O N N 10 -© ıN 10 m O u (te) N — 9 WMC Vc or TORDNTO UBRARY F 8 T; 10 . 1 5 CN | I) „„ S N ir, h N N 4 ; N 0 \ nz \ - 2 7 e 2 0 S 5 A N Al — Ae * } 1 ) 5 8 « . u \ \ 8 5 EN I RN ZT, Sf 7 N aan Js ix ER ACT 4 5 1 IK N. . er RR 7 4 . * N 7 x ir ” 9 | ER \ fi 9 EM N ö a uf, BR E 10 or 15 7 3 A h 2 . / 797 9985 \ 5 At. 0 * * 1 3 1 Nees „ . 2 Bi - 90 © 5 . Ze ar 702 f N a L N , 1 | m FC \ { g ra 7 7 a * . 1 0 7 5 MEY 2 * 0 85 u > J — * 8 * 2 * N N x ER * % £ 1 > * 1 N ) 5 7 ae | 1 e N ) . # * 4 j . 5 ) . ’ (& ® > SET 7 7 7 N Pe = N 7 = na * 8 0 — er \ * Ir f 2 Li UN Le Der Waldbau und ſeine Fortbildung. Von Guſtav Wagener, Gräfl. Caſtell. Forſtmeiſter. LIBRARY Hfuffgarf. 3 Verlag der ” G. Cotta'ſchen Buchhandlung. — — — >} 1884. Druck von Gebrüder Kröner in Stuttgart. Vorwort. „Alnſere Wiſſenſchaft wird ſich fortwährend im Kreiſe drehen, ſolange nicht forſtſtatiſche Unterſuchungen ebenſo an die Tages— ordnung kommen, als die Kulturkünſteleien, in denen man gegen— wärtig das Heil der Forſtwiſſenſchaft erblickt“ — mit dieſen Worten Karl Heyers möchte ich die vorliegende Schrift einleiten und be— gründen. Die Wahrheit dieſes Satzes wird uns in allen Abſchnitten entgegentreten. Die Fortbildung des Waldbaues wird ohne die Erkenntnis der Naturgeſetze des Baumwuchſes niemals ſicher funda— mentiert werden können und die forſtliche Praxis wird ohne die Unterſuchung der Wirkungen, welche die wählbaren Wirtſchafts— verfahren unter vergleichungsfähigen Verhältniſſen hervorbringen, ſtets führerlos umherirren. Auf dieſem wichtigen Gebiete der Boden— kultur verkümmert, wie wir ſehen werden, die Fortentwicklung, wenn man die exakte, alle Zweige des Waldbaues durchdringende und alle örtlichen Verſchiedenheiten umfaſſende Forſchung mißachtet und durch unſicheres Taſten, durch Gutdünken und Mutmaßung erſetzen zu können wähnt. a Auf den folgenden Blättern werde ich den Beweis für die Richtigkeit dieſer Grundanſchauung zu führen ſuchen. Ich werde die Entſtehung und die Entwicklung des deutſchen Waldbaues nach allen Richtungen überblicken und dabei die herkömmlichen Gebräuche und forſtlichen Schulregeln beſtändig den Aufgaben gegenüberſtellen, welche die Holzzucht in der Geſamtwirtſchaft unſerer Nation zu er— füllen hatte. Man darf ſicherlich fragen, wie die Fortſchritte be— IV Vorwort. ſchaffen ſind, welche die Forſttechnik während des bald vollendeten 19. Jahrhunderts erzielt hat, denn Ende des 18. Jahrhunderts haben bereits vortreffliche Baumeiſter die deutſche Holzzucht unter Dach und Fach gebracht. Man wird, wie ich vermute, ſehr oft die Ueberzeugung gewinnen, daß es die nächſte und wichtigſte Ob— liegenheit der jetzt lebenden Forſtwirte iſt, die zukünftige Berech— tigung der bisher gebräuchlichen Wirtſchaftsverfahren gründlich und allſeitig durch komparative Unterſuchungen zu prüfen. Aber auch denjenigen Fachgenoſſen, welche die Grundanſchauung des Verfaſſers nicht teilen, wird die vorliegende Schrift, wie ich hoffe, willkommen ſein. In der Litteratur des Waldbaues mangelt unverkennbar ein Hand- und Nachſchlagebuch, welches die Lehren der namhafteſten Schriftſteller, die wichtigſten Beobachtungen der Praktiker und die Ergebniſſe der bereits vorgenommenen vergleichen— den Unterſuchungen überſichtlich und objektiv darſtellt. Dieſe Lücke wird das vorliegende Werk teilweiſe ausfüllen. Eine gründliche Durchforſchung der geſamten Waldbaulitteratur des 18. Jahrhunderts und der erſten Hälfte des 19. Jahrhunderts war dem Verfaſſer allerdings nicht möglich; für dieſe Zeit konnten die praktiſchen Er— fahrungen nur ſoweit mitgeteilt werden, als ſie in den Lehren der Waldbauſchriftſteller zum Ausdruck gekommen ſind. Zum zweiten und ſechſten Abſchnitt (S. 66 und 209) finden ſich im Nachtrag Ergänzungen und Berichtigungen, auch iſt ein S. 309 infolge übermäßiger Anſtrengung des Verfaſſers unter— laufener Rechnungsfehler S. 570 berichtigt worden. Caſtell bei Würzburg, Ende Auguſt 1884. Scite I. Die e are der Waldproduftion . . 1-21 Einleitung .. 0 Einfluß des Waldes auf die n eigen Miederſchläge, pie Wärme der Luft und den Waſſergehalt der Quellen und Flüſſe . 11-15 Die volkswirtſchaftliche Verſorgung der Geßeilſchaft mit den brauch— bariten orf; 1521 II. Die Erforſchung der Naturgeſetze des Waldbaues . 22-7) Die Zielpunkte im allgemeinen. 22 29 Wo hat man bisher die e der Wald- bäume geſucht? Die mineraliſche Bodenkraft. Die geognoſtiſche Beſchaffenheit des Muttergeſteins. Die Bedeutung der Oert— N U ENTE ee ee Der Waſſerſtrom von den Wurzeln zu den Blättern und die Speiſung desſelben. Die Bodenbeſchaffenheit. Die Verdunſtungsfähigkeit der Holzgattungen. Der dichte und ge— räumige Stand der Waldbäume. Die FR des Gras- und Unkrautwuchſes 44 53 Der Kohlenſäuregehalt des Waldbodens ne Wald⸗ luft. Der Kohlenſäureſtrom aus der Grundluft. Die Boden— feuchtigkeit. Die . Die 1 85 Bodeneigen— haften 3 8 Die Maßnahmen der forſtlichen 10 15 Auswahl der Holzarten. Das Bodenſchutzholz. Die Bodenlockerung. . 66— 77 // / en ae III. Die Benutzung der deutſchen Waldungen vor dem 19. „Jahr: bande 8 86 VI Inhalt. Seite IV. Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungs— LE „„ Das Verhalten im allgemeinen 2555 it ede des Wald— baues . ec 87-95 Der Einfluß der Standortsbeſchaffenheit 1 2 95 — 99 Die Wertproduktion der Waldbäume bei ne Standortsgüte. Die Rohſtoffproduktion. Der Gebrauchs— wert des Rohſtoffs und die Geſamtleiſtung der Waldbäume. Rückwirkung auf die Erhaltung und Bereicherung der Boden— kraft. Windwurf, Schneedruck und Snjektenfraß . . . 99-125 Die Lehren der Schriftſtelleer rr 2.2. 128-131 Gebräuche der forſtlichen Prax iss. 131134 Anbau fremdländiſcher Holzarten . . 134—137 Refültate 138140 V. Zuſammenleben cht d und genden Holz⸗ gattungen . . . 141-168 Einwirkung der r ie 1 as im allge— meinen 141-146 Verhalten gegen Licht An 8 9 5 im babe „ Anſichten der Schriftſteller . .. „ 10 Erfahrungen in der forſtlichen Praxis. . 154-159 Die Reſultate und ihre Anwendung „ 159168 VI. Die geräumige Stellung der Waldbäume und ihr Einfluß auf die Wertproduftion . . . > 2020. 169—221 Die Nutzholzgewinnung in den 971 1 e Hoch— waldbeſtänden. Hauptzweige des Nutzholzverbrauchs. Was leiſten die bisher gebräuchlichen Umtriebszeiten . .. 171—178 Vergleichung der Holzmaſſenproduktion im dichten Schluß und im geöffneten Kronenraum während der Jugendzeit und im Baumholzalter. .. e Die Starkholzproduktion bei 3 Auslichtung der Holz— befände 5 „ eie — 2) Ergebniſſe der e f | VII. Die Betriebsartensnsnsn. Re TE 2ER Angabe derjelben . .. . e eee Anſichten der Waldbauſchriftſteler % „„ AR 225 Gebräuche der forſtlichen Praxis . .. 234 240 Saal zu plänterartigen Bete . 240— 245 Die zukünftigen Aufgaben. Der n in Ver⸗ bindung mit der erſten Durchforſtung. Fernere Behandlung der Holzbeſtände. Bewirtſchaftung der vorhandenen Baumholz— heſtände e e, eee Zuſammenſtellung der Grgebniffe ne „% 267 288 Inhalt. VII Seile VIII. Die Erntezeit der Waldbeſtände .. Men: 269315 Die Zielpunkte der Umtriebs— Weinen bis zum Erſcheinen des Preßlerſchen „rationellen Waldwirt3” . . .» .. 271-276 Die Preßlerſchen Vorſchläge. Unterſuchung des im Wald— betriebe höchſten Falls erreichbaren Zinſenertrags. Die Begrün— dung und Bekämpfung der Reinertragswirtſchaft .. 276-300 Die volkswirtſchaftliche Bedeutung des Lichtwuchs— betriebs und die Verzinſungsverhältniſſe desſel— ben. Herabſetzung der Umtriebszeit. Wirkungen derſelben für Geſamtdeutſchland. Zinſenertrag des Lichtwuchsbetriebs 301-313 Zuſammenſtellung der Ergebniſſee . 313 —315 IX. Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe .. 316-448 Wahl der Verjüngungs verfahren. Maßgebende Geſichts— punkte. Anſichten der Waldbaulehrer ... 317-332 Natürliche Verjüngung der Waldungen. Anſichten der Waldbaulehrer hinſichtlich der Verjüngung der Rotbuche (334 bis 342), Fichte (342—345), Weißtanne (345348), Eiche (343-350), Kiefer (350 — 352), und der andern Holzarten 353—354 Leiſtungen der praktiſchen Forſtwirte hinſichtlich der Verjüngung der Laubholzwaldungen (354— 359), Fichte (359 — 365), Weiß— tanne (365—367) und der Kiefer (368-369). .. 332-369 e der Waldungen mittels Saat und Pflan— zung. Wahl zwiſchen Holzſaat und Holzpflanzung (373 — 379). Die Bodenbearbeitung (379 — 390). Beſchaffung und Prüfung des Samens (390-397). Pflanzenzucht in Forſtgärten (397 — 410). Die Holzpflanzung in friſche, lockere Böden ꝛc. (411-424), in naſſe, zähe, verhärtete und ſteinige Böden (424—428). Vor⸗ ſchläge der Waldbauſchriftſteller bezüglich der Pflanzung (428 — 432). Praktiſche ö der an 55 r 2 3 369 —439 Zuſammenſtellung 905 a ee ee en re ERS) X. Der Mittelwaldbetrieb - 449— 477 Anſichten der Waldbaulehrer und Erfahrungen der Forſttechniker 453 —460 Ertragsleiſtungen des Mittelwald- und Hochwaldbetriebs . 460466 Wirtſchaftsregeln für den fortzuſetzenden Mittelwaldbetrieb 467 —470 Ueberführung der Mittelwaldungen in den Hochwaldbetrieb 470—477 ewaldbetriieiei eee 478 491 Die Brennftoffproduktim m 478480 Der Eichenſchälwald ... „„ ⁊ðâ 480 90 Anzucht von Faſchinen und Flechtruten J XII. Die Erziehung der 3 und e 492— 522 Neinigungshiebe . .. 9 . . 4593—495 VIII Inhalt. Seite Durchforſt ungen. Vergleichende Unterſuchungen über die Wirkungen verſchiedener Auslichtungsgrade. Anſichten der Wald— baulehrer und Erfahrungen der Praxkis .. .. 496—517 Entaftung . . - ee ee I. XIII. Der Fruchtbau im Walde 5% DR Ana a Landwirtſchaftlicher Borbau . .. . 0... 524526 Landwirtſchaftlicher 0 u im Hochwald e und im Niederwaldbetriebe (Hackwald-, Haubergbetrieb). 527— 532 XIV. Die Aufgaben und die bisherigen . des ſorſtlichen Verſuchsweſen s. 533 36 Die Bedeutung der zu löſenden e im Alge n 533 —538 Erhaltung und Verbeſſerung der Bodenkraft durch Bodenlockerung und Bodenſchutz holz. „„ 589 Unterſuchungen über die Rohſtoff⸗ en Nutzholz— produktion der Holzarten. Vergleichung der Waldbäume nach der Produktion bei gleicher Standortsgüte. Feſtſtellung des Wachstumsganges von der Jugend bis zum Alter. 541—560 Unterſuchungen über die Gebrauchsfähigkeit der Holzarten und Nutzholzſorten .. „ e Unterſuchungen über die Eralehung Ye Holzbeſtände, die bisherige Durchforſtung, der Kronenfreihieb und die Lichtungshiebe 562—564 Unterſuchungen über die . der Verjüngungs— Verfahren 56 Die Ermittelung der N05 3 N in oem deutſchen Wal— dungen On 1 Anhang. Zuſätze und Berichtigungen .. „ 517-579 Erſter Abſchnitt. Die volkswirtſchaftlichen Aufgaben der Waldproduktion. Wald und Waldesſchatten, Waldesgrün und Waldeinſamkeit — welcher Zauber liegt für jeden gebildeten Deutſchen in dieſen Worten! Innig verwachſen mit dem Gefühlsleben unſerer Nation ſind die grünen, ſchattigen Wälder des Heimatlandes. Dichtung und Sage ranken ihre ſchönſten Blüten um den deutſchen Wald. Der dunkle Bergwald umſchattet die vielfach rätſelhaften Denkmale der Vorzeit. Im Schoße der vaterländiſchen Wälder haben ſich die wichtigſten Ereigniſſe der alten Geſchichte unſeres Volkes voll— zogen. In den dichten Urwäldern Germaniens war die Volks— kraft angewachſen, die herab brauſte auf das morſche Römertum und im Harzwald wurde einem tapferen Sachſenherzog die deutſche Königskrone von ſeinem edlen, hochſinnigen Gegner dargebracht. Und mit Recht preiſt das deutſche Volk in nie ermüdender Be— geiſterung die grünen Wälder der Heimat! Waldluft und Waldes— ſchatten bieten eine unverſiegbare Quelle der köſtlichſten Erquickung für Geiſt und Körper. Wenn die Städtebewohner der dumpfen, rauchgeſchwängerten Atmoſphäre, in der ſie atmen müſſen, entrückt worden ſind und eintreten in die grün belaubten Säulenhallen, welche ſchlank aufgewachſene Hochwaldſtämme mit ihrem Kronen— dach, „aufgebaut ſo hoch da droben“, bilden, begrüßt von den fröh— lich ſingenden Waldvögeln, ſo wird ihr Denken und Empfinden gebannt und beherrſcht von der Poeſie des Waldes und des viel— geſtaltigen Waldlebens. Sie lauſchen dem geheimnisvollen Flüſtern der Blätter — ahnend, „was ſich der Wald erzählt“. 115 wenn Wagener, Waldbau. 4 Erſter Abſchnitt. ländiſche Nutzholzkonſum aus den inländiſchen Wal— dungen befriedigt werden; Jahr für Jahr wandern über 100 Millionen Mark für Mehreinfuhr über die deutſchen Grenzen. Das ausländiſche Nutzholz wird mit ſehr hohen Preiſen an den Reichsgrenzen eingekauft. Man kann zwar ſagen, daß dieſer Mehrimport größtenteils durch die ungleichen Produktions— verhältniſſe zwiſchen Deutſchland und den Nord-, Oſt- und Süd— oſtländern Europas verurſacht wird. Aber ſicherlich würde dieſe Mehreinfuhr längſt zurückgedrängt und durch die Nutzholzausfuhr weit überflügelt worden ſein, wenn in den deutſchen Waldungen. die Stammhölzer, welche für den Hauptzweig des Holzverbrauchs erforderlich find — hauptſächlich Nadelholzſtämme über 25 m Durch— meſſer — maſſenhaft angeboten werden könnten. Unſere Verkehrs: wege würden durch einen höchſt beachtenswerten Nutzholzexport nach den Weſtländern Europas belebt werden; dem deutſchen Volks— vermögen würde eine Verſtärkung zufließen, die immerhin einige hundert Millionen Jahr für Jahr betragen würde. Die Deutſchen ſind, wie es mir ſcheint, nicht ſo reich, um auf dieſe Mehreinnahme leichten Herzens verzichten zu können. Der Nationalwohlſtand in unſerem Vaterlande wird zukünftig, wie man hoffen darf, dem waldwirtſchaftlichen Zweige der Boden— kultur die ausgiebigſte Förderung verdanken. Aber zur Zeit ſteht unverkennbar die Leiſtungskraft des deutſchen Waldbaus auf einer ſehr niederen Stufe — nicht infolge unzureichender Bodengüte, ſondern infolge der Beſchaffenheit der Holzbeſtände, welche die Forſttechnik ſeit Beginn des neunzehnten Jahrhunderts herangezogen hat. Die Baumhölzer, welche in großen Waldbeſtänden gezüchtet werden können, haben hinſichtlich der Produktion von Gebrauchs— werten eine ſehr verſchiedene Leiſtungsfähigkeit. Sie ſind nicht minder verſchieden in ihren Anſprüchen an die Bodenkraft und namentlich an den Waſſergehalt des Bodens. Aber die Schöpfung hat einzelne Waldbäume mit einer beſonderen Pro— duktionskraft ausgerüſtet — vor allem die Lärche, die Fichte, die Weißtanne, die Eiche und die Kiefer. Auf den gewöhnlich vorkommenden Standorten des Waldes ſtehen dieſe Waldbäume hinſichtlich der Erzeugung gebrauchsfähiger Bau-, Nutz⸗ Die volkswirtſchaftlichen Aufgaben der Waldproduktion. 5 und Werkholzſtämme auf höchſter Stufe und die Kiefer gewinnt auch dem armen, trockenen Boden die erreichbar höchſten Erträge ab. Sie gedeihen Jahrhunderte lang ohne Schwächung der Boden— kraft — die dunkelkronigen Fichten und Weißtannen in reinen Beſtänden, die lichtbedürftigen Eichen, Lärchen und die im höheren Alter licht und lückig werdenden Kiefernbeſtände in Geſellſchaft einer bodenſchirmenden Holzart. f Die Forſttechnik hat jedoch, wenn es irgend mög— lich war, konſequent und energiſch die Fortpflanzung dieſer leiſtungsfähigſten Waldbäume zu verhindern und zurückzudrängen geſucht. Die Beweggründe treten nicht klar hervor. Man kann nicht behaupten, daß dieſe hervorragenden Nutzleiſtungen dadurch in beachtenswerter Weiſe geſchmälert werden, daß hin und wieder Windwurf und Inſektenfraß, Schneedruck und in hohen Lagen Rauhreif die geſchloſſenen Kiefern- und Fichten— beſtände ſtärker trifft, als die Laubholzbeſtände. Derartige Beteuerungen ſind allerdings verſucht worden, aber ſie ſind, wie wir ſehen werden, unüberlegt und unglaubwürdig. Die Forſtwirte ſtanden, wie es ſcheint, im Banne der her— kömmlichen Schulregeln, die in der natürlichen Verjüngung der örtlich vorhandenen Waldbäume ihren Schwerpunkt fanden. Man hatte im achtzehnten Jahrhundert beſonderen Wert auf die Nach— zucht der maſttragenden Holzgattungen, namentlich der Rot— buche, der Stiel- und Traubeneiche gelegt. Die Maſt brachte da— mals einen anſehnlichen Geldertrag aus dem Walde. Vor allem wegen dieſer maſttragen den Eigenſchaft hat man, wie Pfeil berichtet, die Rotbuche und die Eichen „edle“ Holzarten genannt. In den fruchtbaren Gegenden Deutſchlands, auf dem humussreichen, friſchen, tief gründigen Boden der Ebenen, Hügelländer, Vor- und Mittelgebirge haben die Forſtwirte mit beſonderer Vorliebe und unzerſtörbarer Beharrlichkeit dieſe „edlen“ Holzarten zu erhalten und das Gebiet der— ſelben zu erweitern geſucht. Die Nadelhölzer mußte man in den höheren Gebirgslagen und den Sandebenen dulden, in die Streunutzungsbezirke einbürgern — aber ſonſt ſind ſie zur herrſchen— den Beſtandsbildung nur in denjenigen Waldungen zugelaſſen 6 Erſter Abſchnitt. worden, in denen die „edlen“ Holzarten nicht mehr fortzu— bringen waren. Sie fungieren, ſoweit die früheren Laubholzge— biete Deutſchlands reichen, vorherrſchend als Lückenbüßer in den Laubholzverjüngungsſchlägen, man hat ſie zur Wiederbeſtockung der holzleeren Waldflächen und der zu Wald umgewandelten Wieſen und Felder benutzt ꝛc. Allerdings iſt die Eiche auch im neunzehnten Jahrhundert eine „edle“ Holzart geblieben — nicht durch ihren Maſſenertrag, ſondern durch die vorzügliche Dauer des Holzes; es iſt zu bedauern, daß ſie in der Vorzeit den Buchenbeſtänden in der Regel nur ſchwach beigemiſcht worden iſt. Aber die träg wachſende und raſch faulende Rotbuche, die für die Verwendung als Nutzholz nur ſelten brauch— bar iſt, hatte, wie wir ſehen werden, niemals Berechtigung zur vorherrſchenden Beſtandsbildung während der Haubarkeitszeit. Ich werde im vierten Abſchnitt den Nachweis führen, daß ſchon vor Beginn des Eiſenbahnbetriebs der Anbau gemiſchter Nadelholz- und Laubholzbeſtände und die Bevorzugung der Nadel— hölzer allein berechtigt war — auch für die höchſtmögliche Brenn— ſtoffproduktion —, nicht aber die Begünſtigung der Laubhölzer — zumal in reinen und faſt reinen Holzbeſtänden ). Allein die Not: buche liefert bekanntlich ein ſchätzbares, heizkräftiges Feuerungs— material und deshalb iſt die Nachzucht dieſer Holzgattung zu einer Zeit, in welcher die geſamte Bevölkerung mit ihrem Brennſtoff— verbrauch faſt lediglich auf den Wald angewieſen war, zu erklären und zu entſchuldigen. Als aber die Dampfmaſchine der einflußreichſte Faktor im Wirtſchaftsleben unſerer Nation geworden war, und der Nutzholz— verbrauch progreſſiv zu ſteigen begann, da war ſelbſtverſtändlich die intenſive Nutzholzproduktion mit der erreichbaren Beſchleunigung möglichſt in alle Waldungen einzubürgern. Die Forſtwirte wiſſen indeſſen bis heute noch nicht genau, was die anbaufähigen Holz— arten, die wählbaren Betriebsarten, Beſtockungsformen, Umtriebs— zeiten ꝛc. für die Produktion der gebrauchsfähigſten und markt— ) Georg Ludwig Hartigs Scharfblick hat ſchon 1833 die Holzzucht auf den Anbau der Nadelhölzer, namentlich der Fichte, hingewieſen — leider er— folglos. Die volkswirtſchaftlichen Aufgaben der Waldproduktion. 7 gängigſten Nutzholzſorten leiſten. Sie kennen ebenſowenig die Dimenſionen, welche für die Hauptzweige des Nutzholzverbrauchs erforderlich ſind und die thatſächliche Verteilung des Nutzholzkonſums in die maßgebenden Stärkeſtufen (15 —20 em, 20— 25 em, 25>—30 m Bretterbreite oder Bauholzbeſchlag) mit ausreichender Genauigkeit In der Forſtlitteratur der letzten 40 Jahre findet man hin und wieder die Aufforderung, die Nutzholzzucht zu berückſichtigen. Aber dieſe Mahnworte ſind, wie wir ſehen werden, im großen und ganzen wirkungslos geblieben. Die Begünſtigung der ſog. edlen Holzarten hat auch in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts nicht aufgehört oder es iſt lediglich die Nachzucht der im früheren Femelwalde im Daſeinskampfe übrig gebliebenen Baum— gattungen, möglichſt durch natürliche Verjüngung, erſtrebt worden. Und vor allem wurde bei der Erziehung der Holzbeſtände der Kronen— ſchluß nicht unterbrochen. In dieſen geſchloſſenen Beſtänden gewinnt man während der bisher üblichen, übermäßig hohen Wachstums— Zeiträume vorherrſchend Stämme, welche für Sägeholz ꝛc. zu ſchwach ſind und zumeiſt zu Brennholz verbraucht werden. Die Ziele und die Wege der ausgiebigen Nutzholzproduktion liegen weit ab von den bisherigen Wirtſchaftsregeln, die wir in den folgenden Ab— ſchnitten kennen lernen werden. Die Brennholzproduktion in den deutſchen Wal— dungen iſt lediglich ein volkswirtſchaftlicher Miß— ſtand. Für den Brennſtoffverbrauch unſerer Nation ſind die Waldungen entbehrlich geworden. Der Bergbau fördert Brennſtoff in konzentrierter Form mit ſehr geringem Koſtenaufwand zu Tage; die Dampfmaſchine verfrachtet die Stein- und Braunkohlen auf den Waſſer⸗ und Schienenſtraßen mit einem gleichfalls ſehr ge— ringen Koſtenaufwand in die fernſten Gebirgswinkel — in wenigen Jahrzehnten wird vorausſichtlich die Gewinnung des noch vor— handenen Brennholzes aufhören, weil die Fällungs- und Trans⸗ portkoſten höher ſtehen werden, als die Preiſe äquivalenter Kohlen— mengen“). Schon jetzt liefern die Waldungen nur einen ſehr geringen Teil des Brennſtoffs, der in Deutſchland verbraucht wird. Der Waldboden in unſerem günſtig gelegenen Vaterlande kann bei ) Ich werde den genauen Nachweis im vierten Abſchnitt liefern. 8 Erſter Abſchnitt. dem großartigen Nutzholzverbrauch in Mitteleuropa viel einträg— licher benutzt werden. Die vorherrſchende Brennholzzucht würde die Nationalwohlfahrt ſehr empfindlich ſchädigen. Allerdings liegt ein langer Zeitraum zwiſchen der Ausſaat und der Ernte der Holzbeſtände. Es iſt unter den Forſtwirten eine landläufige Redensart geworden: wie können wir die Bedürfniſſe der fernen Zukunft erraten? Das iſt offenbar eine ebenſo kurzſichtige, als ge— fahrbringende und zudem völlig unberechtigte An— ſchauung. Solange Bau-, Werk- und Nutzholz ver— braucht werden wird, ebenſo lange werden auch die— jenigen Holzarten und Holzſorten am meiſten begehrt und am höchſten bezahlt werden, welche neben den er— forderlichen Dimenſionen die vorzüglichſten techniſchen Eigenſchaften, namentlich hinſichtlich der Dauerhaftig— keit und der Tragkraft beſitzen. Die Urſachen, welche die Entwicklung der Forſttechnik in dieſe Bahnen gelenkt haben, werden uns in den folgenden Abſchnitten täuſchungsfrei entgegentreten. Der deutſche Waldbau hat auch im neunzehnten Jahrhundert die Gebräuche fortgeſetzt und die Schul— regeln befolgt, die ſich bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts herausgebildet hatten. Die Forſtwirte haben keinen Wert gelegt auf die klare Erkenntnis und die konſequente Erſtrebung der volkswirtſchaftlichen Zielpunfte”). Die Verſorgung der Geſellſchaft mit den gebrauchsfähigſten Waldpro— dukten in der kürzeſten Zeit und mit dem geringſten Koſtenaufwand iſt niemals der Leitſtern des Waldbaus geworden; man hat nie— mals unterſucht, was die anbaufähigen Holzgattungen, die wähl— baren Erziehungsmethoden, Beſtockungsformen, Umtriebszeiten dc. ) Man hat allerdings hin und wieder behauptet, daß die nachhaltige Lieferung der größten Rohſtoffmenge das national-ökonomiſche Hauptprincip der Forſtwirtſchaft ſei. Wenn dieſes Ziel überhaupt jemals ernſtlich erſtrebt worden wäre, ſo würde man gefunden haben, daß weder die Nachzucht der „edlen“ Holz— arten, noch der Hochwaldbetrieb mit 80—120jähriger Umtriebszeit demſelben entſprechen, ſondern der Nadelholzanbau und die Benutzung der Beſtände im Stangenholzalter. Die volkswirtſchaftlichen Aufgaben der Waldproduktion. 9 für die Gewinnung gebrauchswerter Forſtprodukte leiſten. Ver— hüllt durch allerlei Schlagwörter, deren Nichtigkeit wir kennen lernen werden — unergründliche und ſtets wechſelvolle Beziehungen zwiſchen Oertlichkeit und Holzwuchs, Gefahren des Nadelholzanbaus u. ſ. w. — iſt auf dieſem Gebiete der Bodenkultur thatſächlich eine Stagnation erzeugt worden, die Edmund von Berg mit den Worten treffend charakteriſiert hat: „Man überlaſſe es der Natur, den Platz auszu— ſuchen für die verſchiedenen Bäume.“ Die vorliegende Schrift iſt dem Verſuch gewidmet, die Wege zu kennzeichnen, welche den waldwirtſchaftlichen Zweig der Boden— kultur zu den höchſten volkswirtſchaftlichen Nutzleiſtungen empor— führen werden. In den folgenden Abſchnitten werde ich zunächſt den Entwicklungsgang des deutſchen Waldbaues nach allen Rich— tungen überblicken und hierauf würdigen, was die herkömmlichen forſtlichen Gebräuche und Schulregeln im Hinblick auf das oberſte volkswirtſchaftliche Produktionsgeſetz thatſächlich geleiſtet haben und ob dieſe Verfahrungsarten durch Unterſuchungen und Beobach— tungen hinreichend gerechtfertigt worden ſind. Seit faſt hun— dert Jahren iſt die Holzzucht in Deutſchland als Wiſſenſchaft gelehrt worden und die exakte linduktive und ſynoptiſche) Forſchung iſt die Fundamentalbedin— gung für die Erkenntnis der Naturgeſetze und ihrer Wirkungen. Wenn der Waldbau in der Zukunft einer der wichtigſten Zweige der vaterländiſchen Volkswirtſchaft werden ſoll, ſo bedürfen die herkömmlichen Wirtſchaftsverfahren, die auf dieſem Produktionsgebiete noch heute vorherrſchend geübt werden, dringend der allſeitigen, ſcharf beweiſenden Begründung und Be— leuchtung. Die Männer, die zur rationellen Geſtaltung aller Zweige der vaterländiſchen Volkswirtſchaft berufen ſind, werden ſicherlich nicht mit kritikloſer Bewunderung aufblicken zu den dicht: geſchloſſenen, gleichwüchſigen Stangenhölzern und Baumholzbeſtänden, weil ſie „den Wald ſo hoch da droben“ aufbauen. Im Wald- betriebe ruht ein überaus großer Teil des deutſchen National— vermögens; jeder Oberförſter hat im Boden- und Holzvorrat Werte von Millionen nach richtigen nationalökonomiſchen Principien zu verwalten. 5 Der Waldbau muß offenbar in der Zukunft neue Wege 10 Erſter Abſchnitt. einſchlagen. Aber bei der Aufſuchung derſelben ſoll unſere Wald— liebe nicht erkalten. Wir wollen nicht, um die ſpekulative Geld— wirtſchaft zu fruktifizieren, den herrlichen deutſchen Wald mög— lichſt raſch niederreißen und zertrümmern; wir wollen vielmehr die Pracht und Schönheit desſelben nicht nur erhalten, ſondern we— ſentlich erhöhen. Man kann nicht ſagen, daß die einförmigen, gleich— wüchſigen, monotonen Stangen- und Baumhölzer, die mit Blößen, jungen Anflügen, dichten Saaten und geradſchnürigen Pflanzungen abwechſeln, dem Walde die höchſte landſchaftliche Schönheit ver— leihen. Wenn dieſe Einförmigkeit durchbrochen werden würde von einer wechſelvollen Miſchung der Laubbäume und Nadelhölzer, wenn unter kräftigen, ſchön geformten, vollkronigen Waldbäumen Laub- und Nadelhölzer in verſchiedenartigen Gruppen und Formen den Boden ſchützen würden, ſo wird es ſicherlich nicht ſchwer fallen, dieſe mannigfach geſtalteten Bäume und Baumgruppen in die maleriſche Verteilung und formvollendete Abwechslung zu brin— gen, durch welche der kunſtſinnige Landſchaftsgärtner die ödeſte Gegend reizvoll und anmutig auszuſchmücken weiß. Wir können indeſſen die Leiſtungsfähigkeit der forſtlichen Wirtſchaftsverfahren aus volkswirtſchaftlichen Geſichtspunkten nur dann frei und rückhaltslos diskutieren, wenn wir uns vorher ver— ſichert haben, daß die Auswahl unter den Baumgattungen, unter den Betriebsarten, Umtriebszeiten, Beſtandsformen ꝛc. nicht kolli— dieren kann mit den Funktionen, welche die Wälder im Haus— halte der Natur zu erfüllen haben, denn im entgegengeſetzten Falle würde unſere Unterſuchung bald ein Ziel finden. Das Klima, die Fruchtbarkeit und Bewohnbarkeit unſeres Vaterlandes darf durch die Benutzungsart des Waldes nicht geſchädigt werden — von dieſer Grundbedingung muß die geſamte waldbauliche For— ſchung ausgehen. Die volkswirtſchaftlichen Aufgaben der Waldproduktion. 11 I. Welche Wirtfhaftsverfahren befördern den günſtigen Tinfluß des Waldes auf die wäßrigen Niederſchläge, die Wärme der Luft und den Waſſergehalt der Duellen und Flüſſe? 1) Der Wald erhöht, ſo ſagt man allgemein, die Regenmenge der Länder. Umfangreiche Entwaldungen bewirken eine örtliche Ver— minderung der wäßrigen Niederſchläge — namentlich im Hochſommer. Allein die Frage, ob und inwieweit die Waldungen auf Regen— und Schneefall einwirken, hat bis jetzt noch keine exakte Löſung gefunden. Jedermann kann beobachten, daß es in den gewöhnlich bewaldeten Gebirgen häufiger und ſtärker regnet und ſchneit, als in waldloſen Ebenen. Aber die größere Niederſchlagsmenge iſt vor allem eine Wirkung der Erhebung des Bodens über die Meeres— fläche. Wenn feuchte, warme Luft in die Berge hineinzieht und hier erkaltet, ſo iſt die Wirkung bekannter phyſikaliſcher Geſetze ſo übermächtig, daß es ſich fragt, ob dieſelbe durch eine höchſtens 40 Meter über die Berge hervorragende Schicht von Bäumen in beachtenswerter Weiſe erhöht werden kann. Zwar kann man dar— auf hinweiſen, daß die Luft im Walde in den Sommermonaten und während des Tages um 1—2 Grad kälter iſt, als im freien Felde, dagegen relativ feuchter und zwar im Sommer ſehr be— trächtlich (nach den Ebermayerſchen Unterſuchungen 9,28 %) feuchter iſt, als im Freien. Infolge dieſes Feuchtigkeits- und Temperaturunterſchieds wird allerdings die über den bewaldeten Boden hinziehende feuchte Luft raſcher ihren Sättigungs— punkt erreichen, es wird im Walde und vielleicht auf der unmittelbar angrenzenden, nicht bewaldeten Fläche, namentlich im Gebirge, früher Feuchtigkeit niedergeſchlagen werden, als auf einer unbewaldeten Fläche. Es ſtrömt außerdem die kältere und ſchwerere Waldluft bei Tage, zumal an heißen Tagen, in das Feld aus, und während der Nachtzeit ſtrömt die wärmere Feldluft, zumal kurz vor Sonnenaufgang, in den Wald ein. Aber es iſt fraglich, ob dieſe Vorgänge, gegenüber den weiteren, ungleich mäch— tigeren Faktoren, einen bemerkenswerten Einfluß auf die unmittel⸗ bare Umgebung des Waldes auszuüben vermögen. Bisher iſt 12 | Erſter Abſchnitt. derſelbe ſelbſt in trockenen Jahren meines Wiſſens noch nicht be— obachtet worden. Eine viel größere Wirkung auf das Gedeihen der Agrikulturgewächſe wird beiſpielsweiſe ein klarer Himmel, der Taubildung erzeugt, haben — von ſtärkeren Niederſchlägen ab— geſehen. Die Frage, ob die Regenmenge größerer Länder— ſtriche durch dieſe beiden Vorgänge in beachtenswerter Weiſe verändert werden kann — dieſe Frage iſt höchſt— wahrſcheinlich zu verneinen. Unter den europäischen Ländern iſt bekanntlich Frankreich am ſtärkſten entwaldet worden. An der Sternwarte zu Paris wurden ſeit 1688 genaue Meſſungen über die fallenden Regen— und Schneemengen vorgenommen, aber eine Verminderung der jährlichen Niederſchläge, die (aus unbekannten Urſachen) bedeu— tenden jährlichen Schwankungen unterliegen, iſt bis jetzt nicht beobachtet worden. Auch in Amerika hat ſich nach den Unter— ſuchungen von Blodge die Menge der Niederſchläge nicht verringert, obgleich umfangreiche Waldrodungen vorgenommen worden ſind. Die Berichte, welche eine weitverbreitete Dürre mit der Ent— waldung in Beziehung vermuten, ſtammen zumeiſt aus heißen Gegenden. Hier iſt ſelbſtverſtändlich die Wirkung des Waldes und Baumſchattens auf die Niederſchläge größer, als in Deutſchland. Pouchet berichtet, daß im Delta von Oberägypten, welches früher nie mehr als 5—6 Regentage im Jahre hatte, die Zahl derſelben auf 45—46 geſtiegen iſt, ſeitdem 20 Millionen Bäume angepflanzt und herangewachſen ſind. Auch am Suezkanal regnet es, ſeit der Boden vom Kanalwaſſer durchdrungen iſt und überall Bäume und Sträucher emporwachſen, viel ſtärker, als früher. Auf der Inſel Santa Cruz in Weſtindien, welche früher mit dichten Wäldern bedeckt war, jetzt aber waldlos iſt, verminderte ſich, wie Frederic Hubar be— richtet, die Regenmenge ſo ſehr, daß die Inſel von Oſten nach Weſten mehr und mehr verödete. Die circa 50 Meilen weſtwärts unter gleicher Breite liegende, zum großen Teil mit Wäldern bedeckte Inſel Porto Rico erfreut ſich eines reichlichen Regenfalls und einer großen Bodenfruchtbarkeit. Quitos weſtlicher Abhang iſt voll Urwald, Perus weſtlicher Abhang kahl. In Quito herrſcht häufig bedeckter Himmel, Nebel und Regen, in Peru ewiger Sonnenſchein mit Ausnahme der Wintermonate. Wenn aber auch wirklich in Mitteleuropa die Regenmenge einer bewaldeten Gegend um 6% größer fein ſollte, wie die Regenmenge einer von Wald entblößten Gegend (Profeſſor Mathieu Die volkswirtſchaftlichen Aufgaben der Waldproduktion. 13 will dieſes fragwürdige Reſultat durch ſechsjährige vergleichende Meſſungen in der Nähe von Nancy gefunden haben), ſo kann man nicht von einer abſolut günſtigen Wirkung der Wälder reden. Man kann nur ſagen, daß eine reiche Bewaldung in naſſen Jahren dem Feldbau ſchädlich und in trockenen Jahren demſelben nützlich iſt. Aber es genügt für die hier vorzunehmende Unterſuchung nicht, daß wir die allgemeinen Einwirkungen der Waldungen auf die Regenmenge kennen lernen, denn wir haben ja hier nicht die Frage zu erörtern, wie weit die Ausrodung der Waldungen vor— ſchreiten darf, um die günſtigſte Bewaldungsziffer der einzelnen Länder Deutſchlands zu erreichen. Wir müſſen vielmehr wiſſen, ob die Lufttemperatur niedriger und die Luftfeuchtigkeit größer iſt in Laubholzwaldungen, in Buſch- und Stangenhölzern, auf den ſtark verdunſtenden Heideflächen ꝛc., oder in Nadelholzwaldungen, in älteren geſchloſſenen Beſtänden, auf kahlen Verjüngungsflächen ꝛc. Dieſe Fragen ſind unendlich weit von ihrer Löſung entfernt. Man kann nur ſagen, daß ein günſtiger Einfluß des Waldes, wenn er exiſtiert, keinenfalls durch kahle und öde Schlagflächen vermehrt werden wird. 2) Ebenſowenig bekannt iſt der Einfluß der Waldungen auf die Lufttemperatur der Umgebung. In Sicilien ſoll der Weizen nach der Entwaldung oft nur noch notreif geworden ſein. Im ſüdlichen Frankreich (Drome-Departement) ſollen viele Oel— bäume nach der Entwaldung in den Wintern 1766, 1776 und 1781 durch Froſt zerſtört worden ſein. In Frankenhein an der Rhön wurde zu Ende des vorigen Jahrbunderts noch Wein gebaut; nach der Entwaldung der nordweſtlichen und weſtlichen Berge reifte der Roggen nicht mehr. In Höchberg bei Würz— burg bedeckten bis 1815 die ſog. Hubwaldungen einen großen Teil der Fläche; nach Urbarmachung derſelben waren die edlen Obſtſorten nicht mehr fortzubringen, die Weinberge gingen immer mehr zurück. Dagegen ſteigt im waldloſen Teile Perus (ſiehe oben) der Getreidebau bis 12000 Fuß, in Quito nur bis 9000 Fuß. Nach den 1873 veröffentlichten Ebermayerſchen vergleichenden Meſſungen würde durch größere Entwaldungen die höchſte Tem— 14 Erſter Abſchnitt. peratur am Tage vom Mai bis Oktober im großen Durchſchnitt um 2½, im Juli über 3 Grad ſteigen, die niedrigſte Temperatur in den Wintermonaten zur Nachtzeit um 0,80 Grad ſinken. Der Schutz der angrenzenden Felder durch den Wald wird ſomit im Vergleich mit dem Temperaturwechſel, der durch Luftſtrömungen ꝛe. hervorgebracht wird, kaum in die Wagſchale fallen, höchſtens in Hochlagen eine ſehr beſchränkte örtliche Bedeutung haben. 3) Dagegen iſt mit Sicherheit konſtatiert, daß die Erhaltung der Holzbeſtockung und namentlich der Bodendecke des Waldes den Waſſerabfluß bei Schneeabgang und ſtarken Regenfällen verlang: ſamt und dadurch die Ueberſchwemmungsgefahr verringert. Darüber iſt nicht zu ſtreiten! Aber bis jetzt iſt nicht nachgewieſen worden, daß ſich der Waſſerſtand der Flüſſe und Bäche infolge größerer Entwaldungen, die man indeſſen für Deutſchland nur vermutet, verringert hat, denn die Pegelmeſſungen ſind unſicher, weil die Veränderung der Waſſerquerprofile und die Geſchwindigkeit der Waſſerbewegung nicht gleichzeitig ermittelt worden iſt. — Der Waſſerabfluß bei Tauwetter wird wahrſcheinlich in Jung- und Stangenhölzern am langſamſten erfolgen; den größten Einfluß hat die Lage nach Norden oder Süden, Oſten oder Weſten, die Bodenbeſchaffenheit (Sand, Thon ꝛc.) u. ſ. w. 4) Durch vielfache Erfahrungen in verſchiedenen Ländern iſt ferner glaubwürdig nachgewieſen worden, daß größere Entwaldungen auf die Quellenſpeiſung in trockenen Jahren ungünſtig einwirken. Zwar hat Marcé-Davy behauptet, daß unbebauter, vegetationsloſer Boden den Quellen und Flüſſen größere Waſſermengen zuführe, als bebauter Kulturboden, weil die Pflanzen das Waſſer im Boden verdunſten. Allein die bis jetzt unbekannte Größe der Waſſer— verdunſtung durch die Waldbäume ſcheint überſchätzt zu ſein, wäh— rend das Waſſer in den Waldboden leichter eindringt und infolge der Beſchattung an der Bodenoberfläche langſamer verdunſtet, als im harten, vegetationsloſen Boden. 5) Endlich iſt unbeſtreitbar, daß an ſteilen Bergwänden die Abſchwemmung und Abrutſchung der Erde durch die Holzbeſtockung wirkſam verhindert und dem Verwehen des Flugſandes vor— gebeugt wird. Die Einwirkung des Waldes auf die Verbeſſerung der Luft, Die volkswirtſchaftlichen Aufgaben der Waldproduktion. 15 auf den Waſſerabfluß und die Speiſung der Quellen beſchränkt ſomit die Maßnahmen der Forſtwirte, welche faſt ohne Ausnahme die ſofortige Wiederbeſtockung der Verjüngungsſchläge und die beſtmöglichſte Erhaltung und Erhöhung der Produktionskraft des Waldbodens zu erzielen haben, in keiner Weiſe. Bei der Wahl zwiſchen dem Hochwald-, Mittelwald- oder Niederwaldbetrieb, bei den Fragen, ob Laubholz oder Nadelholz anzubauen iſt, ob die Ver— jüngung der Waldungen durch natürlichen Samenabwurf oder durch Holzſaat oder Pflanzung zu geſchehen hat, ob die Holzbeſtände im dichten Kronenſchluß oder in mehr freiwüchſiger Stellung zu erziehen ſind u. ſ. w. kommen die genannten Wirkungen nicht in Betracht. Man kann nur ſagen, daß zur Verhütung von Ueberſchwemmungen, Abrutſchungen und Ab: ſchwemmungen, ferner auf Flugſand und in der Um— gebung von Quellen die Holzbeſtockung möglichſt zu erhalten iſt und alle in dieſer Richtung gefahrbrin— genden Maßnahmen forſtpolizeilich zu verhindern ſind. II. Die volkswirtſchaftliche Verſorgung der Geſellſchaft mit den brauchbarſten Jorſtprodukten. In der ſtaatswirtſchaftlichen Literatur ſind — namentlich in den letzten zwanzig Jahren — die Aufgaben, welche die deutſche Forſtwirtſchaft zu löſen hat, klar und erſchöpfend dargelegt worden. Unter den Forſtwirten war ein heftiger Streit entbrannt über die Abkürzung der Erntezeiten, die man bisher für die Hochwald— beſtände feſtgehalten hatte. Hofrat Preßler von der Tharander Forſtakademie hatte ein höchſt einfaches Verfahren für die Feſt⸗ ſtellung der forſtlichen Umtriebszeiten vorgeſchlagen. Während die Forſtwirte den möglichſt hohen Umtriebszeiten eine beſondere national— ökonomiſche Wirkungskraft beilegten, forderte dieſer Mathematiker, daß man die Holzbeſtände verſilbern ſolle, wenn ſie durch ihren Zu— wachs nicht mehr diejenigen Zinsſätze des Waldbodenkapitals und Holzverkaufswertes (und zwar mit Zinſeszinſen) liefern, welche für hypothekariſche Geldanlagen landesüblich ſind. 16 Erſter Abſchnitt. Eingreifend in dieſen Streit haben die namhafteſten Vertreter der Volkswirtſchaftslehre die geſamt- und privatwirtſchaftlichen Ge— ſichtspunkte, welche für die Benutzung der Waldungen maßgebend ſind, eingehend gewürdigt. Sie ſind im weſentlichen zu überein— ſtimmenden Reſultaten gelangt. Ohne Zweifel gebietet das oberſte volkswirtſchaft— liche Produktionsgeſetz auch der Forſt wirthſchaft die Erzielung eines Maxim ums von Gebrauchswerten mit einem Minimum von naturalen (volkswirtſchaftlichen) Koſten. Die Nationalökonomen erachten deshalb die Erzielung des größten nachhaltigen Reinertrags für principiell richtig — auch für die Bewirtſchaftung der Staatsforſten darf kein anderes Princip leitend werden. Adolph Wagner ſagt mit vollem Recht, daß die prak— tiſche Durchführung des genannten Princips in ein⸗ ſeitiger Vorliebe für den Wald gerade in der neueren rationellen Forſtwirtſchaft Deutſchlands zu ſehr vernachläſſigt worden ſei. Man würde ſonach berechtigt ſein, die volkswirtſchaftlich höchſte Leiſtungsfähigkeit denjenigen forſtlichen Betriebsverfahren, welche den größten Zinſenertrag vom Boden- und Holzvorrats-Kapital liefern, beizumeſſen. Aber anderſeits darf man nicht überſehen, daß die ſpekulative Steigerung des Zinſengewinns gewiſſe volks— wirtſchaftliche Verpflichtungen hat. Der volkswirtſchaftliche Orga— nismus muß mit mannigfaltigem Vermögen reichlichſt ausgeſtattet werden. Wenn die einſeitige Fruktifizierung des Zinſenertrags dahin führt, daß die gebrauchswerten Forſtprodukte nicht mehr mit der bisherigen Vollkommenheit und Mannigfaltigkeit dargeboten werden, ſo kann möglicherweiſe dieſe Erhöhung der privaten Geld— rente volkswirtſchaftlich nutzlos oder ſogar ſchädlich ſein. Für die Geſamtwirtſchaft iſt es am erwünſchteſten, wenn die Steigerung des reinen (oder freien) Einkommens zuſammentrifft mit der Er— höhung des Roheinkommens. (Roſcher.) Nach dem heutigen Stande der Volkswirtſchaftslehre hat in der That die Forſtwirtſchaft nur dann Daſeinsberechtigung, wenn ſie nachweiſt, daß ſie mit allen ihren Wirtſchaftsverfahren lediglich die erreichbare Erhöhung des Reineinkommens der Nation erzielt Die volkswirtſchaftlichen Aufgaben der Waldproduktion. 17 und in dieſer Richtung mit allen anderen Gewerbszweigen obſiegend konkurrieren kann, ohne die Gebrauchsfähigkeit der Produkte be— ſchränken zu müſſen. Der heutigen Technik wird der Erſatz der Erzeugniſſe des Waldbodens kein unlösbares Problem bleiben. Beim Häuſerbau iſt ſeit langer Zeit die Verwendung des Holzes durch Benutzung der Bauſteine, des Eiſens 2c. in ſehr enge Grenzen zurückgedrängt worden; es wird der fortſchreitenden Technik nicht unmöglich werden, den Werkholzverbrauch (durch Eiſen, Blech, Cement u. ſ. w.) faſt vollſtändig zu ſurrogieren, ähnlich gebrauchsfähige Stoffe, wie Holz, herzuſtellen (man hat bekanntlich ſchon Eiſenbahnräder aus Papier gebaut). Die Staatswirte werden vorausſichtlich nicht zurückſchrecken vor der Frage: hat der Waldbau in unſerem Zeitalter überhaupt noch volkswirtſchaftliche Berechtigung oder iſt das gewaltige Holz— vorratskapital, welches bisher nur ein kaum nennenswertes Rein— einkommen abgeworfen hat, in andere Adern des viel verzweigten volkswirtſchaftlichen Organismus zu leiten, damit der letztere in mehr nutzbringender Weiſe, als durch den Forſtbetrieb, belebt wird. Zur Verhütung von Abrutſchungen des Bodens an Bergwänden, der Ver— ſandungen am Meeresufer, der Ueberſchwemmungen, zur Speiſung der Quellen u. ſ. w. genügt, wie wir geſehen haben, eine Be: ſtockung von Buſch- und Stangenholz, die man forſtpolizeilich ſicher ſtellen kann, und andere Rückſichten auf das Klima und die Be— wohnbarkeit unſeres Vaterlandes, als die Erhaltung der Holz— beſtockung, hat die Wirtſchaftspolizei nicht zu nehmen. Die „beite, nachhaltigſte und billigſte Befriedigung des Holzbedürfniſſes der Bürger“ kann ſelbſt für den Staatsbetrieb niemals in Frage kommen, weil dieſer Wirtſchaftszweck dem oben genannten national: ökonomiſchen Fundamentalgeſetz widerſtreiten würde. Zudem iſt die volkswirtſchaftlich wirkungsvollſte Verteilung des Einkommens bis jetzt nur nach ihren Endzielen definiert worden — nach Schäffle: höchſtes Maß der Geſittung und höchſtes Maß aller wahrhaft menſchlichen Befriedigungen — und wird niemals näher feſtgeſtellt und zergliedert werden können. Man kann nicht ſagen, daß den Holzkonſumenten die gewohnten Bezugsquellen zu erhalten ſind und daß dieſe Konſumenten durch reichliche Lieferung — ohne Wagener, Waldbau. 2 18 Erſter Abſchnitt. Rückſicht auf das Reineinkommen des Waldbetriebs — beſondere Unterſtützung verdienen. Wir werden im achten Abſchnitt erkennen, daß keineswegs die Zertrümmerung der heimiſchen Wälder in Frage kommen wird, vielmehr der waldbauliche Zweig der Bodenproduktion bei richtiger Organiſation das Reineinkommen der Nation in hervorragender Weiſe befruchten und beleben kann. Allein dazu iſt die volkswirtſchaftliche Aufgabe des Waldbaues ſcharf ins Auge zu faſſen. Die deutſche Holzzucht kann nur dann Exiſtenzberechtigung in der Geſamtwirtſchaft unſerer Nation erringen, wenn der Geſellſchaft Forſt— produkte, welche nach ihrer Form und ihren tech— niſchen Eigenſchaften im Vollgenuß der Gebrauchs— fähigkeit und Marktgängigkeit ſtehen, nachhaltig mit dem erreichbar geringſten Produktionsaufwand geliefert werden”). Bei Feſtſtellung des letzteren kann man die Kultur-, Ver⸗ waltungs⸗, Schutzkoſten, Steuern ꝛc. wegen ihrer geringen Schwankungen bei verſchiedenen Betriebsverfahren eliminieren. In jedem örtlichen Betriebsverband iſt ferner der Verkaufswert des Wald— bodens (da ein derartiger Wert entweder für die Frucht- oder ledig⸗ lich für die Weidenutzung [im Buſchholz! zu beſtimmen ſein würde) als gleichbleibend anzunehmen; derſelbe hat auch, indem man die ver— ſchiedenen forſtlichen Wirtſchaftsverfahren für dieſen Betriebsverband vergleicht, nicht mit wechſelnden Beträgen in Anſatz zu kommen. Man kann ſonach das Ziel der Forſtwirtſchaft dahin beſtimmen, daß der Geſellſchaft Forſtprodukte, welche nach ihrer Form und ihren techniſchen Eigenſchaften im Vollgenuß der Gebrauchsfähigkeit und Marktgängigkeit ſtehen, in der erreichbar kürzeſten Zeit und dadurch gleichzeitig mit dem geringſten Aufwand von Vorratskapital zu liefern ſind. Keineswegs iſt ſonach das Maximum der Roherträge bedingungslos zu erſtreben. Vielmehr ſind die nutzfähigſten ) Im achten Abſchnitt werde ich darlegen, daß die Forſtwirtſchaft — namentlich bei Veränderung der Beſtockungsformen — Nutzholz maſſenhaft an- bieten und billiger herſtellen kann, als andere Gewerbszweige die Surrogate des Nutzholzes. Die volkswirtſchaftlichen Aufgaben der Waldproduktion. 19 Holzgattungen anzubauen und brauchbare Forſt— produkte mit hinreichender Länge und Breite zu züchten — aber die Ernte hat ſtattzufinden, ſobald der Reinertrag ſeinen Höhepunkt erreicht hat. Man kann beiſpielsweiſe nicht ſagen: weil ein 240jähriger Eichen— beſtand eine höhere Summe von Gebrauchswerten, wie ein 120jähriger Eichenbeſtand hat, jo muß der Waldbeſitzer die Ernte: zeit aus nationalökonomiſchen Gründen vom 120. bis zum 240. Jahre verſchieben. Man wird indeſſen fragen: wie ſoll dieſer Reinertrag und ſein Kulminationspunkt ermittelt werden? Wer kann bei der ſpäten Erntezeit der Waldausſaat den berechtigten Waldzinsfuß ziffer— mäßig beſtimmen? Ueber dieſe Schwierigkeit helfen uns glücklicherweiſe die Eigen— tümlichkeiten des Holzverbrauchs im Vergleich mit den Wachstums— geſetzen der Holzbeſtände hinweg. Die gewinnſüchtigſte Geld— ſpekulation muß im Waldbetriebe notgedrungen die Ziele verſolgen, welche die Volkswirtſchaftslehre im Geſamtintereſſe dieſem Zweige der Bodenkultur vorgeſteckt hat oder — dem Walde fern bleiben ). Getäuſcht durch die bisherige Diskuſſion der Reinertragsfrage in der Forſtlitteratur, welche den Gebrauchswert der Stangenhölzer, die mit kurzer Hochwaldumtriebszeit gefällt werden würden, über— ſchätzt hat, haben die nationalökonomiſchen Schriftſteller Gefahren vermutet, welche thatſächlich nicht exiſtieren. Schon in der Einleitung habe ich angedeutet, daß die Brennſtoff— produktion, die ſowohl den Niederwaldbetrieb als 100- und mehr— jährige Hochwaldumtriebszeiten, ſonach die Forderung ſehr ver— ſchiedener Zinsſätze geſtatten würde, in der heutigen Zeit nicht mehr als oberſtes waldbauliches Ziel diskuſſionsfähig iſt, mit der Förderung foſſiler Brennſtoffe nicht mehr in Wettbewerb treten kann. Ich werde im achten Abſchnitt näher nachweiſen, daß die Rentabilität dieſer Brennholzwirtſchaft auf einer ſehr niederen Stufe ſteht und niemals der ſpekulativen Geldwirtſchaft genügen ) Ich habe hier in erſter Linie die nachhaltige Bewirtſchaftung größerer Waldungen im Auge, welche für den geregelten Waldbau faſt lediglich maß— gebend iſt. Aber wir werden im achten Abſchnitt ſehen, daß jede Geldſpekulation im Waldbetriebe gebrauchsfähige Nutzhölzer heranwachſen laſſen muß. 20 Erſter Abſchnitt. wird. Die deutſche Forſtwirtſchaft kann nur dann das privat— und geſamtwirtſchaftliche Reineinkommen der Nation erhöhen, wenn ſie ſo raſch als möglich die intenſive Nutzholzzucht verwirklicht. Für dieſe Nutzholzproduktion ſind durch die Anforderungen der Konſumtion und die Preisverhältniſſe enge Grenzen gezogen, die auch die ſpekulative Geldwirtſchaft einzuhalten hat. Der Sägeholz— und Bauholzkonſum, der vorwiegend zu berückſichtigen iſt, fordert gewiſſe minimale Stammholzdimenſionen. Die anſpruchsvollſte und gewinnſüchtigſte Privatwirtſchaft muß entweder die Stämme und Stammabſchnitte, welche mit dem Hauptteil des Baumſchaftes dieſe Durchmeſſer überſteigen, als Hauptmaſſe des Haubarkeitsertrags zum Angebot bringen, oder, wie geſagt, der Waldwirtſchaft fern bleiben. Die volkswirtſchaftliche Aufgabe des Waldbetriebs liegt, wie ich unten ſpeciell nachweiſen werde, keineswegs in der Löſung der Fragen, welcher Zinsſatz privatwirtſchaftlich wünſchenswert iſt und ob man die im Kronenſchluſſe aufwachſenden Holzbeſtände im 100—120jährigen Alter oder im 50—60 jährigen Alter abhauen, etwa allgemein den Niederwaldbetrieb wählen darf. Vielmehr iſt vom volkswirtſchaftlichen Standpunkt aus zu fordern, daß in allen deutſchen Waldungen die Holzgattungen, welche das dauerhafteſte und tragkräftigſte Bau- und Blochholz liefern — ſoweit dieſelben örtlich anbaufähig ſind — mit der erreichbaren Ausdehnung zur Nachzucht gelangen. Der deutſche Waldbau hat hierauf Beſtockungs— formen zu wählen, welche die Anzucht der brauchbarſten Bau- und Blochhölzer in möglichſt kurzer Zeit geſtatten. Vor allem iſt aber feſtzuſtellen, welche Bau- und Blochholzdimenſionen nach Länge und Breite genügen, um den inländiſchen Nutzholzkonſum beſtmöglichſt zu befriedigen und die überſchüſſige Nutzholzproduktion Deutſch— lands exportfähig zu machen. Man darf nicht überſehen, daß die Waldbäume im höheren Alter — ſowohl im Kronenſchluſſe als im Freiſtande — langſam und träge in die Höhe wachſen und ihren Umfang vermehren, während nach dem bisherigen Preis— verhältnis die längeren und breiteren Holzſorten einen nur un— weſentlich höheren Gebrauchswert zu haben ſcheinen, als die kürzeren und ſchmäleren Bretter- und Brennholzſorten. Wenn es richtig iſt, daß ſelbſt die Bewirtſchaftung der Staatsforſte den nachhaltig Die volkswirtſchaftlichen Aufgaben der Waldproduktion. 21 höchſten Reinertrag zu erſtreben hat, ſo iſt es auch keiner Frage unterworfen, daß die Verringerung des Reinertrags durch Erhöhung des Kapitalaufwands die Grenze nicht überſchreiten darf, durch deren Einhaltung der volkswirtſchaftlichen Verpflichtung des Privat— betriebs genügt werden wird. Die volkswirtſchaftliche und die privatwirtſchaftliche Benutzung der deutſchen Waldungen ſtimmt, wie man ſieht, in den Endzielen überein. In den folgenden Abſchnitten werde ich zunächſt darſtellen, was in dem langen Zeitraum, der ſeit der wiſſenſchaftlichen Be— gründung des Waldbaues verſtrichen iſt, zur Löſung dieſer volks— wirtſchaftlichen Aufgabe geleiſtet worden iſt. Ich werde die heute maßgebenden forſtlichen Schulregeln nach ihrer Abſtammung auf— zuklären ſuchen und überall fragen, ob und wie weit die gebräuch— lichen Wirtſchaftsverfahren nach ihrer Leiſtungskraft für die möglichſt vollkommene Befriedigung des Holzkonſums in Deutſchland und den Exportländern vergleichend gewürdigt worden ſind. Ich hoffe hierdurch den Weg der induktiven Forſchung, die Meſſung der Wertertragsleiſtungen unſerer Waldbäume und Betriebsverfahren unter vergleichungsfähigen Verhältniſſen wenigſtens anbahnen zu können. Ohne dieſe komparative Unterſuchung wird der deutſche Waldbau niemals ſicher und unangreifbar fundamentiert werden können. Die vornehmſte Obliegenheit des Forſtwirts iſt jedoch die Er— haltung und nachhaltige Steigerung der Waldbodenkraft. Der deutſche Waldbau hat die gebrauchswerteſten Holzarten und Holz— ſorten nachhaltig zu produzieren und deshalb findet die Leiſtungs— kraft der Wirtſchaftsverfahren ihren ſicherſten Ankergrund in der Erhaltung und Pflege der Bodenthätigkeit. Die Maßnahmen des Forſtwirtes und die Wachstumserſcheinungen, welche ſie hervor— rufen, ſtehen in beſtändiger und lebhafter Wechſelwirkung mit der Bereicherung und Verarmung des geheimnisvollen Produktions— vermögens im Waldboden. Vor allem waren die Naturgeſetze des Waldbaues zu ergründen. Wir müſſen die Leiſtungen in dieſen Richtungen kennen lernen, bevor wir die Abſtammung und die Ausbildung der forſtlichen Wirtſchaftsverfahren eingehend er— örtern. Zweiter Abſchnitt. Die Erforſchung der Maturgeſetze des Waldbaues. Die Fürſorge für die nachhaltige Speiſung der Nahrungs— quellen, welche die Waldbäume im Boden finden, iſt und war zu allen Zeiten die wichtigſte Aufgabe des Forſtwirts. Wie ſind die Triebkräfte beſchaffen, welche hier die prächtigſten Eichen- und Buchenbeſtände hoch emportreiben und dort krüppelhafte, ſtrauch— wüchſige Kiefern kümmerlich am Leben erhalten? Welche geheim— nißvolle Vorgänge bewirken die ſog. Bodenthätigkeit, deren Belebung das Hauptziel aller forſtlichen Maßnahmen iſt? Welches ſind die Faktoren der ſog. Bodenkraft, Standortsgüte u. ſ. w.? Warum wachſen die Holzbeſtände auf humusreichen, friſchen, tiefgründigen und lockeren Waldböden üppiger empor, als auf humusarmen Böden — zumal, wenn die letzteren flachgründig und trocken ſind? Und warum können die Waldbäume dieſen aufgeſpeicherten Humus— vorrat entbehren, wenn der Waſſergehalt des Bodens beſonders günſtig iſt (wie z. B. im ſog. ſchwitzenden Sande)? Woher ſtammen die Unterſchiede in der Produktionskraft bei Waldböden, die aus ein und derſelben Geſteinsart hervorgegangen ſind und demgemäß ähnliche ſog. mineraliſche Kraft haben werden? Warum wächſt die Rotbuche nicht auf trockenem, tiefgründigem und lockerem Sand— boden ebenſogut, wie auf Kalk- und Baſaltboden und warum wächſt der Waldbaum des Sandes, die Kiefer, auf einem ziemlich dichten Lehmboden immerhin beſſer, als auf lockerem Diluvialſand? Die Pflanzenphyſiologen lehren, daß der Waſſerſtrom, der von den Wurzeln zu den Blättern ſteigt, die wichtigſte Triebkraft des Die Erforſchung der Naturgeſetze des Waldbaues. 23 Pflanzenwuchſes ſei — warum wachſen nicht alle Holzarten auf einem naſſen Boden bei gleichen Verdunſtungsverhältniſſen im Luftraum am beſten? Und weshalb produziert bei gleicher Stand— ortsbeſchaffenheit die Fichte die doppelte und dreifache Holzmaſſe im Vergleich mit der Rotbuche? Man wird unterſuchen dürfen, was die forſtliche Bodenkunde bisher zur Beantwortung dieſer nächſtliegenden Fragen geleiſtet hat. Ohne die klare Erkenntnis der Naturgeſetze, welche den Baum— wuchs regeln, kann offenbar die deutſche Forſtwirtſchaft niemals ihren wiſſenſchaftlichen Grundbau gewinnen. Die forſtliche Praxis würde ohne dieſen ſicheren Wegweiſer führerlos umherirren. In luftrockenem Holze ſind im Mittel enthalten: 39,6% Kohlenſtoff, 34,8% Sauerſtoff, 4,8 % Waſſerſtoff, 0,87 % Aſche, 20,0% Waſſer. Im Holzkörper ſind ſonach die Elemente, welche das Waſſer bilden, am ſtärkſten vertreten und kaum minder wichtig iſt der Kohlenſtoff. Wo finden die Waldbäume die Bezugsquellen für dieſe weſentlichſten Beſtandteile? Wir wiſſen, daß die in den Sonnenſtrahlen enthaltene mecha— niſche Kraft bei genügender Wärme in den Chlorophyllkörpern der Blattzellen“) organische Subſtanz erzeugt. Die Kohlenſäure der Luft wird unter lebhafter Verdunſtung des aus dem Boden aufſteigenden Waſſerſtroms und unter Mitwirkung einiger Mineral— ſtoffe und Stickſtoffberbindungen zerlegt. Der Kohlenſtoff wird aſſimiliert und der Sauerſtoff ausgeſchieden. Der Waſſerſtoff, der im Holze enthalten iſt, wird gleichfalls von dieſem Waſſerſtrome geliefert und auch die Mineralſtoffe ꝛc. gewinnt der Baum durch die Verdunſtung des Waſſerſtromes — ſie bleiben in den Blättern zurück. Bei der Ernährung der Holzgewächſe kommt ſonach zunächſt *) Genauer gejagt in den protoplasmatiſchen, zunächſt farbloſen Gebilden, welche aus dem Protoplasma ähnlich wie die Chlorophyllkörper ſich ausſondern und in den meiſten Fällen unter dem Einfluß des Lichtes ſich zu Chlorophyll— körnern entwickeln. Zweiter Albſchnitt. Die Erforſchung der Uaturgeſetze des Waldbaues. Die Fürſorge für die nachhaltige Speiſung der Nahrungs— quellen, welche die Waldbäume im Boden finden, iſt und war zu allen Zeiten die wichtigſte Aufgabe des Forſtwirts. Wie ſind die Triebkräfte beſchaffen, welche hier die prächtigſten Eichen- und Buchenbeſtände hoch emportreiben und dort krüppelhafte, ſtrauch— wüchſige Kiefern kümmerlich am Leben erhalten? Welche geheim— nißvolle Vorgänge bewirken die ſog. Bodenthätigkeit, deren Belebung das Hauptziel aller forſtlichen Maßnahmen iſt? Welches ſind die Faktoren der ſog. Bodenkraft, Standortsgüte u. ſ. w.? Warum wachſen die Holzbeſtände auf humusreichen, friſchen, tiefgründigen und lockeren Waldböden üppiger empor, als auf humusarmen Böden — zumal, wenn die letzteren flachgründig und trocken ſind? Und warum können die Waldbäume dieſen aufgeſpeicherten Humus— vorrat entbehren, wenn der Waſſergehalt des Bodens beſonders günftig iſt (wie z. B. im fog. ſchwitzenden Sande)? Woher ſtammen die Unterſchiede in der Produktionskraft bei Waldböden, die aus ein und derſelben Geſteinsart hervorgegangen ſind und demgemäß ähnliche ſog. mineraliſche Kraft haben werden? Warum wächſt die Rotbuche nicht auf trockenem, tiefgründigem und lockerem Sand— boden ebenſogut, wie auf Kalk- und Baſaltboden und warum wächſt der Waldbaum des Sandes, die Kiefer, auf einem ziemlich dichten Lehmboden immerhin beſſer, als auf lockerem Diluvialſand? Die Pflanzenphyſiologen lehren, daß der Waſſerſtrom, der von den Wurzeln zu den Blättern ſteigt, die wichtigſte Triebkraft des Die Erforſchung der Naturgeſetze des Waldbaues. 23 Pflanzenwuchſes ſei — warum wachſen nicht alle Holzarten auf einem naſſen Boden bei gleichen Verdunſtungsverhältniſſen im Luftraum am beſten? Und weshalb produziert bei gleicher Stand— ortsbeſchaffenheit die Fichte die doppelte und dreifache Holzmaſſe im Vergleich mit der Rotbuche? Man wird unterſuchen dürfen, was die forſtliche Bodenkunde bisher zur Beantwortung dieſer nächſtliegenden Fragen geleiſtet hat. Ohne die klare Erkenntnis der Naturgeſetze, welche den Baum— wuchs regeln, kann offenbar die deutſche Forſtwirtſchaft niemals ihren wiſſenſchaftlichen Grundbau gewinnen. Die forſtliche Praxis würde ohne dieſen ſicheren Wegweiſer führerlos umherirren. In luftrockenem Holze ſind im Mittel enthalten: 39,6% Kohlenſtoff, 34,8% Sauerſtoff, 4,8% Waſſerſtoff, 0,87% Aſche, 20,0% Waſſer. Im Holzkörper find ſonach die Elemente, welche das Waſſer bilden, am ſtärkſten vertreten und kaum minder wichtig iſt der Kohlenſtoff. Wo finden die Waldbäume die Bezugsquellen für dieſe weſentlichſten Beſtandteile? Wir wiſſen, daß die in den Sonnenſtrahlen enthaltene mecha— niſche Kraft bei genügender Wärme in den Chlorophyllkörpern der Blattzellen“) organiſche Subſtanz erzeugt. Die Kohlenſäure der Luft wird unter lebhafter Verdunſtung des aus dem Boden aufſteigenden Waſſerſtroms und unter Mitwirkung einiger Mineral— ſtoffe und Stickſtoffberbindungen zerlegt. Der Kohlenſtoff wird aſſimiliert und der Sauerſtoff ausgeſchieden. Der Waſſerſtoff, der im Holze enthalten iſt, wird gleichfalls von dieſem Waſſerſtrome geliefert und auch die Mineralſtoffe ꝛc. gewinnt der Baum durch die Verdunſtung des Waſſerſtromes — ſie bleiben in den Blättern zurück. Bei der Ernährung der Holzgewächſe kommt ſonach zunächſt ) Genauer gejagt in den protoplasmatiſchen, zunächſt farbloſen Gebilden, welche aus dem Protoplasma ähnlich wie die Chlorophyllkörper ſich ausſondern und in den meiſten Fällen unter dem Einfluß des Lichtes ſich zu Chlorophyll— körnern entwickeln. 26 Zweiter Abſchnitt. äußerſt dünne Haut der genannten Haare durchtränkt iſt, löslich und diffuſionsfähig. Und außerdem wirkt die Lockerheit günſtig, weil eine gewiſſe Lufteirkulation im Boden wegen der Atmung der Wurzeln notwendig iſt. Man kann hiernach verſucht werden, anzunehmen, daß die alleinige Triebkraft, welche der Baum wuchs im Boden findet, der Waſſerſtrom ſei, denn alle übrigen Eigenſchaften des Bodens — der Mineralſtoffgehalt, die Tiefgründigkeit und Lockerheit — haben nur eine acceſ— ſoriſche oder vermittelnde Wirkung. Man kann zwar fragen, ob in dieſem Falle der Humus im Boden zwecklos ſei und keine Funktionen zu erfüllen habe. Aber auf dieſe Frage iſt ſchon längſt die Antwort erteilt worden: „Der Humus iſt keine Be— dingung der Bodenfruchtbarkeit, aber er bringt dem Waldboden, wenn Feuchtigkeit, Tiefgründigkeit, Lockerheit ꝛc. mangeln, dieſe phyſikaliſchen Eigenſchaften zurück.“ Unzweifelhaft iſt die Waſſergewinnung der Wur⸗— zeln der wichtigſte Faktor für die Ernährung der Waldbäume. Aber die Forſchung durfte bei dieſer naheliegenden Erkenntnis nicht ſtehen bleiben. Die Pflanzen-Phyſiologen haben längſt nachgewieſen, daß die Aſſimilation in einer Luft, die viel reicher an Kohlenſäure iſt, als man in der Regel findet, eine außerordentlich geſteigerte iſt. Dieſe Stärkebildung erfolgt ſprungweiſe an den ſonnenhellen Tagen der Vegetationszeit und es iſt leicht einzuſehen, daß die Aſſimila— tion viel ausgiebiger ſein wird, wenn während der gleichen Zeit Luft in die Zellen einſtrömt, die in 10 000 cbnı 600-800 ebm Kohlenſäure (Godlewskys Verſuche) hat, als wenn die gewöhnliche Luft, die in 10000 ebm im Mittel 4—6 cbm Kohlenſäure ent: hält, einſtrömt. Die atmoſphäriſche Kohlenſäure hat mannigfache Quellen — Atmung der Tiere, rauchende Vulkane und Schornſteine ꝛc. — aber es iſt zweifellos, daß die Hauptquelle im Boden liegt und durch die Verweſung der abgeſtorbenen Pflanzen geſpeiſt wird — vor allem im Waldboden. Durch jahrelange Beobachtungen hat man ermittelt, daß die Luft hauptſächlich ihre Kohlenſäure aus Die Erforſchung der Naturgejege des Waldbaues. 27 dem auf⸗ und abwogenden Kohlenſäurevorrat im Boden bezieht. Wenn aus dem humushaltigen, ſtreubedeckten, lockeren Boden ein ſtärkerer Kohlenſäureſtrom während der ſonnenhellen Vegetationstage durch die Blätter der Baumkronen zieht, wie aus dem flachgründigen, trocke— nen mageren Boden, wenn namentlich die bindenden Böden, die Kalk- und Baſaltböden u. ſ. w. in Bezug auf Bewahrung und Abgabe der Kohlenſäure günftig wirken, ſo könnte man offenbar das Rätſel der Boden— thätigkeit der Aufklärung erheblich näher rücken. Immerhin würde die Frage übrig bleiben: warum wächſt die Kiefer auf einem trockenen, humusarmen Stand- ort, auf dem Buchen, Eſchen, Stieleichen ꝛc. nicht fortkommen? Zur Beantwortung dieſer und ähnlicher Fragen war, wie ich oben angedeutet habe, eine genaue Unterſuchung der Spaltöffnungsapparate erforderlich. Es iſt bis jetzt nur wahrſcheinlich, daß die Laubhölzer unter ſonſt gleichen Verhält— niſſen viel mehr Waſſer verdunſten als die Nadelhölzer. — Genaue und ſichere Vergleichungen mangeln. Aber wir wiſſen, daß die Struktur des Spaltöffnungsapparats der Pflanzen, ſelbſt bei ver— wandten Pflanzen, genau dem Standort angepaßt iſt, daß die verſchiedenartigen Schutzmittel, welche die Pflanze für die Spalt— öffnungen beſitzt, gradweiſe mit der Trockenheit des Bodens ſteigend ausgebildet ſind, bis dieſer Schutz an den Wüſtenpflanzen ſeinen Höhepunkt erreicht!). Durch die vergleichende Unterſuchung der Spaltöffnungs— ) Ich will nur einige dieſer Schutzmittel hier anführen. Die Schließ- zellen liegen in mehr oder weniger großen Vertiefungen, ſo daß nach außen eine Art Trichter über ihnen liegt; die Außenwände der Epidermiszellen ſind ſtark kutikulariſiert; in die Membran ſind Kalkoxalatſtückchen eingelagert; die Epidermis iſt mit einem Wachsüberzuge verſehen; die Blätter ſind durch Haarbildungen geſchützt; die großen Intercellularräumne im Blattmeſenchym ſind auf kleine Durchlüftungsräume eingeſchränkt; viele Gewächſe, namentlich in den Steppen, ſind durch ſtark ſalzhaltigen, langſamer verdunſtenden Zellſaft geſchützt; die meiſten Pflanzen, die einem trockenen Klima angepaßt ſind, haben eine entſchiedene Nei— gung, die breite Blattfläche aufzugeben und entweder ſchmallanzettliche Blätter zu bilden oder, wie die Beſenginſter, cylindriſche Stengel als Aſſimilationsorgane auszubilden. 28 Zweiter Abſchnitt. apparate und ihrer Thätigkeit konnte man vielleicht die verſchiedene Produktivität der Waldbäume bei gleichen oder faſt gleichen Standorts— verhältniſſen auf ihre naturgeſetzlichen Urſachen zurückführen. Man konnte auch die Waſſerverdampfung der Holzgattungen vergleichend meſſen, indem man Fichten, Kiefern, Eichen, Buchen ꝛc. unter übereinſtimmenden äußeren Bedingungen mit gleicher Waſſerzufuhr in je einer Verſuchsreihe beobachtete und die Waſſerzufuhr in den einzelnen Verſuchsreihen verſchieden geſtaltete. Ich will nicht be— haupten, daß die Ergebniſſe dieſer Unterſuchung unmittelbare praktiſche Anwendung gefunden haben würden; aber man kann niemals wiſſen, welche praktiſchen Folgen die Ergründung der wichtigſten Naturgeſetze hat. Endlich war zu unterſuchen, welchen Effekt die bei den Waldbäumen verſchiedene Waſſeraufnahme auf die Stärkebildung in den Chlorophyllkörpern hat. Es iſt jedenfalls eine wunderbare Erſcheinung, daß die Laubhölzer eine viel ſtärkere Waſſertriebkraft für die Molekularbewegungen, welche die Stärkebildung in den Blättern bewirken, nötig haben, als die Nadelhölzer, aber trotzdem in der Bildung organiſcher Subſtanz den Nadelhölzern weit nachſtehen. Vor allem war jedoch im Hinblick auf die wichtigſten Auf— gaben der Waldbaupraxis klarzuſtellen, durch welche Beſchaffenheit des Bodens das eindringende Regen- und Schneewaſſer am wirk— ſamſten für die heiße, trockene Jahreszeit aufbewahrt wird und welche forſtlichen Maßnahmen dem gleichen Zweck dienen. Wir wiſſen, daß durch die Lockerung des Bodens die Kapillarröhren, welche das verdunſtende Waſſer an die Bodenoberfläche führen, zerſtört werden und daß hierdurch die Verdunſtung verhindert und die Feuchtigkeit im Wurzelraum erhöht wird. Wie wirken im Vergleich mit dieſer Lockerung die dürren Laubblätter und die abgeſtorbenen Nadeln, das Moos ꝛc. als Bedeckung des Wald— bodens? Wie wirken namentlich Heide- und Heidelbeerkräuter, die verſchiedenen Grasarten, Farrenkräuter, Beſenpfriemen ꝛc. auf die Verdunſtung der Bodenfeuchtigkeit? Wenn die reichliche Speiſung des Waſſerſtroms die wichtigſte Bedingung des Pflanzenwuchſes iſt, wenn die Waldbäume auch ohne die Kohlenſäurezufuhr aus dem Boden genügend Kohlenſtoff aus der Luft zu aſſimilieren ver— Die Erforſchung der Naturgejege des Waldbaues. 29 mögen, jo konnten möglicherweiſe dieſe Unterſuchungen eine un: geahnte praktiſche Tragweite gewinnen — nicht nur für den Ver— jüngungs- und Kulturbetrieb, ſondern namentlich zur Abwendung der nachteiligen Folgen der Streunutzung, die am Mark unſerer Wal— dungen zehrt (vielleicht weniger durch den Entzug organiſcher Sub— ſtanz, als durch die Verringerung des Waſſergehalts im Waldboden). Was iſt bisher geſchehen, um dieſe naheliegenden Aufgaben ihrer Löſung entgegenzuführen? E Do hat man bisher die Nahrungsquellen der Waldbäume geſucht? Bis zum Jahre 1840, bevor durch die kühnen Theorien Liebigs eine fruchtbringende Bewegung auf dem agrifulturschemi- ſchen Forſchungsgebiete hervorgerufen worden war, fand man zur Erklärung der Naturkräfte, welche die Lebenserſcheinungen der Pflanzen verurſachen, nur inhaltloſe Worte, wie Lebenskraft ꝛc. In der erſten Auflage der „organiſchen Chemie in ihrer Anwen— dung auf Agrikultur und Phyſiologie“ führt Liebig als Beiſpiel dieſer ſonderbaren Erklärung des Ernährungsprozeſſes die Angaben des Forſtbotanikers Reum an, der in Tharand lehrte. Die „irdiſche allgemeine Thätigkeit“ bedinge, ſo ſagt Reum, „das Entſtehen, Wachſen und Beſtehen der Pflanzen,“ deren Hauptbeſtandteil „das Erdige“ ſei. ö Wie weit ſind ſeit dem Jahre 1840 die Forſtwirte in der Erkenntnis der Naturgeſetze, welche das Leben der Waldbäume regeln, vorgedrungen? 1) Die mineraliſche Bodenkraft. Karl Grebe definiert in ſeiner 1865 erſchienenen „Gebirgs— kunde, Bodenkunde und Klimalehre in ihrer Anwendung auf Forſt— wiſſenſchaft“ die Bodenkraft wie folgt: „Sie beruht zunächſt und vorwaltend auf der mineraliſchen Zuſammen— ſetzung des Bodens, indem davon nicht nur die Summen von mineraliſchen Stoffen, welche er der Pflanzenernährung nachhaltig darzubieten vermag, ſondern auch ſeine Bindigkeit und Feuchtigkeitshaltung und ſelbſt die Art und Weiſe ab— hängig iſt, wie er die Zerſetzung ſeiner organiſchen Beimengungen mehr oder minder zuträglich unterſtützt und fördert. Die Bodenkraft wird durch den Grad der Gründigkeit geſteigert und ermäßigt, ſie kann nur bei einem angemeſſenen 30 Zweiter Abſchnitt. Feuchtigkeitsgrad (wegen Löſung der Nährſtoffe) zur Wirkung gelangen. Die organiſche Bodenkraft, die Humushaltigkeit des Bodens, verſtärkt die mineraliſche Bodenkraft.“ „Je mehr und je nachhaltiger ſich alſo in einem Boden dergleichen auflösliche Verbindungen (Salze) vermöge ſeiner Zuſammenſetzung erzeugen, je weniger dieſe dem Boden in die Tiefe entführt oder ausgewaſchen und je voll— ſtändiger ſie endlich durch ein richtiges Maß von Bodenfeuchtigkeit den Pflanzen zugeführt werden können, um ſo fruchtbarer verhält ſich ein Boden.“ Auch die Forſcher auf dem Gebiete der forſtlichen Bodenkunde haben dem Reichtum des Waldbodens an ſog. mineraliſcher Nah— rung, welcher der Erſchöpfung infolge von Streunutzung u. ſ. w. am wenigſten ausgeſetzt iſt, beſondere Wichtigkeit beigelegt. Vonhauſen und Guſtav Heyer, Stöckhardt, Ebermayer, Schröder, Weber, Schütze, Dulk u. a. haben die Aſchenbeſtandteile der Waldgewächſe durch eingehende Forſchungen quantitativ zu ermitteln geſucht. Obgleich die Aufſchlüſſe bis jetzt ſehr unbefriedigend geblieben ſind, jo hat man doch den von den Holzpflanzen mit Minimalmengen aufgenommenen Mineralſubſtanzen eine ſehr große Bedeutung bei— gelegt. Vonhauſen will die Zuwachsabnahme bei der Lichtſtellung der Holzbeſtände, beim Mittel- und Niederwaldbetrieb ꝛc. auf die Ablagerung des im Boden cirkulierenden Nährſtoffkapitals in den Unkräuterüberzug, die Stockausſchläge u. ſ. w. zurückführen. Rudolf Weber vermutet, daß die höheren Anſprüche an die Boden— kraft, welche die Lärche im Flachlande erhebt, durch den größeren Verbrauch von mineraliſchen Nährſtoffen erklärt werden kann und der langſame Wuchs der Eiche im Speſſart vom geringen Kalk— gehalt des dortigen Sandbodens herrühre. Wilhelm Schütze hat den Sandboden der Mark unterſucht und den Phosphor-, Säure-, Kalk- und Kaligehalt ſteigend mit der Erhöhung der Bonität ge— funden. Endlich ſpricht Ernſt Ebermayer, der gründlichſte Forſcher auf dieſem Gebiet, die Anſicht aus, daß bei gleichen äußeren phyſi— kaliſchen Verhältniſſen die Ertragsfähigkeit der Bodenarten ab— hängig ſei von der Menge des- oder derjenigen Mineralnährſtoffe, welche ſich in geringſter Menge in demſelben vorfinden. Eber— mayer beachtet namentlich die Bodenerſchöpfung an Kali und Phosphorſäure infolge intenſiver Streunutzung. Das Aſchenprozent bedarf ſonach eingehender Erörterung, wenn wir die Rückwirkung der Maßnahmen des Forſtwirts auf die Produktionskraft des Bodens würdigen wollen. Die Erforſchung der Naturgeſetze des Waldbaues. 31 Die Funktionen der Mineralſtoffe im Leben der Holzpflanzen ſind bis jetzt ungenügend aufgeklärt worden. Aus den Unter— ſuchungen von Nobbe wiſſen wir, daß das Kali mitwirkt, wenn Stärke in den Chlorophyllkörpern gebildet wird. Der Kalk im— prägniert die Zellmembran und die Verdickungsſchichten, er kann hier durch Kieſelſäure vertreten werden. Das Eiſen iſt in geringen Mengen bei der Bildung des Chlorophyllfarbſtoffs unentbehrlich. Die Phosphorſäure und Schwefelſäure ſcheinen bei der Bildung der ſtickſtoffhaltigen Eiweißkörper mitzuwirken. Die Kieſelſäure iſt kein Nährmittel, ſie wird nur in die Zellhäute eingelagert; es iſt indeſſen möglich, daß die Kieſelſäure die Dauer der Hölzer vermehrt. Im übrigen ſind die Anſichten der Naturforſcher noch ſehr geteilt. Wir wiſſen ferner, daß auf den kalkarmen Silikat⸗- und Sand— ſteinböden der Kieſelſäuregehalt der abgefallenen Blätter im Ver— gleich mit dem Kalkgehalt viel ſtärker iſt, als auf den kalkreichen Böden, während umgekehrt auf den letzteren der Kalkgehalt in den Blättern überwiegt und der Kieſelſäuregehalt zurück tritt. Es iſt ſonach die Annahme geſtattet, daß die Kieſelſäure den Kalk erſetzen kann. Wir wiſſen endlich, daß die Holzpflanze mit dem Kali und der Phosphorſäure ſehr haushälteriſch umgeht; dieſe in der Pflanze cirkulierenden Mineralſtoffe ſind im Frühjahr in den Blättern und Nadeln ſtark angehäuft, aber bis zum Herbſt wan— dern fie in die Zweige und den Stamm zurück. Dagegen ver- fährt die Pflanze umgekehrt mit dem Kalke und der Kieſelſäure; ſie verſtärkt den Gehalt der Blätter an dieſen Mineralſtoffen vom Frühjahr bis zum Herbſt. Es kann darüber kein Zweifel obwalten, daß die Holzpflanze kümmerlich vegetiert und abſtirbt, wenn fie die benötigten Mineral- ſtoffe unzureichend in der Bodenlöſung vorfindet. Aber ſchon 1846 hat Karl Heyer geltend gemacht, daß die geringen mineraliſchen Nährſtoffmengen, welche die Waldbäume gebrauchen, ſelbſt in den ärmſten Böden durch die Verwitterung überreichlich geliefert werden und überdies durch die jährlich herabfallenden Regen- und Schnee⸗ mengen in den Boden gelangen. Heyer berechnete, daß die Kalimenge, welche frei wird, wenn vom Feldſteinporphyr nur eine Schichte von 1 Zoll Tiefe vollſtändig verwittert, einen Buchenbeſtand 32 Zweiter Abſchnitt. 21000 Jahre und einen Kiefernbeſtand 30000 Jahre lang er: nähren kann. Wenn auch oft, wie die Agrikulturchemie annimmt, in einem kalireichen Boden dieſer Mineralſtoff in einer ungeeig— neten chemiſchen Form ſich befindet, wenn auch nach den neueren Unterſuchungen Schröders vom Regenwaſſer nicht ſolche große Quantitäten feſter Beſtandteile in Säuren löslich ſind, wie Brandes gefunden hatte, vielmehr der jährliche Niederfall dem Boden nur nahezu die Aſchenbeſtandteile für die Holzerzeugung (exkl. Blätter und Nadeln) zuführt, ſo iſt doch die allgemeine Richtigkeit der Anſicht Karl Heyers bisher durch kein Forſchungsergebnis entkräftet worden. Die beachtenswerten Mineralſtoffe, welche der Holzwuchs jähr— lich dem Boden entzieht, wenn der Laub- und Nadelabwurf dem Boden erhalten bleibt, werden ganz oder nahezu durch das Regen— und Schneewaſſer erſetzt. Ernſt Ebermayer hat auf Grund ausgedehnter Zuwachsunter— ſuchungen und Streuanalyſen den jährlichen Entzug an Kali und Phosphorſäure durch den Holzzuwachs (exkl. der Belaubung) per Hektar wie folgt bexechnet: Kali Phosphorſäure. 1) Buchenhochwald mit 5,32 Felt: meter Jahreszu wach 465 kei 98 2) Fichtenhochwald mit 8,99 Feſt— meter Jahreszuwachsůãss2ů Ji E DI An 3) Kiefernhochwald mit 6,34 Feſt— meter Jahreszuwach ss 2,60 Kg. IU Julius Schröder fand im jährlichen Regen- und Schneewaſſer 3,5 kg Kali und 1,1 kg Phosphorſäure pro Hektar, ſonach eine an— ſehnliche Erſatzmenge. Wenn man hierauf den Vorrat an Mineral- ſubſtanzen im Boden, der ſich in lösliche Form bringen läßt, be— rückſichtigt, ſo liegt klar am Tage, daß die Erſchöpfung des Wald— bodens durch den Holzwuchs eine ſehr kühne Behauptung ſein würde. Es iſt ſogar wahrſcheinlich, daß die nachteilige Wirkung der Streunutzung auf den Holzwuchs durch die Ver— armung des Bodens an organiſchen Subſtanzen und die Austrocknung und Verhärtung desſelben in erſter Linie verurſacht wird. Die Erforſchung der Naturgejege des Waldbaues. 33 Stöckhardt unterſuchte die in Salzſäure löslichen Mineralſtoffe zunächſt in einem Sandboden (Heideſand), auf dem keine Streunutzung ſtattgefunden hatte. Dieſer Boden war mit 50jährigen Kiefern beſtockt, deren Kronenſchluß unvoll— kommen war. Die drei Zoll mächtige Bodendecke beſtand aus Aſtmooſen mit einzelnen Heide- und Heidelbeerkräutern. In dieſem armen Sandboden fanden ſich bis zu 47 em Tiefe in Salzſäure löslich: Vote pen Henan eee 40 „ 4 Phosphorſäure . 5417 „ „ 1 elne 13e, „, H Unmittelbar neben dieſem Kiefernbeſtand lag eine hinſichtlich der Streuentnahme nicht geſchonte, früher mit 50jährigen Kiefern beſtockte, zur Verſuchszeit jedoch kahle Fläche mit einzelnen 5—6jährigen Kiefern, größtenteils nackt und nur ver- einzelt ärmli mit Flechten, Heidekraut und Haargras bedeckt. Die Streu⸗ nutzung hatte längere Zeit periodiſch ſtattgefunden. Hier fanden ſich bis 47 em Tiefe in Salzſäure löslich: are reel per elta ene, ft Phosphorſäure 4832 „ „ 5 Heere hm 66% „ A Wenn die jaure Wurzellöſung im Laufe der Umtriebszeit den Kali- und Phosphorſäurevorrat in gleicher Weiſe aufzunehmen vermag, wie die Salzſäure in wenigen Stunden, ſo würde ein ſehr frohwüchſiger Kiefernbeſtand — mit einem Durchſchnittsertrag von 6,34 Feſtmeter per Hektar — auf den zuletzt genannten, überaus entkräfteten Boden das für die Nadeln benötigte Kali nahezu 800 Jahr lang und die für die Benadelung benötigte Phosphorſäure nahezu 1300 Jahr lang finden — bei jährlicher Streunutzung. Allerdings würde der Kalkgehalt unter gleichen Vorausſetzungen nur für etwa 100 Jahre ausreichen. Aber es liegen dieſer Vergleichung die Streuproben, welche Eber mayer analyſiert hat, zu Grunde und dieſe find zumeiſt kalkhaltigem Boden entnommen; auf kalkarmem Boden tritt der Kalkgehalt der Nadeln zurück und wird durch Kieſelſäure erſetzt. Es hat jedoch der Kieſelſäuregehalt in dem durch Streunutzung verarmten Boden zugenommen; er iſt von 1363 kg auf 1466 kg geſtiegen. Aus dieſen Unterſuchungen Stöckhardts geht klar hervor, daß die Streu- nutzung in hervorragendſter Weiſe auf die Verringerung der organiſchen Sub— ſtanz im Boden und des Stickſtoffgehalts wirkt. Bis zu 47 em war durch das Streurechen vermindert der Kaligehalt um n „ Kalkgehalt um l 320% „ Phosphorſäuregehalt nur um. . . . 110%, dagegen der Gehalt an organiſchen Stoffen um 570% und der Stickſtoff⸗ gehalt um 430%. In der Bodendecke waren die organiſchen Stoffe von 16 970 kg auf 1718 kg zurückgegangen, der Stickſtoffgehalt von 242 auf 26 kg; alſo nahezu 900%; im Obergrund fanden ſich nur noch 360% der früheren orga— Wagener, Waldbau. 3 34 Zweiter Abſchnitt. niſchen Stoffe und 510% des früheren Stickſtoffgehalts. Wenn wir erfahren, in welcher Weiſe der Waſſergehalt des Bodens durch die Streunutzung abnimmt, ſo wird einleuchtend, daß die Pflanzen in den nicht geſchonten Böden weder Waſſer, noch Kohlenſäure finden werden. Es iſt offenbar durchaus unwahrſcheinlich, daß es den Pflanzen auf dem durch Streunutzung entkräfteten Boden an mineraliſcher Nahrung mangeln würde, wenn ſie die erforderliche Waſſertriebkraft im Boden und den erforderlichen Kohlenſäurereichtum in der Waldluft finden würden. Ferner hat der Verfaſſer die Mineralſtoffmengen, welche in den von Eber— mayer unterſuchten Probeflächen per Hektar abgeworfen worden find, nach Ertrags— klaſſen zuſammengeſtellt. Ausgehend von der oben erwähnten Erfahrung, daß Kali und Phosphorſäure während der Vegetationszeit in den Stamm zurückwandern, hat der Verfaſſer behauptet: wenn in den zuwachsarmen Beſtänden, die nur 2 und 3 ebm Holzmaſſe per Jahr und Hektar produzieren, die wichtigſten Mineral— ſtoffe im Stamm und den Blättern mangelten und dieſer Mangel Urſache der verringerten Produktion war, ſo konnten unmöglich vor und während der Streu— nutzung gleiche Mengen von Mineralſubſtanzen mit dem Laube abgeworfen werden, wie in den freudig vegetierenden Holzbeſtänden, die ja nach der Annahme in einem Ueberfluß von mineraliſcher Nahrung ſchwelgen müſſen. Vielmehr würden die Waldbäume auf den armen Standorten Kali und Phosphorſäure — „um den Hunger zu ſtillen“ — dem Laube bis auf Spuren entzogen haben; deſto geringer die Menge des Kalkes, der Kieſelſäure ꝛc. im Boden war, umſoweniger wird ſie ſich abgelagert haben. Aber die Zuſammenſtellung der Ebermayerſchen Reſultate ergab das Gegenteil der erwarteten, von den ſchlechteren zu den beſſeren Bodenarten aufwärts gehenden Abſtufung des Mineralſtoffabwurfs. Es fanden ſich Kilogramme per Hektar während der größtenteils ſechsjährigen Streu— nutzungsperiode: Kali. Phosphorſäure. Kalk. Kieſeläure. in den Kiefernbeſtänden mit 2—3 Feſtmeter Jahreszuwachs .. 4,2 3,6 13,6 6,1 in denſelben Beſtänden mit über 6 Feſtmeter Jahreszuwachs .. 4,1 2,6 36,0 4,8 in den Fichtenbeſtänden mit 2—5 Feſtmeter Jahreszuwachs .. 1,3 7,7 51,9 67,7 in denſelben über 9 Feſtm. Zuwachs 4,9 5,9 97,0 22,3 in den Buchenbeſtänden mit 2—3 Feſtmeter Zuwachs .. 9,3 5,6 76,2 32,4 in desgl. über 5 Feſtmeter Suach 5,8 8,5 *) 7977 55,4 Es ergibt ſich ſomit lediglich für den Kalk eine Zunahme; dieſe verſtärkte Ablagerung iſt vielleicht zu erklären, wenn wir erfahren, daß der Kalk die Kohlen— bildung im Boden befördert und ſchon dadurch ein weſentlicher Faktor der Boden— fruchtbarkeit ſein wird. Ueberdies iſt die Ablagerung per Feſtmeter Holzbildung eine nahezu gleiche. ) In den Buchenbeſtänden mit 3—5 Feſtmeter Zuwachs 10,9 kg per Hektar. Die Erforſchung der Naturgejege des Waldbaues. 35 Der Verfaſſer hat weiter nachgewieſen, daß nicht nur die Reinachen-Pro⸗ zente des Laub- und Nadelabwurfs während der Streunutzung faſt immer zuge— nommen hatten, daß ſich auch die Gewichtsmenge des Laub- und Nadelabwurfs in den erſten drei Jahren bei jährlicher Entfernung der Bodenſtreu vermehrt hatte und erſt ſpäter, im fünften und ſechſten Jahre, eine Abnahme eingetreten war — offenbar infolge der Bodenaustrocknung. Es iſt ſonach kaum anzunehmen, daß die Theorie von der mineraliſchen Kraft oder Erſchöpfung des Bodens ausſchlaggebende Bedeutung für die waldbau— liche Forſchung haben wird. Die vielfachen Arbeiten auf dieſem Gebiete waren erfolglos und werden es auch vorausſichtlich bleiben. Ich erörtere den Bedarf der Waldbäume an Stickſtoffverbindungen nicht in eingehender Darſtellung. Julius Schröder hat (1877) nachgewieſen, daß der mittlere Bedarf des Waldes im Holze 10,22 kg und in der Streu 35,40 kg per Hektar beträgt, während mit dem Regenwaſſer nur 11,25 kg per Hektar im Mittel zu Boden fallen. Schröder vermutet, daß die ſchädlichen Wirkungen der Streunutzung durch einen Stickſtoffmangel im Boden verurſacht werden. Allein der Reichtum an Stickſtoffverbindungen iſt in einem landwirt- ſchaftlich nicht benutzten Boden ſehr groß; in Weihenſtephan und Bogenhauſen fand man 5145 und 5801 kg per Hektar bis zu 10 Zoll Tiefe, Schmid fand ſogar 19 470 kg per Hektar bis zu 30 em Tiefe. Man darf vermuten, daß die Ablagerung der Mineralſtoffe in den Holzpflanzen auf ſehr einfachen Vorgängen beruht. Auch im ärmſten Boden wird die Holzpflanze die benötigten Aſchenſubſtanzen aus der Bodenlöſung aufſaugen können. Daran iſt nicht zu zweifeln. Aber man wird fragen: woher rühren die Unterſchiede in der quantitativen Aufnahme, z. B. bei Buchen und Kiefern? Warum brauchen junge Pflanzen, z. B. Saatſchulpflanzen, be⸗ ſonders große Mineralſtoffmengen? Wenn Holzgattungen infolge der Struktur der Spaltöffnungsapparate und der noch rätſelhaften Vorgänge der quantitativen Aſſimilation große Mengen Waſſer verbrauchen und deshalb nur auf waſſerhaltigem Boden gedeihen und gefunden werden, wie z. B. die Rotbuche“), jo wird ſelbſt— verſtändlich in den Blättern dieſer Holzgattungen eine viel größere Menge Waſſer verdunſtet, als bei Holzarten, die ſehr wenig Waſſer verbrauchen. Wenn auch die Wurzeln die ihnen dar— ) Die Rotbuche hat bekanntlich eine große Brennkraft. Sie hat ſonach infolge bekannter Geſetze zur Holzbildung eine ſehr große Summe von Kräften verbraucht, die urſprünglich in Form von Lichtſchwingungen des Aethers vor— handen waren und in den chlorophyllhaltigen Zellen zur Abſcheidung des Sauer- ſtoffs verbraucht und gebunden worden ſind. Man wird dieſes Verhalten zu unter- ſuchen haben. 6 Zweiter Abſchnitt. © gebotenen Nahrungsſalze keineswegs in denſelben quantitativen Verhältniſſen aufſaugen, wie ſie in dem Löſungsgemenge vertreten ſind, ſo nehmen ſie doch gelöſte Stoffe der verſchiedenſten Art, ſelbſt ſchädliche, auf und beſitzen nicht die Eigenſchaft, Kalium, Calcium, Magneſium, Phosphorſäure oder Schwefelſäure, wenn ſie im Boden und der Bodenlöſung reichlich dargeboten werden, zurück— zuweiſen. Hierdurch werden augenſcheinlich die höheren Aſchen— prozente der Buche, Eiche, Hainbuche ꝛc. im Vergleich mit der Kiefer erklärt werden können. Die jungen Saatſchulpflanzen werden in der Waſſerverdunſtung den ſtark ausdunſtenden Gräſern und krautartigen Gewächſen naheſtehen. 2) Die geognoſtiſche Beſchaffenheit des Mutter: geſteins. Die Beobachtung, daß der Kalk- und Baſaltboden in der Regel eine viel höhere Produktionskraft hat, wie der Diluvialſand, der Thonſchiefer- und Grauwackeboden u. ſ. w., hat die Forſtwirte veranlaßt, der Abſtammung des Waldbodens vom Muttergeſtein beſondere Bedeutung beizulegen. Karl Grebe und nach ihm Heinrich Stötzer haben den Einfluß der geognoſtiſchen Verſchiedenheit des Waldbodens zu ergründen verſucht. Aber ſie haben charakteriſtiſche, ſonſt nicht erklärliche Unterſcheidungsmerkmale in keiner Richtung aufzufinden vermocht. Karl Grebe hat (1856) die Verjüngung des Buchenhochwalds getrennt für die verſchiedenen Bodenarten behandelt und eingehend geſchildert. Aber das Endreſultat trifft ſtets zuſammen mit den wenigen Sätzen, welche ich unten über die Beachtung des Waſſergehalts, der Tiefgründigkeit und Lockerheit des Bodens bei der Waldwirtſchaft anführen werde. Auch Heinrich Stötzer hat (1874) die Waldwirtſchaft in dem Gebiete der Grauwacke (öſtlicher Thüringerwald) in einer leſenswerten Abhandlung dar— geſtellt. Er ſchildert genau die Bodenbildung im cambriſchen, ſiluriſchen und devoniſchen Syſtem dieſer Formation, welche überaus wechſelvolle Erſcheinungen darbietet. Aber für alle dieſe mineralogiſch ſehr verſchiedenartigen Formen ſind die Wirtſchaftsregeln, die Stötzer gleichfalls erſchöpfend beſpricht, lediglich die be— kannten Verfahrungsarten, die der Forſtwirt auf allen flachgründigen und trockenen Heideböden oder auf den tiefgründigen und feuchten, zum Graswuchs geneigten Standorten zu wählen hat. Der Forſtwirt, welcher in der Muſchelkalkformation zu wirken hat, wird auf den flachgründigen Kalkböden und auf dem tiefgrün— digen, graswüchſigen Kalklehm genau ſo zu verfahren haben, wie der Forſtwirt in der Grauwackenformation des öſtlichen Thüringerwaldes. Heinrich Nördlinger und Guſtav Heyer haben auf Grund Die Erforſchung der Naturgejege des Waldbaues. 37 ihrer Beobachtungen auf das Unzutreffende der Anſicht Grebes hingewieſen. Nördlinger konſtatiert ausdrücklich, „daß es keine Holzart gibt, die an ein gewiſſes Geſtein oder eine beſtimmte Bodenart geknüpft wäre, daß vielmehr, wenn die äußeren Ver— hältniſſe der Bildung einer hinreichend tiefen Bodenſchicht bei ge— nügender Feuchtigkeit gegeben ſind, dem Baum ſeine natürlichen Abfälle erhalten bleiben und kein klimatiſches oder ein Hindernis der Lage entgegenſteht, jeder Baum auf jeder Gebirgsart gedeihen kann und nachweisbar gedeiht“. Aber trotzdem iſt die Anſicht, daß die geognoſtiſche Abſtam— mung einen eigenartigen, nicht näher beſtimmbaren Einfluß auf den Holzwuchs und den Erfolg der forſtlichen Maßnahmen habe, unter den Forſtwirten noch heute weit verbreitet. Mit einer ſeltenen Beharrlichkeit und Zähigkeit verteidigen viele die Pfeil'ſche Meinung, daß es im Waldbau keine allgemein gültigen Regeln gebe, ſondern lediglich der Baumwuchs über die beſte Wirtſchaftsart belehren könne. Dieſe Anſicht wird, wie man annehmen muß, gekräftigt durch die Beobachtung, daß die Holzpflanzen und die Unkräuter auf Kalk⸗ und Baſaltboden in der Regel üppiger wachſen, wie auf trockenem Sandboden und auf flachgründigem Schieferboden u. ſ. w. Ich bin deshalb veranlaßt, eingehend zu unterſuchen, ob bei der Wahl der forſtlichen Maßnahmen ledig— lich die phyſikaliſchen Eigenſchaften des Bodens — namentlich Feuchtigkeit, Lockerheit, Tiefgründigkeit und Humushaltigkeit — zu beachten ſind oder ob vor allem der geognoſtiſchen Abſtammung eine maßgebende Bedeutung beizulegen iſt. Die Vorgänge bei der Verwitterung der feſten Geſteine ſind durch die Mineralogen noch immer nicht genügend erforſcht worden. Man weiß nur im allgemeinen, daß die chemiſchen Zerſtörungskräfte die Hauptrolle bei der Ver- witterung ſpielen und daß die mechaniſchen Kräfte, die abwechſelnde Hitze und Kälte, die Ausdehnung des Waſſers in den Geſteinsritzen beim Gefrieren, die Kraft des fallenden Regenwaſſers, nicht an ſich, ſondern nur im Verein mit den chemiſchen Kräften etwas Erhebliches zu leiſten vermögen. Wir wiſſen, daß die Luft (mit ihrem Sauerſtoff und ihrer Kohlenſäure), die Meteorwäſſer (als ſolche und durch den Sauerſtoff und namentlich die Kohlenſäure, welche ſie enthalten) die Zertrümmerung der feſten Geſteine vorzugsweiſe bewirken. Wir haben im ſpeciellen über die Vorgänge, durch welche ſich die Schwemmböden (die Schutt- und Kiesböden, Sandböden, Thonböden, Lehmböden, Kalkböden, Mergelböden u. ſ. w.) allmählich gebildet haben, nur ganz allgemeine Kenntniſſe. 38 Zweiter Abſchnitt. Indeſſen iſt es völlig nutzlos, genau zu erforſchen, wie die Alkalifeldſpate, welche charakteriſtiſche Beſtandteile der jog. ſauren Silikate, zu denen man den Granit, Gneiß, Glimmerſchiefer, Porphyr und Trachyt rechnet, bilden, durch die chemiſchen und phyſikaliſchen Kräfte verändert worden ſind; oder wie die andere Gruppe, die Gruppe der baſiſchen Silikate, zu denen man Syenit, Grünſtein (Hyperit und Diorit), Melaphyr, Dolerit und Baſalt rechnet, mit ihren Haupt⸗ beſtandteilen, Augit, Hornblende und Labrador, in den verſchiedenen Verwitterungs— ſtadien beſchaffen iſt; oder in welcher Weiſe die durch das Waſſer abgelöften Teile zu geſchichteten Geſteinen und hierauf zu Sandſtein-, Thon- und Kalkböden abgelagert worden ſind. Denn dieſe Unterſuchung könnte offenbar nur den Zweck haben, die geognoſtiſchen Formationen zu trennen und zu charak— teriſieren nach der Reichhaltigkeit der Nahrung, welche den Wur— zeln der Waldbäume zufließt. Man hat aber in neueſter Zeit erkannt, daß die langjährigen und umſichtigen Beſtrebungen, die Beſtandteile des heutigen Bodens durch chemiſche Analyſe zu erforſchen, nicht einmal ein ungefähres Bild von dem in der Erde für ein Gewächs mit mittlerer Löſungsenergie Verfügbaren . zu liefern vermögen, weil man für die chemiſche Gruppierung der Beſtandteile im Boden, die verſchiedenartige Wurzelthätigkeit der Gewächſe u. ſ. w. kein exaktes Maß finden kann. Die einſichtsvollſten Chemiker machen den Vorſchlag, die von gewiſſen Pflanzen aufgenommenen Mineralbeſtandteile als Maßſtab für den im Boden verfügbaren Vorrat zu benutzen. Die Unterſuchung, ob durch die Verwitterung aus den ein— zelnen Gebirgsarten eine quantitativ und qualitativ verſchieden— artige mineraliſche Nahrung für die Waldbäume überliefert wird, iſt ſonach völlig zwecklos, ſie wird niemals benutzbare Anhalts— punkte für die Beurteilung der Fruchtbarkeit des Waldbodens liefern. In der That treten uns, wenn wir nur einen flüchtigen Blick auf die Art der Aufnahme mineraliſcher Nährſtoffe durch die Pflanzenwurzeln werfen, ſo wunderbare Erſcheinungen entgegen, daß wir verzweifeln müſſen, jemals durch die ſchärfſte chemiſche Analyſe die Auswahl, welche die Pflanze trifft, und die Erſatzmittel, welche ſie im Notfalle heranzuziehen vermag, allgemein zu ergrün— den und zu normieren. Der Boden hat die Eigenſchaft, gelöſte Stoffe ſehr ver— ſchiedener Art, vorzüglich aber unorganiſche Subſtanzen, unter ihnen eine Reihe von Pflanzennährſtoffen, in ſich niederzuſchlagen, ſo daß die durchfiltrierende Löſung weit ärmer an dieſen Stoffen wieder aus der Erde austritt. Von den Stoffen, die in Betracht kommen, ſind alle Baſen, nämlich Ammoniak, Natron, Kalk und Magneſia und von den Säuren Kieſelſäure und Phosphorſäure der Ab— ſorption zugänglich, während Salzſäure, Schwefelſäure und Salpeterſäure nicht abſor— biert werden. Infolge dieſer Eigenſchaft des Bodens ſind in der Bodenlöſung auch bei weit vorgeſchrittener Verwitterung nur wenige Stoffe vorhanden. Aber die Pflanzen entziehen der verdünnten Bodenlöſung die Beſtandteile nicht gleich— mäßig; ſondern die aufnehmbaren Stoffe, namentlich Kali, Salpeterſäure und Die Erforſchung der Naturgeſetze des Waldbaues. 39 Ammoniak, werden in weit größerem Verhältnis, als dieſelbe in der Bodenlöſung vorhanden ſind, aufgenommen. Wenn die Bodenlöſung durch dieſen Uebergang von Stoffen an die Pflanze noch weiter verdünnt iſt, ſo wird ſie ihre löſenden Kräfte auf die in der Feinerde verteilten Verbindungen richten und aus dieſem Reſervoir nahezu ihre alte Konzentration wieder herſtellen. Außerdem führen auch die Wurzelſpitzen die in ihrer Umgebung befindlichen feſten Körper durch die aus den Wurzeln ausſcheidende Kohlenſäure und andere, im Wurzelſaft ent— haltene kräftige Säuren in Löſung über und nehmen dieſelbe infolge der osmo— tiſchen Geſetze in die Wurzelzellen auf. Es iſt ſonach klar, daß der Reichtum eines Geſteins an Mineralſubſtanzen die Fruchtbarkeit des Waldbodens nicht erhöhen kann, weil die überſchüſſigen Mineralſtoffe wirkungslos bei der Ernährung der Waldbäume bleiben. 3) Die Bedeutung der Oertlichkeit für die Wahl der forſtlichen Maßnahmen. Auf dem Gebiete der Forſtlitteratur hat während eines langen Zeitraums Friedrich Wilhelm Leopold Pfeil eine ton-, angebende Stellung uſurpirt — vor allem durch die rückſichtsloſe Verfolgung gegneriſcher Ueberzeugungen mit ätzendem Spotte. Dieſer Mann, der zeitlebens mit den Naturwiſſenſchaften auf feindlichem Fuße ſtand, hat unermüdlich und leider erfolgreich die exakte For— ſchung auf waldbaulichem Gebiete bekämpft und verhöhnt. Es gibt, ſo lehrte Pfeil, keine allgemeinen Regeln für die Art des An— baues, der Erziehung und Behandlung der verſchiedenen Waldbaum— hölzer. Die forſtlichen Wirtſchaftsverfahren müſſen, ſtets wechſelnd, den Eigentümlichkeiten des Standorts angepaßt werden; jeder Forſtmann muß die zu ergreifenden Maßnahmen im einzelnen den örtlichen Verhältniſſen entſprechend wählen, ohne durch irgend eine Regel gebunden zu ſein. Mit dieſem Loſungswort hat Pfeil die langjährige Stagnation im Entwicklungsgange des deutſchen Waldbaues, welche die Schil— derung dieſes Entwicklungsganges in den folgenden Abſchnitten wie ein ſchwarzer Faden durchziehen wird, befeſtigt. Die prakti— ſchen Forſtwirte glaubten und glauben noch heute, daß das ſog. forſtliche Verhalten der Waldbäume in geheimnisvoller, nur dem forſtlich geſchulten Auge erkennbarer Abhängigkeit von den ſog. ört— lichen Verhältniſſen ſtehe. Eine wiſſenſchaftliche Begründung der Holzproduktion ſei, ſo hatte ja der berühmte Pfeil gelehrt, bei 40 Zweiter Abſchnitt. der veränderlichen Natur der Waldzuſtände im Deutſchen Reiche unmöglich. Pfeil hat, wie wir gleich ſehen werden, dieſe ſo ſcharf be— tonten Einflüſſe der Oertlichkeit niemals analyſiert, ſondern ſich lediglich auf myſteriöſe Andeutungen beſchränkt. Man darf des— halb fragen: wie ſind dieſelben beſchaffen? Hat man an irgend einem Orte unerklärbare Erſcheinungen im Holzwuchs, bei der Verjüngung der Beſtände, dem künſtlichen Holzanbau ꝛc. gefunden, deren naturgeſetzliche Urſachen trotz der gründlichſten Forſchung der menſchlichen Erkenntnis verborgen geblieben ſind? Alle dieſe Erſcheinungen ſind, wie ich vermute, mit leichter Mühe zurückzu— führen auf die Eigenſchaften des Bodens, welche den Nahrungs— zufluß vermitteln — auf die Waſſer- und Humushaltigkeit, die Tiefgründigkeit und Lockerheit des Waldbodens. Die Rückſichten, welche der Forſtmann beim Anbau der Holz— gattungen nach Maßgabe ihres örtlichen Gedeihens, welches Pfeil lediglich im Auge hat, zu nehmen hat, liegen klar am Tage. Er hat zunächſt die vertikalen und horizontalen Ver— breitungsgrenzen der Waldbäume zu beachten; er darf ebenſowenig im Hochgebirge die brüchige Kiefer, wie auf tiefgelegenem Sumpf, Bruch- und Moorboden die Lärche anbauen, die in den Alpen ihre Heimat hat. Der Forſtmann hat ferner zu beachten, daß die Baumhölzer ungleiche Anſprüche an den Waſſergehalt und die Tiefgründigkeit des Bodens machen; man kann auf trockenem, mit dichter Heide überzogenem Diluvialſand keinen Buchenhochwald, auf flachgründigen Muſchelkalkköpfen keine langſchaftigen Eichennutzholz— ſtämme und auch keine Erlen und Eſchen züchten. Wenn aber Zweifel entſtehen, ob in irgend einer Oertlichkeit Buchen und Eichen, die beſondere Anſprüche an die Feuchtigkeit, Tiefgründigkeit und den Humusgehalt des Bodens machen, oder genügſamere Waldbäume eingebürgert werden ſollen, ſo iſt (außer der Höhen— lage) lediglich die Humushaltigkeit, die Tiefgründigkeit und Feuch— tigkeit des Waldbodens maßgebend — und dieſe Bodeneigenſchaften ſind keineswegs myſteriös zu nennen. Bei der natürlichen Verjüngung und der Saat und Pflanzung der Waldbäume gilt in allen Oertlichkeiten die erſte Regel: Erhal— tung der Feuchtigkeit, der Lockerheit und ſo viel als möglich der Die Erforſchung der Naturgejege des Waldbaues. 41 Humushaltigkeit des Bodens und Verhütung des Unkrautwuchſes. Bei der natürlichen Verjüngung muß man überall bis zur voll— zogenen Anſamung dunkle Schlagſtellung wählen; aber man muß auf trockenem Boden am raſcheſten lichten, um die jungen Pflanzen durch die Tau⸗ und Regenniederſchläge turgeszent zu erhalten. Auf feuchten, humusreichen Böden, die zu Gras- und Unkrautwuchs neigen, auf Böden, die leicht feſt werden, verhärten und ver— angern, in Lagen, in denen Spätfröſte zu befürchten ſind, hat man unter ſtarkem Schirm zu verjüngen. Die künſtliche Kultur auf trockenem Boden bedingt vorausgehende Bodenlockerung, Beigabe eines Erdballens u. ſ. w. Wenn die Lichtpflanzen auf waſſer— haltigen und humusreichen Böden, in den öſtlichen Länderſtrichen Deutſchlands, im Hochgebirge, an der Seeküſte ꝛc. ſchattenertra— gender ſind, als auf den entgegengeſetzten Standorten, ſo iſt die Urſache, welche dieſe Erſcheinung bewirkt, nicht rätſelhaft, weil man die Geſetze der Waſſerverdunſtung durch die Blätter kennt. Im übrigen wachſen die Waldbäume je nach dem Waſſergehalt und der Tiefgründigkeit, unterſtützt durch den Humusvorrat, mit lebhaftem oder trägem Höhen- und Stärkenwuchs empor — dazu kann der Forſtwirt nichts thun; er muß lediglich für Erhaltung der Laub⸗, Nadel- und Moosdecke des Bodens beſorgt ſein. Es iſt ſicherlich für den Forſtmann wiſſenswert, warum der Kalkgehalt des Bodens den Wuchs der Rotbuche beſonders belebt, wenn der Boden nicht flachgründig und trocken iſt — aber die Forſchung nach der Urſache dieſer Erſcheinung iſt auf die ſogleich zu be— ſprechenden Vorſchriften Pfeils ohne Einwirkung geblieben. In den natürlichen Verbreitungsgrenzen der deutſchen Waldbäume regeln, wie man ſieht, überall die phyſikaliſchen Eigenſchaften des Bodens den Holzwuchs und die forſtlichen Maßnahmen. In allen Oertlichkeiten begegnet man denſelben Naturgeſetzen. Der Forſt— mann hat allerdings die Oertlichkeit nach den vorſtehend ange— führten Eigenſchaften des Standorts genau zu beachten und zu ergründen. Er hat ferner die Hauptrichtungen des örtlichen Holz— verbrauchs bei der Wahl unter den anbaufähigen Holzgattungen, der Feſtſtellung der Umtriebszeiten, Beſtockungsformen ꝛc. eingehend zu würdigen. Aber dieſe Rückſichtnahme und die Zurückführung der forſtlichen Maßnahmen auf die genannten Standortseigenſchaften 42 Zweiter Abſchnitt. iſt der Lehrthätigkeit Pfeils ferngeblieben und von ſeinen Anhän— gern kaum beachtet worden. Man wird indeſſen vermuten, daß Pfeil die Eigentümlich— keiten des Standorts und deren rätſelhafte Wirkungen immerhin geſchildert und beachtenswerte Belege für die Richtigkeit ſeiner An— ſicht beigebracht hat. Die „Deutſche Holzzucht“ (Berlin, 1860) iſt nach der Ber: ſicherung dieſes Schriftſtellers „das Facit ſeines ganzen, der Forſt— wirtſchaft gewidmeten Lebens“; dieſes Buch kann „als Extrakt der ganzen kleinen forſtwiſſenſchaftlichen Bibliothek gelten, welche er im Laufe von 50 Jahren an die Oeffentlichkeit geſchickt hat“. Hier müſſen wir die überzeugenden Belege für die wechſelvollen Be— ziehungen der Waldbäume zur Oertlichkeit in überwältigender Fülle finden. Pfeil beſpricht den Sandboden, den Lehmboden, den Thonboden, den Kalk- und Kreideboden, den Gipsboden und den eigentlichen Humus— boden. „Wenn der Sandboden humusreich iſt und ihm nicht die erforder— liche Feuchtigkeit fehlt, wachſen zwar alle unſere deutſchen Holzarten in ihm, doch ſind von Natur mehr die genügſamen Bäume, wie Kiefer, Aſpe, Birke, auf ihn angewieſen. Von den mehr Bodenkraft in Anſpruch nehmenden Laubhölzern ſcheint ihn vorzugsweiſe die Eiche zu lieben. Die Ausſchlagfähigkeit aller Hölzer iſt auf Sandboden gering, weshalb er ſich auch nicht für den Niederwaldbetrieb eignet. Dies ändert ſich aber alles nach dem Miſchungsverhältnis ſeiner Be— ſtandteile. Man findet im Sandboden ebenſogut noch die ſchönſten Eichen- und ſehr gute Buchenbeſtände, als auch nur noch verkrüppelte Kiefernſträucher, die längſten Maſtbäume, wie verkrüppeltes Strauchholz. Wenn der Untergrund durch ausgewaſchenen Scheuerſand, Ortſtein, reinen Kies oder flachliegendes feſtes Ge— ſtein gebildet wird, ſo kann man höchſtens Kiefernbeſtände von geringem Wuchſe, bei ganz gleicher Beſchaffenheit der Oberfläche, darauf ziehen.“ Bezüglich des Sandbodens wird uns ſonach das wunderbare Geheimnis enthüllt, daß die Waldbäume in trockenem Boden, auf Kies ꝛc. ſchlechter wachſen, als in einem humusreichen Boden, „dem nicht die erforderliche Feuchtigkeit mangelt“. Aber dieſes Verhalten ſcheint mir keineswegs eine beſondere Eigen— tümlichkeit des Sandbodens zu ſein; auf trockenen und humusarmen Kalk-, Lehm-, Thonböden ꝛc. wachſen die Holzarten gleichfalls nicht beſonders freudig, während den friſchen, tiefgründigen Lehmboden die Eiche nicht weniger liebt, wie den Sandboden. Auch kommt es nicht auf das Miſchungsverhältnis des Sand— bodens an. Wenn der Quarzſand, der im trockenen Zuſtande flüchtig wird, die nötige Feuchtigkeit durch Grundwaſſer erhält, wie z. B. im heſſiſchen Rheinthal, bei Karlsruhe ꝛc., ſo lieben denſelben die Buchen, überhaupt alle Holzarten eben— ſo, wie die Eichen. Wenn der Sandboden im Speſſart friſch erhalten wird, ſo wachſen auf demſelben die prächtigſten Buchenbeſtände; wenn dieſer Boden trocken Die Erforſchung der Naturgejege des Waldbaues. 43 wird, ſo wird die Eiche ebenſo krüppelhaft wie die Buche. Auf Sand haben auch, wie beiſpielsweiſe im Odenwald, alle Laubhölzer eine vortreffliche Aus— ſchlagfähigkeit. „Wenn der Lehmboden nicht zu humusarm iſt und den erforderlichen Feuchtigkeisgrad hat,“ ſo verſichert Pfeil weiter, „wachſen ziemlich alle unſere nutzbaren Forſthölzer am beſten darin, erreichen in ihm die größte Vollkommen— heit und geben die größte Holzmaſſe.“ „Der Thonboden kann, wenn er nicht zu bindend und humusreich iſt, zwar als ſehr kräftiger Boden bezeichnet werden, hat aber doch auch wieder ſehr nachteilige Eigenſchaften. Dieſe ſteigern ſich mit dem größeren Thongehalte bis zur gänzlichen Unfruchtbarkeit des reinen Thon— bodens, wie er von Töpfern zur Fertigung der ſteinernen Thonwaren benutzt wird.“ „Die Kalkerde erzeugt einen ätzenden Boden, der ſich nicht für den Hoch— wald eignet.“ Eine Seite ſpäter heißt es: „Der Kalkboden iſt im allgemeinen wohl der beſte Buchen-, Eſchen- und Ahornboden und auf ihm findet man die höchſten Erträge, die der Buchenwald überhaupt geben kann.“ „Der beſſere Gipsboden erzeugt noch Buchen von mittelmäßigem Wuchſe, der ärmere paßt beſſer für den Niederwald, als zur Erziehung von Baumholz“. Der Humus- boden, den Pfeil meint, findet ſich „vorzüglich in Sumpfgegenden“ und iſt „un— vorteilhaft für die Erziehung der meiſten Holzarten.“ Der Holzwuchs ſoll weder auf Sand-, noch auf Kalkboden bis in das höhere Alter aushalten, ſondern nur auf Thon⸗ und Lehmboden, wenn auch der Gang des Zuwachſes auf Sand- und Kalkboden in der erſten Zeit ein lebhafter ſei. Das ſind, ſorgſam excerpiert, die allgemeinen Belege Pfeils für die myſteriöſen Beziehungen zwiſchen Oertlichkeit und Holz— wuchs. Sie beſagen lediglich, daß der Waldboden, wenn er flach— gründig, trocken und nicht genügend durchlüftet iſt, einen minder freudigen Holzwuchs erzeugt als dann, wenn er friſch, locker und tiefgründig iſt. Auch die Angaben über die Bodenanſprüche der Holzarten im ſpeciellen enthalten lediglich flüchtige Beobachtungen, die ebenſo beweislos und ebenſo leicht zu erklären ſind, wie die allgemeinen Bemerkungen. Auffallend iſt nur die Behauptung, daß die Eiche ſelbſt auf dem beſten Kalkboden nicht aushalte und hier nur in Vermiſchung mit anderen Hölzern mit Vorteil zu erziehen ſei “). Die weiteren Mitteilungen, die ich in der Forſtlitteratur finde, variieren zwar beſtändig das Thema „alles zu ſeiner Zeit und am rechten Ort“; aber nirgends finde ich Beziehungen zwiſchen Oertlichkeit und Holzwuchs erwähnt, deren Urſachen im mindeſten ) Die Vorſchriften Pfeils für die Verjüngung, welche dieſe örtlichen Eigen— tümlichkeiten kaum beachten, werden wir ſpäter kennen lernen. 44 Zweiter Abſchnitt. rätſelhaft ſind. (Vorgänge pathologiſcher Natur gehören nicht hierher.) Man darf mit gutem Gewiſſen die ſo über— aus ungenügend begründete Behauptung, daß die Waldbauverfahren nach wechſelvollen und unerforſch— baren Eigentümlichkeiten der Oertlichkeit mittels ſubjektiven Dafürhaltens zu regeln ſeien, als eine verderbliche Irrlehre bezeichnen. II. Der Waſſerſtrom von den Wurzeln zu den Blättern der Waldbäume und die Speiſung desſelben. Als Triebkraft des Pflanzenwuchſes hat, wie wir in der Ein— leitung dieſes Abſchnittes erkannt haben, die Waſſerſtrömung, die durch Verdunſtung hervorgerufen und wahrſcheinlich durch Gas— druck vermittelt wird, die allerhöchſte Bedeutung. Es iſt, wie wir in der nächſten Abteilung dieſes Abſchnitts nachweiſen werden, möglich, daß auch der Kohlenſäureſtrom aus dem Waldboden in die Waldluft ein mächtiger Hebel des Holzwachstums iſt. Aber wir werden gleichzeitig erkennen, daß ein ganz beſtimmter Feuch— tigkeitsgehalt für die Entwicklung der Kohlenſäure im Boden und für den Transport derſelben an die Erdoberfläche nicht entbehrt werden kann — die Kohlenſäureentwicklung, die Thätigkeit der Spaltpilze hört auf, ſobald die Trockenheit des Bodens einen ge— wiſſen Grad erreicht hat. Im Innern der Holzpflanzen iſt dieſer Waſſerſtrom Motor aller Bewegungen. Derſelbe ſteigt mit erſtaunlicher Geſchwindigkeit im Splintholz — und zwar weniger im dichten Herbſtholz als im großzelligen Frühjahrsholz — empor, indem ſich das Imbi— bitionswaſſer der Holzzellwände bewegt. Je ausgiebiger die Verdunſtung und je mächtiger die Strömung iſt, deſto mehr wird die Holzbildung befördert. 1) Die Bodenbeſchaffenheit in ihrem Verhalten zur Aufnahme, Bewahrung und Abgabe des Waſſers. Wie verhält ſich der Kalk-, Lehm-, Thon-, Sand-, Mergel- boden ꝛc. im gelockerten und ungelockerten, bewachſenen und un— Die Erforſchung der Naturgeſetze des Waldbaues. 45 bewachſenen Zuſtande zur Aufſaugung, Bewahrung und Abgabe des Waſſers? Darüber wiſſen wir leider ſehr wenig. Die Er— mittelung der Waſſermenge, welche in einem geſättigten Boden bei einer ſtarken, aber gleichmäßigen Verdunſtung verbleibt, d. h. die Feſtſtellung der „kleinſten Waſſerkapazität“, iſt bisher von den Lehrern der forſtlichen Bodenkunde nicht ernſtlich in Angriff ge— nommen worden. Auch aus den Unterſuchungen der Agrikultur— chemiker wiſſen wir lediglich, daß die Bodenzerkleinerung die waſſerhaltende Kraft ſehr weſentlich erhöht“). Gleich dürftige Ergebniſſe hat die Erforſchung der kapillaren Waſſerleitung im Boden hervorgebracht. Wir wiſſen nur aus den Unterſuchungen von Meiſter, daß hinſichtlich dieſer Fähigkeit die Thonböden obenan ſtehen, daß hierauf die humoſen Erden und die Sandböden folgen und die Gips- und Kreideböden auf der niedrigſten Stufe ſtehen. Man ſieht jedoch auch ohne den experi— mentellen Nachweis auf den erſten Blick, daß die wichtigſte Maß— nahme des Forſtwirts, die oberflächliche Lockerung eines gut leitenden Bodens nur günſtig auf die Erhaltung des Waſſer— vorrats wirken kann. Durch die obere lockere Bodenſchicht dringt das gefallene Regenwaſſer vermöge ſeiner Schwere (ohne kapillare Leitung) bis zu den tieferen Schichten, in welchen kapillare Leitung ſtattfindet. Bei der Austrocknung kann dagegen das Waſſer von unten nach oben nur durch kapillare Leitung gelangen. Dieſe kapillare Leitung iſt in den oberen Bodenſchichten durch die ober— ) Adolph Meyer ermittelte die kleinſte Waſſerkapazität für verſchiedene Korngrößen des Quarzes. Er fand für die folgenden Korngrößen die beige— ſetzten Volumprozente: 0, 27 mm = 7,00% 0,3—09 „ = 13,70, unter 03 „ = 44,60%. Ferner für eine Korngröße von 0,3 bis 0,9 mm: e 20 2.0 -0271,70/n RAA 13,70% Thonſtein 24,50% Holz „ ‚‚ 45,600 und für eine Korngröße unter 0,3 mm: Thonſtein 40,90% S l 46 Zweiter Abſchnitt. flächliche Lockerung vermindert und geſtört worden. Wenn auch die oberen Bodenſchichten ſelbſt ihr Waſſer durch Verdunſtung ver— lieren und austrocknen, ſo werden doch die für die Waldbäume wichtigſten Bodenſchichten des Wurzelraums feucht bleiben, weil ſehr wenig Waſſer an die verdunſtende Oberfläche gelangen kann. Neßler und Wagner haben nachgewieſen, daß eine lockere Erdſchicht von nur 1 em Dicke die Verdunſtung der darunter liegenden feſten Erdſchicht ſehr weſentlich hemmt. Die günſtigen Wirkungen der Bodenlockerung beruhen ſomit nicht allein auf der (ſpäter zu erörternden) Anſammlung der Kohlenſäure, ſondern auch in der Erhaltung des Waſſers. 5 Man kennt endlich die Urſachen, welche den Pflanzenwuchs auf undurchlaſſenden Böden benachteiligen (wenn auch die merkwürdige Eigenſchaft des Thonbodens, eingeſchloſſene Waſſer— teilchen mit beſonderer Zähigkeit feſtzuhalten, noch ungenügend aufgeklärt worden ift). In einem undurchlaſſenden Boden mangelt der Sauerſtoff in der Umgebung der Wurzeln, es bilden ſich ſaure Humusſubſtanzen, die Nährſtofflöſung wird zu ſtark ver: dünnt u. ſ. w. ). Für die forſtliche Praxis läßt ſich aus dieſen Ergebniſſen nur ſchließen, daß vor allem die Lockerheit des Bodens an der Ober— fläche zu befördern, die Undurchläſſigkeit möglichſt zu entfernen und die Tiefgründigkeit möglichſt zu erhöhen iſt. 2) Die Verdunſtungsfähigkeit der Holzgattungen. Ich habe ſchon oben die wunderbare Organiſation der Spalt— öffnungen ꝛc. beſprochen und dabei vermutet, daß die verſchiedenen Anſprüche der Holzarten an den Boden vor allem durch die ab— weichende Waſſerverdunſtung derſelben ihre Erklärung finden werden. Aber es iſt ungemein ſchwer, die Verdunſtungsgröße der Wald— bäume vergleichend zu meſſen. Ich will die mir bekannt gewordenen Unterſuchungen hier mitteilen, obgleich dieſelben eine beſondere Tragweite nicht haben und faſt lediglich die Vermutung begründen, daß die Laubhölzer größere Waſſermengen tranſpirieren, als die Nadelhölzer. ) In dieſem Boden werden wahrſcheinlich die Bakterien (fiehe unten ad III) kein Arbeitsfeld finden. Die Erforſchung der Naturgeſetze des Waldbaues. 47 Schübler und Klauprecht haben die Blätter vom Baume getrennt und dann beobachtet, welche Waſſermengen gleiche Gewichtsteile in 24 Stunden ver— dampfen. Allein dieſe Blätter waren ſelbſtverſtändlich nicht mehr im normalen Zuſtande. Außerdem würde man zuvor die Blattgewichte per Hektar für die einzelnen Holzgattungen und Altersſtufen der geſchloſſenen Beſtände genau zu beſtimmen haben. Theodor Hartig, dieſer verdienſtvolle Forſcher, nahm Stangenhölzer mit möglichſter Schonung der Wurzeln aus dem Boden und ſetzte ſie in mit Waſſer gefüllte Gefäße, aus denen eine freie Waſſerverdunſtung möglichſt ver— hindert worden war. Aus der Gewichtsverminderung der Waſſergefäße berechnete Hartig hierauf die Verdunſtung per Quadratmeter Blattfläche nach Grammen (in 24 Stunden) und fand folgende Reihenfolge: Fichte. . 106 Gramm per Quadratmeter LU Ka 430 in 5 138 15 15 1 ire es e e, 2 206 5 15 „ Br in 5 1 1 ftererat MAN. 255 5 1 nm Hainbuche 290 1 m; „ le AL IR SR . 1250 1 „ Allein es iſt immerhin zu fügen ob die Wurzelthätigteit in dieſen luft- dicht geſchloſſenen und mit Waſſer geteilten Gefäßen normal geblieben iſt. Auch iſt offenbar die Blattfläche per Baum oder per Hektar bei den Gattungen ver— ſchieden. Hartig entfernte ſpäter den waſſerdichten Verſchluß, indem er in die Glas— gefäße gleiche Waſſermengen eingoß und gleiche Verdunſtungsverhältniſſe für das von der Luft berührte Waſſer herſtellte. Er ſetzte fünfjährige Pflanzen ein und fand per Quadratmeter Blattfläche in 24 Stunden folgende Verdunſtungs⸗ Reihenfolge: Eiche. . . . 256 Gramm per Quadratmeter Blattfläche Kiefer 380 7 7 7) 2 „ 5 5 Buche durchſchnittlich 399 1 5 Da jedoch die Blattmenge der 20jährigen dan viel 1 9 iſt, als die Blattmenge der 5jährigen Pflanze, jo berechnete Hartig, daß die Energie der Verdunſtung bei der 5jährigen Pflanze größer iſt, als die Energie bei der Ver— dunſtung der 20jährigen Pflanze, Heieder File e e e e li: mal e e need rem chte gs ri 6 „i Buchheim Durchſchnitt Sa ele N Die weitere Schlußfolgerung, daß die Verdunſtungsthätigkeit alter Bäume, der Belaubung junger Pflanzen gegenüber, auf ½ ſich ermäßigt, erſcheint mir nicht hinlänglich bewieſen. 48 Zweiter Abſchnitt. Ebenſowenig laſſen ſich aus den ſpäteren Verſuchen desſelben Forſchers über die Verdunſtungsgröße der dreiknoſpigen Zweige ſichere Schlüſſe ziehen; Th. Hartig bittet ſelbſt, dieſe Berechnungen nur als Erläuterung des Ideen— ganges zu betrachten. Auch die Unterſuchungen von Pfaff, Risler u. a. geben uns keine benutz⸗ baren Anhaltspunkte für die Vergleichung der Verdunſtungsgröße der Waldbäume. Relativ die ſicherſten Beweiſe für die Behauptung, daß die Holzgattungen ein überaus verſchiedenes Verhalten in der Waſſerverdunſtung zeigen, geben die Unterſuchungen von Franz von Höhnel. Allerdings beziehen ſich dieſelben nicht nur auf ſehr junge Holzpflanzen, ſondern auch auf die Verdunſtungsgröße gleicher Blattgewichte (lufttrocken)b und man müßte die in den Sommermonaten verſchiedenen Blattgewichte per Hektar für alle unterſuchten Holzarten zuvor genau ermitteln. Allein die Reſultate ſind in den drei Verſuchsjahren (1878, 1879 und 1880) ſo übereinſtimmend, daß die ſehr verſchiedene Tranſpirationsfähigkeit der Holzgewächſe kaum noch bezweifelt werden kann. Es beträgt nämlich die Tran— ſpiration per 100 Gramm Blattlufttrockengewicht. 1878. 1879. 1880. der immergrünen Koniferen. 3,7 1279 der ſommergrünen Hölzer .. 41,2 77,6 82,5 Im Mittel betrug die Tranſpiration dieſer 5—6jährigen Holzgewächſe für 100 g lufttrockene Blätter in den drei Jahren 1878, 1879, 1880 Eſch e fk Birke e 8 Nöothüc e ARE, Hainbuche 28 Ulme 662 Bergahorn 886, Stielei e 446 Spizahmn area Zerreich !! Fichte n 135 Kier 91 Tanne ] é DER, Schwarzkiefen 6 Dieſe Zahlen ſind jedoch nicht direkt benutzbar. Man muß offenbar noch unterſuchen, wie groß die Gewichtsmenge iſt, welche die genannten Holzarten in geſchloſſenen Beſtänden beſitzen. Dabei wird die Vergleichung des Grüngewichts ſicherere Anhaltspunkte liefern. Da beiſpielsweiſe die Gewichtsmenge der Be— laubung, die in einem geſchloſſenen Birkenbeſtand gefunden wird, kleiner ſein wird, als in einem geſchloſſenen Buchenbeſtand, ſo wird ſich der Waſſerverbrauch geſchloſſener Beſtände weſentlich verſchieden von der obigen Rangordnung geſtalten. Auch entſpricht dieſelbe nicht der Beobachtung im Walde, z. B. hinſichtlich der Stieleiche im Vergleich mit der Rotbuche. Immerhin iſt mit völliger Sicherheit zu behaupten, daß der Waſſerver— Die Erforschung der Naturgejege des Waldbaues. 49 brauch der Rotbuche weitaus größer ift, als der Waſſerverbrauch der Fichte und Kiefer. Ernſt Ebermayer hat in allen Gegenden Bayerns den Anfall an luft— trockener Streu per Jahr und Hektar ermittelt. Leider ſind hierbei die Jung— hölzer, die Höhnel unterſuchte, nicht vergleichungsfähig. Für die zunächſt folgende Altersklaſſe, die 30—60jährigen Mittelhölzer (bei der Kiefer 25 —50jährig) ergab die Unterſuchung den folgenden Blatt- und Nadelabwurf: Rotbuche 4182 kg per Hektar und Jahr Fichte Zsa „ 95 5101 , e , 15 Durch Multiplikation der Höhnelſchen ee eg ber Kilogramm ergibt ſich als jährliche Waſſerverdunſtung per Hektar: Rotbuche 3,13 Millionen Kilogramm Fichte 0,54 ni 0 Kiefer 0,32 1 Der Buchenwald verdunſtet, wenn die Den in den Mittelhölzern nicht ſehr beträchtlich von der Verdunſtung der Junghölzer abweicht und die Eber— mayerſchen Unterſuchungen das Mittel aller Verhältniſſe annähernd genau ge— troffen haben, über 30 000 hl Waſſer, per Jahr“), der Kiefernwald dagegen nur etwas über 3000 hl. Für die Beſtimmung der Waſſerverdunſtung kann man indeſſen auch noch einen anderen Maßſtab benutzen. Wir haben in der Einleitung geſehen, daß der gewaltige Waſſerſtrom, welcher die Waldbäume durchzieht, die Mineralſtoffe in denſelben zurüdläßt. Wenn man auch die Verhältniſſe der Mineralſtoff— aufnahme nicht genau kennt, ſo iſt doch ſicher, daß um jo mehr Mineralſtoffe der Löſung im Boden und den Bodenteilen entzogen werden, je ſtärker der Waſſerſtrom die Diffuſion belebt. Die Menge der Mineralſtoffe, die im Holz und den Blättern jährlich verbleibt, iſt ſomit ein ziemlich ſicherer Maßſtab für die Waſſerverdunſtung. Wir kennen dieſe Aſchenbeſtandteile, was das Gewicht per Hektar und Jahr betrifft, aus den Ebermayerſchen Unterſuchungen nur für die Rotbuche, die Fichte und Kiefer. Dieſe jährliche Ablagerung lande aſche) beträgt per Hektar in geſchloſſenen Beſtänden: Holz Rinde Zuſ. Buchenhochwald 30 185 215 Fichtenhochwald 22 136 158 Kiefernhochwald 17 46 63 Jedenfalls iſt ſicher, daß die Laubhölzer eine viel größere Waſſermaſſe jährlich verdampfen, wie die Nadelhölzer. Im übrigen iſt unſer Wiſſen über die Ver— dunſtungsgröße der einzelnen Holzarten völlig unzureichend ). ) Höhnel berechnet den Waſſerverbrauch eines 115jährigen Buchenwaldes auf Grund anderer Ziffern zu 40000 hl per Hektar und Jahr. ) Nachdem die vorſtehenden Zeilen niedergeſchrieben waren, kam mir das neueſte Heft der Supplemente zur allgemeinen Forſt- und Jagdzeitung zu und ich fand zu meiner Freude, daß Ernſt Ebermayer, dieſer hochverdiente Forſcher Wagener, Waldbau. 4 50 Zweiter Abſchnitt. 3) Der dichte und der geräumige Stand der Wald— bäume nach dem Verhalten zur Waſſerverdunſtung“). Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß ein im freien Stande erwachſener dicht⸗ und vollbekronter Waldbaum eine größere Waſſermaſſe ver— dampfen wird, als ein gleich alter Stamm mit dünner, lockerer Krone, der im dichten Schluß erwachſen iſt. Allein es iſt hier eine eigenartige Erſcheinung zu beachten. Die Blätter und Nadeln ſchützen ſich ſelbſt gegen die Waſſerverdampfung, wenn das Licht intenſiv auffällt, indem ſie ſich vertikal aufrichten. Die Ver— dunſtungsmenge ſteht deshalb bei den im Kronenſchluß ſtehenden und bei den freiſtändigen Waldbäumen keineswegs im direkten Verhältnis zur Blattmenge oder Blattoberfläche. Hierzu tritt ein gewichtiger Umſtand. Das Regenwaſſer gelangt in den dicht geſchloſſenen Holzbeſtänden nur mit einem Teil der auffallenden Maſſe zum Boden und auch der aufgelagerte Schnee wird in der warmen Luft teilweiſe verdunſtet werden und nicht zum Boden gelangen. Durch die Krone der Bäume werden in einem normal geſchloſſenen Walde, wie Ernſt Ebermayer ermittelt hat, 26 % der wäßrigen Niederſchläge aufgefangen und zurückgehalten. Die Frage, ob ein gelichteter und mit Bodenſchutzholz von Buchen und Hainbuchen verſehener Beſtand, deſſen Stellung wir im ſechſten Abſchnitt kennen lernen werden, den Boden mehr aus— trocknet, als ein geſchloſſener Hochwaldbeſtand, iſt bis jetzt nicht unterſucht worden. Aber es iſt wahrſcheinlich, daß die gelichteten auf dem Gebiete der forſtlichen Bodenkunde, gleichfalls auf den zuletzt erwähnten Weg der Unterſuchung hingewieſen hat. Ebermayer betont ferner die Unter— ſuchung des Waſſergehalts, welchen die Blätter der verſchiedenen Holzarten im grünen Zuſtand haben. Indeſſen wird dieſe Unterſuchung ſchwierig ſein, weil der Waſſergehalt vorausſichtlich an den ſonnenhellen Tagen ſtündlich ſehr be— trächtlich wechſeln wird. Auch wird man möglicherweiſe in den Nadelhölzern infolge des eigenartigen Spaltöffnungsapparats eine viel größere Waſſermenge und einen ſtärker angeſpannten Waſſerdampf im Verdunſtungsraume finden, als bei den Laubhölzern. Es wird deshalb ein Rückſchluß auf die verbrauchte Waſſermenge mißlich ſein. ) Ich werde die erſtaunlichen Wachstumsleiſtungen der Waldbäume, wenn der Kronenraum nur für kurze Zeit geöffnet wird, im ſechſten Abſchnitt näher nachweiſen. Für die Fortbildung des Waldbaues iſt nach meiner Ueberzeugung die Ermittelung des Waſſerverbrauchs der Beſtandsformen von der allerhöchſten Wichtigkeit. Die Erforſchung der Naturgeſetze des Waldbaues. 51 Beſtände einen geringeren Waſſerverbrauch haben, als im dichten Kronenſchluſſe wachſende Holzbeſtände. Höhnel berechnete die Verdunſtung einer 116jährigen Rotbuche auf 8968 kg per Jahr. Auf einem Standort (Baurs zweite Buchenklaſſe), auf welchem im 115. Jahre 580 Buchen ſtehen, ergibt ſich eine Verdunſtung von 52 000 hl per Hektar und Jahr. Auf dem gleichen Standort bedarf, wie ich nach— gewieſen habe, der Lichtungsbetrieb nur 122 Rotbuchen vor der Nutzung im 115jährigen Alter. Bei gleicher Verdunſtungsgröße würden dieſelben um 10 900 hl Waſſer verbrauchen, ſomit nicht den fünften Teil des geſchloſſenen Beſtands. Aber auch Bäume gleicher Stärke verbrauchen im Lichtungsbetriebe per Hektar viel weniger Waſſer, als im geſchloſſenen Beſtand. Im erſteren erreichen die Rot— buchen kurz nach dem 70. Jahre die Grundſtärke des geſchloſſenen Hochwalds (30,7 em in Bruſthöhe) und es finden 265 Stämme per Hektar freien Wachs— raum bis zum 70. Jahr. Für dieſe Stammzahl berechnet ſich eine Verdunſtung von 24 000 Hektoliter per Hektar und Jahr. Beachtet man die größere Niederſchlagmenge, die nach den oben erwähnten Ebermayerſchen Unterſuchungen 18 — 20 000 hl pro Jahr und Hektar betragen wird und beachtet man ferner die ver— ſchiedene Stellung der Blätter zum Licht, ſo kann man ſicherlich vorläufig nicht behaupten, daß der Lichtungsbetrieb bei ſonſt gleichem Bodenſchutz den Waldboden austrocknet. Gründliche Unterſuchungen in dieſer Richtung ſind meines Erachtens die wichtigſte Aufgabe der naturgeſetzlichen Forſchung auf dem Gebiete des Waldbaues. 4) Die Wirkung des Gras- und Unkrautwuchſes auf die Waſſerverdunſtung im Boden. Aus den vor— liegenden, gleichfalls noch unvollkommenen Unterſuchungen, die ich nachſtehend mitteile, geht hervor, daß der mit einer vegetierenden Pflanzendecke bewachſene Boden nicht nur das Eindringen des Waſſers verringert, ſondern auch das im Boden vorhandene Waſſer raſcher verdunſtet, als ſelbſt die nackte, unbeſchattete Bodenoberfläche. Der Waldbau hat vor allem die Bedeckung des Waldbodens mit Gras und andern krautartigen Gewächſen zu verhüten und die oberſte Bodenſchichte ſo viel als irgend möglich locker zu erhalten. Eine ganz kahle Kulturfläche wird waſſerreicher fein, als eine mit Forſt— unkräutern, mit Gras und Heide bewachſene Fläche und eine gelockerte Kulturfläche, wird feuchter bleiben, als ein feſter Boden. Aber ſtets wird man die wirkſamſten Bedingungen für das Ge— deihen der Holzpflanzen unter einer dichten Schicht von lebloſen Blättern und Nadeln — zumal im lockeren Boden — finden. 52 Zweiter Abſchnitt. Schon im vorigen Jahrhundert hat Schübler Beobachtungen über die Verdunſtung des durchnäßten Bodens, dann des Graſes im Vergleich mit einer Waſſerfläche angeſtellt. Das Gras verdunſtete vom 28. Juli bis 7. Auguſt zwei- bis dreimal jo viel als eine gleich große Waſſerfläche. Der durchnäßte Boden verdunſtete, ſobald er oberflächlich abgetrocknet war, im Frühling und Sommer nur 1½, im Herbſt nur 1% von dem Waſſer, welche eine gleich große Waſſerfläche verdunſtete. | Risler hat ermittelt, daß ein Quadratcentimeter Blattoberfläche in einer Stunde verdunſtet: Luzerne 0,46 g Waſſer Raſen 021 „ Weinſtock 0,12 „ Eichen 0,06 „ „ Tannen 0,05 „ „ Der beſtockte Wald verdunſtet viel mehr, als ein nackter Boden, aber viel weniger, als ein mit Luzerne, Klee, Wieſengras bewachſener Boden. Je dichter die Saaten ſtehen, deſto mehr Waſſer wird verdunſtet. E. Wollny hat gleichfalls gefunden, daß der Waſſergehalt der mit einer Vegetationsdecke von Klee, Gras ꝛc. überzogenen Ackererde bei allen Bodenarten ſtets während der Vegetationsperiode niedriger iſt, als der Waſſergehalt des unbewachſenen Bodens. Dagegen iſt wieder ein mit Dünger, Steinen ec. bedeckter Boden am feuchteſten, weniger feucht iſt der unbeſchattete Boden, am trockenſten iſt der mit einer Pflanzendecke überzogene Boden. Je dichter die Pflanzen ſtehen, deſto mehr wird der Boden an Waſſer erſchöpft, wenn auch dieſe Schöpfung nicht proportional der Dichte des Pflanzenſtandes iſt. Dieſelbe Erſcheinung hat Riegler konſtatiert. Unter ſonſt gleichen Ver— hältniſſen wurden Gartenbeete von je 1 m Größe unbedeckt gelaſſen, mit Fichten-, Tannen- und Buchenſtreu (4 em hoch) bedeckt und mit einer Gras— narbe überzogen. Als Mittel der Beſtimmung an der Oberfläche, in 10, 30 und 50 em Tiefe wurde folgender Waſſergehalt gefunden: unbedeckter Boden 17,07%, Fichtenſtreu 2237 ,, Tannenſtreu 22,80 „ Buchenſtreu 21,82 „ Grasnarbe 16,30% Die Regenmenge war ſehr groß. Es wurde ermittelt, daß ſich der Feuchtigkeits— ausgleich im Boden konſequent und raſch vollzieht. (Sonach ſind große Verſuchs— reihen erforderlich. Auch beim Kulturbetrieb wird die Lockerung kleiner Saat— und Pflanzlöcher geringe Wirkung haben.) Endlich ſind die Unterſuchungen von beſonderer Wichtigkeit, welche über das Eindringen des Regen- und Schneewaſſers in den Boden an— geſtellt worden ſind. Die umfangreichſten Forſchungen hat Ernſt Ebermayer (1873) vor— genommen. Hiernach hat der mit toten Blättern und Nadeln und einer leichten Moosdecke bedeckte Boden, wenn man die im ganzen Jahre in 1 und 2 Fuß Die Erforſchung der Naturgejege des Waldbaues. 53 Tiefe durchgeſickerte Waſſermenge vergleicht, das günſtigſte Verhalten. Aber in den nackten Boden im Freien ſickerte, da dieſem das im Holzbeſtande in den Baumkronen hängen gebliebene und hier verdunſtete Waſſer (260%) zu gut kam, eine ähnliche Waſſermenge ein, als im Walde (obgleich das zum Boden gelangende Waſſer auf dem freien Felde ſtärker verdunſtet, als im Walde). Am ungünſtigſten verhielt ſich der nackte Waldboden unter geſchloſſenen Holzbeſtänden. Beſondere Beachtung verdient jedoch die Erſcheinung, daß während der Vegetationsperiode (April bis September incl.) in den ſtreubedeckten Boden nahezu noch einmal ſo viel Waſſer eingedrungen war, als in den unbewaldeten Boden, während der ſtreufreie Boden etwa in der Mitte ſteht. Allein die fünft- lichen Apparate (Lyſimeter) können keine Reſultate liefern, welche den natürlichen Verhältniſſen entſprechen, und deshalb beſpreche ich die von anderen vorgenom— menen Unterſuchungen nicht näher. Indeſſen konſtatieren dieſelben überein— ſtimmend, daß die geringſte Waſſermenge durch einen mit Gras, überhaupt einer vegetierenden Pflanzendecke bewachſenen Boden hindurch ſickert, viel weniger als auf einem nackten Boden im Freien. III. Der Kohlenſäuregehalt des Waldbodens und der Waldluft und die Einwirkung desſelben auf den Holzwuchs ). Die Erörterung dieſer Beziehungen gehört, ſo kann man denken, nicht in eine Darſtellung der Maßnahmen der deutſchen Waldwirtſchaft. In der That iſt dieſes Gebiet der Forſchung bis— her nur ſehr ungenügend angebaut worden, faſt niemals zur Er— gründung der Wachstumsgeſetze der Waldbäume, ſondern vorzugs— weiſe für hygieiniſche Zwecke. Allein die vornehmſte Obliegenheit des Forſtmanns iſt die Erhaltung und die Pflege der Bodenthätig— keit. Die geheimnisvollen Naturkräfte, die den Wald aufbauen, müſſen durch die forſtlichen Verfahrungsarten zur vollen und zwar nachhaltig vollen Entfaltung ihrer Leiſtungskraft befähigt werden. Eine zuverläſſige und täuſchungsfreie Grundlage können die Maß— nahmen der forſtlichen Praxis bei der Saat und Pflanzung, bei der Erziehung und Verjüngung der Waldbeſtände nur dann ge— winnen, wenn die Vorgänge im Waldboden und der Waldluft, welche dieſe verſchiedenen Verfahrungsarten begleiten, auf ihre naturgeſetzlichen Urſachen zurückgeführt werden. Ich habe oben ) Die mir nach dem Druck der nachſtehenden Ausführungen zugänglich gewordenen neueren Unterſuchungsergebniſſe werde ich am Schluſſe dieſes Buchs als Zuſatz nachtragen. 54 Zweiter Abſchnitt. geſagt, daß ſich die Pfeil'ſche Irrlehre von den geheimnisvollen Beziehungen zwiſchen Oertlichkeit und Holzwuchs wie ein ſchwarzer Faden durch die Entwicklungsgeſchichte des deutſchen Waldbaues hindurchzieht. Ohne die klare Erkenntnis der Bodenkräfte, die das Wachstum der Holzbeſtände regeln, würde die Löſung der volks— wirtſchaftlichen Aufgabe des Waldbaues ſtets unſicher und mißlich ſein; die Forſtwirte würden nicht frei von Bedenken hinſichtlich der nachhaltigen Ertragsleiſtung der wählbaren Beſtockungs— formen bleiben und denſelben vielleicht eine unverdiente Bedeutung beimeſſen. Wir können die Nahrungsquellen der Waldbäume kaum gründlich genug unterſuchen. 1) Der Kohlenſäureſtrom aus der Grundluft und ſeine Bedeutung für die Waldvegetation im allge— meinen. Die Strahlen des Sonnenlichtes befähigen, wie wir in der Einleitung dieſes Abſchnitts geſehen haben, die chlorophyllhaltigen Zellen, die organiſchen Verbindungen, aus denen ſich der Holz— körper aufbaut, zu bilden (unter Mitwirkung des Waſſers und weniger Bodenſalze). Außer der Waſſeraufnahme iſt die Abſorp— tion der Kohlenſäure der wichtigſte Faktor des Baumlebens. Der jährliche Kohlenſäureverbrauch der geſchloſſenen Holz— beſtände beträgt nach den Unterſuchungen Ernſt Ebermayers, die ſich auf Ertragsermittelungen in allen Teilen Bayerns ſtützen, durchſchnittlich 5 660 cbm (11 150 kg) per Hektar. Es iſt keinen Augenblick zweifelhaft, daß die gewaltige Luftmaſſe, welche dieſe Kohlenſäure quantitativ enthält, ſelbſt an den heißen Sommertagen, wo in den Wipfeln kaum ein Hauch zu ſpüren iſt, vom Felde in den Wald einſtrömt, daß ſie dem frohwüchſigſten und begehrlichſten Holzbeſtand die benötigte Kohlenſäure zuführen kann. Zwar ſind in 10 000 ebm Luft nur durchſchnittlich 4—6 ebm Kohlenſäure enthalten. Aber es ſtrömt jede halbe Stunde durch das (etwa 5—7 m hohe) Kronendach der Holzbeſtände eine Luftmaſſe von ca. 600 000 ebm pro Hektar, ſelbſt dann, wenn ſich (bei einer Luftgeſchwindigkeit von 0,6 m in der Sekunde) kein Laubblatt bewegt“). An einem Sommertage wird ſomit mehr Kohlenſäure +) Die mittlere Luftgeſchwindigkeit beträgt z. B. in München nahezu 3 m per Sekunde. Die Erforſchung der Naturgejege des Waldbaues. 55 eingeführt, als der Wald während der ganzen Vegetationszeit des Jahres gebraucht. Man kann nicht bezweifeln, daß die Waldproduktion ihre An- fänge finden und die Holzpflanze anwachſen kann, wenn der ge— wöhnliche Kohlenſäuregehalt der Luft vorhanden iſt, obgleich dieſes ſehr verdünnte Nährgas einen weiten und beſchwerlichen Weg bis zu den tiefer liegenden chlorophyllhaltigen Zellen der dickeren Blätterorgane zurückzulegen hat. Man kann in reinem Brunnen⸗ waſſer Buchen und Eichen erziehen und auf einem Mineralboden wachſen Kiefernbeſtände. Aber wir Forſtwirte wiſſen ganz genau wie ſie wachſen. Die Frage liegt nahe, ob der Forſtmann die Produktion der Holzbeſtände nicht beträchtlich zu ſteigern vermag, indem er Humus anſammelt und den Boden gegen Streuentzug und Lichtſtellung ſchützt!). Die Aſſimilationszellen der Pflanzen haben, wie ich ſchon in der Einleitung dieſes Abſchnitts angedeutet habe, in Bezug auf die Kohlenſäureaneignung eine merkwürdige Begehrlichkeit. Sie nehmen die Kohlenſäure, wo ſie dieſelbe finden, gierig auf; für die Verhältniſſe, wie ſie in der Pflanze herrſchen, hat dieſes Gas eine außerordentlich hohe Diffuſionsgeſchwindigkeit. Es iſt a priori, abgeſehen von den unten folgenden Beweiſen, ganz undenkbar, daß die Aſſimilationszellen an den ſonnenhellen Tagen ſtets gleiche Stärkemaſſen bilden, einerlei, ob 10 000 ebm Luft, die in dieſelben einſtrömen, nur 4—6 cbm oder 40—60 ebm Kohlenſäure haben). Die Holzpflanze wird vegetieren und ) Die Wirkungen des Humus auf die Lockerheit und den Feuchtigkeitsgehalt des Waldbodens ſind nicht zu leugnen; aber ſie ſtehen, wie wir ſehen werden, nicht in erſter Reihe. Liebig vermutet, daß der Humus im Ackerboden die Aſſi— milation der Kohlenſäure durch die Pflanzen vermehrt. Er ſagt: „Von der in den Poren der Ackerkrume enthaltenen Kohlenſäure tritt unausgeſetzt ein Teil an die äußere Luft durch Diffuſion, und man verſteht, daß Pflanzen, die mit ihren Blättern den Boden wie mit einer dichten Decke beſchatten und dadurch den Wechſel der kohlenſäurereicheren Luftſchicht unterhalb verlangſamen, in einer ge— gebenen Zeit mehr Kohlenſäure vorfinden und durch ihre Blätter aufzunehmen vermögen, als ſolche, die für ihren Bedarf ausſchließlich auf die atmoſphäriſche Luft angewieſen ſind.“ % Der Diffuſionsſtrom der Kohlenſäure in der Pflanze iſt jo gewaltig, 56 Zweiter Abſchnitt. ihr Leben friſten, wenn der Kohlenſäureſtrom aus dem Boden ab— geſperrt iſt, aber ſie wird in der kohlenſäurereichen Waldluft (auch in der Luft über Garten- und guter Felderde) eine viel größere Maſſe produzieren und dieſe Maſſenproduktion wird im direkten Verhältnis zur Reichhaltigkeit des Kohlenſäureſtroms aus dem Boden ſtehen. Es iſt keinem Zweifel unterworfen, daß die Atmoſphäre ihren Kohlenſäurebedarf in der Hauptſache aus der untergegangenen und verweſenden Pflanzenwelt bezieht. Man hat berechnet, daß all— jährlich auf der Erde faſt die Hälfte der in der Atmoſphäre über— haupt vorhandenen Kohlenſäure erzeugt wird und zwar durch den Atmungsprozeß mit 1%, durch den Verbrennungsprozeß mit 4% und durch den Verweſungsprozeß mit 95 0%. Nun iſt zu beachten, daß der jährliche Laub- und Nadelabfall per Hektar im Mittel 2440—2650 ebm Kohlenſäuregas erzeugt (Ebermayer)k), während im Mittel 5660 ebm Kohlenſäuregas für die Holz- und Laubproduktion gebraucht werden. Wird dieſer gewaltige Kohlenſäureſtrom, der noch durch die Verweſung der Wurzeln, Zweige ꝛc. verſtärkt wird und entweder direkt oder nachdem er vorübergehend im Boden aufbewahrt worden iſt, in die Waldluft ſtrömt, wirkungslos an den Baumkronen vorübergehen? Man darf ſicherlich vermuten, daß dieſer Kohlenſäureſtrom und deſſen verringerte und verſtärkte Reichhaltigkeit die primäre Urſache der Unterſchiede in der Fruchtbar— keit des Waldbodens iſt. Man darf vermuten, daß das Waſſer als Triebkraft der Zellenthätigkeit, aber nicht minder durch die Zubereitung und den Trans— port der Kohlenſäure ſekundäre, wenn auch nicht daß er ſich nicht hemmen läßt. N. J. C. Müller ſchloß die Spaltöffnungen durch elektriſche Reize; Waſſerſtoff und atmoſphäriſche Luft wurden dadurch in ihrer relativen Geſchwindigkeit abgeändert, aber die Kohlenſäure ging faſt immer durch die Zellen und Zellenmembrane mit der bedeutendſten Geſchwindigkeit hindurch. ) Wenn die Kohlenſäure ſämtlich in den Boden und zwar nur in den lockeren Wurzelbodenraum ſinken würde, jo würde man in 10 000 ebm Boden- raum ſicherlich eine ſehr kohlenſäurehaltige Luft finden. Die Erforſchung der Naturgeſetze des Waldbaues. 57 minder wichtige Funktionen im Pflanzenleben zu er— füllen hat. Die dürftigen Ergebniſſe, welche die bisherige Forſchung zu Tage gefördert hat, ſind, wie wir gleich ſehen werden, faſt voll— gültige Beweiſe für die Richtigkeit dieſer Vermutung, obgleich pflanzenphyſiologiſche und hauptſächlich hygieiniſche Zwecke bei dieſen Unterſuchungen maßgebend waren. Sie zeigen zunächſt, daß die Stärkebildung im intenſiven Lichte durch die Erhöhung des Kohlen— ſäuregehalts der Luft in ſtaunenswerter Weiſe geſteigert wird. Sie zeigen ferner, daß in der Tiefe des Bodens ein auf- und ab— wogendes Kohlenſäurereſervoir ſorgſam behütet wird (und dabei iſt der Waldboden nicht einmal unterſucht worden) und daß die oberirdiſchen Luftſchichten aus dieſem Kohlenſäurevorrat geſpeiſt werden. Sie zeigen drittens, daß die Kohlenſäureentwicklung auf: hört, ſobald der Waſſergehalt unter ein gewiſſes Prozent ſinkt. Sie zeigen endlich viertens, daß alle Bodeneigenſchaften, welche die Produktionskraft des Waldbodens — die rätſelhafte Boden— thätigkeit — erhöhen, auch günſtig auf die Entwicklung, die Be— wahrung und die Abgabe der Kohlenſäure wirken. Sennebier hat nachgewieſen, daß grüne Pfirſichzweige die Kohlenſäure, die in dem durchſtrömenden Waſſer dargeboten iſt, nicht verſchmähen, vielmehr doppelt ſo viel Sauerſtoff ausſcheiden, als wenn ſie nur auf die atmoſphäriſche Luft angewieſen ſind. Im Tharander Laboratorium hat man die Pflan— zenmaſſe (Hafer und Erbſen) verdreifacht, indem man durch Luftzufuhr die Ent— wicklung der Kohlenſäure im Boden verſtärkte und außerdem (in einem Verſuch) Kohlenſäure zuführte. Allerdings beſchleunigt die Kohlenſäure auch den Ver— witterungsprozeß, führt die Nährſtoffe in die Bodenlöſung über ꝛc. (Bei dem Tharander Verſuch haben ſich die löslichen Mineralſtoffe in der Ernte und dem Boden verdoppelt.) Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß die Aſſimilation der Kohlenſäure im Kronen— raum der Holzbeſtände nicht gleichmäßig an ſämtlichen Tagen der Vegetations— zeit, ſondern ſtürmiſch und ſprungweiſe erfolgt. Dieſe Sturmperioden werden an ſehr hellen und ſehr warmen Tagen, wenn zugleich die Luft ſehr trocken iſt, eintreten. Die pflanzenphyſiologiſchen Unterſuchungen, namentlich von Godlewsky, haben den Beweis geliefert, daß in diffuſem Lichte nur eine geringe Stärkebildung ſtattfindet — auch in einer kohlenſäurereichen Luft. Dagegen wird die Stärkebildung ganz enorm (auf den ſechs- bis achtfachen Betrag geſteigert, wenn die Blätter im intenſiven Sonnenlicht und gleichzeitig in einer Luft, deren Kohlenſäuregehalt bis zu etwa 80% geſteigert worden iſt, funk— 58 Zweiter Abſchnitt. tionieren. Die Sauerſtoffabſcheidung wird, wie Pfeffer ermittelt hat, durch beſtimmte Wellenlängen des Lichts, die zwiſchen O 000 3968 und 0 000 6866 mm liegen, bewirkt; das Maximum der Wirkung tritt bei einer Wellenlänge von 0 000 5889 mm ein. Im Dunkeln verſchwindet ſogar die früher gebildete Stärke, wenn man z. B. ein Staniolband um ein im Licht fortgeſetzt wachſendes Blatt legt. b ö Die Pflanzenphyſiologen haben ferner nachgewieſen, daß in einer Atmoſphäre, in welcher keine Kohlenſäure vorhanden iſt, auch keine Stärke in den Chlorophyll— körpern am Licht erzeugt wird. Wenn die umgebende Luft keine Kohlenſäure enthält, ſo verſchwindet auch hier wieder die im Chlorophyll entſtandene Stärke, ſowohl im Finſtern als auch bei intenſivem Licht. Dagegen begünſtigt die Zu— nahme des Kohlenſäuregehalts bis zu einer gewiſſen Grenze, die bei den unter— ſuchten Pflanzen zwiſchen 5 und 100% lag, die Sauerſtoffabſcheidung; über dieſe Grenze hinaus wirkt die genannte Zunahme aber mehr oder weniger ſchädlich. Jedoch iſt die Begünſtigung der Sauerſtoffabſcheidung durch eine Zunahme des Kohlenſäuregehalts unterhalb des Optimums viel größer, als die Hemmung durch eine ähnliche Zunahme oberhalb des Optimums. Je ſtärker die Lichtintenſität iſt, deſto mehr wird die Sauerſtoffabſcheidung durch die Zunahme des Kohlen— ſäuregehalts bis zum Optimum begünſtigt, und bei Ueberſchreitung des Optimums um ſo weniger gehemmt. Aus den neueren Unterſuchungen Fodors geht zweifellos her— vor, daß der Kohlenſäuregehalt der Luft am Niveau des Bodens den Kohlenſäuregehalt der höheren Luftſchichten reguliert und be— dingt; der erſtere (½ —1 em über dem Bodenniveau) iſt den größten Teil des Jahres hindurch beträchtlich ſtärker, als der Kohlenſäuregehalt der Luft in einer Höhe von 2½ m über dem Bodenniveau. Die Kohlenſäure unmittelbar am Boden ſchwankt viel ſtärker, als in der höheren Luft; aber ſowohl die Zunahme als die Abnahme am Boden wiederholt ſich in den oberen Luftſchichten. Es kann auch nicht bezweifelt werden, daß die Grund— luft der am Bodenniveau ſtehenden Luft den Kohlenſäuregehalt liefert, denn die Schwankungen ſtimmen zwiſchen der Bodenniveau— luft und der Grundluft überein. Die erſteren folgen ganz regel— mäßig den letzteren. Es iſt ferner nachgewieſen worden, daß der Kohlenſäuregehalt der Grundluft ſtets viel größer iſt, als der Kohlenſäuregehalt oberhalb des Bodens und daß derſelbe konſtant mit der Tiefe jteigt*). Aber über die Vorgänge bei dem Uebergang der Kohlen: ) In Klauſenburg wurde in 4 m Tiefe in 10 000 Teilen Luft 107,5 Teile Die Erforſchung der Naturgejege des Waldbaues. 59 ſäure in die Luft ſind wir bis jetzt nur ungenügend unterrichtet. Im allgemeinen wird die Grundluft dahin ſtrömen, wo ſie einem geringeren Drucke ausgeſetzt iſt. Wenn im Sommer auf heiße Tage kühle Witterung folgt, wenn im Herbſte die kalte atmo— ſphäriſche Luft in die Tiefe dringt, wenn in der Nacht die Luft über dem Boden ſich abkühlt, ſo wird die einſtrömende atmoſphäriſche Luft die Grundluft bewegen, die dahin ſtrömt, wo der Druck am geringſten iſt. Der aufſteigende Waſſerſtrom, den die abdunſtende Erdoberfläche unterhält, wird gleichfalls den Transport dieſes Gaſes vermitteln. Das ſtürmiſche, plötzliche Aufwärtsſpringen der im Boden beſtändig auf⸗ und abwogenden Kohlenſäure über den Boden wird mit der Heftigkeit des Zerſetzungsprozeſſes im Boden zuſammenhängen und beſonders dann erfolgen, wenn die Temperaturdifferenz zwiſchen Boden und Luft groß wird. Forſtlich wichtig iſt, daß dieſes Aufſteigen der Kohlenſäure durch die Erwärmung und die Trockenheit des Bodens befördert, dagegen durch die Beſchattung und die Erhaltung der Feuchtigkeit gehemmt wird. Im Herbſt ſtrömt aus dem warmen, trockenen Boden die Kohlenſäure am ſtärkſten aus, im Frühjahr aus dem kalten, feuchten Boden am wenigſten. Nach Regen nimmt die atmoſphäriſche Kohlenſäure, beſonders im Sommer, zu; in dem ſonſt ſchon warmen Boden wird unter Einwirkung des Regens die Fäulnis heftig beginnen. Außerdem ſtrömt die Grundluft, wie oben bemerkt, mit ſinkendem Luftdrucke ſtärker an die Oberfläche. Es kann nicht bezweifelt werden, daß der Boden hauptſächlich die Werk— ſtätte iſt, wo die Kohlenſäure für die Atmoſphäre zubereitet wird. Die übrigen Quellen haben in kaum beachtenswertem Maße Einfluß; ſie können auch nicht die beträchtlichen Schwankungen im Kohlenſäuregehalt der Bodenniveauluft er— klären. Man hat früher geglaubt, daß die Pflanzen des Nachts Kohlenſäure exhalieren, während ſie des Tags dieſelbe aufnehmen. Allein Corenwinder hat nachgewieſen, daß die Pflanzen nur an ihren jungen Trieben und hier nur ſehr unbedeutend Kohlenſäure ausſtrömen laſſen. Man würde auch in dieſer Weiſe Kohlenſäure gefunden. In Peſt war das Zjährige Mittel in 10 000 Raumteilen Grundluft in den verſchiedenen Verſuchsflächen bei einer Tiefe von lm 2 m 3 m 4m 4,8 6,6 — 28,7 13,7 14,3 20,1 — 18,1 28,4 — 36,5 60 Zweiter Abſchnitt. weder die Schwankungen noch den ſtarken Kohlenſäuregehalt im Herbſt erklären können. Im Winter tritt nach Regen eine andauernde Verminderung ein; im Sommer folgt dieſer Verminderung alsbald eine bedeutendere Vermehrung. Schnee und Nebel haben eine, wenn auch ſehr geringe Einwirkung; während des Froſtes wird der Kohlenſäuregehalt vermehrt, während des Auftauens aber ver— mindert. Wenn ſich in der warmen Jahreszeit der Luftdruck vermehrt, ſo ſinkt der Kohlenſäuregehalt in der Luft, dagegen erhöht ſich der letztere, wenn der Luftdruck abnimmt. An windigen Tagen iſt der Kohlenſäuregehalt der Luft etwas geringer als an windſtillen Tagen; am kohlenſäurereichſten ſind die Winde, welche aus ſüdlichen Gegenden kommen. Die wiſſenſchaftliche Forſchung durfte ſomit zur Begründung des Waldbaues immerhin feſtſtellen, ob und wie weit der Kohlen— ſäuregehalt des Bodens abhängig iſt von dem Waſſergehalt und der Humushaltigkeit des Bodens, der Tiefgründigkeit, Lockerheit, der Thon- und Kalkbeimiſchung desſelben u. ſ. w. Die ſpärlichen Unterſuchungen, deren Ergebniſſe ich anführen werde, geſtatten zwar nur Vermutungen, aber dieſelben ſind von ſo unverkennbarer Bedeutung für die Fortbildung des Waldbaues, daß ich ſie nicht verſchweigen darf. 2) Die Bodenfeuchtigkeit nach ihrer Einwirkung auf den Kohlenſäuregehalt des Bodens und der Waldluft. Bei einem Waſſergehalt des Bodens von 2% entwickelte ſich, wie Fodor gefunden hat, während längerer Zeit kaum eine Spur von Kohlenſäure. Stieg aber unter ſonſt gleichen Verhältniſſen der Waſſergehalt auf 4%, jo entwickelte ſich die Kohlenſäure heftig; fie betrug das 10—20fache der Produktion bei 2%. Es ſcheint zu genügen, daß die Feuchtigkeit eines Bodens 4% er— reiche, auch daß die Zerſetzung in ihm beinahe mit voller Inten— ſität beginne, während anderſeits der Boden nur 1— 2% von dieſer Feuchtigkeit zu verlieren braucht, damit die Zerſetzung mit allen ihren Nebenprodukten ſtillſteht “). Ich brauche nicht zu betonen, wie überaus wichtig dieſes Forſchungsergebnis iſt. Wenn die Forſtwirte beobachtet haben, ) Es iſt zu vermuten, daß dieſer Waſſergehalt in Beziehung ſteht mit den Entwicklungsbedingungen der Bakterien ꝛc., welche die Verweſung im Boden ein— leiten, namentlich mit dem Encyſtierungsprozeß. Die Erforſchung der Naturgeſetze des Waldbaues. 61 daß ein flüchtiger Quarzſand, der arm an Mineralſtoffen iſt, prächtige Holzbeſtände erzeugt, ſobald das benötigte Waſſer im Boden vorgefunden wird, ſo wird wahrſcheinlich die Urſache neben dem ſtärkeren Waſſerſtrom in der Kohlenſäureentwicklung des Bodens gefunden werden, die im trockenen Sand während der bedeutungs— vollen Vegetationstage im Hochſommer vielleicht gleich Null iſt. Der feuchte Boden bereichert den Kohlenſäuregehalt auch noch in anderer Weiſe. Wenn man Luft durch ausgekochtes Waſſer leitet, ſo werden von der Kohlenſäure derſelben kaum bemerkbare Spuren zurückgehalten; aber als man mit demſelben ausgekochten, deſtillierten Waſſer den Boden befeuchtete, ſo wurden von 300g Sand, welche mit 11 Waſſer begoſſen worden waren, 16 ccm Kohlenſäure gebunden. Man hat beobachtet, daß regelmäßig nach Regentagen der Kohlenſäuregehalt der Luft oberhalb des Bodens abnimmt; das Regenwaſſer kann die verſchwundene Kohlenſäure hiernach nicht abſorbiert haben, ſondern der feuchte Boden. Nach jedem ausgiebigen Regen wird der durchfeuchtete Boden der Atmoſphäre große Mengen Kohlenſäure entziehen *). Im Winterhalbjahr, wenn die Bodenluft leicht iſt, wird dieſe abſorbierte Kohlenſäure in die Tiefe herabſteigen. 3) Die Humushaltigkeit nach ihrer Einwirkung auf den Kohlenſäuregehalt des Waldbodens und der Waldluft. Die Unterſuchung hat in dieſer Richtung ſehr bemerkenswerte Ergebniſſe geliefert. Fodor, Möller, Selger u. a. haben nach— gewieſen, daß die Beimengung organiſcher Subſtanzen den Kohlen— ſäuregehalt der Grundluft unzweifelhaft erhöht. Aber dieſer Kohlen— ſäuregehalt ſtand keineswegs im direkten Verhältnis zur Stärke der Beimengung. Vielmehr hatte die Permeabilität, die Durch— läſſigkeit des Bodens für Gaſe und die Temperatur desſelben großen Einfluß. Es können ſogar humiſierende Schichten ärmer an Kohlen- ſäure ſein, als andere, in denen erwieſenermaßen Koblenftoffver: bindungen ſehr ſpärlich vorhanden ſind. Mit Recht hat Bentzen neuerdings darauf hingewieſen, daß die ſtellenweiſe gefundene Kohlenſäure keinen Rückſchluß auf die Intenſität des Zerfegungs: prozeſſes geſtattet. Die bei der Produktion und dem Verluſt der Kohlenſäure beteiligten Faktoren unterſtützen und hemmen ſich gegenſeitig in der mannigfachſten Weiſe. Das Reſultat, der Kohlen⸗ ) Fodor berechnet dieſe Entnahme auf circa 3 ebm per Hektar für eine 10 m hohe Luftſchicht. Wir haben oben geſehen, welche gewaltige Luftmaſſe jede halbe Stunde über dieſe Fläche hinwegzieht. 62 Zweiter Abſchnitt. ſäuregehalt der Grundluft, muß in verſchiedenen Böden ſtets wechſeln und wird bald der Ausdruck für dieſe, bald für jene, im kon— kreten Falle ſchwer zu zerlegenden Kräfte ſein. Die Faktoren, welche die Erzeugung und den Abgang der Kohlenſäure im Boden vermitteln, ſind leider bis jetzt ſehr ungenügend erforſcht worden. Wir wiſſen nur, daß Bakterien und andere mikroskopiſch kleine pflanzliche Organismen den chemiſchen Prozeß der Verweſung einleiten, daß dieſelben Sauer— ſtoff aufnehmen und Kohlenſäure ausſcheiden und daß ſie ſich am ſtärkſten ver— mehren, wenn ſie möglichſt reichlich mit Luft in Berührung kommen. Dieſe Pilze entziehen zunächſt den Angriffsobjekten ihre eigene Nahrung — allein hierin liegt nicht die Hauptwirkung, denn ſonſt würde eine ungeheure Anhäufung von Pilzmaſſen aus den organiſchen Subſtraten hervorgehen. Die Pilze ſind außer den Eiweißſubſtraten, Fetten und Kohlenhydraten mit drei Elementen zu— frieden — Phosphor, Kalium und außerdem Calcium oder Magneſium. — Aber ſie zerſetzen durch ihren Angriff gleichzeitig die kompliciert gebauten Moleküle der Kohlenhydrate und Eiweißſtoffe. Nach den Unterſuchungen von Fodor hört die Thätigkeit der Pilze, die ſich in der Kohlenſäureproduktion manifeſtiert, auf, wenn Chlorgas durch den Boden geleitet oder der Boden in einem Waſſer- oder Paraffinbade über 1000 C. erwärmt wird. Die Umwandlung des Stick— ſtoffs zu Salpeterſäure hört nach den Unterſuchungen von Schlöſing, Müntz u. a. auf, wenn Chloroformdämpfe durch den Boden geblaſen werden oder der Boden in einem ſiedenden Waſſerbade ausgekocht wird. (Desmobakterien und insbe— ſondere die Dauerſporen wurden jedoch bei 1370 bloß betäubt.) Aber immerhin verdienen ſchon jetzt die Ergebniſſe der Unter— ſuchungen über den Kohlenſäuregehalt des Bodens die hervor: ragende Beachtung der Forſtwirte. Alle Meſſungen ſtimmen darin überein, daß der Kohlenſäuregehalt mit der Bodentiefe ſehr beträcht— lich ſteigt; die Schöpfung ſcheint ein reiches Kohlenſäurereſervoir in die tieferen Bodenſchichten gelegt zu haben. Der Forſtwirt kann häufig beobachten, daß ein Boden, der nur eine dünne Humus⸗ ſchicht hat, einen vortrefflichen Holzwuchs erzeugt, wenn er locker, feucht und genügend tiefgründig iſt. Auf dem lockeren Sandboden, dem zehrenden Kalkboden ꝛc. verweſen die Laubabfälle ꝛc. ſehr raſch, während der Lehm- und Thonboden eine ſehr langſame Verweſung bewirkt — aber bei dem Vorhandenſein der oben ge— nannten phyſikaliſchen Eigenſchaften findet man auf Kalkboden den beſten Buchenwuchs. Hat die Schöpfuug nicht nur ein reichhaltiges, ſondern auch wenig veränderliches Kohlenſäurereſervoir in die unteren Bodenſchichten gelegt, deſſen Entleerung vielleicht in weiſer Fürſorge nach den Erforderniſſen der Pflanzenvegetation geregelt Die Erforſchung der Naturgejege des Waldbaues. 63 worden iſt, ſo würde man vielleicht erklären können, warum die Humushaltigkeit der oberen Bodenſchicht keine unerläßliche Be— dingung für das Gedeihen der Waldvegetation iſt, ſondern erſt dann hervorragend wichtig wird, wenn einem Boden Lockerheit, Feuchtigkeit und Tiefgründigkeit mangeln. Nach den Unterſuchungen, welche neuerdings Selger in Erlangen vorgenommen hat, ſcheint dieſe Vermutung geſtattet zu ſein. Selger hat die Grundluft in der Tiefe von 1½ und 3 m in der Nähe einer Verſitzgrube, in welche die Abfälle der Anatomie gelangen und in größerer Entfernung (20 m von dieſer Grube) auf den Kohlenſäuregehalt unterſucht. Er fand zunächſt in Beſtätigung der Verſuche anderer Forſcher in 100 Teilen Luft in der Nähe der Verſitzgrube in 20 m Entfernung. 1½ m tief = 4,07 per Meter, 2,41 per Meter, „ 7 — 9,87 , 7 5,05 7 * Derſelbe fand aber ferner die auffallende Erſcheinung, daß durch die ausgiebige Ventilaton des Bodens während eines Tages der Kohlenſäuregehalt überall in 1½ m Tiefe auf die Hälfte ge— ſunken, dagegen in 3m Tiefe faſt unverändert geblieben war. Wenn dieſes Forſchungsergebnis durch andere Unterſuchungen beſtätigt wird, ſo würden der Waldbaupraxis neue Geſichtspunkte eröffnet werden. Man würde vielleicht ſagen können, daß — bei den Kulturflächen mit Unkrautwuchs und Heidehumus, bei der Behandlung des Bodens während und nach der Streunutzung u. ſ. w. — hauptſächlich darauf zu ſehen ſei, daß die obere Boden— ſchicht durchläſſig für die aufſteigende Kohlenſäure gemacht wird und feucht bleibt. Die Bodenlockerung durch Kurzhacken, mit dem Waldpflug u. ſ. w. würde eine ganz andere Bedeutung gewinnen, als bisher. 4) Die übrigen Bodeneigenſchaften nach ihrer Ein— wirkung auf den Kohlenſäuregehalt des Waldbodens und der Waldluft. Dichte und ſchwere Böden haben eine kohlenſäurereichere Atmosphäre, als lockere Böden. Die Kohlenſäure wird im Sand— boden, wie Fodor ermittelt hat, ſehr raſch erzeugt und an die Luft abgegeben. Aber der Lehmboden entwickelt in den erſten Tagen weniger, dann aber mehr Kohlenſäure, als der Sandboden. Jedoch wurden im ganzen, wenn längere Zeiträume beobachtet wurden, gleiche Menge entwickelt. Ein eigentümliches Verhalten zeigt der Thon. Er erſchwert 64 Zweiter Abſchnitt. den Austritt der Kohlenſäure, hindert aber nicht das Eindringen des Sauerſtoffs aus der Atmoſphäre. Auch der Kalkgehalt des Bodens übt eine beſondere Wirkung auf die Kohlenſäureproduktion im Boden aus. Man hat humoſe Erde, gemiſcht mit Aetzkalk und ohne denſelben, einem abgeſperrten Volumen von atmoſphäriſcher Luft ausgeſetzt. Der Sauerſtoffkonſum und die Kohlenſäureproduktion war in den Fällen, wo Aetzkalk beigemiſcht war, um das Vielfache höher, als ohne dieſe Beimiſchung. Es iſt außer Zweifel, daß Aetzkalk die Zer— ſetzung der humoſen Subſtanzen beſchleunigt. Den größten Einfluß auf die Kohlenſäureproduktion hat aber, außer der Erwärmung und der Feuchtigkeit, der reichliche oder kärgliche Zutritt der Luft zu den im Boden enthaltenen organiſchen Subſtanzen. Wenn einem Kilogramm Erde 0,25 ! Luft per Stunde zugeführt werden, ſo produziert dieſe Erde bei ſonſt gleichen Verhältniſſen 1,18 cem Kohlenſäure per Stunde, ſtieg die Luftzufuhr auf 1,30 J, jo wurden 4,20 cem Kohlen— ſäure gebildet (Fodor). Hiernach ſcheint Humushaltigkeit, Feuchtigkeit, Erwärmung, aus: giebige Luftcirkulation, Lockerheit der oberen Bodenſchicht, Kalkgehaltꝛc. hauptſächlich auf die Erzeugung und die raſche Abgabe der Kohlen: ſäure, dagegen die Dichtigkeit, Tiefgründigkeit, der Thon: und Lehm: gehalt ꝛc. hauptſächlich auf die Bewahrung und langſame, aber nachhaltige Abgabe der Kohlenſäure zu wirken. Die praktiſchen Forſtwirte, welche die Wachstumserſcheinungen im Walde aufmerk— ſam zu beachten pflegen, werden auch hier wieder zugeſtehen müſſen, daß dieſe ſpärlichen Unterſuchungen, deren Ergebniſſe ich hier mit wenigen Worten angegeben habe, in beachtenswerter Weiſe mit ihren Wahrnehmungen harmonieren. Man kann täglich die ſchönſten Holzbeſtände auf bindendem, lehm- und thonhaltigem Boden ſehen. Der tiefgründige Kalkboden trägt, obgleich der Blattabfall ſehr raſch zerſetzt wird und eine tiefe Humusſchicht ſehr oft nicht vor— handen iſt, den vortrefflichſten Buchenwuchs. Der Sandboden, wenn er feucht bleibt, ſteht in der Holzproduktion auf einer hohen Stufe u. ſ. w. — in allen dieſen Bodenarten werden höchſtwahr— ſcheinlich beſonders günſtige Verhältniſſe für die Entwicklung, die Aufnahme und die Bewahrung der Kohlenſäure dargeboten werden. Die Erforſchung der Naturgeſetze des Waldbaues. 65 Die Tiefgründigkeit iſt ein weſentlicher Faktor der Bodengüte. Nun bietet allerdings ein tiefgründiger Boden den mit dichter Verzwei— gung eindringenden Wurzeln eine reichhaltige Waſſerſpeiſung für die Verdampfung in den Baumblättern — aber auch der Kohlenſäure— gehalt der Bodenluft wächſt mit der Tiefe, wenn nicht feſtes Geſtein die Unterlage bildet, ſehr beträchtlich. Wenn der Boden gelockert wird, wenn die Luft durchziehen kann und die Bodenfeuchtigkeit ſich nicht mehr verflüchtigen kann, ſo wachſen alsbald die Holz— pflanzen viel beſſer als früher — wir haben geſehen, daß die Kohlenſäureentwicklung im durchlüfteten Boden ſehr weſentlich ſteigt. Beſondere Beachtung verdient das Verhalten der Kohlenſäure in einem mit Gras, Heide und anderen Forſtunkräu— tern überzogenen Boden; hier wird allerdings die Wirkung kombinierter Urſachen hervortreten und namentlich wird der Waſſer— gehalt des Bodens die Kohlenſäureentwicklung beeinfluſſen. Mit lebenden Pflanzen bedeckte, feuchte Ackererde enthielt, wie E. Wollny gefunden hat, während der wärmeren Jahreszeit bedeutend ge— ringere Mengen von Kohlenſäure, als der brachliegende oder mit einer Decke von abgeſtorbenen Pflanzen (Stroh) bedeckte Boden unter ſonſt gleichen Verhältniſſen. Der brachliegende Boden ent— hielt 4,4, der mit Stroh bedeckte Boden 3,4 mal mehr Kohlenſäure, als der Grasboden. Dagegen enthielt während der kälteren Jahres— zeit der mit lebenden Pflanzen bedeckte Boden mehr Kohlenſäure, als der brachliegende. Mit der zunehmenden Dichte der lebenden Pflanzendecke nimmt der Kohlenſäuregehalt ab. Wollny glaubt die Urſache in der durch die Bedeckung modifizierten Feuchtigkeit, Wärme und Poroſität des Bodens zu ‚finden. Es iſt ſonach, wie es ſcheint, die ſorgſame Entfernung des Bodenüberzuges im Walde — Heide, Heidelbeeren, Gras u. ſ. w. — nicht nur wegen Erhaltung der Feuchtigkeit, ſondern auch wegen Bewahrung der Kohlenſäure geboten. Auch Ernſt Ebermayer hat unter Akaziengebüſch auf einem nackten, ungedüngten, nicht bearbeiteten Boden in 1 Meter Tiefe nur etwas mehr als die Hälfte der Kohlenſäure gefunden, wie im nackten Boden von ſonſt gleicher Beſchaffenheit. Derſelbe Forſcher fand im Waldboden viel größere Kohlenſäuremengen (in der Humus⸗ decke in 1000 em 1,48, in ½% m Tiefe 4,55, in Im Tiefe 5,02) Wagener, Waldbau. 5 66 Zweiter Abſchnitt. als in der Waldluft (in 2 m über dem Boden nur 0,80) und hier die doppelte Kohlenſäuremenge, wie in der freien atmoſphä— riſchen Luft in gleicher Höhe (0,41); aber im Ackerfeld waren in ½% und 1 m Tiefe viel größere Kohlenſäuremengen (26,67 und 25,63 p. m.). Ebermayer erklärt den ungleich größeren Kohlenſäure— reichtum im Ackerboden durch die beſſere Durchlüftung eines be— arbeiteten Bodens, durch die innigere Vermengung der organiſchen Stoffe (Humus) mit dem Ackerboden und durch die größere Wärme des unbewaldeten Bodens im Sommer. (Vielleicht bietet die lockere Erdkrume ein ebenſo günſtiges Reſervoir für die Bewahrung der Kohlenſäure, wie für die Bewahrung des Waſſers. Das wird zu erforſchen ſein.) Ich habe die vorſtehenden Unterſuchungen angeführt, obgleich dieſelben bis jetzt ein ſicheres Fundament für die Praxis des Wald— baues noch nicht bilden. Aber die Ergebniſſe dieſer Forſchungen, die größtenteils ganz andere Zwecke verfolgt haben und namentlich die Urſachen der Infektionskrankheiten aufklären wollten, haben eine unverkennbare Bedeutung für die naturgeſetzliche Begründung der forſtlichen Maßnahmen. Die Forſtwirte ſind mit der „Befragung der Bäume“ keinen Schritt weiter gekommen, als ſeinerzeit der Forſtbotaniker Reum, indem er die Wachstumserſcheinungen der Waldbäume als Produkt der „allgemeinen irdiſchen Thätigkeit“ definierte. Die Meſſung der Kohlenſäure im Boden — im kahlen und verſchiedenartig (mit Laub- und Nadelholz) beſtockten, mit totem Laub und lebenden Pflanzen bedeckten Sand-, Kalk-, Lehm- und Thonboden, auf ſüdlichen und nördlichen Lagen, im geſchonten und durch Streunutzung geſchwächten Boden ꝛc. ꝛc. — iſt ſicherlich ebenſo eifrig zu fördern, als die Unterſuchung der Waſſerſtrö— mung, welche die wichtigſte Triebkraft für die Aſſimilation des Kohlenſtoffs iſt. IV. Die Maßnahmen der forſtlichen Praxis zum Schutze der Vodenkraft. In den vorhergehenden Abteilungen dieſes Abſchnitts glaube ich die Ergebniſſe der naturgeſetzlichen Forſchung, ſoweit ſie den Die Erforſchung der Naturgeſetze des Waldbaues. 67 Waldbau betreffen und ſoweit ſie mir zugänglich waren, ſorgſam dargeſtellt zu haben. Sie ſind zwar noch unvollkommen und ergänzungsbedürftig, aber ſie ſind vielverſprechende Anfänge, die vielleicht noch im laufenden Jahrhundert zu einer durchdringenden Erkenntnis dieſer Naturgeſetze erweitert werden. Schon jetzt darf man vermuten, daß die Erhaltung und die Steigerung der Produktionskraft des Waldbodens erzielt werden wird, wenn die Forſtwirte Fürſorge in zweierlei Richtung treffen. Erſtens muß im Boden die Waſſermenge, welche für die Kohlen— ſäureentwicklung und die Blätterverdunſtung benötigt iſt, erhalten werden und leicht cirkulieren können, zweitens muß nicht nur eine reichhaltige Kohlenſäuremenge im Boden durch Humusanſammlung und namentlich Durchlüftung desſelben gebildet werden, es ſind auch die Bodeneigenſchaften herzuſtellen, welche einerſeits die Auf— bewahrung und anderſeits die raſche Abgabe der Kohlenſäure an die Waldluft an den ſonnenhellen Tagen begünſtigen. So darf man bis jetzt mutmaßen. Es iſt keinem Zweifel unterworfen, daß ſich der dicht ge— ſchloſſene Wald die günſtigſten Bodenzuſtände ohne weitere Beihilfe zu verſchaffen vermag — durch die Bedeckung des Bodens mit dem abfallenden Laube und den Nadeln der Waldbäume und durch die Beſchattung, welche von den dichten, geſchloſſenen Baumkronen bewirkt wird. Die zu Humus verweſenden Laub- und Nadelabfälle bilden nicht nur eine reich fließende Kohlenſäurequelle, die Humus⸗ bildung macht auch den Boden feucht, weil der Humus eine große Quantität Waſſer in tropfbar flüſſiger Geſtalt aufzunehmen und feſtzuhalten vermag. Der leichte, lockere Sand wird durch die Humusbeimiſchung bindender und feuchter, der ſchwere bindende Thonboden mürber und durchläſſiger für Waſſer. Der Boden wird durch die Beimiſchung des ſchwarz gefärbten Humus wärmer und befördert dadurch die Wurzelthätigkeit und den Verweſungs- und Verwitterungsprozeß im Boden. Die humushaltigen Böden haben neben den thon- und lehmreichen Böden das größte Abſorptions— vermögen für Pflanzennährſtoffe; die oben beſprochene Bodenlöſung findet im Humus reichlichen und nachhaltigen Erſatz. Der Forſtwirt wird ſelbſtverſtändlich alle Einwirkungen, welche den Waſſergehalt und die Humushaltigkeit des Bodens verflüchtigen 68 Zweiter Abſchnitt. und zerſtören, möglichſt fern zu halten ſuchen. Allein derartige Einwirkungen laſſen ſich nicht immer abwenden; der Waldboden läßt ſich nicht immer im tiefen Schatten, geſchirmt gegen Wind, Sonnenlicht und Unkrautwuchs, erhalten. Einzelne Holzarten, wie Eichen, Birken u. ſ. w. ſind von Jugend auf ſo lichtbedürftig, daß ſie den Böden keine dichte Ueberſchirmung zu verleihen vermögen, andere Holzarten, wie die Kiefer ꝛc., ſtellen ſich im höheren Alter licht. Schnee- und Eis— druck, Wind und Inſekten ꝛc. durchlöchern und durchlichten die Beſtände. Durch Streuberechtigungen wird dem Boden die ſchützende Decke geraubt und Verhärtung desſelben befördert. Während der Verjüngung der Waldungen verflüchtigt ſich der Humus- und Waſſergehalt des Bodens. Wir müſſen deshalb die praktiſchen kaßnahmen, welche die Forſtwirte zur Abwendung dieſer ſchäd— lichen Einflüſſe der Sonne und des Windes erprobt gefunden haben, geſondert beſprechen. 1) Die Auswahl der Holzarten beim Anbau nach der Rückwirkung auf die Produktionskraft des Bodens. Es iſt bis jetzt, ſo viel ich weiß, noch nicht unterſucht worden, in welcher Reihenfolge die Waldbäume-Gattungen hinſichtlich des Vermögens ſtehen, durch Humusbildung die Bodenkraft zu ſtärken. Ernſt Ebermayer hat (1876) nachgewieſen, daß in Waldbeſtänden verſchiedener Holzarten im großen Durchſchnitt all— jährlich die gleiche Gewichtsmenge organiſcher Subſtanz ohne beträchtliche Unterſchiede nach dem Beſtandsalter produziert und im folgenden Verhältnis abgeworfen wird: Buchenbeſtände 4107 kg Fichtenbeſtände 3537 „ Kiefernbeſtände 3706 „ Allein wir wiſſen nicht, wie ſich dieſe Gewichtsmengen zur Humus— und Kohlenſäurebildung verhalten. Wir wiſſen nicht, ob die kleber- und eiweißhaltigen, vom Schnee zu einer kompakten Maſſe zuſammengepreßten Buchenblätter*) den Feuchtigkeitsgehalt des Bodens in beſſerer Weiſe zu erhalten vermögen, als eine gut ge— ) Die oben genannten Pilze finden die geeignetſte kohlenſtoffhaltige Nah— rung im Zucker, die beſte ſtickſtoffhaltige in Eiweißſtoffen und Peptonen. Die Erforſchung der Naturgeſetze des Waldbaues. 69 ſchloſſene, ſtarke Moosdecke unter älteren Fichten- und Tannen— beſtänden, welche das Waſſer gierig einſaugt und dem Boden mit— teilt, zudem durch die verweſenden unteren Teile der Stengel den Humus vermehrt, ohne den Luftzutritt abzuſperren. Wir wiſſen ebenſowenig, ob eine dichte Nadeldecke unter gut geſchloſſenen Kiefern⸗ und Lärchenbeſtänden eine ähnliche Wirkung ausübt. Man darf nur vermuten, daß die Birke durch den Abwurf der kleinen und dünnen Blätter den Humusgehalt des Bodens nur in ſehr ſpärlichem Maße bereichern wird — aber ſelbſt bezüglich der Aſpe iſt die Wirkung des Blattabfalls auf die Bodenverbeſſerung nicht bekannt geworden. Es iſt ſicherlich nicht zu bezweifeln, daß die ſog. ſchatten— ertragenden Holzarten, deren Blätter und Nadeln im Innern der Krone wenig Licht gebrauchen und deshalb einen dichten Schirm bilden, in vorderſter Reihe hinſichtlich der Erhaltung und Ver— mehrung der Bodenkraft ſtehen. Allein es iſt zu fragen, ob ſie dieſe günſtige Wirkung hervorrufen, indem ſie durch dunklen Schatten die Verdunſtung der Bodenfeuchtig— keit hemmen oder ob die abfallenden organiſchen Subſtanzen der Rotbuche, Hainbuche, Fichte ꝛc. an und für ſich die Humus— bildung mehr verſtärken, als die abfallenden Kiefern- und Lärchen— nadeln, das faulende Eichenlaub ꝛc. Erfahrungsgemäß erhalten auch die lichtbedürftigen Holzarten, wenn fie unausgeſetzt eine dichte Beſtockung bilden, die Bodenfeuchtigkeit und verhindern den Unkrautwuchs — vorausgeſetzt, daß Streunutzung ausgeſchloſſen bleibt. Wird die reine Eichenbeſtockung im Niederwalde durch tiefen Hieb zu zahlreichen Ausſchlägen gezwungen, ſo erhält ſich der Boden erfahrungsgemäß beſſer, als im lückigen Buchennieder— walde. Die verſtärkte Humusbildung durch das Buchen— laub ꝛc. ſcheint der vollen Beſchattung des Bodens an Wirkungsfähigkeit nachzuſtehen. Die Rückwirkung der aus verſchiedenen Baumhölzern gebildeten Holzbeſtände auf die Humusbildung im Boden, die ſicherlich be— deutungsreich für die Auswahl der Waldbäume bei der Bildung gemiſchter Beſtände iſt, läßt ſich ſonach nicht bemeſſen. Wir ſind auf die Berückſichtigung des Verhaltens gegen Licht und Schatten angewieſen; zur herrſchenden Beſtandsbildung dürfen nur ſchatten— 70 Zweiter Abſchnitt. tragende Holzarten berufen werden. (Näheres hierüber im fünften Abſchnitt.) 2) Das Bodenſchutzholz. In fortwachſenden Beſtänden, die ſich licht ſtellen oder deren Kronenſchluß durch Naturereigniſſe oder ſog. Lichtungshiebe durchbrochen wird, kann man die Boden— kraft nur durch einen Unterwuchs, der aus ſchattenertragenden Holzarten gebildet wird, dauernd ſchützen. Zwar kann man vom theoretiſchen Standpunkt aus fragen, ob ein nackter Boden durch die oft wiederholte Lockerung der Oberfläche, welche die Feuchtigkeit gleichfalls gegen Verflüchtigung bewahrt und die Zufuhr der Kohlen— ſäure befördert, ebenſogut beſchirmt werden kann, als durch den Anbau von Schutzhölzern. Das Schutzholz wird nicht nur die leichten Waſſerniederſchläge größtenteils mit ſeinen Blättern und Nadeln auffangen und durch Verdunſtung dem Boden entziehen; dieſes Schutzholz wird auch, wenn die Sonnenſtrahlen auf die Blätter fallen, durch Waſſerverdunſtung den Boden ſchwächen. Man kann ſagen, daß im Vergleich mit dieſen ungünſtigen Wirkungen die Bedeckung des Bodens durch das abfallende Laub und die Bereicherung durch die Verweſung des letzteren im Nutzeffekt der Bodenlockerung nachſtehen wird. Vergleichende Unterſuchungen, welche eine Bilanz geſtatten würden, liegen meines Wiſſens nicht vor und praktiſche Beobachtungen auf vergleichungsfähigen Flächen find ebenſowenig bekannt geworden. Allein es hat die Erörterung dieſer Fragen, wie gejagt, faſt lediglich theoretiſche Bedeutung. Der nackte Boden über— zieht ſich alsbald mit Gras, Heide, Heidelbeeren und anderen Forſtunkräutern — und dieſe verdunſten das Waſſer im Boden höchſtwahrſcheinlich viel ſtärker, als die ſchattenertragenden Laub- und Nadelhölzer. Es würde ſomit unausgeſetzte Bodenlockerung zur Unterdrückung des Unkrautwuchſes notwendig werden und dieſe iſt im Waldbetriebe ſchon wegen des Koſtenaufwands ſelten ausführbar. Der Forſtwirt bleibt auf das Bodenſchutzholz angewieſen. Zu Schutzholz werden in erſter Reihe einerſeits Buchen und Hainbuchen (letztere vorzugsweiſe als Stockſchlag) und anderſeits Fichten und Weißtannen in Betracht kommen. Es iſt keinem Zweifel unterworfen, daß Buchen und Hainbuchen ungleich leiſtungs— fähiger ſind, als Fichten und Tannen und die Tanne wieder der Fichte voran ſteht. Buchen und Hainbuchen ſind erfahrungsgemäß als Bodenſchutzholz ſchattenertragender, als die Fichten und Tannen. Während das Buchen- und Hainbuchenlaub raſch verweſt, bleibt der Humus unter Fichten roh und unzerſetzt. Die Tanne ſteht der Buche näher; die Abfälle der Tanne zerſetzen ſich reiner und liefern einen geringen Rückſtand von Rohhumus, wie die Abfälle der Fichte. Vor allem iſt jedoch der Umſtand entſcheidend, daß Die Erforſchung der Naturgejege des Waldbaues. 71 Buchen und Hainbuchen und auch Weißtannen die wäßrigen Nieder— ſchläge mit größeren Mengen zum Boden gelangen laſſen, als Fichten; in einem geſchloſſenen Fichtenbeſtande gelangten bei den Eber— mayerſchen Unterſuchungen nur 59 0% an Boden, in Buchenbeſtänden dagegen 73—83 9. Auch die Krone der Weißtanne iſt lockerer, wie die Fichtenkrone. Außer dem Waſſerzufluß ſchließt die Fichte auch den Luftzutritt ab; der Humus bleibt, wie geſagt, roh und un— zerſetzt. Die obere Bodenſchicht durchzieht ſich mit den zahlreichen, eng verzweigten und fein verteilten Wurzeln der Fichte und dieſe Wurzeln ſaugen die Feuchtigkeit auf und führen ſie dem Unter— wuchs zu. Der Oberſtand wird bei Fichtenunterwuchs bald durch Bodentrockenheit leiden. Wenn aber der Boden feucht iſt, wenn das Grundwaſſer nahe liegt und aufſteigt, dann gedeiht erfahrungs— gemäß die Eiche auch im Fichtenunterwuchs — in dem feuchten Boden kann die Verringerung des Waſſergehalts durch den Fichten— unterwuchs nicht nachteilig wirken, während die Fichten den Gras— wuchs zurückhalten. Ueber die Nachteile des Fichtenunterwuchſes in Kiefernbeſtänden werden aus Meiningen vergleichende Beobachtungen mitgeteilt. Nachdem in dieſen Kiefern— beſtänden teilweiſe das Fichtenbodenſchutzholz ausgehauen worden war, zeigte ſich in allen Fällen eine Hebung des Zuwachſes gegenüber den Kiefern derjenigen Beſtandspartien, in denen das Schutzholz probeweiſe belaſſen war. Die Stamm— ſcheiben ließen die größeren Jahrringe nach dem Aushieb deutlich erkennen. Auch die phyſikaliſche Unterſuchung des Bodens ergab einen geringeren Waſſergehalt unter dem Fichtenſchutzholz. Linden, Eſchen, Ahorn und Ulmen werden in ſeltenen Fällen als Bodenſchutzholz angebaut werden, obgleich Ahorn und Eſchen in der Jugend faſt gleichen Schatten ertragen, wie die Rotbuchen und die Linde im Schattenerträgnis mit der Hainbuche auf ziem: lich gleicher Stufe ſteht. Eichen, Birken, Aſpen, gemeine Kiefern und Lärchen eignen ſich nicht als Bodenſchutzholz; über die Wir: kungsweiſe der Weymouthskiefer und Schwarzkiefer mangeln Er— fahrungen. 3) Bodenlockerung. Wenn auf den Kahlhieben oder in den Beſamungs-, Licht: und Abtriebsſchlägen Luft und Sonne den ſchützenden und nährenden Humusgehalt des Bodens ver— flüchtigt haben, ſo greift der Forſtmann zur Bodenlockerung, um für den neuen Pflanzenwuchs die relativ günſtigſten Bedingungen 11 Zweiter Abſchnitt. herzuſtellen. Ich habe oben verſucht zu erklären, welche Wirkung der oberflächlich gelockerte Boden auf den Waſſergehalt der tieferen Schichten, auf die Abſorption der atmoſphäriſchen Kohlenſäure, auf die Bildung der Kohlenſäure infolge Durchlüftung 2c. ausübt. Ich habe namentlich die bemerkenswerten Experimente in Erlangen angeführt. Wir wollen jetzt die Wahrnehmungen der Forſtwirte betrachten. s Heinrich Fiſchbach hat dieſe Erfahrungen (1858) in einer kleinen Schrift „Ueber die Lockerung des Waldbodens“ ſorgſam zuſammengeſtellt und zahl— reiche Belege für die günſtige Wirkung der Bodenlockerung beigebracht. Dieſe Wirkungen ſind teils, wie das gute Wachſen der Holzpflanzen auf Stocklöchern, auf Dämmen und Grabenaufwürfen, allgemein bekannt; man weiß längſt, daß die Schattenbäume auf vollſtändig gelockertem Boden im Freien gedeihen und umgekehrt Lichtbäume ſich auf gelockertem Boden in ſolchem Schatten erhalten, in welchem ſie auf feſtem Grunde verſchwinden würden. Die Vorteile der mit Rajolen verbundenen Grabenkulturen, die Winneberger u. a. angewandt haben, der Hügelpflanzungen können nur auf der Bodenlockerung beruhen. Ein böh— miſcher Waldmeiſter, Ferdinand Bund, begünſtigte das Wachstum der Pflanzen ſehr beträchtlich, indem er denſelben als Füllerde gelüfteten, getrockneten und gepulverten Lehm beigab. Beſonders intereſſant iſt die Mitteilung, daß in der exotiſchen Baumſchule in Hohenheim, in der man faſt ohne jede Düngung mittelſt periodiſchen Rajolen Pflanzen züchtet, das Wachstum der letzteren auf— hört, ſobald der Boden verraſt und feſt wird. Für mehrere Gegenden Bayerns iſt bei der Aufforſtung von Kiefernkrüppelbeſtänden auf mageren, meiſt Keuper— ſandboden die gründliche Lockerung auf 1½ bis 2 Fuß Tiefe als das vorzüg— lichſte, faſt einzige Mittel angeordnet worden. Ueber die Einwirkung, welche die mit dem Fruchtbau (Waldfeldbau) verbundene Bodenlockerung auf den Holzwuchs ausübte, hat man in der Rheinthalebene Unterſuchungen vorgenommen. Die Anhänger der Anſicht, daß die Urſachen der Bodenverarmung in dem Mangel an mineraliſchen Nährſtoffen, namentlich Phosphorſäure, Kali ꝛc. zu ſuchen ſind, werden vermuten, daß die mineraliſche Kraft des Bodens durch den mehrjährigen Anbau der Feldfrüchte ſehr weſentlich beeinträchtigt worden iſt und die Bodenlockerung den nachteiligen Einfluß auf den Holzwuchs nicht auszugleichen vermochte. Aber die Unter— ſuchungen, die auf gleichem Boden, in gleicher Lage und im gleichen Klima vorgenommen worden ſind, haben dieſe Vermutung nicht beſtätigt. Forſtmeiſter van der Hoop fand in einem 44jährigen Eichenbeſtand, deſſen Boden 6 Jahr lang landwirtſchaftlich bebaut worden war, einen Durch— ſchnittszuwachs von 8,37 Feſtmeter per Hektar, in einem 48jährigen Eichenbe— ſtand auf nicht gebautem, ſonſt gleichem Boden 6,82 Feſtmeter per Hektar, ſo— nach auf dem gebauten Boden 220% mehr Durchſchnittszuwachs. Miniſterialſekretär Reißig in Darmſtadt unterſuchte 1845 im Forſte Lorſch gebaute und nicht gebaute Eichen- und Kiefernbeſtände auf ihren Zuwachs. Die Erforſchung der Naturgeſetze des Waldbaues. 73 In den älteren Beſtänden fand derſelbe in 32jährigen Eichen auf gebautem Lande 3,69 Feſtmeter Durchſchnittszuwachs per Hektar, dagegen in 50jährigen Eichen auf nicht gebautem Boden — 2,32 Feſtmeter desgl., folglich auf erſterem 590% mehr. Ferner 34jährige Kiefern auf einem 3 Jahr gebauten Boden 6,14, ebenſo alte Kiefern auf nicht gebautem Boden 5,67 Feſtmeter Durſchnittszuwachs per Hektar, alſo 80% mehr auf dem gebauten Boden. Ferner 52jährige Kiefern wie oben 7,45 und 5,41 Feſtmeter per Hektar, alſo 380% mehr. Endlich 62jährige Kiefern und 70jährige Kiefern im 3. Jahr gebauten Boden 5,23, im nicht ge— bauten Boden 4,67 Feſtmeter per Hektar, alſo 12% mehr). Nach den Erfahrungen in Virnheim koſtet die Bodenbearbeitung auf 0,375 m Tiefe bei einem Taglohnſatz von 1 M. bis 1 M. 29 Pf. in Eichen- beſtänden und 1 M. 71 Pf. bis 2 M. in Kiefernbeſtänden, 82 M. 29 Pf. per Hektar. Dieſe Koſten wachſen mit Zinſeszinſen bis zum 60. Jahr bei 30% auf 485 Mark an. Rechnet man nur einen Gewinn von 1 Feſtmeter Zuwachs per Jahr und Hektar durch die Lockerung, ſo würden bei einem Preis von 8,1 M. per Feſtmeter die Koſten mit 30, Zinſeszinſen gedeckt werden. Ueber die gründliche Bodenbearbeitung, wie ſie bei der Rabattenkultur auf einem grobkörnigen, mit Quarzkieslagen durchzogenen Sandboden an der holländiſch-deutſchen Grenze bei Emmerich vorgenommen wird, macht Karl Fiſchbach (1875) intereſſante Mitteilungen. Der größte Teil dieſer früheren Oed- und Heideflächen zeigt im unbearbeiteten Zuſtande einen Boden, welcher etwa der 4. Pfeilſchen Bonitätsklaſſe mit 2,09 Feſtmeter im 40. Jahre entſpricht. Die Kiefer hält ſich ſelbſt auf geſchonten Boden kaum bis zum 50. Jahre geſchloſſen; in den ausgeharkten Privatwaldungen bildet die Kiefer nur noch Krüppelbeſtände; der Boden überzieht ſich mit Heide und Hunger— flechte. Unmittelbar nach dem Abtrieb des Beſtandes im Herbſt oder Vorwinter werden in 4—6 m Abſtand Im tiefe und kaum 2 m breite Gräben ge— zogen, die ausgehobene Erde wird auf den zwiſchenliegenden Reihen ausge— breitet und hierauf werden dieſe Streifen mit einjährigen Kiefern in 1 m Quadratverband bepflanzt, wodurch eine 20—30 em hohe Erdſchicht entſteht. Dieſe gründliche Bodenbearbeitung erfordert eine Ausgabe von 60—70 M. per Hektar. Aber für dieſen bearbeiteten Boden wurde ein Durchſchnittszuwachs von 5,33 Feſtmeter für 22—34jährige Kiefernbeſtände gefunden. Der Mehr— aufwand an Kulturkoſten durch die Bodenbearbeitung verzinſt ſich, gering ge— rechnet, mit 6,50% und Zinſeszinſen. Wenn auch auf die durchſchnittlich 5 m breiten Rabatten der Humus und der Bodenüberzug, der ſich auf den 2 m breiten Gräben findet, ausgebreitet wird, ſo iſt doch klar, daß die Steigerung des Zuwachſes auf den 2½fachen Betrag nicht durch die Vermehrung der orga— ) Die Unterſuchungen Muhls über die Erträge auf einem ausgebauten Ackerfeld nach landwirtſchaftlichem Bau zwiſchen den Holzreihen und auf einem Hügel mit loſem trockenem Flugſand werden am Ende dieſes Abſchnitts mitge— teilt werden. 74 Zweiter Abſchnitt. niſchen Subſtanz und der Aſchenbeſtandteile, ſondern durch den günſtigen Einfluß der Bodenlockerung bewirkt wird. Karl Fiſchbach berichtet ferner (1877) über die Erfolge eines 1 Fuß tiefen Umſpatens dieſes Bodens im Vergleich mit einer nebenliegenden, nicht bearbeiteten Fläche gleicher Beſchaffenheit. Beide Flächen wurden mit 3—5jäh> rigen Kiefernballenpflanzen aus demſelben Pflanzkamp und von denſelben Ar— beitern in ganz gleicher Weiſe bepflanzt. Im 25. Jahre hatte die bearbeitete Fläche einen Vorſprung von 20,04 Feſtmeter; es hatten ſich die vermehrten Kulturkoſten — 69 M. per Hektar — bei einem Preis von 7,29 M. per Feſt⸗ meter Hauptnutzung mit 3½ 0% und Zinſeszinſen verzinſt. Duetſch (Oesdorf bei Bamberg) ließ einen humusarmen, trockenen und ſeichten — kaum 15— 30 em tiefen — Keuperſand mit feſter in Verſteinerung übergehender Sandſchicht als Unterlage in Entfernungen von 2,32 m mit 1,16 m breiten und 22 em tiefen Gräben durchziehen und auf beiden Seiten der zwiſchenliegenden Streifen die Erde und die Forſtunkräuter auf 33 em hohe, parallel laufende Beete auflagern. Nach einigen Jahren wurden die Beete mit 2 Reihen einjähriger Kiefern im Abſtand von 73—87 em — 58 em von den Gräben entfernt — beſetzt, die gutes Gedeihen — namentlich auf den trockenen Flächen — zeigten. Dieſe Bodenbearbeitung inkl. Pflanzenerziehung und Ein— pflanzung koſtete 91,49 M. per Hektar. In den ſeichten Einbeugungen mit undurchlaſſendem Untergrund vertrockneten die Pflanzen und blieben im Wachs— tum zurück — trotz der erhöhten Beete. In den Greifswalder Univerſitätsforſten hatten die Eichen, wenn ſie auf Lehmboden in 4 m Entfernung in Untergrundspflugfurchen eingeſät waren, die doppelte Länge und Stärke der zwiſchenliegenden Vollſaatbeete. Die Frage, ob auf einem mageren, humus- und lehmarmen Keuperſandboden die Heide belaſſen oder entfernt und gleich— zeitig der Boden mäßig (durch die Streunutzung) gelockert werden ſollte, wurde 1881 lebhaft diskutiert. Auch die Gegner der Heideabräumung leugnen nicht, daß in den erſten Jahren der Wuchs der eingeſetzten Pflanzen be— fördert wird. Aber ſie behaupten, daß dieſer freudige Wuchs bald in Verkrüppe— lung übergeht. Dieſe Erſcheinung wird dann nicht beſremden können, wenn ſich die Heide wieder eingeſtellt hat, bevor die Kiefern in Schluß getreten ſind. Denn in dieſem Falle wird die Heide den an eine ſtärkere Waſſerverdunſtung gewöhnten Kiefern die Feuchtigkeit vorweg nehmen. Die wenige organiſche Subſtanz, die ein derartiger Boden enthält, iſt durch die Lockerung alsbald in Kohlenſäure um— gewandelt worden. In dem trockenen Boden wird jede Thätigkeit ruhen. Sichere Anhaltspunkte können indeſſen nur komparative Unterſuchungen gewähren, die bis— her unterlaſſen worden ſind. Wenn ich dieſe Mitteilungen der Forſtwirte überblicke, ſo er— ſcheinen mir vor allem die Beobachtungen Karl Fiſchbachs von beſonderer Bedeutung, weil ſie auf komparativen Unterſuchungen beruhen und darum beweisfähig ſind. Es iſt in der That ſehr Die Erforſchung der Naturgejege des Waldbaues. 7 or zu beklagen, daß die Forſtwirte über die Koſten und die Erfolge einer gründlichen Lockerung des Waldbodens faſt alle vergleichenden Unterſuchungen unterlaſſen haben. Es iſt leicht möglich, daß eine der Verjüngung vorausgehende gründliche Lockerung des Wald— bodens namentlich auf den trockenen Standorten die Koſtenaus— gabe durch Zuwachserhöhung und alsbaldige Verjüngung der ge— lichteten Beſtände reichlich erſetzt haben würde — ganz abgeſehen von der Frage, ob durch das Umhacken des Bodens in Verbindung mit der Streunutzung die ſchädliche Wirkung der letzteren kom— penſiert werden kann. In Deutſchland würde man, wie ich ver— mute, weniger troſtloſe Waldbilder, namentlich auf den trockenen und armen, durch Streunutzung ausgeraubten Sandböden, finden, wenn die Forſtwirte die gründliche Bodenlockerung in Verbindung mit der Streunutzung ausgedehnt eingeführt haben würden. Eine ſehr intereſſante vergleichende Unterſuchung hat Joſeph (Eberſtadt bei Darmſtadt) ausgeführt, die allerdings nicht die Wirkungen der Bodenlockerung zum Gegenſtand hatte, aber überzeugend beweiſt, daß man auf einem Boden mit ausreichendem Waſſergehalt ohne Gefahr die organiſchen Beſtandteile, die Mineral⸗ ſtoffe und den Stickſtoff in der Bodendecke entfernen darf (1878). Derſelbe hat auch Diluvialſand der Rheinebene, der zwar als trocken zu bezeichnen war, aber in etwa 5m Tiefe beſtändig Grundwaſſer hatte, in einem 23jährigen, aus Saat auf früherem Ackerland entſtandenen vollſtändig geſchloſſenen Kiefernbeſtand mehrere Probeflächen von je 1 ha Größe angelegt. Die Probefläche Nr. 1 wurde 14 Jahr lang jährlich berecht, Nr. 4 ganz vor Streuentzug bewahrt. Im Jahre 1864 (Herbſt) bei Beginn der Unterſuchung wurden per ½ ha ge⸗ funden: Holzgehalt. Stammzahl. Stammgrundfläche. Mittl. Durchmeſſer. Feſtmeter. Quadratmeter. Centimeter. Nr 1. 50,01 1835 8,43 7,50 Nr. 4. 50,50 2431 8,51 6,75 Dagegen fanden ſich im Auguſt 1878: Holzgehalt. Stammzahl. Stammgrundfläche. Mittl. Durchmeſſer. Feſtmeter. Quadratmeter. Centimeter. Nr. 1. 78,82 746 9,54 12,7 Nr. 4. 74,67 888 9,18 11,5 Folglich Zuwachs auf der jährlich 14 Jahr lang vom Nadelabfall und vom Moos geſäuberten Fläche 28,82 Feſtmeter, dagegen auf der geſchonten Fläche nur 24,17 Feſtmeter. Der Umſtand, daß auf Nr. 1 eine geringere Anzahl Stämme mit anfangs 8 mm größeren Durchmeſſer funktionirt hat, kann möglicher⸗ weiſe nicht ohne Einfluß auf die größere Produktion von Nr. 1 geblieben ſein; allein der volle Kronenſchluß war, wie die Vergleichung der Stammgrundflächen zeigt, auf beiden Probeflächen ganz gleichmäßig vorhanden und deshalb kann 76 Zweiter Abſchnitt. dieſe Einwirkung unmöglich ſo groß geweſen ſein, um dieſes überraſchende Reſultat zu erklären. Vielmehr wird — ſo kann man wenigſtens vermuten — dieſer Sandboden durch das Steigen des Rheines und damit des Grundwaſſers im Sommer, wenn die Gletſcher ſchmelzen, aufwärts feucht geworden ſein. Durch dieſes Steigen des Grundwaſſers wird die ſtark mit Kohlenſäure geſchwängerte Luft aus den tieferen Bodenſchichten zur Oberfläche gedrängt worden ſein. Da die Waſſerverdunſtung auf dem ſtreufreien Boden bekanntlich ſtärker iſt, als auf dem mit Nadeln und namentlich mit Moos bedeckten Boden, ſo wird auf der Probefläche Nr. 1 der Kohlenſäurevorrat aus den tiefen Bodenſchichten, der nach den Erlanger Unterſuchungen auch bei einer ſtarken Abgabe dieſes Gaſes aus den oberen Bodenſchichten lange Zeit konſtant bleibt, an den ausſchlaggebenden Vege— tationstagen mit größeren Mengen in die Waldluft übergetreten ſein als in Nr. 4. Dieſe Wirkung war kräftiger, als die geringe Kohlenſäurezunahme, welche auf der Probefläche Nr. 4 die Verweſung der Nadeln und des Mooſes hervorgebracht hat. So kann man wenigſtens vermuten. Ueber die Wirkung der Bodenlockerung auf armen Sandböden begegnen wir indeſſen in der Forſtlitteratur Anſichten, welche in einem gewiſſen Gegenſatz zu den obigen Ausführungen ſtehen. Namentlich hat Pfeil behauptet, daß auf Sandboden ſehr geringer Güte der bis zur Erſchöpfung des Bodens fortgeſetzte Fruchtbau ſchädlich ſei; noch nach 100 Jahren könne man das frühere Ackerland am ſchlechten Wuchs der Kiefern— beſtände erkennen. Aber Pfeil hat nicht unterſucht, ob in dieſen ſchlechtwüchſigen und jedenfalls ſchlecht geſchloſſenen Beſtänden lange Zeit ein beſonders ſtarker Heidewuchs den Boden ausgetrocknet hat. Er hat auch nicht unterſucht, welche phyſikaliſchen Bodenzuſtände entſtanden ſind, als die Wirkungen der Lockerung verſchwunden waren und ſich der Boden geſetzt hatte. Möglicherweiſe haben ſich die feinen Partikel ſtärker verdichtet, als die gröberen Beſtandteile eines nicht gebauten Bodens — die Oberfläche iſt ſteinhart geworden und hat die Durch— lüftung verhindert. Weitere Mitteilungen (namentlich aus Sachſen) beſagen nur, daß auf armem Boden, der bis zur Erſchöpfung landwirtſchaftlich benutzt worden war, die Holz— pflanzen zwar in den erſten Jahren freudig wuchſen, aber hierauf ſo lange küm— merten, bis der entſtandene Heidewuchs durch den Schluß des Beſtands verdrängt wurde. Der austrocknende Gras- und Heidewuchs muß ſelbſtverſtändlich fort— geſetzt entfernt werden und die Bodenoberfläche darf nicht feſt und hart werden. Auf dem armen trockenen Sand des Odenwaldes und der Rheinebene wird der Unkrautwuchs zurückgehalten (in den Hackwaldungen durch die raſch ſchirmenden Stockſchläge und beim Waldfeldbau durch den Zwiſchenbau von Feldfrüchten zwiſchen den Holzreihen), und hierauf liefert dieſer lockere und trockene Sand, der im öſtlichen Odenwald und im Rheinthal faſt ohne alle Bindemittel iſt, nachhaltig ſtaunenswerte Erträge, obgleich derſelbe ſcheinbar ſeiner mineraliſchen Nahrung durch die Fruchternte beraubt worden iſt. Sterile trockene Sandhügel, mit denen alle Kulturverſuche erfolglos blieben, ſind durch den Waldfeldbau im Die Erforſchung der Naturgeſetze des Waldbaues. 77 Virnheimer Revier nicht nur der Holzkultur, ſondern auch dem Fruchtbau zu— gänglich gemacht worden. Ferdinand Muhl fand in der Oberförſterei Virnheim 15,2 Feſtmeter Durchſchnittszuwachs in einem 34jährigen Kiefernbeſtand, der auf einem ausgebauten Ackerfeld durch Pflanzung mit landwirtſchaftlichem Zwiſchenbau begründet worden war, auf einem in gleicher Weiſe mit Kiefern angebauten Hügel mit loſem, trockenem, zum Teil flüchtigem Sand bei Darm— ſtadt 10,95 Feſtmeter Durchſchnittszuwachs per Hektar im 13jährigen Alter. Indeſſen iſt das Verhalten eines landwirtſchaftlich ausgebauten Sandbodens bei fortgeſetzter Lockerung noch durch genauere vergleichende Unterſuchungen feſt— zuſtellen und deshalb vorläufig Vorſicht geboten. N: Rückblick. Zur Erleichterung des Ueberblicks will ich hier die in dieſem Abſchnitt hauptſächlich gewonnenen Ergebniſſe der Erörterung kurz zuſammenſtellen: 1) Die Unterſchiede in der Fruchtbarkeit des Waldbodens können vorläufig nicht erklärt werden, indem man dem einen Boden eine größere und dem anderen Boden eine geringere mineraliſche Kraft zuſchreibt. Der Reichtum des Bodens an gelöſten und löſungs— fähigen Mineralſtoffen und Stickſtoffverbindungen iſt ohne Einfluß auf die Vermehrung oder Verringerung der Holzproduktion. Wenn dem Boden der Laub- und Nadelabfall erhalten bleibt und derſelbe gegen Austrocknung geſchützt wird, ſo finden die Holzarten im ärmſten Boden die benötigten Mineralſtoffe und Stickſtoffverbin— dungen. Die mit verſchiedenen Mengen in den Blättern ver— bleibenden Rückſtände ſind wahrſcheinlich die mechaniſche Wirkung der größeren oder geringeren Waſſerverdunſtung und der dadurch hervorgerufenen größeren oder geringeren Zuſtrömung des Waſſers. Es iſt ſogar nicht wahrſcheinlich, daß die verringerte Produktions— kraft der durch Streunutzung und Lichtſtellung vermagerten Wald— böden durch den Mangel an Mineralſubſtanzen und Stickſtoff— verbindungen verurſacht wird; es iſt vielmehr zu vermuten, daß infolge Verringerung der organiſchen Subſtanz die Kohlenſäure— entwicklung und infolge Verhärtung und Austrocknung des Bodens der Waſſer- und Kohlenſäureſtrom verſiegt. 2) Die Abſtammung der Waldböden von den geognoſtiſch ver— 78 Zweiter Abſchnitt. ſchiedenartig beſchaffenen Grundgeſteinen iſt ebenſowenig ausſchlag— gebend bei der Beurteilung der Standortsgüte. 3) Die Behauptung, daß die Oertlichkeit in ſtets wechſelnden unerforſchbaren Beziehungen zum Holzwuchs ſtehe, iſt eine verderb— liche Irrlehre. 4) Für die Wachstumsleiſtungen der Waldbäume hat die Waſſerſtrömung von den Wurzeln zu den Blättern als Quelle des Waſſerſtoffs und als Trieb— kraft der Aſſimilation des Kohlenſtoffs die aller— größte Bedeutung. 5) Auf die Erhaltung der Waſſerſtrömung während der trockenen Sommerzeit wirkt in der einflußreichſten Weiſe die Lockerung des Bodens an der Oberfläche. Die Tiefgründigkeit des Bodens iſt wegen der Verbreitung der Wurzeln mit ihren Wurzel— haaren, die das Waſſer aufſaugen und die Mineralſtoffe auflöſen, notwendig. In gleicher Weiſe wirkt die Lockerheit, die zugleich den Waſſergehalt erhöht und die Atmung der Wurzeln durch die hinzu— tretende Luft unterhält. 6) Die Laubhölzer verdunſten wahrſcheinlich infolge des Baues der Spaltöffnungsapparate größere Waſſermaſſen, als die Nadel— hölzer, aber die Erzeugung organiſcher Subſtanz iſt nicht korrelativ. 7) Im geräumigen Stand verdunſten die Waldbäume wahr— ſcheinlich weniger Waſſer auf gleicher Fläche und bei ſonſt gleichen Verhältniſſen, als im dichten Kronenſchluß. Zudem iſt im erſteren Falle die Waſſermenge, die in den Boden gelangt, viel größer, als bei dichtem Kronenſchirm, welcher die Niederſchläge auffängt und verdunſtet. 8) Gras- und Unkrautwuchs vertrocknen den Boden am meiſten — ein ſo bewachſener Boden wird trockener, als ein nackter, un— gelockerter Boden. 9) Der Kohlenſäureſtrom, der aus dem auf- und abwogenden Kohlenſäurereſervoir des Bodens und namentlich aus der hochgradig kohlenſauren Luft der unteren Bodenſchichten geſpeiſt wird und durch die Baumkronen zieht, iſt höchſt wahrſcheinlich die pri— märe Urſache der Unterſchiede in der Holzproduktion der Waldböden. Die Bildung des Stärkemehls in den Chloro— Die Erforſchung der Naturgejege des Waldbaues. 79 phyllkörpern der Blätter wird unter der Einwirkung des intenfiven Lichts durch die Zunahme des Kohlenſäuregehalts der Luft pro— greſſiv geſteigert. Die Aſſimilation des Kohlenſtoffs erfolgt nicht gleichmäßig während der Tage der Vegetationszeit, ſondern ſprung— weiſe an den warmen und ſonnenhellen Tagen. 10) Der wichtigſte Faktor der Kohlenſäureentwicklung im Waldboden iſt nicht nur die Humushaltigkeit, ſondern vor allem ein ausreichender Feuchtigkeitsgrad und die Luftcirkulation. 11) Die Einwirkung der Bodeneigenſchaften auf die Bildung, Bewahrung und Abgabe der Kohlenſäure iſt bis jetzt nicht genügend erforſcht worden. Aber es iſt wahrſcheinlich, daß die Feuchtigkeit, die Erwärmung, die Luftcirkulation, der Kalkgehalt und die Locker— heit der oberen Bodenſchicht hauptſächlich auf die Entwicklung und die raſche Abgabe der Kohlenſäure einwirken, während die Tief— gründigkeit, die Dichtigkeit, der Thon- und Lehmgehalt hauptſächlich die Bewahrung und die langſame, aber nachhaltige Abgabe der Kohlenſäure beeinfluſſen. 12) Die forſtwirtſchaftlichen Maßnahmen haben in erſter Linie auf die Erhaltung des Waſſergehalts im Boden hinzuwirken; gründliche und (bei der raſchen Bewegung) weitgreifende Lockerung des Waldbodens und Anbau eines Schutzholzes — namentlich von Buchen und Hainbuchen — ſind die erfolgreichſten Mittel. Die Forſtwirte haben zweitens eine reichhaltige Kohlenſäuremenge im Boden durch Anſammlung von Humus und Verhütung der Aus— trocknung und Verhärtung des Bodens herzuſtellen. Der Humus macht den Boden feucht, mürb, durchläſſig und erwärmt denſelben. 13) Die Koſten, welche die gründliche Bodenlockerung ver— urſacht, werden höchſt wahrſcheinlich durch die Vermehrung der Holzproduktion reichlich erſetzt. Dritter Abſchnitt. Die Benutzung der deutſchen Waldungen vor dem neunzehnten Jahrhundert. Bis zur letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts war in den in— ländiſchen Waldungen einesteils der regelloſe Plänterbetrieb und andernteils der Kahlhieb mit Belaſſung von einzelſtehenden Laß— raideln und Samenbäumen vorherrſchend. Waldweide, Schweine— maſt und Bienenzucht bildeten in früheren Jahren weſentliche Be— ſtandteile der Waldnutzung. In den waldreichen, wenig bevölkerten Gegenden unſeres Vaterlandes fällte man die nutzbaren Stämme, wo man ſie fand. Stärkere und ſchwächere Waldbäume bildeten in bunter Unter— miſchung zwiſchen Gerten und Stangen, teils einzeln, teils in Horſten und Gruppen ſtehend, die Waldbeſtockung. In den Ge— birgen herrſchten die Nadelhölzer vor — die Weißtanne im Schwarz— wald und Frankenwald, die Fichte im Harz, Thüringerwald, ſchleſi— ſchen Gebirge, Erzgebirge, Fichtelgebirge und den bayriſchen Alpen, die Rotbuche mit der Eiche im Speſſart, Rhöngebirge, Vogelsberg, Weſterwald, Rotlagergebirge, Teutoburgerwald, die Kiefer im nord— deutſchen Flachlande, in den Sandebenen am Main und Rhein und in Franken — und hier waren von einer regelrechten Schlag— wirtſchaft bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts nur geringe Spuren wahrzunehmen. Aber in den bevölkerten Gegenden Deutſchlands mit weit vorgeſchrittenem Feldbau war der Holzreichtum, von dem uns die Römer erzählen, ſeit vielen Jahrhunderten nicht mehr zu finden. Die Benutzung der deutſchen Waldungen vor dem 19. Jahrhundert. 81 In den Markwaldungen hatte die Habſucht der Markgenoſſen, die bei der ungeregelten Plänterwirtſchaft möglichſt viel Holz- und Streunutzungen an ſich zu reißen, möglichſt viel Vieh einzutreiben ſuchten, ſchon frühe die Waldzerſtörung eingeleitet. In den landes— herrlichen Waldungen verwüſteten übermäßige Wildſtände die Jung: wüchſe. Die Eigentumsrechte der Landesherren, der früheren Obermärker, waren durch die Bezüge, welche den einſtmaligen Markgenoſſen verblieben waren, weſentlich geſchmälert; maßloſe Holz⸗, Streu: und Weiderechte zehrten in großen Länderſtrichen die ſchon ſpärlichen Holzvorräte auf und entkräfteten den Boden. Die Bevölkerung war mit dem geſamten Brennſtoffverbrauch auf den Wald angewieſen und die holzverzehrenden Feuerungseinrich— tungen der damaligen Zeit ließen die Holzerſparung nicht auf— kommen. In ſteinarmen Gegenden verſchlang der Häuſerbau große Bauholzmaſſen, denn auch hierbei pflegte man Holz nicht zu ſparen. Zur Gewinnung der Metalle und zum Betriebe der Gewerbe wurde Holz im rohen und verkohlten Zuſtand maſſenhaft verbraucht und vor allem war der Bergbau für die Holzvorräte in den umliegenden Waldungen ein unerſättlicher Nachbar. Jahrhunderte lang hat die Befürchtung einer allgemeinen Holznot unſere Vorfahren be— gleitet. In der That ſtiegen die Holzpreiſe fortwährend und er— reichten am Schluſſe des 18. Jahrhunderts eine für die damalige Zahlungskraft der Bevölkerung empfindliche Höhe. In den bevölkerten Landesteilen Deutſchlands war der Kahl— hieb eine Notwendigkeit geworden. Man ließ lediglich, zur Er— ziehung des benötigten Bau- und Nutzholzes und zur Beſamung des Schlages, einige Laßraidel und Oberſtänder ſtehen. Schon im 16. Jahrhundert waren in manchen Gegenden Deutſchlands die früheren Femelwaldungen herabgeſunken zu nieder- und mittel- waldähnlichen Beſtockungsformen. Die Stock- und Wurzelaus⸗ ſchläge wurden mit raſcher Wiederkehr des Hiebes genutzt; Laß— raidel und ältere Bäume ließ man bei jedem Unterholzhieb in größerer oder geringerer Zahl ſtehen. In dieſen Waldungen ſcheint zuerſt die Schlagwirtſchaft entſtanden zu ſein; ſchon gegen 1500 wurden die Schläge in den kurmainziſchen, bei Erfurt gelegenen Waldungen vermeſſen und im Mülhäuſer Stadtwald ſcheint ein Wagener, Waldbau. 6 82 Dritter Abſchnitt. 9—12jähriger Niederwaldumtrieb eingeführt worden zu fein. Die Nadelholzwaldungen benutzte man gleichfalls durch Kahlhieb mit kurzer Umlaufszeit der Nutzung. Zur Wiederbeſamung der Schläge und zur Bauholzgewinnung wurden Samenbäume, einzeln und horſt⸗ und gruppenweiſe ſtehend, übergehalten, die größtenteils eingewachſen ſind. Mehrfach, namentlich in Nordweſtdeutſchland, wurde der künſtliche Holzanbau verſucht; man pflanzte Eichen— heiſter und legte Eichelkämpe an. Im allgemeinen war in den ausgedehnten Waldungen der wenig bevölkerten Gegenden — im norddeutſchen Tieflande, den Bergwaldungen des mittleren und ſüdlichen Deutſchlands ꝛc. bis zum 17. Jahrhundert die plänterweiſe Benutzung vorherrſchend. In den bevölkerten Gegenden Deutſchlands waren dagegen nieder- und mittelwaldartige Beſtockungsformen viel weiter ausgedehnt, als im 19. Jahrhundert. In den Laubholzwaldungen iſt der heutige Hochwald— betrieb — d. h. die Begründung von gleichartigen und gleich— alterigen Samenholzbeſtänden (durch den Samenabwurf des Mutter— beſtands, den man durch Führung von Vorbereitungs-, Beſamungs— und Auslichtungshieben unterbringt und beſchützt) und die Er— ziehung des Nachwuchſes im Kronenſchluſſe bis zu mehr als 10085 jährigen Altersjahren — gegen Mitte des 18. Jahrhunderts angebahnt worden. Der Uebergang hat ſich allmählich vollzogen und die Beweggründe und die Zielpunkte, die man ins Auge faßte, ſind nicht urkundlich nachweisbar. Aber man wird nicht fehlgehen, wenn man als die eigentliche Triebfeder die Abſicht ver— mutet, der drohenden Holznot vorzubeugen. Man teilte die Wal— dung in eine gewiſſe Anzahl von Jahresſchlägen und benutzte von Jahr zu Jahr nur den Schlag, in dem das älteſte Holz vorherr— ſchend war. Es wurde dadurch eine regelmäßige (unächſt kurze) Umlaufszeit der Nutzung ermöglicht; Jahr für Jahr konnte man annähernd gleiche Holzmaſſen zum Hiebe bringen. Die nicht be— nutzten Femelwaldungen, in denen zumeiſt jüngeres Holz vor— herrſchend war, näherten ſich inzwiſchen mehr oder minder dem Kronenſchluß. Es iſt jedoch auch möglich, daß die neue Beſtockungs— form, der geſchloſſene Hochwald, aus dem dicht ſtehenden Oberholze des Mittelwaldes und ähnlicher Beſtockungsformen, welches man Die Benutzung der deutſchen Waldungen vor dem 19. Jahrhundert. 83 aus Furcht vor Holznot zahlreich belaſſen hatte, hervorgegangen iſt (nachweisbar in Braunſchweig). Die Wiege dieſer regelmäßigen Verjüngung hat, wie es ſcheint, in den Buchenwaldungen der Grafſchaft Hanau⸗ Münzenberg geſtanden (1736). Zwar iſt der Aushieb der Samenbäume nach Vollzug der Beſamung ſchon 1560 vom Kurfürſt Auguſt von Sachſen ange— ordnet worden und hin und wieder hat man, wie zu vermuten iſt, ihon im Beginn des 18. Jahrhunderts einzelne Forſten im ſchlag— weiſen Hochwald behandelt“). Aber die Beſamungsſchlagſtellung durch „ordentliche von Anfang bis zu Ende haltende Schläge“ und die Führung von einem Auslichtungshieb (wenn der Aufſchlag kniehoch erwachſen iſt) und dem Abtriebsſchlag (wenn der Auf— ſchlag mannslang erwachſen iſt) — dieſe eingehenden Beſtimmungen finden ſich, jo weit bis jetzt bekannt iſt, erſtmals in der Hanau: Münzenberger Forſtordnung von 1736 veröffentlicht. Man ließ zuerſt die Samenbäume, wie es ſcheint, in größerer Entfernung ſtehen. Aber ſchon bald wurde die dunkle Schlag— ſtellung befürwortet (von Berlepſch 1761 für die Kaſſelſchen Lande, ſpäter für die genannte Grafſchaft Hanau-Münzenberg, 1775 von Löhneyſen für Braunſchweig). Und kurze Zeit ſpäter iſt die Schlagſtellung in Buchen waldungen in ſo vollen: deter Weiſe gelehrt worden, daß in dem inzwiſchen verfloſſenen Jahrhundert keine bemerkenswerte Ver⸗ beſſerung erzielt werden konnte. Während Berlepſch die Verjüngung noch durch drei Lichtungshiebe vollzogen haben wollte, befürwortete 1785 ein Herr von L. den Vorbereitungsſchlag (durch zwei Hiebe vor der Beſamung) und mehrere Auslichtungshiebe nach Bedarf des Nachwuchſes. Dabei ſollen die Vorbereitungshiebe nicht auf den zu verjüngenden Jahresſchlag beſchränkt werden, ſondern auch auf einen weiteren Jahresſchlag übergreifen. Sieben Jahre ſpäter, 1792, verbeſſerte dieſe Vorſchriften ein in Heſſen⸗Kaſſel wirkender Forſtwirt (C. F. W. S.), indem er verlangte, daß der zweite Hieb im Samenjahre ſelbſt geführt wird. Ich laſſe ) Die Aneinanderreihung der Schläge wurde 1735 für die Solms-Lau— bachſchen Waldungen verfügt. 84 Dritter Abſchnitt. die Regeln dieſes hervorragenden Forſtwirts hier wörtlich folgen, um die obige Behauptung, daß bis heute auf dieſem Gebiete kein Fortſchritt erzielt iſt, zu beweiſen: „Wenn ein Heiſterwald haubar iſt, ſo treibt man ihn 1) zum dunklen Schlag; jedoch bleibt alles ſo dunkel, daß weder Gras noch Heide, noch Heidel— beeren darin zum Nachteil des Schlages aufkommen können; nur krüppelige, zopfdürre und andere untaugliche Stämme nimmt man hinweg. 2) Gibt's Maſte, ſo wird in dem Falle, daß der Schlag zum Aufkommen des jungen Aufwuchſes noch zu dunkel iſt, mit aller Vorſicht durch ferneres Hauen etwas, aber nicht zu viel Luft gemacht, damit die Maſte aufgehe. 3) Iſt der junge Aufwuchs etwas herangewachſen und hat die Höhe von einem Schuh erreicht, ſo wird nach Be— finden zu deſſen Fortkommen und damit er nicht wieder zurückfalle, mehr Luft gemacht, und dies heißt die erſte Ausläuterung. Hierbei muß aber dahin geſehen werden, daß die zu Heide, Moos, Heidelbeeren, Farren, Moor und der— gleichen beſonders geneigte Stellen wohl geſchloſſen gehalten und nicht zu lichte gehauen werden, bis der Aufwuchs auch daſelbſt ſichtbar und einen Schuh, auch darüber hoch iſt, ehe man mehr aushaut. 4) An denen Orten, wo der Aufwuchs eine Höhe von drei Schuh und darüber erreicht hat, wird nunmehr die letzte Ausläuterung vorgenommen. 5) Dieſe letzte Ausläuterung kann im ganzen Bezirk nie auf einmal vorgenommen werden, ſondern richtet ſich lediglich nach dem Aufwachſe: Es iſt daher öfters der Fall, daß an einem Ort vier, fünf und mehrere Ausläuterungen vorgenommen werden, und es erfordert die volle Auf— merkſamkeit eines Forſtmanns, bei Behandlung eines Heiſterwaldes, daß der Schlag weder zu dunkel noch zu lichte getrieben wird. Beides iſt gleich forſt— widrig: jenes verurſacht Zurückfallen des Aufwachſes und dieſes unvermeidliche Blößen, mit ſchwer zu vertilgendem Unkraut überzogen.“ In gleich vollendeter Weiſe ſchilderte 1801 Sarauw die heutige Femelſchlagwirtſchaft; er faßte die Schläge für ſo viele Jahre, als die Samenjahre durchſchnittlich auseinander liegen, zu— ſammen und wirtſchaftete in Periodenſchlägen. In den Nadelholzwaldungen ſcheint in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts lediglich eine Erhöhung der Umtriebszeit angebahnt und die Schlagrichtung von Oſt nach Weſt vorgeſchrieben zu ſein. Friedrich der Große ſtellte 1740 die Plänterwirtſchaft ein und ordnete 1764 für die Kiefernforſte eine Umtriebszeit von 70 Jahren, für Erlen-, Birken- und ſonſtige Niederwaldungen eine Umtriebszeit von 16—20 Jahren an; in den Fichten-, Kiefern: und Tannenſchonungen ſollten keine Bäume übergehalten werden. Auf den Antrag, die Kiefernumtriebszeit zu erhöhen, um ſtarkes Nutzholz zu erzeugen, antwortete der König: „Zehn Jahre iſt alles, was ich zulegen kann.“ Für die Grafſchaft Stolberg— Die Benutzung der deutſchen Waldungen vor dem 19. Jahrhundert. 85 Wernigerode wurde 1745 eine von Oſten nach Weſten vorſchreitende Hiebsführung, für Preußens Kiefernforſte 1780 und 1783 eine von Nordoſt nach Südweſt vorſchreitende Hiebsrichtung, dagegen für die Laubholzwaldungen wegen der ſchädlichen Morgen- und Mitternachtswinde die entgegengeſetzte Hiebsrichtung vorgeſchrieben. Die Bemeſſung des Abgabeſatzes mittels der geometriſchen Flächeneinteilung war ſchon mehrfach im 14., 15., 16. und 17. Jahrhundert beachtet worden. Sie wurde im 18. Jahrhundert von Jacobi, Langen, Oettelt, Kugler, Büchting u. a. ausgeführt. Wedell, Hennert, Beckmann u. a. waren be⸗ müht, die Verſchiedenartigkeit des Holzvorrats und Holzzuwachſes auf den gleichen Flächenanteilen bei Feſtſtellung des Abgabeſatzes (Proportionalflächen) zu berückſichtigen. Die eingehende Darſtellung dieſer Beſtrebungen und Erfolge gehört indeſſen nicht hierher, ſondern in die Geſchichte der Waldertragsregelung. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts hat man die deutſchen Waldungen im allgemeinen mit viel kürzeren Umlaufszeiten der Nutzung bewirtſchaftet, als im 19. Jahrhundert. Infolge der Brennholznot war man beſtrebt, öfters an derſelben Stelle zu ernten. Alle Holzarten hat man ſelbſt im Samenholzbetriebe, wie es ſcheint, vorherrſchend mit 50—90jähriger Umtriebszeit benutzt. Die Anfänge der künſtlichen Saat und Pflanzung reichen tief hinein in das Mittelalter. In vielen Markwaldungen mußte jeder Markgenoſſe jährlich eine beſtimmte Zahl Eichenheiſter ſetzen. Kiefernſaaten wurden 1368 im Nürnberger Reichswald und 1420 im Frankfurter Stadtwald ausgeführt. Man legte 1575 ſchon Eichelkämpe an und 1765 pflanzte man in Oldenburg die Eichenheiſter in Erdhügel. Im 18. Jahrhundert wurden dieſe Eichelſaaten und Eichenpflanzungen fortgeſetzt. Bei Kiefernſaaten wurde der Boden verwundet, die Zapfenſaat war in Uebung. Man legte Tannenkämpe (Tannenholzgärten) an und verpflanzte die Nadelholzpflanzen; in Preußen wird in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Kiefernballenpflanzung amtlich empfohlen und ſeit 1779 der Hohlſpaten zur Kiefernpflanzung benutzt. Auch den Durchforſtungen hat man im 18. Jahrhundert größere Aufmerkſamkeit zugewendet. Dieſelben fanden namentlich im Forſtmeiſter von Langen in Blankenburg einen warmen Verteidiger. 86 Dritter Abſchnitt. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts ſuchte man, um die drohende Holznot abzuwenden, fremdländiſche Holzarten in Deutſchland einzubürgern und inländiſche Holzarten, die durch ihre Raſchwüchſigkeit einen baldigen Ertrag liefern, weit zu verbreiten. Außer den nordamerikaniſchen Nadelhölzern ſetzte man große Hoff nungen auf die weißblühende Akazie und die Birke. Wangenheim, Burgsdorf, Medicus u. a. waren in dieſer Richtung thätig; Georg Ludwig Hartig führte 1798 den Beweis: daß durch den Anbau der weißblühenden Akazie dem drohenden Holzmangel nicht abgeholfen werden könne. Vierter Abſchnitt. Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungs— fähigkeit. Die Waldbäume, welche in Deutſchland heimiſch geworden ſind, produzieren während gleicher Wachstumszeit ſehr verſchiedene Holzmaſſen — ſowohl im Einzelſtande, als im Schluſſe der Baum: kronen. Die Schöpfung hat die Energie des Höhenwachstums und die Volumenzunahme bei den Waldbaumhölzern ſehr ungleichartig geſtaltet. Eichen, Rotouchen, Hainbuchen, Ahorn, Ulmen ꝛc. haben einen weitaus geringeren Zuwachs, als Lärchen, Fichten, Weiß— tannen, Kiefern ꝛc. — auch dann, wenn die anſpruchsvollſten Baumhölzer einen ausreichenden Waſſergehalt und Humusreichtum neben genügender Tiefgründigkeit und Lockerheit vorfinden !). *) Wir haben oben die Naturgeſetze, welche die verſchiedene Holzproduktion veranlaſſen, ſoweit als möglich, zu erkennen geſucht. Wir haben geſehen, daß die Holzgattungen infolge der abweichenden Bauart der Spaltöffnungsapparate eine ſehr verſchiedene Waſſerverdunſtung haben, daß aber diejenigen Holzgattungen, welche die größten Waſſermengen verdampfen, die Laubhölzer, keineswegs auch in gleichem Maße durch die Bildung organiſcher Subſtanz den Nadelhölzern überlegen ſind. Die Rotbuchen und andere langſam wüchſige Laubhölzer kon— ſumieren, wie man annehmen kann, zur Bildung der gleichen organiſchen Subſtanz einen viel größeren mechaniſchen Kraftaufwand in Form von Schwingungen des Aethers, als die Nadelhölzer. Nach dem Geſetz der Erhaltung der Kraft müſſen offenbar dieſe gebundenen Kräfte beim Verbrennen des Laubholzes und Nadelholzes in gleichem Verhältnis wieder frei werden, wie ſie gebunden worden ſind — die gleiche Maſſe Laubholz muß beim Verbrennen eine größere Kraft entwickeln, wie die gleiche Maſſe Nadelholz. Man kann verſucht werden zu fragen, ob die Heizfraft 88 Vierter Abſchnitt. Welche Aufgaben hatte der deutſche Waldbau zur Anbahnung der volkswirtſchaftlichen Zielpunkte, die wir im erſten Abſchnitt kennen gelernt haben, zu erfüllen? Sie ſind ſehr naheliegend und ſehr ein— fach. Unter den örtlich anbaufähigen Waldbaumgattungen darf der Forſtmann ſelbſtverſtändlich nur diejenigen auswählen, die mit ihrer jährlichen Wertproduktion nachhaltig auf höchſter Stufe ſtehen. Es iſt deshalb zuvörderſt die Maſſenproduktion der örtlich anbaufähigen Holzgattungen zu meſſen und hierauf iſt der Gebrauchswert des erzeugten Holzmaterials feſtzuſtellen und zu vergleichen. In den Waldungen Deutſchlands iſt zwar die Standorts— beſchaffenheit ſehr wechſelvoll. Die Waldbäume, die ſtarke Waſſer— maſſen durch ihre Blätter verdampfen, finden nicht immer den ausreichenden Waſſergehalt im Boden; den Baumhölzern mit tief— gehender Wurzelbildung mangelt die erforderliche Tiefgründigkeit und ſehr oft wird die Durchlüftung des Bodens durch übermäßige Feſtigkeit oder übermäßigen Waſſergehalt verhindert. Aber man kann trotzdem für die Vergleichung und Feſtſtellung der Maſſen— und Wertproduktion genügende Anhaltspunkte gewinnen, indem man gewiſſe Standortskategorien ausſcheidet. Man kann zunächſt unterſuchen: welche Holzgattungen produzieren die brauchbarſten Holzmaſſen, wenn der Standort normal beſchaffen iſt, d. h. wenn der Maſſenerzeugung verſchiedener Holzgattungen, die auf gleichem Boden, bei gleichem Lichtgenuß und bei ſonſt gleichen Verhältniſſen erwachſen ſind, überein— ſtimmt. Das ſcheint in der That, wie wir ad II, 2 in dieſem Abſchnitt ſehen werden, bei der frei wüchſigen Erziehung der Waldbäume und der gleichmäßigen Aus— nutzung des Wachs- und Bodenraums nicht ausgeſchloſſen zu ſein. Allein bei der bisher faſt ausſchließlich gebräuchlichen Erziehung der Waldbeſtände im dichten Kronenſchluß ſcheint die verſchiedenartige Arbeit der Aſſimilationszellen im dif— fuſen Lichte hervorragende Einwirkung zu haben — die Brennwertproduktion folgt nicht dieſem ebenſo einfachen, als großartigen Naturgeſetz. Indeſſen hat die Brennſtoffproduktion nicht die ausſchlaggebende Bedeutung für den Waldbau. Und hinſichtlich der anderen Eigenſchaften der Holzarten — namentlich der Dauer und Tragfähigkeit — ſcheint die vielleicht mehr dichte oder lockere Einlagerung des Stärkmehls in die Zellen bald ihre Wirkung zu verlieren. Die chemiſchen Metamorphoſen, denen das Stärkmehl unterliegt (Glykoſe, Celluloſe) nehmen wahrſcheinlich bei verſchiedenartigem, innerem Bau der Holzgattungen nicht den gleichen Verlauf und wenn die Verweſungs- und Fäulnißpilze die organiſche Subſtanz angreifen, ſo zerfallen die Moleküle der Rotbuche erfahrungsgemäß raſcher, als die Moleküle der harzreichen Kiefer. Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 89 auch die anſpruchvollſten deutſchen Waldbäume ihre Wachstumskraft ungehindert entfalten können? Man kann zweitens fragen: wie verhalten ſich die Waldbäume in ihrer wirtſchaftlichen Leiſtungs— fähigkeit auf denjenigen Standorten, auf denen zwar alle deutſchen Waldbaumgattungen wachſen, jedoch diejenigen Holzgattungen, die nach ihrer Natur einen geringeren Waſſerverbrauch beanſpruchen, relativ beſſer gedeihen, als die anſpruchsvolleren Holzgattungen? Und endlich kann man unterſuchen: welche Holzarten erübrigen für die trockenen, flachgründigen, die feuchten und naſſen Standorte? Bei dieſen Unterſuchungen kann man allerdings keinen direkten Gradmeſſer für das Produktionsvermögen des Waldbodens benutzen, der den Jahreszuwachs der verſchiedenen Holzgattungen in ähn— licher Weiſe beſtimmt, wie das Barometer den Luftdruck. Aber dieſe Produktionskraft ſpricht ſich in den bisherigen Wachstums- leiſtungen der Waldbäume aus, die man in den vorhandenen Holz— beſtänden meſſen und vergleichen kann. Es iſt nur nötig, als Grundlage dieſer Vergleichung einen exakten, überall anwendbaren Maßſtab, welcher dieſer Vergleichung einen korrekten Ausdruck gibt, aufzuſuchen. Für die Ebenen, die Hügelländer und die Mittelgebirge findet man vorausſichtlich den ſicherſten Maßſtab im Jahreszuwachs der Kiefer (Haubarkeits⸗Durchſchnittszuwachs geſchloſſener Beſtände im 80. oder 100. Jahr), indem man ermittelt, welchen Jahres— zuwachs die Buche, Eiche, Fichte, Tanne ꝛc. auf denjenigen Stand: orten liefert, auf denen die Kiefer 3, 4, 5, 6 Feſtmeter Jahres- zuwachs hervorbringt. In den höheren Gebirgen bis hinauf zu den Alpenländern kann man die Fichte an die Stelle der Kiefer ſetzen, um den Wuchs der Buche und Weißtanne in den tieferen Lagen (unter 1000 m Meereshöhe) vergleichen zu können. Wenn dieſe Unterſuchung ſichere Ergebniſſe geliefert hat, ſo iſt offenbar weiter zu erforſchen, wie ſich dieſe Rohmaſſenproduktion hinſichtlich des Gebrauchswertes bei der Verwendung als Nutzholz oder als Brennholz verhält. Man kann nicht beſtreiten, daß dieſe Unterſuchungen unerläßlich ſind und zu allen Zeiten unerläßlich waren. Wir haben geſehen, daß zur Sicherſtellung der günſtigen Einwirkungen des Waldes auf das Klima, die Bewohnbarkeit und Fruchtbarkeit unſeres Vater— 90 Vierter Abſchnitt. landes keineswegs beſtimmte Holzgattungen zu bevorzugen ſind. Wenn die Holznachzucht nicht nach den Wachstums— leiſtungen der Waldbäume geregelt worden wäre, ſo würde offenbar eine planloſe und vernunftwidrige Waldwirtſchaft in Deutſchland entſtanden ſein. Wie würde man den akademiſch gebildeten Landwirt verhöhnen, wenn er nicht zu jagen vermöchte, ob ſein Feld beim Weizen- oder beim Kartoffelbau größere Erträge liefert? Man wird zunächſt erwarten, daß die Forſtwirte wenigſtens die Ertragsleiſtungen der Holzgattungen hinſichtlich der Produktion an roher Holzmaſſe bei gleicher oder annähernd gleicher Standorts— beſchaffenheit längſt erforſcht haben, denn lange Zeit hat man die Lieferung des höchſten Maſſenertrags als Daſeinszweck des Wald— baues betrachtet. Wenn zur Begründungszeit der techniſchen Wald— benutzung ein engmaſchiges Netz von vergleichungsfähigen Verſuchs— flächen über alle Forſtbezirke Deutſchlands in planmäßiger Anord— nung ausgebreitet worden wäre, ſo würden wir heute, im Jahre 1884, ſichere Anhaltspunkte gewonnen haben, um zu beurteilen, in welcher Rangordnung die anbauwürdigen Holzarten zunächſt hinſichtlich der Rohſtofferzeugung ſtehen. Auf gutem, mittelmäßigem und geringem Boden wären Flächen von gleicher Standorts— beſchaffenheit, möglichſt nebeneinander, auszuwählen; auf der einen Fläche wären Buchen, auf der anderen Fichten, auf der dritten Kiefern, auf der vierten und fünften Probefläche Miſchbeſtände anzubauen. Man hat dieſe planmäßige Nebeneinanderſtellung vergleichbarer Verſuchsflächen leider unterlaſſen. Aber auch ohne dieſelbe iſt im Walde häufig Gelegenheit geboten, zu beobachten, welche Holzmaſſen die Waldbäume, die man hauptſächlich zur Holzzucht benutzt, bis zum Haubarkeitsalter bei ähnlicher Standortsbeſchaffenheit zu er— zeugen vermögen und welche Unterſchiede ſich hierbei ergeben. In größeren Waldungen bedeckt ſelten eine und dieſelbe Holzart die geſamte produktionsfähige Fläche; man ſieht ſehr häufig neben einander Fichten, Buchen, Kiefern, Tannen, Lärchen ꝛc. in reinen, (d. h. von ein und derſelben Holzart gebildeten) oder faſt reinen Beſtänden. Man darf ſicherlich erwarten, daß die Forſtwirte un— ausgeſetzt bemüht waren, alle Anhaltspunkte, welche ſich über den Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 91 Maſſenertrag der Holzgattungen im Walde gewinnen laſſen, ſorg— ſam zu ſammeln und zu veröffentlichen. Es werden nicht nur Nachweiſungen aus allen Teilen Deutſchlands beigebracht worden ſein, man wird auch nach dieſem Verhalten die Holzarten für die Nachzucht ausgewählt haben. Die Forſtlitteratur wird, ſo ſollte man denken, eine Fülle von Meſſungen und Beobachtungen über die Wachstumsleiſtungen der Waldbäume unter vergleichungsfähigen Verhältniſſen enthalten. Wir werden dieſe Meſſungen und Beobachtungen gleich genau kennen lernen — die Ergebniſſe ſind leider kaum nennenswert. Die vielverſprechenden Anfänge des Waldbaues, die wir im vorigen Abſchnitt kennen gelernt haben, find zwar im Anfang des 19. Jahr- hunderts namentlich durch Georg Ludwig Hartig und Heinrich Cotta kräftig gefördert worden. Aber alsbald hat im deutſchen Waldbau eine traurige Periode der Stagnation begonnen, die heute noch nicht aufgehört hat. Noch heute wird die Waldbaupraxis von einer gewiſſen Apathie hinſichtlich der Endziele der forſtlichen Maß— nahmen beherrſcht. Die meiſten Fachgenoſſen, welche die unten folgende ſcharfe Würdigung des Holzwuchſes nach dem Gebrauchs— wert durchleſen, werden noch heute ſagen: wozu ſoll ſich der Forſt— mann mit dieſen ſchwierigen und mühſamen Unterſuchungen ab— quälen? „Man überlaſſe es der Natur, den Platz auszuſuchen für die verſchiedenen Bäume.“ Ich muß notgedrungen die Ver— werflichkeit und Verkehrtheit derartiger Anſchauungen eingehend erörtern. Schon im erſten Abſchnitt habe ich dargelegt, daß alle Gründe, welche man zur Rechtfertigung oder Beſchönigung dieſer Paſſivität der Forſtwirte gegenüber den Zielpunkten ihres Berufs vorzubringen vermag, nichtig ſind. Durchgreifende Naturgeſetze regeln die Wachs— tumsleiſtungen der Waldbäume; es iſt ein verderblicher Köhler— glaube, zu wähnen, daß zwiſchen Oertlichkeit und Holzwuchs ſtets wechſelnde, geheimnisvolle und unergründliche Beziehungen obwalten. Man kann auch nicht jagen, daß der lange Zeitraum zwiſchen Aus— ſaat und Ernte die Nachzucht von Holzgattungen rechtfertigt, die in ihren Leiſtungen für die Befriedigung des Holzverbrauchs der Bevölkerung auf einer niederen Stufe ſtehen. So lange Menſchen leben und ſich auf der Erde bewegen, ſo lange werden die dauer— 92 Vierter Abſchnitt. hafteſten, tragfähigſten und brennkräftigſten Holzarten ſtets am meiſten brauchbar bleiben. Wenn aber auch ein ungeahnter Wechſel der Verbrauchsanforderungen eintreten ſollte — wer wird die Um— ſicht und Fürſorge der Forſtwirte, welche unermüdlich die jeweils berechtigten vernunftgemäßen Zielpunkte dieſes wichtigen Zweiges der Bodenkultur ſcharf ins Auge gefaßt und in allen Gauen Deutſchlands verwirklicht haben, darum tadelnswert oder überflüſſig, ſelbſt nur minder rühmlich und verdienſtlich nennen wollen? Die Holzgattungen ſind in ihrer wirtſchaftlichen Leiſtungs— fähigkeit ſo überaus verſchieden, daß ſchon in den erſten Jahr— zehnten des 19. Jahrhunderts, wenn man die von Georg Ludwig Hartig begonnene Würdigung dieſer Ertragsleiſtungen fortgeſetzt und verſchärft haben würde, die richtigen, noch heute maßgebenden Zielpunkte dieſes Produktionszweiges täuſchungs- und zweifelfrei zu Tage getreten ſein würden. Zur Beginnzeit der techniſchen Waldbenutzung ſtand die Brenn— ſtoffgewinnung an der Spitze der Wirtſchaftszwecke. Faſt die geſamte Bevölkerung war mit ihrem Brennſtoffbezug (bis in die den Kohlen— gruben zunächſt gelegenen oder mit denſelben durch Waſſerſtraßen verbundenen Länderſtriche) auf den Wald und die Torflager an— gewieſen. Man konnte nicht ahnen, daß vor der Erntezeit der damals angebauten Holzbeſtände die Holzfeuerung faſt ganz ver— drängt werden wird, daß die Verwendung foſſiler Brennſtoffe in— folge Benutzung der Dampfkraft zum Maſſentransport das heutige Uebergewicht erlangen werde. Man hatte damals bei Auswahl der Holzarten für die Nachzucht die Heizwirkung der erzeugten Holzmaſſe in erſter Linie zu berückſichtigen. Aber man verbrauchte das Holz auch vor Erbauung der Eiſenbahnen nicht allein zur Wärmeerzeugung. Die Verwendungsfähigkeit als Bauholz, zu Brettern und Dielen, für den Schiffsbau, Waſſerbau, Grubenbau, und für unzählige gewerbliche Zwecke war nicht minder beachtens— wert. Hierfür müſſen die Baumſtämme nicht nur eine gewiſſe Länge und Stärke haben, es kommen auch die techniſchen Eigen— ſchaften der einzelnen Holzgattungen, namentlich die Dauer, Trag— kraft und Schwere und in zweiter Linie die Härte, die Biegſam— keit, die Spaltbarkeit, das Schwinden und Quillen in Betracht. Das Rotbuchenholz, deſſen Produktion die Forſtwirte mit Vor— Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 93 liebe betrieben haben, iſt ſicherlich ein vortreffliches Feuerungs— material. Aber die Rotbuche wächſt ſehr langſam; ſie iſt in Bezug auf Bodenkraft eine anſpruchsvolle Holzart und es iſt heute noch zweifelhaft, ob ſie in Bezug auf Erhaltung und Mehrung der Produktionskraft des Waldbodens den dunkelkronigen Nadelhölzern weit voran ſteht. Schon die oberflächlichſte Forſchung würde gezeigt haben, daß die Nadelhölzer — die lichtkronigen mit Bodenſchutz— holz — der Rotbuche auch bezüglich der Befriedigung des Brennholzverbrauchs weit voranſtehen — ganz abgeſehen von der Bau- und Werkholzgewinnung. Aber die Nadelhölzer ſind, jo hat man unaufhörlich beteuert, von mannigfachen Gefahren bedroht. Man hat indeſſen die that— ſächlichen Beſchädigungen niemals feſtgeſtellt und in Vergleichung mit der Mehrproduktion der Fichte und Kiefer gebracht; wir werden unten (ad II. 4) näher nachweiſen, daß der wirtſchaftliche Effekt dieſer Beſchädigungen in der That nicht beachtenswert iſt. Zudem verringern ſich dieſelben erfahrungsgemäß ſehr weſentlich, wenn man die Nadelhölzer in Untermiſchung mit Laubholz aufwachſen läßt. Immerhin konnte man im Beginn der forſttechniſchen Be— nutzung unſerer Waldungen den genannten Erwägungen und Be— fürchtungen eine weitgehende Berückſichtigung widmen. Aber bei einer Vergleichung der Leiſtungskraft unſerer Waldbäume würde das Uebergewicht der Lärchen, Fichten, Tannen und Kiefern ſchwer in die Wagſchale gefallen fein; man würde keinenfalls auf dieje. hervorragenden Produktionskräfte beim Anbau der fruchtbarſten Gebietsteile Deutſchlands verzichtet haben. Georg Ludwig Hartig ſpricht ſich in dieſer Richtung unzweideutig aus (ſiehe unten ad II). Der Waldbau würde ſchon vor 80 und 100 Jahren gemiſchte Beſtände in großer Ausdehnung gebildet haben. Man konnte hierdurch die Nutzholz- und die Brennholzzucht erfolgreich vereinigen und allen Gefährdungen vorbeugen. Die richtig bemeſſene und allſeitige Durchſtellung der Buchenverjüngungen mit Eichen, Fichten, Weißtannen und Kiefern (an geeigneten Orten auch Lärchen, Eſchen, Ahorn, Ulmen 2c.) würde ſchon damals allgemeine Wirtſchaftsregel geworden ſein. Man konnte es der Zukunft überlaſſen, aus dieſen gemiſchten Beſtänden die für die Bildung des Haubarkeitsbeſtands nutz⸗ 94 Vierter Abſchnitt. bringendſten Holzarten herauszuſuchen. In den fruchtbarſten Gebietsteilen Deutſchlands würde der Wert der Holkzbeſtockung einige Milliarden mehr betragen, als heute. Als aber der zunehmende Eiſenbahnbau die heizkräftigen und an den Kohlenzechen ſehr billigen Stein- und Braunkohlen den früheren Brennholzkonſumenten faſt in allen Gegenden unſeres Vaterlandes mit geringen Koften zuführte und anderſeits der Nutzholzverbrauch zu ſteigen begann, da würden die deutſchen Forſt— wirte in verſtärktem Grade ihre Zuflucht zu den gemiſchten Beſtänden genommen haben. Es war ſchon vor 30—40 Jahren zu erkennen, daß die Fortſetzung der Laubholzzucht, namentlich der Buchenzucht, die deutſchen Waldungen entwerten würde. Auf Grund der da— maligen Kohlenpreiſe und Transportkoſten konnte man ziffermäßig nachweiſen, daß zur fernen Erntezeit der damals begründeten Buchenbeſtände das Brennholz kaum noch den Wert des Arbeits— lohnes beim Fällen und Zerkleinern haben kann?). Die deutſchen Waldungen waren ſo raſch als möglich einer ) Ich habe dieſen Nachweis wiederholt geführt, will aber wegen der Wich— tigkeit desſelben hier die Ziffern mitteilen. Seit 50 Jahren haben die Kohlen— preiſe an den Gruben zwiſchen 26 und 35 Pf. per Centner geſchwankt, im Mittel ſonach 30,5 Pf. Nach den vorliegenden Unterſuchungen kann man annehmen, daß im großen Durchſchnitt 5 Centner Steinkohle einen Feſtmeter gemiſchtes Laub⸗ und Nadelbrennholz an Heizwert erſetzen werden. (Nach den ſehr um— fangreichen Unterſuchungen der öſterreichiſchen Militärverwaltung kommen ſchon 4,09 Centner preußiſcher Steinkohlen und 3,64 Centner engliſcher Steinkohlen einem Kubikmeter weichen Holzes an Heizwert gleich.) Mittels des Silberpfennig— tarifs transportieren die Eiſenbahnen 5 Centner Steinkohlen auf eine Entfer— nung von 500 Kilometer (d. h. von Eſſen nach Berlin, Stuttgart, Nürnberg) mit einer Fracht von 2,75 Mark und mittels des Markpfennigtarifs mit einem Frachtſatz von 3,37 Mark. Der Preis für die Steinkohlenmenge, welche einen Feſtmeter Brennholz ſurrogiert, berechnet ſich ſonach für dieſe weite Entfernung, bei welcher die Kohlengruben mit der Lieferung zuſammengreifen können, auf 4—5 Mark. Nun iſt zu beachten, daß der Feſtmeter Brennholz 2— 3 Mark Fällungs- und Zerkleinerungskoſten beanſpruchen wird. Was endlich den Land— transport betrifft, ſo wiegt ein Feſtmeter Holz lufttrocken durchſchnittlich 12 Centner und wird ſonach mindeſtens die doppelten Transportkoſten, wie die äquivalente Kohlenmenge, beanſpruchen. Die Verwendung des Brennholzes war ſomit ledig— lich eine Frage der Zeit; es war vorauszuſehen, daß mit der Verdichtung des Eiſenbahnnetzes und der Erfahrung der Konſumenten über den Heizeffekt des Holzes und der Kohle die Benutzung des Brennholzes aufhören wird. Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 95 einträglicheren Benutzung zuzuführen. Mit der zunehmenden Ver— wendung des Holzes als Bau-, Nutz- und Werkholz war die inten- ſive Nutzholzzucht volkswirtſchaftlich geboten — um ſo mehr, als bei einem Umſchwung der Verbrauchsverhältniſſe die Nutzleiſtung der mit Nadelholz reichlich gemiſchten Beſtände für die Beheizung nicht geringer war, als die Nutzleiſtung des Laubholzes und durch dieſe gemiſchten Beſtände Fürſorge für alle Eventualitäten getroffen werden konnte. Welchen Zweck konnte die vorherrſchende Nachzucht der träg wachſenden und raſch faulenden Rotbuche — zumal in reinen Beſtänden und zur Bildung des Haubarkeitsbeſtands — noch haben? Was iſt bisher zur Anbahnung dieſer naheliegenden und offenbar allein berechtigten Zielpunkte des Waldbaues geſchehen? Wir müſſen dieſe Geſichtspunkte voranſtellen, wenn wir den heutigen Stand des Waldbaues richtig würdigen und die wunden Stellen, welche bei der Fortbildung desſelben zunächſt zu heilen ſind, täuſchungsfrei erkennen wollen. I. Der Tinfluß der Standortsbeſchaffenheit auf das Gedeihen der Waldbäume. Für das Gedeihen der Waldbäume iſt, wie wir im zweiten Abſchnitt erkannt haben, ein ausreichender Waſſergehalt im Boden erforderlich und dabei muß die Luft in entſprechender Weiſe in demſelben cirkulieren können. Die Erdkrume darf nicht zu flach und nicht zu feſt aufgelagert ſein. Dem Walde muß die Boden— decke belaſſen und bei der Verjüngung der Humusvorrat möglichſt erhalten werden. In Deutſchland findet man allerdings vielfach Standorte mit abnormer Beſchaffenheit — außer den hohen Regionen der Gebirge und Alpenländer, wo die Krummholzkiefer heimisch iſt und die Fichte nur kümmerlich vegetiert — naſſe und ſumpfige Lagen, Flugſandſtrecken und Ortſteinboden. In den Tiefländern, den Vor- und Mittelbergen und den unteren Lagen der Hochgebirge ſehen wir ſtrichweiſe nicht nur trockene Sandebenen, verödete Kalk— hügel, ſteinige und erdarme Abhänge, felſige und flachgründige 96 Vierter Abſchnitt. Bodenpartien, ſondern auch Waldflächen, die durch intenſive Streu— nutzung verangert und vertrocknet und verhärtet worden ſind. Zwar könnten wir die Länderſtriche Deutſchlands mit dieſen traurigen Bodenverhältniſſen bei der Wahl der anbauwürdigſten Holzarten, die uns in dieſem Abſchnitt zu beſchäftigen hat, ohne tiefergehende Beachtung laſſen. Denn dieſe Wahl iſt nicht zweifel— haft. Sie beſchränkt ſich im weſentlichen, wenn der Boden ſehr trocken, mager und flachgründig iſt, auf den Anbau der Schwarz— kiefer, der gemeinen Kiefer und die Begründung und Erhaltung des Eichenſtockſchlags. Die Fichte verlangt ſchon größeren Feuchtig— keitsgehalt in der oberſten Bodenſchicht. Und im Bruch- und Moorboden iſt die Erle die vorherrſchende Holzart. Indeſſen will ich, um die Wahl der Holzarten allſeitig zu beleuchten, das Verhalten derſelben flüchtig betrachten, wenn Trocken— heit, Flachgründigkeit oder Näſſe abnorme Zuſtände des Wald— bodens erzeugt haben. Wenn der Waſſergehalt des Bodens infolge Streu— nutzung oder Unkrautwuchs beträchtlich unter den Stand geſunken iſt, den man gewöhnlich in geſchloſ— ſenen Beſtänden mit geſchonter Bodendecke findet oder durch die Bodenbeſchaffenheit und Lage dieſer Waſſergehalt ſtets gering war und ſtets unzureichend bleiben wird, ſo nimmt die Produktion bei allen Holzarten ab. Aber dieſe Abnahme erfolgt keineswegs gleichmäßig. Während Buchen, Eſchen, Ulmen, Bergahorn, Fichten, Weißtannen, Lärchen, auch Eichen (namentlich Stieleichen als Baumholz) alsbald ihren Höhen- und Stärkenwuchs ſehr beträchtlich verringern, gedeihen Schwarzkiefern, gemeine Kiefern, Birken (vornehmlich Bet. pubescens), Aſpen, Eichenſtockſchläge, Hainbuchen, Spitzahorn, Winterlinden (vornehmlich als Ausſchlagholz) im Vergleich mit den zuerſt ge— nannten Holzarten beſſer, wenn auch ihr Längen- und Maſſenwuchs mit der zunehmenden Trockenheit des Bodens gleichfalls abnimmt. Wenn anderſeits der Waſſergehalt des Bodens über den zuträglichen mittleren Stand ſteigt, fo wachſen Erlen, Eſchen, Aſpen, Birken (namentlich Bet. alba), Ulmen, Hainbuchen und Spitzahorn in einem feuchten, die zuerſt genannten Holzarten ſogar in einem naſſen Boden ungleich beſſer, als die Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 97 übrigen Waldbäume. Selbſt die gemeine Kiefer erträgt ſtehende, gleichförmige Näſſe beſſer, als die waſſerbedürftige Fichte; ſie wächſt oft noch auf naſſem Moor- und Torfboden, aber ſie wird hier krüppelhaft. 4 Auch in Bezug auf die Erdkrume, die ſie im Wurzel— raum finden, ſind die Holzarten nicht gleichmäßig in ihren Anſprüchen. Während die Fichte in Gemäßheit ihres Wurzelbaues mit einem flachgründigen Boden, wenn er nicht zu trocken iſt, vorlieb nimmt, während für Hainbuchen, Birken und Aſpen ein mittelmäßig tiefgründiger Boden genügt, fordern Weiß— tannen, Lärchen, Eſchen, Ahorn und Schwarzerlen unbedingt einen tiefgründigen Boden. Auch die Eiche erwächſt nur auf tiefgrün— digem Boden zu langſchaftigem Baumholz, wenn ſie auch auf flachgründigem Boden im Ausſchlagbetrieb benutzt werden kann. Die Rotbuche vermag ſich zwar einem flachgründigen Boden durch ihre Wurzelverbreitung anzupaſſen, allein die vollendete Ausbildung erreicht ſie nur, wenn ſie ihre Wurzeln tief in den Boden ſenken kann. Auch die Kiefer gedeiht noch auf flachgründigem Boden; aber ſie wird hier ſtets kurzſchaftig und krüppelhaft. Die Betrachtung dieſer ſelten vorkommenden, abnormen Boden— zuſtände hat indeſſen, wie geſagt, waldbaulich nicht die ausſchlag— gebende Bedeutung. Beſonders wichtig iſt dagegen das Verhalten der Baumholzgattungen auf einer etwas höheren Stufe der Bodengüte — auf den Standortsklaſſen, die man als „gering“ bis „mittelmäßig“ bezeichnet. Nicht überall findet man humusreiche, friſche, lockere und tiefgründige Wald— böden, welche alle Baumhölzer zur vollen Entfaltung ihrer Wachs— tumskraft befähigen. Sehr viele Waldflächen ſind weder ſehr naß, noch ſehr trocken; ſie beſitzen einen mäßigen Humusgehalt und eine mäßige Tiefgründigkeit. Zwar ſind die Baumholzgattungen, die wir ſpäter als die ertragsreichſten kennen lernen werden, — die Lärchen, Fichten, Weißtannen, Kiefern, Eichen ꝛc, — anbau— fähig, aber nicht im gleichen Maße anbauwürdig, weil die Holz— gattungen, die von Natur aus einen geringeren Waſſerverbrauch und eine eigenartige Wurzelbildung haben, leichter einen Vorſprung gegenüber den Holzgattungen, denen ihre Organiſation eine gleich Wagener, Waldbau. 7 98 Vierter Abſchnitt. weit gehende Anpaſſung an die Bodenbeſchaffenheit nicht geſtattet, gewinnen. Welches Verhalten zeigen die Waldbäume, wenn fie auf der- artigen Standorten nebeneinander wachſen? Ich finde leider in der mir vorliegenden Forſtlitteratur nur allgemeine, kaum benutz— bare Anhaltspunkte zur Beantwortung dieſer Frage. Nach den— ſelben und nach den unter den verſchiedenartigſten Waldverhält— niſſen geſammelten Erfahrungen des Verfaſſers kann man annehmen, daß die Holzarten, wenn der Waldboden nicht den ausreichenden Feuchtigkeitsgehalt verſpricht, etwa in folgender Reihenfolge gedeihen werden. In erſter Linie ſteht die Schwarzkiefer, die gemeine Kiefer und der Stockausſchlag der Traubeneiche. Hierauf folgt (in hohen freien, gegen kalte Winde geſchützten Lagen) die Lärche, alsdann die Fichte, die Weißtanne, die Hainbuche (als Stockausſchlag), die Rotbuche, die Traubeneiche (als Baumholz) und endlich die Stieleiche. Aber dieſe Rangordnung wird vor allem durch die Höhe und die Lockerheit des benutzbaren Wurzelbodenraums abgeändert. So gedeiht namentlich die Weißtanne in einem an der Oberfläche ver— trockneten, aber nach unten kräftigen Boden beſſer, als die flach— wurzelnde Fichte. Auf einem flachgründigen Boden gedeiht bei gleichem Waſſergehalt die Fichte relativ beſſer als die Kiefer, während auf einem in der Oberfläche trockenen, aber lockeren und tiefgründigen Boden (z. B. Diluvialſand ohne Grundwaſſer) das umgekehrte Verhalten eintritt. Die Hainbuche als Stockausſchlag ge— deiht nicht nur auf ſchweren, zähen Böden (Thon ꝛc.), ſondern auch auf trockenen Bergabhängen (Kalk ꝛc.). Wenn fie auch ſauren Boden vermeidet, ſo kommt ſie doch an dem Rand der Brücher noch fort. Auch der Lichtgenuß iſt nicht ohne Einfluß; bei ſonſt gleichen Eigenſchaften des Bodens — namentlich hinſichtlich der Waſſerverſorgung — werden die lichtbedürftigen Eichen, Kiefern ꝛc. in den ſonnigen Lagen beſſer gedeihen, als auf den Nord- und Oſtſeiten. Die übrigen forſtlich (wenn auch untergeordnet) beachtens— werten Holzarten kann man nach ihren Anſprüchen an den Waſſer— gehalt des Bodens nicht genau klaſſifizieren. Die Beobachtung im Walde dürfte an folgende Rangordnung anknüpfen und dieſelbe nötigenfalls berichtigen. Auf den trockenſten Böden gedeihen relativ Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 99 am beſten: die oben genannten Schwarzkiefern, hierauf Birken, Weymouthskiefern, Aſpen (Birken und Aſpen vertragen aber auch einen feuchten Boden). Die übrigen im Walde mit größerer Ver— breitung vorkommenden Holzarten werden ungefähr die folgende Rangordnung im Gedeihen von den trockenen zu den feuchten Standorten zeigen: Bergahorn, Spitzahorn, Ulmen, Eſchen, Weiß— und Schwarzerlen. In einem ſehr großen Teile der deutſchen Wal— dungen finden indeſſen die Waldbäume, welche die Schöpfung mit einer hervorragenden Leiſtungskraft für die menſchlichen Verwendungszwecke ausgeſtattet hat, genügende Feuchtigkeit, Tiefgründigkeit, Locker— heit und Humushaltigkeit, um ihre volle Wachstums— kraft zu entfalten. Nicht nur für die eben betrachteten mitt— leren und geringen Bonitätsſtufen, ſondern vor allem für die fruchtbaren Gebietsteile unſeres Vaterlandes war der Holzanbau durch eine genaue Bemeſſung und Vergleichung der nachhaltigen Wertproduktion, welche die örtlich wählbaren Holzgattungen bisher hervorgebracht haben, zu regeln. II. Die Wertproduktion der Waldbäume bei gleicher Standortsgüte. In der Einleitung dieſes Abſchnittes haben wir die Aufgaben, welche die Forſttechnik zu erfüllen hatte, wenn in Gemäßheit der ge— nannten phyſikaliſchen Eigenſchaften des Bodens verſchiedene Holzgat— tungen wahlfähig ſind, hinreichend gekennzeichnet. Man hatte vor allem — da planmäßig angelegte ſtändige Verſuchsflächen mangeln — in allen Forſtbezirken ſorgfältig zu unterſuchen, ob an irgend einem Orte nebeneinander Fichten, Buchen, Eichen, Kiefern, Lärchen 2c. in reinen Beſtänden unter gleichen oder nahezu gleichen Stand— ortsverhältniſſen aufgewachſen waren. Man hatte ſchon im An— fang des 19. Jahrhunderts genügende Hilfsmittel, um die Pro— duktion meſſen und vergleichen zu können. Seit mehr als hundert Jahren ſind die Holzbeſtände in nahezu gleichartiger Weiſe erzogen worden — mit ſtrenger Erhaltung des Kronenſchluſſes und Ent— 100 Vierter Abſchnitt. fernung der übergipfelten und überwachſenen Stangen und Stämme, nachdem dieſelben aufgehört hatten, das Wachstum des domi— nierenden Beſtands zu beeinfluſſen. Man würde ſicherlich bei der erforderlichen Umſchau vergleichbare Beſtände in genügender Zahl gefunden haben, um zu erforſchen, welchen Rohſtoffertrag die Fich— ten, Eichen, Tannen, Lärchen ꝛc. auf einem Boden im großen Durchſchnitt liefern, auf dem Kiefern im Mittel 2, 3, 4, 5 .. Feſtmeter Haubarkeits-Durchſchnittszuwachs bis zum 80- oder 100: jährigen Beſtandsalter per Jahr produzieren. Die Forſtwirtſchaft durfte ſich jedoch ſelbſtverſtändlich nicht darauf beſchränken, die Waldprodukte lediglich mit der größten Menge der Konſumtion darzubieten. Indem die Forſtwirte die herkömmliche Bewirtſchaftungsart des Hochwaldbetriebs beibehalten und namentlich den Waldbäumen eine ſehr lange Reifezeit geſtattet haben, haben ſie offenbar geglaubt, Baumhölzer gewinnen zu können, welche die größte Güte für den Gebrauch haben. Es wird ſomit bekannt geworden ſein, welche Rangordnung im Gebrauchswert das Holz der Eiche, Kiefer, Fichte, Buche ꝛc. bei der Verwendung zu Brettern, zu Dielen und Bohlen, zu Bau- und Werkholz, zum Gruben- und Schiffsbau, zu Eiſenbahnſchwellen ꝛc. und für die Beheizung der Zimmer- und Kochherde u. ſ. w. hat. Denn die Tragkraft, die Dauer, die Brenngüte ꝛc. der Holzarten und Holz— ſorten läßt ſich nicht nur experimentell feſtſtellen, dieſe Eigenſchaften der Hölzer lernt man auch durch die Erfahrung kennen. 1) Die Rohſtoffproduktion der Waldbäume. Paulſen, Georg Ludwig Hartig, Heinrich Cotta, die badiſchen Forſtbeamten, Theodor Hartig, Burckhardt, Robert Hartig, Baur, Kunze, Weiſe, Schuberg, Lorey, Wimmenauer u. a. haben die prädominierenden Holzmaſſen, die man in regelmäßigen Buchen-, Eichen-, Fichten, Kiefernbeſtänden ꝛc. mit ſehr verſchiedenen Mengen findet, aufgenommen. Aber die Ergebniſſe dieſer Meſſungen ſind leider für unſeren Zweck zumeiſt wertlos, weil den aufgeſtellten Ertragstafeln eine genaue Beſtimmung und Vergleichung der Stand— ortsgüte mangelt. Mit ſeltenen Ausnahmen ſind die Einzelauf— nahmen, nachdem ſie nach dem Gefühl ergänzt und kombiniert waren, in gewiſſe Klaſſen ausgeſchieden worden. Der eine hat zwei, der andere drei, der dritte fünf, Cotta ſogar zehn Klaſſen Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 101 angenommen. Aber offenbar entſtammt die Buchenklaſſe, oder die Eichenklaſſe, die man mit III oder IV bezeichnet hat, einer ganz anderen Standortsgüte, als die mit gleichen Ziffern bezeichnete Kiefernklaſſe, denn die genannten Laubhölzer beſtocken in Deutſch— land vorherrſchend den kräftigeren Boden. Der Boden, der Buchen— erträge hervorbringt, die man zur zweiten Klaſſe gerechnet hat, wird vielleicht Fichtenerträge liefern können, die man zur erſtenFichtenklaſſe eingereiht hat, weil den Fichten im Unterſuchungsgebiet durchgängig geringere Standorte zugewieſen worden ſind, als den Rotbuchen. Die bisher veröffentlichten Ertragstafeln ſind — mit zwei, gleich zu betrachtenden Ausnahmen — für den wichtigſten Zweck des deutſchen Waldbaues faſt völlig wertlos. Man hat die Funda— mentierung der Ertragsunterſuchungen nach dieſer Richtung unter: laſſen, indem man verſäumt hat, den Zuwachs der nebeneinander auf ein und demſelben Boden und in gleicher Lage wachſenden Holzbeſtände verſchiedener Gattung zu meſſen. Man gewinnt, wenn man die bisherigen Ertragsangaben zuſammenſtellt, unbrauch— bare Ziffern (ſiehe die Tabelle S. 102). Ungleich höheren Wert haben die vergleichenden Unter— ſuchungen Robert Hartigs. Derſelbe ermittelte im braun— ſchweigiſchen Unterharz (Oberforſt Haſſelfelde)ß den Wachstums— gang der Fichten- und Buchenbeſtände. Die Fichtenbeſtände, welche zur erſten Standortsklaſſe gerechnet wurden, ſtimmten in der Bodengüte genau überein mit den Buchenbeſtänden, welche zur zweiten Standortsklaſſe gezählt wurden. R. Hartig konnte dieſes Verhalten ſicher konſtatieren, weil ſich in zwei Revieren „eine Reihe von zum Teil unmittelbar an die unterſuchten Fichtenbeſtände erſter Standortsklaſſe angrenzenden Buchenbeſtände (II. Kl.), welche unzweifelhaft demſelben Standort angehörten, wie jene“ fanden. Durch die (auch auf dieſem Gebiete hervorragenden) Forſchungen Robert Hartigs kann man nunmehr wenigſtens die Produktivität der Rotbuche und Fichte auf einem Boden, auf welchem der ge— ſchloſſene Buchenbeſtand 4,6 Feſtmeter Haubarkeits-Durchſchnitts⸗ zuwachs im 80. Jahre hervorzubringen vermag, vergleichen. Setzt man die Haubarkeitsmaſſe der Rotbuchenbeſtände — 1,00, ſo liefern die Fichtenbeſtände dominierende Holzmaſſen (alſo exkl. Zwiſchennutzungsertrag) im folgenden Verhältnis: Wenn der Haubarkeits-Maſſenertrag der Rotbuchenbeſtände im 80. Jahre 1,00 ift, fo ift der Haubarkeits-Maſſenertrag der unten genannten Holzarten im 80. Jahre und in geſchloſſenen Hochwaldsbeſtänden: 5 Weiß⸗ = i = [ 5 Fichten. Kiefern. 5 = Eichen. = = 2 Erlen. tannen. — S 182: 62} z 3 Stand⸗ 2 ; ; 2 ortsklaſſe. ] = — 2 2 5 = =: )))!!! 55 %%% ee ee ee ce ee = k Es We > er u ES er ee E — S 2) S 7 >) 5 2 S — — — — — - 8 I 5 — 1,73 1,76 1,46 1,33] — 1,81 1,28 1,13 11,75 1,52 1,81 — 0,95 — 0,951 108] — I — 1554 5 Sehr aut. . II. Gut 2,25 1,71 1,65 1,48 1,36 1,33 1,80 | 1,71 1,05 1,73 | 1,42 | 1,82 | 0,86 | 0,97 | 1,00 0,99 1,06 | 0,83 | 1,46 | 1,56 III. Mittel- 2,07 | 1,66 | 1,69 1,40 1,33 | 1,32 1,75 1,84 0,88 J 1,70 1,66 1,87] — 1,01 1,46 |0,95 [1,02 [0,95] — 132 mäßig. = IV. ee 103 11 10% = „s off 1,89 1,59 198 — 1,13 098 0,88 127 5 Gering. | — Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 103 Beſtandsalter. Rotbuche. Fichte. 40. Jahr 100 3,58 5 1,00 2,60 50% „ 1,00 2,00 e 100, 193 SO 100 1794 85. 1,00 2,00 Die produzierte Geſamtmaſſe (Haubarkeits- und Zwiſchennutzungs⸗ ertrag) ſteht im folgenden Verhältnis: Beſtandsalter. Rotbuche. Fichte. 40. Jahr 100° 7977 . 1,00 3,09 BO 1,00 2,42 ZOLL 100, .3al 1 1,00 2,28 9 100 2,24 Zweitens hat Wimmenauer in Lich neuerdings, „um zu einem vergleichenden Urteil über die Rentabilität der verſchiedenen Hoch— waldbetriebsarten in der Provinz Oberheſſen zu gelangen“, eine Anzahl charakteriſtiſcher Beſtände in den fürſtlich Solmſiſchen Revieren Lich und Hohenſolms ausgewählt und aufgenommen. Zunächſt vergleicht derſelbe drei 50—54jährige Fichtenbeſtände mit zwei nahegelegenen Buchenbeſtänden gleichen Standorts, die 50 und 46 Jahre alt ſind. Für das mittlere Alter von 50 Jahren ſtellt ſich das Produktionsverhältnis der prädominierenden Stämme wie 1,00: 2,99, ſomit noch günſtiger, als im Harz. Die Berech— nung für das 100. Jahr (Verhältnis 1,00: 1,92) ſtützt ſich auf Annahmen über den ferneren Wachstumsgang der Buchen- und Fichtenbeſtände, die noch der näheren Beſtätigung bedürfen. Wimmenauer vergleicht hierauf einen 80jährigen Kiefernbeſtand auf dem beſten Standort des Reviers mit den 80jährigen Buchenbeſtänden erſter Bonität und beſtimmt das Verhältnis der Haubarkeitsmaſſen auf 1,00 : 1,25. Es fragt ſich indeſſen immerhin, ob die Einſchätzung der Wachstumsklaſſe ganz genau iſt. In den weiter zur Vergleichung gebrachten Kiefernbeſtänden, die jedoch ſchwach mit Buchen (17 und 210% der Stammgrundfläche) gemiſcht find, wird das Verhältnis 1,00 : 1,37 und 100 1,45 gefunden, allerdings werden auch hier wieder die Bonitätsklaſſen für die Buchen nach dem Höhenwuchs der eingeſprengten Buchen eingeſchätzt. 104 Vierter Abſchnitt. Wimmenauer vergleicht ferner einen 75jährigen, mit Fichten und Lärchen ſchwach (3,60% der Stammgrundfläche) gemiſchten Buchenbeſtand mit einem Fichtenbeſtand, welcher die Höhe der eingewachſenen Fichten haben würde, ſomit auf ähnliche Bonität ſchließen ließe. Hierbei ſtellt ſich das Verhältnis der prä— dominierenden Holzmaſſe wie 1,00 : 1,81. Endlich wird die Holzproduktion eines gemiſchten Beſtandes (von der Stammgrundfläche find 540% Kiefern, 360% Buchen und 10% Tannen, Fichten und Eichen) mit der Holzproduktion eines reinen Buchenbeſtands verglichen und auf 1,00 (Buchen) zu 1,16 (gem. Beſtand) feſtgeſtellt, jedoch wieder mit Ein- ſchätzung der Buchenertragsklaſſe nach dem Höhenwuchs der frei erwachſenen Buchenhorſte. Das Produktionsverhältnis des gemiſchten Beſtands zur reinen Fichtenbeſtockung wird in derſelben Weiſe auf 1,00 : 1,50 beſtimmt. Weitere Unterſuchungen, die auf gleichem Standort vorge— nommen worden ſind, liegen meines Wiſſens bezüglich der im Kronenſchluß erwachſenen Hochwaldbeſtände nicht vor. Die Durch— ſchnittsertragstafeln, die König veröffentlicht hat, und die Durch— ſchnittsſätze, welche man bei der Waldbonitierung in Hannover verwendet, ſind nicht beweisfähig, weil ſie jedenfalls auf Ein— ſchätzung der Standortsgüte beruhen. Man kann es nach dem heutigen Stande des Forſchungsweſens auf forſtlichem Gebiete lediglich als wahrſcheinlich bezeichnen, daß die Fichte min— deſtens den doppelten und die Kiefer etwa den andert— halbfachen Haubarkeits-Maſſenertrag der Rotbuche in geſchloſſenen Hochwaldbeſtänden bei gleicher Standorts— güte produzieren wird. Auch über das Ertragsverhältnis zwiſchen dem Hoch— waldbetrieb und dem Mittelwald-, Niederwald-, Femel⸗ waldbetrieb ꝛc. liegen beweisfähige Unterſuchungen nicht vor. Man hat lange Zeit angenommen, daß die Maſſenproduktion im Hochwaldbetrieb viel größer ſei, als im Mittelwaldbetrieb. Jedoch laſſen die ſtatiſtiſchen Mitteilungen, welche über den Zuwachs und Abgabeſatz der badiſchen Hoch- und Mittelwaldungen in neuerer Zeit mitgeteilt worden ſind, auch die gegenteilige Annahme zu. Aber dieſe großen Durchſchnittsſätze, welche die mannigfachſten Beſtockungszuſtände im Hoch- und Mittelwalde umfaſſen, ſind offenbar nicht beweisfäͤhig. Ueber die Maſſenproduktion der Waldbäume im freien Stande hat der Verfaſſer vergleichende Unterſuchungen vorgenommen, jedoch konnte auf gleichem Standort nur die Produktion der Fichte und Kiefer ermittelt werden. Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 105 Auf dem bindenden Lehmboden des ſüdweſtlichen Steigerwaldes, auf dem geſchloſſene 80jährige Fichtenbeſtände einen Haubarkeits-Durchſchnittszuwachs von etwa 5 Feſt⸗ meter Grobholz per Hektar haben werden, produzieren die freiſtehenden Stämme: 60. Jahr. 70. Jahr. 80. Jahr. 90. Jahr. 100. Jahr. Fichten 0,578 0,833 1,151 1,470 1,809 Kiefern 0,960 1,309 1,703 2,010 2,373 Feſtmeter Derbholz (Grobholz). Hiernach ſcheint die Kiefer der Fichte im freien Stande weit in der Maſſen— produktion überlegen zu ſein. Leider kann die Frage, ob auf dieſem Boden die Kiefer auch in geſchloſſenen Beſtänden einen größeren Jahreszuwachs erreichen wird als die Fichte, nicht ſicher beantwortet werden, da der vergleichungsfähige Kiefern— beſtand im Jahre 1868 durch Schneedruck ſtark beſchädigt wurde. Sie ſcheint in— deſſen auf ſehr fruchtbarem und tiefgründigem Boden der Fichte nicht nachzuſtehen. Die wichtigſte Frage des Waldbaues, deren Entſcheidung un: leugbar das Fundament dieſes Produktionszweiges zu bilden hatte, iſt ſomit unendlich weit von ihrer Löſung entfernt. Die kläglichen Ergebniſſe der bisherigen Unterſuchung und Vergleichung, die wir verzeichnen konnten, beweiſen, daß dieſe Fundamentalfragen von der Forſtwirtſchaft, obgleich Georg Ludwig Hartig (wie wir ſpäter ſehen werden) ſehr eindringlich die Beachtung derſelben empfohlen hatte, kaum gewürdigt worden ſind. Ueber welche herrlichen An— haltspunkte würden wir heute verfügen, wenn das oben geforderte dichte Netz von vergleichungsfähigen Verſuchsflächen über alle deut— ſchen Waldungen ausgebreitet worden wäre, wenn man nur die vergleichungsfähigen Beſtände, die ſich thatſächlich in den deutſchen Waldungen finden, ſorgſam aufgeſucht und den Zuwachsgang an- nähernd genau ermittelt haben würde. 2) Der Gebrauchswert der Rohſtoffproduktion und die Geſamtleiſtung der Waldbäume. Unterſuchungen über die Brennkraft, Dauer, Elaſtizität, Feſtig⸗ keit, Dichtigkeit, Härte ꝛc. des Holzes haben u. a. Duhamel du Monceau, Chevandier und Wertheim, Georg Ludwig Hartig, Theo— dor Hartig, Werneck, Brix und vor allem Nördlinger vorgenommen. Es hat ſich hierbei herausgeſtellt, daß faſt alle dieſe techniſchen Eigenſchaften des Holzes in beſtimmten Beziehungen zum ſpecifiſchen Gewicht ſtehen; jedoch ſind ſo viele Ausnahmen konſtatirt worden — und zwar gerade für die wichtigſten Waldbäume —, daß eine Regelung des Holzanbaues nach Maßgabe des Trockengewichts, welches die anbaufähigen Waldbäume auf den verſchiedenen Stand: 106 Vierter Abſchnitt. orten während eines gleichen Wachstumszeitraums zu produzieren vermögen, leider nur bedingungsweiſe durchführbar erſcheint. Was zunächſt die Breunkraft betrifft, jo iſt das ſpecifiſche Gewicht allerdings ein allgemeiner Maßſtab für die Heizwirkung der Holzarten, jedoch nur genau für ein und dieſelbe Holzart bezüglich der durch das Alter, den Standort ꝛc. verurſachten Ver— ſchiedenheiten. Im übrigen hat das ſchwere Eichenholz eine ge— ringere und das harzreiche Nadelholz eine größere Brennkraft, als dem Gewicht entſprechen würde. Für die Kochwirkung ſind die Ergebniſſe, welche Georg Ludwig Hartig ermittelt hat, relativ am meiſten maßgebend. Für die Holzarten, welche zur herrſchenden Holzbeſtandsbildung in unſeren Waldungen befähigt ſind, ſtellt ſich das Kochwertver— hältnis für gleiche Raummenge wie folgt: a. Rotbuchen, 120—160jähriges Stammholz 1,00 5 50— 80 „ Scheitholz 1,01 25— 30 „ Prügelholz 0,99 b. h 120 jährig ER e. Fichten, 100jähriges Stammholz ... 0,79 d. Kiefern, 120jährig, ſehr harzreicgh. .. 0,99 „ 110jähriges Stammhoa ; 0 5 9 3 088 e. Weißtannen, 120jähriges Sigegepolz „ „ % 0 t. Hainbuchen, 100jähriges Stammholz .. 1,05 g. Lärche, 70jähriges Stammholz . . 0,81 Für die Erwärmung der Zimmer ergibt 700 wenn man gleiche Trockenvolumen vergleicht, nach Theodor Hartig das folgende Verhältnis: a. Rotbuchen, 120 —160jähriges Stammholz . 1,00 7 50— 80 „ Scheitholz 08 1 25— 30 „ A % 1075 Neiſe rh; „0,90 b. Ei 120jähriges Stammholz ... 0,87 1 Shan Prügel Er 5 a0 c. Fichten, 100jähriges Stammholz ... 0,90 d. Kiefern, ſehr harzreiches Stammholz .. 1,16 100 jähriges Stammholz .. 0,77 Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 107 20jähriges Stangenhollz .. 0,48 Aſtholz von 120jährigen Stämmen 0,55 e. Weißtannen, 120jähriges ee REM e 058 f. Hainbuchen, 100 jährig .. nen Salz, 0797 g. Lärchen, 60jähriges Stammholz .. 0,87 Die geringſten Ziffern für die Heizwirkung des 100jährigen Fichten: und Kiefernſtammholzes find in dieſen Ermittelungen 0,77 und 0,79, während das Lärchenholz zwiſchen 0,81 und 0,87 ſteht. Brix beſtimmte durch ſehr umfangreiche Verſuche folgendes Brennwertver— hältnis per Raummeter bei mittlerem Waſſergehalt: 80jähriges Rotbuchenſtamm holz . 1,00 0 „ Hainbuchenſtammholz 101 300 „ Eichenſtammholz .. „104 200 —300jähriges Kiefernſtammholz, en sa 0,99 45—50 „ in SH: 20,85 Nach den Unterſuchungen der 3 Ele iſt per Raummeter anzunehmen: 120 —160jähriges Rotbuchenſtammholz .. 1,00 100 „ Fichtenſtammhoaz 0,79 D Weißtannenſtammholzz .. 0,66 Grabner hat die folgenden Verhältniszahlen per Raummeter gefunden: 120 - 160jähriges Rotbuchenſtamm holz „ 1,00 1007 Hainbuchenſtammholz . 1,00 1207, ementanmmbels z 1,10 00 Kieſernſtammhoß 90,73 60-70 „ Lärchenſtammholz . 0,90 100 „ Fichtenſtamm holz . 0,85 120 „ Weißtannenſtamm holz . 0,82 Man wird ſonach ſehr niedrig greifen, wenn man als Brennkraft des Fichten: und Kiefernſtammholzes 75% des Buchenſtammholzes annimmt. Für das Lärchenſtammholz wird man 80— 90%, für das Weißtannenſtammholz 60— 70 %, für das Stammholz der Hainbuche 100— 105%, für das der Birke 85—90 %, für das der Erle 60—70 , für das der Aſpe 60—70 % vom Brennwert des Buchenſtammholzes im Mittel annehmen können. Die geſamte Brennſtoffproduktion der Holzgat— tungen auf gleich großer und gleich guter Bodenfläche läßt ſich immerhin nur annähernd genau beſtimmen. Ueber den Ertrag der Weißtanne, Lärche, Eiche, Birke und Erle in reinen Beſtänden und das Verhältnis dieſes Ertrags zum Ertrag der 108 Vierter Abſchnitt. reinen Fichten-, Kiefern- und Buchenbeſtände liegen uns ſichere Anhaltspunkte nicht vor. Man kann nur die reinen und im Kronen— ſchluß aufgewachſenen Fichten-, Kiefern- und Buchenbeſtände auf Grund der oben ermittelten Verhältniszahlen vergleichen. Es iſt, wie wir geſehen haben, wahrſcheinlich, daß die Fichte in geſchloſſenen Beſtänden mindeſtens den doppelten und die Kiefer mindeſtens den anderthalbfachen Maſſenertrag der Rotbuche liefert. Es würde ſich ſonach die Leiſtungskraft dieſer Holzarten für Heiz— zwecke annähernd wie folgt verhalten: Buche . 1,00 Wiefe?s 2 3113 Fichte Für die Vergleichung der Brennſtoffproduktion, welche die Holzgattungen im freien Stande auf gleicher Fläche zeigen — wenn der Wachsraum und die Bodenfläche durch einen entſprechenden Stand der freiwüchſigen Waldbäume gleichmäßig benutzt wird — find nur die 1877— 1882 veröffentlichten Unterſuchungen des Ver: faſſers einigermaßen benutzbar. Der Verfaſſer unterſuchte die Rot— buchen im Bezirk Urſpringen und Holzkirchen und die Fichten und Kiefern in den Revieren Caſtell und Rüdenhauſen; der Boden in Holzkirchen wird mit dem Boden in Caſtell und Rüdenhauſen in der Ertragskraft nahezu übereinſtimmen. Bei der Stellung, welche der Kronenverbreitung angemeſſen iſt, produzierten die freiwüchſigen Buchen, Fichten und Kiefern im 80. Jahre folgende Maſſen per Hektar und Jahr: Rotbuchen 7,02 Feſtmeter Fichten 9,13 1 Kiefern 9,11 15 Wendet man zur Beſtimmung der Brennſtofferzeugung den oben ermittelten, allerdings etwas zu niedrig gegriffenen Satz von 0,75 des Buchenholzes auf das Fichten- und Kiefernholz an, ſo ergibt ſich das folgende Verhältnis: Rotbuche . 100,0 Fichte 97, Kiefer 97,3 Es ſcheint ſonach Gleichgewicht zu herrſchen. Die zurückbleibende Brennſtoffproduktion der Rotbuche in geſchloſſenen Beſtänden Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 109 gegenüber der Brennſtoffproduktion der Fichte und Kiefer iſt, wie man vermuten darf, dadurch verurſacht worden, daß im diffuſen Lichte die gleiche Waſſerverdunſtung der Rotbuche eine viel ge— ringere Brennſtoffbildung bewirkt, als bei der Fichte und Kiefer (cf. Note im Eingang dieſes Abſchnitts). Was zweitens die Gebrauchs fähigkeit der Rohmaſſe ver: ſchiedener Waldbäume als Bau-, Werk- und Nutzholz, d. h. für den Häuſerbau, Schiffsbau, Grubenbau, zu Eiſen— bahnſchwellen, Telegraphenſtangen, Hopfenſtangen sec., überhaupt für die mannigfachen gewerblichen und induſtriellen Zwecke betrifft, ſo nehmen auch hier wieder die— jenigen Eigenſchaften, welche den Bauwert der Zimmerhölzer und vieler ſonſtiger Nutzhölzer vorzugsweiſe beſtimmen, mit dem ſpecifi— ſchen Gewicht zu und ab — die Dauer nur bei ein und derſelben Holzart. Aber auch hier ſind wieder Ausnahmen namentlich bezüg— lich des Buchenholzes zu konſtatieren. Das Buchen- und Erlen— holz iſt ſehr brüchig und als Tragholz gar nicht verwendbar; viel— mehr ſind die tragkräftigſten Holzarten: Eichen, Eſchen, Fichten, Weißtannen und verwendbar iſt noch mageres Kiefernholz, Lärchen— und Aſpenholz. Das Buchenholz hat nur ganz im Trockenen und unter Waſſer und das Erlenholz nur unter Waſſer Dauer, obgleich das Buchenholz auch im Trockenen vom Wurmfraß am erheblichſten unter allen Holzarten heimgeſucht wird und unter Waſſer das Eichenholz, das harzreiche Lärchenholz des Hochgebirges, ſelbſt das Kiefernholz vorzuziehen iſt. Die dauerhafteften Holzarten ſind, wenn man die Verwendung bei wechſelndem Einfluſſe von Näſſe und Trocknis vorausſetzt: Eichen, Lärchen und Kiefern (namentlich harzreiche und feinringige Lärchen und Kiefern), Akazien und Schwarzkiefern. Dauerhaftes Holz beſitzen Fichten (namentlich harz— reiche Fichten), Tannen, Ulmen. Dagegen beſitzen geringe Dauer und ſind meiſtens nur im Trockenen, teilweiſe (wie Buchen und Erlen) auch unter Waſſer zu verwenden: Buchen, Hainbuchen, Eſchen, Ahorn, Erlen, Birken, Aſpen, Linden, Pappeln, Weiden, Haſſeln, Weymouthskiefern und die auf fettem Boden im Kronen: ſchluß raſch aufgewachſenen, breitringigen, nicht harzreichen Fichten und Kiefern. Die übrigen techniſchen Eigenſchaften der Holzarten (Härte, 110 Vierter Abſchnitt. Biegſamkeit, Spaltbarkeit, Schwinden und Quillen) kommen für die Gebrauchsfähigkeit nur ſehr untergeordnet in Betracht. (Die ver— ſchiedene Härte und Spaltbarkeit der Holzarten hat Einfluß auf die Bearbeitungskoſten, die Biegſamkeit oder vielmehr Zähigkeit iſt für die Stuhlfabrikation, die Anfertigung von Schachteln, Rechen, Wieden u. ſ. w. beachtenswert und bezüglich des Schwindens und Quillens ſtehen Linden, Rotbuchen, Hainbuchen, Birken und Erlen auf den höchſten Stufen.) Man kann ſonach ſagen: Für die Nutz- und Werk— holzzucht konnte in der Hauptſache die Wahl nur ſchwanken zwiſchen Lärchen, Fichten und Tannen, Kiefern, Eichen, wenn auch an geeigneten Orten Eſchen und Ahorn (zu Möbeln häufig verwendet), Birken, Erlen, Linden x. anzubauen und beizumiſchen waren. (Ueber die wahrſcheinlich ſehr leiſtungsfähige Weymouthskiefer ſind die Erfahrungen noch nicht vollſtändig.) Die engere Wahl würde, wenn man die Geſamtproduktion an Nutzwerten lediglich nach der Tragkraft beurteilen dürfte, der Maſſenproduktion zu folgen haben. Denn es iſt wohl keinem Zweifel unterworfen, daß die Holzarten, die auf der höchſten Stufe der Maſſenproduktion ſtehen, die Lärchen, Fichten, Kiefern und Tannen, mit ihrer Tragkraft für die gewöhnlichen Verwendungs— zwecke ausreichen werden. Im Hinblick auf die Tragkraft braucht man die leiſtungsfähige, aber ſehr langſam wachſende Eiche nicht (die Eſche ſteht in der Tragkraft der Eiche nahe). Aber wir haben bei dieſer engeren Wahl nicht nur die Trag— kraft, wir haben auch die Dauer der Hölzer mit dem Maſſen— ertrag zu vergleichen. Zu dieſer Bemeſſung fehlen allerdings genaue und ſichere Angaben; jedoch kann man nach den Unter— ſuchungen der Eiſenbahnverwaltungen über die Dauer der Holz— ſchwellen, die durch ihre Lage beſonders der Fäulnis ausgeſetzt ſind, annehmen, daß das Verhältnis der Dauer ſich ſtellt: Fichten. 1,00 Kiefern 160 Eichen . 2,80 Berückſichtigt man das Verhältnis im Maſſenertrag zwiſchen Kiefern und Fichten (etwa 1,5: 2,0), ſo würde die Kiefer auf höherer Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 111 Stufe der Leiſtungsfähigkeit bezüglich der Dauer ſtehen, als die Fichte — indeſſen läßt ſich dieſes Verhältnis nicht genau beurteilen. Und da die Eiche ungefähr die Hälfte des Maſſenertrags der Fichte gewähren wird, ſo würde der Wertertrag der Eiche am höchſten ſtehen. Wenn man ſonach der wirtſchaftlichen Leiſtungskraft der drei Holzarten lediglich nach der Dauer des Holzes einen abſtrakten Ausdruck geben dürfte, ſo würde derſelbe etwa lauten: Fichte. 1,00 ieee 120 Eiche 1,40 Allein es iſt zu beachten, daß keineswegs die Verwendung des Holzes als Schwellen für den Bahn- und Häuſerbau, über: haupt in abwechſelnder Näſſe und Trockenheit, die Anbauwürdig— keit der Holzgattungen in erſter Linie beſtimmt. Man hat zu bedenken, daß das beſtändig billiger werdende Eiſen, der Häuſerbau mit Bauſteinen ꝛc. die Verwendung des Holzes für die genannten Zwecke immer mehr in den Hintergrund drängen wird, während der Bretterverbrauch, die Benutzung zu Bauholz, welches lediglich im Innern der Häuſer ꝛc. Verwendung findet, ſchon jetzt die Haupt— zweige des Holzkonſums bilden. Lärchen, Fichten, Weißtannen und Kiefern haben für dieſe Zwecke ausreichende Dauer. Aber noch ein weiterer Umſtand iſt in Betracht zu ziehen. Kiefern, Fichten einerſeits und Eichen anderſeits ſind zur Ge— winnung des gebrauchsfähigen Nutzholzes mit ſehr verſchiedener Umtriebszeit zu bewirtſchaften. Die Eiche gebraucht zur Produktion der von der Holzkonſumtion beanſpruchten Bau- und Nutzholzſorten eine viel längere Zeit, als die Fichte und Kiefer. Das Holz, welches die Eiche z. B. im 80. Jahre erzeugt hat, iſt zwar dauer— haft und tragfähig, aber es iſt ziemlich wertlos, weil die Stämme faſt lediglich Brennholz liefern und noch nicht die für Nutzholz erforderliche Dicke haben. Robert Hartig unterſuchte im Waldort Zuber des Speſſarts, der wegen ſeines vorzüglichen Eichenwuchſes berühmt iſt, den Zuwachsgang der Eiche. Er fand mittleren Durchmeſſer in Bruſthöhe: im 70. Jahr 12—16 cm 00 1,20 140. „ 2935 „ „ 190. „ 39—46 „ 112 Vierter Abſchnitt. Ferner in einem reinen 215jährigen Eichenbeſtand (Geiersberg, Revier Rohr— brunn) 43,9 em. Robert Hartig unterſuchte ferner geſchloſſene Fichtenbeſtände im Harz. Er fand mittlere Durchmeſſer in Bruſthöhe: im 70. Jahr 25,4 em 0%, 5, % „10 % % Der Speſſartboden iſt, wie der Buchenwuchs zeigt, viel beſſer, wie der Boden im Harz, auf dem die unterſuchten Fichtenbeſtände ſtehen, denn in den 80jährigen Buchenbeſtänden fanden ſich im Speſſart 493 Feſtmeter per Hektar, im Harz da— gegen (neben den unterſuchten Fichtenbeſtänden) nur 384 Feſtmeter per Hektar. Wir müſſen ſonach den jährlichen Wertertrag vergleichen, der in einem Wirtſchaftskomplex gewonnen werden kann, wenn derſelbe einerſeits mit 150jährigen Eichen, anderſeits mit 100jährigen Fichten beſtockt iſt. Hierzu laſſen ſich nur die Burckhardtſchen Ertragstafeln benutzen (da R. Hartig leider den Wert der Eichen nicht ermittelt hat und das Nutzholzprozent der genannten Holz— arten ſehr verſchieden iſt). Nach Burckhardt ſtellt ſich der jährliche Wertertrag wie folgt: Fichte mit 100jähriger Umtriebszeit 1,00 Giche „ 150 4 0,59 Der auffallende Unterſchied wird durch den Nutzholzanfall, der im Fichtenwalde viel größer iſt, als im Eichenwalde, verurſacht. „Es ſind ſchon Eichenbeſtände beſſerer Art, welche 45—55 % der ober— irdiſchen Maſſen in reinem Blockholze liefern, woneben dann noch, je nach der Ausnutzung, 10—15 % kurze Bau- und Nutzholzenden erfolgen.“ Für die Fichte auf zweiter Klaſſe nimmt Burckhardt 870%, dagegen für die Eiche nur 60%, Nutzholz von der ober— irdiſchen Maſſe an. Obgleich dieſe Vergleichung auf örtlichen Preisverhältniſſen beruht“) und auch möglicherweiſe nicht immer die gleiche Stand— ) Burckhardt unterſtellt das folgende Wertverhältnis für den Feſtmeter Haubarkeitsmaſſe: 100jährige Fichten 1,00 100 „ Eichen 0,53 150 „ 0,88. Dagegen hat Wimmenauer in Oberheſſen gefunden: 102jährige Fichten 1,00 102 „ Eichen 0,89. Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 113 ortsbeſchaffenheit bei den Maſſenertragsangaben zu Grunde gelegt worden iſt, ſo iſt doch vorläufig nicht nachweisbar, daß die Eiche an der Spitze der Wertproduktion ſteht. Selbſtverſtändlich ſind alle vorhandenen jüngeren Eichen überzuhalten, bis ſie brauchbares Nutzholz liefern, und nicht als Brennholz zu konſumieren. Aber das entſcheidende Gewicht hat die Thatſache, daß dieſe vorherrſchende Eichenzucht der oberſten volkswirtſchaftlichen Produktionsregel „in der kürzeſten Zeit und mit dem geringſten Koſtenaufwand“ zuwider— laufen würde. Noch ungünſtiger erſcheint die Leiſtungsfähigkeit der Eiche, wenn man erwägt, daß das bisher zum Schiffbau ꝛc. mit hohen Preiſen angekaufte Eichenholz immer mehr vom Eiſen verdrängt wird und anderſeits das Nadelholz durch Imprägnieren (z. B. mit Kupfervitriol) mit einer Ausgabe, die ſelten ein Dritteil des Holz— werts überſteigen wird, ſehr dauerhaft gemacht werden kann. Zur genauen Vergleichung des Gebrauchswertes der Lärchen, Tannen, Ahorn, Eſchen ac. mit den Fichten, Kiefern und Eichen liegen ſichere Anhaltspunkte nicht vor, ſondern lediglich Mitteilungen über die örtlichen Preis- und Ertragsverhältniſſe der einen oder andern Holzart. Aber wir müſſen dennoch wenigſtens die wichtigſten Holzgattungen hier beſprechen. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die Lärche den er— reichbar höchſten Wertertrag unter den deutſchen Waldbäumen auf allen Standorten liefert, auf denen dieſer herrliche Gebirgs- baum gedeiht. In reinen dicht geſchloſſenen Beſtänden läßt ſich die Lärche allerdings nicht erziehen und auch in Miſchung mit dicht ſtehenden Fichten wird dieſe Erziehung, wie die Erfahrung gezeigt hat, ſelten glücken, weil die Lärche ſehr empfindlich gegen eine zu große Einengung iſt, die von der Fichte hervorgerufen wird. Die Miſchung mit der Kiefer iſt ebenſowenig empfehlenswert. Beide Nach Burckhardt verhält ſich der zugehörige Maſſenertrag (Haubarkeit und Durchforſtung) im 100. Jahr Fichte 1,00 l „ Eiche 0,78, im 150. Jahre (nach dem Lichtungshieb im 90. Jahre) 0,77. Auch in Oberheſſen wird ſonach der jährliche Wertertrag der Eiche gegen— über der Fichte zurückbleiben. Wagener, Waldbau. 8 114 Vierter Abſchnitt. Holzarten ſind lichtbedürftig. Die Lärche wächſt in der Regel ſchon mit dem 10jährigen Alter vor, die Kiefer ſtirbt, wenn die Lärche ſtark und nicht nur vereinzelt beigemiſcht iſt, ab oder wird ſchon vor dieſer Zeit durch Schnee, Duft- oder Eisanhang zuſammen— gebrochen. Die verbleibenden Lärchen ſtehen lückig und licht, ſie ſind im dichten Schluſſe emporgewachſen, ſchlank und walzenförmig geworden und brechen bei dem geringſten Schneeanhang 2c. gleich- falls zuſammen. Aber für die unterſtändige Grundbeſtockung von Buchen, die wir ſpäter genauer erörtern werden, iſt die Lärche eine vorzügliche Holzart. Indeſſen beanſprucht dieſer Gebirgsbaum eine beſondere Standortsbeſchaffenheit. Vor allem will die Lärche eine freie Lage, die der Windzug treffen kann, haben, jedoch muß die Lage gegen kalte Winde geſchützt ſein. Der Boden muß mäßig friſch, nicht zu feucht, aber auch nicht zu trocken ſein. Ueberall iſt dabei die Lärche, ſchon von Jugend auf, mit freiem Wachsraum für die Krone zu erziehen; der Stamm muß koniſch und die Baum— form muß pyramidaliſch werden, die grüne Bezweigung muß, wie man im Harz beobachtet hat, bis zu 2 des Schaftes herabgehen. Auf ungeeigneten Standorten und in reinen, dichten Beſtänden hört (ſeltene Fälle ausgenommen) alsbald der Wuchs auf; die Lärche überzieht ſich mit Bartflechten; Pilze und Inſekten zerſtören die Stangen und Stämme”). Teilweiſe, auf beſonders günſtigem Standort iſt die Lärche auch in reinen Beſtänden freudig bis zu höherem Alter fort— gewachſen. Der Maſſenzuwachs ſchwankt zwiſchen 9 und 16 Feſt— meter per Jahr und Hektar und beträgt durchſchnittlich 11 bis 13 Feſtmeter. Von den übrigen Waldbaumhölzern wird nur die Weymouthskiefer der Lärche gleichkommen, wenn auch ſelbſtverſtänd— lich auf Standorten, welche der Lärche nicht zuſagen, Fichten und Kiefern gleiche oder höhere Erträge liefern werden. Das Holz der Lärche ſteht hinſichtlich der Biegſamkeit, der Tragkraft als längere Balken und Sparren, der Fichte nach; aber in der Dauer wetteifert das Lärchenholz mit dem Eichenholz. Wenn man für die Produktion dieſer Holzart an Gebrauchs— ) Der oft zu beobachtende krumme Wuchs der Lärche iſt bisher nach ſeinen Urſachen noch nicht aufgeklärt worden. Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 115 wert einen genauen ziffermäßigen Ausdruck zu finden vermöchte, ſo würde derſelbe — bei der hohen Maſſen— produktion — ſicherlich alle anderen Holzgattungen weit überragen. Die Lärche iſt jedenfalls auf allen geeigneten Standorten in erſter Linie anbauwürdig. Die Frage, ob Fichten oder Weißtannen größere Werterträge in geſchloſſenen Beſtänden liefern, iſt bis heute noch offen. Was zunächſt die Maſſenproduktion betrifft, ſo ſtellen die badiſchen Er— tragstafeln, welche ji auf ſehr zahlreiche und genaue Beſtands— aufnahmen gründen, die Weißtanne der Fichte nach. Sie ver— zeichnen folgende Haubarkeitserträge in Feſtmeter per Hektar: Fichte. Tanne. Jahr 438 324 Sul Ara ae ing 472 enn 606 1 e u 6 734 Genaue vergleichende Unterſuchungen mangeln, es iſt vorläufig nicht anzunehmen, daß der Maſſenertrag der Tanne größer iſt, als der Maſſenertrag der Fichte. Ebenſowenig ſteht die Holzgüte der Tanne höher, als die Güte des Fichtenholzes. Zwar mangeln genaue vergleichende Unter— ſuchungen. Aber das Tannenholz iſt leichter wie das Fichtenholz und deshalb iſt zu vermuten, daß die techniſchen Eigenſchaften, welche die Brauchbarkeit des Holzes beſtimmen, bei der Fichte im höheren Maße vorhanden ſein werden als bei der Tanne. Es iſt auch nirgends beobachtet worden, daß das Tannenholz vom Holz— handel und Holzverbrauch gegenüber dem Fichten holz bevorzugt wird; meiſtens iſt das Gegenteil der Fall. Die günſtigſten Be: richte melden lediglich, daß die Holzhändler für Tannenholz gleiche Preiſe, wie für Fichtenholz, zahlen. Da die Tanne hinſichtlich der Bodengüte (abgeſehen von der oben erörterten Ausnahme) anſpruchsvoller als die Fichte iſt, ſo läßt ſich die vielfache Empfehlung des Tannenanbaues in der Forſtlitteratur — ſtatt des Fichtenanbaues — nur dadurch er— klären, daß man für die Tanne eine größere Widerſtandskraft gegen Stürme angenommen hat als für die Fichte. Allerdings hat die Tanne eine tiefer gehende Pfahlwurzel, die der Fichte 116 Vierter Abſchnitt. mangelt. Allein die Stürme in der letzten Zeitperiode haben die obige Vermutung nicht beſtätigt. Im Jahre 1868 und 1869 wurden in Sachſen auf Quaderſandſtein und Granit Miſchbeſtände von Tannen und Fichten in größerer Ausdehnung vom Sturme zerſtört. Die gebrochenen und geworfenen und die ſtehen gebliebenen Stämme wurden in 16 Beſtänden mit ſehr verſchiedenem Alter (50—210jährig) genau gezählt und es ergaben ſich folgende Pro— zente für den Bruch und Wurf Tannen 460% Fichte 090 Büchen 3890 Kiefern 340% Es wird zwar vermutet, daß der Quaderſandſtein die tiefe Be— wurzelung der Tanne verhindere. Allein auch im Thüringer Walde hat man 1868 und 1876 ähnliche vergleichende Beobachtungen ge— ſammelt; im gothaiſchen Anteil ſind ganze Beſtände reiner Tannen geworfen, während ſich die Fichten widerſtandsfähig gezeigt haben. Schnee und Duftbruch haben hier Tannenſtämme von 1½ Fuß Durchmeſſer mitten durchgebrochen. Aus allen dieſen Gründen verdient bis auf weiteres die Tanne keinen Vorzug vor der Fichte bei der Holznachzucht. Die Nachzucht der Rotbuche war bei den Forſtwirten, wie ich ſchon im erſten Abſchnitt bemerkt habe, beſonders beliebt. Wir haben oben geſehen, daß die Rotbuche nur etwa die Hälfte des Maſſenertrags der Fichte im großen Durchſchnitt liefert. Wir haben weiter geſehen, daß das Holz ſehr raſch fault, eine ſehr geringe Tragkraft hat, überhaupt hinſichtlich ſeiner techniſchen Eigenſchaften nicht beachtenswert iſt und ſelbſt in der Brennſtofferzeugung in den dichtgeſchloſſenen Holzbeſtänden den Nadelhölzern — vor allem Lärchen und Fichten — weit nachſteht. Das Buchenholz wird hauptſächlich zu Wagnerholz, Butter- und Cement- ꝛc. Fäſſern, gebogenen Möbeln, Holzſchuhen, Packkiſten, zu Cigarrenwickelformen und Cigarrenkiſten und zu manchen Haus- und Küchengeräten ꝛc. verbraucht. Es wird in den weſtdeutſchen Grubenbezirken in Ermangelung von Nadelholz zu Grubenholz verwendet. In Frankreich verwendet man imprägniertes Buchenholz zu Eiſenbahnſchwellen. Allein die zuerſt genannten Verwendungsarten konſumieren nur relativ unbeträcht— — Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 117 liche Holzmaſſen und für Grubenholz und Eiſenbahnſchwellen liefern die Nadelhölzer, die man ja auch imprägnieren kann, ganz andere Holzmaſſen während einer gleichen, ſogar kürzeren Wachstumszeit, wie die Rotbuche. Die Nutzholzausbeute beträgt in 309 Revieren Preußens, in denen Buchenwirtſchaft beſteht, im Durchſchnitt der Jahre 1869 u. 1879 8,8 9,7 0; in den Laubholzwaldungen des Speſſarts, dieſem vom ſchiff- und floßbaren Maine umringten, von der Eiſen— bahn durchzogenen Gebiet, hat die Nutzholzausbeute bisher nur 3—5 0 betragen und iſt nur vorübergehend auf 10% geſtiegen. Es iſt ſicherlich mit allen Kräften dahin zu ſtreben, daß die in Deutſchland z. Z. vorhandenen Buchenbeſtände Abſatz zu Eiſen— bahnſchwellen, Grubenholz ꝛc. finden und zu dieſem Zweck ſollte namentlich die Staatsforſtverwaltung die Anlage von Imprägnier— anſtalten in den Laubholzgebieten Deutſchlands zu bewirken ſuchen *) — allein der Anbau der Rotbuche, der zum Schutze des Bodens vorzügliche Dienſte im Forſtbetriebe leiſtet, darf niemals mit dem Zweck, dieſe Holzart zur Haubarkeitszeit der jetzt zu begründenden Beſtände vorherrſchend den Beſtand bilden zu laſſen, erfolgen — das iſt für jeden Denkenden ſelbſtverſtändlich. Obgleich die vergleichende Erforſchung der Wertproduktion unſerer Holzarten keineswegs ſcharf beweiſende und hinlänglich verbürgte Ergebniſſe zu Tage gefördert hat, ſo erkennt man doch mit Sicherheit, daß die Nadelhölzer von der Schöpfung mit einer beſonderen Leiſtungskraft für den Holzkonſum in unſerem Vater— lande ausgerüſtet worden ſind. Wenn die Waldbaumgat— tungen, die wir bisher betrachtet haben, infolge der Standortsbeſchaffenheit Gedeihen verſprechen, jo wird ſicherlich die Lärche in der Wertproduktion allen anderen Waldbäumen voraneilen. Hierauf folgt, wenn die Erziehung der Waldbäume im dichten Kronen— ſchluß beibehalten wird, die Fichte. Die Bevorzugung der Weißtanne an Stelle der Fichte iſt bis jetzt nicht gerechtfertigt. Zunächſt in der Rangordnung der wirt— ſchaftlichen Leiſtungsfähigkeit ſteht hierauf die Kiefer; *) Der preußiſche Miniſter der öffentlichen Arbeiten hat neuerdings die Bahnverwaltungen auf die Verwendung imprägnierter Buchenſchwellen hinge— wieſen. 113 Vierter Abſchnitt. jedoch können ſich Fichten und Kiefern, wenn der Boden zur Trockenheit hinneigt, den Rang ſtreitig machen, während wieder die Kiefer mit der größeren Erhebung über das Meer zurückbleibt. Die Eiche ſteht den genannten Nadelhölzern zwar in der jährlichen Werterzeugung und der raſchen Lieferung des Ertrags nach, allein trotzdem wird man dieſen echt deutſchen Waldbaum nicht aus unſern Wäldern verdrängen, ſondern in mäßiger Untermiſchung mit den Nadel— hölzern in einer bodenſchirmenden Grundbeſtockung freiwüchſig erziehen. Buchen und Hainbuchen haben mit ſeltenen Ausnahmen wirtſchaftliche Berechtigung bhediglich als bodenſchirmende Grundbeſtockung unter Lärchen, Kiefern, Eichen ze. Ahorn, Ulmen und Eſchen wird der Forſtmann an geeigneten Orten vereinzelt und in Grup— pen und Horſten ſtets züchten, weil ſie für beſtimmte Gebrauchs- zwecke beſonderen Wert haben. Aber der maſſenhafte Anbau, um mittels desſelben die zuerſt genannten Nadelhölzer zu verdrängen, kann nicht in Frage kommen. Die raſchwüchſigen Birken und Aſpen können ſehr häufig zur Erhöhung der Zwiſchennutzungs— erträge benutzt werden und ſind nur dann allmählich zu entfernen, wenn ſie den zukünftigen Nutzholzbeſtand merklich benachteiligen (Abpeitſchen der Nadelholztriebe). Die Einbürgerung der Weymouths— kiefer wird in ausgedehnter Weiſe zu verſuchen ſein. Wir haben oben geſehen, daß die Fichte der Kiefer in der Maſſenproduktion bei der Erziehung im Kronenſchluß überlegen iſt und da die Nutzholzausbeute bei der letzteren Holzart nicht größer iſt, als bei der Fichte, ſo wird auch die Wertproduk— tion der Fichte höher ſtehen, als die Wertproduktion der Kiefer. Indeſſen kann ſich das Verhältnis zu Gunſten der Kiefer ändern, wenn der Boden zur Trockenheit hinneigt, oder das Kiefernnutz— holz höheren Wert hat, als das Fichtennutzholz. Was die Wertproduktion dieſer Holzarten im Lichtungs— betriebe betrifft, ſo liegen zur Vergleichung derſelben nur die Unterſuchungen vor, welche der Verfaſſer auf gleichem Standort (bindender, tiefgründiger Keuperlehm) vorgenommen hat. Der Jahreszuwachs beträgt (Durchſchnitt für das 80jährige Alter) Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 119 Fichte 9,13 Feſtm. per Hektar bei einem mittleren Bruſt— höhendurchmeſſer von 38,1 cm, Kiefer 9,11 Feſtm. per Hektar bei einem Durchmeſſer von 46,7 cm. Die Kiefer ſcheint ſonach der Fichte in der Wertproduktion auf gutem Boden mindeſtens gleich zu ſtehen, da die Holzgüte älterer harzreicher Kiefern höher geſchätzt wird, als die Holzgüte des Fichtenholzes. Wenn endlich der Boden trocken, dabei aber tief— gründig und locker iſt, ſo iſt die Wahl unter den Holzarten ſehr beſchränkt. In der Regel wird nur die gemeine Kiefer und die Eiche als Stockausſchlag, vielleicht auch die Wey— mouthskiefer und die Schwarzkiefer in Frage kommen. Wenn der Boden trocken und dabei flachgründig iſt, ſo erübrigt nur der Anbau der Schwarzkiefer und die Erhaltung oder Begründung des Eichenniederwaldes. Auf naſſem Boden gedeihen Erlen und auf feuchtem Boden in erſter Linie Eſchen. 3) Auswahl der Holzarten nach der Rückwirkung auf die Erhaltung und Bereicherung der Bodenkraft. Die Fichten-, Kiefern: und Buchenbeſtände ſcheinen im jähr— lichen Abwurf organiſcher Subſtanz, wie ſchon im zweiten Abſchnitt erwähnt wurde, nicht weſentlich zu differieren. Nach Ebermayer beträgt das Gewicht der jährlich produzierten Streumenge a. in 30— 60jährigen Buchenbeſtänden 3365 kg „ 60 — 90 „ 5 3368 „ e 5 2 l Mittel: 3331 „„ b. in 30— 60jährigen Fichtenbeſtänden 3369 kg „ 60 90% % 5 2869 „ „ 90 120 „„ 5 283 „ Mittel: 3007 „ c. in 25— 50jährigen Kiefernbeſtänden 2921 kg „ + 3002 „ 100 % 3636 „ Mittel: 3186 „ Wir ſind ſchon im zweiten Abſchnitt (S. 69) zu dem Ergebnis 120 Vierter Abſchnitt. gelangt, daß wahrſcheinlich der Beſchattungsgrad der Waldbäume und das Vermögen der Holzarten, den Waldboden dicht mit abgeſtorbenen Blättern und verweſenden Nadeln zu bedecken, die hauptſächliche Wirkung auf die Produktivität des Waldbodens ausüben wird. Wir werden im fünften Abſchnitt näher darlegen, daß die ſchatten— ertragenden Holzarten, namentlich Rotbuchen, Fichten und Tannen, dieſe bodenbeſſernde Eigenſchaft von Natur aus beſitzen, daß es aber auch der forſtlichen Technik nicht ſchwer fallen kann, den licht— bedürftigen Holzarten dieſen Bodenſchutz durch Anbau dunkel belaubter Schutzhölzer rechtzeitig zu verſchaffen. 4) Die Verringerung des Wertertrags der Nadel— hölzer durch Windwurf, Schneedruck und Inſekten⸗— fraß. Die hervorragende Leiſtungsfähigkeit der Nadelhölzer für alle Zwecke der deutſchen Holzzucht — vor allem für die ſeit vielen Jahrzehnten zeitgemäße Nutzholzproduktion — iſt ſelbſtverſtändlich den Forſtwirten kein Geheimnis geblieben. Aber die Forſtwirte haben dieſe Holzarten im weſentlichen nur geduldet, nicht begünſtigt; ihre Vorliebe war der Nachzucht der Rotbuche mit Einmiſchung der Eiche gewidmet, wie ich in der dritten Abteilung dieſes Ab— ſchnitts näher nachweiſen werde. Durch welche Urſachen iſt dieſe ſonderbare Begünſtigung der Holzarten, die man früher wegen ihres Maſtertrags hoch ſchätzte, bewirkt worden? Es iſt ſchwer, dieſe Frage zu beantworten; aber der hauptſächliche Beweggrund iſt, wie ich vermute, in der unermüdlichen Erörterung der Gefahren, denen der Nadelholzanbau begegnet, zu ſuchen. Man hatte beob— achtet, daß die Nadelholzbeſtände, namentlich die geſchloſſen und ſchlank erwachſenen Beſtände der flachwurzelnden Fichte, von den Stürmen leichter geworfen und gebrochen werden, als Buchen— und Eichenbeſtände. Der Schnee drückt zwar auch die Buchen— gertenhölzer neſterweiſe zuſammen; aber die Buchen und Eichen haben immerhin größere Widerſtandskraft, als die im Winter dicht benadelten Fichten und namentlich Kiefern. Der Inſektenfraß kann im Laubholz niemals die großen Verheerungen anrichten, wie in ausgedehnten Nadelholzbeſtänden. Die Forſtwirte glaubten deshalb, daß die möglichſt weit zu verbreitende Nachzucht der Laub— hölzer, vor allem der Eiche und Buche, größere Sicherheit gewähre. Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 121 Wir haben ſoeben genau nachgewieſen, daß die Leiſtungskraft der Lärche, Fichte, Tanne und Kiefer für alle berechtigten wald— baulichen Zwecke weit hervorragt über die Leiſtungskraft der Rot— buchenbeſtände. Es iſt wahrſcheinlich, daß namentlich der im Kronen— ſchluß erwachſene Fichtenwald die doppelte und dreifache Leiſtungs— fähigkeit in dieſer Richtung im Vergleich mit dem Buchenwalde hat. Es müſſen ſonach ſtaunenswerte Kataſtrophen die Nadelholz— wälder im Laufe einer Umtriebszeit heimgeſucht haben, auf die man hinweiſen kann, um die Behauptung zu begründen, daß die Wertproduktion der Fichten, Tannen und Kiefern auf die Stufe herabgedrückt werden wird, auf welcher die Leiſtungskraft des Buchenhochwalds thatſächlich ſteht. Denn bisher ſind in der Regel Eichen, Eſchen, Ahorn ꝛc. nur ſehr ſchwach in dieſe Rotbuchen— beſtände eingemiſcht worden und die Nadelhölzer hat man lediglich auf den ſchlechteſten Bodenpartien als Lückenbüßer beherbergt. Seltſamerweiſe haben die Forſtwirte, wie es ſcheint, die Schmälerung des Nadelholzertrags durch die genannten Natur— ereigniſſe zum Zweck der oben erörterten Vergleichung niemals ziffermäßig beſtimmt. Die Liebe zum Walde, das Gefühl, daß die ſchönen, ſorgſam begründeten und ängſtlich gepflegten Holzbeſtände eines Tages nur Trümmerhaufen ſein können — dieſes Gefühl hat, wie ich glaube, die Abneigung der Forſtwirte gegen die Nach— zucht der Nadelhölzer auf den beſſeren Böden hauptſächlich hervor— gerufen. | Ich achte und ehre dieſe Beſorgnis für die ungefährdete Er: haltung des ſchönen, deutſchen Waldes. Aber anderſeits muß man erwägen, daß die intenſive Nutzholzzucht in den deutſchen Wal— dungen eine reichfließende Quelle für die Belebung der Volks— wohlfahrt in unſerem waldreichen, von holzarmen Weſtländern begrenzten Vaterlande werden kann. Dieſes Ziel wird durch den vorherrſchenden Anbau der Rotbuche auf den höheren Güteſtufen des Waldbodens nie und nimmer erreicht werden. Sicherlich darf dieſe Holzart, die in Bezug auf nachhaltige Erhaltung des Humus— und Waſſergehalts des Bodens Vortreffliches leiſtet, nicht rückſichts— los aus der Waldbeſtockung verdrängt werden. Der reine Nadel— wald iſt nicht die Beſtandsform, die die deutſche Waldbaupraxis vorherrſchend zu erzielen hat. Ich werde, wenn ich im fünften 122 Vierter Abſchnitt. Abſchnitte die gemiſchten Beſtände beſpreche, näher darlegen, daß eine boden» und beſtandſchirmende Grundbeſtockung von Rotbuchen mit der erreichbaren Ausdehnung zu begründen und ſorgſam zu pflegen iſt. Aber unbedingt müſſen zur Haubarkeitszeit nicht nur Eichen und belaubte Nutzhölzer, wie Eſchen, Ulmen, Ahorn, ſondern hauptſächlich widerſtandskräftige Fichten, Kiefern, Tannen, Lärchen ꝛc. die Hauptmaſſe der Holzbeſtände bilden und deshalb in der Grundbeſtockung planmäßig eingemiſcht werden. Obgleich die Gefahren, welche die Nadelhölzer von den oben genannten Naturereigniſſen erleiden können, nicht nur durch die Miſchung von Laubholz und Nadelholz, ſondern auch durch die veränderte Erziehungsweiſe, die ich im ſiebenten Abſchnitt beſprechen werde, weſentlich verringert werden, ſo müſſen wir doch, um die Bedeutung der Beſchädigungen, die nach den bisherigen Erfahrungen zu erwarten ſind, gründlich zu beurteilen, die Verheerungen, welche Wind, Schnee und Inſekten ſeit etwa 80 Jahren in den deutſchen Waldungen angerichtet haben, genauer kennen lernen. Im 19. Jahrhundert ſind — von lokalen Ereigniſſen ohne beachtenswerte Folgen abgeſehen — zunächſt in intenſiver Weiſe die Fichtenbeſtände des Harzes durch Windwurf und Windbruch beſchädigt worden (1800, 1833, 1834, 1836, 1837, 1846, 1868 und 1869). Burckhardt berichtet, daß durch dieſe Ereigniſſe in 70 Jahren 8% der Fichtenhochwaldfläche holzleer geworden ſind, alſo per Jahr ca. 0,1% der Waldfläche. Hierauf hat ein aus— gedehnter Fraß der Nonnenraupe und des Borkenkäfers in den Jahren 1853 —1857 die Fichtenwaldungen in Oſtpreußen zer: ſtört; der Holzeinſchlag betrug, wie Schulz berichtet, nahezu 16,4 Millionen Feſtmeter, und amtlich wird derſelbe ſogar auf 34 Millionen Feſtmeter angegeben (Donner) *). Beſonders zahl— reich haben aber früher unerhörte Verheerungen die deutſchen Wal— dungen in den zehn Jahren 1868— 1877 heimgeſucht. Am 7. Dezbr. 1868 brauſte ein Südweſtorkan zwiſchen Kempten und Paſſau im Süden und Hannover, Magdeburg und Oranienburg im Norden über Deutſchland hinweg; die Waldzerſtörung erreichte den Höhepunkt im Frankenwald, Fichtelgebirge, im Oberpfälzer und fränkiſchen 9 In der Forſtſtatiſtik von Leo wird die Derbholzmaſſe auf 11,9 Millionen Kubikmeter für die gleiche Fläche (140 500 ha) angegeben. Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 123 Hügellande, im angrenzenden bayriſchen Walde, im Thüringer— wald, Harz, Erzgebirge und in Schleſien. Hierauf wurde am 17. Dez. 1869 das Flachland zwiſchen Oder und Elbe und weſtlich der Elbe durch einen Südweſtſturm mit weſtlicher und nordweſt— licher Drehung heimgeſucht. Aber die Verheerung iſt nicht zu ver— gleichen mit der Wirkung des Orkans, der in der Nacht vom 26./27. Okt. 1870 die Waldungen in Süd- und Mitteldeutſchland niederwarf. Ein von Blitz und Donner begleiteter Wirbelſturm brauſte zwiſchen Baſel, dem Bodenſee und den Hochalpen im Süden und Saarlouis, Winnweiler, Darmſtadt, Coburg, Hof, Görlitz im Norden über dieſes breite Gebiet des deutſchen Reiches hinweg — fürchterliche Verheerungen in den Gebirgen, die als Querriegel dem Sturme entgegenſtanden (dem Schwarzwald, den Bergen bei Ellwangen, der fränkiſchen Höhe, vor allem aber dem bayriſchen Walde und dem ſchleſiſchen Gebirge), hinterlaſſend. Endlich erreichte am 12.13. März 1876 ein verheerender Sturm ſeine höchſte Wir: kung zwiſchen Köln, Marburg, Eiſenach, Leipzig im Norden und Darmſtadt, Fulda, Bamberg und dem bayriſchen Wald im Süden. Durch dieſe vier Stürme wurden zuſammen ca. 23,5 Millionen Feſtmeter Derbholz geworfen und gebrochen, durch weitere, mehr lokale Stürme im genannten Jahrzehnt 0,5 Millionen Feſtmeter, durch Schneedruck 0,9 Millionen Feſtmeter Derbholz. Inſekten— hölzer ſind 1868/77 2,0 Millionen Feſtmeter eingeſchlagen worden. Rechnet man indeſſen alles Derbholz, welches durch ſämtliche Beſchädigungen — Stürme, Inſekten und Schneebruch — von 1800 bis 1882 angefallen iſt (von Burckhardt, Donner, dem bayriſchen Minifterial-Forftbureau und namentlich von Bernhardt mitgeteilt) zuſammen, um zu erfahren, welcher Teil des Maſſen— ertrags per Hektar der betroffenen Waldfläche durch dieſe unerhörten Naturereigniſſe gefällt und zumeiſt um ermäßigte Preiſe verwertet worden iſt, ſo ergibt ſich, daß im ganzen in 82 Jahren in den— jenigen Beſtänden, in denen Fichten und Weißtannen vorherrſchend waren, 19,15 Feſtmeter per Hektar von den 350—400 Feſtmeter Zuwachs, der ungefähr in den genannten 82 Jahren erfolgt ſein wird, nicht ſo vorteilhaft verwertet werden konnten, wie beim regel— mäßigen Fällungsbetrieb. Für die Beſtände, in denen Kiefern vorherrſchend waren, berechnen ſich inkl. Inſektenholz 2,46 Feſtmeter 124 Vierter Abſchnitt. und für die Laubholz-, hauptſächlich Buchenbeſtände 2,38 Feſtmeter per Hektar für die genannten 82 Jahre. Die betroffene Wald— fläche iſt 7,4 Millionen Hektar groß. Allerdings iſt es möglich, daß die gleichen Nadelholzwaldungen von partiellen Windwurf-, Schnee- und Inſektenbeſchädigungen im genannten Zeitraum . gelitten haben, deren Holzanfall nicht ziffermäßig veröffentlicht worden iſt (Schneedruck tritt im Harz und Thüringerwald durchſchnittlich alle 3 Jahre ein, nament— lich ſtark iſt in mehreren Gegenden der Schneedruck von 1825, 1844, 1850, 1859/60 hervorgetreten). Aber was bedeutet ſelbſt die Verdoppelung der oben bezifferten Verluſte“) bei der beträcht— lichen Mehrproduktion, die wir namentlich für die Fichte 1 konſtatiert haben? Auch in den Waldungen, in denen die Sturmbeſchädigungen — infolge beſonderer Verhältniſſe, zumeiſt wegen Anbrüchigkeit der Stämme — den Gipfelpunkt erreicht haben!), find keineswegs 50 0% von der geſamten Fichten: und Tannenproduktion vernichtet worden; es iſt keineswegs Gleichgewicht mit der Produktion der Rotbuche hinſichtlich der Rohſtoffmenge hergeſtellt worden. Die entſtandenen Blößen und Lücken nahmen in den Forſtämtern Kronach (Frankenwald), Wolfſtein, Zwieſel und Schönberg (ſämt— lich im bayriſchen Wald) 7% der Geſamtfläche ein; in dem am meiſten beſchädigten Revier des bayriſchen Waldes (Daxnelsried) 16%, in den geſamten Nadelholzwaldungen Bayerns, über die ) Ich habe nachträglich die Veröffentlichungen über partielle Sturm-, Inſekten- und Schneebruchſchäden zuſammengeſtellt. Sie betragen circa 3,1 Mil- lion Kubikmeter und reduziert auf die Geſamtwaldfläche Deutſchlands 0,23 ebm per Hektar. Beſonders bemerkenswert ſind die Beſchädigungen durch den Nonnen— fraß im hannoverſchen Flachland (1827— 1830), in Meiningen, Schwarzburg, Reuß ꝛc. (1835 — 1840), der Fraß des Kiefernſpinners in Schwetzingen (1859 —1860), der Fraß der Nonne im Königreich Sachſen (1839 — 1840), Stürme in Bayern, Württemberg (1850-1856), Sachſen (1843 — 1844 und 1853), verſchiedene Schneebrüche und der Eisbruch von 1858. **, Im Königreich Sachſen find bekanntlich die Nadelholzbeſtände vor— herrſchend (mit 91,3% der geſamten Waldfläche). In dieſem Jahrhundert ſind, ſoweit die Veröffentlichungen, die jedoch ſelbſt über kleinere Beſchädigungen vor— liegen, reichen, circa 15 ebm per Hektar Staatswaldfläche infolge dieſer Beſchä— digungen um ermäßigte Preiſe verwertet worden — in 80 Jahren. Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 125 zweimal die Orkane hinweggebrauſt ſind, wurden vom Windwurf und Inſektenfraß in der genannten Zeit 1,5% Lücken und Blößen *). Die angſterfüllten Beteuerungen der Forſtwirte ſind ſonach nicht ganz verſtändlich. 1 Die Lehren der Schriftſteller. Als Bannerträger des wirtſchaftlichen Fortſchritts treten uns im Anfang des 19. Jahrhunderts zwei verdienſtvolle und mit Recht hochgefeierte Männer entgegen: Georg Ludwig Hartig und Heinrich Cotta. Zur damaligen Zeit, bei der Holzarmut in unſerem Vaterlande, bei dem ſtarken Brennholzverbrauche und den mangelhaften Transportmitteln, war ſelbſtverſtändlich das nächſte Ziel der Forſtwirtſchaft auf die raſche Erzeugung der brauch— baren Bau- und Werkhölzer und vor allen großer Brennſtoffmengen gerichtet. Aber ſchon damals hat Georg Ludwig Hartig, dieſer ſcharfblickende, zielbewußte Denker, die Auswahl der Holz— arten für die Verjüngung der Waldungen den richtigen Geſichts— punkten unterſtellt. Schon 1808 hat G. L. Hartig nicht nur das Verhalten der Brennkraft für alle wichtigeren Holzgattungen nach den damaligen Erfahrungen genau angegeben, er hat auch für dieſe Auswahl bei der Anlage neuer Waldungen mit meiſterhafter Klar— heit die Regeln gegeben. Wenn Bauholzmangel nahe iſt, ſo ſollen nach Hartigs Vorſchriften Nadelhölzer oder Ulmen angebaut werden, weil die Nadelhölzer ſchon im 70—80jährigen Beſtandsalter auf jedem Boden vortreffliches Bauholz liefern und durch Ulmenanbau dieſem Bauholzmangel gleichfalls früher, als durch Eichenanbau abgeholfen werden kann. Wenn dagegen Bauholzmangel erſt in 140 Jahren oder ſpäter zu befürchten iſt, dann geſtattete G. L. Hartig den Eichenanbau, weil die Eiche das beſte und dauerhafteſte Bau— ) Die Nutzholzausbeute aus dem Windfall- und Borkenkäferholz betrug 1868 = 423, 0% und im Jahre 1870 = 393/,%/, für alle Waldungen, dagegen beträgt dieſelbe im Zeitraum 1876—1880 nur 350%. Zudem wurden vielfach — namentlich im Frankenwalde — überſtändige Altholzbeſtände und Verjüngungs— ſchläge vom Sturme beſchädigt. 126 Vierter Abſchnitt. holz liefere. Wo dagegen „Brandholzmangel iſt, da beſäe man die Blößen vorzüglich mit Nadelholz, und wähle dazu im milden Klima die Kiefer, mit Lärchen vermiſcht, im rauheren aber die Fichte, weil dadurch binnen einer gewiſſen Zeit bei weitem mehr Holz erzogen werden kann als durch irgend eine andere Holzart, deren Anzucht im großen möglich iſt“. G. L. Hartig unternahm ſchon frühzeitig vergleichende Unterſuchungen über die Brennkraft der Holzarten und veröffentlichte dieſelben 1808; er begann auch 1822 ausgedehnte Forſchungen über die Dauer der Hauptholz— gattungen bei verſchiedenen Verwendungsarten (im Trocknen, Naſſen und bei wechſelnder Feuchtigkeit). Am Abend ſeines Lebens (1833), als die Holznot nicht mehr ſo drohend an die Thüren klopfte, wid— mete er der Wertproduktion der Holzarten eine Beſonderſchrift: „Welche Holzarten belohnen den Anbau am reichlichſten?“ und kam zu folgenden bemerkenswerten Ergebniſſen: „Jetzt iſt man noch allenthalben ängſtlich bemüht, da, wo der Boden für Eichen und Buchen ſich eignet, dieſe Holzgattungen anzuziehen oder fortzu— pflanzen, weil man glaubt, daß dadurch der höchſtmögliche Ertrag zu gewinnen ſei. Dies iſt aber, wie ich gezeigt habe, ganz irrig. Durch den Anbau der Fichte auf Eichen- und Buchenboden läßt ſich ein bei weitem höherer Holz- und Geldertrag erzielen. Selbſt die Kultur der Kiefer gewährt mehr Gewinn, als die Anzucht der Laubhölzer jeder Art, beſonders wenn man ihr einen Stand— ort anweiſt, den ſonſt Eichen und Buchen einnehmen. Da man aber auch Eichen, Buchen, Birken ꝛc. zu mancherlei Gebrauch im menſchlichen Leben nötig hat, wozu Nadelholz nicht brauchbar iſt, ſo dürfte es ratſam ſein, nur ſo viel Laubholz auf gutem Boden anzubauen, als zur Befriedigung jener Bedürfniſſe nötig iſt. Laſſen ſich aber die ſchon vorhandenen Buchen- und Eichenbeſtände durch natürliche Beſamung, alſo ohne Koſten fortpflanzen, ſo iſt es im allgemeinen ratſam, ſie beizubehalten, weil durch das auf die künſt— liche Kultur verwendete Kapital und die Zinſen davon der höhere Ertrag des Nadelholzes zum Teil abſorbiert wird, und weil auch die Laubhölzer nicht ſo vielen Gefahren ausgeſetzt ſind, als die Nadelhölzer.“ G. L. Hartig kannte und würdigte, wie man ſieht, die Vorzüge der raſch wachſenden Nadelhölzer genau; aber bei den hohen Kulturkoſten zur damaligen Zeit und bei den unzureichenden Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 127 Erfahrungen über die Widerſtandskraft gemiſchter Beſtände gegen Sturm: und Inſektenangriffe wagte er nicht, die weitgreifende Um: wandlung der beſtehenden Buchen- und Eichenbeſtände in gemiſchte Waldungen, in denen Nadelhölzer den Hauptbeſtand bilden, zu be— fürworten, wenn die natürliche Verjüngung ohne Barausgabe vollzogen werden konnte. Dagegen hat Heinrich Cotta (deſſen „Waldbau“ von 1816-1835 in fünf Auflagen erſchienen iſt) die Leiſtungen der Holzarten hinſichtlich des Wert— ertrags nicht eingehend gewürdigt, ſondern die Auswahl derſelben nur ganz im allgemeinen beſprochen. Auch Johann Chriſtian Hundeshagen, der von 1819—1833 lehrte, erörtert in der „Encyklopädie der Forſtwiſſenſchaft“ (1821) die Auswahl der Holz⸗ arten für die Nachzucht ſehr kurz und andeutungsweiſe. „Bei Beſtandsumwand— lungen iſt es nötig, eine ſolche Holzart zu wählen, welcher der Standort am vollkommenſten entſpricht und die zugleich beſondere wirtſchaftliche Vorzüge“ (welche?) „beſitzt“. Der künſtliche Holzanbau muß faſt durchaus der natürlichen Verjüngung untergeordnet bleiben und nur als bedingtes Hilfsmittel benutzt werden. Es iſt beim künſtlichen Holzanbau „im allgemeinen ſtets diejenige Holz⸗ art auszuwählen, welche den örtlichen phyſiſchen Verhältniſſen am beſten entſpricht, damit dieſelbe ſich künftig unter alleiniger Wirkung der Natur auf dieſer Stelle fortzupflanzen imſtande iſt“. Nach dieſer Zeit iſt im deutſchen Waldbau die für die Da— ſeinszwecke desſelben bedeutungsreichſte Auswahl der Holzarten für die Nachzucht nach dem Grundſatz erfolgt, dem Edmund von Berg (1863) mit den ſchon mehrmals erwähnten Worten einen charak— teriſtiſchen Ausdruck gegeben hat: „man überlaſſe es der Natur, den Platz auszuſuchen für die verſchiedenen Bäume.“ In den Ge⸗ bietsteilen Deutſchlands, in denen der friſche Boden und die günſtige Lage der Waldungen Laubholzzucht geſtattete, wurde insbeſondere dieſes ſtille Walten der Natur hinſichtlich der Fortpflanzung der im Kampfe ums Daſein übrig gebliebenen jog. edlen Holzarten begünſtigt und gefördert, weil man den Nadelholzanbau für ge— fährlich erachtete. Friedrich Wilhelm Leopold Pfeil, der von 1816-1859 fchrift⸗ ſtelleriſch thätig war, hat, wie ſchon oben erwähnt wurde, unermüdlich betont, daß die Wachstumsleiſtungen der Waldbäume von den wechſelnden örtlichen Ver— hältniſſen in jo unbeſtimmter Weiſe abhängig ſeien, daß eine allgemeine Beur- teilung nicht möglich ſei. Wir haben die Belege, die Pfeil für ſeine Anſicht beigebracht hat, im zweiten Abſchnitt (Seite 42) auch hinſichtlich des Verhaltens der Holzarten genau mitgeteilt und hinlänglich gewürdigt. Pfeil hat niemals 123 Vierter Abſchnitt. verſucht, die Beobachtungen der Empiriker über die Eigentümlichkeiten des Holz wuchſes, die ſich auf gleiche oder ähnliche Standorte beziehen, zu ſammeln und Wirtſchaftsregeln für die weſentlichen Verſchiedenheiten der Holzproduktion zu einem wohldurchdachten, ſyſtematiſch geordneten Lehrgebäude zuſammenzufügen. Außer einigen nichtsſagenden Lehren („jedes Laub- oder Nadelholz wird da am vorteilhafteſten gezogen, wo es am beſten wächſt und am beſten benutzt werden kann“ u. ſ. w.), beſpricht Pfeil die überaus wichtige Frage, ob vorherrſchend Laubholz oder Nadelholz bei der Holznachzucht gewählt werden, in ſo charakteriſti— ſcher Weiſe, daß ich den Wortlaut anführen will: „Es läßt ſich nicht beſtreiten, daß die Nadelhölzer im allgemeinen mehr geeignet ſind, von kleineren Flächen unſere Bedürfniſſe zu befriedigen, als die Laubhölzer. Sie geben bei gleicher Bodenkraft nicht nur ein größeres Volumen überhaupt, ſondern auch eine größere Maſſe von Brennſtoff und mehr Nutzholz, daher auch einen größeren Geldertrag. Die Nadelhölzer können alle unſere Be— dürfniſſe befriedigen, wie wir dies in denjenigen Gegenden ſehen, wo gar kein Laubholz mehr vorhanden iſt, nicht aber das Laubholz. Selbſt das Eichenholz kann eher entbehrt werden, als das Nadelholz, die harten Hölzer werden ſogar da, wo ſie vorhanden ſind, immer mehr durch das Eiſen verdrängt. Die eiſernen Achſen, eiſernen Schiffe, eiſernen Mühlwellen, Mühlkämme u. ſ. w. erſetzen ſchon jetzt vielfach das Buchen- und Eichenholz; für die Sparren, Balken und Bretter der Nadelhölzer gibt es aber noch kein Erſatzmittel. Die Einteilung in edle und unedle oder weniger wertvolle Waldbäume iſt ganz unſtatthaft, obwohl man ſie vielfach in unſeren älteren Lehrbüchern der Forſtwirtſchaft findet, denn jeder derſelben kann unter beſtimmten Verhältniſſen der wertvollſte ſein, die Weide, Aſpe und Haſel jo gut wie die Eiche und Buche. Will man fie aber einmal machen, ſo kann man nur die Nadelhölzer als die Fürſten und den Adel des Waldes betrachten, denn ſie leiſten mit den kleinſten Mitteln das meiſte zur Befriedigung unſerer Bedürf— niſſe und fordern dafür die kleinſten Opfer, indem ſie nur einen Boden verlangen, der zu nichts anderem zu benutzen iſt, als zu ihrer Erziehung. Wenn man früher die Laubholzbäume erſter Größe als die edelſten bezeichnete, ſo legte man bei der Eiche und Buche einen ſehr hohen Wert auf die Maſtnutzung, den dieſe nicht mehr hat, bei anderen auf das Nutz— holz, welches vielfach nicht mehr verlangt wird, und bei allen auf die größere Brenngüte des Holzes im Verhältnis zu derjenigen des Nadelholzes. Nicht das iſt aber das zur Erziehung empfehlenswerteſte Brennholz, welches die größte Brenngüte hat, ſondern das, welches die größte Menge von Brennſtoff liefert. Wenn man die Brenngüte des Buchenholzes gleich 100 Brenneinheiten, die des Fichtenholzes gleich 73 ſetzt und man kann da, wo jährlich nur 25 Kubikfuß Buchen wachſen, 70 Kubikfuß Fichten erziehen, jo liefert der Morgen jährlich 2500 Brennein— heiten durch Buchen und 5110 Brenneinheiten durch Fichten. Wenn man eine Stuben— temperatur von 14— 150 R verlangt, jo iſt es ganz gleich, ob dieſe von Fichten— oder Buchenholz hervorgebracht wird, man kann aber mit der Holzerzeugung der Fichte in dieſem Falle zwei gleich große Stuben erwärmen, mit der der Buche nur eine. Das Laubholz ſelbſt dann noch erhalten zu wollen, die Umwandlung des— Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 129 ſelben in Nadelholz ſogar von Staats wegen zu unterſagen, wie es von einigen gedankenloſen Menſchen verlangt worden iſt, würde ſich gewiß nicht rechtfertigen. Noch weniger läßt ſich dies aber hinſichts des rückſichtsloſen Anbaues des Nadelholzes auf Koſten des Laubholzes thun, der in der neueren Zeit ſo vielfach ſtattgefunden hat, indem man, wie dies ſo oft geſchieht, von einem Extreme zum anderen überging, das Laubholz für einen Luxus erklärte, den die Verhältniſſe nicht mehr geſtatteten, nachdem es früher ſelbſt unter den ungünſtigſten Verhält— niſſen erhalten werden ſollte. Alle Vorzüge des Nadelholzes werden dadurch ſehr vermindert, daß der Ertrag von ihm nicht ſo ſicher iſt wie derjenige des Laub— holzes. Letzteres iſt bloß in der Jugend einigen Gefahren, die ihm verderblich werden können, unterworfen. Die Kiefern und Fichten entwachſen weit zahl- reicheren und größeren ſelbſt im höchſten Alter noch nicht. Sturm, Inſekten, Feuer, Schnee-, Duft: und Eisbruch können nicht bloß die Beſtände großer Flächen ganz vernichten, ſondern auch die ſich noch erhaltenden ſo lückenhaft machen, daß ſie oft kaum die Hälfte und den dritten Theil des Ertrages voll— kommen liefern, den man ſich bei ihrem Anbau berechnet hatte. Ein gut be— ſtockter Nieder- und Mittelwald in einem Umtriebe, wo die volle Ausſchlagsfähig— keit erhalten wird, liefert die ſicherſte Nutzung vom Boden, die man von irgend einer Benutzungsart erwarten kann. Ein 20- und 30jähriger Buchenbeſtand läßt mit großer Sicherheit den künftigen Ertrag, den er in den nächſten 70 und 80 Jahren liefern wird, vorausbeſtimmen. Nicht ſo Kiefern und Fichten, von denen kann man ſo gut ſagen, daß man nicht eher weiß, was man von ihnen an Holz erhalten wird, als bis man es herunterhauen kann, wie von einem Menſchen, daß man vor ſeinem Ende nicht wiſſen kann, ob er bis zum Tode glücklich ſein wird. Ein kleineres, aber ſicheres Beſitztum hat oft mehr Wert, als ein größeres, aber unficheres. Die Gefahren, die dem Nadelholz drohen, wachſen dann aber auch in dem Maße mehr, wie wir ſie ausſchließlich rein auf ausgedehnten Flächen anbauen. Die Zerſtörungen der Inſekten ſind vorzüglich in reinen großen Nadelholzforſten zu fürchten, die Waldfeuer werden in ihnen am verheerendſten, der Windbruch wird da nicht verderblich, wo immer Laub- und Nadelholz wechſelt. Schon zum Schutze des letzteren muß man oft das erſtere ſelbſt bei geringerem Ertrage zu erhalten ſuchen.“ Pfeil ſchließt: „Die Frage, was verdient den Vorzug, Laub- oder Nadel- holz? — läßt ſich daher nur ſo beantworten: jedes wird da am vorteilhafteſten erzogen, wo es am beſten wächſt und am beſten benutzt werden kann.“ Die Waldbauſchriftſteller, die mit Pfeil oder nach demſelben gelehrt haben, legten das entſcheidende Gewicht auf die Auswahl der Holzarten nach Maßgabe der Anſprüche, welche dieſelben an Boden, Lage und Klima machen, jedoch ohne dieſe Anſprüche ge— nauer zu bezeichnen und ſcharf zu vergleichen. Gwinner läßt nur dann Ausnahmen von dieſer Richtſchnur zu, „wenn eine Holzart für eine gewiſſe Gegend einen beſonderen techniſchen Wert hat, z. B. Wagener, Waldbau. 9 130 Vierter Abſchnitt. zu Hopfenſtangen, Weinbergspfählen und wenn eine andere Holzart einen ſchnel— leren und größeren Geldertrag abwerfen würde und dieſer berückſichtigt werden muß.“ Nach Stumpf iſt die Buche „eine der vorzüglichſten und wichtigſten ein— heimiſchen Holzarten und nimmt die beſondere Aufmerkſamkeit des Forſtwirts in Anſpruch“. Die Eiche „iſt einer der ſchönſten, größten und wertvollſten deutſchen Waldbäume“. Die Birke iſt „eine ſehr nützliche Holzart“. Die Erle „gehört zu den forſtlich wichtigſten Laubholzbäumen“. Die Hainbuche iſt „eine ſehr nütz— liche, im forſtlichen Betriebe beſonders beachtenswerte Holzart“. Der gemeine Ahorn „verdient eine beſondere Aufmerkſamkeit der Forſtwirte“. Das Holz der Eſche iſt „geſchätzt“. Die Weißtanne iſt „einer der ſchönſten einheimiſchen Wald— bäume und nimmt daher das Intereſſe des Forſtwirts beſonders in Anſpruch“. Die Fichte iſt „nicht nur in Bayern ſondern in ganz Deutſchland eine der am meiſten verbreiteten Holzarten, übertrifft im Höhenwuchs alle anderen Baumarten und ſteht in der Geradſchaftigkeit keiner anderen nach, liefert das ſchönſte, längſte Bauholz und das meiſte Nutzholz“. Die Kiefer iſt „eine der nützlichſten unſerer einheimiſchen Holzarten“. Die Lärche „hat die gebührende Aufmerkſamkeit der Forſtwirte erlangt“. Weitere Richtpunkte für die Auswahl teilt Stumpf nicht mit. Karl Heyer beſpricht zwar die Auswahl der Holzarten nach der relativen Einträglichkeit derſelben; aber er beſchränkt ſich auf die allgemeine Bemerkung, daß der durchſchnittlich jährliche Holzmaſſenzuwachs in ziemlich geradem Verhält— nis zur Schnellwüchſigkeit der Holzart ſtehe. Karl Fiſchbach meint, daß der Forſtwirt nur mit größter Vorſicht, all— mählich und im kleinen die einer Gegend heimiſchen Holzarten verdrängen dürfe, weil ſich für die Beurteilung des künftigen Holzabſatzes keine beſtimmten Regeln an die Hand geben laſſen. Ferner will Karl Gayer den Schwerpunkt der Frage, welche Holzart auszuwählen ſei, mit aller Entſchiedenheit in die richtige Standortswürdigung verlegt haben. Es ſei Gewiſſenspflicht des Holzzüchters, alle anderen Rückſichten entfernt zu halten. Ausführlich beſpricht Heinrich Burckhardt dieſe Fragen. Er räumt zwar die vortrefflichen Eigenſchaften der Fichte ein und verkennt nicht die ge— ringen Leiſtungen der Rotbuche. „Die höchſten Gelderträge unſerer Waldungen liegen entſchieden auf Seiten der Fichtenwirtſchaften, zumal bei beſſeren Hölzern, die überall Abſatz finden. Im Bauweſen iſt ſtets der ſchwertragende Fichten— ſtamm, auf den Sägmühlen der Fichtenbloch geſchätzt. Die Fichte iſt wie die Tanne der Baum der Holzinduſtrie.“ „Inzwiſchen iſt es allbekannte Thatſache, daß ſonderliche Rentabilität meiſten Orts die ſtarke Seite unſerer Buchenwirt— ſchaften, namentlich der größeren, nicht iſt.“ Aber Burckhardt fährt fort: „So großen Nutzwert die Fichte auch beſitzt und ſo günſtig ſie ſich im allgemeinen im Ertrage ſtellt, ſo treten andere Holzarten und Betriebe ihr gegenüber dennoch nicht in den Hintergrund. Die Verſchiedenheit des Standorts bringt bald dieſe, bald jene Holzart mit ſich; außerdem ſprechen die wirtſchaftlichen Verhältniſſe mit; durchgreifende Umwandlungen nimmt man nicht ſo leicht vor, wo eine durch— gebildete Waldart billigen Anforderungen genügt. Auch die größere Sicherheit des Laubholzes iſt nicht gering anzuſchlagen.“ Zwar iſt „die Fichte in ihren Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 131 Bodenanſprüchen immerhin mäßig, dabei den Boden ſehr verbeſſernd;“ aber die Buche iſt häufig an ſpecifiſchen Buchenboden gebunden, liefert vorzügliches Brenn⸗ holz und auf gutem Boden eine nicht geringe Holzerzeugung, in ihrer Art und an ihrem Ort hat z. B. die Kiefer im Sande, die Erle im Bruche wirtſchaftliche Vorzüge. Auch die Kiefer gehört zu den ſehr nützlichen Waldbäumen, weil ſie raſch wächſt, viel Holz erzeugt und auf den mittleren und beſſeren Bodenklaſſen eine erhebliche Menge Bau- und Nutzholz liefert. Die Gelderträge der Kiefern⸗ wirtſchaften ſtehen im allgemeinen und nach Verhältnis ihres Bodens nicht un— günſtig, wie ſehr auch öftere Unglücksfälle den Ertrag herabdrücken.“ Die Ge— brauchsfähigkeit der Weißtanne ſei geringer, als die der Fichte; aber unſtreitig werde die Weißtanne von Bruchſchäden aller Art, wie auch von Inſektenſchaden, ferner von Rotfäule ungleich weniger betroffen, als die Fichte. Beſonders rüh— menswert findet Burckhardt die Lärche wegen der Schnellwüchſigkeit und der vor⸗ trefflichen Güte des Holzes. Aber die Königin der Waldbäume, in allen deutſchen Gauen geachtet, ſei die Eiche. So weit Burckhardt. Er folgt, wie er ſagt, dem Pfeilſchen Ausſpruch: „Fraget die Bäume, wie ſie erzogen ſein wollen, und ſie werden euch beſſer darüber belehren, als die Bücher es thun.“ Ey. Die Gebräuche der forſtlichen Braxis bei der Auswahl der Holzarten für die Nachzucht. Auf den letzten Blättern habe ich, wie ich hoffe, die An— ſchauungen und Beſtrebungen der Waldbauſchriftſteller bezüglich der Holznachzucht richtig charakteriſiert. Es erübrigt noch, die Ge— bräuche, die in der forſtlichen Praxis vorherrſchend beobachtet worden ſind, kennen zu lernen. Das iſt bald geſchehen! Man war mit ſeltenen Ausnahmen beſtrebt, die Holzgattungen, welche die regel— loſe Ausnutzung des deutſchen Waldes im achtzehnten Jahrhundert übrig gelaſſen hatte und die ſich infolge des Schattenerträgniſſes und des Vermögens, vom Stocke auszuſchlagen, fortzupflanzen wußten, auch im neunzehnten Jahrhundert ſorgſam zu erhalten. Durchgreifend war überall die Tendenz, die Laubhölzer an allen Orten, wo ſie gedeihen, namentlich auf den beſſeren Bodenteilen, von den verdrängenden Nadelhölzern frei zu halten. Aber dieſes Beſtreben der Forſtwirte ſcheiterte oft an der Standortsbeſchaffen— heit. Auf dem armen, trockenen Sandboden, der namentlich in großer Ausdehnung in dem weit ausgeſtreckten norddeutſchen Flach: lande gefunden wird, gedeihen in der Regel weder Buchen, noch 132 Vierter Abſchnitt. Eichen, Eſchen, Ahorn ꝛc. In den deutſchen Gebirgen, namentlich im bayriſchen Gebirge, im Schwarzwald, Frankenwald, Thüringer— wald, Harz und im ſchleſiſchen Gebirge, waren Fichten und Tannen heimiſch geworden — und vor allem die raſch wüchſige und dunkel beſchirmende Fichte iſt „eine gewaltthätige Holzart“. Aber auch hier ſuchte man auf den beſſeren Flächenteilen Buchen und Eichen nachzuziehen — nicht nur in Miſchung mit den Nadelhölzern, was ja berechtigt iſt, ſondern auch in reinen Horſten, Gruppen und größeren Beſtänden. Ueberall war die Abſicht beſtimmend, die Nadelhölzer auf die Blößen und Lücken der Laubholzbeſtände, über— haupt auf die minder kräftigen Bodenteile zurückzudrängen, und auch hier möglichſt bald zur Laubholzzucht zurückzukehren. Nament— lich in dem breiten Gebiet, welches im weſtlichen Deutſchland von Schleswig-Holſtein bis zu den Alpen herabzieht, iſt in den ebenen Lagen, den Vorbergen und Mittelgebirgen auf den hier weitverbreiteten ertragsreicheren Bodenklaſſen der Laubholz-, zumeiſt Buchenhochwald, vorherrſchend erhalten worden — ſchwach mit Eichen und auf den verbliebenen Lücken und Blößen mit Nadel— holz gemiſcht. In denbayriſchen Alpen, in denen die Fichte herrſcht, iſt nach den amtlichen Wirtſchaftsregeln „die Erhaltung und Erziehung der Buche, Eiche, Eſche, Ulme in Lagen, welche dieſen Holzarten beſonders zuſagen, nach Thunlichkeit im Auge zu be— halten“. „Je beſſer der Boden für die Buche ſich zeigt und je geſchützter die Lage iſt, deſto mehr begünſtige man dieſe Holzart.“ In der Landſchaft zwiſchen den Alpen und der Donau und auf dem angrenzenden Teile des frän— kiſchen Jura ſoll „die Buche auf allen Flächen, welche ſie gegenwärtig rein einnimmt und wo ſie auch in der Folge gutes Gedeihen verſpricht, erhalten und vor der Verdrängung durch andere minder edle Holzarten geſichert werden“. In den Waldungen des ehemaligen Für ſtentums Eichſtädt find die Buchenbe— ſtände, die häufig rein vorkommen, ſo ſorgſam mit Buchen und kleinen Eichenhorſten zu verjüngen, daß ſelbſt auf trockenem Boden lediglich Holzarten (Kiefern und Lärchen) beigepflanzt werden dürfen, welche das Laubholz weniger verdrängen als die Fichte. Selbſt für den bayr iſchen Wald, in dem die Buche mit der Fichte und Tanne gemiſchte Beſtände bildet, wird vorgeſchrieben: „Je beſſer und arthafter der Boden für die Buche ſich zeigt und je geſchätzter die Lage iſt, deſto mehr begünſtige man die Buche und ſichere ihr das Uebergewicht.“ Bei der Ueberführung der Mittelwaldungen in Hochwald (in Unter— franken in größeren Komplexen, in mehreren Forſtämtern von Oberfranken, Mittelfranken und Schwaben) iſt die „künftige Hochwaldwirtſchaft vorzugsweiſe auf Buchen und Eichen zu richten“. In den Haßbergen (Gzwiſchen dem Main Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 133 unterhalb Bamberg und der meiningenſchen Grenze) ſoll die Kiefer ausgehauen und abgeköpft werden, wenn ſie ſich zu ſtark einmiſcht und das Laubholz zu ver— drängen ſucht. Auch die „Kultur der Fichte, obgleich dieſelbe auf dem bindenden Keuperboden ihren natürlichen Standort findet und ſich allenthalben eindrängt, ſoll ſelbſt beim Blößenanbau keine Rückſicht genommen werden, weil ſie das Laubholz verdrängt und häufig wieder entfernt werden muß“. Im Speſſart „bleibt der Anbau von Nadelholzbeſtänden auf die krüppelhaft mit Laubholz be— ſtockten Vorberge beſchränkt, wo von einer Wiederbeſtockung mit Buchen und Eichen, wenigſtens für jetzt, ein Gedeihen nicht zu erwarten iſt. Im Innern der Laub- holzmaſſen ſollen bleibende Nadelholzbeſtände größerer Ausdehnung möglichſt ent— fernt gehalten werden und auch die früher daſelbſt angelegten, einen Mißſtand bildenden, einzelne Nadelholzpartien und Horſte bei Verjüngung ihrer Umgebungen wieder in Laubholz umgewandelt werden.“ Im Pfälzerwald ſoll „der beſſere Teil des Waldbodens den Eichen und Buchen überlaſſen und ... eingeräumt werden.“ Im Fichtelgebirg, Frankenwald und in der Oberpfalz (im Bergland zwiſchen dem bayr. Walde und Fichtelgebirge, im Regengebirge, dem Nabland und Frankenjura) herrſchen die Nadelhölzer vor. Hier ſoll die Buche nur beigemiſcht werden. Für die württemberg iſchen Staatswaldungen wird die Erziehung der Rotbuche in Miſchung mit Nadelhölzern 1864 — 1866 ausnahmslos vorges ſchrieben. Uebrigens nimmt 1880 das Laubholz noch 31,40%, die Miſchungen nur 90% der ertragsfähigen Staatswaldfläche ein. In Baden bedeckt 1880 das Laubholz 70% der Staatswaldungen “), in Heſſen zwiſchen 60 und 700%, in Elſaß-Lothringen 470%, gemiſchte Be⸗ ſtände finden ſich auf 360, und Nadelholz auf 16 0%, in den Staatswaldungen der Regierungsbezirke Wiesbaden 870%, Koblenz 7800, Trier 8400, Köln 730%, Aachen 720%. Düſſeldorf 550, Minden 73 0%, Münſter 720%, Holſtein 670%, Schleswig 97%, in Braunſchweig 6500, in Waldeck und Lippe faſt die geſamte Waldfläche. Die Begünſtigung der Laubholzzucht wird von den oberſten Be— hörden der größten deutſchen Länder mit beſonderem Nachdrucke konſtatiert. In Preußen bildet der Buchenbetrieb die „Haupt— baſis der Wirtſchaft“, obgleich „das Augenmerk auf die Nutzholz— erziehung gerichtet iſt“ und „insbeſondere dahin geſtrebt wird, die ausgedehnten Buchenforſten mancher Gegenden zu einer erweiterten ) Krutina hat (1874) das Vorkommen der Holzarten in den badiſchen Gemeindewaldungen (610% Laubholz, 310% Nadelholz) nach den geognoſtiſchen Formationen dargeſtellt; das Nadelholz beträgt über 50% auf Lias (720%), Porphyr (63 0%), Granit (610%), Rot todliegendes (590%) — im übrigen, namentlich auf Keuper, Muſchelkalk, Diluvium und Alluvium, Dolorit und Jura- kalk herrſcht das Laubholz vor. 134 Vierter Abſchnitt. Nutzholzproduktion zu bringen“. Soweit die Standortsverhältniſſe es geſtatten, wird der Erhaltung und dem Anbau des Laubholzes beſondere Aufmerkſamkeit zugewendet, beſonders der Eiche, deren Nachzucht und Anbau begünſtigt wird, wo noch irgend auf Erfolg zu rechnen ift. In Bayern werden die früher als Mittel- und Niederwald behandelten Forſte zu Laubholzhochwald übergeführt. Nadelholz wird nur angebaut, „wo der herabgekommene Waldſtand es nicht mehr anders geſtattet oder die Rückſicht auf die baldige Befriedi— gung des Bauholzbedarfs (sic!) maßgebend iſt“. Aus volkswirt— ſchaftlichen Rückſichten (welchen?) werden die vorhandenen Laubholz— waldungen als ſolche zu erhalten geſucht. Dagegen gehörten in Sachſen 1863 von der Holzbodenfläche zum Nadelholz 91,3%, und zu Buchenhochwald nur 3,2%,. In Württemberg wird, wie ſchon oben bemerkt wurde, die Erziehung der Rotbuche in Miſchung mit Nadelhölzern vorgeſchrieben. V Der Anbau fremdländiſcher Holzarten. Am Ende des achtzehnten Jahrhunderts war man eifrig be— ſtrebt, fremde, namentlich amerikaniſche Holzarten in Deutſchland einzubürgern und raſchwachſende einheimiſche Holzarten, namentlich Birken, Pappeln, Weißerlen in reinen Beſtänden anzubauen. Man wollte um jeden Preis der drohenden Holznot entgegenwirken. Vor allem empfahl Medicus den Anbau der Akazie; ſie ſollte, wie er behauptete, den fünfzigfachen Ertrag der „ordinären“ Waldungen liefern. Von den fremdländiſchen Holzgattungen, deren Anbau man in Deutſchland verſuchte, ſind heute in unſeren Waldungen faſt nur noch Spuren aufzufinden, faſt lediglich Akazien und Weymouths— kiefern einzeln ſtehend und in Horſten. 1) Die Weymouthskiefer, Pin. Strobus L. Am meiſten verbreitet iſt die Weymouthskiefer. Die größten reinen Beſtände finden ſich in Schleſien (Schulitz, 8,1 ha mit 85jährigen Stämmen und 4,3 ha mit SOjährigen Stämmen) und in Bayern (Ansbach, 8,74 ha mit SOjährigen Stämmen). Im Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 135 Einzelſtande iſt dieſe Holzart in ſehr vielen Waldgebieten Deutſch— lands angepflanzt worden. Es iſt höchſt wahrſcheinlich, daß die Weymouthskiefer im Maſſen— ertrag alle deutſchen Nadelhölzer übertrifft. Uebereinſtimmend wird der Jahreszuwachs auf 12— 13 Feſtmeter per Hektar angegeben. Dieſer Ertrag wurde, wie Bieber 1859 dem mähriſch-ſchleſiſchen Forſtverein berichtet, noch in einer Höhenlage von 1700 Fuß über dem Meere im 58. Jahr erreicht (Dominium Boskowitz). Der Nadelabfall iſt viel beträchtlicher, wie bei der gemeinen Kiefer. Die langen, feinen und weichen Nadeln gehen auch raſcher in Verweſung über, als die Nadeln der gemeinen Kiefern. Die Weymouthskiefer iſt ferner ſehr ſchattenertragend. Man hat ſie in Hannover zum Unterbau gelichteter Eichenbeſtände ver— wendet; die Pflanzen zeigten dabei üppigen Wuchs. Die Beſtände lichten ſich deshalb auch erſt mit höherem Alter. In Bezug auf Bodenkraft iſt die Holzart ſehr anſpruchslos. Auf dem magerſten Boden leiſtet ſie mindeſtens ebenſoviel als die gemeine Kiefer, indem ſie demſelben einen ſehr reichlichen Nadel— abwurf zukommen läßt. In Bezug auf Winterkälte leidet ſie in der Regel nicht; nur in einzelnen Gegenden Süddeutſchlands iſt ſie infolge ſtrengen Winterfroſtes noch im über 30. Altersjahre eingegangen. Aus bis jetzt unbekannten Urſachen vertrocknet jedoch dieſer Waldbaum häufig im Alter von 15—25 Jahren. Hinſichtlich der Schneedruckgefahr lauten die Angaben wider— ſprechend. Im Jahre 1868 wurden die Kiefern und Fichtenbe— ſtände in Voigtsgrün (Sachſen) außerordentlich hart betroffen und zwar gleichmäßig ſtark; dagegen wurde von den an demſelben Orte befindlichen Weymouthskiefern auch nicht ein Stamm gebrochen. Auch im Vogelsberg ſoll ſie beſonders widerſtandskräftig gegen Schneedruck ſein. Der Verfaſſer beobachtete dasſelbe im Oden— wald; jedoch waren die Beſtände der gemeinen Kiefer geſäet, der Weymouthskiefernbeſtand dagegen gepflanzt und viel weitſtändiger. Weiſe ſagt auf Grund der aus allen Teilen Deutſchlands erfolgten Mitteilungen: der Schnee bricht ſie, wie alle übrigen Holzarten. Auch der Sturm hat mehrfach Schaden gethan (bei Erfurt und im Regierungsbezirk Wiesbaden). Nach anderen Berichten ſoll jedoch 136 Vierter Abſchnitt. dieſe Holzart widerſtandskräftiger gegen den Sturm ſein, als die Fichte. Die Gebrauchsfähigkeit des Weymouthskiefernholzes wird viel- fach angezweifelt; dasſelbe iſt dem Holzverbrauch noch fremd und wird oft höher, oft niedriger bezahlt, wie das einheimiſche Nadel- holz. Unſtreitig hat das ſehr weiße Holz als Fußbodenbretter, Packkiſten, für die Zündholzfabrikation ꝛc. hohen Wert. Rittergutsbeſitzer von Hanke teilt eine vergleichende Beobachtung über die Dauer mit. In Duderſee wurde vor 25 Jahren in der großen Stube des ehe⸗ maligen Kruges nach Weſten und nach Süden je ein Fenſter mit Eichenholz und mit Weymouthskiefernholz angefertigt; vor 5 Jahren mußten die Eichenfenſter er⸗ neuert werden, während die Weymouhtskieferfenſter noch untadelhaft waren. Die Schütte ſcheint dieſe Holzart nicht in erheblichem Maße zu treffen. Im Regierungsbezirk Koblenz wurden die heimiſchen Kiefern von dieſer Krankheit ſtark mitgenommen, während die be— nachbarten Weymouthskiefern unangegriffen blieben. Nach anderen Berichten ſoll ſie gleichfalls der Schütte unterliegen. Gegen Spät- und Frühfroſt unempfindlich, wird dieſe Holzart von Inſekten nur im geringen Grade beſchädigt. Jedenfalls verdient die Verbreitung der Weymouthskiefer die hervorragende Beachtung der Forſtwirte. Man ſollte die größere Ausgabe für Beſchaffung des Samens nicht ſcheuen, denn die Ver— mehrung der Kulturkoſten wird durch die höheren Ertragsleiſtungen dieſer Holzart hinlänglich erſetzt — zumal in Schneedrucklagen. 2) Die Akazie (Robinia Pseud-acacia L.). Für dürre Bergabhänge mit flachgründigem, trockenem Boden (mit Ausnahme des Moorgrundes und des ſtrengen Thonbodens) iſt dieſe raſchwüchſige Holzart beachtenswert, namentlich im Aus— ſchlagbetriebe. Sie liefert ein hartes, zähes und ſehr dauerhaftes und brennkräftiges Holz, welches zu Erd- und Waſſerbauten, für faſt alle Holzgewerbe, zu Wein- und Obſtbaumpfählen, zu Schiffs⸗ nägeln ꝛc. ſehr geſucht iſt. Aber leider iſt das Bodenverbeſſerungs— vermögen der Akazie ſehr gering; die Belaubung iſt locker, das Laub verweſt raſch und der Boden wird licht geſtellt. Beim Verpflanzen empfiehlt ſich das Zurückſchneiden bis auf 0,8—1 m Länge. 3) Die Douglasfichte, Abies Douglasii (Ldl.) hat auch in Deutſchland das ihr nachgerühmte raſche Wachstum gezeigt. Sie Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 137 wurde durchſchnittlich mit 40 Jahren 23 m hoch. Allein dieſer Baum wird ſehr oft durch Winterkälte zerſtört; der Anbau im großen und zur vorherrſchenden Beſtandsbildung dürfte vorläufig noch nicht ratſam fein. 4) Die Nordmannstanne, Abies Nordmanniana (Lk.), welche in den Gebirgen der Krim und öſtlich vom Schwarzen Meere 25—30 m hohe Stämme bildet und bis 1950 m emporſteigt, ſoll vorzügliches Holz haben. Sie ſcheint der Winterkälte viel beſſer zu widerſtehen, als die Douglasfichte. Allein ältere Stämme ſind in Deutſchland fo ſelten — zwei 45jährige und ein 90jähriger Stamm —, daß man nicht zu beurteilen vermag, ob dieſe Holzart die beſten einheimiſchen Nadelhölzer, namentlich Lärchen, über— treffen wird. 5) Ulmus americana L. hat ſich im Schwetzinger Schloß: garten vortrefflich bewährt. 140jährige Stämme hatten einen Durchmeſſer (Bruſthöhe) von durchſchnittlich über einen Meter und eine Höhe von 35—40 m. Das Holz wurde dort als Nutzholz wie als Brennholz ſehr geſucht und gut bezahlt. Da dieſe ameri— kaniſche Ulme winterfeſt iſt, ſo kann ſie vielleicht die deutſche Ulme mit Nutzen erſetzen. 6) Die übrigen Holzarten, die zum Anbau empfohlen worden ſind, kommen teils in Deutſchland nur in jugendlichen Exemplaren vor, die keine Beurteilung der Maſſenproduktion und Holzgüte geſtatten, teils iſt nach den bisherigen Erfahrungen zu befürchten, daß ſie bei ſehr ſtrengen Wintern erfrieren werden. Deshalb iſt die Anzucht im großen vorerſt nicht ratſam. Für trockene Lagen, beſonders in Kalkbergen, iſt wie ſchon oben bemerkt wurde, der Anbau der Schwarzkiefer empfehlens— wert, deren Anzucht durch Pflanzung (namentlich Ballenpflanzung) zumeiſt ſicheren Erfolg hat. Sie iſt, wie man in der Gegend von Fulda beobachtet hat, raſchwüchſiger als die gemeine Kiefer, auch ſchattenertragender und beſſert den Boden in hervorragendem Maße. Als Bauholz ſoll ſie ſogar, wie verſichert wird, an Güte der Lärche gleichſtehen und ein vortreffliches Brennholz liefern. Die Frage, ob ſie gegen Schneedruck beſonders widerſtandskräftig iſt, ſcheint bejaht werden zu müſſen, obgleich ſie in Oeſterreich nicht ſo wider— ſtandskräftig iſt, wie die Fichte. 138 Vierter Abſchnitt. W Mefultate der Anterſuchungen im vierten Ubſchnitt. Zur Erleichterung der Ueberſicht will ich die Hauptergebniſſe der vorſtehenden Erörterungen kurz zuſammenfaſſen: 1) Die vergleichende Ermittelung der Produktion der wichtigſten Waldbaumgattungen nach Holzmaſſe und nach dem Gebrauchswert dieſer Rohmaſſe hat den Leitſtern für die Auswahl der Holzarten, welche der Forſtmann örtlich anzubauen hat, zu bilden. 2) Zum Zweck dieſer Ermittelung kann man drei Standorts— gattungen unterſcheiden: a. Standorte, welche die wichtigſten Baumhölzer — nament⸗ lich Lärchen, Fichten, Tannen, Kiefern und Eichen — zur unge— hemmten Entfaltung ihrer natürlichen Wachstumskraft befähigen. b. Standorte, auf denen die genannten Holzarten zwar wachſen, jedoch diejenigen Holzarten, welche nach ihrer Natur auf einen geringeren Waſſerverbrauch angewieſen ſind, beſſer gedeihen, als die anſpruchsvollen Waldbaumgattungen. c. Standorte, die entweder ſehr trocken und flachgründig oder feucht bis naß ſind. 3) Auf den ad b genannten Standorten gedeihen die wich: tigſten Holzarten wahrſcheinlich in folgender Rangordnung von den trockeneren zu den friſcheren Waldböden: gemeine Kiefer, Traubeneiche (als Stockſchlag), Lärchen (in geeigneten Lagen), Fichten, Weißtannen, Hainbuchen, Rotbuchen, Traubeneichen, Stieleichen. Für ſehr trockene Standorte iſt die Wahl gewöhnlich auf die Schwarz— kiefer, die gemeine Kiefer und den Eichenſtockſchlag beſchränkt; bei naſſen Standorten auf die Erle. 4) Auf den Standorten ad a und b iſt die Jahresproduktion der Kiefer (Feſtmeter per Hektar im 80jährigen Durchſchnitt) in den Ebenen, den Hügelländern und Vorbergen nach der Anſicht des Ver— faſſers ein angemeſſener, allgemein anwendbarer Maßſtab für die Vergleichung der wirtſchaftlichen Leiſtungsfähigkeit der anbaufähigen Holzgattungen, indem feſtgeſtellt wird, welche Rohmaſſen und welche Gebrauchswerte Fichten-, Eichen-, Tannenbeſtände ꝛc. auf einem Die Waldbaumgattungen und ihre wirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit. 139 Standort jährlich produzieren, auf dem die Kiefer 3, 4, 5 .. . Felt: meter Jahreszuwachs hat. Im Hochgebirge kann die Fichte an die Stelle der Kiefer treten. 5) Nach den bis jetzt vorliegenden, leider ſehr dürftigen und lückenhaften Unterſuchungen, welche weit von der oben genannten ſcharfen Vergleichung entfernt geblieben ſind, kann man vermuten, daß die drei Holzarten, die hauptſächlich in geſchloſſenen, mehr oder minder reinen Beſtänden erzogen worden find, hinſichtlich der Brennwertproduktion ungefähr die folgende Rangordnung einnehmen: Fichten (1,00), Kiefern (0,87), Rotbuchen (0,67). Bei der Erziehung im Lichtungsbetrieb wird ſich jedoch die Brennwert— produktion dieſer drei Holzarten per Flächeneinheit vielleicht gleich— ſtellen. Hinſichtlich der Nutzholzproduktion ſteht die Lärche, wo ſie gedeiht, an der Spitze, dann folgen Fichten, Weißtannen, Kiefern und Eichen, während die Buche zur Bildung des Haubarkeitsbe— ſtands völlig unzuläſſig iſt. Es iſt vorläufig kein Grund zu finden, an die Stelle der Fichte die Weißtanne treten zu laſſen. Die Kiefer kann der Fichte und Tanne bei der Erziehung im Kronen— ſchluſſe den Rang ſtreitig machen, wenn der Standort zur Trocken— heit neigt. Im Lichtungsbetriebe wird die Kiefer auch auf gutem Standort wahrſcheinlich mehr leiſten, als die Fichte. 6) Die Unterſchiede in der Bereicherung des Bodenhumus durch den Laub⸗ und Nadelabwurf verſchiedener Holzgattungen laſſen ſich vorläufig nicht bemeſſen. Es iſt möglich, daß der Be— ſchattungsgrad auf die Erhaltung und Förderung der Bodengüte größeren Einfluß ausübt, als der genannte Laub- und Nadelabfall. 7) Die Verringerung des Wertertrags der Nadelhölzer, nament— lich der flachwurzelnden Fichte, durch Windwurf, Schneedruck und Inſektenfraß iſt nach den Beſchädigungen von 1800 bis 1883 ver— ſchwindend klein. 8) Die bisherigen Lehren der Schriftſteller ſind hinſichtlich der Auswahl der anbauwürdigſten Holzarten unbeſtimmt und geben uns keinen ſicheren Wegweiſer. 9) Die forſtliche Praxis hat auf den beſſeren Standorten des deutſchen Waldes — d. h. mit Ausſchluß der Sandebenen und der hohen Gebirgslagen — mit Vorliebe Laubholz nachgezogen, die 140 Vierter Abſchnitt. Eiche zu begünſtigen geſucht, mit der Hauptmaſſe jedoch Rotbuchen— holz produziert. Die Nadelhölzer ſind im großen und ganzen nur auf den von Natur aus trockenen und unkräftigen Standorten und in den höheren Gebirgslagen geduldet, im übrigen als Lücken— büßer zugelaſſen worden. 10) Unter den fremdländiſchen Holzarten iſt in erſter Linie die Weymouthskiefer anbauwürdig. Fünfter Abſchnitt. Die Wachstumsleiſtungen der Waldbäume beim Zuſammenleben ſchattenertragender und lichtbedürftiger Gattungen. E Die Antermiſchung der Holzgattungen nach ihrer Einwirkung auf die Erhöhung des Werterlrags im allgemeinen. Die Waldbäume ſind nicht nur verſchieden nach ihren Anſprüchen an die Bodenkraft, nach der Produktion von Holzmaſſe, nach der Holzgüte ꝛc., ſie ſind auch hinſichtlich des Lichtgenuſſes, den ſie zu ihrem Gedeihen nötig haben, ſehr ungleich veranlagt. Man unter— ſcheidet ſchattenertragende und lichtbedürftige Holzgattungen und dieſes Verhalten gegen Licht und Schatten manifeſtiert ſich ſchon durch die Dichtigkeit oder Lockerheit der Baumkrone. Während der Vegetationszeit vollzieht ſich im Walde unaus— geſetzt ein erbitterter, wenn auch geräuſchloſer Kampf der Baum: hölzer ums Daſein. Eine Gattung bekämpft die andere und inner: halb derſelben Gattung ſuchen die ſtärkeren Gerten, Stangen und Stämme ihre ſchwächeren Gattungsgenoſſen zu überwachſen, einzu— engen und zu erſticken. Es iſt erſichtlich, daß diejenigen Wald— bäume, deren Blätter und Nadeln in erſter Reihe auf den vollen Lichtgenuß bei ihrer Arbeit angewieſen worden ſind, dieſer Um— armung durch dunkel bekronte Nachbarn nur entrinnen können, indem ſie von Jugend auf durch voraneilenden Höhenwuchs ihre Kronen emporheben in das intenſive Licht und dieſelben beſtändig 142 Fünfter Abſchnitt. in dieſer hervorragenden Stellung erhalten. Sie würden erſtickt werden, wenn ihre Kronen längere Zeit im Schatten verweilen müßten. Die lichtbedürftigen Holzgattungen, welche die „natürliche Zuchtwahl“ im früheren Urwalde ausgebildet und übrig gelaſſen hat, die Lärchen, Eichen, Kiefern, Birken, Eſchen ꝛc. werden, ſo muß man nach dieſem grundlegenden Naturgeſetz erwarten, ſämt⸗ lich raſcher wachſen als die ſchattenertragenden Holzarten *). Der Forſtmann kann, ſo wird man denken, dieſe Verſchieden— heit der Waldbäume im Höhenwuchs und Lichtbedarf für die Steigerung der Wertproduktion im Walde ausnutzen, indem er vorwachſende, lichtbedürftige und nachwachſende ſchattenertragende Holzgattungen planmäßig zuſammenſtellt und dadurch alle Höhen— ſchichten des Wachsraums ausfüllt. Man kann denken: wenn die Baumkronen etagenweiſe übereinander aufgebaut werden, die licht— bedürftigen über die ſchattenertragenden, ſo wird das eindringende Licht vollſtändig abſorbiert und der Bodenraum durch eine dichte Verzweigung der Wurzeln am gründlichſten benutzt werden. Leider wird dieſer ſchichtenförmige Aufbau des Holzwuchſes die Wertproduktion nicht in einem beachtenswerten Maße verſtärken können. Wenn lichtbedürftige Holzarten, wie Eichen, Lärchen, Kiefern, Eſchen ꝛc. wegen ihrer höheren Leiſtungsfähigkeit anbau— ) Für den Forſtwirt iſt ſicherlich die Erörterung der Frage intereſſant, ob dieſe lichtbedürftigen und raſchwüchſigen Holzgattungen auch hinſichtlich der Maſſenproduktion und Holzgüte auf höherer Stufe ſtehen, als die ſchattenertragen— den, langſam wachſenden Holzgattungen. Man kann denken: wenn die raſch— wüchſigen Holzarten mit derſelben Aſſimilationskraft (in den Spaltöffnungen und Chlorophyllkörpern) begabt worden ſind, wie die langſam wachſenden Waldbäume, ſo werden die erſteren einen Vorſprung in der Holzbildung erreichen, weil ſie früher und nachhaltiger ihre Kronen emporſtrecken über das Halbdunkel des Kronenraumes, in welchen die ſchattenertragenden und langſam wachſenden Holz— gattungen längere Zeit zu verharren vermögen. Die Unterſuchung wird zwar keine unmittelbar praktiſch anwendbaren Reſultate liefern, aber es iſt immerhin intereſſant, dieſe Beziehungen bei der ferneren Darſtellung nicht aus den Augen zu verlieren, vielmehr zu beachten, ob die Holzarten im Höhenwuchs dieſelbe Rangordnung einnehmen, wie in der Maſſenproduktion (etwa wie folgt: Lärchen, Fichten, Tannen, Kiefern, Eichen) und namentlich, ob die ſchattenertragende Rot— buche hinſichtlich der Raſchwüchſigkeit auf gleich tiefer Stufe ſteht, wie hinſicht— lich der Holzerzeugung. Zuſammenleben der Waldbäume :c. 143 würdiger erſcheinen als ſchattenertragende Holzarten, wie z. B. Buchen, ſo müſſen ſelbſtverſtändlich die erſteren, um den vollen Effekt zu gewähren, jo nahe aneinandergerückt werden, daß beiten Falls nur ein ſehr geringer Abſtand der Zweigſpitzen verbleibt. In dieſem Falle wird zwar immer noch Licht zum Boden dringen und hier Unkrautwuchs, Vertrocknung und Verangerung bewirken. Es iſt der Mitanbau dunkel belaubter Holzgattungen geboten. Aber im Unterſtand kann kein Baumwuchs erzeugt werden. Es mangelt die helle Beleuchtung, die wir oben als die wirkſamſte Triebkraft des Pflanzenwuchſes erkannt haben. Unter den genannten lichtbedürftigen Holzarten, wenn dieſelben nicht vereinzelt ſtehen, ſondern den Wachsraum in der erforderlichen vollſtändigen Weiſe ausfüllen, wachſen ſelbſt Buchen und Fichten, wie man überall ſehen kann, nicht zu Nutzholz liefernden Baum— holzbeſtänden, ſondern im günſtigſten Falle zu Stangenhölzern auf. Man kann deshalb nur unterſuchen, ob die Wert— produktion durch die Untermiſchung der wenigen Holzgattungen, die wir als die nutzfähigſten und pro— duktivſten im vorigen Abſchnitt erkannt haben, als Baumholz und in annähernd gleicher Höhenſchicht weſentlich geſteigert werden kann. Man kann denken, daß den ſchatten— ertragenden und lichtbedürftigen Holzarten während der Erziehung eine Stellung gegeben werden kann, welche die Kronen der ſchatten— ertragenden Stämme viel näher heranrückt an die Kronen der lichtbedürftigen Holzarten als an die dunkel ſchirmenden Kronen der gleichen Gattung. Man kann ſagen, daß die Aeſte und Zweige der Fichte und Tanne noch genügenden Lichtgenuß ſelbſt im Kronen— raum der Eiche und Lärche finden werden. Es iſt möglich, theo— retiſch ſogar wahrſcheinlich, daß auf dieſem Wege die Wertproduk— tion erhöht werden kann — genaue Nachweiſe, ob die Wirkung praktiſch bedeutungsreich iſt, mangeln bis jetzt. Praktiſch wird es ſehr ſchwer ſein, eine derartige planmäßige Stellung auf großen Waldflächen zu begründen und zu erhalten. Im übrigen wird die Untermiſchung der Holzarten in der Erhöhung der Wertproduktion der Beſtände während des Baumholzalters hervorragende Erfolge nicht zu finden vermögen. Denn ſelbſtverſtändlich würde es ſinnlos ſein, den 144 Fünfter Abſchnitt. Rot⸗ und Hainbuchen, überhaupt den Holzarten, welche in der quantitativen und qualitativen Leiſtungskraft weit zurückſtehen, als Baumhölzer in gleicher Höhenſchicht weit ausgedehnten Wachsraum zu geſtatten und dadurch die nutzfähigſten Holzgattungen, die wir früher kennen gelernt haben, zu verdrängen oder wenigſtens zu beſchränken. Man kann auch nicht behaupten, daß die Beförderung des Höhenwuchſes und der Schaftbildung in der Jugendzeit die Unter— miſchung von Holzgattungen bedingt, welche in den Lichtanſprüchen und im Höhenwuchs verſchieden ſind. Hierzu iſt, wie wir ſehen werden, nur eine gewiſſe Annäherung der Kronen, welche die ſeit— liche Aſtverbreitung einſchränkt, erforderlich — und das findet man in den reinen im dichten Kronenſchluß aufwachſenden Jung— hölzern mehr als genügend. Selbſt die lichtbedürftigen Holzarten, Eichen, Lärchen, Kiefern ꝛc. kann man in dieſen reinen, dicht ge— ſchloſſenen Beſtänden aufwachſen laſſen und erſt dann unterbauen, wenn ſie ſich licht ſtellen und Schutz des Bodens notwendig wird. Für die bisher vorherrſchende Beſtockungsform, die geſchloſ— ſenen, gleichwüchſigen Hochwaldbeſtände, die in ein und derſelben Höhenſchicht ihre Baumkronen ausdehnen, hat ſonach die Unter— miſchung der Holzarten nur eine beſchränkte Leiſtungskraft. Wenn auf dieſem Standort die Fichte, auf einem andern Standort die Lärche oder Kiefer oder Eiche am produktivſten iſt, ſo wird man die Werterzeugung kaum verſtärken können, indem man minder produktive Waldbäume in gleiche Höhenſchicht bringt. Man wird vielmehr die produktivſten Holzarten rein und unvermiſcht anzu— bauen und, ſofern ſie lichtbedürftig ſind, ſpäter zu unterbauen haben. Für die geſchloſſenen Holzbeſtände haben ſonach die Miſchhölzer vorwiegend als Buſch- oder Stangen— hölzer Funktionen zu erfüllen. Wir finden indeſſen in der Forſtlitteratur weſent— lich andere Anſichten über die waldbaulichen Leiſtun— gen, die man von gemiſchten Beſtänden erwartet. Man behauptet zunächſt, daß die Holzmaſſenproduktion und damit der Wertertrag in gemiſchten Beſtänden größer ſei als in reinen Beſtänden. Genaue, beweisfähige Unterſuchungen mangeln. Es iſt, wie wir geſehen haben, nicht Zuſammenleben der Waldbäume ꝛc. 145 anzunehmen, daß die Verſchiedenheit der Holzarten im Lichtgenuß bei gleichhohen Beſtänden (z. B. Kiefern neben Fichten) die Maſſenproduktion weſentlich erhöhen wird. Aber wir werden im nächſten Abſchnitt die hervorragenden Wirkungen kennen lernen, welche der Freiſtand auf die Produktion der Waldbäume ausübt. Es iſt nicht zu bezweifeln, daß die höhere Produktion der gemiſchten Beſtände, wenn dieſelbe konſtatiert wird, dadurch verurſacht worden iſt, daß die vorwachſenden Holzarten ihre Kronen ausgiebiger in vollen Lichtgenuß zu bringen wußten, als es die nur in ihrer eige— nen Geſellſchaft wachſenden Holzgattungen im gleich hohen, dicht geſchloſſenen reinen Beſtand vermögen. Dieſe Lichtwuchswirkung läßt ſich aber in noch viel höherem Maße hervorrufen, wenn man die Beſtockungsform wechſelt — und dieſen Wechſel werden wir weiter unten beſprechen. Die Holzbeſtände werden, ſo behauptet man zweitens, gegen Wind-, Schnee- und Inſektenbeſchädigungen durch die Untermiſchung der Holzgattungen wirkſam geſchützt. Allein es iſt wiederum auf den erſten Blick klar, daß dieſer Schutz durch den Einzelſtand der vorwüchſigen Nadel— hölzer verurſacht wird — durch die ſtufige Schaftbildung und die Vollſaftigkeit, welche die im Lichtſtand produzierende Baumkrone hervorbringt. Zur Zeit der heftigen Luftſtrömungen find die Baum— kronen der Laubhölzer, die das Nadelholz umſtehen und ſchützen ſollen, in der Regel locker und licht, — man kann nicht annehmen, daß die Kraft des Windes durch dieſelben gebrochen wird. Wenn die einzelſtändigen Fichten, Tannen und Kiefern ſich nicht ſelbſt zu ſchützen vermöchten, ſo würden ſie ſicherlich ebenſo umgeworfen und umgebrochen werden als in reinen Nadelholzbeſtänden — hinter einer Wand von dicht benadelten Baumkronen. Zwar kann man ſagen, daß die Beſchädigung in einem geſchloſſenen, ſtamm— reichen Nadelholzbeſtand durch das Umwerfen, Umbrechen ꝛc., welches die fallenden Stämme verurſachen, größer werden wird, als in gemiſchten Beſtänden. Wenn ſich indeſſen die vorgewach— ſenen mit größeren Kronen verſehenen Nadelhölzer nicht ſelbſt zu ſchützen vermöchten, ſo würden die Verheerungen kaum geringer ſein — es würden nur durchlöcherte Buchen- ꝛc. Beſtände übrig bleiben, die eine ſehr geringe Wertproduktion behalten würden. Wagener, Waldbau. 10 146 Fünfter Abſchnitt. Ebenſowenig können die vorwachſenden Nutzholzſtangen und ⸗Stämme gegen auflagernden Schnee durch den Beiſtand der im Winter unbelaubten Buchen, Hainbuchen ꝛc. geſchützt werden. Vielmehr verdanken die erſteren, wie man täglich beobachten kann, ihre Widerſtandskraft nur der kräftigen Ausbildung. Endlich wird dieſe Entwicklung des Nadelholzes in Miſch— beſtänden vorzugsweiſe die Verringerung der Inſekten— beſchädigungen bewirken, denn die Inſekten vermeiden voll— ſaftiges und bevorzugen kümmerndes Holz. Bis jetzt iſt die Karl Heyerſche Behauptung, daß in den gemiſchten Beſtänden die Feinde der Inſekten zahlreicher vorkommen und denſelben der Fang beſſer gelinge, nur eine Vermutung geblieben. Die Vorzüge, die man den gemiſchten Beſtänden im Vergleich mit den reinen Beſtänden nachzurühmen pflegt, beruhen ſomit in der Hauptſache auf einer Veränderung der bisher eingehaltenen Gleichwüchſig— keit der Holzbeſtände, d. h. auf der freien Kronen— entwicklung. Ich werde im nächſten Abſchnitt überzeugend darlegen, daß die geſchloſſene Erziehung der Holzbeſtände nur in der Jugend— zeit ſtatthaft, daß im Baumholzalter freier Raum für eine fünf— oder zehn- oder zwanzigjährige Kronenentwicklung zu öffnen iſt. Zu dieſem Lichtwuchsbetrieb bedarf man eine Schirmbeſtockung, welche den nutzholztüchtigſten, einzelſtändigen Waldbäumen in der Jugendzeit eine gute Schaftbildung verſchafft und ſowohl in der Jugendzeit, als nach der Auslichtung der Baumholzbeſtände den Boden beſchattet. Ich werde am Ende dieſes Abſchnitts unter— ſuchen, was die für dieſen Zweck wahlfähigen Holzgattungen hin— ſichtlich der Erhaltung des Humus- und Waſſervorrats im Boden leiſten und wie ſie auf die Erhöhung der Zwiſchennutzungserträge wirken. Aber zuvor müſſen wir die Waldbäume nach ihrem Ver— halten gegen Licht und Schatten, nach dem Höhenwuchs und den Wachstumsleiſtungen in den gemiſchten Beſtänden kennen lernen. Zujammenleben der Waldbäume :c. 147 II. Das Verhalten der Holzarten gegen Licht und Schatten und im Höhenwuchs. Nach Maßgabe der Fähigkeit, eine dichte Krone zu bilden (indem ſich unterdrückte Aeſte und Zweige längere Zeit im lebenden Zuſtande erhalten) und nach dem Vermögen, unter mehr oder minder dichtem Schirm anderer Waldbäume zu wachſen, hat man die Holzgattungen lichtbedürftig und ſchattenertragend genannt und die Rangordnung hinſichtlich der Beleuchtungsanſprüche feſtzuſtellen geſucht. Seidenſticker unterſcheidet (1849) aktives und paſſives Verhalten der Holzarten gegen Beſchattung. Aktiv, d. h. ver— dämmend, wirken die Hauptholzarten nach Seidenſticker etwa in folgender Rangordnung (von dem höchſten Grade der Beſchattungs— fähigkeit an gerechnet): Fichte, Weymouthskiefer, Weißtanne, Buche, Linde, Hainbuche, Ahorn, Erle, Ulme, Kiefer, Lärche, Eſche, Akazie, Eiche, Aſpe, Birke. Bezüglich des paſſiven Verhaltens behauptet Seidenſticker, daß der Feldahorn (und in zarter Jugend ſämtliche Ahorne) ferner Buchen und Weißtannen die Beſchattung nicht ent— behren können, daß in der erſten Jugend Eichen, Fichten und Hain: buchen, letztere als Unterholz, einige Ueberſchirmung dulden, dagegen Erlen, Birken, Kiefern, Lärchen, Aſpen, Eichen (in vorgerückten Jahren), Akazien, Linden und Ulmen keine Ueberſchirmung lieben. Guſtav Heyer hat dem „Verhalten der Holzarten gegen Licht und Schatten“ eine geiſtvoll geſchriebene Beſonderſchrift gewidmet (1852). Dieſes Verhalten „manifeſtiert ſich“, ſo ſagt Guſtav Heyer, „durch den dichteren oder lichteren Baumſchlag, in der Fähigkeit unterdrückter Stämme und Aeſte, längere Zeit im lebenden Zu— ſtande ſich zu erhalten und in dem Vermögen junger Pflanzen, im Schatten von älteren Bäumen zu gedeihen“. Er habe „diejenigen Bäume, welche man in Deutſchlands Waldungen häufiger findet, auf ihr Verhalten gegen Licht und Schatten geprüft“. (In welcher Weiſe dieſe Prüfung im ſpeciellen ſtattgefunden hat, wird nicht mitgeteilt.) Heyer bildet, indem er von den ſchattenertragenden Holzarten ausgeht, folgende Reihe: 148 Fünfter Abſchnitt. Fichte, Weißtanne; Buche, Schwarzkiefer; Linde, Hainbuche; Eiche; Eſche; Ahorn, Erle, Ruchbirke; Weymouthskiefer; Gemeine Kiefer; Ulme; Weißbirke, Aſpe; Lärche. Döbner kam ſpäter (1859) bezüglich der Eiche, Kiefer, Birke, Fichte, Weißtanne und Rotbuche zu gleichen Ergebniſſen — unab— hängig von Heyer. Von anderer Seite iſt dagegen die von Heyer aufgeſtellte Reihenfolge mehrfach beanſtandet worden; namentlich ſtellt man die Buche und Weißtanne in ihrem Schattenerträgnis der Fichte zuvor. G. Heyer räumt ein, daß zur genaueren Feſt— ſtellung des Schattenerträgniſſes der Holzarten künſtliche Vorrich— tungen nötig ſind. Dieſe vergleichenden Verſuche ſind von der Forſtakademie Münden (mittels hölzerner Lattengitter) begonnen worden, aber noch nicht zum Abſchluß gelangt. Inzwiſchen hat Kraft (1874) einen im Anfang der Vierziger Jahre in Hannover (Oberförſterei Misburg) angepflanzten Eichen- beſtand (Dreiecksverband mit 15jährigen Heiſtern in 3,5 m Pflanz— weite), der im März 1866 mit Weißbirken, gemeinen Kiefern, Ulmen, Lärchen, Buchen, Weymouthskiefern, Weißtannen, Schwarzkiefern, Eſchen, Fichten, Hainbuchen und Feldahorn unterpflanzt worden war, genau unterſucht und die Länge der Pflanzen gemeſſen. Auf Grund dieſer Unterſuchung ſtellt Kraft folgende Skala für das Schatten— erträgnis auf: Buche und Weißtanne, Hainbuche, Spitzahorn und Bergahorn, Fichte, Eſche, Birke und Weymouthskiefer. Lärche, Zuſammenleben der Waldbäume ꝛc. 149 Schwarziefer, Gemeine Kiefer. Dagegen hält Fiſchbach (1877) die folgende Reihenfolge für die richtige: Buche, Tanne, Zürbel- und Weymouthskiefer, Fichte, Eſche, Hainbuche, Schwarzkiefer, Traubeneiche, Ahorn, Ulme, Stiel— eiche, Erle, gemeine Kiefer, Lärche, Aſpe, Birke. Burckhardt ſchreibt der Weißtanne ein größeres Schattenerträgnis zu, als der Buche und weit mehr noch ſoll die Tanne der Fichte an Schatten— erträgnis voranſtehen. Obgleich die Angaben bei den einzelnen Holzarten nicht über— einſtimmen, ſo wird man doch nicht fehl gehen, wenn man Buchen, Tannen, Fichten und Hainbuchen zu den ſchattener⸗ tragenden, alle übrigen Waldbäume — Weymouths— kiefern und Schwarzkiefern vielleicht ausgenommen — zu den lichtbedürftigen Holzarten zählt. Zur Ermittelung des gegenſeitigen Verhaltens der Waldbäume im Höhenwuchs hat Guſtav Heyer „eine große Anzahl von Meſſungen der Stammhöhen in allen Lebensaltern vorgenommen, ſowohl auf verſchiedenen Bodenarten, als in abweichenden Höhe— lagen und Expoſitionen“. Heyer fand „bei ſolchen Bäumen, denen der Standort zuſagte, wohl große Unterſchiedlichkeiten im Wachs— tum, aber niemals eine Umkehrung der Wachstumsgeſetze“. Nach Heyer ergibt ſich folgende Reihenfolge: In allen Lebensperioden überwachſen Lärchen, Aſpen, Birken und Weymouthskiefern alle an— deren Waldbäume. Dann folgt im Range die gemeine Kiefer und die Erle, letztere auf feuchtem Boden. Die Fichte wird in der frühen Jugend von allen anderen Holzarten überwachſen; aber ſchon gegen das 30. Jahr hat die Fichte dieſe Holzarten — Kiefern, Erlen, Lärchen, Birken, Aſpen und Weymouthskiefern ausgenom— men — überwachſen; ſie ſtellt ſich im höheren Alter den Kiefern und Erlen gleich. Die Weißtanne verhält ſich ähnlich, wie die Fichte. Hierauf kommen etwa mit gleichem Rang Ulmen, Eſchen, Eichen, Bergahorn, Spitzahorn. Auf der unterſten Stufe ſtehen Rotbuchen und Hainbuchen, in vielen Oertlichkeiten wird jedoch die Eiche von der Buche überwachſen (3. B. im Speſſart und Pfälzer: wald, während an anderen Orten, z. B. in den Weſerbergen, die Eiche raſchwüchſiger iſt, als die Rotbuche). 150 Fünfter Abſchnitt. Indeſſen wird dieſes Verhalten durch die Verſchiedenartigkeit des Standorts, namentlich den abweichenden Waſſergehalt des Bodens, modifiziert. Namentlich Buche und Eiche, Fichte und Kiefer machen ſich oft den Rang ftreitig *). Die Einwirkung des Bodens, der Abdachung, der vertikalen Erhebung ꝛc. auf das Verhalten der Holzarten im Höhenwuchs und gegen Licht und Schatten iſt noch näher zu erforſchen. Aber es iſt ſelbſtverſtändlich, daß z. B. ſchon die Traubeneiche, welche an die Bodenfeuchtigkeit ſtärkere Anſprüche ſtellt als die Rotbuche, langſamer wachſen wird als die letztere, wenn der Waſſergehalt des Bodens während der Vegetationszeit in— folge der Bodenbeſchaffenheit unter das für die Eiche erforderliche Maß ſinkt — und noch mehr wird die Stieleiche im Wuchſe nach— laſſen. Wenn dagegen der Waſſergehalt zureichend iſt, ſo wird die Eiche in ſonnigen Lagen, auf den Süd- und Weſtſeiten der Berge, freudiger gedeihen, als auf den Oſt- und Nordſeiten, weil ſie ſehr lichtbedürftig iſt. Die ſchattenertragende Rotbuche kann auf den Mitternachtsſeiten leichter vorwüchſig werden. Der Waſſergehalt des Bodens hat den gleichen Einfluß auf das gegenſeitige Ver— halten der Fichten, Tannen und Kiefern — die Veränderungen liegen klar am Tage, wenn man die Anſprüche der Holzgattungen an den Waſſergehalt, die wir im vorigen Abſchnitt erörtert haben, beachtet. III. Die Alnſichten der Schriftſteller. In früherer Zeit, als man die Waldungen noch nicht nach forſttechniſchen Regeln bewirtſchaftete, waren in denſelben die mannig— fachſten Holzattungen in regelloſer, bunter Untermiſchung vertreten. Bald bildeten die verſchiedenartigen Laubhölzer, bald die Nadel— holzgattungen, bald Laub- und Nadelhölzer, neben- und überein— anderſtehend, die Holzbeſtockung. Nur auf dem trockenen Sand— boden fand man reine Kiefernbeſtände, in Bruch- und Moorboden Erlenbeſtände und im Hochgebirge reine Fichten- oder Tannenbeſtände. ) Die Hainbuche ſoll im Norden Deutſchlands, namentlich gegen das Meer hin, mehr Schatten ertragen und eine dichtere Krone haben, als in Süd— deutſchland. Zuſammenleben der Waldbäume ꝛc. 151 Im 18. Jahrhundert befürworteten die Forſtſchriftſteller mehrfach die Untermiſchung der Holzgattungen. Schon 1753 will Boſe die Fichte im Harz mit Laubholz gemiſcht haben. Durch das geſellige Zuſammenleben dieſer Holzarten werden die Holzbe— ſtände, wie Boſe behauptet, gegen Schneebruch und Windwurf widerſtandskräftig. Der Schluß wird dichter und das Wachstum wird froher. Indeſſen fanden auch die gemiſchten Beſtände ſchon im vorigen Jahrhundert ihre Gegner. Namentlich Burgsdorff und Beckmann bekämpften die Vermengung der Waldbäume. Selbſt Georg Ludwig Hartig verwarf die Vermiſchung von Laub: und Nadelholz, weil das Laubholz durch das Nadelholz mit der Zeit verdrängt werde. Dagegen wurde die Beſtandsmiſchung von Heinrich Cotta warm befürwortet. „Das Beſtreben, überall reine Waldungen zu erziehen, gründet ſich,“ ſo ſagt Cotta, „auf ein altes, höchſt ſchäd— liches Vorurtheil. Da nicht alle Holzarten ſich in gleicher Weiſe ernähren, ſo iſt ihr Wuchs bei Vermiſchungen freudiger, und weder die Inſekten noch die Winde können ſo viel Schaden anrichten; auch erlangt man überall verſchiedenerlei Holz zur Befriedigung mehrfacher Bedürfniſſe.“ Cotta fordert Gleichmäßigkeit des Wuchſes und der Behandlung für dauernde Miſchungen. Die Wirtſchaft ſoll nach der ſchätzbarſten Holzart eingerichtet werden. Hundes— hagen, Pfeil und Gwinner nehmen im weſentlichen den Standpunkt Cottas ein; Hundeshagen glaubte das beſſere Gedeihen der Holzarten in der Miſchung erklären zu können, indem er an— nahm, daß die Wurzelexkrete der einen Holzart die andere Holzart ernähre. Vielfach wurde die Anſicht laut, daß der beſſere Wuchs der Miſchbeſtände verurſacht werde durch das verſchiedene Wurzel— ſyſtem und die Ausbreitung der Wurzeln in höheren und tieferen Erdſchichten. Aus den richtigen Geſichtspunkten beurteilt unverkennbar Karl Heyer dieſe Frage in einer muſtergültigen Abhandlung (1847). Die Schöpfung hat, ſo führte Heyer aus, nur wenige Holzgattungen befähigt, in reinen Beſtänden zu leben — unter den Laubhölzern nur die Rotbuchen und Linden, Hainbuchen und auf naſſem Boden die Erlen, unter den Nadelhölzern die Fichten und Weißtannen, vielleicht auch die Weymouthskiefern. Alle anderen Holzarten, 152 Fünfter Abſchnitt. Eichen, Birken, Ahorne, Eſchen, Ulmen, Kiefern, Lärchen ꝛc. ver— mögen infolge ihrer lichten Baumkronen im Baumholzalter die Bodenkraft nicht zu ſchützen und zu mehren. „So lange die An— und Nachzucht reiner Beſtände, zumal beim Hochwaldbetriebe als Regel feſtgehalten wird, eben ſo lange muß ein großer Teil unſerer nützlichſten Baumhölzer mehr oder weniger aus unſeren Wäldern verbannt bleiben.“ Als weſentlichſten Vorzug der Miſchbeſtände nennt Karl Heyer die Möglichkeit einer thunlichſt allgemeinen Ver⸗ breitung der nützlichſten Holzarten zur nachhaltigen Nutzung. Es ſei ferner die Holzproduktion in Beſtands— miſchungen größer, als in reinen Beſtänden. Für dieſe Behauptung werden jedoch vergleichende und beweisfähige Unter: ſuchungen nicht mitgeteilt. Heyer vermutet, daß der größere Maſſe— zuwachs, welcher am auffälligſten in Miſchbeſtänden aus Laub— und Nadelholz und hier vorzugsweiſe bei letzterem hervortrete, nicht in der Verſchiedenheit der Wurzelbildung zu ſuchen ſei, viel— mehr in der Verſchiedenheit der Nahrungsſtoffe, welche beide Holz— arten aus dem Boden aufnehmen. Während ſonſt Karl Heyer die Anſicht vertritt, daß die Mineralſtoffe, welche die Holzgewächſe be— dürfen, in jedem Boden gefunden werden, ſchon mit dem Regen— und Schneewaſſer dem Boden zufließen, ſagt er hier: Laub- und Nadelhölzer „zeigen eine abweichende Zuſammenſetzung in ihren Aſchen⸗ und Saftbeſtänden, wahrſcheinlich auch in ihren Wurzel— exkretionen, deren nachteilige Rückwirkung auf die ſie ausſcheidende Holzart durch die beigeſellte andere Holzart neutraliſiert werden möchte“. Aus den im zweiten Abſchnitt entwickelten Gründen wird man heute nicht mehr dieſe Vermutung teilen können. Aber Karl Heyer glaubt auch, daß der lebhafte Maſſezuwachs des Nadel— holzes zwiſchen Laubholz mit davon herrührt, daß den hervorragen— den Kronen der ſchnellwüchſigeren Nadelhölzer mehr Sonnenlicht, Tau ꝛc. zu Teil wird, als im vollen, gleichmäßigen Kronen— ſchluß — und dieſe Vermutung findet, wie wir im nächſten Ab— ſchnitt ſehen werden, volle Beſtätigung. Als weitere Vorzüge der gemiſchten Beſtände nennt Karl Heyer zunächſt die Verminderung der Betriebsklaſſen und die allgemeine und gleichmäßige Verteilung der Zuſammenleben der Waldbäume ꝛc. 153 verſchiedenen Holzarten über die Waldfläche. Hierauf wird der vermehrte Schutz gegen Sturmſchäden, Spät— fröſte und Hitze, Waldbrände, Inſektenfraß, Wild und Weidvieh und gegen Krankheit, insbeſondere Fichten— trocknis, beſprochen. Einzelſtehende Nadelhölzer werden vom Winde erfahrungsgemäß weniger leicht umgeworfen und umge— brochen — „ſei es, weil ihre teilweiſe unter denen des feſt— ſtehenderen Laubholzes hinziehenden Wurzeln durch letztes mehr befeſtigt werden oder weil ſie ſich in der freien Stellung überhaupt feſter bewurzeln“. Der Inſektenſchaden ſei geringer, weil in Miſch— beſtänden das Nadelholz ſich kräftiger entwickelt, während faſt alle ſchädlichen Nadelholzinſekten kümmerndes Holz vorziehen, überdies bei dieſer Nahrung ſich am ſtärkſten vermehren, teils weil im Laub— holz mehr inſektenverzehrende Tiere hauſen, wie Vögel, Nagetiere, Raubinſekten ꝛc., teils weil die Falterraupen auf ihrer Boden— wanderung, welche ſie bei vereinzeltem Stande des Nadelholzes zwiſchen Laubholz antreten müſſen, eher ihren vierfüßigen Feinden (Sauen, Füchſen, Igeln, Mäuſen) zur Beute werden. Die Fichten— trocknis ſcheine durch Wurzelausleerungen von kranken auf geſunde Fichten übertragen zu werden und deshalb ſchütze der weite Stand ). Karl Heyer erwähnt endlich, daß man durch Miſchbeſtände Aufſchlüſſe über die relative Tauglichkeit der ver— ſchiedenen Waldorte für die einzelnen Holzarten er⸗ halte, daß die Waldnebennutzungen vervielfältigt und erhöht werden und zuletzt, daß die Länder durch gemiſchte Beſtände verſchönert werden. Heyer entkräftet hierauf die an ſich ziemlich bedeutungsloſen Einwürfe, welche die Schattenſeiten der gemiſchten Beſtände betonen. In trockenen Sandſteppen, wo allein die genügſame Kiefer noch kümmer— lich aushält, in Hochregionen, wo nur noch Nadelhölzer gedeihen, kann man ſelbſtverſtändlich keinen Miſchwuchs von Laub- und Nadelholz erzeugen. Wenn das Nadelholz in Untermiſchung mit Buchen breitringiges Holz erzeugt, ſo macht Heyer mit Recht ) Robert Hartig hat die Rotfäule durch die ober- und unterirdiſche Ver⸗ breitung des Mycells von Trametes radiciperda erklärt und Abſperren durch Stichgraben, Laubholzanbau auf den Blößen ꝛc. vorgeſchlagen. Auch die Wurzel— fäule wird durch gemiſchte Beſtände verhütet. 154 Fünfter Abſchnitt. geltend, daß der Bedarf an feinfaſerigem Nadelnutzholze (zu Sieb— rändern, Schachteln, Spänen ꝛc.) geringfügig ſei. Die anderen Einwürfe, die Heyer bekämpft, ſind der Erwähnung nicht würdig. Die Gründe, durch welche Karl Heyer die höhere Leiſtungs— fähigkeit der Holzartenmiſchung nachgewieſen hat, ſind durch Von— hauſen (1881) ergänzt worden. Vonhauſen macht darauf auf— merkſam, daß in Miſchungen der Schneedruck und Schneebruch minder ſchädlich wirken könne, weil ſich hier die Beaſtung der Nadelholzbäume ſtärker entwickelt habe und der Schnee leicht beim Schütteln der Kronen durch den Wind abfalle, wenn blattloſe Laubholzkronen die Nadelhölzer umgeben. Vonhauſen erklärt die Verminderung der Spätfroſtbeſchädigungen an zärtlichen Laubhölzern durch die ſpätere Erwärmung des Bodens unter den Kronen der Nadelhölzer; hierdurch werde das Erwachen der Vegetation ver— langſamt. Auch der Lärchen- und Weißtannenkrebs ſei zwiſchen Laubhölzern eine ſeltene Erſcheinung. IV. Die Erfahrungen in der forſtlichen Praxis. Die deutſchen Forſtwirte ſind, ſo wird man vermuten, nicht nur durch die lebhafte Befürwortung der gemiſchten Beſtände ſeitens der hervorragendſten Waldbaulehrer — namentlich Heinrich Cotta und Karl Heyer — ſondern hauptſächlich wegen Abwendung der Sturm⸗ und Inſektengefahren, die man ja keineswegs unter— ſchätzt hat, zu einer durchgreifenden und allſeitigen Durchſtellung der Laubholz-, namentlich der Rotbuchenbeſtände mit wuchskräftigen Nadelhölzern veranlaßt worden, denn die weitaus hervorragende wirtſchaftliche Leiſtungskraft der letzteren konnte den Forſtmännern, wie ich ſchon oben erwähnt habe, nicht verborgen bleiben. Leider kann man nicht ſagen, daß dieſe Erwartung erfüllt worden iſt. Die planmäßige, allſeitige Untermiſchung von Laub- und Nadel— holz findet ſich in größerer Ausdehnung, wie es ſcheint, nur in Württemberg und in der bayriſchen Oberpfalz. In den Laub— waldungen, die ſich in den fruchtbarſten Waldgebieten Deutſchlands fortpflanzen ließen, finden wir, wie ſchon im vorigen Abſchnitt ge— Zuſammenleben der Waldbäume :c. 155 zeigt wurde, die Nadelhölzer nur als Lückenbüßer. Die Lücken und Blößen der natürlichen Verjüngungen waren — zumal, wenn der Boden ausgetrocknet war — notgedrungen mit raſchwüchſigen Kiefern, Fichten und Lärchen auszubeſſern. Im übrigen hat man lediglich Kiefern-mit Fichtenſamen gemiſcht oder bei den Pflanzungen in zweifelhaften Orten mit Kiefern, Lärchen und Fichten reihen— weiſe abgewechſelt. Vielfach iſt bei den Saaten dem Kiefernſamen Lärchenſamen beigemiſcht worden, obgleich die Miſchung dieſer beiden lichtbedürftigen Holzarten, unter denen der Boden vertrocknet, ſicherlich nicht vorteilhaft iſt. Die Mitteilungen über das Gedeihen der Holzarten in ge— miſchten Beſtänden, die ich in der mir zugänglichen Forſtlitteratur finde, gewähren demgemäß eine dürftige Ausbeute. Vergleichende Unterſuchungen über die Erträge verſchiedener Miſchwüchſe hat zunächſt Forſtinſpektor Pfeiffer in Freudenthal (öſterr. Schleſien) vorgenommen. Auf gleichem Standort produzier— ten im 100jährigen Alter Lärchen und Fichten . . 10,83 Fichten in reinen Beſtänden 9,17 Buchen und Fichten. 7,26 Buchen in reinen Beſtänden 4,76 Feſtmeter per Hektar und Jahr. Auch Forſtmeiſter Tadra be— hauptet (1863), daß der Ertrag der Fichtenbeſtände durch die Ein— miſchung von Buchen geſchmälert werde und belegt dieſe Behaup— tung mit verläßlich ſcheinenden Zahlen. Dagegen will man im Harz (1863) die Fichte nicht in die Buchenbeſtände einbauen, weil dies Geld koſte und weil man meint, daß freiſtändige Fichten vom Winde geworfen und zu ſtarkäſtig werden. Burckhardt will die Fichte in Buchenbeſtänden zwar im Einzelſtande dulden, jedoch nur ſo, daß man ſie ſuchen muß. Durch Abnahme der unteren Aeſte ſoll verhütet werden, daß die Fichte ſich einen zu großen Verdämmungsraum erzwingt. Heinrich Fiſchbach beſchreibt (1875) das Verdrängen der Fichte in einem Beſtand, in dem die Buche ſchon bei der Begrün— dung auf 5—8 m große Horſte zurückgedrängt worden war. Die Fichten eilten voran, die Buchen konnten ſich nicht in die Aeſte verbreiten und bogen ſich um; der Beſtand wurde, da die Fichte 156 Fünfter Abſchnitt. nicht üllerall die erforderliche Verteilung hatte, lückig. Einen ähnlichen Vorgang berichtet Schaal aus dem Erzgebirge. Aber dieſe Mitteilungen beweiſen lediglich, daß die herrſchſüchtige Fichte nur dann die Buche verdrängt, wenn man die Fichte ohne Be— achtung des für die Buche zur Erfüllung ihrer Funktionen nötigen Wachsraums planlos, unregelmäßig und maſſenhaft angebaut und bei den Zwiſchennutzungshieben erhalten hat. Im Solling geſtattet man (1865) den Einbau von 10 Weiß— tannen per Morgen in die Buchenverjüngungen. Die Lärche gedeiht nicht in den dumpfen Fichtenbeſtänden des Harzes; man baut ſie deshalb in Streifen an, die zugleich Sicherheits- und Jagdſtreifen ſind. Dieſe Holzart verlangt freies Haupt. Als Lückenbüßer ſoll die Lärche in älteren Fichten— Ihonungen in Schleſien gut geeignet ſein. Als Miſchholz der Eiche empfiehlt Profeſſor Roch die Hain— buche zum Bodenſchutz und die Weißtanne zum Mitwachſen. Die Eiche ſoll auch in Fichten, wie ein Recenſent (1867) be— hauptet, recht gut wachſen, wenn ſie mit Freihaltung der Krone — barhäuptig, aber nicht barfuß — erzogen wird. Unger empfiehlt den Anbau der Weißerle als Schutzholz — neben Rotbuchen, Hainbuchen und Schwarzerlen —, weil nament— lich die Weißerle die Langſchaftigkeit und Aſtreinheit der Eiche befördere. Wenn das Schutzholz die Höhe der Eichen erreiche, ſo ſei dasſelbe auf die Wurzel zu ſetzen. Auf der Herrſchaft Wittingau in Böhmen gedeiht die Eiche, ſtark vorwüchſig, mit Fichten und Tannen recht gut. Für Schleſien empfiehlt (1869) Oberförſter Kirchner die Ver— miſchung von Eichen und Fichten, wobei die Eiche zuerſt voll anzubauen ſei. Dagegen gehen im Harz, wie Robert Lampe berichtet, die mit Fichten unterbauten Eichen zurück. Die in Naſſau verbotene Miſchung von Kiefern und Lärchen!) wird für Schleſien empfohlen. Die Kiefer ſei in Oſtpreußen, ſo berichtet Binzer, viel ) Die Miſchung der Lärche mit der Kiefer habe ich ſchon im vierten Ab— ſchnitt erörtert. Zuſammenleben der Waldbäume ꝛc. 157 ſchattenertragender als in den weſtlich gelegenen Gegenden Deutſch— lands. Nach den Erfahrungen im Calenbergſchen iſt für die Befreiung der Eichen von der Buchennachbarſchaft die folgende Entfernung der Stämme angeordnet worden: 20: Jahr 1,5 m Be, 40% ET 50 % n 75 „ OR , IN In Miſchung mit der Buche müſſe die Tanne einen viel größeren Vorſprung haben, wie die Eiche. Die Erſcheinung, daß die Fichte, ſelbſt auf kräftigem Baſalt— boden, vereinzelt in Buchenbeſtänden ſtehend, nicht oder weniger leicht rotfaul wird als in reinen Beſtänden, wird von Neidhardt und Uhrig berichtet. Das Verhalten der Kiefer in einem dichten Unterwuchs von Fichten im Meiningenſchen wurde ſchon im zweiten Abſchnitt ausführlich mitgeteilt. In der neueren Zeit haben die Erfahrungen, die man bei der Einmiſchung der Eiche im Speſſart und der Rheinpfalz in die junge Buchenbeſtockung gemacht hatte, zur Befürwortung einer eigentümlichen Art des Miſchwuchſes geführt. Man will nicht nur Eichen, ſondern auch Weißtannen, Fichten ꝛc. in größeren Gruppen und Horſten in Geſellſchaft von Rotbuchen ꝛc. aufwachſen laſſen. Zwar verdient dieſe Form der Beſtockung nicht den Namen eines gemiſchten Beſtands und würde deshalb hier nicht weiter zu beſprechen ſein. Man kann nicht ſagen, daß man irgend einen Vorteil der gemiſchten Beſtände erreicht, indem man die bisherigen großen reinen Beſtände auseinander reißt in kleine reine Beſtände mit einer in Summe gleichen Flächengröße. Aber es iſt ſchon jetzt zu unterſuchen, ob die einzelſtändige Untermiſchung der Holzgattungen, die wir in dieſem Abſchnitt zu betrachten haben, bei irgend einer Holzart das Ziel verfehlt. Hat überhaupt der reine Beſtandswuchs in Form von größeren und kleineren Gruppen und Horſten für die Anzucht irgend einer anderen Holzart als der Eiche im Rotbuchenwuchs 158 Fünfter Abſchnitt. erkennbaren Zweck? Lärchen, Fichten, Tannen und Kiefern gehen alsbald den ſchattenertragenden Laubhölzern im Höhenwuchs voraus. Es iſt kein Grund vorhanden, auf die Vorteile zu verzichten, welche die einzelſtändige Erziehung dieſer Nadelhölzer im nachdrängenden Laubholz gewährt. Es wird niemand daran denken, auf trockenen Standorten die Fichte gegen die freudiger wachſende Kiefer durch horſt- und gruppenförmigen Anbau der erſteren zu ſchützen und dadurch den Wertertrag zu verringern. Aber auch für die Nachzucht der Eiche iſt die Gruppen- und Horſtwirt— ſchaft nicht nötig, ſogar ſchadenbringend. Die Eiche ver— langt einen feuchten, humusreichen, tiefgründigen, nicht zu feſten Boden. Wenn man auf einem derartigen Standort Eichenzucht treiben will, ſo müſſen ſelbſtverſtändlich die Eichen zur Haubar— keitszeit den Wachsraum vollſtändig erfüllen — es würde ja völlig ſinnlos ſein, die Eichen dauernd durch Rotbuchen zu verdrängen. Man muß ſonach die Fläche mit Eichen vollkommen und nicht nur horſtweiſe anbauen. Die Eiche ſchützt, bis ſie ſich zu lichten be— ginnt, den Boden genügend und wächſt im Schluſſe gerade und langſchaftig empor. Man hat ſonach lediglich die Eichenbeſtände rechtzeitig, zu Beginn der Auslichtungsperiode, mit Rotbuchen oder Hainbuchen zu unterbauen, um die nötige Beſchattung herzuſtellen. Nun iſt man im Speſſart und Pfälzerwald von den kleinen Eichen— horſten (zuerſt Zimmergröße), die von den Rotbuchen zumeiſt über— wachſen wurden, übergegangen zu Horſten von 700 —800 qm Größe. Unter eine Größe von 60—80 qm kann man überhaupt bei Eichen: horſten nicht herabgehen, weil die Aſtverbreitung der umringenden Buchenbeſtände die Eichen ſchon vor der erſten Durchforſtung zu ſtark bedrängen würden. In dieſen reinen Eichengruppen wird der Boden von den um— ringenden Buchen nicht genügend geſchützt werden — dazu ſind ſie immerhin zu groß —; man muß ſie unterbauen. Man gelangt ſomit gleichfalls zur Anzucht einer reinen Beſtockung. Anſtatt aber auf dem guten Boden die Eiche überall anzubauen und Eichennutzholzwirt— ſchaft mit der erforderlichen Gründlichkeit zu treiben, würden nur kleine Eicheninſeln im Rotbuchenmeere entſtehen. Der Wertertrag würde völlig zwecklos und zwar ſehr weſentlich verringert werden. Für die Eichenzucht erübrigt, wie geſagt, nur die Begründung Zuſammenleben der Waldbäume ꝛc. 159 reiner Eichenbeſtände auf allen geeigneten Standorten und ſpäterer Unterbau mit Hainbuchen und Rotbuchen. Beſonderen Wert haben endlich die Forſtwirte auf die Unter— miſchung des Laubholzes mit Weißtannen gelegt. Die wirt— ſchaftliche Leiſtungskraft der Weißtanne habe ich bereits im vorigen Abſchnitt gewürdigt und namentlich gezeigt, daß die größere Wider— ſtandskraft dieſer Holzart gegen Stürme im Vergleich mit der Fichte und Kiefer keineswegs erwieſen iſt. Im übrigen verdient die Weiß— tanne keine Bevorzugung vor den zuletzt genannten Holzarten. V. Die Neſultate und ihre Anwendung. Die Frage, die wir in der erſten Abteilung zuerſt unterſucht haben: kann eine ſtändige, das Ba umholzalter der Holz— beſtände überdauernde Miſchung der ertragsreichſten Holzarten mit minder produktiven Holzarten wald— baulich gerechtfertigt werden? — dieſe Frage muß ſelbſt— verſtändlich verneint werden. Weder die gleichmäßige noch die horſtförmige Untermiſchung kann nutzbringend ſein, weil die nächſte Wirkung eine weſentliche Verringerung des Gebrauchswertes der Holzproduktion ſein würde. Wenn man die Erziehung der Waldbäume im Schluſſe der Baumkronen nicht aufgeben will oder aufgeben kann, ſo iſt es beſſer, die ertragsreichſten Waldbäume in reinen Beſtänden, unvermiſcht mit anderen Gattungen, aufwachſen zu laſſen und die lichtbedürftigen Holzarten rechtzeitig mit Boden— ſchutzholz zu verſehen. Wir werden vielmehr die weitere Frage zu erörtern haben: aus welchen Holzgattungen iſt die Schutzholzbeſtockung, die als Treibholz (für die ſpäter in den Lichtſtand zu bringenden Nutzholzſtämme) und als Bodenſchirmholz zu funktionieren hat, zu bilden? Wir werden im nächſten Abſchnitt diejenige Stellung der Wald— bäume und diejenige Anordnung des Holzwuchſes, durch welche die größtmögliche Nutzholzproduktion auf kürzeſtem Wege erreicht wird, näher kennen lernen. Lärchen, Fichten, Tannen, Kiefern, 160 Fünfter Abſchnitt. Eichen, welche zur Haubarkeitszeit hauptſächlich den Ertrag zu liefern haben, ſind ſtets einzelſtändig, aber mit planmäßig geord— neter Entfernung und allſeitiger Verteilung in eine bodenſchirmende Grundbeſtockung von zweckentſprechenden Schatthölzern einzupflanzen. Welche ſchattenertragenden Holzgattungen entſprechen dieſem Zweck am meiſten? Die Wirkungsfähigkeit der Buche, Hainbuche, Tanne und Fichte als Bodenſchutzholz habe ich ſchon im zweiten Abſchnitt eingehend erörtert. Wir haben geſehen, daß das Ver— halten dieſer Holzarten hinſichtlich der Bereicherung des Hu— mus noch nicht genau feſtgeſtellt worden iſt; es war lediglich zu vermuten, daß die möglichſt dunkle Beſchattung des Bodens, welche die Erwärmung und die Waſſerausdunſtung ver— hindert, wirkſamer ſein wird, als der Laub- und Nadel⸗ abwurf, der hinſichtlich der organiſchen Subſtanz bei den genannten Holzarten keine weſentlichen Verſchiedenheiten zeigt *). Wir haben im zweiten Abſchnitt gleichfalls geſehen, daß die Laubhölzer eine viel größere Waſſermenge durch ihre Blätter verdunſten, wie die Nadelhölzer durch die Nadeln. Man kann verſucht werden zu vermuten, daß ein Unter— wuchs von Tannen und Fichten den Boden weniger austrocknen wird, als ein Unterwuchs von Buchen und Hainbuchen. Allein es wurde am genannten Orte gleichzeitig ein weiterer, ſehr weſentlicher Faktor erwähnt — die verſchiedene Durch— läſſigkeit der Holzgattungen gegen atmoſphäriſche Niederſchläge, die Ebermayer unterſucht hat. In der That darf man vermuten, daß dieſes Verhalten ausſchlaggebend für den Es iſt beachtenswert, daß die Kohlenſäureentwicklung im Boden bis zu einer Temperatur von 100 ſehr unbeträchtlich iſt. Der Kohlenſäuregehalt, der von einer feuchten Kompoſterde eingeſchloſſenen Luft betrug in den Unter— ſuchungen von Wollny auf 1000 Volumen: bei 100 — 2,80 Vol. „ 200% 1546 „ 300 3624 „ „% 400 6 „ 500 = 7632 Allerdings ſteigt anderſeits die Kohlenſäureentwicklung mit dem Waſſer— gehalt des beſchatteten Bodens. Es iſt zur Zeit unmöglich, auf Grund der bis— herigen Unterſuchungen eine Bilanz zu ziehen. Zuſammenleben der Waldbäume :c. 161 Grad des Feuchtigkeitsgehalts im Boden iſt. Wenn die Kronen des Oberſtandes weit voneinander entfernt ſtehen und die Ver— dunſtung des Unterwuchſes relativ am größten tft, jo werden Buchen und Hainbuchen dem Boden einen viel größeren Waſſerzufluß zu— kommen laſſen, als Tannen und Fichten. Wenn aber die Kronen des Oberſtandes näher treten, ſo wird ſich dieſer Unterſchied gleich— falls geltend machen, zugleich wird aber auch die Verdunſtung mit zunehmender Beſchattung ſtark herabſinken und nicht die beträcht— lichen Differenzen zwiſchen den Laub- und Nadelhölzern zeigen, wie bei heller Beleuchtung des Unterwuchſes. Vor allem iſt jedoch zu beachten, daß ein Unterwuchs von Laubholz volle Beruhigung gegenüber der In— ſektengefahr gewährt. Die Nadelholzdickungen, die als Unter— ſtand entſtehen würden, wird man in der Zukunft, bei den ſinken⸗ den Brennholzpreiſen, nicht ſo häufig und ſorgſam durchforſten können, als es erforderlich ſein würde; es werden unterdrückte, kränkelnde und abſterbende Nadelholzſtangen und-Stämme mit er— heblichen Maſſen lange Zeit in den Beſtänden bleiben — und ſehr viele gefährliche Waldverderber, namentlich Nonne, Kieferneule und Kiefernſpinner, verſchmähen keineswegs kränkelndes Stangenholz. Es iſt ferner zu beachten, daß die Buchen und Hain— buchen früher den Boden mit Blättern bedecken, als Fichten und Tannen, weil die Blätter der Laubhölzer jährlich abfallen und in Verweſung übergehen, während die Nadeln der Fichte gewöhnlich erſt im 4. —7. Jahre, die Tannennadeln zumeiſt im 7—9. Jahre abfallen. Man kann endlich noch fragen, wie ſich einerſeits Buchen und Hainbuchen und anderſeits Weißtannen und Fichten in Bezug auf Erhöhung des Wertertrags der Zwiſchennutzungen verhalten. Indeſſen wird der Unterſchied nicht ſchwer ins Gewicht fallen, denn in der Regel wird nur die Verwendung des Unter: wuchſes als Brennholz erübrigen. In Gegenden, in denen Hopfen— ſtangen, Baumpfähle, Bohnenſtangen, auch Grubenhölzer ꝛc. ſtark verbraucht werden, kann immerhin dieſer Abſatz Beachtung ver— dienen; allein zur Deckung dieſes Bedarfs wird gewöhnlich eine entſprechende Einmiſchung der Nadelhölzer in die vorwiegend von Laubhölzern zu bildende Schutzholzbeſtockung genügen. Wagener, Waldbau. 11 162 Fünfter Abſchnitt. Wenn infolge der Standortsbeſchaffenheit ſowohl Rotbuchen und Hainbuchen, als Fichten und Tannen entſprechend proſperieren und einen dichten Schirm zu bilden vermögen, ſo ſind die Laubhölzer ſtets zu bevorzugen. Ob die Hainbuche der Buche voranzuſtellen iſt, wird im konkreten Falle zu ermitteln ſein. Die Hainbuche iſt als Stockſchlag ausdauernder. Aber wie ſich dieſe Holzart im Schatten— erträgnis zur Rotbuche ſtellt, darüber mangeln ausreichende ver— gleichende Beobachtungen. Vor allem iſt aber zu ermitteln, wie weit die Hainbuche auf die geringeren Waldböden herabgeht. Wenn dagegen der Boden jo wenig waſſerhaltig und tiefgründig iſt, daß Buchen und Hainbuchen kein Gedeihen finden, ſo wird die Weißtanne größere Vor— teile gewähren, als die Fichte. Ich habe die Gründe ſchon im zweiten Abſchnitt (S. 70) angeführt. Allein die Anzucht der Tanne wird nicht immer gelingen; dieſe Holzart verlangt, ähnlich wie die Buche, einen tiefgründigen, friſchen Boden — es iſt ſogar fraglich, ob die Hainbuche bei abnormer Bodenbeſchaffenheit nicht beſſer gedeiht, als die Tanne. Die Fichte wird als Bodenſchutzholz vorzugsweiſe für Kie— fernbeſtände auf den trockenen und ärmeren Waldböden in Be— tracht zu ziehen, jedoch ein zu dichter, filzartiger Rand möglichſt zu vermeiden ſein. Es genügt, wenn die Fichte den Heide-, Heidel— beerwuchs ꝛc. zurückhält“). Fichtenunterwuchs unter Lärchen be— wirkt erfahrungsgemäß Schädigung des Lärchenwuchſes; auch wird man auf den Standorten, auf denen die Lärche gedeiht, in nicht hohen Lagen zumeiſt Hainbuchen- und Buchenbuſchholz zu erzeugen und zu erhalten vermögen. Für Eichen iſt die Fichte als Unter— wuchs nur auf feuchten Standorten geeignet und ſelbſt hier muß die Eiche einen ſehr beträchtlichen Höhenvorſprung haben. Fichten und Tannen wird man, wenn die Begründung derartiger Beſtände in Frage kommt, in der Regel gleichwüchſig bis zu den unten zu beſprechenden Freihieben erziehen; wenn indeſſen in unregelmäßigen ) Es mangelt mir an Erfahrungen, um zu jagen, ob ſich in künſtlich mit Fichten unterbauten Kiefernbeſtänden, wenn die Fichten nicht zu dicht ſtehen, eine ausreichende Moosdecke bildet und wie dieſelbe wirkt. Zuſammenleben der Waldbäume ꝛc. 163 oder älteren Fichten- und Tannenbeſtänden Unterwuchs oder Vor— wuchs dieſer Holzgattungen vorhanden iſt oder ſich einſtellt, ſo wird man denſelben ſelbſtverſtändlich zum Schutze des Bodens belaſſen. Wir haben nunmehr, nachdem wir die Bildung der Schirm— beſtockung kennen gelernt haben, zu unterſuchen: Wie ſind Lärchen, Fichten, Tannen, Kiefern, Eichen ꝛc., die den zukünftigen Nutzholzbeſtand bilden ſollen, in dieſer Schutzholzbeſtockung zu erziehen? Dieſe Waldbäume müſſen, wenn ſie ihre ſpäteren Funktionen in vollem Maße erfüllen ſollen, einzelſtändig aufwachſen. Sie ſollen eine jog. ſtufige, gegen Windwurf, Schneedruck ꝛc. wider— ſtandskräftige Schaftbildung erlangen; aber der Schaft ſoll auch anderſeits nicht mit zu ſtarken Aeſten beſetzt und nicht zu abfällig und kegelförmig werden. Bis zum beginnenden Baumholzalter darf deshalb die Baumkrone unbeträchtlich aus der Schutzholzbeſtockung hervorragen; aber ſie darf ſich nicht mit dem größten Teile über dem Kronendache des Nebenbeſtands erheben. Wie verhalten ſich die oben genannten Holzarten nach ihrem Höhenwuchſe gegenüber dieſer Forderung? Von dieſen Nutzholzbäumen darf die Lärche am weiteſten vorwachſen. Dieſer Gebirgsbaum ſcheint eine tief an den Schaft herabgehende Baumkrone für ſein Gedeihen nötig zu haben; ein Dritteil des Stammes muß, wie ſchon oben bemerkt wurde, mit lebenden Zweigen beſetzt fein. Die Lärche iſt in allen Lebens- perioden raſchwüchſiger, als die Rotbuche und die Hainbuche; aber der Höhenvorſprung iſt erfahrungsgemäß der Entwicklung dieſes wertvollen Waldbaumes zu langen, gebrauchsfähigen Nutzholzſtämmen nicht hinderlich. Man kann die lichtbedürftige, wenig verdäm— mende Lärche von Jugend auf in die Grundbeſtockung an den ge— eigneten Orten zahlreich einbauen, ohne befürchten zu müſſen, daß die Grundbeſtockung verſchwindet, bevor ſie ihren Beruf erfüllt hat. Die Fichte iſt nur in der Jugend langſam wüchſiger, als die gleichalterigen Buchen und Hainbuchen. Aber alsbald ſtreckt die Fichte ihre langen Gipfeltriebe hervor — und dann wird dieſer gewaltthätige Waldbaum der Buche und Hainbuche ein gefährlicher Nachbar. Zwar eilt er den gleichalterigen Rotbuchen, wie G. Heyer gefunden hat, höchſtenfalls 2— 3 m während des Stangenholzalters 164 Fünfter Abſchnitt. voraus. Aber die Schöpfung hat, wie ſchon oben bemerkt wurde, die Fichte mit beſonderen Wachstumskräften ausgeſtattet. Sie ver— drängt die im Schattenerträgnis naheſtehende Rotbuche durch die Ausdehnung der Krone, wenn ſie den Buchenbeſtänden ſtark bei— gemiſcht wird. Aus allen Gegenden Deutſchlands — aus dem Harz, dem Solling, dem Deiſter, aus Braunſchweig, Baden, Bayern und Württemberg u. ſ. w. — wird berichtet, daß die Fichte die edlen Laubhölzer verdränge. Die Buchenbeſtände werden lückig. Man warnt vor dieſer Miſchung. Indeſſen iſt das Problem, die Buchen- ꝛc. -Grundbeſtockung jo lange zu erhalten, bis dieſelbe ihrer Funktion genügt hat, offenbar nicht ſchwer zu löſen. Im Schattenerträgnis ſtehen ſich beide Holz— arten ſo nahe, daß die Schriftſteller nicht darüber einig ſind, welcher Holzart der erſte Rang (namentlich als Unterſtand) gebührt. Im Höhenwuchs eilt die Fichte der gleichalterigen Buche im Stangen— holzalter um wenige Meter voraus — ein Höhenunterſchied, der im reinen Buchenbeſtand nicht ſelten gefunden wird. In der Jugend— zeit erhält ſich die Fichte zwiſchen und unter der vorwüchſigen Buchenbeſtockung, wenn die letztere nicht zu dicht iſt und keinen zu großen Altersvorſprung hat. Für das geſellige Zuſammenleben bringen ſomit beide Waldbäume vortreffliche Eigenſchaften mit; es handelt ſich nur darum, den Fichten eine Stellung zu geben, daß erſt in ſpäterer Zeit die Beaſtung derſelben die Buche verdrän— gen wird. Man darf der Fichte bei den Verjüngungen keinen größeren Wachsraum geben, als ſie zur Bildung des Hauptbeſtands während der zweiten Hälfte des Beſtandslebens zu beanſpruchen hat. In der Jugendzeit der gemiſchten Beſtände muß die Rotbuche ꝛc. die Hauptmaſſe der Beſtockung bilden; die Fichte darf nur vereinzelt, jedoch in der planmäßigen Entfernung aus dem Buchendach her— vorragen. (Wir werden dieſe Stellung der Fichte im ſiebenten Abſchnitt näher kennen lernen.) Zu dieſem Zweck iſt die Fichte durch Pflanzung einzelſtändig in der entſprechenden Entfernung anzubauen oder, wenn ſie ſich in den Beſamungs- und Auslichtungs— ſchlägen in zu großer Zahl und im zu dichten Stande anſamt, bei den Reinigungs- und Durchforſtungshieben auf den richtigen Ab— ſtand zurückzuführen. Man darf nicht vergeſſen, daß die Laub— Zuſammenleben der Waldbäume ꝛe. 165 holzbeſtockung keinen anderen Zweck hat als die Fichte, die um wenige Meter im Höhenwuchs voraneilen wird, langſam und er— folgſicher für den Freiſtand durch die entſprechende Kronen- und Schaftbildung zu erziehen. Wir werden im ſiebenten Abſchnitt dieſe überaus wichtige Art der Erziehung näher beſprechen. Die Kiefer iſt ein vorzügliches Miſchholz für die Rotbuche und Hainbuche. Die Kiefer iſt zwar in der Jugend bis zur Mann— barkeit raſchwüchſiger als die Buche und Hainbuche; aber die lichte Krone hat eine weſentlich andere Rückwirkung auf das Wachstum der Kiefer, wie der dunkle Fichtenſchirm. Die Buche gedeiht, ſelbſt bei einer reichlichen Durchſtellung mit Kiefern, freudig — oft beſſer, als in reinen Beſtänden. Man kann ohne Bedenken Kiefern mit der Zahl und Stellung einpflanzen, welche zur Bildung des Hau— barkeitsbeſtands erforderlich iſt (ſiehe unten). Weit vorwachſende Kiefern werden indeſſen leicht ſperrig und deshalb darf keinenfalls die Einpflanzung der Kiefern zu früh ge— ſchehen, weil die Kiefer ſchon mit dem 20.—30. Jahre einen Vor— ſprung von 3—5 m bei mittlerer Bodengüte erlangt. Auf ärmeren Böden, auf denen die Laubhölzer langſam in die Höhe wachſen, wird man auf den baldigen Schluß der Kiefern hinzuwirken haben. Anderſeits dürfen die Stämme, welche den Haubarkeitsbeſtand bilden ſollen, nicht zu lange im Gedränge ſtehen. Die Kiefer hat keine ſchlafenden Knoſpen. Wenn durch den Druck der Nachbar— ſtämme die Enden der Kronenzweige abgeſtorben ſind und die Krone ſchmal und dünn geworden iſt, ſo bleibt die ſpätere Lichtſtellung ohne Einfluß, weil die reichlich verzweigte und dicht benadelte Krone, welche für den Lichtwuchs erforderlich iſt, nicht mehr gebildet werden kann. Das Verhalten der Weißtanne im Miſchwuchs iſt noch nicht genau erforſcht worden. In der Jugend, bis etwa gegen das 10. Lebensjahr, ſucht die Tanne den Boden zu decken, indem ſie Seitentriebe ausſtreckt. Dann beginnen die Höhentriebe — aber lange Zeit bleibt ſie hinter der Buche zurück. Ueber die Geſtaltung des Höhenwuchſes in ſpäterer Zeit liegen nur widerſprechende Mit: teilungen vor. Während Gerwig behauptet, daß die Weißtanne mit dem 40. Jahre ſich über den Kronenſchluß der Buche zu erheben beginne und mit dem 70. Jahre 166 Fünfter Abſchnitt. der Wipfel der Tanne 3—6 m frei und unbeengt über der Buche ſtehe, jagt Schuberg, daß die Tanne die Beſtandshöhe der Buche erſt im 50.—60. Jahre auf beſſeren und im 70.—90. Jahre auf geringeren Standorten erreiche. In der von Dengler bearbeiteten Auflage des Gwinnerſchen Waldbaues wird dagegen be— merkt: Wenn die Buche nicht zurückgeſtutzt oder abgegipfelt wird, bevor der Beſtand zum Stangenholz wird, ſo bleibt die Buche prädominierend, man mag machen, was man will; die Weißtanne läßt alsbald im Längenwuchs nach und iſt mittels noch ſo ſtarker Durchforſtungen, die zudem noch ihr Gefährliches haben, nicht mehr über die Buchen hinaufzubringen. Nach Karl Fiſchbach iſt die Weißtanne überall zu begünſtigen, weil ſie in den erſten 10 Jahren viel langſamer wächſt als die Buche und einen geringeren Schirmdruck verträgt, auch von der Buche leicht eingeholt wird. Nach Stumpf wird die Buche, wenn die Weißtanne vorherrſcht, im Alter von 40 —70 Jahren meiſtens überwachſen und unterdückt. Wahrſcheinlich iſt bis jetzt nur, daß in der Jugendzeit die Buche im Höhenwuchs vorherrſcht. Da die Tanne in der wirtſchaft— lichen Leiſtungsfähigkeit keineswegs der Fichte voranzuſtehen ſcheint, auch die bisher behauptete (aber auch teilweiſe geleugnete) größere Widerſtandskraft gegen Stürme ſich auf geſchloſſene Beſtände bezieht, während die Fichte im Lichtſtande gleichfalls ſtandfeſt wird, da endlich die Weißtanne nur unter beſonderen Verhältniſſen (auf einem tief— gründigen und kräftigen, aber in der oberen Bodenſchicht verarmten Boden) geringere Anſprüche an die Bodenkraft macht als die Fichte, ſo wird man in den meiſten Fällen gut thun, ſtatt der Weißtanne die Fichte für den Anbau in die Buchengrundbeſtockung zu wählen. Wenn der Boden trocken und flachg ründig iſt, wenn ſomit die Wahl der Weißtanne und Fichte für die Grundbeſtockung in Betracht kommt, ſo würde aller— dings, wie ſchon oben bemerkt wurde, die Weißtanne für die Be— ſchützung des Bodens günſtiger wirken als die Fichte. Allein man wird die Tanne nicht immer zu wählen vermögen, weil dieſe Holzart unter den Nadelhölzern den tiefgründigſten und beſten Boden verlangt und auf trockenem Boden nur in dem oben ge— nannten Ausnahmefall (Trockenheit im Obergrund auf feuchtem und tiefgründigem Boden) gedeiht. Wenn auf den tiefer liegen— den Teilen der Bergwände, namentlich auf den Nord- und Oſt— ſeiten die Buche und Hainbuche nicht gedeiht, ſo wird mitunter die Weißtanne ſtatt der minder wirkungsvollen Fichte gewählt werden können. Zum Unterbau der lichtbedürftigen Holzarten, namentlich der Kiefer, wird ſonach der Regel auf Standorten, auf denen Zuſammenleben der Waldbäume ꝛc. 167 Rotbuchen und Hainbuchen nicht gedeihen, die Fichte zu benutzen ſein. Zwar wird die Kiefer auf gutem Boden von der Fichte im 40.—50. Jahre eingeholt. Allein auf den hier zu be trachtenden Standorten wird dieſe Gleichwüchſigkeit ſelten eintreten. Zudem muß die Kiefer, damit ſie nicht ſperrig und buſchförmig wird, von Jugend auf geſchloſſen erwachſen; die Fichte wird ſtets unterſtändig bleiben und nur kümmerlich vegetieren, bis die Kiefer ſich auszulichten beginnt. Ein hervorragender Effekt wird vom Fichtenſchutzholz unter Kiefernbeſtänden — zumal dasſelbe nicht zu dicht werden darf, ſondern ſtets durchläſſig für die Regennieder— ſchläge ꝛc. bleiben muß — kaum erwartet werden können; aber die Beimiſchung der Fichte wird ſtets empfehlenswert ſein, weil die Bodenfeuchtigkeit in älteren Kiefernbeſtänden, welche durch die Aus— lichtung derſelben, Heidelbeerſträucher, Heide u. ſ. f. gefährdet wird, nicht in anderer Weiſe bewahrt werden kann. (Das Umhacken des Bodens iſt zu koſtſpielig.) Für Eichenbeſtände kommt faſt lediglich die Rotbuche und Hainbuche als Bodenſchutzholz in Betracht. Aber dieſe Holzarten ſind erſt dann anzubauen, wenn die reinen Eichenbeſtände ſich licht zu ſtellen beginnen — gewöhnlich im 40—60 jährigen Beſtands— alter. — Die Fichte iſt nur bei friſchem Boden zuläſſig und hier wird in der Regel der 40—60jährige Altersvorſprung der Eichen genügen, wenn auch die Fichten bei einer ſtarken Lichtſtellung in den Kronenraum der Eichen nach dem 120jährigen Alter der letzteren eindringen werden. Die Weißtanne wird ſehr häufig mit Nutzen an die Stelle der Fichten treten können. Zum Unterbau von Eichenbeſtänden hat man auch Weißerlen empfohlen, doch iſt über den Erfolg Zuverläſſiges nicht bekannt geworden. Als Beſtands ſchutzholz für die Erziehung der Fichte benutzt man in rauhen Lagen zuweilen die Kiefer. Wenn die Fichte ſich zu entwickeln beginnt und baldigen Kronenſchluß verſpricht, ſo werden die Kiefern entaſtet und hierauf allmählich ausgehauen. Eſchen, Ahorn, Ulmen, Birken 2c. werden als Boden— ſchutzholz faſt niemals Verwendung finden. Wenn ſie in den Hau— barkeitsbeſtand eingemiſcht werden ſollen, ſo wird überall eine Grundbeſtockung von Buchen und Hainbuchen die größten Vorzüge haben. Siedeln ſich Birken, Aſpen ꝛc. in Buchenbeſtände an und 168 Fünfter Abſchnitt. zwar einzelſtändig, ſo tragen dieſe raſchwüchſigen Holzarten zur Erhöhung der Zwiſchennutzungserträge bei und ſind deshalb nur dann zu entfernen, wenn ſie im Wuchs nachlaſſen oder eine wert— vollere Holzart den Wachsraum auszufüllen vermag. Die Birke ſchadet den jungen Fichten durch Abpeitſchen der Triebe und wird als Miſchholz der Fichte in der Regel mehr ſchädlich als nützlich. Sechſter Abſchnitt. Die geräumige Stellung der Waldbäume und ihr Einfluß auf die Wertproduktion. Seit mehr als hundert Jahren, ſeitdem die Benutzung der deutſchen Waldungen forſttechniſch angeordnet und überwacht worden iſt, hat man die Waldbäume zuſammengedrängt zu einem dichten Schluß der Baumkronen, in dem ſie von der Jugend bis zur Ernte— zeit (zumeiſt länger als ein Jahrhundert) verharren müſſen. Die Beweggründe, welche die Forſtwirte veranlaßt haben, faſt lediglich durch dieſe Beſtockungsform die früheren Femelwaldungen und Mittelwaldungen zu erſetzen, laſſen ſich, wie wir geſehen haben, nicht klar nachweiſen. Die Holznot klopfte zur damaligen Zeit drohend an die Thüren; man wollte möglichſt viel Holzmaſſe in den Waldbeſtänden aufſpeichern u. ſ. w. Allein ſo viel iſt ſicher: Die Berechtigung dieſer gleichwüchſigen und gleich— alterigen Beſtands form hat niemals durch komparative Unterſuchungen die erforderliche Beglaubigung ge— funden. Die Forſtwirte ſind bis heute noch nicht im klaren über die Frage, ob auf einer gegebenen Waldfläche zahlreiche, in dichtem Gedränge aufwachſende, ſchwache Stangen und Stämme eine größere Rohſtoff⸗ oder Brennſtoffmenge zu produzieren vermögen, als eine geringere Zahl von kräftigen, vollbelaubten Stämmen, denen man von Zeit zu Zeit Raum für die ſeitliche Kronenentwicklung ge— öffnet hat. Man kann nicht behaupten, daß die pflanzenphy— ſiologiſchen Geſetze der ängſtlichen Erhaltung des Kronenſchluſſes eine beſondere Stütze verleihen. 170 Sechſter Abſchnitt. Die helle Beleuchtung, ohne welche die chlorophyllhaltige Zelle nicht ausgiebig zu arbeiten vermag, kann bei dem dichten Kronen- ſchluſſe nur die Gipfelzweige treffen. Die übrigen Teile der Baum— kronen ſtehen im diffuſen Lichte. Helle Beleuchtung genießen im geſchloſſenen Beſtande nur die kegelförmigen Kronenſpitzen, während das Licht im oberholzreichen Mittelwalde und ähnlichen Beſtockungs— formen die Kronen bis tief herab mit hellleuchtenden Strahlen um— gibt, welche die für die Arbeit der Zellen günſtigſte Wellenlänge haben. Man ſieht auf den erſten Blick, daß in der ſchmalen Höhen— ſchicht, welche die kegelförmigen Kronenſpitzen einnehmen, eine weit— aus geringere Blattfläche dem hellen Lichte dargeboten wird, als wenn dicht belaubte, gewölbte Baumkronen lockeren Schluß bilden, und dieſe Kronen mit ihren breiten Seitenflächen weit herab hell beleuchtet werden. Die Forſtwirte hatten ſomit die Zielpunkte des Waldbaues ohne Unterſtützung ſeitens der Pflanzenphyſiologen ſelbſtſtändig auf— zuſuchen. Sie hatten zunächſt die Maſſenproduktionen der ver— ſchiedenen Beſtockungsformen durch vergleichende Unterſuchungen genau feſtzuſtellen. Aber dieſe Vergleichung hatte offenbar nicht die ausſchlaggebende Bedeutung; ſie war vielmehr nur Mittel zum Zweck. Der deutſche Waldbau hat keineswegs, wie wir namentlich im vierten Abſchnitt ausführlich erörtert haben, die Rohſtoff— erzeugung auf den Gipfelpunkt zu bringen. Das würde ebenſo vernunftwidrig ſein, als die Produktion der größten Gewichtsmenge ſeitens der Landwirtſchaft — etwa durch die allgemeine Anzucht von Knollengewächſen. — Zudem würde die Rohſtoffgewinnung höchſtwahrſcheinlich ihr Maximum durch den Stangenholzbetrieb, welcher nur ſchwache Brennholzſorten liefert, erreichen, während in Deutſchlands Wäldern ohne Frage brauchbare, dauerhafte und marktgängige Bau- und Nutzholzſorten der Konſumtion in erſter Linie darzubieten ſind. Man kann die volkswirtſchaftliche Leiſtungskraft der Beſtockungsformen offenbar nur dadurch würdigen, daß man unterſucht, was die dicht geſchloſſenen Holz— beſtände und anderſeits die rechtzeitig und andauernd gelichteten Baumholzbeſtände für die Produktion dieſer gebrauchswerten Nutzholzſorten leiſten. Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 171 Das übliche Zuſammendrängen der Waldbäume in dichten Kronenſchluß iſt von den Forſtwirten, wie es ſcheint, für notwendig erachtet worden, weil ſie geglaubt haben, daß dadurch der Höhen— wuchs befördert wird und daß der Nutzholzkonſum in Deutſchland die langen, ſchlanken, walzenförmigen, aſtreinen Baumſchäfte am gebrauchsfähigſten finden wird. Man hat geglaubt, daß die Baum: hölzer nach Unterbrechung des Kronenſchluſſes eine zu große Aſt— verbreitung gewinnen, daß der Höhenwuchs verkümmert und die walzenförmige Schaftform durch die Kegelform erſetzt wird. Wir müſſen in erſter Linie unterſuchen, ob dieſe Meinung begründet ift”). I. Was leiſtet die gebräuchliche Holzzucht in geſchloſſenen Hochwaldͤbeſtänden für die Nutzholzgewinnung? Wenn die Nutzholzproduktion in den deutſchen Waldungen die erforderliche Intenſität erreichen ſoll, ſo müſſen die Forſtwirte offenbar wiſſen, welche Länge und mittlere Stärke die Fichten, Tannen⸗, Kiefern-, Eichenbeſtände und die beigemiſchten Stämme anderer Holzgattungen für die Zwecke des Nutzholzverbrauchs ver— wendungsfähig macht. Sie müſſen zu erforſchen ſuchen, welche Dimenſionen die Bretter, Bohlen, Dielen und die Bauhölzer haben müſſen, um mit großen Maſſen marktgängig und verbrauchsfähig u werden. In der Forſtlitteratur finde ich hierüber nur ſehr ſpärliche Angaben. Aber man kann leicht von Holzhändlern u. ſ. w. er⸗ fahren, daß der Nutzholzverbrauch in Deutſchland folgende Haupt— zweige hat. In erſter Linie ſteht der Bretter-(Dielen⸗, Bohlen⸗, Pfoſten⸗, Planken-) Verbrauch aus Nadelholz. Die Bretter find mit der Hauptmaſſe 3—5 m lang, 19—28½ cm breit und 2—3 em dick. Ueber 30 em breite Bretter ſind im Holzhandel nur mit ) Bei dieſer Unterſuchung wird genügender Schutz des Bodens ſofort nach eingreifender Lichtung vorausgeſetzt. Ich habe die zweckdienlichen Maßnahmen ſchon wiederholt erörtert und werde die Ausführung des Unterbaues im nächſten (ſiebenten) Abſchnitt beſprechen. 172 Sechſter Abſchnitt. kleinen Poſten verkäuflich. Die völlig aſtreinen Bretter haben höheren Wert, als die mit Aeſten behafteten Bretter; indeſſen fallen „reine“ Bretter nur mit ſehr kleinen Quantitäten aus den Brettern, die aus dem Holze der deutſchen Hochwaldungen gewonnen werden, und werden gewöhnlich vom Detailhändler ausgeſondert. Die maſſenhaft zum Verkauf gelangenden ſog. „guten“ Bretter ſind nicht aſtfrei; wenn ſie aber mit ſehr großen und zahlreichen Aeſten durchzogen und mit ſonſtigen kleinen Fehlern (Riſſe bis 45 em Länge, faule Stellen ꝛc.) behaftet ſind (Fracken im rheiniſchen Holzhandel), ſo haben ſie in der Regel einen um durchſchnittlich 130% geringeren Preis, wie die „guten“ Bretter. Nur in einzelnen Gegenden Deutſchlands werden ſchmälere Bretter, etwa 14,5 bis 19,0 em breite Bretter in belangreichen Quantitäten verbraucht (3. B. im Elbgebiet). Ganz ſchmale und kurze Nadelholzbretter werden zu Cementfäſſern, Zuckerfäſſern, Packkiſten u. ſ. w. ver⸗ wendet — in neuerer Zeit mit größeren Maſſen. Auch durch die Verwendung von gehobelten Brettern, die ſich in der jüngſten Vergangenheit immer mehr eingebürgert haben, werden die An— forderungen an die Breite der Bretter verringert. Die Hobeldielen ſollen nicht über 20 em breit ſein. Wenn auch hierzu ſchöne 3—7 m lange Fichtenabſchnitte von 20—26 em Mittendurchmeſſer verwendet werden, ſo wird man doch annehmen müſſen, daß der techniſch geleitete Forſtbetrieb in den deutſchen Staats-, Gemeinde: und den großen Privatwaldungen die ausgiebige Bretter— gewinnung nur dadurch ſicherzuſtellen vermag, daß vorherrſchend Nutzholzſtämme produziert werden, welche im Mittel einen Durchmeſſer am oberen Ab— ſchnitt von 24— 28/30 em ohne Rinde haben. Aus dieſen Blochhölzern wird man vorherrſchend Bretter von 16—27 em Breite gewinnen können. Stärkere Hölzer (über 35 em Mittendurchmeſſer) ſind den meiſten Sägmühlenbeſitzern keineswegs an— genehm. Als zweiter Hauptzweig des Nutzholzverbrauchs iſt das kantig zu Balken, Sparren u. ſ. w. geſchnittene Holz zu nennen. Von dem in Deutſchland verwendeten Bauholz werden etwa zwei Dritt— teile zu Balkenholz benutzt. Abgeſehen von den wenig zahlreichen Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 173 Staatsgebäuden, für die man etwas ſtärkere Dimenſionen zu fordern pflegt, find die Balken größtenteils zwiſchen 6 und 12½ m lang und haben 15/18, 16/18 .. . . 18/22 cm Beſchlag. Die längſten Balken, ſog. Durch-, Unterzüge ꝛc., find 12½ bis 15 m lang und haben 20/25 em Beſchlag. Die Sparren, Riegel-, Pfetten ꝛc. werden in Längen von 2—8 m und 10/12 bis 15/15 em Beſchlag gebraucht. Auf die Aſtreinheit wird bei der Bauholzgewinnung nicht das entſcheidende Gewicht gelegt. Für die Hauptmaſſe des Bauholzes werden ſonach Nutzholzſtämme erforder: lich werden, deren Abſchnitte im Mittel eine Zopf— ſtärke von mindeſtens 22—24 em ohne Rinde haben. Als weiterer Hauptzweig des Holzverbrauchs iſt die Verwen— dung des Eichen- und des (imprägnierten) Kiefernholzes zu Eiſen— bahnſchwellen zu erwähnen. Hierzu werden in der Regel Abſchnitte von 2,5 m Länge mit 25 cm Endſtärke ge— brauchsfähig. Sehr beträchtliche Holzquantitäten werden zum Eiſen bahnwagenbau verwendet. Die Kieferndielen find 2—6 m lang und 13—31, meiſtens 16—26 cm breit. Die Eichen: dielen haben ungefähr dieſelben Dimenſionen. Ueber die Dimenſionen des Schiffsbauholzes liegen mir benutzbare Angaben nicht vor. Für weit verbreitete Produktionsgebiete Deutſchlands hat der Holzverbrauch der Kohlengruben beſondere Bedeutung. (Derſelbe wird 1 Million Feſtmeter in Deutſchland überſteigen.) Die ſog. Stempel von 16—18 em mittlerem Durchmeſſer werden ungefähr, wenn die Angaben über den Holzverbrauch in den Steinkohlengruben bei Saarbrücken allgemeine Gültigkeit haben, die Hälfte des Geſamtverbrauchs ausmachen, das Stamm: holz unter 31 (bei Eichen unter 36 cm) mittlerem Durchmeſſer 20% und 30% bleiben für die Stamm— hölzer von 32—47 und über 47 cm mittlerem Durchmeſſer. In den ſächſiſchen Gruben werden indeſſen nur Hölzer mit einem mittleren Durchmeſſer von 10—19 cm verlangt, ſtärkere Hölzer ſehr ſelten, höchſtens mit 10— 15% des Geſamtbedarfs. Telegraphenſtangen, Hopfen- und Bohnenſtangen, Rebpfähle, die Hölzer für das Wagner- und Drehergewerbe, für Fäſſer, für Stuhl: fabriken, Holzdraht- und Celluloſefabriken, für Holzpflaſter u. ſ. w. 174 Sechſter Abſchnitt. kommen als beſondere forſtliche Produktionszwecke nicht in Be— tracht, wenn auch dieſe Verwendungsarten örtliche Bedeutung haben können. Mit der größten Maſſe wird Nadelholz verbraucht und zumeiſt ſind ſchwache Stämme ausreichend. Man wird auf Grund dieſes Ueberblickes annehmen dürfen, daß die deutſche Forſtwirtſchaft, zumal die Staats— forſtwirtſchaft, das Hauptgewicht in die Produktion von Blochhölzern und Balkenhölzern für den Säge— betrieb zu legen hat. Die kurzen und ſchwachen Bauhölzer (Sparren, Riegel) und die Gerüſthölzer, Stangen ꝛc. werden mit großen Maſſen aus den letzten Zwiſchennutzungen ausgeſondert werden können, auch in kleinen Privatwäldern an erſter Stelle produciert werden. Der Forſtbetrieb in den Staats-, Gemeinde-, Körperſchafts-, in den ſtandes- und grundherrlichen Waldungen Deutſchlands wird die gebotene, allſeitige und intenſive Nutzholz— zucht niemals verwirklichen, wenn derſelbe vorwiegend Stämme produziert, die in der Hauptſache Latten und ſchmale, unverkäuf— liche Bretter liefern. Die Forſtprodukte müſſen vielmehr im Voll— genuß der Marktfähigkeit ſtehen und ſie müſſen vor allem export— fähig werden. Für die Hauptmaſſe des Nutzholzverbrauchs in Deutſchland und den Exportländern werden ſomit Nutzholzabſchnitte erforderlich, die am oberen Abſchnitt einen Durchmeſſer von mindeſtens 22—24 em haben (22 cm bei Fichten und Tannen und 24 em bei Eichen und Kiefern mit Rinde gemeſſen). Beſonders bemerkenswert iſt indeſſen, daß die Länge des Baumſchaftes bei der Nutzholzgewinnung nur ſehr untergeordnet in Betracht kommt. Die meiſten Balken— hölzer ſind nur 6—12 m lang und die 15 m langen Balken, die in relativ geringer Zahl verbraucht werden, können aus den ſtärkſten Stämmen der Nadelholzbeſtände, die im 100. Jahre eine mittlere Beſtandshöhe von 25—30 m auf gutem Boden haben, gewonnen werden (ſie werden ohnedem in der Neuzeit vielfach durch eiſerne Träger erſetzt). Es war ſomit, wie wir zunächſt erkennen, lediglich ein Irrtum, wenn die Forſtwirte auf die Heranzucht dünner, Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 175 walzenförmiger undlanger Stämmebeſonderes Gewicht gelegt und deshalb den dichten Kronenſchluß ängſtlich erhalten haben. Dieſe langen, dünnen Nutzholzabſchnitte werden mit größeren Quantitäten gar nicht vom Holzverbrauch beanſprucht. Wenn auch die in freierem Stande erwachſenen Stämme einige Centimeter mehr an Durchmeſſer bis zum oberen Abſchnitt einbüßen, wie die Schluß— ſtämme, wenn auch der obere Schaft ſtärkere Aeſte hat, die etwas tiefer in das Holz hineinziehen, als bei den Schlußſtämmen, ſo erſetzen die erſteren die mangelnde Vollholzigkeit durch einen größeren mittleren Durchmeſſer bei gleichem Alter und die Aſtreinheit des oberen Schaftes hat nicht die ausſchlaggebende Bedeutung. Die mangelnde Vollholzigkeit hat zudem für die Brettergewinnung keines— wegs einen ſo großen Nachteil, als man befürchtet hat, weil die abfallenden Seitenbretter beim Sägebetrieb nicht verloren gehen, ſondern gleichfalls als Nutzholz verwertet werden. Zwar hat Nörd— linger auf Grund ſeiner Verſuche behauptet, daß aſtreines Bau— holz größere Tragkraft habe als ſtark mit Aeſten durchzogenes Holz; allein anderſeits hat das im freieren Stande erwachſene Bau— holz größere Schwere, Dauer und infolge der durch den Licht— wuchs erhöhten relativen Feſtigkeit ſelbſt für Bauzwecke wahrſcheinlich größere Tragkraft, als das im dichten Kronenſchluſſe erwachſene Bauholz. Von der allerhöchſten Wichtigkeit für die Beur— teilung der forſtlichen Wirtſchaftsgebräuche iſt jedoch die Unterſuchung, ob die intenſive Nutzholz gewinnung in den deutſchen Waldungen überhaupt ermöglicht werden konnte, indem man die im dichten Kronenſchluſſe erhaltenen Holzbeſtände für die jetzt plangemäßen Umtriebszeiten heranwachſen ließ. Man kann verſucht werden, zu behaupten, daß dieſe Erntezeiten durchaus unzureichend ſind, daß eine beträchtliche Umtriebserhöhung notwendig ſein würde, die dem Waldbetriebe aus volkswirtſchaftlichen Gründen nicht ge— ſtattet werden kann. In den deutſchen Staatswaldungen ſind zur Zeit, wie ich im achten Abſchnitt genauer nachweiſen werde, im Mittel folgende Um— triebszeiten vorherrſchend: Fichten beſtände 100 Jahre 176 Sechſter Abſchnitt. Kiefernbeſtände 35 Jahr Weißtannenbeſtände . 110 „ Eichnbeſten des 145 Was zunächſt die Fichtenbeſtände betrifft, ſo wird ein Fichtenwuchs, wie er von Robert Hartig, Baur und Lorey auf ausgeſuchten, normal beſtockten Probeflächen der zweiten Stand— ortsklaſſe gefunden wurde, zu den ſeltenen Erſcheinungen in Deutſch— land zählen, denn ein Haubarkeits-Durchſchnittszuwachs von 8,0 Feſtmeter per Hektar und Jahr (ſomit ein geſamter Jahreszuwachs von ca. 11 Feſtmeter per Hektar) wird in der Regel nur in Thalmulden, auf ſehr fettem Boden ꝛc., ſtets nur mit kleinen Flächen und niemals als Durchſchnittsertrag größerer Reviere ge— funden werden. Für dieſe ausgeſuchten Standorte würde die 100jährige Umtriebszeit notdürftig genügen. Nach dem Durchſchnitt der Ertragsangaben von R. Hartig, Baur, Kunze und Lorey hat der Mittelſtamm, wenn geſchloſſene Beſtände einen Haubarkeits— Durchſchnittszuwachs von 7,92 Feſtmeter per Hektar und 100 Jahre haben, einen Bruſthöhendurchmeſſer von 30,3 em und eine Länge von 27,3 m. Nach den Burckhardtſchen Ausbauchungsreihen berechnet ſich bis zu einem oberen Abſchnitt von 22 em mit Rinde ein jährlicher Nutzholzertrag von 5,51 Feſtmeter per Hektar und Jahr S 69,60% des Haubarkeitsertrags. Bei ähnlicher Standorts— güte (6,9 Feſtmeter Haubarkeits-Durchſchnittszuwachs im 100. Jahr) hat Robert Hartig auf Grund genauer örtlicher Unterſuchungen im Harz nur 300% Blochholz (darunter 200% mit 19—24 em Ablaß) und 190% Bauholz (über 0,46 ebm Maſſengehalt per Stamm), im ganzen 490% und ſomit nur 3,38 Feſtmeter Bloch- und Balkenholz per Hektar und hundertjährigem Durchſchnitt gefunden. Für den gewöhnlich vorkommenden Waldboden und den Er— trag größerer, geſchloſſener Beſtände wird man höchſten Falls einen oberirdiſchen Geſamtertrag von 6—7 Feſtmeter per Jahr und Hektar und 100jährige Umtriebszeit annehmen können?), ſomit einen Haubarkeitsertrag von 5—6 Feſtmetern im 100. Jahre. Die vorgenommenen Ertragsunterſuchungen zeigen ins deſſen, daß im 100. Alters jahr der geſchloſſenen Fichten beſtände bei dieſer gewöhnlich vorkommenden Standortsgüte eine ausgiebige Blochholz, und Balken— holzgewinnung noch nicht möglich iſt. Man würde ge— ) In Sachſen (Staatsforſt) hat der Geſamtertrag excl. Stockholz in dem Zeitraum 1874/78 5,6 Feſtmeter per Jahr und Hektar betragen. Die geräumige Stellung der Waldbäume zc. 177 nöthigt ſein, die Fichtenbeſtände auf dem gewöhnlich vorkommenden Waldboden mit 130—140jähriger Um— triebszeit zu bewirtſchaften. Baur unterſuchte auf dritter Standortsklaſſe einen 105jährigen Fichten— beſtand mit 4,71 Feſtmeter Haubarkeits-Durchſchnittszuwachs. Derſelbe hatte im Mittel einen Bruſthöhendurchmeſſer von 22 em. Kunze unterſuchte einen 94jährigen Fichtenbeſtand dritter Güteklaſſe mit 6,61 Feſtmeter Jahreszuwachs. Derſelbe hatte einen mittleren Bruſthöhendurchmeſſer von 21,8 cm. Wenn man indeſſen nach den Kunzeſchen Angaben berechnet, wie viel Nutzholz die Stämme über 25,5 em Durchmeſſer (i. B.) abwerfen, ſo ergeben ſich nur 21,25% vom geſamten Haubarkeitsertrag. (Die Lo rey ſchen Unterſuchungen find leider nicht zu benutzen, weil weder die Stammzahl der 90 —100jährigen Beſtände, noch der Durchmeſſer derſelben der dritten Standortsklaſſe entipricht.) Kunze unterſuchte außerdem einen 132jährigen Fichtenbeſtand dritter Güte— klaſſe mit 5,42 Feſtmeter Haubarkeits-Durchſchnittszupvachs. Die Stämme über 26,5 em (in Bruſthöhe) liefern 429 Feſtmeter Nutzholz (bis zu einem oberen Durchmeſſer von 22 em) oder 600% der geſamten oberirdiſchen Holzmaſſe von 715 Feſtmeter — 3,25 Feſtmeter per Jahr und Hektar. Ein ähnliches Verhalten zeigen die geſchloſſen aufwachſenden Kiefernbeſtände. Bei einer Geſamtproduktion von 4,5 —5,5 Feſtmeter per Hektar und Jahr (entſprechend einem Haubarkeits-Durchſchnittszuwachs von 3,4—4,2 Feſtmeter hat der Mittelſtamm im 85. Jahre auf den normal beſtockten Probeflächen, welche Weiſe unterſuchte, einen Bruſthöhendurchmeſſer von 20,6 - 25,0 cm, während oben eine Zopfſtärke von 24 em für nötig erachtet worden iſt. Selbſt die zweite Standortsklaſſe der Weiſeſchen Ertragstafel, die einen Haubarkeitszuwachs von 5,4 Feſtmeter und ſomit einen Geſamtzuwachs von etwa 6,5 Feſtmeter für das 85. Jahr hat, ergibt nach den Burckhardtſchen Aus— bauchungsziffern nur 2,7 Feſtmeter Bloch- und Balkenholz (bis zu einem oberen Durchmeſſer von 24 cm mit Rinde) S 500%. Für die dritte Standortsklaſſe der genannten Ertragstafeln (Haubarkeits— Durchſchnittszuwachs 4,15 Feſtmeter im 85. Jahr) berechnet ſich aus der Zu— ſammenſtellung der Stammklaſſen für das 80—90jährige Alter ein Nutzholz— Jahresertrag von 1,88 Feſtmeter per Hektar (bis 24 em Zopfſtärke mit Rinde). Mit 145jähriger Umtriebszeit wird man drittens in ge— ſchloſſenen Eichenbeſtänden kaum brauchbares Eichenſchwellenholz, aber nicht die ſtärkeren Eichen- Nutzholzſorten produzieren können. Robert Hartig ermittelte, daß die Rieſeneichen des Forſtorts Zuber im Speſſart im 140. Jahre 29—35 em Durchmeſſer in Bruſthöhe hatten; ſie würden ſich ſomit kaum auf 5 m (zwei Schwellenlängen) benutzen laſſen. Die Fichten: und Kiefern⸗Starkhölzer, welche im Holzhandel vorkommen und über 35 em in Bruſthöhe meſſen, ſcheinen mit Wagener, Waldbau. 12 178 Sechſter Abſchnitt. der Hauptmaſſe den ſtärkeren Stammklaſſen derjenigen Beſtände, welche älter als 100 Jahre geworden ſind, zu entſtammen, oft auch den Femelbetrieb, oder der Erziehung im gelichteten Stande auf den urſprünglich verbliebenen oder durch Schneedruck, Wind— wurf veranlaßten Lücken. Die ſtarken Eichenklötze, die in der Gegenwart gehauen werden, ſind ſicherlich nicht in dichtgeſchloſſenen Hochwaldbeſtänden erwachſen. Sie haben zumeiſt als Oberholz im Mittelwalde und als Waldrechter im Hochwalde ihren Holzkörper gebildet, wie man ſich durch Unterſuchung der Jahresringe über— zeugen kann. a Man darf ſonach mit Sicherheit behaupten: Die Erziehung der Waldbäume im Kronenſchluß würde ohne eine ſehr weſentliche Erhöhung der beſtehenden Umtriebszeiten keinesfalls die Feuerprobe beſtanden haben, wenn die intenſive Nutzholzproduktion, die in den größeren forſttechniſch bewirtſchafteten Waldungenihren Schwer— punkt in der Erziehung von ſtärkerem Sägeholz und Bauholz zu finden hat, von den deutſchen Forſtwirten ernſtlich erſtrebt worden wäre. II. Die Holzmaſſenproduktion der Waldͤbeſtände im dichten Schluß der Baumkronen und im geöffneten Kronenraum. Die Leſer der vorſtehenden Darlegung werden vermuten, daß die Nutzholzproduktion mittels Beſtandsformen, welche dem oberholzreichen Mittelwalde ähnlich ſehen, durch eine beträchtliche Verringerung der geſamten Holzerzeugung im Walde erkauft worden wäre. Man wird ſagen: einzelne Bäume erlangen aller— dings im Freiſtande einen größeren Umfang und einen höheren Verkaufswert; aber man kann dieſelben während der Erziehung nicht ſo dicht aneinander rücken, daß auf der Geſamtfläche ein gleich großer Maſſen- oder Wertertrag gewonnen werden kann, als bei dicht geſchloſſenen Holzbeſtänden. In den geſchloſſenen Hochwaldbeſtänden werden zwar die ſtarken Sägeklötze u. ſ. w. nicht vorwiegend produziert worden ſein, aber dafür wird man Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 179 mit ungleich größeren Holzmaſſen ſchwache Bauholzſtämme und große Brennſtoffmengen gezüchtet haben, und die erſteren ſind ja in dichtbevölkerten, gewerbreichen Ländern, wie z. B. im König- reich Sachſen, als Nutzholz zu verwerten. Und dabei befördert, ſo wird man mutmaßen, der Kronenſchluß den Höhenwuchs und die Aſtreinheit der Baumſchäfte, melioriert den Waldboden am meiſten u. ſ. w. Wir müſſen zunächſt unterſuchen, ob und wie weit dieſe Ver— mutungen begründet ſind. 1) Die Holzmaſſenproduktion der Waldbäume im dichten Kronenſchluß und im geräumigen Stande während der Jugendzeit. Wenn die Waldbäume im freien Stande, z. B. als Ober— holz des Mittelwaldes, aufwachſen, ſo lagern ſie von Jahr— zehnt zu Jahrzehnt immer größere Zuwachsmaſſen auf, bis ſie in den meiſten Fällen 80 bis 100 Jahr alt geworden ſind. Der Verfaſſer hat den Zuwachs derartiger freiwachſenden Stämme durch umfangreiche Meſſungen beſtimmt. Der Maſſenzuwachs des mittleren Einzel- ſtammes zeigte von 10 zu 10 Jahren folgenden Gang: ie Jahre. == a | | | Zuwachs des mittleren freiftehenden Stammes in Feſtmeter. 30—40 0,081 0,036 0,141 | 40—50 0,181 0,098 0,150 50—60 0,263 0,147 0,193 | 0363 | 0,135 | 0,222 60— 70 0,314 0,153 0,254 | 0,349 0,157 0,221 0-80 | 0314 0491 | 0,318 | 0,394 | 0,230 | 0212 | | auf buntem Kiefer auf Sandſtein. Ö Muſchelkalk. Buche Keuperlehm. Keuperlehm. Kieſer auf Keuperſand. Kiefer auf Thonſchieſer und Granit 0,182 0,087 | 0,169 0,295 0,110 | 0,201 80—90 0,320 0,228 0,319 0,307 | 0,218 — 90—100 | 0,368 0,230 | 0,339 0,363 | 0,196 — 100—110 | 0,348 0,295 0,278 — — — 110—120 | 0,310 0,316 — Vergleichen wir hiermit den Zuwachsgang der normal ge— ſchloſſenen Beſtände, ſo zeigt ſich ein charakteriſtiſches Ver— 180 Sechſter Abſchnitt. halten: Der Maſſenzuwachs, der bis zum 20. bis 30jährigen Alter auf gutem und bis zum 30. bis 40 jährigen Alter auf geringem Boden auch in dieſen geſchloſſenen Holz— beſtän den fröhlich anſteigt, wird nach dieſem Zeitpunkt geringer, als er vor demſelben war und nimmt von Jahrzehnt zu Jahrzehnt mehr ab. Wodurch wird dieſe ſonderbare Verſchiedenheit im Wuchſe der Waldbäume verurſacht? Warum wachſen die Buchen, Kiefern, Fichten, wenn ſie zuſammen ſtehen, nicht nach den gleichen Geſetzen, wie im Einzelſtande? Nach den Meſſungen im Solling und den Unterſuchungen des Verfaſſers iſt anzunehmen, daß den Baumkronen erwachſener Stämme der volle Lichtgenuß nicht mehr geſtattet iſt, wenn die Stammgrundfläche in Bruſthöhe bei Fichten und Kiefern 30 qm (gefunden wurden in den freiwüchſigen Horſten 31,7 am) und bei Buchen 20 qm merklich überſchreitet. Wir kennen zwar die Wachs— raumsanſprüche der Waldbäume in den verſchiedenen Lebensperioden noch nicht genau; aber es iſt jedenfalls auffallend, daß die ge— ſchloſſenen Beſtände den Zeitpunkt, wo die Grundfläche der domi— nierenden Stämme dieſe Sätze überſchreitet, auch in der Jugend— zeit genau markieren, indem ihre Produktion ſinkt, um ſich niemals wieder auf den früheren Stand zu erheben. Schuberg hat die ſtändigen Aufnahmen der badiſchen Verſuchsflächen zu— ſammengeſtellt. Dieſe Ertragsangaben ſind bis jetzt relativ die zuverläſſigſten. Das Verhalten der Rotbuchenbeſtände auf der zweiten und dritten Standorts— klaſſe, gegenüber dem eben genannten Maximum von 20 qm Stammgrundfläche, wird wie folgt nachgewieſen: Beſtandsalter. Stammgrundfläche Zuwachs in den letzten Jahr. qm per Hektar. fünf Jahren. Standortsklaſſe II 25 18,1 44 30 22,1 42 35 25,0 42 40 27,4 26 Standortsklaſſe III 25 15,1 23 30 18,8 56 35 21,4 33 40 23,1 21 Die Kiefernbeſtände auf zweiter Standortsklaſſe“) verhalten ſich gegenüber dem genannten Maximum von 30 qm wie folgt: ) Leider hat Schuberg die Stammgrundflächen für die übrigen Klaſſen nicht angegeben. Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 181 Beſtandsalter. Stammgrundfläche Zuwachs der letzten qm per Hektar. 5 Jahre. 20 26,2 32 25 29,8 65 30 32,6 46 35 34,8 24 In den Ertragstafeln von Weile tritt die Zuwachsabnahme ſchon bei einer Stammgrundfläche von circa 24 qm ein; dieſe Ertragskurven bedürfen jedoch nach der Prüfung. In den Fichtenbeſtänden dritter Klaſſe fand Schuberg folgendes Verhalten: Beſtandsalter. Stammgrundfläche. Zuwachs. qm. Feſtm. 35 37,6 41 40 41,6 39 Lorey *) hat die württembergiſchen Fichtenverſuchsflächen wiederholt aufge— nommen und gibt für die hier einſchlägigen Standortsklaſſen (5,23 Feſtmeter Haubarkeits⸗Durchſchnittszuwachs im 100. Jahr find für obige 30 qm ermittelt worden und für die Vergleichung maßgebend) das Verhalten gegenüber, dem Maximum von 30 qm wie folgt an: Dritte Klaſſe mit 6,7 Feſtm. Haubarkeits-Durchſchnittszuwachs im 100. Jahr: Beſtandsalter. Stammgrundfläche Zuwachs der letzten 5 Jahre Jahr. qm per Hektar. Feſtm. per Hektar. 35 26,2 37 40 29,9 43 45 33,0 51 50 35,6 53 55 37 49 60 39,5 48 Vierte Standortsklaſſe mit 4,4 Feſtmeter Haubarkeits⸗Durchſchnittszuwachs im 100. Jahr: Beſtandsalter. Stammgrundfläche. Zuwachs. 35 21,0 26 40 24,8 29 45 27,7 32 50 29,9 35 55 31,6 34 60 33,0 34 Im Mittel der beiden Standortsklaſſen erreicht der Zuwachs ſein Maximum bei circa 32 qm. Ueberall tritt uns ſonach die gleiche und ſicherlich beachtens— werte Erſcheinung entgegen: ſobald nach dem 25jährigen ) Für die früheren Baurſchen Aufnahmen in den württembergiſchen Fichten— beſtänden habe ich bereits 1877 nachgewieſen, daß der Zuwachs ſinkt, wenn die Stammgrundfläche 32 — 386 qm überſteigt. 182 Sechſter Abſchnitt. Alter die Beſtände zuſammengedrängt werden zu einem dichteren Stande, als der oben genannten, an freiwüchſigen Bäumen ermittelten Stammgrundfläche entſpricht, ſo ſinkt der Zuwachs. Es war die Frage zu beantworten: wie verhält ſich die Maſſenproduktion der Holzbeſtände, wenn vor oder nach dem genannten Zeitpunkt der Wachsraum für eine mehrjährige Kronenentwicklung geöffnet wird? Man hat vielfach in den deutſchen Waldungen und unter vergleichungsfähigen Verhältniſſen Holzpflanzungen in ver— ſchiedener Entfernung der Pflanzen angelegt und auch die Holzmaſſe der ſtammreichen und ſtammarmen aus Holzſaat und natürlicher Verjüngung hervorgegangenen Holz— beſtände gemeſſen. Die zuerſt genannten Pflanzungen ſind oft nach 6 und oft nach 18 Jahren in Schluß getreten. Zwar iſt die Maſſenproduktion, die man im 20, 30jährigen Alter ermittelt hat, kein genauer Maßſtab. Man ſieht leicht ein, daß derartige Unter— ſuchungen nur dann ganz genaue Anhaltspunkte liefern können, wenn alle Probeflächen bis zum Eintritt des Kronenſchluſſes gleich beſtockt ſind und erſt im 5. oder 10. oder 15. Jahre auf den aus— zulichtenden Verſuchsflächen verſchiedene Auslichtungsgrade her— geſtellt und erhalten werden, während die übrigen Verſuchsflächen im Kronenſchluß bleiben. Immerhin liefern dieſe Unterſuchungen, wie wir gleich ſehen werden, ein reichhaltiges Material zur Beurteilung der eben geſtellten Frage. a. Karl Heyer legte im Jahre 1827 auf gleichem Standort Kiefernpflanzungen in verſchiedenen Quadratverbän den an. Im 25. Jahre hatten die Beſtände folgende Holzmaſſenproduktion per Hektar: Pflanzenentfernung. Durchſchnittszuwachs per Jahr. 1,0 m 11,3 15), 9,5 2.0 „ 8,6 2,5 „ 8,5 3:06, 7,0 Dieſe ſchöne Unterſuchung ſcheint auf den erſten Blick die größere Maſſen— produktion des dichten Pflanzenſtandes zu beweiſen. Man wird verſucht zu be— haupten, daß das Maximum der Holzerzeugung bei Pflanzungen eine Pflanzen— entfernung von 1 m im Quadratverband vielleicht noch einen dichteren Stand bedinge. Allein ich habe ſchon oben geſagt, daß bei derartigen Verſuchen gleiche Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 183 Verhältniſſe bis zum Eintritt des Kronenſchluſſes vorhanden ſein müſſen. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß 100 Pflanzen einen höheren Zuwachs haben als 50 ebenſo hohe und ebenſo alte Pflanzen, wenn die erſteren unter den gleichen Ver— hältniſſen — im Einzelſtande — aufwachſen. Wir haben zu unterjuden: wie haben ſich die Wachstumsverhältniſſe geſtaltet, nachdem ſowohl die engſtändigen als die weitſtändigen Pflan zungen Heyers in Kronenſchluß getreten waren? Wenn man nach den Biermannſchen Meſſungen annimmt, daß die Aſt— verbreitung der jungen Kiefer nach allen Richtungen 8—9 em per Jahr beträgt, ſo treten die gepflanzten Kiefern in Kronenſchluß: bei 1,0 m Verband im jährigen Alter * 1,5 * 77 ” 9 ”„ I [2 2,0 [22 „ „ 12 [22 [2 ” 2,5 ”" 77 n 15 nv " 7 3,0 [23 ”„ 7 18 [22 [23 Vor dieſem Zeitpunkt hatten, wie gejagt, die ſämtlich einzelſtändigen Pflanzen zwar gleichen Wachsraum, jedoch wird die Bodenaustrocknung in den weitſtän— digen Pflanzungen ungünſtiger gewirkt haben, wie in den engen Pflanzverbänden, Indeſſen wollen wir gleichen Jahreszuwachs für alle freiſtändigen Pflanzen an- nehmen — bis zum Kronenſchluß. Bei dieſer — ſicherlich annähernd richtigen — Vorausſetzung berechnet ſich der folgende Jahreszuwachs pro Hektar vom Ein— ritt des Kronenſchluſſes an bis zum 25. Jahre: 1 m Verband 11,3 Feſtmeter 112 n 7 12,1 n 2 „ n 13,9 ” 2½ „ 5 18,6 1 3 57 n 21,8 2 Dieſe anſcheinend beweisfähige Unterſuchung von Karl und Guſtav Heyer hat ſomit die größere Holzmaſſenproduktion der Waldbäume im Kronenſchluſſe — gegenüber der freiſtändigen Erziehung — keineswegs nachgewieſen. Es iſt leider unterlaſſen worden, durch Lichtungshiebe je einen Teil dieſer Verſuchs flächen bald nach erfolgtem Kronenſchluß in freiſtändigen Holzwuchs zu bringen. Auch ſcheint die wiederholte Aufnahme dieſer jetzt 56jährigen Kiefernbeſtände unterblieben zu ſein; vielleicht hat der Vorſprung in Höhe und Stärke, den die Kiefern im weiten Verband ſchon frühzeitig erreicht hatten, längſt den Ausfall an Maſſen— produktion wieder ausgeglichen. b. Im Fürſtentum Lippe-Detmold wurden auf gutem Boden 15jährige Buchenheiſter in verſchiedene Entfernungen einge— pflanzt — in eine durchſchnittliche Entfernung von 2,8 und 4,4 m. Bei der zuerſt genannten Entfernung produzierten die Stämme in den nächſten 45 Jahren einen Jahreszuwachs von 5,6 Feſtmeter per Hektar, bei der zuletzt genannten Entfernung in den nächſten 61 Jahren einen Jahreszuwachs von 6,8 Feſtmeter per Hektar. Die 60jährigen Buchen hatten eine Höhe von 14,5 m, die 765 jährigen Buchen ſogar von 22,3 m erreicht — ſicherlich für Buchen kein krüppel— hafter Wuchs. 184 Sechſter Abſchnitt. Profeſſor Becker in Roſtock begründete vergleichungs— fähige Kiefern-Saat- und -Pflanzbeſtände, wobei die Pflanzen den 2jährigen Saaten entnommen wurden. Die beiden Beſtände wurden nach 17, 21 und 25 Jahren wiederholt unterſucht, ſie hatten folgende Stammzahlen per Hektare: Miährige Pflanzung 5135 DI Sd! 19952 2 „ Pflanzün gs 5135 23 Saag 1270 25 -% »Pfanud g 0 27 „ 1Saats an 15840 Nach 25 Jahren hatte der Pflanzbeſtand kim Dreiecksverband mit 1,4 m Abſtand) eine durchſchnittliche Jahresproduktion von 15,0 Feſtmeter per Hektar, der 27jährige Saatbeſtand 7,4 Feſtmeter per Hektar. Die mittlere Stammhöhe war in dem 25jährigen Pflanzbeſtand 10,8 m, dagegen in dem 27jährigen Saatbeſtande nur 7,5 m. d. Heimberger hat im heſſiſchen Vogelsberge in drei 35jäh— rigen Fichtenbeſtänden, die eine ſehr verſchiedene Stammzah! hatten, und in einem weitſtändigen 51jährigen Fichtenpflanzen— beſtand die Produktion gemeſſen. In den 35jährigen Beſtänden fanden ſich Stämme per Hektar (inkl. der bei Nr. 2 im 34jährigen Alter herausge— hauenen Durchforſtungsſtämme) ERS SET 1 a a ee er Ye Nr. 2, Pflanzung r Nr. 3, Saat, licht Kent e 20 Sodann in dem 51jährigen Pflanzbeſtand Nr. 4 537 Es iſt zunächſt intereſſant zu erfahren, wie dieſer 1 Wachsraum auf die Höhenentwicklung gewirkt hat. Die mittlere Stammhöhe wird wie folgt angegeben: Nr. 1 im 35. Jahre mit 4547 Stämmen. . 12,2 m F „ 4234 A lo FF Os NEE EEE 7A ER E 2 4 " 51. n 0 537 7 21,3 2 (Nr. 3 jährlich 0,466 m, Nr. 4 jährlich 0,417 m.) Die jährliche Holzproduktion hatte im Durchſchnitt betragen: Nr. 1 9,8 Feſtmeter per Hektar 7 2 10,0 77 „ n 5 3163 „ 75 hr 4 17,4 7 7. 7 Hiernach ſcheinen die 537 Stämme des Pflanzbeſtands Nr. 4 den 2074 Stämmen des Saatbeſtands Nr. 3 ziemlich die Wagſchale ſowohl im Höhenwuchs, als in der Maſſenproduktion gehalten zu haben. e. Unger hat Beobachtungen und Unterſuchungen über den Höhenwuchs— und die Aſtverbreitung der jugendlichen Fichten im braunſchweigiſchen Harze ver— öffentlicht (1863); die gefundenen Reſultate geben Aufſchluß über die Wirkung, Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 185 der verſchiedenen Entfernung auf den Eintritt des Kronenſchluſſes. Auf mittel— mäßigem, mehr trockenem, als friſchem Boden wurde folgendes ermittelt, nach— dem die Fichten im 3— 4jährigen Alter gepflanzt worden waren: Nach Ausführung der Stammhöhe. Durchmeſſer der größten Pflanzung. Zweigverbreitung. Jahre. m m 9 0,855 0,855 10 0,997 0,997 11 1,282 1,140 12 1,710 1,282 13 2,137 1,425 14 2,565 1,565 15 2,992 1,710 16 3,420 1,852 17 3.990 1,995 18 4,560 2,137 19 5,130 2,208 20 5,700 2,228 Hiernach tritt Schluß ein bei einer Entfernung der Pflanzen im Quadrat- verband: von 0,855 m nach 9 Jahren Fee, re eee , „ e Fenn tehrere Jahre nachher beginnt die Reinigung, das Trockenwerden der unteren Zweige. Unger glaubt, daß man die Austrocknung des Bodens nur im geringen Maße durch enge Pflanzweiten verhüten könne, denn von der Reinigung vermöge der Nadelabfall keine ſichtbare Bodendecke zu bilden. Wenn die Reinigung bei einem Quadratverband von 1,14 m nach 16 Jahren beginne, jo beginne dieſelbe bei einem Quadratverband von 1,71 m nach 20 Jahren. In den erſten fünf Jahren würden die Fichtenpflanzen im weſtlichen Harz nur 0,43 m hoch und die Bezweigung ſei locker. Die Pflanzweite habe ebenſowenig Einfluß auf die Aſtreinheit des Schaftes. Unger unterſuchte einen von Jugend auf geſchloſſenen Saatbeſtand und einen in 2,3 m Quadratverband mit 0,6—0,7 m hohen Pflanzen begründeten Pflanzbe— ſtand. Er fand im letzteren keine ſtärkeren Aeſte bis einige Fuß über Bruſthöhe gehend, als im Saatbeſtand. Ebenſowenig könne die verſchiedene Entfernung der Pflanzen Einfluß auf die Langſchaftigkeit ausüben. Der Höhenwuchs beginne in Fichtenkulturen, wenn die Pflanzen die Höhe von 0,9 —1,2 m erreicht haben und der größte Zweigdurchmeſſer dieſelbe Ausdehnung gewonnen habe. Schon vor Eintritt des Schluſſes beginne das lebhafte Wachstum, ſelbſt auf trockenem Boden. Nach Unger ſchließen ſich Eichen, wenn ſie 4,56 m Quadratverband ge— pflanzt ſind, nach 30—35 Jahren, dagegen bei einem Quadratverband von 6,84 m 156 Sechſter Abſchnitt. in 50—60 Jahren, bei einer Reihenentfernung von 9,52 m und einer Pflanzen⸗ entfernung in den Reihen von 6,84 m nach 90 Jahren. Der Schluß erfolgt ſtets in jeder Richtung. 1. Intereſſante Unterſuchungen über Eichenpflanzwaldungen liegen ferner aus Kurheſſen vor (Reinhardswald, bunter Sandſtein mit thonigem Bindemittel). Ein in 5,76 m Entfernung vor 70 Jahren gepflanzter Eichen— pflanzbeſtand hatte im 90jährigen Geſamtalter mindeſtens dieſelbe Höhe (die höchſten Stämme waren 21—22 m hoch) und einen etwas größeren Maſſengehalt, als ein 90jähriger geſchloſſener Eichenbeſtand, während in letzterem die Stärke der Stämme weit dem Pſtanzbeſtande nachſtand. Hier wie dort gab die Maſſe 23 Nutzholz. g. Im Marienberger Revier im Königreich Sachſen wurden im Frühjahr 1825 zwei vollkommen gleiche Flächen mit 5jährigen Fichten bepflanzt. Man gelangte zu anderen Reſultaten. — Die ſtammreichen Beſtände hatten größeren Zuwachs. Allein dieſe Erſcheinung iſt erklärlich; man hat die Pflanzen— reihen ſehr weit voneinander entfernt und die Pflanzen in den Reihen ſehr eng geſetzt. Die eine Fläche bepflanzte man in Reihen mit 3,4 m Abſtand und einem Abſtand in den Reihen von 0,85 m, die andere Fläche, dicht daneben, mit einem oleichweiten Verbande von 1,1 m. Auf der erſten Fläche fanden ſich nach 26 Jahren 3050 Stangen per Hektar und ein Durchſchnittszuwachs von 5,4 Feſtmeter mit Reiſig und 4,3 Feſtmeter ohne Reiſig. Auf der zweiten Fläche fanden ſich im gleichen Jahre 5085 prädominierende Stangen per Hektar und 7,3 Feſtmeter Durchſchnittszuwachs mit Reiſig, 5,2 Feſtmeter ohne Reiſig. Dieſe Unterſuchung iſt leider nicht beweisfähig. In der weiter entfernten Pflanzung iſt nicht nur der Zuwachs bis zum Eintritt des Kronenſchluſſes aus den oben erörterten Urſachen geringer geweſen, als im Verband von 1,1 m, der Reihenabſtand von 3,4 m und eine Pflanzenentfernung von 0,85 m in den Reihen hat auch offenbar eine unrichtige Verteilung des Wachsraums bewirkt. Seitlich iſt ein zu großer Wachsraum frei geblieben und in den Reihen war die Kronenſpannung zu ſtark. Dasſelbe gilt von einem weiteren Verſuch im ſächſiſchen Revier Rückerswalde. 298jährige Probeflächen waren in einem Reihenabſtand von 4,29,m und einer Pflanzenentfernung von 1,13 m und b. mit einer gleichmäßigen Ent— fernung von 1,13 m begründet worden. Im 29. Jahr fanden ſich a. nur 1764 prädominierende Stangen und b. 6078 prädominierende Stangen, dagegen a. ein Durchſchnittszuwachs von 6,9 Feſtmeter per Hektar mit und 4,0 Feſtmeter per Hektar ohne Reiſig, und b. ein Durchſchnittszuwachs von 7,2 Feſtmeter per Hektar mit und 5,2 Feſtmeter ohne Reiſig. Bei der geringen Stammzahl, die man ad a gefunden hat, iſt es auffallend, daß die Differenz in der Maſſenpro— duktion nicht größer war (ef. die Beſprechung der Heyerſchen Unterſuchung). h. Nach den Mitteilungen von Bergs über die Ergebniſſe der Kultur— verſuche im Harz durch Fichtenbüſchelpflanzung tritt gleichfalls bei einer Pflanzen— entfernung von 1,75 m der größte Höhenwuchs und die ſtärkſte Maſſenentwicklung ein. Edmund von Berg glaubt deshalb, daß eine Pflanzweite unter 1,5 m lediglich Koſtenverſchwendung bewirke. Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 187 i. Ferner hat Auhagen (1859) Fichtenbeſtände im Harz, die mit ver— ſchiedener Pflanzweite (Büſchelpflanzung) begründet waren, im 30jährigen Alter unterſucht und folgende Reſultate gefunden. (Die Unterſuchungsfläche [Brand— kopf! war eine nördliche Bergſeite, 400 —440 m über der Oſtſee, Grauwacken— formation, friſcher, ziemlich tiefgründiger Lehmboden.) Des durchforſteten Beſtands per Hektar | Des Normalbaumes Quadrat- - verband in] = = = x | = 2 l 2 = — ; — = Meter. = 8 = > 8 5 = 2 ee er Were 9) 5 6 = 2 co qm m Feſtm. m em 0,876 10260 17,0 4,4 0,68 51 4.5 4,6 0,005 1,022 8169| 16,2 4,7 0,65 48 4,9 5,0 | 0,006 1,168 7464 15,8 5,0 0,64 50 5,0 52 0,007 1,314 6 120 13,9 5,3 0,59 43 5,2 5,5 0,007 1,606 4845 17,6 6,4 0,56 63 6,5 93 | 0,014 1,752 3933 17,3 6,4 | 0,53 58 6,5 74 0,015 Eine weitere Unterſuchung auf einem nordweſtlichen Bergabhang mit kräftigem, mitteltiefem Lehmboden (Forſtort Lindenberg) kommt zu gleichen Re— ſultaten. Sie wurde bis zu 2,04 m Quadratverband ausgedehnt. Das Maximum des Höhenwuchſes und der Maſſenentwicklung ſcheint hierbei die Pflanzentfernung von 1,75 m zu gewähren. Bei einer Pflanzweite der Büſchel von 88 em war im Harz der Schneebruch am ſtärkſten, die Bezweigung der Stämme am ſchwächſten, der Höhenwuchs am geringſten, während bei einer Entfernung von 1,6 —1,8 m die Stangen die ſchönſte Bezweigung hatten. Allerdings lieferten die dichteren Büſchelpflanzungen einen etwas größeren Ertrag an geringem Holz bei der erſten Durchforſtung. Nach Auhagen hat ſich das Verhältnis im Forſtort Brandkopf wie folgt geſtellt: 0,876 m Quadratverband 1,00 1,022 „ 1 0,69 1,168 „ 1 0,9 1814 5 0,3 1,606 „ 1 0,59 1,752 „ 1 0,61 Dagegen im Forſtort Lindenberg 1,168 m Quadratverband 1,00 1,460 „ A 1,41 1,752 2 1,57 2,044 „ x 1,05 k. Weitere vergleichende Unterſuchungen verdanken wir 188 Sechſter Abſchnitt. C. Schembar. Zunächſt hat derſelbe einen 41jährigen Fichtenbeſtand auf bindenden Lehmboden, der unter adäquaten Verhältniſſen teils in 3 Kaſſeler Füßen, teils in 5 Kaſſeler Füßen (bei Annahme des Kaſſeler Werkfußes 84 und 142 em) gepflanzt worden waren, aufgenommen. Zwar waren im weiteren Verband die Stämme 1,1 bis 2,0 m höher und 2,1—2,4 em ſtärker, aber der geſamte Maſſengehalt war 13— 290% geringer, als im Verbande von 84 em — ein Ergebnis, welches uns nach der obigen Erörterung der Heyerſchen Unter— ſuchung nicht überraſchen kann. Schembar unterſuchte ferner zwei aneinander grenzende, 44jährige, bereits zweimal gelind durchforſtete, unter völlig vergleichbaren Verhältniſſen erwach ſene Fichtenbeſtände, welche in einer Entfernung von 40 und 114 em gepflanzt worden waren. Die dichte Pflanzung war in der Höhe um 2,6 m, in der Stärke um 1,2 cm und im Maſſengehalt um 170% zurückgeblieben. l. Im Königreich Sachſen hat man im Jahre 1860 mehrere Verſuchsflächen angelegt, um den Einfluß der Anbaumethode auf die Entwicklung der Fichte und Kiefer zu beſtimmen und zu vergleichen. In den beiden Revieren Reudnitz (Diluvialſand, 140-160 m Meereshöhe) und Markersbach (ziemlich ſchwerer Lehmboden, 435 —440 m Meeres- höhe wurden je 0, 27671 ha große Verſuchsflächen in verſchiedener Weiſe mit Kiefern beſät und bepflanzt. Kunze hat die Verſuchsflächen nach 19—21 Jahren aufgenommen und folgende Ergebniſſe per Hektar gefunden: | Des Hauptbeſtands r Mittelſtamm. Holzmaſſe. Art der Begründung. Pfanzen⸗ = = | entfernung. Ss — en — = = 8 = = e 9 — (07) = Ö E | 6 5 J. Revier Reudnitz. m em m Feſtm. Feſtm. Quadratpflanzen .. 0,85 7445 72 7,45 80,35 145,98 5 n 5222 83 7,85 | 92,28 | 137,26 4 (Hügel)! 1,13 470 81 [784 | 78,72 | 116,97 5 l 3534 | 9,9 | 874 [114,44 | 141,92 { 70 2497 10,5 8,06 | 84,65 102,56 n re 98 2027 | 11,7 | 8,62 | 90,80 | 103,38 Reihenpflanzen . . 0,85 - 2,27 3 379 9,2 7,62 75,11 100,66 5 .. 41,13 -3,40 1868 | 10,4 7,39 | 57,44 | 69,57 N = 10 585 53 | 5,51 | 31,42 | 92,37 Rieſenſaae — 8746 5,8 | 6,09 | 37,25 | 98,45 Plätzeſaaet — 4597 69 6,00 | 4801 | 73,22 Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 189 Des Hauptbeſtands 5 | Mittelſtamm. | Holzmaſſe. Pflanzen⸗ | entfernung. Art der Begründung. Stammzahl. Durchmeſſer u Derbholz. S 1115 3 | | | 1 I | I II. Revier Markersbach. m em m Feſtm. Feſtm. Ouadratpflanzen .| 0,85 9537 5,7 5,53 29 68 91,49 4 43 || 5764 | 6,9 5,94 | 47,43 | 86,50 ” (Hügel)! 113 | 6169| 72 6,08 | 52,64 | 96,79 2 a a | 3954 81 6,18 | 5713 81,44 2 N | 2,989 | 8,8 6.66 53,49 74,83 A . 1,98 | 2425 | 98 |6,67 ][ 59,61 | 74,73 Reihenpflanze . 0,85—2,27 4669 | 40, 17119 5 133,40 2 580 8,6 | 6,08 | 42,04 57,02 eee — 115142 | 45 5,18 | 22,11 92,07 Reihenſaaet — ı 9186 | 5,5 5,66 31,92 | 84,61 Plätzeſaalt — 8937 5,7 5,86 [35,94 | 89,00 U 1 Das Maximum des Derbholz- und Schaftholzzuwachſes erfolgt hiernach bei einem Pflanzenbeſtand von 1,13 —1,42 m. Aber der Höhenwuchs wird durch eine größere Entfernung befördert. Vor allem iſt jedoch erſichtlich, daß der dichte Pflanzenſtand bei den Saaten die Höhen und Maſſenentwicklung zurückhält. Der Durchforſtungsertrag an Derbholz differierte nicht bemerkenswert; die Pflanzung in 0,85 m Quadratverband und die Saaten hatten viel Reisholz, aber faſt gar kein Derbholz geliefert. Ich mache auf die vollkommen beweis— kräftigen Ergebniſſe dieſer Unterſuchung beſonders aufmerkſam. m. Man hat ferner im Königreich Sachſen (Erzgebirge) eine Durchforſtungs verſuchsfläche in einem 49jährigen Buchenbeſtand angelegt (1861). Derſelbe war aus natürlicher Verjüngung hervorgegangen, der Wuchs war kräftig und der Schluß allenthalben ein vollſtändiger. Auf der Fläche Nr. 1, die man am ſtärkſten durchforſtete, blieben ſtehen: bei der Durchforſtung Stammzahl. Stammgrundfläche. im Jahre: am 1861 3114 21,2 1867 2020 20,5 1872 1955 24,0 1877 1838 26,6 1882 1749 28,6 190 Sechſter Abſchnitt. Nach der zweiten Durchforſtung, alſo nach dem Jahre 1867, fand ſich auf dieſer ſtark durchforſteten Fläche Polytrichum commune in zahlloſen, bis 14m großen Polſtern; dieſes Moos war jedoch 1883 wieder im Verſchwinden begriffen. Im Jahre 1883 erſchien ziemlich zahlreicher Buchenaufſchlag. (Nach den Ers fahrungen des Verfaſſers bleibt der Boden in viel ſtärker durchforſteten 50- bis 60jährigen Buchenbeſtänden mit Laub bedeckt.) Im Jahre 1861 verblieb eine Holzmaſſe von. . .. 156,1 Feſtmeter Genützt wurden von 1861—188ĩ¹·un;:n;n 48,9 „ In Jahre 188 fanden ih 5 5 Folglich Zuwachs „ 144,0 Feſtmeter oder per Jahr 6,86 Feſtmeter. Auf der mäßig durchforſteten Fläche Nr. 2 blieben ſtehen: Durchforſtung. Stammzahl. Stammgrundfläche. Jahr am 1861 4189 22,9 1867 2874 23,8 1872 2697 26,9 1877 2335 28,5 1882 2095 29,6 Im Jahre 1861 verblieb an Holzmaſſe ... 174,3 Feſtmeter Von 1861 bis 1882 würden genüttz 398 Im Jahre 1882 fanden fich. 2 75 Folglich Zuwachs. EEE 116,4 Feſtmeter per Jahr 5,54 Feſtmeter. Auf der nichtdurchforſteten Fläche Nr. 3 verringerte ſich die Stammzahl durch Windwurf und Dürrwerden von 4952 Stämmen auf 3572 Stämme, die Stammgrundfläche vermehrte ji) von 30,1 auf 34,2 qm. Die Maſſe, zuerſt im Jahre 1867 ermittelt, hat betragen 238,1 Feſtmeter Windwurf und Dürrhöl zen 90 1 , RE EEE ERS N 45 Folglich Zuwachs in 15 Jahren 8 . 88, 0 Feſtmeter per Jahr 5,87 Feſtmeter. Die Höhenzunahme der verſchieden durchforſteten Beſtandsflächen zeigt keine weſentlichen Unterſchiede. Der nur um 1 Feſtmeter per Hektar und Jahr größere Zuwachs der ſcharf durchforſteten Fläche erklärt ſich, wenn man erwägt, daß dieſelbe keineswegs in eigentlichen Lichtungszuwachs getreten iſt. Während wir oben die zuläſſige Grundflächenſumme vor der Lichtung auf circa 20 qm angegeben haben, ſchwankt die bei der Durchforſtung verbliebene Stammgrundflächenſumme zwiſchen 21 und 29 qm; nach den Erfahrungen des Verfaſſers find in 40—50jährigen Buchen— hochwaldbeſtänden ähnlicher Standortsgüte nur 12—15 qm zu belaſſen, wenn voller Lichtungszuwachs eintreten ſoll. Der ſächſiſche Verſuch beweiſt ferner, daß die mäßig gegriffene Durchforſtung einen ſehr geringen Einfluß auf die Holz— Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 191 maſſenproduktion des verbleibenden Beſtands ausübt — was ſchon Heinrich Cotta erkannt hatte (ſiehe elften Abſchnitt). n. Aus den Ertragsunterſuchungen, welche Baur und Weiſe für die Fichte, Rotbuche und Kiefer vorgenommen haben, läßt ſich erſehen, daß die geringe Stammzahl per Hektar, welche in Pflanzbeſtänden vorgefunden wird, faſt immer eine beträchtlich größere Derbholzmaſſe und ſehr oft eine größere Geſamtmaſſe hervorgebracht hat und daß die Stämme ſtets höher und ſtärker ſind, als in dichten Saaten und natürlichen Verjüngungen. Der Unterſchied iſt ſo beträchtlich, daß es den Anſchein gewinnt, als ob dieſe Pflanz— beſtände auf einer höheren Standortsklaſſe gewachſen ſeien. Baur hat dieſelben beim Entwurf ſeiner Ertragstafeln ausgeſchieden. In Sachſen ſollen indeſſen, wie Kunze neuerdings behauptet, Saat- und Pflanzbeſtände hinſichtlich ihrer Maſſe keinen beträchtlichen Unterſchied gezeigt haben. Junge Saatbeſtände ſind in Sachſen ſeltener unterſucht worden. In— deſſen ergibt eine Zuſammenſtellung der 15—30jährigen Fichtenbeſtände nach Stammzahlen in dem von Kunze mitgeteilten Unterſuchungsmaterial folgenden Durchſchnittszuwachs per Hektar: Stammzahl per Hektar: Güte⸗ klaſſe. | | N Bis 5500 | 5501/8500 | 8501/11 12 11501/14500 | Ueber 14500 Feſtmeter Jahreszuwachs an Geſamtmaſſe: 1 10,61 9,68 — — 8,00 I. 8,80 8,49 — — 6,68 Die Erſcheinung, daß die Produktionsleiſtungen mit der Abnahme der Stammzahl ſteigen, tritt am ſchärfſten in den 15—30jährigen Kiefernbeſtänden auf erſter Standortsklaſſe hervor, weil hier ſehr zahlreiche Normalbeſtände unter— ſucht worden ſind. Nach Weiſe erfolgte auf dieſer erſten Bonitätsklaſſe Jahres— zuwachs an prädominierender Holzmaſſe per Hektar bei einer Stammzahl von bis 3000 Stämmen . . . 10,5 Feſtmeter 3—4000 Stämmen 9,6 15 45000 5 e eee 5000 und mehr Stämme . . 7,5 7 Auf zweiter Standortsklaſſe hatten die 15—30jährigen Beſtände per Hektar Jahreszuwachs: bis 5000 Stämme . . . . 70 Feſtmeter über 5000 Stämme . 6,6 Baur und Brey fanden in 15—30jährigen Fichtenbeſtänden Jahreszuwachs auf erſter Standortsklaſſe: bis 5000 Stämme . . . . 12,1 Feſtmeter über 5000 Stämme. . 10,8 4 192 Sechſter Abſchnitt. Die Unterſuchungen und Beobachtungen, die wir vorher kennen gelernt haben“), zeigen übereinſtimmend, daß der dichte Schluß und der enge Pflanzenſtand weder den Höhenwuchs, noch die Maſſenproduktion zu ſteigern vermag — ſelbſt bei dem lebhaften Höhenwuchſe, den die Holzpflanzen in der Jugend— zeit entwickeln. Die Waldbäume brauchen von Jugend auf zu dieſem lebhaften Höhenwuchs und zu der normalen Schaftbildung einen freien Kronenraum. Man kann keinen Augenblick be zweifeln, daß aus den weitſtän digen Pflanzungen (etwa von 1,5 bis zu 2m Entfernung) die ſchönſten Nutz— holzbeſtände hervorgehen würden. Es kommt nicht darauf an, ob bis zum 20. Jahre etwas mehr oder weniger Schaftholz oder Derbholz produziert worden iſt, weil die größere Maſſe als— bald den Durchforſtungen anheimfällt und nur geringfügigen Brennwert hat. Vielmehr iſt maßgebend, ob nach dem 20. Jahre die zunächſt im Kronenſchluſſe fortwachſenden Holzbeſtände günſtige oder ungünſtige Wuchsbedingungen vorfinden und es iſt keinem Zweifel unterworfen, daß die Junghölzer, welche aus den Pflanzungen mit 1—1½½ m Quadratverband hervorgegangen find, bald in die gleiche Lage kommen, wie die dichten Pflanzungen und Saaten vor dem 20. Jahre. Dagegen werden die längeren und kräftigen Stangen, welche in weitſtändigen Pflanzungen erwachſen ſind, bald einen Vorſprung gewinnen und dauernd beibehalten. Die etwas ſtärkere Beaſtung kann den Wert des alten Nutzholzſtammes nicht weſentlich beeinträchtigen. Man kann auch nicht ſagen, daß in den eingreifend durchforſteten Junghölzern der Schneedruck und Duftanhangſtärkere Beſchädigungen anzurichten vermag. Binzer ſchildert den Vorgang bei Schneedruck und Schnee— bruch, wie er gewöhnlich ſtattfindet, treffend wie folgt: „Bei ruhiger oder doch nur ſchwach bewegter Luft und bei geringer, kaum den Gefrierpunkt überſteigender Temperatur fallen ungeheure Schnee— maſſen raſch ein und hängen ſich dergeſtalt an Zweige und Kronen, daß ſie nicht durch dieſelben hindurchfallen und alſo nicht auf den Den Einfluß der Durchforſtung auf den Holz- und Rindenertrag des Eichenſchälwaldes werde ich im zwölften Abſchnitt mitteilen. Die geräumige Stellung der Waldbäume ıc. 193 Boden gelangen können. Gerät dann bei eintretendem Wind eine ſtark belaſtete Partie ins Schwanken, bevor die Schneemaſſen ſich von den Kronen loslöſen können, ſo bricht die ganze Partie ineinander.“ Meſſungen der Schneemaſſen haben, wie Binzer weiter berichtet, ergeben, daß in etwa 30jährigen nicht durchforſteten Fichtenbeſtänden etwa nur ½, in den durchforſteten Fichtenbeſtänden 2 des gefallenen Schnees an den Boden gelangten. Hiermit ſtimmen die Beobachtungen vollkommen überein, die man in ver— ſchiedenen Gegenden Deutſchlands gewonnen hat. Zeitig und oft durchforſtete Beſtände erleiden ſowohl im Harz, als in Sachſen geringere Beſchädigungen, als undurchforſtete Beſtände. Aus dem Harz wird dieſe Beobachtung mehrfach mitgetheilt. Auf dem Kamme des ſächſiſchen Erzgebirges (Hermsdorfer Revier) war zwar die Beſchädigung durch den gewaltigen Duft-, Eis- und Schneedruck vom Jahre 1874 in den Beſtänden, die kurz zuvor ſcharf durchforſtet worden waren, etwas größer, als in den durchforſteten Beſtänden mit mäßigem Lichtungs— grad. Wenn aber Fichten und Tannen in Miſchbeſtänden vorkamen, jo hatte das kräftige Wachstum und die normale Aſtentwicklung dieſer Nadelhölzer be— wirkt, daß verhältnismäßig weit weniger Fichten und Tannen gebrochen waren, als in reinen Nadelholzbeſtänden. Auf den Probeflächen von 1862, 1867 und 1872, die man ſtark, ſchwach und gar nicht durchforſtet hatte, waren die gar nicht durchforſteten Beſtände am meiſten, die ſcharf durchforſteten Beſtände am wenigſten beſchädigt worden. Die dicht ſtehenden jungen Beſtände hatten überall am meiſten, die räumlich ſtehenden am wenigſten gelitten. Dagegen wurde überall beobachtet, daß alle unregelmäßig und einſeitig beaſteten Stämme ſehr ſtark, die gleichmäßig beaſteten Stämme ſehr wenig be— ſchädigt werden. Durch frühere Neſterbrüche entſtandene Schneebruchlöcher wurden an den Rändern ſehr ſtark beſchädigt; ebenſo die in Buchen eingewachſenen Fichtenhorſte, die nach innen eine geringe und nach außen eine ſtarke Beaſtung haben. Die Frage, ob bei Eis- und Duftanhang der dichte Stand Schutz gewährt, wurde bis jetzt noch nicht beantwortet. Bei dem verheerenden Eisbruch vom 17. und 18. November 1858 haben im heſſiſchen Odenwalde Fichten und Weiß— tannen, wenn ſie in Untermiſchung mit Buchen vorkamen, ſogar ſchützend auf die letzteren, die überall (auch in der Pfalz) viel ſtärker beſchädigt wurden als die Nadelhölzer, gewirkt. Die vornehmſte Obliegenheit des Forſtmanns iſt jedoch die Fürſorge für die Erhaltung der Bodenkraft. In den weitſtändigen Pflanzen wird ſich ſehr oft Unkrautwuchs einſtellen und den Boden gründlich austrocknen. Es iſt deshalb ſehr beachtenswert, daß in den Pflanzungen mit 1—1 ½ m Pflanzen⸗ entfernung der Kronenſchluß 6— 10 Jahre früher eintritt und ein reichlicher Abwurf von Laub und Nadeln den Boden bedeckt und Wagener, Waldbau. 13 194 Sechſter Abſchnitt. ſchirmt, als in den Pflanzungen mit 2—3 m Entfernung. Es iſt zweitens beachtenswert, daß der Schaft immerhin ſchlanker und aſtreiner bei einem baldigen Eintritt des Schluſſes ſich geſtaltet, als bei weitem Abſtand der Holzpflanzen. Aus dieſen Gründen ſcheint uns vorläufig eine 1½ m überfteigende Pflanzenentfernung bei der Be— gründung der Beſtände nicht ratſam zu ſein. Aber die Waldbäume bedürfen — das erkennen wir deutlich — ſchon in der Jugendzeit einen gewiſſen, nach Holzart, Bodengüte ꝛc. ver— ſchiedenen und noch näher zu beſtimmenden Raum für die ſeitliche Kronenausdehnung. Ohne denſelben finden ſie nicht die natur— gemäße, normale Entwicklung. Wenn es möglich wäre, den aufwachſenden Gerten und Stangen unſerer Holzbe— ſtände vom 10. bis zum 30. Jahre beſtändig einen für 3jährige oder 5jährige Wachstumszeit ausreichenden Kronenraum zu öffnen (durch Ausjätungs-, Reinigungs: hiebe ꝛc.), ſo würden wir jedenfalls das gebrauchsfähigſte Holz mit der größten Menge produzieren können. Die Stämme würden länger, die Beaſtung würde nicht viel ſtärker werden, wie im dichten Schluſſe und die Schaftbildung würde ſicher— lich allen Nutzzwecken genügen. 2) Die Maſſen produktion der Waldbäume während der zweiten Hälfte der Wachstumsperiode im dichten Kronenſchluß und im geräumigen Stande. a. Schon 1819 hat Heinrich Cotta, indem er die Baumfeld— wirtſchaft befürwortete, Behauptungen bezüglich der Produktions— leiſtungen der Waldbäume im freien Stande im Vergleich mit dem Wuchſe im Kronenſchluſſe ausgeſprochen, die den Forſtwirten zu allen Zeiten ſehr kühn erſchienen ſind. Cotta glaubt, daß die Waldbäume im freien Stande eine größere Menge Holz, wie im Schluſſe produzieren, daß der größere Aſtreichtum keine Einwirkung auf die Schönheit des Schaftes im ſpäteren Alter habe, daß das im Lichtſtande produzierte Holz feſter, dauerhafter und brennkräftiger ſei, daß die Beſchädigungen durch Stürme, Inſekten, Feuer ꝛc. durch den Freiſtand faſt ganz beſeitigt würden und endlich der Abfall der Blätter und Nadeln im Lichtſtand ſtärker und deren Verfaulen vollſtändiger ſei, als im Kronenſchluß. Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 195 Aber Heinrich Cotta hat dieſe Behauptungen nicht in genügen— der Weiſe durch vergleichende Unterſuchungen begründet. Er führt zwar Belege an, daß die Waldbäume auch im freien Stande ſehr hohe Holzmaſſen zu produzieren vermögen. Namentlich wird auf die Wachstumsleiſtung eines 70 jährigen Fichtenbeſtands in der Herrſchaft Waldenburg bei Siegen hingewieſen, welche Georg Ludwig Hartig 1806 konſtatiert hatte. Dieſer Beſtand war im Verband von 4,4 m gepflanzt worden und hatte auf einem nicht beſonders guten Boden im 70. Jahr einen jährlichen Haubarkeits— Durchſchnittszuwachs von 10,4 Feſtmeter per Hektar erzeugt. Aber man weiß nicht, welche Holzmaſſe geſchloſſene Fichtenbeſtände auf dem gleichen Standorte hervorzubringen vermögen. (Uebrigens würdigte auch G. L. Hartig, wie wir ſehen werden, die größeren Zuwachsleiſtungen der Beſtände nach der Auslichtung vollkommen.) b. Hundeshagen führte in dem heftig entbrannten Meinungs— ſtreit eine vergleichende und darum ſcheinbar beweisfähige Unter— ſuchung ins Treffen. Im Oberforſtamt Hanau waren 1801 zwei auf gleich gutem Standort neben einander liegende 60 jährige Buchenbeſtände vorgefunden worden. Der eine Beſtand war im Kronenſchluß aufgewachſen und regelrecht behandelt, der andere Beſtand mit 12—15 jährigen Rotbuchenpflanzen in 24 Fuß Drei⸗ ecksverband angepflanzt worden. Der erſte Beſtand hatte nahezu die dreifache Stammzahl des zweiten, aber an prädominierender Holzmeſſe 4% weniger. Hundeshagen rechnete jedoch für den erſten, im dichten Kronenſchluß aufgewachſenen Beſtand die Zwiſchen— nutzungen hinzu und fand hierdurch eine Mehrproduktion von 50%. Aber Cotta erwiderte mit Recht, daß der Pflanzbeſtand eine viel zu geringe Stammzahl für die freiwüchſige Erziehung hatte; man hätte nicht 134, ſondern mindeſtens 670 Buchen per Dresdener Morgen pflanzen müſſen. Wenn man auch die Cottaſche Be— hauptung, daß auf dem Dresdener Acker 250 prädominierende Stämme freiſtändig bis zum 60. Jahre zu wachſen vermögen, nicht als zutreffend erachten kann, ſo würden doch im genannten Falle die Vornutzungen im Pflanzwalde, die zur Freiſtellung der Kronen der verbleibenden Stämme erforderlich waren, eine ſehr beträchtliche Holzmaſſe abgeworfen haben (nach den unten zu beſprechenden Unterſuchungsergebniſſen ſogar mehr Holz, als im 60. Jahr im 196 Sechſter Abſchnitt. Pflanzwalde vorhanden war). Die vergleichende Unterſuchung Hundeshagens beweiſt ſomit nicht gegen, ſondern in eklatanter Weiſe für Cottas Anſichten ). c. Im Jahre 1838 fand ein ſcharfblickender, im hannöver— ſchen Solling wirkender Forſtwirt, der ſpätere Oberforſtmeiſter von Seebach im Buchenhochwalde herabgekommene Beſtockungszuſtände vor. Faſt nur 61—80 jährige Beſtände waren noch vorhanden und dieſe waren teilweiſe infolge übermäßiger Streunutzung gipfel— dürr. Der Haubarkeits-Durchſchnittszuwachs ſchwankte zwiſchen 3 und 4 Feſtmeter per Hektar und dabei ſollte eine Brennholzbe— rechtigung, welche den Waldboden mit über 5 Raummeter per Hektar belaſtete, volle Deckung finden. Seebach möge, ſo wurde verfügt, eine Betriebsart erſinnen, welche dieſe Deckung der Be— rechtigungsbezüge geſtatte und zugleich den Waldſtand erhalte. Seebach lenkte ſeine Blicke auf den Zuwachs der freiwüchſigen einzelſtehenden Stämme und bezog denſelben auf den überſchirmten Flächenraum “). Geſtützt auf die günſtigen Ergebniſſe dieſer leicht *) Den Hartig'ſchen Hochwald-Konſervationshieb, bei dem vergleichende Er— tragsunterſuchungen nicht vorgenommen worden ſind, werden wir im nächſten Abſchnitt kennen lernen. ) Die mittlere Stärkezunahme, welche Seebach annahm, iſt nahezu ein— getroffen. Auf der Probefläche im Kugelberg hätten nach Seebach die Stämme im Mittel in 37 Jahren 18,0 em zunehmen müſſen, mindeſtens 13,0 em. Sie haben thatſächlich im Mittel 14,2 em zugenommen. (Nach den Unterſuchungen des Verfaſſers ſchwankt die mittlere Durchmeſſerzunahme der Buchenſtämme im Mittelwalde auf den Standortsklaſſen, welche dem Solling entſprechen, nur zwiſchen 13 und 15 em in 37 Jahren vom 60. bis 120 Jahre — genau wie thatſächlich im Lichtungsbetriebe des Sollings). Aber die Stammgrundfläche, die Seebach ermittelt hatte, ließ ſich nicht einhalten; die Rotbuchen haben ihre Kronen ſchon nach 30 Jahren bei einer mittleren Bruſthöhenſtärke von 32,5 em und einer Stammgrundfläche von 23,4 qm per Hektar ſo weit genähert, daß merkliches Sinken des Zuwachſes feſtgeſtellt wurde, während Seebach angenommen hatte: Bei einem Durchmeſſer Stammgrundfläche von em qm per Hektar 26,7 22,6 34,0 29,9 41,3 36,5 48,6 42,5 55,9 48,0 Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛe. 197 anzuſtellenden Beobachtung entnahm der Genannte den 70 — 80 jährigen Buchenbeſtänden etwa ®/,, der Beſtandsmaſſe, gab den verbleiben— den Stämmen eine möglichſt gleichmäßige Verteilung und erzeugte, zumeiſt künſtlich, einen Buchenunterwuchs zum Bodenſchutz. In den geſchloſſenen Beſtänden der Oberförſterei Uslar ſchwankt der Jahresdurchſchnittszuwachs, wie geſagt, zwiſchen 3 und 4 Feſt— meter Haubarkeitsmaſſe per Hektar (Derbholz). Nachdem ¼ der Stämme ausgehauen waren und die verbliebenen 0 ſich frei entwickeln konnten, ſtieg der Jahreszuwachs in den nächſten 30 Jahren auf 5,6—8,7 Feſtmeter Derbholz per Hektar, alſo nahezu auf das Doppelte. Dieſe erſtaunlichen Zuwachsleiſtungen der Rot— buche — 8,0—10,7 Feſtmeter Geſamtmaſſe per Hektar — wurden in allen gelichteten Beſtänden beobachtet. In 37 Jahren hatte ſich (Probefläche Kugelberg) der Höhenwuchs von 19,4 auf 24,4 m (wie im geſchloſſenen Beſtand) und der Durchmeſſer von 21,9 em auf 36,1 cm vermehrt. Es wurden anfänglich 10,62 qm Stamm— grundfläche belaſſen, nach 30 Jahren war bei einer Stammgrund— fläche von 23,37 am mäßige Kronenſpannung und Nachlaſſen des Lichtungszuwachſes (per Stamm oder per Hektar?) bemerkbar). Man wird erwarten, daß die ſtaunenswerten Er: gebniſſe, welche dieſes Verlaſſen der herkömmlichen Schulregeln zu erzielen vermocht hatte, notwendig eine tiefgreifende Revolution auf dem Gebiete des Wald— baues hervorgerufen haben. Denn dieſelben hatten unbeſtreit— bar eine univerſelle, beweisgültige Bedeutung für die deutſche Holz— zucht. Sie ſind auf ein und demſelben Standorte gewonnen worden. In dem vom bunten Sandſtein abſtammenden Boden des Sollings war nicht etwa eine Produktionskraft aufgeſpeichert, die durch die Lichtung frei und aktiv wurde. Dieſer Boden war, als Seebach den ſog. modificierten Betrieb einführte, durch ausgedehnte Laub— nutzung in der Oberkrume ſo verarmt und ſo dürftig geworden, daß die Fortſetzung des regelmäßigen Buchenhochwaldes gefährdet erſchien. Die relativ jungen Buchen-Stangenhölzer waren wipfel— * Die Wirkung des Lichtungshiebes würde indeſſen wahrſcheinlich noch ſtärker hervorgetreten ſein, wenn die erſtmalige Lichtung frühzeitiger vorgenommen und für eine 10 —15jährige (ſtatt 30jährige) Wachstumszeit bemeſſen worden wäre. 198 Sechſter Abſchnitt. dürr geworden. Auch die Wirkung des Lichtungsbetriebs auf den Boden, wenn der Unterbau vollzogen war, kann nicht ungünſtig genannt werden; man kann nicht ſagen, daß nur eine vorüber— gehende Produktionsſteigerung auf Koſten des Nahrungsreſervoirs im Boden erzielt worden iſt. „Die früheren wipfeldürren Beſtände ſind wieder in die ſchönſte und üppigſte Lebensthätigkeit getreten und ſtatt des verkruſteten, mit ſpärlicher Laubdecke und Moos— polſtern verſehenen Bodens iſt ein friſcher Waldboden mit einer Laubdecke entſtanden, wie man ſie im geſchloſſenen Hochwalde bei den günſtigſten Verhältniſſen ſelten beſſer findet.“ Die gelichteten Beſtände ſind ſeit 40 Jahren von allen Be— ſchädigungen verſchont geblieben. Allein dieſer Betrieb war ent— ſtanden in einer Waldung, in welcher die über SOjährigen Beſtände bei der Begründung desſelben mangelten. Die Forſtwirte nannten denſelben ein „Kind der Not“ und gingen über dieſe bedeutungs— reiche Erſcheinung kurzerhand zur Tagesordnung über. d. Im Jahre 1851 veröffentlichte Theodor Hartig ver: gleichende Unterſuchungen über den Ertrag der Rotbuche im Hoch- und im räumlich ſtehenden Pflanzwalde. Es ſei, ſo glaubte Hartig verſichern zu dürfen, der größte Geſamtzuwachs der Flächen, mithin der höchſte Ertrag der Wälder an die ſtete Erhaltung des Vollbeſtands gebunden; die Steigerung des Zuwachſes der einzelnen Stämme, wenn ſie auf Koſten der vollen Stammzahl erfolge, verringere den Geſamt— zuwachs während längerer Zeiträume. Indeſſen hat Theodor Hartig zwei Verſuchsobjekte gewählt, welche ſich nicht vergleichen laſſen. Der Verfaſſer hat ſchon früher darauf hingewieſen, daß in dem Pflanzwald die gepflanzten Heiſter in einer ſo weiten Entfernung ſtanden“), daß der Wachsraum nur ganz ungenügend ausgenutzt werden konnte, daß das Laub vertrocknen und verwehen und der Boden vermagern mußte, wie der Höhenwuchs vor dem Schluß beweiſt. Nach dem 50. Jahr iſt dieſer Pflanzwald in vollen Schluß getreten und darin bis zum 80. Jahr verblieben. Die Schluß— folgerung Th. Hartigs, die auf die ungenügenden Produktions- ) Bis zum 30. Jahre würden 2940 Stangen per Hektar freien Wachs— raum gefunden haben, während nur 810 Stangen vorhanden waren. Die geräumige Stellung der Waldbäume :c. 199 leiſtungen dieſes Pflanzwalds geſtützt wird, iſt ſonach nicht ſtich— haltig. Die weiteren vergleichenden Unterſuchungen datieren aus der jüngſten Zeit. e. Homburg unterſuchte (1878) einen 70jährigen Buchenbeſtand. Er fand 300 Feſtmeter Holzmaſſe, alſo 4,3 Feſtmeter Haubarkeit-Durch⸗ ſchnittszuwachs per Hektar. Aus dieſem Beſtand wurden während 17 Jahren her— ausgenommen: 1858 59, 220% der Maſſe 67,7 Feſtmeter, Schirmſchlagſtellung im 11 186162, 440 ee frühe heren Maſſe . Pe 123,9 7 Bit: Somenthlagftenins im Jahre 1866— 67 1130 5 Lichtſchlagſtellung im Jahre 1869-700 . . 110,5 1 Abtriebsſchlag in den Jahren 1871-75. 94,5 15 Hebergehslten Wurden 280 5 ſonach zuſammen .. 539,6 Feſtmeter per Hektar. Statt der früheren Maſſenproduktion von 4,3 Feſtmeter per Hektar und Jahr, die ſich durch die Zwiſchennutzungen vielleicht auf 5,9 Feſtmeter er höht haben wird, war ſeit der Lichtſtellung eine Maſſenproduktion von 14,1 Feſt⸗ meter eingetreten. Es iſt erſichtlich, daß die Lichtſtellung, wenn ſie weniger ſtark gegriffen wird, als es ſie Seebach, gezwungen durch die Not, wählen mußte, un— gleich höhere Wirkungen haben wird. f. F. Lauprecht und Knorr haben ferner über ſehr hohe Erträge des oberholzreichen Mittelwaldes in der Umgebung von Mühl: hauſen in Thüringen berichtet. Es wird verſichert, daß dieſe Er— träge von keiner Holzart, ſelbſt nicht vom Nadelholz, auf dem dortigen Boden, der teilweiſe ein flachgründiger Muſchelkalk iſt, geliefert werden würden. Die Stürme, die wiederholt in den nahe gelegenen Laubholzhochwaldungen ganze Beſamungsſchläge niedergemäht und Gaſſen in die Altbeſtände geriſſen hatten, waren am Mittelwalde ſpurlos vorübergegangen. Schnee- und Eisanhang waren ſtets unbedeutend, Hitze und Dürre, Froſt und Inſekten haben dem Mittelwald nicht geſchadet. g. Hervorragende Erfolge haben, wie Knorr be richtet, die Bauern, welche den Niedergebraer Gemeindewald bei Mühlhauſen benutzen, durch eine eigenartige Bewirtſchaf— tung erzielt. In dieſem Gemeindewalde ſteht der Schuttgrund und der Fels (heißer 200 Sechſter Abſchnitt. Wellenkalk) ſehr nahe unter der humoſen Bodenkrume. Dicht ſtehende Rot— buchen bilden das Oberholz — ſo dicht, daß Stockausſchläge nicht aufkommen können. Sobald die jüngſten, dickungsartigen Horſte die Höhe von circa 2m erreicht haben, werden ſie durchhauen; es bleiben nur die kräftigſten Stämmchen in dieſer Laßraidelſtellung ſtehen. Die nächſte Maſt füllt den ganzen Grund mit Samenwuchs und die Stockausſchläge verſchwinden. Von dem Laßraidel— überhalt werden beim nächſten Hiebe alle zurückgebliebenen Stämme gleichſam durchforſtungsweiſe fortgenommen. Zur Bildung des Altholzbeſtands werden ſomit nur die kräftigſten Individuen benutzt. Wenn der Stamm ſeine höchſte Entwicklung erreicht hat und feine Krone zum Nachteil kräftig wachſender jüngerer Stammklaſſen ausbreitet, jo wird er genutzt. Dieſe Wirtſchaft erzielt, wie Knorr verſichert, „trotz Streunutzung Holzmaſſen, welche von keiner anderen Wald— form übertroffen werden und in einer Wertmannigfaltigkeit und Wertbeſchaffen— heit, rückſichtlich welcher ſie es mit jeder aufnimmt.“ g. Karl von Fiſchbach hat (1881) durch vergleichende, in. Böhmen vorgenommene Unterſuchungen nachgewieſen, daß der lichte Stand der Baumhölzer ſowohl größere Holzmaſſen, als größere Werterträge liefert als der dichte Schluß. i. Endlich hat der Verfaſſer in den Jahren 1877, 1879 und 1882 komparative Unterſuchungen über die Wachstumsleiſtungen der Fichte, Kiefer und Rotbuche in den verſchiedenſten Gegenden Bayerns vor genommen. Der Verfaſſer hat dieſelben der beſonderen Beachtung ſeiner Fachgenoſſen empfohlen, indem er auf Grund der Ertrag unterſuchungen von Theodor und Robert Hartig, Weiſe u. a. eine überraſchende, höchſtwichtige Er— ſcheinung im Leben der geſchloſſenen Holz— beſtände konſtatiert hat. Der Geſamtzuwachs der geſchloſſenen Holzbeſtände vom Stangenholzalter bis zur Reifezeit wird faſt ausſchließlich von den Stamm— klaſſen geliefert, welche im Haubarkeitsalter den dominierenden Beſtand bilden, während die überaus zahlreichen Stangen und Stämme, welche den Zwiſchen— nutzungen anheimfallen, hinſichtlich ihrer Zuwachs— leiſtungen keine Beachtung verdienen. Dieſes überraſchende Verhalten der Waldbäume iſt offenbar für die Frage, die wir hier erörtern, ſignifikant. Nur die an Zahl geringen Stämme, die im Haubarkeitsalter noch Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 201 vorhanden ſind, hat der Forſtmann zu beachten und zu pflegen; die große Stammmaſſe, welche den Zwiſchen— nutzungsvorrat bildet, kann entbehrt werden, wenn fie nicht für den Boden und Beſtands ſchutz not— wendig iſt. Wir müſſen den genannten Nachweis hier aus— führlich wiedergeben, weil mancher im Walde grau gewordene Leſer ein derartiges Verhalten der Stammklaſſen ſehr unglaub— würdig finden wird. Für Fichtenbeſtände wurden von den beiden Hartig die folgenden Zuwachs- verhältniſſe und Erträge nachgewieſen. 1) Aus geſuchte Probeflächen auf vorzüglich gutem Stand» ort des Oberharzes, unterſucht von Th. Hartig. Geſamtzuwachs des Beſtandes vom 60. bis 140. Jahre — 1155 Feſtmeter. a. 552 in 140 Jahren vorhandene Stämme hatten per Hektar im 60. Jahre Vortat 395 Feſtmeter im 140. Jahre Vorrat FF.. SNERENTER A340 15 Zuwachs des Haubarkeitsvorrats . 945 Feſtmeter — 820% des Geſamtzuwachſes. b. 482 den Durchforſtungen vom 60.— 140. Jahre zufallende Stämme hatten: im 60. Jahre Vorrat . . . N „339 Telimeler lieferten vom 60. bis 140. Jahre cha e ee a Zuwachs des Zmijchennugungsporrat® . . .. 210 Feſtmeter — 180% des Geſamtzuwachſes. Selbſt auf dieſem, überaus kräftigen Standort und bei der ſelten vorkom— menden Verringerung der Stammzahl bis zum 60. Jahr (auf 1034 Stämme per Hektar) kann faſt die Hälfte der Beſtandesmaſſe vom 60. Jahre an nur einen kümmerlichen Zuwachs hervorbringen. Dabei werden für Zwiſchennutzungserträge vom 20. bis 140. Jahre 78 0% — ſage ſiebzig und acht Prozente — des Hau— barkeitsertrags im 140. Jahre verrechnet. 2) Ausgeſuchte Probeflächen auf faſt gutem Standort da— ſelbſt, unterſucht von Theodor Hartig. Geſamtzuwachs vom 60. bis 140. Jahr 821 Feſtmeter. a. 595 im 140. Jahr vorhandene Stämme hatten per Hektar Borte im 6d Jahhhh et 19 Feſtmeter V ² . ˙ niert 49 = Vorrat des HaubarkeitzvorratS . . . . .. 753 Feſtmeter = 920% des Geſamtzuwachſes. b. 1480 der Durchforſtungen vom 60. bis 140. Jahr zufallende Stämme hatten im 60. Jahr Vorrat . . . . 2258 Feſtmeter lieferten vom 60. bis 140. Jahr Ertrag n 75 Zuwachs des Zwiſchennutzungsvorrats. . 68 Feftmeter — 80 des Geſamtzuwachſes. 202 Sechſter Abſchnitt. Für Zwiſchennutzungsertrag werden 500% des Haubarkeitsertrags ver— rechnet. 3) Ausgeſuchte Probeflächen auf erſter Standortsklaſſe im Harz (Oberforſt Haſſelfelde) unterſucht von Robert Hartig, Geſamtzuwachs vom 60. bis 110. Jahr 617 Feſtmeter per Hektar. a. 502 im 110. Jahre vorhandene Stämme hatten Vorrat im 60, Jahte DORT Borat in ieh 3883 1 Zuwachs des Haubarkeitsvorrats .. ... 589 Feitmeter 950% des geſamten Zuwachſes. b. 870 vom 60. bis zum 110. Jahre den Zwiſchennutzungen zufallende Stämme hatten im 60. Jahre Vorrat.. . . 265 Feſtmeter lieferten vom 60.—110. Jahre Ertrag.... 293 Er Zuwachs des Zwiſchennutzungsvorrats . .. 28 Feitmeter — 50% des geſamten Zuwachſes. Für Zwiſchennutzungen werden 550% des Haubarkeitsertrags im 110. Jahre verrechnet. 4) Ausgeſuchte Probeflächen auf zweiter Standortsklaſſe daſelbſt, unterſucht von R. Hartig, Geſamtzuwachs vom 60. bis 140. Jahre 764 Feſtmeter per Hektar. a. 490 im 140. Jahre vorhandene Stämme hatten im 60. Jahre Vor— Tal e a Bee, BES ECHT Er ID dagegen im 140, Jahre Vork 88 5 Zuwachs des Haubarkeitsvorrats . .. . 696 Feſtmeter — 910% des geſamten Zuwachſes. b. 1548 vom 60. Jahr bis zum 140. Jahre den Zwiſchennutzungen zu— fallende Stämme hatten im 60. Jahre Vorrat .. 311 Feſtmeter lieferten vom 60.— 140. Jahre Ertrag. .. 379 A Zuwachs des Zwiſchennutzungsvorrats .. 68 Feſtmeter — 90% des geſamten Zuwachſes. Für Zwiſchennutzungen werden 610% des Haubarkeitsvorrats im 140. Jahre verrechnet. In den geſchloſſenen, normal beſtockten Kiefernbeſtänden kehrt dieſes be— merkenswerte Verhalten der Stammſtärkeklaſſen in ähnlicher Weiſe wieder. 1) Robert Hartig unterſuchte auf dem vorzüglichen lehmigen Sandboden des rechten Oderufers bei Stettin vollbeſtockte Kiefernbeſtände von ſeltenem Wachs— tum. Obgleich die Ertragstafel augenſcheinlich den Zuwachs der im 80. Jahre dominierenden Stämme zu niedrig und den Ertrag der Zwiſchennutzungen viel zu hoch beziffert — auf 62,30 des Haubarkeitsertrags bis zum 80. Jahre, während Burckhardt 320% bis zum 80. Jahre annimmt, — ſo verteilt ſich der Geſamtzuwachs per Hektar, der vom 29. 80. Jahre 677 Feſtmeter per Hektar beträgt, wie folgt: Die geräumige Stellung der Waldbäume :c. 203 a. 509 im 80. Jahre vorhandene Stämme hatten im 29. Jahre höchſten— ZEEWEZEaA6A6%„„„% ²D[P n in Sd ihn Er 620 7 Zuwachs des Haubarkeitsvorrats.. .. 529 Feſtmeter — 78,10% des Geſamtzuwachſes. b. 3763 Stämme, den Durchforſtungen vom 29. bis zum 80. Jahre an— heimgefallen, hatten im 30. Jahre Vorrat. . .. 174 Feſtmeter FC 5 2 San Zuwachs des Zwiſchennutzungsvorrats . .. 148 Feſtmeter per Hektar = 21,90% des Geſamtzuwachſes. Auf den Zwiſchennutzungsvorrat entfallen im 29. Jahre 660% der ge— ſamten Beſtandesmaſſe. 2) Aus den Zuwachsunterſuchungen, welche die preußiſche forſtliche Verſuchsſtation Eberswalde vorgenommen hat, laſſen ſich folgende Ziffern herleiten. Wenn man annimmt, daß die im 80. Jahre vorhandenen Stämme imz30. Jahre Oberhöhe hatten und ſämtlich der erſten Stärkeklaſſe angehörten, wenn man ferner die von Weiſe nicht angegebenen Zwiſchennutzungserträge von 30—80 Jahren nach Burckhardt auf 25,30% des Haubarfeitsertrags im 80. Jahre veranſchlagt, ſo ergeben ſich die folgenden Zuwachsverhältniſſe per Hektar. a. 574 im 80. Jahre vorhandene Stämme hatten im 30. Jahre Vorrat 102 Feſtmeter r e nDR Zuwachs des Haubarkeitsvorratss . ... 440 Feſtmeter — 96,50% des geſamten Zuwachſes. b. 2589 im 30. bis zum 80. Jahr den Zwiſchennutzungen zufallenden Stämme hatten im 30. Jahr Vorrat. ... 121 Feſtmeter E . EAST 7 Zuwachs des Zwiſchennutzungsvorrats . .. 16 Feſtmeter — 3,50% des geſamten Zuwachſes. Der Zwiſchennutzungsvorrat nimmt im 30. Jahr 540% der geſamten Be— ſtandesmaſſe ein. Die Rotbuchenbeſtände, welche die beiden Hartig unterſuchten, zeigten genau dasſelbe Verhalten, wie die Fichten- und Kiefernbeſtände. 1) Ein 120jähriger, im vollen Schluſſe erwachſener und nach den Regeln G. L. Hartigs durchforſteter Beſtand auf vorzüglich gutem Trümmerboden des Muſchelkalkes im Elm lieferte nach den Unterſuchungen von Theodor Hartig im 120. Jahre einen Haubarkeitsertrag von 732 Feſtmeter per Hektar. Der Vornutzungsertrag wird auf 508 Feſtmeter per Hektar — 69,40% des Haubar— keitsertrags berechnet — ſicherlich nicht zu niedrig gegriffen! Den Geſamtzuwachs vom 60. bis zum 120. Jahre S 604 Feſtmeter per Hektar haben aber faſt lediglich die 456 Stämme, welche im 120. Jahre den dominierenden Beſtand bilden, hervorgebracht, während die übrigen 1044 Stämme nur kümmerlich vegetiert haben. Denn die genannten 456 Stämme hatten im 204 Sechſter Abſchnitt. 60. Jahre eine Maſſe von 181 Feſtmeter und im 120. Jahre eine Maſſe von 732 Feſtmeter, folglich Zuwachs S 551 Feſtmeter. An Vornutzungen werden vom 60. bis zum 120. Jahre 292 Feſtmeter verrechnet, von denen jedoch im 60. Jahre bereits 239 Feſtmeter vorrätig waren, folglich beträgt der geſamte Zuwachs der genannten 1044 Stämme nur 53 Feſtmeter = 90% des geſamten Zuwachſes von 604 Feſtmeter. 2) Im Speſſart, im bekannten Reviere Rotenbuch, fand Robert Hartig in einem dichtgeſchloſſenen, ſchwach durchforſteten 145jährigen Rotbuchenbeſtand (Pfaffenheiſter) einen Haubarkeitsvorrat von 721 Feſtmeter und an Zwiſchennutzungen 438 Feſtm. = 610% des Haubarkeitsertrags. Aber auch hier haben die 509 Stämme per Hektar, welche im 145. Jahre den dominierenden Beſtand bilden, faſt den geſamten Zuwachs vom 60. bis 145. Jahre hervorgebracht, während die weiteren 1284 Stämme, welche im 60. Jahre gleichfalls dominierten, aber ſpäter durch die Vornutzungen entfernt wurden, mit ihren Leiſtungen weit zurückgeblieben ſind. Denn der Vorrat der 509 Stämme beträgt im 60. Jahre 153 Feſtmeter, im 145. Jahre 721 Feſtmeter; folglich Haubarkeitszuwachs 568 Feſtmeter per Hektar. Dagegen hatten die 1184 Zwiſchennutzungsſtämme im 60. Jahre einen Vorrat von 254 Feſt⸗ meter; es wird ein Vornutzungsertrag von 290 Feſtmeter für den Zeitraum vom 60 bis zum 145. Jahre berechnet, folglich 36 Feſtmeter Zwiſchennutzungsvor— rat per Hektar = 70% des Geſamtzuwachſes von 610 Feſtmeter per Hektar. 3) Im Harz (Revier Allrode, untere Neunhagen) iſt, wie im Speſſart, die Durchforſtung ſpät begonnen worden und hat ſich auf die Wegnahme des völlig unterdrückten Holzes beſchränkt. Der 85jährige Buchenbeſtand hatte, wie; Robert Hartig gleichfalls ermittelte, einen Haubarkeitsvorrat von 409 Feſt— meter per Hektar. Für Vornutzungen wird ein Ertrag von 148 Feſtmeter ver» rechnet = 360% des Haubarkeitsertrags. Aber wiederum haben die im 85. Jahre dominierenden 736 Stämme faſt ausſchließlich den Zuwachs vom 40. bis 85. Jahre geliefert, während die weiter im 40. Jahre vorhandenen 2712 Stangen nahezu paſſiv geblieben ſind. Denn die 736 Stangen hatten im 40. Jahre einen Maſſengehalt von 24 Feſtmeter; im 85. Jahre dagegen 409 Feſtmeter; folglich Haubarkeitszuwachs 385 Feſtmeter per Hektar. Die weiteren 2712 Stangen hatten im 40. Jahre Vorrat 97 Feſt⸗ meter; während ein Ertrag von 124 Feſtmeter vom 40. bis zum 85. Jahre berechnet wird, — folglich Zwiſchennutzungszuwachs — 27 Feſtmeter = 7% des geſamten Zuwachſes von 412 Feſtmeter. 4) Im weſtlichen Weſergebirge (Revier Gandersheim, Aebtiſſinnenberg) wird auf tiefgründigem Muſchelkalkboden die erſte Durchforſtung vor dem 30. Jahre und ſo eingreifend vollzogen, daß nahezu ein 15jähriger Zeitraum verfließen muß, bevor die zweite Durchforſtung vorgenommen werden kann; man verſchafft den wuchskräftigſten, dominierenden Stangen und Stämmen ſogar durch den Aushieb anderer dominierender Stämme mit dünnen Kronen Wachsraum für die nächſte Zeit. Allein aus der Nachweiſung der Stammgrundflächen geht hervor, daß die gegebene Stellung für die genügende Entwicklung des Kronenwachstums nicht zureichend war. Wir haben geſehen, daß bei der freiwüchſigen Erziehung der Die geräumige Stellung der Waldbäume zc. 205 Waldbäume die Stammgrundfläche per Hektar 20—21 qm nicht überſchritten werden darf, während dieſelbe in der Hartigſchen Erfahrungstafel im 60. Jahr 26 qm per Hektar beträgt und alsbald auf 29 qm per Hektar ſteigt. Demgemäß haben auch in dieſem Buchenbeſtand die 248 Stämme, welche im 100. Jahre per Hektar dominierten, den weitaus größten Teil der Maſſenmehrung vom 60. bis zum 100. Jahre geliefert, während die im 60. Jahre weiter vorhandenen 416 Stangen zurückgeblieben ſind. Für das 100. Jahr wird ein Haubarkeitsertrag von 622 Feſtmeter nach— gewieſen und für Vornutzungen werden 401 Feſtmeter = 640% des Haubarfeits- ertrags verrechnet. Die genannten 248 Stämme hatten im 60. Jahre einen Maſſengehalt von 219 Feſtmeter, dagegen im 100. Jahre 622 Feſtmeter, folg— lich Haubarkeitszuwachs 403 Feſtmeter per Hektar. Dagegen hatten die weiteren 416 Stangen im 60. Jahre einen Maſſenvorrat von 173 Feſtmeter, es wird ein Ertrag von 215 Feſtmeter vom 60. bis 100. Jahre verrechnet, folglich Zwiſchen— nutzungszuwachs 42 Feſtmeter = 90% des geſamten, vom 60. bis 100. Jahre erfolgten Zuwachſes von 445 Feſtmeter *). Veranlaßt durch dieſes ſonderbare Verhalten der Stammklaſſen habe ich hierauf in den Jahren 1878 — 1882 die Wachstums— leiſtungen der Fichte, Kiefer und Rotbuche im freien Stande und im Kronenſchluſſe unter den verſchieden— artigſten Standortsverhältniſſen vom Fichtelgebirg bis in die Nähe des Speſſarts — in den hier zerſtreut liegenden Waldungen meines gegenwärtigen Verwaltungsbezirkes — vergleichend ermittelt. Leider fanden ſich für dieſe Unterſuchung keine nebeneinander auf gleicher Standortsklaſſe wachſende und darum vergleichungs— fähige Beſtände vor. Abgeſehen von den minder wichtigen Buchen— beſtänden waren die geſchloſſenen Fichten- und Kiefernbeſtände auf dem fetten, feuchten, tiefgründigen und lockeren Boden der Thal— ſohlen erwachſen und die freiſtämmigen Kiefern und Fichten auf ) Der Verfaſſer wurde durch eine ſonderbare Erfahrung veranlaßt, die genannten Ertragstafeln in dieſer Richtung zu prüfen. In den Jahren 1863— 1867 unterſuchte derſelbe, zur Ermittelung von örtlichen Ertragstafeln, den Zuwachs— gang der Buchen- und Kiefernbeſtände im bayeriſchen und badiſchen Odenwalde, indem er geſondert den Zuwachsgang der ſtärkſten 555 Stämme der haubaren Beſtände (per Hektar) ermittelte. Nachdem die Ertragstafeln fertig waren, zeigte ſich die überraſchende Erſcheinung, daß in einzelnen Fällen der Geſamtzuwachs des Vollbeſtands vom 50. Jahr an geringer war, als der Zuwachs der genannten 555 Weiſerſtämme. Die betreffenden Ertragstafeln waren ſonach unrichtig. (Die— ſelbe Erſcheinung wiederholt ſich, wie wir im letzten Abſchnitt ſehen werden, bei den Ertragstafeln von R. Hartig und Wimmenauer). 206 Sechſter Abſchnitt. den umſchließenden, teils trockenen und durch die Mittelwaldwirt— ſchaft in der Produktionskraft geſchwächten Bergwänden. Indeſſen kann man mit Sicherheit annehmen, daß die Thalſohlen mindeſtens einen um 2 Feſtmeter per Hektar höheren Jahreszuwachs haben, als die Bergwände — zumal die ausgeſuchten, normal beſtockten Probeflächen, die unterſucht worden find — denn ſchon die größeren Fichtenbeſtände in den Thalſohlen hatten einen Ausfall von 1,7 Feſt⸗ meter Jahreszuwachs gegenüber den Probeflächen. Bei der genannten vergleichenden Berechnung iſt vorausgeſetzt worden, daß alle zehn Jahre, beginnend mit dem 30. Jahre, eine Lichtung erfolgt und hier— bei eine Stammzahl belaſſen wird, welche am Ende des Jahrzehnts, unmittelbar vor der Lichtung, bis zu einer Stammgrundfläche von 30,7 qm per Hektar bei der Fichte und Kiefer und bis zu 19,6 qm per Hektar bei der Rotbuche an— gewachſen iſt. In den freiſtändig erwachſenen 50 —70jährigen Fichtenhorſten wurde dieſe Stammgrundfläche auf den genannten Bergwänden gefunden und dabei hatten ſich die Stämme genau, wie die benachbarten Freiſtämme im Mittel— walde nach Höhe und Durchmeſſer entwickelt. In oberholzreichen Mittelwaldungen findet man häufig 20—22 qm, wenn Rotbuchen und Eichen vorherrſchen und 28-30 qm, wenn Nadelhölzer zahlreich beigemiſcht find. Die Rotbuche ent» wickelt ſich, wie wir oben geſehen haben, im Solling bis zu einer Grundfläche von 22 qm freiſtändig, der Zuwachs der Stämme (Probefläche Kugelberg) be— trägt per Jahr 0,0233 Feſtmeter, der mittlere Zuwachs der völlig freiwüchſigen Buchenſtämme, welche der Verfaſſer in Urſpringen und Holzkirchen unterſuchte, bei gleicher anfänglicher Grundſtärke im Mittel 0,0236 Feſtmeter per Jahr. Aber man kann immerhin einwenden, daß ein größerer Wachsraum, namentlich vor dem 60. Jahre erforderlich ſei und bei den ſpäteren Freihieben die entſprechende Stammgrundfläche nicht genau eingehalten werden könne. Ich will, um allen Einwendungen vorzubeugen, die 20jährige Wiederholung der Lichtungshiebe, wie im Mittelwalde, vorausſetzen und weiter unterſtellen, daß die freiwüchſigen Stämme vor der Lichtung zwei Drittheile der Stammgrundfläche des geſchloſſenen, gleichalterigen Beſtands auf gleicher Standortsgüte erreicht haben. Das iſt die Beſtockungsform des oberholzreichen Mittelwaldes; im Lichtungsbetrieb findet, wie ich bei der Kiefer nachweiſen werde, eine viel größere Stammzahl freien Wuchs und es läßt ſich demgemäß ein viel höherer Wert— zuwachs erreichen, wie wir berechnen werden *). Was zunächſt die Wachstumsleiſtung der wichtigſten Holzart, der Fichte, in geſchloſſenen Beſtänden und im Freiſtand betrifft, ſo berechnen ſich bei dieſer ) Bei der angenommenen, ſehr weiten Stellung erhält z. B. die 40jährige Fichte einen größeren Wachsraum, als die 100jährige Fichte im Kronenſchluß durchſchnittlich hat. Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 207 Voraus ſetzung für die 100jährige Umtriebszeit“) folgende Erträge an Grobholz (exkl. Reisholz) per Hektar: Schlußerziehung, 100jähriger Umtrieb: Haubarkeitsertrag .. eee. Zwiſchennutzung nach Burckhardt. n 7 Zuſammen 659 Feſtmeter. Freiwüchſige Erziehung, 100jähriger Umtrieb: Zwiſchennutzung vor dem 40. J ahne. 9 Feſtmeter, Hichtungsbhien im 10. Jahre 157 5 Desgleichen „ 60. „ eee es „ Desgleichen „ 80. „ een € ii hefe 1410 Zuſammen 756 Feſtmeter. Mehrertrag nahezu 100 Feſtmeter. Es iſt ſomit, ſelbſt bei dieſer meit- gehenden Lichtſtellung, ein geringer Jahresertrag, wie bei der Schlußerziehung, zunächſt für die Fichte (und die im allgemeinen gleiches Verhalten zeigende Weißtanne) nicht zu vermuten. Die Wachstumsleiſtungen der Kiefer wurden in erſter Reihe auf den gleichen Standorten, wie die Fichtenbeſtände, unterſucht. Da die Kiefer keine größere Aſtverbreitung wie die Fichte im Verhältnis zum Stammdurchmeſſer hat, auf volle Freiwüchſigkeit bis zu einer Stammgrundfläche von 27—29 qm örtlich konſtatiert wurde, ſo können wir die Lichtung im 40. und 60. Jahr und den Abtrieb im 85jährigen Alter und im übrigen die Annahmen wie bei der Fichte zu Grunde legen. Es berechnet ſich in dieſem Falle für die Söjährige Umtriebszeit ein Maſſenertrag per Hektar: Schluß beſtände, 85jähriger Umtrieb, Haubarkeits- und Zwiſchennutzungs— ertrag bis zum und im 85. Jahr (nach den Aufnahmen in den jüngeren Beſtänden und dem von Weiſe angenommenen Zuwachsgang) höchſtenfalls 460 — 510 Feſtmeter. Freiwüchſige Erziehung, 85jähriger Umtrieb. Zwiſchennutzungsertrag vor dem 40. Jahre. .. 44 Feſtmeter, CCCCCC%%%%%VC . T1286 5 5 5 0 J Er 118 5 CC 1 Zuſammen 586 Feſtmeter, ſomit ein Mehrertrag von circa 100 Feſtmeter. Von einem Ertragsverluſt infolge der Lichtſtellung im 40jährigen Alter kann ſomit keine Rede ſein — und das wollte ich zweifelſüchtigen Leſern gegenüber konſtatieren, indem ich für den Lichtungsbetrieb ſehr ungünſtige, kaum zuläſſige Vorausſetzungen unterſtellt habe. Auf zweiter und dritter Standortsklaſſe ſcheint die Kiefer durch den ) Ich unterſtelle bei dieſer Vergleichung die bisher in Deutſchland üblichen mittleren Hochwaldumtriebszeiten (ef. ad J). 208 Sechſter Abſchnitt. Lichtungsbetrieb noch günſtiger fituiert zu werden, wie auf der erſten Standorts klaſſe. Die Stämme, welche hier den ſpäteren Haubarkeitsbeſtand bilden, haben einen längeren und härteren Kampf zu beſtehen, als auf erſter Standortsklaſſe und ſind für die Lichtung dankbarer. Es berechnet ſich für die zweite Stand— ortsklaſſe ein Mehrertrag von 60 %% f und für die dritte Standortsklaſſe in Mehrertrag von 52 0%, wenn der Lichtungsbetrieb mit ähnlicher Stamm— ſtellung, wie oben, durchgeführt wird. Die vergleichende Unterſuchung und Berechnung für die Rotbuche (bei Vorausſetzungen, die für dieſe Holz— art nach den oben erwähnten Erſcheinungen im Solling vollkommen zuläſſig ſind) ergibt hier der Lichtungsbetrieb einen Mehrertrag an Holzmaſſe von ca. 38 — 400%. Beſonders bemerkenswert iſt die vom Verfaſſer nachträglich konſtatierte Erſcheinung, daß auf einem ähnlichen Standort, wie ihn die Mittelwaldſtämme einnehmen, ein 102jähriger Kiefern beſtand, deſſen Stämme bis zum 40—50. Jahre frei erwachſen und hierauf in Schluß getreten waren, 742 Feſtmeter Haubarkeitsertrag bis zum 102. Jahre produziert hatten, alſo 7, Feſtmeter Haubarfeits- Durchſchnittszuwachs per Jahr, während die geſchloſſenen Beſtände nur 5,0—6,0 Feſtmeter Geſamtzuwachs und nur 4—5 Feſtmeter Haubarkeitszuwachs per Hektar und Jahr hervorzubringen vermögen. Dieſe Stämme waren 5,7 m höher, als die gleichalterigen Mittelwaldſtämme und ſogar 2,6 m höher, wie die geſchloſſenen Beſtände in den Thalſohlen. Man wird vielleicht bei den weiteren Unterſuchungen finden, daß das Maximum des Maſſenertrags und Höhenwuchſes nicht im Kronenſchluſſe, aber auch nicht im völlig freien Stande erzielt werden wird. Vielleicht iſt es genügend, wenn die Waldbäume in der Jugendzeit zu wuchskräftigen Stämmen herausgebildet werden. Wenn ſich dieſe vollkronigen, wuchs— freudigen Stämme auch ſpäter zum lockeren Kronenſch luß gegen— ſeitig nähern, ſo können vielleicht die Lichtſtrahlen tiefer in den Kronenraum eindringen und die arbeitenden Blattzellen ausgiebiger beleuchten, als im dicht geſchloſſenen Beſtande. Es iſt möglich, daß eine viel größere Stammzahl, als ſie oben angenommen worden iſt, für die Holzproduktion benutzt werden kann und dadurch Maſſen- und Wert— erträge erzielt werden, welche die oben für den Lichtungsbetrieb mit weit— gehender Freiſtellung der Stämme berechneten Erträge ſehr weſentlich übertreffen. Weitere Unterſuchungen in die ſer Richtung ſind dringend nötig und überaus wichtig. N Schließlich will ich die Ergebniſſe in größeren Wirtſchaftsbezirken, welche ich durch den ſeit 1868 ein— geführten Lichtungsbetrieb erzielte, hier mitteilen)). Sie ſind zunächſt für die Bezirke Holzkirchen und Urſpringen vergleichungsfähig. ) Ich mache auf dieſe ſeit 1868 geſammelten Erfahrungen vor allem die Waldbeſitzer, denen dieſe Blätter in die Hände fallen, aufmerkſam. Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 209 a. Im kleinen Wirtſchaftsbezirke Holzkirchen (165 ha) beſtand bis 1868 der Buchenmittelwaldbetrieb und ſollte nach der Forſt— einrichtung vom 1. Auguſt 1865 mit 36jähriger Umtriebszeit fort— geſetzt werden. Der Grobholzertrag (exkl. Reisholz und Stockholz) wurde von meinem Dienſtvorgänger auf 372 Feſtmeter feſtgeſetzt, per Hektar 2,26 Feſtmeter. Der Boden entſtammt dem bunten Sandſtein und iſt ein lehmiger Sandboden, auf dem die Rotbuche in reinen Hochwaldbeſtänden höchſtenfalls 2,5 Feſtmeter Grobholz— ertrag (inkl. Zwiſchennutzungen) per Jahr und Hektar liefern würde, für 165 ha ſonach 412 Feſtmeter (im benachbarten Staatsforſt— revier Waldbrunn mit beſſerem Boden [Muſchelkalk] beträgt der Abgabeſatz nur 2,39 Feſtmeter per Hektar und Jahr). Ich benutzte dieſen kleinen Bezirk als größere Verſuchsfläche, ließ zunächſt die anbrüchigen Eichenoberſtänder, das unterdrückte und ſonſt nicht mehr wuchsfähige Holz fällen und gab den Beſtänden behufs Ueberführung zum Hochwalde eine ſo lichte Stellung, daß der Kronenſchluß auf 6—8 Jahre unterbrochen wurde, ohne Rück— ſicht auf den nachhaltigen Abgabeſatz. Im Sommer 1872 wurde zum Zweck der Vergleichung der Holzvorrat bis herab zu Stangen von 12 em Bruſthöhendurchmeſſer ſtammweiſe aufge— nommen und die Maſſe und der Wert genau berechnet. Dieſe Aufnahme wurde im Sommer 1878 und Frühjahr 1884 wiederholt. Es wurde zunächſt folgender Maſſenzuwachs an Grobholz konſtatiert: Vorrat im Jahre 1872: N Buchen und einige andere Holzarten . 48,5 Feſtmeter per Hektar, 1853 7 Pr 1 Zuſammen 63,8 Feſtmeter per Hektar. In den Jahren 1872 bis 1878 wurden genutzt 41,5 Feſtmeter per Hektar, Es ſind ſomit in den Beſtänden verblieben 22,3 Im Jahre 1884 wurde folgender Vorrat gefunden: III 5 Festmeter per Hektar, e ee Fe 5 1 7 71 [2 7 Zuſammen 97,2 Feſtmeter per Hektar. Folglich Zuwachs 74,9 Feſtmeter per Hektar. Die Beſtände find nur durchſchnittlich 8— 10 Jahre im Lichtungszuwachs geſtanden. Rechnet man indeſſen 12 Jahre, ſo beträgt der Jahreszuwachs per Hektar 6,24 Feſtmeter (ſtatt der etatiſierten 2,26 Feſtmeter). Nicht minder auffallend war das Verhalten der Wertproduktion — nicht nur infolge der rapiden Maſſenvermehrung, ſondern gleichzeitig infolge des Qualitätszuwachſes der ſtark zunehmenden Eichen und der gutwüchſigen und darum Wagener, Waldbau. 14 210 Sechſter Abſchnitt. belaſſenen Unterholzſtangen, die nunmehr raſch zu Prügelholz erſtarkten. Bei der Forſteinrichtung im Jahre 1865 war der jährliche Geldertrag auf 30,8 M. per Hektar berechnet worden. Der Lichtungsbetrieb ergab dagegen Folgendes: Wertvorrat per Hektar im Jahre 1872 (inkl. Unterholz) . 1147 M. Nutzung von 1872—1884 (bei Verrechnung der 1872 zu Grunde gelegten Preiſei)uy 747089 Notvatsreiiireiin ns e . = Wertvorrat im Jahre 1884 (bei geſunkenen Holzpreiſen und exkl. der Stangen unter 10 em Bruſthöhendurchmeſſer) 1450 M. Folglich Zuwachs 1085 M. Bei einer ſehr ungünſtigen Vorausſetzung, bei der Annahme, daß die oben genannten 782 M. per Hektar ſämtlich im Jahre 1872 genutzt worden wären, ergibt ſich ein jährlicher Zuwachs von 90,4 M. per Hektar — 24,9 0% von 363 M. Wertvorrat. Thatſächlich iſt der Wertzuwachs größer, da im Mittel 3 Jahr lang der Zuwachs der früheren Mittelwaldbeſtockung in den meiſten Be— ſtänden verblieben iſt. Der letztere wurde, wie geſagt, auf 30,8 M. per Hektar und Jahr im Jahre 1865 beſtimmt. Dieſes ſtaunenswerte Reſultat überraſchte mich ſchon 18785) in ſo hohem Maße, daß ich die Buchen im Holzkirchener Bezirke ſelbſt ) Zunächſt vermute ich eine ähnliche Erſcheinung, wie fie an den Ober— holzſtämmen des Mittelwaldes nach dem Hieb des Unterholzes zu beobachten iſt. Sie legen ſehr breite Jahrringe auf, die aber allmählich ſchmäler werden, wenn ſich das Unterholz wieder ſchließt. Dieſe Erſcheinung wird manchen Fachgenoſſen rätſelhaft geblieben ſein. Aber wir wiſſen, daß die Verweſung der Humus— beſtandteile mit der Erwärmung des Bodens progreſſiv ſteigt. Wir finden ſonach eine Beſtätigung der im zweiten Abſchnitte ausgeſprochenen Vermutung über die Wirkung der Zunahme der Kohlenſäure in der Waldluft auf die Thätigkeit der Aſſimilationsorgane. Die Entblößung des Bodens konnte indeſſen, wie ich mir ſagen mußte, die gewaltige Zuwachsſteigerung nicht hervorrufen, denn derſelbe war beſchattet geblieben und nur ein ſehr ſpärlicher Graswuchs hervorgetreten. Zudem war die Auslichtung ſchon 1868 begonnen und erſt die genaue Meſſung aller Stämme 1872 vollzogen; 40 0% der Beſtände find von 1868 bis 1872 gelichtet worden; in dieſen Beſtänden hatte die Wirkung der genannten Erſcheinung 1872 größten— teils aufgehört und konnte den Zuwachs von 1872— 1878 nicht mehr beeinfluſſen. Man darf übrigens nicht überſehen, daß die Hauptmaſſe der Beſtockung von noch kräftigen Stockausſchlägen gebildet wurde; wenn die Stangen fehlen und ältere Mittelwaldoberhölzer die Beſtockung bilden, ſo läßt ſich dieſer Effekt nicht erreichen. Geſchloſſene Buchenhochwaldungen würden auf dieſem Standort nach den badiſchen Unterſuchungen etwa 4,6—5,6 Feſtmeter Zuwachs per Jahr und Hektar vom 50. bis 60. Jahre haben — die Hälfte der Samenhölzer im Lichtwuchsbetrieb (ef. S. 211). Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 211 zu befragen beſchloß, ob nicht ein Fehler bei der Kluppierung 2c. vorgekommen ſei. Ich ließ in dieſen Mittelwaldungen eine größere Zahl von Probeſtämmen fällen und ermittelte auf den Stamm— ſcheiben und Zopfabſchnitten genau den Zuwachs von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Die Antwort, die ich 1882 veröffentlicht habe, lautet für das hier maßgebende 50—60 jährige mittlere Holzalter: Maſſenzuwachs 8,09 Feſtmeter per Hektar und Jahr und Wert— zuwachs für Buchen 110,6 M. per Jahr und Hektar (ſtatt oben 6,24 Feſtmeter und 90,4 M.). Die überraſchende Wertmehrung iſt ſonach andauernd, was überdies 1884 konſtatiert wurde. b. Die Waldungen im Revier Urſpringen kann man in drei Kategorien trennen, die ſich hinſichtlich des Bodens und der Be— ſtockung verſchieden verhalten werden. Teils ſind die Mittelwald— beſtände während des hier zu betrachtenden Zeitraums 1872 bis 1878 fortgewachſen, indem das Unterholz Schluß bildete; hier wurden lediglich die anbrüchigen Eichen ausgehauen und dadurch Lücken verurſacht, die für den Lichtungszuwachs kaum in Betracht kommen. Die Buchenmittelwaldungen dieſer Gruppe beſtocken (mit größtenteils abſtändigen und unwüchſigen Eichen vereinzelt gemiſcht) einen tiefgründigen, höchſt fruchtbaren, vom Muſchelkalk erzeugten Lehmboden. Die in dieſer Weiſe behandelten, 209,2 ha großen Beſtände hatten 1874 einen Wertvorrat inkl. Unterholz von ... 1993 M. per Hektar. Genutzt wurden: von 1874-1878 „s M. per Hella (Faſt lediglich a Eichenſtarkhölzer. ) Es find verblieben .. e 1627 . per eat. Im Jahre 1878 wurden 8 055 ziemlich übereinſtimmenden Preiſen) über 10 em Durchmeſſer .. ae te JEDES, Hierzu Stangen unter 10 cm (Magimalbekrag geſchätzt zu) > ee Zuſammen 1978 M. Folglich Zuwachs 351 M.; — per Jahr (für 6 Jahre gerechnet) 58,5 M. und 3,05 0%). Neben und zwiſchen dieſen Mittelwaldbeſtänden beſtocken gleich— Die Vergleichung des Rohmaſſenzuwachſes, die wegen der nicht ge— meſſenen Stangen unter 10 em Durchmeſſer nicht genau ſtattfinden konnte, würde ungefähr einen Zuwachs von 3—4 Feſtmeter per Hektar und Jahr ergeben haben. 212 Sechſter Abſchnitt. falls Buchenmittelwaldungen einen etwas beſſeren Boden, der im Buchenhochwaldbetrieb den Zuwachs ca. 1 Feſtmeter per Hektar und Jahr erhöhen würde. Dieſe Mittelwaldungen haben einen ſo reichen Oberholzſtand, daß ſie faſt hochwaldartiges Anſehen gewonnen haben. Am Ende der ſechs Jahre, nachdem die ſtarken, meiſtens anbrüchigen Eichen ausgehauen und ſonſtige Lichtungen vorgenommen worden waren, fanden ſich durchſchnittlich noch 17,6 qm Stamm— grundfläche per Hektar, genau dem Lichtungsbetriebe (Buchen) ent— ſprechend. Während in den ſoeben betrachteten Beſtänden unter den Stämmen über 30 em Bruſthöhendurchmeſſer — mit 78 Felt: meter per Hektar — ein dichtes Unterholz freudig emporwächſt, bewirken auf dieſem beſten Boden die Stämme über 30 em mit 111 Feſtmeter und einzelnſtehende geringere Stämme und Stangen eine ſolche Kronenannäherung, daß faſt nur ein dürftiges Boden— ſchutzholz gedeiht. Auf dieſen 91,5 ha waren die Eichen bereits kurz vor 1872 aus⸗ gehauen. Die Nachhiebe bezweckten in erſter Linie die weiteren Lichtſtellungen und lieferten zumeiſt Brennholz. Es fand er ah wie oben) 1872 ein Wertvorrat von Ka: . . 2352 M. per Hektar, Genu wrde ee a 2 r Es find verblieben 2061 M. per Hektar. Im Jahre 1878 wurden gefunden . .. 3094 M. per Hektar. Folglich Zuwachs.. 1033 M. per Henn per Jahr und per Hektar 172 M. — 82 M. mehr, wie in Holzkirchen (wo der Boden geringer und der Vorrat kleiner iſt), aber ſtatt 24,90% nur 8,30%). Endlich befinden ſich im Revier Urſpringen flachgründige, trockene Kalkköpfe mit ſehr geringer Bodengüte (vierte und fünfte Boden— klaſſe, bei Entblößung produktionslos). Die ebenſo dürftige Mittel— waldbeſtockung iſt ſchlechtwüchſig, kurzſchaftig ꝛc. und dabei finden ſich die Stämme über 30 em nur mit einer Holzmaſſe von 28,1 Feſt— meter per Hektar. Die Beſtockung wurde behufs Ueberführung zu Schälwald ſo ſtark gelichtet, daß Eichenunterwuchs einige Jahre zu wachſen vermocht hätte. Die Eichelſaaten ſind durch Mäuſe— fraß größtenteils zerſtört worden und die Beſtände wieder zuſammen— gewachſen. ) Der Maſſenzuwachs beträgt ungefähr 10—11 Feſtmeter per Hektar und Jahr. Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 213 Im Jahre 1872 wurde ein Wertvorrat auf dieſer 81,4 ha großen Fläche gefunden. „„ 86 M. per Hektar, Von 1872—1878 1 Bett e Es ſind verblieben ALERT er m per Hektar Im Jahre 1878 wurde ein Wertvorrat e bo one, , 1 Folglich Zuwachs.. 298 M. per Hektar = 50 M. per Jahr und 8,00% ), während aut dem zuerſt genannten, mit fort— wachſenden Mittelwaldungen und dichtem Unterholz beſtockten vortrefflichem Boden, der faſt durchgängig zum Weizenbau geeignet iſt, nur ein Wertzuwachs von 58,5 M. per Jahr und Hektar gefunden wurde. c. Ganz ähnliche Erſcheinungen ſind in den übrigen Bezirken meiner Verwaltung, in denen die früheren Mittelwaldſtände in der ad a. angegebenen Weiſe behandelt wurden (Aushieb der kranken und nicht mehr wuchsfähigen Oberhölzer und Lichtung des Unter— holzes durch Unterbrechung des Kronenſchluſſes für eine 6—8jährige Wachstumszeit), konſtatiert worden. Die Erörterung aller ver— gleichungsfähigen Beſtände würde indeſſen hier zu weit führen. Aber ich kann mir nicht verſagen, die Geſamtreſultate der Ein— führung des Lichtungsbetriebes in die fränkiſchen Waldungen der hieſigen Standesherrſchaft, ſoweit dieſelben bis zum Jahr 1868 im Mittelwaldbetriebe bewirtſchaftet worden ſind, mitzuteilen. Dieſe Ergebniſſe liegen bezüglich der Bezirke Urſpringen und Holzkirchen für die ſechs Jahre 1872 bis 1878 und bezüglich der Bezirke Rüdenhauſen, Caſtell und Seitenbuch für das Jahrzehnt 1868/78 vor. Die Durchſchnittspreiſe des Jahrzehnts 1858/68 und 1868/78 ſind nicht weſentlich verſchieden, weil die Jahre 1871—74 ſehr hohe Holzpreiſe hatten. Im Jahrzehnt 1858/68, vor Einführung des Lichtungsbetriebs, hat der jährliche Bruttogeldertrag per Hektar nahezu 34 M. betragen. Es wurde damals die Herabſetzung dieſes Abgabeſatzes begutachtet, auch teilweiſe bei Exper— tiſen für nötig erachtet“). Bei der 1868— 1872 vorgenommenen Vermeſſung der ſämtlichen Stämme und Stangen (über teils 10, teils 12 em Durchmeſſer in Bruſthöhe) fand ſich für das Jahr 1868 ein Wertvorrat von 1569 M. per Hektar. Geleitet durch die Der Maſſenzuwachs wird ungefähr 4,0—4,5 Feſtmeter per Hektar und Jahr betragen. ) Die bayriſchen Staatswaldungen, die vielleicht mit den doppelten Holz— vorräten ausgeſtattet ſind, liefern 1882/83 einen Bruttogeldertrag von 23,1 M. per Hektar und Jahr. 214 Sechſter Abſchnitt. Befürchtung eines ſtetigen Rückgangs der damals noch hohen Preiſe für Schiffs— bauholz und Brennholz habe ich zunächſt das unwüchſige Unterholz — die unter— drückten, eingezwängten Stangen und Stämme und vom Oberholz die faſt ſämt— lich anbrüchigen und unwüchſigen Eichenſtarkhölzer aushauen laſſen. Während der Periode 1871—76, als die Brennholzpreiſe einen von mir nicht erwarteten Aufſchwung nahmen, habe ich aus den Mittelwaldbeſtänden faſt lediglich Stangen und Stämme, die mit ihrem Wertzuwachs 10% nicht erreichten, zur Nutzung ge— bracht und die anderweite Anlage der Rentenüberſchüſſe mit einem Zinſenertrag von nahezu 4½ 0% bewirkt. Zugleich wurde die Abtriebszeit der älteren Nadel— holzhochwaldbeſtände und der vereinzelt in den Mittelwaldungeu ſtehenden Nadel— hölzer auf ſpätere Perioden des Einrichtungszeitraums verſchoben. In den beiden Bezirken Urſpringen und Holzkirchen betrug der Wertvorrat im Jahr 18222 1452 M er Genutzt wurden 18721878. 6 1 Sonach find verblieben .. „„ „ 1091 M pee Gefunden wurde 1878 (bei faſt 1 Ola reifen jedoch exkl. der Stangen unter 10 em Bruſtdurchmeſſer) ein Wertvorrat von . . 1612 M. per Hektar. Sonach Zuwachs .. 521 M. per Hektar. Für 6 Jahre durchſchnittlich jährlich 86,8 M. —= F8,03 0%. An dieſem Zuwachs partizipiert der (ſtark gelichtete) Bezirk Holzkirchen (bunter Sandſtein) mit höheren Prozenten, wie der Bezirk Urſpringen mit weit beſſerem Boden (Muſchelkalk). In den Bezirken Rüdenhauſen, Caſtell und Seitenbuch wurde 1868 ein Wertvorrat vofnnn:n; IE RE RES gefunden. Von 1868 bis 1878 wurden genntzt t 6 Es find ſonach verblieben. .. n Im Jahr 1878 wurde bei gleichfalls faſt eri dn Holzpreiſen ein Wertvorrat oonfnnn!nnn;; ee er. TE AED gefunden. Somit Zuwachs in 10 Jahren 683 M., und per Jahr 68,3 M. — 8,90%. Der Durchſchnittszuwachs für alle Bezirke beträgt (wenn man annimmt, daß die Beſtände in Urſpringen und Holzkirchen denſelben Zuwachs im Lichtungs— betrieb 1868 - 1872, wie 18721878 hervorgebracht haben würden) für das Jahrzehnt 1868/78 — 78 M. ſtatt der früher genutzten 34 M. Bei der an— gegebenen, ſcheinbar weit greifenden Uebernutzung iſt der frühere Wertvorrat nicht nur beſtehen geblieben, ſondern noch vermehrt worden. In den Kronenſchluß übergetretene, frühere Mittelwaldungen mit viel reichhaltigeren Holzvorräten, als in den Caſtellſchen Waldungen, finden ſich im angrenzenden Steigerwald (Forſt— ämter Mainberg, Eltmann und Ebrach). Die Nutzung beträgt in denſelben (8 Reviere) 4,17 R.-M. per Hektar und Jahr und bei dem hierorts anzunehmenden Mittelpreis von 9,5 M. per R.-M. — 39,6 M. In denjenigen Caſtellſchen Waldungen, in denen geſchloſſene Nadelholz— Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 215 (größtenteils Kiefern-) Hochwaldungen vorherrſchend ſind, habe ich den (dem Jahres— zuwachs entſprechenden) Abgabeſatz im Jahre 1868 auf Grund genauer Unter— ſuchungen auf 27,1 M. per Jahr und Hektar für eine durchſchnittlich 73jährige Umtriebszeit feſtgeſetzt; thatſächlich ſind nur 20,3 M. per Hektar genutzt worden. Wenn auch der Boden in den früheren Mittelwaldbezirken etwas beſſer iſt, als in den Kiefernbezirken, jo würde man nicht mehr als höchſtens 40 — 45 M. per Jahr und Hektar nachhaltig gewinnen können, während die größtenteils in Lichtwuchs gebrachten früheren Mittelwaldungen einen Zuwachs von 78 M. per Jahr und Hektar geliefert haben. Man darf nicht überſehen, daß dieſe Wirkung gegenüber dem geſchloſſen auf— wachſenden Mittelwalde vor allem durch frei geſtellte Stockausſchläge und die vereinzelt zwiſchen dem Unterholze ſtehenden Nadelholzſtangen hervorgebracht worden iſt, denn das Baumholz hat auch im Oberſtande des Mittelwaldes größtenteils freien Wachsraum. In dieſen gelichteten Beſtänden ſind Beſchädigungen durch Sturm, Schneedruck, Inſekten ꝛc. nirgends vorgekommen. Weitere Unterſuchungen, denen man Beweiskraft beilegen kann, babe ich leider in der Forſtlitteratur nicht aufzufinden vermocht. Die badiſchen Unterſuchungen über den Wachstumsgang der Wald— bäume im freien Stande ſind nicht vergleichungsfähig. III. Was leiſtet die rechtzeitige Auslichtung der Holzbeſtände für die Starkholzproduktion ? In der erſten Abteilung dieſes Abſchnittes habe ich nach— gewieſen, daß die herkömmliche Erziehung der Waldbäume im vollen Kronenſchluß bei den jetzt beſtehenden Umtriebszeiten unvermögend iſt, die für den Holzkonſum und deſſen hauptſächlichen Faktor, den Sägebetrieb, erforderlichen Starkhölzer in genügendem Maße zu erzeugen. Dieſer Erhöhung der Umtriebszeiten, deren volkswirtſchaftliche Uuzuläfiigkeit wir im achten Abſchnitt kennen lernen werden, müßte man ſehr weite Grenzen ſtecken, denn im Kronenſchluſſe vermehren die Waldbäume nach dem S5— 100. Jahre ihren Durchmeſſer ſehr langſam und unbeträchtlich. In 40 Jahren vom 100. bis 140. Jahre vermag der Mittelſtamm in geſchloſſenen Fichten⸗ und Kiefernbeſtänden, wenn man nach den bis jetzt vor— liegenden Unterſuchungen urteilen darf, nicht mehr als 4 bis höchſtens 10 em zuzunehmen. 216 Sechſter Abſchnitt. Ich habe hierauf in der zweiten Abteilung dieſes Abſchnitts gezeigt, daß die rechtzeitige Auslichtung weder den Höhenwuchs der Waldbäume zu hemmen, noch eine Verringerung der Quantität des Holzertrags zu bewirken vermag. Wir haben geſehen, daß man die ausgiebige Starkholz gewinnung ſogar mit einer Steigerung des Quantums der Holzmaſſe ermöglichen kann. Man wird jedoch einwenden, daß die ausgiebige Nu holz: gewinnung für die im Lichtwuchsbetrieb noch nicht nachgewieſen worden iſt. Man wird ſagen: wir haben bis jetzt erfahren, daß der Höhenwuchs und Maſſenwuchs nicht verringert wird und ſelbſt— ſtändlich wird der untere Durchmeſſer viel ſtärker anwachſen, wie bei den Schlußſtämmen. Allein die Freiſtämme haben, jo kann man einwenden, eine andere Schaftbildung, es mangelt ihnen die walzenähnliche Form und deshalb wird die Forſttechnik mit der Erziehung im Kronen— ſchluſſe höhere Nutzholzprozente erreichen; ſie wird Stämme gewinnen, welche länger ſind und infolge der Walzenform größere Nutzholzlängen liefern, als im Freiſtand. Auf Grund der Unterſuchungen Burckhardts über die Abnahme der Durchmeſſer bei Kiefern und Fichten und unter Zuhilfenahme der Meſſungen des Verfaſſersk) wollen wir nunmehr die Frage zu beantworten ſuchen: wie ſtellt ſich das Verhältnis in der Sägeholzausbeute zwiſchen der Schlu ß— erziehung und der Lichtſtanderziehungbeiglei— cher Standesortsgüte und gleicher Umtriebszeit? 1) Die Fichte liefert in geſchloſſenen Beſtänden — auf den Bergabhängen, auf denen der Verfaſſer die freiwüchſigen Fichtenſtämme fällen ließ, höchſten Falls einen Haubarkeitsertrag von 400—450 Feſtmeter Derbholz per Hektar. Im Mittel werden die Stämme einen Bruſthöhendurchmeſſer von 22—25 em haben und kaum einen kurzen Sägeholzabſchnitt, vielmehr vorherrſchend ſchwaches Bauholz, Stan— gen ꝛc. liefern. Wir ſind deshalb genötigt, ungleiche Standortsgüte zu vergleichen — den Fichtenwuchs der geſchloſſenen Beſtände in den ad II genannten Thälern mit dem Fichtenwuchs auf zweiter Standortsklaſſe, den Bergwänden. a. In den Thälern auf erſter Standortsklaſſe iſt nach dem Fällungsergebnis eines 21,02 ha großen geſchloſſenen Beſtands ein Haubarkeitsertrag von *) Andere vergleichungsfähige Unterſuchungen ſind mir leider nicht bekannt geworden. Die geräumige Stellung der Waldbäume ꝛc. 217 560 Feſtmeter und ein durchſchnittlicher Bruſthöhendurchmeſſer von 33,6 cm für die 100jährige Abtriebszeit anzunehmen. Die Gipfelhöhe beträgt nach örtlichen Höhenmeſſungen 27,1 Meter, ſonach der Inhalt (bei der gleichfalls örtlich er— mittelten Grobholzformzahl 0,444) = 1,067 Feſtmeter. Nach Burckhardt und den örtlichen Ermittelungen über die Durchmeſſerabnahme (1 em per Längenmeter) berechnet ſich ein Nutzholzanfall bis 22 em Zopfſtärke: 76,90 — 430,3 Feſt⸗ meter. Für die erſte Standortsklaſſe, den vortrefflichen, lockeren und feuchten Boden der Thalſohlen, kann man ſonach eine jährliche Sägeholzproduktion von 4,3 Felt: meter per Hektar und 100 Jahre annehmen. Durch die Durchforſtungen wird Sägeholz nicht mit nennenswerten Quantitäten gewonnen werden können, ſondern nur ſchwächeres Bauholz. b. Auf der zweiten Standortsklaſſe, auf dem durch die Mittelwaldwirt— ſchaft im Ertrag geſchwächten und an ſich viel weniger fruchtbaren Boden der Bergwände, würden geſchloſſene Fichtenbeſtände im 100. Jahre, wie geſagt, vor— herrſchend ſchwächeres Bauholz und nur wenig Sägeholz liefern. Indeſſen wollen wir annehmen, daß die Stämme die gleiche Mittelhöhe und den gleichen Durch— meſſer erreichen, wie die Stämme im Thalgrund, daß ſonach von den an den Bergwänden im höchſten Falle zu erwartenden 400—450 Feſtmeter per Hektar gleichfalls 76,90% zu Sägeholz verwertet werden können. Bei dieſer Annahme, welche ſelbſtverſtändlich die Leiſtungsfähigkeit des geſchloſſenen Beſtandwuchſes ſo— wohl hinſichtlich der Maſſenerzeugung, als der Nutzholzausbeute überſchätzt, würde die Schlußerziehung auf den Bergwänden einen jährlichen Sägeholzertrag von 3,27 Feſtmeter per Hektar durchſchnittlich in 100 Jahren zu liefern vermögen. Auf dem gleichen Standort liefert die freiwüchſige Erziehung der Fichte offenbar die geringſten Erträge, wenn man die dem oberholzreichen Mittel— wald entſprechende Stammſtellung wählt und die Lichtungen mit 20jähriger — ſtatt 5= oder 10jähriger — Wiederkehr annimmt. Indeſſen will ich, um nach jeder Richtung ſicher zu gehen, dieſe 20jährige Lichtung unterſtellen. Wenn die Fichtenbeſtände zwei Dritteile der Grundfläche, welche Baur und Lorey für die dritte Standortsklaſſe (den Bergwänden ungefähr entſprechend) nachgewieſen haben, erreicht hat, ſo iſt die Lichtung vorzunehmen, die ſo ſtark zu greifen iſt, daß die Stämme 20 Jahre lang völlig freie Entwicklung finden können. Die Abnahme des Durchmeſſers wurde für freiwüchſige Fichten durch umfangreiche örtliche Meſſungen auf 1,6 em per Längenmeter im großen Durchſchnitt beſtimmt. Bis zu 22 em am oberen Ende läßt ſich bei dieſer Stammſtellung und der 100jährigen Umtriebszeit Sägeholz mit folgenden Quantitäten und Dimenſionen gewinnen: (Siehe Tabelle nächſte Seite.) Dieſe drei Hiebe liefern ſomit bei der angenommenen weiten Stammſtellung 4,01 Feſtmeter Sägeholz per Hektar und Jahr, während die geſchloſſene Er— ziehung auf erſter Standortsklaſſe nur 27—28 em mittleren Durchmeſſer des Nutzholzabſchnitts hervorbringt und die Sägeholzproduktion mit einem Jahres— ertrag von 3,27 Feſtmeter per Hektar beträchtlich überſchätzt worden iſt, ſelbſt in den Thälern auf dem beiten Boden nur 4,3 Feſtmeter beträgt“). ) Ich habe hier die Frage zu erörtern, was die freiwüchſige Stellung der 213 Sechſter Abſchnitt. Nutzholzabſchnitt bis 22cm Sägeholzertrag. Maſſen⸗ am Zopfende. Hiebsart ertrag „„ 8 | 2 ver Inc nn Salat Hiebszeit. | & | &= [oca| & 2 * |®® : | | S . S | — m em I Feſtem. m em Feſtm. 60. Jahr, Lichtung 19,2 | 286 | 83,2 5,4 26,3 50% | 42,3 ren „ 224 38, 69% | 11,3 |.2312 1 900 1 7 100. „ Abtrieb | 25,3 | 45,5 | 365,5 | 16,0 | 348 | 84,1 1 2. Die Leiſtungen der geſchloſſenen Kiefernbeſtände für die Stark holzgewinnung ſind keineswegs günftiger. Für die Standortsklaſſe, welcher die Bergwände angehören, liefern die geſchloſſenen Kiefernbeſtände nach der oben ad I unter Zugrundelegung der Weiſeſchen Nachweiſungen für die dritte Standortsklaſſe vorgenommenen Berech⸗ nung im S5jährigen Umtrieb 1,26 Feſtmeter per Hektar und Jahr (bis 24 cm oberen Durchmeſſer). Weiſe nimmt 4,15 Feſtmeter Haubarkeits⸗Durchſchnittszuwachs für die 85jährige Umtriebszeit an und auch auf dieſen Bergwänden wird ein Haubarkeits⸗Durchſchnittszuwachs von 4,1—4,5 Feſtmeter per Hektar die Regel bilden, wie die Aufnahmen in den jüngeren Kiefernbeſtänden ergeben. Auf zweiter Standortsklaſſe mit einem Haubarkeits⸗Durchſchnittszuwachs von 5,4 Feſtmeter ergibt ſich (Berechnung el. ad I) 4,6 Feſtmeter Sägeholz per Hektar und Jahr. Die frei aufwachſenden Kiefern produzieren, wie die örtlichen Unterſuchungen in ſpäter zuſammengewachſenen Beſtänden ergeben haben, bis zu einer Stamm⸗ grundfläche von 27—29 qm per Hektar vollen Lichtungswuchs. Wenn man annimmt, daß bei den Lichtungen im 50. und 70 Jahre nur ſo viele Stämme ſtehen bleiben, daß die Stammgrundfläche vom 50. bis 70. und vom 70. bis 85. Jahre nicht höher als zu 28 qm anwachſen kann, ſo berechnen ſich bei einer mittleren Abnahme des Durchmeſſers von 2,3 em per Längenmeter, die örtlich als der Durchſchnitt umfangreicher Meſſungen für freiwüchſige Kiefern gefunden wurden, die folgenden Erträge und Dimenſionen: Waldbäume bei Einhaltung der bisher üblichen Umtriebszeiten leiſtet. Wir werden im achten Abſchnitt ſehen, daß die bisherigen Umtriebszeiten weſentlich ermäßigt werden können. Bei 100jähriger Umtriebszeit würden, wie die obenſtehende Nachweiſung ergibt, ſehr viele Nutzholzabſchnitte über 35 em tittenjtärfe anfallen, die nicht erforderlich ſind; ſelbſt auf geringerem Boden werden mit SOjähriger Umtriebszeit Abſchnitte mit 25 — 30 em mittleren Durch⸗ meſſer als Hauptmaſſe gewonnen werden. Die geräumige Stellung der Waldbäume ıc. 219 „ „ss. „21,6 | 485 | 280 || 119 | 388 | 75,7 212 | | Nutzholzabſchnitt Mittelſtamm. | bis 24 cm | Sägeholzertrag. | Maſſen. Zopfende. 3 : | | Hiebsart ertrag — und | 2 2 per | = 5 S = ; ; 1 se ; A = Hiebszeit. „ | Se I Hektar. | Su Seal |. 8 S = == | >= 2 8 8 2 Ss: j 25 = 2 a = = m | cm Feſtm. m em Feſtm. Lichtung im 50. Jahr. 18,3 29,4 | 123 3,6 | 283 | 379 47 20, 41,7 71 | 90 34,4] 63,9 45 Der Sägeholzertrag ſummiert ſich auf 304 Feſtmeter, entſprechend einem Jahresertrag von 3,58 Feſtmeter per Jahr und Hektar“). Es iſt gar nicht denkbar, daß die geſchloſſenen Kiefernbeſtände auf dem gleichen Standort dieſen Sägeholzertrag produzieren. In einem ſehr gutwüchſigen 110jährigen Kiefernbeitand **) mit 34,4 qm Stammgrundfläche per Hektar findet ſich in den Stämmen über 20 em Durchmeſſer ein Sägeholzertrag von nicht voll 2 Feſtmeter per Hektar und Jahr; 303 Stämme per Hektar liefern im 110. Jahre einen Nutzholzertrag von 217 Feſtmeter, während von den neben— ſtehenden freiwüchſigen Kiefern 151 Stämme im 85. Jahre 212 Feſtmeter Nutz— holzertrag liefern. Für die Entwicklung der Kiefer zu ſtarken Nutzholzſtämmen hat übrigens, wie es ſcheint, (die oben flüchtig erwähnte) Lichtung in den Jugendperioden her— vorragenden Wert. Dicht neben dem oben genannten geſchloſſenen Beſtand ſtehen durchſchnittlich 102jährige Kiefernbeſtände, die jetzt größtenteils geſchloſſen ſind und 491 Stämme mit im Mittel 39,3 em Bruſthöhendurchmeſſer und 28,6 m Höhe, ſonach die erſtaunliche Stammgrundfläche von 59,6 qm per Hektar haben. Sie ſind, wie die Stammſcheiben erkennen laſſen, bis zum 40. bis 50. Jahre völlig frei erwachſen, wie die benachbarten Mittelwaldſtämme, und erſt zwiſchen ) Nach den örtlichen Unterſuchungen, die auch das geringere Bauholz zum Nutzholz gerechnet haben (unter 24 em Zopfſtärke) würden folgende Nutzholz— Prozente für freiwüchſige Kiefern anzunehmen ſein: 50. Jahr — 800% 70. „ = 840% 85. „ = 880%. *) Dieſer jetzt geſchloſſene Beſtand findet ſich auf dem gleichen Standort wie die Mittelwaldkiefern. Aber die Stammform läßt die Vermutung zu, daß der Beſtand teilweiſe früher licht geſtanden hat und deshalb habe ich denſelben nicht zur Vergleichung bei meinen Unterſuchungen benutzt. 220 Sechſter Abſchnitt. dem 60. und 70. Jahre in Kronenſchluß getreten. Leider habe ich unterlaſſen, die Durchmeſſerabnahme an den Probeſtämmen zu ermitteln; wenn man indeſſen das Mittel aus der Durchmeſſerabnahme der Frei- und der Schlußſtämme nimmt, ſo berechnet ſich ein Nutzholzertrag von 4,83 Feſtmeter per Hektar und Jahr. Mit Sicherheit kann man ſagen, daß dieſe in der Jugendzeit freiwüchſigen Kiefern— beſtände 1½ bis 2fachen Nutzholzertrag der benachbarten geſchloſſenen Beſtände liefern. Sie ſind als ſtarke Stämme mit gut ausgebildeten Kronen in den Schluß getreten. 3) Für die hier zu erörternde Vergleichung brauche ich dem vorſtehenden ziffermäßigen Beweis, was die Fichte und Kiefer auf gutem Boden betrifft, kein Wort hinzuzuſetzen. Bezüglich anderer Holzarten ſtehen mir lediglich die Unterſuchungen zu Gebote, welche ich über die Wachstumsleiſtungen der minder wichtigen Rotbuche im freien Stande und im Kronenſchluſſe vorgenommen habe. Ich notiere deshalb nur, daß dieſe Holzart auf einem Boden, auf dem fie im geſchloſſenen Hochwald 4—5 Feſtmeter Geſamtertrag (von der Hauptnutzung und den Zwiſchennutzungen exkl. Stockholz) per Hektar und Jahr liefern würde, 6,65 — 7,87 Felt: meter Geſamtertrag im Lichtungsbetriebe mit 100jähriger Umtriebs— zeit per Hektar und Jahr gewährt. Dabei kommen im Abtriebs— alter Stämme mit 35,3 —40,7 em Bruſthöhendurchmeſſer und 16,2— 23,6 m Gipfelhöhe zur Nutzung. IV. Die Lrgebnife der vorſtehenden Anterſuchungen. Ich will, um den Ueberblick zu erleichtern, die Hauptreſultate der Unterſuchungen in dieſem Abſchnitt nachfolgend kurz zuſammen— faſſen: 1) Die pflanzenphyſiologiſchen Geſetze begründen keineswegs die Annahme, daß die größte Holzſtoffproduktion an das Vor— handenſein des dichten Kronenſchluſſes geknüpft ſei. 2) Da die größte Rohſtoffproduktion kein diskuſſionsfähiges Ziel des Waldbaues ſein kann, ſo muß unterſucht werden, was die geräumige und die dichte Stellung der Waldbäume für die Ge— winnung der gebrauchfähigſten Säge- und Bauholzſorten ꝛc. leiſtet. 3) Zu dieſem Zwecke muß man jedoch zunächſt zu erfahren ſuchen, welche Holzarten und Holzſorten von den hauptſächlichen Die geräumige Stellung der Waldbäume zc. 221 Zweigen des Holzverbrauchs begehrt werden und für die Zwecke der Holzkonſumtion die relativ größten Nutzleiſtungen haben. 4) Die Waldbäume müſſen, wenn ſie für die heutigen Ver— wendungszwecke des Bau-, Werk: und Nutzholzes in ausgiebiger Weiſe Verwendung finden und exportfähige Bretter und Bauhölzer liefern ſollen, mindeſtens einen Durchmeſſer von 22—24 em mit Rinde am oberen Abſchnitt haben. Hiernach iſt zu bemeſſen, welchen Gebrauchswert die im Schluß- und die im Lichtungsbetriebe erzogenen Waldbäume mit dem Hauptteil des Baumſchaftes haben. 5) Schon die oberflächliche Unterſuchung, die vorläufig bei dem Mangel aller ſicheren Anhaltspunkte möglich iſt, ergibt zweifellos, daß die beſtehenden Hochwaldumtriebszeiten für die ausgiebige Nutz⸗ holzgewinnung nicht ausreichend ſind, wenn man die Erziehung der Waldbäume im engen Kronenſchluß nicht aufgeben will. Auf mittelgutem Standort würde eine mindeſtens 30jährige Erhöhung der beſtehenden, durchſchnittlich 100 jährigen Umtriebszeiten nötig werden, die aus nationalökonomiſchen Gründen unzuläſſig iſt. 6) Die Einengung der Waldbäume zu einer ſeitlichen Spannung der Baumkronen verringert zunächſt ſehr weſentlich die Rohſtoff— produktion, die man bei einer geräumigen, jedoch nicht zu weit voneinander entfernten Stellung der Waldbäume erzielen kann, ſowohl in der Jugendzeit, als im Baumholzalter. Wenn es möglich wäre, den in Kronenſchluß getretenen Beſtänden ſchon im jugend— lichen Alter freien Wachsraum für eine 5jährige oder 10jährige Wachstumsperiode zu geben, ſo würden unzweifelhaft höhere, ſtärkere und nicht minder gebrauchsfähige Stämme mit größeren Maſſen per Flächeneinheit produziert werden, als bei Erhaltung des Schluſſes und Entfernung der unterdrückten Gerten und Stangen. Im Baumholzalter bewirkt die Oeffnung eines für die ſeitliche Ent— wicklung der Baumkronen ausreichenden Raumes eine ſtaunens— werte Zunahme der jährlichen Holzproduktion per Flächeneinheit im Vergleich mit dem Zuwuchs vor der Lichtung. 7) Aber auch die Produktion der nutzfähigſten Säge- und Bauhölzer iſt während der gleichen Wachstumszeit (der bisher ge— bräuchlichen Erntezeit) bei dem geräumigen Stande der Waldbäume weitaus größer, als im dichten Kronenſchluſſe. Siebenter Abſchnilt. Die Betriebsarten. Die regelloſe Durchplänterung der Holzbeſtände zur Gewinnung des benötigten Bau-, Werk- und Brennholzes, welche bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts in den deutſchen Waldungen vorherrſchend geübt worden war, ſtand im unvereinbarlichen Gegenſatz zur plan— mäßigen Ordnung der nachhaltigen Waldbenutzung. Man hat die regelloſe Femelwirtſchaft mit Recht verlaſſen. Aber die deutſche Forſtwirtſchaft hatte in der Wahl der Waldformen, die an die Stelle der durchplänterten Beſtände zu ſetzen waren, völlig freie Hand. Man kann nicht ſagen, daß eine gewiſſe Gleichförmigkeit und Gleichalterigkeit des Beſtandswuchſes nötig war, um die günſtigen Wirkungen des Waldes auf die Durchfeuchtung der Luft an den heißen Sommertagen, auf den Abfluß des Waſſers, die Speiſung der Quellen ꝛc. ſicherzuſtellen. Man kann ebenſowenig behaupten, daß die gleichwüchſigen Gertenhölzer, Stangenhölzer und angehenden Baumhölzer der landſchaftlichen Schönheit einer Gegend den gleichen Schmuck verleihen, wie die maleriſche Abwechslung ſchön geformter Bäume und Baumgruppen und namentlich die prächtigen, voll— kronigen Altholzſtämme, die dem Femelwalde entſtammen und noch heute in einzelnen Gegenden Deutſchlands, z. B. im bayriſchen Walde, unſere Bewunderung erregen. Die Forſttechnik konnte Beſtockungsformen wählen, welche das brauchbarſte Brenn- und Nutzholz in kürzeſter Zeit hervorgebracht haben würden; es war unbeſtritten die Aufgabe der Forſtwirte, zu unterſuchen, welche Werterträge einerſeits die holzreichen Femelwaldungen mit geord— Die Betriebsarten. 223 netem Vollzug der Nutzung und Verjüngung, ferner die dicht mit Oberhölzern beſtandenen Mittelwaldungen, überhaupt die nutz— bringendſte Gruppierung und Verteilung der Baumhölzer und anderſeits die dicht geſchloſſenen, gleichförmigen Samenholzbeſtände, der Ausſchlagwald und der oberholzarme Mittelwald liefern und diejenigen Beſtockungsformen, welche auf der höchſten Stufe der volks— wirtſchaftlichen Leiſtungskraft ſtanden, vorherrſchend einzubürgern. Seit Anfang dieſes Jahrhunderts bewirtſchaftet man die deutſchen Waldungen, welche der techniſchen Betriebsleitung unterſtehen, faſt ausſchließlich (ſicherlich mit 90% im ſog. Hochwaldbetriebe, im „ſchlagweiſen Samenholzbetriebe“. Die mannbaren Holz— beſtände werden entweder natürlich durch den Samenabwurf des Mutterbeſtands verjüngt — durch den „Femelſchlagbetrieb“ — oder der Nachwuchs wird durch Saat oder Pflanzung künſtlich begründet — durch den „Vorverjüngungs“- und „Kahlſchlagbetrieb“. Dieſe Samenhölzer wachſen im Kronenſchluſſe empor bis zur Hiebs— zeit im 80—120jährigen Holzalter; nur Vorwüchſe ꝛc., und die unter: drückten und übergipfelten Gerten, Stangen und Stämme werden in der Regel durch Ausjätungs-, Reinigungs- und Durchforſtungs— hiebe hinweggenommen. 5 In einzelnen Gegenden Deutſchlands hat ſich der „Mittel- waldbetrieb“, der in früheren Jahrhunderten größere Verbreitung namentlich in den bevölkerten Gegenden hatte, erhalten. Dieſer „Kompoſitionsbetrieb“ verbindet die Baumholzzucht mit dem Stockſchlagbetrieb. Zwiſchen einem Unterholz, welches von Laub— holz⸗, Stock- und Wurzelausſchlägen gebildet wird, ſtehen Baum— hölzer, einzeln oder gruppenweiſe verteilt und regelrecht im Alter abgeſtuft. Bei jedem Hieb des Unterholzes werden die älteſten und die ſonſt abkömmlichen und hiebsreifen Oberholzſtämme genutzt. Im „Niederwaldbetriebe“ werden faſt lediglich die Stock- und Wurzelausſchläge der Laubhölzer mit 15, 16:, 20, 25, 30 jähriger Umlaufszeit der Nutzung gehauen; jüngere Baumhölzer bleiben in dieſen Stockſchlägen nur mit geringer Zahl ſtehen ). Andere Betriebsarten werden von der Forſttechnik nicht in ) Der Mittelwaldbetrieb wird im elften Abſchnitt und der Niederwald— betrieb im zwölften Abſchnitt näher dargeſtellt werden. 224 Siebenter Abſchnitt. beachtenswerter Ausdehnung benutzt. Der früher übliche Plänter— betrieb iſt aus den von Forſtwirten bewirtſchafteten Waldungen faft gänzlich verſchwunden. Die Veränderung des oben genannten Femelſchlagbetriebs, die man „modifizierten Buchenhochwald— betrieb“, „Lichtungsbetrieb“ ꝛc. genannt hat, haben wir ſchon im ſechſten Abſchnitt kennen gelernt; die Buchenbeſtände er— halten nach Vollendung des Hauptlängenwuchſes freien Raum für die volle Entfaltung der Krone während eines 40—50jährigen Wachstumszeitraums und treten hierauf wieder in Kronenſchluß. Den „Hochwaldkonſervationshieb“, der faſt nur noch hiſtoriſches Intereſſe hat, werden wir unten kennen lernen. Die „Kopfholz“- und „Schneidelhol z“ Benutzung iſt forſtlich kaum beachtenswert. Die Betriebsarten, welche die Verbindung der Holzzucht mit dem Fruchtbau geſtatten, werden wir im 13. Ab— ſchnitt geſondert beſprechen. Vor allem iſt, wie man ſieht, die volkswirtſchaftliche Leiſtungsfähigkeit des ſchlagweiſen Sam enholzbetriebs, in dem durch Samenabwurf, Anſaat oder Anpflanzung gleich— wüchſige dichtgeſchloſſene Holzbeſtände hervorge— bracht werden, zu würdigen. Was hat die Forſtwirte veranlaßt, ſeit mehr als 100 Jahren mit unzerſtörbarer Beharrlichkeit gleichalterige und gleichwüchſige, im dichten Kronenſchluſſe aufwachſende Hochwaldbeſtände heran— zuziehen? Wir haben im vorigen Abſchnitt geſehen, daß dieſe Be— ſtockungsform ſowohl hinſichtlich der Maſſen-, als der Nutzholz- und Brennſtoffproduktion ſehr zweifelhaften Wert hat und daß die Her— ſtellung der gebrauchsfähigſten Forſtprodukte in der kürzeſten Zeit durch die Gleichwüchſigkeit und den Kronenſchluß nur gehemmt wird. Wie iſt dieſe Beſtandsform entſtanden? 1 Die Unfiditen der Waldbaulehrer. Im Anfang des 19. Jahrhunderts ſtanden, wie ſchon oben er— wähnt wurde, zwei ſcharfſinnige und weitblickende Männer am Steuer: ruder des wirtſchaftlichen Fortſchritts — Georg Ludwig Hartig und Die Betriebsarten. 225 Heinrich Cotta. Man hatte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts der Schlagwirtſchaft eine ſtets zunehmende Verbreitung gegeben. Die älteſten holzreichen Schläge des früheren Femelwaldes und die zu— ſammenwachſenden Laubholzwaldungen mit zahlreichen Baumhölzern im Oberſtand wurden durch Beſamungs- und Auslichtungsſchläge ver— jüngt; an ihre Stelle traten Jungwüchſe, die im Alter unweſentlich verſchieden waren, bald Kronenſchluß bildeten und in dieſem Kronen— ſchluß gleichmäßig und gleichförmig emporwuchſen. Während der Zeit, daß die ſchlagweiſe fortſchreitende Verjüngung zu den mit jüngerem Holze beſtockten früheren Femelwaldungen gelangte, waren dieſelben gleichfalls in mehr oder minder vollkommenen Kronen— ſchluß getreten. Georg Ludwig Hartig und Heinrich Cotta haben zwar die Fortſetzung der Beſamungs- und Auslichtungsſchläge befürwortet. Sie wollten offenbar in erſter Linie dem regelloſen Femelwalde entrinnen, welcher der planmäßigen Bewirtſchaftung kaum zu be— ſiegende Hinderniſſe in den Weg legte und auch ſonſt mannigfache Schattenſeiten hatte. Es iſt jedoch weder damals, noch ſpäter der über— zeugende Beweis geliefert worden, daß die gleichförmigen und gleich— alterigen Hochwaldbeſtände das Höchſterreichbare für die Zwecke der Holzproduktion leiſten. Hartig und Cotta waren offenbar zweifelhaft, ob das Zuſammengreifen der Zweigſpitzen die Holzproduktion fördern oder hemmen wird. Aber dieſe Schriftſteller ließen ſich von der damals erklärlichen Befürchtung leiten, daß die ſcharf eingreifende Durchforſtung der ſchlank aufgewachſenen Gerten- und Stangen— hölzer Umbiegen, Schneebruch, Eisbruch, Duftanhang und auch Windwurf ꝛc. befördern werde und deshalb befürworteten ſie — wenn auch mit einer unten, näher zu betrachtenden Verſchiedenheit — die Erhaltung des Kronenſchluſſes. In den Anſichten Georg Ludwig Hartigs tritt uns zunächſt ein ſcheinbarer Widerſpruch entgegen. Die Holzarten leiſten, wie Hartig behauptet, als „große Bäume“ am meiſten, wenn ſie mii der erforderlichen natürlichen Entfernung im Kronenſchluß ſtehen. „Dieſer Behauptung (daß eine gewiſſe Waldfläche bei der Femelwirtſchaft nicht ſo viel Holzmaſſe jährlich hervorbringen kann, als ſie bei der regelmäßigen Schlagwirtſchaft liefert), wird man beipflichten,“ ſagt Hartig, „wenn man erwägt und durch allgemeine Beobachtung kennt, daß 1000 große Bäume, wenn ſie einzeln verteilt in jungen Waldungen ſtehen, ungleich mehr leeren Raum ver— Wagener, Waldbau. 15 226 Siebenter Abſchnitt. urſachen, als wenn ſie in der erforderlichen natürlichen Entfernung in einem Diſtrikte beiſammen ſtehen. Im erſteren Falle verdämmt z. B. eine haubare Buche von gewiſſer Größe 2—3 Quadratruten und im anderen Falle nimmt eine ebenſo große, aber im Schluß gebliebene und daher weniger äſtige Buche kaum 2—3/ Quadratrute Fläche ein. Es erfordert alſo eine gewiſſe Anzahl haubarer Bäume bei der Femelwirtſchaft einen zwei bis dreimal größeren Flächenraum, als dieſelbe Anzahl von haubaren Stämmen bei der Schlagwirtſchaft nötig hat.“ Wir haben im ſechſten Abſchnitt näher dargelegt, daß die Sachlage eine weſentlich andere iſt, als G. L. Hartig angenommen hat. Wenn es dem Hoch— waldſchlußbetrieb möglich wäre, während einer gegebenen Wachstumszeit gleich große, vollwüchſige Stämme, wie im Mittelwalde oder Femelwalde, mit einer ſo geringen Aſtverbreitung, als Hartig annimmt, auf die Fläche zuſammen zu drängen, und wenn dieſe Schlußſtämme, jeder für ſich, die gleiche Blattmenge haben würden und dieſe Blattmenge den gleichen Lichtgenuß finden würde als jeder der 1000 einzeln ſtehenden Stämme, ſo würde ſicherlich niemand bezweifeln, daß dieſer Betrieb auf der höchſten Stufe der Extragsleiſtung ſteht. Aber anderſeits befürwortet G. L. Hartig keineswegs eine ſehr dichte Stellung der Stämme im Baumholzalter. „Hundertjährige Beſtände, die per preußiſchen Morgen 800 1000 Stämme enthielten, hatten mehr als den doppelten Zuwachs, nachdem die Stammzahl auf 300 Stück per Morgen reduziert worden war.“ Wiederholt führt Hartig als Beweis für den hohen Maſſenertrag und die Holzgüte der ſehr weitſtändigen Pflanzungen den ſchon oben erwähnten Fichtenbeſtand in der Herrſchaft Wilden— burg bei Siegen an, der in einer Entfernung von 4,4 m gepflanzt worden war und im 70. Jahr eine Holzmaſſe von 728 Feſtmeter per Hektar hatte. „Man ſah es den prächtigen Stämmen an, daß ſie in der Jugend viele Aeſte gehabt hatten; nichtsdeſtoweniger aber wurden ſie zu ſtarken Balken benutzt und teuer bezahlt.“ Auch für die Erziehung der Holzbeſtände befürwortete G. L. Hartig eben— ſowenig eine ſehr dichte Stellung der Waldbäume. „Weitläufig gepflanzte Stämme werden mit einer beſtimmten Zeit reichhaltiger an Maſſe, als enggepflanzte.“ Wenn das entſcheidende Gewicht nicht auf frühe hohe Durchforſtungserträge und auf die Aſtreinheit zu legen iſt, ſo forderte Hartig „weitläuſige Pflanzung und Saat“. Er betont wiederholt, daß mit der Verringerung der Stammzahl bei den Durchforſtungen der Zuwachs der Beſtände erhöht wird. Indeſſen befürchtete Hartig, wie geſagt, bei zu weitgehender Lichtſtellung Bodenausſaugung durch Forſtunkräuter, Schnee- und Duftdruck, kurze und äſtige Baumſchäfte. Dieſer Beſorgnis ent— ſtammt die Generalregel für die Durchplänterung: „lieber etwas zu viel, als zu wenig Holz ſtehen zu laſſen und niemals einen dominierenden Stamm hinwegzunehmen, alſo auch niemals den oberen Schluß des Waldes zu unterbrechen.“ Die Betriebsarten. 227 Gegen die Femelwirtſchaft macht G. L. Hartig im ſpeciellen geltend, daß das junge und mittelwüchſige Holz nicht ſo freudig aufwachſen könne, vielmehr öfters durch die Fällung und den Transport der ſtarken Stämme beſchädigt werde, daß dem Wind— ſchaden nicht ſo ſicher entgegengearbeitet werden könne, als bei der Schlagwirtſchaft (weil der Wind die Baumgipfel der älteren Stämme ungehindert treffe), daß die Viehweide im Femelwalde ohne großen Nachteil nicht ſtattfinden könne und die Beaufſichtigung der Arbeiten erſchwert ſei. Aber die Bedeutung der wirklichen und der ver— meintlichen Nachteile des Femelbetriebs iſt ſehr ſchwer feſtzuſtellen. Den durchſchlagenden Grund führt Hartig zuletzt an. „Es iſt auch nicht möglich, den ganzen Forſtbetrieb oder den Zuſtand des forſtlichen Vermögens ſo beſtimmt bei der Femelwirtſchaft zu über— ſehen und zu beurteilen, als bei der Schlagwirtſchaft.“ Laubholzarten, die keine großen Bäume werden, und mageren Boden ſoll man nach Hartig mittels des Stockſchlagbetriebes benutzen. Dieſer Niederwaldbetrieb iſt auch dann einzuhalten, wenn der Wald bald einen Ertrag liefern ſoll. Den Mittelwaldbetrieb erwähnt Hartig mit dieſem Namen nicht, ſondern beſpricht nur die Ber handlung ſolcher Niederwaldungen, worin für immer ſtarkes Baum— holz oder Bauholz erzogen werden ſoll. Es ſei, wie Hartig meint, beſſer, Baumholzzucht und Stockſchlagbetrieb flächenweiſe zu trennen. Heinrich Cotta wiederholt im weſentlichen die von Hartig angeführten Gründe gegen den Femelbetrieb. Obgleich er ſodann gleichfalls gegen die zu ſtark eingreifende Auslichtung bei den Durch— forſtungen des Hochwaldbetriebes warnt, ſo geht er doch einen Schritt weiter, als Hartig. Die Holzpflanzen ſollen für mehrere Jahre Wachsraum erhalten und ſich mit den Zweigen noch be— rühren, jedoch nicht ineinandergreifen. Sehr ſtark ausgelichtete Beſtände, ſagt Cotta, reinigen ſich ſpäter hinlänglich von Aeſten und liefern erfahrungsgemäß die ſchönſten Stämme; der Abfall der Blätter und Nadeln iſt ſtärker und deren Verfaulen vollkommener. Später (1819) befürwortete Heinrich Cotta, wie ſchon im vorigen Abſchnitt bemerkt wurde, die freiſtändige Erziehung der Waldbäume in Verbindung mit Fruchtbau“). Die Waldbäume produzieren, ) Die Jahresſchläge ſollten einige Jahre als gewöhnliches Ackerfeld be— baut, hierauf anbauwürdige Holzarten in Reihen mit 4— 16 m Abſtand und 228 Siebenter Abſchnitt. wie Cotta behauptet, im freieren Stande eine größere Menge Holz, wie im Kronenſchluß; im erſteren Falle ſei das Holz zugleich feſter, dauerhafter und brennkräftiger; der Freiſtand beſeitige faſt gänzlich die Sturm-, Inſekten⸗ und Feuergefahr. Allerdings hat Cotta die größere Maſſenerzeugung der freiſtändigen Bäume, die ſelbſt— verſtändlich für die Geſamtfläche der geſchloſſenen Beſtände nach— gewieſen werden muß, nicht in genügender Weiſe durch vergleichende Unterſuchungen bewieſen; er führt nur ſehr hohe Erträge iſolierter Fichtenbeſtände, die urſprünglich im weiten Verband gepflanzt waren, an. Aber auch die zahlreichen Gegner in dem entbrannten heftigen Meinungsſtreit konnten, wie wir oben geſehen haben, den Beweis nicht erbringen, daß die Maſſenerzeugung im Kronenſchluß größer iſt, als bei einem richtig bemeſſenen Lichtſtand. Jedenfalls hat Cotta die Löſung dieſer Kardinalfrage der deutſchen Holzzucht in entſchiedener Weiſe angebahnt — aber dieſe Löſung hat inzwiſchen keine Fortſchritte gemacht. Der Niederwald gehört nach Cotta auf mageren Boden, namentlich aber auf flachen, übrigens aber fruchtbaren Boden. Der Mittelwaldbetrieb habe mannigfache Vorzüge vor dem Niederwaldbetrieb: er habe größeren Holzertrag, man gewinne wertvolleres Brennholz und mannigfache Nutzholzſortimente, die Bewirtſchaftung ſei ſicherer, nachhaltiger und weniger koſtſpielig. Joh. Chriſt. Hundeshagen verurteilt den Femelbetrieb nicht in ſo entſchiedener Weiſe, als Georg Ludwig Hartig. Er glaubt ſogar, daß der Femelbetrieb den gleichen Materialertrag liefere, wie die ordentlichen Hochwaldungen. Hundeshagen ſagt (1821): „Weil (in den Femelwaldungen) nirgends ein vollkommener Schluß der Kronen und dichte Beſchattung ſtattfand, ſondern Luft und Licht (wie beim Mittelwald) in mehreren Richtungen eindringen konnten, ſo erhielt ſich nicht bloß das junge Holz größtenteils geſund, ſondern keine Stammklaſſe konnte auch die andere vollkommen überwachſen und drängen, weshalb in dieſen Beſtänden in weit kürzeren Zeiträumen nutzbare Stämme erzogen und periodiſch ausgehauen werden konnten, als in ordentlichen Hochwaldungen, hinter denen ſie auch im Materialertrage nicht zurückblieben.“ Für den möglichſt voll— 0,7—1,1 m Pflanzenentfernung in den Reihen angepflanzt, der Fruchtbau zwiſchen den Reihen möglichſt lange fortgeſetzt, die Hälfte der Stämme, wenn ſie ſich in den Reihen im Wachstum hindern, entfernt und endlich mit dieſer Durchforſtung fortgefahren werden. Die Betriebsarten. 229 kommenen Betrieb der Femelwaldungen gibt Hundeshagen folgende Regeln: Wiederkehr des Hiebes in ein und derſelben Abteilung nach 10 oder 15 Jahren; ſchmale, mit Wegen durchzogene Schläge; ſorgſame Fällung, Aufarbeitung und Abfuhr des Materials, Schonung gegen Viehweide und Streunutzung. Recht gut beſtandene und höchſt einträgliche Femelbeſtände findet man, ſagt Hundes— hagen, ſehr oft, wenn dieſelben nicht unmittelbar nach dem Hiebe der Viehweide wieder eingeräumt wurden — auch bei wenig ſorgfältiger Behandlung. Aber Hundeshagen war über die Ertragsleiſtungen der Betriebs— arten offenbar zweifelhaft. Er ſcheint anderſeits den Femelbe— trieb auf die holzreichen Gegenden, wo geringe Sortimente gar keinen Wert haben, beſchränken zu wollen. In Gegenden, wo bereits entgegengeſetzte Verhältniſſe eingetreten ſind, ſtelle dieſer Betrieb der Anordnung, dem Gange und der Ueberſicht einer aus— gedehnten Waldwirtſchaft zu große Hinderniſſe entgegen, um bei— behalten zu werden. Der Hochwaldbetrieb beſitze im allgemeinen die größten Vorzüge, indem er auf die natürliche Fortpflanzungs— weiſe der Baumarten gegründet ſei und die meiſte Holzmaſſe in den verſchiedenartigen Sortimenten liefere. Bezüglich des Mittel— und Niederwaldbetriebs ſtimmt Hundeshagen mit Cotta überein. Er glaubt, daß der Mittelwald „bei ſorgfältiger Behand— lung nicht bloß beinahe gleiche Materialnutzung liefert, wie der Hochwald, ſondern auch Holzſortimente von jeder Gattung, unter denen beſonders die Nutzhölzer bei dem freien Stande des Ober— holzes früher brauchbar und dauerhafter ſind“. Nicht weniger zweifelhaft und unentſchieden iſt Wilhelm Pfeil. „Der Hochwaldbetrieb kann die größte Maſſenerzeugung gewähren, indem das Holz in ihm ungeſtört fortwachſen kann, bis die Bäume ihre Voll— kommenheit erreicht haben, ohne daß die Produktion unterbrochen wird — voraus— geſetzt, daß keine Lücken darin entſtehen und das Holz nicht ein Alter erreicht, worin es ſchon im Wuchſe nachläßt.“ Der Femelbetrieb ſei nur Ausnahme von der Regel, wenn der Boden nicht entblößt werden dürfe oder lediglich ſtarke Nutzhölzer verwertbar ſeien. Aber die unbedingt größte Maſſenerzeugung des Hochwalds ſtellt Pfeil fünf Seiten ſpäter in Frage. Er jagt: „Ob der Mittel- wald überhaupt weniger Holz erzeugt, als der Hochwald, iſt noch zweifelhaft“ und führt hierauf mehrfache Gründe an, welche die höhere Maſſenproduktion des Mittelwaldes — wenigſtens theoretiſch — beweiſen ſollen. Selbſt hinſichtlich des Buchenmittelwaldbetriabs iſt Pfeil zweifelhaft. Er ſagt: „Für den Mittelwald— betrieb iſt die Buche im allgemeinen keine paſſende Holzart und wenn man den Ertrag dieſer Holzart als weit geringer annimmt, als den des Hochwalds, ſo mag man wohl ſolche Mittelwälder vor Augen gehabt haben, in denen die Buche rein oder vorzugsweiſe herrſchend vorkommt. Hier kann man nur die Anſicht 230 Siebenter Abſchnitt. teilen, daß, wenn ſonſt die Größe der Fläche und alle übrigen Verhältniſſe die Umwandlung des Mittelwaldes in Hochwald geſtatten, dieſe immer ratſam ſein wird, um eine größere und wertvollere Holzmaſſe zu erziehen.“ Aber kurz vor— her bemerkt derſelbe Schriftſteller in demſelben Buche: „Für den Buchenmittel— wald läßt ſich gar kein beſtimmter Ertrag angeben, weil dieſer zu ſehr durch die Menge des Oberholzes bedingt wird. Es iſt möglich, daß er dem des Hoch— waldes gleichkommen kann, er kann aber auch ſehr hinter ihm zurückbleiben.“ Pfeil befürwortet im allgemeinen die Erziehung im Kronenſchluß. „Bloß einen Fall gibt es, wo man ältere Beſtände von 50 und 60 Jahren ſo durchhauet, daß ſich der Schluß erſt in 20 und mehr Jahren wieder herſtellt. Das iſt der, wo es an haubaren Beſtänden fehlt und dieſe mittelwüchſigen Orte auf dieſe Weiſe den zunerläßlichen Etat erfüllen müſſen. Dieſes Verfahren iſt aber nur auf ganz gutem Boden zuläſſig.“ Namentlich ſollen nach Pfeil ſtarke Licht— ſtellungen in Eichen- und Kiefernbeſtänden vermieden werden. Bezüglich der Fichte finden wir indeſſen die folgende merkwürdige Aeußerung: „Die Eigen— tümlichkeit der Fichte, daß ſie räumlich erwachſend von oben mit Zweigen be— ſetzt iſt und eine weit größere Menge von Nadeln trägt, als im geſchloſſenen Stande, dabei aber auch am Fuße ihres Stammes und innerhalb des Kreiſes, den die Wurzeln zu ihrer Ernährung brauchen, eine vollſtändige Bodendüngung erfolgt, iſt Urſache, daß dieſer Baum im räumlichen Stande eine weit größere Holzerzeugung hat, als im geſchloſſenen.“ Aber in demſelben Buche ſtellt Pfeil wieder die gegenteilige Behauptung auf: Er ſagt: „Die Fichte hält ſich gern horſtweiſe geſchloſſen. . . . Die geſamte Holzerzeugung dieſes dichten Pflanzen— horſtes iſt größer, als die eines ſeinen Raum einnehmenden einzelnen Stammes ſein würde.“ Ueberhaupt ſoll ſich der Forſtwirt, wie Pfeil meint, auf die Herausnahme des wirklich unterdrückten Holzes (nachdem der junge Ort begonnen hat, ſich ſelbſt zu reinigen) beſchränken, da eine Störung der Humuserzeugung durch zu lichte Stellung des bleibenden Beſtands bei den flach laufenden Wurzeln der jungen Fichten ſehr ungünſtig auf ihren Wuchs einwirke. Man brauche namentlich im höheren Alter nicht oft zu durchforſten, weil ſich die zurück— bleibenden Stämme lange Zeit grün erhalten. Zum Niederwaldbetrieb eignet ſich die Buche, wie Pfeil mit Recht behauptet, unter den Laubhölzern am allerwenigſten, ſie liefere nur etwa die halbe Holz— erzeugung des Hochwalds auf gutem Boden. Der Eichenniederwaldbetrieb ver— diene im milden Klima mit 25—30jähriger Umtriebszeit oft dem Baumholz vorgezogen zu werden. Die Eiche ſei für den Mittelwaldbetrieb ein vortrefflicher Oberbaum. Nach Gwinner ſoll der Hochwaldbetrieb Anwendung finden, wenn die möglichſt größte und wertvollſte Holzmaſſe auf kleinſter Fläche erzogen werden ſoll und wenn es ſich um die Erziehung verſchiedener Holzſortimente, namentlich vieler ſtarker Stämme handelt, jedoch müſſen Boden, Lage und Klima der vollkommenen Ausbildung der Bäume günſtig ſein. Der Femel— Die Betriebsarten. 231 betrieb ſoll dagegen Anwendung finden, wenn es ſich um die Er— ziehung beſtimmter Holzſortimente (von gewiſſer Länge und Dicke) handelt. Der Mittelwaldbetrieb ſoll Anwendung finden, wenn es ſich neben der Erziehung von Brennholz auch noch um die Erziehung von Bau⸗ und Nutzholz handelt. Der Niederwald⸗ betrieb ſoll angewendet werden, wenn eine möglichſt hohe, nach— haltige Nutzung geboten, das Materialkapital aber ſoweit vermindert worden iſt, daß eine Betriebsart, welche ein größeres fordert, nicht mehr damit zu vereinbaren iſt oder wenn der möglichſt größte Geldertrag aus einem Walde bezogen werden ſoll und bloß ein geringes Vorratskapital in der Waldwirtſchaft niedergelegt werden kann oder will. Der Femelbetrieb werde durch felſige, ſteile, trockene oder ſumpfige Stellen, durch ein rauhes Klima, in Schutzwäldern, in kleinen, mit kurzen Zwiſchenräumen zu bewirtſchaftenden Waldungen und in vielen Fällen für die Fortpflanzung der Weißtanne zur Regel. Für den Niederwaldbetrieb ſei flachgründiger, aber dabei guter Boden beſonders geeignet. Wenn aber die Stand— ortsgüte ſehr verſchieden ſei und häufig wechſele, ſo werde der Mittelwaldbetrieb bedingt — günſtige Bedingungen für das Wachstum der Laubhölzer vorausgeſetzt. Karl Stumpf wiederholt die ſchon oben erörterten Nachteile des regelloſen Plänterbetriebs. Er behauptet eine Verminderung der Holzproduktion gegenüber dem gleichwüchſigen Hochwald, aber dieſe Vermutung wird wieder nicht durch beweiskräftige Ertrags— vergleichungen unterſtützt. Er behauptet ferner eine Abnahme der Bodenkraft bei unvollkommener Verjüngung. Bei der Durchforſtung der Hochwaldbeſtände ſoll der Kronenſchluß niemals unterbrochen und zu dieſem Zweck ſelbſt unterdrücktes und ſchlechtwüchſiges Holz belaſſen werden. Stumpf hält zwar die von Cotta gelehrte früh— zeitige Ausläuterung und Durchforſtung, namentlich für Fichten- und Buchenbeſtände für richtig, aber ſie ſei wegen des Koſtenaufwands undurchführbar. Deshalb habe die erſte Durchforſtung erſt dann einzutreten, wenn ſich die jungen Holzbeſtände von den unteren Aeſten gereinigt haben. Der Niederwaldbetrieb ſtehe dem Hochwaldbetriebe 232 Siebenter Abſchnitt. an Maſſen- und Wertproduktion und Erhaltung der Bodenkraft weit nach und eigne ſich nur für kleinen Waldbeſitz und flach: gründigen, aber kräftigen Boden. Dagegen ſtehe der Mittel— waldbetrieb in jeder Hinſicht weit über dem Niederwaldbetrieb — im Maſſenertrage dem Hochwald am nächſten. Indeſſen ſei namentlich in den Staatswaldungen der Mittelwaldbetrieb in den Hochwaldbetrieb überzuführen. Nach Karl Heyer produziert der ſchlagweiſe Samen— holzbetrieb nachhaltig die höchſten durchſchnittlich jährlichen Holzmaſſeerträge und es kann die zur Ergänzung des lokalen Holz— bedarfs benötigte Waldfläche auf das kleinſte Maß zurückgeführt werden. (Beweiſe für dieſe Vermutung führt Heyer nicht an.) Der Hochwaldbetrieb liefert nach Heyer in größter Menge und Güte die ſtärkſten und wertvollſten Holzſortimente. Er ſchützt und mehrt die Bodenkraft am meiſten und eignet ſich hierdurch für die ſchlechteren Bodenklaſſen. Dagegen wirft der Samenholzbetrieb geringe Reinerträge ab; die Samenhölzer, zumal die Nadelbeſtände, ſind von manchen Gefahren, wie von Stürmen, Feuer und Inſekten bedroht. Der Plänterbetrieb iſt nach dieſem Schriftſteller die unvollkommenſte Betriebsart; im Vergleiche mit dem Schlag— betriebe hat derſelbe eine merklich geringere Holzmaſſeproduktion in— folge der ſtärkeren Beſchädigungen des Nachwuchſes durch die Ver— dämmung, Fällung und Herausſchaffung des Oberſtandes, ſowie durch Weidvieh und Wild; die Sturm-, Inſekten- und Feuersgefahr werde größer u. ſ. w. Namentlich das Plätze- und Keſſelhauen leiſte den Sturmſchäden Vorſchub. Der geregelte Femelbetrieb ſei nur die Ueberführung des eigentlichen Femelbetriebs in den Schlag— betrieb, indem eine größere Menge von Jahresſchlägen in einen Verjüngungsſchlag zuſammengefaßt werde. Auch der Mittel— waldbetrieb erfreut ſich nicht der Freundſchaft Karl Heyers. Die dem Mittelwalde beigemeſſenen eigentümlichen Vorzüge ſeien ſehr fraglich. Allerdings erſtarkten die Oberholzſtämme in der freieren Stellung raſcher, als gleichalterige Stämme in geſchloſſenen Hochwald— beſtänden; aber der Nutzwert derſelben ſei durchſchnittlich geringer, weil ihre Schäfte nicht die Länge, Vollholzigkeit, Geräde, Glätte und Spaltigkeit erlangen, oft auch eine größere Splintmaſſe ent: halten. Die größere Holzmaſſenerzeugung im Vergleich mit dem Die Betriebsarten. 233 Hochwald ſei keineswegs erwieſen worden, vielmehr ſehr zweifelhaft. Die behauptete größere Blattmenge werde wenigſtens im Unterholz, durch geſchmälerten Lichtgenuß an der vollen Verrichtung ihrer Ernährungsfunktionen gehindert. Auch ſei erfahrungsgemäß, daß die Mittetwälder, ſelbſt bei ſtrenger Laubſchonung, ebenſo frühzeitig ausmagern, wie die Niederwälder. Der Niederwaldbetrieb ſei, ſo behauptet Heyer, nur auf kräftigen und fetten Standorten zuläſſig; er tauge durchaus nicht für magere Standorte; ſelbſt auf guten Mittelböden trete meiſt ſchon nach 2—3 Umtriebszeiten eine Ausmagerung und Verwilderung des Bodens ein. Karl von Fiſchbach führt die Mittel wal derträge aus Baden und aus dem Regierungsbezirke Erfurt an, um zu beweiſen, daß der Mittelwald auf gutem Boden manchmal höhere Material— erträge liefere, als der Hochwald. Er glaubt indeſſen, daß nament— lich auf geringeren Böden die Holzmaſſenproduktion des Hochwalds größer ſei. Als Lichtſeiten des Femelbetriebs betont dieſer Schriftſteller: die vollſtändige Erhaltung der Bodenkraft, die ver— minderten Beſchädigungen durch Inſekten, Wind und Feuer; man könne für einzelne Zwecke beſonders brauchbares Holz (ſehr ſtarkes Holz, ſehr dauerhafte Bauſtämme) gewinnen, jeder Baum könne ſich zur vollſtändigen Ausbildung entwickeln u. ſ. w. Aber der Materialertrag werde geringer ſein, die Waldbäume werden nicht ſo vollholzig und namentlich auf armem Boden nicht ſo hoch, ſie werden auch aſtreicher, wie beim Hochwaldbetrieb. Der Nieder— waldbetrieb werde namentlich durch flachgründigen Boden, ſteile ſüdliche Hänge, überhaupt ſteile, zum Abrutſchen geneigte Lagen und durch die Ueberſchwemmung in Flußniederungen bedingt. Im rauhen Klima ſei er nicht am Platz. In neuerer Zeit hat man gegen die verbreitete Einbürgerung des Hochwaldbetriebs, namentlich gegen die Verjüngung auf Kahl— ſchlägen und die Gleichwüchſigkeit der Beſtände, vielfache Bedenken geltend gemacht. Karl Gayer hat dieſer Rückſtrömung einen kräftigen Ausdruck gegeben. Die gleichwüchſige Hochwaldform, der Mittel und Niederwaldbetrieb ſoll nur noch bei beſonders günſtigen Stand— orts⸗ und Bodenverhältniſſen zuläſſig bleiben. Für alle anderen Standorte ſollen die ungleichalterigen,plänterartigen Beſtands— 234 Siebenter Abſchnitt. formen gewählt werden. Gayer motiviert dieſe Rückwärtsbewegung nicht etwa durch neue Beweiſe, welche die höheren Ertragsleiſtungen dieſer Beſtockungsformen unangreifbar darthun; er ſchreibt vielmehr dem gleichwüchſigen Hochwald die größte Produktion an Geſamt— ma ſſe zu und glaubt nur, daß die ungleichwüchſigen Beſtandsformen für die Nutzholzzucht quantitativ und qualitativ das Höchſt— erreichbare leiſten, ſtützt ſich aber auch in dieſer Richtung lediglich auf Vermutungen; Gayer will die plänterartigen Beſtandsformen ausſchließlich wegen der beſſeren Erhaltung und Erhöhung der Bodenkraft einführen. Er will den deutſchen Wald zurückführen zu den Beſtandsformen, welche die Forſtwirte vor mehr als hundert Jahren faſt allgemein verlaſſen haben, damit der Luftzug durch die Beſtände verhindert wird. „Während der höheren Stangenholz- und angehenden Baumholzperiode hat ſich die dichte Beſtandskrone mehr und mehr vom Boden erhoben, ſie hat zwiſchen ſich und den Boden einen offenen Raum geſchaffen, der, wenn auch nicht der Sonne, ſo doch den Winden Zutritt geitattet. Die beſchirmende Wirkung der Baumkrone iſt ſehr er: heblich abgeſchwächt, denn ſie vermag die durch jeden Luftzug vermittelte Entführung der unter dem Kronendache ruhenden feuchten Luft und dadurch die Austrocknung der Streudecke und des Bodens ſelbſt nicht zu verhüten.“ Das ſind im weſentlichen die Anſichten der Schriftſteller über die Leiſtungsfähigkeit der Betriebsarten im Hinblick auf Maſſen— und Wertproduktion, Erhaltung der Bodenkraft ꝛc. Welche un— anfechtbaren Beweiſe enthalten ſie und welche beglaubigten Schluß— folgerungen können wir aus denſelben extrahieren? Der Leſer mag ſich ſelbſt die Antwort geben. II. Die Gebräuche der forſtlichen Praxis. Welche Gründe waren für die praktiſchen Forſtwirte maß— gebend, als ſie vom früheren Plänterbetrieb übergingen zum ſchlag— weiſen Samenholzbetriebe und dabei die Erziehung im Kronenſchluß allgemein einbürgerten? Warum hat man mittelwaldähnliche Be— Die Betriebsarten. 235 ſtockungsformen, welche die Holzzucht im Walde auf die freiſtändige Entwicklung der Waldbäume fundamentiert haben würden, ſtreng ausgeſchloſſen? Selbſtverſtändlich wird, ſo kann man denken, der Ertrag des Hochwaldes quantitativ und qualitativ beträchtlich höher ſtehen, als der Ertrag des Plänterwaldes. Allein die Forſtwirte haben dieſe Frage leider nicht unterſucht. Man hat zwar hin und wieder behauptet, daß der Nutzholzertrag im gleichalterigen Hochwald den Nutzholzertrag des Femelwaldes über— treffen werde. Aber dieſe Behauptung iſt nicht genügend be— glaubigt worden. Wer konnte im Anfang unſeres Jahrhunderts den Nutzholzwertzu wachs des Plänterwaldes in den letzten 100—120 Jahren beſtimmen und mit dem Nutzholzertrag des Hoch— walds im 100—120 jährigen Alter vergleichen? Und welcher Nutz holzertrag würde erzielt worden ſein, wenn die forſtliche Technik die ſorgloſen Plänterhiebe unſerer Vorfahren verlaſſen und die Nutzholzerziehung in den vor- und nachwachſenden Gruppen und Horſten beſtmöglichſt geregelt haben würde? Man hat zweitens behauptet, daß beim Femelbetriebe der verbleibende Beſtand durch die Fällung der alten Stämme und durch den Transport der langen Nutz⸗ holzklötze vielſach beſchädigt worden ſei. Es iſt aller— dings glaubwürdig, daß an ſteilen Bergwänden im Hochgebirge, wo die Herabbringung der Nutzholzſtämme beſonders ſchwierig iſt, der Kahlſchlagbetrieb weſentliche Vorteile gewährt — aber in den Ebenen und ſelbſt an mäßig ſteilen Abhängen werden Vorbereitungs— Beſamungs- und Auslichtungsſchläge geſtellt, ohne daß am bleibenden Beſtand weſentliche Nachteile wahrzunehmen ſind. Beſchädigungen von Jungholz, ſelbſt Gaſſen und Wege, verwachſen erfahrungs— gemäß ſehr raſch. Derartige Nachteile laſſen ſich nur durch Kahl— hiebe vermeiden, die wieder andere Schattenſeiten haben. Im Plänterwalde gelingt, ſo behauptet man drittens, die natürliche Verjüngung faſt niemals vollkommen. Allein die Verjüngung kleiner, ſeitlich gegen Windzug dc. geſchützter Flächen, welche durch die Löcherhiebe des Femelbetriebs entſtehen, hat wegen Erhaltung der Bodenkraft beſondere Vorzüge; man konnte die Unvollkommenheiten der natürlichen Beſamung ſehr leicht, 236 Siebenter Abſchnitt. wie wir ſehen werden, durch Anwendung der billigen Pflanzverfahren beſeitigen. Man behauptet endlich, daß im Plänterwalde die Ein— ſchonung gegen Weidvieh ſchwer auszuführen ſei. Aber man konnte auch beim geregelten Femelbetrieb dieſelbe Einrichtung treffen, wie bei der ſchlagweiſen Hochwaldverjüngung; man konnte in ein und demſelben Diſtrikt mit 15 —20jährigem und längerem Zwiſchenraum die Hiebe führen und die Hiebsſchläge genügende Zeit in Schonung legen. Die Beweggründe, welche die Forſtwirte zur Einführung des gleichwüchſigen Hochwalds veranlaßt haben, liegen vermutlich in anderer Richtung. Mit der dichteren Beſtockung der Wal— dungen wur den die nachwachſenden Stämme ſchlanker und blieben nicht mehr ſo widerſtandskräftig gegen die Stürmeals früher. Man mußte deshalb die Löcher— wirtſchaft des Femelbetriebs aufgeben, weil die Stürme den Wald verheert haben würden. Der Femel— wald zeigt ferner dem Auge nicht den geſchloſſenen, dicht gedrungenen Holzwuchs, und geſtattet nicht die Anſammlung großer Holzmaſſen auf derſelben Beſtandsfläche im gleichen Maße, wie der haubare Hochwaldbeſtand. Es iſt möglich, daß man der drohenden Holz— not vorbeugen wollte, indem man für die Zukunft dicht geſchloſſene Hochwaldungen nachzuziehen beſtrebt war. Aber vor allem würde die Regelung des Forſtbetriebs bei Fortſetzung dieſer Benutzungs— weiſe ungemein ſchwierig geworden ſein. Faktiſch ſind ſeit der zweiten Hälfte des 18. Jahr— hunderts in den forſttechniſch bewirtſchafteten Wal— dungen Deutſchlan ds faſt ausſchließlich Hochwald— beſtände begründet worden — gebildet von Stämmen, die im Alter, in der Höhe und im Durchmeſſer wenig verſchieden waren. Dieſe Samenholzbeſtände wuchſen im ſorgfältig erhaltenen Kronenſchluß bis zum 80: bis 120jährigen Alter auf. Auch nach Vollendung des Haupthöhenwuchſes wurde die raſche Erſtarkung der im Kampfe der Einzelſtämme ſiegreichen, zur Bildung des Nutzholzbeſtands beſonders geeigneten Stammklaſſen gehemmt und beſchränkt durch die ängſtlich erhaltene Kronenſpannung, welche die ſeitliche Kronen— Die Betriebsarten. 237 entwicklung der Einzelſtämme beengte. Dabei iſt die Untermiſchung der Laub- und Nadelhölzer, die Vermengung der ſchattenertragenden und lichtbedürftigen Waldbäume nach Maßgabe ihres Höhenwachs— tums, die Karl Heyer ſchon 1847 warm befürwortet hatte, von der forſtlichen Praxis in der Regel nur in ſehr engen Grenzen bethätigt worden. In die Buchenverjüngungen wurden Eichen, meiſtens horſtweiſe, an paſſenden Stellen Eſchen, Ahorn ꝛc. einge— bracht und die Nadelhölzer wurden auf den (meiſt trockenen und ent— kräfteten) Flächenteilen, die bei der natürlichen Verjüngung der Laubholzbeſtände unbeſamt geblieben waren, künſtlich angebaut. Beim Nadelholzanbau hat man zumeiſt reine Kiefern-, Fichten⸗ und Tannenbeſtände nachgezogen und lediglich Lärchen beizumiſchen geſucht. Die Mittelwaldungen wurden in ſehr großer Aus— dehnung — namentlich in Bayern — zu gleichwüchſigen Hochwald— beſtänden umgewandelt. Man findet dieſelben nur noch mit wenigen Prozenten der Waldfläche, hauptſächlich in Baden, im württem— bergiſchen Unterlande, in der Umgegend von Mühlhauſen in Thüringen, in Braunſchweig ꝛc. Der Stockſchlagbetrieb ohne Oberholz (Niederwaldbetrieb) wird in den forſttechniſch bewirtſchafteten Waldungen zumeiſt als Eichenſchälwaldbetrieb, teilweiſe mit landwirtſchaftlichem Fruchtbau (Hackwald, Hauberg) benutzt; wir werden dieſe Betriebsart, deren vorherrſchender Zweck die Gewinnung von Eichengerbrinde iſt, be— ſonders betrachten. Indeſſen ſind immerhin vereinzelte Verſuche, andere Beſtockungsformen einzuführen, zu verzeichnen. G. L. Hartig hatte für den Fall, daß die älteſten Beſtände noch nicht durch Samenabwurf verjüngt werden können, den Ab— trieb der Laubholzbeſtände im 30—40jährigen Alter mit Belaſſung von 370—490 der ſtärkſten Stangen per Hektar empfohlen. Nach 30—40 Jahren erfolgt die Verjüngung durch Samenabwurf der 60—80jährigen Stämme, die man übergehalten hat. Der Stod- ſchlag wird dabei gleichfalls genutzt. Ernſt Friedrich Hartig führte dieſen „Hochwaldkonſervations— hieb“ in Kurheſſen von 1813 an in 30—44jährigen Buchenbe- ſtände ein. 238 Siebenter Abſchnitt. Man ließ bei der Schlagſtellung 1070—1400 Stangen per Hektar ſtehen und verringerte dieſe Zahl allmählich bis zu 330—380 Stück per Hektar. Ob⸗ gleich auch hier die Erfahrung gemacht wurde, daß die Ausſchlagfähigkeit der 30—40jährigen Rotbuchenſtangen öfters unzureichend für die Beſchützung des Bodens iſt, ſo lieferte doch dieſe Beſtockungsform einen dem Buchenhochwald mindeſtens ſehr nahe ſtehenden Materialertrag — wenn der Boden nicht zu arm und die Lage nicht zu ungünſtig war. In der Hälfte der Zeit, welche der ge— ſchloſſene Hochwald gebraucht, hatte man 20—22 m hohe Stämme mit einem Umfang bis zu 140 em in Bruſthöhe erzogen, während ein gleichalteriger, in unmittelbarſter Nähe befindlicher, fortwährend als Hochwald behandelter Buchen— beſtand zwar einige Meter höher war, aber nur Stämme bis zu 74cm Umfang in Bruſthöhe aufzuweiſen hatte. Zur Stellung eines Beſamungsſchlages waren per Hektar 120—150 Stück 75—80jährige Buchenoberholzſtämme, im Konſer— vationsbetrieb erwachſen, ausreichend. Selbſt bei 400 Stück 60jähriger Buchen- laßraidel per Hektar kümmerte zwar das darunter befindliche 20—25jährige Buchenunterholz, aber es war noch nicht abgeſtorben. Für die raſche Erziehung von ſtarkem Bau- und Nutzholz iſt dieſer Betrieb, wie Beling auf Grund örtlicher Beſichtigung ver— ſichert, auf nicht zu armem Boden und in nicht zu ungünſtiger Lage beſonders geeignet; man kann den Zeitraum, den der gewöhnliche Hochwaldbetrieb erfordert, um die Hälfte abkürzen. Auf flachgründigem Boden, auf einem ſchlechteren, der Sonne ausgeſetzten Sandboden verſagten allerdings die Rotbuchenſtangen den Ausſchlag. Der Boden vertrocknete, überzog ſich mit Heidel— beere und Heide, die Laßraidel ſtanden nach wenigen Jahren im Wachstum ſtill und wurden zopftrocken. Dieſer Konſervationshieb konſervierte den Boden nicht genügend; man hätte die Beſtände langſam lichten und künſtlich unterbauen müſſen. Viel größere Bedeutung hat der vom Oberforſtmeiſter von Seebach im hannoverſchen Solling eingeführte „modifizierte Buchenhochwald— betrieb“ zu beanſpruchen, bei dem die Lichtſtellung im 60— SOjährigen Alter der Beſtände erfolgt, den Stämmen durch Aushieb von etwa 0,6 der Holzmaſſe für eine ungefähr 40jährige Wachstumszeit freier Raum geöffnet und der Bodenſchutz durch Unterbau bewirkt wird. Ich habe dieſe Betriebsart und ihre Erfolge im ſechſten Abſchnitt (S. 196) ausführlich erörtert und verweiſe auf dieſe Darſtellung. Die Veränderung des Verjüngungsverfahrens der Weißtannenbeſtände, welche im badiſchen Schwarzwalde und in einigen Teilen Württembergs (jedoch nicht im Sandſteingebiet des Schwarzwalds, ſondern nur auf kräftigem Boden) eingehalten worden iſt, verdient nicht den Namen einer beſonderen Betriebsart. Die Betriebsarten. 239 Für die vom früheren Femelbetrieb zurückgelaſſene ungleichalterige Weißtannen— beſtockung hat man eine Verjüngungsdauer von 20—30, ſogar 40 Jahren ge— wählt. Man hat wieder ungleichalterige Jungwüchſe erzielt. Während dieſer langen Verjüngungszeit iſt auch die Erſtarkung der Stämme und der Zuwachs per Fläche weſentlich gefördert worden. Dabei wurde die Verjüngung, weil die (im neunten Abſchnitt näher zu beſprechende) Austrocknung des Bodens durch die Luftſtrömung verhindert wurde, erleichtert. Aber der ſchlagweiſe Samenholz— betrieb wurde durch dieſe verlängerte Verjüngungszeit nicht aufgegeben. Ob die Zeitdauer der Verjüngung 3 oder 15 oder 30 oder 40 Jahre beträgt — dieſe Modifikationen verändern nicht das Weſen der Betriebsart, des Femelſchlag— betriebs. Wenn man den „Femelbetrieb“ „regeln“ will, ſo muß die Ausfeme— lung alle 10 oder 15 oder 20 Jahre in allen Abteilungen wiederkehren. Im Schwarzwald iſt dagegen die Verjüngung eines Teils der Waldung der leitende Zweck. In denjenigen Weißtannenbeſtänden, die nicht der Verjüngungsſchlag— ſtellung unterworfen werden, nimmt man nur Durchforſtungen und Auszugs— hauungen vor und auch in den Abteilungen, auf welche ſich die Hauptnutzungen konzentrierten, bleibt ſchließlich keineswegs das Durcheinander der Altersklaſſen, welches auch den geregelten Femelwald charakteriſieren würde, übrig. Ueber die Frage, ob dieſe langſame Verjüngung zu vertauſchen ſei mit dem ächten Femel— betrieb, gehen die Anſichten der maßgebenden badiſchen Forſtwirte auseinander. Ich werde dieſe Verjüngungsweiſe nicht hier, ſondern im neunten Abſchnitte ein— gehend beſprechen. Auch die ringförmige Verjüngung der Beſtände, die im Pfälzer Wald in neuerer Zeit begonnen worden iſt, verdient nicht den Namen einer veränderten Betriebsart. Wir werden dieſelbe gleichfalls im neunten Abſchnitt kennen lernen. Dagegen hat Homburg (1878) veränderte Beſtockungsformen für die intenſive Nutzholzzucht in den deutſchen Waldungen befür— wortet, die wir hier zu würdigen haben. Homburg will vor allem wuchskräftige Nutzhölzer zum Ueberhalt heranziehen — 35 ſchlank erwachſene Buchen, 60—70 Lichthölzer, nicht ganz fo viel Fichten und Weißtannen per Hektar — und dieſe Oberſtänder die doppelte Abtriebszeit des Unterſtandes, die auf 60 — 80 Jahre angegeben wird, erreichen laſſen. Es ſind deshalb bei den Durchforſtungen die wuchskräftigſten Nutzholzſtangen und Stämme vorſichtig freizu— hauen; im übrigen iſt der mäßige Schlußſtand nicht zu beein— trächtigen. Im 70. Jahr wird der Vorbereitungsſchlag geſtellt und im 90. Jahr der Abtriebsſchlag geführt. (Homburg hat vor— zugsweiſe eine Grundbeſtockung von Buchen im Auge.) Die ſtand— kräftigen und wohlausgebildeten Oberſtänder werden in der oben angegebenen Zahl belaſſen bis dieſelben die doppelte Umtriebszeit erreicht haben. Auf gutem Boden ſollen in die haubaren Buchen— 240 Siebenter Abſchnitt. beſtände noch vor den Verjüngungshieben Eichen und Weißtannen, Eſchen, Ahorn und Ulmen, ſpäter Fichten, Lärchen, Weymouthskiefern in Horſten von ca. 16 m Durchmeſſer (bis 2 a Größe) ein— gebracht werden. Der Schwerpunkt dieſes Verfahrens liegt offenbar in der Starkholzzucht durch den Ueberhaltbetrieb; einzelne, beſonders wuchs— kräftige und für dieſen Zweck zu pflegende Stämme ſollen die doppelte Umtriebszeit fortwachſen. Wir haben indeſſen ſchon im vorigen Abſchnitt geſehen, daß es keineswegs nutzbringend iſt, die Haupt— maſſe der Beſtockung geſchloſſen zu erhalten und mit 60—80jähriger Umtriebszeit faſt lediglich als Brennholz zu benutzen. Es iſt nicht rätlich, nur einzelne Stämme als Starkholz zu züchten und es iſt nicht notwendig, die Nutzholzſtämme ſo lange wachſen zu laſſen, bis ſie 120— 160 Jahr alt geworden find. Vielmehr find zumeiſt 80 bis 100jährige Umtriebszeiten genügend, wenn man den Stämmen, welche den Haubarkeitsbeſtand bilden, rechtzeitig einen ausreichenden Wachsraum zukommen läßt. (Vgl. achten Abſchnitt.) N Die Nüchkehr zu plänterartigen Veſtockungs formen. In der neueſten Zeit iſt, wie ſchon ad I bemerkt wurde, in der Forſtlitteratur die Gleichwüchſigkeit und Gleichförmigkeit der Hochwaldbeſtände lebhaft bekämpft worden. Die Durchbrechung der Gleichwüchſigkeit der Holzbeſtände durch verſchiedenalterige Gruppen und Horſte iſt, ſo ſagt man, nunmehr die vornehmſte waldbauliche Aufgabe geworden. Man glaubt dem wirren Durcheinander der Beſtockungsformen im ungeregelten Plänterwald eine beſondere, leider nicht genau präziſierte Leiſtungsfähigkeit beimeſſen zu können. Haußegger, Werneburg, Bernhardt, die thüringſchen Forſtwirte u. a. empfehlen den Plänterbetrieb für die Nachzucht der edlen Laubhölzer und der Tannen, namentlich auf den ärmeren Böden. Karl Gayer hat, wie S. 233 kurz angedeutet wurde, dieſem dunklen Gefühl einen rückhaltloſen, kräftigen Ausdruck gegeben und damit eine Bewegung hervorgerufen, die vielleicht ebenſo tonangebend in der Forſtlitteratur werden wird, wie die Diskuſſion der Preßlerſchen Hypotheſen über die Steigerung des „Bodennutzeffekts“. Die Betriebsarten. 241 In welcher Weiſe iſt dieſe Durchbrechung der Gleich— wüchſigkeit der jetzigen Hochwaldbeſtände begründet und gerechtfertigt worden? Die Gayerſchen Vorſchläge gravitieren in der Begründung der Femelſchlagform, der femelartigen Hochwaldform und der lechten) Plänterform. Bei der zuerſt genannten Beſtockungsform, bei der Verjüngung der hiebsfähigen Beſtände durch die (ſchon im dritten Abſchnitt angeführten) Vorbereitungs-, Beſamungs- und Aus— lichtungsſchläge, kann man allerdings den Lichtungszuwachs benutzen, aber lediglich acceſſoriſch, indem man den Verjüngungszeitraum — wie bisher ſchon bei der Weißtanne, ſiehe oben — auf 30—40 Jahre verlängert. Der Nachwuchs geht im vollen Kronenſchluß durch die Perioden des Stangen- und Baumholzes ſeiner Weiterentwicklung und ſchließlichen Reife entgegen. Die Beſtände verbringen die weitaus überwiegende Zeit ihres Daſeins im Kronenſchluſſe. Bei der femelartigen Hochwaldform, „wenn ſich einem gleich— alterigen oder nahezu gleichalterigen Grun dbeſtande mehrere oder viele Horſte, Gruppen anderer Holzarten beimengen, die mehr oder weniger erhebliche und verſchiedene Altersdifferenzen unter ſich wie gegenüber dem Grundbeſtande haben,“ ſoll nicht nur die gleich— alterige Grundbeſtockung, es ſollen auch die anderen Holzarten, die in dieſe Grundbeſtockung horſt- und gruppenweiſe eingeſtellt werden, im Kronenſchluß aufwachſen. In der echten Femelform, in der „alle überhaupt möglichen Altersſtufen, von der einjährigen Samenpflanze bis zum Starkholzbaum, in einzelner, vorzüglich aber horſtweiſer Mengung, und zwar allzeit und dauernd vertreten find“, werden zwar „die Anſprüche, welche die Altersſtufen an den Exiſtenz— und Ernährungsraum des Beſtandes machen, das Auseinander- treten der erwachſenen Bäume oder Baumgruppen in mehr oder weniger räumiger Verteilung bedingen“. Das geſchieht im ge— ſchloſſenen Hochwald gleichfalls. Es iſt auch nicht ganz verſtändlich, wie den „zu Starkholzſtämmen ſich allmählich herausarbeiten— den Individuen die Möglichkeit einer beſſeren Kronenbildung“ gewährt werden ſoll, wenn ſie „bis zum Stangenholzalter im Schluſſe erwachſen“, nur den „durch die Holzart bedingten Lichtzufluß“ genießen und ſich ſpäter „allmählich herausarbeiten“ müſſen. Licht— ſtellungen werden, wie Gayer ſagt, in der Regel nur zum Zwecke Wagener, Waldbau. 16 242 Siebenter Abſchnitt. der Verjüngung vorgenommen, wenn ſie auch über die Bedürfniſſe derſelben mehr oder weniger durch Ueberhalten von wuchskräftigen Stangen und Stämmen ausgedehnt werden. Vollen Lichtwuchs können nur die im Ueberhaltbetrieb belaſſenen einzelnen Stämme erreichen, aber dieſelben ſollen „häufig horſt- oder gruppenweiſe zuſammenſtehen“. Wenn man Bodenſchutzholz anbauen wolle, ſo ſei es in der Regel wünſchenswert, daß der Unterbau den vor— wüchſigen Beſtand ohne Unterbrechung unterſtellt. Wenn wir auf die Beweisführung im vorigen Abſchnitt zurück— blicken, ſo iſt vor allem zu fragen, ob bei dieſer wechſelvollen, mit großem Spielraum in jeder Richtung ausgeitat- teten Gruppen- und Horſtwirtſchaft die freie Kronen— entwicklung der Waldbäume, die wir als die wichtigſte Triebkraft der Maſſen- und Wertproduktion erkannt haben, grundſätzlich erſtrebt werden ſoll und erfolg— reich durchgeführt werden kann. Man kann nicht ſagen, daß die Ungleichwüchſigkeit der einzelnen Beſtandsteile der alleinige Zweck der Holzproduktion ſei. Man kann auch nicht ſagen, daß der Waſſergehalt des Bodens lediglich durch Gruppen und Horſte erhalten werden könne. In dieſer Richtung wirkt ſicherlich der dichte Unterwuchs, den Seebach in den gelichteten Buchenbeſtänden bei Uslar erzielte, ungleich kräftiger. Ich habe ſchon im fünften Abſchnitt die Zuſammenſtellung der Waldbäume in Gruppen ꝛc. aus dem Geſichtspunkt der Maſſenproduktion betrachtet und dieſelbe keineswegs ratſam, vielmehr ebenſo unnötig, als ſchadenbringend gefunden. Wir wollen nunmehr unterſuchen, ob dieſe Form der Waldbeſtockung hinſichtlich der Beförderung des Wertertrags und der ausgiebigen Gewinnung der brauchbaren Nutzhölzer das Höchſter— reichbare leiſtet. Wenn man die jetzt auf großen Flächen getrennt ſtehenden Altersklaſſen verteilt in ein Konglomerat von größeren und kleineren Gruppen und Horſten, die in ähnlicher Weiſe fortwachſen, wie die großen Beſtände, ſo bleibt offenbar im Innern der Gruppen und Horſte „alles beim alten“. An den Rändern wird zwar Licht— wuchs erzeugt, aber hier in Verbindung mit excentriſchem Wuchs, mit Schnee- und Eisbeſchädigung u. ſ. w. Die Horſte ꝛc. dürfen, Die Betriebsarten. 243 wie wir ſchon im fünften Abſchnitt geſehen haben, nicht zu klein werden. Innerhalb dieſer gleichwüchſigen Horſte muß ſich der Haubarkeitsbeſtand, Stamm gegen Stamm und Krone gegen Krone kämpfend, in gleicher Weiſe herausarbeiten, wie der Haubarkeits— beſtand bei der bisherigen Erziehung. Für die Erntezeit dieſer Gruppen und Horſte gilt dasſelbe, was wir für die geſchloſſenen Beſtände auf größeren Flächen bemerkt haben. Wenn in einer Waldung 100 ha SOjährige Beſtände in Summe vorhanden find, ſo iſt es ganz gleichbedeutend für die Feſtſtellung der Umtriebszeit, ob dieſe 100 ha ſich auf drei 20, 30, 50 ha oder auf fünfzig je 2 ha oder auf 200 je ½ ha große Beſtände verteilen, denn hier wie dort ſind die Stämme mit der weitaus überwiegenden Zahl im dichten Kronenſchluß aufgewachſen. Will man aber die Horſte un— gleichartig und ungleichförmig im Innern geſtalten, ſo iſt, wie wir ſehen werden, die Zerlegung der heutigen Hochwaldbeſtände in Be— ſtockungsformen, die den alten Plänterwald mit allen ſeinen Nach— teilen wieder verjüngen würden, nicht nötig. Man braucht, wie unten dargelegt werden wird, die ungleichwüchſige Beſtockungsform nicht grundſätzlich zu vermeiden, man kann ſie, wenn ſie durch die konkrete Beſtandsbeſchaffenheit dargeboten wird, ſogar nutzbringend verwerten — aber man hat ſie, wie es mir vorläufig ſcheint, nicht grundſätzlich und planmäßig einzubürgern. Es iſt erſichtlich, daß dieſe neuen Vorſchläge nicht begründet worden ſind, indem man die Leiſtungsfähigkeit der Beſtockungs⸗ formen für die Produktion von Gebrauchswerten — und zwar in der erreichbar kürzeſten Zeit — vergleichend unterſucht und hier— durch die Leitſterne gefunden hat. Die Einwirkung der Beſtockungs⸗ form auf die Reifezeit der Waldbäume — dieſer volkswirtſchaftlich ſo überaus wichtige Umſtand — iſt überhaupt nicht diskutiert worden). Ausgehend von dem Grundſatz, daß die Erhaltung der Produktionsthätigkeit des Waldbodens die vornehmſte Aufgabe des Waldbaues ſei, will man durch ein beliebiges Konglomerat von ) Die Starkholzzucht in den deutſchen Waldungen findet ſchon durch die Verbrauchsanſprüche eine Grenze — ganz abgeſehen von der Erhöhung des Rein⸗ einkommens. Ueber 35 em ſtarke Stämme ſind, wie wir geſehen haben, den Sägmühlen keineswegs angenehm. 244 Siebenter Abſchnitt. ungleichalterigen Gruppen und Horſten den Windzug über den Boden, der die Baumhölzer durchzieht, hemmen. Das iſt ſicherlich beachtenswert; aber die Bewegung der Luft iſt ſelbſt dann eine ſehr raſche, wenn ſich kein Laubblatt bewegt — ſicherer wird die unmittelbare Beſchattung des Bodens der Baumholkzbeſtände jein, die wir ſpäter erörtern werden. Man hat außerdem mehrfach die Untermiſchung der Holz— gattungen in Form von Horſten und Gruppen warm befürwortet, weil dieſe Beſtockungsform die Anzucht der Holzgattungen, die ungleich im Höhenwuchs und Lichtbedarf ſind, ohne menſchliche Unterſtützung geſtattet. Ich habe zwar ſchon dieſe Wirkung der Horſtform im fünften Abſchnitt genügend gewürdigt, aber ich will doch, der Vollſtändigkeit halber, wiederholen, daß dieſe Hilfe— leiſtung nur für die Eiche im Buchenwuchs und möglicherweiſe für die Weißtanne erforderlich iſt. Die Eiche iſt indeſſen auf der Geſamtfläche der geeigneten Bodenteile in reinen Beſtänden zu züchten, die rechtzeitig (mit beginnender Lichtſtellung) unterbaut wer— den. In gleicher Weiſe ſind Eſchen, Ulmen, Ahorn ꝛc. in einer Schutzholzbeſtockung von Rot- und Hainbuchen zu erziehen. Lärchen, Kiefern und Fichten ſind raſchwüchſiger, als die zuletzt genannten Holzarten; ſie laſſen ſich im Einzelſtande aufbringen und brauchen die Horſtform zu ihrem Schutze nicht. Man hat nur bei der Ver— jüngung zu überwachen, daß ſich dieſe Nadelhölzer nicht zu ſtark eindrängen und zu weit vorwachſen und muß, wie wir unten ſehen werden, das richtige Verhältnis in der Stammſtellung durch recht— zeitige Einpflanzung der Nadelhölzer und durch Anwendung der Axt bei der alsbaldigen Ausläuterung herſtellen. Es bleibt ſonach nur die Weißtanne übrig; es iſt wahrſcheinlich, daß dieſelbe von der Buchengrundbeſtockung bedrängt wird, wenn ſie einzelſtändig ohne Höhenvorſprung eingemiſcht iſt. Die Weißtanne wird zwar in den meiſten Fällen durch die raſcher wüchſige Fichte erſetzt werden können. Allein auch bei der Anzucht der Weißtanne kann die horſt— und gruppenförmige Stellung derſelben nur dann in Frage kommen, wenn der Waldeigentümer die geringen Koſten des Freihiebes der Weißtannenkronen im Dickungs- oder im Buchengertenholzalter nicht aufzubringen vermag. Aber der Schutz, den der Horſt den Mittelſtämmen gegen das Ueberwachſen der Buche gewährt, würde Die Betriebsarten. 245 ſowohl bei der Weißtanne, wie bei der Lärche, Fichte, Kiefer, Eiche ꝛc. viel koſtſpieliger werden. Man müßte auf Freiwüchſigkeit innerhalb des Horſtes und damit nicht nur auf den oben betrachteten Zu— wachsgewinn, ſondern auch auf alle Vorteile des Miſchwuchſes ver— zichten, denn kleine Horſte und Gruppen verſagen erfahrungsgemäß den Erfolg. Man könnte das Nadelholz nicht gegen Inſekten und Schneedruck durch Beimiſchung von Laubholz in gleicher Weiſe ſchützen, wie durch die Erziehung einzelſtändiger vollſaftiger Nadel— holzſtämme, deren Fuß vom Laubholz umgeben iſt. Der Schnee— druck würde, wie die Erfahrungen im weſtfäliſchen Gebirgsland und in Sachſen beweiſen, durch die ungleichmäßige Beaſtung, die ſich an den Rändern der ungleich hohen Horſte herſtellen wird, vermehrt werden. Alle einſeitig beaſteten Stämme, namentlich an den Rändern älterer Neſtbruchlöcher wurden, wie oben erwähnt, ſtärker beſchädigt, als gleichmäßig beaſtete Stämme. Die Wider— ſtandskraft gegen Stürme wird ſich ſchwer herſtellen und erhalten laſſen. Allerdings werden ſich die Randſtämme der jeweils älteſten, am meiſten vorgewachſenen Horſte dichter beaſten, als die Stämme im Innern der Horſte; ſie werden auch nach der Windſeite einen Waldmantel bilden. Man muß, ſo wird man ſagen, dieſe Rand— ſtämme bei den Durchforſtungen möglichſt zu erhalten ſuchen — auch wenn ſie von den Nachbarſtämmen überwachſen werden. Allein welche Situation finden die Stürme bei dieſer Horſtwirtſchaft, in principiell ungleichwüchſig und verſchiedenalterig geſtalteten Beſtänden, wenn in einer Abteilung die älteſten Horſte gehauen worden ſind und der Beſtand überall durchlöchert worden iſt? In den oft wenig jüngeren, ſeitlich beengt und gedrängt (ohne Buſchbildung) auf— gewachſenen Horſten werden die einſtrömenden Stürme ſchlanke Stämme mit hochangeſetzten Kronen finden, die hinſichtlich ihrer Widerſtandskraft keinen Vergleich aushalten mit den Stämmen, welche durch frühzeitige Lichtungshiebe gekräftigt worden ſind. Man wird infolge dieſer Löcherwirtſchaft die Erfahrungen wiederholen, welche im vorigen Jahrhundert im Femelwalde hinſichtlich der Sturmverheerungen gemacht worden ſind. Aus dieſen Gründen vermute ich, daß die Rückſtrömung, die im deutſchen Waldbau augenſcheinlich begonnen hat, eine andere Richtung aufſuchen darf. 246 Siebenter Abſchnitt. IV. Die zukünftigen Nufgaben. Im ſechſten Abſchnitt habe ich den Beweis zu führen geſucht, daß die intenſive Nutzholzwirtſchaft, die in den größeren forſttechniſch benutzten Waldungen, ihren Schwerpunkt in der Produktion von Bretterklötzen und hinlänglich ſtarkem Bauholz zu ſuchen hat, bei der gebräuchlichen Erziehung der Holzbeſtände im dichten Kronen— ſchluß nicht ohne eine ſehr weſentliche, volkswirtſchaftlich durchaus unzuläſſige Erhöhung der beſtehenden Umtriebszeiten ermöglicht werden kann. Ich habe dargelegt, daß die Erziehung der Wald— bäume in einem richtig bemeſſenen Lichtſtande eine ungleich höhere Leiſtungsfähigkeit für die Nutzholzproduktion entwickeln wird, wie die bisher übliche Erziehung im Kronenſchluſſe. Und dieſe Nutz⸗ leiſtung wird keineswegs durch einen Verluſt an der Geſamtproduktion erkauft, der Ertrag wird quantitativ nicht kleiner. Wenn wir zurückblicken auf die im ſechſten Abſchnitt mitgeteilten, leider noch nicht genügenden, aber faſt durchweg komparativen und darum völlig beweiskräftigen Unterſuchungen, jo drängt ſich uns mit zwingen— der Gewalt die Erkenntnis auf, daß ein einfaches Naturgeſetz den Baumwuchs regelt — die Arbeit der hellen Lichtſtrahlen in der kohlenſäurehaltigen Luft ſteigt und fällt mit der Blattmenge, welche dieſer Arbeit als Werkſtätte im Walde dargeboten wird. Auf einer gegebenen Fläche vermögen nur dann die Wald— bäume die größte Maſſe des dauerhafteſten, trag- und brennkräftigen Holzes zu erzeugen, wenn ihre Kronen im vollen Genuß der hellen Beleuchtung ſtehen. Aber die Waldbäume müſſen hierbei in allen Wachstumsperioden ſo nahe aneinander gerückt werden, daß kein zu großer Luft- und Bodenraum unbenützt bleibt. Das caximum der Wertproduktion iſt für gleiche Schirmflächen durch örtliche Unterſuchungen feſtzuſtellen. Die Forſtwirte haben bisher augenſcheinlich — neben der Beſchützung des Bodens, die ſich auch auf anderem Wege in viel beſſerer Weiſe ſicher ſtellen läßt — auf die Anzucht dünner, Ferzen: Die Betriebsarten. 247 förmiger, ſchlanker, langer Baumſchäfte beſonderen Wert gelegt. Das war ein Irrtum, welcher der deutſchen Nation teuer zu ſtehen gekommen iſt. Die Nutzholzkonſumtion verlangt ſelten lange Baum— ſchäfte, ſondern vor allem kurze und dicke Sägeklötze. Indeſſen — wenn die Forſtwirte beſonders ſchöne und beſonders wertvolle Nutzholzſtämme erziehen wollten, ſo haben ſie regelmäßig ihre Zu— flucht zum Lichtſtand genommen — im Schwarzwald bei der Tanne, im Speſſart und in Hannover bei der Eiche, im Hauptsmoor nächſt Bamberg bei der Kiefer u. ſ. w. In der Jugendzeit bedürfen die Holzbeſtände eine gewiſſe ſeitliche Beſchränkung der Kronenausbreitung. Einzeln ſtehende Holzpflanzen dehnen ſich mit ihrer Krone über— übermäßig in die Breite, ſie werden buſchförmig, verkrüppeln und verbutten. Aber dieſe Wirkung ſcheint in erſter Linie durch die Austrocknung des Bodens verurſacht zu werden; man kann nicht behaupten, daß der enge Kronenſchluß Bedingung für den leb— haften Höhenwuchs ſei, wie wir nicht nur durch die im fünften Abſchnitt mitgeteilten vergleichenden Meſſungen erfahren haben, ſondern auch täglich in weitſtändigen Pflanzungen im Gegenſatz zu übermäßig dichten Saaten ꝛc. ſehen können. Der Kronenſchluß iſt in erſter Linie wegen des Bodenſchutzes nicht zu entbehren. Man darf auch vermuten, daß die Holzpflanzen bis zum 20. bis 25. Jahre in einer Entfernung, die 1—1½ m betragen darf, hinlänglichen Raum für die Kronenentwicklung finden und bei dem lebhaften Höhenwuchſe von der ſeitlichen Kronenſpannung nicht tiefgreifend benachteiligt werden. Wenn indeſſen das genannte, örtlich nach der Bodengüte näher zu beſtimmende Alter erreicht iſt, wenn die Kronenſpannung das ſog. Reinigen des Be— ſtands herbeizuführen beginnt, dann iſt eine Oeffnung des Kronenraums dringend geboten. Der praktiſche Forſt— mann wird jedoch ſagen: wie kann dieſe Auslichtung in den Dickungen und ſchlanken Gertenhölzern gefahr— los und mit den im gewöhnlichen Forſtbetriebe vor— handenen Arbeitskräften und Geldmitteln vollzogen werden? Die Antwort liegt nahe: man muß die erſte Durch— forſtung nach anderen Grundſätzen ausführen laſſen, als bisher; 248 Siebenter Abſchnitt. ſie hat im „Kronenfreihieb“ der zur Bildung des Haubarkeitsbeſtands befähigten Nutzholzſtangen ihren Schwerpunkt zu ſuchen, ohne den Kronenſchluß des Nebenbeſtands zu unterbrechen. Der Forſtmann hat zu bedenken, daß lediglich die Stämme, welche zur Haubarkeitszeit den Nutzholzbeſtand bilden, beachtet und gepflegt zu werden verdienen. Alle andern Gerten, Stangen und Stämme kommen, wie ich im vorigen Abſchnitt ausführlich nachgewieſen habe, hinſichtlich ihrer Wertproduktion nur ſehr untergeordnet in Betracht; ſie haben faſt lediglich die Aufgabe, den Boden und den aufwachſenden Haubarkeitsbeſtand zu ſchützen — den letzteren, indem ſie eine Reſerve für etwaige Verluſte ſo lange bilden, bis die vorwachſenden Stämme durch eine ſtufige Schaft— bildung, durch die am oberen Schafte etwas tiefer herabgehende Krone (die dem Winde eine geringere Hebelkraft darbietet), und durch eine kräftige Bewurzelung widerſtandskräftig gegen Stürme, Schnee— druck, Rauhreif ꝛc. geworden ſind und durch Saftfülle dem In— ſektenfraß begegnen können. Indem ich nachſtehend die wahlwürdigen Richt— punkte der Holzzucht im Lichtwuchsbetriebe erörtere, will ich keineswegs die ſofortige und allgemeine Einbürge— rung dieſer Modifikation des bisherigen Hochwaldbe— triebs befürworten. Aber es iſt nach meiner Ueber— zeugung die nächſte und wichtigſte Obliegenheit jedes denkenden und vorwärts ſtrebenden Forſtwirts, ver: gleichungsfähige Probeflächen mit verſchiedenen Aus— lichtungsſtufen in allen Teilen ſeines Forſtbezirks (auf Nord- und Oſt-, wie auf Süd- und Weſtſeiten, im Flach— land, wie in Berglagen, auf trockenen und verarmten, wie auf lockeren und feuchten und humusreichen Böden, in Fichten- und Tannen⸗, wie in Eichen-, Kiefern- und Buchenbeſtänden u. ſ. w.) ohne jeden Verzug anzulegen und nicht nur die Holzproduktion hier und in den angrenzenden ge— ſchloſſenen Beſtänden zu meſſen und zu vergleichen, ſondern auch die Rückwirkung des Auslichtungsgrads auf den Bodenzuſtand und namentlich den Unkraut— wuchs, auf die Beſchädigungen durch Wind, Schnee, Duft: und Eisanhang ac. ſcharf zu beobachten, um nach Die Betriebsarten. 249 5 oder 10 Jahren die örtlich maßgebenden Richtpunkte ſicher beurteilen zu können. Ich habe die Leiſtungen der bisherigen Beſtandserziehung für die Nutzholzproduktion genügend gewürdigt, um ſagen zu dürfen: die alten Wege genügen in der Jetztzeit nicht mehr, neue Wege find ohne Zweifel aufzuſuchen. Die volkswirtſchaftlichen Ziele des deutſchen Waldbaues werden durch die Gruppen⸗ und Horſtwirtſchaft, die wir ad III kennen gelernt haben, ebenſowenig erreicht werden, als durch die bisherige Hoch— waldzucht. Es erſcheint mir unbeſtreitbar, daß die freiſtändige Erziehung der Waldbäume zukünftig den Grundcharakter der deutſchen Holzzucht bilden wird. Die Vorbereitung dieſes Lichtwuchssbetriebs beginnt ſchon bei der Begründung der Beſtände; wir haben die Einpflanzung der Hau— barkeitsſtämme in eine Schirmbeſtockung von Buchen und Hainbuchen ſchon im fünften Abſchnitt (S. 159) beſprochen und werden wieder— holt darauf zurück kommen. Im jugendlichen Leben der Holzbe— ſtände — einerlei ob dieſelben in dieſer plangemäßen Weiſe begründet, oder rein oder in beliebiger Untermengung aus natürlichen Ver— jüngungen oder Saaten und Pflanzungen hervorgegangen ſind — iſt das wirkſamſte Mittel für die Durchführung dieſes Lichtwuchsbetriebs: 1) Der Kronenfreihieb in Verbindung mit der erſten Durchforſtung, überhaupt zur Zeit der begin— nenden Reinigung der Holzbeſtände. Bis zum 25—35 jährigen Beſtandsalter (nach Holzart und Bodengüte verſchieden) iſt, wie wir geſehen haben, eine Erweiterung des Kronenraums bei den Holzpflanzungen in 1—1'/, m Verband, welche die Regel bilden ſollten, weder notwendig, noch rätlich. Nach dieſer Zeit haben bisher die Durchforſtungen faſt lediglich diejenigen Gerten, Stangen und Stämme entfernt, die an dem Kampfe, welchen die Waldbäume im Kronenraume der dicht geſchloſſenen Waldbe— ſtände führen, nicht mehr teilnehmen konnten — die übergipfelten, unterdrückten, halb und ganz trockenen Stangen und Stämme. Die Forſtwirte haben ſich bisher bei den Zwiſchennutzungen im weſent— lichen auf die Beſtattung der Toten beſchränkt. Ohne menſchliche Beihilfe haben ſich die verbliebenen Stangen und Stämme eine gewiſſe Erweiterung des Wachsraums erkämpfen müſſen. Es kann offenbar in keiner Weiſe gefahrbringend ſein, wenn 250 Siebenter Abſchnitt. man dieſen Wachsraum für die nächſten 5 oder 10 Jahre künſtlich öffnet. Wir haben geſehen, daß die Stangen, die den Schnee abſchütteln können, widerſtandskräftiger gegen Schnee— druck werden, wie ſchlanke Stangen im dichten Kronenſchluß. Und da dieſe Oeffnung des Kronenraums nur für einen Bruchteil der Geſamtſtammzahl, d. h. für die kräftigſten Stangen, welche den Haubarkeitsbeſtand bilden ſollen, notwendig iſt, ſo kann die Ver— flüchtigung der Bodenfeuchtigkeit kaum in Frage kommen. Die Waldbäume zeigen hinſichtlich der Erweiterung des Wachs— raums, welchen ſie ſich im dichten Kronenſchluß während der ver— ſchiedenen Altersperioden erkämpfen, ein charakteriſtiſches Verhalten. Wenn man den Wachsraum, den die dominierenden Stämme von Jahrzehnt zu Jahrzehnt in den geſchloſſenen Beſtänden einnehmen, nach der Quadratform ausdrückt und die Quadratſeite des Wachs- raums vergleicht, ſo ergeben ſich nach den bisherigen Unterſuchungen keine ſehr weſentlichen Unterſchiede. Die zehnjährige Erweiterung der Standraumsſeite ſchwankt nach den Unterſuchungen von Th. Hartig, R. Hartig, Baur, Weiſe und Lorey bei mittlerer Bodengüte in Fichten- u. Buchenbeſtänden zwiſchen 30 und 40 em per Jahrzehnt und in Kiefernbeſtänden „ A ee Wenn indeſſen dieſer Wachsraum im Anfang des Jahrzehnts künſt⸗ lich geöffnet wird, ſo werden ſelbſtverſtändlich die Stangen und Stämme ihre Kronen weiter ausdehnen, als im dicht geſchloſſenen Beſtande, in dem ſie ſich allmählich den Wachsraum erkämpfen müſſen. Freiſtändige, im Mittelwalde erwachſene Fichten und Kiefern gewinnen in je 10 Jahren nach den Unterſuchungen des Verfaſſers teils nahezu, teils etwas mehr als die doppelte Aſtver— breitung der Schlußſtämme. Nach den bis jetzt vorliegenden, allerdings noch unvollkommenen und zu ergänzenden Unterſuchungen würde für eine 10 jährige freie Kronenentwicklung eine Erweiterung der Standraum— ſeite von ca. 60 em genügen — d. h. es wäre um jeden Freiſtamm ein Ring von 60 em Breite frei zu hauen. Der Kronen— freihieb hat ſich, wie geſagt, auf die Stämme, die den Haubarkeits— beſtand bilden ſollen, zu beſchränken, denn nur dieſe verdienen be— achtet und gepflegt zu werden. Im 100jährigen Alter ſind in ge: ſchloſſen erwachſenen Fichtenbeſtänden auf mittelgutem Boden 600 bis Die Betriebsarten. 251 800 dominierende Stämme per Hektar und in 90jährigen Kiefern— beſtänden 500 — 700 dominierende Stämme per Hektar vorhanden, Dagegen werden völlig frei erwachſene Kiefern und Fichten ſchon im 70—80 jährigen Alter viel größeren Wachsraum einnehmen; je nach der Bodengüte werden 200—400 Stämme per Hektar lockeren Kronenſchluß bilden. Lärchen und Eichen werden ſich ähnlich wie Kiefern, und Tannen ähnlich wie Fichten verhalten. Als Ziel wird man der Nutzholzwirtſchaft in den deutſchen Waldungen die Bildung eines Haubarkeitsbeſtands, in dem die (vom 25. bis 35. Jahre an) freiwüchſig erzogenen Nutzholzſtämme mit einem durchſchnittlichen Bruſthöhendurchmeſſer von ca. 30 em die Fläche voll beſtocken, voranſtellen dürfen. Dieſes Ziel wird je nach der Standortsgüte (ganz trockener und armer Boden aus— geſchloſſen) zwiſchen dem 60- und SOjährigen Baumalter erreicht werden, wenn man in den 25—35jährigen Beſtänden 450 bis 500 Stämmen in gleicher Entfernung den für die freiſtändige Ent— wicklung erforderlichen Wachsraum gibt und dieſen Wachsraum ſpäter ſorgſam erhält. Der erſte Kronenfreihieb hat hiernach die wuchs— kräftigſten Stangen und Stämme in einer mittleren (Quadrat-)Entfernung von 4,5—5,0 m (etwa 6 Schritte) auf— zuſuchen und zu bezeichnen. Rund um dieſe Stämme ift ein ringförmiger Wachsraum von etwa 50—70 cm Breite (je nach der Holzart und Bodengüte breiter und ſchmäler) freizuhauen. Selbſtverſtändlich bieten dieſe Ziffern nur eine un⸗ gefähre — ich möchte ſagen theoretiſche — Richtſchnur, denn die kräf— tigſten und wuchsfähigſten Holzpflanzen ſtehen in den Wald— beſtänden (ſelbſt in gleichmäßigen Pflanzungen) keineswegs ſo regel— mäßig, wie man die Figuren auf einem Schachbrett ſtellen kann. Das Augenmerk iſt auf die Freiſtellung der höchſten und ſtärkſten Stämme in den gleichwüchſigen und reinen Beſtänden und auf die Frei— ſtellung der wertvollſten Holzarten im Miſchwuchs zu richten; man hat bei der Auszeichnung überall von den ſtärkſten Stämmen aus: zugehen und hierauf die paſſenden Zwiſchenſtämme zu bezeichnen, wenn auch die frei zu hauenden Stämme bald einige Schritt näher und bald einige Schritt weiter voneinander entfernt ſtehen, als der Norm entſprechen würde. Man wird ſehr oft die ſtärkſten Stämme 252 Siebenter Abſchnitt. ſehr nahe bei einander ſtehen laſſen. Die Auszeichnung iſt nicht ſchwer; aber ſie kann nicht in Büchern gelehrt werden und muß dem Augenmaß überlaſſen bleiben. Es iſt nicht gerade notwendig, daß dieſer Kronenfreihieb gleich— zeitig mit der erſten Durchforſtung vorgenommen wird. Wenn Beſtände im ſtarken Gedränge ſtehen, bevor die Aufarbeitung des übergipfelten und unterdrückten Holzes bei den örtlichen Holzpreiſen und Arbeitslöhnen die Koſten deckt, ſo wird man frühzeitig die— jenige Koſtenausgabe, welche der Kronenfreihieb erfordert (ſiehe unten), aufwenden müſſen. Ich befürchte, daß in einigen Jahr— zehnten derartige Fälle in Deutſchland nicht mehr ſelten ſein werden und der Kronenfreihieb das einzige Mittel bleibt, um gebrauchs— fähige Nutzholzſtämme in kurzer Zeit heranzuziehen. Denn ſchon jetzt müſſen in vielen Gegenden Deutſchlands die Durchforſtungen, welche lediglich geringwertiges Brennholz liefern, unterbleiben, weil der Erlös den Gewinnungskoſten nachſteht. Im genannten Falle bleibt der Zwiſchenſtand, der als Boden— ſchutzholz und als Treibholz zu wirken hat und 70—850% der Fläche überſchirmen wird, unberührt. Aber auch bei gleichzeitiger Ausführung der erſten Durchforſtung ſind in dieſem Zwiſchen— ſtand lediglich die unterdrückten, völlig übergipfelten, kränkelnden und abſterbenden Gerten und Stangen zu entfernen — mit beſonderer Vorſicht auf trockenem Boden und in Hochlagen. Der Kronenſchluß muß im Zdwiſchenſtand erhalten bleiben. Es muß nicht nur der Boden im tiefen Schatten bleiben und der Luftzug verhütet werden; man muß auch überall Erſatz finden können, wenn der Schnee- und Duftanhang oder der Sturm einzelne Gipfel abbrechen und einzelne Stangen entwurzeln ſollte. Die Periode unmittelbar nach dem Kronenfreihieb iſt immer: hin gefährlich: Vorſichtsmaßregeln können niemals ſchaden. Unbedingt nötig iſt, daß nicht nur die frei zu hauenden, ſondern auch die wegzunehmenden Stämme vor dem Hieb durch ausreichend inſtruierte Forſt— ſchutzbeamte bezeichnet werden lerſtere durch einen Teeranſtrich oder durch weiße Farbe, die aus einer Miſchung von 1 Liter ſüßen Rahms mit 2 Pfund Zinkweiß — per Pfund 36 Pf. — hergeſtellt wird). Der Aushieb wird von zu— verläſſigen Holzhauern im Taglohn vorgenommen. Nach den Erfahrungen des Verfaſſers erfordert die Auszeichnung des erſten Kronenfreihiebs in 20—25jäh— rigen Nadelholzbeſtänden im Durchſchnitt einen Zeitaufwand von 7 Stunden per Hektar (den Zeitaufwand des Forſtſchutzbeamten und eines Arbeiters zuſammen— Die Betriebsarten. 253 gerechnet), der Aushieb im Taglohn 40 Arbeitsſtunden per Hektar und bei einem Taglohnſatz von 1,20 M. einen Koſtenaufwand von 4,42 M. per Hektar, wenn keine Aufarbeitung ſtattfindet. Bei den hieſigen Hauerlohnsſätzen übertreffen die Ausgaben für Aushieb und Aufarbeitung im Taglohn nicht die regelmäßigen Gewinnungskoſten (1 M. 72 Pf. per Hundert Hopfenſtangen, 70 Pf. per Raum— meter weiches, gemiſchtes Prügelholz und 1 M. 14 Pf. per 100 Wellen). Die Holzmaſſe, die per Hektar gewonnen wird, hat hier durchſchnittlich betragen: 780 Hopfenſtangen III. Klaſſe, 31 Raummeter weiches gemiſchtes Prügelholz, zuſammen ca. 31 Feſt— meter Derbholz. Ferner 14 Wellenhundert. Der Erlös hat im Vergleich mit den Fällungs- und Aufarbeitungskoſten (exkl. Auszeichnung) einen Ueberſchuß von 67 M. geliefert. Wenn die Hopfen⸗ ſtangen als Brennholz verwertet worden wären, ſo würde der Erlös (brutto 1,2 M. per Raummeter und 2,5 M. per Wellenhundert) einen Ueberſchuß von circa 56 M. ergeben haben. Wir haben jedoch, bevor wir weiter gehen, die Frage zu be— antworten, ob die Bodenkraft auf dieſen ringförmigen Freiſtellen erhalten bleibt oder ſofort nach den Kronen- freihieben Unterbau erforderlich wird. Nach den Er— fahrungen des Verfaſſers iſt der Unterbau entbehrlich, wenn ſchatten— ertragende Holzarten, wie Fichten, Tannen und Buchen, in der angegebenen Weiſe freigeſtellt werden. Das eindringende Licht beleuchtet nur den Kronenraum; die abgeſtorbenen Nadeln und Laubblätter bleiben feucht und werden nicht vom Winde verweht, der Boden bleibt bedeckt. Selbſt bei einer viel ſtärkeren Licht: ſtellung, als durch dieſen Kronenfreihieb bewirkt wird, ſelbſt bei graswüchſigem Boden bleibt derſelbe mit Laub und Nadeln bedeckt oder kahl. Wenn aber auch unter den freigehauenen Stangen ein ſpärlicher, bald vorübergehender Gras- und Kräuterwuchs entſteht, wenn nur Heide, Beerkräuter, wuchernde Farnkräuter und trockene Angergräſer zurückgehalten werden, jo iſt der Anbau von Schuß: holz nicht geradezu erforderlich. Die freigeſtellten Stangen und Stämme werden bald voll- und dichtbelaubte und -benadelte Kronen bilden, die in wenigen Jahren eine genügende Bodendecke herſtellen. Vielfältige Erfahrungen beweiſen, daß gerade auf minder produk— tiven Standorten dichtſtehende, ſchlechtwüchſige Holzbeſtände nach einer ſcharf eingreifenden Durchforſtung lebhaft und nachhaltig fort— gewachſen ſind. Die Frage, ob in reinen Eichen beſtänden ſchon beim erſten 254 Siebenter Abſchnitt. Kronenfreihieb (etwa im 30.— 40. Jahre) Unterbau mit Buchen und Hainbuchen ſtattfinden ſoll, iſt dagegen zu bejahen. In reinen Eichenbeſtänden iſt mit dem Kronenfreihieb eine Durchforſtung des Eichenzwiſchenſtandes vorzunehmen. Es wird ſich dadurch ein Licht— grad einſtellen oder leicht herſtellen laſſen, welcher Unterwuchs auf der ganzen Fläche gedeihen läßt. Es kann in manchen Fällen rätlich werden, die erſte Auslichtung erſt im 40—50jährigen Be: ſtandsalter vorzunehmen und bis dahin lediglich die dürren, unter— drückten und niedergebogenen Stangen zu entfernen. Aber im allgemeinen darf man mit dem Kronenfreihieb und der entſprechen— den Durchforſtung des Zwiſchenſtandes nicht ſäumen, ſobald die Eichen ſich auszulichten beginnen und der Boden ſich begrünt. Noch frühzeitiger, als die Eiche, iſt die Lärche auszulichten, wenn ſie reine Beſtände bildet. Die Lärche darf auch in dem Zwiſchen— beſtand nicht im Kronenſchluß verbleiben, vielmehr ſind die Kronen der beſſeren Stämme gleichmäßig auf der ganzen Fläche mit einem noch etwas größeren Abſtand, als oben angegeben wurde, freizuhauen. Der Unterbau iſt gleichfalls über die ganze Fläche auszudehnen. Wenn reine Kiefernbeſtände auf einem Boden vorkommen, auf welchem Buchen und Hainbuchen gedeihen, ſo wird am zweck— mäßigſten im 20.—25. oder 25.—35. Jahre der Kronenfreihieb einzulegen und der Zwiſchenſtand nur auf unterdrücktes und über— gipfeltes Holz zu durchforſten ſein, weil man bei der Kiefer den Schneedruck, Rauhreif ꝛc. beſonders zu fürchten hat und außerdem die allmähliche Freiſtellung der Nutzholzſtämme vorzuziehen iſt. Der Unterbau wird auf dieſen beſſeren Standorten in der Regel bis zum durchgreifenden Lichtungshieb, den wir ad 2 betrachten, ver— ſchoben werden können. Wenn aber die Kiefer auf armen und trockenen Böden vorkommt, ſo iſt ſelbſt ein weitgreifen der Kronen— freihieb bedenklich. Bei dieſer Standortsbeſchaffenheit wird ein Unterwuchs, ſelbſt von Fichten, nicht den nötigen Lichtgenuß finden und ohne Unterſtützung durch einen (in den Pflanzen reich fließenden) Waſſerſtrom vertrocknen. Es wird nur erübrigen, bei der erſten Durchforſtung der Kiefernbeſtände den ſtärkſten, kräftigſten Stämmen eine mäßige Erweiterung des Wachsraums zu geben. Indeſſen ſind auch in dieſer Richtung in den konkreten Fällen Beobachtungen Die Betriebsarten. 255 anzuſtellen und vergleichende Unterſuchungen vorzunehmen und hier— nach iſt zukünftig zu verfahren. Für die Nutzholzzucht wird Hom— burgs Ueberhaltbetrieb zu unterſuchen ſein. Beſondere Wichtigkeit hat der Freihieb der Kronen für die vorhandenen Buchengertenhölzer. Wir haben oben geſehen, daß ſich die im Freiſtand mit der richtigen Stellung erzogenen Buchenbeſtände, was zunächſt die Brennſtofferzeugung betrifft, den maſſenreichen gleichalterigen Nadelholzbeſtänden gleichſtellen, während die Rotbuche im Schluß weit hinter den Kiefern und Fichten zurückbleibt. Hin— ſichtlich der Nutzholzerzeugung und namentlich der Lieferung von Eiſenbahn— ſchwellen leiſtet ſelbſtverſtändlich der Lichtwuchsbetrieb erheblich mehr, als die Erziehung im Kronenſchluſſe. Nach den Erfahrungen des Verfaſſers haben ferner Buchen über 35 em Stärke einen beträchtlich höheren Verkaufswert, als ſchwächere Buchen — ſolange keine Imprägnierung zu Bahnſchwellen ſtattfindet. Die Behand— lung der Buchenbeſtände beim Kronenfreihieb folgt den oben bei der Fichte erörterten Regeln. Jedoch wird man bei Vergleichung der Werterträge in der Regel den alsbaldigen Anbau von Nadelhölzern auf den Zwiſchenraum nutzbringend finden und die Buchen demgemäß ſtärker lichten, wenn kein Umbiegen mehr zu befürchten iſt. Auch die Weißtanne wird in gleicher Weiſe zu behandeln ſein, wie die Fichte. Praktiſche Erfahrungen bezüglich dieſer Holzart mangeln dem Verfaſſer. Wenn in ſchlanken, ſchwachen Gertenhölzern Um— biegen ſelbſt für die kräftigſten Gerten und Stangen zu befürchten iſt, ſo muß dem Kronenfreihieb die Ent— nahme des unterdrückten und übergipfelten Holzes geraume Zeit vorausgehen und die Kräftigung des Beſtands abgewartet werden. f Dieſe Kronenfreihiebe werden länger verzögert und leichter ausgeführt werden können, wenn die Schirmbeſtockung (in der im fünften Abſchnitt erörterten Weiſe) aus Buchen und Hainbuchen gebildet worden iſt und die Holzarten, welche den Nutzholzbeſtand zur Haubarkeitszeit formieren ſollen, vereinzelt und etwas vor— wüchſig in regelrechter Verteilung eingemiſcht worden ſind. Man darf übrigens nicht unbeachtet laſſen, daß der Erfolg des freieren Standes erſt nach einigen Jahren ſicht— bar werden kann. Wenn auch alle 6—8 Schritte die jeweils ſtärkſten und wuchsfreudigſten Stämme freien Wachsraum für die nächſten zehn Jahre erhalten haben, ſo werden ſie zunächſt eine vollere Krone bilden. Erſt nach einigen Jahren, wenn ſich die Krone aus den ſchlafenden Augen für die Lichtwuchsproduktion ergänzt hat, wird der Höhen- und der Schaftzuwachs belebt werden. 256 Siebenter Abſchnitt. Der Leſer, der bisher nur die Höhenentwicklung der Beſtände im Kronenſchluß kennen gelernt hat, wird jedoch vor allem fragen, ob infolge dieſer Aus lichtung keine Verkümmerung des Höhenwuchſes zu beſorgen iſt? Ich darf daran erinnern, daß die Stämme keineswegs aus dem dichten Schluß in vollen Freiſtand gebracht, werden, vielmehr faſt nur der Wachsraum, den ſich die Stämme ſelbſt erkämpfen, geöffnet wird. Es iſt aber im vorigen Abſchnitt nachgewieſen worden, daß dieſer Kampf den Höhen— wuchs nicht befördert, ſondern hemmt. Es iſt ſomit keineswegs gerechtfertigt, mit der Auslichtung zu warten, bis die Beſtände das angehende Baumholzalter erreicht haben und der Hauptlängenwuchs, wie man ſagt, vorüber iſt. Die erſtmalige ſtärkere Auslichtung im höheren Alter iſt immer, namentlich bei Nadelholzbeſtänden, mißlich. Man muß dann ſtärkere Stangen und Stämme mit breiteren Kronen aushauen, die Austrocknung durch Wind und Sonne tritt in ſtärkerem Maße ein u. ſ. w. Der raſche Uebergang vom Schlußſtand zur völligen Freiſtellung iſt im Waldbau möglichſt zu vermeiden. Die Schaftbildung wird allerdings auch nach den erörterten Kronenhieben eine Hinneigung von der Walzen form zur Kegelform alsbald annehmen. Aber der Schaft der vorwachſenden Stämme wird in kurzer Zeit einen größeren Durchmeſſer überall, auch in der oberen Hälfte, erlangen. Es wird hierdurch die Ausnutzung desſelben zu langem Balkenholz, zu breiten Brettern u. ſ. w. begünſtigt, wie ich hinlänglich nach— gewieſen babe. Der Nutzwert kann lediglich dadurch beeinträchtigt werden, daß im oberen Schaftteil etwas ſtärkere Aeſte unbeträchtlich tiefer, wie im Kronenſchluſſe, einwachſen. Dagegen fällt ander— ſeits nicht nur der höhere Gebrauchswert infolge der geſteigerten Bretter- und Bauholzbreite und Länge, ſondern auch die größere Dauer, Tragkraft, Brennkraft ꝛc., die für das im Lichtſtand pro— duzierte Holz bei den bisherigen Unterſuchungen gefunden wurde, in die Wagſchale !). *) Man laſſe ſich nicht durch Wahrnehmung beirren, daß die Holzkäufer mitunter das breitringige Nutzholz nicht ſo hoch ſchätzen, wie das engringige und feinfaſerige Holz. Das im Kronenſchluſſe gezüchtete grobringige Holz iſt auf feuchten, humusreichen Böden raſch emporgewachſen und hat allerdings eine Die Betriebsarten. 257 Vor allem iſt aber die frühzeitige Erſtarkung der Haubarkeitsſtämme herbeizuführen, damit dieſelben alsbald widerſtandskräftig gegen Windwurf, Schnee— druck und Duftanhang werden. Die Verheerungen durch Wind und Schnee, die im vierten Abſchnitt (ad J, 4) erörtert worden ſind, haben ſich faſt lediglich auf die geſchloſſenen Hoch— waldungen erſtreckt; die Mittelwaldungen bleiben vom Windwurf, Schneedruck und Inſektenfraß faſt völlig unberührt. Der ſtufige Schaftwuchs und die kräftige Bewurzelung und die Verringerung der Hebelkraft durch den tieferen Kronenanſatz macht die Freiſtämme alsbald widerſtandskräftig. Selbſt die flachwurzelnde Fichte wider— ſteht im Mittelwalde den heftigſten Orkanen. Und dieſe Erſtarkung wird gefahrlos herbeigeführt! In den 20—30jährigen Beſtänden iſt bei der mäßigen Freiſtellung, die wir oben betrachtet haben, kein erheblicher Windwurf zu befürchten — ſelbſt nicht in Fichten: beſtänden, die den Stürmen exponiert ſind. Schneedruck wird dieſe freiſtehenden Stämme, wie oben nachgewieſen worden iſt, weniger beſchädigen, als dicht geſchloſſene Gerten- und Stangenhölzer. 2) Behandlung der Holzbeſtände nach dem erſten Kronenfreihieb. Wenn in mehreren ſchneereichen Wintern die frei gehauenen und vorwachſenden Stämme nur unweſentlich beſchädigt worden ſind — wie es nach meinen Erfahrungen mit Sicherheit zu erwarten ift —, . ſo iſt die fernere Widerſtandskraft dieſer immer ſtufiger werdenden Lichtwuchsſtämme nicht mehr zu bezweifeln. Die nächſte Lichtung hat in der Regel einzutreten, wenn ſich die Aſtzweige der Lichtwuchsſtämme mit den Aſtſpitzen der Stämme des Schirmholzes berühren — gewöhnlich im 30.—40. Jahr, auf ärmeren Boden und bei langſam wüchſigen Holzarten im 40.—50. Jahre. Sie wird ſich hauptſächlich nach den örtlichen Abſatzverhältniſſen richten können. a. Wenn Hopfenſtangen, Grubenhölzer, über haupt Nutzſtangen bis 18—20 em Bruſthöhendurchmeſſer nicht mit größeren Maſſen abſatzfähig ſind, ſondern lediglich geringere Güte, als das auf ärmeren Böden langſam erwachſene Holz. Dagegen werden die Mittelwaldeichen mit breiten und dabei ſehr ungleichen Jahresringen wegen ihrer Holzgüte nicht beanftandet.) Wagener, Waldbau. 17 258 Siebenter Abſchnitt. als Brennholz Verwendung finden, ſo iſt in Verbindung mit dem zweiten Kronenfreihieb der Lichtwuchsſtämme eine durchgreifende erſtmalige Lichtſtellung des Zwiſchenſtands vor— zunehmen und der Boden mit Schutzholz zu verſehen. Man hat zu berückſichtigen, daß Stämme von 20—30 em Durch— meſſer in Bruſthöhe als geringes Bauholz, Holländerpfähle ꝛc. in der Zukunft faſt überall verwertet werden können und deshalb der Zwiſchennutzungsbetrieb vor allem dieſer Richtung der Produktion Wert beizulegen hat. Die Schlagauszeichnung geht von den Lichtwuchsſtämmen aus. Sie ſoll denſelben, theoretiſch betrachtet, zunächſt einen weiteren ringförmigen Wachsraum von 50— 70 em öffnen. Hierauf wird den kräftigſten, wuchsfähigſten Stämmen des Zwiſchenſtandes freier Wachsraum für eine nach den örtlichen Verhältniſſen, welche die Wiederkehr des Hiebes beeinfluſſen, zu bemeſſende Wachstumszeit gegeben. Die Auszeichnung der Stangen ſucht einen Lichtgrad, wie im Buchenbeſamungsſchlage, herzuſtellen. Man könnte zwar dieſe Auszeichnung ſchärfer normieren, als es hier ge— ſchehen iſt. Wenn Bauholzſtämme ꝛc. mit einer Bruſthöhenſtärke von im Mittel 22 em vor der Nutzungszeit lockeren Schluß bilden ſollen, ſo iſt den Nadelholz— ſtämmen bei mittelgutem Boden eine durchſchnittliche Entfernung von 3—4 m zu geben (bei der Buche 4—5 m) und es iſt eine ringförmige Oeffnung von 50—70 em (auf ſehr gutem Boden 70—80, auf minder gutem Boden 40—50 em) frei zu hauen. Der nunmehr zwiſchen den Lichtwuchsſtämmen erſten und zweiten Grades verbleibende Zwiſchenſtand iſt ſcharf zu durchforſten, damit das anzu— bauende Schutzholz genügendes Licht findet. Aber bei der Auszeichnung vergißt man alsbald dieſe theoretiſche Richtſchnur, weil das Augenmaß nach einiger Uebung die geeignete Schlagſtellung trifft. Auch bei fehlerhaften Schlagſtellungen iſt die praktiſche Folge gewöhnlich eine um wenige Jahre frühere oder ſpätere Wiederkehr des nächſten Lichtungshiebes. Sofort nach der Aufarbeitung des Holzes wird die Schirm— beſtockung von Buchen und Hainbuchen durch Steckſaat in Maſt— jahren oder durch ballenloſe Pflanzung begründet (in Buchen— beſtänden mit Zuhilfenahme der natürlichen Verjüngung). Auf die größeren Lücken und Blößen werden Fichten, Lärchen und Kiefern angepflanzt. Ueberall werden die nutzholztüchtigſten Holzarten in die Schutzholzbeſtockung in der oben ge— nannten Entfernung eingemiſcht, damit der⸗ jenige Teil des Schutzholzes, welcher bis zur ſpäteren Die Betriebsarten. 259 Verjüngung proſperiert, die richtig e Beſchaffenheit für die Bildung des jungen Beſtands hat. Die im fünften Abſchnitt erörterte Durchſtellung der Schutzholzbeſtockung mit den Rekruten des ſpäteren Haubarkeitsbeſtands beginnt ſonach ſchon mit dem erſten Unterbau. Sie iſt ſchon jetzt zu erörtern. Zunächſt iſt die vorherrſchend aus Buchen und Hainbuchen zu bildende Schutzholzbeſtockung herzuſtellen. Da in dieſen Stangenhölzern natürliche Buchenbeſamung nur ſelten ſich einſtellen wird, ſo muß man Saat oder Pflanzung wählen. Regel iſt überall die Pflan— zung und zwar die Einpflanzung zweijähriger Saatſchulpflanzen mit dem Pflanz⸗ beil oder dem Buttlarſchen Eiſen, die ich im neunten Abſchnitt näher darſtellen werde. Auch für Hainbuchen iſt die Pflanzung ſicherer als die Saat. Zur Be— gründung der Rotbuchenbeſtockung kann man zwar Maſtjahre benützen, indem man die Bucheln einſtufen läßt (ſog. Stedjaat); man kann auch die jungen Buchen aus benachbarten natürlichen Verjüngungen beziehen. Allein Saatſchulpflanzen haben gewöhnlich eine beſſere Bewurzelung als die letzteren und kein beſorgter Wirtſchafter wird den Fortgang der Lichtungshiebe von dem Eintritt eines Maſt— jahrs abhängig machen. Vielmehr ſind ſtändig die Pflanzenvorräte in Saat— ſchulen nachzuziehen; wenn örtlich keine Bucheln ꝛc. geſammelt werden können, ſo ſind ſie anzukaufen. Bei der Wahl der Pflanzenentfernung hat man zu be— achten, daß die Hauptrückſicht der baldigen Beſchattung des Bodens gebührt und auf die ſonſtigen Wachstumsleiſtungen der Schutzholzbeſtockung kein Wert zu legen iſt. Je nach der Bodengüte wird ein Quadratverband von 0,6—0,8 m zu wählen ſein. Aber dieſe Entfernung iſt niemals genau abzumeſſen, vielmehr die Ein— haltung derſelben in den Reihen dem Augenmaß der Arbeiter (natürlich unter Kontrolle) zu überlaſſen, während die Streifenbreite, in welcher die Arbeiter— kolonne zu gehen hat, abgemeſſen und der gleichmäßige Gang der Arbeiter über— wacht wird. (Bei dieſen billigen Pflanzungen kommt die Vermehrung der Koſten infolge des dichten Verbands nicht in Betracht.) Etwa 4—6 Jahre nach dem Anwachſen der Schutzpflanzen erfolgt die Ein— pflanzung der Nutzholzbeſtockung. Saatſchulpflanzen werden wieder mit dem Pflanzbeil oder Pflanzeiſen, — die Fichten in der Regel Sjährig, die Kiefern jährig und die Lärchen 2jährig — zwiſchen die Schutzholzbeſtockung und ohne Berückſichtigung der letzteren eingeſetzt. Wegen der ſpäteren Pflege dieſer Nutz— holzbeſtockung wird man am zweckmäßigſten die Reihenpflanzung wählen und den Reihen die oben ſeſtgeſetzte Entfernung (im Mittel etwa 6 Schritte), dagegen den Pflanzen in den Reihen einen nach dem Trockenheitsgrad des Bodens zu be— meſſenden, dichteren Stand geben (etwa 2 bis 3 Schritte). Die überflüſſigen Stangen können beim erſten Kronenfreihieb entfernt werden, wenn ſie die Er— haltung der Bodenſchutzholzbeſtockung gefährden. Wenn jedoch vorausſichtlich Nutzholzſtangen mit größeren Mengen abſatzfähig ſind, ſo kann man auch die Reihen enger aneinanderrücken; doch iſt zu verhüten, daß die Nadelhölzer ſchon im Stangenholzalter Schluß bilden — eine Reihenentfernung unter 3 Schritt wird ſelten zuträglich ſein. Die weiteren Auslichtungshiebe beginnen, wenn das Schirm— 260 Siebenter Abſchnitt. holz genügend gekräftigt iſt. Sie ſind — ſo weit als örtlich mög— lich — zu wiederholen, wenn eine die Ausnutzung lohnende Zahl von Stämmen im Kronenraum bedrängt wird. Für den Vollzug derſelben iſt in erſter Linie die Offenhaltung der Kronen der Licht— wuchsſtämme maßgebend. Es werden fortgeſetzt die Stämme mit eingeengten, eingeklemmten Kronen in erſter Reihe entfernt. Im übrigen ſind die Regeln beſtimmend, welche wir unten für die Auslichtungsſchläge im Buchenhochwalde kennen lernen werden. Auf allen Teilen der Fläche muß man das Schirmholz zu erhalten ſuchen. Allein dieſer Erhaltung gebührt keineswegs die gleiche Rückſichtnahme, wie bei den Verjüngungshieben im Femelſchlagbe— triebe. Man darf nicht vergeſſen, daß dieſes Schirmholz lediglich den Zweck hat, den Boden zu beſchatten. Wenn der Schatten des Oberſtandes ſo ſtark wird, daß das Schirmholz kümmerlichen Wuchs zeigt, ſo iſt die Belebung des letzteren nicht in erſter Linie geboten, wenn auch die Erhaltung, wegen Erſparung der Begründungskoſten einer neuen Schutzholzbeſtockung, immerhin berückſichtigungswert bleibt. b. Wenn dagegen im Abſatzgebiet Nutzſtangen, nament— lich Grubenhölzer und Hopfenſtangen, mit großen Maſſen verbraucht werden, ſo hat man zu bedenken, daß die in den Zwiſchenſtand weitgreifenden Lichtungshiebe dieſe Stangen ſehr zahl— reich zu einer Zeit entfernen würden, wo dieſelben lediglich als Brennholz zu verwerten ſind. Bei dieſen Abſatzverhältniſſen iſt zwar der erſtmalige Kronenfreihieb des ſpäteren Haubarkeitsbe⸗ ſtands erforderlich, denn der letztere liefert in allen Fällen den anſehnlichſten Teil des Ertrags; aber in den Nebenbeſtand ſind im weſentlichen nur die unterdrückten und eingeengten Stämme aus— zuhauen. Der Kronenſchluß iſt zu erhalten; allerdings lockerer, als es bisher üblich war. Die Zweigſpitzen ſollen, wie ſchon Heinrich Cotta vorgeſchrieben hat, nicht ineinandergreifen, ſondern ſich nur berühren. Bei jedem Durchforſtungshiebe iſt indeſſen den Lichtwuchsſtämmen, die zur Bildung des Haubarkeitsbeſtands durch den erſten Kronenfreihieb vorbereitet und inzwiſchen durch die vor— wachſenden Stämme des Zwiſchenſtandes verdrängt und ergänzt worden ſind, der benötigte Wachsraum zu geben, bis dieſelben all— mählich den Zwiſchenſtand verdrängt haben und in Kronenſchluß treten. Die Betriebsarten. 261 c. Wenn der Bruſthöhendurchmeſſer der in der einen oder anderen Weiſe erzogenen Lichtwuchsſtämme im Durchſchnitt 28—32 em erreicht hat, was je nach der Bodengüte zwiſchen dem 60. und 80. Jahre der Fall ſein wird, und im weſentlichen die beim erſten Kronenfreihieb freigeſtellten Stämme übrig geblieben ſind (die jedoch oft beſchädigt, im Wuchs zurückgeblieben und durch Stämme des Zwiſchenſtands ergänzt ſein werden), ſo bieten ſich für die Fortſetzung der Bewirt— ſchaftung zwei Wege dar, die im konkreten Falle näher unterſucht werden müſſen. Ran kann zunächſt die Einzelſtämme im vollen Licht— wuchs erhalten, die Kronen tief und ausgiebig beleuchten laſſen, indem man die Auslichtungshiebe durch Entnahme der Stämme mit eingeengten, eingeklemmten und bedrängten Kronen fortſetzt (und gleichzeitig Rückſicht auf die Erhaltung der Schirmbeſtockung nimmt). Man kann die durch die Fällung und namentlich durch die Herausſchaffung der Nutzholzabſchnitte entſtehenden Lücken und Blößen nach jedem Lichtungshieb auspflanzen. Wenn die Licht— wuchsſtämme mit der Hauptmaſſe zu Sägeholz ꝛc. brauchbar ge— worden find, und die Räumung des Schlages nötigenfalls nach Entaſtung kurz vor der Fällung — vollzogen worden iſt, jo wird man eine ſehr verſchiedenalterige Beſtockung in der Schutzbeſtockung haben — bis zu 40—50jährigen Buchen und Hainbuchen mit. zwiſchenſtehenden Nadelhölzern u. ſ. w., in ſehr verſchiedenen Alters— ſtufen, älteren Samenwuchs und jüngeren Stockſchlag, der bei den früheren Fällungen entſtanden iſt — eine ähnliche Wuchsverſchie— denheit, wie in den Weißtannenwaldungen des badiſchen Schwarz— walds. Nach den vorliegenden Erfahrungen iſt es keinem Zweifel unterworfen, daß die bisherige Schirmholzbeſtockung zur Bildung des zukünftigen Haubarkeitsbeſtands benutzt werden kann. Zur er— folgreichen Verwirklichung dieſes Zwecks iſt man nicht verhindert, auch in dem älteren, über 20jährigen Unterwuchs Kronenfreihiebe vorzunehmen — nicht nur gemeinſam mit der Führung des Ab— triebsſchlages, ſondern auch während der früheren Lichtungshiebe, wenn 20—30jährige Fichten, Tannen und (auf den Lücken des Oberſtandes) Kiefern, Lärchen, Eichen ꝛc. bedrängt werden von Buchen und Hainbuchen. Es vollzieht ſich die Bewirtſchaftung in 262 Siebenter Abſchnitt. der bereits geſchilderten Weiſe durch einen neuen Umlauf der Nutzungen. Die lichtbedürftigen Holzarten, namentlich Lärchen, Eichen, Kiefern, werden allerdings, wenn vollkräftige und wuchs— fähige Lichtwuchsſtämme den Flächenraum in der planmäßigen Weiſe einnehmen, nur in untergeordneter Weiſe aufzubringen ſein. Aber ſehr oft werden größere Blößen entſtehen, namentlich beim Aushieb ſtarkkroniger Stämme, man wird auch öfters minderwertige Lichtwuchsſtämme, wie Buchen, Birken, Aſpen, die bei den Kronen— freihieben in Ermangelung beſſerer Stämme belaſſen worden ſind, aushauen, ferner krumme, ſtark beaſtete Stämme u. ſ. w. In der Hauptſache werden indeſſen dieſe lichtbedürftigen Holzarten auf die beim Räumungsſchlage entſtehenden Lücken und Blößen einzu— bringen ſein. Der zweite Weg, der eingeſchlagen werden kann, liefert möglicherweiſe größere Werterträge in den nächſten 20—30 Jahren, wenn auch die Schirmholzbeſtockung verkümmert und zur Nachzucht nicht benutzbar bleibt. Es iſt nämlich ſehr wahr— ſcheinlich, daß die Waldbäume, wenn ſie volle, dichtbelaubte, kraft— voll produzierende Kronen gebildet haben, eine dichtere Stellung, (als durch die fortgeſetzten Lichtungshiebe, die wir oben betrachtet haben, hervorgerufen wird), ohne Verringerung, ſogar mit Erhöhung der Wertproduktion (unter ſonſt gleichen Verhältniſſen) ertragen. Es iſt wahrſcheinlich, daß der Lichtwuchsbetrieb ſeinen Haupteffekt in der Kronenfreiſtellung während des Stangen: und angehenden Baum: alters findet, daß im ſpäteren Baumalter auch dann, wenn ſich die Kronen nähern, eine hinreichende Lichtmenge in die Zwiſchen— räume dieſer teils kuppel-, teils pyramidenförmigen Kronen ein— dringen wird. (Schon im fünften Abſchnitt wurde die Unterſuchung des Verfaſſers in derartigen Kiefernbeſtänden, die einen für den betreffenden Standort ſtaunenswerten Zuwachs konſtatierte, mitge— teilt.) Man darf nicht überſehen, daß die ſpäteren Lichtungshiebe die relativ ſehr geringe Erweiterung des Standraums, die man höchſten Falls auf 60—80 cm bei freiſtändigen Buchen und Fichten und auf 80—100 em bei freiſtehenden Kiefern annehmen kann, nicht immer einzuhalten vermögen, denn die bei den ſpäteren Lichtungs— hieben auszuhauenden Lichtungsſtämme haben einen größeren Kronen— raum, als dieſem geringen Zwiſchenraum entſprechen würde. Die Betriebsarten. 263 Es iſt deshalb zunächſt durch die örtlichen Unterſuchungen, deren Zielpunkte wir in dieſer Abteilung lediglich diskutieren, zu ermitteln, ob die vorſtehende Vermutung begründet iſt. Im be— jahenden Falle wird man die Lichtwuchsſtämme, wenn fie eine Bruſthöhenſtärke von etwa 20—25 em erreicht haben, zuſam— men wachſen laſſen und nur die eingeklemmten und überwachſenen Stämme entfernen. Die Schutzholzbeſtockung von Buchen und Hain— buchen wird, wenn ſchattenertragende Holzarten den Oberſtand bilden, allmählich eingehen; in den zuſammengewachſenen Lichtwuchsbeſtänden des Sollings ſinkt der aus Rotbuchenkernwuchs gebildete Buchen— unterwuchs immer mehr herab; er haftet mit ſeinen Wurzeln nur noch oberflächlich und locker im Boden und läßt ſich mit leichter Mühe ausziehen. Erwünſchter iſt indeſſen, wenn derſelbe noch Stangenholz bildet, wie es namentlich unter einem lichtbedürftigen Oberſtand der Fall ſein wird, damit man die Pflanzung (nach der Räumung) in den Schutz der verbliebenen Stangen ſtellen und dem Boden die Feuchtigkeit durch die Stockſchläge erhalten kann. (Die Reinigungskoſten fallen nicht in die Wagſchale.) In der forſtlichen Praxis wird jedoch vorausſichtlich, ſowohl bei dem einen, wie den anderen Verfahren, bei den letzten Lichtungs— hieben ein anderer Geſichtspunkt in den Vordergrund zu treten haben. Wir werden im nächſten Abſchnitt nachweiſen, daß die Waldbäume nationalökonomiſch erntereif ſind, wenn ſie mit der Hauptmaſſe brauchbares Nutzholz liefern. Man wird deshalb die Räumung dort zu beginnen haben, wo eine genügende Zahl der Lichtwuchsſtämme die erforderliche Höhe und Stärke erreicht hat. Der bisherige Abtriebsſchlag wird durch partielle, auf der Ver— jüngungsfläche mehrmals wiederkehrende Hiebe zu vollziehen ſein und immerhin einige Jahrzehnte beanſpruchen. Auf die Un: gleichwüchſigkeit der nachwachſenden Beſtockung iſt, wie ſchon oben bemerkt wurde, kein Gewicht zu legen, weil in jedem nachwachſenden Horſt der Kronenfreihieb rechtzeitig vollzogen werden kann. Aber ſofort, nach jedem partiellen Räumungshiebe iſt dafür zu ſorgen, daß auf der geräumten Fläche die Nadelhölzer ), die den Haubar— ) Bei dieſem Lichtwuchsbetrieb kann man zwar auch Eichen in einer Buchenbeſtockung erfolgſicher erziehen, weil man die Kronenfreiheit rechtzeitig zu retten vermag. Allein die Eiche wird immerhin bis zum dreißigſten Jahre mit 264 Siebenter Abſchnitt. keitsbeſtand der Nachzucht bilden ſollen, in richtiger Entfernung vorhanden ſind, damit auf den geräumten Stellen keine reinen Buchenbeſtände nachwachſen. Man muß den Nachwuchs in der oben angegebenen Weiſe ergänzen. Gleichzeitig hat man die beſchädigten jungen Hainbuchen- und Buchenpflanzungen abſchneiden und ab— hauen zu laſſen, damit der Stockſchlag den Boden beſchattet und neue Schirmbeſtockung durch Saat und Pflanzung von Buchen und Hainbuchen zu begründen. Die Betriebsart, die ich vorſtehend ſkizziert habe und vor— läufig zu Verſuchen im Kleinen empfehle, bleibt im Rahmen des bisherigen Hochwaldbetriebs. Die Ungleichwüchſigkeit der Beſtockung iſt nur Mittel zum Zweck; ſie iſt nicht der Selbſtzweck dieſes Be— wirtſchaftungsverfahrens. Dasſelbe unterſcheidet ſich ebenſo tief— greifend von der Zerlegung der bisherigen Hochwaldbeſtände in kleinere Teile mit derſelben Beſchaffenheit im Innern der Teile, als von dem bisherigen Femelſchlagbetrieb. Indem der dichte Kronenſchluß grundſätzlich ſowohl im Innern der Horſte, als auf der Geſamtfläche vermieden und lediglich als ein notwendiges Uebel (zur Beförderung der Schaftbildung in der erſten Jugendzeit und wegen Sicherung des Beſtands gegen Schneebruch und Duftanhang) beibehalten wird, legt dieſe Bewirtſchaftungsart das Hauptgewicht auf die Ausbildung und Pflege der Nutzholzſtämme, die zur Hau— barkeitszeit dominieren, und geſtattet dadurch die Abkürzung der Umtriebszeit. Die Haubarkeits-(Blochholz-) Stämme und die bei den letzten Zwiſchennutzungen anfallenden (Bauholz-) Stämme ſollen alsbald in vollen Lichtwuchs treten und dadurch wird die Produk— tionskraft des geſchützten Bodens nachhaltig in viel höherem Maße ausgenutzt werden, als bisher. Vor allem wird aber durch dieſen „Lichtwuchsbetrieb“ die national-ökonomiſch gebotene Abkürzung der bisherigen Hochwaldumtriebszeiten erreicht werden. Dieſes Wirt— ſchaftsverfahren entſpricht den im erſten Abſchnitt erörterten volks— der Buche zu kämpfen haben, wenn man der erſteren keinen weiten Höhenvor— ſprung verſchafft, was nur auf den größeren Blößen mühſam erreicht werden würde. Der Anbau reiner Eichenbeſtände auf dem beſten Boden und der recht— zeitige Unterbau iſt deshalb vorzuziehen. Die Betriebsarten. 265 wirtſchaftlichen Forderungen — nach meiner Ueberzeugung — mit der bis jetzt erreichbaren Vollendung. 3) Die Bewirtſchaftung der bereits vorhandenen, im Kronenſchluſſe erwachſenen Baum holzbeſtände. Während die Jungwüchſe und Stangenholzbeſtände in der eben geſchilderten Art der intenſiven Nutzholzproduktion zuzuführen ſind, hat die Auslichtung der im dichten Kronenſchluß erwachſenen, von ſchlanken Stämmen gebildeten 60- und mehrjährigen Baumholz— beſtände vor allem die Windwurfgefahr zu beachten. Nach dem im ſechſten Abſchnitt mitgeteilten Beweismaterial kann nicht bezweifelt werden, daß auch hier die Erweiterung des Kronenraums für die ſtärkſten, wuchsfähigſten Stämme den Wertertrag ſehr beträchtlich erhöhen wird. Dieſe Lichtſtellung hat für Laubholzbeſtände und auch für nicht ganz ſchlank und dicht erwachſene Kiefern— beſtände keine Bedenken — vorausgeſetzt, daß der Boden die Nachzucht eines dicht ſchirmenden Unterwuchſes aus dunkel belaubten Laubhölzern (in feuchten Lagen aus Fichten) geſtattet. Allein Fichtenbeſtände bedürfen — mit Ausnahme völlig geſchützter Lagen — beſonderer Vorſichtsmaßnahmen. Für dieſe exponierten Fichtenbeſtände werden die eigentlichen, den ganzen Beſtand durch— löchernden Lichtungshiebe zu unterlaſſen ſein; man wird ſich darauf beſchränken müſſen, den vorgewachſenen und ſpäter nutzfähigſten Stämmen bei den Durchforſtungen eine ungefährliche Erweiterung des Wachsraums zu geben. In der Regel wird dies nur möglich ſein, wenn die genannten Stämme umgeben werden von Stangen und geringen, ſchwach bekronten Stämmen. Im übrigen kann die Stammſtellung ſo bemeſſen werden, wie es zur Erreichung der höchſten Wertproduktion auf der Geſamt— fläche erforderlich iſt. Jedoch iſt dabei ein allmählicher und kein ſchroffer Uebergang vom Schluß zum Freiſtand, wenn mög— lich, einzuhalten. a. In den 60—80 jährigen Fichten- und Buchenbe— ſtänden, welche im Kronenſchluſſe auf mittelgutem und geringem Boden erwachſen ſind, und in den 60—80 jäh— rigen Kiefernbeſtänden, welche den 4. und 5. Standorts⸗ klaſſen angehören (ſoweit die letztere in Betracht kommt), iſt 266 Siebenter Abſchnitt. meines Erachtens die nächſte Durchforſtung aus anderen Geſichts— punkten auszuzeichnen als bisher. Man wird das Augenmerk vor allem auf die kräftigſten, ſtärkſten, vorgewachſenen Stämme zu richten haben. In einer mittleren Entfernung von 7—8 Schritten (6 Meter) iſt ein möglichſt wuchskräftiger und ſtandfeſter Stamm aufzuſuchen und derſelbe von umdrängenden, Stangen und ſchwachen Stämmen frei hauen zu laſſen. Wenn jedoch zu dieſem Freihieb nur Stämme zu entfernen find, durch deren Aushieb beträchtliche, erſt in 30 oder 40 Jahren zuwachſende Löcher geöffnet würden, ſo läßt man dieſelben zunächſt ſtehen. In den genannten Beſtänden ſind gewöhnlich die Stämme und Stangen unter 20 em mit 50—60 0% der geſamten Stammzahl vertreten und vielfach werden ſich in der Nähe der frei zu hauenden Stämme derartige ſchwache Stämme und Stangen mit eingeklemmten Kronen finden. Der Kronenfreihieb wird einen anſehnlichen, je nach der Boden— güte, dem Schluß und Stärkewuchs verſchiedenen, aber immer— hin im Mittel 40—60 0% der Fläche betragenden Beſtandsteil unberührt laſſen, wenn man nur den Stämmen, die in einer mittleren Entfernung von ca. 6 Meter gefunden werden, eine mäßige Lichtung gibt. Dieſer Beſtandsteil wird vorläufig im Kronenſchluß zu erhalten und lediglich auf unterdrücktes Gehölz zu durchforſten ſein. Anbau von Bodenſchutzholz wird nur in Eichen- und in Kiefernbeſtänden erforderlich werden. Nach Verlauf von 10 oder 15 Jahren wird dem Beſtande eine Stellung zu geben fein, welche den Lichtgrad eines Buchen: beſamungsſchlages herbeiführt. Der Unterbau der Buchen- und Hainbuchengrundbeſtockung und der beizumiſchenden Nutzholzgattun— gen wird hierauf, ebenſo wie der allmähliche Abtriebsſchlag in der oben ad 2 angegebenen Weiſe vollzogen. b. In den 60—80 jährigen Buchen- und Fichtenbe— ſtänden auf ſehr gutem Boden, in den 60—80 jährigen Kiefernbeſtänden auf mittelgutem und gutem Boden und in allen über 80jährigen Holzbeſtänden wird jedoch der ad a be— ſchriebene Kronenfreihieb nur in ſeltenen Fällen ausführbar ſein. In der Regel ſind zumeiſt Stämme über 20 em Bruſthöhendurch— meſſer zu entfernen; die Beſtände würden ſo durchlöchert werden, daß ohne Anbau von Schutzholz ein derartiger Lichtungshieb nicht Die Betriebsarten. 267 ſtatthaft erſcheint. Man wird deshalb zweckmäßiger ſofort den Be— ſamungsſchlag ſtellen, den Anbau und die langſam nachfolgende Räumung vollziehen, wie ſo eben erörtert worden iſt. Für Fichten und Kiefern ſind ſchmale Saumſchläge mit Schutz gegen die herr— ſchende Windrichtung am empfehlenswerteſten. W. Zuſammenfaſſung der Trgebniſſe. 1) Die im Anfang des 19. Jahrhunderts lehrenden Vor— kämpfer der rationellen Forſtwirtſchaft, vor allem Georg Ludwig Hartig und Heinrich Cotta, haben den „Femelſchlagbetrieb“, die Verjüngung der früheren Femelwaldungen zu gleichwüchſigen und nahezu gleichalterigen, im dichten Kronenſchluſſe aufwachſenden Hoch— waldbeſtänden, keineswegs deshalb befürwortet, weil ſie von dieſem dichten Kronenſchluß eine Erhöhung des Maſſenertrags und der Holz— güte erwartet haben. Sie haben vielmehr die Erhaltung des Kronen— ſchluſſes befürwortet, weil ſie Beſchädigungen der jungen Beſtände durch Schneedruck, Rauhreif, Eisanhang, Umbiegen der ſchlanken Gerten und Stangen u. ſ. w. befürchtet haben. Beide — ſowohl Hartig als namentlich Cotta — legen der geräumigen Stellung kräftiger und vollbelaubter Waldbäume en Wert hinſicht⸗ lich der Zuwachsſteigerung bei. 2) Die ſpäteren Schriftſteller haben die Leiſtungsfähigkeit der Beſtockungsformen für die Produktion der gebrauchswerten Holz— maſſen nicht gründlich unterſucht. 3) Die forſtliche Praxis hat gleichfalls ohne weitere Prüfung die ad 1 genannte Beſtockungsform, die aus dem „Femelſchlagbetriebe“ oder dem Kahlſchlagbetriebe hervorgeht, fortgeſetzt zu erhalten und überall zu verbreiten geſucht. Vereinzelte Verſuche, die Waldbäume in anderer Weiſe zu erziehen, ſind zwar örtlich nicht erfolglos ge— blieben, aber ſie haben eine weitere Verbreitung nicht gefunden. 4) In der neueſten Zeit macht ſich eine gewiſſe Hinneigung zu der Ungleichwüchſigkeit und Ungleichalterigkeit der Holzbeſtockung, welche der frühere Plänterbetrieb hervorgerufen hatte, bemerkbar. Dieſelbe iſt indeſſen bis jetzt nur motiviert worden, indem man 268 Siebenter Abſchnitt. darauf hingewieſen hat, daß der austrocknende Luftzug durch die Beſtände gehemmt wird, wenn zwiſchen den größeren gleichalterigen Baumholzbeſtänden jüngere Horſte und Gruppen ſtehen. Bezüglich der Anordnung des Holzwuchſes innerhalb dieſer Horſte und Gruppen ſind neue Vorſchläge nicht hervorgetreten. 5) In der Zukunft wird vorzugsweiſe die Pflege und die Aus— bildung der Gerten, Stangen und Stämme, welche zur Haubar— keitszeit den Nutzholzbeſtand zu bilden haben, Obliegenheit der Forſtwirte ſein. In der Jugendzeit der Beſtände iſt die Belaſſung des Kronenſchluſſes wegen Erhaltung der Bodenfeuchtigkeit und wegen Verhinderung der ſeitlichen Aſtverbreitung geboten. Mit dem 20—30jährigen Beſtandsalter find jedoch die Stämme, welche den Haubarkeitsbeſtand bilden ſollen, nicht nur zu einem kräftigen Wuchs zu bringen, ſie ſind auch für den ſpäteren Freiſtand vor— zubereiten. Sie ſollen eine ſtärkere Krone am oberen Schaftteile anſetzen, eine ſtufige Schaftbildung erlangen, vollſaftig werden; ſie ſollen hierdurch widerſtandskräftig gegen Schneebruch, Wind: wurf, Inſektenfraß ꝛc. werden. Das vornehmſte Mittel für dieſen Zweck iſt der „Kronenfreihieb“, d. h. eine Abänderung der bisherigen Durchforſtungsregeln. Bei den Durchforſtungen ſind in erſter Linie die Stämme, die den Haubarkeitsbeſtand (Nutzholz— beſtand) bilden ſollen, zu berückſichtigen. Man läßt ſie zunächſt ringförmig frei hauen, in der Regel ohne Anbau von Schirmholz. Der Zwiſchenſtand bleibt dagegen im Kronenſchluß. Wenn die „Lichtwuchsſtämme“ widerſtandskräftig geworden ſind, ſo iſt der „Lichtungshieb“ zu führen, indem auch der Zwiſchenbeſtand durch— greifend gelichtet und mit ſchattenertragenden Holzarten, nament— lich Buchen und Hainbuchen, angepflanzt wird. Dieſer Lichtungs— hieb wird nach Bedarf wiederholt. Auf einem armen Boden iſt dagegen nur eine mäßige Erweiterung des Kronenraums ſtatthaft. Aber bei Lichtung der vorhandenen Baumholzbeſtände, zumal bei Fichten, iſt beſonderee Vorſicht geboten. Kronenfreihiebe werden nur beim Vorhandenſein zahlreicher, die ſtarken Stämme umgeben— den Stangen angemeſſen erſcheinen. In ſtärkeren Baumhölzern wird der Lichtungshieb mit Rückſicht auf die Verjüngung, wenn auch mit längerem Verjüngungszeitraum (falls derſelbe ohne weſent— liche Benachteiligung des Nachwuchſes ausführbar iſt) vorgenommen. Achter Jlbſchnitt. Die Erntezeit der Waldbeſtände. Im erſten Abſchnitt habe ich ſowohl die volkswirtſchaftlichen Verpflichtungen, als die volkswirtſchaftlichen Aufgaben des deutſchen Waldbaues ausführlich erörtert. Dem Waldboden iſt die Holzbe— ſtockung ſorgſam zu erhalten. Für die gedeihliche Entwicklung der Geſamtwirtſchaft iſt es am zuträglichſten, wenn vollkommen brauch— bare Produkte reichlich, aber mit der erreichbaren Ermäßigung des Koſtenaufwands, d. h. mit der zuläſſigen Abkürzung der Ernte: zeit, dargeboten werden. Die Forſtwirtſchaft muß, indem ſie die brauchbarſten Nutzholzſorten ſo maſſenhaft und zugleich ſo raſch er— zeugt, als es örtlich möglich iſt, anderen Gewerbsarten und Pro— duktionszweigen nachhaltig die Spitze bieten. Das Reineinkommen unſerer Nation kann nur dann dauernd und ausgiebig erhöht werden, wenn der ſehr beträchtliche Teil der Bodenfläche unſeres Vaterlandes, der für die Holzzucht übrig geblieben iſt (außerdem nur als Viehweide einen ſpärlichen Ertrag liefern würde), nach Maßgabe des oberſten volkswirtſchaftlichen Produktionsgeſetzes be— nutzt, wenn ein Maximum von Gebrauchswerten mit einem Mini— mum von naturalen Koſten erzielt wird. Im Hinblick auf dieſes klare Grundprincip des Waldbaues bietet die Beſtimmung der Umtriebszeiten, wie man denken kann, keine beſonderen Schwierigkeiten. Wenn man die anbauwürdigſten Holzgattungen kennen gelernt hat, ſo iſt zu ermitteln: in welchem Altersjahr liefern die im Kronenſchluß aufwachſen— den Holzbeſtände mit der Hauptmaſſe Baumſchäfte, 270 Achter Abſchnitt. welche nach Länge und Umfang den Anforderungen der Hauptzweige der Holzkonſumtion entſprechen? Wir haben geſehen, daß es bisher üblich war, die Waldbäume etwa ein Jahrhundert wachſen zu laſſen, bevor man ſie zur Fällung brachte. Zur Erfüllung des obengenannten volkswirtſchaftlichen Fundamentalgeſetzes iſt offenbar die Unterſuchung vorzunehmen, ob man ohne Aenderung der bisher üblichen Erziehung der Holzbe— ſtände im engen Kronenſchluß das genannte Ziel auch dann erreichen, d. h. brauchbare Nutzhölzer mit genügenden Dimenſionen der Con— ſumtion darbieten wird, wenn die bisher gebräuchlichen Ernte— zeiten erheblich und mindeſtens einige Jahrzehnte abgekürzt werden. Wir haben dieſe Frage im ſechſten Abſchnitt unterſucht und ſind zu einer verneinenden Antwort gelangt. Wir haben ſogar ausführlich zu beweiſen vermocht, daß die bisher eingehaltenen Erntezeiten, wenn man die durchſchnittliche Standortsbeſchaffen— heit der einheimiſchen Waldungen betrachtet, für die ausgiebige Produktion der geſuchteſten Bretter- und Bauholzſorten nicht ge— nügen. Man muß entweder die Erziehung im dichten Kronenſchluß aufgeben oder die herkömmlichen Abtriebszeiten ſehr beträchtlich erhöhen. Die Herbeiführung von Abtriebszeiten, welche mit der Hauptmaſſe ſchwache, faſt lediglich als Brennholz zu benutzende Stangen liefern, würde, wie leicht einzuſehen iſt, den deutſchen Wald entwerten, weil man aus Hopfenſtangen keine Bretter ſchnei— den und aus Dachlatten keine Häuſer bauen kann und weil im übrigen die Konkurrenz der Holzproduktion mit dem Verbrauch der foſſilen Kohlen völlig ausſichtslos iſt. Seit faſt 20 Jahren iſt dagegen eine lebhafte Bewegung im Forſtfach entſtanden, welche die Feſtſtellung der Erntezeit nach ge— wiſſen, noch näher zu beſtimmenden Verzinſungsſätzen fordert. Sie würde in ihrer praktiſchen Tragweite zu einer beträchtlichen Her— abſetzung der beſtehenden Hochwaldabtriebszeiten führen. Man hat die Abkürzung der Erntezeiten für einträglich erachtet, ohne dieſe Aenderung der bisherigen Erziehungsweiſe (im Kronen— ſchluſſe) zu fordern. Wie iſt dieſer Widerſpruch zu erklären? Haben die Forſtwirte bei der Feſtſtellung der Abtriebszeiten die Gebrauchs— fähigkeit der gelieferten Produkte für die Hauptzweige des Nutz holzverbrauchs nicht kennen gelernt? Täuſchen ſie ſich über den Die Erntezeit der Waldbeſtände. 271 Gebrauchswert des Stangenholzes, das man mit 60—70jähriger Abtriebszeit (der finanziellen Abtriebszeit für eine Zinsforderung von 3 0%) maſſenhaft dem Holzkonſum anbieten muß?“) Haben fie ihre Berechnungen auf Wertfaktoren und Preisverhältniſſe gegründet, die bei geringfügigen Verwertungsmengen ſich ergeben haben und ohne die nötige Umſicht generaliſiert worden ſind? Wir müſſen, um die Ziele und die Wege für die Beſtimmung der nutzbringendſten forſtlichen Umtriebszeiten aus dem richtigen Geſichtspunkt zu würdigen, zuvor unterſuchen: wie ſind die jetzt gebräuchlichen Umtriebszeiten entſtanden? Welche Zielpunkte waren bei ihrer Feſtſtellung maßgebend? Iſt dabei ſtets die nachhaltige Lieferung der brauchbarſten, von den Konſumenten in erſter Linie geſuchten Dimenſionen der Baumſchäfte ins Auge gefaßt worden? Hat man ſtets das höchſte Reineinkommen für die Geſamtwirtſchaft unſeres Volks erſtrebt? Hat man die kürzeſten Wege zur Erreichung dieſes Ziels eingeſchlagen? B. Die Zielpunkte der Amtriebsbeſtimmung bis zum Erſcheinen des Vreßlerſchen „rationellen Waldwirts“. In der letzten Hälfte des 18. und im Beginn des 19. Jahr: hunderts forderten die meiſten Schriftſteller die örtliche Beſtimmung der Konſumtion pon Brennholz, Kohlholz, Nutz- und Oekonomie— holz. Die Abtriebszeit ſollte nach der Größe der jährlichen Pro— duktion bemeſſen werden. Dieſe ſchwer ausführbaren Ermittelungen ſind jedoch unterblieben. Georg Ludwig Hartig hat dieſe Forderung nicht wiederholt. „Auf der zu Wald beſtimmten Fläche iſt in möglichſt kurzer Zeit, mit einem möglichſt geringen Koſtenauf— wande möglich vieles und nutzbares Holz zu erziehen,“ ) Ich werde die Durchmeſſer (in Mitte des Nutzholzabſchnitts), die man in Sachſen für die Abtriebszeiten, welche dieſem Zinsſatz entſprechen, ermittelt hat, unten ad II, 1, d angeben. Sie betragen auf mittelgutem Boden in Fichten— und Kiefernbeſtänden 17—18 cm. 272 Achter Abſchnitt. ſagt der ſcharfſichtige Hartig und das iſt in der That noch heute der Hauptzweck der Holzzucht. Aber leider hat G. L. Hartig unterlaſſen, dieſen richtigen Grundgedanken durch eine prägnante Beſtimmung der Umtriebszeiten praktiſch wirkſam zu geſtalten. Derſelbe ſtellt vielmehr Umtriebszeiten, die ſehr verſchiedene Ziel— punkte haben, nebeneinander, ohne die wirtſchaftliche Berechtigung genauer zu unterſuchen. Man kann die Bäume ſo lange ſtehen laſſen, bis ſie nicht mehr beträchtlich wachſen — in dieſem Falle hält man nach Hartig die „phyſikaliſche“ Umtriebszeit ein. Man kann auch die Beſtände ſo lange wachſen laſſen, bis ſie den ſtärkſten jährlichen Zuwachs geliefert haben und jährlich Holz geben, welches eine den Bedürfniſſen vorzüglich entſprechende Stärke und Güte hat — in dieſem Falle hält man die „ökonomiſche“ Um: triebszeit ein. Man kann endlich das Holz nutzen, wenn es ſo ſtark geworden iſt, um dem Eigentümer von ſeiner Waldfläche den höchſten Geldertrag zu verſchaffen, der durch Berechnung des Er— löſes aus dem Holz und der Zinſen in einem angenommenen Zeit— raume zu erlangen iſt — in dieſem Falle hält man die „mer— kantile“ Haubarkeitszeit ein. Wenn G. L. Hartig auf Grund ſeiner Ertragstafeln und Brennwertunterſuchungen genau ermittelt haben würde, zu welcher Zeit die damals vorherrſchende Gewinnung von Brennholz den Gipfelpunkt erreicht, ſo würde er die „ökonomiſche“ Umtriebszeit, welche „möglichſt vieles und nutzbares Holz erziehen“ läßt, be— ſtimmt haben. Hierauf war zu unterſuchen, ob örtlich ausreichende Holzvorräte für dieſe Umtriebszeit vorhanden ſind. Im verneinen— den Falle war zu fragen, ob der Koſtenaufwand, der mit der Vor— ratsvermehrung (durch Verzichtleiſtung auf beziehbare Rente) ver— bunden iſt, einen ausreichenden finanziellen Effekt haben wird, denn nach Hartig ſoll das Holz „in möglichſt kurzer Zeit, mit einem möglichſt geringen Koſtenaufwand erzogen werden“. Als „ökono— miſche Umtriebszeit“ würde Hartig wahrſcheinlich — namentlich für Buchen — hohe Altersjahre gefunden, aber zugleich konſtatiert haben, daß der Uebergang, wenn ein beträchtlicher Mehrvorrat ein— zuſparen iſt, finanziell nicht nutzbringend erſcheint, denn G. L. Hartig verrechnet ſchon 1808, indem er die Rentabilität des Hochwalds und Niederwaldes vergleicht, dreiprozentige Zinſen und Zinſeszinſen. Die Erntezeit der Waldbeſtände. 273 Er würde gefunden haben, daß die „merkantile“ Umtriebszeit ſo kurz bemeſſen werden muß, daß ſie in einen tiefgreifenden Gegen— ſatz zur „ökonomiſchen“ Haubarkeitszeit geratet. Es iſt ſehr auf— fallend, daß der geniale Hartig unterlaſſen hat, die forſtliche Um— triebsbeſtimmung mit dieſer naheliegenden Definition ſeiner Grund— anſchauung in die richtige Bahn zu lenken. Heinrich Cotta nennt ſehr verſchiedenartige Rückſichten, welche bei der Umtriebsbeſtimmung zu beachten ſind (Wiederverjüngung, Gewinnung der größten Holzmaſſe, Preiſe für verſchiedene Stärken, Vorteile der baldigen Benutzung u. ſ. w.). Dieſer Schriftſteller glaubt, daß der Staat ſelbſt mit Verluſt für die Kaſſe eine ge— wiſſe, von den Bedürfniſſen geforderte Stärke des Holzes darzu— bieten habe. Aber Cotta gibt außerdem nur „einige Fingerzeige in Beziehung auf die gemeinſten und am öfteſten verlangt werdenden Bau- und Nutzhölzer für Nadelwaldungen, indem er bei gutem Standort (2. Klaſſe bei 5 Klaſſen) 80 —90jährige Umtriebszeit, bei mittlerem Standort 90—100jährige Umtriebszeit und für geringen Standort (4. Klaſſe) 100—110jährigen Umtrieb befürwortet. Hundeshagen nennt neben der natürlichen, die Fortpflanzung ermöglichenden Haubarkeit eines Beſtandes und der ökonomiſchen, dem wirtſchaftlichen Bedürfniſſe gerade entſprechenden Haubarkeits— zeit noch das techniſche Haubarkeitsalter der Beſtände; das Holz ſoll hierbei „genau die zu einem gewiſſen Behuf durchaus notwendige Größe, z. B. zum Schiffbau ꝛc.“ erreichen. Pfeil hat zwar ſowohl die techniſche Umtriebszeit, als die Um— triebszeit des größten Maſſenertrags verworfen und dagegen die Er: zeugung, welche den möglichſt hohen und ſicheren Gelder— trag gewährt, als die wünſchenswerteſte bezeichnet. Aber es iſt unentſchieden geblieben, ob Pfeil ernſtlich die Bemeſſung der Umtriebs— zeiten nach dem höchſten Jetztwert der Gelderträge erſtrebt hat. Er war ſtets ſchwankend und unſicher hinſichtlich der Bemeſſung der Reinerträge und trat ſpäter der Preßlerſchen Theorie entgegen. Die ſpäteren Waldbauſchriftſteller legen lediglich Wert auf die Wahl einer Abtriebszeit, welche die größte Holzrohmaſſe gewinnen läßt. Die Angaben in dieſer Richtung ſind jedoch divergierend. Die Rotbuche ſoll nach Gwinner den durchſchnittlich größten Zuwachs (mit Ausnahme des Hochgebirgs) zwiſchen dem 70. und 110. Jahr erreichen, nach Stumpf zwiſchen Wagener, Waldbau. 18 274 Achter Abſchnitt. 120. und 140. Jahr, nach Karl Heyer zwiſchen dem 60. und 80. Jahre. Die Eiche hat, jo behauptet Stumpf, im 180—200jährigen Alter ihren höchſten Zuwachs und damit ihre ökonomiſche Haubarkeit noch nicht erreicht; nach Karl Heyer tritt der höchſte Durchſchnittszuwachs im 70.—80. Jahre ein und ſinkt raſch. Die Fichte vollendet nach Stumpf ihren höchſten Zuwachs mit dem 120. Jahr; dagegen tritt nach Karl Heyer der höchſte Durchſchnittszuwachs zwiſchen dem 60. und 90. Jahre ein. Die Kiefer vollendet ihren höchſten Zuwachs nach Stumpf mit dem 90. Jahre; dagegen erreicht der Durchſchnittszuwachs nach Karl Heyer ſeinen Kulminationspunkt ſchon im 30jährigen Beſtandsalter. Ebenſo verſchieden ſind die Angaben dieſer Schriftſteller über die nutz— bringendſten Umtriebszeiten. Die Rotbuche ſoll, mit Ausnahme des Hochgebirgs nach Gwinner mit 70—100jähriger, nach Karl Heyer mit 90 —110jähriger, nach Stumpf mit 120—140jähriger Umtriebszeit bewirt⸗ ſchaftet werden. Die reinen Eichenbeſtände werden nach Gwinner mit 120—200jähriger Umtriebszeit, nach Stumpf mit 180—200jähriger, im Speſſart ſogar mit circa 300jähriger Umtriebszeit, nach Karl Heyer mit 120—140jähriger Umtriebszeit benutzt. Die Fichtenbeſtände nach Gwinner gewöhnlich mit 100 —120jährigem Turnus, nach Stumpf mit 70—140jährigen Turnus, nach Karl Heyer mit 60—90jährigem Turnus (im Mittelgebirge und Niederungen) und mit 120—150jährigem Turnus (im Hochgebirge). Die Weißtanne wird behandelt: nach Gwinner im 80—120jährigen Umtrieb, Stumpf im 120 —150jährigen Umtrieb, Heyer im Mittelgebirge und Niederungen mit 60—90jährigem Umtrieb, im Hochgebirge mit 120 —150jährigem Umtrieb. Die Kiefer: nach Gwinner im 40—120jährigen Turnus, Stumpf im 60—120jährigen Turnus, „ Heyer im 50—80jährigen Turnus. Die Umtriebszeiten, welche von der forſtlichen Praxis that— ſächlich eingehalten worden ſind, hat Franz von Baur wie folgt mitgeteilt: ” 7 7 Namen der Staaten. Kiefer. | Fichte. weben Buche. Eiche. Jahre. Jahre. Jahre. Jahre. Jahre. Baden 80-100 100-120 120 100— 120 | 120— 160 Bayern! 60 - 100 | 100-120 | 100120100120 140-160 Han nder 80 100 — 120 160 Großherzogtum Heſſen 80 — 120 80-100 — 100—120 120 — 160 Preußen 80 - 100 80—120 — 100—110 | 140— 160 Königreich Sachſen — 60— 80 | 80 —100 | 80—100 | 120—140 | 120— 160 Württemberg. 60-120 | U 80—120 100-120] 70—120| 140 Die Erntezeit der Waldbeſtände. 275 Die Frage, wie ſich dieſe Umtriebszeiten herausgebildet haben und welche Wirtſchaſtsziele bei der Feſtſtellung derſelben er— ſtrebt worden ſind — dieſe oben geſtellte Frage haben wir bisher nicht beantworten können. Die Angaben der Schriftſteller haben uns keine Anhaltspunkte gegeben. Aber auch die Mitteilungen der Praktiker, die amt— lichen Wirtſchaftsregeln ꝛc. laſſen uns im Stich. Wir ſind im weſentlichen auf Vermutungen angewieſen. Man hat zwar behauptet, daß der Waldbau prinzipiell die nachhaltige Produktion der größten Rohſtoffmenge erſtrebe. Allein dieſe Annahme hat ſich nicht beſtätigt. Vielmehr hat ſich herausgeſtellt, daß die quantitative Holzerzeugung durch die Benutzung der Beſtände im Stangenholzalter, die man ſicher— lich nicht verteidigen wollte, auf den Gipfelpunkt erhoben würde; es iſt lediglich zweifelhaft geblieben, ob die oben genannten Um— triebszeiten für Rotbuchenbeſtände auf der vierten und fünften Standortsklaſſe dieſem Wirtſchaftsziel entſprechend ſein würden. Im allgemeinen würden dieſe Umtriebszeiten, was die Gewinnung von Holzmaterial betrifft, eine Verluſtwirtſchaft zur Folge haben. Man hat zweitens behauptet, daß die Staatsforſtverwaltung den höchſten Wertdurchſchnittszuwachs zu erreichen ſuche. Aber zuvor hatte man offenbar zu fragen: wann gipfelt derſelbe? Nach den Unterſuchungen von Burckhardt und Robert Hartig viel ſpäter, als die gebräuchlichen Umtriebszeiten Jahre umfaſſen und ſonſtige Ermittelungen ſind nicht bekannt geworden. Man hat drittens geglaubt, daß höhere Umtriebszeiten von der Staatsforſtverwaltung einzuhalten ſeien, weil ſie dem Lande die ſtarken Holzſortimente ſichern. Aber offenbar hatte man auch hier zunächſt zu unterſuchen: Wie groß iſt der inländiſche Be— darf an Starkhölzern? Iſt zur Verſorgung desſelben der großartige Apparat notwendig, den die hohen Umtriebszeiten mit ſich führen? Kann man denſelben nicht hinlänglich und viel nutzbringender durch Oberſtänder, die man im Lichtſtand die doppelte Umtriebszeit fort— wachſen läßt, decken? Auch dieſe Unterſuchung iſt nicht vorgenom— men worden. Man hat endlich vermutet, daß das ältere Holz eine beſon— dere Güte habe, weil das jüngere Holz noch unreif ſei. Allein 276 Achter Abſchnitt. die Einwirkung des Alters eines Baumes auf die Schwere des Holzes und damit auf das weſentlichſte Merkmal der Gebrauchs— fähigkeit iſt bis jetzt nicht bekannt geworden; es iſt vorläufig zu bezweifeln, daß ein angehender Baum leichteres und minder brenn— kräftiges Holz hat, als ein älterer Baum. Die Entſtehung und die Entwicklung der bisher maßgebenden Normen für die Feſtſetzung der Umtriebs— zeiten iſt ſchwer aufzuklären. Wahrſcheinlich haben ſie ſich allmählich in folgender Weiſe herausgebildet: Geleitet von dem Grundſatz, daß den Waldbeſtänden fortdauernd nur der durchſchnittliche Holzzuwachs, der an den von der Vorzeit überlieferten Holzvorräten erfolgte, entnommen werden dürfe, wenn dieſer Vorrat für die Nach— haltwirtſchaft genügend erſchien, beſtimmte man durch Er— tragsſchätzung en ꝛc. die Zeiträume, welche für die Ab— räumung der überlieferten Vorräte erforderlich waren. Man gelangte dabei in der Regel zu Umtriebszeiten, welche nur um wenige Jahrzehnte differierten. Dieſe Umtriebszeiten, die den generellen Wirtſchaftsplänen zu Grunde liegen, haben im Laufe der Zeit allgemeine Gültigkeit erlangt. II. Die Breßlerſchen Vorſchläge. Im Jahre 1859 befürwortete Max Robert Preßler, Profeſſor der Mathematik an der Tharander Forſtakademie, die Feſtſtellung der forſtlichen Umtriebszeiten nach dem höchſten „Bodennutzeffekt“. Seit dieſer Zeit durchtönt die Verteidigung und Bekämpfung dieſer ſog. Reinertragswirtſchaft die Litteratur des Forſtweſens. Die Forſtwirte, in zwei Lager auseinander getrieben, ſind bis heute noch nicht zum klaren Verſtändnis der Streitfrage und bis zur all— ſeitig befriedigenden Auseinanderſetzung über dieſe eigenartige Reformbeſtrebung vorgedrungen. Die lebhafte Bewegung hat Berge von Druckbogen erzeugt; wir können an dieſer Stelle nur die Kern— punkte der Kontroverſe überblicken. Die Beurteilung derſelben iſt in der That nicht leicht, wenn man den Irrgängen folgen muß, welche die doktrinäre Behandlung dieſer Streitfrage eingeſchlagen Die Erntezeit der Waldbeſtände. 277 hat. Die Darſtellung der Verzinſungsverhältniſſe des großen Wald— betriebs (mit jährlicher Nutzung) bildet den ſchwierigſten Lehrzweig des Forſtfachs. Die Preßlerſche Theorie iſt nach ihrem weſentlichen Inhalt leicht dargeſtellt. Preßler unterſucht in erſter Linie, in welcher Weiſe man die Holzzucht auf einer holzleeren Fläche ren— tabel zu geſtalten vermag, wenn die Verwertung des ge— ſamten zukünftigen Holzvorrats zu jeder Zeit ſtatt— finden kann. Preßler unterſtellt hierbei zunächſt, daß der Bodenwert bekannt ſei. Wenn der Waldbeſitzer den holzleeren Waldboden zu irgend einem Preiſe gekauft hat, ſo kann man annehmen, daß dieſes Kapital dem Waldbetriebe geliehen iſt und derſelbe, wenn er Zinſen und Zinſeszinſen mit einem gewiſſen Prozentſatz nicht mehr ab— zuliefern vermag, Kündigung des Kapitals und Anlage desſelben bei einem beſſer zahlenden Nachfolger zu erwarten hat. Die fis— kaliſche Forſtwirtſchaft ſoll, wie Preßler meinte, eine Verzinſung von 3½ % mit Zinſeszinſen, der Korporations- und große Privat: waldbau eine Verzinſung von 4% und die kleine und ſpekulative Privatwirtſchaft eine Verzinſung von 4½% (immer mit Zinſes— zinſen) vom Waldbetriebe zu beanſpruchen haben. Liefert der Zuwachs der Holzbeſtände nicht mehr die in dieſer Weiſe normierte Verzinſung des Bodenkaufpreiſes und der Kulturkoſtenausgabe 2c. unter Einrechnung der inzwiſchen admaſſierten Zinſen, ſo ſind die Holzbeſtände „finanziell hiebsreif“. Man kann dieſen Zeit— punkt auch beſtimmen, indem man ermittelt, welcher Zinſenbetrag auf jeden Feſtmeter der Haubarkeitsnutzung haftet (Koſtenpreis) und mit dem Steigen dieſes Koſtenpreiſes den Holzverkaufspreis vergleicht. Hat der Waldbeſitzer den Boden billiger angekauft, als er denſelben infolge Einhaltung der einträglichſten Abtriebszeit durch die Zinſenerträgniſſe d. h. die Reinerlöſe der Waldnutzungen ver— werten kann, ſo erzielt der Waldbeſitzer einen „Bodennutzeffekt“. Die Bodenankaufspreiſe ſind jedoch ſelten bekannt. Immerhin kann der Waldbeſitzer ermitteln, welche Umtriebszeit am einträg— lichſten ſein wird und welches Bodenkapital dieſelbe verzinſt. Die Rechnung iſt ſehr einfach. Man braucht nur von beſtimmten Zins— ſätzen auszugehen und die Erlöſe aus den Vor- und Haubarkeits— 278 Achter Abſchnitt. erträgen bei 50, 60:, 70jähriger Abtriebszeit auf die Gegenwart zu diskontieren, fo findet man nach Abzug der Koſten (Kulturausgaben, Steuern, Verwaltungskoſten ꝛc.) verſchiedene Bodenwerte („relative Bodenwerte“ nach Preßler, „Bodenerwartungswerte“ nach ſpäterer Bezeichnung); die Abtriebszeit, die den größten Bodenwert liefert, iſt ſelbſtverſtändlich zu wählen. Preßler forderte mit beſonderem Nachdruck die Forſtwirte auf, zu berechnen, welche Bodenwertbeträge die bisher gebräuchlichen Umtriebszeiten verzinſen und welche Er— höhung derſelben eintreten wird, wenn die Forſtwirte die Umtriebs— zeiten nach den Zinſeszinsformeln feſtſtellen. Obgleich Preßler, wie man ſieht, lediglich den Jetztwert des Gewinns, der ſich auf holzleeren Flächen möglicherweiſe erzielen läßt, beachtet, ſo iſt doch ſelbſtverſtändlich, daß die Holzbeſtockung, fo weit fie den Vorausſetzungen entſprechend — „normal“ — be— ſchaffen iſt, hinſichtlich der Zeit des Abtriebs der gleichen Regel unterliegt. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß beſtockte Waldungen, wenn ſie das Alter der finanziellen Hiebsreife noch nicht über— ſchritten haben und die bei der Berechnung vorausgeſetzten Erträge liefern, in dem Altersjahre, welches den höchſten Bodenerwartungs— wert gewähren wird, zu nutzen ſind. Haben ferner Normalbeſtände die finanzielle Haubarkeitszeit bereits überſchritten, ſo hat offenbar die Preßlerſche Regel zu lauten: man haue ſie ſo bald als möglich ab. Und hinſichtlich der jüngeren und älteren abnormen Beſtände, die den vorausgeſetzten Holzvorrat und Zuwachs nicht beſitzen, gilt die (der Ermittelung der „Weiſerprozente“ zu Grunde liegende) Regel: ſie ſind finanziell hiebreif, wenn ſie mit ihrem Zuwachs nicht mehr die geforderten Zinſen vom Holzverkaufserlös und Grund— kapital (Bodenerwartungswert) zu liefern vermögen, weil der ge— nannte Erlös anderweit zinstragend angelegt werden kann und der Nachfolger, der junge Beſtand, den Maximalbodenwert voll verzinſt. Das iſt der geſamte Inhalt der Preßlerſchen Lehre (abgeſehen von den ſpeziellen Waldbauregeln, die keine Beachtung verdienen). Durch Einführung der in dieſer Weiſe ermittelten Umtriebszeiten des höchſten Bodennutzeffekts ſollten die Forſtwirte nicht nur den Waldbetrieb zu einer Verzinſung von 3½ bis 4½% empor führen; dieſe finanzielle Umtriebszeit ſollte außerdem „die Rente des Grund— kapitals oft auf das zehnfache des früheren zu ſteigern vermögen.“ Die Erntezeit der Waldbeſtände. 279 Wir müſſen uns, bevor wir dieſe Schlußfolgerungen näher beleuchten, die Verzinſungsunterſchiede, die thatſächlich zwiſchen den forſtlichen Umtriebszeiten obwalten, etwas genauer betrachten. 1) Welchen Zinſenertrag kann die ſpekulative Geld— wirtſchaft im Waldbetriebe höchſten Falls erreichen?“) a. Wenn es ſich um den Anbau einer kleinen holzleeren Waldung handelt, die man zu jeder Zeit (unbeſchränkt durch das Verhältnis zwiſchen Angebot und Nachfrage) abholzen kann, und wenn ſowohl Brennholz als Nutzſtangen, Bauſtämme und Säge— klötze mit angemeſſenem Preiſe verwertet werden können, ſo iſt zu— nächſt zu fragen: wird der Waldbeſitzer einen höheren Endertrag von ſeinem Bodenkapital erhalten, wenn er Niederwaldwirtſchaft mit etwa 20jähriger Hiebszeit einhält und den alle 20 Jahre wieder— kehrenden Reinerlös mit 3, 4, 5% und Zinſeszinſen bis zum 80. oder 100. Jahre anlegt oder wird Hochwaldwirtſchaft mit den nutzholztüchtigſten Stämmen, zu deren Produktion mindeſtens 60—80 Jahre notwendig ſein werden, der ſpekulativen Geldwirt— ſchaft beſſere Chancen eröffnen? Dieſe Frage iſt allerdings nicht ſicher und zweifelfrei zu beantworten, weil die örtlichen Holzpreiſe zu berückſichtigen ſind. Aber wenn lediglich Brennholzzucht im Niederwald ſtattfinden kann und Produktion von Eichengerbrinde ausgeſchloſſen iſt, ſo wird die vorſichtig geleitete Rentabilitätswirt— ſchaft faſt immer die Nutzholzproduktion vorziehen. Allerdings würde bei der Rechnung mit Zinſeszinſen ein ſehr geringer Reinerlös alle 20 Jahre genügen, um Gleichgewicht mit dem 80 jährigen Hochwald— ertrage hinſichtlich der Verwertung des Bodens herzuſtellen; es wurden hierzu folgende Prozente vom Reinerlös, der beim Abtrieb des SOjährigen Hochwaldes übrig bleibt (reſp. bis zu dieſem Jahr aus den Zwiſchennutzungserträgen admaſſiert iſt) genügen: bei e e 30 5 Aber der Niederwaldhieb alle 20 Jahre wird ſelten einen höheren ) Selbſtverſtändlich iſt der Geſchäftsgewinn, den ein Spekulant durch Ankauf von Waldbeſtänden unter dem gegenwärtigen Verkaufspreis erhaſchen kann, bei dieſer Betrachtung ausgeſchloſſen worden. 280 Achter Abſchnitt. Prozentſatz, wie 4— 5% vom SOjährigen Fichten: oder Kiefernertrag als Reinerlös zurück laſſen. Auf Grund der Ermittelungen, die ich im vierten Abſchnitt zuſammenge— tragen habe, darf man annehmen, daß die Fichte mindeſtens den doppelten Jahreszuwachs des Niederwaldes und das Fichtenholz, welches größtenteils Nutz— holz liefert, den dreifachen Verkaufswert der 20jährigen Stockausſchläge (größten— teils Reisholz) hat. Bei einer mittleren Niederwaldproduktion, die auf gutem Boden 3 Feſtmeter per Hektar und Jahr ſelten überſteigen wird, werden alle 20 Jahre S 60 Feſtmeter genutzt werden können, bei einem mittleren Reinerlös von 5 M. per Feſtmeter = 300 M. Wenn aber der Fichtenhochwald exkl. Zwiſchennutzungserträge 480 Feſtmeter im 80. Jahr mit einem Nettoerlös von 15 M. per Feſtmeter liefert, ſo liefert der Niederwald nur 4,10% vom Hoch— waldertrag der Fichte (ſtatt der bei 3 und 40% erforderlichen 8,4 und 5,40%). Es kann mit andern Worten der Waldbeſitzer bei einer Zinsforderung von 3 und 40% den holzleeren Waldboden verwerten: 30 40% Fichtenhochwaldbetrieb .. 747 326 Niederwald betrieb... 372 252 N — M. per Hektar. Erſt bei einer Zinsforderung von 5% würde der Niederwaldbetrieb einen Bodenmehrwert von 220 liefern. Dagegen iſt zu bedenken, daß die Fortſetzung der Niederwaldwirtſchaft ohne künſtliche Nachhilfe zumeiſt mißlich iſt, weil die Stöcke den Ausſchlag mit der Zeit verſagen und daß die Brennholzpreiſe nicht nur ſinkende Tendenz haben, ſondern überhaupt die Verwertbarkeit des Brennholzes, wie wir oben geſehen haben, in Frage geſtellt werden kann. Es iſt deshalb unnötig, den Niederwald mit der Lärchen-, Kiefern- und Eichenzucht hinſichtlich der Rentabilität zu ver— gleichen. Die gewinnſüchtigſte Geldwirtſchaft wird ohne Zweifel der Brennholz— zucht keine Chancen abgewinnen, vielmehr, wenn ſie ſich mit der Waldwirtſchaft befaſſen will, auf den beſſeren Böden Nutzholzzucht beginnen und die ſpäte Reife— zeit der brauchbarſten Nutzhölzer abwarten. Dagegen unterliegt es keinem Zweifel, daß der trockene Boden namentlich auf Süd- und Weſtſeiten im ſüdlichen und ſüdweſtlichen Deutſchland durch den Schälwaldbetrieb in der Regel den er— reichbar höchſten Zinſenertrag gewähren wird. Der Nettoertrag des Schälwalds kann leicht 80% des 80 jährigen Hochwaldertrags über: ſteigen, wenn nur Kiefern gezüchtet werden können. (Wenn der 15jährige Umtrieb eingehalten wird, jo find nur 6% bei einem Zinsfuß von 3% und 4% bei einem Zinsfuß von 4% erforder— lich.) Wenn dagegen auf beſſerem Boden Fichtenzucht mit hohen Erträgen ſtatthaft iſt, ſo kann ſelbſt die höhere Rentabilität des Schälwalds in Frage geſtellt werden. Die Erntezeit der Waldbeſtände. 281 Abgeſehen von den nicht überall vorkommenden Waldflächen, auf denen Schälwald gedeiht, kommt ſonach in Deutſchland lediglich die Nutzholzzucht in Betracht, wenn man die rentabelſten Betriebsarten diskutieren will. Nutzholz iſt bisher in Deutſchland — vom unten zu be— trachtenden Mittelwald abgeſehen — faſt ausnahmlos in geſchloſſenen Hochwaldbeſtänden gezüchtet worden. Die Beſtände müſſen unter allen Umſtänden ein Alter erreichen, in welchem ſie mit der Haupt— maſſe Nutzholz liefern, denn man kann, wie ich ſchon oben geſagt habe, aus Hopfenſtangen keine Bretter ſchneiden und aus Dach— latten keine Häuſer bauen. Es iſt ohne Rentabilitätsrechnung klar, daß die ſpekulative Geldwirtſchaft die Holzbeſtände nicht im Stangen— holzalter abernten und als Brennholz verkaufen wird, wenn viel— leicht 10 oder 20 Jahre genügen, um die Hauptmaſſe dieſer Holz— beſtände zu brauchbarem Nutzholz heranwachſen zu laſſen, für welches der doppelte und dreifache Preis erzielt werden kann. Es bleibt ſomit nur die Unterſuchung übrig, welche für die ganze Waldrentabilitätsfrage die entſcheidende iſt: find die Beſtände finanziell hiebsreif, wenn ſie mit der überwiegenden Maſſe örtlich gebrauchsfähiges und marktgängiges Nutzholz liefern oder wird das Fort— wachſen derſelben einen Zinſenertrag liefern, welcher den Forderungen der Geldwirtſchaft entſpricht? Das Beſtandsalter, mit welchem die im Kronenſchluß auf— wachſende Hochwaldbeſtockung mit der Hauptmaſſe gebrauchsfähiges und marktgängiges Nutzholz liefert, läßt ſich ſelbſtverſtändlich nicht allgemein bemeſſen, weil nicht nur die Standortsgüte, ſondern haupt— ſächlich der örtliche Verbrauch maßgebend iſt. Zu dieſer Bemeſſung ſind auch nur die Geldertragstafeln von R. Hartig und Heinrich Burckhardt benutzbar. Allein die Genannten haben ſo überaus günſtige, praktiſch nur in ſeltenſten Fällen — Grubenholz-, Telegraphen: ſtangenabſatz u. ſ. w. — ſtatthafte Vorausſetzungen ihren Angaben zu Grunde gelegt, daß dieſelben für die vorzunehmende Unterſuchung ſicherlich das Maximum der erreichbaren Verzinſung angeben werden. R. Hartig hat nämlich, wie derſelbe bemerkt, für die Fichtenbeſtände bis zum 60 —70jährigen Alter die Hauungsergebniſſe von Schneiſen- und Wegean— lagen zur Beſtimmung der Nutzholzverwertung zu Grunde gelegt; es iſt, ſagt 232 Achter Abſchnitt. Hartig, ſelbſtverſtändlich, daß ſich die Ausnutzungsverhältniſſe weit günſtiger ge— ſtaltet haben, als wenn man größere Beſtandesflächen im jugendlichen Alter zum Abtrieb bringen würde. Burckhardt hat, wie ein Blick auf die Preisannahmen zeigt, ganz ähnliche Ausnutzungs- und Verwertungsverhältniſſe zu Grunde gelegt. Im ſechſten Abſchnitt habe ich den Beweis geführt, daß auf mittelgutem Standort die 100jährige Umtriebszeit in geſchloſſenen Fichtenbeſtänden und die Söjährige Umtriebszeit in geſchloſſenen Kiefernbeſtänden für die Gewinnung des gebrauchsfähigen Nutzholzes (Säge- und Bauholzes) nicht genügt und mindeſtens eine 20— 30 jährige Verlängerung dieſer Abtriebszeiten erforderlich werden würde. Wir wollen indeſſen hier das Maximum der im Walde durch die ſpekulative Geldwirtſchaft erreichbaren Verzinſung feſtſtellen und haben zu dieſem Zweck die günſtigſten Verwertungsverhältniſſe vorausgeſetzt. Da nun der Maſſenzuwachs vom 60.—80. und vom 80.— 100. Jahre in geſchloſſenen Fichten- und Kiefernbeſtänden weit größer iſt, als in jeder folgenden 20jährigen Periode, ſo wollen wir die Verzinſung des anfänglich vorhandenen Vorrats während dieſer Wuchsperiode betrachten. Wir wollen mit R. Hartig voraus— ſetzen, daß infolge beſonders günſtiger Abſatzverhältniſſe (für Nutz— holzſtangen) ſchon im 60. Jahre 80— 859% des Haubarkeitertrags als Nutzholz verwertet werden können und hierauf unterſuchen, ob die ſpekulative Geldwirtſchaft einen angemeſſenen Zinſenertrag finden kann, wenn ſie die Abtriebszeit jeweils 20 Jahre (vom 60. bis zum 80. Jahre, und vom 80. bis zum 100. Jahre) verlängert. Die Berechnung ergibt mit Einfluß der Zwiſchennutzungen folgende jährliche Verzinſung im ausſetzenden Betriebe, jedoch ohne Abzug des Wertes, welchen der nachgezogene 20jährige Beſtand haben würde (wodurch übrigens das Ver— zinſungsprozent nur um wenige Zehnteile geändert werden würde). Fichtenbeſtände. | Kiefernbeſtände. Robert Hartig. Burckhardt. Burckhardt. Jahr. — ET ET 5 I} II. II. Standorts⸗ Standorts⸗ | Standorts— Standorts⸗ klaſſe. klaſſe. klaſſe. klaſſe. 60-80 | 281 | 8,45 370 3,80 80 —100 1559 2,04 1,85 1,76 *) *) Vom So. bis 90. Jahr. Die Erntezeit der Waldbeſtände. 283 . Buchenbeſtände. Jahr. | Robert Hartig. Burckhardt. K II. II. Klaſſe. Klaſſe. Klaſſe. 60—80 2,82 2,10 3,60 80 100 2,98 1,82 2,30 Wenn der Beſitzer einer kleinen Waldparzelle derartige günftige Abſatzverhältniſſe für ſeine 80jährigen Beſtände (wo die Fichte in größeren Beſtänden nach Hartig einen Durchmeſſer in Bruſthöhe von 23,1—28,5 em hat) findet, jo kann er 3—40% erzielen, indem er die 60jährigen Beſtände 80jährig werden läßt (ſpäter nur 1— 30%). b. Welcher Zinſengewinn läßt ſich im kleinen Walde mit ausſetzender Nutzung erzielen, wenn keine Nutzholzſtangen, ſondern hauptſächlich Säge- und Baus hölzer unbeſchränkten Abſatz finden und deshalb Produktionsobjekte bilden? Für derartige Nutzungsbedingungen würde es völlig zwecklos ſein, zu unterſuchen, wie ſich der Zinſenertrag beim Uebergange von der 60: zur 80jährigen Umtriebszeit geſtaltet. Wir haben im ſechſten Abſchnitt nachgewieſen, daß ſelbſt der Uebergang von der 80jährigen zur 100jährigen Umtriebszeit ſelten bei geſchloſſenem Beſtandswuchs in Frage kommen, vielmehr ſelbſtverſtändlich ſein wird, weil in 80 jährigen Beſtänden noch kein ausreichend ſtarkes Nutzholz (nur mit etwa 18—20 em Mittenſtärke, cf. S. 288) ge— wonnen werden kann. Aber der Uebergang in dieſer Periode bietet für die Verzinſung viel beſſere Verhältniſſe, wie der Uebergang von der 100jährigen zur 120jährigen Umtriebszeit, weil der Maſſen— zuwachs im erſteren Falle viel größer iſt — und deshalb wollen wir, um auch hier wieder die Maximalleiſtung des Waldbetriebs feſtzuſtellen, den Zinſenertrag für dieſe Zeit betrachten. Nach den oben zu Grunde gelegten Unterſuchungen von Burckhardt und Robert Hartig ſteigt der Wertvorrat per Flächeneinheit unter Einrechnung der Durchforſtungserträge wie folgt: *) Vom 80. bis 85. Jahr. 284 Achter Abſchnitt. 80. Jahr. 90. Jahr. 100. Jahr- Burckhardt, Fichten, Ile 1,00 1,20 1,37 R. Hartig, Fichten, Plaſſe BR. 1,00 1,16 1,28 LI. Klaäſſe er, 1,00 1521 1,41 Burckhardt, Kiefern, II. Klaſſ e 1.00 1,18 — Burckhardt, Buchen, II. Safe eng 1,23 1,46 R. Hartig, Buchen, L, Klas. 0 1,23 1,42 Die Wertſteigerung per Hektar beträgt ſomit für Nutzholzbeſtände höchſten Falls 410% vom 80. bis 100. Jahre; ſie iſt etwas höher, als man nach der Zunahme des Marktpreiſes von den ſchmäleren zu den breiteren Bretter- und Bauholzſorten für die betreffende Erhöhung des Durchmeſſers (ca. 6 cm vom 80.— 100. Jahr) anzunehmen berechtigt ſein würde. Auch nach den ſächſiſchen Unterſuchungen über die Maſſenzunahme (mitgeteilt von Kunze) und über den Qualitätszuwachs (mitgeteilt von Schulze) ſtellt ſich das folgende Verhältnis im Wertzuwachs heraus (Durchſchnitt aller Bodenklaſſen): 80 Jahre. 90 Jahre. 100 Jahre. Fichte 1,00 1711 1,22 Rioja 2.9: 1,00 1,09 1,18 Die (nicht nachgewieſenen) Zwiſchennutzungserträge werden dieſes Verhältnis, nur unweſentlich verändern!). Die Frage, welchen Zinsſatz der Beſitzer einer kleinen Waldung erzielen wird, indem er die Holzbeſtände vom 80. bis zum 90. Jahre oder vom 90. bis zum 100. Jahre fortwachſen läßt, iſt ſomit leicht zu löſen. Da 1,020 = 1,22 und 1,0220 = 1,49, fo iſt klar, daß ſelbſt in dieſem günſtigſten Falle keine 20% erzielt werden können — nicht einmal für den Holzverkaufswert im 80. Jahre, ganz ab— geſehen von den 20jährigen Zinſen des Bodenwertes, d. h. dem Wert des nachgezogenen Beſtands. c. Welcher Zinſenertrag iſt in einer größeren Waldung mit Holzvorräten für die 80 jährige Um— ) Man hat zwar in Sachſen per Jahr 2—3 0% für die genannte Zeit angenommen; aber man hat den Maſſenzuwachs an 8—10 Stämmen per Hektar, die normal erwachſen waren und nicht bald der Zwiſchennutzung verfallen, d. h prädominierend waren, ermittelt und hier ſelbſtverſtändlich einen viel höheren Maſſenzuwachs gefunden, wie ſpäter Kunze für die Vollbeſtände. Die Erntezeit der Waldbeſtände. 285 triebszeit durch den Uebergang zur 100 jährigen Um: triebszeit zu erreichen? In größeren Waldungen iſt die jährliche, annähernd gleiche Nutzung oberſte Wirtſchaftsbedingung. Der Beſitzer einer großen Privatwaldung kann nicht alle 40—60jährigen Beſtände 60: bis Sojährig und alle 60—80 jährigen Beſtände 80—100jährig wer: den laſſen und hierauf dieſelben in 20 Jahren, jährlich den 80“ oder 100jährigen Beſtand mit der Geſamtfläche benutzen ). Denn abgeſehen von der Ueberführung des Markts nach 20 Jahren würde dieſer Beſitzer von jetzt an zwanzig Jahre lang auf den Bezug der Haubarkeitserträge verzichten müſſen und dieſer Vorgang würde ſich nach 60 oder 80 Jahren wiederholen (es würden im erſteren Falle 60jährige und keine 80 jährigen und im zweiten Falle SOjährige und keine 100jährigen Beſtände hiebsfähig ſein). Dieſer Waldbeſitzer kann nur allmählich zur höheren Umtriebszeit übergehen, indem er den bisherigen Geldertrag ermäßigt und den Geldertrag nach Her— ſtellung des Vorrats, der für die höhere Umtriebszeit erforderlich iſt, entſprechend verſtärkt. Wie ſtellt ſich in dieſem Falle die er— reichbare Verzinſung für die Anlage der bei Fortſetzung der bis— herigen Abtriebszeit beziehbaren Rente im Holzvorrat des Waldes? Vor allem iſt zu beachten, daß die Wertzunahme pro Flächen— einheit nicht mehr direkt maßgebend iſt. Im nachhaltigen Betriebe iſt nicht nur, wie ſchon bemerkt wurde, der Vorrat für den höheren Umtrieb durch Einſchränkung der Nutzung, welche ohne Umtriebs— ) Bei der Bewirtſchaftung größerer Waldungen, welche die Befriedigung des Holzkonſums weit ausgedehnter Länderſtriche als Ziel ins Auge faßt, kommt in erſter Linie die Zeitdauer des Nutzungsumlaufs in Betracht (die „normale Umtriebszeit“, der „Einrichtungszeitraum“). Hiernach richtet ſich die „konkrete Abtriebszeit“ der Einzelbeſtände eines Wirtſchaftsverbands; d. h. es iſt ledig⸗ lich innerhalb des feſten Rahmens der normalen Umtriebszeit die nutzbringendſte Abtriebsreihenfolge der Einzelbeſtände zu ermitteln. Die Feſtſtellung der kon— kreten Abtriebszeit im ausſetzenden Betrieb iſt höchſt ſelten Aufgabe der techniſchen Ertragsregelung. Ich habe dieſelbe erörtert, weil dabei die Rentabilitätsfaktoren am klarſten und durchſichtigſten hervortreten. Für die in dieſem Abſchnitt zu behandelnde Frage, durch welche Erntezeiten das nachhaltige Reineinkommen der deutſchen Nation am belangreichſten erhöht wird, hat die finanzielle Hiebsreife der Beſtände, die der ſpekulative Beſitzer einer kleinen Waldung zur Fruktifizierung des Zinſenertrags beachten wird, nur eine unter- geordnete Bedeutung (ek. S. 287). 286 Achter Abſchnitt. erhöhung geſtattet ſein würde (bei der Wahl zwiſchen dem 80jährigen und 100jährigen Umtrieb dem SOjährigen Turnus entſprechen würde), herzuſtellen; es fällt auch ſchwer in die Wagſchale, daß nach der Herſtellung des Vorrats die Schlagfläche, die bisher % der Ge: ſamtwaldung umfaßt hat, auf 1½0 der Geſamtfläche zu beſchränken iſt. Wenn man, um dieſer Anforderung zu genügen, eine 100jährige Uebergangszeit (Einrichtungszeit) annimmt und die Werterträge der 1—80jährigen Beſtände in die Nutzungsperioden der 100jährigen Umtriebszeit verteilt, ſo ergibt die Berechnung des Zinſenertrags, daß nicht, wie oben für die Flächeneinheit vermittelt wurde, die Verzinſung vom 80jährigen zum 100jährigen Umtrieb bis zu 20% ſteigt, ſondern höchſten Falls 1,0 bis 1,10% beträgt. Man ſieht auf den erſten Blick, daß der Gewinn, den der Waldbeſitzer bei jährlicher Wirtſchaft durch die Erhöhung der beſtehenden Umtriebszeit überhaupt erreichen kann, nicht ſonderlich verlockend iſt — ganz abgeſehen von den Koſten, welche behufs Herſtellung des größeren Vorratskapitals zu opfern ſind. Der jährliche Abgabeſatz in einem Wirtſchaftsbezirk von 1000 ha Größe ſteht bei der obigen Maximalſteigerung des Ertrags im folgenden Verhältnis: Verhältnis Jahresſchlag— Verhältnis per fläche. des Flächeneinheit. Jahresertrags. 80jähriger Umtrieb. 1,00 12,5 1,000 9, 7 1,21 11 1,074 II 15 1,41 10,0 1,128 Wenn der Waldbeſitzer eine Waldung, die für das 80. Altersjahr regel: mäßig abgeſtufte Altersklaſſen hat, vom SOjährigen in den 100jährigen Umtrieb überführen will, ſo kann derſelbe, wie die genannte Verteilung der nach dem obigen Verhältnis (1,00: 1,21: 1,41) anwachſenden Werterträge in die Perioden zeigt, nicht voll 930% des früheren Ertrags beziehen, wenn er nachhaltig wirt— ſchaften und den höheren Vorrat für die 100jährige Umtriebszeit einſparen will. Dieſer Jahresverluſt (7,0 M. von 100 M.) bringt allerdings nach 100 Jahren einen Jahresgewinn von 12,8 M. ein. Aber wenn auch der Waldbeſitzer ſtatt 100 M., die bei fortgeſetzter 80jähriger Umtriebszeit eingehen würden, nach 100 Jahren beginnend 112,8 M. einnehmen kann, ſo ergibt anderſeits ein jähr— licher Verluſt von 7,0 M., mit 10% und Zinſeszinſen 100 Jahr lang ange— legt, ein Kapital von 1193 M. Bei dieſer Verzinſung der Geldanlage würde der Waldbeſitzer vom 100. Jahre an 11,93 M. jährlich mehr beziehen, während er bei der Anlage im Walde 12,8 M. erhält. (Bei der Geldanlage mit 1,1% würde der Waldbeſitzer etwas mehr — 15,28 M. — erhalten.) tan ſieht, die Zinſeszinsformeln können bei der Umtriebs— beſtimmung in geſchloſſenen Hochwaldbeſtänden nur mit äußerſt Die Erntezeit der Waldbeſtände. 287 geringen Zinsſätzen Anwendung finden. Die Regel für die Um— triebsfeſtſetzung lautet vielmehr: Wenn der Waldbeſitzer von ſeinem Waldboden den höchſten Zinſenertrag gewinnen will, ſo muß er Nutzholzwirtſchaft im Baumholzbetrieb (oder Eichenſchälwaldbetrieb) einführen. Wenn aber die älteſten Beſtände der geſchloſſenen Hochwaldungen mit der Hauptmaſſe zu Nutzholz verwertet werden können, ſo ſind ſie finanziell hiebsreif. Eine Erhöhung der Umtriebszeit würde den Zinſenertrag ſchmälern. d. Welchen Zinſenertrag liefert die Herabſetzung der Umtriebszeit, wenn in einem jährlich zu benutzen— den Walde Holzbeſtände für 100—120 jährige Um— triebszeiten vorhanden ſind? Die vorſtehenden Betrachtungen haben zumeiſt ſog. akademi— ſchen Wert. Die Holzvorräte in den deutſchen Waldungen ſind thatſächlich nicht für 70—80jährige, ſondern für 100—120jährige Umtriebszeiten, mehr oder minder regelmäßig im Alter abgeſtuft, an— geſammelt worden; in den 80—120jährigen Beſtänden iſt die größte Maſſe des Holzvorrats aufgeſpeichert. Zur Erzielung der höchſten Bodenrente ſind die Umtriebszeiten nicht zu erhöhen, ſondern herab— zuſetzen. Wenn man herabgehen will bis zu 60—80jährigen Um— triebszeiten, ſo iſt eine ganz enorme Verſtärkung der Nutzungen die nächſte Folge. Man muß offenbar die volkswirtſchaftlichen und finanziellen Wirkungen dieſer Uebernutzung in Betracht ziehen. Kann die deutſche Nation dieſes ſehr beträchtliche Mehrangebot von Wald— erzeugniſſen mit Fortbeſtand der bisherigen Preiſe (alſo mit Ver— hütung der Holzverſchwendung) konſumieren, ſo würde allerdings die Rentabilitätsunterſuchung direkt maßgebend ſein. Allein dieſe Vorausſetzung iſt nicht ohne weiteres, namentlich für das Brenn— holz und die ſchwächeren Nutzhölzer, geſtattet. Sinken die Preiſe im gleichen Verhältnis, wie das Angebot ſteigt, ſo erſcheint die Rentabilität des 100 —120jährigen Umtriebs in einem ganz anderen Lichte. Man muß offenbar berechnen, welchen Zinſenertrag die bisherige Rente für das reduzierte Vorratskapital, für den thatſächlichen Verkaufswert der Holzvorräte zu ge— währen vermag und wird wahrſcheinlich denſelben genügend finden. Man muß mit andern Worten das Conto der kurzen 288 Achter Abſchnitt. Umtriebszeit mit einem großartigen Kapitalverluſt von vorn herein belaſten. So iſt die Sachlage im deutſchen Walde infolge der bisherigen Bewirtſchaftung desſelben im Hochwaldbetrieb mit hohen Umtriebs— zeiten und infolge der Erziehung dieſer Hochwaldbeſtände im dichten Kronenſchluß. Der Schwerpunkt der Ren— tabilitätsfrage würde bei Fortſetzung dieſer Bewirt— ſchaftungsart in der Unterſuchung liegen, welcher Nutz— effekt oder Unternehmergewinn faktiſch zu erreichen iſt, wenn die beſtehenden, zumeiſt 100 —120jährigen Um⸗ triebszeiten durch Verſtärkung der Jahresnutzungen beträchtlich verkürzt werden und wie viel von dieſem Gewinn durch Sinken der Holzpreiſe wieder verloren gehen wird, wenn das bisherige Angebot ohne Steige— rung der Nachfrage ſehr weſentlich verſtärkt werden muß. Jede Unterſuchung in dieſer Richtung iſt aber von vorn herein zwecklos, ſo lange die Holzerziehung im Kronenſchluß maßgebend bleibt. Man hat in Sachſen die Mittenſtärke der Stämme des finanziellen Umtriebs (3%) für Zuwachsverhältniſſe, die viel höher angenommen wurden, als den ſächſiſchen Normalertragstafeln ent— ſprochen hätte, wie folgt ermittelt: Fichten, I. Kl. bis II. Kl., 55—60jähr. Umtriebszeit 20 em ILS eee 5 1975 7 II. Kl. bis III. Kl., 70— 75 „ N 19,5 „ „5 HI., oe 5 18,5 „ nes 4 13 FFC 57 18, „ I le bis . Kl 90 95% 5 Imre Riefern, III Kl.. 60 1 1:67 H16: „ III. KI. bis IV. Kl., 160265, x 1570 e e e 60—65 „ } 1581 Was würde man mit einer derartigen Stangenholzwirtſchaft be— zwecken? Welche Waldzuſtände würde man den Nachkommen über— liefern? Die Stangen würden ſicherlich mit ?/, bis / als Brennholz und einem Erlös, der kaum die Fällungskoſten deckt, in der Zukunft verwertet werden müſſen. Die Erntezeit der Waldbeſtände. 289 Aber auch die Uebernutzung würde nicht ohne Nachteil bleiben. Der Verfaſſer hat auf Grund der Burckhardtſchen Wertertragstafeln für Buchenhochwald nachgewieſen, daß der Uebergang vom 110jährigen Umtrieb in den 60—70jährigen Umtrieb, welcher die Jahresfällung um 33 bis 45% verſtärken würde, im höchſten Falle, bei einer Zinsforderung von 5%, nur eine Erhöhung der (vom 110jährigen Umtrieb gelieferten) Rente von 100 auf 116 bis 121 bewirken würde. Dieſer Gewinn würde verloren gehen, wenn die Holzpreiſe von 100 auf 86 oder 82 fallen ſollten, was offenbar höchſt wahr— ſcheinlich iſt. Die Verzinſungsverhältniſſe der Waldbeſtände liegen ſonach klar am Tage. Die ſpekulative Geldwirtſchaft wird not— wendig den Zeitpunkt abzuwarten haben, wo die nur zu Brennholz brauchbaren Stangen- und angehenden Baumhölzer mit der Hauptmaſſe zu Nutzholz ver— wendungsfähig geworden ſind. Die geſchloſſenen Holzbeſtände ſind finanziell hiebsreif, ſobald dieſer Zeitpunkt gekommen iſt. Wenn aber in größeren Waldungen Holzvorräte für 100—120jährige Umtriebs— zeiten vorhanden ſind, ſo kann von einem Uebergang zu 60—80jährigen Umtriebszeiten keine Rede fein, weil ja die Wertloſigkeit der Beſtockung, welcher die ſpekulative Geld— wirtſchaft um jeden Preis entrinnen muß, wieder hergeſtellt würde. Ich muß jedoch am Schluß dieſer Unterſuchung mit beſonderem Nachdruck betonen, daß der Waldbetrieb keines— wegs (ſelbſt bei der Forderung von Zinſeszinſen) an und für ſich unrentabel iſt, wenn der Waldboden zur Nutzholzzucht benutzt werden kann. In den Staatswaldungen des Königreichs Sachſen, die nach der mittleren Bodengüte keineswegs beſonders hervorragen werden, wurde bei 95jähriger Umtriebszeit in den Jahren 1874/78 ein Reinertrag von 4179 M. pro Hektar be— zogen; dieſer Ertrag liefert Zinſen und Zinſeszinſen mit 3%, (und dieſen Zinsſatz pflegt man gewöhnlich für die Bodenwirtſchaft anzunehmen) für einen Bodenwert von 268 M. pro Hektar. — Der Waldboden im deutſchen Reiche (nahezu 14 Millionen Hektar) iſt nur ſelten zu einem lukrativen Feldbau geeignet; er würde größtenteils als Viehweide mit einem kaum nennenswerten Ertrage Wagener, Waldbau. 19 290 Achter Abſchnitt. benutzt werden müſſen (lediglich der Verzinſungsgang der Holzſtände im höheren Alter iſt eigenartig, ef. S. 297). Die Verbeſſerung dieſer Verzinſung iſt allerdings — darüber beſteht kein Zweifel — von den Forſtwirten zu erſtreben. Allein bei der Holzzucht, welche die Bäume in den dichten Kronenſchluß zuſammendrängt, würde ſich dieſes Ziel auch bei genügendem Abſatz für die Mehrnutzung — nur erreichen laſſen, wenn die Holzkonſumtion zur vorherrſchenden Verwendung von 10—15 em breiten Brettern und Bauhölzern veranlaßt werden könnte. Denn außerdem würde bei weſentlicher Herabſetzung der Umtriebszeiten die Nutzung bald in Beſtandsalter gelangen, deren Holzmaſſe zu Nutzholz unverkäuflich ſein würde. Man würde der Entwertung des Waldes nur durch die Rückkehr zu höheren Umtriebszeiten entrinnen können. Dagegen läßt ſich eine ſehr weſentliche Erhöhung der Ver— zinſung ohne alle Bedenken erzielen, wenn die anzuſtellenden Unter— ſuchungen die bis jetzt zu vermutende Leiſtungsfähigkeit des Licht— wuchsbetriebs beſtätigen ſollten. Wir werden den Nachweis in der letzten Abteilung dieſes Abſchnitts erbringen. Der Leſer wird jedoch erſtaunt einwenden: Preßler wollte nicht nur den Waldbetrieb hinführen zu einer Verzinſung des Boden— kapitals mit 3½ bis 4½%, er wollte außerdem die Waldrente auf den zehnfachen und fünfzehnfachen Betrag der bisherigen Rente erheben. Die Diskuſſion der Preßlerſchen Bodenrententheorie hat in den letzten 20 Jahren den erſten Rang in der Forſtlitteratur eingenommen. Man hat die mathematiſche Richtigkeit der Preßler— ſchen Kalkulation allgemein zugeſtanden und was wiſſenſchaftlich richtig iſt, muß auch maßgebend für die Praxis ſein. Ich werde ſonach die ſonderbaren Vorgänge, welche die Aufſtellung der Preßler— ſchen Formeln begleitet und die an die Durchführung des ſog. Reinertragswaldbau geknüpften Erwartungen hervorgerufen haben, näher beleuchten müſſen. 2) Die Begründung und die Bekämpfung der ſog. Reinertragswirtſchaft. Die Ermittelungsart des Bodenwertes bei verſchiedenen Ab— triebszeiten der Holzbeſtände, welche Hofrat Preßler gelehrt hat, wurde ſchon oben dargeſtellt (Seite 277). Wir haben geſehen, daß Die Erntezeit der Waldbeſtände. 291 man mittels der vorgeſchlagenen Unterſuchungen die einträglichſte Benutzung einer holzleeren Fläche theoretiſch genau feſtſtellen kann, vorausgeſetzt, daß die berechtigte Zinsforderung keinem Zweifel unterliegt. Man kann den Nutzeffekt, den die lukrativſte Umtriebs— zeit im Vergleich mit den bisher gebräuchlichen oder ſonſt wähl— baren Umtriebszeiten erreichen läßt, genau beſtimmen. Man kann zweitens für die vorhandenen, normal oder abnorm be— ſchaffenen Holzbeſtände die konkrete Abtriebszeit, welche bei einer beſtimmten Verzinſungsforderung nicht zu überſchreiten iſt, feſtſtellen. In wenigen Stunden war die Umtriebszeit, welche für holz— leere und normal beſtockte Waldungen nach Maßgabe der damals (1861) ausſchließlich benutzbaren Burckhardtſchen Wertertrags— tafeln für die zweite Standortsklaſſe die einträglichſte iſt, zu be— rechnen. Man würde gefunden haben, daß der Bodenerwartungs— wert bei den nachfolgenden Umtriebszeiten mit den beigeſetzten Be— trägen pro Hektar gipfelt ee von Seckendorff): Rotbuche ee r, 26 SM. Er 30% 64, „ 109 1 „ 337%... E ö e . „ „ „ * . . . „ Fp AR ” e e Ebenſo ließ ſich art einen etwas größeren Arbeitsaufwand eine Tabelle berechnen, welche die Wertzunahmeprozente für 5jährige oder 10jährige Perioden auf die verſchiedenen Grundkapitale bezogen haben würde. Wenn ſich Preßler auf Erörterung der Verzinſungsverhältniſſe des ausſetzenden Betriebs in einer kleinen Waldung beſchränkt haben würde, ſo würde man dieſen Beitrag zur Ausbildung der Methoden der forſtlichen Rentabilitätsrechnung (namentlich hinſichtlich der Auswahl der anzubauenden Holzarten und der Feſtſtellung der Abtriebs reihenfolge) als ein hervorragendes Verdienſt allſeitig anerkannt haben. Ich glaube nicht, daß die mathematiſche Beweis— 292 Achter Abſchnitt. * führung eine weitgreifende praktiſche Bedeutung erlangt haben würde, weil die Bodenwerte, die man bei verſchiedenen Zinsſätzen — namentlich bei 2 und 3% — findet, zu ſtark divergieren (J. B. für Fichtenbeſtände in obiger Seckendorffſcher Berechnung zwiſchen 962 und 2268 M. per Hektar). Allein die Forſtwirte würden auf die Beachtung des Wertzuwachſes hingewieſen worden ſein, der unbeſtritten den Wegweiſer bei den forſtlichen Maßnahmen zu bilden hat ). Aber Preßler ging viel weiter. Derſelbe unterſtellte ohne genaue Unterſuchung, daß die Rentabilität der Umtriebszeiten in großen Waldungen genau dem Verhalten der Bodenerwartungs— werte folgt. „Wer durch Wirtſchaften die Kunſt verſteht,“ ſo ſagt Preßler, „den Wert des Bodens durch den Reinertrag desſelben auf ſein Höchſtes zu bringen, kann die Bodenkraft mit einer gegen früher faſt 15mal höheren Rente verwerten.“ Als Beweis für dieſe Behauptung vergleicht Preßler die 100jährige und die 60jährige Fichtenwirtſchaft. Bei letzterer ſind durch intenſiven Zwiſchen— nutzungsbetrieb die Vorerträge geſteigert und zugleich iſt die Kulturausgabe von 10 auf 5 Thlr. per Joch verringert worden. Die beiden Umtriebszeiten liefern folgende Jahreserträge per Joch und erfordern den beigeſetzten Koſtenaufwand: 60jähriger Umtrieb. 100jähriger Umtrieb. Jahre. Thlr. Thlr. 30 20 — 40 40 20 50 80 — 55 150 — 60 250 40 80 — 100 100 — 800 Jahres ertrag. 90 9,6 Kulturkoſten .. 5 10 Sonſtige Koſten . 1 1 Die Berechnung der Bodenerwartungswerte bei einem Zinsſatz von 31/,0/, ergibt für den 60jährigen Umtrieb: ) Trotzdem hat ſich Preßler durch die Anregung der Erörterungen über den Wertzuwachs und die Verzinſungsverhältniſſe der Waldbeſtände ein hervor— ragendes Verdienſt um das Forſtfach erworben. Der Verfaſſer darf wohl dieſe Anerkennung ausſprechen, denn er iſt ſicherlich von allen Gegnern Preßlers am ausgiebigſten und am gründlichſten von dieſem etwas heißblütigen Schriftſteller geſchmäht worden. Die Erntezeit der Waldbeſtände. 293 Jetztwert der Einnahmen 98,4 Thlr. 1 // ͤ ͤ—tirn.! 8 „ Folglich Bodenerwartungswert .. el he: Dagegen ergibt die Berechnung für den 100japrign Umtrieb: Jetztwert der Einnahmen „ r e eee 75 ee, / OD Folglich Bodenerwartungswert .. e Es ergibt ſich ſonach, ſo behauptet Preßler, 5 55 15mal höhere Rente. Außerdem werden, wie Preßler in einem anderen Beiſpiel betont, alle über 60jährigen Holzbeſtände disponibel. Preßler glaubt ſonach, daß auch in größeren, beſtockten Waldungen die Nutzeffekte, die man durch die Wahl verſchiedener Abtriebszeiten erreichen kann, den Unterſchieden kongruent ſeien, die ſich im Jetztwert der Waldblößen und deren Nenten für den betreffenden Zinsſatz bei der Diskontierung der einſtmaligen Erträge herausſtellen. Die Sachlage iſt jedoch eine weſentlich andere. Selbſt beim ausſetzenden Betriebe find die Unterſchiede im Bodenerwartungswert in keiner Weiſe maßgebend für den erreich— baren Gewinn; vielmehr find dieſelben teils (bei normalen Be⸗ ſtänden) zu prolongieren, teils zu diskontieren und dabei verändern ſich alle anderen Faktoren der Rechnung im zuletzt genannten Falle. Man muß für die Berechnung des Reinertrags im ausſetzenden Be— triebe, wenn der Waldboden beſtockt iſt, gründlich veränderte Formeln anwenden. Der Verfaſſer hat dieſelben 1879 veröffentlicht; die Mitteilung würde hier zu weit führen. Uebrigens ergibt eine kurze Berechnung einzelner Beſtände der von Preßler angeführten Fichtenwaldung mit den für ſeine Zwecke günſtigen Ertragsangaben, daß der Waldbeſitzer unmöglich den 14fachen Betrag der Rente durch den Rein— ertragswaldbau erzielen kann. Wenn er den 6Ojährigen Beſtand ſofort abholzt, io erhält er 250 + 64,1 = 314,1 Thlr., wenn er denſelben 100jährig werden läßt und 40 Jahr lang die Koſten für Forſtſchutz ꝛc. mit jährlich 1 Thlr. be⸗ zahlt, ſo erhält er einen Jetztwert von 272,2 Thlr., alſo im erſteren Falle nur 15% und nicht 13000/, mehr. Und wenn derſelbe den 30jährigen Beſtand nicht im 60. Jahr, ſondern im 100. Jahr benutzt, ſo erhält er ſtatt 245,5 Thlr. nur 92,8 Thlr., alſo bei 60jähriger Abtriebszeit den 2,65fachen Betrag ſtatt dem 14fachen. Dieſer letztere Satz gilt lediglich für die Blöße. Die Preßlerſche Methode der Rentabilitätsrech— nung iſt ſonach ſelbſt für die Benutzung einer kleinen Waldung, die man zu beliebiger Zeit abhauen kann, unrichtig. Man kann zwar, wenn eine genaue örtliche Wert— 294 Achter Abſchnitt. ertragstafel vorliegt, die Zeit des nutzbringendſten Abtriebs für die wahlfähigen Zinsſätze beſtimmen; aber es hat kaum praktiſchen Wert, zu wiſſen, daß dieſer Zeitpunkt bei der Fichte im 58. Jahre eintritt, wenn man einen Zinsfuß von 4% und im 73. Jahr, wenn man einen Zinsfuß von 2% zu Grunde legt (ſiehe oben). Wenn der Waldbeſitzer das Riſiko, das zumeiſt mit der Verwertung des jüngeren Holzes — der Nutzholzſtangen und ſchwachen Bauhölzer — verbunden iſt, tragen ſoll, ſo wird er zuvor genau wiſſen wollen, ob der Zinſengewinn ein ausreichendes Korrelat bilden kann. Aber die Anwendung der Bodenwertberechnung zur Normierung der forſtlichen Umtriebszeiten ſollte nicht auf kleine Waldungen mit ausſetzendem Betriebe beſchränkt bleiben; ſie war vielmehr in erfter Linie auf die nachhaltig mit 80—120jähriger Umtriebszeit bewirtſchafteten Waldungen gerichtet. Die Forſtwirte haben allgemein zugeſtanden, daß für dieſen nach— haltigen Betrieb die Preßlerſche Berechnungsart des Nutzeffektes „mathematiſch richtig“ ſei und nur die praktiſche Durchführung nicht frei von Bedenken bleibe. Allein weder Preßler, noch ſeine Anhänger haben unterſucht, wie ſich die Rentabilitätsfaktoren — ſpeciell die Bodenrenten — verhalten, wenn im nachhaltigen Betrieb ein Wechſel der Umtriebs— zeit zu vollziehen iſt. Ich will verſuchen, dieſes Verhalten der Bodenrenten möglichſt anſchaulich darzuſtellen. Für jede Umtriebs— zeit kann man, wie wir geſehen haben, einen beſtimmten Boden— erwartungswert berechnen und wenn die betreffende Umtriebszeit beſtändig eingehalten wird, ſo verzinſt jeder Beſtand dieſen Boden— erwartungswert mit dem angenommenen Zinsfuß — der 30jährige mit den 30jährigen Zinſen, der 60jährige mit den 60jährigen Zinſen und der 120jährige mit den 120jährigen Zinſen. Wird nun bei— ſpielsweiſe gefunden, daß ein um 100 M. höherer Bodenerwartungs— wert durch die 60jährige Abtriebszeit an Stelle der 120jährigen, mit dem angenommenen Prozentſatz verzinſt wird, jo muß man ſelbſt— verſtändlich, bevor man den berechneten Gewinn dem Waldbeſitzer in Ausſicht ſtellen kann, unterſuchen, ob und wie weit der Abtrieb ſämt— licher Beſtände des Betriebsverbandes im 60. Jahre möglich iſt. Man ſieht auf den erſten Blick, daß dieſe Nutzung des gleichen Jahresertrags im 60jährigen Holzalter nur dann möglich werden Die Erntezeit der Waldbeſtände. 295 wird, wenn 1—60jährige Normalbeſtände vorhanden find; nur in dieſem Falle wird Jahr für Jahr der Bodenwert derjenigen Fläche, welche in jedem Jahr der Zukunft vor 60 Jahren Blöße war, voll verzinſt. Wenn aber die betreffende Waldfläche mit Holzbeſtänden be— ſtockt iſt, die für die bisher eingehaltene Umtriebszeit, hier für 120 Jahre, eine mehr oder minder regelmäßige Abſtufung im Alter haben, ſo können ſelbſtverſtändlich die Zinſen für den Bodenwert der 60jährigen Umtriebszeit erſt dann voll bezogen werden, wenn die Altersſtufenfolge für den 60jährigen Umtrieb hergeſtellt iſt. Das geſchieht aber im jährlichen Betriebe nicht plötzlich, ſondern in der Regel in 60 Jahren ganz allmählich. Inzwiſchen kommen die vor— handenen Beſtände im 119., 118 . . . . jährigen Alter zur Nutzung. Es können ſonach 60 Jahr lang nur die Zinſen für den konkreten Bodenwert des 119, 118 . . . . jährigen Ertrags eingeerntet werden, während die Differenz zwiſchen dem normalen und konkreten Boden— wert (anfänglich 100 M.) erſt nach der vollzogenen Verjüngung ſucceſſive von den Nachwuchsſchlägen verzinſt wird. Während Preßler irrtümlich angenommen hat, daß alle Beſtände auch im nachhaltigen Betrieb den 60 jährigen Bodenerwartungswert verzinſen, ſobald die Einführung dieſer finanziellen Umtriebszeit beſchloſſen iſt, iſt dieſer Gewinn fortgeſetzt zu diskontieren und dabei ſchrumpft derſelbe auffallend ſtark zuſammen “). (Die Betrachtung der anderen, gleich— falls wechſelnden Rentabilitätsfaktoren — Beſtandswert, Kultur⸗ koſten ꝛe. — würde hier zu weit führen.) Auch die Interpreten der Bodenrentenrechnung haben niemals unterſucht, wie ſich dieſe Rentabilitätsfaktoren bei einer Verrückung der Umtriebszeit im nachhaltigen Betriebe verhalten. Sie haben genau dargeſtellt, wie ſich die auf der Waldblöße erzogene normale Beſtockung nach Beſtandskoſtenwert, Beſtandserwartungs— wert, Verzinſung des Produktionsfonds ꝛc. verhält und auch die verſchiedenen Verjährungsarten ermittelt, durch welche man die ſinanzielle Hiebsreife der bereits vorhandenen, abnormen Beſtände *) In einem vom Verfaſſer früher betrachteten Beiſpiel beträgt der Preß⸗ lerſche Nutzeffekt 1130, der thatſächliche Gewinn dagegen nur 130% (bei 80jäh⸗ riger Uebergangszeit). 296 Achter Abſchnitt. feſtſtellen kann. Aber damit kann ſelbſtverſtändlich die Frage nicht gelöſt werden, ob man alle über 60—70jährigen Holzbeſtände in Deutſchland, deren „Weiſerprozent“ ſelbſtredend unter 3%, ſteht, ſo raſch als möglich abhauen ſoll. Zwar hat Guſtav Heyer auch den Nachhaltbetrieb in den Kreis ſeiner Erörterungen gezogen; aber er hat lediglich den oben zuerſt genannten Fall vorausgeſetzt — das Vorhandenſein der Idealbeſtockung für die finanzielle (dort 60 jährige) Umtriebszeit. Wenn die finanzielle Umtriebszeit, die herr— lichſte von allen, ſeit 50, 60, 70. . . . Jahren irgendwo beſteht, jo kann ſelbſtverſtändlich die Wahl der Umtriebszeit nicht mehr in Frage kommen. Liegt neben dieſer Betriebsklaſſe eine andere mit 1205 jährigem Normalvorrat, jo kann man allerdings, jo lange die 120“ jährige Umtriebszeit fortgeſetzt wird, einen konſtanten Unterſchied der Bodenwerte annehmen. Wenn aber die einträglichſte Umtriebs— zeit aufzuſuchen iſt (und das iſt doch wohl die Aufgabe der Ren— tabilitätsberechnung), ſo treten bei der Berechnung ſofort neue Bodenwerte, beſtändig wechſelnd, an die Stelle der 120jährigen Bodenwerte (119jährigen, 118jährigen . . . .) und alle übrigen Faktoren werden nicht minder wechſelvoll. Man gelangt bei der Durchführung der richtigen Rechnung faſt ſtets zu der Erkenntnis: im nachhaltigen Betriebe läßt ſich durch die Herab— ſetzung der Umtriebszeit (ſelbſt bei dem Wertzuwachsgang, den die Burckhardtſchen und Hartigſchen Ertragstafeln verzeichnen) in den meiſten Fällen nur ein ſo unbeträchtlicher Ge— winn erzielen, daß es unvorſichtig, ja thöricht ſein würde, die Nachteile, die mit der Uebernutzung ver— bunden find, zu riskieren. Und dieſer Thatſache gegenüber hat der Umſtand, daß die Waldrente bei einem beſtimmten Zinsſatz in der Nähe des Gipfelpunkts der Bodenrente oscilliert, lediglich doktrinäre Bedeutung. Denn der berechtigte Waldzinsfuß wird nie— mals beſtimmt werden können; ausjolaggeben» iſt die Erhöhung des Jahresertrags. Das iſt der Stand, den die Entwicklung der Preßlerſchen Bodenrententheorie heute einnimmt. Bei der langjährigen, heftigen und teilweiſe erbitterten Diskuſſion iſt niemals die in der vorigen Abteilung behandelte Frage geſtellt worden: welchen Zinſenertrag liefert überhaupt der Zuwachs der geſchloſſenen Holzbeſtände? Man Die Erntezeit der Waldbeſtände. 297 hat die mathematiſche Richtigkeit dieſer eigenartigen Feſtſtellung des erreichbaren Nutzeffekts bereitwilligſt zugeſtanden. Die frühzeitige Kulmination des Bodenerwartungswertes würde bei An— nahme eines mittleren Zinsſatzes (z. B. 30%) aus den Rechnungen ſchon dann nicht reſultiert ſein, wenn man die Holzpreiſe, welche ſich bei den thatſächlichen Verwertungsverhältniſſen im großen Forſtbetriebe erzielen laſſen, zu Grunde ge— legt haben würde. Geht man z. B. von dem Bodenwert aus, der ſich bei dieſem Zinsfuß für die niederſten Umtriebszeiten, welche ausgiebige Nutzholzwirtſchaft ermöglichen, berechnet (in Sachſens Staatswaldungen z. B. für 95jährige Um— triebszeit und den thatſächlichen Ertrag pro 1874 —78 268 M. per Hektar, ſiehe oben), ſo wird die Verzinſung dieſes Bodenwertes durch den Zuwachs der ge— ſchloſſenen Holzbeſtände ungefähr den folgenden Verlauf nehmen. In der Jugend— zeit der Beſtände, ſolange der Abtrieb nur Reisholz, überhaupt geringes Brenn— holz liefern würde, wird der genannte Bodenvorrat eine ungenügende Verzinſung durch den Zuwachs von Jahrzehnt zu Jahrzehnt finden. In den ſpäteren Jugendperioden wird ſich die Verzinſung dieſes Bodenwertes und des erreichbaren Holzverkaufswertes zwar erhöhen, aber fie wird in ſeltenen Fällen 3 0% erreichen, auch wenn man mit den (durch den frühen Hieb erzielbaren) geringen Holzver— kaufserlöſen vorlieb nehmen würde. Dieſe ungenügende Verzinſung dauert fort bis zu der Wachstumsperiode, in welcher die Hauptmaſſe der Stangen und der ſchwachen Baumhölzer die Schaftſtärke erreicht, welche ſie zu Bauholz und Bloch— holz benutzbar macht. Während dieſer Periode, die nach den örtlichen Abſatz— verhältniſſen früher oder ſpäter eintritt, länger oder kürzer iſt (bei Grubenholz— abſatz ꝛc. früher, dagegen bei ausſchließlichem Abſatz zu Bau- und Blochholz ſpäter), erfolgt ein beträchtlicher Verzinſungsüberſchuß, der die früheren Ausfälle wieder erſetzt. Nach dieſem Zeitpunkt beginnt aber alsbald wieder die kaum nennenswerte Verzinſung, die wir zuletzt kennen gelernt haben. Bei richtigen Preisfaktoren würde ſonach das Reſultat ebenſo ausgefallen ſein, wie wir es oben geſchildert haben. Bis zu dem Beſtandsalter, mit welchem die Holzbeſtände mit der Hauptmaſſe gebrauchsfähiges Nutzholz liefern, iſt die Verzinſung, infolge der ſtarken Steigerung derſelben während der unmittelbar vergangenen Wachstumsperiode, mäßigen Anforderungen entſprechend. Sobald dieſer Zeitpunkt eingetreten iſt, ſind die Beſtände finanziell hiebsreif. Man hat jedoch in der kräftigſten Weiſe die prak— tiſche Durchführbarkeit der auf die Bodenrententheorie geſtützten Umtriebsfeſtſtellung bekämpft. Wir müſſen die Einwürfe kennen lernen, damit der Leſer beurteilen kann, was ſeit Karl Heyer zur Verteidigung und näheren Begründung der beſtehenden Umtriebszeiten vorgebracht worden iſt. Karl Grebe behauptet, daß man mit möglichſt hohen Um— triebszeiten diehöchſte Maſſenproduktion erziele; man brauche für die Befriedigung der Holzbedürfniſſe die verhältnismäßig kleinſte 293 Achter Abſchnitt. Fläche. Indeſſen wiſſen die Forſtwirte bis heute noch nicht, bei welchen Umtriebszeiten die Maſſengewinnung kulminiert, es iſt ledig— lich zu vermuten, daß dieſer Zeitpunkt den finanziellen Umtriebs— zeiten, die man bekämpfen wollte, überraſchend nahe liegt. Zudem hat die größte Produktion von Rohſtoff keinen wirtſchaftlichen Wert. Und endlich iſt die Beſchränkung der Holzproduktion auf die kleinſte Fläche keineswegs ein volkswirtſchaftliches Axiom; vielleicht liefert die Nutzholzwirtſchaft für den ärmeren Feldboden eine größere Bodenrente, wie der Fruchtbau. Aelteres Holz ſei, ſo meint Karl Grebe weiter, reifer und deshalb beſſer. Nach den bis jetzt vorliegenden Unter— ſuchungen iſt jedoch zu vermuten, daß das 60—80jährige Holz die größte Dauer, Tragfähigkeit und Brennkraft haben wird. Grebe legt ferner der Bildung von Reſerven für Feuersbrünſte, Stürme und Inſektenverheerungen be— ſondere Wichtigkeit bei. Indeſſen iſt ein Bauholzmangel, ſelbſt wenn die größten Städte vom Feuer zerſtört werden ſollten, bei den heutigen Verkehrsverhältniſſen nicht zu befürchten. In Bezug auf Sturm- und Inſektenverheerungen würde man aber gerade durch Ueberhalten von Althölzern das Uebel vergrößern. Endlich glaubt Grebe, daß der Staat auf die Rente der Staatsgüter nicht zu ſehen habe, weil der Staat jederzeit unverzinsliche Staatspapiere ausgeben könne — offenbar eine ſelt— ſame Anſicht. Ulrici betont hauptſächlich, daß der Staat, wenn er Vor— ratskapitalien dem Walde entnehme, dieſelben nicht anderweit mit Zinſeszinſen anwachſend anlegen könne, weil er keine Geldwirtſchaft treiben dürfe. Es könne nur die Anlage durch Schuldentilgung in Betracht kommen. Wenn aber ein 50 jähriger Beſtand mit 100 Thaler, ein 100 jähriger mit 400 Thaler verkauft werden könne, ſo würde man zwar nach Preßler in 100 Jahren durch zweimaligen Abtrieb des 50 jährigen Beſtands mit 40% Zinſeszinſen 810 Thaler erzielen können. Allein es ſei immer beſſer, die Steuerpflichtigen 50 Jahr lang die Zinſen der 100 Thaler zahlen zu laſſen, weil man nach 50 Jahren durch Abtrag von 400 Thaler die vierfache Steuererleichterung eintreten laſſen könne. Denn es ſei nicht an— zunehmen, daß der Steuernachlaß (hier für 100 Thaler) von der Die Erntezeit der Waldbeſtände. 299 Bevölkerung mit Zinſeszinſen angelegt werde. Aber offenbar wird die Frage, die Ulrici erörtert, nicht geſtellt; es handelt ſich nur um die über 80jährigen Beſtände, die in 50 Jahren keine 300%, ſondern mit einem kaum nennenswerten Prozentſatz (ſiehe oben) zuwachſen. Wenn der Staat SOjährige, zu Nutzholz gebrauchsfähige Beſtände hat und zu unterſuchen iſt, ob eine weitere Kapitalanlage im Walde oder außerhalb desſelben rentabler ſein wird, dann wird es nutzbringender erſcheinen, Vizinalbahnen zu bauen, auch wenn dieſelben nur 1% vom Baukapital rentieren. Zudem darf der Staat, wenn es ſich um Tilgung ſeiner Schuldenlaſt handelt, ſicherlich die lukrativſte Geldwirtſchaft wählen und nötigenfalls auch Zinſen admaſſieren. Franz von Baur wiederholt mehrfach die von Grebe vor— gebrachten Einwürfe. Er meint ferner: man müſſe nicht allein junges und mittelaltes, ſondern auch altes Holz anbieten, um alle Bedürfniſſe zu befriedigen. Die arme Landbevölkerung werde durch hohe Brennholzpreiſe gedrückt (die indeſſen bei der allgemeinen Einführung des Stangenholzbetriebs kaum zu erwarten find). Der Zinsfuß ſei nur der Lohn für das hergeliehene fremde Kapital, während der Waldbeſitzer mit eigenem Kapital arbeite (indeſſen kann dasſelbe auch ausgeliehen und vom Staat zur Schuldentilgung be— nutzt werden). Der Zinsfuß habe auf die Dauer eine Tendenz zum Sinken. Die Landwirtſchaft liefere nur 1½ bis 2% vom Bodenkapital, die Rentenanſtalten gewährten Zinſeszinſen mit 3 bis 4% nur auf kurze Zeit, etwa 20—40 Jahre. Heinrich Boſe und Karl Fiſchbach haben den mathe— matiſchen Kalkul angegriffen. Boſe hat die Verſchiedenheit der Vorratsrente bei ungleich großen Normalvorräten nicht beachtet. Fiſchbach hat beſonders darauf hingewieſen, daß die von Preßler für den ausſetzenden Betrieb vorausgeſetzte Gleichheit der Abtriebsflächen bei den Jahresflächen des nachhaltigen Betriebs nicht vorhanden ſei, wenn man verſchiedene Umtriebszeiten einhalte, was ja richtig, aber, wie man bei der Vergleichung normaler Altersabſtufungen für verſchiedene Umtriebszeiten finden wird, nicht allein maßgebend iſt. Ferner hat Braun, geſtützt auf Erfahrungen im Großher— zogtum Heſſen, nachgewieſen, daß die Holzpreiſe bei einer Verſtärkung des Angebots ſinken. 300 Achter Abſchnitt. Endlich hat der Verfaſſer nicht nur die Richtigkeit der Rech— nungsregeln in der oben angeführten Richtung zu bekämpfen ge— ſucht; er hat ſtatt deſſen vorgeſchlagen, den erreichbaren Unternehmer— gewinn durch Beſtimmung des Jetztwerts einer Waldung bei verſchiedenen Umtriebszeiten und den wählbaren mittleren Zinsſätzen zu ermitteln. Dieſer Gewinn iſt zu vergleichen mit den Nachteilen, welche eine etwaige Uebernutzung mit ſich bringen wird und zu dieſem Zweck iſt der Prozentſatz der Uebernutzung im Vergleich mit dem bisherigen Materialetat dem Gewinn gegenüberzuſtellen. Der Verfaſſer hat lediglich beabſichtigt, auch der Umtriebsbeſtimmung ein feſtes und beweiskräftiges Fundament zu geben und dadurch die Aufmerkſamkeit der Forſtwirte auf die Holzgattungen, Betriebs— arten und Umtriebszeiten hinzulenken, welche die volkswirtſchaftlich gebotene Erhöhung des Waldreineinkommens in vorderſter Reihe herbeiführen werden. Er wollte zugleich die Forſtwirtſchaft ſicher ſtellen gegen die Angriffe der Volksvertreter, Waldbeſitzer ꝛc., die ja unausbleiblich ſind und ſchon ihre Schatten voraus geworfen haben. Die genaue Darſtellung des Verfahrens gehört nicht hierher. Praktiſch verſucht iſt die Preßlerſche Beſtimmungsart der Umtriebszeiten, ſo viel bekannt geworden iſt, nur in den Staats— waldungen des Königreichs Sachſen. Man hat hier die Hiebsreife der Beſtände nach der Verzinſung der Boden- und Be— ſtandswerte beſtimmt (ſiehe S. 278 „Weiſerprozent“). Judeich hat dieſes Verfahren die „Beſtandswirtſchaft“ genannt. Aber die Unterſuchung, ob der Zuwachs 30% Zinſen liefert, hat einen Ein— fluß auf die Feſtſtellung des Umtriebs in den ſächſiſchen Forſten nicht gehabt, der ihr auch, wie wir geſehen haben, nicht gebührt. „Man kann höchſtens anführen, daß der planmäßige Umtrieb in den Jahren 1870/79 von dem SOjährigen auf den 76jährigen geſtellt worden iſt“ (Beyreuther). Dagegen beträgt die nach der Schlagfläche wirklich befolgte Umtriebszeit noch immer 1875/79 95 Jahre. Die Erntezeit der Waldbeſtände. 301 III. Die volkswirlſchaftliche Bedeutung des Tichtwuchsbetriebs und die Verzinſungsverhältniſſe desſelben. Bei dem langſamen Wachstumsgange der geſchloſſenen Hoch— waldbeſtände nach dem Stangenholzalter und bei dem bisherigen Preisverhältnis zwiſchen den ſchwächeren und ſtärkeren Nutzholzſorten wird jede Rentabilitätsberechnung, welche die Feſtſetzung der normalen Umtriebszeit nach mehr oder minder hohen Verzinſungsſätzen er— ſtrebt, eingreifende praktiſche Bedeutung niemals erlangen können, ſo lange die genannten Beſtandsformen beibehalten werden. Für die geſchloſſenen Hochwaldbeſtände gilt die Regel: jeder Beſtand iſt hiebsreif, ſobald die Stämme die— jenige Stärke und Länge erreicht haben, welche ſie zu gebrauchsfähigen und marktgängigen Bau-, Werk- und Nutzholzſorten brauchbar macht. Die Aufgabe, welche den Forſtwirten bei dieſer Erziehungsart der Waldbäume verbleibt, iſt lediglich die genaue Ermittelung der Erforderniſſe des Holzverbrauchs nach den Holzgattungen und der oben genannten Nutzholzlänge und Stärke. Man wird vorausſichtlich die Erhöhung der beſtehen— den Umtriebszeiten bis zu 120—130 Jahren zu würdigen haben. Ohne Zweifel iſt aus geſamtwirtſchaftlichen Rückſichten zu wünſchen, daß die Holzkonſumenten veranlaßt werden, keine ſtärkeren Bau— und namentlich Balkenhölzer und keine breiteren Bretter zu ver— brauchen, als es für die Zwecke der Verwendung unbedingt nötig iſt. Denn es iſt nicht zu leugnen, daß in den älteren Holzbeſtänden des deutſchen Waldes rieſenhafte und faſt gänzlich zinsloſe Kapitalien aufgehäuft ſind, die z. B. zur Aufforſtung von Oedländereien, zur Unterſtützung der ſchwer darniederliegenden Landwirtſchaft, zur Tilgung der Staatsſchulden, zum Eiſenbahn- und Kanalbau ꝛc. mit ungleich höherer Wirkung auf die Volkswohlfahrt in unſerem Vaterlande verwendet werden könnten, als zur Verſtärkung der Stämme— durchmeſſer um wenige Centimeter. Allein weder die forſtliche Theorie, noch die forſtliche Praxis wird in dieſer Richtung bei Fortſetzung der bisherigen Hochwaldwirtſchaft mit Beibehaltung des Kronenſchluſſes nennenswerte Erfolge zu erzielen vermögen. Die 302 Achter Abſchnitt. tiefgreifende Herabſetzung der Umtriebszeiten würde die Nutzholz— produktion in Frage ſtellen. Vielmehr wird die Erhöhung derſelben notwendig ſein, aber ſie wird die Rente ſicherlich nicht verbeſſern. Die Preiſe für die Starkhölzer laſſen ſich nicht beliebig durch Verminde— rung des Angebots in die Höhe treiben, denn das Eiſen wird täglich billiger und andere Erſatzmittel ſür Starkholz wird die heutige Technik mit Leichtigkeit auffinden. In zehn Jahren nimmt der mittlere Durchmeſſer der Stämme auf den beſſeren Waldböden kaum 3 —4 cm zu und der Wert der Bretter und Kanthölzer ſteigt von den ſchmäleren zu den breiteren Sorten höchſtenfalls mit 2% per em. Deutſchland würde noch lange Zeit die Starkhölzer aus den urwald— ähnlichen Holzvorräten der Nord- und Oſtländer Europas beziehen müſſen. Der größte Teil der Waldungen würde im zwanzigſten Jahrhundert vielleicht wertlos werden, wenn die Gewinnung des Brennholzes aufhören ſollte. Schon jetzt windet aber der gewaltige Nutzholzimport, welcher jährlich viele Millionen aus dem Deutſchen Reich in das Ausland ohne nennenswerten Rückerſatz führt, ſicherlich der deutſchen Forſtwirtſchaft keinen Ruhmeskranz. 1) Geſtattet der Lichtwuchsbetrieb eine bemerkens— werte Herabſetzung der bisher eingehaltenen Hoch— waldumtriebszeiten ohne Verringerung der nach— haltigen Nutzholzgewinnung? Für die Fortentwicklung des deutſchen Waldbaues iſt nicht nur die genaue Bemeſſung des Maſſen— ertrags und der techniſchen Eigenſchaften, welche die Holzgüte beſtimmen, und die Auswahl der Nackzucht nach dieſen Geſichts— punkten erforderlich: vor allem iſt die Frage zu beantworten, ob die Anzucht der gebrauchsfähigen Säge- und Bau— hölzer durch den Lichtwuchsbetrieb, den wir im ſechſten und ſiebenten Abſchnitt eingehend erörtert haben, weſentlich gefördert werden kann. Ich habe im ſechſten Abſchnitt nachgewieſen, daß der Säge— und Bauholzertrag dann ausgiebig geſteigert werden kann, wenn der Lichtwuchsbetrieb eingeführt wird, aber dabei die bisher gebräuchlichen Abtriebszeiten der Holzbeſtände auch ferner eingehalten werden. Die nationalökonomiſche Aufgabe der Holzzucht verlangt jedoch die Unterſuchung der Frage, ob die Forſtprodukte, die im Vollgenuß der Gebrauchsfähigkeit und Markt— Die Erntezeit der Waldbeſtände. 303 gängigkeit ſtehen, der holzkonſumierenden Bevölkerung in kürzerer Zeit, als bisher und hierdurch mit einem geringeren Koſtenaufwand geliefert werden können. Für die Beantwortung dieſer Frage ſind leider nur die Unter— ſuchungen des Verfaſſers benutzbar, die durchaus unzureichend zur Beurteilung einer ſo wichtigen Frage ſind. Ich kann demgemäß die Löſung nur anbahnen, indem ich zu ausgedehnten Unterſuchungen und vergleichenden Berechnungen dringend auffordere. Wir haben im ſechſten Abſchnitt geſehen, daß die Leiſtungsfähigkeit der heutigen Holzbeſtockung der deutſchen Waldungen — hauptſächlich infolge der Erziehung der Waldbäume im dichten Kronenſchluß — auf einer ſehr niederen Stufe der Leiſtungsfähigkeit ſteht und wir werden ſogleich erfahren, daß dieſe geringe Ertragsleiſtung durch ein Auf— gebot mächtiger Kapitalkräfte, die in den über 80jährigen Holz— beſtänden admaſſiert werden müſſen, bewirkt wird. Wir haben geſehen, daß dieſelben einen Zinſenertrag gewähren, der bei den günſtigſten Annahmen (in der Wachstumsperiode vom 80. bis zum 100. Jahre und bei den höchſten Sätzen für die Preisſteigerung, die bisher veröffentlicht worden find) 1 kaum überſteigt. Die denkenden und vorurteilsfreien Fachgenoſſen werden mit mir ein— verſtanden ſein, wenn ich ſage, daß es zur Erfüllung der volks— wirtſchaftlichen Verpflichtungen des Waldbaus dringend nötig iſt, vor allem dieſe Frage durch weitere Unterſuchungen und Berech- nungen ihrer Löſung entgegen zu führen — und dazu ſollen die nachſtehenden Betrachtungen, obgleich ſich dieſelben auf ein völlig unzureichendes Material ſtützen müſſen, anregen. Wir wollen deshalb einige Blätter der Unterſuchung widmen, ob der Lichtwuchsbetrieb mit 70—80 jähriger Umtriebszeit nach den bis jetzt zuläſſigen Vermutungen den gleichen Nutzholzertrag zu liefern vermag, wie der geſchloſſen aufwachſende Hochwald mit den bisher eingehaltenen Umtriebszeiten. Im ſechſten Abſchnitt (Seite 216) wurde nachgewieſen, daß auf dem Stand— ort, auf welchem der Verfaſſer die freiſtändig im Mittelwalde erwachſenen Fichten unterſuchte, geſchloſſene Fichtenbeſtände im 100. Jahr mit der Hauptmaſſe keines— wegs Blochholzſtämme enthalten, welche eine belangreiche Ausnutzung bis 22 cm Zopfſtärke geſtatten würden. Der Bruſthöhendurchmeſſer des Haubarkeitsbeſtands wird im 100 — 110. Jahre auf den unterſuchten Bergwänden ſicherlich 22 — 25 cm 304 Achter Abſchnitt. nicht weſentlich überſteigen. Ich habe jedoch bei der Vergleichung eine Bruſt— höhenſtärke des Mittelſtammes von 33,6 em, wie ſie im 100. Jahr in den ge— ſchloſſenen Beſtänden auf dem fetten Boden der Thalſohlen gefunden wird, der Vergleichung zu Grunde gelegt und für dieſe mittlere Baumſtärke einen Bloch— holzertrag von 76,90% — 3,27 Feſtmeter per Hektar und Jahr (hundertjährige Umtriebszeit) gefunden. Dagegen habe ich für den Lichtungsbetrieb ſehr ungünſtige Annahmen zu Grunde gelegt, um völlig ſicher zu gehen. Ich habe abſichtlich eine viel zu ge— ringe Stammzahl (etwa die Stellung des lückigen oberholzreichen Mittelwaldes) angenommen. Thatſächlich wird eine viel größere Stammzahl vollen Lichtwuchs finden und dadurch wird ſelbſtverſtändlich der Nutzholzertrag weſentlich erhöht werden. Indeſſen wollen wir bei dieſen Annahmen ſtehen bleiben und nur eine Wiederholung des Lichthiebes in 15 Jahren (ſtatt der früher für die 100jährige Umtriebszeit angenommenen 20 Jahre) unterſtellen. Die früher durch wieder— holte Kronenfreihiebe erſtarkten Stämme werden, ſo nehmen wir an, im 50. Jahre völlig freigeſtellt und unterbaut (424 Stück per Hektar). Dieſer Lichthieb liefert ebenſowenig Bloch- und Balkenholz, wie die Durchforſtung der geſchloſſenen Hoch— waldbeſtände. Im 65. Jahr werden dieſe 424 Stämme 2/ der Stammgrund— fläche geſchloſſener Fichtenbeſtände bilden. Es folgt der zweite Lichtungshieb, welcher 125 Stämme entfernt, die verbleibenden Stämme (299 Stück) bilden im 80. Jahr 2/3 der Stammgrundfläche der geſchloſſenen Fichtenbeſtände. Bei dieſen für den Lichtwuchsbetrieb ſehr ungünſtigen und kaum ſtatthaften Unterſtellungen liefert die Fichte, auf einem Boden, auf dem geſchloſſene Fichtenbeſtände 4,0 bis 4,5 Feſtmeter jährlichen Haubarkeitszuwachs per Hektar haben: | Nutzholzabſchnitt Mittelſtamm. bis 24 em ] Sägeholzertrag. Maſſen⸗ Zopfende. Hiebsart N g 3 2 ertrag == und we: per 2 S 2 3 3201 Sm a 8 — — 8 „ Eskze = = 5 ee | RE a re m cm Feſtm. m em Feſtm. 65. Jahr, Lichtung] 20,0 30,9 88 7,8 27,3 64,8 | 57,2 80. Jahr, Abtrieb 2234 | 381 344 11,3 31,2 15,1 | 258,6 Mit SOjährigem Umtrieb liefert ſomit der Lichtwuchsbetrieb 315,8 Feſtmeter Sägeholz mit durchſchnittlich 30 em mittlerem Durchmeſſer, per Jahr ſomit 3,95 Feſtmeter Sägeholz, während die Schlußerziehung mit 100jähriger Umtriebs— zeit nur 3,27 Feſtmeter Sägeholz mit einem mittleren Durchmeſſer von 2728 cm liefern kann, obgleich der Wuchs der geſchloſſenen Fichtenbeſtände auf erſter Standortsklaſſe für die zweite Standortsklaſſe vorausgeſetzt worden iſt. Die Erntezeit der Waldbeſtände. 305 Was zweitens die Kiefer betrifft, ſo wollen wir gleichfalls die Annahmen im ſechſten Abſchnitt beibehalten, aber nunmehr die 70jährige Umtriebszeit ver— gleichen. Die geſchloſſenen Kiefernbeſtände liefern mit 85jähriger Umtriebszeit, wie wir geſehen haben, noch kein Blochholz mit bemerkenswerten Mengen; erſt mit 110jähriger Umtriebszeit wurden auf dem unterſuchten Standort nicht voll 2 Feſtmeter Sägeholzertrag per Hektar und Jahr gefunden. Dagegen berechnet ſich für den Lichtungshieb mit 70jähriger Umtriebszeit: Maſſenertrag. Sägeholz. Feſtmeter. Prozente. per Hektar. Lichtung im 50. Jahr 123 31.9 47 Abtrieb im 70. Jahr 268 63,9 172, zuſammen 219 Feſtmeter Sägeholz = 3,13 Feſtmeter per Jahr und Hektar. 5 Das Sägeblochholz hat einen durchſchnittlichen Mittedurchmeſſer von 33 em. Der Lichtwuchsbetrieb ſteht ſonach auf den unterſuchten Stand— orten dem Schlußbetrieb in der Bloch- und Bauholzerzeugung (Stämme mit über 22 em Zopfſtärke) weit voran. Es iſt aber ſelbſtverſtändlich nicht zu bezweifeln, daß der genannte Lichtwuchs— betrieb auch die ſchwächeren Bauhölzer, deren Dimenſionen ich gleichfalls oben angeführt habe, und die Nutzholzſtangen ꝛc. in größeren Maſſen liefern wird, als die Erziehung im Kronenſchluß. Wenn die Meſſungen und Beobachtungen, welche die Forſtwirte in den nächſten zehn Jahren auf den (in allen Forſtbezirken anzulegen⸗ den) Verſuchsflächen hoffentlich vornehmen werden, ähnliche Reſultate liefern ſollten, als die Unterſuchungen des Verfaſſers, wenn gleich— zeitig gefunden würde, daß auf circa 2 der deutſchen Waldfläche ſchattenertragende Holzarten gedeihen und zum Schutze des Bodens angebaut werden können — in dieſem Falle würde allerdings die Rentabilität des Waldbetriebs in ungeahnter Weiſe erhöht werden können. 2) Die möglichen volks wirtſchaftlichen Wirkungen der Einführung des Lichtwuchsbetriebes in die frucht— baren Gebietsteile Deutſchlands. Ich weiß recht wohl, daß neue Betriebsformen ſich nur ſehr langſam Bahn zu brechen vermögen, auch wenn die vergleichenden Unterſuchungen, die ich befürwortet habe, bald vorgenommen werden ſollten. Aber es iſt immerhin verlockend, die Wirkung kennen zu lernen, welche der allgemeine Uebergang Wagener, Waldbau. 20 306 Achter Abſchnitt. zum Lichtwuchsbetriebe mit 70—80 jähriger Umtriebs— zeit auf den Volkswohlſtand in unſerem Vaterlande ausüben würde. Wenn der genannte Betrieb mit dieſen Um— triebszeiten die gleichen Gebrauchswerte, die gleichen Bau-, Werk— und Nutzholzmaſſen nachhaltig hervorzubringen vermag, wie die Erziehung im Kronenſchluß mit 100 —120jähriger Abtriebszeit, jo find ſelbſtverſtändlich alle über SOjährige Beſtände nutzlos und entbehrlich. Man kann nicht bezweifeln, daß das Mehrangebot, wenn ſich dasſelbe auf die 80—120jährigen Altersklaſſen der in Deutſchland vorhandenen Nutzholzbeſtände — mit Ausſchluß der Eichen ꝛc., die als Oberſtänder einzuwachſen haben — beſchränkt, ohne Verringerung der jetzt beſtehenden Preiſe, d. h. ohne Ueber— führung des Nutzholzmarktes in Mitteleuropa, verwertet werden kann. Ich habe ſchon in der Einleitung angeführt, daß die Nutz— holzeinfuhr der Weſtländer Europas — Großbritannien, Frankreich, Belgien und die Schweiz, ohne Holland — einen Wert von etwa 500 Millionen Mark per Jahr hat, während aus den deutſchen Nutzholzbeſtänden, wie wir gleich ſehen werden, nur ein ſehr kleiner Teil dieſer Holzmaſſe zum Markt gebracht werden würde. Aber auch für den Holzkonſum innerhalb Deutſchlands wird die Zurück— drängung des Nutzholzimports nur eine Frage der Zeit ſein. Wenn überzeugend nachgewieſen wird, daß der inländiſche Nutzholzbedarf qualitativ und quantitativ aus den deutſchen Waldungen — zumal aus den deutſchen Staatswaldungen — nachhaltig und ausreichend befriedigt werden kann, jo wird dieſe Zurückdrängung (vielleicht bis zum faſt völligen Abſchluß des Nutzholzimports) ſicherlich eintreten, ſobald die Leitung der Wirtſchaftspolitik aus nationalen Geſichts— punkten nicht mehr durchkreuzt werden wird — durch Handels— intereſſen und Parteitendenzen. Der Transport dieſer Nutzholzmaſſen würde bei dem kräftig fortſchreitenden Bau von Sekundärbahnen ausführbar ſein. Schon jetzt können die Eiſenbahnen ihren Wagen— park nur etwa den vierten Teil des Jahres vollſtändig beſchäftigen. Wenn die Bahnverwaltungen Ausnahmetarife für die für Maſſen— transporte freibleibende Zeit ſtellen, keine Wagenmiete rechnen und die auch außerdem zu verausgebenden Koſten für das ſtändige Per— ſonal ꝛc. den Holztransporten nicht aufrechnen, ſo ſtellen ſich die Selbſtkoſten für eine mittlere Entfernung von 500 km (bis zu Die Erntezeit der Waldbeſtände. 307 den Grenzen und Waſſerſtraßen) auf 3—3½ M. per Felt: meter ). Für die produktive Anlage des überſchüſſigen Waldvorrats— kapitals, welches im Walde im genannten Falle ohne jeglichen Zinſenertrag bleiben würde, iſt in Deutſchland hinlänglich Gelegen— heit geboten. Ich will nicht hinblicken auf die Erwerbung und Auf— forſtung von Oedländereien und ausgebauten Feldern, die Erbauung von Sekundärbahnen und Schiffahrtskanälen, die dem Walde nicht in letzter Linie zugut kommen würden. Ich will auch die notleidende Landwirtſchaft nur flüchtig erwähnen, obgleich die Beſitzer von Feldgütern ohne Zweifel die Milliarden, die wir unten beſtimmen werden, willig mit 30% verzinſen und an erſter Stelle hypothekariſch verſichern würden“). Ich will nur betonen, daß die Schulden der deutſchen Einzelſtaaten (exkl. Eiſenbahnſchuld und ſonſtige rentierliche Anlagen) ca. 1435 Millionen Mark betragen und zumeiſt mit 4% zu verzinſen ſind. Man wird unterſuchen dürfen, ob die Finanz— verwaltung der deutſchen Länder beſonders klug handelt, wenn ſie Kapitalkräfte, die vielleicht nicht minder groß ſind, wie die Staats— ſchulden, in den über 80jährigen Holzbeſtänden des Staatswalds beläßt, damit fie hier höchſtens 10% Zinſen liefern oder überhaupt den Zinſenertrag verſagen — anſtatt die Steuerlaſt durch Schulden— tilgung zu erleichtern. Man kann annehmen, daß die gegenwärtige Nutzholzproduktion in Deutſchland ungefähr eine Waldfläche oder Ueberſchirmungsfläche von nahezu 4 Millionen Hektar — von der nahezu 14 Millionen Hektar großen Waldfläche Deutſchlands — beanſprucht. Die Nutzholzabgabe in den deutſchen Waldungen läßt ſich nur annähernd ſchätzen: nimmt man das Mittel der bisher verſuchten Schätzungen, ſo würde die— ſelbe auf ca. 12 Millionen Feſtmeter per Jahr anzunehmen ſein. In den deutſchen *) Die deutſchen Eiſenbahnverwaltungen betrachten alle Transportfragen, wie ich auf Grund meiner mehrjährigen Theilnahme an den Beratungen der ſtändigen Tariſkommiſſion verſichern kann, nicht aus finanziellen, ſondern vor— wiegend aus volkswirtſchaftlichen Geſichtspunkten; fie find namentlich geneigt, der Forſtwirtſchaft jede mögliche Vergünſtigung zu gewähren. *) Es iſt ja nicht zu leugnen, daß die Unterſtützung des Feldbaus durch Bodenkulturbanken, ſelbſt durch Bodenkreditbanken (mit ermäßigtem Zinsfuß) nur eine Frage der Zeit ſein kann, wenn die Landbevölkerung Deutſchlands in der begonnenen Periode der Weltwirtſchaft ein menſchenwürdiges Daſein behalten ſoll. 308 Achter Abſchnitt. Ländern wird die ausgiebigſte Nutzholzgewinnung, wie ſchon erwähnt wurde, durch die Beſtockungsverhältniſſe der Staatswaldungen im Königreich Sachſen und die Holzverbrauchsverhältniſſe in dieſem gewerbthätigen Lande ermöglicht. Sie hat hier im Zeitraum 1874 —78 3,13 Feſtmeter per Hektar und Jahr (670% vom geſamten Derbholzertrag — 4,68 Feſtmeter) betragen. Obgleich in Sachſen faktiſch eine 95jährige Umtriebszeit eingehalten wird, während in den meiſten Ländern Deutſchlands 100 —120jährige Umtriebszeiten vorherrſchend ſind, ſo wird doch die Nutzholzgewinnung Sachſens ſelien in an— deren Gegenden Deutſchlands übertroffen werden. In den Nadelholzgebieten Württembergs hat dieſelbe 1874 —76 — 3,19 Feſtmeter per Hektar betragen; im Schwarzwald, obgleich ſehr viele über 110jährige Althölzer gefällt und die 120jährige Umtriebszeit zu Grunde gelegt worden iſt, ſtieg der Nutzholzertrag 1874 —76 auf 3,78 Feſtmeter per Hektar und Jahr. Dagegen wird in den bayriſchen Staatswaldungen, obgleich die Nadelholzbeſtände über 700% einneh— men und im Mittel 110—120jährige Umtriebszeiten planmäßig eingehalten werden (thatſächlich wird die Fällung großenteils in über 120jährigen Nutzholz— beſtänden ſtattfinden), zur Zeit nur 1,03 Feſtmeter Nutzholz per Hektar und Jahr gewonnen. Wir dürfen deshalb annehmen, daß 4 Millionen Hektar in Deutſchland mit Nutzholzbeſtänden und Nutzholzbäumen bes ſtockt ſind und dieſe Beſtände bisher mit einer mittleren Um— triebszeit von 110 Jahren bewirtſchaftet worden ſind. Wenn man für den Uebergang von 110jähriger zur SOjährigen Umtriebszeit eine 80jährige Periode annimmt, jo kann man nach der unten folgenden Berechnung den Reinerlös für die Mehrnutzung an Holzmaſſe, welche in dieſem Falle geſtattet ſein würde, nach den letztjährigen Preiſen auf jährlich ca. 122,9 Millionen Mark annehmen. Eine 80 Jahre lang eingehende Einnahme von 122,9 Millionen Mark hat, mit 4% auf die Gegenwart diskontiert, einen Jetztwert von 2937 Millionen Mark, während die Schulden der deutſchen Einzelſtaaten (exkl. Eiſenbahnſchulden und rentierende Kapitalanlagen) oben auf 1435 Millionen Mark angegeben worden ſind. Selbſtverſtändlich ſind dieſe Ziffern nur als ungefähre An— haltspunkte aufzufaſſen; ſie ſollen lediglich die volkswirtſchaftliche Tragweite der Unterſuchungen, die ich im ſiebenten Abſchnitt dringend empfohlen habe, nachweiſen. Wenn man ſtatt der Jahresſchlagfläche des 110jährigen Umtriebs — 36 363 ha für 4 Millionen Nutzholzfläche — die Jahresſchlagfläche des 80jäh— rigen Umtriebs — 50 000 ha — nutzt, und dabei die Jahreserträge in den nächſten 80 Jahren möglichſt ausgleicht, ſo berechnet ſich nach den Angaben von Burckhardt, Robert Hartig, Baur, Schuberg, Lorey u. a. die folgende Erhöhung des Jahresertrags: Die Erntezeit der Waldbeſtände. 309 für Fichten 21— 270%, für Tannen 20—21 00, für Kiefern 27-29 0%, für Buchen 15—23 00. Für die Nutzholzbeſtände im Deutſchen Reich dürfen wir ſomit annehmen, daß 80 Jahr lang eine Uebernutzung von im Mittel 250% eintritt. Nach der oben erörterten Holzgewinnung in den Staatsforſten Sachſens = 4,68 Feſtmeter Derbholz und 3,13 Feſtm. Nutzholz per Hektar Waldfläche und Jahr würde die Holzabgabe für die genannte Waldfläche von 4 Millionen Hektar, wenn die 110jährige Umtriebszeit fortgejegt würde, jährlich 18,7 Millionen Feſtmeter Derbholz und 12,5 Millionen Feſtmeter Nutzholz betragen. Wenn dagegen in den nächſten 80 Jahren die Ueberführung vom 110jährigen Umtrieb zum 80jäh- rigen Umtrieb (und Lichtwuchsbetrieb) ſtatthaft erſcheint, ſo tritt 80 Jahr lang eine Mehrnutzung von 4,675 Millionen Feſtmeter Derbholz und 3,125 Millionen Feſtmeter Nutzholz ein. Vom 80. Jahre an würde die frühere Nutzung von 18,7 Millionen Feſtmeter Derbholz und 12,5 Millionen Feſtmeter Nutzholz für die genannten 4 Millionen Hektar ſtattfinden können, wenn der Lichtungszuwachs den gleichen jährlichen Nutzholzertrag liefert, wie die bisherige Erziehung im Kronenſchluß, was ja ſchon jetzt nach den oben mitgeteilten vergleichenden Unter— ſuchungen nicht unwahrſcheinlich iſt. Die Preiſe per Feſtmeter Geſamtholz haben in den deutſchen Ländern, in denen die Nutzholzgewinnung belangreich iſt — Königreich Sachſen, Württem— berg, Baden und Elſaß-Lothringen — nach dem Durchſchnitt der Jahre 1879—81 — 9,1 M. per Feſtmeter betragen. Nach Abzug des Hauerlohns, der Kultur— und Wegbaukoſten werden 7,3 M. Reinerlös per Feſtmeter erübrigen. Dieſer Preis gilt für 110jähriges Holz, während in den geſchloſſenen 80 —120jährigen Beſtänden durchſchnittlich 95jähriges Holz zum Abtrieb gelangen würde. Ob— gleich die Einlegung der Lichtungshiebe geraume Zeit vor dem Hieb den Wert der Nutzholzſtämme erhöhen wird, jo wollen wir doch nach den Unterſuchungen von Robert Hartig und dem Verfaſſer annehmen, daß das 95jährige Holz durch— ſchnittlich nur 900% vom Erlös des 110jährigen Holzes liefert. Es iſt ſomit ein Nettoerlös von 6,57 M. als geringſter Preis zu verrechnen, für 18,7 Mil⸗ lionen Feſtmeter ſomit 122,9 Millionen Mark per Jahr. (Die Berechnung nach den Nutz⸗ und Brennholzpreiſen in Preußen und Bayern für das obige Ver- hältnis — 12,5 Millionen Feſtmeter Nutzholz und 6,2 Millionen Feſtmeter Brennholz — ergibt 6—12 Millionen per Jahr mehr). Eine 80 jährige Jahres- rente von 122,9 Millionen Mark hat bei 40% den oben angegebenen Jetztwert von 2937 Millionen Mark. Allein es iſt zu beachten, daß dieſe Rechnung nur für eine Waldfläche von 4 Millionen Hektar geführt worden iſt, während die zur Nutzholzzucht geeignete Waldfläche wohl unzweifelhaft nahe— zu 8 Millionen Hektar umfaſſen wird, denn man wird die ledig— lich zur Brennholzzucht geeignete deutſche Waldfläche mit 6 Millionen 310 Achter Abſchnitt. Hektar hoch ſchätzen. Man kann allerdings nicht einmal annähernd genau angeben, welche Holzmaſſen in dieſen vorzugsweiſe Brenn— holz liefernden Beſtänden bei einer Herabſetzung der Umtriebszeit von 110 auf 80 oder von 90 auf 60 Jahre disponibel werden würden und wie ſich die Nettoerlöſe geſtalten. Allein man wird immerhin dieſen Nettoerlös mit 50 Millionen Mark per Jahr ge— ring veranſchlagen. Somit berechnet ſich der Zufluß zum deutſchen Volksvermögen, der ſich ohne Verringerung, vielmehr ſehr wahr— ſcheinlich mit einer weſentlichen Erhöhung des ſpäteren Waldertrags erreichen läßt, wenn die Unterſuchungen der Forſtwirte die praktiſche Durchführbarkeit des Lichtwuchsbetriebs auf ca. 57% der deutſchen Waldfläche beſtätigen ſollten, auf über 4000 Millionen Mark. Wenn dieſe Ziffern auch keineswegs eine genaue Bilanz be— gründen ſollen und ihrer Natur nach nicht einmal annähernd richtig ſein werden, ſo hat doch die vorſtehende Betrachtung eine unver— kennbare Tragweite für die praktiſche Regelung der Volkswirtſchaft. Wir haben hinreichend erfahren, wie ungenügend die Forſtwirte über den Wertertrag der Holzarten, Beſtockungsformen und Um— triebszeiten informiert ſind. Wir haben auch die Anſichten der tonangebenden national-ökonomiſchen Schriftſteller genügend kennen gelernt, um ſagen zu dürfen: Kein praktiſcher Staatswirt wird die Forſtwirte von der Verpflichtung entbinden, die vergleichenden Unterſuchungen, die ich wiederholt befürwortet habe, vorzunehmen. 3) Rechtfertigt der Zinſenertrag, der durch die Wertzunahme der Stämme des Lichtwuchsbetriebs ge— liefert wird, höhere Umtriebszeiten? Ein Blick auf die obigen Angaben der mittleren Durchmeſſer und der Längen, die der Lichtwuchsbetrieb mit 70—80jähriger Um— triebszeit liefert, läßt uns zwar erkennen, daß eine Erhöhung der letzteren nicht notwendig werden wird. Man kann mit 70—80jäb- riger Umtriebszeit in den Nadelholzbeſtänden, welche die deutſche Forſtwirtſchaft in erſter Linie für die Bildung des Haubarkeitsbe— ſtands ins Auge zu faſſen hat, die geſuchteſten und gangbarſten Nutzholzſtämme gewinnen — wahrſcheinlich in vielen Oertlichkeiten dieſe Umtriebszeiten noch ermäßigen. Aber es iſt für die Fort— bildung des Waldbaues in Gemäßheit des oft genannten national— ökonomiſchen Fundamentalgeſetzes beſonders wichtig zu erfahren, Die Erntezeit der Waldbeſtände. 311 mit welchem Kapitalwert der Boden — nicht nur der Waldboden, ſondern auch die zur Waldkultur geeigneten Bodenflächen — durch den Waldbau und ſpeciell durch die Nutzholzwirtſchaft verwertet wird, wenn man die für die Bodenwirtſchaft gewöhnlich geforderten Verzinſungsſätze erreichen will. Es iſt nicht minder wiſſenswert, ob der Lichtwuchsbetrieb eine Erhöhung der oben betrachteten Um— triebszeiten bei dem zur Zeit beſtehenden Verhältnis der Holzpreiſe privatwirtſchaftlich nutzbringend erſcheinen läßt, d. h. ob der Wert— zuwachs nach dem 70—SOjährigen Holzalter die geforderten Zins— ſätze für den Bodenwert und den Holzverkaufswert liefert. Dieſe Vermutung iſt um ſo mehr geſtattet, als der Haubarkeitswertvorrat (infolge der Lichtungen mit ſehr erheblichen Vorerträgen), weſentlich verringert worden iſt, der fortwachſende Beſtand ſonach mit einem geringeren Zinſenertrag belaſtet iſt, wie beim geſchloſſenen Hoch— wald, während der Wertzuwachs der Stämme ein viel größerer iſt, wie im Kronenſchluß. Es iſt zunächſt zu unterſuchen, wie der holzleere, im ausſetzenden Betrieb zu benutzende Waldboden durch die Erziehung der Holzbeſtände im Kronenſchluß und durch den Lichtwuchsbetrieb verwertet wird. Zu dieſer und den folgenden Unterſuchungen kann ich leider nur die eigenen Meſſungen benutzen, die ſich allerdings auf mittlere Standortsgüte, aber auch nicht vollkommen gleiche Produktionskraft des Bodens beziehen und auch nur auf Fichte und Kiefer anwendbar ſind (da die Rotbuche nur untergeordnet in Betracht kommen wird). Es iſt indeſſen eine genaue Vergleichung kaum erforderlich, weil der finanzielle Effekt des Lichtungsbetriebs, wenn man die Zinſeszinsrech— nung zur Berechnung desſelben anwendet, durch den frühen Eingang ſtarker Vornutzungen ſo tiefgreifend beherrſcht wird, daß der Zins— fuß, den man der Rechnung zu Grunde legt, am ſchwerſten in die Wagſchale fällt — und der für den Waldbetrieb berechtigte Zins— fuß wird, wie ich mit Judeich glaube, niemals fixiert werden können. Die Berechnung mit 3 % ergibt für die unterſuchten Waldflächen und 80jährige Umtriebszeit folgende Bodenwerte: Schlußerziehung, erſte Standortsklaſſe in den Thalſohlen auf fettem Boden: für FichtenanbaoNuuu .. 821 M. per Hektar 312 Achter Abſchnitt. für Kiefernanbau . 812 M. per Hektar. Erziehung im Lichtwuchsbetriebe, zweite Standortsklaſſe, Berg— wände: für Fichtenanbaunu .. 1440 M. per Hektar „„Kiefernanban e. se Den größten Teil des 80jährigen Endertrags, aus dem ſich dieſer Boͤdenwert berechnet, liefern indeſſen, wie ſchon bemerkt, die Zinſen und Zinſeszinſen der früheren Nutzungen. Die Nutzungen ohne Zinſen liefern nur den SOfachen Betrag der Jahresrente, die weiter unten angegeben werden ſoll. Was zweitens die Zuwachsprozente der im Mittelwald— betrieb auf den oben erwähnten Bergwänden aufgewachſenen Einzel— ſtämme betrifft, ſo lieferte der Wertzuwachs die folgenden jährlichen Zinſeszinsprozente: Fichte. Kiefer. 60:70: Fahr 5,19 VV 3,34 e Ad 2,45 90-1008, 5, 2,74 2,24 Im Lichtwuchsbetriebe ot Bee Verzinſung per Flächen: einheit, wenn den bei den Lichtwuchshieben zurückbleibenden Stäm— men freier Wachsraum für je 10 Jahre gegeben wird. Bei dieſer Betriebsart und ähnlichen Wachstums- und Preisverhältniſſen wie im Unterſuchungsgebiet, findet ſonach die ſpekulative Geldwirtſchaft eine genügende Verzinſung bis zum 80—90jährigen Alter und hierbei werden, wie wir geſehen haben, die brauchbarſten Säge— ſtämme ꝛc. produziert. Aber dieſe Verzinſung läßt ſich auch hier wieder nur in einer kleinen Waldung erzielen, die im aus⸗ ſetzenden Betriebe benutzt werden kann. Wenn die Umtriebszeit für eine größere, im jährlichen Betriebe zu bewirtſchaftende Waldung zu beſtimmen iſt, ſo muß man unterſuchen, welche Erhöhung des Jahresertrags der Waldbeſitzer erreichen wird, indem er die für die 60jährige Um— triebszeit vorhandenen Beſtände überführt zur 70jährigen, 80jäh— rigen Umtriebszeit. Bei Einhaltung der nachfolgenden Umtriebszeit kann der Walbbeſitzer bei den Wachstums- und Preisverhältniſſen Die Erntezeit der Waldbeſtände. 313 im Unterſuchungsgebiet, wenn die Beſtände alle zehn Jahre ſoweit gelichtet werden, daß ſie nach Ablauf der nächſten zehn Jahre eine Stammgrundfläche von 30—31 qm haben, folgenden Jahresertrag an der Geſamtnutzung beziehen (Mark per Hektar). Fichte. Kiefer. 60 jährig 84,3 103,6 TE rt 107,0 96 108,4 GO eee ii; 108,4 e ee re 106,3 510 102,6 = Statt 100 M. wird ſonach der Waldbeſitzer, wenn er von der 60= zur 80 jährigen Umtriebszeit in Fichtenwaldungen übergeht, höchſtenfalls 116 M. nach 20 Jahren beziehen können (in Kiefern— waldungen nur 105 M.). Wir haben jedoch ſchon oben geſehen, daß ſich die Geldanlage zu dieſem Zweck bei einer Mehrnutzung von 12,8 M. mit 1,0 — 1,1% rentiert. Auch für den Lichtungs⸗ betrieb gilt ſomit die obige Regel: im jährlichen Betriebe ſind die Holzbeſtände finanziell haubar, ſobald ſie brauchbares Nutzholz mit der Hauptmaſſe liefern. IV. Zuſammenſtellung der Ergebniſſe. 1) Schon im Anfang des laufenden Jahrhunderts hat Georg Ludwig Hartig den Zweck der Holzzucht und die Aufgabe bei Feit- ſtellung der Erntezeit mit ſicherem Blick erkannt: im Walde iſt in möglichſt kurzer Zeit und mit einem möglichſt ge— ringen Koſtenaufwand möglichſt vieles und nutzbares Holz zu erziehen. Aber Hartig hat leider die Leiſtungsfähig— keit der wählbaren Umtriebszeiten für dieſen Zweck nicht genau gewürdigt, ſondern Umtriebszeiten, die ſehr verſchiedene Zielpunkte verfolgen, als gleichberechtigt nebeneinander geſtellt (phyſikaliſche, ökonomiſche und merkantile Haubarkeitszeit). 2) Die ſpäteren Waldbaulehrer ſind unbeſtimmt und ſchwankend hinſichtlich der Normen für die Beſtimmung der Umtriebszeiten ge— blieben. 314 Achter Abſchnitt. 3) In der forſtlichen Praxis haben ſich die beſtehenden (S. 274 angegebenen) Umtriebszeiten nicht in Verfolg genau fixierter Ziel— punkte herausgebildet. Wahrſcheinlich iſt die Entſtehung derſelben beeinflußt worden durch die Umlaufszeit der Nutzung, die ſich bei der Forſteinrichtung ergeben hat, als man den jährlichen Abgabe— ſatz ungefähr dem Vorrat gleichſtellte und bei unzureichenden Vor— räten höhere Abtriebszeiten durch Zuwachseinſparung herbeizuführen ſuchte. 4) Die von Preßler gelehrte Feſtſtellung der Erntezeit nach der Gipfelung der Bodenrente hat holzleere Waldungen voraus: geſetzt. Dieſe Berechnungsart des Nutzeffekts iſt ſelbſt für die Benutzung kleiner Waldungen im ausſetzenden Betrieb, ſobald die Flächen nicht völlig holzleer, ſondern teilweiſe beſtockt ſind, un— richtig; der bei der Wahl der Umtriebszeiten in Betracht zu ziehende Gewinn muß mittels anderer Formeln beſtimmt werden. Völlig unanwendbar iſt die Preßlerſche Berechnungsart des Nutzeffekts auf große, beſtockte und jährlich zu benutzende Waldungen. Die Preßlerſche Verſicherung, daß die Bewirtſchaftung der Waldungen nach Maßgabe des höchſten Bodenwertes nicht nur eine Verzinſung von 3½ bis 4½ hervorrufen, ſondern auch die bisherige Wald— rente verzehnfachen werde u. ſ. w., iſt diskuſſionsfähig geworden, weil man den thatſächlichen Wertzuwachsgang geſchloſſener Holz— beſtände (namentlich den Gebrauchswert und Verkaufspreis großer Stangenholzmaſſen) und die konkreten Verzinſungsverhältniſſe nicht unterſucht hat. 5) Bei den günſtigſten Verwertungs- und Zuwachs— verhältniſſen ſind die Holzbeſtände finanziell hiebs— reif, ſobald die Hauptmaſſe derſelben brauchbares Nutzholz liefert. Wenn dieſer Zeitpunkt erreicht iſt, ſo iſt die Verlängerung der Abtriebszeit weder privat— wirtſchaftlich rätlich noch geſamtwirtſchaftlich erfor: derlich. Die Kapitalanlage, die zur Verſtärkung des Vorrats erforderlich und mittels Herabſetzung der bisherigen Jahresnutzung zu bewirken iſt, würde durch die Erhöhung der Rente beſten Falls mit etwa 1% ver⸗ zinſt werden. 6) Ebenſowenig würde anderſeits die Abkürzung der beſtehenden Die Erntezeit der Waldbeſtände. 315 80—120jährigen Umtriebszeiten bei Fortſetzung der Holzzucht im Kronenſchluß privatwirtſchaftlich nutzbringend werden, weil der er— reihbare, nicht übermäßig große Gewinn größtenteils wieder ein— gebüßt werden würde, falls ein beträchtliches Sinken der Holzpreiſe infolge Mehrangebot bei unveränderter Nachfrage eintreten ſollte. Zudem würden den Nachkommen wertloſe Waldungen mit größten— teils un verkäuflichen Stangenholzbeſtänden überliefert werden. 7) Wenn die Erziehung der Holzbeſtände im Kronenſchluß beibehalten wird, ſo wird vorausſichtlich eine beträchtliche Erhöhung der Umtriebszeiten nicht zu umgehen ſein; die Brennholzgewinnung wird im zwanzigſten Jahrhundert kaum noch nutzbringend erſcheinen. 8) Zur Fortbildung des Waldbaues iſt an allen Orten zu unterſuchen, ob der im vorigen Abſchnitt dargeſtellte Lichtwuchs— betrieb nicht nur die Rentabilität beträchtlich erhöhen, ſondern auch eine Herabſetzung der beſtehenden Umtriebszeiten auf 70—80 Jahre ohne Verringerung der Nutzholzgewinnung geſtatten wird. Vor— läufig iſt dieſe Vermutung zuläſſig. Wird dieſelbe beſtätigt, ſo würde ein ganz enormes, im Walde ſelbſt ſaſt ertraglos bleiben— des Vorratskapital entbehrlich werden und durch produktive Wieder— anlage dem volkswirtſchaftlichen Organismus ein größeres Rein— einkommen zuführen können. Ausreichender Abſatz wird ſich, ſoweit Nutzholzvorräte in Frage kommen — etwa 4 Millionen Hektar der deutſchen Waldfläche —, bei dem großartigen Nutzholz— verbrauch Mitteleuropas und der Leiſtungsfähigkeit des deutſchen Eiſenbahnbetriebs, erlangen laſſen. 9) Die Feſtſetzung der Umtriebszeit im Lichtungsbetrieb unter— liegt gleichfalls der ad 5 angeführten Regel. Neunker Abſchnitt. Die Verfüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. Zur Fortpflanzung der Waldbäume haben die Forſtwirte, wie wir im dritten Abſchnitte geſehen haben, verſchiedene Gebräuche eingehalten. Schon gegen Mitte des vorigen Jahrhunderts war die Pflanzennachzucht im Buchenhochwalde aus dem Samenabwurf des Mutterbeſtands (mittels Vorbereitungs-, Beſamungs- und Aus— lichtungsſchläge), ſo vortrefflich in Uebung, daß bis heute kein be— achtenswerter Fortſchritt in der Buchennachzucht zu erkennen iſt. In den Laubholzwaldungen, in denen die Rotbuche vorherrſcht, iſt dieſe natürliche Verjüngung bis heute Regel geblieben. Auch Fichten-, Weißtannen- und Kiefernbeſtände hat man durch den Samenabwurf der haubaren Beſtände, die man zu dieſem Zwecke lichtete, zu verjüngen geſucht. Aber in den Nadelholzwaldungen und in den — namentlich durch Streunutzung — herabgekommenen Laubholzwaldungen iſt dieſe Art der Pflanzennachzucht vielfach ver— drängt worden durch den Kahlhieb und die Anſaat und Anpflanzung des holzleeren Bodens. Man hat teils größere Flächen kahl ge— hauen und teilweiſe (namentlich in Fichtenwaldungen) nur ſchmale Streifen (Saumſchläge) abgeholzt und die Flächen entweder beſäet (breitwürfig oder in Riefen, Streifen, Platten oder Löcher) oder bepflanzt (mit größeren und kleineren Pflanzen, mit oder ohne Ballen, in ungelockerten, oberflächlich abgeſchälten und tiefer ge— lockerten Boden). Selten, höchſt ſelten iſt die künſtliche Verjüngung unter Schirmſchlägen ſtatt der zuerſt genannten natürlichen Ver— jüngung verſucht worden, indem man die haubaren Beſtände ge— Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 317 lichtet, durch Saat oder Pflanzung unterbaut und hierauf die Aus— lichtungsſchläge geführt hat. Wie ſind dieſe Verfahrungsarten entſtanden? Hat die Ent— wicklung der natürlichen „Holzzucht“ und des künſtlichen „Holz— anbaues“ im neunzehnten Jahrhundert den Weg eingeſchlagen, der ſicher zum Ziele geführt und die Leiſtungsfähigkeit der Verjüngungs— arten klar gezeigt haben würde — den Weg der komparativen Unterſuchung, der Vergleichung des Kraft- und Koſtenaufwands mit dem Erfolge? Hat man zunächſt die natürliche Verjüngung genau geregelt, ergänzt und verbeſſert? Die Stellung der Vor— bereitungs-, Beſamungs- und Auslichtungsſchläge iſt offenbar in ver— ſchiedener Weiſe zu vollziehen, je nachdem die nachzuziehende Holzart lichtbedürftig oder ſchattenertragend, der Boden feucht und gras— wüchſig oder trocken und mager iſt u. ſ. w. Man muß nach dem wechſelnden Bodenzuſtand, namentlich wegen des Graswuchſes und Taugenuſſes, gleich anfänglich dunkler oder lichter ſtellen, raſcher oder langſamer nachlichten und räumen u. ſ. w. Sind die Regeln für die natürliche Verjüngung, die man im vorigen Jahrhundert befolgte, nach den Ergebniſſen, die ihre Erprobung bei verſchiedenen Bodenverhältniſſen, abweichenden geognoſtiſchen Formationen u. ſ. w. geliefert hat, fortgebildet worden? Hat man genau feſtgeſtellt, bei welcher Bodenbeſchaffenheit die natürliche Verjüngung zu erſetzen iſt durch die Anſaat oder Anpflanzung entweder unter dem Schirm des zu verjüngenden Beſtands oder auf Kahlſchlägen? Hat man die Verfahrungsarten der Holzſaat und Holzpflanzung für alle weſentlichen Standortsverſchiedenheiten erprobt und durch eine genaue Vergleichung des Koſtenaufwands mit dem Erfolg dem Kulturbetrieb die Richtpunkte gegeben? 1 Die Wahl der Verjüngungsverfahren. 1) Die maßgebenden Geſichtspunkte im allgemeinen. Die Verjüngung der hiebsreifen Beſtände durch den Samen— abwurf des Mutterbeſtands, die im vorigen Jahrhundert in den Laubholzwaldungen üblich war, hatte unverkennbar beachtenswerte 318 Neunter Abſchnitt. Schattenſeiten. Die Waldbäume tragen nicht in jedem Jahre Samen und namentlich die Buchel- und Eichelmaſten, die man vorzugsweiſe zur natürlichen Verjüngung benutzte, laſſen oft viele Jahre auf ſich warten (nähere Angaben cf. ad IV). Bis zur Beſchattung des Bodens durch den Nachwuchs vergeht nicht ſelten ein langer Zeitraum und während desſelben erhält weder die Sonne noch der durchſtrömende Wind den Boden kühl und feucht. Je nach der Empfänglichkeit des Bodens und der Reichhaltigkeit des Samenerwuchſes werden hierauf die natürlichen Verjüngungen oft entweder zu licht oder zu dicht aufwachſen. Bei zu dichtem Pflanzenſtand wird die Nachzucht geringwüchſig. Die kürzeren und ſchwächeren Stangen, welche die erſte Durchforſtung vorfindet, haben eine weit geringere Holzmaſſe, als Pflanzenbeſtände. Schon bei der langſam wüchſigen Rotbuche haben die letzteren, wie Baur nachgewieſen hat, nach etwa drei Jahrzehnten eine Mehrproduktion von 30—40 Felt: meter per Hektar gegenüber den natürlichen Verjüngungen und den Saaten erreicht — bei gleichem Alter der Pflanzen und gleichem Standort. Man kann nicht annehmen, daß die dünnen kurzen Stangen, die aus dichten, natürlichen Verjüngungen hervorgegangen ſind, dieſen Vorſprung nach der Durchforſtung wieder einholen — das Gegenteil wird eintreten: die kräftigen Stangen und Stämme des Pflanzbeſtands werden auch ſpäter eine geſteigerte Produktion per Flächeneinheit beibehalten. Wir haben ja dieſe Verhältniſſe im ſechſten Abſchnitt ausführlich erörtert. Anderſeits erſchweren die Flächenteile, die unvollkommen be— ſamt ſind, die nachfolgende künſtliche Ausbeſſerung. Der Boden iſt vertrocknet, oft auch verhärtet; die Saat- und Pflanzſtellen ſind zu lockern, es wird die Beigabe eines Erdballens bei Pflanzungen erforderlich u. ſ. w. Die Kultur wird ungleich koſtſpieliger, als die Bepflanzung des beſchatteten Bodens der Beſamungsſchläge. Nicht minder ſchwer fällt ferner in die Wagſchale, daß man bei der natürlichen Verjüngung, wenn die volle Beſamung nicht alsbald nach der Schlagſtellung eintritt, den Zuwachs des Nachwuchſes für mehrere Jahre vergeudet. Man hatte zu unterſuchen, was dieſer Zuwachs bei der nunmehr gebotenen Nutzholzwirtſchaft wert iſt und was man gewinnt oder verliert, wenn man die Koſten Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 319 aufwendet, die der alsbaldige künſtliche Anbau der Verjüngungs— flächen erfordert. Bei dem durch eine genaue Ertragsregelung geregelten Nachhaltbetrieb läßt ſich dieſer Zuwachsgewinn durch Verſtärkung der Fällung ſofort einernten; man kann ohne Be— denken, wenn die Bepflanzung der Beſamungsſchläge allgemein geübt wird und überall gelingt, die Umtriebszeit für die vor— handenen Beſtände herabſetzen. Durch die Bepflanzung der Verjüngungsſchläge läßt ſich endlich diejenige Stellung der Pflanzen, ſowohl in reinen Beſtänden als namentlich bei der Vermiſchung der Holzgattungen, welche die höchſten Produktionsleiſtungen hervorruft, mühelos her— ſtellen, während bei der natürlichen Verjüngung dieſe Stellung und die planmäßige Bildung des Miſchwuchſes nur ſehr ſchwer ermög— licht werden kann. Hat man gegenüber dieſen nahe liegenden und leicht zu kon— ſtatierenden Nutzleiſtungen des künſtlichen Holzbaues (namentlich durch Pflanzung) mittels komparativer Unterſuchungen die Frage zu löſen geſucht: iſt es nutzbringend und überhaupt erlaubt, zu warten, bis die Natur den Samen ausſtreut, oder ſind Samen und Pflanzen durch Menſchenhände in den Boden zu bringen? Man ſieht auf den erſten Blick, daß bei der Beantwortung dieſer Frage der Koſtenpunkt im Vordergrund ſteht. Wenn es möglich iſt, den lockeren, empfänglichen Boden der Beſamungs⸗ ſchläge mittels einfacher und raſch fördernder Pflanzverfahren ſofort nach der ausreichenden Lichtung normal zu verjüngen, ſo wird eine ſehr geringe Geldausgabe erforderlich werden. In der That wird durch Berichte aus allen Gegenden Deutſchlands beſtätigt, daß dieſe Geldausgabe zwiſchen 10 und 25 Mark per Hektar (inkl. Pflanzen— erziehungskoſten und bei einem mittleren Taglohn von 1 Mark für Frauen und erwachſene Kinder) ſchwankt und der Erfolg, das An— wachſen der Pflanzen vollkommen zufriedenſtellend war“). Dieſe ) Schon 1853 hat Freiherr von Buttlar nachgewieſen, daß bei der An— wendung der Spaltpflanzung mit dem Pflanzeiſen nach den Ergebniſſen des größeren Kulturbetriebs per Hektar (bei einer Pflanzenentfernung von 1,15 M., und einem Taglohnsſatz von 1 M., inkluſive Erziehungskoſten) 10,1 M. (bei Fichten pflanzungen) und 14,5 M. (bei Kiefernpflanzungen) aufzuwenden find und von den eingeſetzten Pflanzen nicht 50% verdorrt waren. 320 Neunter Abſchnitt. tehrausgabe würde ſchon durch die von Baur ermittelte Mehr— produktion der Pflanzenbeſtände — 30—40 Feſtmeter per Hektar im 30. Jahre — hinlänglich erſetzt werden, ganz abgeſehen von dem Zuwachsgewinn infolge der früheren Beſtockung, den man per Jahr und Hektar mit 40—50 Mark gering veranſchlagen wird. Man ſieht, daß die natürliche Verjüngung und ebenſo die Ver— jüngung durch Holzſaat ſchon vor dieſer Rohbilanz die Segel ſtreichen muß. Genaue komparative Unterſuchungen waren darum dringend geboten. In vielen Fällen, namentlich bei der Verjüngung der licht— bedürftigen Kiefern, Lärchen, Eichen ꝛc. und bei der Holznachzucht auf trockenem, armen Boden, gewährt die Verjüngung unter dem Mutter: oder einem Schutzbeſtand keine Vorzüge gegenüber der Bepflanzung kleiner, ſeitlich geſchützter Kahlſchläge. Hier war zu unterſuchen, ob die Kultur billiger und das Anſchlagen ſicherer iſt, wenn man ſofort nach dem Hieb in den friſchen und empfäng— lichen Boden kleine, aber gut bewurzelte Saatſchulpflanzen mittels handlicher und raſch fördernder Werkzeuge einſetzt oder ob die Kultur billiger und das Anwachſen ſicherer wird, wenn man auf großen Kahlſchlägen Platten und Riefen und Löcher einhaut, um etwas größere Pflanzen mit weiter ausſtreichenden Wurzeln ein— zuſetzen, die aber auch für die Verdunſtung eine große Waſſer— menge verbrauchen. Wenn die Wirkungsfähigkeit der verſchiedenen Verjüngungs— verfahren durch dieſe komparativen Unterſuchungen in exakter Weiſe beſtimmt und abgewogen worden wäre, ſo würde vorausſichtlich die Holzpflanzung (und vor allem die Spaltpflanzung mit Pflanzbeil, Buttlarſchem Eiſen ꝛc. ziemlich allgemein eingebürgert worden ſein. Bei der Verjüngung der ſchattenertragenden Holzarten würde die Anpflanzung von Beſamungs- oder Schirmſchlägen die Regel ge— bildet haben. Bei der Verjüngung der lichtbedürftigen Holzarten und bei magerem Boden würde man kleine, ſeitlich geſchützte Kahl— ſchläge alsbald bepflanzt haben. Man würde die Holzpflanzung gewählt, aber die großen Kahl— ſchläge möglichſt vermieden haben. Die vornehmſte Aufgabe, welche der Forſtmann bei der Verjüngung zu erfüllen hat, iſt die Er— haltung der Bodenfeuchtigkeit, bei welcher die jungen Pflanzen Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 321 turgeſcent während der heißen Sommermonate bleiben. Der Waſſergehalt des Bodens muß gegen Verflüchtigung geſchützt werden, denn das Waſſer iſt für den Wald ein koſtbares Kleinod, das nicht ſorgſam genug behütet werden kann. Man kann nicht darüber in Zweifel ſein, daß die Bodenfeuchtigkeit' durch die Be— ſchattung und die Bedeckung mit abgeſtorbenen Laubblättern beſt— möglichſt erhalten wird. Die Produktionskraft des Bodens wird am meiſten intakt bleiben — um ſo mehr, wenn der Nachwuchs die Beſchattung des Bodens alsbald wieder übernimmt. Zwar verzögert anderſeits die Beſchattung das Wachstum der jungen Pflanzen, auch der ſchattenertragenden; der Nachwuchs wird unter Schirmſtand einige Jahre ſpäter den Boden vollbeſchatten, als auf Freiſchlägen, wenn hier die Pflanzung bald nach dem Abtrieb gut angeſchlagen iſt und ungeſtört fortwächſt. Allein es liegt klar am Tage, daß das Zuſammenwirken von Schirmſtand und Unterwuchs den Boden beſtändig kühl erhalten und denjeni— gen Grad der Erwärmung des Bodens, der auf dem Kahlſchlag im erſten Jahre eintritt, verhüten wird. Auf dem Kahlſchlag, zumal auf dem weit ausgedehnten Kahlſchlag wird nicht nur der während einer langen Umtriebszeit ſorgſam angeſammelte Humus⸗ vorrat in kurzer Zeit verflüchtigt, ſondern auch eine intenſive Bodenaustrocknung, ſelbſt Verhärtung der Oberfläche bewirkt werden; zudem erſcheinen alsbald Gräſer, Heide- und Heidelbeerkräuter ıc., welche die verbliebene Bodenfeuchtigkeit kräftig verdunſten. E. Wollny hat ſehr bemerkenswerte Ergebniſſe über die Kohlenſäureent— wicklung bei der Erwärmung des Bodens in Gegenwart eines größeren und ge— ringeren Waſſervorrats konſtatiert. Unter ſonſt gleichen Verhältniſſen ſteigt der Kohlenſäuregehalt der Bodenluft mit dem Waſſergehalt. Wollny fand die folgende Zunahme: Waſſergehalt des Bodens . 2,91%, 12,91%, 22,91%, 32,91%. Kohlenſäuregehalt per 1000 Vol. 1,64%, 2,40%, 4,490, 9,02 0%. Bei genügendem Feuchtigkeitsgehalt Luft in feuchter Kompoſterde) ſteigt der Kohlenſäuregehalt namentlich durch die Erwärmung, wie der folgende Verſuch ergab: pe einer Temperatur von.. 100, 200, 300, 400, 500. Kohlenſäure im Mittel per 1000 Vol. 2,80, 15,46, 36,24, 42,61, 76,32. Wirken Temperaturerhöhung und Feuchtigkeitsgehalt bei ausreichender Luftzufuhr zuſammen, ſo erreicht die Thätigkeit der niederen Organismen im Boden den Höhepunkt, wie die folgenden Zahlen beweiſen: Wagener, Waldbau. 21 322 Reunter Abſchnitt. Wassergehalt Bodentemperatur. des 1 | | Bodens 100 | 200 | 300 400 500 0% | | | | Kohlenſäuregehalt der Bodenluft per 1000 Vol. 6,79 2003 | 3,22 | 6,86 14,69 25,17 26,79 | 18,38 54,24 63,50 80,06 81.52 46 3507 61449 | 82,12 91,86 | 97,48 Wenn aber die Austrocknung des Bodens einen gewiſſen Grad erreicht hat, ſo verringert ſich die Entwicklung der Kohlenſäure beträchtlich — der Humus wird trocken. Ein Verſuch in dieſer Richtung lieferte folgende Ergebniſſe: Bodentemperatur. 100, 200, 300, 400, 500C. Waſſergehalt des Bodens. . 46,8 0%, 36,80%, 26,80%, 16,8 0%, 6,8% Kohlenſäuregehalt der Bodenluft 33,2, 61,3, 73,2, 66,8, 14,4 p. M. Nun hat Ebermayer ermittelt, daß der bewaldete und der nicht bewaldete Boden folgende mittlere Temperaturunterſchiede in den Monaten April bis Auguſt hat: Bodenoberfläche. 4 Fuß Tiefe. April im Freien 5,100 3,84 0 „ im Walde 3,74 2,92 Mai im Freien 14.24 7,63 „ im Walde 10,51 5,26 Juni im Freien 15,07 10,78 „ im Walde 11635 7,62 Juli im Freien 15,20 11,70 „ im Walde 12,05 8,4 Auguſt im Freien. 14,75 12,60 „ im Walde 12,08 9,50 Wenn die Temperatur von 10 auf 200 ſteigt und ein genügender Waſſer— gehalt zugegen iſt, ſo verdoppelt ſich, wie Wollny gezeigt hat, die Thätigkeit der Bakterien u. ſ. w. Dieſe nahezu verdoppelte Thätigkeit werden die letzteren auf den Freiſchlägen während mehrjähriger Vegetationsperioden fortſetzen können. Man ſieht ein, daß von den aufgeſpeicherten Humusvorräten nicht viel übrig bleiben kann. Zudem wird der Boden alsbald ausgetrocknet werden und zu Stauberde zerfallen. Ernſt Ebermayer hat auf Grund ſeiner Verſuche berechnet, daß per Jahr und Hektar folgende Waſſermengen verdunſtet werden: im Freenn 40 870 hl im Walde ohne Streudede . . .. 15 920 „ n „ 6 260 „ Hierbei iſt jedoch die Verdunſtung des Schutzbeſtands nicht gemeſſen worden Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 323 und anderſeits iſt die Verdunſtung des Graſes und der Forſtunkräuter zu berück— ſichtigen. In dieſer Richtung geben uns die Unterſuchungen von Wollny und Höhnel immerhin einige Fingerzeige, wenn auch die Reſultate bis jetzt ſelbſt von einer annähernd genauen Bilanz weit entfernt bleiben. Wollny fand folgende Verdunſtungsverhältniſſe vom April bis November: Erſte Verſuchsreihe. Beim Beginn des Verſuchs a. mit Grasgemiſch, b. mit Bokharaklee bejäct und e. nackt gelaſſen. Es verdunſteten per Hektar: a. 54 688 hl b. 53 839 „ 1 Das Regenwaſſer betrug 57 412 hl. Zweite Verſuchsreihe. Beim Beginn des Verſuchs a. mit dichtbewachſenen Raſenſtücken beſetzt und b. unbedeckt gelaſſen. Es verdunſteten per Hektar: Sandboden a. 47 355 hl Id Te Torfboden a. 55 630 „ b. 30 290 „ Thon boden a. 51 721 „ b. 33 899 „ Das Regenwaſſer betrug 57 253 hl. Dritte Verſuchsreihe. Beim Beginn des Verſuchs a. mit einer nur 1,5 em dicken Schicht von Dünger bedeckt, b. humoſer Kalkſand mit Steinen von Wallnußgröße belegt, c. unbedeckt gelaſſen. Es verdunſteten per Hektar: Sand a. 16 529 hl e eee Torf 2 22082 „ b. 33233 Thon a. 26 314 „ e. 33 682 „ Humoſer Kalkſand b. 20 492 „ c. 26 483 „ Das Regenwaſſer betrug 54 917 hl. Man ſieht, daß der mit Gras oder Klee angeſäete und mit Gras dicht bewachſene Boden 20—30 000 hl mehr verdunſtet, als ein unbewachſener Boden, daß aber ſchon eine geringe Bedeckung die Verdunſtung des nackten Bodens um 2— 7000 hl verringert. Die Unterſuchungsreſultate ſind bis jetzt, wie geſagt, noch höchſt unvoll— 324 Neunter Abſchnitt. ſtändig und namentlich habe ich von der kleinen Fläche der Apparate (0,1 qm) auf die Verdunſtungsgröße per Hektar geſchloſſen. Allein ſie ſind immerhin wegweiſend für den forſtlichen Verjüngungsbetrieb. Wenn man die von Höhnel ermittelten Verdunſtungsverhältniſſe der Waldbäume (S. 49) und die vorſtehenden Ziffern zur Vergleichung benutzt, ſo ergibt ſich eine Verdunſtungsmenge per Hektar: Verdunſtungsgröße eines geſchloſſenen Buchenbeſtands mit Streudecke per Jahr ca. 37000 hl ohne Streudecckckke! 2. 02 ee DEN HEN En Fichtenbeſtand mit Streudede . „ 1220008 3 ohne 5 N e eee Kiefernbeſtand mit Streud eke „ 15 ohne „ 7. 19050 „ Freie Schlagfläche ohne Unkraut per Jahr nach Ebermayer „ 41000 „ Mit angeſäetem Gras bewachſener Freiſchlag während der Monate April bis Oktober e e eee Mit dichtem Gras bewachſener Freiſchlag . .. ca. 47—56 000 Man hatte ſonach ſicherlich Urſache, das Gedeihen der Pflanzen auf Kahlſchlägen und Schirmſchlägen unter vergleichungsfähigen Verhältniſſen zu beobachten — vor allem nach gleichzeitiger Be— pflanzung der Schirmſchläge und Kahlſchläge. Aber auch ohnedem liegt klar am Tage, daß bei der Verjüngung ſchattenertragender Holzarten (mit Ausnahme der ſehr trockenen und vermagerten Bodenflächen, auf denen die jungen Pflanzen den letzten Rettungsanker im Taugenuß finden) die Bepflanzung der Beſamungsſchläge am wirkungsreichſten und am erfolgſicherſten ſein wird. Der rationelle Verjüngungsbetrieb mußte verhüten, daß Boden— zuſtände entſtehen, welche Entfernung des Unkrauts, Lockerung von Riefen, von Löchern ꝛc. notwendig machten. Hatten ſich in älteren Kiefernbeſtänden ꝛc. Heidelbeer- und Heideſträucher u. ſ. w. an: geſiedelt, ſo war in erſter Linie die Pflanzung unter Schirmſchlägen mit Entfernung des Unkrauts und Bodenlockerung zu verſuchen, nicht aber dem Unkrautwuchs durch Kahlſchläge Thür und Thor zu öffnen. Wenn dagegen für einen verarmten und trockenen *) Das Verhältnis zwiſchen Buchen-, Fichten- und Kiefernbeſtänden wird ſich abändern, wenn die Wirkung des Laubes und der Nadeln auf die Boden— verdunſtung feſtgeſtellt worden iſt. Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 325 Boden ſchattenertragende Holzarten für die Nachzucht zu wählen ſind (ſicherlich ſeltene Fälle, etwa wenn die Kiefer wegen der Schütte nicht angebaut werden kann und durch die Fichte erſetzt werden muß), ſo hatte man zu unterſuchen, ob der Taugenuß die Pflanzen in beſſerer Weiſe turgeſcent erhalten wird, als der geringe Waſſerzufluß aus dem Boden. Bei dieſem Bodenzuſtand hat die Benetzung der jungen Holzpflanzen während der heißen und trockenen Zeit durch die Regen- und nament⸗ lich die Tauniederſchläge ganz beſondere Bedeutung, weil die Tranſpiration nach der Benetzung nicht mehr erheblich iſt und die Pflanzen alsbald durch kapillare Waſſeranziehung und den Wurzeldruck in Saftfülle kommen. Die Schirmſchläge halten nicht nur die Regenniederſchläge zurück, ſie verhindern auch die Taubildung. Die jungen Holzpflanzen, welche durch den mangelnden Lichtgenuß ohnehin zu keinen großen Kraftleiſtungen befähigt ſind, werden in der warmen Luft unter dem Kronendach auch noch nach Sonnenuntergang tranſpirieren. Sie werden im heißen Sommer bald vertrocknen, wenn ihnen der letzte Rettungsanker, der Taugenuß, mangelt. Auf dieſen trockenen Standorten würde man immer— hin die Beſamungsſchläge, nachdem ſie beſamt oder beſſer bepflanzt ſind, raſch lichten müſſen; die Schirmwirkung würde einen geringen Effekt haben. Man wird für die Beſchädigung des Nachwuchſes bei der Fällung und Räumung vielleicht keinen genügenden Erſatz finden. Auf armen Böden und bei der Nachzucht licht— bedürftiger Holzarten iſt es, wie geſagt, zweckmäßiger, ſofort kleine, ſeitlich geſchützte Schläge (möglichſt Saum— ſchläge oder keſſelförmige Verjüngungsflächen) kahl zu hauen, den Boden ſo weit zu lockern, als örtlich erreichbar iſt und gleichzeitig zu bepflanzen. Dieſe Saumſchläge ſind der herrſchenden Windrichtung entgegen zu führen, wenn Fichten⸗ oder Tannenbeſtände zu verjüngen ſind. Wenn dagegen vom Winde keine Gefahr zu beſorgen iſt, ſo kann man ſie in öſt— licher Richtung führen, weil in dieſem Falle möglicherweiſe die aus— trocknenden Oſtwinde weniger ſchaden können. Die Forſtwirte, welche die Verwendung von Ballenpflanzen und namentlich von verſchulten Pflanzen erprobt gefunden haben, werden indeſſen einwenden: es iſt allerdings möglich, daß man, 326 Neunter Abſchnitt. wenn der Boden friſch und locker iſt, durch die genannte Spalt— pflanzung (die wir in der vierten Abteilung dieſes Abſchnitts genauer kennen lernen werden) mit einem ſehr geringen Aufwand von Koſten und Arbeitskräften denſelben oder einen beſſeren Erfolg erzielt, wie die Natur mit dem abfallenden Samenkorn. Aber es ſind in der Regel andere Bodenzuſtände Kulturobjekte. Abge— ſehen von den flachgründigen, ſteinigen und felſigen, naſſen und ſumpfigen Böden ſind die Kulturorte ſehr oft an der Oberfläche vertrocknet, verhärtet, ausgemagert und mit Unkräutern überzogen. Hat hier nicht die Verſetzung großer Pflanzen — Ballenpflanzen, verſchulter Pflanzſchulzöglinge u. ſ. w. — größere Vorzüge, als die Spaltpflanzung mit 1jährigen Kiefern, 2jährigen Lärchen und 2—z3jährigen Fichten u. ſ. w.? Dieſe Frage konnte nur durch komparative Unterſuchungen, gelöſt werden und namentlich hatte man dabei die gleiche Bodenbearbeitung, die man als Vorbereitung beim Einſetzen der ſtärkeren Pflanzen gebraucht, auch den kleineren, unverſchulten Pflanzen angedeihen zu laſſen. Ohne den ſcharfen Beweis, den dieſe Vergleichung geliefert haben würde, kann man nur ſagen, daß die höhere Leiſtungsfähigkeit der koſtſpieligen Pflanz— verfahren nicht nur nicht erwieſen, ſondern entſchieden unwahr— ſcheinlich iſt. Allerdings können die größeren Pflanzen ſtärkere und weiter ausgedehnte Wurzeln benutzen. Ich habe jedoch ſchon oben bemerkt, daß dieſe Wurzeln auch einen größeren Körper zu ernähren und eine größere Waſſerverdunſtung zu beſtreiten haben. Es iſt aber ferner auf die ſtärkeren und weit verzweigten Wurzeln nicht der entſcheidende Wert zu legen, ſondern lediglich auf die Faſerwurzeln und ſpeciell auf die Wurzelhaare. Stehen die letzteren nach dem Abreißen von der Erde beim Ausheben in einem beſſeren Verhältnis zur großen Pflanze, wie die Wurzelhaare der 1- bis 3jährigen, in demſelben lockeren Boden gewachſenen Pflanze (die man ja auch mittels dünner Saat, Ausrupfen ꝛc. geräumig er— ziehen kann) zu dieſer kleinen Pflanze? Ohne die Beantwortung dieſer Frage iſt die große Koſtenausgabe, welche die ſtärkeren Pflanzen erfordern, nicht gerechtfertigt. Zudem können tiefe Löcher, große die Pflanzen umhüllende Erdballen u. ſ. w. lediglich das Anwurzeln und nächſtzeitige Fortwachſen der Pflanzen erleichtern, nicht aber den Waſſergehalt der Pflanzſtellen dauernd erhöhen. Bei der Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 327 raſchen Waſſerbewegung im Boden werden die Löcher, Erdballen ꝛc. alsbald ihr Waſſer an die nachbarlichen, nicht gelockerten und darum ſtark verdunſtenden Bodenſchichten abgeben. Für derartige mißliche Bodenverhältniſſe wird, wie ich unten durch die ſpecielle Koſtenvergleichung zeigen werde, in erſter Linie zu unterſuchen ſein, ob die Lage und die Bodenbeſchaffenheit Tiefkultur der geſamten Verjüngungsfläche (mit dem Untergrundspflug) geſtattet, die gründ— lich hinſichtlich der Erhaltung der Bodenfeuchtigkeit wirkt (und ſelbſt bei ſchwer zu bearbeitendem Boden 70—80 M. per Hektar ſelten koſten wird, während in den meiſten deutſchen Staaten viel höhere Beträge thatſächlich für die Bepflanzung vorausgabt worden ſind). Die leiſtungsfähigſten Verjüngungsmethoden find ſchon aus dieſen kurzen Ausführungen klar zu erkennen. Abgeſehen von abnormen Bodenzuſtänden wird für die Nachzucht der ſchattenertragenden Holzarten namentlich der Buche, Tanne und der Fichte (der letzteren Holzart, in geſchützten Lagen und auf friſchem Boden), in der Regel Bepflanzung der Beſamungsſchläge, überhaupt der Schirmſchläge mit 1—3 jährigen Saatſchulpflanzen, dagegen für die cachzucht der lichtbedürftigen Holzarten — namentlich der Kiefern, Lärchen und Eichen — Bepflanzung kleiner, jeit- lich geſchützter Kahlſchläge gleichfalls mit kleinen Pflanzen nach Entfernung des Unkrauts ꝛc. zu wählen ſein. Wenn indeſſen der Samenabwurf des Mutterbeſtands — vor allem bei der Rotbuche, zuweilen auch bei der Tanne und Fichte — recht— zeitig aufkeimt, ſo wird man denſelben ſelbſtverſtändlich benutzen. Aber bei der Seltenheit der Samenjahre in vielen Gegenden Deutſch— lands darf ſich der vorſichtig geleitete Verjüngungsbetrieb nicht auf dieſen unſicheren Faktor ſtützen, man muß ſtets einen genügenden Pflanzenvorrat in Bereitſchaft halten. 2) Die Anſichten der Waldbaulehrer hinſichtlich der Wahl zwiſchen der natürlichen und künſtlichen Ber: jüngung der Waldungen. Georg Ludwig Hartig ſtellt die natürliche Verjüngung an die Spitze der Verfahrungsarten zur Fortpflanzung der Waldungen. Sie ſei die wohlfeilſte, dauerhafteſte und die am wenigſten mühſame unter allen Holzerziehungsmethoden. Der Förſter ſei nur berechtigt, 328 Neunter Abſchnitt. künſtliche Holzerziehungsmittel einzuſchlagen, wenn der vorhandene Beſtand zur natürlichen Beſamung nicht geeignet oder der Boden von Holz entblößt ſei. Heinrich Cotta ſteht auf einem weſentlich verſchiedenen Standpunkt. Er will die natürliche Holzzucht dem künſtlichen Holzbau nur „in Gegenden, welche noch Ueberfluß an Walduna und wenig Abſatz haben, bei Holzarten, welche in der Jugend viel Schutz und Schatten verlangen, Verletzungen aber leicht ausheilen, z. B. bei der Tanne, unter ſehr günſtigen Standortsverhältniſſen und bei Holzarten, von denen man zu ſelten keimfähigen Samen vorrätig haben kann“, vorziehen. Außer den Fällen, in denen die natürliche Holznachzucht nicht möglich oder beſonders ſchwierig iſt, ſtellt Cotta die Wahl des Holzanbaues aus der Hand frei: 1) weil der Nachwuchs ſicherer als bei der Holzzucht unmittelbar nach dem Abtriebe erlangt werden kann, wodurch man das Verderben des Bodens ver— meidet, und mithin in doppelter Hinſicht an Zuwachs gewinnt. Wo nun die Holzpreiſe hoch genug ſind, da erſetzen einige Jahre Zuwachs die Kulturkoſten mehr als hinreichend; N 2) weil man es beſſer als bei der Holzzucht in der Gewalt hat, weder zu dichte noch zu lichte Beſtände zu erlangen, was viel wichtiger iſt, als die meiſten glauben; 3) weil ſich eine größere Mannigfaltigkeit von Holzarten untereinander erziehen läßt, wodurch das Wachstum befördert wird, und vielerlei Gefahren, 3. B. Windbruch, Inſektenfraß ꝛc., abgewendet werden; 4) weil man auch für jede kleine Stelle eines Schlages die Wahl der paſſenden Holzart beſſer treffen kann, wodurch der Ertrag um vieles vermehrt wird; 5) weil der Holzanbau in manchen Fällen weniger koſtſpielig iſt als die Holzzucht, indem bei dieſer durch das Herausſchaffen der Samenbäume aus den Schlägen oft ſo beträchtliche Löhne notwendig werden, daß ſie die Kulturkoſten überſteigen; 6) weil an ſteilen Bergen die zur Beſamung übergehaltenen Bäume wegen des Herausſchaffens zu Scheitholz zerſchnitten werden müſſen und dadurch ge— wöhnlich viel am Werte verlieren; 7) bei der Verjüngung von ſo verkümmerten Beſtänden, daß man zu fürchten hat, aus ihrem Samen nur kümmerliche Pflanzen zu ziehen. Hundeshagen glaubt wieder (1821), daß der künſtliche Holz— anbau faſt durchaus der Holzzucht untergeordnet bleiben, alſo nur als bedingtes Hilfsmittel benutzt werden müſſe. Pfeil betont als Nachteile der natürlichen Verjüngung: ſchlechter Wuchs bei lichtbedürftigen Holzarten, Verluſt des Stockholzes, Zu— Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 329 wachsverluſt, Ungleichwüchſigkeit der Nachzucht, Abhängigkeit der Hiebsleitung von Samenjahren, teils zu lückenhafter Stand der jungen Pflanzen, Schwierigkeit der Bildung gemiſchter Beſtände. Derſelbe fährt hierauf fort: Es iſt demgemäß als ein ſehr zu tadelndes Vorurteil anzuſehen, wenn man glaubt, daß in einer guten Forſtwirtſchaft es Regel ſein müſſe, die Hoch— waldbeſtände immer durch Samenſchläge zu verjüngen, wo dies möglich iſt, daß der Anbau aus der Hand nur da eintreten dürfe, wo dieſelben mißlingen, oder der Beſchaffenheit der Beſtände u. ſ. w. gemäß, unausführbar ſind. Bei einer guten Wirtſchaft, wo das Holz Wert genug hat, um die zur Erziehung voll— kommenen Beſtände, zur Gewinnung der vollen Bodenproduktion aufgewendete Arbeit zu bezahlen, iſt unter Verhältniſſen, wo der kahle Abtrieb thunlich, der Anbau aus der Hand ſicher iſt, dieſer beinahe immer den Beſamungsſchlägen vorzuziehen, ſelbſt wenn man den ſtaatswirtſchaftlichen Grundſatz unbeachtet laſſen will: daß man immer ſo viel als möglich Gelegenheit zur produktiven Arbeits— darſtellung zu geben ſuchen muß. Die Beachtung desſelben wird aber in der neueren Zeit immer wichtiger, jemehr die Menſchen ſich vermehren, welchen ent— weder Almoſen zu ihrer Erhaltung gegeben werden, oder Arbeit, die ſie ernähren kann, nachgewieſen werden muß. Welche Ausgabe kann aber wohl mehr ſich rechtfertigen als eine ſolche, wodurch eine Vermehrung des in vielen Gegenden ſo ſehr fehlenden Holzes bewirkt, und zugleich die ärmſte Volksklaſſe ernährt wird. Gwinner iſt wieder anderer Anſicht. „Ueberall, wo eine künſtliche Anzucht der Waldungen wegen der Anforde— rungen der Holzarten oder wegen des Standorts mit Gefahr oder mit außer— ordentlicher Aufopferung verknüpft wird, muß die natürliche Verjüngung Regel bleiben, wenngleich hierbei die künſtliche Kultur in weit größerem Umfang, als es an vielen Orten bisher geſchah, zur Unterſtützung dienen muß. Als Vorteile der künſtlichen Nachzucht der Waldungen führt indeſſen Gwinner an: 1) Man kommt in vielen Fällen ſchneller und ſicherer zum Ziel und der Ertrag kann genauer angegeben werden. 2) Es iſt eine vollſtändige Stock- und Wurzelholznutzung möglich. 3) Die Nachzucht der Waldungen wird von dem Eintritt der Samenjahre unabhängiger. Auch können in den meiſten Fällen ſo viele Jahre, als die Pflänzlinge zur Zeit der Pflanzung alt ſind, als Gewinn zum Zuwachs betrachtet werden. 4) Nach dem Abtrieb, mit, und ſogar auch nach der Anzucht des jungen Waldes können landwirtſchaftliche Zwecke verfolgt werden. 5) Durch den Umbruch des Bodens wird das Wachstum des neuen Waldes befördert. 6) Bei der Wahl der Holzarten hat man größeren Spielraum, namentlich auch in Beziehung auf Miſchung; es werden ferner gleichförmigere Beſtände er— zogen und regelmäßigere Altersabſtufungen gebildet. 7) Es iſt für künſtlich erzogene Beſtände weniger von Naturereigniſſen zu 330 Neunter Abſchnitt. befürchten und die bei der natürlichen Verjüngung ſo häufigen Schlagnachbeſſe— rungen ſind größtenteils erſpart. 8) Die Wirtſchaftseinrichtung und namentlich die Schlagfolge werden weniger geſtört. 9) Ueberhaupt erhält der Wald bälder Ruhe, die Schlagauszeichnungen werden entbehrlich, die Anlage, Unterhaltung der Wege und die Abfuhr er— leichtert. 10) Es iſt in vielen Fällen einfacher und kunſtloſer, eine abgeholzte Fläche anzubauen, als auf derſelben die natürliche Verjüngung durchzuführen. 11) Die künſtliche Berjüngung iſt ratſam, wo zu befürchten iſt, daß die zur Verjüngung angehauenen Schläge vom Winde geworfen werden und die vor— handene Holzart im Freien nicht erzogen werden kann. 12) Ebenſo, wo durch Herausſchaffen des Holzes aus dem Unterwuchs dieſer allzuſehr beſchädigt oder durch Zerkleinern des erſtern behufs leichteren Transports ein weſentlicher Sortimentsverluſt herbeigeführt würde. 13) Sie iſt in der Regel notwendig bei Beſtandesumwandlungen. 14) Sie iſt geboten: Bei neuen Anlagen von Wald, bei mangelnder Fort— pflanzungsfähigkeit des Beſtandes, oder wo unabwendbare Gefahren allen Pflanzen drohen, welche nicht eine gewiſſe Stärke und Höhe überſchritten haben. Als Vorteile der natürlichen Verjüngung betont an— derſeits Gwinner: 1) dem Boden wird jeine Laub- und Moosdecke, Humus und Feuchtigkeit mehr erhalten, auch iſt die Abſchwemmung weniger möglich; 2) die jungen Pflanzen haben bei richtiger Hiebsführung durch die Mutter— bäume mehr Schutz in ihrer erſten Entwicklung, was, wenn ſie deſſen bedürfen, namentlich bei ungünſtigem Standort ſehr zu beachten iſt; 3) der etwaige Vorwuchs kann für die Zwecke der Verjüngung benützt werden, ſoweit er noch geſund iſt; 4) der Zuwachs am Beſamungs- oder Schutzbeſtand, der beim kahlen Ab— trieb verloren geht, iſt in dieſen Fällen ſehr bedeutend, und vermehrt oft den Sortimentswert weſentlich, ohne dem Nachwuchs zu ſchaden; 5) die Kulturkoſten ſind erſpart, oder wenigſtens auf ein kleinſtes be— ſchränkt. Gwinner hat, wie man ſieht, lediglich den Kahlhieb mit nach— folgendem Holzanbau im Auge. Bei der künſtlichen Vorverjüngung, die wir ad 1 befürwortet haben, fallen die zu Gunſten der natür— lichen Verjüngung angeführten Gründe (bis auf die von Gwinner ad 5 erwähnte Erſparung von Kulturkoſten) hinweg. Stumpf geht noch einen Schritt weiter als Gwinner. Er ſagt: „Solange die natürliche Verjüngung der Waldungen auf eine dem Zwecke der Wirtſchaft entſprechende Weiſe möglich iſt und auf dieſem Wege vollkommen junge Waldungen erzogen werden können, findet die künſtliche Holz— Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 331 zucht oder der Waldanbau im allgemeinen keine Anwendung oder wird auf die erforderlichen Nachbeſſerungen beſchränkt. Künſtlicher Anbau ſoll außer dieſen Nachbeſſerungen nur dann eintreten, wenn der Beſtand fehlt oder zur Nachzucht nicht geeignet iſt, bei der Verjüngung der Fichte in Windwurflagen, bei ſtarken Beſchädigungen des Nachwuchſes durch die Abfuhr ſtarker Stämme ꝛc. Aber Stumpf begründet den aufgeſtellten Grundſatz in eigenartiger Weiſe: „Die Be— friedigung der mit Zunahme der Bevölkerung täglich ſteigenden Holzbedürfniſſe iſt eine mächtige ſtaatswirtſchaftliche Aufforderung geworden, die Produktion der Waldungen nach Möglichkeit zu vermehren, was in vielen Fällen nur mit Hilfe des Holzanbaues möglich iſt; die hohen Holzpreiſe aber ließen die früheren Rück— ſichten auf den Koſtenaufwand in den Hintergrund treten.“ Es ſei abzuwarten, ob die Verbindung der Holzzucht mit der Fruchtnutzung glänzendere Ergebniſſe, als bisher, habe. Aus dieſen Gründen ſei im größeren Forſthaushalt im allge— meinen an dem oben mitgeteilten Grundſatz ſeſtzuhalten. Nach Jäger iſt die künſtliche Kultur nützlicher, als die Holz— zucht. 1) Wenn die Holzpreiſe hoch ſtehen und die Bedürfniſſe dringend ſind, zeigt ſich die künſtliche Kultur um ſo nützlicher und rätlicher, als bei ihr weder Zu— wachs verloren geht, noch der Boden verdirbt, was bei der natürlichen Ver— jüngung ſo häufig geſchieht. 2) Wenn eine beſtimmte Entfernung der Holzpflanzen in den verſchiedenen Altersperioden gewünſcht wird, kann dieſes in den meiſten Fällen nur durch eine künſtliche Kultur bewirkt werden. 3) Wenn mehrere Holzgattungen in beſtimmten Verhältniſſen gemiſcht er— zogen werden ſollen. 4) Wenn jeder Boden die entſprechende Holzart producieren ſoll. 5) Wenn und wo zu befürchten iſt, daß bei einer lichteren Stellung der Bäume der Wind, Schnee und Duft Schaden anrichtet, und 6) wenn und wo die Beſamung ungleich erfolgt, dadurch die Erziehung unvollkommener Beſtände erſchwert, oder bedeutender Schaden durch die Fällung und Abfuhr der Samenbäume zu befürchten iſt. Jäger gibt deshalb den Rat, außer Buchen und Tannen keine Holzart auf natürlichem Wege zu erziehen. Ebenſo will Karl Heyer die natürliche Verjüngung auf die Schutzwälder und auf Gegenden, in denen die Holzpreiſe ſehr niedrig ſtehen, auf rauhe Hochlagen, frei gelegene Bergkuppen und Kämme, ſchroffe Einhänge und Böden mit ſtarkem Unkrautwuchs, ſeichte Felsböden und Felsgeröll ꝛc. beſchränken. Karl Fiſchbach glaubt daß in den meiſten Fällen eine Kombination der natürlichen und der künſtlichen Nachzucht not— wendig ſei. 332 Neunter Abſchnitt. Heinrich Burckhardt will die natürliche Verfüngung nur bei der Buche und Tanne als Regel beibehalten, ſonſt nur als Ausnahme. Endlich befürwortet Karl Gayer in erſter Linie die horſtweiſe Schirmbeſamung. II. Die natürliche Verjüngung der Waldungen. Die natürliche Verjüngung der Waldungen durch Vorbereitungs-, Beſamungs- und Auslichtungsſchläge war, wie geſagt, ſchon gegen Ende des 18. Jahrhunderts in muſtergültiger Weiſe ausgebildet worden. Wir haben im dritten Abſchnitt (S. 84) die Wirtſchafts— regeln für den „Femelſchlagbetrieb“ in Buchenhochwaldungen, die zur damaligen Zeit namentlich kurheſſiſche Forſtwirte veröffentlicht haben, wörtlich kennen gelernt. Zunächſt war ein „Vorbereitungs— ſchlag“ zu ſtellen, ſo dunkel, daß weder Gras, noch Heide, noch Heidelbeeren aufkommen können. Im Maſtjahre war hierauf der „Beſamungsſchlag“ zu ſtellen. Es folgten alsdann vier, fünf und mehr „Auslichtungshiebe“, der erſte nur an denjenigen Stellen, wo die Beſamung die Höhe von einem Fuß erreicht hatte, der letzte, wenn die Beſamung drei Fuß hoch geworden war — nie auf ein— mal, ſondern überall nach dem Lichtbedürfnis des Anwuchſes. Welche Aufgabe hatten die im neunzehnten Jahrhundert wirken— den Forſtmänner im Anſchluß an die früheren Leiſtungen zu er— füllen? In welcher Weiſe war die Verjüngung der Waldungen durch den Femelſchlagbetrieb weiter auszubilden, zu ergänzen und zu verbeſſern? Die Ziele, die der Femelſchlagbetrieb verfolgt, liegen in verſchie— denen Richtungen. Die Verjüngungsfläche ſoll locker und empfänglich bleiben oder werden, ſie ſoll mit Samen überſtreut werden, die Feuchtigkeit und der Humusgehalt des Bodens ſoll möglichſt ge— ſchützt, die Holzpflanzen erhalten und der Unkrautwuchs zurückgehalten werden. In Froſtlagen tritt der Schutz gegen Spätfröſte hinzu. Abgeſehen von der oben erörterten Frage, ob die Ueberſtreuung der Fläche mit Samen und namentlich die Erwartung der oft ſelten eintretenden Samenjahre beſondere Vorzüge gegenüber der Bepflanzung des empfänglichen Bodens der Vorbereitungs- und Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 333 Beſamungsſchläge hat, war unter allen Umſtänden die Beſchützung des Waſſer⸗ und Humusgehalts eine wichtige Obliegenheit. Unter allen Umſtänden war der Waldboden bis zur beginnenden Ver— jüngung dunkel zu beſchatten (ſelbſt wenn man bei der Stellung des Beſamungsſchlages, der die natürliche Verjüngung bezweckte, zu große Laubmaſſen ꝛc. künſtlich zu entfernen hatte). Bezüglich der Verjüngung ſchattenertragender Holzarten war genau zu beſtimmen, wie die Auslichtung nach Maßgabe der Bodenbeſchaffenheit und namentlich des Feuchtigkeitsgehalts vorzuſchreiten hat, zumal in den ſüdlichen und weſtlichen Lagen und auf Waldböden, welche ihren Waſſergehalt leicht verlieren. Man kann durch eine ſehr dunkle Stellung die Winterfeuchtigkeit etwas länger dem Boden erhalten; aber den jungen Pflanzen werden im Sommer die Tauniederſchläge und die Regenniederſchläge entzogen — und dieſe Wirkung wird in vielen Fällen, namentlich auf Sandboden und in ſüdlichen Lagen durch die Erhaltung der Winterfeuchtigkeit nicht kompenſiert werden können. Es war durch komparative Unterſuchungen feſtzuſtellen, wie in dieſer Richtung kleine, ſeitlich geſchützte, keſſelförmige Schirm: ſchläge und ſchmale, gleichfalls ſeitlich geſchützte Kahlſchläge (Saum— ſchläge) wirken. Bezüglich der Nachzucht lichtbedürftiger Holzarten war die Unterſuchung einfacher. Wenn die ſtarke Lichtung, ſogar die Räumung wenige Jahre nach der Anſamung des Schlags not— wendig wird, ſo kann die Stellung desſelben in der Hauptſache nur die minder koſtſpielige Beſtreuung der Verjüngungsfläche mit Samen bezwecken. Denn der Gewinn durch die nicht ſehr dunkle und bald vorübergehende Beſchattung des Schlages würde höchſt wahrſcheinlich durch die Beſchädigung des Anwuchſes bei der Fällung und Räumung des Beſtandreſtes ausgeglichen worden ſein. Wenn aber das genannte Ausſtreuen des Samens dem Walbdbeſitzer bei genauer Vergleichung mit dem Erfolg der alsbaldigen An— pflanzung durch billige Methoden mehr koſtete, als dieſe An— pflanzung, ſo war offenbar der Femelſchlagbetrieb für lichtbedürftige Holzarten zwecklos. : Im übrigen iſt klar, daß die baldmöglichſte Entfernung der ſtärkſten Stämme ſchon bei der Beſamungsſchlagſtellung die größten Vorteile darbietet, weil unter dem Schirm derſelben die Nachzucht 334 Neunter Abſchnitt. nicht gedeihen kann und größere Lücken verbleiben, auch der ſpätere Aushieb den Nachwuchs ſtärker beſchädigen würde, als der Aushieb ſchwächerer Stämme. Man hatte ferner zu beachten, in welchen Grenzen der ſog. Vorwuchs, namentlich bei Weißtannen und Buchen, tauglich für die Bildung des jungen Beſtands bleibt. Man hatte endlich zu unterſuchen, ob in Bucheln- und Eichelmaſt⸗ jahren der Eintritt von zahmen Schweinen (hungrig oder geſättigt) das Unterbringen einer genügenden Samenmenge befördert. Wie weit iſt die Ergänzung der früheren Gebräuche in den oben genannten Hauptrichtungen fortgebildet worden? A. Die Anſichten der Waldbaulehrer. 1) Die Verjüngung der Rotbuche. Im Gegenſatz zu den oben genannten Vorſchriften, welche die Stellung des Vorbereitungsſchlages und nach dem Beſamungsſchlage mehrerer Auslichtungshiebe (jeweils auf den Flächenteilen, welche dieſe Auslichtung am nötigſten hatten) als Regel angegeben haben, will Georg Ludwig Hartig ſofort den Beſamungsſchlag geſtellt haben. Die ſchönſten und ſtärkſten Stämme ſollen ſtehen bleiben und ſich in der Regel mit den äußerſten Spitzen der Zweige beinahe berühren (im rauhen Klima dürfen dieſelben ineinandergreifen; bei vorhandenem, hinlänglichem Samen— abwurf oder wenn eine beträchtliche Menge junger Buchenpflänzchen ſchon vor— findlich iſt, dürfen die äußerſten Spitzen der Aeſte ſechs bis acht Fuß vonein— ander entfernt ſein). In dieſer dunklen Stellung bleibt der Schlag, bis er größtenteils oder allenthalben drei bis vierjährig, alſo 8—12 Zoll hoch gewor— den iſt. Hierauf wird die Hälfte der Samenbäume (und zwar immer die ſtärkſten Stämme) da weggenommen, wo der meiſte Aufſchlag erfolgt iſt; man gibt den ſtehenbleibenden Stämmen eine möglichſt gleiche Entfernung. Indeſſen darf dieſer „Lichtſchlag“ nicht auf einmal zu licht geſtellt werden; vielmehr müſſen die notwendigen Schutzbäume vorerſt noch ſtehen bleiben, namentlich im rauhen Klima, in der Nähe von Sümpfen, Flüſſen und Seen und an den Sonnenſeiten der Berge. Wenn das junge Holz 1½ bis 3 Fuß hoch geworden iſt, ſo werden alle Bäume herausgehauen — man führt den Abtriebsſchlag. Später, im Jahre 1831, erteilte G. L. Hartig die Vorſchrift, daß im milden Klima der Lichtſchlag geführt wird, wenn die jungen Buchenpflanzen 2 Jahre alt geworden find, dagegen der Abtriebsſchlag, wenn fie 1½ bis 2 Fuß hoch geworden find; im rauheren Klima iſt der „erſte Auslichtungsſchlag“ zu führen, wenn der An— wuchs drei- bis vierjährig oder 8 bis 12 Zoll hoch iſt, der „zweite Auslichtungs— ſchlag“, wenn derſelbe ½ bis 2 Fuß und der „Abtriebsſchlag“, wenn der Anwuchs eine Höhe von 2½ bis 3 Fuß erreicht hat. Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 335 Die Vorſchriften, welche G. L. Hartig von 1791 bis 1831 erteilte, gehen allmählich von der lichteren zu der dunkleren Schlag— ſtellung über. Aber ſie bekunden, im Vergleich mit den oben mitgeteilten Verjüngungsregeln, keineswegs einen durchgreifenden Fortſchritt. G. L. Hartig ſchreibt im weſentlichen drei Verjüngungshiebe vor — den Beſamungsſchlag, Lichtſchlag und Abtriebsſchlag. Indeſſen haben die früher gebräuchlichen Vorbereitungshiebe, die den Boden empfänglich für das Aufkeimen des Samenwuchſes machen, und die allmählichen Auslichtungshiebe, welche überall eingreifen, wo die jungen Pflanzen Licht brauchen, unverkennbar ſchätzenswerte Wirkungen bei der Verjüngung der Hochwaldungen, zumal der Buchenbeſtände. Heinrich Cotta legt dagegen beſonderen Wert auf die Vor— bereitungsſchläge. Auf der zur Auslichtung beſtimmten Fläche ſollen „ungefähr 1½ mehr Bäume ſtehen bleiben, als man bei einem ordentlichen Samenſchlage in der Gegend für angemeſſen hält“. Erfolgt ein Samenjahr, ſo werden ſo viele Schläge zuſammengenommen, daß die Holzmaſſe derſelben für die Nutzung in demjenigen Zeitraum, der von einem Maſtjahr zum anderen erfahrungsgemäß verfließt, aus— reicht und hierauf läßt man jährlich den Etat fällen. Die Beſamungsſchläge ſollen in der Regel ſo geſtellt werden, daß ſich die Zweigſpitzen noch berühren; beim Zuſammentreffen beſonders günſtiger Verhältniſſe dürfen dieſelben 15 Fuß und noch mehr voneinander abſtehen. Der Lichtſchlag wird geführt, wenn die Pflanzen ungefähr einen Fuß hoch ſind und dabei gewöhnlich ungefähr die Hälfte des vorhandenen Holzes nach dem Lichtbedarf des Nachwuchſes weggenommen. Wenn das ganze Holz 1 bis 4 Fuß hoch iſt, ſo wird der Abtriebsſchlag geführt. Indeſſen iſt in Notfällen auch bei einer Nachwuchshöhe von 10 und mehr Fuß die Räumung ohne beſonderen Schaden bei genügender Vorſicht zu bewerkſtelligen. Joh. Chriſt. Hundeshagen erwähnt hinſichtlich der natürlichen Verjüngung der Waldungen nur drei Hiebsſtufen: Beſamungsſchlag, Licht⸗ und Abtriebsſchlag. In Buchenwaldungen ſollen ſich bei der Stellung des Beſamungs⸗ ſchlages die Zweigſpitzen beinahe noch berühren und die Entfernung derſelben unter den günſtigſten Verhältniſſen über wenige Fuß nicht hinausgehen. Der Lichtſchlag wird auf gutem friſchem Boden geſtellt, wenn die Pflanzen im Durchſchnitt die Höhe von höchſtens einem Fuß erreicht haben; es wird auf dieſem Boden die Hälfte der Stammzahl hinweggenommen. Auf trockenem Boden und in zu dichten Beſamungsſchlägen hat die erſte Lichtung ſchon im zweiten Herbſt nach erfolgtem Aufſchlag ſtattzufinden (während G. L. Hartig 336 Neunter Abſchnitt. dunklere Stellung für die Sonnenſeiten der Berge empfohlen hatte). Es werden dabei nur ſoviel Stämme ausgehauen, als zu entfernen ſind, um den Ausſchlag vorläufig geſund zu erhalten; ſtufenweiſe und durch mehrere Nachſämungen iſt auf dieſem Boden dem Ausſchlag nach Bedürfnis das nötige Licht zu verſchaffen. Die vorſichtige und ſtufenweiſe fortſchreitende Lichtung iſt auch bei unvollkommen erfolgtem Ausſchlag einzuhalten. Der Abtriebsſchlag wird bei einer Höhe des Buchennachwuchſes von 1½—2 bis 4 Fuß geführt. Wilhelm Pfeil hat bekanntlich wegen der unendlichen örtlichen Verſchiedenheit im Verhalten der Waldbäume die letzteren durch beſondere, nicht näher bezeichnete Studien befragen wollen. Wir werden ſonach eigenartige Beziehungen kennen lernen; die Pfeilſchen Verjüngungsregeln werden für die weſentlichſten Standortsgruppen, die man in Deutſchland ausſcheiden kann, ſehr abweichend lauten. Pfeil behandelt in ſeinem S. 42 genannten letzten Werk die Verjüngungs— methoden nicht im allgemeinen, ſondern getrennt nach Holzgattungen. Beſonders aus— führlich wird die natürliche Verjüngung der Rotbuche dargeſtellt. Der Kronenſchluß des gleichwüchſigen Vollbeſtands wird zunächſt durch den „Vorbe— reitungsſchlag“ mäßig gelockert. Dieſer Vorbereitungsſchlag kann, ſo ſagt Pſeil, aus mannigfachen Rückſichten geſtellt werden. Die Holzmaſſe iſt zu vermindern, damit der Beſamungsſchlag bei einem gegebenen Abgabeſatz rechtzeitig vorſchreiten kann. Die ſtarke Laubdecke ſoll, während die Beſamung vorbereitet wird, zerſetzt werden, damit der Samen an den Boden gelangt und nicht in der Moderſchicht keimt, wo im Sommer die junge Pflanze vertrocknet. Stangen und mittel— wüchſige Bäume ſollen ihre Kronen ausbilden und zum Samentragen gereizt werden. Der Beſamungsſchlag iſt in Froſtlagen, auf einem friſchen und kräftigen Boden, an den Rändern der Schläge und in den ſüdlichen Gegenden Deutſchlands dunkler zu halten, als auf einem armen und leicht austrocknenden, ferner einem graswüchſigen Boden, bei ſchon vorhandenem Schutzholz und nament— lich in den nördlichen Gegenden Deutſchlands. Bei den ferneren Lichtungs— hieben ſind die Pflanzen auf Nordhängen, in den friſchen, nicht den Spätfröſten unterworfenen Gründen, in den geſchloſſenen Pflanzenhorſten, in der Mitte der Schläge lichter zu ſtellen, als dürftig wachſende Pflanzen auf armen Boden und auf den Südhängen. Pfeil vertritt ſonach die ſonderbare Anſicht, daß der friſche, kräftige Boden bei der Beſamungsſchlagſtellung dunkel, dagegen bei den ferneren Auslichtungshieben licht zu ſtellen, dagegen der ärmere Boden auf den Süd— hängen beim Beſamungsſchlage licht (wegen des Taugenuſſes und der kleinen Sprühregen), bei den Auslichtungsſchlägen dagegen dunkel zu ſtellen ſei. Ander— ſeits fordert Pfeil mit Recht die ſofortige Erzeugung eines gleichmäßigen, über— all genügenden Ausſchlags; er will bei lückigen Beſamungen und lang ausblei— benden Samenjahren vorzugsweiſe die Buchelſaat und die Büſchelpflanzung (mit Ballen in Löcher) benutzen. Der beſamte Buchenſchlag bleibt gewöhnlich, wie Pfeil meint, zwei Jahre ſtehen; dann wird ein Dritteil der noch ſtehenden Holzmaſſe herausgehauen; Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 337 nach Verlauf von 2—3 Jahren nimmt man von der verbliebenen Holzmaſſe wieder die Hälfte hinweg und nimmt nach Verlauf von 6-8 Jahren die voll— ſtändige Räumung vor. „In ſehr rauhen, den Spätfröſten ausgeſetzten Gegenden kann man auch wohl 10, 12 und noch mehr Jahre in einem Buchenſchlage wirt— ſchaften müſſen, bevor man ihn gänzlich räumt.“ Vor allem ſoll man den Wuchs und namentlich die Blätterentwicklung der jungen Pflanzen betrachten, um zu erkennen, ob ſie genügend Licht oder kleine, wenig entwickelte Blätter mit matt— grüner Farbe, die vom Juli ab weiß punktiert erſcheinen, haben. Beſondere geheimnisvolle Beziehungen zwiſchen Schlagſtellung und Pflanzenwuchs und namentlich eine durchgreifende Verſchieden— artigkeit der örtlichen Wirkung werden uns, wie man ſieht, nicht enthüllt. Die Pfeilſchen Leiſtungen ſind hinſichtlich der Begründung und Ausbildung der Waldbauregeln nach der Richtung, die dieſer Schriftſteller hauptſächlich betont hat, ſteril geblieben. Gwinner behandelt zunächſt die natürliche Verjüngung der Waldungen im allgemeinen: Dunkler ſoll der Beſamungsſchlag an den Rändern der Schläge, in rauhen exponierten Lagen, auf Südweſt, Süd- und Südoſtſeiten, ſowie auf magerem, trockenem Boden, auf einem zum Unkrautwuchs und zur Verſauerung geneigtem Boden geſtellt werden. Der Grad der Lichtſtellung ſoll überhaupt wegen Erhal— tung der Bodenfeuchtigkeit und Bodenkraft nicht weiter gehen, als es zur Er— haltung geſunder Pflanzen notwendig iſt. Aber nach erfolgter Beſamung ſind die weiteren Lichtungen namentlich in rauhen, hohen, ſehr exponierten Freilagen, auf Südweſt⸗, Süd⸗ und Südoſtſeiten, auf einem trockenen, armen und ausge— magerten Boden und in Froſtlagen rechtzeitig, ſobald die hier beſonders große Gefahr der Verzärtelung droht (die Pflanzen ein mattes Ausſehen bekommen u. ſ. w.), vorzunehmen. Die ſpeciellen Regeln, welche Gwinner für die Buchenverjüngung gibt, behandeln zunächſt den Vorbereitungsſchlag. Gwinner hält denſelben um ſo nötiger, je ſtärker „auf Sandboden und in trockenen Standorten, auch in kälteren Lagen, wo die Zerſetzung der Laubſchichten ſchwerer erfolgt, die vor— handene Laubdecke iſt, nur darf er (die Lichtung) nicht zu ſtark ſein, weil ſonſt das Laub trocken vermodert. Fehlt dieſe (Laubſchicht) oder iſt fie unbedeutend, dann iſt, beſonders auf trockenen Orten, ein Vorbereitungshieb nicht am Platze, oder er iſt unter gleichzeitigem Grob- und Kurzhacken des Bodens oder wenn Schweine eingetrieben werden, dann zu empfehlen, wenn man Hoffnung auf ein Samenjahr hat.“ (Dieſe Vorſchrift Gwinners iſt mir nicht ganz verſtändlich. Wenn man nach der Blüte der Buchen Hoffnung auf ein Samenjahr hat, die jedoch oft getäuſcht wird, ſo hat der Vorbereitungsſchlag im nächſten Winter als ſolcher keinen Zweck, vielmehr hat der mehr oder minder dunkle Beſamungsſchlag einzutreten.) „Auf ſehr kräftigem Boden (Kalk, Baſalt, feldſpatreicher Granit, Gneis, friſcher Thon ꝛc.) iſt der Vorbereitungshieb weniger notwendig, jedenfalls der zu befürchtenden Bodenverwilderung wegen nicht zu ſtark zu greifen.“ Dieſer Hieb Wagener, Waldbau. 22 338 Neunter Abſchnitt. erſtrecke ſich auf etwa 0,1—0,2 des Haubarkeitsbeſtands; der Boden dürfe ſich nicht begrünen oder wenigſtens nur mit ſchattenertragenden Pflanzen. Vorwuchs, wenn man ihn nicht zu lange im Druck erhält, leiſte für die Verjüngung ſehr weſent— liche Dienſte. Beim Dunkelſchlag würden die Schläge in der Richtung von Weſten nach Oſten geführt, weil die Kälte zurückzuhalten ſei. Eine Entfernung der Zweig— ſpitzen von 4— 10 Fuß (1,1—2,9 m) ſoll als Anhaltspunkt dienen. Auf nörd— lichen und nordöſtlichen Lagen, bei einem nicht zum Graswuchs geneigten Boden, bei vorhandenem tauglichem Anwuchs und in Samenjahren könne lichter gehalten, in den entgegengeſetzten Lagen und ſowohl auf trockenem, wie auf fettem Boden, in rauhem Klima, an ſteilen, exponierten Bergwänden und in kalten, feuchten Niederungen ꝛc. müſſe dunkler gehalten werden. Im erſten Sommer ſeien die jungen Pflanzen brüchig wie Glas. Es dürften 0,15 bis 0,30 der vorhandenen Maſſe erfolgen, doch ſei ein ſicherer Maßſtab ſchwer aufzuſtellen. Zur Unter— bringung des Samens wird Eintrieb von geſättigten Schweinen, Kurzhacken, vorſichtiges Buchelleſen, ſtreifenweiſes Abziehen und Wiederausbreiten des Laubes ꝛc. empfohlen. Die erſte Auslichtung könne vorgenommen werden, wenn die junge Pflanze 1—2 Jahr alt ſei, fie müſſe unter allen Umſtänden bei 2— jährigen Pflanzen geſchehen. Man lichte oft, aber nicht zu ſtark; 2— 3 oder 4 Lichtungen, je 2-3 Jahre auseinander, werden 0,15—0,25 von der zur Zeit der Dunkel— ſchlagſtellung vorhandenen Maſſe der Räumung übrig laſſen. Karl Stumpf gibt für die Verjüngung der Buchenhoch— waldungen die folgenden Regeln: Der Vorbereitungsſchlag hat den Kronenſchluß zu erhalten. Im Beſamungsſchlag iſt eine lichtere Stellung, und zwar in der Ausdehnung, daß die Zweigſpitzen 6—8 Fuß voneinander entfernt find, in folgenden Fällen zuläſſig: im milden Klima (wo Spätfröſte nicht zu fürchten ſind, der Boden aber fruchtbar it) an den Nord- und Oſtſeiten der Mittelgebirge und im Hügelland, bei ſehr langſchaftigen Samenbäumen mit verhältnismäßig ſtarker Krone, bei bereits vorhandenem Aufſchlag oder in einem vollkommenen Samenjahre. Et— was dunkler und zwar ſo, daß die Spitzen der äußeren Zweige noch etwas in— einander greifen, wird die Schlagſtellung an ſteilen, ſüdlichen und weſtlichen Bergwänden, auf magerem oder ſehr trockenem Boden, auf friſchem, ſehr kräftigem, beſonders zum Graswuchs geneigtem Boden und in ſehr rauhen Gebirgsgegenden gehalten. Entſprechend iſt die Stellung des Beſamungsſchlages, wenn ſo viel Licht auf den Boden fällt, daß ſich einzelnes Gras entwickelt und zwiſchen den Buchenpflanzen aufkommt, ohne dieſe zu unterdrücken. Bei den weiteren gelinden und allmählichen Nachhauungen iſt eine baldige, aber ſehr mäßige Lichtung auf magerem Boden notwendig (wegen des Taugenuſſes). Auf kräftigem, friſchem Boden iſt es weder nötig, noch wegen des zu befürchtenden Graswuchſes rätlich, den Lichthieb frühzeitig zu beginnen. Der Abtriebsſchlag wird geführt, wenn die Pflanzen im milden Klima 1½ bis 2 Fuß, in rauhen, den Fröſten aus- geſetzten Lagen 3Z—4 Fuß und 10—15 Jahre alt geworden find. Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 339 Karl Heyer beſpricht zunächſt die Verjüngungsart im allgemeinen. Der künſtliche Holzanbau koſte zwar Geld, aber er ermögliche die Anzucht gleichalteriger Beſtände mit zweckmäßiger räumlicher Verteilung der Stämme, ſei vorzugsweiſe für Kiefern, Lärchen, Erlen ꝛc. empfehlenswert und vermöge die Einhaltung der normalen Umtriebszeit durch ununterbrochenen Fortgang der Verjüngung am meiſten zu ſichern. Dagegen ſei die natürliche Verjüngung in rauhen Lagen, auf freigelegenen Bergkuppen und Kämmen, an ſchroffen Ein- hängen und da, wo ſtarker Unkrautwuchs drohe, ſodann auf ſeichten Felsböden und überhaupt auf Böden, welche mit Felsgeröll und größeren Felsſtücken nur bedeckt ſeien, endlich für die in ihrer Jugend zärtlichen Holzarten, wie Buchen und Tannen, vorzuziehen. Karl Heyer gibt der Pflanzung — namentlich der Ballenpflanzung mit dem Hohlbohrer — den Vorzug vor der Saat und befür— wortet die letztere nur für Ausnahmefälle (billigen Samen und empfänglichen Boden, ſehr ſteinigen Boden). Bezüglich der Schlagſtellung gibt Karl Heyer im allgemeinen dieſelben Vorſchriften, wie Gwinner. Im ſpeciellen iſt Karl Heyer für Vorbereitungshiebe (wegen des Bodenſchutzes bei ausbleibender Maſt) und für eine dunkle Stellung der Be— ſamungsſchläge. Die Kronenränder der Mutterbäume ſollen ſich während der Belaubung im Sommer faſt noch berühren oder doch nur um 2—3 Fuß voneinander abſtehen. Wenn die Auslichtungen im allmählichen A b— triebsſchlag, die erſt im zweiten Herbſte nach der Beſamung zu beginnen haben (weil die einjährige Buche nur eine Endknoſpe hat, deren Verluſt das Verderben der Pflanze nach ſich zieht), ſoweit fortgeſetzt ſind, daß der durch— ſchnittliche Abſtand zwiſchen den Baumkronen 15—20 preußiſche Fuß (4,7 bis 6,3 m) erreicht hat, ſo iſt der Reſt der Mutterbäume abzuräumen. Karl Fiſchbach fordert für den Buchenbeſamungsſchlag eine Stellung, durch welche die äußerſten Zweigſpitzen 2—3 m voneinander entfernt werden. In rauhen, den Spätfröſten ausge— ſetzten Lagen und auf mageren Böden erfordert der Gang der Ver— jüngung, ſo ſagt Fiſchbach, einen Zeitraum von durchſchnittlich 15—20 Jahren, in milden Lagen und bei gutem Boden eine Periode von 7—s8 Jahren. Heinrich Burckhardt teilt im weſentlichen die vorher mit— geteilten Anſchauungen. Er behauptet indeſſen, daß bei der Ver— jüngung der Rotbuche der trockene Boden gleich von vornherein die lichteſte Schlagitellung neben dem von allen Schriftſtellern be: fürworteten raſchen Nachhieb fordere — um ſo mehr, wenn er auch noch unkräftig ſei. Der „Buchen hochwald- Betrieb“ iſt ausführlich von Karl Grebe behandelt worden (1856). Grebe iſt, wie wir ſchon früher 340 Neunter Abſchnitt. geſehen haben, ein Anhänger der Anſicht, daß die örtlich wechſeln— den Bodenbeſtandteile, namentlich der Gehalt des Bodens an Mineralſtoffen, beſondere Beachtung bei den forſtlichen Wirtſchafts— maßnahmen verdienen. Aber die Regeln, die Grebe in Hinblick auf die Gebirgs- und Bodenarten gibt — was beſagen ſie? Auf einem friſchen, gras- und unkrautwüchſigen Boden und ebenſo auf einem trockenen, flachgründigen, leicht erhärtenden Boden iſt eine dunkle Stellung zu geben und nur, wenn der Boden weder von Unkraut über— zogen wird, noch aushagert, darf ſtärker gelichtet werden. Bei der Beſamungs— ſchlagſtellung find gleichfalls alle Standorte, welche ſich einerſeits zur Ver— graſung und Verunkrautung, anderſeits zur Verödung, Verkruſtung und Ver— härtung geneigt zeigen, dunkler zu halten und vorſichtiger zu behandeln, als die friſchen, lockeren Bodenarten ohne Gras- und Unkrautwuchs. Die ſandigen und grandigen, trockenen Bodenarten bedürfen bis zur erfolgten Beſamung eine dunklere, gleichmäßige Beſchattung, namentlich auf den Süd- und Weſtſeiten, aber nach erfolgter Beſamung alsbaldige Lichtung. Zwiſchen einer ſtarken Begrünung von blattartigen Krautgewächſen (aber nicht von hochſtengeligen Hain⸗ und Angergräſern, Beerkraut und Heide) keime die Buchecker ſicher und finde wohlthätigen Schutz. Eine dicke Lage von Aſtmooſen ſoll abgeräumt werden, dagegen müſſe man einen dünnen Moosüberzug auf trockenem, hart werdendem Boden ſehr vorſichtig behandeln, wenn man natürliche Beſamung erzielen wolle. Die Bemeſſung der Stellung nach der Entfernung der Aſtſpitzen, der Aus— hiebsmaſſe, nach dem Verhältnis des Stammdurchmeſſers zum Kronendurchmeſſer (Grebe hat hierfür durch zahlreiche Unterſuchungen im Mittel für 28 —56 em ſtarke Buchen 1: 16,5 gefunden), nach der Ueberhaltmaſſe, der Stammzahl ꝛc. ſei praktiſch wertlos. Für die weiteren Auslichtungshiebe gibt Grebe nur die bekannten Regeln: auf einem trockenen, flachgründigen, armen Boden, in den Süd⸗ und Weſtlagen raſcher und ſtärker lichten, als auf tiefgründigen, lockeren oder hart werdenden, friſchen, graswüchſigen Böden, auf Nord- und Oſtſeiten und in den Froſtlagen. Der Zeitraum von der Anſamung bis zur Räumung ſchwankt zwiſchen 6 und 30 Jahren, für mittlere Verhältniſſe darf man im großen Durchſchnitt 12—18 Jahre annehmen. Für den Anbau der Buche in den Be— ſamungsſchlägen empfiehlt Grebe die Streifen-, Platten- und Rillenſaat; für die Nachbeſſerungen in den Räumungsſchlägen die Buchenbüſchelpflanzung (Ballen ca. 30 em lang mit 3—6 Pflanzen, 40—60 em hoch werden in Löcher ein— gepflanzt). Beſonderen Wert legt Karl Grebe den Wee hieben im Buchenhochwalde bei. Derſelbe ſoll ſich in gleichwüchſigen Beſtänden nicht auf die Wegnahme der völlig überwachſenen Stämme, ohne alle Unterbrechung des Kronenſchluſſes be— ſchränken, ſondern ſchon einen Teil der mitwachſenden Stämme entnehmen, ſo daß ein gebrochenes Lückenlicht auf den Boden einzuwirken vermag. Die Be— ſtände werden nicht nur, namentlich in den höheren Regionen, ſtandhafter gegen Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 341 Duft⸗ und Schneebruch, es wird zweitens die Samenproduktion und der Holz— zuwachs gefördert und drittens wird die Holzmaſſe verringert, welche die Be— ſamungsſchläge in Maſtjahren zu entfernen haben und dadurch die größere Aus— dehnung der letzteren ermöglicht. Vor allem wird jedoch — und hierauf legt Karl Grebe das Hauptgewicht — die Empfänglichkeit des Bodens durch den Vorbereitungsſchlag hergeſtellt. „Erſt wenn der volle Beſtandsſchluß bis zu einem gewiſſen Grade unterbrochen und dadurch den Atmoſphärilien eine ver⸗ ſtärkte Einwirkung verſtattet, die Lichterneuerung beſchleunigt und dem milden, ſchräg einfallenden Sonnenlicht ein angemeſſener Zugang zum Boden eröffnet wird: zerſetzt ſich die Bodendecke raſcher, wittert allmählich zuſammen, die Nah⸗ rungsſchicht ſetzt ſich, die Bodenfriſche wird mehr gebunden und bewahrt, der aſſimilierbare Nahrungsvorrat konzentriert ſich und die Saugwurzeln der Samen⸗ bäume werden gezwungen, mehr in die Tiefe zu gehen. In dieſen „„niederge— ſetzten““ Böden findet die keimende Buchecker zureichende Bodenfriſche, das Keim⸗ pflänzchen haftenden Boden für eine tüchtige Anwurzelung und milden Nährſtoff für eine kräftige Entwicklung.“ Sicherlich kann die Keimpflanze weder in einer dicken Laubſchicht, noch in einer bei der Freiſtellung austrocknenden Moderſchicht aufkommen — ganz ab- geſehen von der Frage, ob der Vorbereitungshieb den aſſimilierbaren Nahrungs⸗ vorrat zu konzentrieren vermag. Wenn man die Verjün gung auf das Aufkeimen der Bucheckern begründen will, ſo iſt namentlich auf Sand— boden durch länger vorausgehende, vorſichtig betriebene Vorbereitungshiebe der hier beſonders unvollkommenen Zerſetzung der Laubabfälle zu Hilfe zu kommen. Man muß die Laubdecke, welche die junge Buchenwurzel vom Boden abſchließt, be— ſeitigen und dieſe mechaniſche Arbeit verrichtet der Vorbereitungshieb. Wenn keine ſtarke Laubdecke vorhanden iſt, ſo iſt deren Beſeitigung nicht nötig und Grebe bemerkt deshalb mit Recht, daß auf Kalkboden weder ein frühzeitiger Vor⸗ hieb nötig, noch überhaupt ein ſtarker Vorbereitungshieb geſtattet ſei. Auf trockenem und ſchwachem Boden kann der Vorbereitungshieb leicht ſchädlich werden, wenn ſich die Verjüngungsfläche mit Beerkraut überzieht, vertrocknet und ver⸗ angert. Im allgemeinen kann ich mich indeſſen von der vortrefflichen, von Grebe betonten Wirkung des Vorbereitungshiebes auf den Boden nicht überzeugen. Es ſcheint mir Aufgabe der Forſtwirte zu ſein, nicht die Zerſetzung und Verflüchti⸗ gung der Laubdecke, ſondern die Erhaltung derſelben zu erſtreben — wenn auch nur, um unter dieſer Bedeckung des Bodens die Feuchtigkeit für den heranwach— ſenden Beſtand zu erhalten. Der Zerſetzung und Verflüchtigung der Laub- und Humusſchicht auf der Geſamtfläche kann aber durch die Bepflanzung der Beſamungsſchläge entgegengewirkt werden und in dieſem Falle wird ſehr bald der Nachwuchs den Boden wieder beſchirmen. Bei der Pflanzung laſſen ſich die Wurzeln leicht in „empfänglichen“ Boden bringen. Karl Gayer kommt bei der Vergleichung und Abwägung der Verjüngungsmethoden nicht zu ſcharf formulierten Ergebniſſen; die zeitlichen und die örtlichen Verhältniſſe und die ſpeciellen Beſtands— 342 Reunter Abſchnitt. arten ſollen entſcheiden. Für die Rotbuche fordert Gayer mit beſonderem Nachdruck die Schirmverjüngung in Horſten. 2) Verjüngung der Fichte. Georg Ludwig Hartig ſagt, daß man die Fichte in gleicher Weiſe wie die Weißtanne verjüngen könne. Der Beſamungsſchlag ſtelle eine Entfernung der Aſtſpitzen von 6—8 Fuß her. Wenn der Anwuchs 3—4jährig geworden ſei, jo würden die ſtärkſten Samen— bäume etwa mit der Hälfte des Vorrats hinweggenommen. Die Räumung werde bei einer Höhe des Anwuchſes von 3/, bis 1 Fuß vollzogen. Nur „an ſolchen Orten, wo der Wind, der Erfahrung gemäß, eine außerordentlich ſtarke Wirkung mache und vorzüglich heftig aufſtoße“, habe man den ſtreifenweiſen kahlen Abtrieb zu wählen. Höchſtens 10 Ruten breite Streifen ſollen von der Oſtſeite (Nordoſt— oder Südoſtſeite) ſchräg am Berg herunter (gegen das Thal vorziehend) kahl abgeholzt und hierauf angeſäet werden. Nachdem der Streifen hinlänglich be— wachſen ſei, laſſe man den abgeholzten Streifen um 6—10 Ruten breiter machen. Die Verjüngung durch ſog. Couliſſenſchläge, d. h. durch den Samenabwurf des ſtreifenweiſe (6—8 Ruten breit) zu belaſſenden, haubaren Beſtands (hinter dem man einen Streifen kahl abholzt) hat ebenſowenig den Beifall G. L. Hartigs gefunden, als die Beſamung durch einzelne Horſte. Nach Heinrich Cotta bezweckt der Beſamungsſchlag vorzugs— weiſe das Ausſtreuen des Samens durch den Mutterbeſtand. Vor der Hauung iſt der Boden auf gleiche Weiſe empfänglich zu machen, wie es an dem Orte nach einem kahlen Abtrieb zur Beſamung aus der Hand geſchehen müßte. In Gegenden, wo weder von der Kälte noch vom Unkraut viel zu beſorgen iſt, kann der Anfang mit der Wegnahme der Samenbäume ſchon im nächſten Herbſt gemacht werden; außerdem iſt aber noch ein Jahr damit zu warten. Cotta erwähnt außerdem die Beſamung kahl abgeholzter, in der Regel eine Stammlänge breiter Streifen durch die nebenſtehenden haubaren Beſtände und die Springſchläge (Couliſſenhiebe), bei welchen 5— 10 Ruten breite kahl gehauene Streifen zwiſchen 3—6 Ruten breiten beſtockten Streifen liegen, der Boden überall bearbeitet wird und auch die beſtockten Streifen nach dem Samen— abfall gelichtet werden, während der Same auf den Kahlſtreifen anfliegt. In ſehr hohen und rauhen Gebirgsgegenden ſollen jedoch die beſtockten Streifen erſt dann abgetrieben werden, wenn die verjüngten Streifen die Hälfte des Abtriebsalters erreicht haben. Durch dieſes Verfahren glaubt Cotta die meiſten Vorteile der Plänterwirtſchaft erreichen und die wichtigſten Mängel umgehen zu können. Nach Hundeshagen wird die Fichte am zweckmäßigſten durch nicht zu breite Beſamungsſchläge verjüngt, die äußerſten Zweig— ſpitzen ſollen ſich beinahe berühren oder nur mit kleinem Zwiſchen— raum voneinander abſtehen. Nach zwei bis drei Jahren beginnen die Auslichtungen, die ſtufenweiſe fortgeſetzt werden, bis der An— Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 343 flug etwa einen Fuß hoch geworden iſt. Man führt hierauf den Abtriebsſchlag. Die natürliche Verjüngung der Fichte ſoll nach Pfeil auf die menſchenleeren, höheren Gebirge und großen Waldwüſten be— ſchränkt werden, wo Mangel an Arbeitern den Anbau aus der Hand unausführbar mache und der geringe Wert des Holzes keinen Aufwand von Kulturkoſten geſtatte. Im rauhen Klima ſtellt man Dunkelſchläge, bei denen ſich die Zweigſpitzen gerade noch berühren, wartet nach erfolgter Beſamung 1 bis 2 Jahre lang und räumt dann in der Regel in 3 bis 4 Jahren. Im milden Klima dürfen die Zweigſpitzen bei der Dunkelſchlagſtellung 6 bis 10 Fuß weit auseinander ge— bracht werden; die Räumung muß möglichſt raſch, bei vollkommener Beſamung ſchon im nächſten Jahre, erfolgen. Ausführlich beſpricht Pfeil die Verjüngung durch Beſamung von der vorſtehenden Holzwand, zu welchem Zweck ſchmale Samenſchläge (Streifen, die nicht breiter ſind, als die Länge des Stammes ein und einhalbmal genommen) anzulegen ſind. Allein der Anbau aus der Hand ſei vorzuziehen. Die Plattenſaat ſei beſſer, als die Streifenſaat; Vollſaat ſei nach vorausgegangenem Fruchtbau anzuwenden. Aber die Pflanzung werde in neuerer Zeit der Saat vorgezogen. Pfeil befürwortet im allgemeinen die Büſchel— pflanzung (mit Ausnahme der Schneedruck- und Windwurflagen). Nach Gwinner wird die natürliche Verjüngung der Fichte in den ſüddeutſchen Gebirgen als Regel, die künſtliche als Ausnahme gefunden, während dies in Mittel- und Norddeutſchland weſentlich anders, meiſt ſogar entgegengeſetzt ſei. Die Verjüngung könne nicht ſelten durch zweckmäßige Vorbereitungsſchläge eingeleitet werden, welche aber nach erfolgter Beſamung ſchnell gelichtet werden müßten, weil die Fichte die ſtarke Beſchattung nur in wenigen Oertlichkeiten längere Zeit ertragen könne. Bei der wirklichen Dunkelſchlagſtellung ſollen die Zweige der Samenbäume dann auf 8—12 Fuß voneinander ſtehen, wenn ein Samenjahr eingetreten oder ſicher zu erwarten iſt; wenn dagegen Hoffnung auf Beſamung nicht vorhanden und dieſe nicht aus der Hand erfolgen kann, ſo iſt eine dunklere Stellung rätlich. Selbſt wenn wegen Windſchaden die gewöhn— liche, regelmäßige Verjüngung — durch Vorbereitungshiebe ꝛc. — nicht ratſam erſcheine, könne man nicht ſelten die Schläge ſo ſtellen, daß eine natürliche Be— ſamung ſicher erfolge und einige Jahre erhalten werden könne. „In dieſem Falle ſind jenſeits der Dunkelſchläge noch Vorhiebe über 2—3 Jahresſchläge ſich erſtreckend, anwendbar, wenn dann auch hie und da kein Samen erwächſt, können die jeweiligen Hiebe doch vorgenommen werden. Je nachdem die Pflanzen gegen Unkräuterfilz beſchützt werden müſſen oder nicht, wird bei 2- bis 4jährigem Alter der Abtrieb geſchehen; auf friſchem Boden, wo der Nachwuchs ſich lange geſund erhält, kann damit bis zu 6—8jährigem Alter zugewartet werden.“ Spring- oder Wechſelſchläge (bei welchen zwiſchen zwei parallel laufen— 344 Neunter Abſchnitt. den Kahlſchlägen von gleicher Größe ein gleich großer Holzbeſtand übergehalten wird) Couliſſenhiebe (Schachenſchläge, wo die Kahlſchläge und die übergehaltenen Beſtände dem Felde eines Schachbretts gleichen), Keſſelhiebe (wo der Angriff im Innern des Beſtands erfolgt und nach außen gleichſam in konzentriſchen Kreisflächen jeweils kahl abgetrieben wird) erfüllen den beabſichtigten Zweck am wenigſten, weil der Wind hier nur noch mehr Gewalt hat, als bei dem allmäh— lichen Abtrieb, der Schlag gegen die Unkräuter doch nicht beſchützt werden kann und weil der Nachwuchs an jungen Pflanzen nur unregelmäßig und unvollſtändig erfolgt. Ueberhaupt ſei nur in ſeltenſten Fällen die Verjüngung von einem nebenſtehenden Beſtand erfolgſicher, obgleich der Fichtenſame 212— 31% Stamm- längen weit vollſtändig zur Verjüngung anfliege. Aber vorzugsweiſe werde der Samen in der Richtung nach Weſten und Südweſten getrieben und deshalb ſei Schutz gerade nach dieſer gefährlichen Richtung notwendig. Dagegen ſei Kahlhieb mit künſtlichem Anbau überall zu empfehlen, wo erfahrungsgemäß der Windſchaden unvermeidlich und die Kultur leicht zu be— wirken ſei. Karl Stumpf hält gleichfalls die Verjüngung in Beſamungs— ſchlägen mit regelmäßiger Stellung der Samenbäume mehr geeignet, als die Beſamung von Kahlſchlägen durch den Nachbarbeſtand, durch Couliſſenhiebe und in Keſſelſchlägen. Die Samenbäume ſollen hierbei 6—8 Fuß Zweigſpitzenabſtand haben. Der Lichtſchlag iſt zu führen, wenn die jungen Fichten 3—4 Fuß hoch find. Die Samenbäume werden durch Abſäumung entfernt, wenn die jungen Pflanzen durch— ſchnittlich die Höhe von einem Fuß erreicht haben. In Gegenden, wo das Holz im hohen Preiſe ſtehe und in Lagen, wo keine Gefahren bei gänzlicher Freiſtellung des Bodens durch Elementarereigniſſe zu befürchten ſeien, werde jedoch in neuerer Zeit die Schlagfläche kahl abgetrieben, das Stock- und Wurzelholz gerodet und die Fläche mit Saatſchulpflanzen (von 1—11/, Fuß Höhe) bepflanzt. Karl Heyer ſteht mehr auf Seite der natürlichen Verjüngung. Man habe vielfach wegen der Windbeſchädigungen die natürliche Verjüngung aufgegeben und Kahlſchlagbetrieb mit künſtlicher An— pflanzung eingeführt. Die Gefahr werde jedoch häufig überſchätzt, ſelbſt in höheren Lagen, und laſſe ſich durch die Erziehung der Beſtände, zweckmäßige Schlaganlage, Dichthalten der Schlagſäume ꝛc. verringern. Unbedingt habe die natürliche Verjüngung den Vorzug auf ſehr ſteinigen und felſigen Böden. Bei der Samenſtellung ſei der Kronenabſtand in gefähr- lichen Lagen auf wenige Fuß zu beſchränken, könnte jedoch bis 10 Fuß betragen. Den allmählichen Abtrieb der Mutterbäume könne man vom 2.—3. Jahr an⸗ fangen und in 6—10 Jahren vollziehen. Nach Karl Fiſchbach kann man die Fichte auf drei verſchiedene + Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 345 Weiſen natürlich verjüngen: durch kahlen Abtrieb in ſchmalen Streifen (einmal bis doppelt ſo breit als das nebenſtehende alte Holz hoch iſt) oder durch Dunkelſchlag und nachfolgenden kahlen Abtrieb, oder endlich durch Dunkelſchlag und langſam folgende Licht⸗ und Abtriebsſchläge. Das letztere Verfahren ſei am zweck— mäßigſten auf gutem Boden, wo Unkraut zu fürchten ſei, in ge— ſchützteren Lagen und bei Nutzholzwirtſchaft. Wenn Verraſung und Wind nicht gefahrbringend ſei, ſo könne man den äußerſten Zweigſpitzen der Samenbäume eine Entfernung von 2—3 m geben; in entgegengeſetzten Fällen müſſe jedoch die Fläche faſt vollſtändig überſchirmt bleiben und bei gutem, alſo zur Vergraſung geneigtem Boden ertrage die Fichte einen ſolchen Druck der Mutterbäume mehrere Jahre lang. Der Abtrieb erfolge bei dem Kahlhieb des Dunkelſchlages in 3 —5 Jahren nach der Beſamung in ſchmalen Streifen. Bei der langſamen Räumung ſoll man etwa 3—4 Jahre nach erfolgter Beſamung 0,3 bis 0,5 der vorhandenen Schutzbäume, den Reſt nach weiteren 3—5 Jahren hinwegnehmen. Die Schläge haben von Südoſt nach Nordweſt vorzurücken; das Abfliegen des Samens werde auch bei dieſer Richtung des Hiebsganges den Schlag genügend treffen. Dagegen legt Burckhardt der natürlichen Verjüngung der Fichte untergeordnetes Gewicht bei. Für die Fichte ſind möglichſt kleine Schläge zu wählen; man hält die Be— ſtände bis zum Samenjahre geſchloſſen und haut alsdann 1/,—1/z der Maſſe aus. Der Schlag wird in der Regel völlig geräumt, wenn der Nachwuchs 1 Fuß hoch geworden iſt. Karl Gayer würdigt die Leiſtungsfähigkeit der Verjüngungs— Verfahren auch bei der Fichte nicht ſchärfer wie ſeine Vorgänger. Für die künſtliche Verjüngung ſeien die langſam vorſchreitenden Saum— ſchläge mit Saat oder Pflanzung empfehlenswert; die künſtliche Verjüngung unter Schirmſtand werde meiſt durch Saat vorgenommen. Aber Gayer befür— wortet auch die natürliche Verjüngung der Fichtenbeſtände durch Vorbereitungs-, kräftig gelichtete Beſamungs- und nicht zu übereilende Auslichtungsſchläge (5 bis 15 Jahre), namentlich auf kleinen Schlägen bis herab zu Horſten. Er befür— wortet ferner die kombinierte künſtliche und natürliche Verjüngung mit Pflege der Vorwuchshorſte und die femelweiſe Verjüngung durch Samenabwurf des Mutterbeſtands und Ergänzung durch Saat und Pflanzung, die vorherrſchend durch Löcherhiebe vermittelt wird. 3) Verjüngung der Weißtanne. Georg Ludwig Hartig ſchreibt für die Verjüngung der Tanne dieſelben Regeln vor wie für die Fichte; wir haben dieſelben ſchon oben angeführt. 346 eunter Abſchnitt. Nach Heinrich Cotta ſoll die Tanne wie die Buche verjüngt werden. Auch nach Hundeshagen iſt die Weißtanne wie die Buche zu verjüngen; nur iſt die Lichtſchlagſtellung an ſonnigen Standörtern mit noch mehr Vorſicht als bei der Buche und in mehreren Ab— ſtufungen vorzunehmen. Nach Pfeil wird ſelbſt der beſamte Schlag ſo dunkel gehalten, daß ſich die Zweige noch berühren. Der ſo geſtellte Schlag kann 5—6 Jahre lang unverändert ſtehen bleiben. Im allgemeinen ſind die Verjüngungsregeln für die Buche maßgebend. Dagegen verträgt die Weißtanne, wie Gwinner betont, die der Buche nachgebildeten Vorbereitungs- und Dunkelſchlagsſtellungen nur in den erſten zwei Jahren, bis der Seitentrieb beginnt. Deshalb iſt der Beſamungs- und Schutzbeſtand anfänglich dunkel zu halten; zwei Jahre nach erfolgter Beſamung muß jedoch gelichtet und mit den Lichtungen fortgefahren werden, bis je nach den klimatiſchen und Bodenverhältniſſen die Räumung nach 10—20 Jahren vollendet iſt. Dem Gedeihen der jungen Pflanzen iſt Seitenlicht zuträglich; am wirkſamſten iſt das von der ſüdöſtlichen bis nord— weſtlichen Seite in die Waldränder einfallende Licht. Die ſtärkeren Stämme mit dichter Krone werden zuerſt entfernt. Die Tanne iſt jedoch brüchiger wie die Buche und deshalb iſt beſondere Vorſicht bei den Fällungen erforderlich. Stumpf legt beſonderen Wert auf die Sicherung der Schläge gegen Sturmgefahr. Die Schläge ſollen deshalb in langen und ſchmalen Streifen, deren Länge in der Regel von Norden nach Süden und deren Breite von Oſten nach Weſten läuft und die nach weſtlicher Richtung in die geſchloſſenen Beſtände hinein er— weitert werden, verjüngt werden. Beim Beſamungsſchlag ſollen ſich die äußeren Zweige der Samenbäume faſt noch berühren; nur im milden Klima und bei ſehr langſchaftigem Holze kann die Stellung etwas lichter ſein. Wenn hinlänglicher Anflug erfolgt iſt und die jungen Pflanzen eine Höhe von ½—8/ Fuß erreicht haben, jo wird der Lichthieb geführt und dabei ca. / der Samenbäume hinweggenommen. Bei einer Höhe der jungen Pflanzen von 2—2½ Fuß (60 —70 em) werden die Samenbäume hinweggenommen Guerſt an der äußeren Schlaglinie [der öſtlichen Seite], „was man Abſäumen nennt“). Auch Karl Heyer befürwortet Schläge von mäßiger Breite mit dichten Rändern zum Schutze gegen die Stürme. Vorbereitungs— ſchläge mit mäßiger Unterbrechung des Kronenſchluſſes empfiehlt Heyer beſonders. Im Samenſchlag ſoll der Kronenabſtand nur Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 347 einige Fuß betragen. Den allmählichen Abtrieb kann man nach zwei Jahren beginnen und binnen 8— 12 Jahren vollenden. Karl Fiſchbach wiederholt im weſentlichen die Gwinnerſchen Regeln und betont die Lichtung des Beſamungsſchlages im zweiten oder im äußerſten Falle im dritten Jahre. Im Lichtſchlage, wo die äußerſten Zweigſpitzen 3—6 m von einander entfernt find, könne die Weißtanne ohne die geringſte Benachteiligung längere Zeit ſtehen bleiben. Der Abtrieb erfolgt, wenn die jungen Pflanzen die Höhe von 1—2 m erreicht haben. Die günſtige Wirkung des Seitenſchutzes (namentlich des nördlichen und nordöſtlichen Lichtes) erſtrecke ſich nur / bis ½ jo breit, als das nebenſtehende Holz hoch ſei und ſei deshalb praktiſch nicht beachtenswert. Gerwig betont vor allem die raſche Lichtung auf trockenen, warmen Standorten. Im badiſchen Schwarzwalde wird die Verjüngung hauptſächlich nach fol— genden Grundſätzen geleitet: Der Vorbereitungshieb wird etwa 5—20 Jahre vor der Samenſchlagſtellung geführt. Die Schlagführung rückt von Oſten nach Weſten mit ſorgſamer Schonung der öſtlichen Schlagtraufe vor. Weißtannen— vorwuchs in geſchloſſenen Gruppen wird ſorgſam erhalten, ſelbſt wenn er durch Ueberſchirmung ſcheinbar noch ſo ſtark gelitten hat, weil er in freier Stellung überraſchend freudig fortwächſt. Selbſt wüchſiges Stangenholz (jedoch nicht Rot— buchen⸗Stangenholz) wird vom Hiebe verſchont und nur durchforſtet. Bei der Schlagſtellung werden die ſchwerſten, unwüchſigſten und ſchadhaften Stämme und die nicht anbauwürdigen Holzgattungen zuerſt gegriffen. An Bergwänden wird die Verjüngung von oben nach unten nach der fortſchreitenden Beſamung mittels Lichtung und Abſäumung vollzogen, an muldenförmigen Hängen, die von zwei Rücken eingeſchloſſen ſind, wird dieſer Gang der Verjüngung gleichzeitig von oben und ſeitlich nach der Mitte zu eingeleitet. „Mit Ausnahme der ſtrengen Sommerſeiten und dürren Hänge,“ ſagt Gerwig, „darf man in dem Vor- und Mittelgebirge über das Maß der mehr oder weniger lichten Samenſchlagſtellung nicht beſorgt ſein; ungeachtet aller Mißhandlungen ſucht die Tanne wie Un— kraut ihren Standort zu behaupten. Iſt hier der Boden wie ein Teppich mit lichtem Mooſe (Hypnum loreum, splendens ete.) überzogen, jo ſtellt ſich ſchon bei ſchwacher Unterbrechung des Kronenſchluſſes Beſamung ein. Ueberzieht ſich die Schlagfläche mit dichtem Gras, ſo iſt man über das Maß der zuläſſigen Lichtung hinausgegangen; der Kronenſchluß iſt nur ſo weit zu unterbrechen, daß Verwilderung des Bodens nicht eintreten kann, das Samenkorn aber keimen und einige Jahre fortwachſen kann. Gerwig behauptet, daß die Nachzucht auf den zu ſtarkem Graswuchs geneigten friſchen und mit einer Moosdecke nicht überzogenen Böden ſicher gelinge, wenn man, wie bei der alten Femelwirtſchaft, Lichtungen von 4—8 Quadratruten (36-72 qm) Größe in den Beſtänden einhaue und ringsum nach 348 Neunter Abſchnitt. dem Bedürfnis der vorangeſchrittenen Beſamung abſäume. Auf trockenen ſüdlichen Hängen find dieſe Löcher größer zu machen (54—108 qm) und es iſt hier eine zu dunkle Schlagſtellung in regelmäßiger Verteilung der Samenbäume, die an trockenen, ſteilen Bergwänden ſog. Widerhitze erzeuge, zu vermeiden und dagegen durch größere Löcher den Pflanzen der Taugenuß zu erhalten. Auf friſchen guten Böden ſchreitet man im Schwarzwald zu den Lichtungen, wenn der Anflug das 3. bis 8. Jahr erreicht hat. Sie werden ſo kräftig gegriffen, daß mit dem zweiten Hiebe die Räumung erfolgen kann. Auf kräftigem Boden vermag die Weißtanne unter ſtarker Ueberſchirmung mit voller Geſundheit und relativ noch gutem Wachstum viele Jahre auszuhalten. Aber auf trockenen Böden und in ſüdlichen Lagen ſind frühzeitige Lichtungen abſolut notwendig — am meiſten bei regelmäßiger Verteilung der Schutzbäume, aber auch bei Löcherwirtſchaft, da die den Randſtämmen zunächſt ſtehenden Pflanzen ohne Erweiterung der Schlaglücken von den atmoſphäriſchen Niederſchlägen in un— genügendem Maße getroffen werden. Wenn man erkannt hat, daß die Ver— jüngung in der Hauptſache durchgeführt worden iſt, ſo geht man, unbekümmert um unbeſamte Lücken, zum Abtriebe des Oberholzes über und pflanzt die Lücken ſpäter aus. (Weiteres cf. ad B.) Karl Gayer befürwortet gleichfalls die horſtförmige Verjüngung der Weißtanne. 4) Die Verjüngung der Eiche. Nach G. L. Hartig ſollen die beſamten Dunkelſchläge ſchon im erſten Herbſt oder Winter nach dem Aufkeimen der jungen Eichen etwas gelichtet werden. Schleichwirtſchaft, bei welcher das jährlich erforderliche Bauholz einzeln, bald hier, bald dort, aus dem Walde genommen werde, ſei verderblich. Die junge Eiche will, ſagt Hartig, im zweiten Jahre die halbe Tageszeit in der Sonne und dem Schatten ſtehen, ſelbſt im Freien bringe man die Eiche beſſer fort als in einem Dunkelſchlage, worin die jungen Buchen mehrere Jahre lang vortrefflich wachſen. Im übrigen gibt Hartig für die Eiche keine von der Verjüngung des Buchenhoch— walds abweichenden Vorſchriften. Nach Heinrich Cotta unterſcheidet ſich die Nachzucht der Eiche von der Nachzucht der Rotbuche dadurch, daß die Beſamungsſchläge in Eichenbeſtänden lichter geſtellt und ſchon 2—3 Jahre nach er— folgter Beſamung abgeräumt werden. Nach Hundeshagen wird der Eichenbeſamungsſchlag auf einem zum Unkräuterwuchs geneigten Boden ſo geſtellt, daß ſich die Seitenäſte beinahe berühren; im entgegengeſetzten Falle Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 349 kann die Entfernung der Zweigſpitzen bis zu 15 Fuß betragen. Der Lichtſchlag wird im erſten oder zweiten Winter nach dem Samenabfall geführt und dabei die Beſchattung durch Aushieb der ſtärkſten Stammklaſſen auf die Hälfte vermindert. Der Abtriebs— ſchlag wird im 3. bis 4. Jahr nach der Beſamung vollzogen. Dagegen eignen ſich die Eichenbeſtände, wie Pfeil behauptet, nicht zur natürlichen Verjüngung. In den Miſchbeſtänden muß man die Eiche bald frei ſtellen. Die Beſamungsſchläge in Eichenhochwaldungen dürfen, ſagt Gwinner, lichter geſtellt werden als bei der Buche. Schon im 1— jährigen Alter der Pflanzen, die nötigenfalls durch Einſtufen der Eicheln nachzuziehen ſind, kann die Lichtung, oder was in vielen Fällen noch beſſer iſt, die Räumung beginnen und jährlich in dem Grade fortgeſetzt werden, daß ſie ſchon nach 4—5 Jahren vollendet iſt. Gwinner ſtimmt ſonach mit Hundeshagen überein. Nur auf beſonders kräftigem Boden könne die endliche Räumung ſpäter, etwa bis zum 10.—15. Jahre erfolgen. Stumpf wiederholt faſt wörtlich die Hundeshagenſchen Vor— ſchriften. Der Beſamungsſchlag werde mit Vermeidung jeder Vor— hauung nur bei einem wirklich eingetretenen Maſtjahre geführt. Karl Heyer teilt dieſe Anſicht, daß der Beſamungsſchlag bei eingetretener Maſt zu führen iſt, aber er geſtattet vorherigen femel⸗ weiſen Auszug der ſchönſten und ſtärkſten Nutzholzſtämme und der gedrehten Stämme. Heyer befürwortet ferner Auslichtung im folgenden, längſtens im zweiten Herbſt, aber eine Dauer des Ab— triebs von 5— 6 Jahren; auf friſchen und kräftigen Böden ſei eine längere, ſelbſt 12 — 15jährige Abtriebsdauer zuläſſig. Auch Karl Fiſchbach befürwortet einen Kronenabſtand von 4—5 m für den Schutzbeſtand, Nachhieb nach 3—4 Jahren, der ſich auf die Hälfte des Schutzbeſtands zu erſtrecken habe, und Abtrieb nach der gleichen Zeit. Schutz gegen die ſchädlichen Einwirkungen der Atmoſphärilien werde dadurch gegeben, daß man die Schläge in ſchmalen Streifen anlege und ſie in der paſſenden Richtung vorrücken laſſe, etwa von Nord gegen Süd oder von Weſt gegen Oſt, was bei dieſer Holzart, wo der Wind nicht zu fürchten ſei, keinen Anſtand habe. Burckhardt befürwortet die Anzucht der Eiche auf künſtlichem 350 Neunter Abſchnitt. Wege. Ebenſo Manteuffel und Gayer; nach dem letzteren ſollen die Nachhiebe 2—3 Jahre nach der Beſamung vollendet werden. 5) Die Verjüngung der Kiefer. Nach Georg Ludwig Hartig wird der Beſamungsſchlag im Kiefernwalde lichter geſtellt als im Weißtannenwalde; die Zweig— ſpitzen ſollen 10—12 Fuß voneinander abſtehen. Wenn der An— wuchs 6—12 Zoll hoch geworden iſt, ſo werden alle Samenbäume auf einmal hinweggenommen. Heinrich Cotta bevorzugt die Kahlſchläge, vorausgeſetzt daß jedes Jahr guter Samen zu erlangen iſt. Die Beſamungsſchläge erſcheinen Cotta lediglich wegen der Unverdorbenheit des Samens und der Koſtenerſparnis empfehlenswert. Sie ſollen angelegt werden, wenn die bereits vorhandenen Zapfen im erſten oder zweiten Jahre hinlänglich Samen verſprechen; es bleiben 15—30 Stämme per ſächſ. Acker (27—54 Stämme per Hektar) ſtehen, die innerhalb der nächſten drei Jahre entfernt werden. Nach Hundeshagen kann im Kiefernbeſamungsſchlage der Raum zwiſchen den Kronen der Samenbäume etwa 12—15 Fuß und unter günſtigen Verhältniſſen noch mehr betragen. Wenn voll— ſtändiger Anflug vorhanden iſt und die Höhe von 1 Fuß erreicht hat, ſo iſt der Abtriebsſchlag zu führen. Man hat nach Pfeil die Beſamungsſchläge als ein notwendiges Uebel anzuſehen, denn ſo ſchöne, gute und gleichwüchſige Beſtände wie durch Saat oder Pflanzung wird man nur in ſehr ſeltenen Ausnahmefällen durch ſie erziehen. Auf Sandbergen, in exponierten Freilagen, wo das Flüchtigwerden des Sandes ſehr zu fürchten iſt, hält man ſo dunkel, daß die Zweigſpitzen nur wenige Fuß voneinander entfernt ſind und lichtet langſam, jährlich nur ſo viel, daß die Pflanzen geſund bleiben; auf beſſeren Böden läßt man oft nur 10 bis 12 Bäume (p. preuß. Morgen) mit guten Kronen ſtehen und entfernt die Zweig— ſpitzen der kleinen Kronen 15—20 Fuß. Man muß möglichſt raſch, gewöhnlich in 2—3 Jahren, räumen und darf nur auf eigentlichem Flugſand mehr als 5—6 Jahre von der Beſamung bis zum gänzlichen Abtriebe verſtreichen laſſen. Die Lücken ſind alsbald anzubauen. Zur künſtlichen Beſtandsbegründung ſei, wie Pfeil meint, die Vollſaat „die der Eigentümlichkeit der Kiefer am aller— angemeſſenſte Kulturmethode“. Aber „die Vollſaat ſetzt einen überall gleichen wunden Boden voraus, der in der Regel nur erlangt werden kann, wenn man mit der Kiefernſaat zugleich eine vorübergehende Ackerkultur verbindet“. Pfeil Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 351 behandelt hierauf eingehender die ſtreifenweiſe Saat, wobei mit dem Wald— pflug Furchen in Entfernung von 4—5 Fuß gezogen werden. Auf geeigneten Böden habe die Pflanzung der ein- und zweijährigen Kiefern mit entblößter Wurzel den Vorzug vor der Ballenpflanzung, jedoch werde die letztere zur Nach— beſſerung älterer Schonungen vorgezogen. Der Breitſpaten ſei bei Ballenpflan— zung ein beſſeres Werkzeug, als der Hohlſpaten. Für den armen Sandboden ſind Kiefernpflanzen mit tiefen, langen Wurzeln in den Saatſchulen zu züchten. Nach Gwinner ſoll auf armen Standorten ein Vorbereitungs— ſchlag geſtellt und der Boden wund gemacht werden. Flugſand, ſteile Abhänge, Hochlagen, Steingerölle ꝛc. gebieten die natürliche Verjüngung. Den Abſtand der Zweigſpitzen bei der Samenſchlag— ſtellung gibt Gwinner auf 8—20 Fuß (2,3 —5,7 m) an; es ge nügen zur Beſamung 30—45 Stämme per Hektar, doch iſt vor— ſichtshalber eine größere Zahl überzuhalten. Aber bei den vielen Hinderniſſen und Zufällen, welchen die natürliche Verjüngung der Kiefer unterworfen ſei, bleibe es in den meiſten Fällen das ein: fachſte und ſicherſte Mittel, den kahlen Abtrieb zu wählen, die Stöcke zu roden und die Wiederanzucht, womöglich in Verbindung mit landwirtſchaftlichen Zwecken, zu bewerkſtelligen. Stumpf ſagt genau dasſelbe. Es verdiene der Kahlſchlagbetrieb mit nachfolgender Saat (mit oder ohne zweijährigem Fruchtbau) den Vorzug vor der Verjüngung durch Samenabwurf des Mutterbeſtandes. Nur in ſteilen Gebirgslagen, in leichtem Flugſande, in Gegenden, in welchen das Holz wenig Wert hat und der Aufwand von Kultur— koſten nicht lohnend iſt, muß man die natürliche Verjüngung beibehalten. Die Verjüngung ſoll in der gleichen Weiſe, in langen, ſchmalen, der Windrichtung entgegenſtehenden Schlägen, geführt werden, wie in Fichten- und Tannenwaldungen. In 100—120jährigen Beſtänden können die Samenbäume im Beſamungsſchlage 45—50 Fuß voneinander ſtehen, in jüngerem Holze mit ſchwachen Kronen 30—35 Fuß. Dunkle Schläge haben ſich (in der Pfalz) nicht bewährt. Die Räumung erfolgt nach 2, längſtens nach 3 Jahren. Karl Heyer befürwortet gleichfalls die künſtliche Holznachzucht und empfiehlt beſonders die Ballenpflanzung mit dem Hohlbohrer. Die natürliche Verjüngung der Kiefer gelinge ſelten nach Wunſch, weil ſich die Kiefer nicht gut nachſame. Man ſtelle den Samenſchlag in einem Samenjahr und vollziehe den allmählichen Abtrieb in der Regel in 3—5 Jahren, obgleich derſelbe bei vollkommener Beſamung, die aber ſelten eintrete, im nächſten Herbſte ſtattfinden könne. Nach Fiſchbach wird die Kiefer durch ſchnell zu räumende 352 Neunter Abſchnitt. Schirmſchläge und durch ſchmale Kahlſchläge mittels Seitenbeſamung verjüngt. Im erſteren Falle ſei ein Vorbereitungsſchlag in der Regel nicht notwendig — den Fall ausgenommen, daß die Kiefer dicht geſchloſſene Beſtände bilde und die zum Samentragen er: forderliche Kronenbildung noch nicht erreicht habe. Auf mageren Böden ſei der Beſamungsſchlag ſehr licht zu ſtellen, 60 bis 100 Stämme per Hektar ſeien ausreichend, um eine genügende Beſamung her— zuſtellen. Aber auch da, wo die Bodenkraft zu ſchonen ſei oder ein ſtarker Un— krautwuchs in Ausſicht ſtehe, dürfe man die äußeren Zweigſpitzen 6—8 m von einander entfernen. Auf ſehr leichtem Boden, namentlich auf Flugſand, ſei eine dichtere Stellung geboten. Vorwuchs, welcher älter als 4—5 Jahre ſei, und nicht von Jugend auf frei geſtanden habe, könne bei der Verjüngung nicht be— nutzt werden. Der Abtrieb erfolge im Lauf von 2—3 Jahren und verzögere ſich nur ausnahmsweiſe auf leichteren Böden etwas länger. Kleine Schläge ſeien vorzuziehen — um ſo kleiner, je ſchwieriger die Verjüngung ſei. Es werde im angrenzenden Beſtande erſt dann die Verjüngung fortgeſetzt, wenn dieſelbe auf dem jüngſten Schlage vollſtändig durchgeführt ſei. Wenn natürliche Verjüngung auf ſchmalen Kahlſchlägen angewendet werde, ſo ſei eine Schlagführung von Norden gegen Süden oder von Nordoſt gegen Südoſt Regel, damit die Kahlſchläge zur Mittagszeit beſchattet werden. Im allgemeinen werde jedoch die natürliche Verjüngung bei der Kiefer immer mehr verlaſſen, weil die künſtliche Verjüngung ſehr billig und ſicher ſei. Nach Gayer gewährt die natürliche Verjüngung befriedigenden Erfolg, wenn von den geringwertigen Bodenklaſſen und den dem Windſtoß beſonders preisgegebenen Orten abgeſehen wird. Vor— bereitungshiebe ſeien in der Regel unnötig. Der Samenhieb werde in einem Samenjahre mit Entnahme von ¼ bis 3/, der Beſtandsmaſſe geführt. Die Nachhiebe werden raſch vorgenommen, auf ſchwachem Boden werde in 2—3 Jahren, auf gutem, graswüchſigem Boden in 5—6 Jahren geräumt. 6) Die Berjüngung der übrigen Holzarten. Lärchen, Birken und Eſchen ſind lichtbedürftige Holzarten. Die natürliche Verjüngung wird in ähnlicher Weiſe zu vollziehen ſein wie bei der Kiefer. Bezüglich der Lärche mangeln genaue Erfahrungen. Die meiſten Schriftſteller beſchränken ſich auf die Bemerkung, daß die Verjüngung wie bei der Kiefer ſtattzufinden habe. Heyer glaubt, daß dieſelbe noch ſchwieriger ſei, weil er in ſtark gelichteten Lärchenbeſtänden niemals junge Pflanzen gefunden habe. Pfeil und Burckhardt erwähnen die Beſamung durch ſeitenſtändige ältere Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 353 Beſtände, doch glaubt Gayer, daß es ein verkehrtes Beg innen ſei auf Seitenbeſamung wirtſchaften zu wollen. Bei Birken iſt vor allem der Boden wund zu machen; wenn alle 20—30 Schritte eine Samenbirke ſtehen bleibt, ſo iſt es ge— nügend. Nach erfolgter Beſamung werden die Samenbäume alsbald entfernt; Oberſtänder kann man bei kurzen Umtrieben erhalten. Wenn Graswuchs zu befürchten iſt, ſo läßt man die Birken in möglichſt gleichmäßiger Verteilung die Hälfte der Schlagfläche beſchatten. Bei Eſchen wird der Schlag erſt ein Jahr nach erfolgtem Abfall des Samens geſtellt, weil der Same nach 1½ Jahren auf: geht. Die natürliche Verjüngung wird indeſſen wegen der Gras— wüchſigkeit des Bodens ſelten gelingen. Die Verjüngung der ſchattenertragenden Hainbuche intereſſiert uns beſonders, weil ſie als Stockſchlag ein vorzügliches Schirm— holz iſt und eine ausdauernde und ſehr dichte Beſtockung bildet. Je— doch werden ſich ſamentragende Hainbuchen ſeltener in den zu verjüngenden Beſtänden vorfinden. Der Hainbuchenſamen liegt anderthalb Jahr lang im Boden, bis er keimt und deshalb iſt erſt ein Samenjahr abzuwarten, bevor weitere Lichtungen vorge— nommen werden. Aber zur Unterbringung des Samens muß der Boden im Dunkelſchlag wund gemacht werden, namentlich wenn er ausgetrocknet und ver— härtet iſt. Wenn man Schweine eintreiben läßt, ſo brechen dieſelben die nicht verhärteten Stellen um und laſſen die verhärteten Bodenteile erkennen, die man - durch Kurzhacken aufzuſchließen hat. Wenn der Same erwachſen iſt, ſo ſtellt man den Schlag wie einen lichten Buchenbeſamungsſchlag. Sind die Pflanzen aufgegangen, ſo kann im 2. oder 3. Jahre, je nach der Stellung, eine Lichtung und 2—3 Jahre nach dieſer die Räumung erfolgen. Eine längere Zögerung iſt nicht ratſam, weil die jungen Pflanzen gegen Beſchirmung empfindlich ſind und dieſelbe nur auf ſehr friſchem Boden etwas länger ertragen können (Gwinner). Dagegen ſoll (nach Stumpf) die junge Hainbuche eine ziemlich ſtarke Beſchattung ertragen, jedoch auch im Freien gedeihen. Auch ſei eine beſondere Bearbeitung des Bodens ſelten nötig, Schweineeintrieb jedoch ſehr nützlich, vor und während dem Abfliegen des Samens. Nach Heyer empfiehlt ſich, obgleich der junge Nach— wuchs dauerhaft iſt und nicht von Spätfröſten leidet, eine Stellung der Stämme von 1—2 m Kronenabſtand, da Unkräuter und Sommertrockenheit gefährlich werden. Der Abtrieb beginne im folgenden Herbſt und werde in 610 Jahren vollendet. Nach Fiſchbach kann man den Abtrieb in dem unmittelbar auf das Samenjahr folgenden Jahrgang vollſtändig auf einmal bewirken, weil die Hain- buche auch in einem mäßigen Graswuchs noch keime und gedeihe. Die Erle kommt ſeltener vor. Sie verlangt nackten, wunden, Wagener, Waldbau. 23 354 Neunter Abſchnitt. aber nicht künſtlich aufgelockerten Boden. Man wartet ein Samen— jahr ab und führt im nächſten Winter den Kahlhieb. Das Gras wird hoch abgeſchnitten. Ahorn und Ulmen werden, wenn ſie ſich angeſamt haben, raſch entfernt. Die Schwarzkiefer erträgt in der Jugend bis zum 5. Jahre einen mäßigen Schirmdruck; man kann die Schläge dunkler halten wie bei der gemeinen Kiefer. B. Die Leiſtungen der praktiſchen Forſtwirte hinſichtlich der natürlichen Verjüngung. 1) Verjüngung der Laubholzwaldungen. In den fruchtbaren Gebietsteilen Deutſchlands konnte, wie wir wiederholt geſehen haben, nur die planmäßige, auf alle Flächenteile verbreitete Durchſtellung der Buchenverjüngungen, die man hier in erſter Linie vollzogen hat, mit nutzholztüchtigen Holz— gattungen, namentlich Lärchen, Fichten, Tannen, Kiefern und Eichen, die ſeit vielen Jahrzehnten dringend gebotene Nutzholzproduktion anbahnen. Es war mindeſtens die allſeitige Bildung gemiſchter Beſtände, die von den namhafteſten Waldbaulehrern warm befür— wortet worden war, auf den beſſeren Waldböden kräftig in An— griff zu nehmen. Was iſt in dem bald ablaufenden 19. Jahr: hundert zur Verwirklichung dieſer Zielpunkte, deren Berechtigung unbeſtreitbar iſt, im deutſchen Walde geſchehen? Ueber die Verjüngung der Laubholzwaldungen in Norddeutſch⸗ land liegen nur ſpärliche Nachrichten vor. Im allgemeinen ſcheint man die Regeln angewendet zu haben, die Burckhardt und Grebe vertreten (ſiehe oben). Zwar eifert Borggreve gegen die zu lichte Stellung der Buchenverjüngungsſchläge, ohne jedoch nähere Belege beizubringen. Beſonderes Gewicht haben die praktiſchen Forſtwirte der Eichenzucht im Buchenwalde beigelegt. Ich habe wiederholt darauf hingewieſen, daß die Eiche auf den beſten Bodenteilen in der Jugend rein und nicht in Miſchung mit Rotbuchen zu erziehen und die Buche erſt zu unterbauen iſt, wenn ſich die Eichenbeſtände zu lichten beginnen. Welche Anſichten vertreten dagegen meine Fachgenoſſen? Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 355 Die bayriſche Forftverwaltung hat die Betriebs- und Per: jüngungsverfahren, welche in den einzelnen Landesteilen üblich waren oder beſonders zweckmäßig erſchienen, von einer Kommiſſion lokalkundiger und erfahrener Forſtwirte zuſammenſtellen laſſen und als „Wirtſchaftsregeln“ veröffentlicht. Zunächſt intereſſiert uns die Laubholzwirtſchaft im Speſſart und Pfälzerwald. Beide Gebirge werden vom bunten Sandſtein gebildet. Im Speſſart ver— liert der Boden, ſobald demſelben die Beſchattung fehlt, alsbald den Feuchtig— keitsgehalt, er überzieht ſich mit Heidelbeerſträuchen, bei zunehmender Vermagerung mit Heide und ſinkt zu einer niederen Stufe der Fruchtbarkeit herab; im Pfälzer— wald verhärtet der Sandboden mit thonigem Bindemittel, der am meiſten ver— breitet iſt, bei Freiſtellung. In beiden Gebirgen hat die bayriſche Verwaltung ſeit Anfang dieſes Jahrhunderts einen „großartigen Kompoſitions betrieb von Eichen und Buchen mit doppeltem und ſogar dreifachem Abtriebsalter der Eichen im Gegenhalt zu jenem der Buchen“ eingehalten. Für den Speſſart wurde ſchon im Jahre 1835 die Nachzucht der Eiche in Horſten vorgeſchrieben, die bis zu drei Zehnteile der Fläche einnehmen dürften. „Beim Eintritte eines Eichel— maſtjahres werden in den zunächſt zum Angriff beſtimmten Beſtänden die nächſten Umgebungen der zum Ueberhalten nicht beſtimmten oder geeigneten Sameneichen licht angehauen und bei erfolgtem Eichenaufſchlag auch ſofort die erforderliche freie Stellung verſchafft, während im übrigen der Beſtand bis zu einem Buchen— maſtjahr noch in ſeinem Schluſſe verbleibt.“ Für die Eichennachzucht wurde die horſtförmige Stellung gewählt, „weil das Ausſchneiden oder Entgipfeln der ver— dämmenden jungen Buchen bei vereinzelter Einmiſchung junger Eichen nur ſehr ſchwer oder gar nicht auszuführen wäre“. „Auf vermagertem Boden und auf kleinen Blößen nimmt man Nadelholz, welches im letzteren Falle ſchon bei Durch— forſtungen größtenteils wieder ausgenutzt werden kann.“ Schon 1835 wird die Unterbauung der reinen Eichenbeſtände mit Buchen vorgeſchrieben. In den reinen Eichenbeſtänden mittleren Alters und in den Eichenſtangenhölzern ſollen die unterdrückten und kümmernden Stammklaſſen rechtzeitig bis zu dem Maße aus— geforſtet werden, daß die auch hier künſtlich einzubringenden Buchen unter und zwiſchen den Eichen heranwachſen können. In den reinen Buchenbeſtänden ſollen vor der Verjüngung Eichenhorſte durch dichte Eichelſaat angebaut werden. Der Nadelholzanbau wurde im Speſſart auf die Vorberge und andere Waldorte mit weit herabgeſunkener Bodenkraft beſchränkt; die Nadelholzpartien im Innern der Laubholzmaſſen ſollen in Laubwald umgewandelt werden. Bei der erſten Waldſtandsreviſion (1851) wird im weſentlichen die Fort⸗ ſetzung dieſer Bewirtſchaftungsart angeordnet. Es werden dichte Eichelſaaten (in 9—11 em Entfernung) anempfohlen. Bei der Saat ſoll dem Kiefern— ſamen Fichtenſamen beigemiſcht, die Kiefernkulturen ſollen mit Fichten und Lärchen ausgebeſſert und namentlich die Lärche in Miſchung mit Fichten und Kiefern angebaut werden. Für die anzupflanzenden Eichenhorſte wird eine Größe von ½—1 Hektar angegeben. (1844 dagegen mindeſtens 1 ha Größe.) 356 Neunter Abſchnitt. Bei der zweiten Waldſtandsreviſion (1861) wurde den Eichenhorſten (ſtatt früher 3/10) die Hälfte der Fläche der Laubholzbeſtände eingeräumt. Auch wurde Einbau der Weißtanne ſowohl für die Buchen-, als für die Nadelholzverjüngungen empfohlen. Im Vorſpeſſart darf die Buche und Eiche auch reihenweiſe gemiſcht werden, wobei jedoch den Eichenreihen ein Vorſprung zu geben iſt. Im übrigen ſind die Modifikationen unweſentlich (Pflanzweite, Ueberhalten ſchlank wüchſiger Buchen in Eichenhorſten u. ſ. w.). Die Wirtſchaftsregeln für die Laubholzverjüngungen im Pfälzerwald ſchreiben ſchon 1843 und namentlich bei der Reviſion im Jahre 1864 ein ähn— liches Verfahren vor, wie im Speſſart. Wenn auch die Eichenholznachzucht durch— greifend begünſtigt werden ſoll, ſo dürfen doch auch Kiefern, jedoch nur 15 bis 30 Stämme per Hektar, in die Buchen und in die mit Buchen und Eichen ge— miſchten Beſtände eingebaut werden. Die Laubholzbeſtände werden zumeiſt natürlich verjüngt, nur auf ganz vermagerten Böden wird kahl abgetrieben. Die Kiefernbeſtände werden in der Regel durch ſchmale, kahl zu hauende und ſofort zu beſäende, aber langſam vor— rückende Saumſchläge verjüngt, die niemals die doppelte Höhe des angrenzenden Beſtandes in ihrer Breite erreichen dürfen und an den Bergen von oben nach unten, im allgemeinen von Nord-Nord-Oſt gegen Süd-Süd-Weſt geführt werden, indeſſen iſt auf den beſſeren Böden die Nachzucht der Buche und Eiche auf natür— lichem und künſtlichem Wege durch Schirmſchlagſtellung zu begünſtigen und auch in den herabgekommenen und kümmerlichen Kiefernbeſtänden, zumal an ſonnigen Gehängen, ſollen „Schattenſchläge“ durch Ueberhalten von 60—75 ſchwacher Stämme per Hektar 2—3 Jahr lang belaſſen werden. Bei der Verjüngung der Buche iſt im allgemeinen dunkel zu halten, aber auf dem trockenen und ver— magerten Boden im Jahre nach der Beſamung kräftig zu lichten: die Erziehung der Eiche und der Unterbau der Eichenhorſte mit Buchen geſchieht im weſentlichen wie im Speſſart. Für den Anbau der Kiefer und Eiche wird im allgemeinen die Saat empfohlen; für die beſonders ſchwierigen Kulturobjekte (flüchtiger Sand, oberflächlich vermagerter Boden, ſehr ſtarker Graswuchs, tiefe Filzdecke), auch für größere Blößen wird Nadelholzpflanzung befürwortet, für ſehr ſchlechten, lockeren Boden einjährige Kiefernpflanzung mit den Pflanzeiſen. In neuerer Zeit wird für die pfälziſchen Waldungen die Verjüngung in ringförmig zu erweiternden Löchern befürwortet. Infolge der Kahlhiebe mit Belaſſung von einzelnen Samenbäumen, welche die franzöſiſche Verwaltung Ende des vorigen Jahrhunderts allgemein verbreitet hatte, und infolge der Streu— nutzung war vielfach eine weitgehende Bodenverarmung entſtanden. Die Verjüngung war ſchwierig geworden. Nach dem Eisdruck im Jahre 1858 entſtanden jedoch in den Löchern der verlichteten und dürrgipfeligen alten Beſtände, wie Hellwig (1879) berichtet, die ſchönſten Eichen-, Buchen-, Tannen- und Fichtenverjüngungen, Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 357 während auf den gewöhnlichen Verjüngungsſchlägen die jungen Buchen und die jungen Kiefern von der Dürre zu leiden hatten und man hier mit ſtärkeren Lichtungen der Beſamungs- und Ab- triebsſchläge das Uebel nur vergrößerte. Hellwig ſchlägt deshalb die vorausgehende Verjüngung der lichteren und mangelhaften Stellen innerhalb der größeren Beſtände vor. Von hier aus hat die Verjüngung ringförmig oder bei ganz rückgängigen Beſtänden von Norden nach Süden vorzuſchreiten, damit die an der Sonnen- ſeite ſtarke Beaſtung und der nördliche Saum des Jungholzes für die nächſte Verjüngung Schutz bietet. — Ney hat (1881) die Ber ſtandsbildung, welche dieſer Verjüngungsgang erzielen wird, bildlich darzuſtellen geſucht. Es würden kleine, etwa zwei bis vier Schritte breite, gleichalterige Beſtände ringförmig (oder auch ſchachbrett— förmig) aneinandergereiht werden, welche dann im Laufe der Zeit die Mtersabftufung vom Jungwuchs bis zum Altholz bildeten. In jeder Abteilung würden die Kernpunkte dieſer Ringe etwa 180—240 m bei Tannen und 300—360 m bei Buchen und Fichten voneinander entfernt werden. Die Beſtockungszuſtände, welche dieſe pfälziſchen und reichsländiſchen Forſtwirte im Auge haben, ſind, wie man ſieht, weit entfernt von dem wirren Durch— einander aller Altersklaſſen in Gruppen und Horſten, welches der Plänterbetrieb erzeugt. Die Gleichwüchſigkeit und der Kronen- ſchluß der Beſtände wird in den kleinen Ringen erhalten, nur die Gleichalterigkeit der großen Beſtände ſoll durchbrochen werden. Ich brauche wohl kaum zu ſagen, daß die kleinen Verjüngungsringe, die Ney vorſchlägt, in größeren Altholzbeſtänden unzureichend bleiben werden und bei größeren Ringen und Löchern Wind— beſchädigungen zu befürchten ſind. Aber die günſtigen Bedingungen, welche die Vorverjüngung auf den ringsum geſchützten Lichtungen vorfindet, haben die Forſtwirte, wie ich wiederholt betont habe, namentlich bei der Verjüngung der verarmten trockenen Boden— partien zu beachten und zu benutzen. Für die Nachzucht der Eiche im Köſchinger Forſte (bei Beiln— gries) wird die Saat in erſter Linie empfohlen. Im übrigen enthalten die bayriſchen Wirtſchaftsregeln für Laubholzwaldungen (Haßberge, Leuchtenbergiſche Waldungen bei Eichſtädt u. ſ. w.) keine bemerkenswerte Neuerung. 358 Neunter Abſchnitt. In Württemberg ſind Laubholzgebiete in der ſchwäbiſchen Alb und im fruchtbaren „Unterlande“ vertreten. In der ſchwäbiſchen Alb findet man zumeiſt als Verwitterungsprodukt des weißen Jura einen kräftigen Kalkboden, auf dem vorherrſchend die Rotbuche mit nunmehr 20jähriger Verjüngungsdauer auf natürlichem Wege nachgezogen wird. In neuerer Zeit hat man die reinen Buchenverjüngungen hauptſächlich mit Tannen und Fichten (Tannen in den Vorbereitungsſchlag gruppenförmig, Fichten in die Beſtandslücken), dann mit Lärchen, Ahorn und Eſchen gemiſcht. Auch die Eiche iſt längs des Donaurandes in Begleitung der Hainbuche vertreten. Im württembergiſchen „Unterlande“, auf den öſtlich vom Schwarzwald und nördlich von der Alb beginnenden und bis an das Hohenlohiſche und den Tauber— grund hinziehenden Keuperbergen, und in der vom Muſchelkalk (und namentlich der überlagernden Lettenkohle) formierten, fruchtbaren Ebene erfolgt die Ver— jüngung der Laubholzbeſtände auf natürlichem Wege. Aber Eichen und Nadel— hölzer werden ausgedehnt eingebaut. Die Eichen werden durch rechtzeitige Saat in hinreichend großen Horſten oder durch Heiſterpflanzung (in den Wirtſchafts— regeln iſt eine Größe von 0,15 —0,30 ha und mehr vorgeſchrieben) eingemiſcht, die Nadelhölzer werden zur Füllung der Lücken im Buchenaufſchlag benutzt und entweder Kiefern und Lärchen oder Fichten und Tannen verwendet, letztere beiden Holzarten horſtweiſe. Beim Anbau des Nadelholzes in reinen Beſtänden wird kahl gehauen, die Kiefer durch Reihenſaat oder durch Pflanzung im 1—Zjährigen Alter, die Fichte durch Einpflanzung von verſchulten Pflanzen angebaut. Die weiteren Mitteilungen in der Journallitteratur über die Verjüngung der Laubholzwaldungen enthalten im Vergleich mit den oben dargeſtellten Anſichten der Schriftſteller keine beachtens— werte Neuerung. Ich kann deshalb das Geſamtergebnis meiner Unterſuchung ad III. 1 dahin reſumiren, daß in die Buchenver— jüngungen kleine reine Eichenbeſtände von 0 bis 1 Hektar Größe zahlreich (oft bis zur Hälfte der Fläche) planmäßig und vorwüchſig eingebaut worden ſind (in der ſchwäbiſchen Alb auch Tannen) und daß die Lücken und ſchlechten Teile der Buchenverjüngungen je nach dem Standort teils mit Fichten und Tannen, teils mit Kiefern und Lärchen angeſäet oder angepflanzt wurden. Von der oben geforderten planmäßigen und durchgreifenden Durchſtellung der Buchenverjüngungen mit Eichen, Fichten, Lärchen, Tannen ꝛc. behufs Begründung einer vorwüchſigen Nutzholzbeſtockung findet man kaum eine Spur. Denn die vorzugsweiſe beliebte und auch für die Wirtſchaft recht bequeme Form der Horſte für die Eiche und der Nadelholzanbau in den Lücken iſt nichts weiter als die Wieder— holung des gleichwüchſigen, gleichalterigen, reinen Beſtandswuchſes Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 350 359 in kleinerem Format, wie ich ſchon oben nachgewieſen habe. Nach einer Wachstumszeit, welche die ſtark mit Nadelholz gemiſchten Beſtände hiebsreif machen würde, wird man erreicht haben: größten— teils reine Buchenſtangenhölzer, die faſt völlig wertlos ſind, und dazwiſchen kleine, reine Eichenbeſtände, die zwar bis zu einer mäßigen Wipfelſpannung vor einigen Jahrzehnten gelichtet worden find, aber immerhin im SOjährigen Alter beſtenfalls die Hälfte, vielleicht auch nur ein Dritteil (cf. Burckhardts Wertertragstafeln) von der Wertmaſſe der oben genannten gemiſchten Beſtände haben und endlich hie und da auf den ſchlechteſten Bodenpartien ver— einzelte Nadelholzhorſte. 2) Verjüngung der Fichte. Bei der Verjüngung der hiebsreifen Beſtände dieſer flach— wurzelnden Holzart haben ſog. Saumſchläge beſondere Nutz leiſtungen — ſowohl bei der Beſamung durch den Mutterbeſtand, als beim Anbau durch die Menſchenhand. Schmale und lange, ſeitlich vom ſtehenden Beſtande geſchützte Schirmſchläge werden der herrſchenden Windrichtung, die im Gebirge infolge des Streichens der Thäler ſehr wechſelvoll iſt und genau erforſcht werden muß, entgegengeführt. Man hatte offenbar zu unterſuchen, was dieſe natürlich be— ſamten oder künſtlich unterpflanzten ſchmalen Schirmſchläge im Vergleich mit ſchmalen oder ausgedehnten Freiſchlägen leiſten. In⸗ deſſen hatte dieſe Unterſuchung nur in den Ebenen, den Vorbergen und den minder ſteilen Lagen der Mittelgebirge ſtattzufinden. Im Hochgebirge iſt der Kahlſchlag zu vermeiden, weil hier in erſter Linie die Abſchwemmung des Erdreichs zu verhüten iſt. Der Kahl— ſchlagbetrieb würde namentlich in den Alpenländern verhängnisvoll werden. Zum Glück geſtattet hier die feuchte Luft und der meiſt kräftige Boden eine vieljährige Dunkelſchlagſtellung ſelbſt in den trockenen und ſonnigen Lagen. Die Schirmſchlagverjüngung war ferner notwendig, weil es nicht die Aufgabe der Forſtwirte war, reine, dicht geſchloſſene Fichtenbeſtände nachzuziehen, die leicht vom Winde zerſtört werden und dem Inſektenfraß unterliegen. Laub- und Nadelholzmiſchung hatte man nicht nur in den Laubholzwaldungen, ſondern auch in den Fichtenwaldungen — überhaupt in allen Oertlichkeiten, wo ge: 360 Reunter Abſchnitt. miſchte Laub- und Nadelholzbeſtände wachſen, zu erſtreben. Ueberall, wo es die Bodenfriſche geſtattete, waren die Laubhölzer als Grund— beſtockung in der ſchon früher erörterten Art und Weiſe (ef. S. 259) anzubauen. Ich habe im Eingang dieſes Abſchnitts ausführlich nachzuweiſen geſucht, daß die natürliche Verjüngung unter dieſen ſchmalen Schirmſchlägen durch die Bepflanzung mit weſentlichem Nutzen erſetzt werden kann. Welche Richtungen hat dagegen der praktiſche Verjüngungs— betrieb in Deutſchland eingeſchlagen? Die Berjüngung der Fichte mittelſt ſchmaler Saumſchläge iſt im öſtlichen Thüringer Walde verwirklicht worden, wenn auch die natürliche Beſamung und nicht der künſtliche Holzanbau hierbei im Vordergrund ſtand. Die Altholzbeſtände, die in der Regel aus Fichten, Tannen und Buchen gemiſcht ſind, werden, wie Stötzer 1874 berichtet, mit thunlichſter Sicherung der Angriffslinie gegen Windbruch in ganz ſchmalen, aber dafür um ſo länger ausgedehnten Schlagtouren angegriffen. Einer anfänglichen Lichtung, reſp. Samenſchlagſtellung folgen nach eingetretener Beſamung weitere Nachhiebe, ſowie ſchließlich die Räumung, jedoch immer in ſchmalen, langen, dem Windſtrich ent— gegengeführten Abſäumungen. Die Angriffsfront hat nicht ſelten eine Länge von 1000-1500 m; in dieſem Falle genügt ſchon eine Breite des Hiebs von 10, reſp. 6 m, um einen Hektar Schlagfläche zu erhalten. Die Weißtanne läßt ſich hierdurch ſehr leicht nachziehen; bei der Buchenverjüngung muß man etwas tiefer in das Innere des Beſtands mit der Vorbereitung eindringen, aber immer— hin wird nur ein ſchmaler Strich am Beſtandsſaum gelichtet. Man vermeidet auf dieſe Weiſe die Gefahr des Windwurfs, die bei ausgedehnten Lichtungen im Innern des Beſtands unvermeidlich iſt. Bei dem graswüchſigen Boden werden die Vorbereitungshiebe dunkel gehalten; dagegen werden in den Verjüngungs— hieben die Rückſtände raſch nachgehauen, wenn der Nachwuchs einigermaßen er— ſtarkt iſt. In dieſer Weiſe wird der Voranbau der Buche und Tanne bewirkt. Stötzer ſpricht nur von einer Ergänzung durch kompletierende Blößenanpflan— zung; es ſcheint ſonach die oben geforderte planmäßige Durchſtellung der Buchen— verjüngungen mit Fichten nicht ſtattzufinden. Im Harz iſt, wie Burckhardt berichtet, die Verjüngung der Fichte mittels kleiner Kahlſchläge und Einzelpflanzung aus Pflanz— ſchulen Regel geworden. Die Büſchelpflanzung iſt in den Hinter— grund getreten. Auch in den ſächſiſchen Staatswaldungen iſt die Pflanzung auf ſchmalen Saumſchlägen, die hier kahl abgeholzt werden, Regel. In dieſem Lande iſt ein ſehr lebhafter Meinungsſtreit über die Frage ent— brannt, ob die Fichtenbeſtände unter Schutzbeſtand natürlich oder künſtlich zu verjüngen ſind (Vorverjüngung), oder ob dieſe Holzart durch Saat oder Pflan— Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 361 zung auf kahle Saumſchläge in beſſerer Weiſe fortgepflanzt wird. Rudorf, Kühne u. a. verteidigen die Vorverjüngung, namentlich für die Hochlagen des Erzgebirges, für ſteile, felſige Gehänge, Froſtlagen und auch für trockene, arme Böden. Es wird behauptet, daß in den Hochlagen des Erzgebirges geſäete und natürlich angeflogene Fichten und namentlich Tannen und Buchen eine lockere Beſchirmung 10—15 Jahr lang aushalten, in den mittleren Hochlagen 8 bis 12 Jahr lang, daß ſelbſt Unterpflanzung von Fichten 5—8 Jahr lang unter Schirm ohne Nachteil ſtehen können. Die Kultur auf großen Freiſchlägen bleibe 10—20 Jahr lang ſchlechtwüchſig, während auf Schachten (Loshieben) und Wind- wurflöchern ein viel beſſerer Holzwuchs zu finden ſei. Dagegen befürworten Manteuffel, Schaal, Judeich u. a. die Kahlſchlag— wirtſchaft für die Nachzucht der Fichte. Judeich bezeichnet ſogar den Uebergang zum Kahlſchlagbetrieb als den wichtigſten Fortſchritt, den die ſächſiſche Staatsforſtverwaltung überhaupt gemacht habe. Die Fichte könne, ſo behauptet Manteuffel, den Druck des Altholzes nur 3 bis 4 Jahre aushalten. Vor allem könne man auf den Kahlhieben das Nutzholz aus der Füllungsmaſſe ſorgfältiger ausſondern. Die Unkräuter erſcheinen, wie Schaal betont, auch in den Schirmſchlägen, aber während die kräftigen Pflanzen auf den Kahlſchlägen bald Beſtandsſchluß herbeiführen, brauchen die dünnnadeligen, widerſtandsloſen und unwüchſigen Pflanzen, welche in den Verjüngungsſchlägen bei natürlicher Beſamung oft erſt nach 5—6 Jahren lückig und unvollkommen erſcheinen, 10— 12 Jahr zur Beſtandsbildung. Judeich betont ferner, daß die alten Bäume die Bodenfeuchtigkeit in ſtarkem Maße verdunſten, die atmo⸗ ſphäriſchen Niederſchläge in ihren Kronen zurückhalten, die Taubildung ver— hindern und den Boden durch die von den Stämmen reflektierenden Sonnen⸗ ſtrahlen austrocknen. Auf magerem, ſterilem Quarzboden wirken, wie mitgeteilt wird, Hitze und Trockenheit unter Schirmſtand viel nachteiliger und richten die Pflanzen viel eher zu Grund, wie auf dem freien Schlage. Die hier erörterte Frage kann, wie ich ſchon oben erwähnt habe, nur durch die Ergebniſſe ſcharf vergleichender Kulturverſuche beantwortet werden. Für die verſchiedenen Bonitätsklaſſen der im allgemeinen trockenen und armen Stand— orte mußte man gleichzeitig Pflanzungen unter richtig geſtellte und rechtzeitig gelichtete Schirmbeſtände und daneben auf Kahlſchläge ausführen und die Wirkung auf den Pflanzen⸗ und Unkrautwuchs beobachten. Man mußte die Standorte, wo der Kahlſchlag wegen der Regenniederſchläge und des Taugenuſſes der letzte Rettungsanker iſt und auf denen man die Bodenaustrocknung durch den Heidel— beer⸗, Heidewuchs u. ſ. w. in den Kauf nehmen und auf die Beimiſchung der Buche, ſelbſt der Tanne verzichten muß, ſtreng ſondern von den beſſeren Güte⸗ klaſſen. Wenn auch hier die jungen Pflanzen unter den Schirmſchlägen in der Jugend langſamer wachſen ſollten, ſo werden ſie ſpäter beſſer vorwärts kommen, weil die Bodenthätigkeit nicht in gleich ſtarkem Maße zerſtört worden iſt, wie durch den Kahlhieb. In Süddeutſchland wird die Fichte vorwiegend unter Schirm— ſchlägen verjüngt. 362 Neunter Abſchnitt. Teilweiſe, namentlich in den bayriſchen Alpen, erſcheint der Kahlhieb, wie ich ſchon oben erwähnt habe, durch die Abſchwemmungsgefahr an und für ſich unzuläſſig. Man hatte mit demſelben, namentlich im Forſtamt Reichen— hall, die unangenehmſten Erfahrungen gemacht. Aber auch der unregelmäßige Plänterbetrieb hatte, wie aus dem Forſtamt Tölz berichtet wird, viele rück— gängige, ausgelichtete, überhaubare Beſtände, dann lückige, ungleichmäßige und ungleichalterige haubare Beſtände, jüngere Beſtände ohne angemeſſenen Schluß und gedeihliches Wachstum, Verödungen und große, faſt noch ganz unbeſtockte ältere Schlagflächen zurückgelaſſen. Die vorläufigen Wirtſchaftsregeln für die Nadelholzwaldungen im bay— riſchen Hochgebirge von 1843 geſtatten zwar den Plänterbetrieb, aber nur für die licht beſtockten Alpwaldungen, welche zum Schutze gegen Lawinen und Erdbrüche dienen, ſodann für ſehr ſteile Gehänge und ſog. Leiten, wo das Ab— rutſchen des produktiven Erdreichs zu befürchten ſteht, für dominierende Höhen— punkte, exponierte Bergrücken und Schneiden u. ſ. w. Ueberall wo die lokalen und Beſtandsverhältniſſe und die Bringung es geſtatten, iſt in dieſem Hochgebirg die Verjün gung mittels Dunkelſchlagſtellung und allmählicher Ab— holzung in mäßiger Ausdehnung der Angriffsflächen anzuwenden. Sie iſt durchweg dem Kahlhieb vorzuziehen. Sobald der Boden zur Aufnahme des Samens geeignet, wird zur Anſaat aus der Hand geſchritten. Die natürliche Verjüngung wird auch 1852 für die Fichtenwaldungen des Forſtamts Reichenhall und der Forſtämter Tegernſee, Ruhpolding, Mar— quardſtein und Roſenheim als Regel vorgeſchrieben; nur bei beſonders ſchwie— rigen Transportverhältniſſen und in den langſchaftigen, den Sturz- und Fall— winden exponierten Beſtänden iſt der Kahlſchlagbetrieb zuläſſig. Bei der Dunkelſchlagſtellung gilt für dieſen kalkhaltigen fruchtbaren Boden, der in der feuchten Gebirgsluft ſelten austrocknen wird, die Regel: „je ſonniger und unge— ſchützter die Lage, je ſteiler das Gehänge, je mehr der Boden zur Vergraſung ge— neigt iſt, deſto dunklere Stellung iſt den Angriffsflächen zu geben. Im allge— meinen dürfte eine Entfernung der äußerſten Aſtſpitzen von 2,3 —2,9 m am meiſten entſprechen.“ Mit den Nachhauungen iſt zu beginnen, ſobald die Be— ſamung erfolgt iſt, mit dem gänzlichen Abtriebe aber zu warten, bis der Anflug hinlänglich erſtarkt iſt und keines Schutzes mehr bedarf, was in der Regel in 6—8 Jahren der Fall ſein wird. An ſteilen Hängen und bei einer Stellung des Schlags durch geringere Stämme, welche ausreichend Licht gewährt, können die Nachhauungen unterbleiben und bei einer Höhe der Fichten von 0,15 0,30 m der Kahlhieb mittels ſchmaler Abſäumung vorgenommen werden. Die künſtliche Holzzucht erfolgt vorzugsweiſe durch Anſaat. In den aus Fichten, Buchen und Tannen gemiſchten Hochgebirgswald ungen im Forſtamte Tölz werden dieſe Holzarten in Miſchung nachgezogen und dabei auf den beſſeren Standortsklaſſen die Laubholzbeimiſchung begünſtigt. Fünf bis ſechs Jahre vor dem eigentlichen Angriffshieb wird das Nutzholz ausgehauen. Gleichzeitig oder im folgenden Jahre wird durch Aushieb einer kleinen Quantität Brennholz (54—90 Raummeter per Hektar) die regelmäßige Stellung für Buchen- und Tannennachzucht gegeben — an ſüdlichen, hohen, trockenen Gehängen dunkler, Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 363 wie an nördlichen Hängen u. ſ. w. Die Verjüngungsfläche iſt alsbald mit Fichten⸗ und Lärchenſamen zu beſäen. Der Abtriebsſchlag folgt ohne weitere Auslichtungshiebe auf ſonnſeitigen Gehängen und hohen Lagen der künſtlichen Einſaat oder natürlichen Beſamung erſt nach 8—12 Jahren, auf nördlichen Ab— dachungen, in geſchützten, niederen Lagen dagegen ſchon nach 4—8 Jahren. (An den höheren Gebirgshängen iſt nämlich der Boden ſeicht, oft nur einige Zoll tief und der Abſchwemmung ausgeſetzt.) Nur in den geſchützten Waldregionen, ins— beſondere auf den Schattenſeiten, den nördlichen und weſtlichen Gehängen auf friſchem Boden ohne Graswuchs, iſt kahler Abtrieb in ſchmalen Abſäumungen mit alsbaldiger Anſaat geſtattet, wenn Seitenſchutz durch ältere Beſtände bis zur Herſtellung der Verjüngung erfolgt; aber unter allen Verhältniſſen ſollen Vor— bereitungshiebe 8—12 Jahre vorausgehen, um Buchen- und Tannenvorwuchs zu erhalten. Auch ſind jüngere gutwüchſige Buchen, Ahorne, Ulmen, Tannen zum Ueberhalten zu belaſſen. Die Schlagrichtung geht hierbei von Norden gegen Süden oder von NWO. gegen SWO., weil die ſüdliche Beſchattung der Verjüngung beſonders kräftig und wohlthuend wirkt. Auf ältere Schläge mit ſtark verweſtem und vernarbtem Boden, auf Lücken ꝛc. find 3—4jährige Fichten und Lärchen aus Saatſchulen oder Ballenpflanzen aus nahegelegenen Schlägen zu verpflanzen. Ueberall ſind Verjüngungsſtreifen, welche vom Fuße der Gehänge bis zur Höhe derſelben reichen, als Regel anzuwenden. Man benutzt vorzugs— weiſe das ſchwächere Geſtäng zum Schutz der Beſamung. Das verbleibende Aſt— holz, welches im Hochgebirge wertlos iſt, wird über die Saatplätze ausgebreitet. Die Vorwüchſe werden ſtreng geſchont und erhalten. Beim Plänterbetrieb, der in den höchſten, gefährlichſten Lagen un— vermeidlich iſt, ſoll eine Regelmäßigkeit und periodiſche Reihenfolge der Plänter— hiebe in der Art beobachtet werden, daß wenigſtens in jeder Wirtſchaftsperiode einmal mit ſteter Rückſicht auf die Erhaltung der Bewaldung, ſowie auf den notwendigen Schutz des Bodens und der Umgebung vorzugsweiſe das ſtärkere, über⸗ und abſtändige Holz herausgenommen wird. In den niedriger gelegenen Landesteilen Bayerns tritt die Fichte zumeiſt in Untermiſchung mit Rotbuchen und Tannen auf. Wir haben deshalb zu be— achten, ob die oben geforderte regelrechte Untermiſchung dieſer Holzarten ſtatt— gefunden hat. In der Landſchaft zwiſchen den Alpen und der Donau werden die reinen Fichtenbeſtände in langen, ſchmalen, von NRO. gegen SSW. zu führenden Streifen mittels Dunkelhieben und Riefenſaat verjüngt. In den Waldungen bei Eichſtätt entſprechen bei der Verjüngung der Fichtenbeſtände auf dem einerſeits zum Graswuchs ſehr geneigten und anderſeits der Vertrocknung ſehr ausgeſetztem Jurakalk die Kahlhiebe nicht dem Zweck. Hier werden Beſamungsſchläge, die mit langen Streifen der Richtung von NNO. nach SSW. folgen, vorgeſchrieben. Nach 3—5 Jahren wird ca. die Hälfte des ſtärkſten Holzes nachgehauen und nach weiteren 3—4 Jahren tritt der Kahl— hieb in paralleler Richtung mit den Angriffshieben ein. Riefenſaat wird nötigen— falls zu Hilfe gerufen. In der Oberpfalz ſind die Fichtenbeſtände, die hier entweder rein oder 364 Neunter Abſchnitt. mit Kiefern gemiſcht vorkommen, in Dunkelſchlägen, die in ſchmalen Streifen von NND. gegen SSW. zu führen find, mit Zuhilfenahme der Riefen— ſaat zu verjüngen, wenn der Boden mit Moos bedeckt iſt. Iſt da— gegen der Boden bereits geſchwächt, mit Heidelbeer- und Heide— kraut überzogen, ſo ſind ſchmale, die Baumhöhe des Beſtands nicht über— ſchreitende, möglichſt lange Abſäumungen in der gleichen Richtung (alle drei bis vier Jahre ein neuer Streifen) kahl zu hauen und durch Fichtenriefenſaat anzubauen. In den aus Buchen, Tannen und Fichten gemiſchten Beſtänden des bayriſchen Waldes begünſtigt man gleichfalls überall, wo es angeht, die Buche und ſichert ihr das Uebergewicht. Tannen und Fichten ſollen in der Jugendperiode nur ſehr untergeordnet einzeln und horſtförmig beigemiſcht werden; „zur Zeit der Haubarkeit wird die weit geringere Anzahl Nadelholz— ſtämme nahezu ebenſoviel Holzmaſſe liefern, wie die zahlreicheren Buchen.“ Vor den Dunkelhieben werden, mindeſtens 6—8 Jahre vorher, Vorbereitungshiebe eingelegt, bei denen die ſchweren Nadelholzſtämme gefällt, der Unter- und Vor- wuchs abgeräumt wird, um Buchen-, Tannen- und Ahornbeſamung zu erzielen, die vorwüchſig werden kann. Schadhafte und rückgängige Stämme werden durch Plänterhiebe ausgezogen. Die Fichtenbeſtände in den Hochlagen werden gleich— falls durch dieſe Plänterhiebe mit Rückſicht auf Anflug benutzt, in den tieferen Lagen durch Dunkelſchlagſtellung verjüngt und in den Auwaldungen ſtreifenweiſe kahl abgeholzt. ; Die Fichtenwaldungen im Fichtelgebirge, die teils rein, teils mit Tannen, Buchen und Kiefern gemiſcht vorkommen, ſind durch Vorbereitungshiebe, Angriffs- wie Abtriebshiebe mit alsbaldiger Anſaat zu ver— jüngen. Auf die Nachzucht der Tanne und Buche wird beſonderer Wert gelegt; die Buche ſoll horſt- oder partienweiſe eingemiſcht werden. Der Abtriebsſchlag wird geführt, wenn die Buche eine Höhe von 1—11/; m erreicht hat, die Tannenpflanzen 6—8 Jahre und die Fichtenpflanzen 3—4 Jahre alt find, An den nicht ſteinigen Orten der Lücken und Blößen iſt der Löcherpflanzung mit Ballen oder mit Aſche der Vorzug zu geben; ſowohl bei der Anſaat der Schläge, als bei der Pflanzung hat eine gründliche Bodenlockerung ſtattzufinden. In den Nadelholzforſten Württembergs ſtocken die Fichtenbeſtände im Jaxtkreis (Ellwangen, Hall ꝛc.) vor— zugsweiſe auf Keuperboden, vielfach auf weißem Sandſtein, ſog. Stubenſand. Auf den feuchten Plateaus iſt die Fichte dem Windwurf ausgeſetzt; bei Lichtſtellung ſchließt der raſch eintretende Ueberzug des Bodens mit Gras, Binſen oder Seegras die Beſamung oder wenigſtens das Aufkommen des Nachwuchſes, aus. Auf den mageren, trockenen Böden, wie ſie der vorzugsweiſe in Betracht kommende Stubenſandſtein liefert, erfolgt bei jeder Lichtſtellung raſche Verflüchti— gung des Humus, es ſtellen ſich Heidelbeerkräuter und Heidekräuter ein, unter Schirm verſchwinden die Fichtenpflanzen und nur die Buche und Tanne erhält ſich. Die Verjüngung durch den Samenabwurf des Mutterbeſtands, die im An— Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 365 fang des Jahrhunderts mehrere Jahrzehnte in Uebung war, hat umfangreiche Blößen geſchaffen, der Boden iſt verheidet und an Kraft tief geſunken. Deshalb verjüngt man in neuerer Zeit auf ſchmalen, kahl gehauenen Saumſchlägen, die dem herrſchenden Wind entgegengeführt werden, mittels Pflanzung, insbeſondere Hügelpflanzung. In Oberſchwaben findet man dagegen die Fichtenbeſtände zumeiſt auf einem friſchen, tiefgründigen, ſandigen Lehmboden, der aus der Verwitterung des Moränenſchutts hervorgegangen iſt. Die natürliche Verjüngung und die Saat unter Schirmſtand hat hier dem Kahlſchlagbetrieb weichen müſſen, weil die Fichten in den Verjüngungsſchlägen leicht vom Winde geworfen werden und der Lichtung ein üppiger Graswuchs auf dem Fuße zu folgen pflegt, auch die Benutzung der Marktkonjunkturen bei der natürlichen Verjüngung erſchwert war. Regel iſt des— halb der Kahlſchlagbetrieb mit Anbau aus der Hand geworden und nur in den mit Tannen gemiſchten Fichtenbeſtänden wird die Tanne durch Vorverjüngung eingebracht und die nach dem Abtrieb vorhandenen Blößen mit Fichten aus— gepflanzt. 3) Verjüngung der Weißtanne. Im Frankenwalde, in dem die Weißtanne vorherrſcht, hatte man ſowohl mit dem Femelbetrieb, als mit dem Kahlſchlagbetriebe in den erſten Jahrzehnten des neunzehnten Jahrhunderts unan— genehme Erfahrungen gemacht. Im Plänterbetrieb waren die Beſtände durch abſtändig werdende Stämme und ſtarke Auszugshauungen immer lichter geworden und vom Winde niederge— worfen. Durch die großen Kahlhiebe war der Thonſchiefer- und Grauwackeboden, der im Frankenwalde vorherrſcht, in der Produktionskraft herabgekommen; er hatte ſich mit Unkräutern überzogen. An die Stelle der früheren Tannenbeſtände waren Fichtenbeſtände mit teilweiſe unvollkommener Beſtockung getreten. Seit 1830 hat die Dunkelſchlagwirtſchaft im Frankenwalde Eingang gefunden. Seit dieſer Zeit iſt die Wirtſchaft in erſter Linie auf die Begünſtigung der Weißtanne bei der Verjüngung gerichtet. Zwölf bis fünfzehn Jahre vor dem eigentlichen Angriff werden die Vorbereitungshiebe geführt, bei welchen nur eine mäßige Lich— tung eintritt und eine merkliche Unterbrechung des Schluſſes nicht ſtattfindet. Außer dem Unterſtand, welcher das Gedeihen des jungen Anflugs hindert, wird zunächſt der zur Nachzucht untaugliche Fichten-, Tannen- und Buchenvorwuchs entfernt. Aber der Aushieb erſtreckt ſich auch auf die ſtarken Buchen- und Nadel— holzſtämme und auf einen Teil der zu gedrängt und zu geſchloſſen ſtehenden Stämme, ohne eine mäßige Lichtung zu überſchreiten. Die Dunkelſchläge beginnen auf den Hochebenen auf der Nordoſt- oder tordjeite des Beſtandes mit Schlaglinien, die von Südoſt gegen Nordweſt ge— richtet ſind. An Bergwänden, wo vom Sturme keine Nachteile zu befürchten ſind, iſt mit dem Angriffe auf der Höhe oder dem Kamme des Berges zu be— ginnen, die Schlaglinien laufen horizontal, ſo daß der Hieb von dem Bergrücken gegen den Fuß in langen, ſchmalen Schlägen, die auch auf den Hochebenen zu 366 Neunter Abſchnitt. wählen ſind, vorrückt. In Oſtlagen, wo von Weſtwinden Gefahr droht, werden die Hiebe von der Nordſeite her von oben nach unten geführt. Mittelſtarke Tannen werden zu Schutz- und Samenbäumen ausgewählt. Fichtenvorwuchs wird, mit Ausnahme der ſüdlichen Lagen und lichten Beſtände, entfernt, Tannen— vorwuchs vorläufig geſchont, aber ſpäter entfernt oder durchhauen. Buchenkern— wuchs wird ſorgfältig geſchont. Die Dunkelſchläge ſind auf den ſüdlichen, ſteilen Abhängen, auf den trockenen, ſteinigen Bergkämmen und mit Felswänden durch— zogenen unteren Gehängen dunkler zu halten, als gewöhnlich; dagegen iſt auf den nördlichen, nordöſtlichen und nordweſtlichen, geſchützten Berghängen weniger Vorſicht notwendig. In dieſen Lagen ſind ſelbſt ſchmale, kahle Abſäumungen zuläſſig, jedoch nur dann, wenn erſtarkter Anwuchs bereits vorhanden iſt, der ſich während der Vorbereitungsſtellung häufig anzuſiedeln pflegt, oder wenn die Aus— pflanzung ſofort ſtattfinden kann. Die Schlagſtellung wird erſt dann vorge— nommen, wenn ein reichliches und gutes Samenjahr in Ausſicht ſteht (gewöhnlich alle 3—4 Jahre). Die Nachhauungen beginnen im Frankenwalde, wenn ſich auf der Fläche überall 5—6jährige Tannenpflanzen zeigen — mehrere Jahre nach dem Angriffs— hiebe. Mit dem 10.— 12. Jahre, wenn die Mehrzahl der Tannen eine Höhe von 13—2/ m hat, werden dieſelben beendigt. Die Blößen werden bepflanzt; überhaupt iſt der Pflanzung mit Saatſchulpflanzen in Löcher der Vorzug vor der Saat zu geben. Zeigt ſich bei den Vorbereitungshieben kein Tannenanflug, ſo wird der Boden vor dem Samenjahr im Herbſt rinnen- oder riefenweiſe bearbeitet. Außer dem Frankenwalde hat die Tanne namentlich im Schwarzwald größere Verbreitung gefunden. Im badiſchen Anteil des Schwarzwalds, auf einem vorherrſchend von Granit und Gneiß gebildeten kräftigen Boden, iſt ebenfalls die natürliche Ver— jüngung der Weißtanne Wirtſchaftsregel. Ich habe das eingehaltene Verfahren nach den Gerwigſchen Angaben oben (S. 347) geſchildert. Der Schwerpunkt liegt in der Verjüngung von Lichtungen, die auf gutem Boden 36—72 m groß ſind. Ueber den Gang der Verjüngung im ſpeciellen und über das Alter, welches die Weißtannenpflanzen auf dieſen Löchern bis zur vollſtändigen Räumung des Schirmſtandes unmittelbar über denſelben im großen Durchſchnitt erreichen, finde ich keine präciſe Angaben. Man ſpricht im allgemeinen von einem 25 bis 40jährigen Verjüngungszeitraum. Die Weißtannenbeſtände im Schwarzwald ſind aus dem Plänterbetrieb hervorgegangen. In größeren haubaren Beſtänden findet man mannigfache Altersſtufen vertreten. Aber vorherrſchend ſind in den als haubar erachteten Beſtänden die 80 —120jährigen Stämme zu finden. Die Tannenwirtſchaft im badiſchen Schwarzwalde bezweckt nun in erſter Linie das Angebot derjenigen Nutzholzſtämme, welche im Holzhandel beſonders geſucht und am teuerſten bezahlt werden. Der Preis richtet ſich nach der Länge und der Stärke am Zopfende; der Feſtmeter von einem Stamme, der 70 Fuß lang iſt und 16 Zoll oberen Durchmeſſer hat, wird 38% höher bezahlt, als der Feſt— meter von einem Stamm mit 50 Fuß Länge und 12 Zoll oberem Durchmeſſer. Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 367 Im freien Stande iſt eine Zunahme von 4 Zoll am Zopfende während eines 12jährigen Zeitraums eine gewöhnliche Erſcheinung (bei 70 Fuß langen Stämmen) und damit gewinnt man eine Preisſteigerung von etwa 200 per Feſtmeter. Man verjüngt ſehr langſam, damit die jüngeren und ſchwächeren Stämme zu langen und zopfſtarken Stämmen heranwachſen. Zunächſt werden die 100- bis 120jährigen Horſte verjüngt, indem man hauptſächlich die Stämme, welche ihre höchſte Nutzbarkeit erreicht haben, die nicht ſchönwüchſigen und die unterdrückten Stämme aushaut. Während dieſe Verjüngung nach und nach Samenwuchs er— zeugt, werden auch die früher 80 —100jährigen Gruppen und Horſte im Schlag geſtellt. Gleichzeitig werden die erſtarkten Stämme in den jüngeren Horſten ausgezogen. Zuletzt bleibt ein Beſtand vom 1—20jährigen Alter mit Gruppen und Horften bis zum 40jährigen Alter, in welchen bis 60 und mehrjährige (auf— geaſtete) Stämme einzeln oder in lichten Gruppen eingewachſen ſind, übrig. Hiernach ſcheint in den einzelnen Horſten und Gruppen eine bis 20jährige Verjüngungszeit vorzuherrſchen. Aber bis man die verſchiedenen Gruppen einer Abteilung verjüngt, die jüngeren Gruppen durchhaut und den Vorwuchs „ges muſtert“ hat, vergehen, wie es ſcheint, 30—40 Jahre. Die Angaben über die Länge des Verjüngungszeitraums ſcheinen ſich ſonach auf die Abteilung zu be— ziehen und nicht auf den Schirmſtand der partiellen Verjüngungsfläche innerhalb der Abteilung. Zur Ergänzung der natürlichen Beſamung wird die Pflanzung (mit Saatſchulpflanzen) zumeiſt gewählt. Im badiſchen Schwarzwald tritt ſehr verbreitet die Buche mit der Weiß— tanne auf. In den meiſten Fällen ſcheint die Buche ſo weit ausgehauen zu werden, als ſie die Tanne in den Verjüngungen verdrängt. Keinenfalls findet im Schwarzwald die planmäßige Bildung von Miſchbeſtänden der Tanne, Fichte und Buche ſtatt, in welchen die Nadelhölzer in der zweiten Hälfte des Beſtands— lebens dominieren und den Hauptertrag liefern, obgleich ſicherlich auf den beſſeren Bodenarten dieſe Miſchung bei einer ſorgſamen Beſtandspflege zu begründen und zu erhalten ſein würde. Im württembergiſchen Schwarzwalde findet man vorherrſchend einen wenig kräftigen Sandboden, welcher der Verwitterung des bunten Sandſteins entſtammt. Man verjüngt die Weißtanne zwar auch unter Schirmſtand, aber mit kurzer Verjüngungsdauer und nur auf den beſſeren Standorten und in regelmäßig beſtockten Beſtandspartien. Diejenigen Beſtandsteile, in denen die natürliche Verjüngung Schwierig— keiten darbietet, werden zunächſt dunkel gehalten und hierauf gleichzeitig mit den auf natürlichem Wege verjüngten Beſtandsteilen in langgedehnten ſchmalen Streifen kahl abgeſäumt. Unter dem Seitenſchutz des vorſtehenden Beſtands, nötigenfalls auch unter Beigabe der Kiefer als Treib- und Schutzholz, wachſen die angepflanzten Weißtannen in die Höhe. Die Fichte wird auf den beſſeren Tannenböden zur Füllung der Lücken in ſchon mehr erſtarktem Tannenvorwuchs angebaut. 368 Neunter Abſchnitt. 4) Verjüngung der Kiefer. Im nördlichen Deutſchland iſt fait überall die Verjüngung der Kiefer mittels des Kahlſchlagbetriebs und der Anpflanzung Regel geworden. Zwar wird in einigen Revieren der Mark Brandenburg die natürliche Verjüngung der Kiefer mit Erfolg betrieben — namentlich im Revier Zehdenik, um den Schaden zu verhindern, den die Engerlinge auf dem frei gehauenen Sandboden gewöhnlich anrichten. Aber in dieſem Revier (Schutzbezirk Kappe) wird der Boden durch Schweineumbruch, Behacken, Pflügen und Eggen gründlich gelockert und die künſtliche Anſaat ſofort zu Hilfe gerufen. In fünf Jahren wird geräumt und zu dieſem Zweck in drei Jahren / des Vollbeſtands ausgehauen. Es iſt deshalb auf den Bodenſchutz durch den Schirmſchlag kein großer Wert zu legen. Schon 1841 wird im Nürnberger Reichswald, der auf einem durch Streunutzung herabgekommenen, zwar tiefgründigen, aber trockenen und mageren Quarzſandboden ſtockt, die Verjüngung der Kiefer durch ſchmale Saumſchläge empfohlen, auf denen lediglich das zum Einwachſen beſtimmte Oberholz in angemeſſener Ver— teilung, beſchränkter Anzahl und guter Auswahl ſtehen gelaſſen wird. Es iſt mit dem Hiebe weiter zu rücken, ehe der Anflug vom ſtehenden Holze zu leiden anfängt. Auf dieſem Boden hat die Lockerung, deren gründliche Vornahme mit Recht vorgeſchrieben wird, beſondere Bedeutung. In der Oberpfalz hat man auf trockenem, quarzreichem, ent⸗ kräftetem Boden verſchiedene Verjüngungsmethoden ohne gründliche Bodenlockerung verſucht, jedoch ohne Erfolg. Zunächſt wurden die noch nicht verkrüppelten Kiefernbeſtände, welche mit Heide unterwachſen waren, in ſchmalen Abſäumungen, welche die Höhe des Be— ſtands nicht überſchritten, kahl gehauen und hierauf, nach Ausrupfen des Heide— krautes, natürliche Beſamung erwartet. Wenn die letztere in den beiden erſten Jahren nicht erfolgte, ſo wurde durch Kiefernſaat oder Pflanzung im dritten Frühjahr nachgeholfen. In den Krüppelbeſtänden, auf durch Streunutzung ent— kräfteten Böden wurde nach Einſtellung der Streunutzung die Bildung einer Moosdecke abgewartet und ſodann auf ſchmalen Abſäumungen Riefenſaat mit tiefer Bodenlockerung vorgenommen. Für dieſe Kiefernkrüppelbeſtände wird jedoch bei Reviſion der Wirtſchafts— regeln die Belaſſung eines hinreichenden Schutzbeſtands auf den bis zu 30 m breiten Verjüngungsſtreifen und die dichte Pflanzung Ijähriger Kiefern (Im Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 369 Reihenabſtand, 2/ m Entfernung in den Reihen) vorgeſchrieben. Der Schutz⸗ beſtand iſt 2—3 Jahre nach der Pflanzung zu entfernen. Da dieſe Verjüngungsmethoden ohne befriedigenden Erfolg blieben, ſo verſuchte man 10jährigen landwirtſchaftlichen Fruchtbau mit Düngung und er- zielte einen guten Holzwuchs. Derſelbe konnte jedoch nicht die wünſchenswerte Ausdehnung erlangen. Man ließ hierauf die Streu abräumen, den Boden von den Streukäufern möglichſt tief und kurz bearbeiten und im folgenden Jahre mit 1jährigen Kiefern bepflanzen. Nach einigen Jahren, wenn die Heide wieder erſchien, wurde der Boden ohne weiteres Entgelt wiederholt behackt und an die Pflanzen herangezogen. Die Erfolge dieſer Verjüngungsart ſind im Vergleich mit den früheren Gebräuchen ſo in die Augen fallend, daß dieſelben nicht be— zweifelt werden können. Im Pfälzerwald wird in den zu Kiefern umzuwandelnden Laubholzbeſtänden mehrere Jahre vor dem Abtrieb ein Vor— bereitungshieb geführt, damit Aufſchlag bei Maſtjahren erfolgt und hierauf in ſchmalen Streifen kahl abgeholzt. In Kiefernbeſtänden werden langſam fortſchreitende Saumhiebe, deren Breite niemals die doppelte Höhe des angrenzenden Beſtands erreichen darf, ge— führt, die an Bergwänden horizontal von oben nach unten, immerhin aber in der Richtung von NNO. gegen SSW. vorſchreiten. Die entholzten Flächen ſind, gewöhnlich im nächſtfolgenden Frühjahr nach dem Hiebe, mittelſt Kiefern⸗ ſaat zu beſtellen. Die oben mitgeteilten Erfahrungen, welche man in Sachſen bei der Verjüngung der Fichte gemacht hat, beziehen ſich auch teil— weiſe auf die Nachzucht der Kiefer. III. Die Verzüngung der Waldungen mittels Saat und Pflanzung. Im Eingange dieſes Abſchnitts habe ich die Nutzleiſtungen der natürlichen Verjüngung durch den Samenabwurf des Mutter⸗ beſtands mit den Nutzleiſtungen der alsbaldigen Bepflanzung der Beſamungsſchläge verglichen. Ich habe nachgewieſen, daß die Koſten⸗ erſparung, die man erreicht, indem man das Ausſtreuen des Samens der Natur überläßt, durch andere, weitaus überwiegende Verluſte aufgehoben wird. Wir haben geſehen, daß ſich die Maſſen- und Wertproduktion der Holzbeſtände durch die regelmäßige Verteilung und nutzbringendſte Entfernung, die man den Holzpflanzen bei der Einpflanzung geben kann, beträchtlich höher ſtellt, als in dichten Wagener, Waldbau. 24 370 Neunter Abſchnitt. natürlichen Verjüngungen und daß ſchon durch dieſe Mehrproduktion die Pflanzungskoſten erſetzt werden. Die natürlichen Verjüngungen werden je nach dem Samenwuchs bald zu dicht und bald zu licht ſtehen; ſie bleiben im erſteren Falle im Wuchſe weit mehr zurück, als die Pflanzungen und erfordern im letzteren Falle koſtſpielige Nachbeſſerungen. Vor allem fällt aber in die Wagſchale, daß bei der ſofortigen Bepflanzung der Beſamungsſchläge der Wertzuwachs der nachwachſenden Beſtockung nicht verloren geht, denn derſelbe iſt ſehr beträchtlich — bei Nutzholznachzucht wird oft der einjährige Zuwachs dem doppelten Betrag der Pflanzungskoſten (Spaltpflanzung) gleichkommen. Und endlich iſt zu beachten, daß die Bodenkraft in der beſtmöglichſten Art erhalten wird. Es würde ſinnlos ſein, auch noch in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts auf die weitaus überwiegenden Vorteile der Holzpflanzung zu verzichten, weil man vor hundert Jahren der Verjüngung der Waldungen durch den Samenabwurf des Mutterbeſtands beſonderen Wert beizulegen hatte. Es iſt keiner Frage unterworfen, daß zukünftig für die Nach— zucht der Lärche, Kiefer, Fichte, der beiden Ahornarten, der Ulme ꝛc. der Anbau aus der Hand die Regel zu bilden hat und hierbei nur die brauchbaren Pflanzen, die der natürlichen Beſamung ent⸗ ſtammen, beibehalten werden. Aber es iſt beſonders zu unter— ſuchen, ob man zur Anzucht der hauptſächlich aus Rotbuchen zu bildenden Grundbeſtockung, die in dem Lichtwuchsbetriebe (ef. ſiebenten Abſchnitt) den Boden zu ſchirmen hat, in erſter Linie die natür— liche Beſamung benutzen kann, indem man den Anbau durch Menſchenhände lediglich bei ausbleibenden Samenjahren und minder empfänglichen Böden zu Hilfe ruft. Wenn geſchloſſene Buchenbeſtände im mannbaren Alter, nach— dem Kronenfreihiebe und Durchforſtungshiebe ſcharf eingegriffen haben, dem eigentlichen Lichtungshieb unterſtellt werden, ſo iſt es zwar nicht gefahrbringend, zwei bis drei Jahre auf ein Buchen— ſamenjahr zu warten. Man wird auch bei eintretender Buchelmaſt eine ſehr große Fläche mäßig lichten und auf trockenen Böden als— bald, auf den feuchteren Böden langſamer nachhauen können. Man wird vorausſichtlich die natürliche Beſamung zur Begründung der Schutzbeſtockung ſehr ausgiebig benutzen können; eine gute Spreng— Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. ar maſt bedeckt erfahrungsgemäß den Boden der gelichteten Beſtände mit dichtem Samenwuchs und man muß ſich beeilen, die Nadel— hölzer zur Bildung des Haubarkeitsbeſtands einzupflanzen. Allein ich möchte trotzdem raten, auch für dieſen Lichtwuchsbetrieb in älteren Buchenbeſtänden die Buchenpflanzung als oberſte Regel des Verjüngungs- und Unterbaubetriebs voran zu ſtellen. Ausgiebige Buchelmaſt wächſt nicht in jedem Jahre. Voll— maſten oder wenigſtens gute Maſtjahre (mit Dreiviertelmaſt) ſind im 19. Jahrhundert nur 1811 und ferner, aber nicht in allen Gegenden Deutſchlands, 1823, 1834, 1842, 1843, 1850, 1858, 1869 eingetreten. Auch die halben Maſten und die Sprengmaſten treten nicht jährlich ein. Im letzten Jahrzehnt (1874— 1883) find aus den Buchenrevieren Preußens 4835 Berichte über die Buchelmaſt eingelaufen. 3081 Berichte konſtatieren, daß überhaupt Bucheln nicht gereift ſind; Vollmaſten werden nur aus 126 Revieren, halbe Maſten aus 431 Revieren und Sprengmaſten (namentlich 1875, 1881 und 1882) aus 1197 Revieren in dieſen zehn Jahren be— richtet, mit 600% aus Rheinland, Weſtfalen und Heſſen⸗Naſſau. In weit verbreiteten Waldgebieten Deutſchlands ſcheint in dieſem Jahr— zehnt der Buchenſamen nur ſehr ſpärlich gereift zu ſein. Der vorſichtige und rationelle Verjüngungsbetrieb kann ſich auf einen ſo unſicheren Faktor, wie das Eintreten ausgiebiger Buchelmaſten iſt, nicht ſtützen. Der Forſtmann muß nicht nur die Buchenmaſten zur Beſamung der Schlagflächen benutzen, ſondern gleichzeitig genügend große Buchenſaatbeete anlegen, um 2— 8 jährige Buchen (nötigenfalls auch ältere Pflanzen) für die ballenloſe Pflanzung mit den handlichſten Werkzeugen vorrätig zu haben. Wenn die Samenjahre in der betreffenden Oertlichkeit längere Zeit ausbleiben, jo läßt ſich der Samen von Samenhandlungen beziehen, die bei den heutigen Verkehrsverhältniſſen keimfähige Bucheckern mit der geringen Quantität, welche für die Saatbeete nötig iſt, faſt jährlich beſchaffen können. Allein es handelt ſich in der forſtlichen Praxis vorläufig noch ſehr ſelten um die Anzucht eines Bodenſchutzholzes in Buchen— beſtänden, die dem Lichtungsbetriebe längere Zeit unter— ſtellt worden ſind und in demſelben auch noch längere Zeit 372 Neunter Abſchnitt. verweilen ſollen. Es handelt ſich vor allem um die vollkommene Verjüngung der älteren, noch geſchloſſenen Buchenbeſtände und um den Anbau der bodenſchützenden Rotbuche ꝛc. in Eichen-, Fichten, Kiefernbeſtänden, die zu dieſem Zweck zu lichten ſind, und in Be— ſtänden, die das Mannbarkeitsalter noch nicht erreicht haben. Hier kann man Buchenmaſtjahre nur ſehr untergeordnet benutzen. Es handelt ſich ferner um die nutzbringendſte und erfolgreichſte Be— gründung der Beſtockung, welche den Nutzholzbeſtand zur Hau— barkeitszeit zu bilden hat — auf gutem, mittelmäßigem und ſchlechtem Boden, in Sonnen- und Mitternachtslagen, auf Frei: ſchlägen und unter Schutzbeſtänden ꝛc. Wir haben die maßgebenden Faktoren genügend erörtert, um ſagen zu dürfen, daß die zielbewußte und darum ſcharf rechnende und vergleichende Forſtwirtſchaft in allen Fällen den Anbau aus der Hand ſtatt der natürlichen Verjüngung voran ſtellen und die Letztere nur als Beihilfe benutzen wird. Aber damit ſoll keines— wegs dem Kahlſchlagbetrieb Thür und Thor geöffnet werden. Wir haben ſchon im Eingang dieſes Abſchnitts die hervorragenden Nutz— leiſtungen der Schirmſchläge bei der Verjüngung ſchattenertragender Holzarten und bei nicht zu geringem Feuchtigkeitsgehalt des Bodens kennen gelernt. Der künſtliche Unterbau unter Schirmſchläge und zwar ſofort nach der erforderlichen Lichtſtellung in den empfäng— lichen Boden iſt offenbar die oberſte Verjüngungsregel für die ihattenertragenden Holzarten, wenn der Boden nicht zu trocken und mager iſt. Im letzteren Falle und bei der Nachzucht der Lärche, Eiche und Kiefer und anderer lichtbedürftiger Holzarten ſind kleine ſeitlich geſchützte Saumſchläge ſofort nach dem Abtrieb künſtlich anzubauen. In welcher Weiſe wird der Anbau aus der Hand in dieſen Schirm⸗ und Saumſchlägen am wirkungsvollſten und mit dem ge— ringſten Koſtenaufwand vollzogen? Durch Saat oder durch Pflanzung? Welches ſind die vorzüglichſten Methoden der Holzſaat in Hinblick auf Koſtenaufwand und Erfolg? In welcher Weiſe werden die Lärchen, Fichten, Tannen, Kiefern, Eichen, Buchen u. ſ. w. für die Pflanzung herangezogen? Mit welchem Alter und mit welcher Größe werden dieſelben am zweckmäßigſten und erfolgſicherſten auf den Verjüngungsſchlägen eingepflanzt? Iſt hierbei der Erdballen, Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 373 in dem das Saatkorn gekeimt hat und die Pflanze erwachſen iſt, mitzugeben oder genügt ballenloſes Einpflanzen der entblößten Wurzeln? In welcher Weiſe iſt der Boden der Verjüngungsfläche zu bearbeiten, wenn derſelbe trocken ꝛc. iſt? Welche Werkzeuge fördern die Arbeit am meiſten, ohne den Erfolg, die Sicherheit des Anwachſens, zu beeinträchtigen? Wie verhalten ſich überhaupt die verſchiedenen Pflanzungsverfahren, die in der forſtlichen Praxis angewendet werden, hinſichtlich des Koſtenaufwandes und des Erfolges? Dieſe Fragen ſind zunächſt zu beantworten. Dabei wollen wir in erſter Linie unterſuchen, ob man etwa mit geringeren Koſten gleichen Erfolg erzielen kann, indem man die Verjüngungsflächen beſäet, ſtatt ſie zu bepflanzen. 1) Wahl zwiſchen Holzſaat und Holzpflanzung. In früheren Jahrhunderten hat man, wie es ſcheint, vor— zugsweiſe Kiefern- und Eichelſaaten vorgenommen und außerdem Eichen, Ulmen ꝛc. vereinzelt eingepflanzt. Zwar ſind im Anfang des neunzehnten Jahrhunderts (oder Ende des achtzehnten), wie G. L. Hartig mitteilt, „in manchen Gegenden beträchtliche Walddiſtrikte durch Pflanzung entſtanden,“ und ſchon im Anfang des neun— zehnten Jahrhunderts war die Holzpflanzung bei der Forſtwirtſchaft als ein im großen anwendbares künſtliches Vermehrungsmittel der Wälder aufgenommen worden. In der erſten Hälfte des neun: zehnten Jahrhunderts wurde jedoch die Holzſaat in größerer Aus— dehnung angewendet, als die Holzpflanzung. Seit dem Jahre 1850 ift dagegen die Saat langſam, aber ſtetig von der Pflanzung zurüd- gedrängt worden. Während in den Staatsforſten der preußiſchen Monarchie die Kulturkoſten im Zeitraum 1868 bis 1880/81 von 2,4 Millionen Mark auf 3,4 Millionen Mark geſtiegen ſind, hat der Bedarf derſelben an Kiefernſamen betragen (durchſchnittlich per Jahr) 1852—60 . . 62995 kg 1861—70 . . 53286 „ 1871-80. 21190739 846 Von der künſtlich in den Staatswaldungen Bayerns angebauten Fläche wurden in der Periode 1843 —49 = 77% beſäet und nur 23% bepflanzt, 1861—67 wurden dagegen nur noch 55% beſäet 374 Neunter Abſchnitt. und 450% bepflanzt. In den Staatswaldungen Württembergs wurden 1867—72 230% beſäet und 77% bepflanzt, 1873—78 nur noch 150% beſäet und 85% bepflanzt. Der Pflanzenverbrauch iſt von durchſchnittlich 16884 Tauſend Stück in der Periode 1855—60 auf 34641 Tauſend Stück in der Periode 1873—78 geſtiegen. Auch in Baden ſteht die Saat weit zurück gegen die Pflanzung (ef. ad 8). In der That genügt eine kurze Diskuſſion der Richt⸗ punkte, welche bei der Wahl zwiſchen Saat und Pflanzung in Hinblick auf die Aufgaben des Waldbaues berechtigt erſcheinen, um zu erkennen, daß die Holzſaat bis auf wenige Ausnahme fälle durchaus verwerflich iſt. Das oberſte Ziel bei der Verjüngung iſt die ſofortige Beſtockung der Verjüngungsfläche mit Holzpflanzen, um Zuwachsverluſte entfernt zu halten, die größer find, als die Pflanzkoſten (namentlich der Spaltpflanzung). Gleich— zeitig ſoll die Austrocknung des Bodens ſo weit als möglich ver— hütet werden. Wenn auch die jungen Pflanzen, die man mit oder ohne Ballen einſetzt, im erſten und oft noch im zweiten Jahre kümmerlich wachſen, bis ſie feſt angewurzelt ſind, ſo wird doch niemand behaupten, daß die jungen Keimpflanzen, die auf der Fläche ſelbſt erzeugt wurden, in den nächſten Jahren durch kräftigeren Wuchs den Altersvorſprung, den die in gut gelockerten und gedüngten Saatſchulen mit kräftiger und reichlicher Wurzel— bildung erzogenen Pflanzen beſitzen, zu überflügeln vermögen. Wir haben weiter geſehen, daß die richtige Entfernung der Pflanzen und namentlich die Vermeidung des zu dichten und zu lichten Standes die Holzmaſſenproduktion des nachzuziehenden Beſtands ſehr weſentlich erhöht. Bei den Saaten, ſowohl bei den Vollſaaten, als bei den Riefen-, Platten- und Steckſaaten hat aber der Forſt— wirt die Beſtimmung dieſer Entfernung nicht in der Hand. Die Keimfähigkeit des Samens iſt in den einzelnen Jahren verſchieden und außerdem iſt die mehr oder minder trockene oder naſſe Witterung von der Anſaat bis zum Erſcheinen der Pflanzen auf die Dichtigkeit des Pflanzenſtandes von großem Einfluß — ähnlich, wie bei der natürlichen Verjüngung. Man kann auch nicht ſagen, daß die Lockerung gewöhnlich bei Saaten tiefgehender und umfangreicher vorgenommen wird, als bei Pflanzungen, vielmehr muß, wenn Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 375 überhaupt der Boden der Lockerung bedarf, bei Pflanzungen ein tieferes Loch aufgehackt werden, als bei Platten- oder Riefenſaaten. Die Wahl der Holzſaat könnte ſomit nur dann in Frage kommen, wenn die Saat eine viel geringere Koſtenausgabe ver— anlaſſen würde, als die Pflanzung. Es iſt aber in der Regel die Saat viel teurer, als die Pflanzung. Betrachtet man zunächſt die Kultur des lockeren, friſchen, mit Laub und Nadeln ꝛc. bedeckten Bodens, welche die Regel beim Verjüngungsbetrieb bilden ſollte, hinſichtlich des Arbeitsaufwands, ſo iſt leicht einzuſehen, daß die Spaltpflanzung mit Pflanzbeil und Pflanzeiſen einen ge⸗ ringeren Arbeitsaufwand erfordern wird, als eine der billigſten Methoden der Holzſaat: die Plätzeſaat. Wer den Zeitaufwand beim Einwerfen des Eiſens, oder Einhauen des Beils, Einſetzen, Feſtſtechen oder Feſtklopfen der Pflanze kennt, wird ohne weiteres zugeben, daß das Aufhauen von Platten oder auch nur das Ab— ziehen der Bodendecke, um den Samen ein Keimbett zu bereiten, kaum raſcher vollzogen werden wird, abgeſehen von dem Beſäen der Plätze und dem Unterbringen des Samens“). Es wird ſogar kein großer Unterſchied im Zeitaufwand bei den Manipulationen der Steckſaat und dem ſog. Einſtechen der Bucheln und Eicheln durch einen Hackenſchlag einerſeits und den Manipulationen der Spaltpflanzung anderſeits obwalten ). Es bleibt ſonach nur die Unterſuchung übrig, ob der Samen, den man bei den Plätzeſaaten ꝛc. braucht, in der Regel eine ge ringere Geldausgabe beanſprucht, als die Erziehung und der Trans— port der Pflanzen. Man kann im großen Forſtbetriebe bei einem Taglohnsſatze von 1 Mark die per Hektar benötigten 5—6000 Stück vollkommen tauglich und gut bewurzelten, allerdings nicht ) Man braucht bei den günſtigſten Bodenverhältniſſen, wenn die Plätze 30 cm im Quadrat groß gemacht werden und eine Entfernung von 1,2 m er⸗ halten, in der Regel 15—20 Arbeitstage per Hektar, während man für die Quadratpflanzung in 1 m Verband mit Ijährigen Kiefern, jährigen Lärchen und Zjährigen Fichten im großen Durchſchnitt 14—15 Arbeitstage per Hektar braucht. *) Nach den Erfahrungen des Verfaſſers iſt die Steckſaat teils ebenſo koſt⸗ ſpielig, teils viel koſtſpieliger, wie die Spaltpflanzung. Selbſtverſtändlich iſt die Entfernung, die man den Stecklöchern ꝛc. gibt, von weſentlichem Einfluß auf die Koſten — außer der Bodenbeſchaffenheit. 376 Neunter Abſchnitt. verſchulten “) Nadelholzpflanzen (3jährige Fichten, 2jährige Lärchen und Ijährige Kiefern) mit einer Ausgabe von 6—7 Mark liefern. Dagegen werden 5—6000 Stück 2— jährige Buchenpflanzen, wenn ein Maſtjahr benutzt wird, auf 10—15 M. und 5—6000 Eichen: ſtutzerpflanzen auf ca. 14—18 M. zu ſtehen kommen. Anderſeits wird bei mittleren Samenpreiſen allein für Samen und zwar bei Plätzeſaat, die nur im Durchſchnitt die Hälfte des Vollſaatquantums beanſprucht, während man für die Streifen, Riefen- und Rillenſaat gewöhnlich / — 5 dieſes Quantums gebraucht, in der Regel eine Ausgabe nötig werden: Eichen. 40-60 M. per Hektar. Buchen 0 60 ji Fichten 1 1 Kiefern 0 1 Tannen l Scheiss. n -B0Ry 7 Man kann ſonach nicht im Zweifel darüber ſein, daß bei gutem Boden die Pflanzung mit den einfachen und raſch fördernden Werkzeugen, die wir unten näher kennen lernen werden — nament— lich dem leichten und handlichen Pflanzbeil — viel raſcher vollzogen wird und einen viel geringeren Koſtenaufwand erfordert, als die Saat. Abgeſehen von den weiteren, vor allem bedeutungsreichen Wirkungen der Pflanzung, die wir oben beſprochen haben, iſt ferner auf den erſten Blick klar, daß der Pflänzling in der tieferen Boden⸗ ſchicht beſſere Bedingung für das Anwachſen und namentlich einen größeren Waſſergehalt während der heißen und trockenen Sommers— zeit finden wird, als die Keimpflanze an der Oberfläche des Bodens. Hiermit ſtimmen die bisherigen vergleichenden Beobachtungen überein: während der heißen Zeit kommt die Reihe des Vertrocknens zuerſt an die Saaten und erſt ſpäter an die Pflanzungen. Welche vernunftgemäße Zwecke können ſomit den Forſtwirt bei lockeren, empfänglichen Böden zur Wahl der Holzſaat, ſtatt der Holzpflanzung, veranlaſſen? Dem Pflanzenmangel iſt ja in der Hauptſache in 2—3 Jahren abgeholfen. Wenn aber der Boden ) Die Verſchulung der Pflanzen werde ich unten nach Koſten und Erfolg beſprechen. Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. a infolge Unkrautwuchs, Verhärtung u. ſ. w. einer Bearbeitung bedarf, ſo iſt dieſe Bearbeitung ſowohl bei der Saat, als bei der Pflanzung notwendig und bei der Saat gebraucht man gewöhnlich größere Plätze. Man kann aber offenbar in die gelockerten Riefen, Plätze ꝛc. eben ſo gut pflanzen, als ſäen. (Selbſt in Felſengeröll läßt ſich mit dem Buttlarſchen Eiſen und dem Pflanzbeil der kleine Bodenſpalt, den die junge Pflanze bedarf, unſchwer anbringen.) Die Bodenlockerung, die ſich nur auf kleine Saat- und Pflanz⸗ ſtellen beſchränkt, erhält bei der raſchen Waſſerbewegung im Boden die Umgebung der Pflanzen keineswegs nachhaltig feucht und ſichert hierdurch das Gedeihen in der heißen Jahreszeit. Vielmehr be— ſchränkt ſich die Wirkung in beiden Fällen auf die Erleichterung des Anwurzelns durch Herſtellung von Feinerde. Ueberdies werden die Pflanzlöcher in der Regel tiefer gelockert, als die Saatplätze. Wir wollen indeſſen, bevor wir uns ein endgültiges Urteil bilden, die Anſichten der Waldbaulehre hinſichtlich der Wahl zwiſchen Saat und Pflanzung vernehmen. Schon Georg Ludwig Hartig hat gefunden, daß die zur da— maligen Zeit (1826) faſt allgemeine Behauptung, „daß die Pflanzung koſtbarer ſei, als die Saat nur für den Fall gilt, wenn Pflanzungen mit großen Pflänzlingen gemacht werden. Mit kleinen Pflänzlingen kommt die Pflanzung oft nicht einmal ſo teuer als die Saat und man erreicht den Zweck oft ſicherer, als durch dieſe“. Sehr wohl— feil werde eine derartige Pflanzung mit 6—12 Zoll langen Pflänzlingen, wenn man den Boden 6 Zoll im Quadrat dünn ab⸗ ſchälen, 4 Zoll tief auflockern laſſe und hierauf die Pflanze mit den Fingern, wie man den Kohl zu ſetzen pflege, einſetzen laſſe. Heinrich Cotta ſtellt die Saaten obenan, weil ſie im großen ausführbarer ſeien, als die Pflanzungen. Jedoch ſei die Pflanzung zärtlicher Holzarten, wie z. B. Buchen, bei Ausbeſſerungen, Miſchun⸗ gen, auf graswüchſigem, fettem Boden, in ſehr rauhen Gegenden, Schneebruchlagen, Froſtlagen (Ausfrieren), an ſteilen Bergabhän⸗ gen ꝛc. vorzuziehen. Wilhelm Pfeil ſpricht zwar auch hinſichtlich der Wahl zwiſchen Saat und Pflanzung die Anſicht aus, daß dieſelbe durch die örtlichen Verhältniſſe beſtimmt werde. Aber er befürwortet im allgemeinen die Pflanzung, weil ſie billiger und ſicherer ſei und 378 Neunter Abſchnitt. die Pflanzung eine paſſende Verteilung der Pflanzen und damit eine größere Holzmaſſenproduktion herſtelle. Namentlich für gras— wüchſigen Boden und für Schneebruchlagen befürwortet Pfeil die Pflanzung. Die Saat ſei dagegen in Verbindung mit Ackerkultur, bei ſtarkem Wildverbiß, wenn Rüſſelkäfer und Engerlinge ſchädlich werden und wenn der Boden bald ſeinen Humusgehalt verliert (wegen der baldigen Beſchattung) vorzuziehen. Gwinner ſtellt die Pflanzung voran. Wenn der Same wohlfeil und das Gelingen der Saat wahrſcheinlich ſei, ſo könne man auf einem empfänglichen Boden die Saat vorziehen; ferner auf ſehr ſteinigem, flachgründigem, mit Wurzeln ꝛc. durchzogenen Boden, wenn der Boden bald mit Holzpflanzen bedeckt werden ſolle, wenn man ein Samenjahr vollkommen ausnutzen und Pflanzen zum Verſetzen erziehen wolle, bei Mangel an Arbeitskräften, beim Anbau von Holzarten mit langen Pfahlwurzeln und in Gegenden, in denen der Ertrag der erſten Durchforſtung hohen Wert habe. Nach Stumpf iſt gleichfalls nach ziemlich allgemeiner Anficht der Pflanzung der Vorzug vor der Saat zu geben. Für die An— wendbarkeit der Saat wiederholt Stumpf die von Pfeil und Gwinner erwähnten Fälle. Auch Jäger nimmt den gleichen Standpunkt ein. Er betont namentlich den Gewinn eines mehrjährigen Zuwachſes durch die Pflanzung und die Sicherheit des Gelingens, weil in trockenen Sommern die Saaten ſtets zuerſt verderben, bevor die Pflanzungen, die in den tieferen Bodenſchichten noch ausreichende Feuchtigkeit finden, an die Reihe kommen. Karl Heyer tritt entſchieden für die allgemeine Anwendung der Pflanzung ein. Er empfiehlt die Saat nur für ſehr ſteinigen Boden und für Umwandlungen größerer Beſtände in Holzarten, die in ihrer Jugend ſchutzbedürftig ſind. Karl Fiſchbach empfiehlt die Saat für die Eiche und Weiß— tanne, weil dieſe Holzarten nicht gut und nur mit erheblichen Koſten verpflanzt werden können. Im Gegenſatz zu Heyer ꝛc. will er die ſteinigen, felſigen, mageren Böden durch Pflanzung in Kultur bringen; er will auch die empfindlichſten Holzarten nicht geſäet, ſondern gepflanzt haben. Karl Gayer glaubt dagegen, daß die Pflanzung auf un— Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 379 günſtigen, ſchwierigen Standorten, dagegen die Saat oft auf Böden mittlerer Konſiſtenz und Feuchtigkeit Vorzüge habe. Notwendig werde die Saat auf felſigen und mit Geröll, Felsbrocken ꝛc. bedeckten Böden. Sie ſei unter Schirmbeſtänden nicht ſelten empfehlenswert. Im übrigen betont Gayer, daß die Pflanzbeſtände in Hinſicht des Höhenwuchſes und der Geſamtmaſſenproduktion den Saatbeſtänden entſchieden überlegen ſeien. Heinrich Burckhardt empfiehlt für die Eiche in erſter Linie die Saat. Die Rotbuche ſoll zwar zumeiſt natürlich ver— jüngt und nicht auf Kahlſchläge angepflanzt werden: „Demungeachtet hat auch die Pflanzung ihr Feld und man muß von manchen Fällen jagen, daß mit ihr weiter zu kommen iſt, als mit Natur- und Handſaat, daß ſie ſicherer anſchlägt und ſchneller zum Ziele führt, als dieſe, auch für gewiſſe Fälle allein nur übrig bleibt; ſie beginnt nicht ſelten da, wo Natur- und Handſaat nicht mehr hinreichen.“ Bezüglich der Kiefer antworte die Praxis auf die Frage, ob Saat oder Pflanzung, mit der Thatſache, „daß die Kiefernpflanzkultur von Jahr zu Jahr ſich erweitert, dagegen die Saatkultur mehr und mehr an Terrain verloren hat.“ In den Fichtenwaldungen Hannovers ſtehe die Kahlſchlagwirtſchaft mit Pflanzkultur obenan. Auch bei der Lärche ſtehe die Pflanzung im Vordergrund. Hiernach kann wohl hinſichtlich der größeren Leiſtungsfähigkeit der Pflanzung im Vergleich mit der Holzſaat kein Zweifel obwalten. 2) Die Bodenbearbeitung. Im zweiten Abſchnitt habe ich die Wirkungen einer durch— greifenden und allſeitigen Lockerung des Waldbodens aus— führlich erörtert und konnte nur lebhaft bedauern, daß dieſelbe des Koſtenaufwands halber nicht die wünſchenswerte, allgemeine Ver⸗ breitung im forſtlichen Verjüngungsbetriebe finden kann — auf allen Böden, die nicht ſchon locker, tiefgründig, friſch und humus— reich ſind. Indeſſen kann der Forſtmann in vielen Fällen die tiefe Lockerung der geſamten Verjüngungsfläche erreichen. In be: völkerten Gegenden mit Mangel von gutem Feldboden kann der— ſelbe den Fruchtbau im Walde, den ich im dreizehnten Abſchnitt geſondert erörtern werde, benutzen. In ebenen und wenig geneigten Lagen läßt ſich auch ohne Fruchtnutzung dieſe Lockerung durch die 380 Reunter Abſchnitt. Anwendung des Pfluges, der durch Tiere oder durch Dampfkraft bewegt wird, erreichen. Leider ſind über die Koſten und die Erfolge ſcharf vergleichende Unterſuchungen nicht vorgenommen worden. a. Der Umbruch und die Lockerung der geſamten Verjüngungsfläche. Der Umbruch und die Lockerung der Verjüngungsfläche wird am billigſten und genügend gründlich durch das Umpflügen des— ſelben erreicht. Man hat hierbei das Umpflügen mit dem gewöhn— lichen Waldpflug und mit dem Untergrundpflug zu unterſcheiden. Der Waldpflug iſt auf beiden Seiten mit Streichbrettern verſehen, wäh— rend der Ackerpflug nur ein Streichbrett hat. Man erreicht mit dieſem Wald— pflug in der Regel eine Lockerung von 15—20 em Tiefe. Derſelb durchſchneidet im Boden ſteckende Wurzeln von 5—6 em mit Leichtigkeit. Der Alemannſche Waldpflug iſt ein hölzerner Räderpflug und 145 kg ſchwer. Derſelbe wirft Furchen von 45 em Breite und 20 em Tiefe und klappt die Furchenſchnitte nach beiden Seiten um. Bei vierpferdiger Beſpannung kann man in 8 Stunden eine Fläche von 1,9 ha umpflügen. (Preis 96 M., zu be— ziehen durch die kgl. preußiſche Oberförſterei Altenplatow, Provinz Sachſen.) Der Eckertſche Waldpflug iſt ein ganz aus Eiſen gebauter Räder— pflug und 122 kg ſchwer. Derſelbe wirft Furchen von 20 em Tiefe und 45 cm Breite, durchſchneidet faſt armdicke Wurzeln mit Leichtigkeit und hat die gleiche Geſamtleiſtung, wie der Alemannſche Pflug. (Preis 115 M., zu beziehen von der Eckertſchen Aktiengeſellſchaft in Berlin). Der Rüdersdorfer Waldpflug iſt ein hölzerner, zweiſterziger Schwing— pflug und wiegt nur 95 kg. Derſelbe wirft mehr ebene Furchen von der oben genannten Tiefe und Breite auf und klappt dieſelben ficher um. Die Leiſtung iſt indeſſen etwas geringer, als bei den vorher genannten Pflügen. (Preis 78 M., zu beziehen durch die kgl. Oberförſterei Rüdersdorf bei Berlin.) Der Erdmannſche Waldpflug iſt ein ſchwerer, ſchlank gebauter, hölzerner Räderpflug (wiegt 175 kg). Die Streichbretter ſind verſtellbar. Er wird mit zwei Pferden beſpannt und leiſtet 0,90 ha per Tagſchicht. (Der Preis des vollſtändigen Pflugs wird auf 257 M. angegeben; derſelbe iſt durch Ver— mittelung der darmſtädtiſchen Forſtbeamten zu beziehen.) Der Koſtenaufwand beim Pflügen iſt natürlich ſehr verſchieden nach der Bodenbeſchaffenheit und nach den örtlichen Lohnſätzen. In früherer Zeit verwendete man gewöhnliche Ackerpflüge. Georg Ludwig Hartig beziffert 1826 die Koſten der vollen Umpflügung eines Stoppelfeldes oder mooſigen, kurzen Angers unter Annahme eines Taglohnsſatzes von 60 Pf. für gſtündige Arbeit und einer Ausgabe von 3,75 bis 4 M. für die Tagesarbeit eines Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 381 mit zwei Pferden beſpannten Pfluges auf 8,80 M. per Hektar für lockeren und leichten Boden und auf 10,80 M. per Hektar für Lehmboden. In der Landwirtſchaft rechnet man für das Pflügen bei 15—18 em Tiefe, wenn man (bei Bedienung von 1 Knecht) 1 Knechtstag zu 1 M. 80 Pf. und 1 Pferdstag zu 2 M. annimmt, 17 M. 40 Pf. per Hektar (3 Tage). Zwei kräftige Ochſen und ein Mann brauchen für ſchweren (jedoch nicht ſteinigen) und wurzelreinen Waldboden nach Jäger 4 Tage per Hektar, im Sand— boden nur die Hälfte der Zeit. In Hannover koſtet nach Burckhardt das volle Umpflügen auf 15 — 19 cm Tiefe mit derben Feldpflügen oder gewöhnlichen Schwingpflügen und das Ueber— eggen im nächſten Frühjahr 28,6 bis 34,4 M. per Hektar. Viel wirkſamer iſt offenbar die Tiefkultur mit dem Unter: grundspflug. Es iſt, wie wir ſehen werden, die Vermutung ge— ſtattet, daß dieſe Tiefkultur in der Zukunft auch bei der Wald— wirtſchaft, wenn die Lage nicht zu ſtark coupiert und der Boden nicht ſehr flachgründig, ſteinig und felſig iſt, eine weitgehende Verbreitung finden wird — vorausgeſetzt, daß die Forſtwirte den Koſtenaufwand mit dem Erfolge durch komparative Verſuche feſt— ftellen *). ) Ich habe ſchon im zweiten Abſchnitt (S. 72) die hervorragenden Wir- kungen der gründlichen Bodenlockerung auf den Holzwuchs an vielen Beiſpielen gezeigt und namentlich die vergleichende und darum beweisfähige Unterſuchung Karl Fiſchbachs betont. Nach dieſen Beiſpielen konnte man ungefähr einen Ge— winn von 1 Feſtmeter per Hektar und Jahr bei einer ſehr geringen Bodenkraft annehmen. Da nun der Feſtmeter Jahreszuwachs für die Nutzholzproduktion mindeſtens mit 12 M. anzuſchlagen iſt und dieſer höhere Ertrag bei der Nach— haltwirtſchaft gleich bezogen werden kann (die Preßlerſche Kalkulation der Kultur- koſten iſt für den jährlichen Betrieb ebenſo unrichtig, wie die Kalkulation der Nutzeffekte überhaupt), jo würde eine Mehrausgabe von 240 M. eine fünfprozentige Verzinſung finden. Die günſtigen Wirkungen der Tiefkultur in Hannover hat ſchon Burckhardt beſonders betont. Sie gehen indeſſen, wie ich nachträglich bemerke, vollkommen beweiskräftig aus folgenden vergleichenden Unterſuchungen in der Oberförſterei Nienburg bei Hannover hervor, die auf gleichem Boden vorgenommen wurde. a. Eggeſaaten auf 30—80 em tiefen, grauen Sand, nachdem eine ganz ſchwache Decke des Bodenüberzugs entfernt war: Koſten mit Samen und Nachbeſſerungen 45,68 M. per Hektar. 12jähriger Beſtand kümmerlich mit ſtarker, äußerſt ſtruppiger Heide, Nach— beſſerung mit gründlicher Bodenbearbeitung unerläßlich, Höhe des Mittelſtammes 2,2 —2,3 m, Durchmeſſer desſelben 2,3 —2,8 cm. b. Riolſtreifen, 1,8 m breit und 1,8 m entfernt, Koſten der Bodenbear— 382 Neunter Abſchnitt. Mit beſonderem Nachdruck muß man jedoch hinſichtlich dieſer Tiefkultur betonen, daß die volle Wirkung nur dann er— reicht werden kann, wenn der Unkrautwuchs ſo lange zurückgehalten wird, bis die Holzpflanzen den Boden beſchatten. Zeigt ſich Unkraut, ſo ſind die Zwiſchenräume zwi— ſchen den Pflanzen zu behacken, was höchſtens ein- oder zweimal notwendig werden wird. Die bekannteſten Untergrundspflüge ſind der Eckertſche (ein Radſtelzpflug mit einem ſcharfen Meißel aus Gußſtahl, Preis 48 M.), der (im Tiefgang gegen den vorigen zurückbleibende) Alemannſche (ein hölzerner, einſterziger Stelz— pflug, Preis 54 M.) und der in der Lüneburger Gegend gebräuchliche Unter— grundspflug (ein Schwingpflug, der bis 45—60 em in den Boden eingreift). In neuerer Zeit hat man zu forſtlichen Zwecken den Gar— beitung und Pflanzung mit ca. 7000 Stück per Hektar 173 M. per Hektar, Boden mit 8—15 em mächtiger Ortſteinſchicht in 85—50 em Tiefe. 13jähriger Beſtand mit guter Humusſchicht, keine Heide, äußerſt wüchſig, vollſtändiger Schluß. Höhe des Mittelſtammes 4,2—5,2 m, Durchmeſſer des— ſelben 5,8 —6,0 em. c. Nabattenkultur, 3,5 m breit mit 1,2 m breiten Gräben, Koſten der Boden— bearbeitung und Kiefernpflanzung mit 1,2 m Pflanzweite (8520 Stück per Hek— tar) 153 M. 18jähriger Beſtand, Wuchs und Schluß ganz vorzüglich, gute Humusſchicht, keine Heide, Höhe des Mittelſtammes 5,75 m, Durchmeſſer desſelben 7,00 em. Somit überall die doppelte Höhe und der doppelte Durchmeſſer der Stämme. Der Produktionsunterſchied zwiſchen Saat und Pflanzung kann das Ergebnis zwar beeinflußt haben, jedoch nicht ausſchlaggebend. In derſelben Oberförſterei Nienburg wurden 40—45jährige Saat- und Pflanzbeſtände, gleichfalls Kiefern, auf ein und demſelben Standort (Diluvialſand) unterſucht. Sie ergaben in Uebereinſtimmung mit den im ſechſten Abſchnitt mitgeteilten Unterſuchungsergeb— niſſen per Hektar: Saat, Stammz all. . 2416 Stück Pflanzung .. e eee Saat, Sia ache % ul RR TE Pflanzung .. „ u ; Saat, mittlerer Buchner rear Pflanzung, „ 7 n 15,6 7 Sagt, Mittels öoßsese le Pflanzung, „ mne Saat, Holzmaſſe . . 138 Feſtm. Pflanzung, „ i ene Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 383 towſchen und Niebeckſchen Dampſpflug“), mit zwei Lokomotiven durch Drahtſeile verbunden, benutzt. (Anſchaffungspreis circa 46000 M.) John Fowler in Magdeburg übernimmt das Pflügen mit eigenen Maſchinen und Arbeitern, fordert aber hohe Sätze (meiſt 100 M. per Hektar). Ein genügender Waſſerbezug muß geſichert ſein ““). Die Koſten find natürlich nach der Bodenbe— ſchaffenheit ſehr verſchieden. FürAckerfeld ſtellen ſich nach den Unterſuchungen der Zucker— fabrik Waghäuſel die Selbſtkoſten (inkl. Amortiſation, Verzinſung und Reparatur) bei einer Tiefe von 36 cm höchſten Falls 32 M. per Hektar, während die Koſten bei Verwendung von 4 Pferden (3 Tage und 2 Knechtstage per Hektar) nach den oben angegebenen Lohnſätzen 34 M. 80 Pf. betragen. Für Waldboden werden die Koſten je nach der Tiefe und der Zahl der Schare zwiſchen 60 und 100 M. per Hektar ſchwanken. Dieſes Dampfpflügen iſt vorzugsweiſe angewendet worden, wenn Ortsſtein im Untergrund zu durchbrechen war, Die volle Bearbeitung von Ortsſteinboden bis zu einer Tiefe von 50 em hat in Hannover (Marienſee) 90 M. per Hektar gekoſtet. In der Gegend von Meppen ſtellen ſich die Betriebskoſten der Tiefkultur bis zu 80 em (und mittels des Grubbers noch tiefer), in einem durch die Länge der Zeit verdichteten und vernäßten, mit harten Zwiſchenlagen verſehenen Boden (1875) auf 74,87 M., im ganzen bis jetzt für 2600 ha auf 9 M. per Hektar mit 50% Jinſen und 100% Amortiſation. Das Tiefpflügen im Ortsſteinboden mit Pferden mit einem Vor— pfluge (4 Pferde), einem amerikaniſchen Schwingpfluge (8—10 Pferde) und einer Tiefe von 5060 em hat in Hannover, wie Quant-Faslem berichtet, bei ſehr un— ebenem Terrain, holziger, hoher Heide auf 120 ha 68 M. per Hektar gekoſtet. Dabei wurden 26 m breite Beete zwiſchen 1,4 m breiten Streifen gepflügt. Wenn man erwägt, daß die Ballenpflanzung und Löcherpflan— zung von 3—4jährigen Fichten nach den veröffentlichten Nachrichten (z. B. von Gayer nachgewieſen) ſehr oft 60—120 M. per Hektar koſtet““k), jo wird in der Zukunft bei Verjüngungsflächen, die dem Pfluge zugänglich ſind, bevor für verheidete, verhärtete, an der Oberfläche durch Streunutzung ꝛc. trocken gewordene Böden (nicht ) Der Niebeckſche Pflug hat ſich bei den Ortsſteinkulturen am meiſten bes währt. Der Gartowſche Pflug lockert bei zähem Untergrundsboden nicht ge— nügend. ) Die Angaben über, den Waſſerverbrauch in der Forſtlitteratur find nicht übereinftimmend, John Fowler teilt mir brieflich mit, daß bei ſchweren Tiefe— kulturen mittels des Fowlerſchen Zweimaſchinenſyſtems ca. 2000 1 per Hektar erforderlich find. Da nach den Erfahrungen in Hannover täglich 1½½—2 ha für volles Umpflügen zu rechnen fein werden, fo wird ſich der Tagesverbrauch auf ca. 30—40 hl Stellen. ) Den thatſächlichen Kulturkoſtenaufwand werde ich ad 8 für mehrere Staatsforſtverwaltungen Deutſchlands zu ermitteln ſuchen. 384 Neunter Abſchnitt. ſteinig und felſig, ſehr flachgründig ꝛc.) eine Kulturkoſtenausgabe von mehr als 50 M. per Hektar bewilligt wird, zu unterſuchen ſein, ob die Tiefkultur mit dem Untergrundspfluge (in waſſerreichen Gegenden und für größere Flächen mit Dampfbetrieb) örtlich aus— führbar und vorzuziehen iſt. Denn die Bepflanzung der gelockerten Flächen wird (inkl. Pflanzenerziehung und Transport) kaum eine Ausgabe von 12—15 M. per Hektar erfordern. Ueber die Bearbeitung der vollen Kulturfläche mit Hacke und Spaten habe ich ſchon im zweiten Abſchnitt (Seite 73) mitgeteilt, daß in Virnheim (Diluvial- ſand) die Bodenlockerung auf 37—38 em Tiefe 82 M. 29 Pf. per Hektar für die dort angegebenen Taglohnsſätze zu ſtehen kommt, daß das Umſpaten eines grobkörnigen, mit Quarzkieslagen durchzogenen Sandbodens auf 1 Fuß (32 cm) Tiefe an der holländiſchen Grenze bei Emmerich 69 M. (vor 25 Jahren) ge— koſtet hat (neuerdings gegen 102 M.). Jäger beziffert den Arbeitsaufwand beim Umbruch des Bodens, wie zum Fruchtbau, auf 78—118 Tage. Auf dem Diluvialſand in der Nähe des Rheins koſtete 1875 das Umroden bis auf 37—38 cm Tiefe bei dem hohen Taglohnſatz von 2,40 M. für Männer und 1,20 M. für Frauen nach 7jährigem Durch— ſchnitt 226,29 M. per Hektar. Heß gibt die Koſten für 24 —36 em tiefes Rajolen bei einem Taglohn von 90 Pf. bis 1 M. auf 126 M. unter günſtigen und 378 M. unter un⸗ günſtigen Verhältniſſen an. Von der Lockerung mit Hacke und Spaten wird nur beim Waldfeldbau und bei der Anlage von Saat- und Pflanzſchulen Gebrauch gemacht werden. b. Die Lockerung eines Teils der Verjüngungs⸗ fläche (ſtreifenweiſes Pflügen, Boden vorbereitung für die Riefen-, Plätze- und Löcherſaat und die Pflan⸗ zung ꝛc.). Es iſt leicht einzuſehen, daß die partielle Bearbeitung des Bo— dens, die größere Bodenteile zwiſchen den bearbeiteten Stellen un— bearbeitet liegen läßt, in der Wirkung hinſichtlich der Erhaltung des Waſſergehalts ꝛc. weit zurückſtehen wird gegen die Lockerung der Geſamtfläche. Auf den unbearbeiteten Zwiſchenſtreifen werden ſich alsbald Gräſer, Heide- und Heidelbeerkräuter u. ſ. w. anſiedeln und den Boden derſelben gründlich austrocknen. Nun ſtrömt aber das Waſſer unaufhörlich im Boden; die mittlere Strömungsgeſchwin— digkeit beträgt nach den Unterſuchungen in Budapeſt in 24 Stun⸗ den 53 m, alſo in der Stunde mehr als 2m. Wenn der Boden auf den ungelockerten Stellen trocken wird, ſo werden die Boden— Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 385 körner in den gelockerten Bodenteilen die umhüllende Waſſerſchicht verlieren, indem ſich molekulares Gleichgewicht herſtellt. Da aber, wie wir geſehen haben, der Unkrautwuchs auf einem feſten Boden den letzteren ſtärker austrocknet, als die Holzpflanzen und die Un: kräuter auf gelockertem Boden dieſen letzteren Boden, ſo iſt klar, daß die Lockerung den Waſſergehalt auf den gelockerten Streifen und Platten nicht in gleicher Weiſe erhalten kann, als der voll— ſtändige Umbruch der Geſamtfläche. Die Lockerung des Wald— bodens, die ſich auf Riefen, Platten ꝛc. beſchränkt, wird in erſter Linie das Anwurzeln der Keimlinge und Pflänzlinge erleichtern, indem ſie den Feinerdegehalt vermehrt. Sie wird ferner den Un— krautwuchs in der unmittelbaren Umgebung der Pflanzen zurüd- halten. Aber die Wirkung auf die Erhöhung des Waſſergehalts wird durch den geſchilderten Vorgang weſentlich beeinträchtigt werden. Die Bodenbearbeitung, die nur einen Teil der Kulturfläche umfaßt, greift am weiteſten bei der Pflugkultur mit und ohne Untergrundspflug. Man hat ſie ſtatt der vollen Bodenbearbeitung wegen der Koſtenerſparung gewählt; allein es iſt im konkreten Falle (wenn der Boden nicht kraftlos iſt) ſtets zu unterſuchen, ob bei voller Kultur ein- oder zweijähriger Fruchtbau (namentlich Hafer und Kartoffeln) den Mehraufwand an Beackerungskoſten zu erſetzen vermag. Das Pflügen von Streifen mit Tiefkultur wird in Hannover vielfach angewendet. Ein als Grundpflug wirkender Schwingpflug bewegt ſich dabei in der Furche eines Vorpflugs, eines derben Feldpflugs. Es wechſeln hierbei 36-44 cm tief gepflügte Streifen mit einer Breite von 2,34 M. mit ungepflügten, 1,75 M. breiten Streifen ab. Die Koſten ſtellen ſich bei 44cm Tiefe auf 34—40 M. per Hektar (für die geſamte Kulturfläche berechnet). (Bei den Akkordſätzen für Dampfkultur wird kein Unterſchied für ſtreifenweiſes und totales Pflügen gemacht.) Das Pflügen von Im breiten, 1,25 m voneinander entfernten Streifen mit einem gewöhnlichen Feldpfluge ohne Tiefkultur erfordert per Hektar unter mittleren Verhältniſſen 1—2,5 Geſpanntage (2 Pferde und 1 Führer), ſomit ca. 9—23 M. Werden nur Einzelfurchen mit einer Entfernung von 0,6 —1,2 m mit dem Waldpfluge gepflügt, jo find 1—2 Geſpanntage erforderlich. Ein weiterer Geſpannstag iſt notwendig, wenn dieſe Furchen mit dem Untergrunds pfluge gelockert und vertieft werden. In der Oberforſterei Hoyerswerda in der preußiſchen Lauſitz Wagener, Waldbau. 25 386 Neunter Abſchnitt. läßt man im Herbſt mit dem böhmiſchen Pfluge, der 21 em tief geht, 3 Furchen ſo zuſammenwerfen, daß hierdurch erhöhte Beete entſtehen, zwiſchen denen ein Streifen von 31 em Breite liegen bleibt und von Mitte zu Mitte der Beete die Entfernung 156 m beträgt. Im Spätherbſt oder Frühjahr werden in dieſe Beete Löcher behufs Be— pflanzung mit dem Eiſen eingegraben, die 31 cm im Quadrat meſſen, 55 bis 63 em tief ſind und 78—94 em entfernt ſtehen. Das Pflügen koſtet, nachdem die Stöcke und Heideüberzug entfernt worden iſt, 25 M., das Löchermachen 28 M. (Burckhardt gibt zuſammen 47 M. an.) Heinrich Cotta hat zwei verſchiedene Arten der Bodenbearbei— tung in Vorſchlag gebracht — das Muldenhacken und die Grabenkultur. Aber die Koſten ſind ſo hoch (für die Graben— kultur beziffert dieſelben Cotta bei den damaligen Arbeitslöhnen auf 97 M. per Hektar), daß die Anwendung ſelbſt für verwilderte und ſchlechte Böden nicht empfehlenswert iſt. Im übrigen wird die partielle Bearbeitung des Bodens durch Hacken von Streifen, Platten und durch Einfüllen von Erde in Saatſtellen (auf felſigem oder ſteinigem Boden) vor— genommen. Die Streifen werden in der Regel an Bergwänden hori— zontal in Längen von 0,6—1,3 m geführt, die Unterbrechung be— trägt gewöhnlich 0,3 m (ſog. Stückrinnen). Zuweilen werden auch die Streifen nicht unterbrochen. Der gegenſeitige Abſtand der Streifen richtet ſich nach der Schnellwüchſigkeit der Holzarten; das gewöhn— liche Maß ſchwankt zwiſchen 1 und 1,5 m. Die Breite der Streifen richtet ſich hauptſächlich nach dem Unkrautwuchs; bei kurzem Gras genügen 8—16 em breite Riefen, Rinnen und Rillen; die gewöhn— liche Breite beträgt 30—50 em. Die Streifen werden teils gepflügt (Koſtenangabe ſiehe oben), teils gehackt. Im letzteren Falle kann man als ungefähre Durchſchnittsſätze bei 0,3 m breiten Streifen in 1,25 m Entfernung für Hacken 16—23 Arbeitstage (Männer) und für Auflockern gleichfalls 16—23 Mannstagelöhne, dagegen für das Anfertigen ſchmaler Rillen von 5—8 cm Tiefe und 1,25 m Ab— ſtand 12— 16 Tagelöhne per Hektar rechnen. Die Platten ſchwanken in der Größe zwiſchen 0,04 und 0,25 qm (20—50 cm Seitenlänge des Quadrats) und einer Ent: Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 387 fernung von 1,0 —1,5 m. Der Arbeitsaufwand wird bei einer Bearbeitung von ½ der Fläche 8—12 Arbeitstage per Hektar be— tragen. In ſteinigen Böden werden in der Regel Löcher von 5-—S em Tiefe und 8—10 em Weite mit Erde ausgefüllt. Hierzu werden 8—20 Tagelöhne per Hektar erforderlich werden, bei ſchwie— rigen Verhältniſſen und weitem Erdtransport noch viel mehr. Zu dieſen Arbeiten gebraucht man ſehr mannigfache Werk— zeuge. Am meiſten leiſtet der Pflug, wo die Pflugkultur ver: wendbar if. Spaten werden beim Waldfeldbau und dem Um⸗ bruch des Bodens zu Forſtgärten angewendet. Sie beſtehen teils ganz aus Eiſen, teils aus Eiſen und Holz. Der eiſerne Spaten in der zweckmäßigſten Form kann von Georg Unver— zagt in Gießen zum Preiſe von 2,5 Mark bezogen werden. Den Wetterauer Spaten (Holz und Blech) liefert derſelbe zum Preis von 3 M. Der Alemannſche Spaten (mit Stahlblech) wird vom Schmiedmeiſter W. Gareiß in Genthin, Prov. Sachſen, zum Preiſe von 3—4 M. bezogen. Die angewendeten Hacken (Breithbaden, gewöhnliche Hacken, Spitz⸗ und Rodehacken) haben ſo verſchiedenartige Formen, daß die Beſchreibung derſelben zu weit führen würde. Zudem ſind über die Leiſtungsfähigkeit bis jetzt ausreichende, vergleichende Verſuche nicht vorgenommen worden. Die Werkzeuge, an deren Gebrauch die Arbeiter gewöhnt ſind, werden ſtets zu bevorzugen ſein. Das Gleiche gilt für die Rechen, die man zur Zerkleinerung des Bodens der Riefen, Platten ꝛc. verwendet. c. Das oberflächliche Aufkratzen des Bodens. Am meiſten leiſtungsfähig ſind die Eggen — namentlich die ſchottiſche Gliederegge (zu beziehen von J. und B. Howard in Bedford in England zum Preiſe von 50—100 M., 51—178 kg ſchwer) und die Kettenegge (zu beziehen von der Eckertſchen Aktiengeſellſchaft in Berlin, Preis 168 M.). Auf ebenen Böden werden auch die Krümmer anwendbar ſein (Eckerts viereckiger Krümmer hat 15 Füße, wiegt 60 kg, koſtet 50 M. und bearbeitet mit drei Pferden bei 1,3 m Arbeitsbreite und 12—16 cm Arbeitstiefe in 10 Stunden 1½ —2 ha). Außerdem iſt die See bachſche Häckel⸗ hacke (Preis 2 M., Oberförſterei Uslar), der Sollinger Wald— rechen (Preis 3 M., daſelbſt) und der heſſiſche Kulturrechen empfehlenswert. 383 Neunter Abſchnitt. d. Die Behandlung abnormer Bodenzuſtände. Am häufigſten wird beim Verjüngungsbetrieb die Entwäſ— ſerung eines ſehr naſſen und ſumpfigen Bodens in Betracht kommen, die im Walde gewöhnlich durch offene Grä— ben bewerkſtelligt wird. Man unterſcheidet Sauggräben und Abzugsgräben und ſtellt zuweilen den Zuſammenhang zwiſchen Saug- und Abzugsgräben durch Verbindungs— gräben her. Die Sauggräben werden möglichſt nahe an den Urſprung der Ver— ſumpfung gelegt. Sie ſind ſo anzulegen, daß ſie mit der Richtung des Waſſer— laufes einen mehr oder weniger ſpitzigen Winkel bilden. Die Abzugs- und Verbindungsgräben folgen jedoch der Richtung des Waſſerabfluſſes. Bei größeren Entwäſſerungen wird die Fläche nivelliert, auf der Karte Horizontalkurven einge— zeichnet und hierauf geſtützt das Netz der Entwäſſerungsgräben feſtgeſtellt. Das Gefäll der Gräben darf folgende Sätze nicht überſteigen, wenn nicht die Graben— anlage durch das Waſſer gefährdet werden ſoll: Aufgelöſte Erde . . 0,076 m Fetter Thonß 90,352, Sand 0,305 Kies eee „ee 57200095 Kieſelſtein en 0,94% Eckige Stein 1220 Geſchichteter Felſen . . 1,840 „ Harter Jelen 29.0507, Die Böſchung der Grabenwände beſtimmt man für Torf viertel- und halbmetrig, für Thon und ſtrengen Lehm einmetrig, für ſandigen Lehm anderthalbmetrig (für Sand wird ſogar eine zwei- bis dreimetrige Böſchung für angemeſſen er— achtet), indem man die Höhe des Grabens mit dieſen Sätzen multipliziert, das Reſultat verdoppelt und hiernach die Differenz zwiſchen der oberen Oeffnung und der Sohlenbreite feſtſtellt. (Bei halbmetriger Böſchung und einer Höhe von 40 em iſt z. B. die Differenz 40 em und ſonach bei einer Sohlenbreite von 0,25 m die obere Oeffnung 65 em breit.) Die Tiefe und die Entfernung der Gräben kann nicht allgemein normiert, ſondern muß durch örtliche Unter— ſuchungen beſtimmt werden. Die Koſten des Grabenbaues ſchwanken gleichfalls nach der Bodenbeſchaffenheit; man rechnet gewöhnlich für das Losgraben und Auswerfen von 1 ebm bei Sand .. 0,10 Tagesſchichten ehm ls 4 Thon 50,20 15 und für das Abböſchen per Quadratmeter 0,01—0,025 Tagesſchichten. (Der Judeichſche Forſtkalender enthält genaue Koſtenangaben.) Wenn ſich das Waſſer nicht ableiten läßt, ſo werden Rabatten oder Hügel aufgeworfen. Die Koſten für das Losgraben und Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 389 Auswerfen der Erde kann man nach den eben mitgeteilten Sätzen berechnen; für das Formieren der Hügel rechnet man gewöhnlich, wenn die Erde 3—4 m weiter zu transportieren iſt, 0,064 Tag- löhne per Kubikmeter. Die forſtliche Kultur des Torf und Moorbodens iſt ſehr ſchwierig und unſicher. Hochmoore mit mächtigen Torflagern werden ohne Abräumung des Torfes bis zum Grunde dem forſtlichen Anbau ſtets beträchtliche Hinderniſſe in den Weg ſtellen. Nach Abräumung läßt man, wenn Waſſeranſammlung nicht zu befürchten iſt, eine Torfſchwarte ſitzen, vermengt die Beete mit anderen Torf— rückſtänden und mit Mineralboden. Man kann dann gute Holzbeſtände von Fichten und Kiefern, ſelbſt Eichen erziehen. Wenn der Torf eine geringere Schicht bildet, jo entwäſſert man denſelben, wobei ein Gefäll von 2000: 1 ſchon günſtig iſt und oft 6000: 1, ſelbſt 8000: 1 benutzt werden muß. Die mit Heide und Heidegewürzel durchzogene obere Erde wird hierauf verbrannt, Buchweizen einige Jahre gebaut und hierauf werden Kiefern, Fichten, auch Eichen, ſelbſt Eſchen und Ulmen in der Regel in gemiſchten Beſtänden durch Spaltpflanzung angebaut. Wenn die Torffſchicht nicht ſtark iſt, ſo kann man auch ſchmale Beete bilden, indem man 1,0—1,25 weite Gräben jo tief einſtechen läßt, daß thunlichſt Mi⸗ neralerde (Sand) gewonnen wird. Dieſer Sand bildet eine 4 Zoll ſtarke Decke und bleibt mit der Moorerde möglichſt unvermiſcht, indem er den Träger des Pflanzenwuchſes bildet. Derartige Kulturen ſollen ſicher gedeihen. Für die Forſtkultur auf Moorboden iſt die Heide der gefährlichſte Feind. Man kann deshalb die Brandkultur] mit Heidekornbau und zwar oft noch ein Jahr länger geſtatten, als es ſonſt bei den geringen Mineralſtoffvorräten in dieſem Boden dem Holzwuchs nützlich ſein würde. Wenn der Boden Raſeneiſenſtein oder Ortsſtein im Untergrunde enthält, ſo wird der Raſeneiſenſtein (Brauneiſenſtein, Eiſenoxydhydrat) mit der Spitzhacke (dem ſog. Pickel) und der Rode— hacke entfernt, der Ortsſtein (80 —90 9% Quarzſand, durch Heide— humus verkittet, mit nur 2 % Eiſenoxyd) durch den Untergrunds⸗ pflug oder wenn die Schicht zu mächtig iſt, mit Spaten, Hacke und Stoßeiſen. Das Pflügen iſt oben beſprochen worden. Die teure Handarbeit in den Gräben nimmt man in der Regel nur ſtreifen⸗ weiſe vor (1,75—2,33 m breit mit unbearbeiteten Balken von 1,75 m wechſelnd). Die Koſten betragen 170—180 M. per Hektar. Iſt der Boden mit Rohhumus, Stauberde oder Heide— und Heidelbeerhumus bedeckt, ſo wird dieſe Bedeckung, wenn geſäet werden ſoll, mittels Hacken, Rechen ꝛc. entfernt, bis der 390 Neunter Abſchnitt. Mineralboden hervortritt. Die Pflanzung wird dadurch nicht ver— hindert. Wenn endlich der Boden aus Flugſand beſteht, ſo bedeckt man im Binnenlande denſelben am beſten mit Hackreiſig, auch mit beaſteten Kiefernſtangen, mit Kiefernäſten, Wacholderbüſchen, Heide— kraut, Schilf, Seetang, Beſenpfriemen ꝛc. Sind aber Plaggen in genügender Menge zu haben, ſo ſind ſie allen anderen Deckmitteln vorzuziehen; die Deckung (mit der Erdſeite auf den Boden angelegt und feſt angedrückt) erfolgt im Herbſt. Wenn Plagge an Plagge gelegt wird, fo find 200, bei teilweiſer Deckung 80—100 Tage: löhne per Hektar erforderlich. Die Holzkultur erfolgt bei Deckung mit Hackreiſig ꝛc. ſofort, bei Deckung mit Plaggen nach 1 bis 2 Jahren. Die Bindung der Dünen an den Seeküſten durch Zäune von Strauchwerk unmittelbar am Meer in Entfernung von 2 m und bis zu einer Höhe von 3 m über den gewöhnlichen Waſſerſtand und Befeſtigung dieſer Vordünen und der Hauptdünen mit Sandrohr (Sandroggen, Halm, Arundo arenaria L) und Sand— faſer (Sandhaargras, Elymus arenarius L.) erfordert nach Weſſely 167-346 Handtagelöhne per Hektar. Die Kultivierung der an der Oberfläche verhärteten Böden hat man durch Aufſchüttung von kleinen Erdhügeln mit und ohne Deckung derſelben durch Raſen verſucht. Wir werden dieſe Kulturart unten bei der Hügelpflanzung kennen lernen. 3) Beſchaffung und Prüfung des Samens. Die Eicheln reifen im Spätherbſt (die Eicheln der Cerreiche erſt nach 18 Monaten). Man erkennt die Arten am Fruchtgehäuſe; die Becher der Stieleicheln ſitzen an langen Stielen, die Becher der Traubeneiche und der Cerreiche ſind ſtiellos, bei der Cerreiche außer— halb mit Krautſtacheln dicht beſetzt. Die nackten Nüſſe laſſen ſich nicht leicht voneinander unterſcheiden. Unter den zuerſt abfallenden Eicheln befinden ſich gewöhnlich viele taube und wurmſtichige. Die Bucheln (Eckern) fallen gleichfalls im Spätherbſt, teil— weiſe nach Abfall des Laubes zu Boden. Man reinigt die zu— ſammengekehrten Bucheln durch zwei Siebe, von denen das eine weitere, das andere engere Maſchen hat, als die Bucheln groß ſind und reinigt ſie ſchließlich durch Werfen auf einer Scheuertenne. Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 391 Der Hainbuchenſame wird bald nach dem Abfall der Blätter im Spätherbſt gewonnen. Man befreit denſelben von den großen Deckſchuppen, indem man denſelben zwiſchen den Händen reibt und die Schuppen von den Körnern durch ein Sieb abſondert. Der Birkenſame (vielfach taub) reift von Auguſt bis zum Oktober. Er muß bald geſammelt und zur Verhütung der Erhitzung mit Laub gemiſcht werden. Aus den Zäpfchen der Schwarzerle fliegt der Same von Dezember bis zum Frühjahr aus. Der Same der Eſche bleibt bis in den Winter hinein hängen; man bricht denſelben nach Abfall der Blätter. Der Same der drei Ahornarten reift im Herbſt; der Same des Spitzahorn fliegt am früheſten ab, während der Same des Bergahorn bis zum Winter hängen bleibt. Die Flügel des Bergahorn, deſſen Flügelfrüchte an Trieben ſitzen, ſtehen am meiſten aufwärts, die Hülle des Samenkorns tritt beiderſeits mit halb— kugeliger Wölbung hervor, während dieſe Hülle beim Spitz- und Feldahorn glatt iſt. Die Flügel des Feldahorn ſtehen ganz wage— recht, die Flügel des Spitzahorn etwas mehr aufrecht. Die Früchte der Feldulme und Korkulme ſitzen in kurzgeſtielten Knäueln, ſind am Rande kahl, reifen im Juni, die der Flatterulme ſind länger geſtielt, am Rande gewimpert und reifen 3—4 Wochen ſpäter. In manchen Jahren ſind alle Früchte taub und kernlos; man muß den Samen bald nach der Reife ab— pflücken und mit Laub untermiſchen. Die Zapfen der Weißtanne reifen im September und Oktober. Sie ſitzen an den Gipfeläſten aufrecht und ſind ſchwer zu brechen. Die Fichtenzapfen reifen im Herbſt und werden bis gegen März gebrochen. Die Lärchenzäpfchen reifen gleichfalls im nächſten Herbſt und werden im Nachwinter gebrochen. An warmen, windſtillen und trockenen Frühjahrstagen kann man auch viel guten Samen mittels Rütteln ſchwacher Lärchenſtämme auf Tüchern auffangen. Die Lärche trägt viel tauben Samen. Die Zapfen der gemeinen Kiefer reifen erſt im Herbſt des zweiten Jahrs und ſitzen am Grunde der jüngſten Triebe. 392 Neunter Abſchnitt. Der Same fliegt erſt im folgenden Frühjahr (alſo nach zwei Jahren) ab. Man bricht die Zapfen im Nachwinter vor dem Abfliegen. Die Zapfen der Weymouthskiefer reifen im September des zweiten Herbſtes und ſind alsbald nach der Reife zu pflücken. Das Ausklengeln und Entflügeln wird von beſon— deren Klenganſtalten bewirkt und iſt ſelten Aufgabe des praktiſchen Forſtwirts. Das Aufbewahren der Eicheln und Bucheln geſchieht am zweckmäßigſten nach dem Allemannſchen Verfahren. Die vorher gehörig abgetrockneten Eicheln und Bucheln werden 30 em hoch in einem 2,5—3,0 m breiten und 30 em tiefen Graben aufgeſchüttet, der mit einer leichten Bedachung von Stroh ꝛc. verſehen wird. An dem einen Ende des— ſelben bleibt eine 1—2 m lange Strecke frei, um die Eicheln und Bucheln öfter (ca. 20mal) umſchaufeln zu können. Bei längeren Hütten bringt man einige gegenüberſtehende Luftlöcher an. Bei eintretender Kälte oder Regenwetter ver— ſetzt man den Giebel der Hütte mit einigen Bunden Stroh und ſtopft die Luft— löcher mit Stroh zu. Bei anderen Aufbewahrungsarten (und die Zahl derſelben iſt nicht gering) keimen die Eicheln und Bucheln leicht zu ſtark oder trocknen zu ſtark aus; nament— lich die Buchel iſt gegen Austrocknung empfindlich. Die übrigen Samen werden am beſten in Stuben mit ge— ſchloſſenen Fenſtern und Läden, luftigen Speichern ꝛc. aufbewahrt; zuerſt 5—8 em hoch aufgeſchüttet, täglich 2—3mal gewendet und nach 8—14 Tagen höher aufgeſchüttet. Zur Keimprobe kann man zunächſt Blumentöpfe (Topf: probe) benutzen. Das Bodenloch wird bedeckt, der Grund des Topfes zwei Finger hoch mit Steinchen ausgefüllt, hierauf mit lockerer Gartenerde, der Samen ſchwach be— deckt und mit einem feucht zu erhaltenden Mooslappen belegt. Man kann auch den unglaſierten Topf in mit Waſſer gefülltem Unterſatz ſtellen. Man kann ferner den Samen zwiſchen Flanelllappen oder Filtrierpapier in einen flachen Teller legen und die Lappen (etwa mit dem Zerſtäubungsapparat) feucht erhalten (Lappenprobe). In dem Weiſeſchen Keimapparat wird die Feuchtigkeit der zwei wollenen Lappen durch ein Waſſerglas erhalten, welches auf dem oberen Lappen in einer kreisförmig geöffneten und mit Schlitzen verſehenen Gummiplatte ſteht. Die Schlitze werden vom (umgeſtürzten) Waſſerglaſe nicht ganz bedeckt und dadurch kann im Glaſe kein luftverdünnter Raum entſtehen. (Preis 3,50 M., zu beziehen vom Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 393 Tiſchlermeiſter Fleißig in Magdeburg.) Der Nobbeſche Keim: apparat iſt eine Thonplatte mit tellerförmiger Mulde und einem umgebenden, tieferen Waſſerkanal, das Waſſer dringt durch die poröſe Maſſe des leicht gebrannten Thons in die Mulde ein (Preis 3 M., Bezugsquelle: Buchhandlung von Paul Parey in Berlin). Bei der Ohneſorgſchen Flaſchenprobe werden die Wollen— lappen, in denen der Same eingerollt iſt, in den Hals einer halb— gefüllten Flaſche geſteckt, während ein als Sauglappen dienender Leinwandſtreifen in das Waſſer taucht. Beim Ankauf des Samens hat man namentlich auf große und ſchwere Samenkörner zu ſehen und deshalb nach dem Gewicht zu kaufen. Im großen Durchſchnitt wiegen 100 Körner nach der Zuſammenſtellung von Gayer: Weißtanne 3,43 — 4,35 g Schwarzkiefer 1,83 — 2,13 „ Weymouthskiefer .. 1,83 — 1,71 „ At 0,69 —0,80 „ Gem Kiefern 0,62 — 0,68 „ F 0,53 0,55 „ Stieleiche . .. 201,35 —490,00 „ Reinheese 20... 13,64 — 16,20 „ Allen bis 10,45 „ F 6,547, 48 „ Hainbuge 4,13 —5,42 „ Da 0,60 5 Schwarzerle . 0,11 5 BDI 0,013 7 Ein Hektoliter wiegt: Stieleiche 6080, kg Dranben eiche 64 68, Nolbu cee 405% Bei gut geleiteten Keimproben kann man bei nachfolgenden Keimungsprozenten den Samen als gut bezeichnen: Gem Kiefern 10.00 Schwarzkie fern 75 0% Weymouthskiefeern . 60—70 „ Fichten 75.80% Tannen 50 60 Kürchen e % 394 Neunter Abſchnitt. Eichen 65 0% Büch eln 50% Ahorn 5060 Eſ chen 6570 , Hainbuchen 70, Ulmen aD 45 „ Schwarzerlen 35 40% Birken cen 90295 Akazien 55—60 „ Der Preis des ei: bei bin mittel- und ſüddeutſchen Samenhandlungen ſtellt ſich nach dem Durchſchnitt der Jahre 1878 bis 1881 per Kilogramm (nach Gayer): Gem. Kiefern . . . 2,60 —3,40 M. Schwarz kiefer 1,70 —3,00 „ Weymouthskiefer .. 6,00 —10,00 „ Fichten %o de , Dannen % ai nl Dr An Eicheln 09,20 Büchen 90,30 e, Spitza horn 0,50 0,75 „ Gem. Ahorn 0,40 —0,70 „ Eſ chen: 9,0 % Hainbuchen 0,40 0,80 „ Ulmen sg 0 Schwarzerlre e 8e Busen 7. n 4) Aussaat des Samens auf größere Kulturfläden. Was zunächſt die Zeit der Ausſaat betrifft, ſo wird der Ulmenſame nach der Nachreife im Juni ausgeſäet, weil er bis zum Herbſt beträchtlich an Keimkraft verlieren würde. Auch der Birkenſame wird im Sommer geſäet. Hainbuchen- und Eſchenſamen, die erſt im zweiten Frühjahr auflaufen, ſchlägt man im Frühjahr (nicht im Herbſt) in 30 em tiefe und ebenſo weite Gräbchen 13 —16 cm hoch ein, bedeckt denſelben mit Stroh ꝛc., hierauf mit Erde und ſäet ihn im zweiten Frühjahr aus. Für Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 395 den Samen der übrigen Holzarten iſt die Frühjahrsſaat Regel — an trockenen Orten bald nach Abgang des Schnees, an feuchten Orten zur Zeit des Laubausbruchs der Rotbuche. Säemaſchinen und Werkzeuge zum Unterbringen des Samens, die vielfach ſowohl für die Vollſaat, als für die Punktſaat und Löcherſaat konſtruiert worden ſind, laſſen ſich teils nur auf einem ebenen, lockeren und gut zubereiteten Boden ge— brauchen und dabei müſſen die Samenkörner rund und gleichmäßig ſein, teils iſt bei der Steckſaat die Hacke vorzuziehen. Für die Vollſaat, die Riefen⸗ und Plätzeſaat bleibt die Handſaat durch zuverläſſige, im Säen geübte Arbeiter die Regel. Bei der Vollſaat gehen dieſelben in einer Kolonne von 10 bis höchſtens 15 Mann 3 Schritte weit voneinander; der Gang der Säer zwiſchen dem ab— geſteckten Kolonnengang wird überwacht. Bei der ſtellenweiſen Saat iſt zu verhüten, daß kleinere Samen zu dicht ausgeſäet werden. Und für die Eichel- und Buchelſteckſaat iſt die Hacke das geeignetſte Werkzeug; man legt in jede Stufe 2—3 Eicheln und Bucheln (bei geringer Güte der letzteren noch mehr). Da die Bodenzubereitung für die Vollſaat, Riefen-, Plätze⸗ ſaat ꝛc. ſchon oben erörtert worden iſt, ſo erübrigt hier nur die Angabe des gewöhnlich verbrauchten Samenquantums. Man hat dasſelbe für die Vollſaat beziffert; nach dem Anteil der bei der Riefen⸗, Plattenſaat ꝛc. beſäeten Fläche kann man die hier: für nötige Samenmenge berechnen. (Siehe Tabelle auf Seite 396). Es würde, wenn der Holzſaat eine Zukunft zu vindizieren wäre, eine ge- naue, vergleichende Ermittelung des Saatquantums nach der Bodenbeſchaffenheit, der Güte des Samens ꝛc. erforderlich werden, denn die Zahlen der Tabelle find, wie man ſieht, hinſichtlich der wichtigſten Holzarten ſehr ſchwankend. Die Zapfenſaat iſt nicht empfehlenswert; ſie iſt teurer, wie die Saat mit ausgeklengtem Samen und wird meiſtens ungleich, ſtellenweiſe zu licht u. ſ. w. Kleinere Samen werden mit dem Boden bloß vermengt, bei größeren Samen kann man eine Erdbedeckung von 25 bis 40, höchſtens 50 mm wählen. Im ſpeciellen bedürfen die Eicheln eine Bedeckung von 25—40 oder höchſtens 50 mm. Die Bucheln vertragen dagegen 15 bis höchſtens 30 mm Erdbedeckung, 396 Neunter Abſchnitt. Die Vollſaatmenge beträgt per Hektar: | Samenmengen nad) den Angaben von: Holzart | Era 1 G winner. Stumpf. C. Heyer. | Burdhardt. | Hektoliter. F 12,3 14,8 16 6.5 8,5 7,1 9,5 Buche 4 6,9 4,3 2,2—3,2 3,6 | Pfunde. Eiche. 1350 1662 —2004 2565 990-1320 1065 —1425⁵ Buche 351 668 608 | 220-320 324 Hainbuche 110 89 99 60—75 104 Eſch e: 98 166 138 75— 90 76 Ahern 1505 134 115 90—110 60 Umm 73 59 49 45 —60 70 l — 20 48 39 35—45 27 Birk. 79 89 76 60—75 12 Weißtanne 115 119 99 85 110 Fiche 81 24 20 25-30 23—31 Lärche 4 24 20 30 — Gemeine Kiefer . 26 24 | 20 | 16—19 11—12 Weißtannenſamen 6— 12 mm, Fichtenſamen höchſtens 6mm. Der Kiefernſame braucht nur angetreten zu werden”). Zu den gewöhnlich angewendeten Streifen- und Platten⸗ ſaaten braucht man für das Samenausſtreuen und Unterbringen 1½—2 Tagarbeiten per Hektar. Die Vollſaat erfordert bei Eicheln 1½¼ Tagarbeit per Hektar, das Einlegen der Eicheln in Pflugfurchen 4 Frauentagearbeit, das Ein— ſtufen der Eicheln mit der Hacke 4 Männer- und 8—12 Kinder: tagearbeit. Der Same der gemeinen Kiefer, Schwarzkiefer, Weymouths— kiefer und Lärche gebraucht unter normalen Verhältniſſen 3 bis 4 Wochen zum Auflaufen, der Same der Fichte und Tanne 4—5 Wochen, der Birke 2— 3 Wochen, der Ulme 3—4 Wochen, ) Die Ergebniſſe der Hohenheimer Verſuche über die Bedeckung werde ad 5 mitgeteilt werden. Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 397 9 397 der Eiche, Buche 4—6 Wochen, der Ahornarten und der Erle 4 bis 6 Wochen, während der Same der Eſche, Linde und Hainbuche erſt im zweiten Herbſt aufgeht. Alter Same der Kiefer, der Ahorn— arten, beſonders des Spitzahorn keimt erſt im zweiten Jahre. 5) Die Pflanzenzucht in Forſtgärten)) . Bei der Pflanzenzucht für den forſtlichen Verjüngungsbetrieb iſt das entſcheidende Gewicht auf die Ausbildung und die Er— haltung der Zaſerwurzeln mit den Wurzelhaaren zu legen, weil dieſe die Nahrungsaufnahme und damit das Anwachſen der Pflanzen vermitteln. Die Pflänzlinge ſind deshalb in gut gelockerten, mit Feinerde reich ausgeſtatteten, fruchtbaren Böden zu erziehen. Sie ſind im jugendlichen Alter zu verpflanzen, damit ſie mit vielen Zaſerwurzeln ausgehoben und eingeſetzt werden können. Aeltere, größere Pflanzen laſſen ſich nicht mit weitauslaufenden, feinen Wurzelverzweigungen ausheben und einpflanzen, weil die für das Ausſtechen des geſamten Wurzelbodenraums erforderliche geräumige Erziehung, der Transport eines ſchweren Erdballens und die An— fertigung der großen Löcher zu koſtſpielig werden würde. Man hat aber zu bedenken, daß lebenskräftige Wurzelhaare, welche einzig und allein die Ernährung und das Fort- wachſen der Pflanze vermitteln, nur den jungen, eben fertig geſtreckten Teil der Wurzel bedecken — nur ein Stück von wenigen Centimetern Länge. Dieſe Wurzelhaare jterben nach wenigen Tagen ab und verſchwinden gänzlich — in dem Maße, wie hinter dem fortwachſenden Ende neue Wurzelſpitzen entſtehen. Sie kommen ſonach fortſchreitend mit ſolchen Bodenteilchen in Be— rührung, die bisher noch unberührt geblieben ſind. Wenn man alſo beim Ausbohren oder Ausſtechen der Pflanzen gezwungen iſt, die jüngſten Wurzeltriebe abzuſtechen, ſo iſt die verſetzte Pflanze bei ihrer ferneren Ernährung nur auf die Wurzelhaare angewieſen, ) Die verſetzbaren Pflänzlinge laſſen ſich zwar auch auf ungelockertem und leicht gelockertem (kurzgehackten) Boden unter Schutzbeſtänden und im Freien erziehen — namentlich für Ballenpflanzungen. Man kann oft Vollſaaten, Riefen— ſaaten ꝛc. auf größeren Kulturflächen zur Gewinnung der Pflanzen benutzen. Dieſe Art der Pflanzenerziehung bietet indeſſen keine Abweichungen von den ſchon er— örterten Verfahrungsarten bei der Bodenlockerung und der Vollſaat, Riefenſaat ꝛc. 398 Neunter Abſchnitt. die zurückgebliebene, verkümmerte Wurzeln in der Nähe des Wurzel— ſtockes gebildet haben, bis ſich neue Zaſerwurzeln erzeugen. Es iſt klar, daß man die beſten Bedingungen für das Gedeihen der Pflänzlinge lediglich durch die Erziehung derſelben in einem lockeren und fruchtbaren Waldboden erreichen wird. Der Boden muß locker ſein, damit ſich möglichſt viele Zaſerwurzeln mit den angehefteten Wurzelhaaren bilden können. Der Boden muß frucht⸗ bar ſein, weil in einem mageren Boden die Wurzeln zu weit aus— ſtreichen würden. Man kann nur fragen, ob es beſondere Vorzüge gewährt, wenn man die erzogenen Pflanzen mit dem Erdballen verſetzt oder ob es für das Anwurzeln ausreichend iſt, wenn man die Zaſerwurzeln von der Erde durch Abſchütteln oder beſſer durch Auflöſung der Erde in Waſſer befreit und hierauf feucht erhält. Ohne Zweifel würde die Verſetzung mit kleinen Erdballen das ungeſtörte Fortwachſen der jungen Pflanzen herbeiführen und des— halb ſicherlich zu bevorzugen ſein. Allein die Erziehung von Ballenpflanzen erfordert nicht nur einen viel größeren Raum, als die Erziehung von ballenloſen Pflanzen: es läßt ſich auch dem Boden bei der Erziehung von Ballenpflanzen nicht die Lockerung und die Düngung geben, wie den Saatbeeten und Pflanzenbeeten, in denen man ballenloſe Pflanzen erzieht. Die Regel im Verjüngungsbetrieb hat, wie wir ad 6 genauer nachweiſen werden, die Verwendung ballenloſer Saatſchulpflanzen zu bilden. Man gebraucht bei gewöhnlichen Verhältniſſen zumeiſt ljährige Kiefern, 2jährige Lärchen, 2—3jährige Fichten 2 bis Zjährige Buchen und Eichen und 4—5jährige Weistannen. Selbſt⸗ verſtändlich ſind in manchen Fällen Ausnahmen von dieſen Regeln berechtigt. a. Die Auswahl des Platzes für die Forſtgärten. Die Frage, ob wan dernde Saat- und Pflanzkämpe oder ſtändige Forſtgärten zu wählen ſind, läßt ſich leicht ent— ſcheiden. Für wandernde Kämpe läßt ſich lediglich anführen, daß dadurch die Koſten für die Düngung der ſtändigen Forſtgärten, für den weiteren Transport der Pflanzen und in manchen Fällen für Einfriedigung geſpart werden können; auch kann zuweilen der Unkrautwuchs auf dem friſchen Boden der wandernden Kämpe nicht Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 399 ſo üppig werden, als in ſtändigen Gärten und dadurch können ſich die Ausgaben für Ausjätung geringer ſtellen. Allein die Er— ſparungen ſind in allen den genannten Richtungen bei Licht be— trachtet höchſt unbedeutend; man würde ſicherlich, durch komparative Beobachtungen finden, daß der bei wandernden Forſtgärten oft zu wiederholende Umbruch des Bodens eine Koſtenausgabe veranlaßt, die weitaus höher iſt, als die genannten Erſparungen In der Regel ſind deshalb für jeden Wirtſchafts— bezirk ſtändige Forſtgärten mit der erforderlichen Größe anzulegen. Bei der Auswahl des Platzes kommt zunächſt die Lage in Betracht. Die Regel lautet: möglichſt in der Nähe des beauf— ſichtigenden Forſtbedienſteten, in der Nähe eines guten Wegs, in ebener Lage, in den Bergen auf möglichſt nördlich, nordöſtlich oder nordweſtlich ſanft geneigten Flächen, überhaupt in hohen Lagen und keinesfalls in Mulden, Einbeugungen, Thälern, überhaupt in Froſtlagen. Der Boden muß humusreich, hinreichend tief— gründig, friſch, nicht zu bindend, vielmehr locker und möglichſt ſteinfrei ſein; ein ſandiger Lehm- und lehmiger Sandboden iſt ſtets den ſtrengeren Lehm- und Thonböden vorzuziehen, und undurch— laſſender Untergrund iſt unter allen Umſtänden zu vermeiden. Alte Kohlſtellen eignen ſich ſehr gut zur Pflänzlingszucht (Kohlen— ſtübbe liefert ein gutes Düngmaterial). Die Anſicht, daß man die Pflanzen auf einem minder guten Boden, als demjenigen des zu— künftigen Standorts erziehen müſſe, iſt unzutreffend; es handelt ſich vor allem um die Ausbildung vieler Zaſerwurzeln. Wenn irgend möglich, ſo iſt der Forſtgarten in der Nähe einer Quelle oder eines Bachs, Teichs ꝛc. zu legen (wegen des Ablöſens des Erdballens durch Waſſer, ſiehe unten). Bäume im Forſtgarten ſind zu entfernen und auch die angrenzenden höheren Beſtände, ſo weit die Traufe reicht, abzuſäumen — nach Norden und Oſten vorſichtshalber etwas weiter, damit bei glatten Stämmen die Licht— ſtrahlen nicht reflektiert werden. Neu ausgeſtockte Flächen in Mitte geſchloſſener Beſtände ſind am zweckmäßigſten; langjährige Blößen und ausgebautes Ackerfeld ſucht man thunlichſt zu vermeiden. Der Schutz, den ein vorſtehender Beſtand gegen Süden und Südweſten gegen die einfallenden Sonnenſtrahlen gewährt, iſt beſonders wirkſam. 400 Neunter Abſchnitt. Für die Form wählt man in der Regel ein möglichſt gleich— ſeitiges Rechteck. Die Größe der Forſtgärten richtet ſich nach dem Pflanzen— bedarf. Auf 1 Hektar Saatkamp kann man (in Rinnen) etwa 4 Millionen 2jährige unverſchulte Fichten erziehen, welche bei einer Pflanzweite von 1 m für 400 ha hinreichen; es genügt ſomit % der jährlich und nachhaltig zu kultivierenden Fichten: fläche für den Saatkamp. Bei minder gutem Kulturboden, wenn kräftige Pflanzen weitſtändig zu erziehen ſind, iſt die Fläche ent— ſprechend zu vergrößern. Dagegen gebraucht man für jährige Buchen 1¼%, weil ein Hektar Saatkamp nur 1½ Millionen Jährige Buchen liefert. Einjährige Eichen wachſen 1 Million per Hektar Saatkamp; für verſchulte Eichenſtutzerpflanzung zu Schäl— waldanlagen wird man 25— 300% der Kulturfläche gebrauchen. Die Flechtzäune ſind als Einfriedigungen der Forſtgärten am meiſten gebräuchlich. In Entfernungen von 3—4 m werden an drei Stellen durchlochte und unten angekohlte Säulen von 2— 2,5 m Höhe feſt eingeſchlagen, Stangen von Hopfenſtangenſtärke durchgezogen und mit grünen Nadelholzſtangen (Bohnen— ſtangen), die ſenkrecht ſtehen, durchflochten. Auf den dem Winde entgegenſtehenden Seiten werden in ungeſchützten Lagen ſog. Streben angebracht. Eine Thür, die in hölzernen Haken hängt, verſchließt den Zaun. Der laufende Meter wird ſich bei einem Taglohnſatz von 2 M. (exkl. Holzwert) auf ca. 40—50 Pf. ſtellen. Drahtzäune (Bezugsquelle Fr. Gloger in Schwedt a. Oder) koſten etwa das Doppelte bis Dreifache. Bewegliche Horden bei gleichem Taglohnsſatz exkl. Holzwert 13—24 Pf. per lauf. Meter; ſie werden aus Baumpfählen und Hopfenſtangen (die vertikalen Rahmſtücke geſchnitten) 3,5—4,7 m lang und 1,8—2,3 m hoch zuſammengenagelt. Der Hauptweg erhält in der Regel eine Breite von 1,8 m, die Seitenwege werden 1 m breit und die Wege zwiſchen den Beeten 30—40 em breit. Die Breite der Saatbeete beträgt gewöhnlich 150 —1,2 m. Nachdem der Bodenüberzug entfernt worden iſt (der zu Kom— poſthaufen benutzt wird), wird der Boden in der Regel 25—30 em, im ſchweren Boden bis 40 em im Sommer mit der Rodhacke grobſchollig mit Vermiſchung der oberen und unteren Bodenſchichten umgebrochen und im nächſten Frühjahr einige Zeit vor der Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 401 Saat in gartenmäßiger Weiſe mit dem Spaten bearbeitet. Für einen feſten, bindenden Boden iſt Rajolen vorzuziehen; in einen 30—40 em tiefen Graben, deſſen Sohle gelockert wird, wirft man die Erde aus dem nächſten, neben dem erſten zu ziehen— den Graben ). Bei der Ausſaat des Samens iſt die Rillenſaat Regel, weil ſie eine gleichmäßige Ausſaat des Samens geſtattet, die Pflege, das Ausheben und die Düngung mehr erleichtert, als die breitwürfige Saat. Die Entfernung der Rillen beträgt meiſtens für die Erziehung 2—3jähriger Nadelhölzer ohne Verſchulung 15—20 em, für Eichen, Ahorn, Akazien ꝛc. 25—30 em. Die Breite der Rillen wird auf 3—5 em zu normieren fein; in breiteren Rillen erzieht man ſchwächliche Mittelpflanzen. Die zweckmäßigſte Tiefe der Rillen iſt nach den Unterſuchungen im Hohen— heimer Forſtgarten wie folgt feſtgeſtellt worden: Eichen . . . 36 em ENT ee ee up o ie U o 1 AB C ͤ A I ie 1—1½ em, mehr nur bei Deckung Lärche mit ſehr lockerem, humoſem Boden. Ulme möglichſt ſchwach, 1½ em verhindert jedes Keimen. Die Rillen werden nach der Längsrichtung der Beete entweder durch eine Latte, die ſo lang iſt, wie die Beete, ſo breit, wie die Rillenentfernung, und jo dick, wie die Breite der Rillen, ein— gedrückt oder beſſer durch ein 20 em breites Saatbrett, welches in der Rillenentfernung Holzleiſten von der Breite der Rillen hat, gebildet. Für Eicheln kann man ein Steckbrett mit gleich langen Zapfen, die in richtiger Entfernung ſtehen, benutzen. Die Samenmenge, die man per Ar (einſchließlich der Zwi— ſchenräume) braucht, iſt nach den Holzarten, der Saatmethode ꝛc. ſehr verſchieden. Im großen Durchſchnitt kann man für Eichen ) Man hat bei der Bearbeitung der Saatkämpe die gute Erde tiefer ein- gebettet, um Kiefern mit langen Wurzeln für trockenen Sandboden zu erziehen (Pfeil). Dieſes Verfahren hat ſich zwar nicht immer vollkommen bewährt, kann jedoch unter beſonderen Verhältniſſen (trockene Oberfläche mit Feuchtigkeit im Untergrund) Beachtung verdienen. Wagener, Waldbau. 26 402 Neunter Abſchnitt. — und Buchen das 1½—8fache, für die übrigen Laubhölzer das 5 bis 15fache, für die Nadelhölzer das 10—20fache der zur Beſtands— vollſaat gebrauchten Samenmenge (ſiehe oben) rechnen. Für die Saatrillen wird man ungefähr annehmen dürfen: Eichen.. 25-40 kg per Ar Saatbeet Din, ne SAN ee: 7 Sichenjamenza 2. er ee Di ee 5 Ulmenſame n * 55 Erlenſamenn le 3—5 1 1 Akazienſamenn 8 1 Weißtanneſaſen . ee 7 Fichtenſamen 1—2 5 7 Kiefernſa men EU. mn 7 Zörchenlamen na. 0.00 03 0er ei Uebrigens find dieſe Ziffern nur als ungefährer Anhaltspunkt zu betrach⸗ ten, denn nicht nur die Qualität des Samens, ſondern auch die Zeit, welche die Pflanzen in den Saatbeeten verbleiben u. ſ. w., ändert das Samenquantum. Für die Nadelholzſaat empfiehlt ſich das Saatbrett am meiſten, wenn man keine geübten Säer hat. Zwei etwa 10—12 em breite dünne Bretter, die jo lang find, als das anzu— ſäende Beet, ſind im Innern durch drei Scharniere ſo verbunden, daß ſie im Winkel von etwa 90 Grad geöffnet, eine dicht geſchloſſene Rinne bilden. Die innere Kante des aufſitzenden Brettes kann man (nach Fürſt) etwas abſtumpfen. In dieſe Rinne wird der Same eingeſtreut und mit dem Finger wird demſelben die gleichmäßige und angemeſſene Verteilung gegeben, indem ein Arbeiter den Ueberſchuß des Samens auffängt. Hierauf wird die Kante des Bretts in die eingedrückte Saatrinne eingeſetzt und das Brett zuſammengeklappt, die untere Kante öffnet ſich durch die Scharniere ſo weit, daß der Nadelholzſame durch— fallen kann. Zur Bedeckung des Samens hält man Raſenaſche oder Dammerde in Vorrat. Jedenfalls muß die Bedeckung mit lockerer Erde oder anderen lockeren Subſtanzen (man verwendet auch Säge: mehl) geſchehen. Die Bedeckung wird angedrückt. Bei Eicheln ꝛc. wir die lockere Erde beigezogen. Zum Schutz gegen Austrocknung verwendet man gewöhn— lich Kiefernreiſigk) und Tannenreiſig als Deckmaterial. Fichtenreiſig iſt nicht geeignet. Beſſer iſt Stroh (etwa ein Bund per Ar, mit leichten Stangen beſchwert), Moos iſt weniger gebrauchsfähig, weil man das Auflaufen des Samens nicht ſieht und deshalb die recht— ) Man glaubt, daß Buchenlaub wegen der Schütte beſſer ſei, als Kiefernreiſig. Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 403 zeitige Abnahme verfehlen kann, auch (nach Schaal) Laufkäfer den Samen unter dem Moos verzehren. Nach dem erfolgten Aufkeimen des Samens beſteckt man das Beet ohne Verzug auf beiden Seiten mit Kiefernäſten mit nach der Mitte geneigten Spitzen und entfernt dieſelben allmählich bei Regen— wetter oder wenigſtens bedecktem Himmel. (Die Schutzſchirme ꝛe. werden ſelten angewendet.) Die Räume zwiſchen den Saatrillen werden mit Moos oder beſſer mit Holz (geſpaltenem Prügelholz, Sägemehl ꝛc.) *) be— deckt oder unbedeckt gelaſſen und beim Jäten oft gelockert. Die vorgeſchlagene Bewäſſerung iſt ſelten ausführbar. Wenn Pflanzen ausfrieren, ſo werden ſie alsbald wieder angedrückt. Zum Schutz gegen Engerlinge ſind an mehreren Orten mit gutem Erfolge Starenkäſten an Bäumen und um den Garten angebracht worden; die Staren vertilgen die Maikäfer ſehr gründ— lich. Mäuſe werden vergiftet (bohnengroße Stücke aus einem Teig von 1 Pfund Mehl mit ½ Pfund ausgefälltem Baryum mit entſprechendem Waſſerzuſatz werden in die Mauslöcher geworfen oder in Steinhaufen oder in Drainröhren gelegt). Für die Vertilgung des Unkrauts iſt zeitiges Jäten im Frühjahr bei feuchtem Boden, oftmaliges Wiederholen, ſobald ſich Unkraut zeigt, letztmaliges Jäten im Anfang September das beſte Mittel. Zur Reinigung der Zwiſchenräume empfiehlt ſich der von Schoch konſtruierte Dreizack (mit einer 5 em langen Mittelzinke und 4 em langen, gekrümmten Seitenzinken). Die wichtigſte Arbeit iſt das oftmalige Lockern des Bodens der Zwiſchenräume zwiſchen den Saatrillen bei trockenem Wetter auf 10—12 cm Tiefe, wobei gleichzeitig die Pflanzen an: gehäufelt werden. Dieſe Lockerung wird am zweckmäßigſten mit einem ſchmalen Gartenhäckchen vorgenommen. Nicht minder wichtig iſt das Ausrupfen der Pflanzen bei zu dichtem Stand gelegentlich des Jätens oder außerdem im Sommer des erſten Jahres und im Frühjahr des zweiten Jahres (bei Pflanzen, die nach 3 Jahren aus dem Saatbeet ins Freie verſetzt ) Buchenlaub unter dieſem Prügelholz wird wegen Erhaltung der Boden⸗ feuchtigkeit günſtig wirken. 404 Neunter Abſchnitt. werden, nochmals im Sommer des zweiten Jahres). Im erſten Sommer werden namentlich die in der Mitte der Rinne ſtehenden Pflanzen ausgezogen, im zweiten Jahr bleiben möglichſt die ſtärkſten Pflanzen ſtehen. Die ausgezogenen Pflanzen werden in der Regel weggeworfen. Abſchneiden iſt weniger rätlich. Man darf dieſes Aus rupfen niemals unterlaſſen, ſobald der Pflanzenſtand außergewöhnlich dicht ge— worden iſt und wird dadurch das koſtſpielige Ver— ſchulen (ſiehe unten) vermeiden können. Uebrigens kann man, wenn man nicht zu dicht ſäet, auch ohnedem kräftiges, junges Pflanzenmaterial, welches ſich für die billige Spaltpflanzung (mit oder ohne Lockerung des Bodens) eignet, erziehen. Der Einfluß des weiten Standes auf die Entwicklung der Pflanzen, die Wirkung des in den vorigen Abſchnitten hinlänglich beſprochenen Naturgeſetzes ſelbſt im jugendlichſten Alter der Pflanzen, ergibt ſich aus dem exakten Verſuch, der im Eberswalder Forſtgarten mit Kiefern vorgenommen worden iſt: Samenmenge per Ar. Brauchbare Pflanzen. Gewicht per Tauſend. 1,75 kg 25 479 1,300 kg 1,50 „ 21531 Wr 1 15 549 17% „ 1,00 „ 13 306 1,33 Wenn ein Saatbeet wiederholt zur Pflanzenzucht benutzt werden ſoll, ſo iſt die Düngung erforderlich. Die Saatbeete verhalten ſich ähnlich wie ein Ackerfeld und weſentlich anders, wie Waldboden mit fortwachſenden, älter werdenden Holzbeſtänden; ſie werden bei mehrmaliger Ernte ohne Düngung ausgebaut. Die jungen Holz- pflanzen entziehen dem Boden die Stickſtoffverbindungen und Mineralſtoffe in ähnlicher Weiſe, wie die Agrikulturgewächſe (nach Dulk jedes Jahr 8—11 kg Phosphorſäure und 15—24 kg Kali, nach Schütze 24 kg Stickſtoff per Jahr) und dieſe Bodenbeſtandteile werden der Fläche Jahr für Jahr entnommen und bilden nicht, wie beim Laube, ein cirkulierendes Nährſtoffkapital. Die gebräuchlichſte Art der Düngung iſt mit Raſenaſche. Die im Auguſt oder ſpäteſtens September gewonnenen Raſen- oder Heide— und Heidelbeerplaggen werden auf die ſchmale Kante, paarweiſe gegeneinander, die Erde nach außen, geſtellt und dadurch getrocknet, hierauf durch Klopfen mög— lichſt von anhängender Erde befreit und in Meilern verbrannt. Bei den kleineren Meilern wird der Raſen nicht zu dicht geſetzt, mit Reiſig vermiſcht und gut mit Raſen gedeckt. Größere Meiler bis 3 m Durchmeſſer und 4 m Höhe erhalten eine mit Reiſig umbundene Quandelſtange und vier Feuerkanäle, die gleichzeitig angezündet werden; der Raſen wechſelt mit Reiſig, Heide, Heidelbeere ꝛc.; das Feuer wird anfänglich überwacht, der Meiler nachgefüllt und hierauf werden die Kanäle Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 405 verſchloſſen. Der Meiler glüht 6— 12 Wochen. Die Raſenerde wird geſiebt und hierauf; an trockenen Orten in gut mit Raſen gedeckten Haufen bis zum nächſten Frühjahr, beſſer 2 Jahre aufbewahrt, damit dieſelbe die ätzende Wirkung verliert. Auch Holzaſche, namentlich von Buchenholz, iſt verwendbar. Außer Raſenaſche verwendet man Kompoſterde. Das Unkraut des Gartens, Walderde, Heidelbeerfilz, Raſen, auch Säge— ſpäne, Torfmull werden etwa 10—15 em hoch aufgeſchüttet und mit einer dünnen Lage ungelöſchten Kalkes überſtreut und durch Fortſetzung der genannten Schich— tung ein meilerförmiger Haufen gebildet, der allenthalben mit ſorgfältig ange— klopfter Erde umgeben und oben zur Aufnahme des Regenwaſſers tellerförmig ausgehöhlt wird. Während der erſten Tage, während welcher ſich der Kalk löſcht, muß der Haufen täglich wiederholt kontrolliert und alle Riſſe ſorgfältig zugedeckt werden. Nach 4—6 Wochen wird der im Frühjahr gebildete Haufen umgeſetzt, bis zum Herbſt noch zwei- bis dreimal, der Dünger iſt im kommenden Frühjahr zu verwenden. Künſtliche Düngemittel, tieriſcher Dünger ꝛc. werden ſelten angewendet und auch auf Notfälle (ſehr arme Böden 2c.) zu be— ſchränken ſein. Straßenkot (namentlich von Baſaltſtraßen für Sand— boden) kann bei den Kompoſthaufen verwendet werden. Zum Ausheben der Pflanzen, die rillenweiſe erzogen ſind, zieht man in angemeſſener, die Wurzeln ſchonender Ent— fernung ein genügend tiefes Gräbchen und drückt die Pflanzen— reihe mit dem auf der andern Seite in der Mitte zwiſchen den Pflanzenreihen ſenkrecht eingeſtochenen Spaten in das Gräbchen u. ſ. f. Aeußerſt wichtig iſt die Schonung der jungen Pflanzen beim Befreien von der anhaftenden Erde. Dieſe Erde wird von den Wurzelhaaren, die wir oben betrachtet haben, feſtgehalten und wir wiſſen, wie wichtig die Erhaltung der letzteren iſt. Das bis jetzt bei ſchwerem Boden gebräuchliche Abſchütteln der Erde zerſtört zwar erfahrungsgemäß dieſe Wurzelhaare nicht in ſo hohem Grade, daß dadurch das Anſchlagen der Pflanzungen gefährdet wird. Immerhin dürfte das behutſame Einſetzen in Waſſer zu verſuchen ſein. Zu dieſem Zweck kann man im Forſtgarten einige lange Tröge aufſtellen, die entweder mit durchlaufendem oder abzu— laſſendem Waſſer gefüllt werden. Die ausgeſtochenen Pflanzenreihen werden mit der Erde in dieſe Tröge geſetzt, bis ſich die Erde größtenteils losgelöſt, teilweiſe aber auch angeſchlämmt hat ). ) Der Verfaſſer wird in den nächſten Jahren vergleichende Verſuche in den Forſtgärten über Pflanzenabſtand, Ausheben ꝛc. vornehmen. 406 Neunter Abſchnitt. Bei kühler und feuchter Luft werden die Wurzeln am zweck— mäßigſten in feuchtes Moos gepackt und in dieſer Verpackung zur Kulturſtelle transportiert. Bei trockener und heißer Luft und im Sandboden wird ein dünner Lehmbrei angerührt und die Pflanzenbündel durch Hin- und Herbewegen ſämtlich „ange— ſchlämmt“ ). In der neueſten Zeit hat die Pflanzenzucht in Forſtgärten dem ſog. Verſchulen der gewöhnlich einjährigen Pflanzen eine große Verbreitung gegeben. Man verſetzt namentlich die einjährigen Fichten in die Pflanzſchule des Forſtgartens, indem man Reihen in einen Abſtand von etwa 15 em und einer Pflanzenentfernung von 10 em in den Reihen wählt. Die Pflanzen bleiben in dieſen Pflanzbeeten zwei Jahre ſtehen und während dieſer Zeit geſchieht die Lockerung und Reinigung derſelben in gleicher Weiſe, wie in den Saatbeeten. Für einjährige Lärchen wählt man in der Regel eine Entfernung von 20 auf 30 em; bei der Weißtanne 12—15 em in den Reihen mit 20 em Abſtand. Für die Zucht von Eichen lohden, Halbheiſter und Heiſter wählt man mehrmalige Verſchulung und Reihenabſtände von 30—35 em mit einer Pflanzen— entfernung in den Reihen von 20—25 em. Auch Eſchen, Ahorn, Ulmen, Erlen, Akazien, ſelbſt Hainbuchen werden, zumeiſt mit einer Entfernung von 20—30 em — je nach der beabſichtigten Pflanzengröße — verſchult. Dieſe Verſchulung wird nicht vorgenommen, um den im Saatbeet im Wuchs zurückgebliebenen Pflanzen eine beſſere Bewurzelung zu geben, während die kräftigen Pflanzen ins Freie verſetzt werden. Vielmehr wirft man bei dem echten Verſchulungsbetrieb die zurückgebliebenen Pflanzen rückſichtslos bei— ſeite und verſchult nur die kräftigen Pflanzen. ) Man hat vielfach vermutet, daß das ſtrangartige Ausſehen der in Lehm— brei eingetauchten Wurzeln beſondere Nachteile für den ſpäteren Wuchs der Pflanzen habe. Der Verfaſſer hat bei ſeiner Praxis in der Anwendung der Spaltpflanzungen, vielfach mit angeſchlämmten Pflanzen, bemerkenswerte Nach— teile nicht konſtatieren können. Wenn die Zaſerwurzeln und die Wurzelhaare intakt bleiben und der Lehmbrei im feuchten Boden oder beim erſten gründlichen Regen locker geworden iſt, ſo dehnen ſich die Wurzeln dahin aus, wo ſie Nah— rung finden. Jedoch darf der Lehmbrei nicht zu konſiſtent ſein. Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 407 Ich halte die Verſchulung der Pflanzen als regel— mäßiges Verfahren der Pflanzenzucht für eine ebenſo koſtſpielige, als völlig zweckloſe und entbehrliche Kulturkünſtelei. Lediglich zur Erziehung von Heiſterpflanzen, die man bei Bepflanzung von Viehweiden ꝛc. ſtatt kleiner Pflänz— linge wählen muß, iſt die Verſchulung notwendig und gerecht— fertigt; aber ſelbſt bei der Bepflanzung der trockenen, verhärteten, ſelbſt der flachgründigen Böden verwendet man die beträchtlichen Koſten der Verſchulung mit größerem Erfolg auf die Boden— lockerung. Iſt die Erziehung ſtärkerer Pflanzen für die Hauptziele des Verjüngungsbetriebs überhaupt notwendig? Stärkere Pflanzen, die Bodenlockerung auf größeren Plätzen, in Löchern ꝛc. erforderlich machen, darf der Forſtmann nur in Ausnahmefällen verwenden, bei ſchon vorhandenen Blößen ꝛc. Er darf den beſtockten Wald— boden nicht in die Verfaſſung kommen laſſen, daß wegen Ver— härtung, Verangerung u. ſ. w. der letzte Rettungsanker in der Anwendung verſchulter, 25—30 cm hoher, ſtufiger, beſonders gut bewurzelter Nadelholzpflanzen geſucht werden muß, weil die Pflanzen zucht und die Auspflanzung zwecklos verteuert wird. Was erreicht man in der That durch dieſe Verſchulung? Offenbar würde die Pflanze in dem rajolten gedüngten Boden des Saatbeets die beſten Bedingungen für ihr Fortkommen finden, wenn ſie nicht durch den zu dichten Stand an der Ausbreitung der Wurzeln und Zweige gehindert würde. Wenn aber die Boden— beſchaffenheit der Kulturflächen die Verwendung beſonders kräftiger Pflanzen bedingt, ſo kann man den jungen Pflanzen einen ge— nügend geräumigen Stand geben, indem man dünner ſäet oder (beſſer) den jungen Pflanzen durch Ausrupfen und Ausſchneiden im erſten und zweiten Jahre eine angemeſſene Entfernung gibt. Es iſt keineswegs nötig, daß man die jungen Nadelholzpflanzen, nament- lich Fichten, die man im 2—3jährigen Alter verpflanzen will, in eine Entfernung von 10—15 cm bringt; es genügen 4—6 cm (Dreiecksverband) *). Anſtatt den Pflanzen durch Ausrupfen den *) Die Unterſuchungen in dieſer Richtung, die Fürſt in dankenswerter Weiſe begonnen hat, ſind noch nicht abgeſchloſſen. Der Verfaſſer urteilt aus langjähriger Erfahrung. 408 Neunter Abſchnitt. benötigten Wachsraum zu verſchaffen, werden bei der Verſchulung die Wurzelhaare abgeriſſen. Die Pflanze trauert erfahrungsgemäß nach der Verſchulung, bis ſie wieder neue Wurzelhaare und Wurzel— enden gebildet hat. Findet die verſchulte Pflanze beſſere Wachs— tumsbedingungen im neuen Boden? Sie findet denſelben gelockerten und gedüngten Boden, den ſie mit Verluſt ihrer Wurzelhaare ver— laſſen hat. Und dabei koſtet die Verſchulung mit Einrechnung der Rodekoſten, Ausjätungskoſten faſt eben ſo viel, wie die Verſetzung in das Freie mit Pflanzeiſen und Pflanzbeil, denn eine Arbeiterin kann nur durchſchnittlich 800-1000 Pflanzen verſetzen, während bei der Verpflanzung ins Freie bei hinlänglich lockerem Boden 1000 Stück nach meinen Erfahrungen und den ſonſtigen Mit— teilungen regelmäßig 1,4 bis 1,5: M. (bei einem Taglohnſatz von 1 M.) koſten. Man wird indeſſen fragen, wie weit ſich die Erziehungskoſten bei dem genannten weiten Stand der Pflanzen (A—6 cm) ohne Verſchulung erhöhen und ob die erforderliche Saatſchulfläche nicht zu groß werden wird. Bei dieſem Stande haben durchſchnittlich 40 000 Pflanzen per Ar Rinnenfläche Raum; rechnen wir indeſſen 2 des bearbeiteten Bodens für Zwiſchenräume, jo bleiben 13 333 Pflanzen per Ar. Rechnet man ferner für Rajolen, Umfriedigung ꝛc. den hohen Satz von 300 M. per Hektar, ſomit per Ar 3 M., für Zjähriges Reinigen ꝛc. 10 M., für Samen 4 M., für Ausrupfen und ſonſtige Koſten 5 M., ſo erfordern 10 000 Stücke 3jährige Fichten 16 M. Erziehungskoſten (während 10 000 Stück bei dem gewöhnlichen Verfahren nach meinen Erfahrungen 9—10 M. koſten). Anderſeits ſtehen dieſen Mehrkoſten von 6—7 M. die Koſten der Verſchulung mit 10—12 M. und die Koſten des Rajolens, Lockerns und Reinigens für eine 3 bis Amal größere Fläche entgegen. Schmitt gibt auf Grund langjähriger Erfahrung die Erziehungskoſten (für den Taglohnsſatz für 1,20—1,50 M.) auf 50-90 M. für 10 000 4jährige, verſchulte Fichtenpflanzen an. Man ſieht, daß die Verſchulung der Pflanzen ſchon wegen der Ausgabe für Pflanzenerziehungskoſten ein faſt unüberſteigbares Hindernis für die allgemeine Einbürgerung der oben befürworteten künſtlichen Vorverjüngung der Waldungen werden würde. Denn wohin ſoll es führen, wenn wir große Kulturflächen ſchon mit 30—60 M. Pflanzenerziehungskoſten per Hektar nutzlos belaſten? — ganz abgeſehen von den höheren Koſten der Löcherpflanzung ſtatt der Spaltpflanzung, während die letztere mit Einrechnung der Pflanzenerziehungs koſten bei einem durchſchnittlichen Weiber— und Kindertaglohn von 1 M. und gewöhnlicher Bodenbeſchaffenheit Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 409 nur 24—25 M. koſtet. Und dabei iſt das beſſere Anſchlagen der verſchulten Pflanzen bis jetzt nicht durch komparative Unterſuchungen dokumentiert worden, während hinlänglich nachgewieſen worden iſt, daß die Spaltpflanzung mit Saatſchulpflanzen bei gewöhnlichen Verhältniſſen vollkommen befriedigende Erfolge hat. Bei ſchwierigen Bodenverhältniſſen iſt aber auch für die geräumige Erziehung der Pflanzen keine übermäßig große Saatſchulfläche erforderlich; für einen Wirtſchaftsbezirk von 1000 Hektar genügt, wenn man nur 3jährige Fichten auf jährlich 10—12 ha mit ca. 1000 Stück verwendet, eine Saatbeetfläche von ca. 22— 23 Ar mit einer Jahres: ausgabe von ca. 160 M. Sonach wird ſich das Verſchulen auf Ausnahmefälle, namentlich die Erziehung von Heiſtern, ſtärkere Pflanzen zu Nachbeſſerungen ꝛc. beſchränken müſſen. Was endlich die ſpeciellen Regeln bei der Erziehung und Verpflanzung der einzelnen Holzarten betrifft, jo empfiehlt ſich bei der Eiche, wenn man 2jährige Pflanzen im Saat⸗ beet bis zum dritten oder einem ſpäteren Jahre ſtehen laſſen will, das Durchſtechen der Pfahlwurzel in etwa 15—16 em Tiefe mit ſcharfem Spaten. Auch bei der Verpflanzung ſchneidet man die Pfahlwurzel bis auf etwa 15 em Länge zurück, kann ſie aber auch ohne Nachteil umbiegen. Im übrigen wird es am zweckmäßigſten ſein, das Beſchneiden der Aeſte möglichſt zu vermeiden. Bei der Erziehung ſtärkerer Pflanzen (Stutzer, Heiſter ꝛc.) muß die Eiche nach 2—3jährigem Stehen in der Pflanzſchule entweder ins Freie verſetzt oder, wenn man Heiſter (2—4 m hoch) erziehen will, wieder: holt umgeſchult werden. Die Buche wird in der Regel aus Rillenſaaten im jährigen, längſtens 3jährigen Alter verpflanzt; die Unterpflanzung mit jährigen Buchen iſt weniger rätlich. Für die Weißtannenſaatſchulen wählt man mit be- ſonderer Sorgſamkeit einen gegen Spätforſt und Sonnenſtrahlen geſchützten Platz. Man verſetzt fie gewöhnlich im 4—5 jährigen Alter ins Freie. Die Fichte wird nach den oben gegebenen Regeln erzogen und zumeiſt im 3jährigen Alter, bei gutem Boden und ge räumigem Stande ſchon im jährigen Alter ins Freie ver: pflanzt. 410 teunter Abſchnitt. Dagegen iſt die Auspflanzung der Kiefer im ljährigen Alter faſt allgemein üblich. Gegen die Schütte, die namentlich in neuerer Zeit immer ſtärker auftritt, iſt bis jetzt kein erfolgſicheres Mittel bekannt geworden. Die Auspflanzung von Kiefern, welche von dieſer höchſt wahrſcheinlich von Hysterium pinastri her— rührenden Pilzkrankheit befallen waren, iſt immerhin ſehr mißlich und gewagt. Für den Lärchenſamen wird Einquellen in reines oder mit Kalk oder Salzſäure verſetztes Waſſer angeraten, weil er ſonſt ungleichmäßig keimt. Auch bei der Lärche hat die Rillenſaat Vor— züge gegenüber der noch vielfach gebräuchlichen Breitſaat. Man muß aber den zu dichten Pflanzenſtand beim Ausjäten lichten. Die Lärche wird in der Regel im zweiten Jahre ins Freie verſetzt. Die Weym ouths kiefer wird gleichfalls zumeiſt im 2jährigen Alter aus dem Saatkamp ins Freie verpflanzt. 6) Die Holzpflanzung. Zur Bepflanzung der Verjüngungsſchläge und Waldblößen haben die Forſtwirte mannigfache Verfahrungsarten gewählt, die im Koſtenaufwand überaus verſchieden ſind. Die Holzpflanzen ſind im abweichenden Alter, groß und klein, mit und ohne Ballen, mit und ohne Beigabe von Humus, Kompoſterde und Raſenerde, in Löcher, in Hügel, auf Gräben, umgeklappte Raſen u. ſ. w. ein: geſetzt worden; man hat einen Bodenſpalt mit dem Pflanzbeil eingehauen, mit dem Buttlarſchen Eiſen eingeworfen oder ein— geſtochen, mit dem Setzholz, dem Pflanzdolch, dem Wartembergſchen Stieleiſen, dem Spaten, dem Keilſpaten, Pflanzkeil u. ſ. w. ein⸗ geſtoßen; man hat die Pflanzen mit den Ballen mittels der Hacke, dem gewöhnlichem Spaten, dem Hohlſpaten, mit mehr oder minder großen Hohlbohrern, dem halbkegelförmigen Pflanzeiſen, dem kegel— förmigen Pflanzſpaten ꝛc. ausgehoben und mit den gleichen Werk— zeugen wieder eingepflanzt; mit dem Biermannsſchen Spiralbohrer wurden die Pflanzlöcher gelockert und Raſenaſche beigefüttert. Aber die durchgreifende vergleichende Prüfung dieſer verſchiedenartigen Pflanzverfahren nach Koſten und Erfolg, die leicht auf nebeneinander liegenden Kulturflächen gleicher Beſchaffenheit vorgenommen werden konnte, ſcheint bis jetzt nicht vollzogen worden zu ſein. Indeſſen kann man immerhin, wenn auch nur annäherungs— weiſe, bemeſſen, was der gleiche Koſtenaufwand bei den verſchiedenen Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 411 Verfahrungsarten für Wirkungen hervorruft. Dieſe Wirkungen werden in erſter Linie bedingt durch die Bodenbeſchaffenheit und wir haben deshalb die günſtigen und die un— günſtigen Bodenverhältniſſe getrennt zu betrachten. Wir haben zunächſt zu unterſuchen: bei welchen Pflanzverfahren leiſtet der gleiche Koſtenaufwand am meiſten, wenn der Boden locker und friſch iſt und eine für die Wurzeln 1—3: jähriger Saatſchulpflanzen genügende Bodenkrume dar: bietet? Wir haben zweitens zu fragen: welche Pflanzverfahren ſind erfolgſicher und hinſichtlich des Koſtenaufwands am leiſtungsfähigſten, wenn der Boden zäh, feſt, ſehr flachgründig, trocken, naß, verhärtet, ſteinig ꝛc. iſt? A. Bepflanzung des friſchen, lockeren, hinreichend tiefgründigen Bodens der Beſamungs- und letzten Abtriebsſchläge und der Blößen und Lücken mit ähnlicher Bodenbeſchaffenheit. Derartige Böden ſind entweder ohne oder nach Entfernung der Bodenbedeckung zu bepflanzen. Wenn der Boden mit einer ſehr hohen Laubſchicht bedeckt oder mit dichtem Moos, Heide- und Heidelbeerſträuchern, hohem Gras, Ginſtern ꝛc. bedeckt iſt, ſo muß das Laub plattenweiſe abgezogen und der feſte Bodenüberzug mit der Hacke entfernt werden. Dieſe Arbeit hat jedem Pflanzverfahren voraus zu gehen — der Ballenpflanzung wie der Spaltpflanzung — und hat deshalb auf die Wahl desſelben nicht den maßgebenden Einfluß, denn ſelbſt die Einpflanzung der ballenloſen und Ballen— pflanze mit Hilfe der Hacke kann nicht gleichzeitig mit dem An— fertigen der Pflanzplätze geſchehen. Man kann dieſen friſchen und lockeren Boden zunächſt mittels Einſetzen von Saatſchulpflanzen bebauen. Die Saatſchulpflanzen können ſowohl in einen Bodenſpalt, der mit verſchiedenen, zumeiſt handlichen Werkzeugen (Pflanzeiſen, Beil, Handſpaten u. ſ. w.) angefertigt werden kann, als auch in ein mittels des Spiral— bohrers gelockertes Loch und in eine mit der Hacke ꝛc. gelockerte Platte, in Pflugfurchen und völlig umgepflügtes Land eingepflanzt werden. Man kann zweitens die in Freiſaaten, auf gelockertem Boden unter Schutzbeſtänden ꝛc. erzogenen Pflanzen mit dem Erd— 412 Neunter Abſchnitt. ballen mittels Hohlbohrer, Hohlſpaten, Stoßeiſen ꝛc. ausſtechen und mit dieſem Erdballen einſetzen. Von dieſen verſchiedenartigen Verfahrungsarten leiſtet die Spalt— pflanzung namentlich mit dem leichten (und deshalb für Frauen und erwachſene Kinder handlichen) Pflanzbeil in Bezug auf Förderung der Arbeit und Verringerung des Koſtenaufwands am meiſten. Aber es iſt zu unterſuchen, ob dieſes einfache Verfahren die er— forderliche Sicherheit für das Gedeihen der Pflanzungen darbietet. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß den Wurzeln in dieſem engen Boden— ſpalt nicht die ſorgfältige Ausbreitung und Lage durch die ein— greifenden Finger der Arbeiter gegeben werden kann, als bei der Lockerung eines tiefen Pflanzlochs mit Ausräumen der Erde, Ein— ſtellen der Pflanzen und ſorgſame Umhüllung mit Feinerde. Allein das zuletzt genannte Verfahren iſt zu koſtſpielig; es iſt, wenn man große Kulturflächen bepflanzen will, ſchon wegen Arbeitermangel nicht anwendbar. Zudem hat die Verdoppelung und Verdreifachung der Koſten bei der Bodenbeſchaffenheit, die wir hier betrachten, nicht den entſprechenden Effekt; im Vergleich mit der Spaltpflanzung verdoppelt man keineswegs, wie die Erfahrung zeigt, die Zahl der anwachſenden Pflanzen und verdoppelt ebenſowenig den Wuchs der— selben. Vielmehr iſt die Wurzelverbreitung, welche die Pflanzen bei der Spaltpflanzung erhalten, für das Gedeihen derſelben voll— ſtändig ausreichend, wenn der Boden im Hochſommer nicht aus— trocknet — und bei einer großen Dürre iſt auch die beſſere Ver— teilung der Wurzeln in den großen Pflanzlöchern kein ſicherer Rettungsanker. Man hat bei der Spaltpflanzung, wenn kein beſonders trockener Sommer eintritt, in der Regel nur einige Prozente Abgang (ſiehe unten). Ein ähnliches Verhalten zeigt die Ballenpflanzung. Es iſt wie ſchon oben bemerkt wurde, nicht zu leugnen, daß junge Pflanzen, die ihre Zaſerwurzeln in den ausgehobenen Erdballen haben, un— geſtört fortwachſen werden. Aber dieſem Vorteil ſtehen mehrfache Nachteile gegenüber. Zunächſt iſt die Bewurzelung der Pflanzen, die man aus Freiſaaten entnimmt, nicht ſo ausgebildet und fein verteilt, wie die Bewurzelung der Pflanzen, die in gut gelockerten und gedüngten Saatbeeten erzogen werden. Man kann auch den Saaten, welche die Anzucht von Ballenpflanzen bezwecken, nicht die Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 413 tiefe, gründliche und ſorgfältige Bodenbearbeitung angedeihen laſſen, wie den Saatbeeten, in denen man ballenloſe Pflanzen erzieht, weil die mit Ballen auszuhebenden Pflanzen viel weiter ſtehen müſſen und deshalb das Rajolen der erforderlichen Fläche zu koſt— ſpielig werden würde. Und zweitens erfordert das Ausſtechen, Transportieren, die Anfertigung der Löcher und das Einſetzen der Ballenpflanzen wiederum den doppelten bis dreifachen Koſtenauf— wand der Spaltpflanzung. Dabei iſt aber die Frage, ob die Ballenpflanzen auch bei großer Sommerdürre beſſer ausdauern, als die Spaltpflanzungen, bis jetzt nicht zu bejahen). Die Wirkung der Beigabe des Erdballens reicht über die Erleichterung des Fortwachſens in der erſten Zeit nach der Einpflanzung nicht hinaus, denn die Pflanze tritt mit ihren Wurzeln alsbald aus dem kleinen Ballen heraus in die umgebende Erde, während im Ballen nur Wurzelteile mit abgeſtorbenen Wurzelhaaren verbleiben. Der Ballen hält auch die Feuchtigkeit nur ſo lange, bis der nächſte Regen den dünnen Zwiſchenraum zwiſchen demſelben und der um— gebenden Erde ausgleicht; die Pflanze vertrocknet ſogar, wenn ſich ein größerer Spalt bildet. Wenn man genötigt iſt, größere Koſten aufzuwenden, ſo wird der Mehraufwand durch die gründliche Lockerung der Pflanzſtelle lohnender verwendet werden können. Für den friſchen, lockeren Waldboden, den wir hier betrachten, wird endlich die Anwendung der Bohrer, die ein kleines Pflanzloch lockern (von Biermanns und Bohlig konſtruiert, ſiehe unten) in der Regel keinen entſprechenden Erſatz für den immerhin größeren Arbeitsaufwand gewähren. Indeſſen dürften vergleichende Verſuche zwiſchen dem Bohligſchen dreiſchneidigen Bohrer und dem Pflanzbeil und Buttlarſchen Pflanzeiſen nicht überflüſſig ſein, denn die Zahl ) Burckhardt bemerkt bezüglich der ballenloſen Spaltpflanzungen und der Ballenpflanzungen folgendes: Wenn auch viele geklemmte Pflanzen hinterher unerwünſchte Wurzelverbreitung zeigen, jo geht doch gleichwohl der Wuchs, ſoviel bis jetzt zu beobachten, günſtig von Statten und die Vollſtändigkeit der Dickungen läßt kaum etwas zu wünſchen übrig. Dagegen hat ſich die vorausgeſetzte große Sicherheit der Ballenpflanzen gegen Dürre in anhaltend trockener Zeit (Sand— boden) nach neueren Beobachtungen im vollen Maße nicht beſtätigt und umgekehrt hat man den in gelockerten Boden geſetzten nacktwurzeligen Kiefernjährlingen kaum zugetraut, was ſie in dürrer Zeit geleiſtet haben. 414 Neunter Abſchnitt. der per Tagesarbeit mit dem Bohrer eingeſetzten Pflanzen wird auffallend hoch angegeben (1000 Stück). Nach dieſen einleitenden Bemerkungen wollen wir uns nun— mehr die Werkzeuge und ihre Leiſtungsfähigkeit etwas näher anſehen. a. Die Einpflanzung ballenloſer Pflanzen iſt zwar ſchon von Georg Ludwig Hartig beſchrieben worden, aber ſie hat unerkenn— bar der Anregung, die der preußiſche Oberförſter Biermanns ge— geben hat, eine kräftige Förderung zu verdanken. Während der Verſammlung der ſüddeutſchen Forſtwirte in Darmſtadt im Jahre 1845 berichtete derſelbe über ein neues, von ihm mit beſonderem Erfolg angewandtes Pflanzverfahren. In der Eifel, auf einer ſchutzloſen Hochebene mit rauhem Klima, war der Boden durchgehends verſauert und verſumpft, an den ſteilen Bergabhängen häufig fortgeſchwemmt, durch die ſog. Schällandwirtſchaft aus— geſogen. Biermanns erzog ſeine Pflanzen durch ſehr dichte Ausſaat des Samens in eine 10—16 em hohe Schicht von Raſenaſche (oder vielmehr in gebrannte Raſenerde), lockerte das Pflanzloch mittels des Spiralbohrers und umgab die eingeſetzte Pflanze auf allen Seiten mit dieſer Raſenerde. Der Biermannsſche Spiralbohrer iſt ein eiſerner Spaten mit hölzer— ner Krücke und gut verſtähltem Spiralblatt in der Form eines liegenden 8. Der Spiralbohrer iſt 78—83 em lang, der Spaten ſelbſt 18,3 em lang und 12 cm breit. Derſelbe wird eingedrückt und nach rechts und links hin gedreht. Mit dieſem Spiralbohrer wurden bei ſeiner erſten Anwendung durch Bier— manns Löcher in Reihen mit einem Abſtand von 2,5—3,8 m und einer Ent— fernung der Löcher in den Reihen von 0,6 —1,1 m gebohrt. Bei der Einpflan— zung wurde die Erde aus dem gelockerten Pflanzloch herausgenommen, eine Hand voll Raſenaſche auf die linke Seite des Pflanzlochs gedrückt, die Pflanze an dieſe Wand von Raſenaſche völlig ſenkrecht angehalten, eine zweite Handvoll Raſen— aſche an der anderen Seite der Pflanze angedrückt und endlich der übrige leere Raum zuerſt mit guter und ſodann mit ſchlechter Erde ausgefüllt und mit dem Fuße angedrückt. Man braucht für das Zubereiten der zum Ausfüllen der Pflanzlöcher nötigen Erde 75 —229 qm Raſenfläche per Hektar Pflanzung. Die Angaben über die Koſten und die Erfolge dieſes Kulturverfahrens ſind weitaus verſchieden. Die Koſtenangaben ſind teilweiſe (namentlich von Jäger) ſo gering, daß ſie bedenklich ſind; ſie ſchwanken auch für den gleichen Taglohns— ſatz von 1 M. ſehr beträchtlich; indeſſen wird man nach den genauen Angaben von Gaisbergs (Sigmaringen) annehmen können, daß die Pflanzung mit Beigabe von Raſenaſche (exkl. Pflanzenerziehungskoſten), wenn die Reihenpflanzung (2,5 m Reihenabſtand und 0,78 em Entfernung in den Reihen) gewählt wird, ca. 30 bis 40 M. per 10 000 Stück koſten wird. Man behauptet, daß der Spiralbohrer in ſchweren, bindenden Böden nicht anwendbar ſei, weil er hier nicht lockere, ſondern den Boden in ſeinen beiden Seitenhöhlungen wulſtig zuſammenpreſſe. Man behauptet auch, daß die in der Raſenaſche treibhausartig emporgetriebenen Pflanzen zu kümmern beginnen, ſobald die Wurzeln aus der Raſenaſche heraus Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 415 in den nicht gelockerten und nicht gedüngten Boden eintreten. Man tadelt end— lich — und wohl mit Recht — den zu großen Reihenabſtand, behauptet ſäbel— förmigen Wuchs der Stämmchen u. ſ. w. Die lichtgebenden Kulturverſuche — im Vergleich mit der Bodenlockerung durch die Hacke und dem Einſetzen minder dicht erzogener Saatſchulpflanzen — ſind leider unterlaſſen worden. Statt des Spiralbohrers hat der bayriſche Revierförſter Bohlig einen dreiſchneidigen Bohrer konſtruiert, der die Form einer umgeſtürzten, ſenk— rechten, dreieckigen Pyramide mit ſtark ausgehöhlten Seitenflächen hat und 23 bis 29 em hoch iſt. An dieſem Bohrer iſt ein 58 em hoher eiſerner Griff mit eiſerner Handhabe befeſtigt. Man ſoll damit 1000 Pflanzen per Arbeitstag ver— ſetzen können. Im Forſtamt Freiſing werden jedoch nur ca. 500 1-Zjährige Saatſchulpflanzen mit dieſem Bohrer verſetzt; 1000 Stück koſten bei einem Tag— lohnſatz von 1,72 M. für Männer und 1,20 M. für Weiber 3 M. (ohne Bei- gabe von Kompoſterde). Die Pflanzung ballenloſer Pflanzen (namentlich 1jähriger Kiefern, 2jähriger Lärchen und 3jähriger Fichten) hat — abgeſehen von der ljährigen Kiefernpflanzung in lockeren Sandböden — namentlich ſeit Anwendung des Buttlarſchen Pflanzeiſens weſentlich an Verbreitung gewonnen. . Dieſes ſetzholzähnliche, aus Eiſen beſtehende und 6½ Pfd. ſchwere Werk— zeug iſt gekrümmt und im ganzen 40 em lang; dasſelbe wird eingeworfen oder eingeſtoßen, in das Loch wird ein mit Lehmbrei angeſchlämmter Pflänzling ein— geſteckt, das Eiſen etwa 4 em von dem letzteren in ſchräger Richtung eingeſtochen und gerade aufgerichtet, damit die Wurzeln des Setzlings von Erde umſchloſſen werden und hierauf das zweite Loch durch Anklopfen oder Anſtechen ausgefüllt. Geübte Arbeiter pflanzen per Tag 12—1400 Stück ein. Nach den Angaben, die über die Koſten im großen Kulturbetriebe vor: liegen, kann man annehmen, daß mit Ausnehmen, Verpacken, Transport, Einſetzen auf gewöhnlichen, nicht ſtark ſteinigen und ſtark mit Unkraut überzogenen Waldböden 700—800 Pflanzen eine Tagesarbeit erfordern, 10000 Pflanzen ſomit auf 12— 14 M. bei einem Taglohnſatz von 1 M. zu ſtehen kommen). Auf lockeren behackten oder geackerten Sandböden reduzieren ſich die Koſten auf 10—11 M., bei Abräumen des Bodenüberzugs oder Beigabe von Füllerde werden oft nur 500—600 Pflanzen per Tagarbeit an— ) Buttlar gibt zwar etwas geringere Koſten an, allein derſelbe hat wahr— ſcheinlich lockeren Sandboden und ein ſtändiges, beſonders gut geſchultes Arbeiter perſonal im Auge. Nach den Erfahrungen des Verfaſſers unter den verſchieden— artigſten Verhältniſſen entſprechen die obigen Sätze der mittleren Arbeitsleiſtung. 416 Neunter Abſchnitt. genommen werden können. Nach den zahlreichen Berichten, die über die vielfach angezweifelten Erfolge dieſer Kulturmethode ver— öffentlicht worden ſind, kann man ſchließen, daß die Anwendbar— keit und der volle Erfolg derſelben lediglich für feſte und thonige, trockene, ſteinige, naſſe und ſehr ſtark verfilzte Böden in Frage ge— ſtellt iſt, daß aber auf friſchen und genügend lockeren Waldböden dieſes billige Verfahren die gleichen Erfolge erreicht, wie die ſonſt gebräuchlichen Kulturmethoden, die oft den doppelten und drei— fachen Koſtenaufwand beanſpruchen. Für mehrere Millionen ein— geſetzte Pflanzen (5,3 Millionen bis 1858) konſtatiert Freiherr von Buttlar einen Abgang von durchſchnittlich nicht 5 0%. Bald nach dem Bekanntwerden des Buttlarſchen Kulturverfah— rens wurden mehrfach andere Werkzeuge für das Einpflanzen ballen— loſer kleiner Pflanzen konſtruiert. Neidhardt wandte auf feſten, ſteinigen und verfilzten Böden ein 55 em langes Pflanzeiſen an, welches die Form eines von der Spitze nach der Baſis durch— ſchnittenen Kegels hatte und mit gußeiſernem Stiel verſehen war, indem derſelbe Kompoſterde in das Loch einbrachte. In der Ge— gend von Orb benutzte man ein Handſpätchen mit einem 6 em breiten und 12—15 cm langen Häckchen und einer 12—15 cm langen Schaufel mit einem 29—43 cm langen Stiel. Der von Wittwer konſtruierte Pflanzſpaten iſt eine eiſerne, unten ſpitz zulaufende Schaufel mit einer auf der Längsachſe angebrachten Rippe. Im Großherzogtum Heſſen war ein kleiner Pflanzſpaten im Ge— brauch, der ein 7,5 em breites, 10 em langes Schippchen an einem 30 em langen Stiel hatte. Koch benutzte eine kleine Rodehaue, 17 cm lang, mit einer 4—5 cm breiten Schnittlinie, gegen das Stielloch keilförmig anlaufend, mit einem 0,6 m langen hölzernen Stiel, welches beſonders auf trockenem, feſtgelagertem Kiesboden ſowohl beim Einſetzen von Ballenpflanzen, als beim Einpflanzen von Ijährigen Kiefern vortreffliche Dienſte geleiſtet haben ſoll. In den durch den Pflug geloderten Böden ließ v. Alemann zur Pflanzung von 1—2jährigen Eichen und 2jährigen Kiefern ein Loch mit dem Spaten ſtechen und durch Hin- und Herbiegen ſo aus— weiten, daß dasſelbe oben 7,8, in der Mitte 2,6 und unten wieder 7,8 em weit iſt. Die Löcher werden durch Antreten aus— gefüllt. In Hannover benutzt man hierzu den mit Eiſenblech Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 417 beſchlagenen Keilſpaten. Der eiſerne Pflanzdolch von Bau— diſch iſt 25—30 em lang, am oberen Ende 7 em breit mit 18 em langem Fußtritt und einem 55—60 em langem Stiel in eiſerner Hülſe; er wird für Ijährige Pflanzen gebraucht. Für Pflanzen mit langen, tiefgehenden Wurzeln konſtruierte Wartenberg ein dem Buttlarſchen Eiſen ähnliches, aber 24 em langes und 10,5 Pfd. ſchweres Pflanzeiſen mit Stiel und Krücke“). — Man konſtruierte Pflanzkeile, mit Eiſenblech beſchlagene Setzhölzer, Pflanzhämmer, kleine Spaten u. ſ. w. Ueber die Leiſtungsfähigkeit dieſer Werkzeuge mangeln leider zuverläſſige, vergleichende Angaben. Aber es iſt ſelbſtverſtändlich, daß alle ſchweren Spaten, eiſerne Stiele u. ſ. w. nicht nur wenig leiſten, ſondern ſogar gefährlich ſind, wenn man ſie zu— gleich zum Befeſtigen der Pflanze benutzt. Die Wurzeln werden oft gequetſcht und beſchädigt. Dieſe Inſtrumente würden die Spaltpflanzung in Mißkredit bringen. Selbſt die ungeſchickte Handhabung des Buttlarſchen Eiſens beim Einſtechen (zu nahe an die Wurzeln) kann die Pflanze gefährden und deshalb iſt das gleich zu beſchreibende Pflanzbeil vorzuziehen. Das Werk— zeug muß einen genügend breiten und tiefen Bodenſpalt machen, damit der Arbeiter mit den Fingern die Wurzeln möglichſt aus— breiten kann; wenn die Wurzeln ſtrangartig zuſammengequetſcht werden, ſo braucht die Pflanze lange Zeit, bis ſie ihre frü— here Wurzelverbreitung wiederhergeſtellt hat — zumal im ſchwe— ren, dichten Boden. Das Einſchieben der 1—3jährigen Saatſchul⸗ pflanzen mit der richtigen Wurzelverbreitung bietet aber den Ar— beitern — zumal Frauen und erwachſenen Kindern — weder beim Buttlarſchen Eiſen noch beim Pflanzbeil Schwierigkeiten; da das erſtere einen genügenden Spalt öffnet und das letztere zudem bin: und herbewegt werden kann. Und hierauf iſt das Beidrücken und Anklopfen der Erde, damit keine Hohlräume entſtehen (wenn der Regen lange ausbleibt), von beſonderer Wichtigkeit und hierzu iſt vor allem das Pflanzbeil ein leicht handliches, gefahrloſes Werk— zeug. Die Wurzelverwachſungen, die man teilweiſe, namentlich in ) Mit dieſem Stieleiſen ſoll man, wie berichtet wird, die Wurzeln quetſchen und zerſtoßen. Man warnt mit Recht vor dieſem „ſchrecklichen“ Inſtrument. Wagener, Waldbau. 27 415 Neunter Abſchnitt. nicht lockeren Böden beobachtet hat, rühren ſicherlich von un— geeigneten Inſtrumenten (Stieleiſen ꝛc.) oder ungeſchickter Hand— habung des Buttlarſchen Eiſens oder Beils her. Es iſt hinläng— lich erwieſen, daß die gutwüchſigſten Dickungen und Stangenhölzer durch Pflanzungen mit dem Buttlarſchen Eiſen und Pflanzbeil be— gründet werden können. Die größte Verbreitung hat das Pflanzbeil gewonnen (zu— erſt von Schmidt [1858] und ſpäter von Preuſchen [1866] be— ſchrieben). Das Pflanzbeil iſt ein von der Haube bis zur Schneide 18 em langes, an der Haube 6 cm hohes und 3 em dickes Beil mit gut verſtählter Schneide und einem 25 em langen Stiel. In den Bodenſpalt, der durch das Beil eingehauen und durch Hin- und Herdrehen desſelben erweitert wird, ſetzt man die feucht er— haltene Pflanze mit naturgemäßer Wurzellage ein und klopft die Erde mit der Haube des Beils an. Dieſes Beil iſt nur 2½—23“ Pfd. ſchwer und deshalb namentlich von jugendlichen Arbeitern und ſchwachen Frauen leichter zu handhaben. Die Frage, ob mittels dieſes Beils eine größere Pflanzenzahl mit gleich gutem Gedeihen, wie bei der Buttlarſchen Methode, ein— gepflanzt werden kann, iſt noch nicht entſchieden. Preuſchen gibt an, daß mit 0,9— 1,0 Tagarbeit alle Koſten (Ausheben, Beſchnei— den, Verpacken, Anſchlämmen und Einſchlagen, Transport von !/;o bis 1 Stunde Wegs, Einpflanzen) für 1000 Pflanzen beſtritten werden können. Derſelbe hat die Beilpflanzung „auf leichtem, wie auf bindigem Boden der Diluvialformation, auf kieſigem und ſtei— nigem Verwitterungsboden der älteſten Schicht- und Maſſegeſteine, auf Boden, der durch Bloßliegen, exceſſive Streu- oder Weide: nutzung verangert und feſt geworden, endlich auf Boden, welcher mit Heide mehr oder minder ſtark überzogen war, mit einem ſo überraſchend günſtigen Erfolge, wie ihn kaum ein anderes Kultur: verfahren geliefert hat“, durchgeführt. Der Verfaſſer hat die Buttlarſche Pflanzmethode ſeit 30 Jahren und die Beilpflanzung ſeit 15 Jahren unter den verſchiedenartigſten Bodenverhältniſſen angewendet. Wenn Bodenbearbeitung vor der Pflanzung nicht erforderlich war, ſo ſtellten ſich bei der Verwendung von 3jährigen Fichten, 2jährigen Lärchen und Ijährigen Kiefern die Geſamtkoſten per 10000 Stück (exkl. Pflanzenerziehung) nach 10jährigem Durchſchnitt bei einem Taglohnsſatz von 1 M., Nach— beſſerungen eingerechnet, bei Buttlars Methode auf 14,7 M., bei Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 419 Beilpflanzung auf 13,9 M. (Die Erziehungskoſten der Nadelholz— pflanzen ſtellen ſich auf 9,41 M. per 10000 Stück.) Für die Reviere, in welchen keine Nachbeſſerungen älterer Kulturen und Bepflanzungen älterer mißlungener Verjüngungen (mit ſchwierigen Bodenverhältniſſen) ſtattgefunden haben, ſtellen ſich die genannten Koſten übereinſtimmend auf 12,7 M. per 10000 Stück. Inner⸗ halb meines jetzigen Verwaltungsbezirks wurden mittels Beil und Eiſen in den 10 Jahren 1868/78 über 6 Millionen Pflanzen, bis heute weit über 10 Millionen Pflanzen geſetzt. Die ballenloſen Pflanzungen unter Schirmſtand ſind durchgängig vorzüglich ge— raten und dieſe durch die Spaltpflanzungen begründeten Beſtände im beſten Wuchs. Nachbeſſerungen ſind nur infolge des im Anfang des Jahrzehnts viele Jahre lang fortgeſetzten (erſt durch Beteeren der Pflanzen beendigten) Verbeißens der Nadelholzpflanzen durch Rehwild und in einigen Beſtänden durch Lichtmangel notwendig geworden. Auf den Kahlſchlägen unterlagen die Nadelholz— pflanzungen namentlich im Jahre 1869 der Sommerhitze in ſehr ſtarkem Maße — und zwar ſowohl die Ballenpflanzen, als die Pflanzungen nach Buttlars Methode. Rechnet man für Nadelholz— pflanzungen per Hektar einen Pflanzenbedarf von 7000 Stück, ſo werden ſich die Koſten belaufen: Pflanzenerziehunng .. ee M. Einpflanzen mit Buttlarſchent Eiſen. 10,3 „ 5 Pfanne!!! 9, zuſammen 16—17 M. Die Ballenpflanzung auf gleichem Standort (mit größeren Hohlbohrern und Hohlſpaten, 5— jährigen Pflanzen) erforderte ohne Erziehungskoſten durchſchnittlich 56,8 M. per 10000 Stück bei dem oben genannten Taglohnsſatz von 1 M., alſo per Hektar bei Verwendung von 7000 Pflanzen mit Erziehungskoſten 42 bis 46 M. Nach den Erfahrungen des Forſtmeiſters Vogel (Berichte des Forſtvereins ob der Enns, drittes Heft, 1858) koſtet die Verpflan⸗ zung nach dem Manteuffelſchen Verfahren (ſ. u.) das ſechsfache, nach dem Biermannsſchen Verfahren das achtfache, die Ballenpflan⸗ zung von 2—4jährigem Nadelholz das zehnfache der Ausgabe, welche beim Buttlarſchen Kulturverfahren erforderlich war. 420 Neunter Abſchnitt. b. Die Ballenpflanzung. Die billigſte und dem Zweck ge— nügende Art der Ballenpflanzung wird, wie man vermuten darf, vermittelſt des Heyerſchen Hohlbohrers bewirkt. Dieſer Hohlbohrer iſt ein umgekehrter, abgeſtutzter Hohlkegel von Eiſen, der oben 5 und 7,5 em weit iſt und ſich nach unten nur wenig verengt, vorn offen durch einen zwei Finger breiten Spalt, hinten mit einem kleinen Eiſen— plättchen verſehen, bis zu welchem der Bohrer jedesmal eingedrückt werden muß. Mit hölzernem Stiel iſt der Hohlbohrer 63—92 em, je nach der Größe der Ar— beiter, lang, die Krücke von Holz 47—53 cm. Die Mitteilungen über die Anwendbarkeit dieſes Hohlbohrers, die Koſten und Erfolge ſind äußerſt dürftig. Nach Guſtav Heyer kann ein Arbeiter täglich 500—600 Pflanzen mit dem 5 eenti— metrigen und 400 Pflanzen mit dem 7,5 em weiten Bohrer aus— bohren und einſetzen; Karl Heyer ſpricht von 700800 Stück mit dem engen, bis 5 em weiten Bohrer (einſchließlich eines mehrere hundert Schritt weiten Pflanzentransports*)). Jäger behauptet, daß ſich der Hohlbohrer lediglich auf einem ſteinfreien Lehmboden, der zum Graswuchs geneigt oder mit Gras überzogen ſei, an— wenden laſſe, weder in einem ſehr trockenen Sandboden, noch in ſteinigem Boden, noch in ſtrengen Thonböden (in letzteren würden die Wände des Ballens und Pflanzlochs feit). Man könne mit dem 5 cm weiten Bohrer 600— 700 Stück und mit dem 7,5 em weiten Bohrer 450 Pflanzen mittels einer Tagesarbeit einpflanzen. Bei der Anwendung der kleinen Bohrer auf große Pflanzen, wobei ſelbſtverſtändlich die Zaſerwurzeln abgebohrt werden, verkrüppeln, wie Zimmer beobachtet haben will, die Jungwüchſe. Vielfach wird bei der Verſetzung 2— 3jähriger Pflanzen dem kegelförmigen Pflanzſpaten der Vorzug vor dem Hohlbohrer gegeben. Derſelbe hat die halbe Seitenfläche eines Kegels und erhält gewöhnlich einen Durchmeſſer von 16 em und eine Länge von 29 em. Nach Jäger rechnet man für einen geübten Arbeiter 648 fertig geſetzte Pflanzen per Tag. bohrern nicht möglich. Tr -tellen ſich die Koſten (bei einem mittleren nel von 1 M.) 1 9 für 10 000 Pflanzen (ſtatt 13,9 M. bei eilpflanzung inkl. Nochbefferungen Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 421 Außer dieſen beiden, zumeiſt gebrauchten Werkzeugen wurden die Ballenpflanzen mit der gewöhnlichen Hacke und der Rode— hacke, mit dem einfachen flachen Spaten, mit dem etwas ge— krümmten Grabſpaten, mit dem amerikaniſchen Spaten, mit dem alten, großen Hohlſpaten, der eine nahezu cylin— driſche Mantelfläche vorſtellt und eine obere Oeffnung bis zu 20 em hat, mit der Blochmannſchen Kegelſchippe und anderen Werkzeugen ausgehoben und eingeſetzt. Für ſtärkere Pflanzen be— nutzte man den ſchweren eiſernen Stoßſpaten, das Sol— linger Rodeeiſen u. ſ. w. Eduard Heyer hat zum Aus heben und Einſetzen größerer Pflanzen einen Kegelbohrer kon— ſtruiert, über deſſen Leiſtungen indeſſen keine genaueren Mitteilungen vorliegen. Richard Heß unterſuchte die Leiſtungsfähigkeit der Erd— bohrer; der Hieronymiſche Erdbohrer leiſtete bei der Anfer— tigung von 25 em tiefen Löchern mit 30 em Durchmeſſer am meiſten (162 Löcher per Tagarbeit). Zur Verhütung von Engerlingsſchaden hat man künſtliche Ballen im Sandboden verwendet (Gußballen). Der Ballen wird aus einem dichten Brei, der aus Dammerde und Lehm gemiſcht wird, hergeſtellt. 100 Pflanzen koſten 3—5 M. Ueber die Erfolge liegen zuverläſſige Berichte nicht vor. (Die Anwendung des ungeeigneten Wartenbergſchen Stieleiſens wird die Erfolge beeinflußt haben.) Gegen die Schütte ſollen ſich Ballen mit jährigen Pflanzen bewährt haben, die man durch Ausſaat von 12 kg gutem Kiefern⸗ ſamen per Hektar auf übereggtem Boden — per Ar 5000 —7000 Stück — erzieht und mit einem kleinen Hohlſpaten einſetzt (Koſten inkl. Erziehung 24 M. per 7000 Stück). c. Die Einpflanzung mit der Hacke, dem Spaten und ähnlichen Werkzeugen. Für das Einſetzen größerer Pflanzen iſt zunächſt die Pflanz— ſtelle zu bereiten und hierzu iſt die Hacke das geeignetſte Werkzeug (Spaten können nur in leichten, lockeren Böden verwendet werden). Wenn der Boden gelockert und die Erde zur Seite geräumt iſt, ſo geſchieht das Einpflanzen durch die Hand der Pflanzer. Nach— dem der Grund des Loches mit lockerer Erde ausgefüllt iſt, hält man die Pflanze ſchwebend in das Loch und umſtreut ſie mit lockerer Erde — die Zaſerwurzeln möglichſt mit der beſten Erde. 422 Neunter Abſchnitt. Auf armen Böden benutzt man hierzu gute Humuserde, Erde von Kompoſthaufen, Raſenaſche, gepulvertem Lehm u. ſ. w. Durch Heben und Senken des Pflänzlings wird verhütet, daß leere Zwiſchenräume zwiſchen den Wurzeln entſtehen. Schließlich wird die Erde des Pflanzlochs mit den Händen ſanft angedrückt und endlich feſtgetreten. Auf trockenem Boden läßt man eine Vertiefung zum Anſammeln des Waſſers beſtehen. Beſonders zu beachten iſt hier, wie bei allen Pflanzungen, daß die Pflanze nicht tiefer eingeſetzt wird, als ſie geſtanden hat, d. h. daß die Erde nicht den Wurzelknoten überragt. Namentlich bei Fichten iſt das zu tiefe Einpflanzen oft Urſache des Mißerfolges. Die Pflanzenzahl, die in dieſer Weiſe mit einer Tagesarbeit eingeſetzt werden kann, ſchwankt je nach der Größe der Pflanzen, der Bodenbeſchaffenheit ꝛc. zwiſchen 200 und 400 Stück. Pflanzungen mit ſtärkeren Pflanzen, mit ſtarken verſchulten Pflanzen, namentlich aber mit Halbheiſtern und Heiſtern werden auf die notwendigſten Fälle — namentlich Nachbeſſerungen — zu beſchränken ſein. ö d. Vergleichung des Koſtenaufwands und des Er— folgs dieſer Verfahrungsarten. Man kann leider aus den vorſtehenden dürftigen Angaben keine ſicheren Anhaltspunkte für die Wahl der Kulturverfahren ſchöpfen. Die Leiſtungsfähigkeit der letzteren kann nur durch ver— gleichende Kulturverſuche auf ein und derſelben Fläche, aber für ſämtliche, örtlich beachtenswerte Verſchiedenheiten der Standorts— beſchaffenheit, mit denſelben Arbeitern gelöſt werden, indem man namentlich in trockenen Jahren den Abgang und den Höhenwuchs konſtatiert und mit dem Koſtenaufwand (einſchließlich der Nach: beſſerungen) für eine längere Reihe von Jahren vergleicht. Ergeb— niſſe dieſer komparativen Unterſuchungen ſind bisher nicht bekannt geworden. Ich will dennoch die Koſten dem ungefähren Betrage nach für mittlere Bodenbeſchaffenheit und den durchſchnittlichen Taglohnsſatz von 1 M. (mit Aus⸗ ſchluß der Pflanzenerziehungskoſten, dagegen einſchließlich der Koſten des Löcher— anfertigens und der Koſten für Ausheben der Saatſchul- und Ballenpflanzen) zu beziffern ſuchen, damit die örtliche Vergleichung an dieſe Angaben anknüpfen und dieſelben nötigenfalls berichtigen kann. Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 423 a. Eichenpflanzung, 1,25—1,50 m hohe Pflanzen in Löcher per 100 Stück .. 1,5 M. 2,5 —3,0 m hohe Pflanzen desgl. per 100 Stückk. . . 2,5 „ 4—6 m hohe Pflanzen desgl. per 100 Stü kk... 15-16 „ Stutzerpflanzen desgl. per 100 Stück k. . 0,7 —0,8 „ b. Buchenpflanzung, 3 —6jährige Pflanzen ohne Ballen, per 100 Stüd . . . . 03 1,5 — 2,0 m hohe Pflanzen ohne Ballen, circa.. 2 „ 2,5—3,0 ” ” . 7. 0 7 A 3 3,5 5,0 „ „ 5 Y 75 3 n c. Kiefernpflanzung, ljährige Saatſchulpflanzen mit dem Pflanzbeil oder dem Buttlarſchen Eiſen, in künſtlich gelockerten Böden oder lockeren Diluvialſand, 7000 Stück per e e e ee eee ee DICH in gewöhnlichen Waldböden .. . 8—9 M. ) 2jähr. Pflanzen mit öcentrimetrigem Sohlboh rer p. 7000 St. 12—13 „ 2 Zjährige Pflanzen mit dem 7,5centrimetrigen Hohlbohrer, per 7000 Stück. Has 718 ir 2—3jährige Pflanzen mit dem fegefföuigen Pflanzſpaten, her. e Sük are 111%, 4— 6jährige Kiefern mit Ballen 119 ni hin 0 e Spaten verſettt U e, Aeltere Kiefern mit großen Ballen ee d. Fichtenpflanzung, Pflanzung, 2— jährige Saatſchulpflanzen mit Pflanzbeil, Buttlarſchem Eiſen, Hohlbohrer und Holzſpaten wie bei der Kiefer. Stärkere, verſchulte Pflanzſchulpflanzen, 25—35 em hoch, mit der Hacke in Löcher inkl. Anfertigen der Löcher für 7000 Pflanzen 35—45 M. Größere Pflanzen mit Ballen mittels der Hacke auszuheben und einzu— Pftanzen per 7000 Stüukt 4580 M. e. Lärchenpflanzung wie Kiefernpflanzung, für 6—Sjährige Ahorn- und Eſchenheiſterpflanzen zu ſetzen per 100 St. 10-12 M. Für die rationelle Regelung des Kulturbetriebs iſt die Ver— gleichung der Kulturmethoden und des ſehr verſchiedenartigen Koſten— aufwands derſelben (inkl. Nachbeſſerung) mit dem Anwachſen und Gedeihen der Verjüngungen eine Aufgabe, die jeder Forſtmann für ) Die Pflanzenerziehungskoſten betragen für 7000 1—3jährige Nadelholz pflanzen hierorts 6,6 M. (2—3jährige Fichten, 2jährige Lärchen, 1jährige Kiefern, unverſchult). In der Grafſchaft Glatz (Crelinger) ſtellen ſich dieſelben für 3jährige Fichten auf 3 M. 93 Pf., Ljährige Kiefern 2 M. 10 Pf. und Ijährige Lärchen 2 M. 95 Pf. 424 Neunter Abſchnitt. die Bodenverhältniſſe ſeines Wirtſchaftsbezirks und die charakte— riſtiſche Verſchiedenheiten derſelben zu löſen hat — vor allem, um die für die künſtliche Vorverjüngung örtlich leiſtungsfähigſten Ver— fahren ausfindig zu machen. B. Die Bepflanzung der naſſen, zähen, verhärteten und ſteinigen Böden. a. Bei der Bepflanzung der naſſen, oft torfartigen Böden liegt der Schwerpunkt in der Bodenbearbeitung. Wir haben die Be— arbeitung der Torfböden oben erörtert. Wenn die Austorfung vollzogen iſt, ſo hat die Kultur auf der mit Mineralerde vermiſchten dünnen Torfſchicht, die man belaſſen hat, keine Schwierigkeit. Ebenſo ſind beſondere Verfahrungsarten nicht erforderlich, wenn ein naſſer Boden gründlich entwäſſert worden iſt. Kleinere naſſe Stellen werden bepflanzt, indem man durch Aufklappen eines abgeſtochenen Raſenſtücks auf den an— grenzenden Raſen eine Erhöhung bildet und nach Verweſung der Raſenſchichten in einen eingeſtochenen Spalt die Pflanze einſetzt. Derartige Bodenverhältniſſe kommen häufig in Betracht — aber das leiſtungsfähigſte Kulturverfahren iſt bis jetzt nicht nach— weisbar. Große Hügel mit lockerem Boden, an der Oberfläche mit umgekehrten Raſen bedeckt, werden am meiſten empfehlenswert ſein. Zerfällt der Boden nach der Trockenlegung in einen trockenen Torfmull, ſo gelingt die ſehr ſchwierige Kultur in der Regel nur dann, wenn man tiefe Gräben ziehen und große Hügel aufwerfen läßt und den Aufwurf mit guter Walderde vermiſcht. Die Be— pflanzung ſelbſt iſt einfach. b. Für einen verhärteten, armen Boden kann man Hügel— pflanzung anwenden. Freiherr von Manteuffel (ſächſiſcher Oberforſtmeiſter in Kolditz) hat ein eigenartiges Verfahren einge— halten (1858 veröffentlicht). Er ſetzt die Pflanze nicht in den Boden, ſondern auf den Bodenüberzug. Die Erde zu den Hügeln wird durch Abſchürfen der oberen humushaltigen Decke des Bodens gewonnen; die abgeſchürfte Erde wird durchklopft und von den gröberen Wurzeln gereinigt. Nachdem die Erde auf Haufen geworfen und mit etwas Erde vom Untergrund vermiſcht worden iſt, werden die Wurzeln auf dieſen Haufen verbrannt. Aus dieſer Erde werden die Hügel gebildet, zwei Hügel aus einem Korbe, der die Größe eines gewöhnlichen Eimers hat. Aber dieſe Hügel Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 425 werden — und das iſt charakteriſtiſch für die Methode — auf die unverletzte Unkräuterdecke des Bodens aufgeſchüttet, die dann ſpäter verweſt und Kohlenſäure bildet. In dieſen Hügel ſetzt die Arbeiterin die Pflanze, indem ſie die Wurzeln auf den Bodenüberzug aufſetzt und nach allen Richtungen auseinanderbreitet. Die Pflanzen, die ſtarke Pfahl⸗ und Seitenwurzeln ohne eine hinreichende Menge von Zaſerwurzeln haben, werden ſowohl beim Verſetzen aus dem Saatkamp in den Pflanzkamp, als auch beim Verſetzen in die Hügel dem Wurzelſchnitt unter- worfen, überhaupt wird durch oberflächliche Lockerung der Saatbeete auf flach— ſtreichende Bewurzelung hingewirkt. Die Hügel werden mit Plaggen gedeckt, die übergreifenden Ränder dieſer halbmondförmigen Deckplaggen kommen auf die ſüdliche Seite des Hügels zu liegen und müſſen hier genau ſchließen. Dieſes Verfahren iſt ſo koſtſpielig, daß es nur bei beſonders ſchwierigen Bodenverhält— niſſen, z. B. Kies und feſten Thonboden, Anwendung verdient; 10000 Pflanzen ſtellen ſich, wenn man die geſamten Arbeiten rechnet, bei Laubholz auf ca. 110, bei Nadelholz auf ca. 85 M.“) Pollack wendete dieſe Kulturmethode im Ellwanger Walde mit mehr— fachen Modifikationen an. Eine Grasnarbe war nicht vorhanden und deshalb wurden Erdhaufen, 3 Fuß im Quadrat, auf wundem Boden aufgeſchüttet, nicht gedeckt und unter Beigabe von ſog. Kohllöſch mit 27, höchſtens 3jährigen Fichten bepflanzt. Pollack behauptet, daß die Pflanzen gerade in den auf verraſtem Boden aufgeſchütteten Hügeln in den heißen Jahren 1857, 1858, 1859 und 1865 ver— trocknet ſeien und daß das Decken der Hügel keinen weſentlichen Unterſchied im Gedeihen der Pflanzen bewirke, dagegen den Rüſſelkäferſchaden vermehre, während dasſelbe die Pflanzkoſten verdoppele. Auch im Schwarzwald und in Böhmen hat man gute Erfolge mit nicht gedeckten Hügeln erzielt. Auf trockenem, feſtem Boden, z. B. Muſchelkalk, wird ohne durchgreifende Bodenlockerung ein nachhaltiger Erfolg nicht zu erreichen ſein; höchſtenfalls wird es gelingen, Akazien und Schwarzkiefern auf gelockerten Platten oder tiefgelockerten Horizontal— riefen (an Bergwänden) fortzubringen. Wenn der Boden zugleich flachgründig und durch eine unvorſichtige Entwaldung bloßgelegt iſt, ſo werden die Kulturkoſten ſelten eine rentable Anlage bilden, der Anbau kann jedoch wegen Verhütung von Ueberſchwemmungen notwendig werden. In dieſen Fällen wird man die in Frankreich ge ſammelten, vielfach in der Forſtlitteratur veröffentlichten Erfahrun— gen benutzen können; die ausführliche Darſtellung würde hier zu weit führen). ) Die Hügelpflanzung iſt in Kolditz von dem Nachfolger Manteuffels nur ausnahmsweiſe fortgeſetzt worden. **) Ob die in der Pfalz zu der Kultivierung nackter Hänge benutzten Hori- zontalgräben die Koſten lohnen, darüber ſind noch weitere Erfahrungen zu 426 Neunter Abſchnitt. Auf ſtark ſteinigem Boden ſoll, wie aus dem Taunus (1860 und 1861) berichtet wird, die Pflanzung mit dem Buttlarſchen Eiſen unter Beigabe von Raſenaſche oder Kulturerde viel billiger zu ſtehen kommen, aber gleich gute Reſultate liefern, wie die Löcher— pflanzung. Es wurde, um die Grenze kennen zu lernen, bis zu welcher die Anwendung des Buttlarſchen Eiſens vorteilhaft iſt, im März 1861, auf einer Blöße an ſehr ſteinigem, ganz mit haſelnuß- bis fauſtgroßem und größerem Steingeröll be— decktem Südhang einer Bergkuppe 4000 Stück 2jährige Fichten- und 2000 Stück Zjährige Lärchenſaatſchulpflanzen in Büſchel von je 2 Stück gepflanzt. Die Blöße hatte meiſt keine Bodendecke, nur hier und da etwas Moos, dünnes Gras und einzelne Heide. In ½ bis 1½ Fuß Tiefe war die Geröllſchicht mit etwas humoſer Erde gemiſcht. In dieſe Geröllſchicht wurden 8—10 Zoll tiefe, oben 5—6 Zoll weite, trichterförmige Löcher mit dem Buttlarſchen Eiſen eingebohrt und geworfen. Sodann nahm die Pflanzerin zwei tüchtige Händevoll Raſenaſche, füllte das Loch damit aus, ſtieß mit dem Eiſen ein Loch in dieſe Aſche und ſetzte die Pflanze ein. Einſchließlich des Aſchentransports auf ca. 200—250 Schritte Entfernung wurden täglich 200 Pflanzenlöcher bepflanzt. Der Abgang betrug kaum 46900 und war größtenteils durch Ueberwechſeln von Hochwild entſtanden. Mit An— wendung des Pickels würden nur 120—150 Löcher in einem Arbeitstag ange— fertigt worden ſein. Es bleibt immerhin noch näher zu unterſuchen, ob in einem ſehr ſteinigen Boden mit wenig Bodenkrume die Einpflanzung von Saatſchulpflanzen in größere, mit guter, lockerer Erde ausgefüllte Löcher beſſere und nachhaltigere Wirkung haben wird, als die Beifütterung einiger Hände voll Raſenaſche. C. Das Beſchneiden der Pflanzen und die Eichenſtutzer— pflanzung. Während bei jüngeren Laub- und Nadelholzpflanzen ein Be— ſchneiden der Aeſte weder notwendig noch nützlich iſt und nur die beim Ausheben verletzten Wurzeln glatt abgeſchnitten werden, iſt es gebräuchlich, den Halbheiſtern (bis 2 m) und Heiſtern (3—4 m hoch) — namentlich der Eichen — ſchon im Pflanzbeet (am zweck— mäßigſten ein Jahr vor der Verſchulung und Auspflanzung) durch ſcharfes Abſchneiden der zu tief angeſetzten und zu ſtarken Seiten— äſte hart am Stamme und etwaiger Doppelwipfel und durch Kür— * ſammeln (per Hektar 1000 m Gräben, 0,4 m tief, 0,6 und 0,9 m breit, in Ab— ſtand von 10 m = 50 M. bei 2 M. Taglohn). Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 427 zung der ſchwächeren Seitenäſte die ſtufige Geſtalt zu geben, welche ſie zum Freiſtand tauglich macht“). Bei dem Auspflanzen iſt ein ſtarker Wurzelverluſt — nament- lich der Zaſerwurzeln — unvermeidlich. Die Wurzelaufnahme reicht namentlich in trockenen Sommern nur zur Erhaltung des Stamms und der Krone und zur Entwicklung neuer Blätter aus, nicht aber zur Bildung neuer kräftiger Triebe. Es hat deshalb namentlich für die Auspflanzung der Eichenniederwald— ſchläge die Stutzer- oder Stummelpflanzung beſondere Vorzüge ), weil alsbald an den verbleibenden Schaftſtummel neue Ausſchläge hervorbrechen, die ſich durch den vollen Saftzufluß unter— ſtützt kräftig entwickeln. Die 1—2 cm dicken Eichenpflanzen, die man am zwedmäßigiten in Saatbeeten erzieht, werden etwa 2—3 cm über den Tagwurzeln ſchräg abgeſchnitten. Hierzu iſt die von Gebr. Dittmar in Heilbronn zu beziehende Aſtſcheere (Preis 6 M.) ein empfehlenswertes Inſtrument. Da die Pfahlwurzel gleich— falls nach dem Ausheben abgeſchnitten wird, ſo hat man zu ver— hüten, daß unachtſame Arbeiter die Pflanze beim Einſetzen (ge— wöhnlich mit der Hacke in Löcher) auf den Kopf ſtellen. D. Die Fichten- und Buchenbüſchelpflanzung. Früher war in einigen Gegenden Deutſchlands, namentlich im Harz und im Thüringer Wald, die ſog. Büſchelpflanzung üblich, die gegen Verbiß von Wild und Weidvieh gewiſſe Vorteile gewährt. Man ſäete in den Rillenſaatkämpen ungewöhnlich dicht, früher in den höheren Lagen des Harzes ſogar bis 12 Pfund per Ar Fichten— ſamen, ſpäter 4—5 Pfund im Gebirge und die Hälfte in minder hohen Lagen, während man gewöhnlich für den Fichtenrillenſaat— kamp 2,3 Pfund per Ar rechnete. Durch den dichten Stand der Pflanzen auf den mit den Ballen ausgeſtochenen und in Stücke (Büſchel) getrennten Saatreihen wurde nach der Einpflanzung der— ſelben die Entwicklung des Hauptſtammes aus dem Pflanzenbüſchel *) In Pommern hat man indeſſen beobachtet, daß die ſcharf abgeſchnittenen Aeſte bei Eichenheiſtern tief eingefault waren. **) Es iſt fraglich, ob die geſtummelte Pflanze bei der Erziehung zu Baum- holz geſund bleibt und nicht ſtockfaul werden wird. 428 Neunter Abſchnitt. heraus verzögert — von anderen Nachteilen, wie Wurzel- und Stammverwachſungen, größere Beſchädigungen durch Schneedruck ꝛc., abgeſehen. Man erhielt, wie bei zu dichter Saat, langſam wachſende Beſtände. Die Büſchelpflanzung iſt deshalb auch in ihrer Heimat größtenteils verlaſſen worden; man pflanzt in der Regel kräftige, verſchulte Einzelpflanzen aus Pflanzſchulen ins Freie. Bei der Begründung eines Buchenſchutzholzes wird in— deſſen namentlich in wildreichen Waldungen (Wildpark) die Büſchel— pflanzung immerhin nicht ganz auszuſchließen ſein. 7) Die Vorſchläge der Waldbauſchriftſteller. Georg Ludwig Hartig, dieſer ſcharf blickende Vorkämpfer für rationellen Waldbetrieb, empfiehlt für alle Kulturorte, welche längere Zeit gegen Weidvieh geſchont werden können, die Pflanzung ganz kleiner Stämmchen. Derſelbe beſpricht (1826) zunächſt die Pflanzung dieſer kleinen, 16-31 em langen Pflanzen mit den Fingern in 16 em im Quadrat und 10—11 cm tief aufgelockerte Löcher, die mit der Hacke angefertigt werden. Bei einer Ent— fernung der Pflanzen von 3 Fuß S 0,94 m ſtellen ſich die Koſten exkl. Pflan- zenerziehung, wenn man einen mittleren Taglohnſatz von 1 M. annimmt, a. bei lockerem leichtem Boden auf 19,60 M. per Hektar, b. bei Lehmboden oder auf leichtem Boden mit Gras und Heide ſtark bewachſen auf 22,67 M. per Hektar, e. bei Lehmboden mit kleinen Steinen oder mit Heide bewachſen auf 30,05 M. per Hektar. G. L. Hartig hatte aber auch Erfahrungen über die Verwendung großer Pflanzenbohrer geſammelt. Werden 21—42 em hohe Pflanzen mit dem Pflanz— bohrer von 18 em Durchmeſſer ausgehoben und in die mit demſelben Pflanz— bohrer angefertigten Löcher wieder eingeſetzt, ſo entſtehen nach Hartig bei ſonſt gleichen Vorausſetzungen und derſelben Pflanzenentfernung per Hektar folgende Koſten bei dem gleichen Taglohnsſatz: a. 47,21 M., b. 53,74 M. und c. 56,8 M. Bei dieſer Pflanzungsart mißraten oder verderben, wie Hartig behauptet, ſehr wenige Pflänzlinge, wenn auch die Witterung im nächſten Sommer nicht ſehr günſtig iſt. Werden endlich 26—47 em hohe Pflanzen mit dem Spaten in runde Löcher mit 21 em Durchmeſſer und 13 em Tiefe eingeſetzt, ſo koſtet die Arbeit bei ſonſt gleichen Vorausſetzungen per Hektar: a. 50,08 M., b. 51,75 M., e. 54,03 M. Für die Pflanzung größerer Stämme berechnet Hartig ſpeciell die Koſten, die jedoch ſo hoch und nach der Pflanzenentfernung ſo verſchiedenartig ſind, daß die Wiedergabe der Ziffern an dieſer Stelle keinen Zweck hat. Endlich hat Georg Ludwig Hartig (und nicht Pfeil) die einjährige Kiefern— Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 429 pflanzung in Preußen eingebürgert. Dieſe Verpflanzung ein- und zweijähriger Kiefern wurde durch Miniſterialreſkript vom 6. Februar 1833 angeordnet und in der Staatszeitung den Privatwaldbeſitzern durch G. L. Hartig empfohlen. Man pflanzte je zwei 1—2jährige Pflanzen, die büſchelweiſe im Pflanzkamp ausgehoben wurden, in ein Loch. Seit dieſer Zeit iſt die Pflanzung einjähriger Kiefern und die Erziehung in Pflanzkämpen in Preußen weit verbreitet worden. Heinrich Cotta behandelt die Pflanzverfahren nicht getrennt und vergleichend. Derſelbe gibt nur an, daß drei- bis vierjährige Fichtenpflanzen ohne Ballen 2 Groſchen bei einem Taglohnsſatz von 6 Groſchen per Schock koſten, dagegen gleichgroße Ballen— pflanzen 3—4 Groſchen per Schock, ſonach 55 und 97 M. per 10000 Stück bei 1 M. Taglohn. Pfeil würdigt gleichfalls die tan d nicht durch ſcharfe, gründliche Vergleichung. Die Eichen verpflanze man im 2— Zjährigen Alter aus Saatſchulen in gut bearbeitete Pflanzlöcher; man könne aber auch 1—3jährige Pflanzen aus natürlichen Ber: jüngungen und zwar mit dem Ballen (und etwa 2 bis 3 Pflanzen auf demſelben) ausſtechen und einſetzen. Zur Ausbeſſerung junger lückenhafter Schläge mit Buchen befürwortet Pfeil beſonders die Büſchelpflanzung ohne dichten Pflanzenſtand. Für ältere, bereits kahl gehauene Buchenſchläge empfiehlt Pfeil die Verwendung von 5—6jährigen Saatſchulpflanzen. Wenn die Buchenverjüngung bereits zu alt und hoch iſt, ſo hat man als letztes Mittel 8 bis 10 Fuß (2,5 bis 3,1 m) hohe, 1—1'!/, Zoll (2,6—3,3 cm) dicke Heiſter zu verpflanzen, die ſicherer anſchlagen, als 4—5 Fuß lange ſog. Lohden. Für die Kiefernballenpflanzung gibt Pfeil dem ge— wöhnlichen Breitſpaten den Vorzug vor dem Hohlſpaten und kegel— förmigen Pflanzſpaten, weil bei den letzteren Höhlungen und leere Räume entſtänden. Der Genannte befürwortet aber hauptſächlich die Pflanzung einjähriger Kiefern ohne Ballen — dieſe von G. L. Hartig eingeführte und anfänglich von Pfeil verſpottete Pflanz⸗ methode. Für armen, trockenen Sand hat Pfeil ſogar eine eigenartige Erziehungs⸗ und Verpflanzungsmanipulation beſonders empfohlen, welche die Bildung einer langen Pfahlwurzel und das raſche Eindringen der jungen Pflanze in die unteren, gewöhnlich minder trockenen Bodenſchichten begünſtigt. Zum Zweck der Pflanzen- erziehung wird ein friſcher, aber magerer Sandboden 63 —78 em tief rajolt; in die Tiefe wird gute, fruchtbare Dammerde, die von der Oberfläche der angrenzen— den Holzbeſtände abgeſtochen wird, gebracht; mit ärmerem, aber noch keimfähigem 430 Keunter Abſchnitt. Sand 10—18 em hoch bedeckt und oben eine ganz nahrungsloſe Sandſchicht 1,3—2,0 em hoch aufgebreitet. In dieſen Saatkämpen bilden ſich im erſten Jahre 26—31 em lange Wurzeln. Die Pflanzen werden mit unbeſchädigten Wurzeln (mittels ſeitlicher tiefer Gräben) ausgehoben. — Hierauf wird ein Pflanz— loch 8 em tiefer, als die längſten Wurzeln lang ſind, auf unkrautwüchſigem Boden bis zu 40 em im Quadrat, ausgegraben, der Grund ſtark mit dem Spaten ge— lockert und die geſamte Erde, der beſſere Boden nach unten, eingefüllt und feſt— getreten und endlich mit einem 40—50 em langen, 3,3 cm dicken Pflanz— ſtocke ein ſenkrechtes Loch eingeſtochen und ausgeweitet. In dasſelbe werden die in einem Topfe mit Lehmwaſſer aufbewahrten Pflanzen, nachdem ſie mit den Wurzeln im Sande herumgezogen ſind, ſchwebend und ſenkrecht hineingehalten und dann mit dem ſenkrecht neben dieſem Loche eingeſtochenen Pflanzſtock überall an die Erde angedrückt und das Loch wieder mit Erde ausgefüllt. Man ſetzt gewöhnlich zwei Pflanzen in eine Entfernung von 8— 10 em. Nach den Pfeilſchen Angaben werden 10000 Pflanzen (1m Verband per Hektar) exkl. Erziehungs— koſten eine Ausgabe von 50—100 M. bei einem Taglohnſatz von 1 M. veran- laſſen. Es iſt deshalb zu fragen, ob nicht für dieſen lockeren Sandboden die Tiefkultur mit dem Pflug an allen geeigneten Stellen vorzuziehen iſt. Hierüber mangeln vergleichende Erfahrungen. Die Verwendung dieſer Kiefernpflänzlinge mit langen, fadenförmigen Wurzeln hat ſich, wie ſchon oben bemerkt wurde, ſehr oft nicht bewährt. Für die Fichtenpflanzung empfiehlt Pfeil die Büſchelpflanzung (Ballen von 10—22 em Quadrat mit 4—6 Stück 3—4jährigen Pflanzen), die in ihrer Heimat, dem Harz, wieder verlaſſen worden iſt. Für das Buttlarſche Verfahren hat Pfeil bis an das Ende ſeines Lebens kein Verſtändnis gewinnen können; er nennt das— ſelbe roh; es ſoll nur unter ſehr günſtigen Bodenverhältniſſen anwendbar ſein. In Gwinners Waldbau findet man eine Beſchreibung der am meiſten gebräuchlichen Pflanzverfahren, aber keine eingehende, vergleichende Würdigung nach Koſten und Erfolg. Karl Heyer hat, wie wir geſehen haben, einen kleinen Hohl— bohrer (von 5 em und 7,5 em Oberweite) konſtruiert und be— ſpricht die Ballenpflanzung mit demſelben beſonders ausführlich — jedoch wiederum ohne die eben geforderte vergleichende Würdigung. Jäger gibt (1865) dem kegelförmigen Pflanzſpaten den Bor: zug vor dem Hohlbohrer, weil bei letzterem nur in ſeltenen Fällen die Wurzeln unverletzt bleiben, der Ballen im Bohrloch bei Dürre austrockne und die Seitenflächen des Ballens und Bohrlochs feſt werden. Die Pflanzlöcher würden am zweckmäßigſten mit der Hacke Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 431 angefertigt. Jäger befürwortet ſodann hauptſächlich das Bier— mannsſche Kulturverfahren, d. h. Lockerung des auf 1 Fuß Fläche vom Ueberzug befreiten Bodens mit dem gut verſtählten Spiral— bohrer und Einſetzen der ballenloſen Pflanze in Raſenaſche. Dieſe Pflanzung wird, alle Arbeiten zuſammengerechnet, für 10000 Pflanzen ca. 30—35 M. erfordern. Nach Jäger werden mittels einer Tagarbeit eingepflanzt: 600 —700 2jährige Kiefern mit dem zweizölligen Bohrer; 450 Stück 2—3jährige Kiefern mit dem dreizölligen Bohrer; 600 —650 Stück 2—3 jährige Kiefern mit dem kegelförmigen Pflanz⸗ ſpaten; 100 Stück 4—6jährige Kiefern mit dem gewöhnlichen Spaten und Ballen; 600 Stück 2—5jährige Fichten mit dem zweizölligen Bohrer; 450 Stück 2— 5jährige Fichten mit dem dreizölligen Bohrer; 225 Stück 2—5jährige Fichten in Büſcheln; 350 Stück 3—6jährige Buchenlohden ohne Ballen; 125 Stück 4—5 Fuß hohe Eichen in 1 Fuß weite und 1 Fuß tiefe Pflanzlöcher; während 1000 — 1500 einjährige Kiefernpflanzen in gelockerten Boden mit dem Pflanzholz geſetzt werden können. Gayer hat in ſeinem Waldbau (1880) die üblichen Pflanz— verfahren beſchrieben und die Pflanzung mit Hacke und Spaten als die vorzüglichſte Verpflanzungsmethode bezeichnet, weil un— gezwungen alle Verhältniſſe geſchaffen werden, welche zum guten Gedeihen der Pflanze erforderlich ſind. Aber dieſe Anſicht beruht keineswegs auf dem Ergebnis vergleichender Verſuche über Koſten und Erfolg der verſchiedenen Pflanzmethoden unter gleichen Ver— hältniſſen. Wenn wir zurückblicken auf die Vorſchläge der Waldbauſchrift— ſteller, ſo kann man nicht ſagen, daß auf dem Gebiet, welches die Forſtwirte mit beſonderer Vorliebe bebaut haben, die einzuſchla— genden Wege ſcharf und klar durch die Ergebniſſe exakter Forſchung vorgezeichnet worden find. Den Waldbauſchriftſtellern mangeln offenbar allgemein gültige Richtpunkte für die Würdigung der in den Manipulationen und im Koſtenaufwand ſehr verſchiedenen Pflanzverfahren, die nur durch langjährige vergleichende Verſuche beigebracht werden konnten. Pfeil verweilt deshalb mit beſonderer Ausführlichkeit bei der Erziehung und Einpflanzung einjähriger Kie— 43% teunter Abſchnitt. fern mit ſehr langen Wurzeln — einem Verfahren, dem man anderſeits eine größere Leiſtungsfähigkeit im Sandboden abſpricht. Karl Heyer befürwortet den von ihm konſtruierten kleinen Hohl— bohrer. Jäger verwirft dieſen Hohlbohrer und hält, weil er günſtige Erfolge mit dem Biermannsſchen Verfahren erzielt hat, dem letzteren eine Lobrede; und endlich glaubt Karl Gayer die größten Wir— kungen mit Hacke und Spaten erreichen zu können. 8) Die praktiſche Verwirklichung der Pflanzver⸗ fahren. Seit dem Jahre 1850 iſt, wie oben nachgewieſen wurde, die Holzſaat, die früher — mit Ausnahme des norddeutſchen Kiefern— gebiets, der Main- und Rheinebene, der Fichtenkulturen im Harz, auch in Sachſen und Thüringen — im Vordergrund bei der künſtlichen Verjüngung der deutſchen Waldungen ſtand, durch die Holzpflanzung langſam, aber ſtetig zurückgedrängt worden. Aber man hat die Methoden der Holzpflanzung nicht hinreichend nach ihrer Leiſtungs— fähigkeit unterſucht und gewürdigt“). Man hat nicht durch ver— gleichende Verſuche ermittelt, bei welcher Bodenbeſchaffenheit die billigen, raſch fördernden und bei genügender Bodenfriſche und Bodenlockerheit vollkommen ſicheren Spaltpflanzungen — nament— lich mit dem Pflanzbeil — ausreichend und ebenſo erfolgreich ſind, als das Einſetzen größerer Pflanzen mit oder ohne Ballen in tiefe Löcher u. ſ. w. Man hat nicht die Kulturflächen ausgeſchieden, welche infolge ihrer abnormen Beſchaffenheit tiefe Bodenlockerung, Beigabe von Humus, Raſenaſche ꝛc. bedingen. Wir haben geſehen, daß die Ballenpflanzungen mit dem Hohlbohrer ꝛc. wahrſcheinlich den dop— pelten, die Löcherpflanzungen mit der Hacke ꝛc. den fünf- bis zehn— fachen Koſtenaufwand der Spaltpflanzungen erfordern, d. h. mit Einſchluß der im großen Kulturbetrieb im Laufe von zehn Jahren notwendigen Nachbeſſerungen. Für die beſſeren Waldböden haben ) Der Leſer wird mir verzeihen, wenn ich die ſchon mehrmals betonten Geſichtspunkte wiederholt in den Vordergrund ſtelle. Ich habe, im Getriebe einer größeren Verwaltung ſtehend, nicht die Zeit gefunden, meine Gedanken überall in ein logiſch geordnetes Syſtem einzuzwängen. Uebrigens ſind nach meiner Ueber— zeugung dieſe Aufgaben für die Fortbildung unſeres ſchönen Berufsfachs jo wichtig, daß eine wiederholte Hervorhebung derſelben kaum ſchädlich ſein kann. Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 433 ſonach die koſtſpieligen Pflanzverfahren nur dann Berechtigung, wenn ſie den doppelten, den fünf- und zehnfachen Nutzeffekt ge— währen. An einen derartigen Erfolg iſt aber gar nicht zu denken. Ich lege indeſſen nicht das entſcheidende Gewicht auf den Koſtenaufwand, denn das Kulturkoſtenkapital ſpielt bei Licht be— trachtet eine geringe Rolle unter den Kapitalkräften, über die der Forit- mann disponiert. Viel gewichtiger iſt der Umſtand, daß man bei Anwendung dieſer langſam fördernden Pflanzverfahren die Arbeits— kräfte nicht findet zur durchgreifenden künſtlichen Verjüngung der Holzbeſtände, für die alsbaldige Bepflanzung der Verjüngungs⸗ flächen unter Schirmſtand. Ich habe die Vorteile dieſer Verjüngungs⸗ art im Eingang dieſes Abſchnitts ausreichend dargeſtellt. Aber ich bin weit davon entfernt, dieſe künſtliche Vorver— jüngung unter Schirmſchlag als alleiniges, unter allen Verhältniſſen erfolgſicheres Kulturmittel zu bezeichnen. Ich will mit dieſen Erörterungen meine Fachgenoſſen nur anregen zu exakten, komparativen Kulturverſuchen, die nicht nur den Koſtenaufwand mit dem Anſchlagen, ſondern auch mit dem ſpäteren Fortwachſen und dem Gewinn durch den Wertzuwachs des Oberholzes zu vergleichen haben. Dieſe Kulturverſuche ſind ohne Frage eine der wichtigſten Obliegenheiten der Waldbaupraxis. Der Kahlſchlag iſt (man kann dies nicht genug wiederholen) ſtets ein Uebel — allerdings oft ein notwendiges Uebel. Die Be— pflanzung kann, auch wenn ſie im nächſten oder zweiten Frühjahr mit löcherförmiger Bodenlockerung erfolgt, den Schaden nicht ausgleichen, den die Sonne, der Wind und die bald erſcheinenden Unkräuter durch die Austrocknung und Verhärtung des Bodens verurſachen. Wenn im Sommer eine große Dürre eintritt, ſo werden dieſe Löcher, Riefen und Platten bald ihren Waſſergehalt an die umgrenzenden, nicht lockeren Bodenſchichten verlieren. Man kann zwar ohne exakte, ver⸗ gleichende Verſuche nicht beſtimmen, ob die kleine Pflanze, die auch einen kleinen Körper mit Waſſer zu ſpeiſen hat, oder die große Pflanze, die für ihre Verdunſtung große Waſſermengen verbraucht, in beſſerer Weiſe während der trockenen Zeit ihr Leben friſten wird. Aber die bisherige Verwendung großer, namentlich verſchulter Pflanzen kann, wie wir ſehen werden, glänzende Reſultate nicht Wagener, Waldbau. 28 434 Neunter Abſchnitt. aufweiſen. So viel iſt ſicher, daß der Schirmſtand bei rechtzeitiger Lichtung dem Holzanbau die günſtigſten Bedingungen darbietet. Bis jetzt hat die Bepflanzung von Kahlſchlägen (von Saum— ſchlägen und größeren Freiſchlägen) die Regel des künſtlichen Holz— anbaues gebildet. Dabei ſcheint das Einſetzen großer, zumeiſt ver— ſchulter Pflanzen in Löcher mittels der Hacke ꝛc. zumeiſt angewendet worden zu ſein; nur bei der Kultur der Kiefer, namentlich im Sandboden, hat man einjährige Pflänzlinge mittels Setzholz und ähnlicher Inſtrumente mit nennenswerter Verbreitung eingepflanzt. In den meiſten Ländern Deutſchlands ſind ſo hohe Pflanzungs— koſten per Hektar Kulturfläche verausgabt worden, daß man fragen darf, ob die Tiefkultur mit dem Untergrunds- und namentlich mit dem Dampfpflug, wenn dieſelbe örtlich anwendbar iſt, einen viel höheren Koſtenaufwand veranlaßt, dagegen eine viel größere Wir— kung (ſiehe oben) erzielt haben würde. Im Herzen der Lüneburger Heide haben die Koſten der Tief— kultur auf 50—60 em Tiefe 60,16 M. per Hektar betragen; unter Einrechnung der Koſten für gemiſchte Nadelholzkulturen und Eichel— ſaaten mit Schutz- und Treibholz, Pflanzenerziehung und Ankauf, Nachbeſſerungen, Wegeanlagen ꝛc. berechnen ſich 108,1 M. Ge— ſamtkulturkoſten per Hektar. Bei minder ſchwierigen Bodenver— hältniſſen wird die Tiefkultur mit Spaltpflanzung und einſchließlich der Pflanzenerziehungskoſten 90—110 M. per Hektar ſelten über— ſteigen. Welche Kulturkoſten hat man dagegen thatſächlich aufge— wendet und mit welchem Erfolg? Für Preußen laſſen ſich leider dieſe Kulturkoſten nicht an— geben, weil die Fläche nicht bekannt iſt und die Wegbaukoſten ge— meinſam mit den erſteren nachgewieſen wurden. Die Kulturkoſten in Bayern werden auf 49,02 M. per Hektar für die Periode 1861-67, die 20 Jahre zurück liegt, angegeben; ſie würden bei gleicher Kulturfläche im Jahre 1880 = 71,2 M. per Hektar be— tragen haben. Allein bei der Flächenangabe ſcheint nicht die ur— ſprüngliche Schlagfläche angenommen, ſondern es ſcheinen gleichzeitig die Flächen der Nachbeſſerungen als neue Kulturflächen wiederholt vorgetragen worden zu ſein, denn die Kulturfläche, für welche der Koſtenaufwand berechnet iſt, beträgt ½ der geſamten produktions— fähigen Staatswaldfläche und es iſt doch nicht anzunehmen, daß Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 435 in Bayern ſeit etwa 50 Jahren jährlich der 71. Teil der Staats- waldfläche künſtlich angebaut worden iſt, während die planmäßige Umtriebszeit, die wohl ſelten erreicht wurde, in dieſem Lande 115 Jahre beträgt. Man darf ſicherlich annehmen, daß faktiſch die Angriffsflächen im Hochwald, Mittel- und Niederwald zur Zeit nicht weſentlich größere geworden ſind, als in der Periode 1825— 855. Wären ſämtliche Angriffsflächen voll und ganz künſtlich angebaut worden, was offenbar nicht der Fall iſt, ſo würde ſich immerhin eine Kulturkoſtenausgabe von 131 M. per Hektar nach der wirk— lichen Ausgabe per 1880 (870 704 M.) berechnen. Für die Staatswaldungen Sachſens wird per 1874—78 eine Kulturkoſtenausgabe von 76,27 M. per Hektar nachgewieſen; jedoch auch hier nicht für die urſprüngliche Schlagfläche, ſondern unter Einrechnung der nachgebeſſerten Fläche. Wenn man die volle Kultur der normalen Schlagfläche für die 95 jährige Um— triebszeit annimmt, ſo ergeben ſich 104 M. per Hektar. In Württemberg wird zwar der Kulturaufwand auf 106 M. per Hektar angegeben; allein die der Berechnung zu Grunde ge— legte Fläche entſpricht der 49 jährigen Umtriebszeit. Für die im Wirtſchaftsplan veranſchlagte, jährlich zu kultivierende Fläche be— rechnet ſich ein Koſtenaufwand von 165 M. per Hektar und für die Normalfläche der thatſächlich beſtehenden 104jährigen Umtriebs— zeit noch viel mehr. Während die Pflanzungskoſten bei der oben genannten Spaltpflanzung mit Beil und Eiſen 14 M. per 10 000 Stück betragen, waren in Württemberg 62 M. per 10 000 Stück erforderlich (jedesmal ohne Erziehungskoſten, die für Württemberg auffallend niedrig angegeben werden). Auf der planmäßigen Fläche find dabei 13 020 Stück per Hektar verwendet worden; es ſcheinen ſonach die koſtſpieligen Kulturen nicht immer beſonders gut angeſchlagen zu ſein, denn bei den Spaltpflanzungen reicht man zumeiſt mit 8—9000 Stück aus. Auch waren ſonder— barerweiſe in Württemberg die Pflanzungen teurer als die Saaten; die erſteren werden auf 68 M., die letzteren auf 45 M. per Hektar berechnet (ohne Erziehungs- und ſonſtige Koſten). Vom geſamten Kulturkoſtenaufwand entfallen 1873 —1878: auf Saaten (580 ha) 7% „ Pflanzungen (3365 ha) 50% 436 Neunter Abſchnitt. auf Saat und Pflanzſchulen 33 9% „ ſonſtige Ausgaben 109%. In den Staatswaldungen Badens iſt neuerdings die Pflan— zung vorherrſchend, allein auch in dieſem Lande zumeiſt mit ſtärkeren Pflanzen. Es wurden verwendet im Jahre 1880: 823 389 Laub: holzpflanzen, unter letzteren 49 000 Heiſter- und 3 988 406 Nadelholz pflanzen, darunter 267 798 Ballenpflanzen und 2635 313 ver: ſchulte Pflanzen; ferner im Jahre 1881: 839 704 Laubholzpflanzen, darunter 65 079 Heiſter- und 4517 584 Nadelholzpflanzen, unter letzteren 343 455 Ballenpflanzen und 2455 211 verſchulte Pflanzen. Demgemäß ſtellen ſich die Koſten für die Pflanzung (ohne Pflanzen— erziehungskoſten) höher, wie die Koſten der Saat mit Samen— ausgabe. Sie haben per Hektar betragen im Jahre 1880: Saat 42,25 M. Pflanzung 81,37 M. und zwar für 363 ha neu beſtockte und 302 ha ausgebeſſerte Fläche, ſomit etwa 120 —150 M. per Hektar für die vollſtändige Begründung durch Pflanzung ohne Erziehungskoſten. Sie haben ferner im Jahre 1881 für Saat 49,29 M. und für Pflanzung (ohne Erziehungskoſten) 75,03 M. betragen. Da auch in dieſem Jahre wieder 330 ha neu durch Pflanzung angebaut und 343 ha Hektar ausgebeſſert wurden, ſo ſtellt ſich der Koſtenaufwand für vollſtändige Begründung der neuen Beſtockung durch Pflanzung wieder ähnlich wie oben. Aus den großen Nachbeſſerungsflächen läßt ſich auch für Baden kein günſtiger Schluß auf das ſichere Anſchlagen der größeren Pflanzen ziehen, wenn der Boden nicht mehr die Friſche und Lockerheit hat, wie ein Vorbereitungs- und Beſamungsſchlag. Wenn man die weiteren Mitteilungen über die von der forſt— lichen Praxis angewendeten Pflanzungsverfahren überblickt, ſo tritt klar hervor, daß die Forſtwirte dem Einſetzen großer Pflanzen mit der Hacke, dem Spaten ꝛc. in breite und tiefe Löcher beſondere Vorliebe gewidmet und die Verwendung kleiner Pflanzen in der Hauptſache auf den lockeren Diluvialſand, die Pflugfurchen und den vollſtändig geackerten Boden beſchränkt haben. In den amtlichen Wirtſchaftsregeln für die bayriſchen Staats— waldungen wird die Ballenpflanzung mit dem Spaten, mit der Schaufel, Die Verjüngungsverfahren im Hochwald betriebe. 437 dem Hohleiſen, dem Stech- und Hebſpaten, der Stockhaue ꝛc. in den Vordergrund geſtellt; nur im Speſſart (1851), in der Oberpfalz (1860), im Pfälzerwald (1864) wird das Pflanzen junger, kleiner Pflanzen, zumeiſt mit dem Bohligſchen Pflanz— eiſen, amtlich geſtattet. Durch eine Staatsminiſterialentſchließung vom 20. März 1862 wird angeordnet, daß die Pflanzung im Vergleich mit der natürlichen Ver— jüngung und der Saat nur ſubſidiär und zwar insbeſondere da in Anwen— dung kommen ſoll, wo kein Schirm vorhanden iſt, dennoch aber in den erſten Lebensjahren ſchutzbedürftige Holzarten angebaut werden ſollen, ferner auf ſehr feuchten und ſehr trockenen Standorten, beſonders auf ſehr dürrem, loſem Sande mit ausgemagerter Oberfläche, dann auf ſehr kräftigem, zum Graswuchs ge— neigtem oder doch ſonſt ſtark mit Unkraut überzogenem Boden, endlich zur Ver— vollſtändigung lückiger, bereits ziemlich herangewachſener Schläge und Kulturen, ſowie beim Einbau der Fichte in Föhrenſtreifenſaaten. Die allgemeine Einbür— gerung der, Pflanzung mit dem Pflanzbeil und ähnlichen Werkzeugen liegt in Bayern, wie es ſcheint, noch in weiter Ferne. In den württembergiſchen Wirtſchaftsregeln iſt meiſtens das Einſetzen Ijähriger Kiefern und 2—5jähriger Pflanzen von den übrigen Holz— arten aus Saatbeeten angeordnet, wenn die Holzpflanzung zur Sprache gebracht wird. Hierbei ſoll man indeſſen, wenigſtens im Schwarzwalde und im ſog. Unter— land, Löcher mit der Haue und dem Spiralbohrer anfertigen. Bei Fichten iſt die Verpflanzung mit verſchultem Material vorwiegend. In Hannover wurde 1870, wie Burckhardt behauptet, die Kiefer „reich— lich noch ebenſoviel geſäet, als gepflanzt“, jedoch wurde die Saat immer mehr von der Pflanzung verdrängt. „Einen weſentlichen Aufſchwung hat die Pflanz— kultur durch Verwendung 1- bis höchſtens 2jähriger Pflanzen genommen, welche mit entblößten Wurzeln und zwar in der Regel in gelockerten Boden verſetzt werden.“ „Die früher vorausgeſetzte größere Sicherheit der Ballenpflanzung gegen Dürre hat ſich,“ wie Burckhardt verſichert und wie ſchon oben angeführt wurde, „in anhaltend trockener Zeit nach neueren Beobachtungen nicht beſtätigt, und umgekehrt hat man den in gelockerten Boden geſetzten nacktwurzeligen Jähr— lingen kaum zugetraut, was ſie in dürrer Zeit geleiſtet haben, ein Erfolg, der in Heiden ausſchließlich der Lockerung und der einigermaßen lang entwickelten Wurzel neben übrigens ſachgemäßer Behandlung beizumeſſen iſt. Selbſt der trockene ärmere Sandboden hat auf gelockerten Streifen und Pflanzplatten, wie in gelockerten Furchen das möglichſte geleiſtet. Der ſichere Erfolg der Jähr— lingspflanzung im eigentlichen Kiefernboden beruht im weſentlichen auf der Bodenlockerung.“ Dagegen wird, wie Burckhardt weiter mitteilt, ſeit den 30er Jahren die Fichte am Harze nicht mehr geſäet, ſondern nur gepflanzt. In den letzten 20 Jahren (vor 1870) hat die Büſchelpflanzung der Einzelpflanzung aus Pflanz— ſchulen weichen müſſen. Die allgemeinſte Methode der Fichtenpflanzung iſt die Löcherpflanzung; die Löcher werden im Bergboden in der Regel mit der ſchmä— leren Rodehacke, in ſtein- und wurzelfreien Böden häufiger mit den Spaten ge— macht; zum Einpflanzen bedient man ſich auch des Niederſtädtſchen hölzernen Pflanzhammers, der vorn handbreit ausgemollt iſt, am meiſten leiſten indeſſen 438 Neunter Abſchnitt. die „zehn Finger“. Die Pflanzung mit dem Buttlarſchen Eiſen, in Hügel, auf Rabatten, Platten ꝛc. beſchränkt ſich mehr oder weniger auf beſondere Oertlich— keiten. Die Eiche wird vorherrſchend durch Saat künſtlich verjüngt; doch „hat auch die Pflanzung ihr Feld und ihre Freunde“. Man pflanzt zumeiſt 3—4 m hohe Heiſter in 3,0—3,5 m Quadrat, jedoch hat ſich auf minder feuchten Sand— böden dieſe Heiſterpflanzung am wenigſten bewährt, weil die hier ſtark ent— wickelten Pfahlwurzeln beim Roden abgeſtoßen werden. Die Buche wird in Hannover vorherrſchend natürlich verjüngt; außer den Nachbeſſerungen pflanzt man nur bei beſonderen Verhältniſſen. Höhere Wüchſe, Oberholzpflanzung, Mangel an Schonungsjahren ꝛc. machen die Heiſterpflanzung (etwa 3 m hoch) mehr oder weniger zum Bedürfnis; auch auf zurückgegangenem, namentlich bin— digem Boden, ſelbſt auf ſolchem mit einigem Heidelbeerüberzug haben gute Heiſter am erſten Erfolg (weniger für trockenen Boden), für bindiges Feldland leiſten Heiſter und Mittelpflanzen oft mehr als kleinere Pflanzen. Für wohlerhaltenen Boden und entſprechende Schlagausbeſſerung eignen ſich etwa 2 m hohe Mittel— pflanzen. Zu Schlagausbeſſerungen, Beſtandsanlagen, Unterbau ꝛc. ſind auf trockenem, auch flachem und ſteinigem Boden Büſchelpflanzen, ½—2 Fuß hoch, das anwendbarſte Sortiment, doch ſind bei der Beſtandsausbildung Lohden im Vorteil wegen der Verwachſungen, Verſchlingungen und Stammverrenkungen der Büſchelpflanzungen. Klemmpflanzungen mit kleinen Pflanzen ſetzt in der Regel Bodenlockerung oder mürben Boden voraus. Nach den amtlichen „Beiträgen zur Kenntnis der forſtlichen Verhältniſſe der Provinz Hannover“ (1881) iſt bei dem Anbau der Kiefer aus der Hand die Saat etwas mehr vertreten, als bei der Fichte, ſie ſteht indeſſen auch bei jener ſehr erheblich gegen die Pflanzung zurück. Im übrigen entſprechen die Verhält— niſſe der Burckhardtſchen Darſtellung. Im gothaiſchen Antheil des Thüringer Waldes iſt man, wie Heß (1862) mitteilt, allgemein zum Pflanzverfahren ſeit 1840 übergegangen. Nur Kiefern und Lärchen werden hie und da noch durch Saat angebaut, wiewohl auch die Pflanzung zweijähriger Kiefern und Lärchen ſich immer mehr eingebürgert hat. In den höchſt gelegenen Revieren iſt die Büſchelpflanzung der Fichte (mit 2—4 drei bis ſechsjährigen Pflanzen) vorherrſchend, jedoch wird ſie immer mehr auf ganz be— ſondere Oertlichkeiten (Viehweiden u. ſ. w.) verdrängt. Für die Einzelpflanzung werden die Fichten in Saatbeeten zwei Jahr lang belaſſen, hierauf in „Stopf— gärten“ verſchult, aus denen fie nach 2—3 Jahren mit den Ballen ins Freie und zwar in Löcher verſetzt werden. Die Koſten der Pflanzungen im Freien betragen im ganzen (mit Transport) auf gutem, wenig verraſtem und nicht ſteinigem Boden ca. 60 M. per 10 000 Pflanzen (bei einem Verband von 1,15 1,44 m Abſtand) und auf trockenem, ſtark verraſtem, ſteinigem Boden, wo teilmeije Erde beigefüllt wurde, 80 —90 M. per 10 000 Pflanzen, find ſonach ſehr be— trächtlich. Ich kann dieſen Abſchnitt nur mit der wiederholten Mahnung ſchließen, an allen Orten vergleichende Kulturverſuche bald zu be— ginnen und die Reſultate zu veröffentlichen. Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 439 Bei dieſen Unterſuchungen iſt die Wohlfeilheit der erſtmaligen Kulturausführung nicht in erſter Linie maßgebend; ſelbſt unter Einrechnung der Nachbeſſerungskoſten iſt die Koſtenausgabe kein untrüglicher Maßſtab. Vielmehr iſt die Zeit, binnen welcher die Vollbeſtockung (mit der nutzbringendſten Entfernung der Pflanzen) hergeſtellt wird, der ausſchlaggebende Faktor, ſomit die Erfolg— ſicherheit der Pflanzungen. Selbſtverſtändlich reden bei dieſer Entſcheidung die örtlich verwendbaren Arbeitskräfte und die dis— poniblen Geldmittel ein beachtenswertes Wort mit und deshalb wird man zumeiſt zu den oben befürworteten Spaltpflanzungen greifen müſſen, wenn die Verjüngung der Waldungen hauptſäch⸗ lich durch Pflanzung geſchehen ſoll. Für Kulturflächen, die nicht die erforderliche Lockerheit, Tiefgründigkeit und Friſche haben, wird die tiefe Lockerung (möglichſt total), die volle Beachtung der Forſtwirte verdienen und deshalb die Wirkung derſelben mit be— ſonderer Sorgfalt zu konſtatieren und den Koſten gegenüberzu— ſtellen ſein. IV. Zuſammenſtellung der Ergebniſſe. A. Wahl der Verjüngungsverfahren. 1) Bei der Verjüngung der ſchattenertragenden Holz— arten, namentlich der Rotbuche, Weißtanne und Fichte, erſcheint aus allgemeinen Geſichtspunkten für die beſſeren Waldböden, auf denen die Holzpflanzen genügende Lockerheit, Feuchtigkeit und eine ausreichende Bodenkrume finden, die künſtliche Vorverjüngung durch Bepflanzung der Beſamungsſchläge und Schirmſchläge, na— mentlich mittels der raſch fördernden und billigen Spaltpflanzung ungleich leiſtungsfähiger, als das Einſtreuen der Samenkörner in den Boden der Verjüngungsſchläge durch die Natur oder Menſchen— hände — nicht nur wegen der vom Schutzbeſtand bewirkten Be— ſchirmung des Bodens gegen Austrocknung, Verhärtung und Unkraut— wuchs, ſondern vor allem wegen des Zuwachsgewinns. Bei der Verjüngung der lichtbedürftigen Holzarten, namentlich der Lärche, Kiefer und Eiche, würde der Schutzbeſtand ſehr 440 teunter Abſchnitt. bald ſtark zu lichten und hierauf raſch zu räumen ſein; die Beſchir— mung des Bodens bleibt ohne die entſprechende Wirkung, während durch die Abräumung des Schutzbeſtandes der Nachwuchs beſchä— digt wird. Es iſt deshalb zweckmäßiger, Kahlhiebe zu führen und die entblößten Flächen ohne Verzug zu bepflanzen. Seitlich ge— ſchützte, ſchmale und lange Saumſchläge und keſſelförmige Ver— jüngungsflächen — letztere in geſchützten Lagen — ſind dabei zu bevorzugen. 2) Im allgemeinen hat weder für die friſchen, lockeren und tiefgründigen, noch für die mehr trockenen, an der Oberfläche ver— härteten, mit Forſtunkräutern ꝛc. überzogenen Böden (mit Aus— ſchluß der Böden extremer Beſchaffenheit) das Einſetzen großer Pflanzen (Ballenpflanzen, verſchulte Pflanzen ꝛc.) vorläufig keine Berechtigung, bevor durch komparative Unterſuchungen die höhere Leiſtungsfähigkeit dieſer Kulturmethode im Vergleich mit dem Mehraufwand von Erziehungs-, Bodenbearbeitungs- und Ein— pflanzungskoſten nachgewieſen iſt. Die Abräumung des Boden— überzugs, Lockerung der Pflanzſtellen ꝛc. hat bei der zuletzt er— wähnten Bodenbeſchaffenheit unter allen Umſtänden zu geſchehen, ſowohl beim Einpflanzen großer, wie beim Einſetzen kleiner Pflanzen. Bei abnormer Bodenbeſchaffenheit (Sumpf- und Fels— böden ausgenommen) wird in der Zukunft zu unterſuchen ſein, ob die Tiefkultur (mit dem Untergrundspflug) möglich iſt und wie ſich der Koſtenaufwand und Erfolg dieſer Tiefkultur (mit Spaltpflanzung) zu dem Koſtenaufwand und dem Erfolg beim Einſetzen großer Pflanzen in tiefe Löcher ꝛc. verhält. 3) Die meiſten Waldbaulehrer befürworten den Holz— anbau ſtatt der natürlichen Verjüngung und auch die Diſſidenten wiſſen keine durchſchlagenden Gründe für die höhere Leiſtungs— fähigkeit der natürlichen Verjüngung anzuführen. B. Regeln für die natürliche Verjüngung. 4) Die gegen Ende des vorigen Jahrhunderts ein— gehaltenen Verfahrungsarten für die Nachzucht der Rotbuche, welche die Beſamung durch Stellung von Vorberei— tungs- und Beſamungsſchlägen erzielten und durch öftere Aus— Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 441 lichtungshiebe nach dem Lichtbedarf des Nachwuchſes die Verjüngung vollenden, waren nach den inzwiſchen geſammelten Er— fahrungen in folgenden Hauptrichtungen zu ergänzen und weiter auszubilden. Es war zu beſtimmen, welchen Lichtgrad die anfängliche Schlagſtellung und die weitere Aus— lichtung nach dem verſchiedenen Lichtbedürfnis der nachwachſenden Holzgattungen und nach der Beſchaffenheit des Bodens und der Lage einzuhalten hatte. Hierbei waren namentlich die trockenen, ſehr lockeren, flachgründigen Böden und die ſonnigen Lagen in Gegenſatz zu bringen zu den Mitternachtsſeiten und den Stand— orten mit friſchem, tiefgründigem, bindendem, zumal graswüchſigem Boden. Man hatte namentlich bei der Verjüngung der Holz— beſtände auf den zuerſt genannten Standorten die Bedeutung des Taugenuſſes für die Turgeſcenz der jungen Pflanzen während der heißen, trockenen Sommermonate genau durch komparative Unters ſuchungen zu ermitteln. Man hatte ferner die Tauglichkeit des Vorwuchſes für die Verjüngung der Weißtanne, Fichte und Buche genau feſtzuſtellen. Man hatte endlich zu unterſuchen, ob bei der Verjüngung der lichtbedürftigen Holzarten (namentlich der Eiche und Kiefer) der Schirmſchlag eine entſprechende Wirkung ausübt oder die natürliche Verjüngung durch den Kahlſchlag— betrieb mit Nutzen erſetzt werden kann. 5) Die Vorſchriften Georg Ludwig Hartigs bezüglich der natürlichen Verjüngung der Rotbuche bekunden keinen Fortſchritt gegenüber den Gebräuchen, die gegen Ende des vorigen Jahrhunderts, namentlich in den kurheſſiſchen Buchenwaldungen in Uebung waren. Hartig hat weder den Vorbereitungsſchlag, noch die allmählich zu vollziehenden Auslichtungsſchläge vorge— ſchrieben, ſondern im weſentlichen drei Stufen der Verjüngungs— hiebe — die Samenſchläge, Lichtſchläge und Abtriebsſchläge. Heinrich Cotta kehrte dagegen zu den früheren Ver— jüngungsregeln zurück. Hundeshagen erwähnt zwar wie Hartig drei Abtriebsſtufen; allein der Licht: und Abtriebsſchlag ſoll allmählich, zumal auf trockenem Boden, vollzogen werden. Hundeshagen lehrt auch, im Gegenſatz zu Hartig, die raſche Lichtung der Beſamungsſchläge in ſonnigen Lagen mit trockenem Boden. 442 teunter Abſchnitt. Die Leiſtungen Pfeils find auch auf dieſem Gebiete — jo: wohl im allgemeinen, als auch im Hinblicke auf die Regelung des Verjüngungsbetriebs nach Maßgabe der örtlichen Verſchiedenheiten, die dieſer Schriftſteller unausgeſetzt betont hat — unfruchtbar ge— blieben. Gwinner befürwortet dagegen dunkle Haltung der Ver— jüngungsſchläge bis zur erfolgten Beſamung und hierauf in rauhen, exponierten Freilagen und auf trockenem Boden in ſonnigen Lagen, auch in Froſtlagen raſchere und belangreichere Lichtung, als im milden Klima, auf friſchem, zumal graswüchſigem Boden und auf den kühlen Mitternachtsſeiten der Berge. Die nachfolgenden Waldbaulehrer geben die gleichen Vorſchriften wie Gwinner; nur ſoll nach Burckhardt auf trockenem Boden ſchon der Beſamungsſchlag licht geſtellt und als— bald weiter gelichtet werden. Grebe betont hauptſächlich die günſtigen Wirkungen des Vorbereitungsſchlages hinſichtlich der Zu— bereitung des Keimbetts. Bezüglich der Verjüngung der Fichte befürworten die meiſten Schriftſteller die ziemlich lichte Stellung der Beſamungs— ſchläge (mit einer Entfernung der Aſtſpitzen von 6—8 Fuß) und Räumung der Auslichtungsſchläge 3—4 Jahre nach erfolgter Be— ſamung, wenn die Pflanzen ca. 1 Fuß hoch geworden ſind. Auf kräftigem, graswüchſigem Boden kann die Räumung nach 6 bis 8 Jahren der Beſamung nachfolgen. In nicht geſchützten Lagen ſind ſchmale und lange Saumſchläge mit künſtlichem Holzanbau der natür— lichen Verjüngung vorzuziehen; dagegen iſt auf ſteinigem Boden die natürliche Verjüngung beizubehalten. Spring- und Couliſſenſchläge, Wechſelſchläge ꝛc., bei welchen die Beſamung durch den ſeitlich ſtehenden Mutterbeſtand erfolgt, ſind nicht empfehlenswert. Die Weißtanne wird in ähnlicher Weiſe verjüngt, wie die Rotbuche. Jedoch hat die Lichtung im zweiten, höchſtens dritten Jahr nach erfolgter Beſamung bei dieſer Holzart beſonders günſtige Wirkungen, zumal auf trockenen, armen Standorten und in ſonnigen Lagen. Die Verjüngung der Eiche, Kiefer, Lärche ꝛc. auf natürlichem Wege erfordert lichte Stellung der Schirmſchläge, recht— zeitige und ausgiebige weitere Lichtung und raſche Abräumung des Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 443 Oberſtandes nach erfolgter Beſamung. Jedoch kann dieſe Räumung auf ſehr gutem, graswüchſigem Boden bei Eichen und Kiefern langſamer erfolgen. Vielfach befürworten die Schriftſteller den Holz— anbau ſtatt der natürlichen Beſamung. 6) Die forſtliche Praxis hat im neunzehnten Jahrhundert im weſentlichen die Verjüngungsregeln der Waldbaulehrer befolgt. Die Laubholzwaldungen wurden mittels der Hiebsſtufen des Femelſchlagbetriebes verjüngt und die verbliebenen Lücken vor— herrſchend mit ſtarken Nadelholzpflanzen, Eichenheiſtern ꝛc. aus— gepflanzt. Beſondere Beachtung hat man dem Einbau von Eichen— horſten in die Verjüngungen der Rotbuche zugewendet. Im Speſſart wurden den Eichenhorſten eine immer größere Ausdehnung gegeben; fie ſollen zuerſt ¼ und ſpäter ¼0 der Geſamtfläche beſtocken. Seit 1835 werden dieſe Eichenhorſte im Speſſart mit Buchen unterbaut. Neuerdings werden größere, über 1 ha große Eichen— beſtände angebaut. Die Verjüngung der Fichte auf natürlichem Wege iſt namentlich im Thüringerwald, in einigen Gegenden Bayerns ꝛc. gebräuchlich — zumeiſt mittels ſchmaler Schläge und mit Zuhilfe— nahme des Anbaues aus der Hand. Dagegen erfolgt der Anbau durch Menſchenhände (zumeiſt auf kleine Verjüngungsſchläge) u. a. in Sachſen, im Harz, in Württemberg, in der Oberpfalz ꝛc. Bei der natürlichen Verjüngung erfolgt häufig die Räumung 6—8 Jahre nach der Beſamung. Die Weißtanne verjüngt man im Frankenwald mittels langer, ſchmaler Schläge und 10—12jähriger Verjüngungsdauer. Im badiſchen Schwarzwald legt man der Löcherverjüngung (mit einer Größe von 36—72 qm auf gutem Boden) beſonderen Wert bei. Im württembergiſchen Schwarzwald werden nur die beſſeren Böden natürlich verjüngt; ärmere Bodenteile werden mittels lang— geſtreckter Streifen kahl abgeholzt und bepflanzt. Die natürliche Verjüngung der Kiefer wird nur noch ſelten bethätigt. Die Anpflanzung ſchmaler Saumſchläge hat die Oberherrſchaft erlangt und vielfach benutzt man die Pflugkultur zu vorheriger Bodenbearbeitung. 444 Neunter Abſchnitt. C. Saat und Pflanzung. 7) Bei der künſtlichen Verjüngung der Waldungen iſt die Holz— faat auf Freiſchläge oder Schirmſchläge durchaus zu verwerfen. Die Saaten treten nicht früher in Schluß und können daher den Boden nicht früher beſchatten, wie die Holzpflanzungen. Die Saaten werden oft zu dicht und oft licht und lückig, während die richtige Stellung und Entfernung der Pflanzen, die ſich durch die Holz— pflanzung herſtellen läßt, die Produktion der aufwachſenden Holz— beſtände ſehr weſentlich verſtärkt. Die Keimlinge finden in der oberen, bald austrocknenden Bodenſchicht während der heißen Sommermonate nicht den Feuchtigkeitsgehalt, wie die tiefer wur— zelnden Pflänzlinge und deshalb kommt bei anhaltender Dürre die Reihe des Vertrocknens zuerſt an die Saaten. Die Wahl der Saat ſtatt der Pflanzung würde nur dann diskuſſionsfähig ſein, wenn die Koſtenausgabe bei der Saat viel geringer ſein würde, wie bei der Pflanzung. Es iſt aber das Gegenteil der Fall, wie ſich aus der Vergleichung der Ausgaben für die Arbeit zur Her— richtung des Keimbeets und für Samen ꝛc. ohne weiteres ergibt. Auch die Waldbaulehrer befürworten einſtimmig die Pflanzung und beſchränken die Anwendung der Saat auf Ausnahmefälle. In der forſtlichen Praxis tritt in der neueren Zeit die Pflanzung immer mehr in den Vordergrund. 8) Bei der Bodenbearbeitung für jede Art der Verjüngung hat der Umbruch der geſamten Schlagfläche mittels Tiefkultur (Untergrundspflug) ohne Frage die höchſte Leiſtungsfähigkeit — nicht nur hiuſichtlich der Begründung, ſondern auch hinſichtlich der weſentlichen Erhöhung der Produktion, welche der begründete Beſtand ohne Lockerung (namentlich auf minder guten Standorten) liefern würde. Es iſt wahrſcheinlich, daß die Tiefkultur auch bei der Forſtwirtſchaft, wenn der Boden nicht felſig, flachgründig und ſteinig und die Lage nicht zu ſtark geneigt iſt, Anwendung zu finden hat, was zu beachten und zu unterſuchen iſt, wenn koſtſpielige Bodenbearbeitung durch Löcherhacken ꝛc. notwendig erſcheint. Die partielle Bodenbearbeitung (Pflugſtreifen, Furchen, Mulden, Gräben, Riefen, Plätze, Löcher ꝛc.) ſteht der totalen Bearbeitung an Wirkungskraft weit nach, weil die Waſſerbewegung im Boden Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 445 ſehr raſch erfolgt und ſomit die nicht bearbeiteten, oft mit Unkraut bewachſenen, ſtark verdunſtenden Zwiſchenſtreifen die Feuchtigkeit der bearbeiteten Streifen an ſich ziehen werden. Dieſe partielle Bodenbearbeitung kann nur das Anwurzeln der Pflänzlinge er— leichtern. Sie wird mit ſehr verſchiedenen Werkzeugen (Pflügen, Spaten, Hacken ꝛc.) vollzogen, die örtlich gebrauchten Werkzeuge ſind ſo lange beizuhalten, bis die höhere Leiſtungsfähigkeit der fremden Werkzeuge durch vergleichende Verſuche nachgewieſen worden iſt. 9) Beim Ankauf des Samens hat man auf möglichſt große und wohlausgebildete Körner zu ſehen. Für die Vornahme der Keimproben mittels der Topfprobe und der verſchiedenen Keimapparate, für die Vergleichung der Keimprozente mit den Keimprozenten eines guten Samens, für die Ermittelung des Gewichts der Samenkörner, die Beſtimmung der Ausſaat— menge bei Vollſaaten, Riefen- und Plattenſaaten, die Bedeckung des Samens, die Keimungszeit ꝛc. findet man die bis jetzt zu— verläſſigſten Angaben S. 392— 394 zuſammengeſtellt. 10) Die Pflanzenzucht in Forſtgärten hat für den geſamten Verjüngungsbetrieb die Regel zu bilden. Die Verfahrungs— arten, die bis jetzt ſich bewährt haben und am meiſten im Gebrauch ſind, findet man S. 397—402 zuſammengeſtellt. Man erzieht die Pflanzen nach der Anſicht des Verfaſſers am nutzbringendſten in gut gelockerten und gedüngten Saatbeeten ohne Verſchulung (d. h. ohne Umpflanzung der einjährigen Pflanzen in die Pflanz— ſchule), indem man den Pflanzenſtand in der Saatſchule im erſten und zweiten Jahre durch Ausrupfen regelt und dabei den Pflanzen, die auf trockenen Boden mit Lockerung desſelben zu verſetzen ſind, von vornherein im genügend geräumigen Stande zur Beförderung der Wurzelverzweigung erzieht. 11) Das Leiſtungsvermögen der bis jetzt angewendeten, ſehr verſchiedenartigen Pflanzungsverfahren iſt bis jetzt nicht vers gleichungsfähig und von jedem Forſtmann für ſeinen Wirtſchafts— ezirk und die weſentlichen Standortsverſchiedenheiten desſelben vergleichend zu beſtimmen, indem der Koſtenaufwand inkl. Nach— beſſerungen gegenüber dem Anſchlagen und dem Wachstum der Pflänzlinge bis zum Dickungsalter auf nebeneinanderliegenden 446 Neunter Abſchnitt. größeren Verſuchsflächen für die örtlich wählbaren Pflanzverfahren konſtatiert wird. Bei der Vergleichung der Ergebniſſe iſt indeſſen der Wohlfeilheit einer Kulturmethode nicht das Hauptgewicht bei— zulegen, ſondern dasjenige Verfahren zu wählen, welches den künſt— lichen Vorverjüngungsbetrieb mit den verfügbaren Arbeitskräften geſtattet und am ſicherſten alsbaldige Bodenbeſchattung und gutes An: und Fortwachſen der Pflanzen gewährleiſtet — wenn auch die Koſtenausgabe ſich etwas höher ſtellt. Bis beweisfähige Unterſuchungsergebniſſe vorliegen, iſt auf allen Bodenarten, auf denen die Pflänzlinge eine genügend tiefe und lockere Erdkrume finden und ſonſtige Hinderniſſe des An- und Fortwachſens (Heide, Gras, Heidelbeere, Bodenverhärtung, zu große Bodenfeſtigkeit ꝛc.) nicht vorhanden oder vorher (durch Platten, Löcher, Gräben ꝛc.) entfernt worden ſind, die Einpflanzung ballen— loſer Saatſchulpflanzen mit Werkzeugen, die ſich leicht handhaben laſſen, einen für die Wurzelverbreitung der kleinen Pflanze genügend großer Bodenſpalt öffnen und die Pflanze beim Befeſtigen (durch Andrücken, Anklopfen) nicht beſchädigen, in erſter Reihe zu erproben. Unter den bisher angewendeten Werkzeugen iſt das Pflanzbeil wahr— ſcheinlich am leiſtungsfähigſten. Weder die Pflanzung größerer verſchulter Pflanzen (gewöhnlich mit der Hacke) noch die Ballen— pflanzung (mit Hohlbohrer, Hohlſpaten ꝛc.) hat für die genannte Bodenbeſchaffenheit Vorzüge gegenüber der Spaltpflanzung, welche bisher nachgewieſen worden ſind. Die Mehrausgabe würde vor— ausſichtlich durch Bodenbearbeitung wirkſamer verwendet werden. Wenn die Forſtkultur abnorme Bodenzuſtände vorfindet, ſo ſteht die Bodenbearbeitung im Vordergrund. Bei verhärteten Böden wird die tiefe Lockerung und bei verſumpften, torfartigen Böden die Bildung großer Hügel mit lockerer Erde, bedeckt durch umgekehrten Raſen oder locker zu erhaltender Erde, am meiſten empfehlenswert ſein. Die Manteuffelſche Hügelpflanzung kann nur bei ſehr flachgründigem oder ganz hartem und zähem Boden in Betracht kommen und iſt hier hinſichtlich ihrer Leiſtungen mit den Wirkungen eines möglichſt tiefen Bodenaufbruchs zu vergleichen. In ſteinigem Boden (Steingeröll) hat ſich die Anwendung des Buttlarſchen Eiſens mit Beigabe von Kulturerde oder Raſenaſche beſonders bewährt. Für die Begründung von Eichenſchälwaldungen Die Verjüngungsverfahren im Hochwaldbetriebe. 447 benutzt man mit Vorteil die Eichenſtutzerpflanzung (S. 426). Die Fichtenbüſchelpflanzung iſt ziemlich allgemein verlaſſen worden. 12) Die Waldbaulehrer haben dem Forſtkulturbetrieb mittels Pflanzung nicht die erforderlichen Richtpunkte gegeben. Sie ſind offenbar über den Koſtenaufwand und Erfolg der ver— ſchiedenen Verfahrungsarten unter vergleichungsfähigen Verhältniſſen ebenſo im unklaren geblieben, wie die ausübenden Forſtwirte und deshalb haben ſie dieſe Kulturmethoden nur beſchrieben, aber nicht abwägend gewürdigt. Pfeil befürwortet beſonders die Erziehung und Einpflanzung von Kiefern mit langen Wurzeln, dem man von anderer Seite einen ungenügenden Erfolg nachſagt, Karl Heyer befürwortet den von ihm konſtruierten kleinen Hohlbohrer, Jäger lobt beſonders das Biermannsſche Verfahren, indem er den Heyer— ſchen Hohlbohrer verwirft — und Gayer ſtellt das Pflanzen mit Hacke und Spaten voran. 13) Die forſtliche Praxis hat im neunzehnten Jahrhundert die Einpflanzung großer Pflänzlinge mit Bodenbearbeitung bevor— zugt. Die Spaltpflanzung hat nur im Sandboden und im ge— ackerten Boden größere Ausdehnung gefunden. Der Koſtenaufwand, der in der letzten Zeit thatſächlich von den meiſten Staatsforſtver— waltungen für die volle Verjüngung der Kulturflächen verausgabt worden iſt, wird in der Regel die Koſten der Tiefkultur mit Spalt— pflanzung überſteigen. 14) Die vorſtehende Würdigung der Verjüngungsverfahren will keineswegs, indem ſie die Bepflanzung der Beſamungs- und Schirmſchläge und der friſchen Saumſchläge mit 1—3jährigen Saatſchulpflanzen und den handlichſten, raſch fördernden Werkzeugen vorangeſtellt hat, dieſe Methode der Beſtandsbegründung als un— trügliches Univerſalmittel für alle Waldverhältniſſe darſtellen. Viel— mehr ſoll dieſelbe lediglich zu komparativen Kulturverſuchen anregen und die Notwendigkeit derſelben motivieren. Bei dieſen Kultur— verſuchen iſt, wie ich wiederholt bemerke, das entſcheidende Gewicht nicht auf die Wohlfeilheit der erſtmaligen Kulturausführung zu legen. Maßgebend iſt überall die Sicherheit des Erfolgs; das— jenige Verfahren, welches mit den örtlich verwendbaren Arbeits— kräften die Vollbeſtockung der Verjüngungsflächen (mit der nutz— bringendſten Pflanzenentfernung) in der kürzeſten Zeit erreicht, iſt 448 Neunter Abſchnitt. vorzuziehen. Denn der Kulturkoſtenaufwand ſteht unter den Kapitalkräften, über welche der Forſtmann zu disponieren hat, auf einer ſehr niedrigen Stufe. Es wird ſich namentlich fragen, ob die Koſten für Bodenlockerung, wenn der Boden nicht an ſich locker, friſch, humushaltig und tiefgründig iſt (ſelbſt für tieferen Umbruch des Bodens), eine nutzbringende und gut rentierende Ausgabe bilden. Zehnter Albſchnitt. Der Mittelwaldbetrieb. In den bevölkerten Gegenden Deutſchlands war, wie wir im dritten Abſchnitt geſehen haben, die den Wald durchplänternde Ab: holzung teilweiſe zum Kahlhieb hingedrängt worden. Man hatte, um das benötigte Brennholz zu gewinnen, weiter greifen müſſen, als auf die älteſten Stämme des Femelwaldes. Auf großen Flächen regenerierte ſich die Beſtockung in der Hauptſache durch die Aus— ſchläge der Wurzelſtöcke. Da man aber auch Bau- und Werkholz für die Zukunft brauchte, ſo ließ man, als die haushälteriſche Benutzung der Waldungen begann, Stangen und ſtärkere Bäume in die Stockausſchläge einwachſen. Bei jeder Abtriebszeit des Unterholzes blieben ſchöne, wüchſige Stangen ſtehen, ſog. Laß: raidel. Es bildete ſich hierdurch eine gewiſſe Gradation im Oberholz; vor dem fünften Hiebe des Oberholzes waren vier Altersſtufen — herrührend von den jeweils bei den vier Unter— holzhieben belaſſenen ſog. Laßraideln — vorhanden und beim fünften Hiebe blieben wieder Laßraidel ſtehen. Man hat die Ab— ſtufung und Verteilung dieſer Oberholzklaſſen, die man Laßraidel (Laßreiſer, Bannreiſer), Oberſtänder, angehende Bäume, Bäume, Hauptbäume und alte Bäume (letztere während des ſechſten und folgenden Unterholzumtriebs) genannt hat, zu regeln geſucht und dieſe Beſtockungsform Mittelwald genannt. Was leiſtet eine derartige Verbindung des Hochwald- und Niederwaldbetriebs für die nachhaltige Lieferung der brauchbarſten Forſtprodukte auf kürzeſtem Wege? Zurückblickend auf die Erörte— Wagener, Waldbau. 29 450 Zehnter Abſchnitt. rungen im ſechſten Abſchnitt kann man verſucht werden, zu ver— muten, daß der oberholzreiche Mittelwald nicht nur der Baumholz— zucht im engen Kronenſchluß weit voranſteht, ſondern auch größeres Leiſtungsvermögen hat, als die dort befürwortete Erziehung gleich— alter Nutzholzſtämme mit mäßiger Oeffnung des Kronenraums. Man kann ſagen: im Oberholze des Mittelwaldes kann man die (im fünften Abſchnitt, S. 142 beſprochene) etagenförmige Zu— ſammenſtellung der Nutzholzbäume bis zur vollen Ausnutzung des Kronen- und Wurzelraumes verwirklichen und außerdem durch den Abtrieb des Unterholzes dicht ſchließende Stockausſchläge er— zeugen, ſelbſt noch einen anſehnlichen Brennholzertrag gewinnen. Weshalb ſoll man dem Unterholze lediglich Funktionen als Boden— ſchirmholz zuweiſen, wie es oben geſchehen iſt, ohne auf den Er— trag desſelben Wert zu legen? Leider iſt die Oberholznachzucht im Mittelwalde erſchwert und die bodenſchirmenden Laubhölzer dege— nerieren bald, wenn man ſie fortdauernd auf den Stock ſetzt (während ſie als Kernwuchs länger gutwüchſig bleiben). Zudem iſt auf den Brennholzertrag des Unterholzes bei dem dichten Stande des Oberholzes kein Gewicht zu legen. Vor allem wird man jedoch fragen: warum hat ſich der Mittel— wald ſo wenig der forſttechniſchen Begünſtigung erfreut, daß heute (wie wir im ſiebenten Abſchnitt erfahren haben) nur noch ſeltene Spuren der Mittelwaldwirtſchaft in Deutſchland zu finden ſind? Waren die Leiſtungen des Mittelwaldbetriebs in der That ſo über— aus ungenügend? Im Vergleich mit der Erziehung der Wald— bäume im Kronenſchluß der Hochwaldbeſtände gewährte dieſe Mittelwaldwirtſchaft in der Vergangenheit, wie es auf den erſten Blick ſcheint, ſogar beſondere Vorzüge. Man konnte ſowohl Bau— und Nutzholz als Brennholz züchten; man konnte die ſtärkſten, wie die ſchwächeren Stämme von ſehr verſchiedenen Holzgattungen in allen Schlägen vorrätig halten und konnte ſomit die Anſprüche des Holzmarkts, auch wenn dieſelben wechſelten, beſtmöglichſt be— friedigen. Im freien Stande wachſen die Oberholzſtämme raſch zu den gebrauchsfähigen Dimenſionen heran und Brennholz konnte man im Unterholz mittels kurzer Umtriebszeiten gewinnen; man konnte den Holzbedarf der Bevölkerung „auf dem kürzeſten Wege, mit dem geringſten Produktionsaufwand“ liefern. Die Maſſen⸗ Der Mittelwaldbetrieb. 451 produktion iſt im oberholzreichen Mittelwalde, wo die Laßreiſer, Oberſtänder und Bäume den Wachsraum faſt erfüllen und überdies das ſchattenertragende Unterholz hineinwächſt in die Kronen der Lichthölzer, welche den Oberſtand bilden, nach allen Annahmen (die ja auch durch die Ertragsvergleichungen in Baden beſtätigt worden ſind) nicht geringer, wie im Kronenſchluß des Hochwalds. Der Boden wird, wenn nach zwei oder drei Jahren ein kräftiger Stock— ſchlag die Schlagfläche beſchattet und beſchirmt, nicht verſchlechtert werden. Hat man, bevor der Mittelwaldbetrieb verlaſſen worden iſt, die wirtſchaftliche Leiſtungs fähigkeit der beſten Form des Mittelwaldbetriebs mit der Wert— produktion der Hochwaldbeſtände genau in Ver⸗ gleichung gebracht und dabei den überzeugenden Beweis geführt, daß die Leiſtungsfähigkeit des Mittel— waldes unzureichend iſt? Hat man die beſte Form des Mittelwaldbetriebs durch eingehende Unterſuchungen ermittelt? Man kann die Mittelwaldbeſtockung ſehr verſchiedenartig ge— ſtalten. Zwar iſt es ſelbſtverſtändlich, daß für das Oberholz licht— bedürftige und für das Unterholz ſchattenertragende Holzarten zu wählen ſind. Aber es gibt viele lichtbedürftige und viele ſchatten⸗ ertragende Holzgattungen. Man muß wiſſen, wie ſich die zu Ober— holz geeigneten Lichthölzer hinſichtlich der Maſſen- und Wert— produktion verhalten, welchen Brennholzertrag die anbaufähigen Unterholzgattungen liefern und was dieſelben für den Bodenſchutz leiſten. Man kann den Oberholzbeſtand ſehr licht und ſehr ver— einzelt ſtellen. Man kann die Ueberſchirmung ſowohl durch eine überwiegende Menge von 60—90jährigen, als auch durch eine große Anzahl von 120—150jährigem Oberholz herſtellen. Man kann das Unterholz im 15jährigen, 20jährigen, 30 jährigen, ſogar im 35jährigen und 40 jährigen Turnus bewirtſchaften. Es iſt offenbar zu wiſſen nötig, wie lang und wie dick die Oberholz— bäume im 60. . . . 180. Jahre auf den verſchiedenen Bodenklaſſen (die man hier gleichfalls nach dem Maſſenertrag der Einzelſtämme abſtufen konnte) werden und welche Dimenſionen für den Bau: und Nutzholzverbrauch am meiſten geeignet find. Der Wertzu— 452 Zehnter Abſchnitt. wachs, welchen die freiſtehenden Waldbäume der überſchirmten Fläche durch den raſchen Wuchs in der Jugend und durch den langſamen Zuwachsgang im Alter abgewinnen, wird wahrſcheinlich vom 30.— 60. Jahre viel höher ſein, als vom 120.—150. Jahre. Man hatte hiernach die Zahl der Stämme, welche von den Alters— ſtufen überzuhalten ſind, theoretiſch zu normieren — als Richt— ſchnur für die Auswahl bei den konkreten Verhältniſſen im Walde. Man hatte auch zu erforſchen, wie groß der Verluſt an Unterholz— zuwachs bei der lichteren und dichteren Oberholzſtellung je nach den Holzarten und der Bodengüte iſt. Man mußte ſich endlich klar darüber werden, ob die durchſchnittlich jährliche Brennſtoff— erzeugung durch die 15:, 20jährige oder die 30- oder 40jährige Umtriebszeit auf die höchſte Stufe gebracht wird. Sind dieſe naheliegenden Fragen in überzeugender Weiſe gelöſt worden? Wir wollen den Mittelwald und ſeine verſchiedene Geſtaltung kennen lernen. Der oberholzreiche Mittelwald hat, wie geſagt, eine nahe Verwandtſchaft mit derjenigen Form des Hoch— waldbetriebs, die wir oben „Lichtwuchsbetrieb“ genannt haben. Die Ungleichmäßigkeit des Oberſtandes iſt kein Hindernis für den letzteren; ſie iſt vielmehr völlig zuläſſig, wenn die Lichtwuchspro— duktion gewährleiſtet bleibt. Wo ſind die Unterſchiede zu finden? Wie geſtaltet ſich die Nachzucht der Holzſtämme in beiden Be— ſtockungsformen? Welche Erfahrungen hat man im Mittelwald— betriebe mit den Stockſchlägen im Unterholze gemacht? Aber vor allem müſſen wir unterſuchen: aus welchen Grün— den ſind die Mittelwaldungen in großer Ausdehnung zu Hoch— waldungen übergeführt worden? Iſt nicht nur die Notwendigkeit dieſes Wechſels der Betriebsart, ſondern auch die Art und Weiſe der Ueberführung zu Hochwald überall durch genaue Ertragsver— gleichungen begründet worden? In dieſen Richtungen wird uns, ſo darf man ſicherlich hoffen, die Darſtellung des Mittelwaldes und ſeiner wechſelnden Be— ſtockungsformen und die Würdigung dieſer Betriebsart durch die Waldbauſchriftſteller, die durch die gleichzeitig verlautbarten praktiſchen Erfahrungen ergänzt worden ſind, die erforder— lichen Aufſchlüſſe geben. Der Mittelwaldbetrieb. 453 I. Die Anſichten der Waldbaulehrer und die Erfahrungen der Forfitedniker. Georg Ludwig Hartig erwähnt im Anfang des laufenden Jahrhunderts den Mittelwaldbetrieb noch nicht mit dieſem Namen. Hartig ſpricht von der Behandlung ſolcher Niederwaldungen, worin für immer ſtarkes Baumholz oder Bauholz erzogen werden ſoll. Man muß, ſo ſagt G. L. Hartig, um zu erfahren, wie viel Stämme per Flächeneinheit überzuhalten und zu erziehen find, zunächſt wiſſen, wie viele Baus holzſtämme jährlich gebraucht werden und wie groß die Fläche iſt, die jährlich gehauen wird. Hartig nimmt beiſpielsweiſe an, daß 100 Stämme jährlich ge— braucht und 50 Morgen jährlich gehauen werden. Man hat hierauf das Alter zu ermitteln, in welchem ein Stamm zu Bauholz ſtark genug iſt und muß end— lich wiſſen, wie vielmal während dieſer Zeit der Schlag gehauen wird. Wenn zwei 150jährige Stämme per Morgen nötig ſind und die Umtriebszeit des Unter— holzes 30 Jahre beträgt, jo müſſen offenbar auf jeden Morgen 2 30jährige, 2 60jährige u. ſ. f. Stämme, zuſammen 10 Stämme ſtehen, von denen ſtets die beiden 150jährigen Stämme gehauen werden, während die beiden 120jährigen Stämme bis zum nächſten Abtrieb 15Cjährig werden. Da jedoch bis zum 60jäh— rigen Alter das Oberholz in den Niederwaldungen der Gefahr, von Schnee und Duft zerbrochen oder gefrevelt zu werden, ſehr ausgeſetzt iſt, ſo ſollen beim Hieb ſtatt 2 wenigſtens 6—8 60- und 30jährige Oberholzſtämme ſtehen bleiben. Man kann beim Hieb im glücklichen Falle außer den 2 150jährigen Stämmen auch 4 60jährige Stämme nutzen, ſo daß 2 60jährige Stämme ſtehen bleiben und 90jährig werden. „Bei einer ſolchen Wirtſchaft,“ ſagt Hartig, „bleibt kein an— deres Mittel übrig, als nach jedem Abtrieb auf jeden Morgen 10—12 ſchöne, 6—8 Fuß lange Eichen in ſchicklicher Entfernung zu pflanzen, und dieſe Stämnt- chen, ſolange es nötig iſt, durch Pfähle gegen den Wind und Schneedruck zu ſchützen. Wollte man ſich in dieſem Falle auf die Nachzucht junger Eichen durch natürliche oder künſtliche Beſamung verlaſſen, ſo würde der Zweck gar nicht oder ſehr unvollkommen erreicht werden, weil die jungen Pflanzen nicht aufkeimen oder in den gut beſtandenen Schlägen des Niederwaldes von den Stockſchlägen bald überwachſen und erſtickt werden.“ Heinrich Cotta definierte den Zweck des Mittelwaldes wie folgt: „Sucht man bei einem ſchlagweiſen Forſtbetrieb den Nach— wuchs durch Samen und Ausſchlag zugleich zu erlangen, ſo ge— brauchen wir die Benennung Mittelwald“ und ſpäter: „die Be— wirtſchaftung des Mittelwaldes hat alles mit der Behandlung des reinen Niederwaldes gemein, bis auf das überzuhaltende Oberholz.“ 454 Zehnter Abſchnitt. Hierzu ſind „die ſchönſten, geſündeſten, wüchſigſten und dem Zwecke des Ueberhalts entſprechendſten Stämme“ auszuwählen. „Die Stämme vom erſten Umtrieb nennen wir Laßreiſer und die vom zweiten Umtriebe Oberſtänder. Dieſer Name bleibt ihnen ſo lange, bis ſie in der Höhe von 4— 5 Fuß die Stärke von ungefähr 1 Fuß errreicht haben; dann heißen ſie Bäume; und dieſe bezeichnen wir ſpäterhin immer nach ihrer wirk— lichen Stärke oder nach ihrem Alter, z. B. ein 20zölliger Baum, ein 100jähriger Baum u. ſ. w.“ Ueber die Menge des überzuhaltenden Oberholzes gab Heinrich Cotta folgende Regeln: 1) Bei flachem Boden, bei Mangel tauglicher Stämme, bei ſtärkerer Nach— frage nach Reiſig, als nach Holz dürfen nur wenige Stämme ſtehen bleiben, ſo daß ſich die Aſtverbreitung auf ¼0 der Fläche erſtreckt. 2) Es iſt nicht gut, vieles Oberholz ſtehen zu laſſen: bei Holzarten, die in der Jugend keinen Schatten vertragen, die viel Holzmaſſe bei dem Ausſchlage ge— währen und nur wenig als Oberholz; und bei ſolchen Holzarten, welche als Ober— holz ſehr viel Schatten gebende Kronen bilden. Die Aſtverbreitung ſoll ſich in dieſen Fällen ungefähr auf 20 der Fläche erſtrecken. 3) Nicht notwendig iſt es, viel überzuhalten: bei einem Beſtande, der einen kräftigen Ausſchlag gewährt, bei gutem Boden und mildem Klima. Es genügt hier, wenn ſich die Aſtverbreitung auf ungefähr 30 der Fläche erſtreckt. 4) Vorteilhaft iſt es, eine beträchtliche Menge ſtehen zu laſſen: wenn bei tiefgründigem Boden der Beſtand von ſolcher Beſchaffenheit iſt, daß ſchönes Nutz— und Bauholz erzogen werden kann; wenn das Reiſig keine Käufer findet; wenn aus der Maſt viel Gewinn zu ziehen iſt. Die Aſtverbreitung darf ſich in dieſem Falle auf 0 der Fläche erſtrecken. 5) Notwendig iſt es, recht viel überzuhalten: wenn der Stockausſchlag wenig verſpricht oder das junge Holz überhaupt ſehr mangelt und man dennoch bei der Holzzucht beharren muß, bei rauhem und ungünſtigem Klima, an heißen und trockenen Mittagswänden. In dieſen Fällen darf ſich die Aſtverbreitung bis un— gefähr zur Hälfte der Fläche erſtrecken. Als Vorzüge des Mittelwaldes vor dem Niederwalde be— zeichnete Cotta die Gewinnung von wertvollerem Brennholz und wertvollerem Nutzholz und die weniger koſtſpielige, ſichere und nachhaltige Bewirtſchaftung, da die ausgehenden Stöcke oft durch Samenpflanzen erſetzt werden. Bei dieſen Vorzügen müſſe es befremden, daß faſt alle Mittelwälder in ſchlechtem Zuſtand ſich befänden, in welchem ſie nur einen geringen Ertrag lieferten. Aber Heinrich Cotta gibt die Gründe, welche den Rückgang der Mittelwaldungen verurſachen, ſo erſchöpfend und ſo vollkommen zutreffend an, daß ich die Stellen wörtlich anführe: 8 Der Mittelwaldbetrieb. 455 1) Es gehört zu den ſchwierigſten Aufgaben des ausübenden Forſtmannes, das Oberholz richtig auszuwählen und richtig verteilt ſtehen zu laſſen. 2) Es iſt bei einem Mittelwaldbetriebe von größerer Ausdehnung unaus— führbar, den richtigen Zeitpunkt zu beſtimmen, in welchem jeder einzelne Stock ſeiner geringer gewordenen Ausſchlagsfähigkeit wegen durch einen neuen erſetzt werden muß. Gleichwohl iſt die Beachtung dieſes Zeitpunktes höchſt wichtig, weil man um jo mehr am Ertrage vom Unterholze verliert, je weniger man die rückgängig gewordenen Stöcke zu rechter Zeit entfernt und wieder erſetzt hat. Jedem praktiſchen Forſtmanne iſt aber bekannt, daß im großen die Auszeichnung der rückgängig gewordenen Stöcke nicht in der Art geſchehen kann, wie ſie der vollkommene Zuſtand des Mittelwaldes eigentlich verlangt. Auch der Kultur treten große Schwierigkeiten entgegen, indem die Pflänzlinge, in die Nähe der alten Stöcke gepflanzt, ſehr von deren Wurzeln leiden, die Koſten der Rodung hingegen den Erlös überſteigen. Daher kommt es denn, daß in Mittel- und Niederwäldern die alten Stöcke gewöhnlich ſo lange beibehalten werden, als ſie nur irgend noch Ausſchlag liefern, wodurch nicht nur der Ertrag ſehr geſchmälert, ſondern auch der Boden dem Verderben preisgegeben wird. 3) Oft auch kann man ſich nicht entſchließen, von den im kräftigen Wuchſe ſich befindenden Oberſtändern die gehörige Menge wegzunehmen, und ſo erhält man zuletzt unwillkürlich zu viel altes Oberholz, während es am jungen faſt gänzlich fehlt. 4) Wenn Lücken in den Mittelwäldern entſtehen, verläßt man ſich zu ſehr auf die Beſamung durch das Oberholz. Dieſe aber iſt ſelten von Erfolg; denn nur unter äußerſt günſtigen Verhältniſſen vertragen die Samenpflanzen den Schatten der benachbarten Stockausſchläge. Aus allem dieſen zuſammengenommen läßt ſich nun wohl der Schluß ziehen, daß Mittelwaldungen, welche nicht mit außerordentlicher Sorgfalt behandelt werden, ſowohl im Holzbeſtand als im Boden zurückgehen müſſen. Nach Johann Chriſtian Hundeshagen iſt es keinem Zweifel mehr unterworfen, daß ſelbſt der Verluſt an Zuwachs, den das Unterholz durch ſtarke Beſchirmung erleidet, mehr als überwiegend durch den Zuwachs des Oberholzes erſetzt wird. Auch erfolge der Ausſchlag der Stöcke in dem mäßigen Schatten des Oberholzes leichter, als beim reinen Niederwaldbetriebe. Je mehr Oberholz in einem Schlage, ohne beſonderen phyſi— ſchen Nachteil des Unterholzes, übergehalten werden könne, deſto reichlicher ſei erfahrungsgemäß der Holzertrag; dieſer Nachteil werde weniger durch die Beſchattung als durch die den Niederfall von Regen und Tau beſchränkende Ueberſchirmung bewirkt. Auf gutem Boden dürfe die Beſchirmung kurz vor dem Hieb drei Vierteile der Bodenfläche betragen, auf ſchlechtem Boden dagegen nicht wohl ein Dritteil 456 Zehnter Abſchnitt. bis die Hälfte der Bodenfläche überfteigen und hier nur aus Baumklaſſen von höchſtens 60—80jährigem Alter beſtehen. Hundeshagen berechnet, — allerdings auf Grund der nur als Beiſpiel an— gegebenen Schirmflächen — daß für eine Beſchirmung von 233 der Fläche kurz vor dem Hieb per Hektar nötig ſind: 22 Stämme erſter Klaſſe, „alte Bäume“, 44 7 zweiter Klaſſe, „Hauptbäume“, . dritter Klaſſe, „angehende Bäume“, 89 15 vierter Klaſſe, „Oberſtänder“. Wenn von jeder dieſer vier Klaſſen alle dreißig Jahre beim Hieb 22 Stück gefällt werden, ſo ergibt ſich in dem Hundeshagenſchen Beiſpiel ein Ertrag von 128 Feſtmeter per Hektar. Pfeil meint auch hinſichtlich des Mittelwaldes, daß ſich all— gemeine Regeln nicht geben laſſen. Zwar könne man. einige all- gemeine Grundſätze aufſtellen, allein dieſelben ſeien eben ſo oft nicht zu befolgen, als ſie anwendbar ſeien. Dahin ſollen nach Pfeil gehören: 1) „daß man ſo viel Oberholz erzieht als möglich, und das Unterholz mehr zur Bodendeckung benutzt, als um einen hohen Ertrag davon zu beziehen, wenn man im Mittelwaldbetriebe die größte Holzmaſſe erziehen will; 2) daß gar kein beſtimmtes Altersklaſſenverhältnis im Oberholze ſtattfinden darf, aber die mittlern Altersklaſſen überwiegend ſein müſſen, beſonders nicht mehr Stämme von höherem Alter gezogen werden dürfen, als man zu Nutzholz braucht; 3) daß die dunkelbelaubten Bäume möglichſt vermieden werden müſſen, und man die lichtbelaubten vorziehet; dagegen wieder zu Unter— holz ſolche Holzarten wählt, die am wenigſten unter dem Schatten leiden, den Boden gut ſchirmen und eine gute Ausſchlagsfähigkeit haben; 4) daß man die Menge und Verteilung des Oberholzes nach der Beſchaffenheit des Bodens, der disponibeln benutzbaren Stämme, dem Wuchs und der Beſchaffenheit desſelben bemißt, ſo daß man bald geſchloſſene Horſte ſtehen läßt, bald auf ungeeigneten Stellen reinen Niederwald hat; 5) daß man die hohen Umtriebszeiten im Unter— holze möglichſt vermeidet und das lückigwerdende, die ſchlechter werdenden Mutter— ſtöcke fortwährend ergänzt. Früher hatte Pfeil als das empfehlenswerte Oberholz in Buchen- und ähn— lichem Unterholz Eichen, Buchen, Ulmen, Eſchen und Ahorn, auch Kiefern, in Eichen⸗, Birken», Aspen- und Haſſelnunterholz einzelne nicht aſtreiche Eichen, Birken, Aſpen und Lärchen bezeichnet. Im übrigen bieten die Pfeilſchen Anſichten keine ſicheren Anhaltspunkte für die Würdigung des Mittelwaldbetriebs. Er ſagt z. B.: „ob der Hochwald oder der Mittelwald mehr Holz geben, mag vorläufig ganz unentſchieden bleiben“ u. ſ. w. Stumpf) gibt auf Grund verſchiedener Unterſuchungen über | Die erſten Auflagen des Gwinnerſchen Waldbaues liegen mir nicht vor. In der von Dengler bearbeiteten Auflage ſcheint der Abſchnitt vom Mittelwalde nach der Schreibweiſe faſt völlig dieſem Schriftſteller zu entſtammen (ſiehe S. 458). Der Mittelwaldbetrieb. 457 die Schirmflächen folgende Oberholzmenge per Hektar an, wenn die Schirmfläche von dem Hieb ¼ betragen ſoll. 18 Stämme, 150jährig, 35 2 120 53 " 90 „ W 60 „ Beſſer ſei jedoch die folgende Abänderung der Altersklaſſen, wobei die Schirm— fläche vor dem Hieb nicht ganz 1/3 betrage: 12 Stämme, 150jährig, r 47 75 90 " 94 " 60 ” Im übrigen vergleicht Stumpf nur den Mittelwald mit dem Niederwald. In Anſchauung der Maſſenproduktion ſtehe der Mittelwald weit über jener des reinen Niederwaldes und dem Hochwalde am nächſten, auch erleichtere derſelbe den Uebergang zum Hochwald. Für die Nachpflanzung, des Oberholzes empfiehlt Stumpf 1,5 —1,8 m hohe Pflanzen. Hinſichtlich der Empfindlichkeit gegen Beſchattung bilden die Holzarten, die für das Unterholz am wichtigſten ſeien, nach Stumpf folgende Rangordnung, beginnend von der höchſten Empfindlichkeit: Aspe, Erle, Birke, Eſche, Ulme, Eiche, Ahorn, Linde, Hainbuche, Rotbuche. Am wenigſten verdämmend wirke die Buche und hierauf folgten: Aspe, Erle, Eſche, Ulme, Ahorn, Eiche, Linde, Hain— buche, Rotbuche. Carl Heyer iſt kein Freund des Mittelwaldes. Er glaubt, daß die Vorzüge durch die flächenweiſe Sonderung der Oberholzzucht (im Hoch— wald) und der Unterholzzucht (im Niederwald) in noch höherem Maße auf die Dauer erreicht werden. Die Behauptung, daß der Mittelwald den Hochwald im Zuwachs übertreffe, ſei keineswegs bewieſen, vielmehr ſehr fraglich. Auf Mittelboden magerten die Mittelwälder, ſelbſt bei ſtrengſter Laubſchonung, ebenſo frühzeitig aus, als die Niederwälder. Zu Unterholz taugen, ſagt Heyer, die ſchattenertragenden Laubhölzer (ſo— wohl die baum- als die ſtrauchartigen). Zu Oberholz ſei die dicht- und breit» kronige Buche und Linde am wenigſten geeignet; die Birken, Erlen, Pappeln und Akazien würden vom Duftbruch am meiſten beſchädigt. Unter den Nadelhölzern ſeien Tannen, Fichten, Weymouthskiefern am meiſten empfehlenswert, weniger tauglich ſeien Lärchen, die leicht windſchief würden, und Kiefern, welche keine langen und geraden Schäfte bildeten (auf gutem, tiefgründigem Boden 2). Karl Heyer empfiehlt die regelmäßige Verteilung der Oberſtänder im einzelnen Stand. Er macht den Vorſchlag, das Oberholz, klaſſenweiſe geſondert, in parallelen Reihen zu erziehen. Das Unterholz geſtatte, ſagt Heyer, wegen des verdämmenden Ein— fluſſes vom Oberholze, durchſchnittlich keinen höheren, als 15—20jährigen Um- trieb. Der „alte Baum“ würde ſonach 120jährig. 458 Zehnter Abſchnitt. Dengler (in Gwinners Waldbau) meint, daß unter ſonſt gleichen Umſtänden etwa folgende Stufenleiter für die Rangord— nung (nach dem Verhalten gegen Licht und Schatten) anzunehmen ſein dürfte: Im Unterholz ſei die Rotbuche am meiſten ſchattenertragend, dann folgen Hainbuchen, Eſchen, Maßholdern, Traubenkirſchen, Ahorn, Ulmen, zahme Kaſtanien, Eichen, Linden, Weißerlen, Schwarzerlen, Birken, Pappeln, Weiden. Die harten Strauchhölzer gehörten in den erſten, die weichen in den letzten Rang. Als Oberholz ſeien am wenigſten verdämmend: Birken, dann folgen Eſchen, Weiden, Lärchen, Kiefern, Pappeln, Erlen, Eichen, Ulmen, Schwarzkirſchen, Ahorn, Wild— obſtbäume, Fichten, Hainbuchen, Weißtannen, Rotbuchen. Dengler will Eichen, Ulmen und die langſam wüchſigen Holz— arten als Laßraidel und teilweiſe noch als Oberſtänder in Gruppen zuſammendrängen. Wenn aber der Hauptlängenwuchs vorüber iſt, ſo ſoll jeder Stamm, der im Laufe der Umtriebszeit ſeine Nachbarn bedrängen würde, entfernt werden, ſo daß im älteren Oberholze kein gegenſeitiges Drängen ſtattfindet. Ausgeſchloſſen bleiben und im Einzelſtande zu erziehen ſind Birken, Eſchen, weiße Weiden, Pappeln, Erlen ꝛc. Dengler will überhaupt die ſchönſten Stämme übergehalten haben — einerlei, ob ſie in Gruppen dichter zuſammen ſtehen oder vereinzelt, jedoch räumlich ungleichmäßig über den Schlag verteilt ſind. Er legt der ganz gleichmäßigen Verteilung und der in den Lehrbüchern vorgetragenen Abſtufung der Altersklaſſen“) keinen praktiſchen Wert bei. Im übrigen verdienen die Anſichten Denglers über Mittelwaldwirtſchaft (1856 veröffentlicht) keine eingehende Würdigung. Nach Carl von Fiſchbach empfiehlt ſich die Buche vorzüglich als Unterholz im Mittelwalde mit ſtärkerem Oberholzbeſtande; weniger gut oder bloß für einen lichteren Oberholzbeſtand, eigne ſich die Eſche, Hainbuche, Eiche und Birke ins Unterholz; die Aspe und Erle jedoch am wenigſten bei einem ſtarken Drucke; die Haſel halte ſich noch gut bei einem ſtärkeren Oberholzbeſtand. Wenn der Standort einer Holzart günſtig ſei, ſo könne ſie auch ſtärkeren Druck ertragen; auf ſonnigen Hängen, in trockenen Lagen dürfe nur wenig Oberholz übergehalten werden. Zum Ueberhalten eigne *) Die vielfach vorausgeſetzte Uebertragung dieſer ſchematiſchen Darſtellung in die Praxis iſt allerdings ebenſo zwecklos als undurchführbar. Der Mittelwaldbetrieb. 459 ſich am meiſten die Eiche, namentlich die Stieleiche, hierauf die Birke, die Ulme, die Eſche, der Ahorn, die Aspe, letztere für geringe Dauer. Die Rotbuche ſei durch ihre ſtarke Belaubung und dichte Krone ſehr ſchädlich; aber zur Begünſtigung der natürlichen Beſamung ſei die Beibehaltung ratſam. Hainbuchen würden lediglich wegen der Be ſamung übergehalten. Unter den Nadelhölzern ſeien Lärchen und Kiefern, weniger dagegen Fichten und Tannen empfehlenswert (wegen Aſtverbreitung und Windwurf). Eine Ueberſchirmung von 0,7—0,8 der Fläche unmittelbar vor der Schlagſtellung gibt, wie Fiſchbach glaubt, auf gutem Boden bei nicht zu langem Umtrieb noch hinreichendes Licht für Buchen— Unterholz. Carl Gayer glaubt, „daß der richtig gepflegte Mittelwald im Ertrage hinter dem Hochwalde wenigſtens nicht zurück ſtehe“. Im gut gepflegten, normal beſtockten Mittelwalde gehe auch die Boden— thätigkeit nicht ſo zurück, wie vielfach im gleichalterigen Hochwald. Im Mittelwalde ſei nunmehr die möglichſt reichliche Nutzholzproduktion anzuſtreben und darum liege der Schwerpunkt der Wirtſchaft im Oberholzbeſtande. Gayer hat vorzugsweiſe eine gruppenweiſe Durchſtellung des Mittelwaldes mit Oberholz im Auge. „Je nach der wechſelnden Bodengüte, der früheren Oberholzſtellung und der dadurch bedingten Verteilung der Samenwüchſe, finden ſich die älteren Stamm— klaſſen bald mehr in gruppen- und truppartigen, bald mehr in einzelner Vertei— lung. Zwiſchen denſelben, ſeltener unter dem Schirme der Altholzſtämme, ſtehen in lichten Horſten oder weitſtändiger Verteilung größere und kleinere Partien der jüngeren Oberholzs, beſonders der Laßreiſerklaſſe.“ „Den Beſtand des Oberholzes haben in erſter Linie Eichen, Eſchen, Birken, Ulmen, Erlen, Lärchen, Kiefern, Pappeln und Akazien, dann aber auch Hainbuchen und Rotbuchen zu bilden.“ Im Unterholzbeſtande ſollen vorzüglich Hainbuchen, Rotbuchen, Eſchen, Maß— holder, Ulmen, Ahorn, Weißerlen ꝛc. vertreten ſein. Bei der Nutzholzwirtſchaft ſei im Durchſchnitt eine Umtriebszeit von 15—25 Jahren am meiſten zu billigen. Die Mitteilungen der praktiſchen Forſtwirte, die ich in der mir vorliegenden Journallitteratur finde, geben wenige Anhalts— punkte für die Würdigung dieſer Betriebsart. Die Ertragsangaben aus dem Mühlhauſer Stadtwalde, aus dem braunſchweigiſchen Harz— reviere Walkenried ꝛc. haben ohne Beifügung der Stammzahlen und Stammgrundflächen und ohne genaue Vergleichung der Hochwald— erträge auf dem gleichen Standort geringen Wert. 460 Zehnter Abſchnitt. In Baden ſucht man das Oberholz durch Heiſterpflanzung mit Befeſtigung der Heiſter durch Pfähle zu rekrutieren. II. Vergleichung der Ertragsleiſtungen des Mittelwald- und Hochwaldbekriebes. Die Gründe, welche die Forſtwirte veranlaßt haben, den Mittelwaldbetrieb faſt allgemein aufzugeben und den gleichalterigen, im Kronenſchluß aufwachſenden Hochwald an die Stelle zu ſetzen, haben wir in der vorher mitgeteilten vergleichenden Würdigung dieſer Betriebsart mit dem Hochwaldsbetrieb nicht klar zu erkennen vermocht. Man kann nicht ſagen, daß die Ertragsleiſtungen der Waldbäume in den beiden Beſtockungsformen in ſcharfer, über— zeugender Weiſe abgewogen worden ſind. Wir werden unten (ad IV) die Gründe, welche zum Verlaſſen des Mittelwaldbetriebs geführt haben, zu ermitteln ſuchen — ſo weit dies bei dem Mangel einer eingehenden Motivierung möglich iſt. Aber zuvor iſt zur Ergänzung der ſicherlich bedeu— tungsreichen Unterſuchungen, die ich im ſechſten Abſchnitt über die Produktionsleiſtungen der Waldbäume im geöffneten Kronenraum vorgenommen habe, die Frage zu beantworten: Haben die Meſſungen, die H. Cotta, Theodor Hartig u. a. an Mittelwaldſtämmen ausgeführt haben, zu anderen Ergebniſſen wie oben geführt? Produziert der oberholzreiche Mittelwald, in dem das Unterholz lediglich zum Bodenſchutzholz herabſinkt und keinen be— merkenswerten Ertrag liefert, nach dieſen Meſſungen eine weitaus geringere Holzmaſſe, als der geſchloſſene Hochwald auf gleichem Standort? Leider ſind in dieſer Richtung bei den höchſt dürftigen und unvollkommenen Meſſungen, die man benützen kann, nur Vermu— tungen geſtattet. Aber es iſt immerhin für die Fortbildung des Waldbaues ungemein wichtig, zu unterſuchen, ob dieſelben die Schlußfolgerungen im ſechſten Abſchnitt beſtätigen oder dieſelben als unglaubwürdig erſcheinen laſſen. Vor allem iſt zu beſtimmen, wie viele Stämme im Oberholze freien Der Mittelwaldbetrieb. 461 Wachsraum finden und dabei zugleich denſelben ſo weit erfüllen, daß das Unterholz lediglich geringwüchſiges Buſchholz bleiben wird. Die Meſſungen der Schirmflächen, die einzelne Schriftſteller vorgenom— men haben, ſind hierbei leider nicht zu benutzen. Th. Hartig und Jäger haben die Kreisflächen des überſchirmten Stammes ermittelt, aber es iſt nicht beſtimmt worden, wie weit zwiſchen den Peripherien der Kreisflächen offener Raum bei der Stellung der verſchiedenen Waldbäume bleibt. Cotta hat gleichfalls die Schirmfläche ermittelt; aber er hat nicht geſagt, ob er die Kreisfläche oder das Quadrat des Kronendurchmeſſers ins Auge gefaßt hat. Es iſt ferner nie— mals der Zuwachsgang und der Maſſenertrag des geſchloſſenen Hochwalds mit gleichen Holzarten bei ein und derſelben Standorts— beſchaffenheit ermittelt worden. Alle Schriftſteller legten auf den Unterholzertrag Wert, derſelbe ſollte nicht verkümmert werden, während bei der Vergleichung, die wir vorzunehmen haben, eine möglichſt dichte Oberholzbeſtockung vorauszuſetzen und kein Wert auf den Unterholzertrag zu legen iſt. Für eine ähnliche Vorausſetzung geſtatten indeſſen Hundes— hagen und Fiſchbach bei gutem Boden eine Ueberſchirmung von 70—80 % der Fläche vor dem Hieb. Nach Cottas Angaben berechnen ſich 23,4 qm Stammgrundfläche bei einer Ueberſchirmung von / der Fläche. Für die Rotbuche ſind die Unterſuchungen im Solling maßgebend. Durch genaue Ermittelungen wurde beſtimmt, daß bei freiwüchſigen Rotbuchen auf mittelgutem Boden Kronenſpannung und Sinken des Zuwachſes erſt dann eintritt, wenn die Stämme 23—24 qm Stammgrundfläche per Hektar erreichten und der volle Lichtungszuwachs wieder erfolgt, wenn durch Aushieb der gedrängt ſtehenden Stämme eine ſehr unbeträchtliche Lichtung vorgenommen wird. Wir wollen deshalb zunächſt eine Stammgrundfläche von 22 qm für oberholzreiche Mittelwaldungen (unmittelbar vor dem Hieb) zu Grunde legen, die man in der That in Buchenmittel— waldungen findet, ohne daß die Oberholzſtämme gedrängt ſtehen. Bei dieſer Vorausſetzung und einer 20jährigen Wiederkehr des Mittelwaldhiebes bis zum 80jährigen Alter ergeben die Cottaſchen Meſſungen; nämlich: 462 Zehnter Abſchnitt. Höhe. Durchmeſſer. Feſtmeter— m em Inhalt. 30jähriger Stamm 9,9 9,0 0,03 60ʃ⁰ ee 18,1 0,20 90 „ 5 17,0 30,1 0,64 120. „ 7 18,4 42,8 1,48 150 75 19,8 54,1 2,54 einen Jahreszuwachs von 6,3 Feſtmeter per Hektar. Was würden dagegen geſchloſſene Laubholzbeſtände bis zum 80. Jahr auf dem Mittelwaldboden liefern, auf den ſich die Cotta— ſchen Meſſungen beziehen? Zu dieſer Beurteilung kann man nur die Vergleichung des Höhenwuchſes benutzen. Die Mittelwaldſtämme ſind, wie der Verfaſſer durchgängig gefunden hat, bei gleicher Standortsgüte 2— 3 m höher, wie die Schlußſtämme. Hiernach würde die Produktionskraft des betreffenden Mittelwaldes in die 5., oder höchſten— falls zwiſchen die 4. und 5. Buchenklaſſe der von Franz von Baur unterſuchten Kormalbeſtände einzuſchätzen ſein, wie die folgende Vergleichung der Mittelhöhe ergibt: Cottas mittlere Mittelwaldſtämme im 80jährigen Alter — 16,0 m, Baurs mittlerer Buchenhochwaldſtamm, 4. Klaſſe im 80jährigen Alter S 17,5 m . 1 „ S 14,0 m. Unter Einrechnung der Zwiſchennutzungen (200% als Durchſchnitt der bisher veröffentlichten Nachweiſungen für dieſe Klaſſen) ergibt ſich: Buchenhochwaldzuwachs bis zum 80. Jahr 4. Klaſſe 336 Feſtmeter „ „ „ 71 „ 5. „ 217 „ Mittelwaldzuwachs an Oberholz bis zum 80. Jahr (exkl. des Unterholzertrags im 40., 60. und 80. Jahre) 505 „ Theodor Hartig hat ferner im Buchenmittelwalde eine ganz außergewöhnliche Aſtverbreitung gefunden. Hiernach würden ſchon Oberholzſtämme mit 15,8 qm 80% der Fläche beſchirmen. Derſelbe hat ermittelt: Oberholzklaſſen. Höhe. Durchmeſſer. ra m cm Feſtmeter. 30jährige Laßraidel .. 9,1 9,5 0,05 60 „ Oberſtänder 16, 27,8 0,64 90 „ angehender Baum. 21,3 42,1 1,60 120 „ Hauptbaum . 24,2 53,1 3,32 150 %% alter Baum. 25,9 61,4 4,78 Der Mittelwaldbetrieb. 463 Für dieſe geringe Grundfläche von 15,8 qm per Hektar und 20jährige Umtriebszeit (wie im vorigen Beiſpiel) berechnet ſich bis zum 80. Jahre ein Mittelwaldzuwachs von 552 Feſtmetern. Die Mittelhöhe der Oberholzſtämme beträgt im 80. Jahre 19,6 m, ſomit iſt die vierte Buchenklaſſe Baurs mit 17,5 m Beſtandsmittel— höhe einſchlägig; wir wollen indeſſen auch die dritte Klaſſe mit 20,9 m Beſtandsmittelhöhe vergleichen und überall 25 %/, des Haubar— keitsertrags für Zwiſchennutzungen hinzurechnen. Die Vergleichung ergibt: Baurs geſchloſſene Normalbeſtände auf 3. Standortsklaſſe Zuwachs bis zum 80. Jahr inkl. Reisholz .. 456 Feſtmeter VVV 5.50 „ Mittelwaldzuwachs (exkl. Unterholzertrag im 40., ee te 2, Theodor Hartig hat dagegen eine andere Anſicht bezüglich der Verſtärkung des Oberholzſtandes bis zu 8/0 der vollen Beſchirmung ausgeſprochen. Er glaubt, „daß bei geringen 0,4—0,5 der Grundfläche nicht überſteigenden Beſchirmungs— graden im Rotbuchenmittelwalde bei Rot- und Weißbuchenunterholz unter günſtigen Oberholzklaſſenverhältniſſen der Maſſenertrag des Mittelwaldes ſich dem des Hoch— und Niederwaldes gleichzuſtellen vermag“, daß aber „höhere Beſchirmungsgrade und höherer Oberholzumtrieb den Geſamtertrag des Mittelwaldes unter den des Hochwaldes, wie reinen Niederwaldes herabdrücken“. Dieſe Behauptung iſt indeſſen keineswegs durch vergleichende Ertragsunter— ſuchungen in glaubwürdiger Weiſe bewieſen worden. Man kann vielmehr nach— weiſen, daß die erſtaunliche Produktion der Rotbuche im Kronenſchluß, die Theodor Hartig auf dem vorzüglich guten (2— 5 Fuß, hie und da 50 und mehr Fuß aufgeſchwemmten) Muſchelkalkboden Braunſchweigs (Elm), auf einer kleinen, am beſten beſtockten Probefläche gefunden hat (cf. S. 203), von den Mittelwaldſtämmen mit der entſprechenden Höhe, wenn dieſelben bis zu der gewöhnlich in großen, ober— holzreichen Mittelwaldbeſtänden gefundenen Stammgrundfläche fortwachſen, nahezu geliefert wird, obgleich der Boden, auf dem die Mittelwaldſtämme erwachſen ſind, viel geringere Produktionskraft hatte. Beſonders intereſſant iſt die folgende Unterſuchung. Ich habe im ſechſten Abſchnitt (S. 203) nachgewieſen, daß der Geſamtzuwachs der eben genannten Probefläche vom 60. Jahre an faſt lediglich (bis auf 90%) von den 456 Stämmen per Hektar erzeugt worden iſt, die im 120. Jahr den Beſtand bildeten, daß die 1044 Stämme, die vom 60.—120. Jahre ausgehauen worden ſind, einen kaum nennenswerten Zuwachs geleiſtet haben. Ich habe oben geſagt, daß Leſer, die *) Während ſich hier ein Jahreszuwachs von 6,9 Feſtmeter per Hektar be— rechnet, gibt Hartig den Jahresertrag für 60jähriges Oberholz und volle Be⸗ ſchattung (die in dieſem Falle = 0,8 gerechnet wird) auf 7,1 Feſtmeter an. 464 Zehnter Abſchnitt. im Walde ergraut ſind, dieſes Verhalten der Stammklaſſen für durchaus un⸗ wahrſcheinlich erachten werden. Man darf nun fragen, welchen Zuwachs die 456 Stämme nach der Zuwachsleiſtung der auf viel ſchlech— terem Boden erwachſenen Mittelwaldſtämme hervorgebracht haben würden, wenn ſie nicht beſtändig von den Kronen des (jelbit nicht wuchsfähigen) Neben beſtands bedrängt worden wären und auf dieſe Frage geben die Hartigſchen Unterſuchungen im Mittelwald eine über— raſchende Antwort. Der Vollbeſtand hatte im 80. Jahre einen mittleren Durchmeſſer von 24,7 em und eine mittlere Höhe von 26,8 m. Vergleicht man hiermit die Mittel waldſtämme ſerſter Wuchsklaſſe, jo ergibt ſich folgendes: Dieſe Mittelwaldſtämme I. Klaſſe hatten nach Hartigs Unterſuchung: Höhe. Durchmeſſer. Maſſengehalt. m em Feſtmeter. 40. Jahr 14,5 21,4 0,36 50. „ 17,3 30,9 1,06 6 19 3 42,8 1:99 4 20,8 57,1 3,57 80. 22,2 71,4 5,31”): [2 Bei gleichem Alter und bei gleicher Bodengüte find die im Freiſtand er— wachſenen Stämme, wie wir im ſechſten Abſchnitt geſehen haben, in der Regel 2—3 m höher, als die Mittelhöhe der Vollbeſtände beträgt. Hier find dagegen die SOjährigen Mittelwaldſtämme 4,6 m niedriger, wie der Vollbeſtand, d. h. der Boden der Mittelwaldſtämme erſter Wachsklaſſe iſt weitaus ſchlechter, als der Boden der Hochwaldprobefläche. Nimmt man an, daß die Stämme im Elm bis zu derſelben Stammgrundfläche (22 qm per Hektar), wie im Solling, wachſen, bevor Kronenſpannung eintritt, jo können vom 40.—50. Jahre nicht die oben genannten 456 Stämme, ſondern nur 294 Stämme Wachsraum per Hektar finden, erner: vom 50.—60. Jahre = 153 Stämme „ e „ 70-80. „ = 55 „ Der mit Oberholz voll beſtandene Mittelwald auf viel weniger kräftigem Boden würde im Vergleich mit dieſer ausgeſuchten Probefläche Zuwachs liefern: per Hektar Mittelwald. Hochwald. Feſtmeter. Feſtmeter. vom 40.—50. Jahr 206 159 „ 50.—60. „ 142 141 „ 60.—70. „ 136 116 „ 70.—80. „ 124 107 608 523 ) Der Zuwachsgang der Mittelwaldſtämme J. Klaſſe wurde von Th. Hartig nur bis zum 80. Jahre ermittelt. Der Mittelwaldbetrieb. 465 Es ſtellen erſt die im Höhenwuchs weit zurückbleibenden Stämme III. Klaſſe, die auf dem Boden der Hochwaldprobefläche eine ganz andere Entwicklung ange— nommen haben würden, Gleichgewicht her; aber dieſe Stämme leiſten, wenn man die gleiche Bodengüte unterſucht, ungefähr das Doppelte der Hochwaldproduktion. Wir gelangen ſomit auf Grund eines ganz anderen Beweismaterials zu den gleichen Ergebniſſen wie im ſechſten Abſchnitt. Auch der oberholzreiche Buchenmittelwald liefert höchſtwahrſcheinlich einen viel höheren Jahreszuwachs wie der Buchenhochwald auf der gleichen Stand— ortsklaſſe und der Wertzuwachs wird ſelbſtverſtänd lich durch den Mittelwald viel mehr geſteigert, als durch den Hochwald. Forſtdirektor Jäger hat die Höhe, Maſſe und die Schirm— flächen der im Mittelwaldbetriebe erwachſenen Eichen vermeſſen. Auf einem friſchen, tiefgründigen, ſehr nahrungsreichen Boden, welcher auch im landwirtſchaftlichen Betrieb das Prädikat erſte Klaſſe verdient, gefunden: Klaſſe. = & = = — =’ = 2 = — . = = Ö 8 Durchmeſſer Maſſegehalt. Schirmfläche m em Feſtmeter. 30jährige Laßraidel .. 11,9 18,3 0,16 7,1 40 „ Oberſtänder 14,1 26,2 0,35 17,0 60 „ angeh. Bäume . 18,8 39,3 1,36 42,6 80 „ ⁵ haubare Bäume . 22,6 5234 3,15 89,5 100 „ Hauptbäume . 24,5 61,6 5,07 141,8 Jäger ermittelte für dieſen Boden erſter Klaſſe bei 2) Ueberſchirmung einen Jahresdurchſchnittszuwachs vom Eichenoberholz — 5,8 Feſtmeter, vom Unterholz 3,9 Feſtmeter per Hektar. Der Eichenhochwald ſoll nach Jäger auf beſtem Boden den gleichen Ertrag inkl. Zwiſchennutzungen liefern, auf nur gutem Boden ſogar 10—300% mehr. Unter dem Schirm betrug der Unterholzertrag genau die Hälfte von dem Ertrage des Oberholzes. Der Maſſenzuwachs und Ertrag der badiſchen Mittel— waldungen wird in den ſtatiſtiſchen Nachweiſungen, welche bis— her in dieſem Lande veröffentlicht worden ſind, fortgeſetzt höher angegeben, als der Maſſenertrag der Hochwaldungen. Nach dem Stande am 1. Januar 1876 beträgt der Jahreszuwachs per Hektar in Feſtmeter: Domänenwald. Gemeindewald. H wer .. 4,3 4,2 Mitelmald 3, 2, Ai-3:.-. 5,0 4,4 Wagener, Waldbau. 30 466 Zehnter Abſchnitt. Jährlicher Abgabeſatz: Domänenwald. Gemeindewald. e e 3 3,5 Niels 5,0 4,3 Allein dieſe Vergleichung hat, wie ſchon oben bemerkt wurde, nicht die volle Beweiskraft, weil ſie die verſchiedenartigſten Stand— orts⸗ und Beſtockungsverhältniſſe umfaßt. Die Unterſuchungen des Verfaſſers über die Wachs⸗ tumsleiſtungen der Mittelwaldoberhölzer im Vergleich mit dem Hochwald ſind ſchon im ſechſten Abſchnitt (S. 200) mitgeteilt worden”). Lauprecht hat für die Oberförſterei Worbis folgende Höhen, Derbholz— maſſen und Zuwachsprozente an etwa 2900 Eichen- und Buchenoberſtänden als Mittelſätze gefunden **): A. Eichen. Jahr. Volle Länge. Derbholzgehalt Zuwachsprozente. per Baum. m Feſtmeter. 48 9,6 0,06 3,78 66 12,1 0,22 2,37 104 15,0 0,77 1,44 128 17,2 2,10 1,05 B. Buchen. 45 10,5 0,05 5,20 68 14,3 0,33 3,02 106 19,3 1,60 1,58 ) Wenn man den Wachstumsgang der Mittelwald buchen nach der Holz— erzeugung, den Heinrich Cotta und Theodor Hartig gefunden haben, mit den Meſſungen des Verfaſſers vergleicht und den mittleren Maſſegehalt der Stämme im 120jährigen Alter — 1,00 annimmt, jo ergibt ſich folgendes: Wagener, Cotta. Hartig. Muſchelkalk. Bunter Sandſtein. 150. Jahr. 1,72 1,44 pie: . 120. „ 1,00 1,00 1,00 1,00 900 , 0,43 0,48 0,59 0,51 68 0,14 0,19 0,22 0,18 30. 5 0,02 0,02 0,01 0,01 ) Der Verfaſſer hat derartige Meſſungen gleichfalls in ſehr umfangreicher Weiſe ausgeführt. Allein er hat ſpäter gefunden, daß dieſelben den Wachstums— gang der Einzelſtämme, wie derſelbe ſich bei der Sektion einer großen Zahl er— gibt, nicht richtig angeben und verzichtet deshalb auf die Mitteilung. Der Mittelwaldbetrieb. 467 III. Die Wirtſchaftsregeln für den fortzuſetzenden Mittelwaldbetrieh. a. Wenn die Unterholzbeſtockung gut wüchſig iſt und Schluß bildet, ſo iſt die Bewirtſchaftung eines Mittel— waldes einfach und leicht zu vollziehen. Man zeichnet vor dem Hiebe des Unterholzes die ſchönwüchſigſten und ſtandfeſten (ſtufig gewachſenen) Unterholzſtangen, möglichſt Kernpflanzen, zum Stehen— bleiben aus. Die nutzbringendſten Holzarten, die zu begünſtigen und zu begründen ſind, bilden auf gutem Boden (für trockenen und flachgründigen Boden iſt die Mittelwaldwirtſchaft nicht geeignet und durch Kiefernhochwald oder Eichenſchälwald zu erſetzen), etwa die folgende Reihenfolge: Lärchen, Kiefern, Eichen, Birken, Eſchen (letztere in feuchten Lagen), Fichten, Tannen, Hainbuchen und Rot— buchen; indeſſen iſt das Verhältnis im Wertertrage gegenüber der Verdämmung des Unterholzes noch genauer feſtzuſtellen, namentlich bezüglich der drei zuletzt genannten Holzarten unter ſich und im Vergleich mit den weniger verdämmenden Kiefern, Eichen und Birken. (Die Rotbuche wird indeſſen unbeſtritten auf der unterſten Stufe bleiben. Das Hainbuchenholz wird für manche Verwendungs— zwecke — allerdings mit geringen Quantitäten — geſucht und es kann deshalb die Anzucht der Hainbuche als Baumholz örtlich be— rückſichtigungswert ſein.) Man läßt hierauf das Unterholz fällen und bezeichnet, da nun— mehr die Stellung des Oberholzes beſſer überſehen werden kann, die Stämme, die wegen Alter, Anbrüchigkeit ꝛc. zur Fällung kom— men ſollen. Es iſt zwar eine thunlichſt gleichmäßige Verteilung des Oberholzes über die Fläche erwünſcht, allein nicht immer zu erreichen. Wenn jeder Oberholzſtamm freien Wachsraum erhält, ſo ſchadet eine dichtere Stellung gutwüchſiger Stämme, als der gleichmäßigen Verteilung entſprechen würde, nicht; ſie iſt vielmehr, wenn nicht örtlich auf den vollen Wuchs des Unterholzes (z. B. infolge von Berechtigungen) das Hauptgewicht zu legen iſt, grund— ſätzlich herbeizuführen. Bei dieſer Auszeichnung des Oberholzes haben die oben mit— geteilten Annahmen der Schriftſteller über die Verteilung der 468 Zehnter Abſchnitt. Stämme in die 30, 60⸗, 90: und 120jährigen Altersſtufen praktiſch keine Anwendung zu finden, weil dieſelben nur als Beiſpiele ge— wählt und hinſichtlich der Nutzleiſtungen nicht unterſucht worden ſind. Man hat vielmehr die wuchskräftigen Oberſtänder und die brauchbaren Laßraidel, die ſich vorfinden und während der nächſten Umtriebszeit des Unterholzes freiwüchſig bleiben werden, ſtehen zu laſſen und nur, wenn viele wuchskräftige Stangen und Stämme dicht zuſammenſtehen, zur Erzielung der erforderlichen Lichtung die ſchlechtwüchſigſten und ſchlechtgeformteſten Exemplare auszuhauen. Viel wichtiger iſt die örtliche Beſtimmung, ob die Oberholz— ſtämme im 80. oder 90. oder 100. oder 120. Jahre brauchbares Nutzholz geben und wie ſich die Maſſen- und Wertzunahme der Stämme nach dem 80. Jahre geſtaltet. Bei Buchen- und Eichen— oberholz wird man in der Regel, wenn der Boden nicht beſonders gut iſt, 100—120jährige Abtriebszeit einhalten müſſen, weil bei dieſen Holzarten die ſchwächeren Holzſorten einen zu geringen Nutz— holzanfall (gewöhnlich nur ein einläufiges Schwellenſtück) geben. Allerdings wird eine dreiprozentige Verzinſung beim Uebergang von 80—90- zu 100—120jähriger Umtriebszeit ſelten erreicht werden können. Das Ueberhalten der Stämme bis zum 150jäh— rigen und mehrjährigem Alter iſt zwecklos, denn dieſe ſtarken Nutzhölzer, die früher zum Schiffbau verbraucht wurden, werden nicht mehr verlangt. Man kann den Zuwachs der Oberhölzer in den einzelnen Altersſtufen — z. B. vom 30.—60., 60.— 90. Jahre — auf die überſchirmte Fläche beziehen und hiernach die Verteilung der Oberhölzer in die Altersklaſſen regeln. Indeſſen ſind bis jetzt die Unterſuchungen des Wachstumsganges der freiwüchſigen Stämme noch nicht ſoweit gediehen, um ſichere Anhaltspunkte für dieſe Vergleichung be— nutzen zu können. Das zur Fällung ausgezeichnete Oberholz iſt in der Regel unmittelbar nach dem Hiebe des Unterholzes zu hauen und abzu— räumen, da beim Hiebe im zweiten Jahre die Unterholzlohden von den Mutterſtöcken häufig abgetrennt werden?). „) Vielfach iſt die Entaſtung der Oberholzſtämme in der Litteratur erörtert und praktiſch bethätigt worden. Ich werde die Entaſtung im zwölften Abſchnitt eingehend erörtern. Vorläufig kann ich nur auf Grund meiner vielfältigen Er— fahrungen dringend warnen, bemerkenswerte Entaſtungen vornehmen zu laſſen. Der Mittelwaldbetrieb. 469 Für den Hieb des Unterholzes gelten dieſelben Regeln, wie für die Niederwaldungen (ſiehe nächſten Abſchnitt). Von Mitte Februar bis Mitte April iſt gewöhnlich die Hiebszeit; der Hieb wird ſo tief als möglich ſcharf und glatt (bei ſtärkeren Stangen zwei Hiebe) geführt. Die Hiebsfläche darf nicht ſplittern und kein Waſſer auf derſelben ſtehen bleiben. Zu Unterholz ſind Hainbuchen und Eichen (letztere jedoch nur bei einem lichten Oberholzſtand) am meiſten geeignet. Man findet zwar die Rotbuche ſehr häufig als Unterholz; aber dieſe Holzart, die als Stockſchlag nicht ausdauert und bald breite, ſchlechtwüchſige Büſche bildet, führt die Mittelwaldungen in der Regel — beſonders günſtige Standorte ausgenommen — dem Untergang entgegen. Zur künſtlichen Nachzucht des Oberholzes läßt ſich zumeiſt nur die koſtſpielige Heiſterpflanzung benutzen. Die künſtliche Nach— zucht des Unterholzes werde ich ad b erörtern. b. Ungleich ſchwieriger iſt die Fortſetzung der Mittelwaldwirt— ſchaft in Mittelwaldungen mit bereits rückgängiger Beſtockung und leider findet man derartige Beſtandsverhältniſſe ſehr häufig. Große, ſperrige Stockausſchläge der Rotbuche ſind ſchlechtwüchſig geworden, Weichhölzer, namentlich Aspen und Birken, Dornſträucher, Himbeerſträucher ꝛc. haben ſich angeſiedelt; auf den feuchteren Flächenteilen hat ſich Gras und ſonſtiges Unkraut ein— gefunden; auf den trockenen Flächenteilen ſind Blößen und Lücken entſtanden; der Boden trocknet aus und überzieht ſich mit Anger— gräſern oder Heidelbeeren und Heidekräutern. Saaten und Pflanzungen von Eichen, Hainbuchen und Buchen nach dem Unterholzhieb ſind in der Regel erfolglos, weil die Stockſchläge junge kleine Pflanzen nicht aufkommen laſſen und das Einſetzen von Heiſterpflanzen zur Rekrutierung des Unterholzes zu koſtſpielig ſein würde. Es erübrigt nur, aus dem Oberholz und den kräftigen Stockausſchlägen einen Schirmſchlag zu ſtellen und Hainbuchen und Buchen, ſpäter (nach der Lichtung) Eichen und andere lichtbedürftige Holzarten einzupflanzen. Der Schirmſchlag iſt nach den im vorigen Abſchnitt erörterten Grundſätzen zu lichten — auf trockenem Boden raſcher und ſtärker, als auf friſchem, graswüchſigem Boden. Man hat denſelben Weg einzuſchlagen, wie bei dem Uebergang aus der Mittelwald- in die Hochwald— 470 Zehnter Abſchnitt. wirtſchaft mit Laubholz (ſiehe unten). Wenn aber die jungen Kernpflanzen 4—6 jährig geworden find, ſo ſchneidet man den— jenigen Teil derſelben, der nicht zu Oberholz beſtimmt iſt, ſcharf und möglichſt nahe des Wurzelknotens ab, denn erfahrungsgemäß bilden alsbald alle ausſchlagfähigen Laubhölzer eine dichte, freudig wachſende Beſtockung. Die fernere Behandlung folgt den oben angegebenen Wirtſchaftsregeln für den Mittelwald; nur wird man beim erſten Abtrieb lediglich geringes Reisholz im Unterholz finden. Dieſe Verjüngungsart erſtreckt ſich auf alle Flächenteile, deren Beſtockung bereits degeneriert iſt oder zu degenerieren beginnt. Man hat auch wohl hin und wieder Kiefern in Mittel— waldungen mit einzelſtehendem Oberholz zum Bodenſchutz angebaut und deren Abtrieb im Mittelwaldturnus vorgenommen. Da jedoch die Kiefer im 20—30 jährigen Alter nur einen geringen Brenn: holzertrag liefert, ſo wird der Kiefernhochwald, ſobald gerad— ſchaftiges Holz erwächſt, vorzuziehen ſein. Auch gehört der Anbau der Kiefer als Unterholz nicht in den Rahmen des Mittelwaldbetriebs. IV. Die Ueberführung der Wittelwaldungen in den Hochwaldbetrieb. Die oben vorgenommene Vergleichung begründet zwar ge— wichtige Zweifel, ob die Umwandlung dieſer Beſtockungsform in den gleichwüchſigen Laubholzhochwald, welche die Forſtwirte mit beſonderem Eifer faſt überall vollzogen haben, überhaupt berechtigt war. Die höhere Leiſtungsfähigkeit der dicht geſchloſſenen, gleichwüchſigen und gleichalterigen Hochwaldbeſtockung iſt in keiner Weiſe nachgewieſen worden, vielmehr entſchieden zu bezweifeln, namentlich auf Grund der Erwägung, daß der Mittelwald in ſehr kurzer Zeit die ge— brauchsfähigſten Nutzhölzer darbietet. Aber der Mittelwald, in dem die Oberhölzer nur 0,3—0,5 der Fläche beſchatteten und in dem das Unterholz zur Lieferung eines großen Ertrags berufen wurde, hatte gewiſſe Schattenſeiten, die ich ſchon ad III betont habe. Es war ungemein ſchwer, das Unterholz in einer für den Bodenſchutz genügenden Vollkommenheit zu regenerieren. Wenige Jahre nach dem Abtrieb des Unterholzes hatten die Ausſchläge der alten Hartholzſtöcke eine weite Verbrei— Der Mittelwaldbetrieb. 471 tung angenommen; ohne fortgeſetzte Aushiebe war es kaum mög— lich, die zwiſchenſtehenden, natürlich oder künſtlich eingebrachten Samenpflanzen zu erhalten. Das Unterholz degenerierte und die Nachzucht des Oberholzes war in der Regel nur durch koſtſpielige Heiſterpflanzungen möglich, die nicht immer gelungen ſind. Wenn die alten Stöcke ſpäter die Reproduktion verſagten, ſo überzog ſich die Fläche mit Aspenwurzelbrut, Lindenſtockſchlägen, Haſſeln, Birken und Sahlweiden, die im Verein mit Gras und andern Forit: unkräutern den Boden nicht zu kräftigen vermögen. Solange die Mittelwaldungen ein vollſtändiges Unterholz von ſchattenertragenden dicht belaubten, kräftig vegetierenden Holzgattungen haben, ſo lange iſt ein Rückgang der Bodenkraft nicht zu befürchten, weil alsbald nach dem Hieb der Boden wieder eine dichte Beſchirmung erhält. In dieſen Fällen proſperiert auch der Niederwald erfahrungsgemäß ſeit Jahrhunderten auf trockenen Südhängen und Sandböden. Aber dieſer Fall tritt ſehr ſelten ein. Man war vielfach genötigt, ſehr altes, unwüchſiges Oberholz beizubehalten, welches für den über— ſchirmten Raum viel weniger Zuwachs produziert, wie junge, wuchskräftige Stämme. Eine Umwandlung der Beſtockung war in den meiſten Mittelwaldungen notwendig geworden. Bei dieſer Umwandlung konnte die allgemeine Einbürgerung der Niederwaldwirtſchaft nicht in Frage kommen, denn es iſt, wie wir geſehen haben, ſeit langer Zeit die ausgiebige Nutzholzproduk— tion die nächſtliegende Aufgabe des deutſchen Waldbaues. Man hatte die Baumholzzucht zu begründen. Aber man konnte verſchiedene Beſtockungsformen für die Baumholzzucht wählen und den Uebergang zu denſelben in verſchiedener Weiſe bewerkſtelligen. Zwar hatte man ohne Frage die Verjüngung der herabgekommenen Mittelwaldbeſtockung durch Kernwuchs überall zu vollziehen. Aber man hatte ſicherlich zu fragen: iſt es für die Gewinnung der höchſten Wertproduktion in der kürzeſten Zeit be- ſonders förderlich, wenn man jährlich nur den 100. oder 120. Teil (in den nächſten 20 Jahren den 5. oder 6. Teil) der Waldung verjüngt und hierauf kahl abholzt, außerdem in den übrigen Schlägen nur die ſchadhaften und unwüchſigen Oberhölzer durch Auszugshauungen entfernt, dagegen die Hauptmaſſe der Beſtockung ihrem Schickſal überläßt, d. h. die alten unwüchſigen Stockſchläge mit 472 Zehnter Abſchnitt. den jetzt noch wüchſigen Oberſtändern, angehenden Bäumen und Bäumen (die jedoch bis zur Verjüngung etwa 160 —240jährig werden) in dichten Schluß treten läßt und dieſe zuſammengewachſenen Ueber— gangswaldungen lediglich auf unterdrücktes Holz durchforſtet? Oder iſt es volkswirtſchaftlich nutzbringender, den oberholzreichen Mittelwald mit einer etwa 40jährigen Wiederkehr des Hiebes her— zuſtellen, auf den jährlichen Verjüngungsſchlägen (unter Schirm— ſtand) Bodenſchutzholz anzubauen und nach vollzogener Verjüngung die wuchskräftigſten Laßraidel im Verein mit den Oberſtändern, angehenden Bäumen und Bäumen einen dichten Oberholzſtand bilden zu laſſen, bis die Laßraidel (aus Stockſchlag) und die an: gehenden Bäume und Bäume überhaupt die hiebsfähigen Oberhölzer durch die (aus dem unterbauten Kernwuchs aufwachſenden) jungen Stangen erſetzt werden können? Man konnte entweder das 40jährige Unterholz beim erſtmaligen Hiebe in der Hauptſache fortwachſen laſſen (indem man nur die zuletzt genannten Stangen frei ſtellte und die bei der Fällung der Bäume ꝛc. beſchädigten Gerten auf den Stock ſetzte) oder dasſelbe (wie im Solling) ent— fernen und neues Bodenſchutzholz begründen. Man kann ſelbſt im Hinblick auf die unvollſtändigen Beweiſe, die wir oben kennen gelernt haben, nicht darüber zweifelhaft ſein, welche Ergebniſſe gefunden worden wären, wenn man lediglich den bisherigen Zuwachs der Oberſtänder auf die Schirmfläche derſelben bezogen haben würde. Leider ſind dieſe Unterſuchungen unter— laſſen worden. Aber wie hat man, ſo wird der Leſer fragen, die Art und Weiſe der Ueberführung thatſächlich geregelt? 1) Die Anſichten der Waldbauſchriftſteller. Heinrich Cotta hat mit gewohntem Scharfblick die zuerſt genannte Art der Umwandlung ins Auge gefaßt. Er gibt zu— nächſt eine „idealiſche Darſtellung, um das Verfahren bei der Um— wandlung zu verdeutlichen, nicht aber, um damit eine allgemeine Vorſchrift zu geben“. Wenn man die Ueberführung beginnen will und auf dem älteſten Schlag per Hektar vorfindet: 18 Stück 150jährige Bäume, 36 „ 120 4 2 ” 1 „ Oberſtänder, Der Mittelwaldbetrieb. 473 ſo ſind die Stämme der drei erſten Klaſſen bis auf 36 Stück 90jähriger Bäume zu entfernen. Die 72 Stück 60jähriger Oberſtänder bleiben ſtehen und aus den ſchönſten und kräftigſten 30jährigen Stangen wählt man 1260 Stück per Hektar zum Ueberhalten. Die Wiederkehr des Hiebes erfolgt in 30 Jahren. Man hat dann per Hektar: 36 Stück 120jährige Bäume, l 5 und mindeſtens 1080 Stück 60jährige Oberſtänder. Bei dieſem zweiten Abtrieb geht man zum 40jährigen Umtrieb über, läßt jomit nur 3“/ Hektar hauen. Es werden gehauen: alle 120jährigen Bäume, 27 Stück, 77 90 n 7 54 7 die Hälfte der 60jährigen Oberſtänder — 405 Stück. Nach 40 Jahren iſt die andere Hälfte 100jährig und die 30jährigen Laßraidel ſind 70 Jahre alt geworden. Man geht alsdann in 90jährigen Hochwald über und haut nur 1/3 des früheren Mittel waldſchlages. Nach den Berechnungen Cottas iſt bei dieſem Uebergang der frühere Mittelwaldertrag fortdauernd zu nutzen. Man kann indeſſen, wie Cotta ſagt, ſogleich nach dem erſten Umtriebe in die Hochwaldwirtſchaft übergehen; aber er betont beſonders, daß keine zu hohe Um— triebszeit gewählt werden darf, damit die Laßraidel des letzten Schlags nicht zu alt werden. Statt der 120jährigen Umtriebszeit iſt die 100jährige zu wählen, damit die 30jährigen Laßraidel nur 130jährig und nicht 150jährig werden. Hundeshagen will die Ueberführung mittels Vermehrung des Oberholzes bei fortgeſetzter Mittelwaldwirtſchaft bewirken. Man teilt die für den künftigen Hochwald feſtgeſetzte Umtriebszeit in vier Zeitperioden (3. B. jede derſelben zu 30 Jahren) und wählt dann die Diſtrikte aus, die dereinſt in einer oder der anderen derſelben zur ſchlagweiſen Verjüngung als Hochwald kommen ſollen. Hierauf ſetzt man den Mittelwaldbetrieb in den nächſten zwei Perioden noch in der Art fort, daß nach Ablauf derſelben die erſte Klaſſe der Beſtände nur durch lauter Stämme von 90—130 Jahren beſtanden iſt, ferner die zweite Klaſſe eine zum vollkommenen Schluß beinahe hinreichende Menge 60—90jähriges Oberholz beſitzt, die dritte Klaſſe aber größtenteils 30 bis 60jähriges Holz enthält und endlich die vierte Klaſſe nur mit jungem, 10 bis 30jährigem kräftigem Stockausſchlage oder jungem Samenaufwuchſe beſtanden iſt. Die Anſichten Pfeils über die Umwandlung eines Mittel— waldes in Hochwald ſind unbeſtimmt. Man ſoll in den Mittel— waldbeſtänden, die ſpäter zur Verjüngung gelangen, das alte Holz ausſchneideln, höchſtens einen zu ſehr verdämmenden Stamm oder die nicht aushaltenden alten Bäume heraushauen u. ſ. w. Karl Heyer“ will die Umwandlung durch Vermehrung des Oberholzes bei fortgeſetzter Mittelwaldwirtſchaft bewirken. ) Die Verfahren, welche Gwinner angibt, enthalten nichts Bemerkens⸗ 474 Zehnter Abſchnitt. Karl Fiſchbach will zunächſt nicht die ganze Periodenfläche, ſondern einen kleineren Teil des Waldes — etwa 10— 15 Prozente — zu Hochwald verjüngen. Der Abgabeſatz wird durch den Aushieb des Oberholzes in den jüngſten Mittelwaldſchlägen (20—250% der Geſamtfläche) bis auf einen kleinen Reſt er— gänzt. Hierauf werden ca. 15— 200% der Fläche verjüngt, weil die Nachhiebs— erträge ausfallen. Endlich werden die 20—25 % der Geſamtfläche verjüngt, wo das Oberholz durch Nachhiebe entfernt worden iſt. Wenn der Mittelwald vor— herrſchend aus Stockſchlag beſteht und wegen Mangel von Samen- (Oberholz-) Bäumen Nadelholz angebaut werden ſoll, ſo empfiehlt Fiſchbach, die Hochwald— verjüngung einige Jahre auszuſetzen und inzwiſchen weitere Mittelwaldhiebe in denjenigen Stockausſchlägen mit Vermehrung des Oberholzes zu führen, welche die Verdoppelung oder Verdreifachung des früheren Umtriebs ohne ſehr große Verluſte an Holzzuwachs, Holzwert und Bodenkraft nicht aushalten. 2) Die Verfahrungsarten der forſtlichen Praxis. Die bayriſchen Wirtſchaftsregeln für die Um— wandlung von Mittelwaldungen in Hochwaldungen legen hauptſächlichen Wert auf die Erhaltung der edlen Holzarten, d. h. der Rotbuche und Eiche und auf die alsbaldige Herſtellung und unausgeſetzte Erhaltung des Kronenſchluſſes. In den noch nicht zum Zwecke der Verjüngung angegriffenen Abteilungen, die vorherrſchend auf Laubholz (Buchen mit Eichen) bewirtſchaftet werden ſollen, iſt „der Abtrieb der dermaligen Beſtockung an hartem Holze nicht zu übereilen, ſondern zu verſchieben, bis der Beſtand zureichend herangereift iſt, und mit Aus— ſicht auf Erfolg, ähnlich dem Hochwalde, im Beſamungsſchlag geſtellt werden kann.“ Inzwiſchen ſind lediglich die Weichhölzer und Birken und die unwüchſigen Stockſchläge durch Reinigungen und Durchforſtungen zu entfernen; aber unter keinen Umſtänden iſt der Schluß zu unterbrechen, zu deſſen Erhaltung ſelbſt einige Weichholzſtämme bis zum Abtrieb belaſſen werden dürfen. Nur dasjenige abſtändige Oberholz an Eichen und Buchen, welches bis zur natürlichen Ver— jüngung des Hauptbeſtandes nicht mehr auszudauern verſpricht, iſt durch Auszugshauungen zu entfernen. In den bereits angegriffenen, für die Laubholz— nachzucht beſtimmten Abteilungen ſind die Weichhölzer und Stockſchläge allmäh— lich auszuforſten und die leeren Stellen durch künſtliche Kultur zu verjüngen. Schönwüchſige Eichen, die noch 80 Jahre ausdauern, ſind überzuhalten. Auch in den Abteilungen, welche wegen ihrer ſchlechteren Bodenbeſchaffenheit oder wegen des Uebergewichts der Weichhölzer mit Nadelholz beſäet oder bepflanzt werden müſſen, hat man mit beſonderer Aufmerkſamkeit die Laubholznachzucht an allen geeigneten Orten zu bewerkſtelligen. „Größeren oder kleineren Horſten von Buchen und Eichen, die ſich erhalten können, laſſe man den Vorzug und bringe ihnen wertes. Stumpf beſchreibt im weſentlichen das in Bayern eingehaltene Ver— fahren (ſiehe unten). Der Mittelwaldbetrieb. 475 die Fichten nicht zu nahe. Noch weniger aber miſche man dieſelben hier oder in den vorher beſprochenen Fällen einzeln in das Laubholz ein.“ Die ſpäter (1862) veröffentlichten Wirtſchaftsregeln für die vom Mittel⸗ in Hochwald überzuführenden zwei Wirtſchaftskomplexe des Guttenberger— und Gramſchatzer Waldes bei Würzburg enthalten im weſentlichen keine Abänderung. Die Eichen ſollen 1/3 der Fläche ſpäter beſtocken und zu dieſem Zweck in dichten Horſten — „und zwar in Horſten ſolchen Umfangs, daß die Eiche ſich ſelbſt ſchützen kann, ohne dabei des Vorteils, welche ihr die Buche durch Verbeſſerung des Bodens gewährt, wegen zu großer Ausdehnung der Horſte ent— behren zu müſſen“ — erzogen werden. Wenn das Unterholz vorherrſchend aus Weichhölzern beſteht und das Abtriebsalter im Mittelwalde noch nicht über— ſchritten hat, ſo wird dasſelbe noch einmal abgetrieben, dabei aber die zur Um— wandlung brauchbaren Buchenſtangen in der zu dieſem Zweck nötigen Anzahl übergehalten. Bei der Schlagpflege werden Linden, Saalweiden und Haſeln mit der Wurzel ausgegraben. Nadelholz wird zur Ausfüllung der Lücken nur auf einem Boden, der für das edle Laubholz weniger geeignet iſt, zugelaſſen. Wüchſige Kiefern läßt man einwachſen. Die bayriſche Forſtverwaltung iſt, wie man ſieht, vor allem beſorgt, Buchen und Eichen, wo ſie nur gefunden werden, zu er— halten und die früher freiſtändigen Stämme in dichten Kronen— ſchluß zu bringen. In oberholzreichen Mittelwaldungen werden alsbald die früheren alten Bäume, Hauptbäume und angehenden Bäume die Hauptmaſſe des Uebergangsbeſtandes ausmachen, wenn ſie noch nicht abſtändig geworden ſind und noch einige Zeit aus— zudauern verſprechen. Wie es mit den Zuwachsleiſtungen eines derartigen Beſtandes beſchaffen iſt, mit der Produktion von Ge— brauchswerten für den menſchlichen Haushalt — dieſe Frage ſcheint nicht erörtert worden zu ſein. In den Domänenwaldungen des Großherzogtums Sachſen-Weimar werden, wie Karl Grebe berichtet, die Be— ſtände, die nach 20—40 Jahren zur Verjüngung kommen und infolge ihres vollen Oberholzbeſtandes zu dieſer Zeit zu— reichenden Schluß erlangen, in ähnlicher Weiſe behandelt, wie in Bayern. Man entfernt die abſtändigen Bäume durch Auszugshauungen, durchforſtet das Unterholz ſcharf eingreifend und ſtellt dann mittels der kräftigen Unterholz ſtangen und des Oberholzes Vorbereitungsſchlag. Aber die Mittelwaldbeſtände, die ein minder dicht ſtehen— des Oberholz und kein ſehr kräftiges und ſtandhaftes Unterholz haben, werden für die Verjüngung in der dritten 476 Zehnter Abſchnitt. Periode, nach 40 und CO Jahren, und in der vierten Periode, nach 60—80 Jahren, beſtimmt und nicht in gleicher Weiſe bewirtſchaftet, wie in Bayern. Die Beſtände, die in der dritten Periode zur Verjüngung gelangen, werden in den erſten 20 Jahren in einen ſog. Mittelwaldzwiſchenſchlag geſtellt. Alle älteren, rückgängigen Oberholzſtämme werden entfernt; es bleiben nur die gutwüchſigen Stämme ſtehen, welche paſſende Verwendung bei der ſpäteren Be— ſamungsſchlagſtellung finden können. Die Kernwuchshorſte im Unterholz werden frei gehauen und gereinigt, damit ſie zu ausgeſchafteten und erſtarkten Stangen— holzgruppen aufwachſen, die ſpäter zum Einwachſen oder zur Schirmſtellung be— nutzt werden können. Vom anderen Unterholz werden möglichſt viel Laßreiſer zur Ergänzung des zukünftigen Beſamungsſchlages übergehalten. Die Lücken und ſchlechtbeſtockten Flächenteile werden mit Fichten und Lärchen durchpflanzt. Zehn bis zwanzig Jahre vor der Verjüngung wird der zweite Hieb, der vorbe— reitende Durchhieb, geführt; die ſchlechten und ſchadhaften Laßraidel des Zwiſchenſchlags werden dabei durchforſtungsweiſe hinweggenommen. In den Beſtänden, die nach 60—80 Jahren verjüngt werden, haben ledig— lich die Oberſtänder und Laßraidel den Haubarkeitsbeſtand zu bilden. Die ſtärkeren Oberholzſtämme ſind beim erſten Mittelwaldzwiſchenſchlag in den nächſten zwanzig Jahren auszuhauen; derſelbe hat außerdem möglichſt viel Laßreiſer in ange— meſſener Verteilung zu belaſſen. Kleinere Lücken werden durch Laubholzheiſter— pflanzung ergänzt; mangelhaft beſtockte, verwilderte Beſtandspartien, größere Lücken und Blößen, vermagerte Außenränder werden gänzlich in Nadelholz um— gewandelt, da dasſelbe nach 60 —80 Jahren ſchwach haubar ſein wird. Zwanzig Jahre ſpäter wird ein zweiter Zwiſchenſchlag eingelegt, der Nachleſe unter dem ſchadhaft gewordenen Oberholze hält und die ſchadhaft ge— wordenen, krumm gebogenen oder ſonſt entbehrlichen Laßreiſer entfernt. Zehn bis zwanzig Jahre vor der Verjüngung wird der vorbereitende Durchhieb in der oben erwähnten Art geführt. Die weiteren Mitteilungen in der Forſtlitteratur bieten wenig Bemerkenswertes. In der weimariſchen Forſtinſpektion Allſtädt ſoll ein Zwiſchenbetrieb, bei welchem in dem 1—4 mal alle 20 Jahre wiederkehrenden Mittelwaldſchlage immer dunkler gehalten wird, bis das Unterholz eingeht, weniger vorteilhaft, ſogar oft nachteilig für die Nachzucht der Eiche ſein. Uebrigens wird die Eiche horſtweiſe auf Flächen von 0,07 bis 0,85 ha erzogen. Forſtrat Gehret in Aarau hat ein eigenartiges ſog. Vor— waldſyſtem bei der Ueberführung der Mittel- und Niederwälder in den Hochwaldbetrieb ſchon 1840 eingehalten, was fi) durch die Erfahrung bewährt haben ſoll. Die umzuwandelnde Mittel- oder Niederwaldung wird in 30 Schläge ein— Der Mittelwaldbetrieb. 477 geteilt; jedes Jahr wird mit möglichſter Rückſicht auf eine zweckmäßige Hiebs⸗ folge ein Schlag abgetrieben, gerodet, und 1—2 Jahre landwirtſchaftlich be— nutzt. Ein bis zwei Jahre nach dem Abtrieb erfolgt die Aufforſtung mittels Reihenpflanzung in 5- bis 6füßigen Reihenabſtänden, zwiſchen den Reihen kann die landwirtſchaftliche Benutzung des Bodens noch 2 Jahre fortgeſetzt werden. — Bei der Pflanzung wird — Reihe um Reihe wechſelnd — die eine mit denjenigen — wo möglich ſchattenertragenden — Holzarten bepflanzt, welche den künftigen Beſtand bilden ſollen, und die andere mit einer oder mehreren ſchnell wachſenden, lichtfordernden und wenig Schatten gebenden. — Die erſteren werden in den Reihen 3—4, die letzteren 5—6 Fuß auseinandergeſetzt. — Letztere führen den Namen „Vorwald“ und ſind dazu beſtimmt, in dem Zeitraume, der zwiſchen der Beendigung der Umwandlung und dem Beginn der Haubarkeit des künftigen Hoch— waldes liegt und zu 30 Jahren angenommen wird, das Bedürfnis an Holz zu befriedigen. Nach Ablauf dieſer 30 Jahre, alſo 60 Jahre nach Beginn der Um— wandlung, nimmt der eigentliche Hochwaldbetrieb ſeinen Anfang, indem im 61. Jahre die Hälfte des zuerſt umgewandelten, jetzt alſo 60jährigen Beſtandes, im 62. die zweite Hälfte desſelben und ſo fort abgetrieben wird. — Da der Hieb ſchon im 62. Jahre 61jähriges, im 64. 62jähriges, im 70. 65jähriges Holz u. ſ. f. trifft (der Ertrag ſtets von gleich großen Schlägen), alſo von Jahr zu Jahr ſteigt, jo iſt es ein Leichtes, die Umtriebszeit während des erſten Hoch- waldabtriebes durch eine allmähliche Verkleinerung der Jahresſchläge auf 80 oder mehr Jahre zu ſteigern, und dadurch zu einer normal ſtreng nachhaltigen Hoch— waldwirtſchaft überzugehen. Für den Hauptbeſtand werden vorzugsweiſe Rottannen, Weißtannen und Buchen gewählt, für den Vorwald eignen ſich Lärchen und Birken, auf gutem, friſchem Boden auch Eſchen, Ahorn und Ulmen. — Die Föhre iſt nicht ausgeſchloſſen, ihrer ſtarken Aſtverbreitung wegen aber nicht beliebt. — Bei der Umwandlung von Mittelwald ſollen einzelne wüchſige Oberſtänder ſtehen bleiben und in den nachzuziehenden Hochwaldbeſtand einwachſen, damit nicht jo= fort nach der Umwandlung Mangel an ſtarkem Holze eintrete. Nach dieſem Prinzip ſind mehrere 1000 Jucharten Mittel- und Niederwald in Hochwald umgewandelt worden. Das Syſtem hat ſich bewährt, jedoch hat fi) die Extragsberechnung für die zweite Umtriebszeit von 30 Jahren als un- richtig herausgeſtellt, weil die ſchnell wachſenden Holzarten in der Zwiſchenzeit aufgeäſtet und zum Teil ſelbſt herausgenommen werden müſſen, wenn der Haupt- beſtand erhalten werden ſoll. — Elfter Abſchnitt. Der Uiederwaldbetrieb. Die Laubhölzer, welche in den deutſchen Waldungen gezüchtet werden, liefern ſämtlich im jugendlichen Alter Ausſchläge aus den Wurzelſtöcken, die beim Abhieb im Boden verbleiben. Die meiſten Holzarten treiben nur Stocklohden (von dem ſenkrecht hinabgehen— den Wurzelſtocke); Stock- und Wurzellohden zugleich liefern Weiß— erlen, Rüſtern, Maßholder, Akazien, Pappeln, Weiden ꝛc. Aeltere Stöcke von Aspen treiben nur Wurzelbrut. Allein alle Holzarten, welche nur Stocklohden treiben — mit Ausnahme der Rotbuche — laffen ſich zum tieferen Austrieb der Lohden zwingen, wenn man die Schäfte dicht am Boden abhaut. Man nimmt an, daß die Lohden nicht ſo lange wuchsfähig bleiben, als der unverſtümmelt gebliebene Stamm ausgedauert haben würde. Aber erfahrungs— gemäß kann man die Stockſchläge, namentlich die Eichenſtockſchläge, zu einer nach vielen Jahrhunderten zählenden Ausdauer im vollen Wuchs befähigen, wenn man die Lohden beſtändig ſehr tief abhauen läßt. Es werden in dieſem Falle Wurzel- oder Stock— lohden aus dem Boden herausgetrieben, die ſich unterhalb bewur— zeln und zu ſelbſtändigen Pflanzen ausbilden. I. Die Brennſtoffproduktion im Niederwaldbetriebe. Nachdem die Bezugswege des Brennſtoffverbrauchs in Deutſch— land durch den Eiſenbahnbau gründlich verändert worden ſind, bildet Der Niederwaldbetrieb. 479 die Brennholzzucht im Niederwaldbetriebe in ſehr ſeltenen Fällen die einträglichſte Bewirtſchaftungsform des Waldes. Für die Forſt⸗ technik kommt faſt nur die Gewinnung von Gerbrinde im Eichen— ſchälwaldbetrieb, die Erzeugung von Faſchinen u. ſ. w. in Betracht. Zwar iſt die frühere Meinung, daß der Hochwaldzuwachs viel höher ſei, als der Niederwaldzuwachs (G. L. Hartig behauptet ſogar, daß der Zuwachs im Buchenhochwald doppelt ſo hoch ſei, wie der Zuwachs im Buchenniederwald), durch die ſpäteren Mitteilungen über die Zuwachsverhältniſſe nicht beſtätigt worden. Allein in Nord⸗ und Oſtdeutſchland wird der Mittelwaldbetrieb, wenn in Gemeinde- und Privatwaldungen die Brennholzzucht das oberſte Wirtſchaftsziel bildet, oder die Kiefernzucht mit kurzer Umtriebs— zeit größere Vorzüge gewähren, als der Niederwaldbetrieb. Für Süd⸗ und Weſtdeutſchland gilt dasſelbe; hier kann man auch ſehr oft, wenn Laubhölzer im Niederwaldbetrieb gedeihen, Eichenſchäl— wald begründen, denn Eichenſtockſchlag gedeiht auch auf flach— gründigem und trockenem Boden. Das Weſentliche des Niederwaldbetriebs iſt ſchon von Georg Ludwig Hartig ſo erſchöpfend dargeſtellt worden, daß für die ſpä— teren Schriftſteller nur unweſentliche Ergänzungen übrig geblieben iind. Man haut den Schlag, jagt G. L. Hartig, von Mitte Fe: bruar bis Mitte April. Man führt den Hieb an den Stangen und Stämmen ſo tief als möglich; nur bei alten knorrigen Stämmen laſſe man 2—3 Zoll lange Stifte mit weicher Rinde ſtehen. Mit vorzüglich ſcharfen Werkzeugen werden die ſtärkeren Stangen von beiden Seiten durch gleich tiefe Kerben, die ſchwächeren Stangen durch einen glatten Hieb abgehauen, damit die Stöcke nicht ſplittern und kein Waſſer auf der Hiebsfläche ſtehen bleibt. Die Schläge werden vor Ausbruch des Laubes geräumt. Zum Schutz gegen Sonnenhitze kann man auch im Niederwalde geringe Stämme oder Raidel und Stangen ſtehen laſſen, bis der 20. oder 16. Teil der Fläche beſchirmt iſt. Dieſe Oberhölzer ſollen durch ihren Samen⸗ abwurf die abgehenden Stöcke erſetzen; indeſſen wird hierzu auch künſtliche Saat und Pflanzung angewendet. Zu Niederwald ſind nach Hartig Eichen, Hainbuchen, Birken, Ahorn, Eſchen und (auf naſſem Boden) Erlen die tauglichſten Holz— arten. Die Rotbuchenſtöcke verſagen ſehr bald einen kräftigen 480 Elfter Abſchnitt. Ausſchlag, weshalb Hartig die Belaſſung vieler Stangen und die Verjüngung durch Beſamung im 60jährigen Alter (mit hierauf folgender Niederwaldwirtſchaft in gleicher Art) befürwortet. Für die Umtriebszeit öffnet G. L. Hartig einen verhältnis— mäßig großen Spielraum. In der That werden die harten Baum— hölzer mit 13 —25jährigem, ſeltener bis 30jährigem Umtrieb, die weichen Hölzer mit 10—15jährigem, ſeltener 20jährigem Umtrieb behandelt — abgeſehen von den Faſchinenwaldungen und Weiden— hegern. Die Fortbildung der Niederwaldwirtſchaft hat in ſpäterer Zeit nur die Fragen diskutiert, ob im jungen Holze oder tief am Stocke zu hauen und ob der Safthieb kurz vor dem Laubausbruch oder der Winterhieb vorzuziehen ſei. Zum Abſchluß iſt dieſe Erörterung nicht gekommen, indeſſen iſt der Safthieb tief am Stocke am meiſten gebräuchlich. Karl Heyer hat den Zwiſchenbau von Nadelholz — namentlich von Kiefern — befürwortet und Dengler will die Niederwaldungen durch Nadelholzeinbau unmerklich in den Hochwaldbetrieb übergehen laſſen. Karl Heyer behauptet, daß der Niederwaldbetrieb für magere Standorte, für welche derſelbe viel— ſeitig empfohlen worden ſei, durchaus nicht tauge, ſondern nur für ſehr kräftige und fette Standorte (was jedoch für die Holzarten, welche bei tiefem Hieb unter dem Boden Ausſchläge treiben, nicht immer richtig ſein dürfte). I: Der Tichenſchälwaldͤbetrieb. Dieſe Betriebsart, deren Hauptzweck die Produktion von Eichen— gerbrinde iſt, hat in der Forſtlitteratur eine fleißige und gründliche Erörterung gefunden. Ich kann an dieſer Stelle nur die haupt— ſächlichen Reſultate derſelben überblicken. 1) Standort. Der Eichenſtockſchlag gedeiht, wenn derſelbe glücklich begründet iſt, bei tiefem Hieb der Stöcke auf dem flach— gründigſten trockenſten Boden erfahrungsgemäß ſeit Jahrhunderten mit ungeſchwächter Produktivität. Die wenigen Stöcke, welche ausgehen, müſſen wieder erſetzt werden, was gewöhnlich durch ſog. Stutzerpflanzung geſchieht. Es iſt noch nicht genau ermittelt, Der Niederwaldbetrieb. 481 wie weit dieſe Betriebsart, die im Odenwalde, am Neckar und am Rhein heimiſch iſt, im Norden und im Oſten unſeres Vaterlandes mit den andern forſtlichen Betriebsarten in die Schranken treten kann; die Herbſtfrühfröſte werden hier häufig zerſtörend auf die jungen, noch nicht vollkommen verholzten Lohden wirken. In der Eifel findet man den Schälwald in einer Höhe von ca. 500 m, in Kur— heſſen bei Eſchwege bis zu ca. 400 m; in größerer Ausdehnung tritt dieſe Beſtockungsform im Siegenſchen (in Verbindung mit Fruchtnutzung) zwiſchen 200 und 650 m Meereshöhe (jedoch liefert derſelbe über 500 m ſehr geringe Rindenerträge), in der Nähe von Hildesheim und in Holland (Heerenberg) auf. Aber auch im ſchottiſchen Hochland findet man fleißig durchforſtete Schälwal— dungen. Im Stockſchlagbetrieb läßt ſich die Eiche wie geſagt auch auf ſehr flachgründigem und trockenem Boden behandeln, wenn eine vollkommene Beſtockung vorhanden iſt oder hergeſtellt werden kann. Auf den heißen, trockenen, flachgründigen Südhängen der Thon— ſchiefer- und Quarzitformation am Rhein und den Südhängen des geröllreichen, ſteinigen Porphyrbodens am Donnersberg in der Rheinpfalz findet man nur krüppelhaftes Eichenbaumholz, dagegen üppig wachſende und Jahrhunderte ausdauernde Eichenſtockſchläge. Der Eichenniederwald gedeiht ſicherlich am beſten auf einem tief— gründigen und humusreichen Boden; die geognoſtiſche Abſtam— mung des Bodens hat, wie behauptet wird, keinen Einfluß auf die Qualität der Rinde, und deshalb wird die Geſamtproduktion des Schälwaldes an Holz und Rinde lediglich von den Faktoren abhängen, die überhaupt für den Holzwuchs maßgebend ſind — aber dem flachgründigen und trockenen Boden wird, wenn der Untergrund zerklüftetes Geſtein hat und nicht bruchig, torfig u. ſ. w. iſt, der Eichenſchälwald wahrſcheinlich den höchſten Ertrag unter allen forſtlichen Benutzungsarten abgewinnen. 2) Die Frage, ob die Stieleiche oder die Trauben: eiche beſſer für die Rindenproduktion ſei, iſt nicht ent⸗ ſchieden worden. Ein großer Unterſchied dürfte kaum obwalten. Quercus pedunculata kommt ſpäter in den Saft und wird des— halb von Spätfröſten weniger beſchädigt. Wie ſich die beiden Wagener, Waldbau. 31 482 Elfter Abſchnitt. Eichenarten bezüglich der Frühfröſte im Herbſt und gegen den erſten Schneefall verhalten, darüber liegen zuverläſſige Beobachtungen nicht vor. Der Anbau von Quercus rubra iſt verſucht worden; man kann jedoch noch nicht beurteilen, wie ſich der Holz- und Rindenertrag gegenüber Quercus robur und Quercus pedunculata verhalten Wird. 3) Die Begründung und Ausbeſſerung der Eichen— ſchälwaldungen geſchieht ſowohl durch Eichenſaat, namentlich ſog. Steckſaat, als auch durch Pflanzung, namentlich ſog. Stutzer— pflanzung, bei welcher ſtarke Eichenpflanzen dicht über dem Wurzel— knoten ſcharf abgeſchnitten werden. Man hat zur Bildung des Schälwaldbuſches die Pflanzen in Dreiecksform mit einer Entfer— nung von 0,5 m eingepflanzt. 4) Ueber die vorteilhafteſte Zahl der Ausſchlagſtöcke per Hektar hat man zuverläſſige Erfahrungen nicht gewonnen. Es iſt wahrſcheinlich, daß ein zu dichter Stand der Stöcke nach— teilig auf den Holz- und Rindenertrag und namentlich auf die Dicke und die Qualität der Rinde einwirkt. Aber die Bemeſſung des Dichtigkeitsgrades nach der Zahl der Stöcke iſt, da die letzteren eine ſehr verſchiedene Lohdenzahl und Ausbreitung haben, unſicher. Indeſſen ſcheint eine dichtere Stellung, als 10000 Stöcke per Hektar den Holz- und Rindenertrag zu vermindern, während anderſeits eine 1½ m überjchreitende Entfernung der Stöcke zu: nächſt nur unter beſonderen Verhältniſſen rätlich ſein dürfte. 5) Mit Sicherheit iſt dagegen durch einen in der heſſiſchen Wetterau ſchon 1849 vollendeten vergleichenden Verſuch nachgewieſen worden, daß eine im 15jährigen Alter des Eichenſchälwalds vor— genommene Durchforſtung, welche lediglich das unterdrückte Gehölz entfernt, ſehr günſtig auf den Holz- und Rindenertrag im 20jährigen Alter einwirkt. Man hatte hier beobachtet, daß die Zahl der Stangen ſehr beträchtlich durch Unterdrückung abnimmt; bei einer Stöckezahl von 8780 Stück per Hektar auf 1. Bon. 7200427, 75 7 N i „ fand man Lohden und Stangen per Hektar auf ſorgfältig gewählten Probeflächen gleicher Standorts- und Beſtandsgüte Der Niederwaldbetrieb. 483 im 3—4jährigen Alter. 36 800 Lohden davon prädominierend 25600 „ erdrit 11200 „, im 8—gjährigen Alter. 30420 „ davon prädominierend 23420 „ unterdrückt 7000 im 15—19 jährigen Alter 18700 „ davon prädominierend 13200 „ Aner drückt 35500 Ein 3,21 Hektar großer Eichenſchälſchlag 3. Standortsklaſſe wurde in zwei gleichartige Hälften geteilt und die eine Hälfte im 15. Jahre vorſichtig durchforſtet. Der Ertrag im 20. Jahr ſtellte ſich auf den beiden Kälften wie folgt: Durchforſtet. Undurchforſtet. Holz. Rinde. Holz. Rinde. Feſt m. Ctr. Feſtm. Ctr. per Hektar. Durchforſtungsergebnis. 22,5 Raumholzfällung“) . . 25,0 25,6 Schälholzfällung . 31,5 95,8 25,6 84,6 Summa 79,0 95,8 512826 Durch die Durchforſtung wurde ſonach der Holzertrag um 54% und der Rindenertrag um 13% erhöht. Auch in Rhein— heſſen wird die Quantität und Qualität des Holz- und Rinden— ertrags durch die Durchforſtung, die etwas ſchärfer als gewöhnlich, jedoch ohne Unterbrechung des Schluſſes vorgenommen wird, er— höht. Am Rhein wurde nach Wohmann durch die Durchforſtung im 13. Altersjahre der Geſamtholz- und Rindenertrag (Abtrieb im 20. Jahr) wie folgt erhöht: Beſtand I. Beſtand II. Beſtand III. Holz. 190% 65% 15% Rinde 330% 44% 240% 6) Allſeitig wird der tiefe Hieb der Stangen beim Abtrieb befürwortet. Wenn die Stöcke infolge des Hiebes im jungen Holze ) Unter Raumholz verſteht man (in Heſſen-Darmſtadt) die Miſchhölzer der Eiche im Schäl⸗ und Hackwald (Haſeln, Birken, Hainbuchen ꝛc.). 484 Elfter Abſchnitt. ganz vermaſerte, unförmliche Knorren gebildet haben, ſo ſchlagen dieſelben, tief abgeſägt, zumeiſt wieder kräftig aus, während ſich die Lohden ſelbſtändig bewurzeln (wie die Verſuche bei Gedern bewieſen haben. 7) Die Umtriebszeit beträgt in der Regel 15—16 Jahre, weil mit dieſer Abtriebszeit die glatteſte und beſte Spiegelrinde gewonnen wird. Es iſt ſehr fraglich, ob eine Erhöhung der Umtriebs— zeit auf etwa 20 Jahre den Durchſchnittszuwachs an Holz- und Rindenwert vermehren wird. Auf ſehr gutem Standort wird man bei frühzeitiger Durchforſtung die Umtriebszeit einige Jahre unter das 15. Altersjahr feſtſetzen dürfen (in Holland wird auf um— geſpatetem Boden 10jährige Umtriebszeit eingehalten). 8) Die Holz- und Rindenerträge ſind ſelbſtverſtändlich je nach der Bodengüte und der Beimiſchung von ſog. Raumholz (Hainbuchen, Haſeln ꝛc.) außerordentlich verſchieden. Während im Siegenſchen bei einer Höhe von mehr als 500 m über dem Meere kaum noch ein Rindenabtriebsertrag von 20 Ctr. und im Durch— ſchnitt aller Lagen ca. 40 Ctr. per Hektar gewonnen werden kann, ſchwanken die Durchſchnittserträge des 15—18jährigen Umtriebs in Rheinheſſen (Wendelsheim) und im Odenwald zwiſchen 67 und 123 Ctr. Im badiſchen Odenwald (Forſtbezirk Ziegelhauſen) liefern die vollkommen beſtockten Eichenſchälwaldungen bei 15jährigem Umtrieb pro Hektar: Holz. Rinde. Bonität I. ſehr ut . . 45 Feſtm. 120 Ctr. Ö 75 II. gut n 7 95 „ , mittelmäßig 8 65 „ Nach den Unterſuchungen der württembergiſchen Verſuchsanſtalt gibt im großen Durchſchnitt ein Feſtmeter der insgeſamt vorhandenen Eichenholzmaſſe im 16jährigen Alter 100 kg waldtrockene Glanz— rinde. Ein Feſtmeter Schälmaterial gibt 132 und ein Raummeter 51 kg waldtrockene 16jährige Rinde. In Wellen aufgearbeitet (mit Rinde) geben 100 Normalwellen 41 kg trockene Rinde. Ge: ſchältes Holz gibt per Raummeter 73,4 kg und per Wellenhundert 514 kg waldtrockene Rinde (überall für 16jähriges Holz). 9) Die Schälmethoden ſind in den einzelnen Gegenden ſehr verſchieden. Neubrand, der den Schälwaldbetrieb in ver— Der Niederwaldbetrieb. 485 ſchiedenen Gegenden Deutſchlands gründlich unterſucht hat, hält das Verfahren am Donnersberg für das beſte. Die Stangen werden am Fuße mit der ſog. Heppe geringelt, der Rindenſtreifen wird auf 4 Fuß mit dem gleichen Inſtrument abgelöſt und die unterſte Schale mit dem ſog. Löffel geſchält. Hierauf wird die Stange am Boden abgehauen, jedoch nicht ganz, ſondern ſo, daß der Stamm umgelegt am Boden noch einen feſten Halt hat, da— mit er beim weiteren Schälen mit dem Löffel einen Widerſtand bietet und an Hängen nicht abſpringt. Man verfertigt alsdann aus Aeſten von Schälſtangen ein oder zwei ungefähr 1½—2 Fuß lange Gabelſtängchen und hierauf wird die umgebogene Lohde geſtützt, damit ſich der Arbeiter nicht auf die Erde zu bücken braucht. Die Aeſte werden nicht unmittelbar am Stamme weggenommen, ſondern je nach der Dicke in 1—2 Fuß Entfernung. Liegt die an den Aeſten und der Kronenſpitze bis zu einem Durchmeſſer von etwa ½ Zoll eingeſtützte Stange auf den Gabelpfählchen, am Fuße noch teilweiſe mit dem Stocke verbunden, ſo fährt der Arbeiter mit dem Schälen fort, indem er mit der Heppe, an der Spitze der Aſt— ſtummel beginnend, den Rindenſtreifen gegen den Stamm und von hier gegen den Fuß des Stammes ablöſt, die Rinde mit dem Löffel in gleicher Richtung ſchält und gleich darnach in 4 Fuß lange Stücke zerlegt. Die Stange wird nun am Fuße vollends abgehauen und der Stock geglättet. Die abgehauenen Zweigſpitzen werden von Frauen und Kindern noch ſo weit durch Klopfen ge— ſchält, als es ſich irgendwie lohnt. Das Klopfen der Rinde iſt möglichſt zu vermeiden. Es bilden ſich ſaftleere Druckſtellen, die Rinde wird hygroskopiſch, vielfach zerfetzt und unanſehnlich; es verwandelt ſich, wie man glaubt, der Gerbſtoff in Gallusſäure, die Rinde ſchimmelt an dieſen Stellen bei nur mäßig feuchter Witterung und verliert an Gerbſtoff. Bei den im Odenwald vorgenommenen vergleichenden Ver— ſuchen war der Rindenentfall beim gewöhnlichen Klopfverfahren, beim Stehendſchälen mit Einkerben der Rinde und beim Stehend— ſchälen mit Einreißen derſelben per Raum- oder per Feſtmeter ziemlich gleich, jedoch war der Abtriebsaufwand beim Stehendſchälen meiſtens größer. Die Zahl der Stöcke und der Holz und Rinden⸗ ertrag derſelben war indeſſen auf den Verſuchsflächen nicht ganz 486 Elfter Abſchnitt. übereinſtimmend. Die Gerber bieten, wie Seeger berichtet, für die durch Stehendſchälen (ſoweit als möglich) gewonnene Rinde ca. 10% mehr. Der Meinungsſtreit, ob die Rinde am Fuße der Stangen einzukerben oder einzureißen iſt, wurde nicht entſchieden. Zum Trocknen wird die Rinde an dachförmig geſtellte Stangen aufgeſtellt. Regel iſt der Verkauf der Rinde nach dem Gewicht. Alle anderen Verkaufsmethoden (nach dem Raumgehalt der Rinde, namentlich per Raumeinheit des geſchälten und aufgeſchichteten Holzes) ſind unſicher und unpraktiſch. Bei der Gewichtsermittelung iſt es rätlich, alle Gebunde zu wiegen (ſtatt der Mittelgebunde, die abwechſelnd vom Verkäufer und Käufer ausgewählt werden). 10) Die dauernde Beimiſchung anderer Holzarten (ſog. Raumholz) ſchädigt den Rindenertrag. Beim tiefen Hieb der Eichenſtöcke wird der volle Schluß bald nach dem Abtriebe wieder hergeſtellt und alsdann wird der Boden genügend beſchützt. Die Meinung, daß namentlich die im Odenwalde ſtark verbreitete Haſel den Boden beſſere, wird nicht mehr aufrecht erhalten. Aber es iſt nicht leicht, die raſchwüchſigen Ausſchläge der Haſel und anderen Holzarten zu verdrängen. Das Decken der Wurzelſtöcke mit Erdhaufen (5 qm Grundfläche und 0,50 bis 0,62 m hoch) it zu koſtſpielig. Zweckmäßiger iſt der oft wiederholte Aushieb der Stock— ſchläge, der im zweiten oder dritten Jahre nach dem Hieb zu be— ginnen hat. 11) Ueber die Frage, ob im Eichenſchälwald Ober— holz zuläſſig ſei, lauten die Angaben einſtimmig verneinend. Aber dieſe Frage iſt, wie es mir ſcheint, noch nicht genügend durch ver— gleichende Unterſuchungen aufgeklärt worden. Bei den beſtehenden Holz- und Rindenpreiſen wird ein Jahreszuwachs von 50 M. per Hektar ſelbſt auf erſter Standortsklaſſe ſelten vom Schälwald ge— liefert werden. Wenn im Eichenmittelwalde 2/ der Fläche durch Oberholz beſchirmt wird, fo reduziert ſich der Unterholzertrag, wie Jäger ermittelt hat, auf die Hälfte. Abgeſehen von dem (nicht bekannten) Minderwert der Rinde infolge ſtärkerer Beſchattung würde ſonach ein jährlicher Verluſt von 25 M. bei dieſem ſtarken Beſchirmungsgrade anzunehmen ſein. Nach den Burckhardtſchen Wertertragstafeln wachſen die im 90jährigen Alter durch Aushieb Der Niederwaldbetrieb. 487 von 0,6 des Hauptbeſtands licht geſtellten Eichen bis zum 110. Jahr 92 M. per Hektar und Jahr zu (ſpäter noch mehr). dach den Unterſuchungen des Verfaſſers hatten 179 Kiefern, welche auf erſter Standortsklaſſe bei einer Abſtandszahl von 16 vor dem Hiebe im 80. Jahre vorhanden waren, im 60. Jahr eine Kreisflächenſumme von 18 qm, im 70. Jahr von 24 qm und im S0. Jahr von 31 qm, während ein voller Kiefernbeſtand auf zweiter Standortsklaſſe 38—40 qm Grundfläche hat; erſt zwiſchen dem 70. und 75. Jahre erreicht ſomit die Ueberſchirmung der von Jäger angenommenen ?/, der Fläche. Dieſe 179 Stämme hatten, wenn man einen Durchſchnittspreis für Kiefernnutzholz— ſtämme (mit 46,7 em Bruſthöhenſtärke) von 16 M. per Feſtmeter annimmt, einen Jahreszuwachs von 133 M. per Hektar. (Für 40—60jährige Kiefern berechnet ſich bei lichterem Schirm ein Jahreszuwachs von 158 M. per Hektar.) Wenn auch Oberholzzucht nur für die beſſeren Standorts— klaſſen des Schälwalds und nicht für flachgründige trockene Böden in Betracht kommen wird, ſo dürfte doch die genannte Frage durch weitere vergleichende Unterſuchungen und Berechnungen aufzuklären ſein. Schmidt teilt eine Berechnung mit, welche ſelbſt für eine verbleibende Oberholzmaſſe von 40 Feſtmetern per Hektar 16%, Mehrertrag einnimmt, allein dieſelbe ſtützt ſich nicht auf vergleichende Zuwachsunterſuchungen, ſondern auf Annahme von 3—3 0% Oberholzzuwachs und andere Schätzungen. 12) Der Doppelſchälwald, der bei Eſchwege in Kur⸗ heſſen ſeit langer Zeit beſteht, hat gegenüber dem einfachen Schäl⸗ waldbetrieb viele Vorzüge. Die Entſtehung desſelben kann man ſich wie folgt denken. In einem J0jährigen Eichenſtockſchlag werden ſämtliche ſchwachen Eichenſtangen (außer dem beigemiſchten „Raumholz“) herausgehauen und nur alle 10 Fuß (ca. 3 m) eine Eiche ſtehen gelaſſen (nach einer anderen Mitteilung alle 5 Fuß). Nach 10 Jahren werden nun dieſe 20jährigen Eichen und alle ſtärkeren Stangen von den 10 jährigen Ausſchlägen geſchält, jo daß wieder alle 3 m eine ½—2 Zoll ſtarke 10jährige Stange ſtehen bleibt. Damit iſt der Doppelſchälwald fertig, denn alle 10 Jahre hat man 20jährige freiwüchſige Eichenſtangen und 10jährigen Stockſchlag dazwiſchen. 488 Elfter Abſchnitt. Der Doppelſchälwald liefert nicht nur ein größeres Quantum von Rinde, vor allem liefert derſelbe eine beſſere Rinde. Jedoch darf der 10jährige Nutzungsumlauf nicht durch den 15jährigen erſetzt werden, weil in dieſem Alter die Rinde riſſig und borkig wird. Der Doppelſchälwald wird, wie Neubrand mit Recht be— tont, für das öſtliche und nördliche Deutſchland beſondere Wür— digung verdienen, weil der volle Lichtgenuß, den die Stangen ge— nießen, die Qualität der Rinde beträchtlich verbeſſert und vielleicht anderen ungünſtigen klimatiſchen Faktoren entgegenwirkt. Nament⸗ lich die alle 10 Jahre wiederkehrende Nutzung, die 30—35 Ctr. Rinde per Hektar liefert, erhöht die Rentabilität dieſes Doppelbetriebs. 13) Zur Anzucht der Schälwaldungen benutzt man namentlich auf den ärmeren Böden die Beimiſchung der Kiefer. Selbſt in geſchloſſenen Kiefernjunghölzern erhält ſich in der Regel die Eiche, wenn auch mit kümmerndem, gertenförmigem Wuchs. Werden nach 15 oder 20 Jahren die Kiefern ausgehauen und die Eichen auf den Stock geſetzt, ſo erlangt man in der Regel einen vollkommenen Eichenniederwald. 14) Die Erweiterung des Schälwaldbetriebs in allen Gegenden, in denen Eichenrindenzucht ausführbar und rentabler it, wie Nutzholzproduktion, verdient die volle Beachtung der Forſt— wirte. Für den inländiſchen Verbrauch iſt die inländiſche Rinden— produktion weitaus unzulänglich; der Import von gemahlener Rinde aus Ungarn und von Kaſtanienholzextrakt aus Frankreich, Italien und Amerika, Hemlockextrakt aus Amerika, Fichtenrindeextrakt aus Galizien, Extrakt aus Eichenholz und Eichenrinde aus Oeſterreich— Ungarn und England, letztere wahrſcheinlich amerikaniſchen Ur— ſprungs u. ſ. w., iſt ſchon jetzt ſehr beträchtlich und wird ſich wahr— ſcheinlich noch verſtärken. Für Standorte, welche Nutzholzzucht geſtatten und 70— 809% vom Haubarkeitsertrag gewinnen laſſen, wird der Eichenſchäl— waldbetrieb nicht die erforderliche Einträglichkeit haben. Dagegen ſteht dieſe Betriebsart gewöhnlich in der Rentabilität voran, wenn Standorte anzubauen ſind, die nur Brennholzzucht, na— mentlich Kiefernhochwaldbetrieb geſtatten. Man muß dieſe Be— ſtände wegen der Auslichtung gewöhnlich mit kurzem Umtrieb be— wirtſchaften, die kurzſchaftigen, dünnen Stämme liefern beſtenfalls Der Niederwaldbetrieb. 489 20—300% Nutzholz. In Mittel- und Süddeutſchland wird man derartige Flächen mit einer ungeahnten Ausdehnung bei genauer Unterſuchung finden. Vorſichtiger iſt jedoch ſtets die Mitanzucht der Kiefer während der erſten 15—20 Jahre mit einer Stellung, welche nötigenfalls die Beſtandsbildung in ſpäterer Zeit übernehmen kann, denn es iſt — abgeſehen von der Gerbung mit Mineralſtoffen — immerhin möglich, daß der Preis der Eichenrinde noch weiter herabgedrückt wird durch den Import von gemahlener Rinde und der genannten Extrakte, die eine ſchnellere und intenſivere Gerbwirkung ausüben und das ganze Gerbverfahren vereinfachen”). Die Anlage von Schälwaldungen wird aber bei günſtigen klimatiſchen Verhältniſſen, namentlich bei der Aufforſtung der zur Forſtkultur geeigneten Oedländereien und faſt ertragloſen Feld— und Weidegrundſtücke, die jetzt in Deutſchland eine ſehr beträchtliche Fläche einnehmen“), in Betracht zu ziehen ſein. Die Tiefkultur ) 100 kg koſten im Durchſchnitt Kaſtanienholzextrakt 20— 36 M., Hemlock⸗ extrakt ca. 43 M. loco Hamburg, Fichtenrindeextrakt 11—12 M., amerikaniſcher Kaſtanienholzextrakt [„chesnut oak“ ] ca. 45 M. loco Verwendungsſtelle, Extrakt aus Eichenholz und Eichenrinde 44—60 M. %) In Preußen find Acker- und Weideflächen mit unter 1,17 M. Grund⸗ ſteuerreinertrag per Hektar 2 433 017 ha vorfindlich. Hiervon könnten nach dem Gutachten der königlichen Bezirksregierungen im Landeskulturintereſſe aufgeforſtet werden — 674 905 ha. Außerdem find Oedländereien, deren Aufforſtung mög— lich und ein dringendes Bedürfnis iſt, vorhanden — 106 364 ha. In den weſtlichen Provinzen werden ſich viele Flächen finden, die zu Schälwaldanlagen geeignet ſind; ebenſo in Bayern, Württemberg, Baden, Heſſen, Elſaß-Lothringen und den mitteldeutſchen Ländern. Man ſieht übrigens auch bei dieſer Gelegenheit, daß die Anlagearten für die Kapitalkräfte, die in den alten Holzvorräten faſt zinslos bleiben, im achten Abſchnitt keineswegs erſchöpfend angegeben worden ſind. Die Boden— kultur Deutſchlands kann nur dann in rationeller Weiſe geregelt und auf die höchſte Stufe der Einträglichkeit gebracht werden, wenn in allen Ländern Deutſchlands die Expropriation dieſer Oedländereien und faſt ertragloſen Felder in ebenſo energiſcher Weiſe durchgeführt wird, wie die Verkoppelung in Preußen. Denn die Unterſuchung, welche Geldausgabe für die Expropriation, Bodenbe— arbeitung und Bepflanzung dieſer Oedländereien und faſt ertragloſen Felder und Weidegrundſtücke durch den Holz- und Rindenertrag geſtattet iſt und mit mäßigen Sätzen verzinſt wird, kann keine ungünſtigen Ergebniſſe liefern. Der kataſtrierte Feldreinertrag — oben 1,17 M. per Hektar — iſt kein genauer 490 Elfter Abſchnitt. wird am meiſten leiſten; Vorbau oder ſtarke Beimiſchung von Schwarzkiefern und Akazien wird vielfach empfehlenswert ſein. III. Anzucht von Faſchinen und Flechtruten. 1) Zur Uferbefeſtigung und zum Feſtungsbau gebraucht man Faſchinen — das ſchlanke Reisholz junger Stocktriebe wird in Gebunde mit ſehr verſchiedener Länge und Dicke mehrmals zuſammen gebunden. Auf feuchten und kräftigen Standorten, zumeiſt in den Stromniederungen, werden ſchwarze und kanadiſche Pappeln, zahl— reiche Weidenarten, auch Schwarz- und Weißerlen, Haſeln, Eſchen, Maßholder und viele Sträucher für dieſen Zweck benutzt. Man behandelt derartige Buſchhölzer im 612 jährigen Umtriebe und rekrutiert dieſelben durch Stecklinge im Frühjahr. Die beſte Fällungszeit iſt der März, überhaupt die Zeit kurz vor dem Laub— ausbruch. 2) Auf kräftigen und zugleich feuchten Böden kann zuweilen die Anzucht von Weidenflechtruten Obliegenheit des Forſtwirts werden. Von der artenreichen Gattung Salix kommt vor allem die Band» oder Korbweide, S. viminalis L., die Purpurweide, S. purpurea L., die Bachweide, S. helix L., die Dotterweide, S. vitellina L., die braune Weide, 8. russeliana Smith, die Mandelweide, S. triandra L. u. a. in Betracht. Die kaspiſche Weide, S. acutifolia Willd., wächſt auch noch auf weniger feuchtem, leichtem Boden (namentlich auf einem mit Kies untermengten Sand— boden). Die weiße Weide, S. alba L., iſt hauptſächlich als Kopf— holz beliebt. Maßſtab. Wenn Schälwald angelegt werden kann, oder Nutzholz nur mit geringen Quantitäten erzogen werden kann, ſo wird bei einigermaßen produktiven Böden ein erntekoſtenfreier Jahresertrag von 8—10 M. per Hektar zu erreichen ſein. Anderſeits läßt ſich, wie wir im 13. Abſchnitt ſehen werden, vorübergehend Getreide ꝛc. in den tiefgründigen, lockeren und humusreichen Böden ohne Nach— teil für die Holzproduktion gewinnen und dadurch nicht nur der kaum beträchtliche Ausfall an Getreidegewinnung infolge der Aufforſtung erſetzen, man kann viel— leicht überdies durch Mehrproduktion dem Getreideimport entgegenwirken, und jedenfalls der ärmeren Bevölkerung Verdienſt und Gelegenheit zur Arbeit darbieten. Der Niederwaldbetrieb. 491 Die Erziehung der Weiden geſchieht in der Regel durch Steck— linge, die man 30—35 em lang von 2—4jährig kräftig gewach— ſenem Holze durch ſchrägen Schnitt abtrennt und mit dem ſog. Weidenpflanzer ſchräg und tief einſetzt, ſo daß nur etwa 7 em frei bleiben. In feuchten Lagen zieht man 0,5 m tiefe Gräben auf 1 m Entfernung und bedeckt die (über die Gräben und die zwiſchen denſelben befindlichen Rabatten gelegten) Weidenruten mit dem Grabenauswurf. Im Flugſand ſetzt man 5—8 Stopfer in 0,3—0,4 m weite „Neſter“ oder „Keſſel“. Die Koſten der Neuanlage find ſehr hoch, meiſtens 300—500 Mark per Hektar; der Ertrag iſt außerordentlich verſchieden. Jährlich wiederholter Rutenſchnitt verkürzt die Dauer der Stöcke, man läßt in der Regel mehrjährigen Schnitt mit einjährigem wechſeln. Die paſſendſte Abtriebszeit iſt der Spätherbſt; die Ruten werden in Bunden (ab: getrocknet) unter Stroh aufbewahrt, im nächſten Frühjahr in ſtehendes Waſſer geſtellt und hierauf mittels Durchziehen durch eine Handklemme weiß gemacht. Der Kopfholzbetrieb hat eine geringe Ausdehnung. Auf Viehweiden köpft man Hainbuchen, Linden, kanadiſche und ſchwarze Pappeln, Baumweiden ꝛc. gewöhnlich auf 4 m Höhe und benutzt die ausgetriebenen Lohden mit dreijährigem Umtrieb bei Weiden, mit ſechsjährigem Umtrieb bei Pappeln, und mit noch höheren Umtriebszeiten bei langſam wüchſigen Holzarten (ſelten jedoch über 10jährigen Umtriebszeiten) wie beim Niederwaldhieb. Zwölfter Abſchnitt. Die Erziehung der Hochwaldbeſtände und der Einzelſtämme. Die Maßnahmen, welche der Forſtwirt zu ergreifen hat, um das Aufwachſen der Anſamungen und Anpflanzungen zu den ge— brauchsfähigſten Baumholzbeſtänden zu unterſtützen, habe ich wieder— holt und namentlich im ſiebenten Abſchnitte vorgreifend beſprochen. Aber dieſe kurzen Andeutungen hatten an erſter Stelle die eigenen Vorſchläge hinſichtlich der Abänderung der beſtehenden Durch— forſtungsregeln darzulegen. Ich konnte dort ſelbſtverſtändlich das wichtige Kapitel, welches die Erziehung der Baumholzbeſtände und der Einzelſtämme darzuſtellen hat, nicht erſchöpfend behandeln und mußte mich im weſentlichen auf die Angabe beſchränken, daß die Forſtwirte im 19. Jahrhundert faſt lediglich die im Kampfe der Waldbäume ums Daſein beſiegten, ſchon verendeten oder ihrem Ende entgegen eilenden Gerten, Stangen und Stämme ohne Vor— griff auf mitherrſchende Stammklaſſen entfernt haben, weil ſie mit beſonderer Sorgfalt beſtrebt waren, den dichten Kronenſchluß in den aufwachſenden Beſtänden zu erhalten. Man wird jedoch wiſſen wollen, wie dieſe allgemein befolgte Durchforſtungsregel entſtanden iſt. Man wird fragen, ob der voll— gültige, überzeugende Beweis beigebracht worden iſt, daß nur dieſe und keine andere Erziehungsmethode die höchſtmöglichſte Wert— produktion im deutſchen Walde herbeiführen kann. Die Pflege der aufwachſenden Holzbeſtände wurde bisher hauptſächlich durch Reinigungshiebe (Ausjätungen), und durch Durchforſtungshiebe vollzogen, bis der „Vorbereitungsſchlag“ Die Erziehung der Hochwaldbeſtände und der Einzelſtämme. 493 die Verjüngung zur Erntezeit anbahnt. Man hat außerdem ver— ſucht, die Schaftbildung der Einzelſtämme durch Aus aſtung (Aufaſtung, Schneidelung ꝛc.) zu verbeſſern. Ich werde dieſe Ver— fahrungsarten getrennt zu beſprechen haben. I. Neinigungshiebe. 1) Die Reinigungs- (Ausjätungs)⸗Hiebe erſtrecken ſich ſowohl auf die Stockausſchläge der Laubhölzer, die von dem abgeräumten Beſtand herrühren, als auf die Kernpflanzen, die ſich früher angeſamt haben (Vorwüchſe, Wölfe, Storren), und endlich auf die Weichhölzer, die ſich auf der Schlagfläche während der Verjüngung und nach derſelben anſiedeln. a. Die Stockausſchläge der Laubhölzer läßt man entweder zu derjenigen Zeit wiederholt aushauen, zu welcher ſie die Nachzucht zu verdämmen beginnen oder man läßt dieſelben, wenn ſie nicht zu dicht ſtehen und ſchattenertragende Holzarten zu erziehen ſind, fortwachſen, bis ſie Manneshöhe und darüber erreicht haben. Die Wegnahme alle zwei bis drei Jahre iſt koſtſpielig und entblößt den Boden. Nach wenigen Jahren werden die jungen Pflanzen wieder von den raſchwüchſigen Stockausſchlägen bedrängt. Es iſt deshalb in vielen Fällen zweckmäßiger, die Stockausſchläge die genannte Höhe erreichen zu laſſen und hierauf die ſchlechteren Stockausſchläge auszuhauen, dagegen die beſſeren Stockausſchläge, ſelbſt drei bis vier auf einem Stock, ſtehen zu laſſen, von unten herauf auszuaſten und allmählich (je nach dem Lichtbedarf der nachzuziehenden Pflanzen) den Schutzbeſtand auszuhauen — den Reſt, wenn der Nachwuchs genügend erſtarkt iſt. Bei den lichtliebenden Holzarten — Lärchen, Kiefern, Eichen ꝛc. — iſt jedoch der Aushieb der Stockausſchläge in den erſten Jahren nach der Begründung des jungen Nachwuchſes mehreremal zu wiederholen und ſpäter nach Bedarf fortzuſetzen. b. Die weichen Laubhölzer, die ſich gewöhnlich auf der Verjüngungsfläche anſiedeln, namentlich Birken, Aspen und Sahlweiden, entfernt man nur ſo weit, als ſie die lichtlieben— 494 Zwölfter Abſchnitt. den Holzarten verdämmen und die Gipfeltriebe der Fichte und der anderen Nadelhölzer beſchädigen (abpeitſchen). In erſter Linie iſt die Birke eine willkommene Begleiterin des Nachwuchſes, wenn ſie vereinzelt und ſchönwüchſig vorkommt — auch in der oben be— trachteten Buchenzwiſchenbeſtockung —, weil dieſe raſchwüchſige Holzart die Durchforſtungsnutzungen weſentlich erhöht und in an— derer Weiſe nicht erzogen werden kann. Birke und Aspe ſind des— halb nur vereinzelt zu ſtellen, aber keineswegs rückſichtslos zu ent— fernen. Selbſtverſtändlich dürfen Birken und raſchwüchſige, aber frühzeitig abſtändige Aspen nicht an denjenigen Orten belaſſen werden, wo ſie Nutzhölzer, die für die Haubarkeitszeit erzogen werden ſollen, verdrängen würden. In der Regel wird man die Birken und Aspen tief abhauen. Jedoch hat man auch die Birke mit Erfolg (bei Abſatz von Beſenreiſig) ſtark ausgeſchneidelt. Man hat ferner die Vorwüchſe auf Kniehöhe — ſowohl Laub- und Nadel— hölzer — abgehauen und rühmt den Erſolg. c. Wenn die Vorwüchſe nicht aus Stockausſchlägen, ſondern aus älteren Kernpflanzen beſtehen, die ſich im Vorbereitungsſchlag ac. angeſamt und ſtrauchartigen Wuchs angenommen haben (Wölfe, Storren ꝛc.), jo hat man, zumal in Hochlagen, bei ſteilen Wänden ꝛc., ſorgfältig zu unterſuchen, ob dieſe Vorwüchſe zur Beſtandsbildung tauglich ſind oder nicht. In der Regel find ältere, über 5 — 6jährige Kiefern ſchon bei der Schlagſtellung zu entfernen. Man erkennt den Grad der Verdämmung an dem mangelnden Höhenwuchſe, den dünnen, ſehr kurzen Trieben, kleinen Spitzknoſpen, der weißen, unbenadelten Rinde, den kurzen, markloſen Nadeln, den dichten ſchwachen Jahres— ringen, dem feſten Holze mit braunem Kerne. Kommen Kiefern— vorwüchſe noch ſpäter vor und ſind ſie buſchförmig und krüppel— haft, ſo darf der Aushieb nicht verzögert werden. Vorwüchſige Weißtannen ſind dagegen für die Beſtandsbildung in der Regel tauglich, wenn dieſelben von unten herauf noch vollkommen beaſtet ſind, die Krone eine pyramidale Form und verhältnismäßige Höhentriebe beſitzt. Sind dagegen die unteren Aeſte bereits ab— geſtorben, die oberen flach und ſchirmförmig ausgebreitet, ſchwach benadelt, ohne Gipfeltrieb, ſo ſind die Pflanzen veraltet und er— holen ſich auch im freien Stande ſelten. Vorgewachſene Fichten Die Erziehung der Hochwaldbeſtände und der Einzelſtämme. 495 ſind nur dann beizubehalten, wenn ſie noch alle Merkmale eines gedeihlichen Wuchſes zeigen. Bei Buchen vorwüchſen braucht man, wenn dieſelben nicht zu alt geworden und verbuttet ſind, nicht zum radikalen Aushieb zu ſchreiten — am wenigſten bei der Bil— dung einer lediglich bodenſchirmenden Beſtockung. Zu dicht dürfen allerdings derartige Vorwuchshorſte nicht ſtehen bleiben; man durchhaut ſie und läßt die kräftigſten Gerten mit einer Entfernung von etwa Um ſtehen. Verkrüppelter Eich en vorwuchs iſt dagegen zur Baumholzzucht in der Regel nicht geeignet. Wenn Buchengertenhölzer, die ſich noch nicht tragen, ſtark mit Vorwuchs durchſetzt ſind, ſo hat man den letzteren während der Saftzeit am unteren Ende teilweiſe entrindet. Die Lohden kümmern und ſterben langſam ab. d. Haſel, Schwarz-, Weiß- und Kreuzdörner, Hart— riegel, Schneeball, Steinweide, Stechpalme, Hollunder ec. werden mit hohem Stock im Juli und Auguſt, überhaupt zur Saft— zeit, mehrmals abgehauen. Auch die Beſenpfrieme wird in „Im Höhe abgehauen, damit der Stengel dürr wird. Farn— kräuter werden wiederholt mit einem Stock geköpft. Brom— beeren werden niedergetreten und abgezogen, aber nicht abge— ſchnitten oder ausgeriſſen. 2) Wenn durch natürliche Beſamung oder Vollſaat ein zu dichter Pflanzenſtand erzeugt worden iſt, ſo wird der Wuchs be— nachteiligt. Dieſe Erſcheinung zeigt ſich am öfteſten in dichten Fichtenjungwüchſen — zumal auf armen, trockenen Standorten. Das billigſte Mittel wird hier der im ſiebenten Abſchnitt er: örterte Kronenfreihieb ſein, welcher die wüchſigſten Fichten in Entfernungen von etwa 6 Schritten aufſucht und von der be drängenden Umgebung befreit. Man kann auch zuweilen genügende Hilfe herbeiführen, indem man die Gipfel der Nachbarn rings um die kräftigſten Stämme abſtutzen läßt, die Nachbarn werden im Wuchs verkümmern, während der Boden bedeckt bleibt. (Der Ver— faſſer hat [im Rotlagergebirge] derartigen Fichtenbeſtänden aufge: holfen, indem er alle 20 Schritte 1 m breite Schneiſen hauen, das Durchforſtungsmaterial von beiden Seiten in dieſe Schneiſen werfen ließ und losweiſe verwertete.) 496 Zwölfter Abſchnitt. N Durchforſtungen. In dem Unterdrückungskampfe, welchen die geſchloſſenen Holz— beſtände von der frühen Jugend bis zum höheren Alter führen, iſt der Höhenwuchs ausſchlaggebend. In den dicht geſchloſſenen Beſtänden, wie ſie durch natürliche Verjüngung, Saat und enge Pflanzung entſtehen, iſt die ſeitliche Ausdehnung der Kronen ge— hemmt; die kräftigen Pflanzen können ihre ſchwächeren Nachbarn nur beſiegen, indem ſie mit dem Gipfeltrieb die obere Beaſtung empor ſchieben und die Nachbarn des Sonnenlichtes berauben. Die Verminderung der urſprünglichen Stammzahl erfolgt im Laufe des Beſtandslebens faſt, wie Karl Heyer ſagt, in einer fallenden geometriſchen Reihe; ſie ſchreitet am raſcheſten vor in der Periode des vorherrſchenden Beſtandshöhenwuchſes und ſinkt mit dieſem wieder. Die Forſtwirte hatten zu unterſuchen, ob die kräftigeren Gerten, Stangen und Stämme in dieſem Daſeinskampfe mit Vor: teil unterſtützt werden können, indem man den Kronenraum, den ſich dieſelben mühſam erkämpfen, von Zeit zu Zeit künſtlich öffnet. Die Forſtwirte haben, wie ich ſchon oben bemerkt habe, dieſe Oeffnung des Kronenraums grundſätzlich vermieden und ſich auf „die Beſtattung der Toten“ beſchränkt. Die Frage, ob die Durch— forſtung lediglich auf der Entnahme des abgeſtorbenen und unter— drückten Holzes auszudehnen iſt und deshalb erſt nach der ſog. „Reinigung“ der Beſtände zu beginnen hat, oder ob ſchon in der Jugendzeit, wenn die Spannung der Kronen eintritt, die letzteren ſo weit entfernt werden dürfen, daß ſie ſich nur berühren und nicht ineinander greifen — dieſe Frage iſt ſeit Anfang dieſes Jahr— hunderts eifrig erörtert, aber bis heute noch nicht gelöſt worden. Die forſtliche Praxis hat bei Ausführung der Durchforſtungen beſondere Fürſorge der Erhaltung des Kronenſchluſſes gewidmet. Zwar war man neueſter Zeit bemüht, eine gewiſſe Abſtufung in den Auslichtungsgraden bei der Durchforſtung, von der ſog. ſchwachen Durchforſtung bis herauf zu der ſtarken Durchforſtung, d. h. einer unbeträchtlichen Unterbrechung des Kronenſchluſſes, zu fixieren und hiernach den Durchforſtungsbetrieb zu regeln. Man wollte Die Erziehung der Hochwaldbeſtände und der Einzelſtämme. 497 für den letzteren gewiſſe Richtpunkte feſtſtellen, indem man die Stämme nach dem Wuchsgrad, nach der Beſchaffenheit der Krone charakteriſierte und hierauf die Stammklaſſen beſtimmte, welche die ſchwache, die mäßige und die ſtarke Durchforſtung entfernen darf. Man findet eine derartige Klaſſifikation der Stammklaſſen ſchon 1849 in Cottas Waldbau. Es werden unterſchieden: herr— ſchende (dominierende, prädominierende) Stämme, beherrſchte (überſchirmte) Stämme, unterdrückte Stämme (ohne Längen: wuchs, ſelbſt mit abgeſtorbenem Gipfel), und abgeſtorbene, trockene Stämme. König, der Verein der forſtlichen Ver— ſuchsanſtalten und neuerdings Kraft haben eine ähnliche Kla ſſifikation verſucht. Dieſe Unterſcheidung wird indeſſen bei der unendlichen Mannigfaltigkeit der Kronenbildung und Stammſtellung und bei dem Umſtand, daß die meiſten Stämme keineswegs völlig ausgebildete, genau zu erkennende und zu unterſcheidende Wuchs— und Kronenformen, vielmehr beſtändig Uebergangsformen darbieten, ſchwerlich Merkmale liefern können, welche für den praktiſchen Durch— forſtungsbetrieb benutzbar ſind. Für die Regelung des Vorgriffs auf die jog. beherrſchten Stämme, der hierbei in Frage kommen würde, mangeln alle berechtigten Direktiven. Wenn die beherrſchten Stämme ähnliche Produktionsleiſtungen haben, wie die vorherr— ſchenden Stämme oder wenn die erſteren zur Abwendung der Be— ſchädigungen durch Schnee, Duftanhang ꝛc. nicht zu entbehren find, ſo hat ſich die Durchforſtung auf die Entnahme der unterdrückten und abgeſtorbenen Stämme zu beſchränken (und in Schneebruch— lagen wird man ſogar mit der Hinwegräumung der unterdrückten Stämme vorſichtig ſein müſſen). Wenn aber bewieſen wird, daß nur die vorherrſchenden Stämme hinſichtlich ihrer Zuwachsleiſtungen in Betracht kommen (und bis jetzt iſt es wahrſcheinlich, daß dieſer Beweis geführt werden kann), ſo haben ſelbſtverſtändlich die „beherrſchten“ Stämme, wenn ſie die naturgemäße Kronenausbreitung der „vorherrſchenden“ Stämme beengen, lediglich dann Berechtigung zum ferneren Da: ſein, wenn ſie als Reſerve für etwaige Unfälle, welche die domi— nierenden Stämme erleiden können (z. B. Gipfelbruch) oder zur Beſchattung des Bodens nicht entbehrt werden können. Für die Regelung des Durchforſtungsbetriebs waren zuvör— Wagener, Waldbau. 32 498 Zwölfter Abſchnitt. derſt ſehr nahe liegende Fragen durch vergleichende Unterſuchungen zu löſen. Wie verhalten ſich die vorherrſchenden Stämme und die beherrſchten Stämme (mit eingeengten Kronen) nach ihren Wachstumsleiſtungen? Wird man eine beträchtlich höhere Pro— duktion herbeiführen, indem man den Kronenſchluß ſorgſam erhält und zu dieſem Zweck auch die beherrſchten Stämme fortwachſen läßt oder leiſten die prädominierenden Stämme auch im Kronen— ſchluß (trotz der ſeitlichen Einengung durch die beherrſchten Stämme) faſt den geſamten Holzwuchs vom Stangenholzalter an, wie wir oben (S. 201) gefunden haben? Wenn die Unterſuchungen be ſtätigt haben würden, daß die Produktion der beherrſchten Stämme (im diffuſen Licht) nahezu Null iſt, ſo war die weitere Frage durch komparative Unterſuchungen zu beantworten: Iſt überhaupt die Er— haltung des Kronenſchluſſes notwendig oder darf man den vor— herrſchenden Stämmen für 5 oder 10 Jahre freien Wachsraum öffnen? Und wie läßt ſich dieſe Erweiterung des Wachsraumes mit den örtlich gebotenen Mitteln und vor allem gefahrlos be— werkſtelligen? Wie kann man bewirken, daß die Gefahr des Schneedrucks, Duftanhangs, teilweiſe auch des Windwurfs nicht ſteigt und der Boden beſchattet, kühl und feucht bleibt? Was iſt bisher zur Löſung dieſer Fragen geſchehen? Wie verhalten ſich die prädominierenden, beherrſchten und unterdrückten Stämme in ihren Wachstumsleiſtungen, wenn der Kronenſchluß ſorgſam erhalten wird? Und wie geſtaltet ſich die Produktion der vorgewachſenen Stämme, wenn den Kronen derſelben freier Wachs— raum für die nächſten 5 oder 10 oder 20 Jahre geöffnet wird? Hat ſich der Schnee im letzteren Falle aufgelagert und größere Beſchädigungen bewirkt oder iſt er durchgefallen? Iſt der Boden in den jugendlichen Beſtänden, die man gelichtet und künſtlich unterbaut hat (z. B. Eichenſtangenhölzer), in ſtarkem Maße aus— getrocknet? 1) Die vergleichenden Unterſuchungen über die Wirkungen verſchiedener Auslichtungsgrade. Im ſechſten Abſchnitt (S. 178—215), habe ich auf Grund zahlreicher Unterſuchungen den Beweis zu führen geſucht, daß bei ſonſt gleichen Verhältniſſen die Ueberfüllung der Holzbeſtände mit Stämmen ſtets einen ſehr beträchtlichen Rückgang der Holzmaſſen— Die Erziehung der Hochwaldbeſtände und der Einzelſtämme. 499 produktion bewirkt und durch die Erhaltung des dichten Kronen— ſchluſſes die intenſive Nutzholzwirtſchaft in möglichſt kurzer Zeit niemals verwirklicht werden kann. Ich habe mit beſonderem Nachdruck auf das in höchſtem Maße bemerkenswerte Verhalten der prädominierenden Stämme, welches aus den Ertragsunter— ſuchungen von Theodor und Robert Hartig hervorgeht, hingewieſen. Wenn wuchskräftige, vollbelaubte Stämme auch mit kleiner Zahl die Fläche beſtocken, ſo haben ſie immerhin einen ſo beträchtlichen Zuwachs, daß die geſchloſſenen Beſtände weit im Hintergrund bleiben — ſowohl in den Jugendperioden als im ſpäteren Alter. Die mitgeteilten Unterſuchungen beziehen ſich zumeiſt auf weitſtändige Pflanzungen. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß man eine viel größere Maſſenproduktion erreichen wird, wenn man enger pflanzt und die Beſtände lichtet, ſobald dieſelben in den Kronen— ſchluß treten. Wenn auch die Erfolge des Seebachſchen Lichtungs— betriebs, die Homburgſchen Meſſungen und die Unterſuchungen des Verfaſſers eine geradezu ſtaunenswerte Mehrproduktion für die ausreichend und anderſeits nicht zu ſtark gelichteten Beſtände im Vergleich mit den dicht geſchloſſenen Beſtänden konſtatiert haben, ſo liegt doch auf der Hand, daß noch viel günſtigere Ergebniſſe erzielt worden wären, wenn man vergleichungsfähige Probeflächen in 20—30 jährigen geſchloſſenen Buchen-, Fichten-, Tannen⸗, Kiefern⸗ beſtänden angelegt und auf den Lichtwuchsflächen den kräftigſten Stangen und Stämmen freien Wachsraum für 5 oder 10 Jahre fortgeſetzt gegeben haben würde. Exakte, komparative Unterſuchungen in der eben geforderten Art und Weiſe ſind leider nur ſehr ſelten vorgenommen worden. Aber man hat überall, wo ſich eine Ge— legenheit zum Vergleich dargeboten hat, konſtatiert, daß ſtark und eingreifend durchforſtete Beſtände eine viel größere Holzmaſſe in der nächſten Zeit produzieren, als dicht geſchloſſene Beſtände unter gleichen Verhältniſſen. Auf dem Gute Horkla im Czeslauer Kreiſe in Böhmen hatten ſogar ſtark durchlichtete Fichtenbeſtände nach 18 Jahren 7468 Kubikfuß Holzmaſſe per Joch, die undurchforſteten Beſtände nur 1716 Kubikfuß per Joch. Ueberall wurde gefunden, daß in den lichter geſtellten Beſtänden die Stämme höher und dicker werden, wie in den nicht oder ſchwach durchforſteten Be— ſtänden. 500 Zwölfter Abjchnitt. Komparative Unterſuchungen über die Einwirkung verſchiedener Auslichtungsgrade hat man in Sachſen vor— genommen und die Ergebniſſe veröffentlicht. Aber man iſt leider hierbei auf halbem Wege ſtehen geblieben. Man hat eine zu große Stammzahl und eine zu große Stammgrundfläche belaſſen. Die Stämme konnten höchſten Falls wenige Jahre vollen Lichtwuchs genießen. Trotzdem ſind dieſe Reſultate ſehr lehrreich. Die Ergebniſſe dieſer ſächſiſchen Durchforſtungsverſuche in Buchen— beſtänden habe ich ſchon im ſechſten Abſchnitt (S. 189) mitgeteilt. Es fand ſich die folgende Maſſenproduktion: in den ſtark durchforſteten Beſtänden in 21 Jahren per Jahr und Hektar 6, 86 Feſtmeter, auf der mäßig durchforſteten Fläche in 21 Jahren per Jahr und Hektar 3 7 auf der nicht durchforſteten Fläche in 15 Jahren Bey Jahr und Hektar ee 587 15 Aber dieſe Erhöhung der Mehrproduktion entſpricht keines⸗ wegs den ſtaunenswerten Leiſtungen des Lichtungsbetriebs, die ich im ſechſten Abſchnitt dargeſtellt habe. Ich habe indeſſen im ge— nannten Abſchnitt ſchon darauf hingewieſen, daß die Urſache nahe liegt. Die ſtark durchforſtete Fläche iſt nicht in vollen Lichtungs— zuwachs getreten und in demſelben erhalten worden. Es iſt viel— mehr eine Stammgrundfläche von 21 bis 29 qm per Hektar bei— behalten worden, während Lichtungszuwachs nur erfolgen kann, wenn man nach der Durchforſtung 12 bis 15 qm per Hektar in 40—50jährigen Buchenbeſtänden bei gleichen Wachstumsverhält— niſſen beläßt. Bei der hervorragenden Wichtigkeit, welche das Verhalten der Stammklaſſen für die zukünftige Regelung des Durchforſtungs— betriebs hat, muß ich indeſſen die Ergebniſſe der Unter— ſuchung auf der ſächſiſchen Buchenprobefläche nach dieſem Verhalten der Stammklaſſen näher beleuchten. Was haben von den 3000—4000 Stämmen, die man belaſſen hat, 1000 Stämme der erſten Wuchsklaſſe geleiſtet und was die übrigen 2000—3000 Stämme? Wenn auch der Zuwachsgang der domi— nierenden Stämme und Stammklaſſen nicht genau verfolgt worden iſt und ſelbſtverſtändlich die Stämme im Freiſtand einen viel höheren Zuwachs haben, als bei einer Stammgrundfläche von 21—29 qm. Die Erziehung der Hochwaldbeſtände und der Einzelſtämme. 501 per Hektar, ſo wollen wir einmal den Verſuch machen, lediglich mit dem geringen Wuchs der Buchen des ſächſiſchen Materials zu arbeiten, indem wir nur die Formzahlen der bayriſchen Maſſentafeln zu Hilfe rufen. Wir wollen den Lichtungsbetrieb mit etwa 1000 Stämmen per Hektar konſtruieren und die Erträge vergleichen. Für die freiwüchſige Erziehung der Rotbuche iſt, wie wir im ſechſten Abſchnitt geſehen haben, eine Stammgrundfläche von 22 qm per Hektar vor der jedesmaligen Lichtung zuläſſig. Ich will je— doch nur die Abſtandszahl 20 (wie bei meinen früheren Unter— ſuchungen) mit einer Grundfläche von 19,63 qm zu Grunde legen. Wenn man den höchſten Ertrag durch den Lichtwuchsbetrieb erreichen will, ſo muß man ſelbſtverſtändlich den Hieb etwa alle 5 Jahre wiederholen, wie es auch auf der Probefläche die ſcharfe Durchforſtung gethan hat. Da jedoch eine 5jährige Wiederholung praktiſch nicht immer durchführbar iſt, ſo will ich annehmen, daß freier Wachsraum für eine 10jährige Wachstumsperiode geöffnet wird. Der Lichtwuchsbetrieb braucht für 19,63 qm Grundfläche (vor dem Hieb) 794 Stämme im 70jährigen Alter und dieſe finden ſich in den beiden erſten Wuchsklaſſen (4. und 5. Klaſſe) mit 700 Stämmen. Wir wollen deshalb annehmen, daß die freiwüchſigen Stämme den mittleren Wachstumsgang dieſer beiden Klaſſen ein— gehalten haben. Wir wollen ferner, um allen Zweifeln zu be— gegnen, unterſtellen, daß die Lichtwuchsſtämme aus der fünften (höchſten) Wuchsklaſſe des 49jährigen Beſtands hervorgegangen ſind. Bei dieſen für den Lichtwuchsbetrieb durchweg ungünſtigen Vor— ausſetzungen ergibt die Berechnung: a. Freiwüchſige Erziehung. Im 49. Jahr ſind vor der Durchforſtung vorhanden e 19,1 Sejtmeten, Es bleiben fe 1062 Etöning ni einem Maſſengehalt von. h 5 Folglich 5 er e n d, Festmeter Im 60. Jahr werden von obigen 1062 Stämmen 268 Stück N mit einem Maſſen⸗ bonn A eee e demeter. 502 Zdwölfter Abſchnitt. Im 70. Jahr ſind vorhanden 794 Stämme mit einem Maſſenertrage von. . 163,3 Feſtmeter. Zuſammen . 293,9 Feſt mei Im 49. Jahr ſind verbkteben 8 106,4 a Folglich Zuwachs ſeit dem 49. Jahr b Nutzung im 49. Jahre . 187,5 Feſtmeter. e e Vor der Durchforſtung im 49. Jahre .. 198,1 Feſtmeter. Es ſind durch die en Wind⸗ f wurf ꝛc. angefalln . 990.9 " Im 70. Jahre waren Dorbanden. DES 1 Zuſammen a] 5 Hiervon ab der Vorrat im 40. Jahr 2198 5 Folglich Zuwachs ſeit dem 49. u und Nutzung im 49. Jahre 144,0 Feſtmeter, und ſomit 43,5 Feſtmeter weniger, wie 25 Der freiwüchſigen Er— ziehung. Wenn man hierauf die ſtark durchforſtete Probefläche etwas genauer betrachtet und unterſucht, welche Stammklaſſen den Zuwachs vom 49jährigen bis zum 70jährigen Alter geliefert haben, ſo ergibt ſich ein überraſchendes Reſultat. Der Buchenbeſtand hat im 70jährigen Alter 1749 dominierende Stämme. Da der 49jährige Beſtand in den drei oberſten Stammklaſſen 1868 Stämme hat, ſo iſt ſicherlich die Annahme geftattet”), daß die ge— nannten 1749 Stämme aus dieſen drei Klaſſen zumeiſt hervor— gegangen ſind, denn aus den zwei oberſten Stammklaſſen konnten ſie nicht hervorgehen, weil dieſe nur 1244 Stämme hatten. (Thatſächlich werden ſogar einzelne dominierende Stämme aus den unteren zwei Klaſſen hervorgegangen ſein.) Bei dieſer Annahme findet man nun folgendes: Vorrat der 1749 Haubarkeitsſtämme im ER na 105, RS ELTERN Vorrat im 70. Jahr „„ nee n 9 Folglich Zuwachs 145,7 Feſtmeter. ) Leider hat Kunze den Zuwachsgang der einzelnen Stammklaſſen nicht verfolgt. Die Erziehung der Hochwaldbeſtände und der Einzelſtämme. 503 Geſamtvorrat im 49. Jahr vor der Durch— forſtung 198 Fefinieter; Hiervon ab Vorrat der Haubarkeitsſtämme 105,5 Folglich hatten die Zwiſchennutzungsſtämme Borraki 1 292586 Feſtmeter Ertrag der Durchfürſtungen, Windwurf x. 90,9 85 Es haben ſonach 1365 Stämme, die im 49. Jahre neben den ſpäter dominirenden Stämmen ſtanden, nicht nur keinen Zuwachs geliefert, ſie ſind ſcheinbar eingetrocknet, d. h. es wer⸗ den Irrtümer unterlaufen oder die Erträge der Zwiſchennutzungen (Leſeholz ꝛc.) nicht vollſtändig verbucht worden jein*). Die Be— rechnung des 49 jährigen Vorrats der Haubarkeitsſtämme nach dem Durchſchnitt der 4. und 5. Kla ſſe ergibt ſelbſtverſtänd⸗ lich einen zu geringen Vorrat für die Zwiſchennutzungsſtämme. Trotzdem beträgt der Zuwachs der Haubarkeitsſtämme 122,6 Feſtm., der Zuwachs des Zwiſchennutzungsvorrats .. 21,4 „ Für die mäßig durchforſtete Buchenfläche berechnet ſich bei gleicher Annahme (Durchſchnitt der beiden höchſten Stammklaſſen für den Maſſenvorrat der 2095 Haubarkeitsſtämme im 49jährigen Alter) folgendes: Vorrat der 8 Haubarkeitsſtämme ”„ Jahr e Vorrat im 70. Jahr ene 425089 Pr C 113,88 = Vorrat der Zwiſchennutzungsſtämme im 40jährigen Alter (190,99—137,20) . . . 53,79 pi Ergebnis der Nutznng 56,44 2 Zuwachs 1 2,63 Feſtmeter. Inzwiſchen hat Kunze die Erg ee der Durchforſtungs— verſuche in einem Kiefernbeſtand (auf Quaderſandſtein in der ſächſiſchen Schweiz, Revier Kunersdorf) veröffentlicht). Aber Es begegnet uns auch hier die Erſcheinung, die ich S. 205 (Note) ers wähnt habe und im letzten Abſchnitt wiederholt (bei R. Hartigs und Wimmenauers Unterſuchungen) konſtatieren werde. *) Kunze hatte das Erſcheinen von Polytrichum commune auf der ſtark durchforſteten Buchenfläche als ein Zeichen von Bodenverſchlechterung aufgefaßt 504 Zwölfter Abſchnitt. auch hier begegnen wir leider wieder derſelben Erſcheinung — auf der ſcharf durchforſteten Fläche iſt eine viel zu große Stammzahl und Stammgrundfläche belaſſen worden. Zwar iſt der günſtige Einfluß einer frühzeitig eingelegten kräftigen Durchforſtung nicht zu verkennen. Der 19jährige Kiefernſaatbeſtand hatte 1862 eine Holzmaſſe von 96 Feſtmeter per Hektar gleichmäßig auf allen Probeflächen. a. Auf der ſcharf durchforſteten Probefläche ſind in 21 Jahren mittels Durchforſtung genutzt worden. .. 8g Feftmeter. Durch Windbruch ꝛc. find angefalln . 40 5 Vorhanden waren 1888 271 15 Zuſammen .. 394 Feſtmeter. Hiervon ab Vorrat im Jahre 182. 96 2 Bleiben . . 298 Feſtmeter oder per Jahr 14,2 Feſtmeter. b. Auf der mäßig durchforſteten Fläche ſind in 21 Jahren mittels Durchforſtung angefallen . . . .. 5s Feſtmeter. Wiüdoruchtee ß 5 Vorhanden waren 1838 22854 N Zuſammen .. 337 Feſtmeter. Hiervon ab, Vorrat 18 98 1 Bleiben . . . 241 Feſtmeter. Folglich Jahreszuwachs .. 11,5 55 C. Auf der nicht durchforſteten wage it wh Windwurf ꝛc. angefallen .. 72 7 Vorhanden waren Iss 88s 9 55 Zuſammen . . 315 Feſtmeter. Hiervon ab Vorrat im Jahre 1862. 96 7 Bleiben 219 3 Folglich Jahreszuwa che . 10,4 Ri und ich habe oben (S. 190) bemerkt, daß dieſe Erſcheinung von mir in viel ſtärker durchforſteten Buchenbeſtänden nicht wahrgenommen worden iſt. Kunze iſt in— zwiſchen, wie er neuerdings bekennt, zweifelhaft geworden, ob ſein früherer Schluß gerechtfertigt war. Er vermutet, daß dieſes Moos erſchienen ſei, weil eine größere Menge Regenwaſſer an den Boden gelangte. Die Erziehung der Hochwaldbeſtände und der Einzelſtämme. 505 Es ſind jedoch, wie geſagt, viel zu große Stammgrundflächen belaſſen worden und deshalb wird der volle Lichtungszuwachs nicht eingetreten ſein. Es ſind belaſſen worden: im 26jährigen Alter 3751 Stämme mit 20,4 qm, F 2571 1 „Ns „, 11 8 DAT Hasgia it) Nach den Unterſuchungen des Verfaſſers in Kiefernbeſtänden, die (nach dem Höhenwuchs der geſchloſſenen Beſtände zu beurteilen) ähnlichen Boden haben, wie die Kunzeſchen Probeflächen, dürften dagegen nur 13—17 qm verbleiben. Betrachten wir uns auch hier wieder die Ergebniſſe dieſer Verſuchsflächen etwas genauer und benutzen wir diesmal außer den auf der Probefläche gefundenen Zuwachsangaben, nur die Kunze— ſchen Formzahlen für Kiefern — alſo durchweg ſächſiſches Material —, ſo treten die Wachstumsgeſetze, die ich im ſechſten Abſchnitt und eben bei der Buche erörtert habe, auch bei der ſächſiſchen Kiefer in den Vordergrund. Wir haben oben geſehen, daß beim Licht— wuchsbetrieb in Kiefernbeſtänden eine Stammgrundfläche von 30,6 qm vor der Lichtung zuläſſig iſt (d. h. daß die Lichtung erfolgen muß, wenn die Beſtände dieſe Stammgrundfläche erreicht haben). Unter dieſer Vorausſetzung waren im Lichtwuchsbetrieb 1373 Stämme 4. und 5. Klaſſe im 40 jährigen Alter erforderlich. Allerdings finden ſich im 40jährigen Beſtand nur 795 Stämme in dieſen beiden Wuchsklaſſen vor. Man hat leider in Sachſen einen dichten Saat— beſtand und keinen Pflanzbeſtand zur Verſuchsfläche gewählt und mußte deshalb auf der ſcharf durchforſteten Fläche im 19jährigen Alter 8167 Kiefern ſtehen laſſen, die hierauf viel zahlreicher, wie in einem Pflanzbeſtand, ausgeſchieden ſind (was unſere Unterſuchung erſchwert). Aber es iſt nicht zu bezweifeln, daß die übrigen 578 Stämme, wenn man dieſelben aus den ſtärkſten Stämmen im 26jäh⸗ rigen Alter (wo die Meſſung begonnen hat) ausgewählt und frei: geſtellt haben würde, mindeſtens denſelben Zuwachs, wie die Stämme vierter und fünfter Klaſſe, geliefert hätten,“ Nach dem Mittel dieſer beiden Klaſſen beträgt nämlich die Durchmeſſerzunahme 0,46 em per Jahr und die Höhenzunahme 0,32 m per Jahr, während freiwüchſige Kiefern auf einem ähnlichen Standort im 506 Zwölfter Abſchnitt. Mittel viel größeren Höhen- und Stärkenzuwachs haben (wie der Verfaſſer nachgewieſen hat). Wir wollen weiter, um allen Einwendungen zu begegnen, an— nehmen, daß die freigeſtellten Stämme im 26jährigen Alter ſämtlich der oberſten (fünften) Stammklaſſe angehörten. Die Berechnung ergibt für dieſe, dem Lichtwuchsbetrieb un— günſtige Vorausſetzungen folgendes: 1697 Stämme hatten im ee Alter als Stämme 5. Klaſſe Vorrat .. . 114,4 Feſtmeter. Der geſamte as dar vor De Durd: orange mr en 8 .L-169,8 N Folglich konnten beim gangene ge⸗ nutzt werden.. 55,1 Feſtmeter Aushieb von 324 Stammen im 36jährigen Alter n n ! 45,4 75 Vorrat von 1373 Shäntimen m 40 rigen M ( hie! 7 Zuſammen .. 298,5 Feſtmeter. Hiervon ab Vorrat von 14 Jahren. 114,4 7 Folglich Zuwachs in 14 Jahren .. 184,1 Feſtmeter. Hierzu Nutzung vor 14 Jahren 5,1 5 Zuſammen .. 239,2 Feſtmeter. Dagegen ergibt ſich für die ſtark durchforſtete Fläche vom 26—40jährigen Alter folgendes: Im 26jährigen Alter waren vorhanden . 169,5 Feſtmeter. Genutzt wurden mittels Durchforſtung, Windwurf e. 3 Feſtmeter Vorhanden waren im Adjabzıgen Aller, 1 [ SA IM . Folglich Zuwachs vom 26—40 jährigen Alter und Nutzung vor 14 Jahren 175,4 Feſtmeter per Hektar, ſomit produziert die ſächſiſche „ſtark“ durchforſtete Fläche höchſten Falls nur 730% von demjenigen Zuwachs, den man durch den Lichtwuchs erreichen kann. Dieſe auffallende Erſcheinung erklärt ſich auch hier wieder in Die Erziehung der Hochwaldbeſtände und der Einzelſtämme. 507 ſehr einfacher Weiſe. In Sachſen hatten nicht nur die Buchen, ſondern auch die Kiefern, die den Durchforſtungen anheim gefallen ſind, aber bis dahin die Kronenausdehnung der prädominierenden Stämme gehemmt haben, einen ſehr geringen Zuwachs. Man wird wiederum die Ertragsleiſtungen der Haubarkeitsſtämme ſicherlich zu gering berechnen, indem man annimmt, daß die 1988 Stämme, die im 40 jährigen Kiefernbeſtand vorhanden waren, im 26jährigen Alter den beiden ſtärkſten Stammklaſſen angehört haben, denn ſie werden in der That auch aus den geringeren Stärkeklaſſen (nament⸗ lich der dritten) hervorgegangen ſein. Nach den Kunzeſchen An— gaben hatten bei dieſer Vorausſetzung die 1988 im 40jährigen Alter vorhandenen Stämme im 26jährigen Alter Vorrae ... 107,0 Feſtmeter Dagegen Vorrat im 40jährigen Alter. . 271,3 * Folglich Zuwachs 164,3 Feſtmeter. Dagegen hatten die in dieſer ſtark durchforſteten Probefläche verbliebenen und ſpäter den Zwiſchennutzungen, Windwutf anheim gefallenen Stämme (1763 Stück) L e . Zejtmetel, C%%%%%0%00CC c 5 folglich Zuwachs 11,1 Feſtmeter. 6,3 9% des Geſamtzuwachſes — genau, wie bei Th. Hartig und R. Hartig (ef. S. 201—205). Auch in Sachſen fallen lediglich die Zuwachsleiſtungen der vorwachſenden Stämme in die Wagſchale — einerlei, ob man ſchwach oder ſtark durchforſtet“). Ich war ſomit, wie man auf Grund eines ganz anderen, mir bisher unbekannten Materials erkennen wird, nicht im Irrtum mit der Behauptung, daß der Forſtwirt lediglich die Stämme, die den Haubarkeitsbeſtand dermaleinſt bilden ſollen, zu beachten und zu pflegen hat. Die Unterſuchung, wie weit die Durchforſtungen in die „teilweiſe unterſtändigen“, „zwiſchenſtändigen“, „gering mit— ) Auf der „mäßig“ durchforſteten Kiefernfläche haben geliefert: 2253 im 40. Jahre vorhandene Beſtände vom 26.—40. Jahre 155,01 Feſtmeter, 2375 vom 26.—40. Jahre der Durchforſtung, dem Windwurf ꝛc. zugefallenen Stämme 1,74 Feſtmeter. 508 Zwölfter Abſchnitt. herrſchenden“ Stammklaſſen einzugreifen haben, wird höchſtwahr— ſcheinlich entbehrlich werden. Vielmehr wird die Durchforſtungsregel zu lauten haben: alle Stämme mit eingeklemmten, ſchwach entwickelten Kronen, welche die Kronenausbreitung der dominierenden Stämme hemmen, ſind zu entfernen, ſobald ſie für den Schutz des Bodens und als Reſerve wegen zu fürchtender Unfälle (namentlich in Schneebruch— und Windwurflagen) nicht mehr erforderlich erſcheinen. 2) Die Anſichten der Waldbaulehrer und die Er— fahrungen der Praxis. Der Aushieb des unterdrückten, übergipfelten und abſtändigen Holzes iſt ſchon in früheren Jahrhunderten, wie wir im dritten Abſchnitt geſehen haben, von vielen Forſtordnungen vor— geſchrieben und von den meiſten Forſtſchriftſtellern erwähnt worden ). Aber dieſer Aushieb des unterdrückten, abgeſtorbenen und ab» ſterbenden Gehölzes war ſo wenig Gebrauch der forſtlichen Praxis geworden, daß Georg Ludwig Hartig noch 1830 weitläufig be— ſchreibt, wie er vor vierzig Jahren durch die Beſtockungszuſtände in den Solms-Hungiſchen Buchenforſten zur Durchplänterung der 30—40jährigen Beſtände veranlaßt wurde. Er glaubt, daß er die Durchplänterung im Jahre 1791 erſtmals dem Forſtpublikum bekannt gemacht habe. Jedoch kann man nur ſagen, daß G. L. Hartig die Durchforſtung zur ſtändigen Waldbauregel erhoben hat, obgleich Berlepſch, Stumpf, Zanthier, Oettelt, Trunk, Witzleben u. a. die Durchforſtung vor oder gleichzeitig mit Hartig öffentlich be— ſprochen haben. Georg Ludwig Hartig war, wie ich ſchon erwähnt habe, von der günſtigen Wirkung der Durchforſtungen auf die Zuwachs— erhöhung des verbleibenden Beſtandes vollkommen überzeugt. Mit aller Entſchiedenheit bekämpft Hartig wiederholt, namentlich in den ſpäteren Schriften, den zu dichten Stand der Holzpflanzen in der Jugendzeit. Die Durchforſtungsregeln dieſes Altmeiſters der Forſt— lehre werden jedoch beherrſcht von der Befürchtung, daß die zu ſtark durchforſteten Beſtände durch Platzregen, Schnee- und Duft— ) Zuerſt wird, ſoweit bis jetzt bekannt, das Aushauen der überflüſſigen Stangen 1514 oder 1540 in der württembergiſchen Forſtordnung vorgeſchrieben. Die Erziehung der Hochwaldbeſtände und der Einzelſtämme. 509 anhang) beſchädigt werden würden und dieſe Befürchtung ift er- klärlich, wenn man bedenkt, daß zur damaligen Zeit keine Erfah— rungen über die Wirkung ſtarker Durchforſtungen vorlagen. Hartig erteilte die Generalregel: „lieber etwas zu viel, als zu wenig Holz ſtehen zu laſſen, und nie einen dominie— renden Stamm wegzunehmen, alſo auch niemals den oberen Schluß des Waldes zu unterbrechen.“ In der zweiten Auflage des Lehrbuchs für Förſter ſchreibt Hartig für Buch enbeſtände im milden Klima, wo wenig oder nichts von Schnee und Duft zu fürchten iſt, die Vornahme der erſten Durchforſtung im 40. Jahr vor, wenn die ſtärkſten Stangen 5—7 Zoll (13—18 em) im unterſten Durchmeſſer haben. Wenn dagegen das Klima rauh und vom Schnee und Duft Schaden zu fürchten iſt, jo ſoll das Aushauen des unterdrückten Gehölzes bis zum 60jährigen Alter der Beſtände oder jo lange verſchoben werden, bis die ſtärkſten Raidel 810 Zoll „) Vonhauſen erklärt die Entſtehung des Duftes wie folgt: Sinkt die Tem- peratur der Atmoſphäre unter Null, ſo ſchlagen ſich die Waſſerdämpfe der Luft unmittelbar, ohne vorher in eine Flüſſigkeit überzugehen, in der Form von kleinen Eiskryſtallen auf die Körper nieder und bilden dann den ſog. Reif, eine Er- ſcheinung, welche ſich nach jeder Froſtnacht wahrnehmen läßt. Befindet ſich im Winter die Temperatur nur einige Grade unter dem Gefrierpunkte, jo verſchwin— den während des Tages bei hellem Himmel die Kryſtällchen unter direkter Ein- wirkung der Sonne, bilden ſich aber während der Nacht mit ſinkender Tem— peratur ſtets wieder von neuem. Tritt nun während einer Froſtperiode ein Aequatorialſtrom ein, ſo ſcheiden ſich, mag dieſer über oder neben dem Polarſtrom fließen, an der Berührungsgrenze Waſſerdämpfe in der Form von Nebeln aus, welche, in großer Menge in der Luft ſchwimmend, den Duft bilden. Dieſe Nebelbläschen erleiden eine Ueberſchmelzung, d. h. ſie kühlen ſich unter Null ab, ohne daß jedoch ihre Waſſerfülle zu Eis gefriert. Werden ſie in dieſem Zu— ſtand vom Winde an die kleinen Eiskryſtalle, mit denen die Körper, namentlich die organiſchen, bedeckt ſind, herangetrieben, ſo ſchlagen ſie ſich, mit ihnen in Berührung kommend, auf ſie nieder und machen ſie wachſen und zwar ſo, daß öfters Eisnadeln von einer Länge bis zu 3 em entſtehen. Dieſe bilden, in dichter Menge Aeſte, Zweige, Gras u. ſ. w. bedeckend, den Rauhreif oder Duftanhang. Wird alsdann des Nachmittags oder in der Nacht der Aequatorialſtrom von dem Polarſtrom verdrängt, ſo hellt ſich der Himmel auf, die Temperatur ſinkt raſch, infolgedeſſen ziehen ſich die Eiskryſtällchen zuſammen und ſpringen in Maſſe ab. Oeffnet ſich der Himmel aber erſt des Morgens, ſo ſteigt die Temperatur durch die Inſolation, die Eisnadeln dehnen ſich aus und ſpringen ebenfalls in großer Menge ab. Beides alſo, Zuſammenziehen und Ausdehnen der Kryſtalle, verurſacht das Abfallen des Duftanhangs. Tritt der umgekehrte Fall ein, wird nämlich der Polarſtrom von dem Aequatorialſtrom verdrängt, jo erfolgt Tau— wetter und der Rauhreif ſchmilzt ab. 510 Zwölfter Abſchnitt. (21—26 em) im unterſten Durchmeſſer erlangt haben. Hartig will die Durch— forſtungen in Buchenbeſtänden alle 20 Jahre wiederholt wiſſen. Es ſollen per Hektar ſtehen bleiben: a. bei der Durchforſtung im 40. Jahre: auf gutem Boden 3715 Stangen, . auf ſchlechterem Boden 4765 Stangen. b. bei der Durchforſtung im 60. Jahre: im milden Klima, wenn der Boden gut iſt . 1240 - 1490 Raidel, und wenn der Boden ſchlechter it . ... 1490-1990 „ im rauhen Klima, wenn der Boden gut iſt . 1490-1985 „ und wenn der Boden ſchlechter iſe .. 1985-2480 „ c. bei der Durchforſtung im 80. Jahre: wenn das Klima mild iſt, auf gutem Boden . 743—992 Stämme, auf ſchlechterem Boden. e eee wenn das Klima rauh iſt, auf ak Boden 99I2—1240 „ auf ſchlechterem Boden .. .. 1240 — 1490 „ bei der Plänterung im 100jährigen Alter (bei 120jähriger Umtriebszeit): im milden Klima auf gutem Boden . .. 496-620 Stämme, auf ſchlechterem Boden.. „ 620 in rauherem Klima auf gutem Boden . . 620 —744 „ auf ſchlechterem Boden .. „ e e d Die Eichenbeſtände ſollen in gleicher Weiſe durchforſtet werden, wie die Buchenbeſtände. Fichten- und Weißtannenbeſtände ſollen nicht früher durchforſtet werden, bis im milden Klima die erſte Klaſſe der dominierenden Stangen 5—6 Zoll (13—16 em) und im rauhen Klima 6—8 Zoll (16-18 em) über der Erde gemeſſen erreicht hat. Auch die Kiefernbeſtände ſollen bei dieſer Stammſtärke erſtmals durchforſtet werden, die ſie auf gutem Boden oft mit dem 25.— 30. Jahre erreichen. Ich habe wiederholt erwähnt, daß G. L. Hartig die Wuchsbeſörderung des verbleibenden Beſtands, nachdem die Durchforſtung vollzogen worden iſt, genau erkannt hat. Aber ich kann mir trotzdem nicht verſagen, die charakteriſtiſchen Worte anzuführen, mit denen Hartig ſeine Beobachtungen zum Ausdruck bringt: „Wegen der allzugroßen Anzahl der Stämme können auch ſelbſt die domi— nierenden nicht beträchtlich mehr wachſen. — Ich habe davon ſehr auffallende Bei— ſpiele in Waldungen geſehen, die im 100jährigen Alter auf einem Morgen noch 800-1000 Stämme enthielten, und niemals durchpläntert worden waren. Hier konnte man an den unterdrückten Stangen eine große Anzahl der letzten Jahr— ringe kaum durch ein Vergrößerungsglas ſehen, und auch an den ungefähr 300 dominierenden Stämmen waren die Ringe von den letzten 30 Jahren ſo ſchmal, daß der bisherige jährliche Zuwachs vom ganzen Beſtand nicht halb ſo viel be— trug, als in jedem ſolgenden Jahre an den 300 dominierenden Stämmen zuwuchs, nachdem ich dieſe wirklich ſehr merkwürdigen Beſtände hatte durchpläntern laſſen.“ Die Durchforſtungen in den 80—100jährigen Beſtänden ſollen mit dem Waldſtempel oder Waldhammer ausgezeichnet (d. h. die wegzunehmenden Stämme bezeichnet) werden. Die Erziehung der Hochwaldbeſtände und der Einzelſtämme. 511 Heinrich Cotta verwirft dieſe Durchforſtungsregeln. Er ſagt: „wir kommen durch ſie immer mit unſerer Hilfe zu ſpät und wollen Nachteile dann erſt verhüten, wenn dieſe ſchon dageweſen ſind.“ Die Cottaſchen Durch— forſtungsregeln verlangen im weſentlichen eine Entnahme der ge— ringen, im Wachstum zurückgebliebenen Pflanzen in der Jugend— periode, bis die Zweige ſich noch berühren, aber nicht ineinander greifen — von der Zeit an, wo durch Hitze, Froſt ꝛc. keine große Verminderung der Pflanzen mehr zu beſorgen iſt bis zu dem Zeit— punkt, mit welchem das Holz vom unteren Stocke die Stärke von 5—6 Zoll (nach ſpäterem ſächſiſchen Maß 12—14 cm) erreicht hat. Alsdann ſollen die Durchforſtungen ſo lange aufhören, bis die Stämme ſich ſo hoch gereinigt haben, als es der Zweck ihrer Anwendung erfordert. Die in dieſer Weiſe erzogenen Stämme erwachſen, ſo ſagt Cotta, von Jugend auf ſo kräftig und ſelbſtändig, daß ihnen die nachherigen Auslichtungen nicht ſchaden; noch lichtere Beſtände haben ſich erfahrungsgemäß ſpäter vollkommen geſchloſſen, hinlänglich von Aeſten gereinigt und die ſchönſten Stämme geliefert. Auf die Frage: „woher die Koſten nehmen“, antwortet Cotta: „daher, woher wir die Kulturkoſten beſtreiten.“ „Wo es freilich an arbeitenden Händen fehlt, da ſind unſere Vorſchläge unausführbar.“ Bei den in vollem Schluſſe erwachſenen Beſtänden darf man jedoch keinen Ort ſo ſehr durchlichten, daß dadurch der Schluß geſtört oder das gegenſeitige Reiben der Zweige aufgehoben würde. Auch auf mageren, heißen und trockenen Standorten, in Schneebruchlagen, in ſehr dicht geſchloſſenen Beſtänden bei der Erziehung von Landbauholz, am Rand der Be— fände ꝛc. müſſe man den Schluß am engſten halten. Am ſtärkſten und öfteſten ſeien die Birkenbeſtände, ſtark die Kiefern- und Lärchenbeſtände, ſchwächer die Eichennutzholzbeſtände in der Jugend, die Buchen-, Fichten- und Weiktannen- beſtände zu durchforſten; den zuletzt genannten Nadelholzbeſtänden ſei jedoch die gänzliche Unterlaſſung der Durchforſtung am meiſten ſchädlich. Die Cottaſchen Regeln haben niemals bemerkenswerte An— wendung im Forſtbetriebe gefunden. Zwar haben ſich Andre, Chriſtoph Liebich, Schultze, Grabner, Blondein u. a. für ſtarke Durchforſtungen ausgeſprochen — aber ſie haben ihre Anſichten nicht mit beweisfähigen Unterſuchungen belegt. Hundes— hagen tadelt die früh beginnenden Durchforſtungen und will die— ſelben ſpät beginnen, aber oft wiederholen. Wilhelm Pfeil wiederholte 1820 im weſentlichen die Cottaſchen Vorſchläge, bekämpfte aber ſpäter ſeine früheren Anſchauungen. Gwinner und Stumpf 512 Zwölfter Abſchnitt. beſtreiten nicht die principielle Richtigkeit der Cottaſchen Anſichten, aber ſie halten dieſelben nicht für anwendbar. Gwinner will die Reinigung des Beſtandes nicht abgewartet haben, während man nach Stumpf erſt dann durchforſten ſoll, wenn ſich die jungen Beſtände von unteren Aeſten reinigen. Karl Heyer bekämpft die Cottaſchen Vorſchläge, weil ein dichter Saatbeſtand in ſpäterer Zeit die gleiche Schaftſtärke und den gleichen Durchſchnittszuwachs er— reiche, als ein Pflanzbeſtand. Jedoch werden auch hier beweis— fähige Zuwachsunterſuchungen nicht mitgeteilt. Man ſoll mit dem Beginn der Durchforſtungen warten, bis der Erlös wenigſtens die Holzerntekoſten deckt. Alle Schriftſteller betonen, daß das Wachs— tum des verbleibenden prädominierenden Beſtandes mittels der Durchforſtungen befördert wird, daß man denſelben gegen Gefahren (Feuer, Inſekten, Wind, Schnee, Duft ꝛc.) ſchützt, daß man früh eintretende und häuſig wiederkehrende Material- und Gelderträge gewinnt u. ſ. w. u. ſ. w. Inzwiſchen hatte man im Harze konſtatiert, daß früh— zeitige Durchforſtungen den Schneedruck in Fichten— beftänden verringern. Nach dem Schneedruck der Jahre 1833— 1836 durchforſtete man 15—20jährige, noch nicht ganz geſchloſſene Fichtenbeſtände ſo ſtark, daß nur dominierende Stämme übrig blieben. Bei dem Schneedruck im Jahre 1844 wurden die undurchforſteten Beſtände am ſtärkſten beſchädigt; während in den 1835 — 1840 durchforſteten Beſtänden (1800 par. Fuß über der Nord— ſee) nur einzelne Stangen beſchädigt wurden, brach der Schnee in den undurchforſteten Beſtänden der gleichen Oertlichkeit platzweiſe, einzelne Plätze oft mehrere Quadratruten groß. In einer im Jahre 1820/21 mit 6jährigen Pflanzen ausgeführten Fichtenbüſchel— pflanzung (1,1 m Quadratverband) bei Lauthenthal am Harz (1650 Fuß über der Nordſee) hatte man Probeflächen angelegt. Der undurchforſtete Teil mit 20 500 Stangen per Hektar hatte am meiſten gelitten. Die in verſchiedenem Grade durchforſteten Beſtände (drei Probeflächen mit 10 276-10 466 Stangen per Hektar in ver: ſchiedener Stellung und eine Probefläche mit 5042 Stangen im Quadrat- verband) waren in gleicher Weiſe beſchädigt worden, nur hatte ſich, wie es ſchien, der Bruch auf die in gewöhnlicher Weiſe (mit Erhaltung des Schluſſes?) durchforſtete Probefläche gleichmäßiger verteilt. Die Erziehung der Hochwaldbeſtände und der Einzelſtämme. 513 Auch Unger ſchlägt für Fichtenbeſtände frühzeitige Durch— forſtungen (früher als gewöhnlich) vor, ſo ſcharf eingreifend, daß die geſunde Bezweigung bis zur Hälfte der Baumlänge herabſteigt. Die Bodenfeuchtigkeit wird hierbei, ſagt Unger, erhalten, weil das Blätterdach eine größere Höhe beſitzt und ſich dem Boden weit mehr nähert, als in gedrängt erwachſenen Beſtänden. Jedoch ſind in geſchloſſenen älteren Fichtenbeſtänden ſtärkere Lichtungen zu vermeiden. Unger befürwortet für den Harz weitſtändige Pflanzungen (2,0 —2,3 m in Reihen). Uslar hatte in Buchenbeſtänden (1824) durch Verſuche gefunden, daß die ſtärkere Durchforſtung günſtigere Reſultate, als die bisher übliche Durchforſtung lieferte. Auf Grund der Erfah— rungen in Hannover ſchlägt Edmund von Berg vor, die Buchenbeſtände ſchon im 30—35jährigen Alter zu durchforſten und zwar ſo ſtark, daß alle Stämme, welche in den nächſten 6—8 Jahren unterdrückt werden, zum Aushieb kommen. Es ſollen alle „beherrſchten“ Stämme hinweg genommen werden und nur ca. 550 Stämme per Morgen (ca. 2000 Stämme per Hektar) im 30—35jährigen Alter ſtehen bleiben. Nach 5—6 Jahren, ſagt Berg, wird der Schluß wiederhergeſtellt, der Boden beraſet nicht, deckt ſich kaum ſtellenweiſe mit einem ſpärlichen Kräuter— überzug; Nachteile durch Umbiegen der Stangen ſind bei den in dieſer Weiſe ſcharf durchforſteten Probeflächen nicht wahrgenommen worden und / ſelbſt in dem ſchneereichen Winter von 1844 mit ſeinem bedeutenden Eisanhang ſind nachteilige Folgen nicht ein— getreten. Die Probeverſuche ſind zwar nicht zum Abſchluß ge— bracht worden, aber überall war, wie Berg, Uslar, Uhde u. a. für Buchenbeſtände konſtatiert haben, mit der lichteren Durch— forſtung ein Mehrzuwachs verbunden. Edmund von Berg will dagegen die Rotbuche vor dem 30—35 jährigen Alter nicht durchforſten (durchrupfen ꝛc.). Er leugnet zwar nicht, daß frühzeitige Ausläuterungen und Durch— forſtungen ſehr günſtige Reſultate geliefert haben; aber man müſſe auch Dickungen im Walde erhalten, worin ſich das Wild zu ver— bergen imſtande ſei. Dagegen befürwortet Berg die Auslichtung der zu gedrängt ſtehenden Fichtenbeſtände und will in Fichtenbeſtänden die erſte Wagener, Waldbau. 33 514 Zwölfter Abſchnitt. Durchforſtung ſchon im 20—30. Jahre (ſelbſt mit Geldopfern) ausgeführt haben. Aber zwiſchen dem 30. und 40. Jahre und ſpäter ſoll nach Berg nur das dürre und unterdrückte Holz ent— fernt werden. Die Gründe für dieſe abweichenden Anſichten werden nicht angegeben. Die weiteren in der Forſtlitteratur zu findenden Meinungsäußerungen übergehe ich, weil ihnen die erforder— liche Beweiskraft, welche nur komparative Unterſuchungen gewähren können, mangelt. Im allgemeinen hat die forſtliche Praxis die Hartigſchen Durchforſtungsregeln ohne vergleichende Prüfung der Wirkung ſtärkerer Auslichtungsgrade auf den Holzwuchs befolgt. Kaum kann man hier und da eine Hinneigung zu ſtärker eingreifenden Aushieben (z. B. in Braunſchweig) entdecken. Man hat im öſtlichen Weſergebirge (im Oberforſt Seeſen) alle beherrſchten und beengten Buchen, welche die Entwicklung der dominierenden Stämme hem— men, ausgehauen. Wir haben die Extragsunterſuchungen Robert Hartigs in dieſen Buchenbeſtänden ſchon im ſechſten Abſchnitt (S. 204) kennen gelernt (ſtatt „weſtliches“ Weſergebirge iſt dort zu leſen: „öſtliches“ Weſergebirge). In neueſter Zeit (1884) hat Kraft, wie ſchon oben bemerkt wurde, den Verſuch unternommen, die Auslichtungsgrade bei den Durchforſtungen zu fixieren und zu regeln, indem er nach der Be— ſchaffenheit der Kronen Wuchsgrade ausgeſchieden und hierauf be— ſtimmt hat, auf welche Stamm- (oder Kronen-) Klaſſen die ſchwache, die mäßige und die ſtarke Durchforſtung auszudehnen iſt. Allein dieſe Charakteriſtik iſt, wie geſagt, bei den ſchwer zu unterſcheiden— den Uebergängen im Wuchsgrad und der Beſchaffenheit der Krone nicht leicht. Man kann keine ſcharf trennenden Merkmale auffinden und hiernach unterſcheiden. Auf dieſem Wege wird man ſicherlich keine praktiſch für die Auszeichnung der Durchforſtungen benutz— bare Richtpunkte aufzufinden vermögen. Schon 1849 wurden (in Cottas Waldbau) folgende Wuchsgrade unter— ſchieden: a. herrſchende (dominierende, prädominierende) Stämme, b. beherrſchte Stämme, e. unterdrückte Stämme, ohne Längenwuchs, mit abgeſtorbenem Gipfel, d. abgeſtorbene, trockene Stämme. Ferner hat 1854 König unterſchieden: A. Herrſchende Stämme, Die Erziehung der Hochwaldbeſtände und der Einzelſtämme. 515 a. vorherrſchende, b. mitherrſchende, c. nachwachſende. B. Ueberwachſene Stämme, a. übergipfelte, b. unterdrückte. Der Verein der forſtlichen Verſuchsanſtalten hat eine andere Klaſſifikation verſucht: 1) Dominierende Stämme, welche mit vollentwickelter Krone den oberen Beſtandsſchirm bilden; 2) zurückbleibende Stämme, welche an der Bildung des Stammſchluſſes noch Teil nehmen, deren größter Kronendurchmeſſer aber tiefer liegt als der größte Kronendurchmeſſer der dominierenden Stämme, die alſo gleichſam die zweite Etage bilden; 3) unterdrückte (unterſtändige, übergipfelte) Stämme, deren Spitze genau unter der Krone der dominierenden Stämme liegt (auch niedergebogene Stämme gehören hierher); 4) abſterbende und abgeſtorbene Stämme. Die Durchforſtungsſtufen für die Probeflächen werden wie folgt normiert: a. die ſchwache Durchforſtung entfernt nur die abgeſtorbenen Stämme; b. die mäßige die abſterbenden und unterdrückten; c. die ſtarke (vorgreifende) Durchforſtung auch alle zurückbleibenden Stämme. Nach meinen Wahrnehmungen vermute ich, daß die Durchforſtungs— flächen ad e zwar einen größeren Holzzuwachs haben werden, als die Probe— flächen ad a und b, daß aber dieſe drei Durchforſtungsgrade nicht ausreichen. Man wird vielmehr eine vierte Fläche in ähnlicher Weiſe durchforſten müſſen, wie man die Buchenbeſtände im öſtlichen Weſergebirge (braunſchweigiſchen Ober— forſt Seeſen) durchforſtet hat, d. h. man wird auch in der oberen Etage die be— engten Stämme, welche die Entwicklung der vorherrſchenden Stämme hindern, auszuhauen haben. Endlich hat Kraft folgende Trennung vorgeſchlagen: 1) Vorherrſchende Stämme mit ausnahmsweiſe kräftig entwickelten Kronen. 2) Herrſchende in der Regel den Hauptbeſtand bildende Stämme mit ver— hältnismäßig gut entwickelten Kronen. 3) Gering mitherrſchende Stämme. Kronen zwar noch ziemlich normal geformt und in dieſer Beziehung denen der zweiten Stammklaſſe ähnelnd, aber verhältnismäßig ſchwach entwickelt und eingeengt, oft mit ſchon beginnender De— generation (z. B. mit etwas trockenſpitzigen Kronenrändern, bei der Eiche auch oft mit den Anfängen eines knickigen Wuchſes der Kronenzweige). 4) Beherrſchte Stämmekronen mehr oder weniger verkümmert, entweder von nur zwei Seiten oder von allen Seiten zuſammengedrückt oder einſeitig (fahnen— förmig) entwickelt, bei der Eſche mit ſehr knickigem Zweigwuchſe. a. Zwiſchenſtändige, im weſentlichen ſchirmfreie, meiſt eingeklemmte Kronen 516 Zwölfter Abſchnitt. b. Teilweiſe unterſtändige Kronen. Der obere Teil der Kronen frei, der untere Teil überſchirmt, oder infolge von Ueberſchirmung abgeſtorben. 5) Ganz unterſtändige Stämme a. mit lebensfähigen Kronen (nur bei Schattenholzarten), b. mit abgeſtorbenen und abſterbenden Kronen. dach Kraft ſoll man, geſtützt auf die Trennung dieſer Wuchsklaſſen, folgende Durchforſtungsgrade einhalten: 1. Grad, ſchwache Durchforſtung: Nutzung der 5. Stammklaſſe. 2. Grad, mäßige Durchforſtung (meiſt die oberſte, häufig noch nicht ein— mal erreichte Grenze der gewöhnlichen Durchforſtungspraxis): Nutzung der Stamm- klaſſen 5 und 4 b. 3. Grad, ſtarke Durchforſtung: Nutzung der Stammklaſſen 5, 4 b und 4a. Die nutzbringendſte Art und Weiſe der Erziehung der Holz— beſtände iſt, wie man ſieht, noch eine offene Frage. Aber es er— hellt aus den vorſtehenden Mitteilungen, daß die Befürchtung Georg Ludwig Hartigs, welche die ängſtliche Erhaltung des dichten Kronen— ſchluſſes in den deutſchen Waldungen vor allem verurſacht hat — die Befürchtung, daß die ſcharf und vorgreifend durchforſteten Be— ſtände durch Schnee, Duft- und Eisanhang zuſammengedrückt werden, ſelbſt für die echten Schneebruchlagen (des Harzes) unbegründet war. Bezüglich der Hauptgefahr durch den Schnee, der hauptſäch— lich durch Auflagern auf die dichte Gerten- und Stangenholzbe— zweigung neſterweiſe Beſchädigungen veranlaßt, iſt die günſtige Wirkung der ſcharfen Durchforſtung ſelbſtverſtändlich, denn von den einzelnſtehenden, dem Luftzug mehr ausgeſetzten Gerten und Stangen wird die geringe Schneemenge, welche ſich aufgelagert hat, öfter und leichter abgeſchüttelt werden, als bei einem dichten Kronendach (cf. S. 192). Immerhin ſind hinſichtlich des Gipfelbruches — nament— lich in den gemiſchten Beſtänden, in denen die Nadelhölzer mit ihren Kronen hervorragen — weitere Erfahrungen zu ſammeln. Im allgemeinen iſt ſicherlich die örtlich thunlichſte Annäherung an die Durchforſtungsregeln, welche Heinrich Cotta vor mehr als 60 Jahren aufgeſtellt hat, die Aufgabe der nächſten Zeit. Auf Grund der Beweiſe, die ich im ſechſten Abſchnitt mitge— teilt habe, und im Hinblick auf die in dieſem Abſchnitte erörterten Ergebniſſe der Unterſuchungen in Sachſen glaube ich deshalb die Regelung des Durchforſtungsbetriebs auf einer anderen Grundlage wiederholt befürworten zu dürfen — wenn auch zunächſt nur für Verſuche auf Probeflächen. Die Forſtwirte dürfen ſich zukünftig, Die Erziehung der Hochwaldbeſtände und der Einzelſtämme. 517 wie ich glaube, nicht ausſchließlich auf die Beſtattung der Toten beſchränken. Ich habe meine abändernden Vorſchläge im ſiebenten Abſchnitt (S. 249— 265) ausführlich erörtert und verweiſe auf dieſe Darſtellung, indem ich nur folgendes hervorhebe: Es kann nicht gefahrbringend ſein, wenn man den Wachsraum, den ſich die Gerten, Stangen und Stämme in den nächſten 5 oder 10 Jahren mühſam erkämpfen müſſen, gleich anfänglich künſtlich öffnet. Da aber nur die zur Haubarkeitszeit dominierenden Nutz— holzſtämme vom Forſtmann zu beachten und zu pflegen ſind, ſo hat ſich dieſe Erweiterung des Wachsraums in erſter Linie auf die kräftigſten Stangen und Stämme, die als Rekruten des Haubar- keitsbeſtands ausgewählt werden können, zu erſtrecken, während der Nebenbeſtand im Kronenſchluß bleibt und eine Reſerve bildet, bis die freigehauenen Stämme ſchnee- und ſturmfeſt und widerſtands— kräftig geworden find. (Näheres cf. S. 249— 257.) Nach dieſer Freiſtellung (Kronenfreihieb) gehen die ſpäteren Durchforſtungen allmählich zum Lichtungshiebe über — je nach den örtlichen Wirt— ſchaftszielen raſcher und langſamer (ef. S. 257—265). Vorläufig befürworte ich indeſſen, wie ich wiederholt betone, lediglich die Anlage von vergleichungsfähigen Probeflächen in allen Oertlichkeiten und namentlich die genaue Meſſung der Zuwachs— leiſtungen durch die dominierenden und beherrſchten Stammklaſſen. Man wird hierbei erfahren, ob die Kronenfreihiebe genügende Wirk— ſamkeit haben und an die Stelle der ſchwer ausführbaren Cottaſchen Ausjätungshiebe treten können. Man wird auch erfahren, ob im ſpäteren Alter, wenn wuchskräftige, vollbekronte Stämme erzogen worden ſind, weitreichende Auslichtungen höheren Nutzeffekt ge— währen, als ein mäßiger Kronenſchluß. Dabei iſt genau zu kon⸗ ſtatieren, wie weit dieſe ſtark vorgreifenden Auslichtungshiebe auf armem, leicht vertrocknendem Boden, der ſich in der Regel mit Un— kraut überzieht, gehen dürfen, denn für die hochgradige Lichtſtellung iſt ſtets die Erzeugung eines dicht ſchirmenden Bodenſchutzholzes Vorbedingung. 518 Zwölfter Abſchnitt. III. Die Entaſtung der Waldbäume. Die Ausaſtung („Schneidelung“ und „Aufaſtung“) der her— anwachſenden Waldbeſtände und der fortwachſenden Einzelſtämme iſt in der Forſtlitteratur der letzten 50 Jahre mit beſonderer Vor— liebe erörtert worden. Man glaubte vor allem bei den freiſtän— digen Waldbäumen die Bildung eines ſchönen, vollholzigen, walzen— förmigen Schaftes durch die Entnahme der unteren grünen Aeſte befördern zu können. Man wollte den Höhenwuchs beleben, und durch Bildung einer kleinen Krone dem Windwurf und Schneedruck vorbeugen u. ſ. w. Das Unterholz im Mittelwalde, der Nachwuchs unter Samen- und Schutzbäumen und Laßraideln ꝛc. ſollte durch die Auslichtung im Wuchs gefördert werden. Man unterſcheidet die „Trockenäſtung“ von der „Grün— äſtung“. Die Abnahme der dürren Aeſte und blattloſen Aſt— ſtummel ſcharf und dicht am Stamme kann, ſo ſollte man meinen, nur günſtig wirken. Aber ſelbſt dieſe Frage iſt noch nicht ent— ſchieden. Der Baum ernährt den unteren Teil der abgeſtorbenen Aeſte und ſchützt ſich dadurch vor Fäulnis. Schwächere Aeſte werden in der Regel ohne jeden Nachteil für den verbleibenden Stamm abgeſtoßen; bei ſtärkeren Aeſten kann ſich zwar eine Aſt— höhle bilden, aber dieſelbe überwallt ſehr raſch und verbreitet keine Fäulnis im anderen Teile des Holzkörpers. Es kann ſicherlich nicht ſchaden, wenn man die Aſtſtummel ſcharf am Stamme ab— ſchneidet. Aber es fragt ſich, ob der Nutzeffekt die Koſtenausgabe erſetzt. Nach den Unterſuchungen in Sachſen, über welche Judeich 1874 berichtet, waren die Aſtwunden, die durch das Abſägen trockener ſchwacher Fichtenäſtchen — noch nicht ½ em ſtark — er: zeugt worden waren, nach 5 Jahren noch nicht überwallt. Sie hatten vielmehr kleine Löcher gebildet. Die Trockenaſtung erfordert immerhin eine ſehr beträchtliche Geldausgabe. Sie hat im Forſt— betriebe bis jetzt keine große Verbreitung gewonnen. Die Forſtwirte wollen mit der „Aufaſtung“ hauptſächlich die Stammform verbeſſern — die Vorliebe für glatte, walzenförmige Schäfte tritt uns auch hier wieder entgegen. Man ließ deshalb Die Erziehung der Hochwaldbeſtände und der Einzelſtämme. 519 die Aeſte bis 0,6 bis 0,8 der Stammlänge entfernen, von der ge— ſamten Aſtmaſſe wurden 0,3 bis 0,4 hinweggenommen. Aber man kann mit einigen Worten nachweiſen, daß dieſe koſtſpielige „Aufaſtung“ keine Pflege, ſondern eine Mißhandlung der Waldbäume iſt. Wenn man nur die unteren Aeſtchen bis etwa zu einem Durchmeſſer von 5 em entfernt, fo iſt die Wirkung — darüber find die Schriftſteller einig — kaum bemerkenswert. Dieſe Wunden überwallen ſehr bald, aber es iſt nach den Unterſuchungen Göpperts ſehr wahrſcheinlich, daß unter den überwallten Stellen das Keim— bett für ſpätere Fäulnis erhalten bleibt. Bei Königslutter hatte man jugendliche Eichen ausgeſchneidelt. Nach 18 Jahren waren die Wunden vollkommen überwallt, aber nach 31 Jahren waren faſt alle Schnittflächen tief eingefault. Bei Allſtädt hatte man 600—800 Mittelwaldeichen geſchneidelt; nach 5 bis 8 Jahren waren alle Stämme anbrüchig und krank. Die gleiche Erfahrung machte man mit ausgeſchneidelten Fichten bei Ilmenau. Wenn man einen ſehr beträchtlichen Teil der Aſtmaſſe ent— fernt, ſo wird ſelbſtverſtändlich der Zuwachs des ausgeäſteten Stammes ſehr beträchtlich verringert werden. Kunze hat dieſe Erſcheinung für 21jährige Kiefern durch einen vergleichenden Ver— ſuch nachgewieſen: 18 Stämme wurden entaſtet, teils bis auf 3, teils bis auf 4, teils bis auf 5, auf 6 und auf 7 Aſtquirle, die ſtehen blieben. Vier Jahre lang wurde vor Beginn der Vegetation die urſprüngliche Zahl wieder hergeſtellt, indem jedes— mal der unterſte Aſtquirl entfernt wurde. 21 Stämme wurden nun beim Beginn des Verſuchs auf die gleiche Zahl der Aſtquirle entaſtet, aber die jährliche Er— neuerung des Aſtabhiebs unterblieb. Fünf Stämme wurden gar nicht entaſtet. Alle Stämme hatten im Jahre vor der Entaſtung und im Jahre nach der Ent— aſtung einen faſt ganz gleichen Höhenwuchs (0,48 —0,49 m). Von dieſem Höhen— triebe lieferten in den nächſten Jahren: im 1. Jahre. 2. Jahre. 3. Jahre. 4. Jahre. Die nicht entaſteten Kiefern . 0,92 0,88 0,86 0,94 Die bis auf drei Aſtquirle jähr- lich entaſteten Kiefern . 0,93 0,43 0,37 0,33 enn, — MONO 0,61 0,68 0,55 Die bis auf vier Aſtquirle jährlich entaſteten . 0,63 0,56 0,55 0,66 na!“! 9089 0,66 0,58 0,67 (eb, | 20 Zwölfter Abſchnitt. im 1. Jahre. 2. Jahre. 3. Jahre. 4. Jahre. Desgl. auf fünf Aſtquirle jährlich 0,84 0,68 0,61 0,64 einmal ef 1 1,00 0,95 0,89 Bis auf ſechs Aſtquirle Fahrten 108 0,75 0,69 0,55 einma! ee 0,87 0,81 0,80 Bis auf ſieben Aſtauirle jährlich entaftt -. - » . 0,99 0,77 0,72 0,76 Einnall 1,07 0,83 0,76 0,74 Jede Entaſtung, 1255 95 einmalige mit ſieben verbleibenden Aſtquirlen, ergibt ſomit eine fortgeſetzte Abnahme der Länge der Jahrestriebe. Es muß eine ſehr beträchtliche Verbeſſerung der Schaftform erfolgen, um lediglich die Verringerung des Höhenwuchſes auszugleichen. Aber auch die Maſſenzunahme wurde durch die Entaſtung weſentlich verringert. Von dem Jahre vor der Ent— aſtung bis zum vierten Jahre nach der Entaſtung hatten zugewachſen: Die nicht entaſteten Stämme h — 19,3% Die auf drei bis vier Quirle jährlich eaſtet : = 10,1%, einmal die I ee, Die auf fünf bis ſieben Quirle ji entaſtet CNN einma = 1371000 Der Schaft war Alletpins um einige 5 Tpollholziger geworden. Am Ende des Verſuchs fanden ſich folgende Schaftformzahlen: Nicht entaſteete 0541 Auf drei bis vier Aſtquirle jährlich 1 1 0,582 einmal entaſtet 0,573 Auf fünf bis ſieben Aſtquirle bg e. . 0,564 Einmal entſaſtt 0,562 Theodor Hartig, Nörblinger Kienit u. a. kamen zu gleichen Reſultaten. Die mäßige Entaſtung blieb ziemlich wirkungslos und die ſtarke Entaſtung beförderte allerdings einige Jahre den Dicke— wuchs des oberen Schaftteils, allein gleichzeitig trat eine beträcht— liche Verminderung des Zuwachſes ein und auch die zuerſt genannte Wirkung ließ nach einigen Jahren wieder nach. Welchen wirtſchaftlichen Erfolg kann die vielfach erörterte und vielfach geübte „Aufaſtung“ in der That haben? Steigert ſie den Wertzuwachs der zu pflegenden Baumſchäfte? Dieſer Wertzuwachs wird, wie wir geſehen haben, verringert. Wird etwa die Form und Brauchbarkeit des Schaftes verbeſſert? Offenbar kommt hin— ſichtlich des Nutzholzwertes in erſter Linie der untere Schaftteil in Betracht und hier wird der Zuwachs künſtlich verringert. Zu welchem Zweck? Es ſollen ſich in dem minder wertvollen, oberen Die Erziehung der Hochwaldbeſtände und der Einzelſtämme. 521 Schaftteile etwas ſtärkere Jahrringe auflagern. Man kann mög— licherweiſe im ſpäteren Alter der ſtärker entaſteten Stämme Nutz⸗ holzabſchnitte gewinnen, die einige Centimeter am oberen Abſchnitt ſtärker ſind, als bei nicht entaſteten Stämmen. Allein ſtatt geſunder Aeſte werden regelmäßig bis tief an den unteren Schaft herab rot— und weißfaule Flecken zu finden ſein, die oft mehrere Decimeter tief in den Stamm hineinziehen. Wird der Verluſt, den dieſe Mißhandlung der Stämme regel— mäßig im Gefolge hat, etwa durch Gewinn an Unterholzzuwachs ausgeglichen? Das ift kaum denkbar! Wenn dieſe Wirkung bemerf- bar und meßbar werden ſoll, fo muß man 30 oder 40 oder 50% der Aſtmaſſe des Oberſtandes entfernen. Wenn der Oberholzzu— wachs 80—100 M. beträgt (ef. S. 313) und 30 oder 50 % in: folge der Entaſtung ſinkt, ſo wird dieſer Schaden nicht kompenſiert werden, auch wenn der Unterholzzuwachs durch die Entaſtung um 2 Feſtmeter per Hektar, ſonach bei den jetzigen Brennholzpreiſen in Deutſchland um höchſtens 10—15 M. geſteigert werden ſollte (was ſelbſtverſtändlich nirgends ſtattfinden wird). Bei der Erörte— rung des Mittelwald- und ſelbſt des Schälwaldbetriebs habe ich nachgewieſen, daß das Schwergewicht in die volle Ausnutzung der Oberholzproduktion zu legen iſt. Eine Entaſtung, die den Brenn holzertrag des Unterholzes auf Koſten der Nutzholzproduktion des Oberholzes zu vermehren bezweckt, wird wohl niemals nutzbringend ſein. Wenn aber ſtark verdämmende Waldrechter in jungen, zu Nutzholzbeſtänden heranwachſenden Verjüngungen ſtehen, ſo wird man dieſelben zweckmäßiger heraushauen, anſtatt ſie zu entaſten. Die Entaſtung unmittelbar oder einige Jahre vor der Fällung. in Beſamungsſchlägen, Auslichtungsſchlägen, bei Auszugshauun— gen u. ſ. w. iſt ſelbſtverſtändlich zuläſſig. Die Ausaſtung des ab— kömmlichen Schutzbeſtands iſt außerdem ein Mittel, um die allmäh— liche Erſtarkung der nachwachſenden Holzarten gefahrlos zu erzielen. Wenn fortwachſende Stämme entaſtet werden ſollen, ſo ſind die Aeſte dicht am Stamme durch einen ſcharfen Schnitt in den Monaten Oktober bis Februar hinwegzunehmen; die Aſtwunde iſt durch einen Anſtrich mit Steinkohlentheer luftdicht zu verſchließen. Durch die finn- und zweckloſe Grünäſtung der Oberſtänder und Waldrechter iſt den deutſchen Waldungen, wie ich befürchte, 522 Zwölfter Abſchnitt. ein tiefgreifender Schaden zugefügt worden, der erſt nach ſeinem ganzen Umfang in ſpäterer Zeit erkannt werden wird. Für den bayriſchen Steigerwald wird derſelbe amtlich konſtatiert. Der Ver— faſſer hat Tauſende von Eichennutzholzſtämmen mit und ohne frühere Entaſtung vermeſſen und dabei Erfahrungen geſammelt, die ihn zu den vorſtehenden Warnungen berechtigen. Dreizehnter Abſchnitt. Der Fruchtban im Walde. Durch die Ausdehnung, welche die Anzucht der Agrikultur— gewächſe in Deutſchland gewonnen hat, ſind die Waldungen im großen und ganzen auf die ſchlechteren Böden und die ungünſtigeren, namentlich entfernteren Lagen zurückgedrängt worden. Eine weit— greifende Umwandlung des heutigen Waldbodens in Feld wird ſelbſt für die fruchtbarſten Gegenden untergeordnet in Betracht kommen, weil die Rente in ſeltenen Fällen dem Aufwand für Rodung, Düngung, Vieh ꝛc. entſprechen würde. Dagegen wirkt ein mehrjähriger, den Boden lockernder Fruchtbau, wie wir geſehen haben, ſehr günſtig auf den nachfolgenden Holzwuchs. Zu dieſem vorübergehenden Fruchtbau gebraucht man keine Düngung, keine Vermehrung des Viehſtands, Inventars ꝛc., die der Landwirtſchaft bei ihrer heutigen niedergedrückten Lage ſchwer fallen würde und verſchafft den minder bemittelten Bevölkerungsklaſſen Arbeitsver— dienſt. Wenn der Waldboden vorübergehenden Fruchtbau geſtattet, ſo haben ſicherlich die Forſtwirte vor allem den landwirtſchaftlichen Zwiſchenbau im Hochwaldbetrieb, den wir unten kennen lernen werden, zu begünſtigen. Sie haben an allen geeigneten Orten zu vergleichen, wie weit die Koſten der vollſtändigen Rodung durch den Reinertrag der Fruchternten entlaſtet werden und wie ſich die Kulturkoſten und Kulturerfolge ohne und mit tiefer Rodung ſtellen. Von vornherein muß man allerdings abſehen nicht nur von den felſigen und ſteinigen und den ſehr ſtark geneigten Bodenpartien, den hohen Gebirgslagen ꝛc., ſondern auch von den geringen Boden— 524 Dreizehnter Abſchnitt. klaſſen. Es kann in Gegenden, in denen der Wald zurückgedrängt worden iſt auf diejenigen Bodenflächen, welche zum Hafer- und Kartoffelbau nicht mehr geeignet ſind und nur noch geringwüchſige Kiefernbeſtände tragen, vom Fruchtbau keine Rede ſein. Es fragt ſich ſogar, ob derſelbe nicht gefährliche Folgen haben würde, wenn der Boden ſehr kraftlos iſt. Namentlich auf armen Sandböden will man in einzelnen Gegenden Norddeutſchlands ſchlechten Holz— wuchs nach zu lange fortgeſetztem Fruchtbau beobachtet haben, während man wieder in anderen Gegenden eine beträchtliche Er— höhung der Holzproduktion des trockenen Sandbodens durch Zjäh— rigen Fruchtbau konſtatiert hat. Indeſſen wird man ſelbſt in den bodenarmen Landesteilen Deutſchlands ausgedehnte Flächen finden, die nach dem Abtrieb der Beſtände, namentlich der Nadelholzbeſtände, den zwei- oder dreimaligen Fruchtbau geſtatten. Beim Waldfeldbau kommen zwei verſchiedene Arten in Be— Betracht — die vollſtändige Umrodung der Kahlſchläge des Hoch— waldbetriebs mit landwirtſchaftlicher Bebauung teils vor, zumeiſt aber nach der Holzkultur und zweitens der Fruchtbau zwiſchen den Wurzelſtöcken und Stockausſchlägen des Niederwaldes. 1. Der landwirtſchaftliche Vorbau im Hochwaldbetrieb. Die Fruchtnutzung, die dem Holzanbau vorangeht, iſt ſeit langer Zeit im Odenwald eingeführt. Man nennt derartige Wald— felder „Röderland“. Nach dem Abtrieb der Beſtände — meiſten— teils Kiefern — verbrennt man das zurückgelaſſene Aſtholz und den Bodenabraum durch ein Lauffeuer („Ueberlandbrennen“) und bebaut hierauf den 10—20 em tief bearbeiteten Boden 1—3 Jahre lang im erſten Sommer (Juni) mit Buchweizen und ſpäter mit Winterroggen. Mit dem letzten Fruchtanbau wird gewöhnlich die Holzkultur verbunden. Eine ähnliche Benutzung (Roggenbau im Herbſt, dann ein— oder zweimal Hafer, oft auch im dritten Jahr Rüben) dehnt ſich in Steiermark und Unteröſterreich auf ca. 40000 Morgen aus. Der Fruchtbau im Walde. 525 Ueber die Koſten und die Erfolge dieſer Bodenbenutzung finde ich keine genauen und ausreichenden Mitteilungen in der mir zu— gänglichen Forſtlitteratur. Im Odenwald findet man dieſe Be— triebsart zumeiſt in bäuerlichen Privatwaldungen. Wenn man den Fruchtbau im Walde planmäßig durchführen will, ſo wird nicht der landwirtſchaftliche Vorbau mit oberflächlicher Bodenbearbeitung, ſondern der landwirtſchaftliche Zwiſchenbau (zwiſchen den Holzpflanzen), welcher den Boden gründlich lockert und das Unkraut lange Zeit zurückhält, vorzuziehen ſein. Vorbau und Zbwiſchenbau ſind jedoch zumeiſt auf lockerem Sandboden erprobt worden, der ſich bald erwärmt und durch die alsbaldige Verweſung der organiſchen Rückſtände den Pflanzen Nahrungsſtoffe zuführt. Wenn man einen Thon-, Lehm überhaupt kalkarmen, ſchweren und kalten Boden zur Fruchtnutzung zubereiten will, ſo wird erfahrungsgemäß ein lohnender Erfolg ohne vorausgegangene Kalkdüngung (etwa 30 Ctr. per Hektar) nicht zu erlangen ſein. Man würde außerdem den Boden mehrere Winter lang dem Froſt ausſetzen und dabei fortgeſetzt bearbeiten müſſen. Der Kalk er— wärmt den Boden und befördert erfahrungsgemäß die Verweſung der organiſchen Rückſtände. Der Kalk bleibt gewöhnlich in kleinen, mit Erde bedeckten Haufen ſo lange liegen, bis er zu feinem Pulver zerfällt. Soll der Aetzkalk unmittelbar benutzt werden, ſo wird er in Mengen von 40—50 Pfd. in Weidenkörbe gebracht und in einem mit Waſſer gefüllten Zuber ſo lange getaucht, bis keine Luftblaſen mehr aufſteigen. + Günſtiger würde ſchwefelſaurer Ammoniak auf ſchweren Böden wirken; aber dieſer künſtliche Dünger iſt zu teuer. Bei einem ſchweren, bindenden Boden wird auch bei Kalk— düngung der Anbau von Hal mfrüchten ſelten die Koſten lohnen. Kartoffelbau ſteht hier in erſter Linie, auch Wicken, Erbſen, Klee ꝛc. werden, wenn die Oertlichkeit ſonſt geeignet iſt, nach Kalk— düngung gedeihen. Topinambur (Helianthus tuberosus) kann in allen Böden und Lagen Deutſchlands mit Erfolg gebaut werden, namentlich noch in ſteilen, rauhen Gebirgslagen oder feuchten Nie— derungen mit geringem Boden. Als friſches, ſaftiges Futter werden die Knollen (geſtoßen) vom Rindvieh gerne gefreſſen und wirken ſehr günſtig auf den Milchertrag ein. 526 Dreizehnter Abſchnitt. Die Stengel dienen als Brennmaterial. In Hohenheim lieferte ein 20jähriges Topinamburfeld jährlich im Durchſchnitt 400 Ctr. Knollen und 70 Ctr. trockene Stengel per Hektar, ſonſt nur 120— 225 Ctr. Knollen und 40—60 Ctr. Futterlaub per Hektar. Dieſe ausdauernde Pflanze wird durch Anpflanzung einer Hackfrucht oder grün abgemähtem Klee ꝛc. wieder vertrieben. Wenn man gleichzeitig mit dem Anbau von Topinambur Holzpflanzen an— bauen will, um durch den gewaltigen Wuchs dieſes Knollengewächſes die Forſt— unkräuter zurückzuhalten und nahrhaftes Viehfutter zu gewinnen, ſo läßt man (zunächſt verſuchsweiſe) ½ m breite Stufen 24 em tief möglichſt von Oft nach Weſt im Herbſt aushauen, im nächſten Frühjahr die Topinambur einlegen und im Herbſt (oder nächſtem Frühjahr) die Holzpflanzen in Reihen ſetzen. Auf Sandböden, überhaupt mürben Böden mit mürbem Unter— grund und in nicht zu hohen Lagen gedeiht die gelbe Lupine (Lupinus luteus), die zur Gründüngung (auch von Saatkämpen) und zur Schaffütterung benutzt wird. Man jäet per Hektar 2,3 bis 3,6 Ctr. Samen im Frühjahr (etwa Anfang Mai) auf den im Herbſt 20—25 em tief umgearbeiteten Boden und läßt den» ſelben mittels einer tiefgehenden Egge etwa 5 em tief unterbringen. Man kann, wenn Frucht fortgebaut werden ſoll, die Lupinen umpflügen und etwa 15 em tief gleichmäßig mit Erde bedecken. Man kann auch, wenn Holzkultur eintreten ſoll, die Stoppeln bei der Ernte 15—18 em hoch ſtehen laſſen und im nächſten Jahr mit einjährigen Kiefern bepflanzen, denen die Stoppeln Schutz gewähren. Der Röderlandbetrieb war auch in der Rheinthalebene (Revier Virnheim) ſeit Anfang dieſes Jahrhunderts gebräuchlich. Man lockerte den Boden mit der Hacke oder dem Pfluge oberfläch— lich und baute entweder nur ein Jahr oder zwei Jahre lang Sommer- früchte und das dritte Jahr Winterkorn. Die Eicheln wurden im erſten oder zweiten Herbſt, die Kiefern im dritten Frühjahr ein— geſäet. Aber bei dieſem landwirtſchaftlichen Vorbau wurde der Gras— wuchs und die in der Rheinthalebene beſonders gefährlichen Fröſte, namentlich den Eichen, ſehr ſchädlich; die Kiefernſaaten vertrock— neten (bei Darmſtadt) in heißen Sommern oder unterlagen der Schütte. Man ging deshalb in Virnheim ſchon 1842 zum land» wirtſchaftlichen Zwiſchenbau, der den Graswuchs zurückhält, bis die Holzpflanzen erſtarkt ſind, über und 1852 ließ man die tiefe Locke— rung an die Stelle der oberflächlichen Bodenbearbeitung treten. Der Fruchtbau im Walde. or u 7 II. Der landwirtſchaftliche Zwiſchenbau. A. Im Hochwaldbetriebe. Für den landwirtſchaftlichen Zwiſchenbau im Hochwaldbetriebe iſt der Virnheimer Betrieb muſtergültig. In Virnheim wird nach dem Abtrieb des Schlages (durch Umroden der Stämme) ein 0,375 m tiefer Graben gezogen und ſeitwärts durch gleich tiefe Bearbeitung des Bodens erweitert, wobei der Bodenüberzug hin— länglich mit Erde bedeckt und der humoſe und wilde Boden mög— lichſt miteinander vermiſcht wird. Der Holzanbau geſchieht durch Saat oder Pflanzung in 1,25 m entfernten Reihen. In Laub: holzkulturen wird der Zwiſchenbau vier Jahre lang, in Nadelholz⸗ kulturen zwei Jahre lang wiederholt. Im erſten Jahre werden Kartoffeln gebaut; die Kartoffelreihen pflanzt man in 1,25 m Ent⸗ fernung und in den Reihen kommen die Kartoffeln einen Schritt voneinander. Im Herbſt werden die Flächen geebnet und mit Winterkorn (durchſchnittlich 224 Pfd. per Hektar) beſäet; beim Unterhäckeln und Einrechen wird die Erde an die Holzpflanzen herangezogen. Damit ſchließt der Fruchtbau in den Kiefernkulturen, die zumeiſt leichten und trockenen Sandboden haben. In den Laubholzkulturen werden im dritten Jahre zunächſt die Holzreihen leicht behackt und gereinigt und hierauf wird die Fläche, wie im erſten Jahre, mit Kartoffeln beſtellt. Im vierten Jahre wird der Winterkornbau in den Laubholzkulturen, wie im zweiten Jahre wiederholt. Bei einem Tagesverdienſt von 1 M. bis 1 M. 30 Pf. in Laubholz⸗ und 1 M. 71 Pf. bis 2 M. in Kiefernbeſtänden ſtellen ſich die Koſten des Anrodens auf 82 M. per Hektar. Kartoffeln werden per Hektar 6,4 hl und Saatroggen 224 Pfd. verwendet. Bei einem Preiſe von 3,35 M. per Hektoliter Kartoffeln und 9,5 M. per Centner Saatroggen ſtellen ſich die vierjährigen Geſamtkoſten in Laubholzkulturen auf 290 M. und die zweijährigen Geſamtkoſten in Kiefern⸗ kulturen auf 187 M. per Hektar. Der Kornertrag ſchwankte zwiſchen 10 und 20 Ctr. per Hektar, der Kartoffelertrag betrug im Durchſchnitt (bei ſtarken Schwankungen in Einzeljahren) 72 —102 hl per Hektar. In der Periode 1847—1868 hat der durchſchnittliche Rein⸗ ertrag (nach Abzug der Ausgaben für Saatfrüchte und Arbeits⸗ 528 Dreizehnter Abſchnitt. lohn und der 55 M. per Hektar betragenden Forſtkulturkoſten) 129 M. für den Hektar der kultivierten Fläche betragen. Die Roggen- und Kartoffelernten werden in Loſen von gewöhnlich ½ Hektar Größe verſteigert, der Durchſchnittserlös hat in der Periode 1847—68 105 M. per Hektar Winterroggen und 146 M. per Hektar Kartoffeln betragen. Ein nach vierjährigem landwirtſchaftlichem Vorbau begründeter Eichenbeſtand hatte im 61. Jahre 9,98 Feſtmeter Geſamtdurchſchnittszuwachs per Hektar und eine mittlere Beſtandshöhe von 22,5 m, ein anderer 33jähriger Eichenbeſtand nach vierjährigem Zwiſchenbau 7,55 Feſtmeter Durchſchnittszuwachs und 11,5 m Beſtandshöhe, ein mit dreijährigem landwirtſchaftlichem Zwiſchenbau erzogener 34jähriger Kiefern— beſtand hatte 15,17 Feſtmeter Geſamtdurchſchnittszuwachs, ein gleich erzogener 13jähriger Beſtand 10,95 Feſtmeter. Offenbar glänzende Erfolge! In den Kiefernbeſtänden auf dem Sandboden bei Darmſtadt (mäßig friſcher Sand mit wenig Lehmbeimengung, auf dem die Kiefer 5 Feſtmeter Haubarkeits-Durchſchnittszuwachs im 80. Jahre liefert) findet nach dem Holzabtrieb drei Jahre lang Kartoffelbau zwiſchen den 1,25 m entfernten Kiefernreihen ſtatt, nachdem der Boden im Winter auf 0,40 m Tiefe, wie in Virnheim durch Umgraben, gerodet worden iſt. Die einjährigen Kiefern er— halten in den Reihen eine Entfernung von 0,5 m, die Kartoffeln (bei 1,25 m Reihenentfernung) 0,75 m. Der Kornbau im dritten Jahre hat ſich nicht bewährt. Bei einem Taglohnſatz von 2,40 M. für Männer und 1,20 M. für Weiber zieht Muhl 1875 auf Grund ſiebenjährigen Durchſchnitts folgende Bilanz per ein Hektar: Rodung ie eee zweimaliges 12 19995 Se e ee dreimal je 12 Ctr. Sgdaltartoffeln e dreimaliges Stecken, Hacken und Häufeln . 139,89 „ Zuſammen . . 537,15 M. Bruttowert von drei Kartoffelernten .. 648 10 Ueberſchuß .. 110,85 M. Nach den für eine andere Zeit und andere Preisverhältniſſe ermittelten Virn— heimer Sätzen berechnen ſich für eine dreimalige Kartoffelernte die Koſten auf 292 M. und der Erlös auf 439 M. Oberſtänder werden auf den Waldfeldern ca. 20 per Hektar übergehalten und zur Verminderung der Windwurfgefahr ausgeaſtet — auf Koſten des lebhaften Lichtungszuwachſes, wie Muhl mit Recht bemerkt. Die lukrativſte Benutzungsart war nach Muhl die einjährige Verpachtung als Rodland und hierauf die oben genannte Bebauungs— art für Rechnung des Waldeigentümers. In dieſem Falle hatte Der Fruchtbau im Walde. 529 der Rodlandpächter die Rodungskoſten zu tragen. Im erſten Jahre des Selbſtbetriebs könne der Pflug angewendet werden. Dieſe Ver— bindung des landwirtſchaftlichen Vor- und Zwiſchenbaues hat bei Darmſtadt nicht nur die Kulturkoſten, die infolge von Beſchädi— gungen durch Lapins von 42 M. auf 97 M. per Hektar geſtiegen waren, erſetzt, ſondern auch noch einen Gewinn von 297,75 M. per Hektar geliefert. Die Verbreitung des Waldfeldbaues in Gegenden, in welchen die Arbeitskräfte rar und teuer ſind, wird nur dann belangreich werden, wenn das Umſpaten erſetzt werden kann durch die An— wendung des Pfluges, namentlich des Untergrundspfluges. In ebenen Lagen und ſteinfreien Böden wird hierbei in erſter Linie die Benutzung der Dampfkraft in Betracht kommen. Es iſt zu erwarten, daß die Tiefkultur mit Dampfkraft in der Landwirtſchaft eine zu: nehmende Verbreitung findet und dadurch noch beträchtlich billiger wird, als bisher, weil die Dampfpflüge zur Waldkultur während der Zeit, wo dieſelben für die Landwirtſchaft entbehrlich ſind, ver— wendet werden können. Der mit Dampf getriebene Untergrundspflug bewirke, ſo wird in der landwirtſchaftlichen Litteratur verſichert, eine ſo vorzügliche Bearbeitung des Bodens, wie ſie auf keine andere Weiſe erreicht werden könne. Früher wurde angenommen, daß das einmalige Spaten ebenſoviel oder mehr leiſte, als mehrmaliges Pflügen. Die Forſtwirte dürfen immerhin Umſchau halten, ob in Deutſch⸗ land die beſſeren Waldböden, in denen man ohne Gefahr mehrere Jahr lang Kartoffeln und andere Feldfrüchte ziehen kann, mit großen Flächen vorhanden ſind. Wir haben die vorzüglichen Wir— kungen der Bodenlockerung wiederholt kennen gelernt. Es wird in der Regel nicht zu unterſuchen ſein, ob der Bau von Feld— früchten einen Ueberſchuß gewährt, ſondern ob derſelbe mit einem Zuſchuß von 50—60 M. per Hektar (bei Tiefkultur) örtlich durchführbar iſt. Dieſe Ausgabe lohnt ſich ſchon durch den Zu— wachsgewinn — ganz abgeſehen davon, daß in vielen Fällen die hohen Kulturkoſten, die wir im neunten Abſchnitt beziffert haben, durch Anwendung der billigen Spaltpflanzung ſehr weſentlich reduziert werden können und im Erfolg ſicherer werden. Kann man zudem durch Fruchtbau im Walde Ueberſchüſſe erzielen und en die Wagener, Waldbau. 530 Dreizehnter Abſchnitt. 7 für den inländiſchen Konſum nicht ausreichende Produktion von Agrikulturgewächſen vermehren — deſto beſſer für die Volks— wohlfahrt. B. Der Hackwald- und Haubergsbetrieb. 1) In den 15—16jährigen Eichenſchälwaldungen des Odenwaldes und Neckarthales wird zunächſt das Raumholz (Haſeln, Birken 2c.) bis zum Monat April ausgehauen. Unmittel⸗ bar nach dem Aushieb des Raumholzes wird der Hackwald— ſchlag geſchuppt, d. h. es werden alle mit dichtem Gras, Moos, Heide, Pfriemen, Heidelbeerkraut überwachſenen Stellen abgeſchürft. Dieſes Schuppen muß im Monat April vollendet ſein; ſpäter iſt dasſelbe gänzlich zu unterlaſſen, weil erfahrungsgemäß auf friſch geſchuppten Böden das Reiſig und der Bodenüberzug unvollſtändig verbrennt (wegen der feuchten Erde). Mit Eintritt der Saftzeit erfolgt der Abtrieb der Eichenſtockſchläge. Sämtliches ſchwache Raumholz bis 2 em und Eichenholz bis 6—7 mm bleibt dabei im Schlage liegen und wird mit dem Abraum gleichmäßig verteilt. Bis zum 20. Juni wird hierauf der Schlag gebrannt. Das „Ueber: landbrennen“ leitet ein langſames Bodenlauffeuer, der herrſchenden Windrichtung entgegen, an Bergwänden von oben nach unten, über die Fläche, nachdem die Schlaggrenzen und Holzarken teils drei Schritt (bei angrenzenden Laubholzbeſtänden), teils ſechs bis acht Schritt (bei angrenzenden Nadelholzbeſtänden) abgeräumt worden ſind. Bei windſtillem Wetter vollzieht ſich dieſes Ueberlandbrennen zumeiſt ge— fahrlos; per Hektar ſind indeſſen 4 männliche Perſonen mit Aexten, Hacken ꝛc. zur Bewachung aufzuſtellen. Die Bewachung iſt fortzuſetzen, bis alles Feuer erloſchen iſt. Man beſchützt die angrenzenden Beſtände und aufgearbeiteten Hölzer durch Gegenfeuer, die aber rechtzeitig angezündet werden müſſen, damit das Zuſammen— treffen weit von den gefährdeten Stellen erfolgt. Am gefährlichſten ſind Wirbelwinde bei heißem Wetter. Die unverbrannten Rückſtände werden in kleinen mit Erde bedeckten Haufen eingeäſchert. Durch das Ueberlandbrennen werden die Eichen— ſtöcke an der Oberfläche leicht angebrannt und genötigt, tief auszuſchlagen. Junge Eichenpflanzen werden vor dem Brennen abgeſchnitten. Nachdem der Boden ſich abgekühlt hat, wird der Buchweizen mit der Hacke untergebracht, die Frucht im Auguſt an Ort und Stelle auf Tüchern gedroſchen und das wertloſe Stroh zurück— gelaſſen. Hierauf wird der Schlag mit Winterroggen beſtellt, der Der Fruchtbau im Walde. 531 im nächſten Herbſt unausgedroſchen eingebracht wird. Eine dritte Ernte iſt in gut beſtockten Hackwäldern wegen der aufgewachſenen Stockſchläge ſelten möglich. Für dieſe Fruchtnutzung werden in der Regel Pachterträge von nur 7—14 M. per Hektar erzielt, die höchſten Falls bis 35 M. ſteigen. Auch bei ſtarker Ausſaat iſt der Ertrag ſehr unſicher, oft wird die Einſaat nicht geerntet, namentlich der Buchweizen mißrät häufig. Im glücklichſten Falle liefert der letztere das 6—10fache Korn, der Winterroggen ſelten mehr als das 3—4fache Korn. 2) Die „Haubergswirtſchaft“ im Kreiſe Siegen beſteht ſeit mehr als 400 Jahren. Im rauhen Edergebirge ſind bei geringem Areal an Aeckern und Wieſen überſchüſſige Arbeits: und Zugkräfte vorhanden. Nach dem Abtrieb der Schälſtangen, zumeiſt im 18. Jahre, wird die obere Bodendecke mit der Hacke abgeſchält, die Raſenſtücke ꝛc. werden gewendet und getrocknet, auf kleine Haufen geſetzt und zu Aſche verbrannt („Schmoden“). Nach— dem die Aſche im nächſten Herbſt ausgebreitet und per Hektar 2,2 hl Roggen geſäet worden ſind, wird die Saat mittels des „Hainhachs“ (ein leichter Pflug ohne Räder, der den Boden nur aufkratzt, aber nicht wendet) untergebracht. Nach der Kornernte im Auguſt des folgenden Jahres verbleibt der Schlag lediglich der Holzerzeugung. Aber ſchon nach dem dritten Jahre werden die Schläge hie und da mit Schafen betrieben und ins ſechſte a wird allgemein Rindvieh eingetrieben. Bernhardt berechnet den Extrag der Fruchtnutzung wie folgt: Bruttdertrag 1960 Pfd. Körner, 100 W 8 N leg 3920 Pfd. Stroh, 100 Pfd. 2 Mm. 8 247 M. Koſten: Hacken, 29 Tage a2 M. „%o DB Raſenbrennen, 20 Tage à 1,8 Mark N 86 Auswerfen der Aſche, Ausſaat ꝛc., 10 Tage à 1, 6 M. e Einhaachen, 3 Geſpannstage a l Mm.... 12 „ 274 Pfd. Saatkorn, 100 Pfd. à 8,6 M. > 24 n Schneiden und Aufmachen des Korns, 98 Neuer a 20 a. Fre,, 2 8 Winden und Einfahren Dreſchen, l dige i RM En DAIEr Zuſammen . 240 M. 532 Dreizehnter Abſchnitt. Es bleibt ſomit bei den ſehr ungünſtigen Verhältniſſen — kaltgründiger und träger, aus Schiefer und Grauwacke entſtandener Lehmboden mit meiſt flacher Nährſchicht in ziemlich rauhem Gebirgs— klima mit kurzer, durch Spätfröſte im Frühjahr und Frühfröſte im Herbſt geſtörter Vegetationsperiode — immer noch ein Reinertrag übrig. Der Fruchtbau als ſolcher iſt nur lohnend, wenn über— ſchüſſige Arbeitskräfte vorhanden ſind, die auf dem Eigentum des kleinen Waldbeſitzers oder auf dem Pachtfeld Verwendung finden können. Aber vom forſtwirtſchaftlichen Standpunkt aus iſt ſelbſt dieſe einmalige Fruchtnutzung zwiſchen Niederwaldſtöcken zu be— günſtigen, forſttechniſch zu regeln und auf Verbannung der Wald— weide hinzuwirken. Vierzehnter Abſchnitt. Die Aufgaben und die bisherigen Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. Nachdem Johann Chriſtian Hundeshagen 1826 die Forſtſtatik, d. h. die Abwägung des Kraftaufwands bei den forſt— techniſchen Maßnahmen mit dem Erfolg, als beſonderen Lehrzweig des Forſtfachs vorgeſchlagen hatte, richtete 1845 Karl Heyer an die Verſammlung der ſüddeutſchen Forſtwirte in Darmſtadt einen „Aufruf zur Bildung eines Vereins für forſtſtatiſche Unterſuchun— gen“. Im Auftrag dieſer Verſammlung verfaßte Karl Heyer 1846 eine „Anleitung zu forſtſtatiſchen Unterſuchungen“, welche nicht nur die Wege zur Erforſchung der Waldertragsverhältniſſe darſtellte, ſondern auch das Meſſen, Wägen und Rechnen in andere Gebiete des Forſtbetriebs (Kulturweſen, Wert der Produkte, Holzernte und Holzveredelung, Holzverbrauch der Bevölkerung u. ſ. w.) einzubürgern verſuchte. Die Mahnungen Karl Heyers blieben faſt 30 Jahre lang ohne Wirkung. Erſt 1872 konſtituierte ſich der Verein der forſt— lichen Verſuchsanſtalten Deutſchlands, nachdem im Jahre 1868 ein auf Anregung der Wiener Verſammlung deutſcher Land- und Forſt⸗ wirte in Regensburg zuſammengetretenes Komitee die Gegenſtände der Unterſuchung wiederholt bezeichnet und in naturwiſſenſchaft— licher Richtung weſentlich erweitert hatte. Seit 11 Jahren haben die forſtlichen Verſuchsanſtalten eine anerkennenswerte Thätigkeit entwickelt, die wir in dieſem Abſchnitt genauer kennen lernen und den Zielpunkten, deren Anbahnung die vorſtehenden Abſchnitte gewidmet ſind, gegenüberſtellen werden. 534 Vierzehnter Abſchnitt. Aber zuvor möchte ich ein ernſtes Mahnwort an die Fach— genoſſen richten, die gleich dem Verfaſſer berufen ſind, durch prak— tiſche Thätigkeit den herrlichen deutſchen Wald zu pflegen und gleichzeitig den anſehnlichen Teil des Volksvermögens, der in dem— ſelben ruht, zur intenſivſten volkswirtſchaftlichen Leiſtungskraft emporzuführen. Man kann nicht leugnen, daß die praktiſchen Forſtwirte in ihrer Mehrzahl der exakten Forſchung auf dem Gebiete des Wald— baues mit einer gewiſſen Abneigung gegenüberſtehen. Vor allem die älteren Fachgenoſſen werden noch beeinflußt von der Nach— wirkung der Pfeilſchen Lehren, die viele Jahrzehnte lang tonan— gebend waren. Zwar hat die Befragung der Bäume und Holz— beſtände, wie wir überall geſehen haben, nur taube Früchte gezeitigt. Aber trotzdem haben ſich dieſe Pfeilſchen Irrlehren zu der General— regel verdichtet: „alles zu ſeiner Zeit und am rechten Ort.“ Wer will verkennen, daß dieſe Mahnung berechtigt iſt? Aber was haben wir ſeit Hartigs und Cottas Zeiten gethan, um die Standorts— verſchiedenheiten nach den charakteriſtiſchen Urſachen und Wirkungen in Gruppen zu bringen und hierauf feſtzuſtellen: Wann und wo findet jedes wählbare Wirtſchaftsverfahren ſeine rechte Zeit und ſeinen rechten Ort? Es war, wie es mir ſcheint, ein verhängnisvoller Irrtum, zu glauben, daß die Fortbildung des Waldbaues auf die exakte, kom— parative Forſchung verzichten könne. Unbewieſene Meinungen ſind in der Forſtlitteratur des 19. Jahrhunderts aufgewirbelt, wie die Flugſandkörner, die der Seeſturm auf die Dünen wirft — wir haben die Früchte kennen gelernt, die auf dieſem ſterilen Boden ge— wachſen ſind. Wenn die Forſtwirte in gleicher Weiſe in der Zu— kunft fortſchreiten wollen, wie man auf anderen Gebieten der menſchlichen Erkenntnis in unſerem mächtig aufſtrebenden Jahr— hundert bereits fortgeſchritten iſt, ſo haben ſie ſicherlich zu würdigen, daß auch die Waldproduktion gewiſſen Naturgeſetzen unterliegt und daß die Fundamentalbedingung für den Fortſchritt in der techniſchen Benutzung der Naturkräfte die Erforſchung dieſer Geſetze und ihrer Wirkungen iſt. Nationalökonomen und hochſtehende Verwaltungsbeamte, die ſich über den Stand des Forſtweſens am Ende des 18. Jahrhunderts Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 535 und über den heutigen Stand genau unterrichtet hatten, haben an den Verfaſſer ſchon mehrfach, wenn die Univerſitätsbildung, ſociale Stellung ꝛc. der Forſtwirte diskutiert wurde, die Fragen gerichtet: „welche hervorragende Errungenſchaften kann der Fortſchritt auf dem Gebiete des Forſtweſens ſeit etwa 100 Jahren für ſich in Anſpruch nehmen? Man verjüngt die Laubholzwälder, ſo viel wir ſehen, ebenſo durch Vorbereitungs-, Beſamungs- und Auslich— tungsſchläge, wie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Man ſäet noch ebenſo in Riefen, Platten oder breitwürfig, wie zu Hartigs Zeiten und G. L. Hartig hat ſchon das Ein— ſetzen kleiner und großer Pflanzen mit und ohne Ballen um: ſtändlich beſchrieben. Die Forſtwirte verjüngen die Holzgattungen noch immer ohne planmäßige Auswahl, je nachdem ſich dieſe Gat— tungen örtlich vorfinden und wählen nur für verarmte Böden tadelhölzer, namentlich Kiefern — genau, wie im 18. Jahrhundert. Wiſſen die Forſtwirte nicht, daß die Holzgattungen gründlich ver— ſchieden im Höhe- und Dickewuchs und namentlich nach der Holz güte ſind? Hat man die Leiſtungsfähigkeit der Waldbäume hinſicht⸗ lich der Produktion der größten Gebrauchswerte genau feſtgeſtellt und hierauf die Holzzucht geregelt, namentlich die dauerhafteſten und tragkräftigſten und dabei relativ ſchnellwüchſigſten Waldbäume angebaut? Die Holzbeſtände werden bis zur Erntezeit, ſo viel man ſieht, ebenſo dicht gedrängt und ohne Schlußunterbrechung erzogen, wie zur Zeit, als man aus dem Femelwalde in den Schlagbetrieb überging. Und was die Zänkereien über die Umtriebszeit betrifft, ſo iſt die Verdoppelung, Verdreifachung, ſogar Verzehnfachung der Rente doch wohl märchenhafter Natur, denn man würde offenbar in der Wirklichkeit doppelte, dreifache ꝛc. Jahreshiebe führen und das Holz verſchleudern müſſen; der Hieb würde bald Stangenhölzer vorfinden und die Waldrente faſt Null werden. Die Forſtwirte hatten in vorderſter Reihe brauchbare, nach Dauer und Tragkraft hervor: ragende Nutzholzſtämme und zwar ſelbſtverſtändlich mit einer Schaft— länge und Schaftſtärke, welche ſie zum Häuſerbau, zur Gewinnung von Brettern ꝛc. verwendbar macht, dem inländiſchen Konſum dar: zubieten. Haben die Forſtwirte dieſe Holzarten und Schaftformen kennen gelernt und die Produktion derſelben zielbewußt erſtrebt? In 80 Jahren erwachſen Waldbäume von anſehnlicher Schaftſtärke. 556 Vierzehnter Abſchnitt. Sind dieſelben in den heutigen Waldungen, welche die Forſttechnik größtenteils erzogen hat, vorhanden? Die ſchönen Nutzholzſtämme, welche die heut lebenden Forſtwirte verwerten, ſind nicht in den modernen, gleichwüchſigen, dicht geſchloſſenen Hochwaldbeſtänden, vielmehr in den Femelwaldungen früherer Jahrhunderte aufgewachſen. Der geſteigerte Konſum von ſtarken Nutzhölzern im Inland mußte ſeine Zuflucht zum Ausland nehmen. Und ſchließlich zweifeln die Forſtwirte ja ſelbſt, ob ihre Kunſt die Feuerprobe beſtehen wird — ſie befürworten neuerdings den Rückzug in die Plänterwaldungen der Vorzeit! Wo ſind die nennenswerten Fortſchritte auf dem Ge— biete des Forſtweſens zu finden und wie ſind ſie beſchaffen? Hat man etwa die planmäßige Untermiſchung der Holzgattungen, die einzelne Forſtſchriftſteller empfohlen haben, allgemein eingebürgert? Oder iſt der Mittel- oder Niederwaldbetrieb weſentlich verbeſſert worden?“ Die Leſer, welche die Fortſetzung der herkömmlichen Bewirt— ſchaftungsart nach Maßgabe der Oertlichkeit verteidigen, mögen die bahnbrechenden Errungenſchaften, welche der Entwicklung der Forſtwirtſchaft im 19. Jahrhundert einen unvergänglichen Ruhmes— kranz verleihen, namhaft machen — ich habe dies nicht vermocht. Ich habe nicht gewagt, die Verbreitung der Jährlingspflanzung namentlich in Norddeutſchland hervorzuheben, denn Georg Ludwig Hartig hat dieſelbe eingebürgert. Ich habe auch nicht gewagt, die Eichenzucht im Buchenwalde hervorzuheben, denn G. L. Hartig be— ſchreibt genau, wie man die Eichennachzucht im Buchenwalde durch vorhergehende Lichtungen bewirkt. Ich habe ebenſowenig verſucht, die Verjüngung in ſchmalen Saumſchlägen als einen grundlegen— den Fortſchritt darzuſtellen, denn Georg Ludwig Hartig hat die Verjüngung der Fichte in ſchmalen Streifen und die Anlage und Fortſetzung derſelben an Bergwänden genau angegeben. Ich habe ferner nicht gewagt, die Manteuffelſche Hügelpflanzung zu nennen, weil dieſelbe vom Nachfolger in der Bewirtſchaftung des Kolditzer Bezirks nur ausnahmsweiſe fortgeſetzt und im großen durch die Löcherpflanzung mit dem Bohrer erſetzt worden iſt. Ich konnte ebenſowenig die Verwendung verſchiedenartiger Kulturwerkzeuge her— vorheben, weil zumeiſt große Pflanzen in Löcher mit der Hacke verſetzt werden, wie vor 100 Jahren. Und was endlich die Er— Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 537 ziehung der Pflanzen in Saat- und Pflanzbeeten, betrifft, ſo iſt dieſelbe, ſelbſt die Verſchulung, von G. L. Hartig eingehend ge— ſchildert worden. Wo ſind ſonach die bahnbrechenden Fortſchritte im Verlauf des 19. Jahrhunderts zu finden und wie ſind ſie be— ſchaffen? Die gründliche Umſchau, die wir in allen Zweigen des Wald— baues in den vorhergehenden Abſchnitten gehalten haben, läßt weder Täuſchungen, noch Beſchönigungsverſuche aufkommen. Nur der Forſtwirt, der vorwärts ſtrebt, wird in unſerer Zeit würdig bleiben, die Farben des Waldes zu tragen. Die veralteten Ge— bräuche ſind gründlich nach ihrer Leiſtungsfähigkeit für die heute maßgebenden volkswirtſchaftlichen Anforderungen zu prüfen. Das planloſe Taſten nach Gutdünken und Mutmaßung iſt zu erſetzen durch ſcharfe Beweisführung, welche im Walde nur durch vergleichende Verſuche beſchafft werden kann. Die traditionellen Schulregeln ſind baldmöglichſt zu verdrängen durch zielbewußtes Streben in Gemäß— heit der Produktionsgeſetze, welche die Grundlage der rationellen Volkswirtſchaft bilden. Die umfaſſende und tiefgehende Bebauung des Gebiets der Forſtſtatik iſt für die Fortbildung des Waldbaues unerläßlich. Sie muß unaufhörlich die belebende Triebkraft dieſes Fortſchritts bilden. Die Erforſchung der Natur— geſetze des Waldbaues, die bereits tüchtigen Kräften anvertraut iſt, muß dem forſttechniſchen Verſuchsweſen ſtützend zur Seite ſtehen und umgekehrt. Aber zu dieſem Zweck iſt eine Erweiterung der bisherigen Organiſation des forſtlichen Verſuchsweſens dringend notwendig. Es kann nicht genügen, wenn wenige Verſuchsanſtalten und kaum zwei Dutzend Menſchen den Gang der Rohſtofferzeugung im Kronen: ſchluß auf kleinen Probeflächen, die mit einer außergewöhnlichen Vollkommenheit beſtockt ſind, feſtzuſtellen ſuchen und im übrigen auch ferner die bisherigen forſtlichen Hilfsmittel (Formzahlen, Derb— gehaltsſätze der Raummeter ꝛc.) ergänzen und berichtigen, vielleicht auch hinſichtlich der Verbeſſerung der Saat- und Pflanzungsver⸗ fahren Erſprießliches leiſten. Es iſt vielmehr dringend not— wendig, daß jeder Wirtſchaftsbezirk mit einem dichten Netz vergleichungs fähiger Verſuchsflächen durchzogen 538 Vierzehnter Abſchnitt. wird. Alle wählbaren Verjün gungs- und Erziehungs— methoden, die verſchiedenartigſten Beſtockungsfor— men ꝛc. ſind nach ihren abweichenden Ergebniſſen dem Revierverwalter und Hilfsperſonal vor die Augen zu führen und bei jeder Inſpektion zu beſichtigen und zu erörtern — ſelbſtverſtändlich für alle charakteriſtiſchen Standorts— verſchiedenheiten. Die Anlage dieſer Verſuchsflächen, die Meſſung und Verarbeitung der Ergebniſſe 2c. wird am zweckmäßigſten von einer beſonderen Abteilung der oberſten Forſtbehörde geleitet und von Beamten derſelben (möglichſt durch zwei voneinander unab— hängige Aufnahmen) vollzogen !). Dieſes engmaſchige Netz iſt für alle Waldgebiete Deutſchlands mit gleichartigen Verhältniſſen planmäßig nach den örtlichen Wirt— ſchaftsaufgaben zu ordnen. Alle vergleichbaren Verſuchsobjekte, die ſich in den einzelnen Forſtbezirken darbieten, ſind ſorgſam aufzu— ſuchen. Es wird nicht ſchwer fallen, wenigſtens für die wichtigſten Unterſuchungsaufgaben vergleichungsfähige Probeflächen in allen Forſtbezirken auszuwählen. Ich will, zum Schluſſe eilend, noch einige Blätter dem Verſuch widmen, die wichtigſten Knotenpunkte für das genannte Netz zu beſtimmen und von meinem Standpunkt aus zu erläutern. Ich muß dabei die bisherigen Arbeiten und die Arbeitspläne der forſtlichen Verſuchsanſtalten Deutſchlands darſtellen, damit man erkennen kann, ob die Aufgaben, die ſich die letzteren geſtellt haben, in der Richtung der Zielpunkte liegen, deren Berechtigung in den vorhergehenden Abſchnitten nachgewieſen worden iſt. Man muß beurteilen können, wie weit dieſe Aufgaben erfüllt worden ſind und was zu thun übrig bleibt. ) Unter keinen Umſtänden darf man dieſe mühſamen und zeitraubenden Arbeiten den Revierverwaltern aufbürden. Junge, techniſch vortrefflich geſchulte Kräfte ſind ja in faſt allen deutſchen Ländern zur Genüge vorhanden; dieſe in— ſtruktiven Verſuche werden ſie beſſer für ihre ſpätere verantwortungsreiche Thätig— keit vorbilden, wie Tabellenſchreiben, Holznumerieren und Einfangen von Holz— frevlern. Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 539 B Maßnahmen zur Erhaltung und Verbeſſerung der Vodenkraft. Die Erforſchung der naturgeſetzlichen Grundlagen des Waldbaues, die ich im zweiten Abſchnitt (ad I bis III) erörtert habe, iſt nicht Aufgabe des forſttechniſchen Verſuchsweſens. Sie muß den Lehrern der forſtlichen Bodenkunde an den Univer— ſitäten und Forſtakademien überlaſſen bleiben. Dagegen iſt die praktiſche Wirkung der Bodenlocke— rung und des Bo denſchutzholzes zu unterſuchen. 1) Die Bodenlockerung hat die größte Bedeutung für den Verjüngungsbetrieb. Ich werde die verſchiedenen Arten der— ſelben und die Erforſchung der Wirkung ad V erörtern. Auf dieſem Forſchungsgebiet kann zweitens eine andere Unter— ſuchung möglicherweiſe ſehr wichtige Ergebniſſe liefern. Die Streu- nutzung zehrt tiefgreifender, wie Borkenkäfer und Genoſſen, am Marke des Waldes. Das Wehegeſchrei der Forſtmänner iſt bisher faſt wirkungslos verhallt. Kann der Forſtwirt die Schwächung der Produktionskraft des Waldbodens, welche die Hinwegnahme der Bodendecke bewirkt, mit überall anwendbaren Gegenmitteln para— lyſieren? Man darf immerhin unterſuchen, ob und wie weit die Boden: lockerung unmittelbar nach der Streunutzung (gründliches und allſeitiges Kurzhacken durch die Streuempfänger) die nachteiligen Folgen des Streuentzugs, ſoweit dieſelben auf Bodenaustrocknung und Verhärtung beruhen, auszugleichen vermag. Zu dieſem Zweck ſind für die weſentlichen Standortsverſchiedenheiten Probeflächen in Stangenhölzern und angehenden Baumhölzern — nicht unter 1 ha Größe — auszuwählen. Sie ſind in vier Teile zu teilen. Auf dem einen Teil bleibt die Streu liegen, auf dem anderen Teil wird die Streu jährlich entfernt und der Boden nicht bearbeitet, auf dem dritten Teil wird die Streu gleichfalls jährlich entfernt und der Boden kurzgehackt, auf dem vierten Teil wird der Boden mit der Streu jedes Jahr kurzgehackt, d. h. die letztere mit dem Boden gemiſcht. Bei Beginn des Verſuchs werden alle Stämme in 1,3 m 540 Vierzehnter Abſchnitt. Bodenabſtand genau kreuzweiſe (an Bergwänden nicht von unten oder oben, ſondern von der Seite) gemeſſen, nachdem die genannte Höhe auf der Bruſt der Kluppenführer durch einen Kreideſtrich markiert worden iſt. Die Durchmeſſer werden doppelt angerufen und bei der Berechnung die Zahlen halbiert. Hierauf werden die Gipfelhöhen (etwa 10%) mit dem Fauſtmannſchen Spiegelhypſo— meter gemeſſen. Die Berechnung erfolgt nach den Formzahlen (der bayriſchen Maſſentafeln oder den Formzahlen, die von den Verſuchs— anſtalten ermittelt worden ſind). Wenn das mittlere Beſtandsalter nicht bekannt iſt, ſo iſt dasſelbe mittels Fällung von Probeſtämmen zu beſtimmen. Dieſe Vermeſſung wird alle fünf Jahre wiederholt und die Ergebniſſe werden veröffentlicht. Der Verfaſſer hat ſeit 15 Jahren das Kurzhacken nach der Streunutzung (bis zum folgenden Frühjahr bei der Nutzung der Streu im Herbſt zu voll— ziehen) mit etwa 6jährigem Turnus ſowohl auf einem ſtrengen, im Sommer austrocknenden Lehmboden, als auf lockerem Sandboden eingeführt und dadurch der Landwirtſchaft in ſtroharmen Jahren eine ausgiebige Hilfe gewährt. In den Waldungen, in denen Streuberechtigungen nicht exiſtieren, wurde die Streu (zu— meiſt Laubſtreu) unentgeltlich gegen die Verpflichtung, die geſamte angewieſene Fläche gründlich auf Hackenſchlagtiefe zu lockern, abgegeben — zunächſt in den bald zu verjüngenden Beſtänden, ſpäter ſelbſt in Stangenhölzern. Nachteile ſind nicht wahrzunehmen, vielmehr wachſen die Stämme auf den behackten Flächen— teilen im Vergleich mit den Flächenteilen, auf denen die Streu liegen geblieben iſt, ſichtbar üppiger. Leider ſind die anfänglich angelegten Probeflächen bei der Durchforſtung aus Verſehen nicht geſondert worden. Auf den neu angelegten Verſuchsflächen, deren Holzwuchs ich in einigen Jahren mitteilen werde, ergab die Bodenunterſuchung im Hochſommer einen viel größeren Feuchtigkeitsgehalt der behackten Flächen im Vergleich mit dem mit Laub bedeckt gebliebenen Teil der Probefläche. 2) Bodenſchutzholz. Unter Buchen-, Eichen-, Fichten-, Kiefern- und Tannenbeſtände (Stangenhölzer und angehende Baumhölzer), die in verſchiedener Stärke ausgelichtet worden find, hat man auf möglichſt nebenein- ander zu legenden, nicht zu kleinen Probeflächen teils Buchen, teils Hainbuchen, teils Fichten, teils Tannen und teils Weymouthskiefern anzubauen — in der Regel durch Pflanzung und mit dichtem Stand der Pflanzen, etwa 0,6—0,8 m. Nach der Einpflanzung und nach Verlauf von fünf Jahren wird die Höhe der Schutzholz— beſtockung gemeſſen und die Ausbildung derſelben beſchrieben. U Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 541 Gleichzeitig wird der zu ſchützende Beſtand vor der Einpflanzung und hierauf alle fünf Jahre in der ad 1 angegebenen Weiſe ge: nau vermeſſen. 1 Anterſuchungen über die Nohſtoff- und die Nutzholzproduktion der Holzarten. Dieſe Ermittelungen haben das Schwergewicht in die genaue Feſtſtellung des Nutzholzertrags zu legen. Man hat erſtens die an— baufähigen Waldbäume hinſichtlich des Nutzholzertrags, den dieſelben bei der örtlichen Bodenbeſchaffenheit und den Güteklaſſen des Bodens liefern, zu vergleichen (die Fichte mit der Kiefer und Eiche u. ſ. w). Man hat zweitens den Maſſen- und Nutzholzertrag zu ermitteln, den die Fichte, Kiefer ꝛc. im 60., 70., 80. . . . Jahre bei gleicher Bodengüte hervorbringt, weil hiernach ſowohl die Wahl der Holz— arten für die Nachzucht, als die Erntezeit zu regeln iſt. 1) Vergleichung der Waldbäume nach der Roh— maſſe⸗ und Nutzholzproduktion bei gleicher Stand: ortsbeſchaffenheit. Schon im vierten Abſchnitt habe ich den Gang der Unter— ſuchung angedeutet (ef. S. 89). Ich habe vorgeſchlagen, die Maſſen— produktion der Kiefer als Maßſtab für die Fixierung der Stand— ortsklaſſen zu wählen und zu ermitteln, welche Rohmaſſe die Fichte, Lärche, Tanne, Eiche ꝛc. auf denjenigen Standorten per Jahr und Hektar produziert, auf denen die Kiefer 3, 4, 5... Feſtmeter Jahreszuwachs hervorbringt. Die weit verbreitete Kiefer wird ſich für dieſe Bemeſſung der Standortsgüte beſonders gut eignen (mit Ausnahme der Gebirge, wo die Fichte an die Stelle der Kiefer treten kann). Bei dem Mangel planmäßiger Verſuchsflächen, deren Anlage überall unterblieben zu ſein ſcheint, iſt man auf die ſorgſame Auf— ſuchung der Buchen-, Eichen-, Kiefern-, Fichten, Tannen⸗ ꝛc. Be⸗ ſtände beſchränkt, die nebeneinander auf gleichem Standort im Kronenſchluß aufgewachſen ſind und unter Abrechnung der (zu vermeſſenden) größeren Blößen und Lücken eine mittlere Beſchaffen— heit haben. Finden ſich in dieſen Beſtänden vergleichbare Teile, nur mit kleiner Fläche, ſo ſind dieſelben als ſtändige Probeflächen 542 Vierzehnter Abſchnitt. dauernd zu bezeichnen. Aber überall iſt, wenn irgend möglich, der Holzertrag größerer Beſtände zu vergleichen, nachdem abnorm beſtockte Flächenteile ausgeſchieden und außergewöhnliche Blößen und Lücken vermeſſen worden ſind (ſiehe unten). Die Beſtände werden auf unterdrücktes Holz durchforſtet und das Durch- forſtungsholz aufgearbeitet (Nutzholz kubiſch vermeſſen). Hierauf werden die Durchmeſſer und Höhen der Probeflächen in der ad I. angegebenen Weiſe ermittelt. Für die einzelnen Stärkeklaſſen werden geeignete Probeſtämme im angrenzenden Beſtand gefällt und wie das Probeholz großer Beſtände (ſ. u.) be= handelt. In den größeren Beſtänden werden dagegen nur die Durchmeſſer (abwechjelnd in der Richtung OW. und NS.) gemeſſen und Probeſtämme nach dem Draudt⸗Urichſchen Verfahren innerhalb der Beſtände gefällt. Nachdem das Alter durch Zählen der Jahrringe auf dem unteren Abſchnitt (durch den Wurzel— knoten) für jeden Probeſtamm ſoweit als möglich feſtgeſtellt worden iſt, werden die Blochholz- und Bauholzabſchnitte der Nutzholzſtämme nach den von der oberſten Forſtbehörde feſtgeſetzten Dimenſionen (Zopfſtärke ꝛc.) vermeſſen. Das Brenn— holz wird aufgearbeitet und nach Raummetern verbucht. Dieſe Ermittelungen werden vielfach mit den Unterſuchungen ad 2 verbunden werden können. Werden ſie über größere Wald— gebiete verbreitet, ſo wird man bald mit genügender Sicherheit zu ſagen vermögen, wie ſich der Jahreszuwachs der örtlich anbau— würdigen Holzarten bei gleicher Standortsgüte (für die nach der Jahresproduktion der Kiefer im 80. oder 100. Jahr beſtimmten Standortsklaſſen) gegenſeitig verhält, wenn dieſe Holzarten im Kronenſchluß aufwachſen. N Die Vergleichung der Wachstums leiſtungen freiwüch— ſiger Stämme geſchieht am zweckmäßigſten nach dem Verfahren, welches wir ad 2 bei der Sektion der Weiſerſtämme beſprechen werden. 2) Feſtſtellung des Wachstumsganges der Holz— gattungen in Hochwaldbeſtänden mit gleicher Stand— ortsbeſchaffenheit. Hierauf iſt zweitens der Wachstumsgang der in geſchloſſenen Beſtänden aufwachſenden Kiefern, Eichen, Fichten, Tannen, Lärchen ꝛc. während der Wachstumsperioden vom angehenden Baumholzalter bis zu den Erntezeiten, die man bisher eingehalten hat, zu er— mitteln. Ständige Verſuchsflächen ſind nur in Baden und auch hier erſt vor 48 Jahren erſtmals angelegt worden. Es iſt ſelbſtver— Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 543 ſtändlich Obliegenheit des forſtlichen Verſuchsweſens, in allen Forſt— bezirken vergleichungsfähige Flächen, möglichſt nebeneinander, mit Fichten⸗, Kiefern-, Lärchen, Eichen-, Tannen ꝛc.⸗Beſtänden in ver: ſchiedener, aber ſtets vergleichbarer Weiſe zu begründen, zu erziehen und etwa alle 5 Jahre zu meſſen. Aber es würde ein ſehr langer Zeitraum verſtreichen, bis man zuverläſſige und benutzbare Richt— punkte gewinnt, und ſolange darf die rationelle Regelung des Waldbaues nicht verzögert werden. Bei dieſer Sachlage muß man die „Reſultate der verfloſſenen Produktion“ zu meſſen und zu vergleichen ſuchen. Wenn es gelingt, die regelmäßig beſchaffenen 120 jährigen, 100jährigen .. . 60 jährigen Beſtände, die gleicher Standortsgüte entſtammen, in den gleich— artigen Produktionsgebieten Deutſchlands zuſammenzuſuchen und die Holzmaſſe derſelben genau zu meſſen, ſo wird man den Wachs— tumsgang geſchloſſener Hochwaldbeſtände mit hinlänglicher Sicher— heit zu beurteilen vermögen. Und wenn man dieſe regelmäßig beſchaffenen 60, 80 . . . jährigen Beſtände auf allen Güteſtufen des Bodens findet, hier Fichten oder Tannen und dort Kiefern oder Buchen u. ſ. w., ſo wird man nicht nur örtliche Ertragstafeln für die Kiefernklaſſen 2, 3 . . . und die korreſpondierenden Fichten:, Buchen-, Tannen ꝛc. ⸗Klaſſen, ſondern vorausſichtlich auch allge: meine Ertragstafeln — wenn auch mit Ausſcheidung beſonderer Produktionsgebiete, z. B. Hochgebirge, Küſtengegenden, zähe, gras— wüchſige Böden ꝛc. — aufzuſtellen vermögen. a. Die Beſtandsbonitierung nach dem Wachstums- gang älterer Muſterbeſtände (Weiſerſtammverfahren). Bei der genannten Unterſuchung tritt der Umſtand ſtörend in den Weg, daß die alten Beſtände und die jüngeren, vergleichungs— fähigen Beſtände nicht unter gleichen Verhältniſſen erwachſen ſind. Die jetzt (1884) 120jährigen Beſtände ſind 1764 begründet worden und zu dieſer Zeit hat man vielleicht noch nicht ſo ſorgſam gelichtet und nachgehauen wie 1824, dem Geburtsjahr der jetzt 60jährigen Stämme. Die Beſtände hatten ferner bis zur erſten Durchforſtung teils dichten, teils lockeren Kronenſchluß. Später ſind dieſelben zwar ſämtlich im vollen Kronenſchluß erwachſen, man hat überall lediglich die Stangen und Stämme entfernt, die im Daſeinskampfe funktionsunfähig geworden waren und das Wachstum der domi— 544 Vierzehnter Abſchnitt. nierenden Stämme, welche obgeſiegt hatten, nicht mehr beeinfluſſen konnten. Allein der urſprünglich dichte Pflanzenſtand erzeugt eine große Zahl ſchwacher Stangen, dagegen der lockere Pflanzenſtand ſtärkere und weniger zahlreiche Stangen. Es iſt möglich, daß ſich die Nachwirkungen im Holzwuchs bis hinein in das höhere Stangen— und angehende Baumholzalter geltend machen. Es war, falls man die Produktionskraft des Bodens täuſchungsfrei erkennen und vergleichen wollte, die Einwirkung des Dichtigkeitsgrads möglichſt zu eliminieren. Man erkennt ohne tiefere Ueberlegung, daß dieſe Einwirkung in den haubaren, den angehend haubaren Beſtänden, und den ſtärkeren Stangenhölzern (die lediglich Verſuchsobjekte bilden) am ſtärkſten die ſchwachen Stämme, die ſich in den unterſten Stärke— klaſſen finden, getroffen haben wird — abgeſehen von den Stäm— men, die bereits früher durch die Zwiſchennutzungen ausgeſchieden worden ſind, wird ſich die Wirkung zumeiſt erſtrecken auf die größere oder geringere Produktion der Stämme, die in den muſtergültigen Altholzbeſtänden dieſen unterſten Klaſſen angehören. Die Stämme, die größtenteils auf Lücken und Lichtungen der früheren Femel— waldungen und ſpäteren Beſamungsſchläge erwachſen ſind und als— bald ihre Kronen emporgehalten haben über den Kampfraum, werden in ihrer Maſſenproduktion relativ am wenigſten durch die verſchiedene Dauer und Intenſität dieſes Unterdrückungskampfes gefördert oder beeinträchtigt worden ſein. Nur ein Bruchteil dieſer herrſchenden vorgewachſenen Stämme kann bedrängt worden ſein von ähnlich hohen und ähnlich kräftigen Rivalen. Wenn auf zwei Standorten mit unbekannter Produktionskraft hier 120jährige und dort SOjährige Fichten oder Buchen oder Eichen (und zwar jeweils einige hundert Stück per Hektar) gefunden werden, die vorwüchſig, etwa in einer bodenſchirmenden Grund— beſtockung, aufgewachſen ſind, wie Oberſtänder im Mittelwalde, wenn ferner die 80jährigen Stämme im Mittel dieſelbe Höhe und die— ſelbe Grundſtärke beſitzen, welche die 120jährigen Stämme durch— ſchnittlich im 80. Jahre hatten, ſo wird niemand bezweifeln, daß beide Beſtände gleicher Produktionskraft entſtammen. Hat aber im geſchloſſenen Hochwald der Nebenbeſtand in den unteren Höhen— ſchichten keinen tiefgreifenden Einfluß auf den Höhenwuchs und die Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 545 Kronenausbreitung der vorgewachſenen Stämme ausgeübt, ſo laſſen ſich offenbar die zu gleicher Standortsklaſſe gehörigen Beſtände herausfinden, indem man eine ähnliche Vergleichung vornimmt. Die älteren Normalbeſtände, die bei dieſer Vergleichung zu Grunde gelegt werden, hat Theodor Hartig „Weiſerbeſtände“ und die dominierenden Stämme derſelben „Weiſerſtämme“ genannt. Theodor Hartig unterſuchte, welche Höhe und welchen Durchmeſſer die Stämme des alten Weiſerbeſtandes in früheren Altersperioden erlangt hatten und ſuchte die jüngeren Beſtände auf, die nach Stärke und Höhe ihrer vorgewachſenen Stämme derſelben Produk— tionskraft entſtammen. Nach der Geſamtmaſſe, welche die in dieſer Weiſe zuſammengeſuchten Beſtände jeweils für das gefundene mittlere Alter hatten, konſtruirte Th. Hartig Buchen- und Fichtenertrags— tafeln. Gegen die Ermittelungsart Theodor Hartigs im ſpeciellen kann man in— deſſen Bedenken geltend machen. In dem zu Grunde liegenden Normalbeſtande (Weiſerbeſtand) wurde die geſamte Stammzahl (aljo mit den ſchwächeren Stamm— klaſſen) auf ihren Zuwachsgang unterſucht und als Wegweiſer für die Aufſuchung der zur Einreihung paſſenden Beſtände benutzt, während es jedenfalls ſicherer ſein wird, lediglich die ſtärkſten Stämme und eine beſtimmte Zahl derſelben per Hektar zu benutzen. Ueberdies hat Th. Hartig auch in den jüngeren Beſtänden alle Stamm— klaſſen zur Vergleichung beigezogen. Die dominierenden Stämme der 120jährigen Beſtände, die Hartig unterſuchte, ſind aber ſicherlich größtenteils, wenn nicht ſämtlich aus den ſtärkſten Stammklaſſen hervorgegangen, während die ſchwächeren Stämme faſt ſämtlich den Zwiſchennutzungen anheimgefallen ſein werden. Wenn z. B. in einem 100jährigen Weiſerbeſtand 450 Stämme per Hektar vorhanden waren, ſo bildete Theodor Hartig etwa vier Klaſſen mit 150, 125, 100 und 75 Stämmen. Er fand hierauf, daß dieſe Stammklaſſen beiſpielsweiſe 16, 24, 27, 32 em Durchmeſſer und 17, 19, 21, 24m Höhe im 60. Jahre hatten. Hartig betrachtete hierauf die paſſend erſcheinenden 60jährigen Beſtände. Dieſelben haben eine viel größere Stammzahl, z. B. im Mittel 1800 Stück per Hektar. Hartig teilte dieſe 1800 Stämme wieder in vier Klaſſen mit je 450 Stämmen. Die 450 Stämme der oberſten Klaſſe ſtehen aber faſt niemals dicht zuſammen, ſie ſtehen vielmehr in mehr oder minder regelmäßiger Verteilung zwiſchen dem ſchwächeren Holze. Und ſomit iſt es wahrſcheinlich, daß die im 120. Jahr dominierenden 450 Stämme größtenteils aus den 450 Stämmen der oberſten Klaſſe hervorgegangen ſind. Theodor Hartig unterſuchte dagegen, ob der 60jährige Beſtand die Stamm— zahlen der Klaſſen des Weiſerbeſtands und die für das 60jährige Alter gefundenen Durchmeſſer (32, 27, 24, 16 em wie oben) und Höhen (24, 21, 19, 17 m) in Wagener, Waldbau. 35 546 Vierzehnter Abſchnitt. den zugehörigen Klaſſen — 150 in der erſten, 125 in der zweiten u. ſ. f. — hatte. Er ſagt: „Enthält der gefundene Ort außer den überſchüſſigen, geringeren Stämmen auch in jeder der obigen Stammklaſſen eine größere Stammzahl, wie dies größtenteils der Fall ſein wird“ (ſonach von der ge— ſuchten Länge und Stärke), „ſo ſchadet dies ſeiner Qualität als Glied der Viel— beſtandstabelle nicht.“ Bei dieſer Vergleichungsart iſt, wie es mir ſcheint, die Gefahr nicht aus— geſchloſſen, daß als jüngere Glieder der Ertragstafel Beſtände ermittelt werden, die nicht der Wachstumsklaſſe des Weiſerbeſtands, vielmehr einer höheren Güte— ſtufe des Bodens entſtammen. Robert Hartig hat die Verfahrungsart ſeines Vaters fortgeſetzt und näher erläutert. Derſelbe verſichert zwar, daß bei der Vergleichung vorzugsweiſe die erſten Stammklaſſen des jungen Beſtands ins Auge zu faſſen ſeien. Aber es ſei zu berückſichtigen, daß der erſte Klaſſenſtamm des jungen Beſtands für eine viel größere Stammzahl berechnet ſei, wie der erſte Klaſſenſtamm des Weiſerbeſtands. „Das Geſamtbild, welches die Klaſſenſtämme des Weiſerbeſtands in jeder früheren Altersklaſſe gewähren, iſt es, welches in Vergleich geſtellt wird beſonders mit den erſten Klaſſen eines jungen Beſtands.“ Nach den Erfahrungen des Verfaſſers wird der Eindruck, den das Geſamtbild auf das Auge macht, ein ſehr trügeriſcher Wegweiſer ſein. Schon vor 20 Jahren hat der Verfaſſer, ohne Kenntnis des Hartigſchen Verfahrens, eine ähnliche Methode gewählt, um die Beſtände, die zu einer Ertragsklaſſe gehörten, zuſammenzuſuchen (Buchen- und Kiefernbeſtände im ſüdlichen Odenwald). Jedoch hat der Verfaſſer überall die Maſſenproduktion einer beſtimmten Zahl der ſtärkſten Stämme — z. B. 200 Stück per Hektar — beſtimmt und den Wachstumsgang dieſer permanenten Stammzahl als Wegweiſer bei der Aufſuchung der Bonitätsklaſſen benutzt (per Hektar aus den ſtärkſten Stammklaſſen ausgeſchieden). Zunächſt wurde in den alten Muſterbeſtänden für dieſe permanente Stamm— zahl der Mittelſtamm berechnet. Eine möglichſt große Zahl von Probeſtämmen — nicht unter zehn — wurde ſorgſam ausgewählt, gefällt, das Alter ermittelt, und hierauf die Höhe und die Bruſthöhengrundfläche für 60-, 70, 80, 90, 100 . . . . jährige Alter unterſucht. Die Berechnung der Maſſe geſchah mit An— wendung der bayriſchen Formzahlen. Hierdurch wurde die zeitraubende Meſſung der jetzigen und früheren Form der Baumſchäfte in allen Höhenſchichten der Stämme, welche Th. und R. Hartig vollzogen haben, umgangen und die Unter— ſuchung einer großen Zahl von Verſuchsſtämmen ermöglicht. Diejenigen regel— recht geſchloſſenen jüngeren Beſtände, welche mit der genannten, permanenten Zahl der ſtärkſten Stämme die gleiche Maſſenproduktion erreicht hatten, wie der Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 547 Weiſerbeſtand im gleichen Alter, wurden mit ihrer Geſamtmaſſe (exkl. Durch— forſtungsholz) als jüngere Glieder der Ertragstafel eingereiht. Obgleich die Beſchaffenheit der Hochwaldbeſtände im Odenwalde keineswegs regelmäßig zu nennen war, ſo lieferte doch dieſes Er— mittelungsverfahren zuverläſſige Ergebniſſe: alle Wachstumskurven hatten ähnlichen und adäquaten Verlauf. Waren bei der Sichtung des Materials jüngere, unvollkommene (z. B. im Kronenſchluß unterbrochene) Beſtände vorſichtshalber in eine tiefer ſtehende Klaſſe, als dem Weiſerzuwachs entſprochen haben würde, eingeſchätzt worden, ſo trat eine auffallende Erſcheinung zu Tage: Der Zuwachs der Weiſerſtämme war größer wie der geſamte Zuwachs des Voll— beſtands. Ich vermutete ſchon damals, daß der Zuwachs der Stämme mit eingeengten, eingeklemmten Kronen ſehr unbeträchtlich ſein werde. Trifft dieſe Vermutung zu, ſo iſt nicht zu verkennen, daß die Unter— ſuchung der Maſſenproduktion weſentlich erleichtert werden könnte. Man hätte faſt lediglich den Zuwachsgang der vorgewachſenen, ſtärkſten Stammklaſſen, die zur Erntezeit noch vorhanden fein wer— den, zu beachten; man würde den überwiegend größten Teil der Maſſenproduktion im Baumholzalter durch die Analyſe des Weiſer— beſtands (reſp. der Weiſerſtämme) direkt beſtimmen können. Inzwiſchen habe ich dieſe Frage weiter unterſucht. Aus den Ertragsunterſuchungen von Theodor Hartig, Robert Hartig, Weiſe ꝛc. geht hervor, daß der Zuwachs des Zwiſchennutzungsvorrats ſehr unbeträchtlich und kaum beachtenswert iſt (ef. S. 201 — 205). Wir haben auch geſehen, daß ſich dieſes überraſchende Verhalten der dominierenden und eingeengten Stämme ſelbſt auf den ſcharf durchforſteten Probeflächen in Sachſen wiederholt (ef. S. 500). Wenn indeſſen die intelligenten ſächſiſchen Berufsgenoſſen, und namentlich der verdienſtvolle Kunze, von dieſem ſeltſamen Reſultat ihrer Durchforſtungsver— ſuche überraſcht ſein ſollten, ſo wird es ihnen Troſt gewähren, daß ſie ſich in guter Geſellſchaft befinden. Robert Hartig ermittelte im Harz auf tiefgründigem Thonſchiefer (zweite Standortsklaſſe, unterer Neunhagen) den Zuwachsgang der Rotbuche, indem er die im 85. Jahr vorhandenen dominierenden Stämme (736 Stück per Hektar) genau nach ihren Zuwachsleiſtungen unterſuchte, die jüngeren, gleicher Ertrags— klaſſe angehörigen Beſtände aufſuchte, die Durchforſtungserträge ermittelte und hierauf eine Ertragstafel aufſtellte (ef. S. 204). Für die Wachstumsperiode vom 50. bis 85. Jahr ergibt ſich jedoch folgendes: 548 Vierzehnter Abſchnitt. Wachtsums⸗ Zuwachs der Haubarkeits- Zuwachs des Vollbeſtands periode. ſtämme des Weiſerbeſtands inkl. Reiſig und inkl. der an Schaftholz. Vornutzungen. Jahr. Feſtmeter per Hektar. Feſtmeter per Hektar. 50.—60. 60,7 124,0 60.— 70. 80,9 80,7 70.—85. 126,0 100, Vom 60. Jahr an ſcheinen ſonach auch hier die Stämme des Zwiſchen— nutzungsvorrats eingetrocknet zu ſein, d. h. wahrſcheinlich gehört der 65jährige Beſtand, der für die Extragstafel benutzt worden iſt, einer etwas höheren Er— tragsklaſſe an. Ferner hat Wimmenauer (Lich) das Verfahren des Verfaſſers angewendet, um den Zuwachsgang von Buchenbeſtänden zu ermitteln. Wimmenauer hat in⸗ deſſen nicht einen Teil der Stammzahl der haubaren Beſtände (etwa die Hälfte der Stammzahl per Hektar), ſondern die geſamte Stammzahl der haubaren Beſtände in den jüngeren Beſtänden (d. h. in den vorgewachſenen Stamm- klaſſen der letzteren) zur Vergleichung gezogen. Wimmenauer konnte nur eine kleine Zahl von Buchenbeſtänden (27 Probeflächen) unterſuchen. Er fand da— bei einen nicht ganz regelmäßigen Verlauf der Zuwachsbeträge, welche er der Unvollkommenheit des Materials und namentlich der ſprungweiſen Zunahme der Formzahlen im Haubarkeitsalter zuſchreibt. Auch konnte derſelbe die Zwiſchen— nutzungserträge der Probebeſtände nicht genau ermitteln und mußte aus ander— weiten Erfahrungen ſchließen, daß in jeder Altersklaſſe 40 bis 460% des am bleibenden Beſtande erfolgenden Zuwachſes den Durchforſtungen anheim— fallen. Wenn das ebengenannte Geſetz, nach welchem der Geſamtzuwachs der Be— ſtände (inkl. Durchforſtungsertrag) vom 60.— 120. Jahr hauptſächlich von den Stämmen des Haubarkeitsbeſtands geliefert wird, richtig iſt, ſo muß ſich dieſes Geſetz auch in den Wimmenauerſchen Unterſuchungen ausgeſprochen haben. Ver— gleicht man den Geſamtzuwachs (unter Einrechnung von 460% des periodiſchen Zuwachſes für Durchforſtungsertrag, obgleich dieſer Ertrag nur zum geringſten Teile — 36 und nahezu 50% — Zuwachs der Durchforſtungsſtämme iſt) nicht nur mit dem Zuwachs der von einer Altersperiode zur andern den Haubarkeits— vollbeſtand bildenden Holzmaſſe, ſondern auch mit dem Zuwachs der Weiſerſtämme (alſo der im 100. Jahre übrig bleibenden Stämme), ſo ergibt ſich das folgende intereſſante Verhalten: Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 549 Erſte Standortsklaſſe. Jahr. r Zuwachs der | Haubarkeits⸗ De der zuwachs kl. Zwiſchen⸗ 3 1 1 5 J 600 ſtärkſten des nutzungsertrag). Stämme. Vollbeſtands. 50.—60. Tr: 69 60.— 70. 101 75 69 70.— 80. 95 79 65 80.— 90. 86 88 59 90.—100. 74 | 97 51 Feſtmeter per Hektar. Vom 80. Jahre an iſt ſonach der Zuwachs der 600 Stämme, die im 100. Jahre verbleiben, größer als der Geſamtzuwachs des Vollbeſtands mit Durchforſtungsertrag, was bei richtiger Wahl der Verſuchsbeſtände unmöglich ſein würde. Entweder iſt der Durchforſtungszuwachs vom 80.— 100. Jahre größer, als angeuommen wurde, oder die jüngeren Beſtände ſind zu maſſenreich für die Bonität des Weiſerbeſtands gewählt worden. Für die zweite Standorts klaſſe ergibt die Vergleichung ein ähnliches Ergebnis für das 90.— 110. Jahr: — — — — ͤ — — —— —— '. EEE TEE SR EG EEE SEE Geſamtzuwachs Zuwachs Haubarkeits⸗ & inkl. Zwiſchen⸗ der zuwachs u nutzungs⸗ 720 ſtärſten des ertrag. Stämme. Vollbeſtands. 50. o. 72 46 49 60.— 70. | 777 53 5 70.— 80, 77 55 53 80.—90. 72 61 49 90.— 100. 62 66 43 100.—110. | 54 76 38 NE eur Feſtmeter per Hektar. Man ſieht, in welcher vorzüglichen Weiſe die Aufſtellung der Maſſenertrags— tafeln durch die Unterſuchung des Wachstumsganges der Weiſerbeſtände kontrol- liert wird. b. Die Unterſuchungs methode der forſtlichen Ver: ſuchsanſtalten. Mit den Verfahrungsarten, welche vorſtehend in kurzen Zügen 550 Vierzehnter Abſchnitt. geſchildert worden ſind, kontraſtieren die Unterſuchungsmethoden der forſtlichen Verſuchsanſtalten in ſchriller Weiſe. Statt die be— reits betretenen Forſchungswege weiter zu verfolgen und erſt dann, wenn ſich dieſe Wege als irrtümlich oder unzugänglich erwieſen, neue verbeſſerte Verfahren an die Stelle zu ſetzen, glaubte man, geſtützt auf ein viel reichhaltigeres Unterſuchungsmaterial, einfachere Unterſuchungsmethoden einhalten zu dürfen. Zuerſt wollte man den Mittelſtamm der haubaren Beſtände und deſſen Höhenzuwachs als Leitſtern für die Bonitierung voranſtellen. Die Höhe des— ſelben in früheren Altersperioden ſollte mit der Höhe des Mittelſtammes in den jüngeren Beſtänden zur Vergleichung kommen. Aber offenbar iſt der Mittel— ſtamm eines 120jährigen Beſtandes aus den ſtärkſten oder wenigſtens ſtärkeren Stammklaſſen des 90jährigen Beſtandes hervorgegangen, und war demgemäß im 90. Jahre in der Regel höher, als der Mittelſtamm des jährigen Beſtands — . das ſieht man ja auf den erſten Blick. Hiernach hat die württembergiſche Verſuchsanſtalt einen einfachen Weg ein— geſchlagen, um in den zahlreichen Maſſenaufnahmen, deren graphiſche Darſtellung ein wirres Durcheinander von Punkten ꝛc. liefert, diejenigen Punkte, die gleicher Standortsgüte angehören, zu erkennen und zu verbinden. Wenn die Holzmaſſen ſämtlicher Verſuchsflächen eines Landes als Ordinaten auf die nach dem Alter eingeteilte Abſciſſenlinie aufgetragen worden ſind, ſo ſoll man entlang der oberen und entlang der unteren Grenze dieſer graphiſchen Darſtellung zwei Striche ziehen — bald etwas über, bald etwas unter den Randpunkten — und hierauf die Fläche zwiſchen den Strichen in fünf gleichbreite Streifen teilen. Innerhalb dieſer Streifen geſtalten ſich allerdings die Maſſenpunkte ſehr unregelmäßig. Aber man denkt ſich, „frei von zeitraubenden Künſteleien“, einzelne Punkte in die ein— zelnen lichten Stellen und zieht mitten durch die einzelnen Streifen Linien, welche die mittleren Ertragskurven vorſtellen ſollen. Profeſſor von Baur hat dieſes Verfahren gewählt, weil die eben erörterten Weiſerſtammmethoden nach ſeiner Anſicht Beſtände, die in ſehr verſchiedener Weiſe begründet und erzogen worden ſind, zu einer Wachstumsklaſſe zuſammen— faſſen. Aber durch den Baurſchen Verbeſſerungsverſuch iſt, wie ich fürchte, die Ermittelung der Wachstumsgeſetze des Waldes vor allem in dieſer Richtung keineswegs beſſer fundamentiert worden. Jede Ertragsunterſuchung hat, wie geſagt, in erſter Linie die Aufgabe, zu— nächſt Beſtände mit gleicher Standortsgüte zu einer Ertragstafel zu vereinigen und bei der Aufſuchung der gleichen Produktionskraft den Ein— fluß des Beſtandsdichtigkeitsgrades auf den Maſſen- und Werts zuwachs möglich ſt zu eliminieren. Dieſer Aufgabe genügen, wie wir geſehen haben, die Weiſermethoden in der erreichbar ſchärſten Weiſe. Baur beanſtandet, daß immerhin Beſtände, die in verſchiedener Art be— gründet und durchforſtet worden find, zu einer Ertragstafel vereinigt werden. Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 551 Er will die Schattenſeiten möglichſt unſchädlich machen und benutzt hierzu die oben geſchilderte Streifeneinteilung (nicht die Bonitierung der Beſtände nach der mittleren Gipfelhöhe, wie man annehmen könnte). Während die Weiſer— methoden die Standortsgüte nach den Produktionsleiſtungen der vorgewachſenen Stammklaſſen beurteilen und ſonach die Einwirkung der verſchiedenartigen Be— gründung und Erziehung möglichſt ausſcheiden wollten, bringt Baur die Wirkung der gerügten Schattenſeiten im erhöhten Maße zum Ausdruck und verzichtet auf jede Ausſcheidung dieſer Wirkung, ohne zu unterſuchen, ob dieſelbe möglich iſt. Das neue Verfahren vermengt bei Aufſuchung der gleichen Standortsgüte eng— und weitſtändig begründete, früh, oft und vorgreifend und ſpät, zögernd und ſchwach durchforſtete, dicht und licht erwachſene Beſtände ohne jegliche Ausſcheidung. Wenn der behauptete hervorragende Einfluß der Begründungs- und Schlag— räumungsart, der Beſtandsdichte ꝛc. auf den Wachstumsgang der geſchloſſenen Beſtände in der That exiſtiert, ſo würde ja ein kongruenter Zuwachsgang für ganz heterogene Zuwachsfaktoren, der im Walde gar nicht exiſtieren kann, beſtimmt werden. Die Baurſchen Kurven ſind nichts weiter als Produkte der Streifen— einteilung auf dem Millimeterpapier, die als einzigen Anhaltspunkt das Gut— dünken hat. Ich will nicht behaupten, daß dieſe Zuwachskurven in allen Fällen unrichtig ſind; bei reichhaltigem Material iſt es möglich, daß in allen Stand— ortsklaſſen und in allen Altersperioden normale Beſtände gleichmäßig durch die Unterſuchung getroffen worden ſind. Aber die Erforſchung der Wachstumsgeſetze unſerer Holzbeſtände darf ſicherlich auf derartige glückliche Zufälligkeiten nicht aufgebaut werden. Bei dem gewählten Verfahren iſt der Gang der ſämtlichen Zuwachskurven davon abhängig, wie die oberen und die unteren Eingrenzungs— linien gezogen werden und die Lage und der Verlauf dieſer Eingrenzungslinien wechſelt beſtändig mit dem Unterſuchungsmaterial. Betrachten wir beiſpielsweiſe die oberſten Maſſenpunkte der erſten Standortsklaſſe. Es würde ein ſeltener Zufall ſein, wenn in den ſämtlichen Altersſtufen nicht nur gleich dichte Beſtände, ſondern auch alle Bonitätsverſchiedenheiten mit einer gleichen Zahl von Aufnahmen vertreten ſein würden. Wenn aber die Aufnahmen in 50 bis 60jährigen Beſtänden vorherrſchend die beſte Bonität der ſpäter gebildeten erſten Klaſſe getroffen, dagegen die Aufnahmen in den 100—120jährigen Altersklaſſen keine Beſtände in der erſten Klaſſe gefunden haben, dagegen die gefundenen Be— ſtände, thatſächlich dem Wachstumsgang der (Baurſchen) zweiten Klaſſe angehörten, fo wird ſich der Streifen und die Mittelkurve ſehr ſtark krümmen. Man würde vielleicht eine viel zu frühe Kulmination des Durchſchnittszuwachſes als allge— meines Wachstumsgeſetz verkünden. Da aber die Streifen für die 2., 3. Klaſſe u. ſ. f. dem oberſten Streifen adäquat gezogen werden, ſo würde ſich der Irrtum durch alle Kurven fortpflanzen. Baur wollte indeſſen, wie es ſcheint, noch einen Schritt weiter gehen. Er hat gefunden, daß die Beſtände auf beſſeren Böden, wenn man die Mittelhöhe derſelben mit den gleichalterigen Beſtänden auf ſchlechterem Boden vergleicht, in der Regel auch im Höhenwuchs hervorragen. Man kann, ſo meint Baur, die geſamte Beſtandsbonitierung ungemein vereinfachen. „Die mittlere Beſtandshöhe iſt nicht nur ein ſehr zuverläſſiger, ſondern auch der einfachſte Weiſer für die 552 Vierzehnter Abſchnitt. Beurteilung der Standortsgüte.“ Wenn brauchbare Ertragstafeln nach dieſem Weiſer angefertigt worden ſind, ſo würde man in Normalbeſtänden nur die mittlere Beſtandshöhe zu meſſen haben, um den ſpäteren Maſſenertrag kennen zu lernen. Wenn die mittlere Beſtandshöhe der einfachſte und zuverläſſigſte Weiſer für die Beurteilung der Standortsgüte ſein würde, ſo würde man denſelben auch zur Aufſuchung der Normalbeſtände, die zu gleicher Wachstumsklaſſe gehören, benutzen können ). Leider iſt die Sachlage nicht ſo einfach. Sicherlich ſind in der Regel die zuwachsreichſten Beſtände auch am höchſten hinaufgewachſen; die Höhen werden ſich im großen und ganzen bei der graphiſchen Darſtellung ähnlich gruppieren, wie die Maſſen. Aber es iſt ebenſowenig zu bezweifeln, daß der Dichtigkeits— grad der Beſtände einen ſtark hervortretenden Einfluß auf die mittlere Beſtands— höhe hat. Nach den Unterſuchungen des Verfaſſers ſind die Stämme, welche im Mittelwalde nach dem Abtrieb des Unterholzes freiwüchſig wurden, bei gleicher Bodengüte und gleichem Alter durchſchnittlich 2-3 m höher, als die mittlere Höhe geſchloſſener Beſtände beträgt. Schon vor 20 Jahren hat der Verfaſſer verſucht, die Beſtände nach der Gipfelhöhe in Wachstumsklaſſen zu ſondern, fand aber infolge der verſchiedenen Beſtandsdichte nicht die ſicheren Anhaltspunkte, um den Wachstumskurven (die ſich ja in allen Fällen, wenn man ſich die fehlenden Punkte hineindenken will, ziehen laſſen) Glaubwürdigkeit beilegen zu können. Der Verfaſſer ging deshalb zu den oben geſchilderten Verfahren über. Der Höhenwuchs iſt in der That ein ſehr trügeriſcher Maßſtab für die Standortsgüte. Auf die Entwicklung desſelben hat von den vielen Faktoren, welche den Holzwuchs bewirken, hauptſächlich die Tiefgründigkeit in Verbindung mit der Lockerheit im Untergrund hervorragenden Einfluß. Man findet ſehr oft auf ſehr kräftigen, aber von Felſen unterlagerten Granit- und Gneißböden einen ſehr guten Holz-, aber keinen hervorragenden Höhenwuchs. Die Stämme haben hier durch einen ſtärkeren Zuwachs des Umfangs erſetzt, was ſie an der Länge eingebüßt haben. Auf tiefgründigem Sand mit weitaus geringerer Produktionskraft tritt das Gegenteil ein — die Stämme ſind ſehr lang, aber ſie haben einen ſchwachen Holzkörper. Beim Weiſerſtammverfahren erkennt man häufig, daß Beſtände, die einen ſehr verſchiedenen Höhenwuchs haben, zu einer Ertragsklaſſe gehören, wenn ) Baur hat dieſen Weg, wie es ſcheint, anfänglich (bei der Fichte) ver— ſucht, ſpäter aber (bei der Rotbuche) wieder verlaſſen. Er beſtimmt hier die Beſtände, die er zu gleicher Ertragsklaſſe zuſammenfaſſen will, durch die oben genannte Streifeneinteilung. Hierauf trägt er die Höhen zuſammen, welche in jeden Streifen fallen und zieht eine mittlere Kurve. Sonach bleiben die Höhen bei der Zuſammenfaſſung der Beſtände zu Extragsklaſſen außer Wirkſamkeit. Es iſt nicht ganz klar, welchen Zweck Baur im Auge hatte. Die Praxis kann die Höhenkurven nicht benutzen, weil ſich dieſelben lediglich auf kleine, ausgeſuchte Muſterflächen beziehen. Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 553 man den ſehr weſentlichen Teil der Geſamtproduktion, der ſich im Weiſerbeſtand aufgelagert hat, zur Vergleichung bringt. Weshalb ſoll unter den Faktoren, welche den Wuchs geſchloſſener Beſtände beeinfluſſen, in vorderſter Reihe die mittlere Gipfelhöhe als der zuverläſſigſte Weiſer für die Beurteilung der Standortsgüte zu Grunde gelegt werden? Im Hinblick auf die Unterſuchungen, die wir bezüglich der Einwirkung der Beſtands— dichte auf die Maſſenproduktion in mehreren Abſchnitten kennen gelernt haben, liegt die Frage nahe, ob der mittlere Durchmeſſer der Beſtände vielleicht einen ebenſo ſcharfen Weiſer für die Standortsgüte gewährt, wie der Höhenwuchs, wenn auch ſelbſtverſtändlich keinen gleich ſcharfen Maßſtab, wie das Weiſerſtamm— verfahren. In der That kann man faſt bei jeder Ertragsunterſuchung nachweiſen, daß nicht nur die Stammzahlen und Stammgrundflächen, ſondern ſelbſt in gewiſſen Grenzen (wenn ſich bei größeren Unterſuchungen die eben genannten Extreme ausgleichen), die mittleren Beſtandshöhen und endlich (was entſcheidend iſt) die Zuwachsleiſtungen auf allen Standortsklaſſen und in allen Altersklaſſen ledig— lich Funktionen der Bruſthöhenſtärke des Mittelſtammes ſind. Die Zuſammenſtellung des reichhaltigen Materials, welches Baur mitgeteilt hat, ergibt gleichfalls dieſe Abhängigkeit der Stammzahlen, der Beſtandshöhen und der Zuwachsbeträge vom mittleren Bruſthöhendurchmeſſer, wie die Vergleichung der 50—100jährigen Beſtände auf S. 554 zeigt. Aber auch dieſe Klaſſifikation nach dem Durchmeſſer würde ſichere Ergeb— niſſe nicht geliefert haben. Die geſchloſſenen Holzbeſtände entwickeln ſich, wie wir im ſechſten, zehnten, zwölften und in dieſem Abſchnitt wiederholt geſehen haben, nach eigenartigen Geſetzen; die Produktionsleiſtungen der ſtärkeren Stammklaſſen, die bis zum höheren Alter dominierend bleiben, ſind für die Unterſuchung der Wachstumsleiſtungen dieſer geſchloſſenen Beſtände in erſter Linie beachtenswert. Ich habe deshalb vorläufig keine Veranlaſſung, bei den unten folgenden Vorſchlägen die Grundlage des von mir ſchon früher be— fürworteten Verfahrens zu verlaſſen, und andere, beſſere Ver— fahren an die Stelle zu ſetzen (wozu ich im Intereſſe des Fort— ſchritts gerne bereit ſein würde). Wenn das oft erwähnte Verhalten der vorwachſenden Stämme beſtätigt wird, ſo kann hoffentlich das wertvolle und reichhaltige Material, welches die Verſuchs— anſtalten — vor allem Baur, Kunze, Weiſe und Lorey — mit dankenswertem Fleiße beigebracht haben, nach dieſen Geſichtspunkten geſichtet und neu bearbeitet werden, wenn man auch einige Weiſer— ſtammfällungen in der Nähe der Verſuchsflächen zu Hilfe rufen muß”). Aber bei der Vermeſſung der Probeſtämme ſollte die ge— ) Allerdings wird hierbei die Einteilung in Stammſtärkeklaſſen mit gleicher Stammzahl, wobei die Stammzahl der Klaſſen von den älteren zu jüngeren Be— ſtänden faſt progreſſiv fortſchreitet, ſtörend ſein. 554 Vierzehnter Abſchnitt. Mittlerer Bruſthöhendurchmeſſer. 6—10 1115/16 2002125 263031350640 em em em em em em em I. Stammzahl per Hektar: | Fichtenbeſtände .“ — 2720 | 1660 1140 890 653 | 511 Buchenbeſtände . — 1820 1200 842 639 — — II. Mittlere Be | ſtandshöhe, m. | Fichtenbeſtände . — 153 195 225 25,6 29,832, III. Mittlerer Haus barfeit3-Durd- | ſchnittszuwachs, Feſtmeter p. Hektar: | | Buchenbeſtände.“ — | 15,1 | 19,8 28,0 266 „ 51—60j. Fichtenbeftände | — 8,88 9,69 11,12 — — — 610 5 = 6,38| 8,55| 9,16 | 9135*| — — 7180. 5 — — 807 10,64 9,17 9,35 10,72 81—90j. F — . — | 808 8,20 9,74 10,795 91—100j. 4 N — — | 9,86*) 8,249,545 51 - 605. Buchenbeſtände 3,13 4,11 5,81 5,28,“ — — — 61—70j. x I 3,94 5,13 5,80“ | 71-80. ’ 2646 % //% | 81—90j. N RCC 540% ser 00% — — | 366) 49 | 5,96 | A ſonderte Aufnahme des Nutzholzanteils nicht unterlaſſen und für die Zopfſtärke allgemein gültige Normen vom Verein der forſtlichen Verſuchsanſtalten feſtgeſetzt werden. Für die Fortbildung der Forſt— wirtſchaft hat offenbar die Ermittelung des Ganges und der Gipfelung des Maſſenzuwachſes — zumal auf kleinen, außergewöhnlich und vollkommen beſtockten Probeflächen — keinen erkennbaren Zweck. Denn es iſt völlig nutzlos zu wiſſen, in welchem Beſtandsalter die Rohmaſſenproduktion den höchſten Jahresertrag gewährt u. ſ. w. — zumal in kleinen Muſterbeſtändchen, die im jüngeren Holze 0,25 ha ſelten erreichen. Man kann auch durch dieſe Ertragstafeln die viel— fach noch übliche Veranſchlagung des Maſſenertrags nicht beſſer *) Nur ein oder zwei Probeflächen aufgenommen, deshalb nicht maßgebend. Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 555 fundamentieren, denn der Zuwachsgang dieſer kleinen Normal— beſtände iſt, wie überall vorausgeſetzt wird, von dem Zuwachsgang großer Beſtände weſentlich verſchieden. Lorey hat neuerdings (1884) das Verfahren des Verfaſſers zur Ermitte— lung des Zuwachsganges der Weißtanne benutzt. Derſelbe hat die 200 ſtärkſten Stämme per Hektar und gleichzeitig die ſämtlichen Stämme der Muſterbeſtände als Weiſerſtämme benutzt. Das Material iſt, wie Lorey beklagt, unvollkommen; allein die Weiſerkurven verlaufen ſo vollkommen regelmäßig unter ſich und im Vergleich mit den Maſſenzuwachskurven der Vollbeſtände, daß Lorey zu dem Aus— ſpruch kommt: Bei einer verhältnismäßig nicht ſehr großen Zahl von Auf— nahmeflächen ſei ein gleich ſicheres Mittel, als die Analyſe von Weiſerſtämmen nicht gegeben. Schuberg war bemüht, den Einfluß der (namentlich mit der Höhenlage wechſelnden) Stammzahl zu beſtimmen, iſt jedoch zu abſchließenden Reſultaten bis jetzt nicht gelangt. c. Vorſchläge für die zukünftige Ermittelung der Wachstumsleiſtungen. Bei dem eigenartigen Verhalten der Stammklaſſen im Hinblick auf die Maſſenproduktion iſt der Weg zur Erforſchung der Wachs— tumsgeſetze unſerer Waldbäume klar vorgezeichnet. Es hat für die vernunftgemäßen Zwecke diefer Unterſuchung nur untergeordneten Wert zu wiſſen, wie ſich die Holzmaſſenproduktion der ſchwachen Stämme, die den Durchforſtungen anheimfallen oder bei einer frühen Erntezeit der Holzbeſtände kaum Nutzholz liefern werden, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt — im letzteren Falle etwa von der 60jährigen bis zur 80 jährigen Umtriebszeit — geſtaltet. Vielmehr iſt in vorderſter Reihe die Frage zu beantworten, welchen Nutz holzertrag die leiſtungsfähigſten Stämme, die im Haubarkeits— alter, noch vorhanden find, im 60., 70., 8Ss00o—— ):. 120. Jahr liefern werden. Für die im Kronenſchluß aufgewachſenen und aufwachſenden Beſtände hat man in den höheren Altersklaſſen der Fichten-, Kies fern⸗, Buchenbeſtockung c. Muſterbeſtände für die örtlichen Standortsverſchiedenheiten auszuwählen. Man hat hierbei kleine, normal beſtockte Verſuchsflächen auszuſuchen, aber auch gleichzeitig größere Beſtände, wie ſie dem Mittel der im großen erreichbaren Beſtockung entſprechen. Nachdem die Probeflächen vermeſſen worden ſind (in größeren Beſtänden nach Abzug der beträchtlichen Blößen und Löcher, deren Größe man mit der 556 Vierzehnter Abſchnitt. Meßlatte oder durch Schrittmeſſung beſtimmen kann, jedenfalls genau ſchätzen muß), werden dieſelben genau kluppiert, die Höhe der Stammklaſſen gemeſſen und die Maſſe der einzelnen Stärkeſtufen ſowohl nach Formzahlen berechnet, als nach dem Draudt-Urichichen Verſahren ermittelt. (Die Probeſtämme werden bei kleinen Normalflächen im angrenzenden Beſtande gefällt.) Bei der Vermeſſung der Probe— ſtämme iſt die Ermittelung des Bloch- und Bauholzanteils niemals zu verſäumen. Die Feſtſtellung der normalen Dimenſionen werde ich ad 3 erörtern. Schon vorher kann die Länge bis 18, 20, 22, 24, 26 em Zopfſtärke und die Abſtufung der Durchmeſſer per Längenmeter notiert werden. (Die Berechnung nach Form— zahlen geſchieht zur Kontrolle des Probeſtammverfahrens, welches in der Regel maßgebend bleiben wird.) Hierauf erfolgt die Ermittelung der Wachstumsgeſetze in zwei Richtungen. Zunächſt iſt die Aufgabe zu löſen, die Standorts— klaſſe feſtzuſtellen — Richtpunkte zu gewinnen, nach denen man die zu der gleichen Wachstumsklaſſe gehörigen jüngeren Be: ſtände aufſuchen kann. Um in dieſer Richtung ſicher zu gehen, hat man in vorderſter Reihe lediglich die Hälfte der geſamten Stammzahl per Hektar — und zwar die ſtärkſten Stämme — geſondert zu behandeln. Für dieſe Hälfte (etwa 200 — 250 Stück per Hektar) wird der Mittelftamm *) berechnet. Man läßt eine genügende Zahl Probeſtämme — nicht unter zehn — mit dem berechneten oder einem annähernd gleichen Bruſthöhendurchmeſſer und mittlerer Höhe fällen, ermittelt das Alter, läßt dieſelben auf Bruſthöhe und von oben herab durchſchneiden, beſtimmt auf den Scheiben die Stammgrundflächen im 60-, 70⸗, 80 . .. jährigen Alter, ferner auf den oberen Abſchnitt die Gipfelhöhe im gleichen Alter. Wenn der Schaft zu Nutzholz brauchbar iſt, ſo wird die Länge bis etwa 18 .. .. 26 em Zopfſtärke (wegen Feſtſtellung des Bloch- und Bauholzprozentes) notiert. Die Holzmaſſe wird nach Formzahlen für das gegenwärtige und das 60, 70, 80 . . . jährige Alter berechnet. (Bei kleinen Probeflächen werden entſprechende Stämme im angrenzenden Beſtande ausgewählt.) Hierauf wird der „Weiſerzuwachs“ von Jahrzehnt zu Jahrzehnt feſtgeſtellt. Da hierbei wieder der Zuwachs an Bloch— und Bauholz in vorderſter Reihe zu beſtimmen iſt, ſo wird dieſer Nutzholzgehalt der Weiſerſtämme im früheren Alter unter Anwendung der ad VI erörterten Nutzholzprozenttafeln, welche die erforderlichen Angaben für die verſchiedenen Stärke- und Höheklaſſen der Wald— ) Es iſt noch näher zu unterſuchen, ob Stärkeklaſſen im Weiſerbeſtand zu bilden und hierfür Mittelſtämme zu fällen ſind. Ich habe in dieſer Richtung keine genügenden Erfahrungen. Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 557 bäume enthalten, ermittelt oder nach den örtlichen Vermeſſungen beſtimmt. Die Weiſerſtämme werden in der Regel einen ſehr hohen Jahreszuwachs per Hektar produziert haben und es wird ohne weiteres klar werden, daß der größte Teil des geſamten Wert— zuwachſes, welchen die muſtergültigen Altholzbeſtände vom 60., 70. . . . Jahre bis zu ihrem jetzigen Alter erzeugt haben, durch dieſes Sektionsverfahren unmittelbar gemeſſen worden iſt. Es handelt ſich in der Hauptſache nur noch um die Ergänzung der Ertragstafel hinſichtlich der Maſſe und des Wertes der dominieren— den Stämme im 60, 700 jährigen Beſtandsalter. Zu dieſem Zweck iſt zu ermitteln, welche Stammzahl und welche Maſſe der Muſterbeſtand im 60., 70. . . . Jahre außer dieſen 200 oder 250 Weiſerſtämmen per Hektar hatte. Da die Maſſe, welche dieſe „Ergän— zungsſtämme“ des Muſterbeſtands in der Vergangenheit hatten, nicht bekannt iſt, ſo muß man vergleichungsfähige Beſtände aufſuchen und hier die Maſſe der Ergänzungsſtämme ermitteln. Den Wegweiſer zur Aufſuchung der entſprechenden, vergleichungs— fähigen Beſtände bilden die Weiſerſtämme, d. h. die Maſſe der vor: gewachſenen 200 oder 250 Stämme per Hektar im 60., 70. . .. Jahr. Findet man Beſtände, die für dieſe permanente Stammzahl ähnlichen Durchmeſſer, ähnliche Höhe oder ſelbſt nur annähernd gleiche Holzmaſſe haben, wie die Weiſerſtämme, ſo iſt es nicht nur wahrſcheinlich, daß dieſe vorgewachſenen Stämme bis zum Alter der Weiſerſtämme denſelben Zuwachs haben werden, wie die letzteren; es iſt auch wahrſcheinlich, daß der Muſterbeſtand in den Ergänzungs— ſtämmen eine gleiche Maſſe hatte, als die vergleichungsfähigen Flächen. Das Verfahren zur Ermittelung der vergleichungsfähigen Weiſerſtämme iſt einfach. Nachdem die jüngeren, regelmäßigen Beſtände und Verſuchsflächen und zwar ſämtliche Stämme kluppiert worden ſind, die Gipfelhöhe der Stärkeklaſſen beſtimmt worden iſt, folgt die Ermittelung der Maſſe durch Fällung von Probe— ſtämmen. Hierauf wird der Mittelſtamm für die gleiche (permanente) Stamm— zahl per Hektar, wie im Muſterbeſtand, nach Höhe, Bruſthöhendurchmeſſer und Maſſe feſtgeſtellt. Man erkennt hiernach, zu welchem Muſterbeſtand und zu welcher Wachstumsklaſſe die jüngere Beſtockung gehört. Der Bloch- und Bau— holzgehalt wird, auch wenn die ad VI zu beſprechende Prozenttafel nicht vor— liegt, mit hinlänglicher Genauigkeit der Vermeſſung der Probeſtämme entnommen werden können. Zieht man hierauf die Maſſe der vergleichungsfähigen Weiſerſtämme von 558 Vierzehnter Abſchnitt. der Geſamtmaſſe der dominierenden Stämme im 60, 70 . . . jährigen Alter ab, ſo findet man die Maſſe der Ergänzungsſtämme, die teilweiſe den Zwiſchen— nutzungen anheimfallen und teilweiſe die Nebenbeſtockung des Muſterbeſtands bilden. Unter den Vorräten, welche die vergleichungsfähigen Beſtände in den Ergänzungsſtämmen haben, wird hierauf Muſterung nach Maßgabe der mehr oder minder großen Stammzahl gehalten und womöglich Beſtände mit einem mittleren Dichtigkeitsgrad zu Grunde gelegt oder Klaſſen ausgeſchieden. Mit dieſen Unterſuchungen wird man, wie geſagt, dem Ziel, der Ermittelung des Nutzholzzuwachſes, in der Regel ſehr nahe rücken. Wenn es möglich wäre, den Nutzholzertrag dieſer Er— gänzungsſtämme bei den Zwiſchennutzungen genau zu bemeſſen, ſo würde man die Nutzholzertragstafel für die betreffende Standorts— klaſſe anfertigen können. Denn der Zuwachsgang derjenigen Er— gänzungsſtämme, die im Muſterbeſtand neben dem Weiſerbeſtand noch vorhanden ſind, läßt ſich ja direkt meſſen und die Vermehrung des Nutzholzvorrats beſtimmen. Obgleich der Nutzholzzuwachs der Ergänzungsſtämme nicht ſchwer in die Wagſchale fallen, vielmehr vielleicht nur wenige Pro— zente betragen wird, ſo iſt doch noch vielfach, zumal in Buchen— beſtänden, auch die Vermehrung des Brennholzvorrats der Er— gänzungsſtämme durch den Zuwachs beachtenswert. Man erreicht durch die zweite Unterſuchungsmethode, das Kontrolle— verfahren, eine Ergänzung der erſten Aufnahme, welche es ge— ſtattet, den Geſamtzuwachs der Beſtände für die gebildeten Standorts— klaſſen und zwar inkl. Durchforſtungsertrag annähernd genau dar— zuſtellen. Dieſes Kontrolle und Ergänzungsverfahren ſoll zunächſt den Zuwachsgang der ſämtlichen Stämme des Muſterbeſtands vom 60°, 70... jährigen Alter bis zum Alter dieſes Muſterbeſtands ermitteln und zugleich die erſte Aufnahme, namentlich hinſichtlich der Auswahl der Probeſtämme kontrollieren. (Es iſt deshalb das Kontrolleverfahren nicht von denſelben Beauftragten der oberſten Forſtbehörde, die die Maſſenaufnahme und die Ermittelung der Weiſerſtämme vollzogen haben, durchzuführen.) Beim Kontrolleverfahren wird der Mittelſtamm für die geſamte Zahl der dominierenden Stämme des Muſterbeſtands berechnet. Man läßt eine genügende Anzahl von Probeſtämmen fällen und behandelt dieſe Kontrolle— ſtämme in der gleichen Weiſe, wie die Weiſerſtämme. Nach den Ergebniſſen der Holzmaſſenaufnahme, welche für die vergleichungsfähigen Beſtände vorliegen, wird Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 559 hierauf berechnet, welche mittlere Gipfelhöhe, mittlerer Durchmeſſer und mittlere Maſſe dieſelbe Stammzahl in den vergleichungsfähigen Beſtänden hat. Genau mit dem erſten Bonitierungsverfahren übereinſtimmende Reſultate werden ſich hierbei ſelten ergeben, weil dieſelben bei dieſen Kontrolleunterſuchungen durch die größere oder geringere Zahl der beherrſchten Stämme weſentlich beeinflußt werden. Entſcheidend für die Frage, ob die erſte Aufnahme genügend zuverläſſige Ergebniſſe geliefert hat oder zu wiederholen iſt, wird jedoch ſtets die Feſtſtellung des Nutzholzzuwachſes ſein, weil der letztere den Wertertrag beherrſcht. Ergeben ſich hierbei keine beträchtlichen Differenzen, ſo wird der Wertzuwachsgang, deſſen Feſtſtellung der vorherrſchende Zweck des ganzen Verfahrens iſt, als ausreichend richtig beſtimmt erachtet werden können. Zur Vervollſtändigung der Ertragstafeln kann man nunmehr ermitteln, welche Ergänzungsſtammzahl ungefähr in den 60-, 80jährigen Beſtänden die mittlere ſein wird. Man kann nach der ausgeſchiedenen Stammzahl den Durch— forſtungsertrag zwiſchen dem 60. und 70., 70. und 80. Jahr... annähernd ge— nau veranſchlagen. Dabei iſt als Regel anzunehmen, daß die verbliebenen Stämme zumeiſt den ſtärkſten Klaſſen der 60-, 70jährigen Beſtockung angehört haben. Iſt dieſe Stammzahl, d. h. die in der Nebenbeſtockung des Weiſer— beſtands und der 70, 80 . . . jährigen Beſtände noch vorfindliche Stammzahl in den ſtärkſten Stammklaſſen der 60-, 70jährigen Beſtände abgezählt und die Maſſe derſelben berechnet worden, ſo wird ſich in der Regel ergeben, daß für die ver— bleibenden Stämme beſten Falls ein ſehr minimaler Zuwachs übrig bleibt, wenn man die örtlichen Durchforſtungserträge vergleicht. Liefern die letzteren beträcht— lich mehr, ſo ſind die Urſachen aufzuklären. Erſt durch jahrelang fortgeſetzte Unterſuchungen werden ſich die Divergenzen, die zuerſt überall hervortreten werden, aufklären laſſen. Aber man darf nicht vergeſſen, daß nur weſentliche Ver— ſchiedenheiten im Nutzholzzuwachs ſchwer in die Wagſchale fallen. Die Abweichungen hinſichtlich der Maſſenzunahme, ſoweit dieſelbe vorherrſchend Brennholz liefert, haben keine ausſchlaggebende Be— deutung. Wenn dieſe Ermittelung auch alle örtlichen Standortsverſchieden— heiten, ſoweit dafür in größeren Waldgebieten mit gleichartigen Verhältniſſen Repräſentanten im Holzwuchs des geſchloſſenen Hoch— walds zu finden ſind, ausgedehnt werden, ſo wird man hoffent— lich — trotz der unausbleiblichen Mißerfolge im Anfang der Unter— ſuchung — in wenigen Jahren über die Wachstumsgeſetze des deutſchen Waldes und vor allem über die Ausbildung der Nut: holzſtämme in dieſen geſchloſſenen Beſtänden mit genügender Zu— verläſſigkeit unterrichtet werden. Man wird für den Holzwuchs der Kiefer, Fichte, Eiche, Tanne ꝛc. und die oben charakteriſierte 560 Vierzehnter Abſchnitt. Bildung der Standortsklaſſen hinlänglich ſichere Ertragstafeln und namentlich Nutzholztafeln aufzuſtellen vermögen, feſte Anhaltspunkte für die Wahl der Holzarten, die Bemeſſung der Erntezeiten ꝛc. ge— winnen. Während die kleinen, ſtändigen Verſuchsflächen in den beſten Teilen der Beſtockung den erreichbaren Zuwachs für beſonders günſtige Verhältniſſe (normal beſchaffene Pflanzbeſtände ꝛc.) an⸗ geben, erſieht man zugleich, in welchem Verhältnis der unter den gewöhnlichen Wachstumsverhältniſſen erreichbare Maſſen- und Nutz⸗ holzertrag größerer Beſtände herabgemindert wird. Die einzelſtehenden, ſtark gelichteten, freiwüch— ſigen Waldbäume behandelt man wie die Weiſerſtämme. Er— fahrungsgemäß liefert nur die Ermittelung des Zuwachsganges an ein und denſelben Stämmen zuverläſſige Reſultate — nicht die Vergleichung einer Mehrzahl von jüngeren Stämmen mit einer Mehrzahl von älteren Stämmen. Wenn mehrere freiwüchſige Stämme zuſammenſtehen und lockeren Kronenſchluß bilden, ſo iſt die Meſſung derſelben und der überſchirmten Fläche nicht zu verſäumen. Wir ſind bis jetzt über den Wachsraum der einzelſtändigen Fichten, Tannen, Kiefern, Buchen und Eichen namentlich in den Jugend— perioden ganz ungenügend unterrichtet. Mit dieſer Unterſuchung der freiwüchſigen Stämme, die zu— meiſt in Mittelwaldungen, auch in Stangenhölzern, die mit zahl— reichen Oberhölzern durchſtanden ſind, ausgeführt werden wird, iſt die Einwirkung der Beſchattung auf den Ertrag des Unter holzes feſtzuſtellen, indem man den Zuwachs des letzteren ohne Oberholz und bei verſchiedenen Beſchattungsgraden des Ober— holzes für die örtlich zu unterſuchenden Standortsklaſſen ermittelt. Das Verfahren wird keiner Erläuterung bedürfen. III. AUnterfudungen über die Gebrauchsfähigkeit der Holzarten und Nutzholzſorten. Die Aufgabe dieſer Unterſuchung iſt im vierten und ſechſten Abſchnitt erörtert worden. Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 561 Zunächſt ſind Unterſuchungen über die Tragkraft, Dauer, überhaupt die techniſchen Eigenſchaften der Hölzer erforderlich. Allein dieſelben ſind von den Lehrern der Forſtbenutzung und Forſttechno— logie vorzunehmen und haben uns hier nicht zu beſchäftigen ). Aber die Holzarten und Holzſorten, welche örtlich am meiſten verwendet und begehrt werden, ſind bei Feſtſtellung der forſttech— niſchen Zielpunkte an erſter Stelle zu berückſichtigen. Man muß die Dimenſionen des Nutzholzes — des Grubenholzes, der Tele— graphenſtangen, des ſchwächeren und ſtärkeren Bauholzes, nament— lich aber die im Abſatzgebiet vorherrſchend verbrauchten Bretter— ſorten ꝛc. nach Breite und Länge u. ſ. w. — genau kennen lernen. Man hat deshalb den Nutzholzverbrauch im Abſatzgebiet nicht nur zu analyſieren, man hat auch das örtliche Preisverhältnis zwiſchen den einzelnen Nutzholzſorten unter ſich und mit dem Scheit— holz, Prügelholz und Reisholz feſtzuſtellen, und beim Niederwald— betrieb die Rindenpreiſe (die allerdings in der Gegenwart in frag— würdiger Geſtalt erſcheinen) zu beachten. Zuverläſſige Anhaltspunkte wird indeſſen die deutſche Forſt— wirtſchaft bezüglich der Nutzholzſorten, welche in Deutſchland und den Exportländern dauernd konkurrenzfähig und marktgängig bleiben werden, nur mittels Unterſuchung des Nutzholzmarktes durch die oberſte Reichsbehörde oder die Finanzminiſter der Einzelſtaaten er— langen können. In kurzer Zeit wird man, wenn zuverläſſige Bau⸗ unternehmer, Sägewerksbeſitzer, Holzhändler, Bergwerkstechniker, Beſitzer von Parkett- und Eiſenbahnwagenfabriken, Beamte der Eiſenbahnwerkſtätten, Zucker- und Cementfabrikanten u. ſ. w. ge⸗ hört und Konſulatsberichte eingefordert werden, vortreffliche, vor— ausſichtlich vollkommen befriedigende Richtpunkte erhalten, wie nach den Erfahrungen der Eiſenbahnverwaltungen (mit dem ſtändigen Ausſchuß der Verkehrsintereſſenten) zu erwarten iſt. Die dürftigen Anhaltspunkte, die ich im ſechſten Abſchnitt (S. 171) mitgeteilt habe, ſind jedenfalls zu ergänzen, teilweiſe auch zu berichtigen. ) An jeder forſtlichen Lehranſtalt ſollte eine forſttechniſche Werkſtätte, wie bereits in Tübingen, eingerichtet werden. Wagener, Waldbau. 36 562 Vierzehnter Abſchnitt. ve Anterſuchungen über die Erziehung der Holzbeſtände, die bisherige Durch— forſtung, den Kronenfreihieb und die Tichtungshiebe. Zunächſt iſt in den 20—30 jährigen Dickungen der Kronen— freihieb in der im ſiebenten Abſchnitt (S. 249) dargeſtellten Art und Weiſe auf Probeflächen mit Aufarbeitung des Aushiebs und Vermeſſung der ſtehen bleibenden Stämme zu verſuchen. Wenn auch neben dieſer Fläche ein Dickicht mit unzweifelhaft gleicher Be— ſchaffenheit gefunden wird, ſo iſt die Meſſung der Stämme auf dieſen unbe— rührt bleibenden Vergleichungsflächen immerhin rätlich, jedenfalls ſind die Ver— gleichungsflächen zu begrenzen (mit Gräben an den Endpunkten) abzumeſſen und gegen Leſeholzſammler durch Sammlung und Aufarbeitung der abgeſtorbenen oder umgebrochenen Gerten zu ſchützen. Das durch Winddruck, Schneebruch, Duft— ſchaden ꝛc. anfallende Holz wird auf jeder Fläche genau aufgenommen und ge— ſondert verbucht. Wenn auf der Fläche des Kronenfreihiebs die Kronen ſich wieder nähern, ſo erfolgt die zweite Aufnahme derſelben und gleichzeitig iſt die Aufarbeitung des einengenden Gehölzes vorzunehmen. Die weitere Behandlung und die Meſſung der (auf unterdrücktes Holz) durchforſteten Vergleichungsfläche bedarf keiner Erläuterung. In älteren, geſchloſſenen, aber widerſtandskräftigen Stangen— hölzern und angehenden Baumhölzern tritt der Lichtungshieb an die Stelle der Kronenfreihiebe, während die Vergleichungsflächen in gewöhnlicher Weiſe durchforſtet werden. Der Lichtungshieb gibt den Stämmen auf den einzelnen Flächen eine verſchiedene Stel— lung — für fünf, zehn- und fünfzehnjährigen freien Wachsraum. Man wird dieſe Stellung ſelten genau treffen, die Stämme werden ihre Kronen früher oder ſpäter wieder einander nähern, man hat deshalb oft zu revidieren, ſorgſam die Stämme mit eingeengten Kronen auch vor Ablauf der für die Lichtung angenommenen Periode entfernen zu laſſen und das Ergebnis zu verbuchen. Wenn die Lichtung ſo ſtark gegriffen iſt, daß die Stellung des Beſtands einem Beſamungsſchlage gleicht, jo hat Unterbau in der Regel durch Pflanzung ſtattzufinden — auf einem Teil der Fläche Rotbuchen, auf dem andern Hainbuchen, auf dem dritten Fichten und auf dem vierten Tannen oder Weymouths— kiefern. Fichten, Tannen, an geeigneten Stellen Kiefern und Lärchen Die Aufgaben und Leiſtungen des forftlihen Verſuchsweſens. 563 werden einzeln in richtiger Verteilung beigemiſcht. Die Koſten werden verbucht; bei den ſpäteren Aushieben wird die Höhe der Pflanzen gemeſſen und die Beſchaffenheit des Unterbaues be— ſchrieben. In gleicher Weiſe werden in die ſtärkeren Baumholzbeſtände Probeflächen mit Unterbau eingelegt und behandelt, wenn auch hier die Lichtung allmählich zur Verjüngung vorſchreitet. Ueberall werden ſelbſtverſtändig vergleichungsfähige Flächen mit ähnlicher Größe angelegt, in gleicher Weiſe aufgenommen und wie bisher behandelt. Alle Probeflächen werden durch tiefe Eckgräben an den Winkelpunkten dauernd bezeichnet. Die Größe richtet ſich nach der Beſtandsbeſchaffenheit; die Regel lautet: ſo groß als möglich. Die Vermeſſung der Durchmeſſer und Höhen und die Vermeſſung richtet ſich nach dem oben ad I angegebenen Verfahren. In Schälwaldungen werden Durchforſtungsprobeflächen etwa im 12jährigen Alter des Eichenſtockſchlags angelegt und zwar mit verſchiedenem Auslichtungsgrad. Das anfallende Holz wird auf— gearbeitet, die Rinde gewogen. Beim Hieb wird das Holz- und Rindenergebnis auf den gelichteten Flächen dem Holz- und Rinden⸗ ertrag der (unberührten) Vergleichungsfläche gegenüber geſtellt. Nach dem Unterholzhieb im Mittelwalde ſucht man ver— gleichungsfähige oberholzreiche und oberholzarme, ſelbſt oberholz— freie Flächen mit annähernd gleicher Unterholzbeſtockung zu ge— winnen. Das Oberholz wird vermeſſen und beim nächſten Mittel— waldhieb der Oberholzzuwachs und Unterholzertrag (inkl. Laßraidel) gegenübergeſtellt. Die Vorſchriften hinſichtlich der Durchforſtungsverſuche, die von den forſt— lichen Verſuchsanſtalten vereinbart worden ſind, habe ich ſchon oben (zwölfter Ab— ſchnitt, S. 515) erwähnt. Der erſte Grad der Durchforſtung entfernt die abgeſtorbenen und abſterben⸗ den Stämme, der zweite Grad die unterdrückten Stämme, der dritte Grad die zurückbleibenden Stämme („welche an der Bildung des Beſtandsſchluſſes noch teil- nehmen, deren größter Kronendurchmeſſer aber tiefer liegt, als der größte Kronen- durchmeſſer der dominierenden Stämme, die alſo gleichſam die zweite Etage bilden“). Die Durchforſtungen ſollen alle fünf Jahre bis zum 50jährigen Alter der Eichen-, Buchen⸗, Fichten⸗ und Tannenbeſtände und bis zum 40jährigen Alter der Kiefern⸗ und Weichholzbeſtände, ſpäter alle zehn Jahre wiederholt werden. 564 Vierzehnter Abſchnitt. Die bayriſche Inſtruktion definiert die ſtarke Durchforſtung dahin, daß die Zweig— ſpitzen der Kronen nach der Durchforſtung noch leicht ineinander greifen; hin und wieder können auch einzelne vorgewachſene Stämme da weggenommen werden, wo prädominierende Bäume zu gedrängt aufeinander ſtehen, um für die Zukunft eine möglichſt gleiche Verteilung der Stämme zu bewirken. Jedenfalls werden die forſtlichen Verſuchsanſtalten zunächſt zu unterſuchen haben, ob das im ſechſten und zwölften Abſchnitt erörterte, eigenartige Verhalten der prädominierenden Stammklaſſen im Gegenſatz zu den beherrſchten und unter— drückten Stammklaſſen auch ſonſt Beſtätigung findet. Ich darf namentlich auf die Würdigung der ſächſiſchen Verſuchsergebniſſe (S. 500) hinweiſen. Unter allen Umſtänden wird ein vierter Durchforſtungsgrad, vielleicht wie im öftlichen-Wefergebirge, in den Arbeitsplan aufzunehmen ſein. V. Anterſuchungen über die Teiſtungsfähigkeit der Verzüngungsverſahren. 1) In jedem Beſamungsſchlage mit gutem Boden iſt eine möglichſt (nicht unter 2—3 ha) große Fläche durch Anpflanzung, teils mit unverſchulten Saatſchulpflanzen mittels des Pflanzbeils und ähnlicher Werkzeuge, teils mit verſchulten Pflanzen in Löcher, künſtlich zu verjüngen. Eine angrenzende, ähnlich große Fläche wird natürlich verjüngt. Auf beiden Flächen wird gleichzeitig der Schirmbeſtand aufgenommen, der Aushieb genau verbucht und die Aufnahme wiederholt, wenn der Nachwuchs auf der natürlich ver— jüngten Fläche 10- oder 15 jährig geworden iſt. Die Höhe des— ſelben wird vergleichend gemeſſen und die Beſchaffenheit beſchrieben. Die Koſten der künſtlichen Verjüngung (inkl. Pflanzenerziehung) werden verbucht. 2) Möglichſt neben dieſen Flächen wird eine annähernd gleich große Verſuchsfläche kahl gehauen und in vier gleiche Teile abgetrennt. Der eine Teil wird mit Saatſchulpflanzen mittels des Beils ꝛc., der andere Teil mit verſchulten Pflanzen in Löcher mittels der Hacke, der dritte Teil mit Ballenpflanzen mittels des Hohlbohrers oder Hohlſpatens bepflanzt und der vierte Teil wird gründlich auf Hackenſchlagtiefe kurz gehackt und hierauf mittels Beilpflanzung kultiviert. Ueberall iſt die gleiche Pflanzenentfernung (etwa 1,0 oder 1,5 m Quadratverband) zu wählen. Die Koſten inkl. Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 565 Pflanzenerziehung werden getrennt verbucht, alle 5 Jahre wird die Höhe der Pflanzen gemeſſen und die Beſchaffenheit (Eintritt des Schluſſes ꝛc.) beſchrieben. Die Dickichte wachſen mindeſtens bis zum 30 jährigen Alter im Kronenſchluß auf. 3) In haubaren Beſtänden auf trockenem Boden mit ſüdlicher oder weſtlicher Lage (Fichten und Tannen in Windwurflagen ausgeſchloſſen) werden ſechs Probeflächen neben einander angelegt und denſelben die gleiche Beſamungsſchlagſtellung gegeben. Die drei erſten Probeflächen werden in gleicher Weiſe bepflanzt, jedoch ſpäter im verſchiedenen Grade gelichtet. Auf den drei letzten Flächen wird die natürliche Beſamung erwartet und hierauf werden die Auslichtungsgrade, wie auf den drei erſten Flächen, gewählt. Die Meſſung des Schutzbeſtands und des Auf— wuchſes, die Verbuchung der Koſten geſchieht in gleicher Weiſe, wie ad I (S. 539). 4) In haubaren Fichten-, Tannen: und Kiefern: beſtänden werden hinter einer ſchützenden Holzwand Saumſchläge angelegt. Die erſte der drei Verſuchsflächen wird natürlich verjüngt, die zweite unter gleich zu haltendem Schutzbeſtand mittels Spaltpflanzung künſtlich verjüngt und die dritte Fläche nach dem Kahlhieb mit denſelben Werkzeugen bepflanzt. Im übrigen werden dieſe Flächen wie ad I be— handelt. 5) Auf verheideten, verhärteten aber ſteinfreien und tiefgründigen Flächen, Oedländereien ꝛc. werden fünf Flächen nebeneinander zu Kulturverſuchen benutzt. Die erſte Fläche wird durch Handarbeit teils auf 20, teils auf 40, teils auf 60 em in gleicher Weiſe gelockert, wie es durch den Untergrunds— pflug geſchieht. Dieſe Fläche wird mit Saatſchulpflanzen in der nach dem Bodenzuſtand angemeſſenen Weiſe (Pflanzbeil oder Butt— lariſches Eiſen, Hacke, Setzholz, Spaten) angebaut. Die zweite Fläche wird mittels Spaltpflanzung auf abgeſchälte und oberfläch— lich gelockerte Platten kultiviert. Die dritte Fläche wird durch Ballenpflanzung mit dem Hohlbohrer, Hohlſpaten ꝛc. kultiviert. Auf der vierten Fläche werden Löcher gehackt und verſchulte Pflanzen eingeſetzt. Auf der fünften Fläche werden Löcher gehackt und Saat— beetpflanzen mit dem Beil oder ähnlichen Inſtrumenten eingeſetzt. 566 Vierzehnter Abſchnitt. Man kann noch weitere Flächen anreihen und den Bohligſchen Bohrer, den Spiralbohrer und die Manteuffelſche Hügelpflanzung verſuchen. Die Meſſung der Pflanzen und die Verbuchung der Koſten geſchieht wie vorher. 6) Auf den noch nicht verhärteten, mit einem leichten Boden überzug bedeckten Kulturböden wird eine Fläche kurz— gehackt und mit Saatbeetpflanzen kultiviert und drei (oder fünf) Flächen werden wie ad 5 behandelt. 7) Die Pflanzenentfernung wird nicht überall gleich— mäßig, ſondern etwa mit 1,0 m, 1,5 m, 2,0 Quadratverband auf den Verſuchsflächen gewählt. Jedoch muß jede Verſuchsfläche die Abſtufungen gleichmäßig enthalten. Die Fläche derſelben iſt abzu— grenzen und zu vermeſſen. 8) Wenn Buchel- und Eichelſteckſaat örtlich leiſtungs— fähiger erſcheint, als Pflanzung von Saatbeetpflanzen, ſo kann eine weitere Probefläche ad 1 und 2 angereiht werden. 9) Die Eichenpflanzung, namentlich zur Begründung und Ausbeſſerung der Schälwaldungen, wird mittels verſchieden großer Pflanzen, mit und ohne Schaft (Stummel-, Stußerpflanzung), einzeln oder in Dreieckform (auf etwa 30 em Entfernung) u. ſ. w. aus⸗ geführt und vergleichend gewürdigt. 10) Die verſchiedenen Arten der Pflanzenerziehung (unter Schutzbeſtände und in Forſtgärten) ſind hinſichtlich der Bodenbearbeitung, Düngung, Pflanzenentfernung in den Riefen, Verſchulung ꝛc. nach Koſten und Erfolg zu vergleichen. 11) Der Fruchtbau iſt mit verſchiedenen Fruchtarten (Kar— toffel, Hafer, Topinambur, Lupine) auf vergleichungsfähigen Flächen nach Koſtenaufwand und Erfolg zu unterſuchen (auf ſchweren, rohen, kalkarmen Böden mit und ohne Kalkdüngung). 12) Weitere Verſuche werden ſich durch die örtlich be— achtenswerten Zwecke des Waldbaues anreihen. Der Arbeitsplan der forſtlichen Verſuchsanſtalten weicht von der vorſtehen— den Darſtellung der Aufgaben, welche zur rationellen Begründung des Ver— jüngungsbetriebs zu löſen ſind, ſehr weſentlich ab. Zunächſt berückſichtigt der— ſelbe lediglich den künſtlichen Holzanbau auf Kahlſchlägen. Zwar ſind beſondere Verſuchsreihen nicht nur für „wilden“ Boden, ſondern auch für „normalen“ Boden anzulegen. Aber der normale Waldboden iſt in Verjüngungsſchlägen oder in geſchloſſenen Beſtänden frei zu hauen. Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 567 Die Hälfte der Verſuche iſt ferner der Vergleichung der Saat— methoden unter ſich (mit verſchiedener Bodenbearbeitung, Ausſaat, Samen— menge) und mit der Pflanzung zu widmen. Ich habe die Leiſtungs— fähigkeit der Holzſaat im neunten Abſchnitt hinlänglich gekennzeichnet, um ſagen zu dürfen, daß die Fortbildung des Waldbaues auf die Unterſuchung dieſer Leiſtungsfähigkeit verzichten darf. Für die Pflanzverſuche mit Kiefern in Preußen ſoll auf einem ungelockerten Boden lediglich das Stieleiſen, auf gelockertem Boden dagegen der Klemmſpaten und das Pflanzholz angewandt werden. Aber ſelbſt für lockeren Sandboden ſind noch andere Pflanzwerkzeuge verwendbar, wie das Stieleiſen, der Klemmſpaten und das Pflanzholz. Bei den Fichtenkulturverſuchen iſt ſehr viel von Saaten, aber nicht von Pflanzwerkzeugen die Rede und die Weißtannenpflanzung ſoll nur in ausgehobene Löcher oder ungedeckte Hügel ausgeführt werden. VI. Die Ermittelung der Nutzholzvorräte in den deutſchen Waldungen. Die Erforſchung der Leiſtungsfähigkeit des deutſchen Wald— betriebs darf ſich nicht lediglich auf die forſtſtatiſchen Unterſuchungen beſchränken. Sie muß vielmehr auf das forſtſtatiſtiſche Gebiet über— greifen. Ich habe im ſiebenten Abſchnitt die volkswirtſchaftliche Tragweite des ſog. Lichtwuchsbetriebes ausführlich dargelegt. Nach dem heutigen Stand unſerer Kenntniſſe über die Wachstumsleiſtungen der Waldbäume darf man es als durchaus wahrſcheinlich bezeichnen, daß die bisher gebräuchliche Erhaltung des dichten Kronenſchluſſes eine wirtſchaftliche Verirrung erſten Rangs war. Wie iſt dieſe Zuſammendrängung der Waldbäume im Kronen— ſchluß entſtanden und wie und wo iſt ſie gerechtfertigt worden? Man betrachtet gewöhnlich Georg Ludwig Hartig als den Begrün— der der Holzerziehung mit Erhaltung des ſtrengen Kronenſchluſſes und dieſe Anſicht iſt inſoweit richtig, als Hartig gewarnt hat, eine zu weit gehende Auslichtung der ſchwachen Stangenhölzer vorzu— nehmen, weil er Nachteile infolge von Schnee- und Duftanhang befürchtete. Dieſe Befürchtung hat ſich als grundlos erwieſen; die Dickichte, die man ſcharf durchforſtet hat, ſind in der Regel weniger beſchädigt worden, wie die dicht ſtehenden und ſchwanken Gerten und Stangenhölzer und nirgends iſt in den erſteren eine ſtärkere Beſchädi— gung wahrgenommen worden. Schon Hartig hat mit vollem Nach— 568 Vierzehnter Abſchnitt. druck die Zuwachsſteigerung betont, die im höheren Alter der Beſtände durch Verringerung der Stammzahl erreicht wird. Von den weiter im Anfang des 19. Jahrhunderts maßgebenden Wald— baulehrern war Cotta bekanntlich ſehr lichtfreundlich geſinnt und es iſt in der That ſehr zu beklagen, daß man in der Folgezeit unterlaſſen hat, die Richtigkeit und die wirtſchaftliche Bedeutung der Anregungen, die Cotta gegeben hatte, durch komparative Unter— ſuchungen feſtzuſtellen. Hundeshagen war offenbar unſicher und zweifelhaft; er ſtellt teils die Ertragsleiſtungen des Mittelwaldes, ſelbſt des Femelwaldes höher wie die Ertragsleiſtungen geſchloſſener Hochwaldbeſtände und verteidigt anderſeits die Holzerziehung im Kronenſchluß gegenüber den Cottaſchen Reformbeſtrebungen, aller— dings in nicht glücklicher Weiſe. Die ſpäteren Waldbau— ſchriftſteller haben dieſe Frage nicht näher unterſucht. Theodor Hartig hat zwar die Behauptung aufgeſtellt, daß der größte Ge— ſamtzuwachs an die Erhaltung des Vollbeſtands gebunden ſei; aber wir haben (S. 198) geſehen, daß die verſuchte Beweisführung von einer unrichtigen Grundlage ausgegangen iſt. Ich glaube in den vorſtehenden Abſchnitten genügende Belege beigebracht zu haben, um die Vermuthung zu begründen, daß die Erhaltung des Kronenſchluſſes in den fruchtbaren Gegenden Deutſch— lands, wo man den licht geſtellten Boden durch Schutzholz ſchattig und feucht erhalten konnte, eine Verirrung war. Indeſſen habe ich wiederholt lediglich die weitere Unterſuchung dieſer Frage be— fürwortet und warne nochmals nachdrücklich vor der überſtürzen— den Einführung des Lichtwuchsbetriebes im großen. Wenn aber die ad Il eingehend zergliederten Unterſuchungen die bis jetzt be— rechtigten Vermutungen beſtätigen ſollten, dann darf die prak— tiſche Wirtſchaftspolitik im Deutſchen Reiche ohne Zögern den Nutzholzimport zurückdrängen und für die deutſchen Nutzholzvorräthe gangbare Exportwege öffnen. Aber auch in dieſem Falle werden die praktiſchen Staatsmänner Deutſchlands und namentlich die von mannigfachen Erwägungen geleiteten Volks— vertreter ſichere, zweifelloſe Beweiſe verlangen, daß die Nutz— holzvorräte in den deutſchen Waldungen nicht nur für die quantitative, ſondern hauptſächlich für die quali— tative Befriedigung zunächſt des inlän diſchen Nutzholz— Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 569 konſums nachhaltig genügen. Man wird ſagen: während dem letzteren ſtarkes Blochholz, Balkenholz ꝛc. dargeboten werden muß, liefern die deutſchen Waldungen nur vereinzelt Starkholz, viel— mehr mit der Hauptmaſſe ſchwache Bauhölzer. Man kann nicht leugnen, daß die Forſtwirte bisher bei den Beſtrebungen, die auf Zurückdrängung des Holzimports gerechnet waren, die Leiſtungskraft der deutſchen Waldungen nur in ſehr unſicherer Weiſe zu ſchätzen vermocht haben. In der That kannte man nicht einmal die Holzvorräte in den 80- und mehr— jährigen Holzbeſtänden im Deutſchen Reich nach der Rohmaſſe und noch viel weniger konnten die Forſtwirte zuverläſſig beſtimmen, welcher Teil dieſer Rohmaſſe zu Nutzholz brauchbar ſein wird. Wenn der inländiſche Starkholzverbrauch in den letzten 20 Jahren, namentlich in Rheinland und Weſtfalen, Sachſen und Schleſien größtenteils durch ausländiſches Holz gedeckt worden iſt, während die deutſchen Waldungen vorherrſchend das ſchwächere Nutzholz ge— liefert haben, ſo wird man mit beſonderem Nachdruck den Nach— weis verlangen, daß das Blochholz, Balkenholz ꝛc. in den inlän— diſchen Waldungen quantitativ den Verbrauch zu decken vermag. Die Zurückdrängung der Holzeinfuhr wird, wie ich befürchte, eine Lebensfrage für die deutſche Forſtwirtſchaft werden. Voraus— ſichtlich wird das Brennholz immer mehr entwertet, während bei Zunahme der Gewerbthätigkeit in Deutſchland die Nord- und Oſtländer Europas eine erſtaunliche Leiſtungsfähigkeit in der Deckung des deutſchen Mehrverbrauchs entfalten werden und in— folge ihrer Produktionsverhältniſſe Preiſe, welche den deutſchen Handel und die deutſche Holzinduſtrie ruinieren, ſtellen können. (Das Vorſpiel ſieht man ſchon auf dem Gebiete des früher jo blühenden rheiniſchen Holzhandels; hier tritt allerdings die ameri— kaniſche Konkurrenz in Holland hinzu.) Aber die Aufnahme der Nutzholzvorräte Deutſchlands iſt eine zeitraubende und koſtſpielige Arbeit”) und man wird zuvor wiſſen wollen, ob die Ergebniſſe derſelben den Koſtenaufwand lohnen. Bei dem heute vorliegenden Material kann man in der That nicht ) Sie wird nach meiner Schätzung eine Ausgabe von 3 bis 4 Millionen Mark verurſachen. 570 Vierzehnter Abſchnitt. angeben, ob die Mehrnutzung, die erreichbar ſein würde, wenn die Einführung des Lichtwuchsbetriebes die Herabſetzung der Umtriebs— zeit bis zum 70—90 jährigen Beſtandsalter ohne ſpätere Verringe— rung des bisherigen Nutzholzertrags geſtatten ſollte, die für die Nutzholzfläche des deutſchen Reichs 1000 oder 2000, 3000 oder ſelbſt 4000 Millionen Mark Kapitalwert*) haben würde, weil man nicht bemeſſen kann, inwieweit die Stämme, die ſich in den mehr als 80 jährigen Beſtänden finden, konkurrenz- und export⸗ fähiges Blochholz, ſtarkes Bauholz ꝛc. liefern, in welcher Zeit der Abſatz ohne Ueberführung des deutſchen reſp. mitteleuropäiſchen kutzholzmarktes möglich werden wird u. ſ. w. Immerhin wird man annehmen dürfen, daß die Mehreinnahme, um die es ſich handelt, ) Infolge nächtlicher Arbeit und Reviſion der Korrekturbogen auf Reiſen iſt S. 309 ein Rechnungsfehler unentdeckt geblieben, den ich ſchon hier berichtigen will. Ich habe S. 309 irrtümlich die bisherige Nutzung für 4 Millionen Hektar Nutzholzfläche in den deutſchen Waldungen (18,7 Millionen Feſtmeter) mit dem Preis per Feſtmeter (6,57 M.) multipliziert, während die Mehrnutzung bei 80jähriger Abnutzungszeit des Vorratsüberſchuſſes nur 4,7 Millionen Feſtmeter beträgt und mit 6,57 M. zu multiplizieren war. Die Mehrnutzung ſollte auf jährlich 30 Millionen Mark mit einem Jetztwert von 718 Millionen Mark be— rechnet werden (für 8 Millionen Hektar zur Nutzholzzucht tauglichem Waldboden auf circa 1000 Millionen Mark, während die Schulden der Einzelſtaaten Deutſch— lands excl. Eiſendahnſchuld ꝛc. ungefähr 1435 Millionen Mark betragen). Ich habe indeſſen bei dieſer Berechnung eine ſehr lange Uebergangsperiode (80 Jahre) angenommen. Wenn es mittels Durchführung des Lichtungsbetriebs in den 40—70jährigen Beſtänden möglich werden würde, beim Abtrieb der Ueber— gangsbeſtände im 80.— 100. Jahre dieſelben Nutzholzmaſſen einzuernten, wie bei der bisherigen 100—120jährigen Abtriebszeit und die Nutzholzmehrfällung in Deutſchland, wenn man dieſelbe auf 30 Jahre konzentriert, auf dem mittel— europäiſchen Nutzholzmarkte ohne beträchtliche Preisminderung Abſatz finden würde, ſo würde man viel höhere Ziffern finden. Zudem ſind auch die ſehr be— trächtlichen Beträge, welche den deutſchen Eiſenbahnen, Arbeitern, Fuhrleuten, Maſchinenfabriken größtenteils aus dem Ausland zufließen, zu veranſchlagen. Unter dieſen Vorausſetzungen würde die oben irrtümlich berechnete Vermehrung des Natio nalwohlſtandes (4 Milliarden Mark) nahezu erreicht werden können. Indeſſen habe ich ſchon im achten Abſchnitt betont, daß dieſe Ziffern durchweg ungenau ſind und lediglich auf die volkswirtſchaftliche Tragweite, welche man der raſchen Einbürgerung der Nutzholzproduktion und den in dieſer Richtung grundlegenden Unterſuchungen beilegen muß, andeutungsweiſe aufmerkſam machen ſollen. Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 571 dem oben bezifferten Betrage der deutſchen Staatsſchulden (exkl. der Eiſenbahnſchulden, Aufnahmen für Ablöſungszwecke) nahe ſtehen, vielleicht denſelben weitaus übertreffen wird. Allerdings wird der deutſchen Nation dieſe Vermehrung des Volksvermögens nicht ohne weiteres wie eine reife Frucht in den Schoß fallen. Es iſt vielmehr eine weitere, wenn auch rentierende Kapitalanlage erforderlich. Wenn die Uebernutzung in 80 Jahren vollzogen wird und jährlich ca. 3 Millionen Feſtmeter beträgt, ſo ſind in Deutſchland, da die Leiſtungskraft der beſtehenden Sägewerke ſchon jetzt ziemlich vollſtändig ausgenutzt wird“), etwa 500 Sägewerke mit je ca. 4 Vollgatter neu zu errichten, die etwa 30 —40 000 Arbeiter beſchäftigen werden. Es wird ein An— lagekapital von etwa 40—50 Millionen Mark nötig werden. Die deutſche, von Banken ꝛc. unterſtützte Privatinduſtrie wird zwar vor dieſer Ausgabe nicht zurückſchrecken. Indeſſen wird, wie ich vermute, die in der neueſten Forſtlitteratur eifrig diskutierte Frage, in welcher Weiſe die Holzinduſtrie durch die Waldbeſitzer zu be— leben iſt, dahin beantwortet werden, daß Sägewerke auf Koſten der letzteren zu erbauen und öffentlich im Anſchluß an mehrjährige Holzlieferungsverträge zu verpachten ſind. Auch in dieſem Falle würde der 80 Jahre lang eingehende Mehrertrag etwa einmal als Anlagekapital in Frage kommen. Die Aufnahme der über 80 jährigen Nutzholzvor— räte im Deutſchen Reich iſt ſonach wegen ihrer volks— wirtſchaftlichen Tragweite immerhin ins Auge zu faſſen. Sie hat in Hand mit der ad II erörterten Vermeſſung der Weiſer— ſtämme und des Probeholzes zu gehen. Man hat zunächſt allgemein gültige „Nutzholztafeln“ aufzu- *) In den Jahren 18711884 iſt allerdings die Nutzholzausbeute in ein— zelnen Ländern Deutſchlands mit 7—9 0% gegenüber der Periode 1865-1870 geſtiegen (namentlich in Bayern, Sachſen, Württemberg, während die Nutzholz— ausbeute in Preußen den früheren Prozentſatz beibehalten hat). Aber man kann nicht wiſſen, welche Zahl von neuen Sägewerken in dieſer Zeit angelegt worden ſind, mit welchen Maſſen beſchlagenes Bauholz, Gerüſtholz ꝛc. verwendet worden it u. ſ. w. Statt 7—9 0% würden aber in dem hier betrachteten Falle 250% in Frage kommen. 572 Vierzehnter Abſchnitt. ſtellen. In ähnlicher Weiſe, wie die bayriſche Forſtverwaltung bei der Ermittelung der Maſſentafeln verfahren iſt und nach dem Vorgang von Burckhardt, hat man für Eichen, Fichten, Tannen, Kiefern, Lärchen und Rotbuchen die Bau- und Blochholzprozente für die Stärkeſtufen (Bruſthöhedurchmeſſer) und die Gipfelhöhen (Stammklaſſen) feſtzuſtellen. Wenn die Fällung der Weiſerſtämme und Probeſtämme in der ad II erörterten Weiſe in allen Waldgebieten Deutſchlands vollzogen wird, jo wird man ſchon hierdurch ein reichhaltiges Material für die Feſtſtellung dieſer Nutzholzprozente (auch der Aus— bauchungsreihen Burckhardts oder der Abnahme des Durchmeſſers per Längenmeter) gewinnen. Erweiſen ſich die bei der Vermeſſung der Weiſerſtämme, Probeſtämme und in ſonſtiger Weiſe gewonnenen Anhaltspunkte als ungenügend, ſo wird man die Vermeſſung der Nutzholzſtämme, die in einem Wirtſchaftsjahr in den techniſch be— wirtſchafteten Waldungen Deutſchlands gefällt werden, hinſichtlich der Gipfelhöhe, des Bruſthöhendurchmeſſers, des Nutzholzgehalts und der Abſtufung des Durchmeſſers vom unteren zum oberen Abſchnitt zu Hilfe rufen müſſen (aber nicht mit den laufenden Dienſtgeſchäften vermengen dürfen). Wenn in allen Ländern Deutſchlands eine genaue Aufnahme der ſämtlichen Stämme in den angehend haubaren und haubaren Beſtänden nach Durchmeſſer und Abſtufung der Gipfelhöhe vor— liegen würde, ſo würde die Ermittelung der Nutzholzvorräte auf Grund der oben erwähnten Nutzholztafeln mit hinlänglicher Genauigkeit im Zimmer ausgeführt werden können. Dieſe genaue Meſſung der Beſtände wird jedoch meines Wiſſens nur in den Staatswaldungen einzelner Länder bei den Reviſionen der Betriebs— regelung vollzogen. Somit erübrigt nun die Aufnahme der hau— baren und angehend haubaren Stämme nach Durchmeſſer und Höhe im Verein mit den ad II und III erörterten Unterſuchungen — allerdings eine zeitraubende und koſtſpielige, aber durch die finanzielle Tragweite des Zwecks gerechtfertigte Arbeit. Ich habe die Ausführung ad II erörtert; das weitere findet man in der Litteratur der Forſtbetriebsregelung und Holzmeßkunſt. Das forſtliche Verſuchsweſen hat noch einige andere, in das Gebiet des Waldbaues einſchlagende Arbeiten in Angriff genommen. Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 573 Sie bezwecken zunächſt die naturgeſetzliche Begründung des Wald⸗ baue s. Für die Beobachtungen an den meteorologiſchen Stationen wurde ein Arbeitsplan vereinbart. Die Temperatur der Luft, der Feuchtigkeits- gehalt derſelben, die Waſſerverdunſtung, die Niederſchlagsmenge ſoll im Walde und auf freiem Felde vergleichend beobachtet, die Lufttemperatur am Waldboden und in den Baumkronen, die Temperatur des Wald- und Feldbodens in ver⸗ ſchiedener Tiefe vergleichend gemeſſen werden. Man darf hoffen, daß dieſe Unter— ſuchungen beachtenswerte Ergebniſſe als Ergänzung der im zweiten Abſchnitt be— ſprochenen Ebermayerſchen Forſchungsreſultate liefern. — Es ſollen ferner über die Eintrittszeit der Blattentfaltung, der allgemeinen Belaubung, der Blütezeit, der Fruchtreife und des Laubabfalls phänologiſche und klimatologiſche Beobachtungen angeſtellt werden. — In Bayern ſollen die Froſtorte und die Froſterſcheinung een genau beobachtet werden. — In Sachſen will man außer der Regenmenge die Gewitter nach Dauer, Himmelsrichtung der Herkunft und der herrſchenden Windrichtung beobachten. In Bayern ſoll die Einwirkung der Streuentnahme auf den Holzwuchs nach der geognoſtiſchen Abſtammung des Bodens, ferner der Geld— wert der Streu, die Größe der Streuproduktion u. ſ. w. ermittelt werden. Die weiteren Arbeiten liegen auf forſttechniſchem Gebiet. Zunächſt iſt die Standorts- und Beſtandsbeſchreibung präziſiert worden. Für die Bezeichnung der Bodenneigung, für die Gründigkeit (die wurzelfähige Bodentiefe), die Bindigkeit, die Bodenfriſche und für die äußeren Bodenzuſtände ſind ſcharf bemeſſene Normen und Unterſcheidungsmerkmale vereinbart worden. Leider wird die ſorgfältigſte und ausführlichſte Beſchreibung der Standortsfaktoren ſcharfe und direkt maßgebende Anhaltspunkte für die Beurteilung der Geſamtwirkung, die ſich im Holzzuwachs ausſpricht, nicht gewähren können. Es ſind ferner präziſe Bezeichnungen für die Beſtandsbeſchreibung vereinbart worden. Man ſoll als Altersklaſſen unterſcheiden: Anwuchs (bis zum Aufhören der Nachbeſſerungsfähigkeit), Aufwuchs (von hier bis zum Be- ſtandsſchluß), Dickicht (bis zum Beginn der natürlichen Reinigung), Stangen⸗ holz (bis zu einem Durchmeſſer von 20 em in Bruſthöhe), und endlich Baum— holz (über 20 em). Der Schlußgrad ſoll in gleichwüchſigen Beſtänden mit „gedrängt“, „geſchloſſen“, „räumlich“, „licht“, in ungleichwüchſigen Be- ſtänden nach den Wirtſchaftszwecken, z. B. bei Mittelwaldoberholz mit „voll“, „mäßig“, „dünn“, „licht“ oder „dunkler“, „regelmäßiger“, „lichter“ Beſamungs⸗ ſchlag u. ſ. w. bezeichnet werden. Die Unvollkommenheiten im Beſtandsſchluß ſollen als „Lücken“, „Fehlſtellen“ und „Blößen“ unterſchieden werden. Im übrigen wiederholt der Arbeitsplan früher bekannte Bezeichnungen. Man hat ferner einheitliche Bezeichnungen für die Holzſorten feſtgeſtellt. „Derbholz“ (zum Unterſchiede von Reiſig und Stockholz) iſt die oberirdiſche Holzmaſſe über 7 em Durchmeſſer (mit der Rinde). Das „Lang— nutzholz“ zerfällt in „Stämme“ (bei 1 m oberhalb des unteren Endes über 14 cm Durchmeſſer) und „Stangen“ und dieſe 14 cm bilden auch die Grenze zwiſchen dem Scheit⸗ und Prügelholz beim Schichtnutzholz und beim 74 Vierzehnter Abſchnitt. or Brennholz. Die Kommiſſion wird hierbei, wie man hoffen darf, eine jehr weſentliche weitere Anordnung gebührend gewürdigt haben und die Ergebniſſe ſpäter veröffentlichen. Die Bauholz- und Nutzholzgewinnung geſchieht in den einzelnen Gegenden Deutſchlands mit ſehr verſchiedenen Längen und bis zu ſehr abweichender Zopfſtärke des Schaftes. Bei den Extragsunterſuchungen hat offen— bar die Nutzholzausbeute, welche die Beſtände liefern, in den Vordergrund zu treten. Wenn aber die ortsübliche Nutzholzausſonderung bei der Aufnahme der Probeſtämme beibehalten wird, ſo kann man unmöglich allgemein gültige An— haltspunkte gewinnen. Es waren deshalb für die einzelnen Holzarten ſpecielle Zopfſtärken feſtzuſetzen; man kennt ja die Baumdurchmeſſer, welche für die ge— ringen Bauhölzer, Schwellenhölzer ꝛc. erforderlich ſind oder konnte wenigſtens leicht ermitteln, ob z. B. ſchnürige Eichenſtämme bis 25 em Zopfende, gerade Nadelhölzer bis 18 oder 22 oder 24 em Zopfſtärke u. ſ. w. in den einzelnen Gegenden Deutſchlands bei intenſiver Holzausnutzung, wie dieſelbe z. B. auf Dampfſägen üblich iſt, zu Bau- und Blochholz bisher verwendet worden ſind oder verwendet werden können. Man konnte auch in den Gegenden, in denen der Abſatz zu Grubenholz, Telegraphenſtangen u. ſ. w. beachtenswert iſt, den Anfall für die betreffenden Stufen des Bruſthöhendurchmeſſers nach gemeinſamen Normen eſtſtellen laſſen. Ein weiterer Arbeitsplan behandelt die Unterſuchungen über den Gehalt der Raummaſſe an feſter Holzmaſſe und über das Ge— wicht des Holzes. In den meiſten Ländern iſt der Abgabeſatz bei der Forſt— einrichtung nach Kubikmeter feſter Holzmaſſe (Feſtmeter) feſtgeſetzt worden. Die Verrechnung des in Raummeter, Wellenhundert aufgearbeiteten Nutz- und Brenn— holzes muß ſonach zur Bilanzierung von Schätzung und Erfolg gleichfalls nach der feſten Holzmaſſe ftattfinden, welche ſich in dieſen Raummaſſen befindet (Feſt— meter), während bei Aufnahme des Nutzholzes direkt die Feſtmeterziffern berechnet werden. Mehrere Forſtverwaltungen haben dieſe Derbgehaltsſätze ſchon früher ermitteln laſſen. Die bayriſche Forſtverwaltung ließ ca. 13 000 Klafter S 43 000 Raummeter genau unterſuchen und beſtimmte 1846 als Reduktionsfaktoren: Max. Med. Min. Für Laubholzſcheitholz, für alle Holzarten . 0,72 0,68 0,64 Naädelholzſcheiter, del! 90, 0,71 0,68 Nadelholzprügel exkl. Kiefern. .. 0,69 0,65 0,61 Eichenprüge!l 05% 0,53 0,49 Uebrige Holzarten und Kieſernprügerholz 065 0,60 0,55 Die badiſche Forſtverwaltung veröffentlichte 1838 folgende Derbmaſſenſätze: Max. Med. Min. Scheithol ;; 0764 0,694 0,625 Prügelholz von Stangen . 0,625 0,555 0,486 7 „ Aeſten . 0,590 0,521 0,451 Dieſe Ermittelungen find durch die forſtlichen Verſuchsanſtalten beträchtlich erweitert und von Profeſſor von Baur veröffentlicht worden. Derſelbe hat vor» geſchlagen, daß bei intenſiver Wirtſchaft z. B. das oben genannte Scheit- und Die Aufgaben und Leiſtungen des forſtlichen Verſuchsweſens. 575 Prügelholz, welches in erſter Linie in Betracht kommen wird, wie folgt zu redu— zieren iſt: 1) Scheitholz: glatt, gerade und ſtark, von Laub- und Nadelholz . . 0,75 knorrig, krumm, ſtark und ſchwach von Nadelholz. . 0,70 glatt, gerade und ſchwach von Laub- und Nadelholz... 0,70 knorrig, krumm, ſtark und ſchwach von Laubholz. 0,65 2) Prügelholz: glatt, gerade und ſtark von Nadelholn zz . 0,75 eee e ee glatt, gerade und ſchwach von Laub- und Nadelholz, ſchwach, krumm und knorrig von Nadelholz, ſtark, krumm und knorrig von Laub- und Nadelholz. „„ TG: ſchwache, krumme und knorrige Brennholzkrüppel e e eee, Dieſe mühevollen Unterſuchungen ſind ſicherlich dankenswert. Sie dienen zur Ergänzung und Verbeſſerung der bisherigen forſtlichen Hilfsmittel. Wenn bei der Aufnahme der haubaren Holzbeſtände keine Probeſtämme nach dem Draudt⸗Urichſchen Verfahren gefällt worden ſind, vielmehr Formzahlen benutzt wurden, ſo verſchärfen die neu gewonnenen Reduktionsziffern die Bilanzierung zwiſchen Schätzung und Erfolg. Der Verfaſſer folgt bekanntlich anderen An— ſchauungen. Er kann nicht einſehen, daß die Feſtſtellung des Abgabeſatzes nach Maſſeneinheiten zum Zweck der nachhaltigen und gleichmäßigen Lieferung der letzteren für irgend ein diskuſſionsfähiges geſamt- oder privatwirtſchaftliches Ziel des Waldbaues erforderlich iſt, nicht einmal für die annähernde Gleichſtellung des Arbeitsverdienſtes der Holzhauer. Aber auch bei der annähernden Gleich— ſtellung der Jahreserträge nach den Gebrauchswerten (unabhängig von den ſchwankenden Holzpreiſen), die der Verfaſſer befürwortet, hat die Nachweiſung des Rohmaſſenertrags nebenher zu laufen. Die genannten Arbeiten ſind deshalb, wie geſagt, dankenswert. a Die Unterſuchung des Trockengewichts der Hölzer, die Baur vorgeſchlagen hatte, hat der Verein leider abgelehnt. Da das Trockengewicht ver— mutlich bei der Beurteilung der techniſchen Eigenſchaften unſerer Waldbäume immerhin in die Wagſchale fallen wird, ſo verdient es beſondere Anerkennung, daß der Genannte dieſe Unterſuchungen nicht unterlaſſen hat, wenn er auch die— ſelben nur in beſchränktem Umfange vornehmen konnte. Der Arbeitsplan für die Aufſtellung von Kubiktafeln für Klein— nutzholzſortimente wird gleichfalls zur Verbeſſerung der bisherigen Hilfs— mittel der forſtlichen Praxis beitragen. Eine rieſenhafte Arbeit war ferner bei der Feſtſtellung von Form— zahl⸗ und Ba um maſſentafeln zu bewältigen. Dieſe genauen Formzahlen ergänzen und verbeſſern nicht nur die 1846 veröffentlichten bayriſchen Maſſen⸗ tafeln, ſie dienen auch zur Kontrolle der Ergebniſſe bei der Fällung von Probe— ſtämmen nach dem Draudt-Urichſchen Verfahren. Die Erhebung der Stammzahl normal erſcheinender Hoch— waldbeſtände ſoll die Größe der örtlichen Schwankungen, welche bezüglich des 576 Vierzehnter Abſchnitt. Stammreichtums vorkommen, aufklären, die Urſache und Wirkung derſelben näher beleuchten. Man hofft brauchbare Mittelzahlen für die Beſtandsverſchiedenheiten jeder Hauptholzart nach dem Standort, dem Beſtandsalter und der wirtſchaftlichen Behandlung zu gewinnen und einen beſſeren und bequemeren Maßſtab für die Definition der Normalität zu erhalten. Nach den obigen Erörterungen glaube ich die Hoffnung ausſprechen zu dürfen, daß man mittels Anwendung der Weiſer— ſtammmethode durchſchlagendere Erſolge erreichen wird. Ueber den Zuwachsgang freiſtehender Weißtannen hat man in Baden Unterſuchungen begonnen, die hoffentlich intereſſante Aufſchlüſſe liefern werden. Anhang. Zuſätze und Berichtigungen. 1) Zum zweiten Abſchnitt, Erforſchung der Natur— geſetze des Waldbaues. Seite 62 habe ich die Thätigkeit der niederen Organismen im Boden erwähnt. Es iſt in der That nicht zweifelhaft, daß die Verbindung des Kohlenſtoffs mit dem Sauerſtoff im Boden in der Hauptſache an dieſe Thätigkeit gebunden iſt. Wollny hat nach dem Vorgange von Schloöͤſing, Müntz u. a. nachgewieſen, daß nicht nur Chloroformdämpfe, ſondern auch Karbolſäure, Borſäure, Thymol ꝛc. die Kohlenſäureproduk— tion erheblich herabdrücken. Bei den Unterſuchungen in Paris fanden ſich in 1g Erde von Grasflächen 750 000-900 000 Bakterienkeime, ſomit eine faſt unausſprechliche Zahl per Hektar. Der Zerſetzungsprozeß im Boden wird in quanto et quali von demjenigen Faktor beherrſcht, der im Minimum vorhanden iſt. Es iſt die Aufgabe des Forſtwirts, Bodenzuſtände herzuſtellen und zu erhalten, welche dieſe Thätigkeit der niederen Organismen zweckentſprechend regeln; dieſelbe darf weder unterdrückt werden, indem man z. B. den Waldboden austrocknen läßt, noch darf ſie übermächtig werden, was hauptſächlich durch Erwärmung des Bodens hervorgerufen werden würde. Der Waldboden, der mit geſchloſſenen Holzbeſtänden bedeckt und zugleich tiefgründig, friſch und locker iſt, bietet offenbar für die Zube— reitung und die Bewahrung der Kohlenſäure die günſtigſten Verhält— niſſe und dabei ſteht die Permeabilität des Bodens für Luft und Waſſer an erſter Stelle. Iſt der Boden flachgründig oder feſt oder (wie an Wagener, Waldbau. 37 / 578 Anhang. Südwänden unter Kiefernbeſtänden) trocken, jo verringert ſich ſowohl die Waſſerſtrömung durch die Blätter und die Wurzelverbreitung, als die Thätigkeit der niederen Organismen und damit der Holzwuchs. Jedoch iſt die Frage, aus welchen Urſachen der Kalkgehalt günſtig auf die Holzproduktion wirkt, noch nicht gelöſt; bei den Verſuchen von E. Wolff, Neßler und Wollny hat der Aetzkalk die Zerſetzung verzögert, während die Forſtwirte täglich beobachten können, daß der Kalk „zeh— rend“ wirkt, auch Aetzkalk den Boden lockert. Der Sandboden be— ſchleunigt durch beſſere Durchlüftbarkeit und die höhere Temperatur die Oxydation; aber er hat eine geringere Waſſerkapazität und es fragt ſich, ob die Abgabe der Kohlenſäure raſcher erfolgt, als in einem dichten, kühlen Thon- und Lehmboden. Hier wird die Zerſetzung lang— ſamer vorſchreiten und nur durch die höhere Waſſerkapazität unterſtützt werden; aber dieſer Boden erhält ſich vielleicht (namentlich bei Tief— gründigkeit) ſtändig einen reichhaltigeren Kohlenſäurevorrat. Wenn im Hochſommer ausgiebige Regengüſſe ausbleiben, ſo wird der Sandboden im Nachteil ſowohl hinſichtlich der Waſſer-, als der Kohlenſäure— abgabe ſein. Die Erſcheinungen in der Waldproduktion bei wechſelndem Klima, verſchiedener Lage (Weſt- und Oſtwände, ſteile Hänge ꝛc.), verſchiedener Färbung des Bodens de. laſſen ſich leicht auf ihre naturgeſetzlichen Ur— ſachen (Wärme, Feuchtigkeitsgehalt ꝛc.) zurückführen. Bezüglich der Maßnahmen des Forſtwirts bei der natürlichen oder künſtlichen Auslichtung der Beſtände laſſen auch die weiter mir vor— liegenden Unterſuchungen die Vermutung zu, daß ſich ein lockerer, un— krautfreier Boden, der mit Laub und Nadeln bedeckt bleibt oder vom gelichteten Beſtand überſtreut wird, günſtiger hinſichtlich der Erhaltung des Waſſergehalts und der Kohlenſäure verhalten wird, als ein mit Schutzholz bebauter Boden. Allerdings kann man einwenden, daß das Schutzholz die Beſchattung des Bodens vermehrt und dadurch die Er— wärmung verhindert, daß dasſelbe ferner durch den Laubabwurf die Humusbildung verſtärkt. Allein anderſeits wird nicht nur das Schutz— holz die Bodenfeuchtigkeit ſtärker verdunſten, wie die älteren Bäume; das Schutzholz wird auch die leichteren Regenniederſchläge während der Vegetationszeit in ſtärkerem Maße auffangen und nicht zum Boden gelangen laſſen, als der nicht unterbaute Beſtand mit gleichfalls lockerem und ſtreubedecktem Boden. Da jedoch in der Regel der Unkrautwuchs in licht geſtellten Beſtänden zurückzuhalten iſt, ſo wird der alsbaldige Unterbau zumeiſt am günſtigſten wirken und von einer vorſichtigen Wirtſchaftsführung in zweifelhaften Fällen nicht verabſäumt werden dürfen. Anhang. 579 Bei der Verjüngung wird derjenige Boden, auf welchem eine (nicht zu hohe und dichte) Laub-, Nadel- und Moosdecke zwiſchen den auf— wachſenden Pflanzen am meiſten und am längſten erhalten worden iſt, am wenigſten austrocknen und entkräftet werden. 2) Zum ſechſten Abſchnitt, geräumige Stellung, S. 209. Während des Drucks wurde eine nochmalige Berechnung der 1872 in den Bezirken Holzkirchen und Urſpringen ausgeführten Aufnahmen mit den Preiſen des Jahrzehnts 1868 —1878 vorgenommen. Hierbei ergab ſich, daß zwar der S. 209— 215 nachgewieſene Wertzuwachs thatſächlich ſtattgefunden hat, daß jedoch ausnahmsweiſe die Preiſe des Eichen— handelsholzes 18681878 infolge der von mir eingeführten veränderten Verwertungsart gegenüber den Preiſen von 1858—1868 beträchtlich geſtiegen waren. Da dieſer Einfluß eliminiert werden muß, ſo ändern ſich zwar die Ziffern, aber die Zuwachsleiſtungen des Lichtwuchsbetriebs — namentlich in dem mit geringen Eichenholzvorräten ausgeſtatteten Verſuchsbezirk Holzkirchen — treten noch ſtärker hervor. Zunächſt ſteht die Maſſenproduktion für gleiche vor dem Angriffe (1872) vorhan— dene oberirdiſche Holzmaſſe (ſonach inkl. Reiſig) im folgenden Verhältnis: a. im ſtark gelichteten Verſuchsbezirk Holzkirchen (S. 209, 12jäh— riger Durchſchnittt! ) 100 b. in den zeitweiſe gelichteten Mittelwaldbeſtänden 95 den flachgründigen Kalkköpfen des Bezirks Urſpringen (S. 212, 6jähriger Durchſchnitt) .. . 0,54 c. in den zuſammengewachſenen Mittekwaldungen 5 5 tiefgründigen Muſchelkalkboden des Bezirks Urſpringen (Weizenboden, S. 211 und 212, 6jähriger Durchſchnitt) . 0,34 Ferner ſteht die Wertproduktion für gleiche vor dem Angriff vor— handene Vorratswerte im folgenden Verhältnis: a. Holzkirchen .. 33 b. Urſpringen, Kalkkopfe „ 07 c. Urſpringen, beſter Boden . . 0,43 Der Maſſenzuwachs per Hektar und Jahr beträgt: a. 8,28 Feſtmeter. b. 3,33 FR c. 4,18 15 3) Zum achten Abſchnitt, S. 309. Der Rechnungsfehler Z. 27 v. o. findet ſich S. 570 berichtigt. —̃ʒ́ ͤ— — | * * . Y u I OR Far Ay n eee ie iet an FE. we ade Mr Sen e NEN. ee an ee RT Beier iin Be TITTEN Ben? . 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En 2 0 DE, Ve PR nr LEARN 1 Br RE 9 e era N FRENCH IE N 8 1 * (ale ER Wagener, Gustav Der Waldbau und seine Fortbildung PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY 2 71 dr 15 — ER . u are ehe