r^ ^^^B^H r-=\ — ^^^ _D ^^^^^™ ,-q __^^^^^ ru I _D 5t— ~ D D j^^^^i CO r^l D rn ^^^^^^ ^=^^= □ DER ORGANISMUS DER INFUSIONSTHIERE. I DER ORGANISMUS DER INFUSTONSTHTERE NACH EIGENEN FORSCHUNGEN IN SYSTEMATISCHER EEIHENFOLGE BEARBEITET VON DE FRIEDRICH STEIN, O. Ö. PROFESSOR DER ZOOLOGIE AN DER K. K. UNIVERSITÄT ZU PRAG. I. ABTHEILUNG. ALLGEMEINER THEIL UND NATURGESCH» HTE DER HYPOTKR'HEN INTUSIONSTHIERE. MIT 14 KUPFERTAFELN. LEIPZIG, VERLAG VON WILHELM ENGELMANN. 1859. Das Recht der englischen und französischen Uebersetzung behält sich der Verleger vor. SEINEN FREUNDEN HEEliN Dß ERNST BRÜCKE, O. O. PROFESSOR DER PHYSIOLOGIE AN DER K. K. UNIVERSITÄT ZU WIEN, REITER DES KAIS. ÖSTERREICHISCHEN* FRANZ JOSEPH-ORDENS ETC. ETC. UND HERRN DE AUGUST EM. REUSS, O. Ö. PROFESSOR DER MINERALOGIE AN DER K. K. UNIVERSITÄT ZU Fl;«,. 1;ITTER DES KAIS. ÖSTERREICHISCHEN FRANZ JOSEPH-ORDENS etc. etc. WIDMET DIESE SCHRIET HOCHACHTUNGSVOLL DER VERFASSER. V o p w o r t. \\ ie vielfach auch die in neuester Zeit mit so regem Eifer der Infusorienwelt zugewen- deten Forschungen noch von einander abweichen mögen, darin stimmen sie ohne Ausnahme mit einander überein, dass das von Ehrenberg aufgeführte und zu seiner Zeit mit Recht allgemein bewunderte wissenschaftliche Gebäude der Infusorienkunde an so erheblichen Mängeln leide und zum Theil auf so unhaltbaren Grundlagen beruhe, dass eine wesentliche Umgestaltung des- selben zu einem dringenden wissenschaftlichen Bedürfnisse geworden sei. Die Lösung dieser Aufgabe ist jedoch überaus schwierig, und es wird noch einer geraumen Zeit und der vereinten angestrengten Kräfte vieler tüchtiger Forscher bedürfen, bevor wir uns eines einigermaassen vollendeten, den gegenwärtigen Anforderungen der Wissenschaft entsprechenden Infusorien- systems werden erfreuen können. Ehrenberg hat viele Jahre mit eisernem Fleisse gearbeitet, um das ungeheure Material zusammen zu bringen und zu bewältigen , welches er in seinem all- bekannten grossen Infusorienwerke niedergelegt hat. Wenn wir nun gleich nach dem heutigen Standpuncte unseres Wissens eine sehr bedeutende Anzahl der von ihm unter dem Namen der Infusionsthiere zusammengefassten mikroskopischen Lebensformen als den eigentlichen Infusorien durchaus fremdartige Organismen von vornherein ausscheiden können, so bleibt doch immer noch ein umfangreicher Kreis von Formen übrig , die sämmtlich von Neuem geprüft und viel ein- gehender untersucht werden müssen, als dies von Ehrenben/ geschehen ist, wenn ihre wahre Natur und ihre gegenseitigen Beziehungen zu einander definitiv festgestellt werden sollen. Schon das blosse Auffinden nur der wichtigsten dieser Formen erfordert einen grossen Aufwand von Zeit und Mühe, und setzt eine jahrelange Beschäftigung mit der Infusorienwelt voraus, und wie oft muss jede einzelne Form untersucht werden, bevor man sich sagen kann, Avenigstens die wichtigsten Eigentümlichkeiten ihres Baues völlig richtig aufgefasst zu haben. Ich habe seit zehn Jahren meine Thätigkeit fast unausgesetzt auf das Studium der Infu- sionsthiere verwendet. Durch die von mir zunächst über die Fortpflanzung und Entwickelung dieser Thiere angestellten Untersuchungen gelangte ich frühzeitig zu der festen Ueberzeugung, dass sie keineswegs so hoch organisirte Geschöpfe seien, als wofür sie Ehrenberg ausgegeben hat, dass ihre innere Organisation von diesem Forscher durchaus irrig gedeutet worden sei und dass auch die Kenntnisse, welche wir demselben über ihre äussere Gestaltung verdanken, noch vieler Berichtigungen und Ergänzungen bedürften. Die Resultate meiner Forschungen , welche sich am ausführlichsten in der von mir im Jahre 1854 herausgegebenen Schrift: „Die Infusionsthiere k°{ VIII auf ihre Entwicklungsgeschichte untersucht" veröffentlicht finden, haben nicht wenig dazu beigetragen, dass ein allgemeiner Umschwung in den Ansichten über den Organismus der Infu- sorien eintrat, und dass fortan das eifrige Bestreben erwachte, die Naturgeschichte derselben nach neuen Principien zu bearbeiten. Ich selbst stellte bereits in der Vorrede zu der eben genannten Schrift eine solche Bearbeitung in Aussicht. Seitdem bin ich rastlos bemüht gewesen, immer tiefer in die feineren Organisationsverhältnisse und in die Entwickelungsgeschichte der Infusorien einzudringen, um dadurch die noth wendigen Grundlagen zu einem naturgemässern Systeme derselben zu gewinnen. Ich fand jedoch bald, dass eine planlose Untersuchung der heterogensten Formen , wie sie der Zufall dem Beobachter in die Hände spielt , nicht zu einem erwünschten Ziele fuhren werde, da ich nur zu oft die Erfahrung machte, dass ich bei einer für sich allein betrachteten Form gar manche feinere Strueturvcrhältnisse und selbst sehr wichtige Charactere übersah, auf die ich erst aufmerksam wurde, wenn. der Blick zuvor durch einen Vergleich vieler nahe verwandter Formen geschärft worden war. Ich entschied mich daher mehr und mehr für eine vorwiegend gruppenweise monographische Bearbeitung der Infu- sorienwelt. Da ich bei meinen früheren Untersuchungen ganz besonders die vorticellenartigen Infusorien berücksichtigt hatte, so wählte ich nunmehr eine andere natürliche Gruppe, die mir am meisten eine gründliche Revision zu erfordern schien, zum vorzugsweisen Gegenstand meiner Forschungen. Diese Gruppe wird von den drei Ehrenbctyschcn Familien der Oxytrichinen, Euploten und Aspidiscinen gebildet, denen ich noch eine vierte, erst von mir begründete Fa- milie, die Chlamydodontcn , zugesellt habe. In diesen vier Familien erkannte ich eine eigene Ordnung, welcher ich den Namen der hypotrichen Infusorien ertheilte. Die gesammten übrigen Infusorienformen vertheilcn sich mir in vier gleichwcrthige Ordnungen , in die der peritrichen, heterotrichen, holotrichen und geisseltragenden Infusorien; sämmtliche Ordnungen beruhen auf der Form und Anordnung der äussern Körperwimpern. Neben dem umfassendsten Studium der hypotrichen Infusionsthicre , die ihren Platz zwischen den peritrichen und heterotrichen Infu- sorien einnehmen, versäumte ich keine Gelegenheit, mich auch mit den zu den übrigen Ord- nungen gehörigen Infusorienformen, in so weit sie mir nicht schon durch frühere Unter- suchungen bekannt waren, möglichst vertraut zu machen; am wenigsten befasste ich mich mit den geisseltragenden Infusorien , die ich einstweilen um so eher glaubte mehr bei Seite liegen lassen zu können, als sie sich am weitesten von den übrigen Ordnungen entfernen. Die Früchte meiner bisherigen Forschungen sind zum Theil in der vorliegenden Schrift niedergelegt , welche die erste Abtheilung eines grösseren Werkes bilden soll , in welchem ich nach und nach die Naturgeschichte aller von mir aufgefundenen und hinlänglich genau unter- suchten Infusionsthicre in zusammenhängenden Monographien zu bearbeiten gedenke. Diese erste Abtheilung, welche, wie dies auch bei jeder folgenden der Fall sein wird, ein in sich abgeschlossenes Ganzes darstellt, besteht aus einem einleitenden allgemeinen und einem spe- cialen Thcile. Der allgemeine behandelt in einem ersten Abschnitt die verschiedenen Phasen, welche die Infusorienkunde bisher durchlaufen hat; ich habe darin gezeigt, wie die irrigen Vor- stellungen entstanden, welche so lange über die Natur der Infusorien verbreitet waren, und wie diese allmählig richtigeren Ansichten Platz machten; ich habe ferner die eigentlichen Infusions- thicre aus der grossen Masse der mit ihnen seit alter Zeit zusammengeworfenen fremdartigen Organismen auszuscheiden gesucht und sie schliesslich als eine selbstständige Thierklasse be- O } . > 4 IX stimmt, welche ich durch scharfe Charactere zu begränzen bemüht war. Dieser Abschnitt ist vornehmlich darauf berechnet, den minder eingeweihten Leser schnell mit allen namhaften Lei- stungen auf dem Gebiete der Infusorienkunde bekannt zu machen und ihn so auf den Standpunct zu versetzen, den die Wissenschaft in den letzten Jahren eingenommen hat und von dem aus meine Untersuchungen unternommen wurden. — Im zweiten Abschnitt des allgemeinen Theiles habe ich hauptsächlich nach den Ergebnissen meiner eigenen Beobachtungen eine zusammen- fassende, vergleichende Darstellung von dem allgemeinen Bau der Infusorien, von den verschie- denen Formen und Verrichtungen ihrer einzelnen Organe und von ihrer Entwicklung geliefert, wobei ich Gelegenheit fand, vielerlei neue Thatsachen zur Sprache zu bringen. Ein besonderes Interesse dürften in diesem Abschnitt unter Anderem die Resultate in Anspruch nehmen, zu denen ich hinsichtlich der geschlechtlichen Fortpflanzung und des Befruchtungsaetes der Infu- sorien gelangt bin. Die von mir in meinen früheren Arbeiten entwickelten Ansichten über die Acinetincn habe ich trotz der Angriffe , welchen sie ausgesetzt waren , noch immer nicht auf- geben können, sie erfuhren jedoch eine wesentliche Modifikation. Der specielle Theil umfasst die Naturgeschichte der hypotrichen Infusionsthiere in strenger systematischer Reihenfolge. Ich war so glücklich, die meisten der von Ehrenberg beschriebenen, hierher gehörigen Infusorienformen wieder aufzufinden und ihre gesammten Organisationsverhält- nisse weit vollständiger und genauer zu ergründen , als sie von diesem Forscher dargestellt wor- den sind. Ausserdem lernte ich noch eine nicht unbedeutende Anzahl neuer oder doch von früheren Beobachtern nur sehr ungenügend erforschter Arten kennen, die zum Theil zur Auf- stellung von neuen Gattungen Veranlassung gaben. Die von Ehrenberg aufgestellten Gattungen bewährten sich meistens als wohlbegründet, nur mussten sie zmveilen enger begränzt und durch- weg durch neue schärfere Charactere bestimmt werden. Das Letztere gilt auch von seinen Arten. Bei der Auseinandersetzung der Arten bin ich , soweit dies möglich war , bis auf O. F. Müller, den ersten Begründer der wissenschaftlichen Infusorienkunde , zurückgegangen. Im Ganzen wurden von mir 42 Arten hypotricher Infusionsthiere unterschieden, die sich in 20 Gattungen vertheilen. Sämmtliche Arten, mit Ausnahme einer einzigen, sind abgebildet worden ; die Abbil- dungen wurden durchweg nach ein und derselben 300maligen Linearvergrösserung entworfen. Von jeder Art habe ich mehrere Ansichten gegeben oder verschiedene Entwicklungsstufen der- selben dargestellt. Namentlich wurden die näheren Vorgänge bei der Theilung bei vielen Arten sorgfältig ermittelt; sie erwiesen sich oft sehr complicirt und erfolgten nach eigenthümlichen, bisher unbekannt gebliebenen Gesetzen. Zu den werthvollsten Resultaten meiner Forschungen dürften die von mir bei zwei Gattungen entdeckten reichhaltigen Thatsachen gehören, welche sich auf die embryonale Fortpflanzung derselben beziehen. — Das Material zu meinen Unter- suchungen lieferten die nächsten Umgebungen von Prag, Tharand in Sachsen und meiner Vater- stadt Niemcgk, welche in der preussischen Provinz Brandenburg, 5 Stunden nördlich von Witten- berg gelegen ist. Ausserdem habe ich mir auch Kenntniss von den im Meere lebenden Infusorien- formen zu verschaffen gesucht; ich besuchte zu dem Ende zwei Mal, jedoch leider nur auf kurze Zeit, che norddeutschen Küsten und Hess mir öfters Sendungen von Seewasser kommen. Die zu dem vorliegenden Werke gekörigen Kupfertafeln waren bereits sämmtlich ge- stochen, und ich hatte auch schon einen beträchtlichen Theil des Textes vom allgemeinen Theil ausgearbeitet, als mir die vortreffliche, auf sehr genauen und umsichtigen Beobachtungen X beruhende und an neuen Entdeckungen so reiche Schrift von Claparede und Lachmann : „Etudes sur les Infusoires et les Rhizopodes. Livraison I. Geneve 1858" zuging, welche sich ebenfalls die Aufgabe gestellt hat, die Naturgeschichte der Infusionsthiere auf neuen Grundlagen zu errichten. Es war nun nicht mehr möglich, an der Anlage und der beabsichtigten Durchführung meiner Arbeit noch irgend eine wesentliche Veränderung vorzunehmen; ich führte daher zuvörderst den allgemeinen Theil meines Buches zu Ende und ging erst vom speciellen Theil an auf die Schrift von Claparede und Lachmann ein, die ich ohnehin nicht mehr Müsse fand, ihrem ganzen Umfange nach gründlich zu studiren. Die eben genannten Forscher haben eine grosse Anzahl der hypotrichen Infusorienformen beobachtet, welche von mir in dem vorliegenden Werke abge- handelt sind; von denselben wird jedoch lediglich die Organisation , nicht die Entwickelungs- geschichte berücksichtigt. Im Allgemeinen zeigt sich zwischen den Resultaten unserer von einander ganz unabhängig geführten Untersuchungen eine grosse und sehr erfreuliche Ueber- einstimmung ; die vorhandenen Differenzen habe ich überall speciell hervorgehoben , sie werden sich bei einer nochmaligen Controle der betreffenden Arten ohne Zweifel leicht ausgleichen lassen. Am weitesten gehen unsere Ansichten in systematischer Beziehung auseinander. Möge mein Werk, an dem ich seit Jahren mit angestrengtem Fleisse gearbeitet habe, sieh einer beifälligen Aufnahme zu erfreuen haben , und mögen die Mängel und Irrthümer desselben eine nachsichtige Beurtheilung finden. Ich werde alsdann nicht verfehlen, baldmöglichst mit der zweiten Abtheilung hervor zu treten, welche die monographische Bearbeitung der hetero- trichen und holotrichen Infusorienformen umfassen soll. Reiche Materialien liegen mir dazu bereits vor. Prag Ende September 1859. F. Stein. Iiilialtsverzeiclmiss. Seite Vorwort I" Allgemeiner T heil. Erster Abschnitt, lieber die Hauptresultate der bisherigen Infusorienforschungen 1 Schluss. Begriffsbestimmung der Infusionsthiere ii Zweiter Abschnitt. Ueber die Organisation der Infusionsthiere im Allgemeinen :>> |. Vom Körperparenchym der Infusionsthiere •">■"> 2. Von den stabförmigen Körperchen im Parenchym der Infusorien CO 3. Von den Pigmenten, Fetten und anderen körnigen Ablagerungen im Parenchyni 64 4. Von den Bewegungsorganen und der darauf zu gründenden Eintheilung der Infusionsthiere CS 5. Von dem Ernährungsorganismus der Infusionsthiere 75 6. Von den .contractilen Behältern und dem Wasserkanalsystem der Infusionsthiere 86 7. Von der Fortpflanzung und Entwicklung der Infusionsthiere 91 Specieller Theil. Eis l es Buch. Die Ordnung der hypotrichen Infusionsthiere 107 Erste Familie. Clilamyriorioiita 109 1. Galtung. Phascolodon 109 Phascolodon vorticella HO 2. . » Chilodon II" Chilodon cucullulus .... I I i 3. - - Opisthodon H5 Opislhodon Niemeccensis 115 4. " » Chlamydodon 115 Chlamydodon Mnemosyne. . 116 5. • ii Scaphidiodon I IC Scaphidioilon navicula 117 6. ii ■■ Trochilia 117 1. Trochilia palustris I 18 2. ii ii sigmoides 118 7. . ii Ervilia H9 1. Ervilia monostyla II'1 2. . fluviatilis I -'<> Zweite Familie. Aspidiscinn I-1' Gattung Aspidisca 121 1. Aspidisca lyncaster '-- 2. - lynceus 123 3. turrita 124 4. < costata 125 5. ii polystyla 125 XII Seiti Dritte Familie. Euplothia I2f 1 . Gattung. Uronychia Uronychia transfuga 129 2. » Styloplotes 130 Styloplotes appendiculatus 132 3. - » Euplotes 133 1. Euplotes patella 135 2. ii liarpa 137 3. ii charon 137 Vierte Familie. Oxytrichina 140 1. Galtung. Onychodromus 143 Onychodromus grandis I i"> 2. » » Stylonychia 146 1. Stylonychia mylilus Ii7 Fortpflanzung und Entwickelung 1. Quertheilung 2. Längslheilung 155 3. Fortpflanzung durch Embryonen Iö(i 2. Stylonychia pustulata 161 3. " » histrio 166 3. •■ i Pleurotricha 168 1. Pleurotricha grandis Ij69 2. » lanceolata 170 4. ii Kerona Kerona poh purum 173 5. " Stichotricha 1 7 4 Stichotricha secunda 175 fi. ii ■■ Uroleptus I7(i Uroleptus musculus i / 2. ii piscis I7S 3. » rattulus ISO 4. ii violaceus 180 Psilotricha INI Psilotricha acuminata ISI Oxytricha IS2 1. Oxytricha gibba Isi 2. pellionella 183 3. » affinis 186 4. « ferruginea l!S7 '). mystacea 188 (i. ,, fallax ISO 7. - plalystoma 190 Urostyla 191 1. Urostyla Weissei I02 2. » grandis I95 Ueber die Fortpflanzung und Entwickelung von Urostyla grandis I97 3. Urostyla viridis 206 LI B R AR '-»AS*1 Erster Abschnitt. Ueber die Hauptresultate der bisherigen Infiisorienforschungen. Im Jahre 1675 wurden von dem holländischen Naturforscher Anlon v. Leeuwenhoek in einem Gefässe mil stellendem Regenwasser die ersten Infusionsthiere entdeckt; es verging jedoch fast noch ein volles Jahrhun- dert, während dessen bereits viele Infusorienformen theils noch durch Leeuwenhoek selbst, Iheils durch Joblot, Daher, Will, Needham , Trembley , Schaeffer, Degeer und namentlich Roesel bekannt wurden, bevor in den zoo- logischen Schriften von Infusionsthieren die Rede war. Dieser Name taucht zum ersten Male im Jahre 1763 bei dem bekannten Verfasser der mikroscopischen Gemüths- und Augenergötzungen, Ledermüller, auf, und zwei Jahre später wurde durch die von der Göttinger Societät der Wissenschaften gekrönte Schrift von Wrisberg : »Ob- servationum de animalculis infusoriis satura. Goettingae 1763.« die lateinische Benennung in den wissenschaftlichen Verkehr gebracht. Die Urheber dieser Namen wollten damit nur jene überaus kleinen, dem blossen Auge unsicht- baren und allein mit Hülfe von Vergrösserungsgläsern deutlich unterscheidbaren Thierformen bezeichnen, welche massenhaft in allen fauligen Flüssigkeiten auftreten. Diese geheimnissvollen , der Forschung so schwer zugäng- lichen Wesen erregten damals die allgemeinste Aufmerksamkeit und Theilnahme, und zwar vornehmlich deshalb, weil es den Anschein hatte, als könne man sie durch blosses Uebergiessen thierischer oder vegetabilischer Sub- stanzen mit Wasser nach Belieben ins Dasein rufen. Der von Ledermüller und Wrisberg in einem so beschränkten Sinne gebrauchte Name würde wohl kaum Beachtung gefunden haben, oder doch nie zur allgemeinen wissenschaftlichen Geltung gelangt sein, hätte ihn nicht der grosse dänische Zoolog Ollo Friedrich Midier, der einen bedeutenden Theil seines arbeitsreichen Lebens auf ein specielles und umfassendes Studium der Infusorienwelt verwendete, seit dem Jahre 1773 adoptirt und ihm eine viel weiter greifende Bedeutung beigelegt. Midier vereinigte nämlich unter dem Namen Infusorien alle rücken- marklosen, nicht mit gegliederten Bewegungsorganen versehenen Thierformen, welche lediglich mittelst des Mi- kroscopes bestimmbar sind und ausschliesslich in Flüssigkeiten leben , mögen dies nun faulige Infusionen , oder die natürlichen stehenden und fliessenden Gewässer, oder der normale Inhalt der innern Organe lebendiger Organis- men sein. Die bei weitem grössere Anzahl von Thieren , welche unter diese Begriffsbestimmung fallen, waren Entdeckungen von Müller, und indem er diese, wie die bereits bei früheren Autoren vorkommenden Infusorien- formen, welche er selbst hatte untersuchen können, nicht blos sorgfällig beschrieb, sondern auch nach den Prin- cipien Linne's zum ersten Male in ein System brachte, worin Gattungen und Arten unterschieden, wissenschaftlich benannt und durch präcise Diagnosen characterisirt wurden, lieferte er den thalsächlichen Beweis, dass die Infu- sorienwelt nicht ein chaotisches Reich von regellos wechselnden und in einander übergehenden Formen sei, wie noch Linne selbst wenige Jahre zuvor behauptet halle, sondern dass in ihr dasselbe Gesetz der Formbeständigkeit walte, wie in der übrigen Thierwcll. Stein. Organismus der [nfusionsthicre. 2 Die Resultate von Müllers Forschungen sind in zwei klassischen Arbeiten niedergelegt, nämlich in der Vermium terrestrium et fluviatilium historia. Havniae et Lipsiae 1773 Vol. I Pars I, worin jedoch nur die Süss- wasserbewohner abgehandelt wurden, und in dem erst nach Müllers frühzeitigem 1785 erfolgtem Tode von Otlo Fabrieius herausgegebenen , auch durch bildliche Darstellungen fast aller beschriebenen Formen erläuterten Werke : »Animalcula infusoria fluviatilia et marina, quae delexit, systematice descripsit et ad vivum delineari curavit O.F. Müller. Opus posthumum cura 0. Fabricii. Havniae I78G.« Der Inhalt der früheren Arbeit ist zum grössten Theil wörtlich in diese letztere übergegangen, daher jene entbehrlich ist, während diese die ganze Summe des Wissens umfasst, das sich Müller nach etwa zwanzigjährigen mühsamen Forschungen von der Infusorienwelt erworben halte. Durch beide Werke fand der Name Infusorien allgemeinen Eingang in die Wissenschaft, und er hat sich seitdem so fest eingebürgert, dass es vergebliches Bemühen sein würde, ihn durch einen anderen, wenn auch viel zweckmässiger gewählten , verdrängen zu wollen. Müller stellte die Infusionsthiere in die sechste Linne'sche Thierklasse , die der Würmer, und bildete aus ihnen eine besondere Ordnung, die Anfangs aus 13, zuletzt aus 17 meist sehr artenreichen Gattungen bestand, welche nach folgendem Schema angeordnet waren: A. Infusorien ohne äussere Organe: a) dickliche: Monas, Proteus, Volvox, Enchelys, Vibrio; b) häutige: Cyclidium, Paramae- cium, Kolpoda, Gonium, Bursaria. B. Infusorien mit äusseren Organen: a) nackte: Cercaria, Trichoda, Kerona, Himantopus , Leucophra. Vorlicella; b) mit einer Schale bedeckte: Brachionus. Diese Gattungsnamen sind fast sämmtlich noch heute im Gebrauch , nur werden sie in einem andern , viel engeren Sinne genommen , als ihr Begründer damit verknüpfte. Wenn man erwägt, auf wie wenige brauchbare Vorarbeiten sich Müller stützen konnte, und wie unvoll- kommen die Instrumente waren, mit denen er beobachtete, so müssen wir seine Leistungen sehr hoch anschlagen. Müller war jedenfalls der erste epochemachende Schriftsteller auf dem Gebiete der Infusorienkunde, ihm verdanken wir die Fundamente, aufweichen das ganze neuere Gebäude dieser zoologischen Disciplin beruht. Eine Einsicht in die wahre Natur der Infusionslhiere konnte natürlich mit den damaligen optischen Hulfsmilteln nicht erreicht werden; daher sind alle Anschauungen Müllers über die eigentliche Organisation, die Ernährung, Fortpflanzung und Entwickelung dieser Thiere höchst ungenügend und grossenlheils irrig. Müller hatte bei einer nicht unbedeutenden Anzahl seiner Infusorien deutliche innere Organe erkannt, ja bei den grössten und vollkommensten (den späteren Rädei thieren) unterschied er sogar einen Darmkanal oder doch Theile desselben, namentlich den Schlundkopf mit seinen beiden Kiefern, den er musculus deglutorius nannte; dessen- ungeachtet behauptete er, dass die Infusorien nicht im Stande seien, fremde Körper aus der Aussenvvelt aufzu- nehmen und zu verdauen1). Bei den Vorticellen, Trichoden und Keronen würden wohl häufig durch den von ihren Wimpern erregten Strudel kleine Thiere und andere Körperchen in eine Oetfnung des Körpers oder in einen Schlund hineingetrieben, sie würden aber nur einige Augenblicke im Innern schnell umhergewälzt und dann auf demselben Wege und in Folge desselben Wimperspieles wieder ausgeworfen , ohne getödtet worden zu sein oder eine Veränderung erlitten zu haben. Nach Müller's Ansicht war zur Ernährung der Infusorien das blosse umgebende Wasser vollkommen ausreichend ; wie dasselbe aufgenommen werde, darüber hat er sich nicht klar ausgesprochen, er setzte aber wohl überall einen Mund voraus. In Betrelf der Fortpflanzung hatte er beobachtet, dass sich viele Infusorien durch Längs- oder Quertheilung, oder auf beide Weisen vermehrten, und er warnte nachdrücklich da- vor, die in der Theilung begriffenen Thiere nicht für besondere Arten oder für zwei in der Begattung begriffene Individuen anzusehen, wie es häufig von früheren Beobachtern geschehen war. In andern Fällen nahm er aber2) \) 0. F. Müller Animalcula infusoria p. XII. »In Omnibus meis observnlionibus per plures annos instilutis , ne minimum ani- malculum vel moleculam unquam devorari , contra quotquot vorlice Vorticellarum , vel vibralione pilorum Tricbodarum Keronarumque in voraginem seu aperturam earum agebautur. eadem vi ciliis vel pilis irretila, vebemenlerque momenlis paucis circomacla absque ullius vi- lae jactura ejici semper vidi.« i) Ebendaselbst p. VI. 3 selbst wieder eine Begattung an. Bei einigen der höchsten Formen , namentlich bei der Gattung Brachionus wurde von Müller bereits ausser dem Darm noch ein Eierstock, wenn auch nicht ganz klar, unterschieden; auch beobachtete er, wie die grossen Eier aus dem Körper traten, äusserlich an ihm hangen blieben und wie aus den- selben die Jungen hervorschlüpften. Gleichwohl spricht er sich schliesslich zu Gunsten der Ansicht aus, dass alle Infusorien auch ohne Eltern , durch die sogenannte generatio aequivoca aus blossen sich zersetzenden organischen Substanzen entstehen könnten. Letzlere sollten zuerst in blasige Häutchen übergehen , welche aus netzförmig an einander gereihten Kügelchen bestanden. Weiterhin sollten sich die Kügelchen von einander trennen, lebendig werden und überaus einfache und kleine die Flüssigkeit massenhaft erfüllende Infusionsthierchen bilden, die hin- sichtlich ihrer Substanz und Organisation ganz und gar von den übrigen Infusorien verschieden und als die Keime zu allen Thier- und Pflanzengestalten anzusehen seien1). Schliesslich sei noch erwähnt, dass Müller bereits der spatern Eintheilung der Infusionsthiere in zwei Klassen oder Ordnungen auf der Spur war. In der noch von ihm selbst geschriebenen Vorrede zu seinem nachge- lassenen Werke werden nämlich sämmtliche Infusorien in zwei Abtheilungen gebracht, in die Infusorien im engern Sinne und in die Bullaria2). Unter letzterem Namen sollten alle diejenigen Infusorienformen zusammengefassl wer- den , welche sich schon äusserlich durch einen complicirtern Körperbau und bedeutendere Grösse auszeichnen , im Innern deutliche, oft blasig erscheinende Eingeweide erkennen lassen und sich durch Eier oder lebendige Junge fortpflanzen. Zu den Infusorien im engern Sinne sollten dagegen alle kleinern, gallertartigen, homogenen Formen gerechnet werden , bei denen gar keine Organe unterschieden werden könnten und deren Fortpflanzung unklar sei. Dass die Bullarien vorzugsweise die Räderthiere der spateren Autoren umfassen sollten, geht schon aus ihrer Begriffsbestimmung hervor, noch deutlicher aber aus dem Zusatz zu der Gattung Brachionus3), dass in ihr die voll- kommensten Bullarienformen enthalten seien. Hatte Müller die Herausgabe seines letzten grossen Werkes noch selbst besorgen können, so würde uns dieses jedenfalls in einer ganz anderen und wesentlich vollkommeneren Form vorliegen, als die ist, welche ihm 0. Fabricius gegeben hat und auch nur geben konnte. Gleichzeitig mit Müller, oder doch bald nach ihm haben noch Bonnet, Saussure, Goeze, v. Gleiclien-Rtissworm, Eichhorn, Herrmann, Corli, Colombo, Guanzati und in besonders hervorragender Weise Spallanzani und Franz v. Paula Schrank , dann spater in unserem Jahrhundert Treviranus, Oken, Gruithuisen , Dulrochet, Nilzsch und na- mentlich Bory de St. Vincent nach verschiedenen Richtungen hin fördernd auf die Infusorienkunde eingewirkt, ei- nen wesentlich umgestaltenden Einfluss auf dieselbe vermochten sie jedoch nicht auszuüben, da ihnen sämmtlich nur dieselben unvollkommenen oder doch nicht viel bessere Mikroscope zu Gebote standen, wie Müller, und da sie zum grossen Theil weniger eigene umfassende Untersuchungen anstellten, als darauf bedacht waren, dem von Müller zusammengebrachten Material eine andere, zeitgemässere systematische Form zu geben. Seine Arbeiten blieben daher noch während der drei ersten Decennien unseres Jahrhunderts die Hauptquelle für die Erkenntniss der Infusionsthiere. Nur in Betreff ihrer Eintheilung wurde in diesem Zeiträume ein wesentlicher Schritt in der be- reits von Müller angedeuteten Richtung vorwärts gethan. Dulrochet wies nämlich im Jahre 1812 in den Annales du Museum Tome XIX p. 355 nach, dass unter den Müller' sehen Infusorien zwei sehr verschiedene Organisationstypen mit einander zusammengeworfen seien. Bei den einen, welche die grosse Mehrzahl bilden, konnten keine gesonderten Eingeweide ermittelt werden; sie zeig- ten auch äusserlich die einfachsten Körpergestalten. Bei den anderen , wozu Müllers Gattung Brachionus und eine Anzahl verwandter Formen gehören , die in den Gattungen Vorticella , Trichoda und Cercaria zerstreut stehen, liessen sich innere Organe, namentlich ein scharfbegränzter Darmkanal, zum Theil auch ein deutlicher Eierstock unterscheiden. Ihr Körper bestand ferner meist aus drei gesonderten Abschnitten, einem vorderen, aus- und ein- 1) Ebendaselbst p. XXIV. 2) Ebendaselbst p. VII. 3) Ebendaselbst p. 333. stülpbaren, scheibenförmigen, gelappten Wirbelorgane, aus dem eigentlichen, die Eingeweide enthaltenden Leib und aus einem scharf abgesetzten, sehr beweglichen, quergeringelten, wie ein Fernrohr aus- und einschiebbaren und am Ende meist in zangenartige Fortsätze auslaufenden Schwanz. Wenn das Wirbelorgan in Thätigkeit war, so machte es auf den Beobachter täuschend den Eindruck, als ob ein Kammrad schnell um seine Axe getrieben würde. Dutrochet nannte deshalb diese Infusorienformen Rotiferes, und da er beobachtet zu haben glaubte, dass bei ihnen der Mund und After dicht neben einander im Grunde des Wirbel- oder Räderorgans lägen, so erkannte er hierin, wie auch in dem Räderorgan, welches schon von Schrank als Respirationsorgan gedeutet worden war1), eine Verwandtschaft mit den Ascidien; er schlug deshalb vor, die Rotiferen ganz von den übrigen Infu- sorien zu entfernen und sie mit den Mollusken Cuvier's zu vereinigen. Die Systematiker nahmen nun sämmtlich, Lamarck und Cuvier an der Spitze, die Gruppe der Rotiferen an, in Deutschland vertauschte man aber diesen Na- men mit der Bezeichnung Rotatoria (Räderthiere), weil bereits früher eine Gattung den Namen Rotifer erhalten halte. Lamarck stellte die Räderthiere zu den Polypen, aus den übrigen Infusionsthieren bildete er zuerst eine ei- gene Klasse des Thierreiches und zwar die erste oder unterste. Cuvier dagegen liess die gesammten Müller' sehen Infusorien in einer Klasse vereinigt, er stallte diese an das Ende seines vierten und letzten Organisationsplanes, der Zoophyten oder Strahlthiere , und theilte sie in zwei Ordnungen, in die Räderthiere und in die homogenen Infusionsthiere. Dies war der Standpunct unserer Wissenschaft, welchen Christian Gottfried Ehrenberg vorfand , dem der Ruhm beschieden war . eine neue glänzende Aera der Infusorienkunde zu begründen. Nachdem Ehrenberg sich be- reits Jahre lang erfolgreich mit dem Studium der niederen thierischen und vegetabilischen Organismen beschäftigt und sich in einem Grade, wie kein anderer gleichzeitiger Forscher, mit feineren mikroscopischen Untersuchungen vertraut gemacht halte, ging er mit den neusten, ausserordentlich verbesserten, achromatischen Mikroscopen, wie sie ihm zuerst Chevalier in Paris und später noch vorzüglicher Pislor und Schick in Berlin lieferten, an die schwie- rige Aufgabe, den gesammten Organisationsgehalt der Infusionsthiere definitiv festzustellen und namentlich zu einer festen Ansicht über die bisher so unklar gebliebenen inneren Structurverhältnisse derselben zu gelangen. Schon nach wenigen Jahren war Ehrenberg in der glücklichen Lage, der Berliner Academie der Wissenschaften Resultate vorlegen zu können, die die herkömmlichen Ansichten von den Infusionsthieren zum grossen Theil völlig umstiessen, über ihre Naturgeschichte ganz neue . auf offenbar sehr sorgfältige und scharfe Beobachtungen gestützte Anschau- ungen verbreiteten, und daher überall, wo sie bekannt wurden , ein ausserordentliches Aufsehen erregten. Denn nun erschienen auch diejenigen Infusionsthiere, welche noch Cuvier als homogene bezeichnet hatte und welche für kaum mehr, als blos äusserlich geformte, belebte Schleimmassen gehalten worden waren, mit einer reichen äusseren und inneren Organisation ausgestattet, die sie auf eine gleiche Stufe mit den gesammten übrigen Thie- len erhob. Die erste epochemachende Arbeit von Ehrenberg waren die »Beiträge zur Kenntniss der Organisation der Infusorien und ihrer geographischen Verbreitung, besonders in Sibirien« (Abhandlungen der Berliner Academie aus dem Jahre 1830 S. 1 — 88); sie wurden in Verbindung mit einem kleinen altern Aufsatz über die geogra- phische Verbreitung der Infusionsthiere in Nordafrica und Westasien auch als besondere Schrift herausgegeben, unter dem Titel: »Organisation. Systematik und geographisches Verhältniss der Infusionsthierchen. Mit 8 Kupfer- tafeln. Berlin 1 830.« Diese Schrift zählte später als erster Beitrag zur Erkenntniss der Organisation in der Rich- tung des kleinsten Raumes. Die zweite wichtige Arbeit von Ehrenberg findet sich in den Abhandlungen der Ber- liner Academie aus dem Jahre 1831 S. I — 154 unter der Ueberschrift : »Ueber die Entwickelung und Lebensdauer der Infusionsthiere nebst fernem Beiträgen zu einer Veiirleichunü; ihrer organischen Svsteme.« Als besondere Schrift führt sie den Titel: »Zur Erkenntniss der Organisation in der Richtung des kleinsten Raumes. Zweiter I) Schrank Fauna Boica Band III. Ablli. 2. S. I i' Beitrag. Entwicklung, Lebensdauer und Structur der Magenthiere und Räderthiere oder sogenannten Infusorien, nebst einer physiologischen Characterislik beider Klassen und 412 Arten derselben. Mit 4 Kupfertafeln. Berlin 1832.« Die dritte noch bedeutendere Arbeit erschien in den Abhandlungen der Berliner Academie aus dem Jahre 1833 S. 145 — 336 unter der Ueberschrift : »Dritter Beitrag zur Erkenntniss grosser Organisation in der Richtung des kleinsten Raumes« mit II Kupfertafeln, und als besondere Schrift unter gleichem Titel Berlin 1834. Hierzu wurden die ebenfalls wichtigen: »Zusätze zur Erkenntniss grosser organischer Ausbildung in den kleinsten thieri- schen Organismen« veröffentlicht (Abhandl. der Berl. Academie aus dem Jahre 1835 S. 151 — 180), die auch beson- ders unter dem Titel erschienen: »Zusätze zur Erkenntniss grosser Organisation im kleinen Räume. Mit 1 Kupfertafel. Berlin 1836.« Zuletzt gelangten Ehrcnbercfs vieljährige Forschungen über die lebenden Infusionsthiere in dem allbekannten grossen Prachtwerke: »Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen. Ein Blick in das tiefere Leben der Natur. Nebst einem Atlas von 64 Kupfertafeln. Leipzig 1838« zum Abschluss, worin sich die Resultate aller früheren Arbeiten nebst einer ungemein reichen Fülle neuer Thatsachen zu einem wohlgegliederten systematischen Ganzen verarbeitet und durch zahlreiche, alle bis dahin bekannt gewordenen bildlichen Darstellungen weit hinter sich lassende Abbildungen erläutert finden. Dieses grossartige Werk wird noch lange Zeit den Ausgangspunct für alle ferneren Infusorienforschungen bilden, und zu allen Zeiten als eins der herrlichsten Denkmale menschlichen Fleisses und Scharfsinnes bewundert werden. Ehrenberg erwies sich zunächst als ein treuer Nachfolger Müllers; er nahm ganz und gar die Begränzung an, die Müller den Infusorien gegeben hatte, und hielt dieselbe durch alle seine Arbeiten hindurch als wohlbegründet und naturgemäss fest. Selbst in dem grossen Infusorienwerke findet sich keine andere Bestimmung des Begriffs Infusionsthier, als die folgende, an die Spitze der Vorrede gestellte: »In den reinsten Gewässern und auch in trüben, stark sauren und salzigen Flüssigkeiten der verschiedenen Erdzonen, in Quellen, Flüssen, Seen und Meeren, oft auch in den innern Feuchtigkeiten der lebenden Pflanzen und Thierkörper. selbst zahlreich im Körper des leben- den Menschen, ja auch periodisch getragen in Wasserd ünsten und Staub der ganzen Atmosphäre unserer Erde, giebl es eine den gewöhnlichen Sinnen des Menschen uubemerkbare Welt sehr kleiner lebender eigentümlicher Wesen, die man seit nun etwa 70 Jahren Infusorien nennt.« Man sieht hieraus, class Ehrenberg noch im Jahre 1838 die Infusorien so begränzt , wie Müller 1773. dass er also wohl nicht im Stande war, morphologische, allen Infu- sorien gemeinsame und sie scharf von den gesammten übrigen Thieren unterscheidende Charactere aufzustellen. Ehrenberg hat auch allen von Müller beschriebenen Infusorienformen einen mehr oder weniger genau bestimmten Platz in seinem eigenen Infusoriensysleme angewiesen; nur sehr wenige schloss er als fremdartige Organismen aus. Es waren dies gewisse Arten der Gattungen Vibrio und Cetraria, die zu den Eingeweidewürmern wanderten, und einige Arten der Gattung Leucophora, in welchen theils blosse Kiemenfragmenle von Muschelthieren , theils junge Alcyonellen erkannt wurden. Ausserdem erfuhren die 3/»//er'schen Infusorien noch insofern eine bedeutende Reduction, als nicht wenige Formen zusammengezogen werden mussten, die auf unwesentliche äussere Gestaltverschiedenheiten hin von ein- ander speeifisch und selbst generisch getrennt worden waren; andere ergaben sich nur als verschiedene Lebens- stadien einerund derselben Art, so namentlich viele Arten der Gattung Vorticella , und noch andere wurden als blosse Fragmente oder verstümmelte Individuen dieser oder jener Art erkannt, was namentlich von Mitgliedern der Gattungen Kerona und Trichoda gilt. Für die aus dem Kreise der Mw//er'schen Infusorien ausscheidenden Formen, so wie für diejenigen, welche nicht wieder aufgefunden werden konnten und daher zweifelhaft oder ganz unbe- stimmbar blieben, gewährte Ehrenberg reichlichen Ersatz durch das grosse Heer neuer Formen , welche erst von ihm in die Wissenschaft eingeführt wurden. Diese lassen sich jedoch sämmtlich, wie grosses Interesse sie auch für sich darbieten, auf die Grundformen zurückführen, die bereits Müller als Infusorien bestimmte. Wenn nun gleich Ehrenberg, wie Cnvier. streng an dem Muller sehen Infusorienbegriff festhielt, so war er 9 Stein, Organismus der Iiifusioosltiierc. Li t I 3 R A 6 doch darin mit Dutrochet und den auf ihn folgenden Systematikern von Anfang an vollkommen einverstanden, dass die Räderthiere von den (ihrigen Infusionsthieren abzusondern, ja ihnen scharf gegenüber zu stellen seien; nur dazu konnte er sich nicht entschliessen, jede Verbindung zwischen beiden Thiergruppen zu lösen, vielmehr schienen ihm die Räderthiere bei aller Verschiedenheit von den Infusionsthieren im engern Sinne dennoch mit denselben weit inniger verwandt zu sein, als mit irgend einer andern natürlichen Abtheilung des Thierreicb.es. Um diese Bezie- hungen systematisch auszudrücken, erhob Ehrenberg sowohl die Räderthiere, welche er zuerst ganz scharf und naturgemäss begränzte, wie auch die Infusorien im engern Sinne, welche fortan Magent liiere (Polygastrica) genannt wurden, zu selbstständigen Thierklassen und schloss beide wieder unter der allgemeinen Bezeichnung Infu- sionsthiere zu einer höheren systematischen Einheit, zu einem für sich bestehenden Organisationsplane zusammen. Dass für Ehrenberg von vornherein die innere Identität von Räder- und Magenthieren feststand, dass bei beiden Gruppen eine gleiche Anlage der Organisation vorausgesetzt wurde, hat auf den Gang seiner Untersuchungen den grössten Einfluss ausgeübt und ist für dieselben zum Theil verhängnissvoll geworden. Waren die Räderthiere die vollkommensten Infusionsthiere, so mussten in ihnen auch die Eigenthümlichkeiten der Infusorienorganisation am deutlichsten ausgeprägt sein, und ihre Untersuchung, die ohnehin mit weit geringeren Schwierigkeiten verknüpft war, musste den Schlüssel für das Verständniss der einfachem Infusorien, der Magenthiere , an die Hand geben. Ehrenberg befolgte daher bei allen seinen Forschungen das Verfahren , dass er stets Räder- und Magenthiere wie zwei untrennbare Gruppen gleichmässig und gleichzeitig bearbeitete, sie fortgesetzt mit einander verglich, und die reichen Resultate, welche die Beobachtung der Räderthiere ergab, dazu benutzte, sich in den unklaren und für sich allein unverständlich bleibenden Organisationsverhältnissen der Magenthiere zurecht zu finden. In den ersten der oben citirten vier academischen Abhandlungen nimmt die meisterhafte und fast er- schöpfende Darstellung der gesammten Organisation eines der grössten Räderthiere, der Hydatina senla (Vorticella senta Müller) die hervorragendste Stelle ein1). Sie, sowie die Erläuterung des Baues von noch vier andern Räder- thiergaltungen gewährten die erste klare Einsicht in die Organisation der Räderthiere und lehrten, wie zusammen- gesetzt dieselbe sei. Ehrenberg wies unmittelbar unter der strukturlosen, durchsichtigen Haut scharfbegränzle, bandförmige Muskeln von bestimmter Zahl und Lage und eine deutliche, hinter dem Räderorgan im Nacken gelegene Gehirnganglienmasse und davon ausgehende Nervenstränge nach. Er zeigte ferner, dass der Mund am Grunde des Räderorgans näher der Bauchseile, eine zweite Oeffnung, die der Kloake, dagegen kurz vor dem hintern Körperende oder am Grunde des Schwanzes liege, und dass der Darmkanal aus einem kugligen, muskulösen, im Innern mit zwei sehr complicirten gezähnten Kiefern bewaffneten Schlundkopfe, einer kurzen engen Speiseröhre, einem weiten, darmartigen, am Anfange mit zwei pancreasartigen Drüsen besetzten Magen und einem kurzen, engen, in die Kloake ausmündenden Mastdarm bestehe. Quere, in gleichen Abständen auf einander folgende, ringförmige, schmale Reifen wurden als Gefässe gedeutet, die durch ein medianes Rückengefäss mit einander in Verbindung stehen sollten; es konnte jedoch an ihnen weder ein Pulsiren, noch eine innere Flüssigkeitsströmung beobachtet werden. Von Ge- schlechtsorganen wurde ein ansehnlicher sack- oder herzförmiger, dem Dannkanal anliegender, wenige grosse Eier entwickelnder Eierstock nachgewiesen, der mit einem kurzen Eiergange in die Kloake ausmündet. Der Austritt der Eier durch die Kloaköffnung, die Entwickelung von dem Mutterthiere völlig gleichen Jungen und ihr Ausschlüpfen aus den Eiern wurden direct beobachtet. Als Samen bereitende Organe betrachtete Ehrenberg zwei, bei allen Indi- viduen vorhandene, lange, geschlängelte, strangförmige Organe, die im vordem Ende neben dem Schlundkopfe beginnen, sich zu beiden Seiten der Leibeshöhle herabziehen und in eine geräumige, von Zeit zu Zeit sich plötzlich zusammenziehende Blase übergehen, die mit einer halsförmigen Verengerung in die Kloake ausmündet. Durch die Contractionen dieser Blase sollte der in ihr sich ansammelnde Samen in den benachbarten Eierstock hinüber- geschnellt werden und hier die Befruchtung der Eier bewirken. I; Abhandl. der Berliner Academie vom Jahre 1830 S. 27 — 33. Diese in hohem Grade aüerkennenswerthe Entdeckung des so sehr zusammengesetzten Baues der Rader- thiere ging aller Wahrscheinlichkeit nach ganz oder theilweise den von Ehrenberg in derselben Abhandlung über die Magentliiere veröffentlichten Beobachtungen voraus, und sie erweckte wohl erst in ihm den Gedanken, dass auch die Organisation dieser Thiere eine weit zusammengesetztere sein werde, als bis dahin geahnt worden war. Die Systematiker, von Dutrochet an bis auf Cuvier, hatten die Räderthiere vornehmlich wegen des bei ihnen zu unter- scheidenden Darmkanals von den übrigen Infusionsthieren abgesondert , musste nun nicht aber bei den letzteren ebenfalls ein wenn auch einfacher gestalteter Darmkanal vermuthet weiden . der sich nur den bisherigen Beobach- tungen entzogen haben mochte, weil man nicht die rechte Untersuehungsmelhode befolgte? Um über diesen Punct zu einer festen Ansicht zu gelangen, nahm Ehrenberg zu einem ganz in Vergessenheit gerathenen Experimente seine Zuflacht, welches bereits im vorigen Jahrhunderte von einem sorgfältigen und verdienstvollen Mikrographen, dem Freiherrn v. Gleichen genannt Russworm, in ähnlicher Absicht und nicht ohne Erfolg angewendet worden war. Die Thatsache, dass die Knochen der Thiere, welche mit Krappwurzeln gefuttert werden, nach kurzer Zeit rolli gefärbt erscheinen, brachte Gleichen auf den Gedanken, ob man nicht auch den Infusionsthieren »ein ihre Ein- geweide färbendes Futter« geben könne1). »Ich färbte also,« fährt er fort, »etwas Wasser mit Karmin und ver- mischte es mit einer Infusion von Weizen , in welcher eine grosse Menge der grössten Pandeloquen- und kleinen Ovalthierchen (Paramaecium colpoda und Glaucoma scintillans von Ehrenberg) schon einige Monate lebte. Gleich des andern Tages sah ich meine Erwartungen von dieser Anstalt erfüllt und mich nicht nur durch die innere Böthe der meisten dieser Thierchen von einer wirklich geschehenden Einschluckung der Speise überzeugt, sondern ich lernte auch zugleich ihr Inneres noch besser kennen « Gleichen unterschied nämlich im Inneren rothe Kugeln, die »mit hellen Ringen wie Froscheier« umgeben waren, und er sah dergleichen auch öfters am hinteren Ende der Thiere ausgeschieden werden. Anstatt nun aber in ihnen die nur in Blasenräumen eingeschlossenen kugelförmig zusammengeballten Karmintheilchen wieder zu erkennen, sah er sie seltsamer Weise für die Eier oder die Em- bryonen der gefutterten Infusionsthiere an; er verfolgte deshalb die wieder ausgeworfenen Karminballen mit der grössten Aufmerksamkeit, in der Hoffnung, sie lebendig werden und sich in junge Thiere umwandeln zu sehen. Da jedoch weder das Eine noch das Andere zu beobachten war, so wurde er in seiner Annahme wieder schwankend, und er erklärte schliesslich, dass die ausgeworfenen Ballen vielleicht nichts weiter als die Excremente der gefüt- terten Thiere sein möchten. So hatten denn gleich die ersten Fülterungsversuche der Infusorien das eigene Schick- sal, dass sie eher zu irrigen Vorstellungen über die Organisation derselben Veranlassung gaben, statt diese genauer aufzuschliessen ; mit den später von Ehrenberg wieder aufgenommenen sollte dies in einem nicht minderen Grade der Fall sein. Ehrenberg hatte sich bereits in der frühesten Periode seiner Forschungen bemüht, das Gleicherische Füt- terungsexperiment zu wiederholen2), es war jedoch stets misslungen, weil er dazu nur mineralische Farbstoffe oder doch mit solchen versetzte, wie sie in den gewöhnlichen Tuschkästen enthalten sind, angewendet hatte. Diese zer- theilen sich aber im Wasser nicht fein genug und fallen schnell zu Boden. Erst als er sich 10 Jahre später organi- scher Farbstoffe, des reinen Karmins, Indigos und Saftgrüns, bediente, die sich im Wasser in äusserst feine und in ihm suspendirt bleibende Molecüle auflösen, glückten die Versuche vollkommen, und sie wurden nun sogleich über eine grosse Anzahl der verschiedenartigsten Infusorienformen ausgedehnt. Ehrenberg ging hierbei im Allgemeinen so zu Werke, dass er erst zu dem bereits auf dem Objectglase in einem flach ausgebreiteten Wassertropfen isolirten Infusionsthiere eine kleine Quantität Farbstoff hinzusetzte, und nun mit der unermüdlichsten Ausdauer das Thier so 1) F. v. Gleichen, genannt Russivonn, Abhandlung über die Samen- und Infusionstierchen. Nürnberg (778. S.( 40 undTaf. XXIII. b. und S. 151. T;.f. XXVIII. Fig. 19. — Man vergleiche auch desselben Verfassers Auserlesene mikroscopische Entdeckungen bei den Pflanzen, Blumen, Bliithen, Insecten und andern Merkwürdigkeiten. Nürnberg (781. S. 48 und Taf. XXII. Fig. 8. Die letztere Abbildung, welche ein mit Karmin gefüttertes Glaucoma scintillans darstellt, ist die gelungenste, und für die damalige Zeit vorzüglich. 2) A. a. 0. S. 22. 2* 8 lange unter dem Mikroscope verfolgte , bis er ermittelt hatte , wie und wo die Farbpartikelchen in das Innere des Körpers eindrangen . welche Bahn sie hier durchliefen und an welcher Stelle sie endlich wieder nach aussen geför- dert wurden. Bei den meisten Infusorien liess sich leicht beobachten , wie theils in Folge der Totalform ihres Körpers, theils in Folge der Stellung und Bewegung ihrer Wimpern die Farbtheilchen in dichter Strömung vor- zugsweise nach einem bestimmten Puncto hin dirigirt und dann nach der entgegengesetzten Richtung wieder fort- geschleudert wurden. In der Nahe dieses Punctes wurde dann auch bei genauerer Beobachtung eine deutliche Mundöffnung erkannt und gesehen, wie durch dieselbe Theile des äussern Farbstromes in das Innere des Körpers eindrangen, hier sich eine Strecke weit in einer bestimmten Bahn bewegten, dann aber plötzlich verschwanden, während gleich darauf bald hier, bald dort ein vorher nicht sichtbar gewesener runder Blasenraum auftauchte, der dicht mit zusammengedrängten Farbtheilchen erfüllt war. Auf diese Weise füllte sich das Innere des Körpers nach und nach mit zahlreichen farbstoffhaltigen Blasen an, und je mehr dies der Fall war, um so häufiger war an einer bestimmten . meist in der Nähe des hintern Körperendes gelegenen Stelle die Ausscheidung von kleinern oder grössern Farbstoffballen zu beobachten, daher diese Stelle als After bezeichnet wurde. Dies ist in wenigen Worten das reine Besultat der Ehrenbcrg, sehen Fütterungsversuche, deren Werth darin besteht, dass durch sie nicht blos die bei den altern Forschern1] so verbreitete Ansicht von einer Aufnahme der Nahrungsstoffe durch die gesammte Körperoberfläche für die meisten Infusionsthiere eine gründliche Widerlegung fand, sondern dass auch zum ersten Male und gleich bei sehr vielen Infusorien Mund und After unterschieden und genau ihrer Lage nach bestimmt wurden. Damit wurde ein ganz neues und offenbar sehr wesentliches Element zur schärfern Characterislik der einzelnen lnfusorienformen und zu ihrer naturgemässern Classification in die Wissenschaft eingeführt, von dem auch Ehrenberg sofort den glücklichsten und ausgedehntesten Gebrauch machte. Allein er blieb hierbei nicht stehen, sondern ging noch einen Schritt weiter und über die unmittelbare Beobach- tung hinaus. Die mit Farbstoffen erfüllten Blasenräume, welche Gleichen für Eier oder Embryonen halten wollte, wurden von Ehrenberg für von eigenen häutigen Wandungen begränzle Magenblasen erklärt, welche wie die Beeren an einer Weintraube mittelst enger Stiele an einem zwischen ihnen sich hindurchziehenden und Mund und After ver- bindenden röhrenförmigen Darmkanale festsitzen sollten. Magen. nicht Blinddärme, seien diese Anhänge des Darms deshalb zu nennen , weil sie nicht zum Verdauungsprozess vorbereitete Stoffe aufnähmen . sondern mit ganz rohen Stoffen unmittelbar gefüllt würden, und weil die Thierchen willkührlich bald den ersten, bald den letzten mit Uebergehen der andern füllten2]. »Unangefüllt,« erklärt Ehrenberg weiter3), »sind diese Blindsäcke wegen farbloser Durchsichtigkeit, wegen fadenförmig zusammengezogener Form und kleinen Durchmessers nicht zu unterscheiden, jedoch kann sie das Thier auch mit Wasser füllen , und dann erscheinen sie als die farblosen Blasen , welche wohl die Meisten bisher für Eier oder verschluckte Monaden hielten. Ihre Veränderlichkeit in Zahl und Form ist nun wohl zu begreifen. Angefüllt mit festen Nahrungsstoffen erscheinen diese Magensäcke wie abgeschlossene Kugeln, indem der Verbindungskanal, welcher zum Darm geht, sich zuschnürt und durchsichtig wird. Auch sind die Magen- säcke einer willkührlichen Ausdehnung fähig und füllen sich bei Raubthieren daher zuweilen mit ganz unverhält- nissmässig grossen Stäbchenthieren und dergleichen. Wird einer stärker ausgefüllt, so verhindert seine Erweiterung, dass die benachbarten gefüllt werden, daher sieht man immer mehr Magen, wo dieselben kleiner und gleichför- miger erscheinen, weniger, wo einzelne grösser sind.« Man brauchte indessen nur zu erwägen, dass sich bei den Futterungsversuchen niemals weder der vorausgesetzte Darmkanal, noch die zahlreichen Aeste, welche von ihm abgehen sollen, mit Farbstoffen injicirten. und dass bei Thieren , welche weder flüssige noch feste Nahrungsstoffe 1) Man vergleiche z. B. Schrank Fauna Boica III. Band 2. Abth. S. 14. 2) A. a. 0. S. 34. Anmerkung. 3) Ebendaselbst S. 25. 9 aufgenommen hatten , keine Spur von Magenblasen zu entdecken war, um von vornherein gegen diesen den Infu- sorien zugeschriebenen Ernährungsorganismus mit dem grössten Misstrauen erfüllt zu werden. Die wirkliche Existenz des von Ehrenberg angenommenen Ernährungsapparates musste ihm natürlich sehr willkommen sein ; denn damit ergab sich für die bisher nur negativ bestimmten Infusionsthiere im engern Sinne ein positiver Character, und dieser hatte die ausgezeichnete Eigenschaft, dass er eben so scharf den Unterschied, wie die nahe Verwandtschaft zwischen den Rädertliieren und den Infusorien im engern Sinne bezeichnete. Letztere wurden nun fortan unter dem Namen der Polygastriea oder Magenthiere als eine scharf bestimmte Thierklasse behandelt, obgleich die Fütterungsversuche bei einer nicht unbedeutenden Anzahl derselben völlig vergeblich geblie- ben waren. Die Bacillarien, Vibrionien, Closterinen und alle gleichförmig grün gefärbten Infusorienformen hatten sich nie zur Aufnahme farbiger Substanzen bringen lassen, sie konnten demnach auch gar keinen Anspruch auf den Namen Magenthiere machen ; Ehrenberg liess sie aber dennoch mit den Farbstoffe aufnehmenden Formen beisam- men, weil sie sich denselben durch ihre gesammte übrige Organisation zu innig anzuschliessen schienen. Bei einem Theil der Formen, welche sich mit Farbstoffen anfüllen Hessen, war nur ein Mund, aber keine besondere Auswurfs- stelle zu beobachten. »Von ihrer Structur, sagt Ehrenberg1), machte ich mir die Idee, als wäre bei ihnen Mund- und Auswurfsöffnung ein und dasselbe, oder als hinge die sichtbare Mehrzahl kleiner Magen mit dem Munde radienartig zusammen.« Dies war also nur eine Idee, nicht wirkliche Beobachtung; gleichwohl wurden jene Formen als Anentera (darmlose) bezeichnet und aus ihnen die erste Hauplabtheilung der Magenthiere gebildet, der auch alle diejenigen Infusorien zuertheilt wurden, welche gar keine Farbstoffe aufnahmen. Die übrigen mit Mund und After versehenen Magenthiere erhielten den Namen Enterodela (darmführende) und bildeten die zweite Haupt- abtheilung. Die relative Stellung von Mund und After gab bei den Enterodelen zur Aufstellung von vier Gruppen Veranlassung. In der Gruppe der Anopisthia liegen Mund und After neben einander in derselben Grube, in der der Enantiotreta einander gegenüber am vordem und hintern Körperende. In der Gruppe der Allotreta befindet sich nur der Mund oder der After am Ende, in der der Katotreta liegt weder Mund, noch After am Ende. Nachdem den Magenthieren ein so complicirter Ernährungsorganismus zuerkannt worden war, hätte man wohl erwarten sollen, dass sich bei ihnen auch für die übrigen thienschen Functionen scharf ausgeprägte innere Organe herausgestellt hätten. Allein Ehrenberg sah in dieser Beziehung nicht mehr, als seine Vorgänger; nur bei einigen grünen Arten der JI/H//er:schen Gattung Cercaria , die zu der neuen Gattung Euglena erhoben wurden, bemerkte er in der Nähe des vordem Körperendes einen schon von Nitzsch im Jahre 1817 bei einer dieser Arten beobachteten2) rothen Pigmentfleck, der als Auge gedeutet und woraus auf das Vorhandensein von Nerven ge- schlossen wurde3). Ferner hatte Ehrenberg bei Kolpoda cucullus fadenförmige, netzartig verstrickte Fasern, welche aus sehr kleinen an einander gereihten Körnchen bestanden, in Absätzen aus der Analöffnung auswerfen sehen; er deutele diese Fasern als Eierstock, die Körnchen als Eier und liess den Eierstock periodisch ausgeschieden wer- den4). Ebenso wurde das plötzliche Zerfliessen der Magenthiere in einen feinkörnigen Schleim für einen Geburtsact von Eiern erklärt, wofür dieser Vorgang auch schon von den altern Forschern, z. B. von Gleichen, gehalten worden war3). Dies waren die Anschauungen , welche Ehrenberg in seiner ersten Abhandlung über die Organisation der Infusorien im engern Sinne entwickelte. Wie Vieles an denselben hypothetisch ist und einer genauem Begründung bedurft hätte, ist zum Theil angedeutet worden, zum Theil leuchtet es nach dem Mitgeteilten von selbst ein. An die Darstellung der Organisation der Räder- und Magenthiere schloss Ehrenberg seinen ersten Entwurf zu einer neuen 1) A. a. 0. S. 35. 2) Nitzsch Beilrag zur Infusorienkunde oder Naturbeschreibung der Cercarien und Bacillarien. Halle 18 17. S. 10. 3) A. a. 0. S. 33. 4) A. a. 0. S. 24. 26. 77 und Taf. III. I. und 14. a. 5) Auserlesene mikroscopische Entdeckungen S. IUI und Taf. XLIX. Fig. 19. Stein, Organismus der Infusiunslliiere. 10 systematischen Eintheihmg der gesammten Infusionsthiere , der bereits die Hauptgruppen so hinstellt, wie sie in dem endgültig angenommenen System erscheinen, und in dem sich die bis dahin gebrauchlichen, viel zu weit und unbestimmt gefassten Gattungen durch eine grosse Anzahl kleinerer, meist scharf und natürlich begrenzter ersetzt finden. Da die neue Eint heil ung in Ehrenbergs erster Abhandlung weniger ausgeführt und nicht so übersichtlich dargestellt ist, als in der zweiten, so wollen wir sie erst nach dieser in Betracht ziehen. Die zweite Abhandlung bringt über den inneren Bau der Bader- und Magenlhiere keine wesentlich neuen Aufschlüsse, sie ist aber sehr reich an interessanten Detailangaben über die verschiedenen Formen der Schlund- kiefer, des Darmkanals und der mit dem Darmkanal in Verbindung stehenden Drüsen bei den Bäderthieren1). Sie stellt ferner für die äussern Körperabschnitte oder Körperregionen und für die verschiedenen Arten der Körper- bedeckung und der von derselben ausgehenden Fortsatze, welche bei Bader- und Magenthieren zu unterscheiden sind, eine bestimmte Nomenclatur fest2), wobei wieder mancherlei interessante Einzelheiten zur Sprache kommen, auf die ich, so weit sie die eigentlichen Infusionsthiere betreffen, in den speciellen Abschnitten meiner Arbeit zurück- kommen werde. Die frühern Angaben über den Ernährungsapparat der Magenthiere werden mit noch grösserer Bestimmtheit und Zuversicht wiederholt, ohne dass neue, überzeugendere Thatsachen beigebracht würden3). An die Stelle der Idee, welche sich Ehrenberg Anfangs von dem polygastrischen Ernährungsapparat der Anentera gebildet hatte, tritt nun die Abbildung einer ideal vergrösserten Monade mit weitem, ringsum bewimpertem Munde, von dem zahlreiche gestielte Magenblasen in das Innere des Leibes hinabhängen. Ebenso bestimmt werden die Darmformen, welche sich bei den Enterodelen finden sollen, abgebildet und letztere hiernach in drei Gruppen gesondert, in die Cyclocoela , Orthocoela und Campylocoela. Bei den Cyclocölen fällt Mund und After zusammen, und der Darmkanal beschreibt einen Kreis; sie entsprechen genau der früher aufgestellten Abtheilung Anopisthia. Bei den Orthocölen ist der Darmkanal ein grader Schlauch in der Längsaxe des Körpers, bei den Campylocölen verläuft er ausserhalb der Längsaxe , jedoch in der Längsrichtung des Thieres gekrümmt oder gewunden. Die Enantiotreta sollen überwiegend graddarmig, die Allotreta und Katotreta meist krummdarmig sein. Zu den wenigen, bisher auf die Gattung Euglena beschränkten Fällen von dem Vorkommen eines augen- ähnlichen , rothen Pigmentfleckes bei den Magenthieren fügte Ehrenberg ferner eine Anzahl neuer hinzu , die zur Aufstellung der Gattungen Amblyophis , Ophryoglena , Eudorina , Microglena und Lagenula Veranlassung gaben ; auch wurden jetzt zwei winzige schwarze Pünctchen , die schon früher bei einer altern Gattung Distigma in der Nähe des vordem Körperendes unterschieden worden waren , ebenfalls für Augen erklärt4). Für die Augennatur dieser Pigmentflecke konnte jedoch kein anderer Grund geltend gemacht werden , als dass sich bei den Bäder- thieren sehr allgemein in der Nackengegend ähnliche, nur weit schärfer umschriebene rothe Pigmentflecke finden, die in einem nachweisbaren Zusammenhang mit dem Gehirnganglion stehen und offenbar als Sehorgane fungiren. Ausserdem wurden noch einige Versuche über die Vermehrung von Bäder- und Magenthieren mitgetheilt, die einzeln in enge, mit reinem Brunnenwasser gefüllte, eine vollkommene Uebersicht mit der Loupe gestattende Glasröhren gebracht worden waren. In einer derselben hatte ein Individuum von Paramaecium aurelia nach 24 Stun- den durch Quertheilung 8 Individuen geliefert, und in einer andern waren in derselben Zeit aus 3 Individuen 12 hervorgegangen. Ehrenberg schliesst hieraus, dass ein einziges Magenthier durch Theilung schon am siebenten Tage eine Million Individuen liefern könne, und dass man mithin zur Erklärung zahlloser Mengen von Infusorien in höchst kurzer Zeit keiner Generatio primiliva mehr bedürfe5). Ihr vorzüglichstes Interesse erhielt die zweite Abhandlung Ehrenberg's aber dadurch, dass er in derselben 1) Abhandlungen der Berliner Academie vom Jahre 1831 S. 44—54. 2) S. 19 — 40. 3) S. 40 — 44. und Taf. III Fig. I — 4. 4) S. 12 — 19 und Taf. I — II. 5) S. 9—12. 11 schliesslich sein System vollständig entwickelte und alle von ihm selbst beobachteten Räder- und Magenthierarten characterisirte. Alles was sich auf die Räderthiere bezieht, nmss hier unberücksichtigt bleiben, da die vorliegende Schrift nur die eigentlichen Infusionsthiere zum Gegenstande hat, diese aber allein in der Elirenberg' sehen Klasse der Magenthiere enthalten sind. Der sehr ausführliche Character, welcher den Magenthieren beigelegt wird l), beruht wesentlich auf der innern Organisation derselben, die nun positiv so angegeben wurde, wie sie sich Elirenberg vor- stellte. Besonders auffallend ist hierbei noch die Aufführung eines über die ganze Körperoberfläche verbreiteten, zarten Gefässsystemes, von dem früher gar nicht die Rede war, welches daher ohne alle nähere Begründung dasteht. Ohne Zweifel wurden die parallelen, dicht neben einander siehenden eingedrückten Längslinien, welche sich an der äussern Oberfläche fast aller dicht mit Wimpern besetzten Infusionsthiere finden, für Gefässe gehalten, was gewiss nicht geschehen wäre , wenn nicht unausgesetzt die Räderthiere als untrügliches Vorbild der Magen- thiere festgehalten worden wären. Dies geht auch sonst aus der ganzen Fassung des Characters der Magenthiere hervor, der also lautet: »Skelet- , wirbel- und fusslose, zuweilen geschwänzte, nackte oder gepanzerte, sehr kleine, dem blossen Auge wenig sichtbare, aber zahllos durch alle Gewässer verbreitete Thiere, welche schwimmen und meistens mit Wimpern Strudel- oder Radbewegungen im Wasser machen. Ein Netz von wasserhellen, sehr feinen, selten deut- lichen Linien überzieht die ganze Oberfläche des Körpers und erscheint als ein zartes Gefässsyslem ohne Herz- erweiterung und Pulsation. Scharfer Tastsinn und oft durcli schönrothes Pigment ausgezeichnete Augenspuren deuten, nicht selten vereint, auf ein gesondertes Nervensystem hin. Die meisten, auch die kleinsten, haben einen gewimperten Mund, der entweder ohne Darm unmittelbar zu einer Mehrzahl von Speisebehällern oder Magen führt (wie bei den darmlosen), oder in einen ausgebildeten mit vielen Magentaschen traubenartig versehenen Darm übergeht (wie bei den darm führenden). Der unbewaffnete Schlund ist ohne Auszeichnung. Keine Kiemen. Gebären einer netzförmigen und gekörnten Masse. Männliche Geschlechtsorgane noch unerkannt. Eierlegen oder Lebendiggebären neben dreifacher Selbsüheilung, nämlich Quertheilung, Längstheilung und Bildung sich ablösen- der, frei werdender Knospen. Grösste Vermehrungsfähigkeit unter allen bekannten organischen Wesen. Keine Verwandlung. (Ob man die inneren zahllosen Körnchen innere Knospen oder Eier nennen dürfe, kann nur spätere Beobachtung entscheiden).« Das Infusoriensystem Ehrenbercjs ist nach den Grundsätzen der natürlichen Systematik gebildet, es weicht jedoch in seiner ursprünglichen Anlage dadurch wesentlich von der herkömmlichen Form natürlicher Systeme ab, dass die Familien, welche in demselben unterschieden werden, nicht in eine, sondern in zwei aufsteigende Reihen geordnet sind, die als Ordnungen bezeichnet werden und deren Glieder einander parallel sein sollen, in der Weise, dass sich zu einem Gliede der einen Reihe ein oder zwei analoge Glieder in der andern finden. Die erste Ordnung umfasst alle nackten Formen (Nuda) , d. h. diejenigen, deren Körper ohne besondere schutzende Hülle, oder, wie Ehrenberg sagt, »ohne Körperbedeckung« ist; die zweite enthält die gepanzerten Formen (Loricata), deren Körper mit einer schützenden Hülle versehen ist, mag dies nun die zu einer starren Schale erhärtete äusserste Körperschicht, oder ein den Körper umschliessendes , aber von ihm abstehendes Gehäuse oder ein dem Körper innig anliegender gallertartiger Mantel sein. Die Magenthiere werden zunächst in zwei Kreise gesondert, die Anenlera und Enterodela, deren Charactere oben angegeben worden sind; jeder Kreis besteht aus den beiden Ordnungen der Nackten und Gepanzerten. Die Anenlera werden dann weiter nach dem Vorhandensein äusserer Organe in drei Abiheilungen gebracht, in die Anhanglosen (Gymnica), deren Körper unbehaart und ohne ver- änderliche Fortsätze ist, in die Behaarten (Epitricha) , deren Körper durch Borsten oder Wimpern behaart ist, und in die Wechselfüssigen (Pseudopodia), deren Körper mit fussähnlichen veränderlichen Fortsätzen versehen ist, die aber nur bei einigen wenigen Formen wirklich beobachtet, bei den übrigen blos vorausgesetzt wurden. Die \) A. a. 0. S. 55. 3* 12 Enlerodelen zerfallen nach der relativen Lage von Mund und After in die schon oben characterisirten Abtheilungen der Anopisthia oder Einmündigen, Enantiolreta oder Gegenmiindigen, der Allotreta oder Wechselmündigen , und der Katotreta oder Bauchmündigen. Nun erst folgen die Familien, deren im Ganzen 20 unterschieden werden, die 78 Gattungen mit 291 Arten umfassen. Zur besseren Uebersicht dieser Eintheilung lasse ich hier den Rahmen des Systems bis auf die Familien herab folgen, wobei zu beachten ist, dass die in den beiden Ordnungen einander entsprechenden Familien gegenüberstehen. Erster Kreis. Anentera. Zweiter Kreis. Enterodela. Erste Ordnung. Nackte. Zweite Ordnung. Gepanzerte. Erste Abtheilung. Anopisthia. Erste Abtheilung. Gymnina. 6. Farn. Vorticellina. fi. Farn. Ophrydina. 1. Fam. Monadina. 1. Farn. Cryplomonadina. Zwei te Abtheilung. E nan tiotre ta. 2. Fam. Vibrionia. 2. Fam. Closterina. 7. Fam. Enchelia. 7. Fam. Colepina. 3. Fam. Astasiaea. Dritte Abtheilung. Allotreta. Zweite Abtheilung. Epitricha. 8. Fam. Trachelina. 8. Fam. Aspidiscina. 4. Fam. Cyclidina. 3. Fam. Peridinaea. 9. Fam. Ophryocercina. Dritte Abtheilung. Pseudopodia. Vierte Abtheilung. Katotreta. 5. Fam. Amoebaea. 4. Fam. Bacillaria. 10. Fam. Kolpodea. 5. Fam. Arcellina. 11. Fam. Oxytrichina. 9. Fam. Euplota. Ich bin weit davon entfernt , die ausserordentlichen Verdienste Ehrenberg's um die Ausbildung des Infuso- riensystems zu unterschätzen, ich kann diese jedoch nicht in den Hauptabtheilungen seiner Klassifikation erkennen. Dass zum obersten Eintheilungsprincipe Organisationsverhältnisse gewählt wurden, die sich nicht auf eine für Jedermann überzeugende Weise begründen liessen, kann unmöglich gutgeheissen werden. Wollten wir aber auch ganz von dem angenommenen innern Unterschied zwischen Anentera und Enterodela absehen und diese beiden Abtheilungen lediglich nach der An- oder Abwesenheit eines Afters unterscheiden, so hätten doch zu den Anenteris nicht die Gruppen gebracht werden dürfen , deren Mitglieder die Aufnahme fester Nahrungsstoffe beharrlich ver- weigerten und keine Spur von Mundöffnung erkennen liessen, wie die Vibrionia, Bacillaria und Closterina, vielmehr hätte aus ihnen noch eine dritte Abtheilung, die der Astoma, gebildet werden müssen. Allein auch mit dieser Abänderung würde das System in der Praxis noch immer ausserordentliche Schwierigkeiten dargeboten und häutig zu irrigen Bestimmungen Veranlassung gegeben haben. Wie schwer hält es bei den sehr kleinen Formen, darüber Gewissheit zu erlangen, ob sie mit einem Munde versehen sind oder nicht, ob sie also der Abtheilung der Astoma oder der Anentera angehören. Nicht mindere Schwierigkeiten verursacht in der Abtheilung der Enterodela die Bestimmung des Afters, weil er nicht, wie der Mund, eine vorgebildete, zu jeder Zeit wahrnehmbare Oeffnung ist, sondern sich nur in dem Momente zu erkennen giebt, in welchem Excremente nach aussen entleert weiden. Man kann nun aber oft Stunden lang ein Thier verfolgen und ist doch nicht so glücklich, die Ausscheidung von Excre- menten zu beobachten; gelingt dies endlich wirklich einmal, so bleibt man oft wieder ungewiss, ob die Excremente genau am Ende des Thieres und nicht etwa dicht vor demselben hervortreten. Auf diesen geringfügigen Umstand kommt es aber an, ob ein enterodeles Infusionsthier in die Abtheilung der Allotreta oder in die der Katotreta oder der Enantiolreta gehört. Eine andere schwache Seile des Systems liegt in der so consequent durchgeführten Sonderung von nackten und gepanzerten Formen , die nur dadurch möglich wurde , dass unter dem Namen Panzer die heterogensten Ge- bilde zusammengefasst wurden. Wollte man auch hieran keinen Anstoss nehmen, so wird man doch häufig beim Bestimmen einer Infusorienform in die Lage kommen, nicht zu wissen, ob dieselbe in die Ordnung der nackten oder der gepanzerten Infusorien zu stellen sei; denn zwischen beiden Ordnungen bestehen durchaus keine scharfen 13 Gränzen , sondern sie gehen ganz allmählig in einander über. Wir weiden auf diesen Punct weiter unten zurück- kommen; liier genüge es beispielsweise nur auf einen solchen Fall hinzuweisen. Wer mit Ehrenberg in Crypto- monas, Cryptoglena, Peridinium und Glenodinium gepanzerte Formen erkennt, der wird sicherlich geneigt sein, Chlorogonium , Phacelomonas , Microglena und Polyloma ebenfalls als gepanzerte zu bestimmen; iliesc Gattungen stehen aber in Ehrenberg's System in der Ordnung der nackten Infusorien. Gegen die Zweckmässigkeit von Ehrenberg's Einlheilungsprincipien spricht endlich auch das Resultat, zu welchem dieselben führen. Es ergeben sich Verbindungen von Galtungen, die nach ihrer gesammten übrigen Organisation völlig von einander verschieden sind , und andererseits werden Gruppen , die in der innigsten Ver- wandtschaft mit einander stehen, widernatürlich aus einander gerissen. In ersterer Beziehung vergleiche man z. B. nur die Gattungen , welche die Familien der Trachelina , Colpodea und Enchelia zusammensetzen , und man wird mir gewiss beistimmen, wenn ich in diesen Familien unnatürliche Combinationen von Formen erblicke, die oft gar nichts weiter mit einander gemein haben, als die relative Lage von Mund und After. In letzterer Beziehung bieten die Aspidiscina eins der schlagendsten Beispiele dar; sie erscheinen im System mit den von ihnen fundamental verschiedenen Trachelinen und Ophryocercinen verbunden , während sie sich doch ihrem gesammten Baue nach so innig an die Euplota anschlicssen, dass sie von diesen kaum als gesonderte Familien gelrennt zu werden verdienen. Aus allen diesen Gründen werden wir Ehrenberg's System nicht beibehalten können. Ehrenberg's dritte und vierte Abhandlung, welche eben so innig mit einander zusammenhängen, wie die erste und zweite, erweiterten die Kennlniss der inneren Organisation der Magenthiere auf eine höchst über- raschende Weise und brachten dieselbe im Wesentlichen bis zu der Stufe der Ausbildung, von der aus Ehrenberg in seinem grossen Infusorienwerke die Naturgeschichte der Magenthiere bearbeitete und über die er bis auf den gegenwärtigen Augenblick nicht weiter hinausgegangen ist. Auch die innere Organisation der Räderthiere erhielt in der dritten Abhandlung noch eine wichtige Bereicherung. Ehrenberg entdeckte nämlich bei verschiedenen Gat- tungen auf beiden Seiten der Leibeshöhle mehrere eigenlhümliche, kleine, gestielte, zitternde Organe1), welche die Form von Notenzeichen hatten, mit ihren Stielchen den beiden als Hoden betrachteten, strangfürmigen Organen aufsassen und mit ihrem erweiterten, zitternden Ende frei in der Leibeshöhle flotlirten. Diese Organe wurden für Kiemen erklärt und mit ihnen ein schon früher vielfach beobachtetes, äusseres , röhrenförmiges Organ im Nacken der Räderthiere in Zusammenhang gebracht, welches zuerst für ein Begaltungsorgan gehalten worden war, nun aber als Respirationsröhre gedeutet wurde. Durch dieselbe sollte Wasser zur Unterhaltung des Respirationsprozesses in die Körperhöhle ein- und ausgeführt werden. Ausserdem wurden in der dritten Abhandlung zahlreiche neue Räder- und Masenlhierformen Geschildert, von denen die interessantesten durch Abbildungen erläutert wurden, in denen ein grosser Fortschritt zu erkennen ist. Zu den Magenthieren allein kamen 27 neue Gattungen hinzu; auch musslen in der Abiheilung der Anenteia noch zwei neue Familien, die Dinobryina und die Volvocina , errichtet werden2]. Die Hauptrepräsentanten der letzteren Familie waren zwar längst bekannt, sie hatten aber bis dahin für einfache Thiere gegolten und waren deshalb von Ehrenberg in seinen beiden ersten Abhandlungen mit den Peridi- näen vereinigt worden ; jetzt lieferte er den überraschenden Beweis, dass sie aus vielen Individuen zusammen- gesetzte Monadenstöcke seien. Was nun die neuen Aufschlüsse über die innere Organisation der Magenthiere anbetrifft, so beziehen sich dieselben zunächst auf den Ernährungsorganismus. Ehrenberg entdeckte nämlich bei G verschiedenen Magenthieren, welche zur Aufstellung der drei neuen Gattungen Chilodon (Anfangs Euodon genannt), Nassula und Prorodon Ver- anlassung gaben, einen sich scharf absetzenden, graden und starren, röhrenförmigen Schlund, der an seiner innern Oberfläche nach Art einer Fischreuse von dicht neben einander stehenden borslenförmigen Zähnen ausgekleidet )) Abhandlungen der Berliner Academie aus dem Jahre 1833. S. 188 — 89. 2) S. 279—8:'. Stein, Organismus der fnfusionstbierc. 14 war. welche sich nach vorn zu kräftiger, harter und scharfer begränzt zeigten und mit diesen Enden gegen einander geneigt und weiter von einander entfernt werden konnten. Ehrenberg erblickte hierin eine neue Verwandtschaft zwischen Magen- und Räderlhieren und verglich den Schlund jener Galtungen mit dem Schlundkopfe der Räder- Lhiere, und die borstenförmigen Zahne der ersteren mit den beiden Kiefern der letztem; natürlich rnussle nun das frühere Kennzeichen der Magenthiere: »der unbewaffnete Schlund ohne Auszeichnung« aufgegeben werden1). Bei zwei Arten der Galtung Nassula (N. elegans und N. ornata) wurden ferner meist zahlreiche, schön violett gefärbte . bei Bursaria vernalis mehr vereinzelte und rötbliche blasenartige Kugeln im Innern lies Körpers beobachtet, die den Thieren das Ansehen gaben, als waren sie mit violetten oder rölhlichen Substanzen gefüttert worden. Ehrenberg deutele diese farbigen Kugeln als einen eigen th Umlichen . von den Thieren erzeugten und die Verdauung befördernden Saft, der sich in den Darm ergiesse, die Excremente färbe und mit ihnen vereint aus- geschieden werde; er sollte dem farblosen Absonderungsproducte der pancrealischen Drüsen der Räderlhiere analog sein. Da im vordem Körperende von Nassula elegans, dem Zahncylinder gegenüber, meistenteils ein grösserer, aus dicht, neben einander liegenden violetten Kügelchen zusammengesetzter Fleck vorhanden war, so wurde dieser für den Bildungsheerd des violetten Darmsafles erklärt; ein heller, in der Mittellinie der Rückseite verlaufender perlschnurförmiger Kanal sollte ihn von dort aus nach dem hintern Drittel des Körpers führen und ihn hier in die Magenblasen ergiessen. Diese Annahme stützte sich darauf, dass im hintern Körperende gewöhnlich die grössten violetten Kugeln lagen, und dass hier häufig ein Zusammenfliessen kleinerer beobachtet wurde2). Wir werden weiter unten sehen, dass sich diese Erscheinungen auf eine viel einfachere und ungezwungenere Weise erklären lassen. Das bei weitem wichtigste und am meisten unsere Aufmerksamkeit verdienende Moment in Ehrenberg's dritter Abhandlung war aber dies, dass in ihr zum ersten Male wieder innere Organisationsverhältnisse der Magen- thiere zur Sprache gebracht und gleich sehr umfassend erörtert wurden, von denen bereits die altern Mikrographen einige Kenntniss halten, die aber später gänzlich unbeachtet geblieben waren. Der wackere Roesel, der im vorigen Jahrhunderte die besten Abbildungen vorticellenartiger Infusorien lieferte, unterschied schon im Jahre 1755 an allen Individuen seines mispel form igen Afterpolypen (ich erkenne darin Epistylis flavicans Ehbg.) im Innern des Körpers einen hellen, geschlängelten, strangförmigen Körper und eine kleine, helle Blase, und erklärte sie für wesentliche Organe dieses Thieres3) Ferner beobachtete er im Innern aller Individuen seines berbersbeerförmigen Afterpolypen (Opercularia berberina Stein) ein scharf begränztes helles ovales Organ4). Spallanzani entdeckte sodann 1776 bei Paramaecium aurelia zwei sternförmige contraclile Organe, von denen er vermuthet, dass sie zur Respiration bestimmt seien5). »Die beiden Sterne,« sagt er, »liegen fast in den Brenn- puneten dieser elliptischen Thiere und haben in ihrer Mitte eine sehr kleine Kugel. Sie sind stets in Bewegung, mögen die Thiere stillstehen oder sich bewegen , und ihre Bewegung ist eine regelmässig alternirende. Alle 3 — 4 Secunden schwellen die beiden kleinen centralen Kugeln zu 3 — 4 mal grösseren Schläuchen an, dann nimmt ihr Umfang wieder ab; Zu- und Abnahme des Umfangs erfolgt sehr langsam. Derselbe Rhythmus ist an den Strahlen zu beobachten, nur mit dem Unterschiede, dass, wenn die kleinen Kugeln anschwellen (s'enflent), die Ausdehnung der Strahlen abnimmt (les rayons se desenflent), und dass, wenn diese anschwellen, der Umfang der kleinen Kugeln abnimmt.« Etwa in der Mitte zwischen den beiden stein förmigen Organen unterschied Spallanzani noch ein sehr kleines , länglich elliptisches Gebilde (Fig. XVIII. R.) , an welchem unaufhörlich eine continuirliche Bewegung zu beobachten war. Es war dies der Mund des Thieres, der jedoch noch nicht als solcher erkannt wurde. 1) S. 168 — 72 uiid Taf. I und II 2) S. 179 — 82. 3) Roesel v. Rosenhof Monatlich herausgegebene .Inseclenbelustigungen Band III S. 615 und Taf. C. Fig. 5. 6. o. p. 4) Ebendaselbst S. 61 i und Taf. XCIX. Fig. 3—9. ü) Spallanzani Opuscules de physique animale et vegetale. Traduils par Senebier. Geneve (777. Tom. I. p. -'48 und PI. II. ig. XVIII. A. ,\. 15 Unabhängig von Spallanzani beobachtete auch Gleichen 1778 die contractilen Blasen von Paramaecium aurelia, doch unterschied er nur die vordere und übersah auch die strahlenförmigen Fortsatze derselben. Zuerst war ihm nur an der einen Seite des Thieres »eine Erhöhung wie ein Bläschen aufgefallen, das seine Stelle nicht veränderte.« Als sich aber das Thier beim Verdunsten des Wassers abplattete, sah er zu seiner Ueberraschung, dass das Bläschen »mehr als zehnmal nach einander bald hineingezogen, bald wieder heraus und in die Höhe getrie- ben wurde,« und er warf deshalb die Frage auf, ob nicht das Bläschen das Herz des Thieres sein möge1). — End- lich hat auch 0. F. Müller bei mehreren ächten Infusionsthieren innere drüsenähnliche Organe (z. B. bei seiner Kolpoda meleagris und Vorticella polymorpha) und einzelne constante wasserhelle Blasen (z. B. bei seiner Enchelys retrograd.! und pupula, Trichoda auranlia, ignita und vermicularis) angegeben; am schärfsten sind beide Gebilde bei seinem Paramaecium marginalen , worin ich Prorodon niveus Ehbg. erkenne, hervorgehoben. Die grosse wasser- helle Blase liegt hier am hintern Ende und vor ihr in der Axe des Körpers ein gewundener weisser Strang, den Müller als »luor intestini spiralis« bezeichnet2). Ehrenberg's Aufmerksamkeit wurde erst spät auf diese beiden Organe hingelenkt , nachdem er bei dem von ihm schon unzählige Male beobachteten Paramaecium aurelia eines Tages die beiden sternförmigen contractilen Blasen Spallanzani 's zufallig wieder aufgefunden halte. Wurden eine grosse Anzahl von Thieren auf einmal durch ein aufgelegtes Deckgläschen etwas glattgedrückt., so sah er »alsbald von jenen zwei Blasen aus bis S strahlen- förmig nach allen Körpergegenden hinlaufende Kanäle, welche sich langsam erweiterten, wenn die Blasen sich zusammenzogen und fast verschwanden , und die sich langsam verengten und zuletzt verschwanden , wenn die Blasen sich erweiterten ; die strahlenförmigen Kanäle waren in ihrer Ausdehnung dicht bei den Blasen zwiebei- förmig erweitert.« Sofort untersuchte Ehrenberg nun andere Magenthiere auf contractile Blasen, und er traf dieselben noch bei 24 Arien an. Bei den meisten waren sie ohne strahlenförmige Ausläufer und nur in einfacher Anzahl vorhanden. Ausserdem wurde noch bei Chilodon cucullulus, welches allein mit 3 contractilen Blasen versehen war. und bei drei Arten der Gattung Nassula, etwas später auch bei Paramaecium aurelia, ein «rundliches, weniger durchsichtiges Organ« neben den contractilen Blasen beobachtet, offenbar also Analoga der von Roesel und Müller beobachteten weissen drüsenartigen Organe. Die letztem Gebilde boten gar keinen Anhaltspunct für ihre Deutung dar. in den contractilen Blasen aber konnte Ehrenberg wegen ihrer zu langsamen Bewegung weder ein Herz, noch wegen der zu geringen Entwicklung eines Gefässsystemes, das er jedoch in schwachen Spuren als sehr feine netzförmige Kanäle bei Paramaecium beobachtet haben wollte , ein Respirationsorgan erkennen. So wurde denn wieder zu dem bedenklichen Auskunfts- mittel gegriffen, die Räderthiere über die fraglichen Organe der Magenthiere Aufschluss geben zu lassen. Es lag natürlich sehr nahe, die contractile Blase der Magenthiere dem als Samenblase gedeuteten contractilen Organe der Räderthiere gleich zu setzen. Da mit dem letzteren noch drüsenartige Organe, die sogenannten Hoden oder Samen- drusen in Verbindung standen, so mussten auch bei den Magenthieren analoge Gebilde vorhanden sein. Die ein- zigen Organe, welche hier noch der Deutung harrten, waren die bei Chilodon, Nassula und Paramaecium beobachteten opakern, rundlichen Organe; sie wurden daher von Ehrenberg für Samen bereitende Drüsen, und die contractilen Blasen für Samenblasen erklärt. Auf diese Weise hatten die Magenthiere nun auch ein männliches Geschlechtssystem erhalten, und sie galten fortan als Zwitterthiere3). Der neuen Lehre von dem doppelten Geschlechte der Magenthiere eine breitere Basis zu geben , war die Hauptaufgabe von Ehrenberg's vierter Abhandlung, die ausserdem noch 15 neue Galtungen von Magenthieren auf- führte4; und einige Zusätze zum Gefässsystem der Räderthiere brachte, darunter die Berichtigung, dass das angeb- )) v. Gleichen Abhandlung von den Saamen- und Infusionslhierchen S. 152 und Taf. XXIX. Fig. I. 2. a. 2) Müller Animalcula infusoria p. 92 und Tal. XII. Fig. 28. 29. b. c. 3) S. 172 — 79. 4) Abhandlungen der Berliner Academie aus dem Jahre 1835 S. 17 1 — 75. 4" 16 liehe Rückengefäss sich neuerlich als ein Längsmuskel herausgestellt habe1). In Betreff des weiblichen Geschlechts- organismus der Magenthiere wird angegeben, dass derselbe aus kugel- oder eiförmigen, periodisch den ganzen Körper des Thieres erfüllenden, zu anderen Zeiten aber fehlenden, in netzförmig anaslomosirenden Röhren liegenden Kornern bestehe, die häufig lebhaft grün, auch gelb, blau, roth und braun gefärbt seien. Namentlich bei Thieren mit grünen Eiern, wie z. B. bei Stentor polymorphus, könne man sich leicht von der periodischen Ausscheidung der Eier über- zeugen, da ihr Körper bald lebhaft grün gefärbt, bald ganz wasserhell und farblos erscheine. Beobachte man sie auf einer Glasplatte mit wenig Wasser, so zerreisse zuletzt der Körper an einer Stelle und es würde dann ein Theil der grünen Eier künstlich geboren , das Thier aber lebe weiter fort , wenn man nur neues Wasser hinzu setze, un- natürliche Geburtsact der Eier durch die After- und Geschlechtsöffnung sei schwer zu beobachten, aber bei Colpoda cucullus wirklich gesehen. Bei einigen Formen, namentlich bei Monas vivipara , würden die Eikörnchen schon im Innern des Mutterthieres lebendig, aber der wirkliche Act des Auskriechens der Jungen aus solchen Eikörnchen oder leere zurückgelassene Eischalen hätten sich noch bei keinem Magenthiere beobachten lassen2). Die Einatur der Körner war also doch weder aus ihrer Entwicklung, noch aus ihrer Structur dargethan , auch war durchaus nicht näher nachgewiesen, dass sie wirklich in netzförmig anastomosirenden Röhren enthalten sind. Das periodi- sche Verschwinden von Körnern in einem lebendigen Organismus berechtigte ferner noch nicht zu dem Schlüsse, dass sie wirklich aus dem Körper ausgeschieden werden; es ist eben so gut möglich, dass sie nur resorbirt werden. Genug, Ehrenberg's Gründe für einen weiblichen Geschlechtsapparat der Magenthiere hatten durchaus keine zwin- gende Beweiskraft. Zu Gunsten der männlichen Geschlechtsorgane der Magenthiere konnten auch jetzt keine andern Gründe geltend gemacht werden, als die von der Analogie mit den Räderthieren hergenommenen. Dafür aber lieferte Ehrenberg den sehr dankenswerlhen Nachweis, dass die sogenannte Samendrüse ein bei den Magenthieren sehr allgemein verbreitetes Organ sei, welches bei den verschiedenen Arten unter verschiedenen Formen auftrete, am häufigsten in der Kugel- und Eiform, nicht selten aber auch in Nieren-. Band- und Perlschnurform. In nicht minder allgemeiner Verbreitung wurden ferner auch die contractilen Blasen nachgewiesen, eine Communicalion derselben mit den Samendrüsen konnte jedoch nicht beobachtet werden. Trotzdem lässt Ehrenberg abführende Gefässe von der Samendrüse nach der contractilen Blase hingehen und letztere nur das erweiterte Ende dieser Samenleiter sein. Ferner nimmt er an, dass die contractile Blase entweder unmittelbar durch eine oder mehrere Oeffnungen, oder mittelbar durch strahlenförmige Ausläufer mit dem bald einfachen, bald mehrfachen, aber ebenfalls noch nicht dar- stellbar gewesenen Eileiter in Verbindung stehe3). Man muss zugeben, dass dies Alles recht wohl so sein konnte, nur fehlte es an jedem Beweise für die gemachten Annahmen. Das Uebelste war, dass nicht einmal bei den Räder- thieren in den als Samendrüsen bezeichneten Organen die Entstehung von Spermalozoen hatte beobachtet werden können, und dass sich eben so wenig in ihren contractilen Blasen entwickelte Spermatozoon erkennen Hessen. Die Beobachtung der sogenannten Samendrüsen der Magenthiere bietet bei vielen Arten durchaus keine Schwierigkeiten dar, es muss daher gewiss auflallen, dass ein so genauer Forscher, wie Ehrenberg, dieselben so lange übersehen konnte, während er doch bereits in seinen beiden ersten Abhandlungen bei gewissen Formen den Verlauf des Darmkanales mit einer Bestimmtheit darstellte, wie kaum später bei irgend einer andern Form. Sollte dieser Umstand nicht daraufhinweisen, dass vielleicht bei jenen Formen nur sträng- und schnurförmige Samen- drüsen, welche sich zwischen den verschluckten Nahrungsstoffen hinschlängelten, gesehen und für den Darmkanal, nach welchem Ehrenberg so eifrig suchte, gehalten wurden? Ich für meine Person bin überzeugt, dass in den meisten Fällen eine solche Verwechselung stattgefunden hat. Ganz sicher gilt dies von der Gattung Stentor, der Ehrenberg in der zweiten Abhandlung S. 43 einen durch viele Anschwellungen rosenkranzförmigen Darmkanal i) S. 169. 2) S. 155 — 56. 3) S. 158 — 07. 17 zuschreibt, welcher auch auf Taf. III. Fig. 3 für sich abgebildet ist. Genau von derselben Gestalt und Grösse ist die Samendrilse von Stentor polymorphus. Dass diese in den beiden eisten Abhandlungen als Darmkanal aufgefasst wurde, wird noch evidenter dadurch bewiesen, dass Ehrenberg in der ersten Abhandlung S. 26 bemerkt: »Bei der Gattung Stentor (Vorticella polymorpha, stentorea) sah schon Müller den Verlauf des Darmkanals, erkannte ihn aber nicht,« und dass er in der dritten Abhandlung S. 320 das in Müllers Abbildungen dargestellte schnurförmige Organ wieder als Samendrüse cilirt. Ehrenberg hat ferner in der ersten Abhandlung auf Taf. V. Fig. B. b. 5. der Vorticella citrina einen Darm- kanal zucrlheilt, der genau die Form und Lage zeigt, welche der Samendrüse dieses Thieres zukommen. — En- chelys pupa besitzt meinen Untersuchungen zufolge eine lange, fast ganz grade, strangförmige Samendrüse, welche die Langsaxe des Körpers einnimmt; diese wurde offenbar auch von Ehrenberg gesehen und für einen vorn mit dem Mund, hinten mit dem After zusammenhängenden Darmkanal gehalten, der dann weiter durch seitliche Aeste mit den die Nahrungsstoffe umschliessenden Blasenraumen in Verbindung gesetzt wurde. So entstand der polyga- strische Ernährungsapparat, der auf Taf. II. Fig. I. 15. abgebildet ist. Auch bei Leucophrys patula giebt Ehrenberg mit grosser Bestimmtheit den Verlauf des Darmkanales an (vergl. Taf. II. Fig. II. I. und 6). Leider ist die in der ersten Abtheilung gelieferte Darstellung dieses Thieres von der spater im grossen Infusorienwerk gegebenen so total verschieden, dass es zweifelhaft bleibt, was für ein Thier eigentlich unter dem Namen Leucophrys patula gemeint wurde. Ich vermulhe, dass in beiden Fällen Bursaria truncatella Müll, beobachtet wurde, von welchem Thiere Ehrenberg auch nur eine ungenaue und fehlerhafte Darstellung geliefert hat; hinsichtlich der Leucophrys patula der ersten Abhandlung ist mir dies fast gewiss. Denn ich habe oft Exemplare von Bursaria truncatella gesehen, welche äusserlich den von Ehrenberg abgebildeten Individuen der Leucophrys patula täuschend ähnlich waren. Ihre sehr lange, strangförmige Samendrüse zeigte sich nicht selten eben so weitläuftig spiralförmig gewunden, wie Ehrenberg den Verlauf des Darmkanales bei Leucophrys patula darstellt. So dürfte sich denn auch der Darmkanal dieses Thieres auf eine nicht scharf genug beobachtete Samendrüse reduciren. Das grosse Infusorienwerk von Ehrenberg ist ganz und gar auf die Anschauungen von der innern Organi- sation der Bäder- und Magenlhiere basirt, welche die im Vorstehenden analysirten vier academischen Abhandlungen zu begründen versuchten; es setzt dieselben als in allen wesentlichen Punclen bewiesen voraus. Schon der präg- nante Titel dieses Werkes: »Die Infusionslhierchen als vollkommene Organismen« lässt daran nicht zweifeln. Was Ehrenberg damit sagen wollte, geht am deutlichsten aus den Worten hervor, mit denen er den allgemeinen Theil seiner dritten academischen Abhandlung (S. 196) schliesst: »Somit wären denn bei den Infusorien, als den kleinsten Körpern, welche der menschliche Gesichtssinn überhaupt zu erreichen vermag, alle die Systeme der Organisation, welche den Organismus des Menschen begründen, nicht rudimentarisch, sondern theils augenschein- lich, theils mit der grössten Wahrscheinlichkeit eben so in sich vollendet, nur in anderer Form gestaltet, aufgefunden und die thierische Organisation auf eine beim Menschen und dem Biiderthiere, ja der polygastrischen Monade gleiche Summe, einen einzigen durchgreifenden Typus gewiesen.« Dieser Ausspruch könnte auch dann noch nicht gerechtfertigt erscheinen , wenn Ehrenberg 's Auffassung der Infusorienorganisalion in jeder Beziehung begründet wäre. Denn wie unendlich complicirler und darum vollkommener sind doch alle einzelnen organischen Systeme selbst noch bei den niedrigsten Wirbelthieren, geschweige denn beim Menschen, im Vergleich zu denen der höch- sten Infusionslhiere, die Bäderthiere mit inbegriffen! Der Unterschied in der Organisation der Infusionsthiere und des Menschen ist doch wahrlich mehr als ein blos formeller. Das Prädicat »vollkommene Organismen« für die Infusionslhiere würde also nur den Sinn haben können, dass bei ihnen für die Grundäusserungen des thierischen Lebens, für Empfindung, Bewegung, Ernährung und Fortpflanzung, eben so gut bestimmte Organsysteme vorhanden sind, wie beim Menschen. Den Magenlhieren waren durch Ehrenberg's bisherige Arbeiten ein polygastrischer Darmkanal, Spuren eines netzförmig verzweigten Blulgefässsyslemes . ein complicirler hermaphroditischer Geschlechtsapparat und Augen 5 Stein, Organismus . 2) p. 247—60. — 3) p. 260 — 67. - ■ 4) p. 267 — 72. — 5) p. 286 — 87. — 6) p. 283 — 84. — 7) p. 289 — 308. 27 Sicher sei nur, dass sich die meisten Infusorien durch Theihmg, einige auch durch Knospenbildung vermehrten. Die conlractilen Blasen hall Dujardin für nahe unter der Oberfläche gelegene, mit Wasser erfüllte Vacuolen, welche abwechselnd Wasser aus der Aussenwek aufnehmen und es dann wieder ausslossen, sie seien demnach wohl nach dem Vorgange von Spallanzani als Rospirationsorgane zu betrachten1). Dass den Infusorien endlich Au^en, Nerven und Blutgefässe abgesprochen werden, ist selbstverständlich. Von dem Standpuncle aus, den die eben analysirte Abhandlung einnimmt, bearbeitete Dujardin sein be- kanntes, einen Theil der Suites de Buffon bildendes Handbuch der Infusurienkunde: »Histoire naturelle des Zoophyles. Infusoires, comprenant la physiologie et la Classification de ces animaux. Ouvrage accompagne de 22 planches. Paris 1841.« Die in demselben auf p. 2G — 1 1 4 gegebene allgemeine Schilderung der Infusorienorganisation ist ein wörtlicher Abdruck der Abhandlung in den Annales des sc. nat. Tome X von p. 247 — 312. Der specielle Theil fusst überall auf Ehrenberg und 0. F. Müller; er enthält zwar auch viele eigene Beobachtungen, diese bleiben aber an Schärfe und Genauigkeit meist weit hinter denen von Ehrenbern zurück. Es weiden manche neue Formen geschildert und verschiedene Gattungen naturgemässer begränzt oder neu begründet, nicht selten aber auch bereits klar auseinandergesetzte Formen wieder verwirrt. In positiver Richtung wird weder die Organisation , noch die Entwickelungsgeschichte der Infusionsthiere um einen wesentlichen Schritt vorwärts gebracht. Wahrend Dujardin in seinen ersten Abhandlungen die Rhizopoden als eine besondere Klasse des Tier- reiches betrachtet, fuhrt er dieselben in seinem Handbuche nur als eine für sich bestehende Ordnung der Infusions- thiere auf. Zu den letztern rechnet er ausserdem alle Ehrenberg' sehen Magenlhiere mit Ausnahme der Bacillarien und Closterinen, und seltsamerweise auch noch die zwei von Ehtenberg mit den Räderthieren vereinigten Gat- tungen Chaetonotus und Ichthydium. Diese entfernen sich allerdings, wie neuerlich M. Seliullze näher nachgewiesen hat2), sehr erheblich von den übrigen Räderthieren, aber mit den Infusionsthieren können sie schon wegen des abgeschlossenen Darmkanals und der entwickelten Geschlechtsorgane unmöglich verbunden werden; wahrschein- lich gehören sie zu den Turbellarien. Noch wunderlicher aber ist es, dass Dujardin aus jenen beiden Gattungen und der Ehrenberrj sehen Magenthiergattung Coleps. so wie aus einer ganz unklaren, Planariola genannten Form, die nur ein Fragment von einem höheren Thiere zu sein scheint, eine eigene Hauptabiheilung seines Infusoriensyslemes bildet, die er »symmetrische Infusorien« nennt, während er alle übrigen Infusorien als »unsymmetrische« bezeichnet und zu einer zweiten Hauptabiheilung vereinigt. Soll Coleps ein symmetrisches Infusionsthier sein, dann muss man auch alle andern Infusorien, welche den Mund am vordern Ende in der Längsaxe zu liegen haben, z. B. Prorodon. Holophrya, Lacrymaria, Enchelys etc. für symmetrische erklären Im Uebrigen hat Dujardin! s System3) das Verdienstliche, zuerst die Bewegungsorgane, also äussere, un- zweideutige und im Allgemeinen leicht zu beobachtende Korpertheile , die auch die meisten und auffallendsten Ver- schiedenheiten darbieten, zum Haupteintheilungsprincip der Infusorien erhoben zu haben. Leider kannte Dujardin diese Verschiedenheiten im Einzelnen nur zu wenig genau, um eine glückliche Anwendung von seinem Eintheilungs- prineipe machen zu können. Er sondert die asymmetrischen Infusorien in fünf Ordnungen , die jedoch keine beson- deren Namen erhalten haben. Die Mitglieder der ersten Ordnung, welche nur die Familie der Vibrioniden umfasst, besitzen keine sichtbaren Bewegungsorgane. Die zweite Ordnung begreift die durch ihre veränderlichen Körper- fortsätze (Pseudopodien) ausgezeichneten Rhizopoden , mit denen jetzt auch die Acinetinen Ehrenberg 's vereinigt werden. Sie sind in drei sehr ungleiche Familien: Amibiens, Rhizopodes (Polythalamien und Arcellinen) und Acti- nophryens (Aclinophrys, Trichodiscus, Podophrya, Acineta und Dendrosoma) gesondert. Die dritte Ordnung umfasst alle Infusorien mit geisselartigen Bewegungsorganen; sie besteht aus den sechs Familien: Monadiens, Volvociens, Dinobryens, Thecamonadiens, Eugleniens und Peridiniens. Die Thecamonadiens entsprechen den Cryptomonadinen, die Eugleniens den Astasiäen Ehrenbenjs , eine Aenderung der Familiennamen war daher unnöthig; die übrigen 1) p. 305. — 2) »Ueber Chaelonotus und Ichthydium und eine neue verwandte Gattung Turbanella« in Müllers Archiv 1853. S. 241—34. — 3) A. a. 0. p. 126—27. 28 Familien sind ebenfalls ganz ähnlich begränzt , wie die gleichnamigen Familien Ehrenberg's. In Dujardin s vierler und fünfler Ordnung endlich sind alle bewimperten Infusorien enthalten, und zwar soll die vierte Ordnung die For- men ohne contractile Körperbedeckung, oder, was für gleichbedeutend gehalten wird, die Formen ohne regelmassig reihige Anordnung der Wimpern begreifen. Sie wird aus den fünf Familien: Enchelyens, Trichodiens, Keroniens. Ploesconiens und Erviliens zusammengesetzt; von diesen entsprechen die Keroniens den Oxylrichinen. die Ploesco- niens den Euploten und Aspidiscinen Ehrenberg's. Die kleine Familie der Erviliens schliesst sich innig an die Eu- ploten an, ihre bekannteste Form ist bei Ehrenberg nur eine Species der Gattung Euplotes. Die Enchelyens dagegen enthalten ganz andere Thiere. als die gleichnamige Familie Ehrenberg's , und zwar nur sehr ungenügend beobach- tete, grösslentheils sich nahe an Cyclidium glaucoma Ehbg. anschliessende Formen. Die Familie der Trichodiens ist hauptsachlich aus einigen Ehrenberg' sehen Trachelien und Amphilepten (A. anser und margaritifer) und aus Loxodes rostrum Ehbg. gebildet. Die fünfte Ordnung umfasst die bewimperten Infusorien mit lockerer, netzförmiger, contractiler Körper- bedeckung, welche stets an der regelmassig reihigen Stellung der Wimpern oder deren Anordnung im Quincunx, so wie an Granulationen und Höckerchen der Oberfläche zu erkennen sein soll. Sie besteht ebenfalls aus fünf Fami- lien: den Leucophryens , Parameciens, Bursariens, Urceolariens und Vorticelliens. Die Familie der Leucophryens ist auf Infusorien gegründet, die grösslentheils zu der von Purkinje und Valentin1) im Jahre IS33 unterschiedenen Gattung Opalina gehören. Die Familie Parameciens ist hauptsächlich aus Mitgliedern der Ehrenberg' sehen Enchelien (Lacrymaria, Holophrya, Prorodon), Trachelinen (Glaucoma, Chilodon, Nassula) und Kolpodeen (Kolpoda, Paramae- ciuni und Amphileptus) zusammengesetzt. Die Bursariens begreifen die meisten Arten der Gattung Bursaria , die Gattungen Ophryoglena und Spirostomum und einige verwandte Formen. Die Familie Urceolariens besteht aus den Ehrenberg' sehen Gattungen Stentor, Trichodina, Ophrydium und Urocentrum. Die Vorticelliens endlich umfassen die Ehrenberg' sehen Gattungen Vorticella, Carchesium, Zoothamnium, Epistylis, Opercularia, Vaginicola und Cothurnia. Hierauf folgen schliesslich in einer zweiten Hauptabtheilung, und gewissermaassen eine sechste Ordnung des Sy- stems bildend, die symmetrischen Infusorien mit ihren vier Gattungen Coleps, Planariola , Chaetonotus und Ichthy- dium. Anhangsweise hat Duj ardin auch eine gedrängte Uebersicht der Naturgeschichte der Räderthiere geliefert, die er mit dem ganz ungerechtfertigten und unnöthigen Namen der Systoliden bezeichnet. Ein Hauptverdienst der Duj ardin' sehen Klassifikation liegt in der scharfen Sonderung der geisseltragenden von den bewimperten Infusionsthieren ; auch werden wir in seinen beiden ersten Ordnungen , abgesehen von der Vereinigung sämmtlicher Acinetinen mit den Rhizopoden , durchaus natürliche Gruppen anerkennen müssen. Ob aber diese mit den geisseltragenden und bewimperten Infusorien in derselben Klasse vereinigt werden dürfen, das ist eine Frage, die eine nähere Prüfung verlangt hätte. Die beiden Ordnungen, in welche Dujardin die bewimperten Infusorien zerlegte, sind völlig unnatürlich und beruhen auf ganz unzuverlässigen Characteren. Es genügt, darauf hin zu weisen , dass die Enchelyens und Trichodiens der vierten Ordnung eben so gut in regelmässige Reihen geordnete Wimpern besitzen, wie die Mitglieder der fünften Ordnung, denen sie sich auch in ihrem Gesammthabitus anschliessen. und dass der Körper vieler Mitglieder der vierten Ordnung, z. B. von Oxytricha, Urostyla und Trache- lius, weit contractiler ist, als der von manchen Mitgliedern der fünften Ordnung, z. B. von Paramaecium und Ophryoglena. Eben so wenig können wir in den zehn Familien, in welche Dujardin die bewimperten Infusorien Iheilt, einen Fortschritt im Vergleich zu Ehrenberg's Eintheilung seiner enterodelen Magenthiere erblicken, die fast genau den bewimperten Infusorien entsprechen. Eben so früh, wie Dujardin in Frankreich, und ganz unabhängig von ihm, trat in Deutschland VF. Focke gegen den polygastrischen Ernährungsorganismus der Infusorien auf und zwar zuerst 1835 auf der Naturforscher- Versammlung in Bonn2;, und dann 1842 auf der in Mainz3). Dieser Forscher machte die Entdeckung, dass bei 1) Purkinje et Valentin An phenomeno generali el i'undamentali motus vibratorii. Vratislaviae 183b. p. 43. 59. — 2) Isis von 1836. S. 78S — 87. — 3) Amtlicher Berit-ht über die 20. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Mainz 18 42. p. 227. 29 Loxodes bursaria Ehbg., welches Thier er richtiger als Paramaecium bursaria beslimmte, und bei einer Vaginicola (ohne Zweifel war es V. crystallina) die angeblichen grünen Eikörnchen Ehrenberg's zwischen dem Rande und dem Centrum des Körpers in einer bestündig rotirenden Strömung begriffen seien , sie stiegen auf der einen Seite herab und auf der andern wieder hinauf. Die Vaginicola nahm leicht Indigo auf, und nun beschrieben die sich bildenden blauen Kugeln genau dieselbe Bahn, wie die grünen Körner. Die Rotation der Farbstoffkugeln wurde später auch bei Paramaecium bursaria. aurelia und andern Magenthieren beobachtet und Focke schloss daraus mit Recht, dass diese Erscheinung mit der Annahme eines polygastrischen Darmkanales unverträglich sei. Ehrenberg konnte die Thatsache nicht läugnen und suchte nun seine Lehre durch Berufung auf die grosse Contractilität des sehr weichen gallertartigen Körpers vieler Infusorien zu verlheidigen l) , die beständige Verschiebungen der innern Theile in ihrer Lage gegen einander bewirke, mithin auch ein Auf- und Abwogen der mit dem Darmkanal zusammenhängen- den Magenblasen veranlassen könne. »Es ist ein Irrthum im Urlheil über das Gesehene grade in der Art, wie im Scheeren- und Zangenspiel der Kinder, wo die auf netzartig verbundene Scheerenarme gestellten Bäumchen oder Thiere beim Bewegen der Scheerenarme ihren Ort sehr zu verändern scheinen, ohne irgend aus ihrer wahren und festen Stellung weg zu kommen.« Dieser Vergleich passt jedoch ganz und gar nicht, denn die Farbstoffballen wogen nicht bald aufwärts, bald abwärts und regellos durch einander, sondern jeder bewegte Ballen durchläuft von dem Puncte aus, an dem er sich grade befindet, immer erst den ganzen Umfang des Körpers, bevor er wieder auf den- selben Punct zurückkehrt. Auch wird die Rotation der Ballen nicht entfernt durch die Contractilität des Körpers bedingt; denn diese ist grade bei Param. aurelia und bursaria ausserordentlich gering, und eine genaue Beobach- tung der Rotation ist ja überhaupt nur bei völlig stillstehenden Thieren möglich. Derselbe von der Rotation der Nahrungsstoffe bei Param. aurelia gegen die Polygasterie entlehnte Einwurf wurde von Rymer Jones I S38 in der Versammlung der britischen Naturforscher in Newcastle , an der Ehrenberg Theil nahm, wieder erhoben2). Letzterer entgegnete hierauf, dass grade P. aurelia eine für Beobachtungen über den Darmkanal weniger günstige Form sei. Allein sie gehört doch zu den wenigen, bei welchen der ganze Verlauf des Darmkanals mit den an ihm hängenden Magenblasen abgebildet wurde. Schliesslich stellte Ehrenberg, von der Gewalt der ihm entgegenstehenden Thatsachen gedrängt, die neue Hypothese auf, dass sich zuweilen der Darm- kanal der Infusorien auf Kosten der anhängenden Magensäcke so weit ausdehne, dass er die ganze Körperhöhle ausfülle und dann schienen die verschluckten Stoffe, welche Magensäcken sehr ähnlich sähen, im ganzen Körper zu circuliren. Die verschluckten Stoffe circuliren aber bei P. aurelia und bursaria unaufhörlich in derselben Rich- tung, was durch die neue Hypothese auch nicht entfernt erklärt wird. Rymer Jones bestritt daher auch fernerhin die Polygasterie der Infusorien mit denselben Gründen3), und sein Landsmann Edw. Forbes trat gleichfalls da- gegen auf4). In Deutschland fanden Dujardiris Anschauungen von der Organisation der Infusorien bereits I 839 an dem bekannten Pflanzenphysiologen J. Meyen einen entschiedenen Vertreter5). Er erklärte die Infusorien für blasenartige Thiere, deren Höhle mit einer schleimigen, etwas sulzigen Substanz erfüllt sei. Von der Mundöffnung aus erstrecke sich schräg in die innere Körpersubstanz hinein ein cylindrischer, hinten offener Speisekanal, dessen unterer Theil mit Wimpern ausgekleidet sei und sich bei eingenommener Nahrung allmählig bis zur Grösse der Kugeln aus- dehne, welche das Innere derselben Infusorien erfüllten. Meyen nennt diesen hintern Abschnitt des Speisekanals Magen; die Wimpern desselben sollen die eingedrungenen Stoffe schnell im Kreise umhertreiben, bis sie zu einer regelmässigen Kugel zusammengeballt sind. Diese Kugel werde zuletzt durch den fort und fort von den äussern Wimpern in den Speisekanal getriebenen Nahrungsstrom aus dem Magen in die Körpersubstanz hineingeschoben, I) Ehrenberg die Iiifusionslhiere S. "Hii. — "2) Annais of natural history 1838. Vol. II p. 121 und ein Auszug in Müllers Archiv 1839. S. 80 — 81. — 3) Annais of n. h. 1839. Vol. III p. 7 4 und Rymer Jones a general outline of the animal Kingdom 1841. p. 58. — 4) Annais of natural hislory 1840. Vol. V p. 364. — 5) Meyen Einige Bemerkungen über den Verdauungsapparat der Infusorien in Müllers Archiv 1839. S. 74 — 79. Slein, Organismus der Infusionshiere. ft 30 worauf sich sofort im Magen eine neue Kugel bilde; letzlere schiebe, wenn sie aus dem Magen trete, die ältere Kugel und den zwischen beiden gelegenen Schleim vor sich her und so würden nach und nach die altern Kugeln von den nachfolgenden immer weiter rückwärts und zuletzt auf der entgegengesetzten Seite nach vorwärts bewegt. Man sieht, dass diese Erklärung von der Entstehung der Ehrenbertf sehen Magenblasen nur eine unbedeutende Modifikation der Lehre Dujardin's ist, und dass Meyen bei seiner Schilderung nur Paramäcien und Vorticellen im Auge hatte. Die contractilen Blasen fasst Meyen genau wie Dujardin auf. Wahrend so die Hauptsäule des Ehrenberg' sehen Infusoriengebäudes zusammenbrach, drohte demselben von Seite der Botaniker eine neue Gefahr. Es wurden nämlich an den Sporen verschiedener Algen und an den in den Antheridien vieler höherer Cryptogamen entwickelten Spermatozoen , die man anfangs für Entophyten hielt, so täuschend waren ihre Bewegungen den thierischen ähnlich, Wimpern und geisselartige Bewegungsorgane entdeckt, die bisher als ausschliessliches Eigenthum der Thierwelt und als besonders für die Infusorien characteristische Organe gegolten hatten. Zuerst erkannte G. Thuret 1840 an den langen geschlängelten, wurmförmigen Spermato- zoen der Charen zwei lange dicht hinter dem vordem Ende eingefügte schwingende Geissein, die in allen Stücken genau mit den Geissein oder Rüsseln der monadenartigen Infusorien übereinstimmten1]. Alsdann machte Fr. Unger IS43 die schöne Entdeckung, dass sich in den angeschwollenen Endschläuchen der bekannten Süsswasseralge Vaucheria clavata der gesammle Inhalt zu einer grossen, ovalen, grünen Spore entwickelte, deren farblose durch- sichtige Membran auf der ganzen Oberfläche dicht mit zarten, lebhaft schwingenden Wimpern besetzt war. Die Spore durchbricht zuletzt das Ende des Schlauches, schwärmt lebhaft, anscheinend willkührlich, im Wasser umher und gleicht in diesem Zustande täuschend gewissen auf der ganzen Oberflache wimpernden Infusorien, z. B. einer grünen Holophrya. Nach etwa zwei Stunden verliert sie aber ihr Wimperkleid, fällt zu Boden und fängt an zu kei- men2). Noch in demselben Jahre bestätigte Thuret die Beobachtungen Unger's und schilderte zugleich die Schwärm- sporen verschiedener Conferven3). Einige derselben, die von Prolifera rivularis und Candollii. sind oval, grün und am vordem Ende mit einem farblosen warzenförmigen Vorsprung versehen, der einen Kranz von zarten langen Wimpern trägt; andere sind länglich eiförmig, grün und nach vorn in einen farblosen schnabelförmigen Fortsalz ausgezogen, der zwei oder vier Geissein trägt; ersteres ist bei Conferva rivularis und glomerata, letzteres bei Chae- tophora elegans der Fall. Die letzteren Formen der Schwärmsporen sehen manchen grünen monadenartigen Infuso- rien, z. B. den Gattungen Chlamydomonas, Microglena, Phacelomonas, zum Verwechseln ähnlich, ja die Schwärm- sporen von Chaelophora elegans besitzen sogar, wie einige Jahre später Fresenius3) nachwies, einen eben solchen rothen Augenfleck, wie viele grüne monadenartige Infusorien. Thuret entdeckte ferner 1 845 im Vereine mit Decaisne die Spermatozoen der Fucaceen, die sich ebenfalls mittelst zweier langer Geissein bewegen und im Innern des Kör- pers ein rothes, augenähnliches Granulum enthalten4). Die vielen , in den folgenden Jahren in derselben Richtung von den Botanikern gemachten Beobachtungen aufzuzählen, gehört nicht hierher. Die angeführten Thatsachen reichten allein schon hin, die Naturforscher auf den Gedanken zu fuhren, dass viele von Ehrenbergs grünen geisseltragenden Infusorien, namentlich die ganz starren Formen, nichts weiter sein möchten, als Schwärmsporen von Algen. Wollte man sie als Thiere festhalten, so war man in Verlegenheit, wodurch sie von den beweglichen Algenkeimen unterschieden werden sollten, denn es war an ihnen in derThat oft nicht mehr Organisationsdetail nachgewiesen, als an den letzteren. Jedenfalls war nun eine scharfe Begrenzung der Infusorienwelt ausserordentlich schwielig und unsicher geworden, und die Versuchung lag nahe, jede Grunze zwischen den niedersten Regionen des Thier- und Pflanzenreiches zu läugnen. Es lehrte denn auch Kützing bereits I844 die Umwandlung von wahren Infusorien (namentlich von Chlamydomonas pulvisculus) in s I j Annales des sc. oa-tur. Botanique. 1840. II Ser. Toni. XIV p. (17 und PI. 7. — 2) Fr. Unger Die Pflanze im Momente der Tliier- werdung. Wien IS43. ■ 3) Recherches sur les organes locomotems des spores des Algues. Annales d. sc. nat. ßolanique 1843. II Ser. Tome XIX p. 2G6 und PI. 10 und II. — 4) G. Fresenius Zur Coutroverse über die Verwandlung von Infusorien in Algen. Frank- furt a. .Main 1817. — -V Annales des sc. nat. Bolnnique II. Ser. 1845. Tome 111 p. t — 15 und Taf. I und II. 31 Algen1), und auch v. Flolow blieb in seiner Abhandlung über Haematococcus pluvialis'-') über die Grunzen zwischen Infusorien und Algen zweifelhaft. Von grossem Einfluss auf die weitere Entwicklung der Infusorienkunde war es, dass sich im Jahre 1845 einer der ersten deutschen Zoologen, C. Th. v. Siebold, mit der grössten Entschiedenheit den neuern, gegen Ehren- berg''s Darstellung der Infusorienwelt gerichteten Bewegungen anschloss. Er resümirte in seinem »Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Thiere « S. 7 — 25 nicht blos den damaligen Standpunct der Forschungen in höchst klarer und präciser Weise, sondern er theilte auch mehrere werthvolle neue Thatsachen mit. die von einem eingehenden Studium der Infusionsthiere und der mit ihnen zusammengeworfenen Organismen zeugten. ■v. Siebold erklärte sich in allen wesentlichen Puncten für Dujardin's Auffassung der Ernährungsweise der Infusorien, er hob aber bestimmter das Vorkommen einer wirklichen Speiseröhre und die sehr allgemeine Verbreitung eines Afters bei den mit einem Mund versehenen Formen hervor. In der contractilen Blase und den öfters mit ihr in Ver- bindung stehenden strahlenförmigen Ausläufern erkennt er die erste Anlage eines Circulationssystemes ; während der Diastole des contractilen Hohlraumes werde derselbe mit einer aus dem umgebenden Parenchym hervorquel- lenden Ernährungsflüssigkeit gefüllt, welche bei der Systole wieder in das Parenchym zurücktrete. Nerven, Muskeln und Sinnesorgane werden den Infusorien eben so entschieden , wie von Dujardin , abgesprochen ; nur allein der dunkle Streifen im Stiel gewisser Vorlicellinen wird für einen Längsmuskel erklärt. Der höchst schwachen , nur auf der Analogie mit den Räderthieren beruhenden Lehre von dem doppelten Geschlechte der Infusionsthiere entzog v. Siebold auch noch die einzige Stutze, auf der sie beruhte, indem er den wichtigen Nachweis führte3), dass auch das angebliche männliche Geschlechlssystem der Räderthiere eine ganz andere Function, als die von männlichen Geschlechtsorganen erfülle, v. Siebold erkannte nämlich, dass sich in den beiden mit der contractilen Blase im Zusammenhang stehenden strangförmigen Organen, den vermeintlichen Samen- drusen Ehrenberg's, ein gefässartiger starrer Kanal entlang winde, der durch die kurzen, ein schwingendes Wimper- läppchen enthaltenden Seitenäste, welche Ehrenberg für selbstständige, den Hoden blos äusserlich angeheftete Kie- men gehalten hatte, frei in die Leibeshöhle ausmünde. Hiernach konnten die fraglichen Organe nur die Bedeutung eines Wassergefässsystemes haben, welches durch die kurzen Seitenäsle Wasser aus der Leibeshöhle in die beiden Längsstämme und aus diesen in die contractile Blase führt, durch deren Contractionen es dann nach aussen gepumpt wird. Dem Wassergefässsystem legte v. Siebold eine respiratorische Function bei , indem er mit Ehrenberg annahm, dass durch die Nackenröhre der Räderthiere das zur Respiration dienende Wasser in die Leibeshöhle gelange. Wie richtig v. Siebold diese Verhältnisse aufgefasst hatte, lehrten die spätem vortrefflichen Untersuchungen über den Bau der Räderthiere von Fr. Leydig'') und über die Fortpflanzung dieser Thiere von F.Cohn5). Nur der Eintritt des Wassers durch die Nackenröhre bestätigte sich nicht, da diese als völlig geschlossen erkannt wurde und als ein fühlerartiges Organ aufgefasst werden musste. Hiermit wurde auch die respiratorische Function des Wassergefäss- systems wieder zweifelhaft und viel wahrscheinlicher, dass dasselbe nur die Bedeutung eines Secretionsorganes habe, welches das aus dem Darmkanal in die Leibeshöhle übertretende und für die Ernährung überflüssige Wasser und vielleicht auch andere aus dem Organismus auszuscheidende gelöste Stoffe nach aussen befördere. Dass das Wassergefässsystem auch nicht entfernt zu der männlichen Geschlechtsfunction in Beziehung stehen könne, das wurde auf das Evidenteste durch die epochemachende Entdeckung der männlichen Räderthiere durch Brightwell und Dalrymple in den Jahren 1818 und 49 dargethan6;, welche Leydig und Coli» in den eben erwähnten Abhand- lungen bestätigten und erweiterten. Nachdem sich die angeblichen männlichen Geschlechtsorgane der Räderthiere als ein Wassergefässsystem I) Kützing Ueber die Verwandlung der Infusorien in niedere Algenformen. Nordhausen 1844. — 2} Nova acta Acad. Cae. Leop. Car. Vol. XX. P. It. p. IS. — 3) A. a. Ü. S. 181. — 4) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie 18.V1. Bund VI. S. 1 — 120. — 5) Ebendaselbst 1836. Band VII. S. 43 1—86. — 6) Annais of nat. bist. 1848. Vol. II p. 153 und 18 19 Vol. III p. 5 1 8 und besonders Philosoph. Transact. 1849. II. p 331. b* 32 ergeben halten, konnte fortan gar nicht mehr davon die Rede sein, die contractile Blase und die sogenannte Samen- drüse der Magenthiere, zwischen welchen nie ein Zusammenhang nachgewiesen worden war, als ein männliches Geschlechtssystem zu bezeichnen. Welche Function v. Siebold der contractilen Blase beilegte, ist bereits erwähnt worden; die Bedeutung der Samendrüse liess er unbestimmt, vermuthete aber, dass sie zur Forlpflanzung der Infusorien in Beziehung stehe, nur sei sie kein Samen bereitendes Organ, eigentliche Geschlechtsorgane fehlten überhaupt den Infusorien gänzlich. Was Ehrenberg für Eier gehalten habe, seien nichts weiter als Parenchym- oder Pigmentkörner oder zerfallene Nahrungsstoffe gewresen. Die Samendrüse musste natürlich nun eine andere unbe- stimmtere Bezeichnung erhalten, v. Siebold wählte den Namen Kern (Nucleus), der bis auf die Gegenwart fast allge- mein im Gebrauch geblieben ist. Dieser Name würde schwerlich Ansloss erregt haben, hätte nicht v. Siebold den Nucleus der Infusorien mit einem Zellenkern , dem er freilich oft täuschend ähnlich sieht , und den Infusorienkörper mit einer Zelle verglichen und behauptet, dass die Infusorien sowohl , als auch die Hhizopoden in ihrer Zusammen- setzung einer einfachen Zelle gleichkämen und mithin als einzellige Thiere zu bezeichnen seien. Von den Infusorien werden nicht blos die Bacillarien und Closlerinen als vegetabilische Organismen aus- geschlossen, sondern auch die ganze Gruppe der Volvocinen wird dem Pflanzenreiche überwiesen, und auch unter den übrigen Anenteren Ehrenberg's sollen noch viele, nicht näher bezeichnete pflanzliche Formen enthalten sein. v. Siebold verlangt selbst von den einfachsten thierischen Organismen, dass sie die Fähigkeit besitzen, ihre äussern Umrisse durch willkührliche Contraction und Expansion des Körperparenchyms zu verändern. Weil dies die Vol- vocinen nicht vermögen, und weil sie auch in ihrer ganzen übrigen Organisation gewissen Schwärmsporen der Algen zum Verwechseln ähnlich sind, werden sie ehen für vegetabilische Organismen erklärt1). Aus den Amöhäen, Arcellinen und Polythalamien bildet v. Siebold mit Recht wieder eine selbständige Thierklasse , die der Rhizopo- den, welche mit der Klasse der Infusorien zu einem eigenen Organisationsplane des Thierreiches , dem der Pro- tozoen, vereinigt wird. Die Protozoen bilden den untersten Kreis des Thierreiches, sie werden als »Thiere characterisirt , in welchen die verschiedenen Systeme der Organe nicht scharf ausgeschieden sind, und deren unregelmässige Form und einfache Organisation sich auf eine Zelle redlichen lassen.« Die beiden Klassen der Pro- tozoen werden lediglich nach den Bewegungsorganen unterschieden, bei den Infusorien »bestehen sie hauptsächlich aus Flimmerorganen«. bei den Rhizopoden »aus verästelten, stets veränderlichen und gänzlich zurückziehbaren Fortsätzen.« Die Infusorien theilt v. Siebold nicht glücklich in zwei Ordnungen, in die Mundlosen (Asloma), wohin die geisseltragenden Formen und die auf der ganzen Oberfläche wimpernden Opalinen gerechnet werden, und in die mit einer Mundöffnung und Speiseröhre versehenen Formen (Stomatoda), die alle übrigen bewimperten Infu- sorien umfassen. Gegen v. Siebold's Darstellung der Infusorien- und Räderthierorganisation traten zwar sofort zwei eifrige Schüler Ehrenberg's , 0. Schmidt2) und C. Eckhard3) in die Schranken, allein da sie fast nur Ehrenberg's Angaben wiederholten, ohne irgend erhebliche und unzweideutig für denselben sprechende neue Thatsachen anzuführen, so blieb ihre Vertheidigung völlig erfolglos und unbeachtet, Von Werth war in Eckhards Aufsatz die Mittheilung einiger, wenn auch unvollständiger Beobachtungen über das Auftreten von grossen Keimkugeln im Leibe von Stentor coeruleus und polymorphus, deren Entwickelung zu lebendigen, dem Mutterthier unähnlichen Jimgen ver- folgt wurde4). Die verschiedenen, durch Ehrenberg's grosses Infusorienvverk angeregten und überhaupt erst möglich gewor- denen Bearbeitungen localer Infusorienfaunen Messen die Controverse über die Organisation dieser Thiere meist I) In einer spätem ausführlichen Abhandlung; »Ueber einzellige Pflanzen unil Thiere« in der Zeilschrift für vvissensch. Zoologie 1849. Band I. S. 270 — 94 hat v. Siebold, anknüpfend an die Schrift von Naegeli, »Galtungen einzelliger Algen. Zürich 1849« seine An- sichten über die Stellung der Bacillarien, Closlerinen und Volvocinen zu den Algen weiter zu begründen versucht. — 2) »Versuch einer Darstellung der Organisation der Hüderthiere mit Bezug auf die neuesten gegen die Elirenberg'scUen Ansichten gerichteten Angriffe.« Wieg- mann''s Archiv 1846. S. 07 — 81. — 3) »Die OrganisationsverhHItnisse der polygastrischen Infusorien etc.« Ebendaselbst S. 209 — 35. — 4) A. a. 0. S. 227 — 29. 33 ganz unberührt und folgten in allen Stücken unbedingt Ehrenberg; sie behandelten deshalb auch immer gleichzeitig die Rhizopoden. Bacillarien, Closterinen und Räderlhiere. Von Riess1) und Schmarda2) wurde die Wiener Infuso- rienfauna bearbeitet, letzterer berücksichtigte zugleich auch die nördlichen Küsten des adriatischen Meeres und stellte einige neue Formen auf3). Eichwald behandelte die Infusorienfauna Russlands4); nach seinen Abbildungen zu urtheilen, können jedoch seine Bestimmungen als nicht sehr zuverlässig gellen. Weit gründlicher und manche neue Thatsachen enthaltend sind die seil 1841 von F. Weisse über die St. Petersburger Infusorien veröffentlichten Arbeiten5). Von besonderem Interesse ist die von ihm entdeckte Fortpflanzungsweise des Chlorogonium euchlo- ruiu , die darin besteht, dass der gesammle Leibesinhalt des Thieres durch fortgesetzte, jedoch ziemlich unregel- mässig erfolgende Theilung in einen traubigen Haufen von beweglichen Keimkörnern zerfallt, die dann plötzlich nach aussen hervorbrechen; vom Mutterlhier bleibt nichts weiter als die leere, abgestorbene Körperhülle zurück6). Umgekehrt schloss sich der sorgfältig beobachtende Focke seit 1847 wieder innig an Ehrenben/ an, obgleich er noch eben so entschieden, wie früher, die Darmmagentheorie verwarf7). Er erklärte Ehrenberg's Begränzung und Eintheilung der Magenlhiere für wohlbegründet und naturgemäss, wenn sie auch in einzelnen Punclen der Berich- tigung bedürftig sei. Die einfachsten Formen, deren thierische Natur man in Zweifel gezogen habe, eigneten sich nicht zu physiologischen Studien , sondern man könne sie nur durch die grösseren und vollkommneren verstehen lernen. Die natürliche Verwandtschaft der meisten Familien sei so einleuchtend, dass es genüge, nur bei wenigen Arten die Organisation mit Sicherheit erkannt zu haben. Focke hat sich bisher mit den ersten 10 Familien der Ehrenberg' sehen Anentera beschäftigt, die monographischen Darstellungen, welche er von den Closterinen und den Bacillarinen (Euastrum und Navicula) geliefert hat, enthalten jedoch meiner Ansicht nach kein einziges Moment, aus dem auch nur mit Wahrscheinlichkeit auf die thierische Natur dieser Organismen geschlossen werden könnte. Das von Ehrenberg behauptete schneckenfussartige Bewegungsorgan konnte nicht aufgefunden werden, und die Wimpern, welche Focke an der innern Oberfläche der Closterinen gesehen haben wollte, sind von Niemand bestätigt worden. Was über die unzweifelhaft lliierischen Anentera mitgetheilt wird, ist Alles mit Dujardins und v. SiebolcFs Ansichten von der Organisation der Infusorien wohl vereinbar, für welche sich 1849 noch v. Frantzius , auf Unter- suchungen von Ophrydium versalile und Paramaecium aurelia gestützt, mit voller Entschiedenheit aussprach8), Dagegen wurden von 0. Schmidt einige sehr beachtenswerthe feinere Structurverhältnisse der Infusorien zur Sprache gebracht, die offenbar gegen die Deutung der Infusorien als einzellige Organismen sprachen und auf eine nähere Verwandtschaft derselben mit den Turbellarien hinwiesen9). Schmidt, zeigte nämlich, dass bei Para- maecium aurelia und der nahe verwandten Bursaria leucas Ehbg. genau eben solche stabfürmige Körperchen in der äusseren Körperbedeckung enthalten seien, wie in der Hautschicht der Turbellarien, die äussere Körperschicht der Infusorien könne daher unmöglich mit einer Zellenmembran verglichen werden. Ferner entdeckte Schmidt. dass die contraclile Blase von Bursaria leucas mit einer constanten Oeffnung nach aussen münde, und er schloss daraus, dass durch diese Wasser zur Unterhaltung des Respirationsprozesses ein- und ausgepumpt werde, und dass die contraclile Blase mit ihren strahlenförmigen Ausläufern durchaus dem Wasscrgefässsysteme der Turbellarien entspreche. Endlich bestätigle Schmidt die Beobachtung Eckhards hinsichtlich der Entwicklung lebendiger Jungen bei Stentor coeruleus. I) F. Iticss Beiträge zur Fauna der Infusorien mit dem beigefügten Ehrenberg' sehen Systeme. Wien 1840. — 2) L. Schmarda Kleine Beiträge zur Naturgeschichte der Infusorien. Mit ■> Tafeln Abbildungen. Wien 1 8 i 6 . — 3) Vergl. auch dessen Abhandlung über neue Infusorienfonnen in den Denkschr. der Wiener Acad. I. 1SÖ0. p. 9. — 4) Eichwald Beitrag zur Infusorienkunde Russlands. Bullelindes Natural, de Moscou 1844. T. XVII. Erster Nachtrag hierzu Bulletin (847. T. XX mit 2 Tafeln. Zweiter Nachtrag Bull. 1840. T. XXI mit 1 Tafel. Dritter Nachtrag Bull. 1S32 mit 2 Tafeln. Diese Abhandlungen erschienen auch als besondere Schriften. — 5) Bulletin de l'Acad. de St. Petersbourg Tome III. No. 2. 20. 21. 22. Tome IV. No. 8. 9. TomeV. No.3.15. Tome VI. No.7. 20. 23. Tome Vit. 20. Tome VIII. 18. Tome XI. S. Vergl. ferner Melanges biologiques de l'Acad. de Sl. Petersbourg. T. II. p. 32 u. 134. — 0) Bulletin de l'Acad. de St. Petersbourg. Tome. VI No. 2 0 und Wiegmann's Archh 18 4 S . I. S. 03 — 71. 7) W. Focke Physiologische Studien. Erstes Heft. Bremen 1847. Zweites Heft 1834. — 8) A. de Frantzius Analecta ad Ophrydii versatilis historiam naturalem. Vratislaviae 1849. - 9) Frorirj/s Notizen für Natur- und Heilkunde. Drille Reihe. Band IX. 1849. S. 5 — 0. S i u i i) . Organismus der lufusiouslliityc. {) 34 In manchen Beziehungen hinter der Zeit zurück blieb eine spätere umfangreiche Schrift von M. Perty: »Zur Kenntniss kleinster Lebensformen, nach Bau, Functionen, Systematik, mit Specialverzeichniss der in der Schweiz beobachteten. Mit 17 Tafeln. Bern 1852.« Sie steht ganz auf dem Standpuncte des Dujardin'schen Hand- buches, ja die Darstellung mancher Formen versetzt uns in die Zeiten 0. Müller's zurück. Perty hat offenbar der Infusorienwelt viel Fleiss zugewendet und sehr viele Formen, darunter gar manche neue, beobachtet, aber die mei- sten sind nicht intensiv genug untersucht, und bei sehr vielen sind nicht einmal die notwendigsten Bestimmungs- elemente ermittelt. Nucleus, contractile Stelle, Schlund und Lage des Afters werden fast nie erwähnt, ja Perly spricht geradezu den meisten Infusorien den Nucleus ab1). Ebenso unzureichend sind die Angaben über die Art der Bewimperung und über die Beschaffenheit des Mundes, dessen Lage nicht selten sogar bei ganz grossen Formen unbestimmt gelassen wird. Bei einer so oberflächlichen Betrachtung der mikroscopischen Lebensformen ist es begreiflich, dass Perly die spontane Erzeugung derselben wieder vertheidigt, dass er ferner die verschiedenartigsten rundlichen Gebilde im Innern des Körpers, z. B. Fettkörner, Oeltropfen und die kugligen Zersetzungsproducte der aufgenommenen Nahrungsstoffe, für sporenartige Keime, welche Blastien genannt werden2 , erklärt, und dass er jede scharfe Gränzbestimmung zwischen den niedrigsten thierischen und vegetabilischen Organismen läugnet. Perly setzt aus den bewimperten und geisseltragenden Infusorien Dujardiris und aus den Vibrionien und Acinetinen Ehrcnbercjs seine Klasse der Infusorien zusammen, vereinigt damit aber wunderlicher Weise aueb sämmtliche Schwärmsporen der Algen, ungeachtet er weiss, dass diese sich zu Algen entwickeln. Er gesteht selbst, dass die so begränzte Klasse allerdings eigenthümlicher Art sei und sich nicht mit einer andern Klasse des Thier- oder Pflanzenreichs parallelisiren lasse, sie werde aber doch durch einige gemeinschaftliche Merkmale (»alle bestehen aus zarter protoplasmatischer Substanz, ermangeln differenzirter organischer Systeme, können sich durch Theilung fortpflanzen und allen ist Spiralbewegung eigen«; gerechtfertigt; wolle man diese Klasse nicht annehmen, so bleibe nichts weiter übrig, als alle geisseltragende Formen dem Pflanzenreiche zu überweisen3). Perty (heilt seine Infusorienklasse in zwei Ordnungen , in die Giliata , deren Körper an allen oder einigen Stellen mit »Bewegungswimpern« bekleidet ist und die meist einen Mund besitzen, und in die Phytozoidia, welche mundlos und nie bewimpert sind, aber sehr häufig schwingende Fäden tragen und von denen viele in ihrem Lebenscvclus bald dem Thier- bald dem Pflanzenreiche angehören und zwischen beiden oscilliien4. Aus den Cilialen werden zwei Sectionen gebildet; die erste umfasst die Formen mit schwingenden Wimpern, also sämmt- liche bewimperte Infusorien Dujardin's; die zweite besteht allein aus den Acinetinen Ehrenberg's, deren Tentakeln fälschlich als nicht schwingende, wenig contractile Wimpern bezeichnet werden. Die Phytozoiden zerfallen in drei Sectionen, in die Filigera, welche den geisseltragenden Infusorien Dujardin's entsprechen, in die Sporozoidia, welche meist durch Fäden, selten durch Wimpern sich bewegend in entschiedene Algenbildungen auswachsen , also doch nichts weiter als Schwärmsporen von Algen sind, und in die Lampozoidia oder Vibrioniden , welche keine Spuren äusserer oder innerer Organe erkennen lassen. Die Infusionslhiere und Rhizopoden zusammen bezeichnet Perty mit dem Namen Archezoa, der jedenfalls der altem Benennung Protozoen weichen muss. Die von Perty aufgestellten neuen Gattungen und Arten sind zwar zum Theil wohlberechligl, und machen das Hauptverdienst seiner Schrift aus, die ausserdem auch noch die Kenntniss der geographischen Verbreitung der Infusorien fördert, sie bedürfen jedoch fast sämmtlich einer weit sorgfältigem Begründung und müssen viel schärfere Charactere erhalten. Fassen wir die neuem bis zum Jahre 1849 reichenden Infusorienforschungen zusammen, so müssen wir ihnen das Verdienst zugestehen , den polygastrischen Ernährungsapparat und das doppelte Geschlechtssystem, welches Ehrenberg seinen Magenlhieren zuschrieb, gänzlich beseitigt zu haben. Auch wurde die Klasse der Infu- I A. ,i. a. 0. S. 53. — 2) S. (JG. — 3) S. .)3G. — 4: S. 22. 35 sionslhiere von vielen fremdartigen Organismen gereinigt, und in immer naturgernassere Glänzen eingeschlossen, nur nach dem Pflanzenreiche hin blieb ihre Begränzung noch mehrfach unklar, namentlich bot die Stellung der Vol- vocinen fortgesetzt erhebliche Schwierigkeiten dar. Die Bedeutung des Nucleus dagegen, dessen sehr allgemeine Verbreitung bei den Infusorien bereits sicher constatirt war, hatte sich auch nicht, entfernt ergründen lassen, und hinsichtlich der contractilen Blase blieb man zweifelhaft, ob dieselbe zu den Circulations- oder zu den Respirations- organen zu rechnen sei. In tiefes Dunkel gehüllt blieb der erste Ursprung der Infusionsthiere ; man wusste nur mit Sicherheit, dass sich die meisten sehr leicht durch Theilung, eine beschrankte Anzahl auch durch Knospenbildung vermehrten, und vermochte also wohl zu begreifen, wie eine Flüssigkeil in kurzer Zeit von einer Unzahl von Indi- viduen bevölkert werden konnte, wenn nur ein einziges Individuum zu derselben Zugang gefunden hatte, woher aber dieses stammte, und wie Infusorien in abgekochten Flüssigkeiten und in der ersten besten durch atmosphä- rische Niederschlüge gebildeten Lache erscheinen konnten, das war noch immer höchst räthsclhaft. Zur Lösung dieser Probleme haben in den nächstfolgenden Jahren die Arbeiten von F. Colin und meine eige- nen Forschungen unstreitig am meisten beigetragen, und wir dürfen, ohne unbescheiden zu sein, wohl das Verdienst für uns in Anspruch nehmen, neue Bahnen gebrochen und die ausserordentlich erfolgreiche Thäligkeit. welche gegenwärtig auf dem Gebiete der Infusorienkunde herrscht, vorzugsweise angeregt zu haben. Colin verfolgte als Botaniker mit besonderer Vorliebe die zwischen dem Thier- und Pflanzenreich streitigen mikroscopischen Lebens- formen, insbesondere die Naturgeschichte der Volvocinen. Zuerst nahm er die Untersuchungen v. Flotow's über den Chlamydococcus pluvialis A. Braun (Haematococcus pl. Flotow, Protococcus pl. Kützing), wieder auf und lieferte 1850 darüber eine umfassende Monographie1). Colin zeigte, dass dieses Geschöpf zu den Volvocinen gehöre und der Gattung Chlamydomonas Eltbg. so nahe verwandt sei, dass es kaum von derselben generisch getrennt werden könne. Der Chiana dococcus besteht aus einer farblosen, durchsichtigen, dünnhäutigen kugligen Hülle, welche zunächst eine wässerige Flüssigkeit und im Gentrum einen rundlichen bald grün , bald scharlachrot!] gefärbten Körper umschliesst, der sich nach vorn in eine farblose Spitze auszieht, die zwei lange, die Hülle durchbohrende geisseiförmige Wimpern trägt. Mittelst der beiden Geissein bewegt sich der Chlamydococcus genau in derselben Weise wie die Schwärmsporen der Algen, aber auch ebenso wie unzweifelhafte geisseltragende Infusionsthiere. Colin vermochte zwischen den Bewegungen der letzteren und denen der Schwärmsporen bei der sorgfältigsten ver- gleichenden Beobachtung auch nicht den leisesten Unterschied wahrzunehmen, eben sowenig zwischen den Geis- sen einer Euglena, die er wegen der hohen Energie ihrer Contractililät durchaus als Thiere anerkennt, und denen der Schwärmsporen. Der Chlamydococcus hat ein bewegliches und ein ruhendes Lebensstadium, in beiden vermag er sich durch Theilung zu vermehren, In dem beweglichen Stadium zerfällt der in der Hülle eingeschlossene Körper gewöhnlich zuerst in zwei, dann in vier Portionen, eine jede bekommt später an dem einen zugespitzten Ende zwei neue Geissein, sie durchbricht nun die Mutlerhülle und sondert, nachdem sie frei geworden ist, eine neue, erst innig anliegende, dann durch Wasseraufnahme aufschwellende Hülle ab. Die neue Generation verhält sich nun wie die frühere. Zu gewissen Zeiten aber zieht sich der Chlamydococcuskürper in seiner Hülle kuglig zusammen und um- giebt sich innerhalb derselben allmählich mit einer neuen, weit derbem geschlossenen Hülle, die ihn auch bei gänz- lichem Wassermangel vor dem Absterben schützt; die ursprüngliche Hülle lost sich allmählich auf. Dies ist der ruhende Zustand; während desselben kann die Chlamydococcuskugel durch fortgesetzte Theilung in 2, i oder 8 Segmente zerfallen und diese vermögen ebenfalls, wenn die günstigen Lebensbedingungen vorhanden sind, die derbe Hülle zu sprengen und sich wieder zu der beweglichen Form zu entwickeln, indem sie zwei Geissein ent- wickeln und um sich eine neue Hülle ausscheiden. Bisweilen erfolgt die Theilung des ruhenden Chlamydococcus- körpers in einer höhern Potenz \on 2, so dass 16 — öi Segmente entstehen. Die aus denselben hervorgehenden beweglichen Formen sind ebenfalls mit zwei Geissein versehen, scheiden aber nie eine Hülle aus; sie wurden von I) Cohn s Nachtrüge zur Naturgeschichte des Protococcus pluvialis Kützing. « Nova Acta Acad. Caes. Lcop. Carol. Nat. Cur. (850. Vol. XXII. P. II. p. 607—764. 9* 36 Colin später als Microgonidien bezeichnet, wahrend die eine Hülle absondernden Formen Macrogonidien genannt wurden. Dies sind die Grundzüge aus der Naturgeschichte des Chlamydococcus, wie sie Colin ermittelte; er machte ausserdem die interessante Entdeckung, dass die Hülle des Chlamydococcus nach der Einwirkung von Jod und Schwefelsaure blau gefärbt wurde, mithin aus Holzfaser oder Cellulose bestehen musste. Vorzüglich dieser Um- stand . und dann die Erwägung, dass alle Eigenschaften , welche der Chlamydococcus mit wahren geisseltragenden Infusionsthieren, z. B. den Euglenen. gemein hat, sich auch bei den Schwärmsporen der Algen finden, bestimmte Colin, in dem Chlamydococcus einen entschiedenen vegetabilischen Organismus und zwar eine einzellige Alge zu erkennen. Die Analogie mit der vegetabilischen Zelle lag um so näher, als erst unlängst bei den Pflanzenphysiologen die Lehre in Aufnahme gekommen war, dass die innere, stickstoffhaltige Auskleidung der Zelle, der sogenannte Primordialschlaueh , den ursprünglichen und wesentlichsten Theil derselben, die aus Cellulose gebildete Membran aber nur ein Absonderungsproduct des Primordialschlauches darstelle. Demgemäss bezeichnete Colin die Hülle des Chlamydococcus als Hüllzelle, den eingeschlossenen Körper als Primordialzelle, und ersah in dem ruhenden Zu- stand das eigentliche vegetative, in dem beweglichen das den Schwärmsporen der Algen analoge Lebensstadium. Die Entdeckung einer neuen Volvocinenform, der Stephanosphaera pluvialis, gab Colin I 832 zu einer zweiten interessanten Monographie Veranlassung1), in der nun sämmlliche Volvocinen mit voller Entschiedenheit zu Algen degradirt werden. Die Stephanosphaera schliesst sich ebenso innig an Chlamydococcus, wie an Pandorina. Gonium und Volvox an; sie besteht aus einer kugligen, ebenfalls von Cellulose gebildeten und eine wässerige Flüssigkeit umschliessenden Hülle, an deren innerer Oberfläche in einem grösslen Kreise acht einzelne grüne Individuen (die Primordialzellen Cohris) sitzen, deren jedes zwei, die gemeinsame Hülle durchbohrende, lebhaft schwingende Geis- sein aussendet. Durch eine sich dreimal wiederholende Theilung kann jedes der acht Individuen , nachdem sie sich zuvor ansehnlich vergrössert haben, in acht neue Individuen zerfallen, die ihre besondern Geissein entwickeln und eine besondere sie gemeinsam umschliessende Hülle absondern. Die mütterliche Kugel enthält alsdann acht lebhaft in ihr sich umhcrtummelnde und zuletzt nach aussen hervorbrechende Töchlerkugeln, deren jede wieder aus acht Individuen besteht. Bisweilen zerfallen die acht Individuen einer Kugel durch sich oftmals nach einander wieder- holende Theilungsacte in eine grosse Anzahl kleiner spindelförmiger Körperchen, die keine Hülle ausscheiden, sondern sich gänzlich von einander trennen, an dem einen Ende vier Geissein bekommen und nun in der Matterhülle nach allen Richtungen hin durch einander wogen. Zulelzt brechen sie aus derselben vor und zerstreuen sich im Wasser; ihr weiteres Schicksal blieb unerforscht. Colin sieht in diesen beiden Entwickelungsweisen ganz analoge Verhäll- nisse wie bei ächten Algen , z. B. bei Hydrodyction , und bezeichnet deshalb die zulelzt erwähnten spindelförmigen Körperchen als Microgonidien , die in einer Mutterkugel entwickelten Tochterkugeln aber als Macrogonidien. Wie ihm früher Chlamydococcus und Chlamydomonas als einzellige Algen im strengsten Sinne des Worts erschienen waren, so stellen sich ihm nun Stephanosphaera und die übrigen Volvocinen als Zellenfamilien dar. In einer dritten Abhandlung2) gab Colin 1854 eine sehr sorgfältige Schilderung von einer dritten Volvocinen- form, dem Gonium pectorale. Er zeigte, dass auch hier wesentlich derselbe Bau vorhanden sei und eine eben solche Macrogonidienbildung statt finde, wie bei Stephanosphaera. Die einzelnen Individuen, welche bei Gonium pectorale in einer tafelförmigen Hülle stecken, zeigten aber ein höchst auffallendes schon von Ehrenberg gekanntes Organisa- tionsverhältniss. welches gerechtes Misstrauen gegen die Deutung der Volvocinen als Algen hervorrufen musste. Im vordem Ende nahe hinter dem Ursprung der beiden Geissein fanden sich nämlich conslant bei jedem Individuum Primordialzelle) zwei bis drei wasserhelle Vacuolen. die in kurzen Intervallen abwechselnd verschwanden und dann wieder erschienen, die ganz den Eindruck eines Hohlraums machlen, der sich mit Weisser füllt und es nach einiger I) »Ueber eine neue Gattung aus der Familie der Volvocinen.« Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Band IV. S. 77 — I 16. - Untersuchungen über die Entwickelungsgeschichte der mikroscopischen Algen und Pilze. « Nova Act. Acad. Caes. Leopol. 185». Vol XXIII. P;,rs f. p. 163—209. r 37 Zeit wieder austreibt und die in allen Beziehungen mit den contraclilen Hohlräumen der achten Infusionsthiere voll- kommen Übereinstimmten1). Dieselben contraclilen Hohlräume hatte Ehrenberg auch bei Volvox erkannt, und Colin beobachtete sie ferner noch bei Chlamydomonas. Das plötzliche Verschwinden der Hohlräume setzt offenbar ein sehr energisches Contractionsvermogen in der die Hohlräume umgebenden Substanz voraus, ein solches konnte man aber doch unmöglich dem Inhalte einer blossen Pflanzenzelle zuschreiben. An keiner wirklichen Schwärmspore Hess sich etwas Aehnliches beobachten. Colin fühlte zwar das ungeheure Gewicht dieser Thatsache, dennoch beharrte er schliesslich bei der Ansicht, dass die Volvocinen Algen seien. Co/in's fortgesetzte Studien über die Volvocinen führten endlich 1856 zu der wichtigen Entdeckung einer geschlechtlichen Fortpflanzung bei dem am längsten bekannten Repräsentanten der ganzen Familie, dem Volvox globator2). Von mir war bereits 1854 nachgewiesen worden3), was Colin aber ganz mit Stillschweigen übergeht, dass bei V. globator ausser der gewöhnlichen, schon von Ehrenberg im Wesentlichen richtig dargestellten Vermeh- rungsweise durch acht im Innern des Mutterstockes entstehende Töchterstöcke (Macrogonidien Colin s) noch eine andere Entwickelungsweise auftrete, die darin besteht, dass von den vielen Individuen, welche einen Stock zusam- mensetzen, einige 30 — 50 im ganzen Umfange der Kugel zerstreut liegende sich zu gewissen Zeiten zu vergrössern anfangen und nach und nach zu ziemlich umfänglichen, ganz gleichartig bleibenden grünen Kugeln auswachsen. Ich zeigte ferner, dass die Kugeln, wenn sie ihre definitive Grösse erreicht haben, in ihrem ganzen Umfange eine sie umhüllende Gallertschicht ausscheiden, die sich immer mehr verdickt und zuletzt die Form einer zierlichen, ganz starren, sternförmigen Kapsel annimmt. Volvoxstöcke mit solchen sternförmigen Kapseln waren von Ehrenberg für eine eigene Art (Volvox slellatus) gehalten worden, während er die Zwischenstufe mit blos vergrösserten, noch nicht von einer sternförmigen Hülle umschlossenen Individuen als Sphaerosira volvox beschrieb. Das Verdienst von Co/m besieht nun darin, dass von ihm entdeckt wurde, dass keineswegs alle jene 30 — 30 Individuen, welche sich zu Zeiten in einem Volvoxstöcke zu vergrössern anfangen, die eben geschilderte Entwickelung durchmachen , sondern eine kleinere oder grössere Anzahl derselben zerfällt nach und nach durch forlgesetzte Theilung in eine unbestimmte Anzahl von Segmenten, die in einer Ebene tafelförmig an einander gereiht liegen. Die aus der letzten Theilung hervorgegangenen Segmente bilden sich in gelbe spindelförmige Stäbchen um, welche nach vorn in einen zarten, farblosen, gekrümmten Schnabel von der Länge des Stäbchens auslaufen. Der Schnabel trägt an seiner Basis zwei lange, lebhaft schwingende Wimpern und zeichnet sich durch ein ausserordent- liches Contractionsvermogen aus ; er kann sich verlängern und verkürzen, drehen und zusammen winden. Diese höchst beweglichen Stäbchen sind die Spermatozoon und die Individuen, aus denen sie hervorgingen, die Männchen des Vol- voxstockes. Die übrigen Individuen des Stockes, welche sich vergrösserten, ohne sich zu theilen, müssen als Weibchen gedeutet werden. Sie haben zu der Zeit, wenn die Spermatozoon vollständig entwickelt sind und sich nun in dem innern mit Wasser erfüllten Räume der Volvoxhülle zerstreuen, ihre definitive Grösse erreicht und erscheinen als kurz- gestielte, an der innern Oberfläche der Volvoxhülle aufgehängte Kugeln In diese Kugeln dringen die Spermatozoen ein und bewirken die Befruchtung, deren nächstes Resultat ist, dass nun erst die Bildung der oben erwähnten stern- förmigen Hülle erfolgt. Wenn diese vollendet ist, stirbt der Volvoxstock ab, und die sternförmigen Kapseln, die Colin als Sporen bezeichnet, fallen auf den Boden der Gewässer. Was weiter aus ihnen wird, ist noch unbekannt. Ohne Zweifel ist die geschlechtliche Fortpflanzung des Volvox globator den in neuester Zeit bei verschie- denen Algen, namentlich bei Vaucheria, Oedogonium, Bulbochaele und Sphaeroplea durch Pringsheim*) und Colin0) entdeckten geschlechtlichen Forlpflanzungsweisen in vielen L'eziehungen analog, allein es bleibt doch immer noch ein höchst wesentlicher Unterschied zwischen Volvocinen und Algen übrig, den bereits Thuret nachdrücklich betont \) A. a. 0. S. 193. 200. 201. — 2) Annales des sc. nalur. (856. Bolanique IV. Ser. Tom. V. p. 323 — 32. — 3) Stein »Die Infu- sionsthiere auf ihre Enlwickelungsgeschichte uniersucht.« Leipzig 1854. S 43—16. — 4) Monatsberichte der Berliner Academie von 1855 S. 133 — 65; von 1856 S. 225—37 und von 1857 S. 313—30 und Jahrbücher für wissenschafll. Botanik 1837. Band I. S. 1 81 und S. 284 — 306. — 5) Ebendaselbst 1855. p. 335—31. Stein, Onrauismns der [nfusionslhiere. L L I B R A R V a 38 hat1). Die befruchtete Algenspore keimt und wächst wieder zu einem rein vegetirenden Organismus, zu einer ein- oder mehrzelligen Alge aus. welche erst in einem spätem Lebensstadium bewegliche Keime hervorbringt. Die Volvocinen dagegen sind ihr ganzes beben hindurch sich bewegende Organismen, die nur vorübergehend in einen ruhenden Zustand übergehen, wie dies die wahren Infusionsthiere auch thun; aus dem ruhenden Zustande tritt sofort wieder die sich bewegende Form hervor. Die Vermehrung durch Theilung im ruhenden Zustande kann keine Veeetationserscheinuner sein , denn sie findet sich beiden ruhenden Zuständen der Infusionsthiere ebenfalls, wie wir weiter unten sehen werden. Die beweglichen Algenkeime gehen nach kurzer Zeit zur Vegetation über und sind nicht im Stande, sich während der Bewegung durch Theilung zu vermehren, die Volvocinen dagegen pflanzen sich während ihrer Bewegung fortgesetzt durch Theilung fort. Muss uns schon ein Organismus, der sich sein ganzes Lehen hindurch rastlos bewegt und sich zugleich fortpflanzt, aber nie vegetirt, als ein seltsames Mitglied der Pflanzen- welt erscheinen, so werden wir an seiner vegetabilischen Natur vollends irre werden, wenn sich zeigt, dass dessen Parenchym mit einem energischen Conlraclionsvermögen begabt ist. Dass ein solches vorhanden sein muss, bewei- sen aber die bei den meisten Volvocinen nachgewiesenen contractilen Hohlräume. Auch der ausserordentlich con- tractile und expansible Schnabel an den Spermatozoen des Volvox glohalor spricht doch wohl dafür, dass dieselben Producte eines lliierischen Organismus sind. Aus diesen Gründen und wegen der unläugbaren innigen Verwandt- schaft, die zwischen Volvocinen, Cryptomonadinen und Euglenen statt findet, nehme ich keinen Anstand, den Volvocinen wieder ihren Platz unter den geisseltragenden Infusionslhieren anzuweisen. Dass die Hülle von Chlamy- docoecus und Stephanosphaera aus Cellulose besieht, kann uns nicht mehr beunruhigen, seitdem wir wissen, dass auch der Mantel der Ascidien von Cellulose gebildet wird. Die geschlechtliche Fortpflanzung von Volvox globator steht übrigens nicht mehr isolirt da; sie findet sich, wie wir bald sehen werden, auch bei den höheren Infusorienformen. Aus den ganz vor Kurzem von einem sorg- fältigen und eifrigen Forscher, //. /. Carter, veröffentlichten Beobachtungen geht ferner hervor, dass auch noch bei anderen geisseltragenden Infusorien, nämlich bei Eudorina elegans und Cryptoglena lenticularis, eine geschlechtliche Fortpflanzung vorkommt 2). Die Spermatozoen werden hier ebenfalls dadurch gebildet, dass bei gewissen Indivi- duen das gesammle Korperparenchym durch fortgesetzte Theilung in einen Haufen spindelförmiger oder rundlicher Körperchen zerfällt, die sich mittelst zweier endständiger Geissein lebhaft bewegen. Der Befruchlungsact selbst und seine Wirkung ist noch nicht hinlänglich klar erkannt. Von Colin wurde noch eine zweite Ehrenberg 'sehe Infusorienfamilie dem Pflanzenreiche überwiesen, deren thieiische Natur bisher noch von Niemand in Frage gestellt worden war, nämlich die Vibrionia. Von diesen Orga- nismen wissen wir in der Thal nichts weiter, als dass sie anscheinend willkührlich bewegte, bald grade, bald geschlängelte, bald spiralig gewundene, mehr oder weniger deutlich gegliederte Fäden sind, die keine Spur von wei- terer Organisation erkennen lassen. Colin zeigte nun3), dass sich die anscheinend willkührlichen Bewegungen der Vibrionien ganz genau auf die Bewegungserscheinungen zurückführen lassen, welche unzweifelhaften Algen, den Oscillarieen , eigen sind Die Vibrioniengattung Spirochaela stimmt in ihren Bewegungen und auch in ihren Formen so vollkommen mit der Oscillarieengattung Spirulina überein, dass sie gradezu als eine blosse Art der letzlern Gattung angesehen werden muss. Bei beiden Organismen besteht das Hauplmoment der Bewegung in einem Drehen des Fadens um seine Längsaxe, in Folge dessen sich der Faden sehr rasch bald vorwärts, bald rückwärts schraubt. Ganz ähnlich wie Spirochaela verhält sich die Gatt. Spirillum und die kürzeren Formen der Gatt. Vibrio. Die längeren .sich langsam bewegenden Formen dagegen reihen sich ohne Zwang an die farblosen Oscillarieen an, welche die Galtung Beggiatoa bilden. In fauligen Infusionen finden sich neben zahllosen frei umherschwärmenden Individuen von Vibrio lineola Elibg. (Baclerium termo Dujard.) gewöhnlich auch kuglige, lappige oder hautartige, dicke Gallort- massen, in denen zahllose, unbewegte Sirichelchen, welche Vibrio lineola sehr ähnlich sehen, eingebettet liegen. Colin I) Annales des sc. Dal. Botanique 1850. Tome XIV. p. 3li. — 2) Annais of natura] hislory 1888. III. Ser. Vol. II. p. 237—33. 3) oUeher die mikroscopischen Algen und Pilze. <■ Nova aela Acad. <'.. Leop. Car. Vol. XXIII. Pars I. p. \ l (i — :i2. 39 glaubt, dass jene Strichelchen aus der Gallertmasse ausschwärmen und dann den Vibrio lineola liefern; er erkennt dalier in den Gallertmassen einen morphologisch mit Palmella und Tetraspora zunächst verwandten, zu den Wasser- pilzen zu rechnenden vegetabilischen Organismus, aus dem er die Gattung Zoogloea bildet. Vibrio lineola würde hiernach nur die Schwärmform eines Wasserpilzes sein. Wenn man auch diesen Punct noch nicht für ausgemacht ansieht, so thun doch Cohris Untersuchungen überzeugend dar, dass die Bewegungen der Vibrionien keine will- kürlichen sein können. Damit fallt aber auch der einzige Grund weg, der bisher die Stellung der Vibrionien bei den Infusionsthieren zu rechtfertigen schien. Einige andere Arbeiten von Colin schliessen sich so innig an meine eigenen an, dass wir sie am füglichsten im Zusammenhange mit denselben betrachten. Der Entwickelungsgang meiner Infusorienforschungen ist am klarsten aus meiner letzten zusammenfassenden Arbeil: »Die Infusionsthiere, auf ihre Entwicklungsgeschichte untersucht. Leipzig 1854« zu ersehen; daher ich hier hauptsachlich dieser folge. Meine ersten Beobachtungen wurden in Wiegmantis Archiv für Naturgeschichte 1849 S. 92 — 148 und in der Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie 1852 Band III S. 475 — 509 veröffentlicht. Zum Studium der Infusorienwelt war ich zunächst durch nieine Unter- suchungen über die gregarinenartigen Thiere1) angeregt worden. Ich halte in diesen nur in den thierischen Ein- geweiden, namentlich im Darmkanal der Insecten und Würmer schaarenweis vorkommenden Geschöpfen eine eigene, den einfachsten Rhizopoden und Infusionsthieren nahe verwandte , aber von beiden doch wesentlich verschiedene Abtheilung der Protozoen erkannt. Ueber ihre Organisation konnte bei der bedeutenden Grösse, die viele Grega- rinenformen erreichen, nicht der mindeste Zweifel übrig bleiben; sie ist höchst einfach. Der Körper stellt einen meist länglichen, ringsum geschlossenen Schlauch dar, der von einer derben, elastischen, hyalinen und völlig struclurlosen Membran begränzt wird und ein sehr weiches, breiartiges, von vielen Fettkörnchen getrübtes Paren- chym umschliesst. Innerhalb desselben liegt ein heller, rundlicher, scharf begränzter Nucleus mit einem oder meh- reren Nucleolis. Andere innere Organe fehlen durchaus, ebenso jede Spureines Mundes. Gewöhnlich setzt sich das vordere Körperende durch eine Einschnürung und eine dieser entsprechende senkrechte Scheidewand wie eine Art Kopf ab, und dieser ist häufig in einen hohlen rüsselartigen Fortsatz oder eine Haflscheibe ausgezogen; auch findet sich bei einigen Formen noch eine zweite Scheidewand in der Mitte des Körpers. Die meist sehr trägen und lang- samen Bewegungen gleichen denen der Eingeweidewürmer; sie werden durch die Contractionen und Expansionen des gesammten Körperparenchyms vollführt. Die Nahrung der Gregarinen besteht in den thierischen Flüssigkeiten, welche in ihrer Umgebung vorkommen; diese werden von der gesammten Körperoberfläche aufgesogen. Die Fort- pflanzung wird durch die Conjugation zweier Individuen eingeleitet, die sich kugelförmig zusammenziehen und sich so innig an einander schmiegen, dass sie zwei mit ihren Grundflächen zusammengefügte Halbkugeln darstellen. Um diese bildet sich eine von den beiden Individuen abgesonderte kuglige Hülle, die nach und nach die Form einer derben , dickwandigen Cyste annimmt. Die beiden eingeschlossenen Halbkugeln verschmelzen später vollständig mil einander zu einem einzigen Ballen, und dieser zerfällt zuletzt in eine Anzahl eigenthümlich geformter Sporen, aus denen sich wieder dem Muttcrthier ähnliche Junge entwickeln 2), Nachdem ich durch genaue Untersuchung einer grossen Anzahl von Gregarinenformen die unerschütterliche Ueberzeugung gewonnen hatte, dass wirklich zahlreiche entwickelte Thiere exislirten, welche sich ohne Muskeln bewegen, ohne Nerven empfinden, ohne Darmkanal verdauen und ohne Geschlechtsorgane durch einen höchst ein- fachen Forlpflanzungsmodus die Erhaltung ihrer Art sichein, dass also Thiere existirten, aufweiche die von v. Sirbold aufgestellte Begriffsbestimmung der Protozoen vollkommen anwendbar war. wurde es mir immer einleuchtender. I) Stein »Ueber die Natur^der Gregarinen.« Ifiüller's Archiv 1 848. S. 182 — 223. — 2) Dies gilt wenigstens von den in Insecten lebenden Gregarinen. Bei den in den Regenwürmen] vorkommenden geht nach neuem Untersuchungen von A7. Lieberkuhn (Memoires des savants etrangers de l'Academ. de ßelgic|ue (855. Tome XXVI. p. I — 46; aus den Sporen zunächst ein ambbenarliges Junge hervor. das sich dann wieder in eine Gregarine umwandelt. Dass die Conjugation zweier Individuen bei den Gregarinen der Inseclen Hegel ist, davon habe ich mich durch sehr umfassende Untersuchungen bestimmt überzeugt. Unumgänglich nolh wendig ist jedoch diese Conjugation nicht, sondern es kann auch ein vereinzeltes encystirtes Thier Sporen liefern, wie Lieberkühn richtig hervorgehoben hat. 10" 40 dass auch die gegen Ehrenbergs Auffassung der Infusorienorganisation gerichtete Opposition wenigstens in den wesentlichsten Punclen im Rechte sein weide. Schon um ein selbstständiges Urlheil über den Organisationsgehalt der Infusorien zu gewinnen, fühlte ich mich lebhaft zu einem Studium derselben hingezogen, noch mehr aber trieb mich dazu der Gedanke an, bei ihnen vielleicht dieselbe Fortpflanzung nachweisen zu können , wie bei den grega- rinenartigen Thieren, von denen manche Formen, namentlich Monocystis agilis (Proteus tenax Dujard.) auffallend an die Aslasiäen unter den Infusorien erinnerten. Im Herbst 1847 begannen meine Infusorienforschungen. Natürlich war von Anfang an mein vorzuglichstes Augenmerk darauf gelichtet, einen Encystirungsprozess bei den Infusorien aufzufinden, wozu um so mehr Hoffnung vorhanden war, als bereits v. Siebold bemerkt hatte, dass sich die Euglena viridis zu Zeiten kugelförmig zusammen- ziehe und mit einer Art Kapsel oder Cyste umgebe1). Sehr bald beobachtete ich diese Erscheinung bei demselben Thiere; allein die neu gebildeten, noch ganz weichen Cysten umschlossen immer nur ein einziges Individuum, die älteren, härteren dagegen enthielten häufig zwei oder vier kleinere, die nur durch eine einmalige oder doppelte Thei- lung aus einem ursprünglich einfachen Thier hervorgegangen sein konnten. Gleichzeitig wurden auch die ersten Cvsten von zwei bewimperten Infusorien (Prorodon niveus und Holophrya discolor) aufgefunden; sie waren sehr weich und gallertartig und enthielten nur ein einziges kugelförmig contrahirtes Thier, das sich leicht aus den Cysten hervorpressen liess. Im folgenden Winter untersuchte ich anhaltend die wegen ihres häufigen, massenhaften Auftretens in Heu- infusionen so bekannt gewordene Colpoda cucullus 2). Die Organisation dieses Thieres zeigte sich wesentlich anders und einfacher, als sie Ehrenberg dargestellt hat, und die von ihm behauptete periodische Ausscheidung eines aus netzförmig verbundenen, schnurförmigen Eierröhren zusammengesetzten Eierstockes reducirte sich auf ein zufälliges, lediglich durch Wassermangel bedingtes Zerfliessen einzelner Individuen, in Folge dessen die innern grobkörnigen Bestandtheile aus dem Körper hervortraten und ein ganz unregelmässiges Haufwerk bildeten. Eine Entwickelung der einzelnen Körner zu jungen Colpoden liess sich in keiner Weise constatiren. Hiermit war das Hauptargument, auf welchem Ehrenberg's Lehre von dem weiblichen Geschlechtsorganismus der Infusionsthiere beruht, widerlegt. Es wurde aber auch der wahre Hergang bei der Fortpflanzung der Colpoden ermittelt. Diese Thiere vermehren sich nicht, wie andere Infusorien, während sie ihre gewöhnliche Lebensthätigkeit fortsetzen, durch Theilung, sondern sie thun dies nur, nachdem sie sich kugelförmig zusammengezogen haben und in einen ruhenden Zustand über- gegangen sind. Alsdann bildet sich um den contrahirten Körper, der sich unaufhörlich auf demselben Flecke langsam im Kreise herumwälzt und sich häufig schon zu (heilen anfängt, eine dickwandige Cyste, in welcher der Körper durch fortgesetzte Theilung in zwei oder vier, seltener in acht Segmente zerfällt, die die Organisation des Mutter- thieres zeigen, sich eine Zeit lang lebhaft in der Cyste umhertummeln, dann aber zur Ruhe kommen und sich oft wieder mit Specialcysfen umgeben. Das häufige Vorkommen von leeren gesprengten grossen und kleinen Cysten liess keinen Zweifel darüber, dass die in ihnen eingeschlossen gewesenen Theilungssprösslinge aus den Cysten später wieder zu neuer Lebensthätigkeit hei ausgetreten sein musslen. Offenbar ist dieser ganze Vorgang genau der- selbe wie bei den ruhenden Zuständen des Chlamydococcus pluvialis und daraus folgt, dass die Vermehrung des Chlamydococcus während seines ruhenden Lebensstadiums nicht entfeint einen Beweis für dessen vegetabilische Natur abgeben kann. Die von mir entdeckte Fortpflanzungsweise der Colpoden. die unlängst durch Weisse durchaus bestätigt worden ist 3> . erklärte nun mit einem Male auf die einfachste und natürlichste Weise von der Welt das schnelle und zahlreiche Erscheinen dieser Thiere in Heuaufgüssen, die mit dem reinsten, destillirten oder frisch abgekochten Wasser bereitet worden waren , eine Thatsache , die so oft zur Begründung der materialistischen Lehre von einer 1) v. Siebold » Lehrbuch der vergleichenden Anatomie « S. 25. — 2) Stein »Die Infusionsthiere« S. 15 — 25. — 3) J. F. Wtisse »Einige Worte über vegetabilische Aufgüsse und über die Vermehrungsart von Colpoda cucullus.« Melanges biologiques de l'Acad. de St Petersbourg 1838. Tome III. |j. 29 — 37. 41 elternlosen Zeugung organischer Körper missbraucht worden war. Am Heu sitzen die winzig kleinen, den Sporen vergleichbaren Cysten von Colpoden und deren Theilungssprösslingen, und es bedarf nur der Darreichung der unentbehrlichsten Lebensbedingung der Infusorien, des Wassers, um die in den Cysten eingeschlossenen und wohl- verwahrten Keime der Colpoden wieder zu neuer Lebensenergie zu erwecken. In den durch die Maceration des Heues frei werdenden organischen Substanzen finden dann die aus den Cysten geschlüpften jungen Colpoden eine reichliche Nahrung. An den aufgeweichten Heustengeln lassen sich auch leicht die an ihnen hängenden Cysten nachweisen. Der natürliche Aufenthalt der Colpoden scheinen nasse Wiesen zu sein; trocknen die nassen Stellen aus , so bleiben die encystirten Colpoden an den Grasstengeln kleben. Es mögen aber auch die Colpodencysten oft von ihrer ursprünglichen Bildungsstätte durch die Winde fortgeführt und nur zufallig auf Heu abgesetzt werden. Hiermit war der Schlüssel zur Erklärung des Auftretens von Infusorien in beliebigen, durch atmosphärische Niederschläge eben erst gebildeten Wasserlachen, so wie in künstlichen, mit den verschiedenartigsten Körpern berei- teten Infusionen gefunden; es kam nun darauf an, den Encystirungsprozess weiter verbreitet bei den Infusorien nachzuweisen, namentlich für solche Formen, die sich in künstlichen Infusionen und in der ersten besten Wasser- ansammlung einzustellen pflegen. Eine der gemeinsten Erscheinungen in fauligen Infusionen ist die Vorticella micro- stoma; sie bildete den nächstfolgenden Gegenstand der Untersuchung1}. Auch von diesem Thiere wurden sehr bald ruhende, encystirte Formen aufgefunden, und zwar zuerst grosse isolirte kugelförmige Cysten, in welchen noch ganz deutlich der kugelförmig contrahirte Vorticellenkörper zu unterscheiden war, dann aber auch Cysten, die sich um jüngere, noch auf ihren Stielen sitzende Vorticellenkörper gebildet hatten. Da sich nun ferner ergab, dass die Vermehrung der Vorticellen durch Theilung und Knospenbildung keineswegs auf den ausgewachsenen Zustand des Thieres beschränkt war, sondern schon auf sehr frühen Entwicklungsstufen eintrat, so kam ich auf die Vermuthung, es möge bei den Vorticellen ein Generationswechsel stattfinden , der darin bestehe , dass auf eine Reihe von durch Theilung und Knospung entstandenen Generationen zuletzt eine Generation folge, die mittelst einer andern, der geschlechtlichen Zeugung der übrigen Thiere äquivalenten Fortpflanzungsweise die ersten Keime neuer Vorticellen hervorbringe. Die freien kugelförmigen Cystenzuslände der Vorticellen schienen mir eine Einleitung zu dieser letz- tern Fortpflanzungsweise zu sein; allein die Bemühungen, an denselben weitere Veränderungen zu beobachten, blieben einstweilen ohne Erfolg. Bald nachher wurden meine Forschungen durch das Studium der Vaginicola crystallina2) in eine ganz andere Bahn gedrängt. Dieses vorticellenähnliche Thier ist im Grunde einer den grössern Theil des Körpers umschliessen- den und von ihm abgesonderten, biegsamen, hyalinen, becherförmigen Hülse befestigt, mit der es auf Conferven und Wasserlinsenwuizeln aufsitzt. In Gesellschaft dieses Thieies traf ich ungemein häufig und auf demselben Pflanzentheile dicht neben einander sitzend ein Geschöpf, in dem ich bald die von Ehrenberg nicht sehr klar dar- gestellte Acineta mystacina erkannte. Für ein selbstständiges Infusionsthier schien mir seine gesammte Organisation gar zu abweichend von der aller andern, wohl aber bot es auffallende Analogien mit der Vag. crystallina dar. Die Acin. mystacina besass eine ganz ähnliche Hülse , wie die Vaginicola , nur war dieselbe nach hinten oft stielartig verengert und ihre Mündung durch eine dachförmige Zusammenneigung des vordem Theils der Seitenwandungen in der Art verschlossen, dass nur sechs, von der Mitte strahlenartig nach aussen verlaufende, schmale Spalten frei blieben. Unmittelbar unter dem dachförmigen Verschluss war durch ein gallertartiges Bindemittel ein völlig geschlos- sener rundlicher Körper aufgehängt, von dem nach vorn zahlreiche, durch die Spalten der Hülsenmündung hervor- tretende, fadenförmige und in einem Knöpfchen endende Tentakeln ausstrahlten, welche sich langsam verkürzten und verlängerten, auch hoben und senkten. Der Körper besass weder einen Mund, noch liessen sich in seinem ganz homo- genen Innern verschluckte fremde Körper nachweisen; nur ein contractiler Hohlraum und ein runder Nucleus war vorhanden. Da sich auch Acineten fanden , deren Körper noch keine Spur von Tentakeln zeigte , und da ich ferner I) A. a. 0. S. 25 — 35. — 2) Ebendaseihst S. 35—42. Stein, Organismus der In lusiinistliiere. | ] 42 mehrfach beobachtete, dass bei Vag. crystallina der sich von seiner Hülse ablösende Körper die Hülse nicht, wie es sonst Regel ist, verliess , sondern in der Mündung derselben schweben blieb und eine Gallertschicht auszuscheiden anfing, so zweifelte ich nicht langer daran, dass die Acineta mystacina nur einen aus der Metamorphose der Yagin. crystallina hervorgegangenen ruhenden Zustand der letzteren darstellte, ja in einem Falle glaubte ich die Metamor- phose direct verfolgt zu haben. Es kam nun weiter darauf an, den Zweck einer solchen Metamorphose zu ermitteln. Bei Acin. mystacina hatte ich oft das Volumen des eigentlichen Körpers ausserordentlich verringert gefunden, ich schloss daraus, dass auf Kosten der Körpersubstanz irgend eine Art von Keimen entwickelt und nach aussen ausgeschieden worden sei. Dieser Schluss erwies sich auch als vollkommen richtig. Ich fand nämlich demnächst auf Cyclops quadricornis sehr häufig eine andere , fast immer gleichzeitig mit vorticellenartigen Infusorien , namentlich mit Epistylis digitalis vor- kommende Acinetenform1), und an dieser machte ich zuerst die folgenreiche Entdeckung, dass sich im Innern des Acinetenkörpers ein dem Mutterthier völlig ungleiches, äusserst bewegliches Junge entwickelte, welches den Aci- nelenkörper am vordem Ende durchbrach und höchst lebhaft und stürmisch im Wasser umherschwärmte. Ich nannte dieses Junge wegen seiner Analogie mit den Schwärmsporen der Algen Schwärm sprössling. Der länglich ovale Körper desselben zeigte sich sehr contractu und biegsam und vor der Mitte mit einem dichten Wiin- pernkranze umgeben, sonst war er nackt und ringsum geschlossen; in der ganz homogenen Leibessubstanz war nur ein contractiler Hohlraum und ein rundlicher Nucleus zu unterscheiden. Bei einer dritten Acinetenform 2) , welche ich sehr häufig auf Wasserlinsenwurzeln in Gesellschaft von Vor- ticella nebulifera und Epistylis nutans antraf, beobachtete ich die allmähliche Entwickelung des hier ganz ähnlich gestalteten Schwärmsprösslings aus einem dem Nucleus der Acinete vollkommen gleichenden und demselben oft innig anliegenden rundlichen Körper. Hierdurch kam ich zuerst auf die Vermuthung, dass sich der Schwärmspröss- ling aus dem Nucleus der Acinete entwickeln werde. Die beiden zuletzt erwähnten Acinetenarten unterschieden sich wesentlich von der Acin. mystacina. ihr Körper wird nämlich von keiner Hülse umschlossen, sondern sitzt frei am Ende eines steifen Stieles, der dieselbe Beschaffenheit hat, wie der Stiel der Vorticellinengattung Epistylis. Da für mich feststand, dass sich die Vaginicola crystallina in die Acineta mystacina umbilde, so war zu erwarten, dass auch noch andere vorticellenartige Infusorien in einen Acinelenzustand übergehen würden. Die Uebereinstimmung in der Stielbildung bei unsern beiden Acineten mit der der Gattung Epistylis, das so häufige gleichzeitige Vorkom- men von Acineten und Epistylisarten auf ein und demselben Körper und die unverkennbare Aehnlichkeit zwischen den Schwärmsprösslingen der Acineten und den Knospensprösslingen der Vorticellinen überhaupt bestimmten mich daher zu der Annahme, dass die steifstieligen Acineten in den Entwickelungskreis der Gattung Epistylis gehörten und dass sie das letzte Glied desselben darstellten, welches nur die Bestimmung habe, die Keime zu neuen Epi- stylisstöcken zu produciren. Die Schwärmsprösslinge unserer Acineten mussten dieser Annahme zufolge wieder zu einem jungen Epistylisthier werden. Es gelang jedoch niemals, diesen Uebergang direct zu verfolgen, sondern ich verlor sie wegen ihrer ungestümen Bewegungen immer kurze Zeit nach ihrem Austritt aus dem Acinetenkörper aus dem Auge3). Bei einem wiederholten Studium der Vorticella microstoma beobachtete ich wieder in grosser Anzahl die bereits erwähnten kugelförmigen Cysten. Bei vielen derselben war der eingeschlossene Körper in eine völlig ge- schlossene Kugel umgewandelt. Es fanden sich aber auch sehr häufig ganz ähnliche Cysten mit quergerippten 1) Ebendaselbst S. 48 — 58. Die von mir entdeckten Aeinelinen blieben in meiner Schrift ohne systematische Namen , weil ich sie für blosse Enlwickelungsstufen vorticellenarliger Infusorien ansah. Ich suchte sie sogleich auf bestimmte Vorticellinen zureduciren, und das war jedenfalls ein verfrühtes Unternehmen. Da diese Reductionen , wie wir gleich sehen werden, zweifelhaft geworden sind, so wird es zweckmässiger sein, jene Acinetinen einstweilen durch besondere Namen zu fixiren, bis ihre Natur definitiv festgestellt sein wird. Die auf den Cycloperj lebende Acinete (Taf. III. Fig. 38 — 41 meiner Schrift) mag Acineta Cyclopum heissen. — 2) Ebendaselbst S. 59 — 64 und Taf. III. Fig. 3 2 — 33. Diese Acinete mag Acin. Lemnarum heissen. - 3) Die Acineta Lemnarum wurde anfangs von mir als eine Entw ickelungsslufe der Fpislylis nutans betrachtet, später zog ich es vor, sie von Vorticella nebulifera abzuleiten. 43 Wandungen, die nach hinten in einen kurzen holden Stiel ausgezogen waren. Bei noch anderen, etwas länger gestielten gingen von dem Scheiteltheile des eingeschlossenen Körpers die für die Acineten so characteristischen geknöpften Tentakeln aus1). Die letzteren Formen stellten unverkennbar die Podophrya lixa Ehbg. dar. Hiernach schien es keinem Zweifel unterliegen zu können, dass die Podophrya fixa die Acinetenform der Vort. microstoma darstelle, welche aus einer einfachen Metamorphose der Vorticellencysten hervorgehe, indem der eingeschlossene Vorticellenkörper sich ausdehne und gegen den einen Pol der Cyste dränge. Da sich auch ungestielte Podophryen fanden, von deren Körper nach allen Richtungen hin Tentakeln ausstrahlten ich bestimmte sie irrthiimlich als Acti- nophrys sol Ehbg.), so nahm ich an, dass diese aus den Vorticellencysten in Folge einer allseitigen gleichförmigen Ausdehnung des eingeschlossenen Körpers entstanden seien. In diesen Ansichten wurde ich noch mehr dadurch bestärkt, dass bereits vor mir Pineau in Frankreich 1845 einen genetischen Zusammenhang zwischen Podophrya fixa und Vorticella microsloma nachzuweisen gesucht hatte; nach ihm sollte sich die Podophrya lixa aber in Yor- ticella microstoma umwandeln2) und aus den Vorticellencysten sollte sich eine Oxytricha entwickeln3). Mit den über die Entwickelung der vorticellenartigen Infusorien gewonnenen Resultaten trat ich im Herbst 1849 vor die Oeffentlichkeit 4). Es waren zwar schon zuvor einige vereinzelte Beobachtungen über die Entwicke- lung und Geburt von innern Sprösslingen bei Infusorien gemacht worden, die Mittheilungen darüber waren jedoch so unvollständig, dass sie fast ganz unbeachtet blieben; auch ging aus denselben keineswegs hervor . dass die Sprösslinge eine von dem Mutlerlhier ganz und gar verschiedene Generation bildeten, v. Siebold erwähnte 1835 ganz beiläufig in seiner berühmten Abhandlung über Monostomum mutabile 5) , dass er bei einer der im Darmkanal der Frösche lebenden Infusorienformen (ohne Zweifel war es eine Bursaria. keine Opalina) »im Schwanzende eine durchsichtige Höhle (Uterus) beobachtet habe, in welcher sich viele Junge äusserst lebhaft bewegten, von denen mehrere ihren Aufenthaltsort verliessen und gleich ihren Müttern im Wasser geschickt um- herschwammen.« Auffallend ist, dass v. Siebold dieser Beobachtung in seiner vergleichenden Anatomie gar nicht gedacht hat. Ferner hatte Focke 1844 auf der Naturforscherversammlung in Bremen die wichtige Mittheilung gemacht6), dass er im Herbst und Winter bei grossen und sehr blassgrünen Exemplaren von Loxodes bursaria die Entwickelung von ein bis drei lebendigen Jungen innerhalb der Samendrüse Ehrenberg's, die deshalb als Uterus zu bezeichnen sei, beobachtet habe. Der Austritt der Jungen wurde ebenfalls verfolgt, von diesen aber nur ange- geben, dass sie dieselbe Farbe und dieselbe Anordnung der contraclilen Blasen und der Samendrüse besässen. wie das Mutlerthier. Die Beobachtungen von Eckhard und 0. Schmidt über die Entwickelung lebendiger Jungen bei Stentor coeruleus und polymorphus sind bereits oben (S. 32 und 33) erwähnt worden. Der Werth von Focke s Entdeckung wurde erst erkannt, als Colin dieselbe 1851 in seiner sorgfältigen Mono- graphie von Loxodes bursaria bestätigte, erweiterte und zum Theil berichtigte7). Colin zeigte, dass die innern Sprösslinge dieses Thieres, die er Embryonen nennt, keineswegs in dem Nucleus, sondern in einer besondern Höhle liegen, welche durch einen die Körpersubstanz durchsetzenden Gang mit der Aussenwelt communicirt. Durch diesen Gang treten die Embryonen, deren Ursprung dunkel blieb, nach aussen. Sie waren stets farblos, ohne Mund, auf der ganzen Oberfläche bewimpert und sehr häufig mit kurzen, am Ende geknöpften, fadenförmigen Fort- sätzen versehen, und im Innern enthielten sie zwei conlractile Blasen. Colin hebt mit besonderm Nachdruck hervor, dass die Embryonen von dem Mutterlhiere total verschieden seien, dass mithin bei Loxodes bursaria eine Meta- morphose, wenn nicht gar ein Generationswechsel stattfinden müsse. Wichtig war in Colins Arbeit ferner der Nachweis, dass die grünen Körner im Leibe von Loxodes bursaria Chlorophyllkörner seien und dass der Nucleus. 1) A.a.O. S. 139— I4G u.Taf. IV. Fig. 21. 30.3 I. — z) Annales des sc. nat. 1845. III. Ser. Tome III p. 18 -2 — 89 u. Tome IV. p. 103—4. 3) Ebendaselbst I 849. Tome IX. p. 100. — 4) Stein »Untersuchungen über die Entwickelung der Infusorien. « Wiegmann's Archiv für Nalurgeseh. 1849. S. 92—148. — ö) Wiegmann's Archiv 1835 1. S. 73 — 74. — 6) Amtlicher Bericht über die 22. Versamml. deutsch. Naturf. und Aerzte in Bremen 1845. Abth. II. S. 110. — 7) Colin » Beiträge zur Entwickelungsgeschiclile der Infusorien. Zeitschrift für wissenschafll. Zoologie 1851. Band III. S. 257 — 79. II* 44 wie zuerst v. Siebold angegeben halle1/, aus zwei ganz verschiedenen Beslandlheilen . dem eigentlichen bohnen- förmigen Nucleus und einem demselben anliegenden kleinen weizenkornähnlichen Nucleolus bestehe und dass beide von eigenen Membranen begiänzt seien. Schliesslich führt Colin noch an, dass er auch bei Urostyla grandis häufig das Innere von einer grossen Anzahl dunkler Kugeln erfüllt gefunden habe, die den Loxodeskeimen sehr ahnlich sahen. Als sie durch Quetschen des Thieres frei wurden, fingen sie sich lebhaft an zu bewegen, sie zeigten sich nun auf der ganzen Oberfläche bewimpert und enthielten einen verwaschenen Kern und zwei contractile Blasen. Colin zog später auch den Encystirungsprozess der Infusorien in den Kreis seiner Untersuchungen2). Er beobachtete die Cyslenbildung bei Vorticellen und Euglenen, bei Prorodon teres, Holophrya ovum, Trachelius ovum, Trachelocerca olor und Amphileptus fasciola , auch gedenkt er einer bei Chilodon uncinatus (?) von Auerbach beobachteten Cyslenbildung. welcher Forscher später selbst noch den Cystenzustand von Oxytricha pellionella beschrieb3). Colin folgerte bereits aus den bisherigen Untersuchungen, dass das Encystiren ein in der Klasse der Infusorien verbreiteter, bei sehr verschiedenen Familien stattfindender Prozess sei, der theils zum Schutz gegen äussere schädliche Einflüsse, theils als Vorbereitung zu einer Fortpflanzung eintrete. Colin machte ferner auf die Verwandtschaft zwischen Cyslenbildung und den verschiedenen Formen von Gehäuse- und Panzerbildung bei Infu- sorien aufmerksam, und er bezeichnete mit Recht nur diejenigen Infusorien als gepanzert, die von einer spröderen, starren, niemals conlractilen (?) Haut begiänzt seien. In einem besondern Aufsatze4) ging er specieller auf die äussere Körperbedeckung der Infusorien ein ; er zeigte , dass Loxodes bursaria und Paramaecium aurelia von einer zarten structurlosen Membran begiänzt seien, die er »Cuticula« nennt. Inzwischen waren meine eigenen Forschungen fortgesetzt darauf gerichtet gewesen, neue Thatsachen zur weitein Begründung des genetischen Zusammenhanges zwischen den vorticellenarligen Infusorien und den Acine- tinen aufzufinden. Wenn bei meinen bisherigen Beobachtungen und Schlüssen nicht Irrthümer mit untergelaufen waren, so mussten sich nach und nach für alle vorticellenartigen Infusorien die zu ihnen gehörigen Acinetenformen nachweisen lassen. Ich bemühte mich daher, mir so viele Vorlicellinen als nur möglich zu verschallen. Da diese Thiere vorzugsweise auf Wasserlinsenwurzeln, Wasserkäfern, Phryganidenlarven, Crustaceen und Wasserschnecken- gehäusen festsitzen, so durchsuchte ich diese Körper mit der grössten Ausdauer auf Vorticellinen. Meine Bemühun- gen wurden von dem günstigsten Erfolge gekrönt. Ich lernte nicht blos die meisten bereits bekannten Vorticellinen kennen, sondern ich entdeckte auch eine nicht unbedeutende Anzahl neuer Formen. Unter diesen waren bei weitem die interessantesten die neuen Gattungen Lagenophrys und Spirochona und die merkwürdige Acinetenform Den- drocometes paradoxus. Ueber diese Formen und über neuere die Entwickelung der Vorlicella microstoma betref- fende Beobachtungen berichtete ich bereits 1852 in einer besondern Abhandlung5)). Die übrigen neuen Formen gehörten den Gattungen Epistylis, Opercularia, Zoothamnium und Cothurnia an. Das anhaltende Studium der von mir aufgefundenen Vorlicellinen führte zu einer schärferen Begränzung der einzelnen Galtungen, auch wurden viele neue Thatsachen über ihre feinere Organisation und namentlich über ihre Forlpflanzung durch Theilung und Knospen- bildung, über die Entwickelung der Familienstücke und über die Gehäusebildung der Vaginicolen und Cothurnien ermittelt. Sehr verbreitet wurde von mir bei den Vorticellinen die Cyslenbildung nachgewiesen und gezeigt, dass diese ebenso wie die Fortpflanzung durch Theilung und Knospenbildung auf allen Altersstufen eintreten könne. An den grössern freien kugelförmigen Cysten der Vurticella microstoma entdeckte ich noch eine neue eigentümliche Entwickelungsweise6]. Der encyslirte und in eine einfache kuglige Blase umgewandeile Vorticellenkürper bekam nämlich häufig eine unebene blasig -höckrige Oberfläche; einer oder mehrere von den Höckern wuchsen nach und i) Lehrbuch der vergleichenden Anatomie S. 24. — 2) Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie 1853. Band IV. S. 253 und 1854. Band V. S. 434 — 35. — 3) Ebendaseihst Band V. S. 430—33. — 4) Ebendaselbst Band V. S. 420—29. — 5) Stein «Neue Bei- trage zur Kenntniss der Enlwickelungsgeschichte und des feineren Baues der Infusionsthiere.« Zeitschrift für wissensch. Zoologie 1852. Band III. S. 475 — 509. — 6) Stein » Die Infusionsthiere. « S. 194 — 96. 45 nach in zapfen förmige Fortsätze aus, die die Cystenwandung durchbohrten. Zuletzt öffnele sich das frei in die Aussenwelt hervorragende Ende des Zapfens, und es quoll nun plötzlich eine weiche, zusammenhaltende, trübe Gallertmasse hervor, die an der Mündung des Zapfens hängen blieb und sich bald darauf zu einem hellen kugel- förmigen Tropfen erweiterte, in dem zahlreiche, sehr kleine, opake, monadenähnliche Keime sich lebhaft durch ein- ander bewegten. Nach wenigen Minuten floss der Gallerttropfen in Folge von immer stärkerer Wasseraufnahme aus einander, und die Keime zerstreuten sich sehr behende nach ollen Richtungen; ihr Bewegungsorgan Hess sich nicht deutlich erkennen. Da ich im Nucleus sowohl der freien, als der encystirten Vorticellen häufig eine kleinere oder grössere Anzahl scharfbegränzter , scheibenförmiger Kerne auftreten sah, so vermuthcte ich, dass dies der Anfang zu einer Art innerer Brutbildung sei, die zu Zeiten bei gewissen encystirten Vorticellen eintrete und zuletzt mit dem eben geschilderten Geburlsacte endige. Den bei weitem höchsten Werth aber hatte für mich die Constatirung der Thatsache, dass sich in Gesell- schaft der vorticellenartigen Infusorien sehr häufig auch Acinetinen fanden. Die meisten derselben waren bis dahin ganz unbekannt geblieben. Es wäre sicherlich durchaus ungerechtfertigt gewesen, aus dem blossen Nebeneinander- vorkommen von Vorticellinen und Acinetinen auf einen entwickelungsgeschichtlichen Zusammenhang dieser beiden Infusoriengruppen zu schliessen. Der Umstand , dass in Infusionen neben den Cystenzuständen von Vorticella mi- crostoma von mir in sehr vielen Fällen die Podophrya fixa beobachtet wurde, konnte ein rein zufälliger sein, da ja in Infusionen auch noch mancherlei andere Infusorienformen sehr häufig vorkommen; ebenso zufällig konnte das von mir oft beobachtete massenhafte Vorkommen der A. Lemnarum und der Vorticella nebulifera auf ein und der- selben Wasserlinsenwurzel sein. Wenn sich dagegen in den allerverschiedensten Localitäten auf ein und demselben Naturkörper immer nur eine bestimmte Vorticellinenform und ein und dieselbe Acinetenform und sonst kein anderes Infusionslhier vorfanden, so konnte ich darin kein blosses Spiel des Zufalles mehr erkennen, sondern ich hielt mich für berechtigt, einen innern nothwendigen Zusammenhang zwischen beiden anzunehmen. Nun traf ich aber auf Dytiscus marginalis nie ein anderes Infusionslhier, als die Opercularia articulata, und zwar meist in zahlreichen dicht bei einander sitzenden Familienstücken; in den meisten Fällen fanden sich dann auch zahllose Individuen einer Acinetenform mit birnförmigem . am ganzen freien Rande mit Tentakeln besetztem Körper, deren Stiel genau dieselben Structurverhältnisse zeigte, wie das Stielgerüst der Opercularien '). Die Aci- neten sassen in der Regel unmittelbar unter und zwischen den Opercularienstöcken oder doch in ihrer nächsten Umgebung. Ferner beobachtete ich vielfach an ganz verschiedenen Orten reichästige Familienstöcke von Epistylis plicalilis. die dicht und stets mit ein und derselben Acinetenform2) besetzt waren. Wieder eine andere Acineten- form kam auf den Stöcken von Epistylis branchiophila vor3). Auf dem Flusskrebse fand ich zwar verschiedene Vorticellinen, besonders häufig aber Epistylis crassicollis und in ihrer Gesellschaft unzählige Male eine sonst nirgends beobachtete Acinetenform, die wieder genau die Stielbildung von Epistylis crassicollis zeigte4). Ein ganz seltsames acinetenartiges Geschöpf, der Dendrocometes paradoxus , wurde von mir ebenfalls in den verschiedensten Locali- täten auf den Kiemenblättern von Gammarus pulex fast constant in Gesellschaft eines ebenso seltsamen vorticellen- artigen Thieres, der Spirochona gemmipara , beobachtet. Diese Acinetine ist stets ungestielt und stimmt in ihrer starren, panzerartigen Körperbedeckung auf's vollkommenste mit der Spirochona überein ; dagegen unterscheidet sie sich von allen bekannten Acinetinen sehr auffallend durch den Besitz von dicken, starren, mehr oder weniger verästelten, armartigen Fortsätzen, die die Stelle der gewöhnlichen retractilen Tentakeln vertreten. Diese Fälle von Nebeneinandcrvorkommen von Vorticellinen und Acinetinen, die sich auch neuerlich hier bei Prag immer wieder bestätigten , so wie gewisse Analogieen im Bau und Wachsthum beider Thierformen waren für mich ein Hauptbestimmungsgrund, die Acineten in den Entwickelungskreis derjenigen Vorticellinen zu ziehen, 1) A.a.O. S. 117- 122 und Taf. II. Fig. 2— 6. Sie heisse A. Operculariae. — 2) S. 1 2 — « 4 und S. 95 uud Taf. I. Fig. 1 . D E. Sie heisse A. quadriloba. — 3) S. 124 und Taf. 1. Fig. (0. Sie heisse A. Phryganidarum. — 4) S. 23 4 und Taf. VI. Fig. 27 — 41. Sie heisse A. Aslaci. S l e i n , Organismus der lufusionstliiere. J2 46 in deren Gesellschaft sie so conslant vorkamen. Ausserdem beobachtete ich noch eine Anzahl anderer Acinetinen, die entweder isolirt oder doch nicht immer in Gesellschaft derselben Vorticellinenform vorkamen ; über ihren Zu- sammenhang mit einer bestimmten Vorticellinenform konnten daher auch nur Vermuthungen ausgesprochen werden. Hierher gehört ausser der schon erwähnten Acinela Lemnarum und A. Cyclopum die sehr eigentümliche grosse Acinete mit dem zungenförmigen Fortsalz1), ferner die diademartige Acinete, der der Name A. cothurnata gebührt, unter dem sie schon vor mir von Weisse beschrieben wurde 2) , sodann die A. tuberosa Ehbg. und endlich die von mir auf Hyphydrus ovatus entdeckte Acinete3). Ueber die Abstammung der merkwürdigen, auf den Kiemenblättern der Wasserasseln lebenden, gefingerten Acinete4), die sich am nächsten an Dendrocometes anschliesst, konnte nicht einmal eine Vermuthung geäussert werden. Ob die von mir auf den Gallertkugeln des Ophrydium versatile beobachteten, der gefingerten Acinete ähnlichen Gebilde5) wahre Acineten waren, ist mir neuerlich deshalb zweifel- haft geworden, weil sie grüne und braune Chlorophyllkörner enthielten. Die Acinetinen waren vor mir sehr gewöhnlich als die nächsten Verwandten der Rhizopoden angesehen worden, ja Dujardin hatte sie gradezu mit den Rhizopoden vereinigt und in seine Familie der Actinophryen gebracht. Ich wies dagegen nach, indem ich die bereits von Kölliker6) sorgfällig studirle Actinophrys Eichliornii und die von mir in der Ostsee aufgefundene Actinoph. oculata analysirle, dass die Actinophryen und die Acinetinen trotz aller äusseren Aehnlichkeit fundamental von einander verschieden seien. Die Actinophryen sind wahre Rhizopoden, die an jeder beliebigen Stelle der Körperoberfläche die verschiedenartigsten thierischen und vegetabilischen Körper als Nahrung aus der Aussenwelt aufnehmen können und zwar auf eine Weise, die neuerlich Claparede näher geschildert hat7); die unverdaulichen Nahrungsresle werden ebenfalls wieder an den verschiedensten Puncten der Körper- oberfläche nach aussen geschieden. Die Acinetinen dagegen besitzen wedereinen Mund noch einen After, ihr Körper enthält niemals fremde, thierische oder vegetabilische Körper, sondern sie vermögen nur mittelst ihrer Ten- takeln gelöste organische Substanzen aufzunehmen. Diese ganz eigenthümliche Ernährungsweise, auf die ich weiter unten zurückkommen werde, schien gleichfalls dafür zu sprechen, dass die Acinetinen keine selbslsländigen Thier- formen seien. Als das wichtigste Resultat meiner Untersuchungen über die Acinetinen stellte sich heraus, dass sich im Innern derselben ganz allgemein Schwärmsprösslinge entwickelten. Ich sah immer nur einen Schwärmsprössling in einer Acinete entstehen, und die Anlage zu demselben lieferte stets der Nucleus. In allen Fällen vergrössert sich zuerst der Nucleus, indem er entweder an dem einen Ende anschwillt (Acineta ligulata), oder einen zapfenförmigen Fortsatz entwickelt (Acineta Lemnarum) oder sich mehr oder weniger verästelt (Acin. Operculariae). Zuletzt schnürt sich die vergrüsserte Portion oder ein Zweig des verästelten Nucleus ab , und dieses Segment bildet sich dann unmittelbar zu einem Sprössling aus , der stets in einer besondern Aushöhlung der Leibessubstanz dicht neben dem persistirenden Theile des Nucleus liegt. Die reifen Schwärmsprösslinge sind bald nur partiell (Acinet. Lemnarum, Cyclopum, Astaci, Dendrocometes paradoxus), bald auf der ganzen Oberfläche bewimpert (Acineta ligulata, cothurnata, Operculariae), und enthalten stets einen Nucleus und einen oder mehrere contractile Hohlräume. Sie durchbrechen meist an dem vordem Ende den Acinetenkörper, der sich bald nach ihrer Geburt wieder schliesst, sich dann wieder wie ein unversehrter Körper verhält, nach und nach seinen frühem Umfang erhält und später einen neuen Sprössling entwickelt. Die Schwärmsprösslinge gleichen in allen Beziehungen gewöhnlichen bewimperten Infusionslhieren, nur besitzen sie keinen .Mund; sie beweisen schlagend, dass die Acinetinen zu den wahren Infusionsthieren gehören und nichts mit den Actinophryen zu thun haben. Niemals waren mir unter den Tausenden von Acinetinen, welche I) S. 103. und Taf.II. Fig. H — ■>■>. Ich nenne siejetzl A. ligulata. — 2) Bulletin de l'Acad. de Sl. Petersbourg. Tom. V. No.3. — 3) S. 226 und Tal-. V. Fig. 32 — 36. Sie mag A. Hyphydri heissen. — 4) S. 228 und Taf. V. Fig. 19 — 22.. Sie mag einstweilen A. digitata heissen, obwohl sie von den übrigen Acineten generisch verschieden ist. — 5) S. 247 und Taf. IV. Fig. 4. 5. — 6) Zeit- schrift für wissenschaftliche Zoologie 1849. Band I. S. 198—2 17. — 7) »Ueber Actinophrys Eichhornn.% Müllers Archiv 1854. S. 398. 47 ich zu beobachten Gelegenheit hatte, Individuen in der Theilung vorgekommen; diesen Umstand deutete ich eben- falls zn Gunsten meiner Ansicht , dass die Acinelinen keine selbständigen Infusorienformen seien. Nicht minder schien dafür die Thalsache zu sprechen, dass. während die Entwickelung von Schwärmsprösslingen bei den Aci- nelinen eine der allergewöhnlichslen Erscheinungen war, eine analoge Fortpflanzungsweise bisher nur höchst selten bei einigen wenigen bewimperten Infusionsthieren beobachtet worden war. Das weitere Schicksal der von den Acinetinen geborenen Sprösslinge hatte ich aller Mühe ungeachtet nicht ergründen können; sie entzogen sich früher oder später meinen Nachforschungen, ohne eine Verwandlung eingegangen zu sein. Dagegen sah ich nicht selten in solchen Acinelinen bereits einen reifen Schwärmsprössling, die noch gar nicht ihre definitive Form erreicht hatten. z.B. in völlig armlosen Deudrocometen. Konnte ich wohl in solchen einfachen, regungslosen, kugligen Kapseln ein selbständiges Infusionsthier erblicken, und war es nicht natürlicher, sie von den so analogen Knospenspröss- lingen der stets gleichzeitig vorkommenden Spirochona gemmipara abzuleiten? Die mit steifäsligen Vorticellinen zusammen vorkommenden Acinetinen leitete ich von gewöhnlichen Individuen der ersteren ab, indem ich annahm, dass die sich von ihren Stielen ablösenden Thiere sich in der nächsten Umgebung wieder festsetzten, einen neuen Stiel ausschieden und ihren contrahirt bleibenden Körper mit einer dünnen Cystenhülle umgäben; der Körper sollte sich dann in eine geschlossene Blase verwandeln und nach aussen Tentakeln hervortreiben. Die zu contractilstieli- gen Vorticellinen gezogenen Acinetenformen leitete ich auf die schon für Vorticella microstoma angegebene Weise aus den Cystenzuständen derselben ab. Die Bedeutung des Nucleus der Infusionsthiere war bisher völlig dunkel geblieben, meine Untersuchungen über die Entstehung der Schwärmsprösslinge bei den Acinetinen lieferten den ersten Beweis , dass der Nucleus das eigentliche Fortpflanzungsorgau der Infusorien sein müsse. Ich zeigte ferner, dass der Nucleus der Infusionsthiere stets aus einer umgränzenden structurlosen Membran und aus einem homogenen feinkörnigen Inhalt bestehe. Ausser den Beobachtungen über die Vorticellinen und Acinetinen enthielt meine Schrift noch mancherlei neue Thatsachen über verschiedene andere Infusorien, namentlich bereicherte sie die Naturgeschichte der Gattungen Volvox, Chilo- don , Trichodina, Opalina, Phacelomonas und des Uoxodes bursaria , der sich in jeder Beziehung als ein wahres Paramaecium erwies und daher fortan Param. bursaria genannt wurde. Cohris Beobachtungen über die Organisation dieses Thieres und seine Fortpflanzung durch lebendige Junge , so wie Weisse's Entdeckung der Brutbildung bei Chlorogonium euchlorum wurden bestätigt und zum Theil erweitert. Ausser in den bereits oben angeführten Fällen wurde die Cystenbildung noch bei Volvox globator und dem erst von mir unterschiedenen Volvox minor, ferner bei Chilodon cucullulus , Stylonychia pustulata , Glaucoma scintillans und bei einer neuen Nassula (N. ambigua) nach- gewiesen. Sowohl bei Acinetinen , als auch bei Actinophryen beobachtete ich einen Conjugationsact, in diesem konnte ich jedoch keine Beziehung zur Fortpflanzung erkennen, da ich bei Actinophrys oculata nicht selten drei, vier und mehrere Individuen mit einander conjugirt antraf. In Betreff der Organisation der Infusionsthiere führten .alle meine Untersuchungen , wie auch die von Colin , zu dem Resultate, dass Dujardiris und v. Sicbold's Ansichten von der Infusorienorganisation im Wesentlichen die richtigen gewesen waren. Die von mir aufgestellte Lehre, dass die Acinetinen in den Entwickelungskreis der Vorticellinen gehören — man hat sie als die Acinetentheorie bezeichnet — war ohne Zweifel diejenige Seite in meinen Arbeiten , welche eine nur sehr unvollkommene Begründung erhalten hatte, sie wurde daher auch sehr bald von den verschiedensten Seiten her heftig angegriffen. Die ersten gewichtigen Einwürfe gegen die Acinetentheorie rühren von Cienkowski her. Durch meine Arbeiten angeregt , hatte dieser Forscher sich die Aufgabe gestellt , den Encystirungsprozess bei möglichst vielen Infusorienformen nachzuweisen1). Es gelang ihm dies auch für eine ziemliche Anzahl dadurch, dass er Objeclgläser, aufweichen bestimmte Infusorienformen in einem Wassertropfen isolirt waren, auf Klötze in eine nur am Boden mit Wasser erfüllte Untertasse stellte, die dann mit einer Glastafel bedeckt wurde. Auf diese t) »Ucber Cvsteubildung bei Infusorien.« Zeitschrift für Wissenschaft!. Zoologie 1855. Band VI. S. 301—6. 12 48 Weise wurde die Verdunstung des Wassers auf den Objectgläsern verhindert und ein und dasselbe lnfusionsthier konnte mehrere Tage lang in seinem kleinen Wasserraume verfolgt werden. Nach 2 — 7 Tagen gingen viele der zu den Versuchen verwendeten Infusorien in den ruhenden Zustand über. An den Cystenzuständen einer Nassula , die Cienkowski zuerst als N. viridis Duj. bestimmte, in der er aber später meine N. ambigua erkannte, wurde eine ganz ähnliche Entwickelung und Geburt von lebendiger Brut beobachtet, wie ich an den Cysten der Vorticella micro- stoma nachgewiesen habe. Im Innern des encystirten Nassulakörpers bilden sich nämlich rundliche Blasen , diese verlängern sich in einen die Cystenwand durchbohrenden Schlauch , letzterer platzt an der Spitze und es quillt ein kugliger Haufen von monadenarligerBrut hervor, die Cienkowski als Schwärmsporen bezeichnet. Aehnliche Schläuche, nur in geringerer Anzahl, hatte auch ich oft in den Vorticellencysten auftreten und Brut liefern sehen. Cienkowski hatte auch die von mir als die Acinetenform der Vorticella microstoma betrachtete Podophrya fixa auf die vorhin angegebene Weise isolirt, und er machte nun die wichtige Beobachtung, dass sie sich ebenfalls encystirte und jene kurzgestielten quergerippten Cysten lieferte, die mir so häufig zwischen den Cysten der Vorti- cella microstoma begegnet und von mir für directe Uebergangsstufen der Vorticellencysten in Podophryen ange- sehen worden waren. In einem zweiten, speciell gegen die Acinetentheorie gerichteten Aufsätze giebt Cienkowski die näheren Details an1). Diese Angaben sind vollkommen richtig, wie ich mich selbst seit 183 5 durch eigene Beobachtung vielfach überzeugt habe. Es folgt jedoch hieraus weiter nichts, als dass die Podophryen nicht aus Vorticellencysten hervorgehen und dass sie deshalb nicht länger zum Entwickehmgskreis der Vort. microstoma gerechnet werden dürfen. Mit den Podophryen habe ich übrigens irriger Weise eine ganz verschiedene Acineten- form zusammengeworfen, die nicht, wie die Podophryen, im ganzen Umfange des Körpers gleichförmig mit Ten- takeln besetzt ist, sondern nur zwei bis vier Tentakelbüschel trägt (vergl. meine Schrift Taf. IV. Fig. 33 — 35. 38. 39. 41. 45 — 48 und Fig. 29). Sie ist der gewöhnlichste Begleiter der Vort. microstoma und in fauligen Infusionen überaus häufig, weshalb sie einstweilen den Namen Acineta infusionum führen mag; sie producirt auch allein die den Knospensprösslingen der Vorticellen so ähnlichen, nackten, mit einem Wimperkranze versehenen Schwärm- sprösslinge (Fig. 36. 37), nicht aber thut dies die Podophrya fixa2). Es bleibt daher immer noch eine auf Vort. microstoma beziehbare Acinetenform. die A. infusionum, übrig. Bei Podophrya fixa beobachtete Cienkowski nur eine Vermehrung durch Theilung, die jedoch von der sonst bei den Infusorien vorkommenden Theilung wesentlich verschieden ist. Nachdem sich nämlich der kugelförmige, überall dicht mit Tentakeln besetzte Körper im Aequator ringförmig eingeschnürt hat, nimmt das vordere Segment allmählig eine länglich ovale Gestalt an, die an demselben vorhandenen Tentakeln werden eingezogen und seine ganze Oberfläche (nicht blos das vordere Ende, wie Cienkowski angiebt) bedeckt sich mit einem sehr dichten und zarten Wimpcrkleide. Nun schnürt sich der vordere Theilungssprössling von dem hintern ab; während letzterer unverändert die Podophryenform beibehält, gleicht ersterer vollkommen einem ringsum bewimperten Schwärm- sprössling, er bewegt sich eben so gewandt, schwärmt eine längere oder kürzere Zeit umher, dann aber werden seine Bewegungen langsamer, und er bleibt bald ganz still liegen. Der Körper nimmt wieder die Kugelform an. die Wimpern verschwinden, und auf der ganzen Oberfläche treten die gewöhnlichen Tentakeln hervor. So erhalten wir zunächst eine ungestielte Podophrya , die später durch Absonderung eines Stieles die gewöhnliche Form annimmt. Ich selbst habe diese Vorgänge in neuerer Zeit unzählige Male verfolgt, niemals aber beobachtete ich im Innern einer Podophrya einen Schwärmsprössling ; ich schliesse daraus , dass der von einer Podophrya durch Querthei- lung sich abschnürende bewegliche Sprössling dem Schwärmsprössling anderer Acineten entspricht. Cienkowski hat endlich auch die Schwärnisprösslinge der so eben von mir als Acin. infusionum bezeich- neten Acinetenform beobachtet, und es gelang ihm, dieselben so lange zu verfolgen, bis sie wieder zur Buhe kamen. Sie verwandelten sich jedoch keineswegs in eine Vorticelle , sondern lieferten wieder eine Acinete. Diese 1) »Bemerkungen über Steins Acineten -Lehre.» Melanges biologiques lires du Bullet, de l'Acad. de St. Pelersbourg 1855. Tome II. |). 203—72. — 2) Die auf Taf. IV, Fig. 32 meiner Schrift abgebildete Podophrya fixa enthalt irrthümlieher Weise einen Schwärmsprössling. 49 Thatsache. so wie die übrigen von Cienkowski ermittelten Vorhältnisse waren natürlich der Acinetentheorie äusserst ungünstig und schienen sie völlig zu beseitigen. Cienkowski selbst folgerte jedoch daraus nur, dass die Acinelen- lehre lediglich für Vorlicella microstoma als hypothetisch und nicht auf Thatsachen begründet anzusehen sei. Auch Carler liess sich dadurch noch nicht bestimmen, den Gedanken, dass dennoch die Acinetinen in den Entwickelungs- kreis der Vorticellinen gehören könnten, aufzugeben, da er in den ostindischen Gewässern bei Bombay auf Epi- stylisstöcken ebenfalls wiederholt Acineten angetroffen hatte1). Mit der grössten Entschiedenheit trat dagegen 1856 ,/. Lachmann gegen die Acinetentheorie auf. In einer von gründlichen eigenen Forschungen zeugenden Abhandlung2) über die Organisation der Infusorien im Allgemeinen und die der Vorticellen insbesondere, auf die ich im folgenden Abschnitt specieller eingehen werde, wies Lachmann zuvörderst nach, dass die Acinetinen diejenigen Infusionsthiere, welche sie mit ihren Tentakeln ergriffen haben, mittelst derselben wahrhaft aussaugen. Während sich nämlich gewisse Tentakeln verkürzten und verdickten, erwei- tere sich ihr knopfförmiges Ende zu einer tellerförmigen Saugscheibe und durch diese dringe der Chymus des gefangenen Thieres in die Axe des Tentakels und ströme durch diese in den Acinetenkörper; jeder Tentakel sei mithin ein wirklicher Säugrüssel. Dies ist, wie ich jetzt aus eigener Erfahrung weiss, für die Acinetinen mit retrac- tilen Tentakeln durchaus richtig, allein bei Dendrocometes paradoxus und Acineta digitata muss dennoch eine andere Nahrungsaufnahme stattfinden. Denn die dicken fingerförmigen Tentakeln der A. digitata sind zugespitzt und kaum an der Spitze ein wenig biegsam, geschweige denn in einen Saugnapf ausdehnbar; dasselbe gilt von den zugespitz- ten Endästen der ganz starren, regungslosen Arme von Dendrocometes. Auf letzteres Geschöpf, das doch überall so leicht zur Untersuchung zu haben ist und der Acinetentheorie besonders zur Stütze gedient hat, ist Lachmann überhaupt gar nicht eingegangen. Die Gründe, welche von Lachmann gegen die Acinetenlehre vorgebracht werden, sind im Wesentlichen dieselben, wie die von Cienkowski. Lachmann hebt zunächst hervor, dass die directe Umwandlung der Vaginicola crystallina in Acineta mystacina durch die von mir mitgetheillen Beobachtungen noch keineswegs überzeugend bewiesen werde, und dass sie überhaupt höchst unwahrscheinlich sei, worin ich ihm Becht gebe. Wenn Vorticellen isolirt wurden, so wurden zwar häufig genug die Cystenzustände , aber keine Fortentwickelung derselben zu Aci- neten beobachtet. Bei zwei Acinetenformen verfolgte endlich Lachmann den ausschwärmenden Sprössling, den er als Embryo bezeichnet und den er sich innerhalb einer abgeschnürten Portion des Nucleus entwickeln lässt, bis zur Verwandlung, und es ergab sich, dass der Schwärmsprössling wieder zu einer Acinete wurde. Einen grossen Theil seiner Untersuchungen hat Lachmann gemeinschaftlich mit E. Claparede angestellt. Beide haben eine bedeutende Anzahl wichtiger Entdeckungen, namentlich während eines längeren Aufenthaltes an den norwegischen Küsten gemacht, worüber sich bereits in Lachmanns Abhandlungen reiche Andeutungen finden. Die Besultate ihrer Forschungen wurden in einer gemeinsamen Arbeit niedergelegt, welche 1858 mit der einen Hälfte des Preises gekrönt wurde, welchen die Pariser Academie der Wissenschaften für die genauere Erforschung der Fortpflanzungs- und Entwickelungsverhältnisse der Infusionsthiere ausgesetzt hatte; die andere Hälfte des Preises wurde der ausserdem nur noch coneurrirenden Arbeit von N. Lieberkühn zuerkannt. Beide Preisschriften liegen leider noch nicht gedruckt vor, jedoch haben Claparede und Lachmann einen Auszug aus ihrer Arbeit ver- öffentlicht3), der das Hauptergebniss ihrer entwickelungsgeschichtlichen Forschungen zusammenfasst. Von Lieber- kühn kenne ich nur zwei frühere Aufsätze. Der eine: »Beiträge zur Anatomie der Infusorien«4), bezieht sich hauptsächlich auf die Organisation der Ophryoglena flavicans und Bursaria flava, bei denen Lieberkühn ein eigen- thümliches, räthselhaft gebliebenes, uhrglasförmiges Organ in der Umgebung der Mundspalte entdeckte; ausserdem werden neue Thatsachen über die contractilen Behälter und deren gefässartige Fortsetzungen bei verschiedenen Infusorien mitgetheilt und daraus gefolgert, dass dieses System der Circulalion der Säfte vorsiehe. In dem zweiten 1} Annais of natural history. Vol. 20. p. 21 — 41. — 2) Müllers Archiv 1856. S. 340 — 98. — 3) »Note sur la reproduclion des Infusoires.« Annales des seien, nal. 1857. IV. Ser. Tome VIII. p. 221 — ii. — 4 Müller's Archiv 1856. S. 20 — 36. Sic in, Organismus der Iiifusionsl liiere. io 50 Aufsatz: »Ueber Protozoen«1), bestätigt Lieberkühn meine Angaben über die Entwickelnng des Schwärmsprösslings von Acineta infusionum (Taf. IV. Fig. 47 meiner Schrift) für eine Acinete der Fischkiemen , was der Behauptung Lachmann 's gegenüber, dass der Schwarmsprössling sich in einem abgeschnürten Nucleusstücke entwickele, von Wichtigkeit ist. Ferner bestätigte Lieberkühn die von mir beobachtete Conjugation mehrerer Individuen von Actino- phrys; spater sah er die conjugirten Individuen sich wieder von einander trennen. Irgend welche Folgen dieses Vorganges Hessen sich durchaus nicht nachweisen. Was nun die Arbeit von Claparede und Lachmann betrifft, so geht dieselbe abermals von meiner Schrift aus, der das Verdienst zugestanden wird, eine ganz neue Epoche in der Entwickelungsgeschichte der Infusions- thiere begründet zu haben. Dies hindert natürlich nicht, die Acinetentheorie aufs Aeusserste zu bekämpfen. Die Verfasser beobachteten die Schwärmsprösslinge von 1 1 verschiedenen Acinetenformen ; für den Namen Acineta führen sie ohne triftigen Grund2) die Benennung Podophrya ein, die Schwärmsprösslinge bezeichnen sie als Em- bryonen. Die Gründe gegen die Acinetentheorie sind, bis auf einen, die alten, sie werden diesmal von sehr umfas- senden Untersuchungen der Epistylis plicatilis hergenommen , die zu merkwürdigen Resultaten führten. Auf dem Stocke dieser Epistylisart wurde dieselbe Acinetenform angetroffen, die ich so häufig auf ihr beobachtete und als eine Entwickelungsstufe der E. plicatilis betrachtete; die Verfasser bezeichnen sie als Podophrya quadripartita3). Sie sahen den aus ihr hervortretenden, durch den Besitz eines Wimperkranzes characterisirten Schwarmsprössling nach kurzer Zeit des Herumschweifens sich wieder auf dem Epistylisstocke niederlassen und in eine Acinete um- wandeln; zuerst verschwand der Wimperkranz, dann traten an zwei Puncten der Oberfläche Tentakeln hervor und etwas später begann die Ausscheidung eines Stieles. Hinsichtlich der von mir beschriebenen, kurzgestielten Epi- styliscysten, welche oft so zahlreich auf der Unterlage des Epistylisstocks vorkommen, wurde beobachtet, dass das eingeschlossene Thier später die Cyste wieder durchbricht, aus derselben auf einem neu gebildeten Stiele hervor- wächst und so die Grundlage eines neuen Epistylisstockes wird, dessen Basis von dem napfförmigen Reste der Cyste umfasst wird. Ausserdem wurde aber noch eine ganz andere Art von Cysten aufgefunden, welche auf dem Epistylisstocke selbst und zwar an den Enden der Zweige sassen. Sie enthielten entweder einen lebhaft rotirenden, auf der ganzen Oberfläche wimpernden und mit vielen contractilen Hohlräumen versehenen Körper, der sich beim Ausschlüpfen aus der Cyste als ein Amphileptus zu erkennen gab; oder es steckte in der Cyste der noch mit seinem Stiele in Verbindung stehende Epistyliskörper, und über diesen war der sich bald nach links, bald nach rechts bewegende Amphilcptuskörper so herüber gestülpt, wie der Handschuh über einen Finger. Zuletzt drehte der Amphileptus den Epistyliskörper von seinem Stiele ab, der contrahirte Epistyliskörper lag nun ganz im Innern des Amphileptus, und letzterer begann sofort seine unaufhörlichen kreisenden Bewegungen in der Cyste. Claparede und Lachmann deuten diese seltsamen Erscheinungen so und wollen dies auch einmal direct beobachtet haben, dass ein gewöhn- licher Amphileptus ein Epistyüsthier von vorn her mit seinem weiten Munde ergreife und sich dergestalt über das- selbe hinüberwürge, bis der Epistyliskörper ganz im Innern des Amphileptuskörpers liege; alsdann ziehe sich der Amphileptus kuglig zusammen und sondere eine Cyste ab. Wenn nichts weiter vorläge, als dass Epistylisthierchen von Amphileplen gefressen würden, so würde sich doch wohl schwerlich constant um den Amphileptus und seine Beute eine Cyste bilden. Mir will es scheinen, als hätten wir es hier mit noch lange nicht genügend erforschten Ver- hältnissen zu thun. Ich selbst habe schon bei meinen allerersten Beobachtungen der Epistyl. plicatilis im Jahre I847 die in Rede stehenden Cysten kennen lernen; sie kamen mir jedoch nur sehr vereinzelt vor und enthielten stets blos einen auf der ganzen Oberfläche wimpernden, lebhaft rotirenden Körper, den ich nicht ausschlüpfen sah. \) Zeitschrift für Wissenschaftliche Zoologie 1856. Band VIII. S. 307' — 10. — 2) Der Podophrya lixa Ehby. am nächsten verwandt ist die Acineta mystacina Ehbg. ; letztere hätte also höchstens Podoph. mystacina genannt werden können. — 3) Da die Einschnitte am vordem Ende des Acinetenkörpers nur sehr seicht sind und nur bis zur Mitte reichen, so zog ich oben die Bezeichnung quadriloba für diese Acinetenform vor. 51 Die Cyste war eben so innig mit dorn Ende der Stockaste verwachsen , wie dies sonst bei Epistyliscysten der Fall ist. Da ich nicht wusste, was ich mit diesen Cysten anfangen sollte, so habe ich sie in meiner Schrift ganz mit Stillschweigen übergangen. Claparede und Lachmann beobachteten auch auf Carchesium die angeblich parasitischen Amphilepluscysten. Auf Epistylis plicatilis entdeckten sie noch ein sehr merkwürdiges Geschöpf, welches sie Urnula Epistylidis nennen und worin sie einen parasitischen Rhizopoden erkennen wollen; ich komme darauf spater zu sprechen. Nach diesen Erfahrungen musste auch die auf Epist. plicatilis so vielfach angetroffene Acinetenform mehr und mehr als ein blosser Parasit erscheinen. Den entschiedensten Beweis, dass sie nicht in den Enlwickelungs- kreis der Ep. plicatilis gehören könne, finden aber Claparede und Lachmann darin, dass sie im Innern des letztern Thieres sich auf dieselbe Weise Embryonen entwickeln sahen, wie bei den Acinetinen. und damit falle jeder Grund weg, weshalb sich ein Epistylisthier in eine Acinete verwandeln solle. Betrachten wir zunächst die Thatsache selbst. Wenn Epistylisthierchen Embryonen erzeugen, so thun dies gewöhnlich alle oder doch die meisten Individuen eines Stockes und man erkennt die fruchtbaren sogleich daran, dass sie an der Seite des Körpers einen an der Spitze durchbohrten Höcker, eine Art os uteri , besitzen , durch welchen die Embryonen nach aussen hervortreten. Letztere entwickeln sich ebenfalls vom Nucleus aus, indem sich von diesem ein Stück abschnürt, welches entweder selbst zum Embryo wird oder betrachtlich aufschwillt und dann in seinem Innern eine Anzahl rundlicher oder ovaler Körperchen entwickelt. Jedes dieser Körperchen wird ein Embryo, der mit einer contraclilcn Blase und einem Wimperkranze versehen ist und mittelst desselben sich nach und nach von seiner Bildungsstätte durch die Leibessubslanz hindurch bis zur Basis des nach aussen geöffneten Höckers bewegt. So wie der Embryo geboren war, bewegte er sich so stürmisch durch das Wasser, dass sein weiteres Schicksal nicht erforscht werden konnte. Claparede und Lachmann nehmen ohne Weiteres an, dass sich der Embryo früher oder später direct in ein Epistylisthier verwandeln werde. Grade dieser Punct hätte aber auf das Zuverlässigste bewiesen werden müssen, wenn die Acinetentheorie wirklich widerlegt sein sollte. Der Epistylisembryo gleicht offenbar ganz und gar dem Schwärmsprössling der Acineta quadriloba, er muss also doch jedenfalls einmal dieselbe Metamorphose durch- machen, die ich für den letztern voraussetzte und die meinen Gegnern so unwahrscheinlich erschien. Wenn sich nun aber herausstellen sollte, was für mich kaum noch zweifelhaft ist, dass die Epistylisembryonen in Folge einer geschlechtlichen Zeugung entstehen, ist es dann wohl nolhwendig, oder auch nur sehr wahrscheinlich, dass die Epistylisembryonen, die so viel kleiner sind, als die gewöhnlichen Epistylisthiere und eine wesentlich andere Orga- nisation besitzen, sofort wieder ein Epistylisthier liefern werden? Kann nicht vielmehr ein Generationswechsel eintreten und der Epistylisembryo auf dieselbe Weise, wie der ihm gleiche Schwärmsprössling der Acinete, sich in eine Acinete umbilden, die eine Zeit lang auf ungeschlechtlichem Wege nur ihres Gleichen producirt, um zuletzt mit einer Schwärmsprösslingsgeneration zu endigen, die wieder die Form des Epistylisthieres annimmt? Es ist das freilich einstweilen nur eine Hypothese, sie erklärt aber ganz einfach das immer wieder constatirte Zusammen- vorkommen von Vorticellinen und Acinetinen, und sie ist nicht im Widerspruch mit den in anderen Thierklassen nachgewiesenen Entwickelungsgesetzen. Von einer Umwandlung encystirter Vorticellinen in Acinetinen kann natürlich fernerhin nicht mehr die Rede sein ; diese Seite der Acinetentheorie ist hinlänglich von ihren Gegnern widerlegt und von mir selbst schon 1856 auf der Nalurforscherversammlung in Wien als irrig bezeichnet worden. Keineswegs ist aber über allen Zweifel festgestellt, dass die Acinetinen wirklich selbstständige Infusionslhierc sind, im Gegentheil , es existiren Thatsachen, die mir mit dieser Ansicht unvereinbar erscheinen. Von diesen Thatsachen, die Claparede und Lach- mann gänzlich ignoriren, bin ich bereits auf der Naturforscherversammlung in Wien ausgegangen, um der Acineten- Iheorie eine neue Basis zu geben1). Die Embryonen sehr verschiedenartiger Infusionsthiere (z.B. von Paramaecium, \) Tageblatt der 3 2. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Wien im Jahre (856. No. 3. S. 53. 13* 52 Stylonychia und Urostyla) tragen nämlich alle Charactere der Acinetinen an sich, sie besitzen bei gleich einfacher innerer Organisation genau dieselben aus- und einziehbaren, am Ende geknöpften Tentakeln, wie die Acinetinen, sie können sich mittelst derselben an anderen Infusionsthieren festsaugen und ihnen Körpersafte entziehen , und sie verwandeln sich, so weit meine Erfahrungen reichen, nie direct in das Mutterthier, sondern nachdem sie die Form einer ungestielten Podophrya angenommen haben, vermehren sie sich genau auf dieselbe Weise, wie Podophrya, durch Quertheilung. Die näheren Angaben hierüber sind in den folgenden Abschnitten enthalten. Wenn nun die Uebereinstimmung zwischen dem Embryo z. B. von Paramaecium bursaria und dem Theilungssprössling von Podo- phrya fixa so vollkommen ist, dass sich auch nicht der leiseste Unterschied zwischen beiden auffinden lässt, wenn ferner jener Embryo bis zur Umwandlung in eine ungestielte Podophrya verfolgt und an dieser die Theilung in derselben Weise beobachtet wurde , wie an grossem ungestielten und gestielten Podophryen , so ist gewiss der Schluss erlaubt, dass die Podophryen keine selbstständigen Infusionsthiere sind, sondern nur eine acinetenartige Entwickelungsphase der Paramäcien darstellen. Dies sind die Gründe, die mich bestimmen, die Acinetentheorie auch jetzt noch aufrecht zu erhalten, jedoch in einer wesentlich modificirten Gestalt; ich nehme nämlich an, dass sehr verschiedene höhere Infusionsthiere während ihrer Entwickelung ein acinetenarliges Stadium durchlaufen und dass dieses unmittelbar aus der Embryonalform hervorgeht. Ich habe bereits von Embryonen der Infusionsthiere gesprochen; dieser Ausdruck setzt voraus, dass wir es mit einer Nachkommenschaft zu thun haben, die auf dem Wege einer geschlechtlichen Zeugung entstanden ist. Die Entdeckung derselben gehört zu den bedeutendsten Errungenschaften der neuesten Zeit. Zuerst wurde, wie wir bereits oben sahen, bei geissellragenden Infusionsthieren eine geschlechtliche Fortpflanzung nachgewiesen. Die ersten auf die geschlechtliche Zeugung der bewimperten Infusionsthiere bezüglichen Thatsachen wurden von J. Müller, Lieberkühn, Claparede und Lachmann entdeckt1), doch wagten diese Forscher noch nicht, ihren Beobachtungen eine entschiedene Deutung zu geben ; nur Claparede und Lachmann sprachen sich in einem Nachtrage zu dem Auszuge aus ihrer Preisschrift2) bereits zu Gunsten einer geschlechtlichen Fortpflanzung bei den Infusionsthieren aus. Aber erst E. G. Balbiani wies 1858 mit überzeugenden Gründen dieselbe bei Paramaecium bursaria nach3), indem er zeigte, dass unter gewissen Umständen der Nucleus dieser Thiere als Geschlechtsorgan fungire und zwar der eigentliche Nucleus als weibliches, der Nucleolus als männliches Organ. Ich ziehe es vor, diese neuesten, noch in der ersten Entwickelung begriffenen Entdeckungen im folgenden Abschnitt im Zusammenhange mit meinen eigenen gleichzeitigen Beobachtungen über die geschlechtliche Fortpflanzung der Infusorien zu besprechen. Schluss. Begriffsbestimmung der Infusionsthiere. Fassen wir alle neueren Infusorienforschungen zusammen, so ergiebt sich das erfreuliche Resultat, dass über den Onjanisationscebalt der Infusionsthiere kaum noch erhebliche Meinun^sdifferenzen herrschen. Vollkommen einig ist man darüber, dass die Infusionsthiere nicht jene complicirte innere Organisation besitzen, die ihnen der Begründer der neueren Infusorienkunde vindicirte und dass seine Olgandeutungen in den Hauptpuncten durchaus verfehlt waren. Es haben sich bei den Infusorien weder Muskeln, noch Nerven und eigentliche Sinnesorgane nachweisen lassen; nur bei den contractilstieligen Vorticellinen pflegt man noch fast allgemein den dunklen Streifen in der Axe 1) Joh. Müller »Einige Beobachtungen an Infusorien. « Monatsberichte der Berliner Academie. Juli 1856. S.390 — 92. — 2) A.a.O. S. 243—44. — 3) Note relative a l'existence d'une generation sexuelle chez les Infusoires par E. G. Balbiani. Journal de la Physiologie publ. par E. Brown- Sequard. Paris I8S8. p. 347 — E52. 53 des Stiels als Muskel zu bezeichnen. Da jedoch hei den übrigen Infusorien, auch wenn sie der energischsten Con- traclionen fähig sind, keine gesonderten contractilen Fasern aufgefunden werden können ; da ferner Muskeln Nerven voraussetzen, die doch nicht vorhanden sind, so kann ich in dem sogenannten Muskel jener Vorticellinen nur eine strangförmige Fortsetzung des contractilen Kürperparenchyms erblicken. Auch eine Zusammensetzung aus Zellen oder zellenähnlichen Elementen hat sich bei keinem lnfusionsthiere erkennen lassen ; stets besteht der Körper aus einer homogenen, ungeformten, mehr oder minder contractilen Substanz. Mit den überzeugendsten Gründen ist ferner dargethan und allseitig anerkannt worden, dass die lnfusionsthiere keine polygastrischenThiere sind, und dass sie überhaupt kein gesondertes Verdauungsorgan besitzen; die Nahrungsstoffe gelangen oft durch einen mehr oder weniger entwickelten Schlund in das Innere des Körpers, hier aber werden sie stets von der umgebenden Körper- substanz verdaut. DerNucleus hat sich unbestreitbar als das wahre und einzige Forlpflanzungsorgan der Infusorien herausgestellt; eine geschlechtliche Fortpflanzung existirt zwar, aber in einer ganz anderen Weise, als Ehrenberg annahm. Ueber die Bedeutung der contractilen Behalter sind die Meinungen noch getheilt, jedoch darin vollkommen einig, dass sie in keiner Beziehung zu geschlechtlichen Functionen stehen. Von den meisten neueren Forschern werden sie als die herzartigen Mittelpuncte eines sehr unvollkommen entwickelten Blutkreislaufssyslems angesehen; ich theile diese Ansicht nicht, sondern ich werde zu zeigen suchen, dass die contractilen Behälter und ihre gefäss- artigen Fortsetzungen dem Wassergefässsystem der Raderthiere, Turbellarien und vieler Würmer entsprechen. Auch über die Begrenzung der lnfusionsthiere hat man sich immer mehr ein und demselben Ziele genähert. Dass die Raderthiere ganz aus dem Verbände mit den Infusionsthieren zu lösen sind, ist langst und allgemein anerkannt; nur darüber bestehen noch Differenzen, ob sie dem Kreise der Würmer, oder dem der Arthropoden einzureihen sind. Ich entscheide mich für die erstere Ansicht und betrachte die Iläderthiere als die unterste Klasse im Kreise der Würmer, die sich durch die Ichlhydinen am nächsten an die Turbellarien anschliesst; auf letztere lasse ich die Entozoen und dann die Annulaten folgen. Allgemeine Zustimmung hat ferner die Aufstellung der Rhi- zopodenklasse gefunden, und dieser müssen natürlich die so lange zu den Infusionsthieren gerechneten Amöbaen, Arcellinen und Aclinophryen einverleibt werden. An den Closterinen und Bacillarien Ehrenberg's, die vielfach Gegenstand neuerer umfassender Untersuchungen gewesen sind, hat kein unzweifelhaft thierischer Character nach- gewiesen werden können; das von Ehrenberg angenommene Bewegungsorgan hat Niemand bestätigt, und auch die nur bei einigen Naviculen und unter ungewöhnlichen Verhältnissen beobachtete Aufnahme von Indigo- und Carminpartikelchen hat alle Beweiskraft für die thierische Natur dieser Organismen verloren, seitdem TA. Hurtig entdeckt hat, dass auch der Kern der Pflanzenzellen Indigotheilchen aufzunehmen vermag. Wir werden daher die Closterinen und Bacillarien dem Pflanzenreiche überweisen müssen. Dasselbe gilt auch von den Vibrionien , wie bereits oben (S. 38j näher dargethan wurde. Dagegen müssen die Volvocinen, die bereits eine Zeit lang als Pflanzen behandelt wurden, aus den S. 37 angeführten Gründen wieder ihren Platz unter den Infusionsthieren einnehmen. Auch Claparede und Lachmann vertreten diese Ansicht. Von den 2i Familien der poh gastrischen Infusorien Ehrenberg's bleiben also nur die folgenden 19 als Be- stand der eigentlichen lnfusionsthiere übrig: 1) Monadina. 2) Cryptomonadina, 3) Volvocina (nach Ausschluss der Gattung Gyges und nach Beschränkung der Galtung Gonium auf G. pectorale) , 4) Hydromorina , 5) Astasiaea, 6) Dinobryina , 7) Cyclidina, 8) Peridinaea. 9) Vorticellina , 10) Ophrydina, 11) Enchelia (nach Ausschluss von Actinophrys und Trichodiscusj, 12) Colepina, 1 3) Trachelina, 1 4) Ophryocercina, 1 5) Aspidiscina, 1 6) Colpodea, 17) Oxytrichina, 18)Euplola. Hierzu kommen 1 9) die Acinetina (Acineta . Podophrya, Dendrosoma), von denen sich noch nicht mit Sicherheit sagen lässt, ob sie selbständige lnfusionsthiere oder ob sie nur Entwickelungs- stufen anderer Infusorienformen sind. An diesen Kreis von Formen schliessen sich alle späteren Entdeckungen leicht und ungezwungen an. Ein gemeinsamer Plan der Organisation zieht sich durch alle diese Formen hindurch und schliesst sie zu einer durchaus natürlichen Klasse des Thierreichs zusammen. Sie besitzen nämlich sämmllich äussere Wimpern, Stein, Organismus der lnfusionsthiere. ]4 54 wenn auch bisweilen (die Acinelinen) nicht für die ganze Lebenszeit, und ihre innere Organisation ist so einfach, dass man sie hiernach als Protozoen bezeichnen nniss. Folgender Character dürfte die Infusionsthiere genügend sowohl von allen andern Thieren. wie auch von den ihnen ahnlichen vegetabilischen Organismen unterscheiden. »Die Infusionsthiere sind mit äussern Wimpern ausgerüstete Thiere , deren homogenes, durchsichtiges,« »nie aus Zellen oder Zellenderivalen zusammengesetztes Körpergewebe wenigstens an gewissen Stellen willkühr- « »licher Contractionen und Expansionen fähig ist. Ein abgeschlossener Darmkanal und ein besonderes Verdauungs-« »organ fehlen ihnen gänzlich; desgleichen auch Muskeln und Nerven. Alle besitzen ein scharf umschriebenes« »inneres drüsenartiges Organ ohne Ausführungsgänge. den Nucleus. welcher wenigstens bei den höheren Formen« »entschieden als Forlpflanzungsorgan fungirt. Die meisten, vielleicht alle, sind mit inneren contraclilen Behältern« »versehen, welche sich abwechselnd aus der umgebenden Leibessubstanz, oft durch besondere zuführende Kanäle, « »mit einer wässerigen Flüssigkeit füllen und dieselbe dann wieder austreiben (wahrscheinlich direct oder mittelbar« »nach aussen). Ihre gewöhnlichste Fortpflanzung besteht in der freiwilligen Theilung, die jedoch noch nicht bei« »allen nachgewiesen ist. Wahrscheinlich gehen alle zeitweis durch Encystirung in einen ruhenden Zustand über,« »welcher auch die Erhaltung der Art sichert, wenn derselben die gewöhnlichen Lebensbedingungen mangeln.« Die Infusionsthiere gehören in den Kreis der Protozoen. Innerhalb desselben bilden sie eine eigene und zwar die am höchsten stehende Klasse. Zweiter Abschnitt. Lieber die Organisation der Infnsionsthiere im Allgemeinen. 1. Vom Körperparenchyin der Infnsionsthiere. Die Grundmasse, aus welcher der Infusorienkörper geformt ist, nennen wir das Körperparenchyin. Dieses besieht aus einer ganz gleichartigen, klaren, durchsichtigen, von sehr feinen Molecularkörperchen mehr oder weniger getrübten Substanz, welche auch mit den allerslärksten Vergrösserungen und bei Anwendung der verschiedenartigsten Reagentien keine Spur von Zusammensetzung aus bestimmt geformten und gruppirten Ele- menten erkennen lässt, also in Wahrheit amorph ist. Während sich der Körper aller andern, nicht in den Kreis der Protozoen gehörigen Thierformen aus Zellen aufbaut, die in verschiedenartige Gewebe von bestimmter physiologi- scher Wirksamkeit umgewandelt werden, zeigt das Parenchym der Infusorien und der Protozoen überhaupt niemals eine zellige oder auf Zellen zurückfuhrbare Slructur; ihr Körper ist zu keiner Zeit ihres Lebens ein Complex von Zellen. Hieraus folgt jedoch ganz und gar nicht, dass die Protozoen einzellige Organismen seien, wofür sie v. Siebold, Kölliker und nach ihnen verschiedene jüngere Forscher ausgegeben haben. Dazu sind die morphologischen Diffe- renzirungen, die im Körperparenchyin namentlich der höheren Infusionsthiere auftreten, viel zu eigenthümlich ; auch erreichen sie einen Grad von Complication, bis zu welchem eine blosse Zelle niemals fortschreitet. Das Parenchym der Infusionsthiere ist zwar eine völlig structurlose, aber darum doch keineswegs unter- schiedslose Substanz. Nicht nur bei den verschiedenen Infusorienformen zeigt das Parenchym ein sehr verschie- denes Verhalten hinsichtlich seiner Consistenz, sondern auch bei einer und derselben Art sind in der Richtung von aussen nach innen mehr oder weniger beträchtliche Unterschiede in der Dichtigkeit des Parenchyms wahrzunehmen. Stets besitzt wenigstens das Parenchym an seiner äussersten Gränze einen viel höheren Grad von Cohäsion und Resistenz, als weiter nach innen zu. Je weicher und nachgiebiger das gesammte Parenchym eines Infusionsthieres ist, und je weniger die äussern Schichten in der Dichtigkeit von den innern differiren, um so mehr kann der Körper seine Totalform verändern, sich lang ausrecken und bis zur Kugelform zusammenziehen, sich nach den verschie- densten Richtungen biegen, krümmen und winden. Wir wollen dergleichen Infusionsthiere im Allgemeinen als metabolische bezeichnen. Unter den metabolischen Infusionst liieren zeichnen sich viele noch dadurch aus, dass ihr Körper plötzlich aus dem Zustande seiner grössten Ausdehnung in den seiner grössten Verkürzung übergehen kann; diese unter- scheiden wir als schnei lende Infusionsthiere, z. B. Vorlicellinen, Ophrydinen, Stentor. Spirostomum ambiguum, Lacrymaria, Tracheiocerca. Das Schnellvermögen muss bei der Aufstellung von Gattungen berücksichtigt werden, und es können schnellende und nicht schnellende Formen nicht wohl in einer Galtung vereinigt bleiben. Dies lehrt recht augenfällig die Gattung Spirostomum; denn das nicht schnellende Spirost. virens unterscheidet sich auch durch andere Charactere, namentlich durch einen sehr entwickelten, im Innern wimpernden Schlund sehr wesentlich von dem schnellenden, schlundlosen Spirost. ambiginim. Aus der erstem Art bilde ich daher eine neue Gattung Clima- costomum. Den metabolischen Infusionsthieren stehen die formbeständigen gegenüber; ihr Parenchym hat bis zu einer mehr oder weniger beträchtlichen Tiefe eine viel grössere Consistenz und zähere Beschaffenheit, als das weiter nach innen zu gelegene Parenchym. Sie vermögen daher die Totalform des Körpers entweder gar nicht, oder doch nur in einem geringen Grade zu verändern; niemals kann sich der Körper lang ausstrecken und kugel- 14* 56 förmig zusammenziehen, noch können gegenüberliegende Rander der Körperperipherie einander bis zur Berührung genähert werden. Nur in seiner Totalitat vermag sich der Körper etwas zu krümmen und zu winden, auch wohl ein wenig zu strecken und zu verkürzen. Als Beispiele formbeständiger Infusorien nenne ich: Paramaecium, Ophryo- elena. Nassula, Pleuronema, Urocenlrum, Chlamydodon, Prorodon, Holophrya, Bursaria. Eine besondere Unterabtheilung der formbeständigen Infusorien bilden die gepanzerten Infusorien. Uuter diesem Namen begreife ich nur diejenigen formbeständigen Infusorien, bei welchen eine massig dicke Schicht des äussersten Parenchyms fast ganz starr und glasartig durchsichtig geworden ist und ihr selbstständiges Contractions- vermögen eingebiisst hat. Diese Schicht, der Panzer, kann nicht wohl ein Absonderungsproduct des gesammten Körpers sein, wie Colin annimmt1); denn zwischen dem Panzer und dem innern contractu bleibenden Parenchym eiebt es keine sichtbare Gränze, beide gehen ganz allmahlig in einander über, und sie hangen so innig zusammen, dass sie weder durch mechanische Manipulationen , noch durch chemische Einwirkungen von einander gesondert werden können. Bei Anwendung von Essigsaure, die sich sonst so wirksam zeigt, wenn es sich um die Trennung innig verbundener Theile handelt, schrumpft der Körper der gepanzerten Infusorien unter den verschiedenartigsten Aufblähungen, Krümmungen und Verwerfungen des gesammten Parenchyms zusammen, niemals aber hebt sich der Panzer als ein für sich bestehendes Gebilde ab. Gepanzerte Infusorien sind z. B. Stylonychia, Euplotes. Aspidisca, Spirochona, Coleps, Peridinium. Prorocentrum und Cryptomonas. Zwischen den vier, nach der Beschaffenheit des Körperparenchyms von mir unterschiedenen Gruppen von Infusionsthieren giebt es keine scharfen Gränzen, sondern sie gehen durch zahlreiche Zwischenformen in einander über, und das Urtheil bleibt oft schwankend, ob man eine gegebene, Form in die eine oder andere Gruppe bringen soll. Es lässt sich daher die Beschaffenheit des Körperparenchyms nicht zu einem Haupteintheilungsgrunde der Infusionsthiere benutzen, wie von Ehrenberg und neuerlich wieder von Perty geschehen ist, sondern man wird davon höchstens bei Aufstellung der Gattungscharactere Gebrauch machen können. Eltrenberg unterschied nur zwei Kategorien von Infusionsthieren. die gepanzerten und die panzerlosen. Zu den gepanzerten rechnete er auch alle diejenigen Infusorien . welche entweder ein Gehäuse bewohnen, wie die Gattungen Vaginicola, Cothurnia, Trache- lomonas. Chaetoglena, Dinobryon und Lagenella, oder auf einer von dem Körper abgesonderten Gallerle aufsitzen, wie Ophrydium. oder von einer solchen umschlossen werden, wie die Volvocinen. Diese Gebilde können aber doch unmöglich mit dem Panzer identificirt werden, der stets einen integrirenden Bestandteil des Körpers, und nicht ein todtes Absonderungsproduct desselben darstellt. Als panzerlose Infusorien wurden alle übrigen metabolischen und die meisten formbeständigen Infusorien im engeren Sinne zusammengefasst. Abgesehen von diesen logischen Mängeln, leidet die Eintheilung der Infusionsthiere in gepanzerte und panzerlose auch noch daran, dass sich beide Gruppen noch immer nicht scharf genug von einander unterscheiden, sondern ganz unmerklich in einander über- gehen. So sehe ich z. B. nicht ein, warum die Gattung Stylonychia von Ehrenberg zu den panzerlosen Infusorien gestellt wird, da doch namentlich Stylonych. mytilus eben so entschieden gepanzert ist, als Euplotes charon. Bringt man aber Stylonychia zu den gepanzerten Infusorien, so muss man auch die nahe verwandte, wenn auch mit einem etwas biegsamen Körper versehene Gattung Kerona folgen lassen ; diese schliesst sich wieder ganz unmerklich an die Gattung Uroleptus an , und durch letztere werden wir ebenso allmahlig in die entschieden panzerlose Galtung Oxytricha hinübergefuhit. Ehrenberg rechnet ferner die Gattung Chlamydodon zu den gepanzerten Infusorien, ihr Parenchym ist aber nicht im mindesten von dem der Gattungen Paramaecium. Ophryoglena und Nassula verschie- den, die als panzerlos bestimmt werden. Perty-) (heilte die Infusionsthiere nach der Beschaffenheil des Körperparenchyms in drei Gruppen, nämlich in schnellende oder zuckende (Spasticaj , in beharrende Monima) und in formwechselnde (Metabolica). Zu den erstem werden die Vorticellinen und üphrydinen Ehrenberg's gerechnet; darunter befinden sich auch die nie schnel- lenden Urocenlrum turbo , Trichodina vorax und grandinella. Die zweile Gruppe umfasst nicht blos die wirklich formbeständigen, sondern auch sehr entschieden metabolische Infusorien, wie z. B. Trachelius, Amphileptus, Oxy- tricha, Stichotricha , Urostyla. In die drille Gruppe endlich sind nur die Gattungen Trachelocerca und Lacrymaria gebracht, die sich doch durchaus nicht hinreichend von den schnellenden Infusorien unterscheiden. Wie wenig die verschiedenen Modificationen des Parenchyms geeignet sind, zur Basis der Classification der Infusionsthiere zu die- nen, das lehrt das von Perty aufgestellte System. Nahe verwandte Formen, wie die Oxytrichinen und Euplotinen. lj Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Band IV S. 259. — i, Perty »Zur Kennlniss kleinster Lebensformen.« S. 137. 141 u. 158. 57 ferner die Trachelinen und Opliryocercinen Perly's, werden weil von einander getrennt, und die heterogensten, wie Aspidisca und Coleps, Paramaeeium und Blepharisma folgen unmittelbar auf einander. An dem Parenchym mancher Infusionsthiere lassen sich namentlich durch künstliche Behandlung drei ver- schiedene Schichten unterscheiden, die aber ohne scharfe Glänzen in einander übergehen. Am leichtesten sind dieselben bei Vorticellinen, namentlich bei den Gattungen Epistylis und Opercularia, ferner bei Paramaeeium, Ophryoglena und verwandten Formen nachzuweisen. Behandelt man z. B. Opercularia nutans oder 0. rnicrostoma mit Essigsaure, so hebt sich im ganzen Umfange des contrahirlen Körpers eine kr\ stallhelle, völlig struclurlose, elastische, membranarlige Schicht ab, welche eine weit abstehende, bald ganz glatte, bald faltige Hülle um das übrige, die Form des contrahirlen Körpers beibehaltende Parenchym bildet und mit demselben nur am vordem und hintern Ende im Zusammenhang bleibt. Diese Schicht bezeichne ich ihrer Slructurlosigkeit svegen nach dem Vor- gange von Colin1) alsCuticula. Andern innern contrahirlen Parenchym unterscheidet man ferner eine lichtere, keine körnigen Ablagerungen enthaltende, consistentere Aussenschicht, die eine ziemliche Mächtigkeit besitzt und eine schwache, der Oberfläche parallele Streifung zeigt. Diese Schicht ist das Rin denparenchy m ; ihre Streifung rührt wahrscheinlich daher, dass sie selbst wieder aus mehreren concentrischen, von aussen nach innen zu an Dichtigkeit abnehmenden Lagen zusammengesetzt ist. Den ganzen übrigen, vom Rindenparenchym umschlossenen Raum füllt continuirlich das breiartige Innen parenchym aus; es ist von körnigen Ablagerungen mehr oder weniger getrübt und schliesst die verschluckten Nahrungsmittel und deren Zersetzungsproducle ein. Schon an lebenden Thieren fällt das Innenparenchym durch seine grosse Nachgiebigkeit und Verschiebbarkeit auf; wir sehen Nahrungsstoffe in dasselbe eintreten und darin eine längere oder kürzere Strecke weit vermöge des ihnen durch das Spiel der äussern Wimpern ertheilten Impulses fortbewegt werden. Bei den Paramäcien verhalten sich die drei Schichten des Parenchyms folgendermaassen, wie man am leich- testen bei Paramaeeium bursaria sehen kann. Die ebenfalls nur durch Anwendung von Essigsäure für sich darstell- bare Culicula ist eine unebene, mehr einer aufgequollenen Gallerte, als einer scharf begränzlen Membran gleichende, krystallhelle Schicht, welche die Wimpern trägt und an der ganzen Oberfläche ein sehr regelmässiges, fein chagri- nirtes Ansehen zeigt. Das Rindenparenchym ist dadurch sehr markirt, dass es von zahllosen, dicht neben einander und auf der Cuticula nahebei senkrecht stehenden, starren, stabförmigen Körperchen durchsetzt wird, und dass in ihm dicht unter der Stäbchenschicht zahlreiche Chlorophyllkörner eingebettet liegen, welche die lebhaft grüne Farbe des Körpers verursachen. Die Spitzen der stabförmigen Körperchen lassen in der Cuticula feine punetförmige Ein- drücke zurück, und lediglich davon rührt das fein chagrinirle Ansehen derselben her, keineswegs aber von zwei," nach entgegengesetzten Richtungen spiralig um den Körper herumlaufenden und sich kreuzenden Liniensystemen, wie Colin glaubte2) und ich selbst früher annahm3). Mit Unrecfit bestritt Colin die stabförmigen Körperchen im Rindenparenchym; sie lassen sich durch Quetschen des Thieres ohne Schwierigkeit isolirt darstellen, und sind auch an lebenden Individuen , wenn man erst mit ihnen vertraut geworden ist, so leicht zu beobachten, dass man sich nur darüber wundern kann, wie wir sie bei unseren früheren Untersuchungen übersehen konnten. Das Innenparenchym von Param. bursaria hat dadurch ein ungewöhnliches, aber wie mir jetzt scheint, unverdientes Interesse erregt, dass dasselbe in einer unaufhörlichen Rotationsströmung begriffen ist, die zuerst von Focke*) bemerkt wurde und die man seitdem noch nicht genügend zu erklären vermocht hat. Bei dieser Er- scheinung ist besonders beachtenswert!), einmal, dass die äussersten, an das Rindenparenchym gränzenden Besland- theile des Innenparenchyms eine viel stärkere Rotation erfahren, als die inneren, welche nur wenig und regellos unter einander geschoben werden, aber keineswegs ein ganz ruhendes Mittelfeld bilden , und sodann, dass die Rotation unabänderlich in derselben Richtung erfolgt. Die rotirende Masse bewegt sich nämlich, wie zuerst von mir nachgewiesen wurde, auf der linken, längeren und gekrümmteren Seite des Körpers aufwärts, biegt dann im vordem Ende nach rechts um, steigt auf der rechten, kürzeren und gradereu Seite nach abwärts, und wendet sich dann im hintern Ende wieder nach links. Erwägt man nun, dass in der hintern Körperhälfte und zwar auf der rechten Seite der kurze trichterförmige Schlund liegt, dass dessen hinteres Ende nach links gekrümmt ist, und dass durch ihn unausgesetzt, auch wenn das Thier völlig still steht, ein kräftiger Nahrungsstrom in das Innenparenchym getrieben wird, der nur von den in der Nähe des Mundes stehenden Körperwimpern erregt zu werden braucht, so muss man in diesem Nalirungsstrome die Ursache der Rotation des Innenparenchyms erkennen; denn er erklärt I) Zeilschrift für wissenschaftliche Zoologie Band V. S. 420 — 28. — 2) F.bendaselbsl S. 424. — 3) Stein Die Iufusionsthiere. S. 239. — 4) Isis 1836. S. 786. S i e i ii , Organismus der lafusionsthiere. 1 -> 58 durchaus befriedigend die beiden Hauplmomente dieses Phänomens. Weil der Nahrungsstrom im hintern Ende des Körpers und zwar von der rechten Seile her in schiefer Richtung in das Innenparenchym tritt , so muss dieses beständig auf der linken Seite in die Hohe gelrieben werden , und weil der Nahrungsstrom gemäss der Lage des Schlundes dicht unter dem Rindenparenchym nur auf die äusserste Schicht des Innenparenchyms einwirkt, so müssen die äussersten Bestandteile desselben in eine stärkere Rotation versetzt werden, als die inneren. Zu Gunsten der eben vorgetragenen Erklärungsweise des Rotationsphänomens sprechen noch zwei andere Thatsaehen. Bei Paramaecium aurelia rotirt nämlich ebenfalls das Innenparenchym, jedoch minder energisch und conlinuirlich, als bei P. bursaria. Dies rührt offenbar daher, dass P. aurelia bei sonst ganz gleichem Körperbau beträchtlich länger und schmaler ist, als P. bursaria; der bei P. aurelia im hintern Drittel des Körpers eindringende Nahrungsslrom hat mithin den Widersland einer weil längeren Strecke vom Innenparenchym zu überwinden, als bei P. bursaria, seine Wirkung muss daher eine schwächere sein. Die zweite Thatsache ist die, dass, sobald sich im Innern der Paramaecien die voluminösen Keimkugeln entwickelt haben, aus welchen die Jungen hervorgehen, die Rotation des Innenparenchyms nicht mehr stattfindet ; der Fortbewegung desselben durch den Nahrungsstrom stellen sich jetzt die Keimkugeln entgegen. Die breiartige Beschaffenheit des Innenparenchyms und seine grosse Verschiebbarkeit hat neuerlich Lach- mann zu der Ansicht geführt1), dass dasselbe nicht einen Theil des Körperparenchyms bilde, sondern dass es als Chymus zu betrachten sei, der den Inhalt einer grossen Verdauungshöhle oder eines Magens ausmache. Als Körper- parenchjm sieht Lachmann nur unser Rindenparenchym an, welches allein contractu sein soll, die Cuticula bezeichnel er, was gleichgültiger ist, als die eigentliche Oberhaut der Infusorien; dafür gilt sie auch uns. es wurde aber der Name Culicula vorgezogen, weil wir mit ihm die Vorstellung von einer slructurlosen Haut verbinden. LaehmawrCs Anschauungsweise ist bereits von Frey für eine sonderbare erklärt und mit mehreren triftigen Gründen bekämpft worden2); auch ich muss mich gegen dieselbe auf das Entschiedenste aussprechen. Es ist bereits daraufhingewiesen worden, wie unmöglich es sei, selbst bei denjenigen Infusorien, an wel- chen wir durch künstliche Hülfsmittel drei verschiedene Schichten des Parenchyms zu unterscheiden vermögen, ganz bestimmte, scharfe Glänzen zwischen denselben anzugeben. Bei der grossen Mehrzahl von Infusionsthieren können aber überhaupt solche Schichten in keiner Weise mehr nachgewiesen werden. Schon bei den gepanzerten Infusorien bleiben wir zweifelhaft, ob wir den für sich nicht darstellbaren Panzer als eine verdickte, starr gewor- dene Cuticula, oder nicht vielmehr als ein Verschmelzungsproduct von Cuticula und Rindenparenchym aufzufassen haben, da ein besonderes Rindenparenchym absolut nicht zu unterscheiden ist. Bei den meisten metabolischen Infusorien, wie z. B. bei Stentor, Spirostomum , Urostyla, Amphileptus , Trachelius, und vielen formbeständigen, z. B. Bursaria, Prorodon, Chilodon, Chlamydodon, ist nicht einmal eine besondere Cuticula darzustellen, die wir doch hier, wie bei allen Infusorien, annehmen müssen, da die äusserste Gränzschicht des Körpers stets augenfällig resistenter ist, als das übrige Körperparenchym. Letzteres bildet bei den eben genannten Gattungen eine unter- schiedslose Masse, die nur von aussen nach innen zu ganz allmählig an Dichtigkeit abzunehmen scheint. Die Nah- rungsmittel werden nach allen Richtungen hin durch dieselbe geschoben, und sie streichen sehr häufig ganz nahe unter der äusseren Oberfläche hin. Wie kann man nun von einer Leibeshöhle der Infusionsthiere sprechen, wenn deren Gränzen bei den mei- sten absolut unbestimmbar sind, und wenn selbst in den wenigen Fällen, wo scheinbar eine Leibeshöhle vorhanden ist, diese nie für sich, sondern immer nur als ein continuirlich mit organischer Substanz erfüllter Raum beobachtet werden kann? Lachmann will die Zusammensetzung des Infusorienkörpers auf die des Polypenkörpers zurückführen; allein die Organisation des einfachsten Polypen (Hydra) ist denn doch noch sehr wesentlich von der der Paramäcien und Vorticellen verschieden. Bei den Polypen unterscheiden wir stets eine wahre, nach innen zu ganz scharf umschriebene und durch einen eigenen Epithelialuberzug vom übrigen Körperparenchym abgegränzte Leibeshöhle, die bald völlig leer ist, bald mehr oder weniger verdaute Nahrungssloffe enthält, aber niemals in der Art mit orga- nischer Substanz erfüllt ist, dass ihre Gränzen dadurch undeutlich oder gar völlig unangebbar würden. Wäre bei den Infusionsthieren eine mit Chymus erfüllte Leibeshöhle vorhanden , so müsste bei allen hin- länglich tief verletzten Individuen der Chymus herausfliessen und zuletzt die leere Leibeshöhle ihrem ganzen Um- fange nach übersehen werden können. Dies ist jedoch nie der Fall, wie man sich leicht überzeugen kann, wenn I) Müller's Archiv für Anatomie elc. 1856. S. 35S — 39. — 2) //. Frey Das einfachste thierische Leben. Zürich 1858. S. 43. 59 man z. B. eine grosse Stylonycliia inytilus, was nicht schwerhält, quer durchschneidet. Die Schnittfläche bleibt dann lange unverändert, es legen sich die Ränder derselben nicht etwa an einander, und doch fliesst gar keine Masse aus dem Innern heraus. Ebensowenig ist dies an zufallig verstümmelten Exemplaren anderer Oxytrichinen zu beobachten, die zu den alltäglichsten Erscheinungen unter dem Mikroscope gehören. Bei den meisten Infusorien, welche lebendige Junge gebären, z. B. bei Stylonycliia mytilus, Urostyla grandis, Paramaecium aurelia und P. bur- saria bilden sich ansehnliche, das ganze Parenchym bis zum Körpercentrum durchsetzende und an der äussern Oberfläche mit weiter Oeffnung ausmündende kanalartige Lücken, durch welche die im Innern entwickelten Jungen ausschwärmen (vergl. unsere Taf. VII, VIII und XIV). Auf diesem Wege miisste auch der Chymus, wenn er exi- stirle, herausfliessen; davon ist jedoch nie etwas zu beobachten. Lachmann fasste unser Innenparenchym auch deshalb als blossen Chymus auf, weil er an isolirten Parthieen desselben keine Contractionserscheinungen wahrnehmen konnte; aber an blossen Fragmenten des Rindenparen- chyms, in welches Lachmann allein den Silz des Contractionsvermögens verlegt, sind ebenfalls keine Contractionen und Expansionen zu beobachten , sondern immer nur an grössern , noch von der Cuticula zusammengehaltenen Körperstücken. Die Thatsache, auf welche sich Lachmann beruft, dass nämlich eine Stylonychia , deren innerste Parenchymmasse von einer Acinete ausgesogen worden war, sich noch bewegte und den begonnenen Theilungs- prozess vollendete, beweist nicht entfernt, dass das Centrum der Stylonychien aus blossem Chymus bestehen müsse, sondern sie lehrt nur, dass der Körper auch nach Verlust eines beträchtlichen Theils seiner innern Paren- chymmasse sein Contractionsvermögen und seine Lebensfähigkeit noch nicht eingebüsst hat. Es giebt aber auch Thatsachen, welche unzweideutig lehren, dass das breiartige Innenparenchym der Infu- sorien mit selbstständiger Contractilität begabt sein müsse. Die gepanzerten Infusionsthiere können ihren Körper nicht von allen Punclen der Peripherie her senkrecht zur Längsaxe zusammenziehen , die verschluckten Nahrungs- mittel müsslen mithin z. B. bei den Euplolen und Stylonychien, denen ein besonderer Schlund abgeht, in der Nähe des Mundes im Parenchym liegen bleiben; sie rücken aber nach und nach weiter, theils vorwärts, theils rückwärts. Freilich werden sie nicht selten von nachfolgenden Nahrungsmassen gedrängt, aber auch ohne dass dies geschieht, wandern alle verschluckten Stolle mit der Zeit immer weiter nach hinten. Ganz isolirt im Parenchym liegende Kör- perchen sieht man bei völlig stillstehenden Individuen plötzlich aus ihrem Ort verdrängt werden, was sich nur durch die Annahme erklären lässt, dass dem Innenparenchym ein selbstsländiges Contractionsvermögen zukommt. Ferner kann man bei den Vorlicellinen sich sehr leicht überzeugen, dass, während der Körper vollkommen ruhig ausgestreckt bleibt, unverdauliche Stoffe aus dem Centrum des Körpers sich nach vorn bewegen, ohne von nach- folgenden Nahrungsballen geschoben zu werden , und so zuletzt nach der Stelle gelangen , an welcher sie nach aussen entleert werden ]). Ich verkenne nicht, dass es auf den ersten Anblick etwas Paradoxes hat, einer äusserst verschiebbaren breiartigen Substanz, deren Continuität jeden Augenblick durch zwischen dieselbe tretende fremde Körper unter- brochen werden kann, ein gemeinsames Contractions- und Expansionsvermögen zuzuschreiben; allein man über- sehe doch nicht, dass diese Substanz nicht isolirt im Cenlrum des Infusorienkörpers liegt, sondern dass sie mit dem äussern dichtem Parenchym innig verwebt ist und in diesem, so zu sagen, ihre Wurzeln hat. Und sind denn etwa die völlig sicher conslatirten Erscheinungen am Parenchym der Rhizopoden anderer Art und weniger wunderbar? Nichts ist bei diesen Thieren gewöhnlicher, als getrennte Theile des Körperparenchyms wieder zusammenfliessen und als einheitliche Masse wirken zu sehen. Wollen gewisse Rhizopoden, z. B. Actinophrys, Nahrung aufnehmen, so weicht an einer beliebigen Stelle der Körperoberfläche das Parenchym aus einander, umfasst den zu verzehrenden Körper und schliesst sich rings um denselben wieder zusammen. Die getrennt aus dem Rhizopodenkörper hervor- tretenden und sich vielfach verästelnden Pseudopodien verbinden sich leicht unter einander in querer Richtung durch zahlreiche Substanzbrücken. Letztere dehnen sich oft zu umfänglichen Platten aus, von denen wieder, wie aus dem eigentlichen Körper, besondere Pseudopodien ihren Ursprung nehmen. Um fremde Körper, die als Nahrung verwendet werden sollen, fliesst die Substanz der Pseudopodien ebenfalls plattenförmig aus einander, bis ein solcher Körper ganz eingehüllt ist2). Wahrlich nach solchen Erfahrungen muss auch das letzte Bedenken schwinden, welches gegen die Annahme, dass die innerste Masse des Infusorienkörpers zum Parenchym gehöre und contractu sei, gel- tend gemacht werden könnte. Wir werden demnach dem Körperparenchym der Infusionsthiere den fundamentalen I) Vergl.: Stein Die Infusionsthiere Tat II. Fig. 10. A'. i. — 2) Vergl. Max Schultze: Ueber den Organismus der Polylhalamien S. 17 und Taf. I. Fig. I. 15* 60 Character beizulegen haben, dass dasselbe den gesammten Raum des Körpers continuirlich erfüllt, und dass es das Bestreben besitzt, die durch fremde Korper unterbrochene Continuilat wieder herzustellen, sobald dieselben ver- drängt worden sind. Auch das chemische Verhalten lehrt , dass das gesammte Körperparenchym der Infusionsthiere nach Abzug der Cuticula eine untrennbare, unterschiedslose Einheit bildet. Man kann sich davon am leichtesten bei den Vorti- cellinen überzeugen1;. Behandelt man den Körper z. B. von Vorticella. Carehesium, Zoothamnium, Epistylis, Oper- cularia mit Jodtinctur, so färbt sich das gesammte Parenchym tief goldgelb, nur die Cuticula bleibt farblos. Ganz ahnlich ist die Wirkung von Salpetersäure , nur färbt sich das Parenchym weniger intensiv goldgelb. Tränkt man den Körper mit einer concentrirten Zuckerlüsung, so schrumpft er ausserordentlich zusammen, quillt aber beim Zusatz eines Tropfens Schwefelsäure noch über seinen ursprünglichen Umfang auf; das Parenchym färbt sich tief rosenroth . die Cuticula aber bleibt ebenfalls farblos. Kalte Salpeter- und Salzsäure und kalte Kalilauge greifen die Cuticula nicht an ; werden aber diese Flüssigkeiten im kochenden Zustande angewendet . so wird die Cuticula auf- gelöst. In concentrirter Schwefelsäure quillt die Cuticula sehr schnell auf und löst sich zuletzt vollständig auf. Aus diesen Reactionen folgt, dass die Cuticula aus einem der Cellulose und dem Chitin nahe verwandten Stolle bestehen muss und dass das gesammte übrige Parenchym eine Proteinverbindimg ist. Die äussere Oberfläche des Körpers vieler Infusionsthiere ist mit seichteren oder tieferen , gleich weit von einander entfernten und meist sehr dicht auf einander folgenden Furchen versehen, die mit mehr oder weniger erhabenen Zwischenräumen abwechseln. Sie verlaufen entweder der Länge nach von einem Ende des Thieres zum andern, z. B. bei Prorodon, oder ziehen sich in schräger Richtung zur Längsaxe rings um den Körper herum, indem sie mehr oder weniger genau weit ausgezogene Spirallinien um die Längsaxe des Thieres beschreiben, z. B. bei Loxodes rostrum. Nicht selten kommen zwei nach entgegengesetzten Richlungen verlaufende und sich daher kreu- zende Systeme von spiralen Furchen vor. z. B. bei Spirostomum ambiguum und Trachelocerca. Manche Infusions- thiere zeigen zwei ganz verschiedene und nicht in einander übergehende Systeme von Furchen, z. B. Stentor und Spirostomum virens; andere besitzen nur auf einem Theil der Körperoberfläche, welche dann immer die untere ist, Furchen, z. B. Chilodon, Chlamydodon und Scaphidiodon. Da die erhabenen Zwischenräume zwischen den Furchen in der Regel dicht bewimpert sind , so scheinen die Wimpern reihenweis angeordnet zu sein , was jedoch streng genommen nicht der Fall ist. Bei manchen Vorticellinen, z. B. Epistylis digitalis. Opercularia berberina, ist der Körper auch im Zustande vollkommener Expansion häutig mit sehr dicht auf einander folgenden und zarten ringförmigen Furchen versehen. Die Körperoberfläche der gepanzerten Infusorien ist meist ganz glatt, sie zeigt aber grosse Nei- gung zur Entwickelung scharfkantiger vorspringender Leisten und flugeiförmiger oder dornartiger Fortsätze ; der- gleichen linden sich z. B. bei Euploles und Aspidisca. Bei einigen Infusorien treten in Folge partieller Verdickung der Cuticula ganz starre, hakenförmige Fortsätze zum Anklammern auf. nämlich bei Opalina uncinata2; und Opal. armata3). Noch auffallender ist der Haftapparat von Trichodina pediculus und Tr. mitra4:; er besteht aus einem starren, das hintere abgestutzte Ende des Körpers einnehmenden , uhrrädchenähnlichen Hornringe, von dem eine ebenfalls hornarlige, aber sehr biegsame und feine quergestreifte ringförmige Membran ausgeht, die die Form eines Saugnapfes annehmen und auch als solcher fungiren kann. Bei Opalina secans . einer neuen, langen, im Darmkanal verschiedener Naidinen lebenden Species , entwickelt die Cuticula eine schneidende, hornarlige Längs- leiste, welche sich vorn vordem Körperende mehr oder weniger weit nach rückwärts erstreckt. '1 Von den stabförmigen Körperchen im Parenchym der Infusorien. Unmittelbar unter der Cuticula finden sich bei einer massigen Anzahl von Infusionsthieren eigenlhümliche, starre, stabförmige Körperchen, welche in transversaler Richtung die äusseren Schichten des Parenchyms durch- setzen. Sie wurden von Ehrenberg im Jahre I 832 bei Bursaria vernalis entdeckt und sehr kenntlich abgebildet und beschrieben5). »Die Wimpern,« sagt Ehrenberg in der Erklärung der Abbildungen, »sind bei dieser Form sehr 1) Vergl. Stein Die Infusionsthiere S. 8 1 . — i) M. Schnitze Beilrage zur Naturgeschichte der Turbellarien. Greifswalde 1851. S. 68. Taf. VII. Fig. 8.9. — 3) Stein Die Infusionsthiere S. 185. Tai' V. Fig. 24. — 4) Ebendaselbst S. \ 74— 75. Taf. VI. Fig. 54 — 57. "> AbhandJ. der Berliner Acad. von 1833. S. 236 und S. 324. Taf. III. Fig. 4. d. 61 stark und dazwischen liegen kleine prismatische Stäbchen in der Körpersubstanz, wie die von mir neuerlich ent- deckten Krystalle bei Fröschen und Fischen.« Im Text heisst es: »Verdunstet der Wasserlropfen , welcher das Thierchen auf dem ObjecUräger des Mikroscopes enthält, so bleibt dasselbe ruhig liegen, wird immer breiter und fangt, ohne im Wirbeln aufzuhören, an sich aufzulösen. Es berstet an irgend einer Stelle und man sieht dann, wahrend der Inhalt ausfliesst, die gallertige Haut des Körpers mit den Wimpern wie mit lauter feinen Nadeln und Stabchen belegt.« Im grossen Infusorienwerke wird in der Beschreibung von Bursaria vernalis S. 329 nur ganz kurz erwähnt, dass der Körper mit prismatischen kleinen Stabchen durchwirkt sei. und die altern Abbildungen werden einfach reproducirt. Ehrenb&rg's Entdeckung blieb ohne weitere Folgen, bis 0. Schmidt im Jahre 1849 die slabförmigen Kör- perchen wieder zur Sprache brachte; er beobachtete sie bei Bursaria leucas. Paramaecium aurelia und P. caudatum und verglich sie sehr treffend mit den stabförmigen Körperchen im Parenchym der Turbellarien l). Schmidt wird daher gewöhnlich für den Entdecker dieser Gebilde bei den Infusionsthieren ausgesehen, aber mit Unrecht, wie die vorstehenden Stellen aus Ehrenbery's Schriften beweisen. Im Jahre 1855 besiatiglo Allmann das Vorkommen der stabförmigen Körperchen bei Bursaria leucas. deutete sie aber als Nesselorgane, weil er beobachtet haben wollte, dass bei Zusatz von Essigsäure aus der Spitze der stabförmigen Körperchen ein feiner Faden hervortrete2). Im folgenden Jahre fügte Lochmann zu den bereits bekannten Fallen noch Paramaecium bursaria und die Gattung Ophryoglena hinzu, auch bemerkt dieser Forscher, dass er in Gemeinschaft mit Claparede bei einem acinetenartigen auf Campanularien schmarotzenden Thiere dickere, den Nesselorganen der Campanularien täuschend ähnliche Kör- perchen beobachtet habe3). Ich selbst habe die stabförmigen Körperchen bei Bursaria leucas und B. vernalis. Ophryoglena atra und 0. acuminata, Paramaecium aurelia und P. bursaria, Pleuronema chrysalis Dujard., Nassula ornata, Cyclogramma rubens Pertij, Urocentrum turbo, Trachelius ovum, Amphileptus anser, A. meleagris und A. lon- gicollis angetroffen und darüber im Jahre 1856 auf der Nalurforscherversammlung in Wien einen Vortrag gehalten, in welchem ich die stabförmigen Körperchen als Tastkörperchen deutete4). Diesem Namen gebe ich auch jetzt noch vor andern Bezeichnungen den Vorzug, da ich mich noch immer nicht habe überzeugen können, dass die in Rede stehenden Gebilde den in andern Thierklassen vorkommenden Nesselorganen entsprechen, wohl aber glaube ich eine Beziehung derselben zum Tastsinn nachweisen zu können. Die Tastkörperchen sind sehr scharf contourirte , gerade, starre Stäbchen, die sich nach beiden Enden hin mehr oder weniger scharf zuspitzen , mithin sehr langgezogene spindelförmige Körperchen darstellen. Sie bestehen durch und durch aus einer ganz homogenen, farblosen, glasartigen Substanz, und es lässt sich an ihnen keine Spur von einer centralen Höhle erkennen. Ihre Länge beträgt bei Bursaria leucas und Nassula ornata , wo ich sie am entwickeltsten fand, -j-^tj- bis höchstens x-g-ö". Isolirt man sie durch Zerquetschen des Thieres. so quellen sie bald nachher auf, besonders wenn viel Wasser hinzutritt, sie werden immer blasser und alldeutlicher, fangen an zu zer- fliessen und verschwinden zuletzt spurlos. Noch viel schneller lösen sie sich in Essigsäure auf. In allen diesen Eigenschaften stimmen sie ganz und gar mit den slabförmigen Körperchen der Turbellarien überein, die uns M. Schnitze geschildert hat3), entfeinen sich dagegen weit von den hei Polypen, Quallen, Würmern und Mollusken zu beobachtenden Nesselorganen. Letztere werden weder von Wasser noch Säuren aufgelöst und enthalten stets eine Höhle, die mit einer terminalen Oeffnung versehen ist, durch welche der im Innern erzeugte Nesselfaden hervortritt. Mir ist es nie möglich gewesen, ungeachtet ich diesem Gegenstande meine angestrengteste Aufmerksamkeil widmete, und obgleich mich seit langer Zeit eigene Untersuchungen mit allen Formen der Nesselorgane bei Uydroi- den und Würmern vollkommen vertraut gemacht haben, an lebenden Infusionsthieren aus den Tastkörperchen Fäden hervortreten zu sehen. Eben so wenig vermochte ich an den unzählige Male von mir isolirten Tastkörperchen irgend eine Spur eines faden- oder borstenartigen Fortsalzes zu beobachten. Ich kann daher Allmann nicht beistimmen, dass die Tastkörperchen Nesselorgane sein sollen. Leider kenne ich Allmann's Arbeit über Bursaria leucas nur aus dem kurzen Referate von R. Leuckart6,, daraus scheint mir aber hervorzugehen, dass Allmann, wie auch Leuckart, () Froriep's Notizen von 1849. Band IX. p. 5 und 0. Schmidt Handbuch der vergleichenden Anatomie. Jena 1849. S. 75. — 2) Report of British Association (855. p. (05 und Quarlerly Journal of raicroscop. Society (855. No. XI. p. 177. — 3) Müller' s Archiv (856. S. 358. — 4) Tageblatt der 32. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Wien (856. No. 3. S. 55. Das Referat ist sehr ungenau und theilweis unrichtig. — 5) Beiträge zur Naturgeschichte der Turbellarien S. (4. — 6j Wiegmanns Archiv für Natur- geschichte 1856. S. 433 — 34. Stein, Organismus der infusionslliiere. jß 62 der sich für Allmann' s Ansicht ausspricht, nur dieselbe Erscheinung beobachtet habe, auf die ich schon in meiner Beschreibung von Paramaeciura bursaria ') aufmerksam machte. Behandelt man nämlich Par. bursaria, Ophryoglena atra und acuminata und Bursaria leucas mit concentrirter Essigsaure , so treten im ganzen Umfange des Körpers lange borstenförmige, theils gekräuselte, theils geknickte und regellos durch einander gewirrte Faden hervor. Diese sind wahrscheinlich für die hervorgeschnellten Nesselfaden gehalten worden ; allein es lässt sich nicht beweisen, dass sie von den Tastkörperchen ausgehen , da letztere nach der Einwirkung von Essigsaure verschwunden sind. Wären die langen Borsten wirklich Nesselfäden, so müssten doch ausserdem auch noch die Körperwimpern zu unterscheiden sein, da dies aber nicht der Fall ist, so kann ich in ihnen nur die widernatürlich verlängerten Körper- wimpern erkennen. Bringt man die genannten Infusionsthiere durch Einwirkung sehr verdünnter Essigsäure ganz allmählig zum Absterben, so behalten die Wimpern ihre normale Länge, und es treten zwischen ihnen durchaus keine längern Fäden hervor, was docli gewiss geschehen würde, wenn die Tastkörperchen Nesselorgane wären. Dass bei den Infusionsthieren auch wirkliche Nesselorgane vorkommen können , will ich nicht in Abrede stellen; schon die oben erwähnte Beobachtung von Lachmann und Claparede scheint dafür zu sprechen, und es wird mir dies auch nach einer eigenen Beobachtung sehr wahrscheinlich, die ich an einem in der Ostsee bei Wismar aufgefundenen Thiere anstellte , welches in seiner gesammten Organisation die grösste Uebereinslimmung mit Am- phileptus meleagris des süssen Wassers zeigte. In dem Halstheile dieses Thieres und zwar in dem convexen Seiten- rande lagen nämlich nahe hinter einander, so wie auch zerstreut im ganzen übrigen Bande des Körpers, transversal gestellte, den Tastkörperchen sehr ähnliche, aber etwas dickere, länglich ovale Stäbchen, von welchen ich bei meh- reren Individuen, die in voller Lebensthätigkeit waren, eine die Körperwimpern um das Doppelte überragende, gradausgestreckte Borste ausgehen sah. Mit noch grösserer Aufmerksamkeit untersuchte ich nun den Amphileptus meleagris der süssen Gewässer, aber ich fand hier immer nur die gewöhnlichen Tastkörperchen, und niemals konnte ich über die Wimpern hinausragende Borsten wahrnehmen. Die Tastkörperchen durchsetzen von der Culicula aus bald in senkrechter, bald in mehr oder weniger schräger Bichtung das Bindenparenchym und liegen meist gleichweit entfernt und sehr dicht neben einander; sie bilden zusammen immer nur eine einzige Schicht, nie stehen von aussen nach innen zu mehrere Tastkörperchen hinter ein- ander. Ganz gleichförmig im ganzen Umfange des Körpers vertheilt und dicht gedrängt neben einander stehen die Tastkörperchen bei Paramaecium aurelia (wovon ich P. caudatum nicht als besondere Art zu trennen vermag), Par. bursaria, Pleuronema chrysalis. Ophryoglena atra und 0. acuminata, Cyelogramma rubens, Bursaria leucas, und Urocentrum turbo. Wird bei der Beobachtung eines dieser Thiere das Mikroscop so eingestellt, das nur der mittlere Theil der Körperoberfläche im Focus des Instrumentes liegt, so zeigt dieser ein fein chagrinirtes Ansehen, weil jetzt nur die Spitzen der Tastkörperchen gesehen werden. Bei tieferer Einstellung bleibt der Anblick in der Mitte im Wesentlichen derselbe, weil hier nur die Querschnitte der Tastkörperchen zur Ansicht gelangen können, nach aussen zu aber treten die Tastkörperchen als ungleich lange, radiale oder centrifugale Strichelchen auf, die um so länger werden, je mehr man sich dem Bande nähert. Gelangt man endlich bis zur mittlem horizontalen Durch- schnittsebene des Thieres, so übersieht man die Tastkörperchen unverkürzt ihrer Länge nach; sie erscheinen nun als ein den ganzen Band des Körpers säumendes, aus gleich langen queren Sirichelchen zusammengesetztes Band. Bei Nassula ornata finden sich die sehr ansehnlichen Tastkörperchen zwar auch im ganzen Umfange des Körpers, sie sind aber viel weiter aus einander gerückt und unregelmässiger vertheilt, indem sie theils in kleinen Gruppen beisammen liegen, theils ganz vereinzelt stehen. Sie wurden bereits im Jahre 1832 von Ehrenberg2) unter- schieden, aber irrthümlich für stärkere, zwischen den gewöhnlichen Wimpern stehende Borsten gehalten, obgleich bemerkt worden war, dass sie beim Zerlliessen des Thieres »wie kurze Nadeln« erscheinen. Amphileptus anser, womit A. margaritifer zu vereinigen ist. besitzt feine borstenförmige, regellos und vereinzelt im ganzen Körper zer- streut liegende Tastkörperchen, ausserdem aber noch eine sehr scharf markirte Zone dicht hinter einander liegender borstenförmiger Tastkörperchen, welche sich an dem gewöhnlich convexen Seitenramie des langen, plattgedrück- ten, sehr beweglichen Halses von der Spitze desselben bis zu dem an seiner Basis gelegenen Munde herabzieht. Bei der Flächenansicht des Halses erscheinen die Tastkörperchen als feine transversale Streifung des ganzen vor dem Munde gelegenen Seitenrandes; ist aber die Kante dieses Seitenrandes dem Beobachter zugekehrt, so sieht man auf derselben einen schmalen, aus sehr feinen Pünclchen zusammengesetzten Streifen von der Spitze des Halses I) Stein Die Infusionsthiere S. 240. - - 2) Abhandl. I . ii. Die Arten der Galtung Euglena sind noch nicht befriedigend festgestellt; Focke geht aber in der Zusammenziehung der Ehrenberg' sehen Arten offenbar zu weil. Nach ihm soll auch Amblyophis viridis nur eine Entwickelungsform von Euglena viridis sein. — 3) Vergl. Stein »Die Infusionsthiere« Taf. I. Fig. I. g. Taf. II. Fig. f . i. Taf. V. Fig. 31. h 17* 68 Zerquetschen der Thiere überzeugt. Ob die Körnchen Fettkörnchen sind, lasse ich dahin gestellt sein; ein grösseres centrales Korn ist niemals zu beobachten. Zu demselben Ergebniss ist auch bereits Lieberkühn gelangt1). Dem von diesem Forscher hei Ophryoglena flavicans und Bursaria flava entdeckten uhrglasförmigen Organe2) , welches ich bei dem letzteren Thiere aus vielfacher eigener Anschauung kenne, dürfte wohl kaum eine tiefere Bedeutung zukom- men. Auffallend ist allerdings sein constantes Vorkommen und seine in allen Individuen sich sehr gleich bleibende Gestalt. Das uhrglasförmige Organ von Burs. flava zeigte sich mir als ein sehr kleines, dunkel contourirtes, hyalines Napfchen mit sehr dickwandigem Boden . dessen Querdurchmesser seilen mehr als T-f^" betrug ; es lag stets dicht neben dem Munde, an der obern Wand des kurzen, weiten Schlundrohres und kehrte die offene, concave Seite nach oben und vorn. Der optische Eindruck des uhrglasförmigen Organs ist ganz und gar der von gewöhnlichen Fettkörnern , wie sie in seiner unmittelbaren Umgebung vorkommen, ja in gewissen Lagen ist es von solchen gar nicht zu unterscheiden. Wahrend es im Profil gesehen einer planconvexen, von der planen Seite her seicht aus- gehöhlten Linse gleicht, erscheint es bei der Ansicht auf die letztere wie ein rundes, von doppelten Contourlinien eingefassles Fettkorn. Bei Öxytricha pellionella ist das centrale, in dem vordem und hintern Körnchenhaufen gele- gene grosse Feltkorn, abgesehen von dem hellen Hofe, von dem es umgeben ist, meist auch von doppelten Contour- linien begranzt ; vielleicht ist es auch von der einen Seite her etwas ausgehöhlt. Nicht selten treten im Parenchym der Infusorien und zwar meist an Stellen, wo sich weniger dichte körnige Ablagerungen finden, isolirte, grosse und sehr dunkel contourirte Fetlkugeln auf, welche von einem mehr oder weniger weit abstehenden hellen Hofe eingefasst sind. Am häufigsten sind dergleichen Fettkugeln, welche einiger- maassen einem Gehörbläschen mit einem Otolithen ähneln , im vordem und hintern Körperende von Stylonychia mytilus zu beobachten (vergl. Taf. VI. Fig. I — 3. f. f. und Taf.VIIl. Fig. 3. 4. fij. Man kann hier aber auch leicht alle Uebergänge von gewöhnlichen Fettkörnern zu solchen mit einem ganz schmalen Hofe bis zu den grössten Kugeln mit weit abstehendem Hofe verfolgen. Der helle Hof rührt höchst wahrscheinlich daher, dass die Fettkugel an der Peripherie in der Schmelzung begriffen ist; das aufgelöste Fett vermag sich nicht sofort mit dem wasser- haltigen Parenchym zu mischen , es häuft sich einstweilen rings um die Fettkugel an und wird dann nach und nach von dem benachbarten Parenchym aufgenommen. Ganz ähnliche , von einem weit abstehenden Hole eingefasste. sehr dunkel contourirte Kugeln iinden sich in grösserer oder geringerer Anzahl bei Loxodes rostrum ; sie liegen hier in einer Reihe parallel dem convexen Rückenrande des Thieres und im vordem Unde meist dicht hinter einander. Joh. Müller machte zuerst auf sie aufmerksam3;; er beschrieb sie als eigene blasenartige Organe mit centralen, run- den Körperchen, was sie sicherlich nicht sind. Hin und wieder kommen endlich im Parenchym auch kleine, eckige, spröde, dunkelgerandefe, durchsichtige Körperchen vor. die sehr unentwickelt gebliebenen Krystallen ähnlich sehen. Sie fehlen bei Paramaecium aurelia fast nie und liegen regellos im ganzen Körper zerstreut; im vordem und hinlern Körperende sind sie meist in grös- serer Anzahl und in kleinen Gruppen zusammengehäuft vorhanden. Bei Param. bursaria sah ich sie mit den Excre- menten nach aussen entleert werden. Auch bei Euplotes charon und manchen andern Infusorien sind sie eine gewöhnliche Erscheinung; vielleicht stellen sie eine Art Hnrnkörperchen dar. — Bei Polytoma uvella finden sich nach den Untersuchungen von A. Schneider11) bald nur im hintern Körperende angehäuft, bald durch das ganze Parenchym massenhaft vertheilt dunkelcontourirle Körnchen, die beim Zusatz von Chlorzinkjod etwas zerfliessen uud sich schön blau färben. Diese amylonartigen Körper, welche nicht von aussen aufgenommen zu sein scheinen, verwandeln sich zuweilen in ein blaues, indigofarbiges Pigment. 4. Von den Bewegungsorganen und der darauf zu gründenden Eintlieilung der lnfusionstlüere. Das allgemeinste und wesentlichste Locomolionsorgan der Infusorien , durch welches oft ganz allein die Ortsveränderungen vermittelt weiden , sind die Wimpern. Unter diesem Namen begreifen wir sämmtliche von der Culicula und deren nach innen sich erstreckenden Fortsetzungen entspringende, linear- conische Fortsätze, I) Müllers Archiv 1856. S. ii — 23. - - 1) Ebendaselbst S. 22. — 3) Monatsberichte der Berliner Acaderaie 1856. S. 389. — i ! Schneider Beitrüge zur Naturgescli. der Infusorien. Müllers Archiv 1854. S. 193. 69 welche schnell hinter einander in schwingende oder wirbelnde Bewegung verselzt werden können. Die Wimpern bieten hinsichtlich ihrer relativen Lange und Dicke bei den verschiedenen Infusorienformen die auffallendsten Ver- schiedenheiten dar; sie erscheinen bald als ganz feine Härchen, bald als längere oder kürzere, stärkere oder schwächere Borsten , bald als dicke, gerade, geschlängelte oder hakenförmig gekrümmte Griffel, bald als lange Geissein. Scharf begränzle Arten von Wimpern lassen sich jedoch in keiner Weise aufstellen; die extremsten For- men gehen durch zahllose Zwischenglieder allmahlig in einander über. Im Allgemeinen lässt sich nur sagen, dass die Wimpern um so zartere Härchen sind, je dichter sie zusammengedrängt stehen; je zerstreuter sie auftreten, um so mehr nehmen sie die Form von Borsten und Griffeln oder von Geissein an. Die geisselartigen Wimpern sind allein auf die niederen, monadenähnlichen Infusorien beschränkt; die bor- sten-, haken- und griffel förmigen Wimpern kommen vorzüglich bei ihn Familien der Oxytrichinen , Euplotinen und Aspidiscinen vor. Auch die lediglich auf einzelne kranzförmige oder spirale Zonen beschränkten Wimpern der Vor- licellinen. Ophrydinen und Trichodineen sind meist langhaarig bis borstenfönnig, ja bisweilen selbst griffel form ig, wie namentlich bei manchen im Meere lebenden Arten der Gattung Halferia Duj. Die übrigen Infusionsthiere sind entweder nur mit sehr feinen und dichtstehenden Wimpern versehen, oder sie besitzen ausser diesen noch eine Zone längerer borslenförmiger Wimpern, welche stets am Munde endigt und demselben die Nahrungssloffe zutreibt. Ich werde die Wimpern dieser Zone als ad orale Wimpern bezeichnen. Die feineren Körperwimpern sind an lebenden filieren oft sehr schwer direct zu beobachten, bringt man die Thiere aber sehr allmahlig durch Zusatz von verdünnten Säuren, namentlich von schwacher Essigsäure oder von verdünnter Jodtinctur zum Absterben, so wird man sich stets, wenn auch nicht gleich beim ersten Versuche, selbst die kürzesten und zartesten Wimpern zur Anschauung bringen. Wendet man zu starke Reagentien an, so schrumpfen die Wimpern entweder bis zur Unkenntlichkeit zusammen, oder sie dehnen sich auch wohl übermässig aus. Ohne genaue. Kenntniss der Bewimpeiungsverhältnisse bleibt die Bestimmung vieler Infusorien, namentlich solcher, die sonst keine auffallenden äussern Merkmale besitzen, durchaus unsicher, und noch weniger vermag man einem Infu- sionsthier, dessen Bewimperung nicht genügend erforscht ist, einen bestimmten Platz im Systeme anzuweisen. Aus diesem Grunde ist mit den meisten Darstellungen , welche die altern Forscher von den von ihnen beobachteten Infusorienformen gegeben haben, so wenig anzufangen, selbst Ehrenberg's Abbildungen lassen in Bezug auf die Bewimperung der Infusorien noch sehr viel zu wünschen übrig. Es sind nicht blos die feineren Körperwimpern oft übersehen worden, z. B. bei den Gattungen Enchelys, Trichoda, Lacrymaria. Trachelocerca, Phialina und sonst bei einzelnen Arten, sondern auch die Zahl und Stellung der grobem Wimpern ist meist sehr unvollständig oder geradezu falsch angegeben, wie wir namentlich bei den Oxytrichinen und Euploten sehen werden. Noch viel mangelhafter hat Perlt/ die Bewimperung dargestellt. Ehrenberg wollte vier verschiedene Arten von Bewegungsorijanen bei den Infusorien unterscheiden1), näm- lich Wimpern (ciliae), Borsten (setae;, Griffel (styli) und Haken (uncinij; die geisselartigen Wimpern sah er für Rüssel an. Die Wimpern wurden als wirbelnde, auf einer zwiebelarlig verdickten Basis sitzende Haare bestimmt, welche entweder mit der Zwiebelbasis ein Continuum bilden otler in dieselbe eingelenkt sein sollten und daher von ihr abfallen könnten. Eine geringe schwankende Bewegung der Zwiebelbasis in ihrer Gelenkpfanne oder um ihren Befestigungs- punet. welche Ehrenberg durch die Annahme von je zwei mit der Basis in Verbindung stehenden Muskeln erklärbar fand soilte die Ursache der Wirbelbewegung sein und bewirken , dass die Spitze der Wimpern fortwährend sehr schnell einen grösseren Kreis beschreibe. Unter Borsten wurden den Wimpern ähnliche steife bewegliche Haare verstanden, die nicht zum Wirbeln, sondern nur zum Stützen und Klettern verwendet würden. Die Griffel delmirt Ehrenberg als nicht wirbelnde, gerade, dicke Borsten ohne zwiebelartige Basis, welche wie die Schwanzfedern der Vögel am hintern Körperende auf der Bauchseite sitzen und ebenfalls zum Stützen und Klettern dienen. Die Haken endlich sollten nicht wirbelnde , aber allseitig bewegliche, hakenartig gebogene, dickere und kürzere, auf einer Zwiebelbasis sitzende Borsten sein, welche auf der Bauchseite die Stelle der Fusse sehr anschaulich verträten. Zu der Annahme von viererlei verschiedenen Bewegungsorganen haben die bei den Oxytrichinen und Eu- plotinen vorkommenden Wimperformen Veranlassung gegeben, die Ehrenberg mit Recht zur Unterscheidung von Gattungen benutzte; er hat dieselben jedoch bei keiner einzigen Form hinlänglich genau beobachtet, und deshalb sind seine Gattungsdiagnosen unhaltbar. Die Gattung Slylonvchia soll nach Ehrenberg alle vier Arten von Bewe- )J Abhandlungen der Berliner Acad. vom Jahre 1831. S. 29 — :s I und Ehrenberg Die Infusionsthierchen S. 3G3. S i e i ii , Organismus der Infusionsthiere. i !> 70 gungsorganen besitzen. Als Wimpern werden hier allein die sich an beiden Seiten des Körpers herabziehenden Wimpern (Taf. VI. Fig. 1. r. r.) und die adoralen Wimpern (I. p.) angesehen; die keineswegs gleichartigen, bald gerad ausgestreckten, bald hakenförmig gekrümmten , griffeiförmigen Wimpern neben der Mittellinie der Bauchseite (st. b. b.) bezeichnet Ehrpnberg als Haken, die fünf dahinter in einer Querreihe stehenden dicken, meist gerad aus- gestreckten Wimpern (a.) als Griffel, die drei langen terminalen Wimpern (s.) endlich als Borsten. Ein Blick auf meine Abbildungen muss schon die Ueberzeugung gewähren, dass diese verschiedenen Körperanbängsel nur Modi- ficationen eines und desselben Organs, dass sie nur Wimpern sein können, und dass es unmöglich ist, sie nach ihrer Form in scharf gesonderte Arten zu trennen. Sie können aber auch sammtlich in wirbelnde Bewegung versetzt werden, und ich muss Ehrenberg's Behauptung, dass Haken, Griffel und Borsten nicht wirbelten, entschieden ent- gegentreten. Die Griffel sind wahrend des Schwimmens oft in heftig vibrirender Thätigkeit und unterstützen dann die stets lebhaft wirbelnden Bewegungen der Hakenwimpern; in ihrem gewöhnlichen ausgestreckten Zustande wirken sie durch Drehung nach links oder rechts zusammen als Steuerruder. Auch an ganz stillstehenden Thieren sieht man häufig alle oder einzelne Griffel sich plötzlich heftig nach vorn umbiegen (Taf. VIII. Fig. 1 und Taf. X. Fig. 4) und sie gleichen dann vollkommen den vor ihnen stehenden Haken. Von den drei terminalen Borsten beobachtete ich ebenfalls nicht selten die eine oder andere in der lebhaftesten Rotation um ihren Anheftungspunct, in der Art, dass die Borste einen Kegelmantel beschrieb. Zum Klettern werden übrigens nicht blos die Haken und Griffel, sondern oft auch die Randwimpern verwendet. Es ist feiner unrichtig, dass Wimpern, Haken und Borsten mit einer Zwiebelbasis versehen sein sollen, die Griffel aber nicht. Eine Zwiebelbasis ist nirgends vorhanden und noch weniger Muskeln, die dieselbe regieren; alle wimperarligen Bewegungsorgane, welches auch ihre Form sein mag, sind vielmehr stets unmittelbare Auswüchse der Cuticula und als solche ganz homogene, solide, hyaline Gebilde, welche mit ihrer sich allmählig verbreiternden Basis continuirlich und ohne irgend eine bemerkbare Gränze in die Cuticula übergehen. Zu Ehrenberg's Vorstellung von einer besondern, mit der Cuticula gelenkig verbundenen zwiebelartigen Basis mag ein doppelter Umstand Veranlassung gegeben haben. Krümmt sich nämlich eine stärkere Wimper über ihren Anheftungspunct nach vor- wärts (man vergleiche z. B. die zwei Reihen hakenförmiger Wimpern auf Taf. V. Fig. I und 2, feiner die linke Randwimperreihe auf Taf. VI. Fig. I oder die eine der mittleren Wimperreihen auf Taf. X. Fig. 14 und 15), so erscheint der ungekrümmt bleibende Grundlheil als ein besonderer rundlicher Abschnitt; dass ein solcher jedoch nicht existirt, lehren alle gerad ausgestreckten, der Körperoberfläche anliegenden Wimpern, am deutlichsten aber die fünf sogenannten Griffel. Sodann zeigt sich nicht selten um die Basis der drei terminalen Borstenwimpern von Stylonychia mylilus, sowie auch an den Wimpern des Hinterrandes bei Euplotes charon , ein mehr oder weniger deutlicher ringförmiger Eindruck, der allenfalls für eine Gelenkpfanne gehallen werden kann; er rührt jedoch ledig- lich daher, dass die starre Wimper sich nur zufällig ein wenig in das nachgiebigere Körperparenchym an ihrer Basis eingesenkt hat. Viel wesentlicher als die Form der Wimpern ist für die Oxytrichinen, Euplotinen und Aspidiscinen die Gruppirung derselben , die für die einzelnen Gattungen vortreffliche Charactere darbietet. Bei allen findet sich eine nach links gekrümmte bogenförmige Zone von adoralen Wimpern (Taf. III. Fig. 4. o. Taf. IV. Fig. 7. I. p. Taf. VII. Fig. 1 . 1. p.). Zu beiden Seiten des Körpers zieht bei den Oxytrichinen eine dichte Reihe borstenförmiger Wimpern herab (Taf. VI. Fig. 1. r. r.) ; diese bezeichne ich als Randwimpern. Beide Randwimperreihen gehen am Hinter- rande entweder in einander über (Taf. IX. Fig. 17. Taf. X. Fig. 5. 7), oder sie sind hier unterbrochen und dann zeigen sich in dem Zwischenräume drei längere borslenförmige Wimpern (Taf. VI. Fig. 1. 5), die Schwanz Wim- pern; es sind dies die Borsten Ehrenberg's. Die Aspidiscinen besitzen keine Randwimpern, die Euplotinen meist einige wenige, griffelförmige, weit von einander entfernt stehende (Taf. IV. Fig, 7. r. r'). Sehr allgemein kommt in einiger Entfernung vom hintern Körperende eine quere Reihe von 5 — 12 borsten- oder griffeiförmigen Wimpern vor (Taf. IV. Fig. 7. a. Taf. VI. Fig. 1. a. Taf. XIII. Fig. 2. 7 8. a.) ; diese bezeichne ich, da sich in ihrer Nähe immer die Afterstelle findet, als Afterwimpern, es sind die Griffel Ehrenberrjs. Die sonst noch vorkommenden Wimpern sind in gerade oder schlage Längsreihen geordnet , deren bald nur zwei und dann stets der Mittellinie genäherte (Taf. VI. Fig. 1 . st b. b. Taf X. Fig, 1 4), bald mehrere vorhanden sind (Taf. X. Fig. I . Fig. 5-7. Taf. XIII. Fig. 2. und 5). Meistens unterscheiden sich die am vordem Körperende rechts neben dem Eingange zum Munde gelegenen Wimpern durch bedeutendere Grösse und andere Gruppirung von den übrigen Bauchwimpern ; ich nenne sie in diesem Falle Stirn wimpern (Taf. VI. Fig. I. st. Taf. XIII. Fig. 2 st. Taf. XIV. Fig. 5. st.). 71 Die stärkein Wimpern der Infusionsthiere zeigen eine grosse Neigung, durch eine theils an der Spitze, theils an den Seiten beginnende und bis zum Anheftungspunct fortschreitende Zerspaltung in eine kleinere oder grössere Anzahl von gesonderten Fasern zu zerfallen. Diese Zerklüftung kann man zu jeder Zeit an den Stirn-, Bauch- und Afterwimpern und selbst an den Randwimpern der Stylonychia mylilus, so wie an den griffeiförmigen Wimpern anderer Oxytrichinen und der Euplotinen beobachten, wenn sich die Thiere in einem sehr flach ausgebreiteten Wasser- tropfen belinden, in dem sie nicht mehr zu schwimmen vermögen. Sie tritt aber auch sofort bei reichlicher Anwe- senheit von Wasser ein , wenn man demselben eine kleine Quantität verdünnter Essigsäure zusetzt. Die dicksten Wimpern lösen sich dann in ein aus vielen, oft ungleich dicken Fasern zusammengesetztes Büschel auf. während die dünneren Wimpern sich nur einfach gabeln oder in wenige Aeste zerfallen (Taf. VIII. Fig. l.a.st. Fig. 3. Taf. IV. Fig. 5). An der dicksten, rechten Afterwimper von Stylonychia mylilus bemerkt man gewöhnlich zuerst, bald Hin- auf der einen Seile (Taf. VIII. Fig. 3. 4.), bald auf beiden Seiten (Taf. VIII. Fig. I . a.) kleine zahnförmige Vorsprünge, die Einschnitte zwischen denselben werden dann immer tiefer und zuletzt entsteht ein Büschel ungleich langer Fasern. Beginnt die Auflösung vorzugsweise an der Spitze der Wimpern, so entstehen ziemlich gleich lange Fasern. Bei Euplotes palella traf ich die beiden rechten Randwimpern am hintern Körperende (Taf. IV. Fig. 6 — 1 I. r) an der Spitze beständig fiederartig verästelt. Lachmann machte zuerst auf das Vorkommen von ästigen Wimpern bei diesem Thiere aufmerksam, er lässt aber nur eine Wimper verästelt sein1). Sehr beachtenswert h ist, dass , wenn eine dicke Wimper sich in ein Faserbüschel auflöst, jede Faser für sich noch eben so gut schwingende und wirbelnde Bewegungen ausführt, wie die unzerlheilte Wimper, ja selbst die vorhin erwähnten kleinen zahnförmigen Fortsätze an der dicksten Afterwimper von Stylonychia mytilus zeigen schon ein selbstständiges Bewegungsvermögen, indem sie sich bald an den Wimperkörper anlegen, bald aufrichten, wodurch das Ansehen entsteht, als sei derselbe an den Seiten von einem undulirenden Saume eingefasst. Diese Thatsachen beweisen, dass die Wimpern in und durch sich selbst beweglich sein müssen; der Grund ihrer Bewe- gung kann unmöglich ausserhalb der Wimpern, etwa in Muskeln, die sich ihrer Basis inseriren, liegen, wie Ehrenbmf glaubte. Eine solche Annahme wird schon durch das Vorkommen von Wimpern bei vegetabilischen Organismen, wo doch von Muskeln nicht die Rede sein kann, widerlegt. Aber auch von allen, durch das ganze Thierreich sonst noch so verbreiteten Wimpern ist völlig sicher constatirt, dass sie keinen Zusammenhang mit Muskeln haben, son- dern autonomisch beweglich sind. Ferner lehren besonders die langen geisseiförmigen Wimpern gewisser Mona- dinen, z. B. von Heteromita Duj. (Bodo grandis Ehbg.), Peranema und Anisonema Duj.. dass nicht ein besonderer Bewegungsmechanismus an ihrer Basis angebracht sein kann ; man sieht dieselben oft ganz gerade ausgestreckt, und nur der äusserste Spitzentheil ist in vibrirender, peitschender Bewegung. Die erste Entstehung der Wimpern und ihr allmähliges Hervorwachsen aus der Cuticula lässt sich bei den Infusorien sehr genau während ihrer Vermehrung durch Theilung beobachten, namentlich bei solchen Formen, die durch den Besitz stärkerer, nur auf gewisse Regionen des Körpers angewiesener Wimpern ausgezeichnet sind, wie die Oxytrichinen und Euplotinen. Bei diesen Thieren wird während der Theilung eine grosse Anzahl der Wimpern für beide aus der Theilung hervorgehende Individuen von Neuem gebildet, worüber der specielle Theil meiner Schrift zu vergleichen ist. Hier sei nur bemerkt, dass alle Wimpern, auch die dicksten, zuerst als äusserst feine und kurze, sogleich bewegliche Auswüchse der Cuticula auftreten, die in sehr kurzer Zeit ihre definitive Gestalt erhalten, später aber nur in demselben Verhältnisse weiter wachsen, in dem sich der Umfang des gesammten Körpers vergrössert. So schnell neue Wimpern gebildet werden , eben so schnell können bereits vor- handene wieder verschwinden. Diese Erscheinung ist ebenfalls in grosser Ausdehnung bei der Theilung der Oxy- trichinen, Euplotinen und Aspidiscinen zu beobachten. Die ausscheidenden Wimpern scheinen jedoch nicht einlach abgeworfen , sondern resorbirt zu werden. Ein anderes bekanntes Beispiel bieten die Vorlicellinen und Ophrydinen dar. Wenn diese Thiere sich von ihrem Stiel oder von der Hülse, in der sie sitzen, lösen, sind sie vor ihrem hin- teren Ende mit einem Wimperkranze versehen, mittelst dessen sie längere oder kürzere Zeit umher schwärmen. Sobald sie sich wieder festsetzen und einen neuen Stiel oder eine neue Hülse auszuscheiden beginnen , geht der hintere Wimperkranz wieder ein, die Wimpern werden zuerst in ihren Bewegungen matter, schrumpfen dann zusammen und verschwinden bald darauf spurlos. Von hohem systematischen Werthe ist die Vertheilung der Wimpern über den Infusorienkörper. Nach meiner I) Müllers Archiv S. 358 und 365 18' 72 Kenntniss der Inf'usorienwelt ist kein Organisationsverhältniss geeigneter, zum obersten Eintheilungsprincipe der Infusionslhiere zu dienen, als die Anordnung und Vertheilung der äusseren Körperwimpern, die ja auch den unter- scheidenden Character dieser Tliiere von den übrigen Protozoen ausmachen, und von denen augenscheinlich die gesammte Lebensweise der Infusorien sehr wesentlich abhängig ist. Dies ist theilweis auch bereits anerkannt wor- den, indem man seit Dujardin die Infusorien ziemlich allgemein in die beiden Ordnungen der geisseltragenden (Fla- gellifera) und bewimperten Infusorien (Ciliata) eintheilt. Allein die letztere Ordnung ist im Verhällniss zur ersten viel zu umfangreich und in sich zu heterogen ; ich habe sie daher nach der Art der Bewimperung in vier, den Flagelliferen gleich werthige Ordnungen aufgelöst, die ich als Holotricha , Heterotricha, Hypotricha und Peritricha bezeichne1). Sollten sich die Acinetinen doch noch als selbstständige Infusorien herausstellen, so würden sie eine sechste, zwischen den geisseltragenden und hololriclien Infusorien einzureihende Ordnung bilden. Die geisseltragenden Infusorien besitzen einen nackten Körper, der nur an einem Puncte. meist am vordem Körperende, seltener auf der einen Seite (Peridinium , Glenodiniüm) ein oder zwei, bisweilen mehrere höchstens zehn) sehr lange faden- oder peilschenförmige Wimpern trägt, die den Körper gewöhnlich bedeutend, oft um das Doppelte und Dreifache an Länge übertreffen, oder doch wenigstens nahebei seine Länge erreichen. Gleich- zeitig finden sich zuweilen (bei den Peridinäen) noch äusserst zarte, kurze, schwer wahrnehmbare Wimpern, die sich jedoch immer nur auf gewisse Zonen beschränken, so dass der grösste Theil des Körpers nackt bleibt. Hierher gehören Ehrenberg's Monadina, Cryptomonadina, Volvocina, Hydromorina, Astasiaea, Dinobryina und Peridinaea, so wie sein Trachelius trichophorus und globulifer. woraus Dujardin die Gattung Peranema gebildet hat. Eine einzige Geissei findet sich z. B. bei Monas, Uvella , Mallomonas Perly , Prorocentrum, Trachelomonas , Lagenella, Euglena, Peranema und Peridinium. Doppelle Geissein besitzen die Volvocinen. Polytoma, Chlorogonium. Heteromita . Ani- sonema und Zygoselmis. Bei den drei letzten von Dujardin aufgestellten Galtungen ist eine der beiden Geissein viel kurzer und lebhafter beweglich als die andere; bei Heteromita wird die längere, gewöhnlich starr nach rückwärts ausgestreckte, einerseits zum Fixiren des Körpers, andererseils zum plötzlichen Fortschnellen verwendet. Vier bis fünf Geissein kommen den Gatt. Spondylomorum und Chloraster2) zu; Phacelomonas besitzt 8 — 10 Geissein. Bei den holotrichen Infusorien ist der Körper auf der ganzen Oberfläche dicht mit gleichartigen, fein- haarigen Wimpern besetzt, die stets sehr viel kürzer sind, als der Körper. Da letzterei- in der Begel der Länge nach gestreift ist, so scheinen die Wimpern in Längsreihen geordnet zu sein. In der Umgebung des Mundes finden sich zuweilen etwas längere Wimpern . niemals aber kommt eine wahre adorale, aus längeren borstenförmigen Wimpern gebildete Zone vor. Hierher gehören von bekannten Formen die Gattungen Opalina, Cyclidium, Trichoda. Colpoda, Glaucoma, Coleps, Holophrya, Prorodon, Enchelys, Lacrymaria ;mit Phialina), Trachelocerca3). Amphi- leptus, Trachelius, Dileptus Duj., Loxophyllum Duj. , Loxodes (nur L. rostrum) . Nassula . Acidophorus St. , Liosi- phon4) Cyrtostoujum Sl., Paramaecium, Pleuronema Duj. und Ophryoglena. Die h etero trieben Infusorien stimmen mit den holotrichen in der gleichmässigen, dichten Bekleidung der gesammten Körperobei fläche mit kurzen, feinhaarigen Wimpern überein, die auch hier gewöhnlich in Folge von Längsstreifung reihig geordnet erscheinen. Ausserdem ist aber stets noch eine deutlich entwickelte Zone von bor- sten- oder griffeiförmigen adoralen Wimpern vorhanden. Die bekanntesten Repräsentanten dieser Ordnung sind die Gattungen Bursaria5), Leucophrys6!, Plagiotoma Duj. , Blepharisma Perty, Lembadion Perly , Condylosloma Duj., Spirostomum, Climacostomum Sl., Stentor und Tintinnus. Die hy.potrichen Infusorien sind nur partiell bewimpert und zeichnen sich durch den scharfen Gegen- 1) Ich habe diese Eintheilung der Infusionslhiere schon seit dem Jahre 1855 bei meinen zoologischen Vorträgen befolgt und sie auch in der Sitzung der K. Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften vom 19. Ocl. 1857 entwickelt. — 2) Die von mir beschriebene Pha- celomonas bodo {Stein Die Infusionslhiere S. 191) ist jedenfalls mit Ehrenberg's Spondylomorum qualernarium (Monatsber. der Berliner Acad. 1848. S. 236) identisch, daher der von mir gegebene Name zu unterdrücken ist. Die von mir a. a. 0. erwähnten isolirlen, in der Knospenbildung begriffenen Individuen von Phacelo. bodo waren Ehrenberg's Chloraster gyrans (a. a. 0. S. 237). — 3) Die Galtung Trachelocerca beschränke ich auf Tracheioc. sagitta Ehbg. (Monatsber. der Berliner Acad. 1840. S. 202); die übrigen Trachelocercen vermag ich nicht von Lacrymaria zu trennen. — 4) In diese Gattung gehört meine Nassula ambigua (Siein Die Infusionsth. S. 2 48 — 49), die daher Liosiphon ambiguus heissen muss. — 5) Die Galtung Bursaria wird auf B. truncatella zu beschränken sein, da wesentlich auf diese Art 0. F. Müller die Gattung Bursaria gründete. B. vorticella Ehbg. ist vielleicht gar nicht von B. truncatella verschieden. — 6) In Ehrenberg's Leucophrys patula kann ich nur Burs. truncatella erkennen. L. spathula gehört in die Gatt. Enchelys, L. Anodontae zu Plagio- toma Duj., L. piriformis und L. carnium wohl zu Trichoda. Als Repräsentant der Gattung Leucophrys bleibt mithin nur die sehr aus- gezeichnete L. sanguinea übrig; eine ihr nahe verwandte Art ist L. entozoon (Burs. entozoon und intestinalis \on Ehrenberg). 73 salz von Rucken- und Bauchseite aus. Die Rückenseite ist stets ganz nackt und nur die Bauchseite allein trägt Wim- pern. Hierher gehören vier sehr natürliche Familien, nämlich die Oxytrichinen Ehrenberg's, denen auch seine Gattung Uroleptus zuzugesellen ist, die Euplotinen, Aspidiscinen und die Familie der Chlamydodonten , welche ich aus Ehrenbergs Gatt. Chilodon und Chlamydodon, ferner aus den Gatt. Ervilia und Trochilia von Dujardin und aus den neuen Gatt. Phascolodon, Opisthodon und Scaphidiodon ') zusammensetze. Nur die Chlamydodonten besitzen dicht gedrängt stehende , gleichartige, feinhaarige Wimpern , welche bald die ganze Bauchseite, bald nur den mittlem Theil derselben einnehmen. Die drei übrigen Familien zeichnen sich durch zerstreut stehende, borsten- oder uri (Tel förmige Wimpern aus. deren Stellungsverhältnisse S. 70 besprochen wurden. Die peritrichen Infusorien besitzen einen drehrunden, stets nur partiell bewimperten, auf dem grösslen Theil der Oberfläche nackten Körper. Die meist langhaarigen, nicht selten borstenförmigen Wimpern bilden theils einen ringförmigen, auf der Längsaxe des Körpers senkrecht stehenden Gürtel, theils eine niedrige Spiralzone um das vordere Körperende; im letzteren Falle sind die Wimpern stets adorale. Zuweilen kommen noch einzelne zer- streute Wimpern oder ein Wimperbüschel auf der sonst ganz nackten Körperoberfläche vor. Die bekanntesten Repräsentanten dieser Ordnung sind die Vorticellinen (Vorticella, Scyphidia Duj. Lac/im., Carchesium, Zoothamnium, Epistylis, Opercularia) und die Ophrydinen (Vaginicola, Colhurnia, Lagenophrys St. , Ophrydium). Hieran schliesst sich die neue Familie der Ophryoscolecinen (Ophryoscolex St. und Entodinium St.) , deren Mitglieder parasitisch im Pansen der Wiederkäuer leben2), ferner die Spirochoninen Spirochona St. und Dinophysis Ehbg.), sowie die Galtungen Trichodina, Urocentrum , Halteria Duj. Trichodina vorax und grandinella von Ehbg. nebst mehreren im Meere lebenden Arten und die Gattung Didinium St. 3) Einen sehr breiten, medianen Wimpergürtel treffen wir bei der Gattung Urocentrum, die ausserdem noch am hintern Körperende einen stielähnlichen excentrischen Wimperschopf besitzt. Die Gattung Didinium hat einen vordem und hintern geschlossenen Wimperkranz, Tricho- dina dagegen eine vordere adorale Wimperspirale4) und einen hintern Wimperkranz. Bei den Vorticellinen, Ophry- dinen und Spirochoninen sind lediglich adorale Wimpern vorhanden5), und nur bei den Mitgliedern der beiden ersten Familien entwickelt sich zeitweilig noch ein hinterer Wimperkranz , wenn sie sich von ihrem Anheftungs- punete ablösen wollen. Nächst den Wimpern kommen bei den Infusorien noch in ziemlicher Verbreitung zarte, glashelle, hautartige Fortsetzungen der Cuticula vor, welche nach Belieben zusammengefaltet und ausgespreitzt oder in wellenförmige Bewegungen versetzt werden können. Ich nenne diese Gebilde nach dem Vorgange v. Siebohrs0) undulirende Membranen. Am häufigsten finden sie sich in der nächsten Umgebung des Mundes, und sie dienen dann zum Ergreifen der Nahrungsmittel. Die entwickeltste undulirende Membran besitzt die Gattung Pleuronema Duj. Para- maecium chrysalis Ehbg.) ; sie zieht sich hier vom vordem Körperende in einer Furche des Bauchrandes bis zu dem weit nach hinten gelegenen Munde herab, ist im ausgespreitzten Zustande mehr als halb so breit, als der Körper und zeigt auch dann noch mehr oder weniger zahlreiche wellenförmige Falten. Sie wurde deshalb von Dujardin und Perty irrig als ein Büschel langer beweglicher Fäden aufgefasst, und auch Ehrenberg7) beschreibt sie als »sehr lange merkwürdige Mundwimpern, die einer wellenartig bewegten Membran gleichen.« Bei den Oxytrichinen und vielen Bursarieen. z. B. bei Leinbadion, Condylosloma, Blepharisma, zeigt sich am Innenrande des weiten Peristom- ausschnittes , den adoralen Wimpern gegenüber, eine meist schmal bandförmige undulirende Membran Tat" V. Fig. I . i. Taf. VI. Fig. 1 . i. Taf. X. Fig. I . i. und Taf. XII. Fig. I 8. I 9. i. i. , welche gewöhnlich durch schräge Faltung innig an den Innenrand angelegt werden kann; bei Lembadion bildet sie dann einen zipfelförmigen Vorsprang über das vordere fbeim Schwimmen gewöhnlich nach hinten gerichtete Körperende. Wo die bandförmige Membran sehr lebhafter Undulationen fähig ist, da zeigt sie während derselben an ihrem freien Rande stumpfere oder spitzere zahn förmige Vorsprünge (Taf. V. Fig. ö. u. 6. an dem hintern Individuum . und sie kann dann leicht für einen aus Wimpern zusammengesetzten Saum gehalten werden. In die Kategorie der undulirenden Membranen gehören auch l\vv von mir bei der Gattung Opercularia 1) Vergl. Stein Characteristik neuer Infusorien- Gattungen in der Prager Lotos Januar 1859. S. 2 — 3. — 2) Prager Lolos März 1859. S. 57 — 58. — 3) Ebendaselbst S. 5. — 4) Dass die vordem Wimpern nicht kreisförmig, sondern spiral angeordnet sind, wurde für Trichodina pediculus zuerst von XV. Busch nachgewiesen (Müller's Archiv 1855. S. 357). — 5) Lachmann zeigte zuerst, dass die am vordem Körperende der Vorticellinen vorkommenden Wimpern zusammen eine einzige adorale Wimperzone darstellen (Müller's Archiv 1856. S. 346 — 50. — 6) v. Siebold »Ueber undulirende Membranen«, Zeitschrift für Wissenschaft. Zoologie 1850. Band II. S. 356—64. 7) Ehrenberg »Die Infusionslhiere« S. 35i. S I c i ii , Organismus der Infusionsthiere. )Q L I B R A R Yi = 74 beobachtete, mit dem Wirbelorgan aus dem Peristom hervortretende manschettenartige Fortsatz1 . ferner die zit- ternde Klappe am Munde von Glaucoma scintiilans2) und endlich die am hintern Körperende von dem uhrrädchen- förmigen Gerüst der Trichodinen ausgehende ringförmige Membran3). Dagegen ist der von Ehrenberg bei seinem Stentor Mülleri, coeruleus und Roeselii beobachtete und zur Unterscheidung der Arten benutzte seitliche Wimper- kamm*), welcher nach den Abbildungen leicht für eine undulirende Membran gehalten werden könnte, nichts weiter, als der Anfang zu einer neuen adoralen Wimperzone für einen durch schiefe Theilung spater abzuschnürenden Theilungssprössling. Der seitliche Wimperkamm iindet sich daher auch keineswegs bei allen Individuen, sondern nur bei solchen, die im Begriff stehen, sich zu (heilen , und bei diesen zeigt er sich wieder auf sehr verschiedenen Entwicklungsstufen, indem er bald aus äusserst kurzen und zarten, bald aus längern borsten- oder griffeiförmigen Wimpern besteht. Wenn Ehrenberg bei einem schon ziemlich weit in der Theilung vorgeschrittenen Stentor Roeselii ausser den beiden adoralen Wimperzonen noch einen seitlichen Wimperkamm hinter jeder derselben darstellt5), so ist dies ein offenbarer Irrthum Claparede und Lachmann haben bereits auf die wahre Bedeutung des seitlichen Wimperkammes der Stentoren aufmerksam gemacht6). Manche Infusionsthiere besitzen wahre, nicht wirbelnde, aber biegsame Borsten, andere bewegliche oder unbewegliche Stacheln. Bei den Vorticellen ragt eine tief im Rachen entspringende, lange, gebogene Borste aus dem Peristom hervor, welche erst von Lachmann entdeckt wurde7); ich kann ihre Anwesenheit für viele Vorticel- linen und Ophrydinen bestätigen. Bei Mallomonas Perty ist der ganze Körper dicht mit langen, feinen, abstehenden Borsten besetzt, welche nur passiv beweglich zu sein scheinen. Ein beweglich eingefügter, starrer, griffeiförmiger Stachel findet sich am hintern Körperende bei den Gattungen Ervilia und Trochilia Taf. II. Fig. 17. I 8. a. Fig. 28. a.); drei bis fünf kurze, zabnförmige, bewegliche Stacheln kommen am hintern Körperende bei der Gattung Coleps vor. In einen langen, an der Basis nicht articulirten. aber biegsamen, stachelarligen Fortsalz läuft das hintere Körperende von Ophryoscolex Purkinjei St. aus; dicht vor dem Schwanzstachel sitzen auf dem Rucken und an den Seiten des Thieres noch zahlreiche, in mehrere fast ringförmige Gürtel geordnete, sehr ansehnliche , gekrümmte Stachelfort- sätze. Aehnliche Slachelfortsätze finden sich auch bei zwei Allen von Entodinium Sl. am hintern Körperende. Dicht neben einander stehende, feine, biegsame Borstenhaare säumen den ganzen freien Rand des spiraltrichter- förmigen Peiistoms von Spirochona Scheutenii8j. Eine sehr eigentümliche Art beweglicher Körperforlsätze , welche den Pseudopodien der Rhizopoden, namentlich denen der Actinophryen am nächsten stehen, sind endlich die Tentakeln, sehr enge, röhrenförmige, an der Spitze in einem rundlichen Knöpfchen oder in einer scheibenförmigen Erweiterung endende Ausstülpungen des Körperparenchyms , welche gewöhnlich gerad ausgestreckt sind und dann eine ganz glatte Oberfläche zeigen, wahrend ihr Inneres aus einer äusserst verschiebbaren, dem breiartigen Innenparenchym des Körpers gleichenden Substanz besteht. Die Tentakeln köunen sich verlängern und verkürzen, sie können ganz in den Körper zurück- gezogen, aber auch zu enormer Länge und Feinheit ausgedehnt werden; Beides geschieht in der Regel allmählig und langsam. Sie vermögen aber auch, wenn sie weit genug ausgestreckt sind, plötzlich eine andere Stellung anzu- nehmen, indem sie sich in weiten Bogen krümmen oder um ihren Fusspunct nach irgend einer Richtung drehen. Beim Verkürzen legen sie sich nicht selten in schrauben- oder zickzackförmige Windungen , oder sie schwellen unregelmässig auf. Die Tentakeln sind bisher nur bei den Embryonen der höheren Infusionsthiere (vergl. Taf. VIII. Fig. I. 4. 6. e. e. und Tai'. XIV. Fig. 5. a — e.) und bei den Acinetinen beobachtet worden; von letzteren besitzen jedoch einige (Dendrocometes paradoxus und Acineta digitata) statt der Tentakeln nur ganz starre, nicht retraclile. einfache oder ästige Köiperfortsälze. Die Tentakeln dienen als Greif- und Haftorgane; aucli findet durch sie, wie wir gleich näher sehen werden, die Aufnahme flüssiger Nahrungsstoffe statt. I) Sta>i»Die Infusionsthiere« Taf. II. Fig. 1. c. II). A. b. Taf. V. Fig. 3 I . b. — 2) Ebendaselbst Taf VI. Fig. 4 6. a. — 3) Eben- daselbst Taf. VI. Fig. 54— 57. f. — 4) Ehrenberg Die Infusionsthiere Taf. XXIII. Fig. I. 2. 3. und Taf. XXIV. Fig. II. 1 . — 5) A. a. 0. Taf. XXIV. Fig. II. 4. — 6) Annales des scienc. nalur. 1857. IV. Ser. Tome VIII. p. 234. — 7) Müllers Archiv 1856. S. 348 und Taf. XIII. Fig. I. 3. g. — 8) Ich habe dies Thier neuerlich lebend in der Ostsee beobachtet und mich überzeugt, dass bei ihm das Peristom wesentlich eben so gebaut ist, als bei Spiroch. gemmipara; die Borsten, welche ihm eigenlhiimlich sind, sitzen nicht, wie Scheuten angab (vergl. 'Stern Die Infusionsthiere S. i I 6 und Taf. V. Fig. 29), blos auf einer Seite des Peristomrandes , sondern rings herum und dichter hinter einander. 75 5. Von dem Emährimgsorganisnms der Infusionsthiere. Die Infusorien nehmen entweder nur flüssige, oder sowohl feste als flüssige Nahrungsstoffe auf. Im ersleren Fall können die Nahrangsstoffe von der ganzen Körperoberfläche absorbirt oder durch eigentümliche tentakelartige Körperfortsatze aufgesogen werden; im letzleren Fall ist stets ein Mund und auch wohl immer eine constante Stelle vorhanden, an welcher die unverdaulichen Stoffe wieder ausgeschieden werden; sie wird After genannt , obwohl nur selten eine eigentliche Afteröffhung zu beobachten ist. In allen Fallen gelangen die Nahrungsstoffe, ohne zuvor irgend eine Veränderung erlitten zu haben, direct in das Köi perparcnehym selbst; hier erst erfolgt ihre Verdauung oder ihre Assimilation, und was nicht verdaut werden kann, wird durch die Contractionen des Parenchyms allmählig der Afterstelle zugedrängt. Ein besonderes Verdauungsorgan ist bei keinem Infusionsthiere nachzuweisen. Wenn ein Mund vorhanden isl . so ist die äussere Umgebung desselben oft eigentümlich gestaltet oder durch eine beson- dere Stellung der Wimpern ausgezeichnet, wodurch eine reichlichere und sicherere Nahrungszufuhr zum Munde bezweckt wird. Ich werde diese durch Form oder Bewimpcrung oder durch Beides zugleich ausgezeichnete Um- gebung des Mundes im Allgemeinen als Peristom bezeichnen. Der Mund setzt sich häufig nach innen in einen längern oder kürzern, von eigenen Wandungen begränzten Schlauch fort, durch welchen die Nahrungsstoffe in das Parenchym übergeführt werden. Er repräsenlirt bald nur den Schlund, bald Schlund und Speiseröhre der höheren Thiere zugleich; der Kürze wegen werde ich ihn blos Schlund nennen. Bisweilen steht auch mit dem After, der dann stets eine jederzeit sichtbare Oell'nung ist, ein kurzer ausführender Kanal, eine Art Afterdarm in Verbin- dung; niemals aber spannt sich bei den Infusorien zwischen Mund und After ein continuirlicher Darmkanal aus. Die Grunde, welche Ehrenberg bestimmten, den Infusorien einen ganz vom Parenchym abgeschlossenen, polygastrischen Darmkanal zuzuschreiben und denselben zu ihrem wesentlichsten Character zu erheben, sind bereits im ersten Abschnitt umständlich erörtert und hinlänglich widerlegt worden. Nicht eine Vielheit von Mägen, die vom Munde oder einem Darm aus mit Nahrungsstoffen erfüllt werden, characlerisirt die Infusionsthiere, sondern der gänz- liche Mangel eines Magens oder eines mittleren verdauenden Darinabsclmilles. Hierdurch unlerscheiden sich auch die vollkommensten Infusorienformen sofort von sämmtlichen Räderthieren und Strudelwürmern, die unter allen über den Infusorien stehenden Thierklassen doch noch die meisten Analogien mit denselben darbieten, und möglicher Weise mit ihnen verwechselt werden können; diesen beiden Thierklassen kommt jedoch stets ein für sich bestehender allseitig abgeschlossener Darmkanal zu. Die seltsamen Gestalten der Gattungen Ophryoscolex und Entodinium wird man beim ersten Anblick viel eher für Räderthieie, als für Infusorien hallen; die Nahrungsmiltel werden aber bei ihnen im Parenchym abgelagert und darum sind sie unzweifelhaft Infusorien. Manche holotriche Infusorien, nament- lich Cyrtostomum leucas und verwandle Formen nähern sich sowohl in ihrem Habitus, als auch in manchen Organi- sationsverhältnissen unverkennbar den rhabdocolen Strudelwürmern, was 0. Schmidt veranlasste1), die Infusions- thiere unmittelbar an die Strudelwürmer anzuschliessen, allein der slets abgeschlossene, wenn auch meist innig mit dem umgebenden Parenchym verwachsene Darmkanal der lelzlern scheidet sie fundamental und leicht kenntlich von den Infusorien. Entschieden mund- und afterlos ist unter den entwickelten , bewimperten Infusionsthieren nur die arten- reiche holotriche Gattung Opalina. Sämmtliche Opalinen leben schaarenweis im Darmkanal oder in abgeschlosseneu Leibeshöhlen z. 13. Opal, branchiarum St.) anderer Thiere. und sie erreichen eine so ansehnliche Grösse Opal, ranarum gehört zu den grössten bekannten Infusorienformen), dass ein Mund, wäre er auch sehr klein, sich nicht den bisher so oft und von so verschiedenen Seiten her auf diese Thiere gerichteten Forschungen hätte entziehen können. Es sind auch noch bei keiner Opaline im Parenchym die geringsten Spuren von fremden festen Körpern, zwischen denen sich doch die den Darmkanal bewohnenden Formen beständig umhertummeln, beobachtet worden. Die Nahrung der Opalinen kann daher nur in den in ihrer Fmgebung stets reichlich vorkommenden thierischen Flüssigkeiten bestehen, und diese müssen von der gesammten Körperoberllache aufgesogen werden können, da Leine Stelle derselben eine andere, hierzu geeignetere Beschaffenheit zeigt, als die übrige Oberfläche. I) 0. Schmidt Lehrbuch der Zoologie. Wien 1854. S. 73— 85. Mit den Infusorien werden auch die Gregarinen und Hliizopoden dem Organisationsplane der Würmer einverleibt. Bei diesem Verfuhren kann natürlich von einer scharfen Begriffsbestimmung der Würmer nicht die Hede sein. 19* 76 Auch die Acinelinen und die mir bekannten Embryonen der höheren Infusorien besitzen keinen Mund und After. Sie nehmen niemals fremde feste Körper aus der Aussenwelt auf, und jeder Versuch, sie mit Karmin oder Indigo zu futtern, bleibt erfolglos. Diejenigen Acinetinen und Embryonen, welche mit retraclilen Tentakeln ver- gehen sind, leben von den flüssigen Bestandtheilen und Fetten anderer Infusorien, welche sie denselben mittelst der knopflormigen Enden ihrer Tentakeln entziehen. Am deutlichsten konnte ich diesen Vorgang bei den grösseren Acinetinen. namentlich bei Acineta Operculariae und A. cothurnala beobachten, und ich muss durchweg die genaue Schilderung, welche zuerst Lachnunm hiervon gegeben hat1;, bestätigen. Schwimmt ein Infusionsthier in erreich- barer Nähe an den Acineten vorüber, so fahren die zunächst gelegenen Tentakeln schnell gegen dasselbe zusammen, wobei sie sich oft betrachtlich verlangern, bogenförmig zusammenkrümmen, sehr verschieden winden und regellos durch einander wirren. Diejenigen Tentakeln, deren knopfförmiges Ende in unmittelbare Berührung mit der Ober- flache des umstrickten Thieres kommt, erweitern dasselbe scheibenartig und saugen sich damit fest. Ist dies erst mehreren gelungen, so vermag sich das gefangene Thier nicht mehr loszureissen, seine Bewegungen werden immer matter und erlöschen nach und nach gänzlich. Nunmehr, oft aber auch schon früher, verkürzen und verdicken sich diejenigen Tentakeln , welche sich am festesten angesaugt hatten, beträchtlich und ziehen, während andere wieder loslassen, die Beule näher an den Körper heran; wobei sie entweder gerad gestreckt bleiben oder sich hakenförmig seitwärts oder sogar nach abwärts umbiegen. Plötzlich sieht man . sobald die Haflscheibe die Cuticula des gefan- genen Thieres durchbohrt hat. von demselben aus einen continuirlichen, sehr rapiden, durch die beigemengten überaus feinen Fellkürnchen bezeichneten Strom sich durch die Axe des Tentakels ergiessen und an seiner Basis in das benachbarte Körperparenchym ausströmen, was so lange währt, bis das gefangene Thier entweder zerfliesst, oder bis ihm der grössle Theil seines halbflüssigen Innenparench\ms entzogen ist und es nun eine ganz zusammen- geschrumpfte, unkenntliche Masse bildet. Wodurch die auffallend schnelle und conlinuirliche Strömung im Innern des Tentakels bedingt wird, ist mir nicht genügend erklärlich : sie ist eben so rapid, wenn der Tentakel, an dem die Beute haftet, nach abwärts gekrümmt, die innere Strömung also eine aufwärts steigende ist. Irgend welche von den Wandungen des Tentakels ausgeführte schluckende oder peristal tische Bewegungen Hessen sich nicht beobachten, die Contouren des Tentakels blieben vielmehr ganz unverändert, während ein ununterbrochener Körnchenstrom durch seine Axe floss. — Bei den mit starren, armartigen Körperfortsätzen versehenen Acinetinen (Dendrocometes und Acineta digitata, kann von einem Fangen und Aussaugen anderer Infusorien nicht die Bede sein; jedenfalls werden aber auch sie nur mit den weniger starren, zugespitzten Enden ihrer Arme flüssige Nahrungsstoffe auf- nehmen. Woher diese stammen und wie sie ihnen zugeführt werden, das ist noch völlig dunkel. Den säinmtlichen geissellragenden Infusorien wurde nach dem Vorgange Duj ardin' s und v. Siebotd s bis in die neueste Zeit sehr allgemein Mund und After abgesprochen und bei ihnen nur eine endosmotische Aufnahme von Wasser und der in demselben gelösten Stoffe angenommen, während Ehrenberg diesen Thieren durchweg einen an der Basis der Geissein gelegenen Mund zuschrieb, der zugleich die Stelle des Afters vertreten sollte. Der Mund wurde zwar von Ehrenberg nirgends deutlich direct beobachtet, aber auf seine Anwesenheit aus der bei vielen nicht grUn gefärbten Formen bewirkten Fütterung mit Indigopartikelchen geschlossen. Ich glaube, dass Ehrenberg's Ansicht der Wahrheit weit näher kommt, als die entgegenstehende, und auch Colin-) und Lachmann3] haben sieh bereits in ähnlicher Weise ausgesprochen. Ich selbst habe bei mehreren, zu verschiedenen Familien gehörigen geissellragenden Infusorien mit grösster Bestimmtheit eine Mundöffnung und einige Male auch an einer vom Munde verschiedenen Stelle die Ausscheidung von Excrementen beobachtet. Am deutlichsten sah ich den Mund an zahl- reichen riesigen, bis TV langen und TV" breiten Exemplaren der Zygoselmis nebulosa Duj. , ferner bei Peranema [Trachelius Ehbg.) trichophora , Heteromita (Bodo Ehbrj.) grandis und Petalomonas (Cyclidium Duj.) abscissa St. i ; er ist bei den drei erstgenannten Formen eine von dem Insertionspuncte der Geissein in der Mittellinie der Bauch- seite nach rückwärts verlaufende, klaffende Längsspalte, die bei Heteromita fast bis zur Körpermitte reicht, während Petalomonas an derselben Stelle nur eine kurz elliptisch grubige Mundöffnung besitzt. Im Innern von Zygoselmis traf ich sehr häulig grosse , verschluckte thierische Körper, einmal auch einen sehr dicken und langen Conferven- I, Müllers Archiv 1856. S. 37 1—72. Vergl. auch oben S. 49. — 2) No\a Acta Acad. Caes. Leop. Car. Vol. XXIV. P. I. p. (62. — 3 Müllers Archiv 1836. S. 3 67. — 4) Die Gallung Petalomonas gründe ich auf Cyclidium abscissum Duj. Der Körper dieser Gatlung ist gepanzert, hyalin, sehr plattgedrückt, blattartig, auf der Rückseite mit ein oder zwei Längskielen und am vordem Ende mit einer einzigen hingen fieissel verseilen. Der Name Cyclidium kann nicht beibehalten werden, da er bereits von Ehrenberg für eine ganz andere holo- triche Infusoriengatlung verbraucht ist. 77 faden, der einen beträchtlichen Theil des innern Körperraumes einnahm. Auch Peraaema ist sehr gewöhnlich mit fremden Körpern erfüllt, die diesem Thier eine schmutzig gelbbraune Farbe ertheilen; hier sah ich auch am hintern Körperende die Ausscheidung von Excreinenten. Im Innern von Heteromila beobachtete ich vielfach verschluckte grüne und braune Körncrmassen, auch einige Male eine kleine Naviculacee. Bei einer achten Monas wahrscheinlich M. guttula) liess sich zwar der Mund nicht deutlich erkennen, aber im Innern zeigten sich vielfach fremde, zum Theil grün gefärbte Körnerhaufen; auch sah ich öfters am hintern Ende sehr klar das Auswerfen von Kothballen. Unter zahllosen Individuen von Polytoma uvella fand sich eine geringe Anzahl solcher, welche in der vordem Hälfte nahe vor dem Nucleus eine mehr oder weniger dichte Zusammen- häufung von überaus feinen, grünen Molecülen zeigten. Ich möchte auch diese von aussen durch eine sehr enge, an der Basis der beiden Geissein gelegene Mundöffnung, die ich freilich nicht direct zu constatircn vermochte, ein- gedrungen sein lassen, da es mir nicht recht einleuchten will, dass Polytoma so sporadisch Chlorophyll entwickeln sollte. Die grünen und braunen geissei tragenden Infusorien sind zwar noch nicht zur Aufnahme von Farbstoffen zu bewegen gewesen, auch haben sich in ihrem Innern noch nicht mit völliger Sicherheil aus der Aussenwelt stam- mende Körper nachweisen lassen, allein deshalb dürfen wir ihnen einen Mund noch keineswegs absprechen. Ich habe sogar bei Amblyophis viridis mit vollkommener Ueberzeugung den Mund erkannt; er liegt hier in der Aus- randung am vordem Ende und zeigt sich, wenn dasselbe sich gerade gegen den Beobachter hin umbiegt, als eine sehr deutliche, kreisrunde, nach innen zu trichterförmig verengerte Oeffnung; sie führt in einen kurzen, engen, etwas geschlangelten , medianen, lichten Kanal, welcher in der Gegend des rothen Augenflecks endigt. Dieselbe Organisation ist auch bei Euglena viridis vorhanden, sie lässt sich aber bei diesem Thiere. das unaufhörlich seine gesammle Körperform verändert, weit schwieriger wahrnehmen. Auch bei Cryptomonas ovata sah ich deutlich von der vordem Ausrandung einen kurzen, engen, lichten Kanal sich nach innen erstrecken. Bei den Volvocinen, wo ein Mund und Kanal noch nicht nachweisbar war, zeigt sich das vordere zugespitzte Körperende, von dem die Geissein entspringen, stets farblos und augenscheinlich aus einer viel weichern, nachgiebigem Substanz gebildet; ohne Zweifel werden nur durch diese hindurch flüssige Stolfe aufgenommen und ausgeschieden. Sämmfliche bewimperte Infusorien, mit Ausnahme der bereits betrachteten Opalinen, sind mit einem Munde versehen, dessen Lage und Gestalt sich meist jederzeit leicht ermitteln lässt, zumal wenn ein mehr oder weniger entwickeltes Peristom vorhanden ist. In manchen Fällen ist jedoch der Mund schwer zu conslatiren, nämlich dann, wenn er für gewöhnlich fest geschlossen und wenn kein Schlund vorhanden ist, wie z. B. bei Amphileptus und Loxophyllum Duj. Bei diesen Thieren wird der Mund nur in dem Momente, wo Speisen in denselben eintreten, sichtbar; aber auch wenn man diesen Moment nicht zu belauschen vermag (mir glückte dies z. B. bei sehr zahl- reichen Beobachtungen des Loxophyllum Meleagris Duj. noch niemals), kann doch über die Anwesenheit eines Mundes kein Zweifel übrig bleiben, da man oft genug Individuen antrifft, deren Innenparenchym aus der Aussenwelt stammende feste Körper cinschliessl. Die Lage und Form des Mundes muss in solchen, glücklicher Weise nur sehr vereinzelten Fällen aus der Analogie mit den nächst verwandten Formen erschlossen werden. Der Mund liegt bei allen Infusorien . deren Körper einen scharf ausgeprägten Gegensatz von Rucken- und Bauchseile zeigt, also z. B. bei allen hypotrichen Infusorien, stets auf der Bauchseite. Wir werden daher auch bei den übrigen Infusorien, wo ein solcher Gegensatz nicht vorhanden ist, diejenige Körperseite, welche den Mund enthält, als Bauchseite zu bezeichnen haben, und können demnach auch von einer linken und rechten Seite spre- chen, da durch die Bewegung des Thieres der Gegensalz von vorn und hinten gegeben ist. In diesem Sinne besitzt z. B. Glaucoma scinlillans einen plattgedrückten. Colpoda cucullus dagegen einen zusammengedrückten Körper; letzteres Thier ist für gewöhnlich ein Seitenschwimmer, sein convexer Rand stellt die wahre Bückseite, der coneave. den Mund enthaltende , die Bauchseite dar. Liegt aber der Mund am vordem Körperende genau in der Längsaxe. wie z. B. bei den Galtungen Enchelys , Prorodon , Holophrya, Goleps , Laci ymaria , Trachelocerca , Didinium, so wird jede Unterscheidung von Rücken- und Bauchseite, und von linker und rechter Seite unmöglich. Sobald jedoch selbst bei ganz drehrundem Körper der am vordem Ende gelegene Mund aus der Längsaxe herausrückt, wie bei Sientor und Vorticella, so können wir auch wieder entgegengesetzte Körperseiten unterscheiden, was natürlich die genauere Bestimmung der Lage der einzelnen Körperlheile wesentlich erleichtert. Bei den meisten bewim- perten Infusionsthieren findet sich der Mund in der vordem Körperhälfte, und hier wieder viel häufiger in grösserer oder geringerer Entfernung von dem vordem Ende, als an diesem selbst; seltener liegt der Mund in der hintern Körperhälfte, z. 13. bei Paramaecium aurelia , Pleuronema chrysalis Duj., Spirostomum ambiguum. Siein, Organismus der lufusionst liiere. 20 78 ferner bei Äspidisoa (Taf. IM. Fig. 4. o.i, Plagiotoma lumbrici Ihij. , Lembadion Perly und Opislhodon Taf. I. Fig. 26). Sehr häufig ist der Mund von einem mehr oder weniger ausgebildeten Peristom umgeben. Dasselbe besteht in seiner einfachsten Gestalt in einer gruben- oder spaltförmigen Vertiefung der Bauchseite, in deren Grund die Mundöffnung liegt, z. B. bei Ophryoglena atra und acuminata und Cyrtostomum leucas. Deutlicher tritt das Peristom schon bei Paramaecium aurelia und bursaria hervor; hier erscheint es als eine in der ganzen Breite des vordem Körperendes beginnende und bis hinter die Körpermitte sich erstreckende muldenförmige oder hohlkehlen- artige Vertiefung, die sich nach hinten zu stetig verengert und vertieft, und ganz hinten, an der tiefsten Stelle die schräg elliptische Mundöffnung enthalt. Bei Stentor und Spirostomum wird das Peristom hauptsachlich von einer adoralen Zone längerer und stärkerer Wimpern gebildet , die sich wenigstens an ihrem hintern Ende spiralig ein- rollt und zugleich trichterförmig vertieft; in der Vertiefung liegt der runde Mund. Bei Spirostomum ambiguum ver- lauft die adorale Wimperreihe vom vordem Körperende in gerader Richtung bis weit nach rückwärts und krümmt sich dann auf einem sehr beschrankten Räume nach rechts, vorn und innen. Bei Stentor beschreiben die adoralen Wimpern um das vordere, trompetenförmig erweiterte Körperende eine sehr niedrige, fast in einer Horizonlalcbene gelegene, rechtsgewundene Spirale, indem Anfang und Ende derselben dicht neben einander liegen. Die Spirale beginnt nämlich etwas rechts von der Mittellinie der Bauchseite, wendet sich dann in horizontaler Richtung nach rechts und oben, und wenn sie bis zur linken Seite gelangt ist, senkt sie sich wieder auf die Bauchseite übergehend stetig etwas nach abwärts , um sich dann in der Nähe der Mittellinie nach vorn und innen einzurollen und trichter- förmig zu vertiefen. Die ganze von der Wimperspirale umschlossene Körperoberfläche kann als Peristom fe Id bezeichnet werden, der trichterförmig vertiefte Endtheil der Spirale ist eine Art Vorhof zum Munde, kein Schlund. Spirostomum besitzt kein eigentliches Peristomfeld, sondern nur den Vorhof. Noch häufiger wird das Peristom von einer halhrinnenförmigen oder muldenarligen Vertiefung, ja selbst von einer tiefen sackförmigen Aushöhlung und von adoralen Wimpern zugleich gebildet. So zieht sich bei der Gat- tung Plagiotoma (wozu ausser PI. lumbrici Duj. und PI. concharum Pcrly auch Bursaria cordiformis Elibij. und meine Burs. blaltarum gehören) von dem vordem Ende des stark zusammengedrückten Körpers längs der Bauch- kante bis zur Mitte derselben oder noch darüberhinaus ein spallförmiger Ausschnitt herab, in dem die feinbor- stigen adoralen Wimpern dicht hinter einander stehen und an dessen sich etwas einwärts krümmenden hinterm Ende die trichterförmige Mundöffnung liegt. Bei den Oxytrichinen und Euplotinen bildet das Peristom einen meist ansehnlichen, flach muschelförmig ausgehöhlten, von dem Vorderrand des Körpers sich in der linken Hälfte der Bauchseite mehr oder weniger weit nach rückwärts erstreckenden Ausschnitt (Taf. IV. Fig. 7. 1. p. i. Taf. VI. Fig. 1. I. p. i.), welcher ohngefähr die Form eines sphärischen Dreiecks hat, dessen Basis von dem Vorderrand des Körpers gebildet wird und dessen Spitze nach hinten und innen gerichtet ist. An diesem Peristom sind drei Ränder zu unterscheiden, nämlich der Vorderrand (1.), welcher mit dem Vorderrand des Körpers zusammenfällt, der Aussen- rand (p.j , welcher von der linken Ecke des Vorderrandes aus einen sanft gekrümmten Bogen nach der Mittellinie der Bauchseite hin beschreibt, und der Innenrand (i), welcher mit dem Aussenrand unter einem spitzen Winkel (ich nenne ihn Peristomwinkel) zusammenstösst , den Vorderrand des Peristoms aber gewöhnlich nicht erreicht, so dass dieses vorn nach rechts offen ist. Längs des Vorder- und Aussenrandes vom Peristom läuft stets eine conlinuirliche Bogenlinie adoraler Wimpern, welche, wie ein Vergleich mit Stentor lehrt . ein Segment von einer rechtsgewun- denen Spirale darstellt. An dem scharfkantig vorspringenden Innenrand des Peristoms ist wenigstens bei allen Oxytrichinen eine schmale undulirende Membran befestigt und unter dieser versteckt liegt die lange spallförmige Mundöffnung (Taf. X. Fig. I. o. Taf. XII. Fig. 12. o. Taf. XIV. Fig. 2. und 5. o.). Ein ganz ähnliches Peristom findet sich auch noch hei verschiedenen bursarienai ligen Infusorien, namentlich bei Condylostoma , Blepharisma, Lembadion und Climacostomum. Bei letzterer Gattung ist der Innenrand des Peri- stoms, der sich bis zur rechten Ecke des Vorderrandes fortsetzt, ohne undulirende Membran, und die weile runde Mundüffnung liegt im Peristomwinkel. Sehr eigentümlich gestaltet ist das Peristom von Bursaria truncatella. Dieses Thier besitzt einen ahnlichen Peristomausschnitt , wie Climacostomum virens; dieser begranzt jedoch kein blos muldenförmig vertieftes Peristomfeld, sondern er führt nach rechts und hinten in eine geräumige sackförmige Höhle, die sich vom hintern Ende des Ausschnitts oder der Peristommündung an ganz allmählig trichterförmig verengert, bis tief in den hintern Theil des Körpers hinabsteigt und hier nach links umbiegend in das Parenchym ausmündet. Der vordere weitere Theil dieser Höhle muss wohl als Vorhof. der hintere engere als Schlund gedeutet werden. 79 Eine bestimmte Glänze zwischen beiden Abtbeilungen ist jedoch nicht vorhanden. Von der linken Ecke des Vorder- randes zieht sich an der linken Seite des Vorhofes, dem Aussenrande des Perisloms parallel, eine breite, quer- gefurchte, bandförmige Zone herab, die sich bis zum hinlern Ende der schlundartigen Fortsetzung des Vorhofes erstreckt; ihrem rechten Rande sind die adoralen Wimpern eingefügt, die also hier grösstenteils innerliche sind1). Die coHiplicirtesten Formen des Peristoms kommen bei den peritrichen Infusorien vor, namentlich bei den Vorticellinen, Ophrydinen, Spirochoninen und Ophryoscolecinen. Bei den beiden erstem Familien besieht das Peri- stom aus einer weiten ringförmigen Mündung an dem gerad abgestutzten Vorderende des Körpers, deren vor- stehender Rand gewöhnlich wulstförmig verdickt und nach aussen umgeschlagen ist. Aus der Mundung ragt als zweiler Bestandtheil des Peristoms das Wirbelorgan hervor, ein langer oder kürzer gestielter, mutzen- oder deckei- förmiger Fortsatz, der von der innern Wand der Peristomhöhle ausgeht und wohl als das nach aussen umgestülpte Peristomfeld gedeutet werden muss. Das Wirbelorgan kann nach Relieben in das Innere des Körpers zurückgezogen werden, alsdann zieht sich die Perislommüudung sphinctcrarlig zusammen und schliessl den innern Körperraum vollständig von der Aussenwelt ab. Die Peristommündung führt zwischen dem Stiel des Wirbelorgans und der ihm gegenüberliegenden Körperseile (die als Bauchseite zu bezeichnen ist, da ihr der Mund zunächst liegt; in einen geräumigen Vorhof2), der bei Opercularia und Lagenophrys, wo der Stiel des Wirbelorgans lang und dünn ist, eine verticale, den grössten Theil des vorderen Körperraumes einnehmende Höhle bildet, bei Vorticella, Carchesium und Epistylis dagegen, deren Wirbelorgan einen kurzen, dicken, die Peristommündung fast ausfüllenden Stiel besitzt, einen fast horizontalen, sich nur wenig nach abwärts senkenden, bogenförmig nach links und innen gekrümmten Schlauch darstellt. Am Grunde des Vorhofes liegt erst der eigentliche Mund. Die. adoralen Wimpern beschreiben eine die Scheibe des Wirbelorgans säumende und in den Vorhof hinabsteigende linksgewundene Spirale. Diese beginnt nämlich (bei Vorticella und Epistylis) rechts am untern Rand der Scheibe, geht dann nach links um den ganzen Rand der Scheibe herum und senkt sich, wenn sie fast den Anfangspunct wieder erreicht hat, am Stiele des Wirbel- organs in den Vorhof hinab. Die dem untern Theil der Spirale angehörigen Wimpern zeigen sich meist über den Rand der Peristommündung nach aussen umgeschlagen; hierdurch und durch die innige Annäherung des abstei- genden Theils der Spirale an ihren Anfangspunct wurde ich in meinen früheren Arbeiten zu der irrigen Ansicht verleitet, dass die Scheibe des Wirbelorgans von einem geschlossenen Wimperkranz eingefasst werde, und dass auch die Peristommündung Wimpern trage. Lachmann hat diesen Irrthum berichtigt und überhaupt die Kenntniss des Ernährungsapparates der Vorticellinen in mehreren Puncten wesentlich gefördert3). Die Ophryoscolecinen besitzen ebenfalls am vordem Körperende eine weite, innig verschliessbare Peristom- münduns und aus dieser ragt nur unbeträchtlich ein hohles, weitmündiges, manschettenartiges Wirbelorgan hervor, "8 welches von einer häutigen, auf der einen Seite der Länge nach aufgeschlitzten Röhre gebildet wird, deren einer Seitenlappen um die Längsaxe spiral nach innen gerollt ist und von dem andern Seitenlappen theilweis umfasst wird. Der Vorderrand und der eine freie Seitenrand des Wirbelorgans ist mit langen und dicken griffeiförmigen Wim- pern besetzt, die zusammen eine sich nach innen hinabziehende Spirale beschreiben. Das Wirbelorgan kann schnell geschlossen und in das Innere des Körpers zurückgezogen werden. — Bei den Spirochoninen trägt das vordere Körperende ein weitmündiges, nicht verschliessbares , trichterförmiges Peristom4), welches auf der einen Seile der Länge nach gespalten ist; dereine der beiden Seitenlappen rollt sich um die Längsaxe spiral und trichterförmig nach innen ein und beschreibt mehrere nach rechts aufsteigende Umgänge, die an ihrem Grunde durch eine gemein- same Spindel verbunden sind. Der eingerollte Theil entspricht dem Wirbelorgan der verwandten Familien; er ist jedoch ganz starr, und kann nicht in das Innere des Körpers zurückgezogen werden. Ganz im Grunde der in ein- ander steckenden Trichter, um die Spindel herum, sitzen die sehr zarten adoralen Wimpern; der Mund selbst liegt im Grunde des Peristoms hart an der Spindeibasis. — Das Peristom der Trichodinen ist dem der Vorticellinen ver- wandt. Bei Halteria Duj. findet sich ein terminales, verengertes, halbringförmiges Peristom, welches von sehr langen, gebogenen, griffeiförmigen Wimpern eingefasst wird; die offene Bauchseite des Peristoms führt in einen I) Ehrenberg hat (Die Infusionslhiere Tat. XXXIV. Fig. 5. I.j nur die Mündung des Peristoms richtig dargestellt, den nicht ganz klar ausgeführten Vorhof und seine schlundartige Fortsetzung aber in die linke Korperhälfte verlegt. Auch giebt er am Vorder- und Inueiirande der Perislominündung grillelartige Wimpern an, hier rinden sich jedoch nur gewöhnliche Wimpern. Die eigentliche adorale Wiraperzone ist ganz übersehen worden. — 2) Ich habe den Vorhof früher als Kachen beschrieben, ziehe aber jetzt, da er zugleich den After enthält, die von Jon. Müller vorgeschlagene und zuerst von Lachmann (Müllers Archiv 1850. S. 317) gebrauchte Benennung vor. - 1. A. a. 0. S. 346 — 54. — 4) Vergl. Stein Die Infusionslhiere Taf V. Fig. I. c. 20* 80 nach rechts gekrümmten spaltförmigen Ausschnitt, dessen linker Rand zartere, nach einwärts gewendete adorale Wimpern tragt, die mit den langern vorderen Wimpern zusammen eine continuirliche Spirale bilden. Der Mund führt bei vielen bewimperten Infusorien ohne Vermitlelung eines Schlundes direct in das Körper- parenehym. Dies ist z. B. bestimmt bei den Gattungen Colpoda, Cyclidium. Glaucoma, Enchelys, Holophrya. Lacry- maria, Trachelocerca . Amphileptus, Loxodes, Loxophyllum , Spirostomum , Stentor und Lemhadion der Fall. Bei Enchelys bildet die terminale Mundöffnung eine klaffende, wulstig gerandete Spalte. In dem wulstigen Rande sah ich (besonders deutlich bei einer sehr grossen und langgestreckten neuen Art, E. gigas, die sich durch zahlreiche contractile Behalter und durch zahlreiche, kleine, dicht zusammengehäufte Nuclei auszeichnet) sehr kurze und feine, dicht neben einander stehende Stäbchen eingebettet, die aller Wahrscheinlichkeit nach in die Kategorie der Tast- körperchen gehören. Durch die beträchtlich erweiterungsfähige Mundöffnung treten oft Nahrungsstoffe, z. B. ganze Vorlicellenkörper ein. deren Umfang merklich grösser ist, als der Halstheil des Thieres l). Haben die Mundränder aber erst die Beute sicher gepackt, die von dem Thier gewöhnlich gegen einen Widerstand leistenden Gegenstand gedrängt wird, so weicht das innere Parenchym aus einander und die Beute gleitet langsam durch den sich stark aufblähenden Hals immer weiter nach abwärts, ohne irgendwo eine Lücke im Parenchym zu hinterlassen, dessen momentan getrennte Theile sich vielmehr sofort wieder vereinigen. Wo soll nun hier wohl eine besondere ver- dauende Leibeshöhle liegen? Dieselben Erscheinungen sind beim Durchgänge gröberer Nahrungsmittel durch den langen und engen Hals von Lacrymaria und Trachelocerca2) zu beobachten. Bei Amphileptus und Loxophyllum ist für gewöhnlich gar kein Mund wahrnehmbar, dieser tritt erst, wie ich oft bei Amphileptus beobachtete, in dem Momente deutlich hervor, wo ein grösseres Infusionslhier verschlungen wird. Die Amphilepten wickeln sich um ihre Beute auf die verschiedenste Weise zusammen, schrauben sich um dieselbe herum und stemmen nun ihren sehr beweglichen Hals, der sich dabei beträchtlich verkürzt und verbreitert, gegen dieselbe. Plötzlich zeigt sich dann auf der einen Seite des Halses, parallel seiner convexen Bauchkante, eine lange, am vordem Ende weit klaffende Spalte; in diese wird die Beute in Folge der fort und fort andrängenden Bewegungen des Halses hineingeschoben, das innere Parenchym weicht sichtlich aus einander und der Bissen gleitet bald längs der Mundspalte, die dann auch in ihrem untern Theile klaffend wird, nach abwärts, bald bewegt er sich in schräger Richtung durch das Parenchym nach der entgegengesetzten Körperseite. Von einem Schlünde ist auch nicht die leiseste Andeutung vorhanden, ebensowenig von einem mittlem Raum, der etwa die verschluckten Nahrungsmittel aufnähme; diese bleiben vielmehr an den verschiedensten Puncten im Parenchym liegen und werden daselbst verdaut. Der Mund schliessl sich, nachdem der Bissen eingedrungen ist, meist sofort wieder vollständig. — Bei der nahe verwandten Gattung Loxodes liegt der Mund an derselben Stelle, wie bei Amphileptus, nämlich auf der rechten Seite dicht neben der hier coneaven Bauchkante des Halses ; er ist aber eine stets weit offen stehende, sichelförmige Spalte. Ihr innerer Band wird von einem derben, dunkelbraunen Saum eingefasst, welcher sich vom hintern Winkel der Mundspalte aus in schräger Richtung nach hinten und innen in einen noch festern und dunklern stielartigen Streifen fortsetzt, der fast solang ist. als die Mundspalte. Stiel und Mundspalle zusammen gleichen vollkommen einer gewöhnlichen Handsichel3!. Ein eigentlicher Schlund fehlt zuverlässig. Eine lange, klaffende, spaltförmige Mundöffnung ohne Schlund wird auch bei Leucophrys sanguinea und L. entozoon angetroffen. Sie erstreckt sich vom vordem Körperende in fast medianer Richtung durch das erste Drittel der Bauchseite und ist jederseits von einem schmalen häutigen Saume eingefasst; unter dem etwas stärker entwickelten linken Randsaume treten kräftigere, griffeiförmige Wimpern hervor, vermittelst welcher die Nahrungs- mittel durch die Mundspalte in das Parenchym hineingedrückt werden. Bei Glaucoma scintillans geschieht dies mit- telst der undulirenden häutigen Klappe, welche von dem rechten Rande der elliptischen Mundspalte ausgeht. Bei den Oxytrichinen , Euplotinen und Aspidiscinen vermochte ich ebenfalls keinen eigentlichen Schlund nachzuweisen. Laclnnaim nimmt zwar einen solchen an und lässt denselben von dem Peristomwinkel aus in querer Richtung eine I ) Man vergl. Ehrenberg 's getreue Darstellung des Verschlingungsactes von Enchelys fareimen (Die Infusionsthierehen Tat. XXXI. Fig. 2). Von dieser Art scheint mir Leucophrys spathula Ehbg. nicht specitisch verschieden zu sein. — 2) Bei Lacrymaria findet sicli in geringer Entfernung von der terminalen Mundöffnung eine ringförmige Einschnürung, aus der längere, über den Mund hinausragende Wimpern entspringen. Der abgeschnürte Endlheil des Halses bildet ein sehr bewegliches, rüsselartiges Köpfchen. Bei der Galtung Trachelocerca, die ich auf Tr. sagitla Ehbg. beschränke, ist kein abgegliedertes Köpfchen vorhanden. — 3) Joh. Müller hat bereits auf diese seltsame, skelet- arlige Umgra'nzung des Mundes von Loxodes losirum aufmerksam gemacht (Monatsberichte der Berliner Academie von 1856. S. 390'. Er beschreibt sie als einen «dunklen, ganz derben und festen Längsstreifen von leichter SigmafÖrmiger Biegung.« 81 kurze Strecke nach rechts verlaufen und innerlich bewimpert .sein ') , allein ich kann darin nichts weiter, als das unterste Ende des adoralen Wimperbogens erblicken, der von dem Innenrande des Peristoms überragt wird (vergl. Taf. IV. Fig. 17. und Taf. VI. Fig. I). Dass ein solcher Schlund wenigstens bei den Oxylrichinon nicht exisliren kann, wird sowohl durch die von mir bei vielen Formen direct beobachtete, dem ganzen Innenrande des Peristoms parallel laufende lange Mundspalte, so wie auch durch die colossalen Nahrungsmittel, welche die Oxytrichinen zu verschlingen vermögen (vergl. Taf. XIII. Fig. 3. ß. 7 ). bewiesen. Die adoralen Wimpern schleudern die Nahrungs- stofl'e über das Peristomfeld gegen den Fnnenrand des Peristoms, und durch die an demselben befestigte unduli- rende Membran werden sie dann aufgefangen und durch die Mundspalte direct in das Parenehym hineingedrückt. Wo ein deutlicher Schlund vorhanden ist. da besteht derselbe aus einer kurzem oder langern, geraden oder gekrümmten . hautigen oder hornigen Röhre, welche am hintern Ende gerad oder schräg abgestutzt ist und stets offen in das Parenehym ausmündet. Die innere Oberfläche (\os Schlundes ist entweder glatt oder längsgefaltcl und bald nackt, bald bewimpert, bald mit slabförmigen Zahnchen ausgekleidet. Einen kurzen, engen, nackthäuligen Schlund besitzen z. B. Blepharisma lateritia, Plagiotoma lumbrici, Paramaecium colpoda. Der ebenfalls sehr kurze und enge, häutige Schlund von Paramaecium aurelia und bursaria ist auf der ganzen innern Oberfläche mit zarten Wimpern bekleidet. Bei Bursaria flava ist ein kurzer, weiter, längsgefalteter und in der Buhe mehr oder weniger um die Längsaxe eingerollter, walzenförmiger Schlund vorhanden, an dessen innerer Oberflache kurz vor der hin- tern Mündung längs der obern Wand ein dreieckiger hin und her schwingender Lappen befestigt ist, auf den Lieberkühn zuerst aufmerksam machte'). Einen kurzen, geraden, längsfaltigen Schlund unterschied ich auch bei Coleps , doch ist er hier meist schwer und nur unter günstigen Umständen zu beobachten. Einen langen, längs- faltigen, auf der ganzen innern Oberfläche dicht mit zarten Wimpern bekleideten und sehr beträchtlich erweiterungs- fähigen Schlund besitzt Climacostomum virens ; er erstreckt, sich hier von dem Peristomwinkel aus in querer, etwas aufsteigender Richtung nach rechts und krümmt sich dann in einem weilen Bogen bis zur Mitte des rechten Seiten- randes hinab , dem der absteigende Theil fast parallel läuft 3). Ein ebenfalls sehr langer, quer bogenförmiger und mehr oder weniger weit in die hinlere Körperhälfte hinabsteigender Schlund ist bei Plagiotoma concharum , cordi- formis und blattarum vorhanden; bei den beiden letztern Allen setzt sieh die adorale Wimperreihe an der obern Wand des Schlundes bis zu seiner hintern Mündung fort. Der schlundartigen Fortsetzung des Vorhofes von Bursaria truncalella ist bereits gedacht worden; ihr hin- teres Ende ist so eng, dass die grossem thierischen Körper, welche man so häufig im Parenehym dieses Infusions- thieres antrifft, wohl kaum durch dasselbe hindurchgegangen sein können. Wahrscheinlich ist der Schlund an der untern Seite aufgeschlitzt und durch diesen Schlitz gelangen die grossem Nahrungsstoffe in das Parenehym. — Einen sehr entwickelten häutigen Schlund besitzen auch die Vorlicellinen , Ophrydinen, Spirochoninen und Tricho- dinen. Bei den Vorticellinen und Ophrydinen geht der Vorhof ohne scharfe Glänze in den meist stark gekrümmten und oft bis tief in das hinlere Körperende hinabi eichenden Schlund über. Einige starke borstenförmige Wimpern, welche die für die Ernährung nicht brauchbaren Stoffe aus dem Vorhof wieder nach aussen schleudern, bezeichnen die Gränze zwischen Vorhof und Schlund; unmittelbar hinler ihnen liegl also erst der eigentliche Mund. Lachmann will bei den Vorlicellinen das hinlere Ende des Schlundes , in dem die Nahrungsstoffe sich zu einem Bissen ansam- meln, als einen besondern Abschnitt unter dem Namen Pharynx von dem vordem Theil, den er Oesophagus nennt, unterscheiden4), ich vermag jedoch keine scharfe Gränze zwischen diesem Endtheil und dem übrigen Theil des Schlundes aufzufinden ; ebensowenig konnte ich mich sicher überzeugen . dass sich die adoralen Wimpern bis in den sogenannten Pharynx hinab erstrecken. Bei Dileptus anser, wo der Mund in einer Ausrandung der Bauchkante an der Basis des Halses liegt und von dicken wulstigen Rändern eingefasst wird, ist der kurze trichterförmige Schlund an seiner innern Oberfläche mit sehr feinen vorspringenden Längsrippen versehen5). Diese Schlundform bildet den Uebergang zu dem mit slabförmigen Zähnen ausgekleideten Schlund, der bei einer ziemlich beträchtlichen Anzahl von Infusoriengallungen I) Müllers Archiv I8ÖÜ. S. 365. — 2, Müller's Archiv 1856. S. 2i. Nach Lieberkühn ist dieser schwingende Lappen auch im Schlund der nahe verwandten, mir unbekannten Ophryoglena flavicans vorhanden (Ebendaselbst S. 22). — 3) Von Ehrenberg's Abbild düngen dieses Thieres (Die Infusionstierchen Tal'. XXXVI. Fig. I. 1—3.) ist die unter Hg. 3. gegebene die richtigste; sie stellt das Thier von der Rückseite mit von unten her durchscheinendem Perislom dar, der Schlund (bei t.) ist jedoch hier irrig als Sainendrü'se bezeichnet worden. — l) Müllers Archiv 183G. S. 348 und 350. — 5) Ehrenberg hat zwar die Lage des Mundes richtig angegeben (Die Iufusionslhierchen Taf. XXXVII. Fig. IV und V. o'), aber die genauere Gestalt desselben und den Schlund nicht dargestellt. Sie in, Organismus der Infusionslhiere. 21 82 vorkommt. Dämlich bei Prorodon , Chilodon, Phiaseolodon , Opislhodon, Chlamydodon, Scaphidiodon , Nassula, Aci- dpphorus, Cyrtostomum und Didinium. Der kurze, gerade und weite Schlund von Prorodon teres enthalt sehr zahl- reiche, dicht neben einander stehende, fein borsleuförmige Zahne, die kaum von blossen Längsleislen verschieden sind und sich nicht isolirt darstellen lassen. In dem langern und engern Schlund von Prorodon niveus sitzen die sehr biegsamen borstenförmigen Zahne so lose, dass sie schon bei einem massigen Druck auf den Körper ver- einzelt oder bündelweis nach aussen hervortreten oder sich in das innere Parenchym hinein schieben, wo sie sich dann stark verbiegen und krümmen, auch sich zopfartig verflechten oder regellos durch einander filzen. Der Schlund von Didinium nasutum gleicht dem von Prorodon; der Mund dieses Thieres liegt an der Spitze eines rüsselartigen, das vordere gerad abgestutzte Körperende krönenden Peristoms, welches bald Irichter-, bald nasen- förmig erscheint, je nachdem der Mund weit offen steht, oder fest geschlossen ist. Der Zusammenhang, in dem die Zahnstabchen mit dem Schlünde stehen, ist am leichtesten bei Chilodon und Nassula zu erkennen, wo die Zahnstabchen starker entwickelt sind und weiter von einander entfernt stehen. Man sieht hier deutlich (vergl. Taf. I. Fig. 6. ph.), dass die Zahnstabchen partielle, gleich weit von einander abste- hende, leislenartige Verdickungen der Schlundwandungen darstellen, die panzerartig erhärtet sind, gleichsam das Skelet des Schlundes bilden und demselben ein fischreusenartiges Ansehen ertheilen. Die Zahnstabchen sind vorn am breitesten und ihre Spitzen sind mehr oder weniger hakenförmig nach innen umgebogen; nach hinten zu ver- schmälern sie sich stetig und verlieren sich zuletzt ganz unmerklich in der Schlundwandung, die noch weiter nach rückwärts zu verfolgen ist, als die Zahnstabchen. Die innere Oberfläche des Schlundes ist stets wimperlos. Bei Cyrtostomum enthält die lange, gerade, häutige Schlundröhre nur in ihrem erweiterten zusammengedrückten Anfangs- theil zwei einander gegenüberstehende, der linken und rechten Wand angehörige bogenförmige Reihen von kurzen, liuealischen , dicht an einander stossenden Zahnstabchen , die man am deutlichsten erkennt, wenn man gerade in die Mundöffnung hinein sieht1). — Dem mit Zahnstäbchen bewaffneten Schlund ist der ganz starre und glatte horn- artige Schlund nahe verwandt. Bei ihm sind die Schlundwandungen ihrer ganzen Ausdehnung nach gleichmässig verdickt und panzerarlig erhärtet; man kann ihn sich als einen fischreusenarligen Schlund vorstellen, dessen Zahn- stäbchen unter einander und mit den Schlundwandungen innig verschmolzen sind. Bisher war ein solcher Schlund nur bei Liosiphon bekannt, wo er eine birnförmige, vorn und hinten gerad abgestutzte Röhre bildet 2j ; ich habe ihn ausserdem noch bei den Gattungen Ervilia (Taf. II. Fig. IG. ph.) und Troehilia (Taf. II. Fig. 28. ph.) angetroffen, wo er eine gerade, trichterförmige Röhre darstellt. Noch bedarf der Schlund und der scheinbar ganz abweichende Ernährungsorganismus von Trachelius ovum einer speciellen Betrachtung. Ehrenberg schrieb diesem Thiere eine sehr weite, sackförmige, an der Basis des Halses gelegene Mundhöhle zu, die in einen baumförmig verzweigten, am hintern Körperende ausmündenden Darmkanal führe, dessen Aeste in runden, sehr ausdehnbaren Magenblasen endeten3), v. Siehold dagegen erklärte den angeb- lichen Darmkanal für einen fasrigen, keineswegs hohlen Strang, der das äusserst lockere Körperparenchym durch- ziehe und durch seine Verästelungen dem Thier ein grobmaschiges Ansehen ertheile4). Hierauf lehrte Colin, dass der innere Körperraum von Trachelius ovum mit einer wässerigen Flüssigkeit erfüllt sei und dass sich durch die- selbe von dem Rindenparenchym ausgehende, netzförmig mit einander verbundene Parenchymstränge hindurchzögen; mit den Enden dieser innern verästelten Parenchymmasse ständen jetloch keineswegs Magenblasen in Verbindung, sondern was Ehren bevu dafür gehalten habe , seien contraclile Hohlräume , die in grosser Anzahl durch das ganze Rindenparenchym zerstreut lägen5). Lieberkühn und Lachmann gaben zwar in dem letztern Punct Colin Recht, aber den baumförmig verästelten Strang erklärten sie für einen von bssondern Wandungen begränzlen und durch mit Flüssigkeit erfüllte Lücken von dem übrigen Parenchym getrennten Magen, da nur in ihm die verschluckten Nah- rungssloffe enthalten seien. In dem zum Magen führenden Schlund wurden Zahnstabchen beobachtet6). Gegenbaur endlich schilderte den angeblichen verästelten Darmkanal oder Magen als ein die mit wässeriger Flüssigkeit erfüllte Leibeshöhle durchziehendes System von Trabekeln und bemerkte ausdrücklich, dass die Substanz, aus welcher die Trabekeln bestehen, von dem Rindenparenchym des Körpers nicht verschieden sei. Er unterschied ferner zwei ver- I) Ehrenberg hat diese Zahnstabchen bereits unterschieden (Die Infusionslhierchen S. 329 und Taf. XXXIV. Fig. VII und VIII. o'), er sagt iu der Beschreibung seiner Bursaria vernalis : »der Mund hat einen Kranz von starren kurzen Borsten, die fast Zähnen gleichen.« ij Vergl. Stein »Die Infusionsthiere« Taf. VI. Fig. 12. a. 3) Ehrenberg »Die Infusionslhierchen« S. 323 und Taf. XXXIII. Fig. XIII. K. i ' Sirbohl Lehrbuch der \ergl. Anatomie S. 16. Anmerkung. — S) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Band IV. S. 266 — 67. 6) Müllei's Archiv I8Ö6. S. 360 und 3G7. — 83 schiedene Oelfnungen, eine vordere enge, welche etwas unterhalb des rüsselartigen Halses, also an der Stelle liegt. wo sich nach Ehrenberg die Mundöffnung befindet, und eine weite spaltförmigo. etwas über der Mitte der Körper- länge gelegene, welche in eine mit Wimpern ausgekleidete laschen förmige Vertiefung führt. Diese hintere Spalte wird von Gegenbaur für die Mundöffnung gehalten , sie soll in den Hauptstamm des Trabekelsystems ausmünden und demselben die in ihm zu verdauenden Nahrungssloffe zuführen. Die vordere Oeffnung führt nach Gegenbaur zuerst in eine etwas erweiterte, starrwandige . dann trichterförmig zugespitzte, häufig längsgefallete Röhre, welche in einen quer ausgespannten Trabekel übergeht; sie soll durch eine Längsspalte in die Leibeshöhle munden, und auf diesem Wege soll durch die vordere Oeffnung von aussen Wasser aufgenommen und auch wieder ausgeschieden werden '). Meine zahlreichen Beobachtungen des Tracheh'us Ovum haben im Wesentlichen zu denselben Ergebnissen geführt, wie die von Gegenbaur, ich kann jedoch seine Deutungen ebensowenig, wie die von Lieberkühn und Lachmann gelten lassen. Ich finde nämlich, dass der Körper aus einem consistenlen , nicht sehr mächtigen und an verschiedenen Puncten des Umfanges ungleich dicken Rinden parenehym besieht, in dem zahlreiche runde, lebhaft contractile Behälter zerstreut liegen. Das Rindenparenchym zieht sich nach innen in ganz homogene, sehr ver- schieden starke Strange aus , die sich regellos kreuzen und netzförmig mit einander anaslomosiren. Dieses netz- förmige Balkenwerk, dessen Interstitiell von wasseriger Flüssigkeit erfüllt werden, hat fast bei jedem Individuum eine andere Form, es geht ohne irgend eine nachweisbare Grunze in das Rindenparenchym über und unterscheide! sich von demselben nur durch grössere Nachgiebigkeit und Verschiebbarkeit; ich kann darin nur das Innenparenchyin des Thieres erkennen. Die von Gegenbaur beschriebene vordere Oeffnung ist der Mund; er liegt ganz analog wie bei der am nächsten verwandten Gattung Dileptus, jedoch nicht unmittelbar an der Basis des Halses, sondern etwas weiter nach rückwärts, genau in der verlängerten Richtung der Bauchkante des Halses. Von der Spitze des Halses erslreckt sich bis zum Munde eine lineare Zone von feinen Tastkörperchen, wie bei Dileptus. Die enge runde Mundöffnung führt in einen sehr kurzen, aber dickwandigen, fast halbkugellörinigen Schlund, der ganz im Rinden- parenchym liegt und innerlich sehr fein längsgestreift ist. An seine breite, gerad abgestutzte Basis schliesst sich stets ein schräg nach rückwärts und innen verlaufender Strang des Innenparenchyms an, der mit den übrigen Strängen des Innenparenclnms direct oder mittelbar zusammenhängt. Durch diesen Strang werden die durch den jedenfalls sehr erweiterungsfähigen Mund und Schlund eindringenden Nahrungsmittel den übrigen, namentlich dem rückwärtigen Innenparenchyin zugeführt und in ihm verdaut. Tracheh'us ovum besitzt hiernach weder einen bäum- förmig verästelten Darmkanal, noch einen baumförmig verästeilen Magen; es wäre auch in der That seltsam, wenn dieses Thier allein unter allen Infusorien mit einem für sich bestehenden, abgeschlossenen Verdauungsapparal ver- sehen sein sollte. Die zweite der von Gegenbaur beschriebenen Oeffnungen liegt fast in der Mitte der rechten Körperseile; sie ist eine länglich elliptische Spalte, die in eine schräge trichterförmige Vertiefung führt, in welche hinein sich die gewöhnlichen Körperwimpern fortsetzen. Eine Oeffnung am Grunde des Trichters konnte ich nicht deutlich erkennen, ich zweifle jedoch nicht an ihrer Gegenwart und nehme an , dass auf diesem Wege das Wasser von aussen aufgenommen wird, welches die Interstitiell des Innenparenchyms ausfüllt und demselben eine so abweichende Form erlheilt. Bei den mit einem offen stehenden Mund und Schlund versehenen Infusorien wird entweder durch das Spiel der adoralen Wimpern oder, wo diese fehlen, der gewöhnlichen Körperwimpern unaufhörlich Wasser mit den in ihm enthaltenen lebenden Körpern und anderen festen Partikelchen in den Schlund hinabgewirbelt. Sind Schlund? wimpern vorhanden, so unterstützen diese theils die Action der aussein Wimpern, theils verhalten sie sich anta- gonistisch, indem sie die bereits in den Schlund gelangten Körper wieder nach aussen schleudern. Der fort und fort gegen das untere Ende des Schlundes gerichtele Flüssigkeitsstiom treibt häufig, wie man z. B. besonders schön bei Climacostomum virens beobachten kann, das dem abgestutzten Ende des Schlundes innig anliegende Parenehym eine kurze Strecke weit aus einander und höhlt es blasenartig aus; die Aushöhlung enthält Wasser und die durch den Schlund hinabgewirbelten festen Körperchen. Zulelzt bildet sich ein an der hintern Mündung des Schlundes hängender Tropfen oder lichtiger Nahrungsballen, der bis auf den Anheftungspunct ganz vom Innen- parenchym umschlossen ist. Plötzlich reisst der Nahrungsballen vom Schlünde ab, und er bewegt sich nun in der Richtung des Schlundes noch eine längere oder kürzere Strecke durch das Innenparenchyin fori. Zur Ruhe gelangt I) Gegenbaur »Bemerkungen über Traclielius ovum« in Müllers Archiv 185"/ S. 3 < > U — I 2. 84 stell! er das Gebilde dar, welches Ehrenberg als Magenblase bezeichnete, die also nichts weiter ist, als ein mit Wasser und in ihm schwebenden festen Körperchen erfüllter Hohlraum des Innenparenchyms. Bei manchen Infu- sorien, namentlich bei Plagiotoma lumbrici, cordiformis und blattarum erreicht der Nahrungsballen oft einen sehr bedeulenden Umfang, bevor er sieh von dem Schlünde ablöst, auch zeigt er sich nicht rundlich blasenförmig, sondern ganz unregelmässig eingebuchtet und aufgedunsen. Auf die Abstossung des Nahrungsballens vom Schlundencle wirkt sicherlich der fortgesetzt von aussen ein- dringende Flüssigkeitsslrom mit ein, allein er kann nicht Hauptursache der Forlbewegung sein. Er allein würde nur bewirken, dass die blasenartige Aushöhlung im Parenchym hinter dem Schlundende immer tiefer und liefer würde und sich nach und nach in eine kanalartige Lücke umwandelte. Offenbar drängt auch das Innenparcnchym von vorn her und von den Seilen gegen den sich mehr und mehr vom Schlund abgränzenden Tropfen, und wenn der Schlund nicht ganz verhornt ist. so nehmen dessen Conlraclionen gewiss einen sehr wesentlichen Anlheil an der Abstossung des Nahrungsballens. Bei Climacostomum virens beobachtete ich sehr kräftige perislallische Bewe- gungen des Schlundes, und auch an dem Schlünde der Vorticellinen sind diese leicht und sicher zu constaliren. Bei den Vorticellinen und Ophrydinen wird von dem Nahrungsslrom keine blasenartige Aushöhlung des Parenchyms an der hinlern Schlundmündung gebildet, sondern hier häufen sich die zu verschluckenden Körperchen in dem Endtheile des Schlundes an, wie man am besten erkennt, wenn man den Thieren Karmin als Füller dar- reicht. Bei Vorlicella, Carchesium und Epislylis wird der von den Wimpern des Wirbelorgans erregte Karminstrom von rechts her zwischen dem Perislomrand und dein Wirbelorgan zum Vorhof gelrieben; am Eingange zu dem- selben werden die meisten Karminlheilchen wieder über den Perislomrand nach aussen geschleudert, die eindrin- genden Theilchen durchlaufen den horizontalen Vorhof und den horizontalen Anfangstheil des Schlundes und häufen sich in dem verticalen , vorn etwas erweiterten, nach hinten zugespitzten, fast spindelförmigen Endlheil an. Dies ist der Pharynx von Lachmann. Wenn sich hier eine grössere oder geringere Menge von Karminlheilchen angesam- melt hat, zieht sich der Schlund zusammen und das in ihm enthaltene Wasser mit den Karmintheilchen dringt nun durch die sich öffnende hinlere Schlundmündung in das Parenchym ein, welches kanalartig aus einander weicht. Bisweilen füllt sich erst der ganze verticale Theil des Schlundes dicht mit Karmin und es vergeht darüber eine geraume Zeit (bis zu \ Stunde), bevor der Inhalt ausgestossen wird; gewöhnlich aber erfolgen die Verschluckungs- acte in kurzen Zwischenräumen auf einander, nachdem sich nur im hinlern Ende des Schlundes eine massige Anzahl Karminlheilchen angesammelt hat. Im erslern Fall wird nicht immer die ganze Karminmasse in das Parenchym getrieben, sondern häufig bleibt die vordere Portion zurück und sie tritt in dem Momente in den horizontalen Theil des Schlundes, ja selbsl in den Vorhof zurück, in welchem die hintere Portion in das Parenchym übergeht. Diese Thatsache lehrt, dass die Austreibung der Nahrungsstoffe aus ilem Schlünde durch Contractionen der Schlundwan- dungen bewirkt werden muss und nicht etwa durch neue Nahrungszufuhr. Der aus dem Schlund in das Parenchym übertretende Bissen beschreibt in der hintern Körperhälfte einen längern oder kurzem Bogen , indem er sich zuersl von dem Schlundende aus nach abwärts bewegt und dann in der Nähe des hintern Körperendes nach der dem Schlund gegenüberliegenden Körperseite umbiegt und hier gewöhnlich noch eine Strecke weit in die Höhe sleigl. Während dieses Verlaufes bildet er einen längern oder kurzem, vorn abgerundeten, hinten zugespitzten Strang, der bisweilen noch mit dem Schlundende zusammenhängt, während sein vorderes Ende bereits auf der entgegengesetzten Seite angelangt ist. In diesem Falle macht der einen continuirlichen , bogenförmigen Strang darstellende Bissen ganz den Eindruck eines sich an den Schlund anschlies- senden Darmkanales. Es währt jedoch nur wenige Momente, so schliesst sich das Parenchym, dessen Continuilät durch den Bissen unierbrochen wurde, von dem Schlundencle aus wieder zusammen, und dadurch werden die hinlern Bestandteile des Bissens an die vorderen herangeschoben, und es bildet sich mm an der Stelle, die das vordere Ende des sich nicht mehr weiter bewegenden Bissens einnahm, ein runder Ballen, Ehrenberg s Magenblase. Die später nachfolgenden Bissen drängen die bereits vorhandenen runden Nahrungsballen weiter nach der Mille des Körpers und nach vorn ; hierbei sind jedoch auch die Contractionen des Innenparenchyms sehr wesentlich thatig. Bei den Vorticellinen mit horizontalem Vorhofe setzt sich der hintere Theil des Schlundes nur deshalb als ein besonderer, anscheinend functionell verschiedener Abschnitt ab, weil er mit dem \ ordern horizontalen Schlund- theil ein starkes Knie bildet und wegen seiner fast verticalen Stellung zur Ansammlung von festen Parlikelchen besonders geeignet ist. Dass jedoch dieser hintere Abschnitt nicht wesentlich von dem vorderen verschieden sein kann, scheinen mir die verwandten Gatlungcn Opercularia und Lagenophrys zu beweisen, bei denen der von der 85 einen Seile des weiten verticalen Vorhofes abgehende Schlund eine einfache, abwärts steigende Röhre bildet. — Füttert man Paramaecium aurelia oder bursaria mit Karmin, so werden die in den Schlund eindringenden Karmin- theilchen von den Schi und wimpern zu einem kleinen Ballen zusammengewirbelt, der dann in das Parenchym aus- gestossen wird. Ein solcher Ballen im Schlünde hindert nicht, dass fortgesetzt Wasser durch den Schlund, dessen hintere Mündung immer offen steht, in das Parenchym getrieben wird und hier das Rotationsphänomen verursacht, welches bereits S. 57 in Betracht gezogen wurde. — Verschlucken die Infusionslhiere grössere Körper, z. B. ganze Räderthiere, grössere Infusorien, Arcellinen, Naviculaceen, Closterinen, Oscillarien, Confervenstücke u. s. w., so ist das mit diesen Körpern eindringende Wasserquantum meist zu unbedeutend, als dass es um dieselben einen blasenartigen flof bilden könnte, die verschluckten Körper liegen dann frei im Parenchym, und es sind nicht einmal scheinbare Magenblasen vorhanden. Die Bildung von runden mit Wasser und Nahrungspartikeln erfüllten Blasen- räumen im Parenchym wird natürlich vorzugsweise bei den mit einem Schlund versehenen Infusorien vorkommen, während bei den schlundlosen die Nahrungsstolle gewöhnlicher frei im Parenchym liegen, namentlich bei solchen die eine enge, spaltförmige Mundöffnung besitzen. Die verschluckten Nahrungsslolfe werden durch den unmittel baren Contact mit dem Parenchym verdaut; sie verandern nach und nach ihre Farbe und Consislenz und zerfallen in eine grumöse Masse. Waren sie von einer starren Hülle begränzl. so werden ihnen nur die leicht löslichen innern W'eiehtheile entzogen. Die in der Verdauung begriffenen Substanzen werden nach und nach durch das Parenchym fortgeschoben; sie beschreiben meist regellose Bahnen, erhalten jedoch im Allgemeinen eine solche Direction, dass sie der Stelle immer näher rücken, wo die Ausscheidung der unverdaulichen Massen erfolgt. Ein After kommt wahrscheinlich allen mit einem Mund versehenen bewimperten Infusionsthieren zu, er hat sich jedoch bei vielen Formen noch nicht direct ermitteln lassen. Die Bestimmung des Afters ist deshalb schwierig, weil er in den meisten Fallen keine wirkliche Oeilhung, sondern nur eine bestimmte, sonst durch nichts ausgezeichnete Stelle ist, an der die unverdaulichen Stolle nach aussen hervortreten. Diese Stelle lässt sich nur durch lang anhaltende Beobachtung von solchen Thieren ermitteln, die reichliche Nahrung zu sich genommen haben. Aber auch dann kann man noch leicht getäuscht werden; denn zu einer genauen Bestimmung der Auswurfsstelle ist erforderlich, dass das Thier still steht. Viele Infusorien sind jedoch dazu nicht zu bewegen, zwingt man sie aber durch Auflegen eines Deckgläschens oder durch flache Ausbreitung des Wassertropfens , in dem sie schwimmen, zum Stillliegen, so durchbrechen die verschluckten NahrungsstoÜe bald an dieser, bald an jener Stelle das Parenchym, welches sich alsbald wieder schliesst (vergl. z. B. Taf. VII. Fig. 10). Der Eindruck, den man hierdurch erhält, ist ganz derselbe, wie bei der Ausscheidung von Excremenlen durch die wahre Aflerstelle; das Thier wird dadurch auch nicht in seinem Lebensprozess gestört, sondern es bleibt ganz munter, sobald man es nur wieder rechtzeitig durch Zusatz von Wasser aus seiner bedrängten Lage bringt. Dergleichen Beobachtungen haben früher zu der irrigen Ansicht geführt, dass die Infusorien an jeder beliebigen Stelle ihrer Körperoberfläche die unverdaulichen Stoffe nach aussen befördern könnten. Unter normalen Verhältnissen geschieht dies immer nur an einer ganz constanten Stelle, diese ist jedoch mit Ausnahme einiger Fälle keineswegs scharf umschrieben, sondern das Parenchym bildet auch hier ein Continuum und zeichnet sich nur bis zu einer gewissen Glänze durch grössere Nachgiebigkeit und Permea- bilität aus. Sowie die Auswurfsstoffe durch die Aflerstelle hindurchgegangen sind, schliesst sich das aus einander gedrängte Parenchym sofort wieder innig zusammen. Eine wirkliche, zu jeder Zeit wahrnehmbare Afteröffnung beobachtete ich nur bei Plagiotoma blatlarum und cordiformis und bei den Galtungen Ophryoscolex und Entodinium. Bei den beiden erstem Infusorien liegt sie in einer Ausrandung am hintern körperende und führt durch eine kurze schräge kanalartige Lücke in das Innenparenchym. Die ebenfalls am hintern Körperende gelegene, ansehnliche, runde Afteröffnung von Ophryoscolex und Entodinium führt in einen kurzen, längsfaltigen, sehr erweiterungsfähigen, gegen das Innenparenchym scharf begränzlen und gerad abgestutzten Schlauch, der von eigenen häutigen Wan- dungen begränzt ist. Dieser Schlauch muss geradezu als ein Afterdarm bezeichnet werden. Die Afterstelle findet sich in der Regel am hintern Kürperende oder doch in geringer Entfernung von dem- selben und dann fast immer auf der Bauchseile. Vor dem hintern Korperende liegt der After namentlich dann wenn dasselbe zugespitzt oder stark plattgedrückt ist. Dieser Unterschied hat jedoch keinen sehr bedeutenden systematischen Werth , wie recht schlagend die Gattung Paramaecium lehrt; denn bei P. bursaria (indet sich die Afterstelle am hintern Körperende, bei P. auielia in der Bauchkante fast genau in der Mitte zwischen dem Mund und der hintern Körperspitze. Genau am hintern Körnerpol liegt die Afterstelle z. B. bei Enchelys, Holophrya, Coleps. Colpoda , Cyclidium, Glaucoma, Loxodes, Trachelius, Nassula , Pleuronema, Blepharisma. Plagiotoma, Stein, Organismus der lufusiouslliierc. 22 86 Bursaria, C.liinacostomum, Spirostomura, Halteria, Didinium; nahe vor dem hintern Körperende bei Chilodon (Taf. 1. Fig. 6. z.), Dileptus, Amphileptus, Loxophyllum , Uroleptus, Lacrymaria. Bei den Oxytrichinen findet sich die Afterstelle links neben der Insertion der Afterwimpern (Taf. VI. Fig. I. z.) , bei den Euplotinen und Aspidiscinen dicht hinter den mittlem Afterwimpern. Bei den Stentoren, Vorticellinen und Ophrydinen ist der After im vordem Körperende angebracht. Bei Stentor beobachtete ich den Austritt von Excrementen immer nur auf der linken Körperseite , dicht unter der ado- ralen Wimperspirale und unmittelbar neben dem contractilen Behälter1). Bei den Vorticellinen und Ophrydinen mündet der Aller in den Vorhof aus. Die Gattungen mit horizontalem Vorhof, z. B. Vorticella , Carchesium, Epi- slylis, haben den After ganz im Hinteigrunde desselben an seiner obern Wand, dicht über der eigentlichen Mund- öffnung. Neben dem After ist die bereits erwähnte, bis über den Peristomrand hinausragende, starre, gebogene Borste eingefügt, welche wahrscheinlich bei der Fortleitung der Excrementballen nach aussen thälig ist. Bei den Galtungen mit verticalem Vorhof, z. B. Opercularia und Lagenophrys , liegt der After auf dem Boden desselben2); Lagenophrys besitzt neben dem After ebenfalls eine lange, starre, fast verticale Borste. 6. Von den contractilen Behältern und dem Wasserkanalsystem der lnfiisionstliiere. Ein für die Infusionsthiere characteristisches , wenn gleich noch nicht bei allen nachgewiesenes Organsystem bilden die meist blasenförmigen , an constanten Stellen im Parenchym vorkommenden , mit einer klaren wässerigen Flüssigkeit erfüllten contractilen Behälter, die sich von Zeit zu Zeit plötzlich bis zum volligen Verschwinden zusam- menziehen und ihren Inhalt gänzlich entleeren und dann sich viel langsamer wieder mit Flüssigkeit erfüllen und zu ihrem frühern Volumen zurückkehren. Diese Behälter sind zwar sehr scharf begranzt, aber es ist bisher noch nicht gelungen, an ihnen eigene, häutige Wandungen nachzuweisen, wir müssen sie daher für blosse Aushöhlungen im Parenchym ansehen. Die Flüssigkeit, welche den contractilen Behälter bei der Diastole desselben füllt; enthält keinerlei körnige Elemente und ist anscheinend reines Wasser; dieses wird ihm aus dem umgebenden Parenchym zugeführt und zwar häufig durch gefässaitige Kanäle, welche in den contractilen Behälter ausmünden. Die während der Systole desselben entweichende Flüssigkeit geht theils auf demselben Wege, auf dem sie gekommen ist, wieder in das Parenchym zurück, theils wird sie durch bestimmt nachzuweisende Oeffnungen in die Aussenwelt befördert. Wegen des letztern Umstandes kann ich in den contractilen Behältern und den mit ihnen communicirenden Kanälen keinen Kreislaufsorganismus erkennen , wofür dieselben von den meisten neueren Forschern , namentlich mit grosser Bestimmtheit wieder von Claparede3) , Lieberkühn4), Lachmann5) imdJoIi. Müller6) ausgegeben werden, ich muss vielmehr durchaus Elirenberg beistimmen, der von Anfang an die contractilen Behälter der Infusorien mit den con- tractilen Blasen der Räderthiere verglich und wiederholt gegen die Deutung der contractilen Behälter als herzartige Organe geltend machte , dass die an ihnen zu beobachtenden Contractionen und Expansionen von Herzbewegungen ganz und gar verschieden seien. Die contraclile Blase der Räderthiere und die mit ihr in Verbindung stehenden beiden Längskanäle haben sich zusammen als ein Wassergefässsystem herausgestellt , welches Wasser aus der Leibeshöhle aufnimmt und mittelst der contractilen Blase nach aussen ejaculirt. Dieselbe Bedeutung schreibe ich auch dem contiactilen Kanalsystem der Infusionsthiere zu. Diese zuerst von 0. Schmidt (vergl. S. 33) begründete Ansicht vertheidigen auch R. Leuckart7), Carter6) und neueslens wieder sehr entschieden Leydig9); Schmidt irrte nur darin, dass er die contractilen Behälter nicht blos Wasser ausscheiden, sondern auch von aussen aufnehmen liess. Eine der complicirleslen Formen des Wasserkanalsyslems , welche in der Infusorienwelt auftreten, ist die sternförmige, sie wurde am frühesten beachtet (vergl. S. 14) und seither so oft an Paramaecium aurelia studirt; sie findet sicli auch noch bei Bursaria flava und Ophryoglena flavicans und erreicht ihre höchste Entwicklung bei I) Lachmann giebt den Aflcr auf der Itückseite des Thieres dicht unter der Wimperspirale an [Aliiller's Archiv I85C. S. 361 und I;il. XIII. Fig. 8. e). — 2) Vergl. Stein Die Infusionsthiere Taf. II. Fig. X. A' i) — 3) Müller's Archiv 1854. S. 404. — 4) Eben- daselbst 185G. S. 26 — 35. — 5) Ebendaselbst S. 374 — 79. — 6) Monalsber. der Berliner Acad. 1856. S. 392. — 7) Bergmann und Leuckart Anatomisch- physiol. Tebersicht des Thierreichs S. 184. 214 und 282. — 8] Annate of natural history 1856. Vol. 18. p. I2G. 9) Lcydig Lehrbuch der llistiologie 1857. S. 395. 87 Cyrtostomum leucas. Von dieser Form hat Lieberkükn nach Beobachtungen an den drei zuerst genannten Infu- sorien eine höchst sorgfältige Schilderung gegeben, die ich, soweit sie Par. aurelia und Burs. flava betrifft, durchweg bestätigen rauss. Das Wasserkanalsystem liegt ganz und gar im Rindenparenchym , nahe unter der äussern Ober- fläche, wie man beim Wälzender Thiere um die Längsaxe erkennt ; es besteht entweder nur aus einem mittlem (Cyrt. leucas und öfters auch Burs. flava) oder aus einem vor und hinter der Mitte gelegenen runden, contractilen Behälter, von dessen Peripherie strahlenförmig und der Körperoberfläche parallel scharf begränzte, gefässartige Kanäle auslaufen. Par. aurelia besitzt nur eine geringe Anzahl von Kanälen, meist 8 — 10 fast ganz gerade; bei Burs. flava finden sich gegen 30 ebenfalls gerade und sehr feine Kanäle; eine noch grössere Anzahl besitzt Cyrt. leucas. Bei diesem Thiere sind die Kanäle am längsten und deutlichsten , überall gleichweit und wellenförmig hin und her geschlängelt; ich konnte sie bis nahe an das vordere und hintere Körperende und nach rechts und links bis weit auf die dem contractilen Behälter gegenüberliegende Körperseite hinauf verfolgen; sie gleichen hier auf das Genaueste den Wassergefässen der Strudelwürmer, erscheinen auch bisweilen nach dem Ende zu deutlich gega- belt, enthalten aber keine schwingenden Wimperläppchen. Kehrt Cyrtost. leucas dem Beobachter die Körperseite zu, in welcher der contractile Behälter liegt, und sieht man gerade auf denselben in dem Momente herab , wo die Wurzeln sämmtlicher Kanäle in der Horizontalebene liegen und vom Rande des Behälters nach allen Seiten hin ganz gleichartig ausstrahlen, so erblickt man genau über der Mitte des völlig ausgedehnten Behälters eine zwar enge, aber überaus deutliche, scharf umschriebene , runde Oefl'nung in der äussern Körperwand, welche vollkommen mit der ebenfalls sehr engen Mündung des Wasser- gefässsvstems der Strudelwürmer, namentlich mit der von Mesostomum übereinstimmt. Sie bleibt während der Systole und Diastole des contractilen Behälters ganz unverändert, und ist auch dann noch deutlich erkennbar, wenn sich der contractile Behälter ganz entleert hat und unsichtbar geworden ist. Dreht sich das Thier so, dass der con- tractile Behälter am Rande des Körpers erscheint, so sieht man ganz zweifellos, dass die Oefl'nung durch einen sehr kurzen Kanal in den contractilen Behälter fuhrt, und dass sich dieser bei der Systole gegen die Oeffnung hin zusammenzieht. 0. Schmidt gebührt das Verdienst, die Mündung des Wasserkanalsystems bei Cyrt. leucas entdeckt zu haben ; ich habe früher seine Angaben selbst in Zweifel gezogen, später aber mich von ihrer Richtigkeit unzählige Male und an sehr grossen Thieren, bei denen von irgend einer Täuschung nicht die Rede sein kann , auf das Posi- tivste überzeugt1). Param. aurelia besitzt an derselben Stelle, wie Cyrt. leucas, eine äusserst feine und schwer zu beobachtende Ausmündung des contractilen Behälters; bei Burs. flava dagegen sah ich statt einer centralen Mündung nur ö — 7 sehr feine lichte Puncte über dem contractilen Behälter; es sind dies offenbar verdünnte Stellen der Körperwand, durch welche bei der Systole des Behälters Wasser hindurchgepresst wird, worauf sie sich, ähnlich wie die After- stellen der Infusorien, sofort wieder schliessen. Die Vorgänge bei der Systole und Diastole des contractilen Behälters lassen sich am besten bei Par. aurelia erkennen, obwohl beide Momente hier schnell aufeinander folgen und daher noch am meisten an Herzbewegungen erinnern. Beim Beginn der Systole schwellen die vom contractilen Behälter auslaufenden Kanäle in einiger Entfernung von dem Rande desselben plötzlich spindelförmig an , und in dem Maasse, als die Systole fortschreitet, rücken die sich immer mehr ausdehnenden Anschwellungen nach rückwärts gegen die Stelle hin, die der contractile Behälter einnahm. Ist derselbe gänzlich verschwunden, so erblickt man an seiner Stelle einen Stern von einander sehr genäherten, birnförmigen Strahlen, die nach aussen zu in lange, haarfeine Enden auslaufen. Beim Beginn der Diastole verschwindet zuerst die Flüssigkeit an der Basis der birnförmigen Anschwellungen, und sowie nun der contractile Behälter wieder zu erscheinen anfängt, ist der Rand desselben mit kegelförmigen Anschwellungen besetzt, die sich in dem Grade verkürzen, als die Diastole vorschreitet. Hat der Behälter seine grösste Ausdehnung erreicht, so sind die Anschwellungen verschwunden und statt derselben ein- fache, gleich weite Kanäle vorhanden. Diese Erscheinungen lehren unzweideutig, dass bei der Systole Flüssigkeit aus dem contractilen Behälter eine Strecke weit in die peripherischen Kanäle hineingetrieben und dass von diesen aus der contractile Behälter bei der Diastole mit Flüssigkeit erfüllt wird. Wäre das ganze Kanalsystem von besondern häutigen Wandungen begränzt und durchaus geschlossen , so müssten sich die peripherischen Kanäle während der Systole bis zu den i) Bereits auf der Naturforscherversammlung in Wien im Jahre 1836 bestäligte ich Schmidts Entdeckung (Tageblatt Nr. 3. S. 55); ich erklärte hier auch das System der contractilen Behälter lediglich für ein excernirendes Wasserkanalsyslem. 22 ' 88 äussersten Spitzen hin erweitern, was durchaus nicht der Fall ist. Da der eonlractile Behalter auch in offener Communication mit der Aussenwelt steht oder von derselben doch nur durch sehr verdünnte Stellen in der Körper- wand getrennt ist, so muss bei seiner stets sehr energischen und plötzlichen Contraction. die überdies sichtlich gegen die äussere Oberfläche gerichtet ist, nothwendig auch ein Theil seines Inhalts nach aussen entleert werden. Alan hat gesagt, dass wenn dies wirklich geschähe, so müsste man in dem Momente, wo die Systole des con- tractilen Behälters erfolgt , in der nächsten Umgebung desselben an der äussern Körperoberfläche eine Strömung oder ein Abstossen feiner im Wasser schwimmender Körperchen bemerken, wovon aber nichts zu beobachten sei; allein bei den grössten Rädertliieren, z. B. bei Hydalina senta, lässt sich ebenfalls keine Strömung in der Umgebung der Kloake nachweisen, wenn sich die contractile Blase zusammenzieht, und doch zweifelt gegenwärtig wohl Niemand daran, dass sie ihren Inhalt durch die Kloake nach aussen ergiesst. Die eigentliche Bedeutung der peri- pherischen Kanäle wird hiernach darin bestehen, Wasser aus dem Parenchym aufzunehmen und dieses dem con- tractilen Behälter zuzuführen ; hat sich dieser prall mit Wasser erfüllt, so erfolgt ein gewaltsames Zusammendrängen des umgebenden Parenchyms gegen den Behälter, um das Wasser in die Aussenwelt zu treiben, da jedoch die Oeffnung nach aussen zu eng ist, so kann nur eine geringe Menge Wasser nach aussen entweichen, das übrige wird wieder eine Strecke weit in die Kanäle zurückgetrieben. Ein sternförmiges, jedoch weniger entwickeltes oder der Beobachtung minder zugängliches Wasserkanal- system findet sich noch bei einigen andern Infusorien, z. B. bei Ophryoglena atra und acuminata, Glaucoma scin- tillans, Lembadion bullinum und Paramaecium bursaria. Bei Glaucoma scintillans glaube ich über dem contraclilen Behälter eine feine Oeffnung erkannt zu haben, bei Ophryogl. acuminata unterschied ich nur mehrere verdünnte punetförmige Stellen. — Sehr nahe verwandt ist das rosettenförmige Wasserkanalsystem; es besteht aus einem runden nahe unter der Oberfläche gelegenen contraclilen Behälter, von dem im Zustande seiner grössten Ausdeh- nung keinerlei Kanäle abgehen ; beim Beginn der Systole erscheinen aber rings um den Rand des Behälters blasen- oder perlarlige Vorsprünge, die sich gegen das Ende der Systole in eine mehr oder weniger regelmässige Rosette von abgeschlossenen, rundlichen oder länglichen, ungleich grossen Blasen umwandeln. Diese Form kommt in einfacher Anzahl und ziemlich in der Mitte des Körpers gelegen bei Nassula aurea, Acidophorus ornatus, Liosiphon ambiguus , Paramaecium colpoda und Plagiotoma concharum, in doppelter Anzahl bei Leucophrys entozoon vor. Ueber der Mitte des contraclilen Behälters entdeckte ich bei Acid. ornatus und Nass. aurea eine sehr deutliche, scharf umschriebene, enge, runde Oeffnung; auch bei Param. colpoda und Liosiphon unterschied ich mit Bestimmt- heit eine sehr feine centrale Mundung. Verschiedene Infusorien besitzen ein longit udinales Wasserkanalsystem; es besteht aus einem gewöhn- lich nur nach und nach zur Erscheinung kommenden Längskanal, der sich entweder an dem einen Ende, oder in der Mitte zu einem contractilen Behälter erweitert. Am leichtesten ist diese Form an Spiroslomum ambiguum zu beobachten, da hier der im vordem Körperende beginnende und bis weil nach rückwärts verlaufende Längskanal oft seiner ganzen Ausdehnung nach sichtbar ist; er erweitert sich allmählig nach rückwärts und geht in einen weiten sackförmigen contractilen Behälter über, der einen grossen Theil des hintern Körperraumes ausfüllt1;. Durch eine seichte Ausrandung am gerad abgestutzten Hintereude ergiesst derselbe ohne Zweifel seinen Inhalt nach aussen; denn es wäre sonst ganz unbegreiflich , wo die grosse Menge Flüssigkeit, die während der sehr plötzlichen Systole aus ihm entweicht, bleiben sollte, da sich der Längskanal bei der Systole nicht merklich erweitert und sonst keine andern Kanäle erscheinen. Es vergeht auch immer eine sehr geraume Zeit, bevor der Behälter sich nur annähe- rungsweise bis zu seinem früheren Volumen wieder füllt. Bei Chmacostomum virens liegt der unregelmässig blasen- förmige contractile Behälter ebenfalls am hintern Körperende und in denselben mündet entweder nur auf dei linken, oder aul der rechten und linken Seite ein Längskanal aus, der aus dem vordem Körperende herabsteigt, sich nach hinten zu mehr und mehr erweitert und hie und da schnurförmige Anschwellungen zeigt. Diese Längskanäle sind nur zeilweise sichtbar, sie ziehen sich stets von der Spitze nach der Basis hin zusammen und ergiessen ihren Inhalt in den contraclilen Behälter; die Ausmündung des letztern scheint ganz mit dem seicht ausgerandeten After I) Ehrenberg hat nur den contraclilen Behälter und das hintere Ende des Längskanals gesehen (Die Infusionslhierchen S. 333 und Jaf. XXXVI. Fig. II. 4. S. 6). Den contraclilen Behälter beschreibt er fälschlich als eine halbcylindrisclie Aushöhlung, v. Siebold gab die erste richtigere Darstellung des Wasserkanalsystems von Spiroslomum (Lehrbuch der vergl. Anatomie S. 21). 89 zusammen zu fallen1). Bei Stentor. wo der Afler im vordem Körperende liegt, findel sich auch der contraclile Behälter unmittelbar neben demselben und der ihm Wasser zuführende Längskanal erstreckt sich von hier aus bis in das hin- tere Körperende, das ganze System hat also die umgekehrte Lage im Vergleich zu Spirostomum 2). Bei Loxophyllum meleagris sieht man dicht unter den zahnförmigen Vorsprangen der Bückenkante eine Beihe rundlicher Bläschen, die von Zeit zu Zeit in einen Langskanal zusammenfliessen, welcher in einiger Entfernung vom hintern Ende kurz vor dem After in einem contraclilen Behälter endigt. Opalina planariarum und uncinata besitzen nur einen contractilen Längskanal ohne abgesonderten Behälter3]. Besonders lehrreich ist das longitudinale Wasserkanalsystem von Stylonychia mytilus. Man kann hier leicht verfolgen, wie im vordem Körperende zuerst in der Gegend der vordersten Stirnwimpein und dann auch im Peristomfelde Wassertröpfeben auftreten (Taf. VIII. Fig. I. und .S.g. Taf. VII. Fig. 4.g.), von denen allmählig mehrere zu bisquit- und knollenförmigen Tropfen zusammenfliessen. Nach und nach entsteht ein kurzer, schnurförmiger Querstrang, der, indem er von vorn her immer neue Tröpfchen aufnimmt, sich mehr und mehr nach links verlängert und gleichmässig erweitert. Plötzlich fliesst die strangförmige Wassermasse in einem längern oder kurzem Bogen längs des linken Körperrandes ganz langsam nach abwärts, indem sie mit ihrem vorangehenden angeschwollenen Ende sichtlich das Parenchym aus einander drängt (Taf. VI. Fig. I. 2. 5. g. g. Taf. VII. Fig. 4. g.); ihr folgen oft schnell nach einander, bald in derselben Bahn, bald in einer sehr genäherten parallelen längere oder kürzere Wasserstränge, deren im vordem Körperende gewöhnlich mehrere fast gleichzeitig ihren Ursprung nehmen (Taf. VI. Fig. 5. g. Taf. VII. Fig. 4. g). Der absteigende Flüssigkeitsstrom mündet stets in den Vorderrand des hinter dem Perislom gelegenen runden, contractilen Behälters (Taf. VI. Fig. I. 2. c.) ein, der dadurch so ausgedehnt wird, dass er auf der Rückseite des Thieres meist stark blasenförmig nach aussen vorspringt (Taf. VII. Fig. I.c). Bei der Systole zieht sich der conlractile Behälter, der keinerlei Mündung nach aussen besitzt, nach innen zusammen, und es erscheint nun hinler demselben ein Flüssigkeitsstrang (Taf. VI. Fig. 2. g' und Taf. VII. Fig. I. g') , der bis zur Aflerslelle verläuft und dann plötzlich verschwindet. Bisweilen findet die Systole schon statt, wenn der von vorn kommende Flüssigkeilsstrom noch nicht vollständig in den contractilen Behälter aufgenommen ist, dann wird der erstere wieder eine Strecke weit nach vorn zurückgeslaut. In der rechten Körperhälfte sucht man vergebens nach einem etwa von hinten nach vorn aufsteigenden Flüssigkeilsstrom. Der contractile Behälter wird also fort und fort in Absätzen von vorn her mit Wasser gefüllt und treibt dieses beständig nach hinten bis zum After, durch den es ohne Zweifel nach aussen entleert wird, da sich eine weitere Verbreitung im Körper absolut nicht nachweisen lasst. Wir können uns das ganze System auch als eine Längslacune vorstellen, in deren Mitte der contraclile Behälter liegt. — Aehnlich verhält sich wahrscheinlich das Wasserkanalsystem aller anderen Oxytrichinen, da sie den con- tractilen Behälter an derselben Stelle besitzen, wie Stylonychia mytilus. Wer die eben geschilderten Verhältnisse selbst beobachtet hat, der wird unmöglich noch dem Gedanken Baum geben können, dass das Kanalsystem, mit dem wir es hier zu thun haben, ein in sich abgeschlossener Kreis- laufsorganismus sein könne, welcher selbstständige häutige Wandungen besitzt, obgleich selbst J. Müller, lediglich auf die Untersuchung von Paramaecium aurelia gestützt, dieser Ansicht das Wort redete. Wäre der conlractile Behälter die herzartig erweiterte Stelle eines geschlossenen Gefässsystemes, so rnüssle er unter allen Verhältnissen ein und denselben Ort einnehmen, ich sah ihn jedoch bei Stylonychia ui\tilus nicht selten innerhalb dev zufuhrenden Wasser- bahn mehr oder weniger weit nach vorn gerückt (Taf. VII. Fig. I I . c. Taf. VIII. Fig. 4. c), wenn in Folge der Enlwickelung von Embryonalkugeln an seinem gewöhnlichen Platze kein hinlänglicher Spielraum für seine Bewe- gungen vorhanden war; ja bei Uroslyla grandis sah ich den contractilen Behälter von seiner normalen Stelle hinter dem Penstom (Taf. XIV. Fig. I.c) mehrmals bis in das vorderste Körperende (Taf. XIV. Fig. 3. c,) verschoben und hier zeigte er nun auch bei der Systole ein anderes Verhalten, indem sich um ihn ein Stern von blasenfönnigen Ausläufern bildete. 1) Ganz ebenso würde sicli nach Lieberkühn Müller' s Archiv 1836. S. 33—34] das Wasserkanalsystein von Bursaria vorlicella ver- halten. Sollte nicht das von diesem Forscher als Burs. vorlicella Ehbg. bestimmte Thier Spirostomum \irens Ehbg. gewesen sein? Lieberkühn erklärt auch S. 35 — 36, dass ihm bei keinem Infusorium besondere Kanäle bekannt geworden seien, in denen die Flüssigkeit während der Systole in den Körper zurückströme. — 2) Mit dem contractilen Behälter von Stentor soll nach Lachmann (Müllers Archiv 1856. S. 376) auch noch ein dicht unter der adoralen Wimperspirale verlaufender Ringkanal in Verbindung stehen. — 3) Vergl. M. Schullzc Beilr. zur Naturg. der Turbellarien S. 68 — 69 und Taf. VII. Fig. ) — 5. und 8—9. Schnitze vermuthet, dass der Kanal an beiden Enden eine feine OefTnung nach aussen habe; wahrscheinlich ist jedoch eine solche nur hinten vorhanden. Eine Begränzung des Kanals von eigenen Wan- dungen, wie ich sie früher annahm, kann ich nicht mehr gelten lassen (Vergl. Stein Die Infusionsthiere S. 178 — 79). Stein, Organismus der Infusionsloiere. -•• 90 Auch Lieberkühn muss gestehen1), dass es ihm nicht gelungen sei, »in irgend einem Falle eine Membran der conlraclilen Behälter oder der Gefässe zu isoliren.« Lachmann dagegen will aus dem Umstände, dass bei Spiro- slomum ambiguum Kotbballen den engen Raum zwischen der aussein Körperhaut und dem conlractilen Behälter passiren, ohne in den letztein durchzubrechen, auf eine häutige Begrenzung des conlractilen Behälters und seiner kanalartigen Fortsetzung schliessen2). Hiergegen muss ich bemerken, dass ich mehrfach fremde Körper innerhalb des Wasserkanalsyslemes beobachtet habe. So traf ich einmal in dem Längskanal von Stentor polymorphus zwei fadenförmige, farblose Astasiäen, die sich in der Flüssigkeit sehr munter auf und nieder bewegten. Bei Stylonychia puslulata sah ich an vielen Exemplaren einer Localität ein dichtes Gewimmel von vibrionidenartigen Fäden im conlractilen Behälter (Taf. IX. Fig. 5. c), welche bei der Systole desselben mit dem Wasser durch eine kanalartige Lücke gegen den After hin getrieben wurden, in dessen Nähe sich gewöhnlich ein weiter Blasenraum (v.) mit dicht zusammengehäuften Fäden bildete. Bei einer grossen Menge von Infusorien erkennt man nur contractile Behälter in einfacher oder mehrfacher Anzahl, aber durchaus keine zuführenden Kanäle; bei vielen derselben füllt sich der contractile Behälter wahr- scheinlich dadurch, dass aus dem umgebenden Parenchym ganz allmählig Wasser in den Behälter, der gleichsam eine Cisterne vorstellt, hineinsickert. Es vergeht daher auch oft eine geraume Zeit, bevor sich der Behälter zusam- menzieht; dies geschieht aber dann stets sehr plötzlich, wie mit einem einzigen Ruck. Durch einige fünfzig kleine, im ganzen Rindenparenchyni zerstreut liegende contractile Behälter zeichnet sich Trachelius Ovum aus; nach ver- bindenden Kanälen zwischen denselben wird man vergebens suchen. Ich begreife daher nicht, wie diese vielen Behälter, die sich ganz regellos und unabhängig von einander conlrahiren, zusammengenommen ein Kreislaufssystem darstellen können; soll man einige fünfzig Heizen in einem Thiere annehmen? Viel weniger paradox ist doch wohl die Ansicht, dass jeder Behälter ein Saminelpunct von Wasser aus dem Parenchym ist, welches durch die Haut nach aussen gespritzt wird. Auch bei Dileptus anser finden sich zahlreiche, bläschenförmige contractile Behälter, namentlich längs der Rückenkante, desgleichen bei Amphileptus (Trachelius Ehby. meleagris3 und Enchelys gigas. Drei oder mehrere zerstreut liegende contractile Behälter kommen bei Chilodon, Chlamydodon und Ervilia vor, drei oder vier in der Mittellinie der Rückseite liegende bei Nassula elegans. Ist blos ein contracliler Behälter vorhanden, so ist derselbe meist sehr geräumig, und er liegt entweder am hintern Körperende dicht neben dem After oder weit nach vorn in der Umgebung des Mundes. Diese Stellen würden doch schwerlich für ein herzartiges Organ gewählt worden sein, sie sind aber die günstigsten für einen nach aussen Wasser absondernden Behälter. Ganz an das hintere Körperende gerückt zeigt sich der contractile Behälter z. B. bei Colpoda, Cyclidium, Trichoda, Prorodon, Holophrya, Enchelys pupa, Coleps, Blepharisma, Urocentrum, Didinium. Liegt der After etwas vor dem hintern Körperende, so ist dies auch mit dem contractilen Behälter der Fall, wie wir recht deutlich bei Euplotes (Taf. IV. Fig. 1 2. I 4. c.) und Aspidisca (Taf. III. Fig. 1 . 4. c.) sehen können. Während der Systole entleert der Behälter den grüssten Theil seines Inhalts nach aussen und zwar wahrscheinlich durch den unmittelbar neben ihm gelegenen After. Recht deutlich beobachtete ich dies bei Plagiotoma cordiformis und blalta- rum ; hier häufen sich im hintern Körperende kleine und grössere Wassertropfen an , die nach und nach in den an der Bauchkanle, kurz vor der Spitze gelegenen conlractilen Behälter aufgenommen werden. Sowie sich dieser zusammenzieht, erweitert sich der oben beschriebene Afterkanal merklich und man sieht durch denselben die Flüs- sigkeit nach aussen entweichen. Auch bei Blepharisma laleritia sammeln sich im hinlern Körperende Wassertropfen an, die allmählig mit einander verschmelzen und so einen geräumigen Behälter bilden, der seinen Inhalt durch plötzliche Contraction sichtlich durch den Afler entleert. Man beobachte feiner nur einige Zeil das Spiel des con- lractilen Behälters von Prorodon leres, und man muss die Ueberzeugung gewinnen, dass bei der Systole der grösste Theil seines Inhalts durch den Afler hinausgespritzt wird; der übrige Theil drängt an verschiedenen Punclen das umgebende innere Parenchym aus einander und erscheint als ein unregelmässiger Haufen von Wasserlropfen , die später wieder zusammenfliessen und das erste Material zur Diastole des Behälters liefern. Bei den Vorticellinen, Ophrydinen und Spirochoninen findet sich der contraclile Behälter im vordem Körper- ende, in der Nähe des Mundes, desgleichen auch bei den geisseltragenden Infusorien, welche contractile Behälter I) A. a. 0. S. 31. - - 2) A. u. 0. S. 378. — 3) Ehrenberg hielt bei diesen Thieren die conlractilen Behälter für Organe zur Abson- derung eines Verdauungssaftes (Die Infusionstbierchen S. 321 und 353 und Taf. XXXIII. Fig. 8. Taf. XXXVII. Fig. 5). v. Siebold machte aber bereits darauf aufmerksam (Lchrb. der vergl. Anatomie S. 17 Anmerk. und S. 2 1), dass diese vermeintlichen eigenlhünilichen Organe nichts weiter, als contractile Behälter seien. 91 besitzen. Dass bei den Vorlicellinen der Behälter seinen Inhalt in den Vorhof ergiesse, ist schon mehrfach aus- gesprochen worden; ich schliesse dies daraus, ilass bei stark kuglig contrahirten Vorticellen in dem Momente, wo sicli der Behalter zusammenzieht, ein merkliches Anwachsen der Flüssigkeit im Vorhofe zu beobachten ist. — Unter den geisseltragenden Infusorien treten die contractilen Behalter am schärfsten bei Polytoma uvella1) und Chlamydomonas pulvisculus hervor; es linden sich hier im vordem Ende nahe hinter der Insertion der beiden Geissein zwei kleine Bläschen, die abwechselnd verschwinden und wieder erscheinen. Eines derselben ist immer merklich grösser als das andere; ersteres halte ich für den eigentlichen Behälter, der bei der Systole einen Theil seines Inhalts durch den Mund oder die verdünnte Stelle an der Basis der Geissein nach aussen treibt, während der Hest seitwärts ins Parenchvm entweicht und hier als das kleinere Bläschen erscheint. Aehnlich verhalten sich die contractilen Behälter bei Pandorina, Gonium und Volvox. Bei Cryptomonas ovata und Chilomonas paramaecium beobachtete ich ein einfaches contractiles Bläschen in der convexeren Seite nahe hinter der vorderen Ausrandung; auch bei Chaetoglena volvocina und bei einer Monas erkannte ich deutlich ein contractiles Bläschen. Bei Heteromita und Peranema liegt der sehr langsam contraclile Behälter dicht neben der Mundspalte. Bei den Peridinäen haben sich noch keine deutlichen contractilen Behälter auflinden lassen, den Astasiäen und Dinobryinen scheinen sie aber zuzukommen. Ich sah sowohl bei Euglena, als namentlich bei Amblyophis die helle Stelle unter dem rothen Augen- fleck, welche Ehrenberg für ein Ganglion hielt, ihre Contouren ganz langsam verändern ; sie zeigte sich bald rundlich und scharf begränzt, bald unregelmässig gelappt, bald bisquitförmig eingeschnürt. Jedenfalls ist die helle Stelle ein veränderlicher, mit Wasser erfüllter Blasenraum-'); auch bei Dinobryon ist ein solcher im vordem Kürperende vorhanden3). Unter den bewimperten Infusorien giebt es nur wenige Formen, bei denen noch keine contractilen Behälter nachzuweisen waren. Es sind dies meistens Opalinen, z. B. Opalina ranarum, lumbrici. armata. branchiarum ; diese zeigen zwar gewöhnlich zahlreiche, regellos zerstreute, mit wässeriger Flüssigkeit erfüllte Blasenräume im Paren- ehym, aber eine abwechselnde Systole und Diastole ist nicht an denselben wahrzunehmen. Auch bei Loxodes rostrum suchte ich vergeblich nach einem contractilen Behälter; bei diesem Thiere sah ich jedoch zeitweis den ganzen Baum zwischen Mund und After mit grossen, dicht an einander gedrängten , lichten Blasenräumen erfüllt, welche von sehr matten Contouren begränzt waren4). Sollten nicht diese Blasenräume, die momentan klarer her- vortreten, einem Wasserkanalsystem angehören? Schliesslich muss ich noch hervorheben , dass bei den im Meere lebenden Infusorien die Systole des con- tractilen Behälters auffallend langsamer und in längern Zeitintervallen erfolgt, als bei den Süsswasserbewohnern. Die Systole macht bei jenen ganz den Eindruck, als ob ein grösserer Widerstand zu überwinden wäre. Ein solcher Unterschied würde schwerlich zu beobachten sein, wenn der Inhalt des contractilen Behälters Blut wäre; ist er dagegen Wasser, so begreift man. dass sich das Salzwasser im Parenchvm anders verhält als das süsse Wasser. 7. Von der Fortpflanzung und Entwickelung der rnfusionsthiere. Die Infusionsthiere pflanzen sich auf dreierlei Weise fort, nämlich durch Theilung, durch Knospenbildung und durch innere, dem Mutterthiere unähnliche Sprösslinge. Letztere gehen stets aus dem Nucleus hervor, dieser muss daher als das eigentliche Fortpflanzungsorgan der Infusionsthiere angesehen werden. Wenn sich die innern Sprösslinge in Folge eines vorausgegangenen Befruchlungsactes entwickeln, so nennen wir sie Embryonen. Die Befruchtung wird durch geschlängeile , fadenförmige Spermatozoen vermittelt, welche ebenfalls aus dem Nucleus ihren Ursprung nehmen. Ob in allen Fällen zur Erzeugung neuer Individuen aus dem Nucleus eine Befruchtung I) Hier wurden sie zuerst von Schneider (Müllers Archiv 1854. S. 102 im I Tal'. IX. Fig. I. c.) beschrieben. — 8) Nach Lachmann (Müllers Archiv 1856. S. 369) soll die helle Stelle nicht selbst contractu sein, sondern es würde gerade über oder dicht neben derselben ein besonderer contractiler Behüller liegen, wovon ich mich jedoch nicht überzeugen konnte. Lachmann beobachtete mit Claparede auch bei Syncrypla volvox einen contractilen Behälter. — 3) Focke (Physiologische Studien lieft II. S. \ 5) erwähnt zuerst einen contractilen Behälter bei Dinobryon sertularia. — i) Joh. Müller meinte offenbar diese Blasenräume, wenn er in der Beschreibung des Loxodes rostrum anführt, dass dieses Tbier auch durch ein netzartiges Aussehen der innern Körperwände kenntlich sei, welches entfernter Weise an die Zeichnung des Yerdauungsorganes in Ehrenberg's Abbildung von Trachelius ovum erinnere. (Monalsber. der Berliner Acad. 1856. S. 390). 23* 92 nothwendig ist . das lässl sich zur Zeil noch nicht übersehen; wahrscheinlich kann der Nucleus auch als blosser Keimstock fungiren. Für die ohne Befruchtung aus dem Nucleus hervorgehenden Sprösslinge behalte ich den von mir früher in einem weitein Sinn gebrauchten Namen Schwärmsprössling bei. Die Fortpflanzung durch Thei I ung ist die häufigste und verbreitetste Vermehrungsweise der Infusorien ; sie besteht darin, dass aus einem Thiere duich eine allmählig fortschreitende und immer tiefer eingreifende Einschnü- rung des Körpers zwei gleich grosse oder doch nur wenig in der Grösse dill'erirende Individuen . die Theilungs- sprösslinge, gebildet werden, welche genau dieselbe Organisation besitzen, wie das Mutlerlhier. Die Einschnürung des Körpers erfolgt entweder in der Richtung der Langsaxe, oder senkrecht auf dieselbe, oder unter einem spitzen Winkel gegen die Langsaxe; hiernach unterscheiden wir die Längstheilung, die Quertheilung und die diagonale Theilung. Jeder Theilung geht eine Vergrösserung des Körpers in einer auf der Theilungsebene senkrechten Rich- tung voraus; vor der Längslheilung vergrössert sich der Körper in querer Richtung, vor der Quertheilung in der Längsdimension. Dasselbe gilt auch von dem Nucleus. der stets eine solche Lage annimmt, dass jede der beiden Körperhälften eine nahebei gleiche Portion desselben erhall. Ist ein doppelter Nucleus vorhanden, wie z.B. bei den meisten Oxytrichinen Taf. VI. Fig. I. n. n. . so bekommt die eine Körperhälfte den einen, die andere den zweiten Nucleus; jeder Nucleus zerfällt dann bei fortschreitender Theilung in zwei Kerne (vergl. Taf. VI. Fig. 6). In gewissen Fällen verhält sich jedoch der Nucleus bei der Theilung wesentlich anders; so verschmelzen z. B. bei den Oxylri- chinen nicht selten während der Theilung beide Kerne mit einander. Die Theilung scheint dann noch eine andere Bedeutung zu haben, als blos zwei neue, dem Mutterthier gleiche Individuen zu liefern. Hierüber möge man die specielle Darstellung der Theilungsvorgänge in der Beschreibung der einzelnen Arten , namentlich bei Stylonychia niytilus vergleichen. Die Theilung geht nicht von dem Nucleus aus , wie man häufig angenommen hat ; denn sehr oft zeigt derselbe noch keine Spur von Veränderung, während an der äussern Oberfläche bereits mehr oder weniger tief eingreifende Metamorphosen stattgefunden haben. .Ueber die Theilung lässt sich sonst im Allgemeinen nicht viel sagen, da sie sich ganz und gar nach der specifischen Organisation des sich theilenden Thieres richtet, also fast für jede Art auf eigenlhümliche Weise erfolgen muss. Nur bei den einfachsten Infusorienformen ist die Theilung kaum mehr, als blosse Halbirung des Körpers und des Nucleus. so namentlich bei vielen Opalinen und demnächst bei den geisscltragenden Infusorien. Je complicirter dagegen die Organisation eines Infusionsthieres ist, um so verwickelter sind auch die Vorgänge, welche bei der Theilung stattfinden; denn jede Körperhälfte, welche zu einem neuen Individuum werden soll, muss so lange umge- staltet werden, bis sie wenigstens in allen wesentlichen Punclen wieder die Organisation des Multerthieres zeigt; alsdann erfolgt erst die vollständige Abschnürung. In der einen Hälfte kann meist ein grosser Theil der vorhandenen Organisation, z. B. das Peristom, Mund und Schlund, beibehalten werden, in der andern müssen dagegen grade diese Theile neugebildet und die hier hinderliche ursprüngliche Organisation vernichtet werden. Am verwickeltslen sind die Theilungsvorgänge bei den Oxytrichinen, Euplotinen und Aspidiscinen. Hier wird nicht blos in der einen Körperhälfte der Mund mit seinem complicirten Peristom neu gebildet, was auch bei den heterolrichen Infusorien geschieht, sondern es wird auch in jeder Körperhälfte ein ganz neues locomotives Wimpersystem angelegt und das vorhandene unterdrückt. Bei sehr vielen Infusorien kommt sowohl Quer- als Längstheilung vor. die diagonale Theilung ist viel sel- tener; am reinsten tritt diese bei der Gattung Lagenophrys auf1). Die Vorticellinen und die Ophrydinen, mit Ausnahme von Lagenophrys , vermehren sich nur durch Längstheilung, die Ophryoscolecinen and Halteria nur durch Quer- theilung. Durch eine gleichzeitige mehrfache diagonale Theilung zeichnet sich Chlorogonium aus. Manche Infusorien vermehren sich in ihrem freien Lebensstadium gar nicht oder doch nur selten durch Theilung, sie thun dies aber, nachdem sie sich kuglig contrahirt oder wenn sie sich mit einer Cyste umgeben haben. Dies gilt namentlich von der Gattung Euglena und von Colpoda cucullus . auch von der Gattung Lacrymaria. die ich häufig im enevstirten Zustande sich theilen sab. Die Theilungssprösslinge sondern sich nicht immer von einander, sondern sie bleiben bei manchen Formen an einer Stelle dauernd mit einander verbunden ; durch fortgesetzte unvollständige Theilung entstehen alsdann kleinere oder grössere beerenförmige Familienstöcke. Bekannte Beispiele sind die Gattungen Uvella, Polytoma und Spondyloniorum. Bei Infusorien, welche eine Hülse bewohnen . wie Vaginicola. Cothurnia, Lagenophrys, Tinlinnus, theilt sich immer nur der Körper, die Hülse aber bleibt unverändert. Nach vollendeter i) Ver^l. Stein Die Infusionsthiere S. 89 und Taf. VI. Fig. i 93 Theilung verlässt der eine Theilungssprössling die Hülse, schweift eine Zeit lang frei umher, setzt sich dann irgendwo wieder fest und scheidet um sich eine neue Hülse ab. Ist die Mündung einer Hülse für den Austritt eines Theilungs- sprösslings zu eng, wie z. B. bei Trachelomonas, Lagenella und Cryptomonas lenticularis, so wird sie zuletzt von den Theilungssprösslingen gesprengt. Bei den Volvocinen dehnt sich , wie am leichtesten bei Pandorina zu verfolgen ist, die dem Körper innig anliegende Gallerthülle mit dem Wachsthum des Körpers und der aus ihm hervorgehenden Theilungsgeneralionen aus und so entsteht ein oft sehr umfangreicher, aus vielen Individuen zusammengesetzter Familienstock. Ophrydium versatile bildet dadurch kugel- oder knollenförmige Familienstücke , dass die durch Längstheilung entstehenden Theilungssprösslinge an ihrer Basis eine compacte Gallertmasse aussondern, die in demselben Maasse an Umfang wuchst, als die Zahl der sich über den ganzen Umfang der Gallertmasse ausbreitenden Individuen zunimmt. Unter den Vorticellinen bilden die Gattungen Carchesium, Zoothamnium, Epistylis und Opercularia bäum- oder strauch- artige, dichotomisch verästelte Familienstöcke, die an den Enden der Zweige die einzelnen Individuen tragen. Ein solcher Familienstock geht durch wiederholte Langstheilung aus einem einzigen Thier hervor, welches auf einem einfachen, vom hinlern Körperende ausgeschiedenen Stiel sitzt. Bei der Theilung, die sich niemals auf den Stiel erstreckt, zerfällt der Körper in zwei vollständig von einander gesonderte, nach vorn divergirende Theilungsspröss- linge. deren hintere Enden mit der Spitze des Stiels in innigem Zusammenhange bleiben. Jeder Theilungssprössling sondert nun aus seiner Basis einen neuen Stiel aus, der mit dem ursprünglichen völlig gleichartig ist und ohne Unterbrechung in denselben übergeht; dadurch verwandelt sich der einfache Stiel mit einem Thierkörper in einen gegabelten Stiel mit zwei Individuen. Früher oder später wiederholt sich an jedem Individuum derselbe Vorgang, und wir erhalten nun einen doppelt gegabelten Stock, der vier Individuen trägt. Der nächstfolgende Theilungsact liefert einen dreifach gegabelten Stock mit acht Individuen u. s. w. Wachsen die einzelnen Theilungsgeneralionen ganz gleichmässig fort und wiederholt sich an den zu derselben Ordnung gehörigen Individuen die Theilung fast gleichzeitig, so entsteht ein doldentraubiger Stock, der die einzelnen Individuen in nahebei gleicher Höhe trägt; Irill dagegen bei den einen Individuen derselben Generation die Theilung viel früher ein, als bei den andern, so entsteht ein rispenartig verästelter Stock, an dem die Individuen in sehr verschiedenen Höhen sitzen. Ersleres ist z. B. bei Epistylis plicatilis und digilalis, Letzteres bei Carchesium polypinum der Fall. Häufig trennen sich einzelne Individuen von ihrem Stocke, nachdem sie vor ihrem hintern Ende einen Wimperkranz entwickelt haben; sie setzen sich dann später irgendwo wieder fest, scheiden, während der hintere Wimperkranz eingeht, einen neuen Stiel aus und werden so zum Stammvater eines neuen Familienstückes. Bei der Gattung Vorticella bleibt der Stiel, welchen das Thier ausscheidet, beständig einfach, da nach erfolgter Langstheilung der eine Theilungssprössling sofort einen hintern Wimperkranz entwickelt und sich dann von seinem Gefährten trennt, der nun die Spitze des Stieles einnimmt und diesen nur in (\ev Läosrsrichtune; weiter entwickelt. Der Theilung nahe verwandt ist die Knospenb ildun g. Bei dieser Forlpflanzungsweise entwickelt sich nicht die Hälfte des mütterlichen Körpers, sondern ein viel kleinerer Theil desselben, der in Gestalt eines Hügels nach aussen hervorwächst und sich mehr und mehr von dem mütterlichen Körper abschnürt, zu einem neuenlndividuum, dem Knospensprössling, dessen Organisation ganz und gar durch Neubildung entsieht. Der vollständig entwickelte Knospensprössling bleibt, bei den Infusorien stels viel kleiner als das Mutterthier, und er löst sich zuletzt immer von demselben ab; daher durch Knospung bei den Infusorien niemals Familienstöcke gebildet werden. Die Knospen- bildung ist nur auf wenige Infusorienfamilien beschränkt, nämlich auf die Vorticellinen, Ophrydinen und Spirochoninen. Bei den beiden ersleren Familien kommt die Knospenbildung untergeordnet neben der viel häufigem Theilung vor1); die Knospensprösslinge gleichen hier, abgesehen von ihrer Entstehungsweise und ihrer Grösse, vollkommen den Theilungssprösslingen, sie entwickeln auch, wie diese, vor ihrer Ablösung einen hintern Wimperkranz. Die Spiro- choninen pflanzen sich nur durch Knospenbildung, niemals durch Theilung fort. Nach Elnenberg2), Lachmann3] und Claparede*) soll auch bei der Acinetinengattung Dendrosoma Knospenbildung vorkommen, ich muss jedoch diesen Angaben widersprechen. Mir sind zwei Arten jener merkwürdigen Gattung bekannt geworden, nämlich Dendrosoma radialis Ehbg. und eine neue auf unserem Flusskrebs häufig von mir beobachtete Art, die ich Dendr. astaci nenne; I) Bei Epistylis aerea , einer neuen auf den Kiemen der Landasseln (Porcellio, Oniscus , Armadillidium und Ligidium) von mir ent- deckten Art, beobachtete icli die Knospenbildung fast noch häufiger als die Theilung. — 2) Monatsber. der Berliner Acacl. von 1837. S. 15"2— 53. — 3) Müller's Archiv 1856. S. 384—85. — 4) Annales des scienc. natur. 18Ö7. IV. Ser. Tome \Itl p. 242. Sicm, Organismus der luCiisioastliiere 2 1 94 ich kann jedoch nichts weiter finden, als dass der Körper hei diesen beiden Arien mehr oder weniger verästelt ist. Jeder Ast ist am Ende etwas kopfförmig angeschwollen, und diese Anschwellung ist mit zahlreichen Tentakeln besetzt; durch den gemeinsamen Stamm verlauft ein geschlängelter, strangförmiger Nucleus, der keineswegs in die einzelnen Aesle einen Zweig hineinschickt, wie Lachmann angiebt. Im Stamm sowohl wie in seinen Verzweigungen liegen kleine contractile Behälter regellos zerstreut. Warum nun der oft ausserordentlich langgestreckte Stamm ein Multerthier und die nicht selten ganz kurzen warzenförmigen Aeste Knospensprösslinge darstellen sollen , die beständig mit dem Mutterlhier in Verbindung bleiben, das vermag ich nicht einzusehen. Es fehlt den Aesten jedes Merkmal der Individualität; sie besitzen keinen besondern Nucleus, wie sonst die Knospensprösslinge, und sie sind auch nicht im mindesten vom Stamme abgegliedert. Letzterer stellt für sich ebensowenig ein Individuum dar; denn er besitzt gar keine eigenen Tentakeln. Die Theilung wird bisweilen der Knospenbildung dadurch sehr ähnlich , dass das Mutlerthier in zwei sehr ungleich grosse Theilungssprösslinge zerfällt. So schnürt sich z. B. bei der oft sehr langgestreckten Opalina secans, welche ich häufig im Darmkanal von Saenuris varieeata und von Enchvtraeus vermicularis beobachtete, nur ein sehr kleines Segment des hintersten Körperendes vom übrigen Körper ab. Dieses Segment gleicht im Verhältniss zu dem langen Vorderkörper einer an demselben hängenden Knospe; es erhält jedoch einen seiner Grösse entsprechenden Antheil von dem langen slrangförmigen Nucleus des Mutterthieres und characterisirt sich schon dadurch als ein blosses Theilungsproducl. In der Knospe bildet sich stets ganz unabhängig von dem mütterlichen Nucleus ein eigener Nucleus aus. Oft hat sich der knospenartige Theilungssprössling von Opalina secans noch nicht vom Mutler- thier getrennt, und es beginnt sich bereits wieder ein neues Segment von dem mütterlichen Körper abzuschnüren; von den drei Segmenten, aus welchen dann der gesammte Körper besteht, ist das mittelste stets das kleinste, es muss also nach der Ablösung des hintern, ähnlich wie eine Knospe, sich noch eine Zeit lang vergrössern, bevor es ebenfalls zur Abschnürung gelangt1). Auch bei zwei Acinetinen (Acineta mystacina und Podophrya fixa), sowie bei den acinetenarligen Embryonen verschiedener höherer Infusorien kommt eine Theilungsweise vor, welche lebhaft an die Knospenbildung erinnert. Nachdem sich nämlich der wimperlose , Tentakeln tragende Körper durch eine ringförmige Einschnürung in ein vorderes und hinteres Segment geschieden hat, von denen ein jedes einen seiner Grösse entsprechenden Theil des verlängerten Nucleus aufnimmt, werden an dem vordem Segment die Tentakeln eingezogen oder doch sehr verkürzt und es entwickelt sich an seiner ganzen Oberfläche ein dichtes, feines Wimper- kleid. Nun schnürt sich das vordere Segment immer mehr von dem hintern ab; es verlängert und verschmälert sich, während das hintere wimperlose Segment, an dem die Tentakeln ausgestreckt bleiben, wieder die Kugelform annimmt. Der vordere Theilungssprössling, der sich demnächst ablöst, gleicht jetzt ganz einem bewimperten, von einem Acinetenkörper entwickelten Knospensprüssling. Die Theilung und Knospenbildung können in jedem Lebenssladium eines Infusionsthieres eintreten; durch Theilung vermehren sich schon die Embryonen im Mutterleibe. Es giebt nur wenige Infusionsthiere . bei denen bisher noch keine von jenen beiden Fortpflanzungsweisen nachgewiesen werden konnte. Dahin gehören namentlich alle Acinetinen mit Ausnahme von Acineta mystacina und Podophrya fixa, und von sehr häufig beobachteten bewim- perten Infusorien Trichodina pediculus und mitra und Opalina ranarum. Bevor wir die von dem Nucleus ausgehende Fortpfianzungsweise betrachten können, müssen wir uns mit dem Vorkommen, der Form und dem feinern Bau dieses Organs bei den verschiedenen Infusionsthieren bekannt machen. Der Nucleus fehlt wahrscheinlich keinem einzigen Infusionsthier ; er ist bei den meisten in allen Lebens- stadien, namentlich nach dem Zusatz von Essigsäure oder wenn sie abgestorben sind, sehr leicht zu beobachten. Bei manchen Infusorien, z. B. bei Dileptus anser, ist zu gewissen Zeilen selbst an den grössten Exemplaren keine Spur von einem Nucleus aufzufinden; wahrscheinlich wurde er zuvor ganz und gar zur Erzeugung von Jungen verbraucht, und er muss nun erst wieder ausgebildet werden. Bei Urostyla grandis entwickelt sich der Nucleus immer erst während der Theilung, und er geht dann merkwürdige Metamorphosen ein. die wir später bedachten werden. Bei Opalina ranarum suchte ich bisher vergeblich nach einem Nucleus. Die Form des Nucleus ist nicht blos bei den verschiedenen Infusorienformen sehr verschieden, sondern sie erleidet auch bei ein und derselben Art beträchtliche Veränderungen, sobald der Nucleus in Thätigkeit tritt, Nur in ») Die von Frey (Das einfachste Ihierische Leben S. 57 und Fig. 20) geschilderte und abgebildete Opaline ist wahrscheinlich mit meiner Opal, secans identisch. Frey hat das hintere Körperende für das vordere genommen; er beobachtete seine Thiere frei im Wasser, wohin sie wahrscheinlich nur zufallig gerathen waren. Einen Namen hat er denselben nicht gegeben. 95 seinem gewöhnlichen, nicht thaligen Zustande zeigt er bei jeder Art eine constante Form. In sehr vielen Fallen ist er ein einfacher runder oder ovaler Körper, so wahrscheinlich bei allen geisseltragenden Infusorien, ferner bei Cyclidium, Colpoda, Coleps, Prorodon leres, Glaucoma, Paramaecium, Pleuronema, Nassula, Cyrloslomum, Ophryo- glena, Leucophrys entozoon. Blepharisma, Plagioloma concharum, Chilodon (Taf. I. Fig. fi. n.), Chlamydodon (Taf. II. Fig. I. n.), Spirochona, Opercularia berberina und vielen Acinelinen. Breit bandförmig ist der Nucleus bei Bursaria flava und Trachelius ovum. Eine grosse Anzahl von Infusorien besitzt einen mehr oder weniger langen slrang- förmigen Nucleus, der bald ziemlich gerade, bald geschlängelt, bald nieren-, ring- oder hufeisenförmig zusammen- gekrümmt ist. Ein grader strangförmiger Nucleus findet sich z. B. bei den Ophryoscolecinen, bei Opalina lumbrici, armala, secans, ein geschlängelter bei Enchelys pupa, Dendrosoma radians und astaci, Vaginicola crystallina und Ophrvdium versalile. Der nieren-, ring- oder hufeisenförmig zusammengekriimmte Nucleus ist besonders den Vor- ticellinen, Ophrydinen , Euplotinen (Taf. IV. Fig. 13. n.) und Aspidiscinen (Taf. III. Fig. 3. n.) eigen, ferner den Galtungen Trichodina, Urocentrum, Didinium und Halteria. Einen lang strangförmigen , schleifenförmig zusammen- gekrümmten Nucleus treffen wir bei Bursaria truncatella , Climacostomum virens , Prorodon niveus , Holophrya discolor. Durch einen dendritisch verästelten Nucleus zeichnet sich Acinela Operculariae aus. Bei einigen Infu- sorien ist der Nucleus perlschnurförmig, er besteht aus hinter einander liegenden kugligen oder ovalen Segmenten, die durch sehr kurze fadenförmige Commissuren mit einander zusammenhangen ; dies ist namentlich bei Stentor coeruleus und polymorphus, bei Spirostomum ambiguum, Condylostoma patens und auch bei Dileplus anser der Fall; bei letzterem Thiere trennen sich jedoch die zahlreichen Glieder des Kerns leicht von einander1). Nicht wenige Infusorien besitzen zwei oder mehrere, gar nicht mit einander zusammenhängende, ganz gleich gestaltete Kerne. Zwei ovale Kerne, dereine in der vordem, der andere in der hintern Körperhälfte gelegen, kommen fast allen Oxytrichinen (Taf. VI. Fig. I.n. n.) zu; zwei einander genäherte rundliche Kerne finden sich bei Amphileptus fasciola, meleagris , anas, ferner bei Lacrymaria und bei Opisthodon (Taf. I. Fig. 2ö. n. n.) , vier hinter einander liegende ovale Kerne bei Onychodromus grandis (Taf. V. Fig. 2. n. n.). Bei Loxophyllum meleagris beobachtete ich meist 8 — 10 einander genäherte ovale Kerne, bei Loxodes rostrum 12 — 20 sehr kleine zerstreut liegende; noch viel grösser ist die Zahl der Kerne bei Enchelys gigas. Der Nucleus besieht überall aus einer dem Parenchym ähnlichen, nur viel dichteren, homogenen, fein- körnigen Substanz, welche nach aussen von einer hyalinen, structurlosen, einer Cuticula gleichenden Hülle begränzt wird. Diese hebt sich an isolirlen Kernen oft schon nach längerer Einwirkung des Wassers von der Nucleussubstanz ab; viel schneller tritt die Sonderung beim Zusatz von Essigsäure ein. Die Nucleussubstanz ist bei einer und der- selben Art bald eine ganz gleichartige, von überaus feinen Molecülen getrübte Masse, bald treten in derselben, ohne dass der Nucleus seine gewöhnliche Form geändert hat, mehr oder weniger zahlreiche, verschieden grosse, dichtere Kerne von rundlicher, knollen- oder wurmförmiger Gestalt auf. In recht auffallendem Grade ist dies z. B. bei Para- maecium bursaria und bei Prorodon teres zu beobachten. Häufig, doch bei weitem nicht immer, umschliesst der Nucleus eine besondere Höhle; so besitzen z. B. sämmtliche Oxytrichinen in der Regel in jedem Nucleus eine quer- elliplische, spaltförmige Höhle (vergl. Taf. V. Fig. 2. Taf. VI. Fig. I . Taf. X. Fig. I . n. n.). Eine ähnliche Höhle findet sich im Nucleus der Gattungen Chlamydodon, Ervilia und Trochilia (Taf. II. Fig. 4. 17. 28. n.). Bei Phascolodon (Taf.I. Fig. 1 . n.), Chilodon (Taf.I. Fig. VI. n), Scaphidiodon (Taf. II. Fig. 7. und 9.n.) und bei Spirochona umschliesst der Kern eine mehr oder weniger umfangreiche rundliche Höhle, und in dieser liegt ein scharf begränztes , kleines, kernartiges Gebilde, der Nucleolus. Ein besonderer Nucleolus kommt noch bei einer massigen Anzahl anderer Infusionsthiere vor; bei diesen liegt er jedoch nicht im Nucleus eingeschlossen, sondern entweder an der äussern Oberfläche desselben in einer seichten Vertiefung oder ganz frei dicht neben dem Nucleus. Dieser äussere Nucleolus wurde zuerst von v. Siebohl bei Paramaecium bursaria erkannt (vergl. S. 44), ich fand ihn dann bei Prorodon teres auf2), Lieberkühn bei Bur- saria flava und Ophryoglena flavicans3; und Colin bei Nassula elegans4). Ich habe ausserdem noch bei fast allen Oxytrichinen, bei den Ophryoscolecinen, ferner bei Paramaeciuin aurelia, Nassula aurea . Leucophrys entozoon. Isotiicha intestinalis5; und einigen neuen Infusorienformen einen äussern Nucleolus beobachtet. In allen diesen Fällen ist derselbe ein kleines rundes, ovales, stabförmiges oder gerstenkornartiges Körperchen, welches aus einer I) Ehrenberg giebt bei Dileptus anser, svozu aueb sein Amphileplus margarilifer gebort, irrtbümlicb zwei ovale Kerne an (Die Infii- sionslhierehen S. 355 und Taf. XXXVII. Fig. IV). — 2) Stein Die Infusionstbiere S. 243. — 3) Müllers Archiv 1856. S. 24 — 25. — 4) Zeitschrifl für wissensch. Zoologie 1857. Band IX. S. 141. — 5) Prager Lolos. März 1859. S. 58. 24' 96 homogenen, kryslallhellen , das Licht stark brechenden Substanz und aus einer innig anliegenden, strukturlosen Hülle besteht, die wenigstens in mehreren Fällen, z. B. bei Param. bursaria. sich leicht beim Zusatz von Essigsaure von der innern Substanz abhebt. Einen relativ grossen, dem Nucleus adhärirenden gerstenkornartigen N'ucleolus besitzen Parara. bursaria, Ophryoglena flavicans und Prorodon leres. Gülten auf dem Nucleus sitzt der sehr kleine runde Nucleolus bei Param. aurelia, Bursaria flava, Nassula aurea und Isotricha intestinalis. Bei den Oxytrichinen liegt der sehr kleine, ovale, einem Fettkörnchen gleichende Nucleolus dicht neben dem Nucleus (Taf.V. Fig. I. 2. nl. Taf. VI. Fig. I. 2. n. Taf. X. Fig. 5. nl). Prorodon teres besitzt ausser dem gerstenkornartigen äussern Nucleolus noch einen grossen ovalen Nucleolus im Centrum des Kerns; hieraus darf vielleicht gefolgert werden . dass der innere Nucleolus eine andere Bedeutung hat, als der äussere. Was nun die Function des Nucleus anbetrifft, so konnte darüber schon längst nicht mehr der geringste Zweifel obwalten, dass derselbe das eigentliche Fortpflanzungsorgan der Infusorien darstelle, seitdem von mir über- zeugend dareelhan worden war, dass sich bei den Acinotinen die Anlagen zu neuen Individuen aus dem Nucleus entwickeln. Ein noch viel helleres Licht verbreiten aber die in neuester Zeit von Balbiani an Paramaecium bursaria angestellten Beobachtungen, sowie meine eigenen davon ganz unabhängig geführten Untersuchungen über die Bedeutung des Nucleus. Es geht aus denselben mit Evidenz hervor, dass bei den Paramäcien und wahrscheinlich bei allen Infusorien, deren Nucleus mit einem äussern Nucleolus versehen ist, unter gewissen Umständen der eigent- liche Nucleus als weibliches, der Nucleolus als männliches Geschlechtsorgan fungirt; aus ersterem entwickeln sich die Keime zu den Embryonen, aus letzterem Spermalozoen. Das grosse Verdienst, die ersten auf die geschlecht- liche Fortpflanzung der Infusorien bezüglichen Thatsachen entdeckt zu haben , gebührt aber unstreitig Joh. Müller, Liebevkühn, Claparede und Lachmann (vergl. S. 52). Die so eben genannten Forscher beobachteten bei den Stentoren in klaren Hohlräumen des Parenchyms, die constant im vordem Körperende in der Nähe des contractilen Behälters lagen, freie, sich schlängelnd bewe- gende, vibrionenähnliche Fäden, welche schnell ihre Bewegungen einstellten, wenn sie isolirt wurden und mit Wasser in Berührung kamen. Letzterer Umstand machte es sehr unwahrscheinlich, dass die Fäden von den Sten- toren gefressene Vibrionen seien; das Vorkommen ähnlicher, jedoch unbeweglicher Fäden im Nucleus einiger andern Infusorien schien vielmehr zu der Ansicht zu berechtigen, dass die beweglichen Fäden der Stentoren im Korper derselben ihren Ursprung nähmen. J. Müller hatte bereits im J. 1854 bei Paramaecium aurelia den ganzen Inhalt des vergrösserlen Nucleus in einen Bausch von Locken gekräuselter Fäden formirt gesehen; diese Erschei- nung zeigte sich aber unter sehr vielen Exemplaren nur sehr seilen. Einmal erschien der Nucleus noch viel mehr vergrösserl und in zwei Massen zerfallen, wovon die eine die gewöhnliche Stelle des Kerns einnahm, während die andere sich nach hinten über den Schlund ausgebreitet hatte; beide Massen enthielten eine grosse Menge discreter Fäden, welche aber nicht in Locken geordnet und dicht gepackt waren, sondern in verschiedenen Richtungen locker zerstreut lagen. Claparede und Lachmann beobachteten im Nucleus von Chilodon cucullulus kleine, gerade, unbeweg- liche, nach verschiedenen Richtungen zerstreut liegende Stäbchen1]. Lieberkühn dagegen sah bei einem mit Colpoda ren verwandten Infusionsthier nicht im Nucleus selbst, sondern in dem Nucleolus fadenförmige Körperchen auf- treten. Obgleich J. Müller warnte, aus diesen Thatsachen vorzeitig weitere Schlussfolgerungen zu ziehen, so hob er doch selbst die Ehre» berg'sche Bezeichnung »Samendrüse« für den Nucleus wieder so auffallend hervor, dass wohl Jedermann auf den Gedanken kommen musste, die im Nucleus beobachteten fadenförmigen Korper seien in der Entwickelung begriffene Spermatozoon. Balbiani . dem die vorstehenden von J. Müller in der Berliner Academie im Juli 1856 vorgetragenen Ent- deckungen wohl nicht ganz unbekannt geblieben waren, wies nun in einer der Pariser Academie im März 1838 übergebeneu Abhandlung nach, dass bei Paramaecium bursaria eine wirkliche geschlechtliche Fortpflanzung vor- komme, und dass diese stets durch eine Gonjugation zweier Individuen eingeleitet werde, in deren Folge sich in dem Nucleus Eier, in dem Nucleolus aber Spermatozoon entwickelten; der Nucleus sei daher als Eierstock, der Nucleolus als Hodc zu deuten. Die Conjugation besteht nach Balbiani darin, dass sich zwei Individuen ihrer ganzen Länge nach so an einander legen und mit einander verwachsen, dass die gleichnamigen Körperenden und die Mund- öffnungen neben einander zu liegen kommen. Die conjugirten Individuen stellen denjenigen Zustand dar, welcher bisher als Längstheilung eines einfachen Thieres aufgefasst wurde. Nach erfolgter Conjugation vergrössert sich M Annales des scienc. nalur. IS57. Tome VIII. p. 243. 97 zunächst der Nucleolus jedes Individuums zu einer ovalen Kapsel mit längsstreifigem Inhalt, die dann durch Quer- theilung in zwei oder vier kleinere Kapseln zerfallt; jede derselben bestellt aus einem Bündel feiner Stäbchen, welche von einer gemeinsamen Hülle umschlossen werden. Auch mit dem Nucleus eehen Veränderungen vor, er wird runder und bekommt Einschnitte, die immer tiefergreifen und von ihm eine oder mehrere Portionen abson- dern. Diese, sowie auch öfters der ungeteilte Nucleus enthalten kleine scheibenförmige Körperchen mit einem centralen Fleck, welche Balbiani als Eier deutet, während er die aus dem Nucleolus hervorgegangenen Kapseln als Samenkapseln bezeichnet. Der Befruchtungsacl soll darin bestehen, dass die beiden conjugirlen Individuen die in ihnen enthaltenen Samenkapseln durch die dicht neben einander liegenden Mundöflfnungen austauschen. Ist dies geschehen, so trennen sich die Individuen von einander, und es gelangt nun erst in jedem eine der Samenkapseln zu ihrer volligen Reife. Die reife Samenkapsel hat einen beträchtlichen Umfang und umschliesst unzählige spindel- förmige Spermatozoen , die aus derselben herausgequetscht hin und her schwankende Bewegungen zeigen. Erst 5 — 6 Tage nach der Begattung sollen die ersten Keime zu den Embryonen als kleine homogene Kugeln erscheinen, welche noch keinen Kern und keinen contractilen Behälter besitzen. Aus ihnen gehen endlich die zuerst von Colin genauer beschriebenen (vergl. S. 43), mit Kern und contractilem Behälter versehenen acinetenartigen Embryonen hervor. Ich bin bei Param. bursaria zu ganz ähnlichen Resultaten gelangt, wie Balbiani, den vorliegenden Erschei- nungen muss ich jedoch nach einem vergleichenden Studium von Param. aurelia eine wesentlich andere Deutung geben. Als ich von J. Müllers Vortrag über die Entwicklung von fadenförmigen Gebilden im Nucleus einiger Infusorien, namentlich von Param. aurelia, Kenntniss erhalten halle, ging ich sofort von Neuem an die Untersuchung der Paramäcien , deren Embrvonen ich in den J. 1855 und 5G wieder vielfach zu beobachten Gelegenheit gehabt hatte. Ich überzeugte mich zuvörderst, dass auch bei Param. aurelia constant ein besonderer, sehr kleiner, runder Nucleolus vorhanden ist, der mitten auf dem ovalen Nucleus in einer seichten Vertiefung sitzt; J. Müller hatte nach demselben vergeblich gesucht. Im Januar 1857 traf ich endlich unter ungeheuren Schaaren von P. aurelia eine geringe Anzahl von Individuen, die genau die von J. Müller beschriebenen Erscheinungen zeigten. Der Nucleus, an dem sich jetzt kein Nucleolus unterscheiden liess , war nämlich beträchtlich vergrössert, so dass er bisweilen zwei Drittel des ganzen Körperraumes einnahm ; in seiner ganz homogenen Substanz lagen nach allen Richtungen hin zahllose, ganz gerade, sehr feine Stäbchen regellos und locker zerstreut, die sich durch Quetschen des Thieres isoliren liessen und -j-^ — tW 'anS waren. Ein Individuum mit einem solchen Nucleus sah ich einmal von Urostyla Weissei gefressen werden (vergl. Taf. XIII. Fig. 3. s.). Mehrmals war der sehr verlängerte Nucleus in zwei Massen gesondert, die jedoch noch durch eine gedrehte strangförmige Commissur zusammenhingen. Diese Sonderung darf nicht als eine weitere Entwicklungsstufe des Nucleus aufgefasst werden . sondern sie ist lediglich ein Product der krampfhaften Windungen, die das Thier unter dem belastenden Deckglas ausfuhrt. Bei einer ziemlich beträchtlichen Anzahl anderer Individuen bot sich mir im Innern eine ganz neue über- raschende Erscheinung dar. Sie enthielten gar keinen Nucleus, sondern statt desselben eine grosse Anzahl blasser rundlicher oder ovaler Körperchen von sehr ungleicher Grösse, die erst nach dem Zusatz von Essigsäure ganz klar hervortraten. Es sondert sich dann an den grossem eine zarte, krystallhelle Membran von dem ganz homogenen feinkörnigen Inhalt, aus dem meist ein deutlicher Kern hervorschimmert. Die grössern kugelförmigen Körper liegen regellos zerstreut zwischen den kleinen, dicht zusammengedrängten, ovalen Körperchen, welche oft eine sehr unregelmässige Form haben und wie Bruchstücke eines grössern Ganzen erscheinen. Sämmtliche runde und ovale Körperchen zusammengenommen nehmen einen grossen Theil des innern Körperraumes ein, sie sind ohne Zweifel aus dem Nucleus hervorgegangen, der sich zuvor beträchtlich vergrösserte und dann durch eine unregelmässige, an verschiedenen Punclen gleichzeitig eintretende Theilung in kleinere und grössere Bruchstücke zerfiel. An mehreren Individuen war dieser allmählige Zerfall des vergrösserten Nucleus mit Bestimmtheit zu erkennen. Die kugelförmigen Körper, welche aus dem Nucleus hervorgehen, sind die Anlagen zu neuen Individuen, ich nenne sie aus Gründen, die wir gleich kennen lernen werden, Keimkugeln, nicht Eier. Als ich diese Thatsachen gefunden hatte, war ich natürlich der Meinung, dass die Individuen, welche in dem vergrösserten Nucleus stabförmige Körperchen enthielten, Männchen, die mit eiähnlichen Körpern erfüllten dagegen Weibchen seien; ich glaubte, dass der Nucleus bei den einen Individuen als Hoden fungire und Sperma- tozoen erzeuge, bei den andern aber die Rolle eines Eierstocks spiele und in einen Haufen Eier zerfalle. Von dieser Ansicht kam ich jedoch bald zurück. Als ich nämlich im Juli 1857 abermals unter dichten Schaaren von Par. aurelia._ Siein. Organismus der Infusionsthiere. 25 98 • dieselben Entwickelungszustände antraf, fiel es mir auf, dass gleichzeitig sehr viele in der Liingstheilung begriffene Individuen vorhanden waren. Ich war nicht wenig überrascht, als ich beim Zerquetschen derselben dicht, neben dem Nticleus jeder Hälfte eine rundliche Kapsel bemerkte, welche sehr zarte, parallel neben einander liegende Faden enthielt.« Die weitere Untersuchimg sehr vieler in der Längstheilung begriffener Individuen lehrte, dass die Kapsel nichts weiter als der vergrösserle Nucleolus sei, dessen Inhalt zuerst ein längsstreifiges Ansehen bekommt, und sich dann in parallel neben einander liegende Fasern sondert. Die Kapsel verlängert sich nach und nach zu einem ansehnlichen nach beiden Enden angeschwollenen Schlauch, der dicht an einander liegende feine Fäden umschliesst und öfters durch Quertheilung in zsvei gesonderte Spindel- oder eiförmige Kapseln zerfällt. Die in der schlauchförmigen Kapsel enthaltenen Fäden sind in der Entwickelung begriffene Spermatozoon, die erst zur Reife gelangen ,' wenn sich die beiden Theilungssprösslinge von einander getrennt haben. Von einem Austausch der schlauchförmigen Samenkapseln durch die neben einander liegenden Mundöffnungen der noch zusammenhängenden Theilungssprösslinge kann bei der bedeutenden Grösse der Samenkapseln nicht die Rede sein. In Gesellschaft der in der Längstheilung begriffenen Paramäcien fanden sich häufig einfache Individuen, die offenbar die weitem Entwickelungszustände der aus der Theilung hervorgegangenen Individuen darstellten. Sie enthielten einen grossen ovalen Ballen von dicht zusammengepackten, lockenförmig gekräuselten Fäden, welcher in der Regel unmittelbar vor dem gleichzeitig vorhandenen Nucleus lag; letzterer war natürlich ohne Nucleolus. Der Ballen war bald noch von einer besondern Membran umschlossen, bald nicht; im ersteren Falle waren die ein- geschlossenen Fäden weit zarter, und sie Hessen sich beim Quetschen nur unvollständig isoliren, im letzteren Falle löste sich der Ballen schon bei einem massigen Druck mit dem Deckglase in eine zahllose Menge von kurzen, geschlängelten, nach beiden Enden zugespitzten Fäden auf, die tW lang waren und sich unter hin und her schwankenden Bewegungen weithin durch das Wasser verbreiteten. Dies sind die reifen Spermatozoen; sie werden im Wasser nur mechanisch fortgetragen, eine automalische Bewegung konnte ich bisher noch nicht an ihnen con- staliren. Der Spermatozoenballen ist nicht selten grösser als der Nucleus selbst, häufig sind zwei kleinere gesonderte Ballen vorhanden, von denen der eine vor, der andere hinter dem Nucleus liegt; zuweilen sah ich drei bis vier Ballen vor dem Nucleus. Endlich traf ich auch Paramäcien, deren mehr oder weniger vergrösserter Nucleus dicht mit zahllosen reifen geschlängelten Spermatozoen erfüllt war, die sich noch leicht aus demselben isoliren liessen, aber ebenfalls keine selbstständigen Bewegungen zeigten. Wahrscheinlich war es diese Enlwickelungsstufe, welche bereits \us sind nur am Rande des Körpers concentrisch gefurcht und hier allein mit zarten, langhaarigen Wimpern besetzt . An den Sprösslingen mehrerer Acinetenarten erkannte ich an einer bestimmten Stelle des Körpers einen kleinen mundähnlichen, runden Saugnapf, der zuweilen auf einem ganz kurzen zapfenförmigen Vorsprung sitzt und leicht für einen Mund gehalten werden kann; er dient jedoch zum Fixiren des Sprösslings, wenn dieser sich wieder in eine Acinete umbildet. Die Sprösslinge von Acineta solaris und tuberosa besitzen diesen Sauguapf nahe am vordem Körperende, die von Acin. astaci ziemlich in der Mitte der bewimperten Bauchseite. Auch an dem bewim- perten Theilungssprössling von Acin. mystacina und Podophrya fixa ist ein kleines, nabeiförmiges Saugnäpfchen vorhanden. — Die rückschreitende Metamorphose der Acinetensprösslinge erfolgt oft schon wenige Minuten nach der Geburt. Ich beobachtete diese sehr häufig an den grossen, sich nur mit massiger Geschwindigkeit bewegenden Sprösslingen von Acin. solaris. Nachdem die Bewegungen des Sprösslings langsamer geworden sind, bleibt er plötzlich liegen, die Wimpern hören auf zu schlagen und schrumpfen in wenigen Augenblicken bis zum völligen Verschwinden zusammen. Während sich das vordere Ende mittelst seines Saugnapfes an irgend einem Gegen- stande oder auf dem Objectglase fixirt, treten zuerst am hintern Ende und dann im ganzen Umfange kurze conische Ausstülpungen hervor, die sich bald zu den gewöhnlichen geknöpften Tentakeln verlängern. Inzwischen hat sich der bisher horizontal liegende Körper am hinteren Ende gehoben, und es währt nicht lange, so nimmt er eine verticale Stellung ein ; sein vorderes Ende ist nun das untere oder hintere geworden und dieses scheidet nach und nach durch den Saugnapf die Substanz aus, welche zum Stiel erhärtet. Auch bei Acin. tuberosa, Operculariae und astaci habe ich die Rückbildung der Schwärmsprösslinge in Acineten verfolgt. Schliesslich rnuss ich noch einige Worte über die angebliche Brutbildung sagen , welche zuerst von mir an encystirten Vorticellen (vergl.-S. 44) und von Cienkowski an den Cystenzuständen von Nassula ambigua (S. 48 beobachtet wurde. Ich bin jetzt der Ansicht , auf die auch bereits von Colin hingedeutet worden ist2), dass wir es hier gar nicht mit einer Fortpflanzungsweise der betreuenden Infusorien, sondern mit einer parasitischen Alge aus der Abtheilung der Saprolegnieen zu thun haben , deren Keime in den Infusoi ienkörper eindringen und sich nach der Encyslirung desselben auf Kosten des thierischen Parenchyms zu schlauchförmigen einzelligen Pflanzen entwickeln. Letztere wachsen, wenn sich in ihrem Innern Schwärmsporen entwickelt haben, in einen röhren- t) Diese neue Acinetenform beobachtete ich in den letzten Jahren sehr häutig in Mistpfützen; sie hat viel Aehnlichkeit mit Podophrya lixa und mag wohl öfters mit ihr verwechselt worden sein. Ihr Körper ist umgekehrt eiförmig und auf der ganzen Oberfläche mit nach allen Richtungen hin ausstrahlenden Tentakeln besetzt, er enthält einen ovalen Nucleus und gewöhnlich drei contractile Behälter und wird von einem dünnen , überall gleich breiten , massiven Stiel getragen. Die Tentakeln zeigen bei der Verkürzung zickzackförmige Biegungen. — i) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie 1857. Band IX. S. 145. Anmerkung Stein, Organismus der Infasionslhiere. 9*7 106 förmigen, den Infusorienkörper und die Cystenwand durchbohrenden Fortsatz aus, der sich dann an der Spitze öffnet und die Schwärmsporen heraustreten lasst. Man braucht nur die von Pringsheim gegebene Darstellung des im Innern des Copulationskörpers einer Spirogyra sich entwickelnden Pythium entophytum1) zu vergleichen, und man wird die überraschendste Uebereinstimmung mit den von mir an den Vorticellencysten beobachteten Erschei- nungen erkennen. Die beweglichen Keime, welche aus dem röhrenförmigen, die Vorticellencyste durchbohrenden Fortsatz hervortreten, sind von mir neuerlich genauer studirt worden . sie besitzen am vordem Ende eine einzige geisselarlige Wimper, lassen aber im Innern weder einen Kern, noch einen contractilen Behälter erkennen; sie gleichen also in jeder Beziehung den Schwärmsporen von Pythium entophytum , wie sie Pringsheim abbildet. Auch im Körper anderer encystirter Infusorien, so wie im Innern völlig abgestorbener Individuen von Acineta Lemnarum sah ich ähnliche geschlossene Schläuche auftreten, wie bei den encystirten Vorticellen; sie wuchsen zuletzt eben- falls in einen conischen, nach aussen hervortretenden und sich an der Spitze öffnenden Fortsatz aus, durch den ähnliche Schwärmsporen entleert wurden2). \) Pringsheim Jahrbücher für wissenschafil. Bolanik 18ö7. Band I. S. 288 — 89 und Taf. XXI. Fig. 1 . — 2) Die von mir im Innern einer Acineta mystacina beobachteten sechs Schläuche [Stein Die Infusionslhiere Taf. I. Fig. 20. c. c.) waren höchst wahrscheinlich nichts weiter, als parasitische einzellige Algen, die noch keinen röhrenförmigen Fortsatz getrieben hatten. Specialer Tlieil. Erstes Buch. Die Ordnung der hvpotrichen Infusionsthiere. Character : Die hypotrichen Infusionsthiere sind ausgezeichnet bilaterale Infusionsthiere mit scharf geschiedener Rücken- und Bauchseite ; die convexe Rückenseite ist stets ganz nackt, die flache abgeplattete Bauchseite trägt allein Wimpern. Sowohl der Mund, als auch der After liegen auf der Bauchseite; ersterer findet sich immer mehr oder weniger weit vom vordem h'ürperende entfernt, letzterer in einiger Entfernung vom hintern Körperende, nie am Ende selbst. Den Stamm dieser Ordnung bilden drei von Ehrenberg aufgestellte, im Allgemeinen ganz naturgemäss begränzte, jedoch durch keine hinreichend scharfe Charactere von einander geschiedene Familien, nämlich seine Oxytrichina, Euplota und Aspidiscina. Diese Familien stimmen in der Anlage ihrer gesammten Organisation so nahe mit einander überein , dass über ihre Zusammengehörigkeit und ihren unmittelbaren Anschluss an einander nicht der mindeste Zweifel übrig bleiben kann. Sie zeichnen sich vor allen andern Infusorien sogleich durch die eigen- tümliche Entwickelung und Anordnung ihrer Wimpern aus , welche die Form von Borsten , Haken oder Griffeln annehmen (vergl. S. 69) und nur auf bestimmte Gegenden der Bauchflache beschrankt sind. Ein Theil der Wimpern setzt stets einen am linken Seitenrande sich herabziehenden adoralen Bogen zusammen , die übrigen Wimpern sind theils in gerade oder schräge Längsreihen angeordnet, theils gruppenweis zusammengestellt, und lediglich hiernach lassen sich verschiedene Kategorien von Wimpern (vergl. S. 70) unterscheiden. Der Mund wird stets von einem mehr oder weniger entwickelten Peristom umgeben; ein Schlund fehlt, oder es ist doch nur eine schwache Andeu- tung desselben vorhanden. Trotzdem , dass die drei in Rede stehenden Familien so hervorstechende Merkmale mit einander gemein haben und dadurch zu einer grössern natürlichen Gruppe verbunden werden, hat Ehrenberg dennoch den Aspidis- cinen eine andere Stelle in seinem Systeme angewiesen, als den Oxytrichinen und Euplolinen. Die beiden letzteren Familien wurden nämlich wegen ihres auf der Bauchseite vor dem hinlern Körperende gelegenen Afters in die Abtheilung der Catotreta gestellt und lediglich nach der Beschaffenheit ihrer äussern Körperbedeckung von ein- ander unterschieden ; die Oxytrichinen sollten die panzerlosen Formen mit borsten-, haken- oder griffelförmigen Bewegungsorganen, die Euplotinen hingegen die gepanzerten Formen umfassen. Die Aspidiscinen erhielten wegen ihres angeblich terminalen Afters ihren Platz unter der. Allotreten; sie wurden als gepanzerte Allotreten bestimmt. Allein der After findet sich bei den Aspidiscinen in Wirklichkeit an derselben Stelle, wie bei den Euplotinen, es scheint daher jeder Grund zur fernein Trennung dieser beiden Familien wegzufallen, zumal da sie sich auch in ihrer übrigen Organisation sehr nahe an einander schliessen. Die Mitglieder beider Familien besitzen nämlich eine starre, panzerartige Korperbedeckung und nur eine geringe Anzahl starker, griffeiförmiger Bauchwimpern ; Rand- wimpern kommen ihnen nicht zu. Duj ardin hat deshalb auch bereits beide Familien in eine zusammengezogen und damit noch einige andere, ungenügend beobachtete Formen verbunden. Er nennt diese Familie Ploesconiens; aus den Oxylrichinen Ehrenberg's und der ihnen fremdartigen Gattung Halteria Duj. bildet er seine Familie Keroniens. Perty nimmt ebenfalls nur zwei Familien an, die Oxytrichinen und die Euplolinen, mit welchen die Aspidiscinen vereinigt sind. Beide Familien werden in seinem Systeme durch die ganz unnatürliche, die heterogensten Infusorien- formen umfassende Familie der Cobalina von einander getrennt, während Dujardin ganz richtig seine Keroniens und 27* 108 Ploesconiens unmittelbar auf einander folgen lässt. Claparede und Lachmann sind in ihrer neuesten Arbeit *) in der Zusammenziehung noch weiter gegangen; sie vereinigen die Oxytrichinen , Euploten und Aspidiscinen Ehrenberg's in die einzige Familie Oxytrichina. Als Grund für dieses Verfahren wird angeführt, dass einerseits die Trennung der Aspidiscinen von den Euplotinen lediglich auf der irrigen Voraussetzung eines terminalen Afters bei den ersteren beruhe, und dass andererseits der von Ehrenberg zur Unterscheidung der Oxytrichinen und Euplotinen aufgestellte Character nur auf dem Papier klar sei, in der Wirklichkeit aber sich als sehr unbestimmt und unzuverlässig erweise. Beides ist richtig, dennoch glaube ich, dass die drei Ehrenberg' sehen Familien aufrecht erhalten werden können, da sich andere ganz scharfe und unzweideutige Merkmale zu ihrer Unterscheidung angeben lassen. Zunächst bilden die Oxytrichinen eine gut abgegrenzte Familie, die sich freilich nicht durch einen panzer- losen Körper von den stets gepanzerten Euplotinen und Aspidiscinen unterscheidet. Ich habe selbst bereits (S. 56) darauf hingewiesen, dass zwischen gepanzerten und panzerlosen Infusorien keine scharfe Glänze existire, und dass namentlich bei den Oxytrichinen die äussere Körperbedeckung einen sehr verschiedenen Grad der Consistenz zeige. Sämmtliche Oxytrichinen besitzen aber einen sehr ausgezeichneten äussern Character in den zu beiden Seiten des Körpers sich herabziehenden, continuirlichen Randwimperreihen, und diesem entsprechen auch noch andere Eigen- thümlichkeiten der innern Organisation, namentlich die constante Lage des contractilen Behälters am linken Seiten- rande hinler dem Peristom und das fast allgemeine Vorkommen von zwei ovalen Kernen. Bei den stets gepanzerten Euplotinen und Aspidiscinen finden sich keine Randwimperreihen, der contractile Behälter liegt stets in der Nähe des Afters neben dem rechten Seitenrande, und der Nucleus ist strangförmig und in der Regel nur in einfacher Zahl vorhanden. Wegen dieser gemeinsamen Merkmale könnte man allerdings die Aspidiscinen und Euplotinen zu einer Familie vereinigen; allein die Aspidiscinen besitzen doch einen wesentlich verschiedenen Habitus, der durch die ganz andere Form des Peristoms bedingt wird. Es zieht sich nämlich bei ihnen nur am linken Seitenrande eine adorale Wimperreihe herab, welche von einem lamellenartigen Vorsprung der Bauchwand überdeckt wird; bei den Euplotinen und Oxytrichinen dagegen bildet das Peristom einen mehr oder weniger weiten, offenen Ausschnitt, der nach links von einem adoralen Wimperbogen begränzt wird, welcher sich über den Vorderrand des Thieres bis zum rechten Seitenrande fortsetzt. Es existirt nun noch eine vierte Familie von hypotrichen Infusionsthieren, die sich meiner Ansicht nach ohne Zwang an die Aspidiscinen anschliesst, obwohl sie zu den drei übrigen Familien in einem losern Verwandt- schaftsverhältnisse steht, als das ist, welches diese unter einander verbindet. Die bekannten Repräsentanten dieser Familie, die ich Chlamydodonta nenne, waren bisher nur ungenügend erforscht . es sind die Gattung Chlamydodon, welche Ehrenberg unter die Euplotinen versetzte, ferner die Gattung Chilodon, welche bisher für holotrich galt und von Ehrenberg zu den Trachelinen gestellt wurde, sodann Euplotes monostylus Ehbg.. aus dem Dujardin die Gattung Ervilia bildete, und endlich die nahe verwandte Galtung Trochilia Duj. Aus den beiden letzteren Galtungen bildete Dujardin die kleine Familie der Erviliens, die er mit richtigem Tacte an seine Familie der Ploesconiens anschloss. Zu diesen bekannten Formen kommen noch drei neue Gattungen Phascolodon. Opisthodon und Scaphidiodon. Sämmtliche Chlamydodoulen sind nur auf der Bauchseite mit gleichartigen, feinhaarigen Wimpern besetzt, die entweder die ganze Bauclifläehe überziehen, oder sich nur auf eine mediane oder laterale Zone beschränken. Der Körper ist entweder deutlich gepanzert oder doch in seinen Umrissen nur unbedeutend veränderlich. Stets ist ein entwickelter trichterförmiger Schlund vorhanden, dessen Wandungen entweder ganz verhornt oder doch zu stab- förmigen Zähnchen verdickt sind. Uebersicht der vier Familien der hypotrichen Infusorien : A. Bauehfl'ache ganz oder Iheilweis mit dichtstehenden, feinhaarigen Wimpern besetzt; ein horniger oder fischreusenarliger Schlund. I.Fam. Chlamydodonta. Ii Bauchfläche mit bestimmt gruppirten, borsten-, haken- oder griffeiförmigen Wimpern besetzt. Schlund undeutlich oder fehlend. i) Ohne Randwimperreihen a) Der von einem Fortsatz der Bauchwand überragte adorale Wimperbogen reicht nur bis zum Vorderrand. "2. Farn. Aspidiscina. b) Der freiliegende adorale Wimperbogen breitet sich über den ganzen Vorderrand aus. 3. Farn. Euplotina. 2) Mit Randwimperreihenj 4. Farn. Oxytrichina. t) fctudes sur les Infusoires et les Rhizopodes par Edouard Claparede et Johannes Luchmann Geneve 1858. t Livraison p. f 33 109 Erste Familie. Chlamydodonta. Stein. Character: Die Chlamydodonten sind hypotriche Infusorien mit gepanzertem oder doch formbeständigem Körper, dessen Bauchseite ganz oder theilweis mit dicht gedrängt stehenden , feinhaarigen Wimpern besetzt ist; zuweilen findet sich am hintern Ende ein beweglicher, fussartiger Griffel. Der stets sehr deutliche gerade , rühren- oder trichterförmige Schlund ist entweder mit sta'b- föruiigcu Zähnchen bewaffnet (ßschreusenartig) oder seine Wandungen sind panzerartig erhärtet und ganz glatt. Diese aus 7 Gattungen bestehende Familie wurde von mir zuerst in der Prager Lolos vom Januar 1859 S. 3 aufgestellt, hier jedoch nur auf die 5 Gattungen mit fischreusenartigem Schlund beschrankt. Ich vereinige damit gegenwärtig auch die kleine Familie der Erviliens von Dujardin, welche mir nur den Werth einer Unterfamilie zu haben scheint, obwohl sie in dem beweglichen Griffel am hintern Körperende und in dem glatten, starren Schlund- rohr scharf hervortretende Kennzeichen besitzt. Die meisten Chlamydodonten haben einen stark plattgedrückten Körper mit ganz planer Bauchseite und massig gewölbter, nach vorn zu öfters beträchtlich verflachter Rückseite; nur bei einer Gattung (Phascolodon) wird der Körper fast beutel- oder krugförmig , indem sich der Rücken sehr stark wölbt und die Seiten abrunden, während die schmale Bauchfläche nach vorn in schräger Richtung gegen die Rückseite aufsteigt. Das Körperparenchym ist nach aussen entweder zu einem deutlichen Panzer erhärtet (Scaphi- diodon, Ervilia) oder doch so resistent, dass die Totalform des Körpers keine merklichen Veränderungen erfahren kann; nur die verflachten Handtheile des Körpers sind mehr oder weniger biegsam. Die Bewimperung dehnt sich bald über die ganze Bauchfläche aus (Phascolodon, Chilodon, Opisthodon) , bald ist nur ein schmaleres oder brei- teres vom Vorderrand bis zum Hinterrand sich erstreckendes Mittelfeld bewimpert (Chlamydodon , Scaphidiodon, Trochilia), bald verläuft nur längs des Vorderrandes und des einen Seitenrandes eine schmale Wimperzone (Ervilia). Der bewimperte Theil der Bauchfläche ist der Länge nach gestreift, daher die Wimpern in Reihen zu stehen scheinen. Der Schlund liegt in der vordem Körperhälfte und ist gewöhnlich hinten nach rechts gerichtet, nur bei Opisthodon findet er sich in der hintern Körperhälfte. Die meisten Chlamydodonten besitzen zwei oder mehrere contractile Behälter, dagegen fast immer nur einen Nucleus. Uebersicht der Gattungen der Chlamydodonten: A. l'nterfaniilie (hlanivriotlonta s. str. Schlund ßsehreusenförmig, kein beweglicher Griffel am hintern Körperende. Ij Körper fast drehrund, mit schmaler, nach vorn schräg gegen den Rücken aufsteigender Bauchfläche. \. Phascolodon. 2) Körper plattgedrückt mit planer Bauchfläche a) Die ganze Bauchfläche bewimpert «) Mund in der vordem Körperhälfte 2. Chilodon. ß) Wund in der hintern Körperhälfte 3. Opisthodon. b) Nur das Mittelfeld der Bauchseite bewimpert « Das Mittelfeld von einem ringförmigen Eindruck umgeben. Körper hinten abgerundet. 4. Chlamydodon. ß) Das Mittelfeld ohne ringförmigen Eindruck, Körper hinten zugespitzt. 5. Scaphidiodon. It. Interfaniilic Erviiiina. Schlund starr und glatt, ein beweglicher Griffel am hintern Körperende. {) Wimpern auf einem schmalen seitwärts gekrümmten Mittelfeld der Bauchseite. 6. Trochilia. 2) Wimpern in einem Ausschnitt längs des Vorder- und rechten Seilenrandes. 7. Ervilia. 1 . Gattung. Phascolodon. Stein. Taf. I. Fig. 1—5). Character: Körper formbeständig, vorn gerad abgestutzt, hinten abgerundet und zugespitzt, mit hochgewölbtem Hucken und gerundeten Seiten; Bauchfläche nach vom erweitert, gegen die Rückseite aufsteigend und ganz bewimpert; ein fischreusenförnüger Schlund in der rindern Körperhälfte. Diese neue Gattung wurde von mir zuerst in der Sitzung der Böhmisch. Gesell, der Wiss. am 19. Ocfober 1857 kurz characlerisirt und dann genauer in der Lotos (Januar 1859 S. 2) beschrieben. — Der krag- oder beutei- förmige Körper gleicht auf den ersten Anblick vollkommen einem Vorticellenkörper ; der Rücken und die beiden Seiten sind stark bauchig aufgetrieben, nach vorn zu schwach halsartig verengert und am erweiterten, abgestutzten Vorderende mit einer halbringförmigen, etwas nach aussen umgeschlagenen, peristomartigen Wulst versehen, welche auf der untern Seite (Fig. 1 und 3) von der Bauchfläche unterbrochen wird. Nach hinten ist der Körper schräg Stein, Organismus der Infusionsthiere. 9£ 110 abgerundet und auf der Bauchseite in eine kurze schwanzarlige Spitze ausgezogen. Die Bauchfläche bildet eine schiefe, in der hintern Körperhälfte nach links gekrümmte und dann sich bis zur Schwanzspilze verengernde Ebene; nach vorn steigt sie in schräger Richtung gegen die Hucken- und Seitenwandungen auf, breitet sich halblrichterförmig aus und geht in die peristomartige Vorderrandswulst über. Diese setzt sich unter einem stumpfen Winkel auf der rechten Seite (Fig. 4) in eine die Bauchfläche bis zur Spitze begleitende Seitenwulst fort; eine weniger entwickelte, nach hinten sich bald verlierende Wulst findet sich auf der linken Seile. Die Bauchfläche ist fein längsgestreift und ihrer ganzen Ausdehnung nach dicht bewimpert (in den Figuren ist die Bewimperung nur theilweis ausgeführt, am meisten in Fig. 3); die wulstförmige Einfassung der Bauchfläche zeigt eine concentrische Streifung. sie ist eben- falls mit feinhaarigen Wimpern besetzt, die am Vorderrande etwas länger sind. Die Bücken- und Seitenwanduugen sind ganz nackt und glatt. Die Bauchwimpern ragen nach hinten und links über den Körperrand hervor; bei der Rückenansicht des Thieres (Fig. 2) sieht man nur die verlängerten Vorderrandswimpern und einen von den vor- ragenden Bauchwimpern herrührenden Wimpersaum am linken Körperrande. Die beiden freien abgerundeten Ecken des peristomartigen Vorderrandes können einander genähert werden (Fig. 3), bei grössern Individuen so bedeutend, dass fast eine geschlossene ringförmige Mündung am vordem Ende entsteht; im Uebrigen ist die Körperform unver- änderlich. — Der Mund liegt fast in der Mitte des vordem erweiterten Abschnitts der Bauchfläche; der schräge, trichterförmige Schlund (Fig. I. 2. ph.) ist der rechten Seite zugekehrt, die borstenförmigen Zahnstäbchen sind nur im vordem Theil des Schlundes deutlich, nach hinten ist derselbe glatt. Der After findet sich auf der Bauchseite nahe vor der schwanzförmigen Zuspitzung; hier sah ich wenigstens häufig bräunliche Excremente zusammen- gehäuft. ■ — Contractile Behälter (Fig. 1 . 2. c. c.) sind zwei vorhanden, ein vorderer, nach innen neben dem Schlund gelegener und ein hinterer am linken Seitenrand. — Der ovale, fast die Körperniitle einnehmende Nucleus (Fig. I. 2. n.) ist mit einer centralen rundlichen Höhle versehen, die stets einen deutlichen Nucleolus enthält. Die Gattung Phascolodon ist eine offenbare Uebergangsform zu den peritrichen Infusorien, weshalb ich auch die Chlamydodonten an die Spitze der hypotrichen Infusorien gestellt habe. Ihre Bewegungen sind sehr schnell und gleichen denen von abgelösten Vorticellenkörpern , von Urocentrum turbo , Trichodina pediculus und andern peritrichen Infusorien; sie bestehen in unaufhörlichen Rotationen um die Längsaxe. Niemals sah ich die Thiere auf der Bauchseile kriechen, auch blieben sie keinen Augenblick stillstehen; ihre Organisation liess sich daher nur ermitteln, nachdem sie getödtet worden waren. - — Die einzige Art der Galtung lebt im süssen Wasser, es ist: Phascolodon vorticella. Stein. Abhandl. der Böhmisch. Gesellsch. der Wissensch. Band X S. 63 und Lolos Januar 1859 S. 2. Ich habe diese Art im April I 857 in einem Bassin des Prager botanischen Gartens, welches von der Moldau gespeist wird, in zahllosen Exemplaren beobachtet; sonst ist sie mir nirgends vorgekommen. Die Thiere fanden sich an der sehr staubigen Oberfläche des Wassers gleichzeitig mit grossen Mengen von Chlamydomonas pulvisculus und Pandorina morum. Diese beiden Infusorienformen fanden sich auch als die gewöhnlichste Nahrung im Innern des sonst ganz farblosen Phascolodonkörpers. Das Thier kam in sehr verschiedenen Grössen vor, Theilungszustände wurden aber nicht bemerkt. Die grössten Individuen waren TV" 'ang uru' tV" breit; die Länge ihres Nucleus betrug TV"- Die jüngeren Individuen (Fig. S. a. b.) waren gewöhnlich weit schlanker und nach hinten stärker zugespitzt, von fast kreiseiförmiger Gestalt; doch sah ich auch junge Individuen (Fig. 5. c), die schon eine sehr ähnliche Form halten, wie die altern. Die jungem Thiere können leicht mit Halteria (Trichodina Ehbg.) vorax ver- wechselt werden. 2. Gattung. fliilodon. Ehbrg. (Taf. I. Fig. C— 23). Character : Körper formbeständig , oval, mit planer, ganz bewimperter Bauchseite und massig gewölbtem Rüchen, mich vorn in eine lamellenartige, schief abgerundete, nach links gekrümmte Oberlippe erweitert; Mund in der vordem Kwperhälfte, Schlund fischreusenartig. Die Galtung Chilodon wurde von Ehrenberg im J. 1833 (Abhandl. der Berliner Acad. S. 287) auf Colpoda cucullulus Müll, gegründet und in die Familie der Trachelinen gestellt, weil Ehrenberg dieses Thier für holotrich und panzerlos ansah und den After als terminal bestimmte; unter den Trachelinen sollte sich Chilodon durch eine schiefe, lamellenartige Oberlippe und durch den Zahnapparat im Munde auszeichnen. Zu der ursprünglich einzigen Art der 111 Gattung wurden im grossen Infusorienwerk noch drei neue Arien hinzugefügt; von diesen ist jedoch die eine. Ch. uncinatus, nicht wesentlich von Ch. ciiculluhis verschieden-, und die beiden andern, Ch. aureus und ornatus, sind wirklich holotrich und müssen deshalb in die Gattung Nassula gestellt werden. Es bleibt also in der Gattung nur eine Art zurück; diese zeigt nach Aufenthalt und Lebensweise erhebliche Verschiedenheiten in der Grösse und im äussern Körperumriss. Ihre höchste Entwicklung (Fig. 6 — 8) erreicht sie in langsam fliessenden Gewässern, an deren Oberfläche sich eine reiche Vegetation von Algen, besonders von Oscillarien findet ; während sie in Infusionen klein und verkümmert bleibt (Fig. I 1 — 14). Dujardin bestimmt nur die grössern Individuen als Chilod. cucullulus, aus den kleineren bildet er mehrere unhaltbare Arten, aus welchen er seine Gattung Loxodes zusammensetzt, die nicht mit der gleichnamigen Gattung von Ehrenberg identisch ist; für letztere, die richtig auf Loxodes rostrum beschrankt ist, wird die unberechtigte Benennung Pelecida eingeführt. Die Gattung Chilodon characlerisii t Dujardin im Wesentlichen wie Ehrenberg, er beschrankt sie auf Ch. cucullulus und stellt sie in seine Familie der Parameciens; die Gattung Loxodes dagegen wird in der Familie der Ploesconiens neben Aspidisca eingereiht, sie soll die Körper- form mit Chilodon gemein haben, aber von einer panzerähnlichen Hülle bekleidet und nur an dem lippehartigeh Vorderrande bewimpert sein. Perly folgt, wie gewöhnlich , Dujardin, nur ordnet er Loxodes Duj. bei den Trache- linen ein, während er Chilodon in die neu ei richtete Familie Decleria bringt, welche alle Formen mit fischreusen- arligem Schlund umfassen soll, mag der Mund auf der Bauchseite oder, wie bei Prorodon, am vordem Ende liegen. Der Körper von Chilodon ist bald mehr oval, bald mehr eiförmig, auf der Bauchseite fFig. G. 13) ganz plan oder selbst etwas concav; auf der Bückseite (Fig. 7. 8) setzt sich ein mehr oder weniger ausgedehnter, ziemlich stark gewölbter Scheibentheil von den sehr niedergedrückten, lamellenartigen Bändern ab. Am stärksten ist der Körper nach vorn abgeplattet und verdünnt, und dieser durchsichtigere Theil bildet eine schief abgerundete, fast beilförmige, nach links gekrümmte Lippe, welche bei grossem Individuen in eine schnabelartige Spitze ausläuft (Fig. 7. 8. 1.), wahrend bei kleinern Individuen (Fig. I 3) statt derselben nur eine abgerundete Ecke vorhanden ist. Die Lippe geht ganz allmählig in die Seitenränder des Körpers über, sie ist nichts weiter, als der stärker entwickelte Vorder- rand. Die Lippe und der ganze übrige verdünnte Körperrand sind biegsam, sie werden bald aufwärts gebogen (Fig. 9. 10. II), bald beim Kriechen innig an fremde Gegenstände angeschmiegt; die Lippe insbesondere wird zum Tasten gebraucht. Der Scheibentheil des Körpers ist dagegen fast ganz starr; nur seine Wölbung ändert sich mehr oder weniger, indem sie beim Kriechen aus der Mitte mehr nach hinten rückt (Fig. 7. 8. 10); am wenigsten ist dies bei kleinen Individuen (Fig. II) der Fall, die daher fast gepanzert erscheinen und, wie Dujardin richtig hervorgehoben hat, sowohl in ihrer Totalform, wie in der Consistenz ihres Parenchyms lebhaft an Aspidisca erinnern. Dass Chilodon kein holotriches Infusionsthier ist. wie man bisher allgemein und ich selbst in meiner frühem Monographie von Chil. cucullulus (Die Infusionsth. S. 1 26 — 38) annahm , davon überzeugt man sich am bestimm- testen, wenn das Thier beim Auf- und Niedergleiten an fremden Gegenständen dem Beobachter die linke Fig. 9) oder die rechte Körperseite (Fig. 10. I I) zukehrt; man sieht alsdann, dass die ganze Bückseite völlig nackt und glatt ist. Die Bauchfläche ist ihrer ganzen Ausdehnung nach dicht mit feinhaarigen Wimpern besetzt, die am Bande über die Körpercontouren hinausragen. Die vorstehenden Bandwimpern, sowie der Umstand, dass bei der Bückenansicht des Thieres die Bauchwimpern durch die durchsichtigen Seitenränder und die Lippe hindurchscheinen, haben zu der irrigen Annahme Veranlassung gegeben, dass auch die Bückseite bewimpert sei. Gegen den Vorderrand der Lippe hin nehmen die Wimpern mehr oder weniger an Länge zu, was besonders bei Jüngern Individuen und zuweilen in auffallendem Grade der Fall ist, während der übrige Theil der Bauchseite sehr kurzhaarige W'impern trägt. Bei nicht genügend scharfer Beobachtung hat es dann den Anschein , als sei auch die ganze Bauchfläche mit Ausnahme der Lippe nackt; hierauf beruht die Gattung Loxodes Duj. Bei ganz jungen Individuen konnte ich bis- weilen aller Anstrengung ungeachtet keine Bauchwimpern, sondern nur Lippenwimpern unterscheiden. Auf der Bauchseite ist ein dem gewölbten Scheibentheil der Bückseite nahebei entsprechendes Mittelfeld der Länge nach sehr dicht und fein gestreift, der ganze verdünnte Körperrand zeigt dagegen eine meist stärker ausgesprochene concentrische Streifung (Fig. 6. II . I 3 . Diese Slreifung bewirkt abermals eine anscheinend reihige Anordnung der Wimpern; die Zahl dieser Streifen lässt sich nicht mit Sicherheit bestimmen, ist auch sehr gleich- gültig, da sie sich offenbar mit der Grösse der Thiere ändert; in keinem Fall aber sind bei grossen Thieren blos 12 — I 8 Längsreihen von Wimpern vorhanden , wie Ehrenberg angiebt. • — Ganz übersehen hat man bisher einen feinen bogenförmig gekrümmten oder geschlängelten adoralen Wimperstreifen (Fig. 6. a. 7. 8. 9. a.), welcher von der linken, vorspringenden Ecke der Lippe in diagonaler Richtung zum rechten Band des Mundes verläuft; er 28* 112 bestellt aus eben so feinen und kurzen Wimpern , wie die übrige Bauchfläche, nur sind dieselben noch dichter gestellt unil anders gelichtet1'. Bei kleinen Individuen gleicht dieser adorale Wimperstreif tauschend einer steifen, gebogenen Borste Fig. 12. I .'} . Der runde Mund Fig. 6. o.) liegt fast in der Mitte der vordem Körperhälfte; der fischreusenförmige Schlund (ph. wurde bereits S. 82 geschildert, er ist gewöhnlich schräg nach rechts gerichtet, reicht etwas über die Körpermitte hinab und enthält bei grossem Individuen I 6 Zahnstäbchen, die durch die sich erweiternde Mundöffnung frei nach aussen hervortreten können (Fig. 9. 10). Der Schlund erscheint in der Buhe trichterförmig und ist immer mehr oder weniger collabirt; er kann sich, wie der Mund, beträchtlich erweitern, wie schon die oft sehr voluminösen verschluckten Körper (z. B. die grosse Navicula viridis in Fig. 7) beweisen. Beim Verschlingen grösserer Körper weichen zuerst die nach aussen hervorgetretenen Zahnstäbchen aus einander; ist dann der Körper eine Strecke weil eingedrungen, so neigen sich die Zahnstäbchen vorn zusammen, häkeln sich mit ihren einwärts gekrümmten Spitzen an demselben an und schieben ihn so weiter durch den sich nun nach hinten erweiternden Schlund. Wenn der Körper vollständig eingedrungen ist, so schliesst sich die Mundöffnung, die Zahnstäbchen neigen sich nach vorn bis zur Berührung zusammen, und dadurch wird der Körper aus dem Schlünde in das Innenparenchym hinein- getiieben. Die Nahrungsstoffe (bei den grössern Individuen bestehen sie gewöhnlich in Naviculaceen und anderen Bacillarien) erfüllen in der Begel den convexen Scheibentheil des Körpers, den man daher leicht für eine besondere verdauende Höhle halten könnte, allein nicht seilen sieht man auch verschluckte Naviculaceen in der Lippe liegen (Fig. 8) und lange Oscillarienfäden, die bis zum Vorderrand der Lippe reichen und diese oft widernatürlich ausdehnen, von dem Parenchym der Lippe eben so gut verdaut werden, wie von dem centralen Parenchym. — Der After 'Fig. G.z.) liegt am Ende des Mittelfeldes der Bauchseite vor dem Hinterrande und etwas nach links; da er nicht terminal ist, wie Ehrenberg beobachtet haben wollte, so müsste Chilodon selbst in Ehrenbercfs System eine andere Stelle, nämlich unter den Catotreten und zwar in der Familie der Colpodea erhalten. In der Nähe des Afters linden sich häutig grosse, mit leeren Naviculaceenschalen erfüllte Hohlräume (Fig. 7 . Die Zahl und Lage der contractilen Behälter ist nicht constant. Ehrenberg giebt drei an, von denen zwei links und rechts neben dem Schlund, der dritte weiter nach hinten zu liegen. An kleinern Individuen sind aller- dings gewöhnlich nur drei contractile Behälter vorhanden, doch ist auch bei ihnen die relative Lage nicht überall dieselbe (vergl. Fig. 13. I i. 15.23). Bei grössern Individuen findet sich eine viel bedeutendere Anzahl kleiner, regellos durch das ganze Parenchym zerstreuter contractiler Behälter (Fig. 6. c. c. c), unter denen sich oft zwei grössere und links und rechts neben dem Schlünde gelegene (F. 7. c. c durch lebhaftere Systole und Diastole aus- zeichnen, während die kleinern längere Zeit unveränderlich bleiben, dann aber auch plötzlich sich zusammenziehen. Der Nucleus ist oval, bei grossen Individuen langgestreckt, fast spindelförmig Fig. G. 7. n. , er enthält hier in seiner ganz homogenen Substanz eine centrale, runde, blasenförmige Höhlung und in dieser einen runden Nucleolus 'nl.). Bei kleinem Individuen ist die centrale Höhlung relativ oft viel grösser, so dass die Nucleussubstanz nur eine Art Bindenschicht bildet, welche häufig nach innen unregelmässige zahnförmige Vorsprünge zeigt Fig. 15. n. n. IG. 23). Der Nucleolus war in diesem Falle öfters noch von einem scheibenförmigen Hof umgeben (Fig. it. 15. 16). — Statt des gewöhnlichen Nucleus beobachtete ich bei kleinen Individuen in der hintern Körperhälfte nicht selten einen ansehnlichen, sehr blassen und durchscheinenden scheibenförmigen Körper (Fig. 13. k.) , der erst bei Zusatz von Essigsäure schärfer hervortrat und sich als ein ganz homogenes, solides Gebilde auswies. Vor ihm lag ein opakerer, einem gewöhnlichen Nucleus ähnlicher, aber viel kleinerer Körper (n.); dieser ist wahrscheinlich ein Best des ursprünglichen Nucleus und der scheibenförmige Körper ein Product desselben. Ich vermulhe. dass der scheibenförmige Körper das Material zu neuen Individuen liefert, die ohne Zweifel auf geschlechtlichem Wege ent- stehen werden, da bereits von Claparede und Laclimann spermatozoenartige Gebilde im Kern ? von Chilodon beobachtet wurden vergl. S. 96). Quer- und Längstheilung kommen gleich häufig vor. Beim Beginn der Qucrtheilung wird in der hintern Körperhälfte ein neuer Schlund angelegt (Fig. 12). von dem Anfangs nur die vordersten Spitzen der Zahnstäbchen zu unterscheiden sind; der Nucleus bildet zu dieser Zeit einen longitudinalen biscpiitförmigen Körper, der im vor- dem und hintern Ende eine Höhle mit einem Nucleolus enthält. Bald darauf zerfallt der Nucleus in zwei Hälften, die sich zusammenziehen und abrunden und zum Nucleus jedes Theilungssprösslings werden. Wenn das Multer- t) Auch bei Nassula elegans und N. aurea habe ich einen ähnlichen adoralen Wimperstreifen beobachtet. 113 thier schon tief eingeschnürt und in seiner hintern Hälfte der neue Schlund ausgebildet ist (Fig. 16), erscheint vor demselben erst der neue adorale Wimperstreif, der vom Mund aus horizontal mich aussen oder sogar etwas schief nach hinten gerichtet ist. — Bei der Längstheilung dehnt sich das Mutterthier und sein Nucleus zuerst in diagonaler Richtung aus, wobei der Schlund in die linke Körperhälfte rückt; in der rechten wird ein neuer Schlund angelegt. Die Theilung schreitet von der Mitte des Hinterlandes gegen den Vorderrand vor und zwar so, dass die Theilungs- ebene in schiefer Richtung die Horizontalebene des Körpers schneidet. Die beiden Hälften decken daher mit ihren an einander stossenden Randern einander (Fig. 1 4) ; die rechte Hallte deckt bei der Ansicht der Bauchseite mit ihrem linken Rande den rechten Rand der linken Hälfte; sie überragt ferner nach vorn die linke Hälfte, während diese nach hinten über die rechte Hälfte hinausragt. Der mütterliche Nucleus wird, weil die Längstheilung von hinten beginnt, sehr früh durchgeschnürt. Wenn die Theilung schon bis über die Mitte des Körpers nach vorn vor- geschritten ist. schnürt sich auch die Mitte des Vorderrandes ein, und bald hängen die beiden Theilungssprösslinge nur noch durch eine kurze, quere Substanzbrücke zusammen. In diesem Stadium der Längstheilung schlügt sich häufig der eine Theilungssprössling nach der entgegengesetzten Seite um (Fig. 15), die beiden Theilungssprösslinge berühren sich nun mit ihren gleichnamigen Seitenländern und der eine kehrt dem Beobachter die Rückseile, der andere die Bauchseite zu. Man kann zwei so zusammenhängende Theilungssprösslinge leicht für zwei durch Con- jugation vereinigte Individuen ansehen, was sie gewiss nicht sind. Die in Infusionen vorkommenden kleinem Thiere gehen zu gewissen Zeiten in einen ruhenden Zustand über, indem sie sich in einen ovalen oder fast nierenfürmigen Körper zusammenziehen und sich mit einer gallert- häuligen Cyste umgeben, die dem eingeschlossenen Körper meist innig anliegt (Fig. 17. 1 8), oft aber auch mehr oder weniger von demselben absteht und sich dann deutlich aus mehreren concentrischen Schichten zusammengesetzt zeigt (Fig. 21). Dergleichen Cysten treten iheils vereinzelt an der Oberfläche von Infusionen auf, theils bilden sie dicht neben einander liegend einen hautartigen Ueberzug an den Wandungen der Gefasse, welche die Infusion ent- halten. Ich habe diese Cystenzustände bereits in meiner frühem Arbeit ausführlich geschildert und meine damaligen Beobachtungen so gedeutet, als entwickele sich der Nucleus des encystirlen Thieres zu einem Schwärmsprössling, welcher mit Cyclidium glaueoma Ekbg. identisch sei1). Diese Deutung ist mir nach neueren Untersuchungen ganz unhaltbar geworden; das Ergebniss derselben ist folgendes. Der in der Cyste eingeschlossene Chilodonkörper erscheint ringsum glatt und wimperlos, in seinem Innern unterscheidet man die gewöhnlichen zwei oder drei con- tractilen Behälter (Fig. 17. 21) und einen mittlem ovalen oder fast nierenförmigen Körper, der entweder einem opaken, homogenen Kein ähnlich sieht (Fig. 21), oder sich auf der ganzen Oberfläche mit lebhaft schwingenden Wimpern besetzt zeigt und anscheinend ganz frei in einer besondern Höhle liegt (Fig. 17.1.). Dieser bewimperte Körper wird häufig innerhalb seiner Höhle hin und her gewälzt, wobei er sieh mehr oder weniger spiralig dreht und windet; er gleicht daher aufs täuschendste einem im Innern des Chilodonkörpers entwickelten Schwärmspröss- ling, und dafür habe ich ihn eben in meiner frühern Arbeit ausgegeben. Er ist jedoch nichts weiter, als die in eine oberflächliche, grubenförmige Vertiefung eingezogene Lippe des encystirlen Thieres, die seltsamer Weise noch lange Zeit nach vollendeter Encystirung überaus lebhaft wimperl und die eben geschilderten Bewegungen vollführt. Was ich für den vergrösserten Nucleus hielt, aus dem sich der Schwärmsprössling entwickeln sollte (Fig. 21), war nur die unbeweglich gewordene, nicht mehr vvimpernde Lippe. Bei Anwendung von Essigsäure tritt erst der eigentliche Nucleus (Fig. 18. n.) hervor, welcher viel kleiner ist, als die eingezogene centrale Lippe (I.), der er meistens dicht anliegt; auch wird gewöhnlich nun erst der Schlund sichtbar. Sucht man die Cysten zu sprengen, so tritt meist nur die Lippe durch einen kleinen seillichen Riss nach aussen hervor (Fig. 19. I.), und da sich sogleich ihre Wimpern ausspreizen und sie mit dem übrigen Körper nur durch eine enge Corumissur zusammenhängt, so gleicht sie wieder ungemein einem aus dein Innern hervorgequetschlen Sprössling. Es gelang mir aber auch, den ganzen Chilodonkörper aus seiner Cyste unverletzt heraus zu pressen (Fig. 22); er zeigte sich dann als ein nieren förmiger, auf der coneaven Seite mit einer nabelartigen Vertiefung versehener Körper, aus der die allein wimpernde Lippe (I.) wie ein zungenförmiger Zapfen hervorragte. In mehreren Fällen dehnte sich der isolirte Chilodonkörper bald wieder zu seiner gewöhnlichen Form aus, die nur noch etwas bucklig und uneben blieb (Fig. 23); dann fing er an umher zu schwimmen, und es verschwanden nun auch nach und nach die Unebenheiten. — Die encystirten Individuen erwachen später wieder aus ihrem ruhenden Zustand, sie recken sich, so weit dies in dem beschränkten Cysten- t) Stein Die Infusionslhiere S. 134 — 38 und Taf. III Fig. (j 0 — 69. Stein, Organismus der liilusionsthievc. 29 114 räume möglich ist, aus, wobei die Lippe gewöhnlieh die Form eines scharf vom Körper abgegliederten , mit aus- gespreizten Wimpern besetzten nierenförmigen Lappens annimmt (Fig. 20), und sie drehen sich nun eine Zeit lang lebhaft im Kreise umher; alsdann drangen sie sich durch eine sehr enge Oeffnung in der Cystenwand , die wahr- scheinlich von den Schlundzahnen gebohrt wird, nach aussen hervor. Der vermeintliche freie Schwärmsprössling, welchen ich bei meinen frühern Untersuchungen öfters in Cysten mit einem rotirenden Chilodonkörper beobachtete. war höchst wahrscheinlich ein wahres Cyclidium glaueoma , welches nur zufallig von aussen her in die Cyste ein- gedrungen war; in einigen Fallen mag ich auch die stark abgeschnürte nierenförmige Lippe des rotirenden Chilodon- körpers für einen selbstständigen Sprössling gehalten haben. Cyclidium glaueoma ist jedenfalls, wie ich aus ander- weitigen Untersuchungen weiss, eine selbständige Infusorienform. Die Gattung Chilodon umfasst nur eine sichere Art. nämlich : Chilodon cucullulus. Ehrbg. Colpoda cucullulus ( p. 105. Taf. XV. Fig. 7 — II. » » cuciillio f mller Animalcula infusoria p. 1 06. Taf. XV. Fig. 1 2- 1 5. Loxodes cucullulus Ehrenberg Abli. Her Berlin. Acad. 1830. S. 4*2. Taf. IV. Fig. III. Chilodon cucullulus ) S. 336. Taf. XXXVI. Fig. VII. ( Ehrenberq Die Infusionslilierehen » » uncinatus ) y S. 337. Taf. XXXVI. Fig. VIII. Chilodon cucullulus | p. 49 1. PI. VI. Fig. 6. Loxodes cucullulus ( p. 4SI. PI. XIII. Fig. 9. ... ( Dujardin Infusoires ,„.. » » cuciillio p. 4 da. » » dentalus p. 453. PI. XIV. Fig. 10. Chilodon cucullulus » » uncinatus Loxodes cucullulus » » eucullio » » brevis S. 146. S. 146. Perty Kleinste Lebensformen S. 152. Taf. VI. Fig. 8. » » Taf. VI. Fig. 9.10. » » Taf. VI. Fig. I I . Der Ch. cucullulus gehört zu den gemeinsten und verbreitetsten Infusorienformen, er kommt überall in Infusionen, in Regen- und Mislpfützen. und in ganz reinen stehenden und fliessenden Gewässern, wie auch im Meereswasser vor. Ehrenberg beobachtete ihn an den norwegischen Küsten, ich traf ihn häufig im Ostseewasser bei Wismar. Die Bewegungen des Thieres sind langsam, gleitend, mit seltener Drehung um die Längsaxe; an fremden Gegensländen kriechen sie gewandt auf- und abwärts, indem sie sich mit der Bauchfläche innig anschmiegen und die verdünnten, ihre Contouren mannichfach verändernden Ränder aufwärts biegen. — Müller's Colpoda cucullulus ist die kleinere in Infusionen lebende Form von Chilodon, seine Colp. eucullio dagegen die grössere, zwischen Wasser- pflanzen vorkommende, woran die sehr kenntlichen Fig. 12 — 15 nicht zweifeln lassen; die angeblichen Jungen (Fig. 1 6) dürften wohl eher zu Colpoda cucullus gehören. Die sogenannte Varietät mit verlängerter Lippe 'Fig. i 7 — - 1 9 stellt jedenfalls eine ganz andere Infusorienform, vielleicht Loxophyllum meleagris Duj. dar. — Ehrenberg nannte Ch. cucullulus bis zum J. 1833. wo er erst den fischreusenartigen Schlund entdeckte, Loxodes cucullulus; eine ganz unwesentliche Varietät der kleinern Form mit etwas stärker überhängender Lippe und mit nur 8 Zähnen im Schlünde unterschied er als Ch. uncinatus. Die Form der Lippe ist aber bei Chilodon sehr veränderlich und die Zahl der Zähne ändert sich mit dem Alter. — Dujardin s Loxodes cucullulus beruht auf der kleinen Form des Chilodon, an der nur die Lippenwimpern unterschieden wurden ; sein Loxodes dentatus stellt dieselbe Form mit deutlich erkannten Schiandzähnen dar, und sein Loxodes eucullio ist lediglich auf Müller's Abbildungen gegründet. Auch Dujardiris Loxodes reticulatus und marinus können recht wohl in den Formenkreis von Chi!, cucullulus gehören. — Die Abbil- dungen, welche Perty von Loxodes cucullulus, eucullio und brevis liefert, stellen meiner Ansicht nach nur Formen- modificationen von Ch. cucullulus dar, an denen die Bewimperung unvollständig, der Schlund gar nicht erkannt wurde. Ich sah genau solche Individuen, wie die von Perly abgebildeten, bei Anwendung von Essigsäure wurden aber stets auf der ganzen Bauchseite Wimpern und der Zahnapparat im Schlünde sichtbar. Perty's Chilodon depressus dürfte irgend eine junge, ungenügend beobachtete Nassula gewesen sein. — Die grössten Individuen , welche ich von Chil. cucullulus beobachtete, waren -f'" lang und etwa halb so breit; die Länge ihres Nucleus betrug -jV", die des Schlundes 2V". 115 3. Gattung. Opistliodou. Stein. (Taf. !. Fig. 24—26). Character; Körper eiförmig, ■plattgedrückt, mit massig gewölbtem Kücken; Bauchseite plan, ganz bewimpert und mit einer den Körpercnntouren parallelen Rinne : Schlund in der luntern Körperhälfte, fischreusenartig. Diese neue Gattung wurde von mir zuerst in der Prager Lotos (Januar 1839 S. 2) characterisirt. — Der eiförmige Körper ist nach vorn zugespitzt, die Spitze meist ein wenig nach rechts gebogen; die Rückseite (Fig. 26) ist ganz glatt und wimperlos, wie Leb mich sehr bestimmt bei ganz langsamen Wendungen des Körpers um die Längsaxe überzeugte; die im ganzen Umfange des Randes vorstehenden Wimpern gehören der Bauchseite an. Ein stark abgeplatteter und daher lichter und durchsichtiger erscheinender Randsaum setzt sich jederseits von dem viel dickeren gewölbten Scheibentheil ab und tritt dadurch noch scharfer hervor, dass er auf der Bauchseite Fig. 21 durch einen seichteren oder tieferen halbrinnenförmigen den Körperrändern parallelen Kanal (b.) von dem Scheiben- theile gesondert wird. In der vorderen Körperspitze vereinigen sich die beiden seitlichen Kanäle zu einem kurzen, an i\er Spitze nach aussen mündenden , gemeinsamen Kanal (a.) , nach hinten zu gehen sie meist in eine unregel- mässige, muldenförmige Verliefung des Scheibentheils über, in welcher der Mund liegt. Der Randsaum ist wie eine Hutkrempe nach aufwärts gekrümmt und mehr oder weniger nach innen umgerollt (Fig. 25); er zeigt eine mehr concentrische Streifung, während der Scheibentheil längsgestreift ist. Die ganze Bauchseile, auch die halbrinnen- förmige Vertiefung ist dicht mit gleichartigen, feinhaarigen Wimpern besetzt. Im hintern Körperviertel liegt der schwer wahrnehmbare kurz walzenförmige Schlund (Fig. 24.26 ph.); seine Zähnchen sind so zart, dass er nur fein längsgestreift erscheint. — Gewöhnlich ist nur ein ziemlich grosser, runder, contractiler Behälter in der Mitte der rechten Körperseile vorhanden (Fig. 26. c); zuweilen sah ich ihm gegenüber noch zwei kleinere cotitractile Behälter (Fig. 25. c. c. c). In der Mitte der linken Körperseite finden sich dicht hinter einander zwei blasse, gleich^rosse. runde, ganz homogene Kerne (Fig. 25. 26. n. n.). Die Gattung umfasst nur eine im süssen Wasser lebende Art, nämlich: Opisthodon Niemeccensis. Stein. Stein Characleristik neuer Infusoriengatt. Lolos 1859 S. 2. , Ich habe diese seltene Infusorienform im September 1857 in einem Torfstiche bei Niemegk entdeckt, im Ganzen aber nicht mehr als acht, jedoch völlig übereinstimmende Exemplare aufgefunden. Die Thiere waren immer nur im Bodensatz anzutreffen; ihre Bewegungen sind denen von Chilodon cucullulus ähnlich, jedoch etwas schneller, auch lieben sie es, längere Zeit mit dem hintern Ende voran zu schwimmen (Fig. 25). Der mit Ausnahme der bieg- samen Ränder fast ganz starre Körper enthielt meist eine grosse Menge graubrauner Fettkügelchen (Fig. 25) , stets war das Parenchym dadurch mehr oder weniger getrübt und rothbraun gefärbt. Die grösslen Exemplare waren TV'" lang und TV" breit ; der Durchmesser des Nucleus betrug -gV". 4. Gattung, fhlanmloriuii. Ehrbg. (Taf. II. Fig. 1 — 6). Character: Körper formbeständig, nierenförmig, mit gewölbtem, vorn, hinten und seitlich abgerundetem Rücken und planet Bauchfläche, ein ausgedehntes Mittelfeld der Bauchfläche bewimpert und von einem quergestreiften, bandförmigen Eindruck begränzl. Mund in der vordem Körperhälfte, Schlund fischreusenartig. Die Gattung Chlamydodon wurde von Ehrenberg in den Abhandl. der Berliner Academie vom .1. 1835 S. I7ö aufgestellt und seiner Familie derEuplota einverleibt. Sie sollte einen schildförmigen, den Rücken bedecken- den und den Körper allseitig überragenden Panzer besitzen und sich von den übrigen Euplotinen durch Mangel an Grifl'eln und Haken und durch Besitz von Wimpern und Zähnen im Munde unterscheiden. Ehrenberg hat jedoch die Organisation von Chlamydodon nicht richtig erkannt, wie ich zuerst in den Abhandl. der Böhmischen Gesellsch. der Wissensch. Band X S. 63 und auch in der Lotos (Januar I 859 S. 3) gezeigt habe. Lieberkühn scheint meine Auf- fassungsweise zu theilen, denn er hat Chlamydodon für eine am nächsten mit Chilodon verwandte Galtung erklärt1). Der fast gepanzerte Körper ist nierenförmig. in der vordern Hälfte etwas breiter, als in der hinlern, auf der linken Seite ausgebuchtel . auf der rechten convex. Der ganz glatte und nackte Rucken (Fig. 2 und 5) ist ziemlich l) Vergl. Claparedc und Lachmann. Eludes p (36. 29* 116 stark gewölbt, auf der Scheibe abgeplattet und nach vorn, hinten und den Seiten gleichförmig abgerundet. Der grösste Theil der Bauchseite (Fig. 1. 4) ist plan, er bildet ein scharf begränztes Mittelfeld, welches von einem seichten, den Körpercontouren parallelen, bandförmigen Eindruck umschlossen wird, der dadurch ein sehr zier- liches Ansehen erhält, dass seine beiden scharf begränzten Rander durch nahe und in gleichen Abständen auf einander folgende Querlinien verbunden werden, welche an beiden Enden punctförmig vertieft sind. Der von dem bandförmigen Eindruck umschlossene Raum ist fein längsgestreift (Fig. I) und dicht mit feinhaarigen Wimpern bekleidet (Fig. 4). Die Wimpern setzen sich nach vorn in einer der Breite des Mittelfeldes entsprechenden Ausdeh- nung über den bandförmigen Eindruck hinaus bis zum Vorderrand des Körpers fort (Fig. 1), und diese, auch etwas längern Wimpern sind allein bei der Rückenansicht (Fig 2) sichtbar. Ehrenberg hat den bandförmigen Eindruck nur ungenügend erkannt und für die Gränze des eigentlichen Körpers gehallen, während er den ausserhalb des band- förmigen Eindrucks gelegenen Theil der Bauchseite als ein überragendes, panzerhäuliges Rückenschild auffassle. Die Streifen des Mittelfeldes der Bauchseite versetzte Ehrenberg irrlhümlieh auf das vermeintliche Ruckenschild, und die Wimpern, welche als lange Borsten angegeben wurden, beschränkt er lediglich auf den Rand des Körpers. Der Mund liegt in der Mille der vordem Körperhälfte und führt nach rechts und hinten in einen walzen- förmigen, der ganzen Länge nach mit breiten, linealisclien Zahnstäbchen ausgekleideten Schlund (Fig. I. ph). Ich zählte stets nur 8, an der Spitze plattenartig erweiterte Zahnstäbchen, während Ehrenberg deren 16 angiebt. Die Nahrung besteht hauptsächlich aus Oscillarien, welche in rundliche, blaugrüne, rosenrothe und rostbraune Ballen (Fig. 2) zerfallen und bei weilerer Auflösung dem ganzen Parenchym eine mehr oder weniger intensive orangerothe oder rostgelbe Farbe ertheilen. — Die Zahl und Lage der contractilen Behäller ist nicht constant, ich sah sie am deutlichsten auf der Bauchseite (Fig. 1. c.c. c. Fig. 4); sie lagen hier, 2 — o an der Zahl, regellos im Mittelfelde zer- streut. — Der Nucleus (Fig. I. n.) ist oval, sehr licht, farblos, und meist ganz homogen; zuweilen bemerkte ich in demselben eine querelliplische Höhle (Fig. 4. n.). — Ich beobachtete nur Querlheilung (Fig. 3), die ganz analog wie bei Chilodon beginnt; mit der Einschnürung des Körpers schnürte sich auch der bandförmige Eindruck bisquit- förmig ein. — Die Bewegungen sind denen von Chilodon ähnlich, aber viel schneller. Die einzige Art der Galtung gehört dem Meere an, es ist : Chlamydodon Mnemosyne. Ehebg. Chlamidodon Mnemosyne Ehrenberg Die Infnsionsth. S. 377. Tat. XLII. Fig. 8. Ehrenberg entdeckte diese Art im Ostseewasser bei Wismar; ich habe sie ebendaselbst im August 1 857 in zahlreichen Individuen beobachtet. Nach Werneck soll sie auch mit mehreren andern, von Ehrenberg nur in der Ostsee beobachteten Infusorienformen in den süssen Gewässern bei Salzburg vorkommen'). — Die grösslen Indi- viduen fand ich T'T" 'ang; die kleineren Individuen (Fig. 6) sind oval und oft in der Milte auf beiden Seiten etwas verengert, ihr Parenchym ist ganz farblos. 5. Gattung. Scapliidiodon. Stein. (Taf. II. Fig. 7—4 5). Character: Körper gepanzert, nachenähnlich , plattgedrückt, nach hinten in eine schnabelartige Spitze auslaufend, vorn mit einem lippenurtigen Saum; ein ausgedehntes planes Mittelfeld der Bauchseite dicht bewimpert; Schlund in der vordem Körper iiülfte. fischreusenartig . Diese neue Galtung wurde von mir in der Sitzung der k. Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften vom ■19. Octbr. 1Sö7 begründet. — Der ganz starre, seine Form gar nicht verändernde Körper hat einen fast umgekehrt eiförmigen Umriss (Fig. 9. 10), er ist vorn gerad abgestutzt und mit einer schmalen, dünnhäutigen und biegsamen, halbmondförmigen Oberlippe (Fig. S. 10. I.) versehen; die rechte Körperseile ist stels länger und stärker nach aussen gekrümmt, als die linke, welche häufig fast gerade (Fig. 7. 15) oder nach einwärts gebogen ist Fig. 14). Der hintere verengerte Theil des Körpers ist nach links gekrümmt und läuft in eine rechts und aufwärts gebogene drehrunde schnabelartige Spitze aus. welche den jüngeren Individuen 'Fig. 15) fehlt. Die glalle und wimperlose Rückseite ist schwach gewölbt (Fig. 8). nach vorn etwas niedergedrückt, die Seiten sind abgerundet, nach hinten zu an grössern Individuen meist zu einem schmälern oder breitern flügelarligen Saum abgeplattet (Fig. 7. 1 0 > , in 1) Monatsberichte der Berliner Academie von 1841. S. 1 0y . 117 Folge dessen in der hintern Hälfte der Rückseite zwei gegen die Schwanzspitze convergirende Kiele hervortreten. Das plane oder sogar concave Mittelfeld der Bauchseite hat die Form eines etwas gekrümmten gleichschenkligen Dreiecks, dessen Basis von der Oberlippe gebildet wird und dessen abgerundete Spitze vor der schnabelförmigen Schwanzspitze liegt; es ist der Lunge nach dicht und fein gestreift (Fig. 9) und ganz mit kurzen, feinhaarigen Wim- pern bekleidet (Fig. 1 4). Die vordersten, an der Basis der Lippe siehenden Wimpern sind merklich langer und ragen über den Vorderrand der Lippe hinaus; sie sind allein bei der Ruckenansicht (Fig. 7. 10) sichtbar. — Der Mund liest in geringer Entfernung vom Vorderrande, am Grunde einer seichten dreieckigen Vertiefung des Mittelfeldes, er fuhrt nach rechts und hinten in einen trichterförmigen Schlund (Fig. 7. 9. ph.), der feine borslcnförmige Zahnchen enthält. — Stets sind zwei contraclile Behalter in der Nähe des rechten Seitenrandes vorhanden (Fig. 9. 10. c. c); der eine findet sich rechts neben dem Schlünde, der zweite etwas hinter der Körpermitte. — Der ziemlich in der Körpermitte gelegene Nucleus (Fig. 9. n.) ist oval ; er erscheint bald ganz homogen, bald enthält er eine quer- elliptische Spalte (Fig. 10. n.) oder eine rundliche Höhle mit einem besondern Nucleolus (Fig. 7. 9. nl.). Die gewöhnlichste Fortpflanzungsweise ist die durch Quertheilung; sie bietet nichts Eigen thümliches dar. Nachdem in der hintern Körperhälfte ein neuer Schlund angelegt worden ist, schnürt sich der mütterliche Körper von den Seiten her ein (Fig. 12), der Nucleus zerfällt in zwei eiförmige Segmente (n. n') und es erscheinen zwischen den zwei ursprünglichen contractilen Behältern (c. c.) zwei neue (c'.c'j. Zuletzt wird das noch gemeinsame Mittelfeld der Bauchseile durch eine Querfurche in ein vorderes und hinleres gesondert, und es wächst nun längs der Quer- furche die Oberlippe für den hintern Theilungssprössling hervor (Fig. II). Nach vollendeter Quertheilung bildet sich erst an dem vordem Theilungssprössling die schnabelförmige Schwanzspitze aus. — Mehrmals sah ich zwei Indi- viduen mit ihren ungleichnamigen Seitenrändern verbunden (Fig. 13), sie kehrten einander ihre Bauchflächen zu und das eine Individuum ragte nach vorn etwas über das andere hinaus. Jedenfalls war dies das letzte Stadium einer von hinten nach vorn fortschreitenden Längstheilung. — Die Bewegungen sind ziemlich langsam, ganz stelig glei- tend und häufig mit Drehungen um die Längsaxe abwechselnd. Die einzige Art der Gattung gehört dem Meere an, dies ist: Scaphidiodon navicula. Stein. Trichoda navicula Müller Animalcula infusoria p. 19). Taf. XXVII. Fig. 9 — 12. Scaphidiodon navicula Stein in den Abhandl. der K. Böhmischen Gesell, der Wissensch. Band X. S. 63 und Lotos Januar 1859. S. 3. Die Abbildungen, welche 0. F. Midier von seiner Trichoda navicula a. a. 0. gegeben hat, namentlich seine Fig. 10 und l l sind recht wohl mit meiner Darstellung der grössern Formen von Scaph. navicula (Fig. 7. 10) zu vereinigen; auch seine Beschreibung passt auf Scaphidiodon. Müller konnte natürlich mit seinen Hulfsmitteln den fischreusenartigen Schlund und die übrige feinere Organisation nicht erkennen , er unterschied aber schon die län- gern Wimpern am abgestutzten vordem Ende; über den Aufenthalt seines Thieres bemerkt er nur: »in aqua marina passim.« — Ich habe diese Infusorienform im August 1 857 sehr häufig im Ostseewasser bei Wismar in Gesellschaft von Chlamydodon Mnemosyne und verschiedenen Euplolinen beobachtet und sie auch lebend mit nach Hause gebracht, wo sie sich noch zwei Wochen lang in dem schon. auf der Reise in stinkende Fäulniss übergegangenen Seewasser ganz munter erhielt, nachdem fast alle anderen Infusorien, die dasselbe belebt hatten, zu Grunde gegangen waren. — Verschluckte feste Körper sah ich nie im Innern der Thiere, ihr Parenchym war stets ganz farblos. Gewöhnlich fand sich auf der linken Seite eine verwaschene, schwärzliche, aus sehr feinen dichlgedrängl beisammen- liegenden Pünctchen und Körnchen zusammengesetzte Zone, welche sich vor dem hintern Ende nach rechts wendete und auf der rechten Seile eine kürzere Strecke weit nach vorn verlief (Fig. 9. 10). -- Die grössten Individuen waren äV"' lang und T'y" breit. 6. Gattung. Trochilia. Dujard. (Taf. II. Fig. 28 — 30). Character: Körper gepanzert , eiförmig, plattgedrückt mit nach links gekrümmtem vordem Ende und einem beweglichen Griffel am hintern Ende ; ein. schmales, nach rechts gekrümmies Mittelfeld der Bauchseite dicht bewimpert; Schlund ein glattes, starres Rohr. Die Gattung Trochilia wurde im J. 1841 von Duj ardin (Infusoires p. 455) auf ein sehr kleines, nur ungenügend beobachtetes, im Mitlelmeer aufgefundenes Infusionsthier gegründet und in die kleine Familie der Erviliens Dnj. S I e i u , Organismus dftr In rii.sionslhierc. 30 118 gestellt. Sie sollte sich durch einen unregelmässig ovalen, vorn verengerten und hier allein bewimperten Körper. durch einen schief gefurchten, gleichsam gedrehten Panzer und ein bewegliches Stielchen am hintern Ende aus- zeichnen und keinen deutlichen Mund besitzen. Ich habe nicht blos die von Dujardin entdeckte Form kennen lernen, sondern auch noch eine zweite nahe verwandte Art im süssen Wasser aufgefunden und muss namentlich nach dem genauen Studium der letzteren den von Dujardin aufgestellten Gattungscharacter berichtigen und erweitern. Der fast ganz starre eiförmige Körper der Trochilien ist am vordem Ende mehr oder weniger stark nach links umgebogen; die Rückseite (Fig. 28) ist massig gewölbt und ganz glatt und wimperlos, die beiden Seiten sind abgerundet, die nicht ganz plane etwas gewölbte Bauchseite (Fig. 29. 30) zeigt ein bindenartiges, vom vordem bis zum hintern Körperende reichendes und sich nach hinten verschmälerndes Mittelfeld, welches so stark bogenförmig nach rechts gekrümmt ist, dass hier nur ein sehr schmales, wulstartiges Seitenfeld übrig bleibt, wahrend das linke Seitenfeld mehr als die linke Körperhälfte einnimmt. Das Mittelfeld bildet eine schiefe nach der rechten Seite zu stärker geneigte und hier merklich vertiefte Ebene, welche der Länge nach dicht gestreift (Fig. 29) und mit sehr kurzen, fein- haarigen Wimpern bekleidet ist (Fig. 30). Am vordem Ende des Mittelfeldes stehen etwas längere, bei der Rücken- ansicht allein sichtbare Wimpern, und nur diese wurden von Dujardin erkannt. Die Rückenflache und die beiden Seitenfelder der Bauchseite kann man zusammengenommen als einen unten offenen Panzer auffassen; dann stellt das bewimperte Mittelfeld den unbedeckt gebliebenen Theil des Körpers dar. Am hintern Ende des Mittelfeldes ist ein steifer, beweglicher Griffel (Fig. 28. a.) eingefügt, der dem Thiere wie ein Fuss zum Stützen und Fortschieben dient. Er gehört nicht in die Kategorie von Wimpern, da er niemals wirbelt, auch sich nicht, wie griffelförmige Wimpern, in Fasern auflöst; er entspricht augenscheinlich der schnabelförmigen Schwanzspitze der Gattung Scaphi- diodon , welcher überhaupt die Gattung Trochilia am nächsten verwandt ist. — Der glattwandige , starre, röhrig- trichterförmige Schlund (Fig. 28. ph.) liegt auf der linken Seite, er ragt nach vorn und rechts in das Mittelfeld der Bauchseite hinein. — In der Mitte des Körpers findet sich auf der rechten Seite ein contractiler Behälter (Fig. 28.29.C.) und ihm gegenüber auf der linken Seite der länglich elliptische, mit einer queren, spaltförmigen Höhlung versehene Nucleus (Fig. 28. n.). — Quertheilung wurde bei einer Art beobachtet. — Die Bewegungen sind langsam gleitend, mit häufiger Längsaxendrehung, auch klettern sie gern an fremden Gegenständen. Die Gattung umfasst zwei Arten, eine Meeres- und eine Süss wasserform, nämlich: 1. Trochilia palustris. Stein. (Tat. ii. Fig. 28 — 3oj. Abhandlung, der Böhmischen Gesellsch. der Wissenschaft. Band X. S. 63 und Lolos 1839. S. i. Rückseite ganz glatt, das vordere gel,~rümmte Ende schief abgestutzt und bogenförmig ausgerandet. Ich beobachtete diese Art im Frühjahr und September 1857 und im December I 858 in sumpfigen Gewässern bei Prag; sie fand sich immer nur vereinzelt im schlammigen Bodensalz des Wassers, doch wurden von mir nach und nach ziemlich viele Individuen aufgefunden. Der Körper ist farblos und durchsichtig; der Schlund fällt sogleich auf, wird aber beim Quetschen des Thieres noch weit deutlicher. Nahe vor dem Munde ist eine starre, über den Vorderrand hinausragende, biegsame, aber nicht wirbelnde Borste eingelenkt. Die grössten Individuen sind ^'" lang und -gV" breit. 2. Trochilia sigmoides. Dujard. Dujardin Infusoires p. 455. PI. X. Fig. (5. a — d. Rückseite mit fünf bis sechs stumpfen, abgerundeten Längsrippen, das zugespitzte Vorderende stark hakenförmig nach links gekrümmt. Dujardin traf diese Art in grosser Anzahl im Wasser des Miltelmeeres bei Cette und beobachtete auch Quer- theilung; ich habe sie im Mai 1857 in einem Fläschchen mit Seewasser aus dem Hafen von Triest aufgefunden, jedoch nur in wenigen und sehr kleinen Individuen. Sie waren nur -£$" lang; gleichwohl erkannte ich an ihnen den hornigen Schlund und das bewimperte Mittelfeld der Bauchseite sehr bestimmt. Da ich über den Nucleus und den contractilen Behälter im Unklaren blieb, so habe ich keine Abbildung aufgenommen. 119 7. Gattung. Errilia. Dujard. (Taf. IL Fig. IG— 27). Character: Körper gepanzert , oblong, plattgedrückt, längs des Vorderrandes und des rechten Seitenrandes der Bauchsei tt ein bindenartiger Ausschnitt, dessen Aussenrand mit dichtstehenden feinhaarigen Wimpern besetzt ist; am hintern Ende des Ausschnittes ein beweglicher Griffel; Schlund ein glattes starres Bohr. Die Gattung Ervilia wurde von Dujardin im .1. 1841 auf eine im Mittelmeere beobachtete Infusorienform gegründet, welche ohne Zweifel mit Ehrenbmf 8 Euplotes monostylus identisch ist. Schon Ehrenberg erklärte die letztere Art für eine sehr ausgezeichnete Form, die wohl spater als eine besondere Gattung abzutrennen sein werde. Die Charactere der Gattung Ervilia, welche mit der Gattung Trochilia die kleine Familie der Erviliens Duj. bildet, bestehen nach Dujardin (Infusoires p. 455) in einem ovalen, zusammengedrückten, von einem vorn und seitlich geöffneten Panzer bedeckten Körper, der längs dieser Oelfnung mit Wimpern bekleidet und am hintern Ende mit einem seitlichen beweglichen Stiel versehen ist. Einer der wesentlichsten Charactere des Euplotes monostylus. welcher über seine natürliche Stellung im System entscheidet, der Schlund, wurde sowohl von Ehrenberg , wie von Dujardin übersehen. Der stark abgeplattete, sehr deutlich gepanzerte Körper der Ervilien hat eine fast ganz flache, nackte Rück- seite Fig. IG. 20), der linke Seitenrand und der Hinterrand sind dick und gerundet, der Vorderrand und der rechte Seitenrand lamellenartig verdünnt, sehr durchsichtig und sanft muschelförmig nach abwärts gekrümmt. Dieser ver- dünnte Randtheil rührt daher, dass der entsprechende Rand der Bauchseite (Fig. 17. 21) rinnenartig ausgehöhlt ist. Der Ausschnitt ist seiner ganzen Ausdehnung nach gleich breit, er nimmt den Vorderrand bis zur linken Ecke des- selben ein, biegt auf der rechten Seite unter einem rechten Winkel nach abwärts um und verläuft in gerader Richtung bis zum Hinterrahde , wo er mit einer schwachen Einbuchtung nach innen endigt; in dieser Einbuchtung ist ein starker beweglicher Griffel (Fig. 17. a.) eingefügt. Der Boden des Ausschnittes, oder was dasselbe ist, die untere Fläche des verdünnten Handlheiles der Rückseite ist in der ganzen äussern Hälfte dicht mit feinen lang- haarigen Wimpern besetzt, die über den freien Rand nach aussen hervorragen. Ehrenberg und Dujardin versetzen diese Wimpern an den Innenrand des Ausschnittes, stellen sie mehr borstenförmig dar und lassen sie nur eine einzige Reihe bilden. Der Ausschnitt mit seinen Wimpern entspricht einerseits dem schon sehr stark auf die eine Seite gedrängten Mittelfeld der Trochilien, andererseits dem oft weit nach hinten reichenden Peristom der Euploten. Den erhabenen Theil der Bauchseite will ich als Bauchplatte bezeichnen, sie geht nach links und hinten continuirlich in die Rückenplatte über; Rücken- und Bauchplatte bilden zusammen einen zweischaligen, vorn und rechts offenen Panzer, dessen Rückenschale die Bauchschale nach vorn und rechts überragt. Bei der grossen Durchsichtigkeit des verdünnten Randtheiles der Ruckenplatte sind die freien, scharfkantigen Ränder der Bauchplatte, sowie die Rand- wimpern auch auf der Rückseite des Thieres sichtbar, weshalb Rücken- und Bauchseite sehr leicht mit einander verwechselt werden können. Eine solche Verwechselung ist Ehrenberg und Dujardin begegnet; denn sie lassen den Ausschnitt der Bauchseile an der linken Körperseite herablaufen. Der gerade, starre, glattwandige, röhrig- trichterförmige Schlund (Fig. 16. 17. ph.) mündet neben der rechten Ecke des Vorderrandes der Bauchplatte in den Ausschnitt aus. und erstreckt sich in diagonaler Richtung fast bis zur Körpermitte. — Contractile Behälter sind wenigstens zwei vorhanden, die dann am Innenrande des Ausschnittes liegen (Fig. 17. c. c). — Der ovale oder eiförmige Nucleus (Fig. 17. 20. n.) enthält eine quere spaltförmige Höhle und liegt stets auf der linken Seite; zuweilen zeigt der Nucleus eine der innern Höhle entsprechende äussere Ein- schnürung (Fig. 16.n.). — Von Fortpflanzungsweisen ist bisher nur Quertheilung beobachtet, die häutig vorkommt. — Die Bewegungen sind langsam gleitend, häutig mit Drehung um die Längsaxe ''Fig. ti) abwechselnd. Beim Berühren fremder Körper wird der hintere Griffel zum Nachschieben benutzt. Von den beiden Arten der Gattung lebt die eine im Meere, die andere im süssen Wasser. 1. Ervilia monostyla. Stein. (Tai. it. Fig. 16— 24j. Euplotes monostylus Ehrenberg Die Infusionstbierchen S. 380. Taf. XLII. Fig. XIV. Ervilia legumen Dujardin Infusoires p. 4 55. PI. X. Fig. I 1. Euplotes monostylus Eichwald. Zweiler Nachtrag zur Infusorienkunde llusslands S. 127. Taf. IV. Fig. 26. Ervilia monostyla Stein in Abhandl. der Böhmisch. Ges. der Wissensch. BandX. S. 63 und Lotos 1859. S. i. Körper oblong oder länglich rechteckig mit abgerundeten Ecken, Rückseite ganz glatt, meist mit einer Längsfurche am linken Seitenrande. Diese Art scheint in allen europäischen Meeren sehr verbreitet zu sein Ehrenberg entdeckte sie in der Ostsee 30* 120 bei Wismar, Dujardin traf sie im Mittelmeer, Eichwald in der Ostsee bei Reval; ich habe sie sehr häufig in der Ostsee bei Travemüiide und Wismar, in der Nordsee bei Cuxhaven und sparsamer im Meerwasser aus dem Triester Hafen beobachtet. In dem Meerwasser von Travemüiide. welches ich im Januar 1 855 geschickt erhielt, traf ich die grössten und dicksten Exemplare Fig 16 — 18), und ich erkannte an ihnen sogleich ohne künstliche Behandlung den hornigen Schlundtrichter; sie waren durchschnittlich -gV'" lang und 4V'" breit, die Länge ihres Schlundes betrug^'". Der Vorder- rand des Körpers setzte sich durch eine seichte Einschnürung von dem linken Seitenrande ab. Die von mir im August 1857 bei Wismar beobachteten Thiere (Fig. 19 — 21) waren von mittlerer Grösse und vorhällnissmässig schmaler, sehr dünn und durchsichtig, länglich rechteckig mit gleichmassig abgerundeten Ecken; sie zeigten sowohl auf der Rückseite (Fig. 20) als auch auf der Bauchseile (Fig. 21) eine Längsfurche neben dem linken Seitenrande. Die kleinen und ganz glatten Triestiner Exemplare (Fig. 23) halten einen bogenförmig gekrümmten linken Seitenrand, während der rechte Seilenrand ganz gerade war; am vordem Ende lag gewöhnlich links vom Schlünde ein gelblicher Fleck (Fig. 23. x.). Bei Cuxhaven traf ich Erv. monostyla häufig auf Carcinus Maenas, theils zwischen den äussern Körper- haaren, theils auf den Kiemen; die kleinsten Individuen waren kurz oval, fast rund (Fig 24) und nur -fa'" 'anS- — Trotz der starren Panzerbekleidung ist der Körper doch in seiner Totalität etwas biegsam; ich sah häufig die gestreck- teren Thiere ihre vordere und hintere Körperhälfte unter einem sanften Bogen ein wenig gegen einander krümmen (Fig. 21. 22). — Die Zahl der conlractilen Behälter ist nicht conslant; am häufigsten findet sich ein vorderer und hinterer unter dem rechten Rande der Bauchplatte (Fig. 17. c. c), dazu kommt oft noch ein dritter, der entweder in derselben Linie, wie die beiden ersten (Fig. 16. c. c. c), oder im vordem Ende auf der linken Seite (Fig. 20. 21 . c. c. c.) liegt. — Die zwei neben einander liegenden Augenpuncle, welche Eiclnvald im vordem Körperende entdeckt haben wollte, existiren nicht, sie sind höchst wahrscheinlich nichts weiter gewesen, als seitliche Bogenstücke vom Rande des Schlundeinganges , welche namentlich bei gewissen Einstellungen des Mikroscopes wie zwei schwärzliche Puncte oder kurze Querstriche erscheinen. Bei der Quertheilung dehnt sich zuvörderst (Fig. 18) mit dem Körper auch der Nucleus (n.) beträchtlich in die Länge aus, und man sieht dann öfters vor dem vordem und hintern Ende desselben eine querelliptische Höhle. Alsdann entsteht in derMitle des rechten Randes der Bauchplatte eine quere, etwas schiefe Einbuchtung, wodurch sich die Bauchplatle in eine vordere und hintere zu sondern beginnt. Unter der hintern Ecke der vordem Bauch- platte wächst ein neuer beweglicher Griffel (a') für den vordem Theilungssprössling hervor, während unter der vordem Ecke der hintern Bauchplatle ein neuer Schlund (ph') für den hintern Theilungssprössling angelegt wird. Gleichzeitig entwickelt sich in der Einbuchtung eine quere Wimperzone, welche bald mit der hintern Hälfte der Randwimperzone in Verbindung tritt, worauf die mittelste Parthie der Randwimpern schwindet und der Nucleus in einen vordem und hintern zerfällt. Nachdem so in der vordem und hintern Körperhälfte des Mutterthieres die zur Individualität noch fehlenden Organe neugebildet worden sind, tritt erst die ringförmige Einschnürung auf (Fig. 19), welche die beiden vollständig entwickelten Theilungssprösslinge von einander sondert. 2. Ervilia fluviatilis. Stein. (Tat. II. Fig. »5—27). Körper nach vorn und nach hinten verengert, vorn schief abgestutzt und mit fünf feinen Längs/cielen auf der Rückseite. Ich habe diese kleine zierliche Art im August 1855 bei Tharand in dem ganz klaren Gebiri;swas.ser der Weiseritz beobachtet, jedoch nur wenige Exemplare aufgefunden. Der Körper ist fast kümmelkornartig, der linke Seitenrand sehr convex, der rechte ganz gerade, beide stossen nach hinten unter einem spitzen Winkel zusammen. Die Rückseite (Fig. 25) ist stark gewölbt und durch die Längsleisten sehr ausgezeichnet; der Randausschnitt der Bauchseite (Fig. 26) ist sehr schmal, die Bauchplatte glatt. Nucleus (n.), Schlund (ph.) und Griffel (a.) verhalten sich wie bei Ervil. monostyla. Contractile Behälter habe ich leider nicht beobachtet. Länge ^V". Breite T'T"- Ein Indivi- duum traf ich in fast vollendeter Quertheilung (Fig. 27). Zweite Familie. Aspidiscina. Ehrbg. Character : Körper gepanzert, schildförmig, mit convexer Rüchseite und planer Bauchseite : der rechte Rand der Bauchseite wulstförmig verdickt, längs des linken Randes ein weit nach hinten reichender adoruler Wimperbogen: wenige (1) zerstreut stehende griffeiförmige Bauckwimpem und Soder 10— 12 griffet förmige Afterwimpern. Mund am /untern Ende des adoralen Wimperbogens, After nahe hinler den Afterwimpern. Die Familie der Aspidiscinen wurde von Ehrenberg im J. 1830 (Abhandl. der Berliner Academ. S. 42) auf- gestellt; sie umfassle nur die einzige, gleichzeitig begründete Gattung Aspidisca und sollte die gepanzerten Magen- 121 tliicre enthalten, welche einen deutlichen Darmkanal mit doppelter Mündung und nur die Afteröffnung an einem der Enden besitzen. Die Gründe, welche mich bestimmten, diese kleine Familie mit einem verbesserten Character auf- recht zu erhalten, sind bereits S. 108 angegeben worden. Die Aspidiscinen schliessen sich in der Bewimperung sehr nahe an die Euplotinen an, sie zeigen aber auch in der Gesammtform ihres Körpers eine unverkennbare Verwandt- schaft zu den Chlamydodonten, namentlich zu den Galtungen Ervilia. Trocliilia und selbst zu Chilodon; sie bilden, wie mir scheint, das natürlichste Bindeglied zwischen jenen beiden Familien. Auch gegenwartig beschrankt sich die Familie der Aspidiscinen noch immer auf die einzige Gattung Aspidisca; eine Art dieser Gattung (Asp. polyslyla) entfernt sich jedoch nicht unerheblich von den übrigen Arten, sie wird vielleicht spater als eine besondere Gattung abgesondert werden. Gattung Aspidisca. Ehrbg. (Tat'. III. Fig. 1 — 2t). Der Character der Gattung fallt mit dem Familieiieharacter zusammen. Die Aspidiscinen sind sämmtlich kleine Infusorienformen , deren Untersuchung mit mancherlei Schwierig- keiten verknüpft ist, weshalb auch ihre Organisation bis in die neueste Zeit dunkel blieb. 0. F. Müller gab zuerst von zwei Arten, die er zu seiner Gattung Trichoda rechnete, ziemlich kenntliche Abbildungen; auf eine dieser Arten Trich. lynceus) gründete Eltrenberg 1830 seine Galtung Aspidisca und er lieferte von derselben im grossen Infu- sorienwerk eine wenigstens annähernd richtige Darstellung. Ausserdem fugte er noch eine zweite, jedoch 'ganz ungenügend erforschte Art (Asp. denticulata) hinzu, von der es sehr zweifelhaft bleibt, ob sie wirklich zur Galtung Aspidisca gehört. Dagegen beschrieb Ehrenberg eine ächte Aspidisca als Euplotes turritus, und wahrscheinlich sind auch sein Euplotes aculeatus und Loxodes plicalus nur ungenau untersuchte Aspidiscen. Dujardin hat die Kenntniss der Aspidiscen eher verwirrt, als gefördert; er fand weder den bereits von Ehrenberg bei Asp. lynceus erkannten adoralen Wimperbogen, noch den Mund auf und glaubte deshalb Thiere einer andern Gattung vor sich zu haben, welcher er den alten, von Borg in einem andern Sinne gebrauchten Namen Coccudina beilegte. Perty nahm ohne alle Kritik sowohl die Gattung Coccudina Duj. , wie auch die Gattung Aspidisca an. Erst Claparede und Lachmann haben die Organisation der Aspidiscen genauer ermittelt, sie erkannten namentlich den wichtigen Character, dass der adorale Wimperbogen nicht frei auf der Bauchseite, sondern in einer Spalte zwischen Rücken- und Bauchplatte liege. Diese Forscher haben von drei Arten correcte Darstellungen gegeben, den Nucleus aber nicht erkannt. Ihre Abbildungen lassen die feineren Structurverhaltnisse nicht genügend klar hervortreten, was wohl eine Schuld der Lithographie ist. Der durchsichtige, meist ganz farblose Körper der Aspidiscen gleicht einem unregelmässig ovalen Schilde, dessen Vorder- und rechter Seitenrand einen continuii liehen, stark convexen Bogen bilden, während der linke Seitenrand fast gerade oder doch nur wenig nach aussen gekrümmt ist. Die Scheibe der Rückseite ist gewölbt (Fig. 1 4), der linke Seitenrand (Fig. I . i.d.) lamellenartig verdünnt und zugeschärft, der rechte Seitenrand abgerundet und wulstförmig verdickt; er bildet nach unten zu eine stark vorspringende, die eigentliche Bauchfläche beträchtlich überragende, nach innen zu scharf begränzte, sichelförmige Schwiele, die Randschwiele (Fig. 1 . s. 4. s), welche sich gewöhnlich auch über den ganzen Vorderrand fortsetzt. Die Bauchseite zeigt eine ziemlich complicirte Configura- tion; längs des linken Seitenrandes zieht sich ein flacher, zuerst sehr schmaler, hinter der Mitte stark bogenförmig nach innen gekrümmter Ausschnitt herab, dessen innerer, vertiefter Rand mit einer Reihe adoraler, feinborsliger Wimpern (Fig. I. p.) besetzt ist. die vorn sehr kurz, hinter der Mitte am längsten sind. Der hinterste Theil der Bauchfläche ist stark niedergedrückt und durch eine quere bogenförmige Kaute von dem erhabenem vordem Theil der Bauchfläche, den ich Bauchplatte nennen will, gesondert. Die Bauchplatte bildet eine schiefe, gegen die Rand- schwiele geneigte Ebene, ihr linker Seilenrand ist in einen frei nach aussen \orspringenden , starren, lamellen- artigen Saum (Fig. 4. b. 15. b.) ausgedehnt, welcher am meisten nach rückwärts entwickelt ist und mit dem Hinter- rande der ßauchplatte unter einem rechten Winkel zusammenstösst. Dieser Randsaum ist bei den meisten Arten durch einen busenartigen Einschnitt vom Vorderrande getrennt, wodurch die Thiere einige Aehnlichkeit mit der Crustaceengattung Lynceus erhalten; der busenartige Einschnitt wird jedoch meist ganz von der Ruckenplatte über- wölbt (Fig. 4. 1 5). Der Randsaum der Bauchplatte überdeckt die adoralen Wimpern, die also in einer tiefen, engen, peristomartigen Spalte zwischen der Rücken- und Bauchplatte eingeschlossen liegen und sich deshalb leicht der Beobachtung entziehen; nur am busenartigen Einschnitt ragen die vordersten adoralen Wimpern frei hervor (Fig. I . i . Sic iii. Organismus der lufusionslhiere. 3{ 122 Auf dem vordem Theil der Bauchplatte stehen constant sieben griffeiförmige Bauchwimpern (Fig. 1. st.); unter ihrem Hinterrande sind fünf (Fig. I. a.), nur bei einer Art 10 — 12 griffeiförmige Afterwimpern eingefügt. Der Mund (Fig. 3. o.) liegt am hintern Ende des adoralen Wiraperbogens. nahe vor dem Hinterrand der Bauch- platte, er führt vielleicht in einen ganz kurzen nach innen und vorwärts gekrümmten Schlund. Der After (Fig. 1 . 3. z.) wurde bei einer Art (Asp. lyncasler) auf der rechten Seite, dicht hinter den Afterwimpern ermittelt. Der einzige contractile Behalter (Fig. I. 4.c.j findet sich in derselben Gegend, jedoch vor den Afterwimpern. Der Nucleus (Fig. 2. 4. n.) ist stets strangförmig und hufeisenförmig zusammengekrümmt; er wird erst nach Anwendung von Essigsaure sichtbar. — Quer- und Längslheilung sind gewöhnliche Erscheinungen; die Querlheilung ist dadurch ausgezeichnet, dass sammtliche Bauch- und Afterwimpern (vergl. Asp. lynceus) neu gebildet werden. — Die meisten Aspidiscen bewegen sich schnell und anhaltend rudernd und drehen sich dabei häufig im Kreise umher; an fremden Gegen- standen laufen sie geschickt auf und ab, indem sie sowohl die Bauchwimpern, als auch die Afterwimpern wie Füsse benutzen. Mir sind fünf sichere Arten bekannt geworden, von denen zwei ausschliesslich im Meere leben, wahrend zwei andere sowohl im salzigen wie im süssen Wasser vorkommen. Die vier ersten Arten sind achte Aspidiscen. die fünfte dürfte wenigstens eine Untergattung reprasentiren. a) Mit fünf Afterwimpern und einem busenartigen Einschnitt vor dem Randsaum der Bauchplatte. (Aspidisca s. Str.) 1. Aspidisca Iyncaster. Stein. (Taf.m. Fig. i— 3). Trichoiia Iyncaster Müller Zoolog. Danica Vol. I. p. 9. Taf. IX. Fig. 3. Körper nach hinten verengert, der Vorderrand vor dem busenförmigen Einschnitt in einen Schnabel ausgezogen , der Randsaum der Bauchplatte hinten in einen Stachel verlängert. Ich habe diese grösste und sehr ausgezeichnete Art zuerst im Mai I 853 im Ostseewasser von Stralsund und dann wieder im Januar 1 855 im Ostseewasser von Travemünde in zahlreichen Exemplaren beobachtet und durch deren anhaltendes Studium zuerst eine klare Einsicht in den Organisationstypus der Aspidiscen gewonnen. — Der ovale, nach hinten etwas verengerte und stumpf eiförmig zugespitzte Körper zeichnet sich durch den sehr stark bogenförmig gekrümmten Vorderrand aus , der nach links in einen frei vorspringenden , hakenförmig nach hinten gekrümmten, spitzen Schnabel endet. An der Bildung desselben nimmt die Bücken- und Bauchplatte Antheil, er ist aber von der Bauchplatte durch einen liefern busenförmigen Einschnitt getrennt, als von der Bückenplatte. Letztere (Fig. 2) ist flach gewölbt und auf der Scheibe mit drei niedrigen Längskielen versehen , welche zuweilen sehr undeutlich sind oder ganz fehlen. Die verhällnissmässig schmale Bandschwiele erstreckt sich bis zur Schnabel- spitze; der Bandsaum der Bauchplatte (Fig. I. bb'j ist stark entwickelt und an der hintern Ecke in einen nach rückwärts gerichteten, mit der Spitze etwas nach aussen gekrümmten Stachelfortsalz (b') ausgezogen. Von den auf- fallend dicken und kurzen Bauchwimpern (st.) stehen vier längs des vordem Theiles der Randschwiele (s.), die drei andern ziemlich in der Mitte der Baucliplatte im Dreieck; die ebenfalls dicken, etwas längern Afterwimpern (a.) sind unter dem Hinterrand der Bauchplatte eingefügt. Der contractile Behälter (c.) liegt vor den beiden rechten Afterwimpern; nahe dahinter, in dem niedergedrückten Hinterfelde der Bauchseite zwischen der zweiten und der mittelsten Afterwimper sah ich zweimal (bei z.) sehr deutlich den Austritt von Excrementen. Der lange hufeisen- oder ringförmig zusammengekrümmte Nucleus (n.) liegt unter der Bauchplatte und kehrt stets seine freien Enden dem Hinterrande derselben zu. — Die Bewegungen dieser Art sind weit langsamer, als die der übrigen Arten. Die meisten Individuen waren T'^ — fa" lang. Dass die von 0. F. Müller im Meerwasser beobachtete Trichoda Iyncaster mit meiner Art identisch ist, halte ich für völlig ausgemacht. Seine Abbildungen stellen entschieden eine Aspidisca mit einem hintern Dornforlsatz dar, der Schnabel ist ebenfalls angedeulet und noch besonders in der Beschreibung hervorgehoben. Wenn Müller eine grössere Anzahl von Bauchwimpein angiebt und diese auf einem kugelförmigen, gelenkigen Grundtheil sitzen lässt, so hat dies wenig zu besagen; er konnte mit seinen schwachen Vergrösserungen diese Verhältnisse unmöglich genauer ermitteln und musste namentlich über die Zahl der Bauchwimpern um so leichter getäuscht werden , als diese beständig nach allen Bichlungen hin durcheinander schlagen. Ich selbst glaubte Anfangs , dass viel mehr Wimpern vorhanden seien, vorsichtig mit Chromsäure getödtete Thiere gaben aber bald über die wahren Zahlen- verhiiltnisse Aufschluss. 123 2. Aspidisca Iynceus. Ehrbg. (Taf. hl Fig. 4 — \o). Trichoda Lynceus Müller Animal. infusoria p. 225. Taf. XXXII. Fig. I. 2. Aspidisca Lynceus Ehrenberg Die Infusionsthierchen p. 314. Taf. XXXIX. Fig. I. Coccudina crassa Dujardin Infusoires p. 446. PI. X. Fig. 2. Aspidisca Lynceus Claparedc et Lachmann fitudes p. 191. PI. VII. Fig. 16. Körper nach hinten verbreitert und am Ende fast abgestutzt, ungesehnabelt, Rücken ganz glatt oder mit drei schwachen Längskielen. Diese weit verbreitete, in allen süssen Gewässern sehr gemeine Infusorienform kommt auch im Meere vor; Ehrenberg beobachtete sie in der Ostsee bei Wismar, und auch ich traf sie ebendaselbst im August 1857 häufig an. — Der Körper hat fast die Form eines an den Ecken abgerundeten rechtwinkligen Dreiecks, er verengert sich nach vorn zu und verbreitert sich nach hinten, der linke Seitenrand ist gerade, der rechte massig convex, der Hinterrand fast gerad abgestutzt oder flach bogenförmig abgerundet. Der Rucken ist ziemlich gewölbt und bei den Süsswasser- formen in der Regel ganz glatt (Fig. 10), bei der Meeresform häufig mit drei niedrigen Langskielen auf der Scheibe. Die breite und dicke Randschwiele (Fig. 4. s.) setzt sich, immer schmaler werdend, über den Vorderrand fort und verliert sich im Anfange des linken Seitenrandes, ohne einen vorspringenden Schnabel zu bilden. Der Randsaum der Rauchplatte ragt nicht über den Rand der Ruckenplatte hinaus und bildet mit dem Hinterrande eine etwas zugespitzte, fast rechtwinklige Ecke. Von den sieben minder starken Rauchwimpern stehen vier vorn längs der Randschwiele, drei in einer fast parallelen Reihe vor der Mitte der Rauchplatte (Fig. 4); die langern, fast borsten- förmigen Afterwimpein nehmen die gewöhnliche Stelle ein. Ehrenberg lässt die Rauchwimpern (Haken) zwischen 5 — S und die Afterwimpern (Griffel) zwischen 5 — 6 schwanken, was irrig ist und bereits von Claparede und Lach- mann berichtigt wurde. Der Nucleus (n.) verhält sich wie bei der vorigen Art , der contractile Rehälter (c.) ist dicht an die Randschwiele gerückt. Gewöhnliche Körperlänge TV — tV ■ Die Quertheilung habe ich durch alle Stadien verfolgt. Zuerst dehnt sich der Körper des Mutterthieres nur unbedeutend in die Länge aus (Fig. 5), während der Nucleus sich verkürzt und verdickt, ganz in die linke Seite hinein- rückt und hier meist in Form eines dem linken Seitenrande parallel liegenden Krummstabes erscheint (Fig. 5. n.j. Die hintere Reihe der Rauchwimpern schwindet, und in dem Raum zwischen den vier vordem Rauchwimpern und den Afterwimpern wachsen eine grosse Anzahl neuer Wimpern hervor, die Anfangs ungemein zart sind und so lebhaft hin und her schwingen, dass sie zusammen wie ein wogendes Saatfeld erscheinen. Man kann auf diesem Stadium der Quertheilung das Mutterthier leicht für eine besondere Infusoriengattung halten. Rald werden jedoch die neuen Wimpern stärker und mehr griffelarlig, auch gruppiren sie sich in gewisse Reihen, von denen eine aus fünf Wimpern bestehende Querreihe in der Mitte der fiauchplatte und eine ähnliche dicht vor den alten Afterwimpern auffallen. Es sind dies die Afterwimpern für den künftigen vordem und hintern Theilungssprössling. Jetzt zeigt sich auch ein neuer contiactiler Behälter neben der Mitte der Randschwiele (Fig. 5. c'.). Alsdann dehnt sich der Körper beträcht- licher in die Länge aus (Fig. 6), der Nucleus (n.) streckt sich ebenfalls und wird fast gerade, die neugebildeten Wimpern rücken weiter aus einander, und «sie ergeben sich nun als zwei vollständige Rauch- und Afterwimper- systeme, von denen das eine die vordere, das andere die hintere Hälfte der Rauchplatte einnimmt. Letztere bekommt jetzt in der Mitte ihres Randsaumes eine Einschnürung und gleichzeitig zieht sich auch der mittlere Theil des bisher geraden adoralen Wimperbogens nach einwärts. Rald darauf schnürt sich zuerst der linke Rand der Rückenplalte und dann auch die Randschwiele in der Mitte nach innen zu ein (Fig. 7), die vordere Hälfte des adoralen Wimper- bogens trennt sich von der hintern, zieht sich stärker nach einwärts und es entsteht an ihrem hintern Ende der Mund für den vordem Theilungssprössling ; der hintere Theilungssprössling behält den Mund des Mutterthieres. Erst mit der Trennung des adoralen Wimperbogens zerfällt der Nucleus in ein vorderes und hinteres sichelförmiges Segment (n. n.). Nun besitzt sowohl der vordere, wie der hintere Theilungssprössling wieder alle Organe des Mutterthieres , ausserdem aber noch überzählige Wimpern ; der vordere ist nämlich noch immer mit der ursprüng- lichen vordem Bauchwimperreihe, der hintere mit den ursprünglichen Afterwimpern versehen. Endlich erfolgt die Abschnürung der beiden Theilungssprösslinge (Fig. 8); hierbei verschieben sich dieselben allmählig so gegen ein- ander, dass der hintere Theilungssprössling immer mehr nach rechts rückt, bis zuletzt nur noch seine linke Vorder- randsecke mit der rechten Hinterrandsecke des vordem Theilungssprösslings zusammenhängt. Gewöhnlich werden schon vor erfolgter Trennung der beiden Theilungssprösslinge an dem hintern die alten Afterwimpern ganz oder zum Theil von den neuen Afterwimpern verdrängt; in unserer Fig. 8, welche durch ein Versehen des Kupfer- stechers schief gestellt ist, sieht man neben den fünf neuen nur noch zwei der ursprünglichen Aflerwimpern. Der 31* 124 vordere Theilungssprössling verliert erst, nachdem er frei geworden ist, die vier vorderen überzähligen Bauch- wimpern. Man kann also einzelne Aspidiscen anlreiren, die entweder überzählige Bauchwimpern oder überzählige Afterwimpern besitzen; dergleichen Formen darf man nicht für besondere Arten halten, es sind unlängst aus der Quertheilung hervorgegangene Individuen. Das letzte Stadium der Quertheilung wurde bereits von 0. F. Müller beobachtet und abgebildet; er glaubte einen Begattungsact zweier Individuen vor sich zu haben und liess dieselben mit ihren Hinterrändern an einander hängen. Hier sollten auch die Genitalien und im vordem Theil des Körpers ein gekrümmter Darmschlauch und noch ein anderer Kanal liegen, was natürlich reine Phantasieen sind; höchstens sah Müller den Nucleus. — Die Längs- theilung habe ich bisher immer nur in ihrem Endresultat beobachtet, sie scheint auf ähnliche Weise wie bei Chilodon cucullulus zu erfolgen. Der rechte Theilungssprössling überragt stets mit seinem vordem Ende den linken (Fig. 9), und letzterer ragt hinten über den rechten hinaus. Beide Theilungssprösslinge zeigten bereits die normale Bewimpe- rung. der linke bedeckte bei der Bauchansicht mit seiner rechten Seile die linke Seite des rechten Theilungsspröss- lings. mit dem er nur in einem schmalen Längsstreifen verbunden war. so dass der gesammte, die Peristomspalte enthaltende linke Seitenrand des rechten Theilungssprösslings frei über dem Bücken des linken Theilungssprösslings lag. Da Asp. lynceus auch im Meere häufig angetroffen wird, so vereinige ich ohne Bedenken damit Dujardin's Coccudina crassa, welche im Mittelmeer bei Cette beobachtet wurde. Sowohl die von Dujardin gegebene Alibildung wie auch seine Beschreibung passen auf die Meeresform von A. lynceus. Wenn in der einen Figur sechs, in der andern acht Bauchwimpern dargestellt sind, so beruht dies nur auf flüchtiger Untersuchung. Die von Dujardin ebenfalls bei Cette beobachtete Coccudina polypoda dürfte gar keine Aspidisca. sondern ein schlecht beobachteter Euplotes gewesen sein. Seine in der Seine gefundene Cocc. cicada (Infusoires p. 447. PI. XIII. Fig. 1) ist gar nicht zu bestimmen. 3 Aspidisca turrita. Clap. ei Lachm. (Taf. iii. Fig. n — u). Euplotes turritus Ehrenberg Die Int'usionslliierclien S. 380. Taf. XLII. Fig. XVI. Aspidisca turrita Claparede el Lachmann Etudes p. 189. PI. VII. Fig. 1 \ — \t. Körper nach hinten verbreitert, am Ende fast abgestutzt, ungeschnabelt , mitten auf dem glatten Rücken ein nach rückwärts gekrümmter Stachel. Diese Art stimmt sowohl in der Gesammtform und Grösse ihres Körpers, wie auch in der Stellung der Wimpern (Fig. II) und der Lage und Form des Nucleus (n.) und des contractilen Behälters (c.) vollkommen mit Aspidisca lynceus überein , in deren Gesellschaft sie auch sehr häufig angetroffen wird; sie unterscheidet sich jedoch sofort durch den in der Mitte des Bückenschildes sich erhebenden, nach hinten gekrümmten Stachelfortsatz. Dieser zeigt aber selbst bei Individuen derselben Localität eine sehr verschiedene Entwicklung. Nicht selten ist er nur ein ganz kurzes, fast gerades oder schwach gekrümmtes Spilzchen (Fig. 13. m.) , gewöhnlicher aber ein kräf- tiger, spitz kegelförmiger, von den Seilen her zusammengedrückter, nach hinten übergebogener Stachel (Fig. 12. 14. m.). der dann oft noch von einem die ganze Mittellinie des Bückens'einnehmenden Längskiele (Fig. 12) gelragen wird. Dieser Längskiel ist in der Mitte, da wo der Stachel von ihm ausgeht, spindelförmig erweitert; erscheint auch auf der Bauchseite (Fig. 11) durch, und verursacht an dem sonst abgestutzten Hinterrande des Körpers eine stumpfe Zuspitzung. Die grösste Länge erreicht der Bückenstachel bei den im Meerwasser lebenden Individuen, die von Ehrenberg in der Ostsee bei Wismar ebenfalls in Gesellschaft der Asp. lynceus beobachtet wurden. Dass diese keine besondere Art bilden, lehrt eben die bei den Süsswasserformen so leicht zu constatirende bedeutende Variation in ^\er Grösse des Bückenstachels. Ehrenberg schreibt seinem Euplotes turritus. in welchem er selbst schon eine Aspidisca vermuthet, nur fünf Bauchwimpern zu; dass in Wahrheit sieben vorhanden sind, haben bereits Claparede und Lachmann gelehrt. Die Scheibe der Bückseite ist bei unserer Art häufig sehr hoch gewölbt und scharf von den Bändern abgesetzt (Fig. 12); letztere krümmen sich beim Klettern an fremden Gegenständen etwas aufwärts (Fig. 14), und die Thiere sehen dann den kleineren Formen von Chilodon cucullulus sehr ähnlich. — Korperlänge bis T'T". Der von Ehrenberg im Ostseewasser von Kiel beobachtete Euploles aculeatus Die Infusionsth. S. 380. Taf XLII. Fig. XV kann möglicher Weise eine im mittleren Stadium der Quertheilung begriffene Aspidisca turrita gewesen sein. Ehrenberg gesteht selbst, dass ihm das Detail der Bewimperung unklar geblieben sei; er cilirt auch Müücr's Kerona rastellum (Animal. infusor. p. 233. Taf. XXXIII. Fig. 1. 2), welche ich ebenfalls für eine in der Quertheilung begriffene Aspidisca halte. 125 4. Aspidisca COStata. Stein. (Taf. III. Fig. (5 — 17). (?) Loxodes plicatus Ehrehberg Die Infusionstil. S. 323. Taf. XXXIV. Fig. i. Coccudina costata Dujardin Infusoires p. Ü6. PI. X. Fig. 1. Coccudina costala Perty Kleinsie Lebensform. S. 157. Aspidisca cicada Claparede et Lachmann ßtudes p. 190. PI. VII. Fig. 13 — 15. Körper fast eiförmiij, auf der linken Seite eingebuchtet, ungeschnabelt; Rücken mit sechs stumpfen Längsrippen. Die Asp. costata ist in süssen Gewässern eben so gemein, wie die beiden vorhergehenden Arten, in deren Gesellschaft sie oft angetroffen wird, namentlich erscheint sie häufig in längere Zeit aufbewahrtem Wasser zwischen verfaulten Pflanzenresten. — Der meist etwas trübe, schmutzig gelbliche Körper ist hinten auch verbreitert, aber mehr abgerundet, vorn stärker verengert und auf der linken Seite sanft einwärts gebogen. Lieber den stark gewölbten Rücken verlaufen fünf tiefe gekrümmte Längsfurchen (Fig. 16), die mit sechs stumpfen, abgerundeten Rippen abwechseln. Nicht selten ist eine Furche mehr vorhanden, und man zählt dann sieben bis acht Rippen. Die Furchen scheinen auf der Bauchseite (Fig. 15) durch, die Bauchplatte selbst ist aber glatt; ihr Randsaum überragt namentlich mit seiner stark entwickelten, stumpfwinkligen llinterecke (b.) den gegenüberliegenden Rand der Rücken- platte. Die Randschwiele, die Bauch- und Afterwimpern , der Nucleus (Fig. 16. n.) und der contractile Behälter (Fig. I 5. c.) verhalten sich wie bei Aspid. lynceus. Körperlänge meist Tv" nicht überschreitend. Längstheilung (Fig. \ 7) wurde oft beobachtet, die feinern Vorgänge bei derselben liessen sich jedoch nicht ermitteln. Die beiden Theilungs- sprösslinge sind fast unter einem rechten Winkel mit einander verbunden und stark gegen einander verschoben. Wahrscheinlich gehört Ehrenberg's Loxodes plicatus hierher, den Ehvenberg selbst einer Aspidisca ähnlich findet; sicher ist dies jedoch nicht, da nur am hinlern Ende sechs schwache Längsleisten vorhanden sein sollen, auch Afterwimpern nicht gesehen wurden. Ehrenberg's Oxytricha cicada (Die Infusionsth. S. 366. Taf. XLI. Fig. IV) könnte nach den Abbildungen allenfalls auf unsere Art bezogen werden, allein Oxyt. cicada besitzt nach der Beschreibung 8 — 13 gekerbte Längsrippen und einen weichen, zerfliessbaren Körper, was durchaus nicht auf Aspi- disca costala passt. Dagegen stellt Dujardin's nach einer 900maligen Vergrösserung gezeichnete Coccudina costata unverkennbar unsere Art dar, obwohl zwei Afterwimpern zu viel und eine Bauchwimper zu wenig angegeben sind; es geht dies noch überzeugender aus der das hintere Ende im Profil darstellenden Abbildung (a. a. 0. Fig. I . b.) hervor, auch passt Dujardins Beschreibung und seine Angaben über Aufenthalt und Grösse vollkommen. Der Dujardiri sehe Speciesname .scheint mir daher der allein berechtigte, und ich kann den spätem, von Claparede und Lachmann gegebenen nicht annehmen. Der letztere empfiehlt sich ohnehin nicht, da, wenn sich Oxytricha cicada Ehbg. wirk- lich als eine Aspidisca herausslellen sollte , diese von der Aspid. cicada Clap. et Lachm. speeifisch verschieden sein würde; wir hätten also dann für zwei Arten denselben Namen. b) Mit 10 — 12 Afterwimpern und ohne busenartigen Einschnitt vor dem Randsaum der Bauchplatte. (Subg. Onychaspis). 5. Aspidisca polystyla. Stein. (Taf. m. Fig. is— so- lch betrachte diese sehr ausgezeichnete neue Form einstweilen als ein Subgenus der Gattung Aspidisca, welches ich mit dem Namen Onychaspis bezeichne. Sie wurde von mir im Mai 1857 im Meerwasser aus dem Hafen von Triest entdeckt und in zahlreichen Exemplaren beobachtet. — Der sehr durchsichtige Körper ist rundlich oval, die linke Seile wenig convex, fast gerade, die Bückseile (Fig. 19) schwach gewölbt und auf der Scheibe mit drei Längskielen versehen. Die Randschwiele setzt sich nicht über den Vorderrand fort, welcher lamellenartig zugeschärft ist. Rücken- und Bauchplatte sind fast bis zur Mille des linken Seitenrandes mit einander verwachsen; hier erst beginnt der sogleich stark einwärts gekrümmte adorale Wimperbogen , welcher nur von einem wenig entwickelten, dreieckigen Fortsatz der Bauchplatte Fig. 18. b.) überdacht wird. Von den sieben dick gri fiel förmigen Bauchwimpern stehen je drei in zwei queren, einander parallelen Reihen auf dem vordem Theil der Bauchplatte, die siebente steht weit nach rückwärts neben der Randschwiele und nahe vor den Afterwimpern. Letztere sind borsten- förmig und nicht unmittelbar unter dem Hinterrande der Bauchplatte, sondern etwas weiter rückwärts auf dem nieder- gedrückten Hinterfelde eingefügt; ich zählte eben so häufig 10 als II, selten 12 Afterwimpern. Neben der linken Vorderecke der Bauchplatte finden sich noch zwei sehr feine borstenförmige Wimpern , die in der Ruhe schief nach aussen und hinten gerichtet sind (Fig. 18. 19) und dann täuschend den Eindruck machen, als sei hierein spalt- förmiger Einschnitt vorhanden. — Der Nucleus (Fig. 20. n.) verhält sich wie bei den übrigen Aspidiscen, der contractile Behälter (Fig. 19. 20. c.) liegt aber hinter den Afterwimpern, in der Mitte des niedergedrückten Hinter- Stein, Organismus der Infusionslliiere. 32 126 feldes. Länge des Körpers TV"- — Fast vollendete Quertheilung (Fig. 21) beobachtete ich einmal; der vordere Theilungssprössling zeigte drei überzählige Bauchwimpern, die Quertheilung erfolgt daher wohl auf dieselbe Weise, wie bei Aspid. lynceus. Dritte Familie. Euplotina (Euplota Ehrbg.) Character: Korper gepanzert , kurz und gedrungen oval mit convexem Rücken und planer Bauchseite; im vordem Theile der linken Bauchhälfte ein weiter, offener, sich meist über den ganzen Vorderrand des Körpers bis zum rechten Seitenrand ausbrei- tender Peristomausschnitl , dessen Vorder- und Aussenrand von adora/en Wimpern eingefasst toird. Starke griffeiförmige Wimpern stehen in geringer Zahl und in constanter Ordnung über die Bauchflache vertheilt. An den Seiten des Bauches findet sich keine con- tinuirliche Randwimperreihe. Mund im hintern Winkel des Peristoms, After vor dem hintern Körperende. Die Familie der Euplotinen wurde von Ehrenberg im J. 1830 (Abhandl. der Berliner Acad. S. 43) unter dem Namen Euplota aufgestellt. Ich habe mir erlaubt, dem Familiennamen eine andere Endigung zu geben, weil der- selbe, namentlich mit deutscher Endigung gebraucht, zweideutig ist und blos auf die Gattung Euplotes bezogen werden könnte. Anfangs bestand die Familie nur aus dieser Gattung, später kamen dazu noch die Gattungen Disco- cephalus, Chlamydodon und Himantophorus, und es wurden nun die Euplotinen als gepanzerte Magenthiere charac- terisirt, welche einen Ernährungskanal mit zwei getrennten und ausserhalb der Körperenden gelegenen Mundungen oder letztere allein deutlich erkennen lassen. Von jenen vier Gattungen musste ich die Gattung Chlamydodon, deren Organisation Ehrenberg nicht richtig erkannt halte, zur Familie der Chlamydodonten bringen. Die Gattung Disco- cephalus beruht auf einer ganz unklar erkannten, von Ehrenberg im rothen Meer beobachteten Infusorienform , die sich niemals wird enträthseln lassen, weshalb es wohl am zweckmässigsten ist, die Gattung Discocephalus ganz aus dem System zu streichen. Die Gattung Himantophorus würde, wenn die Darstellung, welche Ehrenberg von der einzigen Art (H. charon) gegeben hat, richtig ist, unbedingt zu den Euplotinen gehören. Leider hat kein zuverläs- siger neuerer Forscher den Himant. charon wieder auffinden können, von mir ist aber eine neue Oxytrichinen- gatluug (Onychodromus) entdeckt worden , welche möglicher Weise der Gattung Himantophorus zu Grunde gelegen haben kann. Jedenfalls bedarf die letztere Gattung noch der Bestätigung, bevor wir sie als ein zuverlässiges Mit- glied der Euplolinenfamilie ansehen können. In dieser Familie bleibt also mit Sicherheit nur die allbekannte Gattung Euplotes übrig; sie erhält einen Zuwachs an den beiden zuerst von mir unterschiedenen Gattungen Uronychia und Styloplotes. Mit ersterer Gattung ist die von Claparede und Lachmann aufgestellte Galt. Campylopus identisch; zu letzterer Gattung gehört allem Anscheine nach der Euplotes excavatus und Schizopus norwegicus dieser Forscher. Die Euplotinen stimmen in der Anlage ihrer gesammten Organisation sehr nahe mit der folgenden Familie der Oxytrichinen überein, sie besitzen aber einen viel kurzem und gedrungenem, ovalen oder rundlichen Körper, der stets entschieden gepanzert und meist mit mehr oder weniger entwickelten Längsrippen versehen ist, die ent- weder nur auf der Bückseite oder auch auf der Bauchseite vorkommen. Das Peristom bildet gewöhnlich einen unregelmässig sichel- oder harfenförmigen , muldenarlig vertieften Ausschnitt, der sich von der rechten Ecke des Vorderrandes der Bauchseite über den ganzen Vorderrand ausbreitet und sich dann unter einem rechten oder stumpfen Winkel in der linken Bauchhälfte mehr oder weniger weit nach hinten erstreckt. Den vom Peristom umgürteten vordem Theil der rechten Bauchhälfte, der häufig eigentümlich gestaltet ist, bezeichne ich als Stirn. Die vorderen längeren und kräftigeren, adoralen Wimpern bilden einen queren, stark gewölbten, der Rückenfläche zunächst liegenden Bogen, der oft von einem oberlippenartigen Saum überragt wird. Die dem Aussenrand des Peristoms eingefügten adoralen Wimpern liegen der Bauchfläche näher und nehmen von vorn nach hinten an Länge und Stärke ab. Claparede und Lachmann, welche den Vorderrand des Peristoms als Stirn bezeichnen, lassen sowohl bei den Euplotinen, wie auch bei den Oxytrichinen die vordem adoralen Wimpern von der rechten Ecke des Vorderrandes über die Rückseite desselben verlaufen und sich erst am Anfange des Aussenrandes nach der Bauch- seite hinabwinden. Die vordem adoralen Wimpern werden einlies frontaux, die am Aussenrand stehenden aber cirrhes buccaux genannt (vergl. Etudes p. 169). Ich muss für jetzt bei meiner Auffassung verharren. Der Innenrand des Peristoms trägt bei den Euplotinen entweder einen starrhäutigen Saum oder eine undulirende Membran. Die locomotiven Wimpern erreichen in dieser Familie ihre höchste Entvvickelung, sie sondern sich in der Regel scharf in Bauch- und Afterwimpern , wozu noch einige vereinzelte oder zu 2 — 3 neben einander stehende Randwimpern kommen. Die Bauchwimpern, deren höchstens 1 0 vorhanden sind, stehen über die rechte Bauchhälfte 127 vertlieilt und zwar die Mehrzahl auf der Stirn ; bei einer Gattung (Uronychia) fehlen sie bis auf geringe Spuren am hintern Bauchende ganzlich. Die Afterwimpern, höchstens fünf an der Zahl, stehen in einer geraden oder gekrümmten Querreihe hinter den Bauchwimpern. Die Randwimpern beschranken sich auf den Hinterrand und linken Seitenrand des Bauches; niemals findet sich längs des linken und rechten Seitenrandes eine continuirliche Randwimperreihe, und hierdurch unterscheiden sich die Euplotinen auf den ersten Blick von den Oxytrichinen. — Der contractile Behälter liegt in der Regel auf der rechten Seite in der Nahe der Afterwimpern und dicht hinter demselben der After. Der Nucleus ist nur bei zwei Gattungen erkannt; bei beiden ist er strangfürmig, bei der einen aber in dop- pelter Anzahl vorhanden. — Die Quertheilung ist diehaufigsteFortpflanzungswei.se; wahrend derselben werden in der hintern und vordem Körperhälfte zwei neue locomotive Wimpersysteme entwickelt, die das mutterliche nach und nach verdrängen. Die Bewegungen der Euplotinen sind ungemein schnell und gewandt und es bedarf eines sehr anhaltenden Studiums, bevor man mit den Organisationsverhältnissen derselben einigermaassen vertraut wird. Die bisher von diesen Thieren gegebenen Darstellungen waren sämmtlich so mangelhaft und unvollständig, dass man nach denselben kaum die gemeinsten Formen wieder zu erkennen im Stande war. Erst Claparede und Lachmann haben den Organisations- plan der Euplotinen richtig erkannt, und von verschiedenen Mitgliedern dieser Familie naturgetreue Abbildungen geliefert. Ich bin, unabhängig von diesen Forschern, zu nahe übereinstimmenden Resultaten gelangt. Die Euplotinen gehören vorzugsweise dem Meere an , und sie erscheinen hier oft in ungeheuren Schaaren von Individuen. In den süssen Gewässern kommt nur eine Gattung (Euplotes) vor, die aber auch im Meere reichlich vertreten ist. — Die drei mir bekannten Gattungen unterscheiden sich auf folgende Weise von einander: 1) Ohne eigentliche Bauchwimpern, die starken, griffeiförmigen After- und Randwimpern sehr genähert und vor dem hintern Ende der Bauchseite zusammengehäuft \. Uronychia. 2) Mit Bauch- und Afterwimpern und i — 5 Randwimpern. a) Bauchfläche muldenförmig ausgehöhlt, von den 5 Randwimpern 3 zu einem Büschel vereinigt 2. Slyloplotes. b) BauchflUche mit einem erhabenen Mittelfeld, 4 isolirte Randwimpern 3. Euplotes. 1. Gattung. Ironychia. Stein. (Taf. IV. Fig. 1—5). Character: Körper oval, dick, mit abgerundeten Seiten, vorn abgestutzt und mit einer häutigen Oberlippe versehen; das hintere Körperende schwanzartig verengert und abgerundet und auf der Bauchseite mit zwei gegen einander convergirenden bogen- förmigen Ausschnitten versehen , welchen die starken griffeiförmigen After- und Randwimpern eingefügt sind. Eigentliche Bauch- wimpern fehlen. Diese Gattung unterschied ich bereits im J. 1854 (Die Infusionsth. S. 158) von Euplotes; ich gründete sie auf eine von, mir in der Ostsee beobachtete Euplotinenform , in welcher ich die eine der beiden von Dujardin unter dem Namen; Ploesconia scutum zusammengeworfenen Euplotinen erkannte. Da Dujardin s Gattung Ploesconia mit Euplotes Elibg. synonym ist, so schlug ich vor, der neuen, durch die Beschränkung der locomotiven Wimpern auf das hintere Körperende schon hinlänglich scharf characterisirten Gattung den Namen Ploesconia zu belassen. Später überzeugte ich mich, dass Ploesconia scutum schon von 0. F. Müller als Trichoda transfuga beschrieben worden war, ich zog es nun vor, der Gattung den neuen Namen Uronychia beizulegen und begründete sie unter demselben in der Sitzung der Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften vom 19. October 1857 mit genaueren Characteren. Im J. I858 haben Claparede und Lachmann aus einer mit Ploesconia scutum nahe verwandten, ja vielleicht identi- schen Art die neue Gattung Campylopus gebildet, die also mit meiner Gattung Uronychia zusammenfällt1). Der sehr dicke, nur wenig abgeplattete, bisweilen fast drehrunde Körper ist oval, vorn gerad abgestutzt, vor dem hintern Ende etwas eingeschnürt und in einen kurzen, abgerundeten, plattenförmigen Schwanz verlängert (Fig. I), der meist etwas nach rechts gekrümmt ist (Fig. 4. 5). Die beiden Seiten des Körpers sind abgerundet, die linke stärker ausgebaucht, als die rechte; der Rücken ist gewöhnlich mit Längsrippen versehen (Fig. 4. 5), öfters i) Da die Sitzungsberichte der Böhm. Gesellsch. der Wissensch. von 4 857 leider erst mit dem so eben erschienenen X. Band der Abhandlungen ausgegeben wurden, so kann es zweifelhaft erscheinen, ob meinem Gattungsnamen die Priorität gebührt. Will man jedoch die Prioritätsrücksrchten streng urgiren, so müsste auf den von mir zuerst vorgeschlagenen Namen Ploesconia zurückgegangen werden. Ich lege übrigens auf die Annahme meines Gattungsnamens durchaus keinen Werlh. 32* 128 aber auch ganz glatt (Fig. I). Der obere Rand des abgestutzten Vorderrandes ist schwach buchtig gezahnt, der untere in eine gewölbte, halbmondförmige Oberlippe verlängert, welche die Basis der langen und kraftigen vordem adoralen Wimpern bedeckt. Das weite, tief ausgehöhlte, fast sackförmige Peristom (Fig. 3. i. 1. p.) ist vom linken Seilenrande abgerückt und mehr nach der Mitte zu gewandert; es besitzt am Innenrande eine bandförmige unduli- rende Membran (i.), der Aussenrand und namentlich die linke Vorderecke sind stark nach einwärts gebogen, so dass die adoralen Wimpern des Aussenrandes (p.) ihre Spitzen nach innen kehren. Das Peristom kann fast ganz geschlossen werden , indem sich Innen- und Aussenrand desselben so nähern . dass nur noch eine enge bogen- förmige Spalte (Fig. 2. p.) übrig bleibt. — Die Bauchseite (Fig. 2. 3) ist nur wenig abgeplattet, mehr gewölbt, als plan. Das schwanzartige Hinterende zeigt zwei seilliche, nach hinten gegen einander convergirende , tiefe bogen- förmige Ausschnitte, welche durch einen fast dreieckigen, wulstigen Zwischenrücken von einander getrennt werden; sie bewirken, dass die Seitentheile des Schwanzes, von der Rückseite gesehen, als sehr durchsichtige, zugeschärfte, häutige Platten erscheinen. Am Vorderrande des rechten, viel breiteren Ausschnittes sind vier starke griffeiförmige, weit über den Hinterrand hinausragende Afterwimpern (Fig. 2. a. 5. a.) eingefügt. Etwas weiter nach hinten und auswärts stehen dicht neben einander in einer schrägen dem Vorderrand des Ausschnitts parallelen Linie drei noch längere und stärkere Griffel (b.) eingefügt, die in die Kategorie der Randwimpern gehören und am deutlichsten von der Rückseite aus (Fig. I. b.) erkannt werden; sie liegen in einer tiefern Ebene, als die Afterwimpern, und werden von denselben zum Theil bedeckt. Sämmtliche Wimpern des rechten Ausschnitts sind gewöhnlich nach einwärts und links gebogen; namentlich sind die drei Randwimpern stark hakenförmig gekrümmt; diese schlagen sich auch häufig über den rechten Seitenrand nach der Rückseile zu um (wie b' in Fig. 5), wodurch das Ansehen entsteht, als seien sie auf dem Rücken des Schwanzes eingefügt, was ich selbst früher glaubte. In dem schmalen linken Ausschnitte stehen vorn und dicht hinter einander zwei ebenfalls lange und kräftige griffeiförmige Randwimpern, die in der Ruhe nach hinten herabhängen und mit den Spitzen einwärts gekrümmt sind (Fig. 2. d.). Sämmtliche After- und Randwimpern sind an ganz frischen, eben erst auf das Objectglas gebrachten Thieren einfache, zugespilzte Griffel, sie zerspalten sich aber nach kurzer Zeit von der Spitze her in feinere oder gröbere Fasern (Fig. 5. b.), und bald sieht man nur ein dichtes Gewirr von zahllosen Haaren und Borsten, die zum Theil noch am Grunde mit ein- ander zusammenhängen. Unmittelbar vor den Ausschnitten des Schwanzes sitzen auf jtfder Seile des Bauches wenigstens noch zwei borstenförmige Wimpern (Fig. 1 . 3. f. f. , welche wohl als die einzigen Vertreter der bei den übrigen Euplotinen vorhandenen Bauchwimpern anzuseilen sind; die ganze übrige Bauchfläche ist ohne locomotive Wimpern. — Einen contractilen Behälter konnte ich nicht auffinden , nach Claparede und Lachmann liegt derselbe in der linken Seile des Schwanzes unmittelbar vor den beiden Randwimpern. Der After und der Nucleus sind noch unbekannt. Mehrmals sah ich zwar in der vordem Körperhälfte einen blassen ovalen Körper (Fig. 2. 4), ich blieb jedoch zweifelhaft, ob dies wirklich ein Nucleus war; denn ich vermochte ihn nicht zu isoliren, und innerhalb des dicken, wenig durchsichtigen Körpers liess sich seine feinere Structur nicht genügend ermitteln. Es konnte auch ein fremder Körper sein , da die Thiere oft nicht viel kleinere verschluckte Nahrungsstolfe enthalten (Fig. I). ■ — Querlheilung wurde beobachtet, jedoch nicht näher studirt. Die Bewegungen der Thiere sind höchst characleristisch; sie gleiten eine Zeit lang schnell und stetig in gerader Linie bald vorwärts, bald rückwärts, wobei nur die vordem adoralen Wimpern und häufig auch die beiden linken Randwimpern und die Bauchborslen in einem geringen Grade thätig sind, während die drei rechten Rand- wimpern und die Afterwimpern eingekrümmt und unbeweglich bleiben. Dann stehl das Thier einige Augenblicke still, kaum aber hal man diesen günstigen Moment wahrgenommen, um seine Organisation genauer kennen zu lernen, so schnellt es plötzlich mit erstaunlicher Energie und meist seitwärts weit weg aus dem Gesichtsfelde, und man hat nun die grösste Mühe, den Flüchtling wieder aufzufinden. Dieses gewaltige Fortschnellen des Thieres verursachen die After- und rechten Randwimpern, die sich in einem Augenblicke plötzlich gcrad ausstrecken und dann sogleich wieder einwärts krümmen ; mit ihrer allmähligen Zerfaserung wird auch das Sprungvermogen immer schwächer. Die Gattung Uronychia bewohnt ausschliesslich das Meer. Die Differenzen , welche zwischen meinen Beobachtungen über diese Gattung und denen von Claparede und Lachmann bestehen, weisen auf zwei verschiedene Arten hin. Bei den grossen Schwierigkeiten, welche sich einer genauen Untersuchung der Uronychien entgegen- stellen, ist es jedoch leicht möglich, dass die vorhandenen Differenzen nur auf Beobachtungsfehlern beruhen, welche auf der einen oder andern Seite begangen sein können. Ich werde zuerst die von mir beobachtete Form unter dem 129 Namen Uronych. transfuga abhandeln , und dann den Campylopus paradoxus von Claparede und Lachmann damit vergleichen. Uronychia transfuga. Stein. (Taf. iv. Fig. \ — 5). ( Animatcul. infusor. p. 22 1. Triehoda Iransfuga Müller \ . 1 Zoolog. Danica Vol. I. p. 7. Taf. IX. Fig. ) . Ploosconia scutiim Dujardin (zum Theil) Infusoires p. 437. Taf. X. Fig. 7. b. c. Ploesconia scutiim Stein Die fnfusionslh. p. 158. Uronychia transfuga Stein in Abhandl. der Böhmischen Gesellsch. der Wissensch. Band X. S. 62. Diese Art wurde von mir zuerst im Oclober 1852 im Ostseewasser von Stralsund in zahlreichen Exemplaren aufgefunden; dann beobachtete ich sie wieder im August 1837 in der Ostsee bei Wismar, jedoch minder häufig. Die Stralsunder Exemplare (Fig. 2. 4. 5) waren stark abgeplattet und ziemlich durchsichtig; ihr Schwanz setzte sich scharf vom Körper ab, war nach hinten etwas erweitert, stark nach rechts gekrümmt (Fig. 5) und oft in der Mitte des Hinterrandes durch eine seichte Einschnürung in zwei ungleiche schiefe Lappen getheilt. Ueber den Rucken verliefen stets vier feine Längskiele in gleichen Abstanden von einander. Sie verlieren sich nach hinten zu und gehen nicht auf den Schwanz über, vorn laufen sie in die zahnförinigcn Vorsprünge der abgestutzten Endfläche aus. Der äusserste Kiel jeder Seite steht nahe am Körperrande. Die Wismarer Exemplare (Fig. 1. 3) hatten einen sehr dicken, fast drehrunden Körper und einen weniger entwickelten , nach hinten verengerten Schwanz ; der Rücken zeigte keine Spur von Langskielen und das Parenchym war dicht mit groben Fettkörnchen erfüllt, welche dem Körper eine perlgraue Farbe ertheilten und ihn sehr undurchsichtig machten. An den Wismarer Thieren erkannte ich erst die früher von mir übersehenen Bauchborsten; Afterwimpern zahlte ich bei ihnen bisweilen fünf (Fig. 3). Das Peristom erstreckte sich bei allen von mir untersuchten Uronychien stets nur bis zur Körpermitte. Die meisten Indi- viduen waren T'T" 'anS- Die Abbildungen, welche 0. F. Müller in der Zoolog. Danica von seiner in mehrere Tage lang aufbewahrtem Meereswasser beobachteten Trichoila transfuga geliefert hat, stellen ziemlich kenntlich unsere Art dar, sie stimmen am meisten mit meiner Fig. 5 überein, nur ist der Schwanz verhällnissmässig zu lang und eckig angegeben, und statt der über den Schwanz hinausragenden Griffel sind nur in einer Figur einige feine Wimpern gezeichnet. In der Beschreibung sagt aber Müller ausdrücklich: Subtus e cauda propendent setae qualuor vel plures, curvatae, pedi- formes. Müllers Beschreibung der Bewegungen seiner Trieb. Iransfuga beseitigt vollends jeden Zweifel an der Identität dieser Infusorienform mit meiner Uronychia; namentlich bezeichnend sind die Worte : Haud raro correp- tione ope setarum posticarum e conspectu et quasi in aerem seu extra gutlam subinde ab una ad alteram guttae plagam aufugit. Der Müller'scbe Speciesname ist demnach als der älteste allein berechtigt. Müller beobachtete auch zuerst Querlheilung. die er für Begattung hielt; mir ist sie leider nicht vorgekommen. — Dujardin hat unter dem Namen Ploesconia scutum zwei ganz verschiedene Infusorienformen abgebildet; in der grössern Figur 7. a. erkenne ich die folgende Galtung Styloploles, die beiden kleinern Figuren 7. b. c, namentlich Fig. 7. b., stellen unverkennbar unsere Uronychia dar; die Gesammtform des Körpers, die beiden characteristischen bogenförmigen Ausschnitte auf der untern Seile des Schwanzes und die denselben eingefügten Griffel, so wie auch die vordem adoralen Wimpern sind nahezu richtig angegeben. Die Baiichseile erhielt irrlhumlich an der Stelle des nicht deutlich erkannten Peri- stoms I — 2 Haken. Dujardin' 's Thiere stammten aus dem Millelmeer. Der Campylopus paradoxus von Claparede und Lachmann Eludes p. I84 — -88 und PI. VII. Fig. 8 — 9). welcher in grosser Menge an den Norwegenschen Küsten beobachtet wurde . weicht hauptsächlich in folgenden Puncten von Uronychia transfuga ab. Der Rücken ist nur mit drei, aber stark vorspringenden stumpfen Längskielen versehen, einem mittlem und zwei seillichen, und am Vorderrand finden sich nur drei zahnformige Vorsprünge. Die Oberlippe tritt in den Abbildungen nicht klar hervor und wird auch in der Beschreibung nicht erwähnt. Das Peri- stom la fosse buccale) erstreckt sich viel weiter nach rückwärts; einer undulirenden Membran am Innenrande desselben wird nicht gedacht. Aflerwimpern (pieds-rames) sind statt vier blos drei vorhanden; diese, wie die fünl Randwimpern, weiden kürzer und dicker dargestellt, auch sollen sie an der Spitze beständig in ein Büschel von Fasern zertheilt sein. Die zwei Gruppen von Randwimpern werden mit Unrecht pieds dorsaux genannt und zwai blos deshalb, weil sie der Rückenfläche näher liegen, als der Bauchfläche. Diese Bezeichnung uauss nothwendig zu der irrigen Vorstellung führen, als ständen diese Wimpern auf der Rückseite des Thieres, was doch Claparede und S i ..■ l ii . Organismus der Infusionslhicre. QQ 130 Lachmann selbst nicht annehmen. Bauchborsten sind im Ganzen sechs vorhanden, vier ungleiche auf der rechten Seite, zwei gleiche auf der linken. — Im Uebrigen stimmt die Organisation von Campylopus paradoxus völlig mit der von Uronych. transfuga überein, und auch die Bewegungen sind dieselben; sie wurden sehr treffend und anschaulich beschrieben. Quertheilung wurde ebenfalls beobachtet. Claparede und Lachmann erwähnen noch, dass G. Wagner bei Wismar ein mit ihrem Camp, paradoxus nahe verwandtes, aber in mehreren Puncten difierirendes Thier beobachtet habe; wahrscheinlich war dies meine Uron. transfuga. 2. Gattung. Stvloplotes. Stein. (Taf. 111. Fig. 22—29). Character : Körper länglich elliptisch , dick , mit abgerundeten Seiten , vorn eiförmig zugespitzt mit abgesetzter Oberlippe ; das hintere Ende nach rechts gekrümmt und schief abgestutzt; auf der Bauchseite eine mediane, muldenförmige Rinne, in der das Peristom und die griffeiförmigen 7 Bauch- und 5 Afterwimpern liegen. Ein Büschel von 3 Randwimpern am Hinterrande und 2 Rand- wimpern auf der linken Seite. Die Gattung Styloplot.es habe ich in der Sitzung der Böhmisch. Gesellsch. der Wissensch. vom 19. October 1857 nach einer in der Ostsee beobachteten Euplotinenform aufgestellt, in welcher ich Ehrenberg's Stylonychia appendiculata erkannte. Claparede und Lachmann haben dasselbe Thier 1858 wahrscheinlich einmal als Euplotes excavatus, und sodann als Schizopus norwegicus beschrieben. Der länglich elliptische, nicht selten fast ovale oder eiförmige Körper ist gewöhnlich nach vorn etwas erweilert (Fig. 23. 24); die beiden Seiten sind bald fast parallel und gerade (Fig. 25), bald gegen die Mitte sanft einwärts gekrümmt (Fig. 24) , bald schwach nach aussen gebogen. Das vordere Ende hat die Form eines Spitz- bogens, dessen rechter Schenkel kürzer ist, als der linke, so dass der rechte Seitenrand weiter nach vorn reicht, als der linke. Das umgekehrte Verhällniss findet am hintern Ende statt; dieses ist mehr oder weniger nach rechts gekrümmt und auf der rechten Seite schräg von vorn und rechts nach hinten und links abgestutzt und sanft bogen- förmig ausgeschnitten. Der linke Seilenrand erstreckt sich daher viel weiter nach hinten als der rechte, und der die beiden Ränder verbindende schiefe concave Bogen wird zum eigentlichen Hinterrande. Der Körper besitzt eine ansehnliche Dicke (Fig. 26), ist aber dennoch ziemlich durchsichtig und gewöhnlich farblos, zuweilen schmutzig gelblich. Der Rücken (Fig. 23) ist stark gewölbt, nach vorn etwas verflacht und überall ganz glatt; die beiden Seiten sind abgerundet. Die plane Bauchseite (Fig. 22. 24) ist links und rechts von zwei dicken, gerundeten Rand- wülsten begränzt, welche eine breite scharf begränzte, muldenförmige Aushöhlung, die Bauchrinne, einfassen, die sich vom vordem bis zum hintern Körperende erstreckt. Die Bauchrinne erweitert sich nach vorn und links und mündet über den linken Vorderrand (Fig. 26) nach aussen; nach hinten zu verengert sie sich etwas, krümmt sich nach rechts und geht am Hinterrande frei nach aussen. Die linke Randwulst ist überall gleich breit , sie wird vorn von dem Peristom begränzt und endigt am Hinterrande mit einem abgerundeten Vorsprung. Die rechte Randwulst verengert sich nach vorn und setzt sich bis über die Mitte des rechten Vorderrandes fort; hier beginnt der adorale Wimperbogen, welcher unter der eine abgerundet dreieckige Oberlippe (Fig. 22. 1.) bildenden Spitze des Vorder- randes nach dem linken Rande hinübersetzt, bis zur hintern Ecke desselben nach abwärts steigt und sich dann bogenförmig bis zur Körpermitte nach innen krümmt. Die hintere grössere Hälfte des adoralen Wimperbogens p.) bildet den Aussenrand des umgekehrt eiförmigen Peristoms fp. i.), welches die linke vordere Hälfte der Bauch rinne einnimmt und vorn keine Fortsetzung nach der rechten Seite hin besitzt, daher ein Stirnrand nicht zu unterscheiden ist. Die vordem adoralen Wimpern, namentlich die unter der Oberlippe gelegenen, sind lang und griffeiförmig, die hintern kurz und feinhaarig. Der Aussenrand des Peristoms wird auch nach hinten von einer scharfen Bogenlinie begränzt; er bildet eine vom Peristomfeld gegen die linke Randwulst aufsteigende, bandförmige, schiefe Ebene. Der erhabene scharfkantige Innenrand des Peristoms (Fig. 22. i.) trägt einen sehr deutlichen undulirenden Saum, welcher anscheinend aus sehr feinen gesonderten Wimpern zusammengesetzt ist. Der rechten Seite der Bauchrinne sind sieben kräftige, grilfelfömiige Bauchwimpern eingefügt. Davon sitzen fünf Fig 2'2.st.) in der Stirngegend und zwar drei nach aussen, längs der Randwulst, und zwei etwas liefer, neben dem Innenrande des Peristoms; die beiden andern Bauchwimpern (b.) stehen hinter dem Peristom, nahe vor den Afterwimpern, die sechste nach aussen, die siebente nach innen. Die fünf sehr langen und dicken Afterwimpern (a.) sind in der hinlern Hälfte der Bauchrinne weit nach vom eingefügt und stehen in einer geraden queren Reihe; nur 131 die zweite (von rechts gezahlt) entspringt etwas weiter rückwärts und ragt daher auch mit ihrer Spitze über die übrigen fast gleich langen hinaus. Die Afterwimpern füllen fast die ganze Breite der Bauchrinne aus, sind eben so gekrümmt, wie diese, und reichen weit über den Hinterrand hinaus. Am Ausgange der Bauchrinne, aber nicht mehr auf dieser, sondern unmittelbar am Hinterrande sitzt ein nach rechts und hinten gerichteter Schopf von drei dicht neben einander entspringenden knie förmig gebogenen Randwimpern (s.). Diese werden mehr oder weniger von den Afterwimpern verdeckt, welche ebenfalls oft stark nach rechts gekrümmt sind. Man übersieht sie erst dann vollständig und erkennt klar ihre Insertion , wenn sich die Aflervvimpern bei matt werdenden Thieren , die nicht mehr eine genügende Wasserbedeckung haben, entweder nach vorn umschlagen (Fig. 25) oder sich nach den Seiten aus einander spreizen (Fig. 24). Dann biegt sich auch der Bandwimperschopf häufig bogenförmig über die rechte Hinterecke nach vorn um (Fig. 25), und es lösen sich nach und nach alle starkem Wimpern von der Spitze her in Faseibüschel auf. Ausser dem hintern Bandwimperschopf sind noch zwei isolirte griffel- oder borstenförmige Rand- wimpern (Fig. 22. r. r.) vorhanden, sie stehen vor der Mitte der linken Bandwulst nahe hinter einander, an den beiden Enden eines länglich elliptischen Grübchens. Die drei hintern Bandwimpern entsprechen den drei Band- wimpern im rechten Bauchausschnitt der Uronychien , während die beiden vordem den im linken Bauchausschnitt der Uronychien enthaltenen Randwimpern analog sind. Der conlractile Behälter (Fig. 2i. 25. c.) liegt innerhalb der Bauchrinne hinter den Afterwimpern , nahe an der rechten Randwulst. — Der Nucleus besteht aus zwei kurzen, sanft gebogenen Strängen (Fig. 23. 25. n. n.); der eine liegt im vordem Körperende, dem linken Vorderrande parallel, der andere im hintern Ende der linken Band- wulst. Beide Kerne treten erst nach ganz allmähliger Einwirkung von verdünnter Essigsäure und auch dann oft nicht hinlänglich klar hervor. Bei rascher Einwirkung von Essigsäure schrumpft der Körper sofort bis zur Unkennt- lichkeit zusammen. — Die Thiere bewegen sich ungemein schnell und stetig, nicht stossweise, noch weniger sprin- gend, wie man wohl erwarten sollte; sie stehen keinen Augenblick still und stellen daher die Geduld des Beobachters wahlhaft auf die Probe. Oft sind nur die vordem adoralen Wimpern thätig, gewöhnlich wirken aber auch die Bauch- und Bandwimpern mit, während die Afterwimpern fast unbeweglich ausgestreckt bleiben. Laufen oder klettern sah ich die Thiere nie. Quertheilung kommt nicht selten vor; ich habe drei Stadien derselben beobachtet. Im ersten Stadium (Fig. 27) zeigte der mütterliche Körper noch seine gewöhnliche Form, nur war er beträchtlich länger geworden. Die Verlän- gerung hatte nur den mittlem, zwischen Peristom und Afterwimpern gelegenen Theil des Körpers betroffen; denn die Afterwimpern waren weit weg von dem unverändert gebliebenen Peristom nach hinten gerückt. In dem Zwi- schenräume zeigte sich auf der linken Seite der Bauchrinne dicht neben der etwas ausgebuchteten Bandwulst der Anfang zu einem neuen adoralen Wimperbogen (p'.); er bestand aus einer schwach gebogenen Längsreihe von äusserst zarten und kurzen, noch ganz gleichartigen Wimpern. In der rechten Hälfle der Bauchrinne war eine grosse Anzahl neuer Wimpern entstanden, die die mütterlichen Bauchwimpern bis auf die drei vordersten verdrängt hatten; sie bildeten zusammen zwei vollständige Bauch- und Afterwimpersysteme für die vordere und hintere Körperhälfte. In der vordem Hälfte standen nämlich neben dem allen Peristom 10 Bauch- und 5 Afterwimpern, in der hinlern Hälfte neben der Anlage zum neuen Peristom 7 Bauch- und S Afterwimpern ; letztere bedeckten die noch vorhandenen Aflervvimpern des Multerthieres Iheilweis. Am Hinterrande war noch der ursprüngliche Bandwimperbüschel vor- handen, der nicht erneuert zu werden schein!. In der Mitte des Aussenrandes der rechten Bandwulst zeigte sich ein neuer, noch sehr kurzer Bandwimperbüschel fs'.) für den künftigen vordem Theilungssprössling, und auf der linken Bandwulst war das ursprüngliche Bandwimperpaar geschwunden und dafür ein neues vorderes und hinteres entstanden. — Im zweiten Stadium der Quertheilung (Fig 28) sonderte sich bereits die vordere Körperhälfte durch eine quere Einschnürung der beiden Seiten von der hintern. Der adorale Wimperbogen der hintern Hälfte halte sich nach aussen gewendet und weiter nach vorn und innen entwickelt und die hier entstandenen Wimpern waren viel länger und stärker geworden ; gleichzeitig halte sich auch der übrige Theil des Peristoms ausgebildet. Die mütler- lichen Afterwimperu waren geschwunden, in der vordem Hälfle zeigten sich aber noch die drei überzähligen Bauch- wimpern. Der vordere Bandwimperbüschel war dem hintern conform geworden und halte sich in die seitliche Einschnürung hineingezogen. Durch beide Körperhälften verlief längs der linken Seite ein einziger lang slrangförmiger Nucleus (n. n .), der offenbar durch Verschmelzung der beiden sich verlängernden Kerne des Mutterthieres entstanden war. — Im letzten Stadium der Quertheilung (Fig. 29) zeigten sich beide Theilungssprösslinge vollständig entwickelt und fast ganz von einander gesondert; der hintere war nach links gerückt und lag unter dem vordem, mit dessen 33* 132 linker Hinterecke seine rechte Vorderecke nur noch lose zusammenhing. Jeder Theilungssprüssling enthielt einen einfachen strangförmigen Nucleus (n. n.). Unsere Gattung umfasst nur eine ausschliesslich im Meere lebende Art, nämlich: Styloplotes appendiculatus. Stein. Stylonychia appendiculala Ehrenberg Die Infusionsth. S. 37 3. Taf. XLI1. Fig III. Ploesconia sculum (zum Tlieil) \ _ . ,. _ . p. 437. PI. X. Fig. 7. a. Dujardin Intusoir. ^r - . Diophrys marina ' p. 443. PI. X. Fig. 4. Slyloploles appendiculatus Stein in Abhandl. der Böhmisch. Gesellseh. der Wissensch. Band X S. 62. (?) Euploles excavatus 1 _, , , . T . i,t . p. 17«. PI. VII. Fig. 4. 5. ' \ Clapareae et Lachmann htudes (?) Schizopus norwegicus J p. 182. PI. MI. big. 6. 7. Ich lernte diese Art zuerst im Januar und Februar 1855 im Ostseewasser von Travemünde kennen, in dem sie gleichzeitig mit Ervilia monostyla und Aspidisca lyncaster häufig vorkam. Im August 1857 beobachtete ich sie in zahllosen Exemplaren sowohl im Hafen von Wismar, wie auch in der Umgebung der kleinen, nördlich von Wismar gelegenen Insel Wallfisch. Die Thiere hielten sich auch in dem ganz faul gewordenen Seewasser, welches ich von der Reise mit nach Hause gebracht halte, noch Wochen lang ganz frisch und munter, und ich hatte so Gelegenheit, sie sehr intensiv und mit aller Ruhe zu studiren. Irgend einen erheblichen Beobachtungsfehler dürfte ich daher schwerlich begangen haben. Die meisten Individuen waren 7V — tV" lanS> es kamen aber auch noch kleinere und beträchtlich grössere bis -^ lange und fast halb so breite Exemplare vor. Letzlere enthielten bisweilen zwei viel kürzere, fast ovale Kerne. Ekrenberg's Stylonychia appendiculata ziehe ich ohne Bedenken hierher; sie kann keine Stylonychia, sondern nur eine Euplotine sein, da ihr die beiden Handwimperreihen abgehen. Unler den Euplotinen stimmt sie aber am meisten mit Styloplotes überein ; sie zeigt den für die letztere Gattung so characlerislischen hintern Randwimper- büschel, die beiden linken Randwimpern und die über das hinlere Körperende hinausragenden Afterwimpern, deren Zahl gewiss irrig auf sechs erhöht wird. Der grosse helle Mund, von dem Ehrmberg spricht, war das ovale ebenfalls für Styloplotes characterislische Peristom; die Bauchwimpern und die Bauchrinne wurden übersehen. Erwägt man nun noch, dass Ehrenberg seine angebliche Stylonychia bei Wismar fand, wo mein Styloplotes so gemein ist, dass er sich unmöglich einem hier beobachtenden Forscher entziehen konnte, so wird man nicht langer an der Identität beider Infusorienformen zweifeln können. - Das grössere Thier, welches Dujardin als Ploesconia seutum abgebildet hat 'Fig. 7. a.), stellt augenscheinlich nur ein grosses und breites Individuum von Slyloploles. dergleichen ich mehr- fach beobachtete, von der Rückseile gesehen dar; denn man erkennt in der Abbildung deutlich die durchscheinende breite Bauchrinne, die in derselben sitzenden Bauchwimpern, von denen nur eine übersehen ist, und die beiden linken Randwimpern; sie zeigt ferner den characteristischen schiefen Hinlerrand und die über denselben hinaus- ragenden gebogenen Afterwimpern. Von den drei hintern Randwimpern wurden nur zwei erkannt und diese den fünf Afterwimpern angeschlossen. — Dujardin's bei Celte beobachtete Diophrys marina ist weiter nichls, als ein junges Individuum von Styloplotes. dessen adorale und locomotive Wimpern nur unvollständig erkannt wurden ; es lehrt dies sowohl die gesammle Körpenform der Diophrys, wie auch die bei ihr sehr klar unterschiedene Bauchrinne. Der Euploles excavatus und Schizopus norwegicus von Claparede und Lachmann sind sowohl unler einander als auch mit meinem Styloplotes überaus nahe verwandt. Beide Infusorienformen besitzen bei sehr ähnlicher Körperform genau dieselbe Bauchrinne, wie Slyloploles, was freilich mehr aus den Beschreibungen, als aus den nicht recht scharfen Abbildungen jener Forscher erhellt. Dem Eupl. excavatus werden G Bauchwimpern pieds-crochets) , 5 über den Hinlerrand hinausragende, ganz wie bei Styloplotes sich verhallende Afterwimpern (pieds-rames) und 2 am Innenrand der linken Randwulst dicht neben den Afterwimpern sitzende Randwimpern fsoies) zugeschrieben; er gleicht also meinem Styloplotes bis auf eine fehlende Bauchwimper und den Mangel der drei hintern Randwimpern, die möglicherweise übersehen wurden. Nehmen wir aber auch eine ganz richtige Beobachtung an, so würde doch der Euploles excavatus sich immer viel naher an Slyloploles, als an Euploles anschliessen und von letzterer Gattung getrennt werden müssen. Man würde dann nur den Galtungscharacler von Styloplotes etwas allgemeiner zu fassen haben, um E. excavatus dieser Gattung einverleiben zu können. — Noch viel grösser ist die Uebereinslinimung zwischen Slyloploles und Schizopus norwegicus. Letzteres Thier soll sich durch drei nahe am Hinlerrand auf der rechten Seile des Rückens in einer halbmondförmigen Vertiefung eingefügte und beständig an der Spitze zerfaserte Wimpern (pieds dorsaux) generisch von Euplotes unterscheiden ; ausserdem 133 werden ihm 7 ganz wie bei Styloplotes angeordnete Bauchwimpern und 7 Afterwimpern zugeschrieben. Von letztern sind die fünf rechten die entwickeltsten, sie reichen jedoch noch nicht bis zum Hinterrande ; die beiden linken, viel kürzern und feinern stehen mehr nach vorn und aussen. Nehmen wir an, dass diese nicht zu den Afterwimpern gehören, sondern in Wirklichkeit auf der linken Randwulst stehen, dann ergiebt sich für Schizopus genau dasselbe locomotive Wimpersystem , wie für Styloplotes, und es bleibt nur der Unterschied übrig, dass bei Schizopus die fünf Afterwimpern relativ kürzer sind und dass die drei hintern Randwimpern etwas anders gestaltet und der Rück- seite eingefügt sind. Besteht aber dieser Unterschied wirklich? Ich zweifle wenigstens an der dorsalen Einfügung der hintern Randwimpern und glaube , dass Schizopus norwegicus höchstens speeifisch von Styloplotes appendicu- latus verschieden ist. — Euplotes excavatus und Schizopus norwegicus wurden von Claparede und Lachmann an den Norwegischen Küsten beobachtet; den Nucleus und den undulirenden Saum am Innenrand des Peristoms erkannten diese Forscher nicht; den contractilen Behälter sahen sie innerhalb der rechten Randwulst nahe hinter der Insertion der Afterwimpern. Schizopus wurde auch häufig encystirt angetroffen. 3. Gattung. Euplotes. Ehrbg. (Taf. IV. Fig. 6 — 2 0). Character: Körper elliptisch oder rundlich , plattgedrückt, mit xugeschärften Rändern] auf der planen Bauchseite rechts vom sichelförmigen Peristom ein erhabenes, längsgeripptes Mittelfeld, auf dessen Hinterrand die 5 griffeiförmigen Afterwimpern stehen : *j — 10 griffeiförmige Bauchwimpern itnd i isolirte borsten- bös griffeiförmige Handwimpern. Die Gattung Euplotes wurde von Ehrenberg im J. 18.30 (Abhandl. der Berliner Academie S. 43) auf Trichoda cbaron von 0. F. Müller gegründet und Anfangs Euploea genannt; da dieser Name aber bereits für eine Schmetter- lingsgattung verbraucht war. so wurde seit 1831 (Abhandl. der Berlin. Acad. S. 118) die jetzt gültige Benennung eingeführt. Im Allgemeinen war die Gattung naturgemäss begriinzt, nur wenige fremdartige Formen, die zu den Gattungen Aspidisca und Ervilia gehören, hatten sich eingeschlichen. In der Familie der Euplotinen sollte sich Euplotes durch den Besitz von Wimpern, Griffeln und Haken auszeichnen. Dieser Character ist gegenwärtig nicht mehr ausreichend; denn er würde auch auf die Gattungen Styloplotes und Uronychia, ja selbst auf Stylonychia passen. — Dujardin führte statt des Ehrenberg' 'sehen Gattungsnamens den von Bory einigen von 0. F. Müller sehr unvollkommen abgebildeten Euplotinen ertheilten Namen Ploesconia wieder ein, was nicht gebilligt werden kann, da Müllers Formen zweifelhaft sind und Bory gar nichts dazu beigetragen hat, dieselben näher aufzuklären. Der starre, sehr durchsichtige und farblose Körper der Euploten gleicht einem ovalen oder rundlichen, flachen Schilde. Der Rücken ist in der Mitte massig gewölbt, nach den beiden Seiten und nach hinten stark verflacht und am Rande lamellenartig zugeschärft; über den Rucken verlaufen gewöhnlich scharfkantige Längsrippen, die jedoch bei einer und derselben Art bald stärker, bald schwächer entwickelt sind, ja selbst ganz fehlen können. Die Bauchseite ist sehr flach; in ihrer linken Hälfte liegt das schmalere oder breitere, oft weit nach hinten reichende Peristom (Fig. 7. i. p. I. Fig. 12. i. p.), welches sich vorn stets unter einem rechten oder stumpfen Winkel nach rechts umbiegt und bis zum rechten Seitenrande erstreckt. Das Peristom hat daher ohngefähr eine harfen- oder sichel- förmige Gestalt, und an dem rechts vom Peristom gelegenen Theil der Bauchfläche ist stets eine scharf begränzte Stirn (Fig. 7. 1 2. st.) zu unterscheiden , deren Vorderrand bei den verschiedenen Arten verschieden gestaltet ist und brauchbare Artmerkmale darbietet. Die vordem langen und kräftigen adoralen Wimpern stehen entweder dicht am Vorderrande, oder sie werden von einer deutlichen Oberlippe (Fig. 7. 1.) überragt. Der stark gegen das Peristom- feld geneigte breite Aussenrand des Peristoms ist auch nach hinten von einer scharfen Bogenlinie begränzt. Am Innenrande des Peristoms findet sich ein das Peristomfeld überragender und gegen dasselbe stark geneigter Saum (Fig. 7. i.) angeheftet, der entweder ganz starr oder doch nur wenig biegsam ist. — Rechls vom Peristom liegt ein erhabenes, am Anfang des hintern Drittels der Bauchseite endigendes, länglich trapezoidales Mittelfeld Fig. II. 1 2. in.). Es wird von zwei geraden parallelen Seiten und von einem winkelförmig gebrochenen Hinterrande begränzt, der aus zwei ungleich langen, nach hinten convergirenden Schenkeln besteht; der rechte Schenkel ist länger und hat eine schrägere Richtung, als der linke. Das Mittelfeld ist nach hinten zu am stärksten erhöht (Fig. I 2. m.,. nach vorn verflacht es sich und geht ohne bestimmte Gränze in die Stirn über. Der rechls an das Mittelfeld gränzende Theil der Bauchfläche ist hohlkehlenartig vertieft, ebenso ist der hinter dem Mittelfeld gelegene Theil der Bauch- Hache stark ausgehöhlt; nach links fällt das Mittelfeld minder steil ab. Vom Hinlerraude des Mittelfeldes aus ver- Stein, Organismus der lulusiuiisl-hievc. «"» 134 laufen über die plane Fläche desselben sechs parallele, gleich weit von einander abstehende Längsrippen, von denen drei stärker entwickelt sind und sich viel weiter nach vorn erstrecken. Die erste, vierte und sechste sind die Hauptrippen ; die erste und sechste fällt mit den beiden Seitenrändern des Mittelfeldes zusammen, die vierte kommt aus der hintern Ecke des Hinterrandes und (heilt das Mittelfeld in zwei ungleiche Hälflen, von denen die rechte zwei abgekürzte Rippen enthält, die linke eine. Von den 9 — 10 dick griffeiförmigen Bauchvvimpern stehen 6 — 7 auf der Stirn zusammengehäuft, die 3 übrigen zerstreut. Die langen, über den Hinterrand des Körpers hinausragenden griffeiförmigen Afterwimpern (Fig. 12. a.) sind dicht vor dem Hinterrande des Mittelfeldes in je einem Zwischenräume zwischen zwei Längsrippen eingefügt; sie nehmen von rechts nach links etwas an Länge und Stärke zu. Die 4 vereinzelten Randwimpern (f.'r.) stehen fast gleich weit von einander entfernt und zwar zwei mehr genähert dicht am Hinterrande der rechten Körper- hälfle, zwei etwas entfernter von einander und mehr nach innen längs des linken Seitenrandes. — Der Mund liegt ganz im hintern Winkel des Peristoms, er ist eine kurze enge Spalte, durch welche sich der adorale Wimperbogen noch eine kleine Sl recke weit in querer Richtung nach innen fortsetzt (Fig. 14. o. Fig. 17). Claparede und Lachmann sehen diese Fortsetzung für einen besondern Schlund an; ich vermochte keine Schlundwandungen zu unterscheiden. Die durch den Mund eintretenden Nahrungsstoffe beschreiben einen kleinen Kreis in dem benachbarten Parenchym; sie gehen zuerst eine kurze Strecke quer nach rechts und vorn und biegen dann nach links und hinten um. — Der conlractile Behälter (Fig. 12. 14. c.) liegt unter der rechten hintern Ecke des Mittelfeldes, und unmittelbar dahinter findet sich der After (Fig. 1 4. z.). — Der Nucleus ist stets langstrangförmig (Fig. G. I 3. n.) , keineswegs aber ein ovaler runder scheibenförmiger Körper, wie sowohl Ehrenberg als auch Claparede und Lachmann irrig angeben. Der Körper, welchen diese Forscher für einen Nucleus gehalten haben, ist ein Product des Nucleus, wahrscheinlich eine Keimkugel (vergl. Euplotes patella und charon) ; der eigentliche Nucleus tritt erst nach Anwendung von Essig- säure deutlich hervor. — Quer- und Längstheilung beobachtete ich bei zwei Arten (vergl. E. patella und charon); die Querlheilung wurde genau ermittelt, die Längstheilung ist jedoch noch problematisch. Was bisher dafürgehalten wurde, dürfte wohl eher Conjugation zweier Individuen sein. Wahrscheinlich leitet dieser Vorgang eine geschlecht- liche Fortpflanzung ein (vergl. E. charon). Die Euploten leben theils in süssen Gewässern , theils im Meere. Die Süsswasserformen werden auch im Meere angetroffen, letzteres beherbergt aber ausserdem noch eigene Alten. — Von Ehrenberg und Duj ardin wurden eine beträchtliche Anzahl von Arten aufgestellt, diese beruhen jedoch auf so unzureichenden Beobachtungen, dass man Mühe hat, nur die beiden gemeinsten, in unsern süssen Gewässern vorkommenden Arten nach den Schil- derungen dieser Forscher wieder zu erkennen. Sie hatten noch keine richtige Vorstellung von der Organisation eines Euplotes überhaupt und wussten daher auch nicht, worauf es bei der Unterscheidung der einzelnen Arten ankommt. Höchst wesentlich sind aber die Zahlen- und Stellungsverhältnisse der locomotiven Wimpern. Bei allen genau geprüften Euploten linden sich nach den übereinstimmenden Untersuchungen von Claparede, Lachmann und mir 5 After- und 4 Randwimpern und 9 — 10 Bauchwimpein; da diese constanten Elemente bei den von Ehrenberg und Duj ardin abgebildeten Arten auch nicht annähernd richtig angegeben sind , so verlieren diese Arten alle Bedeutung, und sie werden bis auf zwei, die sich schon nach ihrer Körperform und ihrem Aufenthalte bestimmen lassen, ganz aus dem Infusoriensystem gestrichen werden müssen. Diese zwei Arten sind Euplotes patella und charon von Ehrenberg ; von den sieben übrigen Arten, welche Ehrenberg im grossen Infusorienwerk zur Gattung Euplotes bringt, sind nur noch die drei in der Ostsee beobachteten Arten: E. striatus, appendiculatus und truncatus unzweifelhafte Euploten. Dujardin hat 9 eigene Arten beschrieben, nämlich Ploesconia vannus, scutum, balteata, cithara, crassa , affinis, subrotunda, radiosa und longiremis; von diesen steht jedoch nichts weiter mit Sicherheit fest, als dass sie sämmtlich , Ploesconia scutum ausgenommen, wahre Euploten darstellen. — Zu den beiden allein sichern Ehrenberg1 sehen Euplolesarten kommen nur noch zwei hinlänglich genau sludirte neue Arten, von denen die eine von Lachmann . die andere von mir entdeckt wurde. — Der Euplotes excavatus Clap. Lachm. gehört zur Gattung Styloplotes. Von den vier Arten, welche gegenwärtig den Bestand der Gattung Euplotes bilden, kenne ich folgende drei aus eigener Anschauung: 135 1. Euplotes patella. Ehrdg. (Taf. iv. Fig. 6 -n). Kerona palella Müller Ariimal. infusor. p. 238. Taf. XXXIir. Fig. U— 17. Euplotes patella Ehrenberg Die Infusionstierchen S. 378. Taf. XLII. Fig. IX. Euplotes viridis Ehrenberg Monatsber. der Berl. Acad. von (840. S. 200. Ploesconia patella Dujardin Infusoires p. 435. Pl. VIII. Fig. \ — 4. Euplotes palella Claparede et Lachmann Etudes p. 17 0. PI. VII. Fig. \ — 2. Körper vorn gerad abgestutzt um! mit einer dreieckigen Oberlippe versehen : innerhalb des Peristorns eine besondere adoralc Rinne; der schräg zugespitzte Vorderrand der Stirn überragt den rechten Theil des Peristorns; 9 Bauchwimpern; die beiden rechten Randwimpern verästelt. Diese sehr ausgezeichnete, leicht kenntliche Art kommt überall häufig in stehenden und langsam fliessenden Gewässern, zwischen Wasserlinsen, Conferven, Callitrichen und andern an der Oberfläche vegetirenden Gewächsen vor; im Sumpf- und Torfwasser ist sie ebenfalls gemein. Claparede und Lachmann beobachteten sie auch im Meere, jedoch in einer etwas abweichenden Form. — Die äussere Körperform ist sehr veränderlich, was zum Theil vom Aufenthalt bedingt sein mag; sie variirt aber auch bei Individuen derselben Localität beträchtlich. Die gewöhn- lichste Form ist die in Fig. fi. 7 und 9 dargestellte; sie besitzt einen ovalen, hinten eiförmig zugespitzten Körper, der auf der linken Seite vor der Mitte ziemlich stark ausgebaucht und nach vorn nur wenig oder gar nicht verengert ist, so dass die gerad abgestutzte Endfläche eine beträchtliche Breite hat. Ihr unterer Rand ist in eine ungleich- schenklig dreieckige, auf der rechten Seite stärker entwickelte Oberlippe (Fig. 7. 1.) ausgezogen. Die Rückseite 'Fig. 6) ist ziemlich stark gewölbt und meist mit 7 feinen, gleich weit von einander entfernten, nach der hintern Körperspitze convergirenden Längsrippen versehen. Nicht selten sind nur die äussersten Rippen vollständig aus- gebildet, die innern aber nur am hintern Ende angedeutet; zuweilen fehlen die Rippen gänzlich (Fig. 10). — Bei einer zweiten, seitnern Form (Fig. I I) stellt der Körper ein breites, rundliches, fast rautenförmiges Schild dar; die beiden Seiten sind in der Mitte stark erweitert und in gleichmässig abgerundete häutige und biegsame Flügel aus- gedehnt, das hintere Ende ist schwanzartig verengert und stumpf zugespitzt, und auf dem verengerten, gerad abgestutzten Vorderende ist eine symmetrische, gleichschenklig dreieckige Oberlippe aufgesetzt. Der Rucken ist sehr flach, nur die Scheibe etwas gewölbt; Längsrippen fehlen entweder gänzlich oder es finden sich nur auf der Scheibe schwache Andeutungen, dafür aber erhebt sich in der Mittellinie der Scheibe ein mehr oder weniger ent- wickelter, abgerundeter, flügeiförmiger Kamm. — Bei einer dritten Form, die ich besonders in sumpfigen Gewässern beobachtete, ist der Körper sehr schmal, die beiden Seiten sind fast ganz gerade und einander parallel, und das vordere Ende ist etwas erweitert und wie bei der ersten Form gestaltet. Zwischen diesen drei extremen Formen kommen alle möglichen Uebergangsstufen vor. Das weite, fast gleichseitig dreieckige Peristom (Fig. 7. i. p. I.) reicht kaum bis zur Mitte des Körpers hinab, seine rechte vordere Fortsetzung ist eine schmale Rinne, welche von dem schräg abgestutzten , nach vorn und innen zugespitzten Vorderrand der Stirn (st.) überdacht wird. Die vordem adoralen Wimpern stehen in einer geraden queren Reihe, welche mit der am Aussenrande des Peristorns herabziehenden Wimperreihe fast recht- winklig zusammenstösst. Der Innenrand des Peristorns ist knieförmig gebogen , der an ihm silzende häutige . aber starre Saum (i.) nimmt hauptsächlich die vordere gerade Hälfte des Innenrandes ein und verliert sich allmählig nach hinten zu. Innerhalb des Peristomfeldes verläuft eine breite, schräge Längsrinnc (d.); sie beginnt unter der Spitze der Oberlippe, zieht sich am Innen rande des Peristorns herab, erweitert sich nach hinten und aussen und endigt am Peristomwinkel. Diese Rinne, welche auf der rechten Seite von dem häutigen Saum des Innenrandes überragt wird, leitet auch von vorn her einen Nahrungsstrom zum Munde; sie bildet eines der auffallendsten Kennzeichen unserer Art. — Die neun Bauchwimpern sind in drei schräge, aus je drei Wimpern gebildete Reihen geordnet. Die beiden ersten (st.) stehen ganz vorn auf der Stirn, dicht hinter einander und dem Slirnrande parallel; die dritte Reihe ist viel schräger nach hinten gerichtet, ihre vorderste Wimper steht neben dem Innenrande des Peristorns, vor der Mitte desselben, ihre hinterste rechts neben dem Mittelfeld eingefügte ist den Afterwimpern genähert (Fig. 7) ; nur bei der scheibenförmigen Varietät (Fig. 1 1) sind die drei Bauchwimperreihen nahebei parallel. Die sechs vordem Bauchwimpern ragen weit nach vorn und aussen über den Körper hinaus, sie sind immer etwas grösser, als die. drei hintern; am stärksten sind die weit über den Hinterrand vorstehenden Afterwimpern entwickelt. Die Rand- wimpern (rr) variiren beträchtlich in Länge und Dicke, sie sind aber stets mehr griffel- als borstenförmig, die beiden rechten (r') sind an der Spitze constanl durch feine Seitenästchen gefiedert. Der sehr lange strangförmige Nucleus (Fig. 7. n.) liegt auf der linken Seite in der Nähe des Mittelfeldes, seine beiden Enden sind rechtwinklig nach innen umgebogen: das hintere umfassl den Hinterrand des Mittelfeldes. 34* 136 Zuweilen zeigte sich kurz vor den beiden Enden eine quere spaltförmige Höhle (Fig. 6. n.). Mehrmals beobachtete ich gleichzeitig an vielen Individuen einer Localität in der rechten Körperhälfte nahe am Penstom ein oder zwei sehr helle, blasse, durchsichtige Kugeln (Fig. 10. k. k. Fig. 11. k.); bei Anwesenheit von zwei Kugeln war die eine in der Regel beträchtlich kleiner als die andere. Nach Einwirkung von Essigsäure sonderte sich jede Kugel in eine weit abstehende Hülle und in einen ganz homogenen Inhalt. Die Individuen, welche diese Kugeln enthielten, zeigten stets noch einen besondern Nucleus (Fig. 10. II. n.) , dieser war jedoch viel kürzer und dünner, als bei den gewöhnlichen Individuen. Jene Kugeln mussten also offenbar Keimkugeln sein, die sich, auf Kosten des Nucleus gebildet halten; ihre weitere Entwickelung konnte ich leider nicht verfolgen. — Von der Quertheilung habe ich nur ein Stadium (Fig. 8) genau untersucht. In der hintern Körperhälfte zeigte sich links neben einer engen Längs- spalte der Anfang zu einem neuen adoralen Wimperbogen (p'.) ; auf der rechten Seite hatte sich bereits für die vordere und hintere Körperhälfte ein neues System von Bauch- und Afterwimpern und ein zweiter contracliler Behälter entwickelt. Ausserdem war noch das ganze ursprüngliche locomotive Wimpersyslem vorhanden, nur die mittelste Bauch wimper der dritten Reihe war geschwunden. — Sehr häufig trifft man zwei der Länge nach mit ihren linken Körperseiten innig verwachsene Individuen (Fig. 9) , die sich durch keinen Druck von einander trennen lassen. Die linken Hälften beider Individuen sind mit ihren Bauchflächen an einander gefügt und decken einander, so dass Peristom auf Peristom liegt und das eine Individuum dem Beobachter die Bauchseite, das andere die Ruck- seite zukehrt. Die beiden Kerne (n. n.) kreuzen sich in Form eines X. Eines der beiden Individuen ist meist etwas grösser, als das andere; jedes besitzt sein vollständiges locomotives Wimpersystem. Diese Verbindung zweier Indi- viduen galt bisher für Längstheilung, da ich jedoch niemals irgend eine ihr vorausgehende Entwickelungsstufe auffinden konnte, so bin ich geneigt, darin viel eher einen Conjugationsact zu erblicken. Die Thiere bewegen sich sehr schnell und anhaltend, unter beständigem Schwanken, indem sich die linke und rechte Seite abwechselnd heben und senken ; sie stehen kaum auf einen Augenblick still und sind daher trotz ihrer Grösse weit schwieriger zu beobachten, als Eupl. charon. Sehr häufig ist ihr Parencliym mehr oder weniger dicht mit lebhaft grünen Chlorophyllkörnern erfüllt (Fig. 9 — 1 I). Die Nahrungsstoffe und deren Zersetzungsproducte bilden gewöhnlich in der Mitte des Körpers einen dunklen, scharf abgegränzten Fleck (Fig. 6). Die grössten Indi- viduen der normalen Form sind -jV'" lang und durchschnittlich Ty — ^V" breit; die scheibenförmige Varietät ist fast so breit, als lang. Der Durchmesser der grössten Keimkugeln beträgt ¥V". 0. F. MüUer's Kerona patella gehört sicher hierher, wie sowohl ihre sehr kenntlich abgebildete Gesammtform, als auch ihr Aufenthalt beweisen. Müller unterschied bereits die sechs vordem Bauchwimpein (cornicula) und sämmtliche Afterwimpern (setae), auch giebt er eine innere, scharf begränzte Scheibe mit einem heilern Hof an. was ohne Zweifel eine Keimkugel war, von der sich die begränzende Membran abgehoben halte. — Ehrenberg 's Abbil- dungen sind vielfach ungenau und nicht einmal im Umriss richtig; die locomotiven Wimpern wurden zwar bis auf die beiden übersehenen verästelten Randwimpern vollständig erkannt, aber ihre relative Stellung ganz falsch auf- gefasst. Die rechte Aflerwimper wurde mit der hintersten Bauchwimper verbunden, die acht übrigen Bauchwimpern in die rechte Vorderecke versetzt, und die beiden viel zu gross dargestellten rechten Randwimpern einander und den Afterwimpern genähert. Auch das Peristom ist ungenügend dargestellt und ein innerer ovaler Körper, wahr- scheinlich eine Keimkugel, als Nucleus (Samendrüse) aufgefasst. — Ehrenbergs bei Berlin beobachteter Euploles viridis ist höchst wahrscheinlich nichts weiter als die Chlorophyll führende Form von E patella; die von jener Art gegebene Diagnose (testula ampla oblonga, fronte truncata, denticuln medio obtuso , dorso piano, ovulis viiidibus) passt wenigstens ganz auf E. patella. — Unter aller Kritik sind die Abbildungen von Dujardin; er hat eine beträcht- liche Anzahl locomotiver Wimpern hinzuphantasirt und alle zusammen ganz nach Gutdünken vertheilt. Ausser dem adoralen Wimperbogen erkannte er keine weiteren Structurverhältnisse. — Erst Clajtarede und Lachmann haben zwei Darstellungen geliefert, die sehr nahe mit meinen Beobachtungen übereinstimmen; sie haben namentlich die Zahl und Stellung der locomotiven Wimpern vollkommen richtig bestimmt, auch die mit den Afterwimpern abwech- selnden Rippen des Mittelfeldes unterschieden, die jedoch zu kurz und gleichförmig und bei der scheibenförmigen Varietät irrig nach links gerichtet angegeben werden. Auch der Bau des Peristoms wurde von ihnen zuerst genauer ermittelt, ich finde es jedoch bei der scheibenförmigen Varietät verhältnissmässig zu gross und seinen Innen- und Vorderrand nicht ganz naturgetreu dargestellt. Der Nucleus wird, wie von E Irrenberg . falschlich als ein ovaler Körper angegeben. 137 2. Euplotes harpa. Stein. (Taf. IV. Fig. (2—) 3). Körper lang oval, nach vorn erweitert mit gleichförmig abgerundetem Vorderrande ; Rücken mit 8 Längsrippen ; Stirnrand doppelt ausgebuchtet, dreizähnig; 10 Bauchwimpern. Diese neue, sehr grosse Art wurde von mir im August 1857 in der Ostsee bei Wismar entdeckt, wo sie nicht häufig vorkam. — Der langgestreckte, ovale Körper ist nach vorn etwas erweitert, der stark über die Stirn vorgezogene Vorderrand gleichmassig abgerundet, der linke Seitenrand vor der Mille schwach ausgebaucht, der rechte fast gerade und vorn in eine zahnförmige Spitze geendet. Ueber den massig gewölbten Rucken (Fig. 13) verlaufen acht gleich weil von einander entfernte, scharfkantige Liingsrippen, welche nach hinten convergiren, in der Nähe des Vorderrandes aber abgebrochen endigen. Das Peristom (Fig. 12. i. p.) ist ein langer und breiter harfen- ähnlicher Ausschnitt, der sich von der rechten Vorderecke des Körpers bis dicht an den Hinterrand des Mittelfeldes erstreckt. Die adoralen Wimpern stehen in einer continuirlichen Bogenlinie, die vordem, sehr langen und kräftigen, fast griffeiförmigen so nahe längs des Vorderrandes, dass sich keine deutliche Oberlippe absetzt, sondern nur ein schmaler Saum übrig bleibt, der nach hinten ohne Gränze in den Aussenrand des Peristoms übergeht. Der Innenrand ist vor der Mitte stark bogenförmig ausgeschnitten; sein hinterer längerer Schenkel trägt den stark niedergedrückten, etwas biegsamen, bandförmigen Randsaum (i.). Unter demselben sitzt eine Reihe dicht hinter einander stehender, äusserst zarter und kurzer Wimpern, welche dem Innenrande eingefügt und quer nach aussen gerichtet sind. Ich sah diese präoralen Wimpern, wovon sich bei Eupl. patella keine Spur findet, sehr deutlich langsam auf und nieder schwingen. — Der Stirnrand ist doppelt bogenförmig ausgeschnitten und daher dreizähnig; der äussere Zahn ist kurz und spitz und auch auf der Rückseite sichtbar, die beiden innern Zähne sind breite, stumpf zugespitzte Lappen. Das Mittelfeld (m ) erstreckt sich weit nach vorn, seine drei Hauptrippen reichen fast bis zum Stirnrand. — Von den zehn starken griffeiförmigen Bauchwimpern stehen sieben (st.) auf der Stirn und zwar vier in einer queren Reihe nahe am Stirnrande, drei in einer schrägen, von der rechten Vorderecke gegen den Ausschnitt des Innenrandes verlaufenden Linie, an je einer Hauptrippe des Mittelfeldes. Die drei übrigen Bauchwimpern gruppiren sich im Dreieck um die Mitte des rechten Seitenrandes; zwei stehen hinter einander unmittelbar am Rande, die dritte in der Mitte zwischen beiden auf dem Mittelfelde, neben der äussern Hauptrippe. Die Afterwimpern (a.) sind sehr lange und starke, geschlängelte Griffel, die Randwimpern (r. r.) kurzgrifflig und unverästell. — Der Nucleus (Fig. 13. n.) verhält sich wie bei der vorigen Art, desgleichen der contractile Behälter (c). — Die Länge des Körpers betrug tV — tV"- Der vorstehenden Art am nächsten verwandt ist der von Lachmann an den norwegischen Küsten entdeckte Euplotes longipes [Claparede und Lachmann Eludes p. 175. PI. VII. Fig. 3). Er zeigt genau dieselbe Stellung der Rauchwimpern, wie mein E. harpa, auch After- und Randwimpern verhalten sich ähnlich, allein der Rücken ist ganz glatt, das Peristom ist eine enge Spalte mit ganz geradem Innenrande und die adoralen Wimpern sind kurz und gleichartig. Bemerkenswert h ist. dass bei dieser Art die vordem adoralen Wimpern nicht, wie bei den übrigen Huploten, auf die Rückseite des Körpers versetzt werden. Lachmann, von dem die Zeichnung herrührt, scheint hiernach meine Auffassung von der Stellung dieser Wimpern zu theilen. Der E. longipes scheint mir übrigens nicht hinlänglich genau untersucht zu sein, da in der Abbildung weder ein Mittelfeld, noch am Innenrand des Peristoms ein Randsaum angegeben ist, welche Gebilde wohl schwerlich ganz fehlen werden. — Dujardin's Eupl. vannus (Infu- soires p. 436. PI. X. Fig. 10) kann möglicher Weise diese Art oder Eupl. harpa gewesen sein. 3. Euplotes charon Ehrbg. (Taf. iv. Fig. u— 20). Trichoda charon» , p. 229. Taf. XXXII. Fig. 12 — 20. Müller Animal. infusor. » cimex I p. 231. Taf. XXXII. Fig. 2 1— 24. Euplotes charon • 1 „, , , S. 37 8. Taf. XLII. Fig. X. Ehrenberq Die Infusionslhierchen _ _ „ __ _ _. „,„ » » appendieulatus ) * S. 379. Taf. XLII. Fig. XII. Ploesconia charon j p. 439. PI. X. Fig. 8 et 13. » affinis p. 441. PI. VT. Fig. 7. » » subrotunila Dujardin Infusoires p. 44 I . PI. XIII. Fig. 5. » » radiosa p. 4 42. » » longiremis ] p. 442. PI. X. Fig. 9 et 12. Euplotes charon Claparede et Lachmann Eludes p. 173. PI. VII. Fig. 10. Körper kurz oval, vorn und hinten schief abgestutzt; nach links bauchig erweitert, Rücken mit scharfkantigen Längsrippen, Stirnrand bogenförmig ausgeschnitten, 1 0 Rauchwimpern. Diese Art ist überall an der staubigen Oberfläche stehender süsser Gewässer und namentlich in fauligen Infu- S | e i » . Orfjanismus ()er lufusioüsiiiiere. »35 138 sionen sehr gemein ; noch hiiufiger und massenhafter tritt sie in längere Zeit aufbewahrtem Meereswasser auf. das oft ganz von diesen Thieren wimmelt. Ich beobachtete sie sowohl im Ostseewasser von Stralsund, Wismar, Travenninde und Eckernförde, wie auch im Mittelmeerwasser von Triest. Je nach dem Aufenthalte variirt das Thier beträchtlich; ich habe nur die am genauesten von mirstudirle Süsswasserform abgebildet. - — Der Körper ist kurz und breit oval, fast rundlich; der Vorder- und Hinterrand sind schief von vorn und rechts nach links und hinten abgestutzt (Fig. 1 5) und einander parallel. Der rechte Seitenrand ist nur schwach nach aussen gebogen . der linke in der Mitte (Fig. 1 5) oder noch gewöhnlicher hinter der Mitte (Fig. 14. 17) sehr stark ausgebaucht; er verengert sich nach vorn und geht in einem sanften Bogen, ohne eine Ecke zu bilden, in den Vonlerrand über. Der Rücken (Fig. 15. 16) ist stark gewölbt; er wird bei der Süsswasserform durch eine scharfkantige, oft stark geflügelte Längsrippe (Fig. 15), welche von der linken Ecke des Hinlerrandes zu dem gegenüberliegenden Puncte des Vorderrandes verläuft, in zwei ungleich grosse, dachförmig an einander slossende Felder getheill. Das rechte, grössere Riickenfeld fällt stark nach dem rechten Seitenrande zu ab; neben demselben erhebt sich eine scharfkantige oder geflügelte Längsrippe, welche stark gegen die Bauchseite geneigt ist und nach aussen über den Seitenrand vorspringt (Fig. 1 4). Zwischen den beiden Hauptrippen verlaufen noch drei niedrigere, gleich weit von einander abstehende Längsrippen, welche jedoch zuweilen gänzlich fehlen oder nur sehr undeutlich sind. Das linke kleinere Rückenfeld ist flacher, oft sogar etwas ausgehöhlt, es trägt einen (Fig. 15) oder zwei (Fig. 14) feine Längskiele, die oft fehlen oder durch zwei Körnchen- reihen (Fig. 17) vertreten sind. Auch innerhalb der fünf Rippen des rechten Ruckenfeldes zeigt sich häufig eine continuirliche Reihe dunkler Körnchen eingeschlossen, die Rippen selbst aber sind stets glattrandig. Das Peristom reicht stets über die Mitte des Körpers hinaus, oft bis zum Hinterrande des Mittelfeldes, sein Aussenrand ist auffallend breit, während das Peristomfeld schmal ist. Die adoralen Wimpern setzen einen continuir- lichen Bogen zusammen, dessen vordere Hälfte dem Rande so genähert ist, dass sich kaum ein lippenartiger Saum bildet; sie nehmen von vorn bis zur Mitte an Länge zu. Der Innenrand des Peristoms ist hinter der Mitte sehr charac- teiistisch schief nach hinten eingeschnitten; der auf den Einschnitt folgende Randlheil (Fig. 14. i.) ist dünnhäutig und gegen das Peristomfeld geneigt, er vertritt den Randsaum der vorigen Art und scheint ebenfalls eine äusserst zarte, präorale Wimperreihe zu bedecken, die ich mehrmals gesehen zu haben glaube. — Der Stirnrand ist einfach bogenförmig ausgeschnitten; die drei Hauptrippen des schmalen Mittelfeldes sind ungleich lang, die mittelste reicht meist bis auf die Stirn, die beiden andern sind abgekürzt, besonders die innere. — Vom Peristomwinkel verläuft eine Längsrippe fBauchrippej zur linken Ecke des Hinterrandes, wodurch die Bauchseite ebenfalls in zwei ungleiche Felder getheilt wird, von denen das linke kleinere gegen den Rücken aufsteigt. — Die zehn hakenförmigen Bauch - wimpern sind sehr ähnlich gruppirt, wie bei der vorigen Art, von den sieben der Stirn angehörigen stehen jedoch stets drei dicht hinter einander am Innenrande, und die vereinzelte auf dem Mittelfelde ist etwas weiter nach vorn gerückt. Die Afterwimpern sind dünne, gerade Griffel, die Randwimpern kurze unverästelte Borsten oder Häkchen; die beiden linken stehen mehr nach innen, in der Nähe der hintern Bauchrippe. — Der strangförmige Nucleus Fig. I 4. n.) liegt um die Mitte des Körpers fast ringförmig zusammengekrümmt. Die Querlheilung habe ich durch alle Stadien verfolgt. Im ersten Stadium (Fig. 17) zeigt der Körper noch seine gewöhnliche Form und Bewimperung, dicht hinter dem Peristom erblickt man aber eine schiefe, dem Aussen- rände des Peristoms fast parallele, tiefe Spalte (p'), welche die erste Anlage des neu zu bildenden Peristoms dar- stellt. Gleichzeitig oder etwas später erscheinen auf dem Mittelfelde und vor demselben mehrere quere schräge Reihen von sehr feinen, dicht bei einander stehenden, langsam undulirenden Wimpern (w.) , deren Zahl sich jetzt noch nicht genau bestimmen lässt. Jede Wimper macht den Eindruck eines sehr niedrigen, der Bauchfiäche ange- wachsenen , undulirenden Hautstreifens. Die auf dem Mittelfeld stehende Bauchwimper verschwindet frühzeitig. — Im zweiten Stadium der Querlheilung (Fig. 18) hat sich der mütterliche Körper hauptsächlich durch Ausdehnung der schmalen zwischen dem ursprünglichen Peristom und dem Hinterrande des Mittelfeldes gelegenen Körperregion beträchtlich in die Länge entwickelt. Gleichzeitig haben sich die Hauptrippen des Mittelfeldes, namentlich die beiden rechten, weit nach vorn verlängert; auch die hinlere Bauchrippe und der Nucleus (n.) sind viel länger geworden, und letzterer hat sich dem linken Seitenrande parallel gelagert. Das ursprüngliche Peristom nimmt jetzt die vordere Körperhälfte ein, die frühere schiefe Spalte ist in die hintere Körperhälfte gerückt und hat sich in einen längern und breitern Längsausschnitt (p'.) verwandelt, dessen Aussenrand mit einer Reihe zarter Wimpern besetzt ist. Dieser Ausschnitt giebt sich nun deutlich als die Anlage zu einem neuen Peristom zu erkennen ; vor demselben sind zwei neue Randwimpern entstanden. Die frühem zarten Wimpern des Mittelfeldes haben sich zu Häkchen und Griffeln 139 entwickelt und so gruppirt, dass sie für die vordere und hintere Körperhälfte je ein neues System von Bauch- und Aftervvimpern bilden. Von den locomotiven Wimpern des Mutterthieres sind noch die vier vordem, auf der Stirn stehenden und die zwei seitlichen Bauchwimpern, ferner die Afler- und Randwimpern vorhanden. Neben den neuen Aftervvimpern der vordem Hälfte hat sich ein zweiter contracliler Behälter (c.) gebildet; die neuen Aftervvimpern der hintern Hälfte sind unmittelbar vor den alten Aftervvimpern eingefügt. — Im letzten Stadium der Quertheilung 'Fig. 19) hat sich der Körper noch mehr verlängert und zwischen der vordem und hinlern Körpern älfte ist jederseits ein liefer Einschnitt entstanden, der die nunmehr fast vollständig entwickelten Theilungssprösslinge von einander sondert. Dicht vor dem rechten Einschnitte sind die beiden noch fehlenden Randwimpern für den vordem Thei- lungssprössling hervorgewachsen, der jetzt nur noch mit drei überzähligen Bauchwimpern am Slirnrande versehen ist. Am hinlern Theilungssprössling ist der grösste Theil des Peristoms entwickelt und die neuen Afterwimpern haben die alten entweder ganz oder iheilweis verdrängt; an der abgebildeten Form waren noch zwei alte After- wimpern vorhanden. Auf einem etwas frühern Stadium der Quertheilung slossen die adoralen Wimpern des vordem und hintern Theilungssprösslings oft so innig an einander, dass sie zusammen einen continuirlichen Wimperbogen bilden. Kurz vor der völligen Trennung beider Theilungssprösslinge verschiebt sich wieder, wie bei Slyloplotes, der vordere nach rechts, der hintere nach links. In neuester Zeit, als die Tafeln bereits gestochen waren, habe ich auch bei Eupl. charon jenen Zustand überaus häufig beobachtet, von dem es zweifelhaft bleibt, ob er Längstheilung oder Conjugation darstellt. Ehrenberg hat denselben bereits abgebildet (a. a. 0. Fig. X. 5) und als Längstheilung gedeutet. Die beiden Individuen waren auf dieselbe Weise an einander gefügt, wie bei Eupl. patella, sie deckten sich aber nur mit ihren linken Seiten- rändern und lagen daher mehr neben als über einander. Jedes Individuum enthielt seinen gewöhnlichen slrang- förmigen Nucleus, welcher stets nahe am linken Seitenrande lag, beide Nuclei kreuzten sich jedoch nicht, sondern waren noch durch einen kleinern oder grössern Zwischenraum von einander getrennt. Neben jedem Nucleus unter- schied ich in vielen Fällen mit grösster Bestimmtheit zwei kleine, dem Nucleus innig anliegende und etwa um ein Drittel seiner Länge von einander entfernte, ovale Körperchen, welche ganz den Eindruck machten, wie derNucleolus der Paramäcien, wenn sich derselbe zu einer Spermatozoenkapsel zu entwickeln beginnt (vergl. S. 98). Ich erkannte an jedem ovalen Körperchen eine dünnhäutige Hülle und einen längsstreifigen Inhalt; die Körperchen sind daher höchst wahrscheinlich nucleolusarlige Gebilde, in welchen sich Spermalozoen entwickeln. Dass die in Rede stehende Verbindung zweier Individuen, mag sie nun Längstheilung oder Conjugation sein, eine geschlechtliche Fortpflanzung zum Ziele hat, schliesse ich auch daraus, dass gleichzeitig in der Flüssigkeit, welche so reich an conjugirten Indi- viduen war, sehr häufig einfache Individuen vorkamen, die in der Mitte des Körpers eine eben solche helle, homo- gene Keimkugel enthielten, wie Eupl. patella; neben derselben zeigte sich gewöhnlich noch ein kurz strangförmiger Rest des ursprünglichen Nucleus. Statt einer Keimkugel waren zuweilen zwei kleinere vorhanden. Euplotes charon geht nicht selten in einen ruhenden Zustand über, indem sich das Thier kugelförmig zusammenzieht, worauf sich sein Panzer ringsherum vom Parenchym trennt, welches sich mit einer neuen Panzer- hülle umgiebt. Der abgelöste Panzer gestaltet sich zu einer rundlichen, planconvexen Cyste (Fig. 20), welche ringsum geschlossen ist; ihre plane Seite ist ganz glatt, die convexe zeigt sechs bis sieben sehr zierlich quer gefaltete Rippen, welches die frühem Längsrippen des Panzers sind, die in Folge der Verkürzung zahlreiche, dicht auf einander folgende quere Einschnitte bekommen haben. An dem eingeschlossenen Körper unterschied ich nicht selten die adoralen Wimpern und in der Regel sehr deutlich den strangförmigen Nucleus. Ich beobachtete die Cysten im Juli 1855 sehr häufig in einer Mistpfütze bei Tharand in Gesellschaft zahlloser freier Thiere. Mehrmals traf ich auch leere Cysten, welche an dem einen Pole mit einer weiten, unregelmässig zerrissenen Oelfnung versehen waren A. Schneider hat zuerst auf diese merkwürdigen, durch Häutung entstehenden Cysten aufmerksam gemacht (Müllers Archiv 1854. S. 201). Beiläufig sei hier bemerkt, dass ich auch bei Opercularia articulata Häutung des ganzen Thierkörpers beobachtet habe, ohne dass jedoch die abgelegte Haut als Cyste verwendet wird. Die Bewegungen von E. charon sind characteristisch. Die Thiere schwimmen nicht so rastlos und unstät umher, wie E. patella, sondern sie bleiben bald still stehen und ruhen, auf ihre hakenförmig umgebogenen Bauch- wimpern gestützt, einige Zeit aus, während nur die adoralen Wimpern Nahrung herbeiwirbeln. Dann laufen sie , die Bauchwimpern als Füsse benutzend, eine kurze Strecke vorwärts oder rückwärts und stehen nun wieder still. So wechselt Laufen und Ruhen oft längere Zeit mit einander ab, bis sie dann plötzlich wieder zu schwimmen anfangen. Stossen sie auf grössere fremde Körper, so klettern sie an denselben auf und nieder. Während des Stillstehens der 140 Tfaiere hat man hinlängliche Müsse, ihre gesammte Organisation genau zu studiren; man bestimmt dann auch leicht an dem häufig zu beobachtenden Ausl ritt von Excrementen die Lage des Afters (Fig. 1 4. z.). — Die Meeresform stimmt in allen wesentlichen Punclen mit der Süsswasserform überein, sie ist aber gewöhnlich schlanker und weniger stark nach links ausgebaucht, der Rücken ist gleichförmig gewölbt und abgerundet und die 6 — 7 Rückenrippen sind gleich stark entwickelte, scharfkantige Kiele. Die Bauch- und Afterwimpern sind verhältnissmässig längere und kräftigere, mehr geschlängelte Grifiel, und namentlich zeichnen sich die Randwimpern durch grössere Länge und Feinheit aus. Wegen dieser Unterschiede hielt ich die Meeresform Anfangs für eine eigene Art, die ich als Eupl. appendiculalus Ehbg. bestimmte (Die Infusionsth. S. I 57). Allein die Körperform und die relative Entwickelung der Rippen und locomotiven Wimpern variirt auch bei der Süsswasserform bedeutend, und man trifft, unter gewöhn- lichen Individuen derselben oft genug auch solche, die in jeder Beziehung mit der Meeresform übereinstimmen. — Die Süsswasserform wird selten über ^V'" hing, von der Meeresform sah ich oft Individuen von T*T — -£Y'" Länge. Müller' s Trichoda charon und Tr. cimex ziehe ich ohne jedes Bedenken zu der gegenwärtigen Art; die Tr. charon stellt die Meeresform dar, die Tr. cimex, welche von Müller selbst als »Charonti nimis similis« bezeichnet wird, ist die Süsswasserform. Aus den sehr rohen und unvollkommenen Abbildungen allein geht dies freilich nicht mit Sicherheit hervor, wohl aber aus den damit combinirlen Angaben über das Vorkommen, die Bewegungs- weise und die Fortpflanzung. — Ehrenberg's Abbildungen von Eupl. charon sind im Ganzen characteristisch gehalten, sie stellen namentlich die Totalform des Körpers und das Peristom ziemlich richtig dar, selbst der characteristische Ausschnitt am Innenrande des Peristoms ist in Fig. X. 1 scharf hervorgehoben. Die Zahl und Stellung der Bauch- wimpern ist jedoch nicht mit der nöthigen Schärfe beobachtet; es werden nur 7 — 8 Bauchwimpern in unrichtiger Stellung angegeben, die Randwimpern sind ganz übersehen. Ferner wird der After auf die linke Seite neben die fünfte Aftervvimper versetzt und der Nucleus als ein scheibenförmiger Körper dargestellt. — Der Eupl. appendicu- lalus Ehbg. ist meiner Ansicht nach nichts weiter, als die Meeresform von E. charon , an der die Randwimpern erkannt, die Bauch- und Afterwimpern aber ungenau beobachtet wurden; kein Euplotes kann, wie Ehrenberg angiebt, 4 After- und 3 Bauchwimpern besitzen. — Der Eupl. truncatus Ehbg. (Die Infusionsth. S. 379. Taf. XLII. Fig. XIII), welcher die normale Zahl der After- und Randwimpern zeigt, aber nur mit 7 Bauchwimpern versehen sein soll, gehört entweder auch hierher oder wegen des langem und weitem Peristoms und wegen des zahn- förmigen Fortsalzes am Vorderrande der Stirn zu E. harpa. — Ganz unzuverlässig ist E. striatus Ehbg. (a. a. 0. Fig. XI), schon deshalb, weil bei ihm das Peristom in der rechten Körperhälfte liegen soll; Bauchwimpern wurden bei ihm nur 3 — 4, Afterwimpern ö — ü, und Randwimpern gar nicht unterschieden. Ich vermuthe. dass ebenfalls nur E. charon beobachtet wurde. — Von Dujardiris höchst flüchtig uniersuchten Plösconien scheinen mir PI. affinis. subrotunda und radiosa wegen ihres Vorkommens im süssen Wasser und wegen der Totalform ihres Körpers und des bogenförmig ausgeschnittenen Stirnrandes unbedingt zu E. charon zu gehören, während seine PI. charon und longiremis allem Anschein nach auf der Meeresform unserer Art beruhen. Dujardiris überall irrige Angaben über die locomotiven Wimpern dürfen natürlich gar nicht in Betracht gezogen werden. — Lachmann hat zuerst für E. charon die Zahl und Stellung der locomotiven Wimpern und die Lage des Afters richtig bestimmt (Müllers Archiv 1856. Taf. XIV. Fig. 10;. Noch sorgfältiger ist die in den Etudes von Claparede gelieferte Abbildung der Bauchseite dieses Thieres ausgeführt; es ist jedoch das Mittelfeld nicht deutlich und der Ausschnitt am Innenrand des Peri- stoms gar nicht unterschieden, auch wird wieder der Nucleus scheibenförmig angegeben. Vierte Familie. Oxytrichina. Ehrbg. Character: Körper bald gepanzert , bald nur formbeständig , bald metabolisch . meist langgestreckt, mit convexem Rücken und planer Bauchseite. Im vordem Theil der linken Bauchhälfte ein offener, verschieden gestalteter, nach hinten am meisten vertiefter und zugespitzter Peristomausschnitt, dessen Aussenrand von einer adoralen Wimperreihe eingefasst wird, die sich über den Vorderrand des Körpers bis zum rechten Seitenrande fortsetzt. Die Bauchfläche trägt jederseits eine continuirliche Reihe von Randwimpern und ausserdem noch eine oder mehrere , gerade oder schräge Reihen von griffe!-, häkchen- oder borstenförmigen Wimpern. Mund am Innenrande des Peristoms. After vor dem hintern Körperende oder nahe an demselben. Die Familie der Oxytrichinen wurde von Ehrenberg im .1. 1830 (Abhandl. der Berliner Academie S. 43 mit den vier Gattungen Oxytricha, Kerona, Urostyla und St\ lonychia begründet. Hierzu kam im grossen Infusorienwerke noch die Gattung Ceralidium, die auf einer ganz unklar erkannten, von Ehrenberg in der allerfrühesten Periode seiner 141 Forschungen mit allzu schwachen Vergrösserungen beobachteten Infusorienform beruht. Da diese seit 1S20 nicht wieder aufgefunden werden konnte und aus der gegebenen Darstellung nicht einmal mit Sicherheit zu ersehen ist, ob sie wirklich zu den Oxytrichinen und nicht vielmehr zu den Euplotinen gehört , so dürfte es wohl gerechtfertigt sein, die Gattung Ceratidi um ganz aufzugeben, zumal da sich der schon von Dujardin ausgesprochene Verdacht nicht unterdrücken lässt, dass das fragliche Thier wohl nur ein Bruchstück von irgend einer Oxytrichine gewesen sein möge. Ehrenberg characterisirt die Oxytrichinen als panzerlose Magenthiere, die einen Darm mit zwei getrennten, nicht an den Körperenden gelegenen Mündungen oder doch letztere deutlich erkennen lassen und welche neben wirbelnden Wimpern auch nicht wirbelnde Borsten, Griffel und Haken führen. Dieser Character muss, abgesehen von den irrigen Vorstellungen, die er involvirt, wesentlich geändert werden, da er die Oxytrichinen nicht sicher von den Euplotinen unterscheidet. — Dujardin nahm die Familie der Oxytrichinen an und definirle sie nicht besser, wie Ebrenberg , er änderte aber den Familiennamen, ohne dass irgend ein Grund dazu vorlag, in den Namen Kero- niens um. Die Gattungen Stylonychia und Kerona zog er mit Unrecht in die eine Gattung Kerona zusammen; eben so verfehlt war es, die auf Trichodina grandinella Ebbg. gegründete Gattung Halteria, welche einem durchaus andern Organisationstypus angehört, mit den Oxytrichinen zu verbinden. Dagegen erkannte Dujardin zuerst richtig, dass die Gattung Uroleptus Ebbe/., welche von ihrem Gründer in die Familie der Colpodeen gestellt wurde, nach Aus- schluss gewisser Arten mit den Oxytrichinen vereinigt werden müsse. — Perly nahm die Oxytrichinen in dem Umfange, wie Dujardin, nur schloss er die Gattung Kerona Ebbg. davon aus und brachte sie lediglich wegen ihrer schmarotzenden Lebensweise in seine wunderliche, Opalinen und bursarienartige Infusorien umfassende Familie Cobalina. Da Pcrhj nach Dujardin s Vorgang statt des Ehretiberg'schen Gattungsnamens Stylonychia den allen Müller'- schen Namen Kerona wieder herstellen zu müssen glaubte, der doch keineswegs mit Stylonychia Ebbg. synonym ist, so war er genöthigt, für die Gattung Kerona einen neuen Namen, Alastor, zu schallen. Dies Verfahren kann unmöglich gebilligt werden. Die Gattung Uroleptus vereinigte Perty mit Oxytricha. Ferner gründete er auf zwei nicht mit genügender Schärfe beobachtete Oxylrichinen die beiden neuen Gattungen Stichotricha und Mitophora. Die letztere Gattung, welche auf einem ganz unzureichend untersuchten Thier beruht, muss entschieden zurück- gewiesen werden ; die Galtung Stichotricha dagegen glaube ich in einer von mir genauer untersuchten Oxytrichinen- form wieder zu erkennen, ich nehme sie mit veränderten Characleren an. — Claparede und Lachmann ziehen die Gattungen Oxytricha, Uroslyla und Uroleptus in die eine Gattung Oxylricha zusammen, die Galtung Stylonychia nehmen sie in dem Sinne von Ehrenberg an, die Gattung Kerona aber, welche sich ihren Nachforschungen entzog, wird unbestimmt gelassen. Dafür wurde eine neue Gattung Stichochaela aufgestellt, welche mit Stichotricha Perty nahe verwandt ist. — Ich bin zu dem Resultate gelangt, dass die vier Oxytrichinengattungen Stylonychia, Kerona, Oxytricha und Urostyla, sowie auch die Gattung Uroleptus aufrecht zu erhalten sind; ausserdem errichte ich noch drei neue Gattungen: Onychodromus, Pleurotricha und Psilotricha. Hierzu kommen noch die Gattungen Stichotricha Perly und Slichochaeta Clap. Lachm. , die Familie umfasst demnach gegenwärtig 10 Gattungen, von denen ich nur Stichochaela nicht aus eigener Anschauung kenne. Die Oxytrichinen sind fast sämmtlich mehr oder weniger lang gestreckte Thiere, deren meist farbloses und durchsichtiges Parenchym sehr verschiedene Grade der Consistenz besitzt. Bei drei Gattungen ist der Körper eben so deutlich gepanzert, wie bei den Euplotinen; bei zwei andern ist er zwar weniger starr und nach gewissen Rich- tungen ziemlich biegsam, aber in seiner Totalform nicht veränderlich; bei den übrigen ist er nach allen Richtungen mehr oder weniger dehnbar und biegsam, er kann sich meist lang ausrecken und beträchtlich verkürzen. Rücken- und Bauchseite sind stets glatt und niemals mit Längsrippen versehen, noch gefurcht. — Das Perislom ist ein sehr verschieden breiter, gewöhnlich fast dreieckiger oder eiförmiger, mit der Spitze nach rückwärts und innen gerichteter Ausschnitt, der lediglich auf den vordem Theil der linken Bauchhälfte beschränkt bleibt und vorn keinen queren Forlsalz nach der rechten Körperseite aussendet. Er ist muldenförmig ausgehöhlt und nach hinten und innen zu am stärksten vertieft, nach vorn verflacht er sich mehr oder weniger und steigt rechts sanft aufwärts. Der Innenrand des Peristoms, welcher stets eine undulirende Membran trägt, reicht nicht bis zum Vorderrande, daher das Perislom vorn nach rechts ollen ist. Den Aussenrand des Peristoms bildet eine breite, bandförmige, gegen das Peristomfeld stark geneigle Zone, deren innerer Seite die adoralen Wimpern eingefügt sind. Diese setzen sich über den Vorder- rand des Korpers wenigstens bis zu dem Puncte fort, wo der verlängerte Innenrand des Peristoms den Vorderrand schneiden würde, noch häufiger aber erstrecken sie sich noch über diesen Punct hinaus bis in die Nähe des rechten Seilenrandes. Die vordem adoralen Wimpern werden meist von einer halbmondförmigen Obeilippc überragt; hin- Slein, Organismus der lufusionstliicre. Qß 142 sichtlich ihrer Stellung verhallen sie sich wie bei den Euplolinen. Das Peristom reicht höchstens bis zur Mitte des Körpers , nicht seilen ist es aber viel kürzer. Den rechts an das Peristom grunzenden Theil der Bauchseite bezeichne ich als Stirnfeld , den ganzen hinter dem Peristom gelegenen Theil der Bauchseite als Bauch im engern Sinn. Das Stirnfeld senkt sich vorn nach innen zu und geht ohne Granze in das Peristomfeld über; ein vorderer Stirnrand ist nur bei einer Gattung vorhanden. Die locomotiven Wimpern sind stets reihig angeordnet; ihre Zahl, Stellung und relative Grösse, die freilich schwierig zu ermitteln sind, bieten die zuverlässigsten Gattungs- und Artenkennzeichen dar. Constant sind zwei Reihen von borstenförmigen Randwimpern vorhanden , die eine säumt den ganzen rechten Seitenrand , die andere den hinter dem Aussenrande des Peristoms gelegenen Theil des linken Seitenrandes. Beide Reihen gehen gewöhnlich am Hinterrande in einander über, selten lassen sie eine Lücke zwischen sich, in der dann meist drei verlängerte Wimpern (Schwanzwimpern) stehen. Nahe vor dem hinlern Ende findet sich meist eine schräge Reihe von 5 — 12 griffe!- oder borstenförmigen Afterwimpern, die jedoch gewissen Gattungen gänzlich fehlen. Ausserdem sind ein, zwei oder mehrere, über das Stirnfeld und den Bauch verlaufende gerade oder schräge Längsreihen von Bauch- wimpern vorhanden, welche die meisten Variationen zeigen. Auf dem Stirnfelde sind häufig alle Bauchwimpern oder doch die vordersten und innersten anders gruppirt oder anders gestaltet, als auf dem übrigen Bauche; wir können diese dann als Stirnwimpern unterscheiden. In andern Fällen sind die Bauchwimpern sämmtlich gleichartig und dann entweder griffeiförmig oder borstenförmig. Bei Anwesenheit von mehreren Bauchwimperreihen können die beiden innersten von Gritfein, die äussern von Borsten gebildet werden. Der Mund ist eine neben dem Innenrande des Peristoms verlaufende Längsspalte; ein Schlund fehlt. Der After liegt entweder links neben den Afterwimpern oder nahe vor dem hintern Bauchende. — Der contraclile Behälter findet sich stets am linken Seitenrande, meist nahe hinter dem Peristom; er rückt nie in die hintere Körper- hällle. — Der Nucleus ist oval oder rund, meist mit einer queren spallförmigen Höhle versehen und fast immer in doppeller Anzahl vorhanden; nur eine Gattung besitzt vier Kerne. Neben dem Nucleus findet sich wahrscheinlich überall ein besonderer, sehr kleiner Nucleolus. — Eine geschlechtliche Fortpflanzung ist bei drei Gattungen beobachtet, jedoch noch keineswegs vollständig erforscht. — Die gewöhnlichste Vermehrungsweise ist die Quer- theilung; ausserdem kommt aber auch wahre Längstheilung vor. Die Oxytrichinen bewohnen vorzugsweise die süssen Gewässer; aus dem Meere sind bisher nur wenige Formen bekannt geworden, die sich sämmtlich nahe an die Süsswasserformen anschliessen. Uebersicht der Gattungen der Oxytrichinen: A. Mit griffelförmigen , in 2, seltener 3 — 4 medianen Längsreihen stehenden Baucliwimpern und mit griflel- förmigen Stirn- und Afterwimpern. Körper gepanzert oder doch formbeständig. t) ohne seilliche borstenförmige Baucliwimpern. Körper gepanzert. a) mit 3 Längsreihen von Stirnwimpern und 3 — 1 Längsreihen von Baucliwimpern I. Onychodromus. b) mit 8 ringförmig gruppirten Stirnwimpern und 5 in zwei Längsreihen siehenden Bauchwimpern 2. Stylonyehia. 2) mit seillichen borstenförmigen Bauchwimpern. Körper formbeständig 3. Pleurotricha. B. Mit borstenförmigen Bauchwimpern. Bei Anwesenheit von zwei Längsreihen von Bauchwimpern sind diese zuweilen fast grifl'elförmig; dann ist aber der Körper stets metabolisch. )) ohne Afterwimpern und meist auch ohne Stirnwimpern. Körper hinten zugespitzt oder schwanzartig verlängert. a) mit 6 schrägen, bogenförmigen Reihen kurzborstiger Bauchwimpern. Körper nierenförmig 4. Kerona. b) mit einer einzigen schrägen Längsreihe kurzborstiger Bauchwimpern. Körper vorn halsartig verlängert 5. Slichotricha. c) mit 2 Längsreihen von Bauchwimpern aa) mit 3 griffelförmigen Stirnwimpern, Bauchwimpern dicht stehend, kurzborslig ti. Uroleptus. bb) ohne Stirnwimpern, Bauchwimpern (und Randwimpern) weit von einander entfernt und sehr langborslig. Körper gepanzert 7. Psilotricha 2) mit Aflerwimpern und Slirnwimpern, Körper hinten meist abgerundet, stets metabolisch. a) mit 2 medianen Längsreihen von Bauchwimpern 8. Oxylricha. b) mit 5 oder mehreren Längsreiheu von Bauchwimpern 9- üroslyla. 143 1. Gattung, Oiivcliodroimis. Stein. (Taf. V). Character: Korper gepanzert, länglich elliptisch, fast rechteckig: Peristom von halber Ktirperbreite , bis zur Mitte der Bauchseite reichend; 3 schräge Längsreihen von griffeiförmigen Wimpern auf dem Stirnfelde und 3 — 4 ähnliche Reihen auf dem Bauche, dahinter 5 — 6 griffeiförmige Afterwimpern. Nucleus in vier- oder mehrfacher Anzahl. Die Gattung Onychodromus wurde von mir zuerst in der Januarnummer der Lolos vom J. 1859. S. 4 unter- schieden; sie beruht auf einer neuen, sehr grossen Oxytrichinenform, welche in ihrem Habitus viel Aehnlichkeit mit Stylonychia mytilus besitzt und leicht mit diesem Thiere verwechselt werden kann. Sie unterscheidet sich jedoch sehr scharf und auffallend von der Galtung Stylonychia sowohl durch die viel grössere Anzahl von Stirn- und Bauchwimpern, wie auch durch die ganz verschiedene Stellung derselben; ausserdem entfernt sie sich von allen Oxytrichinen durch die mindestens doppelt so grosse Anzahl von Kernen. Das Körperparenchym ist nach aussen fast eben so stark panzerartig verdickt und erhärtet, wie bei den Euplo- tinen und besitzt eine noch grössere Resistenz, als bei Stylonychia mytilus. Die Form des Körpers variirt nach dem Alter beträchtlich. Bei Jüngern Individuen ist derselbe langgezogen elliptisch mit fast parallelen Seitenrändern (Fig. 3. 4) und mehr als noch einmal so lang, als breit. Je älter die Thiere werden, um so mehr entwickelt sich der Körper in die Breite, so dass der Querdurchmesser oft mehr als zwei Drittel des Längsdurchmessers beträgt und der Umriss des Körpers abgerundet rechteckig wird. Der rechte Seitenrand ist dann in der Mitte mehr oder weniger nach aussen und der linke entsprechend nach einwärts gekrümmt (Fig. 1); seltener sind beide Seitenränder nach einwärts gekrümmt (Fig. 2) oder einander fast parallel. Das hintere Körperende ist sowohl bei altern, wie auch bei jungern Thieren häufig gerade oder schief abgestutzt, in der Mitte seicht bogenförmig ausgerandet und an den Ecken abgerundet (Fig. 1. 4). Das vordere Körperende ist stets auf der linken Seite mehr oder weniger schief abgestutzt und daher ungleichschenklig dreieckig zugespitzt; der linke längere Schenkel nimmt namentlich bei altern Thieren den grössten Theil des Vorderrandes ein , er bildet fast allein den Vorderrand des Peristoms. Denn die adoralen Wimpern beginnen nur wenig nach rechts unter der mehr oder weniger scharf als Oberlippe sich absetzenden Spitze des Vorderrandes und begleiten dann den linken Schenkel desselben, dem sie sich immer mehr nähern, bis in die Nähe der linken Seitenecke. Hier biegen sie auf dem sehr breiten, quergestreiften, bandförmigen Aussenrand des Peristoms (Fig. 1. p.) um, der fast genau bis zur Mitte des Körpers oder noch tiefer hinabreicht. Der Innenrand des Peristoms fällt beinahe mit der Mittellinie der Bauchseite zusammen, er wendet sich vorn nach rechts gegen den Anfangspunct des adoralen Wimperbogens, bis zu dem er jedoch nicht ganz heranreicht. Das Peristom ist demnach ein sehr breiter, sphärisch dreieckiger Ausschnitt , der den grössten Theil der vordem Hälfte der linken Bauchseite einnimmt. Der Innenrand des Peristoms trägt eine sehr entwickelte, bandförmige undulirende Membran (Fig. I. i.) und unter derselben noch feinborstige präorale Wimpern. Auf dem vordersten Theil des Stirnfeldes , da, wo dasselbe in das Perislomfeld übergeht, stehen drei kräftige griffeiförmige Wimpein im Dreieck (Fig. 1 . st.). Hierauf folgen zwei schiefe, den Innenrand des Stirnfelds begleitende und demselben parallele Längsreihen von etwas kürzern, meist hakenförmig gekrümmten Griffeln (st'). Die rechte Längsreihe beginnt etwas weiter nach vorn, als die linke, daher die Wimpern beider Reihen mit einander alterniren. In jeder Beihe stehen gleich viele, nach hinten an Grösse etwas abnehmende Wimpern; die Zahl derselben ist jedoch nicht constant, sie nimmt im Allgemeinen mit dem Alter zu, variirt aber auch bei gleich grossen Indi- viduen nicht unbedeutend. Die geringste Anzahl von Wimpern beträgt fünf für jede Beihe, sie findet sich bei allen Jüngern Individuen (Fig. 3); bei den ältesten beobachtete ich sehr gewöhnlich acht (Fig. 2), zuweilen neun bis zehn (Fig. I) in jeder Reihe. Ausserdem trägt das Stirnfeld nach aussen und vorn noch constant drei mehr borsten- förmige, gerad nach hinten ausgestreckte Wimpern, welche eine dritte, den beiden innern parallele Längsreihe zusammensetzen. In der verlängerten Richtung derselben stehen weiter nach hinten auf dem Stirnfeld zuweilen noch zwei hakenförmige Griffel dicht neben einander (Fig. I). Die Gesammtzahl der lediglich dem Stirnfeld angehö- rigen Wimpern beträgt hiernach wenigstens 16 (Fig. 3) und höchstens 28 (Fig. 1). Häufig zählte ich auf dem Stirn leid im Ganzen 18 oder 22 (Fig. 2) Wimpern, in jeder innern Längsreihe nämlich ti oder 8 und ausserdem noch 3 vordere und 3 äussere. — Die Bauchwimpern (Fig. I. b. b'. b".) stehen in der rechten Bauchhälfte zunächst der Mittellinie; sie sind in 3 — 4 schiefe, ungleich lange, einander und den beiden innern Stirnwimperreihen fast parallele Längs- reihen geordnet. Die beiden äussern, rechten Wimperreihen sind am weitesten nach hinten gerückt und erstrecken sich bis zu den Aflerwimpern ; sie bestehen aus mehr borstenförmigen, gerad nach hinten ausgestreckten Wimpern. 36* 144 mir die hinterste Wimper jeder Reihe ist ein hakenförmiger Griffel. In der äussern kürzern Reihe (b.) stehen je nach dem Alter 4 — 5, in der innern längern (b'.) 6 — 9 Wimpern. Weiter nach innen und vorn folgen noch 5 oder 7 hakenförmige, den innern Stirnwimpern gleichende Wimpern (V.) . von denen die vordersten oft noch auf dem Stirnfelde stehen; sie bilden gewöhnlich zwei Reihen von je 2 und 3 oder von je 3 und 4 Wimpern, seltener stehen sie in einer Reihe (Fig. 2). Die Gesammtzahl der Bauch wimpern beträgt hiernach wenigstens 15 und höchstens 21. — Die Afterwimpern (Fig. I. a.) sind plattgedrückte, gerade, fast gleich lange Griffel, welche nahe vor der Mitte des Hinterrandes eingefügt sind; ihre Zahl beträgt häufiger 6 als 5; sehr selten beobachtete ich 7 Afterwimpern Fig. 4). Die beiden rechten Afterwimpern sind die stärksten, sie sind am weitesten nach hinten gerückt und zwar die zweite noch mehr, als die erste, und ragen über den Hinterrand hinaus; die drei oder vier linken stehen in einer schief nach links aufsteigenden Reihe. — Die beiden Randwimperreihen (Fig. 1 . r. r.) gehen am Hinterrande nicht in einander über, sondern sie bleiben in der Mitte desselben durch eine kleine Lücke getrennt, in der drei, die benachbarten Randwimpern kaum überragende Schwanzwimpern stehen. Die linke Randwimperreihe wendet sich nach vorn zu nur sehr wenig einwärts. Die Bauchseite ist ganz plan, die Rückseite mehr oder weniger gewölbt, namentlich sehr stark bei altern Individuen, deven Seilen dann auch nicht zugeschärft, sondern abgerundet sind. Sehr ausgezeichnet ist die Rückseite dadurch, dass sie auf der linken Seite zwei breite, zusammengedrückte, an der Spitze erweiterte und abgerundete zapfenförmige Fortsätze (Fig. 4. h. h.) besitzt, welche schief nach aussen gerichtet sind und eine dunkle körnige Masse einschliessen. Der eine Zapfen liegt dicht hinter dem Perislom nahe am linken Seitenrande, den er nicht selten überragt (Fig. 3. h.), der zweite Zapfen etwas mehr nach innen dicht vor den linken Afterwimpern. Bei Jüngern Thieren sind diese Zapfen constant vorhanden, bei altern leiden sie entweder ganz oder es findet sich nur der hintere vor; ihre Bedeutung blieb mir völlig unbekannt. — Der contractile Behälter (c. liegt auf gleicher Höhe mit dem Peristomwinkel , zwischen diesem und der linken Randwimperreihe; er wird auf der Rückseite fast ganz von dem vordem Zapfen überragt (Fig. 4. c). Der After (Fig. 3. z.) findet sich rechts neben und etwas vor den Afterwimpern; nahe vor demselben erhebt sich auf der Rückseite der hintere Zapfen. — Die normale Zahl der Kerne beträgt vier; zwei derselben liegen in der vordem Körperhälfte neben oder unter dem Innenrande des Peristoms, die beiden andern in der hintern Körperhälfte links neben der Mittellinie (Fig. 2. n. n. Fig. 3. 4). Jeder Nucleus ist oval und mit einer queren spaltförmigen Höhle und mit einem der linken Seite anliegenden Nucleolus Fig. 2. nl.) versehen. Häufig kommen jedoch, namentlich bei altern Thieren, fünf (Fig. I) oder sechs, ja selbst 7 — 8 Kerne vor, die aus der Quertheilung eines oder mehrerer der ursprünglichen Kerne hervorgehen ; die Nucleoli vermehren sich nicht in gleicherweise. Die in derTheilung begriffenen Kerne zeigen oft zwei spaltförmige Höhlen, wie an dem hintersten Kerne in Fig. \ zu sehen ist. Die einzige Fortpflanzungsweise, welche ich beobachtete, ist die Querlheiluug, sie erfolgt nach sehr ähn- lichen Gesetzen, wie bei Stylonychia mytilus. Die ersten Stadien der Quertheilung sind mir entgangen; im mittlem Stadium (Fig. 5) zeigte sich der sehr verlängerte Körper bereits durch eine seichte Einschnürung der beiden Seiten- ränder in eine vordere und hintere Hälfte gesondert; in der hintern Hälfte war ein vollständiger adoraler Wimper- bogen (p\) und ein neuer contractiler Behälter (c'.) entstanden. Von den ursprünglichen locomotiven Wimpern waren in der vordem Hälfte nur noch die drei vordersten Stirnwimpern (st.j, in der hintern Hälfte die Afterwimpern (a.) nebst den beiden letzten Bauchwimpern, und in beiden Hälften die jetzt weit aus einander gerückten und nicht mehr vollzähligen Randwimpern (r. r. r. r.) vorhanden. Zum Ersätze der letztern hatte sich neben der rechten Randwimperreihe nach aussen, neben der linken nach innen eine neue, aus viel feinern und dichter stehenden Wimpern zusammengesetzte Randwimperreihe (r. r'. r'. r'.) entwickelt. An die Stelle der unterdrückten Stirn- und Baiichwimpern war in jeder Körperhälfte ein neues System von Stirn-, Bauch- und Afterwimpern getreten. Das vordere System nimmt das ehemalige Stirnfeld ein, die Afterwimpern desselben (a'.) stehen dicht neben dem Peri- stomwinkel, und die in drei Reihen geordneten Bauchwimpern rechts neben den beiden innern, aus je 5 Wimpern gebildeten Stirnwimperreihen. Das hintere durch die Afterwimpern (a" ) begränzte System zeigt in Bezug auf das noch in der Enlwickelung begriffene Perislom eine ganz analoge Lage und Anordnung, wie das vordere System. In jeder Körperhälfle waren vier Kerne, aber nur zwei Nucleoli vorhanden; erstere zeigten zum Theil bereits wieder eine der spallförmigen Höhle entsprechende Einschnürung, in der Richtung dieser Höhle erfolgt gewöhnlich die Theilung der Kerne. — In einem spätem, von einem altern Multerthier herrührenden Stadium der Quertheilung Fig. 0) hallen sich beide Theilungssprösslinge fast vollständig von einander abgeschnürt, der hinlere war mit einem 145 entwickelten Peristoin versehen, die allen Randwimpern waren gänzlich gesch wunden, die übrigen locomoliven Wimpern zeigten aber noch dieselbe relative Stellung, wie früher. Die Zahl der Kerne (n. n.) hatte sich in jedem Theilungssprössüng durch nochmalige Theilung auf acht erhöht, in dem hintern hingen die beiden letzten noch mit einander zusammen. — Die Abschnürung der beiden Theilungssprösslinge erfolgt, ohne dass weitere Veränderungen vor sich gehen, wie der Fig. 7 abgebildete, frei umherschwimmend angetroffene hintere Theilungssprössüng beweist. Er zeigte noch eine ganz ähnliche Stellung der locomoliven Wimpern, wie der hintere Theilungssprössüng in Fig. 6: das mit den mütterlichen Afterwimpern versehene hintere Körperende hatte sich durch eine quere Einschnürung in ein schwanzartiges Anhängsel (s.) verwandelt, welches sammt den davor stehenden zwei mütterlichen Bauch- wimpern nach und nach resorbirt wird. Die undulirende Membran (i.) am Innenrande des Peristoms war noch äusserst zart, sie bewegte sich beständig unter Bildung zahnförmiger Vorsprünge auf und nieder. Kerne waren acht vorhanden ; ob dieselben später wieder paarweis mit einander verschmelzen , oder ob aus ihnen etwas Anderes wird, weiss ich nicht zu sagen. Die Bewegungen von Onychodromus sind trotz der vielen Wimpern nur langsam und schwerfällig und im Ganzen denen von Stylonychia mylilus sehr ähnlich; die Bestimmung der Zahl und Stellung der Wimpern bietet daher keine grossen Schwierigkeiten dar. Die einzige, in süssen Gewässern lebende Art der Gattung ist: Onychodromus grandis. Stein. (?) Hiniantophorus charoo Ehrenberg Die Infusionsth. S. 376. Tat'. XLII. Fig. VII. Onychodromus grandis Stein in der Lotos 1859. S. i. Ich entdeckte dieses interessante Infusionsthier in einem sumpfigen Graben des Baumgartens bei Prag und beobachtete es während des October und November 1857 in zahllosen Exemplaren; seitdem ist es mir nichl wieder vorgekommen. In seiner Gesellschaft lebten hauptsächlich Stylonychia mytilus, Oxytricha pellionella, Para- maecium aurelia und Aspidisca lynceus. Das Thier ist äusserst gefrässig und verschont seine eigene Art nicht; ich traf in seinem Innern nicht selten sehr ansehnliche Individuen seiner Art, die sich zum Theil noch bewegten und den Körper ganz unregelmässig buckeiförmig ausdehnten und verzerrten und bisweilen an irgend einem Puncte wieder nach aussen hervorbrachen. Andere Individuen halten Paramaecium aurelia und Arcella vulgaris verschluckt (Fig. 2). Hieraus folgt, dass der Mund eine lange Spalte sein muss; direct liess sich dieselbe nicht beobachten, da sie dicht am Innenrande des Peristoms liegt und von der breiten undulirenden Membran verdeckt wird. Ich sah jedoch häufig grössere in das Perislom gelangle Thiere unter der hintern Hälfte des Innenrandes quer nach rechts in das Parenchym eindringen. Die unverdaulichen Arcellenschalen verursachen beim Austritt aus dem Körper in der Aftergegend eine weite, unregelmässige Oeffnung. Im vordem und hintern Körperende finden sich häufig ver- einzelte grosse, von einem hellen Hof umgebene Fettkörner (Fig. 1. 2. f. f.). — Die grössten Individuen sind $•"' lang und tV" breit. Ein sehr breites altes Individuum (Fig. 1) hatte bei einer Länge von -f"' eine Breite von T'0-"- Die kleinsten Individuen sind kaum Yv" lang. 0. grandis mag öfters mit Stylonychia mytilus verwechselt worden sein. v. Siebold schreibt dem letzlern Infusionsthier vier Kerne zu (Lehrb. der vergl. Anatom. S. 24); er könnte also möglicherweise 0. grandis vor sich gehabt haben. — Auch Ehrenberg's zu den Euplotinen gestellter Hiniantophorus charon, der bei Berlin selten beobachtet wurde, und den Ehrenberg selbst als eine der Stylon. mytilus ähnliche Infusorienform bezeichnet, könnte Onych. grandis gewesen sein. Ehrenberg giebt freilich bei seinem H. charon keine Randwimpern an. auch schreibt er demselben im Ganzen nur 22 — 27 gleichartige, über den ganzen milllern Theil der Bauchseite zerstreut stehende hakenförmige Wimpein zu, von denen die 4 — 6 letzten (Afterwimpern; kammarlig neben einander sitzen sollen: allein Ehrenberg beobachtete nur die Rückseite des Thieres, die er irrlhümlich für die Bauchseite hielt, er konnte daher unmöglich die Zahl und Stellung der locomoliven Wimperu genau erkennen. Die Bauchwimpern entziehen sich auch bei Onychodromus bis auf wenige hintere sehr häufig der Wahrnehmung, wenn die Thiere dem Beobachter die Rückseite zukehren, indem sie unter dem Rande zurückgezogen bleiben. Die drüsigen Knoten, welche Ehrenberg längs des linken Seitenrandes beobachtete, könnten die zapfenförmigen Rückenfortsätze von Onychodromus gewesen sein , deren ich freilich nie mehr als zwei antraf. Die entschiedenste Differenz zwischen Himantophorus und Ony- chodromus bildet die Lage des contractilen Behälters; dieser soll bei Himantophorus dicht am Hinlerrande auf der rechten Seite liegen. Hiernach bleibt allerdings die Beziehung von Himantophorus auf Onychodromus sehr unsicher, ich glaubte jedoch auf dieselbe hinweisen zu müssen, da Ehrenberg seine Untersuchungen selbst für unvollständig Stein, Organismus der Infusionslliiere. ol 146 erklärt hat und kein neuerer Forscher den Himant. charon wieder auffinden konnte. Perty will ihn zwar in der Schweiz sehr selten angetroffen haben (Zur Kenntn. kleinst. Lebensf. S. 157), wie wenig jedoch diese Angabe Vertrauen verdient, kann man schon daraus abnehmen, dass Perty seinen vermeintlichen Himantophorus mit Euploles patella vergleicht und ihm eine Längsreihe von Wimpern auf dem Rücken zuschreibt. 2. Gattung. Stvlonvcliia. Ehrbg. (Taf. VI — IX). Character: Körper gepanzert, Peristom von halber Körperbreite, bis zur Mitte der Bauchseite reichend; 8 ringförmig gruppirte, griffe! förmige Stirnwimpern , 5 in zwei medianen Längsreihen stehende griffet förmige Bauchwimpern und 5 griß'elförmige Afterwimpern. Die Gattung Stylonychia wurde von Ehrenberg im J. 1830 (Abhandl. der Berliner Acad. S. 43) auf Kerona mytilus und histrio von 0. F. Müller gegründet. Die Müller' sehe, Gattung Kerona beschränkte Ehrenberg auf dessen K. pustulata, da sich jedoch diese Art später als eine ächte Stylonychia herausstellte, so wurde der Gattungsname Kerona wieder vacant und Ehrenberg übertrug ihn nun auf eine ganz verschiedene, an Süsswasserpolypen schma- rotzende Oxytrichinenform , die bei Müller gar nicht in der Gattung Kerona enthalten ist. Dies Verfahren ist gewiss nicht gut zu heissen, sondern es wäre jedenfalls angemessener gewesen, den neuern Namen Stylonychia zu unter- drücken und zu der altern Müller' sehen Benennung Kerona zurückzukehren, statt diese in einem ganz fremden Sinne zu verwenden. Trotzdem werden wir Ehrenberg's Nomenclatur beibehalten müssen und nicht dem Beispiele von Dujardin und Perty folgen dürfen, welche Ehrenberg's Stylonychien als Keronen aufführen. Denn Ehrenberg hat zuerst die Galtung Stylonychia genauer bestimmt und ihr weit engere Gränzen angewiesen , als Müller seiner Gattung Kerona, die z. B. auch Euploten umfasst. Ueberdies würde ein Zurückgehen auf Müller'' s Namen auch eine Aende- rung des Ehrenberg' sehen Gattungsnamens Kerona nothwendig machen, und dadurch würde nur weitere Verwirrung entstehen. Nach Ehrenberg soll die Gattung Stylonychia diejenigen Oxytrichinen begreifen, welche neben Wimpern noch Krallen und Griffel besitzen. Diese Definition ist jedoch nicht scharf genug, und sie reicht nicht aus, um die Stylonychien sicher von andern Oxytrichinen zu unterscheiden; nach derselben würden nicht blos meine Gattungen Onychodromus und Pleurotricha, sondern auch verschiedene Arten der Gattung Oxytricha, ja selbst von Uroslyla als Stylonychien bestimmt werden können. — Dujardin hat für seine Gattung Kerona, die doch nicht blos Ehrenberg's Stylonychien, sondern auch dessen Kerona polyporum umfasst, den von Ehrenberg für Stylonychia aufgestellten Gattungscharacter beibehalten und diesen nur durch eine längere Phrase umschrieben. — Nach Claparede (Eludes p. 138 und 154) soll das vorzüglichste unterscheidende Merkmal der Stylonychien von den übrigen Oxytrichinen darin bestehen, dass bei ersteren die Stirn- und Bauchwimpern nicht in regelmässige Längsreihen geordnet seien, während dies bei den letztern stets der Fall sein soll. Ich kann diesen Unterschied durchaus nicht gelten lassen; es stehen ja nicht blos bei allen Stylonychien die Bauchwimpern in zwei Längsreihen, sondern es «riebt auch in der Gattung Oxytricha mehrere Arten, die in Bezug auf Zahl und Stellung der Stirn- und Bauchwimpern genau mit den Stylonychien übereinstimmen. Die Grundform des Körpers ist die langgezogen elliptische, die jedoch bei den einzelnen Arten verschieden modificirt wird. Das farblose und durchsichtige Parenchym zeichnet sich durch einen ziemlich bedeutenden Grad von Starrheit, durch seine geringe Biegsamkeit und durch mangelnde Contractions- und Expansionsfähigkeit aus. Im verdunstenden Wasserlropfen verkürzt und verbreitert sich zwar der Körper merklich und fliesst zuletzt plötzlich aus einander, allein dasselbe findet auch bei den Euplolinen, namentlich in ganz ähnlicher Weise bei Euplotes charon statt, wie schon von Dujardin hervorgehoben wurde (Infusoires p. 429). Ich nehme daher keinen Anstand, die Stylonychien in demselben Sinne als gepanzerte Infusorien zu bezeichnen, wie die Euplolinen. Diesen Character hat man bisher unbeachtet gelassen, und doch ist derselbe für die sichere Unterscheidung gewisser Oxytricha -Arten von den Stylonychien sehr wesentlich und unentbehrlich. Es rührt dies wohl nur daher, dass man sich zu sehr auf Ehrenberg's Angabe verliess, dass allen Oxytrichinen ein panzerloser Körper zukomme. — Das Peristom ist ähnlich gestallet, wie bei der vorigen Gattung; sein Innenrand fällt nahebei mit der Mittellinie der Bauchseite zusammen, seine grösste Breite kommt daher der halben Korperbreite gleich; sein hinteres Ende liegt etwas vor der Körpermitte. — Die Randwimperreihen bleiben gewöhnlich am Hinterrande durch eine Lücke getrennt, in der drei sehr ver- längerte Schwanzwimpern stehen ; nur bei einer Art fehlt diese Lücke und damit auch die Schwanzwimpern. Die 147 Zahl der griffeiförmigen Stirn- , Bauch- und Afterwimpern ist durchweg constant, Die 8 Stirnwimpern sind sehr ungleich stark und in einen weiten ovalen Ring gruppirt; die 5 Bauchwimpern stehen längs der Mittellinie in 2 Reihen, und zwar 3 in der rechten und 2 in der linken; die 5 Afterwimpern verhalten sich ähnlich wie bei der vorigen Gattung. Diese Zahlen- und Stellungsverhallnisse der Stirn-, Bauch- und Afterwimpern sind keineswegs für die Stylonychien allein characteristisch, sie kommen auch nicht selten innerhalb der Gattung Oxylricha vor. wo jedoch jene Wimpern viel mehr borsten- als griffeiförmig sind. Da dieser Unterschied auch nur relativ ist, so ist es eben nöthig, in den Gattungscharacler noch die Beschaffenheit des Körperparenchyms aufzunehmen, welches bei den Oxytrichen sehr ausdehnbar ist, bei den Stylonychien dagegen nicht. — Der After liegt links neben den Afterwimpern, der contractile Behalter nahe am linken Seitenrand auf gleicher Höhe mit dem Peristomwinkel. Der Nucleus ist nur in doppelter Anzahl vorhanden. — Quer- und Längstheilung beobachtete ich bei allen mir bekannten Arten. Bei der Quertheilung werden an jedem Theilungssprössling sammtliche loeomotive Wimpern neu gebildet. Die Längstheilung erfolgt nach einem doppelten Modus, einem einfachem und einem complicirteren. Unzweifelhafte Knospenbildung, welche nach Ehrenberg vorkommen soll, liess sich nicht constatiren. Dagegen entdeckte ich bei einer Art zahlreiche wichtige Thatsachen in Betreff der geschlechtlichen Fortpflanzung und der Entwickelung von Embryonen. Die Stylonychien sind die gemeinsten Oxytrichinen und bevölkern oft in grossen Schaaren die süssen Gewässer; eine der Siisswasserformen ist auch im Meere angetroffen worden. ■ — Ehrenbert/ hat im grossen Infu- sorienwerk 6 Arten unterschieden , nämlich St. mytilus, pustulata, silurus, appendiculata, histrio und lanceolata. Von diesen scheint mir St. silurus nicht wesentlich von St. mytilus verschieden zu sein; in der St. appendiculata erkannte ich eine Euplotinenform, meinen Styloplotes appendiculatus (vergl. S. 132); die St. lanceolata endlich reprä- sentirt eine besondere Oxytrichinengattung (vergl. Pleurotricha). — Dujardin und Perty haben die Kenntniss der Stylonychien in keiner Weise erweitert. — In den Etudes von Claparede und Lachmann werden 4 Arten angeführt, nämlich die bekannten St. mytilus und pustulata und ausserdem noch zwei neue Arten, St. fissiseta und echinala. Von diesen ist die erstere eine ächte Stylonychia , letztere dagegen scheint mir zu meiner Gattung Pleurotricha zu gehören. — Ich habe die St. mytilus, pustulata und histrio vielfach beobachtet und mich überzeugt, dass sie wohl begründete Arten sind, hierzu kommt noch die mir nicht bekannte St. fissiseta Clap. Lachm.; die Gattung Stylo- nychia umfasst demnach gegenwärtig i Arten. 1. Stylonychia mytilus. Ehrbg. (Taf. vi— viri). Kerona mylilus Müller Animal. infus, p 2 42. Taf. XXXIV. Fig. I — 4. Slvionychia mylilus » , t „.■ ¥ , . , S. 370. Taf. XLt. Fig. IX. \ Ehrenberq Die Infusionstl). ■ » » silurus ) J S. 372. Taf. XLII. Fig. II. Kerona mylilus 1 ,. ■ , . p. 425. PI. XIII. Fig. 2 — 3. Üuiardm Infusoires „, ,.. . „, » » silurus 1 J p. 4 27. PI. XIII. Fig. 4. Stylonychia mylilus Stein in V. Carus Icon. zoolomic. Taf. I. Fig. 29. Stylonychia mytilus Claparede et Lachmann FJudes p. 158. PI. VI. Fig. t. Körper vor der Mitte am breitesten, hinter der Mitte stetig nach hinten zu^ verengert und vor dem Ende meist plötzlich in einen keilförmigen Schwanz verschmälert , der fast gerad abgestutzte Hinterrand desselben trennt die beiden Randwimpeneihen und trägt drei lange borsten förmige, weit von einander abstehende Schwanzwimpern ; die beiden rechten Afterwimpern ragen über den Hinterrand hinaus. Die Styl, mytilus ist eine überall verbreitete, in stehenden und fliessenden Gewässern zwischen Wasserlinsen, CaHitrichen und Conferven sehr häufig vorkommende Infusorienform, die sich auch zwischen faulenden Wasser- pflanzen noch vortrefflich befindet, ja hier oft ihre grössten Dimensionen erreicht. Sie ist nicht blos die grösste Art der Gattung, sondern gehört überhaupt zu den grössten Infusionsthieren ; man erkennt sie schon mit blossem Auge als weisse, sich stossweise bewegende Puncte. — Der Körper hat in seiner gewöhnlichsten Form (Taf. VI. Fig. 1 . 2) im Umrisse viel Aehnlichkeil mit einer Miessmuschel, worauf auch der Speciesname hindeutet, Er ist nämlich lang- gezogen elliptisch, etwas mehr als noch einmal so lang, als breit, nach vorn zu beträchtlich erweitert und mehr oder weniger nach links umgebogen; der rechte Seilenrand ist daher meist nach auswärls gekrümmt, seltener Taf. VIII. Fig. I) fast gerade, und der linke in der Mitte nach einwärts gebogen. Von der Mitte aus verengert sich der Körper stelig nach hinten, besonders im letzten Drittel der hinlern Hälfte plötzlich und hier wieder stärker auf der linken, als auf der rechten Seite, so dass dieser Theil eine Art keilförmigen Schwanz bildet, dessen schmalerer oder breiterer Hinterrand bald fast gerad abgestutzt und sanft bogenförmig gerundet, bald stumpf dreieckig zugespitzt ist. Das sehr viel breitere vordere Körperende isl ungleichschenklig dreieckig zugespitzt, der rechte etwas nach 37* 148 einwärts gebogene Schenkel des Vorderrandes ist kürzer, als der linke sanft bogenförmig nach auswärts gekrümmle. Diese normale Form des Körpers erleidet jedoch mannichfache Modifieationen , von denen die wesentlichsten auf Tal. VII und VIII dargestellt sind. Häufig hat der Körper in der Mitte seine grösste Breite, er ist dann entweder nach vorn massig verengert und auf die gewöhnliche Weise zugespitzt , nach hinten aber stark und gleichmässig schwanzarlig verengert (Taf. VII. Fig. 9 — I I. Taf. VIII. Fig. 3), oder die vordere Körperhälfte ist fast überall gleich breit und stark nach links gebogen, wahrend das schwanzartige Hinterende etwas nach rechts gekrümmt ist; der rechte Seitenrand ist dann sehr stark nach aussen gewölbt, der linke mehr oder weniger einwärts gebogen (Taf. VII. Fig. 8. 12. Taf. VIII. Fig. 4. 5). — Die Rückseite des Körpers (Taf. VI. Fig. 2) ist massig gewölbt, die Bauchseite (Fig. I) ganz plan, die Seitenränder zugeschärft. Beobachtet man das Thier beim Klettern an fremden Gegenständen im Profil (Taf. VII. Fig. 1), so zeigt der Rücken eine doppelte Wölbung, eine vordere kürzere und flachere über dem Peristom und eine längere und stärkere in dem hinter dem Peristom gelegenen Theil des Körpers; beide Wölbungen sind durch eine saltelarlige Einschnürung von einander gesondert. Beim Schwimmen erscheint der Rücken seiner ganzen Ausdehnung nach fast gleichförmig gewölbt, nur auf der rechten Seite immer stärker, als auf der linken; letztere ist namentlich hinter dem Peristom mehr oder weniger eingesenkt. Das Peristom erreicht bei dieser Art die grösste Breite. Der adorale Wimperbogen beginnt hakenförmig nach innen gekrümmt neben der Mitte der rechten Seite des Vorderrandes, er beschreibt dann unter der Spitze des Vorderrandes einen sehr convexen Bogen nach der Mitte der linken Seite desselben , wodurch sich eine sichel- förmige Oberlippe (Fig. 1. 1.) absetzt, und zieht sich dann von dieser Seite bis zum Anfang des linken Seitenrandes herab, wo er, wie gewöhnlich, auf den Aussenrand des Peristoms übergeht. Letzterer ist eine breite, quergestreifte, bandförmige Zone (p.) , die mit dem Innenrande des Peristoms nahe vor der Körpermitte zusammentrifft. Die ado- ralen Wimpern des Aussenrandes sondern sich häufig in hinter einander liegende Gruppen ab, indem eine gewisse Anzahl von Wimpern sich mit ihren Spitzen gegen einander neigen (Taf. VI. Fig. 5. Taf. VII Fig. 4), die einzelnen Gruppen schlagen dann gemeinschaftlich langsam und abwechselnd auf und nieder und bringen dadurch oft täu- schend das Ansehen einer continuirlichen undulirenden Membran hervor. Dieselbe Erscheinung ist auch bei vielen andern Oxytrichinen und bei Euplotinen zu beobachten. Wenn die adoralen Wimpern sich gruppenweis vereinigen, so wird der Aussenrand des Peristoms streckenweis frei gelegt und man erkennt nun deutlich, dass derselbe ein auch an seiner hintern Seite scharf begränztes Band bildet, welches mit dicht auf einander folgenden queren Furchen versehen ist; diese entsprechen den einzelnen Wimpern und dienen zur Aufnahme derselben, wenn die Wimpern nicht in Thätigkeit sind. Der Innenrand des Peristoms fällt sehr nahe mit der Längsaxe zusammen, er wendet sich vorn nach rechts gegen den Anfangspunct des adoralen Wimperbogens, bis zu dem er oft nahe heran reicht; sein hinteres Ende ist ebenfalls nach rechts gebogen. Der Innenrand bildet eine scharfkantige, vorspringende Leiste, unter der eine bandförmige undulirende Membran (i.) angeheftet ist, die wieder lange, schräg nach hinten gerichtete, feinhaarige, präorale Wimpern bedeckt; letztere werden erst sichtbar, wenn die undulirende Membran fächerförmig gefaltet und gegen den Innenrand angezogen wird, ich habe sie sehr bestimmt von den stärkern schrägen Falten der undulirenden Membran unterschieden. Auf dem Peristomfelde beobachtete ich häufig eine quere bogenförmige Leiste (Taf. VI. Fig. I . d. Fig. 3), welche von der vordem Ecke des Aussenrandes nach dem vordem Theil des Innenrandes verlief; vor derselben war das Peristomfeld etwas stärker vertieft. Diese Leiste biegt in die eigentliche Mundspalte um. welche sich unter der undulirenden Membran längs des Innenrandes bis zum Peristomwinkel hinabzieht (Taf. VII. Fig. \. o. 3. o.). Die hintersten adoralen Wimpern setzen sich, wie beiEupIotes, noch eine kurze Strecke unter dem Innenrande des Peristoms hinweg nach rechts und vorn in das Innere des Körpers hinein fort (Taf. VI. Fig. I), ein eigentlicher Schlund ist jedoch nicht vorhanden. Kleinere Nahrungsstoffe werden von der undulirenden Membran bis zum Peristomwinkel hinabgedrängt und eist hier in die Mundspalte hineingedrückl; hierbei vollführt auch der hinterste Theil des Peristominnenrandes undulirende Bewegungen und dadurch entsteht das Ansehen, als schliesse sich an den Peristomwinkel nach rechts ein ganz kurzer trichterförmiger Schlund an. Claparede und Lachmann nehmen auch einen solchen an. Allein voluminösere Nahrungsstoffe, z.B. Paramäcien, Vorticellenkörper und grosse Individuen von Arcella vulgaris, werden mehr oder weniger weit vom Peristomwinkel entfernt in den vordem Theil der Mund- spalte hineingedrückt und gehen unter dem mittlem Theil des Peristominnenrandes quer oder schief nach rechts in das Körperparenchym Die verschluckten Nahruhgsstoffe häufen sich stets in der rechten Kürperhälfle an und werden oft weit nach vom bis zum Ueberennge des Stirnfelds in das Peristomfeld hinan fsedrängt. In das Peristomfeld 149 treten nur seilen kleinere Nahrungsstoffe hinein, daher es viel durchsichtiger bleibt, als der übrige Körper. In der hintern Körperhälfte rucken die Nahrungsstoffe allmählig schräg nach links und hinten (Taf. VI. Fig. 1. 2) dem hier gelegenen After zu. Die linke Körperhälfte ist mit einer mehr oder weniger dichten Schicht von Feltkörnern erfüllt (Fig. I), und diese Schicht setzt sich nach vorn oft weit in das Peristomfeld hinein fort (Taf. VII. Fig. 8 — 10); ausserdem finden sich im vordem und hintern Kürperende häufig grosse isolirte von einem hellen Hof umgebene Fettkörner (Taf. VI. Fig. 2. f. f.), von denen bereits S. 68 die Rede war. Das hinterste Körperende bleibt meist von der Einfügung der Afterwimpern an von körnigen Ablagerungen frei und erscheint daher noch durchsichtiger, als das Peristomfeld; doch sieht man nicht selten Individuen, welche bis nahe an den Hinlerrand nicht blos Felt- körnchen, sondern selbst kleinere Nahrungssfoffe enthalten (Taf. VII. Fig. 10. 1 I). Die 8 Stirnwimpern (Taf. VI. Fig. I. st.) nehmen die vordere Hälfte des Stirnfeldes ein; auf dem Uebergange desselben in das Peristomfeld stehen, wie bei Onychodromus, die drei stärksten und längsten im Dreieck, sie sind geschlängelte, gewöhnlich hakenförmig nach vorn umgebogene Griffel. Dann folgen am Innenrande herab zwei ähnliche, etwas schwächere Griffel, von denen der hintere und kürzere weiter nach rechts gerückt ist; sie ent- sprechen den beiden innern Slirnwimperreihen von Onychodromus. Die drei übrigen Stirnwimpern stehen ohngefähr in einer schrägen, von dem fünften Griffel nach der rechten Ecke des Vorderrandes gezogenen Linie, sie sind mehr borstenförmig, doch stärker als die Randwimpern, und meist gerad nach hinten und aussen gestreckt; es sind dieselben Wimpern, die bei Onychodromus die dritte Reihe bilden. — Von den fünf griffeiförmigen Rauchwimpern (Fig. 1. b. b.) stehen zwei jederseits neben der Mittellinie dicht hinter dem Peristomwinkel; die dritte liegt nahe hinter der vordem rechten und meist ein wenig mehr nach innen, die vierte und fünfte sind weiter nach hinten in die Nähe der Afterwimpern gerückt, sie sind grösser als die drei vordem und hakenförmig nach vorn umgebogen, die vierte liegt hinter der linken vordem, die fünfte hinter der rechten vordem. Die 5 griffeiförmigen Stirnwimpern und die 5 Rauchwimpern tragen den Körper beim Laufen und Klettern (Taf. VII. Fig. i). In sehr seltenen Fällen beobachtete ich sieben Bauchwimpern, alsdann war zwischen dem vordem Paar und der dritten unpaaren Bauch- wimper ein dem vordem ganz gleiches Bauchwimperpaar eingeschoben. — Die 5 Afterwimpern (Fig. I. a.) sind gerade, nach hinten divergirende, fast gleich lange, plattgedrückte Griffel, welche so weit nach vorn eingefügt sind, dass nur die beiden rechten und stärksten über den Hinterrand hinaus ragen. Die erste Afterwimper steht dicht hinter der fünften Bauchwimper, die zweite ist weiter nach hinten gerückt, die drei übrigen stehen einander genähert in einer schief nach links aufsteigenden Beihe nahe hinler der vierten Bauchwimper. — Die rechte Rand- wimpei reihe (r ) läuft von der vordem Ecke des Seitenrandes demselben parallel bis zur rechten Ecke des Hinter- randes ; die linke Randwimperreihe (r.) dagegen beginnt am Aussenrande des Peristoms, weit nach innen hinler der Mitte desselben und läuft von hier aus in schräger Bichlung nach hinten und aussen; sie erreicht erst weit nach hinten ihren Seilenrand und zieht sich dann an demselben bis zur linken Hinterrandsecke hinab. Der Hinterrand trägt an jeder Ecke und in der Mille eine langborstige Schwanzwimper (s.) Zuweilen greift eine Randwimperreihe über die Schwanzwimper ihrer Seite hinweg eine kurze Strecke weit auf den Hinlerrand über. Auf die bei allen starkem locomotiven Wimpern leicht eintretende Zerfaserung ist bereits S. 71 hingewiesen worden. Der contractile Behälter (c.) liegt an der gewöhnlichen Stelle und zwar zwischen dem linken Seitenrande und seiner Randwimperreihe. Das mit demselben in Verbindung stehende Wasserkanalsystem und sein übriges Verhallen wurde schon S. 89 geschildert. Die Ausscheidung von Excremenlen habe ich oft beobachtet; sie erfolgte slets auf der linken Seile neben und elwas vor der fünften Afterwimper (Fig. I. 2. z.). — Die beiden Kerne (n. n.) liegen im Parenchym des Rückens, der vordere rechts neben dem Innenrande des Peristoms, der hintere links neben der Mittellinie, nahe hinter dem vordem Bauchwimperpaar. Jeder Nucleus ist oval und in der Regel mit einer queren, spaltfürmigen Höhle versehen, die sich an dem vordem Nucleus gewöhnlich etwas vor der Mitte, an dem hintern häufig hinler der Mitte befindet. Auf der linken Seite jedes Nucleus liegt frei abgesondert ein sehr kleiner, rundlicher, einem Fettkörnchen gleichender Nucleolus, den man erst deutlich erkennt, wenn man das Thier zerfliessen lässl. An dem isolirlen Nucleus (Taf. VI. Fig. 8) treten noch feinere Structurverhaltnis.se hervor; die spaltförmige Höhle zeigt sich von einer vordem und hintern, halbmondförmigen, lichlen Wulst eingefasst, die sich scharf von der opaken, homogenen Nucleussubstanz absetzt; beim längern Liegen im Wasser oder doch beim Zusatz von Essigsäure hebt sich theilvveis eine begränzende Membran von der Nucleussubstanz ab. Häufig finden sich in der einen Hälfte des Nucleus zahlreiche, verschieden grosse, scharf begiänzle Kerne eingebettet Taf. VI. Stein. Organismus der [ufusioDStliiere. oo 150 Fig. 7. a.), während die andere Hälfte ganz homogen ist. Zuweilen zeigte nur der vordere Nucleus diese Structur, der hintere (Fig. 7. b.) dagegen war homogen und nicht einmal mit einer Höhle versehen. Die Thiere schwimmen schnell und gewandt, sowohl in der Bauch-, als in der Rückenlage, sie drehen sich, wenn hinlänglich Wasser vorhanden ist. auch nicht selten um die Längsaxe ; in dem auf dem Objectglase sich flach ausbreitenden Wassertropfen bleiben sie entweder in der Rücken- oder in der Bauchlage. Beim Schwimmen bewegen sie sich eine Strecke weit mit gleichmässiger Geschwindigkeit, dann biegen sie plötzlich stossweise, mit beschleu- nigter Geschwindigkeit bald nach links, bald nach rechts um. Nach einiger Zeit verlangsamen sich die Bewegungen und bald darauf bleibt das Thier stillstehen und wirbelt nur noch mit den adoralen Wimpern nach Nahrung. Von Zeit zu Zeit wechselt das Stillstehen mit einer kurzen stossweisen Bewegung nach vor- oder rückwärts ab ; treffen sie hierbei auf fremde Gegenstände, so klammern sie sich mittelst der Stirn- und Bauchwimpern an dieselben an und laufen daran auf und ab. Sind die Thiere einmal ruhig geworden und werden sie nicht gestört, so währt es oft sehr lange, bevor sie wieder zum continuirlichen Schwimmen übergehen. — Die Stylonychien können arg verstümmelt, zerrissen und zerstückelt werden, dennoch zerfliessen die Fragmente, wenn hinlänglich Wasser vor- handen ist, nicht, sondern sie bewegen sich noch lange Zeit mit den ihnen verbliebenen Wimpern wie selbstständige Thiere. Namentlich werden Fragmente, die den vordem Theil des Peristoms behalten haben, mit ungemeiner Hef- tigkeit umhergeschleudert. Von 0. F. Müller wurden dergleichen Fragmente als selbstständige Infusorienformen beschrieben. — In längere Zeit aufbewahrtem Wasser, in welchem unsere Art zahlreich vorkommt, sind Cysten- zuslände eine gewöhnliche Erscheinung. Die Cysten (Taf. VIII. Fig. 14) sind kugelförmig, ziemlich dickwandig, am Rande uneben und mit schiefen, sich kreuzenden, bogenförmigen Falten versehen. Der eingeschlossene Körper ist ganz glatt und wimperlos, er zeigt in der Mille, beim Zusatz von Essigsäure, die beiden dicht an einander stossenden Kerne und am Rande den contractilen Behälter, der sich meist noch lebhaft contrahirt und expandirt. Oft sah ich den Körper innerhalb der Cyste in langsamer Rotation begriffen, besondere Bewegungsorgane Hessen sich aber nicht unterscheiden. — Die grössten Thiere erreichen eine Länge von ^ — ^", die kleinsten von mir beobachteten Individuen, welche bereits alle Charactere der Art erkennen liessen, waren nur TV" 'ang- Der Durchmesser der Cysten beträgt gewöhnlich ^ — ^, seltener bis fast -jV'". 0. F. Müller hat die normale Form bereits recht characteristisch dargestellt, er unterschied schon die Rand- wimpern, vier Afterwimpern (von der dritten und vierten sah er nur die Spitzen, die fünfte entging ihm) und zwei der vordersten Stirnwimpern; in seiner Fig. 1 sind sogar die Bauchwimpern fast ganz richtig abgebildet, nur eine ist zu viel angegeben. Das Peristom blieb ihm unklar, doch sind in Fig. 2 die vorderen adoralen Wimpern ange- deutet. Auf blossen Fragmenten von Styl, mytilus beruhen, wie schon Ehrenberg hervorgehoben hat, Müller s Kerona hauslrum und haustellum, Himantopus acarus, ludio, sannio und corona und Trichoda fimbriata, delphis, erosa und rostrata. — Elirenberg's Abbildungen sind zwar im feinern Detail weit genauer, sie enthalten aber gerade in den wesentlichsten Characteren die auffallendsten Irrlhümer. Ehrenberg unterschied zuerst die beiden Kerne, bestimmte ferner die Lage von Mund, After und contractilem Behälter und stellte auch das characterislische hintere Körperende mit den After- und Schwanzwimpern getreu dar. Das Peristom dagegen wurde ganz verkannt; die adoralen Wimpern wurden nicht von den Randwimpern unterschieden, sondern mit ihnen zusammen als eine continuirliche Reihe durchaus gleichartiger Wimpern aufgefasst, welche sich in der Mitte der linken Seite bogenförmig nach einwärts krümmt. Noch irriger sind Ehrenberg 's Angaben über die Stirn- und Bauch wimpern ; statt derselben hat er eine einfache Längsbinde von 1 8 in zwei Reihen stehenden, gleichartigen dicken Haken abgebildet, während doch im Ganzen nur 1 3 und ganz anders gruppirte mediane Wimpern vorhanden sind. Wenn bei einem so gemeinen Thiere solche Fehler begangen werden konnten, dann werden uns auch Elirenberg's Angaben über die locomotiven Wimpern des nur selten beobachteten Himanlophorus charon nicht zuverlässig erscheinen können, und mein oben ausgesprochener Verdacht, dass dies Thier ein ungenügend beobachteter Onychodromus grandis gewesen sein werde, dürfte nunmehr begründeter erscheinen. — Elirenberg's Slylonychia silurus ist sicherlich nichts weiter als eine jugendliche Form von Styl, mytilus, wie schon ein Vergleich von dessen Abbildungen mit meinen Fig. 7 — 10 auf Taf. VIII lehren dürfte. — Dujardin's Abbildungen sind höchst oberflächlich und fast in jeder Beziehung unrichtig; die Bauch- und Schwanzwimpern, die Kerne und der contractile Behälter wurden ganz weggelassen, die Stirnwimpern falsch dar- gestellt und die Bandwimpern nur theilweis angedeutet und hinten mit den beliebig vermehrten Afterwimpern in eine continuirliche Bogenlinie zusammengestellt. Nur das Peristom wurde von Dujardin besser unterschieden als von Eltrenberg. — Die erste genauere Darstellung des Baues von Styl, mytilus wurde von mir nach altern Zeich- 151 nungen1) im J. 1857 in den Icones zool. von V. Carus veröffentlicht; ich bestimmte zuerst die wahren Zahlen- und Stellungsverhaltnisse der Stirn- und Bauchwimpern, die Form des Peristoms und das Verhalten der Randwimpern zu denselben. Ich erkannte auch zuerst Wimpern am Innenrand des Peristoms, den letzteren liess ich irrlhümlich bis zum Vorderrand des Peristoms verlaufen. — Claparede und Lachmann, welche meine frühere Darstellung nicht erwähnen, sind im Wesentlichen zu denselben Resultaten gelangt, wie ich. Die Stirnwimpern werden aber als gleich grosse Griffel dargestellt, desgleichen die Afterwimpern; letzlere sollen bestandig auf der rechten Seite abgestutzt und hier von der Spitze her zerfasert sein, was ich durchaus nicht bestätigen kann; die beiden rechten Afterwimpern finde ich zu kurz, die drei übrigen viel zu breit angegeben. Die undulirende Membran am Innenrand des Peristoms wird als eine blosse Reihe langer und dünner Cirrhen gedeutet, der ]\lund auf den Peristomwinkel beschrankt und der After auf die rechte Seite vor die Basis der ersten Afterwimpern versetzt. Die Kerne sind zu gross und als t;anz homogene Körper gezeichnet; ihre Höhle und der Nucleolus wurden nicht unterschieden. Längs des linken und rechten Seitenrandes soll auf der Rückseite noch eine Reihe kurzer und steifer, nur bei sehr gün- stiger Beleuchtung sichtbarer Borsten vorhanden sein , auf die Claparede und Lachmann erst durch Lieberkühn aufmerksam gemacht wurden (Etudes p. 160). Sollten nicht diese Forscher die beim Beginn der Quertheilung sich neu bildenden, Anfangs äusserst zarten und blassen Rand wimperreihen (Taf, VI. Fig. 4. r'. r.) für Rückenhorsten gehalten haben? Ich habe bei keiner Stylonychie Ruckenborsten auffinden können. Ueber die Fortpflanzung und Enlnickelung von Sn !»n \ chia nijtilus. I . Quertheilung. Sie ist die häufigste Vermehrungsweise und von mir zu verschiedenen Malen sehr genau von ihren frühesten Anfangen bis zu ihrem Abschluss und bis zur völligen Umwandlung des frei gewordenen Theilungssprösslings in ein dem Mutterlhier ganz gleiches Wesen verfolgt worden. Die Quertheilung ist ein sehr complicirter Vorgang; das Gesetz, nach welchem derselbe erfolgt, ist erst von mir entdeckt worden. Ehrenberg liess dieThiere sich nur einfach quer durchschnüren. — Im ersten Stadium der Quertheilung (Taf. VI. Fig. 3) dehnt sich der mütterliche Körper ansehnlich in die Länge aus; der Zuwachs beträgt oft mehr als ein Drittel der bisherigen Länge und zwar findet derselbe hauptsächlich in der ganzen mittlem, zwischen dem Peristomwinkel und dem vordem Bauchwimperpaar gelegenen Region des Körpers statt, wie man daran erkennt, dass die Bauch- und Afterwimpern, ohne ihre relative Stellung zu ändern, immer weiter nach hinten rücken, bis zuletzt das vordere Bauchwimperpaar den Anfang des zweiten Drittels der hintern Körperhälfte einnimmt. In dem Maasse, als sich der Körper verlängert, treten ziemlich gleichzeitig sowohl auf dem Stirnfelde in dem von den fünf hintern Stirnwimpern umschlossenen Räume, wie auch in dem mittlem Theil des zwischen dem Peristom und dem vordem Rauchwimperpaar gelegenen Bauch- abschnittes sehr auffallende Neubildungen ein. An diesen beiden Stellen schwinden nämlich die körnigen Ablage- rungen im Parenchym, und es entsteht dadurch ein lichteres, jedoch nicht scharf begränztes Feld, auf dem die ersten Anfange zu neuen Wimpersystemen hervorwachsen. — Auf dem vordem Felde erscheinen 5 — 6 einander parallele, wellenförmige Längsleisten (w.), welche in etwas schräger Richtung von vorn und rechts nach hinten und links verlaufen. Die innerste Leiste ist die kürzeste, sie beginnt am weitesten nach vorn, dicht vor der vierten Stirnwimper, die zweite entspringt ein wenig weiter nach hinten, ebenso ist jede nach aussen folgende etwas mehr nach rückwärts gerückt, als die ihr vorausgehende innere; die äusserste Leiste liegt in der Richtung der drei borsten- förmigen Stirnwimpern. Die Leisten sind Anfangs sehr kurz, fast gerade und gleich lang, sie wachsen aber schnell in die Länge und zwar die äusseren am stärksten und ausschliesslich nach rückwärts, die innersten hauptsächlich nach vorwärts; sie bestehen aus einem sehr niedrigen, überaus zarten Hautstreifen, der beständig in langsamer undulirender Bewegung begriffen ist und daher wellenförmig gebogen erscheint. Das vordere Ende der innersten Leiste wächst frühzeitig in ein zahnförmiges spitzes Läppchen aus, welches sich in der Richtung der Leiste bald niederlegt, bald wieder aufrichtet und aufrecht stehend mit der Spitze hin und her flackert. — Auf dem hintern lichten Fehle entwickelt sich zuerst ganz nach links, etwa in der Mitte zwischen der Körperaxe und den linken Randwimpern, ein kurzes, fast gerades Längsband von dicht hinter einander stehenden, sehr zarten queren Wim- pern (p'.), die dem stärker vertieften Innenrande des Bandes eingefügt sind; es ist dies die erste Anlage zu einem 1) Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, dass die Infusorienlafel in den Icones zootomicae bereits zu Anfang des J. (855 gestochen wurde; als die Icones zoolom. erschienen (1857), hallen sich meine Ansichten über Bau und Entwickelung der Infusionslhiere durch forlgeselzie Untersuchungen in vielen Punclen wesentlich anders gestaltet. 38" 152 neuen adöralen Wimperbogen. Bald darauf erscheinen auf dem mittlem und rechten Theil des lichten Feldes 5 — 6 eben solche schräge Längsleisten (w'.) , wie auf dem vordem Felde ; die innerste liegt, dicht neben dem vordem Theil des Längsbandes und sie entwickelt ebenfalls frühzeitig ein zahnfürmiges Läppchen, die äusserste Leiste liegt in der Richtung der rechten Bauchwimperreihe oder noch etwas darüber hinaus nach rechts. Nach Verlauf von etwa einer Stunde hatte sich das in Fig. 3 abgebildete Individuum zu der in Fig. 4 dar- gestellten Form entwickelt. Die undulirenden Leisten des vorderen Feldes (Fig. 4. w.) zeigten jetzt eine viel schrägere Richtung, die inneren waren mehr nach vorn und rechts, die äusseren mehr nach hinten und links gerückt. Die innerste Leiste hatte sich in einen einfachen, längern. noch immer häutigen, zahnförmigen Fortsatz verwandelt, an jeder der folgenden Leisten waren 2 — 4 ähnliche zahnformige Läppchen hervorgewachsen, die sich in der Richtung der Leisten beständig bald nach vorn, bald nach hinten umbogen, dann wieder aufrichteten und mit der Spitze flackernd nach links und rechts schlugen, so dass jede Reihe den Eindruck einer einzigen gezähnelten undulirenden Membran hervorbrachte. An den innern Leisten waren die schwingenden Läppchen stärker entwickelt, als an den mehr nach aussen gelegenen, und die vordersten in jeder Reihe wieder mehr, als die hinlern, was der Kupferstecher nicht ganz getreu wiedergegeben hat; an der äussersten Leiste waren noch kaum Andeutungen von Läppchen vorhanden , gleichwohl halte diese bereits die hinterste borstenförmige Stirnwimper verdrängt. — Auf dem hinteren Felde zeigten sich die Längsleisten (w'.) in ganz analoger Weise weiter entwickelt. Das frühere kurze Längsband war durch Zuwachs neuer Wimpern sowohl am vordem , als besonders am hintern Ende in einen langen, vorn stark knieförmig nach aussen gekrümmten Wimperbogen (p'.) übergegangen, der sich weit nach hinten und innen bis in die Nähe der vierten Bauchwimper erstreckte und vorn bis fast an den Peristomwinkel reichte. Der ganze von diesem Wimperbogen umgürtete Theil der Bauchfläche erschien jetzt ebenfalls weit lichter, und neben dem hintern Ende desselben zeigte sich nach links ein neuer contractiler Behälter (c\). — Eine andere Neu- bildung war zu beiden Seiten des Körpers eingetreten. Die rechte Randwimperreihe (r.) war weiter nach innen gerückt und neben derselben halle sich nach aussen eine neue, aus viel kürzern, zarlern und dichter stehenden Wimpern zusammengesetzte Reihe (r\) gebildet, welche sich von der vordem Seitenecke bis zum Anfang des schwanzartig verengerten Hinterendes erstreckt. Diese Wimpern hängen anfänglich an ihrem Grunde mit einander zusammen, und noch früher ist statt derselben ein einfacher, undulirender Längsstreifen vorhanden. Letzterer entwickelt zuerst zahnformige Spitzchen, diese wachsen dann in kurze Borsten aus und trennen sich, immer länger werdend, zuletzt auch am Grunde von einander. Auf der linken Seite war die Randwimperreihe (r.) weiter nach aussen gedrängt und neben derselben zeigte sich nach innen zu eine ähnliche neue Wimperreihe (r'.), wie auf der rechten Seite, sie reichte aber noch nicht bis zum Aussenrand des ursprünglichen Perisloms hinauf, entwickelt sicli also offenbar von hinten nach vorn. — Die Mitte der beiden Seitenränder war mit einer seichten Einschnürung, der ersten Andeutung zur Sonderung der beiden Körperhälften versehen. Die nächstfolgenden Entwickelungsvorgänge bestehen nun darin, dass auf dem Stirnfelde die drei äussern Leisten immer weiter nach hinten und innen bis in die Nähe des Peristomwinkels rücken , und dass die jetzt an allen Leisten vorhandenen zahnförmigen Läppchen ihre verbindende Basis verlieren , schmaler und entsprechend dicker werden, sich mit andern Worten in Griffel oder Borsten verwandeln und weiter und regelloser aus einander rücken. Dadurch weiden sämmtliche Stirnwimpern, mit Ausnahme der drei vordersten, verdrängt. Eine ganz analoge Veränderung geht mit den Leisten des hintern Feldes vor sich und dadurch werden die drei vordem Bauchwimpern des Mutterthieres zum Schwinden gebracht. — Ein etwas späteres Theilungsstadium ist in Fig. 5 abgebildet; vom Nucleus muss jedoch hierbei abgesehen werden. Die beiden Körpei hallten haben sich bereits durch eine tiefere Einschnürung ihrer Seiten beträchtlich von einander gesondert, die hintere Hälfte ist mit einem fast vollständig entwickelten Perislom versehen, nur ist der Innenrand (i.) desselben noch eine sehr schwach aus- geprägte verticale Längsleiste, die eine äusserst zarte, gezähnelte, unduliiende Membran trägt. Die theils griffe!-, theils borstenförmigen Wimpern , welche sich aus den zahnförmigen Läppchen der ehemaligen Längsleisten des vordem und hinlern lichten Feldes entwickelten, bilden jetzt in jeder Körperhälfte ein vollständiges System von Stirn-, Bauch- und Aflerwimpern (st', a'. und st", a".), deren Stellung nur noch mehr oder weniger von der des entwickelten Thieres abweicht. Die Aflerwimpern (a'. und a".) stehen in einer fast verticalen Linie hinter einander, dicht neben und vor dem Peristomwinkel, die Stirnwimpern (st', und st".) zeigen noch die Stellung der zahnförmigen Läppchen der ehemaligen innern Längsleisten, die Bauchwimpern dagegen sind schon zweireihig geordnet, aber noch nicht scharf von den drei äussern Stirnwimpern geschieden. Zuweilen zählte ich ein oder zwei Rauchwinipern 153 mehr, als die normale Zahl beträgt, diese werden jedoch spater fast immer wieder unterdrückt. Die beiden ursprüng- lichen Randwimperreihen (r. r. r. r.) hatten sich durch die Einschnürung des Körpers in eine vordere und hintere gesondert, auf der rechten Seife war die hintere Reihe vorn nach einwärts gerückt, auf der linken Seite waren die alten Randwimpern ganz nach aussen gedrängt und schon theilweis geschwunden; in der vordem Hälfte zeigten sich nur noch drei alte Randwimpern. Die neuen Randwimperreihen Y. r'. r'. r'.j hatten sich weiter entwickelt, die der linken Seite hatte sich bis zum Peristom der vordem Körperhälfte verlängert und war dann durch die Ein- schnürung dieser Seite in eine vordere, mehr nach aussen gerückte, und in eine hintere, mehr nach innen gerückte zerfallen. Dadurch hatte jede Körperhälfte auf der linken Seite eine neue Bandwimperreihe erhallen, die bereits die characteristische Lage in Rezug auf den Aussenrand ihres Peristoms zeigte. Auf der rechten Seile hatte die neue Randwimperreihe dieselbe Veränderung erfahren, wie die alle. Von den übrigen locomotiven Wimpern des Mutier- tbieres waren nur noch die drei vordersten Stirnwimpern (st.), die beiden hintersten Rauchwimpern (b.), die After- wimpern (a.) und die Schwanzwimpern (s.) vorhanden. Die Theilung geht nun rasch ihrem Ende zu. Die beiden jetzt mit den wesentlichsten äussern Organen ausgerüsteten Theilungssprösslinge schnüren sich innerhalb \ Stunde fast vollständig von einander ab. Sie bilden zuletzt zwei umgekehrt eiförmige, nur noch lose und an einer sehr beschränkten Stelle mit einander zusammen- hängende Körper (Fig. 6), von denen der hintere bei der Rauchansicht mit seinem Vordertheile den Hintertheil des vordem bedeckt. Die allen Randwimpern sind jetzt auf der linken Seite gewöhnlich vollständig geschwunden; auf der rechten Seite sieht man nur noch wenige und weit aus einander gerückte (r. r.). Im Uebrigen haben sich beide Thei- lungssprösslinge nicht weiter verändert, nur die zwei alten hintern Bauchwimpern sind merklich kleiner geworden, und zwischen denselben und den alten Afterwimpern hat sich eine gerade oder schiefe Furche gebildet, wodurch sich ein besonderes Schwanzsegment (h.) absetzt, welches bald sämmtliche . bald nur die beiden rechten mütter- lichen Aflerwimpern trägt. Mit dem Auftreten jener Querfurche steht die Entwickelung neuer Schwanzwimpern in Zusammenhang. Diese wachsen erst kurz vor dem Abschluss der Theilung in sehr kurzer Zeit aus der Rückseite jedes Theilungssprösslings hervor (Taf. VII. Fig. 2). Am hintern Theilungssprössling bildet sich auf dem Rücken, der queren Bauchfurche gegenüber, eine quere Kante; an den beiden Ecken und in der Mitte derselben wachsen die drei neuen Schwanzwimpern (s".) hervor, die also von Anfang an dieselbe Stellung haben, wie die alten Schwanzwimpern (s). Auf dem Rücken des vorderen Theilungssprösslings erscheint eine ähnliche, jedoch dem Hinlerrande viel näher gelegene quere Kante, an der sich in gleicher Weise die neuen Schwanzwimpern (s'.i entwickeln. Nunmehr, zuweilen auch schon etwas früher, trennen sich die beiden Theilungssprösslinge von einander; es bedarf jedoch noch mehrfacher, eine ziemlich geraume Zeit erfordernder Modifikationen , bevor sie dem Multer- thier vollständig gleich werden. Die frei gewordenen Theilungssprösslinge trifft man häufig einzeln für sich in einem Wassertropfen an; wer den gesetzlichen Vorgang der Querlheilung nicht kennt, der wird sie leicht für eine besondere Art, ja selbst für eine andere Galtung halten. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass das Peristom sehr weit nach hinten reicht, dass Stirn-, Bauch- und Aflerwimpern das Stirnfeld einnehmen und dass gewöhnlich auch noch den Randwimpern parallele Wimpern (die mütterlichen Randwimpern) vorhanden sind. Den vorderen Thei- lungssprössling erkennt man daran, dass er noch die drei vordersten Slirnwimpern des Mutterlhieres und ein sehr kurzes wimperloses Schwanzsegment besitzt , vor dem auf der Rückseite drei Schwanzwimpern stehen. Die drei überzähligen Stirnwimpern , das Schwanzsegment und die noch vorhandenen alten Randwimpern gehen nach und nach ein, die Bauch- und Afterwimpern aber rücken von dem Stirnfeld auf den eigentlichen Bauch, der sich mehr und mehr in die Länge entwickeil. Den hintern Theilungssprössling (Taf. VII. Fig. 3) erkennt man an dem viel grössern Schwanzsegment (h.) , welches jetzt mehr oder weniger nach links verschoben ist und an beiden Seiten noch mit Randwimpern und hinten mit den Schwanzwimpern (s.) versehen ist. Ausserdem sitzen vor demselben auf der Rückseite die neuen Schwanzwimpern (s".) , während auf der Rauchseite theils auf dem Schwanzsegment, theils vor demselben noch die Afterwirupern und die beiden hintersten Rauchwimpern des Multerthieres vorhanden sind. An dem abgebildeten Theilungssprössling fanden sich nur noch vier alte Afterwimpern vor, die erste rechte sass vor dem Schwanzsegmenle, die zweite auf demselben, die beiden übrigen waren weit nach vorn nehen die beiden restirenden Bauchwimpern gerückt. Ausserdem halten sich auf beiden Seiten die alten Randwimpern r. r.) noch in beträchtlicher Anzahl erhalten, auch war unter den neuen Rauchwimpern eine überzählige vorhanden. — Die weitere, von mir oft beobachtete Entwickelung des hintern Theilungssprösslings besteht darin (Taf. VII. Fig. 4). S 1 1; i ti , Orgauismus der [nfusionslhiere. 39 154 dass das Schwanzsegment zu einem unscheinbaren, warzenförmigen Anhang (h.) zusammenschrumpft, der nur nocli Reste der ehemaligen Rand- und Schwanzwimpern erkennen lässt und ganz nach links über das hintere Ende des linken Seitenrandes hinausgeschoben liegt. Dadurch wird die Kante, an welcher bisher das Schwanzsegment sass, zum freien Hinterrand des Körpers und die bisherigen dorsalen Schwanzwimpern gehen in terminale über. Die mütterlichen After- und Bauchwimpern sind jetzt ganzlich geschwunden, oder es ist höchstens noch, wie in unserem Fall, eine vereinzelte Afterwimper auf dem warzenförmigen Anhang vorhanden. Von den alten Randwimpern zeigen sich nur noch auf der rechten Seite einzelne Spuren (r.). Der eigentliche Bauch hat sich merklich nach hinten ausgedehnt und dadurch sind die neuen Bauch- und Afterwimpern von dem Stirnfelde nach rückwärts gewandert und fast ganz auf den Bauch gerückt. Der Rest des ehemaligen Schwanzsegmentes , der zuletzt nur noch ein eng und kurz gestieltes queres Lappchen bildet, wird nun binnen Kurzem völlig resorbirt, der Bauch noch weiter in die Länge entwickelt und der Theilungssprössling hat dann ganz die normale Form erreicht. Die Veränderungen, welche der Nucleus während der Quertheilung erleidet, sind merkwürdiger Weise nicht bei allen Individuen dieselben. In vielen Fällen theilt sich der Nucleus jeder Körperhälfte sammt seinem Nucleolus gleich beim Beginn der Quertheilung, nachdem in der hintern Körperhälfte nur erst ein ganz kurzer adoraler Wimperbogen entwickelt ist, in einen vordem und hintern. Die beiden Kerne jeder Körperhälfte liegen nahe hinter einander und gleichen ganz den normalen Kernen, nur besitzen sie gewöhnlich keine quere Höhlung; sie bleiben während des ganzen übrigen Verlaufs der Quertheilung unverändert (Taf. VI. Fig. 6. Taf. VII. Fig. 2) , erst nach der Abschnürung der beiden Theilungssprösslinge rückt der hintere weiter nach rückwärts in den sich mehr und mehr entwickelnden Hinlerleib hinein (Taf. VII. Fig. 3. 4). Zuweilen waren die aus der Quertheilung eines mütterlichen Nucleus hervorgegangenen beiden neuen Kerne (Taf. VI. Fig. 10. a. b.) mit einer Querhöhle versehen und ihre ein- ander zugekehrten Segmente bestanden aus einer überaus lichten Substanz, in der mehrere resistente, dunkel- contourirte, querovale Kernchen eingebettet lagen. — In andern gar nicht selten vorkommenden Fällen dehnt sich der Nucleus jeder Körperhälfte gleich beim Beginn der Quertheilung beträchtlich in die Länge und Breite aus und er verwandelt sich in einen gestreckten, oblongen oder fast walzenförmigen, ganz homogenen Körper (Taf. VI. Fig. 3. n. n. Fig. 4. n. n.). Gleichzeitig vergrössert sich auch der Nucleolus, bekommt ein längsslreifiges Ansehen und ver- wandelt sich in eine kleine ovale Kapsel (nl.) , welche der Länge nach dicht mit parallel neben einander liegenden Stäbchen erfüllt ist. Neben dem einen vergrosserten Nucleus (in Fig. 3 und 4 neben dem vorderen) finden sich fast immer zwei der eben geschilderten Nucleoli , die nur durch Quertheilung aus dem ursprünglich einfachen hervor- gegangen sein können. Häufig verschmelzen die beiden sich vergrössernden Kerne in einen breit walzenförmigen, beiden Körperhälften gemeinsamen Nucleus (Fig. 5. n.) , neben dem sich dann auf der linken Seite stets drei vergrösserte , mit stabförmigen Körperchen erfüllte Nucleoli finden. In Fig. 9 ist ein solcher gemeinsamer, noch grösserer Nucleus mit seinen drei Nucleolis aus einem andern, im mittlem Stadium der Quertheilung begriffenen Thier isolirl dargestellt; an demselben sonderte sich schon durch blosse Einwirkung des Wassers die Nucleus- membran von der ganz homogenen Nucleussubslanz. Nach den bei den Paramäcien gemachten Erfahrungen fvergl. S. 97 folg.) kann es wohl keinem Zweifel unter- liegen , dass sich die vergrosserten Nucleoli zu Spermalozoenkapseln entwickeln werden. Aus den in der Quer- theilung begriffenen Individuen, welche einen gemeinsamen oder einen vordem und hintern vergrosserten Nucleus und drei vergrösserte längsstreifige Nucleoli enthalten , gehen wahrscheinlich Theilungssprösslinge mit einem ein- zigen Nucleus und einem oder zwei Nucleolis hervor, die wohl eine geschlechtliche Generalion darstellen und an denen ein ähnlicher Befruchtungsact eintreten mag , wie bei den Paramäcien. Leider fehlt es mir an direclen Beobachtungen, welche diese Vermulhung weiter begründen könnten. Nur eine, vielleicht hierher gehörige That- sache habe ich noch kennen lernen, als der Stich der Tafeln bereits vollendet war. Ich traf nämlich mehrmals mittelgrosse Individuen von Styl, mytilus, welche ganz den normalen glichen, die aber nur einen einzigen, vergros- serten, ovalen Nucleus enthielten. Dieser lag in der Mitte des Körpers, bestand aus einer sehr lichten und durch- sichtigen Substanz und war ringsum von einem sehr breiten und dunklen Hof dicht zusammengedrängter Fettkörner umgeben, zwischen denen mehrere lichtere grössere Kügelchen zerstreut lagen, die sonst den Fettkörnern sehr ähnlich sahen. Einen Nucleolus konnte ich nicht auffinden; dennoch vermuthe ich, dass diese Individuen von jenen Formen der Quertheilung abstammen, bei welchen sich der mütterliche Nucleus nicht theilt, sondern nur vergrössert. 155 2. Längstheilung. Sie tritt viel seltener und immer nur vereinzelt auf. Die in der Längstheilung begriffenen Individuen, welche ich beobachtete, befanden sich alle fast genau auf derselben Stufe der Entwickelung und zwar in einem schon ziemlich vorgerückten Stadium der Theilung; die ersten Anfänge dieses Actes sind mir nicht zu Gesicht gekommen. Bei den von mir aufgefundenen Formen (Taf. VII. Fig. 5) halte sich der mütterliche Körper beträchtlich verbreitert und einen fast länglich rechteckigen Umriss angenommen; er war von hinten her bis wenigstens zur Mitte oder noch etwas darüber hinaus in zwei bereits völlig von einander getrennte Hälften mit parallelen Seitenrändern and abgerundetem Hinterrande gelheilt. Die linke Hälfte ragte nach hinten immer mehr oder weniger über die rechte hinaus; dafürhalte sich die rechte Hälfte nach vorn etwas über die linke hinausgeschoben. Bei der Bauchansicht lag der freie Theil der rechten Körperhälfte in einer etwas höheren Ebene, als der der linken, er bedeckte nach vorn zu mit seinem linken Seitenrande den rechten Seitenrand der linken Kürperhälfte. Das mütterliche Peristom war so weit nach links verschoben, dass der Peristomwinkel die Mittellinie der linken Körperhälfte einnahm, der Innen- rand des Peristoms hatte dadurch eine viel schiefere, vorn stärker nach rechts gerichtete Lage erhalten. Der rechten Körperhälfte waren sämmtliche Stirn-, Bauch-, After- und Schwanzwimpern, sowie auch die rechte Randwimper- reihe des Multerthieres verblieben, längs ihrer linken Seite dagegen zeigten sich lauter Neubildungen, nämlich eine neue, bereits vollständige Randwimperreihe, ein neuer, noch sehr kleiner contracliler Behälter (c.) und die Anlage zu einem neuen Peristom (p'.). Letzteres wird vom Peristomwinkel aus gebildet; es erscheint nämlich neben dem vordem Ende des linken Seitenrandes ein kurzes schräges , nach innen und hinten gerichtetes Band von zarten queren Wimpern , es ist dies der hinterste Theil eines neuen adoralen Wimperbogens , und mit dem hintern Ende desselben stösst rechts eine kurze nach vorn divergirende Längsleisle, der Anfang zum Innenrand des in der Bildung begriffenen Peristoms, zusammen. Der neue Peristomwinkel und contractile Behälter liegen immer etwas weiter nach vorn, als die entsprechenden Gebilde der linken Körperhälfte. Letzlere hat vom Mutlerthier das Peristom, den conlractilen Behälter (cj und die linke Randwimperreihe überkommen. Sie besass ausserdem die normale Zahl der Bauch-, After- und Schwanzwimpern, aber nur zwei Stirnwimpern am Innenrande des Peristoms, welche eben dieser Stellung wegen der vierten und fünften Stirnwimper des Mutterthieres entsprechen. Alle diese Wimpern sind neu gebildete Organe; auf welche Weise sie entstehen, bleibt noch zu ermitteln übrig. Die rechte Randwimperreihe fehlte entweder noch gänzlich, oder es zeigte sich nur ein Anfang zu derselben an der hintern Seitenecke; sie entwickelt sich also jedenfalls von hinten nach vorn. — Jede Körperhälfte war bereits mit zwei Kernen (n. n. n. n. versehen, die sich dadurch bilden, dass die beiden Kerne des Mutterthieres bei der Verbreiterung des Körpers eine schiefe diagonale Lage annehmen, sich dann verlängern und in der Mitte durchschnüren. — Das in der Theilung begriffene Thier nahm häufig noch Nahrung zu sich, natürlich nur mittelst des ursprünglichen Peristoms, daher die Nahrungsstoffe lediglich in die linke Körperhälfle gelangten. Auch in den ersten Stadien der Querlheilung fTaf. VI. Fig. 3 — 5) treten durch das vordere Peristom noch fortwährend Nahrungssloffe in den Körper, die sich auf der rechten Seite in beiden Körperhälften anhäufen. Es kommt noch eine andere , aber sehr seltene Form der Längslheilung vor, die in umgekehrter Richtung, von vorn nach hinten erfolgt. Ich beobachtete davon nur das eine, auf Taf. VII. Fig. 6 dargestellte Stadium. Der mütterliche Körper hatte sich hauptsächlich nach vorn zu sehr stark in die Breite entwickelt und zwar in einer schiefen diagonalen Richtung, so dass die linke Körperhälfte nach vorn, die rechte nach hinten verschoben erschien. Das mütterliche Peristom war, wie bei der gewöhnlichen Längstheilungsform, ganz in die linke Körperhälfte gerückt, von seinem adoralen Wimperbogen hatte sich aber nach vorn und rechts durch eine verticale Einschnürung in der Mitte des Vorderrandes ein Segment abgesondert, welches den Anfang zu einem neuen adoralen Wimperbogen für die rechte Körperhälfte bildet. Letztere hatte auch bereits in ihrer Mitte und nach links den hintern Theil eines neuen Peristoms (p\) und neben demselben einen neuen conlractilen Behälter (c'.) entwickelt; beide Gebilde lagen weiter nach hinten, als die entsprechenden der linken Körperhälfle. Vor dem hintern Körperende zeigte sich auf der linken Seite ein bogenförmiger Einschnitt, durch welchen für die linke Körperhälfte ein neuer Hinterrand her- gestellt wird, an dem bereits die beiden äusseren Schwanzwimpern hervorgewachsen waren. Die rechte Körper- hälfte behält den grössten Theil der locomoliven Wimpern des Mutterthieres, nämlich die Stirn-, Bauch-, After- und Schwanzwimpern und die rechte Randwimperreihe, sie hat also später nur noch die linke Randwimperreihe neu zu bilden. Die linke Körperhälfte dagegen übernimmt vom Mutterthier nur die linke Randwimperreihe und muss alle übrigen locomoliven Wimpern neu anlegen; sie hatte in dem dargestellten Fall die fünf stärkern Stirnwimpern, aber 39* 156 erst eine vordere Bauch-, zwei After- und die beiden ausseien Schwanzvvimpern entwickelt. Jede Körperhälfte war mit einem doppelten Nucleus versehen; die vier Kerne n. n n. n.j lagen einander paarweis diagonal gegenüber, das link«1: Paar war weiter nach vorn gerückt, als das rechte. Die beiden sich verlängernden Kerne des Mutterlhieres gehen also zuerst aus ihrer vcrticalen Lage in eine diagonale über, dann erfolgt ihre Durchschnürung in der Mitte und es rückt nun das vordere Segment in die linke, das hintere in die rechte Körperhälfte. Einmal traf ich ein Individuum, welches in der vordem Körperhälfte bereits mit zwei nahe neben einander liegenden Kernen versehen war, während die hintere Körperhälfte noch einen einfachen, diagonal gelagerten Kern enthielt. - — Ein anderes Individuum, welches ich über eine Stunde lang beobachtete, um den weitem Fortgang der Theilung zu ermitteln, bot die seltsame Erscheinung dar, dass auf dem hintern Theil jedes Stirnfeldes der beiden künftigen Theilungs- sprosslinge eine grosse Anzahl dicht gedrängt beisammen stehender, feiner Wimpern hervorwuchs, so dass es den Anschein gewann, als würde ein ganz neues System von Stirn-, Bauch- und Afterwimpern für die linke und rechte Körperhälfte angelegt. 3. Fortpflanzung durch Embryonen. Zu gewissen Zeiten treten im Innenparenchym der mittlem Körperregion bei Individuen des verschiedensten Alters eine kleinere oder grössere Anzahl von scharf begränzten , grossen, lichten Kugeln (Taf. VII. Fig. 7 — 12. k. und Taf. VIII Fig. 1 — 10. k.) auf, welche mit einem centralen opaken Kern und mit einem peripherischen contractilen Behälter versehen sind. Diese Kugeln sind ohne Zweifel das Resultat einer vorausgegangenen geschlechtlichen Zeugung, deren näherer Hergang jedoch noch zum grössten Theil in Dunkel gehüllt ist; sie gleichen vollkommen den Embryonalkugeln der Paramäcien (vergl. S. 99), vermehren sich, wie diese, durch Theilung und liefern auch zuletzt eine Generation lebhaft beweglicher, acinetenartiger Embryonen (Taf. VII. Fig. 12. e. Taf. VIII. Fig.!. 4.9.e.), welche durch eine besondere Geburtsöffnung (Taf. VIII. Fig. 1 . 4. or.j ausschwärmen. — Ich entdeckte diese Forl- pflanzungsweise bereits im October 1854 in Tharand und gab darüber die ersten öffentlichen Miltheilungen im J. 1856 auf der Naturforscherversammlung in Wien (vergl. das Tageblatt Nr. 3. S. 53). ■ — Die Entwicklung von Embryonalkugeln gehört bei Styl, nrytilus durchaus nicht zu den seltenen Erscheinungen, ja sie kommt hier verhält- nissmässig weit häufiger vor, als bei den andern Infusorien, welche dieselbe Fortpflanzungsweise haben erkennen lassen. Stösst man in einer Flüssigkeit auf ein Individuum mit Embryonalkugeln, so kann man fast mit Sicherheit darauf rechnen, deren noch mehrere, oft sehr viele anzutreffen. Oft sind diese jedoch sämmtlich nur mit einer oder wenigen Embryonalkugeln versehen, dann sucht man vergeblich nach reifen Embryonen. Letztere kann man nur dann erwarten, wenn sich Individuen mit zahlreichen Embryonalkugeln zeigen. Behält man dergleichen Individuen anhaltend im Auge, so wird man stets früher oder später eine oder mehrere der kleinsten Embryonalkugeln sich in Embryonen verwandeln und diese durch die Geburtsöffnung nach aussen treten sehen. — Ich habe die Embryonal- bildung seit I854 alljährlich und in mehreren Fällen an zahllosen Individuen beobachtet, zuerst sah ich sie wieder Ende November 1855, dann im September und October 1856, ferner um Mitte März und im Juni 1857, und endlieh im Mai, Juni und November von 1858; sie ist hiernach jedenfalls von der Jahreszeit ganz unabhängig. Das Vermögen, sich durch Embryonen fortzupflanzen, ist Thieren von der allerverschiedensten Grösse eigen. Ich beobachtete zuweilen Embryonalkugeln bei den kleinsten, nur ^1T" langen Individuen, am häufigsten traf ich sie bei mitlelgrossen Thieren von TV — tV" Länge (Taf. VII. Fig. 7—12 und Taf. VIII. Fig. 7—40); den grössten Indi- viduen kommt keineswegs vorzugsweise diese Fortpflanzungsweise zu, ich sah sie hier im Gegentheil verhältniss- mässig viel seltener, als bei den miltelgrossen und kleinen. In ihrer Organisation weichen die mit Embryonalkugeln versehenen Stylonychien nicht wesentlich von den gewöhnlichen Formen ab (in den Abbildungen sind öfters die hintern Stirn- und vordem Bauchwimpern, so wie der vordere Theil der linken Bauchwimperreihe weggelassen worden, um das Detail der Embryonalkugeln nicht undeutlich zu machen), sie bewegen sich auf dieselbe Weise und nehmen auch fortgesetzt Nahrung zu sich, was erst dann aufhört, wenn sich eine grosse Zahl von Embryonal- kugeln entwickelt hat. Die beiden Kerne des Mutterlhieres zeigen dagegen eine mehr oder weniger veränderte Lage, sie sind meist schief oder quer gestellt und oft weit aus einander nach den beiden Enden des Körpers gerückt (Taf. VII. Fig. 9 — 12. n. n. Taf. VIII. Fig. 5. n. n.) ; der vordere Nucleus liegt stets vor den Embryonal- kugeln, der hintere bald hinter denselben, bald ist er gegen den linken Seitenrand gedrängt oder von den hintersten Embi yonalkugeln verdeckt. Auch der contractile Behälter des Mutterlhieres wird , wenn sich die Embryonalkugeln sehr vermehren, theils mehr nach aussen, theils beträchtlich nach vorn geschoben Tat. VII. Fig. I0.I I. c. Taf VIII. 157 Fig. 4. c. 9. 10. c). Innen besitzen die Multerthiere eine klaffende, von einem scharfkantigen Hände eingefasste Geburlsöffnung; sie liegt constant in der linken Bauchhälfte dicht hinter dem Aussenrande des Perisloms und ist bald mehr der Mittellinie des Bauches (Taf. VII. Fig. 9. or. Tat. VIII. Fig. I. 3. or.), bald mehr dem linken Seitenrande genähert (Taf. VII. Fig. 12). Gewöhnlich hat sie die Form einer länglich ovalen, nieren- oder sichelförmigen Spalle; bei grossen Mutterthieren erreicht sie nicht seilen betrachtliche Dimensionen, indem sie sich entweder nach hinten bis in die Nahe der Afterwimpern verlängert (Taf. VIII. Fig. .1. or.) oder sich beträchtlich in die Breite ausdehnt (Taf. VIII. Fig. 4. or.). Die Geljurtsöflnung ist schon hei Mutterthieren vorhanden, welche nur eine einzige Embryonal- kugel enthalten (Taf. VII. Fig. 7. or.) ; sie ist dann aber oft erst eine sehr enge, kurze, dem Aussenrand des Perist s parallele Spalte. Mit der Vermehrung der Embryonalkugeln vergrössert sich auch die Gebartsöffnung mehr oder weniger. Die Embryonalkugeln liegen stets dicht gedrängt beisammen, sie platten sich daher durch gegenseitig fast vollständig ausgebildet, und auf den zu ihnen gehörigen Stirnfeldern hatte sich ein neues System von erst borslenförmigen Stirn-, Bauch- und Afterwimpern entwickelt. Der müllerliche contractile Behälter war verschwunden , und dafür war links neben jedem neuen Peristom ein neuer contractiler Behälter (c. und c". entstanden. Die drei Peristome, mit denen jetzt das in der Theilung begriffene Individuum verschen war. hatten nahezu gleiche Grösse. — In einem noch spätem Stadium der Längstheilung (Fig. 22) hatten sich die beiden neuen Peristome (p'. und p".) betrachtlich vergrössertj sie waren sammt den zu ihnen gehörigen stärker gewordenen locomotiven Wimpern und contractilen Behältern weiter nach vorn gerückt und hallen das mütterliche Peristom nebst den fünf alten hintern Stirnwimpern gänzlich verdrängt. Ohne Zweifel wird der vordere, beiden Theilungssprösslingen noch gemeinsame Lappen mit den drei alten Stirnwimpern später resorbirt. dann erfolgt wohl die gänzliche Trennung beider Theilungssprösslinge und erst nach derselben endlich die Resorption des mit den alten After- und Bauchwimpern versehenen hintern Körperendes. — Wie sich die mütterlichen Kerne im Verlauf der Längstheilung verhalten, habe ich leider nicht erforschen können. Im ersten Stadium der Längslheilung unterschied ich mehrmals in der Mitte jeder Körperhälfle einen blassen homogenen runden Körper (Fig. 20. m.m.). In den spätem Stadien fielen mir öfters ebenfalls in dem mittlem Theil jeder Körperhälfte mehrere regellos vertheilte blasse Kugeln (Fig. 22. m. m.) mit einem centralen Kein auf. 42* 168 Ich war nicht im Stande, sie zu isoliren, und wage daher nicht zu entscheiden, ob sie Producte der mütterlichen Kerne und nicht vielmehr von aussen aufgenommene fremde Körper waren. In jedem Fall verdienen die eben geschilderten Theilungszustände, die möglicherweise ein Conjugationsproduct zweier Individuen sein können, fernerhin die grösste Aufmerksamkeit; sie dürften vielleicht zur geschlechtlichen Fortpflanzung in Beziehung stehen. 0. F. Müller hat von dieser Art bereits eine recht befriedigende Darstellung geliefert und auch ihre so characterislischen Bewegungen vortrefflich beschrieben. Er fasste die Totalform des Körpers ganz richtig auf, unterschied auch die fünf starkern Stirn wimpern, die hinterste Bauchwimper und die fünf Afterwimpern. Die relative Stellung der letztern hat Müller ganz naturgetreu angegeben, die Bandwimpern aber entgingen ihm, und vom Peristom sah er nur die vordem adoralen Wimpern. — Ehrenberg1 s Abbildungen sind im Umriss weit weniger characteristisch und auch sonst in den wesentlichsten Puncten unrichtig; er verwechselte Bücken- und Bauchseite, verkannte das Peristom gänzlich und unterschied gar keine Bauchwimpern , sondern nur 6 — 8 ganz willkührlich gestellte Stirnwimpern und 3 — i Afterwimpern. Dagegen erkannte Ehrenberg zuerst den wichtigen Characler, dass sich die Bandwimpern bis zur Hinterleibsspitze erstrecken und dass Schwanzwimpern gänzlich fehlen. Seine Dar- stellungen der Quer- und Längstheilung enthalten auch nicht ein einziges richtiges Moment. — Wer blos nach Ehrenberg' s Abbildungen urlheilt, der kann leicht zu dem Glauben verleitet weiden, dass Styl, histrio gar nicht eine von Styl, pustulata verschiedene Art sei. Es haben in der That auch zuerst Dujardin (Infusoires p. 424) und in neuester Zeit sogar der sonst so sorgfältig prüfende Claparede (Eludes p. 106) diese Ansicht aufgestellt, sie beweist jedoch nur, dass diese Forscher die Styl, histrio entweder nicht selbst oder doch nur sehr flüchtig untersucht haben können. 3. Gattung. Pleurotrichn. Stein. (Taf. X. Fig. I— -4). Character : Körper formbeständig , elliptisch-lanzettlich , mit 8 griffeiförmigen Stirnwimpern , S in zwei medianen Längs- reihen stehenden, griffeiförmigen Bauchwimpern und .'> in zwei Bündel ans einander gerückten grtffelförmiyen Afterwimpern. Ausserdem sind noch zwei oder mehrere Längsreihen von borstenßrmigen Bauchwimpern vorhanden. Die Gattung wurde von mir in der Prager Lolos Januar 1859 S. 4 mit zwei Arten begründet, von denen die eine neu , die andere mit Ehrenberg's Stylonychia lanecolala identisch ist. Hierzu bringe ich noch als dritte Art die Slyionychia echinata von Claparede und Lachmann. Die Galtung Pleurotricha ist der Gattung Stylonychia sehr nahe verwandt, sie hat mit ihr die griffeiförmigen Stirn-, Bauch- und Afterwimpern gemein, unterscheidet sich aber von ihr sehr bestimmt durch die zwischen den Bandwimpern und den medianen griffel förmigen Wimpern wenigstens auf einer Seite noch vorhandenen borstenförmigen Bauchwimpern. Dies Merkmal halte ich schon allein zur Auf- stellung einer neuen Gattung für ausreichend, es kommen aber auch noch einige andere Eigentümlichkeiten hinzu, welche dieselbe vollends rechtfertigen werden. Der Körper ist langgezogen elliptisch, mehr als noch einmal so lang als breit, nach hinten lanzettförmig zugespitzt und nach vorn stumpf eiförmig verengert. Das farblose Parenchym ist an seiner äussern Gränze weniger starr und nicht so resistent, als bei Slyionychia, der Körper zerfliesst daher im flach ausgebreiteten Wassertropfen schneller und leichter; während des Schwimmens behält er jedoch beständig seine Form bei. er kann sich weder merklich seitwärts biegen, noch sich verkurzen oder verlängern, ich bezeichne ihn daher als formbeständig. Das Peristom reicht nicht bis zur Mitte des Körpers, sein Vorderrand bildet eine halbmondförmige, auf den Vorderrand des Körpers symmetrisch aufgesetzte Oberlippe, der breite bandförmige Aussenrand des Peristoms erscheint häufig halbrinnenförmig ausgehöhlt (Fig. 2. 4), der Innenrand fällt mit der Mittellinie des Körpers zusammen, er erstreckt sich etwas über die vordem Seitenecken hinaus nach vorn und ist hier stark hakenförmig nach links gekrümmt und mit einer schmalen, lebhaft auf- und niederwogenden undulirenden Membran (Fig. I. 3. 4. i.) versehen, deren ver- schiedene Stellungen und Faltungen am besten aus den Abbildungen zu ersehen sind. Im Peristomfelde bemerkt man stets eine ansehnliche schiefe Längsspalte (o.) ; sie ist dem Innenrand des Peristoms genähert und reicht fast bis zu der hakenförmigen Spitze desselben hinauf, während sie nach hinten gegen den Innenrand convergirt und sich in der Nähe des Peristomwinkels unter der undulirenden Membran verliert. Diese Längsspalte, welche bisweilen auf der linken Seite noch von einem zarten Hautsaum eingefasst schien ^Fig. 2. o.), ist ohne Zweifel die Mund- öffnung. Ein Schlund fehlt; die grossen Körper, welche die Thiere nicht selten verschluckt haben (man vergleiche z. B. den grossen, zwei Kerne und einen hellen Hohlraum enthallenden kugligen Körper in der rechten Körperhälfte 169 von Fig. 1), würden durch eine etwa nur im Peristomwinkel gelegene Mundöffnung und einen sich daran anschlies- senden Schlund gar nicht haben eindringen können. Von der rechten Ecke der Oberlippe verlauft eine mehr oder weniger scharf ausgeprägte, schräge, bogenförmige Falte zum Peristomwinkel, wodurch sich ein eigentliches, auch nach aussen und hinten scharf begränztes Slirnfeld (Fig. I. st.) absetzt, welches in der rechten Körperhälfte eine ganz analoge Form und Lage hat, wie das Perislomfeld in der linken. Das Stirnfeld ist nach vorn und innen stark niedergedrückt und geht um die hakenförmige Spitze des Innenrandes herum ohne Glänze in das noch mehr ver- tiefte Perislomfelcl über. Auf dem Stirnfelde stehen fünf starke und drei schwächere griffeiförmige Stirnwimpern. Die drei vordersten Stirnwimpern sind die längsten und stärksten, sie stehen in einer schrägen Reihe längs der rechten Seite des Vorderrandes; die vierte griffeiförmige Stirnwimper sitzt vor der Mitte des Innenrandes, die fünfte hinter der Mitte am Aussenrande des Stirnfeldes; vor derselben stehen ebenfalls dem Aussenrande des Stirnfeldes eingefügt die drei schwachem , mehr borstenförmigen Stirnwimpern. Hinler dem Peristom folgen zu beiden Seiten der Mittellinie des Bauches in zwei Reihen geordnet fünf weit aus einander stehende griffelförmige Bauchwimpern (Fig. 1. 4. bb'.), von denen die beiden hintersten die entwickeltsten sind. Die fünf griffeiförmigen, gleich starken Afterwimpern haben das Eigentümliche, dass sie in zwei, beträchtlich aus einander gerückte Gruppen getrennt sind. Die beiden rechten Afterwimpern (Fig. I. 3. 4. a.) sind in der rechten Körperhälfte sehr nahe vor der Hinterleibsspitze eingefügt und zwar die zweite noch weiter nach hinten, als die erste; sie ragen daher sehr weit über den Hinterrand hinaus. Die drei linken Afterwimpern (a'.) bilden eine kammförmige, nach links und hinten gerichtete Gruppe, welche weit nach vorn in dem Zwischenraum zwischen der letzten und vorletzten Bauchwimper eingefügt ist; sie werden häufig einzeln (Fig. 2) oder zusammen (Fig. 4. a'.) hakenförmig nach vorn und rechts umgeschlagen und können dann leicht für Bauchwimpern gehalten werden. Die langborstigen Randwimpern (Fig. I. 4. r. r.j erstrecken sich bis zur Hinter- leibsspitze und gehen hier, wie bei Stylonychia histrio, ohne Zwischenraum in einander über; Schwanzwimpern fehlen gänzlich. Die linke Randwimperreihe wendet sich vorn nur wenig nach einwärts. Zwischen den Rand- wimpern und den griffeiförmigen Bauchwimpein finden sich entweder nur auf der rechten Seite oder auf beiden Seiten 1 — 3 den Randwimperreihen parallele Längsreihen von borstenförmigen Bauchwimpern (Fig. 1. s.S. Fig. 4. s.), die kürzer und feiner sind, als die Randwimpern. Die beiden ovalen Kerne (Fig. I. 2. n. n) zeigen dieselbe relative Lage, wie bei Stylonychia, sie besitzen ebenfalls eine sehr deutliche quere spaltförmige Höhle, auch liegt ihnen links ein kleiner ovaler Nucleolus (Fig. I.nl.) an. — Der contractile Behälter (Fig. 1 . 2. c.) liegt dem linken Seitenrande genähert auf gleicher Höhe mit dem Peristomwinkel. — Der After und die Vermehrung durch Theilung wurden noch nicht beobachtet; dagegen wurden bei einer Art Embryonalkugeln nachgewiesen. — Die Tliiere bewegen sich sehr schnell und anhaltend, aber nicht mit gleichmässiger Geschwindigkeit und nicht lange in derselben Richtung, sondern sie fahren beständig fast sprin- gend und schnell abwechselnd bald nach links, bald nach rechts. Die Arten leben ausschliesslich in süssen Gewässern. 1. Pleurotricha grandis. Stein. (Tai. x. Fig. i). Stein Characleristik neuer Infusoriengatt. Lotos Januar 1859. S. 4. Körper breit eiförmig -lanzettlich, jederseits mit drei seitlichen [leihen borstenförmiger Bauchwimpern versehen, von denen die innerste abgekürzt ist. Ich habe diese ungemein grosse und sehr ausgezeichnete Art bisher nur bei Tharand beobachtet, wo ich sie im September 1854 in dem Forellenleiche des Hintergehrsdorfer Forstpflanzgartens zwischen Calliti ichen entdeckte. In ihrer Gesellschaft kam auch die folgende Art, so wie Stylonychia mytilus und histrio häufig vor; sie vermehrte sich in einem Gefässe nach 8 Tagen, als die mit eingesetzten Callitrichen zu faulen anfingen, massenhaft, und es erschienen nun erst die grössten Individuen, die nicht seilen eine Länge von -}-"', ja zuweilen sogar von 4-"' erreichten. Die kleinsten Individuen waren T',r" lang. — Der Körper ist im Verhältniss zu seiner Länge viel breiler, als bei der folgenden Art, die grösste Breite liegt hinter der Mitte; der rechte Seitenrand ist convexer, als der linke, welcher nach vorn zu fast gerade ist und mit dem Vorderrande eine stumpfe Ecke bildet; die beiden Seilen sind abgerundet. Die 5 griffeiförmigen Bauchwimpern haben dieselbe Stellung , wie bei Stylonychia mytilus; zuweilen kamen auch hier 7 Bauchwimpein vor. Die seitlichen Bauchwimpern bilden jederseits zwei vollständige, vom Aussenrand den Stirnfeldes und vom Aussenrand des Peristoms bis in die Nähe des hintern Körporendes sich herabziehende Längs- Stein. Hi^.itiiMi-.iK tln Inlusiiiiislliierc. 43 170 reihen (s. s.); die vordersten Wimpern der beiden reehlen Reihen sind etwas stärker, als die übrigen, und gleichen mehr den drei benachbarten schwachem Slirnwimpern. Ausserdem ist jederseils noch eine drille, innere, nach hinten abgekürzte Längsreihe von etwas geschlängelten borstenförmigen Bauchwimpern vorhanden, die viel weit- läufiger stehen; die rechte Reihe besteht nur aus 0 — 7, die linke aus 3 — 4 Wimpern. Die drei seitlichen Bauch- wimperreihen jeder Seite sind von einander und von der zugehörigen Randwimperreihe, wie auch von den medianen griffeiförmigen Bauchwimpern durch fast gleich weite Zwischenräume getrennt. Durch die grosse Anzahl von Bauchwimpern wird unsere Art der Urostyla grandis sehr ähnlich, sie unterscheidet sich jedoch von letzterem Thiere sofort durch die sehr dicken medianen Bauch- und Afterwimpern und durch den starren Körper. 2. Pleurotricha lanceolata. Stein. (Tat. x. Fig. 2—4). (?) Kerona calvilium Müller Animalc. infusor. p. 245. Taf. XXXIV. Fig. I) — 13. Stylonychia lanceolata Ehrenberg Die Infusionslhierch. S. 373. Taf. XLII. Fig. V. Pleurotricha lanceolata Stein in rler Lotos Januar (859. S. i. Körper langgestreckt lanzettlich, mir auf der rechten Seite mit einer vollständigen und einer abgekürzten Längsreihe von borsten- förmigen Bauchwimpern versehen. Ich lernte diese Art zuerst bei Tharand gleichzeitig und in derselben Localität mit der vorigen Art kennen. Im September 1855 beobachtete ich sie abermals bei Tharand in einem mit grossblätterigen Wasserlinsen über- zogenen Fischleiche. Dann traf ich sie erst wieder im September 1857 in dem Pufibach bei Niemegk, wo sie zwischen grossen an der Oberfläche des Wassers schwimmenden Bauschen von Spirogyren und Oscillarien in zahllosen Exemplaren vorkam. Im October desselben Jahres fand ich sie auch in einem Graben des Baumgartens bei Prag, jedoch nur vereinzelt. — Der Körper ist über 2^ mal so lang als breit, gewöhnlich schmal umgekehrt eiförmig -lanzettlich, vor der Mitte nämlich am breitesten, vorn zugerundet und nach hinten lang lanzettförmig zugespitzt (Fig. 3). Das vordere Ende ist häufig etwas nach links iibergebogen (Fig. 2) und der rechte Seitenrand dann sehr convex, der linke gerade oder schwach einwärts gekrümmt. Auch fast rein lanzettförmige, hinter der Mitte etwas erweiterte Formen (Fig. 4) kommen häufig vor. — Die Bauchseite ist sehr flach , die Seitenränder sind daher zugeschärft. Das Parenchym enthält nur sehr sparsame feine Körnchen und ist ungewöhnlich blass und bläulichgrau. — Von den 5 griffeiförmigen Bauchwimpern (Fig. 4. bb'.) stehen die erste, drille und vierte in der linken, die zweite und fünfte in der rechten Reihe neben der Mittellinie; die fünfte Bauchwimper ist zuweilen sehr weit nach hinten bis nahe vor die rechte hintere Aflerwimper gerückt. In der rechten Körperhälfte finden sich zwei Reihen borstenförmiger Bauchwimpern, eine äussere vollständige (s.) und eine innere abgekürzte (s'.), welche gewöhnlich nur aus vier Wimpern (Fig. 2. 4) besteht; bisweilen zählte ich sechs (Fig. 3). Die linke Körperhälfle besitzt keine Spur von borstenförmigen Bauchwimpern, wie ich mich sehr bestimmt an vielen, hierauf genau geprüften Exemplaren überzeugt habe. — Unter den vielen Individuen, welche ich beobachtete, traf ich kein einziges in der Theilung; dagegen kamen mir unter den im September 1854 bei Tharand aufgefundenen Individuen hin und wieder Mutterlhiere mit mehreren grossen Embryonalkugeln (Fig. 3. k.) vor, die sich in jeder Beziehung wie die von Stylonychia mytilus verhielten. Eine Geburtsöffnung finde ich in den damals aufgenommenen Zeich- nungen nicht angegeben, sie wird aber wohl nicht fehlen, sondern nur von mir unbeachtet geblieben sein. — - Die Länge des Körpers schwankt zwischen T'T — f'". 0. F. Müller' s Kerona calvilium dürfte wohl viel eher zu der gegenwärtigen Art, als zur Stylonychia mytilus gehören; ich schliesse dies theils aus dem Umriss des Körpers und aus den langen Randwimpern, besonders aber aus den beiden ganz hinten eingefügten und weit über den Körperrand hinausragenden Griffeln, die sich gerade so verhalten, wie die beiden hintersten Afterwimpern von Pleurotr. lanceolata. Müller unterschied ausserdem noch die drei vordersten Slirnwimpern und hinter denselben 3 — 5 bewegliche Puncto , welches offenbar die übrigen Stirn- wimpern waren, die Bauchwimpern blieben ihm unbekannt. — Dass Ehrenberg's bei Berlin zwischen Conferven und Oscillarien aufgefundene Stylonychia lanceolata mit der gegenwärtigen Art identisch ist, scheint mir nicht im min- desten zweifelhaft; denn sie besitzt genau dieselbe Form und Grösse. Ferner beobachtete EJirenbcrg an ihr fünf starke griffeiförmige Stirnwimpern; die drei schwächern konnten leicht übersehen werden. Sodann giebt er zwar nur vier, aber in einer sehr schrägen, fast verticalen Reihe stehende Aflerwimpern an; gerade so erscheinen die Afterwimpern meiner Pleur. lanceolata, wenn die erste und zweite hinterste Afterwimper, was häufig vorkommt, über einander liegen und sich decken. Endlich zeigen die Randwimpern am hintern Körperende bei Ehrenberg's 171 und meinem Thiere dasselbe Verhalten. In gewaltigem Widerspruch mit meiner Annahme steht nur die Angabe von Ehrenberg, dass der Körper seiner Styl, lanceolata mit Längsreihen von Wimpern besetzt sein soll und zwar mit IG — 18 auf der Halbansicht. Diese Angabe ist jedoch schon an und für sich höchst unwahrscheinlich, da wir sonst kein mit griffeiförmigen Wimpern ausgerüstetes Infusionslhier kennen, welches ausserdem noch auf der ganzen Ober- flache wimperte; sie verliert auch dadurch an Bedeutung, weil sie nur auf einer altern Beobachtung aus dem Jahre 1832 beruht; als ganz unzuverlässig und irrig muss sie uns aber erscheinen, wenn wir erwägen, dass Ehrenberg auch der Kerona pustulata einen auf der ganzen Oberfläche bewimperten Körper zuschreibt, während doch dieses Thier, wie wir gleich sehen werden, eine ganz nackte Bückseite und eine mit nur wenigen schrägen Wimperreihen besetzte Bauchseite besitzt. Ehrenberg sah offenbar die Randwimperreihen und die ihnen parallelen Bauchwimper- reihen von Pleurot. lanceolata und wurde dadurch zu der irrigen Vorstellung verleitet, dass der ganze Körper mit ringsherum gleichmässig verlheillen Längsreihen von Wimpern besetzt sei. Die Styl Onychia echinata von Claimrede und Lachmann (Eludes p. 165. PI. VI. Fig. 5), welche an verschiedenen Punclen in der Umgebung von Berlin häufig beobachtet wurde, ist eine der Pleur. lanceolata nahe verwandte Art, welche nach meiner systematischen Eintheilung den Namen Pleurotricha echinata zu fuhren haben würde. Sie besitzt jederseits nur eine einzige vollständige Reihe von borstenförmigen Bauchwimpem (cirrhes mar- ginaux); die ganz an den Rand gerückten Bandwimpern (soies) sind horizontal abstehend, und der conlraclile Behälter liegt weit hinter dem Peristom in der Mitte am linken Seitenrande. 4. Gattung. Kerona. Ehrbg. (Taf. X. Fig. o — 8). Charaeter : Körper formbeständig, nierenförmig , nach hinten zugespitzt, ohne eigentliche Stirn- und Afterwimpern, mit 6 schrägen bogenförmigen Reihen kurzborstiger Bauchwimpem , welche sich theils über die vordere , theils über die hintere Körper- hälfte ausbreiten. Die Gattung Kerona von Ehrenberg, welche nichts mit 0. F. Müllers Gattung Kerona gemein hat (vergl. S. 116), umfassle in Ehrenbergs altern Arbeiten die spätere Stylonychia pustulata, die Ehrenberg deshalb für den Repräsentanten einer eigenen Gattung ansah, weil ihm bei diesem Thiere die Afterwimpern (Griffel) entgangen waren. Als diese später erkannt wurden, und die bisherige Kerona pustulata nun in die Galtung Stylonychia wan- dern musste , übertrug Ehrenberg den Namen Kerona auf eine von ihm eist im Jahre 1835 aufgefundene, generisch neue Oxytrichinenform, welche auf Armpolypen lebt und bereits im vorigen Jahrhundert mehrfach beobachtet worden war. Sie wurde zuerst in den Abhandl. der Berliner Acad. von 1835 S. 164 und 166 als Kerona polyporom erwähnt, eine Characteristik der Galtung und die Beschreibung und Abbildung der einzigen Art aber erst 1838 im grossen Infusorienwerk geliefert. Die Gattung Kerona in dem neuern Sinn ist eine vortreffliche, sehr ausgezeichnete Gattung, deren Organisation jedoch Ehrenberg in sehr wesentlichen Puncten gänzlich verkannt hat. Der von ihm aufgestellte Characler, dass sich Kerona von den übrigen Oxylrichinen durch Besitz von Wimpern und Krallen und durch den Mangel an Griffeln unterscheiden solle, ist viel zu unbestimmt und selbst unrichtig, und er drückt auch nicht entfernt das Wesen dieser Gattung aus. Ich habe zuerst in der Lolos Januar 1839 S. 5 einen völlig ver- änderten, scharfen und zuverlässigen Gattungscharacter aufgestellt, wie er sich mir nach einem sorgfältigen Studium der Ker. polyporum ergeben hat. Ausser mir scheint kein neuerer Forscher dieses Thier näher untersucht zu haben. Der Körper ist schon durch die reine Nierenform, die sonst bei den Oxytrichinen nicht vorkommt, sehr ausgezeichnet; das vordere Ende ist halbkreisförmig abgerundet, in der Mitte kaum merklich zugespitzt (Fig. 6), das hintere Ende läuft in ein breit eiförmig zugespitztes Schwänzchen aus. Der rechte Seitenrand ist sehr convex und durch eine seichte Einschnürung von dem halbkreisförmigen Vorderrand gesondert; der linke Seitenrand zieht sich in der Mitte des Körpers tief busenförmig nach einwärts, nach vorn zu geht er ohne Absatz in den Vorderrand über. Der Rücken (Fig. 5. 8) ist massig gewölbt, besonders in der hintern Hälfte, die Bauchseite (Fig. 6. 7) ganz flach und eben. Die Seilenränder sind zugeschärft und lamellenartig verdünnt, sie schmiegen sich beim Kriechen der Unterlage innig an, wogen sanft wellenförmig auf und ab und rollen sich auch häufig etwas nach oben um. Das vordere Körperende kann ebenfalls aufwärts gebogen und bald mehr gewölbt, bald mehr verflacht werden. Im Uebrigen behält der Körper bei allen seinen Bewegungen fast ganz unverändert seine Nierenform bei ; sein 43* 172 Parenchyni stimmt nahe mit dem der Stylonychien überein, doch ist es etwas weniger starr und schon in einem geringen Grade dehnbar. — Das Peristom erstreckt sicli bis zur Mitte des Körpers hinab; sein hinterer vertiefter Theil oder das eigentliche Peristomfeld ist ungemein schmal und im Umriss einem mit der Spitze nach einwärts gekrümmten Füllhorn ahnlich. Der Innenrand des Peristoms, der nur bis zur halben Höhe der vordem Körperhälfte hinaufreicht, ist Dämlich weit nach links gegen den breiten bandförmigen Aussenrand des Peristoms gerückt und demselben conform gekrümmt; er besitzt vielleicht keine eigentliche undulirende Membran, sondern nur feinborstige, von vorn nach hinten an Lange abnehmende präorale Wimpern. Die adoralen Wimpern setzen sich rings um den ganzen Vorderrand bis zur rechten Seitenecke fort, wo sie sich fast unmittelbar an die Rahdwimpern anschliessen. Die vordem adoralen Wimpern sind ungewöhnlich lang und die längsten und stärksten Wimpern des ganzen Körpers; sie stehen sehr nahe am Rande eingefügt und werden nur in der Mitte von einem kaum merklichen Haut- saum überragt. — Die dichtstehenden , ziemlich langborstigen Randwimpern sitzen in einer nahe am Rande herab- ziehenden, auf der rechten Seite am schärfsten ausgeprägten Furche; der freie Randsaum ist sehr dünnhäutig, durchsichtig und biegsam. Reide Randwimperreihen stossen in der Schwanzspitze zusammen, die linke wendet sich gegen das Peristom hin ziemlich stark nach einwärts. — Die Bauchwimpern sondern sich nicht in verschiedene Kategorien, sondern sind säinmtlich fast ganz gleichartige, kurz häkchenförmige Borsten, die viel kürzer sind, als die Randwimpern. Sie setzen, dicht gedrängt neben einander stehend, sechs schiefe bogenförmige Reihen zusammen, die insgesammt von der Einschnürung zwischen dem Vorderrande und dem rechten Seitenrande ausgehen und theils über die vordere, theils über die hintere Körperhälfte nach der linken Seite hinüber laufen. Die vorderste Reihe, welche aus den kürzesten Häkchen besieht und daher leicht übersehen werden kann, begleitet die adoralen Wimpern, von welchen sie nur durch einen sehr schmalen Zwischenraum gelrennt ist, bis nahe zum Aussenrand des Peristoms. Die zweite und dritte Reihe bilden gewöhnlich (Fig. 7) nach vorn und links gekrümmte Bogen , von denen der erste vorn am Innenrande des Peristoms, der zweite etwas vor dem Peristomwinkel endet. Die vierte, fünfte und sechste Reihe bilden nach hinten und rechts gekrümmte Bogen, sie laufen Anfangs in der rechten Körperhälfte und dem rechten Seitenrand conform gekrümmt nach abwärts und biegen dann in die linke Körper- hälfle hinein um, wo sie in geringer Entfernung von der Randwimperreihe enden; ihre Wimpern nehmen von vorn nach hinten an Länge zu. Die fünf letzten Wimpern der hintersten Reihe sind in kurze, plattgedrückte Griffel (Fig. 6. 7. a.) umgewandelt, welche den Afterwimpern anderer Oxytrichinen analog sind. Die Eudpuncte der fünf hintern Bauchwimperreihen sind durch fast gleich grosse Zwischenräume von einander getrennt, und eben so gross ist der Zwischenraum , welcher die grifJ'elförmigen Wimpern der hintersten Reihe von der Schwanzspitze trennt. Vor dem Innenrande des Peristoms bemerkte ich häufig noch einige vereinzelte Häkchen (Fig. 7), welche sich wohl nur von der zweiten Bauchwimperreihe abgesondert hatten. Das Spiel der Bauch« impern gewährt einen sehr lieblichen Anblick, sie schwingen unaufhörlich, theils einzeln für sich, theils gruppenweis, theils regelmässig alter- nirend , bald langsam , bald schnell auf und nieder, wobei sie sich sehr stark krallenartig krümmen , was lebhaft an die Fingerbewcgungen beim Klavierspielen erinnert. Die beiden Kerne (Fig. 5 — 7. n. n.) haben die gewöhnliche Lage in der vordem und hintern Körperliälfle, sie sind kurzoval bis fast rund und besitzen in der Regel (Fig. 5. 7) eine quere spaltförmige Höhle; auf der linken Seite liegt ihnen stets bald in der Mitte, bald mehr nach vorn ein runder Nucleolus (Fig. 5. 6. nl.) an. — Der conlractile Rehälter (c.) liegt dicht hinler dem Peristom an dem busenförmigen Einschnitt der linken Seile; er tritt bei der Diastole gewölbarlig über die Rückseite hervor. Die Aflerstelle bezeichnet in Fig. 5 der Excrementballen z.; den Austritt von Excrementen sah ich nur einmal dicht hinler den fünf griffeiförmigen Bauchwimpern (bei z. in Fig. 6). Hinter dem Peristom finden sich am linken Seitenrande herab meist reichliche Ablagerungen von groben Fettkörnern (Fig. Gj. — Quertheilung beobachtete ich mehrmals, aber nur den ersten Anfang zu derselben (Fig. 8); leider brachte ich die Thiere nicht dahin, mir ihre Bauchseite zuzuwenden, wo sicherlich sehr interessante Meta- morphosen staltfinden werden. Bei der Rückenansicht unterschied ich nur die Anlage zu dem neuen Peristom (p'.) für die hintere Körperhälfte und links neben derselben einen neuen contraclilen Behälter (c.). Die beiden Kerne (n. n.) des Muttcrthieres zeigten sich nur wenig verlängert und ganz homogen ; dagegen halte sich jeder Nucleolus auf- fallend vergrössert und in einen ovalspindelförmigen Körper verwandelt , der aus dicht neben einander liegenden Stäbchen bestand. Die einzige Art der Gattung lebt in süssen Gewässern auf Armpolypen, es ist 173 Kerona polyporum. Ehrbg. (Taf. x. Fig. 5— 8). Cyclulium pciliculus Müller Animalcul. infus, p al. Taf. XI. Fig. )5 — I". Kerona Polyporum Ehrenberg Die Infusionsthierch. S. 3(i8. Taf. XLI. Fig. VII. Alaslor Polyporum Perty Kleinste Lebensformen S. 1 55. Diese liebliche Infusorienform wurde schon von den Mikrographen des vorigen Jahrhunderts, welche mit so grosser Vorliebe ihre Forschungen den Armpolypen zuwendeten, vielfach beobachtet; man warf sie jedoch meist unter dem Namen Polypenlaus mit einer andern, auf den Armpolypen noch viel häufiger vorkommenden Infusorien- form, der Trichodina pediculus Ehbg.. zusammen. Roesel unterschied aber bereits beide Thiere sorgfältig; er stellte in seinen Inscctenbelustigungen Band MI. Taf. LXXXIII. Fig. 4. e. e. e. e. die Ker. polyporum und Taf. LXXXVI. bei m. n. o. p. die Trichod. pediculus kenntlich dar. Müller gab unserer Art zuerst einen systematischen Namen, Cycli- dium pediculus, sein Speciesname hatte daher wohl beibehalten werden sollen; Ehrenberg änderte ihn jedoch, weil er in Müller' s allerdings etwas zweideutigen und sehr unvollkommenen Abbildungen die Trichodina pediculus erkennen wollte. Dass Müller aber unter seinem Cyclid pediculus die gegenwärtige Art meinte, geht sowohl aus seiner Beschreibung, wie aus dem Cilate von Roenel's Abbildungen hervor; die Trichodina pediculus hat Müller als Vorticella stellina und discina beschrieben, er kannte sie freilich nicht als Bewohner der Armpolypen. Ehrenberg verdanken wir die ersten genauem Kenntnisse der Kerona polyporum, aus seinen Untersuchungen ging zuerst klar hervor, dass sie eine Oxytrichinenform sei, er fasste die äussere Form richtiger auf , unterschied die beiden Kerne, den contractilen Behälter, den adoralen Wimperbogen und die Bandwimpern , auch erkannte er schon ziemlich klar den hinlern Theil des Peristoms, dessen Innenrand er für eine Mundspalte hielt. Im Uebrigen aber war Ehrenberg 's Auffassung durchaus irrig, er verwechselte die Bückenseite mit der Bauchseile und nahm an, dass der ganze Körper überall bewimpert sei, auf dem Bücken sollten die Wimpern in undeutlichen Längsreihen stehen, und die Bauch- fläche sollte vorn 3 — i, hinten 5 — 6 starke griffeiförmige Wimpern (Krallen) tragen. Die Keronen wurden von den altern Forschern und von Ehrenberg auf Hydra fusca L. (oligactis Pall.), grisea L, (vulgaris 'Pall.) und pallens L. beobachtet; ich traf sie im Herbst 1854 sehr häufig auf Hydra viridis aus dem Forellenleiche des Hintergehrsdorfer Forstpflanzgartens und ich erforschte schon damals ihre Organisation so weit, als ich sie gegenwärtig kenne. Bei Prag hatte ich alljährlich Gelegenheit, mich von der Richtigkeit meiner frühern Untersuchungen zu überzeugen; ich fand die Keronen hier immer nur auf Hydra fusca und ganz besonders häufig auf H. grisea. Nicht selten kamen mir auch vereinzelte freie Keronen zwischen Wasserlinsen und an der staubigen Oberfläche des Wassers in solchen Localitäten vor, welche reich an Armpolypen waren, so namentlich in den Bassins des Prager Botanischen Gartens. — Auf einem Armpolypen finden sich gewöhnlich mehrere Keronen . oft S — 10, wozu sich häufig noch eine grössere Anzahl von Trichodinen gesellt. Die Keronen schmiegen sich mit ihrer Bauchseite innig an die Oberfläche des Polypen an und sitzen theils ganz still, theils laufen sie gewandt dahingleitend an dem Körper und den Fangarmen des Polypen auf und nieder, ohne dass eine lebhaftere Action der adoralen und Bandwimpern zu bemerken wäre. Oft verlassen sie freiwillig ihren Wirth , sie umkreisen dann denselben mit grosser Schnelligkeit in weiten Bogen und zierlichen Schwenkungen und sehen zu, dass sie Nahrungsstolfe erbeuten. Zu dem Ende bleiben sie nach einiger Zeit irgendwo stillstehen, wirbeln mit ihren adoralen Wimpern fremde Körper herbei und fahren nur dann und wann, ähnlich wie Slylonychia mytilus und pustulata, stossweise hin und her. Zulelzt machen sie sich plötzlich wieder auf und kehren, abermals weite Kreise beschreibend, zu ihrem Wirthe zurück, der ihnen hauptsächlich nur Wohnung und Obdach, aber gewiss keine ausreichende Nahrung gewährt. Man hat meist angenommen , dass die Keronen von der Körpersubstanz der Polypen lebten und dass sie bei starker Vermehrung den Untergang dieser Thiere verursachten. Ich kann diese Ansicht nicht theilen, sondern glaube vielmehr, dass das zahlreichere Auftreten von Keronen und Trichodinen auf Polypen nur ein Zeichen ist, dass sich letztere bereits in einem krankhaften Zustande befinden und ihrer baldigen Auflösung entgegengehen. Die Keronen besitzen kein Organ, mit dem sie inlegrirende Bestandtheile des Polypenkörpers abtrennen könnten, sie werden daher nur den von den Polypen abgesonderten Schleim und zufällig abgelöste Körperlheile, wie die so häufig aus dem Parenchym herausgerissenen und an den Fangarmen hängen gebliebenen Nesselkapseln und Nesselfäden ver- zehren können. Vereinzelte grosse und kleine Nesselkapseln der Polypen beobachtete ich nicht selten im Innern der Keronen; das in Fig. o dargestellte Individuum zeigte vier grosse birnförmige und zwei kleine cylindrische Nessel- kapseln. Viel häufiger enthalten jedoch die Keronen ganze thierische und vegetabilische Organismen, wie sie in dem umgebenden Wasser vorkommen, namentlich Bacillarien, Naviculaceen und grüne monadenaitige Infusorien, ausser- Slciti, Organismus der Tiitusionstliiere. 44 174 dem auch sehr gewöhnlich Chlorophyllkörner. Nicht selten sah ich die ganze rechte Körperbälfte mit beträchtlich grossen verschluckten Organismen vollgepfropft, woraus folgt, dass der Mund der Keronen eine lange, dem Innen- rand des Peristoms fast gleichkommende Spalte sein muss. So hatte das Thier in Fig. 7 ein Euastrum margaritiferum, eine Euglena viridis und triquetra, Chaetoglena volvocina, eine Bacillarie und noch mehrere andere grosse nicht mit gezeichnete Organismen verschluckt. — Die Länge des Körpers schwankt meist zwischen TV — tV"- 5. Gattung. Sticliotrieha. Perty. (Taf. X. Fig. 9 — 13). Character: Körper metabolisch , lanzett- spindelförmig, nach vorn halsartig verlängert; das Peristorn lang und schmal spaltförmig mit sehr langen adoralen Wimpern: Stirn- und Afterwimpern fehlen: eine einzige schräge Längsreihe kurz borsten- förmiger Bauchwimpern . Die Gattung Sticliotrieha wurde von Perly im J. I 852 auf eine von ihm in der Schweiz entdeckte, aber nicht ausreichend genau erforschte Oxytrichinenform gegründet, welche den Namen Stich, seeunda erhielt. Die Gattung oharacterisirte Perty ziemlich dürftig folgendermaassen : »Lanzettlich oder bistouriförmig, drehrundlich, nach vorn verlängert, schmal, platt und hier die Mundspalte und auf einer Seite eine Reihe grosser, quersteheniler Wimpern« Dieser Character passt auf eine von mir häufig beobachtete und genauer untersuchte Oxytrichinenform, und da diese auch sonst alle Merkmale zeigt, welche Perty bei seiner Sticliotrieha seeunda ermittelte, so trage ich kein Bedenken, Perty's Benennung für die hier zu behandelnde Oxytrichinenform in Anwendung zu bringen. Das Parenchym ist sehr nachgiebig und dehnbar, der Körper kann sich daher beträchtlich verlängern und verkürzen und nach den verschiedensten Richtungen krümmen und winden. Mit den verschiedenen Streckungen und Krümmungen ändert sich die Körperform sehr bedeutend, am reinsten sehen wir dieselbe, wenn die Thiere in einem grössern Wasserraume schwimmen und in ihren Bewegungen nicht durch fremde Gegenstände gehemmt werden. Alsdann erscheint der Körper (Fig. 9. 10. 12) schmal und langgestreckt spindelförmig, 4 — 5 mal so lang als breit, nach hinten lanzettförmig zugespitzt und nach vorn in einen langen schmalen Hals ausgezogen, der immer mehr oder weniger nach rechts übergebogen ist. Die Rückseite (Fig. 11. 1 2) und die Bauchseile (Fig. 9. 1 0) sind flach und gleich stark gewölbt, die Seitenränder abgerundet, der'Körper daher fast drehrund, nur wenig platt- gedrückt. — Das Peristorn ist eine lange, schmale, nach hinten sich erweiternde Spalte, welche sich von der Spitze des Halses längs des linken Seitenrandes bis zur Mitte desselben herabzieht. Der Aussenrand des Peristoms fällt mit dem linken Seitenrande des Körpers zusammen, er trägt die sehr langborstigen, dicht hinter einander stehenden adoralen Wimpern, welche die längsten Wimpern des Körpers sind. Sie sind einer nahe am Rande herablaufenden, nach hinten zu sich mehr und mehr von demselben entfernenden Linie eingefügt, die sich zuletzt kurz hakenförmig nach innen krümmt und am Innenrande des Peristoms endet. Letzterer läuft fast der Mittellinie parallel, nähert sich aber nach vorn dem linken Seitenrande und geht allmählig in denselben über. Bei Sticliotrieha ist demnach in Folge der enormen Ausdehnung des Stirnfeldes nach vorn der Vorderrand des Peristoms anderer Oxytrichinen zum Aussen- rande und der Aussenrand zum Hinterrande geworden. Die adoralen Wimpern sind fast gleich lang und gleich stark. nur die hintersten, sich nach innen wendenden nehmen merklich an Grösse ab, und die vordersten sind etwas kräftiger. Sämmlhche adorale Wimpern nehmen bald eine quere Stellung ein (Fig. 9), bald werden sie in der Horizontalebene um ihren Insertionspunct entweder nach rückwärts niedergelegt (Fig. 11), oder nach vorwärts in dis Höhe gerichtet (Fig. 12). Im letztern Fall biegt sich die Spitze des Halses mehr oder weniger hakenförmig nach rechts um, und es spreizen sich dadurch die vordersten Wimpern fächerartig aus einander. Oft wogen die adoralen Wimpern schnell hinter einander auf und nieder, sie sondern sich dann in mehrere, theilweis sich kreuzende Gruppen (Fig. 10), indem eine gewisse Anzahl benachbarter Wimpern sich mit ihren Spitzen an einander legen. Der Innenrand des Peristoms träst an seiner hintern Hälfte einen schmalen, undulirenden Hautsaum, unter dem dicht am Peristomwinkel mehrere langborstige präorale Wimpern hervorragen (Fig. 9. 10). — Das Verhalten der blos locomotiven Wimpern ist zum Theil sehr schwer zu ermitteln, da die Thiere schnell und anhaltend schwimmen und sich alle Augenblicke um die Längsaxe drehen; bringt man sie aber durch Entziehen von Wasser zum Still- liegen, so verändern sie ganz und gar ihre Form, der Hals verkürzt sich und der Hinterleib zieht sich ebenfalls zusammen und nimmt eine breit ovale oder kurz eiförmige Gestalt an. Dazu kommt noch, dass sich die Thiere nun schraubenförmig um ihre Längsaxe zusammendrehen oder sich anderweitig so unreselniässig krümmen und winden, 175 dass Wimpern, die dem Rande angehören, nach innen rücken, während innere sich an den Rand verschieben. Dass besondere Stirn- und Afterwimpern gänzlich fehlen , davon überzeugt man sich bald; auch die rechte Randwimper- reihe ist leicht zu verfolgen, sie beginnt dicht unter der Spitze des Halses und erstreckt sich bis zur Hinterleibs- spitze, wo sie mit der linken Randwimperreihe zusammenstösst. Letztere halt etwa bis zur Mitte der hintern Körperhälfte den Rand inne, dann aber wendet sie sich schräg nach innen und endigt am Peristomwinkel. Der vordere Theil der linken Randwimperreihe verschiebt sich bei den schraubenförmigen Drehungen der hintern Körperhälfte oft so weit nach rechts, dass er wie eine besondere schräge Rauchwimperreihe erscheint. Lange Zeit wurde ich hierdurch getäuscht, so dass ich zwei Rauchwimperreihen annahm; später aber gelangte ich zu der Ueberzeugung, dass doch nur eine einzige vorhanden sei. Diese (Fig. 9. 10.b.) beginnt am rechten Seitenrande des Halses, etwa in der Mitte desselben und verläuft in schräger Richtung nach dem linken Seitenrande der hintern Körperhälfte, den sie zu Anfang des letzten Drittels schneidet. Die Rauchwimpern stehen dichter hinter einander und sind kürzer, als die Randwimpern, sie krümmen sich, in Action. wie die Rauchwimpern von Kerona, häkchen- förmig. Anderweitige Wimpern habe ich nicht wahrnehmen können, nur zuweilen schien es mir, als wäre dicht am Innenrand des Stirnfeldes noch eine Reihe sehr kurzer und feiner Häkchen vorhanden. Die beiden Kerne (Fig. 10 — 12. n. n.) liegen nahe hinter einander, der vordere am Grunde des Halses, der hintere im vordem Theile des Hinterleibes; sie besitzen gewöhnlich (Fig. 11. 12) eine quere 'spall förmige Höhle. Der Nucleolus (Fig. II. nl.) zeichnet sich sehr durch seine gestreckte, stabartige Form aus. — Der contraclile Rehälter ist vom linken Seilenrande weg- und fast in die Mitte des Körpers gerückt. — An den Bewegungen der Thiere ist besonders characleristisch , dass sie von Zeit zu Zeit plötzlich stossweise weit nach rückwärts fahren. Hierbei schlägt sich ihr Hinterleib oft nach vorn um (Fig. 11), oder er verkürzt und erweitert sich zu einem eiförmigen, hinten abgerundeten Sack. Die Thiere bleiben dann auf dem Objeclglase liegen, drehen ihren lang und gerad ausgestreckten Hals bald nach links, bald nach rechts schraubenförmig um die Längsaxe zusammen, schieben sich stossweis vor- und rückwärts, krümmen sich auch um die Queraxe ringförmig zusammen und wälzen sich so langsam rotirend um irgend einen Gegenstand. Nicht selten schrauben sie sich auch um einen Confervenfaden bald vorwärts, bald rückwärts. Wie der Hinterleib, so kann auch der Hals beträchtlich eingezogen und verkürzt werden; der Körper erscheint dann in der Mitte stark bauchig erweitert und an beiden Enden fast gleichmässig zugespitzt. — Das Thier bewohnt zuweilen eine gallertartige, walzenförmige, dickwandige, farblose Hülse (Fig. 13. h.), die hinten bald geschlossen , bald offen und immer etwas gekrümmt ist. Von Zeit zu Zeit tritt es bis zur Hälfte aus der Mün- dung der Hülse hervor, biegt sich dann über den Rand der Mündung stark bogenförmig nach rechts um und wirbelt nun anhaltend Nahrung herbei. So wie die geringste Gefahr droht, fährt es plötzlich in den Grund der Hülse zurück; nach einiger Zeit schwimmt es wieder vorwärts, streckt aber nur erst vorsichtig die Halsspitze zur Mündung hinaus und fährt mehrmals wieder zurück, bevor es sich wieder in der frühern Weise hinauswagt. Die einzige Art lebt in sumpfigen Gewässern. Sticootricha secunda. Perty. (Tat. x. Fig. 9 — 1 3). (?) Triclioda praeceps Müller Animalcula infusor. p. 175. Taf. XXIV. Fig. 23 — 25. Stirhotricha secunda Perty Kleinste Lebensformen S. 153. Taf. VI. Fig. 15. Ich traf dieses Thier zuerst im Herbst 1 854 in einem versumpften Quellwasser auf dem Essberge bei Tharand zwischen dichten Rasen von Sphagnum; die Individuen dieser Localität (Fig. 12) hallen eine ansehnliche Grösse und waren meist sehr dicht mit Chlorophyllkörnern erfüllt. Die Hülsen bewohnende Form (Fig. I 3) beobachtete ich ebenfalls, aber nur sehr vereinzelt, bei Tharand auf einer sumpfigen Wiese. Rei Niemegk und Prag, wo unsere Ait ziemlich häufig, theils in Torfstichen, theils auch in andern stagnirenden Gewässern vorkommt, fanden sich immer nur frei umherschweifende Thiere. Einmal traf ich ein Individuum in einer leeren auf dem Rücken liegenden Schale von Arcella aculeata und ein anderes Mal in einer leeren, an dem einen Ende mit einer scharf abgeschnit- tenen Oeffnung versehenen Eischale eines grossen Räderthieres; in beiden Fällen verhielten sich die Thiere in den Schalen genau ebenso, wie die Rewohner der Gallerlhülsen, sie traten abwechselnd aus der Mündung der Schale hervor, wirbelten eine Zeit lang nach Nahrung und zogen sich dann wieder zurück. Dieses Spiel verfolgte ich länger als l Stunde, ohne dass ich die Thiere 'die Schalen verlassen sah. Ich möchte hieraus schliessen . dass auch die Gallerthülsen nicht Producte der Thiere sind, von welchen sie bewohnt werden; sie scheinen mir dazu auch zu voluminös zu sein. — Die Körperlänge beträgt TV — TV "• 44* 176 Müller' s Trichoda praeceps dürfte wohl hierhergehören, zumal wenn man seine Fig. 24 a. a. 0. berück- sichtigt und die Angaben über die Bewegungen dieser Art vergleicht , die völlig auf Stichot. secunda passen. Müller unterschied nur die langen adoralen Wimpern, die in Fig. 23 und 25 an das unrechte Ende versetzt sind. — In Perty's Abbildungen sind die in Fig. 1 5. B. dargestellten und die kleinen mit a. a. a. bezeichneten, nach rückwärts fahrenden, sogenannten diastrophischen Individuen leidlich characterislisch gezeichnet. Perty unterschied nur die Handwimpern und die adoralen Wimpern, letztere sind zu kurz angegeben; alles übrige Detail blieb ihm unklar, jedoch findet sich das Peristom zum Theil angedeutet. Die Gattung Stichochaeta von ClapareJe und Lachmann (Etudes p. 122 und PI. VI. Fig. 6) ist der Gattung Stichotricha sehr nahe verwandt, sie umfasst nur eine einzige, bei Berlin aufgefundene Art, die Stichochaeta cornuta. Dieses Thier hat ganz die Form einer Stichotricha, deren Hinterleib sich verkürzt und zu einem ovalen Körper erweitert hat. An der Spitze des Halses steht ein langer, spitzer, gerader, nach rechts gerichteter Griffel wie ein Hörn; am Grunde des Halses liegt in einer länglichen Grube der Mund, von dem ein Büschel langer Borsten ausgeht, die an die prüoralen Wimpern von Stichotricha erinnern. Die adoralen Wimpern laufen von der Spitze des Halses an einer Kante zum Munde herab, die genau die Lage hat, wie der Innenrand des Peristoms bei Stichotricha. Dem linken Bande des Halses sind lange, weitläufig stehende, sehr feine, steife Borsten eingefügt. Ich muss gestehen, dass mir diese Angaben etwas verdächtig vorkommen, denn nach denselben würde Stichochaeta eine von den übrigen Oxytrichinen ganz abweichende Peristombildung besitzen. Die Bandwimpern verhalten sich ähnlich, wie bei Stichotricha, Bauchwimpern sind dagegen drei oder vielleicht sogar vier Beihen vorhanden, die von vorn und rechts nach links und hinten schräg über den Hinterleib verlaufen. Die Bewegungen von Stichochaeta gleichen denen von Stichotricha. Da eine genaue Ermittelung der Organisation von Stichotricha und Stichochaeta mit erheb- lichen Schwierigkeiten verknüpft ist, und Irrlhümer hierbei sehr leicht unterlaufen können, so dürften sich bei einer erneuerten Prüfung beider Formen die Differenzen zwischen denselben vielleicht als viel geringer herausstellen, als sie nach den gegenwärtig vorliegenden Untersuchungen erscheinen, und es könnte sich wohl die Nöthigung ergeben, beide in einer Galtung zu vereinigen. 6. Gattung, Irolcptus. Ehrbg. (Taf. X. Fig. H— 15. Taf. XI. Fig. I — 8). Character : Körper metabolisch bis formbeständig, sehr langgestreckt und schmal , nach hinten zu verengert und in einen Schwanz ausgezogen; drei vordere gri/felßrmige Stirnwimpern und zwei sehr genäherte mediane Längsreihen borstenförmiger Bauch- irimpern; Afterwimpern fehlen. Die Gattung Uroleptus wurde von Ehrenberg im J. 1831 (Abhandl. der Berliner Academ. S. I 16) mit 4 Arten begründet, zu denen später noch eine fünfte kam. Sie erhielt ihren Platz unter den Colpodeen zwischen Amphi- leptus und Ophryoglena, weil Ehrenberg glaubte, dass der Körper der Urolepten auf der ganzen Oberfläche gleich- förmig bewimpert sei. Unter den Colpodeen sollte sich Uroleptus hauptsächlich durch den Besitz einer schwanzartigen Schleppe, sowie auch durch den Mangel von Auge, Bussel und Zunge auszeichnen. Man braucht nur einen Blick auf Ehrenberg's Abbildungen zu werfen, um sofort zu erkennen, dass von seinen fünf Uroleptusarlen nur die drei ersten (U. piscis, musculus und hospesN' nach einem übereinstimmenden Typus gebaut sind und allem Anscheine nach wahre Oxytrichinen darstellen. Von den beiden übrigen Arten ist U. filum höchst wahrscheinlich ein mit Spirostomum ambiguum sehr nahe verwandtes Thier, dessen verengerter Vorderleib für einen Schwanz gehalten wurde, und U. iamella ein mit dem hintern Ende voranschwimmender Amphileptus 'Trachelius Eltbg.) , dessen terminaler contractiler Behälter irrig als Mund aufgefasst wurde. Duj ardin hat sich bereits in ähnlichem Sinne aus- gesprochen (Infusoires p. 420 Anmerk.). Unter den von mir beobachteten Oxytrichinen glaube ich zwei von Ehren- berg's ächten Urolepten wiederzuerkennen, nämlich den U. piscis, wozu auch Oxytricha caudala Ehbg. gehört, und U. musculus. Beide Arten waren bereits 0. F. Müller bekannt; der U. piscis ist neuestens in den Etudes von Clapärede und Lachmann als Oxytricha caudala abgehandelt worden. Ich habe ausserdem noch zwei neue Arten entdeckt, so dass die Gattung gegenwärtig vier sicher unterschiedene Arten umfasst, die sämmtlich eine nahe über- einstimmende Organisation besitzen. Nach den Besultaten meiner Untersuchungen habe ich bereits in der Lotos Januar is.'iO S. 5 einen verbesserten Gattungscharacter aufgestellt. 177 Das Parenchym der Urolepten zeigt verschiedene Grade der Consistenz , zum Theil ist es sehr nachgiebig und dehnbar, zum Theil ziemlich resistent, aber auch im letztern Fall bleibt der Körper noch immer betrachtlich biegsam. Er ist stets sehr langgestreckt und schmal, über 3 — 8 mal so lang, als breit, im Allgemeinen lineal- spindelförmig, vorn abgerundet oder abgestutzt, nach hinten zu stark verengert und in einen mehr oder weniger langen, meist conischen oder cylimlrischen Schwanz ausgezogen. Das Peristom beschränkt sich auf das vordere Körperende und reicht nie bis zur Körpermitte, es ist meist sehr schmal, indem der Innenrand dem Aussenrande sehr genähert ist. Die adoralen Wimpern greifen nach rechts um den Vorderrand des Körpers herum, der von einer schmalen, symmetrisch angesetzten Oberlippe gesäumt wird. Im Uebrigen verhält sich das Peristom wie bei andern Oxylrichinen. Die beiden Randwimperreihen erstrecken sich bis zur Schwanzspitze, wo sie in einander übergehen; die rechte beginnt nahe hinter dem Anfangspunct des adoralen Wimperbogens, die linke, wie gewöhnlich, hinter dem Aussenrand des Peristoms. Auf dem Uebergang des Stirnfelds in das Peristomfeld dicht hinter den vordem adoralen Wimpern stehen drei längere und kräftige, griffelähnliche Wimpern (Taf. XI. Fig 3. 6), die ich als Stirn- wimpern im engern Sinn bezeichne. Die Bauchwimpern bilden zwei einander sehr genäherte, mediane, etwas schiefe Längsreihen, welche rechts neben dem Peristomwinkel vorbei und auf das Stirnfeld übergehen, wo sie in der Nähe der drei Stirnwimpern endigen. Von Afterwimpern ist keine Spur vorhanden und hierdurch unterscheidet sich die Gattung Uroleptus am auffallendsten von der nahe verwandten Gattung Oxytricha. — Die beiden Kerne sind einander genähert und liegen mehr in der Mitte des Körpers, sie zeigen häufig eine quere spaltförmige Höhle und links stets einen rundlichen Nucleolus. Der contraclile Behälter liegt bald links neben dem Peristom, bald weiter nach hinten fast in der Mitte des linken Seitenrandes. Sämmtliche Arten leben in stagnirenden süssen Gewässern und haben in ihren Bewegungen das Eigen- thümliche, dass sie, wie Stichotricha, von Zeit zu Zeit heftig nach rückwärts fahren. 1. Uroleptus musculus. Ehrbg. (Taf. X. Fig. 14 — 15). (?) Trichoda musculus ■> , . , . , p. 210. Taf. XXX. Fig. 5—7. Müller Amma cula infus. „ , _,_,_ „. » » gallina | p. 209. Taf. XXX. Fig. i. Uroleplus musculus Ehrenberg Die Infusionstierchen S. 3 58. Taf. XL. Fig. IL Körper drehrund, länglich birnförmig, nach hinten zu bauchig erweitert und plötzlich in einen kurz kegelförmigen Schwans verengert. Ich habe diese Art erst im Sommer 1858 bei Prag kennen lernen, wo ich sie an einer seichten, dicht mit Callitrichen überwachsenen Stelle des Boticzbaches bei Nusle in vielen Exemplaren antraf. — Der Körper (Fig. 14) ist 3 mal so lang als breit, in seiner vordem halsähnlichen Hälfte fast walzenförmig, nach hinten stark bauchig erweitert, dann eiförmig zugerundet und zuletzt plötzlich in einen kurz conisch-lanzettlichen Schwanz verengert, der sich auf der rechten Seite durch eine stärkere Einschnürung und gewöhnlich auch durch eine schiefe Falte (Fig. I 5) vom Körper absetzt und immer etwas nach rechts gekrümmt ist. Das Parenchym ist in der Längsrichtung des Körpers sehr dehnbar und contractu , namentlich kann sich der Vorderleib beträchtlich zu einem schmalen zugespitzten zungenartigen Fortsalz ausrecken, wobei er sich immer etwas nach links krümmt (den Anfang dieser Ausdehnung zeigt Fig. 15). Nachdem er sich mehr oder weniger ausgestreckt hat, wird er plötzlich unter seine gewöhnliche Länge zuckend, ja fast schnellend zusammengezogen. Auch der Schwanz verkürzt sich namentlich bei den zurück- fahrenden Bewegungen des Thieres oft so beträchtlich, dass der Körper hinten einfach zugespitzt erscheint. — Das Peristom nimmt das vordere Körperdrittel ein, es ist schmal und sein Innenrand vorn etwas schräg nach links gerichtet; die adoralen Wimpern zeichnen sich durch ihre beträchtliche Länge und Stärke aus. — Die beiden Rand- wimperreihen sind nach innen gerückt, besonders die linke, welche vom Peristomwinkel ausgeht, den ßauch- wimperreihen sehr genähert ist und ihnen parallel läuft. Die Randwimpern sind daher bei der Ruckenansicht, mit Ausnahme der hintersten, den Schwanz säumenden, nicht wahrnehmbar. Die Bauchwimpern erstrecken sich vom vordem Ende des Stirnfeldes aus, welches öfters nur zwei eigentliche Stirnwimpern trägt, in zwei sanft S-förmig gebogenen Reihen über den mittlem Theil des Bauches bis zur Schwanzspitze. In der linken Reihe stehen die Bauchwimpern etwas weitläufiger, als in der rechten, sie sind auch etwas stärker und, wenn das Tbier still steht, gewöhnlich nach vorn umgebogen. Die Bauchwimpern sind eben so lang wie die Randwimpern. — Die beiden Kerne (n.'n.) sind rundlich und homogen, der vordere liegt am Peristomwinkel, der hintere fast in der Mitte des Körpers. Der contraclile Behälter (c.) findet sich etwas vor der Mitte des linken Seitenrandes. — Die verschluckten Nahrungsstoffe, meist grüne monadenartige Infusorien, erfüllen die ganze hintere Körperhälfte mit Ausnahme des Sleio, Organismus der In Fusion Sil] iere. J5 uj LIBRARY' 178 sehr liebten, durchsichtigen Schwanzes (Fig. 1 4). Der After liegt dicht vor der Schwanzwurzel (Fig. 15 bei z.), wo sich auch oft braunliche Excremente angehäuft finden. — Die Thiere bewegen sich mit massiger Geschwindigkeit und bleiben bald stillstehen. Sie gehen dann abwechselnd eine Strecke vorwärts und fahren gleich wieder in gerader Richtung zuckend nach rückwärts, ohne sich weit aus dem Gesichtsfelde zu verlieren. — Körperlänge -^ — TV". Ob Müllers in Heuinfusionen beobachtete Trichoda musculus hierher gehört, wie Ehrenberg annimmt, ist mir sehr zweifelhaft; sie besitzt einen zu langen und ganz anders angesetzten Schwanz und könnte wohl eher ein Räderthier gewesen sein. Dagegen scheint mir Müllers Trichoda gallina die gegenwärtige Art darzustellen, da sie eine sehr ähnliche Körperform, einen kurzen Schwanz und lange adorale Wimpern besitzt. — Die von Ehrenberg für seinen U. musculus aufgestellte Arldiagnose ist so scharf, dass ich sie unverändert beibehalten konnte; seine Abbil- dungen sind in Betreff aller Einzelheiten der Körperform vollkommen zutreffend, er unterschied auch ziemlich genau das Peristom und einen Theil der adoralen Wimpern und bestimmte den After richtig. Bei so vielen Ueber- einstimmungen verliert Ehrenbercfs Angabe, dass der Körper auf der Halbansicht 9 — 11 Längsreihen von Wimpern zeige, alle Bedeutung, zumal da wir uns schon oft und namentlich hei Kerona polyporum und Pleurotricha lanceolata überzeugt haben, wie sehr Ehrenberg bei der Bestimmung der ßewimperungsverhältnisse der Oxyd ichinen und Euplotinen irrte. Ehrenberg unterschied wahrscheinlich unklar die Bauch- und Randwimperreihen und nahm dann an , dass diese Reihen gleichmässig um den ganzen Körper herum vertheilt seien ; er untersuchte auch nur einmal vier kleine Exemplare und zwar in älterer Zeit (1831). Ich hege daher nicht den mindesten Zweifel , dass die gegenwärtige Art mit U. musculus Ehbg. identisch ist. Die Oxytricha gibba von Claparede und Lachmann (Etudes p. 144. PI. V. Fig. 8) hat viel Aehnlichkeit mit gestreckteren Formen von Uroleptus musculus, die den Schwanz sehr verkürzt oder ganz eingezogen haben, sie soll jedoch im Ganzen sechs Wimperreihen auf der Bauchfläche besitzen , eine jederseits hart am Rande und vier mittlere. Letztere zeigen ein sehr ähnliches Verhalten, wie die Rand- und Bauchwimperreihen von U. musculus zusammengenommen; auch ist Oxyt. gibba mit drei Stirngriffeln versehen und ohne Afterwimpern, wie U. musculus. Man könnte daher leicht auf die Vermuthung gerathen , dass U. musculus und 0. gibba zu einer und derselben Art gehören, und dass die Differenzen zwischen beiden Formen lediglich auf Beobachtungsfehlern beruhen. Ich kann nicht glauben, dass ich bei U. musculus etwa noch am Rande vorhandene Wimpern übersehen haben sollte, da ich dies Thier sehr off untersucht habe und meine Angaben auch mit den bei den übrigen Urolepten beobachteten Bewimperungsverhältnissen im Einklänge stehen. Sollten also nicht vielleicht bei 0. gibba die beiden Randwimper- reihen auf einem Irrlhum beruhen? Sind wirklich 6 Wimperreihen vorhanden, dann dürften auch wohl die After- wimpern nicht gänzlich fehlen und die 0. gibba würde in der von mir angenommenen Eintheilung zu einer Urostyla werden. 2. Uroleptus piscis. Ehrbg. (Tat. xi. Fig. \ — 3). Trichoda piscis Müller Animalcula infusor. p. 2I4. Taf. XXXI. Fig. I — 4. Uroleptus piscis 1 , , . , S. 338. Taf. XL. Fig. F. . . , , Ehrenbcrq Die Iniusionslhierclien _, „ „ _■,_.-. „. ,., Oxytricha caudala J J S. 36b. Taf. XL. Fig. XI. Oxytricha caudala Claparede et Lachmann ßludes p. 14 6. PI. V. Fig. 7. Körper sehr contractu, breit lineal- spindelförmig, vorn abgerundet und schwach kopfförmig erweitert, nach hinten allmählig in einen sträng förmigen, nachschleppenden Schwanz verengert, mit langborstigen, weit vorragenden, nach hinten an Länge annehmenden Randwimpern. Diese Art ist überall in stehenden und langsam fliessenden Gewässern eine gewöhnliche Erscheinung, doch tritt sie nirgends massenhaft entwickelt auf. Ich beobachtete sie zuerst im Mai I8öi häufig bei Tharand auf einer überschwemmten Wiese des Badethaies und seit 1850 alljährlich bei Prag, namentlich in den Bassins des botani- schen Gartens zwischen Wasserlinsen. Bei Niemegk traf ich ungemein grosse Individuen (Fig. 3) an der staubigen Oberfläche des Pufibachs zwischen zusammengetriebenen Massen von Conferven und Oscillarien. — Das Parenchym ist so dehnbar und contractu, dass sieh die Form und die Dimensionen des Körpers sehr beträchtlich verändern können. Am häufigsten zeigen die Thiere beim ungehemmten Schwimmen die in Fig. I dargestellte Form, und es variirt nur die Länge des Schwanzes, der sich beim plötzlichen Zurückfahren meist erheblich verkürzt und dann nicht gleich wieder seine frühern Dimensionen annimmt. Im Allgemeinen ist der gesammte Körper ö — 6 mal, seltener (Fig. 3) 7 — 8 mal so lang, als breit, lineal -spindelförmig, gewöhnlich in der Mitte, nicht selten (Fig. 2) aber auch weiter nach vorn am breitesten ; der rechte Seitenrand ist stärker nach aussen gekrümmt , als der linke, — — 179 welcher in der Mitte fast gerade, oder schwach nach einwärts gebogen ist. Nach vorn verengert sich der Körper mehr oder weniger halsartig (Fig. 3) und endigt mit einer schwach kopfförmigen Anschwellung. Nach hinten geht der Körper ohne scharfe Gränze in einen schmalen, walzenförmigen, am Ende abgerundeten und meist etwas angeschwollenen Schwanz über, der nicht selten den fünften Theil der Körperlänge einnimmt und gewöhnlich mit der Spitze nach rechts gekrümmt ist. Das Innere des Schwanzes ist mehr oder weniger dicht mit dunkelcontourirten Körnern erfüllt Fig. I. 2), die ihn oft so beschweren, dass er von dem Thier nur mühsam nachgeschleppt wird. Die grössten Individuen (Fig. 3) besitzen einen breit linealischen, nach vorn stark halsartig verengerten und am Ende deutlich kopfförmig erweiterten Körper, der nach hinten lanzettförmig zugespitzt ist und mit einem fast geraden, kurz conisch- walzenförmigen Schwanz endet. Bei allen normal ausgestreckten Individuen ist die Rückseile (Fig. 2) massig gewölbt, die Bauchseite (Fig. 1 . 3) plan. In Folge häufiger zurückfahrender Bewegungen der Thiere und namentlich im flach ausgebreiteten Wassertropfen verkürzt sich jedoch der Körper sehr beträchtlich , er wird dann drehrund, dicker und regelmässiger spindelförmig, und der Schwanz bildet nur noch einen geraden, oft sehr kurzen, conisch -walzenförmigen Fortsalz. — Das Peristom beschränkt sich auf das vordere Vierlei oder Fünftel des Körpers, es ist verhältnissmässig breit, da sein gerader, nur vorn schwach hakenförmig nach links gekrümmter Innenrand in der Mittellinie des Bauches liegt. Die vordem adoralen Wimpern sind ziemlich lang. — Die starken langborstigen Randwimpern haben die gewöhnliche Stellung in der Nähe des Randes und ragen über denselben nach aussen hervor; sie werden nach hinten zu merklich grösser, so dass der Schwanz von den längsten und kräftigsten, gewöhnlich stark abstehenden Randwimpern eingefasst wird. Die Bauchwimpern sind kürzer und schwächer, als die Randwimpern, sie setzen zwei sehr genäherle, fast gerade Längsreihen zusammen, die sich am Anfange des Schwanzes verlieren. — Die beiden ovalen Keine (n. n.) liegen nahe hinter einander, vor und hinter der Körpermitle, sie besitzen meist eine quere spallförmige Höhle (Fig. 2. 3). Der conlraclile Behäller (c.) findel sich neben dem Perislom am linken Seitenrande, der von ihm bei der Systole blasenförmig aufgetrieben wird. — Die Bewegungen sind ähnlich, wie bei der vorigen Art; beim Schwimmen schlängelt sich der Körper aber auch oft gewandt nach links und rechts. — Körperlänge bis £■'". Müller's Trichoda piscis stellt sicherlich die gegenwärtige Art dar, wie sich sowohl aus der gesammten Körperform derselben, als auch aus der Abbildung der vordem adoralen Wimpern in Fig. 4. a. a. 0. ergiebt. Müller. unterschied schon den contraclilen Behäller, versetzte ihn aber zu weit nach der Mitte zu, die locomoliven Wimpern entgingen ihm. — Ehrcnberg's Uroleptus piscis umfasst meiner Ansicht nach nur die verkürzten, drehrund gewor- denen Formen, die ausgestreckten, flachen hat er als Oxvlricha caudala beschrieben. Die Abbildungen, welche Elnenberg von beiden Formen gegeben hat, sind unvollständig und mangelhaft und nur in Betreif der äussern Gestalt ziemlich getreu, namentlich die von seiner 0. caudata. Bei letzlerer Form unterschied Ehrenberg nichts weiter als das Peristom, welches aber auch nicht richtig erkannt wurde, und fünf Borslen hinten am Schwänze. Bei •seinem U. piscis Hess er den Körper ringsum mit kurzen Wimperhärchen besetzt sein; die bei diesem Thiere beobachteten längern Wimpern am Vorderrande des Körpers und links neben der sogenannten Mundspalle lehren jedoch, dass dasselbe ein Peristom besitzen musste, wie es sich nur bei Oxytrichinen und Euplolinen findet; diese Familien schliessen aber nach allen bisherigen Erfahrungen eine totale Bewimperung des Körpers aus. Ist nun Ehrcnberg's U. piscis offenbar nur irrthümlich als ringsum bewimpert beslimmt, so fällt auch jeder Grund weg, an der Identität dieses Thieres mit der gegenwärtigen Art zu zweifeln. Der Umstand, dass Elnenberg seinen U. piscis Anfangs selbst in die Gattung Oxytricha stellte (Abhandl. der Berliner Acad. von 1830 S. 43), muss uns noch mehr in der Ansicht bestärken, dass dies Thier eine ächte Oxytrichinenform darstellt. — Der von Elirenberg in den leeren Hüllen des Frosch- und Schneckcnlaichs im kuglig contrahirten Zustande beobachtete U. hospes scheint mir eine dem U. piscis sehr nahe verwandle, vielleicht von ihm gar nicht verschiedene Art zu sein. — Claparede und Lachmann haben von unserer Art die erste, dem gegenwärtigen Standpunct der Wissenschaft angemessene Darstellung geliefert, die jedoch von der meinigen in einem sehr wesentlichen Puncto abweicht; es soll nämlich ausser den beiden von mir angegebenen Bauchwimperreihen noch eine dritte, zwischen der linken Bauchwimpei reihe und der linken Randwimpei reihe mitten inne gelegene Reihe von Bauchwimpern vorhanden sein. Ich muss diese dritte Bauch- wimperreihe entschieden in Abrede stellen. 13 180 3. üroleptus rattulus. Stein. (Taf. XI. Fig. *— 5). Körper starr, schmal lineal -spindelförmig, vorn eiförmig zugeru/idel , nach hinten in einen langen, pfriemförmigen , zugespitzten Schwanz verengert, mit kursborstigen, wenig vorragenden, nach hinten an Länge abnehmenden Randwimpern. Ich beobachtete diese Art im September 1857 und im August 1858 ziemlich häufig in Torfstichen bei Nie- megk und zwar in durchaus mit einander übereinstimmenden Exemplaren. In ihrer Gesellschaft kam niemals Üro- leptus piscis vor, mit dem sie am meisten Aehnlichkeit hat. Von letzterer Art unterscheidet sie sich sofort durch ihren fast drehrunden, viel schmälern und starren Körper, der keiner merklichen Verlängerung und Verkürzung fähig ist, sich jedoch noch immer in weiten Bogen zu krümmen vermag. Nach vorn ist der Körper stetig verengert und am Ende eiförmig zugerundet, von der Mitte an verengert ersieh stetig nach hinten und geht allmählig in einen langen, drehrunden, am Ende zugespitzten Schwanz über. — Das Peristom ist sehr schmal, sein Innenrand geht dem Aussenrande des Peristoms fast parallel und ist von ihm nur durch einen sehr schmalen Zwischenraum getrennt. Die Randwimpern sind kurze, dünne Borsten, die nur wenig über den Rand hervorragen, am Schwänze werden sie bis zur Spitze immer kürzer und feiner; durch den kurzhaarigen Schwanz unterscheidet sich U. rattulus sehr auf- fallend von U. piscis. Die Bauchwimpern sind noch viel kürzer und feiner, als die Randwimpern, und sehr schwer wahrnehmbar, die beiden Reihen derselben sind einander so genähert, dass sie an manchen Stellen in einander übergehen; nach vorn folgen sie nicht dem Innenrande des Peristoms, sondern sie verlaufen nach der äusseren Stirnwimper hin, nach hinten erstrecken sie sich nur bis auf die Schwanz Wurzel. — Die beiden homogenen Kerne (n. n.) haben dieselbe Lage, wie bei der vorigen Art, der conlraclile Behälter (c.) liegt aber constant mitten zwischen ihnen am linken Seitenrande , was abermals einen wesentlichen Unterschied ausmacht. — Das ganze Parenchym fand ich stets dicht von sehr blassen, farblosen Körnchen durchwirkt, zwischen welchen häufig gröbere Chlorophyll- körner zerstreut lagen. Bei den zurückfahrenden Bewegungen krümmt sich der Schwanz gewöhnlich hakenförmig nach vorn um (Fig. 5). — Körperlänge bis -f". 4. üroleptus violaceus. Stein. (Taf. xi. Fig. 6-8). Körper starr, plattgedrückt, lineal- rechteckig, nach hinten schwach schwansartig verengert, und am Ende abgestutzt und abgerundet , Randwimpern langborstig, die hintersten am längsten. Ich traf diese sowohl durch ihre Gestalt, wie durch constante violette Färbung sehr ausgezeichnete Art ebenfalls in Torfstichen bei Niemegk sehr verbreitet an; sie hielt sich besonders in dem krümlichen Bodensatze des Torfwassers auf. — Der Körper ist 5 — 6 mal so lang als breit, stark abgeplattet, breit linealisch und am vordem Ende gerad abgestutzt mit abgerundeten Ecken; hinler der Mitte verengert sich der Körper stetig bis zur Spitze und zwar auf der linken Seite stärker, als auf der rechten, die Verengerung ist jedoch nach hinten zu so wenig beträcht- lich, dass sich kein deutlicher Schwanz absetzt und der Hinterleib fast noch halb so breit bleibt, als der Vorderleib. Das hintere Ende ist abgestutzt und abgerundet, die Seitenränder sind ebenfalls abgerundet und der untere Rand des gerad abgestutzten Vorderrandes ist in eine quere, schmale, vorn bogenförmig abgerundete Oberlippe aus- gezogen. Die Rückseite (Fig. 8) ist ebenso flach, wie die Bauchseite 'Fig. 6. 7). Das starre Parenchym gestaltet keine merkliche Verkürzung und Verlängerung des Körpers; die stärksten Krümmungen, deren der Körper fähig ist, sind aus den in Fig. 7 und 8 abgebildeten Individuen zu ersehen. — Das Peristom ist sehr kurz, kaum länger, als der Körper breit, sein Innenrand ist dem Aussenrande stark genähert; die adoralen Wimpern sind verhällniss- mässig kurz. Die fast eben so langen, steifborstigen Randwimpern überragen den Rand beträchtlich und schieben sich bei den Krümmungen des Körpers zum Theil kreuzweis durch einander; die hintersten sind die längsten, namentlich die am Ende stehenden, die sich auch durch grössere Stärke auszeichnen und nicht selten fast grifiel- förmig erscheinen. Die Bauchwimpern sind sehr kurze, pfriemliche Borsten, die sich hinsichtlich ihrer Stellung ganz ähnlich , wie bei der vorigen Art, verhalten. Dasselbe gilt von den beiden Kernen (n, n.) und von dem conlractilen Behälter (c). — Das Parenchym fand ich bei allen Individuen dicht von bla?s bläulithrothen Körnchen durchwirkt, welche dem gesammten Körper eine intensiv violette oder dunkel weinrothe Farbe ertheilten. Ausserdem zeigte sich im vonlern Körperende unter dem vordem erweiterten Theil des Stirnfeldes beständig ein rundlicher, schwärz- licher Haufen von sehr dicht zusammengedrängten, feinen dunkel contourirten, farblosen Körnchen. Ebenso war das schwanzartige Hinterende bis auf eine längere oder kürzere Distanz von der Spitze stets dicht mit grobem, dunkel- contourirten, farblosen Körnern erfüllt. Sonst kamen nur noch vereinzelte Chlorophyllkörner zerstreut im Parenchym vor. — Die Thieie schwimmen schnell und anhallend ohne Drehung um die Längsaxe; beim pfeilschnellen Zurück- fahren bleiben sie gewöhnlich ganz gerad gestreckt. — Die Körperlänge beträgt T'T — -j". 181 7. Gattung. Psilotriclia. Stein. (Taf. XII. Fig. '2 1 — M). Character: Körper gepanzert , plattgedrückt , kurz oblong, hinten mich links kurz schwänz form ig verengert und schnabel- artig zugespitzt: Stirn- und Afterwimpern fehlen, Bauchwimpern in zwei Reihen geordnet, mit den Randwimpern gleichartig und irie diese überaus langborstig und weitläufig stehend. Die von mir zuerst in der Lotos Januar 1 8ö9 S. 5 unterschiedene Gattung Psilotricha ist auf eine neue Oxytrichinenform gegründet, welche sich zwar nahe an die Urolepten anschliesst, aber doch auch wieder so viele Eigentümlichkeiten darbietet, dass sie nicht mit denselben vereinigt werden kann. — Der Körper ist ganz starr, steif und glatt und eben so entschieden gepanzert, wie bei den Euplotinen ; er ist nicht völlig noch einmal so lang als breit, kurz und breit oblong, fast rechteckig, vorn gerad abgestutzt, flach bogenförmig zugerundet und in eine symmetrisch angesetzte, halbmondförmige Oberlippe ausgezogen, hinten auf der rechten Seite schief abgerundet und nach links in einen kurz und breit lauzeitlichen, schnabelartig zugespitzten Schwanz verengert, dessen Spitze nach rechts gebogen ist (Fig. 22. 24). Die beiden Seitenränder sind vorn einander fast parallel, hinler der Mitte biegt aber der rechte stark kuieförmig nach links und hinten um und stösst mit dem linken, hinter der Mitte sanft aus- wärts gebogenen Seitenrande unter Bildung einer schnabelförmigen Spitze zusammen. Zuweilen ist der Körper hinten nur ungleichseitig, stumpf eiförmig zugespitzt und ohne schnabelförmigen Fortsatz (Fig. 21). Die rechte vordere Seitenecke tritt stark hervor, die linke ist mehr abgerundet. Der Körper besitzt eine ziemlich beträchtliche Dicke (Fig. 23), die Rückseite (Fig. 24) und die Bauchseite (Fig. 21. 22) sind aber fast ganz plan, die Seiten abgerundet. Die Form des Körpers bleibt bei allen Bewegungen ganz unverändert, nur das vordere und hintere Ende können in einem flachen Bogen gegen einander gekrümmt werden, wie Fig. 23 zeigt. Das Peristom reicht fast bis zur Mitte des Körpers, es ist sehr breit, tief ausgehöhlt und ringsum geschlossen. Sein Innenrand liegt nach rechts von der Mittellinie und lauft derselben bis zur Höhe der rechten Seitenecke fast parallel, dann biegt er hakenförmig nach rechts um und endigt an der rechten, etwas einwärts gezogenen Ecke der Oberlippe. Der gerade Theil des Innenrandes trägt eine sehr entwickelte, breit bandförmige, undulirende Membran (Fig. 23. i.), unter der noch borstenförmige, präorale Wimpern sitzen. Wegen der starken Verschiebung des Innen- randes nach rechts hat der Aussenrand des Peristoms eine weit weniger schräge, mehr quere Richtung, als bei andern Oxytrichinen. Die vordem und die obern äussern adoralen Wimpern sind sehr lange klüftige Borsten ; am Vorderrande stehen sie so weitläufig, dass hier im Ganzen nur 9 — 10 Wimpern vorhanden sind. Das schmale, im Verhältniss zum Peristomfeld sehr erhabene Stirnfeld wird vorn von einer gerad abgestutzten Endfläche begränzt. — Die locomotiven Wimpern beschränken sich auf eine sehr geringe, genau bestimmbare Anzahl ganz gleichartiger, sehr langborstiger, meist wirr sich kreuzender Wimpern, die aber deutlich in vier Längsreihen geordnet und durch weite, gleich grosse Zwischenräume von einander getrennt sind. Die beiden äussern Reihen, welche den rechten und linken Seitenrand einnehmen, repräsentiren die Randwimpern, die beiden innern die ßauchwimpern; eigentliche Stirnwimpern so wie Afterwimpern fehlen gänzlich. Die rechte Randwimperreihe besteht aus sieben, gleichmässig über den ganzen Rand vertheilten Wimpern , die linke wird nur von drei , auf die hintere Hälfte des Randes beschränkten Wimpern gebildet. Die rechte ßauchwimperreihe ist der rechten Randwimperreihe genähert und ihr parallel; sie besteht aus sechs Wimpern, von denen die beiden vordersten auf dem Stirnfelde stehen, während die letzte nahe vor der Schwanzspitze eingefügt ist. Die linke Bauch wimperreihe nimmt fast die Mittellinie des Bauches ein, sie besteht wieder nur aus drei Wimpern, von denen die vorderste dicht hinter dem Peristomwinkel inserirt ist. — Von den beiden, kurzovalen homogenen Kernen (Fig. 21. n. n.) liegt der vordere links neben dem Innenrande des Peristoms, der hintere in der Mille des Körpers und etwas weiter nach links; einen Nucleolus unterschied ich nicht mit Bestimmtheil. Der contractile Behälter (Fig. 22. c.) nimmt die Mitte des linken Seitenrandes ein; er zeigte oft nach vorn und hinten einen kurzen kanalartigen Forlsatz (Fig. 21). Der After (Fig. 22. z. wird durch die nahe vor der Schwanzspitze gelegenen Excrementballen angezeigt. Die Thiere schwimmen rastlos und sehr schnell in weiten Bogen umher und drehen sich dabei beständig um die Längsaxe. Ich sah sie weder stillstehen, noch jemals nach rückwärts fahren. — Die einzige Art der Galtung ist Psilotricha acuminata. Stein. (Taf. xii. Fig. si — 24). Stein Charakteristik neuer Infusor. Lotos Januar I 859. S. 5. Dieses Thier kam Ende August und Anfang September 1857 in einem Mistjauchentümpel auf dem Pfarrhofe Slein. Organismus der InfusioDSlhiere. 46 182 in Niemegk sehr zahlreich vor. Die meisten Individuen machten sich sogleich durch ihre intensiv grüne Farbe bemerklich; diese rührt lediglich von verschluckten traubigen iMonadenstöcken (anscheinend war es Spondylomorum qualernarium) her, die oft den ganzen Körper dicht erfüllten, das Parenchym selbst ist völlig farblos. — Körper- lange ¥'T — TV"- 8. Gattung. Oxytriclia. Ehrbg. (Taf. XI. Fig. 9 — IS. Taf. XII. Fig. 1— »20). Character: Körper metabolisch , /anglich eiförmig oder länglich elliptisch, hinten abgerundet, bisweilen stumpf zugespitzt; 3 vordere gri/felförmige Stirnwimpern, 5 borsten- bis 'griffeiförmige Afterwimpern und 2 mediane Reihen borsten förmiger, zuweilen gri/jeluhnlicher Bauchwimpern. Die Gattung Oxytricha wurde von Ehrenberg im J. 1830 (Abhandl. der Berliner Acad. S. 43 mit 3 Arten begründet, von denen die allbekannte 0. pellionella als der eigentliche Repräsentant der Gattung anzusehen ist, denn die zweite Art, 0. piscis, wurde später in die Gattung Uroleptus versetzt und die dritte, 0. pullaster, hat sich noch nicht mit Sicherheit wieder erkennen lassen. Nach Ehrenberg soll sich die Gattung von den übrigen Oxylri- chinen durch den blossen Besitz von Wimpern und Borsten und durch den Mangel von Haken (griffelförmigen Stirn- und Bauchwimpern) und Griffeln (griffeiförmigen Afterwimpern) unterscheiden. Dieser Character ist jedoch gegenwärtig ganz unhaltbar; denn die Oxytrichen besitzen sämmtlich Afterwimpern, und diese sind im Verhältniss zu ihrer Körpergrösse und zur Grösse der übrigen locomotiven Wimpern oft so kräftig , dass sie mit demselben Rechte als Griffel bezeichnet werden können, wie bei den Stylonyehien. Ebenso sind von den übrigen locomotiven Wimpern wenigstens die drei vordersten auf der Stirn stets viel stärker entwickelt und in demselben Sinne Haken, den Ehrenberg mit diesem Ausdruck bei den Stylonyehien verbindet. -Ehrcnberg's Gattungscharacter würde ferner nicht hinreichen , um die Oxytrichen von den Gattungen Psilotricha , Uroleptus , Stichotricha und Kerona zu unter- scheiden. Im grossen Infusorienwerk führt Ehrenberg 8 Arten auf, von denen ich nur drei wieder auffinden konnte, nämlich 0. pellionella, platystoma und caudata; letztere Art erwies sich uns als synonym mit Uroleptus piscis. Die fünf übrigen Arten, 0. rubra (aus dem Meere), gibba, pullaster. cicada und lepus werden sich schwerlich je mit voller Sicherheit ermitteln lassen, da bei ihnen die nothwendigsten Bestimmungselemente übersehen wurden; mit Ausnahme der schon oben S. 125 besprochenen 0. cicada scheinen sie jedoch sämmtlich ächte Oxytrichen zu sein. — Dujardin definirt die Gattung wie Ehrenberg, will ihr aber auch die Urolepten zugezählt wissen; er unterscheidet 8 Arten, nämlich 0. pellionella, incrassata, lingua , gibba, ambigua, rubra, caudata und radialis, diese sind jedoch sämmtlich so unvollständig beobachtet, dass die Wissenschaft daraus nicht den mindesten Nutzen zu ziehen vermag. Die im Mittelmeer aufgefundene 0. rubra weicht von der gleichnamigen Ehrenberg sehen Art durch den schwanzartig verlängerten Hinterleib ab, sie dürfte also wohl zu Uroleptus gehören. Die ebenfalls im Mittelmeer beobachtete 0. gibba wird schwerlich mit der im süssen Wasser lebenden gleichnamigen Art von Ehrenberg identisch sein. Die 0. caudata gehört allem Anschein nach zu Uroleptus piscis, wie Dujardin selbst vermuthet. Von den vier angeblich neuen Arten wurden 0. incrassata, ambigua und radians im Mittelmeer. 0. lingua im süssen Wasser angetroffen. Letztere Art könnte der äussern Form nach eine junge Urostyla grandis gewesen sein, die 0. radians hat gar nichts mit der Gattung Oxytricha gemein. — Pertg nimmt die Gattung in demselben Umfange, wie Dujardin, nur bildet er aus den Urolepten eine besondere Unterabtheilung. Er will fast alle Ehrenberg sehen Oxytrichen und Urolepten in der Schweiz aufgefunden haben, giebt jedoch nicht an, wie es ihm möglich war, dieselben wieder zu erkennen, auch weiss er für keine Art schärfere Merkmale aufzustellen. Dass Pertg weder eine klare Vorstellung von den Gränzen der Gattung halte, noch wusste, worauf es bei der Unterscheidung der Arten ankommt, lehren seine 5 neuen Arten: 0. ambigua, protensa, gallina , decumana und fusca. Ihre Bewimperungsverhältnisse sind so unvollständig beobachtet, dass sie nicht einmal generisch sicher bestimmt werden können. 0. fusca gehört ohne Zweifel, 0. decumana wahrscheinlich in die Gattung Urostyla, die von der gleichnamigen DujarJiii sehen Art ganz verschiedene 0. ambigua kann ein Uroleptus, aber auch etwas ganz Anderes sein; noch weniger lässt sich über die beiden andern Arten, namentlich nicht über 0. gallina, eine Vermuthang äussern. Jedenfalls sind dergleichen Arten nur unnützer Ballast für die Wissenschaft, den man am besten über Bord wirft. — Bei Claparede und Lachmann ist die Gattung Oxytricha in einem viel weitern Umfange genommen, als bei Ehrenberg; sie begreift alle Oxytricliinen mit Ausnahme der Gattung Stichochaeta Clap. Lachm. und der Gattung Stylonychia im Sinne Ehren- bcrg's. Die Zusammenstellung so heterogener Formen in eine Gattung kann unmöglich gebilligt werden , und es ist 183 gar nicht einzusehen ,' warum , wenn einmal so zusammengezogen weiden sollte, nicht auch noch die Gattungen Stylonychia und Stichochaeta mit Oxytricha vereinigt wurden. Von den 9 Arten, welche in der Galtung Oxytricha aufgeführt werden, sind die nicht näher erläuterte 0. pellionella und die neue 0. crassa allein achte Oxylrichen; tue 0. uroslyla, fusca und mullipes gehören in die Gattung Urostyla, die 0. caudata und vielleicht auch 0. gibba vergl. S. 178) in die Gattung Uroleptus. Was endlich die beiden an den norwegischen Küsten entdeckten, höchst merk- würdigen neuen Arten. 0. auricularis und retractilis betrifft, so entfernen sich diese meiner Ansicht, nach so erheblich von allen übrigen Oxytrichinen, dass sie wohl unbedingt zu einer neuen Gattung erhoben werden müssen. • — Ich habe die Gattung Oxytricha in den ihr von Ehrenberg angewiesenen Gränzen festzuhalten und durcli schärfere Characlere neu zu begründen versucht. Ausser den beiden Elircnbenf sehen Arten 0. pellionella und platystoma habe ich noch eine Miillcr'sehe Art, zu der wahrscheinlich auch die 0. crassa Clap. Lachm. gehurt, sowie noch vier neue Arten aufgefunden. Die Oxylrichen besitzen einen massig verlängerten, sich mehr der gestreckten Oval- und Eiform nähernden, hinten abgerundeten oder stumpf zugespitzten, aber nie geschwänzten Körper mit stark gewölbtem Rücken und wenig abgeplatteter, fast gewölbter Bauchseite. Das Parenchym ist stets sehr nachgiebig und dehnbar, und dieser Character unterscheidet die Oxytrichen scharf von den Stylonychien, denen sie in der Bewimperung zuweilen sehr ähnlich sind. — Das Penstom ist ziemlich lang und schmal, es nimmt wenigstens ein Drittel der Körperlänge ein und reicht meist fast bis zur Mitte des Körpers herab ; sein Innenrand ist meist dem Aussenrande sehr genähert oder doch wenigstens vorn hakenförmig gegen den Aussenrand umgebogen, der Vorderrand ist mit einer symmetrisch angesetzten Oberlippe versehen. — Die Randwimpern stehen meist nahe am Rande, ragen über denselben weit hervor und gehen am hintern Körperende conlinuirlich in einander über; nur'bei zwei Arten sind sie der Mittellinie genähert und hinten durch eine breite Lücke getrennt, welche von den fünf Afterwimpern ausgefüllt wird. Letztere zeigen eine sehr ähnliche Insertion, wie bei Stylonychia; sie sind bald nur borstenförmig, bald deutlich griffelfürmig. Auf dem vordersten Theil des Slirnfeldes stehen stets drei längere und stärkere, griffeiförmige Wimpern, die Stirn- wimpern im engern Sinn. Die Bauchwimpern bieten bei den einzelnen Arten sehr erhebliche Verschiedenheiten dar; ihre Zahlen- und Stellune;sverhällnisse sind meist ausserordentlich schwer zu ermitteln, da die Oxvtrichen sich sehr anhaltend und schnell bewegen und nie ganz still stehen, sondern selbst wenn sie ruhiger geworden sind, noch beständig langsam auf- und niedergleiten und sich unaufhörlich drehen, krümmen, strecken und verkürzen. Bringt man sie im flach ausgebreiteten Wassertropfen zum Stillliegen, so verkürzen und verbreitern, sie sich dermaassen oder nehmen so verzerrte Formen an, dass vollends keine klare Beobachtung der Bauchwimpern möglich ist. So viel ich ermitteln konnte, sind überall, wenigstens der Anlage nach, zwei mediane Reihen von Bauchwimpern vorhanden, die sich entweder continuirlich und unverändert auf das Stirnfeld fortsetzen oder hier in anderer Grup- pirung und theilweis veränderter Form auftreten. Im letztern Fall ist die Bewimperung des Stirnfeldes und Bauches sehr ähnlich oder eanz eben so wie bei den Stvlonvchien, und man könnte sämmtliche auf dem Stirnfeld stehende Wimpern unter dem Namen Stirnwimpern als eine für sich bestehende Gruppe zusammenfassen und den eigent- lichen Bauchwimpern entgegenstellen. Andererseits kann man auch die drei äussern borstenförmigen Stirnwimpern der Stylonychien als eine Fortsetzung der rechten Bauchwimperreihe und die beiden innern, hintern griffeiförmigen Stirnwimpern als eine Fortsetzung der linken Bauchwimperreihe betrachten. Die Bauchwimpern der Oxytrichen sind überwiegend borstenförmig, bei mehreren Arten nähern sie sich aber sehr entschieden der Griffelform. — Die beiden Kerne und der contraclile Behälter verhalten sich ähnlich wie bei den verwandten Gattungen. — Der Mund wurde bei zwei Arten als eine ansehnliche Längsspalte erkannt, der After zeigte sich bei einer Art hinter den Afterwimpern und nahe vor dem hintern Körperende gelegen. Unter den mir bekannt gewordenen 7 Arten findet sich nur eine einzige Meeresform; nach den Beobach- tungen von 0. F. Midier. Ehrenbery und Dujardin zu urtheilen , dürfte jedoch das Meerwasser noch eine reiche Ausbeute von Oxytrichen liefern. 46' 184 1. Oxytricha gibba. Stein. (Taf. XL Fig. 9. to). Trichoda sibba ) , , , . , p. 1*9. Taf. XXV. Fig. 16—30. Müller Animalcula infusor. „-«■.»- r,- (?) » » foela I p. 180. Taf. XX\. Fig. H — 15. (?) Oxytricha crassa Claparede et Lachmann fitudes p. 147. PI. VI. Fig. 7. Körper dick, länglich elliptisch, in der Mille bauchig erweitert, an beiden Enden angeschwollen und abgerundet, die Randwimperreihen den beiden aus dicht auf einander folgenden kurz-borstigen Wimpern zusammengesetzten Bauchwimperreihen genähert. Ich beobachtete diese Art im Januar 1855 häufig im Seewasser aus dem Hafen von Travemiinde gleichzeitig mit Ervilia monostyla und Styloplotes appendiculatus, auch traf ich sie im Mai IS57 nicht selten in einem Fläschchen mit Meerwasser aus dem Hafen von Triest. Sie entfernt sich in der Bewimperung am meisten von den übrigen Oxytrichen und schliesst sich naher an die Urolepten an. — Der Körper (Fig. 10) ist etwa 3 mal so lang als breit, länglich elliptisch , in der Mitte auf beiden Seiten mehr oder weniger stark bauchig erweitert und zwar auf der rechten Seite mehr nach hinten, auf der linken Seite mehr nach vorn zu; nach beiden Enden hin ist der Körper etwas eingeschnürt , die Enden selbst sind gleichmässig angeschwollen und abgerundet. Der Rücken ist stark gewölbt und in der Mitte, der bauchigen Erweiterung entsprechend, bucklig aufgetrieben, die Seiten sind abgerundet und nur das Mittelfeld der Bauchseite ist abgeplattet. Beim lebhaften Schwimmen ist der Hinterleib gewöhnlich nach rechts, der Vorderleib nach links gekrümmt (Fig. 9). — Das Peristom nimmt ein Drittel der Körperlange ein, sein Innenrand ist nur durch eine sehr schmale Spalte vom Aussenrande getrennt und begleitet denselben bis zum Vorderrand. Die adoralen Wimpern setzen sich meist über den Vorderrand hinaus nach rechts und hinten fort. Die 3 Stirnwimpern stehen in einer queren Reihe nahe hinter dem Vorderrande und sind nur dünne Griffel. Die etwas starkem und längern Afterwimpern sind weit nach hinten eingefügt, stehen in einer queren bogenförmigen Linie und ragen als ein bald nach rechts, bald nach links gekrümmter Schopf meist merklich über den Hinterrand hinaus. Die kurzborstigen Randwimpern sind so weit nach innen gerückt, dass sie bei der Rückenansicht ganz unter dem Bauche verborgen bleiben ; sie bilden zwei gerade einander parallele Reihen , die rechte Reihe erstreckt sich von der äussern Stirnwimper bis zur ersten Afterwimper, die linke von der fünften Afterwimper bis zum Perislom- winkel, neben dem sie ein wenig nach links endigt. Die beiden den Randwimperreihen parallelen und von ihnen etwas weiter, als von einander abstehenden Bauch wimperreihen beginnen auf dem vordem Theil des Stirnfeldes und setzen sich ohne Unterbrechung bis zu den Aflerwimpem fort, sie bestehen aus ganz gleichartigen, mit den Randwimpern nahe übereinstimmenden, kurzborstigen Wimpern. — Die beiden Kerne (n. n. sind oval und homogen. Der conlraclile Behälter (c.) liegt hinter dem Peristom und etwas vor der Mitte des linken Seitenrandes. — Körper- länge bis TV'\ Die von 0. F. Müller im Meerwasser häufig beobachtete Trichoda gibba, die Ehrenberg mit Unrecht auf seine im süssen Wasser lebende Oxytricha gibba bezieht, stellt meiner Ansicht nach nur die gegenwärtige Art dar. Sie besitzt genau dieselbe Körperform, auch sind die Randwimpern bei der Rückenansichl nicht sichtbar, Müller unter- schied dieselben aber bei der seitlichen Ansicht des Thieres a. a. 0. Fig. 19. f. sorgfällig und erhebt ausserdem noch in der Beschreibung hervor: in quiete cilia per totam paginam inferiorem ludentia videbantur, was durchaus auf die Bauchbewimperung unserer Art passt. Die Afterwimpern hat Müller zwar nicht gezeichnet, er erwähnt aber in der Beschreibung, dass er auch am hintern Ende hervorragende Wimpern gesehen habe. Die Aflervvimpern ver- stecken sich übrigens auch sehr oft unter dem Bauche, indem sich das hintere Körperende weiter nach rückwärts aussackt und die Bauchfläche sich etwas nach vorn verschiebt. Ich habe daher keinen Anstand genommen, für die gegenwärtige Art den MwHer'schen Speciesnamen anzuwenden. Die Trichoda foeta von Müller scheint von seiner Tr. gibba nicht wesentlich verschieden zu sein und nur auf dunklem, undurchsichtigeren Individuen mit reichlichem körnigen Ablagerungen im Parenchym zu beruhen. — Die an den Bergenschen Küsten beobachtete Oxytr. crassa von Claparede und Lachmarin ist höchst wahrscheinlich mit der gegenwärtigen Art identisch, doch weicht die Darstellung dieser Forscher in mehreren Puncten von der meinigen ab. Statt der vier parallelen Wimperreihen der Bauchseite werden fünf angegeben, die fünfte würde sich vom Peristom winkel aus dicht neben der linken Rand- wimperreihe herabziehen und sich derselben nach hinten sehr nähern. Von Stirnwimpern ist nicht die Rede, die Afterwimpern werden als viel kürzere und dünnere Borsten dargestellt und die vordem adoralen Wimpern sollen sich auf der rechten Seite nach hinten herabziehen; auch würde keine Oberlippe vorhanden sein. Meine Thiere waren auch nie so auffallend hoch gewölbt und bucklig, wie das a. a. 0. Fig. 7. a. abgebildete; es wäre also immerhin möglich, dass die 0. crassa eine von meiner 0. gibba verschiedene Art bildete. 185 2 Oxytricha pellionella. Ehrbg. (.Taf. XL Fig. 13—18). Trichoda pellionella Müller Animalcula infusor. p. 222. Taf. XXXI. Fig. 21. Oxytricha pellionella Ehrenberg Die Infusionslhierclien S. 364. Taf. XL. Fig. X. Oxytricha pellionella Duj ardin Infusoires p. 417. PI. XI. Fig. 10. Körper lineal- elliptisch, in der Mitte erweitert, an beiden Enden gleichmässig abgerundet, mit iceit über den Körper vorragenden, langborstigen Afterwimpern , nach einwärts gerückten, grösstenteils unter dem Bauch verborgenen Randwimpern und wenigen, vereinzelten, borstenförmirjen Bauchwimpern. Obgleich diese Art überall in Infusionen und stehenden Gewässern sehr verbreitet ist und zu den alier- gemeinsten Infusorienformen gehört, so ist doch ihre Organisation bisher nur unvollständig erforscht worden. Die geringe Grösse des Thieres, seine grosse Beweglichkeit, seine vielfachen Formveränderungen und die dichten körnigen Ablagerungen im Parenchym machen auch seine Beobachtung zu einer der schwierigsten. Ich bin nach vielen Bemühungen zu den nachfolgenden Resultaten gelangt. — Der Körper hat bei den entwickeltsten Individuen (Fig. 13. 14) eine sehr ähnliche Form, wie bei der vorigen Art, uur ist er verhältnissmässig viel schmaler, 4 mal so lang als breit, in der Mit te schwach bauchig erweitert, nach vorn und hinten verengert und kaum merklich eingeschnürt, und an beiden Enden stumpf abgerundet. Der Rücken (Fig. 14) ist gleichmässig und ziemlich stark gewölbt, die Bauchfläche (Fig. I 3) in der Rlilte massig abgeplattet, die Seiten sind abgerundet. Bei Jüngern Indi- viduen (Fig. 1 8) ist der Körper einfach länglich elliptisch mit schwach convexem rechten Seitenrande und geradem oder sanft einwärts gekrümmtem linken Seilenrande. — Das Peristom stimmt in Form und relativer Grösse fast ganz mit dem der vorigen Art überein, nur verliert sich der Innenrand ganz allmählig in der Nähe des Vorderrandes; auch die Stirnwimpern verhalten sich ganz ähnlich. Die Randwimpern sind weniger weit nach innen gerückt, doch liegen sie ebenfalls unter dem Rauche versteckt, nur die hintersten werden häufig horizontal ausgespreizt und treten dann über den Rand hervor. Beide Randwimperreihen sind fast gerade und einander parallel und hören in einiger Entfernung vom hinlern Körperende auf; in der breiten Lücke zwischen ihren Endpuncten sind die 5 After- wimpern eingefügt, die hier gewissermaassen nur die stärker entwickelten Randwimpern des Hinlerrandes dar- stellen. Die Afterwimpern sind sehr langborslig und ragen weit über den Körper hinaus, und hieran erkennt man auf den ersten Blick unsere Art. Die drei rechten Afterwimpern sind die grössten und von gleicher Länge, die zweite ist jedoch etwas weiter nach rückwärts eingefügt, als die erste und dritte, und daher scheinbar länger; die vierte und fünfte nehmen beträchtlich an Länge ab. Bei altern Thieren sind die Afterwimpern fädliche Borslen mit haken- förmig nach links umgebogenen Spitzen. Die den Randwimpern ähnlichen, kurzborstenfürmigen Bauchwimpern verhallen sich ganz anders, wie bei der vorigen Art, es sind nur sehr wenige vorhanden und diese setzen keine continuirlichen Reihen zusammen. Drei Bauchwimpern stehen auf dem Stirnfeld in einer schrägen von der rechten Stirnwimper zum Peristomwinkel gezogenen Linie; zwei andere sitzen dicht hinler dem Peristomwinkel neben einander und eine drille gleich dahinter. Ausser diesen sechs ziemlich leicht zu beobachtenden Wimpern ist noch ein weit nach hinten gerücktes, nahe vor den Afterwimpern eingefugtes Bauchwimperpaar vorhanden, welches mir lange Zeit enlging und sehr schwer wahrzunehmen ist, weil es auf einem sehr dunklen, undurchsichtigen Grunde steht. Die fünf, dem eigentlichen Bauch angehörigen Wimpern stehen also in der That in zwei, durch eine weile, mittlere Lücke unterbrochenen medianen Längsreihen und verhalten sich genau wie die fünf Bauchwimpern der Stylonychien ; die drei Bauchwimpern des Slirnfelds sehe ich als eine Fortsetzung der rechten Bauchwimperreihe an. — Die beiden kurzovalen oder rundlichen homogenen Kerne (n. n.) liegen hinter dem Peristom in der linken Körperhälfte ungewöhnlich nahe hinter einander, so dass sie sich zuweilen berühren. Einen besondern runden Nucleolus habe ich an ihnen oft mit glossier Bestimmtheit erkannt (Fig. 14). Der conlraclile Behälter (c.) liegt zwischen beiden Kernen etwas vor der Mitle des linken Seitenrandes, den er bei der Diastole stark blasenartig nach aussen hervor- treibt. — Im vordem und hintern Körperende findet sich fast immer ein scharf begiänzter, dunkler Haufen von dicht zusammengedrängten, feinen Fettkörnchen, in dessen Cenlrum ein grosses rundes, von einem hellen Hol umgebenes Fettkorn (f.) wie ein Auge eingebettet liegt. Auch längs des linken Seilenrandes zieht sich gewöhnlich ein breiler Streifen von Fellkörnchen herab. Hin und wieder findet sich auch noch an irgend einem andern Puncle des Parenchyms ein vereinzeltes grösseres Fettkorn, welches von feinen Körnchen umgeben ist (Fig. 18). — Körperlänge bis -£-£'. Die Quer- und Längstheilung scheint ganz nach denselben Gesetzen wie bei den Stylonychien zu erfolgen; die ersten Stadien dieser Vorgänge entzogen sieh leider meinen Nachforschungen. In dem von mir beobachteten Stadium der Querlheilung Fig. I 5. 16 waren aus den beiden Körperhälften des Mutterthiers bereits zwei voll- Stein, Organismus der [nfusiouslhiere. 47 186 ständig entwickelte Theilungssprösslinge hervorgegangen. Der vordere hing nur noch mittelst seines hintern Endes mit der rechten vordem Ecke des hintern Theilungssprösslings zusammen, er zeigte drei überzählige, im Eingehen begriffene Stirnwimpern, die Bauchwimpern hatten bereits die gewöhnliche Stellung, nur waren die fünf hinter dem Perislom stehenden einander noch sehr genähert. ; die Afterwimpern ragten nach rechts über den Körper hinaus. Der hintere Theilungssprössling trug am Ende noch den alten Afterwimperschopf, der neu gebildete war viel weiter nach vorn eingefügt und ragte ebenfalls über den rechten Körperrand hinaus. Die Kürze und der dichtere Stand der Randwimpern zeigt an, dass sie nicht die Randwimpern des Mutterthiers sein können, sondern wie die übrigen locomotiven Wimpern im Verlauf des Theilungsprozesses neu entstanden sein müssen. Auffallend ist, dass sich in den beiden an einander stossenden Enden der Theilungssprösslinge bereits wieder eine Anhäufung von Fettkörnchen mit einem grössern centralen Korn gebildet hat (Fig. 15). — In dem von mir beobachteten Stadium der Längs- theilung (Fig. 17) hingen beide Theilungssprösslinge in ganz ähnlicher Weise an einander, wie im letzten Längs- theilungsstadium bei Stylonychia puslulata; jedes Individuum zeigte im vordem und hinlern Ende die gewöhnliche Anhäufung von feinen Körnchen um ein grosses centrales Fettkorn (f. f.). — Die Thiere klettern gern an fremden Gegenständen, winden sich um dieselben in den mannichfaltigsten Streckungen und Beugungen herum und krümmen ihren Körper hierbei oft so stark ringförmig, dass die beiden Enden einander berühren. Mfillcr's Abbildung giebt die Gesammtform des Thieres hinreichend characteristisch wieder, dem After- wimperschopf wrerden aber mehr Wimpern zuertheilt, als er wirklich besitzt. — Ehrcnherrj s Darstellungen sind im Ganzen recht naturgetreu, aber unvollständig; denn die Stirn-, Rand- und Bauchwimpern wurden gänzlich übersehen. Dagegen erkannte Ehrenberq zuerst das Peristom, welches nur zu kurz gezeichnet ist, die beiden Kerne, welche irrthümlicb in die rechte Körperhälfte versetzt sind, und den contractilen Behälter. Afterwimpern werden bald 4, bald ö angegeben. — Dujavdins Abbildung ist ganz verfehlt, sie giebt nicht einmal die äussere Form richtig an. 3. Oxytricha affinis. Stein. (Taf. xn. Fig. i— 6). Körper lineal- lanzettlich, »ach vorn zugespitzt, mit vorragenden , am hintern Körperende zusammenfassenden Randwimpern, sehr kurzborstigen, versteckten Afterwimpern und einem langen, schmalen, hinten knieförmig nach einwärts gekrümmten Peristom. Diese in sumpfigen Gewässern sehr verbreitete und durchaus nicht seltene Art blieb wahrscheinlich nur deshalb bisher unbeachtet, weil man sie ohne genauere Prüfung für Oxytr. pellionella halten mochte, der sie in Form und Grösse sehr ähnlich ist. Ich unterschied sie auch erst seit Anfang März I 857, wo ich sie in Wasser aus dem St. Procop-Thale bei Prag, in welchem abgefallene Baumblälter vermoderten und viele Phryganidenlarven lebten, in grossen Schaaren beobachtete. Später traf ich sie noch sehr oft in einem sumpfigen Graben des Baumgartens bei Prag, zum Theil gleichzeitig mit der hier seltener vorkommenden Oxyt. pellionella, von der ich sie stets auf den ersten Blick unterscheiden konnte. — Der Körper ist 34s — 4 mal so lang wie breit, schmal lanzettlich, nach vorn stetig verengert und stark zugespitzt, mit sehr schmalem, abgerundetem Vorderrande, der eine sehr kleine abgerundet dreieckige Oberlippe trägt; das hintere Ende ist mehr oder weniger zugespitzt, der rechte Seitenrand bald convex (Fig. 4. 5), bald in der Mitte geradlinig und etwas einwärts gebogen (Fig. I. 2). Der linke Seitenrand bildet in der Mitte einen stumpfeckigen Vorsprung, vor demselben ist er geradlinig, hinter demselben nach einwärts gezogen. Der Rucken (Fig. 1) ist massig gewölbt, die Bauchseite (Fig. 2. 4) plan, mit fast zugescharrten Seiten. — Das Peristom ist eine lange schmale Spalte, die sich hart am linken Seitenrande bis zu dem stumpfeckigen Vor- sprunge desselben herabzieht, hier knieförmig nach innen umbiegt und in der Nähe der Mittellinie etwas hinter der Körpermitte endet. Der schmale Vorderrand trägt nur wenige (5 — 6) adorale Wimpern, die meisten übrigen säumen den geradlinigen Theil des linken Seitenrandes, über den sie weit hinausragen, sie sind quergestellt, gleich lang und einer vom Anfangspunct des linken Seitenrandes an seiner innern Seite herablaufenden Linie eingefügt, die sich nach hinten zu mehr und mehr von demselben entfernt und zuletzt plötzlich in schräger Richtung nach innen umbiegt. Die dem schrägen Theil dieser Linie eingefügten Wimpern nehmen bis zum Perislomwinkel schnell und stetig an Länge ab. Der Innenrand des Peristoms ist fast eben so stark knieförmig gebogen, wie sein Aussenrand. dem er sehr genähert ist; er bildet mit dem schrägen Schenkel des Aussenrandes einen sehr spitzen Peristomwinkel, begleitet denselben eine Strecke und biegt dann stumpfwinklig nach vorn um, indem er nun fast genau der Mittel- linie parallel bis zur linken Ecke des Vorderrandes verläuft. Das Peristom hat hiernach die grössle Aehnlichkeit mit dem von Stichotricha seeunda, und es bedürfte nur noch einer geringen Verlängerung der Stirnspitze, um selbst die Körperform unserer Art in die von St. seeunda zu verwandeln. Wie sich die Gattung Oxytricha durch 0. gibba 187 ionig an die Gallung Uroleptus anschliesst , so scliliesst sie sich durch 0. affinis eben so nahe an die Gattung Stich otiicha an. Die beiden Randwimperreihen reichen bis zur Hinterleibsspitze, wo sie in einander übergehen; die Wimpern der rechten Reihe stehen nahe am Rande und ragen weit über denselben hinaus, von den Wimpern der linken Reihe steht nur die hintere Hälfte am Rande, die vordere ist nach einwärts gerichtet und endet am Peristomwinkel. Sämmtliche Randwimpern sind langborstig, die hintersten etwas länger. Die 3 wenig entwickelten Stirnwimpern stehen hart am Vorderrande im Dreieck. Die Afterwimpern sind 5 sehr kurze, feine, in einiger Entfernung von der Hinterleibsspitze eingefugte Borsten (Fig. 2. a. 4.a.i, die ganz unter dem Bauch verborgen sitzen und sich um so schwerei wahrnehmen lassen, als das hintere Körperende , sowie auch die linke Bauchhälfte , gewöhnlich dicht mit Fettkörnchen erfüllt sind. Die erste und fünfte Aflerwimper biegen sich oft hakenförmig nach vorn um ^Fig. 2. ü). sie gleichen dann einem hintern Bauchwimperpaar. Oefters schien es mir, als sei ausser den 5 Afterwimpern noch ein besonderes, dicht vor ihnen sitzendes Bauchwimperpaar vorhanden, wie ich dies in Fig. 4 und 5 angegeben habe , zu einer vollen Gewissheit konnte ich jedoch darüber nicht gelangen. Die Zahl und Stellung der Bauch- wimpern ist hier eben so schwer, wie bei 0. pellionella, zu bestimmen. Ausser dem noch etwas problematischen hintern Bauchwimperpaar vermochte ich auf dem Hinlerleib durchaus keine andern Bauchwimpern zu unterscheiden, diese schienen sich vielmehr lediglich auf den Vorderleib zu beschranken. Hier sah ich stets eine schräge Reihe von 5 — 6 Borsten, die sich vom Anfangspunct der rechten Randvvimperreihe bis zum Peristomwinkel erstreckte; zuweilen schien es mir. als setzte sich diese Reihe noch weiter nach hinten fort. Weiter nach innen, auf dem Slirnfelde, stehen noch 3 — 4 etwas stärkere, den Stirnwimpern ähnliche, hakenförmige Wimpern; eine isolirte sitzt dicht am Innenrand des Peristoms kurz vor der knieförmigen Biegung desselben, die zwei oder drei andern stehen in einer von der fechten Stirnvvimper nach dem Peristomwinkel gezogenen Linie, und zwar die eine näher der Slirnwimper, die eine oder zwei andern näher dem Peristomwinkel (Fig. 2. 4). Die beiden Kerne (Fig. I. n. n) sind länglich oval und homogen, der vordere liegt fast in der Mitte des Stirnfelds, der hintere nahe hinler dem Peristomwinkel. Der contractile Behälter (c.) ist wie bei Stichotricha von dem linken Seilenrande nach innen in die Nähe des Peristomwinkels gerückt. — Von der Quertheilung beobachtete ich nur das erste Stadium (Fig. 5). Der mütterliche Körper hatte sich hinter dem Peristom stark nach links aus- gebaucht, und auf dieser Ausbauchung zeigte sich die erste Anlage zu einem neuen adoralen Wimperbogen (p'.). Die beiden Kerne (n. n.) hatten sich verlängert und Bisquilform angenommen, und auf dem Stirnfelde unterschied ich sehr deutlich eine von der linken Ecke des Vorderrandes schräg nach hinten und rechts verlaufende Reihe sehr zarter Wimpern, welche sich jedenfalls später zu einem neuen System von Stirn- und Bauchvvimpern für den künf- tigen vordem Theilungssprössling gestallen werden. — Längstheilung sah ich nur nahe vor dem Abschluss (Fig. 3); der rechte Theilungssprössling überragte, wie gewöhnlich, mit seinem vordem Ende den linken, dieser hatte sich aber stets so gedreht, dass er im Profil erschien, wenn der rechte dem Beobachter die Rücken- oder Bauchseile zukehrte. Die aus der Längslheilung hervorgehenden Individuen sind oft sehr schmal und fast linealisch (Fig. 6). — Die grössten Individuen erreichen eine Länge von T'T — -^". 4. Oxytricha ferruginea. Stein. (Taf. xi. Fig. 11 — 12). Körper breit lineal- oblong, vorn plötzlich ungleichscheflklig und stumpf zugespitzt, hinten etwas erweitert und abgerundet, mit vorragenden, hinten zusammenstossenden Randwimpern, langen griffeiförmigen , unter dem Bauch verborgenen Afterwimpern und wenigen kurz griffeiförmigen Bauchwimpern. Die 0. ferruginea ist eine schon an ihrer Körperform und der mehr oder weniger intensiv rostrothen Färbung ihres Parenchyms leicht zu erkennende Art. Ich beobachtete sie im September 1857 sehr häufig im Puffbach bei Niemegk gleichzeitig mit Uroleptus piscis zwischen Bauschen von Üscillarien und Conferven, welche an der stau- bigen Oberfläche des Wassers schwammen. Auch bei Prag habe ich sie seitdem unter gleichen Verhältnissen sehr verbreitet angetroffen. — Der Körper ist 4 — 4^ mal so lang wie breit, lineal -oblong, hinten schwach gerundet erweitert, mit abgerundetem oder fast abgestutztem Hinterrande; die Seitenränder sind fast ganz gerade und ein- ander parallel oder doch nur nach der Mitte zu schwach einwärts gebogen, der linke Seitenrand reicht viel weiter nach vorn, als der rechte, das stumpf eiförmig zugespitzte Vorderende erhält dadurch einen sehr ungleichschenkligen Rand. Die Rückseite ist flach gewölbt, die Bauchseile abgeplattet. — Das Peristom nimmt ein Drittel der Körper- lange ein und ist viel breiter, als bei den vorhergehenden Arten. Der mit einer deutlichen undulirenden Membran 47* 188 versehene Innenrand fällt fasl mit der Mittellinie zusammen, ist so lang wie der Aussenrand und vorn gegen den- selben hakenförmig umgebogen. Die der Spitze des Vorderrandes etwas schief aufgesetzte Oberlippe ist auf der rechten Seite in einen niedrigen Hautstreifen verlängert, welcher nach hinten und innen in der Richtung gegen den Peristomwinkel verlauft und allmählig in eine seichte bis zum Peristomwinkel reichende Furche übergeht. Hierdurch setzt sich ein allseilig begranztes Slirnfeld ab. Die adoralen Wimpern begleiten die Oberlippe über den eigentlichen Vorderrand hinaus nach rechts und hinten bis zu dem Ende des streifenförmigen Fortsatzes. — Die 3 kraftigen Stirnwimpern stehen mehr aus einander gerückt in einer schrägen, dem rechten Schenkel des Vorderrandes parallelen Linie. Die noch langern und stärkern griffeiförmigen Aflerwimpern sind so weit vor dem Hinterrande eingefügt, dass sie denselben nur mit ihren Spitzen erreichen. Die Bauchwimpein sind kurz griffeiförmige Haken; auf dem eigentlichen Bauche stehen deren 5, in derselben Anordnung, wie bei 0. pellionella, nämlich 3 hinter dem Peristom- winkel und 2 dicht vor den Afterwimpern (Fig. 12) ; ausnahmsweise beobachtete ich bei grossen Individuen noch ein mittleres Paar (Fig. 1 I j. Ausserdem finden sich auf dem Stirnfelde noch 2 hinter einander stehende Bauch- wimpern am Innenrande des Peristoms und zwei dergleichen, weiter rückwärts gerückte, an der schiefen zum Peristomwinkel verlaufenden Falte. — An den beiden ovalen Kernen unterschied ich häufig eine spaltfönnige Höhle und auch bestimmt einen Nucleolus (Fig. I I. n. n.) Der contractile Behälter (c.) liegt etwas vor der Mitte des linken Seitenrandes. — Der Hinterleib ist meist dicht mit gefressenen Naviculaceen und Bacillarien, wie auch mit vereinzelten Oscillarienfäden erfüllt, ihre Zersetzungsproducte ertheilen dem ganzen Parenchym die rostrothe Fär- bung. Längs des linken Seitenrandes findet sich immer eine reichliche Ablagerung von Fettkörnchen. — Die Thiere schwimmen massig schnell; zwischen Conferven bewegen sie sich sehr geschickt schlängelnd, indem sie den Körper in weilen Bogen nach links und rechts krümmen, wie dies in einem geringen Grade schon bei dem in Fig. 12 dar- gestellten Individuum angedeutet ist. — Die grössern Individuen sind durchschnittlich TV" lang. 5. Oxytricha mystacea. Stein. (Taf. xh. Fig. 7— n). Körper plattgedrückt , eiförmig, vorn in eine ungleichschenklige zitzenförmige Spitze ausgezogen, mit langen adoralen Wimpern, vorragenden, hinten zusammenstossenden and verlängertest Ranäwimpern, dünn griffelfb'rmigen, unter dem Bauch versteckten Afterwimpern and dichtstelienden, feinborstigen Bauchwimpern . Ich entdeckte diese Art im Juli 1855 in einer Mistjauchengrube in Tharand, wo sie zwischen Euglena viridis und Chlamydomonas pulvisculus, die die ganze Oberfläche der Flüssigkeit grün färbten, ziemlich häufig vorkam. Im August 185G traf ich sie wieder in zahlreichen Exemplaren in dem Mistpfuhle auf dem Pfarrhofe in Niemegk, und in neuester Zeit habe ich sie auch bei Prag in einem Tümpel des Canal'schen Gartens, der ebenfalls starke Zuflüsse von Mistjauche erhält, mehrfach aufgefunden. In den beiden letztem Localiläten war die auffallendste begleitende Infusorienform mein Didinium nasutum. — Der Körper (Fig. 7. 8) ist 2-^ — 3 mal so lang wie breit, länglich eiförmig, auf der rechten Seite sehr convex, auf der linken in der Mitte sanft nach einwärts gekrümmt, nach hinten zugerundet und nach vorn in eine abgerundete, ungleichschenklige, fast zitzenförmige Spitze ausgezogen. Un- rechter convexer Schenkel setzt sich vor dem rechten Seitenrande durch eine seichte Einschnürung ab, ihr linker, längerer, geradliniger Schenkel bildet mit dem linken Seitenrande einen stumpfeckigen Vorsprung. Die Rück- seite (Fig. 8) ist flach gewölbt, die Bauchseite (Fig. 7) abgeplattet. Alle Individuen (Fig. 9) sind plumper und breiler, hinten stumpfer abgerundet und vorn in eine breitere und stumpfere, nicht so scharf abgesetzte Spitze ausgezogen. — Das Peristom reicht bis nahe zur Mitte des Körpers, sein Innenrand liegt in der Mittellinie oder doch nur wenig nach links von derselben, er ist so lang wie der Aussenrand und vorn schwach hakenförmig gegen denselben umgebogen. Die Oberlippe ist der Spitze des Vorderrandes etwas schief und mein- nach rechts angesetzt; von ihrer rechten Ecke geht eine schräge Falte nach dem Peristomwinkel, so dass auch hier, wie bei der vorigen Art. ein scharf abgegränzles Stirnfeld vorhanden ist. Die adoralen Wimpern, namentlich die des Aussenrandes sind ungewöhnlich lang. Im Pcristonil'ekle unterschied ich dicht am Innenrande, wenn sich derselbe etwas nach rechts wendete, sehr bestimmt eine lange enge Mundspalte (Fig. 9. o.). — Die Bandwimpern stehen nahe am Rande und ragen über denselben weil hervor, sie nehmen nach hinlen merklich an Länge zu und gehen am Ende in einander über; die linke Reihe isl nach vorn nur massig einwärts gezogen. Die Stirnwimpern verhalten sich wie bei der vorigen Art; die Afterwimpern (Fig. 9. a.) stehen in einer schlügen, nach links und vorn aufsteigenden Reihe, sind mehr borsten- als griffeiförmig und reichen kaum bis zum Hinterrande. Die feinborstigen , kurzen Bauch- vvimpern stehen continuirlich hinler einander in zwei sehr genäherten, fast zusammenfliessenden, schielen Längs- 189 reihen, die sicli vom Peristomwinkel bis zur fünften Afterwimper erstrecken. Die rechte Reihe setzt sich nach vorn längs der ganzen schrägen Falte fort, welche den Aussenrand des Stirnfeldes bildet; an dieser Falte stehen 8 — 10 Wimpern. Die linke Bauchwimperreihe wird auf dem Stirnfeld nur durch zwei am Innenrand stehende dünne griffeiförmige Wimpern vertreten , auch die erste hinter dem Peristomwinkel stehende Wimper dieser Reihe ist stärker und mehr griff eiförmig. — Die beiden ovalen Kerne zeigten gewöhnlich eine spaltförmige Höhle (Fig. 7. 8. n. n.). Der contractile Behälter liegt in der Mitte des linken Seitenrandes, der bei der Diastole oft blasenförmig nach aussen gewölbt wird (Fig. 8. c.) — Das Parenchym zeichnet sich durch eine blass bläuliche Färbung aus. Die Thiere halten meist grosse Quantitäten von Euglenen, auch einzelne Vorticellen verschluckt (Fig. 9). — Körper- In allen Localitäten, wo ich 0. mystacea beobachtete, traf ich häufig eigenthümliche Cystenzustände an, die höchst wahrscheinlich von dieser Art herrührten. Die Cysten (Fig. 10) waren rund und von sehr dicken, gallert- artigen, concentrisch gestreiften Wandungen (a.) begränzt, denen äusserlich feine Molecüle anklebten; sie umschlossen eine halbflüssige mit zahlreichen Fetttröpfchen gemischte Masse, und in dieser lag eine zweite, der äussern eon- forme, aber viel dünnwandigere, resislentere und glatte Cyste (b.) eingebettet, welche erst den thierischen Körper umschloss. Dieser füllte die Cyste vollständig aus und wälzte sich noch häufig in derselben langsam rotirend umher; er enthielt nahe an der Oberfläche den contraclilen Behälter und im Centrum die beiden dicht an einander gerückten Kerne. Offenbar hatte sich das Thier zuerst mit der äussern Cyste umgeben , dann innerhalb derselben einen Theil seiner Körperbestandtheile ausgeschieden und zuletzt um sich die zweite Cystenhülle gebildet. — In der innern Cyste (Fig. 11. b.) hatten sich auf Kosten des eingeschlossenen Körpers öfters mehrere ganz ähnliche parasitische Algenschläuche (cd.) entwickelt, wie in den einfachen Cysten von Stylonychia pustulata; sie wachsen bei der Reife in einen engen röhrenförmigen Fortsatz (c.) aus, der, beide Cystenwandungen durchbohrend, noch weit über die äussere hinausragt. Ich sah nur geschlossene und bereits entleerte Schläuche. 6. Oxytricha fallax. Stein. (Tat. xn. Fig. 1 2 — i s). Körper plattgedrückt, eiförmig, vorn plötzlich fast gleichschenklig und stumpf zugespitzt, mit vorragenden, hinten zusammenstossenden und verlängerten Randwimpern, griffeiförmigen über den Hinterrand hinaufreichenden Aftcnvimpern und wenigen vereinzelten griffeiförmigen Bauchwimpern. Die 0. fallax stimmt in der Bewimperung sehr nahe mit den Stylonychien überein und ist wahrscheinlich oft für Styl, pustulata gehalten worden, mit der sie gleiche Grösse hat. Ich beobachtete sie zuerst im April 1854 bei Tharand im Badethal an ausgetretenen Stellen der Weiseritz, unterschied sie jedoch damals noch nicht recht sicher von Styl, pustulata. Genauer lernte ich sie erst in Prag kennen, wo ich im März 1857 eine grosse Anzahl von Individuen zu untersuchen Gelegenheit hatte. Ich traf diese an seichten Stellen des Bachs, welcher das Procop- thal durchfliesst, zwischen vermodernden Baumblättern und gleichzeitig mit Oxytr. affinis. Auch in den Gräben des Baumgartens ist sie mir später noch oftmals vorgekommen. — Der Körper (Fig. 12) ist 2£ mal so lang wie breit länglich eiförmig, hinten zugerundet, nach vorn allmählig etwas verengert und dann plötzlich fast gleichschenklig dreieckig und stumpf zugespitzt; der rechte Schenkel des Vorderrandes ist nur wenig länger und etwas convexer, als der linke, mehr geradlinige. Der Rücken ist sehr flach gewölbt, die Bauchseite ganz plan. — Das Peristom verhält sich fast genau wie bei der vorigen Art, nur ist die Oberlippe auf der Spitze des Yorderrandes symmetri- scher aufgesetzt , die adoralen Wimpern des Aussenrandes sind nicht ungewöhnlich verlängert und der Innenrand ist vorn noch stärker nach links umgebogen; auch die lange Muudspalte (o.) ist oft sichtbar. Die Stirn- und Rand- wimpern stimmen ebenfalls mit denen von 0. mystacea überein; die den Hinlerrand säumenden Wimpern sind noch längere und kräftigere Borsten. Die Afterwimpern sind lange borstenförmige Griffel, die drei ersten ragen stets beträchtlich über den Hinterrand hinaus, die zweite ist weiter nach hinten eingefügt, als die erste, die drei übrigen stehen in einer schräg nach links aufsteigenden Reihe. Die Bauchwimpern sind kurze, hakenförmige Griffel, fünf derselben stehen auf dem eigentlichen Bauche in ganz ähnlicher Gruppirung wie die fünf Bauchwimpern der Stylonychien, die fünf übrigen sitzen auf dem Stirnfelde, und zwar zwei etwas grössere am Innenrand des Peristoms, und drei mehr borstenförmige in einer schrägen von der rechten Seitenecke nach dem Peristomwinkel gezogenen Linie. Die acht Wimpern des Stirnfeldes stimmen in ihrer relativen Grösse und Stellung sehr nahe mit den acht Stirn- wimpern der Stylonychien überein. — An den beiden ovalen Kernen (n. n.) unterschied ich stets schon durch das sehr durchsichtige, farblose und körnerarme Parenchym hindurch einen besondern Nucleolus. Der contractile S l e i n , Organismus der lufusionstliiere. 48 190 Behälter (c.) liegt in der Nähe des linken Seitenrandes auf gleicher Höhe mit dem Peristomwinkel. — Körper- lange T'T — TV"'. So nahe sich auch unsere Art durch die Bewimperung des Stirnfeldes und des Bauches an die Stylonychien anschliesst, so kann sie doch unmöglich mit denselben vereinigt werden; sie ist eine achte Oxytricha, wie sowohl die grosse Dehnbarkeit und Contractilität ihres Parenchyms , als auch ihre noch viel nähere Verwandtschaft zu der vorigen und folgenden Art beweist. Gerathen die Thiere zwischen fremde Gegenstände, so ziehen sie sich entweder sofort zu einem kurzen, breit eiförmigen Körper zusammen (Fig. 13), oder sie recken sich lang aus, winden sich schlängelnd in starken Bogen nach links und rechts (Fig. I 4) und suchen sich so zwischen den fremden Gegenständen hindurch zu zwängen. Dergleichen Bewegungen vermag keine Slylonychia auszuführen. Die Thiere schwimmen ungemein schnell und anhallend, und die grosse Schmiegsamkeit ihres Körpers giebt sich auch hierbei in vielfachen zierlichen Krümmungen und Wendungen zu erkennen; sie bleiben niemals eine Zeit lang still stehen, noch fahren sie abwechselnd stossweise hin und her. Schon allein an den Bewegungen unterscheidet man die 0. fallax von der steifen Stylonychia pustulata auf den ersten Blick, bei genauerer Beobachtung erkennt man dann auch, dass sie eine andere Körperform, ein anderes Penstoni und eine wesentlich verschiedene Bewimperung am Hinterrande des Körpers besitzt. — Mehrmals traf ich die gegenwärtige Art in kugelförmigen, dünnwandigen, weichen Cysten ein- geschlossen (Fig. 15); das Thier hatte sich nicht kugelförmig contrahirt, sondern war ringförmig um die Queraxe zusammengekrümmt und noch mit sämmtlichen Wimpern versehen , es wälzte sich unaufhörlich mit grosser Hef- tigkeit in der Cyste umher. In Ehrenberg's aus älterer Zeit herrührenden Abbildungen der Stylonychia pustulata (Die Infusionsthierchen Taf. XLII. Fig. I. 5 — 20) ist der ganze Hinterrand des Körpers mit langen Borsten besetzt dargestellt; es wäre daher wohl möglich, dass diese Abbildungen wenigstens theilvveis auf Beobachtungen von Oxytr. fallax beruhen. — Auch Müllers Kerona Iepus (Animalc. infusor. p. 243. Taf. XXXIV. Fig. 5 — 8) und Ehrenberg's Oxytricha lepus (Die Infusionsth. S. 367. Taf. XLI. Fig. V) könnten, nach der äussern Körperform und dem Aufenthalte zu urtheilen, die gegenwärtige Art darstellen, es bleibt dies jedoch nur eine sehr unsichere Vermuthung, da beiden Autoren die Organisation der Bauchseite gänzlich verborgen blieb; sie unterschieden nichts weiter als die vordem adoralen Wimpern und die hintern Randwimpern. 7. Oxytricha platystoma. Ehrbg. (Tai. xii. Fig. \e— 20). Oxytricha platystoma Ehrenberti Die Infusionsthierch. S. 365. Taf. XLI. Fig. I. (auf der Tafel als Oxytricha eurystoma bezeichnet). Körper länglich umgekehrt- eiförmig, hochgewölbt, mit weitem Peristom, langborstigen, vorragenden und hinten zusammenstossenden Randwimpern, wenig vorstehenden, dünnen griff eiförmigen Afterwimpern und wenigen, vereinzelten borstenförmigen Bauchwimpern. Die 0. platystoma, welche in Folge einer Bemerkung ihres Entdeckers mit Unrecht in den Verdacht kam, dass sie eine jugendliche Form von Urostyla grandis sein könne , ist eine sehr ausgezeichnete , von U. grandis ganz verschiedene Infusorienform. Sie gehört zu den seltneren Arten, wo sie aber einmal vorkommt, da tritt sie gewöhnlich in zahlreichen Individuen auf. Ich beobachtete sie zuerst im Mai und Juni ISoi bei Tharand auf einer sumpfigen Wiese des Badethaies; dann traf ich sie erst wieder im Mai 1 858 bei Prag in den sumpfigen Gräben sowohl des Baumgartens als des Nussler Parkes und zuletzt sammelte ich sie im September desselben Jahres an seichten, verschlammten Stellen des Boticzbaches bei Wirschowilz. — Der Körper ist 2 — 24 mal so lang wie breit , schmal umgekehrt eiförmig, vorn breit und stumpf abgerundet, zuweilen fast abgestutzt, nach hinten verengert und stumpf zugespitzt, bald mit abgerundeter (Fig. 17. 19), bald mit etwas vorgezogener Spitze (Fig. IG. I 8). Der linke Seiteu- rand ist weniger convex, als der rechte (Fig. 19), gewöhnlich fast gerade (Fig. 17); oft sind beide Seitenränder in der Mitte etwas nach einwärts gezogen (Fig. 1 6). Der Körper besitzt eine beträchtliche Dicke, der Rücken (Fig. 1 6. 1 7) ist stark gewölbt, vorn plötzlich abgestutzt, hinten niedergedrückt, die Bauchseite (Fig. 18. 19) ist plan oder flach gewölbt, die Seiten sind mehr oder weniger abgerundet. — Das Peristom reicht nicht ganz bis zur Mitte des Körpers und zeichnet sich durch seine Breite und eigenthümliche Form so aus, tdass man hieran die Art sogleich erkennt. Der Vorderrand des Peristoms wird von einer breiten, halbmondförmigen, symmetrisch angesetzten Oberlippe und den ihrer Basis eingefügten vordem adoralen Wimpern gebildet; der Aussenrand erstreckt sich von der linken Ecke der Oberlippe in einem schrägen Bogen bis zur Mittellinie des Bauches; der Innenrand folgt vom Peristomwinkel aus nur eine kurze Strecke der Mittellinie, dann wendet er sich nach rechts und krümmt sich allmählig in einem weiten , dem Vorderrande fast parallelen und von ihm nur durch einen schmalen Zwischenraum getrennten Bogen 191 gegen den Aussenrand des Peristoms. In vielen Fallen stösst dys vonlere Ende des Innenrandes unmittelbar an den Aussenrand, so dass ein ringsum abgeschlossenes Peristomfeld entsteht (Fig. 16. 18), welches vorn von einem hakenförmigen Fortsatz des Stirnfeldes umgürtet wird. Das Peristomfeld ist lief ausgehöhlt, namentlich gegen den Innenrand hin, es erscheint daher bei der Rückenansicht des Thieres (Fig. 16) als ein sehr lichtes, umgekehrt eiförmiges, mit der Spitze nach innen und hinten gerichtetes Feld. Der Innenrand trägt eine sehr entwickelte, breit bandförmige undulirende Membran , die bald horizontal liegt (Fig. 19. i.), bald sich vertikal aufrichtet und nach rechts umschlagt (Fig. 18. i.). Im letztern Fall sieht man, dass unter ihr am Innenrande noch feinborstige präorale Wimpern sitzen, auch erblickt man dann neben dem Innenrande auf dem Boden des Peristomfeldes die langspaltige Mundöffnung (o). In andern, eben so häuGgen Fällen setzt sich die Spitze des Innenrandes nicht an den Aussenrand an, sondern sie rollt sich in geringerer Entfernung von demselben sehr zierlich spiralförmig nach hinten und innen um; alsdann greift der hakenförmige Fortsatz des Stirnfeldes mit einer dreieckigen, scharf begränzten Erweiterung (Fig. 20. d.) um die eingerollte Spitze des Innenrands herum, und das Peristomfeld erhält hierdurch die Form eines breiten § - Zeichens. Die locomotiven Wimpern verhalten sich sehr ähnlich, wie bei der vorigen Art, die dünnen, langborstigen Randwimpern werden jedoch nach hinten zu nicht länger, die schwächern Stirnwimpern stehen in einer mehr queren Reihe; die Afterwimpein sind sehr dünne, borstenförmige Griffel, von denen nur die beiden ersten etwas über den Hinterrand hinausragen , die drei übrigen stehen in einer steilen aufsteigenden Reihe. Die Bauchwimpern stimmen in Zahl und Stellung ganz mit denen der vorigen Art überein, sie sind aber fast rein borstenförmig und den Randwimpern sehr ähnlich. — Die beiden ovalen Kerne zeigten sich bald homogen (Fig. 16. 18), bald mit einer queren Höhle (Fig. 17. 19) und stets mit dem gewöhnlichen Nucleolus versehen. Der contractile Behälter findet sich etwas vor der Mitte des linken Seilenrandes. Die Ausscheidung von Excrementen beobachtete ich einige Male ganz nahe vor dem hintern Ende bei z in Fig. 19. — Das Parenchym ist meist dicht mit scharf begränzten , farb- losen Kugeln erfüllt, die eine schwarze oder bräunliche Körnermasse umschliessen und den Körper sehr undurch- sichtig machen (Fig. 17. 19. 20). Wahrscheinlich sind dies halbverdaule grüne monadenartige Infusorien, dergleichen häufig noch ganz unverändert im Körper vorkommen (Fig. 16). Ausserdem finden sich aber durch das ganze Parenchym zerstreut und oft selbst in der Oberlippe (Fig. 18 — 20) zahlreiche, sehr kleine, grünlichgelbe oder bräunlichgelbe Oelbläschen , welche dem gesammten Körper eine schmutzig gelbbraune Farbe ertheilen. — Der Körper ist wegen seiner Dicke weniger biegsam, als bei den übrigen Oxylrichen, aber keineswegs starr. — Längs- theilung habe ich nur einmal gesehen, ohne darüber etwas Genaueres ermitteln zu können; sie erfolgte von hinten nach vorn. Querlheilung kam auch nur seilen vor; ich habe das erste Stadium derselben in Fig. 20 abgebildet, obwohl ich die mediane Bewimperung nicht vollständig erkannte. Wahrscheinlich waren die mütterlichen Bauch- wimpern noch sämmtlich vorhanden und noch keine neuen locomotiven Wimpern hervorgewachsen. In der hintern Körperhälfte zeigte sich nur erst der Anfang zu einem neuen adoralen Wimperbogen (p\) und links neben demselben ein neuer contractiler Behälter (c'.). Von besonderem Interesse war, dass, während die beiden mütterlichen Kerne (n. n.) noch ihre gewöhnliche Form beibehalten hatten, jeder Nucleolus (nl.) sich beträchtlich vergrüssert und aus zarten Längsfasern zusammengesetzt zeigte. — Die Länge der grössten Individuen beträgt t't- Ehrenberg hat zwar die 0. piatystoma ganz kenntlich abgebildet, aber die feinern Organisationsverhältnisse blieben ihm völlig unbekannt. Er unterschied weder die Stirn-, Bauch- und Afterwimpern, noch die Kerne und den contractilen Behälter; selbst über Rücken- und Bauchseite war er nicht im Klaren, denn seine Fig. I stellt nicht, wie angegeben wird, die Bauchseite, sondern die Rückenseite des Thieres dar. Die Randwimpern liess Ehrenberg gleichförmig rings um den ganzen Körperrand herumlaufen , und das Peristom sah er als eine für sich bestehende, mit dem Körperrand gar nicht zusammenhängende, von Wimpern umgebene Mundöffnung an. 9. Gattung. I'rostvla. Ehrug. (Taf. XIII. XIV). Character: Körper sehr metabolisch, langgestreckt, elliptisch, oblong oder eiförmig , vorn und hinten abgerundet ; Soder mehrere griffet förmige Stirnwimpern; 3— 12 dünne griffeiförmige Afterwimpern-; ä oder mehrere Längsreihen von borstenförmigen Bauchwimpern. Die Gattung Urostyla wurde von Ehrenberg im J. 18:30 Abhandl. der Berliner Acad. S. 43) mit zwei, nicht näher characterisirten Arten aufgestellt, die aber schon im folgenden Jahre unter dem Namen U. grandis in eine 48* 192 zusammengezogen wurden; diese bildet auch noch im grossen Infusorienwerk den einzigen Repräsentanten der Gattung. Unter den Oxytrichinen sollte sich die Gattung Urostyla durch den Besitz von Griffeln (Afterwimpern) neben Wimpern und durch den Mangel von Haken auszeichnen. Dieser Character ist jedoch unzureichend und unrichtig, denn die Urostylen besitzen auf dem Stirnfeld hakenförmige Griffel, auch ist ihr Körper nicht auf der »anzen Oberfläche mit Längsreihen von Wimpern besetzt , wie Ehrenberg behauptet. Ohne Zweifel hatte dieser Forscher von Haus aus ganz recht gesehen, dass er Anfangs zwei verschiedene Arten annahm. Es existireu wirklich zwei sehr nahe verwandte Arten, die ich schon seit dem J. 185 4 unterscheide. In der einen, welche die grössten Dimensionen erreicht , erkenne ich die U. grandis des grossen Infusorienwerks von Ehrenberg , es ist dies dieselbe Art, welche auch von Colin bereits I83I als U. grandis bestimmt wurde und über deren embryonale Fortpflanzung er die ersten Aufschlüsse veröffen Hiebt hat. Auf die zweite Art machte ich zuerst im J. 1857 Herrn Staatsrath Dr. Weisse in St. Petersburg bei seiner Durchreise durch Prag aufmerksam, dem zu Ehren ich sie U. Weissei nannte. Diese Art ist wahrscheinlich mit der von Claparede und Lachmann beschriebenen Oxytricha Urostyla identisch. Da ich die Gattung Urostyla aufrecht erhalte, so konnte ich schon deshalb von dem Speciesnamen dieser Forscher nicht Gebrauch machen, und ich zog es um so mehr vor, bei dem von mir ursprünglich gewählten Namen stehen zu bleiben, als es immerhin möglich ist, dass die Oxytricha Urostyla doch noch eine andere Art darstellt. — Zur Gattung Urostyla gehören ferner noch die Oxytricha multipes von Claparede und Lachmann und die Oxytricha fusca von Perty; die letztere Art scheint mir von U. grandis durchaus nicht verschieden zu sein. Ich habe ausser U. grandis und Weissei noch eine neue Art aufgefunden, die ich U. viridis nenne. Die Urostylen sind den Oxytrichen sehr nahe verwandt, sie stimmen mit denselben in der Beschaffenheit des Körperparenchyms und der Form des Peristoms fast ganz überein, und unterscheiden sich von ihnen wesentlich nur durch die reichere Bewimperung der Bauchseite. Hierdurch werden die Urostylen zu Uebergangsformen von den hypotrichen zu den heterotrichen Infusionsthieren. — Ihr Parenchym ist ausserordentlich dehnbar und con- tractu und besteht aus einer sehr weichen, elastischen, fadenziehenden und klebrigen Masse; die äussere Körper- form ist daher ungemein veränderlich. — Griffeiförmige Stirnwimpern sind mindestens drei vorhanden, bei einer Art sehr viele. Die Zahl der dünnen, mehr borsten- als griffelförmigen Aflerwimpern beträgt entweder fünf, oder sieben bis acht, oder zehn bis zwölf. Die Bandwimpern gehen, wie bei den meisten Oxytrichen, am Hinterrande in einander über. Die borstenförmigen Bauchwimpern stehen in parallelen, continuirlichen Längsreihen, deren ent- weder nur fünf mediane oder mehrere gleichmässig über die ganze Bauchfläche vei (heilte vorhanden sind. — Zwei Arten besitzen den normalen doppelten Nucleus, bei der dritten Art ist im gewöhnlichen Zustande gar kein Nucleus vorhanden , sondern es entwickelt sich erst während der Querlheilung eine grössere Anzahl von Kernen. Hiermit steht höchst wahrscheinlich das bei dieser Art sehr häufige Auftreten von Embryonalkugeln im Zusammenhang, die sich zu acinetenartigen Embryonen entwickeln. Längstheilung wurde niemals beobachtet. — Der contractile Behälter hegt an der gewöhnlichen Stelle, der After nahe vor dem hintern Ende. — Die Thiere schwimmen stetig und mit massiger Geschwindigkeit. Sämmtliche bisher beschriebene Arten wurden nur in süssen Gewässern beobachtet. 1. Urostyla Weissei. Stein. (Taf. xm. Fig. i— &). (?) Oxytricha Urostyla Claparede et Laehmann fitudes p. 141. PI. V. Fig. 2. Körper schmal und langgestreckt elliptisch, mit 3 — 5 Stirnwimpern, 7 — 8 Afterwimpern und 5 medianen Längsreihen von Bauch- wimpern, von denen sich 3 über das Stirnfeld fortsetzen ; Nucleus doppelt. Diese Art gehört zu den gemeinsten, überall verbreiteten und oft massenhaft auftretenden Infusorienformen. Dass sie bis auf die neueste Zeit unbeachtet bleiben konnte, rührt jedenfalls nur daher, dass überhaupt das Studium der Oxytrichinen seit Ehrenberg über Gebühr vernachlässigt wurde; die Schwierigkeiten, welche mit ihrer Unter- suchung verknüpft sind , und die Unmöglichkeit , sie mit den vorhandenen literarischen Hülfsmitteln sicher zu bestimmen, mochten davon abschrecken. Ich beobachtete unsere Art bei Niemegk, Tharand und Prag in stehenden und langsam fliessenden, mit Wasserlinsen überzogenen Gewässern; besonders häufig trat sie in seichten, von Erlen beschatteten Gräben und Tümpeln auf, wenn dieselben so weit ausgetrocknet waren, dass die Wasserlinsen unmittelbar auf dem mit dichten Schichten von vermodernden Baumblättern bedeckten Boden auflagen, so namentlich alljährlich im hohen Sommer in den Gräben des Nussler Parkes bei Prag. Ebenso massenhaft entwickelt sie sich zwischen längere Zeit aufbewahrten Wasserlinsen, wenn diese zu verschrumpfen anfangen und in Fäulniss übergehen, das 193 Wasser eine bräunliche Moderfarbe annimmt. Dann bevölkert sie sammt grossen Individuen der Stylonychia mylilus oft fast ausschliesslich das Wasser; häufig kommt gleichzeitig auch U. grandis sehr verbreitet vor. Von letzterer Art unterscheidet man die gegenwärtige meist schon sicher ohne nähere Untersuchung bei der blossen Ansicht mit der Loupe an ihrem schlankeren, undurchsichtigeren, schwefelgelb bis bräunliehgelb gefärbten Körper. Der Körper ist im völlig ausgestreckten Zustande (Fig. 1 — 3) mehr als 3 mal so lang' wie breit, im Allge- meinen länglich elliptisch, in der Mitte oder nahe dahinter am breitesten, nach vorn und hinten etwas verengert, an beiden Enden gleichmässig abgerundet oder hinten stumpf eiförmig zugespitzt (Fig. 3). Die Rückseite (Fig. 1) ist stark gewölbt, nach vorn etwas niedergedrückt, die Bauchseite (Fig. 2. 3) plan. Die seitlichen Contouren sind bei der grossen Nachgiebigkeit und Dehnbarkeit des Parenchyms sehr veränderlich, doch dürften die in Fig. 1 — 3 abge- bildeten Individuen wohl die gewöhnlichsten Formen darstellen, welche die Thiere beim ungehemmten Schwimmen in reichlichem Wasser zeigen. Häufig ist der Körper beträchtlich verkürzt und wenig mehr als noch einmal so lang, wie breit, er erscheint dann rein elliptisch oder auch eiförmig und kommt der Gestalt der folgenden Art sehr nahe, bleibt jedoch immer noch schlanker und ist, wenn eiförmig, vorn und hinten mehr zugespitzt. Das Parenchym besteht aus einer zähen , elastischen , fadenziehenden Substanz , so dass der Körper unter dem Drucke des Deck- gläschens nicht zum Zerfliessen zu bringen ist, er weicht dünn plattenförmig aus einander und sondert sich zuletzt in einzelne grössere zusammenhängcnbleibende Lappen, ohne dass körnige Bestandthcile des Parenchyms an den Rupturen hervortreten. Hebt man den Druck des Deckgläschens auf, und setzt man neues Wasser hinzu, so stellt sich schnell die frühere Körperform wieder her, und das Thier schwimmt, wenn auch arg verletzt, munter weiter; die getrennten Theile nähern sich einander und wachsen nach und nach wieder zusammen. Im Parenchym finden sich stets zahlreiche sehr kleine grünlich- oder bräunlichgelbe Oeltröpfchen eingebettet, die nahe an der Oberfläche des Körpers theils zerstreut, theils in Längsreihen und schmalen Längsstreifen dicht gedrängt beisammen liegen; sie verursachen die mehr oder weniger intensiv schwefelgelbe oder schmutzig bräunlichgelbe Farbe des Körpers. In Fig. I sind die Oeltröpfchenreihen nur an den Seiten und den beiden Enden, in Fig. i an der ganzen Oberfläche ausgeführt. Die Reihen sind theils continuirlich, theils abgekürzt, theils streckenweis unterbrochen. Das Peristom nimmt über ein Drittel der Körperlänge ein. Der schmale Vorderrand trägt eine etwas schief und mehr nach rechts angesetzte halbmondförmige Oberlippe, die auf der linken Seite des Vorderrandes noch Platz für den Anfang des Peristomaussenrandes lässt; ihre rechte Ecke ist in einen kurzen Streifen ausgezogen, der sich nach hinten und innen in das Stirnfeld hineinzieht (Fig. 2. 3). Derbreit bandförmige und sehr deutlich quergestreifte Aussenrand des Peristoms erstreckt sich von der linken Ecke der Oberlippe in diagonaler Richtung bis zur Mittellinie des Bauches. Der Innenrand hält die Mittellinie ein und biegt vorn auf gleicher Höhe mit dem rechten Endpunct der Oberlippe hakenförmig nach links gegen den Aussenrand um, den er jedoch nicht erreicht; er trägt eine schmale undulirendc Membran und präorale Wimpern. Neben dem Innenrande liegt im Peristorn fehle die lange, schräge Mundspalte (Fig. 2. o.) — Längs der rechten Hälfte der Oberlippe stehen in einer schrägen Reihe drei ziemlich lange und kräftige Stirnwimpern (Fig. I. 2. st. 3); gewöhnlich sind nur diese vorhanden, nicht selten stehen aber noch ein oder zwei etwas kleinere Griffel hinter der dritten Stirnwimper (Fig. 2); zuweilen ist auch die dritte Stirn- wimper nur schwach entwickelt, so dass anscheinend nur zwei, dann desto kräftigere Stirnwimpern vorhanden sind. Die Randwimpern sind lange und kräftige, bald über den Rand hervortretende, bald grösstentheils unter dem Bauche sich verbergende Borsten; die rechte Reihe beginnt nahe hinter der Oberlippe, die linke ist stark nach einwärts gerückt und endigt hinter der Mitte des Peristomaussenrandes. Die Afterwimpern (Fig. 2. a.) sitzen ganz unter dem Bauche versteckt, höchstens ragen die hintersten ein wenig über den Hinterrand hinaus (Fig. 1); sie stehen in einer steilen, von der Mittellinie aus nach vorn und links aufsteigenden Reihe und sind dünne, aber die Randwimpern beträchtlich an Länge übertreffende, nach hinten und links gerichtete Griffel. In der Regel sind acht Afterwimpein vorhanden; nicht selten zählte ich aber auch sehr bestimmt nur sieben. Die Bauchwimpern sind etwas kürzere, dünnere und dichter hinter einander stehende Borsten, als die Randwimpern, sie sind in fünf parallele, einander sehr genäherte Längsreihen geordnet, welche zusammen eine breite, über den mittlem Theil des Bauches verlaufende und an der Basis der Afterwimpern endende Binde bilden, die rechts und links durch einen beträchtlichen Zwischenraum von den Randwimpern gelrennt ist. Die drei rechten Reihen setzen sich über das ganze Stirnfeld bis in die Nähe der Stirnwimpern fort, die beiden linken gehen nur bis zum Peristom. Die erste, rechte Reihe erstreckt sich von der vordersten Randwimper bis zur ersten, hintersten Afterwimper, sie ist von der zweiten durch einen etwas grössern Zwischenraum getrennt, als die vier übrigen gleich weit von einander Stein, Orgaliismus der Infusionsthiere. 49 194 - abstehenden. Die zweite und dritte Reihe folgen auf dem Stirnfelde dem Innenrande des Peristoms; die hier stehenden Wimpern sind nicht selten etwas stärker (Fig. 3), namentlich die beiden vordersten und diese erscheinen dann als eine vierte und fünfte Stirnwimper (Fig. 2). Die vierte und fünfte Reihe beginnen nahe am Peristomwinkel und endigen vor den letzten linken Afterwimpern. Die beiden hellen ovalen Kerne (Fig. 1. 2. n. n.) leuchten stets sehr deutlich aus dem dunklern Parenchym hervor, sie besitzen meist eine quere spaltförmige Höhle und liegen gewöhnlich in der linken Körperhälfte , bald einander genähert, bald weit aus einander gerückt; ihre Lage ändert sich vielfach mit den verschiedenen Körper- contractionen. Der Nucleolus wurde mir nicht ganz klar, da sich die Kerne bei der zähen Beschaffenheit des Parenchyms nicht vollständig isoliren lassen, doch glaube ich oft einen sehr kleinen Nucleolus gesehen zu haben. — ■ Der contractile Behälter (c.) liegt am linken Seitenrande bald auf gleicher Höhe mit dem Peristomwinkel, bald etwas weiter nach vorn oder nach hinten; er verschiebt sich ebenfalls mit den Conlractionen des Körpers. Mit ihm steht, wie bei den Stylonychien, ein vorderer zuführender und ein hinterer abführender Wasserkanal (Fig. 4. g. g'.) in Verbindung, die während der Quertheilung am deutlichsten zu beobachten sind. — Die Ausscheidung von Excrementen sah ich einige Male, sie fand rechts neben der ersten Afterwimper bei z in Fig. 2 statt. — ■ In der rechten Körperhälfte findet sich stets eine sehr breite Zone von dicht zusammengehäuften , zum Theil sehr groben Fettkörnern, welche sich bis zum Anfang des Stirnfeldes hinaufzieht, hinten nach rechts umbiegt und auf der rechten Seite sich mehr oder weniger weit nach vorn erstreckt. Nicht selten fliessen beide Längszonen in der Mitte des Körpers zu einem breiten queren Gürtel zusammen (Fig. 1); der Körper erscheint dann bei durchgehendem Lichte fast ganz schwarz. — Die Thiere verschlucken nur selten grosse Körper; das auffallendste Beispiel bietet das in Fig. 3 abgebildete Individuum dar, welches ein befruchtetes Paramaecium aurelia (vergl. S. 97) gefressen hatte. Das in Fig. I dargestellte Thier enthielt zwei grosse contrahirte Vorlicellenkörper und weiter nach hinten einen eben so grossen mit Flüssigkeit erfüllten Hohlraum, durch welchen hindurch die Bauchwimpern sehr deutlich zu erkennen waren. Sonst sah ich immer nur kleinere gefressene Körper. — Die grössten Individuen sind bis t" lang- Quertheilung habe ich oft beobachtet, ich vermochte jedoch die hierbei mit der Bewimperung vor sich gehenden Metamorphosen nicht zu erforschen; ich habe daher nur ein mittleres Stadium der Quertheilung von der Rückseite abgebildet (Fig. 4). Die hintere Körperhälfte war bereits mit einem ziemlich entwickelten Peristom (p'.) und mit einem neuen contractilen Behälter (c.) versehen, und jeder Nucleus hatte sich verdoppelt. Zwischen dem ursprünglichen contractilen Behälter (c.) und dem neu gebildeten bestand eine augenscheinliche Communication. Der aus dem vordem Körperende von rechts her in einem sanften Bogen durch das mütterliche Peristom herab- steigende Wasserkanal (g.) füllt zuerst den ursprünglichen contractilen Behälter; beiderSystole desselben entweicht das Wasser nach rückwärts durch den abführenden, immer nur auf eine kurze Strecke sichtbaren Kanal (g'. g'.), und bald darauf füllt sich der hintere contractile Behälter. — Die in der Quertheilung begriffenen Individuen sind immer mehr zusammengezogen und in die Breite ausgedehnt, als die einfachen, und daher oft kürzer oder doch kaum länger, als diese. Die Sonderung der beiden Körperhälften findet stets in etwas schiefer Richtung statt; die rechte Seite wird nämlich weiter nach hinten eingeschnürt, als die linke. Zuletzt haben die beiden Theilungs- sprösslinge eine eiförmige, nach hinten zugespitzte Gestalt, und sie hängen so zusammen, dass der hintere gegen den vordem nach links verschoben ist. In den meisten Fällen bildeten sich aus jedem mütterlichen Nucleus zwei neue Kerne, mehrmals beobachtete ich aber auch den bei den Stylonychien so oft vorkommenden Fall , dass beide mütterliche Kerne in einen grössern, beiden Körperhälften gemeinsamen, oblongen Nucleus verschmolzen waren. Die Oxytricha Urostyla von Claparede und Lachmann weicht von der gegenwärtigen Art, wie ich ihren Bau nach oftmaligen Untersuchungen aufgefasst habe, in mehreren nicht unwesentlichen Puncten ab; die Differenzen könnten jedoch leicht auf Beobachtungsfehlem beruhen. Bei 0. Urostyla sind die beiden Randwimperreihen am Hinterrande durch eine breite Lücke von einander getrennt und in dieser sitzen neben einander, also ganz am Ende des Körpers, die 8 Afterwimpern. Die rechte Randwimperreihe ist nach einwärts gerückt und steht von der ersten Bauchwimperreihe nicht weiter ab, als sämmlliche 5 Bauchwimperreihen von einander. Die zweite Bauchwimper- reihe ist abgekürzt und reicht noch nicht bis zur gleichen Höhe mit dem Peristomwinkel nach vorn, die dritte und vierte setzen sich über das Stirnfeld neben dem Innenrande des Peristoms fort und biegen auf dem vordersten Theil des Stirnfeldes nach links in zwei dem Vorderrande parallele Reihen von etwas stärkern Wimpern um. Die erste und fünfte Bauchwimperreihe und die linke Rand wimperreihe verhalten sich ganz wie bei unserer Art. 195 2. Urostyla grandis. Ehrbg. (Taf. xm. Fig. ;;— 12 und Taf. xiv). (?) Trichoda patula Müller Animalcula infusoria p. 18). Taf. XXVI. Fig. 3 — 5. Uroslyla grandis 1 _, , n. T . . ,,. , S. 3C9. Taf. XLI. Fig. VIII.' J Ehrenoerq Die Infusionslhierchen _ Bursaria vorax I J S. 327. Taf. XXXV. Fig. I. Uroslyla grandis Colin in Zeilschrift für wissensch. Zoologie 1851. S. 277. Taf. VII. Fig. 1 1 — 12. Oxytricha fusca Perlij Zur Kenntniss kleinster Lebensformen S. 154. Taf. VI. Fig. 19. Oxytricha fusca Claparede et Lachmann FJudes p. I 42. Körper eiförmig oder oblong, mit zahlreichen Slirnwimpern, 1 0 — I 2 Afterwimpern und vielen über die ganze Bauchfläche vertheilten Bauchwimperreihen; kein Nucleus. Diese Art gehört zu den grössten und merkwürdigsten Infusorienformen, sie lebt in denselben Localitäten, wie die vorige Art, in deren Gesellschaft sie häufig vorkommt und mit der sie bei flüchtiger Betrachtung leicht verwechselt werden kann. Ich beobachtete sie zuerst im April 1854 ungemein zahlreich auf einer sumpfigen Wiese des Badelhales bei Tharand und ebendaselbst wieder im November und December desselben Jahres. Bei Pra,w traf ich sie im November 1855 massenhaft im schlammigen Bodensalz eines halb ausgetrockneten Gefässes mit seit längerer Zeit aufbewahrten und nun ganz verschrumpften und missfarbig gewordenen Wasserlinsen ; spater erhielt ich sie besonders aus den Graben des Nussler Parkes, wo sie stets in Gesellschaft der vorigen Art, aber minder häufig vorkam. Bei Niemegk fand ich zu verschiedenen Zeiten ausgezeichnet grosse Exemplare an stark mit Schilf bewachsenen Stellen des Puffbaches zwischen schlammigen, an der staubigen Oberfläche des Wassers schwim- menden Haufen von Wasserlinsen, Conferven und Oscillarien. Die Gestalt des Thieres wechselt so ausserordentlich, dass schwer anzugeben ist, welches die eigentliche Form des Körpers sei. Im Allgemeinen ist derselbe viel breiter, dicker und plumper, als bei der vorigen Art, und im mittlem Zustande seiner Ausdehnung bei gut genährten und ungehemmt in reichlichem Wasser schwimmenden Individuen (Taf. XIII. Fig. 6) nicht viel mehr als noch einmal so lang, wie breit; eiförmig, vorn und hinten stumpf abgerundet und mit der vordem Hälfte mehr oder weniger nach links gekrümmt. Die Rückseite ist hochgewölbt, besonders stark nach hinten zu, nach vorn mehr und mehr verflacht, die Bauchseite ist ziemlich plan, nach hinten gewölbt und an den Seiten abgerundet. Diese Grundgestalt wird sehr gewöhnlich dadurch modificirt, dass sich der Körper in der Mitte etwas einschnürt und nach hinten sehr stark bauchig oder sackförmig erweitert (Taf. XIV. Fig. 1.2); sein Hinterrand ist dann gerad abgestutzt, in der Mitte etwas nach einwärts gezogen, nicht selten so beträchtlich, dass das hintere Körperende zweilappig wird und in der Mittellinie des Bauches nahe vor dem Ende eine kurze, tiefe, spaltförmige Falte entsteht (Fig. 1). Eine solche Falte wurde wahrscheinlich von Ehrcnberrj gesehen und als spaltförmiger After beschrieben. In andern Fällen ist der Körper kurz und breit eiförmig (Taf. XIV. Fig. 5) , zuweilen so kurz , dass er sich der Kugelform nähert und kaum länger als breit ist. In noch andern Fällen zeigt sich der Körper langgestreckt oblong, nur nach vorn und hinten etwas verengert und an den Enden stumpf abgerundet (Taf. XIV. Fig. 6), oder er ist in der Mitte von beiden Seilen her eingeschnürt und nach vorn und hinten blindsackförmig gerundet erweitert (Taf. XIV. Fig. 4). Thiere, welche längere Zeit gefastet haben , besitzen einen fast ganz drehrunden, langgestreckt walzenförmigen, vorn und hinten fast gleich- förmig abgerundeten Körper (Taf. XIII. Fig. 5), der mehr als 4 mal so lang, wie breit ist. Dieselbe, nur noch viel schlankere Form kommt auch den jugendlichen Individuen zu. — Das Parenchym verhält sich sehr ähnlich, wie bei der vorigen Art, nur ist es eine noch viel weichere und nachgiebigere, weniger zähe Masse, die Colin treffend mit einer zitternden Gallertc vergleicht. Der Körper geht beim Auflegen eines Deckglases in eine noch viel dünnere Schicht aus einander, nimmt aber ebenfalls bei neuem Zusatz von Wasser sogleich seine frühere Form wieder an. Wenn er zerreisst, so bilden sich stets ohne den geringsten Ausfluss von körnigem Inhalt und ohne Hervortreten von Sarcodetropfen abgerundete, nachziehende, mit dem Ganzen in Verbindung bleibende Lappen. Nicht selten bekommt der Körper bei starkem Druck mit dem Deckglase in der Mitte ein grosses weitklaffendes, von der Bauch- bis zur Rückseile durchgehendes Loch, aber auch dieses schliesst sich bald wieder, wenn das Thier in Freiheit gesetzt wird, so klebrig und so geneigt zur Wiedervereinigung ist die Körpersubstanz. In vielen Fällen, namentlich wenn die Thiere in Gesellschaft der vorigen Art leben, enthält das Parenchym dieselben gelbgrünen oder braungelben Oelbläschen. die bei jener Art beständig vorkommen, sie sind entweder nur in einfache, abgekürzte Längsreihen geordnet (Taf. XIII. Fig. 10), oder sie bilden noch gewöhnlicher continuirliche breite, aus mehreren dicht neben einander liegenden Reihen zusammengesetzte Längsstreifen, die besonders auf der Rückseite entwickelt sind (Taf. XIV. Fig 4). Auf der Bauchseile treten sie weniger markirt hervor (Taf XIII. Fig. G. 8) oder fehlen 49' 196 gänzlich (Fig. 9). Trotz dieser breiten Streifen von Oelblaschen erscheinen die Thiere in der Regel doch weniger intensiv gelb gefärbt, als U. Weissei, da die Oelblaschen ein viel lichteres, nicht durch massenhaft entwickelte grobe Fettkörner geschwärztes Parenchym zur Unterlage haben. Eine an der linken Seite herabziehende Fettkörnerzone habe ich bei U. grandis niemals beobachtet. In sehr vielen Fallen vermisste ich die Oelblaschen ganzlich, so namentlich bei fast allen bei Tharand und Niemegk beobachteten Individuen; diese waren entweder sehr licht und durchsichtig farblos bis bläulichgrau oder von zahlreichen, durch den ganzen Körper gleichmässig verlheilten groben Fettkörnern dunkelgrau bis schwärzlich. Das Auftreten der gelben Oelblaschen hängt hiernach jedenfalls von der Art der Nahrung ab. Das Peristom hat fast genau denselben Bau und dieselbe relative Grösse, wie bei der vorigen Art. Die Oberlippe ist gerad angesetzt und rechts ohne Fortsatz, sie lässt links am Vorderrande ebenfalls noch Platz für den Anfang des Peristomaussenrandes. Die undulirende Membran am Innenrande des Peristoms (Taf. XIV. Fig. 5. i), ist stärker entwickelt und sehr zart und durchsichtig, so dass man die unter ihr stehenden, feinen, langborstigen präoralen Wimpern stets deutlich unterscheiden kann; sie erscheint in der Ruhe als ein vorn sehr schmaler, nach hinten sich stetig verbreiternder Hautsaum (Taf. XIV. Fig. 2). Im Peristomfeld fällt stets sofort die lange schräge Mundspalte (Fig. 2. o. 5. o.) auf, da sie zum grössten Theil ganz frei daliegt und nur nach hinten vom Innenrande verdeckt wird. Das Peristomfeld besitzt noch einen sehr ausgezeichneten Character, es ist nämlich nicht, wie bei allen andern Oxytrichinen , völlig nackt, sondern in einer breiten, am Aussenrande des Peristoms herabziehenden und nach hinten schmaler werdenden Zone dicht mit sehr zarten, undulirenden, angedrückten Wimpern (Taf. XIII. Fig. 6. w. Taf. XIV. Fig. 1. 2. w. 5.) besetzt, welche nach innen und hinten gerichtet sind und eine beständige Strömung gegen die Mundspalte hin erregen. Beim ersten Anblick dieser Peristomfeldwimpern empfängt man den Eindruck, als rieselten zahlreiche feine Strömchen vom Aussenrande des Peristoms schräg gegen die Mundspalte. — Von der rechten Ecke der Oberlippe verläuft in schräger Richtung nach dem Peristomwinkel eine meist nur schwach markirte Linie, welche ein eigentliches Slirnfeld abgränzt; auf diesem stehen die zahlreichen, kurz griffeiförmigen, theils geschlängelten, theils hakenförmigen Stirnwimpern (Taf. XIV. Fig. 2. st. 5. st.), welche einen der wesent- lichsten Charactere unserer Art bilden. Sie nehmen von vorn nach hinten an Länge und Stärke ab und stehen ziemlich regellos durch einander; nur die vordersten sind deutlich in Querreihen geordnet. Die vorderste Querreihe besteht aus ö — 6 hakenförmig nach vorn umgebogenen Griffeln (Taf. XIII. Fig. 6. 7), die jedoch nie so lang und stark sind, als die drei Stirnwimpern der vorigen Art; dann folgt eine Querreihe von 4 — 5 ähnlichen Griffeln; die folgenden Stirnwimpern stehen regelloser durch einander. — Die rechte Randwimperreihe beginnt gleich hinter der Oberlippe, die linke hält ihrer ganzen Ausdehnung nach den Rand inne und ist vorn kaum merklich nach einwärts gerückt. Die Randwimpern sind kräftige, bald ringsum über die Seilenränder und den Hinterrand vorstehende, bald (heilweis unter dem Bauch versteckte Borsten. Die Bauchwimpern sind den Randwimpern sehr ähnlich, jedoch etwas feiner und kürzer, sie setzen zahlreiche, gleichmässig über die ganze Bauchfläche vertheilte Längsreihen zusammen, die sich von dem Aussenrande des Stirnfeldes und dem des Peristoms bis zum Hinterrande des Körpers erstrecken (Taf. XIV. Fig. 1. 2. 5). Die Bauchwimperreihen sind einander um so mehr genähert, je weniger sich die Thiere in die Breite ausgedehnt haben (Taf. XIII. Fig. 5. Taf. XIV. Fig. 6). Sie sind auf dem trüben Grunde des Körpers nur selten ihrer ganzen Ausdehnung nach zu übersehen ; am klarsten sah ich ihren Verlauf bei sehr blassen, farblosen Individuen und auch bei ganz dunklen an solchen Stellen, wo sich im Parenchym grosse mit Wasser erfüllte Hohlräume befanden. — Die sehr dünnen, fast ganz borstenförmigen Aflerwimpern (Taf. XIII. Fig. 5. 7. 8. a.) stehen in einer von der Mittellinie mehr oder weniger steil nach links und vorn aufsteigenden Reihe, sie sind meist an der Basis etwas knieförmig gebogen (Taf. XIV. Fig. 5) und wie die der vorigen Art nach links und hinten gerichtet, aber merklich kürzer und schwächer; sie lassen sich oft nur mühsam auffinden und können um so leichter übersehen werden, da sie ganz unter dem Bauche versteckt sitzen und ringsum von Bauchwimpern umgeben sind. Ich zählte nie weniger als zehn Afterwimpern, bei grossen Individuen nicht selten sehr bestimmt zwölf (Taf. XIV. Fig. 5). Nach dem gewöhnlichen doppelten Nucleus sucht man bei dieser Art vergebens; ich habe Hunderte von Individuen aus den verschiedensten Localitäten mit der grössten Sorgfalt untersucht, sie vorsichtig gequetscht, in eine ganz dünne, durchsichtige Lamelle ausgebreitet und dann noch Essigsäure hinzugesetzt, allein es zeigte sich nie die geringste Spur von einem Gebilde, welches auch nur entfeint an einen Nucleus erinnert hätte. Das constante rehlcn desselben wird für die gegenwärtige Art zu einem vortrefflichen Kennzeichen, wodurch sie sich sehr leicht 197 von der vorigen Art unterscheidet, bei der jederzeit ohne alle künstliche Behandlung die beiden Kerne sofort wahr- zunehmen sind. Dagegen enthalt U. grandis sehr häufig bald nur vereinzelte, bald zahlreiche Embryonalkugeln (Taf. XIII. Fig. 5. k. 6. k. k. und Taf. XIV. Fig. I — 6. k.), die man nicht mit Kernen verwechseln darf; wir werden diese und die aus ihnen hervorgehenden Embryonen gleich naher kennen lernen. — Der contraclile Behalter (c.) liegt nahezu auf gleicher Hohe mit dem Peristomwinkel, bald ziemlich in der Mitte zwischen demselben und dem linken Seitenrande, bald dem letztern naher. Mit dem contractilcn Behalter communicirt ein starker zuführender und abführender Wasserkanal, die immer nur streckenweis sichtbar sind. Der zuführende Kanal (Taf. XIII. Fig. 6. g. Taf. XIV. Fig. 1. g.) kommt aus der mittleren Region des Stirnfeldes und geht in einem schrägen Bogen durch das Peristomfeld zum contractilen Behalter; der abführende Kanal (Taf. XIV. Fig. I. g'.) verlauft vom contractilcn Behälter aus in einem ähnlichen schrägen Bogen nach innen und hinten; ich verfolgte den abfliessenden Wasser- strom einige Male bis zu einem rechts neben und etwas vor den Afterwimpern gelegenen Puncle. Zuweilen sah ich den contractilen Behälter bei der Systole von strahlenförmig auslaufenden, feinen Kanälen umgeben. — Der After scheint hinter den Afterwimpern dicht vor dem Ende zu liegen; hier sah ich wenigstens mehrmals leere Bacillarien- schalen nach aussen hervortreten. — Die Thiere sind sehr gefrässig und verschlingen meist beträchtlich grosse Organismen, namentlich auch häufig Räderthiere, die ich nie im Innern von U. Weissei beobachtete. Die ver- schluckten Räderthiere waren meist Lepadellen und Squamellen, deren ich bisweilen vier bis fünf in einem Thiere antraf; sie wirbelten zum Theil noch sehr lebhaft mit ihrem Räderorgan und schlugen mit ihrem Schwänze heftig hin und hei-, wodurch der Körper der Urostyle wunderlich verzerrt wurde, ohne dass er jedoch seine Beute wieder fahren liess. Das in Fig. 6 auf Taf. XIII. dargestellte Individuum enthielt zwei noch sehr lebendige Exemplare von Squamella oblonga, ferner hinten rechts einen todten Coleps hirtus, und links ein todtes Lembadion bullinum Pcrty und ausserdem noch verschiedene Bacillarien und andere kleine gefressene Körper; mitten zwischen diesen Nah- rungsmitteln lagen zwei ganz unversehrte Embryonalkugeln (k. k.). Auch grosse Closterien fand ich nicht selten im Innern unserer Urostylen, einmal sogar bei einem in der Quertheilung begriffenen Thiere (Taf. XIII. Fig. 7) deren zwei. Im schlammigen Bodensatz der Gefässe, in welchem U. grandis häufig vorkommt, trifft man gewöhnlich auch den encystirten Zustand dieser Art an. Die grossen kugelförmigen Cysten (Taf. XIII. Fig. H. 12) sind schon mit blossem Auge als kleine schmutzig gelbe oder gelbbräunliche Kügelchen zu erkennen; sie werden von ganz glatten, derbhäutigen, durchsichtigen und farblosen Wandungen begränzt und umschliessen einen ebenfalls ganz glatten, dunklen, schmutzig gelbbraunen Körper, der die Cyste ganz ausfüllt (die in Fig. 12 abgebildete ist ein wenig gequetscht, daher die Cystenwand auf der linken Seite etwas absteht) und an dem keinerlei äussere oder innere Organe zu unterscheiden sind. Im Cenlrum desselben sieht man in der Regel einen mehr oder weniger aus- gedehnten, verwaschenen, dunkler Fleck, der lediglich aus dichter zusammengedrängten Fettkörnchen besteht, wie man beim Zerquetschen der Cyste erkennt; am Rande des Körpers liegt der contractile Behälter. In manchen Cysten war das Thier noch nicht in eine ruhende, structurlose Kugel umgewandelt, sondern es wälzte sich noch langsam im Kreise umher, und ich unterschied noch sehr deutlich das ganze Peristom (Fig. 11). Wenn ich solche Cysten glücklich sprengte, so zog sich das Thier langsam durch den Riss hervor, nahm wieder seine gewöhnliche Form an, und es wurden nun auch die locomotiven Wimpern sichtbar. — Die Thiere erreichen nicht selten eine Länge von £'" bei einer Breite von -f"'. Die Cysten haben einen Durchmesser von ^V — tt '"■ Heber die Forlpflanzung nnd Entttickelung von l' rostjla grandis. Bei U. grandis treten periodisch zwei Fortpflanzungsweisen auf, die im innigsten Zusammenhange mit einander zu stehen scheinen, es ist dies die Quertheilung und die embryonale Fortpflanzung; Längstheilung scheint ganz ausgeschlossen zu sein. Jene beiden Fortpflanzungsweisen haben das mit einander gemein, dass sie nicht hin und wieder bei einzelnen Individuen auftreten, sondern dass, wenn man ein Individuum in der Quertheilung oder mit Embryonalkugeln versehen antrifft, dann stets noch sehr viele andere vorkommen, welche dieselbe Fortpflan- zungsweise zeigen. Wo die embryonale Fortpflanzung herrscht, da fehlt die Quertheilung und umgekehrt, wo diese waltet, da wird jene nicht gefunden. Dennoch bildet die Quertheilung höchst wahrscheinlich nur die Einleitung zur embryonalen Fortpflanzung; sie kann nicht auf die blosse Vermehrung der Individuen berechnet sein, denn die Theilungssprösslinge sind dem Mutterthiere nicht völlig gleich, sondern stellen eine wesentlich andere Generation dar, und diese scheint sich eben später zu den Individuen zu entwickeln, welche mit Embryonalkugeln versehen sind. Stein, Organismus der Infusionsthiere. 50 198 Die Qu er th eilung habe ich zu drei verschiedenen Zeiten, nämlich im November 1855, im Januar 1857 und im Juni und Juli 1858 an sehr vielen Individuen beobachtet und jedesmal dieselben Resultate erhalten. Der äussere Hergang bei der Quertheilung bietet nichts Ungewöhnliches dar; es wird zuerst in der hintern Körperhälfte des weniger verlängerten , als verbreiterten Mutterthieres auf die gewöhnliche Weise ein neues Peristom (Taf. XIII. Fig. 7. p'.) und ein neuer contracliler Behälter (c'.) gebildet. Noch ehe das neue Peristom vollständig entwickelt ist, bekommt der Körper genau in der Mitte eine quere ringförmige Einschnürung (Fig. 8. 10); je tiefer dieselbe ein- greift, um so mehr nehmen die beiden Körperhälften zuerst die Eiform, dann die Biruform an, sie verschieben sich aber nicht merklich gegen einander. Die locomotiven Wimpern scheinen nicht 'erneuert zu werden, sondern wahr- scheinlich werden nur an der Stelle, wo das neue Peristom entsteht, die hier vorhandenen Bauchwimpern resorbirt und rechts neben demselben neue Stirnwimpern entwickelt, von denen ich nur mit Midie einige vordere erkennen konnte, die in den Abbildungen angegeben sind. Am künftigen hintern Theilungssprössling unterschied ich auch immer nur eine einfache Reihe von Afterwimpern (a.) , welches offenbar die bleibenden mütterlichen waren ; der vordere Theilungssprössling zeigte die Stirnwimpern wie beim Mutterlhiere, Afterwimpern aber konnte ich an ihm nicht auffinden, sie entstehen vielleicht erst nach erfolgter Abschniirung. Die Bauchwimpern, die mir nicht genügend klar wurden, habe ich in den Zeichnungen weggelassen. Jedenfalls wird die gesammte Bewimperung der Thei- Iungssprösslinge mit der Zeit wieder genau dieselbe, wie die des Mutterthieres, aber im Innern sind sie wesentlich verschieden, denn sie enthalten Kerne. Die auffallendste Erscheinung bei der Quertheilung ist also die, dass sich während derselben wahre Nucleus- gebilde entwickeln, von denen sich, wie wir sahen, bei den gewöhnlichen einfachen Thieren keine Spur findet. Beim Beginn der Quertheilung, wenn in der hintern Körperhälfte nur erst ein Theil vom Aussenrande des zu bil- denden Peristoms entstanden ist, erscheint nämlich in der vordem und hintern Körperhälfte längs der Mittellinie ein sehr blasser, lichter, noch sehr weicher, oblonger Strang, der sich von dem umgebenden Parenchym nicht scharf absetzt und erst nach Anwendung von Essigsäure etwas markirter hervortritt. Beide nahe hinter einander gelegene Stränge sind augenscheinlich nichts weiter, als eine mehr condensirte Portion des in der Axe gelegenen mütterlichen Körperparenchyms; sie werden nach und nach opaker und schärfer begränzt und gleichen dann den verlängerten Kernen anderer in der Quertheilung begriffener Oxytrichinen, namentlich denen von Stylonychia mytilus (Taf. VI. Fig. 3. 4. n.n.), nur sind sie weicher, mehr breiartig und weniger markirt. Mit fortschreitender Quer- theilung verlängern und verschmälern sich die beiden Stränge, sie stossen dann oft zusammen und verschmelzen zu einem einzigen, sehr langen, dünn strangförmigen Nucleus (Taf. XIII. Fig. 7. n. n.) , der sich durch die ganze Axe des Mutterlhieres in mehr oder weniger geschlängeitern Verlauf hindurchzieht und gewöhnlich ganz homogen erscheint, seltener (wie in Fig. 7) in einer homogenen Grundsubstanz zahllose, dicht gedrängt beisammenliegende sehr kleine längliche Kernchen eingebettet zeigt. Oft sah ich den gemeinsamen strangförmigen Nucleus aus vielen knieförmig bald nach links, bald nach rechts gebogenen, kürzern und längern Abschnitten zusammengesetzt, die nur noch durch dünne fadenförmige Commissuren zusammenhingen; es ist dies der Anfang zum Zerfall des Nucleus in mehrere getrennte Segmente, aus denen durch fortgesetzte Theilung zuletzt eine grössere oder geringere Anzahl gleich grosser Kerne hervorgehen. In vielen andern Fällen verschmelzen die beiden ursprünglichen Stränge nicht mit einander, sondern jeder zerfällt für sich durch wiederholte Quertheilung in mehrere hinter einander liegende bisquitförmige oder kurz schnurförmige Segmente (Taf. XIII. Fig. 8. n. n. n.), die im Innern an der am stärksten eingeschnürten Stelle eine querovale Höhle besitzen; in der Bichtung derselben erfolgt später eine neue Durch- schnürung. Häufig sind die beiden ursprünglichen Stränge nur kurz, dann zerfällt jeder derselben, nachdem er zuvor bisquitförmig geworden ist und eine centrale Höhle erhalten hat, zuerst in zwei Kerne, die sich dann ihrerseits wieder verlängern, bisquitförmig werden und abermals in zwei neue, bald wieder die Bisquitform annehmende Kerne zerfallen, so dass nun in jeder Körperhälfte vier hinter einander liegende bisquitförmige Kerne vorhanden sind. In andern Fällen verlängert sich jeder ursprüngliche Kern erst beträchtlich und zerfällt dann auf einmal in mehrere ungleich lange Segmente, von denen die grössern zwei oder drei ringförmige Einschnürungen und eben so viele entsprechende centrale Höhlungen zeigen. Auf die eine oder die andere Weise gehen aus den beiden anfänglichen Strängen nach und nach mehr oder weniger zahlreiche, scharfbegränzte , ganz homogene, rundliche Kerne hervor, die zum Theil noch paarweis an einander hängen. Wenn sich die beiden Theilungssprösslinge von einander trennen, ist jeder derselben mindestens mit vier grossen bisquitförmigen Kernen (ähnlich denen in Fig. 8) versehen, die sich wahrscheinlich nach erfolgter Trennung weiter vermehren ; gewöhnlich aber enthält jeder Theilungssprössling viel 199 mehr, nicht selten 30 — 50 tlieils einfache, theils paarweis verbundene Kerne (Fig. 9. n. n.) , die um so kleiner sind, je grösser ihre Zahl ist. Fragt man nach der Bedeutung dieser Kerne, so können sie wohl kaum eine andere als die von Keimkugeln haben, aus denen sich spater, wenn der Theilungssprössling wieder zur Grösse des Mutterlhieres herangewachsen ist, Embryonalkugeln entwickeln werden. Für diese Ansicht spricht noch eine andere Thatsache, die ich freilich nur einige Male, aber, wie ich glaube, mit vollkommener Schürfe beobachtet habe. Ich sah nämlich bei kleinen in der Quertheilung begriffenen Individuen von U. grandis, welche einen beiden Körperhälften gemeinsamen, vielfach hin und her geschlängelten, sehr dünnen strangförmigen Nucleus enthielten, links neben demselben 3 — 3 kleine ovale Kapseln liegen, welche dicht mit parallelen, geschlängelten, spermalozoenartigen Fäden erfüllt waren. Sind diese Fäden wirklich Spermatozoen , dann unterliegt es keinem Zweifel, dass die Querlheilung nur die Einleitung zur embryonalen Forlpflanzung bildet, dass im Verlaufe derselben ein Befruchtungsact stattfindet und dass die aus dem Zerfall des Nucleusstranges hervorgehenden Kerne Keimkugeln darstellen. — Erwähnen muss ich noch, dass ich mehrmals bei in der Quertheilung begriffenen Individuen einen beiden Körperhälften gemeinsamen, länglich ovalen oder eiförmigen Nucleus (Taf. XIII. Fig. 10. n.) beobachtete, der nach hinten in einen stielförmigen , am Ende gegabelten Forlsatz ausgezogen war und den Eindruck machte, als sei er nach hinten aus einander geflossen; er bestand aus einer sehr lichten, fein und dicht wellenförmig gestreiften und gekräuselten Substanz, was einiger- maassen an die Spermatozoenbausche im Leibe der Paramäcien (vergl. S. 98) erinnerte. Allein die Streifung gehörte der Nucleussubstanz selbst an, sie rührte nicht von discreten , isolirbaren Fäden her; ihre Bedeutung ist mir völlig dunkel geblieben. Die embryonale Fortpflanzung, welche bereits im J. 1851 von Colin entdeckt wurde , seitdem aber von keinem neuern Forscher beobachtet worden zu sein scheint, hatte ich das Glück, gleich an den ersten der von mir im April 1854 bei Tharand aufgefundenen Individuen der U. grandis kennen zu lernen; dann beobachtete ich sie erst wieder in Prag im Juni 1857 an mehreren Exemplaren aus dem Nussler Park und zuletzt im August 1858 an sehr zahlreichen Individuen in Niemegk. Meine ältesten Untersuchungen, welche lediglich die Angaben von Colin bestätigten , brachte ich bereits 1 856 auf der Naturforscherversammlung in Wien zur Sprache (vergl. das Tageblatt No. 3. S. 53). — Im Allgemeinen erfolgt die embryonale Fortpflanzung bei U. grandis in sehr ähnlicher Weise wie bei Stylonychia mytilus (vergl. S. 1 56) , sie zeigt jedoch auch manches Eigenthümliche. Es treten ebenfalls bei Individuen der verschiedensten Grösse im Innenparenchym Embryonalkugeln auf, die sich eine Zeit lang durch Theihmg vermehren und zuletzt bewegliche, acinetenartige Embryonen liefern, welche durch besondere, erst mit den Embryonen sich bildende Geburtskanäle aus dem Mutterthier ausschwärmen. Die Mutterlhiere gleichen in ihrer gesammten Organisation durchaus den gewöhnlichen Individuen , schweifen wie diese beständig umher und nehmen auch noch häufig Nahrung zu sich; von einem Nucleus oder irgend welchen kernartigen Gebilden konnte ich bei ihnen nie die leiseste Spur auffinden. Die Embryonalkugeln (Taf. XIV. Fig. 1 — 3. k. k.) sind meist ganz regellos durch das Parenchym der hintern Körperhälfte vertheilt und liegen theils völlig isolirt, theils zu kleinern oder grössern Gruppen vereinigt lose neben oder über einander, ohne sich durch gegenseitigen Druck abzuplatten. Sie gleichen den Embryonalkugeln von Stylonychia mytilus, sind jedoch etwas trüber und dunkler grau, was daher rührt, dass in ihrer homogenen Grund- substanz zahlreichere Fetlkörnchen eingebettet liegen; sie besitzen ebenfalls einen scharf begränzten, runden, cen- tralen Kern, aber gewöhnlich zwei contractile Behälter, deren relative Lage nicht conslant ist, Bald liegen beide contractile Behälter an gegenüberliegenden Puncten der Peripherie der Embryonalkugel, bald sind sie einander mehr oder weniger genähert; der eine von ihnen ist in der Regel viel kleiner, als der andere, nicht selten ist wirklich nur ein einziger vorhanden. Die Zahl und die relative Grösse der in einem Mutterthier enthaltenen Embryonalkugeln ist ausserordentlich verschieden. Manche Mutterthiere besitzen nur eine einzige, bald sehr kleine, bald bis -^r'" im Durchmesser haltende Embryonalkugel, die gewöhnlich nahe hinter dem Peristom liegt (Taf. XIII. Fig. 3. k.) ; andere zeigen deren zwei (Taf. XIII. Fig.ö.k. k.), die oft sehr ungleich gross sind oder so weit von einander entfernt liegen, dass sie nicht wohl durch Theilung aus einer und derselben Embryonalkugel hervorgegangen sein können. Diese vereinzelten Embryonalkugeln sind kein unmittelbares Product des Multerthieres , was ihre oft sehr geringe Grösse wohl vermuthen lassen könnte, sondern sie stammen sicherlich von einer frühem Generation von Embryonalkugeln ab, die sich bis auf eine oder zwei unvervvandelt bleibende zu Embryonen entwickelten. Hat das Mutterthier den durch die frühere Entwickelung von Embryonalkugeln erlittenen Substanzverlust durch eine reichlichere Nahrungs- 50* 200 aufnähme wieder einigermaassen ersetzt, so fangen die eine oder zwei restirenden Embryonalkugeln sich von Neuem zu vergrössern an und liefern bald durch schnell sich wiederholende Theilungsacte eine neue Generation von Embryonalkugeln. Man trifft daher sehr häufig Mutterthiere mit 3, 4, 5, G und mehreren Embryonalkugeln, von denen oft eine oder mehrere in der Theilung begriffen sind. Die Theilung erfolgt in der Regel fast genau im Aequalor der Kugel , so dass wieder zwei gleich grosse Kugeln entstehen. War ursprünglich nur eine Embryonalkugel vor- handen und wiederholt sich an jedem Theilungspaare die Theilung ziemlich gleichzeitig, so bleiben sämmtliche Embryonalkugeln eines Mutterthieres nahebei gleich gross, was nicht selten vorkommt (Taf. XIV. Fig. 3. 4. k. k.). Noch gewöhnlicher aber tritt die Theilung an den einen Embryonalkugeln viel früher ein und wiederholt sich schneller als bei den anderen gleichzeitig entstandenen; dann zeigen die in einem Mutterlhier vorhandenen Embryonalkugeln eine sehr verschiedene Grösse. So sehen wir in Fig. 1 auf Taf. XIV ein Individuum mit 7 grössern und 8 kleinem Embrvonalkugeln ; von den grössern sind drei (k'. k'. k'.) in gleichhälftiger Theilung begriffen, von den kleinern (k.) liefen noch zwei in Folge der Theilung dicht an einander gedrückt. Dieses Multerthier besass keine Geburtskanäle, die vorhandenen Embrvonalkugeln halten noch keine Embryonen entwickelt. Aehnliche Mutterthiere mit 12 — 16 Embryonalkugeln und ohne Geburtskanäle sind mir oft vorgekommen. Nachdem sich aus den ursprünglich vorhandenen Embrvonalkugeln durch fortgesetzte gleichhälftige Theilung eine gewisse, nicht näher bestimmbare Anzahl von gleich oder verschieden grossen Embryonalkugeln auf Kosten des mütterlichen Parenchyms gebildet haben, tritt die Entwickelung von Embryonen ein. Diese beginnt damit, dass sich von einer oder mehreren Embryonalkugeln nur ein kleines Segment abgliedert, welches bald die Form eines knospenartigen Auswuchses annimmt (Taf. XIV. Fig. 3. k'. k'. Fig. 4. k'.); nach und nach gestaltet sich derselbe in einen ovalen oder oblongen, bewimperten und Tentakeln tragenden Embryo (Fig. 2. e. e'.) um, der gewöhnlich bis zu seiner vollen Ausbildung mit der Embryonalkugel, die ihn erzeugte, in Verbindung bleibt. Sobald sich in einem Mutterthiere reife Embryonen entwickelt haben, treten an demselben auch besondere Geburtskanäle (Fig. 2. 3. or.) auf, welche stets von der Peripherie solcher Embryonalkugeln, die in der Production von Embryonen begriffen sind, ausgehen und das mütterliche Parenchym bis zur äussern Oberfläche durchsetzen. Die Geburtskanäle sind blosse röhrenförmige Aushöhlungen des Parenchyms, die zwar scharf beglänzt sind, aber durchaus keine eigenen Wandungen besitzen; ihr Lumen ist gerade so weit, als der reife Embryo breit ist, so dass dieser nur der Länge nach darin Platz hat, sie sind daher vielleicht lediglich ein Product des sich zuerst entwickelnden Embryos, der sich allmählig durch das mütterliche Parenchym hindurch einen Weg bahnte, welcher sich für die nachfolgenden Embryonen zu einem bleibenden Kanäle gestaltete. Für diese Ansicht spricht auch die bei den einzelnen Multer- thieren so sehr verschiedene Lage der Geburtskanäle; ihre Mündungen finden sich an den verschiedensten Puncten der Rückseite und der Körperränder, auf dem mittlem Theil der Rauchseite sah ich sie nie ausmünden. Ihre Zahl ist ebenfalls nicht constant, doch habe ich nie mehr als vier beobachtet. Eine der gewöhnlichsten Formen gebärender Mutterthiere zeigt unsere Fig. 3 auf Taf. XIV. Dieses Thier enthält 10 gleich grosse, im mittlem Theil des Hinterleibes zusammengehäufte Embryonalkugeln , von denen die zwei innern (k'. k'.) eine Embryonalknospe getrieben haben. Von der vordersten rechten Embryonalkugel führt ein querer Geburtskanal (or.) nach der Mitte des rechten Seitenrandes, wo er auf der Rückseite ausmündet; ein zweiter querer Geburtskanal (or".) entspringt von der zweiten linken Embryonalkugel und mündet ebenfalls auf der Rückseite hinter der Mitte des linken Seitenrandes aus; ein dritter von der hintersten Embryonalkugel abgehender, etwas krummer Geburtskanal (or'".) mündet links neben der Hinterleibsspitze ebenfalls auf dem Rücken aus. Alle drei Kanäle enthalten in ihrem Grunde einen fast vollständig ausgebildeten Embryo, der in den beiden vordem noch mit seiner Embryonalkugel zusammenhängt. Ausserdemist noch ein vierter Geburlskanal vorhanden, von dem nur die mitten auf dem Rucken gelegene, fast nierenfürmige Mündung (or.) zu sehen ist. Eine Anomalie an diesem Mutterthiere war, dass sein contractiler Rehälter nicht an der gewöhnlichen Stelle, sondern ganz nahe am Vorderrande des Körpers bei c lag; bei der Systole desselben bildete sich in seinem Umfange ein Stern von sechs eiförmigen, nach aussen zugespitzten Nebenbehältern, von welchen aus die Flüssigkeit gleich nachher wieder gegen den Mittelpunct des Sterns zurückströmte und die Diastole des contraclilen Rehälters bewirkte. — Das in Fig. 2 dargestellte Mutterthier, an dem der Deutlichkeit wegen die Afterwimpern weggelassen worden sind , besitzt im vordem Theil der hintern Körperhälfte 8 grosse Txw — -±g" im Durchmesser haltende Embryonalkugeln, zwischen denen zwei kleine, nur ■£# messende liegen, die wahrscheinlich Segmente zweier grössern sind und sich wohl demnächst in Embryonen ver- wandeln werden. Von der ersten und zweiten linken grossen Embryonalkugel geht je ein schräg nach vorn und 201 links gerichteter Geburlskanal (or. und or'.) aus, die beide auf der Rückseite des linken Seitenrandes ausmünden; aus dem vordem tritt eben ein reifer Embryo (e.) hervor, der hintere ist leer. Im hintern Theil des Körpers findet sich in der Mille ferner noch eine Gruppe von drei etwas kleinern Embryonalkugeln, ■ sie umgeben den Grund eines last genau in der Körperaxe gelegenen und am Hinlerrande ausmündenden Geburtskanales (or".), aus welchem sich eben ein Embryo (e'.) hervorarbeitet, den die rechte Embryonalkugel erzeugt hat. Die beiden andern haben eben- falls einen von ihnen noch nicht abgelösten Embryo entwickelt, die beide in den erweiterten Grund des Geburts- kanals hineinragen. Endlich mündet am rechten Seitenrande noch ein vierter, kurzer, querer Geburtskanal (or'".) aus, der zu zwei neben einander liegenden kleinen Embryonalkugeln führt, von welchen sich nach dem Geburtskanal hin je eine noch kugelförmige Embryonalanlage abgesondert hat. — Das in Fig. 4 abgebildete Mutterthier zeichnet sich durch die Lage der Embryonalkugeln und die ungewöhnliche Form der Geburtskanale aus. Es enlhalt 8 gleich grosse Embryonalkugeln, von denen zwei (k. k.) ausnahmsweise in der vordem Körperhai fte ganz vereinzelt liegen; diese sind durch ein gefressenes, bis auf das Skelet verdautes Räderlhier (Squamella oblonga) von einander geschie- den. Von der vordersten Embryonalkugel gehl ein in der Rückenwand gelegener, oben offener, halbrinnenförmiger und nach rechts gekrümmter Geburtskanal (or.) bis in die Nahe des Vorderrandes; er ist vorn seicht, nach hinten zu tief ausgehöhlt und beherbergt hier einen zum Ausschwärmen reifen Embryo (e.). Die sechs übrigen Embryonal- kugeln (k.) Hegen in der hintern Körperhälfte in einen Ring geordnet; vier derselben haben nach innen zu eine knospenförmige Embryonalanlage entwickelt. Für diese 6 Embryonalkugeln ist nur ein gemeinschaftlicher, ebenfalls in der Rückenwand gelegener, halbrinnenförmiger Geburlskanal (or'.) vorhanden, der über und zwischen den beiden hintersten rechten Embryonalkugeln beginnt und in einem schrägen Dogen nach hinten und rechts verlauft. Bei manchen Mullerlhieren bilden sich bereits Embryonalanlagen, nachdem sich nur erst wenige Embryonal- kugeln entwickelt haben. So traf ich ein ansehnliches Individuum, welches ohne Geburtskanale war und nur fünf fast gleich grosse Embryonalkugeln enthielt , von denen schon zwei eine Embryonalknospe getrieben halten. — In andern Fallen entwickelt sich eine sehr grosse Anzahl von Embryonalkugeln, bevor Embryonen auftreten. So beobachtete ich zweimal Mutterthiere (Taf. XIV. Fig. 5), welche mehr als fünfzig Embryonalkugeln enthielten; diese erfüllten eine umfangreiche, centrale rundliche Höhle (k.), welche sich von der hintern Gegend des Pcristoms bis zu den letzten Afterwimpern erstreckte und nur wenig und gleich weit von den beiden Seitenrändern des Körpers abstand. Die Embryonalkugeln waren, einige wenige kleinere abgerechnet, -gV"' gross und lagen so dicht gedrängt neben einander, dass sie sich zu Polyedern abplatteten; sie setzten eine dorsale und ventrale Schicht zusammen, welche einen linsenförmigen Zwischenraum umschlossen. In diesem tummelten sich bei dem abgebildeten Indivi- duum acht reife Embryonen (e. e.) umher, von denen vier a. b. cd.) plötzlich nach aussen hervorbrachen, als das Thier einmal an den Rand des Wassertropfens gedeih, sich hier auf einige Augenblicke sehr stark abplattete und wahrscheinlich auf der Rückseite einen Riss bekam. An dem unverletzten Thiere hatte ich durchaus keine Geburts- kanale wahrnehmen können, es konnte also noch keine Geburt stattgefunden haben. Höchst wahrscheinlich sind die Embryonalkugeln solcher Mutterthiere nicht nach und nach durch fortgesetzte Theilung aus Ueberbleibseln von einer frühem Generation von Embryonalkugeln hervorgegangen, sondern sie stellen offenbar die bisher voraus- gesetzte primitive Generalion selbst dar, welche sich meiner Ansicht nach unmittelbar aus den Kernen der zu Mutterthieren herangewachsenen Theilungssprösslinge entwickelt. Welche andere Bedeutung könnten auch wohl die oft eben so zahlreichen und nur in Theilungssprösslingen vorkommenden Kerne haben, als das erste Material zu Embryonalkugeln zu liefern, die ja , so weit wir ihren Ursprung bei andern Infusorien kennen, stets Producle des Nucleus sind? Nicht unerwähnt darf ich lassen, dass ich in Gesellschaft des eben geschilderten Mutlerthieres einen einzelnen Theilungssprössling antraf, der mit einigen 40 kleinen Kernen versehen war. Es wird nun darauf ankommen, dergleichen Theilungssprösslinge recht aufmerksam zu verfolgen , um durch wrecte Beobachtung die Entwickelung ihrer Kerne zu Embryonalkugeln zu conslatiren. Sobald ein Mutterthier zu gebaren angefangen hat, so werden diejenigen Embryonalkugeln, von welchen sich zuerst Embryonen abschnürten , durch schnell auf einander folgende Production neuer Embryonen bald voll- ständig verbraucht. Dadurch vermindert sich nach und nach die Zahl der Embryonalkugeln, obgleich noch hin und wieder eine sich durch gleichhalftige Theilung vermehrt, und sie erscheinen immer vereinzelter und regelloser zerstreut. Es können daher die Embryonalkugeln, welche die in Fig. 2—4 dargestellten Individuen besitzen, eben so wohl die Ueberbleibsel von einer primitiven, weit zahlreichern Generation sein, wie sie andererseits von einer einzigen , durch fortgesetzte Theilung sich vermehrenden Embryonalkugel abstammen können. An die Stelle einer Stein, Organismus der Infusionslhiere. Ol 202 ganz in Embryonen aufgegangenen Embryonalkugel (reten später eine oder mehrere andere, welche nun in der Production von Embryonen fortfahren, bis auch sie verbraucht sind. Zuletzt bleiben nur noch einige wenige Embryonalkugeln übrig, deren näheres Verhalten in mehrfacher Beziehung von Interesse ist. So traf ich ein Indi- viduum, welches nur noch drei in der Mittellinie des Hinterleibes gelegene, -^V — -^V" grosse, isolirte Embryonal- kugeln enthielt, von denen eine jede mit einem Geburtskanal in Verbindung stand. Von der vordem ging ein Geburtskanal schräg nach vorn zum linken Seilenrande, von der mittlem fast vertical zur Mitte des Rückens und von der hintern schräg nach hinten zum rechten Seitenrande ; der vordere und hintere Geburtskanal umschlossen einen reifen Embryo. — ■ Ein anderes Mutterthier enthielt drei eben so grosse , weit aus einander liegende Embryonal- kugeln; von zweien ging ein Geburtskanal aus, in welchem ein reifer Embryo steckte, die dritte und grösste Embryonalkugel war ohne Geburtskanal und noch in der gleichhälftigen Theilung begriffen. In vielen Fällen gehen endlich auch die letzten Embryonalkugeln vollständig in Embryonen auf, indem jede durch forlgesetzte Abgabe neuer Embryonalanlagen immer kleiner wird, bis sie zuletzt nur noch so gross ist, wie eine gewohnliche Embryonalanlage; dieser Rest bildet sich dann direct in einen Embryo um. Wir sehen diese letzten Entwickelungsverhältnisse an dem in Fig. 6 dargestellten Mutterthiere ; es besitzt noch zwei am linken Seitenrande ausmündende Geburtskanäle. Aus dem vordem (or.), an dessen Grund noch eine kleine, tW" mi Durch- messer haltende Embryonalkugel hängt, trat während der Beobachtung ein reifer Embryo (e\) hervor, der nur bis zum Peristomfeld schwamm und sich hier mit seinen Tentakeln anheftete. Am Grunde des hintern Geburtskanales (or.') hängen noch zwei ebenso kleine, durch Theilung aus einer grössern hervorgegangene Embryonalkugeln, von denen die vordere demnächst in einen Embryo übergehen wird. Der letzte kleine Rest der Embryonalkugeln rückt endlich ganz in den Geburtskanal hinein und gelangt allmählig bis zu dessen Mündung, in der er stecken bleibt und wo er sich erst zu einem Embryo ausbildet, während hinter ihm der Geburtskanal zusammenfällt und spurlos verschwindet. Unser Mutterthier ist bei e. e. mit zwei solchen in den Mündungen zweier ehemaligen Geburtskanäle steckenden, unentwickelten Embryonen versehen, welche keine Wimpern, sondern nur Tentakeln besitzen, die besonders an dem frei aus der Mundung hervorragenden Segmente sichtbar sind; sobald diese Embryonen ausgeschwärmt sind, schliessen sich die nur noch napfförmigen Vertiefungen vollständig. Aehnliche Mutterthiere sind mir oft vorgekommen. In ihrer Gesellschaft traf ich auch gar nicht selten andere Individuen, welche eine oder zwei eben so kleine oder doch nicht viel grössere Embryonalkugeln enthielten, wie das in Fig. 6 abgebildete Thier, sie zeigten aber keine Spur von einem Geburtskanal oder irgend einer Oeffnung nach aussen. Offenbar waren dies Mutterthiere, die unlängst zu gebären aufgehört hatten und ihren Embryonalkugel vorrath bis auf einen oder zwei kleine Reste verbraucht hatten; letztere werden in einer spätem Lebensperiode sich von Neuem vergrössern und die Grundlagen zu der Generation von Embryonalkugeln liefern, von denen unsere Betrachtung ausging. Was nun den nähern Hergang bei der Bildung von Embryonen betrifft, so ist dieser am klarsten zu beobachten, wenn man aus solchen Mutterthieren, die bereits im Gebären begriffen sind, die Embryonalkugeln vorsichtig her- auspresse, was sich leicht bewirken lässt, namentlich wenn viele Embryonalkugeln vorhanden sind. Setzt man dann zu den isolirten Embryonalkugeln hinlänglich Wasser hinzu, so entwickeln sich nicht blos die bereits mit einer Embryonalanlage versehenen ungestört weiter, sondern gewöhnlich wächst auch bald an den andern Embryonal- kugeln, an den einen früher, an den andern später, eine Embryonalanlage hervor. Diese entsteht dadurch, dass sich zuerst an irgend einem Puncte der Oberfläche der Embryonalkugel eine sanfte, hügclförmige Auftreibung bildet, die beträchtlich schmaler ist, als der Durchmesser der Kugel. Sie setzt sich bald an ihrer Basis durch eine ringförmige Einschnürung schärfer von der Embryonalkugel ab und erscheint nun wie eine bruchsackartige Ausstülpung oder wie ein knospenförmiger Auswuchs derselben (Fig. 7. a.). Der Durchmesser der Embryonalkugel, in dessen Richtung sich dieselbe aussackt, wird fortan zu ihrer Hauptaxe; ihr Kern dehnt sich ziemlich gleichzeitig mit der Embryonal- kugel in der Richtung der Hauptaxe gegen die Knospe hin in einen zapfenförmigen Fortsatz aus, der bis in die Mitte der Knospe hineinwächst und hier mit einer etwas angeschwollenen Spitze endet. In der Knospe erscheinen frühzeitig ein oder zwei contractile Behälter, je nachdem die Embryonalkugel deren einen oder zwei besitzt. Sie scheinen von den contractilen Behältern der Embryonalkugel aus gebildet zu werden, denn ich sah öfters zwischen einem contractilen Behälter einer nocli ganz jugendlichen Knospe und dem ihr zunächst gelegenen der Embryonal- kugel eine gefässartige Communicaiion. Wenn die Knospe zwei contractile Behälter besitzt, so liegt der eine gewöhnlich in der Hauptaxe nahe unter der Spitze, der andere links oder rechts von der Hauptaxe an der Basis der Knospe. Nach und nach wächst die Knospe weiter aus der Embryonalkugel hervor, schnürt sich stärker von 203 derselben ab und rundet sich mehr und mehr zu einer Kugel ob (Fig. 7. b.j. Gleichzeitig zieht sich der Kern zwi- schen seinen beiden angeschwollenen Enden zu einem dünnen fadenförmigen Strang zusammen (vergl. Fig. 4. k'. so wie auch die kleinere in Fig. 7 bei c abgebildete Embryonalkugel), der bald gänzlich schwindet, so dass nun sowohl die Embryonalkugel wie auch die Knospe mit einem für sich bestehenden centralen Kern versehen sind (Fig. 7. b.); die Grösse der beiden Kerne verhält sich zu einander, wie der Umfang der Embryonalkugel zu dem der Knospe. Noch vor der Theilung des Kerns oder doch gleich nach derselben wachsen an der Oberfläche der Knospe sehr zarte und dicht stehende Wimpern hervor (Fig. 7. b. c.) , die zuerst auf dem Scheitel der Knospe erscheinen und sich dann bald über ihre ganze Oberfläche bis zur Basis ausbreiten; sie sind Anfangs so kurz und fein, dass man nur am Rande der Knospe einen sanft wogenden Hof bemerkt. Je deutlicher die Wimpern hervortreten und je kräftiger sie zu schwingen anfangen, um so mehr versetzen sie die gesammte Embryonnlkugel in eine langsame, drehende, abwechselnd nach links und dann wieder nach rechts gerichtete Bewegung. Die Knospe bildet sich nunmehr schnell zu einem Embryo aus; während ihre Wimpern sich noch beträchtlich verlängern und rings herum ausspreizen, zieht sie sich stark gegen die Hauptaxe zusammen und verwandelt sich so zuerst in einen länglich ovalen, dann in einen oblongen oder kurz walzenförmigen Körper (Fig. 7. d.), der jetzt so lebhaft und kräftig wim- pert, dass er sich mit der an ihm hängenden Embryonalkugel von der Stelle bewegt und ziemlich gewandt umher- schwimml. Endlich schnürt sich der Embryo immer mehr von der Embryonalkugel ab, er fängt an, auf derselben hin und her zu schwanken, und reisst sich bald darauf von der nun fast völlig wieder abgerundeten Embryonalkugel los (Fig. 7. e.). Auf die eben beschriebene Weise entwickelten sich die Embryonen nur bei den aus dem Nussler Park stammenden Mullerthieren. Erst nachdem sie sich von ihren Embryonalkugeln getrennt hatten und längere Zeit umhergeschwärmt waren, traten an ihrer Oberfläche sehr vereinzelte und kurze Tentakeln hervor (Fig. a und !> neben Fig. 2), welche den Embryonalkugeln und ihren Knospen gänzlich fehlten. — Bei allen andern gebärenden Mutterlhieren zeigten sich an den isolirten Embryonalkugeln (Fig. 8. 9) sofort mehr oder weniger zahlreiche, über den ganzen oft unebenen, welligen Rand zerstreut stehende, dünne, fadenförmige, mit einem kleinen Knöpfchen endende Tentakeln, die sich ziemlich lebhaft verlängern und verkürzen und auch leicht und beträchtlich ihre Rich- tung ändern. Aus diesen Embryonalkugeln bildet sich der Embryo im Wesentlichen auf dieselbe Weise hervor, wie aus den tentakellosen. An der Stelle, an welcher sich die Embryonalkugel zur Bildung einer Knospe nach aussen wölbt, werden die Tentakeln eingezogen, und auch die Knospe bleibt oft noch ziemlich lange Zeit, nachdem sie schon kuglig geworden ist und ringsum Wimpern bekommen hat, ohne Tentakeln (Fig. 8. a.). In andern Fällen zeigen sich an der Knospe schon frühzeitig wieder kurze Tentakeln (Fig. 8. b.); spätestens treten dieselben hervor, wenn die Knospe in die Ovalform übergeht, so dass sie dem zur Ablösung reifen Embryo (Fig. 8. c.) nie fehlen. Hat sich von einer Embryonalkugel , mag dieselbe mit Tentakeln versehen sein oder nicht, ein Embryo abgetrennt, so z.eigt sie sich wieder völlig kugelförmig, sie ist aber natürlich nun um so viel kleiner geworden . als das Volumen des von ihr producirten Embryos beträgt. Den erlittenen Substanzverlust vermag die Embryonalkugel an ihrer natürlichen Bildungsstätte gewiss theilweis wieder zu ersetzen, indem sie entweder mit ihrer ganzen Ober- fläche oder mittelst tentakelfürmiger Forlsätze derselben neues Bildungsmaterial aus dem umgebenden Parenchym aufnimmt; bei den isolirten, von blossem Wasser umgebenen Embryonalkugeln ist dies aber nicht möglich. Diese treiben sehr bald, nachdem sich ein Embryo von ihnen abgelöst hat, eine neue, ihrer nunmehrigen Grösse propor- tionale Knospe (vergl. Fig. 7. b und c.) und liefern im Allgemeinen einen Embryo, der um so kleiner ausfällt, je mehr sich das Volumen der Embryonalkugel vermindert hat. Wenn eine isolirte Embryonalkugel bereits mehrere Embryonen nach einander abgegeben hat, so entwickelt sie nicht selten eine Knospe, die eben so gross ist, wie sie selbst (Fig. S.d.); sie gleicht in diesem Stadium ganz und gar einer in der gleichhälftigen Theilung begriffenen Embryonalkuge! , nur haben beide Hälften eine verschiedene Organisation und Bedeutung; die eine ist bewimpert und wird zum Embryo, die andere ist nackt und besteht als Embryonalkugel fort. Die sehr klein gewordenen Embryonalkugeln (Fig. 9. a.) verwenden stets ihre Hälfte zu einer Embryonalknospe (c.) und liefern einen kurz ovalen, dicken Embryo (d). Nicht selten zeigt sich an dem einen Pole solcher Embryonalkugeln , der zum Scheitel der Knospe werden soll, bereits ein Schopf von sehr kurzen zarten Wimpern (Fig. 9. b.), bevor noch irgend eine Spur von Einschnürung an der Embryonalkugel vorhanden ist. Die verschiedene Entwickelungsweise des Embryos aus der Embryonalkugel lehrt recht deutlich, wie wenig sich eine scharfe Glänze zwischen Theilung und Knospenbildung ziehen lässt. Mit demselben Rechte, wie wir bei Urostyla grandis die Entwickelung des Embryos als Knospung 51 * 204 auffassten, können wir dieselbe auch als Theilung betrachten, die Anfangs stets ungleich hälftig, später gleichhälftig auftritt. — Wenn sich isolirte Embryonalkugeln durch fortgesetzte Abgabe von Embryonen bis zu TV" °der höch- stens bis zu t-JV i'i) Durchmesser verkleinert haben, so bleiben sie als einfache Kugeln auf dem Objectglase liegen (Fig. 10), die mit einer sehr verschiedenen Anzahl von Tentakeln versehen sind, welche sich noch energisch ver- längern und verkurzen und oft beträchtlich beugen. Die in Fig 8 — 10 abgebildeten Embryonalkugeln rühren alle von demselben Mutterthiere her; es enthielt nur grosse Embryonalkugeln, almlich den in Fig. 8 bei a und b abgebil- deten, wenn dieselben noch keine Knospe entwickelt haben würden. Nach Verlauf von kaum zwei Stunden hatten diese grossen Embryonalkugeln so oft Embryonen abgegeben, dass nun das Objectglas nur noch mit zahlreichen, so kleinen Kugeln, wie die in Fig. 10 dargestellten, bedeckt war; denn auch die abgelösten Embryonen nehmen nach kurzer Zeil wieder Kugelform an, verlieren ihre Wimpern und theilen sich, wenn sie dazu noch gross genug sind, auf dieselbe Weise, wie wir es in Fig. 9 bei c und d sehen. Die reifen Embryonen stimmen sowohl in ihrer Organisation, wie auch in ihrem gesammten übrigen Ver- hallen sehr nahe mit denen von Stylonychia mytilus überein , nur sind ihre Wimpern noch länger und die Tentakeln dünner. Sie besitzen einen ringsum geschlossenen, bald ovalen, bald kurz walzenförmigen und an beiden Enden abgerundeten, in der Mitte etwas verengerten Körper, der bald ganz drehrund, bald etwas abgeplattet ist, wie der auf der Kante stehende Embryo d neben Fig. o lehrt. Die ganze Oberfläche des Körpers ist dicht mit sehr langen, feinhaarigen, in den Abbildungen nur am Rande des Körpers angegebenen Wimpern besetzt, welche namentlich an kleinern Embryonen oft so lang oder noch länger sind, als der ganze Körper. Zwischen den Wimpern treten wenigstens immer einzelne Tentakeln, namentlich am vordem Ende, hervor (Fig. a und b neben Fig. 2. und Fig. G. e'.), häufig ist der Körper gleichförmig mit zahlreichen, auf der ganzen Oberfläche zerstreut stehenden Tentakeln besetzt (Fig. 5. e. e und a — d.). Oft sind die Tentakeln sehr kurz und leicht zu übersehen; auch wenn sie mehr hervor- gestreckt sind, erreichen sie doch nie die Länge der Wimpern. In der Mitle des Körpers oder weiter nach hinten liegt der runde oder querovale Kern. Auffallend ist das verschiedene Verhalten der contractilen Behälter. Häufig sind deren zwei vorhanden; der eine und stets ansehnlich grössere liegt dann in der Nähe des vordem Endes und ziemlich genau in der Längsaxe, der andere, ungemein kleine hart am hintern Ende und mehr nach der einen Seite gerückt (Fig. 2. a. b. Fig. 6. e'. Fig. 7. d. e.). In andern Fällen ist nur ein einziger contractiler Behälter vorhanden, der dann gewöhnlich in der Mitte des einen Seitenrandes neben dem Kern liegt. So verhielten sich alle reifen Embryonen aus dem in Fig. 5 dargestellten Mutterthiere (vergl. a. b. c. d.( ; die an den isolirten Embryonalkugeln dieses Mullerthieres sich entwickelnden Embryonen zeigten dagegen fast immer erst einen vordem und hintern contractilen Behälter. Kurz vor dem Ablösen des Embryos rollte plötzlich die Flüssigkeit des vordem contractilen Behälters, der nun für immer verschwand, bis zur Mitte der einen Seite herab (Fig. 8. c); bald darauf ergoss sich auch die Flüssigkeit aus dem hintern contractilen Behälter nach derselben Stelle hin, und fortan zeigte sich nur hier ein grösserer contractiler Behälter. — Die Embryonen schwärmen mit massiger Geschwindigkeit in weiten Bogen umher und drehen sich unausgesetzt um ihre Längsaxe; die grösslen (Fig. 5. b. c.) sind -yV" lang und -j-jV" breit. Ihre weitere Entwicklung Hess sich eben so wenig ermitteln, als die der Embryonen von Stylonychia mytilus. Alles was oben S. 161 von den letztem gesagt wurde, gilt auch von den Embryonen der Urostyla grandis. 0. F. Müller's Trichoda patula, welche Ehrenberg gewiss mit Unrecht zu seiner Leucophrys patula (Bursaria truncatella? vergl. S. 17) zieht, stellt höchst wahrscheinlich die Urostyla grandis dar. Ich schliesse dies einerseits aus der gesammten Form des Körpers und seiner grossen Dehnbarkeit, die aasMüller's Figur 4 erhellt, andererseits aus der Form des Peristoms, welches Müller sehr vollständig erkannt und, kleine Versehen abgerechnet, fast genau so angegeben hat, wie dasselbe bei U. grandis gestaltet ist. Die Stirn- und Aflerwimpern wurden nicht unter- schieden, wohl aber die Randwimpern, die in Fig. 4 als sehr feine kurze Härchen abgebildet sind. — Die Abbil- dungen, welche Ehrenberg von U. grandis geliefert hat, lassen sehr viel zu wünschen übrig, er fasst das Peristom als eine schmale, in der Mittellinie des Bauches gelegene, für sich bestehende und ringsum mit kräftigen borsten- förmigen Wimpern besetzte Längsspalle auf; die längern Wimpern auf der linken Seite der Spalte sind die äussern adoralen Wimpern, deren Zusammenhang mit den in Fig. 2 angedeuteten vordem adoralen Wimpern nicht erkannt wurde, die kurzem Wimpern auf der rechten Seile der Spalte beruhen auf einer irrigen Auffassung der undulirenden .Membran, auch mochten wohl die dem Innenrand des Peristoms zunächst stehenden Stirnwimpern gesehen werden. 205 Den Korper lässt Ehrenberg auf der ganzen Oberfläche mit dicht stellenden Längsreihen von Wimpern besetzt sein, den contractilen Behälter versetzt er in die rechte Körperhälfte, und Afterwimpern werden nur "> — 8 angegeben. Der letztere. Umstand, so wie die schlankere Form des Körpers, welche die von Ehrenberg abgebildeten Thiere zeigen, könnten auf die Vermuthung fuhren, dass seine U. grandis nicht die gegenwärtige, sondern die vorige Art darstelle. Dies ist jedoch nicht möglich, denn die U. Weissei besitzt stets zwei sogleich in die Augen fallende Kerne, die Ehrenberg in keinem Fall hätte übersehen können, wenn er diese Art vor sich gehabt hatte; seine U. grandis dagegen besitzt nur eine einzige, in der Mitte des Körpers gelegene » Kugeldrüse «. Diese sogenannte Kugeldrüse war sicherlich kein einfacher Nucleus, sondern eine vereinzelte Embryonalkugel, wie in dein von mir in Fig. 3 auf Taf. XIII abgebildeten Falle. Dies wird ganz evident durch das von Ehrenberg in Fig. 3 abgebildete Individuum mit zwei nahe hinler einander liegenden Kugeldrüsen bewiesen, welches lediglich wegen der so gewöhnlich vorkommen- den Einschnürung der mittlem Körperregion für ein in der Quertheilung begriffenes Thier ausgegeben wird, was es doch gar nicht sein kann, da es in der hintern Körperhälfte keine Spur von einem zweiten Peristomund einem zweiten contractilenBehälter zeigt. Die beiden Kugeldrüscn können mithin nicht, wieEhrenberg glaubte, Theilungsproducte einer ursprünglich einfachen sein, die sich in Folge der Körpertheilung theilte, sondern sie sind entstanden, ohne dass der Körper in der Theihmg begriffen war, und eben deshalb können sie nur zwei Embryonalkugeln sein , wie wir sie ganz ähnlich in unserer Fig. 6 auf Taf. XIII weiter nach rückwärts im Körper sehen. Gewiss hat Ehrenberg nur bei einigen der von ihm beobachteten Individuen eine einfache Kugeldrüse gesehen und diese dann als allgemein vorkommend angenommen. — In Ehrenberg's Bursaria vorax, die dieser Forscher selbst als eine der U. grandis sehr ähnliche Infusorienform bezeichnet, kann ich nur sehr lichte, farblose, verkürzte und verbreiterte Individuen von U. grandis erkennen. Ich habe oft sehr ähnliche und auch mit Coleps hirtus erfüllte Individuen beobachtet, die aber sonst alle Characlere der U. grandis zeigten. Dass Ehrenberg bei seiner Bursaria vorax, trotz der Grösse und Durchsichtigkeit des Thieres, keinen Nucleus unterscheiden konnte, spricht ebenfalls für meine Ansicht. Der angeb- liche contractile Behälter am hintern Körperende war ohne Zweifel nur ein zufälliger, mit Wasser erfüllter Hohlraum, dergleichen bei U. grandis nicht selten vorkommen. — Colin hat von U. grandis nur eine ganz rohe, unausgeführte, anscheinend aus dem Gedächtniss und nach Ehrenbergs Abbildungen entworfene Umrisszeichnung geliefert, nach der man die Art nicht erkennen würde; über dieselbe kann jedoch nicht der mindeste Zweifel bleiben, da er bei ihr die Embryonalkugeln entdeckte und auch schon ohngefähr den Modus erkannte, nach welchem sich aus den- selben Embryonen entwickeln. Die Organisation der letztern ist nicht richtig beobachtet, sie werden als Kugeln mit centralem contractilen Behälter und am Bande gelegenem Kern und mit zu dicken und zu weilläuftig stehenden Wimpern dargestellt; die Tentakeln blieben unbeachtet. ■ — Perty's Oxytricha fusca stellt entschieden die gegen- wärlige Art dar; ich sali häufig genau eben so gestaltete und gefärbte Individuen, wie das a. a. 0. Fig. 19. A abgebildete, unterschied aber an denselben stets die Afterwimpern, die Perty nicht auffinden konnte, was um so weniger zu besagen hat, als diesem Forscher auch die ganze übrige Bewimperung der Bauchseite unbekannt blieb. Die Oxytricha decumana Perty, welche nicht abgebildet ist und sich lediglich durch den Körperumriss , der doch aber bei den Urostylen so sehr veränderlich ist, von Oxyt. fusca unterscheiden soll, wird gewiss auch nichts weiter, als Urost. grandis gewesen sein. — Die Oxytricha protensa Perty dürfte auf jugendlichen Individuen von Urost. grandis beruhen. — Claparede führt unter dem Namen Oxytricha fusca Perty eine Art auf, von der nur mit wenigen Worten angegeben wird, dass sie der Oxytricha Urostyla Clap. Laclim. nahe verwandt sei, aber grossere Dimen- sionen erreiche, keine Afterwimpern besitze und mit einer grossem Anzahl von Bauchwimperreihen versehen sei, die sich jedoch nicht mit Sicherheit habe bestimmen lassen. Ohne Zweifel war dies unsere Urostyla grandis, deren Afterwimpern so sehr leicht übersehen werden können. Die Oxytricha m u 1 1 i p e s von Claparede und Lachmann Etudes p. I i-'i und PI. V. Fig. I ' ist eine bei Berlin beobachtete Urostyla, welche zwischen U. Weissei und U. grandis mitten inne zu stehen scheint; sie besitzt, wie U. Weissei, 8 Afterwinipern und 5 parallele gleich weit von einander abstehende Bauchwimperreihen, von denen sich die vier rechten über das Stirnfeld bis zum Vorderrande fortsetzen. Die auf dem Stirnfelde stehenden Wimpern dieser vier Beihen sind in hakenförmige Griffel umgewandelt, von denen die erste in jeder Reihe am stärksten entwickelt ist. Die Oxytr. multipes besitzt hiernach zahlreiche griffeiförmige Stirnwimpern, wie Urost. grandis. Von letzlerer Art unterscheidet sie sich, ausser der geringern Anzahl von Afterwimpern und Bauch- wimperreihen, auch durch einen doppelten Nucleus. Sluin, Organismus der lufusiouslhiei'e. t)2 206 3. Urostyla viridis. Stein. (Taf. xiii. Fig. 13 — 1 4). Körper lanzettförmig , mit 3 Stirnwimpern, 5 Afterwimpern und vielen über die ganze Bauch fläche vertheilten Bauchivimperreihm ; Nucleus doppelt. Ich beobachtete diese Art im September 1857 und im August 1838 sehr häufig in Torfstichen bei Nieniegk, und traf sie auch vereinzelt im. Januar 1858 in einem sumpfigen Graben des Baumgartens bei Prag. Sie hat in der äussern Form viel Aehnlichkeit mit Urost. Weissei, welche nie in ihrer Gesellschaft vorkam, ist aber immer viel kleiner und daran leicht kenntlich, dass sie stets von zahllosen, das Parenchym von vorn bis hinten sehr dicht erfüllenden Chlorophyllkörnern lebhaft grün gefärbt ist. — Der Körper ist plattgedruckt, mehr als 3 mal so lang, wie breit, langgezogen elliptisch, in der Mitte am breitesten , nach vorn und hinten verengert , vorn abgerundet, hinten lanzettförmig zugespitzt. Das vordere Ende ist etwas nach links gekrümmt, die Rückseite (Fig. 1 4) sehr flach gewölbt, die Bauchseite (Fig. 13) plan und nicht selten längs der Mittellinie flach ausgehöhlt; die Seiten sind abgerundet. Das Parenchym ist viel resistenter, als bei den beiden vorigen Arten, die Körperform daher weit weniger veränderlich. — Das Perislom nimmt ein Drittel der Körperlänge ein und ist ungemein schmal; die Ober- lippe ist dem Vorderrande schief und mehr nach rechts aufgesetzt, der breite bandförmige Aussenrand des Peristoms erstreckt sich von der linken Ecke der Oberlippe in schräger Richtung bis zur Mittellinie, der Innenrand begleitet den Aussenrand, von dem er nur durch eine enge Spalte geschieden ist, bis nahe zum Vorderrande , wo er sich allmählig verliert. — Auf dem vordersten Theil des sehr breiten Stirnfeldes stehen drei kräftige Stirnwimpern im Dreieck. Afterwimpein zählte ich nur fünf, es sind dünne, borstenförmige Griffel, die in einer steil nach vorn und links aufsteigenden Reihe stehen und nicht bis zum Hinterrande reichen. Die Randwimpern verhallen sich wie bei U. grandis, sie nehmen nach hinten an Länge zu. Die Bauchwimpern sind zarte, wegen der dichten Erfüllung des Körpers mit Chlorophyllkörnern sehr schwer wahrnehmbare Borsten, welche in engen parallelen Längsreihen üleichmässig über die ganze Bauchfläche vertheill sind. Die der rechten Körperhälfle angehürigen Reihen setzen sich über das Stirnfeld bis zu den Slirnwimpern fort, ohne dass die hier stehenden Wimpern ihre Form ändern. — Stets sind zwei länglich ovale, mit einer queren spallförmigen Höhle und mit einem links anliegenden Nucleolus versehene Kerne (n. n.) vorhanden , die hinter dem Peristom in geringer Entfernung von einander liegen. Der con- tractile Behälter (c.) findet sich zwischen beiden Kernen in der Mitte des linken Seitenrandes. — Die Länge des Körpers beträgt TV — TV'"- Druck von Breitkopf und Hartel in Leipzig. Taf.I. /■'' • ■ ,,i, t t ■ x m //> \ Wmwww //~ ■;■ 96 ■ti - Spill •$&'.t /,v /■: :v ■ S/ys/.v,/'//,'// ZV////,-//,/ - S/ ' '■ n///rs/s'// rv/fr//4////./ ''*//,/ ■ '',/ i' /■ §6'. / ///.;///, ;/■// ■ h,/,/, ;>/■//.'/'/ S/, V ' '-/ r/u 1 : ; ©m* ■ •••fr' „/, / nl ,1' , fS. * ,.h ■ ■fz t *2 r , /s. 3 /.<> ■ ". ( S£. •J/- ss. ■ " . TafM, i fek OT - yß 14-. ?: /7. 22. //,' m zs. ; *= ■':, /.■;. /<> *2>. SS. I n m //: '/;,///: V -■ • o, c 1 1 nc " /. ; ." /;. .wWlU I * I \ I ,; sy/fS/////.s //. fei" ' y cw f 1 | f S/ ////■/' //' / /'S SS/ /////'/S.' i'/i,y /;,/■ /// Im. f ■■:■•&} :i\ so. m% , / . '.V H*ft il" /f y////f // //f/v/// ///y/////. • 17// ;. // ■■■■ °M . ;■■■ C /4. ,"L- «£/•. - V /? o I II "-.■■. * . - Äj J*»g /? $i ¥< 8 ■■ j Off-: % & , ; ' ////Ar// yr ■//// //////////. 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