Anfammlung neuer Kräfte darbot. Daher befanb fich in den früheren Sreiheitsfämpfen unter Bo cöfay, Bethlen, Töföly und den beiden Rakoczy's, des Haupte friegsfchauplag ftetd in Oberungarn,, in den Thälern der Waag, der Gran, des Sajo, der Hernad und ber oberen Theiß. Nach bein Untergange Polens hatten fich diefe Berhältniffe weientlich ges ändert. Ungarn blieb auf fich felbft befchränft, und feine Haupt⸗ ftärfe ward von Nordoſt nach dem Centrum verlegt, an die durchaus nationale, mit einem muthigen und Fräftigen Menfchenichlage ebenfo, wie mit Naturreichthum gefegnete große Theißebene. Die Theiß alſo, der eigentliche Sig und Kern der ungarifchen Rational« fraft, war von biefer Epoche an bie Haupibafid aller Operationen ungarijcher Heere gegen Oefterreich , und zwar die Theiß in ihrem ganzen Laufe von Toka j bis O-Becſe und Titel.

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Da aber die gerade Linie nach dem Hauptoperations⸗Objecte Wien von Szolnok an der Theiß überBuda-Peſth und Raab führt, fo ward auch die Operationslinie der Ungarn vom linken Ufer der Donau auf das rechte verlegt, und mußte die obgenannten Punkte: Buda-Pefh, Raab, dann Wiefelburg und Brud ober Haimburg berühren. Deferreich mußte aus benfelben Gründen die nämliche Linie wählen, und that e8 auch bei dein Entiwurfe ſeines Angriffoplaneo, der in Kurzem folgender war:

Das Groß ber Armee unter Windifchgräg follte auf beiden Ufem der Donau, mit der Hauptfraft auf dem rechten Ufer vortringen, die Linie der Ungarn durchbrechen, ſich fchnell in den Befig von Preßburg und Raab fegen und vor Komorn erfcheinen, bevor man ſich deſſen in biefer Feſtung verfah, Ergab ſich Komorn auf die erfte Aufforderung nicht, fo follte der ſchwa⸗ hen Belapung gegenüber blos ein Beobachtungscorps zurüdges lafien, und die auf dem rechten Ufer vereinigte Armee über Bicöfe und Stuhlweißenburg zum weiteren Angriff gegen Ofen ges führt werden. Zu gleicher Zeit ſolle Simunidy von Göding über Jablonig und Tyrnau in das untere Waagthal vor rücken und ſich beiPreßburg mit der Hauptarmee vereinigen. Zur Flankenſicherung hatte eine Kolonne unter Oberft Horväath- Pers trigevich von WienersNeuftadt über Dedenburg gegen ven Blattenfee, und auf dem Außerften linken Flügel die Eolonnen Gößtz und Frifcheifen von der mährifchen Grenze gegen die Berg- Rädte zu operiren.

Anftatt dieſem vorbereiteten und wohldurchdachten Angriff ber Defterreicher mit compacter Macht in einer Centralſtellung an ger eigneten Punkten im Innern des Landes, wie Raab, Komorn, oder wenn 23 die Umſtaͤnde fo erheifchten, erſt zwiſchen Komorn und

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Ofen zu begegnen und auf ſolche Weiſe die erſten Grundſatze ber Vertheidigung und vor Allem die Wichtigkeit Komorn’ 6 in's Auge zu faflen; wandten Regierung und Reichötag ihre Aufınerkfamfeit dem ftrategifch ganz unwichtigen Preßburg zu und machten dem Volk mit der oft wiederholten Nachricht: „noch befindet ſich das Hauptquartierin Preßburg“ glauben, daß der Berluft diefer Etadt wirflih von entfcheidender Wichtigfeit für dad Schidfal des Landes wäre. Hierdurch legteman den Grund zu der Entmuthigung, die jpäter einriß, ald man ſich gezwungen fah, nicht nur Preß⸗ burg, fonden auh Raab zu räumen, und verfchwendete, wie dies fchon früher erwähnt wurde, Zeit und Kraft in dem nebelhaften Ges bilde des Cordonsſyſtems, dad nicht einmal den Entſchuldigungs⸗ grund wohlgewählter Vofitionen für fich hatte.

Der Monat November und die erfte Hälfte des Deceinber ver⸗ floß, einige Erfennungen und Hleinere Gefechte abgerechnet, in Ruhe. Die bebeutenderen derſelben find folgende:

Am 23. November rüdten aus den Berfchanzungen von Preß⸗ burg 10 Compagnien Honved, 1 Compagnie Tyrolers Schü- ben, 5 Züge Huſaren und eine Cavalleries Batterie unter pers fönlicher Anführung Görgey’s gegen Neudorf an ber March vor, zur Erkennung der auf dem linken Donauufer von Hof über Schloßhof bis Marchegg ſtehenden Defterreicher. An ber Eifenbahnbrüde beiReudorf angelangt, traf Goͤrgey die Schein» anftalten zum Uebergange, um den Beind zur Entwidelung feiner "Kräfte zu vermögen. Bald erfchienen von Schloßhofund ben andern Punkten des Marchfeldes mehrere Colonnen am Fluß; worauf ſich ein lebhafter Geſchuͤtzkampf entipann, der von den Uns garn abgebrochen wurde, ald der Zwed der Unternehmung erreicht war. Die Stärke des Feindes konnte auf eine, hoͤchſtens zwei Bris

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gaden gefchägt werden, und die Befürchtung, als ob fich Die Hauptmacht ber Defterreicher bier gefammelt hätte, zeigte fich fomit grundloo.

Am 1. December erhielt die Brigade Kos ztolanyi den Bes fehl, vonPregburg über Stampfen auf Magyarfalva vor: zurüden, den Feind aus letzterem Orte zu vertreiben, über die March zurüdzumerfen und bie dortigen Lebergänge zu zerftören. Um 5 Uhr früh griff Kosztolaͤnyi mit dem Bataillon Efterhäzy, dem 46. Honved» Bataillon, einer Abtheilung Tyroler- Scharf: fchügen und einer halben Batterie Magyarfalva an, erftürnte den Drt, nahm einen Theil der Bejagung gefangen und trieb den Reſt über die March zurüd. Der von Magyarfalva an bie Mardy führende Damm, fowie die zwifchen diefem Ort und 2ab befindlichen Webergänge wurden im Angefichte des Feindes unter mörberifchem , vom rechten Ufer unterhalteneın Gefchüpfeuer zerftört, und hierauf der Rüdzug über Stampfen in bie Berfchanzungen vor Preßburg angetreten.

Am 2. December griff der Oberftlieutenant Szegedy von &attendorf aus dad von den Defterreichern beſetzte Grenzdorf Hafelau an, eroberte ed unb trieb nach higigem Gefechte den Beind nad) Prellenkirchen zurüd. Auch hier galt diefer Ans griff nur der Erkennung der feindlichen Stärfe, worauf in die frühere Stellung zurüdgefehrt wurbe.

Endlich brachten am 185. December ausgeſandte Kundſchafter die Nachricht, daß bie feindliche Armee ſich auf allen Punkten in Bes wegung gefebt habe und gegen die Grenze vorrüde, fomit für ben naͤchſten Tag ber allgemeine Angriff bevorftche.

Börgey, einen Augenblid einfehend, daß er in feiner zu ausges dehnten ſchwachen Stellung auf feinem Bunte einem kräftigen Stoße

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des Feindes erfolgreich wiberfiehen fünne, gab in der Nacht vom 15. zum 16. fämmtlichen Sommandanten den Befehl, fich am frühen Morgen des 16. auf der kürzeften Route nah Wieſelburg zurüds zuziehen,, wo ſich die ganze Armee concentriren und den Rüdzug auf - Raab fortfegen follte. Die befte Idee, die Görgey erfaflen fonnte! Unbegreiflicher Weife kam ein Paar Stunden fpäter bie Contre⸗Ordre, daß Alles in der alten Stellung zu verbleiben habe, und der Rüdzug erft dann anzutreten fei, wenn der Beind wärflich und mit Uebermacht angreifen würde. Was fonnte Görgey zu fo plöplicher Aenderung feines erften Entichlufies bewogen haben? Weniger vielleicht der gemeflene Befehl der Regierung, als der Irrs wahn, daß es mit der Waffenehre unvereinbar, den Feind ohne Schwertſtreich in das Land einrüden zu laffen.

Auf feindlicher Seite war dad Hauptquartier der Armee ſchon am 14, von Schönbrunn nad) Fiſchament verlegt. Daß erfte Armeecorps unter dem Ban Jellachich ftand in Haimburg, das zweite unter Wrbna in Schwechat. Die Divifion Kempen bes 1. Corps war bis an bie Grenze vorgefhoben, lehnte ſich mit ihrem linken Slügel an die Donau, Hatte die DOrtfchaften Wolfs⸗ thal, Berg, Edelsthal, dann den ganzen Lauf der Laytha bis Bruck befegt und fand mit dem auf die Dedenburger Straße detadyirten Corps des Oberften Horvärh in Verbindung. Die Divifion Eforich des zweiten Armeecorps fand am Tinten Ufer der Donau und ward bis an die March vorgefchoben. Das Reſervecorps unter Serbelloni cantonnirte in Schwaborf und Fifhament. Eine Bontonbrüde bei Dentfch> Altenburg unter hielt die Berbindung zwiſchen den beiden Ufern und feßte Windiſch⸗ gräg in den Stand, feine Operationen je nad) Umſtänden auf das techte oder linke fer zu verlegen. Das Corps Simun ich bewegte

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ſich auf der Straße von Goͤding nah Tyrnau und war an biefem Tage bis Jablonig vorgerüdt. |

Am 15. wurde das feindliche Hauptquartier nah Petronell verlegt; der Ban concentrirte fein ganzes Corps in Brud an ber Zaytha. An demfelden Tage wurden die Operationen feindlicher- ſeits von den beiten Außerftien Flügeln begonnen. Simunid rüdte von Jablonig gegen Nadas vor und forcirte den bors tigen, von der Brigade Ordody nur ſchwach vertheidigten Ge⸗ birgspaß. Auf dem Außerften rechten feindlichen Ylügel rückte ber kaif. Oberſt Horvath⸗Petrichevich mit ungefähr 3000 Mann von Wiener⸗Neuſtadt gegen Dedenburg vor, befeßte am folgenden Tage dieje Stadt und drängte das ſchwache Detachenent des Majors Sreter gegen Kapuvar zurüd.

Am 16. follte die feindliche Colonne auf dein linken Donauufer die Marc) überfchreiten und gegen Preßburg vorbringen; die Hauptmacht auf dem rechten Donauufer bei Brud die Laytha. paſſiren, die Ungam bei Barendorf angreifen und die Straße nach Raab gewinnen. ine dritte Eolonne hatte über Wolfe: - thal gegen Kitfee und ben Breßburger Brüdenfopf zu demon⸗ ſtriren.

Um 8 Uhr früh Hatte der Ban mit dem 1. Armeecorps und der Gavallerie des Kürften Franz Lichtenflein die Laytha übers fhritten, zwei SavalleriesRegimenter unter General Zeioberg über Packfurth gegen Neudorf entfendet und um 9 Uhr den Angriff auf Barendorf begonnen.

Sn Barenborf Rand Oberfilleutnant Leopold Zichy mit 3 Bataillons Infanterie, 2 Diviſions Euvallerie und 8 Gefchägen. Zichy war unvorfidtig genug, mit diefer geringen Macht vor dem Orte Stellung zu faflen und das Gefecht anzunehmen. Cine

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Kanonade entfpann fich und endigte bei der ungeheuren Ueberlegen⸗ heit der feindlichen Artillerie mit tem Rüdzuge der Ungarn. Das Bataillon Waſa, im enticheidenden Augenblide von dem größten Theile feiner öfterreichifch gefinnten Offiziere verlaflen, geriet in Uns orbnung, verließ feine Auffiellung und riß das naheſtehende Bataillon Preußen mit ſich. Die ganze Wucht des nachdraͤngenden Feindes traf nun das 23. Honvéd⸗Bataillon, das unter feinem tapfern Com⸗ mandanten Kmety allein noch Stand hielt und durch die helden⸗ müthigfte Vertheidigung des Ortes den Ruͤckzug der Brigade deckte. Das Erſcheinen der feindlichen Cavallerie vor Neudorf machte dem Gefechte ein Ende, und die Brigade zog ſich, um nicht abge⸗ ſchnitten zu werden, gegen Neufiedel zurück, wo man ſich mit Karger zu vereinigen hoffte. Bald erkannte Zichy den Rückzug durch die 4 Meilen breite Parendorfer Haide im Angeſichte einer fo überlegenen feindlichen Gavallerie, im Yale wenn Karger nicht mehr in Neufiedel zu treffen wäre, ald unausführbar und entfchloß fich, den Feind mit der Eavallerie und ben Gefchügen fo fange zu beichäftigen, bis feine Infanterie unbemerft auf der Straße nad) Neuſiedel entfommen fein würbe, bann aber in einer anderen Richtung die Straße nah Raab einzufchlagen und die Verfolgung des Feindes ausfchließlich auf fich zu lenken. Der Feind fegte den Hufaren nad), ohne ihnen viel anhaben zu können, und ließ die Ins fanterie unter Kınety rubig abziehen; die, als fie Neuſiedel bereits geräumt fand, ihren Weg über Bedeny Gallog, gegen Feltorony auf der Straße nah Wiefelburg nahm, wo fie die Brigade Karger, bie benfelben Weg genommen Iatte, einholte und ſich ihr anfchloß.

Erft fpäter erfannte ber Beind feinen Irrthum und fandte nun den größeren Theil feiner Cavallerie quer über die Haide

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gegen Caſimir, um bort die Straße nach Wiefelburg zu ver legen. Zugleich mit ber Tete der Colonne Karger's erfchienen audy die Defterreicher auf den Höhen vor Eafimir, und im nächften Augenbli waren beide Theile in den higigften Kampf verwidelt. Die Hufaren verrichteten Wunder der Tapferkeit; Pöltenberg an der Spipe einer Edcadron AlerandersHufaren, bricht ſich Bahn mitten durch den Yeind und erreicht die Straße, andere Hufaren« Abtheilungen verfuchen dafjelbe mit mehr oder weniger Glück, bis die einbrechende Dunfelbeit dem Kampf ein Ende macht. Yür den größern Theil der beiden Brigaden blich bie StrapenahWiefelburg vom Feinde verlegt, und fo mußte nochmals von berfelben füplich abgewichen und der Weg durch die halbzugefrorenen Sümpfe ber Hanfäg verjudht werden. Um 2 Uhr nah Mitternacht nad) einem der angeftrengteften Märfche war Bomogy erreicht. Die vielen Brüden bed von hier nad) Eszterhaz führenden Dams med, von den Einwohnern früher abgebrochen, mußten in Eile während ded Weitermarfches wiederhergeftellt werben. Dies wurde bis auf bie zwei letzten bewerfftelligt, die aus Nachläffigfeit ober Mißverſtaͤndniß abgebrochen blieben. So geſchah ed, daß die ohnebied arg mitgenommenen Truppen auch noch durch Moräfte, die ihnen an mandyen Stellen bis an ben Unterleib reichten, woaten muß⸗ ten, bis fie nach Uhr Morgens endlich Eozterhaz, und von dort nad einigen Stunden Erholung über Kapuvar die noch offene Raaber Straße erreichten. Während diefer vereingelten Gefechte auf dem linken Flügel der Ungarn, wich das Centrum berfelben, zu fhwac, um dem Kampfe eine befiere Wendung zu geben, nad) einigen unbedeutenden Scharmüpeln vor Neudorf und Gatten⸗ dorf über Zurendorf, und die Abtheilungen von Kitfee auf ber Hauptfiraße über Karlburg und Ragendorf nad Ungariſch⸗

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Altenburg zurück. Auf dem linken Donauufer waren bie gegen Preßburg vordringenden Colonnen des Feindes an dieſem Tage nur bis Theben, Neudorf a. d. March und Stampfen gelangt, dagegen hatte das Armeecorpd Simunid, über Nadas fommend, Tyrnau angegriffen.

Wie bereitö erwähnt, hatte dieſes Corps (drei Brigaden ſtark) ſchon am 15. Lie Nadaſer Paͤſſe, welche die Straßen nad Tyraau bederrfchen, forcirt und fich den Beſitz berfelben gefichert. Die Vorſicht Hätte nun geboten, Tyrnau, deffen Lage und Umgebung nicht den geringften taftifchen Vortheil zur Vertheidigung bietet, mit der ſchwachen, kaum 2000 Mann zählenden Befagung zu räumen unb fich entweder gegen Breßburg oder an die Waag zurüdzuzichen. Statt dem glaubte Guyon, ber dafelbft befehligte, mit feinem Häuflein den ungleichen Kampf annehmen und ber feindlidyen Lieber; macht fich entgegenftellen zu müflen. Ein undurchdringlicher Rebel begünftigte den feindlichen Angriff, der am 16. Mittags mit folcher Heftigfeit erfolgte, daß die Ungarn nad) zweiftündigem heidenmütbis gem Widerftande auf allen Punkten geworfen, ihren Rüdzug in die Stadt, und nach fortgefeßtem blutigem Kampfe in den Straßen ber; felben weiter gegen Szereb antreten mußten.

Die Bertheidigung von Tyrnau, wenn aud unglädlid, lies ferte body einen glänzenden Beweis von der Tapferkeit unferer jungen Truppen, deren größter Theil fi) mit dem Bajonnet den Rückzug aus der bereitd umftellten Stadt zu erzwingen wußte, Der Ber: luſt ber Ungarn betrug gegen 800 Mann an Todten, Verwundeten und Gefangenen; 5 Geſchühe und mehrere Munitiondfarren fielen in die Hände bed Feindes.

Guyon ging mit ben Trümmern feiner Brigade von Szered nach Komorn, wohin in der Nacht vom 17. auf den 18. auch die

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Preßburger Beſatzung abrüdte, ohne bei ihrem Marſch durch die Inſel Schütt vom Feinde beunruhigt zu werben.

Am 18. December Hatte die oͤſterreichiſche Armee die ganze Linie der Ungarn von Debenburg bis Tyrnau in ihrem Beſitze, das feindliche Hauptquartier wurde nah) Karlburg verlegt, und in Breßburg begann die blutige Wirffamfeit der kaiſerlichen Kriegs⸗ gerichte.

Die ſchweren Verluſte am 16. und der in allen Richtungen ohne Sinn und Zuſammenhang ausgeführte, dem Gutdünken ber einzelnen Untercommanbanten überlafiene Rüdzug auf Wiefelburg und Raab, waren bie erſten traurigen Folgen des jeder frategifchen Grundlage entbehrenden Syſtems der Srenzvertheidigung. Was aber wären erft Die Holgen geworden, wen Windifchgräg bei feis nem Angriff energifcher zu Werke ging und bie ganze Tragweite ber ihm in die Hände gefpielten Vortheile zu ermeflen Im Stande war? Wir wollen dies unterfuchen.

Am 16. Abends 8 Uhr hatte ber Ban fein ganzes Armeecorps dei Kafimir vereinigt. Wie nım, wenn Windiſchgraätz dem- fetben, ſtatt ben Befehl zum Stehenbleiben, im Gegentheil die Ordre zufommen ließ, ſich in derſelben Nacht nody mit dem größern Theil feines Corps von Kaſimir gegm Ungarifch-Altenburg zu bes wegen und der Hauptmacht Goͤrgey's den Rüdzug zu verlegen? Ifß es wahrfcheinlih, daß in diefem Falle, wenn andererſeito Bindifhgräs felbft mit dem Reſervecorps Börgey auf den Fuße folgte, die ungariiche Donauarmee der theilweifen Bernichtung oßer einer totalen Niederlage entging? Goͤrgey ſelbſt mit ungefähr 12,000 Mann auf der Preßburger Chauffee von 30--32,008 Defterweichern eingeichloflen, der linfe Hügel der Ungarn zeriprengt und in den Sumpfen der Hanfäg herumirrend, die Preßbur⸗

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ger Beſatzung auf fi ſelbſt belaſſen, Guyon geſchlagen und im vollen Rüdzug auf Komorn, in der Armee Auflöfung aller Bande, Entnuthigung, Rathlofigfeit und Riedergeichlagenheit im Volke und bei der Regierung, dad würde das troftlofe Bild des 16. und 17. December 1848 geworden fein!

Nach diefem erften Echec war Goͤrgey mehr auf feiner Hut, und man kann ihm die Anerfennung nicht verfagen, in den nächften Tagen Altes aufgeboten zu haben, um die durch diefen Schlag arg zerrütteten Verhaͤlmiſſe der Armee wieder zu ordnen und die Opera⸗ tionen in ein richtigered Geleiſe zu bringen.

Zur Ordnung des Rüdzuges concentrirte Görgey am 17. den größten Theil feiner Eavallerie mit einigen EnvalleriesBatterien vor Ungarifh: Altenburg und fhidte den Reſt feiner Geſchütze mit der Infanterie nad) Raab voraus.

Cavallerie · Gefecht bei Ungariſch Altenburg 18. December.

Am 18. wurde die Arrieregarde der Ungarn vor Altenburg durch die feindliche Eavallerie des erften Armeccorps „unter perföns licher Führung ded Banus angegriffen. Der Feind fam von Sommerein, entwidelte zwei Regimenter mit einer Cavalleries Batterie und eröffnete das Gefecht mit einem lebhaften Feuer aus feinen Geſchuͤtzen. Die überlegene ungarifche Artillerie Rand bald im Bortbeil, bie feindliche Linie begann zu wanfen und machte gänz- lich Kehrt. In dieſem Momente bricht Major Goͤrgey Cornel, auf Befehl des Obercommanbanten, mit zwei Divifionen Wilhelms Hufaren aus dem zweiten Treffen hervor und attayuirt den feinds lichen rechten Fluͤgel. Der Feind replüirte, feine Todten und Ber; wundeten auf dem Wahlplag zurüdlaflend, in Unorbnung auf bie

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zu feiner Unterftügung beranrüdende Gavallerie-Referve unter Lich⸗ tenftein, und verſchwand hinter den aufgepeitfchten Staubwolten in der weiten Ebene eben fo ſchnell, ald er gelommen war. Unter den Tapfern, die ſich in dieſem Reitergefechte ausgezeichnet, verdienen nebt Görgey Eornel, die Qufaren-Majors Graf Zichy und Szegedy lobend erwähnt zu werden. Zum erften Male in dies fem Feldzug fließen zwei größere Gavallerieförper aufeinander, und die flinfen Hufaren behaupteten audy Hier, fo wie bei den Einzelges fehten und Scharmügeln der vorhergegangenen Tage, ihre Uebers legenheit über die öfterreichiichen PBanzerreiter und Dragoner.

Am 19. früh fepte audy die Arrieregarde der Ungarn ihren Rüdzug fort, und am 20. ftand Görgey mit den ArmeesAbtheis lungen des rechten Donauufers in den Berfchanzungen vor Raab. In diefer Stellung wollte er feine ganze Arınee vereinigen, die Ans funft Perczel's abwarten und ben Defterreichern eine Hauptichlacht liefern.

Die Regierung bot auf die erfte Nachricht von der unglüdlichen Wendung der Dinge an der ®renze ihre ganze Energie auf, um durch rafche Entwidelung der Kräfte die Bertheidigung des rechten Donaus uferd und die Behauptung der Hauptftädte möglich zu machen, Die Rationalgarden der umliegenden Comitate wurden unter Waffen ges rufen; Perczel der Anfchluß an die obere Donauarmee in Eil⸗ märfchen über Körmönd und Papa anbefohlen; Nemegyey mit Offizieren, Geld und Waffen zur Organifirung von farfen Buerilla’8 an den Plattenſee geſchickt; endlich die beften Trup⸗ pen von dem füblichen Kriegsſchauplatze heraufgezogen. Es geſchah mit einem Worte Alles, was unter folchen Umftänden möglich) war, um das verlorene Gleichgewicht unter den ftreitenden Kräften wieber herzuftelen aber Alles zu fpät! Die beften Momente,

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tie beite Zeit par geehuruigen Perberräung ber Beriheibigung waren verkiumt, umt um timagem Tagen bei Ach all das Berjäumte nicht wirter gut aachen. 58 Blick mies übrig, als ein ſchweres Upir za Iragen, um wicht ad Okamir zu verlieren: Man mußte nch zum Rüd;nge in rad Innere dei Landes enticdhlichen.

Miumunz Haıt'd. Geiede bei Aıbelmı 28. Terrmber. Remem. Sum bei Meer 38 Toumber. Tier ungeride Armee unter ten Hasen ter Heumeksse. Tr Beritlerung. Reichetagsbeſchlũ ne am 31. Decraber. Regierung umt Acichetag merlzien Peſth und ziehen nad Dehreczin Tırfea kei Tedend 3. Iummar. Geber Kriegeraih.

Bon Raab ſchrieb Görgey an Koſſuth, daß er entichloffen fei, wenn 6 der Wie der Regierung, bier den Rasmpf der Entſcheidung zu ichlagen ; worauf Koijuch erwiterte, daß dies feiner Sinſicht überlafjen bleibe, er für feinen Theil jedoch frinesjalls wünfdye, dad Schichjſal der Armee in einem zu ungleichen Rampfe und in einem ein- zigen Juge auf das Spiel geicht zu ſehen. Und wirklich waren die Kräfte, die ſich hier meſſen follten, zu umgleich, wenn man Die Ricderges ſchlagenheit und bie Minderzahl auf der einen, fo wie bie Uebermacht und das daraus gewonnene Selbiivertrauen auf der anderen Seite erroägt, und wenn man bedenft, daß bie Stellung vor Raab durch ben eingetretenen ſtarken Froſt, der alle Gewaͤſſer mit eimer dicken Eidrinde überzog , ihrer natürlichen Stärke, der Ungugänglichleit in Tront und Blanfen, beraubt und daher zu feiner zufammenhängenben

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und kraͤftigen Vertheidigung mehr gerignet war; nebftden waren die Berfehanzungen zu audgebehnt, in größter Elle, daher auch nicht in der erforderlichen Solidität aufgeführt, im Rüden meiſtens offen und fi eben an diefe Gewäſſer flügend. Die Stärke ber Oeſterreicher, womit fie den Angriff unternehmen konnten, beftand aus 45 50,000 Mann mit 200 Gefchügen; die Ungarn zählten nicht ganz die Hälfte davon; Perczel hatte am 25. noch nicht Papa erreicht; auf die von Süden fommenden Berftärfungen war bei der großen Entfernung, welde fie von ber Armee noch trennte, nicht zu rechnen; und Komorn mußte beſetzt werben, da auch gegen diefe Feſtung ſtarke feindliche Colonnen durch bie Schütt und am linfen Donauufer im Anrüden waren. Unter ſolchen Umftänben entſchloß ſich Goͤrgey, ale der Feind am 26. mit ganzer Marbt auf der Hauptftraße und in der Heinen Schütt zum Angriff vors rüdte und die Raabnitz und Raaber Donau an mehreren Punkten bereitö überfchritten hatte, wodurch er in Flanke und Rüden bebroht war, zum Rüdzug und trat denſelben, vom Yeinde nicht verfolgt, anf ter Straße nach Ofen an.

Man hat diefen Rüdzug fpäter vielfach beurtheilt; die Meiften meinten, Goͤrgey hätte fi von Raab nad Komorn zurüdziehen, in dem verfehanzten Lager vor dieſer Feftung eine Flankenſtellung nehmen und die Bertheidigung der Hauptſtaͤdte blos dem Perczel’s ſchen Corps überlaffen follen. Eine ganz richtige Anficht, wenn die Umflände die Ausführung derſelben geftattet hatten. Wären die Berfhanzungen vor Komorn vollendet geweſen, und hätte man nicht minder die im Herbſt gegen Jellachich begonnenen Befefti» gungen vor Dfen vollendet, fo gab es feine Wahl; Goͤrgey mußte fih dann mit feiner Armee unter allen Umſtänden in das ver- ſchanzte Lager vor Komorn zurüdziehen und die Bertheibigung von

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die beſte Zeit zur großartigen Vorbereitung der Vertheidigung waren verſaͤumt, und in einigen Tagen ließ fi all dad Verfäumte nicht wieder gut machen. Es blich nichts übrig, al& ein ſchweres Opfer zu bringen, um nicht das Ganze zu verlieren: Man mußte ſich zun Rüdzuge in das Innere des Landes entidlichen.

EI.

Räumung Raab’s. Gefecht bei Babolna 28. December. Komorn. Treten bei Moor 38. December. Die ungarifde Armee unter ben Mauern der Haupifladt. Die Bevölkerung. Reichstagsbeſchlüſſe am 31. December. Regierung und Reichstag verlaflen Peſth und ziehen nad Debreczin. Treffen dei Teteny 3. Januar. Großer Kriegsrath. Neues Bertheidigungsplan. Räumung der Hauptſtaͤdte. Betrachtungen.

Bon Raab fchrieb Börgey an Koſſuth, daß er entfchloffen fei, wenn es dev Wille der Regierung, hier den Kampf der Entſcheidung zu fchlagen; worauf Koffuth erwiberte, daß dies feiner Ciuſicht überlaflen bleibe, er für feinen Theil jedoch Feinesfalls wünfdhe, das Schickfal der Armee in einem zu ungleichen Kampfe und in einem eins zigen Zuge auf das Spiel gefegt zu fehen. Und wirklich waren bie Kräfte, die fich hier meſſen ſollten, zu ungleich, wenn man bie Niederge⸗ ſchlagenheit und die Minderzahl auf der einen, fo wie die Uebermacht und das daraus gewonnene Selbfivertrauen auf ber anderen Seite estvägt, und wenn man bedenkt, baß die Stellung ver Raab durch den eingetretenen flarfen Froſt, der alle Gewäfler mit einer diden Eidrinde überzog , ihrer natürlichen Stärke, der Unzugaͤnglichkeit im Front und Blanfen, beraubt und daher zu feiner zufammenbängenden

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und kraͤftigen Vertheidigung mehr gerignet war; nebſtdem waren die Verſchanzungen zu ausgedehnt, in groͤßter Eile, daher auch nicht in der erforderlichen Soliditaͤt aufgeführt, im Rüden meiſtens offen und fi chen an biefe Gewäfler flügend. Die Stärke ber Deferseicher,, womit fie den Angriff unternehmen konnten, beſtand aus 45 50,000 Mann mit 200 Geſchuͤtzen; die Ungarn zahllen nicht ganz die Hälfte davon; Perczel hatte am 25. noch nicht Papa erreicht; auf die von Süden fommenden Berftärfungen war bei der großen Entfernung, weldye fie von ber Armee noch trennte, nicht zu rechnen; und Komoren mußte beſetzt werden, da auch gegen diefe Feſtung ſtarke feindliche Eolonnen durch die Schütt und am linlen Donauufer im Aurüden waren. Unter ſolchen Umftänden entſchloß fi Görgey, ald der Feind am 26. mit ganzer Macht auf der Hauptftraße und in der kleinen Schütt zum Angriff vors rüdte und die Raabnitz und Raaber Donau an mehreren Puntten bereits überfchritten hatte, wodurch er in Ylanfe und Rüden bebroht war, zum Rüdzug und trat denfelben, vom Yeinde nicht verfolgt, auf ter Straße nach Ofen an.

Man hat diefen Rüdzug fpäter vielfach beurtheilt; die Meiften meinten, Goͤrgey hätte fi) von Raab nah Komorn zurüdziehen, in dem verſchanzten Lager vor diefer Feſtung eine Flankenſtellung nehmen und bie Vertheidigung der Hauptfläbte Hlod dem Perczel'⸗ ſchen Eorps überlaffen follen. Eine ganz richtige Anfiht, wenn die Umftände die Ausführung derfelben geftattet hätten. Wären die Berihanzungen vor Kom orn vollendet geweſen, und hätte man nicht minder die im Herbſt gegen Jellachich begonnenen Befeſti⸗ gungen vor Ofen vollendet, fo gab es feine Wahl; Görgey mußte ſich dann mit feiner Armee unter allen Umſtaͤnden in das ver: Ihanzte Lager vor Komorn zurüdziehen und die Vertheidigung von

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Dfen Perczel und den aus dem Suͤden berbeiellenden Reſerven überlaffen. Windifhgräg würde in diefen Falle hoͤchſt wahrs fcheinlich vor Komorn ftehen geblieben fein, da er troß feiner Ueber⸗ macht nicht fo flarf war, um im Angefichte einer 30,000 Dann ftarfen , in verfehanzter Stellung unter dem Schuge einer mächtigen Feſtung ftehenden Armee, ber überdies auf dem linken Donauufer ber Weg nach Defterreich zu feinen Hauptverbindungen offen ftand, fich in eine gleichzeitige Operation gegen das verfchanzte, von 12—- 15,000 Mann befegte Ofen einzulafien. Da aber weber das verfchanzte Lager von Komorn vollendet, nody die nöthigen Bors fchrungen bafelbft zur Aufnahme einer größeren Armee getroffen waren, andererfeitd die unzureichenden Bertheidigungsanftalten von Dfen die Hauptflabt jedem feindlichen Handftreich preisgaben ; fo mußte natürlich von diefem Plane abgefommen, der Rüdzug birect gegen Dfen angetreten und in Komorn blos eine Befagung zurüds gelafien werden. Ein mehr begründeter Vorwurf trifft Görgey, weshalb er auf eine möglichft fchnelle Vereinigung mit PBerczel nicht mehr Gewicht legte, und aus welchem Grunde Komorn nur ſchwach befept blieb, da doch die ftrategiiche Wichtigkeit Liefer Seftung, wenn ihr nicht blos eine paſſtve Rolle zufallen follte , bes fonder6 bei der damaligen Lage der Armee, eine hinreichende Trups penmaſſe ale Garnifon erheifhte?

Die ungarifche Armee erreichte am erften Tage ihres Rüdzuges Bana, am zweiten Banhida; ber Feind aber befehte am 27. Des cember Raab und orbnete noch an demfelben Tage bie weitere Bers folgung an.

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Gefecht bei Bibolna 28. December.

Am 28. früh 8 Uhr ftieß die feindliche Avantgarde Eavals leries Brigade Ottinger, auf die Nachhut Görgey’s bei Bä- bolna. Diefe, aus einem Bataillon bes früheren Linien: Regi- ments Preußen, einem Bataillon Zempfiner Freiwilligen und einer ſchwachen Abtheilung Hufaren beftehend, hatte bei der rafchen Borrüdung des Feindes kaum Zeit, fich aufzuftellen und Carree zu forıniren. Die feindliche Cavallerie in ftetem Borfchreiten hielt mehrere Salven entfchloffen aus, hieb in die Maffen ein und zer- fprengte das eine Bataillon gänzlich, das andere zum Theil. Die Haupturfache diefed Unfalles war bie ungeheure Kälte, welche die halberfrorenen ſchlecht gefleideten Ungarn im ſchnellen Gebrauch der Feuerwaffen hinderte. Der Berluft dieſes Tages beftand in 3—400 Zobdten oder ſchwer Bileffirten und 700 Gefangenen. Unter Legteren befand ſich auch der Commandant des einen Batail- lons, Major Szel, der nach heidenmüthigfter Vertheibigung, aus 16 Wunden blutend, vom Kampfplage weggelchleppt und bald darauf vor ein öfterreichifche& Kriegsgericht geftellt wurde, das ihn troß feiner Wunden zu zwölfiähriger Seftungeftrafe in ſchwerem Eiſen verurtheilte.

Am 29. 309 ſich die ungarifche Armee bis Bicske zurüd; und es galt nun, bie fchleunigfte und fichere Verbindung mit Perczel anzufnüpfen , wenn der öfterreichifchen Hauptarmee vor den Haupt- Rädten die Stirne geboten werben follte. Goͤrgey erhielt wirklich in Bicske von der Regierung in dieſem Sinne ben gemefienften Bes fehl, wie es fcheint auf Antrieb Vetter's, der um biefe Zeit von füdlichen Kriegöfchauplage nach Peſth berufen, von Koffuth mit der Eentralfeitung der Operationen betraut worden war. Aber ſchon

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am 30. kuͤndigte der Kanonendonner von Moor an, daß dieſe Ver⸗ einigung verſpaͤtet, und der Feind ſich bereits gegen das getrennte Corps Perczel's gewendet habe.

Treffen bei Moor 30. December.

Perczel hatte, über Körmönd kommend, Papa an dem⸗ ſelben Tage erreicht, an welchem Goͤrgey den Befehl zur Raͤumung Raab's ertheilte. Er änderte hierauf feine Richtung und ſchlug den Weg zur Vereinigung mit der Hauptarmee gegen Moor ein. Am 29. kam er dort an, erhielt aber die Nachricht, daß die Haupt⸗ macht fich bereits bis Bicske zurüdgezogen habe. Auf biefe Nachricht Hin faßte Perczel den Entihluß, fi über Bodaik, Stuhlweißenburg gegen Martonväfär zurüdzuzichen und den linken Slügel der Armee zu bilden. Seine Avantgarde hatte bereits Bodaik erreicht, als ihn ein Regierungsbefehl ereilte, worin ihm zur ‘Pflicht gemacht wurde, nicht weiter gegen die Hauptſtadt zurüdzuweichen,, fondern mit aller Kraft dem weiteren Vorbringen bes Feindes Einhalt zu tun. Wan theilte ihm zugleich wit, daß ein gleicher Befehl an Gorgey ergangen ſei. Perczel ließ bier- auf feine Colonnen umkehren und befeßte Moor in beim Augenblide wieder, als feine Batrouillen das Vorrüden des Beindes meldeten.

Die öfterreichifche Armee hatte Raab am 29. December vers lafjen und ihre Operationen gegen Ofen fortgefegt. Das Armee- corps bed Banus rüdte auf der Straße nah Stuhlweißen- burg vor; Windifchgräg mit bein Groß, folgte der ungarifchen Hauptmacht über Aes und Igmand. Die Avantgarde bes eriteren Corps war ed, auf welhe Perczel's Patrouillen in dem Walde vor Moor ftießen, und deren Töte, ald fie aus dem Walde debouchiren wollte, von ben Kugeln ber Ungarn begrüßt

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wurde. Bor Moor, ungefähr 12 1500 Schritte von bem eben erwähnten Walde, zieht quer über die Straße eine Hügelreihe bin, welche Perczel zu feiner Aufftellung benüpte. Seine Stärke betrug nicht ganz 5000 Mann, und beftand aus 4 Bataillond, A Escadrons und 10 Geſchuͤtzen ). Die Haupts abfidyt Perczel's bei der Wahl diefer Aufkelung ging dahin, dem Feind dad Debouchiren aus dem Walde fo lange zu verhindern, bis der in Cſakvar ftehende linke Ylügel Goͤrgey's die Bris gabe Karger zu feiner Unterftübung berbeieilen und er dann in bie Dffenfive übergehen konnte. Freilich ein Fühner Plan, doch ohne genaue Ruͤckſicht auf dad Berhältnig der Kräfte und Entfer- nungen gefaßt, deohalb mußte auch die Niederlage des Corps erfols gem. Der Feind beftand zu Anfang ded Gefechtes blos aus einer arten Brigade, womit er ſich vergebens bemühte, aus dem Walde bervorzubrechen und in dad Freie zu gelangen. Die ungarijchen Geſchütze, die Abgänge des Waldes beherrfchend, wußten ihn ftetö daran zu verhindern. Nach zweiftündigem Gefechte gelang es endlich einer Batterie des Feindes, rechtd von ber Straße eine vor dem Walde gelegene Anhöhe zu gewinnen und ben Iinfen, ſchwach vertheidigten Ylügel der Ungarn durch ein heftiges, wohlgezieltes Fener in Unerbnung zu bringen. Nun ftürzte die zur felben Zeit erfcheinende feindliche Eavallerie unter Ottinger zwei bis brei Regimenter ſtark, mit ihrer ganzen Wucht gegen ben erjchütterten Theil der ungarifchen Linie, und im nächften Augenblide war biefe durchbrochen, .eine Batterie in ben Händen des Feindes, und bie

*) Zwei Bataillons feines Corps hatten unter Sefulidy von Koͤrm önd aus eine andere Richtung eingefchlagen und Eonnten fch erft an dee Theiß wieder wit ihm vereinigen.

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Infanterie, ſelbſt die bravſten Bataillons, in voller Flucht auf der Straße nach Stuhlweißenburg und Cſakvar. Die Huſa⸗ ren (Nikolaus) warfen ſich mit beiſpielloſer Todesverachtung der ſechsfach uͤberlegenen feindlichen Reiterei entgegen und retteten, was noch moͤglich war. Ein Kampf, Mann gegen Mann, entſpinnt fi), und ed gelingt den braven Söhnen der Haide, durch ihre Auf⸗ opferung den Feind fo lange zu beſchaͤftigen, bis der größere Theil der Infanterie mit 4 Gefchügen auf ficherem Wege den Rüdzug bes wirft. Hierauf ziehen auch fie ſich, zur Hälfte gelichtet, zurüd und überlaffen das Schlachtfeld dem Feinde. 6 Gefchüge, gegen 1000 Sefangene und A— 500 Tobte und fchwer Verwundete bilden den materiellen Berluft diefed Tages; die weit empfinblichere firates gifche Folge aber beftand in der Unmöglichkeit, unter fo veränderten Umſtaͤnden dem Feinde eine Hauptfchlacht anzubieten, und ber daraus entfpringenden Nothwendigkeit der Räumung der Hauptſtädte. Die Trümmer des Verczel’fchen Corps wurden theild von der Bris gade Karger der Goͤrgey'ſchen Armee, welche ihnen von Cſakvar entgegengerüdt war, aufgenommen, theils retieten fie fi) in eins zelnen Abtheilungen, in größeren und Heineren Haufen über Stuhl; weißenburg nah Martonväfär.

Wenn man einerfeitö nicht begreift, wie man unter fo ungüns ftigen Zahlenverhaͤltniſſen denn Jellachich's Korps zählte zum Mindeften 16,000 Mann mit 3000 Pferden und 52 Geſchuͤtzen, mit fo jungen, zur Hälfte noch ungeübten unverläßlichen Bataillons bad Gefecht annehmen konnte, ohne in Voraus ſchon der Niederlage gewiß zu fein, fo begreift man auf ber anderen Seite eben fo wenig das Berfahren der Regierung, die doch von ber Ueberzeugung durchdrungen fein mußte, daß bie auf einem Kriegsfchauplage operis renden Kräfte nur unter einem Commando ftchen und nad einer

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Idee geleitet werden duͤrfen, wenn aus der ganzen Operation kein unentwirrbarer Knoten, keine Kette von Mißverſtaͤndniſſen werden fol! Weshalb man Goͤrgey nicht dad Obercommando der ganzen Armee anvertraute, ift mir unbekannt; fo viel aber weiß ich, daß zu bderfelben Zeit, wovon ‚hier gefprochen wird, der öfterreichifchen Hauptarmee gegenüber, Koſſuth, Better, Goͤrgey und Perczel zugleich, und nicht felten bivergirend, die ungarifche Hauptfraft leite⸗ ten. Perczel ſchiebt einen großen, ja, den größten Theil der Schuld des unglüdlichen Ausgangs des Moorer Treffens auf Görgey, der feiner Behauptung nach verläumt hatte, fo wie es in feiner Macht ftand, ihn gehörig zu unterflügen. Diefe Behauptung, wir find es der gefchichtlichen Wahrheit und der Kritik fchuldig, iſt nicht ſtichhaltig. Gorgey's Hauptmacht ftand bei Bicsfe; ihn gegenüber dad Groß ber öfterreichifchen Arınee. Zweifel» ohne durfte er diefe Fürzefte Linie nach Dfen nicht felbft dem Feinde öffnen, was er that, wenn er auf den erften Kanonendonner, ben er vernahm , mit feinem ganzen Corps in der Richtung gegen Moor abrüdte. Bon Bicske aus Fonnte er alfo nur einen Theil, und zwar den Eleineren Theil feiner Macht entfenden, der aber feinesfalls mehr zur rechten Zeit anlangen fonnte, da berfelbe von Bicske bis auf dad Schlachtfeld einen Marſch von ſechs bis fieben Stunden zurüdzulegen hatte, während das Treffen ſelbſt nur fünf Stunden währte und bei der gänzlichen Auflöfung des Perczel’ichen Corps nicht mehr zu reftituiren war. Thätigen Antheil an dem Treffen hätte alfo nur Goͤrgey's Außerfter linker Flügel, die in Cſakvar ſtehende Brigade Karger, nehmen können. Diefe Brigade fepte ſich auch wirklich gegen Moor in Bewegung, erreichte aber nur die Höhe von Efälbereny, wo ihr die Fliehenden bereitö entgegen- famen und ihr auf diefe Art nichts mehr zu thun blieb, ale dieſe

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feßtern aufzunehmen. Das Treffen war bei ihrem Erfcheinen ſchon entfchieden. Wenn nun auch diefer Abtheilung der Vorwurf gemacht werben kann, nicht fchnell genug zur Unterftägung Perczel's vor« gerüct zu fein, fo ift es doch eben fo unwahrfcheinlich, daß durch ihr rechtzeitiged Eintreffen der Kampf günftiger entjchieden worden wäre. Bekanntlich hatte Jellachich blo® bie Brigade Grammont und die Gavnallerie- Brigade Ottinger im Gefecht, während bie Divifion Hartlieb, dad Gros feined Corps, ungefähr 8— 10,000 Mann mit der Referve- Artillerie, erft nad) Beendigung deſſelben auf dem Schlachtfelde anlangte.e Das war daher die Kraft, welche gegen die Unterftigung Karger’s, der kaum 3000 Mann zählte, von feindlicher Seite in die Wage geworfen werden Eonnte.

Wir wollen hiermit nur zeigen, daß, wenn felbft Alles fo zus fammentraf, wie fich’8 Perczel verſprach, und zufammentreffen konnte, er dem Feinde an Kraft noch immer ſo wenig gewachſen war, daß er, ohne ſich einem Echéec auszufegen, in der Stellung bei Moor keinen ernfthaften Kampf annchmen durfte, und der größte Theil der Schuld feiner Niederlage daher auf ihn und auf die Regies rung, die ihm den Befehl zum Schlagen ertheifte, zurückfaͤllt.

In Beth herrichte bei der Nachricht von dein unaufgehaltenen Vordringen der Defterreicher, ven Verluften bei Babolna und Moor und dem Rüdzuge der Hauptarmee bis in die Nähe der Haupts ftädte, namenfofe Beftürgung. Man hatte dem Bolfe fo viel von der Stärke, Uebermacht und fihern Siegen gefprochen, daß ed nun doppelt ſchwer wurde, es feiner Illuſton zu berauben und mit dem wahren Stand der Dinge vertraut zu machen. Aber man konnte nicht länger vor der drohenden Orfahr die Augen verfchließen, dad Schweigen mußte endlich gebrochen, Stadt und Bell auf Das vors bereitet werden, was im fchlimmften Falle gefchehen mußte.

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Die Rachricht von der Niederlage bei Moor langte in ber Nacht vom 30. zum 31. in Peſth an, und ſchon Tags darauf wurde in geheimer Conferenz entfchieden: den Sig der Regierung von Peſth nad Debreczin zu verlegen und an demſelben Nach⸗ mittag in gemeinfchaftlicher Reichstags» Sigung beider Kammern diefen &egenftand öffentlich zu berathen.

Es war dies bie legte Eigung, welche der Reichötag in Pefth hielt, die legte und eine der fchönften und erhebendften. Man hatte ſich mit der Lage der Dinge vertraut gemacht, es galt die Ehre ber Nation, es galt die Fortführung des Kampfes, es galt bie Stage: ob man würdig einer edlen großen Nation ausharren, oder feige und ſchmachvoll unterliegen folle? und wir fönnen es mit ſtolzem Bewußtfein audrufen: bie Vertreter des Volkes ers fannten ihre Pflicht!

Koffuth betrat zuerft die Tribüne und überzeugte in einer hin⸗ reißenden Rede die Berfammlung von der Rothiwendigfeit: den Sig der Regierung und des Reichötages von Peſth nach einem anderen Drte, wozu er Debreczin, die zweite Stadt des Landes und an patriotifcher Geſinnung feiner nachftehend, bezeichnete. „Wir find das dem Lande fchuldig fo rief Koſſuth aus dem Lande, weiches, wenn ed auch in Buda⸗Peſth fein Herz erkennt, in dem Falle der Hauptſtadt doch nie den Verluft des gunzen Landes, nicht den Hall der Ration erbliden wird. Die Türken hatten 152 Jahre die Hauptflädte in ihrer Gewalt, und es gab deshalb doch eine ungas rifche Nation und ein Ungarland! Auch diesmal kann es ges ſchehen, daß fid) der Feind in den Befip der Hauptftäbte fegt, denn fie fichen ihm offen, und unbefefligt wie fie find, geftatten fie Feine hunfigerechte hartnädige Bertheidigung, deshalb aber wird Ungarn

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ſtehen und wirb e8 ein Ungarvolf geben !" Der Reichstag nahm ben Antrag Koſſuth's einftimmig an und erflärte, unter allen Um⸗ fländen treu wie bisher in feiner Pflicht audharren zu wollen.

Der Glanz, den der erhabene Ernft im Beginne über die Sir Hung verbreitet hatte, ward einigermaßen verbunfelt, als darauf ein zweiter Befchluß gefaßt wurde, der bahin ging: aus der Mitte des Reichstages eine Deputation zu wählen, die in das feindliche Lager gehen und mit Fürſt Windifchgräb Kriedensunterhandlungen ans fnüpfen follte. Wir werben auf dad Schidfal diefer Deputatien in einem fpäteren Abfchnitt zuruüͤckkommen.

Regierung und Reichstag begannen jest Perth zu verlafien und ihren Weg nad Debreczin zu nehmen. Zehn Tage fpäter wurde dort in dein reformirten Collegium die erfte Sißung gehalten, und einige Tage darauf waren die Mitglieder des Reichötages beis nahe eben fo vollzählig wieder, wie in Peſth, verfammelt. Unter den wenigen Abtrünnigen verdienen befonders ber ehemalige Reiche» tags » Präfident Dionys Pazmandy und der Kapitän der Jazigen und Kumanen, Moriz Szentfirälyi, bezeichnet zu werben.

Zur Bortfhaffung des Kriegsmaterials, fo wie ber Vorraͤthe aus den Depots und Magazinen, wurde bie rieſenhaſteſte Thätigfeit entwidelt. Laufende von Waͤgen, ſchwer beladen, zogen bei Tag und Nacht in unabjehbaren Reihen von Pefth gegen bie Theiß. Großwardein wurde zum fünftigen Hanptfig aller Depots und Kriegswerkſtaͤtten crforen, und als hätte Koffutb und die Res gierung nur zu wünfchen gebraucht, fo waren brei Wochen fpäter in biefer Stadt die großartigften Etabliffements , Waffenfabrifen ‚Ras nonengießereien, Bohrereien, Pulvermühlen u. f. f., errichtet und Zaufende von Händen darin in voller Thätigfeit. Regierung und

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Volk hatten ſich gegenſeitig begriffen und nun wetteiferten beide an Energie und edlem Patriotismus.

Inmitten dieſes großartigen Treibens übernahm General Bets ter, ber bis zur vollftänbigen Räumung der Hauptftädte im Auf trage der Regierung daſelbſt zurücdgeblieben war , bie oberfte Leitung der Operationen , entwarf mit mir vereint ich ftand als Ehef ber DOperationdfanzlei ihm zur Seite den neuen Ruͤckzugs⸗ und Bers theidigungsplan , traf zur Ausführung deſſelben die erſten Dispoſi⸗ tionen, und brachte auf folche Weife in die Bewegungen ber Armee wieder Einheit und Orbnung. |

Indefien war die ungarifche Hauptmacht von Bieske auf Bia zurüdgegangen , und ald die Defenfionslinie auch hier für bie unzus reichende Kraft zu ausgedehnt befunden wurbe, am 2. Sanuar bie unmittelbar in die Rähe von Ofen gerüdt. Die Außerfien Spitzen diefer Aufftellung befanden fi) vor Tsteny und Buda⸗Ors, auf den von Stuhlweißenburg und Bicſske kommenden Straßen. Die ganze vor Ofen concentrirte Macht betrug etwas über 20,000 Mann. Perczel fammelte und reorganifirte fein Corps in Peſth und hatte bis zum 2. Januar gegen A000 Mann beifammen. Eine Reſerve wurde unter General Repäfy gebildet, die auf 6000 Mann gebracht, zum Kern bie von dem füblichen Kriegsfchaupfage ans langenben alten Bataillons erhalten follte. “Das war der Zuftand in und vor den Hauptflädten, ald man endlich definitiv beflimmen mußte, ob man auf dem rechten Donauufer bie Entſcheidungsſchlacht annehmen ober Peſth und Dfen freiwillig räumen und fich in das Innere bed Landes zurüdzichen ſolle. Da Goͤrgey in feinen fpätes ren Proclamationen an fein Armercorp& auch des traurigen Actes ber Räumung der Haupiftäbte erwähnt, fo liegt ed im Intereſſe ges fchichtlicher Treue und Wahrheit, bier die Ereigniſſe mitzutheilen,

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die dieſem Acte unmittelbar vorangingen. Am 2. Januar kam im Auftrage Goͤrgey's Major Bayer des Generalſtabes nach Peſth, um mit General Better, der, wie erwähnt, bie pro⸗ viforifche Zeitung der Operationen übernommen hatte, über die naͤchſte Aufgabe der Armee Rüdiprache zu nehmen. Die .erfien ZBorte Bayer's waren: General Börgeny läßt fragen, ob dad Haupt⸗ object der nächften Operationen die Erhaltung der Armee ober bie Dedung ber Hauptiftäbte ſei? Im erfleren Falle bitte er um bie weiteren Dispofitionen. Die Undeutlichfeit, um nicht zu fagen bie Zweideutigfeit, der Srage zog Erörterungen über bie Rampffähig- feit der Arınee, ihre Stimmung , ihren Geift, über bie Stärfe bes Feindes u. f. f. nach fih, und das Refultat der Beſprechung war: daß bei den obwaltenden Umftänden unter den Mauern Dfen’s kein Entfcheidungsfanıpf zu wagen, die Hauptſtaͤdte freiwillig zu räumen und die weiteren Operationen auf bad linfe Donauufer zu vers legen fein. Die Armee follte am 3. Abends fih um Ofen con⸗ centriren, die an ben SHauptftraßen liegenden, wenn audy uns vollendeten Schanzen befeben, und am 4. Nachmittags den Rüdzug theils aufder Kettenbrüde, theild auf einem in Eile berzuftellenden Eisübergang über die Donau antreten. Bei biefer Gelegenheit wurde noch die Richtung befprochen, welche Börgey mit feinem Corps nad) vollbrachtem Rüdzuge über die Donau nehmen follte, wobei Bayer's Anftchten mit denjenigen Vetter's und ben meini⸗ gen, der ich zugegen war, ganz übereinftimmten. Balb darauf kam Görgey felbft nach Peſth, erklärte ſich vollkommen einverſtan⸗ den mit den eben erwaͤhnten Beſchluͤſſen, fragte Better, warum er nicht in Wirklichkeit dad Obercommando übernehme? und fegte ſcherzend hinzu, daß er fich felbft zwar für einen guten Chemiker, ber für keinen großen Feldherrn halte. Um die Veranwortlich⸗

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feit eines fo entfcheibenden Schrittes , wie die Räumung ber Haupi⸗ ſtaͤdte, nicht allein auf fich zu nehmen und bie zu treffenden Dio⸗ pofitionen auch mit den anderen Kührern zu befprechen, warb in bie Wohnung des Regiermgscommiffärs Efänyi ein Kriegorath berufen, wozu ich, auf Grundlage ber eben gefaßten Befchläffe, mit Ausarbeis tung des neuen Operationsplanes beauftragt wurde.

Treffen bei Teteny 3. Januar 1849,

Noch vor Abhaltung biefes Kriegsrathes griff der Feind am 3. Januar Nachmittags ploͤtzlich unferen linken Slügel vor Teteny an. Jellachich hatte zur Sicherung feiner rechten Flanke eine Sei⸗ ten⸗Colonne nad) Ereföny entfenbet, welche längs ber Donau über Hamfabeg vorrüdte,, während er mit ber Hauptmacht feines Corp6 auf ber geraden Straße von Stuhlweißenburg über Marton⸗ vaſar, wo er bereit® am 2. eingetroffen war , vordrang. Gegen Mittag wurden die Borpoften ber Ungarn aus Hamfabeg vertrieben, und Bald darauf rüdte der Feind zum Angriff auf Teteny vor. Die in diefem Orte ſtehende, ungefähr 3000 Dann ftarfe Brigade Zichy bezog beim Anräden des Feindes eine Stellung ſüdweſtlich vor dem Orte & cheval ber Straße, ihren rechten Fluͤgel an das Gebirge, ihren linfen an bie Domau und das Gentrum an das Ufer⸗Gehoͤlze Rügend. Der Feind, durch dad Treffen bei Moor übermüthig geworben , ließ nach unbebeutender Kanonade mehrere Ebcadrons Küraffiere auf ber Straße gegen das Gentsum der Ungarn zur Attaque vorrüden. Eine Esradron Wilhelm: Hufaren, bie bier fieht, wirft ſich mit Loͤwenmuth, ihre Offiziere an der Spitze, den Angrei⸗ fenben entgegen, und es koͤmmt zum blutigen Handgemenge , in wels chem ein großer Theil ber Küraffiere niedergemegelt ober gefangen wird, und der Reft in wilder Flucht dad Weite ſucht. Die Oeſter⸗

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reicher gaben nun ihre weiteren Ueberraſchungsverſuche auf und gingen in einen regelmaͤßigen Angriff uͤber, indem ſie ihre Colonnen linko in Staffeln vorſchoben, um auf dieſe Weiſe die linke Flanke der Ungarn zu bedrohen und gleichzeitig mit ihrer in Bia ſtehenden Hauptmacht in engere Verbindung zu fommen. Zichy wuͤrde bie fen überlegenen Angriff nicht lange haben widerſtehen können, wenn die von Promontor zu feiner Unterflügung berbeieilende Brigabe Karger nicht zur rechten Zeit auf dem Kriegsſchauplatze erfchienen wäre, Mit leterer fam auch Görgey an, ber hierauf bie Leitung des Gefechtes ſelbſt übernahm und alle weiteren Angriffe des Feindes entfihieden zurüdwied. Mit Einbruch der Dunfelheit zogen ſich die Ungarn, im Sinne ber ſchon früher hinausgegebenen Diepofition, nah PBromontor zurüd. Ich ermwähne hier eines Umſtandes, ber vielleicht auch in einem fpäteren Werke berührt werben bürfte. Als Vetter die Nachricht von der glüdlichen Behauptung der Etel⸗ lung bei Tetöny erhielt, beorderte er augenblicklich einen feiner Ad jutanten zu Görgey mit dem Auftrage, ben weiteren Rüdzug einzu⸗ Rellen und mit ganzer Macht fi) auf den zu weit vorgefchobenen feindlichen rechten Flügel zu werfen. Perczel und ein Theil ber Reſerve unter Repafy ſollten ihm von Peſth augenblidlich als Unterftüigung nachrüden und bie Stellungen gegen Bia verflärfen. Vetter's Befehl fcheint indeſſen zu ſpaͤt angelangt, ober nicht befolgt worden zu fein, denn am A. früh 7 Uhr war nicht nur Tetöny, fondern au Bromontor geräumt, und bie Abteilungen Goͤrgey's befanden ſich bereits in ben Borftäbten und aufden Höhen unmittelbar vor Ofen.)

H Ich erfuhr erſt fpäter den Erlaß diefes Beſehls, und kann mid mit Grs iheilung deſſelben nicht einverflanden erflären, weil das Trefien bei Teteny zu

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Der wegen bed ftaitgehabten Treffens bei Tetöny verfpätele Kriegſsrath wurde endlih, und zwar am 4. Vormittags, in ber Wohnung Efänyi’d abgehalten. Cſanyi ald Landescommifjär führte den Vorſitz; zugegen waren: bie Generäle Better, Gorgey, Perczel, Lazar, Reéepaſy einige Generalſtabs⸗ Offiziere und ih. Die Berathung wurde in drei Theile geſchieden. Zuerſt war die Frage zu entſcheiden: ob Ofen und Peſth ohne Kampf zu räumen wären? Den. zweiten Gegenſtand der Berathung bildete der neue Vertheidigungsplan, und den dritten bie unmittels bare Einleitung deſſelben, ober die nächften Dispofltionen für bie im Rayon der Hauptftädte concentrirten Streitfräfte. Rach furzer Berathung wurde die erfte Frage mit Ja entfchieden. Die Haupts gründe, welche diefe raſche Entſcheidung berbeiführten, waren bie Unwichtigfeit, ja ®efährlichfeit der Stellung vor Ofen in ſtrategi⸗ fcher und taftifcher Hinfiht, da der Feind auf jedem belie- bigen Bunfte über das Eis ber Donau fepen konnte; zweitens: das Mißverhaͤlmiß der vor Dfen fi) gegenüberfichenden Streit fräfte; drittens: bie für bad Land und die Nation unberechenbaren Folgen einer enticheibenden Niederlage. Dagegen verfchaffte ber Rüdzug und bie Berlegung der Bertheibigung an bie. Theiß ober tiefer in da& Innere des Landes, nicht nur die Gewißheit, in kürze⸗ fer Zeit dem Feinde eine gleich flarke, wenn nicht ſtaͤrkere Haupts arınee entgegenzuftellen, fondern zwang auch ben Feind zur unver haͤltnißmaͤßigen Schwächung feiner Hauptmacht.

Man erklärte ſich ferner volllommen einverftanden mit dem neu⸗ entworfenen Syſtem ber Vertheidigung. Obwohl ich in dieſem

unbedeutend war, um beshalb die ganze Grundlage tes Eereits entworfenen Opes rationeplanes umzufloßen.

Kriegsrathe den Bortrag darüber ſelbſt erſtattete, fo bin ich doch nicht im Stande, wegen Mangel der betreffenden Altenſtücke hier mehr als befien Grundzuͤge zu erwähnen.

Die Grundidee ded Planed war ber freiwillige Rüdzug in bas Inmere ded Landes, wo durch zweckmaͤßigere Berwendung ber ver⸗ einzelten Streitkraͤfte die Bildung einer ſtarken Hauptarmee und da⸗ durch die Moͤglichkeit erzielt werden ſollte, im geeigneten Momente gegen die durch eigene Anſtrengungen geſchwäͤchte feindliche Arınee bie Offenſtve zu ergreifen. Zur Hauptvertheibigungelinie wurde die Theiß beſtimmt. An der mittleren Theiß follte fich fo ſchnell als möglich die Hauptkraft zufammenziehen, und diefe vorläufig aus den beiden Corps der Beneräle Berczel und Repäfy und dem größern Theil der Bacs⸗Banater Arınee zufammengefeht werben. Das Banat und bie Bäcs follten geräumt,. und mit dem Flei- neren Theile ber dort befindlichen Streiffräfte bis auf Weitered bie Bertheibigung der Maroslinie bis Szegedin und die Behauptung vonTherefinanopel erzielt werden. Zur Wiebereroberung Sieben: büsgend, alo der Bafis unferer fünftigen Operationen, für den Yall, wenn wir auch von ter Theiß verdrängt werden follten, müßs ten in kürzeſter Zeit die ficherften Borkehrungen getroffen werben. Das gegen Schlick operirende Eorpd unter Mes;äros ſollie verfärft und nach der Verdrängung Schlick's über die Grenze, zur Berärfung ber Hauptarmee gleichfalls an die Theiß gezogen werden. Zur Crmöglichung aller biefer Operationen wurbe es Börgey zur Aufgabe gemacht, dad Hauptaugenmerk des Feindes auf ſich zu lenken, durch einen Gegenmarfch am linken Donamufer defien Berbindungdlinien zu bedrohen und, wenn vom Yeinde ge: brängt, je nach Umſtaͤnden fich entweder nah) Komorn ober in die Bergftädte zu werfen. Wenn man fi in den Voraus⸗

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jegungen nicht täufchte, fo hoffte man in Folge dieſer Dispoſitionen Anfangs Yebruar den Zeitpunkt zu erreichen, wo von allen Seiten in den Angriff übergegangen werben konnte. Die ges fammte ungarifche Streitmacht erhielt zu biefem Zwede folgende Eintheilung und Benennung: Das Armeecorpd an der oberen Donau unter Goͤrgey. " „nn Theiß Meszäros,

" " in Siebenbürgen „Bem.

F an der unteren Theiß, Vecſey.

" " in Mittelungarn „Perczel. 1. Reſervecorpo an ber mittleren Chef Repäfy. 2. w and Bärd s Banater

Hauptarmee

Truppen gebildet und gleichfalls

dahin beftimnt - . - : . Damjanid. Die im oberen Waagthale operirende Colonne Beniczky wurbe dein Armeecorps an der oberen Donau, die auf bem rechten Donauufer fämpfenden Guerilla's unter Nemegyei dem Ober⸗ commando von Effeg, und die Meineren an der galizifchen Grenze ſtehenden Abtheilungen dem Armeecorps an der oberen Theiß zuges theilt. Die Beftungen Komorn, PBeterwarbein, Effeg, Leopoldſtadt und Munfäcd, mit Allem wohlverfehen, wurden zur ungebeugten ausdauernden Vertheidigung ermuntert. Die Armeecorps follten ihre weiteren Befehle zur Vermeidung von Miß⸗ verflänbniffen direct von dem Kriegaminifterium erhalten, unter fich nach Möglichkeit in Verbindung bleiben, und bie combinirten Bewe⸗ gungen der einzelnen Heeriheile bis zur Zufammenftellung der Haupt⸗ armee und Ernennung eined Obercommandanten, durch die Eentraks Operation» Ganzlei ded Kriegsminifleriumd geleitet werden. Nachdem fich alle Anweſenden bed Kriegsrathes mit biefen Opera,

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tiondplan nicht minder wie mit ber früher befprochenen Räumung von Dfen einverftanden erklärt hatten, wurde endlich zur Berathung über die unmittelbare Effectuirung der gefaßten Befchlüffe gefchritten, und bie betreffenden Dispofitionen, wie folgt, feſtgeſetzt:

Das Corps Goͤrgey beginnt ben Rüdzug Abende (4.), febt ihn bie ganze Nacht hindurch, theils über die Kettenbrüde, theils über die fefte Eisbedfe der Donau fort, und hat am 5. Waitzen zu erreichen, wo ed denfelben Tag feine felbfifändigen Operationen beginnt.

Das Armeecorps Berczel beſetzt bie aͤußerſten Vorſtaͤdte und die Hauptzugänge von Ofen, masfirt den Abzug Goͤrgey's und zieht fich, wenn biefee den nötbigen Borfprung gewonnen hat, gleichfalls auf das rechte Ufer zurüd, indem es hinter ſich die Ketten: brüde und die Tags vorher bergeftellten Eisübergänge unpraftifabel macht. Bon Peſth hat Perczel an demfelden Tage feinen Rüdzug bis Üll und Becies fortzufegen, wo er ſich mit dem Reſervecorpo Repaſy's in Verbindung fegt. Lebtered geht ſchon am 4. Nachmittags, von Peſt h alle zurüdgebliebenen Abtheilungen an fich ziehend, auf Vecſés zurüd und erreicht am folgenden Tage Monor. Diefe beiden Corps ſetzen hierauf ihren Rüdzug an der Peſth⸗Szolnoker Eijenbahn gemeinfam bis an die Theiß fort, nehmen hier Stellung und erwarten bie tweiteren Dispofitionen. “Die Zerflörung der Eifenbahn von Peſth nah Syolnof und von Peſth nah Waitzen wurde der Sorge von PioniersAbtheilungen, vereint mit ben Bewohnern der Umgebung, überlafien. Zum Commandanten der beiden Hauptfiäbte bio zu ihrer völligen Räus mung wurde Berczel beſtimmt.

Das waren die Beichlüfle des Pefther Kriegsrathes, welche ale Grundlage von jenem Bertheibigungsfyftem angejehen werben

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können, welches Ungarn bald barauf in den Stand ſetzte, feine Kräfte in unglaublicher Schnelligfeit zu entwideln.

Der neue Operationdplan wurde ungefäumt mittelft Courieren der Regierung und ben Befehlshabern auf den übrigen Kriegsfchaus plägen zugefchict, diefe im Namen des Vaterlandes zur treuen Dar: nachachtung und Befolgung aufgefordert, und der Rüdzug im Sinne der oberwähnten Dispofitionen anbefohlen.

Am 5. Mittags war Peſth und Ofen von den Ungarn ge- räumt, bie Straßen leer und todt; bie Tricolore auf den beiden Rath bausthürmnen hatte der weißen Bahne Plag gemacht. Einige Stunden fpäter burcfreiften öfterreichifche Patrouillen die Straßen. Buda⸗Peſth war in ber Gewalt ded Feindes |

Schon am 4. Januar hatte ſich die öfterreichifche Armee in folgenver Stellung vor Dfen vereinigt: Das 1. Armeecorps in Teteny und Promontor; bad 2, in Budadrs; bas 3. in Bia. Windifhgräp erwartete hier eine Haupiſchlacht; feine Ueberraſchung war baher groß, als feine Vorhut am 5., ftatt auf den Feind zu ftoßen, ohne Widerſtand in O fen eingog und fo wohlfeifen Kaufes in ben Beſitz der Hauptftäbte Fam. Daher ftammt wohl ber lächerliche Hochmuth unb der Eigendünfel bes Triumphators, wie fie ih am beften in folgendem, gleich nach feinem Einzug in Ofen erlafienen Aufruf fundgeben:

Proclamation.

„An der Spige einer treuen, tapferen Armee, vor welcher das Rebellenheer allenthalben geflohen, bin ich in der Hauptftabt Ungarns eingezogen. Bor Alfem will ich den biedern Landbewohnern der bis jetzt befegten Gegenden, die mir bie unzweibeutigftien Beweiſe ihrer Treue

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und Anhänglichleit an ihren Herrn und König an den Tag legten, meine volle Anerkennung ausfprechen, Sie haben den hohen Zwed meiner Sendung erfannt. Nicht unterbrüden ift mein Ziel; mein Wirken ift nur gegen das höchft verbrecherifche Treiben jener Rebellen ge- richtet, die in ihrer Brechheit mit allen Mitteln der Lüge, des Truges und der Verführung auf den Umfturz des mehr als achthunbert Jahre zum Ruhm und Wohl der Nation beftandenen Thrones bingearbei- tet; bie angeftammten Rechte der in Ungarn wohnenden fremden Ra- tionalitäten vernichten; das fo reich gefegnete Land durch Ueber- ſchwemmung mit größtentheils ungefeglichem Papiergelde verarmen wollen und dieſes ungefegliche Verfahren durch Mitnahme der Banf- notenprefie in tollem Uebermuthe noch fortzufegen beabfichtigen; bie heilige SErone des St. Stephan mit frecher Hand raubten und, um dad Maß ihrer Verbrechen vollzumachen, das feit breihundert Jahren in frieblichem Verbande mit Ocfterreich lebende Ungarn von Defterreih durch die verwerflichften Mittel loszureißen fuchten, um über das zerrüttete Land nach Willfür herrfchen zu koͤnnen.

„Ein ſo frevelhaftes Beginnen mußte an der Treue und Tapfer⸗ keit der Armee, dem geſunden Sinne der Landbewohner ſcheitern. Ich erwarte dieſelben Geſinnungen bei den Bewohnern von Ofen und Peſth zu finden. Die Herſtellung der fo ſehr gefaͤhrdeten Ord⸗ nung und Ruhe, bie Begründung einer geregelten, für alle Nas tionalitäten gleichen Sreiheit, das Aufblühen und bie Wohlfahrt Ungarns im innigen Bruberbunde mit den übrigen Theilen der Mos narchie, ift der erhabene Zweck unſeres allergnädigfien Kaiſers und Könige, Bernichtung der Rebellen, Schub und Hilfe ben treuen Untertfanen Seiner Majeftät mein Lofungswort. Ich .verheiße jedem Butgefinnten Schug und Sicherheit feiner Berfon unb feines

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Eigenthumd; body crfläre ich eben fo offen, daß Ich bie Rebellen mit unnachfichtlicher Strenge verfolgen werbe.

„Bewohner von Ungam! Mit der Unterwerfung der HSaupifabt if der lezte Moment ringetreten, in welchem ed den übrigen Theilen drd Landes vergönnt iſt, ihre Rückkehr unter die geſetzliche Gewalt des Königs freiwillig anzumelden. Ich erwarte bie Unter werfungs» Erflärungen fänmtlicher Bewohner in Fürzefter Zeit und ermabne alle Bewohner ded Landes, alle verführten Streiter, die Waffen zu fireden, um unserweilt an ihren frieblichen Herb zurüd- zuiehren und ben noch zu erlaffenden Beſehlen des geſetzmaͤßigen Königs willig zu geboren. Rur fo wird es mir ınöglic) fein, bie Gnade ded Könige für die bethörten Werkzeuge ber Rebellion anzu⸗ flehen. Ich hoffe mit Zuverficht, daß bie Mehrzahl der Bewohnet Ungarns zur Erreichung ded hoben Zield unſeres allergnädigften Kaiſers und Königs pflichtmäßig minwirken werde.“

Hauptquartier Ofen, am 7. Januar 1849.

Alfred Fürſt zu Winbifhgräg, k. k. Feldmarſchall.

Nur ein Windiſchgrätz konnte den wahnſinnigen Gedanken hegen, daß ein Volk, das noch in vollem Beſitze ſeiner Kraft und Wuͤrde, fi fo tief erniedrigen werde, vor einem aͤhnlichen Aufruf bie Waffen zu firedn? Die ſchaͤndliche Behandlung der von Perth ihm entgegengefandten Friedensboten, fein Auftreten, feine Willfürs herrfchaft in der Hauptſtadt und ben von ihm beſetzten Landſtrichen, endlich die Wirthfchaft feiner Schergen, dad waren erft die beften Mahnrufe für die Ungarn, mit ber Kraft und dem Muthe der Vers zweiflung bie blinde und racherfüllte Fremdherrſchaft zu bekämpfen,

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und bie Welt war Zeuge, mit welchem für Defterreich verderben⸗ bringenden Erfolge fie dieſem Rufe folgten.

Während die öfterreichifche Hauptarmee von den Grenzen be& Landes bis zur Hauptftabt vorrüdte, hatten Fleinere Eolonnen, bie bei Debenburg und Körmönd, fo wie Rugent, ber mit feinem Armeecorps an der Mur und Drau einbrach, bie meiften Gomitate bes rechten Donauuferd und bis auf Fünfkirchen, wo ſich noch Nemegyei mit einigen Tauſend Nationalgarden befand ſaͤmmt⸗ liche größere Städte dieſes ſchoͤnen Theiles von Ungarn in ihre Ge⸗ walt gebracht und fomit den Rüden, fo wie die Verbindungen ber feindlichen Hauptarmee mit Croatien, Steiermark und Oeſterreich gefihert. Im unteren Waagthale hatte Simunich die Bes lagerung der Feſtung Leopoldſtadt begonnen und einen Theil feines Corps zur Berftärfung des Eernirungscorpe von Komorn entfendet. Im oberen Waagthale hatten Goͤtz und Friſcheiſen, aus Mähren und Schlefien kommend, nad) glüdlichem Gefechte Sillein befegt, drangen von dort in dad Turösczer Comitat vor, und bedrohten die Bergftäbte.

Schlid in Oberungarn war bis Szifdz6, drei Stunden von Miskolcz, vorgerüdt; noch ein glüdliches Treffen, und er ftand mit der Hauptarmee in Verbindung.

Auf dem fühlichen Kriegöfchauplage war der flärffte Theil der ungariichen Wehrkraft von den Zeftungen Arab und Temeövär und von den in ihren verſchanzten Stellungen und Lagern fich forts während mit Glück behauptenben Serben befchäftigt; außerdem zeigten fih Symptome, baß ein großer Theil der alten Offiziere nicht ungeneigt fei, bei der erften Gelegenheit zu ben Kaiferlichen überzus treten.

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So fand denn überall dad Glück auf Seite der Defterreicher, überall waren die Ungarn im Nachtheil. Da brach am ſchwerum⸗ wölften Horizont ber erfte helle Strahl eined Erfolges hervor: „Dem hatte die Defterreicher in Siebenbürgen ges fhlagen und Klaufenburg erobert!"

III. Goͤrgey's Nüdzug durch bie Bergſtaͤdte.

Gorgey in Waitzen. Erklaͤrung gegen ben Landesveriheidigungs⸗Ausſchuß. Staͤrke und Eintheilung des Armeecorpo an der oberen Donau. Goͤrgey beſchließt, Leopoldſtadt zu entſetzen. Aenderung des gefaßten Pla⸗ nes. Rüchkzug in die Bergſtaͤdte. Gefechte bei Zſarnoͤtz, Schemnitz und Turezek 17., 20., 21. Januar. Bereinigung bes ganzen Armeecorps in Neuſohl. Fortſetzung des Ruͤckzugs in zwei Solonnen. Uebergang über ten Sturch. Binbrud in die Zipo. Guyon in Iglé überfallen. Er: Kürmung des Branitzko⸗Paſſes. Vorruͤckung auf Kaſchau. Bereinigung mit der oberen Theißarmer.

Der unaudgefegte, mit fo namhaften Berluften verbunbene Rüdzug der Armee von der Örenze bed Landes bis unter bie Mauern ber Hauptftäbte und bie Räumung ber legteren übten auf ben mo⸗ ralifchen Zuftand ber Truppen eine erfchütternde Wirfung. Man hatte verfäumt, die Armee zur rechten Zeit auf die Nothwendigkeit dieſer Maßregel aufmerkſam zu machen und es ihr zu Flarem Bes wußtfein zu führen, baß eben biefer freiwillige Rüdzug in das Innere des Landes bie einzige und beſte Garantie zu ihrer eigenen Erhaltung und zu einer bald günftigeren Geftaltung ber Verhältniffe jei; man fieß im Gegentheil den Truppen Zeit, ſich über dieſe Verfügungen ihre eigenen Anfichten zu bilden; bie Solgen bavon waren: bie

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Schwächung bes Vertrauens in bie eigene Kraft und in ben redlichen Willen und in das Talent der Kührer, dann Mißtrauen zur natio⸗ nalen Repräfentation und zur Regietung. Daß deutlichfle Zeichen biefes Zuftandes war der Austritt beinahe ſaͤmmtlicher Alteren Offi- ziere aus den Reihen des Goͤrgey'ſchen Armeecorpo und ihr Zurüdbleiben in Perth. An ein und demfelben Tage nahmen General Läzär, die StabBoffiziere Kipke, zwei Grafen Zichy, Vidersperg, Karger und mehrere Andere, dann der größte Theil bed Offiziercorpe von Wilhelm», Aleranders, Nikolaus» Hufaren, der Infanterie⸗Bataillons Wafa, Alerander, Ernft ıc., theild den förmlichen Abfchied, theild längeren oder Fürzeren Urlaub, um nie wieber zurüdzufehren. Am 5. Abends in Waigen ange- fommen, war dad Armeecorps feiner vertrauteften und tüchtigften Führer beraubt; nod eine ähnliche Erfehütterung, und es ging feiner Auflöfung entgegen.

Bei folcher Lage der Dinge glaubte Goͤrgey dem moralifchen Nebel durch moralifche Gegenmittel fleuern zu müffen und erfannte in einer entfchiedenen Erklärung von feiner Seite, bie eine gleiche von Seite ſeines Armeecorp& zur Bolge haben würbe, die befte Art, ber eingerifienen Entmutbhigung Schranken zu feben. Bevor er feine Operationen fortfehte, wollte er fi der Kraft, uͤber die er verfügte, verfihern und das Band, das Führer und Armee zuſammenhielt, von Reuem befeſtigen. Die Geſchichte wird beurtheilen, ob er hiezu den rechten Weg einſchlug. Ich erzaͤhle das Geſchehene, wie ich es von glaubwärdigen Augenzeugen vernommen habe.

Das Armeecorps hatte kaum Waitzen erreicht, als Görgey mebrere Offiziere, denen er fein befondered Vertrauen fchenfte, zu einer Berathung in feine Wohnung beſchied. So viel mir bekannt ift, waren bied folgende: Bayer, Horvath,

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Börgey Eornell und Odrgey Stephan, PBöltenberg, Szegedy und ber Felbfuperior Eefar Mednyanszky. Nachdem der General bie Nothwendigkeit hervorhob, durch irgenb eine entfchiebene Erflärumg fowohl von feiner, ald von Seite des Armeecorps denjenigen Boden zu bezeihnn, auf bem man den Kampf fortzufegen entſchloſſen fei, eröffnete er ben Anweſen⸗ den, diefe beiden Erklärungen felbft entwerfen und bie letztere einem größeren Kriegsrathe zur Annahme vorlegen zu wollen. Er ging dann auf fein Berhäftniß zur Regierung über und geftand, daß zwifchen ihr und ihm, ſchon feit 1. November, alfo von dem Tage feiner Ernennung, eine Spannung herrſche, hervorgerufen durch bie zwedwidrigen und wiberfprechenden Maßnahmen derfelben, welche alle feine Pläne und Abſichten auf das Sinnloſeſte durch⸗ kreuzten. Gleich nach Antritt feines Commando's habe er den feften Willen ausgefprochen , bie Armee gegen Peſth zurüdzuziehen und in irgend einer feften Stellung den Feind zu erwarten. Koſſuth erwiderte ihm darauf, baß er ihm nicht deohalb den Ober- befehl anvertraut habe, damit er ohne Schwertſtreich ben ſchoͤnſten Theil des Landes dem Feinde uͤberlaſſe. Die Folge der Zuruͤck⸗ weifung ſeiner Plaͤne ſei nun der Verluſt der Hauptftäbte mit zwei Drinheilen bed Landes u. f. w. Um nicht zum zweiten Mal ſich fo großen Berluften auszuſeten, fei ed nothwendig, ſich dem Landes⸗ vertheidigungs⸗Ausſchuß gegenuͤber offen auszuſprechen und demſelben anzudeuten, daß man in Zukunft Befehle und Dispofttionen nur von dem Kriegsminiſterium anzunehmen gewilt fei. Bei verfelben Ges legenheit erflärte Goͤrgey, ber einreißenden Defertion mit ber größs ten Strenge fteuern zu wollen. Er gab jedem Offizier noch 24 Stunden Bedenfzeit, od er, treu feinem Eide, weiter bienen ober bie Fahnen feines Baterlandes im Augenblide der höchften Gefahr feige

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und treulos verlafien molle. Nach diefem Termin werde ein Jeder, ber um feine Entlaffung nachſucht, oder den Berfuch zur Defertion macht, vor ein Kriegögericht geftellt und als Beigling abgeurtheilt werben. Die Berfammlung , beherrfcht von ten erbrüdenden Em⸗ pfinbungen ber letzten Tage, ließ Börgey frei walten und nahm deſſen Vorfchläge an. Nachdem bie oberwähnten Erklärungen vers faßt waren, wurbe ber Kriegsrath zufammenberufen. Görgey las zuerft feine Erklärung vor, dann jene, die im Ramen de& Corps forechen follte. Beide Actenfüde wurben im Sriegerathe anges nommen und durch Goͤrgey beftätigt.

Die Actenftüde Lauten wie folgt:

An das Föniglidhe ungarifche Armeecorps an ber oberen Donau. Waitzen, ben 6. Januar 1889.

Die Bortheile, welche bie feindliche Uebermacht über das Armees corpo an der oberen Donau errungen, namentlid aber die erſten Ereigniffe,, fcheinen bei Manchem unter uns durch ihren natürlich entmuthigenden Einfluß fogar jenes edle Selbftbewußtfein erfchüttert zu haben, welches und alle in bem gerechteften der Kämpfe vereinte. Dies erfchütterte Selbftbemußtfein wieder zu Fräftigen und dadurch ben wohl etwas gefunfenen Muth neu zu beleben, ift die erſte Pflicht bes Fuͤhrers.

Ich erfülle diefe Pflicht, indem ich vor Allem dem Armeecorps an der oberen Donau burdy die bevorſtehende Diverfion gegen eine Uebermacht des Feindes die Ausficht auf günftige Chancen eröffne; haupiſaͤchlich aber hoffe ich das Selbſtbewußtſein im Armeecorp6 das durch zu heben, daß ich über das, was bereit gefchehen ift, wie über bad, was unfererfeitö noch ferner zu gefchehen hat, .offen und ehrlich

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mein Urtheil, meine Ueberzeugung ausſpreche. Ich habe ben mir angetragenen Boften übernommen , weil ich bie Sache Ungarns für eine gerechte halte; und ich werde meinen Poſten behaupten, fo lange er mir anvertraut bleibt, follten auch bie Beſten unter uns wanfend werben und ihren Arm ber gerechten Sache entziehen.

Dies Seldftgefühl giebt mir die Kraft, im Beurtheilen ber Thatfachen feit dem 1. Rovember 1848 meine eigenen Sehlgriffe un, verholen einzugeftehen, hoffend dem Armeecorps hierdurch bie ficher- ſten Garantien für die Ergreifung zweckmaͤßigerer Maßregeln in ber Zufunft zu bieten.

Ich babe gefehlt, als ich aufhörte ben Zanbeövertheibigungs- Ausſchuß mit unumftößlichen Gründen dahin zu bewegen, baß er den unglüdfeligen Grundſatz der Örenzvertheibigung und ber Grenz⸗ fperre aufgebe, da alle übrigen Unfälle, welchen das Armeecorps unverfchuldetermeife auögefet wurde, einzig und allein daraus ents fprangen, daß unter den aufreibenden Strapagen des Vorpoſten⸗ dienfled die Organifation der Armee, fo wie bie Vermehrung und Gonfolidirung derfelben fromme Wuͤnſche bleiben.

Ich babe gefehlt, daß ich im Hauptquartier zu Bicoke dem gemeſſenen Befehl bed Landesvertheidigungs⸗Ausſchuſſes zum Zuruͤck⸗ ziehen des Armeecorps in die erſte Linie vor Dfen Folge leiftete, weil durch biefen nur wenig motivirten Rüdzug das Armcecorps in das zweibeutige Licht verfeßt wurde, als weiche es einem bie gerechte Sache entjcheidenden Gonflicte aus. Allein ich hatte diefe Befehle von jener Behörbe erhalten, bie ber vom Lande erwählte, von unferem König Ferdinand V. beftätigte ungarifche verantwortliche Kriegsminifter General Meszaros ſelbſt, ald oberſte Regierungs⸗ gewalt anerkannte und noch fortwährend anerkennt, da er ſelbſt bad Eommando des Armercorps an ber Theiß gegen ben un feind⸗

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lich gegenuͤberſtehenden General Grafen Schlid in ihrem Auftrage übernommen, unter ihrer Aegide fortführt. Und ich Fonnte bad mit dem rubigen Bewußtſein thun, Feine illegitime Handlung zu begehen und auch das meiner Führung anvertraute koͤniglich ungarifche Armeecorps zu Feiner ähnlichen Handlung zu verleiten, fo lange ber Landesvertheibigungs- Ausfchuß fich nicht felbft desavouirte. Nachdem aber am 1. Sanuar 1849, ald das Armeecorp6 an ber oberen Donau, trob bed anbefohlenen Rüdzuges in die erfle Linie vor Ofen, kampfentichloffen noch bei Hamſabég, Tarnok, Séskuͤt, Bia u. f. w. ftand, der Landesvertheidigungs⸗Ausſchuß ftatt burch heidenmüthiges Aucharren in ber Nähe der Gefahr das Vertrauen zu rechtfertigen, welches wir ftetö in feine Loyalität fepten, die Hauptftabt unbegreiflicherweie verließ, und und baburdh, mehr noch aber durch bie ohne unfer Vorwiſſen und Einwilligung an ben Obercommanbanten ber feindlichen Truppen entfenbete Depu⸗ tation, einer rath⸗ und thatlofen, fa fogar zweibeutigen Lage Übers lieferte, da mußte in Manchem unter uns der Argwohn auftaus chen, als wären wir von der Höhe, bie und als den Vertbeidigern ber conftitutioneflen Freiheit Ungarns gebührt, zu jener Tiefe herabges würdigt worden, in weldyer man bie gewöhnlichen Mittel zur Er⸗ reichung egoiftifcher Privatinterefien mit Erfolg aufzufuchen pflegt. Dhne die Loyalität ded Landeſvertheidigungs⸗Ausſchuſſes, jo ſehr berfelbe auch durch fein plöpliches Verfchwinden aus ber Hauptflabt unfer Vertrauen zu ihm erfchütterte, in Abrede zu ftellen, halte ich es fomit bennoch für meine Pflicht, dad Armeecorp& damit felbes vor dem elendſten aller Geſchicke, vor ber gänzlichen inneren Auf⸗ löfung bewahrt werde aufzufordern, daß es folgende Erklärung, welche zum Zwede bat, und vor allen unfere ehrenvolle Stellung bes zweifelnden Zumuthungen zu bewahren, nach zeiflichem Ueberlegen

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entweder zu ſeiner eigenen macht, ober feine hiervon abweichende Anficht offen Fund gebe. Börgey m. p., General.

Grflärung des königlichen ungarifchen Armeecorpo an ber oberen Donau:

Das Löniglich ungarifche Armeecorps an ber oberen Donau, deſſen Kern und Intelligenz einft dem vereinten oͤſterreichiſchen Armee⸗ flande angehörte, bevor durch die Sanctionirung bed Föntglichen ungarifhen Kriegsminiſteriums bie ungarifchen Regimenter einzig und allein umter daſſelbe geftellt wurden, legte, gehorfam vem Willen des confitutionellen Könige von Ungatn, ven Eid auf bie Conſtitution von Ungarn ad; wurde zuerft unter Kem Obercommanbo des Erzherzogd Palatin den f. k. Truppen unter Sellacdyich feind⸗ lich entgegengeftellt, und hat ſeither, troß ber betruͤbendſten politis ſchen Wirren, immer treu feinem Give, nur ben Befehlen des Königs lichen ungarifchen verantwortlichen Kriegsminiſteriums oder des burch biefed als Tegitim anerkannten Landeövertheidigungd » Ausfchuffes Folge geleiftet.

Auf diefe umsiderlegbare Thatſache geftübt, verwahrt fich dem⸗ nach dad Armeecorpo an der oberen Donau auf das Entſchiedenſte gegen jede Zumuthung, als hätte felbes fe Privatintereſſen irgend einer Partei In Ungarn gedient, und erflärt alle derlel Gerüͤchte für niederträchtige Verlaͤumdung.

Aber eben dieſe unwiberlegbare Thatfache der unerfchütterlichen Treue, mit welcher bad Armeecorps an ber obeten Donau im Rampfe für die Aufrechthaltung ber ungarifchen Eonftitution fi allen Vers ordnungen bed Landeövertheidigungs» Ausfchufles, trotz der unfäg- lichſten Entbehrungen und Enttäufyungen, unverdroffen fügte, bes

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rechtigte das Armeecorp& zu ber billigen Erwartung, baß der Lan⸗ desvertheidigungs⸗Ausſchuß wenigftens Eines gewiflenhaft vermeiben werde, naͤmlich das Armeecorps in irgend eine zweibdeutige Lage zu verfeßen.

Kachdem dad Armeecorp& an der oberen Donau auf die Ber orbnung bed Landeövertheidigungs»Ausfchuffes die Grenze ein und einen halben Monat lang mit feltener Selbftverleugnung burch den angefttengteften Vorpoſtendienſt gefchügt batte; nachdem es in dem Gefechte bei Wiefelburg ben bedeutend flärferen Yeind fiegreidh zurüdgebrängt ; nachdem es fich in ber troftlofen Raaber Poſi⸗ tion unerfchroden bis zu jenem Augenblid hielt, wo es bereitö von ber feindlichen Uebermacht in ber rechten Ylanfe umgangen war, wo es feinen zur Sicherung ber Hauptftäbte nöthigen Rüdzug nur durch ein bartnädiges Gefecht mit der feindlichen Umgehungscolonne moͤg⸗ li machen konnte; nachdem es, ohne bei dem Landvolke des Kreifes jenfeitö der Donau jene vielgeträumten Sympathien gefuns den zu haben, und ohne daß von Seite des Lanbeövertheidigunges _ Ausſchuſſes auch nur das Geringſte vorbereitet worben wäre, um bad Bordringen der feindlichen Uebermacht auf den Haupt- und Kebenwegen der Dotifer, Efätvärer, Zämolyer, Onböber und Särfänyer Communication zu hindern, theild vor theile hinter den genannten Orten fchlagfertig hielt, bis das fiegreiche Vor⸗ dringen bes feindlichen rechten Fluͤgels über Moor, unferfeitö bie DOffenfive über Martonväfär veranlaßte, auf ausbrüdlichen Befehl bes Landesvertheidigungo⸗Ausſchuſſes jedoch aus biefer Dffenftve in die Defenfive vor Ofen übergegangen werben mußte: ba blieb dem vielbebrängten Armeecorps nur noch eine tröftende Ausficht bie bed entſcheidenden Kampfes unmitielbar vor und in ben Haupt⸗ ftädten Ungarns.

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Der früher entichiedene Ton der Verordnungen des Landesver⸗ theidigungo⸗Ausſchuſſes, fo wie feine ‘Broclamationen an das Bolf, berechtigten zu ber Erwartung, es werde berfelbe in dem langer- fehnten, endlich gegenwärtigen entfcheidenden Momente eine Allee begeifternde Energie entwideln.

Und flatt Alles deſſen, was gefchehen hätte fönnen und follen, trafen am 1. Januar 1849 im Hauptquartier zu Bromontorium

1) die Anzeige ein, daß der Landesvertheidigungs⸗Ausſchuß die Hauptftadt verlaflen habe ;

2) eine Verordnung beflelben, daß auf ber jogenannten erften Linie vor Dfen in der Höhe von Teteny, Dia u. f. w. eine ent⸗ ſcheidende Echlacht geliefert werbe, ohne aber dad Armeecorps zu opfern, noch die Haupiftädte einem Bombardement auszuſetzen, d. 5. dad Armeecorps follte die Schlacht verloren gehen troß des einzigen ficheren Veberganged und troß des verfolgenben Feindes, ohne Stabtvertheidigung , auf das linfe Donauufer zu retten ;

3) die Weiſung, eine Deputation an den Obercommanbdanten ber feindlichen Armee gelangen zu laflen.

Jede diefer brei Thatfachen wäre für fich hinreichend gewefen, bad Bertrauen bes Armeecorps in die Männer des Landesvertheidigungs⸗ Ausfchuffes zu erfchüttern; in ihrem Zufammenwirfen aber mußten fie fogar die Befürchtung auftauchen machen, als wäre das Armee corp8 Bisher um ben gelindeften Ausdrudf zu gebrauchen ein brauchbares, aber gefährliched Werkzeug in ungeübter Hand ges weien.

Um alfo inmitten ber politiſchen Umtriebe, denen beſonders in der nächften Zukunft unfer armes Vaterland preiögegeben werben dürfte, feine Stellung auf fireng gefeblihem Boden unerfchütterlich

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behaupten zu können, giebt dad Armeecorps an ber oberen Donau hiermit öffentlich folgenbe Erklärung ab:

I. Das Armeecorp8 an ber oberen Donau bleibt treu feinem Schwure, für bie Aufrechthaltung der vom König Ferdinand V. fanctionirten Eonftitution des Königreiches Ungarn gegen jeden äußes ren Feind entfchieden zu ftreiten.

II. Mit derfelben Entfchiedenheit aber wird dad Armeecorps an der oberen Donau auch allen Denen entgegentreten, welche durch unzeitige republifanifche Umtriebe im Innern des Landed das cons ftitutionelle Königthum zu flürzen verfuchen wollen.

1. Aus dem Begriffe der conftitutionellen Monarchie, für welche dad Armeecorpd an ber oberen Donau bis an den lepten Mann einfteht, folgt von felbft, daß es einzig und allein nur jeneu Befehlen folgen dürfe und wolle, weldye ibm vom verantwortlichen föniglichen ungarischen Kriegeminifter oder deſſen durch ihn ſelbſt ers nannten Stellvertreter, gegenwärtig General Better, in gefeblicher Form zufommen.

IV, Da das Armercorpd an ber oberen Donau, eingebenf des auf die Eonflitution Ungarns geleifteten Eides, und eingebenf feiner Ehre, fich volllommen bewußt geblieben, was es foll und will, fo erklaͤrt es fchließlich, daß es das Rejultat irgend einer mit dem Beinde gepflogenen Uebereinkunft nur bann anerfennen werde, wenn folche einerfeits jene Verfaffungsform Ungarns, auf welche das Armeecorps beeidet wurde, anderſeits die Kriegerehre des Armeecorp® ſelbſt garantirt.

Waitzen am A. Januar 1849.

Goͤrgey m. p., Öeneralmajor.

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Möge Goörgey es einſt vor Bott und der Welt verantworten, daß er durch Verfaſſung dieſer Actenftüde und durch deren Publication den Keim zu jener Zwietracht legte, der fpäter dad unglüdliche Vater⸗ land zum Opfer fallen mußte! Ich will verſuchen, auf bie Unzu⸗ fömmlichfeiten und Unrichtigfeiten , welche diefelben enthalten, ganz kurz hinzuweiſen.

Goͤrgey ſucht feinem Armeecorps, den Glauben beizubringen, daß die Schuld der bisherigen Verluſte ausſchließend auf die Regie⸗ rung falle, und führt in letzter Analyſe dafür den Beweis an, daß er in ber Linie vor Bieske zumKampf entjchloffen gewefen, daran aber durch die gemeffenften wenig motivirten Bes fehle der Regierung verhindert und zum Rüdzug in bie nähfte rüdwärts gelegene Rinie gezwungen worben fei. Betrachten wir die Sache genau, fo werden wir finden , baß der Bes fehl zum Rüdzug Görgey erft nad) dem Treffen bei Moor zuge fommen fein Tann. Nach dem unglüdlidhen Ausgang dieſes Treffens aber war der Ruͤckzug nicht nur motivirt, fondern fogar durch die Uebermacht deo Feindes und befien Vordringen aufder Stuhl⸗ weißenburger Straße notbwendig geworben. Wollte Goͤrgey den Kampf in Bicoke annehmen und ſich dort behaupten, fo mußte er zur Flankendeckung linke gegen bad 1. öfterreichifche Armeecorpo, wenn er eine zweite Auflage von Moor erleiden wollte, zum minbes fen 10,000 Mann entienden. Da aber feine ganze Armee da⸗ mals faum mebr als das Doppelte bievon zählte, und ein Theil ders felben noch die Grauer Chauſſee und die anderen Nebenſtraßen zu deden hatte, fo frägt fü): Mit welcher Kraft man wohl ber öfters reichifchen Hauptmacht vor Bicoke hätte bie Schlacht anbieten können? Eva mit 6— 7000 Mann? Görgey durfte als Heerführer eine

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ſolch unüberlegte Handlung felbft dann nicht begehen, wenn man fie ihm anbefohlen hätte.

In berfelben Anfprache an fein Armeecorpd wagt Görgey ber Regierung ben Borwurf zu machen, daß „fie die Hauptftabt uns begreiflichermweife verlaffen und bad Armeecorps daburd, mehr noch aber durch die ohne Vorwiſſen und Einwils ligung des Armeecorp& an ben Obercommandanten ber feindlichenTruppen entfendete Deputation, einer rath- und thatlofen, ja fogar zweideutigen Lage überliefert habe.“

Das Erftere that die Regierung auf Befchluß des Reichötages ; zur Gentralleitung der militärifchen Operationen aber ließ fie den mit allen Bollmachten befleideten proviforifchen Kriegsminifter General Vetter zurüd, Diefer forgte auch dafür, daß das Armeecorps in feine rath⸗ und thatlofe Lage fomme, fonbern zur rechten Zeit und aus ben geeignetften Händen die Dispofitionen erhalte. Was bie Entfendbung der Deputation betrifft, fo ift zwar nicht zu laͤugnen, daß ſolche zur unrechten Zeit abging, allein nichts deſtoweniger bleibt die Art, wie Görgey biefen Vorgang feiner Armee darſtellt, eine offenbare Verbrehung, ja fogar eine Unwahrheit, denn nicht die Regierung , fonbern ber Reichötag war es, welcher die Der putation veranlaßte; der Reichstag aber war durch feine Macht⸗ vollfommenheit befähigt, jede feiner Handlungen nur vor fi ſelbſt zu verantworten. Endlich fonnten die Ausbrüde, in welchen Goͤrgey von dem Landesvertheidigungs⸗Ausſchuß, der damals ein⸗ zigen Regierung im Lande, ſpricht, auf nichts Anderes, als auf die Untergrabung jener Achtung hinzielen, welche dieſe Behoͤrde damals im Lande genoß, und ohne die ſie eben ſo wenig, wie jede audere zu beſtehen und ihren hohen Beruf zu erfüllen vermochte, Die Er⸗ Hlärung Goͤrgey's enthielt daher nichts weniger als bie Abficht, den

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Landesvertheidigungs-Ausfhuß zu fürzen. Was aber mit dem Sturz des Ranteövertheidigungs » Ausfchufles erfolgt wäre, das weiß Jeder, ber um diefe Zeit in Debreczin weilte. Zunächſt hätte fidy die nationale Repräfentation , der Reichötag, und fomit bie concentrirte, moralifche Kraft der Nation aufgelöft, und die Kata⸗ ftrophen , welche fieben Monate fpäter erfolgten, unb worunter Bis lägo8 als bie traurigfte hervorragt, würden gleich im Beginne ein; getreten fein! Unglüdliche Berblendung, die von ftrafbarem Ehrgeiz - getrieben ſich anmaßt, dem Volke, das nach) Unabhängigkeit ringt, den eigenen Willen aufbringen zu wollen!

Waͤre Görgey, als er fich zu dieſem Act der Untreue gegen bie Regierung verleiten ließ, an der Spige einer Armee von 60— 70,000 Mann geftanden , fo könnte man verfucht werben, zu glaus ben: er that dies, geflügt auf feine Kraft und in den Wahn, mit dem Feinde auch allein, und fchneller und ficherer, wie im Vereine mit der Regierung fertig zu werden. So aber zählte Goͤrgey's Korps in Waitzen kaum 15,000 Mann, während die auf den ande⸗ sen SKriegöfchauplägen vertheilten 80,000 Mann der ungarifchen Wehrfraft in die von ihm verfchmähte Regierung ihr volle Ber trauen und ihre einzige Hoffnung ſetzten. Oder wollte Goͤrgey fih und feinem Armeecorps eine felbftftändigere Stellung vinbiciren, wie fie die anderen Corps befaßen? Mit welchem Rechte? Hatte er und jein Armeecorps dem Baterlande wichtigere Dienfte als die ans deren geleiſtet ? "War er in blutigere, heftigere Kämpfe verwidelt ge; weien, wie die Heertbeile im Banat, Bäcs und Siebenbürs gen? Hatte er glängendere Waffenthaten aufzuweifen? Vergebens jucht und forfcht man nad halbwegs fichhaltigen Gründen , welche dieſes Auftreten Goͤrgey's rechtfertigen ließen, wenn es nicht ans der& ber war, fein Armeecorps ber Regierung abwendig zu machen

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und an feine PBerfon zu fetten, ein Grund, jedenfalls aufgeflärt unb erwiefen durch fein fpätered Benehmen und durch den Schlußact bed großen Dramas, bei bein er die Hauptrolle fpielte.

Wenn wir auch zugeben, daß der Zuſtand des Armeecorps, durch die herrfchende Entmuthigung und die zahlreichen Defertionen, einen energifchen Aufruf und eine fräftige Erklärung, erheiſchte, ja dringend nothwendig machte fo frägt ed fi, ob die anderen Armee; corps nicht in derfelben, manche noch in fchlimmerer Lage waren? ob die Führer berfelben nicht eben fo ermuthigend und aufrichtend auf - den Geift ihrer Truppen wirfen mußten, und ob fie deshalb noth⸗ wendig fanden, von dem Pfad der Loyalität abzümweichen und zu einer ärmlichen Galumnie ihre Zuflucht zu nehmen?

Ich übergehe hier jede Kritik oder Widerlegung der zweiten Er- klaͤrung, fie iſt aus berfelben Feder geflofien. Nur das Eine er- füllt bei derfelben den PBatrioten mit noch tieferer Trauer, daß fich die höheren Offiziere bed Armeecorps bereit finden konnten, biefelbe zu beftätigen. Hätte man bad Corps felbft,, die Unteroffiziere und bie Mannfchaft befragt, man würde gewiß ein anderes Refultat erhal ten haben.

Die Proclamationen vom 6. Januar waren der, durch die Ur- heber forgfältig genährte Samen jenes Mißtrauens zwifchen ber Regierungsgewalt und einem Theile der Armee, alöd befien reife Frucht wir fpäter den Untergang und das Verderben des Vaterlan⸗ des mit tiefer Trauer gewahren !

Nach Erlaß und Veröffentlichung dieſer verhängnißvollen Acten⸗ ftüde legte Börgey Hand an die Reorganifirung und neue Ein- theilung feines Armeecorps. Die vielen durch maffenhafte Aus: tritte erlebigten Offizieröftellen wurben befeßt, Ordnung und Disci⸗ plin eingeführt, und das Armeecorps wie folgt eingetheilt :

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Gorpscommandant: Görgey. Generalſtabschef: Oberftlieutenant Pusztelnik. 1. Diviſion Oberft Aulih, . . . 3 Bat., 8 Esc., 16 Geſch. 32. Oberfſtlieutenant Emetty, 3 A 16 3. „Oberſt Biller, . . . 3, 7,13 4. OSberſt Buyon,. . . 4, 3 „16

Golonne des Oberftlieutenant Simonyi, 2 Bataillons, 1 Escadron und 8 Geſchuͤtze. |

Das Armeccorpd an ber oberen Donau zählte fomit bei feiner Bereinigung in Waitzen und nad Abgabe mehrerer Truppenab- theilungen an Berczel: 15 Bataillons, 23 Escadrons, und 72 Ge⸗ füge, mit 15,000 Dann und 2500 Pferden.

Rad) dem in Peſth feftgefeuten allgemeinen Bertheidigungsplan, blieb es Börgey unbenonmen, von Waitzen an, die weitere Rich⸗ tung feiner Operationen nad) eigener Einficht und den Umftänben angemefjen , felbft zu beftimmen ; nur follte er Davon ungefäunt das Kriegäminifterium in Kenntniß fegen und feine Hauptaufgabe: die Borrüdung an bie obere Donau, fowie feine Verbindung mit Komorn auf der einen, mit den Bergftädten auf ber anderen Seite, nicht aus den Augen verlieren. Görgey erkannte die Um⸗ Rände feinem Vorhaben günftig: Bor fih, bis an die mährifch- öfterreichiiche Grenze hatte er blos daB viel fchwächere feindliche Corps von Simunich, welches fid) mit der Belagerung von Leopolbftabt beicyäftigke ; in Komorn wußte er eine Befagung von 8—9000 Mann, mit der ihm die Verbindung offen ftand ; die Bergftäbte und das obere Waagthal hielten Beniczky und andere kleine Abtheilungen beſetzt, und in Oberungarn glaubte er Mas zaros mit großer Ueber⸗ macht im Anzuge gegen Schlick. Died Alles erwogen, beſchloß er, an die Wang vorzurüden, bie Zeitung Leopoldſtadt zu entjegen,

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Simunich über die Grenze zu treiben und fi) dann, je nach Um⸗ ftänden, entweder über Tyrnau gegen Preßburg zu wenden, ober in umgefehrter Richtung feine Operationen in das obere Waag⸗ und Grantbal zu verlegen. So gewagt auch biefer Blau auf den erften Blick erfcheinen mag, fo wenig abenteuerlich wird man ihn finden, wenn man bie Kräfte in Rechnung zieht, worüber Görgey damals zu verfügen mehr ald die Wahrfcheinlichkeit hatte.

Das Armeecorps Goͤrgey's zählte 15,000 Mann, die Bes fagungen von Komorn und Leopoldſtadt zufammen 10,000 Beniczfy und Buerlonde im oberen Waagthal und den Berg- ftädten A000, wenn Schlid, wie ed damald allen Anfcein hatte, nah Galizien zurüdgebrängt wurde, konnte dad Armee: corps an der oberen Theiß A000 Mann Berftärkung enden, im befieren Falle fi) ganz anfchließen; dazu in allen Eomitaten bie fortgefegte Aushebung von Nefruten, Organifirung von neuen Bas taillond, Pulvermühlen, Munitions⸗ und WVaffenfabrifen u. f. w. Bei folchen Factoren, geftügt auf zwei Feſtungen und ein gutgeſinn⸗ tes Volf, und während die öfterreichifche Hauptarmee in Mittels ungarn, durch eine anfehnliche, von Tag zu Tag anwachſende Macht an der Theiß in Schady gehalten wurde, fann man Goͤrgey's Plan, ſich an der oberen Donau oder doch in Oberungarn fehzu- fegen, bi8 die Zeit der Offenfive gefommen war, eben nicht für übers ſchwaͤnglich kuͤhn und um fo weniger für unausführbar halten. Zwei Divifionen, Aulich und Piller, follten zur Ausführung diefer Abfichten ihre Richtung über Szalka, Kemend, auf Verebély nehmen, mit Komorn bie Berbindung herftellen und auf ber Höhe von Berebely die Ankunft Goͤrgey's mit dem Reſt bed Armeecorps erwarten, ber für feinen Theil den Weg über Retfäg, Oroszi, Ipolyfäg und Leva nehmen wollte. Bon

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Verebély ſollte die weitere Vorrückung gemeinſam über Neutra erfolgen. Bevor Goͤrgey Waitzen verließ, ſchickte er noch drei Couriere ab, einen an das Kriegsminiſterium mit der Mittheilung ſeines Planes und der gleichzeitigen Bitte um Geld, den zweiten an Mé6zaros, den er bereits in Kaſchau glaubte, und ben drit⸗ tm an den Eommandanten ber Feſtung Leopoldſtadt mit dem Befehl, die Feſtung um jeden Preis zu halten, indem er bereitd zu ihrem Entſatz vorrüde.

Die Divifionen Aulich und Piller verließen Waitzen fon am 6., am 7. folgte auch Goͤrgey mit dem Refte des Armeecorps und dem Hauptquartier, Die Märfche waren moͤglichſt Elein. Görgey wollte die Truppen nicht anftrengen, bebachte aber nicht, bag fo Feine Märfche ihm vor der Zeit den verfolgenden Feind auf ben Hals brachten. Am 9. war erft Ipolyfäg erreicht; hier ers fuhr man, daß die Vortruppen von Windifchgräs, zur Auffuchung und Verfolgung Goͤrgey's entfendet, bereits in Retfäg ftänden, Am 10. langte Görgey in Magyarab und Szäntö an. Bon bier erließ er den folgenden Tagesbefehl an feine Truppen, worin er fie zur Ausdauer und Tapferkeit ermahnt, fich aber wieder eines Ausfalles gegen die Regierung bebient :

Magyarad, 10. Januar 1849, Brüber ! Der Augenblid iſt da, endlich einmal nad) Herzensluft zu ſtrei⸗ tm, was wir fo lange nicht geburft! Jetzt hält nicht Politik, nicht höherer Befehl und ab von ber lange erfehnten, der entfcheidenden Schlacht! Wir find umringt von Feinden!

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Auf! gegen fie in ben Kampf auf Leben und Tod, für bad alte, angeftammte Recht aller Völker, für die Freiheit!

Wir werben fiegen, und dieſer Sieg vergift euch jedes Leid und alle Mühen, die ihr fo ſtandhaft ertragen habt!

Des befreiten Volkes Eegen Dein, der ſiegend fällt; bed Vater: landes Fluch dem Feigen!

Offiziere vor! Vor die Tricolore! Bruͤder! mit gefälltem Bajonnet der Tricolore nach!

Goͤrgey, General.

Don Magyaraäd erreichte die Hauptmacht am 11. Loͤva; die Vorhut der Diviſionen Aulich und Piller ruͤckte am rechten Granufer bis Verebély vor. An demſelben Tage griff der Feind die Arriöregarde unter Guyon bei Gyerk an, draͤngte fie auf Magyarad zurüuͤck und feste fid) in den Belig der von Ipolyfäg über Nemetbi, St. Antal auf Schemnig in den Rüden Börgey’s führenden Straße. Die Stärfe diefer feindlichen Colonne unter General Cſorich betrug 8 Batalllone, 6 Escadrons und 36 Geſchuͤtze.

Hätte Görgey ſich nicht in Waitzzen verfpätet und ftatt ber feinen Märfche ber folgenden Tage einige foreirte gemacht, fo würde er fi vor jeder Verfolgung auf der Hauptftraße gefichert haben und ſchon am 10. im Stand gewefen fein, eine feiner Divifionen von Léva in die Bergftädte, eine andere fleinere Abtheilung gegen Komorn zur Verbindung mit diefer Feftung zu entfenden und mit ber Hauptmacht gegen Keopolbftadt vorzubringen. Im Krieg heißt e8 mehr als irgend wo im Leben: Zeit verloren, Alles verloren!

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Die Nachrichten, welche Görgey in Léva erhielt, und bie nichtö weniger als erfreulich waren, ließen ihn über die Wahl feiner nächflen Operationen nicht lange im Zweifel. Beniczky berich⸗ tete, daß er aus dem oberen Waagthal, ja felbft aus ber Thursg durch Götz verdrängt worden und im Rüdzuge auf bie Bergftädte begriffen fei; baß feine Kraft ferner zu gering wäre, um bie dahin führenden Paͤſſe erfolgreich zu vertheidigen, und er um eilige Unter, Rüdung bitte, Auf der zweiten Seite rüdte eine flarfe öfterreis hifche Eolonne von ber Waag über Groß⸗Tapolcſany vor, um fih mit Götz zu verbinden, und auf ber britten Seite war bie oͤſterreichiſche Hauptcolonne in vollem Anrüden auf Zeva. Diefe hatte überdies eine Seitencolonne auf ber Fürzeften Straße rechtö gegen Schemniß vorgefhoben. Goͤrgey beſchloß nun, ben Ents japverfuch von Leopoldftadt aufzugeben, ſich mit feinem ganzen Corps in die Bergftädte zu werfen, und im Falle eines weitern Ruͤck⸗ zuges, diejen burch bie Zip 8 und Goͤmoͤr an die obere Theiß zu bewerkſtelligen. An einen entfcheidenden Ruͤckſchlag gegen das nachſetzende feindliche Corpo dachte er nie, weil er zu wenig Vers trauen in bie eigene Kraft fette und den Feind für ftärfer hielt, als derfelbe war.

Am 12. wurbe die Arriöregarbe unter Guyon zum zweiten Male bei Szant angegriffen, der feindliche Angriff jedoch abge⸗ Ihlagen. Die Divifionen Aulich und Piller erhielten an dieſem Tage ben Befehl, ſich an der Gran über St. Benedek, Zſarnoͤtz gegen Kremnig zu ziehen, während Gorgey ſelbſt mit den anderen Dioifionen in der Nacht um 10 Uhr aufbrach und den Weg über Bafabanna md Schemnig einfhlug. Am 13. 1 Uhr nad Mittag langte auch dad Hauptquartier daſelbſt an. Die Divifion Buyon, bie Arrieregarbe bilbend, blieb in Bakabaͤnya und

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Bath, bie Divifion Kmetty in Windfhadht und Eon- currenz.

In ber Nacht vom 12. zum 13., während des Marſches von Léva auf Schemnig, brachten Landleute die Nachricht, daß ber Feind mit feiner Hauptmaht den Weg über Nemethi gleidhs falls auf Schemniß eingefchlagen habe und am 12. mit feiner Avantgarde bereits in Pes zer, 1 Meile vor Nemethi, eingerüdt fei. Erwies ſich diefe Nachricht als wahr, fo konnte die Lage des Armeecorps fehr Eritifch werden, da man unbegreiflichermeife dieſe wichtige Verbindung gaͤnzlich außer Acht gelaffen hatte, und wenn der Keind bereitö in Beszer war, berfelbe am nächften Abend eben fo gut in Schemniß einrüden und dem Armeecorps ben Weg vers fegen konnte. In aller Eile wurde nun in berfelben Nacht noch eine Abtheilung von einigen hundert Freiwilligen mit zwei Geſchützen unter Major Ladislaus Pongraͤtz in dad Schemnip-Nemether Defile geworfen, um fich, wenn nöthig, bis auf den legten Mann dafelbft dem weiteren Vorbringen des Feindes entgegenzuftellen. Die Heine Eolonne erreichte am 13. Mittags glüklid Nemethi, und hatte diefen Ort faum beſetzt, als eine feindliche Cavallerie⸗ Abtheilung auf der Straße erfchien, raſch einen Angriff verfuchte und nach ein paar gewechfelten Schüffen und dem Verluſt einiger Leute fih eben fo fchnell wieder entfernte, als fie gefominen war. Die nadhrüdende feindliche Eolonne verfuchte, als fie das Defile befegt fand, eben fo wenig einen ernfthaften Angriff und blieb in ihrer beobachtenden Stellung. Ueberhaupt zeigte es ſich bald, daß obige Nachrichten übertrieben waren, und hier nicht die feindliche Hauptmacht, fondern nur eine ganz ſchwache Seitencolonne vor rüdte. Die feindlihe Hauptmacht bewegte fich inzwifchen von Ipolyſag über Magyarad und Szänto gegen Leva, um fih

von dort mit Simunich in Verbindung zu feben und bie Verfol⸗ gung Goͤrgey's fortzufegen.

Am 14. kam ein Courier von Debreczin in Schemnig mit Gelb für das Armeecorps und einen Schreiben Koſſuth's an, worin biejer Görgey im Namen Gottes, des bedrohten Vater: landes und ber Geſchichte auffordert, die unheilvolle Bahn zu vers faffen, welche er durch den Erlaß feiner PBroclamationen in Waitzen betreten, und mit ber Regierung ſich wieber eng und innig zu verbins den. Ebendaſelbſt erhielt Goͤrgey Kunde von ber Niederlage des Mészaros vor Kaſchau und ben Befehl bed Kriegdminifter riums, Schlid in ben Rüden zu fallen, und durch die Zips oder Gömör vorrüdend, feine Berbindung mit der oberen Theiß- Armee zu fuchen.

In Folge diefes Befehls, der mit feinen früher erwähnten Abs fihten ohnedies übereinftimmte, bezog dad Armeecorps am 15. fols gende Bantonnirung: Divifion Aulich: Kremnitz; Divifion Piller: Szents Kereszt (Heiligenkreuz) und Zfarnög, Diviſton Kmetty: O'Zolyom (Altſohl). Die Colonne Simonyi mit dem Hauptquartier in Schemnig und die Diviflon Guyon in Winds ſchacht. Die feindliche Haupteolonne hatte an demſelben Tage Teva erreicht und ihre Avantgarde bis Bath und Bafabänya vorgefchoben. Goͤrgey glaubte hier feinen ermüdeten Truppen, wenn ihm died anders der Feind geftattete, einige Ruhe zu gönnen, wurbe aber fchon am zweiten Tage von der Intenbantur mit der Nachricht überrafcht, daß im ganzen Thale der Bergftäbte faum auf einige Tage Berpflegung aufzutreiben ſei. Er befchloß nun, bie an» fänglich gefaßte Idee einer längern Vertheidigung ber Bergfädte aufzugeben und dem Gebot der Rothwenbigkeit, fo wie den Befchlen des Kriegsminiſters entfprechend, mit feinen Corps den Weg in bie

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Zips zu nehmen. Zu diefem Ende wurden am 18. die Divifion Kmetty mit der Colonne Simonyi und dem Hauptquartier nach Beszterezgebanya GReuſohl) verlegt und Dispofitionen getroffen, um in ben nächften Tagen das ganze Corps bafelbft zu concentriren. Bevor bied zur Ausführung kam, griff der Feind auf allen Punk⸗ ten an.

Gefechte bei Windſchacht, Schemnig und Zſarnoͤtz 21. und 22. Januar.

Das Gros bed feindlichen Armeecorpd unter Eforich verließ nach mehrtägigem Verweilen am 20. früh Loͤva, marfchirte mit der Brigade Wifd bis Bakabanya, mit ben übrigen Truppen bis Bäth vor, und rüdte am 21., nachdem es fich rechts auf ber Né— mether Straße und links an der Gran über St. Benedek durch Seitencolonnen verſicherte, gegen Schemnitz und Windſchacht vor, wo Guyon den ſtrengſten Befehl hatte, ſich mit ſeiner Diviſton bis auf das Aeußerſte zu halten. Beim Anrüden des Feindes bes febte Buyon bie Anhöhen des Warthas Berges oberhalb Wind⸗ ſchacht, fo wie die nördlich und füdlich befindlichen Deboucheen vor Steffaln und Hodricsbanya, und ftellte feine Referve in Windſchacht und auf ben beiberfeitigen Höhen vor diefem Dorfe auf. Nachmittags 2 Uhr entfpann fich dad Gefecht am Warthas Berge; die feindlichen Colonnen griffen mit großer Entichloffenheit an, und da zu berfelben Zeit eine ftarke feindliche Umgehungs«s Eofonne, welche ihren Wegfüber Almas und Pocſuvadlo genommen hatte, die Stellung am WarthasBerge im Rüden bebrohte, ents ſchloß fih Guyon bei der Schwäche feiner Divifton und ber außers dem nothwenbig gewordenen Zerflüdelung berfelben, fi auf bie Vertheibigung von Windſchacht zu befchränfen. Er räumte zu

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dieſem Zweck die Wartha-Höhen und vereinigte ben größeren Theil ſeiner Diviſion in Windſchacht und auf den beiderſeitigen Höhen dieſes Dorfes. Die Truppenzahl, über die Guyon hier verfügte, beftand aus 3 ſchwachen Batalllons, 2 Escadrons Hufaren und 12 Gefchügen. Der Feind griff mit ber Brigade Wiſs und einer ſtarken Reſerve fofort auch diefe zweite Stellung an, fonnte aber trog feiner numerifchen Weberlegenheit mehrere Stunden hin» durch Fein Terrain gewinnen. Der Löwenmuth, mit welchem Buyon den Ort vertheibigte, feine zaͤhe Ausdauer, machte alle Ans ſtrengimgen des Beindes heiten. Erſt fpät Abends gelang es Lezterm, Die Ausgänge des Dorfes zu gewinnen; aber num erft ents ſpann ſich das hartnädigfte Gefecht. Haus für Haus mußte ges nommen werden, und wiederholte Fühne Bafonnetangriffe der Uns garn zwangen endlich Eforich, bei Einbruch der Dunfelheit dad Bes fecht abzubrechen und auf den weiteren Angriff zu verzichten. Cine zweite feindliche Colonne verfuchte an demſelben Tage über Hodricz in die rechte Flanke Guyon's vorzubringen, wurde aber von einer dort aufgeftellten Abtheilung am Deboudiren verhindert und mußte fib auf Zſarnstz zurüdziehen. Minder glüdlich fiel die Bertheis digung der Steffalner Defilsen aus, wo es endlich gegen 10 Uhr Abends einer britten Eolonne bed Feindes gelang, fich in den Beſitz berfelben zu fegen und von dort Buyon im Rüden zu bedrohen. Um nicht wirklich umgangen und von feiner einzigen Rüdzugslinie verdrängt zu werden, fah fih Guyon während der Nacht genöthigt, ſaͤmmtliche Abtheilungen feiner Divifion einzuziehen und feine Ges fechtsſtellung für den nächften Tag unmittelbar vor Schemniß zu wählen.

Am 22. follte der Feind durch die Diviflon Piller, die un⸗ verantwortlicdyerweife am 21. am Gefechte keinen Theil genommen,

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über Zf arnétz in Flanke und Rüden angefallen, und dadurch Guyon bie Bertheidigung von Schemnitz erleichtert, unb im befieren Falle ein offenfiver Rüdfchlag ermöglicht werben.

Am 22. rückte der Feind, fich um den Flankenangriff der Divi⸗ fion Piller wenig kuͤmmernd, mit ganzer Macht von Wind ſchacht gegen Schemnig vor, zwang Guyon nad) kurzem Ge: fecht mit feinen auf dad Hoͤchſte ermatteten Truppen zum Rüdzug auf Belabänya. und befegte die Etadt. Bei der Verwirrung, welche plöglich die Arrieregarde der Ungarn ergriff, fielen den Defters reichern mehrere Kanonen und Munitionswägen in die Hände. Die Divifion Guyon nahm ihre Richtung auf Neuſohl, wo fie, vom Feinde unverfolgt, noch an bemfelben Tage einrüdte und mit den anderen Diviftonen fich vereinigte.

Die Divifion Piller oder vielmehr die Brigade Pusztelnik von biefer Divifion, zu ber fid) am 21. Abende Goͤrgey felbft ver- fügte, verfuchte am 22. wirklich ben Blanfenangriff. Sie griff von Heiligenkreuz über Zfarnög die über Hodritz vorbringenbe Binfe- Flügelcolonne des Feindes an, wurde aber von biefer in ein walbiged Defils gelodt und bei ihrem voreiligen, unvorfichtigen Bors dringen mit Cavallerie und Cavallerie⸗Geſchützen an der Spige, von allen Seiten plöglic angefallen und zurüdgemorfen. Görgey verfuchte vergebens, die weichenden Abtheilungen perfönlich vorzu⸗ führen; ‘ber Hinterhalt, in den fie gerathen waren, hatte fie mit ſolchem Schreck erfüllt, daß fie nicht mehr zum Stehen zu bringen waren. Bünf Cavallerie⸗Geſchuͤtze fielen bei biefer Gelegenheit in die Hände des Feindes, Pueztelnik, der furz vorher die Gene⸗ raltabögefchäfte ded Corps an Major Bayer übergeben und biefe Brigade übernommen hatte, fiel an der Epipe einiger Freiwilligen, mit welchen er fi dem Feinde entgegenwarf, um feine bebrohten

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Geihüge zu retten, von drei Stugenfugeln ſchwerverwundet, in feindliche Gefangenfchaft, wo er bald in Holge feiner Wunden farb. Börgey feld blieb in böchfter Aufregung über die fchmachvolle Bludht feiner Truppen unbeweglich auf dem Schlachtfelde und war nur mit Drühe von feines Umgebung zurüdzubringen.

An demfelben Tage concentrirte die Divifion Piller fich wies der in Heiligenkreuz, und am folgenden trat fie ihren Rückzug auf Neuſohl an.

Wäre die Divifion Kmetty, ftatt in Neuſohl, in Schemniß zur Unterftügung Guyon's geftanden, fo ift es fehr wahrfchein- ih, vaß ber Feind am 21. und 22. auf dieſer Seite nicht bis Schemnitz fam, und ein wohleingeleiteter, rechtzeitiger Angriff auf die feindliche Flanke von Zfarnög ber mit der Divifion Piller, ihn in die mißlichfle Lage gebracht haben würde. So aber hatte dad feindliche Corps, welches fehr leicht auf drei Armees Divifionen mit 12 13,000 Mann mit 42 48 Gefchüßen hätte ftoßen können, kaum A000 Ungarn vor fi daher bie glänzenden Erfolge für den Feind und bie unverhälmißmäßigen Verluſte Goörgey's. Der Berluft in den Gefechten bei Win d⸗ ſchacht, Schemnitz und Zfarnöp am 21. und 22. betrug mehr ald 700 Mann an Todten, Berwundeten und Gefangenen, dann 10 Geſchuͤde mit mehreren Munitions⸗ und Bagagewaͤgen. Der feindliche Verluft war unbedeutend und ftand in feinem Ver⸗ gleich zu jenem der Ungarn; ein Beweis, daß diesmal mehr das vortrefflicy eingeleitete Manöver von Seite des Feindes, als ber wirfliche Kampf bie Entfcheidung herbeiführte.

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Gefecht bei Turczek 17. Januar.

Slüdliher ald bei Schemnit und Zſarnétz waren bie Ungarn in einem Gefechte gegen Goͤtz bei Turczek. Wie er wähnt, hatte Aulich mit feiner Divifion fhon am 15. Befehl erhalten, die aus der Thuröp in bie Bergfiädte und vorerft nah Kremnitz führende Gebirgäftraße zu befegen und ein feind- liches Vorbringen auf bderfelben um jeden Preis zu vermehren. Aulich, in richtiger Erfenntniß feiner Aufgabe, erwartete ten Feind nicht erft in den Defileen vor Kremnig, fondern ging, nachdem er die aus der Thuröp zurüdweichende Heine Abthei⸗ fung unter Horväth aufgenommen, dem Yeinde entgegen; griff ifn am 17. bei Zurczef an, trieb ihn auf Moſod zurüd und ficherte durch biefed rechtzeitige Unternehmen den [päteren uns gefährbeten Rüdzug des Armeecorps durch die nördlichen Berg: ftäbte. Goͤtz blieb in Mofog und machte bis zur Räumung von Kremnitz feinen weiteren Berfuch mehr, die dahin führenden Bäfle zu erzwingen. Mittlerweile hatte Goͤrgey mit allen andern Divifionen Neufohl, den fchon früher erkornen Bereinigungs- punkt, erreicht und an Aulich den Befehl erlafien, fi auf dem kürzeſten Wege gleichfalls dorthin zu begeben. Kremnit liegt in einem von mächtigen Bergen umfchloffenen Gebirgskeſſel und tft nur über Szt. Kereszt durch eine vortheilhafte Communication mit Schemnig verbunden, welches bie Defterreicher bereits befegt hatten. Rah Neuſohl führte von Kremnig, da bie beiden Städte durch einen bei &000 Fuß hohen Gebirgörüden getrennt find, feine Straße und blos ein verlaffener Gebirgspfad, der an den meiften Stellen ungangbar und verfchüttet war. Oberſt Aulich ließ diefe Communication durch die Pioniere feiner Divifion mit Hülfe der

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Bergleute herftellen, und zu bemfelben Zwecke auf einer bedeutenden Höhe des Bergrüdend fogar einen alten verfchütteten Bergſchacht audgraben, mit Gebälfe unterftügen und ald Tunnel verwenden. Die ganze Arbeit war in einigen Tagen vollendet und verdient mit Recht bewundert zu werden, wenn man bedenkt, welche ungeheure Anftrengungen es often mußte, um einen fchlechten Fußpfad uͤber einen fo hohen ©ebirgsrüden für eine Armee» Divifion mit Artillerie und Savallerie vollkommen gangbar herzuftellen. Aulich bewerk⸗ ftelligte diefen meifterhaften Gebirgsübergang am 23. Januar und fangte am folgenden Tage in Neufohl an, wo er fich mit ber Hauptmacht vereinigte, nachdem feine Arrieregarde die Communica⸗ tionen hinter ich gänzlich zerftört hatte. In Neuſohl fchloffen ſich auch die Abtheilungen des Beniczty’fchen Detachements und mehrere inzwifchen in dieſen Comitaten errichtete Honved » Bataillons dem Armeecorpd an, wodurch baffelbe um 3 4000 Mann ver Kärft, einen mehr als dreifachen Erfag für die legten Berlufte erhielt.

Am 24. theilte Görgey fein Armeecorpd in zwei Colonnen: bie größere aus den Divifionen Aulich, Kmetty, der Colonne Simonyi und dem Hauptquartier beftehend, follte unter feinem perföntichen Commando den Weg in die Liptau nehmen, den cher: gang über den Stureh bewirken und durch das obere Waagthal über Szent⸗Miklos, Hibbe, auf Popräd vorrüden. Die zweite Colonne, die Divifionen Guyon und Piller, hatten ihren Marfch im Granthale über Breznobänya fortzufegen, bei Böroskö auf die Rimaszombather Straße zu gelangen, von bort den hohen Sehirgsrüden, der das Thal der Hernäd von dem Granthale ſcheidet, zu überfleigen, in die Zips zu rüden und auf der Höhe von Kaposztafalva (Rabsdorf) mit der Hauptcolonne die Verbin⸗ dung wieder anzufnüpfen. Auf beiden Wegen hatte die Arriere>

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garde mit Hülfe der Bewohner alle Straßen und Paͤſſe Hinter ſich unfahrbar zu machen und zu verrammeln, in Wäldern und Thälern Verhaue anzulegen, mit einem Worte Alles aufzubieten, was ben Feind an einer rafchen Verfolgung verhinderte und dadurdy das Corps felbft in den Stand feßte, den möglichften Vorfprung und genügende Zeit zur aggreffiven Action zu gewinnen. Die Aus- führung diefer Dispofitionen begann man am folgenden Tage.

Am 25. und 26. wurde trog ber ungeheuren Schnee und Eis⸗ maffen der Uebergang über den Sturch mit ber Hauptcolonne glüdlich bewerkitelligt, während die zweite Colonne, gleichfalls vom Feinde unbeläftigt, ihren Marſch an der Gran fortfegte und Brez⸗ nobänyan erreichte. Der Uebergang über ben Stureg auf einer fchmalen , längs fchroffen Abhängen und wilden Schludhten hinfüh—⸗ renden, im Winter nicht felten für einfache Fuhrwerke unpraftifablen Gebirgsſtraße, bildete während dieſes Rüdzuges eine der jchönften‘ Epifoden, und es gehörte die ganze Energie Goͤrgey's, die ganze Aufopferung der Truppen und der Befehlöhaber dazu, um ihn im Ans gefichte eines verfolgenden Beindes in fo großer Ordnung und ohne allen Berluft auszuführen. Ungefähr eine Stunde von Neuſohl beginnt die Straße mit einer fteilen Auffahrt, zieht fih dann in großen Wendungen ben Berg hinan gegen Sztarehori, wo fie den 4000 Fuß hohen Gebirgskamm überfchreitet.. Es gewährte einen großartigen Anblid, in biefer wilden Gebirgswelt eine Heeres⸗ Abtheilung von 8000 Mann nıit 40 Gefchügen und 2000 Pferden, ber ganzen Munitionsreferve und einer langen Reihe von Bagage- wigen den mächtigen Gebirgerüden hinanfteigen zu ſehen. “Die Pioniere der Avantgarde waren vorausgeeilt, um alle H'nderniſſe binwegzuräumen, während bie Pioniere der Arrieregarde hinter ſich die Communicationen verbarben und die Brüden abwarfen. Die

Gefchüge und Wägen fonnten nur mit ungehbeurer Mühe vorwärts fommen, und an vielen Stellen mußte ein Theil der Infanterie dazu verwendet werden, fie vorwärts zu fchieben oder bei jähen Abhängen vom Hinabrollen zu fchügen. Der Marfch über den Sztare⸗ bori und den vor dieſem gelegenen Sturegberg währte in einer Kälte von 20 Grad Reaumur 16 Stunden lang ununterbrochen, und erſt fpät in der Nacht rüdten die Truppen in ihre Quartiere, die fie in Alfo, Felſo und Közep-Revutza bezogen, um nad) den ungeheuren Anftrengungen die nöthige Ruhe zu genießen.

Am 27. langte Goͤrgey mit dem Hauptquartier in Roſen⸗ berg an. Bon hier beorderte er Beniczky mit einer hinreichenden Abtheilung zur Belegung des in die Arva führenden Waagfchlüffels und verftärfte die auf dem Stureg zurüdgelaffene Arrieregarde. Letzteres wurde nöthig, da die Nachricht einlief, der Feind ver ſuche trog den Verhauen und Berrammlungen die Paͤſſe daſelbſt zu foreiren. Glücklicherweiſe war dies nicht der Fall, und Görgey ſah fih in der Lage, feinem Corps in Rofenberg und Umgegend eine mehrtägige Raft zu gönnen. Am 29. wurden alle Abtheis lungen wieder eingezogen, und der Marſch an ber Waag bis Szent⸗Miklos und in den folgenden Tagen in Eleinen Märchen über Hibbe, Vihodna, Vaszet aug Popräd fortgefeht, wo Börgey, der in Folge feiner legten Anftrengungen in ein hitziges Fieber verfallen und einige Tage in Bibodna zurüdgeblieben war, am 3. Februar perfönlid, eintraf. Hier erhielt er Kunde von bem glüdlichen Vorbringen der Divifionen Piller und Guyon auf der Goͤmoͤrer Straße, aber auch gleich hierauf jene von dem Ueberfall der Defterreicher auf Iglo (Reudorf).

Um diefen Angriff zu erflären, müflen wir bem folgenden Kapitel vorgreifen und zur Orientirung des Leſers die Stellung des

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oͤſterreichiſchen Corps in Oberungarn kurz andeuten. Schlid hielt um dieſe Zeit die von Kaſchau nach Debreczin führende Straße bis an die Theiß und die über Dufla nah Galizien fuͤh— rende Haupiſtraße befept.

Es unterlag feinem Zweifel, daß er, von Goͤrgey's Eintreffen in feinem Rüden in Kenntniß gefegt, Alles anwenden werde, um ibm fowohl die Deboucheen im Hernäds Thale gegen Kaſchau, wie die Paffe am Braniczko auf der Straße nad) Eperjes zu verlegen, und feine Einfchließung in Verbindung mit Götz, Jablonowoki und einer neuen aus Galizien vordringenden Colonne zu vollenden.

Schlick, mit dem größten Theil feines Arıneecorps an ber oberen Theiß befchäftigt, zog füh daher auf Die Nachricht von dem Erfcheinen Gorgey's in der Zips unverweilt auf Kaſchau zurüd, gefolgt von einer Armee» Divifion Dembinski's, der zur felben Zeit da® Obercommando über die gefammte ungarifche Theißarınee übernoms men hatte.

Ueberfall auf Iglo 3. Februar.

Der Börgey zunäcft ftehende Poſten Schlick's war bie Eolonne ded Major Kiefewetter, welche aus A Compagnien, einer halben Eöcadron und einer halben Rafetenbatterie beftchenb, Leutſchau befept hielt, um gegen Kleinere ungariſche Streifparteicn bie Straßen auf Kaſchau und Eperjes zu deden. Am 2. ers bielt diefer feindliche Commandant Nachricht von der Belegung Ig16’8 durch Guyon, und in dem Wahne, daß bies bloß die Avantgarde oder eine vorgefchobene ſchwache Abtheilung eines nach⸗ rüdenden größeren Corps fei, beſchloß er ſelbe in der Nacht vom 2. auf den 3. zu überfallen.

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Guyon hatte die in ſolcher Nähe des Feindes noͤthigen Vor⸗ ſichtsmaßregeln außer Acht gelaſſen, ſeine Diviſion in Quartiere ver⸗ legt und weder die hinreichenden Vorpoſten ausgeſtellt, noch gegen Leutſchau Patrouillen entſendet; ſo kam es, daß Kieſewetter einen Theil ſeines Vorhabens wirklich ausführen und nach Mitters nacht, al® er vor Iglo eintraf, bis in Die Straßen diefer Etadt ein- dringen und dafelbft die gräulichfte Verwirrung anrichten fonnte. Es brauchte einige Zeit, bis man bei dem fchredlichen Lärm und Gemetzel in den Straßen, die nöthigen Abtheilungen und Gefchüge fammeln und den eingebrungenen Beind mit einigen Kartätfchenlagen und gefälltem Bajonnet aus ber Etadt, die er mit feinen Raketen inzwiſchen in Brand geſteckt hatte, wieder vertreiben konnte. Guyon ſtellte ſich, nachbein dies gefchehen, mit feiner angebornen Kühnheit an die Epige zweier Eocadrons PBalatinals Hufaren, attaquirte ten fliehenden Feind und nahm biefem nicht nur einige während bes Ueberfalles fortgefchleppte Gefchüge wieder ab, fonbern eroberte nebftbei zwei Raketeuwuͤrſte, einige Munitionskarren und 1 Stativ. Der Berluft des Feindes betrug den vierten Theil feiner Leute, auf Seite der Ungarn fielen A5— 50 Mann.

Die feindliche Colonne zog ſich nad) dieſem abgeſchlagenen Ueberfall auf Szepesväaralja zurüd, wo fie am 3. Februar Vor⸗ mittags eintraf, aber fhon eine Stunde nad) ihrem Eintreffen er hin Guyon, worauf fie ſich in größter Eile auf den Braniczko zutückzog, um mit der dort poftirten Abtheilung die nach Eperjes führende Straße zu decken.

Am 3. Februar verlege Börgey fein Hauptquartier nad Leutſcha u, wo es am A. verblieb. Nachrichten liefen ein, daß Jablonowoki, der nad) Cſorich's Abgang dad Commando des feindlichen Berfolgungscorps übernommen, fi mit Goͤtz vers

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bunden habe und in zwei Colonnen gegen die Zip6 vorrüde. Es war nun feine Zeit zu verlieren, ber Paß am Braniczfo mußte forcirt werden. Die Divifion Aulich, die Arriöregarde bildend, wurde dazu beftimmt, einem feindlichen Angriff im Rüden zu begegnen, während das Gros des Armeecorps in zwei Eolonnen auf den Straßen nah Kaſchau und Eperjes vorrüdte.

Erftürmung des Braniczko-Pafled am 5. Februar 1849.

S chlid hatte am Braniczko zur Dedung der Straße nad) Eperjed die Brigade Deym aufgeftellt; während eine Abthei⸗ lung der Divifion Schulzig zur Befepung ded nah Kaſchau führenden Kluknoer Defile’3 beordert wurde. Den Reſt feines von Talya bis Eperjes zerftüdelten Armeecorps ließ er, mit Zurüdlaffung einer Arrieregarde in Hidas⸗Néêmeti, fi eiligſt in Kaſchau coneentriren.

Gelang es dem Feind, die Paͤſſe am Braniczfo und vor Klukno fo lange zu behaupten, bis Schlid mit feiner Hauptmadht an den bedrohten Punkten erfcheinen fonnte, dann blieb für Oörgey Fein anderer Ausweg, als entweder den höchft befchwerlichen Gebirgs⸗ übergang in die Gömör zu wagen, was im Angefichte eine® heftig nachdrängenden Feindes immerhin ein fehr gefährliches Unternehmen war, oder den Rüdzug nach Galizien anzutreten; fonnte dagegen Görgey den Braniczko erflürmen und fich in den Beſitz von Eperjes fegen, fo war nicht nur fein Corps gerettet, fondern auch feine Verbindung mit der Regierung in Debreczin und den an« beren ungarifchen Streitfräften an ber Theiß hergeftellt, während Schlid dadurch zum Aufgeben feiner Verbindung mit Galizien, der natürlichen Bafid feiner Operationen, geziwungen wurbe. Bom

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Beige des Braniczko⸗Paſſes hing daher die Entſcheidung bes Feldzuges in Oberungarn ab.

Wir müſſen bier nachholen, daß einige Tage vor dieſem ent» fheidenden Ereigniß ein PBarlamentär des Fuͤrſten Windiſchgrätz ein Hauptmann Ranfay, wenn wir nicht irren mit der Auf- forderung zur Unterwerfung im Goͤrgey'ſchen Lager erfchien; worauf der ungarifche General dem öfterreichifchen Obercommantan- ten zur Antwort, feine in Waitzzen erlaflenen PBroclamationen übers fandte.

Der Braniczfo, der in feinem Zuge von Nord nad Süd bie Zips von dem Saroſer Comitat trennt, geftattet über feinen rauhen, fleilen Rüden nur einen praftifablen Uebergang. 8 it died die von der Zip6 Fommende Kunftftraße, die mühfam in Selfen gefprengt, bei Korotnof die fchmale Einfattlung bes Ges birged in 9 Serpentinen überfteigt und fo ein Außerft ſchwer zus gängliches Defild bildet. Südlich von dieſem Defil6 gegen Korotnof erhebt ſich ein freiftehender minder hoher Kogel, der fowohl die Straße, als auch die Gebirgspfade aus den Seitenthä- lern beherrſcht. Der Feind hatte den weftlichen Ausgang des Des file's, fo wie den Kogel in feiner linken Slanfe mit zwei Bataillons, A Geſchuͤtzen und einer Rafetenbatterie beſetzt; den Reſt feiner Ins fanterie aber, nebft der Cavallerie und den Gefchügen, mehr zurüds gezogen auf dem Berge ald Rejerve aufgeftellt.

Den Auftrag zur Erftürmung des Braniczko⸗VPaſſes erbielt Oberſt Guyon mit feiner 3760 Mann und 160 Pferde zählenden Diviſion, die in die Brigaden Uechtrig und Gottfried getheilt, aus dem 13. und 33. Honved-, dann zwei Batalllond Zohler Rekruten und 1 Bataillon Reograder Freiwilligen, 2 Compagnien Pionieren, 1 Compagnie UjhäzyrIäger, 2 Escadrond Huſaren

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und 24 Geichügen befand. Die drei Irgten Bataillons waren nur mangelhaft bewaffnet.

Am Morgen des 5. Februar rüdte Guyon von Szepes⸗ varallya gegen Korotnok vor und befepte biefen am weils lichen Ausgange des Paſſes links von der Straße liegenden Ort. Die Pioniere und Ufſjhazy⸗Jaͤger wurden fhon von Szepe 6 värallya ald Umgehungscolonne entfendet, um auf einem abges legenen Gebirgspfade den fteilen Rüden, ber füblih ben Paß ber herrfcht, zu erflimmen. |

Buyon ließ vor Korotnof eine fechöpfündige Batterie auf: fahren, unter deren Schup A Gompagnien des 33. Bataillons zum Angriff in der Bront fehritten. Zwei Compagnien deſſelben Batails lons erhielten Befehl, den von einer ftarfen feindlichen Abtheilung befeßten Kogel zu nehmen.

Das Bataillon der Neograder Freiwilligen unter Major Kompolty hatte die Umgehung bes Feindes in feiner rechten Flanke auszuführen.

Der Reft der Divifion folgte als Referve in gemeflener Ent⸗ fernung.

So Riegen die Tirailleure ſaͤmmtlicher Angrifföcolonnen mühſam bie fteilen Abhänge hinan gegen die feite Stellung ber Oefterreicher. Die beiden Compagnien ded 33. Bataillond erflommen die Höhen in der linken Flanke bed Yeindes, wurden aber, durch ein moͤrderi⸗ ſches Feuer empfangen, geworfen, von ihren braven Offizieren jedoch gefammelt und von Neuem vorgeführt. Mittlerweile Hatte bie Haupteolonne die erfien Abdfchnitte an der Straße genommen, wobei fie bei jeder Wendung volle Kartätichenlagen erhielt, fo daß fie ſich nur mit der größten Entfchloffenheit und Bravour langfaın feftzufeßen vermochte. Zum Unglüdf erlaubte die Natur des Terraind feinen

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günftigen Gebrauch ber Artillerie. Die vor Korotnof placitte Batterie feuerte über die Köpfe der Angreifer, Eonnte jedoch dein ges deckten Beinde feinen Schaden zufügen, nur bie hinter einem Hügel aufgeftellte halbe Rafetenbatterie, welche die Defterreicher einige Tage früher bei Iglo verloren hatten, machte eine beffere Wirkung.

Den fchon von Szepesvärallya gegen die Sübfelte des Braniczko⸗Paſſes detadyirten Pionieren und Jägern war es end» lich gelungen, die Abhänge zu erfleigen. Sie eröffneten gerade in dem Momente ein wohlgezielted euer in bie Flanke des Feindes auf dem Kogel, ald die zwei Compagnien des 33. Bataillon6 abermals vorrüdten und die Defterreicher nach kurzem Dajonnetfampfe von dort vertrieben.

Die Oefterreicher, durch die Beſetzung diefer Höhe in ihrer linfen Flanke bedroht, zogen ſich immer mehr auf dem Plateau zus ſammen, vertheidigten jedoch die weftlichen Ausgänge bed Paſſes noch immer mit der größten Hartnäckigkeit.

Während die Haupteolonne dad 33. Bataillon mit feltener Aufopferung unter dem heftigften Beuer die Waldparzeflen zu beiden Seiten der Straße und die Etraße felbft in der Front Schritt für Schritt erftürmte, erflommen bie ÜUmgehungscofonnen nah mühfeligem Klettern über Belfen und Abgründe die Abhänge des Braniczfo und erfhhienen plöglich auf den bewalbeten domi⸗ nirenten Höhen im Rüden ded Feindes. Die Nacht war bereite eingebrochen. Der Feind, der fi) auf diefe Art umgangen fah, wich num, mit dem Bafonnet verfolgt, von Abſchnitt zu Abſchnitt über den Berg zurüd, verfuchte zmar noch an der Brettmühle ben iepten blutigen Widerftand, doch auch bier geworfen, vermochte er nicht mehr Stand zu halten und floh unter unausgefegter Berfolgung

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über Sirofa nah Eperjes, wo er aufgelöft und erfchöpft nach Mitternacht anlangte. Um 2 Uhr Nachts hatte Guyon feine Dis vifion in Sir oka am jenfeitigen Buße des Berges concentrirt.

Der Berluft des Feindes betrug nebft 95 Gefangenen 300 Todte und Verwundete. Wir verloren bei 150 Mann, wovon zwei Drittheile vom 33. Bataillon.

Guyon erwarb fih am Braniczko einen bleibenden Helden⸗ ruhm. Das 33. Bataillon aber erhielt von Görgey zur Auszeich⸗ nung ein goldgeftictes Fahnenband mit der Auffchrift: „Braniczko, am 5. Februar 1849.”

Der Paß war in unferm Befig und mit diefem die hochwichtige Straße nach Eperjed, die dad Armeecorps Görgey's, das fhönfte und ftärffte der ungarifchen Armee, zur Bereinigung mit den antern Streitfräften führte.

Aus der vorhergehenden Etzahlung erhellt zur Genüge, daß die Behauptung der halboffiziellen öfterreichifchen Werke, der Sturm der Ungarn auf den Braniczfo fei mit 12—13,000 Mann unter- nommen worden, aus der Luft gegriffen ift. ‘Der Angriff ward aus⸗ fchließlicy durch die Divifion Guyon ausgeführt, fo wie die ents fcheidenden, wiederholten Srontalftürme auf die feindliche Stellung 10 Stunden hindurch allein von A Kompagnien bed 33. Bataillons beiläufig 600 Mann unterhalten wurden. Die nacdhrüdende Divifion Biller fam zu fpät und nahm feinen thätigen Antheil an dem Gefechte.

Schlick hielt es nach dem Berlufte des Braniczko nicht mehr rathſam, Eperjes und über’ diefe Stadt feine Verbindungen mit Galizien zu behaupten; er gab deshalb feine biöherige Operationobaſis auf, entfagte fogar der Vertheidigung von Kaſchau und beeilte ſich,

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jeden Zufammenftoß mit den Ungarn vermeitend, fich auf die öfters reichifche Hauptarmee gegen Beft h gurüdzuzichen.

Am 6. um 8 Uhr Morgend verließen bie Deflerreicher Eperjes, und einige Stunden fpäter zog bafelbft die Avantgarde Guyon's ein.

Nach diefem glänzenden Erfolge wäre e8 Görgey's Aufgabe geweien, dad Gros feined Corps in möglichfter Schnelle gegen Kaſchau vorzufchieben, um im Einverftändniß mit dem im Rüden Schlick's ſtehenden Dembinski den Feind zu erbrüden, Statt defien gab er feinen Truppen in Eperjes Raft, Fam felbft nur am 8. in diefer Stadt an und brach erft dann gegen Kaſchau auf, als Schlick, jeine mißliche Lage erfennend, die Stadt bereits verlaffen und feinen Rüdzug in die Gömör angetreten hatte. Eben fo wenig wie diefe Saumfeligfeit, läßt fich die Verfpätung Kmetty's begreis fen, der, anftatt von Krompach über Klufno, Margitfalva und Hämor unaufhaltfaın gegen die feindliche Flanke zu operiren, zwei Tage lang fi) bei Klufno von einer Schwachen Abtheilung feind- liher Infanterie und ein paar Geſchuͤtzen täufchen ließ, und auch als der Feind fchon gegen Kaſchau abgezogen war, weitere zwei Tage auf derfelden Straße in Unthätigfeit verblieb.

Endlich rüdten am 9. und 10. fänmtliche Divifionen mit Aus⸗ nahme von Aulich, der als Arrieregarde gegen Götz und Jablo> nowefi in Hedri zurüdgeblieben war, gegen Kaſchau vor, wo dad Armeecorps Rachmittags feinen ungehinderten Einzug hielt.

Eine Hujaren-Abtheilung von Klapka's Armeecorps hatte die Stadt ſchon um 8 Uhr Morgens befekt.

Ber vermag den rührenden Ausbruch der Freude und Begeiſte⸗ nung zu fchildern, welche Honveds und Bevölferung ergriff, als die

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erften Abtheilungen Börgey’s und Klapfa’s auf dem Markt: plage einander begegneten, und während der furz vorher noch fo übermütbige Feind durc die Flucht zu entfommen fuchte, jene das Feſt des Wiederſchens und der glüdlichen Bereinigung feierten?

Um 9 Uhr Abends trafen auch Görgey und fein Hauptquars tier in Kaſchau cin, wo er mit dem Verfaſſer eine Zufammenfunft hielt, der mit einer Divifion feines Corpo in Zſadany, Szina und Enyitsfe fand. |

Einige Tage fpäter erhielt Görgey von der Regierung tie Reifung, fi mit feinem Armeecorps unter die Befehle Dem- binéki's zu ftellen. Das war die erfte Folge der Waipner VBroclamation!

Werfen wir, bevor wir diefen Abfchnitt fchließen, noch einen flüch⸗ tigen Blick auf den ganzen Zug Goͤrgey's von Waitzen bid Kaſchau. Derfelbe zerfällt: in die urfprüngliche Aufgabe feiner Operation, die Vorrüfung an die obere Donau und an die Waag zum Entfaße von Leopoldftadt; dann in den eigentlihen Rückzug durd die Bergftädte, und in die Offenſive gegen Schlid.

Der erfte Theil, die Borrüdung zum Enıfage von Leopold» ftadt, mißlang gänzlich, weil Görgey den offenfiven Charakter feiner Aufgabe verfennend, anftatt raſch auf fein Object loszugehen, ſich mit folcher Langfamfeit bewegte, daß er durdy den nadjrilenden Feind fchon auf halbem Wege eingeholt werden konnte. Noch blieb ihm die Wahl, fich mit ganzer Macht auf den nachjegenden ſchwaͤche⸗ ren Feind zu werfen, die vereinzelt vordringenden Colonnen zu ſchlagen und feine Vorrüdung an die Wang fortzufegen. Doc glaubt er feinen Rüdfchlag, feinen größeren Kampf wagen zu bärfen; weicht baher jedem Zuſammenſtoß mit dem Feinde aus

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und entfchließt fich zum Rüdzug in die Bergſtaͤdte. Die Feſtung Leopoldſtadt, die einige Tage früher von ihm die Weiſung erhiels, fi wenigftend noch 10 Tage zu halten, bleibt dadurch auf fich ſelbſt beſchraͤnkt, Fällt der Muthlofigkeit anheim und ergiebt fich auf Gnade und Ungnade.

Der ſucceſſive Widerftand und ter geordnete langſame Rüdzug durch die Bergftädte verdienen dagegen die volle Anerkennung des Etrategen; wenngleich Goͤrgey hier wie früher aus taftifchem Ber ſichtspunkte nicht von den Vorwurfe freizufprechen ift, feine Ueber⸗ macht, gegenüber dem minder zahlreichen Feinde, nicht binreichend gewürdigt zu haben. Während dieſes Ruͤckzuges zeichnet fich Goͤrgey vorzüglich durch die vortreffliche Einrichtung feiner Märfche, durch die Zucht, bie er unter feinen jungen Truppen mit eiferner Fauſt zu erhalten weiß, und durch die ſtaunenswerthe reichlidye Ver⸗ pflegung aus; wofür er troß ber armen Gegend, in weldyer er ſich bewegt, fletd zu forgen weiß. Seine Märjche find nad Zeit und Umftänden fo berechnet, daß feine Truppen nach jedem anges Arengten Marfche einen oder zwei Ruhetage genießen. Die Defter- reicher find dagegen trog ihrer Uebermacht umnd der Freiheit in ihren Bewegungen, feldft nach den Siegen bei Schemnig und Zfarıöp, nirgends im Stande, ein entfcheidendes Reſultat zu erzielm. Jedes Dal, wenn fie Goͤrgey umftellt und gefangen glauben, entgeht er ihnen fidher und in Ruhe auf einer Seite, die fie nicht in Ihre Bes rechnung gezogen batten, und fo finden fie überall blos feine leeren Lagerſtaͤtten.

Mit dem kühnen Uebergang über den Sturetz ſchließt dieſer ſchoͤne Rückzug. Goͤrgey hat dadurch den Deſterreichern einen fo bes deutenden Vorſprung abgewonnen, daß er ungeflört zur Ausführung des dritten Theile feiner Operation, zum Angriff gegen Schlid, über;

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geben kann. Die Zertheilung feines Corps und Bebächtigfeit feiner Bewegungen, bei dem Rüdzuge durch die Bergſtaͤdte manchmal wohl begründet, mußten jegt mit der Rafchheit und Energie der Offenſive vertaufcht werden. In der Zips durfte Görgey, wenn er den Feind vor ſich überrafchen wollte, nicht lange faumen, fondern er mußte mit ganzer Kraft in der Hand gegen die Stellungen Schlick's loeſtuͤrmen; ſtatt dem, fehen wir ihn, wie bei dem erften offenfiven Theil feiner Operation, auch bier in denfelben Fehler, in Langſamkeit und Unthätigfeit verfallen. Guyon erftürmt am 5. Februar den Braniczko, befekt am 6. Eperjes, und am 8. iſt das Corps noch immer nicht zur Vorrüdung gegen Kaſchau cons centrirt. Ja er verliert, unberüdfichtigt der vorbringenden ungari⸗ fchen Eolonnen im Hernäpdthale, in feiner erften Freude über den ungehofften Erfolg, Schlid gänzlidy aus den Augen, und jo ges lingt e8 diefem, ungehindert von Kafchau zu entfommen. Diefe Verſaͤumniſſe find durch die fpätere Verfolgung nicht mehr gut zu machen, und der ftarfe Heertheil Sch lid’ 8 bleibt den Defterreichern erhalten.

Während daher der eigentliche Rüdzug durch die Bergftäbte und deſſen fchwierigfte Momente Görgrey vol Kraft und Unficht und feiner Aufgabe ſtets gewachſen finden, find die beiden offenfiven Theile feiner Operation nichts weniger als glänzend und ebenbürtig den Aeiftungen in ben Bergftäbtn. Görgeny hat fi auf feinem Zuge von Waigen bis Kafhau ale Meifter im Rüdzug, ald Neuling im Angriff erwieſen. Wenn wir die Kührer noch charakterifiren follen, die auf dieſem beſchwer⸗ lichen Rüdzuge dem Lande einen feiner fchönften Heertheile erhalten haben und die Waffenehre ber ungarifchen Nation retten balfen, fo können wir Goͤrgey ſelbſt ald den Stahfring bezeichnen, der bie

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loſen Theile des Körpers feſt zuſammenhielt, während Aul ich und Guyon bie eiſernen Keile waren, die durch unzählige Hinderniſſe mit undeugſamem Muthe ihren Braven freie Bahn brachen.

IV.

Ereignifle in Oberungarn und an der oberen Theiß im December 1848 und Januar 1849.

Einbruch eines öfterreichifchen Armeecorps unter Schlick. Bartfeld und Cperies werten dem Feinde überlaflen. Treffen am Kafchauer Berge, 11. December. Meszäros übernimmt das Commando. Treffen bei Szikozo, 2R. December. Borrüdung gegen Kaſchau. Schlacht bei Kafdhau, 4. Januar 1849. Rüdzug. Meszäros übergiebt das Sommando an Klapka. Tagesbefehl. Beiderſeitige Stärfe und Stellung. Eoncens trirung des Armeecorpo in der Bofition bei Tarczal und BodrogsKeresztur. Treffen bei Tarezal und BobrogsKeresziur, 22. und 23. Januar. Rüdzug der Deflerreicher auf Boldogfövärallya. Anlangung neuer feint: licher Berflärfungen von Beh. Dembinski Obercommantant der Theiß⸗ arme. Gefecht bei Tokaj, 31. Januar. Ruͤckzug Schlicks gegen Kaſchau.

Das ſtaͤrkſte unter den felbftftändig operirenden feindlichen Armeecorpe, die beftimmt waren, von den Örenzen bed Landes gegen das Innere die Bewegungen der öfterreichifchen Hauptarınee zu un⸗ terftügen, führte F. M.“. Schlid, der unternehinendfte aller öfters reichifchen Generale während dieſes Krieges.

Schlid hatte fein Armeecorpe 3 Brigaden mit 10,000 Mann, 1000 Pferden und 18 Geſchuͤtzen in den erften Tagen Deceimbers bei Dufla in Galizien concentrirt. Er rüdte von dort am 5. December in 2 Solonnen bi8 Grab und Barvinek an ber

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ungarifchen Grenze vor, überfchritt fie am 6. ohne Widerftand und befegte noch an demſelben Tage mit feiner rechten Ylügelcolonne Zborow, mit dem Gros feined Corpo aber Szyidnif. Die erfte Aufgabe Schlick's mußte fein, Kafhau, die Haupt ftabt von Oberungarn, zu erobern, um im Belige dieſes wich» tigen Punktes bie umliegenden Comitate zu unterwerfen und bie ſlowakiſche Bevölferung diefer Gegend nad Art der Serben und Walachen zum Aufftand gegen die Ungarn zu bewegen.

Die ungarijche Regierung, von allen Seiten bedrängt und in Anfpruch genommen, war troß des beften Willens nicht im Stande, gegen diefen neuen Einfall noch zur rechten Zeit die nöthigen Vorkehrun⸗ gen zu treffen. So geſchah «8, tag Schlid, anftatt die Grenze, wie ed die Wichtigkeit dieſer Linie erwarten ließ, durch ein zahlreiches, wohlgerüfteted ungariſches Heer verlegt zu finden, bort kaum einige Abıheilungen ſchlecht bewaffneter Nationalgarden traf, die vor ihm ohne Gefecht eiligft über Eperjes gegen Kaſchau zurüdwicdhen.

Der erftaunte Beind zog am 7. in Bartfeld und am 10. in Eperjes ohne Schwertitreich ein.

Bon allen Seiten rüdten nun bie Natlonalgarben der umliegens den Comitate zum Schuge Oberungarne nah Kaſchau, wo fie durch den von der Regierung zum Dbercommandanten ernannten Oberſt Pulszky gefammelt wurden. Die Streitmacht, weldye fih derart bis zum 10. . December zufammenfand, betrug 67000 Mann Nationalgarden, brei fchlechtbewaffnete, neuerrich⸗ tete Honved»Bataillond und 12—1A größteniheild dreipfündige Gefchüpe.

In der Nacht vom 10. auf den 11. brach Schlid, nach Zus ruͤcklaſſung einiger Bompagnien als Befagung in Bartfeld und Eperjes, von legterer Stadt auf, disponirte eine Brigade zur Um⸗

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gehung des Kaſchauer Berges in dad Hernadthal gegen Tehany, und drang mit dem Gros auf der Haupifiraße über Somos und die Tarcza gegen Kaſchau vor. Um 11 Uhr Vormittags, nach⸗ dem er das von den Einwohnern verlaffene Budamer paffirt Hatte, Rand er im Angefichte der Ungarn, die ihm feit feinem Einfall heute zum eriten Male Front machten und feine Avantgarde mit wohlges jielten Schüflen begrüßten.

Pulszky Hatte auf dem öftlichen Abhängen des Kaſchauer Berges, über welchen die Poftftraße führt, eine halbe Stunde lid von Budamsr, Stellung genommen und vor feiner erden Linie einige leichte Schanzen aufiwerfen laffen. Sein Centrum ftand à cheval der Straße, feine beiden Flügel an ziemlich dichte Waldungen gelehnt, die von Schuͤtzen befegt und mit Verhauen verieben waren. Die Referve befand fich weiter rüdmärts in ber Tiefe ded MWalded. Die ganze Pofition war ftarf und würde leicht zu behaupten gewefen fein, hätte Pul s zky flat den Tauſen⸗ den von Rationalgarden einige alte Bataillons dem Feinde ents grgenftellen konnen.

Die ungarifchen Gefchüge, zum Theil hinter den erwähnten Schanzen dufgeftellt, eröffneten auf die debouchirenden Colonnen des Feindes ein moͤrderiſches Fener. Die erften Kugeln fihlagen in bie Euite des öfterreichifchen Kommandanten und in einige Bataillon®- maflen ein und bringen bie legtern zum Weichen gegen Budamer, wo fie eine gededitere Aufſtellung fuchen. Indeffen fahren bie öfters reichiſchen Batterien zu beiden Seiten der Straße in Galopp vor. Hierauf entipinnt fi ein heftiger Geſchützkampf auf der ganzen Linie. Die Fampfungewohnten Nationalgarden werben durch die bichtfallenden Kugeln immer mehr erfchüttert, nur einige Abtheilun⸗ gen bleiben fiehen und erfüllen ihre Pflicht, trog ten Verlußen, die

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fie erleiden, mit feltener KRaftblütigfeit und Ausdauer. Endlich rückt der Feind mit feiner Infanterie vor, Eine ftarfe @olonne richtet fi gegen den Wald in ber linken Flanke der Ungarn, und die Hauptinacht greift unfere Stellung in der Front an. Nach hipis gem Gefechte, worin ber öfterreichifche rechte Blügel im Walde immer mehr Terrain gewann, und nachdem bie feindlihe Umgehungs⸗ colonne plöglih in Tchany erfchienen war, überzeugte ſich ber ungarifche Führer von der Unmöglichkeit, ſich länger zu behaupten, ohne feine Rüdzugslinie zu gefährden, und gab den Befehl zum Rück⸗ zug, der in Ordnung begonnen, aber bald bei den meiften Rationals garden in eine regellofe Flucht ausartete. Pulozky, der den Rück⸗ zug an der Spitze einiger tapfern Honved> und NationalgardesAb- theilungen, bie nicht in den Strudel der Auflöjung mit hineingerüffen wurden, mit großer Unerfchrodenheit und Bravour deckte, ſah ſich hierducch gezwungen, Kaſchau unverweilt zu räumen und mit den Trümmern feines Corps die Straße nad Mis kolcz einzufchlagen. Die Zipfer Nationalgarden jedoch mit 1 Bataillon Zipfer Hon⸗ veds und 3 Geſchuüͤtzen nahmen auf dem rechten Hernäbdufer feit- wärts von Kaſchau noch einmal Stellung und befchoflen die auf der Straße vordringenden öfterreichiichen Eolonnen fo wirkfam, daß dieſe zum längeren Halten genöthigt wurden. “Died verfchaffte dem ge: fehlagenen Corps Zeit, feine Bagage, Gefchüge unt Munition aus der Stadt zu retten. Erſt das verheerende Feuer der überlegenen feindlichen Artillerie fonnte die braven Zipfer zum Ruͤckzug bes wegen, den fie auf der Straße nad Bela und Margitfalva ungehindert ausführten.

Durch diefe tapfere Haltung hatten die Zipfer allein die gänz- liche Zertrünmmerung des Pulszky'ſchen Corpo und den Berluft von Geſchuͤtzen verhütet.

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Gegen Abend, ale Kaſchau längft geräumt war, traf ber Beind Anftalten , die Stadt, welche derfelbe verfchangt und verbarri- fabirt glaubte, zu erflürmen , ließ auf den umliegenden Höhen Ge⸗ Ihüge auffahren und befhoß fie einige Zeit mit congrevifchen Rake⸗ ten ; ftellte aber fein Beuer ein, als die Tricolore von den Thürmen Kaſchau's verfchiwand und bie weiße Sahne, ausgeſteckt wurde. Bald darauf erfolgte der Einzug des Feindes in die Haupts Radt Oberungarns unter dem befloinmenen Schweigen ber Eins wohner.

Eine feindliche Cavalleries-Abtheilung, die auf der Miskolczer Straße den Ungarn nachfegen wollte, ftieß bei Bärcza auf bie Arrieregarde Pulszky's, einige 100 Polen unter Thworznidy, wurde jedoch von der tapfern Schaar auf 30 Schritte mit einer fo wohlgezielten Decharge eınpfangen , daß fie nach Hinterlaffung vieler Todten und Bermwundeten , worunter ihr Commandant Major Con⸗ coreggio, der getöbtet, und Major Scudier, Chef des Schlid’, ſchen Generalſtabes, der gefangen wurde, in bie wilbefte Flucht ges (lagen. Diefe derbe Zurückweiſung fchredte den Feind von jeder weiteren Berfolgung ab, und fo Fonnte Bulszfy ungeftört feis nen Ruͤckmarſch auf Miskolez fortfegen, wo er einige Tage fpäter feine Truppen von Neuem fammelte und die Regierung dringend um Berftärfungen anging. Unſer Berluft bei Kaſchau betrug ges gen 200 Mann Tobte und Verwundete, und beinahe eben fo viel Gefangene. Gin großer Theil der Rationalgarden war in ihre Heimath abgegangen.

Der ſchnelle, unerwartete Berluft von Eperjes und Ka⸗ (hau erregte in Peſth große Beftürzung. Jetzt erkannte man bie Größe der Gefahr, die ganz Oberungarn drohte, und ſandte ohne Saͤumniß von allen Seiten Berfiärfungen dahin. Der Kriegaminis

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fer General Meszäros übernahm felhft das Obercommanbo über die täglich) anwachſenden Kräfte und reifte fchon Mitte Decem⸗ ber von Peſth nah Misfolcz ab, wohin er fein Dauptquartier verlegte. "

Durch die vereinigte Anftrengung der Regierung und bes neuen Obercommandanten, dann den patriotifchen Eifer der ums liegenden Bomitate, war das Armeecorpd in Oberungam ſchon 1A Tage nad) der Niederlage bei Kaſchau fo anfehnlich vermehrt wor: den, daß Mészaros mit Recht an einen erfolgreichen Zug gegen ben eingedrungenen Feind denfen konnte. Schlick erfannte die Ge⸗ fahr, die ihm aus feiner längeren Unthätigfeit envachien mußte, und beichloß, der Borrüdung der Ungarn gegen Kaſchau durd einen Angriff auf die ungariſche Stellung bei Misfolcz zuvorzus fommen, Am 26. December rüdte er zu biefem Zwecke von Kaſchau über Enyicöfe und Hidadnemeti vor, befegte am 27. Forrö und langte am 28. in Szif836, der lebten Station vor Miokolcz an, von wo ſich die ſchwache Befagung bei der Annäherung der Oeſter⸗ reicher auf die ungariiche Hauptmacht zurüdzog.

Bei derRachricht von der Vorrückung Schlick's beichloß Mes, zaͤros, feinen Gegner in der ſehr vortheilhaften Poſition am Szik⸗ 836er Berge, eine halbe Stunde hinter Szikszoͤ und ungefähr zwei Stunden vor Midfolcz zu erwarten. Die ungarifche Streitmadht belief fih auf 8 9000 Mann ; der Reſt des Corps und ber Ber- ſtaͤrkungen waren theild zum Schuß der nächften Comitate detadyirt, theils noch nicht eingetroffen , oder erft in der Ausrüftung begriffen. Mészaros fkand auf dem öftlichen Abhange des von Rorden nach Süden laufenden Ruͤckens, lehnte fi mit dem rechten Ylügel an den Bärfonyer Bach und hielt mit dem Gentrum die Straße,

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mit dem linfen Slügel die weftlid von Sziks zo liegenden Wein⸗ berge befegt. Der größere Theil feiner Cavallerie, drei Escadrons Huſaren, mit einer halben Euvallerie s Batterie, befand ſich auf dem rechten Blügel in der Ebene; eine Batterie war im Centrum à cheval der Straße aufgefahren,, und eine zweite links in den Weingärten plaeirt. Die Rerferve hatte den Höhenrüden und eine ftarfe Ab⸗ theilung im Thal hinter demfelben die Uchergänge bed Sa jo fluffes beſetzt.

Der Tag war flarf vorgerüdt, fo daß man im ungariſchen Lager an einem ernften Angriff bereitd zu zweifeln begann, als der Feind plöglidy mit feinen Batterien aus Szikszo0 in Galopp hervorbrach und gegen die ungarijche Stellung an mehreren PBunften zugleich ein lebhaftes Feuer eröffnete, unter deſſen Echuß feine Trup- pen aus dem Orte zu debouchiren und ſich in Echladytordnung zu enhoideln begannen. Unſere Batterien ſäumten nicht das Feuer kräftig zu erwidern. Das Gefecht harte fich jedoch noch nicht volls ftändig entwidelt, als die Abenddänmerung einbrad und dem Kampfe, noch vor feiner Entfcheidung ein Ende machte. Der Ans griff war zu fpät unternommen worden.

Mészaros, deffen linker Flügel aus den Weingärten, ber Haupiftärfe feiner Bofition, nach und nach delogirt wurde, hielt nicht für gerathen, mit feinen jungen Truppen einen nächtlichen Kampf zu wagen, und zog ſich von dem Szikszoer Berg gegen Misfolcz jurüd, wo er noch in berfelben Nacht die günftige Stellung hinter dem Sajs, eine halbe Stunte vor Miskolcz, befepte.

Als Schlick am folgenden Tag, bei vorgenommener Recognos⸗ cirung , die Ungarn , die er gefchlagen und auf der Flucht glaubte, in Schlachtordnung und in impofanter Zahl vor ſich erblidte, wagte

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er keinen Angriff mehr, ſondern entſchloß fih zum Rüdzug auf Kaſchau, das er in zwei Tagen nach einem ſehr beſchwerlichen Marſche mit feinem erſchoͤpften Corps erreichte.

Hätte Meszäros den Entſchluß faſſen Eönnen, im Yugenblide, alo ber Feind abzog, raſch die Dffenfive zu ergreifen ober wenigſtens denfelben während feines Rüdzuges beftig zu verfolgen, fo unter: liegt e8 feinem Zweifel, daß Schlid die empfindlichen Berlufte ers litten und fpäter faum an eine ernfthafte Vertheidigung von Has hau gedadht haben würde. Unſere Zögerung ließ ihm jedoch hin» reichend Zeit, feine halberfrornen und durch Strapagen bemoralifire ten Bataillon® wieder zu fammeln und fampffähig zu machen. *)

*) Bon diefem Ruͤckmarſche Schlicks auf Kaſchau fchreibt ſelbſt der öfters reichifche Berichterftatter in der „Winters Sampagne Schlid’ 8" Folgendes: „Die Kälte flieg gewiß auf 200 R. Die Sonne, hinter Schneewolken verfiedt, verbarg forgfältig ihre Strahlen und nicht einmal gegen Mittag ließ fie einen geringen Temperaturwechfel eintreten.

Immer in gerader Richtung fortmarfchirend, mußten wir auf ber ganzen Strecke einem ſchneidenden Sturmwind mühfam entgegenfchreiten, der das Längens thal der Hernad durchſauſte, beinahe den Athem in der Bruft erflidte und der Fortbewegung fich fo Heftig entgegenftemmte, Laß fo zu fagen bei drei Schritten zwei vorwärts und einer rückwaͤrts gemacht werben mußten. Der Staub, durch bie Pferde der Avantgarde umd die Kricgsfuhrwerfe noch mehr aufgemühlt, flog uns in dichten Wolfen entgegen, benahın öfters vollends die Ausficht,, legte ſich in bie Augen, wirkte nicht wenig nachtheilig auf bie erhißte Zunge, und war überdies für bie Marfchordnung von fol’ üblen Folgen, daß nach und nach fünmtliche Abs theilungen getrennt worden waren, und ganze Bataillon in regellofe Haufen zu: fammen fchmolzen. Diefen blieb dann ſchon nichts mehr übrig, als dem Ende des langen Tagmarfches, ging wie es wolle, näßer zu rüden.

Ganze Reihen flürzten in die Straßengräben, um durch einzelne Rubepunfte in der Bewegung fih Erholung zu verſchaffen. Viele der Zurüdgeblichenen rüd: ten erſt am zweiten Tage in Kaſchau ein, einige erflarrten ganz.

Das Spital faßte des antern Tages nicht Raum genug, jene Mannfchaft auf: zunehmen, die in Folge des hinterlegten Marſches erkrankie. GBinige Stabes

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Erft drei Tage nach dem Abzuge der Defterreicher von Szikszo entſchloß ſich MoSzaros, feine Defenfioftellung vor Misfolcz zu verlafien und den Beind mit concentrirter Macht aufzufuchen. Die Etärfe ſeines Armeecorps betrug damals 6 neuerrichtete Honveb-Ba- taillons, einige 1000 Nationalgarden, worunter 1000 Hevefer Reiter, 4 Compagnien Polenlegion, A Escadrons Hufaren und 3 Gefhüge. Im Ganzen fammt den Ratlonalgarden 14— 15,000 Mann , und 1500 Pferde.

Die Dispofttionen zur Vorrüdung waren folgende: Das Armeecorps marfchirt in A Eolonnen. Die Linke Flügel - Eolonne, unter Major Perczel Miklos, bricht einen Tag früher auf und nimmt den Weg über Szendrö und Torna auf bie Moldauer Straße. Das Gros, die Eolonnen Bulharyn und Deferwffy, rüdft unter perfönficher Führung bes Kriegs⸗ minifterd auf der Hauptfttaße über Szikszo, Forro, Hidas⸗ nemeti, am rechtens Ufer ber Hernad, und bie Rechte Fluͤgel⸗ Colonne, unter Major Rembovcsfy am linfen Ufer deſſelben Flußes an da8 Gebirge gelchnt, vor. Saͤmmtliche Eolonnen haben während ihrer Vorrückung unter ſich die Verbindung zu erhalten und ihren Marſch fo einzurichten, daß fie zur felben Zeit, nämlih am A. Januar, vor Kaſchau eintreffen und vereint den Angriff unterneh⸗ men. Den Angriff zu erleichtern und den Feind zur Theilung feis ner Kräfte zu zwingen, haben bie in der Jips und Im Zemplin zum

offiiere, ter Gorpsadjutant, 10 18 Dffiziere und gegen 70-80 Mann per Ba⸗ tallen hatten mehr ober weniger an erfrornen Eriremitäten gu leiden.

GEs fehlte nur no ein harmaͤckig verfolgender Gegner in Flanke und Rüden, um eine Scene aus dem ruffifdyen Feldzug von 1812 in der Gefchichte des heutigen Tages wieder aufleben zu lafſen.

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Schutz dieſer Comitate ſtehenden Abtheilungen zu gleicher Zeit, erſtere im Rücken und letztere in der linken Flanke des Feindes zu demonſtriren.

Der Plan, wiewohl gut ausgedacht, ſcheiterte an dem ungleich⸗ mäßigen Zuſammenwirken der Kräfte und an dem Mangel der erſten Grundlage einer Armee, an der noͤthigen Zucht und Ordnung.

Oberſtlieutenant Thworznicky hatte am 1. Januar mit ſeiner zumeiſt aus Zempliner Nationalgarden, dann einer ſchwachen Po⸗ lenlegion, ttiwa 120 Köpfe, und 2 Gefchügen, von Gaͤlszéetz vor: rüdend den DargosPaß befegt; fchlug eine feindliche Abtheilung, die ſich dort zur Wehre feste, in die Flucht und rüdte am nächſten Tage in Szinnye, zwei Meilen von Kaſchau, ein. Anſtatt aber in foldyer Nahe des Feindes, mit feiner geringen Macht beſonders auf ber Hut zu fein, begnügte er fich mit der Ausftellung einiger unzu⸗ reichenden Vorpoſten und ließ feine ganze Mannfchaft einquartiren. Die Folge davon war, daß er in der Nacht vom 2. auf den 3. Januar überfallen, zerfprengt und zum eiligen und unordent- lichen Rüdzug auf Galszétz gezwungen wurde. Nicht glüdlicher löften die aus der Zips operirenden Abtheilungen ihre Aufgabe. Die eine bderfelben erfchien auf der Leutſchauer Etraße vor Eperjed am 1. Januar um A Uhr, die andere um 8 Uhr Mors gend; Beide boten fo durch ihr ungleichzeitiges Eintreffen dem Feinde Gelegenheit, fie vereinzelt zu ſchlagen und von weiteren Angriffen ab- zufchreden. Durch diefe Erfolge wurde der Feind von fernern Detadhirungen in Flanke und Rüden enthoben und konnte über feine ungetheilte Kraft in Kaſchau verfügen.

Das gänzliche Mißlingen diefer ifolirten Unternehmungen war ein ungünfliges Vorzeichen für ben entfcheidenden Kampf, der am 4. Januar beginnen follte. Am Morgen dieſes Tages hatten bie

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Colonnen der Hauptmacht die Höhe von Enyicske erreicht und dort ihre Bereinigung bewerkſtelligt. Am Mittage trafen die Epiten der Angriffscolonnen vor Kaſchau ein, und um 1 Uhr verfündete ber Ranonendonner auf dem Tinfen Blügel den Beginn ber Schlacht.

Schlid erwartete an diefem Tage feinen ernften Angriff, war daher nicht wenig überrafcht bei der Nachricht von der Vorrüdung der Ungarn. Er disponirte in Eile einige Geſchuͤtze mit mehreren Abtheilungen Infanterie auf die Anhöhen beim Ziegelfchlag , welche die Moldauer Borftadt, einem Erdwall gleich, halbmondförmig um: geben ; verfügte fidy mit dem größeren Theil feiner Gefchüge und dem Gros feines Corps in dad Centrum vor die füdlichen Ausgänge der Stadt, beſetzte dort dad rechts und links von der Misfolczer Straße gelegene Rideau und ficherte ſich links durch ftarfe Beſetzung ver Hernädufer gegen eine Ueberflügelung, wozu die Colonne Rembovsfy bereitd Miene machte.

Perczel war auf ben ſüdweſtlichen Höhen der Etabt, in ber Nähe des Ziegelichlaged, zuerft auf den Feind geftoßen und hatte diefen unverweilt angegriffen. Bald daraufüberfchritt auch M E83 a⸗ tod mit den Eolonnen tes Centrums den Miezloka⸗Bach, ent⸗ widelte fich auf gleicher Höhe mit Perczel und begann daß Feuer gegen die feindlichen im Eüden der Stadt an der Chauffee placirten Batterien.

Die Eolonne Defewffy rüdte langfam über Bärcza vor und marfchirte dem feindlichen Eentrum gegenüber auf, während bie Rechtes FlügelsEolonne unter Rembovsky vom Gebirge links ein⸗ Ienfend , die Tar cza überfchritt, um die Defterreicher in der Flanke zu faſſen. Die Schlacht entwidelte fich derart in fchöner Ordnung, und es galt nur, wie bie® bei jungen ungeübten Truppen unum⸗

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gaͤnglich noͤthig iſt, die Bataillons im erſten Momente ber Begeiſte⸗ rung mit dem Bajonnet auf den Feind zu werfen, und der Tag mußte bei der Uebermacht ber Ungarn für dieſe eutſchieden ſein. Leider entſprach ber folgende Kampf nicht der Präcifion der Bors rüdung.

Man verlor die günftige Zeit mit der fchulgerechten langwierigen Einleitung des ©efechted , ließ die Truppen langſam in Linien auf marfchiren, fie tüchtig beichießen und erſchüttern, und verfuchte fie dann erft vorzuführen, als fie bereitö zu wanfen begannen.

Der linfe Flügel, der zuerft angegriffen hatte, warb auch durch die feindlichen Kugeln zuerft in Unordnung gebracht und wandte ſich der erfte auf der Moldauer Straße zum Ruͤckzug. Mes:

zaros, von feinem linken Flügel getrennt, ſieht ſich von dem feindlichen Centrum und rechten Flügel zugleich angefallen, und (äßt nun die Colonne Deferwffy auf der Chauffee gegen den ſtark befegten ®algenberg vorrüden, um fid) aus feiner bedrämgten Lage zu helfen und das Gefecht zu reftituiren. Das 42. Honvers Bataillon erftürnt die Höhe weftlih von der Straße und koͤmmt bis auf AO Schritte an bie feindliche Batterie, wird aber durch ein verwüftendes Kartätfchenfeuer empfangen und nach ſtarkem Verluſte auf die nachrüdenden Bataillond geworfen, die von ber Berwirrung ergriffen , jest ebenfalls den Rüden kehren. Schlid erfaßt diefen entjcheidenden Moment, um ben größten Theil feiner Geſchütze gegen Méozaͤros, der an der Spige feiner Truppen im Centrum unerfchütterlih Stand hielt, zu richten und beffen Stellung mit einem Hagel von Projectilen zu überfchütten. Dies entſchied! Eine Cavalleries und eine halbe Fuß» Batterie, die von Mé0zaros perfönlich geleitet und ermuthigt, biäher fich wacker geichlagen hatten,

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ergreifen , nachdem einige Geſchuͤtze demontirt und ein Theil ber Bes bienungsmannfchaft niedergefchoffen war, bie Flucht. Sie nehs men ihre Richtung gegen den Miszkoka⸗Bach, deſſen fteile Ufer fie vergeben zu überfepen fuchen. Die erften Wagen und Pferde fürs zen fich in den tiefen Bach und verfperren den Weg den nachfolgenden Gefhügen. Alles geräth in Stodung. Inzwiſchen wüthet das feindliche Heuer immer heftiger in dem entftandenen Sinäuel und eine Reiterabtheilung rückt immer näher zur Attaque auf die Gefchüge. Die Ranoniere laſſen nun Gefchüge, Munitiondfarren und den größten Theil der Befpannung im Stich und retten fich ſammt ber Bedeckung über den Bad. Ihr Beifpiel reißt aud bie übrigen Truppen mit fi; und in weniger als einer halben Stunde bebeden die flüchtigen Trümmer bes Corps die Straßen von Tofaj, Mis- kolcz und Torna.

Bergeblich war jede Anſtrengung des unermüblichen Obercoms mandanten und der tapfern Offiziere feiner Umgebung, den Knäuel der Fliehenden zu entwirren und die Truppen zum Stehen zu bringen. Blos der brave Oberflieutenant Ariftides Defewffy warf fih mit dem 26. Bataillon, der Polenlegion, einer EScadrou Coburg⸗ Qularen und einigen Befchügen bem auf der Misfolczer Straße heftig nachjeßenden Feinde entgegen, ſchlug alle feine Anfälle erfolgs teih zurüd und rettete auf biefe Weiſe das Corps vor gänzlicher Vernichtung.

10 Geſchuͤtze, mehrere Mimitiondfarren, über 600 Gefangene und 300 Todte und Verwundete waren ber Berluft biefes ungluͤck⸗ lichen Tages. Ein Theil der Honveds verlief ſich in den Gebirgen ; viele gingen in ihre Heimath; und mur ein geringer Theil blieb bei feinen Fahnen. Die Rationalgarde loͤſte ſich gänzlich auf. Meésza⸗

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ros, von dieſem Schlage am haͤrteſten getroffen, traf mit feinem Stabe am 5. in Miskolcz ein und verlegte einige Tage fpäter fein Hauptquartier nah Tofaj, auf der Straße nach Debreczin.

Die Niederlage bei Kaſchau war eine ber tiefften Scharten, die in diefem Kriege, weniger durch die Tapferkeit des Feindes, als burdy eigene Schuld, der Waffencehre Ungarns geſchlagen wurde, und ihre Kunde wirfte um fo niederfchlagender auf die Stimmung des Volfes, je ficherer man nach den lebten Berichten bed Kriegs⸗ miniſters, wenigftend auf diefem Kriegsſchauplatze, einer befieren Wendung der Dinge entgegenfah, und je häufiger die Trauerbots Ihaften über Niederlagen und Rüdzüge von allen Seiten einliefen.

Unter diefen Umftänden übergab mir Koſſuth das Commando des Armeecorps. ine Auszeichnung, bie in ſolchem Fritifchen Mo⸗ mente jedenfalls mehr ehrenvoll, al& beneidenswerth ericheinen mußte, Mészaros, defien Gegenwart bei der Regierung täglidy unent⸗ behrlicher wurde, follte gleich nach meiner Ankunft nad) Debreczin zurüdfehren.

Am 11. Fam ih nad Miokolcz, fand jebocdh blos ten Oberftlieutenant Defewffy in der Stadt, der mit feiner ſchwachen Brigade den Auftrag hatte, die über Gämör zurüdfehrende Zipfer Eolonne aufzunehmen und durch diefelbe verftärft zur Beobachtung des Feindes nah Sziksz6 vorzurüden. Defewffy fchilderte den moralifchen und phufifchen Zuftand der Truppen mit ben trüb: ftien Barben. Bon dem ganzen Armeecorps hatten ſich bis zum 11. faum 4000 Mann zufammengefunden.

Ih eilte am 12. nah Tokaj in das Hauptquartier des Kriegdminiftere, der mir auch fogleich bad Commando übergab und am nächften Tage nad) Debreczin abreifte.

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Das Armeecorps an der oberen Theiß beſtand zur Zeit, als ich daſſelbe übernahm, aus 6 jungen Honved⸗Bataillons, die meiſt bis unter die Hälfte herabyeichmolzen waren, dann 3 Compagnien Volenlegion, A Escadrond Hufaren und 16 Geſchuͤtzen. Zwei Tage fpäter rüdten noch 2 Bataillons, 2 Escadrond und 11 Gefchüge von Peſth als Verſtaͤrkung ein, fo daß am 16. die ganze Stärke des Armeecorpd 82/, Bataillond , 6 Escadrons und 27 Gefchübe, mit 6500 Mann und 600 Pferden betrug.

Meine Stellung an der Spige diefer demoralifirten Trümner des vor zehn Tagen noch jo vielverfprechenden Armercorps , gegen⸗ über einen unternehmenden Feinde, der bei feiner Ueberlegenheit die obere Theiß im Fluge erobern und felbft Debreczin bedrohen fonnte, war im erſten Momente ungemein ſchwierig; denn es galt bier nicht nur den höheren Obliegenheiten des Feldherrn nachzu- fommen, fondern auch in die geringften Detaild des gewöhnlichen Tienfted einzubringen, um in den geftörten Organismus \wieber Ordnung und Leben zu bringen. Zum Glück benügten die Oefter- reicher die ungeheueren Bortheile nicht, welche ihnen der legte Sieg bei Kaſchau in die Hände fpielte, was mir hinreichend Zeit vers Ihaffte, die Truppen in eine Verfaſſung zu ſetzen, die mir ſchon am 17. erlaubte, der Regierung bie beruhigende Verficherung zuzu⸗ fenden, daß fie und ver Reichötag ungefährdet in Debreczin tagen fönnten , und ich mich an ber oberen Theiß ſtark genug fühle, dem Feinde jeden Uebergangsverſuch auf das linke Ufer zu ver- wehren. Zur Hebung der Begeifterung und des Vertrauens der Truppen , erließ ich am 15. einen Tagtöbefehl,, den ich nachfolgend im Auszuge mittheile:

„— Mein Hauptbeftreben wirb dahin gerichtet fein, bie Schmach, welche der Feind in den legten Kämpfen eurer Waffenehre

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angetfjan und wodurdy der weltbefannte Heldenruhm ber Nation fo fehr verbüftert wurde, je cher vergefien zu machen. Ich zähle dabei mit Zuverficht auf die energifche Mitwirkung der Truppencom: manbanten ; auf die unermübliche Thätigfeit ber Ober» und Unter offiziere; auf die Ausdauer der Mannfchaft; vor Allem aber auf bie begeifterte Vaterlands⸗ und Freiheitsliebe ded gefammten Armee⸗ corpôõ.“

„Das verrathene Vaterland erwartet von uns feine Rettung und Befreiung ; dieſes Bewußtjein möge und mit Stolz, Kraft und Zuverficht erfüllen! *

„Auf denn, Kameraden! Bebenft, daß ber Boden, auf dem ihr vor dein Feinde zweimal zurüdgewichen feid, derſelbe ift, ber vor Jahrhunderten durch die Siege unferer Breiheitöhelden Bocskay und Rakéczy bie Weihe erhielt. Die Erinnerung an jene glor⸗ reichen Zeiten, an jene großen Namen wird in euch dad euer und die Kraft weden, womit ihr bie in unfer freied Land eingedrunge⸗ nen Söldnerfchaaren Defterreich8 , bie unfere Nationalität in den Staub zu treten und uns unter fremdes Joch zu ſchmieden drohen, vernichten werdet! Ihr habt eure lebten Niederlagen zu rächen! Zeigt der Welt, daß ihr nicht nur fiegen möchtet, ſondern audy fiegen könnt!"

Die Stellung bes Armeecorps bis zur Vorrüdung der Defter: reicher gegen Tokaj blieb ziemlich biefelbe wie unter Mészaͤros, und zwar:

Linker Flügel: Brigade Defewffy, zur vorläufigen Deckung von Misfolcz, in Sziks6zo.

Gentrum: Brigade Bulharyn, in Tallya und Gollop mit der Avantgarde unter Thworznidy in Szänto.

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Rechter Flügel: Brigade Schulz, längs ber Bodrog in Olasz-Liozka und Vamos-Ujfala. Die Eolonne Gedeon in Dobsza und Prépoſt an der Hernad zur Verbindung bed linken Slügeld mit dem Gentrum. Die Referve unter Bobory in Tofaj. Das Hauptquartier verlegte ih nah Szerenes, die Depots und Magazine blieben in Tofaj und Nyiregys haza.

Sobald die Defterreicher zum Angriff gegen dieſe Cantonni⸗ rungen vorrüdten, folte Defewffy Szikszô verlaflen, bei Alſé⸗Dob s za Über Die zugefrorene Hernäd ſetzen und fich dem Groß bei Tallya auf der Tofajer Straße anfchließen.

Durch die Unthätigfeit des Feindes, der nach dem Kafchauer Tage feine Hauptoperationen über Eperjes in die Zips zurüuͤck⸗ verlegte, die Straßen nad MisFfolcz und Tofaj dagegen gänzlich aus den Augen verlor, war bie Befegung und Behauptung biefer fonft zu ausgedehnten Linie ohne Gefahr moͤglich, und durdy die vielen Vortheile, die ein möglichft langer Beſitz derfelben gewährte, auch in frategifcher Hinficht gerechtfertigt. Aus diefer Stellung ge⸗ dachte ich, wenn ber Feind Tänger in feiner PBaflivität verharren follte, nach vollftändiger Reorganifirung des Armeecorps und Erhalt ber nöthigen Berftärkungen, in die Offenfive überzugehen, die Vers bindung mit dem aus den Bergftädten anrüdenden Armeecorps Goͤrgey's herzuftellen, und vereint mit Leßterm dic Bewegungen der Hauptarmee gegen die Hauptftädte zu unterfügen. Griff aber ber Feind früher an, fo wollte ich mich auf bie Bertheibigung der oberen Theiß befchränten und meine Operationen mit jenen ber Generale Berczel und Repäfy auf der Belt Debrecziner Straße in unmittelbare Berbintung bringen. Im letzteren Falle dedte ich die Straße nach Debreczin und fefielte die Deſterreicher an meine

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Bernegungen, woburd der Rüdzug Goͤrgey's aus den Bergfläbten in die Zips und beffen Borbringen im Rüden bed Feindes gegen Eperjes jedenfalld erleichtert wurde. Am 18. erhielt ich die erften beftimmten Nachrichten von der VBorrüdung bed Feindes auf der Kaſchauer Straße; worauf ich mich für die Defenſive ents ſchied, naͤmlich: für die Behauptung und Bertheidigung ber Theiplinie.

Schlid, der vom A. bis 17. Januar die gut gefinnten unga- rifchen Eomitate Zemplin und Zips mit mobilen Colonnen durdys ftreifen amd überall Unterwerfungss und Ergebenheitd> Adrefien eins treiben ließ, entſchloß ſich bei der Nachricht von dem Anrüden der ihm durh Windiſchgrätz zugefandten namhaften Verftärfung, zur unverzüglichen Xöfung feiner Hauptaufgabe, die darin beftand: feine Berbindung mit der öfterreihifchen Hauptarmee, fo bald als möglich zu bewirken, den Theigübergang bei Tolaj auf der Debrecziner Straße zu forciren und von dort entweder gerade gegen Debreczin zu operis ten, ober die Offenfivbewegung der öfterreihiidhen Hauptarmee, wenn fie bei Szolnof die Theiß übers fhreiten follte, nach Kräften zu unterftügen.

Zur Ausführung diefer Operation theilte Schlid fein Armee⸗ corp&, nad Abfchlag der Befabungen von Kaſchau und ber Zips, in drei Golonnen. Die erfte hatte als rechter Blügel über Forr« und Szikszo gegen Miskolcz zu agiren und bier ber anrüdenden Verftärfung die Hand zu reihen; das Groo in 2 Bri- gaden unter Schlick follte auf der Debrecziner Straße über Gong, Szants Tällya, gegen Tarczal und Tofaj vorrüden; und der linke Blügel über Galszets in Zemplin einfallen, dieſes

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Comitat feiner Länge nach durchziehen und bei Bobrogs Keresztur fih mit der Hauptcolonne wieder vereinigen.

Am 19. befegte der Feind Forro und feine Avantgarde griff am Mittag defielben Tages Szäntsan. Thworznidy, der mit einer ſchwachen Abtheilung bafelbft ftand, zog fi nach unbedeus tendem Gefechte auf Tallya zurüd, wo Oberſt Bulharyn die vortheilhafte Pofltion vor dem Orte befebt hielt. Bei der Nachricht von dem Angriff des Beindes eilte ih von Szerenes nah Tallya und fchicte unverweilt dem Oberſtlieutenant Des ſewffy den Befehl, ſich mir anzufchließen, um am nächften Tage ven Beind mit concentrirter Kraft vor Tällya erwarten zu fönnen.

Mein Borhaben ward durch ben voreiligen Rüdzug Des ſewffy's vereitelt, der, als ber Feind in Forrö eingerüdt war, und der" vernehmbare Kanonendonner von Szänts den Angriff defielben auf der Debrecziner Straße verfündete, Szik 830 räumte, und anftatt in Fürzefter Richtung über Megyasz6 zu mir zu ftoßen, ohne meinen Befehl abzuwarten, einen dreimal weitern, fehr bes ſchwerlichen Umweg über Bös, Lucz und Löf am linfen Theißufer gegen Tokaj antrat. Diefes Manöver erinnerte noch ſtark an die Kaſchauer Tage, ward aber in diefem Feldzuge nicht zum zweiten Male wiederholt. Am 20. verblieb ich mit der Brigade Bulharyn ungeftört vor Tällya und erft gegen Abend, als ich von dem Um⸗ weg Defewffy’s Gewißheit erhielt, entfchloß ich mich, um nicht durch nöthige Detachirungen zur Sicherung meiner linfen Flanke zu ſehr gefchwächt zu werben, nad) Tarczal zurüdzugehen und dag Armeecorpo zwifchen biefem Orte, Tokaj und Kereöztur zu concentriren. Das Hauptquartier ward an bemfelben Tage nad Tokai verlegt. |

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Am 2i. Hatte das Armeecorps an der oberen Theiß folgende ordre de bataille*):

Brigade Bulbaryn.

Polenlegion unter Thworznidy 3 Comp.

34. Honved-Bntallen . . . 6

52. ... 4

Abajuvarer Freiwillige. . 2 4

Heveſer Nationalgarbe . 2

Bom 1. HufarensRegiment . . . . . 28. " 3. " n .. .. / 2

n 6. " u / 2 Lehel⸗Huſaren⸗Regiment1 12/, zwoͤlfpuͤndige Batterie. 0 00 e. 3 Geſchüte. 1/5 fechöpfündige rennen d:g 1/g breipfündige .... 3

23/, Bat. A Esc. 9 Geſchuͤtze. Brigade Schulz.

17. Honved- Bataillon . . . 6 Comp.

43 ,„ v 0 .dy

Das 3. Bat. vom 39. Regiment A 5 _

LehelsQufaen . » 2 0 nee. 18%.

Hevefer Nationalgade . o . 0. Mn

1 dreipfündige Batterie . - » 6 Geſchuͤtze.

21/, Bat. 11/, Coc. 6 Gefhüße. °) Ich gebe hier vollfländige ordre de hataille des Armeecorp6, um ten

übertriebenen offiziellen Berichten öfterreihifher Geſchichtsſchreiber in Betreff defien Stärke mit Zahlen entgegenzuireten.

Brigade Gedeon. 42, Honveb> Bataillon . . . 4 Comp.

20. " ..2, Heveſer berittene Rationalgardte . . . 1, Esc. 1 dreipfündige Batterie . > 2 2 2 2 0.6 Gefüge.

1 Bataill. 1/, Esc. 6 Geſchuͤtze. Brigade Defewffy.

26. Honved>Banillon . . . 6 Comp. 19, " ...6_ Borfoder Freiwillige... 4 Coburg⸗-Huſaren. . 0. . 16€. 1 jehöpfündige Batterie - » . 2 2 2 20.6 Gefüge. 1’ dreipfündige Battere - > 2 2 2 20003

22/, Bat. 1 Esc. 9 Geſchuͤtze.

Zufammen 8%/, Bataillond 7 Escadrons und 30 Gefchüge. Yulbaryn cantomnirte in Tarczal; Schulz in Bodrog- Keresztur, Kisfalud und Olasz-Liszka; Gedeon in Tofaj. Defewffy befand ſich noch auf dem Marfche über Dob und Loͤk nah Tokaj.

Die drei Stäpthen Tarczal, Tokaj und Bodrog⸗Ke⸗ resztur liegen am Fuße des berühmten Tofajer Berges, eines von den andern eine Fleine Stunde entfernt. Sie bilden in ihrer Rage ein gleichfeitiges Dreieck, geftatten eine vortheilhafte gegenfeitige Bers theidigung , beherrichen gleichmäßig die Straßen von Kaſchau und Ujdely und deden die bei Tokaj über eine folide Jochbrüde nach Debreczin führende Hauptſtraße. Keresztur und Tolaj liegen an der OR» und Tarczal an der Südweſtſeite bed Berges, der gegen Mäd und Zombor terraffenförmig in fanften Abhängen,

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längs der Bodrog hingegen ſteil abfällt und auf dieſer Seite den von Keresztur nach Tofaj führenden Schlüffel bildet.

Am 22. rüdte der Feind von Mad und Tallya zum Angriff auf unfere Stellung bei Zarczalvor. Bulbarin, der den ge mefienften Befehl hatte, den Ort bis zum Eintreffen der Brigade Defewffy um jeden Preis zu behaupten, beorderte bei dem erften Alların den Oberftlieutenant Thworznidy mit der Polenlegion, ben Abajuvarer und Hevefer Treimilligen, dann einer halben breipfündigen Batterie, auf die noͤrdlich von Tar czal in der rechten Flanke gelegene Anhöhe, verftärfte die links davon an ber Straße ftchenden 2 Honved»Boinpagnien mit dem 34. Bataillon und einer halben fechöpfündigen Batterie, ficherte feine linfe Flanke in der Ebene gegen Zombor duch Auffielung von 2 Escadrons Huſaren, und beließ den Reſt feiner Brigade als Referve in Tarczal.

Ein undurchdringlicher Nebel lag auf der ganzen Gegend und verhinderte beiden Theilen die ſucceſſive Einleitung des Gefechtes, ſo zwar, daß beim erſten Kanonenſchuß auch ſchon auf der ganzen Linie Kleingewehrfeuer und Bajonnetkämpfe allgemein wurden.

Im Centrum wies das 34. Honvéd⸗Bataillon anfangs unter dem tapfern Hauptmann Czaks, dann unter Major Zaks, mit unerjchütterlicher Ruhe und Bravour bie wiederholten überlegenen Angriffe zurüd und behauptete ſich fortwährend in feiner Stellung. Auf dem rechten Flügel erſtürmte Thworznicky mit dem Bajonnet bie bereitö vom Feinde befegte Höhe, warf deſſen Bataillons im bie Ebene hinab und nahm dort im Sinne feines Auftrages Stel» lung. Nach diefem erfien glänzenden Zuſammenſtoß trat eine Furze Paufe ein, während welcher die Gefchüße im Centrum und von der Höhe zu fpielen begannen.

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Schlid hatle die Wicztigfeit ber von Thworznidy befepten Anhöhe erfannt und beorderte zur Erſtürmung berfelben neue und kärfere Colonnen. Kaum jedoch hatten die Angreifer den Abhang erflommen, als die braven Polen, vereint mit den Hevefer und Abajuvarer Freiwilligen, fie zum zweiten Dale fo tüdhtig mit dem Bajonnet empfingen, baß fie, nochmals geworfen, in Auflöfung eiligft über den Berg zurüdwichen.

Inzwifchen verfuchte sine ftarfe feindliche Cavallerie-Abtheilung im Centrum die Plänfterfette des 34. Bataillond zu fprengen, fließ aber dort auf unfere Hufaren, von denen fie attaquirt und geworfen, nach Zurüdlafiung ihres Commandanten und vieler Todten und Bers wundeten, ihr Heil in wilter Flucht fuchen mußte.

Zum dritten Male fammelte Schlid feine Bataillons gegen die Höhen zum Sturme, der von einer Divifion Kürafftere un⸗ terflügt werden follte.e Als aber leptere bei ihrer Borrüdung in das verheerende Feuer der Polen und Ungarn gerathen, machen fie Kehrt und werfen ſich auf die eigenen nachfolgenden Bataillons, die, dadurch von Neuem erfchüttert, nicht mehr vorgeführt werben fönnen.

Der Zeind gab nun jeden ferneren Verſuch zur Erftürmung unferer Stellung auf und zog fi) auf Täallya und Mad zurüd.

Das Gefecht hatte nicht volle drei Stunden gedauert und war beendet, bevor noch Defewffy auf ben Schlachtſelde eintreffen lenute; und als diefer endlich erfchienen war, verhinderte und ber fortvauernde Nebel an der Verfolgung des Feindes, defien Marſch⸗ richtung durch diefe Begünfigung des Weiters unjeren Augen ver» borgen blieb.

Der Sieg bei Tarczal ward ausſchließlich von ber Brigade

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Bulbaryn, 2500 Mann, errungen. Ihr und ihrem tapfern Führer, fo wie ben. braven Offizieren Thworznidy, Zaks, Idzikovozky, Czaksé u. A. m. gebührt die Balme diefed Tages.

Nach offiziellen öfterreichiichen Berichten unternahm Schlid den Angriff auf Tarczal mit den Brigaden Fiedler und Verger, bie unjerer Streitmadjt doppelt überlegen waren; . und dennoch unterfängt ſich ein halboffizieles oͤſterreichiſches Werk: „Die Winters Campagne Schlick's“, im Angefichte folcher Daten, über das Treffen bei Tarczal zu behaupten: „Das öfterreihifhe Bentrum, kaum 4000 Mann ftark, fei in einen Kampf mit 11,000 Ungarn verwidelt geweſen.“ Diefelde Schrift befchuldigt die Ungarn einer während des Gefechtes begangenen völferrechiöwibrigen Kriegelift, was ſich wahrfcheinlich auf folgenden Borfall beziehen mag :

Oberftlieutenant Thmworznidy, der im Kampfgemwühl auf ber Anhöhe mit einigen feiner Begleiter und einer ſchwachen Abtheilung Infanterie fidy zu weit vorgewagt hatte, ftieß plöglich auf eine feind- liche Abtheilung, an deren Spige ſich der öfterreichifche General Fiedler befand. Derjelbe ritt vor, man gab ſich zu erfennen, brüdte fi) gegenfeitig die Hände u. f. f. Endlich erklärte der öfter: reichifiche General, daß den Polen 2 galiziihe Batailons gegenüber: flünden, die nur ungern gegen ihre Landsleute Fämpften; zum Bes weis feiner Behauptung commandirte er „Beim Fuß!” und erfuchte Thworznidy, mit feiner Truppe ein Sfeiches zu thun. Unter Ahnlichen Hörmlichfeiten verging eine geraume Zeit, beide Theile fchienen über die fonderbare Begegnung verblüfft, und Keiner wußte, wer ber Gefangene des Andern war. Da erfchienen mehr öfterreis chiſche Truppen, bei deren Anblid die Hevefer Freiwilligen unge: ſaͤumt Feuer gaben, was auch vom Feinde erwidert wurde. Man

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rief von beiden Seiten „Berrath ;“ bie Defterreicher verſchwanden im Rebel und die eigenthümliche Scene hatte ihr Ente.

An demfelben Tage griff der linfe Flügel der Defterreicher auf der Särospatafer Straße bie Brigade Schulz zwiſchen Olas z⸗ Lisezka und Kisfalud an und drängte fie bis nahe vor Kisfalud zurüd. Aber auf die Kunde von dem glüdlichen Ausgange bes Treffens bei Tarczal ergriff Schulz am 23. ohne Zaubern bie Offenfive, erftürmte im langwierigen blutigen Gefechte das ftarf be; epte Kisfalud und zwang den Feind nach dem Eintreffen einiger Verftärfungen von Tarczal zur gänzlihen Räumung feiner Etel- lung und zum Rüdzug über dad Gebirge auf feine Hauptmacht bei Mid. Eine Umgehungs⸗Colonne, die zur Einfchließung biefer vereinzelten feindlichen Abtheilung auf bie nah Mäd führende Straße entjendet wurde, verirrte fich und kehrte unverrichteter Sache zurüd. Diefer Umftand verhalf dem Feind an diefem Tage zu feiner Rettung.

Das Gro8 der Ungarn hielt während des Gefechte bei Keresztur die Stellung vor Tarczal in Schladhtbereitichaft be⸗ lebt. Der Feind dachte indefien an feinen weiteren Angriff, fondern benugte den dichten Nebel, der auch am zweiten Tage feine Bewegungen verbarg, um fih ain Abend und während ber Nacht über Tallya und Szänto bis auf Boldogfövärallya jurüdzuzichen.

Der Berluft der Oeſterreicher an beiden Tagen betrug uͤber 300 Mann Todte, Verwundete und Gefangene. Wir zählten 100 Todte und Verwundete, unter erfteren den tapfern Commandan⸗ tn des 43. Bataillons Hauptmann Kälnofy und mehrere andere

tuͤchtige Dffiziere.

Es war zum erſten Male in dieſem Winterfeldzuge, daß ber Honved dem Defterreicher fiegreich gegemüberfliand. Die vor Kurzem noch verzagte Truppe hatte, burch biefen erften Erfolg über den überlegenen Feind begeiftert, mit einem Male Vertrauen zu fi und ihren Kührern gewonnen ; die Bahn zu andern bebeutenderen Siegen war gebrochen, und was bie Hauptfache: man fonnte von nun an . ben Sig ber Regierung und die großen Depöts binter ter Theiß von diefer Seite ald gefichert betrachten.

Aber troß diefer momentanen Bortbeile konnte ich doch vor der Hand an keine Offenſive denken; da zu derſelben Zeit die oͤſter⸗ reichiſche Armee⸗Diviſion Schulzig Brigaden Kriegern und Parrot mit 5000 Mann, zur Berflärfung Schlick's auf der Peſther Straße über Miskolcz herbeieilte, und eine zu weite Vorrädung auf der Kaſchauer Straße hieß unter ſolchen Um⸗ fänden nicht nur meine Rüdzugs» und Berbindungslinien, fondern auch alle mühfam erworbenen , zumal wmoralifchen Erfolge wieder auf das Spiel fegen. ch entfchloß mich daher, bis zu dem Ein- treffen einiger Berftärtungen auf die Behauptung der Theißlinie mich zu beſchraͤnken und zur Beobachtung des Feindes blos auf bie Höhe von Tällya vorzurüden.

Die Stärke des Feindes vermehrte fh durch die erhaltene Di: vifton um A Bataillons, 8 Escadrons und 2 Batterien, und wuchs, bie Befagungen von Kaſ Hau und Eperjes abgerechnet, auf 13,000 Dann mit 12 Escadrond und 36 Gefhüpen an. Gegen eine ſolche Uebermacht, der ich Baum die Hälfte mit 27 zumeiſt drei⸗ pfündigen Geſchuͤtzen entgegenfellen fonnte, war ſelbſt Die Bertheibi- gung der Theiß, bie auf allen Punkten zugefroren war, feine eichte Aufgabe. Ich bat deshalb um ſchleunige Berflärfung, bes

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ſonders an Geſchützen und Cavallerie; worauf mir von Koſſuth folgende Antwort zufam, bie zugleich die Mittheilung über Dem- binsti’s Ernennung zum Obercoimmandanten enthielt.

Debreczin, am 29. Januar 1849,

„In ber Urberzeugung, daß das Kriegsminiſterium den Danf, den Ihnen dag Baterland für Ihre erfolgreichen Operationen ſchul⸗ det, bereitd audgefprochen, habe ich mit meinem Schreiben ein paar Tage gewartet, um von Ihnen während diefer Zeit ausführliche Bes richte und Beförderungds und Auszeihnungsvorfchläge zu erhalten. Ta dies indefien, wahrfcheinlich wegen überhäufter Geſchäfte, bis nun nicht gefhah, fo will ich nicht länger zögern mit dem herzlichen Ausdrude der Anerkennung, die Ihren Verdienften im vollen Maße gebührt.

„Sie haben nicht nur allen Erwartungen entiprochen, fondern auch das Vertrauen, womit ich den Gemmandoftab Ihren patriotis ſchen Händen anvertraute, bei Weitem übertroffen.

„Gewiß haben Sie alle Erwartungen übertroffen; denn wir konnten vollfommen zufrieden fein, wenn Sie dad Armeccorps, das Sie übernommen hatten, und dad durch fortwährende Schlachtver⸗ infte ſehr herabgeftimint und dedorganifirt war, während der furzen Dauer Ihrer Führung fo weit in Ordnung brachten, um fagen zu tönnen: „Dad Corps beſteht noch." Sie aber haben nicht nur dies vollführt, fondern damit auch zwei Siege errungen, die unftreitig zu den glaͤnzendſten umfere® gegenwärtigen Freiheitskampfes gehören.

„Bor Allem wünfche ich jenen Kriegern, die fich beſonders aus⸗ gezeichnet hatten, die Anerkennung des Vaterlandes zu bezeugen, denn ich Habe mir zum Grundſatze gemacht, die Auszeichnungen und

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Beförderungen bei Ihrem Corps nur auf Ihren Vorſchlag vorzu⸗ nehmen.

„Ich gebe Ihnen zugleich bekannt, daß ich auf die Verpflegung und Ausrüftung Ihrer Truppen mein beſonderes Augenmerk richten werde.

„Seht nur noch ein paar Worte zur Orientirung. Da Schulzig fi) mit Schlid in Miokolcz vereinigt hat, ſteht Ihnen eine bes deutende Uebermacht gegenüber.

„In der Gegend von Ujväaros und Polgär fammeln wie eine Referve: Armee, die fowohl Ihnen zur Referve, als auch zur Dedung Debreczin’s gegen einen Handftreic dienen fann. Zu bedauern iſt ed nur, daß die Gewehre fo langfaın erzeugt werben ; denn Leute fönnten wir ſchon genug ſtellen.

„Die Referve fol aus 5000 Mann Infanterie, 8 Escadrone Eavallerie und 2 Batterien beftehen. Tiszafüred und das ſchlechtgefinnte Bolgär werden bewacht; dort befindet fi) Oberſt Asboth mit ben Bataillons Zrinyi und Hunyady, von denen jeboch erft 00 Mann mit Gewehren verfehen find; ferner haben wir zur Zufammenftellung der Reſerve 400 freiwillige gutbewaffnete Haidulen, die bereits im Gdrgeny’fchen Lager gedient haben, 150 Tiroler Schügen, 200 Peſther Legionäre, 3 Kanonen, 500 Buerila’d von Debreczin, fogenannte „Rothbändler“, die im Arader Lager gedient hatten, 1 Escadron Eavallerie. Die Rativs nalgarde ber Hajdufen und von Szabolto habe ich zur Bes wachung ber Theiß beordert. Im Nothfall kann auch ber Landfturm in und um Debreczin aufgeboten werben.

„Weil aber Alles dieſes mir noch zu wenig fcheint , fo habe ich den General Perczel angewielen, 4000 Mann unter das Com⸗

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mando des General Dembinsfi gegen Boro6;16 zu entfenden. Die pünktlicye Ausführung diefer Bewegung kann ich nicht verbürgen, da Berczel während dieler Zeit von Szolnok gegen Ezegled vor: gedrungen iſt, um durch diefen Scheinangriff feine Bewegung gegen Erlau, wo er damals noch Schulzig glaubte, zu maßfiren.

„Und bier muß ich Sie bittenb auf Eines aufmerffam machen: Dembinsfi hat fich ausgedungen,, daß er ſich, mag wer immer Dbercommanbant fein, willig demfelben unterorbnen werde; follte jedoch Fein Obercommandant ernannt werben, fondern mehrere Armee⸗ corpo in Verbindung mit einander operiren, bann rechne er auf feine Anciennität; er it feit 1831 Diviſions⸗Gengral.

„Wenn er nun mit der erwähnten Divifion herauffömmt und aus der Rejerve und Ihrem Corps eine Armee bilden fol, ift es natürlich , daß dad Obercommando in Folge jeined Ranges und feis ner Anciennität ihm gebührt. Cie bleiben auch fernerhin Führer der Truppen , an deren Spipe Sie Ihr Feldherrntalent fo glänzend gezeigt haben. Wenn dann Dembinski feinem alten Ruhm ent ſpricht, und und Gott behilflich ift, die Korps von Damjanich, Becjey, Perczel, Goͤrgey und von Ihnen nebft der bier zu bildenden Referve zu concentriren, und die Emennung eines anbern Dbercommandanten wäre nicht thunlih, dann würte F.⸗M.⸗L. Dembinsfi mit der Führung der Operationen ſämmtlicher Corps betraut werben. Man würde Sie dann , natürlicd) als General, ers fuchen ihm ald Chef des Generalftabes zur Seite zu ſtehen. Dies iR vorläufig blo® ein Gedanke, was fagen Sie dazu?

„Gott fegne Sie, Herr Oberft! Seien Sie überzeugt, daß midy lange Nichts fo fehr erfreut hat, al& in Ihnen dem Baterlande einen fo außgezeichneten Führer gegeben zu haben. *

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P. S. ®ott gebe, daß Sie fo lange Ihre Poſition halten koͤn⸗ wen, bi6 Dembinski anfömmt, und die Referne zufanmengeftellt iR! Dann koͤnnen Schlid und Schulzig zwifchen drei Feuer ges rathen. Könnten Eie ſich nicht halten, dann müßten Eie bei To⸗ Faj über die Theiß zurüdgehen und die Brüde hinter fi abbrennen. Dies ift jetoch nur ‚‚casus extremae necessitatis.**

Die getroffene Wahl der Regierung machte auf viele Patrioten einen ungünftigen Gindrud. Man erblidte darin ein Zeichen des Miß⸗ trauend in die Fähigfeiten und Oefinnungen der nationalen Führer; ohne von der andern Seite eine hinreichende Bürgfchaft für Dem: binski's Feldherrntalent zu erhalten, der, blos durch feinen Rüdzug aus Lithauen befannt, feitdem feine neuen Beweife geliefert hatte, ob er auch größere Armeen mit demfelben Glüde anzuführen im Stande fein werde. Schwerer aber, als alles Angeführte, wog bei Manche die Beforgniß, daß Dembinsft, gänzlid unbekannt niit den Berhältniffen Ungarns, weder Land und Volf, am wenig: ften den Eharafter unferer Erhebung richtig auffaflen, ja vielleicht im Intereſſe jener Partei wirken werde, die, in der Perſon des Pürften Czartorisky repräfentirt, auf den verſchiedenen Slavencongrefien hinlänglich ihre Beſtrebungen Fundgegeben hatte,

Ich gehörte zu Jenen, die auf diefe von vielen Seiten ge: äußerten Bedenflichkeiten Fein Gewicht legten und die in der Er- nennung Dembinski's nichts Anderes ald das Mittel fahen, Die Kräfte an derTheiß zu einer ſtarken Hauptarmee zu concentriren und ten Grund zu größeren und entfcheidenderen Offenfiv : Operationen zu legen.)

) Meine Antwort auf Koſſuth's obiges Schreiben lautete: „In der Anerkennung meiner geringen Verdienfle, die ih aus Ihrer gecheten

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Wie aus Kofſuth's Zuſchrift hervorging, hatte ſich Dem⸗ binsfi mit einer Armeediviſton zu meiner Verftärfung von ber mittleren T heiß in Bewegung gefeht, und.es handelte ſich jetzt vor⸗ zaͤglich, biefe Truppen, ohne welche an feine Offenfive gegen Ka⸗ hau zu denfen war, zur rechten Zeit herbeizuführen. Unſer vorzüglichfted Augenmerk mußte auf die Erbrädng Schlid'6 und die Rettung Goͤrgey's gerichtet fein, und erft nad) glücklicher Loͤſung diefer Aufgabe konnte an einen Angriff gegen die Haupsftäbte und die feindliche Hauptarmee gedacht werden. In ſolchem Sinne fhrieb ih an Dembinski, als ich erfuhr, daß er, ſtatt fich zu nähern, mit den A000 Mann , die er perfönlich anführte, bei Bol- gär die Theiß überfchreiten und vereinzelt gegen Miskolcz vor dringen wollte.

Schlick hatte mittlerweile am 24. und 25. Januar feine Bers bindung mit der Diviſion Schulzig auf der Miskolczer Straße bewirkt und in den folgenden Tagen Anftaften zur aberinaligen Bors -

Zuſchrift von heute entnchme, finte ich fuͤr meine Bemuͤhungen den reichflen Lohn. Ich bin keineswegs der Mann, der in fo fchwerbedrängter Zeit die eigenen Intereſſen jenen tes Baterlantes gleichftellen fönnte.

Die Ernennung bes Beneral Dembinski zum“ Obercommandanten ber ges fammten Theißarmee begrüße ich um fo mehr mit Freuden, weil die Truppen das Bertrauen, das fie bisher mir gefchenft, gewiß auch, und mit Recht, einem Krieger son ſolchem Nuhme, wie General Dembinski, nicht entziehen werden. Ich diene mit Freuden , unter allen Berhältnifien und Graden, fo wie dies der Ruten des Baterlandes eben erheifcht. Bor acht Monaten Qubalternoffigier und jeßt Com⸗ mandant eines Armeecerps, bin ich morgen, wenn es das Vaterland fo haben will, wieder gemeiner Honved. Dort wo es die Wohlfahrt Ungarns gilt, müfen per: fönliche Rürtfidhten befeitigt werden. Gegen mid wenigſtens bitte ich Feine zu bes ebachten ; im Begentheil mid, flets fo zu verwenden, wie es die Umſtaͤnde erheifchen.

Fuͤhrer zum Siege möge wer immer fein, wenn nur Gott unfere Waffen fogart.*

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ruͤckung gegen Tokaj getroffen. Der Theißübergang ſollte diesmal forcirt und die Offenſive bis Debreczin auogedehnt werden.

Dieſe Abſicht des Feindes blieb mir nicht verborgen, und da Dembinskinocd zu entfernt and, um auf feine thätige Mitwir⸗ fung zählen zu können, fo entſchloß ich mich, beim Hinblick auf die numerifche Ueberlegenheit des Feindes, bie mir Feine Theilung bes Corpo, wie am 22. zur gleichmäßigen Vertheidigung der Ka⸗ ſchauer und Zempliner Straßen, erlaubte, und um nicht das Tofajer Defils im Rüden zu haben, zur Räumung von Tarczal und Bodrog⸗Keresztur und zur Befepung der vortheilhaften Pos fition bei Rafamaz auf dem linfen Theißufer, an der Straße nach Debreczin, eine halbe Stunde von Tofaj entfernt. Am 30. bes zog ich mit dem Armeecorp6 folgende Bantonnirung :

Linker Flügel: Brigade Bulharyn inUjfalu und Ejzlär.

Gros: Brigaden Defewffy und Gedeon in Rafamaz, mit vorgefchobenen Detachementd am rechten Theißufer in Klein» und Groß⸗Tokaj.

Rechter Flügel: Brigade Schulz in Timar, Szaboles und Balfa mit einem Detachement in der Bodrogköz zur Bes obachtung der Zempliner Straße.

Gefecht bei Tokaj 31. Sanuar.

Am 31. Januar um 1 Uhr Mittags rüdte der Feind in zwei Eolonnen über Tarczal und BodrogsKeresztur gegen Tokaj vor. Diefe Stadt liegt an ber Einmündung der Bodrog in die Theiß, auf dein fchmalen Raume zwifchen dem rechten Ufer diefer Ylüffe und dem ſteil abfallenden öftlichen Abhang des Tokajer Berges. Die von BodrogsKeresztur fommende Straße bildet ihrer Länge nach einen fchmalen Paß; während an der Sübfeite der Stadt und an

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der von dort nach Tarczal führenden Straße der Raum ſich erweitert, ba die Abhänge des Berges fidy vom Fluſſe mehr entfernen und fanfs ter gegen bie große Theißebene verlaufen. Die Straßen find winfeltg und eng und geftatten feine Entwidelung ber Truppen.

Zum Üebergange auf das linke Theißufer aufden Rafamazer Damın diente eine hölzerne Sochbrüde, bie in der Nacht vom 30. zum 31., anftatt abgetragen zu werden, burch die Unvorfichtigfeit eines ArtilieriesDffizierd abbrannte. Der Uebergang von Tokaj auf daS linfe Theißufer kann nur von KleinsTofaj auf der Südfeite einigermaßen protegirt werten, da an den ſchmalen Quais der Stadt faum hier und da Raum zur Aufftclung von ein paar Geſchuͤtzen vorhanden if.

Bei der Annäherung des Feindes ließ ich das 34. Honvebs Bataillon den rechts vom Straßendamme, einige hundert Schritte von der Theiß, gelegenen Rakamazer Wald befepen; zwei Geſchuͤtze blieben auf der Straße, und eine halbe fechöpfündige, dann eine halbe zwölfpfündige Batterie erhielten ihre Aufftellung auf den hart gefrornen Wieſen links von der Straße. Zur Unterflügung bes 34, Batailond Hand im Walte, mehr zurüdgezogen, das 42. Bataillon , der Reſt der Brigaden Defewffy und Gedeon blieb als Referve unmittelbar vor Rakamaz. Bulharyn und Schulz hatten auf halben Weg zu diefem Orte fchlachtbereit die ferneren Befehle abzuwarten.

In 1 Uhr griff der Feind die in Tokaj ſtehende Abtheilung an und zwang fie nach lebhaften Gefechte zum Rüdzug auf das linfe Theißufer. Bald darauferöffneten auch feine Gefchüge, die ſich theile in der Stadt, theild außerhalb derfelben vor Klein⸗Tokaj placirt hatten, vom rechten Ufer ihr euer, das idy anfangs nur ſchwach und in längeren Pauſen erwidern ließ, bis ich überzeugt war, daß

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ber Feind nicht blos eine Demonſtration beabfidytige, fondern fich wirk⸗ lich zur Forcirung be& Theißübergamges entichloffen habe. Es ent fpann ſich nun an beiden Ufern ein heftiger Gefchüpfampf und ein ununterbrochenes Kleingewehrfeuer.

Um & Uhr ließ der Feind Infanterie» Abtheilungen mit einer Raketen» Batterie vie Eißdede der Theiß linf8 von der Brücke überfchreiten umd unſeren rechten Slügel angreifen. Schon waren bie Angreifer bis in Die Nähe des Rafamazer Wäldchens gefommen, als dad brave 34. Bataillon, den Sturm nicht abwartend, ſich mit dem Bajonnet auf fie ſtuͤrzte, biefelben zurädtricb und über die Theiß bis zu den erſten Häufern von Tokaj verfolgte. ine andere Abtheilung defielben Bataillond , unterflügt von zivei Compagnien des 42., ers ſtuͤrmt gleichzeitig das an der Brüde knapp am Ufer gelegene Mautbs haus und behauptet fich darin trog dem Hagel von Granaten und Kugeln, womit ed von Feind überfchüttet wird.

Inzwiſchen rüdten meine zwei halben Batterien auf dem linken Flügel immer näher zur Stadt und beichoffen deren Straßen mit ſolchem Erfelge, daß ber Feind nach bedeutende Verluſte ſich in das Innere zurüdzießen mußte. Ich ließ nun bie Stadt felbR mit ®ranaten bewerfen und einige Häufer in Brand fieden, wodurch bie in dem engen Straßen aujammengebrängten Wunitionsfarren und Geſchuͤtze in Verwirrung geriethen und aus ber Stadt in aller Eile gegen Tarczal entflohen. Schlid unterhielt nod) einige Zeit aus den Häufern am Ufer ein lebhaftes Feuer, brach jedoch mit Ein- bruch der Nacht dad Gefecht gänzlich ab und zog fi, von ber Dunkel⸗ beit begünftigt, aus Tofaj nad Mad und Keresztur zurüd.

Der materielle Verluſt des Feindes war bei feiner gedeckten Auf⸗ Rellung gering, um fo mehr litt aber derfelbe an der moraliſchen Erfehütterung feiner Truppen, die fich jeht zum zweien Male ges

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zwungen ſahen, vor den halb fo zahlreichen Ungarn durch einen naͤcht⸗ lichen, unordentlichen Rückzug ſich zu retten.

Ich verblieb waͤhrend der Nacht in meiner Stellung auf dem linken Theißufer Tokaj gegenuͤber.

Der Sieg bei Tokaj, eigentlich mit zwei Bataillons und 8 Ge⸗ ichügen erkämpft, beſtimmte den Feind, ſeine weiteren Durchbruchs⸗ verjuche aufzugeben und und im ungeftörten Beſitz der oberen Iheißlinie und der dortigen Ülebergänge zu belaſſen.

Am Morgen des 1. Februar zog meine Avantgarde in Tofaj wieder ein und bdedte Die von den Bewohnern der Stabt und Umgegend bereitwillig getroffenen Anſtalten zur Herftelung eincs praftifabeln Ueberganges über die bereits aufthauende Eisdecke ber

Theiß.

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V.

Reichstag und Regierung in Debreczin. Thätisfeit im ungariſchen Kriege: minifterium. Perczel an der mittlern Theiß. Dembinsfi erhält Tas Dbercommando der Hauptarmee. Beginn der Dffenfive an der obem Theis. Borrüdung einer Divifkon des 1. Armeecorp6 gegen Kaſchau. Gefecht bei Hydas-Nemeti 8. Februar. Bereinigung mit Goͤrgey. Görgey wird unter Dembinski's Commando geftellt Gefecht bei Tornal: Iya 16. Februar. Goncentrirung des 1. und 7. Armeecorps in Miskolc;. Ueberfall auf Kompolt 18. Februar. Ueberfall auf Betervajäar. Borrüdung der oͤſterreichiſchen Haupiarmee über Gyoͤngyoͤs. Schlacht bei Kapolna 26. u. 27. Februar. Betrachtungen. Gavallerie s Gefecht von Mezötövesd 28. Februar. Treffen bei Egerfarmoe 1. März Rückzug ter Armee nad Füred. Borgänge daſelbſt. Eintreffen Koffuth's und der Generale Meszäros und Better in Füred. Dembinski's Rüdtritt vom Dbercommando. Das 1. Armeecorps nach Toͤroͤk Szt. Miflos.

War auch der Schlag, den die Ration durch die Räumung von bald Ungam und zumal der Hauptftädte erhielt, erfchütternd, fo traf derfelbe doch nicht ihre Herz, fondern nur den ehernen Echild, unter dem fie fich im biutigen Ringen für einige Momente zwar brugte, aber nicht zerfchjmettert zu Boden Rürzte. Denn während man in Wien die ungarifche Regierung auf ber weiten Steppe obdachlos und verzweifelt umberirrend glaubte, fchlug fie im feften Vertrauen zu der ungebrochenen Kraft des Volkes ihren Sig hinter der Theiß auf, und bereitete aus dem fchnell anmwachfenden Kern der Nation die Stahlfehne, welche den Bernichtungspfell gegen da® Herz des Fein⸗ des fchnellen follte.

Nichts aber charakterifirt beffer bie Kurzfichtigkeit Defterreiche und feinen übermürhigen Siegeswahn, als folgende Stelle der offi-

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ziellen Wiener Zeitung aus jener Periode des Krieges: „Mit bem Beige von Buda⸗Peſth ift die anarchiſche Partei bereits vernich- tet; da Alles, was noch von derfelben ausgehen kann, blos jene leichten Zudungen bekundet, die dem gänzlichen Berfcheiden voraus» zugehen pflegen.

Bon der Gewißheit des Sieged in Sicherheit gelullt,, ließ ber Feind in energifcher Verfolgung der leichterrungenen Bortheile nach, und fpannte die eiierne Kauft blos um den blühenden Leib ber Hauptftädte, darin den legten Athem der Freiheit zu erftiden. Ein EmntralsBlutgericht für politische Verbrechen ward bort nietergefegt und Profeription und Etandrecht fegten bald Gaſſen und Häufer rein. Die Kerfer füllten fich mit Opfern; darunter ber ritterliche Oraf Louis Batthiänyi, der Friedensbote des Volkes. Major Szoͤll, der tapfere Commandant des Tyroler-Schügen-Bataillons, in Peſth gefangen, eröffnete die lange Reihe der Märtyrer; er ward durch Pulver und Blei hingerichtet. Sogar die Offiziere, wie Ge⸗ neral Lazar u. A. m., die ſich im Sonnenfchein des Ungarglüdes recht angenehm gefühlt hatten, beim Herannahen ded Sturmed aber verzagt außriffen und reuevol auf Discretion dem Sieger ſich ergaben, wurden in Ketten gefchlagen und zu mehrjähriger Schanz⸗ arbeit verurtheilt.

Während aber der Feind den hingeworfenen Köder gierig vers ſchlang, entwidelten Regierung und Reichstag hinter dem undurch⸗ dringlichen Gürtel der Theiß eine erftaunliche Thätigfeit. Bataillon, Gscadrond und Batterien entftanden wie durch einen Zauberfchlag, und feit den Zeiten Arpad's herrfchte in ben unabfehbaren Theißs Eteppen, dem Stammfige der Magyaren, noch nie ein fo bewegtes friegerifche® Leben. Debreczin ſelbſt, der Sig der Regierung, glich einem unermeßlichen Lager, wohin Taufende zu Buß, zu Pferd,

L 14

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und auf Wagen, in unabfehbarem Zuge firömten, um fchon in ben naͤchſten Tagen wieder auf einen der vielen Kriegeihaupläge abzu⸗ ziehen. Nebſtdem wurde die Rationalgarde aller Orten aufgeboten, und auf öffentlichen Plägen, in Kirchen und Schulen dad Volk zum heiligen Kampfe begeiftert.

Für die Ausrüftung der Truppen warb in den großartig einges richteten Kriegöwerfftätten zu Großwardein unter der energiichen und umjichtigen Leitung von Lahner und Lufäcs Tag und Nacht gearbeitet. j

In Mitten diefer ungeheuren Rüftungen hielt der Reidystag feine Berathungen. Die Mitglieder defielben hatten ſich beinahe ebenfo zahlreich wie in Peſth eingefunten,; und es ward gleich in der erften Sigung beichloffen, zur Rettung der bedrängten Nation treu und redlich bis zum legten Mann auszuharren. Die fchnöde Zurüdweifung ihrer Anträge zu Friedensunterhandlungen, hatte fie nur um fo anhänglicher ihrer Pflicht gemacht, wie died am deutlich⸗ ften aus den folgenden Beichlüffen erhellt:

Auszüge aus ben Protokollen der Neihötagsfigung vom 13. Ianuar 1840 in Debreczin.

„Die vom A. d. M. aus Bicoke erftattete Meldung der Des putation, welche in Folge des Reichstagsbeſchluſſes in Ber am 31. December 1848 zum Abſchluß eines Waffenftiliftandes an den Obercommandanten ber Faiferlichen Invaſionsarmee, Fürft Win⸗ difhgräg, und von dort an Franz Joſeph, Kaifer von Defter- reich, wegen gänzlicyer Beilegung bed Krieges, jedoch mit Wahrung ber Rechte, Integrität, Nationalität und Ehre Ungarns, abgefenvet wurde, ward vorgelefen,, worin angezeigt wird, daf Fuͤrſt Win⸗

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bifhgräß die Depufation: Grafen Lowis Batthiänyt, oberften Landesrichter Georg Mailäth, den Erlauer Erzbifchof Sof ep Lonovits, Grafen Anton Mailath und Reichstagsabgeordneten Sranz Deäf, mit Ausichluß ded Grafen Louis Batthiänyi jivar empfangen, allein nicht als Geſandten ded Reichstages bes trachtet habe, da er benfelben durdy die Abdication Ferdinand's bereits ala aufgelöft annahm. ein Befcheid auf die Friedens⸗ vorichläge ter Deputation war: daß nach den Vorfällen im Lande, weder von einem Waffenftillftande, noch von einem Bertrage, jondern blos von unbedingter Unterwerfung die Rede fein könne. Er wolle früher dad Land mit Waffıngewalt unterwerfen, eine Militärherrfchaft einführen, und dann erft werde Seine Majeftät, der nicht gefrönte und den Thron verfaffungswidrig ufurpirende Franz Joſeph, Kaifer von Oeſterreich, über das fernere Schickſal des Landes vers fügen. Die Deputation dürfe jegt gar nicht zum Kaiſer gelaffen werden, da aucd er feinen andern Beicheid geben würde. Bürft Windiſchgrätz ertheile dader den Rath, das Land möge durch unbedingte Unterwerfung die Onabe des Kaiſers zu erlangen fuchen. Das Militär folle augenblicklich die Waffen niederlegen und dem Kaifer Franz Joſeph den Eid ber Treue fchwören, bie Feſtungen aber follen ungefäumt übergeben werben.

„Durch biefen Beicheid des Fuͤrſten Winbifhgräg, ber weber den Reichötay und die Deputation anerkennen, noch diefe zum Kaifer reifen laffen wollte, von der Unmöglichkeit einer weitern Uns terhandfung überzeugt, mwünfchte die Deputation zurüdzufehren. Die Ruͤckkehr ward ihr jedoch mit dem Bemerken verweigert, daß bie Dperationen der bis Dfen vorgedrungenen Falferlichen Armee dies nicht mehr geftatteten; worauf die Mitglieder ber Geſandtiſchaft mit Einfluß des Grafen Louis Batıhianyi, fanımt ber zu Ihrer

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Begleitung beflimmten Huſaren⸗Escorte gefangen zurüdgehalten wurden. *

„Da nun die ungarifche Nation den bewaffneten Widerſtand nicht zur Erkämpfung neuer Rechte, fondern, wie dies dad Geſet der Selbfterhaltung gebietet, blos zur Bertheitigung ihrer taujends jährigen , durch Fönigliche Eide befräftigten ftaatlichen Selbitftäntig- feit gegen einen wiberrechtlichen Angriff, organifirt hatte; fie überdies zum Einhalt ferneren Blutvergießens durch eine Deputation Ausgleis hungsvorjchläge machen ließ, deren Mitglieder jedoch durch den bes vollmächtigten Obercommandanten der Faiferlichen Truppen gegen alles Völferrecht ald Öefangene zurüdbehalten wurten; nachdem ferner ter feindliche Feldherr bei diefer Gelegenheit dem Kante die Vernichtung feiner Berfaffung und eine Militärherrfchaft in Ausficht geſtellt, und man hieraus mit Entrüftung die Ueberzeugung geichöpft hat, daß dad Haus Oefterreich, das feine Erhaltung allein der heldenmüthigen Aufopferung der ungarifchen Nation zu verdanfen hat, nicht Anftand nehme, mit übermüthigem Zone folche tyrannifche Bedingungen der Unterwerfung zu ftellen, die felbft bei einem gänzlich befiegten Volke nicht am Platze wären, um fo weniger bei den Ungarn, deren Kraft nicht nur ungebrochen, fondern in Hinficht auf Zahl, Tapfer- feit der Armeen und Aufopferungsbereitwilligfeit ded Volkes ſieg⸗ verheißend daftcht; fo hat der Reichstag einmüthig befchloffen , Die Eonftitution, Unabhängigfeit und Nationalität des ungarifchen Volkes bis auf den legten Dann und legten Blutötropfen zu vers theidigen.

„Auf Antrag ded Regierungspräftventen Ludwig Koſſuth leiftete hierauf der ganze Reichsſstag das feierliche Berfprechen: bis zur Rettung des Baterlandes beilammen zu bleiben. *

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„Gleichfalls auf Antrag des Regierungspräfidenten warb bes ſchloſſen:

1) Daß Alte, zumal Offiziere, die vom Tage der Bekannt⸗ madung biefer Verordnung fich der Feigheit fchuldig machen und and der Echlacht entfliehen, als Berräther mit dem Tode beftraft werden follen.

2) Tie Regierung wird beſonders darüber wachen, daß das Bolf durch die Kriegszüge nicht zu fehr getrüct werde. Jede Ers preffung, mag fie wer immer ausüben, ift mit dem Tode zu beftrafen.,

3) Jede Lieferung des Volkes ift durch die Regierung entweber baar zu bezahlen, oder anftatt der Steuern anzunehmen. Sollte hie und da Geldmangel der Regierung die fogleiche Berichtigung der Forderungen nicht erlauben, fo verpflichtet fich der Reichstag, folche Schulden mit der Ehre der Nation zu garantiren und biefelben, fos bald ed die Umftände erlauben, mit den gefeglichen Procenten zus

*

rüd uerfatten. *

Diefe Beichlüffe wurden nebft einem Aufrufe Koſſuth's dem Volke und den Truppen in allen Theilen des Yandes verfündet und mit der größten Anerkennung vernommen.

Endlich trat auch in bie Eentralleitung der Operationen bei der Regierung, dur die Ernennung Better’d zum Chef bed Seneralguartiermeifterhabes und bie Berwentung des talentvollen Oberen Stein Eyftem und Einheit. Die Räumung ded Bas nat6 und der Bacs wurde bewirft, durdy bie gewonnene Kraft der Grund zur Zufammenziehung einer mächtigen Theißarmee gelegt, und die geſammte Streitmacht Ungarns in folgende acht Armeecorps geteilt:

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1. Armeecorps, an ber oberen Theiß: Commandant Klapfa.

2. u „,„ an der mittleren Theiß: Kommandant Perczel.

3. , „„ die zur Verftärfung der Theißarmee beſtimm⸗ ten Armeediviſionen aus der Bäcd und dem Banat unter Vécſey und Damjanid.

4. , „„ das Bäcfer Armeecorps in Szegedin und

Thereſianopel: Commandant Haddik.

„+, das Cernirungscorps von Arad unter Gal.

6. 7, der Heertheil in Siebenbürgen : Commandant Bem.

Tu „+ das biöherige Armeecorps an ber oberen Dos nau: Commandant Börgey.

8 «a , die Befagung von Komorn.

Aus diefer Eintheilung ift zu erfehen, daß bie ungarifche Theiß⸗ armee vorlaͤufig aus dem 1. Armeecorps, als rechtem Fluͤgel, dem 2., Centrum, und dem 3., als linkem Flügel, gebildet werben ſollte. Gelang es Goͤrgey, im Sinne feiner Dispoſition, ſich an die Theiß durchzuſchlagen, und kam noch außerdem die Bildung einer anſehn⸗ lichen Reſerve zu Stande, ſo konnte Anfangs Februar an der Theiß eine Macht von mehr als 50,000 Mann vereinigt ſtehen.

Cs fehlte nur noch ein Feldherr, ber die geſchickte Loͤſung der großen Aufgabe vollbringen jollte.

Die Regierung ſchwankte fange Zeit in ihrer Wahl. Zu Goͤrgey hatte fie feit den Waigner Proclamationen kein Bertrauen mehr; Vetter fchlug den Commandoſtab noch Anfangs Januar aus; Perczel Hatte feit dem Moorer Treffen einen großen Theil feines Feldherrnruhms eingebüßt, und bie andern Gommandanten hielt man troß ihrer glänzenden Waffenthaten für zu jung und uns

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erfahren zur Führung großer Armeen. Da erihien Dembinsfi aus Baris in Debreczin; die Regierung begrüßte in feiner Perfon den Retter in der Roth, und ernannte ihn zum Obers commandanten.

Dembindfi war nad) dem unglüdlichen Ende des polnifchen Unabhängigfeitsfampfed nad) Paris gegangen und ſchloß fih dort in politifcher Richtung der Partei Czartorisfy an. Seitdem lebte er zurüdgezogen, zumeift mit mechanifhen Etudien und Erfindungen beichäftigt, bis die Februarrevolution feinen friedlichen Arbeiten ein Ende machte. Er betheiligte fih nun an den Beltrebungen feiner Partei und ward einer der Hauptanreger ded Breslauer Gongrefied ber confervativen Polen aus Poſen und Salizien, von denen ber größere Theil, wie erfelbft gefteht, fich für Sellachich und die Eroaten erklärte; widerfegte fich beharrlich und mit Bitterfeit allen Maßregeln ded temofratifhen Eentralcomites feiner Landsleute; verband ſich dagegen mit den Großſlaven und ſchlug auf dem Prager Congrefie vor, die Solidarität zwifchen den verfchiedenen Elavenflämmen zu proclamiren.

Ende December 1848 erhielt er vom Grafen Ladis laus Tes leky, Ungarns Gefandten in Paris, im Namen ber ungariſchen Regierung den Antrag, feinen Arın und feine Kriegserfahrung ber ungariihen Sache zu weihen.

Im Widerfpruche zu der oben angebeuteten conſervativ⸗ſlaviſchen Gefinnung nahm er diefen Antrag an, vor feiner Abreife von Paris in einem offenen Sendfchreiben an feine Landoleute ſich für Ungarn erflärend. Ueber feine Unterhandfung mit dem Grafen Teleky fagte er in demfelben Echreiben unter Andern: „— Als Graf Teleky in Gegenwart derjenigen feiner Landsleute, bie beftimmt

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waren unferen Eonferenzen beizuwohnen, mir erflärte®): „General, fommen Sie zu und, und Sie follen Alles werben, was Sie wollen,” erwiderte ih: „Ich werde Alles fein, nur nicht General en-Chef.” Und ald Telefy über biefe Ant⸗ wort feine Berwunderung ausdrüdte, fagte ich ihm weiter: „Dort, wo ein Bolf fih zur Bertheidigung feiner Rationas lität erhebt, Fönnte deffen Eigenliebe darunter leis den, wenn es dad Schidfal feines Landes einem Fremden anvertrauet ſehen würde.“ Einen Monat nach dieſer Erflärung war Dembinski Obercommandant der ungariſchen Armee.

Die Kräfte, welche die Regierung dem neuen Obercommans danten zur Verfügung ftellte, beftanden vorläufig aus dem 1., 2. und 3. Armeecorpe. Letzteres war nad feinen Rüdzuge aus dem Süden, in zwei felbftftändige Armeebivifionen getheilt, wovon bie eine früher die Banater Truppen unter General Dams jani in Arad, und die andere Theile der früheren Bäcfer Armee unter General Vécſey in Szegedin reorganifirt wurden. Diele Divifionen erhielten von Dembinsfi Befehl, je eher zur Berftärfung an die mittlere Theiß zu rüden, wo das 2. Armeecorps, aud den Heertheilen der Generale Perczel und Repäfy gebildet, bis jegt allein ber feindlichen Hauptarmee ent» gegenfland.

Wie wir im II. Capitel diefes Abfchnittes, bei dem in Peſth beichlofienen Vertheidigungsplan und den in diefem Sinne erlaffenen

®) „General, venez chez nous, vous serez tout ce que vous voulez; ma ré- ponse a dt&: Je serai tout, excepte General en-chef; et lorsqu’ il a manifesie son etonnement, je lui ai dit, que, la une nation se reveille pour defendre sa nalionalitd ’amour-propre du pays pourrait suuffrir de voir le sort de la patrie confi& A un dtranger.

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Dispofitionen erwähnt haben, erhielt Perezel die Aufgabe, mit dem 2. Armeecorpd nach der Räumung von Peith fi an ber mittleren Theiß feftzufegen und die Heerftraße nad) Debreczin zu deden. Die Theißlinie ward hierbei ald.Barriere und gleichfam als eine zweite Grenze des Landes bezeichnet, die dem Feinde mit aller Anftrengung ftreitig gemacht werben follte.

Der eingetretene ungebeuere Froſt jedoch, der den Fluß feiner ganzen Ränge nach mit einer dicken Eisdecke überzog, beraubte biefe Linie ihrer natürlichen Stärfe, und bewog Perczel, nachdem er feinen Rüdzug von Peſth über Szolnof auf daß linfe Theißufer ungefört ausgeführt hatte, die Gegend an der mittleren Theiß nicht ſowohl durch eine unmittelbare Flußvertheidigung, als vielmehr in einer Gentralfiellung weiter rückwaͤrts zu beiden, von wo er fih einem debouchirenden Feinde auf ber ganzen Linie von Szolnok bis Tiszafüred gleich ſchnell entgegenwerfen fonnte. Deshalb wohl mag er feinen Rüdzug von Szolnof auf ber Debreceziner Straße bis Kardozag fortgefegt und die Theigübergänge dem Feinde über: lafien haben, der auch nidyt faumte, fhon am 10. Januar Szolnof zu befegen und eine Cavallerieabtheilung bi6 T. Szt. Miklos vors zufchieben.

Am 14. Januar rüdte ein Theil des Armeecorps unter Res paſy auf die Füreder Straße und bezog die Kantonnirungen in Ujvaros, während. Berczel mit dem Reft in Kardé zag und Nadudvar verblieb und eifrig Hand an bie Reorganifirung feiner Truppen legte.

Mittierweile hatte auch die Regierung Alles aufgeboten, um biefen Heertheil durch Schnell herbeigezogene Verftärfungen zur Loͤſung feiner Aufgabe in Miıtelungarn fähiger zu machen; fo zwar, daß der Stand defielben ſchon am 16. Januar folgende Stärfe auswies:

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In Kards zag, mit dem Hauptquartier: 5 Bat., 8 Esc., 1 zwoͤlfpfuͤndige, 1 fechepfündige u. 1/, Bav.:Bat. In Rädudvar: 4 Bat., 1. ſechspfündige Batterie. In Ujväro®:

4 Bat., 6 Esc., 1 fechepfündige und !/, Eav. Batterie.

Im Ganzen 13 Bataillons, 14 Escadrons und 40 Gefchüge, mit 15,000 Mann und 2000 BPferben.

Diefe Streitmacht ſchien der Regierung hinreichend, um den bereits bis Kifuiszalläs ftreifenden Feind von dem bieffeitigen Theißufer zu vertreiben, um burdy bie Befegung von Szolnof und eine Sceinvorrüdung gegen Peſth über Abony und Ezegled bie Hauptmacht des Feindes bier feftzuhalten und an ber Bors rüdung gegen Szegedin zur Verbindung mit den Eerben zu vers bindern. Die Bewachung der Etraße von Tisza⸗Füred ward bem Oberftlieutenant Asboth Lajos mit einigen taufend Mann Rationalgarden anvertraut. In diefem Sinne erhielt Berczel den Befehl zur Offenſive, wozu er fih am 18. in Bewegung fepte, am 19. Kiſuiszallas und am 20. 3. Szt. Miklos erreichte, von wo ſich die feindliche Befagung rafch auf Ezolnof zurüdgog. Im Tarot Szt. Miflos concentrirte Berczel am 21. fein Eorps und rüdte am 22. in drei Golonnen zum Angriff auf Szolnof vor.

Gefecht bei Ezolnok am 22. Januar.

Nach den getroffenen Dispofitionen follte die Divifion bes Dberftlieutenant Kazinczy oberhalb Szolnof über die zugefrorne Theiß ſetzen und in der Richtung gegen die Abonyer Straße dem Feind den Rüdzug verlegen; eine ſchwaͤchere Eolonne unter Oberſt⸗ lieutenant Perezel Miklos hatte den Beind links zu umgehen und

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befien rechte Flanke zu bedrohen; Perczel felbft aber wollte mit dem Gros auf-der Hauptftraße in der Front angreifen und die nach Szelnof führende Theißbrüde erflürmen.

In Szolnok cantonnirte die öfterreichiiche Envallerie « Brigade Ditinger mit zwei Regimentern Küraffiere und Dragoner und zwei Batterien ; bei Puszta Szanta, eine halbe Stunde vor Szolnok, war zur Beobachtung der Straße von T. Szt. WMiflos ein ſtarkes feindliches Piket aufgeftellt.

Gegen Mittag ftieß die aus Hufaren beftehende Bortruppe

Perczel's auf dieſes Pilet, das fogleich angegriffen, geiprengt und auf Szolnok zurädgetrieben wurde. Die Oeſterreicher trafen num -Anftalten zur Bertheidigung bed rechten Theißufers, wechſelten aber kaum einige Schüfle, ald fie wegen Mangel an Infanterie ſich eilig zurückzogen, bie daſelbſt wieder hergeftellte Bruͤcke den anftürmenden Ungarn überließen und auf ber Straße nad) Abony, einige taufend Schritte vor Szoilnof, fi in Schlachtordnung aufs Reiten. Die Berfpäteng ber Umgehungscolonne unter Kaziuczy machte dem Feinde biefen Rüdzug möglih, und lieh das Ges Iingen der auf Ueberrafchung berechneten Unternehmung fcheitern. Perczel deboudyirte nun mit der Hauptoolonne aus der Stadt, griff Dttinger in feiner Eteflung an, unb zwang ihn nad) einer leb⸗ haften Kanonade zum Rüdzug nad) Abony.

Als die Deſterreiche Szolnef räumten, Fam es in ben Straßen zwifchen den nachfegenden Hufaren und ihrer Arrieregarbe zum Hanbgemenge, wobei eine Anzahl Yeinde auf dem Plage blieb und einige Bagage » und Munitionswagen erbewtet wurden. Sonſt war der Berluft auf beiden Seiten unbrdeutend.

Um 23. hatte Berczel auch Abony befegt. Bei femer weitern Borrüdung ftieß er zwifchen biefem Orte und Czegléͤd auf

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ben geftern verbrängten Feind, der durch cine Infanterle-Brigade vers flärft, hier wieder Etellung genommen hatte. Es entipann ſich eine mehrftündige Ranonate, die, bevor es noch zur lebhafıern Enwicke⸗ lung des Kampfes kam, mit dem unordenilichen Rüd;ug des Feindes nach Czegléèd, und von dort, durch unfere Hufaren verfolgt, bie nahe vor Irfa enbigte.

Un demfelben Tage war Dembinsfi bei ber Armee einges troffen und hatte nad) dem Gefechte, dem er beigewohnt hatte, das Dbercommando übernonimen. Die Abfiht Perczel's war, über Jaszberény und Arokszallas eine raſche Bewegung auf die Erlauer Straße auszuführen, vor Gyöngyös eine Abtheilung zur Beobachtung der öfterreichifcben Hauptarmee zurüdzulaflen, mit feinem Gros aber gegen bie zur BVerftärfung Schlick's vors rüdende Divifion Schulzig fich zu wenden und dem 1. Armees corps die Hand zug reihen. Dieſer Anficht entgegen glaubte Dems binsfi die Theiß bei Szolnof und Ezibafhäza, fo wie Die Peſth⸗Debrecziner Etraße nicht unbefegt laſſen und vor dem Eintreffen des 3. Arıneecorps in feinem Falle jene Stellung aufgeben zu dürfen, weshalb er, ald die Nadyricht von dem Heranrücken der feindlichen Hauptarmee gegen Czegléd eintraf, den Befchl zum Rüdzug über die Theiß bis T. Szt. Miflos und zur Abtragung der Brüde bei Szolnof ertheilte. Die Bewegung aber, welche Berczel mit dem ganzen Armeecorp6 in der Nähe ber feindlichen Hauptmacht auf tem rechten Theißufer bewirfen wollte, beihloß Dembinsfi mit einer Armee» Divilion hinter der Theiß und zwar fo auszuführen, daß, während er dieſe Berftärfung tem 1. Armeecorp6 perfönlich zuführte und die Offenlive vom rechten Flügel begann, der Reſt des 2. Armercorps bis zur Bereinigung mit bein 3. in feiner Stellung verbleiben follte.

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Perczel, der in dieſe Aenderung ſeines Planes nicht ein⸗ willigen wollte, legte das Commando nieder und begab ſich nach Debreczin, wo er ſich zur Dispoſition der Regierung ſtellte. Commandant des 2. Armeecorps wurde hierauf General Repaſy.

Nach Hinterlaſſung der noͤthigen Dispoſitionen ſetzte ſich Dem⸗ binafi am 26. mit der für das 1. Armeecorps beſtimmten Ver⸗ färfungsdivifton, die aus 5 Bataillond, 6 Escadrons und 12 Ges Ihügen beitand, über Kunhegyes und Madarad in Bewegung und erreichte am 30. Egyek. Hier erhielt er von mir aus dem Hauptquartier Rafamaz die Meldung, daß Schlid feine Vers einigung mit Schulzig bereitd bewirkt habe umd mit vereinter Macht auf ter Kaſchau⸗Debrecziner Straße vorrüde. Dieſer Meldung war die Bitte beigefügt, feine Bewegung befchleunigen und die Richtung gegen Tofaj nehmen zu wollen. Cr wies jedoch dieſen Rath) zurüd und fchlug den Weg über Polgar nah Miss folcz ein.

„Ih babe Ihre beiden Berichte erhalten,” fo fehrieb er mir, „dieſe haben indeffen meine Abficht nicht geändert, mich nah Pol⸗ gär zu begeben, wo idy morgen Nachmittags mit meiner Vorhut anlange. Ich werbe tradhten den Anordnungen des Kriegsminifte- riums Folge zu leiiten md Ihnen perfönlich die von demfelben angeordnete Berftärfung zuzuführen; denn ein Berfplittern ber Kräfte auf einem großen Raum halte ich zu geführlic, befonder® in der jegigen Jahreszeit. *

Wie Dembinsfi mit 5000 Dann nah Misfolcz vorrüden und dennoch „Lem Berfplittern der Kräfte auf einem großen Raum“ vorbeugen wollte, war mir nicht recht einleuchtend , wohl aber war durch diefe abweichente Bewegung Schlick die Gelegenheit geboten, ſich mit jeinen Corps von 12— 13,000 Mann und A2 Ges

Ti

fchüsen zwiſchen Miskolcz und Tofaj bineinzufchieben und mid) und ihn vereinzelt anzugreifen.

Die Vorrüdung und der Uebergangeverſuch des Feindes bei Tokaj überzeugten Dembinsti bald von ber Unhaltbarfeit feiner "Operation und bewogen Ihn, freilich drei Tage zu fpät, zur Aenderung feiner Plane. Er gab nun feinen Flankenmarſch nah Miskolez auf und fuchte feine Berbindung mit mir an der Theiß zu bewerk⸗ Relligen. Am 5. Februar befegte er zu dieſem Zwede Loͤk, ließ Bier bie mitgebrachten Truppen, die er als erfle Divifion des 1. Armee corps ber Führung des Oberfllieutenantde Kazinczy übergab, bie zugefrorne Theiß überfegen; dibernahm felbft das Commando an ber oberen Theiß und verlegte am 6. fein Hanptquartier nad Sze⸗ renco*). Tags vorher hatte der Feind feine Stellung dem 1. Armeecorps gegenüber aufgegeben und feinen Rädzug nah Kaſchau angetreten. Hätte Dembinsfi nicht drei foftbare Tage m Pol⸗ gär verloren, Schlid wäre ſchwerlich fo wohlfeilen Kanfed von bannen gezogen.

Rah dem Eintreffen der Divifion Kazinczy wur die Etärfe und Einthellung des 1. Armeccorps folgende:

Corpo⸗jCommandant Oberſt Klapka. Chef des Generalſtabes Major Cſermely. 1. Div. Oberſti. Kazinczy . . 5 Bat. 6Esc. 12 Gefeyäpe. 2. Deſewffy Ariſtidess 5 12 3. „» Miäridiy. . . Au 2, 12 Zufammen 14 Bat. 13 Esc. 36 Geſchuͤtze, mit 12,000 Mann und 1600 Pferden.

) Zwei Tage früher befuchte er mich in meinem Hauptquartice zu Rafas

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Am 5. Rand die Divifion Kazinezy in Loͤk, die zwei andern eantonnirten in Tarczal, Bodrog⸗Keresztur und Tokaj. Das Hauptquartier ded Armeecorps befand fi in Tofaj.

Der Augenblid war nun endlich gefommen, um auf dem Kriegsfhyauplage an der obern Theiß aus der Defenfive heraußs zufreten und den durch mehrere Etege erftarften Muth und bie erwachte Begeifterung der jungen Truppen in die Wagichale einer ſchnellen Enticheidung zu werfen. Dean fonnte mit Recht erwarte, daß Dembingfi feine Dispofitionen in dieſem Sinne treffen werde; und ich war daher nicht wenig überraſcht, als ich bie am 5. erlaffenen neuen Anordnungen erfuhr. Darin hieß es: „Da ter Feind fo viel Vorfprung dat, müffen wir feine Verfolgung als unmöglich betrachten. Ihr ganzer Gedanke fol ſich jegt nur auf das richten, daß Eie den 7. dieſes durchaus Miskolcz erreichen ; e8 verftcht fich von ſelbſt, daß Sie ſich rechts ſchuͤtzen, aber das Gros Ihrer Kräfte muß durchaus fhleunigft gegen Miskolcz vorrüden. *

Der Befehl zur ungefäumten Borrüdung gegen Miskolcz wiederholt fich in dieler Dispofition nochmals und zwar in folgender Gehalt: „— Die Berantwortlichfeit habe idy ganz; um defto mehr fordere ich, daß meine Befehle pünktlich ausgeführt werden; deshalb wiederhofe ich Ihnen, daß Sie am 7. diefed wenigftend mit Ihrer Borhut in Misfolcz fein. Nicht nur die Rage der Dinge, fons dern auch die Berichte , die ich heute erhalten habe, zeigen mir an, daß fih gegen Midfolcz eine bedeutende feindliche Kraft zufammenzieceht; ein fpäteres Eintreffen in

maz, hielt dort Revue uͤber die anweſenden Truppen und war ſowohl mit der Haltung und dem Geiſt derſelben, ale mit dem Empfang im Lager ſehr zufrieden.

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Miskolez könnte die Vereinigung mit der Diviſion, bie der General Repäfy den Befehl erhalten hat zu fhiden, vernichten.”

Diefe Verfügung ließ mich erkennen, daß Dembinski, weit entfernt, die ſich darbietenden Vortheile durch ein raſches Vorrücken gegen Kaſchau auszubeuten, feine Operationen in entgegengefepter Richtung auf die Miskolczer Straße mit der Rüdzugsdlinie nad) Füred verlegen wollte. Wenn ed damals fein Görgey’iches Corps, fondern blos eine Dembinski'ſche Theißarınee gegeben hätte, Fonnte diefe Bewegung durch die Nähe der Operationsbafis und Erhaltung der Berbintungen mit den andern Corps an der Theiß über Füred erklärt werden; bei ven obwaltenden Umftänden aber, wo ed unfjere Hauptaufgabe fein mußte, nebft der Verfolgung des Feindes die obere Donaus Armee aus der Klemme zu befreien, worin fie fi) mit dem beften Theil der ungariihen Cavallerie und Artillerie aller Wahrfcheinlichfeit nad) befand, war ein folder Entſchluß uns verantwortlich. So unbeftimmt auch die Nachrichten von Goͤrgey fauteten,, fo viel war gewiß, baß er ſich, von zwei öfterreichifchen Brigaden verfolgt, in die Zip 6 gezogen hatte, wohin ihm jetzt auch Schlick mit feiner ganzen Macht entgegeneilte. Der Feind, ber ihn auf diefe Art von zwei Seiten in den engen Thälern der nörd» lihen Karpathen einzufihließen beabfichtigte, zählte über 24,000 Mann, denen Görgey mit faum 16,000 Mann, die obendrein durch den langen befchwerlihen Rüdzug herabgefommen waren, die Stirne bieten follte. Was aber die feindlichen Kräfte betrifft, die nah Dembinski's Meinung Miskolcz bedrohten, fo war died ein Irrthum, da es, mit Audnahme in der Richtung gegen Kaſchau, wo die Arrieregarde Schlick's ſich bereitd bi Hidas⸗ Németi zurüdgezogen hatte, in einem Umkreiſe von 30 Stunden

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um Miskolcz feinen Feind gab. Der naͤchſte öfterreichifche Pos fen and in Godölld. Das Armeecorpd daſelbſt concentriren hieß daher, dafjelbe in Unthätigfeit verfegen und Görgey der feindlichen Uebermadht preisgeben.

Um den Obercommandanten von der Wichtigfeit diefer Gründe zu überzeugen, eilte ich aın 6. Abends nach Szerencs, wo er im alten Rakéoczy⸗Schloſſe fein Hauptquartier hatte, und wo auch der Landescommiſſaͤr Szemere ſich aufhielt. Ich fuchte Dem; binsfi mit Hinweiſung auf die Zerftüdelung der vor ung ſtehen⸗ ben feindlichen Macht von den Vortheilen eines rafchen Vordringens zur Hilfe Görgey's zu überzeugen, in welchen Falle das Blatt fich wenden, und unfere Operation von unzweifelhaften Erfolge gefrönt werden müßte).

——

) Windiſchgrätz land um diefe Zeit mit feiner Hauptmacht noch immer im ter unmittelbaren Nähe ter Hauptflätte und erwartete die zugefagten Ber: ſtaͤrkungen. Nur ein Armeecorps hatte er an der Eifenbahnlinie bis Szolnof vorgefhoben. Wie entfernt er damals von einer Dffenfive gegen Debreczin war, und wie wenig er, wie Dembinski irrig glaubte, daran dachte, fich durch größere vereinzelte Entfentungen gegen Mio kolez noch mehr zu fchwächen, bes we am beiten folgendes Schreiben des Marfhalls, das in Kövesd fammt dem Courier, Grafen Erbach, durd eine Hafaren s Batrouille aufgefangen wurde:

Anden. E. Feldmarfhalllieutenant und Eorpscommandanten Grafen Shlid. Dfen, am 29. Januar 1849,

Indem ih Ihren Bericht vom 28. d. M. 3.96 über das bei Tarczal Rattgehabte, von ten Truppen mit Tapferkeit und Ausdauer beflandene hartnädige Sefeht zur Kenntniß nahm, kann ic Ihren Entfihluß, ſich vor der Vereinigung mit den Ihnen zulommenden Berftärfungen in fein ernflliches Unternehmen einzu: laſſen, nur volllommen billigen.

Bevor ich zur Andeutung der Operationen übergehe, welche Sie nunmehr, we Ihre Bereinigung mit dem eldmarfchalllieutenant Schulzig ſtattgefunden bat, auszuführen in die Lage kommen werten, halte ich es für nothwendig, Sie in Kürze über den Stand der Serhältniffe in Kenntniß zu ſetzen.

l. 15

2b

Dembinski jedoch, zu ängfllicdy auf die Dedung Debreczin's bedacht, ließ fi) von feiner vorgefaßten Idee, in der Nähe von

Wie Ihnen befannt, iſt tas unter Goͤrgey fichende feintliche Corps durch Feldmarſchalllieutenant Cſorich von Waitzen über Léva verfolgt und endlich am 21 22. d. M. bi Schemnitz ereilt, und nach einem ziemlich hartnaͤckigen Gefechte geworfen worden. Ob dieſes blos mit einer ſtarken Arrieregarde des Kein: des oder gegen das ganze Corps Goͤrgey's flattgefunden hat, iſt nicht genau er: wmittelt, Loc) ift erftere Annahme die wahrfceinlichere. Eben fo wenig ift befannt, ob ter Beind feinen Rüdzug über Loſoncz oder nördlich gegen die Zip ge nommen habe; fobald mir hierüber beftimmte Nachrichten zufommen, werde ic Sie ungefäumt davon verftändigen, und erſuche Sie, auch Ihrerfeits fo viel als moͤglich durch Kundfchafter hierüber Nachrichten einholen zu wollen.

Was die Stärke bes Corps unter Börgey betrifft, fo wird dieſe fehr vers fchieden und wohl übertrieben auf 10—12,000 angegeben. Die Verfolgung tes: felben gefchicht Durch die Brigade Jablonowsfi, A Bataillons, 2 Escadrens und 2 Batterien®). Sie hat die Weifung, dem Feinde auf dem Fuße zu folgen, und falls derfelbe fih in bie ven Ihren Truppen befeßte Gegend ziehen follte, ihre Vereinigung mit diefen zu bewirken. Ten Reſt der unter Feldmarſchalllieute⸗ nant Cſorich geflandenen Truppen habe ich Hieher beordert, was um fo nöthiger war, als mitilerweile eine flarke feindliche Mbtheilung unter Berczel, nachden fie die in Szolnok vorgefhobene Gavallerie : Brigade zurüdigedrängt hatte, über Abony und Czegléd vorrüdte, um ihm fo mit allen disponiblen Streitfräften, nach Zurüdlaffung einer ſchwachen Befagung in Ofen und Peſth, entgegen zurüden. j

Auf die bloße Kunde meines Anrückens hat fih jedoch Rerczel eilig wieder an die Theiß zurüdgezogen, fo daß ein Theil der gegen ihn bieponirten Truppen ſchon den folgenten Tag wieder zurückbeortert werden konnte.

Perczel, deſſen Stärke auf vier Brigaden mit 36 Geſchüͤtzen angegeben wird, dürfte am 27.d. ſchon wieder Szolmof erreicht Haben. Ueber deſſen Rüds zugslinie und Abfichten ift mir zur Stunde noch Erin Rapport zugefommen.

Was nun Ihre weiteren Operationen betrifft, fo glaube ih, daß es vor ter Hand hauptfächlich darauf anfoınmen wird, fih Gewißheit über die Bewegungen des Goͤrgey' ſchen Corps zu verfchaffen, um bie rüdwärtigen, faum organifrten Eomitate keiner Gefahr bloszuftellen; fo wie auch andererfeits Nachrichten über bie Stärfe der zwifchen Tokaj und Debreczin flehenden feintlichen Truppen einzuholen. Erſt dann wird es möglid) fein, den Zeitpunkt und die Richtung der Offenfiobewegungen zu ermeſſen. Ohne demnach jet ſchon eine beflimmte Anſicht

*) Der fi die Brigade Gotßß In den Bergſtädten anſchloß.

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Züreb zu verbleiben, nicht abbringen, und erwieberte endlich lako⸗ niſch: „Wenn Börgey ſich bis jept nicht berausgeholfen bat, würden wir zu feiner Rettung jedenfalls zu fpät kommen.“ Gin Befcheid, ber im Munde eines zweifelhaften Bundesgenoffen beſſer geflungen Haben wirde, wie in jenem Dembinsfi’s, dem das Volk fein Wohl und Wehe mit unbes grenztem Bertrauen in bie Hand legte. Ich ſprach über Dems binski's unrichtige Auffaffung unferer Kriegsverhältniffe mein Bes fremden aus, und verlangte entſchieden die Unterflügung Görgey’s, da e8 fi dort nicht um eine mißliebige PBerfon, fondern um bie Er⸗ haltung der Kräfte handelte, die der Nation angehörten. Nach ziems lich beftigem Wortwechfel ertheilte er mir endlich die Erlaubniß, mit der 2. Divifion, etwa dem dritten Theile meines Armeecorpg, Schlick folgen zu dürfen. Er felbft wollte mit der 1. Diviſion Miskolcz und mit der 3. Gesztely und Megyaszo befegen und je nad) Umftänden handeln.

Roc an demſelben Tage berichtete ich dieſen Vorfall an Koſſuth und an ben Kriegäminifter, und fagte unverholen, daß ich mir von den Dispofitionen Dembinski's feinen Erfolg verſpräche, indem er die günftigfte Gelegenheit, unferer Sache eine entfcheidende Wen⸗

hierüber ausfprechen zu wollen, glaube ich, daß eine Bewegung über Ungvar gegen Munfäcs nit ohne Gefahr für Kaſchau und die ganze obere Gegend Rattfinten könnte, welche der Feind von Tokaj aus, mit geringen Streitkräften, in wenigen Maͤrſchen erreichen fünnte. Es Lürfte ſomit angemeflen fein, von Tolaj gegen Nyiregyhäza vorzubringen, wodurch einerfeite Tokaj gefichert, as Ungvärer und Bereger Comitat gedeckt, andererfeits Debreczin be: troht wäre. Bielleicht könnte ich in Die Lage kommen, bucch Heranzichen von Verftaͤrkungen eine offenfive Bewegung gegen Debreczin durch eine Vorrũckung ven Szolnof zu unterflügen, was jetoch in biefem Nugenblide noch nicht thunlich ift. Dindiihgräs, Feldmarſchall. 15*

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dung zu geben, unbenützt vorüberſtreichen laſſe; und da meine Vor⸗ ftellungen im Hauptquartier fein Gehör fänden, verwahrte ich mid gegen jede Verantwortlichfeit bei den nächften Operationen, bie allein von Dembinsfi entworfen, mir blos bie traurige Pflicht ihrer Ausführung auferlegten.

In Bolge der abgeänderten Dispofition marſchirte ich am 7. mit der Divifion Defewffy aufder Kaſchauer Straße bis Bol- . bogfövärallya. Dembinski bewegte fidy mit den zwei andern Divifionen gegen Misfolcz, wo er Tags darauf unter dem Jubel ber patriotifchen Ginwohner feinen Einzug hielt.

Gefecht bei Hidas⸗Nemeti am 8. Februar.

Am 8. gegen A Uhr Nachmittag erreichte ih Ruszka und Böncz. Die Arrieregarbe bed Feindes eine Brigade fland in Hida8-Nemeti am rechten Ufer der Hernad, wo fie die Ausgänge bed Ortes und die Brüde über den Fluß verbarrifadirt hatte. Ich kieß mit meiner Avantgarde ungefäumt angreifen. Major Idzikovski, Kommandant derfelben, führte die Polens legion, 2 Compagnien Abaujvarer Freiwillige und A Geſchuͤtze vor, vertrieb im erften Anlaufe den Feind aus beim links von ter Straße auf dem linken Hernädufer liegenden Wälbchen und verfolgte benfjelben bis an die Brüde. Es entfpann fi) nun von beiden Ufern ein heftiges Geſchütz⸗ und Kleingewehrfeuer, das in der gaͤnz⸗ (ich offenen Gegend und manchen Schaden zufügte. Erſt bei Ein- brudy der Dunfelheit, als ich den Angriff mit zwei friſchen Batails lons unterftügte, gelang es den braven Abaujvarer Freiwilligen, tie von dem Feinde angezlintete Brüde und die Barrifaden zu ers ftürmen, worauf die Defterreicher den Ort eiligft verließen und durch

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die Finſterniß beguͤnſtigt gegen Kaſchau zuruͤckwichen. Meine Truppen bezogen bad Bivouak vor Hidas⸗Neémeti und Goͤncz.

In der Nacht vom 8. auf den 9. erhielt ih von Guyon, Commandanten der Avantgarde Görgey’s, die Nachricht von ber Erftürmung ded BraniczfosPaflee und der Einnahme von Eperjes. Gleichzeitig theilte mir Dembinsfi mit, daß er feinen Plan geändert und mit dem größeren Theile des Armeecorps die Borrüfung gegen Kaſchau befchloffen habe. In diefer Zu⸗ ſchrift hieß e8: Ich gebe Ihnen befannt, daß Sie eine Unter: Rügung erhalten werden. Heute noch rüdt 1 Bataillon, 2 Gefchüge und 1 Escadron Hufaren nah Szikszo0. Der Oberftlieutenant Märiäfy erhielt den Befehl, morgen mit feiner ganzen Macht von Gesztely abzumarfciren und Megyasz6 zu beſetzen. Beide Ab⸗ theilungen werden angewieſen, daß ſie Ihren Befehlen untergeord⸗ net ſeien.“

„Sollten Sie aber ganz beſtimmte Nachrichten bekommen, daß der Feind, den dad Corps des General Goͤrgey verfolgt, nahe an ihm ſich befindet und Schlid ihm den Platz vorne nicht räumen will, fo wollen Sie mir ſchleunigſt davon Nachricht geben, in wels . Gem Falle ic} vielleicht mit der ganzen Divifion auch von hier gegen Rorden vorrüde. *

Diefe Aenderung in den Dispofitionen fam zu fpät. Der Berluf von Hidas⸗Németi hatte E chlid bewogen, Kaſchau zu täumen und noch in berfelben Nadıt den Rüdzug auf der Mols bauer Straße anzutreten, und jet erſt zeigten ſich die Folgen ber Berfiumniffe Dembinsfi’s im grellſten Lichte. Wäre er am 6., anftatt mit dem größeren Theil des 1. Armeecorpe nah Miskolcz zu marfchiren, um dort und in Gesztely zwei Tage in Muße zu cantonniren, nach dem Theigübergang unverweilt mit ganzer Macht

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gegen Kaſchau vorgerückt, fo hätte er ohne Anſtrengung ben mit fchwerem Train zurüdweichenden Beind vor Enyitsfe einholen und bei einiger Berftändigung und Rafchheit in den Operationen mit Görgey, denfelben bis zur Vernichtung fchlagen fönnen. So aber, Dank feinen ſchwankenden Dispofttionen und der Unthätigfeit Goͤr⸗ gey's, fland von ben 26—-28,000 Mann, bie das 1. und 7. Armeecorps zufanımen zählten, dem Beinde an den zwei erften Tagen feines Rüdzuges blos meine ſchwache ArmeesDivifton gegenüber. Am Morgen des 9. ging ich von Hidas über Tornyoeë⸗ Nemeti gegen Szina vor und ließ meine Truppen auf halbem Wege in Schlachtordnung aufinarfhiren. Der Beind war mit Ans bruch des Tages, nad) Zurüdlafjung einer Arrieregarde am Ka⸗ ſchauer Berge zur Dedung der Straße von Eperjed, mit feiner ganzen Macht über Enyitsfe auf Szina vorgerüdt, hatte hinter biefem Drte eine vortheilhafte Vofition bezogen und fchien meinen Angriff zu erwarten. Seine Stärke betrug, felbft nach öfterreichi- hen Berichten, 13,200 Mann mit A5 Geſchützen und einer zahl» reihen Cavallerie, denen ich faum 4200 Mann entgegenzuftellen hatte. Bei diefem Mißverhältniß der Kräfte entfchloß ich mic, im meiner Stellung fo lange beobachtend zu verbarren, bis ber erfle Kanonenfhuß Goörgey's Angriff von Kaſchau her fignalifirin würde; denn nach den legten bedeutenden Erfolgen fonnte ich nıit Gewißheit vorausfegen,, daß berfelbe den Moment benägen, raſch vorrüden und ſich auf den Feind werfen werde. Über der Tag vers ging im vergeblichen Warten. ®örgey war unthätig in Eperjes verblieben und hatte die Defterreicher gänzlich aus ben Augen vers foren. Schlid gewann hiedurch Zeit, feinen Rüdzug in ſchlag⸗ fertiger Ordnung von der Misfolczer Straße über N. Ida auf Moldau zu bewerfftelligen, wohin auch feine am Kaſchauer Berge

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zarüdgelaffene Arrieregarde nachfolgte, nachdem fie bie große Joch» brüde der Hernad vor Kaſchau in Brand geftedt hatte. Abends 9 Uhr war der Feind in Szeszta und Moldau concentrirt und hatte eine ftarfe Adtheilung bis Torna mit der Avantgarde in Räs daska vorgeichoben.

Am 10. Morgend 8 Uhr befeßte eine Edcadron Koburg⸗ Hufaren Kafchau, das Gros meiner Divilton rüdte zur Beobach⸗ tung des Feindes nad NR. Ida, Endlich langte am 10. Nachmit⸗ tage auch die Avantgarde bed 7. Armeecorpd von Eperjes in Kaſchau an, und fo war denn bie Bereinigung mit Goͤrgey nad) einer fünf Wochen langen Trennung von der Regierung und den an⸗ bern Streitkräften ded Landes glüdlich vollbracht. Abends traf ich Börgey im Eomitatshaufe, wo er fein Hauptquartier aufgefchlagen batte, und theilte ihm bie Aufforderung Dembinsfi’s, Görgey war damals biefem noch nicht untergeordnet zur rafchen Verfolgung des Feindes über Torna mit. Am nächten Tage, den 11. Bebruar, erhielt ich Befehl, in Eilmärfchen auf der Miskolczer Straße zu dem Armeecorps einzurüden.

Dembinsfi, um feine Behler gut zu ınachen, entfchieb ſich, mit einem Theile des 1. Armeecorps Schlid die Straße nah Ri- maszombat, wohin er feinen Rüdzug nahm, zu verlegen. Er rüdte hiezu am 11. mit der Divifion Kazinczy bis Szent Peter und Edeleny und am 12. bis PButnof vor. Die Divifion Mä- riaſy, die noch im Hernädthale ftand, erhielt die Weilung, in biefer Bewegung ihm zu folgen, Goͤrgey aber follte den Oeſter⸗ reihern auf der Tornaer Straße nachſetzen.

Die Stellung beider Armeecorps am 13. war folgende: 1. Ars meecorps: die Divifion Kazinczy unter Dembinski's perfönlicher Führung in Putnok; die Divifion Märiäfy in Kaza; die Divifton

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Deſewffy unter meinem Commando in Miskolcz. 7. Armees corps: die Divifionen Piller und Guyon zur Verfolgung Schlick's auf der Tornaer Straße, erftere bereits bi8 Sen vorgerüdt; bie Divifion Kmetty in der Zips zur Flankendeckung; die Divifion Aulih in Kaſchau und die Eolonne Weiffel in Eperjes. Schlick Hatte bei feinem Rüdzug die Wahl, entweder die Gebirgs⸗ firaße über Rofenau in die Zips oder in die Bergftädte einzufchlas gen, oder aber den Weg über den Agtelefer Berg in dad Sajothal zu nehmen und über Tornallya die Etraße nad Rimaszombat zu gewinnen. Er wählte, wie vorauszufehen war, das Letztere, ba er ſich dadurch ber öfterreichifchen Hauptarınce näherte, und einmal in Rimaszombat angelangt, feine Verbindung mit derfelben als bergeftelit betrachten fonnte. Demgemäß überjchritt feine Avant garde ſchon am 11. mit dem größten Theil der Bagage ten Agtes lefer Berg und befegte Tornallya, Am 12. folgte auch fein Eros dahin, und nur feine Arriöregarbe blieb noch dieſſeits des Berges in den Orten Jofafi, Betri und Szen.

Ueberfall auf Sen am 18. Februar.

Am 13, vor Tagesanbruch erreichte die Vorhut der Divifion Piller nad) einem befchwerlichen Nachtmarſche bie feindliche Arriere⸗ garde in Szen, ftürzte mit den fpärlidy ausgeſtellten Vorpoſten gleichzeitig in den Ort und verbreitete dort Schreden und Verwir⸗ rung. Die halbgekleideten Defterreicher wurben nady allen Rich⸗ tungen in bad Gebirge verfprengt, 240 Mann, worunter eine Escadron Küraffiere, zu Gefangenen gemacht, und die Bagage mit ſaͤmmtlichen $eldrequifiten ber Truppen erbeutet. Der Reft des Feindes flüchtete fih auf Petri und von dort über den Agtelefer Berg.

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Nach diefem gelungenen Ueberfall und der gänzlichen Verdrängung deö Feindes über Agtelek, glaubte Goͤrgey feine Verfolgung eins Rellen und bie hiezu beſtimmten Diviftonen wieder einziehen zu müffen ; woburd der Feind feiner ferneren Sorge für Blanfe und Rüden ents hoben wurde.

Kanonade bei Tornallya am 14. Februar.

Schlick entichloß fih am 14, , feinen Weg, mit Vermeidung von ButnofundRimadzece, über Beje und Butka in fürzes fer Richtung nad) Rimaszombat fortzufegen. Auf bie diesfaͤllige Nachricht brach Dembinski mit der Divifion Kazinczy von Putnofauf, ließ die von Kaza nachrückende Divifion Mariäfy dort als Reſerve zurüd, und zog am linken Sajos Ufer aufwärts gegen Tornallya, wo er den Feind noch zu finden hoffte. Er fam dafelhR gegen 1 Uhr Mittags in dem Momente an, ald die letzten Abtheilungen der Dcfterreicher den Drt verließen und quer durch das Thal gegen Beje abrüdten. Ein Theil der Divifion befebte fogleich den Ort, der Neft blieb mehr zurüdgezogen auf ber Straße aufgeftellt.

Bei Wahrnehmung der ungarifchen Borhut ließ Schlick feine Eolonnen halten und zwei Brigaden, Tornallya gegenüber, in Schlachtordnung aufmarſchiren. Es entipann ſich eine heftige, lange unentſchiedene Kanonade, bis es dem Feinde durch zwei gut placirte Batterien gelang, den linken Flüͤgel Dembins li's gegen einen nahe gelegenen Wald zurückzudraͤngen. Die Verfolgung je⸗ doch, die der Feind hierauf unternahın, warb nicht nur glänzend abs geihlagen‘, fondern gab den Ungarn aud) Gelegenheit, dad Gefecht wieder herzuftellen, worauf der Gefchügfampf, ohne baß es zu Ba⸗

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jonnet⸗ ober Cavallerleangriffen kam, noch einige Zeit ſortdauerte, mit der einbrechenden Dunkelheit aber von beiden Seiten eingeſtellt wurde. Dembinski zog ſich gegen Putnok zurück, Schlick aber ſetzte ſeinen Marſch ungeftört auf der Rimaszombater Straße fort.

Am folgenden Tag traf in Putnok der Regierungsbeſchluß ein, wornach auch Goͤrgey mit dem 7. Armeecorps der Hauptarmee zugetheilt und unter Dembineki's Commando geſtellt wurde. Görgey machte dieſe Verfügung ſeinen Truppen in einem Tages⸗ befehl aus Kaſchau bekannt, worin er bie ſchaͤrfſten Anſpielungen gegen bie Maßregeln der Regierung gebrauchte. Seine Aeußerungen zogen ihm von Seite des Kriegsminifteriums eine Rüge zu, was aber zur Folge hatte, daß fein Offizierscorps in einer Verſammlung beſchloß, nur unter feinem Commando bienen zu wollen. Die Waitz net Broclamation fing an, ihre traurigen Früchte zu tragen. Aus der Berfammlung ward eine Deputation von höheren Offizieren zu Görgeny entfendet, die ihn mit der Gefinnung und dem Beſchluß ihrer Kameraden befannt machte, worauf er derfelben für ihr Ver⸗ trauen dankte, gleichzeitig jedoch erflärte, daß fie dem Geſetz und ben Befehlen der Regierung zu gehorchen hätten, fo wie er felbft ge⸗ horchen werde, trogdem, daß er die Fehler der Regierung am beiten erkenne.

Um aber auch die Regierung von ihrer Denfungsart in Kennt: niß zu ſetzen, befchloflen die Offiziere in einer Eonferenz, den Major Zuber mit ihrer Erflärung nad Debreczin zu fchiden.®)

*) Zur Beleuchtung des Berhältnifies zwifhen Görgey und Dembinsti möge folgende Eorrefpondenz dienen. Die Antwort Goͤrgey's datirt ſich aus einer Zeit, wo er Dembinoki noch nicht untergeordnet war.

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Dembinski führte demnach vom 14. Februar an das Ober commanbo über dad 1.,2., 3. und 7. Armeecorps, welche vers

Dembinskian Goörgey. Miskolez am 12. Februar 1849 8 Uhr Morgens.

Ich habe die Ehre. Ihnen zu fagen, daß, indem ich erfuhr, daß der Feind, ſehr beläftigt nit Bagage, feinen Ruͤckzug über Gömör gegen Rimaszombat nimmt, ich mich entichloflen babe, ihn wo möglich zu erreichen. Ich rüde heute mit einer ſtarken Divifion nach Edeleny. Den weiteren Weg, den ich nehmen werte, Tann ich noch nicht genau angeben, nur im Allgemeinen kann id Ihnen fagen, taß, wenn ich fehe, taß eine weitere Berfelgung fchon unnüß ift, ich) mich links zu wenden und über Erlau gegen bie Theiß zu marſchiren gedenke.

Wollen Herr General die Sefälligkeit haben, mich über Ihre Bewegungen in Kenntniß zu ſetzen, Lamit wir bem Feinde mehr Schaden zufügen können.

Ich benutze hiemit die Gelegenheit, Ihnen tie Schriften tes Minifteriume zu überfenden.

Eimer Divifion des Corps Klapka (Mariaſy) laſſe ich dem fehriftlichen Befehl, fobald fie anrüct, mir In meiner Bewegung zu folgen, dem Oberſt Klapka aber den Auftrag, Miskolcz mit dem Refte feines Corps zu befegen.

Dembinski, ©. 2.

Börgeyan Dembinsfi. Kaſchau am 13. Februar 1849.

Der Aufforderung des Eentral = Arınee s Sommanto entgegenfommend,, theile ich über die Stellung meines Armeecorps Kolgendes mit:

Die Divifion Piller (Oberſt) war geſtern fhon inTorna, und hat den Ruftrag, den Feind noch zwei Stationen über diefen Ort hinaus zu verfolgen, wie au durch Gouriere mit der Mittelarımee in Verbindung zu bleiben.

Die Divifion Guyon (Oberſt) folgt der Diviflon Biller auf tem Fuße, und hat den Auftrag , ihr in allen Gelegenheiten als Reſerve kraͤftigſt beizuſtehen.

Die Divifion Kmetty (Oberftleutmant) ſteht in Jipſen als Flanken⸗Deckung, fewohl ter beiten verfolgenten Divifionen,, als auch bes Armeecorps felbft.

Die Divifion Aulich (Oberſt) ſteht in Kaſchau marfchfertig.

Die Eolonne Weiſſel (Öberitleutnant) Hält Eperjes beſetzt.

Nach ten neueflen Nachrichten fol ein feindliches Corps von 10,000 Mann in Zipfen eingebrochen fein und mit einem antern Corps, welches größtentheile nur aus Artillerie, worunter auch zwei Rafetenbatterien, befteht, combinirt, gegen Gperjes und Kaſchau operiren. Ich habe die Abſicht, Kafchau (für Obers

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einigt bis zum Ende des Krieges die ungariſche Hauptarmee bilde⸗ ten. Am 15. erließ er an Goͤrgey den Befehl, nad) Zurücklafſung einer Befagung in Kaſchau, mit feinem ganzen Corps in das Sajsthal zu rüden und in Szt. Peter und Miskolez fich dem 1. Armeecorps anzufhließen. Bon lebterm blieb Kazinczy in Putnof, Mariäfy in Kaza, und mit der Divifion Defewffy ging ih vonMisfolcz auf Harfäny vor.

Anfangs Februar war auch das 3. Armeecorpd an der mittles ten Theiß in Czibakhaza und Töröf Szent Miklos einge troffen, wodurch das 2. Armeecorpd zur Berftärfung der Haupts madıt nady Füred gezogen werben konnte. ine Abtheilung dieſes Eorps unter Major Mihäly, 1 Bataillon, 1-Eöcadron und eine halbe Batterie, befegte am 16. Mezöfövesb.

Mittlerweile hatte Schlid, der feit dem Gefechte bei Tors nallya, Rimaszombat und die umliegenden Ortfchaften befegt hielt, von®indifchgrät die Mittheilung erhalten, baß bie öfters reihifche Hauptarmee gegen Miskol ez vorbringen werde, worauf er, zur Verbindung mit derfelben, wieder die Offenfive ergreifen und

ungarn einen der wichtigften Straßenfnotenpunfte) mit Entichiedenheit zu halten, und zivar durch Offenfivoperationen, einerjeit6 auf ter Tornaer, andererfeite auften Zipfer und Duklaer Straßen.

In wie fern e6 möglich fei, eine, wie ich hörte, im Werfe begriffene Con⸗ centrirung der ungarifchen Truppen bei meiner Abfiht, Oberungarn zu decken, und der Abficht der Mittelarmee, ſich an die Theiß zu ziehen, zu realiſiren, bleibt mir vor der Hand ein Räthfel, defien Löfung mir fo lange unmöglich fcheinen wird, bie es die ungarifhe Regierung endlich einmal begreift, daß in den Ope⸗ rationen der einzelnen Corps vor Allem Einklang noth thut, diefer Einklang aber nur durch ein tuͤchtiges GentralsBüreau, keineswegs aber durch bie Berortnungen der Civil⸗Machthaber Ungarns erreicht werten kann.

Börgey, General.

237 ——

fi den Weg über Butnof bahnen wollte. Zu biefem Zwede drang er am 18. mit feiner Borbut bis Rimaszecs vor. Dembinski, in der Meinung, daß Schlid feinen Rüdzug zum Anfchluß an bie öfterreichifche Hauptarmee, fei ed auf der Höhe von Gyoͤngyös oder Erlau, forıfegen werde, legte nach ber Kar

nonade bei TZornallya fein großes Gewicht mehr auf die Sajos

Linie und auf die Etraße von Rimas 30 nbat, und richtete fein ausfchließliched Augenmerk gegen Erlau und Gyöngyös. Er zog deshalb am 16. Kazinczy von Butnofauf Szent Peter zurüd und verlegte Mariaäfy nah Miskolcz. Erft am 19. ers fuhr er die Vorruͤcung Schlick's und deſſen Abficht, über Putnok und Sajo Szent Peter in die Theißebene zu debouchiren; eine Abſicht, die bei den obwaltenden Umftänden freilich nicht vorausges feßt werben konnte, da fie, jeder ftrategifchen Grundlage entbehrend, nichts weiter als ein finnlofes Wageftüd war. Dembinsfier- theilte eiligft an ſaͤmmtliche Divifionen des 7. Armeecorpe, außer Kmetty, vom 1. Corps aber an die Divifion Schulz Kazinczy hatte Tags vorher dad Commando an Mariäfy und bdiefer ed an Schulz übergeben) , den Befehl, bis 21. früh Morgens in Szent Péter einzutreffen. Diefe Macht von wenigftens 16,000 Dann fand Schlid vor fih, ala er am 21., mit höchftens 8000 Mann, zum Angriff auf die Stellung ber Ungarn vordrang.*) Die Teten feiner Colonnen gelangten fchon in die Nahe des Ortes, als er, unfere Stärke und feine Verwegenheit erfennend,, jeden Gedanken an ein Gefecht fahren ließ

®) Bine Brigade hatte Schlick von Rimaszéces nah PBeterväfära tispenirt, um mit der bereits bis Gyöngyos vorgerüdten Avantgarde ter feindlichen Hauptmacht in Berbindung zu bleiben.

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und ſchneller noch, als er gekommen war, verſchwand. Dembinski, ohne eine Miene zur Verfolgung des Feindes zu machen, blieb noch 36 Stunden unthaͤtig in feiner Stellung bei Szent Péter und verlieh dieſelbe erſt am 22. und 23. Abends, ald ber Feind bereits 6 Meilen von ihm entfernt war. Schlick hattenoch am 22, mit feinem Gros Zabar und mit der Arrieregarde Gesztetö erreicht, bezog am 23. im Tarna-Thale in Potervaſar die Eantonnirungen und trat von dort mit der öfterreichiichen Hauptarmee in Verbindung.

Am 22. traf Major Papp im Hauptquartier zu Miskolcz mit dein Befehl der Regierung ein, die Offenflve auf allen Punkten ungefäumt zu ergreifen. In Debreczin wurbe man zu bieler energifchen Berfügung durch mehrere hochwichtige Gründe veranlaßt. Die Nachrichten, welche aus den übrigen Theilen des Landes eins liefen , Tauteten täglich betrübender. Bon den vier Feſtungen, die wir bei Beginn des Winterfeldzuges in unferem Beſitze hatten, waren bereitö zwei, Eſſeg und Leopoldſtadt gefallen, bie zwei andern, Komorn und Beterwardein, eng cernirt; bad rechte Donauufer war vom Feinde vollftändig unterworfen und die Serben, Meifter vom Banat und der Bärs, rüfteten fi zur Ueberſchwem⸗ mung ber großen Theißebene. Selbft in Siebenbürgen war unfere Lage, troß dein Siege Bein's bei Biski, zweifelhaft, denn ber größere Theil dieſes Landes befand fi noch immer in ber Ger walt der Defterreicher,, zu deren Unterflübung außerdem bie Ruffen in das Rand eingebrodhen waren und Hermannftabt und Kronftadt befegt hatten. Endlich begannen die Komitate Hinter der Theiß, die feit zwei Monaten beinahe ausſchließlich bie unge: heuern Kriegölaften zu tragen hatten, ſich langfam zu erfchöpfen. Unter ſolchen Umſtaͤnden mußte ohne Zaubern gegen bie Hauptmacht bed Feindes ein entjcheidender Schlag geführt werben, befien Erfolg

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den Muth des Volkes neu beleben und zur Fortführung des Kampfes friſche Quellen öffnen follte.

Die Streitkräfte an ber Theiß waren wie man bied fchon beim Entwurf des Vertheibigungsplanes vor dem Abzuge von Peſth wit Recht vorausſetzen fonnte zu einer foldhen Stärke an- gewachſen, daß bie Ungarn nunmehr Feinen Zufammenftoß mit den Deſterreichern zu fcheuen hatten, indem fie lestern an Zahl gleich, an Begeifterung und moralifchen Gehalt bei weiten überlegen waren.

Dembinski fäumte nicht, der Aufforderung der Regierung zu entiprechen. Er felbft mit ter Hauptmacht, 1., 2. und 7. Armees corpo, wollte auf der Erlauer Straße vordringen, während das 3. Corps bei Czibakhaza debouchiren, den Beind in Szolnof überfallen und die Bewegungen ber Armee gegen Peſth unters Rügen follte. Die Macht, welche dem Obercommandanten bei biefer allgemeinen Borrüdung von @zibafhäza bis Miskolcz zur Vers fügung ftand,, betrug 46,000 Dann, 6000 Pferde und 170 Ge; ſchuͤhe.

Die Kunde von unſerer Offenſive kam Windiſchgrätz wie er ſich ausdruͤckte eiwuͤnſcht; da er ſich dadurch der Mühe ent⸗ hoben ſah, den gefaͤhrlichen Zug uͤber die Theiß zu wagen. Die Truppen, welche uns Windiichgräg bei den folgenden Operatio⸗ nen quf dem Hauptkriegsſchauplatze entgegenſtellen konute, beſtanden aus dem 1., 2., 3. und dem Reſervecorps, in ber Linie von Szol⸗ nof bis Beterväfära, und aus den Brigaden Götz und Jab- lonowsfi, imMüden der ungarifchen Armee auf der Kaſchauer Etraße; im Ganzen 56 60,000 Mann, 5000 Pferde und 200 Selhüpe.

Windifhgräß hatte die Abfiht, Dembinski auf ber Erlauer Straße entgegenzurüden, feine Verbindung mit Schlid

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im Tarnathale auf der Höhe von Kapolna zu bewirken , ver- eint mit diefem die Ungarn über die Theiß zu werfen und dann die Dffenfive weiter'gegen Debreczin auözubehnen. Diefem Plan entfprechend, ließ er dad 1. Corps unter dem Ban zur Beobachtung ber Theiß und Dedung der Hauptflädte in Befth und an ber Szolnofer Eifenbahn zurüd, und brady nit 5 Infanteries und 2 Eavallerie: Brigaden am 22. von Peſth in der Richtung nad Oyöngyöß auf.

Die beiden Heere mußten alfo zwiſchen Befth und Erlau auf einander ftoßen; an welchem Bunfte, war noch ungewiß und Bing von den Umftänden ab.

Ein Theil des 1. Armeecorps war ſchon zwilchen dem 16.—20. bis Erlau vorgerüdt, der Reſt folgte am 22., unt am Morgen des 23. feste fih auch das 7. Korps in Bewegung, fo daß an biefem Tage bie ganze Armee, mit Ausnahme einer [hwachen Beſatzung in Miskolez und der an ber Theiß ftehenden Theile, auf der Peſſth⸗ Miskolczer Straße in der Borrüdung begriffen war. Dembinsfi ging an dieſem Tage nad) Füred, um dort den Brüdenfopf und bie Depots und Magazine zu befichtigen, von wo er jedoch ſchon Tage darauf nah Mezöfövesd zurüdfehrte.

Die Avantgarde der Armee bildete dad 1. Armeecorps mit ber Divifion Defewffy als Außerften Vorhut. Diefe Divifion ftand in Mezöfövesd, Maklär und Szihalom, ald am 17. die Rad’ richt einlief,, daß eine in Gyöngyös eingerüdte feindliche Brigade, eine ſtarke Cavallerie» Abtheilung bi Kompolt an ber Tarna vors geichoben hatte.

Oberftlieutenant Defewffy erhielt den Auftrag zum Ueberfall auf biefe Abtheilung , den er audy in der Nacht des 18. mit 4 Esca⸗ drons Hufaren glänzend ausführte. Er brach mit feiner Colonne

HH

nad Mitternacht von Szihalom auf und erreichte in ber Morgens dämmerung Kompolt, wo die Defterreicher, zwei Escadrons Kü- raffiere, im Kärolyi’fchen Schloffe einquartirt lagen. Die braven Bührer, Oberftlieutenant Defewffy, Major Guftav Graf Wars tensleben und Rittmeifter Uj ftürzten fich an der Spitze ihrer Hus faren mit Blitzesſchnelle auf den überrafchten Feind und bieben die Bereitſchaft und was fih zur Wehre fepte, nieder. Nur mit Mühe konnte ſich ein Theil der Kürafliere durch den Garten in's Freie ret⸗ ten, die dann auf ber Gyöngyöfer Straße noch eine Strede vers folgt wurden. AO Todte blieben auf dem Platz, ebenfoviele wurs den gefangen. Nebſtdem fielen die meiften Offizieröpferde und ſaͤmmt⸗ lie Bagage in unjere Hände.

Die athemlofe Ankunft der zerfprengten, meiftens verwundeten feindlichen Reiter in Oyöngyös, verbreitete einen folchen Schreden, daß ber dortige Brigadier Eolloredo eiligft Vergatterung fhlagen ließ und fich drei Meilen weiter auf Hatvan zurüdzog.

Die Verbindung der öfterreichifchen Hauptarmee mit Schlick über Gyöngyös und Parad ward durch diefed voreilige Zurüde weichen ihrer Avantgarde unterbrochen und konnte von nun an blos an der Zagyva über Paszté unterhalten werden.

Am 22. kam Defewffy nad Erlau, Mariäfy nad Mafs lar und Mezöfövesb und Schulz nad Harfäny. Am23. wurde dad Hauptquartier bes 1. Armeecorpe nach Erlau verlegt. Bon tort beobachtete Deſewffy bie Defileen von Bakta und Sirof gegen Schlick; Mariäjy rüdte auf Kerecfend vor, bejegte mit einem Detachement Kapolna und ließ bi Gyoöngyös ftreifen; Schulz erreichte Mezökövesd. Die Divifion Szefulits vom 2. Armees corps, auf der Poroszloer Straße flehend, trat mit dem 1.

l. 16

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Corps in Berbindung. Das 7. Korps fand zwifchen Misfolcz und Abrany.

Die öfterreichifche Arınce war mit ihrer Vorhut noch immer nicht über Hatvan vorgerüdt; dagegen cantonnirte Schlick in Peters vaſar und Eoncurrenz, kaum zwei Meilen von Defewffy entfernt. Seine Lage in jolcher Nähe von unferem rechten Flügel, während die Borhut von Windifchgräg noch fieben Meilen entfernt ftand, noch mehr aber die Cantonnirung feiner durch den beichwerlichen Rüd- zug herabgekommenen Truppen in entlegenen, nur durdy ſchlechte Feld⸗ oder Gebirgswege unter fich verbundenen Ortfchaften, die von einem vortrefflich gefinnten Bolfe den Paloczen bewohnt find, und überdied der coupirte gebirgige Boden, der die Bewegungen aud) größerer Truppenförper bis in die Nähe des Yeindes vollfommen maskirt, boten fo ungewöhnliche Chancen für einen Ueberfall, daß defien Gelingen auch dem bedädhtigften Fuͤhrer auf den erften Blid einleuchten mußte, |

Als Commandant der Avantgarde und über hinreichende Kräfte verfügend, zögerte ich feinen Aurgenblid, Die Dispofitionen zu dem Ueber⸗ fall auf das Gros des Feindes zu treffen, der ungefähr 8000 Mann farfinPeterväfärcantonnirteund von derlinterftügung feiner übris gen Truppen, wovon zwei Brigaden ſchon auf dem jenfeitigen Abhange bes Mat ra⸗Gebirges ftanden, durch unfahrbare Wege getrennt war.*)

m ——

Nach öfterreichifchen offiziellen Quellen war in der Nacht vum 23. zum 24. das Armeecorps Schlick's wie folgt verlegt: Die Brigaden Kriegern und Deym in Pétervs ſar und Joad, das Hauptquartier und die Brigade Ber: gen in Erdöfövespd, die Brigade Fiedler in Nemeti, Nädujfalu um die Brigade Barrotin Verebely.

In der „Winter: Gampagne Sch Ti’ 6“ heißt es in Bezug auf die Cantonni⸗ rungen um Peterväafär am 23. Februar: „Die Brigade Fiedler verfoflete auf

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Pétervaſar liegt in einem Gebirgskeſſel, ift auf drei Seiten von bewaldeten Höhen eingefchloffen und kann auf abgelegenen, nur den Einwohnern befannten Gebirgspfaden überall unbemerkt um⸗ gangen werben. Nach der Dispofltion hatte die Hälfte der Divifion Marisiy am 23. von Kereciend bis Sirof vorzurüden, dort einige Stunden zu raten, um Mitternacht den Marfch fortzufehen und mit Umgehung bed Ortes dem Feinde in die Flanke zu fallen. Mit der Divifion Deſewffy woßte ich ſelbſt über Bakta vorrüden und den Feind in ber Front überrafchen. Der Angriff follte gleich» zeitig und zwar am 24. um 4 Uhr Morgens erfolgen. Für den Fall des Mißlingens ſollten Mariaſy über Sirof und die Haupte colonne über Bakta zurüdgehen. Zu diefem Zwecke blieben beide Defilsen ſtark beſetzt.

Ich zeigte mein Vorhaben dem Obercommandanten nach Me⸗ zököpreod an und ließ die Truppen, in der Vorauoſetzung, daß er daſſelbe billigen werde, noch vor Ankunft feines Beſcheides in Bes wegung fepen. Kaum waren jedoch die Colonnen in Marſch ger bracht, ale eine Depefche von Dembinsti anlangte, bie mir nicht nur alles Geſchehene verwies, fondern auch bei} Arengfter Ver⸗ antwortung befahl, jede Bewegung gegen Schlid augenblicklich ein⸗ zuſtellen, in die früheren Quartiere zurfidzufehren und bie rechte

diefem Marfche die Eſſenz der allgemeinen Fatigue; denn über Petervaſar hin: aus war zwar für Fußgeher tie Gommunication noch leidlich zu paſſiren, für bie Artillerie und Bagagrwägen aber beinahe unmöglich; der Weg ſchien grundlos zu fein. Die Gefüge und Wagenräder ſanken bie über tie Achſen in Koth und blichen firden. Nur mit ter größten Anftrengung und allen nur erdenklichen Hüfemiiteln gelang es endlich, die Beipannungen bis neh Raduüjfalu fortzus bringen die legten brauchten bis an Ort und Stelle acht Stunden länger ale bie Infanterie.‘‘

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_— 24h

Flanke gegen Peterväfär blos durch Recognoscirungen und Ras trouillen zu fihern. Es blieb mir daher nichts übrig, ale Mariäfy augenblidlich die Ordre zum inrüden zujufenden, die ihn aber fon vor Peterväjär, in dem Momente antraf, als er nad) längerem Warten auf dad verabredete Signal den Angriff allein mit einem Theil feiner Meberfalldcotonne begonnen hatte. In der Ders muthung, daß ihn fein tollfühner Muth zu ſolchem Echritte verleis ten werde, war ich mit einem Theil der Divifion Defewffy bie in die Nähe von Poͤtervaſar auf der Baktaer Etraße ihm ent- gegengerüdt und traf dort ein, ald Mariäfy, von der Uebermacht bes Seindes zurücigebrängt, den Ort, deſſen vorderfte Gaſſen er im erften Anlaufe genommen hatte, mit mehreren Gefangenen und ers beuteten Pferden wieder verließ. Ich dedte nun feinen Rüdzug nah Sirof und ging dann felbft unverfolgt auf der Straße von Bakta nah Erlau zurüd. Ohne den gemeflenften Befehl Dem; binski's, dem noch überdies beigefügt war, „bie Stunte anzuges ben, wann ich feine Depeche erhielt, " würde der Ueberfall auf’Beters väfär ohne Zweifel das glaͤnzendſte Refultat zur Bolge gehabt haben. Heißt ed doch ſchon von dem Fleinen Verſuch, den Maris ſy ifolirt mit 5 Compagnien, 1 Edcadron und 4 ©efchügen unternahm, in dem öfterreichifchen Berichte: „Die vorberften Hufaren fliegen ab, drangen in die Häuſer, zogen die überfallenen Artilleriften beraus, töbteten mehrere Mann derfelben , oder brachten ihnen fchwere Bers wunbdungen bei. Die feindlichen Gefchüge, auf der Höhe vor ber breiten Hauptgaffe placirt, beftrichen leßtere der Länge nach mit einem mörderifhen Kartätfchenfeuer, Vollkugeln und Haubisgranaten. „Die allgemeine Berwirrung, weldhe diefer Ue— berrumpelung folgte, war grenzenlos. in Theil der eigenen Eavallerie ſchwang fich fchon in Hemd und Gattien auf ihre

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Pferde, um ſich außer dem Bereiche des verheerenden feindlichen Feuers zu ſammeln.“

„Außer unſern tapfern, braven Ottochanern .und unſeren Artilleriftien fhien Alles die Beifteägegenwart vers loren zu haben.”

Es ift nicht ſchwer zu ermeflen, was die Folge einer folchen Verwirrung geworden wäre, wenn ber Angriff, ftatt mit 5 Eoms pagnien und 4 Geſchützen, mit 5 Bataillons und 20 Gefchügen im Einne der Dispofition von drei Seiten zugleich audgeführt wurde. War aber einmal ta3 Gros des Schlick'ſchen Corps, das brei Tage fpäter bei Kapolna den Sieg entfchied, gefchlagen oder gar vernichtet, fo iſt es mehr als wahrſcheinlich, daß der Beginn unferer Dffenfive eine andere Wendung wie in den legten Februar⸗ und den erſten Märztagen nahm.

Am 25. erhielt das 1. Armeecorps den Befehl, die Tarna- linie zu beiepen. Mariaſy fam nah Kapolna, Deſewffy nah Berpelet und Schulz beſetzte Erlau und das Defile von Bakta. Szefulits rüdte bis Füzes-Abony vor. Das 7. Corps ftand noch inMaflär, Mezölövesd, Mezökeresztes, Nyaras d und Abräny vertheilt. Das Hauptquartier der Armee wurde von Mezoͤkövesd nad Erlau verlegt.

Schlacht bei Köpolna am 26. und 27. Februar.

Die öfterreichifche Hauptmadht war am 25. in Gyoͤngyoͤs und Aroközälläs eingezogen und hatte eine Colonne gegen Heves entfendet. Schlick verweilte in Peterväfär und unters bielt feine Verbindung mit Windifchgräb über Parad. Am Morgen des 26. begann der Feind feine Borrüdung auf allen Punk⸗ ten zum combinirten Angriff auf unfere Stellung, und zwar: bie

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Hauptmadjt auf den Straßen von Gyöngyös und Arofszalläs gegen unfere Front; und Schlid von Pétervaſar durch das Sirofer Defil& gegen unfere rechte Ylanfe, Die nah Heves entfendete Golonne hatte auf der Straße nad) Boros;16 vorzus dringen und durch Zerftörung der dortigen Dämme und Brüden unferen Rüdzug an die Theiß nach Füred zu bedrohen. Die Stärke der Defterreicher beftand aus:

dem 3. Armeecorps unter Schlid (linker Flügel) 13,200 Mann. der Divifion Wröna und Cavalleriebrigade Mons

tenuovo (Eentum) . . 0 0... 11,000 der Divifion Schwarzenberg und Brigade Neu⸗

ſtaͤdter (rechter Hlügl) - » © - . ..18,000

Im Ganzen . 39,200 Mann.

Die Straße von Oyoͤngyoös nad Erlau führt über bie legten füblichen Ausläufer des Matragebirged und erreicht bei Ka⸗ polna das Flüßchen Tarna, welches in feinem Laufe von Nord nach Süd das Thal gleiches Namens bildend, einige Stunden von bier in bie große Theißebene tritt und bei Jaszberény in bie Zagyva mündet.

Im Tarna⸗Thale liegen an beiden Ufern des Ylüßchens, von Peterväfär in füdlicher Richtung, die Orte Eirof, Ber; pelet, Doöbrö, Torfalu, Kapolna, Kompolt und Käl.

Das Thal verengt fi bei Sirok zu einem Deflle, durch welches die Straße von Peterväfär führt, wird er vor letz⸗ terem Orte ehwad breiter, zieht fih dann zwiſchen fandigen Ab⸗ hängen über Kapolna gegen Kal und verliert fich bier im der Ebene. Die weſtliche, dem Feinde zugelegene Thalwand iſt meiſt bewaldet, bie oͤſtliche mit Tabalpflanzungen, Feldern und Wein⸗

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gärten, und erft gegen Kerecfend und Erlau mit lichten Wals dungen bebedt. Den Schlüffel zu dieſer Linie bildet der von ber Tarna umfloffene Ort Kapolna an ber Gyöngyöler Chauffee.

Diefe Gegend, und zwar von Kal bis Sirof, hatte fih Dembinsfi zur Vertheidigungsftellung erforen, als es feinem Zweifel mehr unterlag, daß die Oeſterreicher den Angriff nicht erft abzuwarten, fondern felbft anzugreifen entfchloffen waren. Die uns garifche Armee, von Erlau und Sirok bis Füred an ber Theiß, beftand aus dem 1., 2. und 7. Corps und zählte 36,000 Mann. *)

ALS der Feind am 26. an der Tarna erfchien, waren von der ganzen Armee erit A Divifionen in die Linie gerüdt. Bon diefen bildete Szekulits in Käl den linken Flügel; als Centrum ftanden Mariafy in Kävolna und PBöltenberg in Döbrö; und Deſewffy hielt als rechter Flügel Berpelet und Sirof befegt. Die andern Divifionen ded 7. Corps befanden fi) nody in Mezö- kövesd und Maflär. Die Divifion Hertelendi vom 2. Corps hielt Poros zlo und ben Küreder Brüdenfopf bejegt, und Schulz wurde zur Beobachtung des nad) Erlau führenden Paſſes vor

——

) 1. Armee: (Die Defewffy, 42/, Bat. 3 Gsc. 16 Geſchütze corps, Rariy, 5 „6.16 „u 12,000 MR. Klapka. | „Schulz, 3, 1, 8 un 3. Armeccorpe, { ,„, Syefulitise, A, A, 16 2.000 - Repäfy. Hertelendi, A 3, 16 | j Pöltenderg, 3 8. 16 Aulich 3 8. 16 [Z; [4 1 ammeeseine, » Guyon, A 58 2012 16,000 ce. |, Rt, 85.06.16 5 Col. Weiffel, Ad u

Bufammen 37 Bat. 44 Gec. 136 Gefüge. 36,000 N.

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Bakta entfendet. Die ganze Kraft, welche am 26. die Tarna linie von Sirof bis Käl befegt hielt, betrug alſo blos 17,000 Wann. | Um 2 Uhr Nachmittags entwidelten ſich bie Defterreicher einige taufend Schritte vor Kapolna und Kal und begannen den Angriff. Mariäfy hatte bei der Annäherung des Feindes auf den vor Käpolna fanftanfteigenden Höhen Stellung genoinmen, mit dem rechten Ylügel an dad Gebirge, mit dem linken aber an ein feitwärts von ber Ehauffee gelegenes Wäldchen gelehnt, wodurch er mit Szefulits in Verbindung trat, der gleichzeitig die Tarn a übers fchritt und dem Feinde vor Kal bis zu einer ziemlich vortheilhaften Pofition entgegengegangen war. Gleichzeitig ließ Mariäfy PBöltenberg erfuchen, bei Döbrö über die Tarna zu feßen und ben an der Etraße vordringenden Feind in der Flanke zu faffen. Der erfte Stoß des Feindes erfolgte vor Käpolna. Wins diſchgrätz commanbirte hier felbft, Fonnte aber troß der Ueber⸗ macht feiner Colonnen gegen den heldenmüthigen Widerſtand nicht nur feine Vortheile erringen, ſondern ſah fi) nad) mehrſtündigem Gefechte, ald Böltenberg zur Unterſtützung Mariaſy's rechts von der Chauſſée in feiner Flanke erichien, zum Weichen genöthigt. Der Feind ließ hierauf mehrere frifche Batterien vorfahren, und mit diefen gelang es ihm gegen Abend, die Geſchütze vom linken Flügel Mariaſy's aus ihrer Stellung zu vertreiben, was eine momentane Unordnung hervorbrachte und Mariäfy veranlaßte, feine Truppen in eine zweite Stellung näher an Käpolna zurüdzus nebinen. Eine avallerieattaque der Defterreicher, die in dieſem Augenblide erfolgte, warb von 4 Escadrons des 1. Hufarenregi- ments unter der perfönlichen Fuͤhrung Mariäfy’d blutig abge wielen. Kaum gewahrte ber Feind das Zurüdweichen Mariäfy’s,

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als derfelbe feine Anftrengungen auf der ganzen 2inie verdoppelte, neue Bataillons vorfandte, und endlich auch Pöltenberg zum Verlaſſen feiner Stellung und zur Räumung des Waldes rechts von ber Etraße zwang, der vom 1. done Antalten bisher hartnaͤckig vertheidigt wurde.

Dagegen hatte Szefulitd auf dem linfen Fluͤgel, troß ber Minderzahl feiner Truppen und Gefchüge, die Angriffe der beiden Grenadierbrigaden Schwarzenberg mit Erfolg zurüdgewiefen und ſich in feiner Stellung bis in die finfende Nacht behauptet.

Epät am Abend wurde das Gefecht abgebrochen. Dad Groß der Defterreicher blieb im Befite der Höhen vor Käpolna. Sze— Fulits behielt Kal, Mariäfy Käpolna, Kompolt und Totfalva. Völtenberg aber verließ in Folge eined noch nicht aufgeflärten Mißverftändniffes die Tarnalinie gänzlich und zog fh auf Kerecfend zurüd.

Zu gleicher Zeit, als die Defterreicher Kal und Käpolna angriffen, erfchien auch E hlid vor Sirof, Lrängte das dort aufs geftellte Detacyement, von A Compagnien, 1/; Escadron Hufaren und einer halben breipfünbigen Batterie unter Major Idzikovski, nad heftigem mehrfündigen Widerſtande auf Szolät zurüd, erzwang noch in derfelben Nacht den Paß von Sirof bis E zent Maria und fepte fih in den Beſitz von befien Ausgängen gegen Berpelet.

Defewffy blieb unangegriffen in Berpelet, beobachtete die Straße von Domosz[6 und PBeterväfär und fidherte nad dem Rüdzuge Idzikovski's die rechte Flanke der Armee gegen Shlid. Während der Nacht bezog er das Bivouaf vor. Berpelet.

Dembinsfi, der troß allen eingelaufenen fehr beftimmt laus tenden Nachrichten über die Borrüdung und Abfichten ber Deſter⸗

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reicher für den.26. an Feinen Angriff glauben wollte und be&halb auch während des ganzen Tages ruhig in Erlau verweilte, war erft gegen Abent auf dem Schladhtfelde bei Kapolna eingetroffen, wo er die zurüdgewichenen Abtheilungen wieder in die Linie eins rüden ließ und folgende Dispofitionen für den 27. erließ:

Aulich rüdt während der Nacht zur Verftärfung des linfen Flügels von Maflärauf Kal; Guyon und Kmetty, die nod immer in Mezökövesd flanden, brechen in ber Nacht auf und treffen bis 10 Uhr Morgens über Kerecfend in Käpolna ein. Mariaſy bat ſich bis zu ihrem Eintreffen im Centrum zu halten. Auf dem rechten Flügel hat Klapka mit der Divifton Defewffy das Vorbringen Schlick's über Berpeledt zu verhindern; Pol: tenberg aber die Gyöngyöd-Domoszlöer Straße zu decken. Die Divifion Schulz bleibt zum Schuge Erlau's zwiſchen Szoͤlat und Bafta aufgeftellt.

Am 27. vor Sonnenaufgang vereinigte Dembinsfi bie Dis vifion Mariäfy in Kapolna. Mit einem Bataillon bejegte er Kompolt zur Verbindung mit Aulich, der in Kal bereits einges troffen war und daſelbſt das Commando übernommen hatte.

Um 7 Uhr Morgens fchritt der Feind zum Angriff auf Kapolna und während eine ftarfe Colonne eine Umgebung über Tötfalva verfuchte, erzwang er durch fein überlegenes Geſchützfeuer in Furzer Zeit die Räumung des Ortes.

Um den völligen Durchbruch des Eentrums zu verhüten, nahm Dembinski einige Escadronen vom 1. Hufarenregiment, das italienische Bataillon Zanini und 10 Gefchüge und warf fich damit der Umgehungscolonne vor Totfalu entgegen. Die übrigen 6 Gefüge der Diviiion Mariäfy, welche die Ausgänge von

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Kipolna beftrichen, blieben in ihrer günftigen Stellung zur Vers hinderung des Debouchirens der feindlichen Hauptmacht.

Durch die gleichzeitige Vorrückung der Divifion Aulich von Kal gegen den rechten Flügel des Feindes, wurde berfelbe zum Stehen gebracht, worauf fich auch feine Umgehungscolonne von Totfalu wieder zurüdzog. Diefen Augenblid wollte Dembinski zur Wiedereroberung von Kapolhna benugen, wozu er dad 47. Bas taillon auf der Ehauffee vorrüden ließ und perſoͤnlich das Bataillon Zanini auf der Seite von Totfalu vorführte. An der Spitze diefed Bataillons jchritt mit begeifterndem Muthe, das Kreuz empors haltend , der Belbfuperior der Armee Eäfar Mednyandıfy. Der Etoß wurde durch 6 Geſchuͤte links, und 10 andere von reinem Hügel an ber Kerecjender Straße unterflübt. Dad 47. Honveds Bataillon rüdt mit gemefienen Schritten vor, erftürmt das hartnaͤckig vertheibigte Wirthehans am Ausgang bed Orted und macht den groͤß⸗ ten Theil der Befagung nieder. Inzwiſchen dringt au Zanini, uns geachtet dem verheerenden Kartätfchenfeuer,, in das Dorf, befeht bie erſten Häuſer, wird aber bei weiterem Sturme plöglid von fünf Bataillon die Brigade Wiſo die mittlerweile das Dorf be: ſeht Hatte, umringt unb weil bemfelben Feine Unterftügung nadyfolgt, auch größtentheild gefangen. Nur Wenigen gelingt es, ſich in den Bald von Dösrd zu retten. Jetzt wirft ſich der Feind mit ganzer Gewalt auch auf das 47. Bataillon und drängt es gegen Kerecfend zurũck wo es von dem Reſte der Diviſion aufgenommen wird. Bei dem weiteren Zurückweichen unſeres Centrums ftellte auch Aulich feine VBorrüdung ein, und zog fich allmaͤlig In die frühere Stellung vor Kal zurüd, wo er während des ferneren Verlaufes ber Schlacht unthätig fiehen blieb.

Der obgleich kühne, doch unvorfichtige Berfuch, ben Ort und

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das bei Beginn der Schlacht verlorene Terrain mit zwei Bataillone wieder zu gewinnen, war, wie es vorauszufehen geweſen, miß⸗ lungen, und Dembinsfi mußte die fehr zufammengeichmolzene Divifion Mariaſy, die feit dem Morgen allein dem ganzen Ans drang ber feindlichen Hauptmadht tapfer widerftanten hatte, etwas aus dein Beuer zurücziehen und unter dem Schuge ihrer Geſchütze fi) von Neuem ordnen laften.

Um 1/51 Uhr fam die Meldung von Guyon, baß er in Kere⸗ cfend eingetroffen fei und zur weitern Worrüdung bereit ſtehe. Dembinefi lieg ihn die Anhöhe zwiſchen Kapolna und Kere⸗ cfend zu feiner Aufnahme befegen, und nach zwei Uhr beichloß er, feine Stellung bei Kapolna, die durch den Verluft von Tötfalu und Döbrö, fowie durch den Rüdzug des rechten Flügels von Ver⸗ pelet, unhaltbar geworden, zu verlaffen und fih auf Guyon zus rüdzuziehen, indem er gleichzeitig Aulich den Befehl zufandte das Bataillon aus Kompolt einzuberufen und den Rüdzug gegen Füzes⸗Abony auf der BPoroszlöser Etraße anzutreten. Der Feind ließ dieſes ruhig gefchehen,, fo daß 450 Hufaren binreichten, die Bewegung im Centrum und auf dem linken Flügel zu deden.

Die Stellung vor Kerecfend war vortrefflich, fie beherrfchte das vorliegende Terrain und lehnte ſich mit beiden Flügeln an bes waldete Höhen. Gegen vier lihr zeigten fich die Teten der Diviftonen Böltenberg und Defewffy, die aus Berpelet verdrängt, ihren Ruͤckzug gleihfald gegen Kerecfend genommen hatten. Hier müffen wir zu den Greigniffen auf dem rechten Flügel übergehen, wo der Kampf fchon um 7 Uhr Morgens begann.

Die in Berpelet unter meinem Commando ftehende Divifion Defemffy zählte, nach Abfchlag der Abtheilung Idzikovoki's, der nach dem Gefechte bei Sirok fih auf Schulz zurüdgezogen

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hatte, 3600 Mann, 500 Pferde und 16 Geſchuͤte. Die Diopoſition lautete einfach , mich in Berpelet zu halten, wobei ich noch durch Poͤltenberg, der bis 7 Uhr Morgens einzutreffen hatte, und durch Schulz von Bafta her, unterftügt werden follte.

Am 27, bei Tagedanbruch berichtete dad Pifet von Szents Märia die Borriidung des Feindes auf der Sirofer Straße gegen Verpelét. Jch befegte diefen Drt mit zmei Bataillend, placirte rechts im Thale zur Beftreihung der Tarnabrüde eine halbe ſechs⸗ pfündige Batterie und flellte den Reſt der Divifion auf ber domis nirenden Höhe hinter dem Orte auf. Ungefähr 800 Schritte vor ter Bruͤcke führt die am rechten Tarnaufer von Sirof kommende Straße über einen Höhenvorfprung, den fogenannten Kapellenhügel. Der Umftand, daß dieſer Punkt mit der vom Feinde bereitö befepten Thalwand an der Erlauer Straße in Verbindung ftand, und bie geringe Zahl meiner Truppen, verhinderten mich, benfelben zu bes nugen, was bein Feinde gleich im Beginn der Schlacht den übers wiegenden Bortheil einer beherrichenden Stellung gegen das Dorf verichaffte. Dort ließ Schlid, der gegen 8 Uhr mit vierfach übers legener Macht vorzudringen begann, 6 Batterien aufführen und gegen unfere Stellung ein verheerendes Feuer eröffnen. Nach anderts hatbfündiger Kanonade wurde ich gezwungen, die Poſition vor Berpelst aufzugeben und mich auf die Vertheidigung des Ortes zu befchränfen. Gegen biefen fandte ber Feind feine Eolonnen, welche die Tarna die kaum 12—15 Schritt breit iſt an zwei Bunften überjchritten und zum Sturme vorrüdten. Nach harts nädigem Kampfe begannen das 43. Honved> und 1. Bataillon Ton Miguel beide faum 800 Mann ftart zu wanfen. Über dad 34. Bataillon, das ich zu ihrer Unterflügung vorführte, ſtellte das Befecht fehnell Her. Der Ort wurbe größtentheild wieber

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genommen, und die Sturmcolonnen zogen fich gegen die Tarna zurüd. Inzwiſchen enhwidelte der Feind immer mehr Kräfte, fo daß derſelbe nad) einem zweiten Sturme mit neuen Bataillons die Vertheidiger trop ihrer Tapferkeit aus dem Orte gänzlich verbrängte. Der Kampf um VBerpelet dauerte fchon über drei Stunden, und noch immer kam die fo nöthige Unterftüßung nicht an.

Sept debouchirte die feindliche Cavallerie 6 Escadrons Preu⸗ Gens Küraffiere aus dem Dorfe und griff, ohne ſich von unferem Geſchuͤtzfeuer beirren zu laffen, unfer Gentrum an. Zwei Escadrons vom 1., und eine Escadron vom 8. Hufarenregiment flürzgen fi fühn auf den Feind. ES entfleht ein furchtbares Gemetzel vor der Front beider Theile, die ta Gewehr beim Kup, ſtumm und bes wegungslos, das blutige Schaufpiel betradyten. Zwei Escadrons Lehels Hufaren, die bisher in Referve geftanden, werfen fid) mit gleicher Bravour zur Entfcheidung in den Kampf. Aber aus dem Dorfe rüden friſche Eavalleriemaflen, und ihr Stoß entfcheidet. Die Hufaren werden geworfen, ber Knaͤul loͤſt fi), und während unfere Reiter in Unordnung fliehen, attaquirt der Feind Gefchüge und Ins fanterie._ In diefem entfcheidenden Momente um 11 Uhr erfcheint zu meiner Linken die Divifion Pöltenberg. Belm An: blit der drohenden Gefahr läßt er ohne Zeitverluft vier Escadrond Alerander: Hufaren mit verhängten Zügeln anfprengen und eins bauen. Nach einer glänzenden Attaque voird der Feind in die Flucht geichlagen und mit Hülfe meiner indefien raillirten Escadrons bie in das Dorf verfolgt. Die Erbitterung, die ſich bei diefer Attaque von beiden Seiten fund gab, beweifen am beften bie Berlufteingaben. Sp wurden von einer Escadron Koburg- Hufaren unter Rittmeifter Ui, freilih einer ber bravſten, fämmtliche Offiziere und Unter⸗

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offiziere umb beinahe bie Hälfte der Mannſchaft theild getödtet, theils verwundet. Diefelbe Escadron hieb aus der Mitte ber feindlichen Bavallerie eine bereitö verlorene Kavallerie» Batterie heraus.

Ein Angriff auf den Ort, den wir hierauf mit dem Bafonnet verſuchten, mißlang trog der Tapferkeit der Bataillonsführer, unter denen befonders Karl Földvary der Bravfte der Braven mit der Fahne in der Hand vor jeiner Mannfchaft mehrmals bis zu ten Eingängen ded Dorfes anfprengte. Die Defterreicher, durch die erften Erfolge ermuihigt und an Truppen und Artillerie uns immer noch doppelt überlegen, wußten nicht nur dad Dorf zu behaupten, fondern festen fich auch zum neuen Ungriffe in Bewegung.

Mit Pöltenberg fam auch Goͤrgey nach Verpelet, ven Dembinski hieher zur Leitung des rechten Flügels beordert hatte.

Bei der Uebermacht des Feindes, war fuͤr uns vor Allem eine Umgehung von der Erlauer Seite zu befuͤrchten; um ſolcher bei Zeiten vorzubeugen, war es noͤthig, die Diviſion Schulz, die wahr⸗ ſcheinlich in der Nähe von Szolat ſtehen mußte, fo ſchnell als moͤg⸗ lich in den Kampf zu ziehen. Goörgey bat mich, dieſelbe aufs zufuchen und vorzuführen; er felbft befihloß, Schritt für Schritt fich zu vertheidigen und die Richtung gegen Kerecfend zu nehmen.

Nach einer Stunde ermüdenden Umpberirrens fand ich end- ih Schulz vor Szalöf, wo er wegen Mangel an Dispofition unfdylüffig ftehen geblieben war.

Zwifchen Berpelet und Szalok ziehen fi von Nord nad) Süd drei gleichlaufende Hügelreiben Ausläufer des Matras gebirges, gegen Kereciend und die Peſth⸗Erlauer Ehaufiee bin. Auf der erfien, den Abhängen an ter Tarna, faßte unfer rechter Blügel, nachdem bderfelbe aus Verpelét verdrängt worden war,

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unter Goͤrgey Stellung. Die zweite hängt mit den vor Kerecfend liegenden bewaldeten Höhen zuſammen, auf welchen Dembinsfi die Divifion Guyon Stellung nehmen ließ; und die dritte erhebt ſich vor Szalöf zu einem Plateau, das als hoͤchſter Punkt diefer Gegend dad umliegende Terrain überragt. Hier, wo ſich die Sza⸗ (öfer Straße gegen Verpelét jäh in das Thal hinabſenkt, erfchien ih um 3 Uhr Nachmittags mit der Divifion Schulz, 31/, Batails (ons, 11/3 Escadrons und 1 dreipfündigen Batterie, eben zur rechten Zeit, um die von dem Defterreichern wirflich verfuchte Umgebung unferes rechten Flügels zu vereiteln.

Der Feind hatte nämlich, während ih Schul, auffudhte, Görgey aus jeiner Stellung bei Verpeloͤt belogirt und gegen ben zweiten Zerrainabfchnitt gedrängt, wo er jetzt am weftlichen Rande bed früher bezeichneten Höhenzuges in einer vortheilhaften Poſition ftand , die wiederholten Angriffe der Deiterreicher ſtets zurückſchlug, und wie es fchien fidy länger zu halten beabſichtigte. Mein erhöhter Etandpunft geftattete mir eine vollftändige Ueberficht des Gefechtes. Goͤrgey hatte vor feiner Stellung ein Wäldchen bejegt, das ber Feind zweimal vergebens zu erflürmen verfuchte; die Bataillons 34 und 43, die den Wald vertheidigten, rüdten den anlaufenden Defters reichern jedes Mal mit gefäfltem Bajonnet aus dem Wald entgegen und warfen fie vom Berge in dad Thal hinab. Schon glaubte id durch mein Eintreffen in ber linfen Slanfe des Feindes das Gefecht noch dauernder herftellen zu fönnen, als Schlid den Angriff mit frischen Eolonnen wiederholte und das Wäldchen erftürmte. Goͤrgey zog fich in den Kerecfender Wald zurüd und verſchwand fämpfend vor meinen Bliden. Der linke Slügel Schlick's avancirte Indeflen über Berg und Thal und fchien Alles aufzubieten, um die Höhen in der rechten Flanke Görgey’s zu gewinnen. Derfelbe kam am Buße

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des Szalöfer Plateau's in dem Augenblide an, als ich mit der Divifion Schulz auf der Höhe eintraf. Mein Erfcheinen mußte nothwendigerweiſe die Aufmerkſamkeit der Defterreicher, die von biefer Seite feinen Angriff erwarteten, feffeln und fie zum Stehen bringen. Ic rüdte daher raſch bis auf die halbe Höhe des Berges vor, beſetzte die Vertiefungen an beiden Seiten der Straße mit dem 52. Batail- - Ion, der Polentegion und zwei Compagnien des A2, Bataillons und eröffnete aus den dreipfündigen Geſchützen ein fo lebhaftes euer auf den überrafchten Feind, daß diefer, unbekannt mit meiner Stärfe und eingefehüchtert durch meine unangreifbare Stellung, mir gegenüber auf dem Höhenzuge aufmarfchirte,, feine Reſerve an fidy zog und, ohne an eine weitere Berfolgung zu denken, bis zum Einbruch der Dunkelheit ſich auf eine erfolglofe Kanonade befchränfte.

Mittlerweile hatte dad Gros des Feindes feine Bereinigung mit dem Gentrum und rechten Blügel Schlid’6 vor Döbrö bewerk⸗ Relligt und Windifchgräß glaubte nun auch im Gentrum ben Augenblid gekommen, fich über die Tarna vorwagen zu bürfen. Eine ſtarke Eolonne debouchirie über Totfalu, um unferm rechten Blügel, der auf den Kerecfender Höhen feinen Rüdzug fortfepte, in die Flanke zu fallen. Sechs Escadrons Hufaren und einige Ge⸗ (hüpe, die Dembinski zur Unterflügung vorfandte, reichten jedoch bin, diefen Stoß zu pariren und den Divifionen PBöltenberg und Defewffy Zeit zu verfchaffen, ſich der Diviſion Guyon anzufclies fen. Die Ranonade dauerte von beiden Seiten noch bis zum Abend fort, worauf der weitere Rüdzug über Kerecfend in Ordnung ans getreten wurde.

Der linke Flügel hatte ſich fchon früher auf Abony zurüdges zogen, ohne mit dem feindlichen rechten ein ernſtliches Gefecht bes Randen zu haben.

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Die Diviſion Schulz übernachtete m. Erlau, bie andern in Kerecfend, Maklar und Szihalom. Das Hauptquartier der Armee kam nad Maklar. Die DOefterreicyer ftellten ihre Borpoften im Walde vor Kerecfend auf und bivoualirten auf den Schlacht» felde vor Kal, Kapolna und Döbro.

Der Verluft an den zwei Schlachttagen mag wol auf beiden Seiten ziemlich gleich geiwelen fein und gegen 1200 Mann an Todten und Verwundeten betragen haben. Außerdem verloren wir 5— 600 Gefangene.

Die Schlacht bei Kapolna, wiewol hinſichtlich der beider⸗ ſeitigen Verluſte nicht bedeutend und in ihrer momentanen Wirkung kaum fühlbar, wurde doch wegen ihren ſpaͤteren Folgen nicht nu von allen Hellſehenden, ſondern ſelbſt vom Volke mit wunderbarer Ahnung der Zukunft fuͤr eine entſcheidende gehalten; denn ſie ent⸗ hüllte mehr noch als bisher die weitgreifenden freiheitmoͤrderiſchen Abſichten des oͤſterreichiſchen Hofes, der in feinem Verſtecke zu Oll⸗ müs von dem frühzeitigen Triumphgeſchrei feiner Söldner verleitet, voreilig über dad Schickſal Ungarns zu verfügen und deſſen taufend» jährige Verfaffung mit noch bebender Hand umzuſtürzen wagte. Wer aber vermag bie Tragweite eines entſcheidenden Sieges unſeret Waffen zu ermefien? Oeſterreich fonnte und nach der Zertrümme⸗ rung feiner Arınee bei Kapolna, fein zweites Heer, Feine Reſerven, nicht einmal eine ruffifche Interventiongarmee, bie fich erft im Innern Rußlands zu fammeln begann, entgegenftellen; ber Weg nah Wien und Olimüg ſtand uns daher frei und wir fonnten, wenn wir groß mütbig den wurmftichigen Kaiferthron fchonen wollten, den Frieden in der kaiſerlichen Burg bictiren, der für die Dynaftie nimmer jo erniedrigend, wie die fortdauernde ruffiiche Oberhohelt, für die Voͤlker Defterreich8 aber nur fegenbringend werden mußte. Gin Sieg bei

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Kapolna würde ber bürgerlichen Freiheit une Humanität im Dften Europa's Schu und Geltung verfchafft haben.

86 it bier der geeignete Ort die Wirkſamkeit Dembinski's ald Obercommandant der ungarifchen Armee vor und während der Schlacht bei Kapolna einer nähern Beleuchtung zu unterwerfen.

Gleich in der erſten Zeit feines Auftretens fehen wir biefen General vom unbegründeten Mißtrauen gegen die Corpscomman- tanten erfüllt, deren Rathſchlaͤge von fich weifen, und ſich ganz dem Einfluſſe feiner nächften Umgebung hingeben. Die Kolge davon war, daß er mit der öfterreichifchen Kriegführung ebenfo wenig vertraut, ald mit dem Geiſte der ungariichen Truppen, und ben Charafter unfered Kampfes gänzlich verlennend , auf dem lorbeerverheißenden Boden eines ſchnellen und Fräftigen Handelns, bie günftige Zeit mit dem Entwurfe und der Borbereitung weit ausgehender ‘Pläne verlor, während er das ganz Naheliegende , wornad er nur die Hand aus⸗ zufreden brauchte, ganz überfah oder verfehrt anfaßte. Nebſtdem waren Unichlüffigfeit und Zaubern die fleten Begleiter feiner Ver⸗ fügungen ; deshalb war es Schlid möglich, ſich fo leichten Kaufes aus der Schlinge zu ziehen und nach Peterväfära zu entfommen. In gänzlicher Unwiffenheit über bie Abfichten, Stellung und Stärfe des Feindes läßt Dembinsfi fi) von der Nachhut Schlick's taͤu⸗ ſchen, verweilt zwei Tage unthaͤtig und ohne Zweck mit dem groͤßern Theile der Armee in Szent Péter und verliert dadurch die noͤthige Zeit zur Concentrirung ber Kräfte auf den Punkten der Entſcheidung. Am 22. wird feine ganze Aufmerffamfeit noch immer durch bie Bes wegung ber aus dem Sajothale abziehenden feindlichen Arrieregarbe fo fehr gefeflelt, daß er die won Mezökövesd und fpäter von Erlau erhaltenen Berichte über das Eintreffen des Schlid’fchen Corps in Poͤtervaſara und befien unzweifelhafte Abficht über Paozto an

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per pen EEE ——

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der Zagyva oder über Berpelet an der Tarna, dem von Peſth anrüdenden Gros fi) anzuichließen, gar nicht beachtet. Schlick's Borrüden bis Bererväfära, drei Meilen von Erlau, während Windiſchgrätz feine Kräfte in Hatvan, acht Meilen weit, erſt zu concentriven beginnt, giebt und nochmals die günftige Belegenheit an die Hand, diefen vereinzelten Hrertheil im Matragebirge anzufallen und zu vernichten. Dembinsfi zieht nicht nur feinen Bortheil aus diefer günftigften aller Gelegenheiten, fondern verweift überdies auf brutale Weife den Eorpscommandanten , der fi unterfland, auf das Gelingen jenes Coups hinzuweifen.

Die Eoncentrirung der Armee zwifhen Erlau und Füred geht bis zum 25. nur langfam von Statten und Dembinsfi beſchleu⸗ nigt fie um fo weniger, je fefter er die Ueberzeugung hegt, daß bie Defterreicher nicht angreifen würben. Endlich lafien die an dieſem Tage einlaufenden Berichte die Abfichten des Feindes nicht mehr bes zweifeln; und Dembinsfi in feiner erwähnten Vorausſetzung ges täufcht,, entichließt fich zur ‘Defenfive, wozu er als Stellung bie Zarnalinie von Sirof bis Kal wählt.

Diefe Linie ift drei deutfche Meilen lang und entfpricht einer Wahl nur dann, wenn fich dabei mehr angriffsweife als leidend ver halten wirb, d. h. wenn Dembinsfi beabfichtigte, gegen einen ber getrennt und ohne aller Duererbindung vorrüdenden feindlichen Heertheile im Augenblide ihrer Annäherung ſelbſt zum Angriff übers zugehen. |

Eine blos örtliche parallele Bertheidigung biefer Linie konnte bei ihrer ungeheuren Ausdehnung, und der hieraus entfpringenden Gefahr an jedem Punkte durchbrochen zu werben, nicht nur feinen Erfolg bieten, fondern ftand auch in feinem Einflange mit dem gro» pen Zwede unferer Operationen, bie nicht ein bloßes Abwehren, als

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vielmehr einen entſcheidenden Schlag erheiſchte. Daß dies bei einer gleichmaͤßigen Vertheilung von 30, 000 Mann auf einer drei Meilen langen Linie kaum moͤglich war, iſt nicht ſchwer einzuſehen.

Da der Feind mit dem Gros auf der Peſther Straße und mit einem Corps in den engen und langen Defiléen des Tarnathales vorbrang, fo handelte es ſich nebft dem Beftreben, bie Bereinigung des Feindes zu verhindern, vorzüglich darum, zu entfcheiden, auf welcher Seite vertheidigenb und wo angriffsweife vorgegangen wer⸗ den follte. Die Terrainbefchaffenheit der Gegend und die gehörige Würdigung der obwaltenden Berhältniffe gab und hiezu den Leit faden. Die Defileen gegen Peterväfärn hatte die Natur zur Vers Iheidigung bezeichnet; Bier konnte ein Fleined Corps einer doppelt und dreifach überlegenen Macht längere Zeit erfolgreich widerſtehen, ia feine Poſition durch Anlegung von Schanzen und Verhauen uns einnehmbar machen.

Dagegen war die Stellung an der Peſth⸗Erlauer Straße von Kal bis Verpelét nichts weniger als zur Fräftigen Vertheidi⸗ gung geeignet; auf allen Bunften die Tarna mit ihren Uebergängen und andere Defileen im Rüden, und überbied der Nachtheil einer Ihiefen Rüdzugslinte, die dem Feinde eine Umgehung erleichterte, bie eigene taftiiche Bewegung aber, bei ber fteten Beforgniß um bie jelbe, ungemein erfchweren mußte. Hier alfo war die Offenfive bes dingt und je weiter wir auf der Peſther Straße vorrüdten, um fo geficherter wurbe unfere Stellung, um fo freier wurden unfere Bes wegungen.

Bei ſolcher Auffaffung unferer Lage hätten 6000 Mann in den Defileen bei Sirof und Bakta, 24,000 Mann vor Käl und Kapolna aufgeftellt und 2000 Mann zur Verbindung ded Gros mit dem rechten Blügel verwendet werben follen. Die in Boro6zl6

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und Küred fiehende Divifion, 4000 Mann, würde nad) Zurkdv laffung einer Befagung in Füred, bie von Heves vornüdende feindliche Umgehungscolonne in Schach gehalten haben und bei einem glüdlichen Erfolg im Centrum, auf diefer Straße vorgebruns gen fein. Rur fo können wie bei dem Zahlenverhältniß ber beiden Armeen die Stellung an ber Tarna mit der Ruͤckzugslinie nach Kürebd begreifen. Und eine folche Aufftellung wäre fchon am 26. möglich geweſen, wenn man erwägt, daß das 1. und 2. Armeecorps fhon am 23. auf der Höhe von Erlau ſtand und bad 7. Corps an biefem Tage gleichfalls feine Borrüdung von Misfolcz bes gonnen hatte.

Wie anders fehen wir die Armee am 26.

Bon der ganzen Madıt finden wir erft 17,000 Mann in ber Linie. Die Truppen cantonniren noch zerftreut zwiſchen Erlau, Mezoökoövesd und Küred. Die Armeecorps ſelbſt find zerriflen, vermengt und dadurch ihrer taftifchen Selbfiftändigfeit beraubt. Während der Schlacht bleiben die Divifionäre ihrer eigenen Einficyt überlaflen und bie Diviitonen ftehen unter einander gewuͤrfelt; auf dem linfen Blügel Szekulits vom 2., im Gentrum Mariaſy vom 1., und Pöltenberg vom 7., und auf bem rechten Flügel Defewffy wieder vom 1. Corp, gegm Schlid ein ſchwaches Detachement. Am erften Tage feine Dispofitionen , feine Reſerven und das Hauptquartier in Erlau!

Der Obercommanbant trifft erſt Abends auf dem Schlachsfelbe ein, al8 der Kampf bereits beendet iR und ber Feind ſich in den Beſitz der Hoͤhen von Kapolna und des ganzen beherrſchenden rechten TarnasÜfers von Kapolna bis Döbroͤgeſetzt hat. Im Centrum war daher die Poſttion als verloren zu betrachten und hier⸗ durch und durch den Berluft des Sirofer Defilé's auch der rechte

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Blügel gefährbet. Wenn der Feind feinen Erfolg auf der Peſther Etraße nur einigermaßen benüßt, fo war der Durchbruch unferer Stellung mehr als wahrfcheinlih. Auf diefe Weife konnte die Vers einigung ber feindlichen Heertheile, durch die zwei ſchwachen Divi« fionen Mariaſy und Defewffy, die nad dem Rüdzuge Poͤl⸗ tenberg’& von Döbrö bie ganze Rinie von Kapolna bis Ber pelet allein noch beſetzt hielten, nicht mehr verhindert werben. Dazu kam die große Entfernung der Divifionen des 7. Corpo vom - Schlachtfelde, die ein rechtzeitiges Eintreffen derfelben für den folgen» den Tag fehr in Frage ftellte. Unter folchen Umftänden war unferer Anfiht nah am 26. Abends das Aufgeben der Tarnalinie und bie Vereinigung der Armee in einer vorteilhaften Stellung weiter rüds waͤrts, fei ed vor Kerecfend oder auf der Boroszlöoer Straße, das Angemefienfte. Unfere bewährte zahlreiche Cavallerie ließ und die freie Wahl ſelbſt in einer offenen Gegend, wenn dies die Rich⸗ tung unferer Rüdzugslinie fo erforderte.

Dembinski, jedoch diefe Gründe nicht erwaͤgend, beichließt für den 27. den Kampf an der Tarna wieder aufzunehmen. Zu dieſem Zwecke erläßt er an die ruͤckwaͤrtigen Divifionen den Befehl, während der Nacht aufzubrechen und unausgeſetzt bis auf das Schlachtfeld zu marfchiren. Die zwei ftärfften Divifionen, Guyon und Kmetty, follen bis 10 Uhr Morgens über Kerecfend in Kapolna eintreffen ; dieſe aber erhalten bie Dispofltionen zu fpät, und ericheinen, anfatt um 10 Uhr, die eine erſt um 121/, ihr Mittags, die andere nad) 3 Uhr Nachmittags. Dembinsfi fchiebt die Schuld diefer Verfpätung auf ben Oberflieutenant Bayer, Chef des Goͤrgey'ſchen Generalſtabes. Eine Brage bleibt indefien boch zu erörtern ; weöhalb nämlich Dembinsfi nicht gleich am Mittage, als er in Erlau von Käpolna her ben Kanonenbonner vernahm,

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tiefen Befehl zur Borrüdung erließ, und warum er damit bis zur finfenden Nacht zögerte? Im erfteren Falle hätten die Divifionen nicht um 10 Uhr Morgens, was bei einen energiichen Feinde, der bis dahin die Schlacht lange: entfcheiden konnte, viel zu fpät fein mußte, fondern ſchon vor Tagesanbruch in die Linie einrüden können. Durch die Berfpätung unferer Referven find am zweiten Schlachttage die Divifionen Mariaſy im Centrum und Defewffy am rechten Flügel vier Stunden hindurch einem vierfach überlegenen Angriffe ausgeſetzt; und nur der heldenmüthigen Ausdauer der Truppen war es zu verdanken, daß der Feind an keinem dieſer Punfte größere Vor⸗ theile erringen konnte.

Während dee Kampfes ſelbſt benimmt ſich Dembinski fühn und würdig eines berühmten Polengenerald. Seine Kühnheit übers geht jedoch in unüberlegtes Wagniß, ale er mit zwei Bataillon Kapolna erflürmen will, das von 5 Öfterreichiichen Bataillons bes feßt If, Die von dem ganzen feindlichen Gros unterftügt werben können. Das brave Bataillon Zanini fällt diefer Unvorfichtigfeit zum Opfer, defien tapferer Kommandant, Major Benturini, einige Tage fpäter am Hochgerichte ald Märtyrer jeiner Ueberzeugung farb.

Nach dem abgefchlagenen Sturme auf Käpolna bleibt Dem; binski nur noch der Rüdzug übrig, den er bei dem paffiven Ver⸗ halten ded Feindes ungeflört ausführen fann.

Anftatt einer zweckmaͤßigen Bertheilung und Verwendung unferer Streitkräfte, fehen wir daher am erften Schladhttage von den 36,000 Ungarn faum 12,000 Mann, und am zweiten Tage, bei ber Uns thätigfeit de& linken Ylügeld, nur 16,000 im Gefechte, woraus fi für beide Tage im Durchſchnitt das Verhältniß der Kämpfenden zu den Richtfämpfenden, wie 7: 11, oder die traurige Wahrheit heraus ftellt,, daß, Dank den Dispofltionen des Obercommandanten und

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zum Theil der Indolenz des Börgey’ichen Generalſtabes, bie Schlacht bei Kapolna deshals verloren ging, weil ſich Faum zwei Bünftheile der Armee an dem Kampfe betheiligten.

Wenn aber die Schlacht bei Kapolna auch zu den verloren gezählt werden muß, fo hat fie doch unferen Waffenruhm nicht ges ſchadet, im Gegentheil nur gehoben. 4500 Mann, zumeift Refrus ten und zum erftien Male im euer, wußten im Centrum zwei Tage hindurch der öfterreichifchen Hauptmacht Stand zu halten und dies ſelbe fo einzufchüchtern, daß fie nach erfochtenem Siege, die Tarna nur vorfichtig zu überfchreiten und an eine Verfolgung gar nicht zu denfen wagte. Mit gleicher Hingebung fochten auf den rechten Fluͤ⸗ gel von 7— 11 Uhr Morgens 3500 Ungarn gegen 13,200 Oeſter⸗ reicher, ohne eine Kanone, eine Sahne oder einen Öefangenen zu ver: lieren. Die Ungarn hatten an beiten Schladhttagen gezeigt, daß fic den Defterreichern nicht nur gewachſen, fondern in Ausdauer unb Hingebung bereitö überlegen waren.

Mährend ber Nacht vom 27. auf den 28. befand fich das Hauptquartier der Armee in Maflär.

Bor Tagesanbruch erhielten fämmtliche Dioifionen Befehl den Rüdzug nah Mezöfövesd fortzufegen und ſich dort ihrem bes treffenden Armeecorps anzufchließen. Um 11 Uhr Vormittags war bie ungarifche Armee, mit Ausnahıne der Divifion Kmetty, bie bei Maklar zur Dedung unferes Rüdzuges zurüdgelafien wurbe, bei Mezöfövesp vereinigt und hatte vor dem Orte Stellung genoms men. Rechts ftand Börgey mit dem 7. Corps an das Gebirge gelehnt; links von ihm die Diviſton Szekulits vom 2. und das I. Corps unter meinem Commando. Gegen Mittag brach aud) Kmetty auf, war jedoch kaum auf haldem Wege zwifchen Shiha«

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lom und Mezöfövesb angelangt, als feine Nachhut von einer ſtarken feindlichen Savallerie- Abtheilung heftig angegriffen wurde.

Eavallerie:- Gefecht vor Mezökövesd am 28. Februar.

Der Feind hatte nad) unjerem Abzuge von Kerecfenb und Maklar ein KürafiiersRegiment mit einer Cavalleries Batterie zu unferer Aufſuchung entfendet. Dieſes Detachement war ed, das ben Nachtrab Kmetty's angriff und nach erbittertem Kampfe zum Weis hen brachte. Der Zufammenftoß erfolgte ungefähr 2000 Schritte vor unferem Lager. Aber folche Kühnheit durfte der Feind im An- gefichte unferer Armee nicht ungeftraft zur Schau tragen. Kaum erbliden die zunächft lagernden Nikolaus⸗Huſaren das Gefecht, als einige Escadrons, von Kampfluft gefpornt , fich auf die Pferde fchwingen und ihren bedrängten Brüdern zu Hilfe jagen. Es war ein herrlicher Anblick, diefen leichten Reiterſchwarm die Ichwerfälligen Kürafftere im Fluge ereilen, ihre Reihen durchbrechen und fie theils niederfäbeln, theils in alle Winde zerftreuen zu fehen. Der Feind floh fo fchnell, daß er fogar die Rettung feiner Geſchuͤtze vergaß, die von unferen Hufaren erobert und ſammt einer Anzahl Gefangenen im Triumphzug ins Lager geführt wurben. Die nachruͤckenden öfters reichifchen Berftärfungen die Brigaden Wifd und Montes nuovo bie bis Maklar zur Aufnahme ber zerfprengten Kuͤraſ⸗ fiere herbeifamen, marfchirten auf ben Höhen vor dieſem Orte auf, wagten jedoch feinen Verfuch zur Wiebererlangung ihrer verlorenen Geſchuͤtze, und blieben, als fie dad auf der Flucht vermeinte unge tifche Heer in Schlachtordnung fich gegenüber erblidten, ben ganzen Tag unbeweglich in ihrer Aufftellung.

Diefer Heine, aber glänzende Erfolg, im Angefichte und unter dem Zurufe der ganzen Armee erfochten,, fleigerte bie ohnedies nur

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wenig getrübte Begeiſterung der Truppen auf das Hoͤchſte. Es war vor Mezoͤkoͤpesd, wo der impofante Anblick unferes fchönen Hee⸗ red und die Unſchluͤſſigkeit der öfterreihifchen Armee dem Honveb und Huszär zum erſten Male bie Ueberzeugung einflößte, -baß der geſtern noch fiegreiche Seind trop den errungenen Bortheilen , ſchon heute vor. der erprobten Ueberlegenheit unferer Waffen ſcheu zurüds wich. Man muß den eigenthümlichen Charafter des Ungarn kennen, um zu beurtheilen, wie empfänglic; fein Gemuͤth für große Eindruͤcke MR, und wie leicht die Gluth der Begeifterung ihn zur Vollfuͤhrmg erftaunficher Thaten hinreißt. Ich fan mich nicht erinnern, unfere Truppen jemals fampfluftiger, wie an d—iefem Tage, geiehen zu haben ; es galt nur das eine Wort: Elöre! und die Scharte der zwei legten Tage war niht nur ausgewetzt, fordern auch dem Feinde reichlich vergolten.

Als die Deflerreicher vor Maklar einige Kräfte zu entwickeln begannen , rüdie unfere ganze Schladhtlinie unter unaufhörlichen Eljens im die Ebene hinab; aber Dembinsfi, von übergroßer Borſicht Hefangen, Fonnte fi), trog meinem und Goͤrgey's Drän- gen, zu einem offenfiven Ruͤchſchlag auf den hoͤchſt imglinflig aufges ſtellten Feind entichließen und lich von Reuem eine gute Gelegenheit zur Hebung oder Entſcheidung unferer Sache vorübergchen ®).

Segen Abend, als die Defterreicher, froh nicht angegräffen zu werden, aud von ihrer Schte feine Miene machten und zu beunruhi« gen, bezogen die Truppen das frühere Bivonaf.

Unfere zur Verteidigung nicht Fehr geeignete Stellung md zumal der feit dem 26. eingetretene gänzlihe Mangel an Ber

*) Die Stellung tes Feindes hatte die Flüßchen Erlau und ben Ort Naklar im Rücken und feine Sauptmacht war eben in der Borrüfung durch das Kerecfender Deflld begriffen.

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pflegung erlaubte uns fein längeres Zerweilen an biefem Orte. Es mußte ein fchneller Entfchluß gefaßt werden. Entweder war der Feind am nächften Tage anzugreifen, ober der Rüdzug über Miss kolez an die obere Theiß, ober über Poroszlö nah Tisza⸗Füred anzutreten. Dembinsfi wählte das lette, von allen unftreitig das Gefährliche. Denn nicht nur, daß biefer Rüdyug und von ber Chaufſée ab, in grunblofe Sümpfe und vor Fuͤred, bei Boroszlo, über die fchlechte Brüde eines Theißarmes , zu einem fchmalen ftuns denlangen Lehmdamme führte, fondern wir boten zugleich durch diefe Bewegung vor der Front eines fchlagfertigen , kaum eine Meile entfernten Feindes biefem bie befte ®elegenheit, während des müh- famen durch beifpielloß fchlechte Wege oft unterbrochenen Marſches, und mit ganzer Macht anzufallen und in die Theißfünpfe zu werfen. Außerdem war der feindliche rechte Ylügel näher zu Poroszl6 ale wir, und bebrohte bereits diefen ‘Bunft und die dortigen Communi⸗ cationen *).

Am 1. März Morgens 7 Uhr erhielt die Armee Befehl zum Abmarfh. Das 1. Korps und die Divifion Szekulits wurben unter meiner Kührung nad) Egerfarmoe, die andern Divifionen nad) Loöpö, Szent⸗Jotvan und Szent⸗Mihaly diöponirt und das Hauptquartier mit einer ſchwachen Colonne nach Ivanka verlegt.

In der Nacht war ein dünner Schnee gefallen , der nun wieber zerging, und die durch das Thauwetter ohnedies beinahe grundlofen Wege, die zu paffiren waren, noch mehr aufweichte. Als wir dem halben Weg hinterlegt hatten, begann ber Nebel, der die Ebene bis⸗ ber bebedtte, ſich zu zertheilen und wir erblidten öftlic von Maklar

*) Bon den grundlofen Wegen in den Riederungen ber Theiß Bat nur ders jenige einen Begriff, der fie im Frühjahr oder im Herbſt felbR befahren hat.

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einige taufend Schritte vor und die lange Linie der dort aufgeftellten öferreichifchen Armee. In foldher Rachbarfchaft, aber zum Glück nicht beunruhigt , führten wir den weiteren Marfch nad) Egerfars mod aus, wo wir um 1 Uhr Mittags anlangten. Den Ort am finfen Ufer der Eger befegte die Divifion Märiäfy, die übrigen Abiheilungen bezogen das Lager am rechten Flußufer an der Pos roozloͤer Etraße.

Treffen bei Egerfarmos am 2. März.

Um 3 Uhr Rachmittags erhielt ich die Meldung von der Ans näberung ded Beindes von Maflär über Szihalom, ber, unfern Abmarſch von Mezökövesd wahrnehmend, zur Beunruhigung unſeres Rüdzuges mit Macht vordrang.

Ich traf fofort zum Empfang deffelben meine Anordnungen. -

Das Flüßchen Eger, das fi unterhalb Maflär in zwei Arme theilt, die fich hinter Egerfarmos wieder vereinigen , bildet mit feinen niedern Ufern und häufig audtretenden Gewäflern jene Sumpfniederung,, die ähnlich einem mehrere hundert Schritte breiten Gürtel, das Dorf und fomit auch meine Stellung einfchloß, und die Entwidelung meiner Kräfte verhinderte. Bei fo unguͤnſtigen Ters rainverhäftniffen befchränfte ich mich auf die Abwehr des feind- lihen Angriffes, da es fi) ohnedies nur um die Dedung unferer Rüdzugslinie und nicht um einen entfcheidenden Kampf handelte. Ich ſtellte mich deshalb blos mit der Diviſion Märiäfy dem Feinde entgegen und ließ den Reſt meines Corps gededt hinter dem Orte aufmarfchiren, um hiedurch zugleich einer Umgehung auf der Po⸗ roszlöer Hauptfiraße über Mezoͤ⸗Tarkany zu begegnen, welcher Drt bereit6 in der Gewalt des Feindes war.

Um 4 Uhr debouchirten die Defterreicher aus Szemere, bes

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ployirten einige hundert Schritte vor biefem Orte, und rückten eine halbe Stunde [päter mit ihren zahlreichen Batterien in einem nad) Tarkany ſich hinziehenden Bogen gegen meine Stellung vor. Egerfamos war mit zwei Bataillons befept; zwei Bataillons und zwei Batterien flanden vor dem Orte und vier Escadrons des 1. Hufaren-Regiments hatten in den breiten Duerftraßen des Dorfes eine gedeckte Stellung genommen.

In dieſer Aufftellung gelang es mir, bis zur Nacht den Ans drang bed Feindes abzuwehren und ben Rüdjug meiner Divifionen und der unzähligen Munitions⸗ und Bagagewagen auf einer fchınas len und gebrechlichen Brüde über die ſtark angeſchwollene Eger in Drbnung und ohne Berluf zu bewirken.

Die Haltung der Truppen war an biefen Tage bewundernd- werth. Schlechtgefleidet, ohne Holz, dem Regen und Froſt fort- während auögefebt, durch einen beſchwerlichen Marfch erfchöpft und feit drei Tagen auch mit Hunger Fänpfend, ertrugen fie alle Be ſchwerden mit frohem Muthe. Beſonders aber zeichneten ſich bie Divifion Maͤriaſy und ein Theil der Diviſion Szekulits aus, die finndenlang ohne Wanken im verheerendften Kugel und Granaten⸗ regen, dem Borbringen des Feindes Echranfen ſetzten. Die andern Divifionen fandten ihre Leute in den Ort, wo fie in Mitten bes feindlichen Feuers fich zu zivanzig und dreißig vor die in ben Moraf eingefunfenen Bagagewagen und Geichüge fpannten, unb fie über ben Fluß bis an die Straße zogen. Um 7 Uhr hatten bie letzten Wagen die Brüde paflirt und das Armeecorpd ſtand binter ber Eger in Echlachtorbnung vereinigt. Unfer Berluft an Todten und Berwunbdeten betrug 120 Mann.

Der Feind wagte feinen Sturm auf ben Ort unb unterbielt nur eine heftige Kanonabe, bie mach acht Uhr langſam aufhärte.

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Nach oͤſterreichiſchen Berichten ftanden uns hier brei Brigaben unter Wröna gegenüber.

Um 10 Uhr Abende trat ich nad) Zerftörung der Brüde über die Eger den Rüdzug auf Porosz16 an, wo id um 1 Uhr nady Mitternacht anfam und vor dem Orte gegen Tärfäny das Bivouak bezog.

In derfelben Nacht concentrirte Dembinski auch die andern Divifionen in PBorosz16 und fo war die Armee am Morgen bed 2. März um diefen Ort vereinigt.

Die Drfterreicher hatten am I. März mit ihrem linfen Slügel Mezöfövespd befegt und waren mit ihrem rechten nady dem Treffen bei Egerfarmos noch während der Nacht hier und in Mezoͤ⸗ Tarkany eingezogen.

Durch den Rüdzug nad) Tisza-Füred und das Aufgeben des rechten Theißufers verloren wir mit einem Male ein Drittheil des Landes, md gewannen, wenn der Feind unternehmend und thätig war, nicht einmal die Wahrfcheinlichkeit eines ficheren Iheißübers ganged. Ein Glüd, daß die Fehler auf unferer Seite reichlich durch die noch größeren ded Feindes aufgewogen wurden.

Am Morgen diefed Tages ging ich um Erhalt der weitern Diepofitionen zu Dembinski; dort fand ih Görgey mit dem Obercommandanten in lebhaften Wortwechfel begriffen. Görgey machte biefem bittere Bormwürfe über feine legten Rüdzugsdispofitios nen, und erklärte ihm, baß die Stimmung der Truppen durch die zweclloſen Strapazen und den Mangel an aller Verpflegung fehr ges reizt wäre ; dann bat er um bie Mittheilung feiner Operationspläne, da dies nach dem Gefchehenen,, fowohl zu unferer als zur Beruhi⸗ gung der Truppen nothwendig fei. Er wolle zwar, fügte er

m

hinzu, alle Befchle vollziehen, halte aber dafür, daß unter fo ſchwie⸗ rigen Berhältnifien, die Corpscommandanten berechtigt wären, beim Entwurf von enticheidenden Operationen wenigftend eine berathende Stimme zu führen. Biönun feien biefelben nicht nur über feine Abfichten im Allgemeinen in gänzlicher Unwiffenheit geblieben , fon» bern hätten fogar die herausgegebenen Detaildispofitionen,, wegen ihrer Unflarheit und vorkommenden Widerfprüchen nicht felten nur theilweife verftanden. Auf folche Weile fönne nie ein vollftändiges organifched Zufammenwirfen der Kräfte erzielt werden. Dems binsfi erklärte, daß er von feinen Plänen Niemand etwas mits theilen werde, und er von den Corpscommandanten nichts als uns bedingten Gehorfam fordere. Hierauf ertheilte er die Dispofitionen zum Rüdzug über die Theiß, der um 9 Uhr angetreten und ausge⸗ führt wurde.

Görgey erhielt den Auftrag, mit den Divifionen Kmetty und Pöltenberg, VBoroszlo zu halten, fand es jedoch beim Hinblid auf feine ungededte Stellung und das Defile im Rüden gerathener, nad) dem Einrüden der Armee in TiszasYüred, eigenmädhtig dahin zu folgen und in Porosz16 bloß einige Eavalleries Abtheis fungen zurüdzulafien. Der Feind erfhien am 2. März mit 14,000 Mann vor dem Orte, zog aber, als er dort eine Beſatzung fand, wieder nah Mezoö⸗Tarkany ab und kam erft drei Tage fpäter mit einer noch anfehnlicheren Macht zurüd, worauf er den Drt befebte, und die Brüden über den dortigen Theißarm zerflörte.

Am 3. bezog das 1. Corps bie Bantonnirungen in Szoͤlloͤs, Igar und Eörs, das 2. und 7. blieben in Füred; letzteres Tagerte mit einer Divifton in dem dortigen Brüdenfopfe.

Am 3. März erhielt ich vom Kriegeminifter folgendes Schreiben:

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Das Kriegsminifterium dem Oberften Klapfa.

Die Wichtigkeit des mit 11,000 Mann Rinientruppen befegten Waffenplatzes Komorn bedarf wohl feiner näheren Beleuchtung ; aber diefe zahlreiche und tüchtige Garnifon , das 8. Armeecorps bils dend, muß nidyt nur von ficheren, fondern auch von Fräftigen Händen mit Umficht und genauer Kenntniß der Sachlage geleitet werben, damit jener Rugen erzielt werde, den biefer Plag gewähren kann. Bald werden die Hochwäfler des Krühjahres von zwei Seiten Ko⸗ morn völlig fichern. Bon der Seite der Palatinals Schanzen müßte der Feind ernftlich angegriffen und vertrieben werden, was bei übers fegener Macht nicht unausführbar if. Wenn man dann aus dem Plage gegen Nagy⸗Igmand und Kisber die nad) Ofen führens ben Straßen beobachtet, fo ift des Yeindes Verbindung zwifchen Dfen und Wien abgefchnitten. Rüdt endlicd das Heer gegen bie Hauptflädte vor, fo würde die Mitwirfung des Komorner Armee corp8 bei den Operationen von Entfcheidung fein.

Da nun leider im Drange ber damaligen Verhaͤlmiſſe dieſem Begenftande nicht die gehörige Aufmerkſamkeit gewidmet werben konnte, fo iA man nothgedrungen, jetzt das Erforderliche einzuleiten, und man bietet im Bertrauen auf Ihre Talente und Ihren Muth in Anerfennung Ihrer bisherigen Reiftungen Ihnen den Oberbefehl aller zu Komorn befindlichen und von dort abhängigen Linientruppen und Nationals garden jeder Waffengattung an. In der Zuverficht, daß Sie völlig das Bertrauen und die Hoffnungen bed Baterlandes erfüllen werden und können, erfucht man Sie um baldigfte Erledigung durch Courier.

Da fo eben zwei Hauptleute der Komorner Bamifon hier ald Gouriere anfamen, fo ergiebt ſich die Möglichkeit dahin zu gelangen, was übrigens mit aller Borficht auszuführen ift.

Mész4ros, Feldmarſchalllieutenant. L 18

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®

Diefer Antrag war nur ein geſchickter Vorwand zu meiner Ent fernung von der Armee, tie Dembinsfi, dem meine Bemerfungen über feine Operationen mißlicbig waren, bei der Regierung zu erwir- fen wußte. Anftatt mir follte der polnische Oberſt Bulharyn das 1. Armeecorps übernehmen. Ob damit dem Vaterlande mehr ges bient geweſen wäre, will ich nicht enticheiden ; jedenfalls glaubte ich unter den damaligen Umftänden meine Stelle befler bei der Armee, als in einer Beftung auszufüllen, was mid) bewog, den chrenden An⸗ ‚trag abzulehnen und um meine Belaffung an der Spige des 1. Corps zu bitten.

An diefem Tage gefhahen in Füred wichtige Ereigniffe.

Die außerordentlich fchlechte Verpflegung ber Zruppen, bie vom 26. bis zu ihrem Eintreffen in Büred im buchſtäblichen Einne des Wortes dem Verhungern preisgegeben waren, da fie während biefer Zeit Brod nur einmal, und Fleiſch gar nicht faßten, die unnüsen aufreibenden Märfche durch die Theißfiimpfe, dad Aufgeben des rech⸗ ten Theißufers und der Rüdzug nah Füred, wobei es nur ber Paflivität des Feinde zu verbanfen war, daß bie Armee der Ber nichtung entging, hatten dad Vertrauen zu Dembinski fo fehr er- fhüttert, daß die Truppen, in Füred angefommen , laut zu mur- ren und ihre Unzufriedenheit mit dem Benehmen des Obercomman- banten immer deutlicher auszufprechen begannen. Als die Zeichen ber Aufregung fortwährend ſich mehrten, beſchloſſen die höheren Offiziere die Abhaltung eines Kriegsrathes unter dem: Vorfipe des Landes⸗ Commifſaͤrs Szemere, wozu ich die Einladung für Rachmittag 4 Uhr von Goͤrgey erhielt. ALS ich in die Berfammlung Fam, wo fi) mit Ausnahme Guyon's alle Corps» und Divifiondcommandan- ten unb bie meiſten Staböoffiziere eingefunden hatten, war bie Be- rathung ſchon im Gange, die nach furzer Erörterung ber einzigen

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Frage, worin fi die Anfichten Aller vereinigten, zum Refultat hatte, daß die Regierung um die Abberufung Dembinski's gebeten, biefer aber angegangen werden follte, bis zur Entſcheidung ber erfleren feine Berfügungen ohne das Mitwiffen der Eorpscommanbanten zu treffen.

Diefer Beſchluß, fo außerorbentlih er auch in gewöhnlichen Armeen fein mag, die höchſtens nur für bie Saunen ihrer Herten fämpfen, war bier, wo an jebem verſumten Momente, an jebem unnüg geopferten Menſchenleben ein Theil des Waterlandes verloren ging, nicht nur begründet, fondern auch unauswelchlich geboten.

Gorgey, Aulich, Repäfy und id, überbrachten Dembinski die Entſcheidung des Kriegsrathes, der darauf erwiderte, daß die Regierung allein uͤber ihn zu verfuͤgen habe, und er Niemand von feinen Oyerationsplanen eine Sylbe mittheilen werde. Dieſer Be⸗ ſcheid, kaum verlautet, ſteigerte die Aufregung im Heere ſo ſehr, daß Szemere zur Vermeidung von ernſteren Folgen fuͤr noͤthig hielt, Dembinski noch an demſelben Abend im Namen der Regierung vom Obercommando zu ſuspendiren und daſſelbe proviſoriſch an Goͤrgey, als den aͤlteſten General bei der Armee, zu Übertragen.

Raum war bie Kunde von dieſen Vorfällen nach Debreczin ges langt, als Koſſuth ſich entichloß, unverweilt zur Armee zu kommen, um die Differenzen auszugleichen und dad Vertrauen zur Regierung neu . jubefefligen. Am 4. März lahgte er in Begleitung des Kriegsminiſters Meszäroe und ber Öenerale Better und Kiſs in Fuͤred an, und einige Stunden fpäter ward in feiner Wohnung ein Kriegerath ab» gehalten , dem außer den obenerwähnten Generalen und Szemere, noch Dembinski und die Armeecorpo⸗Commandanten Goͤrgey, Repaſy, Aulich und id) beimohnten.

Nachmehrfeitigen fehr lebhaften Erflärungen reichte Dembindki

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feine Abdanfung ein und Außerte den Wunſch, nach Paris zurüds zufehren. Die Regierung wußte ihn jedoch zu beſchwichtigen, und übertrug ihın am Ende unfered Kampfes nochmal das Commando einer Hauptarmee.

Nah Schlichtung diefer Angelegenheit kehrten Koſſuth und der Kriegsminifter nach Debreczin zurüd, um im Einverftändniß mit dem Reichstage die Wahl eined Dbercommandanten zu treffen. Börgey, den Koffuth dazu auserkoren hatte, erklärte im Voraus, falle die Wahl auf ihn fiele, diefelbe abzulehnen, und nur bis zum Eintreffen de& neuen Obergenerald proviforiih an der Spige ber Armee zu bleiben.

Am 3., 4. und 5. lagerten das 7. und 2. Corpo in Füred, das 1. Corps aber erhielt den Befehl, zur Unterflügung des 3. Cows in Eilmaͤrſchen an die mittlere Theiß abzurücken, wo ed am 5., an beinfelben Tage eintraf, als es Damjanidy und Vécſey gelungen war, in Szolnof eine der glänzendften Waffenthaten auszuführen. Bevor wir die Erzählung berfelben beginnen, wollen wir einen Blick auf Czibakhaza werfen und die dort im Februar vorgefallenen Er⸗ eignifle erwähnen,

VI.

Czibakhaza. Gefechte daſelbſt im Februar. Treffen bei Szolnok 8. März. Ernennung Vetter's zum Obercommandanten der Armee. Betrachtungen. Goncentrirung der Armee um Ezibafhäza. Aenterung bes Operations planes. Vorruͤckung über Füred.

Nebft Szolnof und Füred ift für bie Ungarn Ezibafhäza der wichtigfte Uebergangspunft an ber mittleren Theiß und in taftis

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(her Hinficht unter allen dreien der günftigfte. “Die Theiß bildet bier mit einer ihrer vielen wunderlichen Kruͤmmungen eine Landzunge, bie an ihrem norbweftlich gelegenen Eingange faum 1200 Schritte breit und im Ganzen 5— 6000 Schritte lang ift. Der Außerften Spitze gegenüber liegt auf dem erhöhten linken Ufer ver Marktfleden Czibakhaza. Eine hölzerne Jochbrüde und ein hoher Straßen» damm dienen zur Verbindung diefes Ortes mit den von Szolnof, Abony und Körds kommenden Straßen. Der Eingang der Land⸗ zunge fann vom linfen Theißufer durch rechts und links placirte Vatterien auf das vortheilhaftefte beftrichen werden. Das Eins dringen wirb daher, befonders wenn der Eingang noch durch tüchtige Schanzen zweckmaͤßig abgefchloflen ift, beinahe unmöglich. Deshalb fann fi auf diefem von der Theiß eingejchlofienen Raume eine Armee im Angefichte des jenfeits ſtehenden Feindes vollftändig entwideln, ohne im Mindeften eine Beläftigung zu befürchten.

Ein Did auf die Karte mußte die Ungarn ebenfo wie die Des Rerreicher von der Wichtigkeit diefes Punktes Überzeugen, und doch IR derfelbe beinahe einen ganzen Monat lang unberüdfichtigt ge⸗ blieben. Erſt mit Ende Januar, zur Zeit als wir bie Brüde bei Szolnok zwecklos verbrannt und dieſen Uebergang dem Feinde preiögegeben hatten , fiel es det ungariichen Regierung ein, Czibak—⸗ haza zu fichern und einige Rationalgarde-Abtheilungen mit mehreren Geſchuͤzen als Belagung dorthin zu detachiren. Jetzt erfannten auch die Defterreicher die Wichtigfeit dieſes Beſitzes und verfuchten in den erften Tagen des Februar ten Ort in ihre Gewalt zu befommen, wurs den aber von dem tapfern und umfichtigen Major Mefterbäzy, der bier befehligte, und feinen braven Rationalgarben mit blutigen Köpfen abgewiefen.

12378 —— Gefecht bei Czibakhaͤza am 21. Yebruar.*®)

Einen fräftigeren Angriff unternahmen die Defterreicher am 21. Februar. Dttinger drang an biefem Tage mit feiner Brigade durch die noch nicht befeftigte Kehle der Landzunge ein, marfchirte einige hundert Schritte von ber Brüde auf, und begann Czibak⸗ häza mit Granaten und Rafeten zu bewerfen. Mefterhäzy ber die Beſatzung auch diesmal commanbirte, hatte Tags vorher von Damjanich, der bereits in derNäheftand, 1 Bataillon und mehrere Geſchütze zur Unterftügung erhalten, und war in feiner gededten und bominirenden Poſition am linken Ufer, nicht nur im Stande, das feindliche Feuer Eräftig zu erwidern, fondern fchritt auch nad) einem blutig abgeriefenen Sturm, den die Oefterreicher auf die Brüde unternahmen, ogleich zum Gegenangrif. Major Leiningen, der den Auftrag erhielt, mit einem Bataillon Schwarzenberg über die Brüde vorzudringen, führte diefen Befehl mit feinem befannten Loͤ⸗ wenmuthe aus und verfolgte einige hundert Schritte den Feind, ward jedoch bald von der Uebermact aufgehalten und nad und nach bis zur Brüde zurüdgedrängt. Nun folgte eine jener

*) Sn diefer Zeit kamen länge der Theiß noch mehrere kleine Borpoftens@efedhte vor, von benen ber Ueberfall auf die fogenannte S3or6i Cſarda das erheblichſte und glänzende it. Oberlieutenant Comper von Würtemberg: Hufaren bat und erhielt die Erlaubniß, mit zwölf Hufaren von feiner Escadron den auf dem rechten Theißufer hinter einem Wäldchen an der Syörsi Cſarda ſtehenden Ca⸗ valleries Offiziere: Boften aufzuheben. Gr ging in der Nacht des 9. Kebruar über bie bereits aufihauende Bisdedle der Theiß und überfiel den aus 1 Offizier und 27 Mann beftehenden Boften mit foldyer Gewandtheit und Kühnheit, daB 17 Mann von bemfelben theils niedergehauen, theils gefangen wurden. Wiewohl die ganze Heine Schaar große Tapferkeit bewies, fo übertraf doch Alle der ſchon durch andere kuͤhne Thaten befannt gewordene Gemeine Kos zta, der die ausgefleflte Vedeite allein überfiel und den Commandanten des Pikets im Zweikampfe erlegte.

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erhebenden Scenen, wie fie während unferes Breiheitöfampfes nicht felten vorkamen.

Leiningen, der aud) jet, wie gewöhnlich, feinen Leuten fühn voraneilte, bemerfte in der Hite bed Kampfes nicht fogleich das Weichen feines Bataillon und fah ſich plöglicy umrungen und ge⸗ fangen genommen. Man führte ihn in eine Scheuer unmelt ber Brüde , wo er bewacht und beſonders von dem dort commanbirens den Offizier mit den roheften Schinähungen überhäuft wurbe.

Mit einem Male bemerft die zurüdweichende Mannfchaft bie Abweſenheit ihres. Majors. Alles ftugt, und die Aufforderung eines Offiziers zur Befreiung des geliebten Kommandanten wird mit don« nerndem Beifall begrüßt. Das Bataillon wendet fi) auf der Brüde um, flürmt in die nachrüdenden Defterreicher,, wirft Alles vor fich nieder, bringt bis zur Scheuer vor, und befreit nicht nur Leiningen aus den Händen bed Feindes, fondern macht aud die ganze Bes fagung der Scheuer und bed anfloßenden Wirthohauſes mit mehrern Offizieren zu ©efangenen. Unter diefen befand ſich auch der Com⸗ mandant der Scheuer, ber Reiningen fo roh behandelt hatte und jeßt gewiß die gerechte Vergeltung für feine Beleidigungen erwartete ; doch groß war fein Erflaunen und feine Beſchaͤmung, als ber ritterliche Zeiningen dem entwaffneten Beinbe freundlich bie Hand bot und ihn als Gaſt in feinem Haufe willfommen hieß.

Die Deflerreicher,, die Fruchtlofigfeit ihres Angriffes erfennend und fortwährend dem verheerenden Feuer unferer Geſchuͤtze ausgeſetzt, zogen ſich endlich nach Hinterlaffung vieler Todten, Verwundeten und Gefangenen na Abony zurüd.

Nach diefem zweiten Berfuche verlor der Feind diefen Ueber gangepunft gänzlih aus den Augen und verwandte feine aus⸗ Ihließliche Aufmerkfamteit auf Szolnof. Hier wurde die Brüde

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auf dem linken Ufer mit einem mächtigen Brüdenfopf verjehen , dies fer mit ſchwerem Gefchüg armirt und mit einer ftarfen Brigade bes fest. Dies geſchah in den legten Tagen des Februars und den erften bes Monat März.

Inzwiſchen waren die Generale Damjanid und Vécſey mit ben Baͤcs⸗Banater Truppen, bie fie in Arad und Szegebin res organifirt und von benen fie einen Theil zur Belagerung von Arad und Dedung von Szegedin und Therefianopel bisponirt hatten, mit der Blüthe diefer Armee, zwei Divifionen, 11,000 Wann flarf, die zufammen das 3. Corps bildeten , in ber zweiten Hälfte des Fe⸗ bruard an die mittlere Theiß vorgedrungen , um von hier, nad) dem Entwurfe Dembinski's, defien Offenfiv «Operationen zu unters

ftüben. |

Die Aufgabe diefer Divifionen beftand, wie befannt, darin, das an der Eifenbahn ftehende feindliche Corps zu fchlagen, dadurch Windifhgräg zur Theilung feiner Kräfte zu vermögen, und je nach Umpftänden entweber gegen Peſt h vorzudringen, oder über Ragy- Käta ihre Verbindung mit der Hauptarmee zu bewirfen. Der erfte Schritt hiezu follte durd) die Einnahme und Zerftörung bed Brüden- kopfes bei Szolnof geſchehen. Damjanich hatte mit feiner Divis fion die Theiß bei Czibakhaza zu Hberfchreiten und cinen Ueberfall gegen den auf diefem Ufer forglofen Beind auszuführen; während Becs fey von Töröf Szent Miklos auf dem linken Ufer gegen ven Brüdenkopf bemonftriren und dadurch die Aufmerkfamteit der Defters reicher auf fich lenken follte.

Treffen bei Szolnok am 5. März.

In derRacht vom 4. auf den 5. März fegten ſich unfere Colon⸗ nen von Ezibafhäza und Töröf Szent Miklos in Bewegung.

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Vecſey marſchirte mit A Bataillons, 5 Escadrons und 16 Geſchü⸗ den bis Puszta Szanda; Damjanich mit 7 Bataillons, 11 Es⸗ cadrons und 20 Gefchügen bis Tis za Varkony, wo Beide Halt machten und den Anbtuch des Tages abwarteten.

Die Stadt Szolhnok liegt am rechten Theißufer an ber Muͤn⸗ dung der Zagyva in dieTheiß. Sieift nördlich dur die fumpfige unpraftifable Zagyva und in ber Front durch bie Theiß gefchügt, welche am linfen Ufer durch bie meilenlangen Sümpfe nur einen ein⸗ digen Zugang hat, der durch einen ſchmalen zu der Brüde führens den Damm gebildet, feine Entwidelung geftattet. Nebſt dem zum Schuhe der hölzernen Jochbrücke auf diefem Ufer erbauten flarfen Brüdenkopf, hatten bie Defterreicher noch auf dem rechten Ufer einige Etrandbatterien errichtet; dagegen ließen fie die Suͤdſeite der Stadt, woher fie feinen Angriff vermutheten, gänzlich unbefeftigt. Zum Schuhe der Eifenbahn waren längs derfelben bis Peſt h, bedeutende Truppenmaffen , befonders an Eavallerie, echellonitt; in Szolnof ſelbſt cantonnirte unter Karger eine Brigade von 6 Bataillon, 8 Escadrond und 18 Geſchuͤhen.

Um 81/, Uhr Morgens rüdte Becfey zum Scheinangriff vor und eröffnete gegen ben Brüdenfopf eine lebhafte Kanonade. Diefe Demonftration, obgleich zu fpät begonnen, erreichte body ihren Zweck volfominen. Der Feind fchenkte feine Aufmerffainfeit blos der Ver⸗ theidigung des Brüdenkopfes, und ließ die Straße nah Ezibats haza fo fehr außer Acht, daß die Annäherung der Colonnen von Damjanic in Szolnof erft in dem Augenblick befannt wurde, als fie fich auf halbem Wege zwifchen Toszeg und Szolnof in voller Schlachtordnung zeigten.

Run beeilten ſich die Defterreicher bie Süd» und Wefttheile ber

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Stadt und bie vorliegenden Sandgruben zu befehen und raſch eine Locomotive um Verftärfung nad) Abony zu enden.

Gegen 9 Uhr fie die Vorhut von Damjanich, einige Com⸗ pagnien Jäger und Pioniere und eine Escadron polnische Lanziers, auf die feindlichen Vorpoſten. Eine Attaque ber öfterreichifchen Dras goner gegen bie Lanziers, von biefen unter ihrem braven Führer Poninski zurüdgemwielen, war die Einleitung zu dem Kampfe.

In zwei Treffen, mit dem rechten Flügel, 2 Bataillon, an bie Theiß gelehnt, im Eentrum die aus dem Serbenfriege befannten Heldenbataillone 3. und 9. und die Polenlegion unter dem mutbigen Viſocki; auf dem finfen Flügel die Cavallerie und der Ref der Res ferve nachrüdend, griff Damjanich die Stellung ber Oeſter⸗ reicher an. Nach kurzer Kanonade wurden die Bataillons des erften Treffens zum Sturme geordnet. Die Bataillone 3,9, 65 und Schwarzenberg ımter ihren tapfern Bührern Bobich, Kis Pal, Kökenyeffy und Leiningen, unterflügt durch das euer zweier Batterien, erftürmten im heftigften Kartätfchenregen bie feind- liche Linie und die hartnädig vertheidigten Ausgänge der Stadt. Nach einem mörberifchen Straßenfampfe weichen : die Oeſter⸗ reicher auch aus der Stadt und fliehen in Unorbnung der Zagyva zu. Durd unfern plöglihen Angriff in Berwirrung gebracht, hatten fie nicht mehr Zeit, ihre Bagage und Munition in Sicher⸗ beit zu bringen, und ließen ben größeren Theil derfelben in Szol⸗ nof zurüd, wo das Gebränge der Bliehenden nun um fo fürdy terlicher wurde; ba nicht allein vom Süden geflürmt wurde, fondern von einer andern Seite auch eine Abtheilung des 65. Batalllond eindrang, und bie Cavallerie bereitd den Weg nad Abony verlegte. |

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Mittlerweile hatten die Batterien $reudenreich und Philips povozky, gefolgt von ben Huſaren, im forhvährenden Avanciren außerhalb von SzolnoE den Feind immer mehr gegen bie Zagyra gedrängt. Oberſt Nagy Sändor erhielt nun den Auftrag, mit zwei Eecadrons des 2. und 3. Hufaren «Regiments und ben polnis hen Lanziers fi) auf die in Maſſen zurüdweichenden Feinde zu werfen. Tie Attaque der Hufaren gelang vollfoınmen. Unterftügt durch die Rothkaͤppler⸗Batterie, die mit unvergleichlicher Kühnheit in Gar: riere ſtets bis auf die Fürzefle Diſtanz vorrücte und mit Kartätfchen Tod und Berderben in die feindlichen Reihen fchmetterte , ftürzten ſich bie Hufaren und Lanziers mit ſolchem Ungeftüme auf die Arrieregarbe des Feindes, A Escabrons Kaifer- Dragoner, daß diefe nicht nur mit dem Berlufte von vielen Todten und Verwundeten geworfen wurden, fondern auch ſechs Geſchütze, worunter eine halbe Cavallerie⸗Bat⸗ terie, im Stiche laflen mußten. ine zweite Attaque hatte einen nicht minder glänzenden Erfolg, in ganzes Bataillon Kroaten wurde zerfprengt und in die Zagy va geworfen, wo mehrere Hundert ihren Tod fanden; eine größere Zahl wurde zu Gefangenen gemadit. Der Reſt diefer Brigade entzog ſich der weitern Verfolgung durch bie eiligfte Flucht auf Rokas und über die Zagyva.

Während Damjanich Szolnok erſtuͤrmte, überfchritt auch Bécſey die Theißbruͤcke, bie der Feind in der Eile feines Ruͤckzuges abzubrechen unterlaffen hatte. Seine @avallerie, das 3. Hufarens Regiment ımter dein Oberfien Kaſzonyi, fprengte durch die Stadt und ſtellte fich außerhalb derielben à cheval der Straße gegen Abony auf. Bald näherte fich. von dieſem Orte, wie man vermuthet hatte, bie Gavallerie» Brigade Dttinger zur Unterftügung im fcharfen Irabe, kam aber zu fpät, um das Schickſal des Tages zu ändern. Es entfpann fich zwiſchen biefer Brigade und einigen Abtheis

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fungen von Vécſey und Damjanich ein Geſchuͤtzkampf, der mit dem Rüdzuge Ottinger's nad) Abony endigte.

Eilf Kanonen, 10 Munitiondfarren, ſämmtliche Bagage und Kaffen wurden dem Feinde abgenommen. Sein Berluft belief ſich auf 1000 Todte und Verwundete, nebft 800 Gefangenen. Wir verloren 300 Mann.

Dad Refultat dieſes Treffens war in jeder Hinſicht ein glän- zendes zu nennen; denn bie Kunde davon wirfte elektriſch auf bie Gemüther in der Armee und im Volke; und wäre es zur Zeit geliefert worden, als die Hauptarmee noch auf dem rechten Theißufer und auf der Höhe von Erlau ſtand, die Folgen des Sieges hätten noch viel nachhältiger werben müffen.

Ueber Nacht bivouafirte das 3. Corps vor Szolnof und dad I. bei Puszta Szanda, wohin daſſelbe zur Unterftügung des erfteren von Töröf Szent Miklos herbeigefommen war.

Den naͤchſten Tag ſchickte Damjanidy ale in den Kaſſen vor gefundenen PBrivatgelder und Documente durch einen PBarlamentär an die Defterreicher nah Abony und ließ die gefallenen Feinde zus gleich mit unferen Tobten feierlich beerdigen. So vergalten die Un» garn den Verrath und bie Beleidigungen ihrer Feinde zu jeder Zeit mit Ritterlichfeit und Großmuth. Hierin befteht der große Unterfchieb zwifchen den Preiheitäftreitern eine® angegriffenen Volkes und ben Soͤldnern feiner Unterdrüder !

Nach dem Szolnofer Treffen wurbe dad 3. Corps unter Damjanich geftelt und Becfey von ber Regierung nach Debres czin berufen.

Die durch den Rüdtritt Dembinski's nöthig gewordene Wahl eined Obercommandanten, welche Koffuth im Einverfländ- niß mit dem Reichstage bewirken follte, raubte und eine foftbare Zeit

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und erzeugte in den Operationen eine ſehr fühlbare Stoͤrung, die da⸗ durch noch vermehrt wurde, daß Börgey von feiner Gewalt als proviforifcher Oberbefehlohaber blos den einen Gebrauch machte, bie an ber Theiß fo mühfam concentrirten Kräfte von Neuem zu theilen.

Zwei Tage lang ließ man und vor Szolnof ohne Dispofitior nen und über die Vorfälle beigüred, wo®örgey mit bem 7. und 2. Corps verweilte, in gänzlicher Ungewißheit. Entlidy erhielten wir am 7. die folgende Zuſchrift:

Tieza⸗Füred am 6. März 1849.

„Heute Nachmittag forcirte der Feind mit einer Cavallerie⸗ und einer InfunteriesBrigade und 3 Batterien Poroſ zlo, ohne übrigens ttog der verfuchten Verfolgung auch nur den geringften Schaben zus zufügen. Es fanden in Poroszlo, chen als der Feind angriff, 3 Gcadrons Württemberg» Hufaren; 1 auf Vorpoften und 2 unter Major Mändy, beftimmt nah Kömlö abzurüden. Natürlich konnte aus der Expedition nach Kömlö nichtd werden.

„Die Abſicht des Feindes fcheint mir Har: er will uns offenbar das Debouchiren vermehren, was er leicht thun kann, da er nur bie Dammbrüde abzuwerfen braucht.

„Ein neuer Beweis für bie Zwedmäßigfeit der Wahl Dems binski’s!? Die Theiß fängt an audzutreten. Nördlich bes Dammes ift der größte Theil unter Wafler.

„Es bleibt mir alfo zu einer Forcirung nur der V alter Weg. Ich laſſe diefen heute Nacht tecognosciren und möchte ihn morgen benügen. Gelingt die Forcirung, fo bringe ich unaufgehalten vor und fuche des Feindes ſtärtſte Macht auf, um fie von Euch abzus Imfen. Doch gebente ich nie zu vergefien , daß Borficht die Mutter der Weisheit iſt, was ich übrigens auch Euch dort unten an's Herz legen möchte. * Börgey.

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Die Defterreicher hatten wirklich noch in der Nacht auf den 7. die Brüden bei Poroszlo abgebrannt. Goͤrgey hatte mit zwei Corps, ungefähr 24,000 Mann, die er in Füͤred befehligte, diefe Unternehmung des Feindes nicht zu verhindern gefucht; da⸗ durch ſetzte ſich letzterer in die günftige Rage, mit Zurüdlaflung eines Beobachtungs⸗Detachements in Porosjlo, feine ganze Macht un- geftört an der Eifenbahn concentriren zu können, was er auch nady der Niederlage der Brigade Karger bei Szolnof ungefäumt ausführte,

Das Debouchiren bei Valk war nicht minder durch die aus⸗ getretene Theiß unpraftilabel geworben.

Unfere ifolirte Stellung bei Szolnof mit der Theiß und einer gebrechlichen Rothbrüde im Rüden, war unter biefen Umſtänden | gegenüber ber bei &zegled ſich concentrirenden feindlichen Haupt⸗ armee nicht haltbar; es wurde daher, als Goͤrgey in Füͤred fefls gebannt blieb, befchloffen, nach Zerftörung des Brüdenfopfes umd aller Schanzen, in der Nacht vom 8. auf den 9. über die Theiß zu- riidzugehen und tie Berfügungen des neuen Obercommandanten, defien Abdfichten noch gänzlich unbekannt waren, ab;umwarten. Czibakhaza wurde ftarf beſetzt, und die Verſchanzungen daſelbſt vollendet. Das Hauptquartier beider Armeecorpe kam nad) Tsrök Szent Miklss; die Truppen wurden bierher und im die umliegenden Ortfchaften verlegt. So hatte denn der Sieg vom 5. März keinen weiteren Erfolg, als dem Feinde feinen gefidyerten Uebergang entriffen zu baden ; während bei rafcher Benutzung dieſes Sieged und Eoncentrirung der Armee zwiſchen Czibakhaz à und Szolnok der Wiederbeginn der Dffenfive von bier fchon am 9. unter den günftigften Aufpicien möglich gewefen wäre. Mit der Erw nennung bed neuen Obercommandanten waren wieder zehn koſtbare Tage verloren gegangen !

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Ueber diefe Wahl erhielt ih am 10. März folgende Mitthels fung von Koſſuth:

Geehrter Herr Oberſt!

Ich hegte ſchon lange den Gedanken, daß nach der Vereinigung mit dem Corps Goͤrgey's alle an der Theiß vereinzelt ſtehenden Ab⸗ theilungen ihre Operationen in concentriſcher Richtung und zu dem⸗ ſelben Zwecke hätten beginnen muͤſſen, und ich bedauere ſehr, daß Generallientenant Dembinsfi dem General Damjanich bie Dispofitionen zum Angriff auf Szolnof zu fpät und nicht im Ein⸗ fang mit der Hauptoperation ertheilt hatte. Diefer Ort ift in dem Momente erftürmt worden, ald die Oberarmee, anflatt vorzurüden, fich bereitö über die Theiß zurücdgezogen hatte,

Ich habe die Ueberzeugung gewonnen, daß die Einheit in den Operationen jetzt unumgaͤnglich nöthig geworden iſt, da General Damjanich durd die Einnahme von Szolnof eine jo günftige Gelegenheit zur Borrüdung geboten hatte, deren läffige Benupung einen ſolchen Nachtheil brächte, der jpäter faum durch einen ein⸗ jährigen Feldzug gut zu machen wäre. Ic befürchte auch, daß, wenn nicht beide Armeen, die obere und untere, im Einklang ope⸗ tiren, der Feind leicht feine ganze Macht auf das eine oder dab andere Corps werfen, und uns von der neuen Operationdbafis gänzlich verdrängen koͤnnte, wodurch wir wieder auf die Theiß⸗ linie beichränft blieben, wo aber die Berpflegung von beiläufig 75,000 Wann, Szegedin, dad Arader Lager und die Referoe bei Debreczin mitgerechnet, ganz unmoͤglich fein würde.

Die bereitö begonnene Intervention der Ruſſen in Sieben⸗ bürgen bat das fehnelle und energifche Vorrüden noch nötbiger ges macht. Auch der Congreß in Brüffel läßt uns befürchten, daß,

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wenn wir nicht durch eine ſchleunige Zurüderoberung der Hauptftabt und eine impofante Stellung verfhaffen, die italienische Angelegen- heit fehr leicht zu unferm Nachtheil gefchlichtet werden fönnte.

So viel wichtige Motive haben den Reichötag veranlaßt, nach Abdanfung Dembinsfi’s, der, wie ich fpäter gefehen habe, bei der Anwendung der concentrirten Streitfräfte aus Unfenntniß ber Umftände unausweichlich bedeutende Fehler begehen mußte, mir als dem Präfidenten der Regierung aufzutragen, auf die Dauer ber Einheit in den Operationen einen Obercommandanten über alle un» garijche Truppen zu-ernennen.

Nachdem Dembinsfi unmöglicdy geworden und Bem's Gegenwart in Siebenbürgen unentbehrlich ift, fonnte idy nur unter drei Männern, Better, Oörgey-und Damjanich, die Wahl treffen. Goͤrgey fennt weder die Berfönlichfeiten bei den Untertheiß⸗ (Bacs⸗Banater) Truppen, noch die Vorzüge oder die Schwächen berfelben, viel weniger noch find ihn die Zuftände in Arad, Sze⸗ gedin, Therefianopel und Peterwardein, fowie bie Phafen im Volksleben, die in der untern Gegend die Hauptmomente der Operationen bilden, befannt. In gleicher Rage befindet ſich General Damjanic binfihtlidy der obern Armee, der oberungarifchen, bauptfädhlicy aber der Komorner Angelegenheiten. Der Berfudh, mit biefen verfchiedenen Verhäftniffen fich befannt zu machen, würbe fehr viel Zeit Foften, die wir jegt nicht genug ſchätzen fünnen. Dem General Better jedoch find alle dieſe Zuftände in Kolge feiner Stels lung genau befannt, überbies ift er der Altefte unter den in Activität fich befindlichen Generalen.

Ich babe daher die Einleitung getroffen, daß die Truppen an der Theiß zwei Arıneen bilden follen, wovon die erftere unter Goͤrgey aus dem 2. und 7. Armeecorps, lebtere aber unter Damjanich

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aus Ihrem und dem Bacs⸗Banater Corps zu befichen haben. Zum Obercommandanten fämmtlicher Truppen it General Better ernannt und zugleich zum Feldmarſchalllieutenant befördert worden. Außerdem iſt es ber Wunfch des Reichstages, daß ich mich foviel als möglich bei der Armee aufhalte, um perfönlicy darüber zu wachen, daß nicht durch neuen Zwieſpalt nochmals dasjenige gefährdet werde, was die Truppen durch ihre Tapferkeit dem Vaterlande errungen haben. Als ich dies zu thun verſprach, ſtellte der Reichstag die Frage an mich, ob ich dafür bürgen koͤnne, daß General Better ber Regierung überall den jchuldigen Gchorfam leiften werde? Worauf ih blos erwiderte: ich werde ſtets darüber wachen, daß ber Ober: sommandant nur Zweckmaͤßiges und Gutes anordne, daß ich bes ſonders in die unerfchütterliche Baterlandsliebe der Generale Goͤrgey ud Damjanich und in Ihren patriotifchen Sinn, Herr Oberft, bad größte Vertrauen fee, daß diefe Männer, über jede Selbftfucht erhaben, durch bie Selienfeftigfeit ihres Charakters fich bei ben Truppen ſtets einen Gehorfam verfchaffen werden, und endlich habe ih erflärt, daß Ungarn, fo lange ich Iche, nie das traurige Loos der Entzweiung, wie Polen, treffen folle, und wenn beider Arınee, werimmer, aus Anhänglidfeit jueinem ober dem andern beliebten Führer, mit Ge— fährdung der Eriftenz der Nation, Uneinigfeit zu Riften verſuchen wollte, entweder der Unrubeftifter Rerben, oderichnie lebend zurückkehren würde: wor— auf mir der Reichsſstag die, fonft nur demſelben zus Rchende Bollgewalt über die Heere ertheilte.

Ich bitte Sie nun im Namen Gottes und des Baterlanbes, mir zur Rettung der Nation helfende Hand zu bieten. Suchen Sie durch Ihren Einfluß den Truppen jenen Patriotismus und jene

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Begeifterung beizubringen, die ich an Ihnen fo achtungéwerth ges funden habe. Es mögen Alle von der Ueberzeugung erfüllt werden, daß der Gehorſam gegen die Verfügungen ber Regierung, und die bereitwillige Mitwirkung Aller, die Lebensbedingungen zur Rettung bed Baterlandeg feien.

Ich weiß ed, daß Damjanich dem Feldmarfchalllieutenant Vetter nicht perfönlich befreundet iſt, aber id) weiß auch, daß er vor Allem Patriot und Soldat ift, und deshalb erwarte ich von ihm, daß er mit Befeitigung aller Perfönlichfeiten, in der Ausübung der Disciplin, ohne die fein Erfolg möglich ift, ftetd voranleuchten wird.

In diefem Sinne fchrieb ich dem General Damjanich.

Meine vertraulichen Aufflärungen wollen Sie ald Zeichen meiner Hochachtung gegen Sie betrachten.

Ein glückliches Ohngefähr hat den General Görgey eben jeßt nad) Debreczin geführt, wo idy Gelegenheit hatte, mich mit ihm perfönlicy zu befprechen ; ich fand ihn, wie ich mir ihn immer dadhte, als einen reinen begeifterten Patrioten.

Die beigefchloffene Proclamation babe ich als Präfident der Regierung an die Armee gerichtet, wovon ich mehrere Eremplare auch an den Regierungscommiffär Vukovies mit dem Auftrage überfandte, beim General Damjanich auszuwirken, daß dieſelbe den Truppen mittelft eines Tagöbefchled befannt gegeben werde.

In einigen Tagen komme idy zur Armee und ich werde mich fchr freuen, Ihre männlicye Rechte mit Herzlichkeit druͤcken zu Fönnen. Gott fegne Eie!

Debreczin, am 9. März 1849.

Der Bräfident des Landeövertheidigungs » Ausfchuffes: Ludwig Koffuth.

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Die Ernennung Better’s ftellte den größten Theil der Com⸗ mandanten und höheren Offiziere, mit Ausnahme von Damjanich, zufrieden. Doc audy bei Letzterm brachte der Brief Koſſuth's bie envünfchte Wirkung hervor, und Damjan ich war zu fehr Pas triot und Soldat, um ſich den Anordnungen der Regierung nicht bes reitwwillig zu fügen.

Wie Görgey über die Ernennung V etter's dachte, beweiſt der nachſtehende an mich gerichtete Brief.

Egyek, am 10. März 1849.

„Better ift Feldmarfchalllieutenant und DObercominandant aller ungarijchen Truppen!“

„Der Himmel mache feine Bruft frei von Fleinlichen Rüdfichten und erfülle fie mit echter Vaterlandsliebe.“

„Er wird reuffiren, wenn er Euren Rath, befolgt und den meinen nicht von fich weiſet.“

„Allein giebt er ſich Irrthümern preis, und der Defterreicher wirb ihn täuſchen ·“·

„Euer Plan bat meine volle Zuftimmung ; aber burdy Betr ter's Ernennung find unfere Schritte vorläufig gelähmt, und ein guter Theil an Zeit und Gelegenheit verloren.”

„Ich lebe der feften Ueberzeugung, daß Damjanidy, Aulich, Du und ich, viel, jehr viel würden ausgerichtet haben, auch wenn wir ohne Obercommandanten blieben.”

„Sch wollte heute bei Cſege über die Theiß, aber ber Gott ber Ungarn machte einen Stridy durch die Rechnung, ſchickte Regen, und ich muß demnach über Tokaj! Wieder ein Tag verloren! , „Die Unterabtheilung der Truppen machten fie in Debreczin ſalſch. Damjanich follte nur das 3., ich dagegen das 1., 2. und

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7. Armeecorps haben. Ic) fagte ihnen, das fei nicht gut; Damja⸗ nich müffe mehr, wenigftend ebenfoviel wie ich erhalten, daher folle man ihm auch daß 1., d. i. Dein Armeecorps zutheilen. Ich glaube in Deinem Sinn gehandelt zu haben. Ich behielt das 2. und 7. Diefes commanbire ich fortwährend felbft, jenes Aulich, ein fehr braver, tüchtiger General."

„Aus alle Dem erfichft Du, daß ich nichts hun kann, als meine Operation uͤber Tofaj fortfegen und in Geduld abwarten, was der Obercommandant beftimmen wird.”

Goͤrgey.

Wenn wir aus den beiden eben mitgetheilten Briefen einen Schluß ziehen wollen, ſo finden wir, daß Goͤrgey ſich einen Mo⸗ ment den Anordnungen der Regierung zwar unterwirft, daß er aber gleich darauf unverhohlen ſein Leidweſen über den Verluſt ſeiner und der Selbftftändigfeit der andern Corpsfuͤhrer ausſpricht, ja ſich fo- weit vergißt, die Behauptung aufzuftellen, daß bei einer Arınee das gute Einvernehmen unter den einzelnen Gorpecommandanten zur einheitlichen Zeitung der Operationen vollkommen hinreichend, und fomit der Oberbefehlshaber ganz entbehrlich wäre. Mit diefem, von nun an feinen Augenblid verhüllten und ſtets wachfenden Streben nach felbftftändiger Wirkſamkeit, hält Koſſuth's Nachgiebigkeit gegen ihn gleichen Schritt. Während Koſſuth ſelbſt die Noth⸗ wenbigfeit der Vereinigung fänmtlicher Kräfte an der Theiß aus⸗ fpricht und an diefe Vereinigung bie Eriftenz der Nation Enüpft, fucht er Goͤrgey, wahrfcheinlich für feine Unterordnung unter das Commando eines Dritten, dadurch 'zu befchwichtigen, baß er gegen den von ihn eben aufgeftellten Grundfag, demfelben nebft tem 7. auch dad 2. Corpo zur Führung übergiebt und ihm nebftbei eine

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ſelbſtſtaͤndige Operation in Ausſicht ſtellt. Die Ernennung Vet⸗

ter's glaubt er durch viele Motive entſchuldigen zu muͤſſen, wobei er die Furcht durchſchimmern läßt, man fönnte fid) mit Better nicht gut vertragen. Diefe Aengftlichfeit Koſſuth's fpricht ſich in der Folge in allen feinen öffentlichen Handlungen, zumal in jenen, die auf das Heer Bezug haben, aus. Anſtatt offen und entfchieden gegen die leiſeſte Regung des Ungehorſams und perfönlichen Ehrgeizes aufs jutreien, wird fein Benehmen täglich) ſchwankender, unfchlüffiger, bis er endlich die Richtung feiner Aufgabe verliert. Er fängt an Goͤrgey Conceſſionen zu machen und ihn ald Rivalen zu fürchten, und weicht vor dem mächtigen Nebenbubler immer mehr zurüd, bid fein Muth, der mit der fleigenden Gefahr ftetö zunehmen mußte, bei dein unvors bergefehenen Sturme in Arad am 11. Auguft gänzlich zuſammen⸗ bricht, und er in einem Momente verhängnißvoller Schwäche bie Dietatur an feinen ausgeſprochenſten Feind überträgt!

Die Theilung der Armee in eine obere und untere, und die Er⸗ öffnung der DOffenfive von Tokaj und Czibafhäza mit beinahe gleichen Kräften, während man im Stande war, bier oder dort mit vereinigter Macht bervorzubrechen,, braucht nicht erft beurtheilt zu werten. Zum Glüd dauerte diefe Operation nicht lange, und man ſah bald die Nothwentigfeit ein, die- Bewegung der Armee wieder auf eine natürliche Grundlage zurüdzuführen.

Vetter langte am 15. März zur Uebernahme des Obercom⸗ mandos in Török⸗Szent-Miklés an. Er hatte ſchon vor feiner Ankunft beſchloſſen, der Aufftellung der Armee an der Theiß, fo wie dies die legten Erläffe der Regierung ausfpradyen, ein Ende zu machen; und ertheilte deshalb an Görgey den Auftrag, nad) Zurüdlaffung von 2 Bataillond und 10 Geſchüthen im Füreder

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Brüdenfopf, den Reit des zweiten Armeecorps ungefäumt zum An⸗ fhluß an das 1. und 3. Corps nad) Török⸗Szent⸗Miklos zu disponiren. Mit diefer Macht gedachte Better bei Czibak— häza zu bebouchiren, während Goͤrgey die Theiß bei Tofaj übers fegen und je eher die Erlauer Straße gewinnen follte.

Die Aufftelung des Feindes von Félegyhaza über Kecske⸗ met, Nagykörös, Czegléd bis Alberti bot hierzu eine Ge⸗ legenheit. Bei ſo großer Ausdehnung und Zerſplitterung der Kräfte, fonnte die feindliche Kinie auf jedem Punkte leicht durchbrochen werden. Die Vorrüfung wurde überdied durch den Drang der Um⸗ ftände gerechtfertigt. Den Feind ruhig in feiner Etellung belaffen, hieß ihm die Zeit’geben, von Belegybäza eine bedeutende Macht zur Unterftügung der vom Süden gegen Szegedin vorrüdenden Serben zu entfenden, was einen Umſchwung des Kriegäglüdes an der untern Theiß, den Berluft von Szegedin und eine große Ent- muthigung im Volke nad) fich gezogen hätte. Zum ficheren Ges lingen bdiefer Unternehmung würbe freilich noch der Anſchluß des größeren Theiles vom Corps Goͤrgey's beigetragen haben. Allen Görgey begehrte, und die Regierung gewährte die ſehr nachtheilige Trennung feined ganzen Corps, und Vetter war eineötheils frob, biefen General, dem er doch nicht ganz traute, entfernt won fich u wiſſen.

Am 18. hatte die Armee nad) Zuruͤcklaſſung eines Beobachtungs⸗ Detachements vor Szolnof, die Theiß bei Czibakhaza über ſchritten, und nach Anſchluß des 2. Corps unter Aulich, am 19. Morgens gegen Koͤroͤs fi) in Bewegung geſetzt. in dichter Nebel und die fchlechten Wege, welche die Bewegung bed Heeres ungemein erſchwerten, vermochten Vetter gegen vier Uhr Rady mittags, ungefähr zwei Meilen vor Körös, halten und das Bi,

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vouak beziehen zu laffen. Die Nacht war kalt und ſtuͤrmiſch, und die Mannfchaft ohne Holz und Stroh hatte bei ihrer mangelhaften Bekleidung viel zu leiden. Der Morgen des 20. brachte ein noch ſchlechteres Wetter; ein heftiges Schneegeftöber verwehrte jede Aus⸗ fit und machte einen ortentlichen Angriff unmöglich. Inzwiſchen brachten ausgefandte Kundfchafter die Nachricht von dem gänzlichen Abzug des Feindes aus Kelegyhäza und Kecskemeét und feiner Goncentrirung in Koͤroͤs und Czegléd, wodurch ed wahricheinlich wurde, Laß derjelbe unfern Plan errathend , feine Abſicht auf Sze⸗ gedin fahren lich. Dies, und der Umftand, dag Görgey über Tokaj bereit Miskolez erreicht und das Debouchiren über Füred, mithin die Wahl einer günftigeren Operationdlinie, und bie Ders einigung ber ganzen Arınee auf der Erlauer Chauflee ermöglicht babe, veranlaßten Damjanidy und Aulich, gegen die weitere Aus⸗ führung des vorgehabten Unternehmens dringende Vorftelungen zu machen und Vetter, der den Angriff beginnen wollte, von feinem Entſchluſſe abzubringen. In der Nacht vom 20. auf den 21. wurde die Arınee zum dritten Male über die Theiß zurüdgezogen, und am 22. die Gantonnirungen,, mit dem 1. und 3. Corps in Töröfs Szent⸗Miklss, mit tem 2. in Mezötur bezogen.

Koffurb fam um diefe Zeit von DebreczPfn zur Armee. Er war untröftlih über dad Mißlingen diefer zweiten Offenſiv⸗ Dperation ber Hauptarmee, wovon er und der Reichetag fich ſoviel verfprochen harten. Erft nachdem man ihm die Urfachen auseins anderfegte und eine andere Borrüdung unter weit günftigeren Um» Händen in nabe Ausſicht ſtellte, gab er fich zufrieden.

Es war auch hoch an der Zeit, etwas Erhebliches zu leiften, wenn dem Bolfe für feine ungeheuren Opfer irgend rin Refultat aufgewiefen werden ſollte. Better begriff dies ſelbſt am beften

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und entwarf nun jenen Operationsplan, deſſen Grundzuͤge mit ges ringen Nenderungen zur Einleitung des Wprilfeldzuges beibehalten wurben.

Die Nachricht von den glänzenden Bortichritten Bem’s im Siebenbürgen , im Lager fundgemadht, übte auf die Stimmung und Kampfluft der Truppen den günftigften Einfluß. Man wollte den Brüdern in Siebenbürgen nicht länger an ruhmvollen Thaten nach⸗ ſtehen, und ald Ziel wünfchte man vor Allen die Wiedereroberung ber Sauptftäbte. Ä |

Diefe Begeifterung rege zu erhalten, blieb die Aufgabe der ein- zelnen Führer, die in Tagsbefehlen und Anſprachen ihrer Pflicht nachzukommen fuchten. Als Beleg hiezu, theile ich einen Tagsbefehl des 1. Corp mit, der fich aus diefen Zagen batirt und hauptfächlich an die Männer der untern Theiß und Donau, die in biefem Corps ſehr zahlreich dienten, gerichtet war. Derfelbe lautete:

„Soldaten! Der Tag der Entfcheibung nabt !“

„Die Leichen unferer erfehlagenen Freunde und Verwandten rufen und zur Rache auf gegen den Feind, der die gefegneten Yluren unfered Vaterlandes mit Beuer und Schwert verwüiſtet.“

„Tauſende unferer Brüder irren, ihrer Habe beraubt, im eigenen Baterlande obdachlos umher, andere Tauſende ſchmachten in tiefen Kerkern, während Unzählige als Märtyrer ihrer heiligen Ueber⸗ zeugung und ihrer Baterlandeliche, den Tod auf den Schladhtfeldern und durch Henkershand fterben muͤſſen.“

‚Soldaten! Zeigt, daß ihr Ungarn, bag ihr Brüder und Freunde feid der vielen Schlachtopfer,, deren Leichen noch zerftreut und unbes erdigt auf dem biutgebüngten Boden unfered, einft fo blühenden Baterlandes umberliegen. Macht euch mit dem Gebanfen am Sieg oder Tod vertraut. Vergeßt nie, daß die Augen ber Welt auf euch

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gerichtet find, daß wir nicht nur für die eigene, ſondem auch fuͤr die Sache der Menſchheit ringen.“

„Schreitet auf der Bahn, ſo wie ihr begonnen, vorwaͤrts und beſtrebt euch den Ruhm des ungariſchen Namens mit neuem Glanze zu umgeben. Das dankbare Vaterland wird eure Verdienſte zu be⸗ lohnen wiſſen.“

„Die Nachwelt wird eure Thaten mit Verehrung preiſen.“

„Gott ſegne das Vaterland und unfere Waffen!“

Kenderes, am 11. März 1840.

Die Vorruͤckung gegen Körös, wenngleich mit Zeitverluft verbunden, zog doch den Erfolg, die gänzliche Täufchung des Seins des Über unfere Abfichten, nad) fi. Um denſelben in diefer Taͤu⸗ hung zu erhalten, ließ Better die Refervebivifion unter Oberfts lieutenant Ludwig Asboth 3 Bataillond, 3 Escadrons und 2 Batterien von Ujväros an die wmitilere Theiß rüden, bei SzolnoFund Czibakhaza, vereint mit ten Rationalgarden, das linfe Theißufer befeben und fortwährende Echeinanftalten zum Webers gang treffen; wodurch unfere Bewegung gegen Füred binlänglich maßfirt wurde.

Am 27. hatte die Armee Küred erreicht und am 28, begann der Uebergang über die Theiß mit dem 2. Corpo, das an dieſem Tage Boro8zlo defekte.

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VII.

Die Oeſterreicher nah der Schlacht bei Käpolna. Ueberfall auf Loſoncj. Vetter's Erkrankung. Koſſuth bei der Arme. Stralegiſcher Aufinarfh der Armee auf der Höhe von Grlau. Goͤrgey Obercom⸗ mandant. Borrüdung ber Armee bis &yöngyös. Angriffeplan. Ordre de Bataille der ungariichen Armee. Aufttellung der Defterreicher. Treffen bei Hatvan 2. Npril. Treffen bei Tapio⸗Biceke A. April. Schlacht bei Iſaszeg 6. Aprıl. Ruückzug der öfterreihifchen Hauptarmee nah Peſth. Betrachtungen. Kofluth in Görölld. Neuer Opera⸗ tionsplan. Weitere Offenfive der Armee. Treffen bei Waigen 9. April. Unabhängigfeitserflärung. Schlacht bei Nagy: Surlö 19. April. Recognosrirungen vor Peſth. Rüdzug der öfterreichiihen Hauptarmee.

Mit dem Uebergange ber ungarlichen Hauptarmee über bie Theis, Ende März und Anfangs April, beginnt die Glanzepoche uns fered Freiheitskrieges. Der alte Heldengeift der Ungarn war in neuer Herrlichkeit erftanden und ftürmte in ununterbrochenem Triumphzuge vorwärts, von der Theiß bis an die Leytha.

Der Feind, noch kurz zuvor über den Mangel an Kämpfen klagend, ſah fich mit einem Male in Nord und Süd, in OR umd ‚Wer angefallen und von der Wucht der ungarifhen Waffen erbrüdt. In weniger ald einem Monat war Ungarn gefäubert, und die Trüms mer der großen öfterreichifchen Heere fuchten hinter den Grenzen ihre® Landes, zum Theil auch unter ruſſiſchem und türfifhem Echuge, auf fremdem Boden, zu Athem zu kommen. Der junge Kaifer von Oeſter⸗ reich aber, die eigene Ohnmacht erfennend, floh nach Warfchau, um dort den Beiftand des ruffifchen Czar's anzuflehen.

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Nach der Schladht bei Kapolna und bem mißglüdten Vers folgungsverfuche bei Mezölövesd Hatte Winpifchgräs für befier befunden, fein Hauptquartier wieder nad) Ofen zu verlegen, feine Offenfive, die ihm fo wenig Fruͤchte verfprach, einzuftellen, und fh bis zum Anlangen größerer Verftärfungen auf die Behauptung der Theißlinie zu befchränfen. Mit der Beſetzung der vierundzwanzig deutfche Meilen langen Linie von Tofaj bis Eyzegl&d glaubte er diefem Zwecke am beften zu entiprechen. Da erfolgte der unenvartete Schlag bei Szolnof, und der Marfchall concentrirte nun, im Ges genfage zu der früheren Dispofition, feine zerfplitterten Kräfte an ber Eifenbahn und gab die ganze obere Theiß frei. ine Diverfion, die er zur Unterflügung und Verbindung mit den Eerben an ber untern Theiß auszuführen beabfichtigt, um von feinem rechten Flügel über Szegedin offenfiv zu agiren, wird durch das Debouchiren der ungarifchen Armee bei Ezibafhäya verhindert; die Eerben werden burh Perczel tüchtig gefchlagen, bie öflerreichifche Hauptarınee bleibt an die Eifenbahn gefeſſelt, und nur ein ſchwaches Corps wird nah Heves zur Beobachtung der Theißftrede von Boro8;16 bie Tokaj detachirt. Am 20. trifft die Nachricht in Perth ein, Görgey fei bei Tofaj über die Theiß gegangen und über Misfolcz gegen Erlau im Bormarfch begriffen. Auf diefe Kunde laßt Windiſch⸗ gräß das 3, Corps mit einem Theile des 2. eiligft die Jagyva⸗ Iinie befegen, disponirt auf die weitere Nachricht, daß Goͤrgey bie Abficht Habe, einen Theil feiner Truppen über Balaſſa⸗Gyarmat um Entfage von Komorn zu entfenden, eine Armeedivifion nad) Waitzen und verlegt den Reft ſeiner Truppen mit dem Artillerie park nady Goödöllö. Aber ſchon in den nächften Tagen berichtet der Ban, durch die vortrefflichen Demonftrationen bes Oberſt⸗ lieutenant Ludwig Asborh getäufcht, daß die Ungarn gefonnen

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wären, bei Szolnof zu bebouchiren, worauf am 24, das 3. Corps, das bereit in Jaszberény ftand, wieder bis Kata und am 25, fogar bie Irſa und Alberti an die Eifenbahn zur Unterftügung bes Ban's zurüdbeorbert wird. Das Gerücht von unferm Ueber: gangsverfuche bei Szolnof erweift fidy bald als falſch, dagegen gelangt bie Kunde von dem Eintreffen der Ungarn in Lofoncz (die Streifcolonne Beniczky's) in das feindliche Lager, was endlich zur Folge hat, daß dad ganze 2. öfterreichifche Eorps feine Aufftellung in Waitzen, dad 3. auf der Misfolezer Straße, zwifchen Goͤ⸗ böllö und Aszod, erhält, und blos das 1. an ber Eifenbahn be- (afien wird. In folchem Zuftande des planlofen Umperirrens und in fortwährender Ungewißheit über unfere Bewegungen fahen wir bie feindliche Hauptarmee, als wir in den legten Tagen des März bei Fuͤred wirflich debouchirten, das 2. ungarifhe Corps Boro8z16 befeßte, und Görgey mit dem 7., ohne auf einen Feind zu Roßen, über Tofaj Mezöfövesd erreicht und feine Verbindung mit der Hauptmacht ungeftört bewirft hatte. Am 29. war die ganze uns garifche Armee am rechten Theißufer auf der Höhe von Erlau vers einigt. Die Eröffnung der neuen Offenfive begann daher unter ziemlich günftigen Aufpicien,

Am 28. war auch Koſſuth zur Armee gefommen, wo er bis zum Treffen bei Waiten verblieb und die Schlachtberichte an ben Reichstag felbjt verfaßte und einfandte. An demfelben Tage war Betterin Tisza⸗Füred fo heftig erkrankt, daß er zur Führung der Armee unfähig wurde und ben Erlaß der Dispofitimen, mit Einwilligung von Koſſuth, einftweilen mir übertragen mußte. Nach dem urfprünglichen Plane Vetter's follte dad Gros dire über Heves und Jasz⸗FApati gegen die Eiſenbahn vorbringen, auf der Erlauer Chauſſée aber blos dad 7. Corpo verbleiben.

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Die grundlofen, gänzlich unpraftifabeln Wege in den Rieberungen der Theiß verhinderten jedoch die Ausführung dieſes Planes, und fo mußte bis auf weiteres ald Haupt» Operationdlinie die Erlauer Etraße gewählt werben. |

Da über Better’s ſchnellen Rüdtritt und Goͤrgey'o Ge⸗ langung zum Obercommando immer noch irrige Meinungen vorzus berrichen fcheinen, fo führe ich bier zur Zerſtreuung jeden Zweifels folgendes Schreiben an, das ich von Füred am Tage der Erkran⸗ hıng Better’d an Goͤrgey gerichtet habe.

Füred, am 28. März 1849.

Generallieutenant Vetter ift plößlich erkrankt. Damit hier durch Feine Störung in den Operationen einirete, bin ich vom Praͤſi⸗ denten beauftragt worden, die einftweilige Zeitung der Generalftab$» gefchäfte bei der Arınce zu übernehmen.

Meine erfte Sorge iſt, die Armee aus den Theißſuͤmpfen auf die Ehauffee zu bringen, wo fle nichts mehr hindern fol, dem auf allen Punkten zurüdweichenden Feinde zu folgen.

Sollte die Krankheit des Obercommandanten von längerer Dauer fein, und did morgen, hoͤchſtens übermorgen, feine Hoff- nung zur Beſſerung fich zeigen, fo trittfi natürlich Du, als der Altefte im Range, interimiftifch an feine Stelle.

Zwei, drei Tage großer Beichwerben werben bie Armee, bei der Ausficht, daß es bald gut und rafch vorwärts gehen wird, nicht entmuthigen.

Siebenbürgen iR gänzlich gefäubert. Am 20. hat Bem Kron⸗ Radt genommen und bie legten Trümmer ber Defterreicher durch ben Tömöfer Pag in die Wallachei geingt.

" Klapka.

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Der Zuſtand Vetter's hatte ſich indeſſen fo verſchlimmert, daß die Ausficht auf feine baldige Geneſung gaͤnzlich verſchwand, wodurch ſich Koſſuth einige Tage fpäter wirflidy veranlaßt fah, das Ober: commanto proviforiich an Goͤrgey zu übertragen. “Diefer gelangte derart ziemlich) unverhofft auf den Gipfel feiner Wünfche. Es fonnte von biefem Momente zwifchen ihm und Koſſuth feinen Grund mehr zur Reibung und Zwietradht geben ; das gegenfeitige Vertrauen und Eins verſtaͤndniß fchien über alle Erwartung vollfommen bergeftellt, was natürlich” auf den Geiſt der Armee den beften Einfluß üben mußte, und bald zeigte fid) davon das Refultat in den Siegen des April.

Am 30. beiebte dad 7. Korps Kapolna, mit der Vorhut in Halmoj; bad 1. Füzes-Abony, Dormänd und Befenys; das 2. Erdötelet und Bod; und das 3. Maflär und Les recſend.

Ueberfall auf Loſoncz, 20. Marz.

Einige Tage früher traf die Nachricht von einem glücklichen Ueberfall des PBarteigängers Beniczky ein, welchen Börgey zur Sicherung feiner rechten Slanfe von Misfolcz über Rima- ſzombat gegen Tofoncz entfendet hatte.

Beniczky, von der Anweienheit eines feindlichen Detaches mentd von 1 Bataillon, 2 Edcadrond und 3 Gefchügen in Lo⸗ ſoncz unterrichtet, beſchloß daſſelbe mit ſeiner kaum 400 Mann ſtar⸗ fen Schaar zu überfallen. Mit dem dortigen Terrain genau bekannt und durch ein ftüirmifched Wetter begünftigt, führte er feine Colonne am 20. von Os gyan auf Nebenwegen fo geichidt vor, daß er am Mittage die Vorpoften des Feindes unverfehend überfiel und wit den Fliehenden gleichzeitig in die Stabt eindrang. Die in ben Duartieren überrafchten Defterteicher, bie Feine Zeit mehr zur Rails

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firung hatten, ſchlugen fich in vereinzelten Abtheilungen in den Etraßen und Häufern, und flohen nach kurzem Kampfe in allen Richtungen aus der Stadt. Mehrere Offiziere und 80 Mann blies ben todt auf dem Platze, 1 StabBoffizier, 11 Offiziere, 200 Mann und eine anfehnliche Beute fielen in unfere Hände. Beniczky z0g fi) Tags darauf wieder in das Rimathal zurüd. Diefer Hand» ſtreich Hatte den Feind fo allarmirt, daß berfelbe ungeläumt ein gau⸗ zes Corps auf die Lofonczer Straße warf.

Gleich nad) der Anfunft Koſſuth's in Erlau wurbe Krieges rath gehalten und beichloffen,, die Borrüdung der Armee nad) den von Better entworfenen Dispofitionen bis Gyöngyös fortzu- ſetzen, wo dann ber bisherige Generalſtab des 7. Corps die Genes talftabsgefchäfte der ganzen Armee definitiv übernehmen follte.

In diefem Sinne begann die Armee am 30. ihren Weitermarfch und befegte mit dem 7. Corps Gyöngyös, mit dem d. Halmoj und Bifonta und mit dem 1. und 2. die Örtfchaften an der Zarna von Käl bei Felſö-⸗Döbrö. Die Avantgarde bes 7. Corps wurde bis Tafs, Seitendetachementd bis Adacs und Pata vorgefchoben.

Am 1. April vereinigte ſich das 3. Corps mit dem 7. in Gyoͤn⸗ 8968. ine Armeedivifion des letztern rüdte zur Recognodeirung bis Hort vor; die Corps 2 und 1 befepten die eine Meile hinter Gyöngyöß liegenden Orte Karäcfond, Ludas, Detf, Ugra, Halmoj, Bifonta und Sär.

Dur bie bisherigen fleinen Märfche follte den Munitionds teferven, Ergänzungen u. ſ. f., welche noch nicht ſaͤmmtlich die Theiß paffirt hatten, die nöthige Zeit zur Erreichung der Armee gegeten werben.

4 ——

Am 1. April wurde ben Truppen bie Ernennung Goörgey's zum ObersBommandanten der Armee befannt gemacht, und von bier fem Tage wurden bie Diöpofitionen aus feinem Hauptquartiere ers lofien. Aulich übernahm am 3. bis zur weitern Verfügung das 7. und Ober Hertelendi das 2. Corps. An demfelben Tage wurde von Goͤrgey, Oberflieutenant Bayer und mir der weitere DOperationdplan entworfen. Wir kamen überein, den Feind, ber mit feiner Hauptmacht an der Balga bei Bag und Aszod Rand, nicht in ber Front anzugreifen, fondern über Jaszberény zu uns gehen. Sin Armeecorps follte Die Defterreicher auf der Erlauer Straße befchäftigen und Hatvan befegen, die drei andern aber die Zagyva bei Jaszber«ny überjchreiten und raſch über Ragykata gegen Iſaszeg und Gödölls vordringen. Died war die Grundidee

ijenes Planes, deſſen theilweife Ausführung die Defterreicher nad)

zwei Treffen und einer entfcheitenden Schlacht zum Aufgeben ihrer ftarfen Bofitionen bei Bag und Hödöllö und zum Rüdzuge nad Peſth nöthigte, und der bei vollftändigen Zuſammenwirken unjerer Kräfte zur umvermeidlichen Vernichtung des Beindes hätte führen muͤſſen.

Werfen wir nun einen Blick auf die beiderſeitigen Kraͤfte, die in den folgenden Kaͤmpfen ſich gegenuͤberſtanden.

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Die ungarifche Hauptarmee: DbersCommandant: Beneral Goͤrgey.

Erſtes Armeecorps. Commandant: Oberſt Klapka. I. Diviſion Oberſt Deſewffy. Brigade Oberſtlieutenant Bobich 28. Honved⸗Bataillon 46. n m AT. n j " 1 Escadron Lehels Hufaren No. 14. | 1 fechspfündige Batterie, 8 Geſchuͤtze. Brigade Major Dipold 6. Honved⸗Bataillon 26. 62. " 1 Escadron Lehel» Hufaren No. 1A. 1 fechöpfündige Batterie, 8 Gefchüge. 1. Divifion Oberſt Mariäfy, fpäter Kazinczy. Brigade Major Zäfo- 34. HonvedsBataillon 19. u 1/, Escadron Hunyady- Hufaren No. 13. 1/, zroölfpfündige Batterie, A Geſchuͤtze. Brigade Major Schulz 17. Honvsd» Bataillon 1. Bataillon Don Miguel

1/, Escadron Hunyady⸗Huſaren Ro. 13. 20

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1/, zwoͤlfpfuͤndige Batterie, A. Geſchuͤhe. ArtilleriesReferve: 1 fechöpfündige Batterie, 8 Gefchüge. EavalleriesBdrigade Oberfi Mefterhäzy A Göcadronen Coburg: Hufaren Ro. 8.

8 " Kaiſer⸗ „1 1 Eavallerie-Batterie, 8 Geſchuͤtze.

Eumme ded 1. Armeecorps: 10 Bat., 15 Escadr., A0 Ge fhüge; 9200 Dann und 1600 Pferde. Zweites Armeecorps: Commandant Beneral Aulid.

I. Divifion Oberftlieutenant Szefulit®. Brigade Oberftlieutenant Mibäly 25. Honved- Bataillon 5. , 1 56. u " j 1/; Escadron Lehel- Hufaren No. 1A.

1 jechöpfündige Batterie, 8 Geſchütze. Brigade Major Graf Buttler. 48. Honved-Bataillon 60.

. 61. HM

1/a Escadron Lehel: Hufaren No. 1A. 1 zwölfpfündige Batterie, 8 Gefüge. 11. Divifion Oberſt Hertelendi.

Brigade Major Eollig

1. Bataillon Don Miguel

52. Bocdfay - Bataillon 2 Comp. Beregher Freiwillige 1 Wiener Region 1 ſechspfuͤndige Batterie, 7 Gefchüge.

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Brigade Oberftlieutenant Mänby

6 Escadrons WürtembergsHufaren No, 6. 1 Cavallerie⸗Batterie, 7 Gefchüge. ArtilleriesReferve: 1 dreipfündige Batterie, 6 Geſchütze. Summe bed 2. Armeecorpd: 81/5 Bat., 7 Escadr., 36 Ges (hüge; 8000 Mann und 1000 Pferde.

Drittes Armeecorpd: Kommandant General. Damjanid. I. Divifion Oberſt Byfodi. Brigade Major Graf Leiningen 3. Honved»Bataillon 42. . v 3. Bataillon Heffen- Homburg - 1 Escadron Ferdinand» Hufaren No. 3. 1 fechöpfündige Batterie, 8 Geſchuͤtze. Brigade Oberſtlieutenant Kiſs⸗Pal 9. Honwed⸗Bataillon Polen⸗Legion 3. Bataillon Waſa 1 Escadron Ferdinand⸗Huſaren No. 3. 1 ſechspfündige Batterie, 8 Geſchuͤtze.

II. Diviſion Oberſt Nagy Sandor. Brigade Oberſt Knezich 60. Honved⸗Bataillon 2 Bataillons Preußen 1 fechspfündige Batterie, 8 Gefchüge Brigade Oberft Kaszonyi A Escadrons Ferdinand» Hufaren No. 3, 8 " Hannovers No.2. 20*

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1 Escadron Bolnifche Lanziere 1 EavalleriesBatterie, 8 Geſchuͤtze. Referve-Artillerie: 1 fechspfündige Batterie, 8 Gefchüge. Summe des 3. Armeecorps: 9 Bat., 15 Escadr., 40 Ge ſchütze; 9200 Mann und 2000 Pferbe. Siebented Armeecorps:*, Kommandant Oberſt Gäspaär.

I. Diviſion Oberſt PBöltenberg: 5 Bat. 8 Esc. 16 Geſchütze 1. Dberfll. Liptay: 5 u 8, 16 u I. " Kmetty: 5,8. 16 Colonne Oberftlieutenant Weiljel: 2 1. 3 u

Summe des 7. Armeecorpe: 17 2 56 . 16,000 Mann, 3000 Pferde. Hiezu die Referve-Divifion A8 both an der Theiß: 2 Bataillons, 3 Escadrons und 12 Geſchütze; 2500 Mann und 500 Pferte; giebt eine Totalfunme von A61% Bataillond, 64 Escadrons, 182

Gefhügen; 44,900 Dann und 810U Pferde.

Die öfterreichifche Hauptarmee war, wie bereitd erwähnt wor: ben, von Ezegled bis Waitzen aufgeftellt, und zwar mit dem 1. Corps in Ezegled und Alberti; mit ben 2. in Waigen und mit dem 3. auf der Peſth-Erlauer Sirage von Göbdöllo über Bag bis Hatvan. Die Reſerve-Armee⸗Diviſion befand fid mit dem Hauptquartier in Buda-Peſth. Die Stärke diefer Macht belief fich auf 52,000 Mann mit 230 Geſchuͤtzen **).

*”) Ueber die Detaileintheilung des 7. Armeecorps aus dieſer Periode, fehlen uns die näheren authentifchen Daten.

») Das 1. und 2. Öfterreichifche Corps mit bein Nefervecorps, hatten bei ihrem @inrüden in Ungarn, December 1848, nach offiziellen Quellen die Stätte von 50,000 Mann; giebt man hiezu das Corps Schlid's und die Brigate von 88H, zufammen mit 12,000 Mann, fo erhält man die Summe von 62,000 Wann. Um ben Gffectivftand ber oͤſterreichiſchen Armee im Anfang des Aprilſeldzuges an⸗

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Treffen bei Datvan, 2. April.

Schon am 1. April fand zwifchen Böltenberg und einer feindlichen Abtheilung, welche die Oyöngyofer Straße gegen Hort recognoßeirte, ein Zufanmmenftoß ftatt, der nach kutzem Ges fechte ınit dem Rüdzuge des Feindes endigte. Am 2. wurde Böls tenberg mit einer Divifion unter Gaspar verſtärkt. Das 1. Eorpd und die Divifion Nagy Sändor vom 3. befegten Arofszälläd, dad 2. Cord Adacd und Vamos Györk, und die Divifion Viſocky vom 3. Cſany. Das Hauptquartier ter Armee verblieb mit der Divifion Kmetty und der Eolonne Weiffelin Gyoͤngyös.

Gegen Mittag bed 2. April drang von Hatvan aberınale eine feindlihe Brigade vom Armeecorpe Schlick's gegen Hort vor. Auf halbem Wege kam ihr die Divifion Böltenberg, welde gegen Hatvan recognosciren follte, entgegen, griff fie an und brachte fie nach lebhaften Gefechte zum Weichen. Schlid führte hierauf fein ganzed Corps in die Linie ; während zur Unterftügung Pölten berg's Gaspar Herbeieilte. In dem größeren Kampfe, der fich jegt entipann, ergriff Sch lic die Dffenfive und begann diefelbe mit einem GavalleriesAngriff gegen vier Escadrons Hufaren, die nad) tapferer Gegenwehr mit ziemlichen Berlufte geworfen wurben.

Der folgende langwierige Geſchützkampf führte längere Zeit zu feiner Entfcheidung, bis es endlich Poͤltenberg gelang, die rechte von der Etraße liegenden Höhen zu gewinnen und den Beind mit Ueberflügelung zu bedrohen. Zu gleicher Zeit gegen 5 Uhr, erſchien

näbernd zu beftiimmen , zog ich von der Hauptiumme 5000 Mann für detachirte Aktheilungen und eine gleiche Zahl für die bisherigen Verlufte ab, wornad ein Reſt von 53,000 Mann verblieb.

310.

durch den Kanonendonner angezogen, die Diviſion Viſocky des 3. Corps von Cſany in ber rechten Flanke des Feindes. Der Kampf nahm fogleich eine andere Wendung. Bifody griff raſch an; feine Öefchüge brachten die öfterreichifchen Batterien zum Schwei⸗ gen, und feine Bataillons rüdten mit dem Bajonette vor. Schlid wich diefem Stoße noch bei Zeiten aus und zog fi) von zwei Seiten hart verfolgt denn aud) GaGpar und Poͤltenberg waren in die Offenftve übergegangen nach Hatvan zurüd. Die Bas taillons von Böltenberg erftürmten nun Hatvan unter Anfüh- tung des eben bei der Arınce anwefenden Benerallieutenants Kifs, ber bei der Kunde des Gefechted von Arofszälläd auf das Schlachtfeld angefprengt fam. Der Drt murbe gefäubert und ber Beind bis an die Zagyva verfolgt, wo die abgebrochene Brüde und die eingetretene Dunfelheit der Verfolgung ein Ziel fegten.

Der Verluſt der Defterreicher betrug 300 Mann ; wir verloren etwa die Hälfte hiervon.

Das unbedachte Vorbringen Schlick's auf der Erlauer Straße, während Zweibrittheife der ungarifchen Armce in feiner Blanfe ftanden, ift wohl nur der gänzlichen Unfenntniß zuzufchreiben, welche im feindlichen Lager Über unfere Abfichten herrſchte. Wäre Börgey, anftatt in Gyöngyös zu verweilen, ſelbſt auf das Schlachtfeld geeilt, um noch bei Zeiten die geeigneten Dispo⸗ fitionen zu treffen, Schlick hätte dem gewiffen Verderben nicht ent- rinnen können. Dan brauchte nur Gaspar etwas zurüdzunehmen und dad 2. und 3. Corps oder wenigftend deren Gavallerie mit ben Eavalleries Batterien rafch auf Hat van vorrüden zu laſſen, und der Feind befand fich in der Kalle.

Der Eieg bei Hatvan, fo gering auch der materielle Verluſt ber Defterreicher auf dem Schlachtfelde war, übte doch einen maͤch⸗

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tigen Einfluß auf ihre folgenden Operationen. Ihr Ruͤckzug bis Bag und Aszood brachte uns in den Beſitz des fehr wichtigen Ab» fehnittes an der Zagyva. Hatvan felbft bot eine vortreffliche Stellung und die Verbindung von hier mit den zur Umgehung über Jaozberény beftimmten Corps, konnte während der ferneren Vor⸗ rüdung über Kendzaru ungeftört unterhalten werben.

Auf die Nachricht von dem Treffen bei Hatvan und dem Rüds zug Schlick's concentrirte Windifchgräg alle disponibeln Kräfte ungefäumt zwifchen Gödöllö, Bag und Aszod, um ſich an der Galga feftzufegen und die von hier nah Peſth und Waitzen führenden Straßen zu fichern. Unter einem befahl er dem Ban, ſich von der Eifenbahn über Täpio Bicoke und Iſaszeg in forcirten Märfchen der Hauptarınee zu nähern.

Am 3, rüdte dad Gros des 7. Corps bis Hort und Efäny vor; Pöltenberg blieb in Hatvan. Die Corps 1, 2 und 3 concentrirten ſich in Jaszberény, wohin aud) das Hauptquartier verlegte wurde. Auch Asboth war nach Herftellung der Brüde bei Szolnofüber die Theiß gegangen und bis Abony vorgerüdt. Am nächſten Tage hatten die Corps 1 und 3 den Marſch nad) Szent Märton Kata und Nagy Käta, und bad 2. nad TapiosSzent-Märton und Fannas fortzufegen. Asborh ſollte bis Eyegied vordringen und von bort gegen Peſth die Eifenbahn unpraftifabel machen.

Treffen bei Tapio Bieske, 4 April.

Das 1. Corps brach um 6 Uhr Morgens von Jaszberény auf und war mit feiner Borhut nahe vor Nagy Köta eingetroffen, als einige Bauern die Nachricht brachten, der Ban babe während der Nacht Tapio Bicoke paſſirt und nur einen Theil feines Traind

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mit einer ſchwachen Bedeckung dafelbft zurüdgelafien. Ich beichloß fogleich, diefe feindliche Abtheilung anzufallen, und beſtimmte bierzu die Brigade Dipold, welche bie Avantgarde bildete. Die Brigade Bobich follte derfelben mit einem Theile der Cavallerie⸗Brigade ald Unterftügung folgen, und der Reſt des Armeecorps auf halben Wege zwifchen Nagy Kata und Bicske ald Referve aufgeftellt bleiben. Zugleich fegte ih Damjanich und den Obercommandanten von meinem Borhaben in Kenntniß.

Die Straße von Nagy Käta nad 3. Bicoke führt anfangs durch Wieſen, weiter zwifchen Dünen und Sandhügeln,, welche mit Geftrüpp und Baumgruppen bebedt, ſich zu beiden Seiten ber Straße erheben und in nordöftlier Richtung längs dem Tapio hinftreihen. Bon- bier fenft fi) die Straße gegen ben erften Sumpfarm des Täpio, überfchreitet denſelben mittelft einer hoͤlzer⸗ nen Brüde, führt dann auf einem langen Damm durch Sumpf und Moorgrund,, bis fie einen mit lichtem Gehoͤlz bewachfenen Sand» hügel hinanſteigt, an beffen jenfeitigem Buße, an dem fogenannten feinen Täpio, dad Dorf Tapio Bicsske liegt.

Segen Mittag hatte Dipold die Hügelreihe unmittelbar vor den Orte erreicht, wo er feine Gefchüge auffahren ließ und die Gos lonne zum Angriff formirte. Im Dorfe ſchien Alles ruhig zu fein; ‚nur auf der Szecföer Straße, einige taufend Schritte rechts, zeigten fich mehrere Bagagewagen, von einer ſchwachen Reiterescorte beglei- tet. Die Angriffscolonnen rüdten ungehindert bis in die Mitte des Drted vor, geriethen aber hier in einen Hinterhalt und wurden mit großem DVerlufte zum Ruͤckzuge genöthiget. Sept erfl war es zu ſehen, daß der Beind nicht, wie man vermuthet hatte, aus einer unbes beutenden Abtheilung, fondern aus dem beften Theile des Jella⸗ ch ich ſchen Corps, aus der 6000 Mann ftarfen Brigade Raftite,

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beftand. Während fh Dipold in dem nahen Gehölz raillirte, fuhte Bo bich den rafch nachbrängenden Feind aufzuhalten, wurbe jedoch nach hitzigem Gefechte ebenfalls geworfen. Die Defters reicher drangen nun von allen Seiten vor, entwidelten ihre ganze Kraft und griffen die beiden erfchütterten Brigaden, bie außerdem in dem Defil6 ihrer Entwidelungsfähigfeit beraubt waren, mit foldyer Heftigfeit an, daß biefelben in Unordnung gebracht, eiligft zurüd» wien und auch den übrigen Theil der rüdwärtigen Infanterie mit fih riffen. Das ganze Corps mußte nun fiber den Täpio zus rüdgezogen werben, um jenfeitö wieder georbnet zu werben. Zur Verhütung noch größerer Berlufte warf ich vier Escadrons Coburg⸗ Hufaren dem Feinde an ber Straße entgegen und ließ den Oberſt⸗ lieutenant Sebö mit Kaifer» Hufaren rechts von derfelben Stel; lung nehmen , wohin bereitd mehrere Eskadrons kroatiſcher Ban⸗ berials Hufaren ihre Richtung nahınen und fich zur Attaque anſchick⸗ tn. Sebö wartete nicht erft den Angriff ab, fondern fiel ſelbſt die Froatiichen Reiter und zwar mit folcher Heftigfeit an, daß fie bald vor der Schärfe ter ungarifchen Säbel in alle Winde zerftoben. Sie wurden eine Strede verfolgt, bis Sebö von ben feindlichen Batterien immer lebhaften befchoffen, gleichfalls fich über die Bruͤcke jurüdziehen mußte ®).

Nach und nach ftieg der Feind von ber Höhe herab, forcirte das

——

*) In tiefen Reitergefechte kam es zwifchen ben Führern zu einem Zweis fampfe, der hier mit einigen Werten erwähnt zu werben verdient. Major Graf Riedefel, Gommandant der kroatiſchen Hufaren , eine große flarfe Geſtalt und inemmirter Fechter in ber öfterreichifchen Armee, ſprengte auf hohem Rofle vor und fuchte ten Commandanten der Ungarn, Oberftlieutenant Sebö, im Schlacht⸗ gewuͤhl auf. Diefer, fobald er die Abficht des Gegners wahrnahm, Fam ihm bes reitwillig entgegen, und es entipann fi ein wüthenter Zweilumpf, ter damit endigte, daß ber Ungar, obwohl aus zwei Wunden blutend, den fchweren öfters teihifchen Reiter endlich den Kopf fpaltete, fo daß biefer todt zu Boden ſtuͤrzte.

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Defite und warf fih mit ganzer Macht auf die Brüde. In diefem Augenblide erfchien das 3. Armeecorps.

Bei der Nachricht von der ungünftigen Wendung des Befechtes, war Damjanich, nah Zurädlaffung der Brigade Knezich in Szent Märton Käta und Nagy Käta, mit drei Brigaben, „ungefähr 5200 Mann, auf das Echlachtfeld geeilt.

Während das 1. Corps vor Ragy Kata und auf den Höhen an der Straße ſich ſammelte, ergriff dad 3. Corps rafch die Offen» five. Gleich nah Damjanich war auch Görgey eingetroffen, der nun die Leitung bed Gefechtes übernahm.

Inzwifchen hatten die Defterreicher die Täp io» Brüde_genoms men und beftrichen deren Zugänge aus ihren Gefthügen mit einem verheerenden Beuerr, Gegen diefen Punkt richtete fich ber erfle Angriff des 3. Corps. Die Batterien Freudenreich und Phis lippovszFy fuhren im Bluge links von der Straße auf, avancirten nad wenigen Schüffen im mörberifchen Geſchützkampfe unaufbalts fam, trieben den Feind von Pofition zu Pofition vor ſich ber und er- leichterten derart die Erftürmung der Brüde, wozu nunmehr ber Befehl ertheilt ward *).

Das 3. Honveds Bataillon unter Major Carl Foͤldvary batte zuerft mit unwiderftehlicher Gewalt fid) Bahn gebrochen und auf dem fenfeitigen Ufer fetten Buß gefaßt. Dieſem folgte unter Oberftlieutenant Kiſs Pal das 9., und bald unter Leiningen und den andern braven Führern der Reſt der Divifion Byfodi. Ein Theil des 1. Corps rüdte als Unterftügung nad), der andere Theil folgte ald Referve.

) Die glänzgente Tapferkeit diefer Batterien beweifen am beſten ihre Ber: lufte, die bei einer derfelben in weniger als einer Stunde 13 Mann und 23 Pferte betrugen.

3ib

Die Oeſterreicher, durch dieſen Stoß erſchüttert, mußten ſich eiligft zurückziehen. Das Deſilé war forcirt und der Tag zu unſern Gunſten enıfchieten. Wohl juchte der Feind auf den Sandhügeln vor 3. Biceske nochmals Stellung zu nehmen; unfere mittlerweile nachgerüdten Batterien jetocd vertrieben feine Befchüge, und bie unaufhörlich vorflürmenden Honvéds warfen feine Bataillond mit bern Bafonette von der Höhe in das Dorf hinab. Aber auch dort fand derſelbe feinen Schuß mehr, denn unfere Eofonnen drangen ihm auf dem Kuße nad, worauf berfelbe bad Dorf in Brand fledte,, um fo eine raſche Nachrüdung unferer Batterien zu verhindern, die nun den Ort umgehen. mußten. Hiedurch gewannen die Deflerreicher Zeit, fi auf die Höhen weſtlich vom Dorfe zurüdzuziehen und bie Etraße nad Tapio Säg zu erreichen; bald jedoch auch hier anges griffen und vertrieben, fetten fie ihren Rüdzug auf Szecfö fort, wo fie fi) dem Corps des Banus anſchloſſen.

Unfer Berluft belief fich auf 800 Mann. Die im Beginn des Gefechtes in Feindes Hände gefallenen Gefchige wurden im Verlaufe des Treffens meift zurüderobert.

Der Sieg bei Tapio Bicske brachte uns in ben Befig famınts licher Berbindungen, die von ber mittleren und untern Theiß gegen die Hauptftäbte führen; unfere Bewegungen wurden tadurch freier und ficherer, und da auch Aoboth an demfelben Tage Ezegled erreichte, fo ftand unferer Vorrüdung gegen bie feindliche Haupt⸗ macht, die auf einen immer engeren Kreis zufammengebrängt wurbe, nichts mehr im Wege. -

In der Radıt vom A. zum 5. lagerte die Divifion Byfodi und die Gavallerie-Brigade Kaſzonyi vom 3., dann das ganze 1. Corps auf den Höhen vor Tapio Bicoke; Knezich blieb

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mit dem Refte des 3. Corps vor Szt. Märton Kita, und das 2. Corps rüdte noch am Abend bed 4. bis Nagy Käta vor.

Schlacht bei Iſaszeg am 6. April.

Am 5. marfchirten die Corps 1 und 3 nach Süly und Szecfö, das 2. nah Totalmäs. Bon hier wurde über Fens zar u die Verbindung mit dem 7. Corps bergeflellt, ba8 an der Zagyva Rand und an diefem Tage zwifhen Hatvan und Bag ein blutiges Reitergefecht beftand. Die oͤſterreichiſche Hauptarmee concentrirte fi) unter der perfönlichen Bührung des Fürften Windifhgräg mit dem 2., 3. und Refervecorps in und um Gödöllö und ber obadhtete bie Straße nah Hatvan; das Armeecorps des Ban bes wegte ſich eilig gegen Ifaszeg. Die Stärfe der Oeſterreicher, bie Divifion in Waitzen ald bisponible Referve mitgerechnet, betrug 50,000 Mann, worunter 8000 Pferde und 240 Gejhüge.

Am 6. bei Tagesanbruch fegten ſich das 1. ungarifche Eorps über Säp und das 3, über Koka und Däny gegen Ifaszeg in Bewegung. Die Brigade Dipold vom 1. Corps wurde in tie linke Flanke nach Péczel detachirt. Das 2. Corps unter Aulich folgte als Referve und hatte feine Marfchrichtung auf Dany. Das 7. Eorps unter Gaspar rüdte von Hatvan auf Aszod und Bag vor. Der folgende Tag war zum combinirten Angriff auf die feindliche Hauptarmee beflimmt. Da bie Directionslinien der vier Corps zwifchen Ifaszeg und Goͤdöllö zufammentrafen, fo mußte ber Feind hier entweder die Schlacht annehmen, oder dem Kampf ausweichend ſich ganz auf Perth zurũckziehen.

Die Gegend um Gödöllö und Ifaszeg iſt ein durch tie ſuͤdlichen Ausläufer des Cſerhat-Gebirges gebildetes Hügelland, mit mannigfachen Ausäfungen. Zwei gleichlaufende, zum Theil

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bewaldete Rüden ziehen ſich von Nordweſt nach Südoſt und bilden ein ziemlich breites Thal, an deſſen Beginne Goͤdoölloͤ und am ſüd⸗ öftlichen Ausgange Iſaszeg liegt. Lebterer Ort ift ber Knoten⸗ punft von fech® Sommunicationen, die von hier nach Goͤdoͤlloͤ, Hatvan, Kéka, Säp, Pegel und Ezinfota führen. Das Thal wird von einem ftellenweife breiten Sumpfbache beiväffert, ber in Jſas zeg mittelft einer hölzernen Brücke überjchritten wird. Das Dorf feloft liegt am Buße des weftlichen Ruͤckens, ber hier einen Bors fprung bildet, und nicht nur den Ort und das Thal, fondern audy einen Theil des öftlichen Hoͤhenzuges beherrſcht. Weber lehteren, der mit bochftämmigen Bäumen bewaldet ift, führen die Straßen von Säp und Däny, auf welchen die Corps 1 und 3 vorrüdten. Das Terrain iſt auf der ganzen Strede fehr burchfchnitten und nur in der Thalfohle für alle drei Waffen praftifabel.

Zellahic war am Morgen mit feinem aus fünf Brigaden beſtehenden Corps in Iſas zeg eingetroffen und hatte mit zwei Brigaden auf den bewaldeten Höhen vor dem Orie, mit dem Gros aber auf dem dominirenden terraffenförmigen Höhenvorfprung hinter Iſaszeg eine flarfe Stellung genommen.

Gegen Mittag deboudhirte dad 1. ungarifche Corps aus den Defileen bei Say ımd entwidelte fih in Schlachtordnung, um das Eintreffen des 3. Corps zu erwarten: denn bereits hatten vorges ſchickie Patrouillen gemeldet, daß dır Feind ten Wald vor Iſaszeg ſtark befegt halte. Bald erfchienen auch die Colonnen von Da ms ianich, worauf zum Angriff gefchritten wurde,

Die Bataillons 19 und 34 rückten mit einer ftarfen Plaͤnkler⸗ fette an der Straße vor; Schulz bewegte fi) mit dem 17. und dem 3. Bataillon Don Miguel gegen den in unferer linfen Blanfe liegenden bewaldeten Rüden, von wo die Straße, auf welcher

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wir vorrüdten, beberrfcht wurde. Die Brigade Bobich folgte mit den Geſchützen und vier Escadrond ald Reſewe. An Dipold erging der Befehl, unfern Angriff von Beczel her gegen bie rechte Flanke des Feindes zu unterflügen. Es war 1 Uhr, als meine vorberften Abtheilungen im Walde auf Kroaten und Jäger ftießen, bie nad einem fühnen Anfall von dort vertrieben und hinab in das Dorf geworfen wurden. Ich gelangte dadurch in den Befig bes vordern Waldfaumes und der Ausgänge gegenüber ber feindlichen Hauptftellung und ließ ungefäumt aus zwei vorgefahrenen Batterien gegen diefelbe dad Feuer eröffnen. Die Stellung des Feindes auf der Höhe hinter Ifadzeg war vortrefflich und durch ven erwähnten, in unferer linken Flanke liegenden Rüden, der von einer ftarfen Bris gabe bejegt war, vor jeder Einſicht geſchützt. Weine Batterien- wurden mit Kugeln und Granaten überfchüttet und würden wahr⸗ feinlich zum Schweigen gebracht worden fein, wenn nicht mittler⸗ weile auch dad 3. Corps auf den Höhen rechts von mir in bie Schlachtlinie gerüft wäre. Damjanich überfah mit rafchem Blide die Ungleichheit der Kräfte und fchicdte ungejäumt die Bri⸗ gade Kifs Pal zu meiner Berftärfung; während er felbft mit einer zweiten Brigade in das Thal zum Sturm auf dad Dorf vorrüdte und zur Enwiderung des feindlichen Yeuerd vier Batterien rechts von Iſas zeg auf einen Fahlen, ziemlid hohen Sandhügel placirte. Gleichzeitig ließ ich dad Dorf in der Front angreifen und den An- griff durch meine Batterien an der Straße unterftügen. Der Yeind erfannte unfere Abficht,, warf den größten Theil feiner Infanterie in den Drt und verftärfte den Rüden in unferer linfen Flanke mit neuen Abtheilungen und Rafetengefchügen, welche nunmehr unfere Stellung enfilirten. Gegen viefen Punkt mupte ich meine ganze Aufmerkſam⸗ feit wenden, dba von defien Befig nicht nur bie Sicherung unfere®

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Iinfen Flügels, fondern auch die Beherrfchung der feinblichen Stel» lung hinter JIſaszeg abhing. Ich Bisponirte dedhalb zur Unter⸗ Rügung von Schulz, der biöher nur wenig Bortichritte machte, neue Eolonnen. Der Kampf war in feiner ganzen Heftigkeit ent brannt. 120 Feuerfchlünde erfchütterten den Boden und ließen ihren Donner dur Thäler und Schluchten bis in die Nähe ber Hauptftädte wiederhallen.

Auf dem Sandhügel hielten die braven Batterien bes 3. Corps gegen das mörberifche Heuer des Feindes unerjhüttert Stand und beihoflen denſelben mit folcher Wirkfamfeit, daß mehrere feiner Munitionskarren in die Luft flogen, und feine Geſchütze eined nad dem andern demontirt aus den Beuer gefchleppt werden mußten. Die Darterie Nemet beſtrich mit Kartätfchen einen rechts gelegenen Waldhügel und vertrieb von dort die feindlichen Raketen: Batterien ; während die Batterien ded 1. Korps gegen bie Eingänge der Stras Ben von Ifaszeg ſpielten und eine weitüberlegene Geichügzabl bes kämpften. Auf tem äußerften linken Flügel wogte unausgefegt das heftigſte Tirailleurgefecht, adwechſelnd mit blutigen Bajonettfämpfen. Trotz der verzweifelten Gegenwehr des Feindes drangen hier tie Hon- - veds Schritt für Echritt vor und erfloinmen endlich den feilen Waldkamm. Nur in Iſas zeg fanden die Defterreicher unbewegs lich und vereitelten mit Hilfe ihres rafirenden Feuers von den rüds wärtigen Höhen, alle unfere Angriffe. Damjanich, hierüber unges duldig, befchloß, mit dem Refte feined Corpo in die Thaljohle hinab⸗ zurüdert, um über den Sumpfbach die Höhen drüben zu forciren und hiedurch die Eroberung des Dorfed möglich zu machen. Er faßte diefen Entſchluß in der Borausfegung , daß die übrigen Kräfte des Feindes durdy das 7. Corps vor Gödölloͤ fehgehalten würden, unterließ daher die Belegung der rechts gegen Goͤdoͤlloͤ gelegenen

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Weinberge und rüdte unaufbaltfam in zwei Treffen, die Gavallerie auf beiden Flügeln, in das Thal hinab. Der Feind empfing Dam- janich mit einem heftigen euer, richtete jedoch nur wenig Schaden an, da feine Schüffe meift zu hoch gingen. Es war nach 3 Uhr, bie Ungarn auf allen Punkten in der Borrüdung begriffen, als man die Annäherung ftarker Colonnen von G5dölld her gewahrte. Einige Augenblide hielt man bdiefelben für dad 7. Corps unter Gaspar; allein bald fehrten die Patrouillen mit der Meldung von dem rafchen Vorbringen des Feindes zurüd, der auch fchon den Wein⸗ berg befegte und von dort mit zwei Batterien unfere bloßgeftellte rechte Slanfe wüthend zu befchießen begann. Die Hauptmacht ber Oeſterreicher, welche bis jept bei dem Klofter Besnyo Gaspar gegenüber beobachtend geftanden , rüdte nun wirklich mit ganzer Kraft, unter perfönlicher Anführung bed Fürſten Windifchgräg, eine Divifion vor Goͤdoölloöͤ zurüdlafiend, auf das Schlachtfeld, zur Unterftügung ded Banıd. Das Armeecorps Schlid’s wurde gegen die Weinberge und bewaldeten Höhen in unſere rechte Flanke dieponirt ; ftarke feindliche Reitercolonnen rüdten länge bem Sumpfbache im Thale vor und dienten zur Verbindung zwifchen den beiden Flügeln. |

Damjanich, der alle feine Batterien gegen Iſasze g ver wendet hatte, konnte dieſem unvermutheten Slanfenangriff nicht ſchnell genug die nöthigen Geſchuͤtze entgegenftellen und war genöthiget, gegen die bewaldeten Höhen zu repliren und bafelbft Stellung zu fafien. Diefe Bewegung wurde, troß bein verheerenden Kreuzfeuer bes Feindes, in dem ganz offenen Terrain mit feltener Ruhe und Ordnung ausgeführt. Auf der Höhe angelangt, beorberte Dam» janich den Oberft Vyſocki mit drei Bataillond feiner Diviſion zur Beſetzung beö rechtö gelegenen Waldes, von wo eine Umgehung

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am Meiſten zu befürchten war, mit dem Befehl fich daſelbſt um jeden Preis zu halten. Gegen bie in der Thalfohle vorrädende Cavallerie aber wurden acht Esſcadronen des 2. Hufarenregimentd unter Oberſt Piketty detachirt. Auch die Artillerie des 3. Corps zog ſich nun lämpfend aus dem Thale auf die rüdwärtigen Höhen zurlid ; fo daß ber linke Flügel nur nody durch die Brigade Kifs unterkügt blieb.

Beim Ericheinen ber Oefterreicher von Goͤdoͤllõ und dem Zurüds weichen des 3. Corps traf der Ban Anftalten in bie Offenfive übers orten. Sehne Cavpallerie flirg in daB Thal hinab und fuchte oberhalb Iſas zeg ben Bad auf riner ſchmalen Brüde zu übers ſchreiten, um mit der feindlichen Reiterdiviſion Montenuovp, bie von Gödoͤllö vorgerüdt Fam, In Berbindung zu treten. Nebſt⸗ dem warfen ſich ftarfe Infanteriemafien auf unſern aͤußerſten linken Glügel, andere Colonnen befegten Iſao zeg und trieben bie bereits singedrungenen HonvedsAbtheilungen gegen die Höhen zurüd. Die Shladt war nunmehr auf der ganzen Rinie entwidelt. Mehr als 30,000 Defterreicher flanden is einer ſtarken Stellung, mit einer doppelten Geſchuͤhtzahl 14000 Ungarn gegenüber; beun Aulich war neh bei Dany und GaGopar blieb bei Goͤdoͤlloͤ in Un, thätigfeit. "

Bei ſolcher Uebermacht des Feindes mußte der Kampf unferer ſeits einen befenfiven Character annehmen. Auf dem linken Fluͤgel beichräntte ich mich auf die Bertheidigung ber Höhen, von wo man bie Ausgänge bed Ortes beherrfchen und bem Beinde das Debouchiren verwehren konnte. Auf dem rechten Ylügel prallten alle Stürme Shlid's gegen deu Wald an dem Heldenmuthe beö 3. Corps ab. Vach A Uhr, als ich eben mit Raillirung einiger Bataillons bes fdöftigt war, vie fi von dem Kamme zurüdguzichen begannen,

kam Börgey auf dem Schlachtſelde an. „Heute mäflen wir um u} 21

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jeden’ Preis ſiegen, denn der Tag ift entfcheidend! * rief er mir zu; und theilte mir dann mit, daß das 2. Corps bereits vorrüde und in furzer Zeit eintreffen werde. Hierauf ritt er auf den rechten Flügel, um dort die Leitung des Gefechted zu übernehmen. Die Entſchei⸗ dung des Tages hing in der That von dem rechtzeitigen Eintreffen Aulichs ab; denn für längere Zeit wäre die Behauptung dee Schlachtfelde® bei aller Bravour unferer Truppen zweifelhaft ges worden.

Die Savallerie ded Ban’s hatte unterbefien vergebens ihre Ber- bindung mit der übrigen Reiterei über den Bach zu bewirfen ger ſucht; daß mörderifche Feuer einer vorgefchobenen ungarifchen Bat: terie im Centrum wußte fie fo erfolgreich daran zu hindern , daß fie unverrichteter Sache wieder umfehren mußte. Bei den Fortſchritten bed feindlichen linfen Fluͤgels rückte fie jedoch nochmal® vor, und biedmal in dad Dorf um aus demfelben zu debouchiren und unfer ſchwaches Centrum anzufallen. In diefen Momente avancirte bie Batterie Freudenreich, die mit zwei Batterien des 1. Corps auf dem Eandhiügel redhtd vor Iſas zeg dad Feuer der gefammten Artillerie des Ban's bis jegt mit unvergleichlicher Ausdauer .und Tapferkeit audgehulten hatte, fuhr in Galopp bis auf vierhundert Schritte vor dem Orte auf, fehmetterte mit Kartätfchenlagen in die bebouchirende feindliche Neiterei und zwang fie, während die andern Gefüge dad Dorf mit Oranaten überfchütteten und in Brand fteeften, zum eiligen Rüdzug aus demfelben. Sch ließ nun raid zwei Bataillond vorrüden, die fi) an den Ausgängen bes Dorfes feftiegten und im heftigen Etraßenfampfe bis an den Bad) vor drangen.

Nah dem mißglüdten Savallerieangriff richtete der Ban feine ganze Anftrengung gegen den bewaldeten Rüden in unferer Linken,

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befien Wichtigkeit dem Feinde zur Entfcheidung ber Schlacht immer mehr einleuchten mußte. Schulz hatte ſich im wüthendften Kampfe daſelbſt feftgefegt und bis jetzt alle Angriffe muthig zurücgewiefen ; endlich aber begann er zu ermatten und vor der Uebermacht zu weis den. Kaum wurde dies von dem 9. Bataillon bemerkt, als es unter Anführung des tapfern Brigadier Kiſs Pal den vordringen« den Defterreichern mit dem Bajonnet in die Slanfe fällt und vereint mit Schulz fie wieder in das Thal hinabwirft.

Ein nicht minder heftiger Kampf war inzwilchen auf unferem rechten Flügel enıbrannt. Oberſt Viſocki vertheibigte den audges dehnten Wald mit einer dichten Plänflerfette, in der fi) nach und nach alle feine drei Bataillond auflöften. Schlick fuchte hier um jeden ‘Preis vorzudringen, und rüdte wiederholt mit dem Bajonnet vor, wurde aber jedes Mal mit bedeutendem Verluſte zuruͤckgeworfen. Eo wurde der Waltfaum, obwohl der Feind ſtets neue Truppen ind Gefecht führte, mehrere Stunden hindurch behauptet. Da jedoch eine andauernde Vertheidigung diefed fo wichtigen Punftes ohne Unterftügungen nicht wehl thunlich war, fo ertheilte Damjanidy der Brigade Leiningen, welche im Centrum dad Vorbringen des Feindes an dem Sumpfhach forhwährend mit Erfolg aufhielt und fo die Verbindung der beiden feindlichen Haupttheile im Thale verhin⸗ derte, ten Beichl, zur Verflärfung des rechten Fluͤgels in ben Wald zu rüden, wo Viſocki immer härter bedrängt wurde. Zur Eicherung ded Centrums wurden vierzehn Escadrons vom 2. und 3. HufarensRegimente an die Sandhügel bisponirt, von wo unfere Gefüge unausgefegt das lebhaftefte Feuer unterhielten. Es war bereitö fünf Uhr Abende.

In diefem entfcheitenden Momente erfchien das 2. Corps auf den Höben hinter unferer Stellung. Aulich war am Morgen von

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Totalmas bis Dany marſchirt, von wo er, als der Kanonendon⸗ ner immer Rärfer wurde, nad) Entiendung eines Detachementd von 1. Bataillon, 1 Escadron und 3 Gefchügen, auf Koka, gegen Iſaszeg aufbrach. Er deboucdhirte nun allmälig aus dem Walde und entwickelte fich zwoifchen "dem 1. und 3. Corp& en ordre de bataille. in freudiger Ruf begrüßte die Anfoınmenden auf der ganzen Linie und neue Kraft durchdrang die Reihen ber Ungarn, denn man erfannte, daß es nur noch die legte Anftrengung galt, um den Sieg zu erfämpfen. In wenigen Augenbliden wurde bie Linie auf den wichtigften Punkten verftärft. Zur Unterftügung des rechten Fluͤgels, wo bie Hilfe am meiften Roth that, fandte Aulich unter Major Mihäly vier Bataillons, die eben zur rechten Zeit ans fanen, um dem ſchwankenden Raınpfe im Walde eine günftige War bung zu geben. Die Bataillons 25, A8, 54 und 56 flürzten vereint mit den Heldenbataillond des 3. Corps, mit ſolcher Gewalt auf den eindringenden Feind, daß derſelbe fchnell zum Stehen und im naͤch⸗ fen Momente zum Weichen gebracht ward, die Defterreicher verloren nun immer mehr Terrain, bis ihr Widerftand mit der einbredgenden Nacht gänzlich aufhörte und fie den Rüdzug nach Gödoͤlloͤ antraten.

Noch glänzender,, als quf ben rechten Fluͤgel, war der Erfolg unferer Waffen auf dem linfen läge. Ad Aulich auf dem Schlachtfelde eintraf, hatte das 1. Corps bereitd die Dffenfive er griffen. Sein Erſcheinen trug daſelbſt nur noch zur größern Ans feuerung ber Truppen bei. Die Brigade Bobich rüdte mit ben Bataillond A6, 47 und 18 an der Straße und Schulz mit den Ba⸗ taillone 9, 17 und 3. Don Miguel links von derſelben über den mit Leichen bedeckten Waldkamm vor. Die untergehende Sonme be: leuchtete die Reihen der Ungarn, tie fie von allen Seisen mit Siegeös zuverficht aus dem Walde hervorbrachen und gegen das brennende

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Iſas zeg vorſtürmten. Nach blutigem Straßenkampfe, unterftügt von unſern braven Batterien, wird das Dorf genommen. Aber der Preis des Sieges, ſollte er vollſtaͤndig werden, war die dominirende Anhöhe hinter dem Orte, die bis jetzt dem Feinde eine fo günftige und fichere Pofition gewährte. Diefen Punkt bezeichnete ich den Untercommandanten ald Bivouaf für die Nacht. Ich ward verftans ten, und im naͤchſten Moment ftürmen die Bataillons beim Scheine . der brennenden Häufer, als fo viele Phalanre den Feind vor ſich ber treibend , die fteilen Abhänge hinan, und tie Uebermacht ber Defterreicher zerftiebt vor dem begeifterten Muthe der Ungarn. Cie fliehen in Unordnung gegen Godoöllö und überlaffen uns das Schlachtfeld. Um acht Uhr Abends hatte dad 1. Corps fein Tages wert vollbracht und in ber eroberten Stellung unter Todten und Verwundeten dad Bivouaf bezogen. Einige Kavallerie Abtheilungen vom 2. Corps an dern Spitze der kühne Rittmeifter Selich von Bürtemberg- Hufaren®), verfolgten den Feind eine Strede und brachten viele Gefangene ein,

Auf dem rechten Flügel währte das Plänfeln im Walde noch big 11 Uhr.

*) Zelich gehörte unftreitig zu den verwegenften Gavallerie s Offizieren unfe: rer Armee. Zur Charakteriſtik ſeiner Bravour möge folgende Thatfache dienen. Im November 1848, als wir noch die Grenze gegen Deflerreich beſetzt bielten, traf dieſer Offizier, während eines Patrouillenganges mit drei Gemeinen, bei Brelienfirchen auf eine Abtheilung Kroaten von beiläufig 15 Mann, die fi beim Anblid der Hufaren in eine tiefe Senfung des Weges flüchteten. Jelich rin allein vor und fprengte, ohne fi) Lange zu befinnen, in die Bafonnette der Kroaten hinab, tie, durch dieſe Kuͤhnheit eingefchüchtert, die Waflen zu ſtrecken begannen. Als fie jedech bemerften, taß fie bios mit einem Weiter zu thun battn, die antern konnten wegen tes fleilen Straßenrandes nicht zur Hilfe ihres Gommandanten kommen, feßten fie fd zur Wehr, fo daß Jelich nur nach ter meifterhaften Hanthabung feines Saͤbels mit acht Stihmwunden fich her: aushauen konnte.

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Der Tag war nad adhıtflündigem ſchweren Ringen für bie ungarifhen Waffen glänzend entfchieden ; aber der Sieg hätte noch bei weiten größere Refultate herbeigeführt, wenn Gäspär, anſtatt unthätig zu verbleiben, mit feinen 16,000 Mann die Etellung ei dem Klofter Beönyo forcirt und die Defterreicher im Rüden ange griffen hätte. Die Folge feiner Mitwirkung wäre bie totale Nieder⸗ lage des Feindes geworden und die Enticheitung ded Feldzuges hätte jest fchon eintreten müflen; denn von der großen öfterreichifchen Hauptarmee würden ſich aus den Waldungen von Godöllö unt Kerepes Faum einige Trümmer nah Peſth gerettet haben. Gaspar fuchte fein Ausbleiben mit dein Mangel an Dispojttionen zu entichuldigen; wie aber fann ein Corpscommandant, der eine Stunde vom Schladhtfelde entfernt fteht, noch auf Befehle zur Bor: rüdung warten, wenn er in dem nahen Kanonendonner bie beutlichfte Mahnung dazu vernimmt? Auch Aulich hatte Feine nähern Dis— pofitionen, verftand aber feine Pflicht und begriff die Wichtigkeit des Momented, ald er, ein zweiter Defair, eben zur rechten Zeit er: dien, um den Ausfchlag zu geben |

Aber trog der Verfäumnifie Gaspär’d und der Brigade Di- pold bei Péczel, die den Angriff eben fo wenig wie jener, unters ftügte, war der Tag bei Ifaszeg einer ber fchönften in der ungaris (chen Geſchichte, derjelbe entfchied den ganzen Feldzug; der Feind verlor gänzlich die Freiheit der Offenfive, befand fich nunmehr in ter Gewalt unferer Hauptarmee, und feine Vertreibung aus dem Lande war mit dem Entfage von Komorn, wohin uns jetzt der Weg offen ftand, außer Zweifel.

Sämmtliche Führer und Truppen erwarben fich an tiefem Tage unfterblichen Ruhm, und jedes Bataillon, jede Escadron, jede Bat: terie konnte fich rühmen,, die Pflicht fürs Vaterland vollfommen cr-

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füßt zu haben. Auf dem Schlachtfelde lagen über tauſend getoͤdtete Feinde; mehr noch büßte derſelbe an Verwundeten und Gefangenen ein. Unſer Verluſt belief ſich auf S— 900 Mann.

Am Morgen ded 7. rüdten die vier Corps concentrifch gegen Gödöllö vor, wo man einen entfcheidenden Widerſtand zu finden glaubte, doch die Defterreicher waren in der Nacht eiligit gegen Peſth aufgebrochen. Der Tag bei Iſaszeg hatte fie fo erſchuͤttert, taß fie unferem concentrifchen Angriffe nicht mehr Stand zu halten wagten. Die Brigade Dipold und einige Cavallerie- Abtheilun- gen vom 7. Corps festen dem Feinde nach, und wechjelten mit feiner Nachhut vor Czinkota noch einige Schüffe. Die furze Kanonade galt den Bewohnern ber Hauprftädte ald Zeichen der nahen Er« löiung. Das 1. Corps bezog an 'diefem Tage die Etellung bei Kerepes, das 2., 3. und 7. lagerten hinter Gödölld. Vom 3. Corps wurde eine Divifion auf der Straße nach Waigen vors geichoben.

Am Mittage des 7. ließ Koſſuth das 3. Korps, die Helden von fo vielen ſiegreichen Kämpfen, bei ihrem Durchmarſche durch Goödölls vor dem Schloſſe defiliren. Der Präfident ftand ums geben von den Fuͤhrern der geftrigen Schlacht, grüßte bie ſonnen— verbrannten Eöhne bes Krieged und ward von ihnen mit jubelndem Zurufe begrüßt.

Die erhebenden Eindrüde, die Koſſuth bei ber Armee empfing, mögen in ihm den Entſchluß zur Reife gebracht haben, dem Unters jochungöverfuche Oeſterreichs und ber durch die oftroyirte Märzvers faffung ausgeſprochenen Vernichtung unferer Ra:ionalität und flaats lichen Eriftenz mit der Unabhängigfeitserflärung ber Nation entgegenzutreten.

Bon Goͤdslloͤ erließ Koſſuth folgendes Bulletin:

„Wir leben in den Tagen des Ruhmes, aus beffen mit ben Blute edler Batrioten erfauften Lorbeeren, die Freiheit des Vater⸗ landes erblühen wird.

„Die Nation möge fi vor feinen Armeen und deren Führern mit tiefer Dankbarkeit beugen !

„Wer diefe Gegend und bie hier von der Natur durch Schluch⸗ ten, Berge und Wälder gebildeten ftarfen Stellungen fennt und fi bazu bie vereinigte öfterreichifche Arınee unter Anführung ihres hoch müthigen Oberfeldhern Windifchgräb vorftellt, der muß, wenn er das unaufhaltjame fiegreiche Vorbringen unferer Armee in brei Tagen von Jaszberény bis hieher erwägt, der muß, wenn er anders ein Ungar ift,, feine Bruft von Stolz gehoben fühlen; denn er bat die fhönften Tage des Nuhmes der eben noch mit Knecht⸗ ſchaft bedrohten Nation erlebt.

„Aber unfere Führer und das tapfere Heer kennen feine Mühe, wünfchen feine Ruhe. So lange der heilige Boden unferes Vater⸗ landes vom Feinde sticht rein ift, gift für fie nur das Loſungswort: Borwärts!

„Das iſt das Hallelujah, womit wir den Auferfichungstag unſeres Heilandes vor dem Altare ber Freiheit felern !

„Eo viel als freudige, vorläufige Nachricht.

„Es ift fpäte Nacht und ich lege ermattet, aber mit forgenfreier Bruft mein Haupt in jenem Schlafgemache zur Nuhe, aus welchem heute Morgens Windifchgräg vor bein gerechten Zorne Gottes entwich, der fi) gegen ihn In dem Siege und der Tapferfeit unſeret Truppen offenbarte. *

Nachmittag wurden bie naͤchſten Operationen beratben. Da ber Beind feine Macht vor Peſth concentrirte und nicht, wie man

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vermuthete, bie Strafe nah Watpen einichlug, fe mußte vor Allem beftimmt werben, ob berfelbe durch eine Entfcheidungsfchladht oder durch ein firategifche® Manöver zur Räumung der Hauptfläbte gezwungen werden follte. Man entfchloß fich zu letzterem. Die Armee follte, nach Juruͤcklaſſung eines Armeecorps vor Peſth, uns verweilt über Waigen ımd Léeva zum Entſatz von Komorn eilen, ich auf die Berbindungslinie des Feindes werfen und ſelbſt Wien bedrohen. Es unterlag feinem Zweifel, daß der Feind, wenn biefe Bewegung gelang, nicht nur zum Berlaflen ber Hauptfläbte, ſon⸗ dern auch zum Rüdzuge aus dem Lande genöthiget wurbe, außer dem erlangten wir den Bortkeil, daß wir feine vwereingelten Corpo in Wailgen, an ber Bran und Waag nit leichter Mühe erdruͤcken konnten. Der Entfap von Komorn war fomit bad nächfte Operationdobject. Zur Einleituitg diefer Operation wurden folgende Dispofitionen getroffen: das 2. Corpé, beflimmt vor Berh zu bleiben, um den Feind durch fortwährende Scheinangriffe zu täufchen, befegt am 8. Jſaozeg und bringt am 9. bis Czin⸗ fota vor, wo es bie bereits bi Monor vorgerädte Divifion Asboth an Ah zieht; das 7. Corps unternimmt an biefem Tage eine Scheinvorsüdung gegen Peſth und bezieht zu dieſem Zwecke das Lager vor Fot und Magyorod. Inzwiſchen wenden ſich die Gerp6 7 und 3 gegen Waitzen, marſchiren am erſten Tage bis Cſomad und Bered-Egyhaza und befehen am Morgen dee 9. Waipen umd bie Straße nach Retfäg. . Aus biefen Diopoſitio⸗ nm IR zu erfehen, daß bie ungarifche Armee, mit dem Gros eine Stanfenkellung nehmend, am 8. noch Immer zum concentrifchen Ans griff gegen Peſth bereit Rand; und erſt, ald die an dieſem Tage vorgenommenen Recognoscirungen uns wirklich überzeugten, baß der Send nicht Miene mache aus feiner Stellung herauszutreten und

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ſich auf die Dedung ber Hauptftädte befchränfe, erfolgte die wirflice Trennung ber Armee und am folgenten Tage der Beginn der neuen Operation mit der Erflürmung von Waitzen.

Treffen bei Waigen am 9. April.

Am 9. vor Tagesanbruch marfcirten die Corps 1 und 3 gegen MWaigen und vereinigten ſich auf der Aszoder Straße bei K. Hartyan. Windiſchgrätz hatte in Waitzen die 12,000 Mann ftarfe Armees Divifion 58 aufgeftellt, mit dem Befehl, das Donauthal zu fperren und den Ungarn bei ihrem Bordringen gegen VerH in bie Flanke zu fallen. Wir beſchloſſen gegen dieſelbe ben Angriff, wozu Damjanich über Dufa und Hetfäpolna vor dringen und das 1. Corps zur Umgehung der feindlichen Stellung ben Weg rechtd in dad Gebirge nehmen fote. Das 7. Corps ftand mit feinem Gros in Foͤt, mit der Front gegen Peſth, und ſperrte die Berbindung zwiſchen Waitzen und Peſth ab. Das 2. Corps rüdte an demfelben Tage bie Ezinfota vor. Die öfer reihifche Hauptarmee war fomit in einem Halbfreiie umfchloffen und konnte nichts von ben Vorgängen in Waitz en erfahren.

Die Colonnen des 1. und 3. Corps bewegten ſich auf gleicher Höhe, hatten jedoch noch niht Hetkäpolna, eine halbe Enunte vor Waitzen, erreicht, ale Damjanid), die Dispofitionen aͤndernd, das 1. Corps vom Gebirge wieder an die Straße binabrüden ließ, um es beim Angriffe in der Sront, wozu er das 3. Corps allein zu ſchwach hielt, als Referoe zu verwenden. Diefe Aenderung war ein arger Fehler, dem der Feind allein feine Rettung vor gänzlicher Vers nichtung zu verbanfen hatte. Es gelang mir, Damjanid zu bewegen, wenigſtens 1. Brigade des 1. Corps im Gebirge zurüdjus laffien. Mit dem Reſte des Eorps fchloß ich mich dem 3. an. Bor

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Hetfäpolna marfdirte das 3. Corps an der Straße in Schlachts ordnung auf und, ohne das Eintreffen der IImgehungdcolonne abs zuwarten, gab Damjanich das Zeichen zur Vorrüdung.

Der Feind hatte eine Außerft vortheilhafte Aufftelung auf den Hügeln vor Waitzen bezogen, wobei er den rechten Flügel an die Tonau, ten linfen an dad Gebirge ftübte. Der Eifenbahndamm durchſchnitt diefe Linie und erfchiverte unjere Vorruͤckung.

Die Divifion Viſocki eröffnete den Angriff an der Strape und dem Eifenbahndamm und fchritt nach anderthalbftündiger mörderis [her Kanonade zur Erftürmung des feindlichen Gentrums. Ders felben folgte als Unterftügung die Divifion Nagy Sandor, bie aber bei der zunehmenden Heftigfeit ded Kampfes bald in die Linie gezogen und zur Eroberung ter Höhen in ber linfen Ylanfe bes Feindes verwendet werden mußte. Das 1. Corps folgte ald Res ferve. Die Umgehungscolonne war noch nicht eingetroffen.

Die Bertheidigung des Feindes war hartnädig. Die zum Ans griff auf da6 Centrum vorgefandten Bataillon, 9., Wafa und bie PVolenlegion, mußten vor dem verheerenden Sartätichens und Kleins gewehrfeuer biß in die Nähe der Batterien zurückweichen, welche dagegen die feindlichen Gefchüge mit der gewohnten Bravour von Stellung zu Stellung vertrieben.

. AB Damjanich gewahr wurde, daß der Feind die ganze Kraft feiner Vertheitigung im Centrum concentrirte, ließ er die ers wähnten Bataillond durch den Reſt der Divifion Viſocki unter ſtützen. Der Angriff ward nochmals verfucht und wieder abges ſchlagen, und felbft das 3. Bataillon unter feinem fühnen Anführer, Kari Földväry, dem das Pferd unterm Leibe erfchoffen wurke, mußte fi den Weichenden anfchließgen. Der Sturm wird zum dritten Male unternommen. Foͤldvary bricht mit dem 3. Bataillon

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aus ber Linie ber Stürmenden hervor und führt einen erfchätternben Stoß gegen ben Feind. Da ftürzt auch fein zweites Pferd zufammen. Aber er ſtellt fich zu Fuß an bie Spitze feiner Braven und durchbricht endlich mit einem unwiberftehlichen Bajonnetanfall die Stellung ber Defterreicher, die, auf den andern Punkten gleichfalls geworfen, fid nun eiligft in die Stadt flüchten, wo fie fi) von Neuem zur Wehr feßten. Bei diefer Gelegenheit wurden mehrere Gefchüge und Mu⸗ nitiondfarren durch unfere braven Honveb6 erobert, bie jebt von allen Seiten in bie Stabt flürmen und die Defterreicher von Gafle zu Gaſſe jagen, wobei ihr Commandant, General Goͤtz, ſchwer vers wunbet und von feinen Leuten verlafien in unfere Hände fällt.

Die Defterreicher, mittlerweile aud) von ber Umgehungscolonne bebroht, raͤumten nun die ganze innere Stadt und nady kurzem Wis derſtand auch die VBorftabt Klein Waiten. Sie verfuchten zwar zur Dedung ihres Rüdzuges noch eine Arrieregarde Stellung hinter Waipen zu nehnen, wurden aber von unferen nachbrängenden Co⸗ lonnen auch bier geworfen, worauf fie, begünftigt durch das coupirte Terran , die ganze Nacht hindurch unausgeſetzt bis Gran flohen und dert am folgenden Morgen auf daB rechte Donauufer überfebten. Der Geind verlor, nebft vier Oefchügen und vielen Munitiondfarren und Rüftwagen, beiläufig 1000 Todte, Berwunbete und Gefangene, worunter viele Dffiziere und ber fchwerverwunbete General Goͤh, der noch an bemfelben Tage ftarb. Goͤrgey ließ ihn am 12, April mit allen militärifchen Ehren beerdigen. Unfer Verluſt belief ſich auf 150 Todte und Berwunbete.

Damijanich hatte mit den 3. Corps in ben Siegeöfrang ber ungariſchen Waffen abermals ein glänzendes Treffen eingeflochten ; aber der Preis des Sieges gebührt vor Allen den Helden von La⸗ gerndborf, Jarkovatz, Szolnok, Bicoke u. f. f., dem unver

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gleichlichen 3. Bataillon, das fich mit feinem löwenfühnen Com⸗ mandanten, dem Bayard der ungariichen Armee, Karl Foͤld⸗ vary, am Tage bei Waitzen über Alle den Borrang erfämpfte. Der Erfolg diefed Treffend wurbe dadurch geichmälert, daß Dams ianich die fehr zweckmäßigen Dispofitionen Anderte und dann, durch fein Ungeftüm Hingerifien, ber über das Gebirge entfendeten Colonne nicht hinreichende Zeit zur Umgehung gewährte.

Durdy dieſen Sieg hatte die ungarifche Armee die Bahn zum Entfage der Feſtung Komorn fiegreih geöffne. Die Corps 1, 3 und 7 rüdten nun fucceffive über Ipolyfäg auf Léva vor. Die Wahl diefer Route diente zur Masfirung unferer Operation und verihaffte uns einen geficherten Uebergang über die Eipel und ®ran. Die Forcirung bdiefer beiden Zlüffe, nabe an ihren Müns tungen in die Donau, war wegen ber Nähe des Feindes und noch mehr wegen Wangel an nöthigen Brüdenmaterial, unmöglid. Nur eines läßt fich hiebei mit Recht einwenden, daß tiefe Umgehung rafcher hätte ausgeführt werben follen. Zum Glüdf wog bie Langſamkeit des Beindes und feine gänzliche Verkennung unferer Adfichten diefen Fehler reihlih auf, und fo übte derſelbe auf bie folgenden Operationen auch feinen nachtheiligen Einfluß.

Das 1. Corps brach am 10. von Waitzen auf, das 3. folgte am 11. und dad 7. am 12, Die Divifion Kmetty vom 7. Corps blieb zur Verfärfung bes 2. und zur Masfirung des Abzuges der drei Corps zwifchen Peſth und Waigen auf der Höhe von Fot zurück, und hatte im Balle eines übermächtigen Angriffes über Wai⸗ den der Armee zu folgen. Eine Colonne von 2 Bataillons, 1 Es⸗ cadron und A Geſchützen unter Oberfllientenant Horvath wurde von Zpolyfäg über Mifola zur Beobachtung drö Feindes gegen

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Kemend an bie untere Gran entfentet. Eine gleidy ftarfe Co⸗ lonne follte von Leva rechts in die Bergſtädte detachirt werben.

Am 16. hatte die ungarifche Hauptarmee bie Gran erreicht, und mit dem 3. Corps O-Bars, mit dem 1. Kis- und Nagy Szecfe, und mit dem 7. Ragyod und Zfember befegt. Das Hauptquartier fam nad) Leva. Am folgenden Tage erreichte und ein Courier mit der Nachricht von der am 14. April vom Reichstage zu Debreczin ausgeſprochenen Unabhängigkeit Ungarns und ber Thronentfegung ded Haufed HabsburgsLothringen.

Diefer Beichluß des Reichstages ward von der Armee mit dem gewohnten Vertrauen zur Weisheit der Vertreter des Volkes aufge nommen. Nur dem Generalftabe Görgey’d und einigen von ihm influenzirten Stabeoffizieren Fan dieſe Kunde wie ein Blip aus hei term Himmel. Die Ausfichten auf einen baldigen Frieden waren verfhwunden und es galt von nun an ben Kampf auf Tod und Le ben. Hierzu aber waren die Männer, die ſich fchon im Januar, durch die Waizner Proflamation, eine Hinterthür offen laffen wolls ten nur wenig entfchloffen. “Diefelben Umtriebe gegen die Regierung die furz vor der Kataftrophe bei Vilagos ihren Höhepunft erreichs ten, gewannen von diefen Tage an in dem Hauptquartier Börgey'd iminer mehr Ausdehnung , und veranlaßten endlidy den Kriegamini- fter General Meszaros folgenden Aufruf an die Armee zu erlaflen:

Der Kriegdminifter an die Generale, Stabs⸗ und Dber:Dffiziere des ungarifchen Heeres!

Der unbezweifelte Beruf des Krieges ift die Vertheidigung be Vaterlandes, deſſen Gelee, deſſen Freiheit er durch jeinen Eid ver- bürgt hatte. Jedes Heraustreten aus diefer Sphäre, die feine ganze

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ungetheilte Kraft in Anfpruch nimmt, zieht ihn von feinem Berufe ab und führt ihn auf eine Bahn, die er nicht verfolgen fann, ohne feine Pflicht zu vernadjläfligen.

Die Aufflärung unferer Tage kann zwar keineswegs willenloſe Werkzeuge zu Kriegern eines freien Staates wuͤnſchen, wohl aber das Baterland mit unabweislichem Rechte , die ungetheilte Kraftans firengung gegen den einen Feind, der daffelbe von allen Seiten bes droht, gegen die Willfür, fordern.

So lange diefer Feind nicht überwunden ift, muß jeder Krieger fe halten an feiner Pflicht und an der Ehre feines Standes, die beide ihm gebieten, die beftehenden durch die Wuhl des freien Vol⸗ kes, dem auch er angehört, gefeglich ernannten Behörden aufrecht und deren Aordnungen in Kraft zu erhalten. Die politifchen Vers fügungen dieſer Autoritäten befritteln und beflügeln ift fchädlich, und an dem noch ſchwankenden Gebäude der jungen Freiheit rütteln, während feindliche Heere und irrgeleitete Mitbürger die von unjern Vaͤtern gaftlic) aufgenonmen, den vaterländifchen Boden verwuͤſten, ift mehr denn eine bedauerliche Verirrung !

Die Heere aller Völfer, die mit Erfolg nad) Freiheit gerungen, haben ſich, fo erweift es die Geſchichte in taufend Fällen, von aller Tageopolitik fern gehalten. Wo dad Gegentheil ftatt fand, da gingen Macht und Freiheit verloren.

Mit blutendem Herzen muß ich, durch neue Ereigniffe verans laßt, meine Waffenbrüder zur Erfüllung ihrer Pflicht innerhalb ihres Wirkungskreiſes aufrufen und fie auffordern, fidh von jedem politis chen Treiben fernzuhalten , fo lange der Feind noch auf dem Boden ſteht, den das Blut unferer Ahnen fo oft für Ungarns Freiheit ges tränft, und den eine taufenbjährige Erinnerung heiligt; auf daß wir

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den Triumph der heiligen Sashe erfämpfen und als Sieger das Ziel unferes Strebens nicht verfehlen. Meszäree,

Ale Patrioten, die mit fih und ihren Pflichten gegen dad Baterland im Reinen waren, erfannten die Wahrheit diefer Worte uub nur jene Surzfichtigen nahmen fie mit gleichgültigem Achſel⸗ zuden bin, die aus mißverftandenem Intereſſe oder gar aus ehr⸗ geizigen Abfichten durch Fritiichen Hohn das Anfehen und die Wirk famfeit der Regierung und des Reichstages zu verringern und ſomit indirect bie Kraft und die DRittel zur Vertheidigung des Vaterlandes zu laͤhmen trachteten.

Es gehört zu den einfeitigen Urtheilen Eurzfichtiger Bolitifer den traurigen Ausgang unferes Breiheitöfampfes vorzugsweile ber Uns abhängigfeitd » Erflärung beizumefien. Meiner Ueberzeugung nad) hat diefe zur Verſchlimmerung der Geſchicke Ungarns nichts bei⸗ getragen. Der Berlauf der Begebenheiten in Europa und bie Wirk famfeit der Träger der großen Politik haben dies bis zur Gewißheit erhoben, und die Geſchichte wird ed einft Far binftellen, daß zur Zeit, als jener Reichötagsbefchluß gefaßt und befannt wurde, bie Uebereinfunft der abfoluten Mächte zur Zerflörung des legten Boll: werkes der Völferfreiheit im Oſten Europa’s bereits gefchloffen war. Der Moment worauf ber Erbfeind Ungams feit drei Jahrhunderten vergebens gelauert hatte, die Möglichkeit zur Vollſtaͤndigen Knech⸗ tung Ungarns, war durch die Kabinetöpolitif ber europäifchen Res gierungen lange fchon in Ausſicht geftellt, und wenn gleich Deſter⸗ reich durch bie Herbeiführung der miſſiſchen Intervention ſich eine neue , gewiß nicht letzte Schmach, das entehrenbe Zeugniß ter iger nen Ohumacht, auflub ; fo 308 es von den pafliven Verhalten ber Großmaͤchte verſichert, body Dielen verhuͤngnißvollen Schritt, ned

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immer einer Unterhanblung mit den Ungarn vor. Auf den Entſchluß der beiden abfoluten Herricher fonnte es demnach durchaus feinen Einfluß üben, ob der Reichötag ſich durch feige Rachgiebigkeit ers niedrigen, ober bie verlegte Ehre der Ration durdy energiiche Befchlüffe wahren wollte; es wäre denn dad Entfeplichfte gefchehen, daß das Land, nachdem es löwenfühn in die Schranfen trat, nachdem es fiegreich gefämpft,, ſich auf Gnade und Ungnade unterworfen und wie jpäter tie Opfer von Arad, Peſth und von fo vielen anderen Orten, ſich freiwillig dem Henker überliefert hätte. ®)

Den Berfall der ungarifchen Sache aus diefem Schritte bes Reichstages und ber Regierung herleiten zu wollen , ift daher wider⸗ finnig und fann höchftens zur Bemäntelung der fpätern nachläffigen ja fchlechten Führung der Heere, der unverantwortlichen Berfäums niffe, fo wie der Zwietracht und Intriguen zwilchen den einzelnen Führern dienen, worin, und den daraus nothwendig entfpringenten Folgen allein die Grundurſache unſeres Unterganges zu fuchen ift.

Die Umgebung Görgey’s und feine Vertheidiger gaben ſich fpäter viel Mühe die royaliftifche Gefinnung der ungarifchen Haupts armee hervorzuheben, bie, ihrer Behauptung nach befondere bei Ges (egenheit der linabhängigfeitserflärung deutlich hervorgetreten fein fol. ®örgey feld fagt in einem fpätern von Comorn an ben Minifterrath in Peſt erlaffenen Schreiben: „Daß wenn, felbft uns mittelbar nach einer gemonnenen Schlacht, König Ferdinand V. von

*) Melden Nutzen den Völkern ihre treue Anhängigfeit an die Legitimität und monarchiſche Bruntfäge bringt, beweiſt in dieſem Augenblide am beten Tas „glüdliche“ Loos von Schleswig⸗Holſtein und Heſſen⸗Kaſſel, die ih während ihrer gefeplihen Erhebung gegen die Willkuͤhrherrſchaft nicht oft genug gegen jede revolutionäre Tendenz zu verwahren wußten!

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Ungarn ploͤtzlich vor den Reihen der ungariſchen Freiheitokaͤmpfer er⸗ ſchienen waͤre, von ihnen Schutz und die Wiedereinſetzung in ſeine frühern Rechte begehrend, der größere Theil derſelben, alſogleich und unbedingt, der andere, fogenannte republifanifche, jedenfalls Kleinere Theil, nad) furzem Bedenten, dem König gehuldigt, und befien Sache zur eigenen gemacht haben würde ac.” Ich muß geftehen, daß ich während des ganzen Krieges von biefer Pietät für den Mos narchen bei den Truppen nie das geringfte Syınptom bemerfte. Von der Siebenbürger- und Banaters Arınee wird von glaub: würdigen Perſonen daſſelbe verfihert. Das Heer war für eine höhere Aufgabe beg:iftert, als für die Wahrung der Bamilien » Inte: refien einer Dynaftie, auf deren Geheiß Zalathna, Enyed und hundert andere Ortfchaften verwüftet und deren harmlofe Einwohner zu Zaufenden niedergemepelt wurden. Die ungarifchen Heere kaͤmpf⸗ ten für die nationale Selbſtſtaͤndigleit ihres Vaterlandes, und waren fic) dieſes erhabenen Zweckes ebenfo bewußt, wie fie von dem Vers rathe ihres legten undanfbaren Königs überzeugt waren, der gegen die Nation den Bertilgungdfrieg beraufbeichworen hatte.

Uebrigens war diefe Sefinnung der Armee Görgey nur zu gut befannt, und aus eben biefem Grunde wagte er es niemals , bies felbe zu einem offenen Ausfpruch gegen die Regierung zu verleiten.

Schlacht bei Nagy Sarlo am 19. April.

Am 18. April hatte die Arınee auf drei Punkten die Gran zu überfegen, und zwar das 1. Corps beiKalna, das 3. briÖsBars und das 7. bei Szent Gyorgy. Der wegen Mangel an ordent⸗ lihem Materiale bei der reißenden Strömung und bedeutenden Tiefe des Flußes fehr befchiwerliche Brüdenfchlag war, ohne vom Beinte geftört zu werden, bis zum Morgen dieſes Tages, auf zwei PBunfe

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ten vollendet und der Uebergang mit dem 1. und 3. Corps bis zum Abend bewerkſtelligt. Das 7. Corps mußte noch an diefem Tage auf dem linfen Ufer verweilen, da die Brüde bei Szent György nicht zur rechten Zeit zu Stande kam.

Die Armee cantonirte am 18. mit dem 1. Corps in Alf6s Pel und Lök mit dem 7. in Szent György, Nagyod und Zſembér und mit dem 3. in Deres;leny, Ragys und Kis- Endröd. Die Stärfe diefer drei Corps betrug 31 Bataillong, A Escadrons und 112 Gefüge. Im Ganzen 26,000 Mann und 5000 Pferde.

An diefem Abende vernahmen wir in unferen Quartieren deut⸗ li den Donner der Gefchüge vor Komorn. Die Rachrichten, bie in leßter Zeit von dort zu ung gelangt waren, lauteten beunruhigend, und es war hohe Zeit, der bebrängten Beftung Hilfe zu bringen.

Bor der Morgenbänmerung ded 19. April brady die Armee auf drei Straßen gegen Komorn auf. Der rechte Flügel, die Divifion Tefewffy marfchirte über Alf6-Pel, umfihin Nagy Sarls dem Gentrum, d. i. dem Reſt bes 1. und dem 3. Corps, die auf ter Ehauffee gegen Jas zfal u vorrüdten, anzufchließen. Der linfe Flügel, des 7. Eorp6 bewegte ſich auf der Graner Straße längs des Öranflußes, und follte Zſelèe s z erreichen. Ein Detachement Hufaren ftreifte über Verebely gegen Neutra.

Bald nach unferem Aufbruche kam die Meldung, daß die Oeſter⸗ reicher , die fi bei unferm Ericheinen von der Gran zurüdgezogen hatten, während der Nacht bi Nagy Sarlö wieder vorgerüdt waren. Sch befand mich bei der Avantgarde und eilte auf diefe Nach⸗ riht nach Hölveny, wo ich über bie Abfichten und Stärfe des Feindes bald beflimmtere Angaben erhielt. Uns gegenüber ftand das A. öfterreichifche Arıneecorpd, dazu beftimmt den Entfag von

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Komorn zu verhindern. Die Entſendung deſſelben war ſchon auf Befehl des neuen öfterreichiichen Obercommandanten Welden cr folgt, der in jüngfter Zeit von Wien angefommen war, un Wins diſchgrätz im Commando zu erfegen, und die Faiferlidye Armee aud ihrer mißlichen Lage zu ziehen. Welden erkannte die Fehler feines Borgängerd ſammt ihren Folgen, und trachtete nicht ſowohl nad) Siegen und Eroberungen ald nad) Rettung der ihm anvertrauten Heere. Um dieß zu erreichen, fuchte er vor allen Komorn, bad weber feine drohenden Aufforderungen beachten , nod) durch den ans gezettelten Verrath fallen wollte, durch Belagerung und fräftiged Bombardement in feine Gewalt zu befommen. Zur Dedung dieſes linternehmend und Abwehr eined Entjagverjuches ließ er die an der Maag gefammelten Referven, unter Führung ded aus dem italieni- fhen Kriege befannten Generald Wolgemuth, auf der Levaer Etraße und entgegenrüden.

Diefed Corps beftand aus drei Brigaden, denen fi) nod am Abende des 18., Theile des Komorner Belagerungdcorps und bie aus Waitzen verdrängte öſterreichiſche Diviſion, nunmehr unter Jablonovski anſchloß, fo daß der Beind im Ganzen 24— 26,000 Mann zählte. Demjelben gegenüber ftanden unfer 1. und 3. Gorpe, mit 18,000 Mann. Das 7. Corps verweilte noch an ber Gran und hatte die gleiche Höhe mit den andern Corps noch nid erreicht. An der von Leva nach Komorn führenden Straße, bie bie Malas mit dem Granfluße parallel läuft und dann ſuͤd⸗ weſtlich abbeugt, liegt dad Dorf Hölveny. Beim Heraudtretm aus diefem Orte, erblidt man einige taufend Schritte vor fich ten großen Flecken Nagy Sarlö, ber Innerhalb des weiten Bogend einer anjehnlichen Höhenreihe gelegen und von einem fumpfigen Badır durchſchnitten, den Mittelpunft einer fehr vortheilhaften Defenke-

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ſtellung bildet, in welcher der Feind ben Weg nah Komorn und volfommen verlegen Eonnte. Der nörtliche Theil der Höhen Ausläufer der üblichen Karpaten iſt mit Wald bededt, und hängt mit dem PB elergebirge zufammen. Der füdliche Rüden trägt meift Reingärten und Belder und verläuft fich fanft gegen die®ran. Das Terrain zwilchen Hölveny und Nagy⸗Sarls« ift offen, und wird blos zur Rechten von bem erwähnten Bache durchfchnitten. Links vom Feinde, zwifchen NagysSarlö und Fakövezekény, liegt der Sarlöer Wald, diefem gegenüber, einige hundert Schritte wertlich von der Straße, der Wald, durch welchen die Divifion Defewffy vorzurüden hatte.

Die Oeſterreicher hatten mit dem linfen Bügel den Sarlöer Maid und die wehtlid davon gelegenen Höhen mit dem Centrum Nagy: Sarls und die Mälafer Etraße befegt; Ihr rechter Flügel, zumeift Reiterei, zeigte ſich füdlich won der Straße. Es war bald zu bemerken, daß der Feind feine Stellung noch nicht hinreichend erfannt hatte, und daß berfelbe erſt in ber Entwidelung und Aufftellung feiner Kräfte begriffen war. Um ihn daran zu hindern, und vor Allem, um mit fo geringem Berlufte als möglich, in den Beſitz von Nagy⸗Sarls, den Schlüffel zur ganzen, Stellung, zu gelangen, traf ich unverweilt bie Dispofttionen zum Angriff, tnd ließ Dam⸗ janich, der fi) noch weiter rüdwärts befand, davon in Kenntniß ſeden. Görgey felbf weilte mit dem Hauptquartiere in Leva; fonnte daher an der Schlacht einen Theil nehmen.

Nach 9 Uhr debouchirten die Divifionen Kazinczy und Bifodi aus Hölveny und näherten fi dem Beinde bis auf 1200 Schritte, wo fie in Schlachtordnung zu beiden Eeiten-der Straße das Ein- treffen des rechten Flügels erwarteten. Gleichzeitig wurde Gäspär aufgefordert, unfern Angriff mit dem 7. Corps von der Gran her

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zu unterftügen. Bald darauf erſchien auch die Tete unſeres rechten Flügels am Saume des Hölvenyer Waldes. Damjanich, ber indeffen auch angelangt war und den getroffenen Diepofitionen beis ſtimmte, gab das Zeichen zum Vorrüden.

Der Angriff gefhah von drei Seiten und wurde mit dem Sturme auf Nagy: Sarlö eröffnet. Das Centrum, die Divifion Kazinczy, vom 1. Corps rüdte a cheval ber Etraße gegen die Front, und ber Iinfe Slügel, die Divifton Viſocki vom 3. Corps, gegen bie Oſt⸗ feite ded Orte vor. Ein Theil der Divifion Defewffy, die Brigade Dipold, unterftügte diefen Angriff durch ihr gleichzeitige Vorbringen gegen den Sarloer Walt, während Nagy» Sänbdor mit dem größeren Theil der Cavallerie und links gegen ein Umfaſſen des Feindes ficherte. ALS Referve blieben die Divifion Knezich vom 3. Corps vor Hölveny und der Reſt der Divifion Defewffy, bie Brigade Bobich, welche auch die in unferer Flanke liegenden Höhen bei Vezekeny zu befegen hatte, in und vor den Hölvenyer Walde.

Es war in diefem Feldzuge nicht Brauch ber Ungarn, bie Zeit mit unnügem Schießen zu verfchwenden ; der Angriff ging jedesmal ſchnell in Sturm über und dad Bajonett entfchied den Eieg. Co geihah ed auch diesmal. Einige feindliche Geichüge, die hinter der legten Einfriedigung ded Ortes placirt waren, wurden hald zum Schweigen gebracht. Kaum hatten fie ſich zuruͤckgezogen, als auch die Bataillons 17, 19 und 3. Don Miguel, von unferen Bats terien protegirt, welche. rechtd vom Orte gegen den Feind das hef- tigfte Feuer unterhielten, unter unaufhörlichen „Eljen's“ die Aus- gänge des Ortes erſtürmten. Inzwiſchen war auh Damjanid mit der Divifion Viſocki auf dem linfen Fluͤgel zum Angriff ge- ſchritten. Die Brigade Leiningen und Kiſs Pal formirten fich

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raſch in Sturmeolonnen und drängten, in Verbindung mit der Divi- fon Kazinczy, ben Feind nach kurzem Widerftande in das Innere bed Ortes zurüd. Hier aber entfpann fich ein wüthender Straßen: fampf. Jedes Haus, jeder Hof, jede Hede mußte erftürmt werden, während bie Deflerreicher von den angrenzenden Höhen und dem rüdwärtigen Theile von RagysSarlö, den fie noch im Beſitze hatten, den von den Ungarn eroberten Theil mit Granaten und Ras feten überjchütteten. Aber die braven Honved’s, mit ihren noch bravern Commandanten an der Spitze, blieben unerfchüttert und drangen im mörderiichen Kampfe Schritt für Schritt vorwärts. Nach einer Stunde war Nagy: Sarld genommen und die Divi- fionen Bifodi und Kazinczy im Befige des brennenden, mit Verwundeten und Todten angefülten Fleckens. Die Helden in biefem biutigen Straßenkampfe waren dad 17., 19., 3. und 9. Honveb- bataillon, dann die Polenlegion. Tapfer fochten auch die Bus taiflon® Bafa, Schwarzenberg und Don Miguel.

Nach mehren vergeblihen Verſuchen, den Ort wieder zu nehmen, 309 fih Wolgemuth in feine rüdmärtige Stellung, verbielt fi) von nun an, Sarlö gegenüber, in der Defenfive und warf die ganze Kraft feines Eentrum’s auf unfern rechten Flügel, um diefen mit Hilfe einer von Baifürt herbeigezogenen Brigade zu erbrüden.

Schon früher, während unfer Centrum und linfer Flügel ſieg⸗ reich vorgedrungen waren, wurde die Brigade Dipold durdy mehre feindliche Golonnen, die aus dem Sarloer Walde hervorbrachen, aufgehalten. Bei dem neuen Andrang des Feindes mußte er gegen den Hölpenyer Wald auf die Brigade Bobich replüiren. Hier Reftte fi jeboh Guyon, der ald Freiwilliger der Schlacht beis wohnte, an die Spige der beiden Brigaden und rüdte mit ihnen von

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Neuem vor. Die Oefterteicher konnten biefem Stoße, trog ihrer Uebermadht, nicht widerfichen und zogen fich nach dem Anlangen frifcher Berftärfungen aus unferm Gentrum und einem abgeſchlagenen, zwar fühnen, aber theuer bezahlten Eavallericangriff auf die brave Batterie Tapinsfi, bald wieder in den Sarlser Wald zurüd.

Während bem hatte Damjanich feine in Sarlö zerftreuten Bataillons zur Erftürmung ‚der feindlichen Höhen vor dem Orte, ich aber zur Unterftügung dieſer Borrüdung und zum gleichzeitigen Ans griff auf den Sarlser Wald mein Corps auf dem rechten Flügel geordnet. Da, zwijchen drei und vier Uhr, entfiand auf dem feindlichen rechten Flügel eine ftarfe Bewegung und bald darauf wurden lange Cavalleriecolonnen ſichtbar, die von der Gran her ſich näberten. Es war Gäspär, der mit mehren Escadrons und einer Cavallerie⸗ batterie eben zur rechten Zeit erfchien, um den Sieg fhnell entfcheiden zu helfen. Die Kunde davon electrifirte unfere Truppen. Batterien und Bataillond wetteiferten an Kuhnheit beim Erfteigen ber feind⸗ lichen Höhen, und nicht Muͤdigkeit, nicht das fürdhterliche Kartätſchen⸗ feuer, weldyes in den voranftürmenden Bataillons tiefe Luͤcken fchiug, hielt die Braven audy nur einen Augenblid auf. Der Feind ſchwankte einen Moment, dann kehrte er bei der Annäherung unferer Sturm⸗ eolonnen um und ergriff die Flucht. Gleichzeitig warb aud ber Sarlder Wald durd) unfern rechten Fluͤgel erflürmt.

Die angeordnete Borrüdung Nagy» Sändor’d gegen Mälas mit der Eavallerie des 3. und 6 Escadrons des 1. Corpo, wobei er von Gaspar fräftig unterflügt. wurde, vollendete Die Niederlage des Feindes. Don den Batterien Philippovezfy, Freu— benreic und Mark« niebergefchmettert, von Ragy⸗Sandor in der rechten Flanke umgangen, wanbte ſich ein Theil der Oefter⸗ reiher nah) Malas, ber andere gegen Cſeke und Jaszfalu.

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Lepterer, durch das Terrain begünftigt, entging einer Fräftigen Bers folgung , der erftere jedoch wurde von Nagy» Sander bei Mälas ereilt, die Kürafflere, die ſich zur Wehr ſtellten, geworfen und mehrere Bataillon zerfprengt, niedergehauen ober gefangen genommen. “Die Berfolgung, obwol nicht mit voller Energie fortgeſetzt, dauerte bis zum @inbruch ber. Nacht.

Um 4 Uhr Nachmittags war die Schlacht entfchieden und Alles verfolgte ven fliehenben Feind, als plöglic vom Hoͤlvonyer Walde ber, eine lebhafte Kanonade erſchallte. Bald darauf famen Ordon⸗ nanzen mit der Meldung von bem Erfcheinen einer bebeutenden, feindlichen Macht in unferm Rüden. Allen Bermuthen nad mußte dies eine Umgehungscolonne, oder die vom Feinde erwartete Hilfe fein, die, durch das coupirte Terrain begünftigt,, ſich unbemerft nähern und unferen äußerften rechten Fluͤgel überrafchen konnte. Guyon, ber bier befehligte, hatte, ſtatt feiner Aufgabe während unſeres Vorrüden® die Gegend von Baracéka und Fajkuͤrt zu eclairiren nachzukommen, von feiner Kampfluft hingerifien, beis nabe alle feine Truppen in's Gefecht gezogen, und blos einige Com⸗ pagnien des 28. Batalliond zurüdgelafien, die fi) auch mehr mit dem Gange der Schlacht vor ſich, ald mit der Beobachtung der Gegend in der Flanke befaßten. So kam es, baß, als einige Kugeln von dort, woher man fie am wenigften envartete, in bie Reiben ber Honved's einfhlugen, eine momentane Verwirrung entfland, die der Feind fchnell zum Angriff benutzte. Er warf ſich auf unfere Außer- Ken Abtheilungen , drängte fie vor ſich Her, und ſetzte fidy in dem Walde feſt.

Bei der erfim Nachricht Hiervon eilte ich auf den bedrohten Punkt und bieponirte unverweilt alle Abtheilungen des 1. Korps zur Unterkügung befielden. Die zunächkt ſtehende Brigade Bobich

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bildete einen Haden , fandte das 28. Bataillon wieber in den Wald vor und hielt alle fernern Angriffe der Defterreicher fo lange auf, bis die Unterftügungen Zeit genug gewannen, herbeizueilen. ‘Der Feind wurde nad. lebhaftem Gefechte von der Höhe hinabgeworfen und auf Fakévezekény zurüdgebrängt, wobei das 47. Bataillon, unter feinem tapfern Major Kaſimir Jekey fi vor allen auds zeichnete.

In weniger als einer Stunde befand ſich auch diefe öfterreichis ſche Colonne in gänzlider Auflöfung auf der Flucht. Unfere Caval⸗ lerie, obwohl durch angeſchwollene Bäche, Defileen und fteile Ge⸗ birge fehr aufgehalten, verfolgte die Fliehenden bis über Fajkuͤrt, wohin fpäter das ganze 1. Corps nachrückte, und brachte Gefangene Waffen und Fuhrwerke ein.

In dem Schlußgefechte ereignete fidh unter den vielen bewun- dernswerthen Heldenthaten,, die an diefem Tage von den Truppen. vollbracht wurden, beſonders eine, die wegen ihrer Eigenthuͤmlichkeit envähnt zu werben verdient. Gleich beim Beginne des legten Ge⸗ fechtes auf unſerm rechten Fluͤgel, bevor noch die Unterſtützungen an⸗ gelangt waren, draͤngte der Feind das 28. Bataillon, das ſchon viel Leute verloren hatte, fo heftig, daß es immer ſchneller zurüchwich und nicht mehr Stand zu halten vermochte. Oberlieutenant Boigt, Batterie⸗Commandant bei der Brigade Bobich, die nachtheiligen Folgen dieſes Rückzuges ermeffend , fordert die Honveds auf, feine Batterie zur Wiedereroberung des Waldes zu begleiten. Sein Ans trag findet Beifall. Er fährt in Galopp bis auf 200 Schritte dem Beinde entgegen und fäubert den Waldjaum trog dem heftigften Mus⸗ fetenfeuer,, das viele Artilleriften und Pferde nieberfiredt. Das 28. Bataillon dringt nun mit dem Baionette vor und ber Wald iſt im kurzen erobert. Einige Minuten fpäter hatte diefelbe Batterie,

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ihre Munition beinahe ganz verichoffen ; der Feind begann ſchon zu weichen, nur einige gut placirte Geſchuͤtze deſſelben ftanden noch und unterhielten ein lebhaftes Heuer. Boigt rüdt gegen diefe Batterie, ohne einen Schuß zu thun, auf die fürzefte Diftanz vor und bringt fie durch einige Kartätfchenlagen fo fehr aus der Faſſung, daß fie eiligft davonfahren und zwei Munitiondwagen im Stiche laflen mußten, die Boigt fogleid zur weitern Beſchießung der Defterreicher verwendete. Auch in den folgenden Schlachten zeichnete fich dieſer junge Offizier durch befondern Muth aus, bis im zweiten Treffen bei Waigen eine ruffifche Granate feine Heldenbruſt zerfchmetterte und feiner Laufbahn ein frühes Ende machte.

Der Berfuft des Beinded betrug gegen 2000 Todte und Ders wunbete; mehr als 2000 Mann wurden gefangen; nebfidem ers oberten wir mehre Kanonen, viele Munitionsfarren und Bagages wagen. Unſer Berluft überftieg nicht 600 Mann.

Einen fomifchen Anblick gewährte es, als wir vor Fakoͤveze⸗ töny bie Felder mit taufenden von Kamaſchen bededt fanden. Die Defterreicher,, wahrfcheinlich auf dem Fothigen Wege von der unbes quemen Bußbededung beläftigt, hatten fie abgefnöpft, um befler lau⸗ fen zu koͤnnen.

In der folgenden Nacht Iagerte das 1.-Eorps vor Fajkürt auf tem Wege nad) Kolta, das 3. zwiſchen Bafövrzefeny und Malas, das 7. vor Zfelez aufder Graner Etraße.

Der Generalftab Börgey’d, der dem Gange der Schlacht von dem Levaer Schloffe zugefehen hatte, erftattete darüber einen Bericht, der ein Beweis mehr ift, wie leicht der Ruhm auf Koften Anderer erworben werben fann.

In dem oberflächlichen Berichte, deſſen verfprochene Ergänzung fpäter vergeflen wurde und der blos auf die Phantafle des Leſers bes

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rechnet ſchien, findet man unter andern Unterlaffungen , auch Feine Erwähnung der Perſonen, welche tie Dispofltionen entworfen und die Schlacht geleitet haben. Mußten nicht Regierung und Bolf, fern vom Kriegsſchauplatze, durch das abfichtliche Stillſchweigen ver⸗ leitet, glauben, daß während des ganzen Kampfes nur der Schladhts ruf des Obercommandanten zu vernehmen war, baß überall nur fein Genie gemwaltet und die andern Führer, die im Berichte mit feinem Worte erwähnt werden, blos als unbebeutende Werkzeuge in feiner Hand mitwirften? Mußte man nicht überdieß vorausſetzen, daß auch fein Generalftab die Dispofitionen muthvoll im Kampfgewühle aus: führen half? Ich zweifle nicht, daß Goͤrgey, hätte er Die Nähe des Feindes geahnt, gewiß zu rechter Zeit auf dem Schlachtfelde erſchie⸗ nen wäre und die Schlacht mit berfelben Umftcht, wie bei andern Kämpfen, geleitet hätte; da es aber nicht geſchah, durfte da fein Verſaͤumniß durch die Schmälerung der Berbienfte anderer bemäntelt werben ? |

Der Sieg bei Nagy Sarlo entfchleb für einige Zeit über das Schickſal Ungarns, denn der Feind wiederholt gefchlagen und ent» muthigt, mußte, um nicht ganz vernichtet zu werden, fchnell das Land räumen. Welden verfucdhte zwar noch einmal uünſerm Bors dringen auf dem linken Donauufer Schranfen zu fegen, doch mit eben fo geringem Erfolge, wie bisher. Eo hatte er am 18. eine ftarfe Armeedioifion unter Cſorich über ran gegen und entfen> det, ber er felbft mit der Hauptarmee bald folgen wollte. Allein Cſorich erreichte erft am 20., mithin nach der Schlacht bei Nagy Sarlö bie ®ran, wo er bei Kemend vom 7. Korps an⸗ gegriffen, nach furzem Widerſtande, bis Parkany zurüdgedrängt wurde. Die Nachricht von der Niederlage Wolgemuth's und befonderd das unvermuthete Erfcheinen des Oberflieutenants Ho rs

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vath, Parkany gegenüber am linfen Granufer, brachte Cſorich nod) mehr aus der Faſſung, und vermochte ihn in größter Eile nad) Gran zurüdzufehren und hinter fidy die Schiffbrüde über die Donau abzubrennen. |

Run entichloß man ſich im feindlihen Hauptquartier Peſſt h aufzugeben, und nad) Zurüdlaftung einer Beſatzung in Ofen mit dem größeren Theile der Armee den Rüdzug über Acd und Raab anzutreten.

Unfererfeit3 marfdyirten am 20. das 7. und 3. Corps bie Jaszfalu, das 7. Corps auf der Graner Straße bid Kemond. Nachdem die Deiterreiher auch Gran geräumt hatten, wandte fih das 7. Korps, nad) Hinterlaffung eined flarken Detachements in Parkany gegen Köbölfut, von wo ed wit dem 1. und 2. Corpo, die mittlerweile bid Szent Peter vorgerüdt waren unb bie Zſitvalinie befegt hatten, am 21. wieder in Berbindung trat. Die | feindlichen Gernirungsiruppen hatten ſchon Tags vorher ihre Stel⸗ lungen auf tem linfen Donauufer verlaffen umd fich bei Alınas auf das rechte Ufer überichifft. |

Wer vermag aber die Gefühle der Freude und ber Begeifterung zu ſchildern, die unfere Bruſt erfüllten, als wir nach jo vielen ſchwe⸗ ten Kämpfen, das erfte große Ziel unſerer Aufgabe erreicht fahen und fi und von Szent Peter ber vollſtaͤndige Anblick der Feſtung Komorn darbot?

Die Bewohner Komorns und die Batrouillen der Feſtung fetz⸗ ten auf Rähnen über die Zſitva; viele durchſchwammen den Fluß, um fi) nur vollfoımnen von unferer Begenwart zu überzeugen, und die Zunte davon den Truppen und ber Bevölkerung zu überbringen. Und hatte ſchon das Erfcheinen Guyon's mit 60 Hufaren Tags vorher, unbefchreiblichen Jubel hervorgerufen, fo mußte ber Tag

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unferer Anfunft zum heiligen Feſttag werben, bem die beglüdende Einpfindung der Erlöfung von fo vielen Leiden die volle Weihe auf brüdte.

Noch in der Nacht wurden die zerftörten Zfitvaübergänge durch unfere Pioniere und bie Zimmerleute aus der Feſtung herge⸗ ftellt und am Morgen bed 22. zog die Avantgarde des 1. Eorpe unter dem SKanonendonner der Belagerer und Belagerten in bie Feſtung ein. Komorn war gerettet!

Foreirte Neeognoscirungen auf bem Näbosfelbe vom 10. April bis zur Einnahme von Peſth.

Zum vollftändigen ©elingen der Operationen auf dem linfen Donauufer bis Komorn, war ed vor Allem nöthig, die zur | Deckung der Haupiſtaͤdte vor Perth concentrirten Oeſterreicher durch

geſchickte und fühne Demonſtrationen zu beſchäftigen und in dem Wahne zu erhalten, als gälte unfer Hauptangriff fortan den Schwe⸗ ſterſtäädten. Zu biefer Unternehmung war aber ein Mann nötbig, ber friegderfahren, bejonnen und unermüdlich mit geringen Kräften Bedeutendes zu leiften im Stande war. Goͤrgey's Wahl fiel auf Aulich und fchwerlich hatte der Obercommandant beim Heraus: finden feines Mannes jemals einen beffern Takt als hier bewicfen; denn der tapfere, umfichtige Aulich war feiner hochwichtigen Auf gabe in jeder Hinficht gewachien.

Am 8. April, während die Corps 1, 3 und 7 ben Marſch

gegen Waitzeen antraten, kehrte dad 2. Corps nad Iſaszeg zuruͤck, wo Aulich in der Nacht vom 8. zum 9. die noͤthigen Dis⸗ pofitionen für feine Aufgabe erhielt. Die Grundzüge derfelben wa- ren: Vorrückung bis Ezinfota zwei Meilen vor Peſth; Alarmis sung und Täufchung des Feindes durch forcirte Recognoßcirungen,

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die ſich jeden dritten Tag wiederholen ſollten; und im Falle eines uͤberlegenen Angriffes, Rückzug über Kerepes nach Hatvan. Dieſem gemäß brach das 2. Corpo um zwei Uhr Morgens von Iſaozeg auf und langte, ohne auf den Feind zu ſtoßen, um 10 Uhr Vormittags in Czinkota an. Diefed Dorf liegt am Buße der füblichen Ausläufer des Eferhät-Gebirges, die bier gegen Nord und ON die ausgedehnte Ebene Rakos begrenzen. Der Rüden, an deſſen weftlihen Abhang ſich dad Dorf lehnt, ber berrfcht die Kerepeſer Chauffee nach der Hauptftadt und die ganze umliegende Gegend, und bietet gegen einen van Peſuh fommenden Feind eine vortheilhafte Poſition, die durch einen Sumpfbach, ter einige hundert Schritte vor der Sront hinläuft, noch verftärkt wird. Auf diefen Höhen hatte Aulich mit feinem Corps das Bivouaf bes jogen. "

An demſelben Tage waren die Divifion Kmetty von 7. Corps bis Dunafeszi und die Referves Divifion Asboth, beftimmt ſich ganz dem 2. Corps anzufchließen, bis ÜILö vorgerüdt*). Die ganze vor Peſth zurüdgelafiene Streitmadht der Ungarn betrug daher 15,000 Mann mit 65 Gefchügen. Diefem gegenüber lagerte die öfterreichifche Hauptmadht vor Peſth mit 16 Brigaden und 210 Geſchuͤtzen, die nach Abfchlag der biöherigen Verluſte immer noch 42— 44,000 Mann betrug. Der rechte Flügel, das Corpé bed Banus, fand an der Straße nah Sorokſar; im Eentrum hielt Schlick die Straße nad) Kerepes und Ezinkota befegt und auf dein linfen Flügel gegen Waipen, fo wie näher un ber Stadt

*) Diefe Divifion, die noch vor ihrer vollkäntigen Organiſirung nach Peſth keortert wurde, hatte eigentlich nur die Stärfe einer Brigade, und zählte im Ganzen 2 Bataillons, 3 Escadrons und 9 Gefchüge, kaum 2000 Mann mit 400 Bferben.

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Jagerte der Net als Reſerve. Der Beind hatte feine Borpoften bis an ben Rakos bach vorgefchoben. Diefer Bach fließt in nordweſtlicher Richtung und durchfchneidet auf halbem Wege zwifchen Czinkota und Perth die Chauflee unter einem rechten Winkel. Hart an bies fem Uebergangepunfte, auf dem rechten Ufer des Flüßcheno, liegt dad fogenannte Räfos, Wirthöhaus, das von mehren Wirth fhaftögebäuden und einem großen Park umgeben, zum Verwehren des Ueberganges auf das günftigfte benüpt werben kann. Dieſer Punkt fpielte in den folgenden Gefechten eine Hauptrolle.

Zur genauen Erfennung ber Stellung des Feindes wurden noch am 9. vier Escadrons Würtemberg: Hufaren und eine halbe Bavallerie Batterie unter Oberft Hertelendi auf der Kerepefer Straße vorgefhicdt. Diefe trafen vor dem Rakos⸗Wirthéhauſe auf eine unbebeutende feindliche Abtheilung , bie nach einigen Schüffen fih in den Park zurüdzog. Nachmittag ließ Aulich Cſoͤmoͤr, ein Heines Dorf in unferer rechten Flanke, mit einem flarfen Des tachement befeßen.

Am 10. vor 14 Uhr Morgens unternahm Aulich mit 5 Ba⸗ taillons, 5 Escadrons und 3 Batterien die erfte forcirte Recognosci⸗ rung, welche durch die Abtheilung in Efömör unterügt wurde. Zufällig rüdten die Defterreicher in gleicher Abficht und durch das Wetter und wellenförmige Terrain begünftigt, unbemerkt vor. Unge⸗ fähr 2000 Schritte vor Czinkota, als Aulich in verdeckter Stels fung auf das Borrüden feine® rechten Flügels wartete, begann ber Feind ſich plöglich zu entwideln und aus mehreren Batterien ein heftiged Feuer zu eröffnen, dad von den Ungarn fräftig erwiebert, nach einem halbftündigen Gefchügfampfe mit dem Rüdzuge der Defter- reicher endigte. Auch Aulich ging in feine Poſition zurüd und da nad) Audfage der Kundfchafter im feindlichen Lager eine allgemeine

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Vewegung herrſchte, woraus man auf einen Hauptangriff fchliegen fonnte, fo zog er ich eine Stunde fpäter nach Hinterlaffung eines Detache⸗ ments, in die Aufftelung bei Rerepes eine Meilevon Czinkota zurüd. Hier erhielt er aber die Meldung von dem Eintreffen der RefervesDivifton unter dem Öberftlieutenant Ludwig Aoboth in Vecfes und der Be⸗ fegung von Balota dur die Divifion Kmetty, in deren Folge, und weil der Feind fich micht über ben Rakos bach vorgemwagt hatte, am 11. tie Divifion Hertelendi zur Befegung von Czinkota vor- gefendet, und im Berein mit Aoboth und einer Brigade von Kmetty, Nachmittag die zweite forcirte Recognoßcirung mit glänzens dem Erfolge auögeführt wurde. Unſere Colonnen gingen raſch über ten Räfos und verdrängten die Defterreicher auf allen Punkten. Am Higigften ging es auf dem linfen Ylügel her, wo Asboth bie Defterreicher bis zum Steinbruch zurüdwarf und ihnen nach mehrern gelungenen Attaquen von zwei Escadrons Bocokay⸗Huſaren unter ihrem fühnen Anführer Major Kaszap zwei Rafetenbatterien ab» nahm. Das Gefecht dauerte auf der ganzen Linie drei Stunden lang. Am Abend zogen fidy unfere Truppen ohne erheblichen Bers luſt in ihre Aufftellung zurüd, und am 12, ging au Aulich wies der bis Czinkota vor.

Da jest alle Abıheilungen in die Linie eingerüudt waren , fchritt Aulich zur Einfchließung der Defterreicher,, die er in einem großen Bogen von Dunafeszi bis Soroffär bewerffielligte. Die Zwiſchenorte Balota, Efömör, Keresztur und Ecfer wurden mit ftarfen Detachements beſetzt, die bei jedeömaligem Angriffe in ber Linie vorrüdten,, was unfere Kräfte fo zahlreich erfcheinen ließ, daß der Feind lange Zeit in dem Wahne erhalten wurde, wenigftend 40,000 Dann gegen fi zu haben.

Diefen von Aulich entworfenen und vortrefflih ausgeführten

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Dispofitionen war es zu verbanfen, baß bie Defterreicher, wie in einen Zauberfreis gebannt, in gänzlicher Untbätigkeit verblieben, woraus fie nur durch unfere jeden dritten Tag regelmäßig wieder⸗ fehrenden Angriffe aufgerüttelt wurden.

Die Angriffsobjecte bei den folgenden Recognodcirungen , Die fih noch am 14., 16., 18. und 21. immer mit günftigen Refulta- ten erneuerten,, waren im Gentrum bad Rakos⸗Wirthéhaus, auf dem linken Flügel die Steinbrucher Weingärten, undauf dem rechten lügel die Teufelsmühle. Im Centrum fielen ſtets die bebdeutendften Gefechte vor; dort entwidelte auch der Feind die anſehnlichſte Streitmadht und es kam nach einer lebhaften Kanonade , jedesmal zum Bajonnetangriff auf den Räfofer Park, von wo die Defterreicher nicht felten mit großem Berlufte vertrieben wurden. Hierbei zeichneten fich der Reife nad die Bataillond Don Miguel, 48., 25. und 52. aus. Auch auf dem rechten Flügel unter Major Kisfaludi gab es lebhafte Infanterie⸗Gefechte. Auf bem linken lügel dagegen fanden zumeift Gavallerieangriffe ftatt.

Bei der Recognoscirung am 18. hatte die Divifion ISboth zu frühe angegriffen, und ward nach einem moͤrderiſchen Geſchuͤtz⸗ fampfe und mehreren Reiterattaquen zum Weichen gebracht, wobei bes fonderd das 60. Bataillon viel zu leiden hatte. Daſſelbe retirirte von zwei feindlichen Batterien mit Kugeln und Granaten überfchättet und von Küraffieren fortwährend umſchwaͤrmt, und begann ſich be reits aufzuldfen, als der brave Rittmeifter Jelies und Oberlieutenaut Petko mit einer Escadron Würtemberg-Hufaren aus Keresztur bervorbrachen und mit heidenmüthiger Aufopferung den Anfall der feindlichen Reiterei im blutigen Handgemenge fo lange au6hiriten, bis das Bataillon den Rüdzug in das Dorf bewerffelligt hatte. AS in diefem Gefechte die freiwilligen Rumanier Reiter vor dem

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mächtigen Choc eines Küraffier Regiments in Unordnung zurüds wichen und der Standartträger von einer Kugel getroffen zu Boden Rürzte, fprang Asboth, der beim Angriff ſtets der erfie, und beim Zurüdweichen der lebte war, felbft vom ‘Pferde, hob die Standarte auf und rettete fie nor den kaum einige Schritte entfernten feindlichen Reitern.

Der Beind machte während diefer ganzen Zeit nur einmal Miene, unjese Lange Linie anzugreifen. Es war dies am 19. Wan fah feine langen. Colonnen hinter dem Rakos bach, beim Steinbruch vorüber , fih gegen Becf66 bewegen. Wir erwarteten einen gewals tigen Stoß ; allein ein heftiger Platzregen ſchien plöglich die Defter- reicher von ihrem Vorhaben abgebracht zu haben; denn fie ließen es bei einer Demonftration bewenden.

Um diefe Zeit war Weiden zur Uebernahme des Commandos von Windiſchgrätz in Peſth eingetroffen und hatte befchloffen, nachdem es ihm nicht mehr gelungen war, unsan der ®ran zuvorzus kommen, die öfterreichiiche Armee aus dem Innern des Landes bis an die Grenze zurüdzuzicehen. Die Corpo Schlid und Cſorich foll- ven ihre Richtung gegen Pres burg nehmen, um dort mit den andern Srreitfsäften ſich zu vereinigen. Jellachich erhielt den Befehl, langd der Donau gegen Effeg zu bewegen, Slavonien und Kroatien zu fihern, und auf dem füdlichen Kriegsſchauplatze den bebrängten Serben die Hanb zu reihen. Endlich ward noch bes ſchloſſen, eine Belagung in Ofen zurüdzulafien, welche bie Bewoh⸗ ner ber Hauptfläbte in Schach halten und einen Theil der ungariſchen Heeredmarht beicyäftigen ſollte. Die Nacht vom 23. zum 24. wurde zur Räumung von Peſeh und zum Rädzuge über die Donau ber Binnnt. "Das Hauptquastier war ſchon am 22. über Stuhl⸗ weißenburg nach Weszprim umd dann nad Dedenburg verlegt.

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_— 356 . Einige Tage früher hatte eine große Zahl politiicher Gefangenen uns

ter ftarfer Escorte denjelben Weg genommen. Am 23. um 11 Uhr

Nachts nerließ auch die Hauptmacht der Defterreicher in aller Stille das Lager am Rakos und rüdte über zwei Brücken, indem fie bie Schiffsbrücke hinter fi) abbrannte und die Kettenbrüde unpraftifabel machte, nach Dfen. Die legten Abtheilungen flüchteten fidy mit Kähnen auf das rechte Ufer; fo daß von dem ſtolzen oͤſterreichiſchen Hauptheere nur noch einige taufend Kranke und Verwundete in Peſth blieben.

Am Morgen des 24. fah man eine große Rauchwolfe über die Hauptftädte emporfteigen, die auf einen befondern Vorfall im feind- lichen Lager fchließen ließ, und bald kehrten Cavallerie⸗Patrouillen mit der Nachricht von dem Abdzuge der Defterreicher zurüd. Aulich ritt nun ſelbſt bis an die Stadt. Ueberall ftanden noch die Zelte im öfterreichifchen Lager aufgefchlagen,, die ınan beim eiligen Rüdzuge abzubrechen vergaß. Aber anftatt Eaiferlicher Söldner erging ſich dort jetzt das befreite Volk, und überließ fich den Ausbrüchen feiner lange unterbrüdten Heiterfeit und guten Laune. Bei der Annähe rung Aulich's eilte Zung und Alt herbei, um bei Begrüßung des ungarifchen Generals der erfte zu fein. Aulich aber, beſcheiden wie immer , entzog fi, von weichen Gefühlen überwältigt , ſchnell den Freudenbezeugungen der begeifterten Bewohner. ine halbe Esca⸗ dron Würtemberg- Hufaren durchftreifte Hierauf die Stadt und fehrte,, jeder Reiter ınit Nationalfahnen, Rränzen und Bändern ges ſchmuͤckt und von Wein und Freude glühend, nady Czinkota zuräd.

Am 25. bezog Aulich vor Peſth im Often der Etadt ein La⸗ ger. Die Divifion Aoboth Fam nah Sorokſar. Aulich felbR nahm fein Hauptquartier in einem der erften Häufer und orbnete von dort die Civil- und Militärs Angelegenheiten der Stadt. Zwei furze

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Prorlamationen an die Einwohner verfünbigten den Einzug ber ungarifchen Truppen und die Einſetzung der geieglichen Behoͤrden. Wegen fchneller Errichtung von Epitälern, Berpfleged : Magazinen und Monturs⸗-Commiſſionen wurden die zwedmäßigften Anftalten getroffen.

So ward die Aufßerft ſchwierige Unternehmung, bie vierzehn Tage andauernde Offenfive einer fleinen Schaar gegen einen dreifady überlegenen Feind, durch Lie Kriegsgewandtheit des Fuͤhrers und die Bravour und Ausdauer der Truppen nur mit dem Verluſte von 500 Mann erfolgreich an’d Ende geführt. i

Am 29. erhielt Aulich von Goͤrgey die Weilung, mit feinem Corps die Donau zu üiberfegen und fi) der Armee vor Ofen an zufhließgen. Am 1. Mai brach er von Beth auf und bewirkte in der Nacht vom 3. auf den 4. den Üebergang auf das rechte Ufer gegenüber von Ercſény mittelft einer ſchnell gefchlagenen Brüde und Fähren.

In Peſth blieb eine Brigade unter Oberflleutenant Patay zus rüd, die fpäter noch durch eine Brigade verflärft unter dad Com⸗ mando des Oberſten Szekulits geftellt wurde.

Die Diviſion Kmetty ging bei Gran über die Donau und ſchloß ſich gleichfalls den Cernirungstruppen vor Dfen an.

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VII.

Belagerung von Komorn. Erſtürmung der Schanzen bei Ujszoͤny und Schlacht bei Komorn 26. April. Betrachtung. Belagerung und Er: flürmung von Ofen. Schluß.

Bevor wir den Aprilfeldzug der ungarifchen Hauptarmee mit feiner legten Waffenthat fchließen, ift ed nöthig , die Schidjale der Feſtungen im Rande und insbefondere die Belagerung von Komorn in gebrängter Kürze zu fchildern. "

Bon ben fünf Feftungen, die wir beim Beginn des Winterfelds zugeö in unferm Befiß hatten, waren Effeg und Leopoldftabt nach unrühmlicher Vertheidigung gefallen, fo daß im April nur noch die beiden Bollwerfe Komorn und Peterwardein und bie Berguefte Munkaco Widerftand leifteten. Durch den Ball von Effeg, wo Oberfilieutenant Ludwig Foͤldvary befehligte, vers loren wir unfer Pivot an der Drau ; der Berluft von Leopoldſtadt aber beraubte und der Freiheit der Operationen an ber mittleren Waag. Hier commandirte Major Ordodi, durch deſſen unmänns liche, bedingungsloſe Ueberlieferung der Feſtung zwei eble, patrio⸗ tifche Männer ter Graufamfeit Oeſterreichs geopfert wurden: ber ritterlihe Oberftlieutenant Baron Labislaus Mednyanszfy, Hortificationds Director, und der Commandant der Artillerie, Haupt- mann Gruber, die für ihr muthvolles Beharren bei der Vertheidi⸗ gung der Feftung den Märtyrertod auf dem Galgen fterben mußten.

Die Vorfälle in und um Beterwarbein findet der Lefer im II. Abſchnitt bei den Ereigniffen auf dem füdlichen Kriegefchauplage

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deſprochen. Munksco wurde in dieſer Periode bes Krieges nicht bebroht, da es von ſaͤmmtlichen Kriegöfchauplägen zu entlegen wat, und fo bleiben und bloo die bisherigen Ereigniffe in und um Kos morn zu erzählen.

Auf der oͤſtlichen Spitze der großen Schuͤttinſel und an beiden Ufern ter Donau gelegen , beherricht Komern diefen Etrom auf das Vouftändigfte und ſetzt den Befiper in den Stand, feine Opera⸗ tionen zu jeder Zeit auf das eine oder das andere Ufer zu verlegen. Die Werfe Komorn’s find von großer Austehnung und eben fo vielfältig in ihrer Anlage. Den Mittelpunft bildet die auf ber Außerften Anfelipige liegende fogenannte alte Beftung, welche durch die Wälle der neuen Feſtung gegen die Schütt erweitert und ver» ſtärkt wurde. In jener befinden ſich die Depots, Bäckereien, Waffen⸗ fabrifen und Pulver⸗ und Munitiondvorräthe; dieſe enthält die Wohnungen des Bommandanten , der Diflziere und einige bomben⸗ fefte Caſernen. Die Brüdenföpfe ſind zu beiden Eeiten der alten Feſtung gegenüber angelegt. Der auf dem linfen Ufer der Wang» Donau gelegene, der Waagbrüdenfopf genannt, beftehr aus einer Reihe unter fih verbundener Redouten, die einige hundert Schritte oberhalb der Waag⸗Donaueinmündung beginnen und ſich halbmnond⸗ förmig bis an die große Donau, Oézoͤny gegenüber, ausdehnen. Der Brüdentopf auf dem rechten Donauufer, ift diefem aͤhnlich zwiihen O⸗ und Ujszdny erbaut, nur befindet er fich in beſſerem Zufande. Die bier unmittelbar vor der Brüde angelegte kafemat- tirte Sternſchanze, an die ſich rechte und linkd die Redouten ans fhließen, hätte bei der Belagerung im Frühjahr 1849 das Angriffe- object der Defterreicher werden follen.

In neuer Zeit befchloß die oͤſterreichiſche Regierung, die Feſtung dur Erbauımg von ausgedehnten Außenwerfen zu einem Plage

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erften Ranges umzufchaffen. Es murbe etwa zweitaufenb Schritte weſtlich von der Feſtung eine Linie angelegt, die aus fünf bereits vollendeten Werfen befteht, die Donau mit der Waag verbindet, daher die ganze Infel Schütt durchſchneidet, und welche zu Ehren des verftorbenen Palatins, die Balatinallinie, während unſeres Kampfes aber die Koffuthlinie benannt wurde. Bor diefer Linie beginnt bie reiche, aber furnpfige und häufigen Ueberſchwemmungen ausgeſetzte Ebene der großen Schütt. Um die Palatinallinie in volls fommenen Bertheibigungsftand zu fegen, mußten während der Be lagerung ihre noch unvollendeten-Theile, befonders bie Anſchlüſſe an die Waag und Donau, mittelft Erbwerfen ergänzt werden.

Die Stadt Komorn liegt zwifchen bem Glacid der Feſtung und der Palatinallinie und zählte früher 2000 Häufer mit 20,000 Einwohnern. Ihr gegenüber und rechts vom Donaubrüdenfopfe liegt das Dorf Ujozoͤny, zwiſchen biefem und der Stadt die etwa 2000 Schritte lange Donauinfel. Der größte Theil der Stadt, fo wie die füdlichen Außenwerfe werben durch die oberhalb Ujozoͤny beginnende Hügelreihe, deren höchfter Punkt, der Monostor, hart am Ufer fich erhebt, eingefehen. Hier kann ber Feind feine erften Batterien gegenüber der Stadt und der Yeftung verdedt aufführen und die Donauübergänge zerftören. Um dem vorzubeugen, befchloß bie ungarifche Regierung ſchon im Herbft 1848, diefe für die Feſtung fo gefährlichen Höhen mit Schanzen verfehen und zum Schupe des rüdwärtigen Terraind als verfchanzted Lager verwenden zu laflen. Den Bau leitete Oberftlieutenant Toͤroͤk, konnte jedoch damit nicht au Ende fommen, und ald Görgey im December gegen Peſth abzog und bie Feſtung auf ihre ſchwache Befagung beſchraͤnkt blieb, wurde aud) der Bau dieſer Verſchanzungen, zu deren Behauptung man nicht die nöthigen Kräfte zu haben glaubte, wieder eingeflellt.

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Die Beſatzung , welche nach dem Ruͤckzuge der ungariſchen Armee in Komorn zurüdgeblieben war, beſtand aus acht unvoll⸗ fändig audgerüfteten Honved», einem Linien» Bataillon, 700 Hon⸗ ved> Artilleriften,, einer Escadron Hunyadys Hufaren. und zwei Seldbatterien, in ber Gefammtftärfe von 9000 Mann; Genietruppen fehlten gänzlidh und mußten erfi während der Belagerung errichtet werben. Von ten 260 Gefchügen ſchweren Calibers, weldye bie Feſtung zählte, befand fich etwa die Hälfte auf den Wällen ; die ans dern waren ohne Lafetten. Die Feſtung hatte hinreichende Munition und Mundvorratb. Feſtungs⸗Commandant war Majtenyi; Bortificationd» Director Oberftlieutenant Töröf; Artillerie⸗Com⸗ | mandant Major Mak. Die Befayungstruppen befehligte Oberfls lieutenant Rodztolänyi; unter ihm fanden als Brigadiere bie Majore Graf Paul Efterhäzy, Buerlonde, Janik und Graf Dtto Zichy. Die Befabung von Komorn bildete bei der fpäteren Eintheilung der Armee dad 8. Corps.

In ſolchem Zuflande befand fi die Feſtung, ala am 30. Des cember 1848 das 2. oͤſterreichiſche Corpo außer dem Schußbereiche der Mauern aufmarfchirte und die Beſahung zur unbebingten Unters werfung aufforberte. Die Antwort war verneinend , weldher Maj⸗ tenyi noch Hinzufügte, daß er fie feinem conftitutionellen König Berbinand V. erhalten wolle. Die Oeſterreicher zogen hierauf ab und ließen zur Gernirung ter Seftung auf dem rechten Ufer blos die Brigade Lederer unter Ramberg und in der Schütt die Divis fon Kempen zurüd. Am NReujahrötage bezog der Feind auf dem rechten Donauufer bie Eernirungslinie, welche, da die Beſatzung nicht nur die Verfchanzungen auf dem Sandberge, fondern auch O⸗ und Ujszöny geräumt und fi bio in die Rebouten deö Brüdens lopfes zurüdgezogen hatte, von Oszoͤny über Mocfa im Halb⸗

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freife bis an die Donau ſich ausdehnte. Die Schütt blieb von ber mit dem Hauptquartier in Preoburg ftehenden Divifion Kempen nur ſchwach beobachtet, und auf dem linken Donauufer, wo es bid Leopoldſtadt feinen Feind gab, blieb die Feſtung gänzlidy offen.

Es ift leicht zu erfennen, daß das faum 7000 Mann farfe Blofades Corps auf dem rechten Ufer und in der Schütt durch fräf- tige und wohleingeleitete Ausfälle ter Befagung mit leichter Mühe hätte vernichtet oder wenigften® zuruͤckgeworfen werden fönnen , wos durch nicht nur die Verbindung der feindlichen Hauptarınee bedroht, fondern auch der Befig von Os und Ujs zöny und des Monostor gefichert worden wäre. Aber die erfte Epoche der Vertheidigung war fo ohne Plan und Energie, daß, einige Heine Unternehmungen In der Schütt und auf dem linken Donauufer abgerechnet, im Januar und Februar nichts von Bedeutung vorfiel. Unter diefen Unternehmuns gen verdienen wegen ihrer fchönern Erfolge folgende zwei ermähnt zu werben. j .

Am 13. Januar griff Oberftlieutenant Guerlonde bei Nyäs rasd in der Schütt mit 2 Bataillons, 1 Escadron und 1 Cavallerie⸗ Batterie die 3000 Mann ftarfe Brigade Reuftädter an, fchlug fie enticheidend und trieb fle über Szerdahely gegen Bresburg zurüd. In Folge dieſes gelungenen Angriffes unternahm einige Tage fpäter eine Cofonne von A Sompagnien, 1 Escadron und einer Batterie einen Ausfall gegen du6 Dorf Eperjes am Reuhäusler Donauarme, machte bort die Befapung von 300 Mann nad) kurzem Widerſtande gefangen und fchaffte auch die dortigen anſehnlichen Ealzoorrärhe in die Feſtung. Minder glüdlidy waren andere Aus⸗ fallöverfuche am rechten Donauufer gegen O⸗ und Ujszöny und einer im Februar gegen Neuhaͤuſel.

Mittlerweile traten in der Feſtung einige Veränderungen ein.

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Majtenyi, der gleich nach der Räumung der Hauptfläbte durch die ungarifche Hauptarmee mit feinem wanfenden Benehmen fi ſehr auffallend ınadhte, wurde burdy die Regierung von feinem Poſten entſegt, und an feiner Stelle Oberftlieutenant Töröf zum Feſtungo⸗ Eommandanten, und anftatt dem Letztern Oberftlieutenant Thaly zum Sortificationds Director ernannt. in Kriegerath,, zuſammen⸗ gelegt aus dem Commandanten ber Feftung, dem Regierungscoms miſſar Buy, ben Truppenführern, dem Platzcommandanten, bem Bortificntionds Director und dem Artilieries Commandanten , follte über die Sicherheit der Feſtung und deren Vertheibigung wachen. Die Energie diefer Männer ließ ſich bald in den Anftalten erfennen, die zur andauernden entichiedenen Bertheidigung getroffen wurden, und wobei beſonders von fortiftcatorifcher Seite Bedeutendes gelciftet wurde. Die Werke auf der noch offenen Strede der Waaglinie wurden vollendet ; die von der WBaags Donau gebildete Apäliens . Infel gegenüber dem Waaganſchluſſe der Palatinallinie wurde bes feſtigt, das Gehoͤlz daſelbſt ausgehauen, endlich die Verſchanzung der Donauinſel begonnen und zur Vertheidigung des Stromes ein⸗ gerichtet. Aber auch das Cernirungscorpo erhielt Ende Februar durch Simunich, der nach der Einnahme von Leopoldftadt an die untere Waag und in die Schütt gerüdt war und nun das Kommando vor Komorn übernommen hatte, eine bedeutende Verftärfung, wodurd) bafjelbe auf vier Brigaden mit 12,000 Mann anwuchs und in den Stand gefept wurde, bie biöher fehr lockere Cernirung in der Schütt und an der Waag enger und fräftiger zu bewirken. Es wäre indeſſen auch jegt noch möglich geweſen, bei entichloflener Führung und Vers wendung der Beſahung, die Gernitungslinie mit Erfolg an jebem bes liebigen Bunfte durchzubrechen; aber der ausgedehnte Feftungspienft, ned) mehr jeboch einige mißlungene Ausfälle vermochten ten Krieges

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rath, bis auf Weiteres fich auf die paffive Bertheidigung ber Feſtung zu befchränfen.

Gegen den 10. März begann der Feind ernftlich an die Bes lagerung zu denken. Bon Wien gingen Brüden, Cquipagen, Dampfr (chiffe, Truppen und vorzüglich techniſche Abtheilungen zur Eernirung ab. Nach und nach waren A2 Gefchüge und Mörfer angelangt, tie auf der Hügelreihe, vom Sandberge gegenüber der Sternichanze, ans gefangen, bi6 zum Monostor in acht Batterien eingeführt werden follten. Ein Theil der Belagerungsarbeiten, befonters auf dem Monostor war bis zum 24. März vollendet und ber Feind fonnte um biefe Zeit mit Nachdruck fein Feuer eröffnen, das fich vorläufig auf die Zerftörung ber Stadt und die Enfilirung des linken Ylügeld der Palatinallinie richtete. Der Bau der übrigen Batterien ging langlamer und mit größeren Schwierigfeiten vor fi) , da der Feind hiebei theild durch das lebhafte Feuer aus der Sternfchanze , theil® durch die Gefchüge vom Hauptwall und der Eontregarbe an ber Donaufront der neuen Feftung verhindert wurde. Die Höhen vom Monostor bis zum Sandberge bifveten fomit die erfte Linie, von wo ber Feind durch ein fräftiges Bombardement die Feſtung zur Unter werfung zu zwingen hoffte. Gelang bie® nicht, fo ſchien der Donau-Brüdenkopf fein nächftes Angriffdobject gewefen zu fein. Der 31. März war zur engeren Gernirung beſtimmt, zu welchem Behufe die biöher bei Puszta Lovad ſtehende Donaubrüde, nad Nemes Örs herabgebracht wurde. Am Morgen dieſes Tages lich der Feind feine Colonnen von allen Seiten in Bewegung feßen, wo⸗ mit zugleich bie Adficht verbunden war, gegen den nur ſchwachbefe⸗ fligten und an manchen Stellen nicht ganz flurmfreien Waagbrücken⸗ fopf einen Handftreich auszuführen, ber durch einige frühere öfter

reichifche Artilleriften in der Feſtung unterkügt werben ſollte. Cim |

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Colonne ging bei Kosze gfalva über die Waag und dann an deren linkem Ufer herab, beſezte Puozta Rava und rüdte bis zum Waͤld⸗ hen gegenüber der Apalien⸗Inſel vor, wo fie mit ben auf der Ins jel poftirten HonvedsAbtheilungen in ein lebhaftes Plänklergefecht verwidelt wurde. Eine andere Colonne näherte fi am rechten Waagufer bid auf Schußdiſtanz zu dem Anfchluffe der Palatinallinie und ber Werfe A und 5. Die dritte Abtheilung ging von Nemes Ors am linken Donauufer biß zu einem Gehoͤlz etwa 1500 Schritte vor der PBalstinallinie vor. Ale dieſe Angriffscolonnen geriethen in daß heftigſte Feuer und wurden von ber Beſahung, Lie gleichzeitig einen Ausfall machte, auf allen Bunkten mit ſchwerem Verluſte zus rüdgetrieben. Während dieſer Demonftration in ber Schütt fchritt der Feind zum ernftlichen Angriff gegen ben Waagbrüdenkopf, indem er in drei Colonnen bie Zfitoa überfegte und von Berfölde und den Ziegelöfen bis an die Donau, gegenüber der öftlichen Spitze des Brüdenkopfes, fi) zu entwideln begann. Nach mehrftündigen Geſchuͤtzkampfe, wurde derfelbe auch hier, Dank der Ausdauer unfes ter braven Artillerie , zurückgeſchlagen und über die Zſitva verfolgt. Um 4 Uhr Rachmittagd waren die Defterreicher, nachdem fie fich von den Bertheidigungsanftalten der Befagung hinreichend überzeugt hats ten, von ihrem tollen Unternehmen auf allen Bunften abgeftanden. In der Nacht auf den 1. April gelang ed dem Feinde, in bie Batterie der Schanze 8, welche noch von den Ungarn erbaut, ſpaͤter jedoch verlaſſen wurbe, 4 vierundzwanzigpfündige Geſchuͤtze eins zuführen, die beſtimmt waren, den Donaubrüdenfopf zu forciren und die Feſtung mit glühenden Kugeln zu befchießen. An diefem Tage langten von Wien noch weitere zwölf Geſchuͤtze mit der nöthigen Munition an, und bald fpielten alle acht Batterien, welche bie Stadt in einen Schutthaufen verwandelten. Zur Erwiederung

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des feindlichen Feuers wurden unter Leitung des tüchligen Artillerie:

Commandanten Kriväciy, Nachfolger des wegen verfchicbener uner⸗ wieſenen Beſchuldigungen in Haft gebrachten Mak, in der Stern⸗ ſchanze und an der Donaufront der alten und neuen Feſtung, Schar: tenbatterien eingefchnitten und auf der Donauinfel, dem Monostor gegenüber, Mörferbatterien errichtet, die Tag und Nacht mit dem beften Erfolge den Feind in feinen Arbeiten ftörten und ihm große Berlufte zufügten. Die Donauinfel erhielt uͤberdies nad dem Entwurfe Thaly's eine fehr flarfe Umfaffung mit mehreren zur Bes Rreichung des Stromes eingerichteten 18 und vierundzwanzigpfün⸗ bigen Stranbbatterien.

Das Bombardement ber Feſtung dauerte bis zum 20. April ununterbrochen fort, ohne daß der Feind Miene machte, weitere Approchen zu eröffnen. Er fchien zu fehr auf bie Wirkung feiner Beichießung zu rechnen, die aud wirklich die Stadt zerförte, deren Bewohner, aus ihren Häufern vertrieben, fid im bis Kafematten ber Balatinallinie und in die Baraden auf der fogenannten Zigeuneniviefe, oder in das im Rayon ber Zeitung liegende Dorf Izſa flüchten mußten. Trotz ben fchwerken Entbehrungen blicben fe jedoch in ihrer Liebe und Anhänglichfeit zum Baterlande uns fchüttert und brachten jedes Opfer bereitwillig. Sie verfahen den Wachdienſt in der Stadt, wirkten ermunternd auf den Geiſt der Trup pen und gaben täglich 1000 Arbeiter zum Schanzenbau, wobei fich, auch im beftigften Feuer, das manden Bürger hinwegraffte, bie zarteſten Damen, wie ber legte Tagelöhner ohne Ausnahme bethei⸗ ligten. Die Bewohner Komorn's haben mit einem Worte ſich während des ganzen Kampfes Die Bürgerfrone verdient.

Bom 17. April an verboppelte ber Feind fein Feuer, und fdien Alles anzuvenden, um ben Much ber Bestheibiger zu brechen. Am

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20. hatte die Heftigkeit der Beſchießung den hoͤchſten Grab erreicht; da erichien Guyon, ald von ber Regierung neuernannter Feſtungs⸗ commantant mit 60 Hufaren vom 1. Regiment, an deren Spige er nad) der Sarloer Schlacht das ungarifche Lager verlaſſen und fidy den Weg in bie Beftung gebahnt hatte, und brachte nach Komorn bie Kunde von der nahen Rettung. Zwei Tage fpäter war Komorn, wie wir es bereitö wiflen, auf dem linfen Stromufer entfeßt und die ungarifcdye Hauptarnıee zur Fortſetzung der Operationen in ihre Mauern eingezogen. Die Eorpd 1. und 3. bezogen das Lager am linten Waagufer vor dem Brüdenfopfe; dad 7. kam nad) Baͤtor⸗ keszi und detadhirte eine ftarke Abteilung nach Reuhäufel, Die fliegente Colonne des Oberftlieutenant Horvath erhielt den Befehl, in flarfen Märfchen gegen Reutra vorzurüden.

Erkürmung der Schanzen bei Ujszönyg und die Schladt Hei Komorn am 26. April.

Die unerwartete Erfcdyeinung der Ungarn vor Komorn hatte zwar den Feind zur theilweifen Aufhebung der Gernirung vermocht, . allein fo lange berfelbe noch vor der PBalatinallinie Rand und auf dem rechten Donauufer Herr von O⸗ und Ujdzoͤny, der Höhen am Monostor und ded Sandberges war, blieb der Eutfap der Feſtung nur unvollſtaͤndig, und ber Rüdzug der Deſterreicher auf der Straße nad) Raab gefihert. Goͤrgey beſchloß daher, den Feind zuerſt aus der Schütt zu vertreiben, dann aber auf das rechte Lifer überzufepen, die Brlagerungsarbeiten zu erftürmen und fi auf bie Verbindungen der zurüdweichenden feindlichen Dauptarmee zu werfen. lm dies zu beivirken, ward dem Seflungecommande ker Befehl zum Brüdens ſchlag über die große Donau zwifchen ter alten Feſtung und der Sternſchanze binnen AB Stunden, ertheilt. Inzwiſchen follte eime

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Divifion der Komorner Beſatzung unter General Lenkey am 23. ausfallen und ben Feind aus der Schütt vertreiben. Beides gelang nah Wunſch. Lenkey fchlug die zerftreuten Abtheilungen der Kaiſerlichen in der Schütt nach unbebeutendem Gefechte, zerftörte ihre Verbindungen bei Lovad mit dem rechten Donauufer, und trieb bie Hauptcolonne über Nyärasd zurüd, wo fie fidh nur ınit Mühe anf das Reſervecorpo an der Waag retten fonnte. Der Brüden- fchlag war bei der Gefchidlichkeit und Ausdauer unferer Pioniere und der Komorner Zimmerfeute, unter Zeitung bes Oberſtlieutenant Thaly, in der Radıt vom 25. auf den 26. mittelft Floͤſſen vollendet, obwohl der Feind durch ein unausgeſetztes mörberijches Feuer die Ar- beiten zu ftören geſucht hatte.

Am 25. wurden die Dispofitionen zur Erftürmung der Schans zen auf dem rechten Donauufer, wegen Unwohlfein bed Generalſtabs⸗ cheſs, der überdies mit dein Angriff nicht einverftanden war, von mir wie folgt entworfen:

Der Angriff erfolgt in der Nacht vom 25. auf den 26. durch fünf Brigaden unter Commando des Oberft Knezich. Die Brigaben Kiſs und Kölenyelfy vom 3. Corps rüden um Mitternadst in aller Stille über die Donau und formiren fi) zum Sturme im Brü- denfopfe rechts vor der Sternſchanze. Diefen folgen bie Brigaden Schulz und Zaké vom 1. Corps, marfchiren rechts von denfelben auf und befegen mit ftarken Abtheilungen die rechten Ylügelredbouten gegen Ujszöny. Die Brigade Dipold beginnt vor Mister nacht die Donau mittelft Plätten zu überfepen, rüdt in die gegen D8zÖnY liegenden Schanzen bed Brüdenfopfes und bleibt mit einem Theile der Truppen zum Angriff auf diefen Ort bereit. Ale biefe Brigaden fammeln fi) mit Einbruch der Nacht auf dem Glacis und in ber neuen Feſtung und beginmen von dort ihre Abrückung.

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Den Ueberfall eröffnet die Brigade Kiſs, indem fie nach erhaltenen Aviſo aus dem Brüdenkopfe plöglich hervorbricht, die Richtung gegen den Sandberg, den hochſten Punkt auf der Linie bis Ujszöny, nimmt und denfelben ohne Echuß mit dem Bajonnet erflürmt. Die Brigade Kökényeſſy hat Kifs zu unterftügen, und beide beginnen nad Zurüdlaffung einer ſtarken Befagung auf den Sandberge, von bier vereint die Aufrollung der feindlichen Linie gegen den Monvstor. Mittlerweile dringt auch Schulz an der Donau vor und nimnıt Ujsézöny. Ale Eolonnen fuchen hierauf fo rajch wie möylich den Monostor zu gewinnen, wobei fie durch eine ftarke Abtheilung ber Komorner Beſatzung unterflügt werden, bie unter Anführung Guyon's von der weſtlichen Spitze der Donauinfel mittelſt Fähren über den Strom ſetzt und ben Feind im Rüden faßt. Zu gleicher Zeit wit diefem Angriffe geichieht auch der Sturm Dipold's auf Oszoͤny. Bor Tagedanbrudy müflen ſaͤmmtliche Etellungen des Geindes in unferm Beftse fein; dann bebouchirt der Reſt der beiden Armeecorp6 mit den Geſchuͤtzen und der Cavalltrie und bie ganze Armee marſchirt auf den eroberten Höhen in Schlachtordnung auf, wo fie die Ankunft des 7. Corps erwartet, um die weitere Borrüdung auf der Raaber Straße zu beginnen. In der folgenden Schlacht, wenn es dazu fömmt, commandirt Klapfa den linfen Flügel; Damjanich das Centrum und Görgey in eigener PBerfon den rechten Fluͤgel. Das 7. Korps bildet die Referve.

Die Ausführung diefer Dispofitionen geſchah während ber Nacht in größter Ordnung und Etile. Die Defterreicher hatten am Abend des 25. ihr Feuer eingeftellt und trafen Anſtalten zur Räumung der Verſchanzungen. Sie erwarteten unfer Debouchiten erſt am naͤchſten Tage, hielten ſich daher für dieſe Nacht noch ficher.

Zwiſchen zwei und brei Uhr begann unfer Angriff. Die Schans

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zen und Batterien auf bem Sanbberge wurden von ber Brigate Kife im erften Anlaufe erftürmt und die Beſatzung größtentheild nieders gemacht oder gefangen genommen. Hier fielen fieben ſchwere Ge⸗ fchüge und eine große Menge Munition in unfere Hände. Schwie⸗ tiger war der durch Schulz unternommene Ueberfall auf Ujzoͤny, wo eine flarfe Beſatzung Fräftigeren Widerftand leiftete, bis unfere tapfern Honvede audy hier eindrangen und den Feind zum Rückzug in die Monostorer Berfchanzungen zwangen. Gegen diefe richtete fi nun der concentrifche Angriff fämmtlicher Sturmcofonnen, und bald entipann fich ein wüthender Kampf um tie Echanzen auf der Höhe, die im Herbft von und errichtet, jegt dem Feinde zum Schutze dienten. Abfchnitt un Abfchnitt mußte erobert und die Paliſſaden erklettert werden, bis endlich die Dechargen Guyon's im Rüden des Feinded den Kampf entfchicden. Die Defterreiher von den Höhen verdrängt, entflohen auf der Straße nah Ach. Nah dreiftündigem blutigem Gefechte gelangten wir vor Tagedanbrucdh in den Befiß von Uj zoͤny und der feindlichen Verfchanzungen, wo⸗ durch wir hinreicyenden Raum gewannen, bei Eonnenaufganrg uns dem Feinde gegenüber in Schlachtorbnung zu entwideln. Nur die Brigade Dipold hatte ſich verfpätet und unternahın den Angriff auf ÖszÖny erft in der Dorgenvämmerung. Die Befapung dieſes Ortes wich einem Zufammenftoß aus, und wollte fih nah Mocſa retten; mußte aber unweit von dieſem Orte, mehrere hundert Mann ſtark, worunter die ganze Divifion Deutſchmeiſter⸗Grenadiere, vor zwei Escadronen Coburg» Qufaren, die ihr den Rüdzug abges fhnitten hatten, die Waffen ftreden. Die Ocfterreicher, welche aus dem Arımeecorpe Simunid, und heilen des 2. und 3. Corps beftanden, zogen ſich nach dem Verluſt ihrer Schanzen aus ihren Ragern bis vor den Acfer Wald zurüd,

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wo fie eine Stellung nahmen , deren linker Fluͤgel ſich an bie Weins berge an der Donau ftügte, bad Centrum auf den Hügeln vor Har⸗ fäly dem Sanbberge gegenüber, und ber rechte Blügel auf der Dos tifer Straße, zwiſchen Mocſa und Os zoͤn y land. Ihre Stärke betrug 26— 30,000 Mann mit mehr als 100 Gefchügen.

Unfer rechter Fluͤgel Rand auf dem Monostor und an ber Acier Straße, das Eentrum vor und auf dem Sandberge, und ber linfe Slügel an der Mocfaer Strafe bis Oszoͤny.

Nach ſechs Uhr Morgens war Goͤrgey auf das Schlachtfeld gefommen unb befahl ungefäumt bie weitere Vorrüdung. Der Schwerpunft unferer Kraft lag auf dein rechten Blügel, am ſchwaͤch⸗ fen war die Linke befept; die Cavallerie befand fich im zweiten Treffen hinter dem rechten Blügel und dem Centrum vereinigt, und nur vier Eocadrons Rüpten den linfen Slügel. Der Meine Reſt der zwei Eorps Hielt mit einem Theile der Romorner Befagung als Referve den Brüdenkopf befegt. Das 7. Eorps war von Szt. Peter im Anmarſch begriffen. .

Der Kampf entwidelte ſich auf dem linken Flügel ziemli günftig. Der Beind, derung bier ftärfer glaubte, als wir waren, verhielt ſich anfangs vertheidigungsweife, ging jedoch zum Angriff über, als das überlegene Feuer feiner Batterien und zum Stehen brachte; endlich verließ er feine gute Stellung und drängte ung all» maͤhlig gegen die Sternſchanze zurüd, Fam aber dadurch in das mörs berifche euer der Feſtungsgeſchuͤhe, die ihn bald zum Weichen nöthigten, worauf ber linke Blügel erneuert vorrüdte und ihn gänzs lich zurücdwarf. Die Oeſterreicher retirirten mit ihrem rechten Blügel und dem Eentrum, welches durch Damjanich gebrüct wurte, bi6 Mocfa, wo fie auf den Sanbhöhen gegen Efem von Neuem Stellung faßten. Während wir berart auf dem linken

24°

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Zlügel und im Centrum einige Vortheile errangen, hatte Görgey einen deſto ſchwereren Stand gegen ben feintlichen linfen Flügel bei Acs, wo der mit Jägern ſtark beſetzte Wald auf das Hartnädigfe vertheidigt wurde. Wiederholt drangen die Honveb6 vom 9., 17., 19., 65. und die Bataillond des 19. und 60. Linienregimentd ſtuͤrmend in den Wald ein, Eonnten ſich jedoch darin nicht bauernd behaupten, da der Beind fortwährend neue Verftärfungen hinein⸗ warf. In ſolcher Unentjchiedenheit wugte der Kampf um den Acſer Wald mehrere Stunden lang, bis es endlich bei einem neuen, von allen Colonnen des rechten Flugels gleichzeitig mit Ungeſtüm unter⸗ nommenen Sturm unſern Bataillons gelang, fi in dem größeren Theil deflelben feftzufegen und den Beind gegen Acs zu verdrängen.

Wäre das 7. Corps in diefem Momente auf dem Schlachtfelde anweſend gewefen, um gegen den erfchütterten Feind mit frifcher Kraft den legten Stoß zu führen, fo mußte die gänzliche Niederlage defielben unausweichlich erfolgen. So aber, nachdem alle Reſerven in’d Gefecht gezogen waren, konnte den gben erfämpften Erfolgen nicht der nöthige Nachdrud gegeben werten; auch war unfere Linie bereits zu lang ohne alle Tiefe und auf mehrern Punkten ohne Ver⸗ bindung.

Sept beging Nagy» Sändor, ber die gefammte Reiterei bes fehligte, in der Abficht, die Ucberflügelung des Feindes über Nagys Igmaänd zu verſuchen in wefien Auftrag, ift mir unbefannt ben Fehler, unfere Linie, troß dein Anrüden einer feindlichen Colonne von Dotid, deren Epigen in mäßiger Entfernung bereitd zu fehen waren, mit 13 Escadrond Hufaren unfern linken Flügel noch mehr auszubehnen. Er riß in diefed vereinzelte unbetacdhte Unternehmen zugleih das 47. Bataillon und eine halbe zwölfpfündige Batterie vom linken Flügel mit ſich, die troß wiederholter Gegenbefehle ihm

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dennoch angefchloffen blichen. Die Defterreicher concentrirten ſich in Folge diefes zwifchen Mocfa und Acs „, und es war deutlich zu fehen, daß fie hier bedeutende Verftärfungen an ſich gezogen hatten, beſonders näherten fi) von Nagy⸗Igmand ftarfe Gavalleries Abıheilungen zur Unterftügung ihres betrobten rechten Fluͤgels. Durch das Anrüden friicher Colonnen (ein Theil des Schlick'ſchen Corps) auf der Dotifer Strage ermuthigt, ſammelt der Feind feine ganze Cavallerie, etwa 24 Eöcadronen mit zwei Gavalleriebatterien, und wirft fie unferer Reiterei, die bereits einige taufend Schritte vor unfes rer Linie manöprirt, entgegen. Nagy⸗San dor führt feine Hufaren, 4 Edcadrond vom 2., 4 Escadrond vom 8. Regiment und 1 Edcas tron polnifche Lanziers fühn an, ein beftiger Zufammenftoß findet ſtatt, worin wir der Webermacht weichen müffen; aber tie im zweiten Treffen ſtehenden A Escadrons des 3. Regiments ftürzen fi unter Oberſt Käryonyi auf den Feind und halten deffen mächtigen Choc durch ihren Heldenmuth auf, Die andern Hufaren haben fich ins defien geordnet und greifen von Neuem an. Schon beginnt der Feind zu wanfen, da erfcheinen in unferer Flanke neue Cavallerie⸗ maffen, die fi) an dem Gefechte betheiligen und nad) einem wüthens den anhaltenden Melée unfere Cavallerie enticheidend zurüdwerfen. Dad 47. Bataillon, das fi den vorrüdenden Hularen anges ſchloſſen hatte, wird jegt von der ganzen Wucht ber feindlichen Reis terei angefallen, zum Theil zerfprengt und nur durch die Tapferkeit des 26. Baraillond unter Major Beöthy vor Vernichtung gerettet. Raum hatte diefer, der den anfprengenten Reiterfchaaren auf dem linfen Flügel am nächſten fand, die Gefahr, worin das auf fich bes laffiene 47. Bataillon fidy befand, erkannt, als er ohne Befehl mit feinem Bataillon zur Unterfügung beffelben eilt, den heranftürmens den Reiterſchwarm durch fein entfchloffenes Borgehen und einige

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Dechargen zurüdfcheucht und fo das bereit umrungene Bataillon befreit.

Mittlerweile gelang ed mir, mit den Gefchügen bes linken Flügels die anftürmende Reiterei des Feindes durch einige Kartätfchenlagen zu erfchüttern und bald darauf durch die allmälige Borrüdung mei⸗ ner Batterien und die vortreffliche Haltung meiner Infanterie zum Umfehren gegen Mocfa zu zwingen. Die Hufaren , die ſich nad der großen Attaque an der Dotifer Straße wieder gefammelt hatten, unterftügten meinen Angriff. Da aber das 7. Korps noch immer nicht erfhien, und der Feind durch die erhaltenen Verftärfungen neuen Halt gewann, auch in dem Acſer Wald gegen die feindliche Ucbers macht nur langfame Hortichritte gemacht werben konnten, anderer feitö die feit 14 Stunden fämpfenten und feit 20 Stunden be ichäftigten Truppen ungemein erfchöpft waren, jo gab Görgey den Befehl, mit dem fernern Angriff inne zu halten und fich mit dem Beſit des Schlachtfeldes und des feindlichen Lagers, wo nody alle Zelte ftanden, zu begnügen. Die Truppen follten fi in ter Schlachtorbnung ausruhen. Der Beind, nicht minder erfchöpft, verhielt ſich auch ruhig, und fo blieben beide Theile bis zum Einbruch der Dunkelheit gegenüber ſtehen, worauf bie Defterreicher ihren Rüdzug allmälig antraten und die ganze Nacht hindurch gegen Raab fortfeßten.

Die Avantgarde bes 7. Corps Tangte gegen Abend und der Reſt bes Corps erft in der Nacht nach beendeter Schlacht auf dem rechten Ufer an. Die Unentfchloflenheit ded Eorpscommanbanten, unvorbers gefehene Hinderniffe auf dem linken Stromufer und einige Schwierig. feiten beim Ueberfegen ber Donau, wo bie Floßbruͤcke für zwei Stun- ben unpraftifabel geworden iſt, follen die Urfachen ber Berfpätung neweien fein. In der Racht bivoualirten die Corps 1. und 3. auf dem Schladhtfelde und das 7. bezog dad Lager vor Oszoͤny.

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Der Verluſt des Feindes mag ſich auf 1200 Todte und Ver⸗ wundete belaufen haben. Ueber 1000 Gefangene, 7 Geſchüuͤtze, eine Menge Munition und zwei große Lager fielen in unfere Hände. Unfer Berluft betrug 800 Dann.

Mit der Schlacht am 26. April, die mit geringer Unterbrechung von 1 Uhr Morgens bis 1 Uhr Nachmittag dauerte, hatte unfere Hauptarmee die große Aufgabe der Aprilcampagne, den Entfah von Komorn vollftändig gelöft und die Siege von Hatvan, Täpio Bicsfe, Iſaozeg, Waitzen und Nagy⸗Sarlô burd eine eben, bürtige Waffenthat glänzend gefchloffen. Die Truppen des 1. und 3. Corpo aller Woffengattungen , denn hauptlächlich find nur biefen alle Erfolge zu verdanken, haben einen ſolchen ausdauernden Helden» muth an den Tag gelegt, daß ınan von nun an unverzagt, und mit. erprobtem Celbftvertrauen, den fommenden Ereigniffen entgegens ſehen fonnte.

Ueber den ganzen Apriffeldzug will ich nur fo viel fagen, daß bie Refultate defielben noch viel großartiger hätten werben müflen, wenn Börgey bei Iſaszeg und Komoren die ganze disponible Macht und nicht blos einen Theil derfelben in die Wage der Ent⸗ ſcheidung geworfen hätte.

In bdiefen Tagen fland Ungarn auf dem Gipfel feines Ruhmes. Aus allen Theilen des Landes langten Berichte über vollftäntige Eiege ein; Siebenbürgen war vom Feinde gefäubert; im Banat Rand Bem vor den Thoren Temesvär’s, und Perczel richtete den legten Etoß gegen den verfcheidenten ferbifchen Aufftand. An der obern and unten Donau, an der Waag und Maros und ringsum auf dem mächtigen Gürtel der Karpathen flatterte die heilige Tricolore Ungarns , dad Vaterland war bis auf einen ſchmalen Streifen Lan⸗ des zurüderobert,

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Nach dem Entſatze von Komorn lag das Schickſal Ungarns in der Hand Görgey's. Das Glück hatte ihn bidher ſichtbar m feinen Unternehmungen begünftigt, er ſtand als weitleuchtender Stern an dem trüben Horizonte ber bereitö untergehenden europätichen Freiheit; die Welt blicte auf ihn mit erwartungevoller Bewunde⸗ rung. Bon Komorn führten jegt zwei Wege in bie verhängnißs volle Zukunft. Der eine zur Entſcheidung nach der alten Kaifer Radt; der andere in dad Labyrinth von Verſäumniſſen und Ber wirrungen nad) Ofen. Görgey wählt den letzteren, und ber erfle Schritt. zum Verfalle war gejchehen !

Am 28. April fegte fidy die Arınee von Komorn in Bewegung. Das 7. Eorps, nunmehr unter Oberft Böltenberg, wurde zur Bes ‚obachtung der öfterreichijchen Arınee nad Raab beorbert. Ein Theil der Komorner Befapung unter Oberft Kosztolänyi follte bie Schütt befegen ; alle anderen Truppen, mit Ausnahme einiger Des tachements in ben Bergflädten und an der Reutra, erhielten Befehl, vor Ofen zu rüden. Goͤrgey felbft wollte die Belagerung leiten.

Die Belagerung von Tfen vom 4. bis zum 21. Mat.

Die Feſtung Ofen bat im Laufe ber Zeit fo viel von ihrer Stärfe verloren, daß von dem einſt hochwichtigen Bollwerfe des Halbmonded, an dem im 16. und 17. Jahrhunderte fo viel uns gariſche und Faiferliche Heere ihre Kraft zerſchellten, auf der iſolir⸗ ten Anhöhe, worauf fle fteht, nicht® ald der Hauptwwall ohne Gras ben und Glacid geblieben ift, der mit Ausnahıne der Donauſeite rings von dominirenden Höhen eingefehen wird. Es verfieht ſich, daß die Feſtung bei folcher Lage und folchem Zuftande der Werfe feine regelmäßige Belagerung aushalten fonnte; warb jedoch auf bie Vertheidigung berfelben ein befondere® Gewicht gelegt, fo fonnte

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ihre Feſtigkeit in den Hänten eines geſchickten und entſchloſſenen Mannes wie es diesmal wirklich der Fall war durch pro⸗ viſoriſche Werke am Hauptwalle, und durch Berpfählungen und Abs ſchnitte in den engen Straßen der am Fuße deö Feſtungsberges liegen⸗ den Borflädte fehr erhöht werden. Die Wichtigkeit tiefes Platzes, als inmitten des Landes die Hauprftädte und die Donau beherrichend, warb von ben Oefterreichern bei ihrem Abzuge um fo mehr gewürs bigt, da derfelbe den Ungarn ald Köder himgeworfen, biefe möglichers weile von dem großen Ziele ihrer Operation ablenfen konnte. Al Befehlshaber in der Feſtung warb Hentzi zurüdgelafln, ein Mann , der feine Aufgabe die Rettung der Arınee und fomit des Kailerthroned wohl begriff und de&halb auch entfchloffen war, im Noihfalle fi unter dem Schutt der Feftung zu begraben. Die Befapung befand aus A Bataillons Infanterie , einer halden Com⸗ pagnie Pioniere, 1 Eocadron Dragoner und ber hinreichenden Zahl Artillerißen. Auf den ſchnell hergefichten und mit Bruftwehren versehenen Mauern befanden fi) 75 fchwere Geſchütze und Mörfer. Schießbedarf und Lebensmittel waren auf mehrere Monate vorhanden.

Die in ber Waflerftabt an der Donau gelegene Waflerleltung, welche Die Feſtung mit Trinfwafler verfah, wurde verſchanzt, mit Berpfählungen gefchloffen und mit mehreren Geſchuͤtzen und einem Bataillon defekt.

Eo war ber Zuftand ber Feſtung Ofen, als am 3. Mai bie erſten Huſaren fih auf dem Blodöberge bliden ließen und beim Zus jaucbzen der Peſther Bevölkerung dort die Tricolore aufpflanzten. Am folgenten Tage erfchien auch die ungariiche Armee, 30,000 Mann ſtark, vor ker Feſtung und bewirkte Lie Cinfchließung derfelben. Das 2. Eorp6 lagerte füdlich Hinter dem Blodöberge und Ichnte ſich mit dem rechten Blügel an die Donau, dann folgte dad 1. Corp links

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hinter bem Adferberge, dem ſich im Welten das 3. Corps anſchloß; endlich fam zum Schluß des Halbfreifes nördlich in Altofen vie Divifion Kmetty vom 7. Corps. Auf dem linfen Donauufer in Perth ftand die Diviſion Szefulitd. Das Hauptquartier befand ſich auf dem Echwabenberge.

Zur Verbindung der beiden Donauufer wurte unterhalb von Beth, an ber Nordfpige der Efepel-Infel, außer dem Bereiche ber Feſtungsgeſchütze unter Leitung der zwei talentoollen Pionier Hauptleute Böhm und Dulles co eine Schiffbrüde gefchlagen.

Noch vor Ankunft des 2. Corps, das frine Erellung erft Abends 7 Uhr einnahın, ließ Börgey am Mittag des 4. Mai alle zwölf pfündigen Oeſchuͤtze und Haubigen auf die umliegenden Höhen auf- führen und die Feſtung drei Stunden lang befchießen. Dies follte zur Ehrenrettung der Garnifon dienen, damit es nicht hieße, fic habe ohne Schuß die Waffen geſtreckt. Hierauf fandte er an Henpi bie Aufforderung zur Uebergabe, bie von Lepterem abſchlägig beant- wortet wurde. ,

Nach der Erflärung Hentzi's glaubte Börgey mit dem An: griff nicht länger faumen zu dürfen und ertheilte noch an demfelben Tage Kmetty den Befehl zur Erftürmung der Retrandyements an der Wafferleitung. Das 10. Bataillon ward mit dem Vollzug dies fer Aufgabe betraut. In der fchmalen und geraden Straße, bie längd der Donau von Norden dahin führt und wo jeder Echuß des Feinded treffen mußte, rüdten die Braven, ihre Offiziere an ber Epige, todesmuthig vor. Auf die erfte Kartätfchenlage fielen 70 ber vordern ; aber dad Bataillon ftürmte unerfchüttert, bis auf zweis hundert Schritte weiter, wo eine zweite und dritte Lage von Neuem über hundert Honveds niederftredte. Der Commandant, die Unmögs lichkeit des weitern Vordringens ohne eine frühere Vorbereitung durch

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Geſchuͤtze einfehend, zog fein Bataillon zurüd, dad in dieſem kurzen aber furchtbaren Eturme ein Drittheil feiner Leute verloren hatte. Diefer erfte Angrifföverfuh mußte Görgey überzeugen, daß ber Seind feine Bertheidigungsanftalten wohl getroffen Hatte, und er auf einen haͤrtern Widerftand floßen werde, als er es im Anfange vers muthete.

Inzwifchen donnerten unfere Gefchübe von den Höhen unabs (äffig gegen bie Feſtung herab, konnten jedoch wegen ihres geringen Kalibers feinen erheblichen Schaden anrichten. In den folgenden Tagen blieb der Generalftab Goͤrgey's in ber Hoffnung einer bals digen Sapitulation der Feſtung ziemlich unthätig und erſt, als eine geraume Zeit in vergeblicher Erwartung verging und eine Denge Runition unnüg verfchwenbet worden war, bachte man an ernftere Anftalten und ſchickte um fchwere Gefüge nach Komorn. Anftatt der nöthigen Zahl jedoch kamen nur 4 vierundzwanzigpfündige, 1 achts jehnpfündiges Geſchütz, und A fechzigpfündige und 2 dreißigpfündige Mörfer an. Daß mit folchem Belagerungsparf der erwuͤnſchte Er folg nicht fchnell genug erzielt werden fonnte, laͤßt fi wohl denfen. Hiezu fam noch der Uebelftand,, daß es audy an ben nöthigen gefülls ten Bomben fehlte, die erft nach dem Anlangen der Mörfer adjuſtirt werden mußten.

Am 1A. ward bie Brefchbatterie auf einem Hügel gegenüber der Courtine an dem Stuhlweißenburger Thore, 600 Schritte weich von den Feflungemauern , angelegt. Die Mörferbatterien famen auf den Blodöberg neben die Sternwarte und zu den Ziegel« hüten. Ginige Reveröbatterien enfilirten die feindliche Hauptfront von dem Wiener biß zum Weißenburger Thor.

Während diefer Vorbereitzingen hatte Hentzi feine Soldaten» ehre durch eine vanbalifhe Handlung für immer gebrandmarft. Er

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ließ nimlih am 14. Nachmittag Perth und die Ofner Wafferfladt ohne Urfache aus allen feinen Geſchützen auf das Schrecklichſte bes ichießen und verwülten; dad Bombardement dauerte ſechs Etunten, bald brannte die Stadt an mehreren Etellen,, fo daß der fchönfte Theil derfelben in Ylammen aufging. Viele Einwohner verloren dabei das Leben. Was aber die Falte Graufamfeit tes Mordbren⸗ ners noch verabfcheuungswürdiger macht , ift tie abſichtlich heftigere Beichießung ded Neugebäudes , worin tiber taufend franfe und ver wundete Defterreicher untergebracht waren, die mit Vorwiſſen des Feſtungscommandanten von und menfcenfreundlich gepflegt wurden. Bombe nach Bombe fchlug in das Gebäude ein und tödtete wirklich mehrere Defterreicher.

Zur theilweifen Entgeltung für die Zerftörung der Hauptftäbte richteten auch bie Ungarn ihr Feuer mit doppelter Heftigfeit auf bie Feſtung und zumal auf das koͤnigliche Schloß, das audy am 15. durch eine Granate angezündet, troß allen Löfchverfuchen der Ber fagung, bis in die untern Räume niederbrannte.

j Zur Zerftörung unferer Sciffbrüde ließ ber Yeind mehrere Nächte hindurch viele Brander und Xaftichiffe die Donau hinab» ſchwimmen, die jedoch durch die Wachſamkeit des Generalſtabe⸗ Hauptmanns Bela Rochlitz, der mit der Beauflichtigung des Etros med betraut war, ſaͤmmtlich an das Ufer gezogen wurden.

Anı 15. endlich hatte die Brefchbatterle unter Zeitung der Artils (eriemajore Raffänyi und Marko ihr Feuer begonnen, allein die Wirkung derfelben war nicht hinreichend, weil man zur Brefchlegung einen zu großen Theil der Mauer faßte und die Echüffe zu hoch rich⸗ tete; der herabfallende Schutt, der ſich am Fuße derfelden anbäufte, ließ feine gleichmaͤßige Erfehütterung zu und fchüßte fo die Dauer vor gänzlihem Einſturz. Der Feind erwiderte kräftig unfer Feuer,

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fo daß bald zwei unſerer vierundzwanzigpfünbigen Geſchütze demon⸗ tirt waren. Am 16. war bie Breſche noch nicht praftifabel.

Allein Görgey, der, je länger und hartnädiger der Widerſtand der Belagerten dauerte, um fo tiefer feine Uebereilung, vor Dfen erfchienen zu fein, fühlen mußte, konnte feine Ungeduld nicht mehr bezähmen und beichloß in der Nacht vom 16. auf den 17, einen vers zweifelten Sturm auf die Feſtung mittelſt Leitererfleigung.

Nah der am 16. Nachmittags herausgegebenen Dispoſition hatte das 2. Corpo durch die Raizenftadt dad Burgthor und den Schloßgarten, das 1. Corps die unzugängliche Breſche, das 3. das Wiener Thor und die anftoßenden Bafteien, und Kmetty die Wafr ferleitung zu nehmen. Der Siegedruf nad der Erfleigung ber Mauern war: ‚‚Eljen a Magyar !‘* (E86 lebe der Ungar), der beim erſten Ertönen auf der ganzen Linie wiederholt werden jollte. Um die Aufmerkfamfeit de® Feindes zu zerfireuen, wurde dad Geſchütz⸗ feuer auch in der Nacht fortgeiebt.

Es war eine dumpfe gewitterfchwüle Nacht. Die Luft lag bleiern und unbeweglich auf beiden Städten, fo daß man felbft in der Naͤhe der Geltung blos die Blige der Schüffe in der Luft züngeln ſah, ohne einen heftigen Anall zu vernehmen. Die Batailons rüd- ten zwifchen den halbzertrümmerten Häujern, die von Zeit Ju Zeit von den einichlagenden und zerfpringenden Bomben erfcyüttert wurs den, fill bi an die Mauer vor. Der erfie Angriff begann um 11 Uhr gegen die Waflerleitung; bald darauf ward der Sturm als gemein.

Die Beftung glich ploͤtzlich einem Bulfan, der im beftigften Aus⸗ bruch, eine Lavafluch von Bomben, Granaten, Raketen und glübenden Kugeln auf die Etürmenden auswarf. Ganze Reihen von Hons veds wurden durch die Geſchoſſe der Belagerten zu Boden gefchmets

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tert, und immer neue Schaaren draͤngten ſich an die Leitern und be⸗ ſtiegen ſie, nicht um die Waͤlle zu erklettern, denn die meiſten derfels ben waren hiezu zu furz, fondern um zu zeigen, wie groß der Hels benmuth des Ungarn fei, wenn ihn die Begeifterung für fein foftbars fted Out, für die Freiheit, erfaßt.

Die Flammen der an mehreren Stellen, zumal in der Waſſer⸗ ftadt angezündeten Holzftöße und die zahlreichen Brander, die von der Kettenbrüde auf die Donau hinabgelafien wurden, erhellten den größeren Theil des Kampfplaped. Zugleih ließ Hentzi Peſth zum zweiten Male bombardiren, obwohl von diefer Seite fein Schuß gegen die Feftung abgefeuert wurde und während des Sturmes fein Menſch auf den linfen Donauufer fich zeigte.

So wogte der furchtbarſte Kaınpf drei Stunden lang unentſchie⸗ den um die Mauern, bid endlich die Kührer die Vergeblichkeit des Angriffes erfannten und mit Tagesanbruch ihre ermüdeten Truppen aus dem Bereiche des Feuers zurüdzogen. Der Sturm war abge: ſchlagen.

Am folgenden Tage wurde in der Raizenſtadt eine zwoͤlfpfün⸗ dige Batterie erbaut, welche die Baliffaden und Erbwerfe an der Waf- ferleitung zu zerftören hatte. |

Nah dem mißglüdten Sturme fuhr die Brefchbatterie fort ihre Lagen von fünf zu fünf Dinuten gegen die Mauer zu entfenden, aber von den fünf Gefchügen waren am 20. nur nody zwei Stüde brauch⸗ bar, von denen man feine zu große Wirkung mehr erwarten fonnte. Es warb daher ein anderes Mittel verfucht. Der Pionier- Haupt mann Uſener erhielt den Auftrag zur Anlegung eines Minengan⸗ ges, der im Süpweften unweit vom Burgtbor gegraben werden follte. Die Arbeit begann und fehritt rüftig vorwärts, fo daß am 21. nur hoch 6 Klaftern bis zur Legung der Kammern auszuführen waren.

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Der Obercommantant jedoch, immer mißmuthiger bei den geringen _ Fortſchritten der Belagerung und erbittert durch die einlaufenden Rachrichten von der Unzufriedenheit der Regierung und des Reichs⸗ taged, die ihm nicht nur Zeitveriäummiß, fontern auch unnüge Aufs opferung der Mannfchaft vorzuwerfen begannen , wollte die Feſtung je eher und um jeden Preis bekommen, und ordnete den zweiten Sturm, ohne den Erfolg der Mine abzuwarten, für den 21. Mai an,

Am Abend des 20. wurden die Diepofitionen erlaflen. Die Augriffsobjecte für die verichiedenen Colonnen blieben diefelben, wie am 17. Rebftbei wurden große Belohnungen denjenigen verheißen, die zuerft die Waͤlle erſtiegen, die erfte Fahne aufyepflanzt u. f. f. Es war den Truppen ausdrücklich anbefohlen, feinen Pardon zu

ertheilen. Das Zeichen zu dem Angriffe folte aus dem Haupts quartier gegeben werden.

Die Nacht verging mit Demonſtrationen, um die Wachſamkeit der Beſatzung zu ermüden und fie glauben zu machen, man wolle feinen ernften Angriff unternehmen. Die Truppen flanden fchon einige Zeit in den Gaſſen in Bereitiyaft, Görgey blieb auf bem Echwabenberge und fah von dort dein Sturme zu.

Um 3 Uhr Morgens, als es bereits zu daͤmmern anfing, flieg eine Rakete, dad Signal zum Angriff, in die Höhe; worauf alle ' Geſchutze auf den umliegenden Höhen und in ber Brefchbatterie drei Mal loögebrannt wurden.

Die ſcheinbare Ruhe, die bis jetzt um bie Feſtung geherricht batte, verwantelte ſich urplößlich in das wildeſte Kärmen. Wie aus der Erde gezaubert umfchwärmten die Honveds mit ihren Leitern bie Waͤlle, während jedes Haus in der Nähe ter Beftung ſich von Schüs ben belebte, bie ihre Hürmenden Kameraden mit wohlgezieltem euer unterügten. Aber der Angriff zog ſich bei der umfichtigen Ver⸗

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theidigung fehr in bie Länge, und wurbe um fo gefährlicher, und der Erfolg um fo zweifelhafter, je mehr es zu tagen begann, und je leich⸗ ter hiedurch der Beind feine Vertheidigungsanſtalten treffen Eonnte. Man erfannte die Wahrheit, daß die Erttürmung der Feſtung blos durch die halbwegs praftifable Brefche möglich war, und daß alle andern Edcaladirungsverfuche mehr oder weniger Demonftrationen blieben, um die Kraft der Belagerten auf den audgedehnten Mauern zu zerfplittern. An der Brefche concentrirten fich daher alle uniere Anftrengungen ; dort führte Hentzi feine Leute perfönlich gegen uns an.

Der Kampf hatte bereitS zwei Stunden gedauert; ed war 5 Uhr Morgens, und noch immer wüthete die Schlacht unentichieten. Man begann fchon an der Möglichkeit des Erfolges zu zweifeln: ba vers breitete fich die Nachricht, die Brefche märe genommen , der Feind hätte auf der Weſtſeite die weiße Sahne ausgeſteckt, und bald eilten Gallopins von Ragy Sändor mit diefen Nachrichten in allen Richtungen, von denen einer drei Bataillons des zunaͤchſt fichenden 2. Gorps als Unterftügung dem 1. zuführte. Alles ftrömte mit freus diger Begeifterung durch die Brefche in die Feftung.

Die Ehre des Tages gebührte bem 47. Bataillon, bad mit "beifpiellofer Todesverachtung , dad erfte, die Wälle erklomm, fühn gefolgt von dem 34, Bataillon und den Don Miguel’sd. Hier fiel Hengi von einer Mudfetenfugel tödtlich getroffen.

Gleichzeitig mit der Brefche ward auch die Wafferleitung durch Kmetty und einen Theil des zweiten Armeecorps erflürmt, durd bas 3. Corps aber der Wal am Wiener Thor erklettert und ber fliehende Beind auf dem Fuße in das Innere der Feſtung verfolgt. Aber die Defterreicher waren bei allen diefen Berluften noch nicht ger brochen. Hinter den vielen gutangelegten Abfchnitten in ben engen

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Straßen vertheidigten fie ſich verzweifelt, und es koſtete und noch manchen Braven, worunter auch der tapfere Major Burdina, Commandant des 3. Bataillons Don Miguel, der an der Spitze feiner Leute den Heldentod fand, bis die Beſatzung gaͤnzlich bezwun⸗ gen war. Beſonders verheerend wirkten in unſern Reihen die hinter den Abſchnitten in den Straßen aufgeſtellten Geſchütze. Doc) konnte jede Kanone nur einmal abgefeuert werden; da die Honveds beim Anblick ihrer getroffenen Kameraden ſich gleich Löwen auf den Feind ſtuͤrzten.

Auch aus der Waſſerſtadt drangen unſere Truppen bald in die Feſtung, und ſeit fünf Monaten wehte die ungariſche Tricolore zum erſten Male wieder auf den Brandruinen der koͤniglichen Burg.

Die Befapung, von ihrem unvermeiblichen Untergang übers zeugt, warf endlich die Waffen weg und bat um Schonung. Und die Ungarn, im Gluͤcke, wie immer, großmüthig, konnten, fobald der Wipderftand gebrochen war, feinem mehr von jener Morbbrenners ſchaar das Xeben nehmen, die noch furz vorher die blühende Haupts ſtadt zwei Mal einäfcherte und auf die wehrlofen Einwohner, bie im Bereiche der Feftung auf den Gaſſen mit der Rettung ihrer Habe des fchäftigt waren, oder auf Fuhrwerke, die unfere Verwundeten forts führten, aus ihren Doppelhafen fortwährend, wie zur Beluftigung, feuerte. Die Großmuth der Sieger ging fo weit, daß einzelne Hon⸗ veds, Die, von gerechter Empörung hingerifien, ben noch bewaifnet umberftreifenden Feind niedermachen wollten, von ihren Kameraden daran gehindert wurden. Deshalb war der Verluſt der Beſatzung verhältnißgmäßig fehr gering und betrug etwa 1000 Mann, 2500 Mann wurden gefangen, worunter über 40 Offiziere. Wir verloren während der ganzen Belagerung 600 Tobte und Verwundete.

1. 25

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In der Feſtung fand man 80 ſchwere Befchüge, 4000 Gewehre und große Munitionds und Monturvorräthe.

Richt zufrieden mit dem HeroftratossRuf, wollte Hengi feiner verabfcheuungswürdigen Wirffamfeit burdy die Zerftörung ber Kettenbrüde , bie er feldft dad achte Weltwunder nannte, Die Krone auflegen. Aber dad Verbrechen beftrafte fi an dem Urheber. Die fchlecht angelegte Mine wirkte zurüd, anftatt nach vorne, und ver brannte den Erbauer derſelben, den Oberſ Alnoch, ſammt ſeinen Helfershelfern.

Die Helden des Tages waren: beim 1. Corps General Nagy Sändor, ber während der Belagerung Tag und Nacht die größte Thätigfeit entwidelt und ben Sturm auf die Breſche felbft geleitet hatte; dann Oberft Märiäfy, der zweimal von dem fieben Klafter hohen Wall binabgeftürgt und verwundet, dennoch an der Epipe feiner Truppen in die Feſtung eindrang; ferner Oberftlieutenant Driquet und Major Kafimir Jekey. Nicht minder brav haben fi) die andern Armeecorpé unter ihren tapfern Führern Aulich, Knezich, Zeiningen, Kmetty, Asboth u. |. w. gehalten.

Ueber die Belagerung von Ofen find die Urtheile übereinftims mend, alle erfennen darin eine unverantwortliche Zeitverfchwendung und den erften Schritt zum Berfalle unferer Macht. Durdy die Ers oberung ber alten Buda wurde zwar bie Begeifterung ber Nation noch mehr gefteigert,, für unfere Operationen jedody war ihr Befig von feinem Belang; da wir die zwei Üebergangspunfte über bie Donau bei Gran und Komorn befaßen und die Beſatzung faum zur paffiven Bertheibigung des Platzes hinreichte, unfern Rüden babe nicht gefährden fonnte.

Gewöhnlic wird Koffuth der Vorwurf gemacht, den Befehl zur Einnahme von Ofen erlaffen zu haben. Dir if eine derartige

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Anordnung nicht befannt und die fpätern Aeußerungen des Reichs⸗ gouverneurd laflen das Gegentheil vermuthen ; dagegen befige ich von Goͤrgey einen Brief, wornach er fich freiwillig zum Zuge gegen Dfen entſchloß. Es ift meine Pflicht, im Intereſſe gefchichtlicher Treue hier den Brief anzuführen, ben ich von Görgey, auf meine an ihn gerichtete fchriftliche Aufforderung vom 1. Mai, die Armee nicht vor Dfen zu führen, zur Antwort erhielt:

Lager vor Dfen am’6. Mai 1849. Lieber Klapfa!

„In Deine Anficht, daß die Belagerung von Dfen aufgegeben werden fol, kann id) diedmal aus dem Grunde nicht eingehen, weil voraudzufehen, daß die ganze Welt einen derlei Schritt ald das ungmeideutige Eingeftändnig unferer eigenen Schwäche erfennen würde, und der Feind dann immer noch einen Buß, fo zu fagen, im Herzen des Landes hätte, was bei fünftigen Operationen un jedens falls unberechenbar geniren dürfte,

„Ich denfe dennoch mit aller nur erdenklichen Energie die Bes fagerungsarbeiten in Angriff zu nehmen; u. |. w.

Arthur Görgey.“

Aus diefem ift zu erfehen, daß es Goͤrgey felbft war, der vom unglüdlichen Irrthum befangen, auf ben Beflß von Dfen einen fo großen Werth legte, daß er barüber den Feind, bie unwieberbring» liche Zeit und dad Schickſal des Landes vergaß.

Während fo Börgey vier Wochen vor Ofen verlor, näherten fi) die Heerfäulen der Ruffen immer mehr den Grenzen unferes Landes, fo daß Mitte Mai bereitö die erfien Eolonnen in Krafau einrüdten, um durch Mähren gegen Tyrnau zur Unterflügung ber öfterreichifchen Hauptarmee vorzubringen. Ungarn follte bald den

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Kampf mit einem neuen und zwar vielfach überlegenen Feinde auf- nehmen.

Aber auch gegen die Hrere zweier Kaifer waren wir, bei allen unferen Fehlern, die wir begangen haben, nody immer flark genug, um zu fiegen; es war noch Alles zu retten, wenn Reichötag und Regierung die unermeßlichen Hilfsquellen , die ihnen das herrliche Bolt und dad gefegnete Land in freiwilliger Aufopferung darbot, mit Umſicht und Energie benutzten.

Bor Allem mußte zwiſchen Regierung und SHeerführern bie größte Eintracht herrſchen, und beibe mußten von unbeugfamem Muthe, von- unerfchütterlicher Liebe zum Vaterlande und von ver Veberzeugung vom endlichen Siege unferer Waffen durchdrungen fein.

Was Ungarn geleiftet Haben würde, zeigten wohl feine bisheri⸗ gen Thaten; bei gleichem Willen, gleicher Ausdauer, gleicher Bes geifterung wären auch die Maflen der Ruffen an der eifernen Kraft der Ration zerfchellt. Nicht die Wucht und Uebermacht des Feindes, fondern eigene Schuld, Berfäumnifle und Zwietracht im Innern haben Ungarn zu Grunde gerichtet.

Drud von Otto Wigand in Leipzig.

Der

Mationalkrieg Ungarn und Siebenbürgen. .

Sahren 1848 und 1849.

Bon

Georg Klapka.

- Mit einer Karte von Ungarn.

Aweiter Sand.

Teinsig, Verlag von Dtto Wigand. 1851.

Inhalt des zweiten Bandes,

Mm. Abſchnitt. Der Serbenfrieg und bie Ereigniffe auf bem ſuͤd⸗ lichen Rriegeihauplate - - » > 2 > 2 220. S. 3

IV. Abſchnitt. Der Feldzug in Siebenbürgen von Johann Gze$ 167

m. Abſchnitt.

Der Serbenkrieg und die Ereigniffe auf dem füblichen Kriegsſchauplatze.

Einleitung.

Der fürliche Theil Ungams zwifchen der Donau und Theiß und von ba bis an bie Grenzgebirge Siebenbuͤrgens im Rorden von der Marofch und dem Franzens⸗Canale, im Süben von ber Donau eingeichloffen, dieſer an Ertragsfaͤhigkeit des Bodens frudytbarfte und im Allgemeinen reichfte Theil des ſchoͤnen Ungars landes, wirb von einem Gemiſche von Nationen bewohnt, unter weldgen ſich die Serben oder Raizen nicht fowohl durch ihre Lieber; zahl, als durch die Erhaltung ihres eigenthümlichen flavifchen Ur; ſprunges, durch bie Abgefchlofienheit ihrer Religion und indbefondre durch den nachbrudsvollen Rüdhalt des gefammten , durch die Zahl erdrüdenden Slaventhums, ein Lebergewicht zu erhalten wußten, das in neueſter Zeit zu eben fo vielen Irrthümern und falfchen Auf⸗ faſſungen ber ſtaatlichen Berhälmniffe, als zu Grauſamkeiten der ent⸗ ſetzlichſten Art, und zulegt zu großen und bitteren Täufchungen führte.

Die Vorfahren ded größten Theild diefer Serben wanderten nad Deenbigung ber großen Türfenfriege zu Ende des 17. Jahr: hunderis unter ihrem kriegerifchen Patriarchen Arfenius Gfernos vip aus Tärkifh- Serbien nad) Ungarn, erhielten zum Sige bie

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ſuͤdlichen Diſtricte des Temeſer Banates, bie Bacska, Slavo⸗ nien und die Militärgrenze, eine freie kirchliche und Munizipals Verfaffung, wogegen fie ald Militär Eolonie die Grenze gegen bie Einbrüche der Türken zu bewahren und zu ſchuͤtzen hatten.

ALS die Nothwendigkeit diefer Grenzwacht mit dem Sinfen ber türfifchen Macht aufhörte, blieb nur ein geringer Theil des von ben Serben bewohnten Landſtriches als Militärs Eolonie organifirt ; ber andere, bei weitem größere, wurbe als inhärirender Theil des unga- tifchen Reiches der Gefege und Breiheiten der ungarifhen Eonftitu- tion theilhaftig, und auf Grund der alten Sundamentals Verträge Ungarn wieber einverleibt.

Man kann nicht unterlaffen, ehe man den Schleier des jüngk abgelaufenen ſchauerlichen Drama’s füftet, einen Bli auf die Politik des Wiener Cabinets und der Haböburgfchen Dynaftie zu werfen. Die eingewanderten Serben wurden von den Königen des Habe burger Hauſes mit den weitläufigften, und mit der Eonftitution des Landes im grellſten Wiberfpruche ftehenden Privilegien ausgeftattet, ihre Häupter beſtochen, und die Colonie in einer Weife organifirt, die fie jederzeit gegen die Freiheitsbeftrebungen der Ungarn ſchlag⸗ fertig erhielt; fo 3. B. im Rakoczy'ſchen Kriege zu Anfang bes 18. Jahrhunderts, wo fih die Serben mit-den öfterreichiichen Diener talen verbanden,, die ungariſchen Lanbftriche an beiden lfm ker Theiß verwüfteten, und in den Affairen bei Gerencſer ander Raab, bei Szolnok und in den Ei Tornau und Romhany ben Mor Blue befigelten. Und wie bat ten ſpätet, als Ungarn micbeng einige Jahrzehnte ba

Verfolgung.

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Grunde fo viel ungehoffte Freiheiten, um ſich bei deren neutralem Verhalten von der oͤſterreichiſchen Monarchie loszureißen und unter einer neuen Dynaſtie die Suprematie in Sprache und Kirche drückender als je herzuſtellen. Sie ſchmeichelten den Serben mit der moͤglichen Erringung eines eigenen freien Staates in dem Rahmen der gleißneriſchen Gleichberechtigung, und forderten ſie offen und insgeheim zur Vertilgung der magyariſchen Race auf, die ihnen als das einzige Hinderniß zur Entfaltung allſeitiger Gleichheit und Freiheit bezeichnet wurde.

Wer die Geſchichte und den Charakter der Ungarn kennt, ber wird auch dieſe Behauptungen nach ihrem richtigen Maaße zu ſchaͤ⸗ gen wiffen. So abfurb und abgefchmadt aber biefelben auch waren, fo mußten wir doch die traurige Erfahrung madyen, daß das in der Gultur weit zurüdgebliebene, und in feiner Bigotterie an fanatifchen, beftochenen und verderbten ‘Prieftern haͤngende Volk ber von ber Kanzel gepredigten Sprache Gehör fchenkte, und. dem gefunden Menfchenverftande zum Hohne in den Gemüthern ber Serben gegen die Ungarn dad Mißtrauen raſch emporfchoß. .

Rajachich, der ferbifche Erzbifchof, fchrieb im Mai 1848 eine große ferbifche Volksverſammlung nah Karlowitz aus, wo die Ration ihre Beſchwerden befprechen, und ihre Forderungen an bie ungarifche Regierung feftftellen follte. Bei diefer Gelegenheit zeigten bie Wortführer eine fo drohende und feindfelige Haltung, trieben ihre Wünfche dermaßen Giber alle gefeblichen Grenzen hinaus, daß man gleich Anfangs einfehen konnte, wie dies weniger ber Aus⸗ brud der Wünfche des ferbiichen Volkes, als die Aufftachelung aller uneblen Leidenfchaften im Bolfe, durch jene treulofen Berräther war, die im Solde ber Reaction ihr Vaterland dem Untergange, ihre Brüder dem Joche dynaftifchen Unterthanenthums weihten.

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weiſe aufrichtiger Bruberliebe in den Herzen ber Befreiten fympathi- fchen Anklang fanden, und bald erfchlenen in ber That aus mehreren ferbifhen Städten Deputationen beim ungariichen Reichötage, um demſelben Dankadreſſen für die neuen Errungenfchaften zu übers reihen. Es bedurfte nur noch eines geringen Einverſtaͤndniſſes in Betreff der Sprache, um dad Band zwifchen den beiden Nationen unzertrennlidy zu machen.

Da begann die Reaction in Wien ihr intriguenvolles Werl.

Ein kurzer Blick auf die ftatiftifchen Verhaͤltniſſe der Rationall täten in Serbien wirb die richtige Beurtheilung des Geſchehenen erleichtern. -

Die Volkszahl betrug in den obengenannten Diftricten , welche gegenwärtig dad Temefer Banat und bie ferbifche Wojwo⸗ dina bilden, nad) den vor 1848 erfchienenen ftatiftifchen Tabellen 1,534,000 Einwohner, darunter 465,000 Romanen , 430,000 Serben, 334,000 Deutfche, 250,000 Magyaren , 23,000 Bulga⸗ ren, 19,000 Ruthenen und Slowaken, 13,000 Juden. Eo gehörte ſonach nicht ganz ein Drittheil dem ferbifchen Stamme an.

Kaum hatte fi) die Wiener Hofpartei von ihrer Betäubung aus den Märztagen erholt, als fie mit richtigem Calcul, wie wir dies ſchon in einem frühern Abfchnitte erwähnten, zu dem einzigen Factor zur Rettung ihrer Eriftenz, der Entzweiung und gegen feltigen Aufreibung der Nationalitäten ihre Zufludht nahm, um dann mit geordneter Militärmacht den Vermittler abzugeben. Die feit Jahren nicht ungerne gefehenen Bemühungen ber flavifchen Propaganda kamen ihr hierbei fehr gelegen, und fie wußte biefen Vortheil auszubeuten, Schnell audgefandte Emiffäre wußten auch bier, wie in Croatien und Siebenbürgen, das Volk zu bethören und glauben zu machen , die Ungarn ertheilten ihm nur aus dem

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Grunde ſo viel ungehoffte Freiheiten, um ſich bei deren neutralem Verhalten von der oͤſterreichiſchen Monarchie loszureißen und unter einer neuen Dynaſtie die Suprematie in Sprache und Kirche drüdender alö je herzuſtellen. Sie ſchmeichelten den Serben mit der möglichen Erringung eines eigenen freien Staates in dem Rahmen der gleißnerifchen Gleichberechtigung, und forderten fie offen und insgeheim zur Vertilgung der magyariſchen Race auf, bie ihnen als daB einzige Hinderniß zur Entfaltung allfeitiger Gleichheit und Breiheit bezeichnet wurde.

Wer die Geſchichte und den Charakter ber Ungarn kennt, ber wird auch biefe Behauptungen nad ihrem richtigen Maaße zu jchäs gen wiſſen. So abfurd und abgeſchmackt aber biefelben auch waren, fo mußten wir doch die traurige Erfahrung madyen, daß das in der Gultur weit zurüdgebliebene, und in feiner Bigotterie an fanatifchen, beſtochenen und verderbten ‘Prieftern hängende Volk der von ber Kanzel gepredigten Sprache Gehör fchenkte, und. dem gefunden Menfchenverftande zum Sohne in den Gemuͤthern ber Serben gegen die Ungarn dad Mißtrauen rafch emporſchoß. -

Rajachich, ver ferbiiche Erzbiichof, fehrieb im Mai 1848 eine große ferbifche Volksverſammlung nah Karlowitz aus, we die Ration ihre Beſchwerden beiprechen, und ihre Yorberungen an tie ungarifche Regierung feitftellen follte. Bel dieſer Gelegenheit zeigten die Wortführer eine fo drohende und feindfellge Haltung, trieben ihre Wünfche dermaßen über alle gefeplichen Grenzen hinaus, daß man gleich Anfangs einfehen konnte, mie dies weniger ber Hubs brud der Wuͤnſche des ferbifchen Volkes, als die Aufftachelung aller unedlen Leibenfchaften im Volke, durch jene treulofen Berräther war, die im Solde der Reaction ihr Baterland dem Untergange, ihre Brüber dem Joche dynaftifchen Unterthanenthums weihten.

Die Berfammlung befhloß: 1) aus dem ganzen Banat, ber Bacoka, dem Baranyaer Comitat, aus Syrmien, dem Efajtiften-Diftrict, aus dem Peterwarbeiner und ben 3 Banater ÖrenzregimentdsBezirken eine einzige ferbifche Woſlwodſchaft zu bilden; 2) den Erzbifhof Rajachich zum Batriarchen, und 3) ben f. f. Oberſt Supplifap zum Bob toben zu wählen und fofort auszurufen.

Adgefehen von allen ftaatörechtlichen Theorien, die in Revolus tiondzeiten ein eben fo leered Wortgepränge find, wie die Traites de paix glorreichen Andenkens, brauchen wir doch nur einen aufmerk⸗ famen Blick auf die obermähnten Zahlen der Benölferungsverhält- niffe zu werfen, um einzufehen, daß die Tendenz dieſer Beſchlüſſe nicht nur unbillig, fondern auch ufurpatorifch und gewaltfam nad) Euprematie ftrebend, demgemaͤß um fo verwerflicher erfcheinen mußte, als gerade durdy diefe Scheingründe dad Volf zum Bertilgungöfrieg gegen die Ungarn aufgeftachelt wurde.

Eine Deputation überbrachte diefe in Form einer Zwangs⸗ petition eingefleideten Forderungen an die ungarifche Regierung, weiche jedoch die Bittfteller auf den nächften Reichstag verwies, vor deffen Forum alle Rationals und Territorialfragen gehörten.

Es war eine der traurigen Confequenzen des dem erften Minis ſterium zur Bafid dienenden PBrinzipes der Legalität, daß auch bier die koftbarfte Zeit und die zum Ziele führenden Mittel verfäumt wurden, um den Ränfen der Reaction durch fchnelle, ruͤckhaltoloſe Verſtaͤndi⸗ gung mit ben fremden Nationalitäten und durch Aufftellung einer impofanten nationalen Wehrmacht die Lebensadern burchzufchneiben; und fo mußte auch hier wieder diefe Unterlaffungsfünde gar bald ihre traurigen Brüchte tragen. Der Aufftand der Serben gegen Ungam brach auo. |

I.

Ausbruch des ferbifchen Aufſtandes. Strategifche Beſchreibung des Kriegs: theatere. Stellung und Stärke ber beiterfeitigen Streitkräfte im Juni. Gharafter des ferbifchen Krieges. Gefecht bei Werſchetz 10. Juli. Ge: fechte am Franzens⸗Canal 10., 14., 15. und 16. Juni. Mißlungener Angriff auf Szt. TZamäs 19. Auguft. Erftürmung von Perläsz 3. Septems ber. Gefechte bei Perläsz und Aradäcz 10. und 11. September. Vorgänge im ungarifchen Lager. Gnihüllungen aus einem aufgefangenen Schreiben bes öfterreichifchen Conſuls in Belgrad an den Ban. Die Serben rrgreifen die Offenfive. Gefechte bei ©: und Tuͤrkiſch-⸗Becſe 13. Dftober. Stils Rand in den Operationen. Rajachich. Der Aufftand der Serben wird vom König guigeheißen. Abbruch der Unterbantlungen.

Die ferbifche Rationalverfammlung hatte vor ihrer Auflöfung in Karlowitz ein politiiched Gentrals Comite niedergefegt, an deſſen Spitze der Patriarch Rajach ich Hand; während Oberſt Suppli- fap das Commando über bie ferbifche Wehrmacht erhielt. In allen ferbifchen Ortfchaften wurden Filial⸗Comites gebildet, die nach den Anordnungen des Gentrals Ausfchufles die Bewaffnung und milis tärifche Organifirung des Aufftandes beforgten, und als eben fo viele Revolutionstribunale im meiteften Sinne dad ganze Sand ab» miniftrirten. Das k. k. Kriegaminifterium in Wien verfah das infurgirte Bolt mit Waffen und Offizieren, und das flammverwanbte Serbien ſchickte ihnen die Korpphäen ihrer Kriegsmannſchaften.

Diefe letztere Verhöhnung des Internationalen Bölferrechtes erwedte in bem Gewiſſen des damaligen öfterreichifchen General⸗ Eonfuls für Serbien, Oberſt Mayerhoffer, nicht die geringften Sfrupel; derfelbe beförberte vielmehr dad Herüberftrömen ferbifcher Guerillas auf jede mögliche Weiſe.

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Am Oftermontage 1848 erfolgte der erfte Ausbruch dieſes auf ſolche Art vorbereiteten, in feinem Gange durch barbarifche Grau⸗ famleiten ſchwarzgezeichneten, in feinen Motiven ungerechten, in feinem Ende für beide Parteien gleichbetrübenden Bürgerkrieges. Am genannten Tage firömte ein Haufe bemaffneter Raizen nad) Großkikinda, einem Orte von 14,000 Einwohnern, von denen die Hälfte Ungarn und Deutfche, und verlangte vor dem Stadt haufe vom Magiftrat die Bertheilung bed Gemeinde Eigenthums. ALS ihnen diefed verweigert wurde, erftürmten fie das Stabthaus, zerftörten alle Archive, fprengten die Thore der Gefängniffe und bes freiten 85 gemeine Verbrecher, bie fie fogleich in ihre Reihen ver theilten. Alles, was ſich ihnen entgegenftellte, warb niedergemepelt. Deutſche und Ungarn ließen ihre Habe im Stich und retteten ihr Leben durch die Flucht. in Greis von 73 Jahren wurde aud feinem Keller herausgefchleppt und mit Heugabeln zu Tode gemar tert; einem der Senatoren wurden Hände und Fuͤße abgehauen und derfelbe erft erfchlagen, nachdem man fen Haus vor feinen Augen in Brand gefterft, und feine ganze Familie umgebracht hatte.

In diefer Weife verbreitete fi) der Aufruhr in raſchem Fluge durch das ganze Flachland, und bie entfefielten Burien ber Vergel⸗ tung feierten ihre Orgien. Erzbifchof Rajachich zog in feierlichen Ornate und body zu Roß von Ort zu Ort, munterte feine Gläubigen überall zur Ausrottung ber Magyaren und Deutfchen auf, verfprach dafür den Beifall und den Danf des Kaiferd und aller Mitglieder der Dynaftie, und verpflichtete fi zur Errichtung eined eigenen GavalleriesRegimentes auf Koften des ferbifchen Religlons fonds.

Die Infurrection gewann feften Grund und wurbe bald nad militärifchen Orundfägen geleitet.

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Das ſerbiſche Kriegstheater bildet bei einfacher Betrachtung der Karte ein große® Kreisſegment, deſſen Mittelpunft Semlin, deſſen Radien durch die Linien von Semlin bis Zombor einerſeits und von Semlin nach Temesvar andererſeits gebildet werden; die nebſtbei in bad Kriegstheater fallenden Flaͤchen werden im Suͤden und Weſten durch bie Donau, oſtwarts durch bie letzten Abfälle ber fiebenbürger Grenzgebirge eingefchlofien. Aus der Natur diefer geo⸗ metrifchen Figur ergiebt fih als Baſis für die Operationen ber Serben die Donau, von Karlowig über Semlin und PBancs fova bis NeusMoldova und Drfova; ald Operutionslinie das linke Ufer der Donau über Zombor gegen Baia; bie beiden Ufer der Theiß über Titel, O-Becfe und Uj⸗Becſe nad Szegedin; bie Straße von Bancfova über Weißkirchen, Denta und Cſakova nad Temesvär. Die Serben, deren Aufgabe es war, fich anfänglidy in der Defenfive zu verhalten, was _ fie mit geringen Ausnahmen übrigens auch bis and Ende bes Krieges beobachteten, hatten’ die vortheilhaftefte aller Bertheidigunges Rellungen, bie concentrifche mit geficherter Baſis im großen Serbien, von wo fie mit allem Kriegdmaterial und den erforderlichen Erfah» mannfchaften verfehen wurden. Ueberdies waren ihre Zufuhren nicht nur von biefer Seite, fondern auch von Eroatien an der Save gänzlich gefichert. Die Römerfchanzen von ber Donau bis an bie Theiß, von Neufag bis Titel, das befeftigte Titel felbft, fo wie bie gleich im Beginn des Krieges befeftigten Orte: Szent- Tamas, Perlasz und Alibunär erhöhten nur die intenfive Kraft ihrer Vertheidigung.

Das ferbifche Volk in den weiten fruchtbaren Ebenen zwiſchen der Donau und Theiß und jenfeitd der Theiß, mit leichter Mühe im Befige üppiger Nahrung, war im Laufe der Jahrhunderte vom

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Hauche der Cliviliſation und der damit verknüpften Verweichlichung wenig oder gar nicht beruͤhrt worden. Die Abgeſchiedenheit hatte ihm den urſpruͤnglichen Charakter bewahren helfen, deſſen Haupt⸗ zuͤge vornehmlich eine Nachwirkung der Türkenkriege: Habſucht, Hang zur Ueppigkeit, Verſchlagenheit, kriegeriſche Gewandtheit, nebſt fanatiſchem Glaubens⸗ und Sprachen⸗Eifer bilden. Die von Alters her bei ihnen beſtandenen militäͤriſchen Einrichtungen erleich⸗ terten die Organiſation und Mobilmachung ihrer Streitkräfte unge⸗ mein. Oeſterreichiſches Gelb und ſelbſterlaſſene National: Kaflen- ſcheine bildeten die Mittel zum Kriege.

Bei folchen Factoren der natürlichen Bodengeftaltung und des Nationalcharakters, ließ fi ein Vertheidigungdfrieg ſehr wahrfchein> lich mit günftigem Erfolge beginnen und fortführen.

Betrachten wir nun die Stellung und Stärke der Ungarn.

Das Ziel der Ungarn konnte im Beginn ded Kampfes fein anderes fein, als die fchnelifte Unterbrüdung eines Aufruhrs, ber nicht. nur die ftaatliche Einheit des ungarifchen Reiches mit dem Umfturze, fondern auch die ungarifche Nationalität in biefen Gegen⸗ den mit Vernichtung bedrohte,

Die Ungarn konnten ihre Streitfräfte nur an der Donau bei Baja, ander Theiß bei Szegedin und auf dem rechten Donaus ufer bei Fünfkirchen concentriren. Die Linie, welche diefe drei Punkte verbindet, war für fie die von der Natur und von den Ber: häftniffen gebotene erfte Baſis. Die Maſſen der Nationalfämpfer wurden hier gefammelt und organifirt, Depots und Magazine ange legt, damit man nach diefen Vorbereitungen von der Peripherie des ferbifchen Kriegsſchauplatzes übereinftimmend gegen das feind- liche Eentrum agiren könnte. Wohl hatte au Temesvär und die von bier gegen Weißfirchen führende Operationslinie in

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Betracht gezogen werden müſſen, aber die Geſmnung der kaiſerlichen Beſatzung dieſer Feſtung, To wie der Aufftand der Wallachen an der Maros und im Hunyader Komitat, machten eine folche Combi⸗ nation von vornherein unmöglich. Die Operationslinien der Ungarn beſchraͤnkten ſich fonad) gleich Anfangs von Baja über Zombor in die ſuͤdliche Bacska und an die Römerfchanzen, diefe Oper ration konnte überdied von ber Feſtung Peterwardein durch kräftige Stöße in die Flanke des Feindes unterflügt werden, dann von Szegedin an einem ober beiden Ufern der Theiß über Ds und Ujs Becfe gegen Titel und Bancfova.

Die Ungarn hatten nebft dem Bewußtfein ded Rechtes und den durch Selbfterhaltung erzeugten Antrieb zur Kraftanftrengung den biftorifch bewahrten Friegerifchen Muth, die Opfenvilligfeit und bie Kampfluft der Nation, dann bie durch das Geſetz fanctionirten, Geldmittel für fi; wahrlich) ungeheure Elemente in den Händen entfchlofiener StaatSmänner und kriegskundiger für die Sade er glühter Generale! Allein Alles lag noch chaotifch im Lande aufge: bäuft, und die fchaffende und ordnende Hand war durch bie zweifel⸗ bafte Stellung des Landes vielfältig gefeflelt.

Die Ungarn hatten in der zweiten Hälfte des Monats Juni, ohne eigentlichen Operationsplan, blos nach den Erforberniffen des Augenblide® handelnd, ihre fein follende Operationsbaſis von BajasKünffirhen-Szegedin auf die Tangente des ferbis ſchen Defenfiondfreifed vorgefchoben. Sie befegten die Linie des Franzens⸗Canals von Zombor über Verbasz nad Os Becfe, mit Ausnahme des einzigen Punktes Szent⸗Tamas, dad von den Eerben befeßt und verfcehanzt war ; ferner die Bunfte Uj⸗;Becſe an der Theiß und tie Linie ded Bega-Banals von Nagy- Becskerek bis Temesvär. Lepterer Punkt war übrigens in

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der Gewalt öfterreichifcher Generale, in biefer Zeit zwar noch beiden Teilen nützlich, doch aus leicht begreiflichen Gründen mehr zum Bortheile der Serben handelnd. Die Feſtung Peterwardein befand fich in den Händen des Ungarn.

Es ift ſchwer, ein genaues Detailverzeichniß der in dem ange gebenen Halbzirkel aufgeftellten ungarifchen Truppen zu geben, da fle in jener Zeit zum Theil noch wit anderem k. k. oͤfierreichiſchen Truppen vermengt, zum Theil in fo kutzen Zroifchenräumen bin und her disponirt wurden, daß man beinahe nichts ald Truppendisloca⸗ tionen zu berichten hätte, wollte man ſich ftreng an bie durch kriegb⸗ geſchichtliche Darftellung gebotenen Regeln balten. Wir betrachten baher mehr das Weſen der Sache und geben blos bie Summen ber vorgefimbenen Streitkräfte und vom Detail nuz bad, was wir von ‚glaubwürdigen Augenzeugen erfahren Eonnten. |

Im Banat und in der Bacoka fanden unter dem Ober befehl des F. f. E.M.L Bechtold Anfangs Juli 12 15,00 Mann mit dem Hauptquartier in O-Becſe. Untecommanbanten waren: Generalmajer Eder in O⸗Beeſe, Generalmajor Wohln: hofer in Verbasz, Oberſt Ernf Kiff in Nagy⸗Becskerek und Oberft Blomberg in Berfep.

Außer drei Hufaren »Regimentern, Erzherzog Ferdinand, Kaifer und Hannover, Nr. 1,2, 3, acht ſchwachen ungarl ſchen Linien» und drei neuen Honved⸗Bataillond, befanden ſich noch in der Ordre de Bataille zwei Bataillons vom faiferlichen Infanierie⸗ Regimente Wilhelm, unb das kaiſerliche Uhlanen⸗Regiment Rr. 1, femer 5—6 von öfterreichifchen Artilleriften bedienle Belbbatterien. PBeterwarbein hatte eine Befagung von brei Linien⸗ Bataillons, zwei Compagnien Artillerie und einer halben Pionier Compagnie. Temes var war von 4 Bataillons und einer zahl

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reichen Artillerie beſetzt. Im erſteren Platze commandirte F. M.L. Hrabowsky, noch vormärzlicher commandirender General in Slavonien und Syrmien; im legteren befand ſich .M.L. Piret, ebenfalls noch vormaͤrzlicher commandirender General im Banat. Die Armee unter Bechtold agirte felbitftändig und hatte mit ben beiden Feſtungen blos bie nöthige Verbindung zu erhalten. Die ferbifhen Streitkräfte waren auf Grundlage ihred Ber- theibigungsplanes in folgende Hauptibeile gefchieden: 1) Hinter den Römerfhanzen von Kacs über Goſopodincze, Efurog und Szents Tamas mit einer Central⸗Reſerve in Titel unter den Befehlen von Stratimirovih . 8,000 Mann. 2) In Berlädz unter Drafolih . . . . 4,000 3) In Alibunär unter Stanimirovich, dem Grenzmajor Koich und dem Hauptmann Bobalich... 5,000 4) Zur Beunruhigung w rechten Donaunfere im Lager bei Eferevich und im Referne- Lager bei Karlowitz gegen - - . - 8,000 Die Befagungen von Pancſova, Ronil, - Turia und mehrere Fleine Lager mitgerechnet, beirug fonach Pie Totalſumme ber ferbifchen Snfurrectioends Armee mit Ende Juni die im: poſante Mahtvon . - : . ..80,000 worunter bei 4,000 Damm Hilfstruppen and türfiich Serbien. An Artillerie hatte dieſe Armee 100 Geſchuͤtze verfchiedenen Galibers, von Örenzartilleriien wohlbedient. Dbercommandant aller biefer Truppen war ber junge talent: volle Stratimirovich. Die aus Serbien erfchienene Schaar führte

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ber energiſche Knichanin. Oefterreichiſche und croatiſche Grenz offiziere bildeten die Cadres der neuen Bataillons und verſahen Ge⸗ neralſtabsdienſte. Oberſt Mayerhoffer unterſtützte die Führer mit militaͤriſchem Rathe.

Dies war die Stellung der kriegführenden Theile, als nach den blutigen Tagen von Neuſatz 24., 28. Juni wo bei Gelegen⸗ heit der Deputirtenwahl eine große Zahl Ungarn und Deutſche ſer⸗ bifcher Wildheit und perfönlicher Rachſucht im blutigen Straßen: fampfe zum Opfer fielen, und nach faum abgelaufenen , von dem f. bevollmädhtigten Commiſſaͤr Efernovig abgefchloffenem zehn tägigen Waffenftilftande die Feindſeligkeiten durch Ausfälle ber Serben auf Futak und aus den Roͤmerſchanzen in das flache Land der Bacska im größeren Maaßftabe ihren Anfang nahmen.

Die ungarifche Regierung beeilte fih nun, eine große Mafle Nationalgarden auf den ferbifchen Kriegsfchauplag zu beordern. Mit diefen mobilifirten Rationalgarden vom Befther, Cſanader, Békéſer und Hevefer Comitat und den Berftärfungen an Zinientruppen wuchs die Stärke der Ungarn auf der ganzen Linie im Monate Juli nad) und nad) auf 30,000 Mann mit 50 60 Ge⸗ fügen 6= und 12pfündigen Ealiberd an.

Der ferbifche Krieg trägt nicht nur als politifcher Kampf zweier für die Idee ihrer Nationalität gleich lebhaft intereflirter Völker, alſo als Racenfampf, voll wilder, den Adel des Menfchen entehrender Ecenen, fondern auch als friegerifches Gemälde eine eigenthuͤmliche Färbung an fi, die man fennen muß, um über die Wahl der Mit tel, die angewandte Kraft und das erreichte Ziel eine richtige Kritif fällen zu Eönnen. Wenn man in der That dieſe umgeheuere Ebene der Baͤcska und der Theiß ſich vorftellt, durchſchnitten nur vom Branzend» und Begas Canal, die den ermatteten, vom Norden und

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Süden Ungarns herbeieilenden Schaaren zugleich zur Grenzſcheide und zur Labung dienten; wenn man die langgedehnten Lager an bei⸗ den Uſern des Canals betrachtet, worin einerſeits die Ungarn mit ihren edlen kraͤftigen Geſtalten in der maleriſchen Nationaltracht, in luftigen Zelten oder unter freiem Himmel bunt untereinander ge⸗ mengt, das Bild des regſten Lebens bieten; andererſeits die Ser⸗ ben in ihren Gunyatz mit dem breiten Leibguͤrtel, deſſen unzertrenn⸗ liche Attribute: Pifole, Meffer und der Handſchar find, in Erd» hütten hinter Schanzen oder in manneshohen Maisfeldern verfledt lauern, und im finftern Schweigen Rache brüten; die Landfchaft allnaͤchtlich vom hellen Scheine der Xagerfeuer, wohin nur das Auge zeicht, beleuchtet; fo gewährt dies Alles einen Anblid, der, wenn auch großartig, body in jedem Kriegöleben gefunden werden fann. Wenn aber urplöglidy am hellen Mittage in unausſtehlicher Sonnen» bie dichte Staubwolken am fernen Horizont ſich erheben, die mit der Schnelligkeit des Blitzes heranbrauſen, an einem oder dem ander ren ſchwachen Punkte unferer Stellung heftig anprallen, und wenn mit einem Male unter dem Geraſſel von unzähligen Wägen der Bos den erdröhnt, dann der Staub ſich theilt, und eine Schaar wilder Geſtalten, die kurz vorher eine Szallas“) audgeraubt und in Brand gefledt,, oder irgend einen vorgefchobenen Poſten aufgehoben hatten , wie aus der Erde emporgewachſen, mordluftig vor unferen Vorpoften ericheint, wenn dann die von den Wägen (oögebrannten Geſchütze uns mit Kugeln und Kartätfchen überfchütten, bevor wir noch von ber Gegenwart bdiefer unerwarteten Gäfte und überzeugt, wenn nady kurzem Gefechte uniere flinfen Hufaren die Angreifer in die Flucht ſchlagen, die auf ihren mit A Pferden befpannten Wägen ) Maierhof. .

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raſcher noch, als ſie gekommen waren, verſchwinden, jeder Verſol⸗ gung unerreichbar, wenn dann am nächften Morgen eine Pa⸗ trouille die fopflos gefundenen Leichen mehrerer gemordeten Lands⸗ leute mitbringt ; fo müffen wir geftehen, daß folche Ericheinungen in der Kriegfübrung zu den Seltenheiten gehören und ben algierifchen Razzias nicht nur an die Seite geftellt werben können, fondern bie felben fogar übertreffen und in ihrer Art ald Kriegführung zu Wagen befanntlic, hatten die Serben feine Bavallerie an Origi⸗ nalität einzig daftehen. Der Reihthum bes Landes an Pferden erlaubte den Ungarn zwar auch, ſich bed genannten Transports mittel8 für Truppen in dringenden Faͤllen zu bebienen und ed ge fhah im Laufe des Sommers 1848 öfterd, daß Truppen mittel Dampfichiffes von Peſth nad) Baja und von da auf Wägen nad) Berbäfz auf eine Strede von 24 30 Meilen binnen 48 Stunden ohne Eifenbahn befördert wurden; die Serben aber, geflügt auf die VBorzüglichkeit ihrer Kleinen fehr ausdauernden ferbifchen Pferde, wußten aus dieſem Transportmittel einen ftehenden Factor ihrer Taktik zu bilden, und biefer ward gar häufig und mit Glüd in ben Calcul ihrer Operationen gezogen. Galt es eine Razzia gegen eine Szaͤllas oder die Grenze ihres Bertheidigungsrayond zu machen, handelte es fich, durch die Cordonslinie der Ungarn durchzuſchleichen, um mit entfernten raizifchen Gemeinden bie Berbindimg anzufnüpfen oder herzuftellen, waren Fourage oder Lebensmittel zu requiriren, beim Wechſel der Lagerpläge die Effecten raſch fortzubringen, bei glüdlichen Ausfällen die Beute Kineinzuführen oder, was vorzuͤglich bemerkt zu werben verdient, während einer Affaire unerwartet mit ein Baar Kanonen und einigen 100 Mann den Feind in der Flanke oder im Rüden anzufallen; da waren bie in allen ferbifchen Lagern befindlichen und auf militärifche Weife organifirten unzähligen Bor

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ſpannswaͤgen von unſchaͤtzbarem Werthe. Die Vorſpannslenker wurden in ihrem Amte foörmlich einexercirt und die Kunſt des Kut⸗ ſchierens warb bier bis zu Evolutionen vervollfommnet.

Die Serben entfalteten überhaupt eine Energie und eine Thätig- keit, die vom friegerifchen Standpunfte aus volle Anerkennung ver⸗ dient. Sie führten ben Defenfiofrieg mit offenfiven Rüdichlägen auf meifterhafte Weiſe.

Der Dbercommanbant der ungarifchen Armee dagegen, bei Zeiten vertraut mit den binterliftigen Plänen bes Wiener Kriegsmini⸗ ſteriums, hielt das ‚‚laisser aller‘* feiner Rolle am angemeffenften und vielleicht war auch dieſes durch Die Bolitif dietirte Verfahren feinen militärifchen Talenten am entfprechendften. Es ward planlos in die Welt gehantelt, ja nicht einmal bie Frage entfchieden, ob man ſich angriffs⸗ oder vertheidigungsweife verhalten ſolle. Man üiber- ließ das Wohl und Wehe ded Landes dem Zufalle und erreichte da⸗ mit einen doppelten Zweck: Grftend gewann ber ferbiiche Aufftand Zeit, Ri mehr und mehr zu confolidiren ; zmeitend wurde die Bes geifterung der ungarischen Rationalgarden durch die Beichwerden und die langweilige Einförmigfeit ded Lagers und Borpoftenbienftes ſchnell adgefühlt. Die Menfchen, die mit dem Borfag gefommen waren, fuͤr's Vaterland zu flegen ober zu ſterben, dachten bei den Berzögerungen nur noch an ſich und ihre Familien und wuͤnſchten nichts fehnlicher herbei ald den Moment , wo ihre Dienftzeit beendet und fie abgelöft werden follten; und gerade diefe Momente waren es lets , die die Obercommanbanten zu einem Hauptangriff auf bie vers ſchanzten Linien des Feindes wählten! Ein ſolches Verfahren bes darf feines Commentars.

Es war zur Rettung ber Rationalehre, des traditionellen Ruh⸗ mes ein wahres Glüd, daß unter fo ſchwierigen Verhaͤltniſſen einige

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aͤchte Patrioten als Untercommandanten befehligten und den Serben einigemal die Wucht des ungariſchen Schwertes fühlen liegen. Wir nennen unter diefen nur ben ritterlichen Ernft Kiſſ, dem ebenfo gefchickten al tapferen Better, den Helden Damjanich und viele Andere, die wir bei Erzählung der Begebenheiten erwähnen wollen.

Der Monat Juli ift vorzugsweife der Zeitraum von größeren Ausfällen aus den ferbifchen Lagern gegen bie Linien der Ungarn, die jedesmal nachdrüdlich und mit bedeutendem Berlufte der Angrei⸗ fer abgewiefen wurden.

So madıten die Serben am 10. Juli einen Ausfall aus dem Lager bei Alibunar auf Verſetz, wo Oberft Blomberg coms mandirte. Die etwa 3000 Dann ftarfe ſerbiſche Schaar errang zwar einige Bortheile bei Paulis, wurde aber durch die Bravour der Arader Nationalgarde und der Schwarzenberg Uhlanen, die einige Monate fpäter mit derfelben. Erbitterung gegen und fochten dann einiger Escadronen Hannover Huſaren; insbe⸗ fondere aber in Folge der gefchidten Gefechtsleitung bes Oberften Blomberg gleich darauf dermaßen gefchlagen, daß fie nady einem Berlufte von 5 Gefhügen, 2 Munitiondwagen, 2 Bahnen und 3— 400 Todten und Berwunbeten ſich nach allen Richtungen zer⸗ fireuten. Die Anführer Koich und Stanimiropich wurden zu Gefangenen gemadit, nad) Temesvar geführt und dort ſtandrecht⸗ lich hingerichtet. Außer dem Entfage von Berfeg hatte diefer Sieg jedoch Feine bedeutenden Solgen, da Blomberg weber die Erlaubs niß, noch ben Willen hatte, den flüchtigen Feind zu weit zu verfols gen uhd diefer bald darauf in Alibunär fich wieder feſtſetzen unb neue Berftärfungen an ſich ziehen konnte.

An deinfelben Tage hatte Bechtold in der Bacs einen An⸗ griff auf das verfchanzte Szent Tamäs unternommen , ber jedoch

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von den Serben abgeſchlagen wurde. Von dieſer Zeit gewann Szent Tamas eine hohe, wiewohl unverdiente militärifche Wichtig⸗ keit und wiederholt abgeſchlagene Stuͤrme ließen bei Vielen den Glauben aufkommen: mit dem Falle von Szent Tamas würde der ganze ferbifche Aufftand erlöfchen. |

Am 14., 15. und 16. Juli gab es ebenfo hartnädige Kämpfe zwifchen den aus den-Römerfchanzen hervorbrechenden Serben und den Ungarn an ter Theiß bei Foͤldvar. Obgleich in diefen Ges fechten der Sieg durch die Tapferkeit des Linien⸗Infanterie⸗Bataillons Franz Earl, der Ferdinand Hujaren und des zweiten Honveb- Bataillons, vor Allem aber durch die Entfchloffenheit und den Löwens muth des Hauptmannd Mariäfy, der fi) an der Spitze einiger Abtheilungen faum bewaffneter junger Honvéds mit dem Bajonnett auf die dichten feindlichen Angriffscolonnen ftürzte, für die Ungarn fo gut als entichieden war, ließ der Kommandant General Bech⸗ told die errungenen Vortheile dennoch unbenügt und räumte fogar Foͤldvar unter dem Borwande, diefenvon DO Becfe zufehrentfernten Punft zur weiteren Behauptung nicht hinreichend befepen zu fönnen. Und dennod war Foͤld var ald Echlüffel der Pofition an der Theiß, an der Einmündung des Franzen scanals und faum zwei Stuns den von Becfe gelegen, für die Eroberung von Szent Tamäd von hoͤchſter Wichtigkeit; Bechtold aber hatte mehr al hinreichende Streitkräfte zur Verfügung.

Einige Tage fpäter erfolgte von Seite der Serben bie Ver⸗ wüftung von Blaifoväcz, Debelliäcfa, Boka und mehrerer dem waderen Patrioten Ernft Riff gehörigen Güter im Banat, Tie Erzählung al der Gräuel und Schandthaten , die bei biefen Raubzügen verübt wurden , überlaffen wir den politifchen Geſchichts⸗ fchreibern.

Zu Anfang des Monatd Auguft wurde der an ber Temes ges legene Ort Reufina der Schauplag der Verheerung. 200 Serben überfielen unvermuthet denfelben, ſteckten die Säufer und Szälläfen ber benachbarten Grundherrn in Brand, und verjagten die ausge⸗ plünberten nicht ferbifchen Bewohner. Am 7. Auguft wurden bie Infurgenten von den anftürmenden Ungarn zwar wieder vertrieben, aber dad Dorf ging bei biefer Gelegenheit in Blammen auf. Bei⸗ nahe gleichzeitig fchlug Major Lenkey, von Verſetz kommend, ‚einen ferbifchen Haufen, der Weißkirchen bebrohte.

Gegen Mitte Auguft machten bie Serben Ausfälle auf Jarek, Temerin und O Ker, wo fie mit Berluft zuruͤckgeſchlagen wurs den. Ihre weiteren Angriffe von Alibunar auf Weißkirchen und Moldova dienten nur zur Aufffärung unferer wahren Lage, ba das Eaiferliche Militär eben an dem Tage Weißkirchen vers ließ, als die Serben ben Ort bebroßten, wodurch es fein Einvers ſtaͤndniß mit dem Feinde deutlich genug fund gab. Durch biefen Berrath aber war den heldenmüthigen Bürgern von Weißkirchen im Berein mit dem 9. Honved-Bataillon zur Erfämpfung von unver» welflichen Korbeeren Gelegenheit gegeben , bie fie bei der mehrftündis gen entichlofjenften Vertheidigung der von einem vielfach überlegenen Feinde beftürmten Stabt fich für ewige Zeiten erwarben. Der Des tailhiftorifer des Serbenfrieged wird. einft die monatelange Ausdauer, bie unermübdete Energie und die beftändige Treue, womit bie deut⸗ ſchen Weißkirchner Bürger unter ihrem waderen Commanbanten Maderspach dem Baterlande anhingen, zum Gegenftanbe ber berzerhebenpften Darftellung wählen fönnen, hier gebührt ihnen 6108 ein Platz allgemeiner inniger Anerkennung.

Moldova minvder ftandhaft gerieth zur felben Zeit in Feindes Hände und warb verwuͤſtet; die dort hauſenden Serben jedoch, be⸗

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vor fie noch Zeit hatten, ihren Raub in Sicherheit zu bringen, von einer Abtheilung des 9. Honved»Bataillons, welche von Weißkir⸗ Ken zur Hilfe der beutfchen und wallachiſchen Bewohner dieſes Bergortes dahin eilte, überfallen und zum Theil niebergemadht, zum Theil in die Donau gedrängt.

Alle diefe fortwährenden Verwuͤſtungszuͤge erfchöpften endlich die Geduld der ungarifchen Regierung und ber Obercommandant ers hielt fofort von Peſt die Weifung, gegen Szent Tamäs einen entſcheidenden Schlag zu führen. Bechtold gehorchte ſcheinbar; body wie Alles, was man im Kriege nicht recht will, auch Fein Res fultat liefert, fo führte auch diesmal die Beftürmung dieſes Ortes zu feinem günfligen Ziele.

Angriff auf Szent Tamas 19. Auguſt.

Am 16. und 17. verlegte Bechtold das Groß feiner Streit macht mit dem Hauptquartier von O Becſe nad) Verbasz, am 18. wurben die Diöpofitionen ausgegeben und am 19. vor Tages⸗ anbruch follte zum Angriff gefchritten werden.

Szent Tamäs (Sct. Thomas), ein reicher Fleden bes fo» genannten Bäcjer Kronbiftrictes von 10— 12,000 größtentheils ferbifchen Bewohnern, liegt am nördlichen Ufer des Franzens⸗ canales, zwei Meilen vor feiner Einmündung in die Theiß, in- mitten einer überaus fruchtbaren, bie und da von Sümpfen burd)» fchnittenen Ebene. Der ferbifche Theil der Bevölkerung hatte ſich gleich bei Beginn des Aufftandes in der Bacs den Infurgenten an- geichlofien und die kleinere Zahl ber Ungarn in ihrer Mitte theile niebergemegelt, theils verjagt, theil zur Dienftbarfeit und Schanz- arbeit gezwungen. Wir haben gefehen, wie Bechtold biefen Bräueln unthätig zugefehen , ja durch feine Unthätigfeit deren Fort⸗

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ſetzung befoͤrdert hatte und wiſſen auch, wie gut die Serben dieſes gegen ſie beobachtete Verfahren dazu benuͤtzt hatten, die von Natur ohnehin ſchon ſtarke Lage von Szent Tamas durch ausgedehnte Verſchanzungen von allen Seiten mehr noch zu befeſtigen und den ruhigen Flecken, der vordem bls Sinn für Landbau und Viehzucht beſaß, in einen mächtigen Waffenplatz und ein Bollwerk des Auf- ruhrs, von den Eerben felbft mit dem ftolzen Namen ‚‚„Serbograt‘’ belegt, zu vertvandeln. Gegen diefe Verfchanzungen, deren ftärfiter den Bruͤckenkopf bildende Theil auf dem fübdlichen Ganalufer Ki- Ker, der jchwächere leicht einzufehende Verbäsz zu gelegen, ruͤck⸗ ten die Ungarn am frühen Morgen bed 19. an beiten Canalufern zum Angriff vor, während durch andere Abtheilungen von Szireg und O⸗Becſe gleichzeitig Turia und Foͤl dv ar erftürmt werten ſollten. Im Kanonenfchußbereich ‚angelangt, entwidelte ſich die zahlreiche ungarifche Artilsrie und begann die Beſchießung der Schanzen. Die mit unzureichenden Kräften gegen Mittag unter- nommenen Angriffe auf Turia und Földvär wurden jeboch abges fhlagen, worauf®Bechto ld nad) mehrftündiger zweckloſer Kanonade, und ald auch die vor Szt. Tamas aufgeftellten Rationalgarden durch die wohlgezielten ferbifchen. Schüffe erwünfchtermaßen einges fhüchtert waren, den Befehl zum Rüdzug gab und gemürhlich zum Diner zurüdritt,, gerade in dem Augenblide,, ald Oberft Bafonyi von ber Verbaszer Seite mit zwei Compagnien feines braven Bataillond die feindlichen Schanzen glüdlicy erſtürmt hatte. Schon flatterte die ungarifche Tricolore auf den ferbifchen Bruſtweh⸗ ten, als die Etürmenden ftatt nachrückende Referven blos retirirende Schaaren hinter ſich erblictten. Die Meiften von ihnen wurden nun von den in Maffe berbeieilenden Serben niedergemegelt, ber Reft zum eiligen Verlaffen der kaum eroberten Schanzen gezwungen.

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Bon 20,000 Mann, die an dieſem Tage zum Angriff hätten vers wendet werden koͤnnen, famen fomit nur 200 Mann zum wirklichen Sturme, die anderen Truppen blieben auf 8—900 Schritte unthätig als Zielfcheibe für das ferbifche Geſchuͤtzfeuer ftehen.

E zent Tamas wurde von jegt an zur fürmlichen Zauberfors mel im Munde ber Peſther Volksführer. Morig Berczel aber bezeichnete bei diefer Belegenheit da8 Benehmen Bechtolhd's von der Tribüne des Repräfentantenhaufes herab mit dem wahren Ras men, dem des „Verrathes am Baterlande.’’

Bechtold fürfeinen Theil glaubtenun das Seinige zum Nach⸗ theile Ungarn beigetragen zu haben, dankte ab, und der Kriegsminis ter Mé6zaͤros übernahm perfönlich das Commando der Südarmee. Rod) che Mé6zaros dort angefommen war, gelang es ber Kühn: heit und Energie ded Oberften Ernft Kiff nach dem wohlent> worfenen Plane Vetter's das ferbifche Lager bei Perlas z im Banat zu erflürmen, und fomit die legte Scharte der ungariſchen Waffen vor Szent Tamas glänzend auszumegen.

Seit den blutigen ©efechten bei Neufina und Verſetz und einem am 15. Juli zurüdgewieienen Angriff der Serben auf Ecöfa war auf dem Banater Kriegsichauplage einige Ruhe eingetreten. Die Serben verftärkten fi in ihren großen Lagern bei Perlasz und Alibunär und arbeiteten fleißig an Erweiterung ihrer dortigen Ver⸗ fhanzungen, während die Ungarn, zu ſchwach etwas Ernfthaftes zu unternehmen, und außerdem durch die ausbrüdlichen und wies berholten Befehle Bechtold's, der den Commandanten bei pers jönlicher Berantwortung die rengfte Defenfive zur Pflicht machte, verhindert, fih auf Behauptung und Bertheidigung ihrer Gordonlinie befchränfen, die fih von Toͤrök⸗Becſe an der Theiß über ©. Becskerek, Modos, Verſetz, Weißkirchen bis Mols-

dova an ber Donau erftredte. Auf biefer ungeheuren Linie wa- ren, wie wir bereitö bei Aufzählung ber ungariſchen Streitkräfte früher bemerften, bie beiden Brigaden Kiff und Blomberg vers theilt. Blomberg ſtand mit feinem Hauptquartiere in Berfep und hielt die Linie von Modos bis Weißkirchen beiept. Kiff batte fein Hauptquartier i Groß⸗Becskerek und ftand links mit Blomberg, rechts über TöröksBecfe mit dem Bäcfer Armeecorps, in Berbindung. Vortruppen⸗Commandant ber lepteren Brigade war Major Vetter.

Erſtuͤrmung von Perlisz 2. Geptember.

Ende Auguft traten die Serben aus ihrer biöherigen Unthätigs feit bei Perla o z plöplich hervor, und Ueberfälle auf die umliegen- den Ortfchaften, Morb und Brand wurden von Neuem zur Tageb- ordnung. Da riß die Gebulb ber Truppen und fie verlangten laut und ungeflüm, zu einem entfcheidenden Angriff gegen das feindliche Lager geführt zu werden. Better legte biezu den Plan vor, und Kiff genehmigte denfelben und beflimmte den Tag auf ben 2. September, ohne hievon Bechtold eine Meldung zu machen, von dem man im Voraus überzeugt war, baß er das Unternehmen um jeden Preis aus höheren Rüdfichten verhindern würde.

In der Nacht vom 1. zum 2. September verfammelten fidh zu Ecska die folgenden Truppen:

Marisfy Infanterie 1 Bataillon, Don Miguel 3% 10. H0nvd 1 Peſther freiw. Jäger 1, ,,

Latus: 3 Bataillons.

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Latus: 3 Bataillons.

Békeſer und Biharer Nationalgardn 2 „, Hannover Huſaren Nr.2 4 Escadrons Würtemberg Huſaren N. 6 2 ,„ Kaiſerliche Artillerie 12 Geſchuͤtze Arader „, A

Im Ganzen 5 Bataillons, 6 Escadrons, 16 Geſchuͤtze gegen 4000 Bann mit 720 Pferden.

Nachts 2 Uhr marfchirten bie bier angeführten Truppen in großer Stille und Ordnung von Ecska gegen dad etwa zwei ftarfe Stunden bavon entfernte ferbifche Lager. Punkt 5 Uhr war die Eos lonne an ber legten Biegung ber Straße vor Perlassz angefommen und dafelbft von den erften feindlichen Schüffen begrüßt. Kiff über gab nun dad Commando der Infanteries@olonnen und der Artillerie dem Major Better und befahl den Angriff. Die Rationalgarbe und Eavallerie blieben in Referve. Better ließ fämmtliche Ges fchüge auf den wirffamften Schußertrag vorfahren und gegen bie Schanzen ihr Heuer eröffnen, welches von dem Feinde mit Heftigfeit erwidert wurde. In Zeit von einer halben Stunde hatten die in das Lager gefchleuberten Granaten jedoch gezündet, und die Rohrs hätten der Serben fanden in vollen Blammen. Die bierburd erzeugte Verwirrung benüpte Better, um feine Golonnen zum Sturm vorzufenden.e Das Bataillon Mariaſy und bie Peſt her freiwilligen Jäger umgingen das Lager und griffen es im Süden an, während Better felbt mit dem 10. Honved-Bataillon gegen die Front der feindlichen Berfchanzungen losftürmte und das Bataillon Don Miguel ihm al8 Unterflübung nachrüdte. Der com» binirte Angriff gelang vollfommen.

Sämmtliche Sturmcolonnen rüdten mit ausgezeichneter Bra⸗ vour gegen die auf das mörberifchfte vertheidigten Verfhanzungen, festen im dichteften Kugelregen über die vorgelegten Hindernilfe und Gräben, erftiegen die Bruftwehren und warfen die Verteidiger zus ruͤck, oder machten fie mit dem Bajonnette nieder. Der Feind zog ſich hierauf in eine weiter rüdwärtd unter den Schuße einer dos minirenden Batterie gelegene gefchloffene Redoute zurüd, ward aber auf dem Fuße dahin verfolgt und nad blutigem verzweifelten Kampfe auch bier bezwungen. Ueber 300 Todte bebedten den Wahlplap, Gefangene wurden wegen der Unentfchlofienheit der Cavallerie, die zu fpät die Verfolgung ber Fliehenden uͤbernahm, nur wenige ges madıt. Der Verluſt auf Seite der Ungarn betrug 56 Mann, worunter ber tapfere Kommandant des 10. Honved »Bataillone, Major Szemere. .

Der ferbifhe Commandant Drafulidy wartete den allges meinen Sturm nicht ab, fondern verließ mit 2500 Mann und 2 Geſchützen fchon früher das Lager und lief gegen Titel. Der Reſt des Feindes zerftreute fich in wilber Flucht und nahm feine Rich» tung theild gegen Perlasz, theild gegen Szakula und Leopoldova. Die Ungarn eroberten 12 Gefhüse verfhhiedenen Ealibers , 30 Eentner Pulver, 60,000 Stüd Flintenpatronen,, viele Pferbe, fämmtlihe Bagage, eine große Quantität von Wein, Branntwein und Tabak und die feindliche Kaffe ınit geringer Baarjchaft.

In der Kaffentruhe fand man ein Document, weldyes auch den legten Zweifel über die Oefinnungen der Hofpartei und des öfter; reichiſchen Kriegsminifters löfen mußte. Es war dies eine vom Erzbifhof Rajachich an Drafulich überfandte Eopie eines Dienſt⸗ ſchreibens vom öfterreichifchen Feldinarfchalllieutenant Grafen Spas nogb». Divifionär zu Gratz, in welchem ed unter anderen hieß:

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‚Zwei Batterien mit der noͤthigen Munition find auf höheren Bes fehl von hier nah Karlomwig in Marfch gefeßt worden; demnächft werden noch Geſchuͤtze u. f. w. folgen.“

Dberft Riff ſandte dieſes merkwürdige Actenftüd nad) Befth der ungarifchen Regierung zur Einfiht und Benügung. Unter den Offizieren rief aber daſſelbe eine folche Indignation hervor, daß nur wenige nach fo unerhörtem Verrathe noch zweifeln fonns ten, weldye Partei fie zu ergreifen hatten. Nachdem die Trups pen wieder gefammelt waren, marfchirte Kiff gegen das Stäbtchen Perlaoz.

Die Einwohner , zum Theil Deutfche, famen mit weißen Fah⸗ nen entgegen und unterwarfen fid) der ungarifchen Regierung, bie Serben waren über die Theiß nad Titel entflohen und hatten hinter fi) die Brüde abgetragen.

Wegen geringer Truppenmacht und zu großer Entfernung von Becskerek, das in dieſem Falle den Angriffen der Serben vom jenfeitigen Theißufer ausgefett blieb, wurde Perlas z des Abends wieder verlaffen und in bie früher innegehabte Stellung zurückge⸗ gangen. Zum Schuge der Demolirungsarbeiten der feindlichen S chanzen wurden täglid) ftarfe Streifcoommanbden nah Perlas z und in die Umgegend auögefandt.

Gefechte am 10. und 11. September bei Perläsz und Aradacz.

Am 10. September verfuchten die Serben von Neuem, von ihrem früheren Lagerplage Befig zu nehmen, und rüdten zu biefem Zwede, die ſchwachen ungarifchen Abtheilungen verdrängend, über Perladz gegen Ecoka vor, wo fie in den Weingärten und dem hilfe an der Straße 4 5000 Mann ftarf eine verbedte vor⸗ theilbafte Stellung nahmen.

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Major Better fammelte in Eile die Vortruppen der Brigade und rüdte von Ecſska dem Beinde entgegen. &8 erfolgte ein biutiger Zufammenftoß ; das 10. Honveb Bataillon und das Ba- tailon Mariäfy erftürmten die feindliche Stellung mit dem Ba jonnett , und zwangen den Feind zum Rüdzug auf Perläsz, wo der⸗ felbe hinter der in Eile aufgeworfenen Verſchanzung vor dem Orte fi nochmals feffeßte und gegen bie nachrückenden ungariſchen Co⸗ lonnen ein heftige euer unterhielt. Unterdeſſen langte auch Oberſt Kiff mit Verftärfungen von Becokerek an, ließ alfogleih - bie Infanterie zum Sturm gegen den Ort vorrüden unb biöponirte die mitgebrachte Cavallerie in der Richtung gegen Leopoldova auf bie feindliche Rüdzugslinie. Die Serben, von allen Seiten be droht, gaben nun audy ihre Stellung bei Perlasz auf und zerfiteu: ten ſich in wilder Blucht auf den Straßen gegen Bancjova und Titel. In Perlasz fam es zu einem furzen Straßen: und Häuferfampfe, wobel der Ort zum Theil in Ylammen aufging. Der Berluft des Feindes an Todten und Verwundeten war bebeutend, zwei Sefchüge und eine große Anzahl Waffen ließ er auf dem Schlacht⸗ felde zurüd.

Am folgenden Tag, d. i. den 11. ſehte eine britte mehren taufend Mann ftarfe, mit 8 Gefchügen verfehene ferbifche Eolonne unter Anführung eines gewiffen Soannovits bei Moforin im Czaikiſten⸗Diſtricte über die Theiß, überfiel Elemer und Aradäcd, zwei bem Oberften Riff gehörige Herrfchaften im Rüden der ungaris fhen Stellung , zündete die beiden Orte an, plünbderte die herrſchaft⸗ lichen Gebäude und machte Miene, gegen bad kaum 2 Stunden da von entfernte ungariiche Hauptquartier in Groß⸗Bees kerek vor zubringen. Die ungariſchen Truppen unter Major Graf Efer hazy, welche die Beſatzung von Elemer bildeten, waren zu ſchwach,

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und zogen ſich fechtend vor der Uebermacht zuruͤck. Da erſcheint im rechten Augenblicke Oberſt Kiſſmit 4 Compagnien Don Miguel, 1 Dioifion Hannover Huſaren und 6 Geſchützen, nimmt die Weichen⸗ den auf, reftituirt das Gefecht, geht zum Angriff über , fchlägt ben Feind enticheidend, wirft ihn über die Theiß zurüd und erobert auch dieomal wieder A Gefüge, viel Munition und eine Menge von Waffen jeder Battung.

Run hatte Kiff Ruhe, denn bdie- auf einander folgenden brei ſchweren Schläge hatten die Kraft der Serben im Banat auf einige Zeit gebrochen.

Das Land athmete auf die Kunde biefer glänzenden Erfolge ber ungarifchen Waffen wieder frifch auf, wozu ſich noch ein durch bie Weißkirchner und bad tapfere 9. Honved » Bataillon über Nugen's ſekbiſche Schaaren errungener blutiger Sieg bei Weiß⸗ kirchen geſellte. Doc flatt die Bortheile diefer Siege rafch zu benügen, durch Berflärfung ber ungarifchen Abtheilungen im Banate die Säuberumg biefed Landſtriches zu vollenden und dann mit ganzer Macht fich auf bie ferbifchen Stellungen iin der Bäcs zu werfen, verblieb man bei ber früheren Gorbonftellung , zerfplitterte feine Kraft in hundert Theile und machte mit großem Lärm neue ges waltige Anftrengungen zur Eroberung von Szent Tamäb.

Der Kriegeminifter erfchien im Lager bei Berbäsz. Hier vernahm er die Trauerpoft, daß Temerin und Iaref, zwei blühende, von Deutfchen und Ungarn bewohnte große Ortichaften, das Opfer ferbifcher Raubfucht geworben. Diefe Ereigniffe hätten ihn zur Gnifaltung feiner ganzen Energie entflammen follen, was jedoch feineöweg6 der Hall war. MEszäroe bewies fich fpäter als lauter ren Patrioten; er bat Rang und Bermögen für bie gerechte Sadye des Baterlamdes bingegeben,, und iR willig in bie Verbannung ges

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zogen, wir zollen ihm hiefür, wie allen ſeinen Leidensgenoſſen, unſere Achtung. Aber trotz aller feiner perfönlichen Vorzüge darf es die unerbittliche Kritif der Gefchichte nicht verfchweigen,, daß fein Auf: treten auf dem ferbifchen Kriegefchauplage fowohl gegenüber dem verrätherifchen Geifte bed Offiziercorps mancher ungarijcher Linien Infanterie⸗Bataillons und ber Regimentscommandanten, fo wie auch in Bezug auf die Führung feined Commandoſtabes gegen den Feind nichtöweniger als der Stellung eines Heerführerd angemefien war. Er ließ Alles gefchehen,, wie ed eben ging, und war zufrieden, daß nicht weniger geſchah, als eben gefhah, und was in Bezug auf operative Wirken nur Null genannt werden fann. Zudem hatte er noch das Unglüd, den wanfenden und furchtfanen Klauzäl zum Chef feines Generalftabes zu erwählen. Die Folge war, daß Mészaros, alder ain 21. September fi) zum zweiten größeren Angriffe auf Szent Tamäs entſchloß, zwar das vollfte Xob Falter Tapferfeit,, aber audy ben Ruf eines vom Glüd nicht begünfligten Generals fich erwarb.

In Bezug auf diefes, dem erften ganz ähnliche Unternehmen gegen Szent Tamas genügt ed, zu erwähnen, daß am Abende vor der Schlacht der ganze Plan ſchon dem letzten Soldaten, daher auch dem Beinde befannt war, und der Chef bes Generalftabes in ber Morgenbämmerung bie verirrten Angriffecolonnen nicht zu führen vermochte, obwohl er acht Tage hindurch die Gegend recognodrirt hatte. Es war wieder nur ber A. oder 5. Theil der Truppen, welcher zum wirklichen Angriff verwendet wurbe, während der Ref, in langen Linien um bie Verſchanzungen aufmarfchirt, in Unthätigfeit dem unnüßen, aus 2 oder 3 Mörfern unterhaltenen Bombarbement gegen die Stadt, und der noch unnügeren Beichießung ber feindlichen Schanzen durch unfere zahlreichen Batterien zufah. Am ſchlagend⸗

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ſten ſprechen aber die Zahlen: 10,000 Mann reguläre und 15,000 Mann irreguläre ungarifche Truppen waren nicht. im Stande, 6— 7000 Serben aus fchwachen Feldſchanzen zu vertreiben, während biefe für fo furchtbar gehaltenen Schanzen im Monat März 1849 von ein paar Honved s Bataillond und einer geringen Schaar Lands fturm , deren Zahl höchftens den fünften Theil der obigen Streit macht betrug, aber freilich unter der energifchen Bührung des Mo⸗ rig Berczel, mit dem Bajonnett genommen wurden.

Nach Lamberg's Tod und der Abdanfung bes Minifteriums warb Meszaros vom Reichdtage nad) Perth zurüdberufen , und General Eder übernahm in Verbssz dad Commando.

Bor feiner Abreije empfing Méeszaros eine Deputation des Offiziercorps des im Banat fämpfenden Faiferlihen Uhlanen⸗Regi⸗ ments Schwarzenberg, die im Namen ihrer Kameraden erflärte: feinen Augenblid länger gegen die Serben fänpfen zu wollen, da dies ihrer Ueberzeugung und ihrer loyalen Geſinnung wiberftrebte. Oberſt Blomberg, Commandant dieſes Regiments, war fchon früher, nach Zurüdlafjung der nöthigen Inftructionen für feine Dffiziere, mit Urlaub abgegangen. Seinem Beifpiele folgten bald die meiften Commandanten ber Qufaren-Regimenter und ber Linien, Bataillons ; ebenfo eine große Zahl der bei dieſen Truppenförpern bienenden freinden Offiziere. Der Einbruch) Jellachich's gab dieſen Herren plöglid Muth, ihren bisher zur Schau getragenen Gehors fam gegen die fönigliche ungarifche Regierung aufzufündigen und ſich offen für die Reactionapartei zu erflären: „Die Ungarn, nicht im Etande, den Aufruhr von einigen Taufenb Serben zu unterdrüden, würten weit weniger vor ber impofanten Armee Jellachich's das Feld halten können, und ber ritterlihe Ban werbe nur eine Bromenade nad Peſth machen, um in Ungarn die Herrichaft des

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Stockes wieder herzuſtellen.“ So lauteten die anmaßenden Aeuße⸗ rungen der fruͤher ſo zahmen ſchwarzgelben Offiziere im unteren La⸗ ger, und das mag wohl ber Born geweſen fein, woraus fe ihren Muth fhöpften,, einer edlen Nation, von der fie bruͤderlich und gaſt⸗ frei behandelt wurden, im Momente des Ungfüdes untankbar und feige den Rüden zu fehren. ®)

*) Wie wenig bie ungarifche Regierung damals an die Schmälerung ter königlichen Intereflen oder gar an eine gänzlidhe Losreißung von ter Menardie dachte, beiveift der nachfolgende Aufruf des Kriegsminiſters Méeezaros an das Armeecorps in Sübungarn:

„Krieger!

Mit tiefem Schmerze habe ich die Kunde vernommen, daß in Folge der jüny ſten Ereigniſſe, die auf den gefeß: und völferrechtswidrigen Ginfall Jelladhid’s folgten, unter Cuch die Meinung erwacht fei, als herrfche in BudasPerh vol: fommene Auflöfung allee Bande der Ortnung, Bügellofigfeit, mit einem Work Anarchie mit allen ihren traurigen Confequenzen.

Dies, wackere Krieger und Kameraden! ich fage es Cuch mit Freuden diefe Eure Meinung iſt durchaus ungegrünbet.

Buda:Perh ift vollfommen ruhig, und wenn auch täglich Tauſende ix: geifterter Schaaren gegen den eingetrungenen Feind ziehen, tas Recht und das Ge— fe zu vertheidigen, wenn auch ber Minifterpräfldent für nöthig erachtet hat, im nterefle der Humanität und des Wohles ter Bewohner Ungarns und Groatiend einen legten Schritt zu thun und den König um gebieterifhe Dazwiſchenkunft in Wien zu bitten, fo wacht das Repräfentantenhaus in beinahe voller Zahl ter it: glieder im Herzen des Landes über das Geſchick deffelben und über die Intereflen unferes geliebten Kaifers und Königs, vertritt ein Ausſchuß von acht Mitgliedern in Abwefenheit tes Minifterpräfidenten deſſen Stelle und beräth mit mir bas für Erhaltung der Ordnung und Geſetze Möthige.

Es iſt leiter wahr, daß Beldmarichafllieutenant Graf Lamberg das Oper ber, einen Augenbli Die Grenzen des Geſetzes überichreitenden Bolfswutb ge worden iſt, es iſt dies eine traurige Wahrheit, die wir Alle herzlich Bebauern und deren Eühnung den Gerichten ſchon tiberantwortet ifl. Aber bedenfet, daß nad fo vielen traurigen Täufchungen, nach fo vielen mißglüctten Berfuchen, eine friet: liche Bermittlung herbeizuführen, in ten Momenten , als ber verrätherifche Feind ſchon ven Thoren ter Hauptflabt ſich näherte, das Volk dad Geſetz wit Güßen

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Auf dieſe Weiſe war die Bacs⸗Banater Armee mit gänz- licher Auflöfung bedroht; und es war body an ber Zeit, zu energi- then Mitteln zu greifen, wenn dieſe foftbarfte Streitmacht dem Lande erhalten werben follte.

Die fchwierige Periode der Entiwirrung bed dunklen Gewebes öfterreihifchsungarifcher Zuftänbe und bes entfchloffenen Uebertrittes auf den Boden des nationalen Kampfes fällt in Banat und der Bacs in den Monat October und war hauptfächlic das Werf des waderen und energifchen Regierungs⸗Commiſſär Beöthy und

getreten ; betenfet, Daß der Gerechte den Ausbruch ter Volksleidenſchaft nie einer Nation zum Verbrechen anzurechnen fh bewogen finten wird,

Darum laffet Euch durch feine böswilligen , falfchen Nachrichten irre leiten! An Ungarns Hauptftatt herricht Das Geſetz und wird herrſchen, fo lange es cine ungarifche Nation geben wird, Die an tem gemeinfanen Monarden und an den durch Allerhoͤchſtdenſelben functionirten Gefegen mit aller Liebe unt Treue hängt. Darum beharrt auf Tem bis jetzt rühmlich verfolgten Pfade der Pflicht, beharret in der Liebe zum Geſetze, zum Waterlante, zum gemeinfamen Raifer und König ſchuͤtzet das von allen Sciten mit Waffengewalt angefallene Vaterland, und tiefes wird Euch biefür ſtets Dank zu zollen wiften. Anführer! Offiziere! Soltaten ! Jeder von uns ſteht unter Dem Geſetze wir haben die Aufrechthaltung deflelben, die Aufrechthaltung der Sonftitution beichworen! Das Baterland erwartet von und und mit Rect, daß wir unferem Schwure in jeter Belegenheit getreu bleiben werten.

Krieger des, gegen den ferbifchen Aufitand aufgeitellten Armeecorpe! Seid einig unter einander. Reichet Buch die gemeinfame Gefahr bedroht ges meinfam die brüterliche Rechte, denn nur Einheit macht ſtark und reitet das Eus sem Schutze anvertraute, unglüdliche Kınd vor größerer Berwüflung und noch größerem Glend, unt das Baterlant wird Gure Verdienfte zu würdigen, Gure Bemühungen zu belohnen willen und Ieten von Euch nach feinem Verdienſte mit Auszeihnung beebren.

Dies iſt es, was ich im Namen der Repräfentanten der Nation Euch zu ver: fünten habe und ich zweifle nicht, daß es in Guren, fürs Baterland und den Monarchen glühenten Herzen Nachhall finden werte.

Buda-Peſth, ten 4. Octeber 188.

Meszaros, Kriegsminifter.*

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mehrerer im ungariſchen Generalſtabe und den Honved⸗Bataillonen dienenden jungen Patrioten. Die ſchwarzgelben Fahnen wurden abgelegt, die ungariſche Tricolore als kuͤnftiges Banner in dem hei⸗ ligſten aller Kämpfe unter erhebender Feierlichkeit den Truppen übers geben und von diefen mit der höchften Begeifterung begrüßt und ans genommen.

Die traurigen Nachrichten täglich vorfommenden Verrathes der meiften höheren Offiziere machten fchnelle durchgreifende Maßregeln unumgänglid nöthig. Deshalb trat von nun an, an die Etelle der bisherigen Halbheit, die wie fchleichendes Gift in den Adern des Staatslebens jede energifche Reyung deſſelben gelähmt oder getöbtet hatte, eine klare Sprache, ein entfcheidended Handeln. Den Trup⸗ pen warb offen und ungefcheut erflärt, wofür fie in dem beftehenten Kampfe Blut und Leben einſetzten; die böswilligen und unvertrauten Dffiziere aber wurden von der Armee entfernt.

Wie weit jedoch das Einverftäntniß ber öfterreichifch gefinnten Offiziere mit dem Feinde bereit gediehen war, bewiefen bie burd einen glüdlichen Zufall in die Hände der ungarifchen Regierung ge: langten Briefe derfelben an ihre Kameraden in der Jellachich'ſchen Armee und vor Allem ein Dienftfchreiben des öfterreichifchen Conſuls in Belgrad, Oberſt Mayerhoffer, an den Ban, datirt Karlo wis vom 20. Eepteinber 1848, worin ſich folgende beimerfend- werthe Stellen befinden:

„Eben war Genetal Hengi, der Feſtungsconimandant von Peterwardein, nach feiner Reife von Wien, Peſth und Effeg auf feinen Poften ein Paar Stunden bei uns, Cr fagt und von den Bortfchritten E. E. und ift begeiftert für unfere Sache ; ich hofft, durch feine Einwirkung bie Ezaifen durch die Brüde zu bringen und allerlei Kriegögeräth zur Hilfe zu erhalten.’

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„Oberſt Blomberg hat mic) zu einer Unterredung bei Ber: fe$ auffordern lafien; ich gehe in einigen Stunden dahin ab.“

„Geſtern babe ich mit tem $.M.L. Baron Blagoevits und Zahn eine Conferenz zu Marias Schnee gehabt, und ebens falls Zuficherungen wahrer militärifcher Einigfeit zwifchen allen Abtheilungen der F. k. Armee erhalten, fo weit e8 nur immer bie Orundfäge der Ehre und der beftehenden Abhängigkeit von Ungarn geflatten. Es ift eine Art Waffenſtillſtand auf dem Rayon der Feſtung Peterwarbdein verabredet worden, woburd wir ein Bataillon guter’ Truppen für andere Unternehinungen zur Dispo fition erhalten werden. ’’

Zahn und Blagoevits überzeugten fich jedoch bald, daß ed mit den Grundſaͤtzen der Ehre unvereinbar wäre, die Unterhand⸗ [ungen mit dem Feinde des Vaterlandes fortzufegen, brachen fie ab, und pflanzten,, flatt die Feftung zu überliefern, auf die Wälle der⸗ felben die Tricolore. Nicht fo thaten Blomberg, Henpi, Gaftiglione, Kolomwrat und andere Generale, Stabs⸗ und Oberoffiziere, bie mit ihrem Gewiſſen und ihrem geleifteten Eide bald abgerechnet hatten und die Anträge bed gewandten Unterhänds lers der Reaction, ald ohnehin nur den Ausdrud ihrer ſtillgehegten Wünfche, willig annahmen. Sie verließen die Fahnen Ungarns in dem Augenblide, wo, wenn feine höhere Eingebung , wenigftens bie Soldatencehre ihnen die Vertheidigung derfelben zur beiligften Pflicht hätte machen follen.

Aber nicht nur fremde und ungarfeindliche Offiziere wußte Mayerboffer zu umgamen ; auch kurzſichtige Patrioten fielen in fein Nep, wie dies aus der nachfolgenden Stelle feined Briefes deutlich genug hervorgeht:

„Oberſt Kiff theilt mir, über die an ihn geftellte Aufforderung,

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nicht gegen und fechten zu wollen, wobei ich ihm bie Manifefte E. €. überfandt babe, mit, daß das ihm unterftehende Offizierscorps fofort zwei Staböoffiziere nach Wien gefendet habe, um die unmittel⸗ baren Befehle des Kaiſers über dad Verhalten gegenüber der ſerbi⸗ fchen Nation einzuholen; zugleich fchlägt er mir vor, bis zu deren Ruͤckkunft die Feindfeligfeiten einzuſtellen.“

Zum Glück ſanden dieſe ausgeſandten Offiziere den Weg nach Wien durch Jellachich verſperrt, konnten daher, ſtatt einen kaiſer⸗ lichen Befehl, nur die Nachricht von der Niederlage der Croaten bei Pakozd und deren Flucht aus Ungarn, zurückbringen, eine Nach⸗ richt, die im Augenblicke freilich nur Wenige bewegen konnte, zu Mayerhoffer und feinen Serben überzugehen. Kiff felbit kam von feinem Irrthume bald zurüd, und blieb nad) wie vor der treue Cohn feines VBaterlandes.

Wir geben hier diefe Andeutungen, um den Beweis zu liefern, daß an den geringen Fortſchritten unferer Waffen gegen die Serben nicht ſowohl die Unfähigkeit der Führer, als ihre Unfchlüfligfeit, ſchlechter Wille und in manchen Ballen gemeiner Berrath die Schuld trägt.

Mayerhoffer verfprady fih von feinen Unterhandlungen, die er unftreitig mit vielem Gefchic leitete, den günftigfen Erfolg ; benn er jchreibt weiter:

„Die verfchiedenen Kommandanten haben fid, hiedurch fchon gegen bad ungariſche Miniſterium verfänglih gemacht, und ich glaube, fie würden: fi) mir theils anzufchließen, theils freie Bahn zu machen geneigt fein, wenn nur ein General an unferer Spige wäre und wenn id) Mittel hätte, meine Truppen fchneller in militäs riſche Verfaffung zu ſetzen, wozu mir vollfommen geeignete Offiziere faft ganz fehlen.‘

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Die Reaction hatte ihren Plan gut angelegt; ein Sieg der Croaten und die Eroberung der Hauptftäbte würde ohne Zweifel auch die Auflöfung des unteren Armeecorps zur Bolge gehabt haben, Aber nach dem Willen der Vorlehung follte Ungarn nicht feig und ſchmachbedeckt, fondern erft nach heldenmüthigem Kampfe gegen bie Macht zweier Kaiſerreiche, feines Namens und einer großen Nation würdig, fallen.

Mit Bezug auf den ferbifhen Aufftand felbft waren in dem Briefe Mayerhoffer's noch zwei erwähnenswerthe Stellen. Die eine fpricht den Wunſch aus: „die jerbifhen Hilföfchanren zu entfernen, was ein hoͤchſt wuͤnſchenswerther Erfolg in politifcher wie in bürgerlicher Beziehung fein wuͤrde;“ die andere giebt dem Ban die Rachricht, „daß ber bisherige Chef der Rationaltruppen, Herr Stratimirovits, durd das National» Eomite einftimmig von biefer Anftelung enthoben worden ſei.“

Stratimirovits gehörte befanntlich nicht fo fehr der Faifer- lichen, wie der nationalsferbiichen Partei an, und war nicht abge, neigt, durch ehrenvolle Unterhandlungen mit den Ungarn dem unheil⸗ vollen Rampfe ein Ende zu machen, Durch feine Entfernung und die bevorfiehende Entlafjung ber ferbiichen Hiffäfchaaren hoffte Mayerhoffer freie Hand zu befommen, und die Serben nicht mehr in ferbifchen, fondern in ausjchließlidy Faijerlichen Intereſſen jur blinden fanatifchen Yortführung des Krieges anfeuern, und ale Werkzeuge der Reaction ohne Maß und Ziel verwenden zu fönnen. Die Folge beftätigte vollfommen die Richtigkeit feiner Voraus⸗ fegungen.

Kehren wir nun zu den Kriegsereigniffen zurüd. Zur Unter flügung der Operationen bed Ban’d gegen Dfen follten gleichs zeitig die Serben auf dem linfen Donauufer in die Offenfive über,

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gehen, wobei man ſich von Seite der kaiſerlichgeſinnten ungariſchen Commandanten keines zu großen Widerſtandes verſah. Sie hatten Ds und Török-Becſe zu erobern, die Verbindung zwiſchen der Bacs und dem Banat zu unterbrechen, den feindlichen und von Serben bewohnten Kifindaer Diftrict im Rüden ded Banater Armeecorps zu infurgiren, und diefed von allen Seiten umringt, ent⸗ weber zu Unterhandlungen oder zur Waffenftrefung zu zwingen. Die geivonnene Beſatzung von Temesvar follte bei diefem Unternehmen hilfreiche Hand bieten, Die großen Vorbereitungen, die zur Aus⸗ führung dieſes Planes erforderlich waren, mochten die Serben ver- anfaßt haben, zu fpät und erft in jenem Momente loszuſchlagen, als fein Eroat mehr den Buß auf ungarifchem Boden hatte und Rott und Philippovits mit ihrem Armeecorps bereitö gefangen waren.

Angriff der Serben auf D- und TürkiſchBecſe, 18. October.

Am frühen Morgen ded 13. October ſetzten fich drei jerbifdye Eolonnen, jede gegen 3000 Mann ftarf, in Bewegung. Die erfte, ein Theil der Befapungen von Szent-Tamäd, Turia und Föld vaär, fegte bei letzterem Orte über den $ranzenscanal, und nahm ihre Richtung gegen O⸗Becſe, welches eine Befagung von 3000 Ungarn unter Commando des Oberfi Bad hatte. Die zweite, aus ben Römerfchanzen hervorbrechende Eolonne ging bei Efurog mitteld Kähnen und Plätten über die Theiß und marfchirte gegen Töröf-Becfe, wo man feinen ernfthaften Angriff erwartete, und fi nur einige 100 Vaſarhelyer Rationalgarben, zwei Com⸗ pagnien Franz Karl Infanterie und drei einpfündige Geſchütze befanden. Gegen diefen fchwächften Punkt der ungarifchen Linie folte der feindliche Angriff am energifchften und Eräftigften geführt

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werben. Die dritte Colonne kam endlich aus dem beutfch- banater Grenzdiſtricte, paffirte bei Neufina die Temes, umging bie linke Slanfe der ungarifchen Stellung von NagysBecsferef und verfolgte ihren Weg über Felder und Haideland init Vermeidung aller Ortfchaften gegen Ragy-Kifinda, wo fie einen Tag nad dem Angriffe der Serben auf Becfe eintraf, die ſchwache National« Harde - Abtheilung unter Oberftlieutenant Nagy» Sänbor ver drängte und den Ort befepte. Diefe Eolonne hatte fomit ihre Aufs gabe erfüllt, und es hing nur von dem Ausgange der Kämpfe bei Ds und TöröfsBecfe ab, um die Vernichtung des Banater ungarifchen Armeecorps zu verwirklichen. Hier jedoch fanden bie Feinde an der Bruft todedmuthiger Ungam die eiferne Mauer, an der ihre Verwegenheit zerfchellte.

Bor O⸗Becſe wurde die am rechten Theißufer anrüdende Schaar durch Oberſt Fack empfangen, nad) hartnädigem Gefechte bis zur Vernichtung gefchlagen und im bfutigen Gemetzel bis in bie Berfchanzungen von Foͤld vaAr verfolgt. Mehrere hundert Feindes⸗ leihen bebediten das Schlachtfeld, eine gleiche Zahl an Todten und Berwunbeten fchleppten fie nah Földväar zurüd. Nicht fo leicht wurbe ber Eieg in TöröfsBecfe, wo bei Beginn des Treffens bie Kräfte zu ungleich waren, und die ſchwache Beſatzung unter Oberſt⸗ lieutenant Efuha und Major Rohonczy fich genöthigt fah, bie Ausgänge des großen Fleckens den ungeflüm anſtuͤrmenden Serben zu überlaffen und nad) kurzem Widerftande fi) in dem inneren Orte hinter zwedmäßig angelegte Barrifaden zurüdzuziehen. Dieſe wurs den hierauf vom Feinde wieberhoft, aber vergeblich geſtürmt. Die löwenmüthige Bertheidigung einer Handvoll Rationalgarden machte hier mehrere Etunden lang alle Anftrengungen ber Serben zu nichte. Zur Entſchaͤdigung dafür zündeten bie Letztern an mehreren Stellen

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den Drt an. Schon fliegen rings dichte Rauchwolfen empor, und verfündeten den unglüdlichen Bewohnern, die ſich ben tapfern Ver⸗ theidigern angefchloflen hatten, die Verwüftung ihrer Habe, wäh- vend Weib und Kind unter den Meflern ber Serben ihr Leben aus⸗ hauchten. Bei dem Gedanken an fo unfägliches Elend ergriff Verzweiflung die Männer, und ohne Rüdfiht auf die Uebermacht bes Feindes, verließen fie die Einwohner des Orted mit den Väfärhelyer NRationalgarden an der Spige, ihre Barrikaden und ftürzten fi racheglühend auf die zerftreuten Räuber, bie in Mitte von Schwelgereien, Plünderung und Morb feines Angriffs mehr gewärtig waren. Gin furchtbares Gemetzel entfteht in ben Straßen und in den Häufern,; ber Ungar fämpft mit wachſender Muth gegen den Räuber feiner Habe, gegen den Schänber feiner Frau, feines Kindes, gegen den Mörder feiner Familie. Gr giebt und nimmt feine Gnade; und dem Kampfe fließen ſich Weiber und Kinder an. Endlich nad einem einftündigen Schladyten ergriff die Serben ein panifcher Schreck und fie fliehen aus dem Orte auf dem Wege, woher fie gefommen waren. Aber bier erft ereilte fie ihr ganzes Mißgefchid. Rohonczy und Efuha hatten nämlich gleich) bei Beginn des Kampfes um Unterflügung nach' O⸗Becſe gefandt, von wo Damjanich, die Beifel der Serben, mit dem 3. Honved-Bataillon und einigen Geſchuͤtzen in demfelben Augenblick zur Rettung berbeigeeilt fam, als die Serben aus Töröfs-Becfe flüchteten, Beim Anblick diefer neuen Gefahr artete der Rüdzug des Feindes in die regelfofefte Klucht aus. Ein großer Theil wurde von den nacheilenden Ungarn niedergemacht, oder in bie Theiß geworfen, wo fie mit Mühe auf Ihren bereitfiehenden Kähnen das jenfeitige Ufer bei Efurog erreichten. Das war das Hägliche Ende jener großartig vorbereiteten Dffenfiv- Operation, die auf Anratben und

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nach dem Plane Mayerhoffer's von ben verfuͤhrten Serben Mitte October verſucht wurde und deren vollftäntige Vereitelung dem Dberften Fack, Damjanich und vor Allem bem Heldens muthe einiger hundert Török⸗Becſer und Bäfarhelyer Nas tionalgarden mit ihren braven Kührer Rohonczy zu verbans fen war.

Die in Kikinda baufende ferbiihe Schaar hatte kaum Nadır richt von der Niederlage der Ihrigen an der Theiß erhalten, als auch fie ſich, ohne von den nachjegenden Ungarn ereilt zu werben, oder bei ihrem ferneren Ruͤckzuge auf fonft ein Hinderniß zu ſtoßen, bei Nacht und Nebel aus dem Staube machte und mit derfelben Ges ichidlichfeit, wie beim Vorrüden,, alle ungarifchen Etellungen ums nehend, mit heiler Haut die Temes und ihre dortigen Berfchans ungen erreichte.

Nach diefen bedeutenden Verluften zeigten fich die Serben, viel: leicht in Folge friedlicher Abfichten, wahrfcheinlicher aber, um mehr Zeit zur Bervollftändigung und Organiſirung ihrer Streitfräfte zu gewinnen, figfamer zu Unterhandlungen. Im Banat wurden diefelben zu Botos, in der Bäcs zu Cſurog und Szent- Tamäs gepflogen. Bon Berbädz aber fepte ſich der bevollmächs tigte Regierungscommiffür Beöthy in directe Verbindung mit dem Karlowiger Eribiihof Rajachich und der dortigen National: verfammlung.

Tas Refultat Diefer von Seite der ungariihen Regierung ohne Gewaͤhrleiſtung leichtgläubig angefnüpften und von den Eerben abſichtlich hinausgezogenen Unterhandlungen war bie ftillfchweis gende Einftellung der Beindfeligkeiten und für die Serben der uns fhäpbare Gewinn, unterteffen ihre Etreitmacht vermehren und einige bis dahin vernachläfligee Punkte, wie Tomaffovag und

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bie Teufelsbrücke im Banat, Szireg in der Bäes ungeftört und vollftändig befeftigen zu fönnen.

So lange die Ereigniffe vor und in Wien feine entfcheibende Wendung nahmen, fo lange die Freiheit in der Hauptſtadt Oeſter⸗ reich® nicht gänzlich unterlegen war, blieb die Sprache der ferbifchen Triedensboten und die des Erzbifhofd eine verföhnliche und ge⸗ mäßigte. Kaum jedoch war die Einnahme Wiens durch Wins diſchgrätz und die Niederlage der Ungarn bi Schwechat rudy= bar geworden, ald auch die Serben plöglich wieder einen anderen Ton anftimmten und in dad Horn bed Herrn Mayerboffer bliefen.. „Sie fönnten ohne Bewilligung des Kaiſers mit ben durch ihn zu Rebellen erflärten Ungarn feinen gefonderten Srieben mehr abfchließen, und müßten auf die vom Hofe getroffenen weiteren Beftimmungen warten.‘ So lautete ihr Beſcheid. -

Erzbiſchof Rajach ich drückte dabei in einem artigen Schreiben an Beöthy fein Bedauern darüber aus, daß er das Werf bed Frie⸗ dens unterbrechen müffe; legte aber gleichzeitig zur Rechtfertigung ſeines Benehmens das folgende Faiferliche Handfchreiben bei:

„Lieber Erzbifhof Rajachich! )“

„Nachdem die verrätherifchen Umtriebe Ludwig Koffuth’e und feiner Partei in meinem Königreiche Ungarn die Geftalt eines offenen Aufftandes angenommen und ich ed zur Sicherung der meinen getreuen Voͤlkern verlichenen Berfaffung, bie unter ber Schredenöherrfchaft diefer Bartei zur Unmöglichfeit geworden, für meine fönigliche Pflicht halte, mit bewaffneter Macht diefen Auf- ftand zu unterbrüden, fo überfende ich Ihnen das hierauf bezüg-

) Aus dem Ungarifchen überfebt.

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liche von mir erlaffene koͤnigl. Manifeſt, damit Sie nach Kräften daflelbe verbreiten und für feine Befolgung Sorge tragen.’

‚Bon der erprobten Treue der Ihrem Firchlichen Einfluffe unterftehenden Bölfer meined Königreiches Ungarn erwarte ich mit Zuverfiht, daß fich dafelbft Niemand eines Schrittes ſchuldig machen werde, der ihm die unerbittliche Strenge bes Hochverrathes zuzichen fönnte. So wie ich nicht minder erwarte, daß man fidy jeder Ver⸗ bindung oder Unterhandlung mit den Rebellen enthalten, und auf jede Weife die zur Herftellung der Ordnung unter den Befehlen meis nes biezu bevollmächtigten Feldmarſchalls Fürften Windifhgräg ſtehenden Eaiferlichen Truppen unterftügen werde u. f. f.“

Diefem Handfchreiben waren außerdem dad Manifeft vom 3. October und einige fpätere Fönigliche Erlafle beigefchloffen,, die nebft der Erflärung Rajachich's natürlich zur Folge hatten, daß die Sriedendunterhandlungen abgebrodyen und bie Feindſeligkeiten von Neuem eröffnet wurden.

Der Kampf der Eerben, bis hieher felbft von öfterreichifchen Blättern ald Aufftand gegen die Rechte der ungarifchen Krone und bie beftehenden ©efege mißbilligt, erhielt durch die Dctobers Erlafie plöglid) den Stempel der Legalität, und die im Monat Juni an die „Croaten und Slavonier“ erlaſſenen Mahnworte König Ferdinand's V., worin ſie aufgefordert wurden, „aller Theilnahme an Umtrieben, welche eine Trennung von der ungariſchen Krone bezweckten, zu entſagen,“ und den Behörden befohlen wurde, „allen amtlichen Berfehr mit dem Ban Jellachich oder feinen allfälligen Mitangeflagten unter firengfter Strafe alſogleich abzubrechen und den Berorbnungen des ungarifchen föniglidhen Commifjärd unbes dingt zu folgen,’ wurden nun gegen die Ungarn gefehrt,, bie damaligen Aufftändifchen als loyale und getreue Unterthanen, und

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die früheren Getreuen, weil es die Politik des Hofe ſo erbeiſchte, als Hochverräther bezeichnet. Man möchte bier mit Johannes Miller, wie dieſer bei ter Theilung Polens, ausrufen: „Gott

wollte den Voͤlkern die Moralität der Großen zeigen!“

II.

Veranderungen auf dem Kriegsſchauplatze in Folge der FE October-Manifreſte, Banat und die Wars im November. Stärke und Stellung ter keiter ſeitigen Streittrafte. Treffen bet Lagerndorf 7. November. Gelee ce Begſchen 15. Mevember. Erſtürmung der Teufelsbrücke 30. Movember. Glefechte Ber Nikelineze im Banat und bei Foldvmin ter Bars 30. Nerven

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ber. Nina aut Somupevap 9. Tecember. General Berter. Meier

=

Operatiencelan. Treeffen bei Carlsderf und Alibunär 12. Deember. Ueberfall der Serben auf Tomaſſevatz 14. December. Stockung ın Ben Drpreratienen. Vorrückung gegen Pancſeva. Die Regterung beſchkießt die Raäumung des Banats und der Bars. General Ernſt Kiſſ. Muck

zug der Ungarn an tie Maroſch. Betrachtungen.

Die königlichen Tctober: Deanifefte waren nicht nur an Ra— jachrch und die Serben, ſondern auch an ſämmtliche fit dem März dem ungariſchen Miniſterium unterſtehende Truppen und Feſtungs— Eommandanten erlaſſen worden md batten zur Folge, Daß Ente October Die Feſtungen Arad und Lemesvär ihre Tbore ſchloſſen, der Regierung In Peſtheuden Gehorſam findigten, und die Ungarn, Die für ihren Herd, für ihre heiligſten Nechte ftritten,, für Feinde, Hochverräther und Rebellen erklärten.

Tas in Temesvär gebildete kaiſerliche Comité, an deſſen Spitze ein abtrünniger Ungar, Ludwig Ambrözy, ſtand, erließ an ſämmtliche Bewohner des Banats einen Aufruf, worin die An—

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haͤnger ber ungariſchen Regierung für vogelfrei erklaͤrt und deren Einbringung auf das Strengſte anbefohlen wurde.

Die Beſatzung von Temesvaͤr unternahm Ausfälle, brand⸗ ſchatzte und plünderte die umliegenden ungartreuen Ortſchaften, hob zur Verſtärkung und Errichtung neuer Bataillone Rekruten aus und zwang Wallachen und Deutſche, dem Beiſpiele der Serben zu folgen und ſich dem bewaffneten Aufſtande gegen die Ungarn anzuſchließen.

Eine ſtarke Colonne zog Anfangs November aus Temesvär gegen das an ber Heerſtraße nach Siebenbürgen gelegene Lugos, verdrängte die dortige Fleine ungarifche Abtheilung und fegte fich mit dem im aufgeftandenen Siebenbürgen operirenden Eaiferlichen Armee: corp8 und dem erft jegt abgefallenen, wohlbewaffneten walladhifch- banater ©renzdiftricte in Verbindung. Durch den Abfall der Befung Arad ging endlih au dad Marosd-Thal verloren, wodurch einem aus Siebenbürgen hervorbrechenden Feinde die Ope⸗ rationslinie und der Weg an bie untere Theiß und in dad Innere Ungarns freigegeben ward.

Diefe traurige Wendung der Dinge erhöhte und vervielfachte die Gefahren, die dad Land ohnedied von allen Seiten umwogten, und veränderte weſentlich die Phyſiognomie des ſüdlichen Kriegs⸗ ſchauplatzes.

Die Feſtung Temesvär, bisher der Stützpunkt unſerer Operationen im Banat, mit reichen VBorräthen verſehen, fiel in die Hände des Feindes, der hier mit einer Befagung von 4—5000 Mann Linientruppen in unferem Rüden eine Stel: fung einnahm , die unfer mit dem Gros in Groß-BecHferef Aehented Banater Corps auf die einzige Rüdzugslinie über TöröfsBecfe in die Bäcs beſchraͤnkte; eine Linie, die, wie wir

46

die früheren Getreuen, weil es die Politik des Hofes fo erheiſchte, als Hochverräther bezeichnet. Man möchte bier mit Johannes Müller, wie bdiefer bei der Theilung Polens, ausrufen: ‚Gott wollte den Völkern die Moralität der Großen zeigen !’‘

II.

Veraͤnderungen auf dem Kriegsſchauplatze in Folge ter k. October-Manifeſte Banat und die Bars im November. Stärke und Stellung ber beiter- feitigen Streitkräfte. Treffen bei Lagerntorf 7. November. Gefecht bei Bogihän 15. November. Erflünnung ter Teufelsbrüde 30. November. Gefechte bei Nifolincze im Banat und bei Költvär in der Bäcs 30. Noven= ber. Angriff auf Tomaſſovatz 3. Tecember. General Better. Neuer Operationsplan. Treffen bei Garlstorf und Mibunär 12. Deceinder. Ueberfall ter Serben auf Tomaffovag 14. December. Stockung in ten I perationen. Vorruͤckung gegen Pancſova. Die Regierung befchlicht die Räumung bes Banats und der Bird. General Ernft Kiſſ. Rüd: zug der Ungarn an die Marofch. Betrachtungen.

Die königlichen October-Manifefte waren nicht nur an Ra= jach ich und die Serben, fondern auch an fämmtliche feit den März dem ungarifchen Minifterium unterfiehende Truppen und Feſtungs⸗ Bommandanten erlaffen worden und hatten zur Bolge, daß Ende Drtober die Beftungen Arad und Temesvär ihre Thore fhlofien, ber Regierung in Befth den Gehorſam Fündigten, und die Ungarn, die für ihren Herd, für ihre heiligften Rechte ſtritten, für Feinde, Hochverrächer und Rebellen erklärten. |

Das in Temesvär gebildete kaiſerliche Comite, an deſſen Epipe ein abtrünniger Lngar, Ludwig Ambrözy, fand, erlich an fannmtliye Bewohner des Banats einen Aufruf, worin die An⸗

haͤnger der ungarifchen Regierung für vogelfrei erflärt und deren Einbringung auf das Strengfte anbefohlen wurde.

Die Befagung von Temesnär unternahm Ausfälle, brand» haste und plünderte die umliegenden ungartreuen Ortfchaften, hob zur VBerftärfung und Errichtung neuer Bataillone Refruten aus und zwang Wallachen und Deutſche, dem Beifpiele der Serben zu folgen und ſich dem bewaffneten Aufftande gegen die Ungarn anzufihließen.

Eine ftarfe Eolonne zog Anfangs November aus Temesvär gegen das an der Heerftraße nach Siebenbürgen gelegene Lugos, verdrängte die dortige Fleine ungarifihe Abtheilung und fegte fich mit dem im aufgeftandenen Siebenbürgen operirenden Eaiferlichen Armee: corps und dem erft jegt abgefallenen, wohlbewaffneten wallachiſch⸗ banater ©renzpdiftricte in Verbindung. Durch den Abfall der Feſtung Arad ging endlih auch dad Maros⸗-Thal verloren, wodurch einem aus Siebenbürgen hervorbrechenden Feinde die Opes rationslinie und der Weg an die untere Theiß und in dad Innere Ungarns freigegeben warb.

Diele traurige Wendung der Dinge erhöhte und vervielfachte die Gefahren, die das Land ohnedies von allen Seiten umwogten, und veränderte weientlich die Phyſiognomie des füdlichen Kriegs⸗ ſchauplatzes.

Die Feſtung Temesvär, bisher der Stuͤtzpunkt unſerer Dperationen im Banat, mit reichen Borräthen verſehen, fiel in die Hände des Feindes, der hier mit einer Befagung von 4 5000 Mann Linientruppen in unferem Rüden eine Stel: fung einnahm, bie unfer mit dem Gros in Groß-Becdteret ſtehendes Banater Korps auf die einzige Rüdzugstlinie über Toͤrök-Becſe in die Bacs beichränfte; eine Linie, die, wie wir

48 ——

im früheren Capitel ſahen, auf einzelnen Punkten ſtets dem Anfall der in ihrer Naͤhe verſchanzten Serben ausgeſetzt war.

Verſetz, Weißkirchen, Bogſan und die übrigen deut⸗ ſchen Bergftädte im Süden des Banats, die bis jetzt mit fo viel Aufopferung und Ausdauer den überlegenen Angriffen der Serben mit Erfolg die Stirne geboten hatten, wurden nun nicht mehr von biefen allein, fondern au von den Temesvarer Beſatzungs⸗ truppen und den wallachiſch⸗banater Grenzern, fomit von vier Seiten zugleich mit Vernichtung bedroht.

Der Eleine bis October im Banat vom Feinde behauptete Land- ftrich in dem Winfel zwifchen der Theiß und ber Donau hatte ſich durch die legten Vorgänge um das Zehnfache vergrößert, und bid ann die Marod und Siebenbürgen ausgebehnt; fo bag nun den Ungarn ihrerfeitd kaum fo viel übrig blieb, als früher die Serben befegt hielten. Das Krazfovaer, ber größte Theil des Temefer und ein Theil des Torontäler Comitatd, dann die ganze Militär- grenze mit Ausnahme von Weißkirchen gehordhten ben kaiſerlichen Behörden. Die räumlichen Verhältniffe wurden alſo gerade umgefehrt.

Bei fo bewanbten Umftänden wurde in Peſth die Frage auf geworfen, ob ed nicht zweckdienlicher waͤre, das Banat bei den zu ſeiner Wiedereroberung und Behauptung unzureichenden Kräften lieber freiwillig zu räumen, und ſich blos auf die Vertheidigung des rechten Theiß- und Maros⸗Ufers zu befchränfen.

Für diefe Idee war vorzüglid Koffuth, der mit richtigem Blick erkannte, daß die Rettung Ungarns nicht von dem Beſitze des Banats und der Bacs, fondern von der Bildung und Auf: ftellung einer mächtigen Hauptarmee an ber oberen Donau abhinge, wozu durch die Räumung der Banater Landſtriche 12— 15,000 Mann Kerntruppen verwendet werden fonnten, ohne deshalb den

"Befig der Maros und der Theiß aufzugeben. - Auf Anrathen von Kiff und Bafonyi, Kommandanten im Banat und ber Bacs, wurde jedoch die fernere Behauptung befchlofien. Diefer voreilige Entſchluß lähmte die Dffenfiofraft der Hauptarmee, ohne dadurch der, zwei Monate fpäter durch die Macht der Umftände dennoch eingetretenen Räumung vorzubeugen.

Minder trübe war der Horizont auf dein Bäcfer Kriegsſchau⸗ plage. Peterwardein, das ungarifhe Gibraltar, blieb ber Sache Ungarnd treu, widerftand den Verführungsfünften faiferlicher Emiffäre, und fchloß ſich den Loyalen Ergebenheitögdrefien des Bacſer Armeecorps an. Hier fanden fidy demnach Serben und Un» garn auch nad) den Fönigl. Erlafien vom 3. Oktober in ihren früheren Stellungen und mit denfelben Kräften wie bisher gegenüber.

Bevor wir die Erzählung ber Bäc8+Banater Kriegsereigniſſe in den legten zwei Monaten ded Jahres 1848 fortfegen,, ift es nös thig, den Stand der beiberfeitigen Streitfräfte, wie fich derſelbe Mitte und Ende November zeigte, zu recapituliren.

Die beiden bis dahin unter einem-Commando ftehenden Armees corps in der Bacs und Banat wurden damals getrennt und die Corps⸗ commanbanten unmittelbar dem Kriegsminifterium untergeorbnet.

Banater Armeecorps. Commantant General Kiff, Hauptquartier Groß⸗Becskerek.

Divifion Oberſt Better in Groß⸗Becokerek und Concurrenz: 6 Bataillons, 9 Escadrons, 30 Geſchuͤtze.

*) Divifion Ober Damjanich in Berfeg und Weißkirchen: 5 Batalllons, 3 Eocadrons, 30 Geſchuͤtze.

*) Die Nationalgarten von VBerfeg und Weißkirchen, vollfändig be⸗ waflnet und organifitt, bildeten zwei Bataillons, die hier mitgerechnet Änd.

Il. 4

50

Colonne des Oberſtlieutenant Nagy Sändor gegen Temesvär, beftehend aus 3000 fchlecht bewaffneten Rationalgarden und 1/, Bataillon, 2 Escadrons, A Gefchügen.

Zufammen 111/, Bataillone, 14 Escadrons, 64 Gefchüge.

Bäcfer Armeecorpb. Commandant General Bakonyi, fpäter Graf Efterhäzy. Hauptquartierin O-Verbasz.

Divifion Oberft Lenkey in O⸗

und TöröfsBecie . . . ABat., 4 Esc., 12 Geſchütze. Divifion Oberſt Efterhäzy in

Verbasz und Bist. .5, 6, BE. Diviſion Oberfil. Szab6 in Ofer

bis Reufah. . » 5 „u, 8 ,„, 2 „u

Zufammen 14 Bat., 18 €&c., 42 Geſchütze.

Feſtung Peterwarbdein.

Commandant General Blagovevitd.

Beſatzung A Bataillond, 2 E&cadrond.

Die Feſtung war vollftändig ausgerüftet und mit hinreichen⸗ dem Belagerungs » Gefchüg verſehen. Die Totalftärfe der Bacs⸗ Bänäter-Armee, die Rationalgarden von Nagy Sand mitge- rechnet ohne die Eernirungdtruppen von Arad, betrug bei dem ſchwachen Stand ber Kinien » Bataillons Mitte November 29 Ba- taillons, 34 Escadrons, 106 Feldgefchüge oder 26— 28,000 Raum mit 4000 Pferden.

HM

Die Stärke und Eintheilung des Feindes war ſolgende ImBanat.

Commanbant General Biret, fpäter General Rufavina.

Temedvärer Befagung 5000 Mann, 1000 Pferbe.

In den verfchanzten Eerbenlagen an der Teufelsbrüde, bei Karlöporf, Alibunär, Lagerndorf, Tomaffoväp, Pancjova 12,500 Mann , 500 Pferde.

Wallahifh-Banater Grenztruppen A000 Mann.

Zufammen 21,500 Mann, 1500 Pferde, 80 Geſchuͤtze.

In der Bacs und Syrmien. Commandant Suplikatz.

Am linfen Donauufer in den verfchanzten Ser: benlagern bei Szent⸗Tamas, Földvär, Zuria, Szireg, Römerfhanzen und Titel 9000 Mann,

Am rechten Donauuferin Karlowip, Kamenig,

Semlin und anderen Punften Syrmiens 6000

%

Zufammen 15,000 Wann.

Hierzu eine irreguläre ferbifche Reiterei von einigen 100 Mann unb gegen 60 Feldgefchübe.

Die Oefammtftärke des Feindes belief fih fomit auf dem Bäche Banater Kriegsfchauplage auf 36—40,000 Mann mit 140 160 Beldgeichügen.

Die Uebermadht , fofern diefelbe Maflen und Zahlen betraf, befand ſich nach dem Angeführten auf Seite des Feindes; in Bes zug auf Disziplin, Gemwandtheit und Kriegderfahrung hingegen landen die ungarifchen weit über ben oͤſterreichiſch⸗ ferbiichen Truppen, die mit Ausnahme einiger Linien, und Grenzbataillons

1652

zumeiſt aus Landſtürmern ober aus zügellofen von Türkifch« Serbien berübergerufenen Hilfsichaaren zufammengefeßt waren,

Bei Wiederaufnahme de& Kampfes nach den mißglüdten Octo⸗ berverhandlungen und nad) dem Abfalle der beiden Feftungen , allo Anfangs November hatten die Ungarn folgende Stellungen inne:

Im Banat.

Gegen die Serben. Rechter Flügel länge des Begas Ganale , von der Theiß bis Ecska; Centrum in Groß⸗Becs⸗ kerek und Concurrenz; linker Flügel in Verſetz und Weißs kirchen. Die Ruͤckzugs⸗Linie gegen Török⸗Becſe war durch Schanzen an ber Theiß und durch ſtarke Beſatzungen in Elemét, Melencze und Kumänd gefichert, die Verbindung zwiſchen Ber: ſetz und Groß⸗-Becskerek theils durch mobile Colonnen, theils durch beſtaͤndige Beſatzungen in Zichydorf und Madoo unter halten.

Gegen die Wallachen der Militärgrenze wurden von Verſetz und Weißkirchen Beſatzungen in bie verſchanzten Berg ſtaͤdte Bogſan, Reſicza und Szaszka entſendet.

Temesvär beobachtete Oberſtlieutenant Nagy Sandor, ber den Auftrag hatte, feine Colonne in Hapfeld zu verſtaͤrken und ſpaͤ⸗ ter bis an die Vorftädte diefer Feſtung vorzurüden, um bie weiteren Ausfälle der Beſatzung zu verhindern.

Die Feftung Arad endlidy ward durch Oberfilieutenant Maͤ⸗ riaſy cernirt, wie died fpäter bei den Ereignifien von Arad erzählt werden wird.

Inder Baco.

Rechter Flügel in O-Ker; Centrum in Berbäsz und Kisker; linfer Flügel in OsBecfe. Die Verbindung zwiſchen O⸗Ker und Neufap wurde durch Befapungen in Kis⸗Szacs und

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Piros, jene zwiſchen Verbasz und O⸗Becſe durch Detachemente in Szeghegy, Feketehegy und Jovich⸗Szallas erhalten. Toͤ⸗ röfsBecje im Banat warb wegen feiner Nähe von einer Abthei⸗ lung ber O⸗Becſe er Diviſion beſetzt und dadurch der Anſchluß an das Banater Armeecorps bewirkt.

Die Stadt Neuſatz, Peterwardein gegenüber, ward ver: Ihanzt, und von biefer Feſtung mit einer hinreichenden Befagung verfehen.

Die Stellung der Serben blieb diefelbe wie in den früheren Monaten, nur hatten fie durch bie Unterhandlungen Zeit gewonnen, ihr Vertheidigungsiyften im Banat durd Anlage eined mächtigen Brüdenkopfes zuTomaffoväg auf der Straße von Pancſova nad Becskerek, der den Temesslichergang und ihre ſpaͤtere Vorruͤckung fihern follte, zu vervollftändigen. Tomaffoväh war um dicfe Zeit nah SzentsTamäs und Titel die wichtigfte und flärffte aller ferbifchen Etelungen. Außer diefem Orte hatten fie noch an der Kara bei tagerndorf und an der fogenannten Teufelöbrüde neue Berfchanzungen angelegt.

Die Ungarn hielten diefemnach die ungeheure Linie von Bog⸗ fan über Berfeg, Groß⸗Becokerek, O⸗ und TöröfsBecfe, Verbasz, O⸗- und Kis⸗Ker, Kis⸗Szacs, Piros, Futak, Neuſatz bis Peterwardein in einer Ausdehnung von 26— 30 deutichen Meilen befegt.

Diefe Zerfplitterung der Kräfte reichte vollfommen hin, um, wie biäher, auch ferner, jede entfcheidente Operation unmöglich zu ma⸗ chen und die Truppen ohne Gefechte, blos im Cordons- und Vorpoſten⸗ diente langſam aufzureiben. Es iſt von den Serben nicht zu begreifen, weßhalb fie um diefe Zeit beiihrer Central⸗Stellung und ihrem bekann⸗

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ten Unternehmungsgeiſt, die ſchwache überall durchzubrechende Linie der Ungarn durch feinen fräftigen Stoß zu erfchüttern fuchten, fondern ruhig in ihren verfchanzten Lagern verblichen.

Die erften Gefechte im Monat Rovember fanden zwiſchen Nagy Sändor und mehreren Abtheilungen der Temes varer Be fagung ftatt, die fi) zur Vertheilung von Plafaten und Aushebung von Refruten bis Nagy» und Kis⸗Jécſa vorgewagt hatten. Nagy Sändor drang von Hapfeld über Cſatad gegen Temes— vär vor, überrafchte diefe Abtheilungen in den genannten beiden Ortfchaften, und zerftreute fie nach kurzem Gefechte. Am 7. bes feste er Billet, drei Meilen von Temesvaär, und deckte in biefer Etellung das Tor ontaͤler Comitat und unfere Verbindung mit Sze⸗ gebin. Kinige Tage fpäter wurde er bei KisBecskerek von eis nem großen Theil der Temesvarer Beſatzung und von einigen tau— ſend Dann walladhifchem Landfturm angefallen , fiegte zum zweiten Male und trieb. die Angreifer in bie Feſtung zurüd.

Einnahme von Lagerndorf 7. November.

Einen bebeutenderen Eieg erfoht Damfanidy am 7. Novem⸗ ber gegen die Serben bei Lagerndorf. Das vom Feinde vor diefem Orte errichtete Lager bedrohte nicht nur unfere Verbindung zwiſchen Verfep und Weißfirchen, fondern bot auch den beuteluftigen Serben Gelegenheit, alle umliegenden unbeſchützten Orte wieberbelt mit ihren Bermwüftungszügen heimzufuchen. Muͤde dieſer Rede reien befchloß endlich Damjanich die Zerftörung dieſes Raubneſtes, und führte fein®orhaben am 7. glänzend aus. Am Morgen deffelben Tages rüdte er mit einer ſchwachen Abtheilung von einigen Compag⸗ nien bed 3. Honved» und 2. Szekler⸗Bataillons, 4 Gefcyügen, einer

halben Escadron Würtemberg Hufaren und ben freiwilligen Reis tem von Rözfa Sändor auf der Straße von Berfeg vor, wäh- rend Hauptmann Elef mit 2 Compagnien des 9. Honved-Bataillons zur Umgehung bes feindlichen Lagers über Wojwodincze ent fenbet wurde.

Die Serben, nad) einem furzen, aber blutigen Widerſtande zus mal durch die Tapferkeit ded Hauptmannd Foͤl dvary vom 3. Hon- v6d Bataillon und des Vrtillerie » Oberlieutenante Freudenreich geworfen , zogen ſich in das Dorf zuruͤck, fließen aber bier auf bie von Wojwodincze bereitö im Sturmfchritt anrüdenden Rothfäpps ler, deren Anblid fie jo ſehr verwirrte, daß fie mit Zurüdlaffung von zwei Gefchügen und mehreren Munitiondfarren die Flucht ergriffen. Ein Theil lief über die Karas, ber andere warb von unjeren Hu- jaren und von ben Reitern Rözfa Sandor's niedergemadht. Eine Menge Waffen, Munition, Pferde, Rinder und Schafheerben wurben erbeutet und dad Dorf während bed Angriffe von unferen erbitterten Zruppen ben Flammen preißgegeben. Der größte Bortheil biefes Sieges war bie vollfommene Sicherung der Berbindung zwifchen Verſetz und Weißkirchen und die Abwendung ber die ganze Um⸗ gegend bebrohenden fleten Gefahr der Berwüftung.

Der Name Damjanich warb von biefem Tage an im Lande befannt und eine Reihe glänzender Siege verfchaffte ihm im Laufe de6 folgenden großen Kampfes mit Recht eine der hervorragend» Ren Stellen unter ben Helden der Ration. Es ift jehr zu bes dauern, baß dieſer Sieg zugleich Veranlaffung gab zu feiner Ent zweiung mit Better, dem er während der Abweſenheit des General Kiff als proviforiihem Eommantanten ded Banater Armeecorpe mit feiner Divifion ımtergeordnet war, Better, der einen friedlichen Vergleich mit den Serben noch immer für möglid bielt, ſah ſich

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durch einige Exceſſe der Damjanich'ſchen Truppen in Lagerndorf in feinem Friedenswerk geftört, und machte Damjanich darüber einige Vorſtellungen, bie biefer mit Stolz und vielleicht zu berb von ſich wied. Die hieraus entfprungene Zwietracht dauerte wäh, rend des ganzen Krieges und ward Urſache mehrerer betrübens den Auftritte.

Die Bergftädte im Eden des Krafiser Comitats waren um dieſe Zeit noch alle in unferem Beſitze und durch ihre Lage fehr ge eignet zur Errichtung großartiger Waffenfabrifen, Kanonengicßereien und Pulvermühlen. Dies, und der Umftand , daß von hieraus bie Verbindung des Feindes mit Siebenbürgen fortwährend. bedroht werden Eonnte, beivog die Defterreicher, unfere am weiteften vorge fhobene Abteilung in Deutſch-Bogſan am 15. Rovember anzu⸗ greifen. Die dortige ungarifche Befagung beftand aus zwei ſchwa⸗ hen Honveds und Rationalgarde » Abtheilungen, die fich einige Wochen früher von Lugos hieher zurücdgezogen hatten, bann einer Compagnie Dravigaer Nationalgarden; im Ganzen a—500 Mann mit A Geſchuͤtzen. Commandant derfelben war ber burdy feine ſpaͤ⸗ teren Leiftungen rühmlic, befannte Major Ludwig Asboth.

Die Kaiferlichen unter General Appel griffen, mit einem Ba taillon Wallachiſch⸗Banater Grenzer, einer Abtheilung der Temes⸗ värer Beſatzung, einer Batterie und mehreren taufend wallachiſchen Landftürmern über Raranfebes anrüdend,, nad) dreimal wieder holter vergeblicyer Aufforderung an die Bewohner und Befagung zur Waffenftrefung,, in drei Colonnen entfchloflen an; wurden je boch zurüdgemworfen und mußten fi) nach achtftündigem Kampfe, da Grenzer und Landſturm vor beim gutgerichteten ungarifchen Feuer in alle Winde zerftoben, über dad Gebirge in ihr Grenzgebiet zu rüdziehen. Das Berdienft diefer erfolgreichen Vertheidigung ger

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bührt hauptſaͤchlich der einſichtsvollen Leitung bed Major Asboth, nebſt dieſer aber der Entſchloſſenheit der Kraffser Nationalgarden und der Ausdauer und Geſchicklichkeit der ungariſchen Artillerie.

Minder günftig lauteten die Berichte von der Marod, wo Marisſy am 11. Lippa und zwei Tage’ fpäter Neu⸗Arad, jomit das ganze linfe Maros⸗Ufer verloren hatte. *)

Die ungeheuren Rüftungen der Oeſterreicher an der Weftgrenze des Landes, diefe Quelle ſtets wachſender Beforgnifie, bewogen die ungarifche Regierung , die von ber Michtigfeit der Erhaltung der oberen Donau überzeugt war, aber audy bie unzureichende numerifche Stärfe der dortigen Armee erfannt hatte, Mitte November auf ihre frühere Anficht zurüdzufommen , und die Disponirung von 10,000 Hann Bicd- Bänäter Kerntruppen zur Berftärfung der Hauptarmee zum zweiten Male anzuordnen. Aber audy diesmal wieder fcheiterte die Ausführung diefer jo Eugen Maßregel an den Gegenvorfiellungen der betreffenden Commandanten, bie für eine Idee von weit unterge⸗ orbneterer Ratur eingenommen, aus ihrem engen Gefichtöfreis nicht beraudzutreten vermocten. Die Regierung, in deren Mitte fich feine einzige militärifche Sapacität befand , konnte die Tragweite dies fer Bombination auch nicht nad) ihrem vollen Behalte ermeflen gab aljo in ihrer fchwanfenden Art abermald nach und trägt fo einen großen Theil der Schuld an dem unglüdlichen Beginn des Winterfeldzuges, in welchem der Feind beinahe ohne Schwertſtreich in den Befig der Hauptitäbte gelangte. Dies iſt ein Beweis mehr, wie wenig bei Bertheidigung eined Landes im Großen, die Bedenken einzelner, auf einen engen Wirfungsfreis befchränften Führer beridfichtiget werden dürfen, wenn man das geftedte Ziel

) Eiche Sreigniffe vor Arad.

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ſicher erreichen will, und wie conſequent und ſtreng die einmal er⸗ laſſenen Beſchluͤſſe der Regierung durchgeführt werden müffen.

Eine Berftärfung von 10,000 Dann Kerntruppen hätte im Spätherbit 1848 die ungarifche Hauptarmee in den Stand geiekt, dem Vorbringen von Windifchgräg Schranken zu feßen, woburd wir in dem Beſitz von viermal fo reihen Hilfsquellen wie fpäter hinter der Theiß geblieben wären, und eine eben fo vielfache Ber: mehrung unferer Streitkräfte hätten erzielen können. Welchen Ein» fluß würde aber dieſer unermeßliche Gewinn auf. den fpätern Bang der Kriegdereigniffe und das Schickſal Ungarns geübt haben!

Der Verfaffer war um diefe Zeit ald Major und Chef des Ges neralftabed an die Seite des Generals Kiff beordert, um, wenn ſchon feine Verminderung ber Streitkräfte auf dem füblicyen Kriegs ſchauplatze ftattfinden follte, . dort wenigftend bie Eroberung ber vom Beinde befegten Theile zu bewirken, und anftatt der bisherigen Lethargie eine energifchere Fuͤhrung bed Kampfes einzuleiten. *)

In Abweſenheit bed Generald Kiſſſ, der erft Anfangs Decem⸗ ber von Beth zurüdfchrte, war General Better Commandant dee Banater Armeecorpd. Diefer hatte eben um biefe Zeit ben Plan zu einer größeren Offenfivoperation entworfen, vermöge welcher die ferbifchen Stellungen auf allen Punkten gleichzeitig angegriffen, durchbrochen, der Feind gegen Bancfova gedrängt und bort mit eoncentrirter Macht erbrüdt werben folte. Dei 30. November war zur Ausführung diefes Fühnen Entwurfes beflimmt. Unſere

) Später wurden zwar nach vielem Drängen ein HufarenRegiment und einige Bataiflons von den Bärs = Banater Truppen zur VBerflärkung der Hauptarmer ab: gegeben, diefe famen aber zumeift erſt in dem Augenblid an, al& die Hauptflätte bereits geräumt und der Rüdzug an die Theiß angetreten war.

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Hauptcolonne bewegte ſich von Groß⸗Becskerek gegen Tomaſſo⸗ vatz und hatte daſelbſt den von den Serben am rechten Temes⸗ Ufer auf der Straße nah Pancſova erbauten Brüdenkopf zu er ffürmen. ine zweite Golonne unter Major Kiff BAl rüdte von Berfeg über Nifolincze aufter Alibunärer Straße vor, und die dritte unter Oberftlieutenant Maderspach marfchirte von Weißkirchen gegen das verfchanzte Lager an der Karas, genannt bie Teufelsbrüde. Zu gleicher Zeit follten die Serben durch Echeinangriffe auf allen Bunften in der Baco befchäftigt,, und hie⸗ durch an der Entfendung von Berftärfungen über die Theiß in das Banat verhindert werben.

Die Hauptuntemehmung auf Tomaffoväg und fomit ber ganze Plan wurde leider durch einen dichten Rebel, ber jede Ent» widelung unferer Kräfte unmöglich machte, vereitelt, und nur ber Weißkirchner Eolonne gelang ed, ihre Aufgabe durch bie Er flürmung des ferbifchen Lagers an ber Teufelsbrüde glänzend zu (öfen.

Erftürmung der Teufelsbrücke am 30. November.

Am 30. A Uhr Morgens marjdirte bie Weißkirchner Colonne, 5 Eompagnien des 9. Honved>Bataillons , eine halbe Escadron Hunyady⸗Huſaren, ein Zug berittener Szegediner Rationalgarden mit 5 Gefchügen unter Oberflieutenant Maders⸗ pach gegen Baläanfa, um das in ber Nähe dieſes Ortes gelegene und in ber Front durch die Karas gefchügte Lager ber Serben anzus greifen.

Der Feind hatte am rechten Ufer ftarfe Verſchanzungen aufger führt und hielt diefelben mit etwa 2500 Mann und 7 Gefchügen beſetzt. Tie von Weißfirchen zu dem Lager führende Brüde über

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bie Karas „die Teufelobrücke“ war theils abgetragen, theils verrammelt.

Maderspach hatte ſeine tapfere Schaar in drei Colonnen ge⸗ theilt. Mit der Hauptcolonne im Centrum griff er bie Brüde an; während fein linfer Slügel Palanka befegte und fein rechter bie im: gehung der feindlichen Stellung bewirfte.

Der undurchdringliche Rebel, der vor Tomaffoväp den Haupl- angriff dieſes Lagers vereitelt hatte, gewährte bier den Vortheil, daß die Fleine Colonne unbemerft die Flußufer erreichen Eonnte, wo um 7 Uhr das Gefecht von den Serben angenommen und folange hartnädig fortgefegt wurde, bis es einer Abtheilung Honved unter bein heftigften Kartätfchenregen zweier wohl placirten feindlichen Gefchüge gelang, den Uebergang über die Brüde zu erzwingen und am rechten Flußufer feften Buß zu faffen. Hier fammelten fid) nad und nad) drei Gompagnien, die nad) zmeiftündiger blutiger Ans firengung endlich auch die Schanzen eroberten.

Als die braven „Rothfäppler” die Bruftwehren erflettert hatten und fidy löwenmuthig auf den übermächtigen Feind Rürzten , fehrte biefer feinen Echanzen in wilder Flucht den Rüden.

Drei Gefüge, 8 Munitiondkarren, viele Waffen, Wägen und Pferde wurden von dein 9. Honved- Bataillon erbeutet,, defien Bra vour, ſchon früher oft erprobt, von biefem Tage an im ungarifchen Heere fprichwörtlidy geworben ift.

Die Serben zählten gegen 100 Todte und Verwundete, bet größere Theil derjelben floh nah Bancfova, der antere aber fegte über die Donau bei O⸗Palanka und fuchte Rettung auf ſer⸗ bifchem Boden.

Durdy die Eroberung des für uneinnehmbar gehaltenen Lagers an der Zeufelöbrüde , wurde die Gegend um Weißfirdyen von

61.

feindlichen Einfällen befreit und die feindliche Verbindung zwiſchen dem ferbifchen und walladhifchen Theil der Banater Grenze für längere Zeit unterbrochen.

Im Sinne der Hauptdidpofition rüdte an demfelben Tage auch ein Theil der Verſetzer Beſatzung unter Major Kif ſPal gegen Ali⸗ bunar vor, ſtieß bei Nikolincze auf einen Haufen bewaffneter Landbewohner, die mit leichter Mühe zerfprengt wurden, befegte diefen Ort und fürchte den Feind vor Karlsdorf auf, wo es zu einem higigen Treffen fam, das mit bem Rüdzug der Serben durch diefen Ort gegen Alibunär endete. Kiff war indeffen wegen ber Schwaͤche feiner Abtheilung und der Annäherung zahlreicher feind- licher Berftärkungen an der Benügung der errungenen Bortheile ges hindert und bewogen worden, feine Stellung in Nifolincze bald wieder aufzugeben. Bon allen Eeiten von feindlichen Schaaren ums ſchwaͤrmt, trat Kiff nad) Mittag den Rüdzugauf®erfeg an, woer ohne größeren Verluſt deffelben Abends wieder eintraf. Seine Demonftration hatte zur Bolge, daß der Feind in Alibunär und Karlsdorf von ihm beichäftigt, Feine Berftärfungen zur Unters ftügung ter Teufeldbrüde abjenden konnte.

Auch in der Bacs verfuchten die Befapungen von. O⸗Becſe und Verbaez am 30. den Feind durch Scheinangriffe zu befchäfti- gen. Die Verbas zer Colonne rüdte gegen Szents Tamäß vor, eröffnete auf die dortigen Verſchanzungen eine kurze Ranonade und zog ſich hierauf wieder in ihr Lager zurüd. Lebhafter warb das &es fecht bei Földvar, wo Major Komloſy, Commandant von DrBecfe, mit 4 Eompagnien Franz Karl, 2 Eompagnien Ku manir Yreiwilligen, 2 Eocadrons Ferdinand Yufaren und 6 Geſchuͤgen die Berfchanzungen ber Serben am Kalvarienberge unge

fähr 1200 Schritte vor Foldvar angriff, mit Sturm eroberte und den Feind bis in den Ort zurüdırieb.

Der Angriff auf die ferbifche Linie am 30. Fonnte im Allge⸗ meinen, troß ber einzelnen kleinern Erfolge, für mißlungen ange jehen werden, womit nody der Nachtheil verbunden war, baß wit durch felben unfere Abfichten dem Beinde verrathen hatten. Diefer wendete nun Alles an, um die bedrohten Punkte feiner Linie in den ftärfftien Bertheidigungdftand zu ſetzen. Zumal der Brüdenfopf von Tomaſſovatz, dad Hauptangriffsobject der Ungarn und der wid: tigfte Bunft der Serben im Banate, erhielt eine verftärfte Befagung von 3000 Mann Grenzern, 500 Türfifch » Serben und 15 Geſchuͤ⸗ den; und Knichanin, ber tapferfte und gewandtefte unter ben fers bifchen Bührern,, wurde vom Karlowiger National» Comite ald Befehlshaber dahin beorbert.

Anfangs December traf®eneral Kijiji in Groß-Becokerek ein. Er billigte Vetter's Plan und ordnete in diefem Sinne die Wie berholung des Angriffe auf Zumaffoväg für den 8. an.

Angriff auf Tomaſſovatz am 5. December.

Ungefähr 3 Meilen von Groß⸗Becsskerek überfchreitet bie nah Bancfova führende Hauptfiraße die Temes. An bielem Punkte wird die gegenüberliegende fumpfize Niederung und das ges gen Becskerek fich fanft verlaufende Terrain von bem hohen rechten Ufer beherrfcht, das fich zur Anlage von Befeftigungen befonderd eignet. ine folide Jochbrüde verbindet die beiden Ufer, und führt die von Becskerek kommende Straße in den ſchoͤnen und volfreicen Flecken Tomaffoväg, der einige hundert Schritte vor ber Brüde am linken Flußufer gelegen, im Herbft 1848 zum Hauptwaffenplah der Serben und zum Ausgangspunfte ihrer fpäteren Offenfivopere

tionen im Banat benüst wurde. Ein ftarfer Brüdenkopf auf dem dominirenden rechten Ufer diente zur Deckung dieſes Ueberganges. Die Form dieſes Brüdenfopfes, obwohl unregelmäßig und mehr dem Terrain entfprechend , war bie eines einfachen gebrochenen Zans genwerfes mit einem bominirenden Rebuit auf einem faft im Mittels punfte der Berjchanzung gelegenen, ifolirten Hügel. Das Glacie diefer Werfe war durch einen Jägergraben verftärft. Dieſe für die Dauer berechnete und umfaſſende Befeftigung erforderte viel Zeit zu ihrer Aufführung, welche der liftige Feind durch langwierige Friedens⸗ unterhandlungen von den leichtgläubigen ungarischen Commandan⸗ ten vortrefflich zu erlangen wußte. Zwei Monate bindurcy ließen fi) dieſe Letztern binhalten, und fahen ruhig ben emfigen Be feftigungsarbeiten des Feindes zu. Erſt als die Schanzen drohend ſich uͤber die Flaͤche erhoben, kam man im ungariſchen Hauptquartier zur Einſicht, und beſchloß den Angriff auf dieſelben beinahe mehr zur Ehrenrettung als zur Erreichung eines großen Zweckes, da zu dieſem hier, wie auch anderswo die guͤnſtigſte Gelegenheit ſchon lange entſchluͤpft war. Man wird unwillfürlid) von tiefem Schmerz ergriffen, wenn man auf die unverzeiblichen Fehler zurüdblidt, die während unfered Kampfes aller Orten begangen wurben. Es iſt nicht zu wundern, wenn felbft die größte Hingebung und bie fchwerften Opfer bes heldenmuͤthigen Bolfed jpäter nicht mehr binreichten, die Schuld feiner Fuͤhrer gut zu machen.

Am Abend des A. fammelte fich ter größte Theil ded Banater Armeccorpd in Ecsfa, Zfigmondfalva und Läzärfölt. Die Saupteolonne, 5 Bataillone, 3 Escadrons und 18 Gefchüge , brach nach Mitternacht von Ecoka auf und nahm ihre Richtung gegen DOrlovat. Dieferört, eine Fleine Stunde von ben Berfchanzungen und mit biefen auf bemfelben Ufer gelegen, follte befept,, eine Brüde

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über bie Temes geſchlagen und von hier ber größere Theil der Trup⸗ pen über den Fluß in des Feindes Rüden und gegen ben offenen Theil feiner Schanzen betadyirt werden. Der zurüdbleibende Theil warb am rechten Ufer und längs der Temes zum Angriff gegen bie (inte Flanke des Feindes beftimmt. Die zweite Eolonne, 2 Batail⸗ long, A Escadrons und 6 Geſchütze, fegte fih zwei Stunden ſpaͤ⸗ ter von Zfigmondfalva in Bewegung und hatte fich außer dem feindlichen Schußbereiche vor den Schanzen zu entwideln. Die dritte Eolonne rüdte von Räzärföld nad Botos und hatte von bier ihren Angriff laͤngs des Fluſſes gegen bie rechte Flanke des Feindes zu richten. Better, Kiff und der Berfaffer befanden fi bei der Hauptcolonne, von wo das Signal zur allgemeinen Bor rüdung gegeben werben jollte.

Der Angriffsplan, wie zu erfehen, hatte nichts weniger, als die Gefangennehmung oder Vernichtung des Feindes zum Zwecde, wozu jedoch die pünktlichfte Befolgung der Dispofitionen und bie größte Praͤciſton nöthig waren. Das Verfpäten einer Colonne, oder das zu frühzeitig ertheilte Zeichen zum Angriff fonnte leicht das Miß⸗ lingen des Unternehmens nach fich zichen. Und fo geſchah es auch. Die Brüde über die Temes konnte wegen geringer Uebung unferer Pioniere und aus Mangel an binreichendem Material anftatt um 7 Uhr Morgens nur gegen Mittag vollendet werben, wodurch bie Umgehungscolonne ben Angriff erſt begann, als berüben zwei ver einzelte voreilig unternommene Stürme von den Serben bereits blu⸗ tig abgefchlagen waren. |

General Kiſſ, ungeduldig über die verzögerte Borrüdung der Umgehungstruppen , von denen eigentlich das Signal zum allgemeis nen Eturm gegeben werben follte, ließ nämlich gegen Mittag den Angriff auf die Verſchanzungen durch ein lebhaftes Feuer aus 24 Ge⸗

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(hügen eröffnen, in der Abſicht, hierdurch bie Aufmerkſamkeit der Vers theidiger auf fich zu lenken und die in den Schanzen placirten Ges ſchütze zum Schweigen zu bringen. Uber feine diefer Abfichten warb erreicht und wir hatten im Gegentheil bei Ausführung bes lehteren Borhabend nody den Nadıtheil, daß unfere Geſchuͤtze bei dem an⸗ dauernden Avanciren immer mehr in dad verheerende feindliche Feuer geriethen, was für und nur ftarfe Berlufte nady fi) zog, ohne dem gedeckten Feinde irgend einen Echaben zuzufügen. Kiff, noch unges buldiger,, ertheilte hierauf um 3 Uhr Nachmittags den Befehl zum Sturme. Das Bataillon Märiäfy und das 10. Honvéd-Bataillon rüdten im beftigften Stugelregen mit gemefienen Schritten bis an ben Grabenrand der Berfchanzungen vor, konnten jedoch bei der vers zweifelten Gegenwehr der Beſatzung nirgends eindringen. So oft fie an den Eocarpen emporzuflettern verfuchten, waren die Bruft« wehren augenblidlich mit Serben bededt, die mit Erbitterung zum Handſchar und Mefier griffen und die Anftürmenden zurüdmwarfen. Drei Stürme wurden auf diefe Weife abgefchlagen. Kiſſ, dem das Pferd unter dem Leibe erfchoffen wurde, und ber ſich nady und nach von der Unmöglichkeit ded Sieges auf dieſer Seite überzeugte, gab den Befehl zum Rüdzug und ftellte feine Truppen außer dem Schuß» bereiche ded Feindes auf. Mittlerweile erreichte die Umgehung eolonne Tomaffoväh und erftürmte diefen Ort im erften Anlaufe. Aber ed war zu fpät; dem Schidfale des Tages konnte daburdy feine befiere Wendung mehr gegeben werden, Nach kurzen, aber blutis gem Gefechte, und nachdem fi) Riff entfchloß, an diefem Tage wer gen Ermattung der Truppen feinen weiteren Sturm zu unternehmen, trat auch diefe Eolonne den Rüdweg an, und führte denfelben eben fo wie den Uebergang auf das rechte Temes⸗Ufer und bie Abtra gung der Brüde bei Orlovat unverfolgt aus. u. 6

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Gegen 6 Uhr Abends ſammelte ſich das ganze Corps auf ber Ecskaer Straße im Angefichte des Feindes, ber in refpeftvoller Entfernung unferen Bewegungen ruhig zufah. Die Truppen rüd- ten während der Nacht in ihre früheren Stationen ein.

Unfer Verluſt betrug gegen 250 Mann , jener ber Serben, die befonders am linken Ufer ftarf gelitten hatten, mag gleich groß ger weſen fein.

Man muß ter tapferen Bertheibigung des Tomaſſovatzer Bruͤcken⸗ fopfes die verdiente Anerfennung zollen, Schade nur, daß fo viel Heldenblut, anftatt im heiligen Bruderbunde beider Voͤlker für die Freiheit, im gegenfeitigen Bertilgungsfampfe vergofien wurde.

Einige Tage nad) diefem mißlungenen Ungriff wurbe General Vetter von der Regierung zur Uebernahme der Cernirungscorps und zur Leitung der Belagerungsarbeiten nach Arad beordert. Diefer befonnene, militärifch bochgebildete General hatte fidy während ded Sommerd, ald auf dem ganzen füblichen Kriegoſchauplatze Unent: fchlofienheit und Verrath herrfchten,, durch feine raftlofe Thaͤtigkeit bie größten Verdienſte erworben. Anfaͤnglich war er es allein, ber den Serben im Banat wiederholte Schläge beibrachte und ihre Kraft fo entfcheidend brach, daß fie für die nächften Monate zu jeder größe ren Unternehmung unfähig wurden. ber fonderbarerweife ließ auch Better fpäter nady den jchönen Erfolgen im Septeinber in feinen Opera tionen eine Stodung eintreten, bie ben Serben Zeit gönnte, ihre verlornen Kräfte zu erfegen und ihre zerſtoͤrten Waffenpläge fefter und an geeigneteren Punkten, wie 3. B. bei Tomaſſovaͤtz, Karlsodorf, u. a. O, wieder aufzuwerfen.

Zur Entſchuldigung Vetter's kann zwar dienen, daß ihm fort: währente Regierungsbefehle die Unterhanblungen mit den Serben an dad Herz legten ; wiewohl die auf Erfahrung gegründete Wahr:

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beit weber ihm noch ber Regierung unbefannt fein durfte, daß Un terhandlungen nur nad gänglicher Zertrümmerung der feindlichen Macht zum erwünfchten Ziele führen.

General Kiff, der nach Vetter's Abgang die Führung des Ba- nater Armeecorps wieder felbft übernommen hatte, betraute mich mit bem Entwurfe eined neuen Angriffeplanee. Es ward darin be- ſchloſſen, von einem Brontalangriff auf die Tomaffoväger Schan» zen gänzlich abzuftehen und den Kampf auf dem feinblichen rechten Flügel bei Karlsdorf und Alibunär zu beginnen, von bort bie ganze Linie der Serben bis an die Temes aufzurollen, Pancfova zu bedrohen und Knichanin hiedurch zur freiwilligen Räumung der Stellung bei Tomafjoväg und zum Rüdzuge auf Pancfova zu jwingen, gegen welchen legten Punkt der Serben im Banat tann die concentrirte Macht der Ungarn zum Entfcheidungsfchlage vorrüden follte. -- Das Armeecorps in der Bacs wurde aufges fordert, durch gleichzeitige Beivegungen am Franzenscanal und gegen die Römerfchanzen die Operationen im Banat zu unterſtützen. Wir werben fpäter fehen, wie bie Führer in ber Bäcs dieſem Anfinnen entfprochen haben.

Am 11. December waren die Colonnen des Banater Corps in ihren verfchiedenen Etationen eingetroffen. Am 12. follte die Vorrüdung auf allen Bunften zugleich beginnen. Bolgende Dispo⸗ fitionen wurben hiezu ausgegeben:

1) Oberſt Damjanich fammelt in Verſetz zwei Bataillon, brei Escadrons und acht Geſchuͤtze, überläßt die Siche⸗ rung der Gegend mit dem Refte feiner Divifion dem Com⸗ mandanten von Weißkirchen Oberftlieutenant Maberes pad und rüdt am 12. über Ulma und Rifolincze gegen

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Karlsdorf und nach Verdrängung bed Feindes von hier bis Alibunar vor, wo er ſich mit der von Zichidorf vors rüdenden Colonne des Major Gergely verbindet, am 13. den Marfcy über Illäncfa und Jarkovaätz fortfegt und nach erftattetem Bericht an die von Groß⸗Becskerel gegen ben Brüdenfopf vorbringende Hauptcolonne, den Angriff im Rüden der feindlichen Stellung auf Tomaſſo⸗ va unternimmt.

2) Major Gergely marfcirt mit zwei Bataillons , zwei Es⸗ cadrons, vier Gefchügen am 11. nad Zichidorf, rüdt am 12. über Szent Janos zur Unterftügung ber von Verſetz fommenden Colonne bis Alibunär vor, fchlicht fich dort derfelben an und bleibt bis zur Vereinigung mit dem Hauptcorpd ihr zugeteilt.

3) Der Reſt des Banater Corps mit Ausnahme einiger Ab: theilungen zur Bewachung ber Theiß von Perlasz bie Tuͤrkiſch-Becſe briht am 12. Abende von Groß⸗Beco— feref in zwei Colonnen auf, deren größere an diefem Tage Erneszthäza, die Fleinere Zfigmondfalva befegt, von wo beide am Morgen des 13. bis auf Kanonenfchußweite vor bie feindlichen Berfchanzungen beiTomaffoväg rüden und in diefer Stellung dad Eintreffen und den Angriff ber Eolonne Damjanich abwarten.

Aus dem Vorhergehenden ift zu erfehen, daß die Hauptrolle der Operation dem Dberft Damjanich zugedacht wurbe, ber auch dem in ihn gefegten Vertrauen mit gewohnter Tapferfeit und Energie auf das Bollftändigfte entfpradh.

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Treffen bei Karlsdorf und Alibunse am 12. December.

Damjanid) erſchien mit feiner Colonne am 12. Mittags vor Karlödorf und fand den Feind theild vor dem Orte, theils in ben Redouten, welche die Straßen von Alibunär und Bancfova bes herrſchten, aufgeſtellt. Ohne lange auf das Erfcheinen oder Nach⸗ richten von Gergely zu warten, befahl er alfogleidy den Angriff. Nach zweiftündigem lebhaften Gefechte wurde das Dorf und die Redous ten vom 3. und 9, Honved- Bataillon, die hier, wie immer, an Kühns beit wetteiferten, mit dem Bajonnette genommen und der überlegene Feind gegen Alibunär gedrängt. Hier hatte mittlerweile Major Gergely, von Zihidorf fommend, das Gefecht begonnen, fonnte jedoch bei der Uebermacht der Serben feine Fortfchritte machen und fah fih zur PVertheidigung genöthigt, als die K arisdor— fer Fluͤchtlinge nach Alibunar die Nachricht von dem Anrücken der gefürchteten Rothfäppler brachten und dadurch auch bei ber dortigen Befagung , die fi) nun zwifchen zwei Feuer befand, Angft und Bes flürzung verbreiteten. Gergely, aus dem bemerflichen Schwanfen in den feindlichen Reihen auf das Anrüden der Ungarıı von Karls⸗ dorf jchließend , ging von Reuem zum Angriff über und erflürmte nach hartnädigem Kampfe Alibunär eben in dem Augenblide, ale auch Damjanidy im Rüden des Feindes erfchien. Pani⸗ ſcher Schreden ergriff jest ben Feind, der fich ohne weiteren Wis derſtand in wiltem Knaͤuel gegen Pancſova wendet, hart vers folgt von zwei Escadrons Würtemberg » Hufaren, die durch gelungene Attaquen- feine Niederlage vollenden halfen. Zwei Geſchuͤtze, mehrere Munitionskarren , einige Mörfer, Fahnen und Waffen aller Art wurden erbeutet, und Alibunar ſelbſt, von wo während des Sommers und Herbſtes alle Plünderungszüge der Serben ausgegangen waren, von den erbitterten Truppen einges

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äfchert; der Feind verfor auf dem Schladhtfelde 4—500 Mann an Todten und Verwundeten. Unfer Berluft betrug faum 100 Mann. Die Stärke des Feindes mag ſich in beiden Lagern auf 5—6000 Mann mit 16 Gefchügen belaufen haben.

Am Morgen det 13. marſchirte Damianich verſtaͤrkt durch Gergely über Illancſa gegen Jarkovatz, wo er Nachmittags 4 Uhr eintraf. Hier mußte er wegen Ermüdung feiner Truppen Halt machen und die Borrüdung gegen Tomaffoväg auf ben nächften Tag verfchieben, wovon er die von Becskerek vorgerüdte Colonne ded General Kiff in Kenntniß ſetzte.

Ueberfall der Serben auf Jairkovatz am 14. December.

Am Abend des 13. ftand das Banater Armeecorps in folgen, ber Stellung: General Kiff mit dem Gros ftand im weiten Halbfreile auf dem rechten Temes⸗Ufer den feindlichen Verſchanzungen von Tomaffoväg gegenüber mit dem Hauptquartier in Botos. Ober Damjanich hatte Jarkovatz und Margiticza befegt und am der Temes, Botos gegenüber, mit Kiff die Verbindung hergefteflt.

Die Serben lagerten theils hinter ihren Schangen bei Tomaſſo⸗ vatz, theild fammelten fie fih vor Uzdin, Ludwigsdorf und Szamod. General Suplifag, ber erwählte, vom Kaifer be flätigte Wojwode, hatte fih an ihre Spige geftellt und mit vie lem Geſchick den Plan zum Ueberfall der in Järfoväg eingerüdten Ungarn entworfen. Der Serbenführer hatte mit richtigen Blid er fannt, daß Tomaffoväp mit einer feindlihen Macht im Rüden nicht zu halten fei; und daher mit einbrechender Nacht die Beſahung aus den dortigen Schanzen an ſich gezogen, worauf er mit feiner gefammten Macht zwilchen Jarkovatz und Szamos ungefähr zwei fleine Meilen vom erfleren Orte Stellung bezog. Seine

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Stärfe konnte auf 10,000 Mann mit 20 Geſchuͤtzen geſchaͤtzt wer⸗ den. Bon hier fegte er fi) mit den Jarkovatzer Einwohnern in Verbindung , die ſaͤmmtlich Serben und die erbittertften Feinde der Ungam bei einem Hanbftreiche ihre kraͤftigſte Unterftügung zufagten.

Damjanich, ohne Ahnung von ber Nähe ber feindlichen Hauptmacht und den gegen ihn gefchmiedeten Bernichtungsplänen, ließ fich durch den herzlichen Empfang der Einwohner , die ihm bei feinem Einzuge mit Bahnen, weißen Tüchern und allen Zeichen des Friedens und ber Freundſchaft entgegengeeilt waren, täufchen, und beging die Unvorſichtigkeit, in Mitte einer feindlichen Bevölferung feine Leute einquartieren und nur den Eleinften Theil vor dem Orte das Bivouak "und die Vorpoften beziehen zu laflen. Die Järkoväger bewirtheten ihre ungarifchen Gaͤſte auf das Freundlichſte; beſonders wurden Wein und Brauntwein in Ueberfluß herbeigefchafft; und viele nach ben ſtarken Märfchen ermübete Honved’8 und Hufaren ließen fich den Tobeötrunf wohl munden. Bald überließ fi) Allee ber Ruhe und im Dorfe herrfchte tiefe Stille, nur von den Schritten einzelner Patrouillen unterbrochen. Ploͤtzlich nach Mitternacht, bes gann an der Außerften Vorpoftenfette ein heftiges Kleingewehrfeuer ; gleich darauf ertönten einige Ranonenfchüffe und im nächften Augen⸗ blide bligte wie buch einen Zauberfchlag aus allen Yenftern, Scheuern und Umzaͤunungen den verrathenen Ungarn, die noch fchlaftrunfen und unangefleibet aus den Häufern auf bie Gaſſen ſtürzten, das tödtende Heuer ihrer Feinde entgegen. Einige Momente lang berrfchte unter unferen Truppen eine unbefchreibs lie Verwirrung. Denn bie von Dobricza, Szamos und Uzdin herbeigeſchlichenen Serben waren gleichzeitig mit den zurüd: weichenden Borpoften in das Dorf gebrungen und hatten das Ge⸗ megel begonnen, als der größere Theil der Ungarn kaum noch eine

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Ahnung der Gefahr hatte, Die Einwohner des Ortes unterſtuͤtzten im Morden ihre Brüder nad) Kräften. Wie gelagt, die Verwir⸗ tung war anfänglich groß und body zeigte ſich nirgends eine Furcht, nirgends eine Entmuthigung , weil jeder Ungar wohl begriff, daß nur die größte Geifteögegenwart und Kaltblütigfeit fie ſaͤmmtlich vor Bernichtung retten fönne.

Nach einem hbalbftündigen furdtbaren Meſſer⸗ und Bajonnet- fampf in den Straßen und Häufern löfte fih endlich der Knaͤuel, und ed gelang dem ungarifchen Commandanten mit ber Fleinern Hälfte feiner Truppen und A Gefchügen fi) aus dem Orte zu ziehen und in der Naͤhe nördlich von demfelben am jenfeitigen Ufer eined Ent: wäflerungscanales wieder feften Buß zu faſſen.

Bon hier gab Damjanich um 6 Uhr Morgens, als es zu bämmern anfing, bad Zeichen zum Vorrüden. WB afa- In fanterie mit einem Theil des 9. Honvéd⸗Bataillons, ihre Fühnen Commandanten an ber Spitze, werfen fi mit dem Bajonnett auf den Feind, erobern muͤhſam ein Haus nad) dem andern, wo überall bie verftümmelten Leichen ihrer Brüder und Freunde ben Boden be decken, und drängen endlich die Haufen des Feindes trog feiner Mehr- zahl aus dem Orte hinaus.

Aber wie groß war bie Ueberrafchung und ber Jubel biefer Tapfern , ald fie am Ausgange des Drted die bereitö verloren ger glaubten andern Abtheilungen unter dem braven Major Kiff Pal und Hauptınann Affermann an ber Dobriczaer Straße in Schlachtordnung aufgeftellt fanden, und von dieſen mit ftürmifchen „Eljen’s“* begrüßt wurden.

Kiffund Affermann hatten in der erften Berwirrung einen Theil der Truppen und Gefüge zufammengerafft und während Damjanich nörblid aus dem Orte zog, von allen Seiten umringt

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und angefallen, ſich in entgegengeſetzter Richtung gegen Dobricza Bahn gebrochen und an den Eingängen des Ortes einige Höfe bes ſetzt, wo fie fidy gegen alle Angriffe der Serben 5 Stunden lang auf das Glaͤnzendſte vertheidigten.

Der zurückgeſchlagene Feind ſchlug den Weg auf Dobricza ein, faßte jedoch einige tauſend Schritte vor Jarkovatz nochmals Stellung und fchien feinen Angriff bei Tage wieberhofen zu wollen. Died war Damjanich erwünfcht. Rafch entfchloffen fam er den Serben zuvor und warf feine Colonnen mit aller Macht auf ihre durch den nächtlichen Kampf ohnehin fchon erfchütterten Reihen, und zwang fie, nach kurzer Kanonade und einer glänzenden Attaque von zweil@scadrong Würtembergs und Hannover » Hufaren , zur Flucht nah Pancs fova, wo fie an bemielben und dem nächiten Tage eintrafen und einen folchen Schreden verbreiteten, daß die bedeutendfien Eins wohner mit ihren Schäßen tot nad Serbien und Semlin ents flohen.

Der Feind verlor in und um Jarkovatz gegen 1000 Mann Todte und Berwundete, eine große Zahl Gewehre, türfiiche und ferbiiche Waffen , viele Pferde , Rinder und Schafe.

Nachdem Damjanich feinen Truppen nad fo angeftrengter Arbeit auf dem Schlachtfelde einige Ruhe gegönnt hatte, kehrte er um Mittag gegen Rärfoväg zurüd, und überließ feinen Truppen die Züchtigung dieſes verrätherifchen Neftes.

Bon hier brach er Nachmittag auf, fegte bei Reufina über die Temes, erreichte 5 Uhr Abends Szarcſa und bewirkte dort feine Bereinigung mit der Hauptcolonne. Diefe hatte an bemfelben Tage die Berfehanzungen bei Tomaſſovatz befebt und deren Demolirung den ungarfreundlichen Bewohnern der Umgegend über« lafin.

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Die Macht ber Serben im Banat war gebrochen und in einem faum breitägigen glänzenden Zuge Erfolge errungen , wie fie weber der Sommer, noch Herbſt aufweiſen fonnte; ein Beweis, wie leicht der ferbifche Aufftand bei nur einiger Energie, Einſicht und gutem Willen, bis zur Invafton Jellachich's und Windiſch⸗ grätz's erbrüdt, und der fchönfte, tapferfte Theil der ungarilchen Wehrkraft zur Berflärfung der Hauptarmee hätte verwendet werben fönnen.

Aber auch biefe errungenen Bortheile verloren gar bald ben größeren Theil ihrer Tragweite, ba Riff und Damjanich bie Br: nügung berfelben verfäumten,, und weil fie troß ber bringenbfien Aufforderungen in ihren Operationen von bem Bacſer Armeecorp6 nicht unterftüst wurden. GeneralBafonyi, der dortige Kommandant und Nachfolger des General Eder, ftatt mit den Operationen ber ungaris hen Waffen im Banat gleichen Schritt zu. halten, verblieb in feiner biöherigen Unthätigfeit und begnügte ſich mit einem mißlungenen, hoͤchſt unzweckmaͤßig geleiteten Angriff ker O⸗Kérer Befapung auf die ferbifche Redoute bei Szireg (2. December).

Damjanidy felbft beging ben großen Fehler, nad) dem Treffen bei Jarkovatz, ftatt den Feind unabläflig zu verfolgen, nach dieſem Orte zurüdzufehren und bort bad Obdach, das er zur Ginquartirung feiner Soldaten fo nöthig hatte, zerftören zu laſſen, wodurch er ger jwungen wurde, feine der Raft und Erholung bevürftigen Truppen nah Szaͤrcſa, dreiMeilen hinter das Schlachtfeld, zurücdzuführen. Hierdurdy gingen zwei Tage verloren und bie Serben gewannen Zeit, fi) von dem erhaltenen Schlag zu erholen , aus Syrmien und Ela vonien neue Berftärfungen an ſich zu ziehen, und Bancfova, ihren legten , aber wichtigften Befig im Banat, auf das Eiligfte zu be feftigen. Auch Tomaffoväg wurbe, nachbem die Einwohner nad)

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Pancſova eniflohen waren, in Folge der Fahrlaͤſſigkeit der Unter⸗ commandanten niedergebrannt, und die ungariſche Beſatzung auch bier genoͤthiget, die rauchenden Truͤmmer zu räumen und auf ba rechte Temes-Ufer zurüdzufehren. Am Abende des 14. bezog das Armeecorps folgende Cantonirung: Rechter Flügel in Ecska und Zfigmondfalva; das Centrum in Razärfölb und Erneszt- haza; linfer Flügel in Szärcfa und Szecfen. Die Referve blieb in Groß⸗Becsokerek und bie Abtheilungen zur Bewachung der Theiß in ihren früheren Stationen. |

Die fo fchön begonnene Operation war fomit in’® Stoden ges rathen , und zur Fortſetzung derſelben mußten neue Vorkehrungen ges troffen werden, Borfehrungen , welche die ganze Aufmerffamteit des ohnedies fehr unentichloffenen Kommandanten um fo mehr in Ans fprudy nahmen, als fich mittlerweile auf dem füblichen Kriegsſchau⸗ plage die Lage ber Dinge im Allgemeinen bedeutend verfchlimmert hatte.

Die Iegten Rachrichten von Märiäfy und Nagy Sandor lauteten betrübend. Erſterer, dem es im November gelungen wat, fih in Neu⸗Arad wieder feftzuiegen und die Feſtung von Neuem zu cerniren, wurde am 17. December von der Temeövärer Bes fagung, die zum Entfag der Feſtung herbeifam, über die Maros zu: radgeworfen ,*) und Nagy Sandor erlitt mit feinem gur Beobach⸗ tung von Temesvär audgefandten Häuflein bei Szent Andräs eine nicht minder empfindliche Niederlage, und ſah fi zum Ruͤck⸗ zug auf Hatzfeld genöthiget,, von wo er täglich um Unterftühung bat, um die Straße nad) Szegedin, bei eintretendem Eidgange auf der Theiß unfere einzige Ruͤckzugolinie, fichern zu fönnen.

*) Eiche Ereigniſſe vor Arad.

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Aus den Bergſtädten Bogſan und Reſicza traf. endlich bie Kunde ein, daß eine ftarfe öfterreichifche Colonne aus Siebenbürgen hervorgebrochen , und im Verein mit den aufgeftandenen Wallachen, Grenzern und einigen Abthbeilungen der Temesvärer Befagung, im Begriffe fei, über Bogfän gegen Berfeb vorzudringen.

Bei fo ungünftigem Umſchwung der Verhaͤltniſſe, befaß Kiſſ bei all feiner Tapferkeit und ausdauerndem Patriotiömus nicht genug Energie, um den begonnenen Plan fortzufegen und vor Allem bie Un- terwerfung ober Vernichtung ber Serben zu vollenden. Sein Haupt augenmerf glaubte er jetzt auf die Sicherung feiner bedrohten Verbin dungslinien richten zu müffen, denen zu lieb er von feinem urfprüng- lichen Operationdobjecte abfam , und bie Ausarbeitung des folgenden Entwurfes anorbnete. Die durch ihre jüngften Berlufte eingeſchüͤch⸗ terten Serben follten blo8 von bem Fleinern Theil des Armeecorps in Schach gehalten und der größere Theil des Corps unter feiner eiges nen Yührung dazu verwenbet werden, die Temedvärer Beſahung in die Feſtung zurüdzutreiben, zwifchen Binga und Bilfet zur Dedung ber von Temesvar nad) Arad und Szegedin führenden Straßen ein verfchanztes Lager zu errichten, als Beſatzung daſelbſt Nagy Säandor mit zwei Bataillons und einigen Gefchügen verftärkt zurüdzulaffen, und dann zur Unterbrüdung des wallachiſchen Aufflans bed und Zerftörung der feindlichen Verbindungen zwifchen bem Banat und Siebenbürgen im Kraſſo er Comitat und inder Banater Militär grenze zu fehreiten. Kiff hoffte in 3—A Wochen die Realifirung dieſes Planes bewirkt zu haben, und wollte dann feinen Ruͤckweg überBerfeg und Weißfirchen nehmen und bann erft mit concentrirter Kraft Panc- jova angreifen. Die Defterreicher waren inbeß mit anfehnlicher Macht von TemesvärundderMarosd kommend über Lugos gegen Bogſan vorgerüdt, hatten diefen verfchanzten Bergort am 19. zum zweiten⸗

male angegriffen und nad) blutigen Widerftande der Befatung dies⸗ mal erobert.

Die Kunde hievon ereilte Kiff, ald er mit dem größeren Theil feined Corps bereitd in Bänlaf, Detta und Efäfova, mithin beinahe im Rüden bes in Bogſan haufenden Yeindes fland. 68 war nur einiger Entſchluß und Scharfblid nöthig, um den durch dieſe Stellung gebotenen Bortheil rafch zu erfaſſen, von bier längs ber Berzava, mittelft eines forcirten Marſches, die viel ſchwächeren Defterreicher zu ereilen, fie in Rüden und Flanke anzus fallen und zum ungleichen Kampfe oder zur Waffenftredung zu zwin- gen. Dadurch aber hätte Riff die Ausführung feines Vorhabens, wenn aud in umgefehrter Reihenfolge, aber jebenfalld mit einem weientlichen Erfolge begonnen. Statt dem ließ er fich durch die Bitten der Verfeper und Weißkirchner die ſich nun von großen Gefahren umrungen wähnten verleiten, bielt mit feinen Bervegungen inne , detachirte einen Theil feiner Truppen zur Unters flügung in diefe beiden Städte, fehrte hierauf nach Modos zurüd, und vereitelte fo zwei Tage fpäter felbft die ganze faum begonnene Operation. Ich hatte das Banater Corps in Cſakova in Bolge eined Regierungäbefchls, der mich nach Peſt h berief, verlaſſen und übergab um biefe Zeit die Generalftab8s®efchäfte Major Boros.

Kaum hatte die feindliche Eolonne in Bogſan von der An⸗ kunft der ungariſchen Berftärfung in Verſetz Nachricht erhalten, ala fie fchnell ten Gedanken an eine weitere Borrüdung aufgab, unb nad) Zurüdlaffung eines ſchwachen Beobachtungs⸗Deiachements fich nad Lugos zurüdzog.

Der jept eingetretene mehrtägige Stiliftand , der von uns bazu verwendet wurde, bie Streitkräfte in ihrer früheren unglüdlichen Eorbonftellung zu zerfplittern, warb Ende December durch die Kampf⸗

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luſt der Truppen und ihren immer lautern Ruf nach einer Entſchei⸗ dung auf dieſem Kriegsſchauplatze unterbrochen, und Kiſſſhiedurch bewogen , dem allgemeinen Verlangen nachzugeben und am 29. De cember die Borrüdung gegen Pancfova anzuordnen. Das Grob des Banater Armeecorps, das ſich zu diefem Zwecke in Zichidorf gefammelt hatte, nahın von dort feine Ricytung auf Petrovoſello, wo es den Reujabriag 1849 zubrachte. Am2. Januar fam daſſelbe nach Reudorfund Franzfeld und am3. erfchien ed vor Pancſova, ohne unterwegs auf den Feind geftoßen zu fein. Zwei Heine Co⸗ lonnen rüdten auf gleidyer Höhe mit dem Gros von Groß⸗Becs⸗ kerek und Weißfirchen zur Blanfens Sicherung der Hauptcolonne vor. Unter Kiff commanbdirten bier Maderspach, Nager Sändor, Kiſſ Pal und Vécſey. Drei diefer Braven farben fpäter durdy Henkershand, Maderepach on gebrochenem Herzen und Kiſſ Pal, aus dem ſchweren Kerfer erft unlängft entlaflen, fri⸗ ſtet fein Leben gleich vielen feiner Schickſalsgenoſſen in einfamer Ab- geichiedenheit und Trauer über den Fall feines Baterlandes.

Der Angriff auf Bancfova, zu fpät unternommen, mißlang trog der Tapferfeit der Truppen und ihrer Kührer gänzlich. Die Serben hatten während ber letzten drei Wochen Zeit genug ge funden, ihre Schanzen zu vervollftändigen und biefelben mit fo zahlreihem Geſchütz und namhaften Berflärfungen vom rechten Donauufer zu verfehen, daß diesmal weder Rothfäppler nod die anderen zum Hauptangriff beftimmten braven Bataillon mit ih⸗ rem bewährten Muth zu reüfliren vermochten und nad) bedeu⸗ tendem Berlufte aus dem verheerenden euer des Feindes zurüdge zogen werden mußten. Daffelbe Schidfal theilten auch bie auf ben andern Punkten vorgedrungenen Abtheilungen,, fo daß Kiff nad mehrftündigem erbittertem Kampfe das Zeichen zum Rüdzuge auf ber

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ganzen Linie gab. Dieſem General wurde fpäter von vielen Seis ten der Borwurf gemacht, baß er an biefem Tage den Angriff nicht zwedmäßig genug geleitet und den Rüdzug zu voreilig, bevor man nämlich noch Zeit gewann, die Schwäche der feindlichen Stellung zu erfennen und hierauf geftügt den Sturm von Neuem zu wiederholen, anbefohlen hätte. Es ift jedoch ſchwer, ein unparteiiiches Urtheil hierüber zu fällen, da Kiif feinerfeitö die Schuld des Mißlingens auf die Untercommandanten fchob, die, feiner Behauptung nad) , die Golonnen zu raſch zum Sturme vorführten, ftatt die Wirfung des Gefchügfampfes mit mehr Geduld abzuwarten.

Sei dem, wie ihm wolle, der Angriff auf Bancfova wurde abgefchlagen und die Ungarn bei der ungeheuren Kälte, die unglüds licherweife gerade damals eintrat, und die, bei dem Mangel an Hol; und Stroh, das Bivouak im Angefichte des Feindes, mithin die Wiederholung des Angriffed am nächften Tage unmöglicy machte, zum Rüdzug auf Reudorf und am 3. unter fteter, aber läfliger Ver⸗ folgung der Serben in zwei Golonnen nad Groß⸗Becskerek und Berfeg gezwungen. Das Corps litt bei diefem Nüdzuge über die weiten unbewohnten Heiden ſehr viel, und eine große Anzahl Leute blieb auf dem Wege erfchöpft liegen , wo fie entweber ber Kaͤlte oder der Mordluſt der nachfolgenden Serben zum Opfer fielen.

Dieſes mißlungene Unternehmen raubte Kifi bei feinen Trup⸗ pen den lehten Reſt des Vertrauens, und kaum waren fie in Bece- feref angelangt, als ſich eine Deputation von höheren Offizieren zu dem bortigen Regierungscommiffär Sabbas Vukovich mit der Bitte verfügte, Kiff zur Abdanfung und Üebergabe feines Comman⸗ dos an den in der jerbifhen Kriegführung weit mehr bewanderten Dberften Damjanicy zu bewegen. Zu berfelben Zeit langte von ber Regierung aud) ein Bevollmädhtigter mit dem gemefienen

Befehle im Hauptquartiere an, dad Banat ungefäumt zu räumen und die ungarifchen Truppen zurüd über die Maros zu ziehen. Diefer Befehl, eine Folge des in Peſth entworfenen Bertheis digungsplaned, war in gleichem Sinne auch dem Bäcjer Come zugefommen.

Die Regierung , von dem Widerwillen des General Kifj gegen biefe Mafregel im voraus überzeugt, übertrug ihm in Anerfennung feines treuen Ausharrend und feiner vielfadyen Verdienſte um das Bas terland, bie höchfte milisärifche Würde im Lande, die Stelle eined commanbirenden Generals von Ungarn, und berief ihn nach Debregin an ben Sitz der Regierung. Die Bührung bed Armeecorps erhielt Damjanich, ber fofort den Abzug bed Corps aus dem Banat zu bewerfftelligen hatte.

Die Feder zittert uns in der Hand bei Schilderung ber folgenden traurigften Epoche der fchwergetroffenen Bewohner des unglüdlicyen Banats. Rachdem diefelben länger als 7 Monate hindurch in ſteter Angſt zwiſchen Leben und Tod geſchwebt, und num endlich durch unfere jüngften Siege bei Alibunär und Järfoväg einen Hoffnung: ſtrahl der Rettung erglänzen fahen , trifft fie plöglich, wie ein Wei⸗ terfchlag, die Kunde von dem Abzuge der ungarifchen Truppen. Man muß wiffen, was es heißt, inmitten unbarmberziger Yeinde, die nur Raub und Mord kennen, zur ärgften Winterzeit allen Schrednifien eines entfeflelten Ragenkrieges hilflos preißgegeben zu werden, um bie Berzweiflung biefer armen Leute in ihrem ganzen Umfange zu begreifen. Bei ber Nachricht von der bes vorftehenden Räumung durchfuhr ein Schrei bed Schmerzes bie ungarifhen Ortfchaften ded Banats und feine Wahl blich den Verlaſſenen übrig, als die gewifle Vernichtung ober bie Auswanterung in dad Elend. Die Meiften wählten das

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Letztere; mit brechendem Herzen, als Bettler, ſchieden bie kurz vor⸗ ber noch wohlhabenden Familien von ihrem Eigenthume und ſchloſſen ſich dem Heere an, um anderswo, ſie wußten ſelbſt nicht wo, bei den minder ſchwer heimgeſuchten Brüdern ein Obdach zu finden. So zogen bei 50,000 Menſchen Mitte Januar in einer Kälte von 18— 20 Grad Reaumur, mit den Truppen von Haus und Hof fort; und wenn man ben unabfehbaren Zug der Unglüd: lichen betrachtete, die von Kummer und Noth gebeugt, ſich durch bie unmirthbaren fchneeverwehten Haiden kaum nothdürftig befleidet dabin fchleppten, wenn man fah, wie hier ein franfed Weib, dort ein müdes Kind, weiter ein alter Dann erfhöpft hinfanf und zurüd: blieb, um nie mehr nachzufolgen, und die Anderen, noch bie ges frorne Thräne in den Wimpern, raftlo8 vorwärts eilen mußten, um nicht der Mordluft der Serben zur Beute anheimzufallen, dann warb auch das fanftefte Gemüth von wilder Rachewuth erfaßt und bie Fauſt griff Frampfhaft nach dem Schwerte.

Unter allen Bewohnern des Banatd traf aber das härtefte 2008 -unftreitig bie Ungarn. Denn fie hatten von den Temes⸗ varer Belagungstruppen eben fo wenig Erbarmen zu hoffen, ale von den Serben felbft, während die Deutfchen wenigſtens auf den Schup der Raiferlichen beutfchen Soldaten zählen durften. So ge: ſchah es, daß Verſetz und Weißkirchen, worüber fich jeder unga⸗ rifche Patriot nur von Herzen freuen fann, troß ihrer heidenmüthi- gen Haltung im Sommer und Herbft gegen die Serben, nad dem Abzuge der Ungarn von dem öfterreihifchen Commandanten in Temesvar zu ihrem Schuge einige Compagnien deuticher Solda⸗ ten erhielten, während bie ungarifchen Orte, wenn fie vom eigent- lichen Kriegoſchauplatze noch fo entlegen waren und an dem Sriege felbR gar feinen Theil genommen hatten, alle der Beutegier ihrer

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Feinde zum Opfer fielen. Wir werben fpäter Gelegenheit finden, einige Beifpiele davon den Lefern vorzuführen.

Damjanich betheuerte fpäter oft, fein fchmwerfter Tag wäh: rend des ganzen Krieges fei derjenige gewelen, als er im Banat ben Befehl zum Abmarſch an bie einzelnen Abtheilungen unter- zeichnen mußte, um ſich mit feinen Braven von jenem Boben zu trennen, wofür fie ſieben Monate hindurch in fo viel helden⸗ müthigen Kämpfen ihr Blut verfprigten.

Bor feinem Abzuge erließ Damjanid eine Proclamation an bie Serben, worin er ihnen feine Abficht, dad Banat zu räumen, fund giebt und fie bei Androhung der biutigften Vergeltung auf: fordert, fi) gegen die friedlichen beutfchen und ungarifchen Gin: wohner menfchlich zu benehmen. Die legten Worte dieſer Proclas - mation dharafterifirten ganz den eiſernen Kriegsmann; fle Tauteten beiläufig wie folgt: „Wenn ihr aber meine Mahnungen nicht beachten und in eurem blutigen freiheitmörderifchen Streben fort. fahren werdet, dann ſchwoͤre ich ed euch, daß ich euere Bauen ver wüften und fo lange noch ein Serbe auf ungariichem Boden -Iebt, verfolgen und, auf daß in Ungarn auch feine Spur eurer ver rätherifchen Race übrig bleibe, mir als letztem Serben bann ſelbſt ben Tob geben werde!”

General Kiff gehorchte ber Regierung und begab ſich nad Debreczin. Seine großen Befisungen im Banat fielen einige Tage fpäter in die Hände der Serben und wurden von biefen ver wüſtet und zerftört. Nur Wenige fonnten ſich in Ungarn rühmen, dem Vaterlande und ihrer Meberzengung mehr ald Kiff geopfert zu haben. Bor den Märztagen im Befige von mehr als 200,000 Bulden Eonv. - Münze jührlicher Einfünfte, verlor er durch bie Er⸗

eigniffe im Banat Alles, und fah im Januar 1849 ſich genöthigt, feine Generals⸗Gage anzunehmen. Aber ale Schidfaldfchläge ertrug er freudig, und man hörte von ihm nie ein Wort der Klage oder der Reue. Wenn Kifj auch als Feldherr minder glüdlicy und

begabt war ald Andere, ald Bürger und Patriot ftand er gewiß geinem nach und im Laufe unſeres Unabhaͤngigkeitskampfes Hat er fh unter den erfien Männern des Landes eine würbdige Stelle erworben. Ruhm feinem Andenken!

Am 16. Januar begann Damjanich mit dem Banater Corps in zwei Eolonnen feinen traurigen Rüdzug. Um der uns glüdlichen Bevölkerung Zeit zum Anjchluß zu laſſen, ward berfelbe nur in Beinen Märichen über Groß⸗Becſskerek und Modos auf Hapfeld und von dort nad) einigen Tagen Raft im Sinne der Dispofition zur Bereinigung mit dem Arader Eernirungs Corps bis an die Maros ausgeführt. Die Serben, froh, fo leichten Kaufed in den Beſitz des Banats, von dem fie in jüngfter Zeit faum noch Pancſova zu halten vermochten, zu gelangen, ver- ſuchten nicht, diefe Bewegung ernftlich zu ftören, und folgten unferer Golonne in anftändiger Entfernung. Nur bei Berfeg kam re miı ihnen zum blutigen Gefechte. Das 28. Honved- Bataillon, von Weißkirchen fommend , hatte ſich hier verfpätet und wurde, eben im Begriff aufzubrechen,, plöglic) von allen Seiten mit Uebermacht angefallen. Das Bataillon, gaͤnzlich umringt, mußte ſich im harten Kampfe mit dem Bajonnette Bahn brechen und vereinigte ſich erft zwei Tage fpäter, ald man baffelbe bereitd verloren glaubte, mit ber Hauptcolonne in Hapfelb.

Ende Januar war das Banat bi8 auf einige unbedeutende Punkte um Szegedin geräumt und Damjanich mit feinem Corps in Arad eingetroffen.

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Schwieriger als im Banat, wurde die Durchfuͤhrung der Regierungsmaßregeln in der Bäcd. Hier hatte im Dezember General Graf Alerander Efterhäzy von Bafonyi das Commando übernommen und, wie wir gefehen, eben fo wenig als feine Bor gänger ausgerichtet. Kaum hatte derfelbe den Befehl zum Aufbruch und bie Nachricht von der Räumung der Hauptftädte in dem bes haglichen Xeben feines Hauptquartier vernommen, als er, did dahin der bitterfte und rüdfichtölofefte Sprecher gegen Oeſterreich, plöglich feinen Muth verlor und zum Verräther an feinem Bater- lande wurde. Statt ber Regierung zu gehorchen und dem Rothruf der Nation nachzufommen, glaubte er den Pflichten der Ehre beſſer zu entfprechen, wenn er Offiziere und Mannfchaft zum Verlaſſen ihrer Fahnen aufforderte, und ald ihm died nicht gelingen wolle, im Gegentheil die Truppen nur um fo entichloffener die York ſetzung ded Kampfes verlangten, feinen Abjchied nahm, um aus den Reihen feiner biöherigen Kriegsgenoſſen zu fliehen und ber Berblutung bed Baterlanded in Muße von Weitem zuzu—⸗ fehen*).

Oberſt Graf Berfey, an Efterhäzy’d Stelle zum Comman⸗ danten der Bäcd ernannt, machte dem fchwanfenden Geiſte ber bortigen Truppen fehnell ein Ende, entlicß die zweideutigen Offiziere, nahm den zurüdgebliebenen eine neue Erklärung des Gehorfamd ab, und ernannte an die Stelle ber Ausgefchiedenen entfchlofiene verbienftvolle Patrioten. Durch dieſes energifche Auftreten hatte Vécſey das Bäcker Corps vor ber Auflöfung‘, die Andere fo ge

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*) Nach Beendigung des Krieges trat Eſterhäzy als Major in daſſelbe Hufaren s Regiment ein, das er unter der ungarifchen Regierung als Liheri commandirte.

wiſſenlos herbeizuführen fuchten, bewahrt und fi) um- den Dank des Vaterlandes im hohen Grade verdient gemadyt.

Am 18. Januar traten auch bie Bäcfer Truppen ihren Rüds marfch an, concentrirten fi am 21. und 22, in Cſantavér und erreichten, ohne weitere Beunruhigung, in den legten Tagen Ja⸗ nuard Szegebin, wo fie die Gantonnirungen bezogen.

Die Feſtung Peterwarbein wurde unter Commando bed Oberſt Cſuha mit A Bataillond Kerntruppen und einem Flügel Würtemberg- Hufaren befeßt und mit allem Bedarf auf brei Monate verfehen. Zur Dedung der fübweftlichen Theile der Bäcs mit ihrer tapferen Bevölferung gegen die ferbifchen Einfälle aus den Römerfhanzen und von Slavonien, blieben in der Nähe ber Beftung 3— 4000 Mann Nationalgarden unter Führung des Oberftlieute- nants Bezeredy Mikloo mit dem Hauptquartier in dem Orte Bacs zurüd.

Therefiopel, nach Peſth und Debreczin die größte Stadt Ungarns mit 45,000 gutgefinnten Einwohnern, zwei Maͤrſche von Szegedin entfernt, warb gleichfalls ftarf befegt und bildete in ber neuen Stellung den rechten Flügel bed Bäcfer Corps, deſſen Hauptquartier nad) Szegebin verlegt wurbe.

Wie bereitd erwähnt, ftanden diefe Bewegungen im Einflange mit dem vor bem Übzuge der Regierung von Peſth entworfenen neuen Bertheidigungdplan bed Landes, beingemäß auf dem füds lichen Kriegöfchauplage gegen die Serben vorläufig bie firengfte Des fenfive eingehalten und fi) auf bie Behauptung von Therefiopel, Szegedin und ber Maroslinie befchränft werden follte. “Der größere Theil der Bäcs»Banater Truppen wurde hierauf zur Berflärfung der Hauptarmee und zur Unterflügung Bem's in

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Siebenbürgen beſtimmt, bie zurüdgebliebenen Streitkraͤfte aber in zwei Urmeecorps, 4. und 6., getheilt, wovon ba® erftere unter Graf Habbif, mit dem Hauptquartier in Szegedin, bie Linie von Therefiopel über Szegedin bie Maks zu halten, das letztere unter General Gaͤl Miflos die Belagerung von Arab fortzufegen und die Maroslinie weiter bis Siebenbürgen zu vertheidigen hatte.

So nachtheilig und auch dicd Aufopfern eines Landſtriches von mehr denn 500 Quadratmeilen mit anderthalb Millionen Bes wohnern bei einem Eugen und energifchen Feinde hätte werden können, fo war dies doch unter allen Maßregeln, welche die Regie rung in ihrer mißlichen Lage damald treffen konnte, jedenfalls tie weifefte und den Umftänden angemefienfte. Man opferte einen Theil bed Landes, um dadurch bie Mittel zur Gewinnung des beinahe ſchon verlorenen Ganzen zu erhalten. Nur bie zur rechten Zeit aus⸗ geführte Räumung des Banats und der Bacs ermöglichte die Wieder⸗ ergreifung der Offenfive auf den anderen Punkten und legte den Orund zu dem Siegedlauf unferer Waffen von ber Theiß bis an bie Grenzen Defterreiche.

Der Effectivftand der zwifchen Therefiopel und Arad con centrirten Kräfte betrug im Januar: Banater Armeeccopd . . . . 12,000 Mann, Bärfer 20.20.8200 Araber Gernirungdcorpe . . . 8,000

Zufammen 28,200 Mann mit 120 Gefchügen. Hiervon blieben in Szegebin und There: fiopel 3200 Mann, des Bäcfer Armeecorpe, in Arad bad frühere Gernirungscorpe mit einem Bataillon verftärft zuräd. Der Reft, gegen 16,000 Mann, wurde in 3 Armee» Divifionen ge:

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theilt, wovon die eine, 6000 Mann ſtark, unter Oberſtlieutenant Hrabowsfy im Marosthale nah Siebenbürgen dem hartbes drängten Bem zu Hilfe eilte,, die zwei anderen Divifionen, 10,000 Mann unter Becfey und Damjanich fpäter zum 3. Armee: corps vereinigt, an bie mittlere Theiß beordert wurden, um ſich dafelbft mit der Hauptarmee unter Dembinsfi zu vercinigen. Diefe drei Divifionen verließen ihre Kantonnirungen an der Maros und Theiß in den erften Tagen Februars und erreichten bie Orte ihrer Beſtimmung rechtzeitig genug , um unferein gefunfenen Kriegs» glüde eine beſſere Wendung zu geben.

Die nach Siebenbürgen disponirte Divifton vereinigte fich mit Bem am 8. Februar in Deva, erfämpfte fchon am folgenden Tage den entfcheidenden Sieg bei Piski und legte dadurch den Grund zur Wiedereroberung Siebenbürgen®.

Damjanic und Vécſey kamen Anfangs März nad) Täröf- SzentsMillss und Ezibafhäza, überfchritten am 5. die Theiß und ſchlugen vor Szolnok bie dort aufgefteflten die Debrecziner Straße bebrohenden Defterreicher bis zur Vernichtung.

Der im Januar entworfene Bertheidigungsplan verdient daher mit Recht die volfte Anerkennung, fo wie den Bäcd:Banater . Truppen das unvergängliche Berdienft bleibt, durch ihr gleichzeitiges Erfcheinen auf den drei verichiedenen Kriegsfchauplägen des Landes in die Wagichale des Gluͤckes das enticheidende Gewicht geworfen zu haben.

Der Kampf im füdöftlichen Ungarn wurde audı ferner, wie bisher, auf zwei gefonderten Schauplägen geführt, nämlich bei Arad und an der Theiß. Die Erzählung des erftern findet der Leſer unter dem Abſchnitte: „Ereigniffe vor Arad“; bier folgt bie

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Fortfehung bed Serbenkrieges und bie Schilderung der Ereigniſſe in der Bacs und im Banat bid zur Wiebereroberung dieſer Landes⸗ theile durch die ungarifchen Waffen.

Jul.

Das Banat und bie Bäcs nad dem Abzuge der Ungarn. Serbiſch-ͤnter⸗ reichifche Entwürfe. Die ferbifche Hauptmacht will Szegebin, der redte feindliche Flügel Arad forciren. Gefechte bei Szegedin, Szöreg und Horget 9., 13., 15. Februar. Treffen bei Bajmof 5. März. Verheerungen der Serben in der Bärs. Perczel übernimmt das Obercommando bes Bäder (4.) Armeecorpe. Erſtürmung von Szöreg, Sit. Ivan und Desk, 22. März. Ginnahme von Kanifha und Zenta 23. März. Serbiſche Oraufamfeiten in Zenta. Der Entſatz von Peterwartein. Kämpfe um Peterwarbein und Neufag in den Monaten Februar und März. Erfuͤr⸗ mung von Szt. Tamss 3. April. Ginnahme der Roͤmerſchanzen 7. April. Ueberfall der Serben auf Kovil Szt. Ivan. Perczel nimmt feine Richtung auf O⸗Becſe und trifft die Vorbereitungen zum Theißübergang.

Der Kampf im Süden des Landes und vorzüglich jener gegen die Serben erhält nun einen wunderbaren Umfchwung. An bie Stelle der bisherigen Lnentfchloffenheit und tes üblen Willens, die alle Erfolge einzelner Corps, fo wie die Tapferkeit der Trup⸗ pen im Allgemeinen, gleichmäßig paralyfirten, tritt endlich eine ent- fchloffene patriotifche Führung. Die an beiden Ufern der Theiß erftaunlich ſchnell entfaltete Kraft des Volkes, wodurd der Kleine, zur Vertheibigung der Gegend zurüdgelaffene Heereötheil lawinen⸗ artig anwaͤchſt und fich vergrößert, vereitelt die großartigen Plane des Feindes und volführt im Laufe einiger Wochen jene große und ſchwere Aufgabe, woran während des Sommers und Herbſtes 1848

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eine ſechsfach groͤßere Macht vergebens Zeit und Kraft verſchwendete: die Unterdrückung des ſerbiſchen Aufſtandes.

Nach dem Abzuge der Ungarn beſetzten die Serben die weſt⸗ lichen Theile des Banats, fo wie die größere Hälfte der Baͤcs, und begannen im Sinne ihrer Maibefchlüffe die Organifirung der foges nannten „ferbifchen Wojwodſchaft“. Der Batriarh Rajachich ver: legte feinen Sik von Karlowig nad) Groß⸗Becskerek, nahm bier allen Oemeinben den Unterwerfungseid ab, orbnete die Beichlag- nahme der Güter der ungarifch»gefinnten Perfonen an, und feste bie gehörige Zahl Standgerichte ein, welche die unglüdlichen zurüdges bliebenen PBatrioten dem Meffer feiner Schergen überliefern follten. Aus dem eroberten Landſtriche wurden neue Bataillond ausgehoben, und die Zufammenziehung einer ferbifchsöfterreichifchen Südarmee beichloffen, um die VBerwüftung auch über die Theiß und Maros in da Herz Ungarns zu tragen. Auf diefe Weiſe fonnte die Streits macht der Serben mit den aufgeftandenen Wallachen, dann ber Temeövärer und Arader Belagung und ben Hilföfchaaren aus Türfifch « Serbien in der Hand eines kriegskundigen gewandten Yühs rers leicht auf 60— 70,000 Mann gebracht und biefe, bei dem Defig der Feftungen Arad und Temesdvär und ber unbehinderten Communication mit Slavonien und Groatien, mit Waffen und fon ſtigem Kriegsbedarf auf das reichlichfte verfehen werben. Ein Süd für Ungarn, taß in Temeövär ein alter unfähiger General faß, der aus allen diefen Vortheilen eben fo wenig Rugen zu ziehen verftand, als der unmenfchliche fanatifche Prieſter, der feine geiftliche Gewalt dazu mißbrauchte, dad Geſchick der bethörten Serben zum Böfen zu lenken, und den Ramen Gottes, um das Blut der Bertheidiger der heiligften Interefien der Menfchheit in Strömen fließen zu laffen. Die Serben find jetzt zum Genuß des kümmerlichen Blutlohnes ges

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langt, den ihnen bie oͤſterreichiſche Regierung mißguͤnſtig hingeworfen hatte; ob fie deſſelben froh geworden, mögen fie ſelbſt beantiworten !

Die Hauptmacht der Serben war Anfangs Februar im Bas nat bis Hatzfeld vorgedrungen, von wo ihr rechter Wlügel über Gyertyamos mit Temesvär in Verbindung trat, und ihr linker fih bie nah Groß⸗Kikinda und deſſen Umgegend ausbehnte. Commandant dieſes ferbifch- öfterreichifchen Hauptcorps war ber Wojwode Theodorovid.

In der Bäcs hatte der Feind den Yranzends Canal befrpt und fammelte in Zombor und bei Cſervenka zwei ftarfe Colonnen unter Commando des Major Milia Stanojevich.

Der Operationsplan biefer feindlihen Macht war beiläufig folgender: Auf dem rechten Flügel follte die Temesvärer Be ſatzung, mit einigen wallachiſchen und ferbifchen Bataillons vers ftärft, Arad entfegen, bie Maros überfchreiten und gegen Groß» wardein vorbringen, während dad Gros des öfterreichifch-ferbis fhen Armeecorps über Töröfs und O⸗Kaniſcha à cheval ber Theiß, und der linke Blügel von Zombor über Tcherefiopel, Szegedin, diefe feftefte Stübge der ungarifchen Nationalfraft im Süden des Landes, zu erobern und mit dem von Peſth anrüdenten Armeecorps ded Banus Hand in Hand weiter gegen Debreczin zu operiren hatten. Peterwardein und Neuſatz wurden' auf den linfen Donauufer mit einem Theil der ferbifchen Macht aus den Römerfchanzen beobachtet, die Gernirung ber Feſtung auf dem rechten Ufer von Karlowitz bi8 Kamenig mit einem von der Drau kommenden Eaiferlichen Armeecorp& dem General Nugen! übertragen. Die Donau von Kamenitz bi8 Dalya wart durch einzelme ferbifche Poften bewacht, und Heinere fliegende

Colonnen burchftreiften ſengend und plündernd bie beherrfchten Landſtriche.

Bei der ausgedehnten Linie, welcheo der Feind beſetzt hielt, ge⸗ wahrt man auf den erſten Blick, daß dieſer anſcheinend großartige und gutangelegte Plan ſchon im Beginn den Keim des Mißlingens in ſich trug. Die Serben verfielen hier in den naͤmlichen Fehler, der die Operationen der Ungarn ihnen gegenüber während mehrerer Monate charafterifirte, nämlich in die Zerfplitterung ihrer Streitkräfte. Nur wenn fie mit vereinter Macht über Therefiopel vorgebrungen wären und die Bertheidigung des Banats der Temesvärer Bes fagung allein überlaffen hätten, würde es ihnen möglich geworben ‚rein, die Kraft der Ungarn an der unteren Theiß zu brechen und ſich mit der öfterreichifchen Hauptarınee zu vereinigen. Aber Ras zachich, weniger befümmert um die Kriegäoperationen, ald um bie ungeheure Beute die ihm das wohlhabende Banat verhieß und die er um feinen Preis den Kaiſerlichen überlaffen wollte, rief bie ferbifche Armee zu feinen Schuge und zur Ausführung Meiner Raubs züge dahin, woraus für fie nicht nur ein Zeiwerluſt, fondern auch ein Zenwürfnißg mit den Defterreichern entftand, welches zur Folge hatte, daß wir hinreichende Zeit gewannen, und gegen das drohende Gewitter zu ruͤſten.

Wir haben fchon im vorhergehenden Eapitel bemerkt, daß bie in Szegedin zurüdgebliebenen ungarifchen Truppen die Einthei- fung und Bezeichnung des A. Armeecorps erhielten; Oberftlieutenant Graf Haddik wurde mit der Führung befielben betraut. Haddik tbeilte Anfangs Februar fein Corps in zwei Arınees Divifionen. Die erfle unter Öberftlieutenant Gal, an die fih fchon Ende Januar das zur Hortfegung des fleinen Krieges auf das rechte Donaus ufer detachirte, von bort jeboch verhrängte Streifcerps ded Major

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Nemegyei anſchloß, befand aus 11/, Hanveds, 2 Freiwilligen: Bataillond, der Nationalgarte von Therefiopel und Umgegend, 1 Escadron Hufaren, 300 berittenen Nationalgarden und 6 Ges (hügen und hatte Therefiopel zu fhügen und die Verbindung mit Szegedin über Horgos zu erhalten; bie zweite Armees Divifion, unter Major Igmändy, zählte 1 Linien», 3 Honveds, 1 Frei⸗ willigen» Bataillon, die Nationalgarden von Szegedin und Um gegend, A Escadrons Hufaren und 16 Geſchuͤtze; dieſe Divifion hielt Szegedin, Mufös und mit einem ſchwachen Detachement auf dem linfen Ufer der Theiß im Banat, Szöreg beiekt.

Die Gefammtftärfe der Ungarn in biefer Aufftellung , die Ende Sanuar faum 3500 Honvéd und einige Taufend Nationalgarden zählte, hatte fidy fo vermehrt, daß fie Mitte Februar bereits 5000 Mann reguläre Truppen und gegen 9000 Mann Rationalgarben zählte).

Peterwarbein und bie in ber Nähe biefer Feſtung zurüdge lafienen Abtheilungen waren von Anfang Januar bis Ende Mär auf ſich allein befchränft und von dem Szegediner Armercorps gänzlich abgefchnitten.

Am 8, Februar begann ber Feind auf der ganzen Linie feine Operation. Sein rechter Fluͤgel griff an diefem Tage Arab an, erlitt aber eine empfindliche Niederlage bafelbft und warb zum Rüd- zug auf Temesvar gezwungen **).

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*) 1 Bataillon Waſa, */, Bataillon Tureky; 3., 7. und 8. Henvet: Bataillon; Freiwilligen⸗Bataillons Dobſa, Foͤldvary, Niczky; 8 Bataillen⸗ mobile Nationalgarden aus ber Bacs und Cſongraͤd; und die Nationalgarden tet umliegenden Gomitate. An Savallerie zählte das Korps 21/, Gecadrons Fer: binand s und 2 Escadeons Hunyady⸗Huſaren; an Artillerie 30 Gefüge.

) Siehe Breigniffe vor Arad, V.

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Am 9. Februar drang die Avantgarde der ſerbiſchen Haupt⸗ macht von Kaniſcha bis Szoͤreg vor und zwang die dortige kleine Beſatzung zum Rüdzug über die Theiß nach Szegedin. Am 11. rüdte dieſelbe feindliche Colonne bis an die Theiß vor, beſetzte das auf dem Banater Uſer gelegene Dorf Neu⸗Szegedin und begann gegen Mittag eine lebhafte Kanonade auf die Stadt und die an ihren Quais aufgeſtellten Ungarn. Unſere Artillerie zwang jedoch die feind⸗ lichen Geſchütze bald zum Rüdzuge, worauf die Serben ſich im Orte zerſtreuten und ihre gewoͤhnliche Plͤnderung begannen. In dieſem Augenblicke ſetzte Hauptmann Gombas mit einer Abtheilung Na⸗ tionalgarden über die zugefrorene Theiß und ſtürzte ſich auf die zer⸗ ſtreuten Feinde. Seinem Beiſpiel folgten bald andere Truppen, worauf die Serben mit einem Verluſt von mehr als 100 Todten eiligſt nach Szoͤreg zurüdwichen.

Am 13. ließ Haddik zwei praktikable Uebergaͤnge über den geftorenen Fluß herſtellen, kam den ferneren feindlichen Abfichten zuvor, und griff Szöreg, wo fich der Feind bereits zu verfchanzen anfing, mit feiner gefammten diöponiblen Macht an. Der Angriff gelang vollkonmen. Das Bataillon Waſa und dad 8. Honved- Bataillon unter ihren muthigen Commandanten Yorget und Ig⸗ mändy erflürmten troß der hartnädigften Vertheidigung den Ort, trieben den Feind auf Szent-Ivän und Deszt zurüd und erober- ten eine Kanone, mehrere Munitiondtarren und zwei Bahnen. Der Berluft des Feindes war bedeutend ; von unferer Seite fielen kaum 100 Mann.

Auch gegen Horgos auf dem rechten Theiß⸗Ufer rüdten bie Serben vor,. wurden aber von den dortigen NRationalgarden unter Oberſtlieutenant Bene mit blutige:: Köpfen zurüdgewiefen.

Diefe erften mißlungenen Angriffe auf Arad und Szegebdin

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belehrten bald den Feind, wie wenig das Erfcheinen feiner impo⸗ ſanten Streitfräfte an der Theiß und Maros uns einzuſchuͤchtern vermochte, und derſelbe begann einzufehen, daß die Räumung des Banats und der Bäc6 nicht, wie ed in öfterreidhifchen Blättern hieß, in Folge der Demoralifation der ungarifchen Truppen, fondern aus ganz anderen Gründen und Rüdfichten gefyehen, deren Richtig: feit ihm bald durch bitterere Erfahrungen, als die biäherigen , mehr noch einleuchten ſollte.

Nach dem Treffen bei Sgoͤreg zogen ſich die Serben bis Ka⸗ aifha zurüd, wo Theodorovich Verftärfungen abwarten wollte, bevor er ſich zu einem neuen Angriff entſchloß. Hierdurch ge wannen die Szegediner Zeit, ſich gegen eine wieberholte Be fhießung oder Ueberrumpelung der Stadt dur Erbauung einet Brüdenkopfes zu fchügen, der den engen Raum zwifchen der Maros und Theiß vor Ujs Szegedin in einer geraden, 2000 Schritte langen Linie abfchloß, aus drei baftionsartigen, unter ſich mit Zangen: werfen verbundenen Werfen beftand und von der Banater Seite alle Zugänge zur Stadt vertheidigte. Die Zeit ber kurzen Waffen rube von Mitte Februar bis Anfang März wurde Hierauf von Haddik, unter thätigfter Mitwirkung Graf Caſimir Batthyanyi’s, bed damaligen Reihscommiffärs zu Szegedin, zur Neorganifirung und Vermehrung der Truppen auf das Befte benügt, fo daß Had⸗ dit's Nachfolger im Commando, General Perczel, fchon Ende März im Stande war, auß der Bertheidigung in den Angriff über zugeben,

In der Bäce hatten die Serben den größeren Theil ihrer Truppen zur Einfchließung von PBeterwardein und Neuſatz ver wendet, konnten daher gegen Therefiopel erft vorbringen, ale Eſſeg an der Drau capitulirt hatte, und das dort operirende

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kaiſerliche Armeecorpo unter F.3. M. Nugent zu ihrer Unter⸗ ſtützung herbeigeeilt kam. Nugent ließ wirklich Anfangs März zwei kleinere Colonnen ſeines Corpo bei Dälya und Mohäcs über die Donau ſetzen, fich den Serben anſchließen und übernahm ſelbſt mit feiner Hauptmacht die Gernirung von Peterwardein. Run drangen die Serben, ewa 4000 Mann und 13 Gefchüge ſtark, von Zombor über Bajmok gegen Therefiopel vor und erſchienen vor diefer Stadt am Abend tes A., fanten jedoch einen fo entfchlofle nen Widerftand dafeldft, daß fie, ungeachtet ihres Einverfläntnifles mit den dort wohnenden Eerben, den Gedanken an eine Eroberung der Stadt aufgeben und fi zum Rüdzug auf Baimof entfchließen mußten. In Therefiopel hatten die Ungarn während der Zeit der Waffenruhe die größte Thätigkeit entwidelt, an den Haupteingängen waren mehrere große Rebouten erbaut, die Straßen mit Barrikaden und Abichnitten verjchen, und die gutgefinnten Einwohner aufgefortert worden, ſich zur Beichütung ihres Eigenthums der Befayung anzu⸗ fohließen. Trog dem war es nicht gerathen, ſich auf die rein paſ⸗ five Deienfive zu befchränfen und den Feind hinter ven Mauern ber Etabt zu erwarten, da der ausgedehnte Umfang terfelben den aller Drten nöthigen intenfiven Widerhand behinderte. Diefer Grund bewog den Commandanten von Therefiopel, Oberſtlieutenant Gal, einem möglichen Angriff des Seindes am 5. zuvorzufontinen. Er ließ zu diefem Zwed einen Theil feiner Truppen und die Natios nalgarden in der Stadt und den Redouten zurüd und rücte mit dem Refte feiner Divifion, etwa 3000 Mann und 5 Geſchützen, in zwei Eolonnen dem Feinde, der fi) bei Baiımof zum neuen Angriff zu räften fchien, entgegen, während die Horgofer Belagung gegen OKaniſcha zu demonftriren und die Aufmerkjamfeit der dort fehenden Serben von dem Hauptangriffe abzulenken hatte.

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Treffen bei Bajmok 5. Maͤrz.

Am 5. März um 10 Uhr früh ſtießen die Ungarn an ber Grenze des Therefiopeler und Bajmofer Gebietes auf den Feind, der in einer höchft vortheilhaften Stellung ihren Angriff ruhig . erwartete. Es entfpann fi ein lebhafter Gefchügfampf, wobei die überlegene Artillerie der Serben die ungarifchen Geſchühe zum Schweigen brachte.

Gal mußte feine Truppen etwas zurüdziehen,, wodurch bie Serben ermuthigt, über die ſchmale Brüde eined Baches, ber beide Theile trennte, mehrere ſtarke Abtheilungen und drei Geſchuͤte avanciren ließen. Diefe vorjchnelle Vorrüdung büßten fie mit ihrer Kiederlage; denn kaum bemerkten die Ungarn diefe Bervegung, ald fie ſich ſchnell umwandten und gegen die Serben anftürmten. Die Gefchüge wurden im eriten Anlaufe mit dem Bajonnet genommen und der Feind über den Bach zurüdgeworfen. Diefer unerwartete Stoß verbreitete in den Reihen des feindlichen Corps eine folche Un: ordnung, daß baffelbe, jedem ferneren Gefechte ausweichend, ſich zum Rüdzuge wandte, der bald in regellofe Flucht ausartete, als unfere Truppen den Bach überfchritten hatten und die Hufaren mit Erfolg auf die Weichenden einhieben. Erft in Nemes⸗Militito, drei Meilen vom Schlachtfelde, wagte ber fliehende Feind Halt zu machen. Die Trophäen dieſes Siegeö waren drei Geſchüͤtze, wor. unter ein 18pfündiged, ber von den Serben vorzüglich beklagte „Ehicfö*, dann mehrere Munitionsfarren , viele Waffen, Wägen und Pferde. Ueber 200 feindliche Leichen bebedten das Schlacht: feld. Nach diejem Treffen war ber Uebermuth der Serben in ber Bacs abgekühlt, und erft jept, nachdem ſich der Gefichtöfteis ter Ungarn wieder zu erweitern begann, Eonnten fie das Unheil, das bie

Serben feit ihrem Abzuge überall angerichtet hatten, nach und nach überfchauen. Die Orte Feketehegy, Hegyes, Kula, Dros vicza, Bacler, Bajmof, Szenta, Moholy, Adda, D-Becfe, Verbasz und andere wurden von ihnen theild ger plünbert, theil8 niedergebrannt, und Ungarn und Deutiche zu Huns derten gefchlachtet. Baia, biefe blühende Handeldftatt, ward durch den wechfelnden Befig der Serben, Defterreicher und Ungarn in ihrem Wohlftande gaͤnzlich zu Grunde gerichtet, ebenfo erging «8 vielen anderen Ortfchaften in der Bacs und ed war noch ein Glüd, wenn fie von gänzlicher Zerftörung verſchont blieben.

Um dieſe Zeit fam Berczelvon Debreczin, wo er feit der Uebergabe des 2. Armeecorps an Dembindfi auf eine anders weitige Verwendung gewartet hatte, nad) Szegebin, um von Haddik dad A. Armeecorpe zu übernehmen und die Operationen zum Entfage von Peterwardein zu beginnen. Diefe Beftung gerieth feit dem Falle von Ejfeg in eine immer mißlichere Lage, nicht fowohl durch eine ernftliche Belagerung , wozu es dem Feinde an Mitteln fehlte, ald vielmehr durch den Kleinmuth und bie Umtriebe der früheren öfterreichifchen Offiziere, die bei den Linien⸗ Bataillons noch immer in großer Zahl dienten und die unabs (Affig zu Unterbandlungen und zur Nachahmung des Beilpield von Effeg riethen. Die Nachricht hiervon flößte der Regierung die größte Beforgniß ein, denn nach der Uebergabe von &ffeg blieb Peterwardein unfer einziger und legter Stügpunft im Süben an der Donau, beffen Verluft die Wiedereroberung der Bäcs und ded Banats mit ben geringen Streitfräften an der Maros und Theiß ganz vereiteln,, dem Feinde dagegen den Bortheil einer erfolgreichen Dffenfivoperation von dort in das Herz bes Landes fihern mußte. Perczel erhielt daher den gemeffenen

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Befehl, mis Aufbietung aller Kräfte die feindliche Linie am Franzenscanal zu durchbrechen und die feindliche Gernirung von Peterwardein auf dem linken Donauufer zu vereiteln. Diefe fonft ſchwierige Aufgabe ward weſentlich erleichtert durch den Rüdzug des rechten Flügels ber öfterreichifchen Hauptarmee, welder Mitte März bereitd bis Helegyhäza vorgerüdt war, um Szege⸗ bin zu bedrohen und den Eerben bie Hand zu reichen; in Holge der Bewegung unferer Hauptarmee über Czibakhaza jedoch von biefem Vorhaben fchnell abftehen und fich wieder auf Körös um Ezegled zurüdziehen mußte, woburd die Serben, trog den wieder⸗ holten Borftellungen ihre Woiwoden Theodorovich bei dem öfterreichifchen Obercommando, ſich ſelbſt überlaffen blieben. Auf diefe Weife fonnte Berczel, ohne Szegedin zu entblößen, gut Ausführung feines Planes fchreiten. Rach ber leitenden dee des⸗ felben foßlten vorerft zur Sicherung Szegedins bie Lager der Serben im Banat bei Szöreg, Deszk, Szent Ivan mb Zombor, bie fie in legter Zeit nach erhaltenen Berftärfungen wie⸗ der befeßt hatten, erobert und zu berfelben Zeit die ferbiichen Bes fagungen in O-Kaniſcha und Szenta, erflere von Szegedin, leptere von Therefiopel aus, angegriffen und über die Theiß zurüdgemworfen werben. Nach glüdlicher Löfung diefer Einleitung wollte Berczel das Dreied Szegedin, Therefiopel un Spenta ſich zur Bafid nehmen, auf Efantaver rüden, bort feine segulären Truppen fammeln und in forcirten Märfchen über Hegyed und Szeghegy ben Canal erreichen. Die auf ber langen kinic geriplitterten feindlichen Kräfte follten bei Verbasz und Kula über den Haufen geworfen und der Entfat von Beterwarbein hierauf über O⸗Ker bewirkt werben.

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Erflärmung von Szöreg, Spt. Ivin und Deszk am 22. März.

Um 22. März begann dad A. Armeecorps auf allen Bunften feine Vorrüdung. Perczel felbft führte die Szegediner Armee divifion gegen Szöreg, wo die Eerben mit A— 5000 Mann und 12 Geſchützen ftanden; halb fo viel hielten Szent Ivan befept, das Forget mit einer Umgehungscolonne zu nehmen hatte. Nach Aftündigem Kampf wurde diefer Ort von dem Bataillon Wafa ge nommen, wodurch der Feind in Flanke und Rüden bedroht und auch vor Szoͤreg auf das Heftigfte bedraͤngt fich auf allen Punkten zum Rüds zuge nach Beba und Kaniſcha wandte. Der Feind verlor eine Ka⸗ none, mehrere Munitionds und Bagagewägen und viele Waffen. In De s zk fuchte eine ferbifche Abtheilung nochmals Stand zu halten, wurde aber nad) kurzem Kampfe auch von hier vertrieben und gegen Béba verfolgt. Szoͤreg, Deszf und Szent Ivan gingen in Flammen auf, die dortigen Schanzen wurden bemolirt. Außer Borget, Sauska und Anderen, die dad Schicſal des Tages zu Gun» ften der Ungarn entfcheiden halfen, verdient Graf Kaſtmir Batthiänyi die ruͤhmlichſte Erwähnung, der an biefem Tage und auch fpäter als Eivilcommiffär der Regierung in den Reiben der Honveds focht und durd) das Beifpiel feines hohen Muthed auf den Geift der Trup⸗ pen vortheilhaft einwirfte.

An demfelben Tage fepte die ungarifche Befagung von Makso über bie Maros, griff eine feindliche Schaar in Zomborfalva an und zeriprengte fie, wobei 150 Mann mit mehreren Offizieren und eine große Quantität Getreide in unfere Hände fielen. Die von Horgo& vorrüdende ungariſche Colonne unter Major Ezintula eroberte ohne großen Widerfland an demfelben Tage O⸗Kaniſcha und warf die Serben auf das linke Theißufer zurüd. Mehr Mühe und Opfer koßete hingegen bie Einnahme von Szenta, wo bie von Thereſio⸗

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pel ausgeruͤckte Colonne erſt nach heftigem Kampfe und Ueber⸗ wältigung der ſerbiſchen Beſatzung eindringen kommte. Am 23. früh waren wir auch in dem Beſitze dieſes Fleckens, und fo war ber erfte Theil des wohl durchdachten Planes mit dem beften Erfolge gekrönt.

In Szenta befreiten unfere Truppen eine große Zahl gefangener Ungarn. Die Stadt von 15,000 Einwohnern glich bei ihrem Einzuge einem Friedhofe, und ein Schrei bed Entſetzens und der Rache erhob ſich, ald man die Spuren der Berwüftung erblidte und die Erzählungen von dem fchauderhaften Treiben der Serben wäh- rend ihres Furzen Aufenthaltes in diefer Stadt vernahm. Mehr als zweitaufend friedliche Ungarn verbluteten unter den ausgefuchtes ſten Martern diejer Henker, die fid) Krieger und Soldaten des Kais ferd von Orfterreich nannten. Die Maffe von Hinrichtungen füllte 6 Wochen hindurch jeden Tag aus, und man fcheute fich nicht in Ermangelung der nöthigen Galgen, die Opfer an dad Kreuz der ges plünderten fatholifchen Kirche zu hängen. Die Köpfe der Geſchlachte⸗ ten wurden jeden Abend dem Commandanten vorgelegt, der feine Graufamfeit fo weit trieb, daß er Knaben entınannen und die Frauen öffentlich züchtigen ließ. Es ift unmöglich, die Detail der Gräuelthaten niederzufchreiben , die hier an den Einwohnern bloß aus dem Grunde verübt wurden, weil fie Ungarn waren und ihr Baterland liebten. Weßhalb nun vorzüglih Szenta fo ſchonungs⸗ 108 heimgeſucht wurde, erflärt fi aus dein Umſtande, weil bie dortige Nationalgarde beim Ausbruch des ferbifchen Aufftandes in O⸗Becſe April 1848 der übrigens ein ganz comimuniftifches Gepraͤge hatte die erfte war, die zur Untertrüdung deffelben und zur Beichügung des Lebens und der Habe ihrer bedrohten Brüder in bereitwilliger Erfüllung ihrer Bürgerpflichten berbeieile. Zur

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Steuer der Wahrheit ſei ed übrigens geſagt, daß dieſe Metzeleien meiſt auf Befehl kaiſerlicher Offiziere, die mit dem Wiener Hofe in unmittelbarem Verkehre ſtanden, und ſelten durch ſerbiſche National⸗ führer begangen wurden; unter den Letztern beſaß Knichanin die meiſte Menſchlichkeit und Ritterlichkeit.

Daß beim Anblick ſolcher Gräuelſeenen, Honvéds und Natio⸗ nalgarden bei Wiedervergeltung gegen die Serben oft die Grenzen der Maͤßigung uͤberſchritten, und der Krieg immer mehr den Charak⸗ ter eines Vertilgungskampfes zwiichen beiden Racen annahm, wird Jeder begreiflidy finden , der erwägt, wie tief ter Echmerz beim Ans blick fo viel unfchuldig geſchlachteter Brüder fih in bie Seele aͤtzen, und welcher unauslöfchliche Haß darin Wurzel faffen mußte. Die Schuld eined fo namenlofen Elendes und die Entfeffelung fo wilder Leidenſchaſten trifft aber die öfterreichifche Dynaftie allein, bie mit den verwerflichften Künften den blutigen Kampf zur Sättigung ihrer Herrfchgier heraufbefchworen hatte.

Am 23. März gingen Berczel und Batthiänyi nad) Efanta- ver, wohin alle disponiblen Truppen von Therefiopel und Szes gedin ihre Richtung nahmen, um von dort den weiteren Marſch ges gen Peterwardein anzutreten. In Szegedin blieb nur ein Theil der zweiten Divifion unter Oberfllieutenant Igmandy zurüd. Bei der am 24. abgehaltenen Revue zählte das Entiagcorps fammt den NRationalgarten 6 Bataillond, 6 Edcadrond und 24 Geſchütze, im Ganzen 6000 Mann mit 600 Pferden. Mit diefer Macht rüdte Perczel am 25., ohne einen Feind zu treffen, bis Szeghegy vor, wo die Avantgarde auf einen Zug Würtemberg- Hularen ftieß, ber von Peterwarbein audgefendet worden war, um ſich von dem Beftande einer ungarifchen Armee zu überzeugen und davon die Kunde in die Feſtung zurüd zu bringen. Diefe Entjendung gefehah in Folge jener lügen«

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haften Nachrichten, welche der Commandant des Cernirungscowps bei jedesmaliger Aufforderung zur Uebergabe, von dem bereits be, endeten Kampfe auf allen anderen Kriegsſchauplatzen, in die Feſtung gelangen ließ, und bie dann von ben vorhandenen altöfterreichiichen Dffizieren jedesmal zum Nachtheil der Ungarn commentirt und vers breitet wurden. Der Führer diefer Fleinen Heldenſchaar war ber junge Oberlieutenant Bad, der von Topolya, wohin er nad) vielen Gefahren fich durchgefchlagen hatte, auf die Nachricht von der Vors rüdung unferer Truppen bieher geeilt fam. Bas Erſcheinen dieſer Braven galt ald gute Vorbedeutung , denn das Ziel des beſchwer⸗ lichen Zuges , Beterwardein, wiewohl vom fchleichenden Berrath bedroht, ſtand noch. Die Hufaren wußten ſich in ihrer Freude faum zu faſſen, als fie endlich wieder ein ungarifches Lager und darüber bie hellen Barben der Tricolore erblickten. Perczel fandte Fad mit ber Nachricht feiner baldigen Ankunft in die Feſtung zuräd.

Der Widerftand, den Perczel beim Ueberſchreiten des ranzenb canales fand, war nur gering, da ber Feind, überrafcht durch bad fchnelle Bordringen der Ungarn, nicht Zeit hatte, die Hauptuͤbergangs⸗ punfte bei Kula und Berbäs; mit hinreihenden Kräften zu ver fehen. Die dortigen ferbijchen Abtheilungen flüchteten fich nach unbe deutendem Gefecht gegen Szent Tamäs und Zombor. Nach ge troffenen Borkehrungen zur Sicherung feined Ruͤckens ging Perczel am 27. bis Kis⸗Ker; ließ dort den größeren Theil feines Corps ein Lager beziehen und marfchirte mit zwei Compagnien Honvéd, zwei Escadrons Hufaren und einer Batterie über D-Ker, Kiszate und Piros nah Neufag*); wo er unter großem Jubel ber guige

*) Diefe Stadt liegt am linken Donauufer Beterwardein gegenüber, ft ward während bes Serbenfrieges flarf verfhanzt und bildete gleihfam das Bor- wert zum Bruͤckenkopfe der Feſtung. Anm. des Sehers.

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finnten Bürger und der von Peterwardein herübergefommenen Des putation der Befagung an demfelben Tage einrüdte und den Oberbe⸗ fehl der Seftung übernahm.

So wurde Peterwardein, bad ungarifhe Gibraltar, bie Bes herrfcherin der unteren Donau, durch die Entſchloſſenheit Perczel's und durch die Tapferkeit feiner Truppen gerettet und das in und außer den Mauern gefponnene Neg des Verrathes zerrifien.

Nach dem Abzuge der Ungarn aus der Bäce Ende Januar waren in der Feſtung, wie erwähnt, drei Linien» und ein Honved» Bataillon als Befapung zurfidgeblieben, die mit ungefähr 2000 Na⸗ tionalgarden die in der Nähe von Neufap liegenden ungarifchen und deutſchen Ortichaften befegt hielten. Anfangs Februar began⸗ nen die Serben die Eernirung der Feſtung und ihre Ausfälle und Streifzüge aus den Römerfchanzen und von Szent Tamas gegen bie ungartreuen Gegenden am linfen Donauufer. Täglich fanden Gefechte ſtatt, wobei bald die Serben ein ungariſches, bald die Un garn ein ferbifches Dorf überfielen, und fletö waren Word und Brand Begleiter foldyer blutigen Kämpfe. Durch diefen Kleinen Krieg außer⸗ halb der Mauern gelang es den mobilen Eolonnen von Beterwars dein, unterftügt durch die heidenmüthigen Sinwohner der Umge⸗ gend, die engere Einſchließung der Weftung zu vereiteln, und als Perczel zum Entfag herbeieilte, war er nidyt wenig erftaunt, die Drte Kiszats und Piros, die auf dem Wege zwlihen Ker und Neufag liegen, noch immer von Ungam befept und die Eins woohner bereit zu finden, cher zu ſterben, als fid) ihren erbitierten Feinden zu unterwerfen.

Die bebeutenderen Gefechte aus diefem Selbſterhaltungskampfe, die im Februar und März vorfielen, find folgende:

Am 1. Februar waren die Serben von KuUla und Syent Tas

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mäs in Ruczura eingerüdt und bedrohten von hier bie füblicher geleger nen deutfchen und ungarifchen Orte. OberftlieutenantNifla8Bezeredy griff fie am 2. mit einem zufammengefegten Detadyement vom 32., 33. und 39. LiniensRegiment, im Ganzen einigen 100 Mann, und eben fo viel Nationalgarden an, veriagte fie aus dem Orte und verfolgte fie eine weite Strede.

Am 13. Februar überfiel Hauptmann Hrabows ki mit einer Compagnie Efte- Infanterie, einer Abtheilung Nationalgarben und zwei Geſchützen PBalänfa, das den Serben zum Waffenplage und Uebergangspunkte aus Elavonien diente, erftürmte die verfchanzs ten Eingänge ded Ortes und zwang den Feind, fich eilig auf dad rechte Donauufer zurücdzugiehen.

Am 19. Februar wurde Kis zat 8 von einer ſtarken Serbenfchaar angefallen und die dortige ſchwache Beſatzung aus Abtheilungen von Oyulays und Don-Miguel-Infanterienad) hartnädiger Gegenwehr zum Weichen gebradst. Auf diefe Nachricht eilte Hauptmann Hra⸗ bowsfimit einer Compagnie E fe und einer Compagnie vom 2. Hons ved- Bataillon über Piros zur Unterftügung herbei, ftellte nicht nur das Gefecht wieder her, jondern ſchlug auch den Feind in die Flucht, nahm bemfelben eine Kanone, eine Fahne und mehrere Munitiond- farren ab und rettete fo Kiszats vor Plünderung und Bers wüftung.

Am 24. Februar erhielt Major Bozo den Auftrag, mit 3 Honvéd⸗, 3 Linien » Infanterie» Compagnien, einem Zug Hufarın und 6 Geſchuͤtzen, Futak, dad einige Tage früher an eine feind- lihe Uebermacht verloren ging, zurüdzuerobern. Bor der Stadt angelangt, wurden die Ungarn mit einem mörberifchen Gefchügfeuer empfangen , was fie jedoch nicht hinderte, bei den erhebenden To nen bed Rakoczy-Marſches Gewehr im Arm vorzurüden. Der

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Widerfland des mehrere taufend Mann ftarfen Yeindes warb nad einem furzen Gefechte gebrochen, der Ort wiedergenommen, dabei zwei Geſchütze, mehrere Bahnen und Munitionsfarıen erbeutet, einige Hundert Feinde niedergemadht, und ein großer Theil derfelben in die Donau gedrängt.

Ich übergehe bie anderen kleineren, mit demfelben Erfolge geliefer- ten Gefechte, und fchließe die Erzählung der Beterwardeiner Ereig- niffe mit der namentlichen Anführung derjenigen tapferen Huſaren, welche Ende März unter Obrrlieutenant Bad von Peterwardein den abenteuerlih fühnen Zug mitten durch feindliche Lager zur Aufs ſuchung einer ungarifchen Armee unternommen hatten. Sie hießen: Tiba Andras, Bodogh Laszlo, Palanky Zözief, Pelley Pal, Halaſy Jozſef, Slavkowszky Ivan, Böszoörményi Ferencz, Pepirs Sandor, Szögyenyi Janos, Cſikés Lajos, Misfolczy Iſtvan, Ujhelyi Joͤzſef und Szilägyi Tivadar. Das Vaterland kennt die Namen der Braven, und ihre That wird fortleben im Munde des Volkes und in ſeinen Ruhmesliedern!

Den näachſten Tag nach feiner Ankunft ließ Perczel unter Lei⸗ tung des talenwollen Rocaldirectord der Feſtung Oberftlieutenant Hollän einen Ausfall gegen Kamenietz unternehmen , der ihn die Ueberzeugung von dem ungeldhwächten Muthe der Beſatzung, aber auch von der Stärfe und Uebermacht des Feindes am rechten Donau⸗ ufer lieferte, der aus dem öfterreichifchen Corps von Nugent und der größeren Hälfte der ferbiichen Kriegsmacht beſtand und hinter der wohlverichangten Sernirungslinie von Ranıenieg bis Karlos wis vereinigt fand. Gleichzeitig mit dem Ausfall von Peters warbdein erhielt der mit dem Gros des ungariihen Corps in O⸗ und Kis⸗Kar zurückgebliebene Oberſt Gal den Befehl, das ſer⸗ biſche Lager in O Szent Ivan zu zerſtören. Major Mihalovich

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führte diefen Auftrag mit einer fchwachen Brigade aus, griff am 28. die Schanzen der Serben an und zwang lebtere nach Hinter: laffung von vielen Todten, Verwundeten und Gefangenen zum Rüdzug nah Zombor.

Perczel durfte in Peterwardein nicht zu lange verweilen, wenn er nicht feine Verbindung mit Szegedin aufgeben ober gänz lich eingefchloffen werden wollte; denn ſchon fliegen rings in ber weiten Ebene der Baͤcs und längs des ſyrmiſchen Donauufers unzählige Rauchjäulen empor, bie der ferbifchen Bevölferung ben Einbruch der Ungarn fignalifirten und fie zur Beziehung ihrer Lager riefen. Perczel verließ daher, nachdem er durch einige energiſche Anordnungen für die Sicherheit der Beftung geforgt und bie neue Berproviantirung derſelben eingeleitet hatte, am zeiten Tage feiner Ankunft die Feſtung, ftieß am 30., ohne unterwegs angegriffen zu werden, in Kis⸗Keér zu feinem Corps und führte daſſelbe an den Canal auf feine natürliche Operationdlinie zurüd, um dort neue Verftärfungen von Szegedin an fich zu ziehen. Am 31. marfchirten die Ungarn nad Verbasz, wo fie durch die Serben von zwei Seiten zugleich heftig angefallen wurden , die Angreifer je doch) nach großem Verluſte an Mannfchaft und Hinterlaffung einer Kanone , einer Bahne und vieler Waffen nach Zombor und Szent Tamas „urüdfchlugen. Hierauf vereinigte Perczel ſein ganzes Corps in Kula, von wo er über Hegyes feine Verbindung mit Szenta und Szegedin wiederherſtellte.

Die Niederlage bei VBerbäsz flößte den Serben in Zombor einen ſolchen Schreden ein, daß fie nach der Rüdfehr ihrer geichlage: nen Colonne biefen ihren Hauptfiß in ber weftlichen Bäcs ohne Schwertftreicd räumten und über die Donau nach Effeg flohen. Auf biefe Art vom Feinde befreit, fandten Zomb or und alle umliegenden un

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garifchen und deutſchen Ortſchaften Deputationen in das ungariiche Lager, um ihre Freude über bie Vertreibung der Serben auszubrüden und gleichzeitig um Schub und Hilfe gegen einzelne noch herum⸗ fireifende feindliche Haufen zu bitten. Am 1. April war fomit nicht nur Beterwardein entfegt, fonbern auch der größte Theilter Baͤcs wieder in unferen Händen, und Perczel fonnte jetzt ungeſtoͤrt fein Hauptaugenmerf auf Szent Tamas und die anderen verfchanzten Punkte der Serben am Iranzenscanale und in den Römerichanzen richten.

Die zu dieſer entſcheidenden Operation erwartete Verſtaͤrkung 2Batalllons, 1/, Escadron und 6 Geſchuͤtze traf noch an dem⸗ ſelben Tag unter Major Forget über Hegyes in Verbädz ein und ward fofort gegen Sıent Tamas als Vorhnt verwendet. Diefe Verftärfung , eine Brigade der unter Oberftlieutenant I ge mändy zum Schuge von Szegedin zurüdgelaffenen 2. Armees divilion des A. Armeecorpd, war nad) einer Niederlage der Serben tei®yalla am 26. März, und dem hierauf erfolgten Rüdguge ber: felben auf Török⸗Kaniſcha, wodurch Szegedin von der Gefahr einer ferbifchen Eroberung für Immer befreit wurde, von Igmandy zur Unterſtützung Berczel’s in forcirten Märfchen an die Ganals linie disponirt worden. Nach bemwirfter Bereinigung mit derſelben ſchrin Berczel unverzüglich zu dem Angriff auf Szent Tamäs, defien Beſatzung nach der ſtarken Zerfpfitterung der ferbifchen Streits macht ſchwaͤcher als gewoͤhnlich, nämlich außer den gutbemwaffneten Einwohnern nur 3—4000 Wann Grenzer mit 14 Geſchüͤtzen betrug, und durch die Tepten wiederhoften Niederlagen in Ihrem Muthe er: fchüttert war.

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Erflürmung von Szt. Tamas 3. April.

Bor Tagesanbruch den 3. April fegten fich die Ungarn in zwei Eolonnen von Verbasz und Kis⸗Kor, wo fie Tags vorher bis vouakirt hatten, in Bewegung. Die erfte, beftehend aus dem 5., 8. Honvéd⸗ und einem Bataillon Wafa; Infanterie mit 2 Batterien unter Oberfi Gal, rüdte am nördlichen Ganalufer gegen denjenigen Theil der Schanzen vor, der die weftlichen Eingänge des Drted und die Straße von Verbasz dedte. Diefe Schanzen bildeten einen ftuumpfen , ausgehenden Winkel, deffen 600 Schritte langen Schenkel fih lints an den Branzenscanal , rechtd an einen unpraftifablen Moraft Bara oder Krivaja genannt ftübten und bie ihrer Länge nad) von zwei, den Canal» und Bara » Anfchluß bilden, ben baftionsartigen Borfprüngen flanfirt wurden. Innen zwifchen der Stadt und diefer Berfehanzung lag ein mehrere 100 Schritte breis ter Raum, der nur von einer ſchwachen Reboute vertheidigt und von den Serben zum Lagerplag benutzt wurbe.

Gegen den Brüdenfopf, der auf dem erhöhten ſüdlichen Ufer den Uebergang über den Canal in ben offenen Theil der Stadt bedte, hatte die von Kis⸗Kéor Fommende Brigade des Oberft- lieutenant Niklas Berczel mit dem 7. Honvéd⸗ und 1 Bataillon von Turdfi, dann vier Kompagnien Szegediner Freiwil⸗ ligen nebft einer Batterie zu agiren. ALS Referve für beide An: griffscolonnen rüdten & cheval des Canals die Somogyer un andere Rationalgarde - Abtheilungen mit der Cavallerie und zwei Batterien nach. |

Verbasz und Kis⸗Kor liegen von Szent Tamas gleid weit, etwa eine beutfche Meile entfernt; um 7 Uhr erfchienen bie Colonnen auf beiden Eanalufern zu ein und derſelben Zeit vor den Verſchanzungen und eröffneten ihr Beuer. Die heftige Kanonade,

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vom Feinde lebhaft erwibert , dauerte einige Stunden ; mehrere Bas jonnetangriffe wurden während dieſer Zeit verfucht und abgeichlagen, und fchon ftand zu befürchten, daß die Einnahme des Ortes auch diesmal wieder mißlingen werde, ald es, bei einem neuen Sturme der Colonne des Oberſtlieutenant Berczel gegen ben Bruͤckenkopf, einer Abtheilung de87.Honved: Batailons unter Hauptinann Ba ch gelang, den Graben zu erreichen und die Bertheidiger auf dieſem Bunfte fo einzus fhüchtern, daß fie ſich etwas von der Bruſtwehre zurüdzogen. Diefen günftigen Moment benügt Major Földvaäry, für ſich an ber Epige der Syegediner Freiwilligen , deren Commandant er ift, mit der Fahne in der Hand vorwärts, und erflettert die Bruftwehren, Zu gleicher Zeit dringen audy andere Abtheilungen vom 7. Bataillon und von Tursfis Infanterie in die Echanzen und werfen Alles mit dem Bajonnet vor ſich nieder. Die Serben fliehen in dichten Haus fen gegen die ichmale Kanalbrüde ; aber nur wenige erreichen das jenfeitige Ufer, die meiften werden niedergemacht, oder in den Canal geſtürzt. Um 101/, Uhr warter Brüdenfopf mit feinen Geſchützen, angefüllt von Todten und Berwundeten, und bald darauf auch die Brüde und die nächften Straßen am Ufer in der Gewalt der Sur; menden, die nun im Rüden derjenigen feindlichen Abtheilung ftan- den, tie noch fortwährend ihre Schanzen gegen die Eolonne des Oberſt Gal auf der Berbädzer Seite erfolgreich vertheidigte.

Gal fonnte bier trog feiner Umficht und der Entſchloſſenheit feiner Truppen feine Bortbeile gegen den bartnädigen Widerſtand des Feindes erringen, und bei den wiederholten Stuͤrmen fielen viele feiner Leute, befonders vom 5. und 8. Honved » Bataillon. Erſt als der Feind die Ungarn im Beſitze des Brüdenfopfes erblidte, gab er auch bier die Vertheitigung auf und fuchte nur noch in dem Drte feften Buß zu faflen. Gin fchredliches Gemetzel entftand jept

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in ben Straßen und Häufen. Racheglühend drangen bie Ungarn auf die Serben ein, bie im Bewußtſein ihres gewiſſen Unter ganges ſich überall zur verzweifeltfien Gegenwehr ſtellten. Keine Gnade ward ertheilt und feine erbeten. So wogte der wildeſie Bers nichtungslampf eine Stunde im unabfehbaren furchtbaren Knaͤuel "auf uud nieder. Bald loderten die Flammen an mehreren Stelen ded Ories empor, und der auiffteigende Rauch erfüllte die Luft und verfündete der ganzen Gegend bas furchtbare Strafgericht, bad über Szent Tamäs ergangen war.

Endlich ließ die Bertheidigung der Serben nad), und e& begann ihre Flucht in wilder Auflöfung aus der Stadt. Diele Tiefen gegen Becfe, von denen em großer Theil in der Krivaia erfictt, und der andere von den Huſaren niedergefäbelt oder gefangen wurde. Viele trachteten gegen Kis⸗Kér und Kuczura zu entfommen, fie Ben aber auch bier auf die aufgeftellte Reſerve, bis fie fich endlich nach allen Richtungen zerfireuten und jeder einzeln feine Retiung juchte.

Die erbitterten Truppen, die an Szent Tamäs tab Bırıf der blutigften Vergeltung volführten, überließen fidy der ‘Blünderung und fonnten erft geordnet werden, ald der Drt, dur Flammen zerftört, einem großen Schutthaufen gli. Weiber und Kinder fanden außerhalb von Szent Tamäs auf den Straßen von Hölt- var und Becſe Rettung, wo fie fich in bie ferbifchen Layer: bütten verfrohen. Batthianyi Kafimir und viele Offiziere eilten zu ihrem Echuge herbei und hielten die Truppen von weiteren Grau⸗ ſamkeiten zurüd.

Die Serben verloren gegen 2000 Dann, 5 Gefchüge, mehren Bahnen und eine große Menge von Waffen aller Art. Unſer Ber- luſt überftieg nicht 200 Mann an Todten und Verwundeten. Die

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Glocken der Szent⸗Tamaſer Kirche, beten Doppelthürme lange Zeit wie ein ſchreckendes Geſpenſt in die weite Ebene hinausblidten, wurden zur Ausprägung von Denkzeichen für Diejenigen beftimmt, die an dein blutigen Kampfe dieſes Tages Theil genommen hatten.

Der Rimbus, der durch die eitlen Launen Fortunens Serbos grad bisher umgab, war vor Perczel's kühnen Schlägen zer ftoben, und der ferbifche Krieg in jenes Stadium gefallen, wo es weniger Anftrengungen mebr bedarf, um den entmuthigten Gegner gänzlich zu erbrüden.

Am Abende des A. April fandte Perczel folgenden Bericht an die Regierung nach Debreczin: „Szent Tamag ift nicht mehr! An der Stelle, wo es geftanden, werden einft unfere Nach⸗ kommen ausrufen: Hier war ein Waffenplag der ferbifchen Aufruͤh⸗ rer, die fidy vermeflen hatten, undankbar die Waffen gegen die Uns gan zu ergreifen. Gott ftrafte fie durch die Hand der beleidigten und gequälten Ungarn. Am 3. April 1849.“ Cine mildere Form biefe® Berichtes würde im Munde des Siegerd beſſer geflungen haben. Rad dem Siege fpricht fi die Großmuth nicht nur in Thaten, jondern auch in Worten aus, denn Worte verlegen tiefer als das Schwert. Wenn wir der Freiheit eine bleibende Stätte erringen wollen, thut vor Allem Verföhnung unter den Voͤlkern noth |

Am A. und 5. wurden die Schanzen gefchleift und die Todten beerdigt, wad die Bewohner der Umgegend zu vollführen hatten. Am 6. verließen die Truppen ben zerftörten Ort und eilten in zwei Colonnen zur Unterwerfung des Czaikiſten-Diſtrictes. Kine Eolonne unter Oberſt Gal nahm ihre Richtung auf Cſurog und befeßte diefen Drt zur Beobadhtung von Földvar und Becſe und des jenfeitigen Theißufers; die andere unter Perczel's pers fönliher Führung wandte ſich gegen die Römerfhangen bei Gooz⸗

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podincze. Die Dörfer Turia und Nädalya, von den Em: wohnern fchon vor dem @inrüden der Ungarn verlaffen, gingen zum Theil in Flammen auf. Efurog, von wo die erfte ſerbiſche Frie⸗ dens⸗Deputation mit der Anzeige der Unterwerfung Perczel ent gegenfam, wurbe geſchont und blos zur Ablieferung von einigem Mundvorrath verpflichtet.

Einnahme der Nömerfchanzen am 7. April.

Die im Serbenfriege jo oft genannten Römerfchangen find halbs verfallene, aus den Römerzeiten ftammente Gräben, die an einzelnen Stellen mit leichter Mühe zur Vertheidigung eingerichtet und ald Berfchanzungen benügt werben fönnen. Die bedeutendfte Linie bie: fer Ueberbleibſel alter Feldbefeſtigung zieht fi ungefähr A Meilen lang vom Nord nad) Süd, und verbindet die Theiß mit der Dor rau kurz vor ihrem Zufammenfluffe, wodurd ter Ezaififtens Diftriet, diefes überaus fruchtbare Slußdelta, gegen die Bäcs abge grenzt wird. Diefe Linie führt den Namen der „großen Römer: fhanzen.

Hier hatten die Serben zu Beginn ihres Aufſtandes das erfte verfchanzte Lager erbaut ; von hier wurden Foͤldvar, Turia und Szent Tamas am Franzenscanale befebt, Jarek, Temerin und andere Orte der Bacs überfallen und geplündert, und im Februar und März die Einfchließung von Neufag und Peterwarbdein verfucht. Der Czaikiſten⸗Diſtrict konnte deinnach als der Herd des Aufftandes, die „großen Roͤmerſchanzen“ als einer ihrer vorzuͤg⸗ lichften Apfchnitte und das A Meilen hinter demſelben liegende Pia: teau vor Titel als ihr ftärffted beinahe uneinnehmbares Reduit betrachtet werden. Gegen diefen Schlupfwinfel der Aufrührer ri» tete Berczel nach der Einnahmevon SyentTamäs feinen weiteren

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Angriff, um endlich das Herz des Feindes zu treffen und ihn mit einem Schlage zum ferneren Wiberftande unfähig zu machen. Den Schlüffel zu den Roͤmerſchanzen bildeten die vor Goszpodincze auf der Straße nad Titel errichteten Befeftigungen. Ein großer Theil der aus Szent Tamas, Turia und anderen Orten ents flohenen Serben hatte fich hieher gerettet. 5 6000 Mann mit 12 Kanonen hielten die Schanzen befeßt.

Am 7. gegen Mittag erfchien Berczel mit einem Theile feines Corps vor Goszpodincze und fchritt zum Angriff. Nach einer Aftündigen heftigen Kanonade rüdten die Colonnen zum Sturme vor. Der Erfte, der die Schangen erftieg und die ungarifche Tris colore auf die Wälle pflanzte, war wieder der heldenmuͤthige Alerans ber Foöldvary mit feinen braven Szegebiner Freiwilligen; bie anderen Abtheilungen ürmten den Szegedinern nah, und um 4 Uhr Nachmittags waren die berühmten Roͤmerſchanzen erobert, Der Beind entflob nah Titel, ließ 8 Kanonen, 3 Bahnen und viele Waffen im Stih und wurde von unferen Huſaren bis Zſablya (Joſephsdorf) verfolgt. Sein Berluft belief fich auf 500 Todte, Berwundete und Gefangene.

Nach Erflürmung der Römerfchangen war hier die Rage ber Serben in jeber Hinficht verzweifelt. Bon der Hilfe ihrer Hauptmacht getrennt, die ntmuthigt durch bie fortwährenden Hiobspoſten aus der Bacs und von den anderen Kriegeichauplägen und durch die Szegediner Befapung im Schach gehalten, noch immer bei Toörök⸗Kaniſcha Rand ; dann von den ferbifchen Hilfsfchaaren verlaſſen, bie 10,000 an der Zahl bie fräftigfte Stüge des Aufftandes nad) bem Abzuge der Ungarn aus ben unteren Gegenden und nach der Beſe⸗ sung der Hauptftädte durch bie öfterreichifche Hauptarmee, beute-

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beladen heimgekehrt waren, wurden fie von Tag zu Tag auf ein Eleinered Gebiet zufammengebrängt, Szent Zamäs, ber Franzenscanal, die Römerfhangen, alle Stügpunfte bes Aufftandes befanden ſich in dem Befig ber Ungarn und ſelbſt Titel, ihre lebte Zufluchtsſtaͤtte, wo Tauſende von Fluͤchtlingen eine grenzenlofe Verwirrung und NRiedergeichlagenheit erzeugten, und wobei an eine ordentliche Bertheidigung des Plateau's und der umliegenden Ortfchaften Mofforin, Billova und Lok faum gedacht werden Tonnte, mußte im erften Momente be Schredens verloren gehen. Die Eroberung von Titel hätte dem ungarifchen Bührer damals nichts weiter, als bie rafche Verfol- gurig des in Angft und Auflöfung flichenden Beindes gefoftet. Er hätte zur Sicherung feiner rechten Slanfe einen Theil der Peters warbdeiner Belagung über Kovil, den größern Theil der in Cſurog unthätig ſtehenden Divifion Gäal aber nah Goszpo⸗ bincze und Zfäblya ald Referve didponiren follen. Dies waren die einfachen Dispofitionen zur Erreichung dieſes Zweckes, und am 8, würden die lingarn Vil lova und Mofforin, die beiden Haupt eingänge zu Titel, genommen und am 9. Titel felbft unterworfen haben:

Anftatt jedoch feinen Sieg bei Goszpodincze auf diefe Weife zu benügen,, verlor Berczel dad Ziel feiner Aufgabe aus den Augen, wandte ſich in entgegengefegter Richtung gegen Efurog und beging damit, daß er dem betäubten Beinde Zeit zur Befinnung gönnte, ben erfien großen Schler in dieſem fonft ſchoͤnen Feldzuge, der durch bie fpäteren blutigen, aber vergeblichen Angriffe auf Titel nicht mehr gut zu machen war. Am 11. erſt, alfo brei Tage nad feinem Sieg bei Goszpodincze, concentrirte er wieber fein Eorp® in Zfäblya, befien ferbifche Bewohner die Waffen abliefern und

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eine Kriegöfteuer entrichten mußten, und ben folgenden Tag fchickte er fich endlich zur Borrüdung gegen Titel an.

Eine Colonne, zufammengefegt aus mehreren Abtheilungen ber Peterwardeiner Beſatzung, marfdirte von Neuſatz auf Katy, ſchlug bort einen ſtarken feindlichen Haufen, eroberte eine Kanone, bezwang die feindliche Bevoͤlkerung und verband fich am 12, mit ber Haupteolonne, die an demfelben Tage von ZfäbIya über Geor⸗ gieva bis KovilsSzents Ivan vorgerüdt war und vor biefem Drte das Rager bezogen hatte.

Die Berfhanzungen bei Titel werden gegen bie Bacs zu durch einen anfehnlihen Höhenzug gefchügt, ber ſich nörblich freisförmig um Titel bis an die Theiß erfiredt, in feinem Halbmeſſer eine Meile beträgt und von dem anderen Theile des Ezaififtens Diftrictes durch einen breiten Moraftgürtel, ber im Frühjahr und Herbft unpraftifabel ift, getrennt wird. Am Fuße biefer Anhöhen gegenüber von Kovil⸗Szent⸗Jvan an den Ein, gängen von zwei langen und fchmalen Dämmen liegen bie Orte Villova und Mojforin. Bei erhöhtem Wafferftande der Theig find diefe Dämme bie einzigen Zugänge, die von ber Bäcsd nad) Titel führen, daher dieſe Stellung in einer naffen Jahreszeit fehr leicht felbft gegen eine große Uebermacht vertheidigt werben kann.

Hier hatten die Serben, während der ihnen gewährten Ruhetage, die zur Fortſetzung ihrer Bertheidigung unentbehrliche Poſition verfärft und aus dem Banat, Serbien und Slavonien fo ans fehnliche Berflärfungen an fid) gezogen, daß fie mit 8 10,000 Mann und 30 Gefchügen unter Führung bes tapferen Knichanin, den man eiligft als Retter in der Roth ınit feinen Hilfoſchaaren aus Tuͤrkiſch⸗Serbien wieder herbeigerufen hatte, getroft dein Angriffe ber Ungarn entgegen fehen konnten. Die Stellung ber 2epteren bei

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Szent⸗JIvan, von wo am 13. zum Angriff auf Mofforin und Vil lova vorgefchritten werden jollte, war ben Bliden des gegen⸗ über poftirten Feindes bloögeftellt, was Knichantn bewog, in der Nacht vom 12. auf den 13. dem Angriff Perczel's zuvorzufommen und deſſen Lager mit aller Kraft zu überfallen.

Urberfall der Serben auf Kovil-Szt.-Ivan am 13. April.

Die Streitkräfte ber Ungarn beftanden aus A ſchwachen Briga- den, wovon eine jebe ungefähr 1500 Dann zählte. Die Brigade Forget bildete ben linken Slügel; Mihalovich bad Centrum und Irinyi den rechten Flügel; die Referve commandirte Niclas Perczel.

Schon am 12. Nachmittags verſuchten die Serben mit ihren ſchweren Gefchügen dad ungarifche Lager zu beunrubigen , flanden aber bald hiervon ab, als fie fahen, daß ihre Kugeln bei ber zu großen Entfernung feinen Schaden anrichteten. Mit Einbruch der Dunfelheit hörte audy das vereinzelte Plänfeln an den Vorpoſten auf und es trat allınalig Ruhe ein. Ein Theil der Bataillond blieb in Bereitfchaft, der andere fchlief mit dem Gewehr in der Hand. Ploͤtzlich um 2 Uhr nach Mitternacht ertönt auf der ganzen Linie Geſchuͤtz⸗ und Kleingewehrfeuer, und die Ungarn fehen fidy von brei Seiten zugleidy heftig angegriffen. Der linfe Slügel, hart gebrängt, beginnt zu weichen, wird aber durch den Muth und bie Geifteögegen- wart ded Major Forget, ber hiebei eine ſchwere Wunde erhielt, zum Stehen gebracht und geht zum Angriff über, als ein Bataillon aus dem Centrum zu feiner Unterflügung berbeieilt. Oberſtlieu⸗ tenant Gal übernimmt nun dad Commando diefed FSluͤgels, wirſt den Feind bis zu dem Moroffiner Damm zurüd und verfolgt den⸗ jelben gegen feine Verſchanzungen, wo ber tiefe Moraſt, ber

fi Meilen lang erftredt, und deſſen Uebergänge vom fliehen» ben Beinde eiligft zerflört wurden, feinem weiteren Vorbringen Schranken fegt. Im Centrum hält die Brigade Mihalovich, unterftügt von ber Referve, bie Angriffe der feindlichen Haupts colonne fo lange auf, bis auch hier mit Tagesanbruch das Ger fecht einen geordneten Gang gewinnt, und bie Angreifer mit dem Bajonnet nad) Billova in ihre Schangen zurüdgetrieben werben. Auf dem rechten Flügel endlich beſetzt Jrinyi gleich im Beginn bes Gefechtes den vor Kovil gelegenen Wald, vereitelt alle Berfuche ber Serben hier burchzubrechen , und drängt fie gegen Oarbinoväg, wohin fie nach dem erfolgreichen Einhauen einer Escadron vom 3. Hufarentegimente unter dem tapferen NRittmeifter Ragusz auf gelöft zurüdflichen. Der Berluft der Ungarn betrug 150 Mann. Unter den Helden diefed Tages wurden in ben offiziellen Berichten an ber Spitze erwähnt: Oberftlieutenant Stephan Szabo vom Generalſtabe, Major Forget, dann die Offiziere Ragusz, Koͤl⸗ fey, Shaufdefu. a.

Der Veberfall bes Feindes war wohl glänzend abgefchlagen, aber ber einzige traurige Gewinn des erfochtenen Sieges beftand im ber Ueberzeugung, daß zur Forcirung der feindlichen Bofttion bei dem unüberfteiglichen Terrainhinderniffen und dem Fräftigen Wibderftande, ben man dort fand, unfere Kräfte und Mittel nicht außreichten , dies fer Verfuch daher vor der Hand aufgegeben und für einen günftige ren Moment verfchoben werben müfle. Died war bie Folge ber Berfäumniffe nach dem Sieg bei Goszpodincze.

Nach einer fruchtlofen Kanonade gegen die Schanzen des Fein» bes zog fih Perczel noch an bemfelben Tage hinter Szent⸗JIvan und am näcften, nachdem er früher Alfo- und Belf6- Kévil durch eine Abtheilung des rechten Hlügels erftürmen und vom

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Feinde ſaͤubern ließ, auf Neuſatz zurück, wo er ſeinen Truppen eine dreitaͤgige Raſt goͤnnte und mit Caſimir Batthianyi und dem Commandanten von Peterwardein die nöthigen Anftalten zur Sicherung des gewonnenen Gebietes traf. Zur Beobachtung bes Czaikiſten⸗Diſtrictes eine hinlaͤngliche Truppenmacht zurüds faffend,, die mit der Peterwardeiner Befagung im Einflange operiren follte, ging Berczel am 17. von Neuſatz nad Radäly, überfchritt am 18. nach Herftellung ber zerftörten Uebergämge bei Foͤldvar ben Franzenscanal, und griff am 19. O⸗Becſe, ben letz⸗ ten von ben Serben im Norben ber Bäcs befegten Punkt, an. Nach kurzem Gefechte überließ der Feind trog feiner ftarfen Schanzen auch dieſen Ort den Ungarn, und ging auf das linke Theiß ufer zus rück, von wo er bis zum Abend eine lebhafte Kanonade unterhielt und dann in der Richtung gegen TöröfsBecfe aufbrah, um fi mit dem von Kaniſcha zurüdweichenben ferbifchen Hauptcorps des General Theobdorovich zu vereinigen.

Die Bacs war mit Ausnahme eines Theil des Ezaififtens Diſtrietes binnen drei Wochen vom Feinde gefäubert und Peters wardein entfegt worden, unb es blieb nur noch die nicht minder wichtige Aufgabe, die Eroberung te8 Banats auszuführen.

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IV,

Die Negierung befchließt die Wiedereroberung bes Banats. Blan. Die Szegediner Armeedivifion rückt bis Toͤroͤt⸗Kaniſcha vor. Pergzel überfeht bie Theiß. Treffen bei Groß: Kifinta 23, April. Treffen bei Melencze 29. April. Perczel befeßt Groß⸗Becskerek und gewinnt die Temes⸗Ueber⸗ gänge. Treffen bei Usdin. Auflöfung und Flucht der Serben. Gin: nahme von Paucſova. Ende des ſerbiſchen Aufftandes. Betrachtung. Bem's Feldzug im Banat. Forcirung des Gifernthorpafles. Gefecht bei Baiszlova 16. April. Beſctzung von Karanfebes und Lugos. Ben unter den Mauern von Temesväar, Das fiebenbürgiich:öfterreichifche Ar: meecorps unter Malkowoki bricht bei Orſova ein und rückt gegen Karanfebes und Weißkirchen vor. Bern mit der Hälfte feines Corps gegen Malkowseki. Gefechte bei Oraviga und Weißlirchen 8. und 8. Mai. Ruͤckzug der Defterreicher über die Orenze. Bem's Bericht aus Orſova. Ginfchlies Bung der Feſtung Temesvar. Betrachtungen,

Durch bie bebeutenden Fortſchritte ber ungarifchen Waffen, zu⸗ mal in der Bäcs und in Siebenbürgen, warb bie Regierung Ende April in den Stand gefegt, ihrer Schlußaufgabe im Süden des Lan⸗ bes, ber Wiebereroberung bed Banato, ihre volle Aufmerkſamkeit zu fchenfen. Die Nothwenbigkeit dieſes reichen hochwichtigen Be⸗ ſides mußte um fo mehr einleuchten, da ˖es feinem Zweifel mehr unterlag, baß wir troß aller Erfolge von bem Ende unfered großen Kampfes entfernter denn je fanden; da Defterreich, ftatt bie Hand zum Frieden zu bieten, bereitö um die verhängnißvolle rufftiche Interven⸗ tion nachgefucht und biefelbe auch erhalten hatte. Mit dem Eintritt ders felben gewann aber unfere Kriegführung eine neue Geſtalt. Der Kampf, von nun an aufgroße Entſcheidungsſchlachten hingewieſen, mußte noth⸗

wendig bie Eoncentrirung unferer Streitkräfte nach fich ziehen und bie» |

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ſelben nach der Natur des Angriffes auf ganz andere Operations⸗ baſen und Linien draͤngen, als jene waren, die bisher mit Erfolg gegen die zerſplitterten oͤſterreichiſchen Heerestheile behauptet wurden, und von welchen wir unſere ſiegreiche Offenſtve begannen. Unſtrei⸗ tig lag die Gegend hinter der obern und mittlern Theiß dem An⸗ fall der von Galizien einbrechenden ruſſiſchen Hauptarmee zu ſehr ausgeſetzt, als daß ſie bei ihren geringen Terrainvortheilen zur an⸗ dauernden Vertheidigung hätte benützt werden koͤnnen; und blieb da⸗ her, wenn wir uns auf die Defenſive beſchraͤnkten, was bei unſerer verhaͤltnißmaͤßig geringen Truppenzahl ſehr wahrſcheinlich war nur Siebenbürgen und das Banat als Baſis und letzter Abſchnitt unſerer Operationen, die nur dann mit dem rechten Donauufer vertauſcht werden burften, wenn wir gegen ben ſchwächern Theil des Feindes offenſiv operiren und fo fchnell als möglich die Revolution auch nad) Deutfchland und Italien verpflanzen wollten. Hiefür war jedoch bei ber bisherigen, wenn gleich glänzenden, Doch zu bebächtigen Kriegführung nur wenig Ausftcht vorhanden, und jo mußte die Eroberung des Banats nad der Unterwerfung Siebenbürgens biejenige Lebensfrage bilden, beren balbmögliche Loͤſung das höchfle Intereſſe des Landes erheifchte.

Die darauf bezügliche Operation follte nad) folgendem Grund⸗ riß ausgeführt werben: Bem mit 10,000 Mann feines Armeecorps hatte nach Sicherung aller Grenzpaͤſſe in Siebenbürgen und nad) ber Cernirung von Karlöburg in das Banat zu rüden, bie an ber fiebenbürger Grenze aufgeftellten Adtheilungen der Temespärer Beſatzung in die Feſtung zurüdzumwerfen, ben Arader Cernirungs⸗ truppen bie Hand zu reihen und verftärkt mit einem Theile biefer Letz⸗ teren bie Einfchliegung von Teme 8v ar zu bewirken. Während bem ſollte ein Theil des Bäcfer Armeecorps, im Einflange wit

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Bem's Bewegungen und feinem Befehle untergeorbnet, vom Weften in das Banat eindringen, bie Unterwerfung ber Serben vervolls fländigen und dann unterftüßt durch das ſiebenbuͤrger Armeecorps zur Bezwingung bes Czaikiſten⸗-Diſtrictes fchreiten.

Die von Perczel unter Ober Kollmann und Oberftliens tenant Igmandy in Szegebin zurüdgelaflene 2. Divifion bes 4. Armeecorps, A Bataillons, 2 Escadrons und 8 Gefchüge, eröff- nete biefe Operation im Banat, indem fie am 14. April von Szes gedin auf Oroszlamos und am 15. ohne Wiberftand bis Töröfs Kanifcha vorrüdte, dieſen Ort beſetzte und mittelſt Dampffchiffen und Kähnen die Verbindung mit bem rechten Theiß ufer und einem Des tahement des Perczel’fchen Corps herſtellte. Das ferbifche Haupicorps, das einige Tage früher unter Theoborovich noch bier fand, hatte fich bei der Nachricht von ben Greigniflen in der Bacs und bei dem Gerüchte, baß Perczel feinen Theißs LUebers gang bei TörökrBecfe bewerfftelligen wolle, gegen Groß; Becskerek zurüdgezogen und die Vertheidigung bed nörblichen Banats dem fanatifirten, in Maſſe aufgebotenen Landſturm des Kikindaer Diftricted und ber angrenzenden ferbifchen Ortfchaften überlafien. Durch dieſe rüdgängige Bewegung ber ferbifchen Haupts macht wurde e8 Perczel möglich, feinen Uebergang in das Banat obne Störung zu bewirken. Nachdem er eine Brigade aus 2 Bas taillons, 2 Escadrons und A Gefchüpen unter Major Boſſanyi gegen Kis⸗Kor detadhirte, um dort in Verbindung mit ben Beſa⸗ gungen von Kis zatz, Piros und Neuſatz die von Neuem in bie Römerfchangen vorgebrungenen Serben zu beobachten ; die anal: finie und O-Becſe aber durch ftarfe von Szegedin nachgerüdte Freiwilligen⸗Abtheilungen unter Major Czintula befegenlich, mar- fchirte er ſelbſt mit dem Reſte feines Corps, A Bataillon, A Esca-

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brons und 16 Gefchügen, von O⸗Becſe auf Ada, überſetzte dort am 20. und 21. mittelft Bähren und Dampfichiffen bie Theiß und vereinigte fich bei Tisza-Szent- Mil 68 mit ber, wie eben ers wähnt, zu feiner Verflärfung vorrüdenden Szegebiner Dieifion. Am 22. Abends hatte er alle zu feiner Operation im Banat beſtimmten Truppen, 8 Bataillons, 6 Escadrons, 24 Gefchüge, Hinter ber Aranfa, einen in die Theiß mündenden Kleinen Flüßchen, ver- einigt und bie Straßen nad Mokrin und Kikinda befebt. Ned an bemfelben Tage verfuchten einige ftarfe Haufen von Aufftänbifchen bie gegen Mo Erin vorgefchobene ungarifche Avantgarde anzugreifen, wurden jeboch mit Verluſt zurüdgeworfen.

Am 23. rüdte die Divifion Kollmann zum Angriff auf bie Front der unter dem ferbifchen Gommandantn Supan bei Mokrin zufammengezogenen Landſturmmaſſen vor, während ein Theil ver Bäcfer Divifton die Straßen von Törek⸗Becſe und Groß⸗Becskerel beobachtete und Perczel ſelbſt mit dem Reſte feines Corps fich gegen die feindliche Rüdzugslinie wandte. Kaum nahmen die Serben bie fie bebrohenbe Gefahr wahr, als fie auch in Eile ihre Stellung bei Mokrin verließen und auf den bereit ſtehen⸗ den Wägen und Pferben , ohne den Kampf anzunehmen, dad Weite ſuchten. Nur zwei Bataillons, wahrſcheinlich Grenzer, hielten einige Zeit Stand , liefen aber gleichfalld auseinander, als einige HonvedsAbtheilungen mit dem Bajonnet auf fie einbrangen. Unzählige Wägen mit flüchtigen Familien, über taufend bewaffnete Serben, eine große Menge Waffen und Dlunition und eine unermeß liche Beute fielen in die Hände ber Ungarn. Die wehrlofen Fami⸗ lien wurden frei in ihre Heimath entlaflen, die Bewaffneten ald Kriegögefangene behandelt, Mofrin und Groß⸗Kikinda wurden beſeßt.

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Diefer Sieg brachte und in ben Beſitz des nordweſtlichen Theis les vom Banat, und fchon am nächften Tage langten von allen Seiten die Abgeordneten deutfcher und wallachifcher Gemeinden an, um ihre Unterwerfung anzuzeigen und fich unter ben Schuß ber ungarlichen Behörben zu flellen. Bon Mokrin wurde eine flarke Abtheilung zur Beobadjtung Temesvar’s und Aufluhung Bem’s, ber unterbefien aus Siebenbürgen hervorgebrochen war, über Zſom⸗ boly (Hatzfeld) entfandt, das Gros bed Corps aber rüdte in den folgenden Tagen bis Török⸗Becſe und Baffa-Hid (K. Kifinda) ver, von wo ſich Perczel nach gluͤcklich beſtandenem Gefechte am 24. gegen einen ſtarken feindlichen Haufen, zur Aufſuchung der Hauptmacht gegen Groß⸗Becskerek wandte. Theodorovich, der die ſerbiſchen Kraͤfte hier geſammelt hatte, wartete den Angriff der Ungarn nicht ab, ſondern ging ihnen am 29. mit feiner gefammten Macht, 10 12,000 Mann und 30 Gefchügen, entgegen. Zwifchen Melencze und Groß⸗Becsékerek trafen die beiden Heertheile auf einander. Die Serben griffen mit Ents ſchloſſenheit an und richteten ihren heftigften Stoß gegen ben linfen Flügel der Ungarn, ber nur mit ber heidenmüthigften Anftrengung bem verzweifelten Vorbringen ber ferbifchen Uebermacht wiberfichen fonnte. Der Kampf währte hierauf auf ber ganzen Linie von & Uhr Nachmittags bis in die finfende Nacht und endigte mit dem Rüdzuge der Serben auf Groß⸗Becsékerel.

Nach dieſem Treffen ſah fih Theodorovich, wie es in ben öferreichifchen Berichten hieß: „wegen bed moralifchen Zuftande® ſeines Eorp6“ gezwungen, Becokerek aufzugeben und Hinter bie Temes zurüdzugehen,, wo er ſich in einer vortheilhaften Stellung fo lange zu halten hoffte, bis das aus ber Wallachei über Orfova in das Banat eingebrungene fiebenbürgifch » öfterreichifche Borps unter

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Malkowsky früher Puchner ſich mit ihm vereinigt has ben würde. Perczel erkannte die Gefahr, bie ihm aus ber Bers einigung fo namhafter feindlicher Streitkräfte drohte, und befchloß, berfelben zuvorzufommen. Bon Groß⸗Becskerek, dem Hauptorte des Torontäler Comitats, wo er am 30. einzog und die früheren ungarifchen Behörben..reftituirte, fegte erfich am 6. Mai, nachdem er noch einige Verftärfungen an fich gezogen und mit Bem wegen Fortſetzung der Operationen in Hatzfeld muͤndlich Rüds fpracdhe genommen hatte, gegen die Temee in Bervegung , wo ber Reſt des ferbifchen Corps unter dem kaiferlichen Oberfien Buffer, der nach der Erkrankung von Theodorovicd dad Obercommando übernommen batte, die Linie von Jaͤrkovatz bi8 Usdin befegt hielt. Diefe zur rechten Zeit getroffene Unternehmung hatte das fchönfte Refultat zur Yolge.

Als am 7. Mai bie ungarifhen Colonnen auf allen Punften zugleich den Angriff begannen, verließ zuerft die an ber To» maffoväger Brüde aufgeftellte feindliche Brigade beinahe ohne Schuß ihre Stellung, woburd bie andern ferbifchen Abtheilun⸗ gen zu derjelben Bewegung gezwungen und bie Ungarn in den Stanb gefegt wurden, den Fluß ohne Verluft zu überfchreiten und fid) mit ganzer Macht auf bie Bliehenben zu werfen. Bei Usdin fanmelte Puffer feine Schaaren zum legten Male, um wenigftens nicht widerftandlos hingefchlachtet zu werden und wo möglich feinen Rüdzug in Ordnung bis an die Donau zu ermöglichen. Aber feit einiger Zeit war der Muth der Serben fo gebrochen, baß ber Anblid der Ungarn allein Hinreichte, fie mit panifchem Schreden zu erfüllen, und auch hier erging ed ihnen nicht beſſer. Nach kurzem Gefechte liefen fie auseinander und Tießen mehrere Geſchuͤtze und eine Menge von Waffen und Munition im Stich. Sie hielten von nun

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an nirgends mehr Stand , fonbern festen in aller Eile bei Szurdok und Opova über bie Donau, um auf bem rechten Ufer berfelben Schutz und Rettung zu finden. Die flavonifchen, walladhifchen und beutfchen Grenzer, welche von ben Serben zum Kriegsdienſte gepreßt worden waren, trennten fi) von ben Flüchtigen und eilten zu ihrem Herd zuräd, wo fie nach Anzeige ihrer Unterwerfung volle Verzeis bung erhielten.

So wie bei Kikinda, fand man aud) nad) dem Usdiner Treffen an ber Temes und Donau alle Straßen mit Wagen von flüchtigen Serbenfamilien angefüllt, bie fi) vor ben Ungarn nad) Syrmien und Belgrad zu reiten fuchten und feit mehreren Tas gen fchon ohne Rahrung in Angft und Kummer umbergeirrt waren. Um biefem traurigen Zuftande,, den ſurchtbaren Folgen eines gewifs fenlo8 entzündeten Racenfampfed, ein Ende zu machen, warb allen Serben mwährenb einer beftimmten Friſt die freie Nüdfchr in ihre Heimath geftattet, worauf ınan bald Flüchtlinge von allen Eeiten in unabfehbaren Zügen ihrem beimathlichen Dache zueilen ſah, dao fie furz vorher unter Thränen und Fluͤchen gegen bie öfterreichifchen Berführer, die Urheber ihres Unglüdes, verlaffen hatten.

Am 10. rüdte Berczelin Bancfova, bem Haupiſitze der Serben im Banat, ein, von wo ber ferbifche Theil der Einwohner ſchon früher über die Donau entflohen, der beutfche Theil jedoch rubig zu Haufe geblieben war und durch eine Deputation feine Unters werfung anzeigte. In Bancfova gelangte man in ben Bells von großen Setreidevorräthen, mehreren Geſchuͤtzen, 30 Munitions⸗ karten, 600 Gewehren, 2 kaiferlichen und mehreren ferbifchen Bahnen.

Mit der Einnahme diefer Stabt war ber ferbifche Aufftand im Banat beendet. Alle noch einzeln umherirrenden Abtheilungen des fogenannten ferbifchsöfterreichifchen Armeecorps überfchifften bie

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Donau während ber nächften Tage, und Mitte Mai befand ſich kein bewaffneter Serbe mehr, außer dem Czaikiſten⸗Diſtricte, auf ungarifchem Boden. Ueber die legten Bervegungen im Banat und ben Zuftand bes ferbifchen Corps nah Räumung deſſelben fagt der öfterreichifche offizielle Bericht:

‚Nach dem verlorenen Treffen bei Usdin und dem Rüdzug auf Szofula war es fernerhin nicht möglich, mit den Truppen das Feld zu halten, und es feßte daher in der Racht vom 8. auf den 9. das Grob bed Corps bei Dpova über bie Donau, während der rechte Blügel unter Major Pavelich des Deutich» Banater Regiments von feiner Aufftelung zu Alibunsr bei Szemendria in das Fürſtenthum Serbien überging und über Belgrad wieder zum Corps einrüdte, das mittlerweile unter gleichzeitiger Beobach⸗ tung diefer Bunfte bei NeusKarlowip im Lager ſtand.“

„Zur Beſatzung und Bertheibigung des Titeler Plateaus blieben dafelbft unter Befehl des ferbifchen Oberfien Knichanin an 2000 Mann ferbijcher Hilfstruppen,, dann zwei Bataillons Czai⸗ Eiften, ein Bataillon Beterwarbeiner, ein Bataillon Deutich: Banater und ungefähr 30 Gefchüge geringen Calibers.“

„Bei dem gefunfenen moralifchen Zuflande des Corps, der Auflöfung aller Disciplin und militärifcher Ordnung und dem gros Ben Mangel geeigneter Stab8» und Oberoffiziere, durfte man nidht fobald darauf rechnen, diefen Theil des Heeres, gleich jedem ande⸗ ren, in erfter Linie vor dem Seinbe zu verrvenden,, um fo mehr, ba ed an Befleidung und Felbausrüftung gänzlich gebrach und ſelbſ bie Bewaffnung jehr mangelhaft war.“

Die ferbiiche Macht war alfo nach ihren letzten Niederlagen felbft nach Öfterreichifchen Geftändniffen gänzlidy gebrochen und ber Aufruhr gedämpft. Der Widerftand von einigen Taufend türkiichen

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Serben und ber wüthendften Ungarfeinde in den Römerfchangen und Titel fonnte nur noch als lebte Zudung bed enthaupteten Rumpfes betrachtet werben. So enbete biefer langwierige Bernichtungsfampf, den die Serben als Bergeltung für jene Freiheit, womit fie bie Ungarn auf ihrem gaftfreundlichen Boden beſchenkt hatten, mit bins terliftigem Trotze in bie Wagfchale ihred Gefchides warfen. Die Betrachtung eine® jeden Bruberfampfes, wobei, wie hier, kaum nennendwerthe Mißverftänbniffe ben blutigen Zwieſpalt herbeigeführt hatten, erweckt ſtets die peinlichften Gefühle, denn jeder Schlag, ber gegenfeitig geführt wird, trifft nicht ben Gegner allein, fondern auch bad eigene Herz, den gemeinfamen Genius, die Freiheit! Wir brechen daher gerne von dieſer Erzählung ab, um und zu einem anderen Gegenftand zu wenden, den wir mit minder ſchwerem Herzen mittheilen.

Die bisher erzählten Erfolge in der Bäcd und im Banat, bie in der neueften Geſchichte Ungarns ein fo hervorragentes Blatt ein⸗ nehmen, waren ber Energie Perczel's, dem Heldenmuthe feiner Unterdnführer und dem bedeutenden Talente des Chefs feined Gene⸗ ralſtabes, des jungen und begeifterten Oberfllieutenant Stephan Szabs, zu verdanken. Bei ben Unternehmungen dieſes Beldzuges giebt Äh auf ber Seite ber Ungarn nebſt dem feften Vertrauen zu der moralifchen Ueberlegenheit ihrer Waffen und ihres guten Rechtes, nicht felten eine zu geivagte Mißachtung ber nöthigen Vorſichtsregeln fund, die freilich im Nationalfriege, wo eine rafche und fühne Benupung der Umflände oft größere Refultate ale alle bedächtigen Berechnungen nach fidh zicht, nicht immer anzuwenden find. Deßhalb darf auch an den Kriegezug Berczel’s im Süben nicht der ausfchließliche Mapftab fireng wifienfchaftlicher Kritif gelegt

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werden, und der überrafehenbe Erfolg muß hier wie bei jedem gelunge⸗ nen Unternehmen im Leben, bie Strenge der Beurtheilung mildern.

| Zu derfelben Seit, als Perczel ven Aufſtand ber Serben bämpfte, fchritt Bem, den Wünfchen der Regierung entſprechend und vom gleichen Gluͤcke wie Erfterer begleitet, zur Wiedereroberung ber übrigen Theile ded Banatd. Er unternahm biefen Zug mit dem fogenannten ungarifchs fiebenbürgifchen Armeecorps , dad aus 8 Bataillons, 6 Escadrons und 30 Gefchügen beftehend in die Divifionen Bäanffy und Pereczy getheilt war. Der Sammels plag für die aufgezählten Truppen war Deva in Siebenbürgen.

Nah dem urfprünglichen Plane follte die Divifion Banffy auf der großen Heerftraße über Dobra gegen Bacfet vorbringen und von da dem Arader Gernirungscorps die Hand reichen, wäh rend Bem felbft mit der zmeiten Armeedivifion die Richtung über Haͤts zeg gegen den hiſtoriſch berühmten, an der Weftgrenze Sieben» bürgend belegenen „eiſernen Thor⸗Paß“ einfchlagen wollte. Beide Eolonnen hatten convergirend gegen Lugos zu operiren, welder Drt zum Vereinigungspunfte ded ganzen Corps auderforen ward.

Durch dieſen Plan ward einerfeits die Aufmerkſamkrit des Feindes getheilt und beinfelben Die eigentliche Angriffslinie verbor- gen; andererſeits durch die Befignahme von Karanfebes bie erſte der feindlichen Hauptverbinbungslinien , nämlich bie zwiſchen Drfova und Temesvär, burchfchnitten. Auch verfchaffte der Vormarſch durch das eiſerne Thor der Armee und dem Lande ben nie genug gewürbigten Befib und die Sicherung ber großartigen Eifenwerfe von Rußberg dieſes reichhaltigen Schachtes von Eifenmunitiori, nicht nur für bie fiebenbürgifche, fondern auch für bie ganze ungarifche Armee,

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Dem Beinde ftanden zur Bertheibigung bes oͤſtlichen Banats bie beiden Armeecorps. der Generale Leiningen und Malkoweti zu Gebote. Vorerſt war es bie Aufgabe bed Erftern allein, Bem’s Einbruch in dad Banat abzuwehren, wozu berfelbe die Berbindung mit dem kaiſerlich fiebenbürgifchen Armeecorps Herfiellen ſollte, das, aus Siebenbürgen vertrieben, in ber Wallachei, alfo in fremden Lande und jedem Völferrechte zum Hohne anftatt entwaffnet zu werben, willflommene Aufnahme und Mittel gefunden hatte, fih von Neuen und vollſtändig auszurüften, und welches nad) ben Bem Anfangs April zugekommenen Nachrichten in vollem Anzuge gegen Orfova war.

Leiningen hielt zur Erreichung feines doppelten Zweckes am angemeflenftien, fein Corps von A Bataillons, 5 Escadrons, 1 Raketen⸗ und 3 Heldbatterien nebft einem zahlreichen Landſturm in ber Gegend von Facſet und Lugos zu concentriren und das eiferne Thor durch zwei Bataillons wallachiſch⸗banater Orenzer mit 12 Geſchuͤtzen bewachen zu laffen, welche bei Vaiszlova hinter ber Bisztra und Ruszfiga eine vortheilhafte Pofition bezogen.

Bem erfannte die Wichtigfeit ded Momentes zur Bereitelung der Abfichten bed Gegners und gab deshalb ſchon am 14. April, bevor noch feine beiden Golonnen ihre mit der Unterbrüdung des walladyifchen Aufftandes im Hunyader Comitat beichäftigten Truppenabtheilungen an ſich ziehen Eonnten, ben Befehl zum Vormarſch. Weber er ſelbſt, noch Banffy konnten daher bei Ueberfchreitung der fiebenbürgifchen Grenze über mehr benn zweis taufend Mann verfügen.

Die zurüdgebliebenen Bataillons erhielten die Weilung, in

Eitmärfchen nachzufolgen. u. 9

130 °——

Am 15. April forcirte Bem ben eifernen Thorpaß und zwang bie vorgefchobenen Abtheilungen der Grenzer zum Rüdzuge auf Baiszlova. Am 16. griff er die Etellung bei dieſem Orte an und ſchlug den Feind nach mehrflündigem higigen Gefechte, wobei fich die jungen, eben eingereihten Szekler befonders hervorthaten, in die Flucht gegen Lugos. Schon am 17. hielt er feinen Einzug in Karanfebes und befegte die auf der Straße nad Drfova liegenden Päffe bei Statina und Terregova.

An dem Berichte an den Regierungdpräfidenten über biefen erften im Banat erfämpften Erfolg fagt Bem unter Antern: „Was ınir bei diefer Expedition das meifte Vergnügen madıte, if, daß ich nicht mehr als 9 Kompagnien Szefler Rekruten ins Feuer führte, welche eigentlich jegt ihr erfted Probeftüd befanden, ben Strauß mit großer Tapferkeit audfochten und bie geübten alten Truppen des Feindes beſiegten.“ | ‚Die Banater Grenzer haben geftern bei unferer Annähes

rung ihre Wohnfige verlaffen, fehren aber fchon heute in Mafle zurüd und melden, über unfer freundliches Benehmen erftaunt, ihre Unterwerfung. Ich glaube nicht, daß die Defterreicher von nun an blinde Anhänger an ihnen finden werben.”

Am 18. erfuhr Ben, daß die Avantgarde des oͤſterreichiſch⸗ fiebenbürgifchen Armeecorps bei Orfova wirklich eingebrochen fel und die umliegenden Ortſchaften bereits beiegt habe. Cr ließ nun eine Befagung in Karanſebes zurüd und eilte, um Leiningen defto eher zu erreichen und wo möglich vereinzelt zu fchlagen, mit dem Refte feiner Colonne nad Qugos. Am 19. 7 Uhr Mor gend rüdte er in dieſen Ort ohne Wiverfiand ein, nachdem bie dafelbft geftandene Befagung der Oeſterreicher, etwa 1500 Mann mit 6 Geſchuͤtzen, auf die Nachricht von feinem Anrüden auf ber

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Temesvarer Straße gegen Kiszetö zurüdgewichen war, Bon Lugos verband ſich Bein unbehindert mit ber Colonne bes Oberften Bänffy, die über Dobra herangezogen Fam, und fo hatte er binnen vier Tagen ben erſten Theil feines Planes in Ausführung gebracht und im Banat feften Buß gefaßt.

Leiningen, ber bie Borrüdung ber Hauptcolonne Bem's auf ber großen Heerfiraße von Deva über Dobra erwartet hatte, war nicht wenig überrafcht,, als biefe plöglich in feinem Rüden ers ſchien. Kaum hatte er hiervon Nachricht erhalten, als er feine Stellung bei Facſet eiligft verließ, fich gleichfalls auf Kiszets zurüdzog und bort Miene machte, mit 5— 6000 Mann und 24 Ges ſchuͤzen einen Theil der Temes varer Beſatzung mitbegriffen in einer Defenfioftellung die Straße nach Temes var zu decken. Es bedarf nur eines Blickes auf bie Karte, um zu erfennen,, wie Zeiningen feine Stellung nicht beffer hätte wählen Fönnen, um nur bei einigem inverfiänbniß der ungarifchen Heerführer in Zugo® und bei Arad, fich einer ficheren Bernichtung audzufegen. Bem erkannte fogleich den hieraus erwachſenden Bortheil und traf darnach feine Dispofitionen. Während er ſelbſt Leiningen in ber Front befchäftigte, follte Beciey raſch und unverhofft mit einem Theile des Araber Gernirungecorps von ber Marodlinie gegen Rakas vorrüden und den Feind im Rüden faſſen. Es iſt mehr als wahrſcheinlich, daß bei puͤnktlicher Befolgung dieſes Befehls von Seite Vécſey's, ber größte Theil der ſpaͤteren Befapung Temesvärd von biefer Feſtung abgeichnitten, und von zwei feindlichen Corps eingefehlofien zur Waffenftredung gezwungen worden wäre. In biefem falle aber würbe aud) ber Muth des noch Heinen Reſtes der Vertheidiger dieſes für bie dama⸗ lige Lage der Dinge in Ungarn fo wichtigen Platzes auf das Tieffte

9e

132°

erfchüttert worden, und beffen Ball in fürzefter Zeit voraudzufehen gewefen fein. Leider fam Vécſey, durch eitle Dienftesrüdfichten oder durch andere Gründe verleitet, den von Bem erhaltenen Weis fungen nicht nach, und das fo vielverfprechende Unternehmen wurde hierburch vereitelt.

Leiningen zog fih am 24. nach einem unbebeutenden Arriete⸗ garbegefechte, ohne einen ernften Angriff abzuwarten, in bie Feſtung zurüd und ſchloß Hinter fich die Thore. Bem konnte fonad uns behindert bis Temesvär vorrüden.

Am 27April fegte er fich in Bernegung und wandte fich über Rékas allda die fiebenbürger Heerſtraße verlaffend gegen bie Süpoftfeite der Feſtung. Am 29. bezog er bei Freidorf, eine halbe Meile von derfelben in der angegebenen Richtung , daB Lager, in welchem er einerfeitd die vom Arader Gernirungscorps zur totalen Einfchliegung Temes vars beftimmten Truppen abzumar ten, anbererfeitd über Uj⸗Péco die Verbindung mit dem an ber Theiß gegen Theodorovich operirenden Perczel herzuftellen beabfichtigte. Diefe Stellung verfchaffte ihm überdies noch einen dritten, ftrategijch viel wichtigeren Vortheil: er konnte fidy nämlich von diefem Punfte auf ber Fürzeften Linie auf das aus der Wal: lachei eingebrungene oͤſterreichiſch⸗ fiebenbürgtjche Arıneecorp& werfen, falls daſſelbe Miene machte, von Orſova über Weißkirchen und Berfeg zur Unterftügung der Serben oder zum Entfage von Temes⸗ var vorzurüden.

Bem's bisponible Macht betrug um biefe Zeit im Banat etwas über 9000 Mann. Mit diefer Truppenmadht hatte er vorerk die ausgedehnte Feſtung Temesvar zu cerniren dann durch Be fagungen in Lugos und Karanſebes feine Verbindungen mit Siebenbürgen zu erhalten, und durch Entjendungen auf weite

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Streden die Communication mit Becfey und Perczel zu fihern. Welche Macht Fonnten ihm dagegen die Defterreicher entgegen- fielen? Hinter den ftarfen und mächtigen Wällen ber wohlerhals tenen, in Bauban’fcher Manier erbauten Feſtung Temesvär ftand eine Beſatzung von 7 Bataillons, 8 Escadrons, 36 Feltges fhügen unter dem Eaiferlichen Feldmarſchalllieutenant Rufavina.

Das fiebenbürgifchsöfterreichifche Armeecorps unter General Malkowsfi zählte: 12 Bataillons, 16 Escadrons, 36 Gefchüge. Im Ganzen alfo: 19 Bataillond, 24 Escadrons, 72 Feldge⸗ füge, d. i. 22— 24,000 Mann mit 4000 Pferden.

In Temesvär befand fid) überdies ein anfehnlicher Artilleries park von Belagerungs⸗ und Bertheidigungdgefchügen und ein unge> heures Kriegsmaterial jeder Gattung.

Wir wollen hier das Corps von Theodorovich nicht erwaͤh⸗ nen, ba daſſelbe in diefer Zeit ausfchließlich durch Perczel bes fhäftigt war.

Die Aufgabe des durch Bem aus Siebenbürgen in die Walla- hei vertriebenen und über Krajova nad Orſova wieder einges drungenen Malkowski'ſchen Corps befland darin, die Faiferlichen Streitfräfte im Banat zu vermehren, fich mit den Serben unter Theodorovich auf ber einen, mit den Befagungen von Arad und Temesvär auf der anderen Seite in Verbindung zu fegen und Bem's Hervorbrechen aus Eichenbürgen zurüdzumeifen.

In Bolge diefer Kombination war dad Gros dieſes 12,000 Mann ftarfen Corps Anfangs Mai auf der Karanfebefer Straße über Mehadia, Teregova bi Armenis und Slatina vorge: rüdt, während ftarfe Abrheilungen ihre Richtung gegen Dravicya und Weißfirdhen nahmen und dieſe beiden wichtigen Orte bes festen. Rad) öfterreichiichen Berichten verband Malkowski

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mit diefer Bewegung bie Abficht, burdy bie Occupation von Karans febes und Lugos bie Sperrung ber Comnunicationen Bem's mit Siebenbürgen auf den Straßen von Facſet und dem „eifernen Ther“ zu bewirken, wobei er Bem zugleich im Rüden faſſen umb über Bogfän den Serben bie Hand reichen Fonnte. Beim Mißlingen ber eben envähnten Combination wollte er bie legtbenannte Verbin dung im deutfchsbanater Orengbezirfe über Weißkirchen und Alibunar erzielen.

Bem hatte von diefen Vorgängen kaum Nachricht erhalten, als er den Entfchluß faßte, fich zwifchen das fiebenbürgifche und das öfterreichifch-ferbifche Corps hineinzuzwaͤngen und fo bie lebtges nannte Abficht des Gegners zu vereiteln. Oberſtlieutenant Karolyi ward ungefäumt mit einer ziemlich ftarfen Brigade über Cſaͤkova und Denta nad Verfep entfendet, von wo berfelbe ohne Auf⸗ enthalt in zwei Colonnen gegen Dravicza und Weißkirchen offenfiv zu agiren, alle vor ihm befindlichen feindlichen Abthei⸗ (ungen niederzumwerfen und ſich in den Beſitz ber fehtgenannten beiden Punkte zu fegen hatte; Bem felbft wollte nach einigen Tagen mit Verſtaͤrkungen nachrüden. Becfey, ber die Cernirung Temedvärd zu vervollftändigen hatte, war mit den dazu gehörigen Truppenabtheifungen noch immer nicht eingetroffen , und Bem ſah ſich hierdurch gezwungen, Anfangs Mai mit 3000 Mann die 8—9000 Dann ſtarke Beſatzung einer mächtigen Feſtung in Schach zu halten und mit einer gleichen Anzahl zu berfelben Zeit ein vier mal fo ſtarkes feindliches Entſatzcorps in offenem Felde zu befämpfen.

Am 5. Mai befepte Oberftlieutenant Karolyi Berfeh und an bemfelben Tage noch rückte eine Colonne, aus 3 Compagnien Infan- terie, 3 Zügen Eavallerie und 2 Gefchüben zuſammengeſetzt, unter Anführung des Hufarenmaford Araͤnyi vor Dravicza, verbrängte

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von bort nach einftändigem Gefechte bie weit flärkere Eaiferliche Ber fagung und nahm Befib von dieſem reichen Bergorte und den ums liegenden Werfen.

Am 8. Mai rüdte Karolyi felbft mit dem Gros feiner Eos lonne von Berfep auf Weißfirchen, traf dort bie etwa 3000 Mann zählende Avantgarde Malkowski's, griff fie unverzüglich an, und trieb fie gegen Petrillova auf der Straße nad Mehadia und Orſova zurüd. Durd die Einnahme von Weißkirchen war ber firategifche Hauptzweck der Operation erreicht, die ihrer Vers bindung ſchon nahen feindlichen Heerestheile von Neuem getrennt und zur vereinzelten planfofen Kriegführung genöthigt. Um fid jedoch auch des Totalerfolged der gänzlichen Verdrängung bes fiebenbürgifch»Faiferlichen Corps über die Grenze zu vergewiflen, übernahm Dem, ber am 10. Mai in Weißkirchen angelangt war, in Perfon die Verfolgung deſſelben. Noch an demfelben Tage, 10. Mai, griff er den bei Petrillova fi fammelnden Feind an, fchlug und zwang ihn zum Rüdzug auf Szäszfa. Die Kaiferlihen, in hohem Grade eingefhüchtert, verfuchten noch eins mal von einer vortheilhaften Arrieregarbeftelung Gebrauch zu mas chen, wurden aber nady kurzem Kampfe geworfen und entgingen ber totalen Aufreibung nur dadurch, daß fie zeitlich genug die Brüde an ber Neva hinter fih abbradhen und fo dem energijchen Nach⸗ drängen ber Ungarn Schranfen ſetzten.

General Malkowoki, durch die Bligedfchnelle ber Opera⸗ tionen Bem's in allen feinen Plänen durchkreuzt und von den fchlimmen Stande der öfterreichifchen Armeecorps auf den übrigen Kriegsſchauplaͤtzen in Kenntuiß geſetzt, glaubte nach ben letzterlit⸗ tenen Berluften bei Dravicza, Weißkirchen, Petrillova und Szaszka kein ernfihaftes Gefecht mehr annehmen zu bürfen und

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trat auf bemfelben Wege, ben er gefommen, feinen Rüdzug auf Orſova an, wo er am 15. Mai zum zweiten Male die Grenze der Wallachei überfchritt, um unter ruffifhem Protectorat ſich zum dritten Einfalle nad) Ungarn zu rüften.

Bem folgte den Defterreichern auf dem Fuße, war jedoch nicht im Stande, fie zu erreichen und ihnen beträchtlichen Schaden zuzufügen,, fo forcirt waren ihre Märfche und fo athemlos flohen fie vor feinem Namen.

Bem nahın am 16. Mai fein Hauptquartier in Orſova und fhrieb von bort folgenden Bericht an die Regierung:

j „Hauptquartier Drfova, 16. Mai 1849.“

„Sch fühle mich befonderd glüdlih, dem Landedgouverneut berichten zu koͤnnen, daß e& mir mit Gotted Hilfe gelungen ift, bad Banat ohne große Opfer für Ungarn wieder zu erobern. Wohin ich mich näherte, floh ber Feind fo fchnell und fo weit, daß ih ihn gar nicht erreichen Eonnte; in Orſova aber bin ich ohne Schwertftreidh eingezogen. Das Volk empfängt und überall ale Freunde, denn ed weiß jeder von den Bewohnern Karanfebes's, dag wir nur fein Beſtes wollen.’

„Der Feind war ftarf; er zählte an 14,000 Mann mit 40 Kanonen ; er verließ in ber Nacht Orfova und zog nach Stella: Gladova in ber Walladhei. Ich babe gegen biefen Uebergang in meiner an ben türfiichen Paſcha gerichteten Depefche proteftirt umd ihn zur Achtung und Aufrechthaltung ded WVölferrechtes und dem⸗ zufolge zur Entwaffnung biefes überfeßten Armeecorps aufgefordert.”

„Die Armee, die ich aus bein Banat jagte, beftanb aus Puchner's alten Armeecorps, aus einem Theil der Temesvarer Befagung und aus zwei Bataillond Grenz» Infanterie. Der Feind hat bereitd die ganze Kraft des unglüdlichen Volke auögefogen,

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benn er nahm alle zum Kriegäbienft tauglichen Individuen mit ſich und ließ nur Greiſe, Weiber und Kinder zu Haufe.”

„Ich halte es fiir meine Pflicht, bei diefer Gelegenheit zu er wähnen, baß mir während biefer Operationen der General Perczel thätige und bereitwillige Hilfe geleiftet hat; ich erwaͤhne nicht ſeines Muthes und feiner Faͤhigkeiten, denn biete find befannt, aber ich ges ſtehe, daß ohne feine Mitwirkung diefe Aufgabe nicht von fo ſchnel⸗ leın Erfolg gekrönt worden wäre.‘

„Es bleibt und nur noch Temesvär zu erobern; die Feftung it bereitö fo cernirt, daß die Beſatzung von da nicht mehr heraus fommen fann, es wäre denn um die Waffen zu Rreden. Die Bes fagung verfuchte Ausfälle; diefe wurden aber ftetd durch das dort belafiene Cernirungscorps zurüdgewvorfen und ich glaube, nad) ber legten Probe wird fie fich nicht mehr herauswagen. Bei Gelegen⸗ heit des Zurüdichlagend des Yeindes hat fi Oberftlieutenant Pereczy befonderd ausgezeichnet und der Erfolg wird die vollſtaͤn⸗ dige Demoralifation ber Befagung herbeiführen. Ich habe 15 Ges fangene, bie ich in Orſova machte, in die Feſtung geſchickt, damit die Befagung das Schidfal derer fieht, die die Feſtung hätten bes freien follen; ich glaube, dies wird die Mebergabe der Feſtung nur befchleunigen.

Aus diefem Berichte erfeben wir, daß.Bem nad feinen flau- nenswerthen Erfolgen über die Corps ber Generale Leiningen und Malfowsfi, auch dem unverweilten Falle Temesvars entgegenfah. Diesmal gingen jedoch feine Hoffnungen zu weit; die Faiferliche Befayung wies alle Aufforberungen zur Uebergabe zurüd und beharrte bei dem Entichluffe, die Seftung bis auf den letzten Mann zu vertheidigen. Es blieb demnach nichts übrig, ale ben Platz vorläufig auf das Engfte zu cerniren und die Eröffnung

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ber Belagerungsarbeiten mit aller Energie zu beichleunigen. “Die für biefen Zweck zur Berfügung fichenden ungarlfchen Streit fräfte waren um bdiefe Zeit dur Bem's Armeebivifion unter Pereczy und durch einen Theil des Arader Cernirungscorps ges bildet. Diefer letztere langte jedoch erft am 10. und 12. Mai an, fo daß bis dahin, nad dem Abmarfche Bem'sé aud Kreidorf nah VBerfes und Weißfirden Pereczy mit 3000 Mann allein die Aufgabe hatte, die kaiſerliche Beſahung in Schach zu halten und deren Ausfälle zurüdzumeifen.

Die Befapung der Feftung Temesvär befand Ende April, unter 4 Faiferlihen ®eneralen, aus den nachbenannten Truppen:

Siofovicdhs Infanterie . . 2 Bataillon,

Rukavina .. 2 n Leiningen ..2 ., Romanen Banater Grenzer . 1 ZaninisInfantre . ou

Zuſammen 7/, Bataillons mit 7500 Mann Infanterie, Schwarzenberg. Uhlanen 6 Edcabrong, Ein Detachement Mars Ehevaurlegers.

880 Mann Eavallerie.

Artillerie 239 Mann.

Genietruppen 3 Offiziere und 14 Mann.

Enpdlich eine Abtheilung Sereffaner. Die Gefammiftärfe der Befapung betrug ſonach 8840 Mann, Alle Werke der Feſtung waren in vollfommenem Zuftande; am füblichen Buße bed Glacis zwifchen ber Seftung und dem Bega⸗Canale war für einen Theil der Beſatzung ein verſchanztes Lager eingerichtet.

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Die erfien Tage des Monats Mai verflofien in unbebeutenden Blänfeleien ber Vorpoften, und erft als in der Feftung ber Abzug Bem's mit ber größeren Hälfte feiner Mannfchaft aus dem Frei⸗ dorfer Lager gegen Süben befannt wurde, unternahm bie Garnifon am 12. Mai mit 3 Bataillons Infanterie, 6 Escadrons und 9 Ges fchügen einen Ausfall gegen Pereczy's Lager bei Freidorf. Pereczy wies benfelben eben fo Fräftig als gefchidt zurüd und zwang die Ausfallscolonne zum eiligen Rüdzuge in bie Feſtung. Zu dem günftigen Ausgange dieſes blutigen Gefechte trug übrigen® nicht wenig das an eben dieſem Tage erfolgte Eintreffen Vecfey’s mit 4000 Mann ded Araber Gernirungdcorpe bei ba biefer nad) Belegung bes fogenannten Jagdwaldes im Rorden der Keftung auf die Nachricht von bein Ausfalle der Befakung unverweilt über Biroda eine Colonne zur Unterflügung Pereczy's entjanbte und bem fchwanfenden Kampfe eine günftig entfcheibende Wen⸗ bung gab.

Am 14. Mai unternahm Böcfey den Angriff auf bie durch den Feind verfchanzte, an ber fiebenbürger Ghauffee gelegene Bors Habt Fabrik. Major Aëztalos erflürmte an ber Spige ſeines braven 29. Bataillond die verrammelten Ausgänge, verbrängte den Feind aus den Abſchnitten, bie berfelbe mit zwei Bataillons und einer Batterie vergebens zu halten juchte, und trieb ihn Hinter feine Wähle zurüd. Die in biefer Borftadt angelegte Waſſer⸗ leitung , welche die Feftung mit Wafler verfah, wurde zerflört, -bie dem Glacis zugelehrten Ausgänge befefligt und an bemfelben Tage die Einſchließung ber Feſtung auch von biefer Seite bewerk⸗ Relligt.

Am 15. Mai waren fänmtliche Vorſtaͤdte um bie Feſtung im Vefige der Ungern, bie Cernirung von allen Seiten auf das

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volifändigfte bewirkt, und die Befagung auf die Vertheidigung ber Feſtungswerke befehränft.

Die Erzählung ber weiteren Belagerung, bie auf ber einen Seite ebenfo viel Geſchick und Energie, als von der anderen Standhaftigfeit und Ausdauer beurfundet, gehört nicht mehr in den Zeitraum, von welchem wir in diefem Buche fprechen. Wir brechen beshalb Hier ab und wollen dieſes Capitel mit einigen Betrach⸗ tungen fchließen.

Die Wiedereroberung des Banats bildet unfreitig einen ber glänzendften Abſchnitte in Ungarno jüngftem Kreiheitsfampfe, denn wohl felten ift mit fo wenigen Kräften, mit einen fo geringen Aufs wande an Zeit und Opfern fo viel erreicht worden, wie in biejem furzen, aber fchönen und an Erfolgen reichen Feldzuge. Bem verläßt dad kaum zurüderoberte Siebenbürgen mit 9 10,000 Mann junger, Schlecht geffeideter, ungeübter Truppen, um zur Eroberung eines Landſtrichs zu fchreiten, ber größer wie bie Lom⸗ bardei, von einer zum Theil famatifirten feindlichen Bevölkerung bewohnt, von zwei ftarfen Feſtungen beherrfcht und von brei öfters reichiſchen Armeecorps vertheidigt wird. Er fann bei Erreichung feines Zwedesd nur auf die Mitwirkung Perczel's und gelegen heitlih auf einen Theil vom Arader Cernirungscorps rechnen, und felbft Died entging ihm, wie wir fahen, indem Becfey bei Kiszetoͤ nicht erfchien und Berczel mit den Serben vollauf zu thun hatte. Die Kräfte des Feindes, die er in Felge dieſer Ber: hältniffe allein bezwingen muß, überfteigen feine Macht um ba Doppelte an Zahl fowohl, als an innerer Conſiſtenz denn «8 find dies alte, vorzüglich bewaffnete Liniens und Kerntruppen , die fih überdies auf feſte Pıläge fügen, auf geficherten Rüdzugelinien

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bewegen und für den Nothfall auf die in der Wallachei ſtehenden ruffifchen Heerfäulen repliiren fönnen.

Nur Eines ging diefem überlegenen Feinde ab: bie Verbin. bung feiner drei getrennten Heerestheile unter ſich und eine Fluge ein» heftliche Leitung. Die drei feindlichen Corps denfen jedes blos auf ſich und an den eigenen geſicherten Rüdzug, agiren mit ängftlicher Vorficht jedes in einem eigenen befchränften Raume um Temedvär, Bancfova und Orſova alfo gerade un den Spigen eines firategifchen Dreieckes, befien unverhäftnigmäßige Seitenlängen an jedem beliebigen Punkte den Durchbruch geftatten und auf biefe Weiſe jede combinirte Bertheidigung des Kriegstheaterd ummöglich machen.

Dem wirft nur einen Blick auf die Karte und auf die Stellung der Vertheidigungskraͤfte, um alfogleich das Prinzip feiner Offen- five feftzuftellen und alle feine Bewegungen biernach einzurichten. Dieſes Prinzip beftand aber einfach aus dem Beftreben, die Berbins dung ber getrennten feindlichen Heereötheile bei Zeiten zu behindern, jeden einzeln zu fchlagen und in Unthätigfeit zu verfegen. Dieſem Borbaben gemäß trennt er zuerft bie Temesvärer Befapung von bem Malkowski'ſchen Corps durch die Befebung von Karans ſebes und Lugosd; wirft fih dann, als letzteres den Verſuch macht, fih mit Theoborovich zu verbinden, auf die gegenüber: liegende Seite und vereitelt fo auch diefen Plan des Gegners. Das ftärkite öfterreichiiche Corps wird durch tiefes Durchkreuzen aller feiner Abfichten außer Faſſung gebracht und findet, um der Vernich⸗ tung zu entgehen , feinen anderen Ausweg , als ſich vor einer vier mal fchwächeren ungarifchen Colonne in die Wallachei zu flüchten und auf feine Operationen auf dem Banater Boden gänzlih zu . verzichten.

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Wenn aber Bem bei feinem Einrüden in das Banat der Re gierung deſſen ſchnellſte Wiedereroberung prophezeihete fo that er dies anbererfeitö auch geftüßt auf die ihm von Siebenbürgen ber be fannte Rriegführung der feindlichen Hauptmacht unter Buchner jest unter Malkowski. Kin fo Eägliches Auftreten, wie das von dieſem Faiferlihen Korps im Banat, war wohl auf feinem ber anderen Kriegsichaupläge der Jahre 1848 und 1849, wo fid die öfterreichifchen Waffen verfuchten,, gefehen worben. Der Name Bem’s, einige Hufaren» und Honved» Abtheilungen reichten bin, ein ganzes Korps, ohne ein einziges ernfthaftes. Treffen in ben vielen zur Vertheidigung vortrefflich geeigneten Poſttionen der Aus⸗ Läufer der fiebenbürger Alpen geliefert zu haben, über die Grenze zu vertreiben, um da auf neutralem Boden fic hinter Ruffen und zZürfen zu verbergen. Und Angefichts folcher Thatfachen wagen es dennoch öftereeichifche Schrififteller die unverfchämte Behauptung aufzuftellen, daß bie ruffifche Intervention nur wegen fdhnellerer Beendigung des Kampfes angerufen worden, unb im Halle ber Rotb die öfterreichifchen Waffen allein, nur mit etwas mehr Jeit⸗ aufwand, daſſelbe Ziel erreicht haben würden!

In drei Wochen war dad Banat wieder erobert, Temespär cernirt, die Serben über die Theiß und Donau geworfen! Ein ſolcher Erfolg übertraf mit Recht bie Fühnften Erwartungen ber Ro gierung. Ihre Pflicht war es nun, aus biefen Bortheilen nicht blos vom politiihen, ſondern auch vom ftrategiichen Stand⸗ punkte für die Zufunft den größtimöglichftien Nutzen zu ziehen. Es war nebft der politifch-abminiftrativen Reorganiftrung biefer Diftriete nicht genug, einige frifche wallachiſch⸗deutſche Honved⸗ Bataillons zu errichten, fondern man mußte vor Allem die Sicherung bed Banats als Vorwerk Siebenbürgens , biefer großen

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natürlichen Citadelle und ber Bafid unferer fünftigen Operationen, bewirken, und zwar durch Befeftigung ber frategifchen Punkte, An⸗ lage von Magazinen, Depots für die Bebürfniffe eines maͤchtigen Heeres u. dgl. Die Regierung verfäumte dieſes und befchränfte ſich darauf, ihre ausfchließliche Aufınerffamkeit ber Eroberung Teme6s vars zuzuwenden, jener Feſtung, bie im Mittelpunfte der großen füdoftlichen ungarifchen. Ebene zu den Zeiten der Türfenfriege und ber fpätern Aufftände im Lande wohl ald Zwingburg für bas Banat dienen Fonnte, in dem neueften Raınpfe jedoch in taftifcher, wie in fteateglicher Beziehung nur von fecundärer Bedeutung war.

Diefe Hier berührten Verfäumniffe find die Urfache der fpäs teren Auflöfung der ungarifchen Südarmee nad) einer im Berhälts nig zu den Berluften nicht fo bedeutenden Schlacht als dies uns wiffende Freunde und der Feind, der ben wohlfeilen Triumph ers rungen, gerne glauben machen möchte. Diefe VBerfäumniffe waren baher mit ein Grund von Ungarns fpätereın Falle.

Der April» und Mais Feldzug im Banat bildet den Wenbes punft im ungariichen Waffenglüde. Bald darauf wälzen ſich unabfehbare Maflen, von Rorben und Often, über die Orenzen des Landes und werfen dem moralifchen Lebergewichte feiner helden⸗ müthigen Bertheidiger das erbrüdende Gewicht der Zahl ent gegen. Unfähigkeit und Berrath thaten dad Weitere.

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VW,

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Die Eernirung und Belagerung ber Feſtung Arab vom 3. Detober 1848 bis Ende Juni 1849.)

Lage der Feſtung Arad. Innere Berhältniffe. Die Feſtung erklärt fi für ben Kaiſer. Belabung. Cernirungs:Eorps. Affaire bei Lippa 13. November 1848. Infurgivung der Wallahen. Gefecht hei Zam 1. December. Ueberfalleverfuch in der Radıt vom 3. auf A. December. Eröffnung der Belagerungsarbeiten. Erſter Entfab der Feſtung 13. De cember, Zweiter Entfaß 7. Februar 1849. Hauptmann Aszialos. Weitere Breigniffe bis zur Uebergabe der Feſtung. Betrachtung.

Die Feftung Arad am linfen Ufer der Maros, bildet ben wichtigften Punkt an diefer Hauptverbindungdlinie zwifchen Ungarn und Siebenbürgen und ift 6 Meilen von Temesvär, 10 von Szegedin entfernt. Sie beherrfcht gleichmäßig bie gegenüber: liegende reiche und blühende Handelöftadt Alt-Arad, fo wie ten auf demfelben Ufer mit ihr befindlichen deutſchen Flecken Neu⸗ Arad, und dad nahe bei erfterer Stabi liegende wallachifche Dorf Mikalaka. Im Sommer 1848 war die Feftung Arad im bes ften Zuftande und mit Munition und Geſchuͤtzen hinreichend vers jehen. Feſtungscommandant war der öfterreichifche Feldmarſchall⸗ Lieutenant Berger, der, vom Wiener Hofkriegsrath noch im Bor: märz hiezu ernannt, von der ungariſchen Regierung in feiner Stels lung beftätiget wurde.

Berger wußte gleidy im Beginne der ungarifchen Bervegung, wahrfcheinlih in Folge geheimer Weifungen des öfterreichifchen

*) Zufammengeftellt von 3. Czetz.

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Kriegsminiſters Grafen Latour, bei dem ſchwachen Stande der Beſatzung, die Hilfe der ungariſchen Nationalgarde zu gewinnen, indem er dieſelbe zur Schonung ſeiner Mannſchaft Feſtungsdienſte machen, durch freiwillige Handarbeiter den nörhigen Schießbedarf erzeugen und endlich jene Geſchuͤtze ausruͤſten ließ, mit denen er bald darauf ihr Eigenthum vernichten und ihr Leben gefährden follte. Die in Juni im Banat audgebrochenen Unruhen gaben ihm Gelegenheit, unter dem Borwande zur Sicherung der Feſtung für alle Eventualitäten , die ungarifche Regierung zu täufchen und von derfelben die Dotation zur Berproviantirung der Beftung auf ein hals bed Jahr und zur Audrüftung der Werke zu erlangen. Die Seftung warb auf ſolche Weiſe nad) und nach mit Vorräthen aller Art angefüllt und alle Vorbereitungen zur Vertheidigung derſelben gemad)t.

- Die Ereigniffe in Beth, welche die Errichtung des Landes⸗ vertheibigungs » Ausfchuffes und jenes Decret deflelben zur Yolge hatten, das den Commandanten fämmtlicher ungarifchen Feſtungen bei ihrer Ehre und bei ihrem auf tie Eonftitution abgelegten Eide zur Pflicht machte, die Tricolore zu entfalten und blos von dem uns garifchen Kriegsminifterium und von der oberften legalen Landesbe⸗ börde die in jenen Zeitumftänden nur der Landesvertheidigungs⸗ Ausſchuß fein konnte Befehle anzunehmen, bevoogen ben Feſtungs⸗ commandanten in Arad, ber ſchon früher die Dienfte der Rational: garde überflüfiig fand, die Thore der Feſtung zu fperren und bie Stadt am 4. October aufzufordern, die Rationalgarde zuentwaffnen, das freiwillige Bataillon des Märiäfy zu entfernen und fich üͤber⸗ haupt unter die Verfügungen des Feſtungscommandos zu ftellen.

Die Etadt, von patriotifchen Bürgern bewohnt, die lieber Allee aufzuopfern, als fich unter das öfterreichifche Joch zu beugen bereit

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waren, lehnte obige Zumuthungen entfchieden ab. Hierauf ward die Stadt am 7. October mehrere Stunden lang bombarbdirt , wo: mit die Yeindfeligfeiten eröffnet wurden, welche bie Araber Bürger Monate lang ertrugen, und wobei fie durch opferwillige Vater: landsliebe, heldenmüthige Ausdauer und ungefchwächte Begei- fterung fi) vor allen Städten Ungarns hervorthaten. Es bildete fi) ein Comite, das auf die Vertheidigung der Stadt gegen die Ausfälle der Befagung und Verminderung der Wirfung fFünftiger Beichießungen bedacht, den guten patriotifchen Geift ber Bürger ſtets wach und rege zu erhalten wußte.

Die Befagung der Feſtung beftand um dieſe Zeit nach öfer- reichifchen Angaben aus 1381 Mann und 207 Pferden , dann 222 dienftuntauglichen Individuen; die Beftung war auf 60 90 Tage verproviantirt.

Die in der Stadt und Umgebung liegenden ungariſchen Streit: kraͤfte commanbirte anfänglich der durch feine Kühnheit und Energie ausgezeichnete, aber mehr im offenen Selbe al bei einer Belagerung verwendbare, Major Johann Märiäfy. Er hatte unter feinen Bes fehlen folgenbe Truppen :

Infanterie:

1 Bat. Beleferund Debrecziner Freiv. 900 Dann gut aus

Araber Rationalgarde . . . .„ .1000 „, gerüßtet

Debrecziner Nationalgardte . . . . 800 ,,

Das 29. HonvedsBataillon . . . .1200 ,, ) mit Senſen Dad 30. „5 * 0.0. .1200 bewaffnei. 1 Compagnie Szathmärer Freiwillige 180 „, gut aus:

2 Eompagnien vom 27. Honved»Batalll. 300 ,, | gerüßel,

Summa: 5550 Mann.

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Cavallerie: 2 Eocadrons Debrecziner Rationalgarden . . . 200 Pferde 1 Zug AleranbersSufarn . . 2 22...

Summa : 230 Pferde.

Artillerie: 1 ſechspfündige Feldbatterie zu 8 Geſchützen.

Dieſe Abtheilungen concentrirten ſich aber erſt nach und nach und wurden zumeiſt unter den Mauern ber Feſtung organiſirt. Daher fan es auch, daß Mariaſy er am 20. October bie Gernirung der Feſtung beginnen fonnte. Zu diefem Ende wurben an diefem Tage zwei Eolonnen entfendet. Die eine unter Haupt mann Zurich, aus 2 Gompagnien Infanterie, 1 Escadron Cavallerie und 2 fechöpfündigen Geſchuͤgen beſtehend, Hatte die Maros bei Lippa zu überfchreiten und ReusArad, wo fid noch immer ber Stab der kaiſerlichen Schwarzenberg⸗Uhlanen befand, von Kisfalud her zu beſezen. Die andere eben fo ſtarke Eolonne - unter Hauptmann Asztalos follte bei Bsc6 ka die Maros paſſi⸗ ren und über Szent Beter und Szabderlaf diefelbe Aufgabe volführen. Zurich ſetzte bei Rippa unangefochten über den Klug und marfchirte bis Kisfalud, konnte aber nicht weiter verbringen, da die über Pocs ka agirende Abtheilung am 21. nicht an dem Orte ihrer Beftimmung erichienen war. Diele nämlidy wurde burch ein aus der Feſtung ihr enigegengeichidtes Detachement bei der Ueberfuhr aufgehalten. Die Geftaltung ber Lifer gewährte dem Feinde eime günfige gedeckte Stellung, worin berfelbe trog unſeres lebhaften Feuers fich bis zum Abend behauptete, bis er durch Zurich im Rücken bedroht, ſich nach einigem Berlufte noch In der Nacht nach Neu⸗Arad zurückzog. Asoztalos ging nun über den Fluß und

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erfchien am 22. injSzaderlak. Beide Colonnen hatten an bies fem Tage heftige Ausfälle der Beſatzung zu beſtehen, die jebed Mal tapfer zurüdgefchlagen wurden.

Am 23. erfchien auch Märiäfy mit einigen Gompagnien über Becska und um 3 Uhr Morgens ward Neu-Arad be feßt,, von wo die Schwarzenberg-Uhlanen in ber Nacht vom 22. auf den 23. gegen Temesvär abgezogen waren. Die Feſtung war fomit cernirt und Märiäfy traf Anordnungen, feine Stellung gegen die Ausfälle der Garnifon fowohl, als gegen etwaige Entfag- verfuche von Temesvär her zu befeftigen.

Run wurde die Regierung durch eine Deputation der Arader Bürger und durch wiederholte dringende Vorftellungen Märiäfy’s um bie Abfendung des im Peſther Reugebäude und in Ofen auf: gehäuften Belagerungsmaterlaled gebeten. Allein der Lanbebs vertheibigungs »Ausfchuß, zu fehr mit der allgemeinen Politik des Landes befchäftigt und zu wenig mit militärifchen Angelegenheiten - vertraut, und felbft das Kriegaminifterium zu unentſchieden, ließen bie diedfälligen Geſuche größtentheild unerlebigt, woburd die befte Zeit verfäumt wurde und Arab, für die nationale Sache von unde⸗ techenbarer Wichtigkeit, für lange Zeit verloren blieb.

Dom A. November begann für die Bewohner Arabs eine traurige Epoche. Haft täglich wurden fie durch Bombens und Oranatenwürfe aus der Feſtung beunruhigt; faſt täglich erfchredie fie die Kunde einer Brandlegung oder einer neuen Razzia der Beſa⸗ bung. Demungeachtet fanf der Muth der Braven nidyt; und al& bei der am 5. flattgehabten heftigen Beichießung, verbunden mit eis nem Ausfalle der Befapung, das Kameralholzdepot und bie foge nannte PirensKaferne in Brand gerieth, wußten fle inmitten des feindlichen Feuers mit beifpiellofer Anftrengung dad weitere Um⸗

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ſichgreifen des Feuers zu verhindern und hiedurch ihre Stadt von dem ſie bedrohenden Untergange zu retten.

Ein anderer gleichzeitiger Ausfall der Uhlanen in3ſigmond⸗ haza warb burh Märiäfy’s Freiwillige abgewiefen.

Zur Berbinderung biefer täglichen Beläftigung wurde im Krieger rathe das Abbrennen ber unter den Kanonen der Feſtung flehenten großen Holzbrüde über die Maros befchloffen und am 6. November Nachts ausgeführt. Am 10. November wiederholte fi) da8 Bombars tement, das dieomal von ?/,10 Uhr Abende bis gegen Morgen dauerte.

Märiäfy mußte fich bei feiner unzureichenden Artillerie vordere band auf die Blofade der Feſtung befchränfen; nebfibei aber deta⸗ hirte er unter Hauptmann Zurich 3 Gompagnien Debrec- ziner Freiwillige, !/, Escadron NRationalgarde » Eavaklerie und 2 Sefchüge nach Lippa, um von dort im Kalle eines Angriffes von Seite der Kaiferlihen aus Temesvär, eine Diverfion gegen die Flanke des vorrüdenden Feindes machen zu fönnen.

Schon am 11. Nachmittags hatte diefed Detachement mit einer von Temesvar anrüdenden Fleinen Colonne ein Gefecht zu der ſtehen, dad mit dem Rüdzuge der Letzteren nach Kövesd endete. Es zeigte ſich jedoch bald, daß biefe Colonne nur die Borhut eines größeren Corps war , dad den nächften Tag Lippa anzugreifen ge fonnen war.

Auf diefe Nachricht Hin eilte Mariaſy in der Nacht vom 11. auf den 12. mit 4 Compagnien Infanterie, einer Eöcabron und 4 Geſchuͤhen Zurich zu Hilfe.

Treffen bei Lippa 13. Movember.

Lippa liegi dicht am linken Ufer der Maros rings von Höhen umgeben, die den Fluß und die Stadt beherrichen: nur an ber Weſtſeite iſt der Zugang durch einen unpraftifablen Sumpf gebedt.

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Mariaſy, der ſich auf die Vertheibigung befchränfte, nahm mit feinen Truppen vor der Stadt folgende Stellung: 2 Gompagnien unter Asztalos mit 3 Gefchügen beſetzten die Straße von Traunau, 3 Compagnien mit 2 Geſchuͤtzen die Straße nah Hos zuUu836, das Eentrum unter ihm felbft die Höhen vor Lippa; die Gavallerie blieb en reserve im Orte.

Am 13. Morgens rüdten die Kalferlihen mit A Bataillons, A Escadrons, 2 Batterien und mehreren Taufend Mann wallachi⸗ fchem Landſturm von brei Seiten zum Angriff vor. Um 7 Uhr bes gann die Kanonade am rechten Fluͤgel, und bald darauf auf ber ganzen Linie. Die Ungarn waren größtentheils in Plaͤnkler aufs gelöft,, die den erften Andrang ber Defterreicher muthig abwieſen; diefe ordneten fich jedoch von Neuem unb rüdten, während die Walla⸗ hen die nächften Höhen befebten und ihre Artillerie die Straßen von Traunau und Hos zu 6zo ber Länge nach beftrich, zum zweiten Male vor; der Kampf wogte nun auf der ganzen Linie unter dem wilden Geheul der Wallachen längere Zeit unentfchicden hin und ber. Die Defterrricher griffen dreimal umferen rechten Flügel an, konnten jedoch gegen unfere braven Honvéds trop ihrer Uebermacht feine Bortheile erringen. Ebenfo erging es ihnen im Gentrum und auf dem linfen Slügel. Das Gefecht dauerte berart bis 7. Uhr Abends, wo unfere Truppen ihre Patronen verfchoffen hatten, während die ers wartete Referve - Munition von Arad noch nicht angelangt war. Diefer Umftand und die Minverzahl feiner Truppen bewog M &- riäfy, fi in der Abenddaͤmmerung über die Maros nah Maria⸗ Radna zurückzuziehen und Hinter fich die Brüde abzutragen. ‘Die Kaiferlichen rüdten in Lippa ein.

Unfer Verluft betrug 50 Mann Todte und Berwunbere. Die gefangenm Honvsds wurden durch einen braven Patrieten

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in Lippa waͤhrend der Nacht befreit. Der Verluſt der Oeſterreicher belief fi) auf 300 Mann, meiſtens Wallachen, die den Plaͤnklern waͤh⸗ rend des Gefechtes gegen unfere Schüfſe als Deckung dienen mußten. Mariaſy zog am 14. nach Arad ab und ließ blos das Defile von Paulis beſetzt.

Mit Lippa verloren wir das ganze Terrain zwiſchen dr Mas ros und Tenıesvär, und die Communication mit Siebenbürgen fiel hiedurch dem Feinde in bie Hände.

Die Defterreicher ließen nun alle walladyifchen Einwohner der umliegenden Ortichaften verfammeln, entbanden fie von ihrem Gehor⸗ fam gegen die ungarifche Regierung , beeideten fie auf den Eaiferlichen Doppeladler , und organifirten fo den Aufftand längs der Maros. Rah 3—A Tagen verließen fie Lippa, gingen nad Temesvar zurüd und überließen den Wallachen die Verwüftung bed Maross thales und die Beunruhigung unferer linken Flanke vor Arad.

Zur Dämpfung dieſes gefährlichen wallachifchen Aufruhre warb Hauptmann Asztalos mit einer fliegenden Eolonne von 3 Com⸗ pagnien , 1 Zug Hufaren und einem Zpfuͤndigen Gefchüge in das Marosthalentfendet. Am 15. December kam er nah Rabna und am 16. nad Solymos, wo fich der erfte Haufe Wallachen befand. Diefer wurde troß feiner Uebermacht im erften Anlaufe zer ſtreut, die Räbelsführer abgeurtheilt und die Bewohner entwaffnet. Auf ſolche Weife wurden alle Ortichaften am rechten Ufer der Ma⸗ ros bid Soborfin bezwungen. In diefem Orte erhielt Aszta⸗ 108 die Rachricht, daß ſich ein feindliches Detachement mit einer Menge Landfturm in Zam verfchanzt und einen bedeutenden Salztrands yort, der für Arab beftimmt war, in feine Gewalt befommen habe. Asztalos entſchloß fich ſogleich, den Feind auch bier zu zerfireuen. Am 1. December rüdte er zu biefem Jede mit feiner Colonne auf

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ber bier durch eine Bergfchlucht führenden Straße gegen 34m vor und befchäftigte ben Feind, ber mit. 3 Compagnien, 1 Escadron und 3 Geſchuͤtzen hinter einer quer über der Straße aufgerworfenen Schanze Rand, fo lange in ber Front, bis eine halbe Compagnie durch ein Seitenthal die Höhen erreichte, welche den rechten Flügel der Kaiferlichen bominirten und von diefen unbefeßt geblieben waren. Sobald die Umgehung bewerfftelligt war, begann auch in der Front der Sturm mit dem Bajonnette, worauf der Feind feine Schanzen verließ und nach Hinterlaffung einer Kanone und mehrerer Gefanges nen gegen Dobra entfloh.

Asztalos ließ die Salzſchiffe wieder flott machen und fchidte fie unter Bedeckung nad Arad. Er felbft verfolgte den Feind noch bis Burzuf, von wo er nad) Zerftörung der Ueberfuhr, da feine Aufgabe beendet war, am A. December nach Arad zurüdfehrte.

Mittlerweile war das Cernirungécorps durch ein Bataillon Szefler, die Polenlegion unter Byfodi, 1 Bataillon Befefer Rationalgarden, dann durch eine 12pfündige Batterie zu 6 Geſchützen, 2 Tpfündigen langen Haubigen und A Boınbenmörfern, verflärft wor⸗ den, fo daß bie Zahl ter Gernirungstruppen am 1. December 8500 Mann betrug.

Mariäfy fühlte fich mit diefer Macht ftarf genug, gegen die Feſtung endlich eine ernftere Unternehmung zu wagen. Die Befas bung , feit beinahe vier Wochen von jeder Verbindung mit Temes» var und von dem Flachlande abgefchnitten, begann bei dem ans ftrengenden Dienfte zu ermatten; zubem befand fidy eine Compagnie Don Miguel in der Feftung, bie bei einem Handſtreich ihren Landöleuten gewiß behilflich fein mußte. Diefe Gründe bewogen den ungarifchen Commandanten, einen nächtlichen Ueberfall auf die Feftung zu verfuchen. Die Vorbereitungen zur Ueberbrüdung ber

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Gräben und zur Erfletterung bes Walles waren beenbet, und bie Truppen erhielten am 3. Abends die nöthigen Dispofitionen. Das Szefler»Bataillon und die Debrecziner Freiwilligen hatten über einer am Suͤdweſt⸗Ende der Feſtung gefchlagenen Brüde in den Ra- velin zu gelangen und von dort mittelft Leitern ten Hauptwall zu ers flettern,, während bie Betefer Nationalgarden und die mit Senſen bewaffneten Honvede gegen bie Sübbaftion und gegen bie Cours tine des öftlidhen Theild demonftriren follten. Der bededte Weg warb am Abende des 3. December von unferen Truppen in aller Stille beſeht und die Pioniere arbeiteten unabläfftg an ber Herftellung der Bodbrüde über den Graben. Nach Mitternacht war auch diefe fertig und Szefler und Debrecziner Freiwillige beſetzten das Ra⸗ velin zwiſchen den beiden weftlichen Baftionen. Anftatt nun die weites ren Vorbereitungen zur Erkletterung des Hauptwalled abzınvarten, erſcholl durch Uebereilung der Mannfchaft von allen Seiten das Ans griffsſignal. Die Kaiferlichen,, durch den Anblid der nahen Gefahr, die fie bisher gar nicht merften, aus dem Schlaf geſchreckt, Tiefen auf die Wälle und begannen ein beftiged Feuer, das die Ungarn zwang, eilig dad Ravelin und den bededten Weg wieder zu räumen. Unſer Verluſt belief fi auf 100 Mann, darunter Major Ziks. Diefer nur durch die Unvorfichtigkeit der Mannfchaft mißglürdte Ueberfall machte die Befagung wachfamer. Sie antwortete Tags darauf, wie üblich) , mit einem Bombardement der Stadt. Euntfag der Feſtung 13. December.

Die Belagerung ward nun nach den Brundfägen der Kunfl bes gonnen. Die Arbeiten zur Eröffnung der erften Parallele von Szent Miklés bis an die Maros, fo wie der nöthigen Contra⸗ vallationslinie waren ihrer Beendigung ſchon nahe, ald am 13. Des cember Märiäfy die Runde von ber Anrüdung eined Entſah⸗

corps aus Temeovar von beifäufig 5—-6000 Mann, mit einem ebenfo zahlreichen Landſturm unter General Zeiningen, erhielt. Am 1A. December Morgens erichien die Tete dieſer feindlichen Macht, zu bern Empfange Mariaſy folgende Dispofitionen getroffen hatte. Das SzeflersBataillon hielt die Verfhanzungen von Szent Mitlös, die Redoute bei diefem Ort 4 Compagnien des 30. Hons véd⸗Bataillons beſetzt; in der Ebene à cheval ber Hauptſtraße ward die Polenlegion, am linfen Fluͤgel an ber Maros die Des brecziner $reiwilligen und in der Fläche hinter den Verſchanzungen bie Cavallerie aufgeſtellt. Die Referve blicb in NeusArad, 4 Compagnien Befefer Yreiwillige aber wurden zur Beobachtung ber Feſtung verwendet.

Kaum war biefe Aufftelung genommen, als fchon die Kaiſer⸗ lichen in zwei Colonnen über Engel&brunn und Dreifpig zum Ans griffe vorrüdten, wobei fie eine zahlreiche Artillerie gegen die Redouten ber Eontravallationdlinie entwidelten. Das Feuer warb von ben fatferlichen Artilleriften, bie nody von Szent Tamas ber im Dienfte ber Ungarn ftanden und bie Gefchüge in den Schanzen bebienten, nur ſchwach ermwidert. Auch die Szefler hielten ben heftigen Kugel⸗ tegen kaum eine Stunde aus, verließen dann ihre Schanzen und wichen in Unorbnung gegen Neus Arad zurüd. Ein Gleiches tha- ten bald hierauf die anderen Truppen , bis auf bad Befefer Ba; taillon,, das einen gleichzeitigen Ausfall der Beſatzung wader zurück⸗ fhlug. Der Feind verfolgte die Bliehenden, und nur bie Befonnen- heit bed Hauptmanne Asztalos und des wadern Polenmajors Vyſocki, die mit unerfchütterlicher Ruhe und Ausdauer in Müte ber allgemeinen Verwirrung mit einigen 100 Ungarn und Bolen ben Rüdzug dedten , war es zu verdanken, daß das ganze Corps ned rechtzeitig über die beim Efalaer Walde geichlagene Brüde, auf

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das rechte Ufer der Maros gelangte und hierdurch einer totalen Niederlage entging. Wir verloren in den Schanzen 3 Kanonen und 260 Tobte, Berwundete und Gefangene. Die kaiſerlichen Ars tiieriften waren alle zum Feinde übergegangen. “Die meifte Schuld an dem unglädlichen Ausgang bed Treffens trugen nebft diefen die Szefler, die auf Ihren Kreuze und Querzügen im Lande, durch den Einfluß ihrer reactionären Offiziere gänzlidy demoralifirt waren.

Die Feſtung war entfegt, die Gurnifon verftärkt, durch Requi⸗ fitionen auf dem linfen Marosufer für weitere 60 Tage verpros viantirt, und die Belagerungsdarbeiten gänzlich zerftört. Nach drei Tagen zog fih das Entſatzcorps wieder nah Temesdvär zurüd und die Feſtung dedte diefen Abzug durch ein Bombardement ber Stadt, das von 6 bis 8 Uhr Abends anhielt und am 16. und 17. December erneuert wurde.

Mittlerweile wurbe das Commando bed Gernirungscorps dem fenntnißreichen, theoretifch gebildeten Oberſt Niklas Gal über tragen, welcher fi) bei dem ftarfen Eisgange, der das Ueberfegen des Fluſſes für größere Truppenabtheilungen beinahe 14 Tage hin- durch unmöglich machte, anfänglidy auf Recognodcirungen und Ab» fendung von Streifeommanden befchränft und erft ale tas Eis am. 25. December die nöthige Feſtigkeit erhielt, den Uebergang vorbereis ten ließ, um am 26. mit dein größten Theil feines Corpo über den Fluß zu fepen und die Feftung auf der ſchon erwähnten Linie von Neuem einzufchließen.

Die Regierung ſchickte jebt mehrere ſchwere Geſchuͤge und eine bebeutende Menge Munition, fo daß die Belagerung mit 32 Erüden endlich begonnen werben konnte.

Oberſt Gal lieh Anfangs Ianmar 1849 die erften Mörfer

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und Ricochet-Batterien auf dem rechten Marosufer errichten und begann am 10. Januar 1849 dad Bombardement ber Feftung.

Die ASftündige Beſchießung, von den Kaiferlichen nur ſchwach erwidert, richtete ziemlichen Schaden an, Die Wirfung berfelben beftand hauptfächlich darin, daß die Befagung bie bisher häufige Be⸗ ſchießung der Stadt und Beunruhigung bes Cernirungocorps aufgab.

Angriff auf Alt:Arad 8. Februar.

Ald am 1. Februar General Damjanich mit feinem Armees corp8 aus ben Banate in Arad eintraf, ließ General Gal bie Geftung zur Uebergabe auffordern, die jeboch verweigert wurde. Ein Paar Tage darauf zog Damjanich an die Theiß und eine Divifion des Banater Corps nach Siebenbürgen zu Bem’s Hilfe. Gal schritt nun zur Eröffnung der erſten Parallele durch eine kreis⸗ förmige Berbinbung des Bogen, den bie Maros um bie Feflung bildet, von einem Ufer zum andern. Die Arbeiten waren bid zum 8. Februar beendet, da fam abermals die Nachricht vom Anzuge eined bedeutenden Gorpe aus Temesvär. General Gäl, vor bem unglüdlidhen Ausgange eined Treffens beforgt, ließ nah einem am 5. Februar abgehaltenen Kriegerathe, worin wegen der durch das bereitd ſchwach gewordene Eis gefährbes ten Verbindung die Räumung des linfen Maro 8 ufers beſchloſſen wurde, das ganze Belagerungsmaterial am 6. Februar auf das rechte Ufer überfegen und den Rüdzug der Truppen burdy eine Infanteries Abtheilung in Neu⸗Arad maskiren. Beim Erfcheinen des Fein⸗ des zog ſich auch diefe ohne Gefecht zurüd und die Defterreicher bes feßten Neu» Arad.

Zur Vertheidigung des Maros ufers und zur Behauptung der Linie von Alt» Arad, Pecska und Radna gegen das unter den

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Mauern der Feſtung ſich concentrirende ftarfe feindliche Corps traf General Gal folgende Dispofitionen: Der linke Flügel unter Major Willäm erhielt Befehl, mit 2 Compagnien ded 29. Hons ved,Bataillond dad Defile von Paulis, mit dem 59. Honved- Bataillon Glogoväcz, mit dem 38. Bataillon, 1 Batterie und 1 Escadron Lehel» Hufaren Mifolafa zu befeten. Das Eens trum unter General Gal, 30. und 58. Honved-Bataillon,, bie größtentheild mit Senfen bewaffneten Rationalgarden, 3 Escadrons Cavallerie, 2 fechepfündige und eine zwölfpfündige Batterie, nahm feine Aufftelung von Mikolaka bis Alt-Arad; ber rechte Hlüs gel unter Hauptinann Aoztalos, A Compagnien vom 29. Hon⸗ vedsBataillon,, eine halbe fechöpfündige Batterie, eine Escadron Hunyady-Huſaren, hatte das Maros ufer bie an ben Efalaer Wald zu behaupten. Das ganze Belagerungsmaterial wurde auf dem Marftplage aufgehäuft. Die Vorkehrungen zu feiner möglichft ſchnellen Fortſchaffung hatte man jedoch ganz vergefien.

Am 8. Februar um 7 Uhr Morgens begann ber Feind den Ans griff auf der ganzen Linie mit feiner zahlreichen Artillerie. Die Ins fanterie eröffnete an den Ufern des Yluffes ein lebhaftes Tirailleur⸗ feuer und die Geichoffe, aus der Feſtung gegen unfer Centrum gerichtet, verurfachten großen Schaden. Der Kampf dauerte bis Mittag unent- fchieden fort; da gelang ed dem Feinde, mehrere am Ende einer Gaſſe in Alt-Arad aufgeſtellte Munitionsfarren durdy Granaten⸗ würfe in®rand zu fteden, die Erplofion, im Rüden unferer Truppen anfänglich für da® Feuer einer feindlichen Umgebungs-Eolonne ges balten, erzeugte folch' eine Verwirrung in den Reihen des Centrums, daß dieſes fogleih umfehrte und in Unordnung die Stadt verließ. Der Feind benügte diefen Moment , feßte mit mehreren Bataillon und einer Rafetenbatterie über ben Fluß und drang in bie Stadt, die

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nebſt dem großen Belagerungso⸗Parke ohne Anſtrengung in feine Gewalt gerieth. Gal, feine Geiftedgegenwart gänzlidy verlieren, 309 fi) nady der Räumung der Stadt eilig gegen Batonya zurüd und befahl den beiden Ylügeln, bie bishin ſtandhaft das Gefecht fort: gefegt Hatten, ein Oleiches zu thun.

In der Stadt herrfchte die größte Verwirrung. Die Bewohner, unvorbereitet auf den traurigen Ausgang der Schlacht, flüchteten ſich, von dem Nöthigften entblößt, nach allen Richtungen und binterließen ihre Habe dem Beinde, der kaum in ber Stadt eingerüdt, fidy ber Plünderung überließ. Die Kaiferlichen verfänmten in ihrem großen Siegesraufche die Verfolgung der Ungarn und befchränften fi auf bie Befegung des Marftplages inmitten der Stadt, wodurch der rechte Flügel unter Asztalos nicht nur der Gefangenſchaft entging, fons dern auch die Gelegenheit zur glänzendften Dffenfive gewann.

Um 2 Uhr Rachmittags erhielt nämlidy der Commandant des rechten Fluͤgels, ber bis dahin feine Poſition bartnädig vertheidigt hatte, den Befehl zum Rüdzug. Er begann benfelden entlang des weftlichen Theiled der Stadt. Hier kamen ihm die flüchtigen Eins wohner Arad's fchaarenweife entgegen, bie im hilfloſeſten Zuſtande bie ungarifchen Truppen um Schug und Rettung anflehtn. Der ‚Unblid fo vieler Unglüdlihen und die Erzählung der begangenen Scandthaten des Feindes erbitterte die Feine Schaar auf ba Höchfte, und Alle verlangten ftürmifch zurüd in den Kampf geführt zu werden. Asztalos entichloß fich bei dieſer Begeifterung feis ner Mannfcyaft zu einem legten verzweifelten Angriff auf Die Ocfler reicher. Die Bürger fchlofien fich kampſbereit und racheglähend ben Honveds an. Bei ben lepten Häufern angelangt, ereignete ſich eine ergreifende Scene. Dort fam ber Truppe ber greife Regierung»

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Commiſſaͤr Daniel Botzko, auf einen Spazierſtock geſtuͤt, mit rus higen Schritten und geſenkten Hauptes entgegen. Er blieb, wie es feine Pflicht erheiſchte, der letzte in der Stadt und wollte nun, als nichts mehr zu retten war, unbefümmert um das eigene Schichſal, weil ihm nur dad Wohl des Vaterlandes am Herzen lag, trauernd der ungarilchen Armee nachziehen. Er ließ die Schaar einen Augen⸗ blidt halten, und nachdem er ihren Muth durch einige Fräftige Worte noch mehr entflammt hatte, ftellte er fich neben As ztalos an ihre Spipe und zog fo mit den Braven gegen den Feind. In ber lan⸗ gen Gafle, die zu den Hauptplag führt, wurde die anrüdende Colonne von einer Rafetenbatterie mit Kartätichenlagen empfangen, dies beivog fie jeboch nur zum fchnelleren Vortringen. Beim Ans langen auf dem Plage ergriff Asztalos die Fahne und mit dem Aufe: „Mir nad) , Brüder! ſtürzte er fih auf den in Bataillons- front dort aufgeftellten Seind , der nach einer Decharge beim Anblick der unaufhaltfam anflürmenden Honved8& zu wanfen und zu flie⸗ hen begann. Aber eine quer über die Szoͤp Ut s za zu ihrem eige⸗ nen Schupe errichtete Barrifade verfperrt ben Oeſterreichern den Weg, und während die Borderen mähfam darüber Elettern , wird ber wirre Haufen der Zurüdgebliebenen niebergemepelt. So wurde Ober Joanovich durch einen Honved⸗Feldwebel vom Pferde herabge⸗ ſtochen, Ober Sztankovich und viele Offiziere verwundet, ans dere gefangen. Der Kampf verbreitete ſich ſchnell vom Marktplate über bie ganze Stadt. Serben und Croaten, die ſich in den Häus fern zum Rauben zerfireut hatten, wurden heroorgezogen und ermor⸗ bet, und der Feind, der über Hald und Kopf fi auf das linke Marosufer rettet, bis über den Fluß verfolgt. Das ganze Belagerungsmaterial, mit Ausnahme von 6 Haubigen der Milo; laker Batterie, die von ben Lafetten abgenommen leicht fortgeichafft

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werben fonnten, warb zurüderobert. Am Ende der Fiſchergaſſe ver- fuchte noch der Beind, vier zwölfpfündige Gefüge über den Fluß zu fchleppen , aber dad Eis brach ein, bie Gefchüge verfanfen, und wir konnten diejelben in ber Folge aus dem Wafler ziehen. Der Berluft des Beindes an Todten, Verwundeten und Gefangenen mag 1000 Maun betragen haben, wir verloren nicht ganı 100 Mann. Das Verdienft eined fo wichtigen Sieges, der allein das Vorbringen des Beindes gegen Großwardein und den combinirten Operationsplan ber jerbifchsöfterreichifchen Armee an der Theiß und Maros vereitelte, gebührt nebft der heidenmüthigen Aufopferung der Arader Bürger und der Honvéds hauptfädhlich der ent- fchloffenen und umfichtigen Yührung des Hauptmannd Asztalos, der inmitten der allgemeinen Beftürzung und Ylucht, getrennt von den übrigen Corps, mit feiner Handvoll Leute gegen einen 10fach überlegenen Feind eine That vollbrachte, die zu den glaͤnzendſten unſeres jüngften Krieges zu zählen if.

Alt-Arad war für Ungam erhalten, und Gäl, von der günftigen Wendung der Dinge unterrichtet, Eehrte nody am Abende defielben Tages nad) der Stadt zurüd. Die Kaiſerlichen wagten ben nächften Tag nicht nur feinen weiteren Angriff mehr, fondern wichen au, als am 9. Asztalos mit einem Bataillon über den Fluß feste, jedem Gefechte auf dem linken Ufer aus und zogen füch in Unordnung bis TemesväAr zurüd. General Gal wurde wer gen feines unentfchiedenen Benehmend mährend der Schlacht zur Verantwortung gezogen und das Commando Oberfilieutenant Paul Kiff übergeben.

NeusArad Eonnte einftweilen wegen bed bebeutenden Eis⸗ ganged der Maros nicht befegt werden, und die Oeſterreicher ges wannen hierdurch abermals Zeit, fi) auf fernere 90 Tage zu ver

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proviantiren und frifche Truppen in bie Feſtung zu ziehen. Ende Bebruar war ed den Ungarn endlich moͤglich geworden, die Feſtung abermals auf beiden Ufern zu cerniren. Es warb nun befchloffen,. diefelbe mehr durdy Aushungerung als durch eine ernfte Belagerung zur Uebergabe zu zwingen. So verging der Monat Mär), ohne daß von Temesvar her ein neuer Entfaß ober cine nochmalige Beunruhigung ded Eernirungscorps verfucht wurbe.

Im Aprit übernahm General Becfey dad Commando. Schon im Monat März wurden alle Abtheilimgen, bie früher unvolls Rändig und blos mit Senfen bewaffnet waren, mit guten Feuer⸗ waffen verſehen und durch friiche Truppen ergänzt und vermehrt. Die Stärke de6 Gernirungscorps beftand um biefe Zeit aus folgen» den Abtheilungen ::

29. Honved-Bataillon . . . . 1200 Mann

% „2.20.1000 33. „2... N10 38., vn... 100 ,

59, vormals Belefer . 1050 68. „Debrecziner 1200 95. , Batallon . . .„ 1180 5 Escadrons Lehel: Hufarn . . . . 800 Pferde 2 " Ru nr... 320 „, Feld⸗ und BelagerungdsArtillerie - . . . . 40 Beichüpe Summa 7%0 Mann, 1120 Pferde, AO Gefchüge. Das 30. Honved»Bataillon und 2 Eocadrons Hunyady- Hufaren waren Ende Februar zum Perczel'ſchen Corps nad) Szegedin gefendet worden. Becfey befolgte im Ganzen das von felnem Vorgänger beobs achtete Syſtem der Aushungerung der Feſtung, ließ aber fpäter auch u. 11

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an Eröffnung der erften Parallele Hand anlegen. Die ungarifdyen Waffen hatten indeß auf allen Seiten fiegreiche Bortfchritte gemadht. Das Banat wurde durch Bem’s Genie und Perczel's Aus dauer von 3 faiferlichen Corps gefäubert, Die ungariihe Haupt⸗ armee hatte die Theiß überfchritten und in einer Reihe von Siegen den Feind über die Donau, Gran und Waag geworfen. Auf biefe Erfolge geftügt, fandte Becfey Ende April einen zweiten Bar- lamentär in die Beftung , der die Befagung von den Niederlagen ber öfterreichifchen Armee und von ihrer eigenen Hoffnungslofen Lage unterrichten und fie zur Uebergabe der Feſtung auffordern ſollte; aber der Kriegsrath der Feſtung wollte ſich noch immer in feine Unter: handlungen einlaflen, und Vécſey fah fi) gegwungen, bie ermů⸗ dende Einfchließung fortzufegen.

In Bolge der Vorrüdung Bem's gegen Temesdvär wurde Anfangs Mai eine Brigade von 3 Bataillon, 2 Escadrons zur Verſtärkung des fiebenbürgifchen Corps in dad Banat beorbert. Die Blofade der Feſtung dauerte hierauf noch bis zum 27. Zuni, wo die Befapung nad) wiederholter Aufforderung zur Ücbergabe, und nachdem fte fich durch eine Deputation aus ihrer Mitte fchon früher von ber mißlichen Lage der Faiferlichen Hauptarınee überzeugt Hatte, die Waffen ſtreckte und bie Thore der Beftung öffnete. Vécſey bewilligte mit mehr ritterliher ald Eluger Zuvorfommenheit ben Defterreichern freien Abzug in ihre Heimath ohne Waffen.

In Arad fanden wir 66 Geſchuͤtze verfchiedenen Ealibers, 2000 Centner Pulver und 1500 Gewehre. Bon ber Beſatzung traten 200 Mann in die Reihen der Honvéd's über.

Mit dem Beftge von Arad erhielt die ungarifche Armee einen wichtigen Stüppunft jenfeitö der Theiß an ber Hauptoperations⸗

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linie nach Siebenbürgen und die Belagerung von Temespär und Karlsburg wurde hierdurch wefentlich gefördert.

Es if nur ein oberflächlicher militärifcher Blick noͤthig, um, bei. dem Bange ber langwierigen Cernirung und Belagerung von Arad, alle fyftematifche Einheit und jene confequente Energie zu vers miſſen, die anderwaͤrts die Unternehmungen der ungarifchen Heer⸗ führer charafterifiren. Mit Bebauern erbliden wir in der unbedach⸗ ten Wahl der CernirungssCommanbanten, in dem Mangel an tuͤch⸗ tigen Genie-Öffizieren und bed Belagerungsmaterialed jene Miß⸗ griffe, welche fich die ungarifche Regierung öfters, beſonders aber bier zu Schulden fommen ließ, als fie die ftrategifche Wichtigkeit von Arad ganz verfennend, die günftigfle Zeit zur Eroberung ter Feſtung unbenügt verftreichen ließ. Die Belagerung von Temesvär und Karlsburg wäre in ganz anderer Weiſe und mit ganz anderem Erfolge betrieben und die Banater Armee auf ein ganz anderes Feld der Operationsfähigfeit geftellt worden, wenn bie Eroberung Arad's ſchon im Monate April ober noch früher erfolgte. Die Geſchichte gibt in ſolchen Ereigniſſen und in ihren Folgen wichtige Lehren für die Zukunft.

11°

IV Abſchnitt.

Der Feldzug in Siebenbürgen von

Sodann Czetz.

Einleitung.

Eiebenbürgen, das Land, wohin Trajan zulegt den Ruhm und bie Gultur des alten Rom verpflanzte, das Land, durch wels ches zur Zeit der Bölferrwanderung ber verheerende Zug der Oſt⸗ gothen, der Hunnen, wie fpäter jener ber Domanen, Mongolen und Tartaren ging das Land voll feltener Naturfchönheiten und übergroßen Reichthums, das Land, in welchen die Reformas tion Calvin's und Luther's durch die erfämpfte Gleichſtellung aller Religionen im Stante ihre erfien Triumphe feierte, dieſes Land, wo feit der eftfegung der Magyaren und Begründung ihrer Herrichaft Millionen von Menichen ein zwar häufig durch innere und Äußere Kriege getrübtes , im Ganzen aber durch weile Geſetze geſchuͤtztes Leben führten, ein Rand, voll großer hiftorifcher Denk⸗ male und natumviflenfchaftlicher Merkwüͤrdigkeiten, follte erſt in neuefler Zeit wieder aus dem Dunfel, worin ed durch bie abfolutis fifche, obfchon Außerlich conftitutionelle, väterlich forgende Herrſchaft der öfterreichiichen Dynaftie gefallen war, zu trauriger Berühmtheit gelangen und wie vor taufend Jahren, ebenfo jept durch einen gro» Ben Feldherrn der Bewunderung ber Welt vor dad Auge geftellt werben.

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Auf einer über 1000 Duabratmeilen betragenden Erdflaͤche im Außerften Sübdoften des einft großen ungarifchen Reiches König Matthias Eorvin’s erhebt ſich gleich einer großen Citadelle zwifchen den großen Tchalebenen der Moldau und Walladhei einer- feit8 und dem ungarifchen Zieflande der Theiß andererfeit das Land, welchem bie Geographie den Namen Tranfilvania, Erdely, Siebenbürgen gegeben. Der Gürtel des karpathiſchen Gebirges, von dem ed in Nord⸗Oſt und Süd umfchlungen wird und ber ſich im Weften mit den letzten Zweigen bed pannonijchen Alpenzuges verbindet, geftaltet durch viele zwifchen ſchmalen Thälern hinlaufende Aeſte den Boden zu einen Gebirgslande das nur durch die, bis jebt noch nicht geregelten Flüſſe Maros, Aluta und Szamos mit Ungarn und der Wallachei, fo wie burdy wenige kunſtge⸗ rechte Straßen mit der Bukowina und der Moldau in Berbin: bung fleht. Die theilweiſe mit ewigen Schncefeldern am Budczeſt, Szurul dem Königftein bebedten Gebirge bergen in ihrem Schooße biß heute noch nicht ihrem ganzen Werthe nach gefchäßte Maſſen von Gold, Silber, Eifen, Kupfer, Salz und andere Metalle, während auf ihren mit Urwald. bewachfenen Rüden und Abhängen zahlreiche Mineralwäffer ihre wohlthuenten Duellen öffnen und alle Arten von Getreide, ftellenweife der befte Wein, die Ausläufer der Gebirge bededen. Die wenigen Ebenen: das Burzenthbal bie Haäromszéker Ebene, das Brotfeld bei Syä6zväro®, Keresztes Mezö bei Thorda find durch ihre Fruchtbarkeit ſprich⸗ wörtlidy geworden und die Geftüte vieler Gutsbeſther haben der fiebenbürger Race feit langer Zeit den Namen der Ausdauer, der Raſchheit und Brauchbarfeit für Reit» und Zugpferbe erworben. Das Salz Siebenbürgens, ſowie defien Schiffs» und Bauholz kennt am beften ber Bewohner des Banats und der öftlichen Theißnieberung.

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Seit Jahrhunderten bewohnen das Land mit Reter Behauptung des einmal occupirten Gebietes bie folgenden Volkoſtaͤmme:

Ungarn, nad) neueren Zählungen, 4— 800,000 Seelen, Sıklr - - 2 2.0. 800,000 Sadln . © - 2 0. 20.250,00 Wallachen über . . - . . . 1,000,000 außerdem noch Armenier, Griechen, Juden und Zigeuner.

So ergiebt fi) eine Gefammtzahl für die Bevölkerung von etwas über zwei Millionen Seelen.

Die Alteften Bewohner Siebenbürgend find die Wallachen (Romanen) , ein eigentlich flavifcher Volkoſtamm, der ſich zur Zeit der römifchen Herrfchaft in Dacien latinifirte. Sie bewohnen ben ganzen Sübmeflen und NRorboften des Landes, treiben hauptfächlich Viehzucht, Agricultur, ben Bergbau und find die naͤchſten Stamm⸗ verwandten Beflarabiend, der Moldau und der Wallachei. Eeit Jahrhunderten unter dem geifteöfnechtenden Ginfluß ihrer Popen flebend , dem myftiichen Glauben des griechifchen Bilter- Ritus ers geben, haben fie den Werth politifcher Breiheit nie kennen gelernt, und find fchlaff, faul, habſüchtig, kurz, moralifch fo verberbt ges worten, wie wenig andere Volkoſtaͤmme. Sie waren bei der Er- oberung bed Landes durch die Magyaren ber Leibeigenfchaft vers fallen, in der fie, mit wenigen Ausnahmen, bis in bie neuere Zeit verblieben. Daher ihr Haß und ihre Rachſucht gegen ihre Unter⸗ brüder.

Die Szekler find ein magyarifcher Stamm, welcher ſich in jener Zeit, als die Magyaren Pannonien befeten, von dem Hauptftamme trennte und in bem öfttichen Theile Daciens bleibende Sitze erfämpfte. Der Szefler iR ein Achter Raturfohn, der mit natürlichem, gefunbem

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Berftande ein gutes Herz verbindet. Gaftfreunpfchaft im weiteften Einne ift feine Tugend troßiger Stolz das Zeichen feloRbewußter Stärke und der Liebe zur Unabhängigkeit. Gutmüthig und emft von Charakter ift er nichts deſtoweniger entfchloffen und feſt, ba wo es die Umftände erfordern. Der Szekler ift vor Allem Militär, und als ſolcher ſchweigſam, ausharrend, mißtrauiſch gegen feinen Führer, fo lange er ihn nicht kennt, aber blind ergeben und gehors ſam, todeöverachtend und tollfühn, wenn er feinen Mann gefunden. Unüberwindlidh im Siege, graufam und plünderungsluftig wird er durch Niederlagen leicht erfchüttert, Mangel an Kenntnifien läßt ihn in mißlicher Lage leicht ungehorfam , undisciplinirt und felbft meuterifch werden. Diefer Charafterzug giebt uns ben eigentlichen Schlüffel zum rafchen Verfall der Bem’fchen Armee nad) dem zweiten Einmarſch der Rufen in Siebenbürgen.

Der Ungar gleicht ganz feinem magyarifchen Bruder in Ungarn nur fft er vielleicht für Neuerungen minder empfänglidh, ba feine bedrohte Nationalität es allein vermochte, ihn aus feiner Lethargie zu mweden. Die Ungarn find im Rorboften und in ber Mitte des Landes zerftreut.

Die Sachſen im Innern des Landes, beinahe in bem frucht⸗ barften Theile defielben, wurden 1146 unter König Geyſa II. dahin berufen und erhielten zur Anſiedlung königliche Landſtriche. Sie find ein nüchternes, arbeitfames, baher wohlhabendes Völfchen, treiben Aderbau und Induftrie, find in der Schulbildung am weiteften unter ihren Nachbarn vorgefchritten aber, wie faft alle Coloniften, vom materiellem Egoismus durchdrungen, ber fie weder politifcher Bil⸗ bung, noch politifcher Begeifterung fähig macht, für Zwecke, die über ihre alten Privilegien binausliegen. Schlafmügige Gemüth- lichfeit, Mangel an Energie und Selbftbewußtfein,, ehrlicher Fleiß

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und ehrliche Dummheit, endlich Heimtüde, find die Grundzüge bes ſaͤchſiſchen Charaktere. Ihre Koryphäen find Bureaufraten, fie ſelbſt durchgehends Achte Spießbürger.

Diele, fo heterogenen Elemente lebten feit der Thorbaer Eon» vention vom 25. April 1545 ein eigentlich ſtaatliches Leben, wo ben brei vereinigten Rationen : ben Ungarn, Szeklern und Sachſen con» flitutionelle Garantien geboten waren. Die felbfiftändigen fiebens bürger Fuͤrſten, zu ſchwach, fidy felbft zu behaupten, unterlagen ftet6 äußeren Einflüffen. Bald den Königen von Ungarn und fomit den Herrfchern der Öfterreichifchen Dynaftie, bald den Türfen, bald den polnifhen Königen zum Spielball verfallen, hatten fie nur ein Ders bienft, und zwar fein geringes: ſtets Vorfämpfer der Freiheit in Blaubenss und politifchen Angelegenheiten gewefen zu fein. Die Kamen der Bocskay, Rakéczy, Bethlen Gäbor u. 4. werben immer mit Recht in der Geſchichte der Yreiheitöfämpfe einen ebrenvollen und glänzenden Platz einnehmen. Der legte Fürſt Michael Apaffy verkaufte endlich fein Großfüritenthum auf Antrieb feines vornehmften Rathes, Michael Teleky, dem Kaifer Leopold, König von Ungarn, und verlebte feine ruhmlofen Tage in ®ien. Das Statutum Leopoldinum vom Jahre 1696 war feither die Grundlage der fiebenbürger Conſtitution. Seit jener Zeit geftalteten fidy auch die Parteien im Lande: die dynaftifche, an dem Hertömmlichen hängende, und Die nationale, die fletd nur dem Fort» fchritte huldigte.

In den Zeitraum von 1696 bis 1834 fällt die Erhebung bee jüngeren Rakéczy woran fidy die ebelften Söhne Ungarns und Siebenbürgens betheiligten; ferner die alles Recht und Sitte mit Büßen tretenden Eingriffe jener Königin, die. von lobhudelnden Schrififtellern fo gerne die Große benannt wird, in bie Privilegien

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und Rechte der tapferen Szefler-Nation, ber mißglüdte Germants firungsverfuch ihres, vom beutichen Gefichtöpunfte hochgebildeten Sohnes Joſeph's II. die abfolutiftifche Periode des Kaiſers⸗ Großfürften Franz I. ohne regelmäßigen Landtag, und der Beginn ber neuen era nach dem Tote dieſes von feinem Volke nichts weniger als geliebten Souverains. Der Landtag von 1834 unter bem Vorfige des Erzherzog Ferdinand d’Efte gab dem Lande dad Anfehen eines conftitutionellen Staates wieder und bie Führer der Oppofition, Dionys Kemeny an ihrer Spipe, haben fich feit jener Zeit "unvergängliche Zorbeeren für die bis dahin mit Füßen getretenen conftitutionellen Rechte, fo wie für den nationalen Fortfchritt, erworben, wenn auch bie Fönigliche Sanction troß ber großen oppofttionelen Majorität nicht erreicht werben Fonnte. “Der Geiſt der Zeit war durch die edlen, vor feinem Hinberniffe zurück⸗ fchredenden Bemühungen ber Oppofitiondmänner in deren vors berften Reihen die Namen eines Nikolaus Weflelenyi, Ios bann Bethlen, ber Zeyks, bes gelchrten Gar! Sza6z unb Anderer, glänzten gewedt worden, und nun war feinem Laufe nur fhwer ein Damm zu feßen. Die Oppofition eröffnete Berbin- dungen mit jener des Schwefterlandes Ungarn , die nationale Ridy- tung ward allenthalben durch Zeitfchriften, Brofchüren, fonftige lite⸗ rarifche Beſtrebungen gehoben und geftärft, und ber Regierung Metternich's mit allen legalen Waffen das Gegengewicht ges haften. Das Bebürfnig der Einigung des getrennten ungarifchen Stammes ward mit jedem Tage fühlbarer, und Achte Patrioten dachten ſchon damals an Mittel und Wege, biefe Vereinigung auf conftitutionellem Wege durchzuführen. Der Bebegylet (Schutzver⸗ ein), bie erfte nationale Schöpfung Koſſuth's, fand in ben Herzen ber fiebenbürger Ungarn großen Anklang, und es bedurfte

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ſcharfſer Maßregeln und wiederholter Verbote ber Regierung, um bie nationalen Sympathien aud) nur momentan nieberzubalten. Uns geachtet ſolcher Richtung des öffentlichen Geiftes, gelang «6 den Ber ' firebungen ber royaliftifchen Partei unter Anführung der Mitglieder

der Familie Joſika, das Land gänzlich in die Hände ber Bureau⸗ kraten zu fpielen und bie Feſſeln ertöbtenden Stillftandes dem Volke

anzufchmieden. Im Jahre 1847 erwählte der Landtag ben Baron

Samuel Jöfika zum Reichöfanzler, und mit diefer Wahl ſchien

das Schickſal des Großfürſtenthums für lange Zeit zu Gunften

Metternich’fcher Politik entfchieden. Die Oppofition war auf eine Eleine Minderzahl zufammengeichrumpft bie zwar entfchieden,

aber erfolglo® ihren Kampf gegen die Willfürherrfchaft fortfebte.

Werfen wir jegt noch einen Blid auf die Stellung, weldye bie verſchiedenen Nationalitäten in biefen parlamentarifchen Kämpfen einander gegenüber einnahmen. Ungarn und Szefler vertraten bie politifche Intelligenz , buldigten dem Fortfchritt im Allgemeinen insbeſondere aber verfolgten fle mit lebhaften Intereffe dasjenige, was auf Berfehmelzung ber beiden ungarifchen Zweige und auf Hebung nationaler Eultur und nationalen Ruhmes abzielte fie waren bie Träger und Verfechter der neuen Ipeen; wenn man auch mit Schmerz geftehen mußte, wie mandye ihrer Söhne durch falfchen Ehrgeiz oder Golddurſt betbört, ſich an bie Spige ihrer bartnädigften Gegner ftellten.

Die Sachſen blieben ihrem von jeher befolgten Syſteme ges treu, ftetö die Partei der Regierung gegen bie Ungarn zu ergreifen, und fo dad gefchenfte Land und die von ben Ungam erhaltenen Pris vilegien mit ſchwarzem Undank zu lohnen. Ihre Patrizier fürdhteten bei Reugeftaltung der Eonftitution die einträglichen Munizipalämter, ihre Pfarrer bie reichen Pfründen zu verlieren; das Bolt wollte

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ſich Lieber von biefen gegängelt und geknechtet, als burd bie Ungarn auf einen freieren Raum conftitutionellen Lebens geftellt wiſſen.

Die Wallachen endlich waren zwar von der Leibeigenſchaft im weiteren Sinne befreit worden, blieben aber doch im Unterthanen⸗ zuſtande und hatten an dem Landtage Feine Berheiligung denn die Vertretung eined ganzen Bolfsftammes durch ein Baar Biichäfe fann man wohl nicht als Volfövertretung bezeichnen. Sie waren indeß in den letzten Jahren durch einzelne ruſſiſche Emifläre bearbeitet worden und neigten fi zum Panſlavismus bin.

Dies war die Stellung der Parteien und Nationalitäten in Siebenbürgen beim Schluß des Landtages vom Jahre 1847. Die Gonfervativen feierten ben completeften Triumph und hielten ihre Stellung für ziemlich lange Zeit gefihert, die Oppoſition da⸗ gegen fah mit ängftlicyer Spannung ben Ereignifien auf dem eben ber Eröffnung nahen ungarifhen Reichstag entgegen, welcher am 9. November ded Jahres 1847 unter bangen Abnungen eröffnet wurde. Confervative und Oppofitionelle hatten in befonderen Pro⸗ grammen ihre Partei über ihre Abfichten und bie zu befolgende parlamentarifche Taktik aufgeklärt. Alle fühlten, daß bie fo lange aufgehäufte Maſſe erplobiren und der Sieg ſich wahr- fcheinlih auf die Seite ber Oppofttion neigen würbe, welche im ihren Abfichten den Forderungen der Zeit Rechnung tragend, vom Volke verftanden und von einer bebeutenben Majorität im Lande unterftüßt wurde. Abfchaffung der Aviticität Schöpfung einer Rationalbant Ueberſetzung des Reichstages von Preßburg nach Peſth Abichaffung der Robot und fonftiger untertbanlicher Laſten Erweiterung des Wahlrechts, dann Transformirumg ber oberften Reichsgewalt in eine nationale Regierung durch projectirte

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Verſchmelzung der ungarifchen Hoffanzlei und der königlichen Statt« halterei waren Aufgaben , zu deren Löfung die ganze Beredſam⸗ keit Koſſuth's und bie parlamentarifche Gewandtheit Deak's und Anderer erforderlich waren.

Die fiebenbürgifche Oppofition betrachtete mit ängftlichem Auge alle diefe Vorgänge, denn fie fah mit vielem Scharfblide woraus, daß die Löfung fo großer Äragen von nothwendig radifaler Rüds wirkung auf Siebenbürgen fein mußte. Bor Allem aber ſchwebte ihr die Befeftigung der nationalsungarifchen Richtung vor Augen und in diefem Sinne begannen auch ihre Organe zu wirfen.

Da bricht ploͤtzlich, wie ein Wetterichlag aus heiteren Lüften, die Wiener Bewegung in ben Märztagen herein, und die Geſchick⸗ lichkeit Koſſuth's entwindet der verblüfften Hofpartei bie Zügel ber Regierung in Ungarn. Die Peſther zwölf Punfte wurden vom König fanetionirt und man Ind, als wichtigften berfelben: bie Union mit Siebenbürgen.

Died war für tie fiebenbürger Oppofition das Signal zur Entfaltung ihrer Thätigkeit. @lüdlicherweife war die Mehrzahl berfelben um dieſe Zeit in Klaufenburg verfammelt. Eine ber hervor⸗ ragendften Gapacitäten, Graf Johann Bethlen, verfaßte ein Manifeſt, worin nad Aufzählung der Ereigniffe der jüngften Tage auf die dem Bolfe durch bie neneften Reichöbefchlüffe in Ungarn erwachienen Bortheile hingewielen, der vom Könige bereitö geneh⸗ migten Unton erwähnt, und endlich die ganze nationale Bartei auf⸗ gefordert wurde, die Durchführung ber Union mit aller Energie zu betreiben. Diefer Aufruf wurde von Johann Bethlen bem Aelteren und von dem Haupte der Eonfervativen, Ludwig Joſika, im Hinblid auf die hierdurch zu vermeidenden Unruhen, gemeinfam

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unterzeichnet und in alle Gomitate unb Stühle verſendet. Es wur: den unter Einem überall Comitatd-Congregationen gehalten, wo bie Union unter großem Enthuſiasmus acceptirt und zugleich zur Bildung von Nationalgarben gefchritten wurde. Bon allen Comi⸗ taten Stühlen und Diftricten die fächflichen ausgenommen wurden Adrefien an den Gouverneur zur fchleunigen Zufammen- berufung ded Landtags verfaßt, um bie Union je eher zum Beſchluſſe zu erheben und im Sinne des Geſetzes auc von Seite Siebenbür- gend, durch den König fanctioniren zu laflen.

Die Hofpartei und die ihr anhänglichen Eonfervativen wurden durch die fich überftürzenden Ereigniffe überwältigt und verbargen die Lähmung , weldye ihr ganzes Wefen getroffen, unter ter Maske Falter Baffivität. Das Haupt derfelben ber Reichöfanzler Samuel Jöfifa, ſchwieg und brütete im Stillen über die Wiebererfangung der Gewalt, gefchähe es auch um den Preis der eigenen Nationalität und bes Verderbens des Landes. Neben ihm verftummten auch bie übrigen Schleppträger und der gelehrte, patriotifch gefinnte Gouver: neur Joſeph Graf Telefy mußte nicht, was er in folcher zweifel- haften Stellung feinem Amte gemäß beginnen follte. Die Comitate drängten zur Einberufung ded Landtags und wählten im Voraus bierzu ihre Deputirten und zwar gegen die bisherige Sitte: ohne Snfructionen. Die Jugend in Klaufenburg, NR. Enyed und Maros Väfärhely braufte und rüftete fih zu “Demonftrationen und das ganze Land gährte. Da fam vom König die Weifung an den Gouverneur zur Einberufung der Stände, und biefe wurden auf den 29. Mai nach Klaufenburg geladen.

Der königliche Commiſſaͤr FM.L. Baron Buchner führte an biefem benfwürdigen Tage im Landhauſe zu Klaufenburg den Borfis. Die Deputirten verfammeln fih, und die Union Sieben

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buͤrgens mit Ungarn wird ohne allen Vorbehalt auf den Antrag Niklas Weffelenyi’s unter lauten „Eljen“; Rufen einftimmig angenommen. Die fächfifchen Deputirten von Hermannftabt legten zwar Proteſt ein und beantragten bie Verweigerung des Nas tionalſiegels, da aber die übrigen fächfifchen Stühle der Union beis Rimmten, fo wurde auf obige Proteftation keine Rüdficht genommen, und bie fo beichloffene Union zur Sanctionirung an den König abges jandt, ein Duplicat aber unter Einem dem ungarifchen Miniſter⸗ präftdenten ®rafen Louis Batthiänyi übermittelt. Diefe Borficht war ein wahres Glüd, denn es gelang bei Hofe in Innsbruck, das Driginal bed Unionobeſchluſſes vor der Unterzeichnung des Könige verſchwinden zu machen, und bie Sanction erfolgte fomit erft auf das durch den Grafen Batthianyi vorgelegte, gefeglich gültige Duplicat.

Das ungariiche Miniſterium übernahm nun bie Leitung ber Adminifration beitallte in allen Gomitaten neue Obergeipäne und ließ bie legten ungariichen Reichötag&beichlüfle ald neue Landes⸗ gefeße in Siebenbürgen publiciren. Nach dieſem wurde der Landtag gefchloffen und die Deputirtenwahlen für ben neuen ungarifchen Reichstag nach den 1848er Geſetzen angeordnet. Das Fönigliche Gubernium zu Klaufenburg wurde einftweilen ald abminiftrative Gollectiobehörbe beibehalten. Im Lande berrfchte Orbnung, und das Bolk ſah mit frohem Blid einer befleren Zufunft entgegen Dankbarkeit erfüllte alle Herzen gegen den König, der fo mit einem Male die Wünfche der Nation erfüllte, die fie feit Jahrhunderten gehegt, und die Anhänglichfeit an die Dynaftie war wo möglich) noch ſtaͤrker ale je.

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I.

Die wallachiſche Propaganda. Umtriche der Sachſen. Wallachiſche Natio⸗ nalverſammlung in Balasfalva. Oberſtlieutenant Urban. Ausbruch der wallachiſchen Inſurrection. Grauelthaten der Wallachen. Zer⸗ ſtoͤrung von Kis-Enyed, Zalathna und andern Orten. Unzureichende -Mafregeln gegen die Aufſtaͤndiſchen. Bay und Baldarci. Berzenczey ımd Bit Sandor im Szelterlande. Agyagfalver Rationalcongrefi 16. Ociober 41848. Allgemeines Aufgebot der Szefler. Puchner's Manifelt vom 48. October. Gefechte bei Särpataf und Est. Ivany Ente October. Szasz⸗Xegen erobert und eingeäfchert, 1. November. Die Deflerreicher vor Maros : VBäfarhely. Auflöſung des Szeller Landſturmes. Räumung Klauſenburgs. Ganz Siebenbürgen in Händen der Kaiſerlichen. Die Ungarn in Eſueſa und Siboͤ.

Die frohen Ausfichten follten bald durch bittere Täufchung geflört werben.

Schon gegen Ende März 1848 erſchien ein junger wallachifdher Geiſtlicher aus dem Pazmanaum zu Wien mit Proclamationen in Klauſenburg, die für die Wallachen beſtimm und worin dieſelben mit Hinweiſung auf ihre hiſtoriſche Abſiammmg zur Ab: fchüttelung des ungarifchen Joches und zur Vernichtung des magya⸗ riichen Elements in Siebenbürgen aufgeforbert und mit ber Hoffnung auf ein große Daco⸗Romanien gefchmeichelt wurden. Mehrere wallachiiche Rotabilitäten wurben zu einer Eonferenz nad Klaufen⸗ burg geladen und bie Austheilung diefer Proclammtionen an das Bolt auf dem Markte zu Mocs beſchloſſen. Das Gubernium ſandie im Folge deffen in alle Comitate Beamte aus, bie das Bolt über den Sinn der Märzerrungenfchaften aufflären und zur Fortfegung feiner friedlichen Geſchaͤfte ermahnen follten; hauptfächlich follten dem

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Volke die mit ber Union in Zuſammenhang ſtehenden Vortheile bes greiflich gemacht werden. Die Wallachen gaben ſich jedoch nicht leicht zufrieden. Ihre Popen, durch den Bifhof Saguna bear: beitet,, beredeten fie zu unfatthaften und mit ber flaatlichen Eins heit Ungarns unvereinbaren Forderungen. Die Sachſen fchürten unter der Hand das Feuer, ihre Zeitungen überfloffen von Geifer und Galle gegen bie Ungarn und deren angeblich felbftfüchtige Ten⸗ denzen, während die Wallachen von ihnen auf alle mögliche Weiſe: durch Lobhudelei, Befchenke und Beſtechungen, durch Freundſchafts⸗ verſicherungen zu verführen und in den Vordergrund ber Kaͤmpen der Reaction zu drömgen getrachtet wurden.

Es bildete ih in Hermannftabt ein wallachiſches Comité, ans- geblich zur Ueberwachung ber Interefien der wallachifchen Nation faetifch zur Untermühlung der flaatlihen Ordnung, Anknuͤpfung von Berbindimgen mit ber dacosremanifchen Partei in ber Wallachei und zur Organifirung des Aufflande® gegen die gefeßmäßige unga⸗ riſche Regierung. Das ganze Land wurde von biefen Groß» Romanen worunter die Ramen eines Laurcani, Barnucz, Nopeſa u. U, glänzen in Präfeetunen, Tribunate, Ems turionate eingetheilt, und überall Präfecten, Tribune, Genturlonen zur Verbreitung und Leitung ber wallachiſchen Landſturmmaſſen ter Vorwiſſen und auf die indirecten Rathſchlaͤge bes kaiſerlichen Genetalcommando’8 eingeſetzt. Nächft diefem warb bad Wolf zu einer großen nationalen Berfammlung m Baldasfalva geladen. Das Gubermium konnte damals, da die Union noch nicht fanctios niet wand die Regierungomaſchine, fo wie in Bien, überall im Stocken wor nichts Anderes thun, als den Obergefpann Baron Niklas Banffy und den Gubemialſecretär Ludwig Szabs al® Gommiffäre abfenven , welche die Vorgänge daſelbft uͤberwachen

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ſollten. Auch wurde eine Truppenabtheilung aus Hermannftabt zur Verfügung der obgenannten Regierungd-Gommiffäre requirikt. Nach langen Debatten und nachdem das Faijerlihe Militär feine Sympathien für die Wallachen bei Gelegenheit der vorangegangenen Meffe durch Ehrenfalven an den Tag gelegt wurten zwölf Petitiond- Punkte angenommen und eine Deputation erwählt, bie folhe dem Könige überbringen follte. Diefe Punkte enthielten Nichts, was durch die Union den Wallachen nicht ſchon zuge⸗ ftanden worden wäre, und waren daher ebenjo überflüffig ale lächerlich; dad unaufgeflärte Volk aber glaubte in Folge ber Ein- flüfterungen feiner Popen, daß in dieſer Petition fein ganzes Heil ‚läge. Man gewährte ihm den Wunfch, und ließ die Deputation nah Innöbrud gehen. Die Herren Deputirten verwendeten jedoch zu lange Zeit auf ihre Vorbereitungen und trafen erfi dann am föniglihen Hoflager ein als die Union bereitd durch die Sauc⸗ tion des Herrfcherd zum Gefege erhoben. war. Sie wurden fos nach mit ihrer Petition an die gefegliche Landesregierung, naͤmlich an bad ungarifche Miniferium gewiefen, zogen es aber vor, an bie Stelle dieſes Schritted den Beginn bed Bürgerfrieged zu jegen.

Ein anderer, nicht minder bemerfenswerther Umftand trug zur baldigen Eröffnung bes fchauerliden Drama’s bei. Der Oberſt⸗ lieutenant Urban vom 2. Wallachen: Grenzregimente, früher Generalcommando s Adjutant im Banat, war ale folder von ber Camarilla ald das geeignetftie Werkzeug zur Förderung ihrer Pläne auserforen und nach Wien berufen worden. Mit den vom öfterreichifchen Kriegöminifter Grafen Latour erhaltenen, geheimen Inſtructionen kehrte er wieder in das Land zurüd und fing an bie Militärgrenze, als den Kern der wallachiſchen Kraft, zu bearbeiten.

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Alle Bemeinben ber in feinem Bezirke liegenden Wallachen wurben zu ihm beorbert und in gleißnerifcher Rebe zur Treue und zum Ges borfam an ben Kaiſer und das Herricherhaus ermahnt, als ob von dem allein für die gebrüdte Nativn die fo Foftbaren Befchenfe der neuen conftitutionellen Freiheiten aus väterlich gnäbigfter Bärforge berrührten; die gefegliche ungarijche Regierung ward bynaftie- feinds licher Abfichten und der revolutionärften Tendenzen beſchuldigt und dad Bolf zur Auffündung des Gehorſams gegen bie ungarifchen Beamten aufgefordert. Jede foldye Gemeinde, die den Eid auf die ſchwarzgelbe Fahne und den Doppeladler abgelegt, erhielt mit dem Toppelaar gefiegelte Karten (pazsura’s) und hatte Anfpruch auf die Unterftügung des Faiferlihen Militärs bei allen Unternehmungen, die fie gegen bie ungarifchen Regierungdorgane und gegen deren Anführer beginnen wollte.

Diefem ſchmachvollen Treiben ftellte das ungarifhe Miniftes rium bie in feinem gefeglichen Bereiche liegenden Mittel entgegen. Baron Nikolaus Bay wurde mit ben ausgedehnteften Voll⸗ machten vom Statthalter von Ungarn, Erzherzog Stephan, nad) Klaufenburg geiendet, und bdemfelben die PBacificirung ded Landes zur Pflicht gemadt. Baron Bay ließ im Einvernehmen mit dem Faiferlichen commandirenden General für alle Uebertretungen des Landeögefeped, wobei Aufhegung der Nationalitäten, Mord, Brand und Raub die Haupthebel waren, das Standrecht verfünden und erhielt vom F. M.L. Buchner für erforderliche Kalle die Zuficherung militärijcher Hilfe.

Die Wallachen ihrerfeitd verhöhnten die neuen Orbonnanzen und begannen im UntersAlbenfer, Hunyader, Zarander und InnersSzolnofer Eomitat ihren Bandalenzug. Das Central⸗ comits der wallachiſchen Nation errichtet auf den Antrieb und

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unter ben Augen bes öfterreichiich. Faiferlichen Generalcommando's hatte ben Samen geläet. Dieſer follte in dem vielfach bearbeiteten Boben gar bald in üppiger Gülle aufwuchern. -

Schon hatten einzelne Morbthaten und Plünderung von ab» feitögelegenen Evelhöfen den Beginn der Infurrection angekündigt, diefe felbft war durch die Bemühungen einzelner edler Menſchen noch einige Zeit gehemmt worden. Die Bemühungen der Agenten des Hofes und dad Ungeftraftbleiben der Miffethäter durch die kaiſer⸗ lichen Behörben befhworen endlich das Ungemwitter herauf, und es entlud fich in Strömen von Blut über dad arme Vaterland.

Ein vormaliger Stublrichter des Unter-Albenfer Comitats, Ras mens Jablonczay, hatte ſich mit feinem Sohne in die Feſtung Karls burg geflüchtet, um ſich unter den Schuß de Faiferlichen Commandans ten zuftellen. Eines Tages es war Anfangs October erfcheint ein mit allerlei Waffen verfehener walladhifcher Volkshaufe vor der Fe⸗ ftung und fordertvon dem Commandanten die Auslieferung ihres einſt⸗ maligen Beamten. General Horak fo hieß der öfterreichifche Com⸗ mandant willigte ohne das geringfte Widerftreben inihr Verlangen, und da, unter den Mauern ber Feſtung, vor den Augen bes Faifer- lichen Militärs , das doch zum Schuge des Beamten beſoldet warb, wurden Die beiden Unglüdlichen an einen mit vier Pferden beipanns ten Wagen bei den Füßen angebunden und unter ben gräßlichften Dualen durch die Stadt gefehleift. Der Vater erlag bald unter die⸗ fer Dual der Sohn aber warb auf dem Wagen durch alle Ortſchaften gefchleppt, die er adminiſtrirt hatte, und befam allent⸗ halben 50 Stodftreihe. Endlich marterte man ihn unter Lanzen⸗ ftichen zu Tode.

Diefer Ball, der mit ſtillſchweigender Ginwilligung eines fo

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hochgeſtellten oͤſterreichiſchen Offiziers und mit ſolcher Oeffentlichkeit, ohne alle Gegenmaßregeln ausgeführt worden war, ſtachelte die Racheluſt der Wallachen nur noch mehr, und ſie gingen jetzt mit kecker Stirne an das ruchloſe Werk, das in der Geſchichte kaum feines Gleichen findet.

Am 18. October warb die kleine Landſtadt Kis⸗Enyed, in eben demfelben Comitate, von einer Maſſe wallachifcher Tandftürmer überfallen, und Alles, was Ungar war, Weiber, Kinder, Greife, unter ben entfeglichften Qualen dem Tode überliefert. Die Feder firäubt ſich, alle die bier fattgehabten Sräuelfcenen aufzuzeichnen.

Ein gewiffer Ladislaus Porfolt wurde mit feiner ſchwangern Frau und zwei Töchtern in feinem Haufe angegriffen ; man fchlißte den Bauch der Mutter, pflanzte den Embryo an die Spitze einer Lanze, fchändete die beiden Töchter vor den Augen des Vaters zu Tode, und erfchlug endlich dieſen mit einer Art.

Eine Edelfrau Ramens Clara Apathin, in Folge eines Schlagfluſſes feit Jahren bettlägerig, wurbe in ihrem Bette lebendig verbrannt. Ä

Ein gewiffer Sigmund Bartha, feine Frau und einige Uns garn hatten fidy vor den Mordbrennern in cine Scheuer geflüchtet. Man fand fie auf dem Heuboben und warf fie einzeln von da in den Hof, wo fie von unzähligen Pilen aufgefangen und fo gemors bet wurden. :

Mir müflen der Wahrheit gemäß noch berichten, daß Kis⸗ Enyed eine halbe Meile von Reißmarkt und eine Meile von Her⸗ mannftabt entfernt iſt in welchen beiten Orten ftarfe kaiſerliche Befagungen waren. Die Kis⸗Enye der hatten ihre Waffen auf das Berfprechen deö kaiſerlichen Eommandanten von Reißmarft, daß er in ber Stunde der Gefahr ihnen fogleich Hilfe bringen würde,

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abgeliefert. Die Kis⸗Enyeder hatten nach beiden Orten Eilboten geſchickt es kam aber Feine Hilfe, man überließ fie troß ihres Ge⸗ horſams ihrem Schidjale.

Die Familie Brady im Zaränder Comitate wurde um biefelbe Zeit auf ihrem Stammſchloſſe Brad überfallen , alle Mitglieder, 13 an der Zahl, in den Schloßbrunnen geworfen und da mit hinabge⸗ fchleuberten Steinflögen erfchlagen, das Schloß audgeraubt und dann den Flammen überliefert.

Died Alles, fo grauenhaft es klingt war nur das Borfpiel zu noch barbarifcheren Scenen. Die Bergftadt Zalathna follte bald der Schauplag bderfelben werben.

Zalathna liegt in einem der reizendften Thäler des fieben- bürgijchen Alpenlanded mitten in dem weRlichen vor Karlsburg gelegenen Theile des Unters Albenfer Comitats, in deman Gold und Naturwundern reihen Motzenlande fo benannt nady deſſen wals lachiſchen Gebirgäbewohnern. Die Einwohnerzahl bes Städtchen mag fi auf 8000 Seelen belaufen haben, und zwar Ungarn, Sadıs fen und Wallachen. Ungarn und Sachſen waren meift reiche Berg⸗ werfbefiger oder Faiferliche Golbminenbeamte, während die Wallachen ihnen großentheil® als Arbeiter in den Minen dienten obfchon es auch) unter ihnen der Mehrzahl nach nur wohlhabende und auch felbftftändige Infaflen gab. Gold, dieſe Quelle von eben fo vielem Guten, ald Böfen, war im Ueberfluffe vorhanden denn bie Minen von Zalathna waren buch die Reichhaltigkeit ihrer Adern ſchon von Römerszeit her die erften im Lande. Die Einwoh- ner hatten Jahrhunderte lang friedlich neben einander fortgelebt und leifteten felbft nach dem März 1848, wo der Bölferflurm losbrach, bis ſpaͤt in Juli, Auguft, zufammen Rationalgardendienfte. Keine Beindfeligkeit war zwifchen Ungarn und Sachfen , oder zwifchen Uns

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garn und Wallachen bis dahin ausgebrochen. Da begann das Cen⸗ tralcomits der wallachifchen Ration fein Wirken und Friede, Ruhe und Wohlfland waren dahin.

Am 22. October 1848 fahen die Bervohner Zalathna's mit Schreden dad Herannahen einer unregelmäßig bewaffneten, unge« orbneten Schaar von Wallachen in einer Zahl von mehr ale 8000 Mann. Ihr Anführer war Janku.

In der Stabt war fein einziger Faiferlicher Soldat. Die Rationalgarbe war ſich felbft überlafien. Der Commandant berfel« ben, ber fönigliche Adminiftrator des Bergwerkes, Johann Ne⸗ megyei, ließ bei der Nachricht von tem Herannahen biefer Schaar Allarm ſchlagen und berief bie Nationalgarde zur Vertheidigung der Stadt unter die Waffen. In einem Kriegerathe, zu welchem alle föniglichen Bergwerkobeamten eingeladen waren , wurde befchloflen, bie Stadt nur einem Offizier des Kaiſers und Königs und Faiferlichem Militär zu übergeben, gegen wallachifche Horben aber, von fanatifchen Prieftern und Tribunen geführt, bis auf den lebten Mann ſich zu vertheibigen.

Gegen Abend umzingelte endlich bie plünberungsfüchtige Horde die Stadt, und Piftolen, und Büchfenfchüffe und das wilde Geſchrei betrunkener Morbbrenner bie auf die in Ausficht geftellte Beute lüftern hinblickten erfüllten bie Lüfte. Nun begannen zwi⸗ hen dem Anführer Janku und dem Kriegsrathe die Unter bandlungen.

Der Anführer der Wallachen verlangte Auslieferung ber Waffen, Uebergabe aller Kaſſen, Abzug der Bergwerfsabminiftratoren aus ber Stadt, und erflärte zugleich, daß die Wallachen und die übrigen Bewohner von nun an von Riemanden Befehle anzunehmen hätten, außer von dem wallachifchen Gentralcomite.

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Die Rage der armen Zalathnaer war eine fürchterliche um bie Stadt 8000 mord⸗ und brandiuftige Wallachen, die jeden Au⸗ genblick über fie herzufallen bereit waren, in der Stadt felbft nicht mehr als 1500 Bewaffnete,, ungeübte Nationalgarden,, unter wel⸗ hen man wieder auf Sachfen und Wallachen, alfo. auf die Hälfte, im Augenblide der Gefahr nicht zählen fonnte zubem bie größere Zahl der Bewohner ald Wallachen mit tem Beinde im offenen oder geheimen Einverftändniffe. AdminiftratorRemegyei verlangte unter ſolchen Umftänden die Nacht zur Bedenfgeit eine Nacht voll ber beunruhigendſten Zweifel und der daraus entfpringenben Seefenqual. Weiber und Kinder waren mit dem Koflbarften ihrer Habe in die Kirche geflüchtet denn man hatte noch den frommen Kinterglaus ben, das heilige Altar werbe die Unfchuld vor bem Grimme ber Ans fallenden fchügen.

Der Morgen des 23. brady endlich heran und die Nativnalgarbe eingefchüchtert und für ihr und ber Ihrigen Leben allein beforgt, begann bie Waffen zu ftreden und alles öffentliche Eigentbum den Anführern der Wallachen zu übergeben. Diefe aber fpannten ihre Forderungen noch höher, fie verlangten, daß alle Ungam, ohne Aus⸗ nahme , bie Stadt gänzlich verlaffen unb in jedem Haufe der Stadt Durchſuchungen angeftellt werden follen was nichts anders hieß, als ruhig zufehen , wie eine feige Schaar ſich bed eigenen Bermögen6 ungeflört bemächtigt,, während man felbft mit dem nadten Leben in bie weite Welt zu wandern genöthiget würde. Died war benn doch zu viel. Ungarn und Sachfen nahmen ihre Waffen wieder zur Hand, bildeten eine Phalanx, und mit Kindern und Weibern in ihres Mitte bahnten fie fid einen Weg mitten durch bie von allen Seiten bereinfitömenden Wallachen, was ihnen in fo fern leicht wurde, als dieſe mit Strohwilchen an den Enden ihrer Langen an

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mehreren Drten bereit6 Feuer legten und im Plündern, Rauben und Morden der Zurüdgebliebenen befcyäftigt waren. Bei 1500 Uns gluͤckliche fielen bier und während des Durchfchlagens ald Opfer. Die Feuerſaͤulen ihrer in Brand geftedten Wohnftätten bezeichneten ben Übzichenden den Weg gegen Karlsburg.

Einmal den Klauen ihrer Schlaͤchter entgangen, glaubten die armen Zalathnaer fidh gerettet. Da gelangten fie zu beim Orte Petrefan an ber Straße gegen Karisburg und fiche, ein zweiter Haufe von Landftürmern von einigen Tauſend Mann verfperrt ihnen den Weg. Ermübet, geängftigt, voll Berzweiflung im Herzen, da⸗ ber unfähig zum Kampfe waren fie froh, von diefen ihren Henfern endlich die Bedingung zu erhandeln, daß fie ald Kriegsgefangene in Die Feſtung Karloburg eöcortirt werden follten. Die bis dahin mit ihnen vereint geweſenen Sachſen wurden abgefondert und nad) Za⸗ lathna zurüdgelafien.

Eine Doppelreihe mit Lanzen, Piken, Yeuerwaffen, Heugabeln und fonfigen Waffen veriehener Balladen, von verwildertem Aus- ſehen, bildete während bes traurigen Zugs die Ginfafjung, und nad) einem befdhiwerlichen, ermübenden Mari, während deſſen ber eifige Regen unabläflig vom Himmel firömte, erreihte man eine feuchte fumpfige Wiefe unweit des Ortes Preszaka. Hier follte Nachtruhe gehalten werden. ber anftatt der fo noth⸗ wendigen Ruhe, hörten dieſe Schlachtopfer eines unfeligen Bür- gerkrieges nur bie rohen Flüche und die barbarliichen Eonferenzen ihrer Schlächter, die darüber zu Rathe gingen, ob es nicht befier wäre, dieſe ungarifchen Hunde glei auf der Stelle nieder zu metzeln, alo fie erft nach Karloburg zu begleiten, wo ihnen Richt6 zu leide gethan würde. Die Nacht verging unter diefen Debatten. Den naͤchſten Mosgen fegte man ſich wieder in Bewegung.

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Ein unter der Escorte entſtandener Worwechſel gab das Sig⸗ nal zu einer grauenhaften Scene. Die Streitenden warfen fi un⸗ verfehend® auf den Adminiftrator Johann Nemegyei und firedten ihn mit einer Slintenfugel zu Boden. Als er fiel, entfanf feinen Armen fein Ajähriger Sohn. Diefer warb auf der Stelle vor ben Augen der Mutter von einer Lanze durchbohrt. Die Mutter ſelbſt warb verwundet.

Die Frau des Doctor Decani hatte bereits eine ſchwere Wunde erhalten fie wälzte ſich auf ber Erbe und vertheibigte ſich mit blutigen Händen, da ward fie von einem ber Morbbrenner durdy einen Lanzenſtich mit raffinirter Grauſamkeit dem Tode ger weibt.

So fielen die Uebrigen unter mehr oder minder qualvoller Tortur. Gegen 600 Ungarn wurben bier dem Haß und dem Fanatismus ges opfert. Zalathna zählte aljo über 2000 Gemordete und bie [höne Stadt war in Flammen aufgegangen.

Rad, diefeın erften, größeren Raubzug, der von fo unerwarteten Erfolge begleitet war, wandte ſich die Schaar Janku's gegen Karlöburg. Die Einwohner derfelben flehten den Feſtungscomman⸗ danten General Horaf um Unterftägung oder body um die Erlaub⸗ niß an, hinter ven Mauern ber Feſtung Schuß zu fuchen gegen bie überlegene Zahl der beuteluftigen Angreifer. Beides wurde ihnen verfagt. Nachdem bie Kunde von Zalathna's Schidfal bereit® nach Karlöburg gelangt war, und die Wallachen auch hier unter benfelben trügerifchen Berfprechungen von Eigenthume⸗ und Les bensficherheit die Bewohner zu täufchen fuchten, die Rational» garde Karlöburgs aber an dem Beifpiele der Nachbarflabt gelernt hatte, fo flellte fich lebtere,, fo gering auch ihre Zahl war, zur Wehre. 5000 Wallachen waren bis an bie Thore ber Stadt

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gedrungen. 800 Nationalgarden machten einen Ausfall und zer⸗ ſtreuten ſie nach kurzem wenig mörberifchen Kampfe. Denn wie uͤberall, hatte ſich auch hier die groͤßte Feigheit der groͤßten Plünde⸗ rungsſucht beigeſellt einige entſchloſſene Männer reichten oft hin, Hunderten ſolcher Landſtürmler zu imponiren.

Der Widerſtand der Karloburger hatte fie zwar für ben Moment vom Berderben gerettet, nun aber gefchah das, was wir als die fchwärzefte Seite öfterreichifcher Herrfchaft bezeichnen können; der öfterreihiihe Commandant der Feſtung, General Horaf, ließ nach der Affaire durch ein Baar Compagnien Linien⸗ Militär die ungariſche Nationalgarde entwaffnen um, wie er fagte, ferneres Blutvergießen zu verhindern , was jedoch anderſeits fo viel bedeuten wollte, als das Schlachtopfer gebunden feinem Hen⸗ fer zuüberliefen. Karlsburgs Einwohner flüchteten fich von dieſem Augenblide an theild nad) Enyed und Thorda, theild nah Klaus fendburg. Die Wallachen aber trieben in der Etabt und Um⸗ gegend ihre gewöhnliche Wirthſchaft.

Es kamen Fälle vor, daß in einzelnen Ortfchaften, wo bie Einwohner, Ungarn und Wallachen, feit Jahrhunderten unter völlig gleichen Laften, gegenfeitig verfchwägert und vermanbt, neben einander in Friede und Sreundfchaft lebten, plöglich wie von einer unfidtbaren wilden Macht getrieben, die Walla⸗ hen über ihre Berwandten, die Ungarn waren, herfielen und fie mit Weib und Kind ermordeten. Die Bande bed Gefeged hatten die Agenten des Hofes geloͤſt, das lange umterbrüdte Bolt, von bezahlten Pfaffen und beflochenen oder verbiendeten Volks⸗ tribunen geführt, übte den lange verhaltenen Groll an feinen vors maligen Herren aus, und bie verfprochenen Guͤter ber ingarn trieben

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den Egeidmus zur Ertermination des ®egner& und zur Vorbereitung bes gegenfeitigen Sklavenjoches, von dein die Ungarn ale Volker ihred Landes fo eben befreit hatten. Traurige Berblendung! Mögen die verführten Völker aber den Leichenhuͤgeln Ihrer Brüder fich die Hand reichen, um die ihnen won Reuem gefchmichete Kette ges meinſam zu zerbrechen!

Wir Fönnen und nicht enthalten, hier. im Borübergehen zu be⸗ merfen, baß der Anführer diefer Bande von Mordbrennern, Räubern und Plünderern deren Thaten Alles überbieten, was bie Neuzeit an graufamen thierifchen Handlungen gegen den Nebenmenfchen aufs gezeichnet und die nur mit ber Barbarei der Völkerwanderung ver: glichen werden fönnen, ein gewiffer Sanfu, aljo eben berfelbe Mann war, der fpäter in öfterreihifcher Offiziersuniform an der Seite Haynau’d und anderer öfterreichifcher Generale und Offiziere mit den Orden zweier Kaifer an ber Bruft und dem Bewußtſein ftolz einberging, von feinem jungen Monarchen mit dem beifälligen : ‚‚Multum fecisti, Janku, vere multum fecisti“' in Wien begrüßt worben zu fein.

Diefer fchauberhafte Anfang einer fchredlichen Epoche, ber jeden Menfchen über die Abſichten bes Hofes belehren und jebed redliche Gemuͤth der ungatiſchen Sache gewinnen wußte vermodite den koͤniglichen Commifſaͤr Baron Bay noch iutmer nicht, ewergifchere Maßregein zu ergreifen. So durchdrungen aber waren dieſe erſten ugariſchen Staatomaͤnner von dem Geiſte conftitutloneller Doctrin, fo gtoß war Ihre Verehrung für Böniglidye Eibe und für das Geſet, daß fie in allen diefen Vorgängen nur das boͤſe Spkl verfuͤht⸗ ter , bethoͤrter Bellähmufen,, und nidyt bad Syſtem ſahen, das ſich ihre Vernichumg zum Ziele geſteckt hatte.

Man ließ daher nach, wie vor, die verſchlebenen wallachtſchen Landfturmhaufen durch einzelne Abtheilungen Nationalgarden uns

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Honvéds befämpfen welche zwar da, wo lfie erfchlenen, die zufammengerotteten Haufen zerfireuten aber nicht verhindern konnten, daß fte fid) auf einem anderen Punkte wieber vereinigten und die Gegend tingdum verwüſteten. So zerflreute eine Abs theilung Rationalgardes@avallerie unter Rittmeifter Marstby einen walladhifchen Haufen von 1500-2000 Mann bei Katalinfalve, und ein Bataillon Szekler 8000 wallachiſche Infurgenten bei Ra d⸗ nsth, fo hielten zwei Compagnien Honvéd und eine Escabron Matthias s Hufaren den ganzen Raum zwiſchen der Maros und Aranyos, 8 Meilen im Umfang, int Zaume.

Aber alle diefe Kräfte wurden einzeln und in Nacheinanderfolge zerſplittert. Es fehlte der gemeinfame Plan, der den Bemähmgen ber Einzelnen ein erwuͤnſchtes Refultat hätte fihern Fönnen.

Um biefe Zeit hätte eine geſchickte Politik auch die Feſtung Karl e⸗ burg in unfere Hände zu bringen vermocht der Diplomat ließ ſich aber bier durch den Militär täufchen, und Puchner befehte bie Fe⸗ fung mit Wallachen, Grenzen, während Bay die Szekler m’6 Lager bei Berbäsz abfandte.

Ein anderer nit minder zu beklagender Mißgriff be6 königlichen Eommifjärd beſtand darin, daß er, al® man endlich foftematifeh den Vertheidigungokrieg zu organifiren hatte, den Oberſt Baldacel zum ©eneral vorfchlug und ihm dad Commando der umgarifchen Kräfte in Sichenbürgen übertrug. Baldacci war nämlidy ein tüch⸗ tiger gewundter Offizier voll Talent und militärifdyer Kenntniſſe. Bläne entwerfen und ftrategifdye Gombinatienen ſelbſt für Uneinge⸗ weihte mit unglaublicher Klarheit faß lich machen, war feine Sache; aber es fehlte ihm die Begeifterung für die Sadye ber Freiheit, das Rationaibemufßsfein lebte in ihm, durch den langen oͤſterrtichiſchen Dienf erbrüdt , nur noch in ſchwach glimmender Aſche. Er fomtie alle

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auch die Natur eines nationalen Kampfes nicht mit dem ihm ſonſt eigenthümlichen Scharfblidt beurtheilen, und da hier auch das Herz einen großen Bactor bildet, fo fonnte er, der bloße Mann bes Verſtandes, die unendlichen Hilfsquellen der für das Recht und die eigene Exiſtenz begeifterten Nation nicht ermeflen und folglich auch nicht benügen. Er wollte feinen militäriichen Ruf mit ungeübten, undisciplinirten Refruten nicht auf's Spiel feßen und opferte biefem Fantom den höheren Ruf des reinen Patrioten. Berräther kann ihn nur die Thorheit fchelten.

Der einzige Mann biefer erften Epoche, zwar auch nicht frei von Fehlern folcher Politiker, die im Beginne einer revolutionären Zeit ihre erſten Studien über Volfdleidenfchaften und über bie Tragweite einzelner an ſich unbedeutend fcheinender Maßregeln machen, der aber wenigftend ben beften Willen hatte, für die Nation etwas zu thun, war der durch Koffuth in's Szeflerstand abgeichidte Regierungscoms miffär Ladislaus Berzenczey. Er befaß eine gewiſſe Macht der Rebe, welche das Volk hinriß, und hatte im Lande der Seller eine ziemlich allgemeine Popularität erlangt. Seine urfprüngliche Auf⸗ gabe beftand darin, ein neues nationale Hufarenregiment aus dem Szekler⸗Lande anzuwerben. Ein junger talentvoller Offizier, Major Alerander Gal, ſollte ihm bei dieſer Gelegenheit als MilitärsOrganis ſateur hilfreich zur Seite ſtehen.

Mehr aber als auf dieſem ihm unbelannten Felde wirkte Ber⸗ zenczey auf jenem, das mit ſeinen parlamentariſchen Eigenſchaften in beſſerem Einklange ſtand auf dem Felde der politiſchen Agita⸗ tion. Schon ſeit der erſten wallachiſchen Nationalverſammlung in Balasfalva hatten die Szekler wiederholt den koͤniglichen Commiſſaͤr Baron Bay angegangen auch ihrerſeits einen natio⸗ nalen Congreß abhalten zu dürfen, um ihre Angelegenheiten gemeinſam

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zu berathen. Es war einmal die Zeit der nationalen Congreſſe auf freiem Felde unter Gottes großem Zelte. Die Szekler wollten dieſes Andenken an eine beſſere, freiere Vorzeit auch ihrerſeits aus dem Staube der Vergangenheit wieder an's Tageslicht ziehen. Baron Bay, getreu feiner vermittelnden Politik, hatte die Ausführung dies ſes Wunfches gefchickt zu hindern gewußt und dadurch vielleicht dem Lande wirklidy einen Dienft erwielen. Run aber war ber Wille des Szekler⸗Volkes nicht mehr zu bändigen, ed drang auf bie Abhaltung ded Nationaleongrefid. Berzenczey benügte biefe Dispofition der Gemüther, fchrieb die SzeklersRationalverfammlung auf bie hi- ftorifch denfhiwürdige Ebene von Agy agfalva auf den 16. October aus, und ſtellte ſonach dem Baron Bay vor, daß ohne große Unrus hen diefelbe nicht mehr zu verhindern fei._ Bay mußte einwilligen, er fchidte aber ten durch feine Anhänglichfeit an die Dynaftie bekann⸗ ten Grafen Emerich Mik zum Präfidenten der Berfammlung hin und verbot das Erfcheinen in Waffen.

Die Szekler verfammelten fi) am 16. October 1848. Alte, was nur gehen konnte, Jung oder Alt, Mann oder Weib, erfchien bei diefem Congreſſe, von dem das Heil der Nation und des Landes entfchieden werben follte, und da die Kunde von den Gräuelthaten der Wallachen und den Beftrebungen ber Sachen zur Vernichtung der ungarifchen Ration ſchon allenthalben, nach Maßgabe der Ent» fernung auch in entftelltem oder übertriebenem Gewande, zu ihnen ge langt war, da ihmen ferner die Abſicht des Faiferlichen Generalcom- mando's befannt wurde, die Berfammlung durch Kanonen zu zers fprengen , fo brachten fie alle ihre Waffen und Offiziere mit. Es war ein wahrhaft erhebendes Schaufpiel, jo ein ganzes Volk, für eine heilige Sache, Ihre Freiheit und die Unabhängigkeit ihres Baterlandes ergläht, unter freiem Himmel berathichlagen fehen. ,

II. 1

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Nach vielen bedeutenden Reden aus dem Munde ber beliebteſten Führer, wie Berzenezey, Gal, Ach, Berde und Anderer, wurden einftimmig folgende Punkte befchloffen :

1) Die ganze Szefler-Nation wird als eme allgemeine Volks⸗ wehr (Honved) organifirt, die Grenzer mit ben Provinzial-Szeflern vermengt, die Offiziere für die einzelnen Bataillond wie bei der Na⸗ tionalgarbe gewählt, und der Obercommandant durch die Nation ausgerufen. Diefe Wahl traf ben Hufarenoberfit Sombory. Die definitive Ernennung des Obercommandanten ber Szeffers Armee wurde dem ungarifchen Minifterium überlaffen.

2) Das ganze Volk mit allen anwefenden Offizieren leiftet den Eid auf die Conſtitution.

3) Baron Vay wird angegangen, ſogleich die Entfernung aller fremden Truppen aus dein Lande anzuordnen und durchzufuüͤhren.

4) Die Feſtung Karldburg fol mit einer Szefler-Garnijon befegt werden, ald auf welche das Vaterland zählen fönnte. Eine Deputation wurde fofort gewählt, diefen Beſchluß dem koͤniglichen Commiſſaͤr zu überbringen.

Das ganze Volk ward ſogleich militärifch organifirt, die Bes waffneten in A Brigaben, jede von A000 Mann, mit Hilfe ber Cadres ber alten Grenzbataillons eingetheilt, Commandanten und Offiziere erwählt, und das Hauptquartier des Szekler⸗Armeecorps nach Maros⸗Vaſarhely verlegt.

Die Szekler hatten eben noch Zeit, ihren Widerſtand fo alt improvisto zu organifiren, denn ſchon am 18. Detober warf das kai⸗ ferliche Generalcommando die Maske ab, die ed bis jest getragen und erklärte fi offen für bie wallachiſchen Inſurgenten und für die ſchmachvollen Umtriebe der Sachſen gegen das Rede

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und dad Gefeh, deſſen Vorkämpfer bie Ungarn waten. Buch ner bezeichnete die Ungarn als Rebellen, die Sachfen und Wallachen als edle Bertheidiger der Dynaſtie und bed Satz ſers; et wies darauf hin, daß ber Kaifer ihren Beftrebungen mit Beifall folge und daß fie auf feine väterliche Fuͤtſorge und auf bie Dankbarkeit bes erlauchten Raiferhaufes zählen könnten n. bgl. Eine mebr morbörennerifhe Prockamation unter der gleißnerifchen Form militaͤriſcher und unterthanlicher Treue ward vielleicht von feinem ber modernen Breunde der Ruhe und Orbnung In eine gährende Maſſe geſchleudert.

Von dieſem Tage an agirte auch das Militaͤrcommando mit Sachſen und Wallachen vereint nach einem feſten Plane, der auf ſtrategiſche Principien bafirt und von eingefchulten Truppen audges führt, nicht ermangeln fonnte, gegen bie zerftreuten ungarifchen Kräfte anfänglich glüdliche Erfolge herbeizuführen.

Nachdem man die Bildımg einer Szefler:Armee nicht hatte bins dern koͤnnen, ging ber Plan der Kaiferlichen darauf hinaus, bie Berbindung zwiſchen den ungariſchen Streitkräften in Klaufen⸗ burg und Marod⸗VBaſarhely durch Occupirung der Maros⸗ linie zu hindern, dann im Verein mit den Streitkräften bes Oberften Urban Im Norben die Szekler zu vernichten und in ihr Land ein- zufperren ; nach weldyem @rfolge man fidy endlich gegen Klauſen⸗ burg wenden und durch Beſetzung diefer Hauptſtadt das ganze Land in Befig nehmen würde. Diefer Plan war den Berhältnifien ganz angemefien und Vay's Unentfchloffenheit, fo wie Balbacci’® Mangel an Emft zur Führung eines ſyſtematiſchen Defenſtokrieges, wugen bad Moͤglichſte bei, den Kaiferlichen die Ausführung ihrer Ab ſichten zu esleichtern.

13°

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Nach dem gefaßten Operationsplan fegte fih Urban von Biftrig gegen Szasz Regen in Bewegung und befegte biefe fächfifche Stabt am 22, October, von wo er im Maros thale weis ter vorzudringen gedachte. Auf die Nachricht Hiervon erfolgte von Seiten der Szefler die Gegenoperation. ine Brigade bewegte fi) im Thale der Marod auf Radnot und hatte Balasfalva, dieſes Centrum der wallachifchen Bewegung, zu oecupiren ; eine Bri⸗ gabe blieb in Maro6sBäfärhely und zweidrigaden marfchirten gegen Urban. Dan fieht auf den erften Blick, daß ˖die Szefler fehr geſchickt ſich zwifchen die beiden Faiferlichen Corps warfen, mit Baldacci in Thorda oder Klaufenburg die Berbindung zu bewirfen und die Oefterreicher einzeln zu fchlagen gedachten. Wären fie von Klaufenburg aus hinreichend unterftügt worben, ihr Plan hätte nie fcheitern Fönnen.

Urban ward durch die Szefler am 29. October bei Sar⸗ pataf, am 31. bei Szent JIvany gefchlagen und zog fid) nach Szasz Regen zurüd. Hier wurde er am 1. Rovember durch die Szefler von drei Seiten angegriffen, zum zweitenmale gefchlagen und nur der Saumfeligkeit des Oberftien Dorsner, welcher ihm den Rüdzug hätte abfchneiden follen , wozu biefer jedoch zu fpät Fam, verdankte er es, daß er nach Wallendorf und von da nach Biftrig entkommen konnte wo ihn die Brigade des General Warde⸗ die aus der Bukowina kam, verſtaͤrken ſollte.

Szasz Regen, deſſen Bewohner ſelbſt nach dem Abzuge Urban's auf die Tete der in bie Stadt dringenden Szekler⸗Colonne feuerten, wurde gepluͤndert, und ein Theil der Stadt ging in Flam⸗ men auf.

Die Unordnung, die in Folge der Plünderung bei den Szeklern eintiß, dad Mißtrauen gegen bie alten Eaiferlichen Offiziere, nicht

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ohne Grund, wenn man deren Saumfeligfeit allenthalben ſah, der Mangel an ordentlicher Verpflegung und Befoldung , demoralifirten bie ohnehin noch faum organifirten Bataillons, und bie traurige Folge diefer inneren Auflöfung ſollte fich nur zu bald zeigen.

Der kaiferliche General Gedeon rüdte mit 6000 Mann fais ferlicden Truppen und zwei Batterien gegen Maros⸗Vaſarhely im Thale der Kokel über Mediafſch und Dieſö Szent Mar— ton heran. Am 5. November befand er ſich in Nyäradté. Die Beſtürzung im Szeflerstager war groß , die Unordnung unbeſchreib⸗ lich. * Der Kriegsrath wollte Maros⸗Vaſarhely aufgeben das Volk die Stadt vertheidigen ein Theil der Szelkler ſetzte fi) in Marſch nad Haufe, ein anderer wollte die verrätherifchen Faifers lichen Dffiziere im fürzeften Wege unſchaͤdlich machen. So fand ſich Riemand auf feinem Plage ein, außer 4 Compagnien bes bra⸗ ven 12, HonvebsBataillons und einige Hundert Freiwillige aus anderen Abtheilungen, dann eine Abtheilung Koſſuth⸗Huſaren Major Alerander Gal als Generalftabschef leitete die Bewe⸗ gungen.

Gedeon hatte die Höhen nächft der Maros bei Megyes⸗ falva mit Kanonen und Infanterie befeßt, feine Hauptmacht im Maros⸗Thale en ligne entwidel. Gal glaubte durch einen fühnen Bajonnetangriff auf die feindlichen Batterien den Szeflern einen energifchen Entichluß einflößen und die Zaubernden zum Nach⸗ rüden bewegen zu können. Er fliirmte daber mit dem 12. Honveb> - Bataillon die Höhen von Megyesfalva.

Da eröffnete aber bie feindliche Batterie ein mörberifches Heuer, und die Szekler, an Kanonendonner noch nicht gewöhnt, verließen in Unordnung, über Berrath, ichreiend, bie Stadt. Das 12. Bataillon machte noch einen Verſuch, der aber gleich dem erften mißlang , es

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folgte endlich ven Vebrigen. Gedeon marfhirte unter klingendem Spiele mit wehenden frhwarzgelben Bahnen in die Stabt, um ba auf wahrhaft Bafta’ifche Weiſe zu wirtbfchaften. Bei den Szeklern aber löften ſich alle Bande ber Diseiplin, fie eilten in zerftreuten Fleis nen Haufen nad) Haufe. Gedeon begnügte fi) mit dem Beſitze von Maros⸗ Väfärhely, ohne fie weiter zu verfolgen.

Ein Corps von 12 16,000 Mann war nad einem Siege, den man fchlecht benüßte, in Folge ber eigenen moralifchen Schwäche aufgeloͤſt, ohne ſich ernſthaft mit dem Feinde gemefien zu haben. Gine Lehre, die man ſich für die verwidelte Epoche bed Beginnes einer Revolution wohl zu Gemüthe führen muß, um burdy Energie und Aufrichtigfelt im Wollen und Handeln ähnliche Kataſtrophen zu vermeiden. Das ift eben bad Merkmal des feften Willens und Zalented, daß fie aus dem Chaos Ordnung, aus zerftreuten Slemen⸗ ten ein ſyſtematiſches Ganzes bilden helfen, ba wo die Mittelmäßigs feit nur Unordnung, Unfruchtbarkeit und Unglüd ftreut !

Während nun bie Kaiferlichen durch einen einzigen glücklichen Eoup ihren Operationsplan fo weit realifirt fahen, daß fie nur noch mit der Hauptmacht auf Klaufenburg zu rüden ımb die ungari- fehen Truppen von da zu verbrängen brauchten, um dad ganze Land in ihre Hände zu befommen, faßen Baron Bay und Baldacci noch immer unentfchloffen in Klaufenburg und bebattirten über unbedentende Vorfaͤlle in ihrer Nähe, fo Zeit und Gelegenheit zur Eonfolidirung ungarifcher Widerftanböfräfte vergeudend. Das alte Syftem zerftreuter Guerillakaͤmpfe, ohne inneren Zufammenbang, ohne Blan und Zweck, verfolgte nach wie vor die gewohnte Bahn, und wenn bad Land ſelbſt in dieſer traurigen Epoche noch einiges Bewußtfein von dem Werthe feiner Männer und einigen Ruhm ern⸗ tete, fo gebührt das Verdienſt nur eben den einzelnen Fuͤhrern, Die

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mit Leib und Seele dem Baterlande und ber Freiheit zugethan, mit frohem Muthe ihr Leben für Ungarn und des ungarifchen Namens Herrlichkeit in die Schanzen ſchlugen. Ein foldye& Beiſpiel finden wir in einer der fchönften Kriegsthaten des YufarensRittmeifters Grafen Gregor Bethlen bei Nagy Lak. Den 10. November befand fi Bethlen mit einer Escadron Matthias» Hufaren am rechten Marosufer beim Orte Nagy Lak flationirt, um bie Bes wegungen ber Wallachen , weldye das ganze linfe Marosufer in mehreren Abtbeilungen bis Cſombond beſetzt hatten, zu beobach⸗ ten und den Uebergang berfelben und fomit deren Vereinigung mit jenen Haufen, die Nagy Enyed und Felſoͤ⸗Vincz mit Eernis rung bedrohten, zu verhindern. Zu diefem Zmede follte an bemfels ben Tage auch eine Abtheilung Infanterie unter Johann Bänffy zur Unterftügung anlangen.

Die Wallachen hatten fih, 5—6000 Mann ftarf, jenſeits von Nagy Lak gelagert und hörten feinen Augenblid auf, bie am biefs feitigen Ufer aufgeſtellten Huſaren durch Flinten⸗ und Piſtolenſchuͤſſe zu beunruhigen und durch Schwenken ſchwarzgelber Fahnen, Fluchen gegen Ungarn u. dgl. auf jede Weiſe zu necken. Endlich brachten auch die ausgefandten Patrouillen die Nachricht, daß der Feind unterhalb Nagy Lak eine Furt errichtet und dort überzufeßen bereit wäre.

Es war bereitd Mittag, bie verfprochene Infanterie noch immer nicht angelommen , der Moment drängte jegt zum Handeln. Bethlen an der Spige feiner Hufaren ftürgt fich im Angefichte des Bein» des in ben durch die Herbftregen angejchwollenen 20 30 Klafter breiten Fluß, ſchwimmt durch denfelden und attaquirt mit dem Ruf: „‚Eljen a hazal ‘‘ an der Spipe feiner 100 Braven ben dicht gebrängtes ften feindlichen Haufen. In einer halben Stunde find 400 Walla⸗ chen niebergefäbelt und eine große Anzahl verwundet die ganze

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Schaar von 5—6000 aber verläuft ſich gleich einer Heerbe, die ihren Hammel verloren, in die Wälder. Rittmeifter Bethlen hat auf diefe Weife durch einen unerhört fühnen Streich der vaterländijchen Sache einen im Augenblide hoͤchſt wefentlichen Dienft geleitet, er hat zwei Städte von der Gernirung und wahrfceinlichen Plünderung gerettet und den auf dem Raum zwifchen der Maros und Aranyos zerfireuten Streitkräften Zeit und Gelegenheit zum Sammeln vers ſchafft. Der Landtag votirte ihm hiefür den Dank bes Baterlans des und der Landesvertheidigungs⸗Ausſchuß avancirte ihn zum Major.

Einen ähnlichen glänzenden Coup und mit gleicher Kühnheit in der Ausführung vollführte der nachmals berühmte Rittmeifter Baumgarten von Szefler- Hufaren in den Weinbergen von Cſombond und auf ber Fläche von Szent Kiraly am 12. November.

So glänzend aber auch ſolche Beilpiele von Heldenmuth und Aufopferung waren, fo wenig nachhaltige Folgen hatten fie. Staus nen können wir nur über die Thatfache, daß die Zahl der Wallachen bei diefen Gefechten immer einige Taufende betrug, während bie Ungarn in Gruppen zu Hunderten fochten. Und boch wurden Erftere im’ wahren Sinne bed Wortes ſtets auseinander gefprengt. Iſt es die Macht der Wahrheit und dad Bewußtfein des Rechtes, bie den Sieg verleihen, indem fie zu aufopferndem Muthe fpornen ? Iſt es die Wirkung 100jährigen Drudes oder moralifcher Lebens unfähigfeit einer Nation, die fie Heinmüthig macht? Wir laffen dies dahingeftellt fein; fo viel ift aber gewiß, daß im Kriege nur ein ges orbneted Syſtem und ein auf foliden Grundlagen gefaßter Plan zum Ziele führen.

Baldacci und Bay follten dies in kurzer Friſt erfahren.

Nach der Einnahme von MarodsBäfärhely blieb ben

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Defterreichern nur noch Klauſenburg als Operationsobjert zu erreichen übrig. Sie dirigirten deshalb ihre Streitfräfte von brei Seiten dahin. Im Rorden General Wardener und Oberftlieutes nant Urban mit 2 Brigaden im Often General Gedeon mit einer Brigade im Süden General Kalliäny mit einer regulären Brigade und mit einer großen Mafle wallachiſchen und fächftichen Landſturms; dies waren bie zur Eroberung Klauſenburgs beftimmten Kräfte. Sie, follten fih am 10. November von ihren Gantonnirungsorten in Bewegung fegen und ihren Marich fo coms biniren, daß fie am 15. November vor Klaufenburg erfcheinen und vereint ben Angriff unternehmen Eönnten.

Die Brigade Wardener hatte ben längften Weg zuruͤckzu⸗ legen fie jegte fich alfo zuerft in Marſch und rüdte am 11. No⸗ vember in Dées ein Urban befegte am 12. Szamos Ujvär.

Auf die Kunde hiervon mußte endlich General Baldacci aus feiner Lethargie erwachen, denn die Stimmung bed Volkes in der Hauptfladt warb immer brohender und man verlangte endlich von den Führern der Nation Thaten. Alle disponiblen Streitfräfte wurs ben deshalb am 11. November in Klauſen burg verjammelt, wos durch freilich der ganze Raum zwijchen der Maros und Aranyos bem Beinbe preiögegeben und Nagy Enyeb und Fel⸗Vincz das Dpfer wallachifcher und fächflicher Mords und Blünderungsluft wur⸗ ben. Es handelte ſich aber um die Erhaltung der Hauptflabt, und was noch mehr, um die Erhaltung des Kleinen Kerns der ungarifchen Streitmacht in Siebenbürgen. Diefer größere Zwed mußte alle übrigen Ruͤckſichten in den Hintergrund drängen.

Nach einer am 12. November Morgens abgehaltenen Revue, rüdte General Baldacci mit circa 2000 Mann Honvéds und Hufaren, dann 1500 Mann Rationalgarden und 6 Gefchügen

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Urban enigegen. Am 13. fam es zwiſchen dieſem und den Ungarn in ber Umgebung von Szamos Ujvar zu einem unbedeutenden Gefechte, wo die Ungarn Anfangs fiegreich, dann durch das feind⸗ liche Yeuer und durch die dominirende Stellung des Gegners einges fchüchtert zurüdwichen und endlich in regellofer Flucht nach Klaus fenburg heimfehrten. Die an den Kampf ungewöhnten Rationals garden hatten den Reigen ber Fliehenden eröffnet, die Honvebe waren ihnen gefolgt, und es bedurfte aller Energie des Hufarens oberften Mikes und einiger höheren Offiziere, um wenigſtens bie reguläre Truppe vor gänzlicher Auflöfung zu bewahren, denn felbft Baldacci, der während der Affaire glänzende Beweife von Bra⸗ vour gegeben und allenthalben an ber Spitze der fllrmenden Eolon- nen erfchienen war, war durch bie plöpliche Wendung ber Dinge disguſtirt worden und einer ber Erften in feinem Wagen nad Klaus fenburg zurüdgefahren.

Urban benügte ben errungenen Bortheil gar nicht, ja er zog Ach) felbft gegen es zurüd, um fih mit Wardener zu verbins ben und rüdte erft am 15. wieder nah Szamos Ujvar vor.

Sn Klaufenburg herrſchte Unordnung, Berwirrung. Es waren ein Paar Zaufend Nationalgarden aus Szabolcs und Bihar angelommen, voll von jenem beliberirenden Eifer, ber fich in Worten gefällt, aber am Schlachtfelde wenig Ausbeute liefert. Baron Bay wollte fi) endlich zur That ermannen und felbft in den Reihen der Bertheidiger der Hauptſtadt den Strauß mitfechten. Es war zu fpät” Man konnte im günfiigften Falle den Feind einige Tage vor ben Thoren der Stadt aufhalten, fliegen, erfolgreich fiegem, hätte man mit Dielen Elementen , fo wie fle da zufammengehäuft tagen, laum vermocht.

Baldacei, moraliſch verpflichtet, das Commando fortzufühe

ren, traf gar feine Dispofitienen. Urban wer ſchon dis Apahida vorgerädt und fehlen entſchloſſen, feinen Mari fortzuſetzen. Die ungarifhen Truppen warn bis Szamosdfalva dem Beinbe ent« gegengerüdt und hatten bei biefem Orte fchlecht und recht Poſition gefaßt. Major Johann Banffy, Major Gregor Bethlen hats ten ihre Truppen & cheval der Straße aufgeftellt und die Honvoͤb⸗ Batterie war durch den Chef des Generalſtabes derart placirt wors den, daß fie die aus Szamosfalva debouchirenden feindfichen Golonnen der Länge nach beftreichen konnte. Baldacei war nad einer oberflächlichen Recognoscirung in bie Stadt zurädgeritten und hatte alle StabBoffiziere auf den Abend 7 Uhr zu einem Kriegsrathe beordert. Der Tag war gefunfen, und bie Bewohner der Stabt, von Patrioten, Reactionären und Ultras In biverfem Sinme bearbeis tet, bemächtigten fh in einem AnfalleBay’smb Baldacci’s und führten fie gefangen nach dem Rathhauſe. Hier wurde nichts deſto⸗ weniger fort berathſchlagt, bis endlich von Szamos falva bie Kunde anlangte: Die Unferen hätten geflegt. Urban war nämlid bis an dieſen Ort vorgeruͤcit, hatte ihn palfirt und wollte eben debous chiren, als das Feuer unferer Infanterie und Artillerie die Töte feiner Golonne zum Umkehren zwang. Hierdurch entſtand in feinen Reiben Stodung ımd Unordnung, und er mußte ben Ort räumen. Gr züns dete benfelben hinter fi an, um vor Verfolgung gebedt zu ſein und ließ eine Batterie neben dem Orte in ber Fläche auffahren, um feinen Ruückzug zu protegiren. Dieſe richtete ein wohlgezieltes Feuer gegen bie erwähnte Honveb> Batterie, toͤdtete ein Baar Trainpferde, und der bierüber erjchrodene BatteriesGommanbant ließ aufprogen und fuhr in geftreftem Balopp durch die Stadt. Die Szabolcfer umb Biharer Rationalgarden, welche dieſes fahen, liefen hinter den Ge⸗ fügen gegen Byalu, und ie Honvéede waren auf dieſe Begeben«

WI

heiten bin, fo wie auf die Nachricht von der Gefangenfchaft Bals dacci's auch nicht mehr zum Stehen zu bewegen. Sie ftürzten gegen Mitternacht in die Stadt, befreiten Baldacci und Bay und traten fodann ihren Rüdzug gegen Gyalu an. Die Stabt blieb ihrem Schidfale überlafien. Urban zog mit Wardener und Kalliäny am 17. November in biefelbe ein.

Der Rüdzug der Ungarn war ein unordentlicher; alle Bande bed Gehorſams und der Disciplin fchienen ſich auflöfen zu wollen, und nur die Allen gemeinfam heilige Sache des Vaterlandes und dad Bebürfniß, durch Einigkeit die erlittene Schmach zu rächen, ers hielt da8 Corps beifammen.

Jedenfalls war aber bie ungarifche Regierung, freilid nad dem - Berlufte eined ganzen Landes, endlich zur.Einficht gelangt, daß man den Krieg nach ben Regeln ber Kunft führen und die Kommandanten mit großer Umficht wählen müffe, um das Geſchehene wieder aut zu machen und was man durch Saumfeligfeit verloren, durch doppelte Energie wieder zu getvinnen.”)

Das fiebenbürger Armeecorps⸗⸗Commando wurde in Efücfa, wohin die Klaufenburger Truppen nad ber Vorrüdung der Kaiferlichen gegen Gy alu und Banffy» Hunyabd retirirt waren, interimiftifch dem Chef des Generalftabes, Major Czetz, übertragen. Seinen raftlofen Bemühungen gelang es, mit Hilfe einiger ausge⸗

Die aller Bafis und bes nöfhigen frategifchen Zufanımenhanges erman⸗ gelnde nachträgliche Operation des Nationalgarde:-Sommandanten Niklas Katona mit einigen Taufend Dann großentheils ſchlecht bewaffneter Nationalgarten ge: gen Dees, und der voreilige Rüdzug dieſes Corps nach Nagy⸗Baͤnya in den letzten Tagen des November war nur ein Beleg mehr für den gänzliden Mangel an Einheit und Feftigfeit im Entwurf und in der Ausführung militärifcher Combi⸗ natıonen von Seiten des ungarifhen Oberbefehlshabere General Baldacci, und für Die damit eng verbundene ſchwankende Politik des Fönigl. Commiſſaͤrs.

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zeichneten Offiziere, ald des Oberftien Clemens Mikes, der Ma⸗ jors Bänffy, Bethlen, Inczedby und Baumgarten dad zerftüdelte Material zufammenzufammeln, zu ordnen, bie Disciplin feftzuftellen und die Stellung, fo mie die Aufgabe des Corps, auf die natürliche Baſis der Taktik und Strategie zurüdzus führen. Mit einem Worte, vom Hauptquartier Szilägy Somlyo aus wurden feine Dispofitionen gegeben, die in Efücfa, Sibö, Ziläh, Ragy Bäanya und Szathmär ausgeführt, für Bem jenen Kern an moralifch ftarfen, wenn auch an Zahl fchwachen Bas taillons bildeten, mit denen er in furzer Zeit nad) Uebernahme des Armee⸗Commando's fo wunderähnliche glorreiche Kriegsthaten voll: führte.

Die Erzählung diefer Thaten, fo reich an großen Eonceptionen, wie an üiberrafchenden Erfolgen, fo mannigfach an Beiipielen für militärifche Belehrung, als intereffant für hiſtoriſche Forſchung wird Gegenſtand des folgenden Abfchnittes fein, fiir welchen bie obige Erzählung zur Erleichterung der Ueberficht und zur leichteren Aufs . faflung ber inneren Berhältniffe unerläßlich ſchien.

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IM.

Beginn bed Winterfeliyuges in Steßenbärgen.

Sttategiſche Beſchreibung des Kriegefchauplatzes. Aufzählung ber gegenfeiti- gen Streitfraͤfte, Bemiesfungen über das ſtrategiſche und talliſche Berhältnig der Operationseorpe. Anordnungen des Commandanten des flebenbürgifdp: ungarifchen Armeecorps bis zum 18. December 1848. Operationsplan. Bern uͤberninemt dad Obercommando. Plan ber Kaiſerlichen.

Siebenbuͤrgen iſt von allen Seiten mit Gebirgen umgeben, theil® vom Hochgebirge im Nordoſt, Oft und Süden, theils vom Mittel- gebirg im Weſt und Nordweſten. Außerdem durchidhneibet das Land nach allen Richtungen höheres und niederes, meift waldbedecktes Mittels und Landgebirge.

Jene bad Land umeingenden Gebirge geftalten es zu einer natürlichen Beftung, deren Baftionen unwegſame, zumeiſt mit Urwald bedeckte Hochgebirge, deren Gourtinen gewifiermaßen bie diefe ver: bindenden Mittelgebirgs⸗Joche und Paͤſſe bilden. Auffallend if es, daß der Angreifer, von welcher Seite er auch fommen mag, gerade auf dieje Courtinen losgehen muß, um in dad Land zu gelangen ; ein Schritt, der bei vorhandener Einigfeit der Landesbevölferung, bei zwedmäßigen Vertheibigungsanftalten des Feldherrn, bei Muth und Entfchloffenheit der einzelnen Yührer beinahe zur Unmöglichfeit wird. Denn wie kann es der Feind-wagen,, fi) in bie ſchmalen Engpäffe der Eourtinen hineinzubegeben,, wenn ringe um ihn die Baftionen von landes⸗ und terrainfunbigen, mit Rafetenbatterien oder Gebirgs⸗ gefchügen verfehenen Abtheilungen regulärer Truppen beſetzt find, Die

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überbied noch von Guerilla unterftügt werben, unb er an ber Cour⸗ tine feloft einen mit proviforifchen oder permanenten Befeftigungen verfehenen Wal findet, befien Erftürmung ihm im beften Halle die Hälfte feiner Leute Foften, im ungünftigen Balle aber fein ganzes Corps aufreiben fönnte? Zudem ift jede aus Rorb, SR und Süd vorrüdende Armee gezwungen, auf mehreren Operationdlinien zus gleich zu agiren, und es darf nur eines der Operationdcorpd gefchla» gen werden, fo find die beiden neben bemfelben agirenden von ber Flanke und Im Rüden bedroht, um fo mehr, als eine Bereinigung des gefchlagenen Corps mit einem anderen nebenftehenden der Zeit und Entfernung wegen dann unmöglidy if, wenn der Bertheidiger den ersungenen Bortheil zu benügen verſteht. Man werfe einen Blick auf die Karte und betrachte die Lage und Entfernung der Paͤſſe Bulfan, Rothenthurm (Vöröstorony), Tärzburg, Zömds im Süden, Dijtoz, Gyimes, Tölgyes, Borgo im Den; Radna, Romuluj und Strimbo im Rorboften und Rorben, ferner dad eiferne Thor im Welten ; der kleineren Paͤſſe, wie Breaza, Bodza im Süden; Almas:Mezö im Ofen; der engen Haupt Gommunicationsftraßen bei Dobra und bem Kiralyhagsé [die eben fo gut wie dad Szam 08, Thal Im Nor den als Päfle wenigſtens theilweife, an den engſten Stellen angefehen werben können) gar nicht zu gebenfen, und man wird obige Behauptimgen gewiß beflätigt finden.

Rückt man dann nad) großen Opfern wirklich in das Rand ein, fo finden fi im Suden und Dften der Feketeügy und bie Alt (Aluta), in der Mitte des Landes die beiden Kokel, die Maros, und im Rorben und Wehen die Szamos, alfo bie Hauptfläffe des Landes, als eben fo viele zu erobernde Feſtungsfronten, oder wenn man will, befeftigte Abfchnitte, mit ungeheuren Hilfmitteln ber Ber-

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theidigung verfehen. Denn die fächfiichen Städte des fühlichen und mittleren Theild des Landes, ald: Kronftadbt, Hermannftabt, Mühlenbach, Broos (Sza6zvaros), Reps (Köhalom), Mediafh, Schäßburg, Reißmarkt find alle vermöge ihrer mittelafterlichen Bauart von Umfafjungsmauern, die durch Rondellen flanfirt werden, umgeben und können fehr leicht und ohne viel Aufs wand an Zeit und Mitteln zu proviforiichen befeftigten Punkten (places du moment) umgeſtaltet werden. Eben ſo hat man als bereits befeſtigte und in gutem Stand erhaltene Feſtungen: die Feſtung Karlsburg, ein Vauban'ſches Fuünfeck im beſten Zuſtande, das Schloß Deva, erſt vor wenigen Jahren neu hergeſtellt, das Rothenthurmer Schloß, das Kronftädter Schloß, dad Fo⸗ garafer Schloß, die Schlöffer von Törzburg, Rofenau, Cſik-⸗Szerda, Maros-Bäfärhely, endlih Biftris mit feinen Ringmauern. Ueberdies bieten die Mittelgebirge, welche das Land meift parallel mit den Klüffen von Often gegen Weften durch⸗ fchneiden, auf ihrem hoͤchſten Rüden Ort und Material zu ausgebehns ten proviforifchen verſchanzten Linien, oder eben fo vielen wohlbefes fligten Beftungsabfchnitten dar. Auch der Sig der Walladhen oder das Bergland zwilchen Karlsburg, Klaufenburg, Brad, Vas⸗Koh und dem Kiralyhag«é bildet mit dem großartigen Vorwerk Karloburg eine Eitadelle, wo eine feindliche Armee, bie bereits das ganze Rand ringsum eroberte, ihre Arbeiten von Reuem und unter noch bebeutenderen Berluften und Anftrengungen beginnen kann. Ein ähnliches Rebuit, wie der Sig der Wallachen im Welten, bietet das Szeklerland dem Often des Landes dar; für den Hall nämlich, ald man ed nur mit einem von Ungarn operirenden Feinde zu tbun hat.

Wir fehen mithin, daß Siebenbürgen ein Land if, ganz zur

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Vertheidigung geſchaffen, um fo mehr, als die Zahl ber Bewohner noch viel zu gering iſt, als daß fie ſelbſt bei einer 100,000 Mann ftarfen Armee, die das Land zu vertheidigen hätte, nur den geringften Mangel an Lebensmitteln, Bourage oder Munition fühlen fönnte. Die zahlreichen Gebirge bedingen den Gebirgskrieg, aber auch dieſen im eigentlichen Sinne nur in ben Hochgebirgen der Grenzen. Im Innern ded Landes machen fich wieder die für bie Kriegführung im Mittelgebirge und in Thälern beftehenden Grundfäge geltend.

Haupt-Thäler hat Siebenbürgen drei, naͤmlich das Thal der Szamos im Norden, bad Thal der Maros in der Mitte des Landes und dad Thal der Aluta im Süden.‘ Minter bemerfends werth find bie Ebenen: im Hat szeger Difrict, dad Burgenlanb, die Häromezefer und die Thorbaer Ebene (Keresztes mezö). Diefe Thäler, in welche zugleich die Hauptftraßen führen, bilden die Hauptoperationslinie der Armeen. Außerdem find bemerfenswerth: das Thal des Körös (bei Cſucſa), das Thal der großen und Heinen Kofel, die fi) bei Balädfalva vereinigen und dann ber Maros zuftrömen, dad Thal des Feketeuͤgy im Häromdzes fer Stuhl, welches feine Gewaͤſſer der Alt zuführt; endlich das Thal des ſchwarzen und weißen Körös bei Brad und Belenyes im Zaränder Comitat und das Thal der Eibin bei Her- mannftadt.

Diefe Thäler bilden die Verbindungen der Hauptoperationds linien mit den Rebenzweigen und den zwiſchen den fortificatorifchen Hauptfronten gelegenen Abfchnitten, find folglich für den Feldherrn von hoher Wichtigkeit. Sie haben indgefammt den Charafter ber Längenthäler: Schmale Thalfohle, geringe Entfernung der Thalwaͤnde, dieſe ſelbſt zumeiſt von parallel ftreichenden Bergrüden gebildet und von unzähligen Berg- und Wildbächen (Torrenten) durchfurcht, mit

li. 1&

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ober ohne Walddecke, dagegen von meilenweiten Erſtreckungen in bie Länge bis zur Müntung. Diefe Geftaltung bietet dann die fo vor⸗ trefflichen ArrieregardesStellungen, welche in diefem Feldzuge eine fo große Rolle fpielten. Die Slüffe frieren alle im Winter feſt zu, fo daß man darüber fahren und reiten kann, ſchwellen im Yrühjahr bedeu⸗ tend an, verurfachen beim großen Schneefall Ueberſchwemmungen und werden im Sommer mit- Slößen oder Holzfchiffen von geringem Tonnengehalt befahren. Ale find im hoben Sommer an vielen Stellen zu burdywaten und entbehren der Regulirung ganz. So viel über die Operationglinien.

Die Operationsbafen wechſeln je nad) der Lage der Dinge. Kömmt der Feind aus der Wallachei, fo haben wir Kronftadt, Fogaras, Hermannftadt, Szaäszvaros, Deva zur erften, Shäßburg, Mediaſch, Karlsburg zur zweiten, Maros⸗ Vaſarhely, Klaufenburg zur dritten; Biftrid, Nagy⸗ Bäanya, Szilägy-Sdmlyo zur vierten Baſis. Denn alle genannten Pläge können ald Depots und Eoncentrirungspläge ber Armee benüßt werden. Einem aus der Bufowina und ber Moldau fommenden Feinde entſprechen folgente Operationsbafen: Biftrig, Maros-Vaſarhely, Udvarhely, Kronftadt in erfter Linie ; Klaufenburg, Karlsburg, Hermannftabt in zweiter Linie. Kömmt der Feind von beiden Seiten, fo nimmt man am beften bie Bafis gleich von Hermannftabt über Mediaſch, Maro& Vaſarhely nach Klaufenburg und betrachtet Karlsburg ale letztes Reduit.

Dieſer gebrängten Schilderung ber militäriſch intereſſanten Geſtaltung Siebenbuͤrgens folgt in natürlicher Reihe die Aufzählung ber im Beginne bes Feldzugs von beiden Seiten verwendeten Truppen.

Wir finden am 15. December-1848 das ungarifchsfiebenbürgiiche

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Armescorps in ber Linie von Cſucſa bis Nagy-Banya, mit dem Hauptquartier in Szilaͤgy⸗Somlyo, aus folgenden Truppen abtheilungen zufammengefegt :

1) Rechter Flügel bei Cſucſa unter Oberſt Riczk6:

5 Bataillons, eine halbe Escadron, 6 Geſchuͤtze.) General⸗ ſtabsoffiziere: Major Joſehh Baumgarten von Szekler⸗Huſaren und Hauptmann Dobay vom 11. Honved-Bataillon.

2) Gentrum unter dem Armee-Commandanten Major Johann Czetz:

A Bataillons, 7 Escabrons, 10 Geſchuͤtze.“) Truppen⸗Com⸗ mandant Oberft Graf Clemens Mikes, Chef des Generalftabes Major-Alerius Forroͤ von Szeffer-Hufaren.

3) Linker Slügel unter Major Zſurmay:

31/, Bataillons, 31/, Escadrons, 8 Gefüge. ***)

*) Infanterie: 2 Bataillons Honvd... ..1400 M. 3 n Mationalgarden . . . . . 3000 Gavallerie: 1 halbe Escadron Chevaurlegrs - . . TEM. BP. Artillerie: 6 Geſchuͤtze. 4475 Mann “eo, Infanterie: 3 Bataillons Honvd . . . . 2 20. 2250 M. 1 n Nationalgarten . . 2... 1000 Gavallerie: 8 reguläre Escadtron . 2 2 2 2 2.700 Bi. 2 irreguläre ge „u Artillerie: 6 dreipfündige Kanonen . 4 fehspfündige 4180 Mann ser, Infanterie: 22/, Bataillon Som . . . 2... BSOM. la n Nationalgarte . » . 0. 800 Gavallerie: 3 Escadrons reguläre HSufaren -. - . . .360, Bf. 4 Zug irreguläre Rationalgarten . . . . 1 Artillerie: 8 Geſchuͤtze. 3410 Mann.

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Major Baron Stephan Meffena verfah zugleich die Befchäfte des Generalquartiermeiſters.

Mithin war der Beftand der ungarifchen Armee: Infanterie 10,950, Gavallerie 1335 Mann mit 24 Gefchügen.

Erwägt man indeffien, daß die angegebenen Nationalgarben außer den Debreezinern und Siebenbürgern faft durchaus nur mit Zanzen bewaffnet, ınithin zum Kampfe im offenen Felde nicht tauglich waren fo ergibt ſich als ftreitbarer Stand des Armeecorps:

Infanterie 5600 Mann, Gavallerie 1335 Mann, Pferde; Ars tillerie 24 Geſchuͤtze.

Die unter dem Befehle des E.M.L. Buchner flehenden öfter- reichifchen Truppen beftanden im füblichen Theile ded Landes unter den Generalen Gedeon, Baftiglione, Jovich, Kalliäny aus 13 Bataillons, 71/, Divifionen. *)

Im nördlichen Landestheile unter Oberftlieutenant Urban fpäter unter General Wardener: 8 Bataillons und eine Com⸗ pagnie, dann eine Escadron.**)

*) Infanterie-Regiment: Carl Ferdinand . . 3 Bataillone Leiningen 1 Sivkovich 2 F 2 mn Bian hi 2 gr Tursky .1 J Grenadiere 1

Das ganze 1. Wallachen-Örenzregiment 3 Gavallerie: Wernhards oder Mar-Ehevaurlegrs 3 Divifionen

Savoyen⸗Dragone... 3 Szekler-Huſaren. 61 Wallachiſche Lanzenteitr . . . . a u

») Infanterie: Das ganze 2. Wallachen:Örenzregiment . A Bataillon Regiment Parma . . | FR

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Diegefammte Artillerie beftand aus: Adıt Batterien der Gpfündigen Feld⸗ und zwei der 12pfündigen Poſitions⸗Geſchuͤtze zu 6 Kanonen, mithin in 60 Gefchügen.

Im Ganzen eine reguläre Truppe von 15—20,000 Mann.

An diefe, nach gewiffenhafter Forſchung der bisher erfehienenen Quellen ausgeführte Darftellung der beiderfeitigen Streitfräfte laffen fi) fhon von vorne herein einige den Militär lehrreiche Betrachtuns gen anreihen.

Das öfterreichifchfiebenbürgifche Armeecorps erfcheint ſowohl an Zahl, ald an taftifcher Ausbildung dem gegen fie operirenben ungarifchen fo bedeutend überlegen, der Beſitz der feſten Pläße Karlsburg, eine fehr gut mit Geſchütz und Munition verfehene Feftung, das zu einem place du moment improvifirte Hermanns Nadt, das Schloß Deva, das befeftigte Kronſtadt nebft Schloß, die mittelft ihrer Hinlänglich erhaltenen Umfaffungsmauern gefchügten Städte: Biftrig, Müblenbah, Szasz-Régen, Mediaſch, Schäßburg mit feinem Schloß, das Fogaraſer Echloß und der durch ein Fort gefihübte Rothenthurm-Pap, dann bie in ihrem frategifchen Bereich liegenden Urwaͤlder des UntersAlbens fer und Zarander Somitats, ferner des füdlichen Landestheiles, machen daffelbe im Vergleich zu den Streitkräften der Ungarn fo im⸗ pofant, daß man billig ftaunen muß, wie es diefen gelingen fonnte, ein Land, dad für fie ganz verloren war, den Händen folcher Ueber

Snfanteries Regiment Sivkovich. » . . . 4 Bataillon

GortonzBÄger . > 0 0 24 A Bompagnien Gavallerie: Mar:Cheraurlegere . - 20.0. 4 Secatron

mit Ginfchluß ter Reſerve-Cocadron. Dazu tommen noch der walladhifche und ſaͤchſiſche Landſturm.

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macht wieder zu entreißen und ben Gegner über bie Grenze in ein fremdes Land zu drängen.

Erwägt man andererfeitö, daß bie ungariſche Armee durch⸗ gehend aus Refruten zufammengefegt, die Artilleriften kaum bie Gefchüge zu laden verftanden, baß von einem fchnellen und ges nauen Schießen, von Evolutionen feine Rede fein konnte, und daß man zufrieden fein mußte, wenn die Artillerie auf einem bes ftimmten Punkte rafch genug abprotzte; bedenft man ferner, daß die Infanterie, die Szefler wegen ihred Mangeld an Disciplin nicht ausgenommen, aus meiftentheild unerercirter, ſchlecht gerüfteter und fchlecht befleideter Mannfchaft gebildet war, welche burdh bie damals herrfchende ungewöhnlich ftarfe Kälte in fchlechten Quar⸗ ‚tieren, bei unregelmäßiger Koft, in phyſiſcher Beziehung ganz herabgekommen war; erwägt man endlih, daß felbft die Kavallerie aus ungeübten Refruten beftand, unter denen burd die jüngften Greigniffe die Bande der Disciplin fehr gelodert waren, fo kann man im Verfolgen der Begebenheiten nicht umhin, die Energie, den Scharfblid, dad Talent und die Seelenftärle Bem’s, wie feiner höheren Offiziere zu fchägen und dem Friegerifchen Genie bes Obergenerals denfelben gerechten Tribut zu zolfen, wie bem patrios tischen Heldenmuthe feiner Offiziere.

Das ftrategifche Verhältnig bes öfterreichifchen Armeecorps in Siebenbürgen konnte in Bezug auf das bemfelben vorgeftedte Ziel : die Vertheidigung ded Landes, nur ald dad günfligfte betrachtet werden. Im Befige aller Hauptthäler, aller Haupteommunicas tionen des Landes, mit reich dotirten Equipements⸗, Armatur: und Munitiond» Depotd, von ber magyarenfeindlichen Bevölkerung überall unterftügt, brauchte diefes Corps blos die fchmale Linie an der Maros bei Dobra, bie Ausmündung des Körds« Thales

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bei Bänffy-Hunyad und dad Szamos⸗Thal bei Dee. mit ausreichenden Truppen zu befegen und allenfalls ducch einige Schanzen zu verftärfen, im Weiten die zum Theil befiegten Szefler durch ein Truppendetachement im Schach zu halten, was um fo leichter war, als die großen fächfifchen Städte aller Bes fagung entbehren fonnten, um bem ungarifchen Armercorpe das Eindringen in das Land nur mit großen Opfern, oder gar nicht möglich erfcheinen zu lafien.

Die Kaiferlichen hatten bie befte der Stellungen bie cons centrifche mit geficherter Rüdzugslinie inne, während dad ungarijche Korps nur Feilförmig auf ſchmalen Kreiöfegmenten fd) bewegen fonnte. Es mußte nur der gänzliche Mangel an Kenntniffen oder bie größte Rathlofigfeit an der Seite des commanbdirenden Generale herrſchen, um fo in die Augen fallende Bortheile nicht gleich anfange richtig gervürbigt und benust zu haben.

In weit ungünftigerem firategifchen Verhaͤltniß befand fich das ungarifth fiebenbürgifche Armeecorps. Die Zahl tefielden war zu gering, um zu gleicher Zeit im Norden und Süden operiren zu fönnen, und fo in ein paar glüdlichen Schlachten fih der feindlichen Dperationsbafls in Hermannftabt und Biftrig beinahe zu gleicher Zeit zu bemächtigen, und das faiferliche Armeecorp entweder im Marods oder Kofel» Thale zu erdrüden, oder auf die Szekler zu werfen, oder endlich in die Bufomwina und Wallachei zu drängen, was bei ausreichenden Streitfräften die natürlichite Ope⸗ ration geweſen wäre. Es mußte fd) befchränfen, im nordweſtlichen Randestheile auf fehr ſchmaler Kinie vorzugehen und fih Schritt für Schritt Boben zu erfämpfen.

Major Ezep war bis zum 15. December Commantant des Rebenbürgers ungariichen Armeecorps. Koſſuth harte ed demjelben

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zur Pflicht gemacht, Klauſenburg innerhalb acht Tagen wieber zu nehmen, wie er in einer vom 1. December datirten Depeſche ſchrieb.“ Allein die Sache war leichter befohlen als ausgeführt.

Die Lage ber fiebenbürger -ungarifchen Streitfräfte war durch die Verfügungen des Armeecorps⸗Commandanten auf ihre natür« liche Balls zurüdgeführt. In Großwardein, Debreczin, NagysKäroly, Szathmär, Szilägy» Somly6 und Nagy» Bänya fanden der rechte Flügel, das Centrum und ber linfe Flügel der Armee die erforberlichen Appuis für Reſerven. Diefe Staͤdte waren ganz vorzügliche Depötss Bläge für Armatur, Equipement, Munition die echt magyarifche Bevölkerung von Bihar und Szathmar boten Hoffnung auf Ergänzung der Mannfcdaften ; ed war fomit für die nächffolgende Unternehmung eine Grundlage geivonnen. Die Ausdehnung der Bafis von Fekete⸗To bis Nagy-Bänya über Szilagy-Somlysé war für bie geringe Zahl der Armee zu groß, aber der Feind mußte, um ed mit Liefer Armee aufzunehmen , ebenfalls feine Armee theilen, und ta war bie Vernichtung der fo getheilten Corps, wenn fie auch einen oder ben anderen lügel oder die Mitte zurüddrängten, durch rafche Blanfenbewegungen der anderen Theile der Armee unter Mitwirkung ber Landbevölferung beinahe gewiß, eine zu rafche Vorrüdung bei- nahe unmöglich oder doch fehr gewagt.

Diefe Berhältniffe beflimmten ben Armeecorps⸗Commandanten, die Aufgabe der Wiedereroberung Klauſenburgs auf andere Weiſe ald auf ber Operationslinie des rechten Flügels von Efucfa aus einzuleiten. Es war nämlich hierzu das Zufammenwirfen ber ganzen Armee auf drei Operationdlinien, db. i. von Cſucſa gegen Banffy-Hunyad, von Sib6 und Zilah gegen Galgö und Hid⸗Almas und von Nagy⸗Banya aus gegen Dées

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erforberlih. Der rechte Flagel mußte PR fo lange befenfiv vers halten, bis der linke Blügel bi8 Dées und das Eentrum bis Hid⸗ Al mas vorgerüct wären und fich mit demfelben in Verbindung ges fegt hätten. Dann erft follte der Vormarſch auf allen drei Linien nah Klanfenburg zugleich’ vor fi gehen. Der linfe Flügel hätte eigentlih Biftrib zum SOperationdobjecte wählen follen, allein die Armee war zu ſchwach, um jest fchon eine folche Theilung bes linken Flügels zu geftatten und dem Gentrum mit dem rechten Blügel allein die Gewinnung des Hauptobjectes Klaufenburg zu überlaflen.

Diefen Plan hatte Major Czentz gleich bei der uebernahme des Armee-Commando’d entworfen und ausgearbeitet und traf zur Aus⸗ führung deſſelben alle erforderlichen Vorbereitungen, als er am 15. December in Zilah, wo er ſich behufs einer Recognoscirung befand, durch eine Regierungsbepefche die officielle Kunde von ber Emennung Bem's zum Obercommandanten ber Arınce erhielt, fo wie von defien baldiger Ankunft in Szilägy:Somlyo, wohin er fich fogleidy begab und wo aud) Bem ein Paar Stunden fpäter eintraf.

Bem war mit dem Auftrage und ber Idee gekommen, aus ber Defenfive fofort in die Dffenfive überzugehen und Siebenbürgen wieder zu erobern, ein Lieblingewunih Koſſuth's, welder indeß feinen Grund in höheren militärifchen Kombinationen fand. Zur Ausführung diefer Idee auf Grundlage’ des obbefchriebenen Planes reifte Dem noch am 17. December von Szilagy⸗Somly« nad Nagy⸗Banya ab.

Die Plaͤne der Kaiſerlichen foͤrderten weſentlich die Ausfuͤhrung unſerer ſtrategiſchen Dispoſitionen. Fürſt Windiſchgrädtz hatte nämlich angeordnet, daß am 16. December, an welchem Tage das

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arme Ungarn mit großen Maſſen von neun Seiten zugleich anges griffen werden follte, die faiferliche fiebenbürger Arınee gegen Groß⸗ warbein operiren, durch Beſetzung dieſes Ortes bie Verlegung bed Reichstages unmoͤglich machen, nach der Einnahme Peſth's burch die öfterreichifche Hauptarmee aber in Debreczin oder auch in Großwardein fich concentriren und fo der ganzen Bewegung mit einem Schlage ein Ende machen folte. Das war allerdings ein großartiger Plan, ber aber an der patriotifchen Hingebung , ber unglaublichen Ausdauer und tobverachtenden Tapferfeit unferer jungen, ungeübten Truppen, fo wie an Bem's Genie gleich im Bes ginn der Ausführung fcheiterte.

III.

Treffen bei Cſueſa 19. December. Gefecht bei Sibs 20. December. Treffen bei Dees 33. December. Cinnahme von Klaufenburg. Weitere Dispofltionen Bem's. Gefecht bei Beihlen 29. December. Gefechte bei Biftrig und Naszod 31. December. Gefecht bei Tihuga 3. Januar 1849. Urban zieht fi in die Bufowina zurüd. Nord s Siebenbürgen im Beflß der Ungarn.

Treffen bei Efucfa am 19. December 1848.

Feldmarfchall-Lieutenant Buchner hatte zufolge obigen Haupt- operationsplaned das ganze Faiferliche Armeecorpd auf die Linie von Klaufenburg nad Karlsburg edellonnirt nur ein geringer Theil war zur Beſetzung Maros⸗Vaſarhely'd und ber Haromszéker Grenze verwendet. General Wardener hatte bie Aufgabe, ven Paß Cſucſa zu foreiren und die Avantgarde gegen

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Großwardein zu bilden. Am 17. December marſchirte er mit einer Brigade von A— 5000 Mann und zwei Batterien nad) Banffy-Hunyad, während Urban mit 2000 Mann regulärer Truppen und einer von Moga angeführten walladhifchen Land» Rurmmafle von S— 10,000 Mann Almäs befehte.

Am 19. ſollte der Angriff auf die Poſition von Efucfa in zwei, auf gleicher Höhe vorrüdenden Colonnen erfolgen , deren eine nad Einnahme der Pofition über Kefete-Toö und den Kirälyhägo gegen Großwardein agiren, bie andere über Szilaägy-⸗Somlyoé Szathmär oder Debreczin bedrohen follte.

Oberſt RiczEö hatte feine Truppen in den durch das Koͤroͤs⸗ Thal zwifchen fchroffen waldbedeckten Bergabhängen gebildeten Stra, en von Cſucſa in drei Theile getheilt und wie folgt, disponirt: ber rechte Fluͤgel beſetzte Kis⸗ZGSebes und die Höhen, welche ben Pag im Süden begrenzen; bad Centrum mit 4 ſechspfuͤndigen Ka⸗ nonen nahm Poſition auf der Hauptftraße von Sebes unter Major Dobayz der linfe Flügel unter Oberftlieutenant Baumgarten oceupirte das Börvenys Thal und flellte feine zwei Kanonen gerade am Bereinigungspunfte der von Almas und Kradyna einmüns denden Straße vortheilhaft auf; bie Referve mit der Bavallerie und den Rationalgarden fand hinter dem Drte Efucfa.

Der Almäfer Weg im Börvonys Thale war auf eine halbe beutfche Meile verbauen. Als aber die Wallachen in Almas und den angrenzenden Dörfern erfuhren, daß Urban fidy näherte, rottes ten fie fi) zufammen, räumten den Berhau hinweg und ftellten die Brüden und Wege wieder her; überhaupt gehörte es zu ben Schwierigkeiten dieſes Feldzuges, daß die Ungam überall im Fein⸗ desland kaͤmpften, überall nur mit größter Mühe Lebensmittel vers

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ſchaffen und zuverläjfige Kundfchafter oft für die größten Summen nicht auftreiben fonnten.

Oberſt Urban erhielt die Orbre, am 19. von Almas mit ber aus Banffy⸗Hunyad vorrüdenden Hauptcolonne auf gleicher Höhe vorzurüden , unferen linfen Slügel in Börveny- Thale um 10 Uhr des Morgens anzugreifen und feinen begonnenen Angriff ber Hauptcolonne zu fignalifiren; er aber war eigenfinnig und glaubte in feiner Eigenfhaft ald Wallachenhaͤuptling Feine Befehle annehmen zu müffen, er wollte, was noch mehr, den für die Defters reicher unfehlbar gemeinten Sieg nur fi und feinen morbluftigen Landflürmern zueignen, griff daher am. 18. Nachmittags im BörvenysThale den Oberftlieutenant Baumgarten an, und wurde hier durch die von diefem fehr vortheilhaft placirten, zur rech⸗ ten Zeit angewenbeten Gefchüge und durch die unerfchrodene Bor: rücung der Infanterie derart beim erften Angriff geworfen, daß er noch in derſelben Nacht in der größten Unordnung bis Nyires zuruͤckfloh.

General Wardener unternahm am 19. December, dem ges faßten Entjchluffe treu, den Angriff im Sebe8- Thale und Tieß bie 4 Compagnien Cordon Jäger jenfeitö der verfallenen Burg Sebes die Höhen erflimmen, um den rechten Blügel Riczk6'6 zu turnis ren, während die Infanterie über Kis⸗/Sebes avanciren Urban aber wieder im Almäfer Thale vorrüden ſollte. Seine Cavallerie blieb am Ausgang des Almäfer Thales in zweiter Linie poftirt,

Die CordonsFäger rüdten mit großer Entichlofienheit, wieder: holt über die Körös watend, gegen Riczko's rechte Flanke vor, wurden aber durch ein paar vortheilhaft poftirte Compagnien des 11. Honvéd⸗Bataillons jedesmal zurüdgemworfen. Run ließ General

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Wardener durch ein Bataillon Karl⸗Ferdinand⸗Infanterie das Centrum der Ungarn unfern Kis⸗Sebes ſtürmen. Hier - aber ſtand der kühne Major Dobay mit A Compagnien des 11. Jägers Bataillond, mit 4 Gefchügen und warf den zweimal anftürmenden Feind durch Kartätfchen und Kleingewehrlagen mit bedeutenden Berluft zurüd. Das feindliche Infanterie-Regiment Karl Ferdinand wollte nun nicht mehr anftürmen. Es ward demnach; da6 Bataillon Sivfovic zur Wiederholung des Sturs mes beorbert. ber auch dieſes ging nur fcheu und fchiwanfend vor und machte Kehrt, noch ehe es in ſicheren Schußbereic) der Ungarn fam. Der Muth der Infanterie war gebrochen, und es blieb dem General Wardener fein anderes Ausfunftömittel, als das vom taktifchen Standpunkte ſtets verwerfliche:: die Erftürmung der feinds lichen Kanonen im Engpaffe dur die Cavallerie ausführen zu laflen. Eine Divifion Mar-Chevaurlegers formirte fich zur Attaque en colonne unter Major Saints Quentin, die Offiziere ftellten fih an die Epige, und der Anprall an die Batterie erfolgte mit Muth und Entichloffenheit ; allein das im rechten Augenblid abges gebene Kartätfchenfeuer, fo wie die Tirailleurs, welche Major Do⸗ bay mit richtigem Blick am Rande des die Chauffee begrenzenden Waldes poftirt hatte, richteten eine ſolche Berheerung in den Reihen der Ehevaurlegerd an, daß fie ſich in Unordnung auf die Infanterie warfen und biefe in die Flucht mitrifien. Major Saint-Duens tin war bei diefer Attaque am Platze geblieben.

Nicht beſſer erging es dem Oberften Urban im Börvenys Thale. Seine Angriffe wurden durch Oberftlieutenant Baum; garten mit dem 55. Honved» Bataillon und einigen Nationals garden abgefchlagen, und feine romanischen Truppen zum lichen gezwungen. So war in ein Baar Stunden der Sieg der Ungam

entichieben, unb nur ter Zulume ber ungarüdien Zrumpen, bie ieit Wochen in ſchlechten Kleidern bei mecdh ſchlechterer Kol im Divousce und auf Borpoiien liegen mujen, käßt es einiger maßen entihultigen, daß Riczfo feinen Beribeit micht zur uner- mütlichen Berfolgung des Feiades benupt bat, umb kirie olme bes beutenten Berlu neh 5 Tage in Baeniiy-Quuyap, we WBardener fichen blieb, uns in Hid⸗ Almäas, wohin Urban eilte, verweilen fonnten. Bir hatten bie Beroundung des Dberf- lieutenantö Baumgarten zu beflagen ber, tur eine Kanonen» fugel verwuntet, fo für ben Beldzug ter Thätigkeit entrisdt wurde, die ihm bei jeinen Talenten, feiner militäriichen Yusbültung umd feinem patriotiichen Eifer zweifeldehne die ichönften Lorbeeren ge bracht hätte. Der Berluf an Mannichaft war im Bergleich zu jenem des Feindes von geringer Beteutung.

Diefer Sieg hatte in ſich nur eine geringe taltiſche Bedeutung, aber gewährte um fo erheblichere ftrategiiche Bortheile. Dir Plan der Kaiferlihen auf Großwardein war geicheitert, die kaiſerliche Armee in Siebenbürgen auf ſich jelbft beichränft und fortan ifolirt, das Aſyl bee Reichstags gefichert unb ber große Windiſchgraätziſche Plan zerrifien. Außerdem hatten bie jungen Honveds ben Eirg gefoftet, die Nothwenbigfeit ber Disciplin einfchen gelernt und waren mit einem Schlage zu Soldaten geworben, wa® Alles bald die ſchoͤnſten Fruͤchte tragen follte.

Gefecht Bei Eibö am 20. December 1848.

Während der Affaire bei Cſucſa hatte Oberfilieutenant Gzeg ein Gefecht bei Sib6 und Szurbof. Am 18. December beridytete Major Kemeny aus Sibs, daß id bei Szurbof die Avant garde einer Faiferlichen Truppenabtheilung zeige, welche, von

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10—13,000 wallachiſchen Landftürmern unterftügt, S1H6 bedrohte. Offenbar war dies Detachement, aus zwei Linien Infanterie» Batails (ons, einigen Compagnien Cordon⸗Jaͤger und einer halben Escadron Mars Ehevaurlegerd beftchend, in der Übficht über Dees und Gal gsé entfendet worden, um mit Hilfe des berittenen und bewaff⸗ neten Landſturmes aus dem Belſo⸗/Szolnoker Komitat und bem Kövärer Diftriet fh Sibs's und damit des Schlüffeld zum oberen Szamos⸗Thale zu bemädjtigen und im glüdlichen Falle bis Nagy⸗Banya vorzudringen.

Maior Kemeny fügte feiner Meldung die Bemerfung hinzu, daß, da Major Toth mit feinem Bataillon durdy General Bem nah Kis-Nyires beordert und dahin audy abmarſchirt fei, er fich allein in Sib6 nicht halten Fönne.

Gluͤcklicherweiſe befand ſich gerade an biefem Tage bie in bie Marmaros zur Organifirung befiimmte Divifion Matthias Hufaren in Sib6, und ihr Major Gregor Bethlen entichloß fi trog der früher erhaltenen befimmten Ordre, am Orte der Gefahr zu verbfeiben. Sogleich ſtellte er fi) dem Stations⸗Commandan⸗ ten zur Berfügung und unternahm eine Recognoscirung , welche ihn die Lage der Dinge und die Sib« bebrohende Gefahr klar machte. Die erwähnten beiden Bataillond mit dem wallachifchen Landfturm hatten Szurdof, Tihs und Ormezö befept und drohten jeden Augenblick Sib6 anzugreifen, um es nad) ihrer Weiſe in einen Schutthaufen zu verwandeln.

Auf die erfte Nachricht von diefen Vorfällen war Eyes mit dem 2. Szeflers Bataillon nach Sib6 abmarfchirt und hatte die um Somly« auf den Dörfern zerfireut in Quartier liegenden Szekler⸗ Huſaren zum Rachrücken am folgenden Tage beorbert.

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Czetz und Oberft Mikes langten in dem Augenblide, am 19, December Nachmittags, an, als der Feind über die abgetragene Brüde bei Almas rüdte, um fi der Verfehanzungen bei Sibo zu bemächtigen. Da gewahrte Oberſt Mikes, daß man von einem am linfen Szamos⸗Ufer gelegenen Bergrüden aus mit Erfolg Gefchüge gegen die walladhifchen Landflürmer verwenden fönne. | . Augenblidlic) wurden zwei Dreipfünder aus den Berfchanzun: gen auf die Höhe gebracht, und auf den dritten, wohlgezielten Kanonenfhuß war der ganze Haufe Walladyen, von denen ter gegenüberliegende Ormezöer Berg wie ein Ameifenhaufen win: melte, verfchwunden und nah Ormezö, Tihs, Szurdok ote in die Wälder entflohen. Die regulären Truppen wurden mit forts gerifjen und retirirten nad) Szurdok.

Mittlerweile langte dad 2. Szeflers Bataillon an und bezog mit Sonnenuntergang die Borpoften.

Der nächfte Tag (20. December) war dazu beftimmt, den Land⸗ fturm zu fprengen und die mit ihm gekommenen Linientruppen über Galgé nah Dées oder Klaufenburg zurüdzuwerfen, um hierdurch die Verbindung mit dem bereit nad) Kis⸗æNyires vor: gerüdten General Bem wieder herzuftellen.

Am Morgen diefes Taged rüdten das 2, Szefler: Butaillon, die Divifion Matthias-Hufaren und zwei Dreipfünder über ben Almäfer Bildbad) gegen Szurdok vor und griffen den die Höhen von Szurbdof befegt haltenden Feind lebhaft an, während eine Fleine Abtheilung unter Hauptmann Ferdinand Szab6 über Ormezö aui Ziho detachirt wurde, um bie rechte Flanke zu deden; die linke war buch die Szamos undben Rakoczy⸗Berg geſchuͤtzt. Die fichen-

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bürger Rationalgarben blieben unter Major Kem eny mit A Gefchügen als Referve in den Berfchanzungen bei Sib6 zurüd, Die Szefler attaquirten muthig, allein der Feind hielt die Höhen befegt und ihre weittragenden Jaͤgerſtutzen hielten die Angreifer lange Zeit in Schadh. Außerdem wurde auch Oberftlieutenant Ezeg durch eine Kugel leicht geftreift und der Angriff Fam auf einen Augenblid ins Stoden.

Run ließ Oberfi Mikes die Szefler einen fingirten Rüdzug antreten und alle unfere Truppen gingen über den Almäfer Bad. zurüd. Der Feind ging fogleich in die ihn gelegte Yale und rüdte, feine gute Pofition auf den Anhöhen verlafiend , zur Verfolgung in das Thal hinab. Da ließ der mittlerweile leicht verbundene unga⸗ rifche Commandant auf dem höher liegenden linken Ufer des Almäs fer Baches vier Dreipfünder auffahren und betachirte eine Szeflers Abtheilung über die Szamos gegen Szurbof in den Rüden bes Feindes. Die Kanonen» und Kartätfchenichüffe obiger halben Batterie fügten den Wallachen folch erheblichen Schaben zu, daß fie bald nach allen Richtungen davonliefen. Die Matthias Hufuren griffen nun mit feltener Bravour die Kinien» Infanterie an und trieben fie ebenfalls vor fi) ber, während jene Umgehungs⸗Abtheilung fich bereit8 Szutdok näherte. Der Feind entfloh endlich über Galgs nad) Dées, bei finfendem Tage von einer Abtheilung Matthias—⸗ Huſaren verfolgt.

Die Verfolgung haͤtte eigentlich mit groͤßerem Nachdrucke uͤber Galgsé und Hid-Almas gegen Klauſenburg betrieben werden follen, wodurch Urban, der am Tage der Affaire in Sombor ber Kanonade zubörte, gewiß in unfere Hände gefallen wäre. Die urfprüngliche Diepofition war auch in dieſem Sinne entworfen wor den; allein die Mattigkeit der Truppen und anders lautende Befehle Bem's behinderten biefen glänzenden Erfolg.

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Teeffen bei Died am 28. December 1848.

| Während alfo auch hier das Glück den ungarifchen Waffen lächelte, war General Bem mit dem linken Flügel unferer Armee bis Kies: Nyires vorgerüdt und marfchirte von da, nachdem er dem Centrum befohlen,, ihm im Szamos⸗Thale zu folgen, ohne Aufs enthalt auf Dées zu, vor welcher Stadt ihn die Faiferliche Brigade Jablonsky, hinter der die nördliche Stadtfeite befpülenden Sza⸗ mos mit beiden Flügeln an dominirende Hügel gelehnt, das Centrum am Rande der Stadt, in Schlachtordnung erwartete.

Am 23. December griff Bem nach ſeiner gewohnten Weiſe, ohne ſeinen Truppen auch nur eine Minute Raſt zu goͤnnen den Feind an, war überall der erſte und leitete das Kanonenfeuer ſo wirkſam, daß die Oeſterreicher nach einem harmaͤckigen Artillerie⸗ und Infanterie⸗Gefechte zu wanken anfingen.

Das war einer jener Momente, welche der geſchickte Feldhert mit unglaublidyen Erfolge zu benußen verftand. Beim erften Schwanken des Feindes drang bie Infanterie unter Oberftlieutenant Toth ungeftüm mit dem Bajonnet auf-ihn ein, warf ihn über den Haufen und überließ ihn der nachſetzenden Gavallerie zur nimmer ruhenden Berfolgung.

Die Arrieregarde Jablonsky's verfuchte an der Brüde nody einen Widerftand , der jedoch durch den Ungeflüm bed 4. Honved- Bataillons bald gebrochen wurde.

Jablonsky retirirte mit feinen betäubten Truppen in einem Athen nach) Bethlen, ein Theil nad) Biftrig, und blieb dort fo lange unthätig fliehen, bis ihn Bem wieder aufſuchte. Das Ber bienft der taftifchen Leitung dieſes Gefechtes gebührt dem Oberſi⸗

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lieutenant Toth, ein Krieger ebenfo gefchict im Entwerfen von Plänen, wie klug und befönnen in deren Ausführung.

General Bem fehte feinen Marſch auf Klaufenburg über Szamos⸗Ujvar, Valaszut und Apahida mit einer ſolchen Schnelligkeit fort , daß felbft nach gewonnener Schlacht bie Truppen faum zum Abkochen Zeit gewannen, und SOberftlieutenant Czetz, welcher ben General von Sibo aus mit dem Gentrum folgte, ihn erſt vor Klaufenburg erreichen konnte, ungeachtet er am 22. früh von Sib6 aufgebrochen und Tag und Nacht ununterbrochen mars ſchirt war.

Das Emtrum holte den General Bem erſt am Adventſonntag den 25. December ein, gerade in dem Augenblide, als er fi ans ſchidte, die ihm gegenüberfichenden Kaiferlichen anzugreifen. Diefe hatten ihre Borpoften bei Apahida ausgeſtellt und ohngefähr eine halbe Brigade vor und bei Syamosfalya Poſition nehmen laſſen.

Wir erwarteten einen harten Strauß, aber unfere Erwartungen wurden getäufcht. Die Kaiferlichen waren durch das ploͤtliche Er⸗ feheinen Bem's glei eined Deus ex machina vor Klaufenburg fo verblüfft, daß fle In der That nicht wußten , was anzufangen fel. Außerdem war bis moralifche Stärke ihrer Truppen durch die Ges fechte bei Cſucſa, Sibs und Dies fehr erſchuͤttert, und General Wardenrr beſaß Klugheit genug, mit einer feindlich gefinnten Stadt im Rüden, und einem flegreichen Feinde vor fich, Fein zweifel⸗ bafte® Spiel zu wagen, das zu feinem gänzlichen Berderben aus⸗ ſchlagen konnte.

Nachdem alfo bei Syamosfalva kaum einige Kanonenſchuͤſſe gewechſelt waren, traten bie Kaiſerlichen mit einer Einbuße von ein paar hundert Gefangenen und einem Theile ihre® Gepaͤckto ihren Rüdzug über den Belek, einen Klaufenburg tominirenben ar

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1000 Fuß hohen Berg, gegen Thorda an. Die nachſetzenden Matthias-Huſaren erbeuteten noch ein paar Bataillonskaſſen, Monturs und Munitionswaͤgen nebſt Gewehren, und Bem's Armee zog in Klauſenburg, dem Haupiſitz der Ungarn in Siebenbürgen, unter großem Jubel der Bewohner ein.

Am nächften Morgen nad) dem Einmarfche in Klaufenburg betachirte Bem den Oberftlieutenant Czetz mit einer aud Infanterie, Eavallerie und Artillerie beftehenden Brigade gegen Kis⸗;Kapus und Bänffy-Hunyad, um die von Ricgfö geichlagenen Kaiſer⸗ lichen, welche er noch dort dachte, anzugreifen und fie Riczkoͤ zuzus werfen, wodurch fie nothwendigerweife zwifchen zwei Feuer gerathen und capituliren mußten. |

Da ereignete fih aber ein in dieſem Kriege fehr oft eingetretener Fall: ftatt der Beinde erichien um 12 Uhr Mitternachts die Avant: garde Riczko's in Kis⸗Kapus und bewirkte fo ihre Bereinigung mit der Hauptarmee.

Der Feind war naͤmlich auf die Nachricht vom Heranrüden Bem's über Hald und Kopf auf dem unmegfamften Theile des Felek nad Thorda entflohen.

Urban war nad) dem Treffen bei Cſucſa nad Hid⸗ Almas retirirt und brachte da mehrere Tage zu, erfchien auch, auf War- bener’s Befehl abermals nicht achtend, nicht zur rechten Zeit in Klaufenburg. Er wollte hier am 25. einrüden, erhielt aber umter- wegs die Kunde vom Einmarfche Bem's, änderte baher die Direc⸗ tion und ging über Fehérd, die Tartfa, Apahida, Zfuf nad Baijda-Szentivany und Efädzäri, wo er am 26. übernachtete ; am naͤchſten Tage nad) Lekencze und von da weiter nah Biftrig auf unbeichreiblich fchlechten Wegen, fühn und ug, da, wo ihn fein Militär gefucht Haben würde.

Diefe Vorſicht und die Fatiguen ber ungarifchen Cavallerie, welche den Patrouillendienſt auf fo weite Streden nicht mit der ihr eigenthümlichen Genauigkeit verfehen konnte, erflären allein diefes wohlgelungene Durchſchleichen Urban's zwiſchen dem Gros und der Arrieregarde des Bem'ſchen Corps. |

Die Arrieregarde Urban's Hingegen wurde am 26. durch den Oberfien Mikes, der mit dem 2. Szefler» Bataillon, einer Divifion Matthias» Hufaren und einigen Kanonen gegen fie entfendet ward, in Papfalva gefangen, entwaffnet und nah Klaufenburg abgeführt. Sie befland aus A Eompagnien ded 2. Wallachens Regimentd und einer halben Escadron Mar» Chevaurlegers.

Oberfilieutenant Toth ward zum Militärcommandanten bes Klaufenburger Diſtricts ernannt und erhielt die Aufgabe, hier bie Hauptdepots der Armee zu organiſiren. Für alle politifchen Vergehen war allgemeine Amneftie verfündet, bie Truppen aber durch Beförderungen und Soldzufage belohnt.

Mit der Eroberung Klaufenburgs hatte Bem zwar einen ungeheuren Vortheil über den Gegner erlangt: er hatte feine jungen Truppen fliegen gelehrt und ihr Bertrauen erworben, er hatte ben Geiſt der Ungarn in Siebenbürgen wieder belebt und die Wallachen in Furcht verfegt,, die Falferlichen Truppen entmuthigt und mit Miß- trauen gegen ihre Führer erfüllt allein in firategifcher Beziehung war ber Gewinn nicht gerade fo groß, als man glaubt. Es war eigentlich nicht viel mehr erreicht, ald daß man den Depoͤt⸗Plat des rechten Hlügeld von Großwardein nah Klaufenburg und jenen des Gentrums von Szilägy-Somlyo nad Dées verlegt hatte ber linke Fluͤgel hatte fein Appui im Rüden gelaflen. Bifrig mußte erft in unferer Gewalt fein, um fagen zu können,

daß man im Lande feften Fuß gefaßt und fich eine Baſis für bie eigentlich entfcheidende Operation verfchafft habe.

Bem fAumte nicht, die Hierzu nöthigen Dispofltionen zu machen. Vorher aber detachirte er den Oberfifieutenant Czetz mit einer Brigade, beftehend aus dem 11. Honveb Bataillon, 1 Esca⸗ dron Mattbiad- Hufaren und den Lanciers von Pereczy und 6 ſechopfuͤnder Kanonen nach Thorda, mo er bis auf weiteren Befehl ſichen bleiben ſollte.

In Klauſenburg blieb eine Beſatzung von 2 Bataillons, 2/, Escadron, A Geſchuͤtzen, in Szamoſs⸗Ujvar und Dées 4 Compagnien, 1/, Escadron und 2Geſchuͤtze, lauter Debrecziner Freiwillige.

Nagy⸗Banya erhielt Szathmarer Freiwillige zur Be ſatzung.

Außerdem warb bie ganze Linie von Thorda bis Groß⸗ wardein einers und von Dées über Somlys« anbererfeite mit ftarfen Aptheilungen Biharer Rationalgarben beſetzt.

Durch biefe zur Sicherung ber neuen Operationsbaſis getraffes nen Anfalten ward zugleich unferen Feinden der Glaube eingefläßt, ala beabſichtigte General Bem auf ber Linie von Thorda umb Enyed gegen Karlöhburg und weiter gegen Hermannftadt zu operiren. Während daher Buchner fein Corps allhier con centrirte, erhielten auf ber einen Seite die Häromeyesler Szekler Luft, und Bem felbR konnte ohne Veſorgniß für feine rechte Flanke auf Biſtritz losgehen.

Am 27. December rüdte er mit At), Bataillons Infanterie, 3600 Mann, und 7 Eseadrond Eavallerie, 860 Mann, dann 18 Ge⸗ ſchüͤhen m Syamos-Wjvär ein, von wo er ben Oberſten Graf

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Glemene Mites ald Truppencommandanten und ben Oberſten Riczks als Truppenbrigabdier mitnahm.

Gefecht bei Bethlen am 209. December 1848.

An 28. December erfehien er vor Bethlen, befien ftrategifche Lage dad Augenmerk Jablonsky's und Urban’& mit Recht auf fich gezogen und fie,vermocht hatte, dort ihre Truppen zu concentris ven und nur unbedeutende Referven in Biftrig zurüdzulaffen. Der Drt Tiegt nämlich am Iinfen Ufer der Szamos gerade in dem Winfel, welchen der Fluß Bethlen bei feiner Einmündung in bie Szamos bildet. Rechts und links erheben fich beide Thäfer domini⸗ rende Höhen. Die Pofition war alfo fehr gut und günftig gewählt und mit einer 3—4000 Wann flarfen Macht beſetzt. Es gehörte auch Bem's ganze Energie dazu, um die Kaiferlichen daraus zu vertreiben.

Am 29. December in der Früh ſetzte er unter ſtarkem euer der feindlichen Artillerie über den bis auf den Grund zugefromen Buß, ließ die Artillerie auffahren umd ein heftiges concentrifches Feuer gegen die Batterien bed Gegners eröffnen.

Nach mehrftündigem harten Kampf ſchwiegen endlich bie feind- lichen Batterien. Bem's Infanterie madte nun einen nady« drüdlichen Angriff mit dem Bajonnet und warf die Infanterie bes Feindes. Diefer trat den Rüdzug an, ber aber vermöge der fühnen Berfolgmg Bem’s mit der kampfluftigen Eavallerie bald in eine tegellofe Flucht bis unter die Thore von Biftrip und Naszöb ausarıcte. Bei Bethlen theilt fi nämlich die Straße und führt nördlich im Szamos⸗Thale nach Naozod, ſuͤdlich aber über Somkerék, Magyarss, oder Somferef und Zippenborf nad Biſtrit und von da weiter im Thale der Biſtritz nach ber

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Bulowina. Bei Lekencze gab es nody eine Heine Affaire am 30. December. '

Urban hatte fih auf Nasz6d, Jablonsoky auf Biftris zurüdgezogen. Letzteren verfolgte Bem felbft auf beiden Zweigen der Biftriger Straße, während er bie Verfolgung Urban' s dem Oberſt Riczko überließ. Tag und Nacht wurde marfchirt und ben Truppen faum einige Stunden Raft gegönnt.

Gefechte bei Biftrig und Maszöd am 81. December 1848.

Am 31. December Morgens langten Bem und Riczko jener vor Biftris, dieſer vor Naszoͤd an. Sie nahmen beide Orte nad) kurzem Kampfe. Die Kaiferlichen hatten ſich vor beiden Drten in Schlachtordnung und ihre Truppen dem Terrain gemäß vertheilt; ihre Artillerie verfuchte durch wohlgezieltes und gut er« haltenes Yeuer Bem’s und Riczksé'6 Truppen zu erfchüttern. Diefe aber ftürzten fich, gefchügt durch unfere Artillerie, mit gefälltem Bajonnet auf die feindlichen Maſſen. Bald war der Gegner ges worfen, indem wir den Kaiferlichen kaum Zeit ließen, ſich zu fams meln und ihren demoralifirten Truppen neuen Muth und neue Kraft einzuflößen. Der walladhifche und ſaͤchſiſche Landſturm hatte ſich in Bolge der häufigen bie Kaiferlichen treffenden Niederlagen aufgeloͤſt und fo waren bie fchlimmften Gegner Bem's: die ungeheure Kälte und die Abmattung feiner Truppen.

Diefe waren von Klaufenburg bis Biftrik und Naszod in einem Athem marſchirt, hatten böchftend einmal aın Tage warme Speifen genofien, bei 20 Grad Kälte zweimal auf freiem Felde campirt und zwei Gefechte befanden. Dazu war Bem' ber größte Theil feiner Munition ausgegangen und die Nachſendung berfelben aus Nagy⸗Banya war noch nicht erfolgt. Er mußte alfo den

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Seinigen in Biftrig und Naszod eine furze Ruhe gönnen, aber auch diefe wurde benutzt, die Truppen zu Fleiden, die Armatur aus⸗ zubeffern, in Biftrig und Umgegend alle vorhandenen Waffen ein⸗ zufammeln und zugleih den Feind durch flarke Recognoscirungs⸗ Batrouillen forfvährend zu beunruhigen. Als die Munition eintraf, blieben Biftrig und Naszod durch die Brigade Riczkoͤ's beſetzt, Dem aber rüdte gegen Tihucza vor.

Gefecht bei Tihueza am 3. Januar 1849.

Tihucza liegt im Biſtritz⸗Thale, welches fi hier bie zu einer fehr geringen Breite verengt und durch bie mehrere taufend Fuß hohen, nördlichen und füdlichen Gebirge zu einem Gebirgöpafie ges ftaltet wird, welcher vorzüglich in diefer Jahreszeit von feiner Seite umgangen werden fann und bie fchmale in die Bufowina führende Straße vollfommen beherriht. Es fehlen dieſem Orte, um ein zweites Bard zu fein, nur die Feſtungswerke. Tihucza mußte alfo um jeden Preis genommen werben, wollte man bad noͤrdliche Siebmbürgen behaupten.

Der 3. Januar war Zeuge eines Kampfes, welcher fa von früh Morgens bis zum Abend dauerte, nur nach mehrmaligen ener- gifchen Bajonnetangriffen der Ungarn den Sieg gewährte und bie Kaiferlicden zum unordentlichften Rüdzuge nad der Bukowina nötbigte. Sie hatten bier mit der letzten Anftrengung ber Bers zweiflung , nicht mehr für den Befig des Landes, fondern für ihre militärifche Ehre kaͤmpfend, Alles aufgeboten, um ihre Stellung zu behaupten, allein ihre Anftrengungen fcheiterten ſaͤmmtlich an dem felfenfeften Willen Bem's und dem Heldenmuthe feiner Truppen, welche fein Zurüdweichen mehr fannten. Die feindlichen Pofltionen wurben erflürmt, und ber legten Kraft der Berzweiflung folgte auf

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Seiten der Kaiferlichen bald jene Apathie, welche in ſolchen Kriſen nie ausbleibt. |

Die Beinde warfen Gewehre und Torniſter weg , flohen einzeln oder haufenweiſe in bie Wälder, aus welchen fie Hunger unb Kälte bald zur Ergebung an bie fiegreichen Ungarn trieben, alle Bande ber Disciplin loͤſten ſich, und bie ohne Gewehre, ohne Batrontafchen und ohne Tornifter, barfuß und mit erfrorenen Gliedern in Efernos wig einrüdenden Kaiferlihen, für beren Bekleidung fogar in ber Bulowina Sammlungen veranflaftet werben mußten, konnte man nicht füglich mehr eine Armee nennen. Eo gab Feine öfterreichifch- fiebenbürgifche Rorbarmee mehr, und Bem war Herr bed ganzen nördlicdyen Landestheiles.

Wardener hatte fi) am 25. December durch Thor da nach Karlöburg (Alba Carolina) zurüdgezogen. Bem's Zwed war erreicht ; in drei Treffen und einigen weniger bedeutenden Gefechten hatte er die kaiſerliche flebenbürgifche Nordarmee vernichtet, den ganzen nörblichen Theil des Landes erobert und dem Feinde das Wiederauftreten auf biefem Kriegsſchauplatze fir mehrere Wochen unmoͤglich gemacht. | Der Beſitz von Biftrig und die Sperrung bed Borgoer Baffes fiherte Bem erft bie bioher errungenen Vortheile. Er erhielt dadurch eine natürliche Bafis im Lande und Eonnte, auf Klauſenbur g umd Biſtritz geftügt, mil anfehnlicher Macht gegen die Hauptlinie ber Deſterreicher im Kekel⸗Thale Front machen und ih Hermanns ſtadt als naͤchſt zu erreichended Object erwählen. Seine linke Flanke war durch die Szekler, feine rechte burch bie Befagung von Thorda und Klaufenburg ganz gebedt und feine Zufuhren von Nagy- Bänya. unbehindert. Es war alfo der wahre Anfang der Operationen mit ber Befignahme von Biftrig in Siebenbürgen gewagt.

1

Oberſt Riezko blieb mit dem Bataillon Alerander-Infanterie und ber Divifion CoburgsHufaren, dam 6 Geſchuͤten in Bis frip und Umgebung zurüd, und Bem marfchirte nad) Marcos Bifärhely, wo er am 13. Januar eintvaf. Die geringe Faiferliche Beſahung war fihon auf bie Kunde von ber Einnahme Bikrig’e durch Dem in aller Eile auf Mediaſch abmarfchirt, ohne auch nur das Erfcheinen der Avantgarde bed Bem'ſchen Corps abzuwarien.

IV,

Schlacht bei Galfalva 17. Jänner 1849. Gchlacht bei Hrrmannftabt 31. Jänner. Betrachtungen. Treffen Bei Stolzenburg 30. Jänner. Dem’s Lage. Wecdhſel der Operationelinie. Treffen bei Galzburg 4. Februar. Rüdzug über Weißmarkt, Müplenbad, Gyäszusros nach Deva vom &, bie 7. Februar.

ESchlacht bei Gilfalva am 17. Jänner 1849.

Nach dem Borbergehenden erfcheint es und auffallend, daß bie Ratferlichen fo wenig Gewicht auf die Behauptung Maros⸗Vaſar⸗ bely’& legten. Sie überfahen ganz den Vortheil, der ihnen aus ber Beſetzung der MarodsLinie in Maro6sBäfärbely und Rarlöhurg erwuchs, umd wie leicht es ihnen hiedurch geworben wäre , nad) ein paar glücklich geführten Schlägen aus der befenfiven Lage, worein fie durch die Ichten Greignifie getvorfen waren, wieber in bie Offenfive überzugehen und Bem nach Klaufenburg zuräd« zubrängen,, in. weichem Falle bie Garniſon von Biſtrig und Um⸗ gebung verloren fein mußte. Auch konnten fie, falls fe gefchlagen

236

würben,, fi) noch immer an bie Linie ber großen Kokel und fpäter nad Hermannftadt zurüdzichen. Buchner fehlen dies audy zu fühlen denn er concentrirte raſch ſeir Korps in Hermannftadt und rüdte über Deebiafh nad Maros⸗Vaſarhely vor. Hier hatte ihn aber Bem's Abdlerflug überrafcht, und beide Armeecorps ftießen auf dem Marfche im Kleinen Kofelthale am 17. Jänner ans einander,

Puchner's Corps beftand aus 8—9 Bataillond in 2 Brigas ben, 10 Escadrons und 5—6 Batterien zu 6 Geſchuͤtzen, alfo 30— 36 Geſchutzen.

Bem's Armeecorp& war aus 51/, Bataillons, 5 Escadrons und 30 Gefchügen zuſammengeſetzt.

Das Faiferliche Armeecorp& hatte am Abende bes 16. Dicfö- Szent-Märton und Szöfefalva erreicht und im erfleren Orte dad Hauptquartier aufgefchlagen, während feine Borpoften bid Gal⸗ falva vorgefchoben wurden, um ſich hier bes Ueberganges über bie Kofel zu bemädtigen ; denn Buchner gedachte Bem in Maros Vaſarhely zu ſchlagen und ihn auf Klauſenburg zu werfen, während ber bei Biftrig gewaͤhnte Urban über Dées ber eben von den Szeklern durch ſchleunige Bacification degagirte General Gedeon mit feinem Corps über Thorda operiren follte, wie dies aus einer am Tage der Schlacht aufgefangenen Depefche befannt wurde.

Bem erwartete jeboch nicht dad Heranrüden bed Feindes, fon- dern z0g ihm am 16. entgegen. Sein Corps war eingetheilt in den rechten Ylügel unter Major Gregor Bethlen aus 11/, Bataillon, 2 Escadrons und 9 Kanonen. |

Das Gentrum unter dem Befehle des Oberften Clemens Mi kes aus 5 Bataillond , 2 Eocadrons und 12 Kanonen.

237

Der linke Flügel unter dem Major Alexander Kiff aus 1 Bataillon, 1 Escadron und 9 Kanonen. *®)

Als Referve war das Bataillon des Major Kemeny bes flimmt.

Der rechte Flügel follte am16. Bocdfalva, das Eentrum und ber linke Flügel Galfalva befegen, die Referve aber in Aboo falva übernadhten. Am 17. follte die Borrüdung gegen Küfüllövar er folgen, wo Bem den Gegner zu fchlagen verhoffte.

AS aber Bem die Dccupirung von Gälfalva durch den Feind erfuhr, ließ er die Arınee in Schlachtorbnung entwideln und ben Feind aus dieſem Orte delogiren, den er fofort befegte. Der rechte Slügel, der noch am Abend des 16. in Pocsfalva eingerüdt war, hatte über Dicfö-Szent-Märton gegen Küfüllövär zu operiren und bie linfe Slanfe des Beindes mit Umgehung zu bedrohen, während das Centrum und der linke Blügel Szöfefalva zu nehmen und den Feind auf Mediafch zu werfen hatte.

Puchner fcheint diefe rafche Borrüdung Bem’ 8 nicht erwartet zu haben, denn fonft hätte er unmöglich die Vortheile, die ihm das

*) Rechter Glügelunter Beihlen 1 Bataillon Szathmärer Freiwillige ,

2 Gompagnien der Wiener Legion,

1 Divifion MatthiassHufaren,

11/2 Batterie Sechspfuͤnder, 9 Kanonen. Gentrum unter Mikes 1 Bataillon Szekler,

4. Honved » Bataillon,

1 Escadron Szefler

N lem | Hufarn

3 Batterien Sechepfünder, 13 Kanonen. inter Flügel unter Kiff 37. Honved : Bataillon,

1 Escatron Szekler⸗Huſaren,

11/2 Batterie, 9 Kanonen.

133

Terrain zwifchen Galfalva und Pocs falva bot, fo unhenügt liegen laffen fönnen. '

Galfalva liegt an der Eleimen Kofel und dehnt ſich am linken Ufer des Fluſſes auf die Höhen hinan, bie bie ganze Flaͤche ded rech⸗ ten Ufers behertſchen, und eine woriheilbafte !Bofition für bie Artilletie bilden. Richt minder gänftig für Auffelung von Ge he if ber Bergabhang, zu befien Fuͤßen Pocofalva liegt, und welche beide das Thal der Kokel und bie von Abbefalva kommende Straße beftreihen. Zwilchen beiden Orten erftredt ſich ein natür⸗ licher, mit Geftrüpp bewachfener Ravin, ber fich vorzüglich zur Aufs ſtellung von Infanierie eignete. Hätten die Kaiferlichen diefe Abs fchnitte befeht fo Hätte ed ein Treffen gekoſtet, um in ben Beſiz Pocéfalva's zu gelangen, und die Schlacht hätte für fie ganz andere Chancen genommen. So aber verfäunmten fie died und ließen ſich fhon am 16. Abends in Bocsfalva überflügeln.

Die Nacht des 16. verging unter fortwährenbem Geplaͤnkel und ben Redereien ber beiderfeitigen Batrouillen. Am 17. Morgene rüdte bad ganze Corpo Bem’s zum Angriff vor, da bie Kai ferlichen , noch ehe das ungarifche Eorpe ſich in Bereitichaft zur Schlacht gefegt, daflelbe veranlaßt hatten Gälfalva zu räumen.

Oberſt Mikes ließ die Batterien des Centrumo vor dem weſt⸗ lichen Ende des Ortes auffahren und entwidelte bie Truppen en ordre de bataille.

Die Kaiferlichen ließen gegenüber eine Batterie auffahren, Die aber durch unfere Artillerie nad) kurzem Kampf zum Schweigen ge bracht und durch das unerſchrockene Borrüden der Szekler zu retiri- ren gezwungen ward. Die Seller rädten immer entichlofiener vor- wärts und, vertrieben die feindliche Infanterie aus bem Orte. Gal⸗ falva war wieber in unferer Gewalt, und Oberft Miles verfolgte

2389 ——

ben Beind gegen Szoͤſkefalva. Der linfe Flügel befegte bie ſuͤdlich gelegenen Anhöhen während ber rechte Fluͤgel aus feiner vortheil⸗ haften Poſition bei Pocſsfalva dem Feinde durch feine Batterien ers heblichen Schaden zufügte. |

Die Kaiferlichen faßten vor Szöfefalva erneuert Stellung, zogen ihre Referve aus Dicfd-Sgent-Märton an ſich umd began- nen einen hartnädigen Kampf. Linieninfanterie und ©renabiere ſtuͤrmten wieberholt an unfere Linie heran , wurben aber ſofort durch den faltblütigen Muth der Szefler und das Kemeny’iche Bataillon zurüdgemworfen. Unſere Artillerie richtete großen Schaden unter ben feindlichen Gefchügen und ben Infanterie » Waffen an, und der mehr, ftündige Kampf neigte fich ſchon auf die Seite der ungarifchen Waffen. Da defilirte unfer rechter Flügel in einer anfehnlichen Eolonne aus Pocsfalva gegen Dicfö- Syent-Märton,und ber Feind, beforgt, am linfen Ylügel umgangen zu werben‘, trat den Rüdmarfch an, indem er jedoch eine Divifion Savoyen» Dragoner gegen unferen rechten Ylügel zur Attaque disponirte. Diefer ſchon an fich fehler: bafte, weil gegen eine dominirende, in der Front durch den zwar zu⸗ geftornen Fluß, aber durch mit Geſtruͤpp bebedte Ufer gelicherte Stellung unternommene Angriff wurde burch das verheerende Beuer der Artillerie des rechten Fluͤgels und die Wirfung ber Tirail⸗ leurs am Flußrande gleich im erfien Anrüden abgefchlagen.

Das Centrum hatte, als ber Feind zu weichen begann, burd) die Szekler einen Bajonnetangriff bewirkt, der auch das noch bei Szöfefalva fiehende Grenadier» Bataillon zum Weichen brachte, und bie raſch nachrüdenden Wilhelm und Szoͤkely⸗Huſaren vollen, beten die Rieberlage des Feindes, indem fie bie in Unorbnung gerathene Zufanterie unabläffig vor fich bertrieben. Der Rüdzug bes Feindes artete nun in regellofe Flucht aus: Infanterie, Cavallerie, Artillerie

2310

durcheinander , wetteiferten, wer früher ben Hieben ber Hufaren mt geben folle , bie Generäle entfernten ſich am Erften, und dies Eorps madhte erft im regellofen Haufen anlangend ben 18. in Mediaſch Halt, jedody nur um nach ein Baar Stunden Raft auf's Reue nad) Hermannftabt aufzubrechen. \

Unfer linfer $lügel und die Eavallerie verfolgte fie noch am 17. bis nad) Balazstelke. Bei diefer Gelegenheit ereignete ſich ein interefjanter Ball, der wegen ber dabei bewiejenen Bravour und Ent⸗ fhlofienheit immerhin Erwähnung verdient.

Oberlieutenant Hepperger von Max⸗Chevaurlegers benügte den Augenblid der allgemeinen Verwirrung in Szöfefalva, um fid mit feinem Zug in einen Hinterhalt zu poftiren und Bem, ber bei folcher Gelegenheit ſtets an der Spige der Berfolgenden zu fein pflegte, niederzuhauen, Er warf ſich beim Erfcheinen des Letzteren mit feinem Zug auf die Seite Bem's und trachtete, ſich zum Feldherrn Bahn zu brechen. Seine Kühnheit mußte er gber hart büßen, benn während Ma⸗ jor Kiſs ihn in der Front befchäftigte, hieb ihm Graf Alerander Teleky ben Helm entzwei und verfeßte ihm noch einen zweiten Hieb auf den Kopf , fo daß er vom Pferde fanf und zum Gefangenen gemacht wurde feine übrigen Gefährten wurben theild gefangen, theils niedergeinacht. Der rechte Flügel unter Major Bethlen befepte Kuüfullövär.

Die Kaiferlihen verloren an Tobten und Verwundeten an 150 200 Mann; mehr ald 200 wurden gefangen. Der Berluf der Ungarn betrug 70— 90 Mann.

Bem wußte den errungenen Vortheil nach feiner Art mit Ers folg zu benüpen. Er überließ die Gefangennehmung der einzelnen im Gebirge zerfprengten Blüchtlinge feinen Nachzuͤglern und eilte mit feinem Corps dem Feinde auf dem Buße nah. Am 18, befepte er

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Mediaſch, am 19. Stolzenburg, zwei Stunden von Hermanns ftabt, und beorderte ben Oberftlieutenant Cze tz aus Thorda eben falls in dieſe Linie, um durch defien Brigade verflärkt, ben Angriff auf Hermannftadt zu wagen.

Oberftlieutenant Czeb hatte während biefes Zeitabfchnittes Thorda und befien Umgebung vor den Anfällen ber Wallachen ges ſchuͤtzt, ohne jedoch die traurigen Scenen der Einäfcherung von Nagy⸗ Enyed und Sara verhindern zu fönnen. Er marfchirte bei Erhalt von Bem's Befehl am 17. Jänner von Thorda nad Elekes, am 18, nad) Syancfal, befebte am 19. Balasfalva, welder Ort von ben wallachiſchen Landſtuͤrmlern verlaffen worden war, ‚und fepte, nad) Rüdlaffung von 2 Compagnien des 31. Honved» Bataillon als Befagung, am 19. in Folge einer neuen, durch Rittmeifter Albert Lazar überbrachten Depefche den Marfch auf Holdviläg und am

20. nad) Bizafna fort, wo er in ber Nacht befielben Tages um

2 Uhr eintraf. Bem hatte mittlerweile feine Truppen in Stolzen⸗ burg gefammelt und wollte ihnen einen Tag Ruhe gönnen, che er am folgenden Tage ben Hauptichlag auf Hermannftadbt untemahm.

Schlacht bei Hermannftadt am 21. Iänner 1849.

Hermannftadt liegt im Thale der Cibin auf den legten Ab⸗ hängen des nördlichen Zweiges ber Kerbunar⸗, Cſoͤva⸗ und Gu⸗ pärisBerge. Die Stadt iſt, wie alle ſaͤchſiſchen Städte Siebenbürs gend, von Ringmauern umgeben, deren in gewifien Entfernungen beroorfpringende Thuͤrme die Linie der Courtinen wie bei regelmäßigen Befeftigungen beftreichen, und welche größtentheil® gut erhalten, nur auf der einen gegen Schellenberg offenen Seite ber Stadt durch provis forifche Befeftigungen erfegt waren. Auf ber Sübjfeite fließt bie Eibin und bient bort als Wallgraben. Was aber Ratur und Nachlaſſen⸗

u. 16

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ſchaft des Mittelalters verſaͤumt hatten, das erſetzte bie Kunſt ber Neuzeit, und man muß geftehen, daß bie öfterreichifchen Ingenieur, unterftügt von den fanatifirten Sachſen, aus biefem zun Theil offes nen Orte eine fo ftarfe provijorifche Feſtung gemacht hatten, daß nur die Kuͤhnheit und ber rafche ftrategifche Ueberblick des General Bem ed unternehmen fonnte, biefen wohlbefeftigten place du moment ohne förmliche Belagerung nehmen zu wollen. Alle Borfäpdte, welche jenfeitö der Eibin liegen, zum Theil durch Sumpf und naffe Gründe gebedt, waren mit Feldwerken umgeben, welche nicht nur ale Eommunicationslinien und Eingänge beherrſchten, fondern ſich auch gegenfeitig beftrichen und nur einen Zugang von jeder Seite unter wohl angebrachten Kreuzfeuer geftatteten. Außerdem wurden diefe Schanzgen von den auf den Wällen und Thürmen poflir- ten Geſchützen vertheidigt. Ein Kreis von Rebouten, Kronwerfen und gefchulterten Blechen umgab Hermannſtadt von Schellen- berg über Hammersdorf bis Neppendorf; alle Gaflen ber Stadt waren verpallifadirt oder durch Verhaue, Tambours, welche an manchen Stellen doppelt und dreifach hintereinander lagen, ges ſchloſſen; die Plattformen der alten Thürme hatte man in Stand ges ſetzt, neue errichtet, und alle mit 18: und 2A pfündern bepflanzt, bie Bruftwehr auf den Ringmauern zur Vertheidigung hergerichtet und Bankets, Schießfcharten u. |. w. gemacht, Fury Hermannſtadt war ganz paffend zu einem wohlbefeftigten Sauptmunitiond- , Vers pflege» und Armirungs-Depöt der Faiferlidhen Suͤdarmee eingerichtet worden. Auf der Nordſeite der Stadt erftredt fi auf Kanonen⸗ ſchußweite eine Kleine Ebene, welche nach allen Richtungen von Ab⸗ zugsgräben burchfchnitten, mit Weiden und Geftrüpp bepflanzt if. Diefe Ebene wird von ben Gebirgs⸗Abhaͤngen bei KRiscfür, Nagycſür und Hammersdorf vollfommen beherrfcht. Die Haupt

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ſtraße zieht von Stolzenburg über Großſcheuern Magycſür) nach Hermannſtadt, eine Vicinalſtraße von Salzburg (Vizakna) über Kleinſcheuern GKiscſuüͤr) eben dahin.

Es fehlte nicht viel daran, daß dieſer wohlbefeſtigte, mit allen Vertheidigungsmitteln wohlverſehene, den groͤßten Theil der kaiſerlichen fiebenbürgifchen Suͤdarmee beherbergende place du moment von General B em mit feiner Hand voll Leute erobert worden wäre. Es iſt aber die moralifche Nachwirkung wohlbenügter Siege, daß gefchlagene Trup- pen felbft in der Ueberzahl und von Mauern und Erbbefeftigungen gefchügt dem muthigen Angreifer feinen großen Widerftand entgegen zu feßen vermögen. Die geiftige Abfpannung, die Auflöfung der Bande ded Gehorſams war in Bolge ter nimmer raftenden Verfol⸗ gung Bem's unter der Garniſon Hermannſtadt's bis zu einem folchen Grade gefteigert worden, daß die Faiferlichen Offiziere, die ans gewohnte Suborbination vergeffend, am 20. Januar eine Berfamms lung hielten, in welcher fie Buchner für einen Verräther erflärend, den Generalmajor Ralliany aufforderten, dad Commando zu uͤber⸗ nehmen, indem F.⸗M.⸗L. Caftiglioni ſich deſſen geweigert hatte, ſchließlich aber doch Puchner wieder aufforderten, die Vertheidigung zu leiten.

Aus dem Geſagten ergiebt ſich, daB Bem auf die moraliſche Niedergeſchlagenheit der Beſatzung richtig gerechnet hatte, daß aber feine Berechnung an der Unzulaͤnglichkeit feiner Mittel ſcheitern mußte. Um dies anfchaulicher zu machen, müffen wir den Beſtand beider Armeen vergleichen und wir werden daraus bie Ueberzeugung entnehmen , daß das Refultat, den Ball einer ſchmaͤhlichen Flucht des Beindes ausgenommen, eben kein anderes fein fonnte, als das wirk⸗ lich erlangte: naͤmlich ein ehrenvoller Rüdzug Bem’s von ben Mauern Hermannftabt's.

- 16°

24

Bem's Armee beftand am 21. Januar 1849 aus:

Infanterie: 81/, Batallond . 2 0 2 .. 4500 Mann. | Eavallerie: a Escadrond Hufuren 2. 2 2 2 002.450 , Artillerie:

21/3 Batterien Sechöpfünder . « » 2... 18 Gefchüte. Die unter Oberftlieutenant Czetz anrüdende Brigade:

Infanterie: 12/; Bataillon 2 2 2 2 20202000. 1500 Mann. Eavallerie: 2 Escadronsss... 2356, Artillerie:

1 Batterie Sechöpfünber 1 Dreipfünder Somit der ganze Beftand: Snfanterie © 2 2 0 2 2 2 2 2 2 26000 Mam. Cavallerie . oo 0 0 Een 6, Artillerie . . . 220.30 Sefchüpe. Die Faijerliche Südarınec in Sermannfatt zählte: 3 Brigaden Infanterie, wenigfiend - . - . . 9000 Mann. 1 Brigade Eavallerie . © 2 2 22000. 200 5 Artilterie : Seldgefhüße > > 20 2 en 30 Stüd, n Vofttionsgefhüge . . . . 2 Zufammen 11,000 Dann und 54 Geſchuhe. Dazu laͤßt ſich rechnen die mobile Hermannſtaͤdter und ſonſtige ſaͤchſiſche Nationalgarde mit 4000 Mann, welche in's Feld rückte und ſich an der Schlacht betheiligte, wogegen wir ein paar Taufend

12 Geſchuͤtze.

248

wallachiſche Landſtuͤrmler, fo wie 150 wallachiſch⸗ ſaͤchſiſche Lanziers als ohnedies unbrauchbare Soldaten gar nicht mit rechnen.

General Bem war fon in der Nacht des 20. Januar nad Großſcheuern vorgerüdt und hatte bie Faiferlichen Borpoften von hier vertrieben, zugleich aber einen Ordonnanzoffizier an den Oberftlieus tenant Czetz nah Salzburg gefandt, um ihn von dem am folgenden Tage vorzunehmenden Angriffe in Kenntniß zu fegen, diefer Offizier war aber in der Nacht vor der Anfunft der erwähnten Colonne alls dort angefommen , hatte in den erften Häufern des Ortes erfahren, daß fid noch eine Faiferliche Salzwadje da befände, und war unvers richteter Sache umgefehrt. So kam es, daß Bem fchon am 21. früh Morgens das Gefecht begann, ohne daß Czetz genaue Nach⸗ ridyt davon hatte.

Bem's Armeecorps formirte ſich in Großſcheuern in Marſch⸗ ordnung und rückte gegen Hermannſtadt vor. Bem fchlug bie Entmuthigung des Feindes fo hoc, an, daß er jeden Augenblid das Erfcheinen eined Barlamentärd erwartete. Auch die Stadt glaubte an eine Uebergabe, und der größte Theil der Hauptreactionärs hatte fich bereit mit allem Gepäde, fowie den Kriegs» und ſaͤchſiſchen Univerſitaͤts⸗ Kaſſen nach dem Rothenthurm⸗Paſſe aeflüchtet. Ale aber drei Mediafcher Einwohner, welche ihre Landeleute in Hers mannftabt zur Uebergabe auffordern follten, indem fie ihnen die humane verföhnfiche Handlungsweife Bem’s in Mediaſch mittheils ten, unverrichteter Sache zurüdfehrten, da war die Schlacht des fchloflen.

Major Alerander Kiſs ſollte den linfen Flügel, Oberſt Miles das Centrum commanbiren, während ber rechte Ylügel durch bie Brigade Eye gebildet werben follte.

—— 246

Die Kaiſerlichen hielten mit ihrer Infanterie die vor und in den Vorſtaͤdten gelegenen Verſchanzungen, mit ihrer Cavallerie die Ebene gegen Hammersdorf beſetzt. Die große Maſſe Nationalgarden ſtand zwiſchen Hermannſtadt und Hammersdorf auf der Straße. Am linken Flügel commandirte Loſenau, am rechten Kalliany, im Centrum Puchner. Von der Aufſtellung der Kaiſerlichen war theils wegen des dichten Nebels, theils wegen der vorhandenen fünft- lichen und natürlichen Deckungen Nichts zu ſehen.

Bem's Corps ruͤckte auf der Chauſſee immer weiter vor bis an eine ungefähr 1500 Schritte von der Stadt gelegene Brüde wo die Kaiferlichen eben ihre Kernjchußweite marfirt hatten. Bem, Mikes, Kifs, alle höheren Offiziere befanden fi) an ber Tete ber Colonne. Sie wollten eben die Aufftelung der Truppen bewirken: Major Kifs den linken Flügel gegen Hammersporf Oberſt Mikes und Major Bethlen das Centrum a cheval der Chauffee, General Bem die geſammte Artillerie zu beiden Seiten und auf der Straße. Da füllt ein Kanonenfhuß und Oberft Mikes liegt tobt auf der Erde, ein zweiter Schuß ſtreckt Bem's Adjutanten Terey nieder , ein dritter tödtet dad Pferd de Major Graf Alerander Teleky. Die Truppen wurden nun rafch entwidelt und die Kano⸗ nade begann. Bon beiten Seiten wurde ein beftiges Scuer von 7 Uhr des Morgens bis 11 Uhr Mittags unterhalten, nur zeitweiſe durch die Manöverd der Infanterie und Cavallerie unterbrochen, welche erfitre in Intervallen bald en tirailleurs, bald en masse ge: gen bie feindliche Linie vorrüdte und tapfere Angriffe mit dem Bajonnet unternahm, So hatten die Wiener Legion und die Szeffer dreimal gegen bie Berfchanzungen geftürmt, mußten aber jebesinal vor dem furchtbaren Kleingewehr⸗ und Rartätfchenfeuer ber Kaijerlichen wei⸗ hen; fo hatten bie Matthias, und Wilhelm- Hufaren ein Baar

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Attaquen der feindlichen Cavallerie, die auf unſere im freien Felde ſtehenden Batterien zweimal den Anprall verſuchte, mit vieler Bra⸗ vour abgeſchlagen. Die Ungarn fochten mit dem ihnen eigeuthüm⸗ lichen, entichloffenen , bewußten Muth, die Wiener Legion mit aufopfernder Hingebung. Die junge Gavallerie ber Matthias Huſaren bielt durch volle A Stunden, auf BatteriesBeberkung ſtehend, dad furchtbarſte Kanonenfeuer, wie, eine Mauer feſtſtehend, aus. Bem’s linker Flügel und Eentrum hatten viel gelitten, 6 Kanonen waren demontirt, von der Wiener Legion über 100, von der übrigen Infanterie bei 100 Mann, bei der Gavallerie 30—40 Dann und eben fo viele Pferde gefallen. Die Munition begann zu fehlen. Bem ſah ſich genöthigt, ſich bis an die Bergiehne bei Großſcheuern zurückzuziehen. Sein linker Fluͤgel beſetzte die Weingärten bie Cavallerie blieb neben den Kanonen ſeitwaͤrts die Infanterie des Centrums ſtand en ligne ſeitwaͤrts ber Chauſſee.

In dieſer Stellung fand ihn Oberſtlieutenant Czetz, der um 11 Uhr Mittags über den Vizaknaer Berg in die Ebene Her⸗ mannftabt’6 herabrüdte. Czetz wußte zwar, baß an diefem Tage der Angriffe auf Herinannftabt unternommen würde aber er erhielt, wie wir fehen , feine weitere Diepofition. Weber Etunde, noch Drt des Angriffed ward ihm mitgetheilt. Er dachte am beflen zu thun, wenn er von Salzburg über Kleinfcheuern gegen Reps penborf vorrüdend, die Straße auf Mühlenbad) gewann und das durch den Kaiferlichen den Ruͤckweg gegen Karlöburg ober in das Banat abfehnitt wodurch diefe nothwendig gegen den Rothen⸗ thurm gebrüdt wurden. Er ließ auch jchon un 6 Uhr des Mors gend feine Truppen allarmiren,, aber die Erfchöpfung berfelben nad den langen Märfchen war fo groß, daß ungeachtet aller Anftrengungen der Offiziere der Marfch erfi um 9 Uhr angetreten werben Tonnte.

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Major Dobay marfhirte mit dem 31. Bataillon, ven Kreis Ehevaurlegerd und zwei Kanonen den geraden Weg über den Bis zafnaer Berg, Czetz felbft mit dem 11. Bataillon, Matthias Hufaren und A Kanonen. über Kleinfcheuern. Major Balffy, als der Gegend Fundig, führte die Avantgarde. Anſtatt aber ges tade auf Reppendorf vorzugehen, führte er die Truppe auf einem großen Ummege von Kleinfcheuern auf ben Bizafnaer Berg woburd beide Colonnen vereinigt, aber ber Marfch um 1 Stunde verzögert ward. Czetz rüdte nun in bie Ebene hinab. Ein taufend» flimmiges ‚‚Eljen!‘“ erfhol von den Truppen Bem's, Major Dobay rüdte muthig gegen dad Centrum. der Kaiferlichen vor, Inczédy, der Unerfchrodene, avancirte mit bem 11. Bataillon ges gen ben linfen Blügel des Beindes, und Major Böhm Ieitete das Feuer feiner Artillerie mit gewohnter Gefchicklichfeit. Der Feind wich überall in die Verſchanzungen zurüd.,

Zu gleicher Zeit ordnete Bem noch einmal die VBorrüdung des Centrums an. Diefe erfolgte auch von Seiten ber Szefler unter Hauptmann Ferdinand Szab6 und dem A. Honved » Bataillon.

Der Sturm des Eentrums warb aber abgefchlagen und dieſes begann in Unordnung gegen Großfcheuern zu retiriren, ber linfe Flügel war fhon einen Moment früher aus ben Weingärten vertrieben und zur Flucht genöthigt worden.

Als der rechte Flügel biefe allgemeine Rüdbewegumg gewahrte, blieb ihm, um nicht abgefchnitten zu werben , Nichte übrig, als ebenfalls den Rüdzug anzutreten.

Die Schlacht war verloren und Bem's junge, ben Rüds marſch im Angefichte des Feindes umgewohnte Truppen flohen: ohne alle Ordnung gegen Salzburg. Bem ließ fie laufen behielt nır bie in der allgemeinen Auflöfung noch immer gefammelte Escadron

MatthiassHufaren und eine Batterie bei ſich und wich nur Schritt für Schritt.

Die Kaiferlidhen verfolgten ihn lebhaft mit Cavallerie und Ins fanterie auch ihre Artillerie fchafften fie aus der Stadt heraus und iagten damit Bem nah. Diefer nahm nun von Strede zu Strecke auf geeigneten Punkten Poſition und hielt mit feinen 6 Geſchuͤtzen den ganzen Andrang des Beindes wiederholt auf. Bon 1 Uhr Nach⸗ mittags bis 8 Uhr Abends wich er nicht weiter, als die zwei Stuns den lange Strede von Großfcheuern nad Stolyenburg. - Hier ftellte er noch einmal feine Artillerie am Auſsgange des Dorfes auf einem gegen ben Ort fich fenfenden Bergabhange auf lief eine gerade am ingange des Ortes gelegene Brüde zerflören und ers wartete, nachdem er eigenhändig die Geſchuͤtze gerichtet, das Anrüden bes Feindes. ALS diefer im Kartätichens Bereiche angelangt war, commanbirte Bem das euer und der Feind floh in Unordnung und wagte ed nicht mehr, Bem in feiner momentan guten Pos fition zu beläfligen.

Oberftlieutenant E ze 8 .war indefien mit feiner Brigade, ohne vom Beinbe verfolgt zu werden, in Ladamos eingerüdt und brachte dort die Nacht zu.

Bon Bem’s Truppen fammelte Major Bethlen und Major Kiſso die Hufaren in Stolzenburg und bezog damit die Borpoften; von ber Infanterie waren nur ein paar Bompagnien des 55. Bas taillons in Stolzenburg geblieben alle übrigen biE N. Selyt geflohen und rüdıen erft am folgenden Tage Abtheilungsweiſe in Stolzenburg wieber ein.

Bem war bei Hermannftadt gefchlagen worden , weil er nur einen Bactor der Strategie in ben Calcul gezogen hatte, nämlich bie moralifche Riederlage bes Feindes bei Galfalva die Taktik hätte

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ihm gerathen, auch. bie gegenfeitigen Mittel in Betracht zu nehmen. Er mußte hiefür mit dem Verluſte einer Schlacht und vieler Braven büßen. Aber ſelbſt aus biefer nachtheiligen age wußte ber geniale Mann feinen Bortheil heraus zu finden denn als Alles um ihn her zufammenbrach, als Offiziere und Soldaten in paniſchem Schreden flohen, da blieb er allein geſammelt, Kalt und überlegend und rettete durch heidenmüthiges, wohlberechnetes Berfahren nicht nur fein Corps, fondern auch feinen Ruhm. Bem war gefchlagen, bie ganze Welt konnte ed erfahren und body war er eine Meile vom Haupt⸗Operations⸗Objecte entfernt er war gefchlagen,, und doch wagte ihn ber uͤberlegene fegreiche Feind in feiner Pofition nicht gleih nach dem Siege anzugreifen. Der moralifche Eindruck von Bem's bidherigen Thaten war noch immer nachhaltig ber Feind traute felbft feinem Siege nicht, und bie Bevölkerung Siebenbürgene envartete noch immer von einem Tage zum anderen bie Kunde vom Falle Hermannſtadt's.

Diefe Gründe allein rechtfertigen aud) Bem's längeres Bers weilen in der fchlechten Stellung vor Stolzenburg. Er beorberte alle Truppen von N. Selyf, die Brigade Czetz, dad Bataillon Kemeny’s ausMediafch dahin, fandte Eouriere nach Marco Vaſarhely und Klauſenburg um Munition und fchrieb an bie Res gierung um Hülfstruppen denn da im Szeflerlande noch immer feine fennbare Bervegung entſtand, fo fah er wohl ein, daß er mit feinem kleinen Corps fo ausgedehnte Landesſtrecken, als bie er bis jest erobert, nicht zu gleicher Zeit befchirmen und. offenfive agiren fonnte, |

Acht Tage vergingen, ehe der Feind Bem in feiner neuen Stel⸗ fung zu beläfigen verfuchte. Diefer benügte bie Zeit zur Concentri⸗ rung feiner Truppen, zur Herftellung ber Disciplin buch ein paar

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über Offiziere verhängte exemplarifche Beftrafungen und zur Herbeis ſchaffung der fo nothwendigen Munition aus Mediaſch und Ma⸗ ros⸗Vaſarhely zugleich wurben die bemontirten Kanonen aus⸗ gebefiert und überhaupt alle Anftalten zum Empfang des Feindes getroffen.

Treffen bei Stolgenburg am 30. Januar 1849.

Der Feind ftellte feine Bortruppen in Großſcheuern auf, bes feste Vizakna und. ließ Bem nur durch Patrouiflen beunrnbigen. Er arbeitete an einem Plane Bem mit feinem ganzen Corps in Stolzenburg gefangen zu nehmen,

Bem's Korps beftand aus:

Snfanterie © oo 0 0 2 0 2 32200 Mann. Eavalere 2 0 0 rennen. 600 Artillerie . . . .. 23 Gefüge,

Die Kaiferlichen hatten ihre Gefammifärte noch durch das Corps Gedeon'o verſtaͤrkt, das am 22. in dermannfabt einges rücdt war.

Am 30. Januar rüdte Buchner mit feiner gefammten Macht ges gen Stolzenburg vor. Zwei Brigaden mit einer 12 und einer 18, pfündigen Batterie marfchirten auf der Hauptfiraße zum Frontalangriff, eine Brigade mit der großen Maſſe von Rationalgarten rüdte von Vizakna im Thale des Ladamos ⸗Gießbaches in der rechten Flanke, eine halbe Brigade von Kakasfalva fiber tie Gebirge in der linken Flanke vor, und eine halbe Brigate war von dem letztgenannten Orte nad) Rüzs marfchirt und hatte die gleichnamigen Höhen im Rüden Bem's defekt. Die Kaijerlichen hatten alfo Bem von allen Seiten umzingelt und gedachten ihn in der Maufefalle von Stolzen⸗ burg zu erbrüden ober zu fangen.

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Gegen ein Uhr Nachmittags meldeten bie ausgeſandten Pas trouiflen dem General das Heranrüden bed Feindes. Bem's Trup⸗ pen waren auf ben erſten Allarınfchuß in Reih’ und Glied und wurs ben wie folgt vertheilt:

Das 4, Honved-Batalllon beſetzte die Höhen vor ber Front;

dad 55. Bataillon erhielt die Aufgabe, den Yeind auf ber rechten, .

das Kemeny’fche ihn in der linken Flanke zurüdzumerfen;

dad 11. und 31. Bataillon mit einer Escadron Matthias: Hufaren und 6 Kanonen hatten gegen Rüz6 zu agiren, während die übrige Eavallerie als Referve im Orte ftehen blieb.

Um zwei Uhr Nachmittags begann von beiden Seiten eine fürchterliche Kanonade. General Bem, welcher gegen das feind⸗ liche Centrum operirte, fügte demfelben mit feiner Artillerie nach und nach folchen Schaden zu, daß die Faiferliche zeitweilig ſchweigen mußte, biß fie nämlich die bemontirten Geſchüͤtze durch andere erſetzt hatte, Vergebens ftrebte der Feind mittelft Granaten den Ort an- zuzünden, die Reiben der Bavallerie zu lichten, ober durch Bajonnetangriffe die Infanterie von den Höhen herab zu wer⸗ fen. Bem ftand unerfchüttert im bdichteften Kugeltegen, feinem Beifpiele folgten bie Truppen. Keiner wich vom Plage, Bis 4 Uhr « Nachmittags hatte der Feind nicht einen Zoll breit Terrain gewonnen, im Gegentheil war es Czetz gelungen, durch ein mohlgerichteted Feuer die Geſchuͤtze der faiferlihen Halb»Brigade in Ruͤzs zu de montiren. Freiwillige Compagnien des 11. Bataillond hatten, auf Händen und Füßen kriechend, den fleilen Berg, auf welchem jene Batterie ftand, erfloinmen und waren eben im Begriff, fi der Ge⸗ fchüge zu bemächtigen, als der Feind es für gerathen hielt, feine Stel- lung zu verlaffen und in die Wälder zu flüchten, Kaum gewahrte

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bad Bataillon Kemeny auf der linken Slanfe, daß der im Rüden flehende Feind geworfen fei, fo ging es aus der Defenfive zur Offen- five über und griff den ihm gegenüberfichenden Yeind mit dem Ba⸗ jonnet an, worauf diefer nah Kakasfalva zurückwich. Das 55. Bataillon hielt auf der Flanke die Angreifenden derart im Schach, daß fie troß ihrer großen Ueberzahl ſich nicht einen Schritt vorwärts wagten und fogar bei einbrechender Nacht ihren Rüdzug antraten. Die fächfifche Loͤwenſchaar hielt es nicht gerathen,, den jungen Hon⸗ véds in's Auge zu bliden, und ſuchte lieber warmes Duartier in Salzburg. Im Eentrum kämpfte der Beind hartnädig fort, aber alle feine Anftrengungen, durch ein überlegenes Artilleriefeuer ben Eingang in den Ort zu erzwingen, fcheiterten an der Kaltblütigfeit Bem's und feiner Braven. Um 6 Uhr war das Treffen zu unfern Gunſten entfchieden, doch ward bis 8 Uhr Abende fortgefämpft.

Die Kaiferlichen bivouakirten in den Waldungen bei Groß⸗ fheuern. Bem dachte indeß an die Benügung des errungenen Bortheils.

Am Morgen des 31, ließ er alle feine Truppen audrüden und fhidte den Oberftlieutenant Kemeny mit der ganzen Infanterie auf ber Hauptftraße gegen Großſcheuern, während er ſelbſt mit der Gavallerie und Artillerie fi) im Ladbamos» Thale gegen Bizafna wandte und nach einem halbftündigen Marfche die Höhen erklim⸗ mend, den Kaiferlichen auf halbem Wege zwifchen Großſcheuern und Stolzenburg auf gleicher Linie mit Vizakna in der Flanke erfhien. Durch died Manöver ſahen ſich die Kaiſerlichen genöthigt, auf alle etwanige Abfichten zur Erneuerung ihres Angriffes zu ver- zichten und ſich fchleunigft nach Hermannftadt zurüdzuzichen, wohin ihnen fonft der Weg abgefchnitten werden konnte, Wir ließen

fie rubig zichen.

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Bem hatte indeflen während des letzten Treffens eingefehen, daß er in der That zu ſchwach fei, einer fo bedeutenden Uebermacht auf längere Zeit die Spitze bieten, oder jelbft in dieſem Yale etwas Erhebliches unternehmen zu fönnen. Deshalb entfchloß er fich, Die Operationslinie zu wechfeln und jene Verflärfungen, die Ihm bie Re⸗ gierung über Arad zu fenden verfprochen, in einer Defenfio-Stellung bei Salzburg zu erwarten, Zur fohleunigen Herbeirufung der⸗ felben entfendete er ein Detachement unter Oberftlieutenant Kemeny am 1. Februar über Vizakna, Szerdahely (Reißmarkt), Szaszſebes (Mühlenbad) und Syäszväros nad Deva, wo ſich dieſes mit den aus Ungarn anlangenten Berfärfungen zu vereinigen und mit ihnen in Eilmärfchen zuruͤckzukehren, oder ihr Eintreffen abzuwarten hatte, Dieſe Bewegung mußte jedoch masfirt werden, wenn man anders die Verbindung mit Mediafch noch auf einige Zeit erhalten wollte,

Daher marfchirte Czetz am 1. Februar mit dem A. Honved⸗ Bataillon , der Abtheilung Krefd-Chevaurlegers und 6 Kanonen ges gen Großſcheuern vor; Kemeny mit dem 11., dem 55. Hons véd⸗Bataillon, einer Edcndron Matthias Hufaren und 6 Sechs⸗ pfündern über Bizakna nah Szerdahely, die Avantgarde Bem’s bildend, während das Grod Bem’s auf Salzburg z0g. Czetz warf die feindlichen Vorpoften aus Großſcheuern, allarmirte die Faiferlichen Bortruppen und bradyte fie derinaßen in Unordnung, daß er, ohne einen Schuß zu thun, in Großfcheuern einrüdte, an AO Gefangene machte, mehrere Munitionsiwägen und Gewehrverfchläge erbeutete und nad) Allarmirung ber Hermann⸗ ſtädter Garniſon und nachdem er mit ciner feindlichen Brigade ein Gefecht angefponnen, ſich fechtend bis zu dem Punkte zurüdzog, wo ber Vizaknaer Weg fich von der Chauffee trennt. Alsdann ent-

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308 er ſich burch eine rafche Seitenbeiwegung bem Auge des Feindes in den Wald und marfchirte, da feine Aufgabe erfüllt war, nad Bizafna; General Beim war unterdefien mit feinem Fleinen Corpe, aller Artillerie und Munition in diefen Ort eingerüdt und hatte feine Borpoften ausgeſtellt; der getäufchte Feind aber fegte fi) in Groß⸗ feuern feſt.

General Bem's erfie Sorge war, in Bizafna- eine foldye Bofition zu fuchen , in welcher er den Angriff des überlegenen Fein⸗ bed ruhig erwarten und fich fo lange als möglich halten koͤnne. Er fand dieſe in Vizakna's nächiter Umgebung. Diefer Drt liegt, gleih Stolgenburg, in einem Bergkeſſel, nur daß Vizakna von Bergen umgeben iR, welche nach der Richtung von Kleinfcheuern und Hermannftabt ih in der Weite eined Kanonenfchufies öffnen. Mit diefer weiten Thalöffnung beginnt die Hermanns ſtaͤdter Ebene, auf welcher fi als einzige Erhebung auf der Mitte bes Weges nach Hermannftadt ein die ganze Plaine dominiren⸗ ber Berg findet. An der Ausmuͤndung jenes Thaled vor Bizafna liegen Salzgruben und ein Salinenbad , durdy welche dad Terrain mit kraterartigen Vertiefungen verfehen wird, in denen ganze Infan⸗ teriesBataillond und ein bis zwei Cavallerie⸗Escadrons aufgeftellt, Platz finden fönnen , ohne von einem auf der Ebene heranruͤckenden Feinde geiehen zu werden. Die Eeiten diefer Vertiefungen werben durch Berge begrenzt, von denen aus man bie ganze Ebene beftreichen fann. Bor den Ealzgruben war ein breiter Fahrweg gelaffen, welcher an ber Feldſeite von einem tiefen Graben begrenzt und auf der Hermannfläbter Straße mit einem Erdaufwurf verfehen war. Man brauchte nur den Graben etwas zu erweitern und zu vertiefen, um aus ihn einen fürTirailleurs brauchbaren Jägergraben zu machen, und es beburfie nur geringer Arbeit, um ihn zu einer Tedung für

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hinter ihm poftirte Kanonen umzuwandeln. Das geſchah denn auch am 2. Februar unter perfönlicher Leitung Bem's, welcherauf geniale Weiſe das Vorhandene zu benuͤtzen, das Ungenügende durch Kunft in etwas Zwedinäßigered umzuändern verftand. Roc, an bemfelben Tage wurben die Truppen in ihre Stellungen vertheilt; ein Theil bivouakirte an dieſem, ber andere am folgenden Tage dort. Am 3. ward eine forcirte Recognoscirung gegen Hermannftadt unternommen und bie Zeit mit ſolchen Vorbereitungen zugebracht, als ob es zum Angriff gehen follte, obfchon Niemand ernfthaft an die Möglichkeit eines fol chen dachte denn Bem's Truppen waren nah Kemeny’s Ab marfch auf eine ſehr ſchwache Brigade reducitt. Sie befanden aus 3 Bataillond und 3 Escadrond ;*) dazu 24 Geichüge, unter denen fih eine Bavallerie- Batterie befand. Zieht man vom obigen Etnide die Kranfen und Berwinteten ab, fo wird man mit Staunen gewahr, daß Bem am Tage der Schlacht bei Bizafna kaum 2000 Mann zu feiner Berfügung hatte, und doch mit biefer geringen Zahl, fowohl in der Schlacht, als auf dem folgenden ruhmolten Rüdzuge dad Auege zeichnernt leiſtete.

) Infanterie:

Das vierte Honved: Bataillon . - 0... 800 Rann Kemeny’s Bataillon > 0 0 rn 400 4 Sompagnien des 31. Bataillon nen. 300 Wiener Legion . . . 2 0. ne BO Summa 1730 Mann Eavallerie: Bine Escadron MatthiassQufaren . -. » 150 Mann Wilhelm: Hufarn . . 2 2. 100 ,, Kreis: Cheveaurlegerd . . . ... |, ER

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Steffen bei Salzburg am 4. Februar 1840.

Am 4. Februar Morgens griff Buchner mit wenigfiens 12,000 Mann und 30 Gefchügen den General Bem an.

Diefer hatte den Major Zſurmay mit A Kanonen, ber E8- cabron Wilhelms Hufaren und ben Kreſs⸗Chevaurlegers, dann zwei Compagnien bed A. Honved-Bataillond auf den linken, ben Opberftlieutenant Gregor B ethlen mit einer Edcadron Matthias Hufaren, dem 31. Honved»Bataillon und A Kanonen auf den rech⸗ ten Fluͤgel poftirt, und war felbft mit dem übrigen Geſchütz, dem Bataillon Kemeny, den ACompagnien ded A. Honved-Bataillond und der Wiener Legion im Eentrum geblieben. Auch Hatte er dem Ehef feiner Kanzlei, Major Bauer, befohlen, die Bagagewägen im alle eines Rüdzuges nicht eher in Bewegung fegen zu laflen, ale er biezu einen von Bem felbft außgefertigten fchriftlichen Befehl erhalten würde.

Die Kalferlichen rüdten bis auf Kernfchugweite an unfere Bo: fition heran, ohne baß von Bem's Seite ein Schuß fiel. Erft als diefe Diſtanz erreicht war, begann unfere Artillerie nebſt unferer in Tirailleurd aufgelöften Infanterie da& Feuer. Died dauerte vier Stunden lang, bis endlich die Kaiferlichen an ben einzelnen, wie vors bin geſagt, die Flaͤche beherrfchenden Berg zurücdwichen, nicht ohne eine ziemliche Anzahl Todter und Verwundeter, wie auch ein paar Gefchüpe demontirt und zwei Munitiondfarren eingebüßt zu haben,

Der rechte Fluͤgel der SKaiferlichen wollte unferen linken tourniren, aber Zfurmay’s Truppen vereitelten dies, indem fie fi dem Feinde fühn entgegenwarfen. Diefer feindliche Flügel wich zuerft und wurde vom A. Honveds Bataillon vers folgt, fo wie von den Krejb-Chevaurlegers, die bier auf eine Infanteriemaffe eine zwar erfolglofe, aber Tühne Attaque

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machten. Erft einige Zeit hierauf retirirte bie feindliche Mitte. Am rechten Ylügel behielten beide Theile ihre urfprünglichen Aufftellungen. Auch unfere Truppen hatten Verluſte erlitten, im Berhältniß zu unferer geringen Streitmacht bebeutend genug, und mehrere unferer Befpannungspferde damale nicht fo leicht zu ers feßen waren getöbtet worden. Nichtöbeftoweniger und ungeach⸗ tet der Bitten und Beichwörungen feiner Oberoffiziere, verließ Bem mit gewohntem Ungeftüm feine vortbeilhafte Stellung, ſich zur Ber folgung des Feindes anſchickend. Dieſer aber hatte feine gefammte Artiflerie auf der erwähnten Höhe concentrirt, und Bem’s an Zahl zu ſchwache Infanterie Eonnte von ihrem Bajonnet keinen erfolgreichen Gebrauch machen. Auch erlitt unfere nunmehr demaskirte Artillerie eine bedeutende Einbuße an Mannſchaft und Pferden. Deſſenunge⸗ achtet hielt ſich Beim eine Stunde lang im furchtbarſten Feuer, ſeine Truppen fortwaͤhrend zum Sturme animirend.

Als aber die Cavallerie des rechten kaiſerlichen Flůgels einen Choc auf die zerſtreuten Plaͤnkler des Bem’fchen linken Flugels machte, welche wegen ihrer mangelhaften taktiſchen Ausbildung nicht rafch genug Klumpen zu formiren wußten, fie nieberzuhauen und in die Flucht zu treiben begann ; da fing auch die Infanterie des Een- trums an, fich zurüdzuziehen, und die verlaffene Artillerie mußte fols gen. Auf feinem linken Flügel konnte jedoch der Feind, ungeachtet er beinahe feine ganze Kavallerie dort concentrirte und mehrmals an⸗ griff, noch immer Fein Terrain gewinnen. ‘Der rechte Flügel aber und das Centrum des Feindes benugten ſogleich den errungenen Vortheil und warfen, unferen linfen $lügel vom Ecntrum trennent, fi) auf letzteres mit folcher Wucht, daß es in wenigen Augenbliden in feine frühere Poſition zurüdgebrängt und bald auch aus dieſer belogirt wurde. Eine Abtheilung Faiferlicher, Chevaurlegers Tangte

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mit Bem zugleich bei der erften Pofition an, und ihr Offizier nebſt einigen Gemeinen hatten ben Feldherrn fo umringt, daß er ihr Ge- fangener geworben wäre, wenn nicht in dieſem Augenblide Czetz's Adjutant, Simonyi Simon, herbeigefprengt wäre, zwei Gemeine mit den Piftolen getöbtet, dem Offizier den Helm gefpalten und durch diefe Contuſton betäubt hätte, und wenn nicht die Koryphaͤen der Mies ner Legion aus einem Heinen ſchnell formirten Klumpen, bie Jibrigen Chevaurlegers erſchoſſen, verwundet oder in die Flucht gejagt hätten. Zugleich mit den Chevaurlegers waren auch bie Orenadiere Puch⸗ ner's von der Höhe herabgeflürmt und hatten ſich vor den Salz⸗ geuben feſtgeſetzt. Buchner fol dieſe feloft zum Sturme geführt haben. |

Dies Alles hatte natürlich zur Folge, daß Bem’s Truppen über Hals und Kopf aus Vizakna gegen Reißmarkt zu ziehen begannen, Bagagen, Gepaͤck, Verwundete und Gefangene zurüdfafs fend. Der Feind eroberte 16 Gefchüge, darunter die fehr gut bes fbannte EavalleriesBatterie, Bem's ganzes Gepäd und feinen Wax gen. 8 leidet keinen Zweifel, daß dieſe Geſchuͤtze hätten gerettet werben können, wenn nicht Die Bagagewagen, Gaſſen und Platz in Bizafna mit Schred und Verwirrung erfüllend, jede freie Paſſage gehemmt hätten und den Truppen die Rüdyugslinie befannt geweſen wäre.

So aber lehrte diefed Mißgeſchick, daß zu Angftliches Geheim⸗ halten und zu großes Selbflvertrauen oft mehr ſchaden ald nügen, und daß höhere Dffiziere in folchen entfcheidenden Augenbliden den erhaltenen Weiſungen eben nicht mafchinenmäßig zu gehorchen, fons dern den Umftänden gemäß zum allgemeinen Beften zu handeln haben. An diefen großen Berluften trägt unftreitig Major Bauer’ paffiver Gehorſam die meifte Schuld, Bem’s Armee war in einem

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verzweifelten Zuftande und hätte von den Kaiſerlichen, falls biefe raſtlos ihre Verfolgung fortfebten, entweder gefangen genommen ober gänzlich aufgerieben werben fünnen. Doc zum Glüd dachten fie daran erft am folgenden Tage.

Die Säumniß rettete Bem und feine tapfere Schaar. Für diefe hanbelte es ſich naͤmlich darum, ungefaͤhrdet Szerdahely zu erreis hen, wohin ihnen feindliche Cavallerie ͤber Groß⸗Apold nicht zuvorfommen fonnte. Gewann man biefen Vorfprung, fo war bie Mahrfcheinlichfeit des Entkommens oder vielmehr ber Vereinigung mit Kemeny und den Hilfötruppen aus Ungarn näher gerüdt unb die Wiederaufnahme der Operationen möglich gemacht.

Es gelang ; Bem erreichte noch an bemfelben Tage Szerbahely und hielt dort fein Rachtlager. Die Kaiferlichen fanbten ihm eine Caval⸗ ferie-Abtheilung bis Toporcefa nad), weldye er indeß durch wiebers holte Gefchübaufftelungen, ohne feinen Rüdzug zu unterbrechen, bins länglich aufzuhalten und von der Verfolgung zurädzufchreden wußte.

Mückzug über Szerdahely (Neifmarkt), Muͤhlenbach, Sziszviros nad Diva 4. bis 7. Februar.

Die Arınee Bem's war auf 1500 Mann zuſammengeſchmol⸗ zen; er hatte nur 8 Gejchüge übrig behalten und felbft von dieſen waren zwei demontirt, die Munition der Infanterie fo gut wie vers ſchoſſen, die der Artillerie bi8 auf zwanzig Schüffe per Geſchütz. Keine beneidenswerthe Lage! .

Bem eilte daher, feine Verbindung mit Kemeny zu bewerk⸗ ftelligen. Die Truppen lagerten in Szerbahely auf dem Plage und den Gaſſen, die noch vorhandene Bagage. mußte mit den Ber: wunbeten und Kranken noch in derfelben Racht na Mühlenbach ziehen, theild um ſich dort bis zum Anlangen unferer Truppen zu

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erholen, theild um die. Bewegungen ber letzteren nicht zu hindern, Sie trafen aud) in der Nacht zwifchen 11 und 12 Uhr in Mühlens bach ein, wurben aber von den hinterliftigen Sachſen noch in berfel- ben Nacht: im Verein mit dem walladhifchen Landſturm und der Gars nifon Karloburg's auf ſchmaͤhliche Weife überfallen und gemors bet. Gegen Morgen war Alles ruhig, und die Karlöburger Garnifon Hatte bei Mühlenbach Stellung genommen, um Bem zwifchen zwei Feuer zu bringen.

Kaum hatte der Legtere durch einen glücdlich dem Blutbade ents ronnenen Kutfcher Nachricht von der Schanbthat befommen, als er fi) anſchickte, die Muͤhlenbacher dafür zu züchtigen. Mit Tages⸗ anbruch langte er vor Mühlenbad an, nahm auf ben bie Stabt öftlich beherrfchenden Höhen Stellung und fofort begann dad Gefecht. Die erften Schüffe demontirten eine Kanone und einen Munitionds wagen ber Kaiferlichen; aber unfere Infanterie, zu erbittert, um die Wirfung des Artilleriefeuerd abzuwarten, flürmte, wüthend vor Rache, mit dem Bajonnet heran, warf Alled nieder, was ſich ihr entgegenftellte und fäuberte in einer halben Stunde die Stadt von den Kaiferlichen. Dieſe verloren außer mehreren Todten und Bleſ⸗ firten auch einen vollen Munitionswagen für Bem eine unfchäßs bare Erwerbung und zogen ſich fo eilfertig nah Karlsburg zurück, daß unfere etwas verfpätete Cavallerie fie nicht mehr einzus holen vermochte.

Es war hohe Zeit für Bem, daß er Mühlenbad in Befik nahm , denn auf freiem Felde hätte feine ſchwache Streitfraft es mit einem in der Front und im Rüden ftehenden Feinde nicht aufnehmen fönnen, und ihr wäre nicht® Anderes übrig geblieben, als die Waffen zu ſtrecken, oder fidh bis auf den legten Mann zu ſchlagen. Hinter Muͤhlenbach's Mauern konnten die erfchöpften Truppen auss

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ruhen , ſich Rärfen und den verfolgenden Feind wenigftens auf kurze Zeit aufhalten. Bem ließ auch feinen Truppen vollkommene Ruhe zu ihrer Erholung und arbeitete lediglich mit feinen Abjutanten und feinem Stabe an der möglihft ſchleunigen Inftandfegung der Mauern Mühlenbach’s behufs deren Vertheidigung. Die Thore und Ein- gänge wurden verrammelt und verbarrifadirt; die Gefchüge an den Eingängen vortheilhaft aufgeftellt und die Truppen hinter ber Bers theidigungdfinie möglichft zweckmaͤßig vertheilt. Die fpärlichen Reſte ber Wiener Legion, ungefähr 20 Mann, verrichteten die letztere Ar: beit meiſtens bis zur Mittagszeit. Die Feinde rüdten erfi um 2 Uhr vor die Stabt, ihren Angriff zu beginnen. Bem erwartete fie ruhig hinter ben Mauern, bie Schüffe nur erwidernd, wenn er feined Zieles gewiß war. Zwar wurden ihm ein paar Kanonen demontirt, auch bie Stadt mit Granaten an mehreren Orten in Brand geftedt, aber Bem hielt ruhig die fünfftündige Beſchießung aus und machte erft dann einen Ausfall, ald der Feind beim Einbruch der Racht feinen Angriff aufgebend, fihh gegen Szerdahely und Szasz⸗Pian zurüdzog. Ueberdies ficherte ihm diefer Ausfall eine ruhige Nacht. Wieder war ein Tag gewonnen.

Bon Kemeny war indeffen noch immer feine Nachricht da, an Munition blieb und nur die im eroberten Munitionswagen gefundene, dad Gros des Feindes war mittlerweile auch in Szerbahely anges langt, und dennoch traf Bem nächften Morgen eher Anftalten zur Bertheidigung, als zum Abmarfche.

Am 6. um halb zehn Uhr Morgens erfchien ein öfterreichifcher Ehevaurlegerd Offizier, ein Pole, ald Parlamentär und forderte Bem auf, die Waffen zu ftreden, unter dem Vorgeben, daß er von allen Seiten umringt und Widerſtand desfalls nuplos fe. Bem antwortete ihm, daß er ınit Truppen, welche feindliche Barlamentäre

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gefangen nehmen (Anſpielung auf das Loos Jvanka's bei Schwes hat), niemals in Unterhandlung trete und Iener es nur feiner Groß⸗ muth zu danken habe, wenn er nicht fofort erfchoffen würde. Der Umftand, daß der Unterhändler ein Bole war, machte Bem nur um fo ungehaltener.

Inzwiſchen hatte Oberftlieutenant Eye recognoßcirt und hatte gefunden, daß unfer Häuflein es heute allerdings mit Puchner's ganzem Corps zu thun haben werde. Auf biefen Bericht orbnete Bem ben Rüdzug an. Der Parlamentär ward durch Oberftlieus tenant Bethlen fo lange hingehalten, bis unfere Truppen die Stabt geräumt hatten. Die Höhen zwifhen Olah⸗Pian und Tar- taria waren allerdings von einer Divifion Chevaurlegerd befept, jedoch die Straße nah) Szaozvaros noch frei, indem bie Karls burger Gamifon, deren Aufgabe es war, dieſe Linie zu befeßen, fich verfpätet hatte. Doch hatte man es wieder mit einem toppelten Feinde zu thun. Borwärts in Zfibot, Benczencz, Öyalmär und Sza6zvaros, hatten ſich mehrere Taufend bewaffnete walladyifche Landflürmfer gefammelt, und im Rüden drängte Buchner mit feiner ganzen Macht. Dennoch ließ Bem den Muth nicht finken. Er überließ ed dem Oberftlieutenant Czetz, die Straße nah ©3483 = varos vom walladhifchen Landſturm zu fäubern, und hielt durch Artillerie Manöver, gut gewählte Aufftellung und Ausharren bis zum Moment der höchften Gefahr den überinüthigen Gegner fo in Schach, dag Oberftlieutenant Cze tz Zeit gewann, ſich bis Szaͤszva ros vors zuſchieben. Das Ruͤckzugsgefecht dauerte den ganzen Tag und die Kaiſerlichen mußten jeden Buß breit Erbe theuer erkaufen. Mit Sonnenuntergang erreichte bie Arrieregarde Bem’s Benczencz, welches auf Befehl ded Oberftlieutenant Gregor Bethlen, der an dieſem heißen Tage die Arrieregarde commanbdirte, angezündet wurde,

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wodurch der Feind feine Verfolgung für diefen Tag aufgab. Damit war aber nicht Altes gethan. Die Wallachen hielten mit feltener Kühnheit und ein paar hölzernen Kanonen ben Eingang von Szaszvaros beſetzt und gedachten den ungarifchen Truppen zu widerftehen. Es galt alfo das Radıtquartier erfi mit dem Bajonnet zu erobern, was auch nach furzem, aber Fräftigem Sturme gelang.

Sp hatte Bem wieder einen Tag geivonnen, aber um fo mehr Terrain verloren. Doch Kemény mußte in der Nähe, ober doch nur A Stunden entfernt in D eva fein.

Der unermüdlice, kuͤhne Cavallerieführer Oberftlieutenant Bethlen erbot ſich freiwillig, in finfterer Nacht von wallachi⸗ ſchen Haufen überall umgeben, den geführlichen Weg von S3483- varos nad) Deva zu unternehmen. Sein Reitfnecht und ein paar Hufaren begleiteten ihn. Schon um 12 Uhr Nachts batte Bem die Meldung, daß Kemeny’s Avantgarde in Piski flehe, und daß die Hilfe aus Ungarn theild ſchon angelangt fei, theild am andern Tage erwartet werde. Zugleich war die Avantgarde Kes meny’s von Pisfi nad) Szaszvaros beordert worben, und der Reſt der Truppen follte bid 5 Uhr Morgens nachkommen. Dieje Nachricht belebte den Muth, der Truppen wieder.

Am 7. Februar Morgens rückten auch wirklich 2 Compagnien bes 55. Honvéèd⸗ Bataillons und eine Diviſion Biharer reitender Nationalgarde in Szaszvaros ein, welche vorher unter Major Befe im Zaränder Eomitat gegen die Wallachen gefochten hatten, und Bem durfte nach Bethlen's Vericht den Reſt des Kemény'⸗ ſchen Corps baldigſt erwarten.

In dieſer Ueberzeugung nahm er auch, ungeachtet er nur 4 fampffähige Geſchütze und gar feine Munition für feine Jufanterie

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befaß, das Gefecht an, weiches in der Brühe die verfolgenden Oeſter⸗ reicher engagirten. -Bem hielt fi in gewohnter Art, wader und um fo bartnädiger, ald er feft auf Kemeny’s Ankunft rechnete. Bald aber war feine Munition verfchoffen, und bie Biharer Reiter, in deren Mitte eine Oranate zerplabt war, nahmen Reißaus, alle Uebrigen mit in bie Flucht ziehend. Deffenungeachtet hielt ftch Bem noch immer vor der Stadt, mit einigen Adjutanten, dem Major Dobay vom 31. Bataillon und einer Handvoll feiner Braven. Aber immer näher rücten die Feinde, und ihre Plänkler waren bis an bie beiden Kanonen herangefommen, weldye Bem durchaus nicht fahren laſſen wollte. Bei biefer Gelegenheit war es, wo einer ber feind- lichen Plaͤnkler ihm den Mittelfinger der rechten Hand abfchoß, und da außer Major Dobay ihn Alles verlafien hatte, mußte er bie Kanonen in Feindes Hand laffen und fich felbft entfernen. Er über- gab Czetz das Commando und ging nad) Pisfi voraus. Hier hatte ſich bereitd Kemeny mit dem Gros auf den Rath Bethlen's hinter der Strehls Brüde zwifchen Bäumen und Geftrüpp vortheil- baft aufgeftellt. Ungeachtet aller Bemühungen war ed ihm nicht moͤglich geweſen, ſich zwiſchen ben Taufenden von Waͤgen, welche die Straßen von Piski bis Deva bedeckten, mit Truppen und Ges fchügen ſchneller durchzuwinden und hatte daher den Ort erſt um 10 Uhr erreichen Fönnen. Die mit aller beweglichen Habe in das Lager geflüchteten ungarifchen Bamilien des Zaränder und Hus nyader Comitats brachten jene Stedung hervor.

Dberflieutenant Czetz war mittlerweile auch Fämpfend zur Brüde gelangt, überließ e8 dem Oberfllieutenant Kemeny, bie Feinde weiter aufzuhalten, und führte feine ausgehungerten, ermuͤ⸗ deten und bis auf 1200 Mann diminuirten Truppen nad) Deva.

So endete diefer denkwuͤrdige Rüdzug, auf welchem fi Bem

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burch eifernen Willen, ungebeugten Muth und geniale Benutzung felbft der unbedeutendſten Terrainvortheile ald wahren Yelbherm erwies. .

Die Kaiſerlichen ftellten für diefen Tag ihre weitere Berfolgung ein, indem fich ihre Avantgarde in Pad feftfegte, während ihr Gros in Szaszvaros Halt machte, und begnügten ſich damit, durch ftarke Batrouilien Kemeny’s Truppen hei ber- Bisfier Brüde zu recognosciren.

Dem hatte ſich am 8. Februar Mittags in Deva mit der von Arad unter Commando bed Major Hrabowsky fommenden ungas rifchen Armeebivifton vereinigt, und befaß fo wieder eine Arınce, mit ber er feine Operationen in Siebenbürgen von Neuem beginnen Eonnte.

V.

Schlacht bei Pieki 9. Februar. Folgen dieſes Sieges. Zuflänte im Szekler⸗Lande von November 1848 bis Februar 1849, Affaire bei Bayersdorf 14. Februar. Treffen bei Jaaad 23. Februar. Schlacht bei Mediaſch 1., 2., 3. März. Betrachtungen. Dispofltionn. Bem befhließt auf Hermannftabt vorzurüden.

Schlacht bei Piski am 9. Februar 1849.

Wenn man von Sza6zvaros über Päd auf ben letzten Ab⸗ füllen ber Magura im Maros⸗Thale nach Piski rüdt, fo wird man bei lebtgenanntem Orte einen Fluß finden, ber unter dem Namen Strigy oder Strehl dad Thal vom Norden nady Süden burchfchneibet, mit einer Breite von 10— 15 Klaftern eine reißenbe Schnelligkeit und eine nur im Fruͤhjahr bei Piski durchwatbare

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Untiefe verbindet, und fich eine halbe Stunde von bem Orte in bie Maros ergießt. Die Poftftraße zieht ſich gerade auf den letzten Abbängen hin, und vor ihr, nörblich gegen die Maros zu, ift auf eine halbe Stunde weit dad Terrain vollfommen eben. Der Abfall des Gebirge® gegen bie Maros verläuft fich in fanften Berglehnen, gegen die Strigy zu hingegen iſt er fleil und mit Wald bededt, Piski ſelbſt liegt auf bem fleilen Abhange des rechten Strehl⸗Ufers und dehnt fich mit feinen Häufern bi8 an die Strigy aus. Ueber biefen Fluß führte eine ſolide hölzerne Brüde mit zwei Fahrgeleiſen, welche nebft ihrer Umgebung von den Bisfier Höhen aus gänzlich bominirt wird.

Am rechten Strigy= Ufer unweit Pioki fland ein geräumiges fleinerne® Mauth⸗ und Wirthshaud. Iemfeitd erftredte ſich eine Ebene ununterbrochen längs der Maros bin, welche von Waſſer⸗ gräben durchſchnitten und bin und wieder mit Mühlen und Meies reien befegt, nur zwifchen Szemeria und Debdacs von einer fi fanft gegen die Maros abflachenden Hügelreihe durchzogen wird. Zwifchen der Strigy und jener Hügelfette ergießt fich noch ein Wildbad) in die Marcos. Die erwähnte Ebene ift mit einem Erlen» und Weidenwäldchen bis auf mehrere hundert Schritte rechtd und links von der Brüde bepflanzt und gegen die Maros zu, wie bei Dedacs, mit Waldung gekrönt. In dem bei der Brüde liegenden Gehoͤlz ftand rechts und links von der Straße eine Meierei, die Straße felbft aber zog in einer Baumallee fort über eine ben erwähnten Gießbach überführende hölzerne Brüde gegen Szemeria unb Deva, von welchem lesteren Orte fie 11/, Stunden entfernt war.

Dberflieutenant Kemöny batte am 7. Mittags mit Major Bethlen das Terrain recognoscirt und in dem Walde hinter ber Brüde von Pisfi Stellung genommen, wo er feine Artillerie dem

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Auge bes Feindes verbergen und ihn gut beflreichen Eonnte, gerabe als er hinter den lebten Berglehnen hervor gegen bie Brüde, welche Kemeny auf der einen Seite hatte abtragen laffen, avancirte. Die Infanterie und Cavallerie ftanden ebenfalls gededt, und die gewaltis gen Eisfchollen der eben im Aufthauen begriffenen Strigy ließen feine Ueberflügelung durch Durchwaten ober Ueberſchwimmen bed Fluſſes vermuthen. Kemeny hatte das 11. Honved- Bataillon, bie vier Gompagnien bed 55. Honvéd⸗Bataillons, eine Escadron Matthiads Hufaren und 10 Kanonen am linfen StrigysUfer poftirt. Am 8. Februar rüdte eine ftarfe Avantgarde der Kaiſer⸗ lichen gegen bie Piskier Brüde vor und griff Kemsny an. Dieſer fandte einen Rapport an Bem, daß er fich gegen bie Uebermacht nicht werbe behaupten fönnen. General Bem, im Wundfieber zu Bette, ließ Oberftlieutenant Eyes rufen und befahl ihm, Kemeny zu Hilfe zu eilen. Czetz nahm eine Batterie, 1 Bataillon Infans terie und 1 Escadron Cavallerie und ruͤckte damit gegen Pioki vor.

In Szent Andräs Fam ihm die Meldung zu, baß ber Feind burch die Geſchicklichkeit unferer Artillerie und die Bravour des 11. Bataillon zum Stehen gebracht fei und feine vorige Stellung vis a vis der Brüde wieder eingenommen habe, daß aber Kemeny’s Truppen erfchöpft feien und er eine Leberflügelung befürchten müfle.

Czetz ließ demgemäß feine Gavallerie und eine halbe Batterie in Szent Andras PBofition nehmen und betadhirte ein paar Com⸗ pagnien Szefler mit 2 Kanonen nad) Dedä&cs zur Sicherung des linken Slügeld Kemeny’s. Ueberdies ſtellte es fich heraus, daß der Feind nur eine. forcirte Recognodcirung unternommen hatte, und lediglich der wallachiſche Landſturm vom erhöhten rechten Maro s⸗ Ufer mit Ueberflügelung drohe. Oberſt Kemeny blieb an ber Brüde yoflirt.

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Die Stärfe der Defterreicher betrug im geringften Anfchlag: zwei Brigaden Infanterie zu 9000 Mann, eine Brigade Cavallerie zu 2000 Mann, 40 Geſchuͤtze, den Landſturm, ber überall in Flanken und Rüden beunrubigte, gar nicht gerechnet.

Bem’s Streitkräfte beftanden aus: 7 Bataillond Infanterie, 6700 Mann, 5 regulären und 2 irregulären Esöcadrons Gavallerie, 1000 Mann, Artillerie 28 Geſchuͤtze *).

Die Defterreicher hatten fich gleich bei Beginn des Angriffes der Höhen oberhalb Piski, der Brüde gegenüber, bemächtigt und bort ihre Batterien aufgeftellt, fo baß fie die ganze dieffeitige Pofition mit einen verheerenden euer beftreichen Eonnten; ihre Plänkler fanden hinter den Umzäunungen und hinter den Häufern binlängs lichen Schu ; ihr Centrum ftand auf der von Päd herfommenben Poſtſtraße; die Eavallerie auf dem rechten Fluͤgel behnte fich bis an dad Ufer der Maros aus. Im der Ebene jenfeitö der Maros

9) Infanterie: 11. HSonveds Bataillon -. . . » . . 800 Mann, nn 4 Gompagnin . 70 3. rr 4 . 400,

1. Syellers Bataillon . . . 2.» 00 MäriafysBatallın.. -. . 0.“ 800 Thorontäler One . . 2... 1000 85. HonvedsBataillon A Gompagnien . 600 Aradi Mozgottt. 00. 200 Kemeny's Bataillon. . . . 400 24. SonvedsBatalllon -. - - » 00

Bufammen 6700 Mann.

Gavallerie: Eine Diviion WürtembergsHufarm 300 Wann, 3 Eecadrons Matihbias: Hufarn . . 300 3 " Biharer Barte . . . 400 „—

Zufammen 1000 Mann. Artillerie: 28 Geſchuͤtze.

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befand ſich der wallachifche Landſturm mit einer Abtheilung kaiſer⸗ licher Reiterei und bebrohte Kemeny’s linke Flanke.

Um 8 Uhr früh begann bei der Piskier Brüde die Kanonade. Sie war von beiden Seiten lebhaft, fo wie auch bad Tirailleurgefecht auf beiden Ufern der Strigy. Kemeny behauptete fich ungeachtet ber feinblichen Uebermacht in feiner Stellung und fchlug fogar drei Bajonnetangriffe des Feindes an der Brüde mit unerfchütterlichem Muthe und bedeutende Verluſt de8 Gegnerd ab. Um 10 Uhr war e8 dem waderen 11. Bataillon gelungen, durch Ueberſetzen des GBlufſſes, wobei die Leute bis an den Gürtel durch das reißenbe, große Eisſchollen führende Waffer gingen, vermittelft eines unwiderftehlichen Bajonnetangriffes dem Yeinde die beiden Debrecziner Kanonen, bie er bei Hermannftabt erobert hatte, wieber abzunehinen und bie Falferlichen Tiraileurd aus dem Mauthhaufe zu vertreiben. Aber diefer Angriff hatte auch Kemeny’s Kräfte erfchöpft, und mehrere hundert Leichen des 11. und 55. HonvedsBataillond blieben in ber Umgebung ber Brüde auf dem Plage. Zu gleicher Zeit rüdte bie Infanterie des feindlichen Eentrumd , das Regiment Bianchi, im erften Treffen im Sturmfchritte heran und befegte mit dem zuruͤck⸗ weichenden 11. Bataillon in demfelben Momente die Brüde, fo wie dad von ben Unferigen wieder verlaffene Mauthhaus. In biefen Eritifchen Augenblide wußte ſich Kemeny nicht ander® zu helfen, ald indem er eine Escadron Matthias: Hufaren die vom Feine befeßte Brüde angreifen ließ. Die Attaque wurde natürlich durch Kleingewehr- und Kartätfchenfeuer abgefchlagen und koftete manchem braven Huſaren, unter ihnen dem fehr tüchtigen, ritterlichen Ritt⸗ meifter Horväath das Leben. Außerdem brachten bie Oefterreicyer Kemeny noch in eine andere Verlegenheit. Als fie ſich nämlich mitten auf ber Brüde mit den Honveds vermifcht und die ungari-

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ſchen Kanonen 10 Schritt vor ſich mit Kartätfchen geladen fahen, ftedten fie die weiße Sahne auf und fingen an ald Gapitulanten mit ben Honvebs zu fraternifiren, was fie jeboch nicht hinderte, unfere Dffiziere nach Tameradfchaftlicher Umarmung gefangen zu nehmen. Kemeny nahmen fie felbft fein Pferb weg und wollten ihn eben fortführen, als Oberftlieutenant Eye mit dem Gros bed Corps biefen Wirrwarr auf ber Brüde erreichte.

Er hatte fchon vorher das Bataillon Märiäfy en_tirailleurs in die rechte und bad Debelläcfer Bataillon in bie linfe Flanke der Unterflügung Kemeny’s vorgefchiet und fah nun mit nicht geringem Erftaunen die Benvirrung an ber Brüde, welche überbies durch die weiße Montur und das weiße Lederzeug, bem Bataillon Märiäfy mit den Kaiferlichen gemein, noch gefteigert wurde. inige Gemeine von einem polnifchen Bataillon umzingelten auch Czetz und forbers ten von ihm den Säbel. . Da wandte er fein Pferd und befahl’ Märisfy und der Artillerie zu feuern.

Auf der Brüde entſtand nun ein fürchterliches Handgemenge. Bajonnet und Kugel verbreiteten nach allen Richtungen Tod und Verderben, die Geſchuͤtze wurden neu und vortheilhafter poftirt und vermehrten ben Schreden und ben Berluft des Feindes. Dom Res. giment Bianchi verlor ein Bataillon faft alle feine Offiziere und Märisfy fchritt wuͤthend vonvärts.

In diefem Augenblide langte auch Bem an, ließ bas 11. und 85. Bataillon, welche ſich wieder gefammelt hatten, abermals über ben Fluß gehen und die Höhen von Piski flürmen, während Würtembergs und Matthias» Hufaren, fo wie die Biharer Garde im Galopp über die Brüde jagten und jenſeits derfelben auf des Ebene beployirten; ein Speklers Bataillon überlebte bei ber Münbung der Strigy in die Maros ben erfteren Fluß.

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Die Kaiferlichen zogen fih auf allen Bunften baͤmpfend zurüd, und die Schlacht wogte vom Ufer der Maros bis an die Höhen über Piski und jenfeits in die Walbung hinein. Auch feine Artil- Ierie ließ Bem über die Brüde gehen und verfolgte ben srrungenen Vortheil in gewohnter Weife. Der Feind wich immer mehr gegen Pad; Bem’sd Infanterie über Berg und Thal hinterdrein. Würs temberg- und Matthiads Hufaren machten in erfler Linie eine brillante Attaque gegen eine Divifton feindlicher Chevaurlegers, während die Biharer Reiter in zweiter Linie en reserve ver blieben.

Die Chevauxlegers machten Kehrt und wurden von den Hus faren verfolgt. Bei biefer Gelegenheit geriethen dieſe jedoch in ein mit Geftrüpp bedecktes Terrain, wo ein paar Compagnien feindlicher Zirailleurd poftirt waren und auf fie ein lebhaftes Feuer eröffneten. Hierdurch wurden bie Hufaren zum Umfehren gezwungen; fors mirten fich jedoch bald. Allein die Biharer Reiter wurden durch einige Rahonenfchüfle fo erfchüttert, daß fie nicht einmal die Forma⸗ tion der Hufaren abwarteten, fonbern zur Brüde zurüdjagten. ‘Das 55. Bataillon hatte auf den Bergen feine Munition verichoffen, fonnte bei der Schnelligfeit, mit welcher Bem vorging, nicht zur rechten Zeit abgelöft werden, und als es bie Gavallerie weichen ſah, fehrte e8 auch um, baffelbe that Märiäfy, wie die übrigen im Gefechte befindlichen Truppen.

Da gewahrte Bem, daß bie gewonnene Schlacht wieder ver foren fei, und feine Reidenfchaftlichfeit erwachte im hoͤchſten Grabe. Er wollte durchaus nicht über die Brüde zurüd, wurde aber endlich im Strome ber Fliehenden mitgerifien. Die braven Wuͤrtemberg⸗ Hufaren mußten all’ ihren Heldenmuth aufbieten, um bei der rafchen Berfolgung ber Defterreicher unfere Artillerie zu reiten.

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Bem's Armee war aufgeloͤſt und es ſchien, daß keine menſch⸗ liche Kraft aus dieſer regelloſen Maſſe wieder brauchbare Formen zu bilden vermoͤchte. Die Feinde ſaßen uns auf den Ferſen; mehrere unſerer Kanonen waren demontitt; eine namhafte Zahl Todter und Berwundeter bebedte das Schladhtfeld und vermehrte den herrſchen⸗ den Schreden. Das Ausreißen nah Deva nahm durch das von den Biharer Reitern gegebene Beijpiel in hohem Grade überhand, und weder Bitten, noch Drohungen, noch das Einhauen unferer Gavallerie auf einzelne Ausreißer halfen ethvad. Da fagte Dem zum Öberftlieutenant Czetz: „Ich muß die Brüde wieder haben, ober idy werde fallen.‘

Letzterer erfaßte die volle Bedeutung biefer Worte und bat den General, die athemlos Blichenden nur ruhig laufen zu laflen. Eyes hatte nämlich für diefen Ball fchon vorgefehen und bie bereits er» wähnte Hügelreihe zwiichen Szemeria und Dedacd zum allen fallſigen Sammelplage auderfehen, von welchem aus man bie Straße der Länge nad) beftreichen und bie ganze Ebene beherrſchen Eonnte.

Zum Gluͤck fanden in diefen Augenblide die beiden Szeflers Compagnien, welche die Nacht in Dedac6 zugebracht und während der Schlacht den wallachiſchen Landſturm befhäftigt hatten, auf diefen Hügeln in Reih' und Glied. Durch fie ließ Oberftlieutenant Czetz die regellos heranlaufende Infanterie an der Straße auffangen, auch durch Oberftlieutenant Bethlen an der ganzen Hügelreihe aus Würtemberg⸗Huſaren einen Eorbon zichen, den bei Tobeöftrafe Nies mand überfchreiten durfte. Durch diefe Maßregeln wurden in weniger als einer Biertelftunde die Bataillons neu formirt und bald darauf bie Schlachtordnung in zwei Treffen, rechts und link von der Straße, MatthiassHufaren im Eentrum, Würtembergs Qufaren auf dem linken, die Biharer hinter dem rechten Fluͤgel, wieder hergeftelt. Unter-

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deſſen hatte Bem feine Batterien auf der Straße und an den Höhen vortheilhaft poftirt. So fanden die Kaiferlichen plöglich, ſtatt eines flüchtigen regellofen Haufens, eine imponirende Truppenzahl in guter Ordnung und vortheilhafter Stellung vor fih. Sie begannen ben Kampf mit Erbitterung von Reuem und entwidelten ein furchtbares Artiſleriefeuer, indem fie zugleich den rechten Blügel unferes Corps wieder zu umgehen juchten. Bem hatte aber dies Vorhaben gemerkt und feinen rechten Flügel dur) dad Thorontäler Bataillon ver flärft. Er erwiderte das feindliche euer nur in langen PBaufen und nur da, wo er feinen Schuß ficher hatte. Denn die berein- brechende Dämmerung fing ſchon an die Gegenftände zu verfchleiern. Indeſſen hatten bie Kaiferlichen den größten Theil ihrer Muni⸗ tion.verfchoffen und verfuchten eben durch ein keinen Augenblick nach⸗ laſſendes Gefchüßfeuer, wie durch heftiges Plaͤnkeln unfere Truppen zum Weichen zu bringen, aber biefe gewannen, unter Bem's eigener Leitung und unter ber umfichtigen Führumg bed Majors Hrabowsti, immer mehr Terrain, während ber rechte Flügel unter Major Dobay eben fo, langſam vorrüdend, die feindlichen Truppen zurüddrängte. Die Würtemberg- Hufaren machten nod eine glänzende Attaque während biefer Borrüdung und warfen zwei Divifionen Chevaur⸗ legers über die Strigy zurüd. Als nach ber heftigen Kanonade das feindliche Geſchützfeuer plöglich verftummte, ſchien e6 erwieſen, baß den Defterreichern die Munition ausging. | In dieſem Augenblide ſtürmte Bem von allen Seiten mit dem Bajonnet auf den Feind, und diefer wurde glei) geworfen und in bie Flucht über die Brüde gejagt, nach Zurüdlafiung einer bedeutenden Anzahl Todter und Verwundeter. Im Mauthhaufe allein werd eine ganze Compagnie niedergemacht, einige andere wurden ind Ge⸗ birge gefprengt. Bem jagte ohne Aufenthalt ven Feind über Pad

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gegen Gzädzuärod. Die Naht brach ein, und die Berfolgung mußte eingeftellt werben.

Die Häufer von Pad waren großentheild mit öflerreichiichen Todten und Verwundeten angefüllt.

Demnach läßt ſich annehmen, daß der Berluft des Feindes fich auf 2000 Mann belief, außer einer großen Anzahl demontirter und drei verlorener Kanonen und einiger hundert Gefangenen. Unter den Gefallenen befand fi auch der wadere Eavallerie : Oberft Lofenau. Wir verloren 6— 700 Mann. Aber Bem hatte wieder feften Buß in Siebenbürgen gefaßt, und mit dem diefen Sieg begleis tenden moralifchen Eindrud fand die Wiedereroberung ded Landes ale wahrſcheinlich zu erwarien.

BDem’s Aufgabe nach dem bei Pisti erfochtenen Siege ber fland darin, denfelben fo gut als möglich zu benügen, d. h. ber kaiſerlichen Armee nicht die Zeit zu laflen, fih in Muͤhlenbach feftzufegen und dort, auf die Feſtung Karlöburg und ihre Depots geſtuͤtzt, eine neue Schlacht zu liefern. Denn alödann wäre Dem, wenn nicht aus anderen Gründen, doch durch das Ausgehen ber Munition geichlagen worden und hätte obendrein feine Operations» bafis bis Großwardein ober Arad gehabt. Er mußte daher trachten fich feiner früheren Bafis in Maros⸗Vaſarhely und bem Szeflers ande wieder zu nähern, um dann von dort aus ſich mit Iruppen, Munition und allem Uebrigen wohl verfehend, den Haupt⸗ fhlag gegen Hermannſtadt zu führen. Er mußte mit einem Worte die Kofellinie früher erreichen, als die Defterreicher.

Es erſcheint auffallend, daß die Kaiſerlichen die großen taftifchen Bertheile, die ihnen das Terran jenſeits des Brodfeſdes bei Siböt, dann in dem Walde von Tartaria vor Muͤhlen bach felbft bot, nicht zur Annahme einer Schlacht benupten ; ihr moralifcher Haft

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mußte in der That fehr erfchüttert, und ihre Generalftabsoffiziere fehr verblendet geweſen fein um dies, ſo wie die einen leicht moͤglichen Sieg begleitenden ſtrategiſchen Vortheile ganz überſehen zu haben.

Am 10. Morgens marfchirte Bem nach Szaszvaros und gleidy weiter gegen Muͤhlenbach. Es war ſchon Abend, als feine Avantgarde jenfeitd Siboͤt in gleicher Höhe ungefähr mit Tartaria auf feindliche Cavallerie traf, woraus hervorging, daß die Kaifer- lihen Mühlenbach bereits befegt und ihre Vortruppen ausgeſtellt hatten. Diefe wurden fofort von Bem’s Avantgarde angegriffen und in den Wald auf der Poſtſtraße gegen Mühlenbady zurüdges drängt, gerade da, wo fi) die Karlsburger von ber Mühlen⸗ bacher Straße abfontert. Ein Bataillon Infanterie mit ein paar Kanonen und einiger Gavallerie bezog in der Dunfelheit hier ein Lager. Die ganze übrige Armee Bem's aber marſchirte in aller Stiffe gegen Alvincz zu. Um 10 Uhr Nachts ftieß bei dieſem Orte unfere Avantgarde abernald auf den Beind. Bem hatte aljo richtig gerechnet: Die Kaiferlichen wollten-ihn bis Muͤhlenbach heran- rüden laſſen, um ihn dort fchlagfertig zu empfangen, und mitten in der Schlacht follte fein linker Flügel von Alvincz aus umgangen werben.

Bem hatte aber Alvincz zum Nachtquartier auserfehen, und Czetz, welcher die Avantgarde des Eentrums führte, ließ den Ort ſogleich durch das Bataillon Märiäfy und das 11. Honoed» Bas taillon flürmen. Die Kaiſerlichen hatten natürlich Bem hier am wenigſten erwartet, flohen in groͤßter Unordnung nach Karleburg zu und hatten ed nur der Schnelligkeit ihrer Füße, fo wie unferer Un⸗ fenntniß des Terrains zu banfen, daß nicht ihre ganze Brigade fammt allem ihrem Gefchüg gefangen genommen wurde.

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Dem recognodcirte noch bis 12 Uhr Nachts das Terrain und wählte feine Aufftelung für Gefchüß und Infanterie gegen Karls burg und Mühlenbach. Die Truppen bivonafirten größtentheils im Sreien. Am Morgen des 11. entwidelte Bem fein ganzed Corps gegen Mühlenbach zwifchen Lamkerék und Lebefau in Schlacht: ordnung, um für einen etwaigen Angriff nach” biefer Seite Front machen zu fönnen. “Der fchwere Train jedoch, die Refervemunition, Bagagen, Verwundete und SKranfe gingen einftweilen unter Bes deckung der Arrieregarde, welche nun bie Rolle der Avantgarde übers nahm, über Bärodgya, Limba und Cſüged nad Girbo.

Bem wählte den fürzefien Weg über Efüged, Holdviläg, Berve, Tohät, Verefegyhäz, Szasz⸗Cſanad nah Mediaſch, von Szaszvaros ind Kofels Thal, da er auf biefe Art eben fo fchnell in Nagy: Selyf oder Frauendorf eintreffen fonnte, als eine andere Truppe in Hermannftabt, und daher jedenfald Mes diafch früher erreichen mußte ald diefe letztere. Nur bewegt ſich biefe auf einer guten Ehauffee, jene auf unmwegfamen Gebirgen.

Die Armee Bem’s erflomm den ſteilen, unwegſamen Berg» abhang zwiſchen Limba und Cſuͤged und brauchte den ganzen Tag dazu, um nur die Gefüge hinaufzubringen. ine große Zahl Bagagewägen blieb ſtecken, die Mferde erfhöpften ihre Kräfte und verfagten den Dienft, welchen dann die Honveds ſelbſt verſehen mußten; kurz, es war ein Jammer, das fiegreiche Corps in ſolcher Stodung, Unordnung und in fo verzweifelter Lage zu betrachten. Die Kaiferlichen ſahen dieſem Schaufpiele von den Wällen Karle- burg's ruhig zu, ohne auch nur einen Achtzehnpfünder loszubrennen und dadurch die Unordnung noch zu vermehren, ja, fie vielleicht unheilbar zu machen.

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Troß bes befchwerlichen Marfches erreichte Bem den 11. Februar glüdlih Berve und feine Truppen zogen Bid zum Morgen bed folgen den Tages eben bafelbfl ein. Am 12. mußte er ihnen, da fie völlig erichöpft waren, Ruhe goͤmen. Bem benußte biefen Tag, um feine Dispofltionen in Betreff Siebenbürgene zu treffen und nach Klau⸗ fendburg, Biftrik, Maros-BVäfärhely und in dad Szekler⸗ Land Eouriere abzufenden, um bort feine Exiftenz und feine Erfolge zu verfünden.

Am 13. ſchickte er den Oberfilieutenant Kemény mit feinem eigenen fehr zufammengefchmolzgenen Bataillon, einer Abtheilung Matthiads Hufaren, der ganzen Bagage, allen Kranken und Bers wundeten über Beſenyö, Tür nad Balädfalva und von da weiter nah Thorda und Klaufenburg. Er felbft marſchirte mit ber Armee auf Szasz⸗Cſanad, wo übernachtet wurde, und am nächften Tage, den 14. Februar, über Holdviläg, Frauendorf, Kis⸗Kapus nah Medlafch in einem Marfche, fo daß feine Truppen am 15. Morgens in diefer Stadt anlangten.

Das Ziel war erreicht, Bem wieder Herr der Kofellinie und im Befige des Schlüffel6 zu feiner natürlichen Operationsbaſis. Auch erwartete ihn bereitö in Mediaſch Major Zfurmay mit den Wilhelm» Hufaren, der Abtheilung Kreſsſs⸗Chevauxlegers, ein paar Compagnien fehr gut beiwaffneter und fchön equipirter Szathmärer Greiwilligen. Major Zfurnay war nämlich bei Bizalna von Bem abgefchnitten worden und hatte unterdefien einen Parteigaͤngerkrieg gegen die Abtheilung des Taiferlihen Partiſans Haydte mit abs wechfelndem Gluͤcke geführt. Bald hatte er den Haybte, bald diefer ihn aus Mediaſch und Eliſabethſtadt vertrieben, bis zuletzt die große Szefler-Berwegung dem Major Zfurmay den Beſit von Mediafch ficherte.

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Hier ift es am Pla$ von den Ereigniffen im Szekler⸗Lande eine Purze Skizze zu entwerfen.

Nach dem bei Maros⸗Vaſarhely erlittenen Schlage war die Kraft ver Szefler gebrochen. Nicht nur die Bande der Disciplin, fondern aud die für das Beftehen jeder menfchlichen Gefellfchaft nothwendige Unterwerfung des Willens des Einzelnen unter ben Ausſpruch der Gelege waren entichwunden. Die Verhältniffe des Szekler⸗Landes gingen einem chaotifchen Verfalle entgegen. Dies war bad Werf unüberlegter Marktſchreier einerfeits, reactionärer Volks⸗ und Landeöverräther andererfeitd und der letzteren haupts fachlich deshalb, weil fie in dem allgemeinen Wirrwarr für ſich im Trüben zu fifchen die befte Gelegenheit fanden. Einer von ben Hauptforpphäen war Oberſt Dorsner, welcher mit Hülfe heuch⸗ Ierifcher Pfaffen die Szekler de Cſiker Stuhles dahin zu bringen verſtand, daß fie fich nicht nur für neutral, ſondern fogar als dem neuen Kaiſer treu und anhänglih und im Außerften Fall fogar für bereit erflärten, gegen die der Sache der Nation treugebliebenen Szekler zu Belde zu ziehen. in anderer nicht minder erfaufter Söldling der Camarilla war der Edelmann Emerih Daniel, wels cher an der Seite des Faiferlihen Parteigängers Haydte die Verwuͤ⸗ flung des Udvarhelyer Stuhles durch wallachifche Räuberhorden organifirte und zu ermünfchten Ende führte. Im Marofer und Aranyofer Stuhle herrfchte der Faiferliche General Gedeon unumfchräntt, wie in einem Paſchalik.

Es blieb alfo im ganzen Szeflerlande nur der Feine Hatom⸗ faster Stuhl von kaiſerlichen Truppen noch nicht überſchwemmt der nationalen Sache getreu. Um in die guten, aber wirren Elemente dieſes Stuhles Ordnung zu bringen und auf ſolche Art den Widerſtand gegen ben vorausſichtlichen Angriff ſyſtematiſch zu

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organiſiren, ward auf ben Antrag bed patriotiſchen und talentvollen Major Alerander Gal gegen Ende Rovembers eine Volksverſammlung in Kezdy⸗Vaſarhely ausgefchrieben. Die ganze Bevölkerung des Stuhles fand ſich voll Begeifterung hier ein, und ed warb nady kur⸗ zen Debatten der Beichluß gefaßt: mit Aufbietung aller möglichen Mittel, den Boden vor feindlichen Einfällen zu ſchuͤtzen, die Streit fräfte des Stuhles auf militärifchen Grundlagen zu ſchaffen und zu vermehren und vorläufig in defenfiver Stellung die Ereignifle abzus warten. -

Oberſt Dobay vom, 2. SzeflersRegimente wurbe zum Militärs Dbercommandanten des ganzen Diſtricts ermählt und diefer unter dad Kriegsgeſetz geftellt.

Die ganze waffenfähige Mannfchaft ward enrollirt,, in Batail- lons und Brigaden eingetheilt und an den Örenzen des Häromdz& fer Stuhled aufgeftellt. Ungefähr 10 Bataillond und 6 Esca⸗ drons befegten die Linie vom Bodzaer Pafle, entlang des Tas trang, über Bodola; längs dem Fekete-ügy über Kökös, Al⸗ Doboly, Erösd, Arapatafa, Hidveg, Bölön, Köpecz und Baroͤt. Die Referven fanden in SepfisSzentsOyörgy und Uzon mit dem Hauptquartier im leßtgenannten Orte.

In SepfisSzent-Gyorgy, Uzon und Kezby»-Väfärhely wurden Spitäler eingerichtet, in welchen adelige Brauen und Jungs frauen neben den Randbewohnerinnen bie Krankenpflege beforgten.

In Kezdy⸗Vaſarhely warb durch Joſeph Bodor der Ber fud) gemacht, aud Glockenmetall Kanonen zu gießen. Er und ein ehemaliger Faiferlicher Artilleriſt, Aaron Gabor, einRaturfohn mit genialen Beifteögaben, brachten ed durch unermütliche Anftrengung und aufopfernde Thätigfeit in erftaunlich kurzer Zeit dahin, daß fie in ber That eine breipfündige Kanone ganz jenen ber Kaiferlichen

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ähnlich - und vollkommen brauchbar dem Militärcommanbo zur Dispofition flellen fonnten. Bon allen Ortfchaften wurden nun die Glocken der Kicchen herbeigeführt, damit man fie zur Landesvertheidigung verwende. Die Frauen boten ihren Schmuck zur Ausruͤſtung der Geſchuͤtze, zur Anſchaffung der Beſpannung; Jung und Alt wetteiferte in Opfern für den Altar des Baterlandes, und als furz darauf ein Aporhefer durch chemifche Analyfe Die Bereitung der Zuͤnder ermöglichte und Aaron Gabor auch eine Pulvermühle errichtete, da flieg bie Begeifterung auf den böchften Punft und Haroms zek ward zum Bollwerke der Szeflers Freiheit.

Alle diefe Vorbereitungen zu einem fräftigen Widerflande wurden in Haͤromszék in der lebten Hälfte des November getroffen, ohne daß von Seite der Kaiſerlichen ernſthafte Anftalten gemacht wurten, fie zu behindern. Die Kaiferlichen ließen unbegreiflicher Weiſe ihre Truppen in Kronftadbt und Hermannftadt der Ruhe pflegen. Erft Anfangs December beauftragten fie den Major Haybte, in Verbindung mit einem Detachement aus Kronftadt, bei welchem auch 1000— 2000 fächfifche Rationalgarben eingetheilt wurden Haromszék anzugreifen.

Um diefe Zeit nun fielen auf der oben angegebenen Linie beis nahe täglich ©efechte vor, wo bald die Szekler, bald deren ®egner das Feld behaupteten. Das Ende derfelben war, daß die Szekler ge⸗ gen den 10. December zu Herren der fächfifchen Ortichaften: Praͤs⸗ mär, Hermäny, EzentsPeter und Botfalva wurden, und Haydte ſich in den Udvarhelyer Stuhl zurüdzugehen gezwungen ſah. Nun trat für einige Zeit Stillſtand ein.

Das unthaͤtige Lagerleben während dieſer Zwiſchenzeit erzeugte unter den Szeklern Mißmuth, die Verpflegung aus dem eigenen

Lande ward immer fühlbarer ; diefe Gründe, und insbefondere ber Umftand , daß im Falle des Gelingens der Anfchluß der abgefallenen Szefler mit Gewißheit zu erwarten fand, beflimmten den Kriegsrath, dem Oberft Dobay bie fächfifhe Stadt Kronſtadt als zunähft und fchleunigft zu eroberndes DOperationdobjert zu bes zeichnen.

Schon waren die Szefler bid an die Mauern Kronſtadts vorgerückt, als in ihr Lager die Kunde fan, Haydte fei in Erdövidef eingefallen und bedrohe Häromsézék mit Ber wüftung. Dem Oberft Dobay war biefe Nachricht ein, zum Theil auch motivirter, jedenfalld aber willffommener Vorwand, vom Angriffe auf Kronftadt abzuftehen und mit dem Gros den Rüd: marfch an die Grenze anzutreten. Oberſtlieutenant Alerander Gal wurde mit 3 Bataillon Infanterie, 1 Escadron Hufarm und 3 Kanonen gegen Haybte detadhirt.

Gal ſchlug den Feind in einem Treffen bei Felſoͤ⸗Raͤkos und verfolgte ihn über den Rika fo nachbrüdlich , daß derſelbe bei 300 Mann an Todten , Berrvundeten und Gefangenen einbüßte.

Mittlerweile hatten aber unberufene Bolfötribune durch unnüges Peroriren den Geift der Szefler wieder unterwühlt und die Oeſter⸗ reicher bei Szent⸗Péter, Tartlan und Köpecz einige Bors theile über fie erlangt. Die Dieciplin fing an zu ſchwanken und der mit einer Brigade und einer unzählbaren Maſſe walladhiichen Landflurmes inKronftadt eingerüdte Faiferliche General Gedeon bedrohte Haromszék. Bei folcher Lage der Dinge von Alten verlaffen ohne Nachrichten aus dem nördlichen Siebenbürgen ober aus Ungarn blieb den Szeflern, um Zeit zu gewinnen, nichts übrig, als Unterhandlungen anzufnüpfen. Eine gemifchte Civil⸗

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und Militaͤrcommiſſion unter dem Vorſitze Albert Béldy'e wurde beſtimmt, die Verhandlungen einzuleiten.

Dem General Gedeon waren dieſe Eröffnungen um fo will⸗ kommener, als ihm um dieſelbe Zeit Ende December die Kunde von Bem's glänzenden Erfolgen im Norden, zukam. Nichts deſtoweniger ftellte er harte Bedingungen: Ablieferung aller Waffen und Munition Auslieferung der Honveds und Stellung von Refruten zum Eaiferlichen Corps ; dagegen follte Haromzek unbes fegt bleiben, und Riemandem ein Leid geihehen. Die Bacificas toren unb der Truppencommandant unterfchrieben bie Convention, es lag aber außer ihrer Macht, mehr als eine ausgefchoflene Kanone, . 60 80 unbrauhbare Gewehre und 40 50 Pferde nad Kron⸗ ſtadt abzuliefern. Das Volk war ug genug, alle Kanonen und Gewehre, fo wie die ganze Munition im Lande zu verbergen und bie auszuliefernden Honveds und Koj futh- Hufaren al8 Bauern vers kleidet in feinen Wohnungen zu verbergen.

So verhjelten fi die Sachen, als nad) der Schlacht bei Gal⸗ falva, Gedeon den Befehl erhielt, zur Bermehrung der Streits fräfte Puchner's nad) Hermannftadt zu eilen, Haybdte aber, zurDedung der Leſchkircher Straße nah Köhalom und Agneteln ſich zu verfügen.

Um eben diefe Zeit trafen auch die Emiffäre Bem's, und cine Woche fpäter Oberſt Kiſo mit den Häromdzefern im Szekler⸗ Lande ein.

Run erwachte der Geiſt der Szefler von Neuem, und ihre Liebe zum Vaterlande und zur Freiheit, der Durk nach Unabhängigfeit und der Durft nach Thaten, nach Ruhm und Auszeichnung ließ bald alle Szefler s Stühle im unverbrächlichen brüterlichen Berein Bes weife von Hingebung und Aufopferung geben die fie in die erfle

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Reihe aller ungarifchen Freiheitöfämpfer ſtellten und ihnen in den Dentbüchern Ungarnd für ewige Zeiten den Platz ruhmvollſter Er⸗ innerung fihern. Sie haben ſich ald Achte Helbenföhne Ungarns, als Achte Verfechter feiner Unabhängigkeit und Freiheit bewährt, und das Vaterland wird ftetö danfend ihrer Thaten gedenfen.

Dem Oberitlieutenant Alerander Kiſs war ed bald gelungen, nad) feinem Einrüden in das Szekler⸗Land mit dem zweiten Szekler⸗ Bataillon und den Szekler⸗Huſaren, die dortigen Bewohner über die wahre Lage der Dinge aufzuklären und ſie zum maſſenhaften Anſchluß an Bem zu bewegen. Er hatte am 12. Februar mit 3 wohlbewaffneten Bataillons , zwei Bataillond Lanzenträgern nebſt 1 .Divifton Hufaren und ſechs Kanonen Segesvär bejegt und fich in ditfer feften Poſition zur laͤngeren Behauptung berfelben vorbe: reitet. Außerdem organifirte er in Gemeinfchaft mit dem Oberſt Gal die Rationalgarden im ganzen Szefler = ande und betrieb die

Rekrutirung mit foldyer Energie, daß feine Truppen ſich alle Tage mehrten. Raum war Ben in Mediafch angelangt, fo rüdten auch ſchon 3 reguläre Ezefler-Bataillons, junge, muthige und tüch- tige Burfhen , und das wadere 12. Honved » Bataillon, daß ſich in den Haromszéker Affairen unfterblichen Ruhm erworben, mit einer Escadron Matthias» Hufaren als Verftärfung zu feiner Armee,

Die Ruhe dauerte nicht fange. Oberft Urban war Anfangs Februar von Neuem in das Land gefallen, hatte brei Compagnien AlerandersInfanterie beiBätrasDorna überrafcht und gefangen genommen , und trieb bie ſchwache Biftriger Garnifon nach hel⸗ benmüthigem Widerſtande gegen Dées. Oberft Riczko war mit dem Bataillon Alerander-nfanterie und 400 Mann Bolen, wozu

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fpäter nody ein Honved-Batalllon kam, ald Obfervationscorps gegen bie Bufowina zurüdgeblichen. Urban rüdte am 1&. Februar mit 6 Bataillond und zwei Batterien gegen Bayersdorf, wo fi Riczk« verfchanzt hatte, und fchicte eine Umgehungscolonne unter Oberſt Wis zner nah Szeredfalva. Um 10 Uhr Morgens flürmte Urban das wohlverfchangte Dorf, in welchem ſich die Unfer ten hartnädig vertheidigten. An ihrer Epipe fand Riczkoö mit gezogenem Säbel, den Muth feiner wenigen Truppen anfeuernd. Dreimal wurden die Angreifenden zurüdgeworfen ; als fie zum vierten Male ftürınten,, traf eine Kanonenkugel tödtlich den Oberſt Riczko, und der Hall des Führers lühmte den Muth feiner Truppen. Die Honveds zogen fi zurüd, und die Polen vertheidigten noch zwei Stunden lang den Ort, um ben Rüdzug ber Ihrigen , welchen dieſe nady Dées bewerfftelligten, zu deden. Oberftlieutenant Tot h war zwar von&laufenburg dem Urban entgegengeeilt, aber er fühlte fich zu ſchwach an Truppen, um mit Erfolg dem Beinde begegnen zu können. Bem erhielt diefe Trauernadhriht am 16. Februar und ſchon am 17. war er mit den drei Szefler-Bataillons, bein 12. Hon- ved s Bataillon, einer Escadron Wilhelm» Hufaren, den Kreſo⸗ Ehevaurlegerd und 12 Geſchuͤtzen auf dem Wege nad) Biftrig. Er marſchirte Tag und Nacht und kam am 20. in der Nacht nah Bus daf, unweit Biftris. Urban hatte fi) auf die Kunde davon fhleunigft von Bethlen nah Biſtritz zurüdgezogen und war am 20. bei Bem's Annäherung nah Pad zurüdinarfchirt, in jenem Drte nur eine Arrieregarde zurädlaflene. Ben warf diefe ſchon am 21. aus Biſtritz hinaus und ließ feine Truppen einen Tag ruhen.

6 Treffen bei Jaid am 23. Februar 1849.

Am 23, griffBem den Oberſt Urban in feiner Poſition bei Jaad an. Die Szekler fochten im erften euer wie Löwen, das 12. Bataillon verrichtete Wunder von Tapferkeit, und Oberft Johann Bänffy that es an Bravour, Unerfchrodenheit und geichiekter Truppenführung Allen zuvor, Urban erlitt bedeutenden Verluſt, wurde total gefchlagen und über die Grenze gejagt. Ben verfolgte ihn diesmal nur bis Tihucza und fperrte die Grenze ab. Er beftimmte zum Militär commanbdanten von Biftrig den Oberftlieutenant Toth, indem er zu deffen Truppe noch die mitgebrachte Infanterie, aljo eine anfehn- liche Macht zurüdließ und befah Doͤes und die Anftalten mn Ragys Bäanya, wo er bie Abſendung großer Munitlond- Transporte nad) Mediaſch beorderte. Kommandant von Rlauſenburg und Um: gegend ward Oberftlieutenant Kemeny.

Schlacht bei Mediaſch am 1., 2., 3. Marz 1849.

. An 27. Februar marfchirte die öfterreichifche Armee von Her mannftabt in zwei Golonnen ab, von denen bie zweite aber erſt am 28. Februar nachrüdte, un Bem in Mediafch zu fchlagen und feine Armee zu vernichten. Der Beind hatte drei vollſtaͤndige Ins fanteries und eine Bavallerie s Brigade, zu der Gefammtftärfe von 16,000 Mann aller Waffengattungen mit 40 45 Geſchützen; denn die Anwefenheit der Ruſſen machte die Garnifonen in Kron—⸗ ftadt. und Hermannftadt entbehrlich. Unſere Armee befand da⸗ gegen nMediafh und Schäßburg aus 10 Bataillons, 11 Esca⸗ brons und 36 Gefchügen, im Ganzen 12,000 Mann und 1420 Pferbe.

An ber Schlacht bei Mediaſch nahmen jebod) meter die Schaͤß⸗ burger Befagung noch mehrere in die Umgebung detachirte Colonnen Theil, fo daß Bein dort nur mit 6600 Mann Infanterie, 820 Mann

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Huſaren und 30 Geſchützen focht. Um dem Lefer ein genaues Bild der folgenden Schlacht liefern zu fönnen, müflen wir zuvoͤrderſt das Schlachtfeld befchreiben.

Die Stadt Mediaſch liegt im Thale der großen Kokel, hart am linken Ufer dieſes Fluſſes, 4 Meilen von Hermannftadt, und iſt, wie alle fächfifchen Städte, mit einer von Thürmen unterbroches nen Ringmauer verſehen, welche aber zur Bertheidigung nicht® taugt, indem fie von rings umher liegenden Höhen beherrfcht wird. Eine Stunde von ber Stadt, firomabwärtd,, liegt am Fuße eined Berg- rhudens der Ort Kids Rapus, ebenfalld von ber Kokel beſpült. Zwiſchen beiden Orten if das Flußthal fehr ſchmal, höchſtens 1500 Schritte breit und von reißenden Wilbbächen burchfihnitten , welche fi in ziemlicher Breite und mit feilabfallenden Ufern verfehen , in die Kokel flürzen. Zwiſchen biefen Wildbächen ziehen fi) Aus⸗ läufer bed Mittelgebirged bis auf einige Hundert Schritte von ber Kokel, wo fie meift terrafienartig in fleilen Abhängen endigen. Auf den legten Senfungen biefer Bergfüße zieht ſich die Chauſſee bin, vers fehen mit ſteinernen Uebergängen über die Gießbaͤche. Auf bemfelben Wege zwilhen Kid-Kapus und Mediaſch, dem auf demanderen Flußufer liegenden Orte Efemezö gegenüber, ſtand ein ınit Plan» fen eingezäuntes , maſſives Wirthshaus, neben welchen fid) bis an die Kofel ein ziemlich tiefer fumpfiger Grund erftredt , welcher bie und dba von Ziegelöfen befegt war. Die Brüden über die Kokel bei Ekemezoͤ und Kis⸗Kapus waren abgetragen, der Fluß felbR burch bie aufthauenden @ebirgögewäfler angeſchwellt und nicht zu durchwaten. Eine Stunde füblih von Mediaſch, im Gebirge, liegt der Ort Szasz⸗—Musna, welder befept gehalten werben mußte, indem ber Parteigänger Haydte fih um Szent-Agathe berumtrieb und die Blanfe von Mebiafch bedrohte. Bon Norden

ber war keine Umgehung durch den Feind zu befürchten, denn Bas lasfafva hielten bie Unferigen befegt und ftreiften täglich bie Holdviläg und Süve.

Oberſt Czetz hatte Kiö- Kap us mit einer ſtarken Avantgarde von einem Bataillon, einer Escatron und ſechs Geſchützen beſetzt unb berfelben befohlen,, den Ort fo lange zu halten, bis die Haupt. macht ihre Pofition hinter dem erften Gießbache zwiihen Mediaſch und Efemezö befegt hätte.

Diefe Pofltion gewährte für die Artillerie eine die Etraße bes herrſchende, durch flüchtige grablinige Schanzen gebedte Auf: ftellung, von der aus fie den Angreifer in cin Kreuzfeuer nehmen fonnte. Die Plänkler hatten ben ganzen Rand bes Gießbaches vom Gebirge bis an die Kokel befegt und ftanden gededt. Der Feind konnte ſich ihnen nur über eine ganz offene Ebene nähern und war alfo bedeutenden Berluften beim Angriff audgefeht. Die Refernen hatten hinter ben Terraffen gededte Stellungen, und bie Cavallerie in zweiter Linie war durch Terrainwellen dem feindlichen Auge gänzs (ic entzogen. Außerdem war eine Umgehung unferer linken Flanke nicht leicht vorauszufegen. Nichts deftoweniger follte Bem, dur die Umftände gedrängt, biefe fo günftige Poſition erft im lepten Momente benügen.

Am 1. März brach die Faiferliche Avantgarde von Frauen⸗ borf gegen Kis-Kapus vor und fuchte die unferige binauszu- werfen. Diefe aber leiftete unter ihrem gefchidten und tapferen Führer Herfalovicd einen fo hartnädigen Widerfand , daß bie Feinde ſich nad, vierftündigem Gefechte wieder in ihre Stellung bei Srauenborf zurüdziehen mußten. Breilih waren Herkalovich's Kräfte erfchöpft, aber er hatte der ihm gewordenen Aufgabe voll⸗ kommen entfprochen. In der Radıt war auch General Bem wie

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ein Deus ex machina von Maros⸗-Vaſarhely angekommen, und bie Truppen fahen jest freudig bem fommenden Morgen entgegen. Bem hatte gewiſſermaſſen den Inftinft, die herannahende Gefahr zu ers rathen , und lic feinen Unterbefehlehabern felten bie Zeit, auf eigene Fauſt bedeutende Unternehmungen zu madyen. So auch jet. Am 2. März war das Gros der Kaiferlichen fhon in Frauendorf eingetroffen und hatte um 8 Uhr Morgens das Gefecht bei Kis⸗ Kapus mit Herkalovich wieder angefponnen. Diefer hielt ſich nod) eine Stunde, bis Oberſt Czetz mit dem Gros des Bem’ichen Corps die oben befchriebene Poſition beſetzt hatte, zog ſich dann fechtend zurück und bildete in Mediafch die Reſerve. Oberſtlieute⸗ nant Hrabowoki hatte mit dem Thorontaler Bataillon und einer Abtheilung Eavallerie nebft A Kanonen links von Mediaſch gegen Musna Poſition genommen. Die Kaiferlichen waren einſtwei⸗ len bis an das obenbezeichnete Wirthshaus vorgerüdt, hatten daſſelbe befegt und führten ihr Geſchuͤtz auf dem jenfeitigen Ausläufer bed Ge⸗ birges auf. In diefem Augenblick erjchien Beim auf dem Schladht- felbe, ging fofort aus der Vertheidigung zum Angriff über und ents fendete ben Oberftlieutenant Banffy mit dem 14. und 24. Bataillon zur Einnahme des Wirthshauſes. Unfer Gefhüg wurde einige Hundert Schritte feitwärts vorgebracht, und dad Beuer gegen bie kaiferliche Artillerie begann , während die übrigen Truppen in ihrer Stellung verharrten. Da entipann fih ein heißer Kampf. Das 11. Bataillon unter tem iwaderen Inczé flürmte nad kurzem Plaͤnkeln unter cinem Hagel von Oranaten, Kartätfchen und Blinten- fugeln mit dem Bajonnet das Wirthshaus, die feindliche Infanterie heranswerfend. Diefe aber fammelte fid bald wieber unter bem Schuge ihrer Artillerie, und rüdte, burc einige friſche Bataillons verflärft , von Neuem gegen das Wirthshaus und bie daſſelbe bes ll. 19

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herrfchende Höhe, welche mittlerweile vom 24. Bataillon erftiegen war. Das 24. Bataillon aber, noch ungelibt und eines folchen Kampfes unfundig , verließ bie genommene Anhöhe, und das 11. Bataillon mußte deshalb, von allen Seiten umringt, den Platz räumen. Doch ſchnell fammelte es fich wieder, angefeuert von dem im ftärfften Kugelregen überall gegenwärtigen unerfchütterlichen Oberftlieutenant Bänffy und von ihrem waderen Major Inczedy, und nahm, von dein anrüdenden Bataillon Märiäfy unterfiügt, das Wirthohaus und die Höhen wieder, nad) langem und blutigem Kampfe. Den Major ded 24. Bataillons hatte Bem, weil er feine gute Pofltion verlaffen, auf der Stelle caffirt und feinem Nachfolger befohlen, durch Wiedererftürmmung der verlaffenen Stellung bie Scharte auszuwetzen. So dauerte der Kampf bereitö 5 Stunden. Die Kaiferlichen mach⸗ ten mit frifchen Truppen einen Bafonnetangriff und drängten das 11. Bataillon und das Märiäfy- Bataillon wieder zurüd; ja, ihre Cavallerie war jo kuͤhn, einen Choc auf unfere ehvas in Unordnung gerathene Infanterie zu verfuchen. Ein feindlicher Munitionswagen flog in die Luft. Da machten Major Zfurmay und Oberftlieutes nant Bethlen mit ben Wilhelm. und Matthias» Hufaren über Sumpf und an den Ziegelöfen vorüber einen Angriff auf die kaiſer⸗ liche Reiterel und jagten fie in die Flucht, das 11. Bataillon ging nun von Neuem zum Angriff vor, das 55. Bataillon und Würtems bergs Hufaren unter dem ritterlihen Major Kärolyi fchloffen fi an, warfen ben Feind gegen 6 Uhr Abends aus feiner Poſition an dem Bergrüden jenfeits des befagten Wirthshaufes heraus und bräng- ten ihn gegen Kis⸗Kapue. Bem ließ ihm audy hier feine Ruhe, MWürtemberg- und Wilhelm-Hufarem mußten unaufhörlid An- griffe auf die feindliche Artillerie machen ımd unfere Juͤfanterie ihnen außer Athen folgen. Die Kaiferlihen drängten ſich eilig gegen

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Kio⸗Kapus und fuchten ſich dort noch in den Straßen zu vertheidis gen, wurden aber namentlich von dem voranftüirmenden 11. Batails Ion nad hitzigem Kampfe vertrieben. Der Feind zog fich hierauf nach dem Bergrüden zwifchen Kis⸗Kapus und Frauendorf. Auch von dort wollte ihn Bem vertreiben, aber feine erfchöpften Truppen fonnten nicht weiter und es war ſchon 9 Uhr Abends. Er befchränfte fi alſo auf eine Artilerie-Berfolgung, und die Kanonade dauerte bis 101/, Uhr. Kin Theil von KiesKapus ging durch feindliche Sranatenfchüffe in Slammen auf. Bem war alfo an diefem Tage Sieger geblieben, aber nicht ohne bedeutende Opfer. Neun ber brav: ften Dffiziere des 11. Bataillond, unter ihnen Major Inczedy, waren verwundet, und 300 Gemeine hatte dad Bataillon eingebüßt ; unfere Cavallerie hatte fehr gelitten, und eine Menge Cartouchen, für den Augenblid unerfeglih, waren verfchofien. Bem wollte fi) aber von Mediaſch nicht fo leichten Kaufes trennen.

Er ließ Kis⸗Kapuo ſtark bejegen und kehrte mit den übrigen Truppen nach Mediafch zurüd. Am näciten Morgen überzeugte er fich jedoch, Daß ein längerer Kampf gegen die gefammte Faiferliche Macht ihm fein erwünfchtes NRefultat bringen werbe; er beichloß: Mediafch nur mittelft eines Artillerie s&efechteö zu fchügen und es fo lange zu halten, bis feine Berftärfungen aus Schäßburg unb Maros⸗Vaſaͤrhely angelangt fein würden.

Der Bormittag des 3. März verſtrich unter Vorbereitungen beis der Barteien. Bem fuchte fich eine paflende Stellung aus, unb die Raiferlichen erwarteten ihre Referven, denn auch fie wollten dies⸗ mal moͤglichſt ficher gehen. Bem wählte bie Poſition am rechten Ufer des vor dem mehrerwähnten Wirthohauſe Ekemezoͤ gegen⸗ fiber, in die Kofel frömenten Gießbaches. Es war ein fleiler Berg⸗ ruͤcken, welcher mit jaͤhem Abfall den jenſeitigen auf Kanonenſchuß⸗

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weite belegenen Thalrand ziemlich beherrfchte und fi) amphithen- tralifch vom Wirthshauſe bis zu dem’ Bergfnoten bei Baromlaf erſtreckte.

Der Kamm dieſes Bergrückens wurde von unſerer Infanterie beſetzt, der letzte Abfall neben der Straße oberhalb des Wirthshauſes von unſerer geſammten Artillerie. Die Cavallerie ſtand rückwärts auf der Ebene und auf der Straße. Ruͤchſichtlich dieſer Poſition entfuhr dem Eorrefpondenten des Siebenbürger Boten der Ausruf: „Bem weiß feine Stellung fo zu wählen, daß ſich dad Auge des Militärs mit Vergnügen daran weidet.“ Doch hatte die Poſition den Rachtheit, daß unfer linker Slügel ganz von Wald begrenzt war, in welchem ein breifach überlegener Feind ein leichtes Epiel mit der Ueberflügelung hatte. Bem hatte zwar an biefen Ball gedacht und den Major Zfurmay mit einem Streifcorpe von A Compagnien, einer Esca⸗ dron und 2 Kanonen nah Baromlaf entfendet, um bie etwa Ueber: flügelnden felbft wieder zu umgehen, was auch, wie ſich unten zeis gen wird, geglüdt ift; aber der Truppenmangel hinderte ihn body, fich einer Umgehung gehörig zu erwehren.

Außerhalb Kis⸗Kapus war in Bolge der von Bem an biejem Morgen getroffenen Dispofition eine Kleine Arrieregarde unter Dberft- lieutenant Bethlen von einer Divifion Hufaren und 4 Geſchühen geblieben , welche ſich, nachdem fie den Feind zweimal am Debouchi⸗ ren in die Ebene gehindert, in bie rüdtwärtige Poſition bei Ekemezoͤ zurüdzog. Die Kaiferlichen nahmen auf dem jenfeitigen Thalrande Pofition. Das Artillerie - Gefecht dauerte von 3 bis 6 Uhr Nach⸗ mittage. Beide Theile behaupteten ihre Stellungen, nur fügten bie ſchweren Galiber des Feindes unferer Artillerie Schaden zu , ins bem 5 bis 6 unferer Kanonen demontirt wurden, und ein Munitions-

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wagen in die Luft flog. Unſere auf dem Bergruͤcken poſtirte Infan⸗ terie warb durch gutgezielte Kanonenſchüſſe erſchuͤttert, und ihr linker Flügel, im Walde, bedroht, dehnte ſich immermehr ſuͤdwärts aus, ſeine gute Poſition verlaſſend. Da ließ der Feind den verlaſſenen Bergrand durch Infanterie erklimmen und griff mit feiner Cavallerie unſere Artillerie an. Dieſe Bewegung war entſcheidend. Bem’s Truppen begannen überall zu weichen, fogar feine Artillerie retirirte, und er felbft ward nur durch die Bravour eined Zuges Würtembergs Hufaren aus den Händen des ihn bereitö von allen Seiten umringens den Feindes befreit, Er Hatte nämlidy zu fange ſitzend bei feiner Artillerie verweilt und war im Augenblid von den Angreifenden umzingelt worden. Bem verfuchte noch zweimal einige Kanonen aufzuftellen, aber es war gegen 7 Uhr Abends, und der Andrang des Feindes zu heftig. Da fagte er dein Oberſt Czet: „Nun bes ziehen Sie Ihre Pofition, und retten Sie, was Sie können!" Das geihah auch. Eyes fammelte die fliehenden Truppen und ftand bes reits in der vorbergewählten Pofition in Schladhtorbnung da, ale der Feind jene Krümmung der Etraße erreichte, wo er von und bes firichen werden konnte. “Der Artilleriefampf begann von Reuem und dauerte ungefähr eine Stunde. Auch waren mittlerweile von Mas ros⸗Vaſarhely zwei frifhe Compagnien des 4. Bataillons, und von Musna her die beiden Szathmarer Compagnien einges troffen,, und zwar mit gefüllten Batrontafchen. Diefe hielten den feindlichen Tirailleurd Stand, und ed galt nur noch bie Dunkelheit abzuwarten, um ungefährbet den Rüdzug antreten zu fönnen. Das dauerte aber Bem zu lange. Als er bemerfte, daß bie feinblidye Infanterie durch die & frifchen Compagnien aufgehalten wurde, wollte er fi) jene ganz vom Halfe fchaffen und befahl, ungeachtet aller Proteftationen des Oberſten Czetz, den Sturmangriff mit dem Ba⸗

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jonnet. Diefer warb zwar verfucht, mißlang aber natürlicherweife ; denn der Feind war und an Zahl zu fehr überlegen und obenbrein in einem Walde poflirt. Da erfolgte, was bei gänzlich erfchöpften Truppen wohl zu erwarten ftand, eine allgemeine regellofe Flucht bis Mediafch, wo fich die Truppen faınmelten und den Marfch gegen Elifabethftadt antraten. Rur die braven Würtembergs Hufaren pläntelten noch bis Mitternacht mit dem Feinde, der ungeachtet obis ger Borfälle ein Borwärtögehen nicht gerathen fand. | Während dieſer Affaire verfuchte eine Faiferliche Umgehunges> colonne von 2000 Mann uns auf der linfen Slanfe die Rüdzuges linie abzufchneiden, Batte unter Commando des Grafen Daun bie legten Höhen gegen Mediaſch und Mefchen nad) einem Höchft bes fchwerlichen Marfche über Berg und Thal, durch Wald und Moraft im eigentlichen Einne des Wortes erflommen , und ftand im Begriff bie Unferen anzugreifen. Da debouchirte plöplich aus dem Dorfe Eiber&dorf die Umgehungscolonne des Major Zfurmay und ers oberte die nit fo vieler Mühe von den Defterreichern gewonnene Höhe wieder. Auf biefe pflanzten fofert die Ungarn ihre Kanonen, und in das Bataillon Parma, welches in einen Frontmarſch auf unfere linle Flanke vorging , fchlugen ploͤtzlich Zſurmay's Ranonenkugeln im Rüden ber Kaiferlichen und fagten die Defterreiher wie Spreu auseinander, zumal aud) Bem fie feinerfeitö mit Kanonenfugeln bes grüßte, So ward bie feindliche Umgehung zwar vereitelt, aber burch ben raſchen Rüdzug des Groß fonnte fih Zfurmay, über Berg und Thal marfchirend, erft in Holdviläg wieder vereinigen. Iſurmay nämlich marfchirte am linken Koke lufer, während Bem, ba bie Brüde bei Elifabethftadt nicht mehr and, am reiten Ufer biefen Ort erreichte. Als die Defterreicher fich wieder gefammelt hatten, war Bem fchon in die Nacht hinein entfommen, und ihre auf Res

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cognoscirung audgefanbten Chevaurlegers brachten bie Nachricht, daß ſie den Feind wegen der Finſterniß nicht mehr haͤtten erreichen koͤnnen, daß ſie aber erfahren, er habe fihnah Maroo⸗Vaſarhely zurüdgezogen. Die Oefterreicher zogen am 4. Maͤrz in Mediaſch ein.

Bem hatte fi in Mediafch fo hartnädig geſchlagen, weil diefer Punkt auf dem halben Wege von MarossVäfärhely und Hermannſtadt war, und ald Eentralpunft der Operationslinie im Kofel-Thale, ihm die meifte Ausficht bot, im Falle eines über das Faiferliche Gros erfochtenen Sieges, diefen auf den Buße nad) Her⸗ mannftabt zu folgen und um fo cher in den Beſitz des Haupt⸗ operationd » Objectö zu gelangen.

Er hatte richtig calculirt; denn ungeachtet ber beinahe dreifachen Ueberzahl wäre ihm ber Sieg kaum entgangen, wenn bie Brigade des Oberftlieutenant Kiſs zur rechten Zeit, ſchon am zweiten Tage, in ber Schlachtlinie erfchienen wäre. Mißverftandene Befehle hats ten biefe fhöne Kombination vereitelt. Nichts deſtoweniger durfte Bem in ber halbgeſchlagenen Lage, in der ex fidy befand, die Ope⸗ tationdlinie nicht wechfeln , fondern mußte feinen Rüdzug im Kokel⸗ Thale bewirken.

Er that bied auch. Am 4. März um 1 Uhr Nachts langte er in Elifabethftabt an, den Schäßburger Truppen, weldye ein Mipverftändnig veripätet hatte, unterwegs begegnend.

Am 5. Morgens kam Bem mit feiner geſchlagenen Armee in Schäßburg an.

Bem recognoßgcirte bier bei feiner Ankunft die Gegend und bes ſchloß, die an fich ſtarke Vofttion noch durch Feldſchanzen zu verflärs fen. Gr felbft bezeichnete die Trace ber Beldbatterien, und nun ging ed rüflig an bie Arbeit. Drei Bataillons arbeiteten abwechfelnd Tag und Nacht an dem Ausheben ber Gräben und dem Aufwerfen ber

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Bruftmehren, während bie Gavallerie den ganzen übrigen Dienſt verſah, und die Artillerie unabläffig an der Wiederherftelung der bemontirten Gefchüge und an ter Inftandfebung der Beipannungen arbeitete.

Unterdefien mußten bie ftädtifchen Arbeiter für die Armee allerlei Monturftüde anfertigen und an der Ausbeſſerung ter Waffen arbei- ten. Munition ward von Marod:Bäfärhely herbeorbert, und eben fo einige Divifionen Hufaren im Marfche auf Schäßburg.

Gleich nad) der Mediaſcher Schlacht war auch Major Her: falovich über Baläsfalva nad Klaufenburg detachirt wors ben, um alle dort nur entbehrlichen Truppen der Armee zuzuführen. Kurz, Bem’s Thätigfeit war dann am gewaltigften,, wenn er am meiften im Nachtheile war, wo andere minder energifcdye Raturen ges wöhnlich den Kopf verlieren, fi einer allgemeinen zu ihrer gänzlichen Vernichtung führenden Apathie hinzugeben pflegen. Bem erhob fich gerade nach fchweren Niederlagen am fräftigften wieder und wurde dann dem Feinde um fo gefährlicher, als diefer ihn jeder Thatkraft unfähig glaubte. Daraus erklären fich auch zum Theil die wunderbaren Wendungen bed Geſchicks in diefem Feldzuge.

Sn Schäßburghatte Bem nur die Wahl zwiichen zwei Uebeln: entweder mußte er die Stadt fo lange halten, bis ihm neuer Succurd aus dem Szekler: Lande kam, wohin er zur Vornahme fchleuniger Organifationen ven patriotifchen und tafentvollen Oberften Alerander Gal zurüdgefandt hatte; er konnte hier die Ereigniffe abwarten und hatte jedenfalls feinen Rüdzug nach dem Szekler⸗Lande; ober er rüdte nach Maros⸗Vaſarhely, um dort feine Kräfte zu concentriren. In dieſem Falle mußte er aber die Szekler wieder fich felber überlaflen, was unberechenbar nachtheilige Folgen gebracht und ihn feiner Opera⸗ tionslinie an der Kokel beraubt haben würde. ine britte Möglichkeit

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war, ſich in's Szekler⸗Land zu werfen und von dort mit Hilfe einer Maſſe Nationalgarden einen Schlag auf Kronſtadt zu wagen. Aber diefer Plan hätte Bem fowohl von feiner Operationsbafts, als auch von feinem Operationsobjecte, Hermannftadt, getrennt und würde zum günftigften Balle nur einen fecundären Vortheil ges boten haben.

Bem entſchloß ſich daher zu dem erfigenannten Plane, obſchon er feine wahrfcheinlicdye Abficht vor feinem Generalftabe dadurch zu verbergen wußte, daß er im Halle eines Nüdzuges Kronftadt als naͤchſtes Operationsobject bezeichnete.

Diefem Plane entfprechend, ließ er Danos, auf tem halben Wege zwiſchen Shäßburg und Elifabethftadt, non einer ges mifchten Brigade befegen und an den Berfchanzungen der Haupts pofition unabläflig fortarbeiten. Damit befchäftigte er feine Armee vom 5. bis 8. März, und diefe wunderte fich nicht wenig, baß bie Defterreicher noch immer nicht von Mediafch herankaͤmen. Endlich am 8. Mittags erfchienen bie oͤſterreichiſchen Eolonnen dieſſeits Hol d⸗ viläg, und Dragonerhelme erglänzten felbft jenfeitö ter Kokel im Walde gegen Prob und Nagy⸗Szölloͤs.

Bem's Armee war augenblidlich in den ihr vorgefchriebenen Etellungen und erwartete ruhig den Angriff des Feindes. Die Bris gabe des Oberftlieutenant Bethlen in Danos nahm eine vor- zügliche Pofition auf den Höhen vor dem Orte und wachte die ganze Nacht ald das Auge des Corps während dad Gros in den Schans zen und in der Etadt im Bewußtſein der Sicherheit ruhte. Der Feind begnügte ſich jedoch mit einer Demonftration gegen Däno6 und zog fih dann auf die Höhen bei Holdviläg zurüd, indem er rings umber in ber Ausdehnung von einer Dteile feine Lagerfeuer auf den Höhen anzündete. Bem's Armee lagerte in ihren Schanzen

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und erwartete mit Sehnſucht den Morgen und die Schlacht. Als aber am 9. Morgens kein Kanonenſchuß die Unſeren weckte, als die ausgefandten Patrouillen bei Holdvilag feine Feinde trafen und nur eine reitende Ordonnanz fingen, welche dort über die Kokel fehen wollte, um wahrfcheinlich der feindlichen Kavallerie » Abtheilung in Nagy⸗Szöhllös Befehle zu überbringen, als endlich bie von Befe und Keresd zurückkehrende Batrouille meldete, daß der Feind in kleinen Abthrilungen in der Nacht vom 8. auf den 9. durch dieſen Ort paffirt fei, da hatte Bem den ganzen feindlichen Plan errathen und fagte zu feinem Generalſtab: „Jetzt marfchiren wir nah Her: mannftadt!* Die Armee war in einer halben Stunde marfch- fertig und wurde nur durch eine an zwei Hufaren wegen Infubs ordination zu vollzichende Erecution noch eine Stunde länger aufge halten. Um 11 Uhr fegte fih Alles am linfen Kofelufer gegen Mediafch In Bervegung.

VI.

Vorrückung gegen Hermannſtadt. Zweite Schlacht und Erflürmung von Hermannſtadt 11. März. Betrachtungen. Dispoſitionen. Treffen bei Feketehalom 18. März. Einmarfh in Kronftadt 19. Maͤrz. De⸗ flerreicher und Rufen flüchten in die Wallachei. Affaire im Rothen⸗Thurm⸗ yaß 26. Maͤrz. Ganz Siebenbürgen wieder erobert. Organifation der Referoen. Cernirung der Feflung Karleburg. Schloß Deva capitulirt 27. Mai 1849. Schluß.

Das Gros bed Be m'ſchen Corps fam am 9. März Rachts um 2 Uhr, ganz erfchöpft von dem langen Marfche und ganz durchweicht vom unabläffig nieberfirömenden Regen, in Paraté j an. Am 10.

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Morgens um 8 Uhr waren wir nMediafch, wo ein zur Dedung ber Straße von den Ocfterreichern zurüdgelaffenes Bataillon mit eis ner Escadron Chevaurlegers ganz verblüfft über unfer plögliches Ers fheinen über Berg und Thal davon lief, eine halbe Compagnie nebft ihrem Offizier ald Gefangene zurüdlafiend. Die Hufaren feßten uns aufhörlih nah. Bem hatte fhon von Baratej ein Detachement unter Oberfilieutenant Bethlen entfendet, um ben Klüchtigen über Musna, Baromlafund Jallya zuvorzufommen und etwa im Gebirge ſich findende öfterreichifche Truppenabtheilungen gefangen zu nehmen, aber die ganz durchweichten Feldwege hinderten das raſche Bortfommen beffelben, und die Defterreicher entfamen. Mediaſch blicb durch Oberftlieutenant Bereczy mit ungefähr 1500 Dann und A Kanonen befegt. Die Armee ging nach zweiltündiger Raft wieder vorwärts nach Nagy⸗Selyk, wo wir um 1 Uhr Nachts einrüdten. Am 11. März Morgens 6 lihr traten wir unferen weites ven Marſch gegen Stolgenburg und Hermannſtadt an. Die Bewohner der Ortfchaften konnten ihr Staunen nicht genugfam funds geben, daß Bem, den fie bi Mediaſch gefchlagen und in Schaͤß⸗ burg wußten, nun plöplich vor ben Kaiferlichen bei ihnen erſchei⸗ nen koͤnne.

Bei Stolzgenburg ſtieß unfere Avantyarde auf einen Bors trupp Kofafen, welcher lebhaft angegriffen und zerfprengt wurbe. Dort hielten wir Mittagsruhe. Um 12 Uhr wurde der Marſch forts gefegt, um A Uhr Nachmittags debouchirte Bem's Armee aus GSroßſcheuern und flellte fi) hinter dem Berge, welcher diefen Ort von Hermannftabt trennt, in Schlachtordnung auf.

Die Rufen ftansen eben fo jenfelts des Berges in der Ebene. Bem's Abſicht war eigentlich, mit feiner ganzen Armer läng6 ber Bergiehne nah Hammers dorf zu defilfren und durch ben plög-

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lichen Anblid einer fo impofanten Mat, Hermannftadt zur Vebergabe ohne Schwertftreid zu nöthigen.

Zweite Schlacht bei Hermannftadt am 11. Marz 1840.

Da Bem die Meldung von ter Aufftellung der Ruſſen en ordre de bataille vor Hermannftabt ‚gemacht wurde, fagte er ganz lakoniſch: „Ach! fie bieten uns die Schladht an ; wir müffen fie acceptiren.” Und nun ging es los. Bem's Artillerie debouchirte hinter dem Berge hervor, nahın Stellung und erwartete dad Signal zum Feuern, während unfere Infanterie das Plateau befegte und in bie Weingärten bed jenfeitigen Abhangs niederzufteigen begann,

Die Rufien fahen diefen Vorbereitungen, ohne einen Schuß zu thun, ruhig zu. Da verfuchte eine ftarfe Koſaken⸗Abtheilung B em’ 8 rechten Flügel zu umgehen. Bem ließ fie auf Kartätfchenfchußweite heranfommen und begrüßte fie dann mit einer folchen Salve, daß fie ın wilder Unordnung Reißaus nahmen und während ber Schlacht gar nicht wieder im Vordertreffen zum Vorfchein famen. Hiermit begann die Schlacht. Die ruffiihen Maffen hielten Bem’s furcht⸗ bare Kanonade ruhig aus, und ihre in den Weingärten poftirten Plänf- fer waren nicht zum Weichen zu bringen. Das bauerte wohl eine Stunde. Bem wurde pifirt und entwidelte, je nach dem erfols genden Ainrücden feiner Truppen, immer mehr Infanterie gegen den ruffifchen linken Fluͤgel. Diefer wid) endlich einen Bajonnetangriff, welchen die Szekler mit allem ihnen inwohnenden Ungeftüm unters nahmen. Die Ruffen wurden in die Ebene hinausgebrüdt, und unfere Infanterie folgte ihnen auf den Ferſen. Zugleich begann die Divifton Würtembergs Hufaren aufder Hammers dorfer Linie zu deboudyiren und drohte dem ruffifchen rechten Ylügel mit Um⸗ gehung. Dies veranlaßte das feindliche Centrum zu einer rüdgängigen

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Bewegung, welche damit endete, daß die Ruſſen fi in bie vers fchanzten Borftädte zurüdzogen. Auch Bem’s Artillerie hatte ſich unterdeſſen in der Ebene entwickelt und der ruffiichen Artillerie, weiche bei diefer Gelegenheit ſich nicht eben burch richtige® Zielen auszeichnete, empfindliche Verlufte beigebracht. Zugleich machte Oberftlieutenant Kife auf dem rechten Slügel mit Koburg- und Wilhelms Hus faren gegen eine freiftehende ruffifche Batterie einen glänzenden Ans griff und zwang fie zum fchleunigen Rüdzuge. Es war 6 Uhr Abende, und der Kampf in ben Berfchangungen ber Borftädte bauerte noch eine ganze Stunde, bis endlich Die Ruflen den wiederholten ftürmifchen Bafjonnetangriffen der Szekler weichend ſich in die Etatt zurüdzogen. Um 7 Uhr hatten biefe die erften Häufer der Vorſtadt beſetzt, aber ihre Kräfte waren erfchöpft. Die Dunkelheit brach ein, und die UmgehungssBrigade des Oberftlieutenant Bethlen mit dem braven 11. Bataillon, einer Jägers Divifion und einem Batails lon Szekler war noch nicht zur Stelle. Die Stadt mußte aber noch in der Nacht genommen werden , wenn nicht alle Anftrengungen des Tages vergeblich fein follten. Bem ließ daher die Stadt mit Graua⸗ ten bewerfen:: wodurch freilich einige Häufer in Brand geriethen, aber die nachtheilige Folge heroorgebradht wurde, daß durch die Ber (euchtung dem feindlichen Wallgefhüg ein fichered Ziel dargeboten wurde. Es entftand eine Baufe, und Bem wollte ſchon den Reſt der Arbeit für den folgenden Tag aufivaren. Da erfchien plöglih Beth- len mit feiner Brigade. Das 11. Bataillon rüdte entfchloflen und das Kreiheitölied der Armee fingend in bie Borftabt über alle Ber- baue gegen das Stadithor vor und verfuchte dreimal baflelbe zu ſtuͤrmen. Unterdeſſen hatten fi) da8 Szefler- und das Märiafy- Bataillon gefammelt unb flürmten zum vierten Male, in Gemeinſchaft mit dem 11. Bataillon. Das brady den Widerſtand der Rufen; fie

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flohen über Schellenberg gegen ben Rothenthurmpaß. Alm 91/, Uhr rüdte bie ganze fiegreiche Arınee Bem's in Hermann: ſtadt ein.

Eo war das heißerfchnte Ziel erreicht, die Hybra der Reaction lag endlich unter den Fuͤßen der gepeinigten Ungarn und Szefler, der Moment der Vergeltung war gefommen! Und doch fam nicht ein Beifpiel von Mord oder von Plünderung vor. Die Einwohner ftaunten über unfere Armee, denn fie hatten den Einzug raubgieriger Horden erwartet, wie die Faiferlichen Offiziere und immer, nad) bes fanntem SKunftgriff der Reaction, den Bürgern geſchildert hatten, und fahen eine wohl bieciplinirte Armee vor fih. Zwar fiel Be- nigni, der Redacteur der „Siebenbürger Zeitung”, dieſe Schlange, welche mit ihrem Gifte fo häufig den ungarifhen Volkscharakter befudelt hatte, durch eine Kugel, ein paar verfchloffene Thüren wurs ben von ben Ruhe und eine Lagerftätte fuchenden Honveds gefprengt, aber fein Raub oder Diebftahl verübt. Und doch war die mit Sturm eroberte Stadt ter Gnade oder Ungnade des Siegers verfallen! Dermögen wohl bie Defterreicher und Ruffen ein ähnliches Beifpiel aufzuweiſen? Zugleich ließ Bent am anderen Morgen fchon allges meine Amneſtie verfünden. Wo hat ſich Oeſterreich aͤhnlich gerächt? Und doch belohnten die Sachfen den einfichtigen waderen Bem ſpa⸗ ter mit Undanf.

Dem fand in Herinannftabt an 24 Kanonen verſchiedenen Calibers, ein ungeheured Quantum Munition, die ganzen Berräthe an Tuch⸗ und Bekleidungsmaterlal für bie Fatferliche Armee, große Magazine voll Lebensmittel, und drei mitteld geringer Reparatur wieder brauchbar zu machende Bulvermühlen; Bem batte fo den Kaiferlihen die Möglichkeit entzogen, fich Länger in Siebenbürgen zu

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behanpten, und fie mußten enweder in die Wallachei flüchten, ober die Waffen fireden.

Die Defterreicher waren mittlerweile am 10. Morgens in Schäßburg eingerüdt. Wie groß muß aber ihr Staunen gewefen fein, als fie dort feinen einzigen ungarifchen Soldaten fanden. War Bem mit feiner Armee verfehwunden? Und wohin? Sie hielten Anfangs bie Kunde von ber Eroberung Hermannſtadt's, welche durch den lebendigen Telegraphen der fächfifchen Bevölkerung zu ihnen gebrungen war, für ein Märchen und glaubten erfi dann an die Wahrheit dieſes ftrategifchen Kunſtſtückes, als eine Bem'ſche Brigade bereits gegen Leſchkirch heranzog, um den Feind aufzus fjuchen. Die Kunde von dem Ereigniß durchlief mit Blitzesſchnelle das ganze Land; weder Freund noch Feind wollte daran glauben. In der That war die Eroberung Hermannftadt’S ein unenvartetes Ereigniß , defien Schlüffel einzig und allein in ber genialen Aufs faſſungsweiſe, mit welcher Bem die Lage der Dinge würdigte, in der Kühnbeit feined Geiſtes liegt, fo wie in dem Achten Yelb- herrntakt, mit welchem er die vom Feinde bargebotene Gelegenheit und einen frategifchen Fehler defielben zu benugen verfland.

Dem war in Mediaſch auf's Haupt gefchlagen, und ber Faiferlihe Arınee-Commandant hatte nicht Unrecht, wenn er in feinem Berichte an den Fürſten Windifhgräs über dieſe Schlacht bemerkte: „Wir haben durch biefen Sieg die wichtige Kokel linie wieder gewonnen und in wenig Tagen wird bie Armee Bem's total jeriprengt ober gefangen genoinmen fein,“ vorausgefeht nur, daß bie Kaiferlichen gerade auf Schäßburg losgehen und Bem's Korps fprengen würden, ohne eine auf unenvartete Hinderniſſe ſtoßende Umgehung einzuleiten und dadurch Bem Zeit zu laflen, feine Kräfte zu fammeln. An ihnen bewies ſich ſehr treffend die Richtigkeit jenes

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ftrategifchen Grundſatzes, daß man bei großartigen Umgebungen fid wohl in Acht zu nehmen habe, wenn man nicht felbft umgangen werben will.

Die ganze Faiferliche Armee hatte ſich nach der Mediafcher Schlacht ind Gebirge nah Szent Agotha geworfen, um über Hendorf, TZrappold und Segesd, Schäßburg ganz zu ums gehen und Bem den Rüdzug ins Szekler⸗Land abzufchneiden. Die Abtheilung Haydte's follte ihn in der Front über Kiomfalva, Almakerék und Befe befchäftigen, während ein Cavalleriedetache⸗ ment bei Nagy=-Szöllös die Straße nah Maros-Wäfärhely befeßte und den Unferigen den Rüdzug dahin abfchnitt. Allerdings fein ausgedacht, um Bem's Schanzenbau unnüp zu machen; aber man hatte dabei vergefien, bie Hauptoperationdlinie gegen Her- mannftadt zu bejegen, um Bem bdiefen Weg, auf dem er immer nad Balaͤsfalva und Thorda entweichen konnte, zu fperren. Freilich war ſolche Kuͤhnheit, mit einer gefchlagenen Armee den Bors marſch auf Hermannftadt zu wagen, Niemand eingefallen. Auch hatte man die Jahreözeit und ben Ichmigen Boden um Szent Agotha, Hendorf und Trappold nicht mit in Anfchlag gebracht, durch welchen der Marſch auf Schäßburg unendlich erfchiwert und um drei Tage verlängert wurde. Denn 20 Ochfen waren kaum im Stande, eine Kanone auf bie hohen Platcaus des Mittelgebirges hinaufzuziehen, die Infanterie blieb faſt im Lehm fteden, und bie Reiter mußten ihre Pferde am Zügel nachziehen. Außerdem ver rieth auch die von den Seſterreichern am 8. unternommene Denon» ftration ihren ganzen Plan an Bem, und wir ſahen, wie raſch er mit feiner Contremine fertig wurde.

Nach der Schlacht bei Mediafch ftand ed in der Macht ber Oefterreicher, durch kluge Benupung des Sieges und vornehmlich

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durch energiſche Verfolgung die geſchlagene Armee Bem's in eine aͤußerſt fchwierige Rage zu verfeben und eine fchnelle Reorganifation ber ungarifchen Streitkräfte zu verhindern. Wir fcheuen und nicht zu geftehen, daß ein foldyes Verfahren un in unferen Operationen für lange Zeit hintangefegt und auf unfere einzige Stüge, die Szek⸗ ler, von aͤußerſt nachtheiliger moraliſcher Wirkung geweſen wäre. Denn eine ſchnelle, kraͤftige Nachruͤckung haͤtte kaum eine zweite Schlacht bei Schäßburg zugelaſſen, und ſelbſt da waren die Chancen ganz auf Seiten der Kaiſerlichen. Bem haͤtte ſeine Ope⸗ rationslinie im Kokel⸗Thale wirklich aufgeben, ſich ins Szeflers Land werfen, Klauſenburg und Maros⸗Vaſarhely blosſtellen und ſich vom OperationdsÖbjecte immer weiter entfernen muͤſſen, auch wäre durch die Blosftellung ber zwei letztgenannten Depöts pläge feine Operation$bafis ganz verrüdt worden.

Die Kaiferlichen fcheinen diefe ſtrategiſchen Bortheile nicht bes griffen zu haben. Ihre aus Italien gefommenen Generalſtabs⸗ Dffigiere zogen ed vor, burch ein leicht zu errathendes taktiſches Manöver bie ftrategifche Kombination zu erfegen und fo ſich ins Berberben zu flürzen.

Zu al Dem gefellt ſich noch ber unbegreifliche Sehler, die Haupts operationslinie des Feindes offen zu laſſen. Denn das ſchwache Detachement des Major Nipp von Turski⸗Infanterie bei Mer diaſch konnte wohl nicht als ernſte Barriere für ein geordnetes Corps angefehen werben.

Bem Hatte zwar durch einen eben fo ſchoͤn ausgebadhten als energifch durchgeführten Arategiichen coup de main ſich des Haupts operattonds Objecteß bemächtiget ; allein feine ftrategiiche Lage ben großen moralifchen Ginbrud abgerechnet, eher verſchlimmert, als verbeſſert. Gr war nach der Einnahme Hermannftabt’s zwifchen

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eine, -immer ftarf zu nennende Truppenmacht und das Taiferliche Armeecorp8 eingefeilt und überdies noch durch die Befagung ber Karlöburger Feſtung oder durch ein aus dem Banat erwartetes faiferliches Truppendetachement in der Flanke bedroht.

Wären ihm die Kaiferlichen von Schäßburg über Mediaſch auf dem Fuße gefolgt, fo wäre er zwifchen zwei Heuer gerathen und hätte feine Rüdzugslinie verloren. Es wäre ihm nichts übrig ges blieben, als fich durch die Ruffen den Weg zum Rothenthurm in die Wallachei zu bahnen ober von Reuem den gefährlichen Rüdzug im MarossThale anzutreten gewiß nur fehr unglüdliche Chancen.

Bem ließ zufolge dieler Betrachtungen in der Nacht vom 11. auf den 12. März 2000 Szekler-Refruten, weldye nur mit Knitteln verjehen , feine Arınee begleitet, und lediglich zur Kortfchaffung der Kanonen verwendet waren, mit Bajonnetgerwehren und ber fonftigen Armirung verfehen und compfetirte mit ihnen dad 11. und das MärisfysBatailon auf 1300 Mann; außerdem erhielten bie zahlreichen nur mit Lanzen bewaffneten übrigen Szefler» Batail- lons ſaͤmmtlich Feuergewehre. Die frädtifchen Magazine wurden firenge bewacht und eine Montur⸗Fabrik improvifitt. Die un⸗ brauchbaren Wallfanonen Ceiferne Bierundzwanzigpfünber) wurden für den fchlimmften Kal vernagelt. Unſere Truppen bezogen am 12, März Nachmittags ein Lager im Freien zwiſchen der Stadt und dem Schellenberg; Major Herfalovich mit dem 850. Honveds Bataillon, dem mittlerweile organifirten 32. Bataillon und der in Klauſenburg formirten Matthias⸗Huſaren⸗Abtheilung, fo wie Bänffy und Pereczy, zufammen mit 4000 Mann, wurden berbeis gezogen, der Ort Beszteny von WürtenbergsHufaren und einer ftarfen gemifchten Brigade unter Oberftlieutenant Karolyi befegt, um das etwaige Vorrüden der Ruflen, welche bei Boicza fanden,

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zu verhindern, waͤhrend Oberſtlieutenant Bethlen mit einer eben ſo ſtarken Brigade über Dällya, Holczmany und UjsEgyhäz ent⸗ fendet wurde, um die Kaiferlichen aufzufuchen. Diefe waren einft- weilen von Schäßburg auf Fogaras marfdirt und hatten eine Brigade unter Klokocſan und die FrefersBrüde detachirt, um Bem den Üebergang über den Aluta⸗Fluß ftreitig zu machen und fo den Rüdzug ber Haupttruppe auf Kronftadt zu decken.

Die öfterreichifche Armee geriet} bei der ficheren Nachricht von der Einnahme Hermannftadt’s in einen folchen Zuftand moralis fcher Auflöfung, welche fie zum längeren Kampfe im offenen Felde ganz untauglich machte. Die Mannfchaft hatte durch die legt ers duldeten Strapapen unfäglich gelitten und befaß nicht einmal Fuß⸗ befleidung mehr; bie Offiziere verloren den größten Theil dhrer Bagage in Hermannfabt; die Kaffen waren theild leer, theile ſchon in die Wallachei transportirt ; außerdem war das Vertrauen der Truppen zu ihren Yührern verſchwunden. Puchner und die Generaͤle bis auf Kaliany, ein abtrünniger Ungar, ließen ihre Armee im Stich und flüchteten durch den Rothenthurmpaß in bie Wallachei, den Truppen überlaffend, fich über Kronſtadt zu retten (fiehe Esquisse de la guerre en Hongrie p. 54); Gedeon und Jovich waren ſchon von Hermannftadt aus dahin gegangen. Wie follte da nicht Deimoralijation und Desorganifation in ben Truppen einreißen ?

Bem war fo galant, Buchner feine Orden und Diplome, welche er in feinem Quartier zurüdgelaflen hatte, durch zwei Hu: farenunteroffiziere zu überfenden; zum Danf für dieſen Ritterdienft wollten die Oefterreicher die Ueberbringer gefangen nehmen, doch biefe entwilchten ihnen wieder. j

As Bem am 14. März fichere Kunde von der Ylucht der

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öfterreichifchen Generäle erhalten hatte, traf er unverzüglich Anftalten, auf Kronftadt zu marſchiren.

In Hermannftadt blieb Oberſt Johann Banfſy mit einer Truppenabtheilung von nahe 2000 Mann. Oberftlieutenant Ihäz befegte mit 1500 Dann Boicza. \

Oberſt Ezeb brach an demfelben Tage mit dem Bros gegen Fenyöfalva (Geroldsau) auf, während Bem mit einer flarfen Brigade auf den Rothenthurmpaß loöging, um von bort bie Ruſſen zu vertreiben. Oberſt Czetz fließ in Fenyoöfalva auf bie Borpoften einer Brigade, welche die Beftimmung hatte, an ber bei Trek über die Aluta führenden Brüde dad Borrüden Bem’s zu hindern. Die Faijerliche Armee war nämlich von Fogaras über Nedeény nah Kronftadt marfchirt. Die feindlichen Vorpoſten wurden in der Nacht aus Fenyoͤfalva vertrieben und Czetz nahm hinter der AlutasBrüde Stellung. Die Dunfelheit der Nacht und bie Ermattung ber Truppen verhinderte die Fortſetzung des Marſches. An 15. März Morgens follte der Ylußübergang forcirt werden, aber die Kaijerlichen hatten es für gut befunden, noch in der Nacht abzuziehen.

Oberſt Czetz marjchirte am 15. bi8 Ucfa, nahm am 16. Fogaras, deſſen fefted Schloß verlafien war, ohne Schwertftreich und fchob feine Vortruppen bis Särfäny vor. Am 17. ward Dledeny befept, wo Bem die Armee wieder einholte, nachdem er bie Ruffen beim Rothenthurm bis an die Grenze gejagt hatte.

Zreffen bei Feketehalom am 18. März 1849.

Am 18, März rüdten die ungarifchen Colonnen auf ber Etraße von Kronftabt vor, ſtießen jebody bei Befetehalom noch ein⸗

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mal auf den Feind, der bier zum letzten Dale ben Siegen Wibers ftand zu leiften verfuchte.

Das ungariſche Armeecorps befand bet dieſem Gefechte, nadı Abſchlag der Befahungensin Hermannftabdt, beim Rothenthurm und in Fogaras, aus fieben Bataillone, 101/, Escadrons, 26 Ge⸗ ſchuͤgen, 7200 Mann Infanterie und 1500 Mann Cavallerie*),

Die Faiferliche Armee hingegen zählte noch immer:

3 Brigaden Infanterie . . 10,000 Mann,

12 14 Escadrons Bavallerie 1,680

48 Geſchuͤtze (den Landſturm gar nicht gerechnet). Außerdem bildeten ihre Referue 6000 Mann Rufen unter General Engelhardt mit nahe an 24 Geſchuͤtzen.

Aber die Kaiferlichen hatten in der moraliidhen Geſchlagenheit, in der fie fich befanden, die Vortheile, die ihnen dad Terrain und ihre Ueberzahl bot, gar nicht zu würdigen gewußt. Anftatt ihre Flügel auf Szunyogfzeg und ben ſchwer zu erflimmenten Zeib- ner Berg geftügt, mit der freien Ruͤckzugslinie auf Kronftadt, eine Stellung auf der Straße inmitten des großen Waldes zu nehmen, der zwifchen Bledeny und Feketehalom ſich erfiredt, und fomit

) Auf der Linie von Bledeny:

8 Batailone . . » 2... 5000 Mann, Tıla Eeeatrnd . . . 2... 70 18 Geſchuͤtze.

Unter Oberfllieutenant Ferdinand Szabo auf ter Rinie von Häromszef bei Szent—⸗ Better und Hermäny:

2 Batalllind . 2 22 220 3 Secatron® . 2202.00 , 10 Geſchuͤtze.

Zuſammen 8700 Dann 26 Geſchütze.

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Bein dad Vorrüden nur auf einer ſchmalen Linie zu erlauben und das überdies coupirte Gebirge zu Hinterhalten und Verſtecken aus⸗ zubeuten, bezogen fie erft im legten Augenblide die Bofltion in ber Ebene nädhft dem Orte Zeiden, mit dem Gentrum in Weiden bad, den linken Flügel auf Zeiden gelehnt, ihr rechter Flügel hing in ber Luft. Die ganze Stellung war übrigens durch jene ber Ungarn dominirt und daher nicht für die Dauer haltbar.

Oberſt Czetz, der hier dad Gefecht leitete, traf die Dispoſition zum Angriff wie folgt: Ein Bataillon Infanterie unter Major Kabös erhielt den Auftrag, den Zeidner Berg zu erflimmen, den Feind zu delogiren und ſich des Ortes Feletehalom zu bemächtis gen, wodurch dem Feinde der Rüdzug gegen den Törzburger Paß gefperrt werben -follte; ein Bataillon unter Daniel Nagy hatte den feindlichen rechten Fluͤgel in der Ebene zurüdzudrängen. Gin Bas taillon unter Tolnay und die Artillerie rüdte zum Angriff des feind⸗ lichen Centrums auf der Straße vor, während dad 52, Bataillon und das Bataillon Märiäfy en reserve verblieben. Dir Caval⸗ lerie ftand im Centrum in zweiter Linie à cheval der Straße poftirt um für alle Fälle bei der Hand zu fein.

Die Ungarn rüdten mit Ungeſtüm gegen die am Waldfaum poftirten Plaͤnkler vor und drängten diefe immer mehr in die Ebene

hinaus. Sie waren durch den Wald gededt und Fonnten demnach

ohne große Schwierigfeit avanciren. “Die Artillerie (eine Batterie) ward auf dem letzten Abhang mitten auf der Ehauffee aufgefahren unb eröffnete aus 6 Gefchügen ein lebhaftes Feuer auf die feindliche Mitte. Ein furdtbarer Sturmwind trieb den eifigen Regen dem Gegner ind Geſicht und verhinderte, beiderfeitd das genaue Zielen. So währte der Kampf auf der ganzen Linie ungefähr eine Stunde, als der Feind auf feinem rechten Flügel immer größere Eavalleries

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maſſen entwidelte und unferen linfen durch Turnirung des Waldes gegen Szunyogfzeg zu bebrohen verfuchte. Auch hielt fein linfer Flügel den Gipfel bed Zeidner Berges befept.

Da beorberte der Corps Cominandant zwei Escabrond Mat thia8s Hufaren mit zwei Gefchüsen gegen Szunyogſzeg, um bie Umgehung des Feindes zu vereiteln. Oberftlientenant Gregor Beth⸗ len ftellte fi an die Spipe des Bataillons am linken Flügel, wohin noch ein Bataillon der Referve beordert wurbe, dad Märiäjys Bataillon formirte ſich unter feinem waderen Major Jeszenozky zum Sturm im Centrum Major Kab68 zog am rechten Fluͤgel feine aufgelöften Blänfler zufamımnen, und in einem Anlauf ward der Feind über den Haufen geworfen und in bie Flucht gejagt. Er floh zerfirdut gegen Weidenbad und Tohäny. Unſere Infanterie befegte Jeiden, machte da viele Gefangene und anfehnliche Beute, während die Cavallerie die Verfolgung des Yeintes in der Ebene gegen Weidenbacd übernahm. Der coupirte Boden behinderte das rafche Fortkommen, und nur biefem Umſtande verdanft ber faiferliche rechte lügel feine Rettung , der fonft unfehlbar gefangen genommen worden wäre.

In Weidenbad nahm der Feind nochmals Poſition. Bem ließ nun fein Eorps vor dem Orte en ordre de bataille ſich entwiceln, ohne die Verfolgung bis nach Kronftadt audzubehnen, indem er fagte: „Laſſen wir den Oeſterreichern Zeit, in die Wallachei zu entflichen.“ Er wollte feinen Sieg nit auf's Spiel fegen und den Angriff auf Kronftadt mit ben an der Grenze des Kronftäbter - Diftriets aufgeſtellten Szeklern am näcdften Morgen beginnen. Diefer war indeß nicht nöthig.

Die gänzlich demoraliſirten Kaiferlichen forderten die Rufen auf, am nähften Tage Bem’s Angriffe ſich entgegenzufellm,

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waͤhrend ſie ſelbſt die Reſerve bilden ſollten. Allein General Engel⸗ hardt war durch das Schickſal Skaryatin's belehrt und wollte die ruſſiſche Waffenehre nicht nochmals compromittiren, er zog am Abende des 18. März über den Tömöfer Paß in bie Wallachei ab, während die Deiterreicher ihn in der Nacht folgten.

Am 19. März Vormittags erfchien der Kronfkädter Magiftrat m Weidenbach vor dem greilen Feldherrn und übergab ihm die Schlüffel der Stadt, um Gnade flehend. Bem zog noch an dem⸗ ſelben Tage in Kronſtadt ein. Er ließ, bie Defterreicher durch die Haromszéker Szekler verfolgen, welche am Tömöfer Paß eine Beute von mehreren 100,000 Gulden machten, die ſie zu Hauſe unter ſich vertheilten.

Oberſtlieutenant Papp verfolgte mit einer Brigade die gegen ben Lörzburger Paß gedrängte ößerreichifche Brigade unter Haydte und Graf Daun und foreirte fie zum Nüdzuge in bie Wallachei über La⸗Krutſa.

Die Armee Bem's wuchs nun von Tag zu Tage; ſchaaren⸗ weife ftrömten die Szekler zu feinen Bahnen; mit ungefähr 8000 Mann war er in Kronftadt eingezogen, und fein Heer zählte bei feiner Rüdfehr nad) Hermannftadt ſchon 24,000 Mann, obgleich er in Kronftadt 4000 Mann und am Rothbenthburmpaß 2000 Mann ftehen ließ.

Bei der Armee fanden große Avancements und Belohnungen an Berdienftorden und Gelbzulagen ftatt.

Bem feierte einen Namenstag, wie wohl Niemand je einen gleichen gefeiert hat. Ein ganzes Land hatte er mit Heinen Mitteln und geringer Macht erobert und fid) den böchflen Triumph, bie Achtung ber feindlich gefinnten Einwohner, erworben. Seine Auf gabe in Siebenbürgen war vollbracht, unb er hatte jeht nur noch

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bad Schloß Deva und bie Feſtung Karlöburg zu nehmen, was feiner Armee feine Schwierigfeiten verurſacht hätte, wären nicht andere Ereigniſſe flörend dazwifchen getreten.

Die Rufien hatten indeß das Rotbenthurmer Schloß mit einer ziemlich ſtarken Arrieregarde befegt, und bie in Boicza Rehen- den Ungarn waren ihren unabläffigen Nedereien ausgelegt. Bem eilte auf diefe Meltungen von Kronftabt gleich nach feiner Rück⸗ funft aus Sepſi⸗Szent⸗György dahin, griff vie Ruffen am 25. oder 26. März am Rothenthurm an, fchlug fie aus dem Schloſſe hinaus und verfolgte fie bis über die Grenze der Wallachei auf einer anfehnlichen Strede, worauf er umfehrte und die Örenze befeßte.. Eine Abtbeilung unter Major Ihäz war über die Berge in den Rüden ber Ruffen betachirt, um biefe zwiſchen zwei euer zu bringen und fie fo zu vernichten. Allein die Colonne hatte bei dem Erklettern der hohen Berge mit zu viel Schiwierigfeiten zu fämpfen, fo daß fie erft an ihrem Beflimmungsorte anlangte, ald Bem bie Ruſſen fchon in die Flucht gejagt hatte. Oberſtlieutenant Ihäz erhielt da& Commando ded Rothenthurmpaffes mit 2000 Mann Beſatzung und 6 Gefchügen.

In Hermannftadt angelangt, entwarf Bem den Plan zur Organifation der Armee im Großen, ehe er feine weiteren Schritte zur Gernirung Karl&burgd und zur Unterwerfung der Wallachen that. Bon jedem Bataillon Infanterie und jeder Divifton Hufaren blieb ein Stamm (Cadre) zurüd, weldyer aus ben Tüchtigften und Bravften der Truppe gewählt war und feinen vollRändigen Offizierö- Etat hatte. Die Refruten der Szekler füllten biefe Cadres, und fo batte man in einem Zeitraum von 2 bio 3 Wochen neun Bataillons, welche gut eingeübt und zum Felddienſte bereit waren. Dieſe neuen Bataillon wurden vom Kriegsminiſterium nachftehend bezeichnet:

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74, 75, 76, 77, 78, 79, 81, 82, 83, 84; 85, 86. Außerdem wurben 10 Referve- Örenzbatailliond aus Szeflers Rationalgarben gebildet, welche man leider nicht mit Feuergewehren außrüften fonnte.

Die Referves Bataillond wurden fo vertheilt: 1., 2. Biftrig und Ungbun. 3., 4., 5. SzeflersLand; 6. Boicza, Altſchanz und Tomös; 7. Törzburg; 8. von Törzburg bis zum Rothenthurmpaß; 9., 10. vom Rothbenthburmpaß bis zum Eifernen Thor, jedes follte aus 1500 Mann beftchen. Selbft ein Theil der Cadres war nur mit Zanzen’ bewaffnet. Die Organiſation der Bavallerie ging zwar langfanı, aber doch mit Ers folg von Statten. In MarossBäfärhely wurde eine Pulver: fabrik angelegt, aud) in Kezdi⸗Vaſarhely befand ſich eine folche, und bie dortige Kanonengießerei wurde großartig erweitert. “Die Landeögemeinden arbeiteten fortwährend an ber Bekleidung und Armirung der Truppen; kurz, überall hetrichte Einheit und rege Thätigfelt, und nur eine halbjährige Kriegsruhe war noͤthig, um Siebenbürgen zu einem zweiten Kaukaſien zu machen, uneins nehmbar für jede, auch noch fo große Macht.

Bem hatte fhon in Hermannftadt den Befehl erhalten, nach der Eroberung Siebenbürgens ind Banat zu ziehen, um biefen Theil Ungarns gleichfalls vom Feinde zu fäuben. Bon Hers mannftadt aus folgte er diefem Anfinnen. Zuvor wollte er jedoch Karlsburg, wenn nicht zur Uebergabe zwingen, doch wenigſtens cerniren. Zur Erreichung dieſes doppelten Zwedes eilte er nach der zweiten Affaire beim Rothenthurmpaf fe mit feinen Kerntruppen nah Hermannftadt, febte dad nach dem Banat beftimmte Corps unter Commando des Oberften Johann Bänffy über Syä8z- varos vorläufig in Marſch und cernirte mit dem von Klaufens burg über Thorda und Nagy⸗Enyed herangezogenen Corpo

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des Oberſten Kemeny burd die Befagung der Orte Marods Portus, Drombärund Borband bie Feſtung Karlsburg. Hierauf befhoß er am 31. März 1849 den Play mit feiner ganzen Artillerie und forderte die Uebergabe deffelben. Der Coipmandant, Oberſt Auguſt, verweigerte dad Anſinnen, und —** die Feſtung durch ein foͤrmliches Belagerungscorps in Zaum gehalten werden. Dieſes Corps beſtand aus: |

21/, Bataillond . . - . 2400 Mann,

2 Escadrons Hufaren . . 160

Zufammen 2560 Mann.

Artillerie im Anfang nur 6 Sechspfünder, zu denen fpäter noch 4 Ecchöpfünder, 3 Dreipfünder und erſt ganz fpät Belagerungs⸗ gefchüge kamen.

Died Corps war offenbar viel zu ſchwach, um ernſtliche An⸗ griffe auf eine Feſtung machen zu koͤnnen, die inmitten des Landes auf dem Knotenpunfte der Operationdlinie von Eüdof und Nord gelegen, mit dem Rüden an das Bergland der Mopen gelchnt und mit wohlerhaltenen,, regulären Werken in Bauban’s Manier erbaut war. Das Commando und tie Leitung wurbe am 20. April dem General⸗Adjutanten des Kriegsminifterd, dem durch feine Sach⸗ fenntniß wie feine Energie gleich berühmten Oberſt Stein, jept in ber Türkei ald Ferhad Paſcha, übertragen. Oberft Kemeny erhielt wieder dad Kommando in Klaufenburg.

Die Befagung beftand damals aus 2000 Mann Wallıchen, einigen Compagnien fächfifcher Jäger und einer Eöcadron Mars Chevaurlegero.

Bein erhielt Befehl, ind Banat zu ziehen, und Karlsburg, wie die Wallachen blieben für jetzt unberuͤckſſichtigt. Wie ſchon ers

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wähnt, wurbe im April Oberft Baron Stein von ber Regierung mit der Belagerung beauftragt. Gr brachte Einficht, Kenntmiffe und feiegerifche Erfahrung mit, aber leider nicht das Nothwendigſte, einen tüchtigen Park Belagerungsgefchüg,, und mußte fi) daher darauf befchränfen, die Seftung moͤglichſt eng, nach den Regeln ber Kunft zu cerhiren, wobei die Beſatzung ſich ruhig verhielt. Erſt nach dem Balle von Arad und Deva erhielt Stein vier vierundziwanzig« pfünder Kanonen und vier Mörfer; aber Bitte Juni war gekommen und folglidy die günftigfte Zeit dahin. Deffenungeachtet hätte ein ſchleuniges Eröffnen der Laufgräben noch jebt zum Ziele führen können, aber theild beunruhigte Janku unabläffig das Cernirungs⸗ corpß, theild fanden die Ruffen damals fchon in Siebenbürgen, und endlich verbrauchte Stein nod ein paar Foftbare Wochen, um das Bombardement vorzubereiten; baher erfolgte dieſes erſt zu fpät in ber Mitte des Julimonates.

Die Berennung und Gernirung ded Schloffed von Deva wurde dem Oberften Borroö übertragen, welcher ungefähr 2000 Mann und ſechs Kanonen zu feiner Verfügung hatte. Das Schloß fiegt am linken Ufer der Maros auf einem ungefähr 800 Fuß hohen, fenfrecht abfallenden Belfen, und beherrfcht die Stadt Deva, wie die ſich unten hinziehende Poſtſtraße. Es hat ſturmfreie, jehr dicke und erſt im Jahre 1844 neuerbaute Mauern, iſt zwar unbedeutenden Umfangs, aber wegen feiner faſt unzugänglichen Lage ohne große Dpfer an Menfchenleben fehr fehrwierig zu nehmen. Oberſt Forro hatte, wie Bem ind Banat abzog, mit feiner Brigade die Stadt Deva und bie anliegenden Höhen befegt und den Commanbanten des Schloffes, Oberlieutenant Kudlich, zur Uebergabe deſſelben aufgefordert. Diefer aber, geftüst auf des Faijerlichen Generals Zufage, weldjer ihm baldigen Entfaß verfprochen hatte, wollte von

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Nichts wiflen, fonbern begrüßte theild das Gernirungscorps auf ben Höhen, theild die Stadt mit Kugeln. Die Gernirung des Schlofled wurbe nun vollftändig eingeleitet. Forroͤ konnte nicht viel dagegen ausrichten, denn er befam fein Belagerungsgeihüß erft zu Ende Mai. AS dies anlangte, waren Kudlich's Borräthe erſchoͤpft, die Mannfchaft litt an Sforbut, Defertion riß ein, und ber wadere Krieger ſah fich veranlaßt, auf ehrenvolle Bedingungen bin zu capituliren.

Er erhielt am 27. Mai freien Abzug mit militärischen Ehren ; für feine Kranken und Berwundeten wurde geforgt, feinen Soldaten eine einmonatliche Löhnung gezahlt, und fie durften nad) Ablegung der Waffen ungehindert nach Temes var abziehen.

General Bem holte mittlerweile feine unter Oberſt Bänffy vorausgeſandten Truppen im Hatszeger Thale wieder ein, rüdte mit ihnen von Hatszeg durch das berühmte eiferne Thor, ins Banat, um ſich auch da unverwelflicdye Xorbeeren zu holen.

Sein Plan , fi beim Einrüden in das Banat zwiſchen das von Temesvär unter Öeneral Leiningen gegen Süben operi⸗ ende und da6 vom General Malkowski commanbirte, ehemals fiebenbürgifche Eaiferliche Armeecorp6 , das von der Wallachei aus agirte und den Zufammenhang mit Leiningen und mit dem von Titel im Anmarſch begriffenen Corpo des Generale Theodorovich fuchte zu werfen, die Bereinigung diefer Eorp6 zu vereiteln und fo einzeln jedes berfelben zu fchlagen, war eben fo genial in ber Eonception, wie energifch und glüdlich in der Ausführung.

Nah drei Wochen war fchon General Leiningen in bie Feſtung Temesvär eingeſchloſſen das fiebenbürgifche Corps zum zweiten Mal in die Wallachei geworfen und Theodorovich auf das rechte Theißufer beſchraͤnkt ein Erfolg, der alle Bewun⸗

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berung verdiente. Schade, daß übel angebrachte Eitelkeit von Seite bed Generals Berfey die Gefangennehmung des Leiningen'⸗ {chen Corps bei Rékas behinderte und fo bie Früchte fo großartiger Entwürfe und fo richtigen ftrategifehen Ealculs in ein Bedeutendes jchmälerte.

Siebenbürgen mit dem Banat wäre für Ungarn ein Bollwerk geworden, gegen das felbft die Uebermacht des ruſſiſchen Koloſſes nur mit Außerfter Kraftanſtrengung Erfolgreiches hätte unternehmen fünnen.

In Siebenbürgen war nur noch die Feftung Karlöburg zu erobern, da nad dem Halle diefer der Aufſtand der Wallachen im weftlichen Theile bald von felbft ſich aufgelöft hätte, oder doch fehr ſchnell gedämpft werben konnte.

Wir haben in dem Vorhergehenden Bem's glorreiche Thaten in Siebenbürgen und beffen Erfolge im Banate erzählt und find am Schluffe der glüdlichen Epoche des ungarifchen Breiheitöfampfes ans gelangt. Es fei und erlaubt, vor Beendigung unfered Werkes noch einen Bli auf das großartige Gemälde zu werfen, und was wir vorhin in feinen einzelnen Theilen geſchildert, bier in den Eindrud zufanımenzufaffen, den dad Ganze auf den kritifchen Forſcher hervor⸗ bringen muß.

Der Monat December des Jahres 1848 war herangerüdt der Thronwechfel im Haufe Habsburg erfolgt und die Abficht der Dynaftie Flar ausgelprochen: Ungarn und Siebenbürgen feiner Con⸗ ftitution zu berauben, das unabhängige Land in eine oͤſterrei⸗ chiſche Provinz zu verwandeln und die ungarifche Rationalität durch flavifche und germanifche Elemente zu erbrüden ; die Würfel waren geworfen und Ungarn auf ven Kampf auf Leben und Tod für feine ftaatliche und nationale Exiſtenz angewielen.

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Die ftrategifchen Berhäftniffe der ungarijchen Armeecorps waren ebenſo ungünftig wie die politifche Lage de6 Landes. Bon gros ßentheils überlegenen Faiferlichen Corps auf allen Seiten bedroht bei denen die taftifche Ausbildung der Truppen mit den allenthalben reichlich botirten Depots an Montur, Munition, Geſchuͤtz und Waffen in gleidy vorzüglicher Parallele ftand, überdied von milttärifch gebildeten , theoretifch wie praftifch gefchulten Offizieren geführt konnten die ungarifchen Truppen, dem größten Theile nach Rekruten, ohne militärifch gefchulte Offiziere, ohne hinreichende Zeughäufer, Waffen» und EquipirungdsBorräthe, nur in ber bes geifterten Liebe zum Vaterlande und der daraus entipringenben Bes reitwilligkeit zu allen Opfern, dann in der raftlofen, energiichen Thätigfeit ter nationalen Regierung und ber Heerführer fo übers wiegenden Vortheilen ein Gegengewicht bieten und nur in dem Be; wußtiein der gerechten Sache die moralifche Kraft fchöpfen, allen Rachtheilen und allen Unglüdöfällen zun Trotz, fo lange ſtandhaft auszuharren, bis durch die gigantifchen Anftrengungen der Leiter des Volkes die Eriftenz der Armeen confolibirt, ihre Zahl auf ein gleiches Berbälmiß zu jenen des Gegners gebracht, und der Weg geöffnet war, ben Ruhm des ungarifchen Namens bis an bie Mauern Wiens zu tragen, Deſterreich zu bemüthigen und durch beffen Sreundfchaftsbündnig mit Rußland zur ewigen Schmach die Dynaftie Habsburgskothringen zum Bafallen des Ezaren zu ers niedrigen.

Balten diefe Berhältnifie für Ungarn überhaupt, fo hatten fie ihre Anwendung noch mehr auf Siebenbürgen, das biß auf brei elende Dörfer, ganz in Feindeohand ſich befand. Bem erfcheint, prüft mit Adlerblid die Lage der Dinge faßt feinen Entfchluß und ift in drei Monaten Herr des Landes: Defterreicher und Ruffen

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ſind geſchlagen und in ein fremdes Land geworfen. Schon dieſer Erfolg zeugt von militaͤriſchen Gaben, wie wir ſie in der Epoche der jüngſten Erhebung der Voͤlker bei keinem anderen Heerführer wahr⸗ nehmen; unſer Staunen verwandelt ſich aber in Bewunderung, wenn wir die geringen Mittel gewahren, womit ein ſo glaͤnzendes Reſultat erzielt, wenn wir die richtige Combination verfolgen, die jeder Unternehmung voranging, und wenn wir dann die Kuͤhnheit, die Energie und die Selbflaufopferung erwägen, tie bei der Aus: führung obwalteten; wir werben und endlich in achtungsvoller Ber: ehrung vor dem großen Manne beugen, ter mitten in feinem Sieges⸗ laufe felbftftändige Ruhe behielt, nur durch Güte. und Verzeihung bethörte Gemuther ber Freiheit wieder zu gewinnen, bei dem ber Edelmuth üder die Rache geht der endlich raſtlos ſchafft und wirft, wenn ber Schlachtenlärm verffungen, unb bei allen Berbien- ſten doch einfach, anfpruch8los und beicheiden bleibt, der ſich felbit vergeſſend, immer nur auf dad eine Ziel auf den Sieg der Frei heit losftürmt und weder durch Kränkung, noch durch Mißtrauen ſich von deinfelben ablenken läßt. Bem's Feldzug in Siebenbürgen ift ein Elaffifcher Theil der neueren Kriegslunft Bem's Name wird im Pantheon der Feldherrn ewig und unverwelft glaͤnzen!