.A'ÄA Zoologische Garten. (Zoologischer Beobachter.) Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere. Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands. Herausgegeben von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M. unter Mitwirkung von Fach genossen. Redigiert von Prof. Dr. O. Boettg’er, Mitgl. d. Leop.-Carol. Akad. Deutsch. Naturf., d. Deutsch. Zool. Gesellsch. pp., Corresp. Mitgl. d. Zool. Society in London, d. Acad. of Natural Sciences in Philadelphia pp., Ehrenmitgl. d. Ver. f. Naturk.i in Offenbach und des Trinidad Field Naturalists’ Club in Port of Spain. XLX. Jahrgang. Mit 5 Abbildungen und 3 / - Aw\fbsonian Institut ( So Tafekn. HCT 2 0 1924 Zoologicai Frankfurt a. M. Verlag von Mahlau & Waldschmidt. 1900. Der Zoologische Garten. 41. Jahrgang. Inhalt. I. Aufsätze. Seite Haustiere der Chinesen. Von E. M. Köhler in Leipzig . 5, 33, 65 Aus der Biologie des Großen Ameisenbären ( Myrmecophaga jubata L.). Yon A. Sokolowsky in Zürich . 14 Der Vogelzug im Frühjahr 1899. Yon L. Buxbaum in Raunheim a. M. 15 Kleine Mitteilungen über das Freileben einiger australischer Reptilien. Yon Dr. med. Schnee aus Nordhausen . 17 Neue Beiträge zur Naturgeschichte der Waldhühner. Yon Hofrat Dr. W.Wurm in Tein ach . 47 Beobachtungen an einigen Molge- Arten und ihren Larven. Yon F. Laesecke in Wehrstedt bei Halberstadt . . . 52, 159 Der Zug der Mainfische im Frühjahre 1899. Von L. Buxbaum . . . . 55 Der Biber in Westpreußen. Yon Dr. P. D a h m s in Danzig (Mit 2 Ab¬ bildungen) . 87, 103, 214 Fütterung der Mauereidechse ( Lacerta muralis Laur.) in der Gefangenschaft. Yon Dr. V. Hornung in Münster i. W. . . . . 93 Ein mißgestalteter Fuchsfuß. Yon Dr. A. S t e u e r in Triest (Mit Abbildung) 113 Hohes Lebensalter eines Zeisigs ( Fringilla spinus L.) in der Gefangenschaft. Yon Th. Knottneru s-Mey er in Werder a. H . 115 Der Sheltopusik. Von Dr. G. Schneider in Sebastopol . 117 Kurze Mitteilung über die Erkrankung von Schildkröten und die einer Schlange. Yon Dr. med. Schnee . 120 Über das ehemalige Vorkommen der größeren Raubsäugetiere in Sachsen. Yon R. Berge in Zwickau . . 129 Ornithologisches aus Lichtenbergs Briefen an Dieterich. Von Dir. Dr. P. Leverkühn in Sofia . . . 135 Beiträge zur Naturgeschichte der Ringeltaube ( Columba palumbus). Von Dr. V. Hornung . 138 Über Haltung der weichlichsten Vögel in zoologischen Gärten. Von J. von Pleyel in Wien . 143 Zur Nervenphysiologie der Insekten. Yon Dr. S. Prowazek in Wien 145 Moderne Tierdressur. Von J. von Pleyel . 174 Einiges über den Storch ( Ciconia alba). Von Dr. Y. Hornung . , , . 176 IY Seite Das Leben der Frösche unter dem Wasser II. Von Oberlehrer Dr. M. Levy in Frankfurt a. M . 178 Kann eine Sumpfschildkröte überhaupt ausserhalb des Wassers fressen ? Yon Dr. med. Schnee . 215 Die Dahl’sche Natter (. Zamenis dahli Fitz.) in der Gefangenschaft. Von P h. Schmidt in Darmstadt . 217 Mimikry bei Schlangen ? Yon Dr. med. Schnee . 219 Riesenschlangen in Gefangenschaft. Yon Dr. Fr. W e r n e r in Wien . . 283, 274 Tauben in China. Von C. Greve in Moskau . 248 Gewicht und Länge des Fischotters ( Lutra vulgaris L.). Von Dr. B. L ang¬ le avel in Hamburg . . . . 244 Über Bastarde von Stieglitz und Hänfling. Von Prof. Dr. F. H i 1 d e b r a n d in Freiburg i. B . 246 Der Igel ( Erinaceus europaeus ) als Geflügelfeind. Von Dr. C. R. Hennicke in Gera . 311 Das Brüten der Hohltaube ( Columba oenas ) in Gefangenschaft. Von dem¬ selben . 314 Mimikry bei südamerikanischen Schildkröten? Von Dr. med. Schnee, Ksl. Regierungsarzt in Jaluit . 315 Über das Vorkommen einer Blindmaus- Art in de# Cyrenaica, nebst Be¬ merkungen über Spalax aegyptiacus und Sp. giganteus Nhrg. Von Prof. Dr. A. N e h r i n g in Berlin (Mit 2 Abbildungen) . 329 Zur Akklimatisation des Moschusochsen {Ovibos moschatus). Von F. Mewius in Berlin. . . . 332 Über zweckmäßige Eingewöhnung und Zähmung der Sperlingsvögel. Von Fr. Braun in Danzig . . 336 Das Storchnest auf dem Chordach in Zofingen (Kt. Aargau) im fünften Jahre (1899). Von Dr. H. Fischer-Sigwart daselbst . 341 Ein Erinnerungsblatt ( Garrulus glandarius). Von Dr. V. Hornung . . . 349 Tierstimmen im Volksmunde. Von J. vonPleyel . . . . . 351 Einiges über Cerviden. Von Forstmeister A. Rörig in Frankfurt a. M. (Mit Tafel 2) . 367 Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Rehbockgehörns. Von Dr. med. C. R. Hennicke in Gera (Mit Taf. 3). . . . . . . 379 Zum Schutze des Maulwurfes ( Talpa europaea L.) Von Dr. V. Hornung in Münster i. W . 885 Tanzende Waldmaus und radschlagende Hausmaus. Von stud. phil. P. Kam¬ me r e r in Wien . . . . . * 389 Der Zug der Mainfische im Frühjahr 1900. Von L. B u x b a u m in Raunheim 390 II. Mitteilungen aus zoologischen Gärten. Der Zoologische Garten zu B a s e 1. Von P. C a h n in Frankfurt a. M. . . 1 Geschäftsbericht des Zoologischen Gartens zu Hannover für das Betriebs¬ jahr 1898—1899 . 19 Dritter Jahresbericht der Zoologischen Gesellschaft in New York für 1898 56 Nachrichten aus dem Zoologischen Garten von Cincinnati. Von Dr. med. A. Z i p p e r 1 e n daselbst . 60 — V — Seite Nills Zoologischer Garten in Stuttgart. Von P. Cahn . 80 Ein Gang durch die zoologischen Gärten in Stockholm und Heising- fors. Von Dr. C. R. Hen nicke in Gera . 97 Ein Gang durch den Zoologischen Garten zu Berlin. Von Th. Knott- n er us - Meyer in Gerbstädt . . 161, 193 Der neue Zoologische Garten von New York. Von Dr. H. M. von Kadich in New York (Mit einer Planskizze) . 180, 208 Der Zoologische Garten im Bronx-Park, Von Geh. Reg.-Rat E. F r i e d e 1 187 Bericht des Zoologischen Gartens in Dublin für 1899 . 222 Vom Berliner Zoologischen Garten. Von Geh. Reg.-Rat. E. Friedei 227 Bericht des Verwaltungsrats der Neuen Zoologischen Gesellschaft zu Frank¬ furt a. M. für 1899 . 248 Geschäftsbericht des Königsberger Tiergarten- Vereins für das Jahr 1899 254 Der Zoologische Garten zu Hannover. VonT h.K nottnerus -Meyer 265, 297 Jahresbericht über den Zoologischen Garten in Hamburg 1899 . 287 Jahresbericht des Zoologischen Gartens in Basel für 1899 . 317 Das Ende des Indischen Nashorns im Hamburger Zoologischen Garten. Von Dir. Dr. Heinr. Bolau daselbst . . . 334 Jahresbericht über den Tiergarten in Rotterdam 1899 . 355 Einiges über den Zoologischen Garten zu Moskau. Von C. Greve in Moskau . 361 Ein Besuch im Zoologischen Garten zu Budapest. Vonstud. phil. P. Käm¬ merer in Wien . . . ... 366 Über Fütterung und Pflege der Affen im Zoologischen Garten zu Berlin. Von Vol.-Assistent A. Sokolowsky in Berlin . 382 Jahresbericht des Westfälischen Zoologischen Gartens zu Münster für 1898-99 . 392 III. Briefliche Mitteilungen. Nachrichten aus dem Zoologischen Garten von Cincinnati. Von Dr. med. A. Zipperlen daselbst . . . 60, 357 Ceryle alcyon L. und andere Irrgäste aus der Vogelwelt in Holland. Von Baron R. Snouckaert van Schauburg in Doorn . 94 IY. Kleinere Mitteilungen. Tragezeit des Indischen Elefanten . . 23 Die Schwarzamsel und ihre Niststätte. Von Dr. V. Hornung . . . . . 24 Star und Haussperling. Von demselben . 24 Der leuchtende Tausendfuß ( Geophilus electricus). Von demselben . . 25 Neue Stütze für die Evolutionstheorie. Von Prof. Dr. 0. Boettger. . . 26 Ein in der Südsee beobachteter Fischzug. Von Dr. med. Schnee . . . . 26 Über das Vorkommen von Pelobates fuscus Laur. bei Kohlo (Kreis Sorau). Von F. Laesecke . 27 Über die Lebensdauer der Vögel . • . . 27 Fluggeschwindigkeit des Eisvogels (A leedo ispida L.). Von Prof. Dr. 0. Boettger . . . . . 27 Fossile Saiga-Antilope in Westpreußen . 28 VI Seite Aufrechter Gang der Kragenechse ( Chlamydosaurus Tcingi Gray). Von Dr. med. Schnee . 61 Neue Säugetiere III, IV und V ............... . 95, 229, 295 Equus przewalsläi , das dem Hauspferde nächststehende Wildpferd. Von C. Gr eve 96 Projekt der Errichtung eines Zoologischen Gartens in München . . . . 96 Ein Urstierhorn aus Hinterpommern . 122 Über das Brutgeschäft der Weka-Ralle (Ocydromus austrälis ). Von Dr. 0. Heinroth . 123 Erfolgreiche Paarung zwischen der blauen und weißen Schneegans ( Chen caerulescens und hy perbor eus). Von demselben. . . . . . . . . 123 Über die Aufzucht junger Hokkos ( Crax panamensis). Von demselben 124 Löwen-Geburt vor hundert Jahren. Von Geh. Reg.-Rat E. Friedei. . . 124 Über Veränderungen in den Lebensgewohnheiten des Bären der Rocky Moun¬ tains. Von P. Hesse . 154 Normale Molche ohne Lungen . 186 Haustauben als Schneckenvertilger. Von Dr. H.Reeker . 186 Wildgänse als zuverlässige Wetterverkündiger. Von L. Buxbaum . . . 186 Schutzmittel gegen den Angriff von Raubtieren für Wärter in zoologischen Gärteu. Von Hofr. Dr. W. Wurm . 187 Der Zoologische Garten im Bronx-Park. Von Geh. Reg. -Rat E. Friedei 187 Spratts Patent- Akt.- Gesellschaft in Rummelsburg-Berlin . 226 Zollkuriosum (Versteuerung von See wasser in Oesterreich) ........ 227 Abschuß von Raubwild in den österreichischen Kronländern während des Jahres 1898 . 227 Vom Berliner Zoologischen Garten. Von Geh. Reg.-Rat E. Friedei . . . 227 Der Rüssel der Peitschenschlangen ( Dryophis ). Von Dr. med. Schnee . 228 Seltsamer Starengesang. Von Dr. V. H o r n u n g . 260 Ehelose Amselweibchen. Von demselben . 261 Schlechte Teichwässer und Wassergeflügel. Von demselben . 262 Fortpflanzung des Aales ( Anguilla vulgaris ) . 321 In den Tiroler Alpen als Lämmergeier gefangener Kondor der Anden Süd¬ amerikas. Von Dr. med. A. Girtanner . . 358 Ein Rattenkönig in Frankreich. Von P. H e s s e . . 358 Große Geschwulst im Magen einer Schildkröte. Von Dr. med. Schnee. . 358 Ancistrodon blomhoffi Boie. Von demselben . 395 Der Polyhistor Peir esc, ein Tierkenner und Tierfreund des 16. u. 17. Jahr¬ hunderts. Von E r n s t F r i e d e 1 . 396 Y. Litteratur. Dir. H a g m a n n , Zoologischer Garten Basel. Führer. 4. Aufl . 28 Prof. Dr. C. Keller, Verwilderte Haustiere in Sardinien . . 28 Prof. Dr. Schauinsland, Drei Monate auf einer Koralleninsel .... 29 Führer durch den Garten von Amsterdam . 30 Dr. E. Rey, Die Eier der Vögel Mitteleuropas . . 30 Dr. P. Krefft, Zur Naturgeschichte der chilenischen Naseokröte ( JRhino - derma darwini D. B.) . . . . . 31 Dr. med. C. Par rot, Jahresbericht des Ornitholog. Vereins München für 1897 und 1898 . . . . . 61 — VII — Seit© Proceed. U. S. National Museum. Bd. 18, 20 und 21 . . . 62, 127 C. Gerot, Das Geschlecht des Embryo . 68 D. S. Jordan and B. W. Evermann, The Fishes of North and Middle America. Bd. 2 und 3 . 125 M. Bausch, Die gefiederten Sängerfürsten des europäischen Festlandes . . 125 U. S. Departm. of Agriculture: N. Amer. Fauna No. 15 u. 17 125, 325 Report of the U. S. National Museum for 1895 — 1896 und 1896—1897 . 126, 281 C. Freih. v. Erlanger, Eine ornithologische Forschungsreise durch Tunesien . 126 Dr. E. Bade, Praxis der Aquarienkunde . 156 Naumanns Naturgeschichte der Vögel Deutschlands und des angrenzenden Mitteleuropas. Neue Bearbeitung. Bd. VII . 156 S. Kamensky, Die Cypriniden der Kaukasusländer und ihrer angrenzenden Meere. Lief. I . 157 Dr. L. Heck, Lebende Bilder aus dem Beiche der Tiere . 188 Dr. G. R a d d e , Die Sammlungen des kaukasischen Museums. Bd. I, Zoologie 188 L. Berg, Beiträge zur Ichthyofauna des Kaukasus . 190 W. T. Hornaday, Populär Official Guide to the New York Zoological Park as far as completed . 190 W. Haäcke & W. Kuhnert, Das Tierleben der Erde . 229 R. Berge, Frühere Brutvögel im Königreich Sachsen ......... 230 Derselbe, Ornithologische Vorkommnisse aus dem westlichen Sachsen . . 230 Dr. E. Bade, Die mitteleuropäischen Süßwasserfische . 231 Dir. Dr. L. Wunderlich, Führer durch den Zoologischen Garten zu Köln 262 News Bulletin of the Zoo). Society of New York, No. 4 . . 325 Dr. H. Fischer-Sigwart, Bibliographie der schweizerischen Landes¬ kunde: Fische . 326 U. S. Department of Agriculture: Bulletin No. 12 . 326 Dr. C. Fickert & O. Kohlmeyer, Tierkunde . . . 359 W. Geyer, Katechismus für Aquarienliebhaber. 4. Aufl . 399 U. S. Department of Agriculture: Bulletin No. 13 . 399 YI. Yerschiedenes. Bücher und Zeitschriften 32, 64, 96, 128, 160, 192, 232, 264, 296, 328, 360, 400 Eingegangene Beiträge 32, 64, 96, 128, 160, 192, 232, 264, 296, 828, 360, 400 Erklärung. Von F. Laesecke . 159 Erledigung der Direktorstelle im Zoologischen Garten zu Breslau . 399 Nekrologe (Dr. phil. E. A. Buck und Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. B. Altumf) 158, 191 ' Der Zoologische Garten (Zoologischer Beobachter.) Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere. Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands. Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Malilau & Waldschmidt. N°- 1. XLI. Jahrgang, Januar 1900. I n li a 1 I. Der Zoologische Garten zu Basel; von P. Calin in Frankfurt a. M. — Die Haustiere der Chinesen ; von E. M. K ö h 1 e r in Leipzig. — Aus der Biologie des Großen Ameisenbären {Myrmecophaga jubata L.); von Alex. Sokolowsky in Zürich. — Der Vogelzug im Frühjahr 1899; von L. Buxbaum in Baunheim a. Main. — Kleine Mitteilungen über das Freileben einiger australischer Reptilien; von Dr. med. Schnee aus Nordhausen. — Geschäftsbericht des Zoologischen Gartens zu Hannover für das Betriebsjahr 1898/1899. — Kleinere Mit¬ teilungen. — Litteratur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. Der Zoologische Garten zu Basel. Von P. Cahn in Frankfurt a. M. Der einzige zoologische Garten der Schweiz ist der in Basel; schon aus diesem Grunde verdient er das besondere Interesse der Tierfreunde. E. F r i e d e 1 hat über ihn in unserer Zeitschrift im Jahrgänge 1890 S. 343 berichtet. Inzwischen wurde jedoch vieles geändert, verbessert und bereichert. Kann sich der Basler Garten auch nicht mit den größten der¬ artigen Instituten messen, so machen die gefälligen , gärtnerisch schön ausgeschmückten Anlagen , die im Schweizer Stil erbauten Häuschen und Hütten, die Reinlichkeit und die gutgepflegten Tiere, die ihr Wohlbefinden durch häufige Fortpflanzungen kundgeben, doch einen äußerst günstigen Eindruck auf den Besucher. Auch befindet sich gar manches wertvolle und seltene Stück unter den Bewohnern des Gartens, und namentlich die schweizer Fauna ist gut vertreten. Ich konnte den Garten an zwei Tagen besuchen. Herr Direktor H a g m a n n bereitete mir den liebenswürdigsten Empfang ; er be¬ gleitete mich auf meinen Streifzügen und gab mir freundlichst sach¬ gemäße Auskunft über so manches, das mir wissenswert schien. Zoolog. Gart., Jakrg. XLI. 1900. 1 — 2 — Außerdem erhielt ich auch das erste, noch druckfrische Exem¬ plar des neuen Führers. Dem darin angegebenen Wege folgend, möchte ich mit dem Leser nochmals den Garten durchwandern und namentlich auf das besonders beachtenswerte hinweisen. Von der am Eingänge sich präsentierenden Direktorwohnung, die zu ebener Erde auch den Billetschalter enthält, uns nach rechts wendend, schenken wir unsere Aufmerksamkeit zuerst dem sich daran anschließenden Affenpavillon, der mit Makaken ( Macacus cynomolgus) und Rhesusaffen (M. rhesus ) bevölkert ist. Ein Paar der ersteren Art hat ein Junges. Im Inneren des Gebäudes fand ich eine Weißuasen- Meerkatze ( Cercopithecus petaurista ), ein schönes Paar Varis {Lemur macaco) und das Gemeine und das seltenere, wenn auch weniger statt¬ liche Javanische Stachelschwein {Hystrix cristata, H. javanica). Die letztgenannten vier Arten sind sämtlich Geschenke von Basler und aus¬ wärtigen Freunden des Gartens. — Den Rand des gegenüberliegenden Rasenplatzes zieren Ständer mit Papageien, wi eAra ararauna , macao und chlor optera , Cacatua galerita, Androglossa farinosa , auripalliata, aestiva , amazonica , ventralis , Psittacus erithacus und Palaeornis eupatrius. Den Weg immer weiter rechts fortsetzend, gelangen wir zunächst zum Hühner- und Taubenhaus. Außer einer Anzahl Rassehühner und -tauben enthält es auch Fasanen, sowie einheimische und exotische Wildtauben. Unter den Fasanen sei Phasianus ellioti , unter den Tauben Geotrygon cruentata, Phaps picata , indica , chal- coptera und lophotes besonders hervorgehoben. Er folgt sodann eine zierliche Voliere mit kleinen Sittichen, Stärlingen, Kardinalen und Prachtfinken und einige Schritte davon das Fischotterbassin. Auf der anderen Seite des Weges dehnen sich, nach dem Innern des Gartens zu, die Teiche in malerischer Anlage aus. Sie sind mit europäischen und den häufigeren ausländischen Entenvögeln, Pele- kanen {Pelecanus onocrotalus ), Kormoranen, Möwen u. s. w. reich bevölkert. An den Ufern stolzieren Störche und Graue, Jungfern- und Kronenkraniche umher. Wir umwandern die Teiche und kommen so zu dem Rehhaus, das außer dem zierlichen Bewohner unserer Wälder, dessen Namen es trägt, auch Damhirsche, Hirschziegenautilopen {Antilope cervicapra) mit einem Jungen und ein Paar Emus {Dromaeus novaehollandiae) in seinen Gehegen beherbergt. Es folgt weiter der burgartige Bärenzwinger mit Braunen Bären und das Schweinegehege mit einem Wildschweinpaar und seinen vier netten gestreiften Ferkelchen als Bewohnern. Die sehr zierlich und gefällig augelegte Euleuburg weist alle in Mitteleuropa häufigeren Eulenarten auf. Der Basler Jagdklub hat die Liebe zu seiner Vaterstadt und das Interesse für deren Tiergarten auf das deutlichste bewiesen durch die Schenkung eines prächtigen Bison - Paares ( Bison ameri- canus). Die in ihrer nordamerikanischen Heimat bekanntlich auf dem Aussterbeetat stehenden Bisons fühlen sich in den zoologischen Gärten sehr wohl; auch dem noch jugendlichen Basler Paare muß es in seinem sauberen Blockhause gefallen, denn es folgte dem Bei¬ spiele seiner Nachbarn, der Zebus {Pos indicus) und legte sich einen aufs beste gedeihenden Sprößling zu. Das ziemlich primitive Raubtierhaus wird wohl bald einem Neubau weichen müssen. Von großen Katzen ist augenblicklich nur ein Löwen- und ein Leopardenpaar vorhanden; ferner haben hier eine Tigerkatze (Felis tigrina ), ein Rüsselbär ( Nasua rufa), ein Krabbenbär {Procyon cancrivorus) , ein Schakal und Füchse und Marder Unterkommen gefunden. Wir gelangen nun zu dem stattlichsten Tierhause des Gartens, dem im maurischen Stile gehaltenen Elefantenhaus. Es wurde im Jahre 1891 erbaut, nachdem, wie der »Führer« angiebt, die hierzu erforderlichen beträchtlichen Mittel zum größten Teile durch frei¬ willige Beiträge von Freunden des Gartens aus Nah und Fern zu¬ sammengebracht worden waren. Auch der Indische Elefaut selbst ist ein Geschenk von Baslern, den Herren Dr. Fritz Sa rasin und Dr. Paul Sa rasin, die das Tier auf einer Forschungsreise im Jahre 1885 im Innern Ceylons gefangen nahmen. Von größeren Säugetieren hausen hier noch ein schönes Zebrapaar ( Equus chap- manni) und drei Tapire ( Tapirus americctmis ), wovon einer ein Ge¬ schenk des Herrn Dr. E. Göldi in Para ist. An der inneren Wand des Hauses sind in Glaskasten Springmäuse ( Dipus aegyptius ), Riesen¬ salamander (Cryptobranchus japonicus, 3 Stück in einem Behälter, sonst sehr unverträglich), Dornschweife ( Uromastix spinipes ), Wüsten¬ warane ( Varanus griseus), Alligatoren {Alligator mississippiensis ) u. s. w. untergebracht. Die Raubvogel votiere, zu der uns der Weg jetzt führt, ist groß angelegt und ähnlich den entsprechenden Gebäuden in den deutschen Gärten. Ihr Inhalt ist reich, für den Fachmann teilweise sehr interessant, wie z. B. der seltene Adlerbussard (JButeo ferox ) und die beiden schönen Schopfadler {Spizaetus occipitalis). Außer dem ge¬ wöhnlichen Carancho {Polyborus brasiliensis ) sind auch zwei ein- 4 farbig liellisabellgraue Exemplare vorhanden , die man wohl als eine merkwürdige Farbenabänderung zu betrachten hat. Wir sehen ferner den Kondor (Sarcorhamphus gryphus) in einem prächtigen, alten und einem noch das braune Jugendkleid tragenden Exemplar, beide sehr zahm , den Königsgeier ( Sarcorhamphus papa) , zwei junge Lämmergeier ( Gypaetus barbatus) und außer den in allen Gärten häufigen in- und ausländischen Geier- und Adlerarten eine schöne Kollektion europäischer Falken : Wanderfalke (Falco per egrinus), Würgfalke ( Falco sacer ), Baumfalke (F. subbuteo), Turmfalke (F. tinnunculus) und Rötelfalke (F. cenchris). Mit dem gewöhnlichen Mäusebussard kann man den selteneren Rauchfußbussard (Archibuteo lagopus ) vergleichen, und neben dem Schreiadler ( Aquila naevia) ist auch der sehr ähnliche Schelladler (. Aquila clanga) vorhanden. Von den Bewohnern des Hirschhauses imponierten mir beson¬ ders die vorzüglich gedeihenden Rentiere ( Bangifer tarandus). Die Herde besteht augenblicklich aus 2 Böcken und 3 alten und 2 jungen Weibchen. Außer den Axishirschen (Cervas axis ) und den Wapitis ( C . canadensis) hausen hier auch die Lamas {Lama peruana), sowie die beiden Kamelarten ( Gamelus bactrianus und dromedarius). Die benachbarte Felspartie ist das Revier der Gemsen (. Rupicapra tragus ), deren Kitzchen sich allem Anschein nach sehr günstig entwickelt, der Mähnenschafe (Ovis tragelaphus) und mehrerer Schaf- und Ziegenrassen. Wohl ein halbes Hundert Vogelarten belebt die gegenüber¬ liegenden Flugkäfige. Alle können sie natürlich hier nicht aufge¬ zählt werden, und so seien denn einige der hervorragendsten Vertreter herausgegriffen : die Goldpfauen (Pavo spicifer), die Pfauenfasanen (. Polypletiron chinquis), die Hokkos ( Crax alector und carunculatd) Perlhühner (. Numida cornuta und vulturina ), Baumenten (Dendro- cygna autumnalis und vagans ), der Paradieskranich ( Grus paradisea) und der Wehrvogel ( Ghauna chavaria) , die Kragentaube (Caloenas nicobarica) und die Rotschnäblige Alpenkrähe (Fregilus graculus). Nach dieser Stichprobe möge sich der kundige Leser das bunte Bild der reich belebten Volieren selbst ausmalen, nachdem ich noch hin¬ zugefügt habe, daß Sumpfvögel in erster Linie, dann aber auch Hühner-, Tauben-, Raben- und Stararten Anteil daran haben. Die zierlichen Zwergantilopen (Oephalolophus maxwelli) müssen allerdings noch besonders genannt werden. Die im vollen Blütenschmucke prangende Restauration ladet nun zum Rasten ein ; doch wollen wir erst noch einen Blick auf die 5 beiden naben Volieren werfen, deren eine durch einheimische Sing¬ vögel, die andere durch afrikanische Weber belebt wird, endlich noch die amerikanischen Eichhörnchen (Sciurus ludovicianus) , die Dachse und das Terrarium mit einer zahl- und artenreichen Samm¬ lung einheimischer Kriechtiere und Lurche besichtigen. Damit ist der Rundgang beendigt. Der Tierfreund kann mit dem, was der Basler Garten ihm bietet, gar wohl zufrieden sein. Es sollte kein Leser unserer Zeitschrift, der die schöne Schweiz besucht und Basel dabei berührt, versäumen, den einzigen zoologischen Garten dieses Landes kennen zu lernen, in dem sich manches von dessen Eigenart wiederspiegelt. Am 3. Juli 1874 wurde der Zoologische Garten in Basel eröffnet, nachdem schon im Oktober 1870 die Errichtung geplant worden war und sich zur Ausführung am 20. Februar 1873 eine Aktien¬ gesellschaft gebildet hatte (s. Z. G. 1874 S. 314; 1875 S. 183). Das schöne Institut feierte also im vorigen Jahre sein 25 jähriges Bestehen. Aus kleinen Anfängen und nach Überwindung mancher Schwierigkeiten hat es sich zu einem blühenden, allgemeiner Sym¬ pathie sich erfreuenden Etablissement entwickelt. Seit Juni 1876 steht Herr Gottfried Hagmann als Direktor an seiner Spitze. Möge Basels Zoologischer Garten unter seiner umsichtigen und liebe¬ vollen Leitung weiter wachsen und fröhlich gedeihen ! Haustiere der Chinesen. *) Yon E. M. Köhler in Leipzig. 4. Schafe und Ziegen. Als neue Folge meiner Schilderungen der Haustiere Chinas und seiner direkten Vasallenstaaten habe ich Schaf und Ziege gewählt. Wenn ich nun auch im Verlauf meiner Abhandlung jedes der beiden Haustiere für sich getrennt behandeln werde, so geschah die Zu¬ sammenstellung beider in der Überschrift mit einer gewissen Absicht. Die Chinesen trennen Schafe und Geißen nicht so scharf, wie unsere Wissenschaft es thut ; sie sehen vielmehr in der Ziege nur eine andere Art des Schafes. Zum Ausdruck kommt diese Vorstellung bereits in den Bezeichnungen, die die chinesische Sprache diesen Tieren ge¬ geben hat. Das Schaf heißt kurzhin yang, die Ziege sban-yang, was l) Vergl. Zool. Garten 1897 p. 272—275, 1898 p. 16—25 und 54-60 und 1899 p. 45—49. 6 wörtlich mit »Bergschaf« zu übersetzen ist. Das Schriftzeichen (Charakter) für den Silbenlaut yang, insoforn es Schaf bedeutet, ist eines der einfachsten und läßt den ursprünglich hieroglyphischen Charakter noch wohl erkennen. Wir glauben daraus folgern zu dürfen, daß die Schafe zu den ältesten Haustieren der Chinesen ge¬ hören, während die Ziege erst später in die Reihe getreten ist. Ja, ich glaube mit Recht annehmen zu können, daß die aus dem Westen Asiens nach China einwandernden Ackerbauer, deren Nachkommen sich von den heutigen Provinzen Szetschuan und Shensi aus über ganz China verbreiteten und zum Kulturvolk der Chinesen heranwuchsen, das Schaf als Haustier bereits bei ihrer Einwanderung mitführten. Ob sie bei den früheren Bewohuern des Landes bereits ein Hausschaf vorfandeu, läßt sich bei den bis jetzt noch zu unvollkommenen For¬ schungen nicht entscheiden. Meine Meinung, die allerdings eine rein persönliche ist, geht jedoch dahin, daß dies nicht der Fall gewesen ist oder sein kann. Das Schaf wird in etwas größerem Maßstabe im Norden Chinas gezüchtet; im Süden liegt die Zucht arg darnieder. Viel bedeuten¬ der ist aber die Schafzucht unter den Mongolen, weniger hingegen, in der Mandschurei seitens der chinesischen eingewanderten Ansiedler, Der Entwicklung einer Schafzucht, die wir eine rationell betriebene nennen würden, haben verschiedene Dinge im Wege gestanden. Findet bei uns das Schaf ähnlich dem Rinde eine allseitige Verwen¬ dung, sodaß fast nichts von ihm dem Menschen keinen Nutzen liefert, so liegen diese Verhältnisse in China etwas anders. Ein großer Prozentsatz der Bevölkerung hat eine große Abneigung gegen den Genuß von Schaffleisch. Den Grund hierzu kann man wohl in dem dem Fleische anhaftenden Geruch suchen. So wenig penibel uns auch der Chinese sonst in der Auswahl seiner Speisen zu sein scheint, so wählerisch ist er in besonderen Fällen. So essen z. B. viele Chinesen kein Wildschweinfleisch, weil sie sich einbilden und behaupten, daß es nach Erde schmecke. Hat man nun selbst täglich sehen müssen, was das Hausschwein Chinas frißt, daß unter anderm Menschenkot eine oft aufgenommene Nahrung ist, so macht man sich eben seine eigenen Gedanken über diese Behauptungen chinesischer Gourmands. Auf Schaffleisch sind hingegen alle Chinesen mohammedanischen Glaubens angewiesen. Ist ihre Zahl auch nicht sehr groß, so darf man sie doch gut auf etwa 25 Millionen anschlagen. Diese Zahl dürfte seit der Einverleibung von Chinesisch-Turkestan, »der neuenBesitzung«, noch etwas gestiegen sein. Religiöse Anschauungen verbieten den Mohammedanern den Genuß des Fleisches vom Schwein, dem Haupt¬ fleischtiere Chinas. Daher trifft man auch in jenen Gegenden, nament¬ lich im Nordwesten, wo die mohammedanische Bevölkerung einen größeren , Prozentsatz der Gesamtheit ausmacht, eine regere Schafzucht als unter anderer! Verhältnissen. Der Süden Chinas ist hingegen fast immer auf einen Import aus den nördlichen Provinzen angewiesen. Zu einiger Bedeutung wird er nur für Shanghai und namentlich für Hongkong. Jedoch hiervon später. Auch die Wollproduktion hatte der Schafzucht bis vor etwa 30 Jahren noch nicht den zu erwartenden Aufschwung geben können. Der Chinese selbst hatte für die Wolle, die er nur aus¬ nahmsweise spann und zur Herstellung von Kleiderstoffen verwen¬ dete, so gut wie keine Verwendung. Anders liegen die Verhält¬ nisse, seitdem das Ausland ein starker Abnehmer von Wolle auch in China geworden ist und sich der Export von Jahr zu Jahr steigert. Ist auch die Gewichtszähl der jährlich aus chinesischen Vertrags¬ häfen exportierten Wolle prozentualiter gering gegenüber den statt¬ lichen Zahlen anderer Länder, die an diesem Zweige des Welthandels beteiligt sind — ich nenne nur Australien — , so hat doch dieser Absatz immerhin schon dazu beigetragen, daß Mongolen und andere in Frage kommende Züchter des Inlandes im eigentlichen China, hauptsächlich aber chinesische Ansiedler in der Mandschurei und Mongolei, in der Schafzucht eine reicher als früher fließende Erwerbs¬ quelle sehen mußten. Die natürliche Folge davon war eine Hebung der Schafzucht in den letzten Jahrzehnten. Ein anderer Grund hin¬ gegen, nämlich die Verwendung des Vließes zum Schutzpelz der Menschen im Winter, hat auch in China die Schafzucht schon früher, also vor der Entwicklung des Welthandels mit dem Auslände, auf einem bestimmten Niveau gehalten. Ich glaube nicht zu hoch zu greifen, wenn ich den jährlichen Bedarf an Schafpelzen im Norden Chinas und den angrenzenden Vasallenstaaten auf 3 Millionen schätze. Welche beträchtliche Anzahl von Schafen, namentlich aber von Lammfellen, gehört dazu, um diese Nachfrage zu decken ! Mag auch ein solcher Pelz oft 10 bis 20 Jahre im Gebrauch sein, seinen Besitzer oft ge¬ wechselt haben und einst im Besitz eines reichen Kaufmanns ziem¬ lich uett ausgesehen haben, bis er mehr ein Schmutzlumpen und die Wohnstätte für Ungeziefer auf dem Leibe des Karrenführers oder Kulis wurde ; mag auch ein großer Prozentsatz von Chinesen zu arm sein, um sich selbst aus der Trödlerbude einen abgetragenen Pelz kaufen zu können und muß er sich mit einem mit Baumwolle wattierten 8 Anzug begnügen: die Kopfzahl der Einwohner ist eine so große, daß die obige Nachfrage vorhanden ist. Gesteigert wird dieser Um¬ satz in Schaf- und Lammfellen aber noch durch den Export in den letzten Jahren. Jedoch auch hierüber noch später mehr. Ich glaube aber auch hierin eine Stütze meiner Behauptung und Beweisführung zu haben, die ich an anderer Stelle einst aufstellte, daß nach der Zifferzahl des jährlichen Wertumsatzes nicht Seeotter oder Zobel die wertvollsten aller Pelztierarten sind, sondern eben das Schaf, das den Pelz des »armen Mannes« liefert, wenn mir gestattet ist, diese neu¬ zeitliche Phrase unserer Sozialpolitiker hier anzuwenden, wo ich etwas auf das Feld und den Boden dieser Herren gekommen bin. Das in Frage kommende Hausschaf der Chinesen, Mongolen und Mandschuren ist eine Art der Fettschwanzschafe. Abgesehen von dieser Eigenart der Schwanzbildung gleicht das Schaf im Ansehen sehr unseren sogenannten Frankenschafen , die mir jedoch noch etwas höher gestellt Vorkommen. Der Kopf des Mongolenschafes ist meist, soweit kein Wollhaar angesetzt ist, schwarz. Diese wenigen Andeutungen dürften genügen. Eine ausgedehnte Schafzucht braucht einen großen Raum für Weideplätze. Ist dies schon bei uns der Fall, so muß es umsomehr notwendig werden, wo die Schafe weder Stall noch Winterfütterung haben. So sehen wir nennenswerte, große Herden von Schafen nur in den wenig bevölkerten, anderseits mit ihren Steppeu gute Weide bietenden Gegeuden der Mongolei. Auch bestimmte Striche der Mandschurei, die ähnliche Bedingungen aufweisen, haben große Schaf¬ herden heranwachsen lassen. Am reichsten an Schafen unter allen Ländern Chinas dürfte jedoch die Mongolei seiu. Ja, oft sind Schafe der einzige Reichtum der Mongolen. Die Vermehrung jener Herden fand unter günstigen Verhältnissen statt. Jedenfalls ist seit vielen Jahrhunderten ein stetiger Überschuß durch gezogenes Jungvieh gegenüber dem Abgang an Schlachtvieh und natürlichem Tod vor¬ handen gewesen. Selbst Verwüstungen durch Kriege und Revolu¬ tionen vermochten diesen Zuwachs an Herdenvieh nur zeitweilig aufzuhalten oder zu bedrohen. Seuchen aber, die man der Mi߬ regierung eines Kaisers in die Schuhe schiebt, da man sich ihren Ausbruch nicht erklären kann, und besonders kalte Winter, in denen bei oft 40 Grad Kälte und spärlicher Nahrung viele Tiere zu Grunde gehen, hemmen oft ersichtlich das Wachseu des Bestandes solcher Herden. Scheut sich auch der Mongole, ein Schaf selbst zu schlachten, denn seine Religion, der Lamaismus, verbietet ihm das Töten jeg- 9 liehen Getieres, so trägt er doch kein Bedenken, von dem Fleische eines Schafes zu essen, das eine andere ruchlose Hand tötete. Und welche Portionen kann er dann verzehren, wenn es ihm sein Geld¬ beutel oder andere Gelegenheit gestattet! Ich wurde, wenn ich einen Mongolen sein Hammelfleisch verschlingen sah, oft an ein Kolleg erinnert, das der verstorbene Missionsdirektor Büttner im Orientalischen Seminar hielt, in dem er uns erzählte, wie ein Hotten¬ totte imstande sei, ein halbes Schaf auf einmal zu verzehren. Nun, ganz so schlimm ist es mit den Hammelfleisch essenden Mongolen nicht. Aber 10 Pfund und noch etwas mehr scheint einzelnen von ihnen keine besondere Schwierigkeit zu machen, noch Ver¬ dauungsbeschwerden zu bringen. Hoch schätzen sie als Leckerbissen zumal die Kaldaunen. Ein wenig appetitliches Mahl, denn sie sind meist nicht genügend gewaschen und gereinigt, namentlich nicht zur Winterszeit, wo sie oft steinhart gefroren längere Zeit aufbewahrt und zum Verbrauch durch Beile in Stücke geschlagen werdeu, um alsbald in den Kochtopf zu wandern. Jedoch ländlich, sittlich ! Ich will hier noch eines nachholen, da ich einmal bei dem Schafe in seiner Eigenschaft als Fleischlieferaut bin. Charakteristisch für die Speisehäuser Nordchinas ist es, daß sie sich in solche teilen, wo es hauptsächlich »Schweinernes« und solche, wo es ausschließlich Schaffleisch giebt. Letztere machen diesen Umstand durch besondere Zeichen am Schilde kenntlich, durch das Wort hui, was in seiner Ver¬ doppelung hui-hui zu einem Schimpfwort für die Mohammedauer ge¬ worden ist. Kommt dieses hui etwa dem koscher der Israeliten gleich, so rufen in ähnlicher Weise erwachsene und kleine Gassenbuben dem vorübergehenden Mohammedaner hiu-hui zu, wie so mancher Unge¬ bildete bei uns einem Juden hepp-hepp nachruft. Trotz der scheinbaren Abneigung vieler Chinesen gegen Schaffleisch dient ein geschlachteter Hammel doch oft als Geschenk. Die im Geschäftsverkehr mit den aus¬ ländischen Kaufleuten der Vertragshäfen stehenden Chinesen schenken jetzt mit Vorliebe zur Neujahrszeit ihren Geschäftsfreunden ein Paar den Fettschwanz noch aufweisende Hammelskeulen. Sie treffen damit so ziemlich den Geschmack der Beschenkten, denn gerade der Fettschwanz liefert einen trefflich mundenden Bissen. Daß die Läm¬ mer sich auf die Vorderknie niederlassen, wenn sie am Euter der Mutter saugen, ist eine in China allgemein beobachtete Sache und hat dazu beigetragen, dem Menschen das Lamm als ein Muster der Kindesliebe im Tierreich vorzuhalten. Pietät ist aber die Haupt¬ tugend und Hauptforderung des Ahnenkultus, der alle religiösen 10 Vorstellungen des Chinesen wie ein roter Faden durchzieht, mag er sich auch zu einer anderen Lehre, wie z. B. zum Buddhismus be¬ kennen. Ja, Confucius mußte in seiner Moral und Ethik diese Tugend als die erste unter allen hinstelleu, in deren Übung er das Wohl der Familie und die Wohlfahrt des Staates begründet sieht. Kein Wunder darf es uns daher nehmen, wenn Morallehrer und Dichter in ihren Predigten und Dichtungen auf dieses Niederknien des Lammes zurückgreifen und darauf Anspielungen machen. Das Schaf gilt in China als ein Glück bringendes Tier. Der Aberglaube behauptet, dass in einem Hause, über dessen Thor der Schädel eines Schafes aufgehängt ist, kein Diebstahl vorkommt oder kein Räuber in dasselbe einzudringen wagt. Hängt man ferner mit dem Kopfe eines geschlachteten Schafes den eines Huhnes zur Neu¬ jahrszeit über das Hausthor, so wird das eben begonnene Jahr ein glückliches sein für die Familienmitglieder, die jenes Haus be¬ wohnen. Das demütige Benehmen der Hämmel einer Herde, ihr blindes Vertrauen und Folgen gegenüber dem Leithammel stellen chinesische Staatslehrer dem Volke als Muster hin. Blindlings sollen auch sie den führenden und leitenden Beamten vertrauen, geduldig ihr Los tragen und keine Widerspenstigkeit zeigen. Mag sie auch der Beamte in ihr Verderben führen, wie der Leithammel Schafe in eine Feuersbrunst. Welche unbeabsichtigte Ironie, die der Aus¬ länder in diesem Vergleiche finden muß ! Der Chinese .hält es ferner für notwendig, den Schafen so wenig wie möglich Wasser zukommen zu lassen. Chinesische Schafzüchter halten es für genügend und besser, wenn ihren Herden nur einmal des Tages Gelegenheit zum notwendigsten Stillen des Durstes gegeben ist. Die Vorliebe des Schafes für Salzlecken bringt das Sprichwort »Transportiere kein Schaf auf einer Salzkarre« zum Ausdruck. Der Schäfer soll darauf achten, daß die weidenden Schafe in einer be¬ ständigen, wenn auch langsamen Vorwärtsbewegung bleiben. Ein Stehenbleiben und Ausruhen während des Weidens muß nach ihrer Ansicht möglichst vermieden werden. Im Frühjahr und Sommer sollen die Schafe spät ausgetriebeu und zeitig eingetrieben werden. Im Winter und Herbst soll man sie dagegen möglichst spät ein¬ treiben. Dies geht jedoch nur da, wo eine Art Stall verhauden ist, was, wie oben gesagt, nur in einzelnen Fällen möglich ist. Diese etwas sonderbare Bauernregel gründet sich auf die Furcht, die auch sonst der Chinese vor Tau und Reif hat, die er beide als Er¬ zeuger mannigfacher und gefährlicher Krankheiten ansieht. Dem 11 Schafe schreiben die Chinesen ein ziemlich hohes Lebensalter zu. Einen geschichtlichen Beweis dafür können sie aber nicht bringen, da sie selbst zugeben, daß die meisten, wenigstens im eigentlichen China, nicht eines natürlichen Todes sterben, sondern früher oder später dem Metzger verfallen. Für die in China lebenden Ausländer bietet die Schafzucht die große Annehmlichkeit, daß sie täglich frisches Fleisch auch in den kleineren Vertragshäfen Chinas ermög¬ licht. Man ist zeitweise, abgesehen von Geflügel, ganz darauf ange¬ wiesen, da das Fleisch einheimischer Schweine von den Ausländern in der Regel aus guten Gründen (keine Trichinenschau !) verschmäht wird. Im Laufe der Jahre hat sich daher ein nicht gerade bedeu¬ tender, jedoch immerhin ansehnlicher Export von lebenden Schafen vom Norden Chinas nach Shanghai und Hongkong entwickelt. Abnehmer sind auch die großen Dampfer, die nach Australien fahren oder nach Amerika und Europa zurückreisen. Es ist für sie die passendste und verhältnismäßig billigste Verproviantierung. Ein Hammel kostet in Hongkong etwra 15 Mark. Erwähnen will ich noch, daß meist deutsche Küstendampfer die Zufuhr vom Norden (Newchwang) besorgen und die Kapitäne sich dabei einen schönen Pfennig für sich machen, da ihnen die heimische Rhederei den Frachterlös überläßt. Die Vermittler oder eigentlichen Händler sind mit dem Geschäft vertraute Chinesen, die den Mongolen ihre Schafe abkaufen. Gewöhnlich siud es aber jämmerlich abgemagerte Tiere, die noch eine Zeitlang von den chinesischen Händlern auf gute Weide getrieben und obendrein noch gefüttert werden, nament¬ lich während ihres Antriebs nach den Häfen. Ich bin zuguterletzt von meinem eigentlichen Thema etwas abgeschweift; das Leben in China beansprucht aber jetzt in den weitesten Kreisen ein solches Interesse, daß auch diese Bemerkungen manchem Leser willkommen sein dürften. Ich hob schon anfangs hervor, daß im Norden Chinas das Schaf, im Süden die Ziege häufiger sei. Damit ist jedoch nur ein Ver¬ gleich des Iudividuenbestandes beider Arten gemeint. Keineswegs treffen wir die Ziegen häufig. Ein alter Name Kantons, den dies bis zu Beginn des 13. oder 14. Jahrhunderts führte, nämlich yang- cheng, »Stadt der Widder oder Schafe«, könnte die Vermutung in uns aufkommen lassen, daß es dort einst viele Schafe gegeben habe. Sei dem nun, wie ihm wolle — auch die Ziegenzucht hat sich nie in jenen Teilen Chinas zu einer besonderen Höhe erheben können. Hauptgrund ist, daß sie noch weniger Nutzen liefert als die Schaf- 12 zncht. Denn sind unsere ärmeren Bauern oder Gebirgsbewohner auf die Ziege oft als die einzige oder billigste Milchlieferantin ange¬ wiesen, so kommt dies für die Chinesen, die Milch im höchsten Falle als Medizin und sonst nicht genießen, in Wegfall. Bedenken wir nun noch, daß die Chinesen, abgesehen von den ärmsten unter ihnen, das Fleisch der Ziege verschmähen, da hierbei der anhaftende Bocksgeruch noch mehr mitspricht, als bei dem Fleische des Schafes, so kann nur die Felldecke von irgend welchem Nutzen sein. Dies ist nun auch thatsächlich der Fall. Pi-ju-tze, d. h. Ziegenfelldecken, waren längst ein gesuchter Handelsartikel in China für den ein¬ heimischen Handel, noch bevor das Ausland sich für sie als einen solchen interessierte. Durch die Anspruchslosigkeit in Futter und Wartung hat die Ziege gleichwohl in China oft eine Stelle als Haustier gefunden, obwohl man keinen erheblichen Nutzen von ihr hatte. Ebenso wenig beachtet vermehrte sich der Besitz an Ziegen bei den Mongolen; nur dann und wann schlachtete man sie, um das Fleisch von den Hörigen, den »schwarzen Männern«, essen zu lassen und die Felle bei dem nächsten herumziehenden chinesischen Pedlar gegen Bedürfnisse der geringen Kultur, besonders aber gegen schlechten Branntwein, den vielgeliebten und begehrten Airak, einzutauschen. Einen großen Aufschwung mußte daher die Ziegenzucht namentlich im Norden des eigentlichen Chinas und in der Mongolei, ich möchte sie als die Gegenden bezeichnen, die längs der großen Mauer zu deren beiden Seiten liegen, nehmen, sobald der ausländische Handel sie in sein Bereich zog. Dieser Handel in Ziegenfelldecken stieg in. wenigen Jahren zu einer zuvor ungeahnten Höhe. Jetzt werden durch¬ schnittlich jährlich 500,000 Ziegenfelldecken exportiert, die das Schlach¬ ten von mindestens einer Million Ziegen bedingen und China jähr¬ lich etwa 2 Millionen Mark ausländischen Geldes zufließen lassen. Erreicht diese Summe auch nicht die Höhe des Wertes manches anderen der Exportgüter Chinas, so muß der Sozialpolitiker doch mit diesem Werte rechnen, und es ist dies umso mehr notwendig, da es eine neue, noch des Aufschwunges fähige Erwerbsquelle ist, die den Bewohnern jener Gegenden ohne große Mühen in den Schoß gefallen ist. So ist es gekommen, daß Schaf- und Ziegenzucht fast die ein¬ zigen Erwerbszweige sind, die etwas Bargeld in jene sonst daran sehr armen Gegenden bringen. Denn für die anderen Erzeugnisse fehlt ihnen ein eigentlicher Markt. Freilich nach unserem Gedüuken will der Nutzen, den der Ziegen züchtende Mongole davon hat, sehr gering erscheinen. Für das Fell einer Ziege löst er wohl selten 13 mehr als etwa 75 Pfennig nach unserem Gelde. Rechnen wir aber, daß es sich um einen jährlichen Verkauf von mehreren Fellen — bei einzelnen Herdenbesitzern mögen sie nach Tausenden zählen — han¬ delt, so bringt auch dies eine anständige Summe, die in jenen Gegen¬ den obendrein einen höheren Kauf wert hat als bei uns. Bedenken muß man nun noch, daß die jahraus, jahrein sich selbst überlassenen Ziegen ihren Besitzern so gut wie keine Auslagen bereiten ; sie sind für Nahrungssorge und Vermehrung ganz sich selbst überlassen, nur zur Zeit des Schlachtens sieht der Besitzer seine Herde vielleicht einmal im Jahre und hat einige Mühe mit ihr. Das Schlachten der Ziegen en gros artet zu einer Art Metzelei aus. Oft verraten den Reisenden aufgehäufte Haufen verwester Ziegenkadaver, die als nutzlos aufgetürmt worden sind, noch in späteren Jahren diese x Schlachtstätten. Freilich räumt auch Steppenfuchs und Wolf, Rabe und Steppenbussard fleissig mit ihnen auf. Allen diesen vierbeinigen und beschwingten Räubern sind solche Stätten wahre Tischlein deck’ dich. In letzterer Zeit ist auch der Zucht seitens der Mongolen eine gewisse Sorgfalt insofern zugewendet worden, als sie darauf achten, möglichst viel rein weiße Exemplare zu erhalten. Für diese zahlen die Ausländer oder der aufkaufende Chinese einen höheren Preis. Ins Ausland gekommen, dienen sie zu vielen Imitationen, speziell des Felles vom Eisbären (sogenannter Ziegenbär!), oder werden in allen Farben gefärbt, was dunkle oder graue Felle nicht so gut oder gar nicht gestatten. Wenig wüßte ich aus dem Volksmund und Aberglauben der Chinesen von den Ziegen zu berichten. Der »Bart«, der unseren Schneidermeistern so viel Spott eingetragen hat, wird weniger spöt¬ telnd in China genannt. Man nennt sie vielmehr in der Dichter¬ sprache »die langbeinigen Herren Sekretäre« und vergleicht ihren Bart mit dem der Sekretäre eines hohen Beamten, wie sie ein solcher zur Erledigung der laufenden Geschäfte stets um sich haben muß. Die chinesische Ziege ist kleiner von Gestalt als unsere, da ihre Füße ziemlich niedrig gestellt sind. Der ganze Körper erhält so mehr das Aussehen des Gedrungenen, was namentlich bei den Böcken sich deutlich geltend macht. In der Lebensweise dürfte die dortige Rasse nur wenig von anderen Hausziegen verschieden sein. Mit der Dressur der Ziegen haben sich die Chinesen noch wenig beschäftigt; dagegen sind dressierte Hämmel, denen man einige so¬ genannte Kunststückchen beigebracht hat, keine allzu seltene Erschei- 14 nung in den Straßen, wo sie der Besitzer, meist ein wandernder Jongleur, dem staunenden und schaulustigen Publikum vorführt, um sich dann später ein paar Cash einzusammeln, wie es bei uns die Bärenführer einst thaten. Ich bin vielleicht auch in diesem Teile meiner Abhandlung etwas abgeschweift und habe mein Thema nicht lediglich von dem Stand¬ punkte des Zoologen behandelt. Aber ich meine, daß man bei der Behandlung der Haustiere auch ihrem sozialpolitischen Wert eine gewisse Beachtung schenken muß. Umsomehr ist dies hier not¬ wendig. Gerade wir Deutschen sind an dem Exporthandel Chinas mit Produkten seiner Schaf- und Ziegenzucht stark beteiligt, da das Hauptgeschäft hierin im Norden Chinas durch deutsche Firmen ge¬ macht wird. Diese würdeu arg gefährdet sein, würde eine ernstliehe und nachteilige Krise einmal eintreten, oder der Export in drohender Weise zurückgehen. (Fortsetzung folgt.) Aus der Biologie des Grossen Ameisenbären ( Myrmecophaga. jubata L.). Von Alex. Sokolowsky in Zürich. Während meines diesjährigen Ferienaufenthaltes in Hamburg hatte ich Gelegenheit, im Carl Hagenbeek’schen Tierpark ein Paar Große Ameisenfresser ( Myrmecophaga jubata L.) zu beobachten. Die Tiere wurden mit Maizenasuppe (Maizena in Milch gekocht) aufge¬ zogen und befanden sich bei dieser Nahrung, die ihnen die Ameisen¬ kost ihrer Heimat ersetzen mußte, sehr wohl. Wenigstens machten sie einen behaglichen Eindruck und streckten nach der Mahlzeit mit Wohlbehagen ihre lange Zunge, die dann schlaff herunter hing, auf kurze Zeit heraus. Wenn sie der Ruhe pflegten, lagen sie zu einem Knäuel zusammengeballt und deckten sich mit ihren zu einer breiten Fahne entwickelten Schwänzen so vollkommen zu, daß es Mühe kostete, die gegenseitige Lage der beiden Tiere sofort zu erkennen. Hierbei trat mir der Nutzen dieser starken Schwanzentwicklung für den Großen Ameisenbären so recht in die Augen. Während seine Verwandten, der Tamandua ( Tamandua tetra- dadyld) und noch in weit höherem Grade der Zwergameisenfresser ( Cycloturus didactylus ) vorzügliche Baumkletterer sind und dement¬ sprechend eine geeignete Schwanzbildung in Form eines Wickel- 15 Schwanzes besitzen, ist der Große Ameisenbär seiner ganzen Körper- ausbilduug nach an die Erde gebunden. Hier hat er, wie Brehm nach Rengger anführt, »weder ein bestimmtes Lager, noch sonst einen festen Aufenthalt, sondern er schweift bei Tage auf den Ebenen umher und schläft, wo ihn die Nacht überfällt; jedoch sucht er zu letzterem Zwecke eine Stelle zu gewinnen, wo das Gras sehr hoch ist oder wo sich einige Büsche vorfinden«. Aus dieser Notiz geht hervor, daß das Tier ein vaga¬ bundierendes Leben führt und sich kein ständiges Lager hält. Diese unstete Lebensweise hängt mit seinem Nahrungsbedürfnis zu- sammen; denn der Ameisenbär ist gezwungen, in den Einöden Para¬ guays nach Termiten und Ameisen umherzuspüren. Bei seinen Wanderungen kommt dem Tiere die breite Haarfahne des Schwanzes als Überdecke gegen die Unbilden der Witterung wTährend des Schlafes sehr zu gute, sie muß ihm ein planmäßig zugerichtetes Lager ersetzen. Der Ameisenbär gehört demnach biologisch zu einer Gruppe von Tieren, die man als Gelegenheitslagerer bezeichnen kann und hat vor anderen noch deu Vorteil voraus, daß er seine Lager¬ decke stets mit sich trägt. Meines Wissens war vordem noch nicht gebührend auf den Nutzen, deu die lange Schwanzfahne diesem Tiere für seine Lebens¬ weise gewährt, hingewiesen worden. Der Vogelzug im Frühjahr 1899. Von L. Buxbaum in Raunheim a. Main. Die Stand- und Strichvögel hatten im letzten Winter keine Not, denn das Wetter war gelinde und die Erde fast schneefrei. Die Futterplätze der Vögel waren deshalb auch nicht so belebt wie in früheren Wintern. Unsere nordischen Gäste fehlten fast ganz, Wildgänse und Wildenten waren sehr selten, und der Main war wie ausgestorben. Am 22. Januar waren viele Wachholder¬ drosseln, Turdus pilaris, auf den Waldwiesen zu sehen. Ein großer Zug Stare, Sturnus vulgaris , durchzog am 2. Febr. das Feld. Am 3. Febr. waren viele Silbermöven, Larus argentatus, und L a c hm ö v e n, L. ridibundus, auf dem Maine. Die F e Id¬ le rc he, Alauda arvensis, kam am 6. Febr. hier an und hat am 10. Febr. schon lustig gesungen. Am 24. Febr. kam die Weiße Bachstelze, Motacilla alba , hier an und der Rote Milan, 16 Milvus milvus, zog am 24. Febr. seine Kreise über dem Main, um nach Fischen zu sehen. Der diesmalige Zug der Kraniche, Grus cinerea , begann am 26. Febr. Es kamen am 26. Februar 2 Züge . 36 , 47 Stück nach N.O. 3. März 1 Zug 61 » » » 5. » 3 Züge ... 18, 26, 54 » » » 11. » 5 » 21, 14, 39, 52, 17 » « » 13. » 2 » .... 84, 105 » » N. 14. » 1 Zug 74 » » » 24. 6 Züge 121, 158, 91, 137, 25, 68 » » » 25. » 3 » . . 134, 112, 142 » » N.O. 28. » 2 » .... 17, 29 » » » 29. » 3 » ... 13, 28, 44 » » » 30. » 1 Zug 15 » » » Am 4. März kam der Weiße Storch, Ciconia ciconia, in die Gegend, und am 28. März stellte sich der Hausrotschwanz, Ruticilla tithys, ein, dessen erste Brut am 27. Mai ausflog. Der 29. März brachte den Wen d eh als, Iynx torquilla , und am 3. April erschien die Gartengrasmücke, Sylvia hortensis , und ließ sich schon am 12. April hören. Das Müllerchen, S. curruca , und der Schwarz köpf, S . atricapilla , stellten sich dann auch ein. Am 17. April hörte ich den Kuckuck, Cuculus canorus , schon tüchtig rufen, und am 20. April ließ sich auch der Wiedehopf, Upupa epops , hören. Mit dem 21. April hat die Meisterin des Gesangs, die Nachtigall, Aedon luscinia , in den Park zu Rüssels¬ heim ihren Einzug gehalten und sehr fleißig gesungen. Am 22. April kamen die ersten Rauchschwalben, Hirundo rustica , und Hausschwalben, Chelidonaria urbica , hier an; der Hauptzug erschien erst am 26. April. Zu meiner Freude kann ich berichten, daß die Anzahl der hier nistenden Schwalben in diesem Jahre größer war als im Vorjahre, und die Bruten sind bis jetzt auch ganz gut geraten. Die erste Brut hält jetzt schon Versammlungen ab, und es ist eine ganz stattliche Zahl, die sich da präsentiert. Im letzten Jahre waren auffallend weniger da als in den Vorjahren, aber diesmal sind sie wieder vollzählig. 17 Kleine Mitteilungen über das Freileben einiger australischer Reptilien. Von Dr. med. Schnee aus Nordhausen. Eine Anzahl größerer und auffallender australischer Reptilien wird seit einigen Jahren regelmäßig importiert und dürfte deshalb den meisten Reptilienpflegern wohl bekannt sein. Merkwürdiger¬ weise fehlt aber bisher fast jede Mitteilung über das Frei leben selbst der gemeineren von diesen Tieren. Ich habe es mir daher ange¬ legen sein lassen, bei meiner Anwesenheit im fünften Erdteile darüber einige Nachrichten zu sammeln, und gebe das wenige, was ich erfahren konnte, zusammen mit dem, was ich persönlich von der Lebensweise der dortigen Reptilien kennen gelernt habe, hier wieder. Zuerst soll uns Trachysaurus beschäftigen, über dessen Frei¬ leben bisher jede Nachricht fehlte. Das Tier kommt in der Nähe Sydneys nicht vor, soll aber 30 — 40 Meilen landeinwärts nicht selten sein. Dagegen ist es bei Adelaide zu Hause. Es lebt hier in der Umgebung der Stadt auf sandigen Hügeln, ist jedoch bereits recht selten geworden, da die thörichten Leute das harmlose Tier für giftig halten und deshalb unbarmherzig totschlagen. Früher war es sehr häufig, wie mir Herr Zietz jun., dem ich meine Nach¬ richten über die Stummelschwauzeidechse verdanke, mitteilte. Er glaubt beobachtet zu haben, daß die mehr auf dem freien Sande lebenden Exemplare häufig gelbe Flecken besäßen, während die unter dem spärlichen Buschwerke sich aufhaltenden einfach schwärzlich mit einzelnen weißen Makeln seien (?). Meine 13 Exemplare aus Adelaide gehörten der letzteren Kategorie au, dagegen hatte ein großes Exemplar, das ich im Zoologischen Garten zu Melbourne sah, einen gelbroten Kopf und ebensolche mit weißen untermischte scharf¬ markierte Rückenflecken. Den Charakter dieser Zeichnung kann man sich am besten vorstellen , wenn man sich denkt, jemand hätte das schwarze Tier vom Kopfe an gelb anstreichen wollen, und dann, da die Farbe zu Ende ging, den noch im Pinsel befindlichen Rest auf dem Rücken der Eidechse abgestrichen. Meine Exemplare zeigen keine Spur von Gelb; einige sind sogar oben völlig schwarz, andere besitzen 3 — 4 weiße Flecken. Nicht selten findet man bei ihnen, namentlich am Kopfe und auf dem Rücken, einzelne Schuppen, die wie angefressen ausseh en ; bei einem der Tiere sieht fast die Zoolog:. Gart., Jahrg*. XLI. 1900. 2 18 ganze Oberseite so aus. Diese Spuren sollen von Verletzungen her¬ rühren, die sich die Echsen bei den in Australien sehr häufigen Buschbränden zugezogen haben. Sie wühlen sich, wie man mir sagte, in solchem Falle oberflächlich etwas ein, sodaß die kleinen Beine und das Gesicht geschützt sind und lassen dann das Feuer über sich hingehen. Mir scheint diese Erklärung nicht unwahr¬ scheinlich, da ich nur auf der Oberseite solche Verunstaltungen auf¬ finden kann; die ungemein dicken Hornplatten, die eine knöcherne Unterlage besitzen, müssen übrigens einen guten Schutz bilden. Trachysaurus lebt ebensowohl direkt in den mit stacheligem Grase und niederem Gestrüppe bedeckten Dünen am Meere (mein Gewährsmann fand einmal einen auf dem angeschwemmten Seegrase liegen, wo er nach Fliegen schnappte), als auch auf den drei oder vier Hügelreihen, die sich einige Meilen landeinwärts erheben und stellenweise bis zu einigen hundert Meter ansteigen. Da das Tier gänzlich wehrlos ist, sollte man erwarten, daß seine Färbung eine der Umgebung angepaßte ist. Das scheint aber nicht der Fall zu sein, wenigstens ließen die Dünen um die Zeit, wo ich in Austra¬ lien war, nichts ähnliches bemerken. Es war allerdings Mai, d. h. Winterzeit, um welche die Echsen meist schlafen. Es ist wohl möglich, daß die von ihnen bewohnten Lokalitäten in der grellen Beleuchtung des Sommers einen ganz anderen Anblick bieten, der ihrer eigentümlichen Färbung günstiger ist. Es war mir höchst merkwürdig festzustelleu, daß die meisten Reptilien des Landes sich im Winter nicht in die Erde zurück¬ ziehen, wie man nach der Analogie europäischer Saurier annehmen sollte, sondern in abgestorbenen Stämmen Zuflucht suchen. Das Holz der australischen Bäume, insbesondere das der sehr verbreiteten Eucalypten , ist sehr weich und zerfällt, einmal abgestorben, leicht in eine schwarzbraune , erdige , dabei ziemlich haltbare Masse, in der sich gut Gänge graben lassen müssen. Im Winter ist es das beste, trockne Stämme, die übrigens sehr leicht zu spalten sind, mit der Axt zu zerschlagen, um sich so der darin befindlichen Reptilien zu bemächtigen. Ich besitze drei Typhlops und eine Anzahl Eidechsen, die ich selbst auf diese Weise erbeutet habe. Uhrigens wird das Kriech¬ tierleben im Winter keineswegs ganz unterbrochen; Lygosoma lief bei Sydney beispielsweise so häufig herum, daß ich fast annehmen möchte, diese Art hält überhaupt keinen Winterschlaf. Auch bekam ich einzelne Geckonen zu sehen. Diese leben des Sommers an der Außenseite der gewöhnlich in Mannshöhe abgeschlagenen Stämme 19 und ziehen sich bei Störungen unter die lockere Rinde zurück, während sie die kalte Jahreszeit im Inneren ihres Wohnstammes verbringen. Von einem regulären Winterschlafe kann bei australi¬ schen Echsen nicht gut die Rede sein; die Tiere sind, wenn man ihren Aufenthaltsort eröffnet, im Augenblick zwar regungslos, suchen sich dann aber bald zu verkriechen. Man thut jedoch gut, sie sofort aus dem engen Gange, in dem sie gewöhnlich sitzen, herauszuziehen, denn sie entfalten ihre gewöhnliche Behendigkeit, sobald sie sich einmal von den sie umgebenden Holzsplittern losgemacht haben. Auch die Giftschlangen überwintern in der nämlichen Weise. Von größeren Eidechsen fand ich einmal einen Teil einer Amphibo - lurus- Haut au einer ganz trockenen Stelle unter Baumblättern, will jedoch hieraus keineswegs den Schluss ziehen, daß sein ehemaliger Besitzer gerade an diesem Platze überwintert hat. Auch die großen Warane des Landes (meist »Goana« genannt) leben mit Vorliebe in hohlen Bäumen. In Australien sind fast alle größeren Bäume samt ihren stärkeren Zweigen und Asten hohl, welcher Umstand den sie bewohnenden Tieren reichliche Schlupf¬ winkel zur Verfügung stellt. Die Warane sind neugierig oder sehr vorsichtig und sehen bei der Annäherung des Menschen nicht selten aus einem Astloche hervor, um sich zu überzeugen, was es giebt. Da sie sehr schädlich sind, werden sie unbarmherzig verfolgt und können bei solcher Gelegenheit nicht selten geschossen werden. Bei einem Ausfluge von Sydney aus fand ich ein solches Tier, das mein damaliger Begleiter vor einigen Monaten getötet hatte, noch am Fuße des betreffenden Baumes liegen. Ich bewahre den Schädel der mächtigen Echse noch heute auf. Es will mir nach den er¬ wähnten Mitteilungen, die ich von durchaus glaubwürdiger Seite erhielt und die mir mehrfach bestätigt wurden, scheinen, als ob die australischen Warane im Gegensatz zu anderen ihres Geschlechtes in den Bäumen ebensogut wie auf dem Erdboden zu Hause sind. Geschäftsbericht des Zoologischen Gartens zu Hannover für das Betriebsjahr 1898 — 1899. Dem von dem Direktor Dr. E. Schaff erstatteten Berichte entnehmen wir folgende Einzelheiten: Für das verflossene Geschäftsjahr kann, obgleich wieder eine längere Regen- periode den Besuch zeitweise stark beeinträchtigte, eine Steigerung der E in nahmen gegen das Vorjahr sowohl aus Dauer- als auch aus Tageskarten verzeichnet werden. Es wurden für Dauerkarten mehr M. 996.50, für Tageskarten mehr M. 2285.95 vereinnahmt. Die kleineren Einnahmen wiesen ebenfalls eine Zunahme auf. In der Hoffnung, dem Hannoverschen Publikum eine besonders anziehende Sehens¬ würdigkeit zu bieten und gleichzeitig eine Quelle für Extraeinnahmen zu gewinnen, war für mehrere Wochen die in verschiedenen größeren Städten, bezw. Zoologischen Gärten gezeigte Kirgisenkarawane engagiert. Leider zeigte sich , daß unter den in Hannover obwaltenden Verhältnissen derartige Schaustellungen nicht den ge¬ wünschten Erfolg haben, und so werden wir es einstweilen bei dem einmaligen Versuch bewenden lassen müssen. Da die nicht unerheblichen Unkosten dieser Veranstaltung von den Tageseinnahmen vorab bestritten werden mußten, ist die Gesamt - Mehreinnahme dieses Jahres hinter unseren Erwartungen etwas zurück¬ geblieben. Der Garten wurde besucht (gegen Eintrittsgeld von 148 899 Erwachsenen und 88 238 Kindern. 11 358 Schüler hiesiger Anstalten erhielten freien Eintritt, und 2846 auswärtigen Schulkindern wurden ermäßigte Eintrittspreise gewährt. Für Verbesserungen und Verschönerungen wurde im ver¬ gangenen Jahre eine verhältnismäßig hohe Summe aufgewendet, und zwar ent¬ faltete sich die Bauthätigkeit im Anschluß an die neuen Be- und Entwässerungs¬ anlagen mehr auf dem Felde des Nützlichen, was aber die Besucher des Gartens, wie wir hoffen, nicht weniger angenehm empfinden werden. Ebenfalls im Anschluß an die Kanalisation des Gartens wurden die Einrichtungen des Raubtierhauses wesentlich verbessert, das außerdem mehrere große Oberlichtfenster und einen ge¬ schmackvollen Anstrich im Zuschauerraume erhielt. Die im vorigen Jahre be¬ gonnene neue innere Einrichtung des Schmuckvogelhauses wurde fertiggestellt, und dieses sowohl, wie das Stelzvogelhaus, erhielten einen neuen, höchst malerisch wirkenden Anstrich, der sich bei ersterem auch auf den Innenraum erstreckte, so daß dieses jedem Besucher des Gartens zuerst ins Auge fallende Gebäude sich in völlig neuem Gewände zeigt. Das frühere, in Verfall geratene Bibergehege wurde nach Plänen des Stadtgartendirektors Trip zu einem großen Becken umgewandelt, in das sich über prächtige Felsengrotten ein kleiner Wasserfall ergießt. Es wurde vorläufig einem Seelöwen zum Aufenthalt angewiesen. Der übermäßig ausgedehnte Kinderspielplatz wurde auf den entlegeneren Teil des Platzes beschränkt, während der frei werdende vordere Teil durch Anlage eines großen Rasens ein wesentlich freundlicheres Aussehen erhielt. Endlich ist noch anzuführen, daß in den Bureau¬ räumen einige nicht unwesentliche Verbesserungen getroffen wurden. Das Futterkonto hat gegen das Vorjahr eine etwas auffallende Höhe erreicht, die aber auch in früheren Jahren teils erreicht, teils sogar überschritten worden ist. Es hängt dies einmal mit den wechselnden Preisen der Futtermittel, andererseits mit dem wechselnden Tierbestande zusammen. Im vorliegenden Falle hatten wir eine ganze Anzahl größerer, kostspielig zu unterhaltender Tiere mehr als vorher. Das Tierkonto ergab trotz eines Verlustes von M. 4050.50 dennoch durch Geschenke und- Geburten im Betrage von M.3380. — , bezw. M. 1700. — zum ersten Male einen Überschuß. Die Verlustziffer ist etwas höher als im Jahre vorher, bleibt aber hinter der des Jahres 1896/97 zurück. An wertvolleren Tieren büßten wir u. a. ein: Ein Streifengnu (den ältesten Insassen des Antilopenhauses), eine Rentierkuh, einen Lämmergeier, eine Aristoteleshirschkuh und einen Leoparden. — 21 — Nachzucht erhielten wir von Känguruhs, Stachelschweinen, Goldhasen, Wapitis, Dam- und Schweinshirschen, Büffeln, Zebus, Lamas, Braunen und Nasenbären, Babuinen und Rhesusaffen, Virginischen Uhus, Fasanen u. s. w. Sehr erfreulich war der Zugang an Geschenken, unter denen besonders der von den Herren Gebr. Körting gestiftete prächtige Somaiilöwe hervorragt. Weiter nennen wir die Herren Paul Rickmers in Bremerhaven und Capitain B e r n d t in Dar-es- S a 1 a a m , denen wir eine Anzahl wertvollerer ausländischer Tiere verdanken. Gewinn- und Verlust-Konto am 31. März 1899. An Betriebs-Konto: Musik-Unkosten . 28 087 50 Wasserverbrauch . 537 15 Bekleidung der Wärter . 809 37 Kohlen und Kokes . 1 655 32 Reparaturen . 14 223 79 45 263 13 » Futter-K on to: Gesamt-Verbrauch . 39 904 44 » Zinsen-Konto: Zinsen, Saldo . 9 155 62 » Handlungsunkosten-Konto: Gehalte und Löhne . 27 908 75 Invaliditäts-, Krankenkasse- u. Unfallvers.-Beiträge 949 89 Allgemeine Unkosten (Verwaltungskosten, Ver¬ sicherung, Steuer, Drucksachen, Porti, In¬ serate u. s. w.) . 9 797 35 38 655 99 » Abschreibungen: auf Bauten -Konto . . 7 701 70 » Wasseranlage-Konto . 2 374 71 » Tier-Konto . 4 885 28 » Inventar-Konto . 1 319 57 Zuweisung zum Reservefonds . 1 000 — » » Beamt en-Unterstützungsfonds . 1 000 — 18 281 26 Summa 151 260 44 Kredit. Per Dauerkarten-Eiunahme . 52 269 50 » Tages-Einnahme . 76058 35 ab Unkosten für die Kirgisentruppe . . . . 6 132 60 69 925 75 » Vertragsmäßige Leistungen des Wirtes: Pacht . 10 000 — - Beitrag zur Musik . ^ . . 14 028 10 24 028 10 Transport 22 Transport Per Verschiedene Einnahmen (Eier- n. Dünger- Verkauf, Ponyreiten etc.) . » Tier-Konto: Gehurten in 1898/99 . Geschenke . ah Verluste in 1898/99 . M. Pf. M. Pf. 24 028 10 8 999 59 1 700 - 8 388 — 5 088 — 4 050 50 1 037 50 Summa 151 260 44 Bilanz -Konto am 31. März 1899. Aktiva. Bauten-Konto: M pf Bestand am 31. März 1898 . . 200 000 — Zugang in 1898/99 . 2 701 70 202 701 70 ab Abschreibung . 7 701 70 Wasseranlage-Konto: Bestand am 31. März 1898 . 44 000 — Zugang in 1898/99 . 28 374 71 72 374 71 ab Abschreibung . 2 374 71 M. Pf. 195 000 70 000 Tier-Konto: Bestand am 31. März 1898 . 39 000 — Zugang durch Kauf in 1898/99 . 13 881 33 Zugang durch Gewinn in 1898/99 .... 1 037 50 53 918 83 ab durch Verkauf . 4 033 55 49 885 28 ab durch Abschreibung . 4 885 28 Inventar - Konto: 45 000 — Bestand am 31. März 1898 . 2 387 66 Zugang in 1898/99 . 329 68 2 717 34 ab Abschreibung 1 319 57 Transport 1 397 77 — 23 — M. Pf. M. Pf. Transport 1 897 77 Kassa-Konto : Kassa-Bestand . . 137 42 Reservefonds-Konto: Bestand am 31. März 1898 . 6 407 48 Zugang in 1898/99 Zinsen . 177 21 6 584 69 Beamten-Ünterstützungsfonds-Konto: Bestand am 81. März 1898 . . 6 626 96 Zugang in 1898/99 Zinsen . 197 97 6 824 93 Summa 324 944 81 Passiva. Aktien-Kapital-Konto . 148740 — Anleihe-Konto: Darlehn der Stadtkasse . . 84 297 58 amortisiert in 1898/99 . . 964 58 88 333 — Kanalhau- Anleih e-Konto . 7 393 91 amortisiert in 1898/99 . 151 18 7 242 73 Anleihe für Wasseranlage . 59 400 — Anleihe -Z in sen-Konto: Zinsen auf M. 83 333. — vom 1. Januar his 31. März 1899 729 16 Kreditoren . . . 10 090 30 Reservefonds-Konto . 6 584 69 Zuweisung . 1 000 — 7 584 69 Beamten-Unterstützungsfonds-Konto . . . 6 824 93 Zuweisung . . 1 000 — 7 824 93 Summa 324 944 81 Bttgr. Kleinere Mitteilungen. Tragezeit des Indischen Elefanten. Ende vorigen Jahres ist nach Mahintek hei Keng-tung in den südlichen Shan- Staaten (Hinterindien) ein Elefant in der Gefangenschaft geboren worden. Die Einzelheiten des Falles sind folgende. Im Januar 1897 hatte ein Zug Elefanten an der Täkaw-Fähre des Salween Flusses auf einen andern Zug Elefanten zu warten, der vom Fort Stedman Lebensmittel zur Fähre bringen sollte. Bei dieser Gelegenheit wurde ein Elefanten¬ weibchen am 8. Januar 1897 von einem Männchen des nämlichen Zuges belegt. 24 Das Junge wurde am 8. Dezember 1898 geboren. Danach war die Tragezeit also genau 23 Monate. Die Euter des Weibchens fingen schon seit April oder Mai des zweiten Jahres an zu schwellen. Ein oder zwei Tage lang erlaubte die Mutter überhaupt keine Annäherung des Jungen; sie schlug es mit dem Rüssel ab, ja sie versuchte es sogar zu erdrücken. Dies gelang ihr aber nicht, da sie gefesselt war. Am Abend des zweiten Tages wurde ein zweites Elefantenweibchen in die Nähe gebracht, das sich sofort des Jungen annahm und die Mutter zu besänftigen, resp. mit dem Rüssel zu bearbeiten begann. Am Abende des dritten Tages legte sich endlich die Wut der Mutter. Man befreite sie von ihren Fesseln und erlaubte ihr mit dem Jungen umherzugehen. Aber aueh jetzt duldete sie noch nicht, daß es an ihr saugte. Während der ersten Lebenstage mußte das Junge deshalb ver¬ mittelst eines Bambusrohres mit Büffelmilch künstlich ernährt werden. Erst am fünften Tage nahm die Mutter das Junge an, säugte es und pflegte es von nun an mit großer Sorgfalt. Das Elefantenkälbchen ist augenblicklich noch sehr schwach und zart und wankt in höchst komischer Weise umher. Ehe die Mutter sich seiner angenommen hatte, taumelte es auf eigene Faust in dem Raume herum und folgte jedem, der sich ihm nahte, um ihn um Nahrung anzubetteln. Es versuchte zu saugen, sobald man ihm die Hand ans Maul brachte. Von Zeit zu Zeit blieb es stehen und verriet durch Schreien sein Mißbehagen. Bei der Gebart war es 2' 8" hoch und ziemlich dünnbeinig (»leggy«); der Rumpf war etwa 18" lang, schwarz und stark behaart, der Kopf unverhältnismäßig groß; die Ohren waren umgeschlagen und unbeweglich; die Augeneinfassung erschien stark gerötet. Ein »F. T. P.« Unterzeichneter Beobachter bemerkt zu diesen Ausführungen noch, daß es ihm bekannt gewesen sei, daß die Trächtigkeitsdauer des Elefanten sich auf 22 — 24 Monate belaufe, und zwar in der Weise, daß männliche Kälber eine längere Tragezeit beanspruchten als weibliche. (Nach »Field« Vol. 93, 1899 p. 277 u. 813.) Bttgr. Die Schwarzamsel und ihre Niststätte. Im April dieses Jahres nistete ein Amselpaar in einem Erbsrutenhaufen etwa ein Meter vom Erdboden entfernt. Da einerseits das Nest sehr ungünstig angebracht war und unfehlbar von umherstrolchenden Katzen entdeckt worden wäre, andererseits aber die Erbs- ruten später verwendet werden sollten, so hielt ich es für das richtigste, von vorn¬ herein die Amsel am Weiterbau zu hindern, ehe sie ihre Eier abgelegt hätte. Deshalb nahm ich denn eines Morgens das fast vollendete Nest fort. Rührend war der Anblick, wie das Weibchen neues Nistmaterial herbeitrug, lange Zeit auf einer Stelle 'saß und traurig die einstige Niststätte betrachtete. Noch öfters kehrte es wieder zu dem Platze zurück, als könnte es nicht begreifen, daß sein Nest zerstört sein sollte in einem Parke, in dem den Vögeln sonst in jeder Weise Schutz zu teil wurde. Es nistete dann später wiederum in einem Erbsruten¬ haufen. Diesmal konnte ich mich aber nicht wieder entschließen, das Familienglück zu zerstören. Ich verwandte große Sorge auf das Wohl der Sänger, und die Jungen schlüpften auch glücklich aus. Dr. Victor Hornung. Star und Haussperling. Heftig sind die Anklagen, die man gegen unsern Graurock, den Sperling, erhebt, und besonders deshalb wird über ihn der Stab gebrochen, weil er nützliche Vögel aus seinem Brutbezirke vertreibt, ja sogar ihre Nester zerstört. Verschiedentlich wurde beispielsweise beobachtet, daß Schwalben ihren Hausstand räumen mußten, um ihn den frechen Socialdemokraten zu über- 25 lassen. Auch an unserm Wohnhause nisten jährlich verschiedene Paare des Haus¬ sperlings, teils unterhalb des großen Glasturmes, teils unter der sehr geräumigen Veranda. Ein Sperlingspaar hatte nun ein sicheres Plätzchen als Winterschlaf¬ stätte benutzt, und, als Ende Februar die ersten linden Frühlingslüfte wehten, trug es schon zu Neste. Da nahte plötzlich das Ungemach. Ein Starenpärchen schien die nämliche Stelle für besonders geeignet zu halten, um sie als zukünftige Wiege für seine Nachkommenschaft zu benutzen. Rücksichtslos drangen die Stare in das Spatzenheim ein, und zwischen beiden Vogelpaaren kam es häufig zu er¬ bitterten Kämpfen, in denen die Stare aber stets den Sieg davontrugen. Laut schimpfend saßen die Sperlingsgatten da und folgten stets den Staren nach, sobald diese in ihr Nest eindrangen. Zu bemerken ist noch, daß die Niststätte sehr un¬ günstig lag. Sie bestand in einem etwa l1/ 2 m langen, zum Schutz der Dach¬ rinne angebrachten, schmalen blechernen Kasten, dessen Boden an beiden Enden ein kleines, viereckiges Loch besaß, durch das die Vögel nur auf die Weise in das Innere gelangen konnten, daß sie sich von unten her durch die zwei schmalen Öffnungen hindurchzwängten. Namentlich die Stare hatten dabei infolge ihrer Größe sehr große Unbequemlichkeiten. Jedenfalls schienen die Stare aber den Sperlingen großen Respekt eingeflößt zu haben. Näherte sich nur einer dem Lieb¬ lingsplatze der grauen Proletarier, so erhoben diese ein klägliches Angstgeschrei ; in der Nähe weilende Spatzenfamilien kamen hinzu und stimmten in den Lärm mit ein, so daß ich mehr denn einmal ins Freie eilte, da ich eine Katze vermutete. Gespannt war ich nun, welches von beiden Vogelpaaren wohl endgültig den Nist¬ platz behaupten würde. Mit Freuden konnte ich dann bemerken, wie das Staren- paar emsig baute, den Sperlingen das Nest mit Gewalt nahm und seine Jungen glücklich großzog. Interessant ist nun ferner noch die Thatsache, daß die Stare stets von der hinteren Öffnung her das Innere aufsuchten und in dem hinteren Teile des Blechkastens ihr Heim aufschlugen. In dem mittleren Teile baute da¬ gegen ein Paar des Mauerseglers ( Cypselus apus L.), so daß beide Vogelpaare in ein und demselben Kasten in einer Entfernung von etwa 50 cm ihre Nester her¬ richteten und friedlich und emsig ihren Elternpflichten oblagen, ohne durch eine Scheidewand getrennt zu sein. Die Mauersegler suchten stets durch die vordere Öffnung ihr Nest auf. Häufig konnte ich hören, wie die Stare, die bereits den Eiern entschlüpft waren, heftig piepten, wenn die Mauersegler ihren Nestplatz auf¬ suchten, da die hungrigen Kleinen wohl ihre Eltern vermuteten. — Diese Be¬ obachtung beansprucht noch deshalb besonderes Interesse, da ja die Stare die Sperlinge heftig verfolgten, sobald sie sich nur ihrer Niststätte näherten, während sie mit den Seglern in holder Eintracht zusammenlebten. Dr. Victor Hornung. Der leuchtende Tausendfuß (Geophilus electricus). Zu den interessan¬ testen Vertretern der Chilopoden gehören unstreitig die Arten, welche sich durch ihr Leuchtvermögen vor den Verwandten auszeichnen. Für uns kommt in erster Linie der G. electricus in Betracht. Am 80. März dieses Jahres machte ich abends 11 Uhr noch einen kleinen Gang durch den Garten1) und bemerkte am Erdboden ein in mattem, bläulichen Lichte schimmerndes, schlingenförmiges Gebilde. An¬ fänglich glaubte ich, daß das Leuchten vielleicht durch faules Holz verursacht 0 In Bielefeld. — Auch in den Frankfurter Gärten wurde die Art im Herbst 1898 häufiger beobachtet als je zuvor. Bttgr. 26 würde. Zwecks näherer Untersuchung steckte ich ein Zündholz an und sah nun, daß ein schlanker Tausendfuß diesen phosphorartigen Schein verbreitete. Ich fing ihn ein, und auch im dunklen Keller leuchtete er noch prächtig. Nunmehr brachte i.h ihn in einen hellerleuchteten Raum, um mich, nach Verlauf von zwanzig Minuten, nochmals an dem milden Scheine zu ergötzen; aber seltsamerweise war dieser nun¬ mehr völlig verschwunden. Ich stellte ihn nun in einem Gläschen neben mein Bett, konnte aber das Leuchten trotz aufmerksamer und längerer Beobachtung nicht wieder wahrnehmen. In der Litteratur fand ich angegeben, daß die Tiere nicht das ganze Jahr hindurch leuchteten, sondern nur etwa von Ende September bis Mitte November, eine Angabe, die durch vorliegende Beobachtung etwas erschüttert wird. Bas Leuchten selbst wird durch einen Saft hervorgebracht, der beim Drücken des Tieres aus kleinen Bauch Öffnungen austritt, und der an den Fingern haftend auch diese in einem matten Scheine leuchten läßt. Dr. Victor Hornung. Neue Stütze für die Evolutionstheorie. Allgemein bekannt ist die Rolle, die Planorbis multiformis, eine tertiäre Süßwasserschnecke aus Stein¬ heim bei Ulm, und ebenso die Schnecken und Muscheln aus den sogenannten »Paludinenschichten« Slavoniens als wichtige Stützen für die Entwicklungslehre gespielt haben. Prof. Sp. Brusina in Agram ist es nun neuerdings gelungen, die ganz lückenlose Entwicklungsreihe einer weiteren Süß wasserschnecke, der heute noch in den heißen Quellen von Großwardein in Ungarn lebenden Melanopsis parreyssi,. zu entdecken, die mit ihren direkten Vorfahren mindestens bis in die älteste Pliocänzeit zurückreicht und allen Jahrtausenden bis heute getrotzt hat. Dieser Fund ist um so beachtenswerter, als M. parreyssi eine der sehr spärlichen Schnecken ist, die sich aus dem Tertiärsystem noch bis in die Jetztzeit, lebend erhalten haben, während die zahlreichen übrigen Arten und Varietäten, die früher mit ihr zusammenlebten und die unstreitig eine mit ihr gemeinsame Abstammung besitzen, in den um Großwardein liegenden Tertiär- und Quartärbildungen, ohne Nachkommen zu hinterlassen, bereits ausgestorben sind. Brusina glaubt mit Recht, daß diese Entdeckung der direkteste und wegen der Häufigkeit der dort zu sam¬ melnden Individuen leichtest vor Augen zu führende bis jetzt bekannte Beweis für die Evolutionslehre sein wird. Bttgr. Ein in der Südsee beobachteter Fischzug. Einem Briefe meines Bruders, der gegenwärtig stellvertretender Gouverneur in Deutsch-Neuguinea ist, entnehme ich folgende Mitteilungen über einen von ihm während eines Kriegs¬ zuges nach den Salomonsinseln beobachteten Massenzug von Fischen. In dem vom 18. April vor. J. datierten Schreiben heißt es: »Das Meer wimmelt stellenweise von Fischen; doch habe ich nie so viele gesehen, als damals, wo ein gewaltiger Fisch schwärm unmittelbar an unser (Segel-) Schiff herankam. Durcheinander springend versetzten sie das Wasser in eine sprudelnde Bewegung und näherten sich uns mehr und mehr. Die großen verschlangen die kleineren. Uber dieser wogenden Masse schwebte eine mächtige Wolke von Vögeln, aus der von Zeit zu Zeit ein beutegieriger Räuber auf die Millionen sich drängender Fische her¬ niederschoß. In der Mitte des Zuges befanden sich drei gewaltige Walfische, die von Zeit zu Zeit ihr ungeheures Maul aufreißend ungeahnte Mengen der Flossen¬ träger hinunterschluckten. Es war ein Anblick, wie ihn wenige Menschen genossen haben werden; selbst unser Kapitän und Steuermann erklärten einstimmig, der- 27 artiges noch nie gesehen zu haben! Um den eigenartigen Anblick ganz zu genießen, ließen wir den Schwarm ruhig vorüberziehen, wobei der eine Wal bis auf etwa zehn Meter an unser Schiff herankam.« Dr. Schnee. Über das Vorkommen von Pelobates fuscus Laur. bei Kohlo (Kreis Sorau). Am 21. Februar 1899 ließ ich aus der Sandgrube an der »Neuen Heide* zur Verbesserung des Weges auf dem Hofe des Dominiums Kohlo Sand fahren- Nachdem gegen Abend wieder eine Fuhre abgeladen und dieser Sand auf dem Wege ausgebreitet worden war, bemerkte ich darin einen Gegenstand. Ich nahm ihn in die Hand, entfernte den Sand und hatte einen Pelobates fuscus Laur. ge¬ funden. Der Frosch befand sich vollständig in Erstarrung; aber in der warmen Stube kam er bald wieder zu sich. Der Pelobates hatte sich offenbar zum Winter¬ schlafe in die Grube zurückgezogen und mußte nun unfreiwillig daraus erwachen. Am 28. Mai ging ich in der gleichen Gegend über eine Schafweide und fand hier mehrere Pelobates fuscus. Die Tage zuvor hatte es tüchtig geregnet , und auch an diesem Tage war recht trübes Wetter. ' Ich glaube demnach bestimmt, daß die Knoblauchskröte hier einheimisch und nicht selten ist. Als Nachbemerkung erlaube ich mir noch mitzuteilen, daß ich in dem Dorf teiche, dem »Heller« und der »Eipuhle« Rana temporaria L., Rana arvalis und Rana esculenta L. zur Laichzeit gefangen habe. Ferner sah ich in der »Eipuhle« mehrere Male Molge vulgaris L. sein Spiel treiben. F. La es ecke. Über die Lebensdauer der Vögel. In einer kürzlich im Ibis Bd. 5 p. 19 — 42 erschienenen Arbeit behandelt J. G. Gurney mit allen sich daran knüpfenden Fragen das Alter der Vögel, ein Gebiet der Ornithologie, von dem man bis jetzt sehr wenig weiß. Die Notizen sind nach eigenen Beobachtungen, Bund¬ fragen bei Fachgenossen und Angaben in der Litterätur zusammengetragen worden. Eine Übersicht giebt die Lebensdauer einiger Arten. Es wird z. B. Cacatua galerita und Anser cinereus mit 80, Corvus corax mit 69, Bubo maximus mit 68, Aquila imperialis mit 56, Helotarsus ecaudatus (noch lebend) mit 55, Sarcorhamphus gryphus (noch lebend) mit 52 und Psittacus erithacus mit 50 Jahren aufgeführt. Die drei ältest gewordenen Vögel, von denen man das Geschlecht kennt, sind Weibchen: Anser domesticus mit 80, Bubo maximus mit 68 und Coracopsis vasa mit 54 Jahren. Am Schluß der interessanten Arbeit stellt der Verf. sechs Sätze zur Discussion und zur weiteren Beobachtung: 1. Leben die Arten" einzelner Familien länger als die anderer? 2. Leben Weibchen länger als Männchen? 3. Sind Arten, deren Brutzeit länger dauert, langlebiger? 4. Leben größere Vögel länger als kleinere? 5. Leben Vögel im allgemeinen ebenso lange wie Säugetiere? 6. Leben Vögel, die nur ein Ei legen, länger als solche, die zehn Eier legen? (Nach Reichenows Ornitholog. Monatsber. Jahrg. 7, 1899 p. 118.) Bttgr. Fluggeschwindigkeit des Eisvogels ( Alcedo ispidah.). Lokomotiv¬ führer H. Härri, von dessen Bestimmung der Geschwindigkeit des Fluges der Wildente ich im vorigen Jahrgang dieser Zeitschrift p. 259 Mitteilung gemacht habe, hat neuerdings Gelegenheit gehabt, auch die Fluggeschwindigkeit eines Eis¬ vogels direkt zu messen, der eine Strecke von 400 Meter weit einem Graben entlang vor der Maschine herflog. Der Beobachter konnte die Schnelligkeit mit 58 Kilometer die Stunde feststellen. Bttgr. Fossile Saiga-Antilope in Westpreußen. Das Provinzial-Museum in Danzig, das schon so viele interessante Funde aus Westpreußen in sich vereinigt, hat kürzlich den fossilen Schädel einer Saiga- Antilope erhalten, der in einer diluvialen Ablagerung der Umgegend von Kulm an der Weichsel gefunden worden ist. Augen¬ blicklich befindet sich das wichtige Fossil in Berlin, um von Prof. Dr. A. Ne h ring beschrieben zu werden. Die Saiga- Antilope gehört heute zu den Charaktertieren der Steppen des Wolgagebietes und Südwest-Sibiriens. Während eines gewissen Abschnittes der Diluvialzeit war sie bis nach Westfrankreich verbreitet. In Deutsch¬ land sind ihre Fossilreste bisher nur sehr einzeln nachgewiesen worden; genau ge¬ nommen dürfte der vorliegende Schädel überhaupt erst der zweite sichere Fund aus deutschem Gebiete sein. (Nach »Deutsche Warte«, Abendblatt No. 171 v. 23. Juni, Berlin 1899.) Bttgr. Litteratur. Dir. Hagmann, Zoologischer Garten Basel. Verzeichnis der Tiere und Plan des Gartens zur Orientierung für die Besucher. 4. Aufl. Basel 1899. 8°. 31 pg. 4 Taf., Plan. — Preis 30 Cts. In geschmackvollem Gewände bietet uns Hag mann, der verdienstvolle Leiter des Baseler Gartens, eine neue Auflage des Führers, der die auf den Besuch des Gartens bezüglichen Bestimmungen, das wichtigste aus der Geschichte des Gartens und ein nach ihren Behausungen geordnetes Verzeichnis der Tiere in deutscher, französischer und lateinischer Sprache enthält, die in dem Garten mehr oder weniger regelmäßig anzutreffen sind. Aus dem Kapitel über die Geschichte greife ich heraus, daß sich die Aktiengesellschaft zur Gründung des Gartens am 20. Febr. 1873 bildete und daß schon im folgenden Mai die Arbeiten in Angriff genommen wurden. Die Er¬ öffnung des Gartens fand am 3. Juli 1874 statt, so daß er in diesen Tagen das Fest seines 25jährigen Bestandes feiern konnte. Anfangs hatte das Institut mit erheblichen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen, so daß es im Jahre 1876 der Opferwilligkeit der ganzen Einwohnerschaft der Stadt bedurfte, um das Unternehmen zu halten. Das Areal des Gartens war anfangs Eigentum des Bürgerspitales und der Gesellschaft pachtweise überlassen worden bis zum Jahre 1891, wo es in den Besitz des Staates überging. Von da ab wurde es der Gesellschaft zu unentgeltlicher Benutzung anvertraut, und zwar auf unbestimmte Zeit, falls nicht bis 1. Oktober 1924 eine Kündigung erfolgt. Der Garten hat zur Zeit einen Flächeninhalt von 6,19 Hektar, das daran anstoßende, vom Bürgerspital gepachtete Kulturland mißt 3,46 Hektar, zusammen 9,65 Hektar. — Geschmückt ist das Heftchen mit den Bildern des unteren Teiches und des Elefanten-, des Raubvogel- und des Hirschhauses, sowie mit reizenden Vignetten auf dem Umschläge, die von der Künstlerhand J. Billeter’s herrühren. Bttgr. Prof. Dr. C. Keller, Verwilderte Haustiere in Sardinien. Sep.-Abdr. aus »Globus« Bd. 75, Braunschweig, Verlag v. Fr. Vieweg & Sohn, 1899 p. 372 — 375. Mit Ausnahme des Schafes können unter gewissen Umständen alle übrigen Haustierarten zum freien Naturleben zurückkehren. Auf europäischem Boden bietet nach dieser Richtung die Insel Sardinien die interessantesten und zahlreichsten 29 Belege, da hier nicht blos die Ziege, sondern auch Pferd und Esel, Katze und Schwein verwildert Vorkommen. Der Verf. sucht in der vorliegenden Arbeit die Ursachen für diese auffallende Erscheinung zu ergründen und beschäftigt sich namentlich eingehend mit der Frage der Abstammung der in Sardinien häufigen Wildkatze, von der er das Skelett und vier Bälge zu untersuchen Gelegenheit hatte. Bekanntlich hat G. Martorelli1) sie 1896 für nächst verwandt mit der nordafri¬ kanischen Falbkatze erklärt und als deren Abart Felis mediterranea genannt, während L. v. Liburnau2) sie 1897 für absolut identisch mit Felis caffra hält. Unser Autor neigt sich nun der Ansicht zu, daß die sardinische Wildkatze eine verwilderte Rückschlagsform der dortigen Hauskatze ist, die, im Mittelalter von den Arabern aus Ägypten auf die Insel eingeführt, die primitive Form der Stamm¬ art unserer Hauskatze beibehalten und nur wenig verändert habe. Körperform, Färbung und Zeichnung und Schädelbau entsprächen durchaus denen der falben Hauskatzenrasse, wie man sie heute noch in der Umgebung des Roten Meeres findet. Bttgr. Prof. Dr. Schauinsland, Drei Monate auf einer Koralleninsel (Laysan). Bremen 1899, Verlag von M. Nössler. 8°. 104 pg. — Preis M. 1.50. Der Verfasser schildert in diesem Buche höchst anziehend Natur und Be¬ wohner der Sandwichsinseln und vor allem seinen Aufenthalt auf der kleinen, ein¬ samen Koralleninsel Laysan, die unter 25° 46' N. B. und 171° 49' W. L. von Honolulu ungefähr 800 Seemeilen entfernt ist, und macht uns mit deren Bau und ihrer höchst eigenartigen Flora und Fauna bekannt. Nur zwei- bis dreimal im Sommer laufen Schiffe — bei günstigem Wetter nach etwa sechstägiger Fahrt — die weltverlassene Insel an , um dort Guano einzuladen. Die Untersuchungen Schauinslands haben ergeben, daß Rollstücke von Basalt, die er fand, als Reste des aus vulkanischem Gestein bestehenden Kernes der Insel aufzufassen sind. Korallen siedelten sich auf diesem Kerne an, und Hebungen und Senkungen, die die Korallenbildungen bald zerstörten, bald wieder neu entstehen ließen, erzeugten in ungezählten Jahrtausenden die jetzige Oberflächengestalt der Insel. Die Speciali- sierung der Tierwelt beweist das hohe Alter dieser und ähnlicher Koralleninseln oder doch wenigstens die Nähe eines sehr alten, nun verschwundenen Landes, von dem die Fauna herkam. Sicher ist, daß die westlich gelegenen Inseln der Sand- wichsgiuppe im Vergleich zu den übrigen die älteren sind. Die fünf endemischen Landvögel (drei Singvögel, eine Ralle und eine Ente) sind als Überrest der Fauna jenes vorhin erwähnten, jetzt zum größten Teil untergetauchten Landes, der sich auf diese Insel gerettet hat, aufzufassen. Die Herrscher auf Laysan aber sind die Seevögel, denen sie sich unterordnen mußten, und durch die sie z. T. auch wieder ihr Dasein fristen. So hat ein Finkenvogel ( Telespizci cantans Wils) die Körner¬ nahrung aufgegeben und lebt jetzt von den Eiern der brütenden Seevögel, und die Ralle (. Vorzanula joalmeri Froh.) hat ihre Flugfälligkeit eingebüßt und nährt sich z. T. ebenfalls vom Inhalt der zerbrochenen Eier und den Leichen dieser Vögel. Auch auf dieser Insel ließ sich die Furchtlosigkeit und das vertrauensselige Wesen der meisten Vögel gut beobachten; nur die Vogelgäste, die aus weiterer Ferne kamen, machten in dieser Beziehung eine Ausnahme. Laysan ist ein wahres Vogel¬ paradies; ungeheuer sind die Mengen der Seevögel, die hier neben, über und unter i) Vergl. Zool. Garten 1898 p. 295. a) Vgl. ebenda p. 70, einander nisten und zwar in der Weise, daß wenn die eine Art mit ihrem Brut¬ geschäfte fertig ist, eine andere sie sofort ablöst. Alle diese Seevögel, die auf Laysan brüten, legen nur ein Ei oder erbrüten doch wenigstens stets nur ein Junges. Es würde zu weit führen, hier eine Aufzählung aller dieser Yogelarten zu geben; die zahlreichen biologischen Mitteilungen, die der Verfasser namentlich über sie, aber auch über die Seeschildkröte ( Chelone viridis Schneid.) und über verschiedene Meeresfische macht, sind in hohem Grade anziehend und eines kurzen Auszuges nicht wohl fähig. Wir können unsern Lesern nur dringend empfehlen, das liebens¬ würdige Buch zu kaufen und eingehend zu studieren. Bttgr. Führer durch den Garten der Kon. Zoolog. Genootschap „Natura Artis Magistra“ zu Amsterdam. Amsterdam 1899, 8°. 82 pg., 62 Fig., Plan. Es ist dies ein gefälliges, reich illustriertes Büchlein, das' die rührige Ver¬ waltung des Amsterdamer Gartens ihren Besuchern mit auf den Weg giebt. Das Institut besteht bekanntlich aus einem zoologischen Garten und einem zoologischen Museum, einem Museum für niederländische Tiere, die z. T. in schönen, natürlichen Gruppen aufgestellt sind, aus einem Insektenhaus mit lebenden Schmetterlingen und Käfern, einem See- und Süßwasser-Aquarium, einem ethnographischen Museum und einer naturhistorischen Bibliothek mit Lesesaal. Der Eintrittspreis für Fremde beträgt 50 cts., an Konzertabenden 1 fl. Es wird genügen, da wir den Garten neuerdings wiederholt es. Zool. Garten 1899 p. 5 — 9 und 26 —80) besprochen haben, hier nur auf das Erscheinen dieses Führers aufmerksam zu machen und einige der gebotenen Abbildungen kurz zu erwähnen. Wir sehen als Titelbild den breiten Hauptweg in den Garten mit seinen schattigen Bäumen und Ruhebänken, dann folgen Bilder des Lama- und Kamelparkes mit seinen Insassen, die Abbildung eines Schimpanse, Affenhaus, Straußvoliere, Pelikan- und Schwanenweißer, Europäische und Amerikanische Bisons, die großartige Sammlung von Kranichen, Reihern und Störchen, Raubtier-, Elefanten-, Dickhäuter- und Antilopenhaus, Raubvogelgalerie, Zoologisches und Ethnographisches Museum, Nilpferdhaus, Skelettsammlung, Seehunds- und See- löwen-Bassin, Hirschparks, Molkerei, Aquarium, Fasanen- und Ibisgehege, Insekten¬ haus, Bibliotheksgebäude, Museum für niederländische Tiere, Zebra- und Gnustall, Biberbassin, Bärenzwinger, Gebäude für Muntjak und Eulen, Seeschwalben und Singvögel u. s. w. Den Schluß macht eine Abbildung des großen Konzertsaales und der daranstoßenden Veranda während der Blumenausstellung vom 16—20. April 1899 bei elektrischer Beleuchtung und ein Plan des Gartens zur leichteren Orientierung für den Besucher. Bttgr. Dr. E. Rey, Die Eier der Vögel Mitteleuropas. Vollständig in 25 Lief, ä 5 Taf. nebst Text mit über 1200 Einzelbildern in Farbendruck. Gera -Untermhaus, Verlag v. Fr. E. Köhler 1900 (1899). 8°. Lief. 1. — Preis pro Lief. M. 2. — Die Oologie oder Eierkunde, die sich ausschließlich mit den äußeren Eigen¬ tümlichkeiten der Vogeleier beschäftigt, hat es verstanden, sich schnell auf den Standpunkt einer exakten Wissenschaft emporzuarbeiten, seitdem sie gezeigt hat, daß die Charaktere der Eischale keine Zufälligkeiten sind, sondern daß sie ein nicht zu unterschätzendes Kriterium für die verwandtschaftlichen Beziehungen der Vogel¬ gruppen unter einander auch da noch abzugeben imstande sind, wo die hierauf be¬ züglichen Merkmale, die der Vogel an sich selbst bietet, durch Anpassung an ver- 31 änderte Lebensbedingungen undeutlich geworden oder gänzlich verwischt worden waren. Darum ist sie nach ihrem heutigen Stande für die gruppierende Systematik gradezu unentbehrlich geworden. Das in seiner ersten Lieferung vorliegende, mit fünf prächtigen Farbentafeln geschmückte Buch soll das Bädeker’sche Eierwerk ergänzen und ersetzen, das bei allen seinen Vorzügen doch in der bildlichen Darstellung gewisse Mängel zeigt, ein unhandliches Format besitzt, erheblich teurer und überdies im Buchhandel vergriffen ist. Daß uns der Verfasser etwas gutes und ganzes bieten wird, dafür bürgt sein in der Oologie rühmlichst bekannter Name. Einer der ersten Vorzüge des Werkes wird sein, daß der Stoff und die angewandte Systematik wesent¬ lich vom oologischen Standpunkt aus behandelt und durchgeführt werden soll, und daß das gebotene Material in seiner ganzen Variabilität in Beschreibung und Ab¬ bildung zur Darstellung kommen wird. So sind z. B. für Kuckuckseier allein zwei Tafeln vorgesehen. Zur Erleichterung der Bestimmung wird auch der Umstand erheb¬ lich beitragen, daß im Text auf die Unterscheidungsmerkmale ähnlicher Eier verschie¬ dener Vogelarten ein ganz besonderes Gewicht gelegt und daß Nest und Art des Nistens, Brutzeit und Brutgebiet eingehend behandelt werden sollen. Exoten werden nicht aufgenommen; die Beschreibung bezieht sich nur auf paläarktische Arten, die aber ganz vollständig zur Darstellung kommen sollen. Neu und sehr zweckmäßig erscheint endlich auch die Weglassung der Abbildungen weißer Eier. Wir können nach Durch¬ sicht der uns vorliegenden Lieferung nur hoffen und wünschen, daß das schöne Werk, das wir auf das wärmste empfehlen müssen, recht gut gekauft werde. Den Preis von M. 2. — für die Lieferung von etwa 24 Druckseiten und 5 Farbentafeln, also von M. 50.— für das ganze fertige Werk, können wir nach Prüfung der von A. Reichert gemalten Einzelbilder als einen durchaus mäßigen bezeichnen. Bttgr. Dr. P. Krefft, Zur Naturgeschichte der chilenischen Nasenkröte, (Bhinoderma darwini D. B.J. — Sep.-Abdr. aus: Bade’s Blättern für Aquarien- und Terrarien¬ freunde Bd. 10, No. 6—9. Magdeburg 1899. 8°. 9 pg. Über diesen wegen seines absonderlichen Brutgeschäftes merkwürdigen Frosch macht der Verfasser, der in Südchile bei Corral Gelegenheit hatte, das Tier in An¬ zahl lebend zu fangen und zu beobachten, Mitteilungen, die die neueren Beobachtungen von Plate und Werner berichtigen und ergänzen.1) Neu für mich und die meisten Leser wird wohl der Umstand sein, daß die Art so klein ist; der Verfasser fand Weibchen mit legereifen Eiern von nur 88 mm Körperlänge. Er fing etwa 40 Stück am und im Wasser eines Gebirgsbaches, kein einziges aber auch nur 1 m weit davon entfernt. Es lassen sich drei Farbenspielarten unterscheiden, die kaum Übergänge zu einander bieten. Die Stimme ist ein feiner, eintöniger, an den eines kleinen Vogels erinnernder Piplaut. Der Verfasser hatte die Freude, 16 Kaulquappen von beiläufig 15 — 19 mm Länge aus der Bruttasche eines Männchens ausschlüpfen zu sehen. In Bezug auf weitere Einzelheiten muß ich aus Mangel an Raum auf die interessante Arbeit selbst verweisen. Bttgr. 0 Vergl. Zoolog-. Garten 1898 p. 128. 32 Eingegangene Beiträge. Dr. S. P. in W. Korrektur wird Ihnen seiner Zeit zugehen. — Dir. Dr. P. L. in S. (Bulgarien), Die freundlichst angebotene Abhandlung habe ich dankend erhalten. — H. R. in L Arbeit für uns ungeeignet. — Dr. O. H. in B. Drei Mitteilungen angenommen ; weitere Referate sehr erwünscht. Bücher und Zeitschriften. Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E. Beck-Corrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. XXIII. Jahrg. No. 47-48. DerWeidmann. Blätter f. Jäger und Jagdfreunde. Berlin. Herausg. v. Dr. J. Müller. Liebenwalde. Band. 31. No. 8. Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. J. Victor Carus. Leipzig. Wilhelm Engelmann. XXII. Jahrg. No. 602. Die g e f i e d ert e We lt. Wochenschrift für Vogelliebhaber, -Züchter und -Händler in Magdeburg. Redaktion von Dr. K. Ruß. Jahrg. 28, 1899, No. 44—46. Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London. Vol. 94, 1899. No. 2448-2451. Prof. Dr. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre. Stuttgart, W. Kohlhammer. 18. Jahrg. No. 12. Natur und Haus. 111. Zeitschrift für alle Naturfreunde. Herausg. v. Max Hesdörffer. 8. Jahrg. Heft 5. Berlin, Verlag v. Gust. Schmidt, 1899. The American Journal of Science. Edit. Edw. S. Dana. 4. Ser. Vol. 8. No. 46. New Haven, Conn. 1899. Blätter für Aquarien - und Terrarien-Freunde. Herausgeg. v. Dr. E. B a d e. Bd. 10, 1899. No. 18-21. Allgemeiner Bayerischer Tierfreund. Herausg. v. F. Ott. Würzburg 1899. Jahrg. 24, No. 48—49. Dr. R. F. Scharff, The History of the European Fauna. London, W. Scott Ltd., 1899i 8°. 364 pg., 21 Fig. — Preis 6 sh. Dr. E. Bade, Praxis der Aquarienkunde. Magdeburg, Creutz’sche Verl.-Buchh. (M. Kretsch- mann), 1899. 8°. 192 pg., 165 Figg., 12 Taf. Bull, de la Soc. des Sciences de B u c a r e s t (Roumanie). Bucuresci, Imp. Statului, 1899. Jahrg. 8. No. 4—5. - Preis pro Jahr frs. 25. — S. Goto, Notes on some exotic Species of Ectoparasitic Trematodes. — Sep.-Abdr. Tokyo 1899. 4°. 33 pg., 2 Taf. Proc. Amer. Philos. Society Philadelphia. Vol. 38. No. 159. 1899. Proc. Roy. Society London Vol. 65. No. 419 — 421. 1899. Verh. d. Ver. f. Natur- u. Heil k. z. Presburg. Bd. 19 (Jahrg. 1897— 98). Herausg. v. Drs. J. Fischer, A. Kornhuber & Th. Ortvay. Presburg 1899. 8°. Erstes österr. - ungar. Lehr- u. Lernmittel-Magazin. Preisgekr. Organ d. perman. Lehrmittel- Ausstellung in Graz. Herausg. v. G. Nicki. 17. Jahrg. No. 3. Graz 1899. Deutscher Tierfreund. Illustr. Monatsschrift f. Tierschutz u. Tierpflege. Herausgeg. v. Dr. R. Klee u. Prof. Dr. W. Marshall. Leipzig, C. Meyers Graph. Institut. Jahrg. 3, 1899. Heft 9-11. Dr. P. & Dr. Fr. Sara sin, Die Land-Mollusken von Celebes. Wiesbaden, C. W. Kreidel, 1899. 4°. 8,248 pg., Karte, 31 Taf. M. Rausch, Die gefiederten Sängerfürsten des europäischen’ Festlandes. Ein Handbuch f. alle Liebhaber d. hervorragendsten u. beliebtesten einheim. Singvögel. Magdeburg, Creutzsche Verlagsbuchhandlung, 1900. 8°. 8, 184 pg., 4 Figg., 3 Taf. Abhand 1. d. Naturhist. Gesellsch. zu Nürnberg. Bd. 12 (mit J ahresbericht f. 1898). Nürnberg, U. E. Sebald, 1899. 8°. p. 1-98, 161-514, 1-86. Dr. Fr. Werner, Beiträge zur Kenntnis d. Rept.- u. Batr.-Fauna der Balkanhalbinsel. — Sep.-Abdr. Wien 1899, C. Gerolds Sohn. Gr. 8°. 25 pg. Zoological Society of London. Sitz.-Ber. v. 8., 14. u. 28. Nov. 1899. K. Th. Liebe, Futterplätze für Vögel im Winter. Gera, Verl. v. Th. Hofmann. 12. Aufl. 1897. 8°. 15 pg., 8 Figg. (100 Exple. = M. 5. — ). L. E ding er, Haben die Fische ein Gedächtnis? Ergebnis einer.. Sammelforschung, mitge¬ teilt in der Neurolog. Sektion d. Vers. Deutsch. Naturf. u. Arzte in München 1899. — Sep.-Abdr. Verl. d. „Allgem. Zeitung“ 1899. 8°. 30 pg. N er thus, 111. Wochenschrift f. Pflanzen- u. Blumenfreunde, Aquarien-, Terrarien- u. Vogel¬ liebhaber. Herausg. v. Kriele u. Adolf f. Altona-Hamburg. F. L. Mattigsche Buchb., 1899. No. 32—36. Zusendungen werden direkt an die Verlagshandlung erbeten. Nachdruck verboten. Druck von Reinhold Mahlau, Fa. Mahlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M. Der Zoologische Garten (Zoologischer Beobachter.) Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere. Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands. Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt. N°- 2. SLI. Jahrgang, Februar 1900. I 11 1i a 1 d. Die Haustiere der Chinesen; von E. M. Köhler in Leipzig. (Fortsetzung). — Neue Beiträge zur Naturgeschichte der Waldhühner; von Hofrat Dr. W. Wurm in Teinacli. — Beobachtungen an einigen Molge-Arten und ihren Larven; von F. Laesecke in Wehrstedt bei Halberstadt. — Der Zug der Mainfische im Frühjahre 1899; von L. Buxbaum in Raun¬ heim a. M. — Dritter Jahresbericht der Zoologischen Gesellschaft in New York für 1898. — Briefliche Mitteilungen. — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. Haustiere der Chinesen. Von E. M. Köhler in Leipzig. (Fortsetzung.) 5. Rind und Büffel. Eine wichtige und dabei doch absonderliche Stellung nehmen Rind und Büffel unter den Haustieren des eigentlichen Chinas und seiner Vasallenstaaten ein. Ich sage mit Absicht eine absonderliche Stellung und meine damit den Nutzwert, den sie dem Menschen in jenen Gegenden liefern. Dieser kann in verschiedenen Teilen des Landes ein sehr verschiedener sein, und als Hauptfaktor, der diese Veränderungen zumeist hervorgebracht hat, ist die. religiöse Anschau¬ ung der Bewohner der verschiedenen Gegenden anzusehen. Da, wo Buddhismus vorherrscht, gilt das Haustier den Ostasiaten fast als eine Art heiliges Tier. Buddhismus beherrscht nuu aber die Gemüter und die Denkungs weise der großen Masse des chinesischen Volkes. Die Moralphilosophie und Ethik des Confucius ist für die ungebil¬ deten Klassen doch zu hoch und schwerverständlich, als daß sie vermocht hätte, in Fleisch und Blut der breitesten Schichten der Bevölkerung überzugehen; Selbst Leute der gebildeten Klassen, die Zoolog. Gart., Jahrg. XLI. 1900. 3 34 sich stolz mit dem Namen von Anhängern des Confucius brüsten, werden vielfach in ihrem Thun und Denken dem aufmerksamen Beobachter zeigen, daß sie im Grunde genommen doch von den Lehren Buddhas erfüllt sind. Nun verbietet der Buddhismus das Genießen von Milch und das Essen vom Fleische des Rindes. Die vermeintlichen Confucianisten haben auch einen Deckmantel für ihre scheinbare Anschauung gefunden. Sie lehren und sagen einfache »Das Rind hilft dem Menschen beim Bestellen des Feldes und ist ihm also ein getreuer Gehilfe beim Erwerbe seines täglichen Brotes, resp. Reises. Wäre es alsdann nicht der höchste Grad von Undank¬ barkeit, wollte der Mensch, um seiner Völlerei zu genügen, diesen getreuen Gehilfen töten und dessen Fleisch essen? Die Milch aber kommt als notwendige Nahrung dem Kalbe zu und darf diesem nicht vom Meuschen entzogen werden. Fürwahr solche Handlungen wäreu gegen die Bestimmung der Weltordnung und würden die Rache des Himmels heraufbeschwören!« Die Folge davon ist, daß im eigentlichen China, wo diese bud¬ dhistischen und pseudo-confucianistischen Anschauungen die Gemüter der Bewohner beherrschen, fast gar kein Rindfleisch gegessen und keine Kuhmilch getrunken wird. Dadurch erhält aber das Rind für Züchter und Besitzer einen beträchtlich geringeren Nutzuugswert, mit anderen Worten, die Zucht wird in ihrer Ausbreitung einge¬ schränkt, da die Züchter keinen Absatz für ihre Produkte finden. Wie weit mehr könnte und müsste sich die Rindviehzucht in allen Gegenden Chinas ausdehneu, wenn die große Masse des Volkes sich dazu entschließen könnte, Rindfleisch zu essen. Nehmen, wir nur an, von den nahezu 500 Millionen Bewohnern Chinas wären 300 Millio¬ nen Konsumenten von Rindfleisch und würden im Jahre durchschnitt¬ lich 20 Pfund pro Kopf verzehren. Dies würde bei einem Durch¬ schnittsgewicht des Rindes vou 6 Zentner pro Jahr einen Konsum von 10 Millionen Stück Schlachtvieh ausmachen. Welchen Einfluß diese veränderten Verhältnisse auf die Rindviehzucht des Landes haben müßten, mag ein jeder meiner Leser selbst ermessen. So ist der Chinese für seinen Fleischkonsum lediglich auf Schweinefleisch angewiesen. In zweiter Linie kommen erst Fische (diese in verschie¬ denen Gegenden mehr oder weniger) und Geflügel (nur Enten und Hühner). Daher dient im eigentlichen China das Rind lediglich als Zug¬ tier für Wagen und Pflug. An Stelle des gewöhnlichen Hausrindes tritt in den südlichen Provinzen der Wasserbüffel oder das Wasser- 35 riud, wie der chinesische Name shui-(Wasser)niu(Rind) wörtlich über¬ setzt lauten würde. Eine Ausnahme von allen dem findet jedoch in den Gegenden Chinas statt, wo sich zahlreiche Bewohner zum mohammedanischen Glauben bekennen. Ursprünglich sind dies unter¬ worfene sogenannte »Rebellen«, d. h. Völker Turkestans oder von der indischen Grenze, die das Joch der chinesischen Oberherrschaft abschütteln wollten und nun zur besseren Beherrschung in einzelne Kolonien namentlich über den Norden des Reiches verteilt worden sind. Diese Mohammedaner essen wiederum aus religiösen Bedenken kein Schweinefleisch und sind für ihre Fleischnahrung auf Hammel¬ und Rindfleisch angewiesen. Auf meinen Reisen im Innern Ostasiens habe ich es daher stets mit Freude begrüßt, wenn mich mein Weg nach einer Stadt mit einer solcheu Kolonie von Mohammedanern geführt hat. Dann gab es auch auf meinem Tische Bouillon und in irgend einer Weise zubereitetes Rindfleisch. Sind obige Ausführungen auch nicht rein zoologischer Natur, so glaubte ich sie doch zum besseren Verständnis meinen Lesern nicht vorenthalten zu dürfen, bevor ich mich zur Beschreibung der einzelnen Schläge oder Rassen wende. Bei der Schilderung der Haustiere eines Landes kommen ja neben zoologischen Erörterungen auch solche vom nationalökono¬ mischen Standpunkte, d. h. von dem Nutzungswerte, den sie dem sie züchtenden Menschen liefern, in Frage. Versuche ich nun die einzelnen Rassen des chinesischen Haus¬ rindes zu schildern, so möchte ich, wie ich es bei den Pferden that, zwei wesentlich verschiedene Rassen unterscheiden, einmal das chinesisch¬ mandschurische und dann das mongolische Riud. Abgesehen von anderen Unterschieden, die ich später erörtern werde, zwingt die Er¬ scheinung der Ochsen, d. h. der kastrierten Bullen, uns zu der An¬ nahme, dass man es hier mit zwei grundverschiedenen Rassen zu thun hat. Während der kastrierte mongolische Bulle kaum erheb¬ lich größer wird als eine große Kuh , ihr auch sonst sehr gleicht, ist der Ochse der chinesisch-mandschurischen Rasse viel größer und schwerer als Bulle oder Kuh und zeigt eine deutliche Hinneigung zur Bildung des Höckers, wie er besonders ausgeprägt am amerikanischen Bison zu sehen ist. Ist beim chinesischen Ochsen nur eine »Hin¬ neigung« zu konstatieren, so ist dies schon mehr der Fall beim koreanischen Rindvieh. Sonderbar! Das Land, das durch seine Verhältnisse Veranlassung zur Entstehung der kleinsten Pferde- rasse gegeben hat, bringt die größten Ochsen hervor, die ich je gesehen habe! 36 Was nun die Rasse, die ich das chinesisch- mandschurische Rind nannte, betrifft, so möchte ich bei dessen Beschreibung eine Parallele mit einem deutschen Rindviehschlage, dem sogenannten Frankenrinde, ziehen. Diese Parallele scheint mir nicht allzu gewagt, obwohl sie natürlich stets cum grauo salis verstanden sein will. Ähnliche Ver¬ hältnisse scheinen ähnliches hervorgebracht zu haben. Beide Rasseu sind vornehmlich auf ihre Leistungsfähigkeit als Zugtiere in mehr oder weniger conpiertem Terrain gezüchtet worden, wenn von einer künstlichen Zuchtwahl die Rede sein kann. Wie unbedacht in dieser Weise auch der deutsche Bauer oft vorging, ersieht man ja am besten daraus, daß sich unsere Regierung veranlaßt sab, besondere Gesetze betreffs der Körung von Zuchtbullen zu schaffen und deren Ausübung zu überwachen, resp. Zuwiderhandlungen mit verhältnismäßig hohen Geldstrafen zu belegen. Gleichwohl besteht schon ein Unterschied zwischen chinesischem und Frankenrind darin, daß die chinesische Kuh, eben weil sie nie gemolken wurde, ein sehr wenig entwickeltes Euter zeigt. Das Frankenvieh hingegen lieferte immerhin seinem Besitzer noch Milch als Nebenprodukt und hat infolgedessen auch eine Vergrößerung und Entwicklung des Euters im Laufe der Jahr¬ hunderte erblich angenommen. Andererseits stimmen beide Rassen wieder in der Färbung überein. Vorherrschend ist in China die hellbraune Farbe. Gescheckte Kühe sind so gut wie ausgeschlossen, ja Blässen will man überhaupt nicht gelten lassen. Eine Ausnahme macht man nur mit den gestromten Rindern (wie die gestromten Doggen gezeichnet, also nach Art des Tigers gestreift). Diese gelten als so¬ genannte tieh-chiug-niu als die besten. Abscheu hat der Chinese dagegen vor grauem Rindvieh, sogenanntem chiug-niu, das er gerade¬ zu für unbrauchbar und für bösartig erklärt. Anerkannt ist neben der rotbraunen Farbe nur noch schwarz. Der Kaiser opfert jährlich dem Himmel und der Erde eine Hekatombe Rinder. Das Ministerium der Ceremonien hat dabei die strenge Aufgabe, darauf zu achten, daß nur Rinder dieser beiden Farben und ja nicht gescheckte oder gebläßte Tiere zu diesen Opfern geschlachtet werden. Es befinden sich deshalb außerhalb der großen Mauer, in den Weidegründen der Mongolei und Mandschurei, kaiserliche Rinderzuchtanstalten, die unter Oberaufsicht des Ministers der Ceremonien stehen. Wie tief eingewurzelt diese Vorstellung von der Farbe des Rindes im chine¬ sischen Volke schon seit Jahrtausenden gewesen sein muß, möge folgende Antwort des Confucius zeigen. Unter der Schar seiner Schüler hatte sich auch ein Jüngling von tadellosem Lebenswandel 37 — eingefunden, und Confucius hatte ihn wegen seiner Wißbegier, seines Fleißes und anderer Eigenschaften lieb gewonnen. Da wurde der Meister eines Tages von anderer Seite gefragt, ob er diesen Jüngling auch so wertschätzen würde und glaube, daß er ein tadelloser Mensch sein und bleiben würde, wenn er wüßte, daß der Vater dieses Jüng¬ lings durch seinen schlechten Charakter und Lebenswandel notorisch bekannt gewesen sei. Charakteristisch ist nun die von Confucius gegebene Antwort, nämlich: »Würde man ein Rind von tadellosem Bau und Farbe als Opfertier verwerfen, wenn man wisse, daß der Bulle, der es gezeugt habe, gesprenkelt gewesen sei? Ebensowenig wie dies der Fall sei, dürfe mau einen sonst tadellosen Menschen verwerfen, dessen Eltern nicht makellos gewesen wären.« Opfer von Rindern sind abgesehen von denen, die der Kaiser in Peking an bestimmten Tagen des Jahres dem Himmel und der Erde bringen muß, selten. Sie sind doch etwas zu teuer, obwohl sich der Wert eines Rindes mittleren Gewichtes nur auf etwa 50 — -60 Mark nach unserem Gelde stellt. Man setzt den Göttern daher jetzt prak¬ tischere Opfertiere vor, Hämmel und Schweine. Man verzeihe mir den Ausdruck »praktischere Opfertiere« ; thatsächlich liegen aber die Verhältnisse so. Das Fleisch des scheinbar geopferten Tieres wird schließlich doch von den Priestern oder dem Bittflehenden und seinen Freunden bei einem Schmause verzehrt. Da käme er doch recht in die Klemme, wenn er Rindfleisch unter religiösen Bedenken essen sollte; zum Weg werfen oder Verbrennen wäre es aber für den prak¬ tisch denkenden Ostasiateu zu schade. Er hat es ja den Göttern als Opfer angeboten, bevor er sich selbst daran labte. Das genügt sein Gemüt zu beruhigen. Eine wichtige Rolle spielt dagegen heute noch das Rind bei eiuem alljährlich wiederkehrenden religiösen Akte der Chinesen, bei dem Feste, das im Volke allgemein unter dem Namen chich-chun, d. h. »Einholung des Frühlings«, bekannt ist. Haben Hof¬ astrologen (von Hofastronomen zu spiechen erscheint mir bei den dor¬ tigen Verhältnissen doch etwas bedenklich) und Ministerium den Tag des Festes, der ganz zu Anfang des Jahres fällt, bestimmt, so begiebt sich der Kaiser mit den Granden und Großwürdenträgern des Reiches nach dem Tempel der Erde, um selbsthändig einige Furchen in den ge¬ heiligten Boden des Tempels zu ziehen und Reis zu säen. Das gleiche thuu nach ihm die nächstverwandten Prinzen und höchsten seiner Beamten. Pflügt der Kaiser mit einem Elefanten (Barma ist ver¬ pflichtet, alle 10 Jahre solche als Tribut nach Peking zu senden, und es ist dies auch nicht aufgehoben, seitdem Barma unter eng- 38 lische Oberherrschaft kam), so pflögen die au deren Personen mit Stierem Im ganzen Laude aber begiebt sich der Beamte des Di¬ striktes, der Präfektur oder des Bezirkes, umgeben von seinen Unterbeamten , ebenfalls nach dem Tempel der Erde, der meist mehr eine 0 pf erstatte , die von einem niedrigen Stein- oder Erd¬ wall umgeben ist, als ein Tempel zu nennen ist, um das gleiche zu thun. Iu feierlicher Prozession ziehen die Festteilnehmer aus der Stadt, begleitet von einer Musikbande, die ihre Weisen laut ertöueu läßt. Im Festzug fehlt auch nicht ein geschmücktes Rind, mit dem der Beamte pflügen soll. Dieses Rind hat die Fleischergilde der Stadt zur Verfügung zu stellen. Nebenbei bemerkt, haben die Fleischergilden (Gildenwesen ist in China allgemein verbreitet) auch die Unterhaltungskosten des Henkers der Stadt zu tragen. Ist jener religiöse Akt, ein Bittgebet für eine gute Ernte im neuen Jahre, beendet, so begiebt sich die Prozession feierlichst in die Stadt zurück, und es wird nun ein aus Papier gefertigter Ochse verbrannt, also geopfert. Im Zuge verkörpert deukt sich das Volk nunmehr auch den Frühling, den man eiugeholt hat, ähnlich wie es die Sitte er¬ fordert, daß mau einen höher gestellten Beamten oder auch einen guten Freund schon außerhalb der Stadt empfängt und in diese geleitet. Anschließend hieran möchte ich noch erwähnen, daß, wie dem Dichter das Niederknien des Lammes auf die Vorderbeine als Zeicheu der Kindesliebe gilt, das Belecken des Kalbes seitens der Kuh dem Chinesen ein Symbol der Mutterliebe und zärtlichen Aufopferung für die Nachkommen ist. Wir finden also in dem eigentlichen chinesischen Hausrinde einen Schlag mittlerer Größe von kräftigem Körperbau. Die Tiere sind vor allem zugfest und vermögen selbst in coupiertem Terrain größere Lasten auf schwerfälligen Karren zu ziehen. Die Kühe sind wenig ertragsfähig an Milch, und Rinder beiderlei Geschlechtes eig¬ nen sich nicht gut zur Mast, da beide Eigenschaften, die wir bei unseren deutschen Schlägen mit als die vernehmlichsten ansehen, für den Chinesen in seinem Haushalte so gut wie keinen Vorteil ergeben würden und bei einer Zuchtwahl infolgedessen auch nie berücksich¬ tigt worden sind. Das chinesische Rind ist in seinen Ansprüchen an Futter recht genügsam, begnügt sich mit einer kargen Weide auf den Bergen und mit Häcksel und Kleie, daun und wann untermischt mit Bohnenkuchen (d. h. den in Kuchenform gepreßten Überresten der zur Olgewinuung gebrauchten gelben Bohnen). Für letzteren zeigen sie eine große Vorliebe. Einen Stall lernen sie ebensowenig 39 wie die Pferde kennen und siud den Unbilden des Wetters, nament¬ lich den bitterkalten Winternächten Nordchinas oder der Mandschurei, fast ohne Schutz ausgesetzt. Ich sprach eingangs meiner Abhandlung von dieser Rinderrasse als dem chinesisch-mandschurischen Rinde und möchte zur Erklärung dieses Namens nun noch folgendes hinzufügeu. Die Mandschuren waren vor ihrer Eroberung Chinas ein eigentliches Krieger- oder Jägervolk, die eiugewanderten oder auch als kriegsgefangene Sklaven nach ihren wenig kultivierten Gegenden verschleppten Chinesen neben deren Frauen die Verwaltung des Haushaltes uud den wenig ent¬ wickelten Getreidebau überließen, während sie selbst auf Jagdzügen oder auf dem Kriegspfade ein ihrer Ansicht nach dem freien Manne würdigeres Leben führten. So waren sie gänzlich ohne Rinderzucht; Fleisch bot ihnen ja die Jagd in jenen wildreichen Gegenden in Hülle und Fülle. Chinesen nun haben ihr Rind freiwillig oder unfreiwillig in die Mandschurei bringen müssen. Seitdem nun die Ein¬ wanderung der Chinesen iu die Mandschurei sich während der letzten 80 Jahre in einem so erheblichen Maße gesteigert hat, hat sich auch die Rindviehzucht in der Mandschurei wesentlich gehoben. Das Land bietet mit seiner verhältnismäßig noch geringen Bevölkerung selbstver¬ ständlich größere und geeignetere Weidestrecken für Viehzucht, als so manche übervölkerte Gegend Chinas, wo jeder Zoll Landes, wenn nur irgendwie möglich, für den Getreidebau ausgenutzt wird. Etwas gesteigert hat sich der Wert des Rindes, seitdem der Welthandel darauf bedacht gewesen ist, auch Häute des chinesischen Rindes nach Europa zu bringen. Zentralen dieses Handels sind Shan¬ ghai uud Hankau (am Yang-tze, mit einer deutschen Niederlassung) geworden. Der Chiuese selbst hat für Leder eine nur geringe Ver¬ wendung; vor allem trägt er (mit Ausnahme der Mandschuren, die rohen Wula tragen) kein Lederschuhwerk. Die Gerberei, selbst die Pelzgerberei, liegt in China noch ziemlich im Argen. Als zweite Rasse nannte ich oben die mongolischen Hausrinder. Sie sind weit schlanker gebaut, weniger zugfest und in allen Farben zu sehen, hauptsächlich aber gescheckt. Je weiter man nach Norden kommt, desto mehr herrscht Weiß in der Farbe vor. Sie sind das gewöhnliche Hausrind des westlichen Nordchinas, der neuen Besitzung (Chiuesisch-Turkestans), der Mongolei, soweit sie unter chinesischer Oberherrschaft steht, und des Nordens der Mandschurei. Nur ge¬ legentlich benutzt der Mongole das Rind zum Zuge; er zieht als Lasttier vielmehr das Kamel vor, und nur in solchen Gegenden, wo 40 dieses ihm für seine Zwecke geeigneter erscheinende Tier nicht so verbreitet ist, z. B. an der Grenze des eigentlichen Chinas, sieht man hin und wieder Ochsenkarren. Im Gegensatz zu den schweren Last¬ karren der Chinesen siud diese mongolischen Gefährte leicht gebaut; ja man kann sich kaum vorstelleu, daß sie nur irgendwelchen Druck einer Last aushalten könnten. Die Räder sind rohe, rund gebogene, düune Baumstämme ohne jeden Eisenbeschlag, die Achse ein roh be¬ hauener, dickerer Stamm. Das Ganze macht den Eindruck des Liider- lichen. Der Ochse zieht die Karre in der Stange; als Joch dient ein die Yorderenden der Stangen verbindendes Querholz, sonst ist der Ochse nur durch einen um Hals und Stangen geschlungenen Strick an den Wagen gebunden. Eine größere Last kann schon der Wagen selbst nicht aushalten, und man sieht deshalb stets mehrere solcher Karren zusammen, wie sie von Ochsen im richtigen soge^ nannten Gänsemarsch durch die Steppenstraßen gezogen werden. Für 5 bis 10 Karren genügt ein Führer, der die langsam genug dahinschreitenden Tiere mit lautem Rufe zu einem rascheren Tempo antreibt. Eigentliche Rindviebziichter, wie man von vornherein ver¬ muten sollte, sind die unter chinesischer Oberhoheit stehenden Mon¬ golen gerade auch nicht. Sie legen mehr Wert auf die Pferdezucht, da diese ihnen wenig Mühe macht und einen reelleren Wert hat. Ein Pferd kann der Mongole jederzeit in bares Geld um- setzen, ein Stück Rindvieh dagegen nicht, denn er findet nur schwer einen Käufer dafür. Etwas günstiger sind in dieser Hinsicht die Verhältnisse geworden, seitdem russische Händler in jenen Ge¬ genden Schlachtvieh zum Export nach Sibirien einkaufen. Der Mon¬ gole genießt zwar Kuhmilch »niu-nai« (nai = Milch) und bereitet Butter »niu-nai-yu« (yu = Öl) oder »huaug-yu« (gelbes Öl) und Käse »niu-nai-ping« (piug wörtl. Kuchen), konsumiert aber als Fleisch hauptsächlich Schaffleisch und nur selten Ochseufleisch. An der ranzigen Butter kann der Gaumen eines Europäers keinen Geschmack finden. Der Mongole freilich scheint sich an dem Thee zu erquicken, den er sich außer aus Theeblättern mit Mehl uud Butter im selben Kessel zubereitet hat. Sonst verwendet er aber die Butter hauptsächlich dazu, um das in seinem Zelte vor dem Bilde Buddhas aufgestellte Lämpchen stets brennend zu erhalten. Gleichwohl ist fast jeder Mongole Eigentümer einiger Kühe, deren Unterhalt ihm gar keine Kosten und nur wenig Mühe verursacht, von denen er dagegen immerhin einen bestimmten Nutzen zieht. Während die herauge- wachsenen Rinder ganz ohne Stall bleiben, teilt er willig mit dem 41 in kalter Jahreszeit geborenen Kalbe sein Zelt, das, schon vorher ziemlich schmutzig, hierdurch nicht gerade reinlicher wird. Gutwillig lassen sich die Kühe auch nicht melken. Sie werden daher von anderen Personen so lange gefesselt gehalten, bis das Melken vorbei ist. Oie Ergiebigkeit au Milch ist relativ eine sehr geringe. Damit soll nun nicht gesagt sein, daß man auf den Wanderzügen durch die Mongolei nicht auch auf größere Herden stoßen kann. Ja man begeguet kleineren, etwa 50 bis 100 Stück zählenden Herdeu sogar öfters. Nie bin ich aber einer Herde begegnet, die nach meiner Schätzung mehr als 1000 Köpfe betragen hätte. Ganz andere Ziffern sprechen da bei Pferde-, Schaf- oder Ziegenherden. Den Yak findet man nur ausnahmsweise im eigentlichen China und in der Mongolei. Ich habe mich über die Verwendung des Yaks schon in einer früheren Arbeit im Zoologischen Garten »Der Yak in seiner Heimat Tibet« *) ausgesprochen und darf meine Leser wohl darauf verweisen. Ich thue nur dieses sonderbaren Rindes (ich rechne es, Hart mann folgend, zu den Rindern, nicht zu den Büffeln) Erwähnung, weil Tibet, wo es fast an Stelle des gewöhnlichen Haus¬ rindes getreten ist, ein direkter Vasallenstaat Chinas ist und so auch der Yak mit in den Kreis unsrer Betrachtung zu ziehen gewesen wäre.* ln den südlichen, wasserreichen Provinzen Chinas fand der Land¬ mann, namentlich da, wo es sich um Pflügung des marschigen Bodens der Reisfelder handelte, einen viel brauchbareren Gehilfen in dem Wasserbüffel. Für diesen Zweck, für den sich der Wasserbüffel so vorzüglich eignet, ist das Rind fast nicht verwendbar. Gleichwohl hat er hier das gewöhnliche Hausriud nicht ganz verdrängen können, das noch in den mehr bergigen Teilen des Landes seine Verwendung findet. Es möge mir erlassen bleiben, diesen scheinbar trägen, dabei nie ganz zähmbaren, mürrisch dreinblickenden Gesellen eingehender zu beschreiben. Er ist den meisten Lesern unter dem Namen Siam¬ büffel aus eigener Anschauung aus den zoologischen Gärten der Großstadt bekannt. Sein zähes Fleisch ist kaum genießbar, dagegen die Haut infolge ihrer Dicke gut zu verwenden. Sie wird auch von den Chinesen zu allerlei Lederartikeln gern verarbeitet. Büffelhörner bilden eine, wenn auch we;iig häufige Exportware nach dem Aus¬ lande und werden unter Umständen wegen ihrer Größe und Brauch¬ barkeit sehr gut bezahlt. Für den Besitzer bleibt es immer gewagt, dem Tiere, so sehr es auch scheinbar gezähmt erscheint, zu trauen. b Zool. Garten 1899 p. 72 — 75. 42 Das geringste Ereignis kann es in eine Wut versetzen, die schlimme Folgen für in der Nähe befindliche Menschen und Gegenstände hat. Ich selbst erinnere mich, wie gelegentlich eines Jagdausfluges ein in der Nähe pflügender Büffel durch einen Schuss scheu wurde und dann in eine Art Raserei verfiel, das frisch gepflügte Reisfeld durchtobte, alle Arbeit zerstörte und dabei den völlig machtlosen, nur laut schimpfenden Bauern am Pfluge mit sich schleifte. 6. Die übrigen Säuger unter den Haustieren. Es hieße mich wiederholen, wollte ich in dieser Serie von Artikeln, die das mir Bekannte über die Haustiere Chinas enthalten sollen, nochmals Hund und Schwein der Chinesen schildern. Ich verweise daher meine verehrten Leser auf die in früheren Jahrgängen des Zoologischen Gartens von mir veröffentlichten Aufsätze »Die Hunderassen Chinas und der Mandschurei«1) und »Das Hausschweiu der Chinesen«.2) Der Leser wird in beiden Artikeln eine willkommene Ergänzung dieser Serie finden. Unter dem Spezialtitel »Die übrigen Säuger unter den Haus¬ tieren« werde ich kurz das Kamel und die Hauskatze behan¬ deln, um in einem späteren ausführlicheren Artikel noch das Haus¬ geflügel zu schildern. O O Das Kamel ist mehr ein Haustier der Mougolen als der Chinesen. Auch seine Eigenschaften, die es für die Bewohner der Steppen und Wüsten so geeignet machen, hauptsächlich aber seine Brauchbarkeit zum Tragen von Lasten, haben zu seiner Verbreitung und Haltung in bestimmten Gegenden Nordchinas beigetragen. So werden fast sämtliche Kohlen, die Peking verbraucht, mittelst Last¬ kamelen von den benachbarten Kohlenbergwerken nach der Haupt¬ stadt geschafft. Um eine Stadt von etwa 1 1/2 Millionen Einwohnern (dies dürfte noch zu hoch gegriffen sein; daß Peking nahe an 5 Mil¬ lionen Einwohner habe, wie früher so oft selbst in geographischen Schulbüchern zu lesen war, ist eine durch Unkenntnis der Verhält¬ nisse entstandene Uehertreibung) mit Kohlen auf diese Weise zu versorgen, selbst wo ein minimaler Verbrauch anzuuehmen ist, dazu gehören eine Menge solcher Lasttiere, die in der Regel nur vier bis höchstens fünf Zentner auf einmal tragen können. In langen Reihen kommen sie dnrch die engen Straßen gezogen, das Leittier mit einer 1) Vergl. Zool. Garten 1896 p. 257-263. 2) Vergl ebenda 1897 p. 272—275. 43 großen Glocke oder Schelle, die übrigen mit kleineren Schellen, deren monotones Läuten so recht zu dem langsamen Schritt der dahin¬ ziehenden Tiere paßt. Auch sonst sieht man in Peking oft Kamele. Es sind dies die Tiere, auf denen die Mongolen nach der Hauptstadt des Khan balik (daraus verstümmelte Marco Polo das Wort Cam- baluc für Peking), d. h. der Residenz des Großkönigs, kommen, teils um bestimmte Amtsgeschäfte am Hofe zu verrichten oder in Peking als einem lamaistischen Religionszentrum zu beten oder auch um Handel zu treiben. Die fremden Kamele sind das Getriebe der Gro߬ stadt nicht gewöhnt und werden oft scheu. Dann sperren sie mitunter für längere Zeit die Passage der engen StraßeD. Passanten und Karren müssen warten, bis die dadurch entstandene Stockung vorüber ist, und sie warten auch geduldig, denn die Chinesen haben in der Regel viel Zeit, und noch mehr als das. Dabei sehen sie die Mongolen auch gern in Peking. Verachten sie sie auch als schmutzige und dumme Leute, so glauben sie doch, mit ihnen auch diesmal manch profitables Geschäft machen zu können, und die Aussicht auf leichten Verdienst stimmt auch den Sinn der Chinesen selbst gegen Fremd¬ ländische, die er aus anderen Gründen hassen mag, freundlich. Im nordöstlichen China wird von den Chinesen selbst keine Kamelzucht getrieben, sondern mau ergänzt gestorbene oder sonst unbrauchbar gewordene Tiere durch Ankauf von frischen Kamelen aus der Mongolei. In den mehr westlich gelegenen Teilen Nordchinas, in den Provinzen Shansi , Shensi und Kansu hingegen findet das Kamel eine noch viel größere und mannigfachere Verwendung, und auch eine eigentliche Zucht wird hier schon betrieben, wenngleich auch Remonten aus der Mongolei noch das benötigte Material an Lasttieren ergänzen und vervollständigen müssen. Namentlich ge¬ brauchen die dortigen Bergwerke mit Vorliebe Kamele zum Trans¬ porte von Lasten. Zucht von Kamelen wird aber in größerem Maßstabe recht eigentlich nur von den Mongolen betrieben, denen es die besten Dienste für ihre tagelangen Wanderungen durch Steppe und Wüste leistet und einen guten Verdienst durch seine Vermietung als Traus¬ porttier einbringt. Mau denke nur, welch große Anzahl von solchen Lastkamelen allein der russische Theehandel benötigt! Der Tliee wird per Dampfer aus den südlichen Thee produzierenden Provinzen (die nördlichste Grenze ist hierfür der 35. Breitengrad) nach Tientsin gebracht und gelangt von hier aus auf kleinen Flußbooten bis nach Tungtschau, einem Orte, der etwa drei deutsche Meilen vor Peking 44 liegt. Weiter ist der Fluß nicht schiffbar, und dieser Ort spielt daher gewissermaßen den Stapelplatz des Flußhandels für die Reichshaupt¬ stadt. Von Tungtschau aus gelangt der für Sibirien bestimmte Thee fast ausnahmslos auf Kamelen bis zur großen Mauer und dann weiter durch die Mongolei nach Kiachta. Ich kann keine genauen statisti¬ schen Augaben geben, aber es handelt sich hierbei um mehrere Millionen Pfund, wovon auf einer Tour ein Kamel nur etwa 300 Pfund tragen kann, soll es die lange Reise unter der Last aushalten können, selbst wenn man ihm in der Regel alle drei Tage einen Rasttag gönnt. Ebenso dienen die Kamele dem Mongolen als Last- und Reittiere, wenn er, den Pferden und anderen Viehherden folgend, seine Zelte nach einem neuen Weideplatz transportieren will. Als Reittier ist das Kamel dem Mongolen für bestimmte Zwecke ebenso wichtig wie dem Araber, wenn er auch wie dieser das Pferd vorzuzieheu scheint und sich nur , wo es die örtlichen Verhältnisse gebieten oder doch angezeigt erscheinen lassen, mit dem Kamel zufrieden giebt. Der Dünger wird sorgfältig gesammelt und getrocknet uud ist als soge¬ nannter Aral oft das einzige Feuerungsmaterial, das der Mougole in den baumlosen Steppen zum Kochen seiner Speisen und des Thees oder heissen Wassers zur Verfügung hat. Vornehme chinesische Beamte, die dienstlich in der Mongolei reisen müssen, oder reiche Mongolinnen benützen auf solchen Reisen eine Kamelsäufte, deren lange Stangen an die Tragsättel eines vorn und eines hinten gehenden Kameles angeschnallt sind und die bei ihrer Größe — oft ist sie im Winter heizbar — ein recht bequemes, ja vielleicht das bequemste Transportmittel ist, das man in jenen Gegenden finden kann. War früher schon die Wolle des Kameles, die beim Wechsel des Winterkleides im Frühjahr sorgfältig gesammelt wird, zur Her¬ stellung von Filz gesucht, so hat sie noch einen erhöhten Wert bekommen, seitdem sie von Aufkäufern der Europäer oder auch von Chinesen zum Export nach dem Auslande gesucht ist. Die Nach¬ frage ist dabei in der Regel größer als die Produktionsfähigkeit jener Gegenden, so daß fast immer recht gute Preise gezahlt werden. Zeutrale dieses Handels ist ebenfalls die Stadt Kalgan, deren ich schon in meinem Artikel »Schafe und Ziegen« Erwähnung zu thun Gelegenheit hatte. Etwas anderes oder spezielleres über das Kamel in der Mongolei zu berichten wüßte ich nicht, nur das sei noch erwähnt, daß man 45 weiße Kamele besonders schätzt und teurer bezahlt und sie nament¬ lich da verwendet, wo es sich um den Transport von Heiligtümern handelt. Auch die Priester, die Lamas, verwenden solche weiße Dromedare mit Vorliebe als Reittiere. Sonst dürften meine Leser fast alles schon in anderen Büchern finden oder gefunden haben, und ich will mich daher auf die vorstehenden wenigen Bemerkungen beschränken. Die chinesische Hauskatze. Ich muß hier , einen weiten Sprung thun, um zuletzt noch einige Worte über die chinesische Hauskatze sagen zu können. Auch diese ist als Haustier weit über gauz China verbreitet, und unter den chinesischen Frauen finden sich ebenfalls so erklärte Katzenfreun¬ dinnen wie bei uns. So war z. B. die verstorbene legitime Ehefrau des bekannten Vizekönigs Li-hung-chang eine so große Freundin der Katzen, daß für ihre vierfüßigen Lieblinge, deren Zahl oft mehr als hundert betragen haben soll, eigene Räume im sogenannten Palaste waren, wo sie von alten zuverlässigen Dienerinnen auf das sorgfältigste gepflegt und gefüttert wurden. Frau Li’s Hauptvergnügen soll (so lange sie nicht Opium rauchte; sie war diesem Laster sehr ergeben) gewesen sein, einige Stunden des Tages bei ihnen zu weilen und nach dem Rechten zu sehen. Die nordchinesische Hauskatze unterscheidet sich fast gar nicht von der unsrigen. Die südchinesische ist dagegen von entschieden mehr hochbeiniger Gestalt, und diese unverhältnismäßig langen Beine geben ihr auf den ersten Blick hin ein etwas fremdartiges Aussehen. Die Katze heißt im Chinesischen »raao«, hat also einen rein onomato¬ poetischen Namen erhalten. Fast in keiner Familie, d. h. in China fast in keinem Hause, fehlt eine Katze. Um ihr den Aus- und Ein¬ schlupf zu erleichtern, befindet sich in den meisten Hausthüreu ein kleineres viereckiges Loch, das den Namen »Katzenloch« trägt und recht charakteristisch für das chinesische Haus ist. Die Katze, die dem Menschen nur wenig zur Last fällt, wird von den Chinesen in der Regel sehr gut behandelt, und man findet unter ihnen weniger abgesagte Katzenfeinde, die keine Katze »ausstehen« köuuen, als es bei uns der Fall ist. Daß die Chinesen Katzen als eine Art Lieblingsbraten verspeisen, wie man in so vielen Reiseberichten lesen kann, hat nur eiue ganz begrenzte Richtigkeit. Diese Berichte stammen gewöhnlich von Leuten, die aus ihren meistens oberflächlichen Beobachtungen in Kanton auf 46 die Allgemeinheit schließen. Es giebt allerdings in Kanton, in einer der Straßen, die nicht weit von der Insel Shamin, wo sich die aus¬ ländischen Niederlassungen befinden, entfernt ist, Geschäfte, die nament¬ lich junge, aber auch alte Katzen zum Schlachten ausbieten. Man darf aber nun nicht annehmen, daß Katzenfleisch in großen Mengen selbst in Kanton gegessen werde. Katzenfleisch wird vielmehr wie eine Art Medizin bei bestimmten Krankheiten gegessen. Es mag ja auch der Fall sein, daß es manchen Südchinesen giebt, der ein erklärter Liebhaber von Katzenfleisch geworden ist und, um diesem Geschmack und dieser Vorliebe zu genügen, sich dann und wann einen Katzenbraten leistet. Die jungen Katzen sind für solche Leute bestimmt, die sie kaufen, um sie mit Reis erst recht fett zu mästen, ehe sie in die Bratpfanne wandern. Geht man durch jene Straße, so machen die armen Tierchen in den aus Bambusspänen gefloch¬ tenen Käfigen mit ihrem jammervollen Miauen eiuen recht kläglichen Eindruck auf das Herz eines jeden Tierfreundes. Namentlich das Fleisch schwarzer Katzen wird als besonders heilsam angesehen, und daher ist auch keine schwarze Katze im Norden Chinas davor sicher, eingefangen zu werden und in den Koch¬ topf zu wandern. Sonst werden aber in Nordchina ebensowenig Katzen gegessen wie bei uns. Ja, jedermann wird ebenso darüber lachen und spötteln, wie dies bei uns geschieht. Einen wirklichen Nutzen bringt die Katze in China außer durch ihr Vertilgen von Ratten und Mäusen nur nach ihrem Tode durch ihr Fell. Namentlich sind dabei ebenfalls schwarze Felle gesucht, die nicht erst gefärbt zu werden brauchen. China selbst gebraucht eine Unmasse solcher Felle zur Herstellung der Verbrämung von Wintermützen für Beamte und bessere Leute aus dem Volke. Neben¬ her werden auch kleinere Halskragen für niedere Beamte und Ärmel- verbrämungen aus diesen Fellen hergestellt. Zuweilen dienen sie auch Kaufleuteu , die nicht wagen , teure Pelzarten zu tragen , um hab¬ gierige Beamte uicht auf ihren Reichtum aufmerksam zu machen und sich so Erpressungen seitens derselben auszusetzen, als Pelz für größere Kleidungsstücke. Die Falschheit und Tücke der Katzen ist in China nicht sprich¬ wörtlich. Es ist mir eine Fabel der Mongolen bekannt, die hier zu erzählen etwas zu weit führen würde. Sie klingt etwas an die Klingelgeschichte des alten Aesop an, die die Schlauheit und Hinter¬ list der Katzen berührt. In den Augen der Katze glauben viele Chinesen eine Art Uhr zu sehen. Aus dem Stand der Pupille und 47 ihrer Größe (sie soll am Tage kleiner sein als in der Nacht) glauben sie die ungefähre Tageszeit erkennen zu können. Man kann dies übrigens bequemer aus dem Staud der Sonne selbst sehen. Ich er¬ wähne es nur, um auch in dieser Hinsicht so ausführlich wie mög¬ lich gewesen zu sein. (Schluß folgt.) Neue Beiträge zur Naturgeschichte der Waldhühner. Von Hofrat Dr. W. Wurm in Teinach. Was ich in der Vorrede zu dem eben erschienenen Werke »Die hohe Jagd« gesagt habe: daß niemand trotz redlichster An¬ strengung, und erreichte er Methusalems Alter, den Gipfel des Berges der Erkenntnis in irgend einer Sache zu erklimmen vermöge, tritt auch lebhaft in der Entwicklung der Naturgeschichte der Wald¬ hühner hervor, mit deren Erforschung ich mich seif dreißig Jahren beschäftige. Daher dürfte eine kurze Zusammenstellung dessen, was in letzter Zeit die Arbeiten auf diesem, anscheinend doch recht be¬ schränkten Gebiete gelehrt haben, auch an dieser Stelle vou Interesse erscheinen. Wer ausführlicheres wünscht, sei auf meine früheren Ver¬ öffentlichungen, namentlich in meiner Monographie (»Das Auerwild, dessen Naturgeschichte, Jagd und Hege«, 2. Aufl., Wien 1885), auf meine Artikelreihe im »Zoologischen Garten« (1878 No. 10 bis 1880 No. 9), auf meine Bearbeitung der betreffenden Abschnitte im neuen » B r e h m « und im neuen »Naumann «, auf meine Aufsätze in der »Ornithologischen Monatsschrift« (1899 No. 6 und 7) u. a. v. a. 0., sodann auf die sich anschließenden Monographien des Birk¬ wildes von Ludwig (2. Aufl. Wien 1894) und die des Haselhuhnes vou V a 1 e n t i n i t s c h (Wien 1892) verwiesen. Denn hier soll nur von einigen neuesten Forschungsergebnissen die Rede sein. So hat die Zählung der großen Schwanzfedern beim Auerhahn an 150 schwarzwTälder und an 115 steierischen Hähnen ergeben, daß es in der wissenschaftlichen Charakteristik dieses Vogels nicht mehr heißen dürfe : »18 große Schwanzfedern«, sondern heißen müsse : »18 bis 20« ; denn 43 von diesen 285 Hähneu hatten mehr als 18 solcher Federn. Ebenso fanden sich bei zwei Rackelhäbnen und auch bei einem Birkhahn je 20 Schwanzfedern. Gewiß würde man diese Zahl weit häufiger antreffen , wenn Rackeihähne nicht so selten auf¬ träten und wenn sich jemand, dem sich die Gelegenheit dazu bietet, — 48 — bei Birkhähnen öfter darnach nmsehen wollte. Dahin ergeht somit meine Bitte an alle Birkhahnjäger. Anf das Verhältnis der unteren Schwanzdecken zu den großen Schwanzfedern und auf der letzteren Anordnung wurde schon wieder¬ holt hingewiesen und die Aufnahme dieser Verhältnisse in die Charakteristik der betreffenden Species um so mehr gefordert, als diese damit unfehlbare Klarheit gewinnt und ebenso zuverlässige Schlüsse bezüglich etwaiger Bastardierungen ermöglicht werden. Beim Auerwild erscheint der etwas ausgebreitete und aufgerichtete Stoß stets abgerundet, und die Uuterdecken bedecken ihn zur Hälfte seiner Länge; beim Birkwilde ist der Stoß stets gegabelt und von den weißen Unterdecken noch um fast 2 cm überragt; beim Rackehvild erscheint er in solcher Stellung fast viereckig und von den Uuter¬ decken zu zwei Dritteln seiner Länge bedeckt. Auch der Haselhühner und der beiden Schneehühner Stöße sind abgerundet; aber bei den ersteren bedecken die Unterstöße die eigentlichen Schwanzfedern zu zwei Dritteln ihrer Länge, während bei den Schneehühnern die Unter¬ decken nur um 1 cm kürzer sind als die eigentlichen Schwanzfedern. Diese Regeln gelten überall für beide Geschlechter. An der Fort¬ pflanzungsfähigkeit solcher Hybriden dürfte anatomischen Unter¬ suchungen und biologischen Beobachtungen zufolge nicht zu zweifeln sein, jedoch nur, wenn Paarungen mit einer der Hauptarten statt¬ finden, aus denen sie hervorgegangen waren und in denen sie alsdann ungemein rasch wieder aufgehen. Normale Samenfäden und Eier fanden z. B. Köl liker und A. B. Meyer beim Rackeiwilde. Ferner hat neuerdings Prof. Knotek in Sarajewo sieb hohes und bleibendes Verdienst durch den Nachweis erworben, daß weiße Flügelbindeu oder wenigstens Andeutungen von solchen beim Auer- hahne keineswegs selten auftreten, daß also die ausdrückliche Be¬ tonung des Fehlens solcher Binden in jener Charakteristik hinfort grundfalsch wäre. Ich hatte in meinen Schriften wiederholt auf den Befund einzelner weißer Flecken im Gefieder, auch in den Schwingen, hingewiesen, aber wie alle meine Vorgänger die förm¬ liche Bindenzeichnung doch übersehen, weil die weißen Flecken der Armschwingen sich durch deren Deckfedern oft bis zur Unsichtbar¬ keit, selbst am ausgebreiteten Flügel, verstecken. Einmal darauf auf¬ merksam gemacht, fand ich, gerade wie ein Jäger in Steiermark u. s. w., auch bei schwarz wälder Hähnen mehrfach solche Binden¬ zeichnungen. Die ganz symmetrische Zeichnung auf beiden Fahnen und in beiden Schwingen, auch wenn sie nur äußerst 49 selten sämtliche Armschwingenfedern betrifft, spricht von vorn- herein gegen einen nur lokalen and zufälligen »Albinismus«. Meiner Vermutung nach, die inzwischen mehrfach kompetente Zu¬ stimmung gefunden hat, müssen wir darin einen atavistischen Rück¬ schlag in eine langverwichene Periode erblicken, da allen Wald¬ hühnern weiße Flügelbinden zukamen, wie sie noch jetzt das Birkwild ausgesprochen zeigt. Es liegt darin zugleich eine Brücke von der allgemeinen Weißfleckigkeit hochnordischer und nordöstlicher Wald¬ hühner überhaupt zu den selteneren und beschränkteren Leucismen (bis zu deren Fehlen) au den mitteleuropäischen Individuen. Einen Einfluß durch vorgängige Bastardierungen mit Birkwild halte ich in dieser Richtung für ausgeschlossen ; im ganzen großen Schwarz¬ walde ist z. B. seit hundert Jahren kein Birkwild mehr vorhanden, und höchst wahrscheinlich würde sich ein Einfluß des Birkwild¬ blutes ganz besouders in der Stoß- und Unterstoß -Form bemerklieh machen. Um den Typus festzustellen oder ihn auszuschließen, wären unbedingt auch Auerhennen auf die Bindenzeichnung hin zu unter¬ suchen, da gerade die weibliche Keimzelle den Arttypus fester hält, als das männliche Element. Wer ist in der Lage, Hennen diesem wissenschaftlichen Zwecke zu opfern? Mindestens sollte man alle Museumsexemplare Revue passieren lassen. Ich freue mich ferner, in einem Aufsatze (Zool. Garten 1880, S. 90) Gloger’s Bemerkung über eine (scheinbare) doppelte Mauser des Birkhahnes der Vergessenheit entrissen zu haben. Ludwig hat sie daraus, jedoch ohne weitere Bemerkung, in seine Monographie übernommen. Gloger schreibt nämlich (Vollst. Handbuch der Naturgesch. der Vögel Europas. I. Breslau 1834, S. 509): »Nach der Versicherung eines geübten (schwedischen) Beobachters mausert der Birkhahn wenigstens teilweise doppelt, indem er ungefähr mit Ende Juni einen graugelben, an jeder Feder unregelmäßig schwarz in die Quere gebänderten Kopf und Hals bekömmt, so daß er bis gegen Ende August, wo er dies Kleid wieder ablegt, an diesen Teilen den Jungen und Weibchen ähnlich sieht. Unter vielen von demselben um diese Zeit (wo man sonst allerdings nicht leicht Jagd auf sie macht) in Finnland geschossenen Hähnen soll nicht einer den blauen Kopf und Hals gehabt haben. Es wäre wohl möglich, daß auf ähn¬ liche Weise und aus gleichem Grunde wie die schönen männlichen Enten vor Eintritt des Schwingenwechsels für einige Zeit das un¬ scheinbare Gewand ihrer Weibchen anlegen, so in der That auch der glänzend befiederte alte Birkhahn während der Zeit, wo er allein Zoolog. Gart., Jahrg. XLI. 1900. 4 50 sich an die einsamsten Stellen zurückzieht, um hier ruhig das Aus¬ fallen und Wiederwachsen seiner Schwungfedern abzu warten, den schönsten und auffallendsten Teil seines Prachtkleides gegen ein prunkloses vertauschen müßte, um so desto leichter unbemerkt zu bleiben. Eine Verwechslung mit wirklichen jungen, erst denselben Sommer ausgekommenen Hähnen kann wenigstens jener Behaup¬ tung nicht füglich zu Grunde liegen , da letztere alsdann noch lange nicht so weit erwachsen sind.« Soweit Gloger. Kürzlich erließ nun Dr. Schaff, nachdem er, außer dem vorstehenden, auch eine derartige Bemerkung des englischen Zoologen Ogilvie Grant kennen gelernt hatte, in verschiedenen Jagdzeituugen die Umfrage: »Wie sieht der erwachsene Birkhahn im Juli und August ans?« Darauf antwortete bis jetzt der bekannte Weidmann und Jagdschriftsteller 0. Horn (D. Jägerztg. 1899, No. 40, S. 639), er habe am 16. Juli 1881 in einem Moorbruche zwischen München und Freisiug einen offenbar schon älteren, noch in voller Mauser be¬ griffenen Birkhahn geschossen, der am Kopf und Hals bis zu den Flügeln und in den Bauch hinein »rostfarbiges, dunkelgebändertes« Hennengefieder trug. Leider habe ich Selbst, da sich zu dieser Zeit die Tetraoneu der Schonung erfreuen , keine einschlägigen Beobachtungen machen können ; ich zweifle aber nicht im geringsten daran, daß sich die Sache so verhält, wie berichtet wird.1) Ich finde dazu analoge Vorgänge in der Umfärbung vieler Vögel nach eigent¬ lich abgeschlossener Mauser. Und zwar kommt diese Umlärbung einfach durch allmähliche Abstoßung der die Prachtfarben ver¬ deckenden, dunenartigen, bräunlichen Anhängsel an den Seiten und Spitzen der bleibenden Federn zustande. Ich nenne als leicht zu kon¬ trollierende Beispiele die Mauser des Kopfes beim Gartenrotschwanze, der Kehle beim männlichen Haussperlinge, die Anlegung des Hoch¬ zeitskleides beim männlichen Buchfinken und besonders das späte Wie¬ dererscheinen des schwarzen Kehlflecks beim Haselhahne. Wenn Valen¬ tin it sch (a. a. 0. S. 68) sagt: »Die gelblichweißen, schütteren Kehlfederchen des Hahnes werden erst Mitte oder Ende August abgestoßen, so zwar, daß sich, wie ich genau beobachtet habe, aus deu gleichen Kielen endlich die schwarzen Federn entwickeln, die sogleich größer und stärker sind als die provisorische Befiederung. Bei älteren Hähuen ist der schwarze Kehlfleck schon Mitte August ziemlich stark entwickelt, bei jüngeren erst Mitte September«, so *.) In der That brachten die Jagdzeitungen seither mehrfache Bestätigungen dieser Umfärbung. Der Verf. 51 meint er damit wahrscheinlich das gleiche, was ich eben ausge¬ sprochen habe. Was den Kleiderwechsel der jungen Waldhühner betrifft, so möchte ich, der Aufstellung einer fünffachen Mauser durch Brehm d. A. u. a. gegenüber, doch eine nur dreifache Mauser annehmen, welcher Annahme mir auch Alt ums neueste Veröffentlichungen (Ornithol. Monatsschr. 1899, S. 171) keineswegs zu widersprechen scheineu. Dem nur einige Tage lang getragenen Dunenkleide folgt das in einer verlängerten Mauser fortwährend abändernde Jugendkleid, aus dem allmählich im September oder selbst erst im Oktober das geschlechtlich differenzierte Altenkleid hervorgeht. Das Jugendkleid ähnelt stets ursprünglich dem weiblichen Altenkleide. Inhalt wie Intensität des Balzgesanges variieren bei den Auer- hähnen verschiedener Breiten recht wesentlich , worauf erst in neuester Zeit von verschiedenen Seiten hingewiesen worden ist. Bereits vor Jahren hat der vortreffliche Beobachter der Tetraouen, Baron A. v. Iv rüden er, mich benachrichtigt, daß schon in den Ostseeprovinzen die Auerhähne phlegmatischer, gedämpfter und fried¬ licher zu balzen pflegen als deren mitteleuropäische Artgenossen. Bekanntlich werden hochnordische und nordöstliche Waldhühner auch körperlich geringer als die südlicher und westlicher stehenden. Sodann berichtet Nordmann (Bullet, de la Soc. Imper. des Nat. de Moscou 1861. II. p. 262) und nach ihm Ssabanjaeew von den amurischen Auerhähnen (der Rasse T. urogallus urogalloides ), daß diese, zu hundert in breiter Balzstellung beisammenstehend und sich fortwährend hin und her, vom Baum zum Boden und umge¬ kehrt überstellend, ein unaufhörliches Geklapper ohne eigentliches Schleifen machen ; das letztere werde durch ein 5 — 6 Sekunden (also ein doppelt so lang als unser bekanntes »Wetzen«) währendes Gezwitscher ersetzt. Des Hauptschlages geschieht gar keine Er¬ wähnung; er scheint demnach zu fehlen. Ferner falle deren Früh¬ balz in die Vormittagsstunden von 9 — 12 Uhr. Wie bequem wäre diese Zeit für unsere Langschläfer, vor deren Blei' manchen Hahn das liebe warme Bett bewahrt ! Endlich sollen bei » urogalloides « die ominösen Taubheitsmomente ausbleiben, was sich nach dem vorstehenden in Verbindung mit der von mir seit dreißig Jahren gegebenen Erklärung jenes einzigen Phänomens aus dem Wegfallen des intensiven Schleifens unschwer begreifen läßt. Nach Baron v. Osten-Sacken (Deutsche Jägerztg. 1899, S. 59) machen auch die Auerhähne des St. Petersburger Gouverne- 52 inents niemals einen Hauptschlag, sondern an den Triller reiht sich das Schleifen unmittelbar au, weshalb dort die Hähne bereits nach erfolgtem Knappen und Triller jedesmal angegangen werden müssen. Es ist hierzu feines Gehör und große Achtsamkeit des Jägers nötig, und darum werden solche nordischen Balzsänger leichter »vertreten« (d. h. durch unzeitige Bewegung verscheucht) als unsere mitteleuropäischen, die mittelst des sich deutlich heraushebenden Hauptschlages (»Klack!«) dem Weidmanne das Zeichen zu tod¬ bringender Annäherung geben. Auch Graf v. Reutern-Nolcken berichtet (A. Hugo’s Jagdztg. 1899, S. 259), daß der kurländische Auerhahu den Haupt¬ schlag wie der deutsche mache und darnach angesprungen werden könne gleich diesem, während der hochnordische Anerhahu keinen Hauptschlag ausgehe und deshalb nach dem Triller angesprungen werden müsse, was ziemlich schwierig sei. Das Schleifen mit seiner begleitenden Taubheit sei wie in südlicheren Breiten. Der Bericht¬ erstatter stellt hierbei die in der That interessante Frage: »Wo ist die geographische (d. h. die nordöstliche) Grenze des Hauptschlages?« Die Stimmlaute der Haselhühner sind außerordentlich viel mannigfacher als Jäger und Biologen bis jetzt wissen und als dem¬ zufolge jagdliche oder naturwissenschaftliche Schriften mitteilen. Vielleicht nimmt der Verfasser der vorzüglichen Monographie über das Haselhuhn, Professor Va 1 e nt i n itsc h in Graz, Veranlassung, sie auch in diesen Blättern so ausführlich zu schildern, wie er dies als erster in dem genannten Buche, sowie in der eben bei P. Parey in Berlin erschienenen »Hohen Jagd« in dankenswerter Weise gethan hat. Man ersieht aus diesen unseren Andeutungen, daß auch betreffs der Waldhühner unser Wissen keineswegs abgeschlossen genannt werden darf, daß im Gegenteil noch immer neue Fragen auftauchen, an deren Beantwortung mitzuarbeiten alle Jäger und Forscher dringend eingeladen sind, denen die Umstände diese Mitarbeit irgend ermöglichen. Beobachtungen an einigen Molge- Arten und ihren Larven. Yon F. Haesecke in Wehrstedt bei Halberstadt. Da ich oft Molche in Gefangenschaft gehalten habe und dabei Gelegenheit hatte, Tritonen aufwachsen zu sehen, so erlaube ich mir an dieser Stelle einige darauf bezügliche Beobachtungen mitzuteilen. 53 Die Begattung habe ich bis jetzt nur einmal vollständig beob¬ achtet, und zwar bei Molge palmata Schneid. Das Liebesspiel des Männchens begann damit, daß es direkt auf das Weibchen los¬ schwamm. Beide Tiere sahen sich nun, während das Männchen mit umgelegtem Schwänze schlängelnde Bewegungen ausführte, lange an. Dabei durchlief ein Zittern den Körper des Männchens. Während nun das Weibchen kehrt machte und dem Männchen zu entfliehen suchte, folgte letzteres dem Weibchen mit kurzen Sätzen und berührte dann auch das Weibcheu mit der Schnauze am Schwänze und an der Kloakengegend. Standen sie still, so berührte zuweilen dieses das Mäuncheu. So ging es stundenlang fort. Dann gingen beide Tiere einem anderen Triebe nach. Nachdem dies Spiel mit größeren und kleineren Unterbrechungen bereits zwei Tage gedauert hatte, wurde das Weibchen nun auch zutraulicher; denn es kam an das Männchen heran und drückte seinerseits die Schnauze an den Schwanz des Männchens. Es folgte nun auch dem Männchen, während dieses noch mit dem Schwänze schlängelnde Bewegungen ausführte. Auch dabei stieß das Weibchen die Schnauze gegen die Kloakenöffnung des Männchens. Nun gab das Männchen einen Spermatophoren von sich. Dieser besteht aus einem Gallertkörper, in dem die Samen masse liegt. Das Männchen ging nun weiter. Während das Weibchen ihm folgte, schritt es über den Spermato¬ phoren hinweg, und dabei hängte sich die Sameumasse an den Kloaken wulst des Weibchens an und drang langsam in dessen Kloakenspalte hinein. Nicht lange darauf stieß das Weibchen aber¬ mals gegen die Kloakenspalte des Männchens, uud letzteres gab wieder einen Spermatophoren von sich, den das Weibchen ebenfalls aufnahm. Nach zehn Tagen begann nun das Weibchen die Eier von sich zu geben. Das Ablegen der Eier währte fünf Tage. Das Männchen hatte während dieser ganzen Zeit seine Liebesspiele fort¬ gesetzt uud war auch nicht immer unberücksichtigt geblieben. Nach 18 Tagen schlüpften die Larven aus, die eine Länge von 6 — 7 mm hatten. Ein anderer Vertreter unserer heimischen Tritonen - Fauna, Molge alpestris Laur., laichte auch bei mir im Aquarium. Die Eier waren auf der Seite, die nach außen gekehrt ist, rötlichbraun und auf der anderen gelblich weiß gefärbt. Ihr Durchmesser betrug 1,5 mm. Die Eier von Molge cristata var. carnifex Laur. haben eine gelbliche Färbung. Die Larven sind am Tage des Ausschlüpfeus — 54 - 8 — 9 mm laug. Sie gingen alle an einer Krankheit zu Grunde, die sich durch Umlegung des Schwanzes bemerkbar machte. Molge marmorata Latr. giebt die Eier einzeln oder auch in Schnüren von 3—6 Stück ab. Die Eier sind grünlichweiß und mit einer Gallertmasse umgeben. Ihr Durchmesser beträgt 2 mm, mit der Gallertmasse 4,5 mm. Nach 16 — 21 Tagen schlüpften die Larven aus, die 8 mm Länge besaßen. Nach 19 Tagen waren sie achtzehn Millimeter lang. Davon kommen 8,5 mm auf den Schwanz und 3.5 auf den Kopf. Letzterer war 2,7 5 mm breit. Auf der Ober¬ seite des Rumpfes herrscht gelbliche Färbung vor, an den Rücken¬ kanten zieht sich ein dunkler Streifen entlang. Ferner ist der Rücken mit kleineu dunklen Punkten versehen. Die Unterseite ist schmutzigweiß gefärbt. Der plattgedrückte Kopf ist im Ver¬ hältnis groß und breit. Das Auge steht etwas hervor und hat eine goldgelbe Iris. Hinten befinden sich an jeder Seite drei Kiemen, die gefranst sind. Die Extremitäten sind vorhanden. Die vorderen sind bedeutend länger als die hinteren. Auch sind die Füße schon mit sämtlichen Zehen versehen. Rücken und Schwanz haben eine durchscheinende Saumflosse. Nachdem die Eier von Molge blasiusi de l’Isle 17 — 20 Tage alt sind, schlüpfen die Larven aus. Diese haben nach 10 Tagen eine Länge von 10,5 mm. Der Kopf ist hier deutlich vom Rumpfe abgesetzt und auch breiter als dieser, 2,4 mm laug und 1,65 mm breit. An den großen, hervorstehenden Augen umgiebt eiue gold¬ gelbe Iris die schwarze Pupille. An beiden Seiten des Kopfes sitzen drei gefranste Kiemen, die ungefähr die Länge des Kopfes haben. Kopf und Rumpf sind au der Oberseite olivenfarbig. Auch zieht sich über dem Rücken und dem Bauche eine dunkle Linie entlang. Rücken und Schwanz sind mit einer durchscheinenden Saumflosse versehen. Auch hier sind die Vorderextremitäten schon vorhanden. Endlich habe ich auch noch die Larven von Molge boscai Lat. besessen. Die Eier haben die Größe und auch die Farbe der oben beschriebenen alpestris - Eier. Die Larven sind beim Ausschlüpfen 7.5 mm lang. An der Unterseite des Kopfes sind, wie bei allen hier angeführten Arten, in den ersten Tagen 4— 6 Saugfäden vor¬ handen. 55 Der Zug der Mainfische im Frühjahre 1899. Von L. Buxbaum in Raunheim a. Main. Der diesmalige Zug der Mainfische begann am 2. April und endete am 17. Juni. Die Spitze bildeten wieder die Schneider, Alburnus lucidus , die in großer Zahl erschienen. Schon am nächsten Tage zeigten sich auch Rotaugen, Leuciscus rutilus , und Rot¬ federn, Scardinius erythrophthalmus , die schon den Laichaus¬ schlag zeigten. Bei den folgenden Regentagen wurde der Zug schwächer, und erst bei eintretendem Sonnenschein kamen sie wieder angerückt. Es zeigten sich noch der Weißfisch, Chondrostoma nasus, der Döbel, Squalius cephalus , der hier fälschlich Mulbe genannt wird, der Hasel, Squalius leuciscus, der Bresem, Abra¬ mis brama , der Flußbarsch, Per ca fluviatilis , der Karpfen, Cyprinus carpio, der Hecht, Esox lucius , der aber nicht leicht durch den Fischpaß gebt, sondern sich mit den Schiffen schleusen läßt und schon viel früher zu laichen beginnt als die anderen Main¬ fische, und die Barbe, Barbus vulgaris, die gewöhnlich am Ende der Zugzeit erscheint und zwar in Exemplaren von 40 — 50 cm Länge. Sie sind ganz ausgestopft mit Laich und deshalb sehr träge. Man kann sie mit der Hand herausnehmen, und wenn man sie wieder einsetzt, so bleiben sie auf dem Platze liegen und lassen sich wieder¬ holt herausnehmeu. Der Aal, Anguilla fluviatilis , kommt etwas später und zwar in einer Länge von 15 bis 20 cm. Es hält ihuen sehr schwer, den Fischpaß zu durchwandern, da sie nicht springen können, und wäre es angezeigt, Aalleitern anzulegen. Der Mai¬ fisch, Alausa vidgaris, sowie der Lachs, Salmo salar , kommen nicht mehr in den Main; jedenfalls ist ihnen das Wasser jetzt zu schlecht. Koch vor einigen Jahren haben sie den Main besucht. Der Zug war an schonen Tagen recht stark und sind die Fische da auch häufig gesprungen, an den Regentagen und bei kühlem Wetter lagen sie ruhig. In dem brausenden Wasser an den Nadel¬ wehren und an den Kaskaden des Fischpasses fühlen sie sich wohl und wollen gar nicht fort. Das sind die Luftkurorte für die Fische, und da staut sich oft der ganze Zug. Auch dieser Zug bewegte sich langsam vorwärts, in einer Minute 8—10 m. Nur wenn die Fische verscheucht werden, fahren sie wie der Blitz auseinander, allein die Ruhe ist bald wieder hergestellt. Alle Fische, die zum Laichen gehen, bewegen sich langsam vorwärts. Auch die kleinen, fingerlangen Fischchen des Zuges sind mit Laich gefüllt. In der 56 Nacht ziehen sie sich aus dem Fischpaß in den Fluß zurück und stehen da nahe beisammen. Ein Wurf mit dem Garn ist dann oft sehr lohnend, und deshalb fahren die Fischer auch in der Nacht hinaus. Das hat auch schon der Apostel Petrus gewußt und hat die ganze Nacht gefischt, aber auch wie unsere Mainfischer oft nichts gefangen. Dritter Jahresbericht der Zoologischen Gesellschaft in New York für 1898. Der im'Jahre 1895 geplante, unter der Leitung von W. T. Hornaday stehende New Yorker Zoologische Garten hat seinen Bericht für 1898 veröffentlicht und weiß darin über tüchtige Fortschritte zu berichten. Der Vorstand für 1890—92 wird gebildet aus 37 hervorragenden Bürgern der Stadt, darunter dem jeweiligen Bürger¬ meister; der eigentliche Verwaltungsrat besteht aus einem Vorsitzenden, 2 stell¬ vertretenden Vorsitzenden, einem Exekutivausschuß von 8 Verwaltungsräten, einem Schriftführer, einem Schatzmeister, einem Gartendirektor, einem Architekten und 3 Rechnungsrevisoren. Der wissenschaftliche Beirat setzt sich aus 9 hervorragenden Naturforschern vom American Museum of Nat. History, von der Universität u. s. w. zusammen. Ehrenmitglieder zählte die Gesellschaft 1898 9, darunter 3 Engländer und einen Belgier, Gründer 17, Mitgründer 6, Gönner 27, Mitglieder auf Lebenszeit 79, Jahresmitglieder 554 und ein korresp. Mitglied, in Summa 684 Personen. Die Hauptarbeit wurde im verflossenen Jahre der Fertigstellung des ■Gartens selbst gewidmet, gegen welche Arbeit alle übrige geplante Thätigkeit, mit alleiniger Ausnahme des Vogelschutzes, naturgemäß zurücktreten mußte. Nicht weniger als 150 Arbeiter waren zeitweilig mit den verschiedenen Arbeiten in der Herstellung des Baugrundes, der Aufführung von Gebäuden u. s. w. beschäftigt, und alles wurde in der Weise vorbereitet, daß voraussichtlich am 15. Juli 1899 der neue Garten den Besuchern erstmals geöffnet werden kann. Dank der Opferwillig¬ keit der Zeichner zum Baufonds konnten die $ 100 000, die sich die Gesellschaft der Stadt gegenüber verpflichtet hatte, im Laufe eines Jahres zusammenzubringen, rechtzeitig am 17. Februar 1898 aufgebracht werden. Die uns vorliegende Liste weist den Eingang einer Summe von $ 130 550 auf, von denen vorerst $ 30 000 für den Bau von Tierhäusern vorgesehen werden sollten. Am 4. Mai 1898 wurde be¬ schlossen, diese Summe für ein Elchhaus, für Gelasse von Bären, Wölfen und Füchsen, sowie für ein Winterhaus für Vögel und für einen Flugkäfig zu verwenden. Am 14. Juli wurde der Bau von noch anderen Tierhäusern, und namentlich der eines Kriechtierhauses, in der Kostenhöhe von beiläufig $ 62 500 bewilligt. Von all den Grundarbeiten und baulichen Herstellungen waren am 15. März 1899 nahezu fertig das Elchhaus und das Vogelhaus und das Reptilhaus wenigstens in der Maurerarbeit. Die Bärengelasse sollen Mitte Mai fertig werden. Die Teiche für die Enten und die Anlage von drei Inseln darin sind ebenfalls fertiggestellt ; vielfach ist auch die Einzäunung mit Eisengittern bereits vollendet. Auch die Anpflanzung von Bäumen und Strauchwerk ist bereits weit vorgeschritten. 57 Wir geben im folgenden eine Übersicht über die Kosten der teils schon aus- geführten, teils fürs erste geplanten Arbeiten: Kriechtierhaus . * t Verbaut sind 10 672.59 V oransclilag noch $ 23 006.— Vogelhaus . 10 428.33 » 6 467.— Käfigeinrichtung für das Kriechtierhaus . . » — » 2 717.— Elchhaus . 1 697.83 » Fertig Büffel haus . . 865.07 » 1 308.— Bären-, Wolf- und Fuchsgelasse . • » 3 659.91 » 8 452.— Fasanenhaus . • » 45.— » 3 155. — Entenhaus . 1 144.60 » 535. — Biberteich . . » 819.04 » 1 249.— Präriehundehügel . i » 396.75 » 345.— Flugkäfig . 224.75 » 6 000.— Gelasse für grabende Nager . . » 519.72 » 937.— Krokodilteich . • » 404.90 » 895.— Hügel für Bergschafc . » 379.55 » 900.— Otternteich . — 500.- Antilopenhaus . 392.87 » 30 000.— Allgemeine Bauausführungen . • » 2 922.22 » — Entschädigung für die Architekten .... . » 3 360.80 » 1 760.— t 37 933.93 t 88 224.— Überdies war die Gesellschaft genötigt zur Herstellung von provisorischen Wegen, zur Entwässerung u. s. w. noch folgende erhebliche Summen aus ihrem Baufonds zu bewilligen und auszugeben : Für provisorische Wege, Entwässerung u. Planierung $ 2 836.61 » Abholzung und Unterhalt des Parkes . . . * » 237.44 » Ingenieurarbeiten . » 1 566.91 » Materialschuppen . ...» 551.50 » Versicherung . » 46.38 $ 5 238.84 Also Gesamtausgaben aus dem Baufonds bis 1. Mai 1898 $ 43 172 77. Von seiten der Stadt wurden überdies am 28. Juli 1898 $ 62 000 zur Ter¬ rainherstellung im Garten bewilligt und das Geld teils noch im Laufe des Jahres angewiesen und verwendet, teils für Anfang 1899 in folgender Weise vorgesehen: Für 134 000 Quadratfuß Wegehauten, sowie Wasserleitungsröhren, Abzugskanäle, Drainierung u. s. w . $ 33 375.— » Zaunanlagen und Parkgitter . . ........ 10802.50 » Ausschachtung von Teichen, bereits ausgegeben . ...» 4500. — » desgl., noch auszugeben . » 500. — » das Restaurant, Eingangsgebäude, Materialschuppen, Ingenieur¬ arbeiten u. s. w . » 13 625. — Weitere $ 63 000 sind für 1899 und 1900 von Seiten der Stadt bereits be¬ willigt. Hier die Voranschläge für die dafür zu erstellenden Arbeiten: Für Ausschachtung, Auffüllung und Planierung . # 10 000. — » Kanalisation und Wasserleitung . » 6 600.— Transport # 16 600. — ■58 Transport ^ 16 600 — Für Wegebauten . . » 16 000. — » Asphaltierung der 1899 zu erbauenden Wege . . $ 10800—26 800. — » Hilfswege zu den Schuppen und zum Bärenzwinger . • . . $ 2 000. — » Bänke . . . ... . . » 1 500.— » Komplettierung von Schuppen und Ställen . . . . . » 2 000. — » Parkeingänge . . . . . . . . » 1 500. — » das große Restaurationsgebäude . ... . . . » 7 000.— » Macadamisierung von Tiergelassen . » 3 000.— » 1000 Kubikyards Sand für die .Teiche . . » 1 300. — » ein Boothaus . » 1 300. — $ 63 000.— Auch in Bezug auf die Kosten für Fütterung und Verpflegung der Tiere ist für das erste Jahr (1899) von seiten der Stadt Vorsorge getroffen, indem vorläufig für ein halbes Jahr $ 30 000 zu diesem Zwecke bewilligt worden sind. Es würde zu weit führen, wollten wir auch den Bericht des Direktors, so in¬ teressant er auch ist, in extenso abdrucken ; hier sei uns nur noch vergönnt, einige Geschenke zu verzeichnen, die als Morgengabe dem neuen Garten bis jetzt angeboten worden sind. Es ist ein Grizzlybär, ein Eisbär, 2 Ozelots, 2 Graue Wölfe, 2 Stück des seltenen Weißschwänzigen Präriehundes, ein Stachelschwein, 3 Adler, 3 Hirsche und 5 Elche. Leider mussten alle die genannten Tiere bis auf die Wölfe und die Präriehunde, die von ihren Eignern bis zur Fertigstellung des Gartens verpflegt werden, vorläufig abgelehnt werden. Je ein Grizzlybär und ein Eisbär ist aber doch der Gesellschaft von anderer Seite für die Eröffnung des Gartens bereits versprochen. ' Bericht über Einnahme und Ausgabe in 1898. Einnahme. Von 410 Jahresmitgliedern . $ 4100. — » 15 Mitgliedern auf Lebenszeit . ...» 3000. — » 2 Mitgliedern auf 5 Jahre im voraus . » 100. — » 10 Gründern . ...» 45 600. — » 3 Mitgründern . » 5 950. — » 13 Gönnern . . . . . . . . . . » 12,800.— Aus 7 Zeichnungen (subscriptions) . . . . . . . . . . » 5 600.— » Zinsen . . ...» 1 058.09 $ 78 208.09 Dazu Kassarest von 1897 . . ...» 37 862.66 $ 116 070.75 Ausgabe. Für Schreibmaterialien und Bureauutensilien . . $ 248.58 » Bureaugeräte . . . . ...» 184.19 » Bureaumiete . . . . . . . . » 300.— » Material zu Karten und Plänen . . . . . . . . . . » 376.39 » den »Jährl. Bericht« und das »Bulletin« . . ... . . » 1 279.15 » Photographien, Drucksachen, Albums, Dünnschliffe bei Vorlesungen » 97.28 Transport $ 2 485.59 59 Transport $ 2 485.59 Für Zeichnungen und Vergrößerungen . » 62.51 » Zeichnungen von Gebäudeplänen . . . ....... 312.50 » Stenographische und Schreibmaschinenarbeit . » 210.90 » Druckprohen (press, clippings) . . . » 11.30 » Botenlohn . » 66.22 » Schuppen, Wegweiser, Batteriedraht . » 50.15 » Bücher . . 230.73 » Messinstrumente, Werkzeuge, Leitern, Lampen, Stangen, Schilder » 233.77 » Öfen und Kohlen . » 31.20 » Annoncen . . ...... 100. — » Lieferberichte (delivering reports) . . » 34.68 » Telephon . . . » . . . . . . . » 16.65 » Stempel und Holzstöcke . . » 333.93 » Saalmiete für Versammlungen . . . . » 88.55 » Gehalt des Direktors . . » 4 999.96 » Schreiber . 470.75 » Ingenieure und Feldmesser . . . . . . » 243. — » Taglöhner . . » 64.50 » Zeichner. . . » 147.50 » Allgemeine Ausgaben, Porti u. s. w., mit Einschluß der Trink¬ gelder . » 511.93 » Architekten . . » 1 050. — » Arbeitslöhne am Elchhaus, Bärengelaß u. s. w. . » 1 666.32 » Granit, Steine, Backsteine ............ 6296.75 » Eisenwerk . » 2 402.— » Holzwerk und Fachwerk . » 142.88 » Dachschiefer und Ziegelwerk . » 108.84 » Anstrich . . » 52.97 » Cement, Sand, Kies, Thonröhren u. s. w . » 1 034.80 » Ausschachtung . » 2 714.63 > Arbeitslöhne (pay-rolls for labor). . . » 1 750.99 » Miete für Dienstkleidung . . . » 10.50 $ 27 937.— Dazu Kassenbestand am 31. Dez. 1898: Generalfonds . . . $ 510.67 Parkverbesserungsfonds . » 17 623.08 2 Depositen, fällig am 1. April 1899 von $ 50 000.— und $ 20 000.— . . » 70 000.— $. 116 070.75 Dem sehr hübsch ausgestatteten Berichte beigegeben ist p. 53—61 eine Arbeit von A. J. S tone über die großen Säugetiere — Ovis dalli und stonei, Elch, Rentier, Bergziege, Sitka- und Grizzlybär, Braunen und Schwarzen Bären u. s. w. — der Flüsse Stickine, Dease und Liard in Nordwest- Britisch Columbia. Bttgr. 60 Briefliche Mitteilungen. Cincinnati (Ohio), 9. Dezember 1899. Seit meinem letzten Brief hat sich der hiesige zoologische Garten bedeutend gebessert. Die seitherigen Aktienbesitzer haben zwar ihr ganzes Geld verloren, aber ein Gutes ist aus dem Avegen Schulden notwendigen Zwangsverkauf doch entstanden, daß nämlich der Garten in Hände kam, die ihn als zoologischen Garten fortführen Avollen. Sommertheater, Akrobaten, Seiltänzer und Tingeltangel, die den Garten in den letzten vier Jahren in ungeheure Schulden gestürzt hatten, Aveshalb er verkauft werden nlußte, sind endlich als nicht in einen zoologischen Garten gehörig aus ihm für immer \rerbannt worden. Während der letzten vier Jahre hatte der Tierbestand beständig abgenommen, da auch keine Tiere gekauft wurden und die Vermehrung lediglich von Geburten im Garten abhing. So wurde zuerst mit den Dubletten aufgeräumt und 2 weibliche im Garten gezogene Tiger 2 Löwen, 2 Pumas, 2 Bulfalos und verschiedene kleinere Säugetiere und Vögel verkauft und aus dem Erlös ein Paar schwarze Panther, die leider beide nach 8 Tagen starben, ein Paar Zebras, ein Paar Gestreifte Hyänen, zwei Kamele und Seelöwen, verschiedene Affen und Vögel angeschafft. Seither zog auch ein Schimpanse in die verwaiste Wohnung ein, ferner kamen ein Paar Dromedare, ein Paar Leo¬ parden, afrikanische und javanische StachelschAveine, Gürteltiere und Wildsclnveine, ein Lama, ein Paar amerikanische Antilopen, ein Paar Kondore, rveiße und schAvarze SchAväne, weiße Pfauen, Kronenkraniche, Jungfernkraniche, Anhingas, Mandarinen- Enten und verschiedene kleinere Raubvögel. Mit nur wenigen Ausnahmen waren diese Tiere früher schon im Garten vorhanden geAvesen. Seit man der Tigerin die Jungen nach der Geburt wegnahm und sie durch Hündinnen säugen ließ, wurden 8 Tiger aufgezogen, und ist der letzte Wurf von 8 männlichen Tigern seit 6 Wochen noch am Leben und gedeiht prächtig. Der Schimpanse macht be¬ deutende Fortschritte in seiner Ausbildung; er ißt bereits mit Löffel und Gabel, und wenn er auf seinem Teller ein Stückchen Fleisch mit der Gabel aufgespießt hat, so giebt er es seinem Gesellschafter , einem kleinen mexikanischen Hunde, der neben ihm am Tische sitzt. Die zAvei kleinen Gewächshäuser machten einem neuen großen Platz, wo nun die vielen Palmen und andere )südli che Pflanzen übenvintert Averden, um dann im Frühjahr in die zahlreichen Beete verteilt zu werden. Von bedeutenderen Verlusten will ich außer den schAvarzen Panthern und Leoparden die Grizzlybären nennen - Diese kamen 1855 iu den Garten. Der alte Bär erlag im letzten Jahr einem Rückenmarksleiden oder Schlaganfall, der ihm die hinteren Extremitäten lähmte; die alte Bärin ist rettungslos blind und nicht mehr präsentabel. So ist bloß noch ein im Garten geborenes Weibchen übrig, das aber größer als seine Mutter ist. Meine Freundschaft mit den verschiedenen älteren Tieren be¬ steht immer noch; ich werde von den Tieren im Raubtierhaus freundlich begrüßt, nur der große, prächtige LöAve, Brutus, verschmäht es, meine nähere Bekanntschaft zu machen. Er scheint sogar eifersüchtig zu sein, denn als ich kürzlich mit seiner Gemahlin Flora, die mir sehr zugethan ist und dicht am Gitter lag, spielte, kam Brutus dumpf brüllend und mit einem bösen Ausdruck in den Augen, Avie zum Sprung bereit, heran. Flora sprang sofort mit einem Wutschrei auf und versetzte dem Brutus einen Pratzenhieb, worauf dieser sich ins Innere des Käfigs zurückzog. Als Flora sich wieder allein sah, kam sie ans Gitter zurück und legte sich hin, 61 damit ich wieder mit ihr spielen sollte. Fürchtete sie, daß er vielleicht mich angreifen und verletzen könnte, und wollte sie mich verteidigen oder wollte sie ihm bloß zeigen, daß sie sich in ihren Vergnügungen durch ihn nicht stören lasse? Jedenfalls gab es mir einen neuen Einblick in das Seelenleben dieser Tiere. Dr. A. Zip per len. Kleinere Mitteilungen. Aufrechter Gang der Kragenechse. Im Jahre 1896 Q veröffent¬ lichte W. Saville-Kent (Nature, Bd. 53, p. 395—398) einige Reproduktionen von Momentphotographien der seltsamen, in Queensland heimischen Kragenechse. Dieses Tier ist imstande, gleich einem Huhn oder Fasan ungemein schnell auf den Hinterbeinen zu laufen. Chlamydosaurus kingi Gray ist außerdem durch die eigen¬ tümliche Halskrause des Männchens ausgezeichnet. Ich hatte die citierten Be¬ obachtungen nicht vergessen und ließ es mir während meines australischen Auf¬ enthaltes angelegen sein, womöglich ein solches Tier aufzutreiben. Bisher leider vergeblich. Auch gelang es mir nicht, eine lebende Eidechse dieser Art zu Gesicht zu bekommen, doch sah ich im Austral -Museum zu Sydney ein in der erwähnten Stellung ausgestopftes Exemplar. Ich habe indessen einen Mann gefunden, der das hier »King-Lizard« genannte Tier bereits besessen hat und zum Sommer wieder besorgen kann. Der Betreffende, ein Vogelhändler, der sich nebenbei auch mit dem Verkaufe anderer australischer Tiere abgiebt, erzählte mir über den aufrechten Gang seiner Kragenechse etwa folgendes: »Das Tier läuft keineswegs häufig auf¬ recht, sondern nur an sehr heißen Tagen oder bei Erregung; für gewöhnlich be¬ wegt es sich wie alle Eidechsen auf allen Vieren fort. Mein Exemplar pflegte ich bei großer Wärme in das Schaufenster zu setzen, um etwaige Kauflustige darauf aufmerksam zu machen. Es zog dann durch sein Herumlaufen auf zwei Beinen jedesmal viele Neugierige herbei. Beim Flüchten scheint es mit Vorliebe diese Art der Fortbewegung zu benutzen, wobei es eine große Schnelligkeit an den Tag legt. Als ich das Tier eines Tages einem Bekannten zeigte und zu dem Zwecke auf den Boden setzte, hatte es mit einem Sprunge die zufällig offenstehende Thür erreicht, lief aufrecht quer über die Straße und sprang dort an einem Zaun empor, wo es zum Glück wieder eingefangen werden konnte.« Dr. med. Schnee. Litte r atu r. Jahresbericht des Ornitholog. Vereins München für 1897 und 1898. Herausg. v. Dr. med. C. Par rot, München 1899, Verlag von R. Jordan. 8°. 84, 156 pg. Bei dem Indifferentismus in Bezug auf Naturwissenschaften, den die Bevölkerung' der Hauptstadt Bayerns bis in die letzte Zeit gezeigt hat, der einen zoologischen Garten nicht aufkommen läßt und der die Gründung eines naturwissenschaftlichen :) Vergl. Zool. Garten Jalu-g-, 1896 p. 121. 62 Vereins erst im Jahre 1898 hat ermöglichen lassen, ist es doppelt erfreulich, gerade in München die Gründung eines Ornithologischen Vereins begrüßen zu können, dessen vorliegender erster Bericht Zeugnis ablegt von rüstiger Arbeit und bereits erzielten schönen Erfolgen. Ist die Zahl der Mitglieder auch noch klein, so ist die Anzahl und die Vielseitigkeit der gebotenen Aufsätze um so größer und um so erfreulicher. In seinem Hauptgebiete »der Erforschung der heimischen Vogelwelt« hat der junge Verein bereits tüchtiges geleistet, und wir sehen weiteren, gleich interessanten Berichten mit Spannung entgegen. Um auch Fernerstehenden den Ein¬ blick in die Thätigkeit des Vereins zu geben, wollen wir das wichtigste, was in den Sitzungen der Gesellschaft zur Sprache gekommen und in dem vorliegenden Buche ausführlicher mitgeteilt ist, dem Titel nach wiederholen. Es finden sich darin Bemerkungen über die Zwecke und Ziele eines ornithologischen Vereins, über Vögel aus Syrien und Kleinasien, über ornithologische Beisen nach Ungarn, Bosnien und Dalmatien und solche in die Schweiz, Briefe aus Ostsibirien, Notizen über einen Rackelhahn bei München, über den Bergfinken im Sommer, Beobachtungen des Vogelzugs und Bemerkungen über Ankunftszeiten der Sommervögel, Mitteilungen über Spiele bei Tieren, über Geflügelchölera, über Eikonkremente und endlich ein Referat über sekundäre Geschlechtscharaktere. Die größeren Aufsätze behandeln folgende Themata. Dr. C. Parrot verbreitet sich über die Frage: Kann unsere einheimische Forschung annähernd als abgeschlossen betrachtet werden? und bringt Materialien zur bayrischen Ornithologie und einen Aufsatz über die Vogelfauna von Japan. Dr. R. Thiele mann bietet Biologisches und Chronologisches aus dem Leben unserer bekannteren Raubvögel und eine Arbeit über die Abstammung der Vögel. Freiherr v. Besserer bringt Mitteilungen über den Eulenzug in Lothringen und über Budytes Lorealis Sund, in Bayern. F. W. Schüler schreibt über die Vogelwelt von Schweinfurt und Umgebung und E. W. Ohler macht Mitteilungen über die Tuberkulose der Vögel. Wir empfehlen das Buch allen, die sich für die Vogelwelt des paläarktischen Gebietes interessieren, auf das wärmste. Bttgr. Proceed. U. S. National Museum. Washington, Governm. Print. Off. 8°. Bd. 18 (1895), 1896. 14,819 pg., Figg., 35 Taf. und Bd. 20, 1898. 12,932 pg. 149 Figg., 97 Taf. Von dieser wichtigen Zeitschrift, über deren Bd. 19 ich im Zoolog. Garten 1898 p. 359 — 360 bereits berichtet habe, liegen mir heute Bd. 18 und Bd. 20 vor. Wie die früheren Bände behandeln auch die vorliegenden wesentlich Themata aus der systematischen Zoologie und Palaeozoologie Nordamerikas. Aus der Fülle von Material, das sie bringen, greife ich die Arbeiten heraus, die für unsere Leser von besonderem Interesse sein dürften. In Bd. 18 finden wir p. 119 — 120 die Beschreibung von Geothlypis flavove- latus , einem neuen Vogel aus Mexiko, p. 293—294 die Diagnosen 'von 5 neuen Vögeln (2 Geospiza und 3 Camarhynchus) von den Galäpagos und p. 441 die Diagnose einer neuen Vogelsubspezies ( Peucedram.us ) aus Guatemala durch R. Ridgway. Auf p. 345—347. Taf. 10-11 bringt F. W. True eine interessante Notiz über das Vorkommen eines Gürteltieres (Xenurus hispidus Burm.) in Hon¬ duras. E. A. Mearns beschreibt p. 443—447 Säugetiere von der mexikanischen Grenze. Es sind 2 neue Unterarten von Spermophilus , ein neuer Hase ( Lepas 63 merriami) und 4 neue Formen der Mäusegattung Peromyscus. Eingehend be¬ handeln sodann R. Ridgway und E. A. Lucas p. 449—450 und p 505 -507^ 5 Figg. die Charaktere der Schwalbentanagras (Procniatidae), einer neuen süd¬ amerikanischen Familie von Sperlingsvögeln, während Ch. W. Richmond uns p. 451 — 508 den Katalog einer Vogelsammlung von 188 Arten bietet, die W. L. Abbott in Kaschmir, Baltistan und Ladak gesammelt hat (neu eine Cyanecula). Ähnlich behandelt R. Ridgway eine von Abbott auf den Seyschellen, Amiranten, Gloriosa, Assumption, Aldabra u. s. w. gemachte Vogelsammlung p. 509 — 546, während H. C. Oberholser uns p. 547—550 mit 2 reuen Subspezies von Spechten der Gattung Dryobates aus Nordamerika bekannt macht. Sodann bringt E. A. Mearns p. 551—565 eine Arbeit über eine neue Untergattung und 6 neue Formen von Hasen - (Lep us) des mexikanischen Grenzlandes und Ch. W. Rich¬ mond p. 569 — 591 eine solche über eine von Abbott in Ostturkestan, dem Thian- schan und dem Tagdumbasch-Pamir zusammengebrachte Sammlung von 98 Vögeln. Das Interessanteste aber in dem vorliegenden Bande ist unstreitig p. 619—621 die Beschreibung einer neuen blinden Molchgattung ( Typhlomolge ratlibuni) aus einer Höhle in Texas durch L. Stejneger. Weiter beschreibt Ch. W. Richmond p. 625 — 626 einen neuen Vogel ( Phlegopsis ) aus Nicaragua und giebt p. 627 — 682 die Liste von 60 durch Fr. B. Armstrong in Alta Mira, Mexiko, gesammelten Vögeln. Endlich bringen W. Robinson und Ch. W. Richmond p 649 — 685, Karte, eine Liste von Vögeln der Insel Margarita und des Festlandes von Vene¬ zuela, Fr. A. Lucas p. 717 — 719, Taf. 34—35 eine Beschreibung des Schädels von Phalacrocorax perspicillatus Pall, und H. Allen p. 769—777, 6 Figg. eine Notiz über den Vampir [Diphylla ecaudcita ) und seine verwandtschaftlichen Be¬ ziehungen zu Desmodus rufus , sowie p. 779 — 781 die Diagnose einer neuen Fleder¬ maus der Gattung Glossophaga aus Venezuela. Weniger reich ist die Ausbeute für uns in ,Bd. 20. E. A. Mearns bringt p. 457 — 461, p. 467—471 und p. 501 — 505 Diagnosen von neuen Formen der Gattungen Lynx (2), Urocyon (2), SpilogaJe (1), ( Mephitis (2), Dorcelaphus (2)* Dicotyles (1), Sciurus (1), Castor (1),. Neotoma (1) und Sigmodon (2) aus dem mexikanischen Grenzgebiet, und D. C. Worcester und Fr. S. Bourns stellen p. 549 — 625, Taf. 55—61 eine Liste aller (526) von den Philippinen und der Insel Palawan bekannten Vögel zusammen und machen eingehende Mitteilungen über ihre Verbreitung auf den einzelnen Inseln. Bttgr. C. Ge rot. Das Geschlecht des Embryo. Ein Beitrag zur Lösung des Problems der Geschlechtswahl. Berlin 1899, Verlag v. S. Gabriel. 12°. 64 pg. Der Verfasser weist im Eingänge des vorliegenden Schriftchens die Schenk - sehe Theorie, die neuerdings so viel von sich hat reden machen, mit guten Gründen zurück, stellt aber dann selbst die sehr gewagte Hypothese auf, daß der erste Grund der Verchiedenheit des Geschlechtes auf einer Verschiedenheit im Wesen der Spermatozoen beruhe. Diese Verschiedenheit der Samenfäden hänge von ihrem Alter ab, d. h, von der Zeit, die von der Entstehung des Fadens bis zum Austritt aus den Geschlechtswegen verflossen sei. Die jüngeren Samenfäden seien weiblichen, die älteren männlichen Geschlechtes. Da der Autor in dem ganzen Buche rein spekulativ vorgeht und nicht einmal den Versuch macht den Beweis zu liefern, daß die Spermatozoen im Falle der Wahrheit seiner Annahme mikroskopisch oder 64 chemisch in zwei scharf getrennte Gruppen zerfallen müßten, so halte ich seine scheinbar so einfache Lösung der schwierigen Frage für absolut unbewiesen. Daß die ganze Sache und namentlich die eigentümliche Annahme des Verfassers, daß die Samenfäden erst männlichen Geschlechtes seien und dann, nachdem sie ein ge¬ wisses Alter erreicht hätten, das weibliche Geschlecht annähmen, kaum ernst zu nehmen ist, ergiebt sich auch aus der Vorsicht des Herrn Dr. L., Frauenarztes, der zwar in der den Ausführungen des Verfassers voraufgehenden Einleitung mit bombastischen Worten die Wichtigkeit der hier gebotenen Aufschlüsse anpreist, in der Unterschrift aber klüglich vergisst, seinen vollen Namen zn nennen. Bttgr. Eingegangene Beiträge. Dr. A. Z. in C. (Ohio), J. v. P. in W. u. Geh. Reg.-.R. E. F. in B. Briefe dankend erhalten und Arbeiten gerne benutzt. — Dr. H. R. in M. Kommt unter die Rubrik „Kl. Mitteilungen“. — Prof. Dr. K. W. v. D. T. in T. Tch werde in der Sache mein Möglichstes thun. — R. B. in Z. Tch habe die Abhandlung erhalten, aber wegen einer mehrwöchent¬ lichen Abwesenheit von hier noch nicht Zeit gefunden, sie zu prüfen. Bücher und Zeitschriften. Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E. ß eck-Cor ro di in Hirzel. Zürich. Ulrieh&Co. XXIII. Jahrg. No. 49— 52 und XXIV. Jahrg. No. 1. Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr. J. Victor Carus. Leipzig. Wilhelm Engelmann. XXII. Jahrg. No. 603 — 604. 0 r n i t h o lo gische Monatsberichte. Herausg. v. Prof. Dr. Ant. Reichenow. VII. Jahrg. 1899. No. 12 u. VIII. Jahrg. 1900. No. l. 0 r n i tholo gi sehe Monatsschrift d. Deutsch. Ver. z. Schutze d. Vogelwelt. Redigiert von Dr. Carl R. Hennicke in Gera. 24. Jahrg. No. 12. u. 25. Jahrg. No. 1 2. Die Gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber, -Züchter und -Händler in Magdeburg. Redaktion von Dr. K. R u fä. Jahrg. 28, 1899, No. 47—52. Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London. Vol. 94, 1899. No. 2452 -2453 u. Vol. 95, 1900. No. 2454. Prof. L)r. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre. Stuttgart, W. Kohlhammer. 19. Jahrg. No. 1. Natur und Haus. 111. Zeitschrift für alle Naturfreunde. Herausg. v, Max Hesdörffer. 8. Jahrg. Heft 6. Berlin, Verlag v. Gust. Schmidt, 1899. The American Journal of Science. Edit. E d w. S. D a n a. 4. Ser. Vol. 8. No. 48. New Haven, Conn. 1899. Allgemeiner Bayerischer Tierfreund. Herausg. v. F. Ott. Würzburg 1899. Jahrg. 24, No. 50—51. O r nithologisches Jahrbuch. Herausgeg. v. V. Ritter v. Tschusi zuSchmid- h offen. Jahrg. 10, 1899. Heft 6. De titsche Botanische Monatsschrift. Herausgeg. v. Dir. Dr. G. Leimbach. Arnstadt (Thür.), 1899. 17. Jahrg;., Heft 9-10. Prof. Dr. A. Neh r in g, Eine subfossile Hornscheide des Bos primigenms. — Sep.-Abdr. Berlin 1899. 4°. 2 pg. K. Knauthe, Beobachtungen über den Gasgehalt der Gewässer im Winter. — Sep.-Abdr. Leipzig, Verl. v. A. Georgi, 1899. 8°. 17 pg. Prof Dr. E. v. Martens, Über P, & Fr. Sarasins „Land-Mollusken von Celebes“ und über die darin enthaltene Theorie der Formenketten. Sep.-Abdr. Berlin 1900, 8°. 10 pg., Taf. Zoological Society of London. Sitz.-Ber. v. 19. Dez. 1899. N erthus, 111. Wochenschrift f. Pflanzen- u. Blumenfreunde, Aquarien-, Terrarien- u. Vogel¬ liebhaber. Herausg. v. K r i e 1 e u. A d o 1 f f. Altona-Hamburg, I. Jahrg., 1899. No. 37— 39. II. Jahrg., 1900. No. 1. Illus tr. Zeitschrift f. Entomologie. Herausgeg. v. Dr. Chr. Schröder u. U. Lehmann. Neudamm, 1899. Bd. 4. No. 23-24. Dr. O. Thilo, Über Pumpventile u. Herzklappen. — Sep.-Abdr. aus Rigaer Tageblatt NO. 276 V. 9. (21.) Dez. 1899. W. T. Hornaday, Populär Official Guide to the New York Zoological Park, as far as completed. 8°." 14, 108 pag., 7 Fig., 12 Taf., 4 Pläne und eine Karte. — Preis geb. 25 cts. Erstes österr. -ungar. Lehr- u. Lernmittel-Magazin. Preisgekr. Organ d. perman. Lehrmittel-Ausstellung in Graz. Herausg. v. G. Nicki. 17. Jahrg. No. 4. Graz 1899. Zusendungen werden direkt au die Verlagshandlung erbeten. Nachdruck verboten. Druck von Reinhold Mahlau, Fa. Mahlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M, Der Zoologische Garten. (Zoologischer Beobachter.) Zeitschrift far Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere. Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands. Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt. N°* 3. XLI. Jahrgang, März 1900. Inhalt. Die Haustiere der Chinesen ; von E. M. K ö h 1 e r in Leipzig. (Schluß.) — Nill’s Zoo¬ logischer Garten in Stuttgart; von F. C a h n in Frankfurt a, M. — Der Biber in Westpreußen; von Dr. P. Dahms in Danzig. - Fütterung der Mauereidechse (Lacerta muralis) in der Ge¬ fangenschaft; von Dr. Victor Hornung in Münster i. W. — Briefliche Mitteilungen. — Kleinere Mitteilungen. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. Haustiere der Chinesen. Von E. M. Köhler in Leipzig. (Schluß.) 7. Das Hausgeflügel. Wie ich schon oft hervorzuheben Gelegenheit hatte, ist der Chinese in Bezug auf Fleischnahrung lediglich auf das Schwein an¬ gewiesen. Schaffleisch wird daneben nur verhältnismäßig wenig ver¬ zehrt. Um nun einigermaßen Abwechslung in seine Speisekarte zu bringen, wird desto mehr Geflügel, in der verschiedensten Art und Weise zugerichtet, auf den Tisch gebracht. Aber auch hierbei be¬ schränkt sich der Chinese im allgemeinen lediglich auf Hühner uud Enten. Gänse werden selten gegessen und Tauben fast nie. Gleich¬ wohl werde ich auch die letzteren, da sie als Haustiere gehalten werden, mit in [den Kreis meiner Betrachtungen zu ziehen haben. Wenden wir uns nun zunächst zu dem wichtigsten aller Hausgeflügel¬ arten, dem Haushuhn. a. Huhn. H lihner werden in China in überaus großer Anzahl, ich möchte sagen verhältnismäßig mehr gezüchtet als anderswo. Es ist dies eben die Folge der Nachfrage, die Schlachthühner und Eier in ganz China Zoolog. Gart., Jahrg. XLI. 1900. 5 66 findet), und das mußte naturgemäß die Hühnerzucht fördern. Im all¬ gemeinen befaßt sich der Chinese jedoch nur mit Nutzgeflügelzucht; die wenigen in China zu findenden Luxusrassen des Haushuhnes, die ich weiter unten noch berühren werde, kommen fast gar nicht in Frage. Auch bei uns macht sich ja ein Rückschlag in dieser Hinsicht unter den Geflügelzüchtern immer mehr geltend, und man kommt von dem Züchten sogenannter AusstelluDgstiere immer mehr ab und verfolgt vernünftigere, praktische Zwecke. Nun darf man aber bei Leibe nicht annehmen, daß der Chinese, der in seinem Haushuhn ein vorzügliches Nutzhuhn besitzt, ein besonders guter Züchter sei. Weit davon entfernt große Sorgfalt hierauf zu verwenden, befolgt er nur die allerdings grundlegende Regel der praktischen Hühner¬ zucht, öfteren Blutwechsel durch fremde Hähne, die nicht zu jung oder zu alt sind, und sieht neben schöner Form und gutem Aussehen auf Nachzucht aus einem guten Stamme. Ferner läßt er die Hennen fast nie älter als 3 — 4 Jahre werden, sondern verkauft sie, nachdem damit ihre besten Legejahre vorbei sind, als Schlachttiere oder verzehrt sie selbst. Junge Nachzucht tritt an ihre Stelle, und das immerhin noch nicht zu alte Huhn liefert noch einen guten Braten, da das Fleisch noch nicht zu alt und zäh geworden ist. Dies sind die ganzen Ge¬ heimnisse der hühnerzüchtenden Chinesen, die, wie ich schon hervor¬ hob, hierdurch ein recht gutes Nutzhuhn erhalten haben. In Gestalt und Aussehen ist es wenig von unserem deutschen gemeinen Land- hnhn verschieden, aber ihm in Bezug auf Eierproduktion bei weitem überlegen. Das Ei ist es nun gerade, wodurch es dem chinesischen Haushalte so nützlich, ja ich möchte sagen notwendig wird. Nament¬ lich gilt dies für die ärmeren Klassen der Bevölkerung, die nicht in der Lage sind, tagtäglich Fleisch zu genießeu. Mag der Preis von etwa 20 Pfennig für ein Pfund Schweinefleisch nach unseren Begriffen auch ein sehr geringer sein, so muß man bedenken, daß ein chine¬ sischer Arbeiter als Norm vielleicht nur 50 Pfennig pro Tag ver¬ dient, von welchem Betrage er sich nicht nur selbst, sondern oft noch eine aus vielen Köpfen bestehende Familie zu ernähren und zu kleiden hat. Der Chinese zieht es daher vor, sobald es nur an¬ gängig ist, sich einige Hühner zu halten, deren Eier nicht blos für die Küche willkommen sind, da er aus deren Verkauf auch einige Scheidemünze erhält, für die er sich notwendige Kleinigkeiten kaufen kann. Unter solchen Verhältnissen spielen auch M. 1 — -1.50, die er etwa für hundert Stück Eier löst, eine gewisse Rolle und bilden eine recht gute Einnahme. Ist die Zahl der gehaltenen Hühner eine kleine, 67 *— • so braucht er so gut wie kein Bargeld für Futter auszugeben. Sie suchen sich ihr Futter im Hofe und auf der Straße, und erhalten sie noch die Überreste aus den Hirse- und Reisnäpfen ihres Besitzers, so genügt das vollkommen. Man findet daher Hühnerzucht nicht nur auf dem Lande, sondern selbst in größeren Städten, ganz ähnlich wie dies mit der Schweinezucht der Fall ist. Junge Hühner, unsere sogenannten »Hähnchen« oder die »Spring- chicken« der Engländer, wird der Chinese fast nie schlachten oder zu diesem Zwecke verkaufen. Da ihm die Aufzucht so gut wie keine Futterkosten macht, wartet er lieber, bis das Tier vollkommen heran¬ gewachsen ist, und löst dann einen umso größeren, vielleicht den doppelten Preis dafür. Nur in den Hafenstädten, wo seitens der dort ansässigen Ausländer größere Nachfrage nach Spring - chicken vor¬ handen ist, werden auch solche von den chinesischen Händlern auf den Markt gebracht. Erzielt er doch dort fast den gleicheu Preis für Hähnchen, wie er für ein ausgewachsenes Huhn im Innern des Reiches ist. Ich habe auf meinen Reisen für eine Henne selten mehr als 30 — 40 Pfennig und für einen Hahn 40 — 50 Pfennig nach unserem Gelde bezahlt. Die Höhe des Preises schwankt nach dem Gewichte. Denn auch Hühner verkauft der Chinese, wie alles andere, nach dem Gewichte und verfolgt dabei ein ganz richtiges Prinzip. Scherzweise hat man behauptet, daß man hierin nur eine Ausnahme mache bei dem Verkauf von Kindern (Mädchenhandel ist in China noch sehr gebräuchlich, Knabenhandel dagegen wird als eine Schmach für die betreffenden Eltern angesehen) und bei — Hühnereiern. Der Preis der letzteren schwankt zwischen einem halben bis zwei Pfennig pro Stück, je nach Zeit und Ort, wann und wo man sie kauft. »Sooleier« sind in China ebenso beliebt wie in Norddeutschland, meist aber genießt man sie als Setzeier, mit Bohnenöl zubereitet, oder auch als eine Art Eierkuchen unter Zuthat von Mehl und Lauch, oft auch von rohen Gurkenstücken, wenn deren Reifezeit gerade gekommen ist. Das Huhn selbst wird meist nur gekocht und dann möglichst weich zu gedämpftem Reis gegessen. Selten werden die Hühner nach unserer Weise gebraten, und geschieht dies dann meist am Spieße unter reichlichem Bestreichen mit Bohnen¬ oder dem noch besseren Sesamöl. Solche Brathühner werden in den Straßen oft durch Hausierer feilgeboten, die auch einzelne Stücke davon an kauflustige Passanten, meist Arbeiter, die eben einen Gelegenheitsverdienst hatten, abgeben. Als besondere Deli- 68 katesse erhält man bei chinesischen Diners, sofern sie in großen Speisehäusern abgehalten werden, oft eine Schüssel, die lediglich gebratene Hühnermägen und -Lebern enthält, ein sehr schmackhaftes und delikates Gericht, das mir auch stets sehr gemundet hat. Sorgfältig sammelt der Chinese auch die langen Kragen- und Schwanzfedern geschlachteter Hähne, aus denen er Staubwedel in schöner Weise herzustellen versteht. Diese Wedel aus Hühnerfedern (tan-tze) finden in China, wo man ein Wischtuch zum Abstäuben des Hausmöbels, von Büchern u. dergl. nicht kennt, erklärlicherweise eine große Verwendung, und sie werden dadurch zu einem wichtigen Absatzartikel des Kleinhandels. Vor nun etwa fünfzig Jahren brachte man aus China, angeblich aus Shanghai, eine Hühnerrasse nach England, die wegen der Größe und Schwere ihres Körperbaues unter dem Namen Shanghaihuhn bald zu einer gesuchten Luxusrasse unter den Geflügelliebhabern Europas wurde. Durch künstliche Zuchtwahl ist aus diesem Huhne nach und nach das heutige sogenannte Cochinchinahuhn entstanden, das nach alten Abbildungen des importierten »Shanghaihuhns« nur noch herzlich wenig mit diesem zu thun bat. Man nahm damals allgemein an, daß das gewöhnliche Haushuhn der Chinesen eben diese große Kasse sein müsse. Daß dies nicht der Fall ist, habe ich oben bereits erwähnt. Es handelte sich bei den sogenannten Shanghai¬ hühnern um eine Hühnerrasse, die man in China selbst recht selten sieht. Sie gehen dort unter dem Namen »Shih-chin-chi«, was wört¬ lich übersetzt »Zehnpfund - Hühner« heißen würde und wodurch ihr größeres Körpergewicht gegenüber dem gemeinen Landhuhn ange¬ deutet werden soll. Eine eigenartige chinesische Luxusrasse, die einzige mir bekannte rein chinesische, ist das kantonesische schwarzknochige Huhn. Seine Züchter und Liebhaber sind in der Regel Südchinesen, hauptsächlich die Bewohner der Provinz Kuantung (daraus ist »Kanton« verstümmelt). Dies Huhn ist insofern auch für den Zoologen interessant, als es gegen eine allgemeine Beobachtung in scheinbaren Gegensatz tritt. Die Hühner haben weiße Federn. Nun gelten aber Tiere, die eine hellere Farbe besitzen, für zärter im Fleisch als dunkel gefiedertes Geflügel. Bei diesen sonderbaren Hühnern ist aber das Fleisch nicht nur gröber, sondern die Haut und sogar die Knochen sind dunkel¬ grau gefärbt. Diese »Kantonhühner«, wie ich sie nennen will, haben in China selbst wenig Liebhaber, da die Hennen schlechte Leger und Brüter sind und Hahn und Henne wenig schmackhaftes Fleisch 69 geben; sie sind alles andere, als was man von einem Nutzhuhn erwartet, und der in diesen Dingen stets praktisch denkende Chinese verwendet wenig Mühe auf die Zucht einer solchen Tierart. Wohl findet man dann und wann auf dem Hofe eines Chinesen Hähne, die sich durch besonders lange Schwanzfedern auszeichnen und auch sonst in ihrem Aussehen von dem gewöhnlicher Haushähne abweichen. Wir haben es aber hierbei nicht mit einer chinesischen Rasse zu thun, sondern diese Hühner sind importierte Exemplare oder Nachkommen solcher aus Japan, wo man bei der Zucht be¬ stimmter Hühner viel auf die Länge der Schwanzfedern des Hahnes gelegt hat, die oft ein Meter lang und noch länger werden. Das Haushuhn spielt im Volksglauben der Chinesen eine recht hervorragende Rolle, und ich will auch diesmal nicht unterlassen, meinen Lesern einige Beispiele davon zu geben. Zunächst wird uns jeder Chinese sagen, daß der Hahn ein tugendhaftes Tier sei und als solches fünf Haupttngenden in seinem Charakter und Wesen zeige. Er trage einen roten Kamm als Zierde auf dem Kopfe, wie der Zivilmandarin des höchsten Ranges auf seiner Mütze einen roten Knopf trägt als äußeres Abzeichen seiner ehrenreichen und angesehenen Stellung. An den Füßen hat der Hahn Sporen, die Embleme eines Militärmandarinen. Er ist wachsam und kündet durch sein Krähen das Anbrecheu des Tages an, verkündet die »Wachen«. (Der Chinese teilt den Tag in zwölf sogenannte Wachen »chen« von je zweistündiger Dauer. Diese werden der Be¬ völkerung der Städte durch Wächter von den Pauken- und Trommel¬ türmen der Stadt durch Schlagen mit Instrumenten verkündet). Gefundene Nahrung frißt er nicht selbst allein, sondern lockt durch Rufe seinen Harem herbei und teilt selbstgenügsam sich mit diesem darein. Er ist mutig und wagt den Kampf mit Nebenbuhlern und anderen Feinden. Dabei zeigt er sich so tapfer, daß er zuweilen eher sich töten läßt als den Kampf aufgiebt. Trotz alledem werden in China nicht häufig Hähne zu sogenannten Hahnenkämpfen benutzt; ihre Stelle vertreten vielmehr Wachtelmännchen, die man miteinander kämpfen läßt. Wetten spielen bei diesen grausamen Belustigungen auch in China die Hauptrolle. Ein Bild, das einen Haushahn auf einer Steinmauer stehend darstellt während am Boden die Henne ihre Küchlein das Suchen von Nahrung* lehrt, symbolisiert das glückliche, zufriedene Leben des Landmannes. Der Hahn, der stolz vorausschreitend die Hühner führt, wird vergleichsweise als »Anführer« bezeichnet. So hörte ich einmal einem 70 Gespräch zweier Chinesen zu, wobei der eine erzählte, es sei den Magistratssoldaten gelungen, eine Anzahl Räuber gefangen zu nehmen, auch sei ein siao-kuug-ehi’rh dabei. Wörtlich würde dies »ein Hähnchen« heißen. An und für sich sinnlos, muß man darunter den Räuberhauptmann, den Anführer der Bande, verstehen. Der aber¬ gläubische Chinese wagt oft nicht die Dinge beim rechten Namen zu nennen, sondern braucht, wo es sich um solche Dinge handelt, vor denen er heilige Furcht und Schrecken hat, Umschreibungen, lediglich aus Furcht, den Teufel an die Wand zu malen. Eine große Rolle spielt der Hahn auch bei der Namengebung, einer Art Taufe, die bei den Knaben gewöhnlich mit Beginn ihres sechsten Jahres vollzogen wird. Von da an legt der Knabe seinen sogenannten Milchnamen ab und erhält nun einen Vornamen, mit dem er fortan gerufen wird. Er wird damit iu den Familienregistern geführt und unter diesem auch später nach seinem Tode von seinen Nachkommen verehrt. Nur wenn er die Beamtenlaufbahn einschlägt, erhält er gewöhnlich noch von seinem Lehrer einen weiteren Vornamen, unter dem er im öffentlichen Leben bekannt ist. Bei dieser Namen¬ gebung nun versammeln sich die Familienmitglieder um den Knaben vor den Ahnentafeln der Familie. Ein Priester — meist der Sekte der Tauisten — ist gleichfalls zugegen, und dieser murmelt allerlei Beschwörungen und Gebete, um böse Geister von dem zukünftigen Lebenspfade des Knaben zu bannen und die Gottheit für ein glück¬ liches Leben desselben zu gewinnen. Während er aber diese unver¬ ständlichen Dinge spricht und singt, sind zwei Unterpriester, seine Gehilfen, damit beschäftigt, einen Hahn durch einen gestreckten Holzcylinder (mau denke sich ein enges Faß ohne Deckel und Boden) hin- und herzujageu, um ihn, wenn der Oberpriester mit seinen Ge¬ beten fertig ist, frei zu lassen. Hierdurch soll angedeutet werden, daß, wie dieser Hahn manche Gefährnisse in dem Fasse durchzu- macheu hat, aber schließlich, ohne Schaden erlitten zu haben, die Frei¬ heit wieder gewinnt, so auch der Knabe in seinem ferneren Erden¬ wallen allen Gefahren entgehen möge, ohne Schaden an Leib und Seele zu nehmen. Ist dieser Gebrauch auch ziemlich verbreitet und geübt, so wird von manchen Personen doch davon abgesehen. Stets wird aber eiu Haushahn in folgendem Falle eine Rolle spielen. Wenn ein Chinese fern von seiner Heimat gestorben ist, so daß sich ein oft lange währender Transport in die Heimat notwendig macht (wenn irgend an¬ gängig, läßt sich der Chinese in seiner Heimat begraben), so wird man — 71 — auf dem Sarge stets einen Korb finden, in dem ein weißer Hahn steckt. Die Aufgabe dieses Vogels ist eine recht sonderbare. Der Chinese schreibt nämlich dem Menschen eine dreifache Seele zu. Die eine Seele fliegt sofort nach Eintritt des Todes zur Unter¬ welt, um dort gerichtet zu werden. Daher macht man im Sterbe¬ zimmer auch alsbald ein Loch ins Dach, damit sie leicht entweichen kann. In der Unterwelt erwarten den Gerechten Belohnungen, den Bösen aber schlimme Strafen durch allerlei Ungeheuer und Martern. Die andere Seele bleibt auf Erden, um in den Körper von Tieren überzugehen, Yollführt also eine Transmigration, die durch den Bud¬ dhismus beeinflußt ist, um sich schließlich nach allerlei Läuterungen in Buddha zu finden. Die dritte Seele bleibt im Leichname selbst und wird mit ihm begrabeu. Vor dem Begräbnis aber verläßt sie den Leichnam, um ruhelos umherzustreifen, da sie keine Ruhe finden kann, bis die Erde das Grab deckt. Nun fürchten die Chinesen, daß bei solchen Wanderungen, die diese dritte Seele des Nachts unter¬ nimmt, sie sich verirren und den Weg zu dem Leichnam nicht wieder finden könne. Mau benutzt daher den Hahn, der ihr beim Anbrechen des Tages durch sein Krähen den Ort an zeigen soll. Man zieht dabei Hähne von ganz weißem Gefieder vor, da in China weiß die Farbe der Trauer ist. Nur wenn ein solcher nicht aufzutreiben ist, benutzt man, wenn auch ungern, einen anders¬ farbigen. Recht charakteristisch für diese Anschauung der Chinesen ist folgende Geschichte, die ein leider inzwischen verstorbener Freund erlebte. Eines Morgens ging er auf dem Deck eines Kiisten-Dampfers spazieren und hörte sonderbare, den Schrei des Hahnes nachahmende Laute. Er bemerkte auch bald einen Chinesen, der der Urheber dieser Laute war, und dieser hatte ihm auf Befragen folgendes über sein sonderbares Benehmen zu sagen: Er bringe als guter Sohn den Leichnam seines Vaters in die Heimat. Der Kapitän habe trotz Bitten und Bezahlung nicht gestatten wollen, daß der Sarg auf dem Deck stehen bleibe, sondern dieser sei nebst Korb und Hahn ins Zwischendeck gebracht worden. Nun fürchte er, daß die Seele in der vergangenen Nacht den Leichnam wieder einmal ver¬ lassen habe, und da sie bei ihrer Heimkehr weder den Sarg sehen, noch den Hahn im Zwischendeck schreien hören könne, habe er ver¬ sucht, der Seele durch das Nachahmen des Krähens, an das sie durch die lange vorhergegangene Reise zu Lande gewöhnt sei, den Weg zu zeigen! 72 b. Ente. Eine bevorzugte Stelle nimmt in der Geflügelzucht der Chinesen auch die E n t e ein. Kann dies schon im allgemeinen gelten, so wird diese Zucht doch in den südlicheren Provinzen Chinas noch in weit größerem Umfange betrieben; man könnte fast von einer Massenzucht sprechen. In Nordchina und der Mandschurei hingegen dürfte die Entenzucht nur in dem gleichen Maßstabe wie bei uns in Deutschland zu Hause sein. Diese große Ausdehnung der Entenzucht in Südchina hat ihre gewichtigen Ursachen, die sie naturgemäß herbeiführen mußten. Noch weit mehr als der Nordchinese, dem hierbei die kalten Winter zu statten kommen, ist der Südchinese für frisches Fleisch auf Geflügel angewiesen. Die jahraus, jahrein anhaltende Wärme gestattet ein längeres Aufheben des Fleisches nicht, zumal man den Gebrauch und die Herstellung von Kunsteis nicht kennt. Nun wird Schweine¬ fleisch gewiß in größeren Städten, wo es einen hinreichend schnellen Absatz findet, täglich frisch beim Schlächter zu haben sein, in kleineren Orten aber nur an bestimmten Tagen, und es wird oft überhaupt nicht käuflich sein. Die Leute sind alsdann lediglich neben Fisch auf Geflügel angewiesen. Man züchtet die Ente daher in China vor allem als Scblachtgeflügel; daneben kommt als willkommener Neben¬ verdienst die Eierproduktion mit in Betracht. Das bedeutend größere Entenei steht bei dem Chinesen in höherem Werte als das des Huhnes, da in der Verwendung kein Unterschied gemacht wird, während man bei uns in dieser Beziehung das Entenei oftmals zurückweisen würde. Ja der Wert des Enteneies erhöht sich noch dadurch, daß es zur Herstellung der als große Delikatesse angesehenen Sung-hua, die in den Berichten von Reisenden als »halbverfaulte, gekochte Eier« spuken, in großer Nachfrage steht. Die Enteneier werden zu diesem Zwecke in Wasser hart gekocht und dann mit Potasche und Kalk zusammen in einen irdenen Topf gebracht. Ist noch eine salzige Soole daraufgegossen, so wird der Topf mit Lehm so herme¬ tisch wie möglich verschlossen und in die Erde eingegraben. Es geht nun mit diesen Eiern ein chemischer Prozeß vor sich, wodurch das Eigelb zu einer dunkelbraunen, käsigen oder hornigen Masse wird. Das Eiweiß ist dagegen zu einer hell- oder dunkelolivfarbenen Gallerte geworden. Dünne Scheibchen dieser Eiweißgallerte lassen, gegen das Licht gehalten, nach Art des Moosachates dunkelgrüne Zeichnungen erkennen. Die Chinesen werden hierdurch an die jungen Sprossen der Kiefer (in ihrer Dichtung ein Symbol des Alters, da sie mit ihren immergrünen Blättern Stürmen und Wettern trotzt) er- 73 jnnert, und sie nennen diese Delikateßeier infolgedessen auch Sung- hua (wörtlich »Kiefernsprossen«). Diese Eier werden etwa nach drei bis vier Monaten aus der Erde geholt und vor dem Gebrauch in dünne Scheibchen geschnitten. Man ißt sie nur in ganz kleiner Quan¬ tität, und sie sollen, mit Soyasauce getränkt, eine appetitreizende Vor¬ speise für das kommende Diner sein, etwa wie man bei uns eine Kaviarscbnitte serviert bekommt. Die Ente wird meist gekocht genossen, und man läßt auch sie, wie dies beim Huhn geschieht, so weich wie möglich werden. Enten¬ fleisch gilt als besonders leckeres Gericht und wird von den Chinesen allem anderen Geflügel vorgezogen, nach meiner Ansicht mit gutem Rechte. Die meisten Enten sind junge Masttiere, die in der That ein sehr feines und schmackhaftes Fleisch geben. Im Süden, wo so sehr viele Euten als Schlachttiere gebraucht werden, beschäftigen sich bestimmte Leute jahraus, jahrein mit ihrer Zucht. Man läßt daher die Eier nicht nur durch Brutenten aus¬ brüten — dies Verfahren würde für die Zwecke der Massenzucht nicht ausreichend sein — , sondern läßt eine weit größere Zahl Eier durch künstliche Brutofen zeitigen. Dieses Geschäft besorgen wie¬ derum bestimmte Personen, die hierin große Uebung und Erfahrung haben und ihre ganze Zeit darauf verwenden müssen. Es gehören mindestens zwei Personen dazu, da die Brütereien unter ständiger Aufsicht sein müssen. Die beiden Leute müssen sich im Wachehalten und Schlafen gegenseitig ablösen. Eine solche künstliche Entenbrut¬ anstalt befindet sich gewöhnlich in einem langgedehnten Raume, an dessen Längsseiten zahlreiche eiserne Kessel stehen. In ihnen liegen zwischen einem Gemisch von Holzasche und Lehm die Eier. Die Kessel werden leicht angeheizt (es bedarf natürlich großer Er¬ fahrung, um auf diese Weise die richtige Brut wärme zu erzielen), und das Lehragemisch hält nun die Brutwärme für die Eier fest. Man kann sich leicht denken, daß bei dieser primitiven Manipulation die äußerste Vorsicht und Geduld dazu gehört, sollen die Eier nicht verderben. Auch das Prüfen der Eier auf ihre Befruchtung nach einigen Tagen des künstlichen Brütens verstehen diese Leute aus¬ gezeichnet. Selten nur kommt es vor, daß eine derartige Brut durch die Nachlässigkeit der Leute vorloren geht oder verdirbt. Meist wird dagegen ein großer Prozentsatz gezeitigt. Die gleiche künst¬ liche Bebrütung wird auch oft bei der Hühnerzucht angewandt. Mit der weiteren Aufzucht der jungen Hühuchen oder Enten befassen sich die Inhaber dieser Brutanstalten in der Regel nicht. Die jungen 74 Vögel werden vielmehr sobald als möglich in kleinerer oder größerer Anzahl an Privatpersonen oder solche Leute verkauft, die wiederum ans der Aufzucht der Enten ein Geschäft machen. Man sieht oft Hausierer in China von Haus zu Haus wandern und junge, nicht lange zuvor dem Ei entschlüpfte Hühnchen oder Entlein, die sie in zwei Körben an einer Bambusstange auf der Schulter tragen, zum Verkauf ausbieten. Für ein solches junges Hühnchen fordern sie 3—5, für eine Ente 10 — 20 Pfennig und finden auch sehr viele Käufer. Große Entenzuchtanstalten kann man sehen, wenn man mit dem Flußdampfer vou Hongkong den Perlfluß oder Chu-chiang hinauf nach Kanton fährt. Man sieht mitten im Fluße alte, un¬ brauchbar gewordene chinesische Dschunken verankert liegen, die jeglichen Takelwerkes entbehren. Sie dienen dem Züchter als Ställe, in denen er seine Enten während der Nacht hält, um sie, sobald es Morgen geworden ist, in die Reisfelder, die am Flußufer liegen, zu treiben und weiden zu lassen. Reichliche Nahrung finden die Enten aber auch schon auf dem Flusse selbst und in den zahlreichen das Land durchschueidenden Kanälen, die zur Berieselung der Reisfelder dienen. Ihre Aufzucht kostet den Unternehmer ebenfalls so gut wie nichts, da er keine direkten Barauslageu für Futter hat; nur der Ankauf der ganz jungen Tiere hat etwas gekostet. Meist ist der Besitzer, resp. seine Kinder auch der Wächter der Enten. Gemietete Wächter sind selten, und diese erhalten dann auch einen so mini¬ malen Lohn, daß er fast gar nicht in Betracht kommt. Die heran¬ gewachsenen Enten werden in China wohl infolge des großen Ver¬ brauches und der großen Nachfrage verhältnismäßig recht teuer be¬ zahlt. Man giebt mindestens M. 1.50 pro Stück, oft noch mehr. Während der Preis des chinesischen Huhnes sich zu dem des uns- rigen wie 1:4 verhält, ist der Preis der Ente der gleiche oder doch nur um ein Drittel niedriger. Auch während mau in den Reisfeldern der Bekassinenjagd obliegt, stößt man oft auf solche weidenden Euten- herden, die schnatternd den morastigen Boden nach Gewürm und Wurzel werk durchsuchen. Auf Befragei] haben mir die Hirten oft gesagt, daß ihre Herden aus drei- oder vierhundert Stück beständen und oft noch mehr Köpfe zählten. Auch eine Eutenart ist von China zu uns gebracht worden, die unter dem Namen Pekingente sehr rasch bekaunt wurde und gro'ße und viele Liebhaber unter den Geflügelzüchtern gefunden hat. Sie zeichnet sich durch ihre Größe aus und ist als Regel weiß befiedert. 75 Auch sie ist nicht die in China allgemein verbreitete Rasse, ja man trifft sie verhältnismäßig recht selten, am häufigsten noch in Tiehtsiu. Sie geht unter dem Namen »shih-chin-ya-tze«, die Zehn pfund -Ente, oder »pai-ta-ya-tze«, die große weiße Ente. In Tientsin und Peking ist sie als Mastente sehr gesucht und eignet sich in der That auch sehr dazu. Die gewöhnliche chinesische Landente ist dagegen äußerlich nur wenig von unserer Landente verschieden; freilich wird sie etwas größer als letztere. Das liegt aber daran, daß unsere Bauern sich recht weuig mit Entenzucht als einem wenig einträg¬ lichen Geschäfte befassen und die Enten durch ständige Inzucht bei uns meist in hohem Grade degeneriert sind. Kreuzungen mit den erwähnten Pekingenteu würden gute Folgen haben. Man darf, dies möchte ich nach holend noch erwähnen, unter den in China zuweilen anzutreffenden »Zehupfundenten« nicht die Prachtexemplare unserer Pekingenten der Geflügelausstellungen suchen. Diese sind eben durch künstliche Zuchtwahl heraugezücbtet und geben da Extreme, wo jene nur solche Eigenschaften in weniger entwickeltem Ma߬ stabe zeigen. Entenfedern hatten in China früher fast gar keinen Wert, da die Chinesen ein Federbett nicht kennen. Erst seit Erschließung des großen Reiches für den Welthandel sind die großen Quantitäten von Federn, die China abgeben kann, verwendbar geworden, und es hat sich auch schnell ein großer Exporthandel darin entwickelt. Leider haben sich die Chinesen schon jetzt das Geschäft bald selbst ruiniert, da sie nicht nur nicht bestrebt waren, bei der Unmenge der Produk¬ tion ausschließlich beste Qualität zu liefern, sondern sogar durch Bei¬ mischung von Federn anderer Vögel, speziell von Hühuerfedern, die Qualität noch mehr beeinträchtigten. Daher werden chinesische Federn auf dem Weltmärkte nicht mehr so angesehen, wie es anders wohl hätte der Fall sein können, und sie erzielen immer mehr sinkende Preise. c. G an s. Von einer Züchtung der Gans wird man in China gewöhnlich sehr wenig zu sehen bekommen. Es liegen in der That die Ver¬ hältnisse umgekehrt wie bei uns. Während man bei uns dem Fleische der Gans den Vorzug giebt, zieht der Chinese das der Ente vor und hat auch gewiß recht, dies zu thun. Die chinesische Hausgans ist von unserer sehr verschieden und gleicht fast der bei uns als Luxus¬ rasse hin und wieder gehaltenen sogenannten japanischen Schwanen- 76 gans. Sie zeigt also einen weniger gedrungenen Körperbau und einen längeren sogenannten Schwanenhals. Auch auf dem Schnabel fehlt der für den Schwanenkopf charakteristische Höcker des Schna¬ bels nicht. Das Fleisch der chinesischen Hausgans steht an Wohl¬ geschmack dem unserer Gans bei weitem nach. Chinesen essen Gänse nur selten, und auch die in den Vertragshäfen Chinas lebenden Aus¬ länder, die von der früheren Heimat her vielleicht Verehrer eines Stück Gänsebratens waren, werden es bei ein paar Versuchen, chine¬ sische Gänse zu essen, bewenden lassen. Das Fleisch ist grobfaserig und erinnert an das der Wildgans, und der Vogel scheint fast gar nicht zur Mast geeignet, einer seiner bevorzugtesten Eigenschaften bei uns. Gänseeier sind wegen ihrer Größe dem Chinesen schon mehr willkommen. Gleichwohl sagen auch sie mit gutem Reckte, daß diese nicht den feinen Geschmack des Enteneies besäßen. Von einer Zucht der Gaus als bevorzugtem Nutzgeflügel kann in China keine Rede sein. Wenn man nun aber dennoch des öfteren Gänse ge¬ halten sieht, so hat es damit eine ganz andere Bewandtnis. Wild¬ gänse, besonders aber die ziemlich seltene Rotgans, die in strenger Monogamie lebt, gelten dem Chinesen als Symbol der zärtlichen Liebe uud Gattentreue. Es heißt, daß der eine Vogel beim Tode des anderen jede Nahrung verweigere und nach und nach aus Schmerz über den erlittenen Verlust und aus Sehnsucht nach dem toten Gatten dahinsterbe, nie aber sich mit einem anderen Genossen wiederum paare. Es ist daher in China ein allgemein geübter Ge¬ brauch, zu Hochzeiten dem jungen Paare ein Paar Wildgänse als symbolisches, auf diesen Glauben zurückzuführendes Geschenk zu machen. Nun sind aber weder Rotgänse noch auch Wildgänse immer stets zur Haud, wohl auch für manche ärmeren Leute zu teuer. Man bedient sich daher au ihrer Stelle oft eines Paares gewöhnlicher weißer Hausgänse, die man mit Farbe schön rot gefärbt hat. Nun sind die Farben und namentlich jetzt die Aniliufarben nicht waschecht. Es macht dann einen komischen Eindruck, im Dorfteiche ein Paar solcher Gänse schwimmen zu sehen, die vielleicht nur noch ein Rosa-Gefieder tragen, denn Reg*m und Sonnenschein haben bereits ihr möglichstes gethan, jenes Hochrot zu bleichen und zu verwaschen. d. Tauben. Ebensowenig wie mit der Gänsezucht zu Nutzzwecken befassen cD sich die Chinesen mit der von Tauben. Die Liebhaberei, die bei uns eine so große Verbreitung gefunden hat, findet sich in China nur 77 in ihren Anfängen angedeutet. Direkt Tauben züchten werden die wenigsten Chinesen. Man wehrt den Tieren aber doch in den seltensten Fällen, wenn sie sich in dem Gebälk des Dachstockes oder sonstwo im Hause einen Nistplatz suchen und sich von selbst an¬ siedeln. Namentlich suchen sich die Tauben hierzu die stilleu Tem¬ pelgebäude aus. Tauben schlachtet der Chinese als Fleischgeflügel nie, weder die alten noch die jungen. Ja auf meinen Reisen hatte ich sogar sehr selten Gelegenheit, junge Tauben für Geld oder gute Worte zu bekommen. (In den Vertragshäfen liegen auch hier¬ bei die Verhältnisse anders; die anhaltende Nachfrage seitens der Ausländer hat auch hier deren Zucht in gewissem Umfange veran¬ laßt.) Hingegen sehen die Chinesen in frischen Taubeneiern eine große Delikatesse, etwa wie manche unserer Gourmands in den Kibitzeiern, und werden nie versäumen, die frischgelegten Eier dem Nistpaare zu nehmen. Die Eier werden ihrer Zartheit wegen sehr geschätzt und unverhältnismäßig hoch bezahlt. In der That kann ich mir selbst in der Bouillon kein zarteres Ei denken als ein Taubenei. Die Haustaube lebt in China in einem halb verwilderten Zu¬ stande und ist sich meist selbst überlassen. Die meisten von ihnen zeigen daher auch das Blau, die eigentliche Farbe des Feldflüchters, oder ein dunkeles Schiefergrau. Gescheckte oder andersfarbige Tauben sieht man nur wenig und die schönen Farbenzusammen¬ stellungen, die unsere Taubenliebhaber in ihren »Farbentauben« im Laufe der Zeit heranzuzüchten verstanden haben, fast nirgends. Wohl giebt es auch erklärte Taubenliebhaber unter den Chinesen; diese halten sich aber ihre Tauben zu einer eigenen Spielerei. Man fertigt namentlich aus Bambus, aber auch aus anderen leichten Holzarten kleine, mit Löchern versehene, daumenstarke oder noch dickere In¬ strumente an, die man den Tieren unter den Leib oder auf den Rücken, auch wohl unter den Schwanz bindet. Wenn nun eine Anzahl mit solchen Instrumenten ausgestatteter Tauben, ein soge¬ nannter Flug, in der Luft kreist, so entstehen durch das Eindringen der Luft in die Instrumente sonderbare Töne, ähnlich denen der einst bei uns in Gärten so beliebten Äolsharfen, nur lauter und weiter vernehmbar. Denn je schneller die Taube, vielleicht durch das Ge- räuch erregt, dahin fliegt, desto lauter wird naturgemäß der Ton der Instrumente. In Südchina konnte ich diese Spielerei weniger beobachten, im Norden ist sie dagegen häufiger und verbreiteter. Wenn man mit ihr noch nicht vertraut ist, weiß man zuerst nicht recht, welcher ~~ 78 — Ursache man das absonderliche Geräusch zuschreiben soll, bis man schließlich dahinter kommt, daß die Urheber jene über unserem Kopfe kreisenden »tsen-fei-ebich-jen«, die am Himmel fliegenden Huri sind, wie die Chinesen poetisch diese Art Tauben nennen. Im Volksglauben gelten die Tauben als sehr lasciv. Hierzu mag mehr die günstigere Gelegenheit der Beobachtung, als die übermäßig oft wiederholte Vollziehung des Aktes Veranlassung gegeben haben. Der Tauber mahnt mit seinem Rucksen am frühen Morgen den Landmann, daß es Zeit sei, aufzusteheu und auf das Feld zur Ar¬ beit zu gehen. Tauben gelten auch als Symbol der Kindesliebe. Veranlassung hierzu gab wohl eine Mißdeutung des Kropffütterns der Alten und des Schnäbelns der Jungen. Es heißt, daß die jungen Tauben ihre alten Eltern, die selbst nicht mehr imstande seien, sich Nahrung zu suchen, fütterten. Im Gegensatz hierzu gilt der Rabe (onomatopoetisch iao-qua genannt) als der pflichtvergessenste und aller Kindesliebe barste Vogel. Er soll die Alten, die sich nicht mehr selbst ernähren können, aus dem Neste werfen und sie elendig¬ lich Hungers sterben lassen. Brieftauben sind den Chinesen schon längst bekannt; man bedient sich ihrer aber fast gar nicht. e. Andere G e f 1 ü g e 1 a r t e n. Des zum Fischfang abgerichteten Kormoranes kann ich als eines eigentlichen Haustieres nicht Erwähnung thun, obwohl er in vielen Gegeuden völlig gezähmt gehalten und gezüchtet wird. In der Provinz Shantuug, wo auch Deutsch -Kiaotschau liegt, sieht man auf den Höfen der Bauern ziemlich häufig zahme Steinhühner etwa in der Weise gehalten, wie bei uns die Perlhühner. Die Chinesen jener Gegenden finden sehr viel Gefallen an dem bei aller Einfachheit des Gewandes doch immerhin schön gefiederten Vogel, fler durch sein beständig leise vor sich hingerufenes »Oak-kek« einen anheimelnden Eindruck macht. In Nordchina sind durch die Ausländer Trut¬ hühner eine neue Art der Geflügelzucht geworden. Wohl sind es Engländer gewesen, die auch im fernen Osten, also weit weg von der Heimat, den obligaten Christmas-Turkey , der zu Weihnachten auf der Tafel keiner besseren Familie fehlen darf, nicht missen wollten, und sie importierten Zuchtpaare nach China. Die Tiere ge¬ diehen wider Erwarten gut, und bald merkten die Chinesen, daß man seitens der Ausländer so hohe Preise für ein ho-chi oder Feuerhuhn (wohl so genannt nach den roten Fleischwülsten des Kopfes beim Hahne) zahle, daß einige unternehmende Köpfe sich 79 auf eine reguläre Zucht desselben warfen. Anfangs war die Zucht so profitabel, daß ein recht guter Verdienst abfiel, der dann Ver¬ anlassung zu einer immer größeren Ausdehnung der Zucht wurde. Heute hat sie namentlich in der Umgegend Tientsins einen solchen Umfang angenommen, daß man nicht nur den ganzen Bedarf der Küste decken kann, sondern daß sich schon eine gewisse Über¬ produktion bemerkbar macht, die ein stetes Zurückgehen der Preise zur Folge hat. So ist es gekommen, daß man für einen großen Truthahn selten mehr als drei Mark nach unserem Gelde zu zahlen braucht, er also um die Hälfte billiger als in den meisten Gegenden Deutschlands oder Englands zu kaufen ist. Die Chinesen selbst wollen noch wenig oder gar nichts von dem Truthahn wissen. Schuld ist daran, daß sie ihn nicht zu braten verstehen, und gekocht mag sein Fleisch allerdings nicht sehr schmackhaft sein. Ich habe aber kein eigenes Urteil darüber, denn ich habe es noch nicht versucht. Das beliebteste Ziergeflügel der Chinesen ist die fast zum Haustiere ge¬ wordene Mandarinenente. Sie gilt durch ihre Farbenpracht und das schmucke Aussehen des Männchens als die vollkommene Eleganz. Das Wort hung, das Mandarinenente bedeutet, heißt in übertragener Bedeutung »vollkommen«, »vorzüglich« oder »elegant« und wird namentlich von Essays oder Aufsätzen gesagt. So bedeutet im Vor¬ namen des bekannten Li - hung - chang hung-chang »vollkom¬ menes« oder »vorzügliches Essay«, und der ganze Name »Ein Mann namens Li, der tadellose Essays schreibt.« Mandarinenenten werden namentlich in Südchina in den Gärten der Reichen zur Be¬ völkerung und Belebung der W'eiher, die in einem solchen nie fehlen dürfen, gehalten. Auch das Mandarinenentenpaar gilt als Symbol der Gattenliebe und Treue. Man sagt ferner, sie pflanzten sich nicht durch direkte Begattung fort, sondern das Weibchen empfange durch Kreuzen des Halses mit dem des Männchens. Dies beruht ent¬ weder auf einer falschen Beobachtung gegenseitig erwiesener Zärt¬ lichkeiten des Paares oder auf der kämpfender Männchen. Pfauen sind in China schon deshalb beliebt, weil ihr Name kung mit dem Familiennamen des Konfucius »kung- fu -tze«, Alt¬ meister Kung, identisch ist. Gleichwohl ist die Annahme falsch, daß sie dem Konfucius geheiligte Vögel seien. Auch ihnen spricht der Volksglaube eine direkte Begattung ab und sagt, daß das Weibchen empfange, wenn es das Grollen des Donners höre. In den Parks der Mandarinen des ersten Grades sieht mau den Mandschurischen Kranich vielfach gehalten. Nur den höchsten Be- 80 amten ist dies als eine Art Privileg gestattet. Er gilt als Symbol des hohen Alters, da man ihm eine Lebensdauer von mehr als tausend Jahren zuschreibt, wo er dann zu einer Art Genius wird. Auch soll er die Seelen der Abgestorbenen nach dem Himmel bringen. Daher werden beim Begräbnis dem Sarge aus Papier gefertigte Kra» niche vorausgetragen, die später verbrannt werden, damit sie wenig¬ stens als Rauch zum Himmel fahren, wohin sie nun einmal selbst nicht fliegen können. Nicht weit von deu Gehegen der Kraniche findet man in den Parks auch Hirsche gehalten. Dies hat folgende Be¬ wandtnis. Der Hirsch heißt im Chinesischen »lu« oder »lo«. Das letztere kann jedoch auch »Freude« oder »literarische Ehren« be¬ deuten. Der Kranich heißt »ho«, was auch »Harmonie« bedeuten könnte. Die Zusammenstellung von Hirsch und Kranich wird zu einer Art Bilderrätsel, nämlich zu dem Wunsche ho-lo-tung-shun : »Eintracht und Freude; möge alles wohlgelingen!« Es ist damit ein Glückwunsch in zarter Weise angedeutet, den der Besitzer den Be¬ suchern seines Gartens entgegen bringt. Nill’s Zoologischer Garten in Stuttgart. Yon P. Cahn in Frankfurt a. M. Seit der Umwandlung des ehemals P i nc k e r t’schen Zoologischen Gartens zu Leipzig in eine Aktiengesellschaft ist Nil l’s Tiergarten in Stuttgart das einzige derartige Institut in Deutschland, oder wenigstens das einzige von Bedeutung, das Privatunternehmen und Privateigentum ist. Die Entstehung und Entwicklung des N i 1 1 ’schen Gartens ist zwar mehrfach in diesen Blättern behandelt worden (siehe namentlich Jahrg. 1871 S. 306), doch dürfte eine kurze zusammenhängende Darstellung seiner Geschichte nach den Mitteilungen des jetzigen Besitzers manchem Leser nicht unwillkommen sein. Der Garten verdankt sein Entstehen der Liebhaberei zur Tier¬ welt seines früheren Inhabers Johannes Ni 11, der, von Beruf Zimmermeister, eine zuerst kleine, daun immer größer werdende Sammlung einheimischer Tiere, wie Hirsche, Rehe, Füchse, Raub¬ vögel, Hühner, Singvögel, später auch Wildschweine, Gemsen u. a. hielt. Ein großer Bekanntenkreis fand sich regelmäßig zur Be¬ sichtigung der schönen Tiere ein, so daß sich bald das Bedürfnis einer Restauration fühlbar machte. Die so im Jahre 1866 entstan- 81 deue »Wirtschaft zum Hirschgraben« wurde bald zu einem beliebten Ausflugsorte der Stuttgarter. Die Kosten für den Unterhalt der Tiere deckte, so lauge der Bestand klein war, die Wirtschaft. Die Zahl wertvoller Tiere wuchs aber stetig, und der Besitzer war ge¬ nötigt, größere Bauten für sie zu errichten. Die nach und nach angelegten Tierhäuser, Parks und Teiche bildeten die Grundlage für einen eigentlichen Tiergarten, der als solcher am 1. Juli 1871 eröffnet wurde. Der Besitzer widmete von nun an dem neu auf¬ blühenden Unternehmen seine volle Arbeitskraft. In den ersten Jahren wurden wesentliche Veränderungen nicht vorgenommen, sondern lediglich an der Befestigung des Geschaffenen gearbeitet. Bekanntlich hat bis zum Jahre 1874 gerade in Stuttgart noch ein ähnliches Privatunternehmen existiert, wenn auch in wesentlich kleinerem Umfange: der Tiergarten des Cafetiers W e rn e r (s. Z. G. 1870 S. 84 u. 342). Bald nach der Auflösung des Werner’schen Gartens konnte Nill an eine Vergrößerung seines Instituts denken; das Terrain wurde um 3/ 4 Morgen erweitert. Es entstanden im Laufe der Jahre eine Reihe neuer Tierwohuungen. Der im November 1886 erfolgte Ankauf der großen En treß’ sehen Menagerie bedingte den Umbau des Raubtierhauses. Im Jahre 1893 kam abermals ein Areal von zwei Morgen hinzu, das für weitere Neubauten, sowie für den Oekonomiehof und den großen »Ausstellungsplatz« Raum gewährte. Leider war es dem Begründer des Garteus nicht mehr vergönnt, die Vollendung des Ganzen zu schauen ; zu bald — im Mai 1894 — be¬ rief ihn der Tod von seiner unermüdlichen Thätigkeit ab. Seitdem steht sein Sohn, Herr Adolf Nill, an der Spitze des schönen Un¬ ternehmens und führt es, unterstützt von seiner Familie, gedeih¬ lich weiter fort. Berichte über interessante Zuchtresultate und andere Ereignisse in diesem Garten hat unsere Zeitschrift öfter gebracht; ich werde Gelegenheit haben, hierauf zurückzukommen. Eine Schilderung des Gartens selbst aber mit seiner ganzen Bewohnerschaft fand ich nur vom Jahre der Eröffnung (s. Z. G. 1871 S. 306). Als eifriger Tier- und Tiergartenfreund benutzte ich mit Freuden die Gelegen¬ heit, bei einem Aufenthalt in der württembergischen Hauptstadt diesen großen Privattiergarten kennen zu lernen. Man bedenke, daß man es hier nicht mit einem Aktienunter¬ nehmen, sondern mit der Schöpfung eines einzelnen thatkräftigen Mannes zu thun hat, die bei verhältnismäßig nur geringem städti- Zoolog. Gart., Jahrg. XLI. 1900. 6 82 schem Zuschuß unterhalten und rentabel fortgeführt wird, und man wird angenehm überrascht sein von der recht reichhaltigen Tiersammlung, worunter sich manches Stück befindet, auf das auch der größte Garten stolz sein könnte. Die Tierbäaser sind aller¬ dings meist einfach, doch zweckentsprechend; dem geringen Umfange des Geländes entsprechend braucht man keine weiten Wanderungen anzutreten, um von einem Tierbehälter zu einem andern zu kommen. Beim Eintritt gelangt man zunächst zur Restauration, die von Herrn Nill’s Angehörigen betrieben wird. Sie kann besucht werden, ohne daß man Eintrittsgeld zum Tiergarten zahlt; öfters finden dort Militärkonzerte statt. Als Wegweiser durch den eigentlichen Zoologischen Garten mag uns der mit schönen Illustrationen bekannterer Tiere von Meister Specht’s Künstlerhand geschmückte Führer dienen. Da er jedoch schön einige Jahre alt zu sein scheint, treffen seine Angaben über den Tierbestand durchaus nicht immer zu, und ich konnte eine stattliche Zahl von Arten notieren, die das Büchlein noch nicht erwähnt. Dem Eingänge gegenüber fällt uns zunächst ein prächtiger Vari ( Lemur varius) auf, dem ein M ohrenm aki-Weibchen ( Lemur macaco) Gesellschaft leistet und dessen Nachbar ein Kapuzineraffe ist. Wir wenden uns nun nach links der langgestreckten Raubvogel¬ voliere zu und mustern deren Insassen. Die Reibe beginnt mit den Eulen — darunter eine schöne Schneeeule ( Aegolius scandiacus ) - — ; es folgen die Geier arten: Kondor {Sarcorhamphus gryphus ), Raben¬ geier ( Catharista atrata ) und Gänsegeier (Gyps fulvus). Der Lämmergeier ( Gypaetus barbatus) bildet den Übergang zu den Adlern und Falken, die durch Schreiadler ( Aquila naevia), See¬ adler ( Haliaetus albicilla ), Wan der- und Turmfalken ( Falco peregrinus und tinnunculus ), die beiden Milane (Milvus ictinus und migrans) und Bussarde, darunter ein größtenteils weißes Exemplar, vertreten sind. Den Beschluß bilden einige deutsche Corvidenarten. Ein pavillonartiger Holzbau mit geräumigen Ausläufen beherbergt die Strauße. Der Somalstrauß (Struthio molybdophanes) fehlte bei meinem Dortsein gerade; inzwischen hat sich jedoch Herr Nill vier Exemplare von der großen Herde gesichert, die Menges im Juli 1899 importiert und zunächst in den Frankfurter Garten gebracht hat, wo die komische Schar der jungen Riesen das Publikum nicht wenig amüsierte. Von den merkwürdigen und einzig dastehenden Zucht¬ erfolgen, die Nill gerade mit Somalstraußen hatte, berichtete er seiner 83 Zeit in unserer ■ Zeitschritt (Jahrg. 1885 S. 321 und 1888 S. 74). Nandu (Rhea americana) und Emu (Dromaeus novae-hollandiae) sind in Paaren vorhanden. Auch ein Reh ( Gapreolus capraea ), Agutis (. Dasyprocta aguti) und Meerschweinchen haben hier Unter¬ kunft gefunden. Neu angelegt und im Führer noch nicht erwähnt ist der Rinder¬ park. Hier hausen die Yaks ( Poephagus grunniens ) und Bisons (. Bison americanus) ; von letzterer, so kostbar gewordenen Tierart sah ich ein schönes Paar mit einem vortrefflich gedeihenden Kälbchen und noch eine einzelne Kuh. Wahre Schätze birgt auch das benachbarte „Warmhaus“. Die vollständige Abschließung aller seiner Bewohner durch Glasscheiben ist zwar dem beobachtenden Besucher nicht sehr angenehm, im In¬ teresse der kostbaren und empfindlichen Tiere und ihres Besitzers aber doch eigentlich nur zu billigen. Die hier in Bezug auf die Lebens¬ dauer erzielten Resultate sind denn auch außerordentlich günstig. So hatte Ni 11 das seltene Glück, ein Paar S ch i m pa n sen ( Anthro - popithecus troglodytes), die in einem Alter von zwei Jahren ankamen, noch sechs Jahre zusammen am Leben zu erhalten; auch das jetzige Exemplar lebt bereits seit drei Jahren dort. Ein prächtiges Paar Ameisenbären ( Myrmecophaga jubata) gehört schon seit neun Jahren dem Garten an; bereits fünfmal hat es je ein Junges gebracht, das jedoch bisher immer nur einen, zwei, bis höchstens acht Tage am Leben blieb ; es konnte hierbei die Dauer der Tragzeit als ein halbes Jahr festgestellt werden. — Als Gegenstück zum Schimpansen ist auch ein schöner Orang-Utan ( Simia satyrus) zu sehen. Weitere wert¬ volle Stücke sind der H u 1 m a u ( Semnopithecus entellus), der Klam¬ meraffe {Ateles paniscus) und das Faultier (Choloepus didac - tylus). Auch ein Gürteltier ( Dasypus vülosus ) ist hier untergebracht. Vom Frankfurter Garten konnte Herr Nill inzwischen einen Ameisen¬ igel (. Echidna hystrix) erhalten, den er, laut brieflicher Mitteilung ebenfalls in diesem Raritätenhause untergebracht hat. Das Elefantenhaus, ein massiver Steinbau mit drei Abteilungen und entsprechenden Ausläufen, beherbergt ein etwa 15 jähriges In¬ disches Elefanten Weibchen, ein schönes Paar Amerikanischer Tapire ( Tapirus americanus ), sowie die beiden Kamel arten (■ Camelus dromedarius und bactrianus) in mehreren Exemplaren. Von Antilopen fand ich indem danach benannten Gebäude, einem einfachen Holzbau mit geräumigen Innenkäfigen und Außenparks, nur eine Säbelantilope (Oryx leucoryx) und ein Weißschwanz- 84 gnu ( Connochaetes gnu) vor; doch sei erwähnt, daß das im vorigen Jahre im Frankfurter Garten geborene stattliche Streifengnu - Männchen ( G . taurina), dessen Eltern sich bereits neuer Nachkommen¬ schaft erfreuen, inzwischen wohlbehalten in Stuttgart angelangt ist. Ein Zebra (Equus boeJimi), Zebus (Bos indicus), Lamas ( Lama peruana) und verschiedene Schaf- und Ziegenrassen bilden die übrige Bewohnerschaft dieses Hauses. Es folgen nun einige Käfige mit kleineren Raubtieren. Außer den gewöhnlichen deutschen Arten sind zu nennen: ein Waschbär- Paar (Procyon lotor) mit vier Jungen, Rüsselbären ( Nasua narica), der japanische Dachs ( Meies ankuma 0, die Zebramanguste (. Her - pestes fasciatus) uud der Mungo ( H . mungo), der Pardelmarder (Nandinia binotata) und eine Ginsterkatze. Raubtierhäuser, d. h. Häuser mit größeren Katzenarten, giebt es zwei. Löwe ( Felis leo) und Tiger (F. tigris) in schönen Paaren befinden sich im »großen«, die mittleren Arten im »kleinen Raub¬ tierhaus«. Die »Par de 1« (F. pardus) sind durch ein indisches Paar, einen ostafrikanischen Leoparden und einen schwar¬ zen Sundapanther gut vertreten. Die beiden Pumas (F. con- color ) fallen durch ihre Größe auf. Endlich fehlen auch ein Gepard ( Cynaelurus soemmerringi), ein Serval ( Felis serval ), ein Ozelot (Felis pardalis) und ein K a r a k a 1 (F. caracal) nicht. In den Abteilungen einer langgestreckten Voliere tummeln sich mehr als ein halbes Hundert Vogelarten, buntgefiederte Pagageien in allen Größen, vom Ara herab bis zum Wellensittich, tropische Weber und Täubchen, einheimische Finken, Lerchen und Meisen, deutsche und kalifornische Wachteln u. s. w. Ich nenne nur einige neuere Erwerbungen, die der Führer noch nicht aufführt: das zier¬ liche Sumpfhühnchen ( Ortygometra porsana ), die merkwürdige Dolchstichtaube ( Geotrygon cruentata ), in einem alten Werk poetisch das »blutende Herz« genannt, das sanft girrende Diamant¬ täubchen ( Ectopistes cuneata ), das Malakkatäubchen (E. striata), die Schopftaube ( PJiaps lopJiotes), den Inka-Kakadu ( Cacatua leadbateri ), den Bartsittich (Palaeornis fasciatus) und die Portorico-Amazone ( Androglossa vittata). Eine früher vorhandene Seltenheit, die farbenprächtige Binden-Fruchttaube (. Ptilinopus fasciatus) von den Samoa-Inseln, war dagegen nicht mehr zu finden. Die benachbarte Fasanen-Voliere ist mit Paaren von etwa sechs verschiedenen Arten besetzt. Der ihr gegenüberliegende geräumige 85 Käfig beherbergt einen in den Tiergärten nicht häufigen und schwierig zu haltenden Vogel, die Großtrappe ( Otis tarda). Das Alfenhaus, mit Innen- und Außenkäfigen versehen, bietet die Möglichkeit, seinen Bewohnern je nach Jahreszeit und Witterung im Freien oder im warmen Raume Aufenthalt zu gewähren. Man- drill (Gynocephalus mormon), Hamadryas ( C . hamadryas), Babuin ( G . babuin), Mona ( Cercopithecus mona ), Mohrenaffe (Cercocebus fuliginosus) , sowie die vier häufigeren Makak-Arten ( Macacus cynomolgus mit Jungem, M. sinicus , rhesus und nemestrinus) sind hier zu erwähnen. Die beiden Menschenaffen, sowie die Ver¬ treter der Gattungen Semnopithecus , Ateles und Cebus , deren bereits gedacht wurde, seien nochmals in Erinnerung gebracht, um die Reichhaltigkeit der Vierhändersammlung vor Augen zu führen. Die »Stelzvogel wiese« mit drei großen überdeckten Flugräumen und daran anschließenden Ställen bietet dem Naturfreund ein stimmungsvolles Bild. Kronen-, Jungfern- und Graue Kraniche (Grus pavonina , virgo und cinerea) schreiten stolz auf dem frischen Grün des Rasens umher, zwei Marabus (Leptoptilus crumenifer ) stehen gedankenvoll am Rande eines Tümpels. In der Mittelvoliere haben sich Pelikane (Pelecanus onocrotalus) und Pfauen ( Pavo cristatus) die Wipfel eines Baumes zum Ruheplatz ausgewählt, während Sichler (Plegadis falcinellus ), Fisch- und Silberreiher (Ardea cinerea und alba ), Störche ( Ciconia alba) und Möwen zur Be¬ lebung des übrigen Raumes beitragen. Es folgen nun eine Reihe von Zwingern, worin außer einem Wolf (Canis lupus), der Streifen- und der Tüpfelhyäne (Hyaena striata und crocuta) drei südasiatische Bärenarten in schönen Exem¬ plaren hausen: Kragenbär ( Ursus tibetanus ), Sonnenbär ( U \ malayanus ) und Lippenbär (Melursus ursinus). Dicht daran schließt sich der große Bärengraben. Über die hochinteressante Zucht von Bastarden zwischen Braunen und Eisbären im Stuttgarter Garten wurde im »Zool. Garten« mehrfach berichtet (siehe Jahrg. 1876 S. 20; 1878 S. 135 u. 401; 1882 S. 370). Das Weibchen des jetzigen Braunbärpaares zeugte seit 1874 mit einem vor einiger Zeit eingegangenen Eisbärmännchen mehrfach Bastarde. Von diesen ist noch ein Weibchen vorhanden, das die Stammmutter einer An¬ zahl von Bastarden wurde, die wiederum aus der Kreuzung dieses Bastard Weibchens mit demselben Eisbären hervorgegangen sind. Von dieser Zucht ist ebenfalls noch ein Junges vorhanden. Die Bastard¬ mutter steht in den Körperformen zwischen Eis- und Braunbär und 86 zeigt eine gelblichbraune Färbung mit helleren Abzeichen am Kopf und dunkleren auf dem Rücken und an den Füßen. Das 3/4-blütige Tier dagegen hat vollständig Gestalt und Farbe des Eisbären ange¬ nommen und unterscheidet sich von diesem nur durch eine hell¬ bräunliche Schattierung längs des Rückens. Geräumige Parks sind den härteren Wiederkäuern angewiesen. Die Zucht der Gemsen ( Rupicapra tragus) ist laut Angabe des Führers einmal gelungen; die übrigen Arten: Mähnenschafe (Ovis trage - laphus), Rentiere (Rau gif er tarandus), Wapitis ( Gervus cana- densis ), Edelhirsche (C. elaphus) , Axishirsche ( C . axis ) und Damhirsche (Dama vulgaris) pflanzen sich mehr oder weniger regelmäßig fort. Die den Garten durchziehenden Teiche sind mit Schwarzen und Weißen Schwänen, zahlreichen Enten- und Gänse¬ arten, Möven u. s. w. bevölkert. Das für Seehunde bestimmte Bassin enthielt bei meiner Anwesenheit einen riesigen W e 1 s (Silurus glanis) und bot auch einigen Kormoranen ( Graculus carbo) einen geeigneten Aufenthaltsort. Schließlich sei noch der Wildschweine ( Sus scrofa ) und Ponys, des Stachelsch wein s (Hystrix cristata) und der Eichhörnchen gedacht und damit die Schilderung des Tierbestandes beendet. Wie aus vorstehendem ersichtlich, ist der Tierbestand ein recht ansehnlicher und interessanter; auch wer andere, in größerem Ma߬ stabe angelegte Tiergärten kennt, wird manches neue und eigen¬ artige finden. Vor allem aber sind die Stuttgarter selbst Herrn Nill für die kostspielige Unterhaltung des schönen und lehrreichen Etablissements zu Danke verpflichtet, und sie kommen dieser Pflicht durch zahlreichen Besuch und lebhaftes Interesse gerne nach. Wie anderwärts macht der zoologische Garten bei Gelegenheit auch Konzessionen an die Ethnographie, indem er auf dem »Aus¬ stellungsplatz« eine Völkertruppe aufnimmt. Ebendort werden dem Publikum bisweilen hervorragende Leistungen auf dem Gebiete der Tierdressur vorgeführt. So produzierte sich im Juni MissClaire Heliot mit ihrer dressierten Löwengruppe und erregte durch die Geschicklichkeit und sichere Eleganz, mit der sie neun männliche Löwen behandelt und zur gehorsamen Ausführung von mancherlei schwierigen Kunststücken bringt, allgemeine Bewunderung. In einer wichtigen Beziehung ist Nill’s Garten der Zoologie besonders förderlich. Lebt doch Meister Specht, der berühmte Illustrator so vieler zoologischer Werke, in Stuttgarts Mauern! Bei Nill 87 macht er fast täglich Studien. Wie viele lebensvolle Tierporträts, dieBrehm’s »Tierleben«, Vogt’s »Säugetiere,« die Konversations¬ lexika und andere Werke schmücken, sind hier entstanden ! Es war mir zu meiner Freude vergönnt, sowohl Herrn N i 1 1 selbst, wie Meister Specht und in seiuer Gesellschaft Herrn Jos. Kerschensteiner, einen jüngeren talentvollen Tiermaler, kennen zu lernen und von ihnen beim Durchwandern des Gartens wie in gemütlichem Zusammensein manches Wissenswerte zu erfahren. Möge der thatkräftige Besitzer des trefflichen Unternehmens in dessen gedeihlicher Fortentwicklung den Lohn finden, den er sich wünscht ! Der Biber in Westpreussen. Von Dr. P. Dahms in Danzig. Der Biber ist seit ungefähr 100 Jahreü für Westpreußen aus¬ gestorben. Die Gründe dafür sind in verschiedenem zu suchen, vor allem darin, daß Fell und Fleisch seit den ältesten Zeiten verwendet wurden. Später, als man außerdem im Geil ein Heilmittel von den größten Wunderkräften sah, wurde die Jagd auf dieses Tier immer eifriger betrieben, bis schließlich Verordnungen und Gesetze ein solches Vorgehen einschränkten. Früher gab es noch reichlich Gegenden, wohin die Kultur nicht hatte gelangen können. Heute dagegen hat sie sich derart ausgebreitet, daß einsame und ruhige Schlupfwinkel für dieses scheue Wild mehr und mehr verschwunden sind. Überall wird es an Wasserläufen und anderen Gewässern ge¬ stört, sei es durch Fischen, Flößen, regen Schiffsverkehr oder durch die Umwandelung der Ufergelände zu ertragsfähigen Wiesen und Gärten. Mit diesen kulturellen Bestrebungen aber vermochte das interessante Nagetier sich nicht zurechtzufinden. Jäger und Natur¬ freund sahen freilich mit Bedauern seiuen Untergang herannahen, Forstmann und Landwirt wünschten sich aber dazu Glück; bedeutet doch die unumschränkte Thätigkeit des Bibers Versumpfung der Landschaft und Zerstörung des Waldes. Erwiesenermaßen schneidet er mehr Holz, als er zur Anlage seiner Bauten und für seine Nahrung bedarf; er fällt sogar, um sein Nagebedürfnis zu befriedigen, dicke Bäume, die er daun unbe¬ nutzt liegen läßt. Wo er aber Flußufer oder gar Deiche durch¬ wühlt, wird er vorzugsweise Gegenstand grimmigster Verfolgung; 88 haben doch schon Kaninchenhöhlen und Mauselöcher bei Hochwasser Veranlassung zu Durchbrüchen gegeben. Direkt schädlich ist er ferner dadurch geworden, daß er Holzstämme ins Wasser wirft, Gräben verbaut und Fischern die Netze zerreißt. — Alle diese Schädigungen haben dem Biber den Totenschein ausgestellt, und so ist er aus Westpreußen mit Ende des 18. Jahrhunderts verschwunden. Die Quellen, die uns über seine Verbreitung und seine Lebens¬ weise Aufschluß geben, sind verschieden beschaffen und nicht immer von erschöpfender Reichhaltigkeit. Neben den verschiedenartigsten vorgeschichtlichen und fossilen Belegstücken, die im Westpreußischen Provinzial -Museum zu Danzig aufbewahrt werden und mir von Herrn Prof. Dr. Conwentz freundlichst zur Verfügung gestellt wurden, können die Ortsnamen des Gemeindelexikons einen gewissen Anhalt gewähren. Dazu kommen dann noch zahlreiche in der Litteratur zerstreute Notizen und verschiedene Erlasse und Ver¬ schreibungen, deren Auffindung natürlich nur dem Zufall zu ver¬ danken ist. Dabei sind die Notizen vielfach so kurz und der allge¬ meinen Ansicht von der Lebensweise des Bibers teilweise so wider¬ sprechend, daß größere Arbeiten von verschiedenen Zoologen über dieses Tier, in denen sein Leben und Treiben nach ihren eigenen Beobachtungen niedergelegt worden ist, zum Vergleich und zur Klärung benutzt werden mußten. Als solche Arbeiteu siud vorzugs¬ weise zu erwähnen »Die Monographie über den amerikanischen Biber« von Lewis H. Morgan, die »über den norwegischen« von Robert Collett und die »über den Elbbiber« von H. Friedrich. Obschou man in Deutschland reichlich Knochenreste gefunden hat, fehlen doch solche von angenagten Hölzern und Stümpfe ge¬ fällter Bäume vollständig. Das ist um so mehr bemerkenswert, als sich solche im Norden häufig vorfinden, während die animalen Hart¬ teile dort gänzlich fehlen. Unter den fossilen Resten aus dem Wesfpreußischen Provin- zial-Museum zu Danzig fehlen solche von diluvialer Lagerstätte voll¬ ständig, während sie von anderen Säugetieren reichlich vertreten sind. Dagegen liegen aus dem Alluvium mehrere Stücke, z. T. von ausge¬ zeichneter Schönheit vor. Ein linker Schneidezahn wurde auf dem aus der Schwente aufgeworfenen Pfarrlande in Neuteich, Kr. Marien¬ burg, gefunden. *) Eine linke Unterkieferhälfte stammt aus dem Torfbruch von Rheda, Kr. Neustadt, eine andere aus dem Wiesen- *) Conwentz, H. : Die einheimische Wirbeltier -Fauna III. Schriften der Naturf.-Ges. in Danzig. N. F. Bd. 6, Heft 3. 1886. S. 11. 89 kalk am Dobrinkafluß bei der Rosenfelder Mühle im Kreise Schlochau ; sie wurde 0,5 m unter Tage gefunden. Eine dritte wurde in Lade- kopp, Kr. Marienburg, etwa 0,3 m tief unter Terrain ausgegraben. x) Eine rechte Unterkieferhälfte wurde aus der Weichsel bei Graudenz ausgebaggert und eine andere von demselben Strome bei Pieckei, Kr. Marienburg, angeschwemmt. Aus der Weichsel von Warmhof bei Mewe, Kr. Marienwerder, stammt ein Schädel (ohne Unterkiefer), sowie eine Unterkieferhälfte und ein Becken von diesem Nagetier, aus Baumgarth, Kr. Stuhm, im moorigen Wiesengelände ein anderer Schädel. Dieser besteht ebenfalls nur aus dem oberen Teile, ist 15 cm lang und wurde 1/2 km von dem in dieser Gegend gefundenen Wikingerboote aufgelesen. Berendt2) erwähnt einen Biber¬ schädel, der ihm aus Danzigs naher Umgebung zugebracht wurde, und v. Siebold3) einen anderen, der der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig gehörte, ziemlich vollständig war und 1835 auf dem Gute Worczenkow bei Oliva — dem heutigen Warschenko, Kr. Karthaus — 15 Fuß tief im Mergel gefunden worden ist. Der schönste Fand freilich rührt aus Charlottenthal, zwischen Klinger und Altfließ, am Schwarzwasser im Kr. Schweiz, her. Er wurde bei Anlage eines Weges im bereits erwähnten Forstrevier Charlottenthal 0,5 m tief in weißem Sande, 2 m über dem jetzigen Wasserspiegel, gemacht. Der Schädel des Tieres ist vollständig; auch die Schulterblätter, einige Becken- und Extremitätenteile, sowie zahlreiche W7irbel und Rippen sind gut erhalten. Dieses fast vollständige Skelett gehört zu den bemerkenswertesten Seltenheiten. WTeniger leicht ergiebt sich ein Bild von der früheren Verbrei¬ tung bei Prüfung der westpreußischen Ortsnamen. Es beruht das darauf, daß verschiedene slavische Idiome unserer Sprache beigemischt sind und sich an abgelegenen Orten, wie in Dörfern, kleineren Ge¬ meinden u. s. w., längere Zeit erhalten konnten, bevor ein Diffun¬ dieren sich bemerkbar machte. Verschiedene Lokalnamen sind von der poluischen Bezeichnung für Biber »bobr« abzuleiten; dagegen sind aber verschiedene andere, deren Ableitung und Ursprung weniger durchsichtig ist. In dem Namen Babelsberg oder Babertsberg bei Potsdam hat man die Bezeichnung »Biberberg« zu finden gewußt, während in Bosnien und der Herzegowina der Biber den Namen J) Conwentz, H., 1. c. 2) Berendt, Georg Karl: Die im Bernstein befindlichen organ. Reste der Vonvelt etc. Bd. I. Berlin. 1845. S. 19. 3) Neue Preuß. Prov.-Bl. Bd. 16. 1886. S. 595 90 »Dabar« führt. Es ist interessant, daß dem Gutsbezirke Klausdorf im Kreise Dt. Krone sowohl der Ort Daher wie der Wohnplatz Baberow angehören, während eine andere von Daher oder Baber direkt abzuleiteude Bezeichnung bis auf Dabermiihle in der Land¬ gemeinde Neugloz, Kr. Dt. Krone, vollständig fehlt. Es würde interessant sein, wenn die Ortsnamen in dieser Hinsicht von fach¬ männischer Seite geprüft und gesichtet würden; jedenfalls dürfte für Zoologie und Sprachforschung sich dabei gleicher Gewinn ergeben. Eine ähnliche interessante Ortsbezeichnung ist »Wawermitz« im Kr. Löbau. Wir wissen, daß in der Stadt Riga ursprünglich eine »Beverstraße« bestand, woraus allmählich, erst eine »Weberstraße« geworden ist; ob nun für unseren Ortsnamen eine ähnliche Laut- wandeluug anzunehmen ist, oder ob thatsächlich auf eine Beschäf¬ tigung mit Weberei hingewiesen werden soll, ist nicht ersichtlich, zumal in früherer Zeit — wie z. T. auch heute noch — Lein¬ weberei als Nebenbeschäftigung auf dem Lande in unserer Provinz stark betrieben wurde. Schließlich ist noch zu erwähnen, daß waber ein altes deutsches Stammwort ist und »Wald« bedeutet. Örtliche Bezeichnungen , bei denen ein Irrtum ausgeschlossen ist, sind folgende. Ein kleiner Mündungsarm der Nogat, unweit Elbing, heißt noch heute Biberzug. Im Regierungsbezirk Danzig liegen im Kr. Bereut die Landgemeinde Bebernitz und im Kr. Karthaus der Ort Adlig- Bebernitz, zum Gutsbezirke Czenstkowo, und Bawerndorf, zum Gutsbezirke Chosnitz gehörig. Etwas zahlreicher sind derartige Namen im Regierungsbezirk Marien werder. Hier liegt im Kr. Stuhm der Gutsbezirk Bebersbruch, im Kr. Marienwerder der Wohnplatz Bobrowitz, der einen Teil der Gemeindeeinheit Lich- tenthal darstellt:, im Kr. Strasburg der Gutsbezirk Bobrowo und der Wohnplatz Bobrowisko, als Teil der Gemeindeeinheit Strasburg, und schließlich im Kr. Briesen, zur Oberförsterei Gollub gehörig, der Wohnplatz Bieberthal. Bevor nun ein historisches Bild von diesem ausgestorbenen Tiere entrollt werden soll, darf ein Punkt nicht übergangen wer¬ den, der verschiedentlich Veranlassung zu Irrtümern gewesen ist, nämlich die Frage nach dem Bau und der Abänderung der Bau¬ weise im Laufe der Zeit auf Grund der sich verändernden Lebensweise. Wie Lewis H. Morgan uns in seiner Monographie »The American Beaver and his Works (Philadelphia 1868)« zeigt, ist der Biber seinem Hauptcharakterzug nach ein höhlengrabendes Tier. Infolgedessen legt er unterhalb der Erdoberfläche Bauten an und — 91 — errichtet über ihr künstliche Wohnungen, die beide Höhlen dar¬ stellen. Im allgemeinen ist also auch die Biberhütte nur eine ober¬ irdische, von einem künstlichen Dache bedeckte Höhle, die einzig als Aufzuchtstätte der Jungen vor der Untergruud-Höhle einige Vor¬ teile bietet. Man kann aus verschiedenem entnehmen, daß die Ufer¬ höhle die ursprüngliche Wohnung dieses Tieres gewesen ist, uud daß die Hütte erst allmählich durch natürliche Eingebung und auf gemachte Erfahrungen hin sich gebildet hat. Trotz der verschie¬ denen Arten dieser Hütten muß man anerkennen, daß sie alle nur verschiedene Anwendungen der gleichen Konstruktionsart sind; sie sind alle den Eigentümlichkeiten ihrer Lage augepaßt. Der amerikanische Biber, der mit dem europäischen ohne Zweifel identisch ist, legt seine Bauten in ihrer ganzen Vollständigkeit nur dort an, wo er von der Kultur noch unberührte Gebiete bewohnt. Sonst muß er sich wie der europäische auf das not¬ wendigste beschränken. Wo die Biber ferner Flüsse bewohnen wollen, die zum Anbringen von Dämmen zu tief und breit siud, graben sie sich nur Uferhöhlen und bauen keine Hütten. So unter¬ scheidet sich schon der Biber aus dem Westen und Nordwesten Amerikas, was Einfachheit und Reduktion angeht, von dem der öst¬ lichen Gebiete wesentlich, wo bei den breiten, tiefen und reißenden Strömen an deren hohen, festen und steilen Ufer wänden nur Ufer¬ höhlen angelegt werden können. Doch läßt sich an demselben Flußlauf das freie Handeln dieses intelligenten Geschöpfes nach gegebenen Verhältnissen und Umständen überall leicht nachweisen. *) In den nördlichen Teilen Europas, wo der Biber noch mehr oder weniger Verhältnisse vorfindet, die seiner Lebensweise ent¬ sprechen, ist eine bloße Höhlenanlage auch heute noch ungewöhn¬ lich. So berichtet uns R. Collettin seiner Arbeit »Baeveren i Norge, dens Udbredelse og Levemaade (Bergens Museums Aarbog 1897)«, daß sich in den Flußufern nahe den Hütten zahlreiche Höhlen be¬ finden, die teilweise mit ersteren in Verbindung stehen, in den meisten Fällen freilich nicht. Sie sind dann gewöhnlich von jungen Individuen bewohnt und haben einen unter Gras verborgenen oder unter Wasser liegenden Eingang. Desgleichen stellt die Höhle den ersten Zufluchtsort des Bibers dar, der sich irgendwo uiederlassen will und auf eine günstige Gelegenheit wartet, seine Bauten aufzu¬ führen. Andererseits kehrt er infolge von steter Beunruhigung durch 9 Vergl. auch Nellenburg, Rod. : Der Biber. Die Natur, Jahrg. 34; N. F. 11. 1885. No. 4-6. S. 41. 42. 92 - - clen Verkehr von der Anlage künstlicher Bauten zu der einfacher Uferhöhlen zurück, wie wir es heute noch am Elbbiber sehen. H. Friedrich1) hat uns gezeigt, wie dieser seine Bauten anlegt. Zuerst ist es von Interesse, daß er nur familienweise, nicht in Kolonien lebt und auch gelegentlich, wie man es ähnlich in Amerika beobachten konnte, an hohen Ufern seine »Kessel« etagen¬ weise anlegt. Die Luftzufuhr zum Bau ist dann nur durch die über dem Kessel liegende und meist nur dünne Rasendecke möglich. Ge¬ legentlich kann diese Decke an ihrer dünnsten Stelle einbrechen und die Vermutung wachrufen, der Biber habe hier einen Luftschlot an¬ gelegt. Die Anlage eines solchen ist jedoch von vornherein in jeder Beziehung in Frage zu stellen, da das so vorsichtige Tier dadurch unnötigerweise allerlei Raubzeug Thür und Thor öffnen würde. Wird der Boden von sehr vielen solchen Bauten durchsetzt, wie es z. B. an der Saalemündung der Fall ist, so erhält er durch die vielen Öffnungen und die langsam entstandenen Erdanhäufungen das Aussehen, als ob er von Dachsen durchlöchert sei; dadurch können Wagen und Pferde in Gefahr gebracht werden, die solchen unter¬ minierten Boden zu passieren haben, besonders wenn bei Hochflut das Wasser eindringt und der Regen die obersten Erdschichten durch¬ weicht. In ähnlicher Weise hatten im Sommer 1878 ursprünglich ein oder zwei Paare von Bibern beim Gehöft Röras- Grund in Solum, dicht beim Voldsfjord, in der Nähe von Porsgrund sich an einem Bache angesiedelt und daselbst große Höhlen in das Ufer gegraben. Sie wurden jedoch von hier dadurch vertrieben, daß die Leute des Ge¬ höftes aus Furcht, die Pferde könnten beim Begehen der Flußufer durchtreten, die in großer Anzahl in di$ Uferbänke gegrabenen Höhlen verstopften. Eine ähnlich verunstaltete Wiese wurde auch 1796 vom Regie¬ rungsrate Wutzke bei einer Bereisung des Drewenzflusses in West¬ preußen am rechten Flußufer unterhalb Neumark angetroffen; er fand sie nach allen Richtungen hin von den Gängen durchsetzt. Wird die Öffnung nach der Luft hin durch die Länge der Zeit oder infolge anhaltender Regengüsse größer, so werden — während der Nacht — Ausbesserungen vorgenommen, die darin bestehen, daß Aste und Stämmchen zerkleinert und kreuz und quer über die Öff¬ nungen gelegt werden. Dieses Haufwerk wächst in einigen Wochen b Beitrag zur Kenntnis vom Biber. Mitth. des Yer. f. Erdkunde zu Halle a. S. 1891. S. 95 ff. und Die Biber an der mittleren Elbe. Dessau 1894, Paul Baumann, S. 20 ff. 93 bis zu einer Höhe von 2 — 3 m empor und giebt dann, mit Schilf und Schlamm befahren, jene meilerförmigen Bauwerke, die wohl nach ähnlich gestalteten Bauten des amerikanischen Bibers als »Biberbur¬ gen« bezeichnet werden. Wie ihre Entstehungsweise zeigt, sind sie also von den Röhrenbauten nicht zu trennen. Auf diese Weise ist wohl auch jene Hütte entstanden, die als »Biberbau« auf der Insel Bazar zwischen den beiden Weichselbrücken bei Thorn erwähnt wird und gegen Ende des vorigen Jahrhunderts — bis um das Jahr 1785 — noch als besondere Seltenheit zu sehen war. Gelegentlich des Hochwassers wendet der Biber noch eine eigen¬ artige Baumethode an, die hier der Vollständigkeit halber angeführt werden soll. In der äußersten Not nämlich flüchtet er aus seinem Bau und sucht nicht überschwemmtes Land zu erreichen. Findet er hier nicht die gewünschte Deckung, so legt er vielfach durch Zu¬ sammenhäufen von Knütteln und Reisig einen Notbau an, der ihm vorläufig oder auch in späteren ähnlichen Fällen Schutz zu bieten vermag. (Schluß folgt.) Fütterung der Mauereidechse (Lacerta muralis) in der Gefangenschaft. Von Dr. Victor Hornung in Münster i. W. In No. 6 dieser Monatsschrift (1899) teilt P. de Grij s in seiner interessanten Abhandlung über »Reptilien« auch seine Beobach¬ tungen über Mauereidechsen mit und erwähnt, daß er diese bislang noch nicht länger als drei Jahre am Leben erhalten habe und daß wahrscheinlich die Todesursache in der Fütterung zu suchen sei. Auch ich habe mich schon seit vielen Jahren mit diesen Eidechsen beschäftigt und sie lange Jahre am Leben erhalten. Augenblicklich befindet sich wieder ein Tierchen in meinem Besitze, das schon vier¬ mal überwintert wurde und das mich nach wie vor durch sein leben¬ diges, munteres Wesen unterhält. Als Nahrung reichte ich den Mauereidechsen früher Mehlwürmer, Fliegen, Spinnen, Kohlweißlinge und allerhand andere Insekten, die zufällig in meine Hände ge¬ langten. In den letzten Jahren habe ich ihnen aber nicht einen einzigen Mehlwurm gereicht, und ihre Beweglichkeit legt das beste Zeugnis davon ab, daß Mehlwürmer für ihr Wohlbefinden entbehr¬ lich sind. Als wohlfeilen Ersatz gebe ich ihnen neben oben ange¬ führtem Futter kleine Grashüpfer, die gern von ihnen angenommen 94 werden; diese besitzen noch den Vorzug, daß man sie auf Wiesen meist in großen Mengen vor findet oder in genügender Anzahl für wenig Geld sammeln lassen kann, ferner verabfolge ich ihnen Ohr¬ würmer, die sie gleichfalls gern verzehren. Um in deren Besitz zu kommen, legt man an geeigneten Orten, zweckmäßig auf Nelken- und Georginenbeeten, Hollunderröhrchen, ausgehöhlte Knochen, Stroh¬ wische oder hoble Stämme der Sonnenblume nieder. Letztere werden von den Ohrwürmern am meisten bevorzugt, da sie den Resten des süßen Markes eifrig nachstellen. Diese dunklen Schlupf¬ winkel suchen sie nach ihren nächtlichen Wanderungen auf und können leicht herausgeklopft werden. Namentlich in Gärtnereien macht man oft eine große Beute. Dann sorge ich noch dafür, daß sich im Terrarium stets kleine Würmchen befinden, damit sie auch diese zur Abwechslung verzehren können. Große Libellen, die ich den Mauereidechseu vorsetzte, wurden zwar von ihnen angebissen ; sie ließen aber stets nach längerem, vergeblichem Mühen sie zu ver¬ zehren von der Beute ab. Wahrscheinlich ist ihnen diese Nahrung zu hart, sodaß ihre Kräfte zum Zerstückeln nicht ausreicheu. Ver¬ fügt man über ein sehr geräumiges Terrarium, so schneidet man den Fliegen, die man als Futter reicht, zweckmäßig Teile der Flügel ab, da sie dann von den Mauereidechsen leichter erhascht werden können. Bei einem kleinen Terrarium ist dies nicht notwendig, da in diesem die Mauereidechsen den Fliegen mit bewunderungswür¬ diger Geschicklichkeit nachsetzen ; selbst an den Glasscheiben arbeiten sie sich empor. Neben anderen Reptilien bewohnen mein Terrarium auch kleine Molche, und häufig konnte ich beobachten, wie sich eine Mauereidechse in diese festbiß, meist aber schon nach kurzen Zeit von ihnen abließ. Ich habe die Mauereidechsen stets im Freien stehen, in eiuem ungeheizten Terrarium, und bringe sie im Oktober in dem Überwinterungsbehälter an einem vor Regen und Schnee ge¬ schützten Orte unter. Im übrigen verweise ich auf meine frühere Abhandlung in diesen Blättern. x) Briefliche Mitteilungen. Doorn, Prov. Utrecht (Holland), 80. Dez. 1899. Vor kurzer Zeit wurde bei Velp unweit der Stadt Arnheim in Holland eine Ceryle alcyon (L.) erlegt. Ich habe den Vogel selbst gesehen und ganz unverletzt 9 Jahrgang XXXXX. No. 6. 95 an Schwingen und Schwanzfedern gefunden, so daß die Vermutung gerechtfertigt scheint, er habe nicht in Gefangenschaft gelebt. Indes ist es möglich, daß er in einer sehr großen Voliere gehalten worden und daraus entflohen ist. Ein Über¬ fliegen des Meeres von seinem amerikanischen Vaterlande nach Holland kommt mir wenigstens unwahrscheinlich vor. Ich habe darum bei den Herren Direktoren unserer niederländischen Gärten zu Amsterdam, Rotterdam und im Haag angefragt und auch hei Herrn F. E. B 1 a a u w in ’s Graveland , aber sämtliche Antworten, die ich von diesen Herren erhielt, fielen verneinend aus. Niemals ist eine Ceryle alcyon bisher in ihren Käfigen gehalten worden. Die Herren B 1 a a u w und Dr. K e r b e r t schreiben mir dazu, daß, soweit sie wüßten, überhaupt noch nie¬ mals dieser Vogel nach Europa importiert worden sei. Da aber immerhin die Möglichkeit vorliegt, daß in irgend einer Tiersammlung im Auslande eine G. alcyon gehalten worden und daraus neuerdings entwischt ist, möchte ich mich hiermit an die Leser dieser Zeitschrift und namentlich an die Direktoren der euro¬ päischen Gärten wenden, um sie zu bitten, die interessante und nicht unwichtige Frage wennmöglich auf klären zu helfen. Für meine Sammlung erhielt ich im Oktober Querquedula discors (L.) und im November Turdus dubius Bechst., beide neu für Holland. Eine Notiz über diese beiden interessanten Stücke will ich in der Februarnummer der Ornithol. Monatsberichte veröffentlichen. Und jetzt ist wieder ein amerikanischer Gast, die genannte C. alcyon bei uns gefunden worden! Auch über diesen Vogel beabsichtige ich in einem Fach¬ blatte Mitteilungen zu machen , wünsche aber' natürlich vorher zu wissen , ob er nicht nachweisbar aus irgend einem Tiergarten entflohen ist, Baron R. Snouckaert van Schauburg. Kleinere Mitteilungen. Neue Säugetiere III (vgl. Jahrg. 1899 p, 155 u. 856): 11. St. Kilda-Waldmau s {Mus hirtensis G. E. H. Barrett-Hamilton, Proc. Zool. Soc. London 1899 p. 76, Taf. 9, Fig. 1) von St. Kilda, Schottland. Körpermaße und Fuß größer, Ohr kleiner als bei M. sylvaticus , Bauchfärbung einfarbig gelblichbraun, nicht weiß wie bei diesem. Überhaupt nächstver wandt dem M. hebridensis de Winton, aber noch etwas größer und auf dem Bauche dunkler gelbbraun. 12. St. Kilda-Hausmaus {Mus muralis Barrett-Hamilton, 1. c. p. 79, Taf. 9, Fig. 2) von St. Kilda. Größer als M. musculus, die Haarspitzen der Oberseite aber teils sepiafarbig, teils gelblichbraun. Unterseite gelblich, diese helle Farbe scharf abgesetzt gegen die Färbung der Oberseite. Hintere Nasenöffnungen am Schädel bemerkenswert eng. 18. Crawshay’s Hase {Lepus crawshayi W. E. de Winton, 1. c. p. 415, Taf. 24) aus Britisch - Ostafrika. Sehr ähnlich dem L. whytei aus Nyassaland, aber mit schwarzen (nicht dunkelbraunen) Haarspitzen. Schädel und Schneidezähne beider Arten wesentlich von einander verschieden. 14. Styan’s Chimarrogale {Chimarrogale styani de Winton, 1. c. p. 574) aus Szechuan, China. Überraschend ähnlich unserer Wasserspitzmaus {Crossopus), aber zu einem andern, spezifisch orientalischen Genus gehörig. 15. Höhenspitzmaus ( Soriculus hypsibius de Winton, 1. c. p. 574) ans Szechuan. Nur mit 28 statt 82 Zähnen. 16. Shantung-Hamster ( Cricetus triton de Winton, 1. c. p. 575) ans N. Shantung, China. Verwandt mit Cr. longicaudatus , aber ganz erheblich größer. 17. Szechuan-Hase ( Lepus sechuenensis de Winton, 1. c. p. 576, Taf. 82) aus Szechuan. Ähnlich dem L. hypsibius aus Yarkand, aber das Ohr hellaschgrau mit schwarzer Spitze und Kante und der Schwanz dunkelgrau mit breitem schwarzem Mittelstreifen. Bttgr. JEquns przewalsfoii, das dem Hauspferde nächst stehende Wild¬ pferd. A. Tichomirow hat neuerdings an neun Stücken des genannten Wildpferdes große Übereinstimmung unter einander, aber auch nahe Verwandtschaft mit dem Hauspferde nachgewiesen. Durch Vergleiche mit anderen Wildpferden stellte er fest, daß E. przewalskii wirklich alle Kennzeichen eines echten Wildpferdes auf¬ weist. Seine heutige Verbreitung beschränkt sich auf die menschenleeren Wüsten zwischen dem Flusse Manas und dem Meridian des Ostendes des Tjan-Schan und auf die großen Sandebenen im Süden dieser Wüste. Dies Gebiet ist etwa 426 Kilometer lang und 58—85 Kilometer breit. (Nach Jestestwosnanije i geografia 1898 No. 4 p. 1 — 21, Fig.) C. Greve. Projekt der Errichtung eines Zoologischen Gartens in München. In unserer Notiz in Jahrg. 1899 p. 61 ist nach Zeitungsmitteilungen und per¬ sönlicher Erkundigung noch nachzutragen, daß alle neueren Projekte zur Errichtung eines Zoologischen Gartens in München als endgültig gescheitert zu betrachten sind. Weder war zur Ausführung eines solchen Unternehmens ein passender Platz zu finden, noch war das Geld dafür aufzutreiben. Bttgr. Eingegangene Beiträge. Th. K.-M. in G. Die große Arbeit, deren Empfang ich hiermit bescheinige, wird kaum vor Juni erscheinen können. — Dir. Dr. A. S., hier, ihren Brief habe ich direkt an seine Adresse befördert. - Dr. M. L., hier. Zweiten Teil dankend erhalten. Bücher und Zeitschriften. Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E. Beck-Corrodi in Iiirzel. Zürich. Ulrich & Co. 24. Jahrg. 1900. No. 2. Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr. J. Victor Carus. Leipzig. Wilhelm Engelmann. XXIII. Jahrg. No. 605. Ornithologische Monatsschrift d. Deutsch. V er. z. Schutze d. Vogelwelt. Redigiert von Dr. Carl R. Hennicke in Gera. 25. Jahrg. No. 3. D i e g ef i ed erte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber, -Züchter und -Händler in Magdeburg. Redaktion von K. Neunzig. Jahrg. 29, 1900, No. 1. Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London. Vol. 95, 1900. No. 2455. Natur und Haus. 111. Zeitschrift für alle Naturfreunde. Herausg. v. M a x H e s d ö r f f e r. 8. Jahrg. Heft 7-8. Berlin, Verlag v. Gust. Schmidt, 1900. Verhandlungen d. K. K. Zool. - Botan. Gesellsch. in Wien. Herausgeg. v. Dr. C. Fritsch. Wien 1899. Bd. 49, Heft 9. Allgemeiner Bayerischer Tierfreund. Herausg. v. F. Ott. Würzburg 1900. Jahrg. 25, No. 1—2. Deutsche Botanische Monatsschrift. Herausgeg. v. Dir. Dr. G. Leimbach. Berlin, Gebr. Bornträger 1899. 17. Jahrg., Heft 11—12. Zeitschr. d. Tierschutzvereins zu Posen. 9. Jahrg., 1899, No. 4. N erthus, 111. Wochenschrift f. Pflanzen- u. Blumenfreunde, Aquarien-, Terrarien- u. Vogel¬ liebhaber. Herausg. v. Dr. E. Bade. Altona-Ottensen. 2. Jahrg. 1900. No. 2. Dr. med. Schnee, Einige Notizen über Weichschildkröten. — Sep.-Abdr. Stuttgart 1899. 8°. 12 pg. Zusendungen werden direkt au die Verlagshandlung erbeten. Nachdruck verboten. Druck von Reinhold Mahlau, Fa. Malilau & Waldschmidt. Frankfurt a. M, Der Zoologische Garten. (Zoologischer Beobachter.) Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere. Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands. Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt. N°* 4. XLI. Jahrgang, April 1900. I n li a 1 t. Ein Gang durch die zoologischen Gärten in Stockholm und Helsingfors; von Dr. Carl R. Hennicke in Gera (Reuß). — Der Biber in Westpreußen; von Dr. P. Dahms in Danzig. (Schluß.) — Ein mißgestalteter Fuchsfuß ; von Dr. Adolf Steuer in Triest. (Mit Figur.) - Hohes Lebensalter eines Zeisigs in der Gefangenschaft; von Th. Knottnerus- Meyer in Werder a. H. — Der Sheltopusik; von Dr. Guido Schneider in Sebastopol (Krim). — Kurze Mitteilung über die Erkrankung von Schildkröten und die einer Schlange; von Dr. med. Schnee aus Nordhausen. — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur. — Ein¬ gegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. Ein Gang durch die zoologischen Gärten in Stockholm und Helsingfors. Von Dr. Carl R. Hennicke in Gera (Reuß). »Ein zoologischer Garten in Stockholm? Wo soll denn der sein?« höre ich manchen der Leser fragen. So unrichtig ist diese Frage nicht. Der Stockholmer »zoologische Garten« steht weder im Bädecker als solcher verzeichnet, noch auch wird ein Stockholmer dem Fremden auf seine Frage nach dem »zoologischen Garten« rich¬ tigen Bescheid geben können. Und dennoch existiert ein solcher, wenn auch mit den Anlagen des Nordischen Museums derartig ver¬ bunden, daß er mit ihnen ein unzertrennbares Ganzes bildet, genannt »Skansen«.1) »Skansen« (die Schanze) ist ein etwa 2500 ha großes Terrain, auf dem von Dr. Hazelius, dem Begründer des Nordischen Mu¬ seums, als eine Ergänzung zu diesem eiu ganz eigenartiges Museum für Natur- und Völkerkunde unter freiem Himmel angelegt worden ist, das ein genaues Abbild der Bodengestaltung, des Volkslebens und 0 Vergl. Jahrg, 1899 p. 289 — 291. Der Herausg. Zoolog. Gart., Jahrg. XLI. 1900, 7 der Fauna von ganz Schweden darstellen soll, eine Mischung von Panoptikum und zoologischem Garten, vom Begründer selbst »Frei¬ luftmuseum« genannt. Bei dieser eigenartigen Verquickung ist es deshalb auch nicht gut möglich, nur die eine Seite der Anstalt, die zoologische, bei einer Schilderung zu berücksichtigen, und bitte ich deshalb im voraus um Entschuldigung, wenn ich einige nicht gerade zum Thema »Zoologischer Garten« gehörige Dinge erwähne. Nach diesen Vorbemerkungen bitte ich den freundlichen Leser, mich auf meiner Wanderung zu begleiten. Wenn wir durch den am Tiergarten-Theater gelegenen Eingang eingetreten sind und die Höhe des auf einer felsigen Insel gelegenen Freiluftmuseums mit der Bergbahn erreicht haben, sehen wir, daß wir uns auf einem Felsstock befinden, der nach drei Seiten steil nach dem Wasser zu abfällt. Der Rücken des Felsstockes ist sehr unregelmäßig mit Vertiefungen und Erhöhungen versehen und großen¬ teils mit prachtvollen alten Kiefern und Eichen bestanden. Zwischen diesen befinden sich mehrere größere und kleinere Wasserflächen, von denen aus es leicht war kleine Wasserfälle anzulegen , die sehr zur Belebung des Ganzen beitragen. Das Gebiet der Anlage ist von zahlreichen unregelmäßig verlaufenden, bergauf und bergab führenden Wegen durchzogen, die alle durch altertümliche Namen¬ schilder bezeichnet sind. Nachdem wir also von der Bergbahn abgestiegen sind , die Oskar II. -Terrasse überschritten haben und an der Restauration und der Wachtstube vorbeigekommen sind, gelangen wir au dem Hundezwinger und an einem Käfig vorüber, in dem sich ein ein¬ zelner Wolf (Canis lupus) befindet, zu dem Vorratshaus Fatbur, einem alten Gebäude in Björkvik in Östergötlaud nachgebildet, in dem sich eine Sammlung alter landwirtschaftlicher Geräte befindet. Von hier nach Süden weiter gehend, stoßen wir auf das Vogelhaus, das in Einzelkäfigen eine Auzahl Vögel beherbergt, die wir jedoch später in großen Flugkäfigen viel schöner sehen können. Darunter befin¬ den sich ein Paar von Sterna fluviatilis und einige Ardea cinerea , die ersteren in erbarmungswürdigem Zustande. Weiter nach Süden und Osten zu kommen wir auf eine Anzahl Einzelkäfige mit Dachsen, Edelmardern, Iltissen und Raubvögeln {Buteo buteo , Archibuteo lagopus, Pernis apivorus , Syrnium aluco etc.), sowie mit Pica pica , Corvus corone , frugilegus u. s. w. In der Nähe liegt dann erst ein Gehege mit Eseln, eins mit Ziegen, eins mit Kühen und eins mit Pferden, sowie zwei größere Käfige, resp. Gehege mit Fischottern (Latra — 99 vulgaris) und Kranichen ( Grus grus ) und ein Käfig mit einigen schönen Exemplaren des Dachses ( Meies taxus). Ein Gehege mit Axishirschen ( Cervus axis) dürfte die einzigen nicht nordischen Tiere beherbergen, denen wir, die weise Beschränkung der Direktion hoch anerkennend, in dem ganzen Garten — abgesehen von Haus¬ tieren — begegnen. Von hier aus führt uns unser Ruudgang über die Bollnästuga , ein Bauernhaus aus Helsingland , vor dem die Wagen eines Postamts aus alter Zeit stehen, und den runden Plan, auf dem die Musik- und Tanzaufführungen in Nationaltracht statt¬ finden, über die Opferinsel, eine Insel mit lappländischen Götzen¬ bildern, die inmitten eines Karpfenteiches liegt, und die Kyrkhults- tuga, ein Wohnhaus aus Blekinge, zum Rehgehege und von da zum Elchpark. In letzterem befinden sich zwei in ausgezeichnetem Zu¬ stande befindliche Elche, einer davon ein starker Schaufler. Von da gebts direkt nach Süden zu einem alten, 34 m hohen hölzernen Glockenturm aus Östergötland (Hällestadstapeln) und dann wieder nach Norden über den Oktorpsgard, einen vollständigen Bauernhof aus Halland mit strohgedeckten Gebäuden und Vieh, und Laxbros- tugan, die Wohnung eines reichen Bauern aus Westmanland nach Bredablick, einem 75 m hohen Aussichtsturm, von dessen Plattform man einen ausgezeichneten Rundblick hat. Jetzt beginnt nun der eigentliche »zoologische« Garten. Die meisten der großen Vogel¬ häuser sind so eingerichtet, daß iu ihnen sich eine oder mehrere der alten starken Kiefern befiudeu, die diesen Teil der Anlage als einen Wald erscheinen lassen. Die Häuser selbst sind meist gegen 10 m (nach freier Schätzung) hoch und haben bei kreisrunder oder acht¬ eckiger Grundfläche 5 bis 12 m Durchmesser. Daß sich in solchen Käfigen auch die »Beherrscher der Lüfte« wohlfühlen können, ist wohl glaubhaft. Zunächst sehen wir einen Käfig mit Waldhühnern, alle in bester Verfassung. Vorbei an einem großen Gehege mit Pfauen nach Norden wandernd treffen wir auf nicht weniger als fünf große Bärenzwinger, von denen einer Eisbären beherbergt, alles schöne, gutgepflegte Tiere. Mehrere der Ursus arctos waren als Geschenk des Zoologischen Gartens in Helsingfors bezeichnet, ein Umstand, der mich von letzterem viel erwarten ließ. Dann sahen wir je einen Zwinger mit Füchsen, Wölfen und Vielfraßen, alle an dem steilen Hang des Berges gelegen, zum Untergründe, ebenso vrie die Bärenzwinger, den nackten Felsen, ein großer Vorzug bezüglich der leichten Reinigung, die meist schon durch ein den Zwinger durchlaufendes, bergabstürzendes Bächlein besorgt wurde. Die Viel- 100 fräße waren prachtvoll in Haltung und Pelz. Nun gings wieder bergauf in deu Kiefernwald zurück. Ein Käfig mit Kaninchen wurde schnell übergangen, dagegen bot uns der Hasenkäfig Gelegenheit zu Studien über die Verschiedenheiten von Lepus timidus und L. varia- bilis. Ein weiterer Käfig beherbergte Fasanen, ein vierter Habichte (Astur palumbarius). Der Nachbarkäfig enthielt eine Anzahl See¬ adler ( Haliaetus albicilla ), keinen einzigen davon mit verstoßenen Federn, und dessen Nachbarkäfig, ein besonders großer, eine statt¬ liche Anzahl von Goldadlern (Aquila chrysaetus). Die zeigten frei¬ lich andere Mienen und andere Lebhaftigkeit als die in unseren zoologischen Gärten im wahren Sinne des Wortes »eingesperrten«. Aber welcher zoologische Garten kann den Vögeln auch einen solchen Aufenthaltsort anweisen, wie ihn dort die Natur bietet! Einige Schritte weiter befand sich ein Käfig mit Waldkäuzen (Syr- nium aluco), einer sehr großen Anzahl, die gelangweilt wie ange¬ reiht auf zwei Kiefernästen saßen, und daneben ein solcher mit zwei prächtig im Gefieder stehenden Schneeeulen ( Nyctea scandiaca). Eigentümlicherweise befand sich im selben Käfig auch eine Sperber¬ eule (Surnia ulula). Dann folgte ein Käfig mit Raben (Corvus corax), ein solcher mit einer gauzen Anzahl Uhus ( Bubo bubo ), einer mit Fischottern {Lutra vulgaris) und, etwas davon entfernt, je einer mit Kleinvögeln (Finken, Ammern, Kreuzschnäbeln, Lerchen und Stieg¬ litzen), die sich alle offenbar sehr wohl fühlten, und mit Mäuse- und Rauhfußbussarden ( Buteo buteo und Archibuteo lagopus). Neben dem Käfig der Goldadler liegt der »Malmberg« mit großen Erzblöcken (Eisen-, Silber- und Kupfererz) aus schwedischen Gruben. Wenn wir dann an der Maistange und zwei aus Dalarne stammenden Ge- (j bäuden (Morastuga und Orsastuga) vorbeigekommen sind, stoßen wir noch auf je ein Gehege mit Igeln ( Erinaceus europaeus), mit einem prächtigen Luchs {Felix lynx), Wölfen ( Ganis lupus) und Eisfüchsen (Canis lagopus ), dann kommen wir an dem Seehundsbassin vorbei und gelangen schließlich zu dem Rentierberg, auf dem sich eine ganze Herde Rentiere {Cervus tarandus) tummelt, die von der im nebenbei stehenden Zeltlager wohnenden Lappenfamilie gepflegt wird. In der Nähe können wir noch ein Gehege mit Edelhirschen ( Cervus elaphus) bewundern , dann ist unser Rundgang beendet. Wir können sagen, wenn wir auch keine Löwen, Tiger und Elefanten gesehen haben, wir sind von dem Gesehenen, da fast durchgängig die Tiere in ausgezeichneter Verfassung waren, hoch befriedigt. 101 leb bitte nun den Leser, mich acht Tage später auf einem Gauge durch den Helsingforser zoologischen Garten zu begleiten. Auch dieser liegt auf einem Felsrücken, der sich als Insel aus dein Meere erhebt, hat aber vor Skansen noch den Vorteil voraus, daß die ganze Insel Bögholm nur für ihn zur Verfügung steht, während Skansen doch nur einen kleinen Teil der betreffenden Insel einnimmt. Um Högholm zu erreichen, muß man den alle halben Stunden von Helsingfors abgehenden kleinen Dampfer benutzen oder sich hinüber rudern lassen. Eintrittsgeld wird im Garten nicht erhoben. Man sieht überhaupt fast nie eine beaufsichtigende Persönlichkeit. Der Garten wird von den Überschüssen einer Brannt¬ wein-Handelsgesellschaft unterhalten, die nur eine bestimmte Divi¬ dende bezahlen darf. Die Verwendung der Überschüsse ist also keine üble. Wenn wir vom Dampfer- Anlegeplatz uns nach links wenden, kommen wir zunächst an den Eisbärenzwinger. Dieser, teilweise in das W^asser hinaus gebaut, beherbergt einen prächtigen Eisbären, dem man das Wohlbehagen »aus allen Haaren gucken« sieht. Im Winter soll es sein Hauptvergnügen sein, sich auf der Höhe der Felsen in seinem Zwinger auf die Hinterbeine und das Gesäß zu setzen und von da aus auf den durch Eis spiegelglatten Steinflächen hinabzurutschen. Dieses Spiel soll er oft stundenlang fortsetzen. Dann kamen wir zu einem Seehundsgehege, in dem aber zur Zeit meines Besuches nichts zu sehen war, und von da aus zum Elch¬ park (. Alces palmatus) , der seinen beiden Insassen , die sich in gutem Zustande befanden, ebenfalls einen Auslauf in das Wasser bietet. Das nächste Gehege ist das der Wasservögel. Es enthält Anser segetum, einer eus, minuta , cygnoides und älbifrons , alle bis auf die letztere Art in mehreren Individuen. Eine reichlichere Besetzung dürfte wohl nicht schwer fallen. Direkt neben diesem ebenfalls einen Teil des Meeres mit einschließenden Gehege liegt ein kleiner Käfig mit Füchsen ( Vulpes vulgaris). Setzen wir unseren Gang nun längs der Küste fort, so kommen wir an einem prachtvollen Aus¬ sichtsplatze vorbei nach zwei nebeneinanderliegenden Gehegen, deren erstes mehrere Stück Auer- und Birkwild ( Tetrao urogallus und tetrix) und das andere mehrere Esel ( Equus asinus') enthält. Wir sind nun wieder in der Nähe des Landungsplatzes angekommen und müssen uns jetzt der Höhe der Insel zuwenden. Am Restau¬ rant, in dem nur Kaffee verabreicht wird, vorbei treffen wir auf ein größeres Gehege , das mehrere Bastarde von Hausrind und Zebu beherbergt. Auf dessen anderer, durch ein großes Holz¬ gebäude getrennter Seite befindet sieb ein Stück Rotwild (Gervus elaphus). Dann sehen wir einen kleinen Käfig mit Goldfasanen und Rebhühnern {Thaumalea picta und Perdix perdix ), in dessen Nähe sich ein anderer mit Kaninchen und Meerschweinchen befindet. Ein einzelner Vielfraß ( Gulo borealis) hat eine ziemlich kleine Behausung, scheint sich aber wohl zu fühlen. Auch ein ein¬ zelner junger Brauner Bär ( Ursus arctos) und zwei Wölfe (Ganis lupus) sind in guter Verfassung. Dagegen ist das daneben befind¬ liche Raubvogelbaus einer Verbesserung dringend bedürftig. Es enthielt bei meinem Besuche in der ersten Abteilung mehrere Bussarde und Wespenbussarde ( Buteo buteo und Pernis apivorus). Von dem Dasein der letzteren gab das dem Gitter angeheftete Schild nichts an. Dann kam eine Abteilung mit sieben Uhus {Bubo bubo). Hierauf folgte eine solche mit einem Wanderfalken {Falco peregrinus) , auf dem Schilde als Falco subbuteo bezeichnet, eine solche mit mehreren Turmfälkchen {Tinnunculus tinnunculus) , eine mit Raben (Corvus corax) und eine mit Dohlen (i Golaeus monedula). Daneben befindet sich ein Dachsgehege {Meies taxus) und ein großer Käfig mit einigen Edelmardern ( Mustela martes). Neben den Bären der Stolz des Gartens sind zwei Vielfraße {Gulo borealis ), die sich uuter einander in ewigem Kriegszustand befinden, beide prächtige Exemplare, der eine etwas größer als der andere. Wie in Skansen nehmen auch in diesem Garten einen besonders großen Raum die Adler ein. Eine mächtige Voliere, die, wie in Skansen, eiue Anzahl alter Kiefern einschließt, enthält mehrere ' stattliche See- und Goldadler {Haliaetus albicilla und Aquila chrysaetus) in älteren und jüngeren Exemplaren. Der Raum gestattet ihnen nicht nur Sprünge mit entfalteten Schwingen, sondern auch einen kürzeren Flug. Vier Käfige in der Nähe enthalten der eine einige Stare {Sturnus vulgaris ), der zweite Goldfasanen und Pfauen, der dritte Lachtauben (bezeichnet als Golumba turtur) und der vierte Klein vögel (Zeisige, Lerchen, Gimpel u. s. w.). Im Wirtschaftsgebäude sind unter Glas mehrere erbärm¬ lich aussehende und stets frierende kleine Affen. Beim Abstieg nach dem Damptboot zu passieren wir dann noch ein Wasserbecken mit Myopotamus coypu , ein Gehege mit Fischreihern (Ardea cinerea) und ein Gehege mit Ziegen. Kurz vor dem letzten Abstieg befindet sich noch ein Zwinger mit zwei schönen Braunen Bären {Ursus arctos). Außerdem ist die ganze Insel noch bevölkert mit frei um¬ erlaufenden Hasen, Kaninchen, Kranichen {Grus grus und Grus 103 virgo ), Störchen (Ciconia ciconia) und Rentieren ( Cervus tarandus ). Auf allen Wegen und Stegen treten diese — vollkommen zahm — dem Besucher entgegen. Der Helsiugforser Garten kann mit der zoologischen Abteilung von Skauseu, weder was Reichhaltigkeit noch was Einrichtungen an¬ langt, einen Vergleich aushalten. Mir scheint es, als ob hauptsächlich eine fachmännische Leitung fehlte, die sicher den Garten in kurzer Zeit wissenschaftlich wie wirtschaftlich in die Höhe bringen würde. Amt Geldmangel scheinen ja Verbesserungen nicht zu scheitern, denn sonst könnte man diesem durch Erheben von Eintrittsgeld ja leich, abhelfen. Und dann — weshalb beschränkt sich der Garten nicht wie Skansen, auf nordische Tiere? Ich meine nicht, daß er die ihm vielleicht von Seeleuten aus dem Süden mitgebrachten Geschenke zurück¬ weisen soll, aber wozu derartige Spielereien wie die Kreuzung von Rind und Zebu? Ein alles umfassender zoologischer Garten kann auf Högholmen nie entstehen, eine Musteranstalt aber, die alle nordischen Spezies der höheren Tierwelt in gut gepflegten Exem¬ plaren enthält, nirgends so leicht wie gerade hier. Der Biber in Westpreussen. Yon Dr. P. Dahms in Danzig. (Schluß.) Bereits aus der Steinzeit liegen Knochenspitzen von Harpunen und Speeren vor, die nicht nur zum Erlegen von Fischen, sondern auch von Bibern und Fischottern gedient haben werden, wie uns derartiges von Moritz Hörues für den europäischen und von Charles C. Abbott für den amerikanischen Kontinent wahr¬ scheinlich gemacht wird. Wohl schon von der .Pfahlbautenzeit an bis in die Eisenzeit hinein bediente sich der Mensch bereits eigen¬ artiger Fallen. Als man die ersten Gebilde dieser Art seiner Zeit bei Laibach auffand, entspann sich ein lebhafter Streit über deren Bedeutung. Es wurden die wunderbarsten Vermutungen über ihren Zweck laut, bis sie endlich als Gegenstand ohne weitere Bezeichnung beiseite gelegt wurden. Erst nachdem eine Reihe ähnlicher Funde au anderen Orten gemacht war, wandte der Direktor des Landes¬ museums sich dieser Angelegenheit wieder zu; er untersuchte die reichen Knochenreste, die mit der Falle zusammen gefunden worden waren, und vermochte festzustellen, daß die Hartteile von wenigstens 140 Individuen des Bibers Vorlagen. 104 Diese Fallen sind in den meisten Fällen flach schiffchenförmig und haben auf der Oberseite zwei Längsrinnen, die sich nach der Mitte verflachen, nach den Enden hiugegen vertiefen. An dem einen enden sie blind, an dem anderen sind sie unregelmäßig durchlocht. Zwischen beiden Rinnen ist der Länge nach ein schmaler Steg über¬ geblieben. In der Mitte des Instrumentes findet sich ein rechteckiger Ausschnitt; dieser kann durch zwei in der Längsrichtung drehbare Klappen von oben geschlossen werden. Sie tragen am äußeren Rande eine wulsttörmige Verdickung und am inneren je drei entsprechend liegende, rechteckige Einschnitte. Die Funktion einer derartigen Falle wäre ungefähr folgende: In jeder der beiden Längsrinnen be¬ fand sich ein elastisch biegsamer Stab, der mit seinen Enden in den Vertiefungen ruhte und über die Klappen hinwegging. Wurden diese in die Höhe gerichtet und durch ein Querholz auseinandergehalten, so übten die Stäbe einen solchen Druck auf sie aus, daß sie bei einer Auslösung der Hemmvorrichtung gewaltsam zuschlagen mußten. Diese Fallen wurden jedenfalls nahe dem Ufer, wo die Tiere ans Land zu steigen pflegen, mit der breiten Seite senkrecht und mit den geöff¬ neten Klappen landeinwärts aufgestellt. Wenn nun eiu Biber her¬ beikam und den Köder, der wohl an der Sperrvorrichtung angebracht war, erfaßte, so löste er das nur lose befestigte Spreizholz aus und brachte die Klappen zum Zusammenschlagen. Er wurde von ihnen am Halse gepackt und entweder erwürgt oder unter Wasser festgehalten und ertränkt. Wennschon der eine oder andere Punkt noch nicht genügend aufgeklärt ist, so nehmen diese Funde jedenfalls ein nicht unbedeutendes Interesse für sich in Anspruch. Wie Paolo Lioy mitteilt, findet sich in der Sammlung der Soeiete d’Aeclimatation in Paris für Geräte der Fischerei ein Stück, das mit diesen alten Funden übereinstimmt. Es wurde 1891 in Arles an den Rhonemündungen erworben und zeigt ganz die Form und das Aussehen der Fallen, die noch vor ungefähr 100 Jahren verwendet wurden. Dadurch, daß dieses Stück der Pariser Sammlung ein Alter von höchstens 5 — 6 Jahren besitzt, dürfte man auf die Vermutung kommen, daß auch heute noch gelegentlich von Fischern des großen und kleinen Rhone und des Gardon derartige Fallen auf Biber oder Fischotter gestellt werden. Diese Hypothese gewinnt an Sicherheit, wenn wir uns ver¬ gegenwärtigen, daß dort nach Galien Mingaud auch heute noch ungefähr 8 — 10 Biber jährlich erlegt werden. Das erste in Westpreußen aufgefundene Exemplar hatte 2 Klappen und wurde 2,2 m tief im Torf von Friedrichsbruch, Kr, Flatow, — 105 — angetroffen. Es besteht aus Eicheuholz und befindet sich zur Zeit im Märkischen Museum zu Berlin 1). Kurz und unter Hinweis auf andere ähnliche Funde ist es von E. Friedei beschrieben worden. Eine andere einklappige Falle ans Eichenholz ist ans dem Torf bei Lubochin, Kr. Schwetz, zu Tage gefördert worden, die in ihrer ganzen Form an eine der Länge nach halbierte zweiklappige erinnert. Sie ist deshalb von Interesse, weil Robert Mnnro, der sich mit diesen Geräten eingehend beschäftigt hat, das von ihm aufgefundene Gesetz, nach dem die einklappigen auf den britischen Inseln, zwei¬ klappige auf dem Festlaude zu finden seien, nunmehr einschränken mußte. Der letzte Fund stammt aus dem Moore des zur Herrschaft Sypuiewo, Kr. Flatow, gehörigen Vorwerkes Adamshof; er wurde 0,65 m unter Terrain im Torfe gemacht 2). Erwähnenswert ist ferner, daß in einer Kulturschicht aus der jüngeren Steinzeit, der sog. slavischen Epoche, während welcher die Slaven des Nordens den Arabern u. a. reichlich Pelze vom Zobel, Hermelin, Wiesel, Biber u. s. f. lieferten, unweit Ladekopp im großen Marienburger Werder neben Schuppen, Wirbel- und Kopf¬ teilen von Cypriniden und anderen Fischen auch eine linke Man- dibel vom Biber aufgefunden wurde. Nach Ablauf dieses Zeitab¬ schnittes, der mit Anfang des 8. Jahrhunderts beginnt und bis zum Auftreten des Deutschen Ritterordens reicht, drangen polnische Herr¬ schaft und Christentum allmählich in die inneren Landesgebiete ein. Jede Handelsbeziehung wurde durch die Kriegszüge der polni¬ schen Fürsten geradezu gelähmt, doch sind wir von nun an imstande, auf Grund historischer Daten die Geschichte unseres Tieres weiter zu verfolgen. Als allgemeiner Zug ist vor allem anzuerkennen, daß durch die Aufmerksamkeit und Sorgfalt, die die Landesfürsten dem Biber seit dem 13. Jahrhundert zuwandten, seine Verminderung und sein Schwinden sehr lange hiugehalten worden sind. Jedenfalls war er bei der Ankunft des Deutschen Ordens nicht mehr allzu zahlreich vor¬ handen, was vielleicht auf zu willkürlichen Abschuß in früheren Jahrhunderten, wo das Fell als wichtiges Tauschmittel gegen arabische Erzeugnisse galt, zurückgeführt werden kann. *) Vergl. Verwaltungs bericht des Westpr. Prov.-Mus. für 1892. S. 22 und für 1897. S. 44. 45. 2) Herausgegeben von Archivrat Dr. Joachim. Königsberg i. Pr. Verlag von Thomas u. Oppermann. 1896. S. 216. 495. 506. 585, 106 Die Kulmer Handfeste, in der die Rechte und Freiheiten der ersten Ansiedler in Preußen verbrieft werden und die 1232 vom ersten Landmeister in Preußen Hermann Balk im Namen des abwesenden Großmeisters des Deutschen Ordens, Hermann von Salza, gegeben wurde, lautet an einer Stelle in der Übersetzung ungefähr folgendermaßen: »Der Stadt Thorn wollen wir diesen Strom der Länge nach und an den Grenzen des Bischofs von Kujavien ab¬ wärts bis eine Meile und landwärts in die Breite auf beiden Seiten der Weichsel eine halbe Meile mit allen Nutzungen, ausgenommen die Inseln und Biber, zu gemeinschaftlichem Gebrauche der Bürger und Fremden anweisen«. *) Der Deutsche Orden hatte sich den Biberfang also ausdrücklich Vorbehalten ; der Biber wurde Regal und blieb Regal. Als Konrad von Masovien im Jahre 1234 in der Stiftung des Klosters Paradies die Schenkung genau spezialisiert, 2) vergißt er nicht, den Biber ganz besonders hervorzuheben. Er überträgt dem Kloster »jegliche Nutzung der Acker, Gewässer, Felder, Wiesen und Wälder, ferner die Bienenjagd (Beutnerei), die Nutzung der Weideplätze, Biberfang und Fischerei«. Das Kloster Paradies selbst ist das Kloster Karthaus, Paradisus Bonae Mariae, das noch heute die Bezeichnung »Marienparadies« führt. Um das Jahr 1400 erhalten wir einige weitere Nachrichten, und zwar aus dem Marienburger Treßlerbuch der Jahre 1399 — 1409. 3) Dort werden an der einen Stelle 22 Mark (= M. 286) notiert, wofür dem Meister Biberfelle (beberbelge) gekauft werden sollen, dort wer¬ den Hüte aus Biberfell erwähnt, und zwar sowohl russische wie gewöhnliche , die freilich nicht von solchen Tieren herstammten, die das Regal einbegriff. Es scheint danach , daß Gegenden, die noch nicht in Kultur genommen waren, noch freie Jagdgelegen¬ heit boten. Rechnet man die verzeichneten Beträge nach heuti¬ gem Werte um, so ergiebt sich, daß ein russischer Biberhut M. 5,64, ein preußischer dagegen nur M. 1,54 gekostet hat. Es ist diese Verschiedenheit in der Preislage wohl nicht nur auf die Schwierigkeiten der damaligen Transportmittel zurückzuführen, als vielmehr darauf, daß die Biber Polens und Rußlands wohl schon damals wegen ihres schöneren braunschwarzen, sammetweichen Pelzes J) Vergl. Bujack, J. G. : Über die Zeit des Verschwindens der Biber (Castor fber ) in Preußen. Preuß. Prov.-Bl. Bd. 16. 1836. S. 161. 2) Perlbach, M. : Die ältesten preuß. Urkunden. Altpreuß. Monatsschrift. Bd. 10. 1878. S. 640. 3) Herausgeg. v. Archivrat Dr. Joachim. Königsberg i. Pr. Verlag von Thomas u. Oppermann. 1896. S. 216. 495. 506. 585, 107 berühmt waren, wie sie ja später mit der Bezeichnung »Herren« (domini, nobiles) bedacht wurden, während die preußischen, mehr rötlich gefärbten und weniger schön behaarten gelegentlich sogar »Sklaven« (servi, rustici) hießen. Es sind dies Benennungen, die auf gewisse Jägermärchen zuriickwreisen ; auf ihre Bedeutung kann an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Daß an gewissen Stellen noch Jagdfreiheit bestanden haben muß, zeigt uns auch eine andere Stelle aus dem Treßlerbuch. Johannes Voigt1) schildert uns die Liebesgaben, die dem Hochmeister bei seinen Reisen durch das Land von seinen Unterthanen dargebracht wurden. Wenn man ihm Haselnüsse, die er gern aß, schöne Birnen, einen Lilienstrauß oder ein Paar junge Bären, einen Hecht, ein Gericht Schmerlen oder Krebse darbot, so vergaß man auch die »Biberkelle« (beberzayle =Biberzagel) nicht. Dieser Leckerbissen scheint dem Hochmeister große Freude bereitet zu haben, denn das Treßlerbuch verzeichnet eine Ehrengabe bei derartiger Gelegenheit von einer Mark, was M. 12.30 heutigen Wertes entspricht. Bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts erfahren wir über unseren Nager nichts, bis im Jahre 1530 — 1540 das Büchsenschießeu im allgemeinen untersagt und den Städtern nur zu ihrem Vergnügen, nicht aber zum Betreiben der Jagd gestattet wird. Diese Bestim¬ mung bezweckte eine Einengung der allgemeinen Neigung zur Jagd, die in jener Zeit sich breit zu machen und den Wildstand nicht unerheblich zu gefährden drohte. 2) Zu jener Zeit scheint man auch unserem Biber nicht allzuviel Sympathie entgegengebracht zu haben. Der Umstand, daß er mit dem Fischotter die gleichen Gewässer bewohnte und große Nagezähne besaß, stempelten ihn zu einem gewaltigen Fischmörder, und wir finden ihn auch auf Abbildungen jener Zeit, z. B. in dem Tierbuch von Amman und Bocksperger, gewöhnlich mit einem Fische im Maule dargestellt. Von Schonung einem solchen Tiere auf eigenem Grundbesitze gegenüber konnte nicht die Rede sein, zumal es reich¬ lichen Erlös brachte. Als deshalb der Bischof Paulus Speratus am 14. April 1533 die Hammermühle bei Marienwerder auf 8 Jahre dem früheren Müller in Graudenz, Martin Rytzke, nebst Hofstall, 0 Voigt, Johannes: Das Stillleben des Hochmeisters des Deutschen Ordens und sein Fürstenhof. Räumers Histor. Taschenbuch. Leipzig. F. A. Brock¬ haus. 1830. S. 213. 2) v. Pannewitz, Julius; Das Forstwesen von Westpreußen etc. Berlin. 1829. S. 391. 108 Garten, Ställen und Zubehör zu einer Mahlmühle verlieh, stellte er unter verschiedenen Bedingungen auch die folgende: Die in den Gewässern hausenden Fischräuber sollten abgeliefert werden, doch sollte Rytzke für jeden gefangenen Biber 1 Firdung, für jeden Otter 4 Scot — 2/3 des vorigen Vergütuugsgeldes — erhalten. *) Wie wenig streng um diese Zeit die Einhaltung und Sicherung des Regals gehandhabt wurde, ergiebt auch ein Abschied in Betreff des Biber¬ fanges vom Jahre 1572 (Foliant A. S. 89). Nach diesem will der Herzog von Preußen dem Bittsteller auch fernerhin »den gerumbten langen Gebrauch des Biberfangs« in Gnaden gestatten, wenn dieser ihn nachweisen kann. 2) Verwunderlich ist, daß in dem Verzeichnis der vom Markgrafen Johann Sigismund von 1612 — 1619 erlegten Tiere 3) Biber sowohl wie Fischotter vollkommen fehlen. Es wird das vielfach damit er¬ klärt, daß der Weidspruch »Otter und Biber haben keine Hege« schon damals galt, und daß diese Tiere damit von jedermann ge¬ fangen und geschossen werden konnten. Ob diese Regel schon da¬ mals im Schwange war, will ich nicht entscheiden, jedenfalls galt sie dann noch nicht an allen Orten, denn in dem »Register« des Kur¬ fürsten Johann Georg von Sachsen (1611-^1656) finden sich diese beiden Tiere auch als Jagdbeute verzeichnet vor, freilich nur in geringer Zahl, denn unter den 104 599 Stücken werden nur 29 Biber (0,03 °/o) und 81 Fischotter (0,08 °/o) aufgeführt. Meines Er¬ achtens kamen beide bei ihrem Wasserleben und ihrer Vorsicht bei einer fröhlichen Jagd wenig in Betracht und konnten außerdem auf dem Register des Kurfürsten viel eher Aufzeichnung finden als auf dem des Markgrafen, das rund nur ungefähr x/io ?o viel Beutestücke aufzählt als jenes. Forer führt in seinem Gesnerus redivivus (1669) Preußen als Ort des Vorkommens au, und das zu ungefähr der nämlichen Zeit auf Veranlassung des Danziger Bürgermeisters und Rates heraus¬ gegebene Verzeichnis » Design atio et valor omuium materialium, tarn simplicium quam compositorum, quae in officinis Gedauensibus reperiuntur et venduntur etc. (1668)« enthält eine Reihe von Medi- 0 v. Flau ß, R.: Geschichte Westpreuß. Güter. F. Zeitschr. des histor. Ver. für den Reg -Bez. Marienwerder. Heft 20. 1886. S. 53. 2) Bujack, J. G.: Geschichte des preußischen Jagdwesens etc. Preuß. Prov.-Bl. Bd. 22. 1839. S. 499. 3) Bujack, J. G.: Was Johann Sigismund, Markgraf zu Brandenburg etc. von 1612—1619 an allerlei Wildpret geschlagen und gefangen. Preuß. Prov.-Bl. Bd. 21. 1839. S. 236 ff. 109 kamenten, die vom Biber ihren Ursprung nehmen. Hier finden wir aufgeführt Bibergeil (Castorei. S. 35), »Bieberfett« (Axungiae Castoris. ’S. 38), Pillen mit Bibergeil (Pilular. de Castorio. S, 71), »Bibergeilöhl.« (Olei Castorei. S. 74), »Bibergail-Essentz« (Essent. Castorei. S. 83), Bibergeil-Extract (Extr. Castorei. S. 88) und das Magisterium Castorei (S. 92). Erst im Jahre 1706 ordnete König Friedrich I. in einem Patente von Königsberg aus die Schonung dieses Tieres an, empfahl, für seine Unterhaltung zu sorgen und seine Vermehrung zu fördern. Die Biberbaue in Seen, Teichen, Brüchern, Ausrisseu an Dämmen und in Flüssen sollten nicht eingerissen, Eisen nicht gelegt, auch nicht Fischersäcke oder andere Garne in der Nähe gestellt werden. Auch sollten die Gesträuche nicht weggehauen und auch »nicht auf dem Gewässer danach gefahren oder geschossen werden bej 20 Thaler Strafe«. 9 Ende 1713 und Anfang 1714 wurden ferner bei Potsdam und Charlottenburg Biber ausgesetzt und in jeder Be¬ ziehung geschützt. Von diesen Tieren ist jedoch eine nennenswerte Vermehrung nicht bekannt und seit langen Zeiten nichts mehr verspürt worden. Später wurde dem Biber eine Behandlung zuteil, die von der vorigen durchaus verschieden war. Die Biberjagd wurde 1765 von Friedrich dem Großen freigegeben und das Tier so von jeglicher Schonung ausgeschlossen. Sah Friedrich in ihm doch nur einen Feind der Kultur, der jedem Handel und Wandel an Wasserstraßen gefährlich werden konnte. Wurde die allgemeine Schußzeit nach neuen Forstverorduungen von 1739 und 1775 auf die Zeit vom 24. August bis zum 1. März festgelegt, so wurden von dem so ge¬ schaffenen Schutz doch Biber, Dachs, sämtliches Raubzeug u. s. w. ausgeschlossen. Mit Ende des achtzehnten Jahrhunderts geht dann der Biber auch seinem Aussterben mehr und mehr entgegen ; am längsten hielt er sich noch in der Weichsel und Nogat. Als eins der letzten Zeichen seiner Anwesenheit gilt die bereits erwähnte, unterwühlte Wiese am Drewenzufer unterhalb der Stadt Neumark. Erlen, die am Rande dieser Wiese standen und l3/2 Zoll (ungefähr 4 cm) im Durchmesser hatten, waren oft »wie mit einer Säge« des Morgens abgeschnitten , die Stämme aber zerteilt und zum Baue der Biberwohnungen verwendet. Schließlieh sei noch die bereits ebenfalls erwähnte Hütte auf der Insel Bazar bei Thorn augeführt. 9 Bock, Friedr. Sam.: Versuch einer wirthschaftl. Naturgesch. von dem Königreich Ost- und Westpreußen. Bd. 4. Dessau. 1784. S. 73. — 110 Von dem Ende des vorigen Jahrhunderts an hat man freilich den Biber nicht mehr in unserer Provinz bauen sehen, doch sind seit 1796 verschiedentlich Ueberläufer aus den benachbarten Ge¬ bieten und den Gewässern des Bug und Narew nachgewiesen worden. So wurde in den letzten Apriltagen des Jahres 1826 oberhalb der Stadt Thorn nahe der polnischen Grenze in einer mit Strauchwerk bewachsenen Ufergegend ein Biber geschossen. Er wurde vom Thorner Magistrat angekauft und dem zoologischen Museum der Universität Königsberg übergeben. Ein zweites Exemplar wurde im Frühjahr 1830 bei dem Eisgänge auf einer der Kämpen in der Nogat getötet. Es wurde ausgestopft und im Industriehause zu Elbing gegen ein beliebiges Eintrittsgeld gezeigt. Ein weiteres Exemplar wurde gegen Ende Mai 1836 in ungewöhnlich wohl¬ genährtem Zustande in dem Zilopsee bei Podwitz, Kr. Kulm, der mit der Weichsel in Verbindung steht und mit dichtem Weiden- gebiisch umwachsen ist, von einem Fischer mit einem Ruder erschlagen. Es ist nicht uninteressant, daß ein Apotheker dem toten Biber noch eine große Quantität Geil entnahm. Der letzte übergelaufene Biber wurde 1840 bei Thorn1) gefangen, wo in früheren Zeiten ein leb¬ hafter Biberfang betrieben wurde. Von diesen letzten Repräsen¬ tanten unseres Nagetieres ist jedenfalls der in Elbing ausgestellt ge¬ wesene am interessantesten, weil er durch irgend ein Versehen dem Verfasser eines bedeutenden zoologischen Werkes zu der eitlen Meinung verholten hat, daß der Biber in Westpreußen noch existiere. Jedenfalls ist hiernach Aussicht vorhanden, daß er für unsere Provinz, wenigstens auf dem Papier, noch geraume Zeit fortfigurieren wird. Außer dem von Geßner erwähnten Vorkommen in der Weichsel selbst hatte sich der Biber in deren Nebenflüssen angesiedelt, so am Schwarzwasser, an Ossa und Dreweuz und konnte dort noch bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts angetroffen werden. Gottwald erhielt sogar Biber von den Fischern der Insel Neringen (Frische Nehrung), während der Biber, den der Danziger Arzt und Professor Dr. Job. Adam Kulm secierte und in Kanolds Natur- und Kunst¬ geschichte (1726) beschrieb, von Fischern in der »Danziger See« mit Garnen lebendig gefangen wurde. Wie Kulm vermutet, ist er jeden¬ falls durch den Sturm aus der Weichsel dorthin verschlagen worden. Die für Preußen spezifische Fangmethode war die mittels Reusen. Als Köder diente, wie uns Geßner mitteilt, die Rinde von Bäumen. 9 Conwentz, H. : Bericht betreffend die Erforschung der in der Provinz Westpr. vorkommenden Wirbeltiere. Westpr. Prov.-Mus. v. 20. Juni 1888. S. 8. ui Der Fang ging derart vor sieb, daß die Biber in die Reusen krochen, um die Rinde zu verzehren, und dauu nicht wieder frei kommen konnten. Eine andere Methode bestand darin, daß man auf den Biber, der aus dem Wasser emportauchte, um Luft zu schöpfen, schoß oder mit langen Piken und Harpunen stach oder warf. Dieses Speeren gehört, wie oben gezeigt wurde, jedenfalls zu den ältesten Jagdmethodeu. Das gewöhnlichste Verfahren bestand darin, daß die Jäger zuerst nach einem Baue spähen und dann von oben her auf die Höhlung hin graben. Dann lassen sie einen Hund hinein, während sie gegen das Wasser hin ein Netz ausspannen. Der fliehende Biber gerät in das Garn und wird mit einem Kolben er¬ schlagen. Die Hunde, die zur Jagd auf Biber und Dachs verwendet wurden, führten schon in den Jagdgesetzen der frühesten Zeiten, z. B. in der lex Saxonum (1. Francorum), lex Anglorum et Werino- rum, lex Ripuariorum etc., besondere Bezeichnungen, wie canis qui sub terra venatur, canis bersarius, beverarius, bibracco, castorius. In seinem Werke »De gentibus septemtrionalibus« bildet bereits 1555 Olaus Magnus eine solche Jagd ab. Als wertvollstes von der so gemachten Beute war unzweifelhaft das Geil geschätzt. Es konnte aus verschiedenen Ländern bezogen werden, doch schätzte man das als das wirksamste, das aus kalten Gegenden stammte, z. B. vom »teutschen, schweitzerischen oder moskowitischen Biber«, vorzugsweise aber das sibirische. Die in den Flüssen Groß-Litauens seinerzeit reichlich lebenden und erlegten Tiere lieferten das Geil, das von den Kaufleuten Danzigs und Königsbergs außer Landes geführt wurde; doch beschäftigten sich auch verschiedene Weichselstädte damit, von den Laudleuteu dieses Naturprodukt billig aufzukaufen und weiter zu verhandeln. Peter Pom et preist in seinem Werke »Der aufrichtige Materialist und Specerey-Iländler« das aus Danzig kommende Geil als dicker und viel stärker riechend als das kanadische und zieht es diesem als das bessere vor. Der Wert dieser Substanz war ein recht hoher, und der Apotheker ließ, besonders in der letzten Zeit, als die Biber seltener wurden, keinen Jäger mit seiner Beute fort, ohne mit ihm handelseins geworden zu sein. Der höchste Preis ist jedenfalls 1852 gezahlt worden, als ein Förster für IP/2 Lot 276 Mark erhielt; es entspricht dies einem Werte von M. 1533 für 1 kg. Auch heute findet man noch das Geil in zahl¬ reichen Pharmakopoen aufgeführt; in der deutschen ist es gestrichen. Das Fleisch scheint nicht sonderlich geschätzt worden zu sein ; dagegen galt der Schwrauz mit den anhängenden Hinterbeinen als 112 Leckerbissen und als Fastenspeise. Besonders geschätzt war er bei den Karthäusern, denen der Genuß von anderm Fleisch verboten war. Die Felle waren, wTie bereits erwähnt wurde, verschiedener Art. Die Hauptmenge lieferte Litauen, und von hier kamen sie nach Danzig, um in die Welt zu gehen. Sie wurden zur Hanse-Zeit noch einmal, wie bereits zur nordisch-arabischen Epoche, eine im Auslande vielfach begehrte Ware und kamen als bevere, beverwamme, pelles castoriui in den Handel.1) Von hohem Werte waren auch die Haare, die auf Biberhüte verarbeitet wurden. Da ein jedes Fell ungefähr 750 bis 780 g lieferte und das kg je nach der Feinheit mil 50 — 10 M bezahlt wurde, so konnte im Jahre 1663 in England ein guter Biberhut nach unserem Gelde 85 M kosten. Die Ver¬ wendung der Haare zu diesem Zwecke hat jedoch bereits mit dem Aufkommen des Seidenfilzes und der daraus hergestellten Cylinder- hüte mehr und mehr aufgehört. Der reiche Erlös, den jeder erlegte Biber gab, macht es uns erklärlich, daß Pultusk im 14. und 15. Jahrhundert einen Tiergarten für Biber hatte.2) Jedenfalls brachte es Geil und Fell desselben zugleich mit seinem Getreide in den Handel. Noch 1863 konnte die Frage aufgeworfen werden, ob es nicht ökonomisch ratsam wäre, den Biber in Westpreußen zu hegen. 3) Ein Gehölz von Weiden, Eschen, Pappeln und Birken, das von einem Flüßchen durchschnitten würde, hätte dazu verwendet werden können. Die Lösung der Aufgabe - — so meinte man — hinge einzig davon ab, die ganze Aulage derart einzuhegen, daß der schwimmende und grabende Biber weder zu Wasser noch zu Lande entschlüpfen könne. Eine derartige Umzäunung ist aber sehr schwer herzustellen. An einem günstigen Ertrag hätte es nicht gefehlt, da das deutsche Geil als selteneres dem sibirischen noch vorgezogeu wurde, und der Wert eines einzigen Bibers wohl noch auf 150 M (50 Thaler) anzuschlagen war. Der Versuch hätte auf eiuern kleinen Grundstücke gemacht und das erforderliche Zuchtmaterial aus Litauen, Polen oder Rußland bezogen werden müssen. Zur Ausführung ist dieser Plan aber nicht gelangt. 0 Stieda, Ludwig: Ueber die Namen der Pelztiere und die Bezeichnungen der Pelzsorten zur Hansa-Zeit. Altpreuß. Monatsschrift. Band 24. 1887. S. 626. 2) Brandstäter, Franz: Die Weichsel. Marienwerder. 1855. S. 416. 3) Müller, August: Fauna höherer Tiere. Die Prov. Preußen. Festgabe für die Mitglieder der 24. Vers. Deutsch. Land- und Forstwirte zu Königsberg i. Pr. 1863. S. 159. 113 Ein missgestalteter Fuchsfuss. Von Dr. Adolf Steuer in Triest. (Mit Figur.) Die wertvollen Arbeiten Torniers über verschiedene Mißbil¬ dungen bei Eidechsen und Fröschen (s. Zool. Anz. 1897) brachten mir eine interessante Mißbilduug an der linken, hinteren Extremität eines Fuchses in Erinnerung, die ich vor Jahren (17. IX. 1892) bei Herrn Präparator Nowak in Stettin bei Troppau (Schlesien) gesehen hatte. Herr Nowak hatte die Freundlichkeit, mir das Präparat nebst einigen darauf bezüglichen Daten auf meine Bitte hin sofort zur näheren Untersuchung einzusenden, wofür ich ihm sehr zu Dank verpflichtet bin. Durch anderweitige Arbeiten aufgehalten komme ich erst jetzt dazu, den Fall zu veröffentlichen, der mit Rücksicht darauf, daß man heute nicht mehr wie ehedem solche Dinge einfach als Kuriosi¬ täten betrachtet, sondern sich mit der Frage der Entstehung der Mißbildungen befaßt, allgemeineres Interesse beanspruchen dürfte. Das Tier, ein ausgewachsenes Männchen, dürfte in Schlesien geschossen worden sein und wurde dem Präparator zum Ausstopfen übergeben ; ich sah den Balg später in bereits recht traurigem Zu¬ stande in der Geweihausstellung in Troppau wieder; das Skelett des Fußes hatte Herr Nowak glücklicherweise für sich behalten. Das Femur des linken Fußes ist vollkommen normal ausgebildet, nur etwas kleiner und schwächer als das des rechten Fußes. Der folgende Knochen ist als Tibia leicht zu erkennen. Die Tibia ist am unteren Ende scharf abgeschuitten und abge¬ bogen, außerdem nach innen zu mit zwei kleinen Fortsätzen ver¬ sehen. Die Fibula ist außerordentlich verkümmert und geht fast senkrecht vom oberen Eude der Tibia ab. Der Fibula schließt sich ein ebenfalls verkümmerter Calcaneus an, dem nur ein Metatarsal- knocheu folgt. Von den Phalangen wurden die zweite und dritte mit der wohlausgebildeten Kralle seinerzeit im Balg gelassen. Wie mag nun diese Mißbildung entstanden sein ? Daß am Tiere in der Jugend der Fuß durch irgend einen Unglücksfall amputiert wurde und sich das fehlende später in unvollkommener Weise regeneriert hat, diese Ansicht ist natürlich vollkommen un¬ haltbar; wir wissen, daß das Regenerationsvermögen in der niederen Tierwelt weit verbreitet, bei den Säugern aber fast ganz geschwundeu Zoolog. Gart., Jahrg. XLT, 1900. 8 114 ist; uur die Wmidheilung könuen wir bei ihnen als Regeuerations- erscheinung auffassen. Eine Verletzung liegt aber in unserem Falle thatsächlich vor, nur ist sie ohne Zweifel schon im Embryon alleben des Tieres erfolgt und wahrscheinlich in folgender Weise vor sich gegangen. Den Gynäkologen ist es schon seit langem bekannt, daß sich bei ungenügend vorhandenem Fruchtwasser das Amnion in Falten legt; aus diesen Amnionfalten können sich unter gewissen Umstän¬ den Bänder bilden , die sog. Simonart’schen Bänder, die bei ent¬ sprechender Lagerung des Embryo diesem einzelne Gliedmaßen umbilden oder ganz oder teilweise abschnüren können. Eiu solcher Fall liegt uns hier vor. Ich sandte seinerzeit eine Skizze des Präparates Herrn Dr. G. Tornier (Berlin) ein, der mir die Richtigkeit dieser Annahme be¬ stätigte. Herr Dr. Tornier, dem ich für seine Mitteilungen sehr verpflichtet bin, ist der Meinung, daß hier wohl mehrere Bänder bei der Abschnürung, bezw. Verschiebung der einzelnen Knochen mit¬ gewirkt haben mögen. An einem im Zoologischen Institute der Universität Leipzig aufbewahrten, mißgestalteten Schweinsfuße konnte Tornier »deutlich den Weg verfolgen, den die Falte nahm, als sie in die Gliedmaße eindrang«. Soviel ist wohl sicher, daß bei unserem Präparate der Druck der Amnionfalte in der auf der beigegebenen Figur durch einen Pfeil ersichtlich gemachten Richtung wirkte. Die Kleinheit der Fibula lässt darauf schließen, daß die Ent¬ stehung der ganzen Mißbildung schon in einem frühen embryo¬ nalen Stadium stattgefunden haben mag. Der Unterschied in der Größe des Femur der beiden Beine ist einerseits durch Nichtgebrauch des linken, andererseits durch verstärkten Gebrauch des rechten, normalen Fußes zu erklären. 115 Die abschnürenden Kräfte hatten also im vorliegenden Falle recht viel zu leisten: der Fuß mußte zunächst der Länge nach durchschnitten und ein großer Teil davon (vielleicht mit einem Stück der Tibia) amputiert werden. Das untere Ende der Tibia wurde außer¬ dem abgebogen und die Fibula mit dem anhängenden Rest des Fußes um einen fixen Punkt, die Ansatzstelle an der Tibia, nach hinten und oben geschoben. Embryonale Mißbildungen ähnlicher Art sind bei Haustieren durchaus nicht selten; so war z. B. im Wiener Tiergarten lange Zeit eine dreibeinige Ziege zu sehen, die ihr viertes Bein auf ähnliche Weise in ihrem Embryonalleben eingebüßt haben mag. Bei wilden Tieren aber dürften solche Fälle vielleicht seltener auftreten oder doch gewiß weit seltener in die Sammlungen kommen. Hohes Lebensalter eines Zeisigs in der Gefangenschaft Von Th. Knottnerus-Meyer in Werder a. H. Ein wie hohes Alter gefangene Vögel auch aus unserer ein- heimischen Vogel weit in der Gefangenschaft erreichen können, be¬ weist ein bis vor kurzer Zeit in meinem Besitze befindlicher Zeisig (Fringilla spinus). Ich habe den Vogel vor fünfzehn Jahren, nach sachverständigem Urteil damals etwa dreijährig, erhalten. Das kleine Tier hat demnach eine Zeit in der Gefangenschaft bei mir allein verlebt fast viermal länger, als sonst Zeisige und die meisten unserer Finken in der Gefangenschaft auszuhalten pflegen. Sterben doch die meisten schon nach einer Gefangenschaft von wenigen Jahren. Die Gründe für diese ausnahmsweise lange Lebenszeit liegen sowohl in dem Futter wie in der ganzen Behandlung. Es war stets mein Grundsatz, den Tieren möglichst viel Abwechslung ins Futter zu bringen und ihnen so über die Entbehrungen der Gefangenschaft hinwegzuhelfen. Ich gab neben Mohnsamen Kanariensamen, ge¬ quetschten Hanf — besonders in der Mauserzeit — , Tannenzapfen, von Zeit zu Zeit Vogelmiere oder die Blütenköpfchen von Senecio vulgaris . Dazu reichte ich noch Salatblätter und zur Regulierung der Verdauung auch frisches Obst, was nach meiner Ansicht für alle zur Verstopfung neigenden Käfigvögel unbedingt uötig ist. Da alle Vögel zur Verdauung eine gewisse Menge feinen Saud in ihren Magen aufnehmen müssen, so streute ich Voßschen Vogelsand, den ich hiermit allen Vogelliebhabern empfehle, um so das Fressen eines 116 zu feinen Sandes, etwa des gewöhnlichen weißen, zu verhindern, da dieser sich leicht in den Därmen festsetzt und den Tod des gefie¬ derten Lieblings herbeiführen kann. Außerdem gab ich dem Tiere noch Tintenfisch - Schulp zur Kalkbildung, eine besonders in der Mauserzeit, wo der Vogel viel Kalk zur Bildung des Gefieders ver¬ braucht, nötige Zuthat. Wasser bekam der Vogel im Sommer zwei¬ mal, im Winter einmal täglich frisch. Außerdem besprengte ich ihn von Zeit zu Zeit mit einem Blumenzerstäuber, was er sehr liebte. Ich glaube, daß gerade infolge des einförmigen Futters die meisten unserer schönen einheimischen Singvögel so früh sterben. Als echten Waldvogel setzte ich meinen Zeisig nie der direkten Sonne aus. Auf einem nach Norden zu belegenen Balkon, sicher vor Katzen und anderem Raubgesindel, pflegte er im Sommer die Tage von 6 Uhr morgens bis 8 Uhr abends zuzubringeu. Zum Schutz gegen Wind uud Regen hatte ich gegen den Wind hin eine Ecke des Käfigs mit einer Decke verhängt. Bei warmen Regen fällen machte das Tier aber keinen Gebrauch von diesem Zufluchtsort, sondern ließ sich mit wahrer Wollust naßregnen. Bei 8° R und darüber befand sich der Vogel im Freien und auf dem Balkon, uud ich glaube, daß auch dieser jahrelange Aufenthalt in stets frischer Luft sehr zur Kräftigung und Abhärtung des Tieres bei¬ getragen hat. Mit dem frechen Spatzenvolk stand er auf feindlichem Fuß, und es gab bisweilen drollige Szenen zwischen beiden. Mein Zeisig ver¬ teidigte sein Futter uud sein Hausrecht, während die in größerer Zahl kommenden Spatzen zu rauben suchten. Trotz dieser Feind¬ schaft hatte er einige plebejische Strophen von den Spatzen ange¬ nommen und diese seiner Zeisig-Strophe angehängt. Bisweilen kamen auch Touren eines Kanarienvogels dazu. Dieser wenn auch nicht schöne, so doch eigenartige Gesang hat mich bis kurz vor seinem Tode erfreut. Um Weihnachten 1898 bildete sich ein Gewächs am Oberschnabel, das das eine Nasenloch verdeckte und das Atmen er¬ schwerte. Der Vogel fiel beim geringsten Anstoß von der Stange, es zeigte sich der Anfang der Altersschwäche. Im übrigen war er wohl und guter Dinge. Das Gewächs am Schnabel nahm aber bald derartig überhand, daß ein operativer Eingriff nötig wurde, da das Tier am Fressen behindert war. Dieser Eingriff ging glatt von statten, das Gewächs war beseitigt, aber auch ein Teil des Ober¬ schnabels war abgefressen. Doch war das Tier am Fressen nicht mehr behindert und übte weiter seine eigenartige Gesangeskunst. 117 Im Juli vorigen Jahres fing der Vogel an die oberen Staugen seines Käfigs nicht mehr aufzusuchen ; er schlief jetzt stets unten. Kurz darnach trat eine Erblindung des linken Auges ein, die Alters¬ schwäche wurde merklicher. Nachdem ich noch eines Mittags das Tierchen gefüttert und es mich wie immer zum Dank freundlich in den Finger gebissen hatte, fand ich den eben noch munteren Vogel eine halbe Stunde später leblos im Bauer, von einem sanften Tode überrascht. Gute Pflege mit abwechslungsreichem Futter und frische Luft, sie sind unentbehrlich für jeden gefangenen Vogel und eine mora¬ lische Verpflichtung für jeden Menschen, der sich ein Tier nach Beraubung der Freiheit zu seinem Vergnügen hält. Es würde besser um unsere gefiederten Freunde stehen, wenn das jeder beherzigen wollte, der sich einen Vogel hält. Die Freude, die einem solch ein langjähriger, liebgewordener Stubengenosse gewährt, ist der Dank für alle aufgewandte Mühe und macht sie reichlich bezahlt. Auch solch ein Vogel, wenn auch nicht mit dem geistig so hoch stehenden Hunde zu vergleichen, wächst einem tierliebenden Menschen ans Herz und lernt selbst seinen Pfleger kennen und lieben. Außer diesem Zeisig habe ich auch einen Kanarienvogel vierzehn Jahre lang gepflegt, nachdem ich ihu im Alter von drei Jahren erhalten hatte. Der Sheltopusik. Von Dr. Guido Schneider in Sebastopol (Krim). Im Verlaufe der beiden Jahre, während deren ich die biologische Station in Sebastopol geleitet habe, wurden mir mehrfach Shelto¬ pusik i x) gebracht, die längere oder kürzere Zeit in der Gefangen¬ schaft aushielten. Einige Beobachtungen, die ich über die Lebens¬ weise dieser Reptilien in der Gefangenschaft machen konnte, sollen in folgenden Zeilen geschildert werden. In engen Behältern fühlten sich die Tiere sehr schlecht, da sie in der freien weiten Steppe an das Wandern gewohnt sind und Bewegung offenbar für ihr Wohlbefinden notwendig ist. Anfaugs *) Sheltopusik oder richtiger Shjoltopüsik (Plural: Shjoltopüsiki) ist die russische Bezeichnung für Ophisaurus apus und bedeutet Gelbbauch. Sh soll genau wie das französische g in general gesprochen werden; das ü ist gedehnt und trägt den Accent, den es auch im Plural beibehält. Das s ist ganz weich. 118 — hielt ich sie in Kisten mit einer Glaswand, um die Futtertiere nicht weglaufen zu lassen, gab aber bald dieses System auf, da die Tiere trotz reichlichen Futters und Anwesenheit von Trinkwasser sehr bald eingingen. Ich ging zu einer ganz anderen Methode über, die weit mehr Erfolg hatte und mich an dem sanften, harmlosen Geschöpfe viel Freude erleben ließ. Im Mouat März vorigen Jahres wurde mir ein etwa meterlanges Exemplar gebracht, das sich noch nicht gehäutet hatte. Ich sperrte es mit einigen Mäusen in einen Kasten ein und fand schon am folgenden Morgen eine Maus tot und mit Speichel überzogen am Boden liegen. Im Laufe des Tages wurde diese Maus, die in der Nacht vom Sheltopusik umgebracht worden war, von ihm auch wirklich ge¬ fressen. Der Sheltopusik war noch sehr scheu und fuhr zischend auf die Hand los, die ihn berühren sollte, schnappte aber nicht zu. Er wurde nun aus der Kiste genommen und in einem Zimmer, das mit wenig Möbeln, aber dafür mit einigen Haufen recht rauher, eckiger Feldsteine ausgestattet war, f'reigelasseu. Nachdem die Verdauung der Maus, der einige sehr starke Entleerungen von Harnsäure folgten, beendet war , begann auch die Häutung, die sich in den ersten Wochen des April vollzog. Das Tier kroch viel zwischen den Steinhaufen umher und fühlte sich sichtlich unwohl. Endlich begann sich die Haut an mehreren Stellen des Vorderleibes zu lösen und konnte in größeren Fetzen abgerissen werden — eine Manipulation, auf die der Sheltopusik an¬ fangs mit lautem Zischen und hastigen Fluchtbewegungen reagierte. Eines schönen Tages brachten wir ihn aber auf die sonnige Terrasse der Station und befreiten ' ihn, da die Häutung schon sehr weit vor¬ geschritten war, von der ganzen noch übrigen alten Haut. Aufangs zischte er wohl noch ein wenig, fühlte sich aber bald so wohl, daß er ruhig alles mit sich geschehen ließ und sogar mit offenbarem Wohlbehagen die berührten Körperstellen der Hand entgegen bog. Seine Augenlider, mit denen er anfangs langsam blinzelte, schlossen sich ganz und wurdeu erst nach vollständiger Säuberung wieder ge¬ öffnet. Von dieser Zeit an war der Sheltopusik ganz zahm und durfte frei in allen Zimmern der Station umherkriechen. Das schien ihm auch außerordentlich gut zu gefallen, und er machte keinen Versuch zu entfliehen. Oftmals versuchten wir ihn wieder in die Kiste mit den lebenden Mäusen einzusperren in der Hoffnung, er werde wTieder eine Maus verzehren. Das that er aber nie mehr, und ich glaube, daß er, da er nicht sehr abmagerte, sich von Spinnen, 119 Fliegen und Tausendfüßen ( Scutigera ) nährte, die er unter den Schränken antreffen mußte. Meist hielt er sich unter Schränken verborgen und bevorzugte stets ein Zimmer und einen Schrank, unter den er nach weiten Wanderungen zurückkehrte. Den Weg fand er durch Tasten mit der breiten, wenig gespaltenen Zunge. Da die Sheltopusiki die im Sommer ganz dürren Steppen der Krim bewohnen, ist ihr Bedürfnis nach Wasser kein großes. Wöchentlich ein- bis zweimal wurde er gebadet und getränkt, wobei er eine halbe Stunde lang den Kopf mit geschlossenen Augen unter Wasser halten konnte und beim Trinken, selbst unter Wasser, Leck¬ bewegungen mit der Zunge ausführte wie ein trinkender Hund. Um ihm mehr Nahrung zuzuführen, vermischte ich sein Trinkwasser zur Hälfte mit gekochter Milch, uud die Mischung wurde sehr gern getrunken, lieber als reine Milch und ebenso gern wie reines Wasser. Getränkt und gebadet wurde er nur dann, wenn er sich am Tage ganz auffallend viel und lange mitten im Zimmer bewegte» Offenbar veranlaßte ihn dann der Durst zu derartigen Exkursionen. Nach dem Bade ging er dann schnell wieder unter seinen Schrank. So lebte er über drei Monate auf der Station und verlor alle Scheu vor Menschen, denen er schon ungern aus dem Wege ging. Um ihn daher vor den Füßen der Laboratoriumsdiener zu schützen, brachte ich ihn in den zweiten Stock und wies ihm die Bibliothekschränke als Schlupfwiukel an, unter denen er sich auch sehr bald heimisch fühlte. Besser gefiel ihm aber eine Höhlung, die er selbst im Fußboden des kleinen Balkons der zweiten Etage entdeckt hatte. Dort saß er tagelang und kam nur zum Trinken und Baden in das Zimmer. Etwa zwei Wochen lebte er auf dem Balkon, ohne den Versuch zu machen, ihn anders als durch die Bibliothekthür zu verlassen, und wir glaubten schon, er hätte von der Gefahr eines Sprunges vom Balkon hinab sich überzeugen gelernt, da er leicht zwischen den Stäbeu des Gitters hinabschauen konnte und zuweilen auch schaute. Endlich aber fiel er doch eines Abends nach Sonnen¬ untergang hinab uud beschädigte sich so stark, daß er nach einigen Tagen, während welcher er sichtlich krank umherkroch und reich¬ lich grüne Exkremente von sich gab, zum Leidwesen aller, die damals auf der Station arbeiteten, verendete. Der Sheltopusik gedeiht also nach meinen Erfahrungen in Ge¬ fangenschaft am besten, wenn man ihm möglichst viel Freiheit zur Bewegung läßt und sich sonst nur seiner annimmt, wenn er sich selbst meldet, In seiner Nahrung ist er nicht sehr wählerisch, 120 scheint aber Engerlinge jeder anderen Speise vorzuziehen. Mit sicht¬ licher Gier verschlingt er die fetten Käfermaden. Überhaupt meine ich, daß die Sheltopusiki sich durch Insektenvertilgung noch nütz¬ licher machen als durch Vertilgung der Mäuse. Allerdings sollen sie auch Fischen im Wasser nachstellen, doch habe ich so etwas nicht beobachten können. Die harmlosen Sheltopusiki fallen in Menge der menschlichen Dummheit zum Opfer und büßen für ihre Ähnlichkeit mit Schlangen. Kurze Mitteilung über die Erkrankung yon Schildkröten und die einer Schlange. Von Dr. med. Schnee aus Nordhausen. Zuerst möchte ich den unter ganz eigentümlichen Verhältnissen erfolgten Tod meiner neu importierten nordamerikanischen Natter besprechen, der sehr merkwürdig ist. Während meines kürzlichen Berliner Aufenthalts von fünf Wochen besuchte ich öfters den bekannten Reptilienhändler Reichelt, dessen reicher Tierbestand mir vielerlei neues und interessantes bot. Die in Frage kommende Schlange, deren Namen noch nicht festge¬ stellt ist, hatte in dem Schlangenterrarium bisher nicht gefressen und wurde deshalb in einen größeren Behälter gebracht, worin sich eine große Zahl von Eidechsen befanden, da man hoffte, sie würde sich dort vielleicht zur Nahrungsannahme bequemen. Doch erwies sich diese Hoffnung als trügerisch! Das Reptil kroch in dem Käfige lebhaft herum und suchte die Wände hinaufzukriechen, indem es sich hoch an ihnen aufrichtete, zeigte sich aber sonst keineswegs beson¬ ders unruhig. Allmählich fingen die Augen der Schlange an hervorzu- treteu und nahmen immer mehr an Wölbung zu. Ich machte Herrn Reichelt auf dies sonderbare Phänomen aufmerksam, welches das Aussehen des Schlangenkopfes völlig veränderte. Am nächsten Tage waren die Sehorgane weit hervorgetrieben und fast halbkugelig, zugleich zeigte sich eine rosenrote Färbung ihres Inhaltes. Als ich das Tier nach zwei Tagen wieder sah, hatte sich die Augenflüssig¬ keit im Zentrum ziemlich geklärt, dagegen sah man am tiefsten Punkte der vorderen Augenkammer eine dicke, rötliche Masse liegen; ebenso zeigte sich eine solche, aber in geringerer Menge, an deren höchster Stelle, Die Schlange war bereits am nächsten Tage tot, 121 die beschriebenen Veränderungen aber noch gut sichtbar. Ich habe den Kadaver erworben und hebe ihn noch heute in Spiritus auf. — Wenn ich mich nach den Ursachen dieser sonderbaren Erscheinungen frage, so muß ich meine Unkenntnis eingestehen. Ich glaube indessen, daß es sich hier um eine Art von Schlaganfall gehandelt haben wird, der sich langsam vorbereitet und in mehreren Etappen verlaufen ist. Die im Auge auftretende Flüssigkeit war offenbar Blut; auch bei apoplektischen Menschen findet bisweilen Bluterguß ins Auge statt. Indessen sind das nur Netzhautblutungen, die bekanntlich von außen nicht sichtbar und nur vermittelst des Augenspiegels erkennbar sind. Übrigens ist die erwähnte Beobachtung doch nicht so einzig da¬ stehend, wie ich geglaubt hatte, denn beim Durchsehen der Litteratur fand ich einen ähnlichen Fall von Goldfischen berichtet. Eine kleine, jetzt in meinem Besitze befindliche Emys orbicularis fiel mir durch ihren auffallend runzeligen Rückenschild auf. Herr Reichelt erzählte mir, sie sei in Berlin nahe der Königsbrücke ge¬ fangen worden, wo die Fischer fast jede Woche ein oder das andere Exemplar erbeuteten. Ich war zuerst geneigt, diese Rauhigkeit als eine Reaktion auf das mit mancherlei Unreinigkeiten und scharfen Stoffen geschwängerte Spreewasser anzusehen, indessen wurde mir mitgeteilt, daß alle in der Mark gefangenen Sumpfschildkröten diese Eigentümlichkeit zeigten. Wenn dem so ist, dürfte man in der erwähnten Verunstaltung vielleicht ein Charakteristikum dortiger Exemplare erkennen. Indessen fiel mir bald ein, daß ich mit Peracca in Turin ein Paar J Emys kaufte, die genau denselben runzeligen Carapax gezeigt hatten, und daß mir genannter Forscher damals sagte, diese warzenähnlichen Bildungen seien durch Parasiten bedingt. Ich muß sagen, ich habe über diesen Krankheitserzeuger bisher noch niemals etwas gelesen ! Vielleicht interessiert sich einer der Leser des »Zoologischen Gartens« dafür und teilt uns später einmal die Resultate seiner Forschungen mit! Während diese Erkrankung das Leben der Schildkröte in keiner Weise bedroht, sind die beiden jetzt zu erwähnenden leider recht gefährlich, wie jeder, der Chelonier einmal gepflegt hat, erkannt haben dürfte. Als ich nach fünfwöchentlicher Abwesenheit zurück¬ kam, fand ich eine große Anzahl meiner Reptilien verendet. Eine Gistudo Carolina L., die wegen ihrer hübschen sternförmigen Zeich¬ nungen, die sich von dem tiefdunklen Schilde prächtig abhoben, mein besonderer Liebling war, zeigte einen Defekt der Kopfhaut, sowie mehrere große, jetzt allerdings vernarbte Geschwüre am Halse 122 und dem Unterkiefer. Diese sollen so dick gewesen sein, daß die erkrankte Schildkröte wochenlang nicht imstande war, den Kopf in die Schale zurückzuziehen. Da ich bei näherer Untersuchung in der Nackengegend ein neues Geschwür, das bereits weit in die Tiefe gegriffen hatte, entdeckte, so habe ich das Tier kurzer Hand getötet, da eine Aussicht auf Heilung nicht mehr vorhanden war. Abgesehen von dieser Geschwürsbildung kommt eine andere Krankheit nicht selten zur Beobachtung, deren hauptsächlichstes Symptom darin besteht, daß sich die Verbindung zwischen dem Ober- und Unterpanzer lockert. Ich habe diese Art der Erkrankung bisher nur bei solchen Schildkröten beobachtet, wo Carapax und Plastron durch ein Ligament vereinigt, also auch schon im normalen Zustande etwas gegeneinander beweglich sind. Es sind das die Gat¬ tungen Cistudo, Emys und Cyclemys . Bei ersterer ist mir diese Erkrankung noch nicht bekannt geworden, bei letzteren, die sich viel im Wasser aufhalten, tritt sie dafür umso häufiger auf. Im weiteren Verlaufe der Krankheit sinkt der Panzer immer mehr ein, sodaß man beim Betrachten der Schildkröte den Eindruck gewinnt, das Plastron sei in den Oberschild hineingedrückt worden. Bis¬ weilen etabliert sich der Prozeß auch in den Zwischenräumeu zwi¬ schen den Verbindungen der Scheiben- und Randknochen. Da diese Stellen mit der Ansatzlinie der hornigen Randscheiben ungefähr zu¬ sammenfallen, so sieht man dort nicht selten eine weißliche Masse, die die Platten auseinandergedräugt hat. Alle von dieser Krankheit, die ansteckender Natur ist und bisweilen epidemieartig auftritt, be¬ fallenen Tiere gehen mehr oder weniger schnell zu Grunde; mir ist es bisher wenigstens nicht vorgekommen, daß eine so erkrankte Schildkröte sich wieder erholt hätte. Kleinere Mitteilungen. Ein Urstierliorn ans Hinterpommern. Die zoologische Sammlung der Kgl. Landwirtschaft]. Hochschule in Berlin erhielt kürzlich durch Herrn Dr. S. v. Nathusius in Breslau ein starkes Bovidenhorn, das vor einigen Jahren in einem Torfmoore bei Treten, Kr. Rummelsburg, Reg.-Bez. Köslin, ausgegraben worden ist. Es handelt sich in diesem Falle aber nicht um den knöchernen Hornzapfen, sondern um die aus Hornsubstanz bestehende Horn scheide. Letztere verwest meistens im Laufe der Zeiten; sie kann sich nur unter besonders günstigen Ver¬ hältnissen konservieren. Nach der Ansicht des Prof. Dr. A. Nehring, des Vor¬ stehers der genannten Sammlung, stammt jenes subfossile Horn von dem seit etwa 123 300 Jahren gänzlich ausgestorbenen Urstier ( Bos primigenius ); es bildet eine Seltenheit ersten Ranges und soll demnächst in einer wissenschaftlichen Zeitschrift genau beschrieben werden. Bttgr. Über das Brutgeschäft der Weka-Ralle ( Ocydromus australis ) berichtet F. E. Blaauw aus seinem Tierpark bei Hilversum: Im Februar 1898 äußerten die Vögel ihre Erregung durch lebhaftes Schreien, und das Männchen fütterte seine Auserwählte mit Emsigkeit. Unter einem Buchsbaum wurde mit dem Schnabel eine Grube gebildet und mit trockenem Grase und dessen Wurzeln belegt. Das Männchen machte den Zuträger, während das Weibchen baute, bis der Nest¬ rand so erhöht war, daß er den brütenden Vogel vollkommen versteckte. Am 26. März erschien das erste Ei. Im ganzen wurden 6 Stück abgelegt, die denen von Aramides ipecaha glichen. Vom 3. Ei an erfolgte die Bebrütung, die tags¬ über meist vom Weibchen, während der Nacht vom Männchen ausgeübt wurde. Nach 14 Tagen verzehrten die Vögel plötzlich ihr Gelege und zerstörten das Nest. Wenige Tage später ersetzten sie es durch ein neues mit 7 Eiern. Nach zehn¬ tägiger Bebrütung vernichtete das Paar neuerdings 6 Eier, das letzte wurde einer Bantamhenne untergelegt und nach im ganzen 28tägiger Bebrütung gezeitigt. Das braunschwarze Junge trug lange, steife Dunen und ähnelte einem Hühner¬ kücken. Da die Stiefmutter es nicht aus dem Schnabel fütterte, lernte es rasch seine Nahrung aus den Fingern des Wärters zu nehmen. Diese bestand aus Regen¬ würmern und Brot; als zuviel Mehlwürmer gereicht wurden, starb es nach einer Woche. Das Paar legte noch zahlreiche Eier, die sich jedoch bei Erbrütungsver- suchen durch Hühner als unbefruchtet erwiesen. Ein anderes Paar Wekarallen, das ein Gehege von 3 acres bewohnte, zerstörte seine Brut ebenfalls nach einer Be¬ brütung von wenigen Tagen. Der Verfasser schildert diese Vögel als häufig recht unverträglich gegen andere Mitbewohner ihrer Gehege, sonst aber als sehr intelligent und zahm, sowie von harter Konstitution; selbst im Schnee laufen sie munter umher. Dr. 0. He inrot h. Erfolgreiche Paarung zwischen der blauen und der weißen Schneegans ( Chen caerulescens und hyperboreus). Nachdem zu einem seit 1887 im Parke des Hrn. F. E. B 1 a a u w in Hilversum lebenden Paare weißer Schneegänse nach 3 Jahren 2 blaue Männchen gebracht waren, begann das eine der letzteren sich für das weiße Weibchen zu interessieren, und im Frühjahr 1898 schlug es den rechtmäßigen Gatten ab. Das weiße Paar hatte vordem niemals Eier gelegt. Nunmehr wurde ein Nest gebaut; das Gelege bestand am 7. Juni aus 3 Eiern, denen nach 29 Tagen ebensoviele Junge entschlüpften. Während der blaue Gansert des Paares die brütende Gattin neben dem Nest mit Mut verteidigte, hielt das vertriebene weiße Männchen auf der anderen Seite des Teiches Wache. Der Züchter vereinigte dieses aus Anerkennung für seinen Eifer mit dem Weibchen und den Stiefkindern, die die beiden in einem Sondergehege glücklich großzogen- Nach 7 Wochen waren die Jungen erwachsen und flugfähig und zeigten merk¬ würdigerweise genau das Kleid von Chen caerulescens. B 1 a a u w nimmt deshalb an, daß die blaue und die weiße Schneegans nur Lokalvarietäten seien; die Ver¬ schiedenheit der Färbung beruhe nur auf dem Einfluß des Klimas u. s. w. In der Freiheit vorkommende Zwischenformen sollen auf den Einfluß von Gegenden zu¬ rückzuführen sein, die weder ausgesprochen weiße noch blaue Färbungen hervor¬ bringen. Die in Holland erbrüteten 3 Jungen mußten des holländischen Klimas 124 wegen blau werden. (Es müßten demnach auch die Nachkommen von Chen hyper- boreus in Mitteleuropa zu Chen caerulescens werden! Der Referent.) (Nach Proc. Zool. Soc. London vom 21. III. 1899.) Dr. 0. He in rot h. Über die Aufzucht junger Hokkos ( Crax panamensis) schreibt Dr. E. F e s t a in Piemont. Der Verfasser brachte aus Panama im Frühjahr 1898 drei Hokkos mit. Das Männchen beschreibt er wegen der fehlenden weißen Schwanzspitze als Crax glöbicera , doch stimmt die Färbung der nackten Teile, sowie die Herkunft des [Stückes nicht mit dieser Spezies überein. Die beiden Weibchen sind typische Crax panamensis. Das eine der letzteren legte bereits im Angust des Ankunftsjahres ein Ei, das aber zu Grunde ging. Mitte Mai 1899 wurden 2 weitere Eier produziert, die nach 29 Tagen von einer Truthenne ge¬ zeitigt wurden. Ein viertes am 9. Juni gelegtes Ei zerbrach. Die sehr munteren Jungen waren nach Art anderer Hühner befiedert, fraßen jedoch zunächst nicht selbständig, sondern ließen sich das aus Maismehl, gehackten jßwmea>Blättern, Ei, Milch und Fleisch bestehende Futter mit einem Spatel vor den Schnabel halten, ebenso nahmen sie Wasser nur aus einem vorgehaltenen Löffel. Erst nach 15 Tagen begannen sie die Nahrung selbst aufzunehmen. Der Verfasser beschreibt Dunen- und Jugendkleid eingehend. Am 4. September waren die Jungen bereits von der Größe eines starken Hahnes und zeigten fast vollkommen die Färbung des alten Weibchens von Crax panamensis. (Nach Boll. Mus. Zool. ed. An. Comp, della R. Univ. di Torino, N. 361 v. 7. XI. 1899). Dr. 0. Heinroth. Löwen-Geburt vor hundert Jahren. Die in Berlin am 29. November 1800 erschienene Spenersche Zeitung, die, wie alle damaligen Zeitungen, wortkarg und ziemlich inhaltslos ist, erzählt als etwas ganz außerordentliches ihrer Leser¬ welt folgendes: »Als eine in der Naturgeschichte von Europa seltene Erscheinung nimmt auch das Werfen einer Löwin im Botanischen Garten zu Paris eine Stelle in den dortigen Tagesgesprächen ein. Die Zahl ihrer Jungen ist drei. Die Mutter war 100 Tage trächtig. Vorher war sie es schon einmal gewesen, aber sie hatte ihre Frucht im Alter von weniger als zwei Monaten ver¬ loren, weil unbedachtsame Leute sie zum Zorn gereizt hatten. Ihr Gemahl ist vielleicht der schönste Löwe, der in Europa vorhanden ist, beide sind 6V2 Jahr alt. Der Zeugungsakt ist derselbe, wie bei den Katzen. Die Mutter ist äußerst zärtlich für ihre Jungen, sie leckt sie unaufhörlich und trägt sie mit großer Vor¬ sicht im Maule, wenn sie ihre Stelle verändern will. Der Zulauf der Damen, der jungen Schönen, der Stutzer und der Alten, um die Wöchnerin zu sehen, ist un¬ beschreiblich. An dem Tage des Gebärens schien die Löwin sehr kraftlos zu sein, sie schleppte ihr Fleisch in ihr Behältnis, ohne es zu verzehren. Übrigens gab sie beim Gebären , das vier Stunden dauerte, keinen Laut von sich und war nicht weniger sanft gegen ihren Wärter als gewöhnlich. Die Jungen sind etwas rotbraun, überall mit schwärzlichen Punkten und Streifen gefleckt. Ihr Schwanz hat schwarze Ringe auf gelbem Grunde. Auch die männlichen haben keine Mähne. Sie kamen sehend auf die Welt, sind von der Größe ausgewachsener Katzen, und ihr Geschrei ähnelt auch dem einer zornigen Katze.« E. Friedei. 125 Litte r atu r. Bulletin U. S. Nat. Museum No 47: D. S. Jordan und B. W. Ever- mann, The Fishes of North and Middle America. Washington, Governm. Print. Office, 1898. 8«. Part II und III. Dies Riesenwerk, das, abgesehen von Inhaltsverzeichnissen, 8136 Druckseiten umfaßt, ist mit den beiden vorliegenden Bänden abgeschlossen. Es fehlen nur noch der Atlas und einige Nachträge, Ergänzungen und Berichtigungen, die einen vierten Band füllen uud noch im Laufe des Jahres erscheinen sollen. Außer den Fischen Nord- und Mittel amerikas enthalten diese drei Bände auch die Beschreibungen und Litteraturnach weise sämtlicher bis jetzt von den Galäpagos und der Nord¬ küste Südamerikas südlich bis zum Äquator bekannten Arten, sowie die wenigen Fische, die bis jetzt von Kamtschatka und den Kurilen in der I.itteratur erwähnt werden. Mit den Vorarbeiten zu dieser Fischkunde Amerikas wurde 1891 begonnen und das Werk derart gefördert, daß der erste Band 1896 und die beiden vor¬ liegenden Bände 1898 die Presse verlassen konnten. Die hohe wissenschaftliche Befähigung der beiden Autoren spricht für den Wert und die Brauchbarkeit des vorliegenden Werkes, und niemand wird künftig über Fische von Nord- und Mittel¬ amerika arbeiten können, ohne dies Buch eingehend benutzt zu haben. Die Zahl der Gattungen und Arten ist eine überraschend große; sie beträgt nach einer Zählung meinerseits etwa 1100 Genera mit 8270 Spezies. Bttgr. M. Rausch, Die gefiederten Sängerfürsten des europäischen Festlandes. Ein Hand¬ buch für alle Liebhaber der hervorragendsten und beliebtesten einheimischen Singvögel. Magdeburg, Creutz’scher Verlag, 1900. 8°. 8,184 pg., 4 Figg., 3 Taf. Der Verfasser, der seit 35 Jahren deutsche Vögel im Käfig hält, bringt hier ein Handbuch für die Pflege und Wartung dieser Tiere nicht etwa nach neuen Normen und Prinzipien, sondern indem er sorgfältig abwägend die seit Jahr und Tag feststehenden Regeln der erfahrensten Vogelwirte zusammenstellt und sie über¬ sichtlich ordnet. Außer den Arten der Gruppe der Nachtigallen, Grasmücken und Drosseln behandelt er nur noch den Gelbspötter, Sumpfrohrsänger, Edelfinken und Pirol. Soweit ich es beurteilen kann, ist das Werkchen vorzüglich geeignet, allen denen ein Ratgeber zu sein, die in der hohen Kunst der Pflege und Zucht von Weich futterfressern noch keine praktische Erfahrung haben, aber auch denen zu empfehlen, die schon vorgeschrittener in schwierigen Fragen und namentlich in Krankheitsfällen ihrer Lieblinge sich zuverlässige Information verschaffen wollen. — Die Abbildungen sind hübsch, aber zu niedlich, um besonders zu imponieren. _ Bttgr. U. S. Departm. of Agriculture (Divis, of Biolog. Survey). North Amer. Fauna No. 15: E. A. P reble, Revision of the Jumping Mice of the Genus Zapus. Washington, Govt. Print. Off., 1899. 8°. 41 pg., 3 Figg., Taf. Schon wiederholt habe ich auf die Wichtigkeit dieser zwanglosen Hefte, die vom Ackerbauminister der Verein. Staaten ausgehen, aufmerksam gemacht. Die vorlie¬ gende Abhandl. beschäftigt sich mit der Verbreitung, den äußeren Kennzeichen und den Lebensgewohnheiten der Springmäuse aus der Gattung Zapus Coues, die in 3 Untergattungen {Zapus s. s., Napaeozapus n. subg. und Eo zapus n. subg.) mit im ganzen 12 Arten und 9 Unterarten eingetheilt werden und deren Wohngebiet über ganz Nordamerika und mit einer Art bis nach China reicht. Diese Tiere leben nicht wie die Springmäuse der alten Welt in Wüsten nnd Steppengebieten, sondern finden sich auf Wiesenland, an Waldrändern oder selten im dichten Walde, und zwar stets an feuchten Plätzen. Die Geburt der 5—6 Jungen erfolgt in einem gewöhnlich unterirdisch angelegten Neste ; den Rest des Sommers verbringen die Tiere paarweise in über der Erde meist in Wiesengras gebauten Kugelnestern. Sie überwintern unter der Erde und verfallen dabei in einen Winterschlaf, tragen aber keine Wintervorräte ein. Bttgr. Smithsonian Institution. Report of the U. S. National Museum for the year ending June 1896. Washington, Governm. Print. Off., 8°. 24,1107 pg., 555 Figg., 199 Taf. Von diesem alljährlich erscheinenden, hoch angesehenen, stets neues bringenden, überaus reich illustrierten Berichte liegt ein weiterer dicker Band vor, der die Thätigkeit des vielzähligen Stabes der wissenschaftliichen Arbeiter am National¬ museum der Vereinigten Staaten behandelt. Von uns spezieller berührenden Arbeiten im zweiten Abschnitte, der Originalabhandlungen aus allen Gebieten des Wissens bringt, sei hier nur auf die Abhandlung von Fr. W. True p. 287 — 824 hingewiesen, der eine ausführliche Beschreibung des U. S. National Museums und der in ihm während der 50 Jahre seines Bestandes geleisteten Arbeit bringt. Der Inhalt der übrigen mit zahlreichen Abbildungen geschmückten Abhandlungen ist im übrigen ausschließlich archäologischer, ethnographischer und kulturhisto¬ rischer Natur. Bttgr. C. Freih. v. Erlanger, Eine ornithologische Forschungsreise durch Tunesien. Textband mit p. 871—498, 213-286, 309-374, 449-532, 1—106 und 1—65, 3 Figg., 18 Taf., 2 Listen u. Karte. — Sep.-Abdr. aus: Journ. f. Ornithol. 1898—99, Druck v. 0. Dornblüth, Bernburg 1899. 8°. Auf dem Gebiete der paläarktischen Ornithologie herrscht augenblicklich eine ungewöhnliche Rührigkeit. Überall neue Forschung, neue Resultate, prachtvolle Ausstattung der gebotenen Arbeiten mit farbigen Bildern. Kaum hat vor sieben Jahren Alex. Koenig seinen II. Beitrag zur Avifauna von Tunis und vor 2 1/2 Jahren ein weiteres Prachtwerk über die Vögel von Algerien (vergl. . die Be¬ sprechung in Jahrg. 1897 p. 62 -64) herausgegeben, so folgt hier schon wieder eine Arbeit über eines dieser nordafrikanischen Gebiete, gleich musterhaft in der Ausführung und gleich glänzend in der Ausstattung mit künstlerisch vollendeten Farbentafeln. Der Textband zerfällt in zwei Teile, die ornithologischen Resultate und den eigentlichen Reisebericht. Auf zwei Reisen — 1893 und 1896 — fand unser Autor Gelegenheit Tunis nach allen Richtungen hin zu bereisen und seine Vogel weit zu sammeln und zu beobachten, die er uns in dem vorliegenden Werke in höchst anziehender Weise schildert. Indem er besonders sein Augenmerk auf Vögel richtete, die zum Variieren neigen, also z. B. auf die Arten der Gattungen Galerita , Lanius und Caccabis, kommt er zu dem Schlüsse, daß Tunesien durch¬ aus kein einheitliches Faunengebiet darstellt, sondern sich aus vier Regionen zu¬ sammensetzt, die er als 1. nördliches Faunengebiet, 2, Schottgebiet, 3. westliches und 4. östliches Wüstengebiet unterscheidet. Jedes von diesen Gebieten hat seine characteristisclien Arten ; an den Grenzen aber verwischen sich vielfach die scharfen — 12? Unterschiede, und es zeigen sich Bastardformen zwischen den einzelnen Unterarten Die Grenzen dieser vier Faunengebiete fallen zusammen mit den Wasserscheiden, wie das früher schon P. Matschie an verschiedenen Beispielen und namentlich für die afrikanischen Säugetiere gezeigt hat. Nach einer landschaftlichen Schilde¬ rung der von ihm unterschiedenen Gebiete, die er je nach Höhenlage, Bewaldung, Wasserführung u. s. w. noch weiter in Unterregionen einteilt, folgt nun die Be¬ schreibung der von ihm beobachteten Vogelarten. Es würde zu weit führen, alles neue, was uns das schöne Buch bietet, im einzelnen zu verzeichnen; von Wichtig¬ keit scheint uns aber doch wohl wenigstens eine Liste der neu aufgestellen Arten zu sein, finden sich darunter doch sogar zwei neue Uhus und ein neuer Lämmer¬ geier. Von den 284 Arten, die der Verf. aus Tunesien aufzählt, werden als neu beschrieben und abgebildet Gypaetus barbatus atlantis , Milvus korschun reiche- nowi , Bubo ascalaphus barbarus und ascalaphus desertorum , Phylloscopus sibi- latrix flavescens, Galerita theclae hcirterti, theclae deichleri und theclae carolinae, G. cristata reichenowi , Passer simplex saharae , Petronia petronia barbara, Capri- mulgus rußcollis desertorum und aegyptius saharae, Gecinus vaillanti koenigi , TJpupa epops pallida und Pratincola rubetra spatzi. Neu für Tunesien erwiesen sich außerdem die für Algerien oder Ägypten nachgewiesenen Arten Milvus milvus L., Aquila rapax albicans Rüpp., Nisaetus pennatus Gm., Circus pygargus L., Circaetus gallicus Gm., Falco barbarus L., Syrnium aluco L., Saxicola aurita amphileuca H. Ehrbg., S. isabellina Cretzschm., Dromolaea leucopyga Br., Meli - zophilus deserticola Tristr., Sylvia subalpina leucopogon Heck., Pegulus ignicapillus Temm., Certhia brachydactyla Br., Anthus spipoletta L., Budytes flavus borealis Sund., Galerita theclae theclae Br., Corvus umbrinus Sund., Bendrocopus minor ledouci Malh., Coccystes glandarius L., Columba palumbus excelsa Bp., Turtur turtur arenicola Hart., Ciconia ciconia L., Crex crex L. und Pelidna schinzi Bp. Überdies stellt der Verfasser noch eine Galerita cristata kleinschmidti n. subsp. aus N. Marocco auf. Im Anhang werden Listen der zahlreich gesammelten Säuge¬ tiere, Reptilien und Lurche mitgeteilt. Die wundervollen Tafeln rühren von Pfarrer 0. Kleinschmidt her, der bei dieser Arbeit von de Maes unterstützt wurde. Bttgr. Proceed. of the U. S. National Museum. Bd. 21. Washington, Governm. Print. Office, 1899. 8°. 18,938 pg., 90 Figg., 89 Taf. In diesem am 1. Nov. 1899 in meine Hände gelangten Bande1) finden unsre Leser wieder eine Reihe höchst beachtenswerter Aufsätze und Mitteilungen. In unser Gebiet — weitaus die meisten Aufsätze sind diesmal entomologischer Natur — schlagen vor allem p. 269 — 296 eine Aufzählung der 146 auf den Kurilen bis jetzt beobachteten Vögel durch L. Stejneger, der diese Inseln, wenn auch nur auf kurze Zeit, selbst besucht hat, und p. 340 — 360 Mitteilungen über die heutige Säugetierfauna des Catskillgebirges im Staate New York (mit Einschluss der frag¬ lichen Arten und) mit allgemeinen Bemerkungen über die Pflanzen- und Tierwelt dieser Region durch E. A. M e a r n s. In der letztgenannten Arbeit wird als neue Unterart das Flughörnchen Sciuropterus sabrinus macrotis (p. 353, Fig. 1—3) aus 3300' Höhe beschrieben. Weiter dürfte interessieren der Aufsatz von H. M. Smith p. 379—380 über das Vorkommen des Fischmolchs Amphiuma in S. 0. Virginia, von wo die Art noch nicht bekannt war, und p. 381 — 382 die Beschrei- ') Besprechungen der Bände 18 - 20 s. im Jalirg. 1898 p. 359—360 und 1900 p. 62. 123 bring der neuen Iguanide Ctenosaura palearis ans Guatemala durch L. Stejneger. Yon H. C. Oberholser stammt die Skizze p. 421 — 450 über die Zaunkönige der Gattung Thryomanes Sclat. mit der Beschreibung von sieben neuen Unterarten des Thr. bewickii ( cryptus p. 425 und eremophilus p. 427 aus Texas, percnus p. 429 aus Mexiko, charienturus p. 435 aus Unterkalifornien, drymoecus p. 437 und nesophilus p. 442 aus Kalifornien und calophonus p. 440 aus Washington). Fr. C. Test bietet p. 477—492, Taf. 39 einen Beitrag zur Kenntnis der Variations¬ breite des nordamerikanischen Laubfrosches Hyla regilla und H. L. Clark p. 641—653, Fig. 1 — 4, Taf. 47—49 eine wichtige Arbeit über die Ptery- lose (Anordnung der Federn iu der Haut) bei den nordamerikanischen Wildhühnern und Wachteln. Schließlich soll hier wenigstens noch aufmerksam gemacht werden auf eine große Abhandlung von Fr. A. Lucas p. 755 — 771, 2 Figg., Taf. 65—84 über die fossilen Bisonarten von Nordamerika und auf die Studien von L. Stej neger über die Kriechtierfauna der Sandwichinseln (7 Arten) p. 783—813, 13 Figg. (mit Hemiphyllodactylus leucostictus n. sp. p. 800, Fig. 7—9) und über eine neue Dis- coglossidengattung ( Ascaphus truei p. 899—901, 4 Figg., Taf. 89) aus dem Staate Washington. Bttgr. Eingegangene Beiträge. Dr. J. P. in H. Nekrologe unserer jüngst verstorbenen Mitarbeiter Altum und Buck hoffe ich in einer der nächsten Nummern geben zu können. — Hoi'r. W. W. in T. Die ge¬ sandte Notiz ist sofort in die Druckerei gewandert. — Geh. Reg.-R. E. Fr. in B. Dankend erhalten und benutzt. Bücher und Zeitschriften. Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E. Beck-Corrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. XXIV. Jahrg. No. 3—5. Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr. J. Victor Carus. Leipzig. Wilhelm Engelmann. XXIII. Jahrg. No. 606. O r n i t h o lo gische Monatsberichte. Herausg. v. Prof. Dr. Ant. Reichenow. VIII. Jahrg. 1900. No. 2. Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London. Vol. 95, 1900. No. 2456—2458. Prof. Dr. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre. Stuttgart, W. Kohlhammer. 19. Jahrg. No. 2. Allgemeiner Bayerischer Tierfreund. Herausg. v. F. Ott. Würzburg 1900. Jahrg. 25, No. 4—5. Deutsche Botanische Monatsschrift. Herausgeg. v. Dir. Dr. G. Leimbach. Arnstadt (Thür.), 1900. 18. Jahrg., Heft l. Zoological Society of London. Sitz.-Ber. v. 23. Jan. 1900. N erthus, 111. Wochenschrift f. Pflanzen- u. Blumenfreunde, Aquarien-, Terrarien- u. Vogel¬ liebhaber. Herausg. v. Kriele u. Adolf f. Altona- Hamburg. II. Jahrg., 1900, No. 3— 5. Illust r. Zeitschrift f. Entomologie. Herausgeg. v. Dr. Chr. Schröder u. U. Lehmann. Neudamm, 1900. Bd. 5. No. 1—2. Dr. L. Kathariner, Versuche über den Einfluß des Lichtes auf die Farbe der Puppe des Tagpfauenauges (T. io L). — Sep.-Abdr. Leipzig, A. Georgi, 1899. 7 pg. Derselbe, Die Mechanik des Bisses der solenoglyphen Giftschlangen. — Sep.-Abdr. Leipzig, A. Georgi, 1900. 9 pg., 2 Fig. Derselbe, Anatom. Eigentümlichkeiten im Bau der Nase der im Wasser lebenden Schlangen. — Sep.-Abdr. Freiburg (Schweiz), Gebr. Fragniere 1899. 10 pg. Derselbe, Das Schienenblättchen der Schwärmer. — Sep.-Abdr. 1899. 7 pg., Taf. Bulletin de la So c. d. Sciences de Bucarest. Jahrg. 8. No. 6. 1899. — Abonn.- Preis jährl. frs. 25. — Verhandlungen d. K. K. Zool. -Botan. Gesellsch. in Wien. Herausgeg. v. Dr. C. Fritsch. 49. Bd., 1899, Heft 10. Der Weidmann. Blätter f. Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. Dr. J. Müller- Liebenwalde. Verlag v. G. Reuter, Berlin-Charlottenburg, 1900. Jahrg. 31, No. 15 u. 18. Das Weidwerk. Zeitschrift f. d. Jagd- u. Fischereifreund. Herausgeg. v. J. Dole zal. Saar (Mähren), 1899. 8. Jahrg., No. 3 — 4. Tier-Börse. Zeitung f. Tierzucht u. Tierhandel. Herausg. v. Dr. Langmann. Berlin. 1900. 14. Jahrg. No. 1—5. Zusendungen werden direkt an die Verlagshandlung erbeten. Nachdruck verboten. Druck von Reinhold Mahlau, Fa. Mahlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M. Der Zoologische Garten (Zoologischer Beobachter.) ^Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere. Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands. Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt. N°* 5. XLI. Jahrgang, Mai 1900. Inhalt. Über das ehemalige Vorkommen der größeren Rauhsäugetiere in Sachsen ; von Robert B e r g e in Zwickau. Ornithologisches aus Lichtenbergs Briefen an Dieterich ; von Direktor Dr. Paul Leverkühn in Sofia (Bulgarien). — r Beiträge zur Naturgeschichte der Ringel¬ taube {Columba, pahtmbus) ; von Dr. Victor Hornung in Münster i. W. — Über die Haltung 'der weichlichsten Vögel in zoologischen Gärten; von Josef v. Pleyel in Wien. — Zur Nervenphysiologie' der Insekten; von Dr. S. Pr o w a z e k in Wien. — kleinere Mitteilungen. — Litteratur. - Nekrolog. — Erklärung. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeit¬ schriften. Über das ehemalige Torkommen der grösseren Raubsäuge¬ tiere iu Sachsen. Von Robert Berge in Zwickau. Die Existenz der größeren Raubtierarten steht unbestritten iu engster Wechselbeziehung zu dem Vorhandensein eines zahlreichen Bestandes an größeren wildlebenden Pflanzenfressern, insbesondere Wiederkäuern, und man kann sagen, daß das jetzige Königreich Sachsen in früheren Zeiten diese Vorbedingung in vollem Maße er¬ füllte. Die Fürsten dieses Landes, seit dem Mittelalter Jahrhunderte hindurch Erzjägermeister des deutschen Reiches, weisen eine Reihe leidenschaftlicher Jäger auf, denen daran gelegen sein mußte, ihre Jagdgründe möglichst reich mit Wild besetzt zu sehen, und da die Jagd Regal geworden war, so erstreckten sich Schutz und Hege des Wildes über das ganze Land. Es ist daher nicht zu verwundern, wenn in jenen Zeiten beständige Klagen geführt werden über die Verwüstungen, die die Scharen des Wildes namentlich der Landwirtschaft zufügten, am schlimmsten natürlich über die der Edelhirsche ( Cervus elaphus) und Wildschweine (Sus scrofa ), die sich ebenso im Erzgebirge, wie im fruchtbaren Hügellande und in den Niederungen, da sie unter hoher Zoolog. Gart., Jahrg\ XLI. 1900. 9 130 Protektion standen, fast jede Flur znm Weideplatz auserlesen durften. Die Menge der Hirsche illustriert z. B. Pfarrer Lehmann, der im 17. Jahrhundert eine Beschreibung des Erzgebirges verfaßte, unter anderm durch die Mitteilung, daß in dem harten Winter 1679 im sächsischen Erzgebirge über 8000 Stück erfroren und verdorben seien ; gleichwohl spüre man noch keinen Mangel au diesem Wildbret. »Es ist nicht zu beschreiben,« sagt er an einer andern Stelle, »wie viel Schaden von Hirschen geschieht. Denn sie liegen mit ihrem Wild und Kälbern im jungen und reifen Getreide und fressen in Äckern, Gärten und Wiesen alles ab, daher man die Äcker mit großen Opfern umzäuneu, mit Wildscheuen bestecken, mit großem Verdruß des Nachts beschreien und bewachen, mit Feuer, Trommeln, Blasen, Schreien, Jagen und Hunden einen großen Alarm im Feld machen muß, und ist dennoch allenthalben Schadens genug, weil das Hirsch¬ wild zu 10, 20 und 30 Stücken mit einander einbricht.« Ähnlich lauten die Schilderungen hinsichtlich der Wildschweine, die jetzt nur noch im Tiergarten des Königl. Jagdschlosses Moritzburg gehalten, im wilden Zustande jedoch nicht mehr in Sachsen lebend, ehemals aber selbst in der Nähe der Residenz Dresden so häufig waren, daß den Befestigungen Gefahr drohte. Der Kommandant, Generalmajor v. Klengel, machte einst in einer Eingabe vom 5. April 1684 hierauf aufmerksam und schlug die Aufstellung von Federlappen vor, um das Wild, »das nachts auf die Festungswerke kam und an den Bösch uugen großen Schaden verursachte,« zu verscheuchen. Im Einklänge hiermit enthalten die alten Schußlisten sehr beträchtliche Ziffern, und nach einem in der Forstakademie zu Tharandt als Manus¬ kript aufbewahrten Verzeichnis alles hohen und niederen Wildbrets beispielsweise, das während der Regierung des Kurfürsten Johauu Georg II. von 1656 bis 1680 in Sachsen »gefaugen, geschossen, ge- hatzt, gebeizt und erhalten« wurde, betrug die Jagdbeute dieser 24 Jahre 43649 Stück Rotwild, 22298 Wildschweine, 16864 Rehe, 2062 Damhirsche u. s. w. Für die Angabe in Brehms Tierleben dagegen, daß nach Dietrich aus dem Winkeil der Elch (Alces palmatus) sich noch 1746 in Sachsen gefunden habe, dürfte eine Einschränkung angebracht sein. Die Notiz scheint aus Doebels Jäger-Practica, I. Auflage 1746, zu stammen, und setzt Doebel, ein sächsischer Jagdschriftsteller des 18. Jahrhunderts, hinzu, daß das Vaterland des Elens in Preußen (Provinz), Polen, Rußland, Schweden und Norwegen zu suchen sei und daß die, die bei uns in Tiergärten, zuweilen auch im Freien vorkämen, aus dem nächst angrenzenden 131 Polen und Preußen - herein gebracht worden seien. In ähnlicher Weise wurden von dorther auch Auerochsen (. Bos bison) eingeführt und teils gleichfalls in Tiergärten unterhalten, teils auch ins Freie ausgesetzt. Das leztere geschah zu Doebels Zeit z. B. in der Nähe von Grimma. Ihre Vermehrung war aber nicht stark, denn ob sie gleich alle Jahre brunfteten, so blieben sie doch sehr vielfältig gelte (unfruchtbar). Der Auergarten zu Kreyern bei Moritzburg ward erst 1793 aufgehoben, wobei man die noch vorhandenen Auerochsen nach der Liebwerdaer Heide beförderte. Der unermeßliche Wildstand deckte Wölfen, Bären und Luchsen den Tisch, wozu weiter der Umstand trat, daß die Haustiere, für die die Stallfütterung noch nicht in der heutigen Weise entwickelt war, den Sommer größtenteils auf der Weide zubrachten und jenen Räubern im Notfall ebenfalls willkommene Angriffsobjekte darboten, während die Wildkatzen ( Felis catus) zahlreiches kleinere Wild, Ge¬ flügel, Hasen u. s. w. antrafen. Inbetreff des Bestandes an Feld¬ hasen z. B. bemerkt Lehmann: «Er ist bei uns ein recht schädliches Tier; ungeacht es weder Blut noch Fleisch frißt, so thuts doch soust großen Schaden in den Pflanzen, Kohlkraut, jungem und reifem Hafer, jungen Obstbäumen, die sie abschälen und befressen ; daher denn die Pflanzgärten beraubt und verderbt und die Hauswirte zum Pflanzen und Pelzen sehr unlustig und verdrossen werden.« Und noch 1822 urteilt ein sächsischer Schriftsteller, daß die Hasen im Hinblick auf ihr massenhaftes Auftreten ungleich mehr schadeten, als die so verfolgten Füchse. Zudem gewährte den Fleischfressern die vielfach und besonders in den gebirgigen Gegenden noch herr¬ schende Wildnis zahllose Schlupfwinkel, wo sie sich gegen etwaige Nach¬ stellungen in Sicherheit zu bringen vermochten. Die erwähnten Listen Johann Georgs II. konnten daher unter den Jagdergebnissen neben Füchsen, Mardern, Iltissen, Wieseln, Dachseu und Fischottern auch 2195 Wölfe, 239 Bären, 191 Luchse und 292 wilde Katzen aufführen. Die Bären, von denen sowohl der braune TJrsus arctos , als auch die unter dem Namen Ameisenbär bekannte schwarze und kleinere Abart, U. formicarius , als in Sachsen heimisch Erwähnung finden, durften, da sie zur hohen Jagd gehörten, gleich dem Edel- und Damwild le¬ diglich von dem Landesherrn oder seinen Beauftragten erlegt werden und scheinen sich - vou dieser Seite eines gewissen Schutzes erfreut zu haben. Das Aufsuchen und Einfangen der Jungen war streng untersagt, und wiederholt wird berichtet, daß solche, die dies unter¬ nahmen, von dem Forstpersonal nachdrückliche Verweise erhielten 132 und die Bären wieder in den Wald schaffen mußten. Aber auch zum Vertreiben der etwa hervorbrechenden Alten durfte die Be¬ völkerung nur Schreckmittel, wie Feuerbräude, blinde Schüsse, Lärm u. s. w. anwenden, und als eiumal ein Hammerwerksbesitzer zur Zeit des Kaisers Matthias in der Nähe der Grenze auf böhmischem Boden eine große Bärin, die schou lange in der Gegend ihr Unwesen getrieben hatte, aus Notwehr erschoß, wurde er wegen Jagdfrevels unverzüglich nach Prag vorgeladen, wo er nur mit genauer Not der Bestrafung entging. Jene Schonung der Bären war jedenfalls damit verknüpft, daß sie das Rekrutierungsmaterial für die damals so be¬ liebten Bärenhetzen abgaben, die um die Fastnachtszeit oder aus Anlaß eines vornehmen Besuchs zur Ergötzung stattzufinden pflegten. Im Jägerbof zu Dresden wurde stets eine Anzahl dieser Tiere für den Fall einer Verwendung gefangen gehalten. Man wählte hierzu gern möglichst starke Exemplare aus und that sich sicherlich nicht wenig darauf zu gute, als man 1606 einen Bären von ziemlich 6^2, 1617 von mehr als 7 und 1620 von über 8 Centnern im Kampf¬ jagen vorführen konnte. Ebenfalls zur hohen Jagd zählte der Luchs [Felis lynx). Die furchtbaren Verheerungen, die er, wie kaum ein anderes einheimisches Raubtier, unter dem Wild anrichtete, sowie der Wunsch nach Erlangung des kostbaren Pelzes bildeteu von jeher den Antrieb, ihn aufs eifrigste zu verfolgen. Indessen setzten ihn seine Schlauheit und Gewandtheit, unterstützt durch die Unvoll¬ kommenheit der Schußwaffen, iu den Stand, sich der Ausrottung lange zu entziehen, und noch um 1700 wurde er nicht allein in den Gebirgen, sondern nach Doebel (Jäger - Practica) auch im platten Lande angetroffen und gefangen. Bei den Wölfen ( Canis lupus), in einem Verzeichnis vou 1662 in Sachsen zur hohen, später aber zur mittleren Jagd gerechnet, duldete man es gewöhnlich, daß sie auch von Nichtberechtigten im Betretungsfalle erschlagen wurden, ins¬ besondere wohl deshalb, weil ihre im Interesse der Wildbahnen un¬ abweisbare Bekämpfung in den unergründlichen Waldungen sehr erhebliche Kosten und Beschwerlichkeiten verursachte. Trotzdem zeigten sie nicht selten, und vorzüglich während des 30jährigen Krieges, wo die üblichen landesherrlichen Jagden eingestellt werden mußten, eine außerordentliche Zunahme, sodaß sie des Winters rudelweise sogar in Städte und Dörfer einfielen, vor Thüren' und Fenstern nach Raub lungerten und die Kutteln und Gebeine des geschlachteten Viehes, die die Soldaten auf den Straßen liegen gelassen hatten, auf¬ zehrten. Das Wild schmachtete zu derartigen Zeiten in solcher 133 Todesangst, daß es zuweilen den Wald verließ und nach den Ort¬ schaften kam, um Rettung zu heischen. So flüchteten 1639 ganze Herden von Hirschen auf den Gottesacker und in die Gärten des erzgebirgjschen Städtchens Scheibenberg, aber auch hier wurden sie des Nachts von den gefräßigen Bestien überfallen, zerstreut und zer¬ rissen, daß ihr Mitleid erweckendes Geschrei und Brüllen den Bewohnern verriet, was vorging, während am andern Morgen zahlreiche blut- gediingte Schlachtplätze Kunde von dem Geschehenen ablegteu. Und auf dem Landtag, den Kurfürst Joh. Georg 1. 1640 nach Dresden einberief, wurden nicht nur inbetreff des ungeheuren Schadens, den die Landleute durch das überhandnehmende Wild erlitten, sondern auch über die Gefährdung des Lebens infolge der Vermehrung der Wölfe be¬ wegliche Beschwerden vorgebracht. Selbst der Vielfraß ( Gulo borealis) erschien in Sachsen, vermutlich aus den Wäldern Litauens hierher verschlagen. Denn 1715 wurde einer bei Frauenstein im Erzgebirge geschossen und »nach Hofe geschieket«, wo man ihn überhaupt erst als Vielfraß erkannte, und 1718 ebenda einer gefangen und gleich¬ falls eingeliefert (Bahn, Frauenstein, 1748). Im 18. Jahrhundert endlich vollzog sich, wie im größten Teile Deutschlands, so auch in Sachsen die Ausrottung von Wolf, Bär und Luchs. Andere Ansichten rangen sich zur Herrschaft durch, die Volksvermehrung machte eiue bessere Ausnützung von Grund und Boden erforderlich, Axt und Säge drangen in die tiefsten Wälder und verborgensten Schluchten, und den verbesserten Feuerwaffen ver¬ mochte keine Schnelligkeit mehr zu entrinnen. In einem Mandat von 1717 werden Bär, Luchs und Wolf noch als Jagdtiere für Sachsen namhaft gemacht , jedoch liegen Anzeichen vor, daß sie wesentlich seltener geworden waren. Bereits 1703 wurde ein in der Nähe von Zittau geschossener Luchs konterfeit und sein Bildnis der Ratsbibliothek als Denkwürdigkeit einverleibt. Doch sollen nach Carpzow (Historischer Schauplatz der Sechsstadt Zittau) im Zittauer Gebirge, insonderheit zu Johnsdorf, noch um 1716 gewöhnlich alle Jahre etliche geschossen worden sein. Im Elbsandsteingebirge erlegte der Förster Puttrieh aus Hinterhermsdorf in der Nähe der böhmischen Grenze 1743 ein Exemplar, welches Ereignis man dadurch verewigte, daß an der betreffenden Stelle ein Luchs nebst Inschrift in den Felsen gehauen wurde. Wie lange der Luchs im Erzgebirge vorkam, konnte ich nicht ermitteln; indes dürfte er auch hier die Mitte des 18. Jahrhunderts kaum lange überdauert haben. Schumanns Lexikon von Sachsen, 1822, enthält ohne Nennung der Jahreszahl die Be- 134 merkung, daß der letzte Luchs in Sachsen in der Schandauer Heide erlegt worden sei. Anf eine Anfrage bei der Königlichen Oberforst¬ meisterei Schandau erhielt ich aber die Auskunft, daß weder in den alten Jagdakten daselbst noch in denen der betreffenden Forstrevierver¬ waltungen irgend welche Angaben hierüber aufzufinden seien. Einzelne Überläufer mögen vielleicht auch später die sächsischen Grenzen überschritten haben, da der Luchs in Böhmen nach Fritsch (Säuge¬ tiere Böhmens) erst im 19. Jahrhundert ausgerottet wurde und ferner im Thüringer Walde 1873, 88, 89 und 96 5 Stück erlegt, dann noch 1819 und 1843 und im Harz 1809, 1817 und 1818 je einer getötet wurden. Bären werden u. a. 1704, 1705, 1707, 1708 und 1709 erwähnt, doch mußte sie August der Starke nach v. Flemming (Vollkommener deutscher Jäger 1719) ihrer Seltenheit wegen zu den Kampfjagdeu schon um 1700 aus Polen beziehen. 1733 wurde v. Trützschler in Oberlauterbach bei Falkenstein i. Voigtl. aufgefordert, die erlegten Bären »zur Wildmeisterei zu liefern, dagegen er ein Stück Wild erhalten solle«, v. Trützschler erhob hiergegen Widerspruch bei der Landesregierung, ward aber in einem Reskript vom 19. März 1734 abgewiesen. Nach den Akten der Oberforstmeisterei Zschopau zeigte sich am 16. September 1746 eine starke Bärin, die man sodann im Januar wiederholt, sowie einmal im Juni beobachtete, bis sie im August 1747 bei Stein au der Zwickauer Mulde geschossen wurde. Dies scheint die letzte ihrer Art in Sachsen gewesen zu sein. Was die Wölfe anbelangt, so wird in dem ge¬ nannten kursächsischen Mandat von 1717 verordnet, daß sie »nicht nur von einem jeden, der die Jagden hat, wenn er auch nur mit der Niederjagd allein beliehen, gefället, sondern daß auch dem, so einen Wolfsbalg in die Wrildmeisterei, worunter das Revier einbezirkt, einliefert, jederzeit allda 2 Reichsthaler 12 Groschen zur Ergötzlich- keit gereicht werden sollen,« ohne Frage eine sehr wirksame Maßregel zu ihrer Vertilgung, und in der Zittauer Forstordnung von 1730 ist für einen Wolf ein Schußgeld von 10 Thalern ausgesetzt, wobei die Höhe der Summe wohl als Zeichen der Seltenheit genommen werden darf. In welcher Zeit für ihn der Ausrottungstermin innerhalb Sachsens fällt, vermag ich nicht genau zu sagen. In der von dem sächsischen Hofmarschall v. Friesen veröffentlichten Tabelle des in den Jahren 1733 — 56 bei den Hofjagdeu gestreckten Wildes wird er ebenso wie Bär und Luchs nicht mehr verzeichnet. Gleichwohl mag er von den bewaldeten Gebirgen Schlesiens, Böhmens oder Frankens, wo er noch für den Anfang des 19. Jahrhunderts festgestellt zu 135 sein scheint, Sachsen zuweilen Besuche abgestattet haben. Man darf sonach das Aussterben dieser drei großen Raubtiere für Sachsen im wesentlichen wohl auf die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts verlegen. Die wilde Katze hat sich nachweislich länger behauptet. Iu der v. Friesen’ scheu Übersicht werden für 1733 — 56 noch 36 als erlegt angegeben, und Dietrich aus dem Winkeil z. B. sagt in seinem Handbuch für Jäger etc. 1805: »In unsern Gegenden (d. i. nach seiner eignen Band 1, Seite 531 gegebenen Erläuterung: in Sachsen) trifft mau sie nur selten an. Sie hält sich fast immer in öden und waldigen Gegenden auf«. — Noch 1848 wurde eine in Langenreins- dorf, 1850 eine in Rußdorf bei Crimmitzscbau geschossen (Mitteilungen aus dem Osterlande, 12. Band, Altenburg 18531). Wenn sie aber noch 1890 in Brehms Tierleben für das Erzgebirge angeführt wird, so ist das unzutreffend, da sie zweifellos nicht nur auf sächsischer, sondern nach Fritsch auch auf böhmischer Seite weit früher ver¬ schwunden ist. Ornithologisches aus Lichtenbergs Briefen an Dieterich. Yon Direktor Dr. Paul Leverkühn in Sofia (Bulgarien). Im Jahrgang XXXII (1891) des Zoologischen Gartens 2) stellte ich aus den bis dahin veröffentlichten Ausgaben des Göttinger Philo¬ sophen Georg Christoph Lichtenberg die Stellen zusammen, an denen Vögel genannt werden. Inzwischen erschienen zum Ge¬ dächtnis seines hundertjährigen Todestages seine Briefe an seinen Verleger und Freund Dieterich von 1770 — 1798, herausgegeben von meinem Vetter Dr. Eduard Grisebach3); auch in ihnen finden sich eine Anzahl Anspielungen aus der Naturgeschichte der Vögel, die ich auf Wunsch der Redaktion dieser Zeitschrift zur Er¬ gänzung der früheren Zusammenstellung hier folgen lasse. 1. Nachtigall. In einem Briefe vom 20. Mai 1772 aus Hannover heißt es: »5 Uhr. Ich steige mit Hrn. von Münchhausen in den Wagen, und 9 Nach Lenz fand man bekanntlich im Thüringer Walde noch 1856 ein Wildkatzennest mit drei Jungen in einem erweiterten Kaninchenhau, und von 1850 bis 1859 wurden daselbst noch 12 Stück erlegt und eine angeschOiSen. 2) No. 4 (April) 'S. 108-122, No. 5 (Mai) S. 186-144, No. 6 (Juni) S. 174—180. 3) G. C. Licht enberg’s Briefe an Dieterich 1770—1798. — Zum hun¬ dertjährigen Todestage Lichtenberg’s, herausgegeben von Eduard Grisebach« — Mit Porträt nach Schwenterley und einem Kupfer von Chodowiepki. V. Z. — Leipzig, Dieterich 1898. Kl. 8°. XII, 146 S. 136 wir fahren durch die schöne Allee nach Herrenhausen. Hier wird ausgestiegen und ein sehr nöthiger Spaziergang gemacht. Immer besser! In jeder Hecke saß eine Nachtigall.« (S. 43 der Briefe.) Am 19. Mai 1773: »Es ist abscheulich, an dem einen Fenster Hießt das Wasser herein, und der Wind pfeift an allen Läden. Die Nachtigallen sind ganz desperat, und die Tulpen haben die Blätter über die Ohren gezogen und sich hingelegt. Wenn’s so fortgeht, so mache ich’s wie die Nachtigallen, für’s erste aber will ich’s machen wie die Tulpen.« (S. 113; der Brief ist überschrieben: »Vor Schnee zu bewahren.«) In dem Briefe vom 27. April 1796, dessen interessante Stelle über Nachtigallen schon nach anderen Quellen von mir abgedruckt war (Zool. Garten 1891 S. 136), findet sich iu der jetzt vorliegen¬ den ausführlicheren Fassung noch ein Hinweis auf Vögel: Lichten¬ berg beklagt sich über Wanzen, »was gegen die Nachtigallen so fürchterlich abstach.« (S. 117, 118.) 2. Sperling. »Heute ist Brieftag, sprach ich zu mir selbst, Professor, der Himmel zählt alle Schläge eines beklemmten Herzens gewiß ebenso genau, als die Haare unsers Hauptes, und wenn er über Sperlinge wacht, wie viel mehr wird er über einen Professor wachen, der doch so viel besser ist, als ein Spiess Sperlinge.« (Brief vom 20. Mai 1772, S. 42.) 3. Papagei. »Einen Papagay wollte ich mir heute kaufen, aber der Kerl forderte 6 Louisd’or, das Thier wäre gern bey mir geblieben. Ich will es mir sehr gerne einen Louisd’or des Monats kosten lassen, und mir jemand miethen, den ich dutzen kann u. s. w.« (Brief vom 19. März 1772 aus Hannover, S. 26.) 4. Auerhahn. »Unser guter, lieber Stallmeister hat mich zweimal tractirt, einmal mit saurem Kohl, der aussah wie gesponnenes Gold und schmeckte wie Goldeswerth, und daun mit dem Viertel eines Auer¬ hahns, keinen von St. Jacobi’s Kirchspitze, versteht sich.« (Brief vom 27. April 1796 aus Göttingen, S. 118.) Dazu sei bemerkt, daß Auerwild im Harz und iu Hessen bei Cassel z. B. noch heute vorkommt und von dort vermutlich auf den Göttinger Speisemarkt kam. Auf der Spitze des Turmes der Kirche von St. Jacobi dient ein Hahn als Wetterfahne, von der 137 schon auf alten Bildern Göttingens das Konterfei zu sehen ist. Grisebach reproduciert (S. 124) die Schlußvignette zu Lichtenberg’s »Avertissement« Philadelphia^ (Verm. Sehr. 1844. III. 185 ff.), die die Stadt mit Turm und »Auerhahn« zeigt. (S. 142.) 5. Schnepfe. »Ich habe ihm bei der Sache so wohl gewollt, daß ich ihm bei dem Schreiben des Billets eine gebratene Schnepfe hätte in den Mund stecken können. (Brief ans Stade vom 20. Mai 1773, S. 68.) »Herr Dümont, der Mann, der mir so gern Schnepfen zuwendet, die er doch selbst gern ißt.« (Brief aus Stade vom 10. September 1773, S. 77.) 6. Schwan. »Sie können nicht glauben, was für ein Abend es gewesen ist. Die Luft, die den ganzen Tag über beinahe in einem kochenden Zustande gewesen war, fing nun an in dem entzückendsten Gleich¬ gewicht zwischen Wärme und Kühlung, welches allein schon in allem Fleisch die schönsten Empfindungen hervorbringen kann, stille zu stehen. Von dem angenehmen Wasser bei meinem Garten wurde ein so feiner Himmel zurückgeworfen, als man nur immer zu Darm¬ stadt sieht. Einige Schwäne, die einen feinen Abend ehenso gut zu schmecken wissen, als das Geschöpf, dessen Busen zu malen die Dichter oft die Farbe des Schwans borgen, plätscherten in dem Wiederschein des Himmels, nicht weit von einem natürlichen Canapee, in welches ich mich geworfen hatte. (Brief aus Hannover vom 26. Juni 1772, S. 48—49.) 7. V o g e 1 h e r d. »Ich habe einen Vogelherd zum Vogelfängen, Plätze zum Fischen, den Himmel und die Erde zum Observiren der Fixsterne und der Menschen.« (Brief aus Hannover vom 26. März 1772, S. 29.) (Vergl. Zool. Gart, 1891, S. 137 und 180.) Diese Notizen vermehren die Zahl der Arten, von denen der Philosoph spricht, kaum (33 statt 31), aber sie zeigen von neuem die liebliche Art und Weise, mit der er in seinem stets beobachten¬ den Leben au der Natur Anteil nahm. Es möge mir gestattet sein, hier aus der gleichen Quelle einen Zusatz zu machen über eine Influenza- Epidemie, für die ich Lichtenberg als die einzige Autorität jener Zeit ermittelt habe. (Siehe Wiener Mediz. Wochenschrift XLl. Jahrg. No. 14 v. 4. April 138 1891, S. 630/631 und XLII. Jahrg. No. 3 v. 16. Januar 1892, S. 123 — 126.) Am 11. März 1 77 2 ans Hannover schrieb Lichtenberg an Dieterich : »Es herrscht jetzt hier eine Krankheit, wovon die Leute gemeiniglich nur zwei Tage krank sind, den dritten gehn sie gewöhnlich wieder aus!« Aus London vom 12. November 17 75 schrieb er: »Zwei von den Engländern, die mit mir kommen werden, sind von einem bösen epidemischen Schnupfen befallen worden, an dem verschiedene Leute gestorben sind und den ich auch, wiewohl ohne Fieber hatte. Ich glaube und hoffe, daß wir morgen über acht Tage im Stande seyn werden abzureisen.« (S. 99.) Und vier Tage später (London, den 16. November 1775): »Ich werde nicht vor der ersten Woche im December abreisen . Ich habe wieder drei Tage lang die Stube gehütet, welches in Göttingen Nichts, allein in London, wenn das Herz gesund, eine wahrhafte Pein für einen Abreiseuden ist . . . $ Es ist ein sehr großes Sterben hie und manche Leute, die mehr zu verlieren haben als Dein Freund, sind äußerst ängstlich. Ich bin sehr gelassen dabei und lebe so ordentlich fort wie vorher, ohne mich mehr in Acht zu nehmen. Sterbe ich, so gehe ich nicht nach Deutschland , das ist Alles.« (S. 100.) Ich glaube, diese Notiz mit dem herrlichen Schlußsatz ebenfalls auf eine leichte Influenza * Epidemie beziehen zu können, wonach sohin auch das Jahr 1775 unter die influenzierten Daten zu zählen wäre. Beiträge zur Naturgeschichte der Ringeltaube ( Columba palumbus). Von Dr. Victor Hornung in Münster i. W. Ungefähr eine Stunde von meiner Heimatsstadt Bielefeld entfernt liegt ein Wäldchen, die »Heeper Fichten« genannt. Wie der Name schon an deutet, besitzt es zum großen Teil Fichten bestand; aber auch prächtig entwickelte Buchen und knorrige Eichen, die ihre jungen Wipfel einst schon in germanischen Morgenlüften badeten, erhöhen noch die Naturreize dieses Waldes. So findet man denn hier in schönster Harmonie herrliche Schattierungen vom frischen, freundlichen Grün des Laubholzes bis zum düstern Schwarzgrün 139 der Nadelhölzer. Abgeschieden vom Lärm und Getöse der Stadt führt in diesem stillen Paradiese die gefiederte Welt noch ein fröhliches Leben. Amseln, Meisen, Goldhähnchen, Rotkehlchen und andere Säuger lassen jubelnd ihre Stimmen erschallen, aber auch gefürch¬ tete Raubgesellen, Sperber, Häher, Elstern und Raben, haben hier ihren Wohnsitz aufgeschlagen, um von den dichten Fichten aus ihre Raubzüge zu unternehmen. Neben diesen Vertretern des gefiederten Volkes beleben den Wald noch Scharen von Ringeltauben, die mit ihrem schmucken Gefieder dem dunklen Nadelforst zur anmutigen Zierde gereichen und die mit ihrer sanften Stimme die Stille oft angenehm unterbrechen. Nirgends kann man sich in das Leben und Treiben der Ringeltauben einen schöneren Einblick verschaffen als in diesem Walde. Bietet ihnen der Wald an uud für sich schon treffliche Nistplätze und reichliche Nahrung, so ist auch die nächste Umgebung außerordentlich günstig für ihr Dasein beschaffen. Acker, Wiesen und kleine Holzungen wechseln mit einander ab, kleinere und größere Teiche bieten ihnen treffliche Tränken. Unentbehrlich ist ferner für das Wohlbefinden der Wildtauben salzhaltige Erde, und auch in diesem Wäldchen ist von der Natur dafür Sorge ge¬ tragen, daß ihnen solche nicht fehlt. An dem einen Rande des Waldes befindet sich nämlich ein flaches Brunuenloch mit stark salzhaltigem WTasser. Verdunstet dieses, so scheidet sich an den Wandungen mehr oder minder reines Salz aus, das dann von den Wildtauben bequem aufgenommen werden kann. In der That geben sich auch an dieser Stelle die Wildtauben täglich, oft zweimal, ein Rendez-vous , und gerade hier kann man, von einem lauschigen Plätzchen aus, diese hübschen Vögel ungestört beobachten. Schon bei Tagesanbruch lassen die Männchen ihre Stimme hören ; dabei sitzen sie meist auf ihrem Lieblingsbaume, der sich durch eine stattliche Höhe auszeichnet. Von diesem erhabenen Sitze aus beob¬ achten sie aufmerksam die Vorgänge in ihrer Umgebung; droht Gefahr, so recken sie zunächst den Hals und streichen schließlich unter großem Geräusch ab. Oder die einzelnen Pärchen sitzen friedlich beisammen, putzen ihr Gefieder und baden sich in den Strahlen der Morgensonne. Die Ringeltauben sind außerordentlich scheu, flüchtig und klug, beim geringsten Geräusche schon fliegen sie auf und da¬ von. Im Sommer besuchen sie selten und nur in kleinen Flügen die umliegenden Felder und dann auch nur solche, die in nächster Nähe des Waldes liegen, um bei Annäherung eines Feindes blitzschnell dem schützenden Nadelwalde zuzueilen. In dieser Zeit nähren sie 140 sich fast ausschließlich von Nadelholzsamen, Eicheln und Bucheckern, ferner im Juli und August von Heidelbeeren. Die in der Nähe des Waldes wohnenden Grundbesitzer lassen die Ringeltauben unbehelligt, wenn sie sich auf ihren Feldern eiustelleu , denn sie schätzen den ihnen zugefügten Schaden für ganz unbedeutend. Dagegen nutzen sie aber ohne Frage dem Landwirte durch Verzehren von Unkraut¬ samen. Im Winter, namentlich bei starkem Schneefall, suchen sie mit Vorliebe die Kohlfelder auf, und man kann sie in ihnen oft in größerer Zahl antreffen und beobachten, wie sie gierig die Kohl¬ blätter verzehren. Ja sie stellen sich zur Zeit der Not sogar dicht bei den Wohnungen auf den Futterplätzen ein und fressen zusammen mit anderen Vögeln die vorgeworfene Nahrung. Interessant ist es nun, zu beobachten, wie die Ringeltauben ihren Tag verbringen, denn die Tageszeit ist bei ihnen genau eingeteilt, und ihre Lebensordnung ist musterhaft geregelt. Von 6 bis 9 Uhr morgens gehen sie auf die Nahrungssuche, und auch am Salzbrunnen konnte ich sie täglich innerhalb dieses Zeitraumes beobachten. Un¬ gefähr um 10 Uhr suchen sie wieder ihre Liebliugsplätze auf und sitzen meist lautlos da, oder ein Täuber lässt nur hin und wieder seine Stimme erschallen. Um 11 Uhr beobachtete ich sie meist au dem Bache, der den Wald durchzieht. Seine Ufer sind mit Gras und Gestrüpp dicht bekleidet, nur hin und wieder trifft man eine Lichtung an. Diese freieu Plätze sind ihr Lieblingsaufenthalt, hier putzen sie sich auf dem Rasenteppich, stillen leicht und bequem ihren Durst und baden sich zur Mittagszeit nach Herzenslust. Zahl¬ lose Federchen zeigen die Stellen an, die vorwiegend von ihnen auf¬ gesucht werden. Von 12 bis 3 Uhr nachmittags sitzen sie lautlos im Fichtendickicht und pflegen der Ruhe. Alsdann suchen sie sich wieder Nahrung und erscheinen etwa um 6 Uhr wieder auf den Fichten. Nunmehr unterhält der Täuber wieder seine Gattin mit seinem Rucksen, dann fliegen die Paare nochmals zum Bache, um ihren Durst zu stillen, und nach der Rückkehr ruckst der Täuber noch einige Zeit, bis die hereinbrechende Dunkelheit Schweigen gebietet. Die Stimme der Ringeltaube klingt wie »huh huh«, der Paarungs¬ ruf des Männchens wie »ahu, kukuh«. Diese beiden letzten Töne werden, wie ich an freilebenden und auch an gefangenen Männchen bemerkt habe, meist viermal hervorgebracht, und den Schluß bildet ein wie »kuh« klingender Ton. Durchzogen wird nun das Wäldchen von hübschen Wegen, rechter und linker Hand erheben sich Fichten von stattlicher Höhe, 141 deren Wipfel sich berühren und so einen langen Laubengaug bilden. Auf diesen hoben Nadelbäumen stellen sich mit Vorliebe, namentlich früh morgens, die Wildtauben in großen Flügen ein, um sich den belebenden Strahlen der Sonne auszusetzen. In dem Walde selbst sind es bestimmte Komplexe, die den Ringeltauben zu Brutplätzen dienen, wo sie sich in größeren und kleineren Kolonien ansiedeln ; zahlreiche Eierschalen am Erdboden zeigen in den Brutmouaten ihre Lieblingsplätze an. Ihr Nest habe ich stets nur in den dichten Wipfeln der Fichten vorgefunden, die auch von ihnen bevorzugt werden, und sie scheinen zur Anbringung ihres Nestes gern solche Zweige zu nehmen, die nach oben hin durch andre Zweige geschützt sind. Leider trachten, aber auch in diesem Walde zahlreiche Feinde nach dem Leben dieser schmucken Tauben. Nichtsdestoweniger be¬ herbergt er noch eine stattliche Anzahl, und der aufmerksame und geübte Beobachter findet noch jährlich im sichern Versteck zahlreiche Nester vor. Rohe Buben zerstören die Nester, Eichhörnchen, Habichte, Sperber, Häher und andere Raubvögel tragen wesentlich zu ihrer Verringerung bei, und die vielen Federreste, die man vorfindet, zeugen von den Thaten dieser Räuber. Für die Gefangenschaft ist die Ringeltaube sehr zu empfehlen, ja ich habe bisher uur wenige Vögel besessen, die so zutraulich wurden und mir so viel Freude und Genuß bereiteten wie diese Tauben. Alt eiugefangene Tiere bleiben, nach meiner Erfahrung, selbst bei aufmerksamster Wartung und Pflege scheu und unbändig und werden nie recht zahm. Beim Annähern einer Person blustern sie umher, stürmen gegen das Drahtgeflecht des Käfigs, zerstoßen sich das Gefieder und bieten einen traurigen, elenden Anblick dar. Anders benehmen sich dagegen junge Riugeltauben. Diese besitzen anfänglich noch nicht die charakteristischen Flecken zu beiden Seiten des Halses; erst allmählich zeigen sich einzelne weiße Federchen, die nach der ersten Mauser schließlich in die prächtigen Halbmonde übergehen. Über eine jung aufgezogene Ringeltaube möchte ich nun an dieser Stelle näheres berichten. Mein Täubchen wurde jung dem Neste enthoben uud mit Sämereien, Brot und Milch aufgefüttert. Bei dieser Nahrung entwickelte sich die Taube zu einem kräftigen, schön befiederten Tiere. Längere Zeit ließ ich sie frei umherlaufen, sie pickte dann im Garten nach Steinchen und ließ sich mit Vorliebe von den warmen Sonnenstrahlen bescheinen ; dabei legte sie sich am Erdboden nieder uud hielt einen Flügel hoch empor, um die Sonnen- 142 wärme besser aufzufangen. In der Regel verweilte ich in ihrer Nähe, um sie gegen räuberische Überfälle zu schützen. Erhob ich mich von meinem Sitz, so wurde auch sie sofort unruhig; ja sie hatte sich so an mich, ihren Pfleger, gewöhnt, daß sie mir Schritt für Schritt folgte. Ging ich nun so schnell vorwärts, daß sie mir nicht folgen konnte, so nahm sie ihre Flügel zu Hilfe und eilte mir, oft auf eine weite Strecke hin, nach. Ihr Flug ist außerordentlich gewandt und vollkommen lautlos; häufig schon saß sie dicht an meiner Seite, ohne daß ich ihr Heraufliegen gehört hatte. Ich pflegte sie stets allein, und sie kannte mich schon an der Stimme; ging ich z. B. noch in später Abendstunde an der sie beherbergenden Voliere vorüber und rief ich sie an, so antwortete sie anfänglich mit leisem Piepen und auch später noch, über ein Jahr alt, mit freudigem Iiucksen. Auch für die Haltung der Ringel¬ tauben gilt die goldene Regel : Mau reiche nie ein und dasselbe Futter, sondern wechsele beständig mit den Nährstoffen ab. Als Futter reiche ich ihr neben der in meiner früheren Abhandlung über »Die Hohltaube ( Columba oenas)«1) angeführten Nahrung noch Rübsamen, Brotstückchen, hin und wieder kleine Regenwürmer und feine Fleischteilchen. Besonders liebt sie aber Grünfutter, nament¬ lich die jungen Blätter vom Löwenzahn und der Vogelmiere. Sie badet sich gern. Wer seine Riugeltauben dauernd gesund halten will, muß ihnen vor allen Dingen einen geräumigen Flugkäfig an¬ weisen, in dem sie sich gehörig ausfliegen können. Bringt man sie nämlich in einem kleinen Gebauer unter, so bekommen sie nach meiner Erfahrung leicht steife Beine, und sie können sich infolge¬ dessen nicht mehr auf den Sitzstangen festklammern. Meine Taube verträgt sich gut mit audereu Tauben. Anfangs ließ sie sich furchtsam von Tümmlern, Calotten u. a. m. abbeißen, zog dagegen kühn gegen Lachtauben zu Felde und verfolgte diese sogar bis in die äußersten Ecken des Flugbauers. Mit zunehmendem Alter wuchs aber auch ihr Mut, und häufig balgte sie sich mit einem Tümmler um die Schlafstätte, kräftige Schnabel- und Fliigelbiebe austeilend. Vor einiger Zeit entwich sie mir und hielt sich im Garten auf. Sie verließ ihn aber nicht, sondern kam auf meinen Ruf zutraulich her¬ bei, flog auf die Hand und konnte so ohne die geringste Mühe wieder in ihre Behausung gebracht werden. Betrete ich die Voliere, so verläßt sie sofort ihren Sitz und fliegt stets zunächst auf meinen Kopf und dann auf die Hand, um aus dieser Körner in Empfang *) S. Jahrgang XL No. 5 pag. 144. 143 zu nehmen. Hieran hat sie sich schon so gewöhnt, daß sie nur selten auf den Erdboden fliegt, wenn ich ihr Futter streue; lieber hungert sie bis zum Abend. Zutraulich nimmt sie die Körner zwischen meinen Lippen fort und verabreicht mir auch ohne diese ihre Schnabelküsse. Eigentümlich ist ihre Furcht vor allen rot ge¬ färbten Stoffen. Ein rot gefärbtes Schmetterlingsnetz, ein rotes Kleid, eine rote Rose jagen ihr großen Schrecken ein, ja, als ich einst arglos an ihrem Käfige vorbei ging, in der Hand einige Vogelbeeren, die ich einer Drossel reichen wollte, stürmte sie blindlings gegen die Wandungen des Gebauers und war nur schwer wieder zu be¬ ruhigen. So bleibt mir denn nichts anderes übrig, als sorgsam darauf zu achten, daß sie keine rot gefärbten Gegenstände zu Ge¬ sicht bekommt. Wunderbar ist es jedenfalls, daß die in der Freiheit so scheuen und flüchtigen Ringeltauben sich so sehr an den Menschen gewöhnen und sich bei guter Wartung so leicht zähmen lassen. Will mau sich in der Gefangenschaft an ihrer Stimme ergötzen, so muß man sich ein junges Männchen verschaffen und dieses unbeweibt lassen. Ein solches einzelnes Männchen ruckst in der Paarungszeit oft in tiefer Mitternacht. Zum Schluß möchte ich nochmals darauf hin- weisen, daß die Ringeltauben in der Gefangenschaft sehr liebens¬ würdige Vögel sind, die, bei guter Pflege und in einem geräumigen Käfige untergebracht, dem Besitzer viel Freude bereiten. Über Haltung der weichlichsten Vögel in zoologischen Gärten. Von Josef v. Pleyel in Wien. Es wird vielen Ornithologen schon aufgefallen sein, daß gerade jene hochinteressanten Gruppen der weichlichsten einheimischen Vögel (Goldhähnchen, Zaunkönige, Meisen, Kleiber, Laubvögel u. a.) in den zoologischen Gärten wenig oder gar nicht gehalten werden. Ich will damit sagen, daß man sich dadurch hochinteressanter Beob¬ achtungsobjekte begiebt. So findet man in Wien1), meinem Aufent¬ haltsort, weder in der k. k. Menagerie, noch im Wiener Tiergarten diese Gruppen vertreten. Ich verwahre mich von vornherein, mit meinen Zeilen irgend jemand nahezutreten. Meine Absicht bei Ab¬ fassung dieser Zeilen geht nur dahin, anregend zu wirken und an¬ zuspornen zur Haltung dieser weichlichen Vögel, wie auch Anleitung b Diese Notiz hat hauptsächlich für die Wiener Institute Geltung. — 144 — zu geben tau ihrer Pflege. Mit Raubvögeln, mit schon befiederten Exoten allein, imponiert man nicht einem verständigen Publikum; ich will nur darauf hinweisen, was in Bezug auf Haltung der weichlich¬ sten und seltensten Vögel der einzig dastehende Berliner Tiergarten leistet, ich will nur darauf hinweisen, was der Tiergarten in Sofia, in dem leider viel verlästerten Bulgarien hält. Ich habe Ge¬ legenheit gehabt, den unter der Oberdirektion des bekannten Orni¬ thologen Dr. Leverkühn stehenden fürstlichen zoologischen Garten in Sofia gründlich kennen zu lernen ; ich kann nur sagen, ich war entzückt von dem großartigen Reichtum an interessanten Beob¬ achtungsobjekten. Die Sammlungen weichlicher Vögel sind ent¬ zückend, die Unterbringung und Pflege fand ich tadellos. Warum, frage ich, kann der fürstliche zoologische Garten in Sofia jene Weichlinge, überhaupt seltensten Weichfresser halten, warum können in Sofia Züchtungsversuche mit jenen Vögeln ge¬ macht werden, warum muß Wien mit seinen prachtvoll einge¬ richteten Instituten hintanstehen , Wien, das Groß -Wien, die Millionenstadt ! Ich habe Gelegenheit gehabt, mit reichsdeutschen Freunden darüber zu sprechen, die geglaubt hatten, Wunder der Vogelwelt bei uns zu sehen. Es wurde mir einmal im Freundeskreis, als ich die Sprache auf dieses Thema brachte, vorgeworfeu, in Wien herrsche für zoologische Institute kein Interesse, der Wiener habe nur Interesse für seine »Schrammeln«, für den »Heurigen«, für »a Hetz«. Zur Ehre meiner Landsleute sei gesagt, daß dies nicht wahr ist, der Wiener interessiert sich für alles, nur muß ihm etwas ge¬ boten werden. Übrigens ist dank der lebhaften Thätigkeit der Vereine die Liebhaberei für die Tiere eher im Zu- als im Abnehmen. Sind doch in den letzten Jahren in Wien drei neue Vogel- und zwei Aquarienvereine zusammengetreteu, denen ich an dieser Stelle ein »vivat, floreat, crescat« zurufe. Das Interesse wäre wohl hier, aber — — . Ich muß wieder auf Bulgarien zurückgreifen, speziell auf Sofia. In dieser kleinen Stadt, mit nicht einmal 50,000 Einwohnern, bei denkbar hartem Klima, hält man Sonuenrallen etc.! Wie kann nur der Jägermeister Kurt ius, der jährlich zum Tierkauf nach Deutschland fährt, auf den großen Licitationeu solche Pracht¬ stücke, solche den Stolz jedes Institutes bildende Vögel erwerben? Ich verweise weiter auf die einzig dastehenden Raubvogelkollektionen des fürstlichen zoologischen Gartens in Sofia. Ich habe nirgends schönere gesehen. Mit Löwen und Elefanten, mit Riesenschlangen 145 imponiert man nicht! Was geboten werden soll, das sind seltene und weichliche Vögel, seltene kleine Säugetiere, und diese alle müssen auch sachgemäß untergebracht sein, müssen so gehalten werden, daß ’ nicht nennenswerte Verluste eintreten. Das letztere ist dann möglich, wenn ein gut geschultes, begeistertes Personal arbeitet, wenn der Leiter des Instituts selbst Tierpfleger, Tierfreund und Schriftsteller ist und durch kleine Schilderungen aus dem Gefangenleben der Tiere es versteht, in der Tagespresse das Interesse des von ihm geleiteten Instituts zu erregen und die Aufmerksamkeit des Publikums für das Institut wach zu erhalten. Nur dann, aber auch nur dann ist’s möglich, daß in Wien ein Institut sich erhalten kann. Was dann die Haltung jener Weichlinge betrifft, so ist zu em¬ pfehlen, nicht, wie es der Liebhaber thut, sie in mehreren Arten beisammen zu halten, sondern pärchen weise getrennt. Es hat dies den Zweck, eventuelle Nistversuche zu begünstigen, die unterbleiben würden, wenn die Vögel durch andere oder Artgenossen gestört werden. So bedaure ich heute noch, daß ich meine Bartmeisen ( Panis biarmicus) seiner Zeit im Gesellschaftskäfig hielt und nicht das Pärchen allein. Alle Anzeichen deuteten darauf hin, daß das Pärchen zur Brut schreiten wollte. Durch Schaden wird man klug ! Als ich im zweiten Jahre das Paar allein hielt, legte das Weibchen, bebrütete aber leider die Eier nicht. Jene Zuchtversuche setzte ich nach Thunlichkeit fort, ebenso die mit Zaunkönigen, Kleibern etc. Hochinteressant sind ebenso Zuchtversuche mit Nachtraubvögeln, wie ich sie s. Z. machte; ich werde später einmal darauf zurück" kommen. Zur Nervenpbysiologie der Insekten. Von Dr. S. Prowazek in Wien. Während das Studium derNervenphysiologie der Wirbeltiere seit den Tagen eines Flourens gerade in unserem Jahrhundert ganz bedeutsame Fortschritte gemacht hatte, obzwar auch dieses noch allzusehr einen wenig fördernden, ja selbst heuristischer Momente ermangelnden Einschlag aus längst vergangenen Zeiten der Meta¬ physik in sich birgt, ging man ganz achtlos an den wenigen Be¬ merkungen, die in unserem Sinne die Schriften von Treviranus, ltengger und einigen anderen Forschern enthalten, vorbei und kümmerte sich wenig um das Nervensystem der Evertebraten , das erst auf die bedeutsamen Untersuchungen von Yersin, Faivre, Zoolog. Gart., Jahrg. XLT. 1900. 10 — 146 Bet he, Loeb, Steiner u. a. hin wieder mehr in den Vordergrund der Diskussion gerückt wurde. In den nachfolgenden Zeilen soll in Kürze die Nervenphysiologie der Insekten auseinandergesetzt werden. Die vorliegenden Untersuchungen ergaben bis jetzt noch vielfach sich geradezu widersprechende Resultate, die man einerseits auf die Rechnung des Materiales, andererseits aber auf die Art der Unter¬ suchung und Stellung der Prämissen des Experimentes setzen muß. Die Insekten sind von einer harten Chitindecke umhüllt, die dem Experimentierenden ziemlich bedeutende Schwierigkeiten in den Weg legt; andererseits treten gar leicht bedeutende Blutungen ein — wie dies z. B. bei 'den Raupen der Fall ist, deren Untersuchung aber gerade vom phylogenetischen Standpunkt aus höchst interessant wäre — und die Tiere bleiben nicht einmal über die erste Shock- wirkung hinaus am Leben. Auch die Kleinheit der einzelnen Nerven¬ teile trägt nicht gerade zur Erleichterung des Experimentes bei. In der vorliegenden Untersuchung soll zuerst das sog. supra- oesophageale Ganglion oder das Gehirn- oder obere Schlundgangliou (Cerveau superieur), daun das untere Schlundganglion oder infra- oesophageale Ganglion und zum Schluß die Bauchganglionkette sovrohl vom historischen Standpunkt als auf Grund eigener, noch nicht ab¬ geschlossener Versuche zur Schilderung gelangen. R e u g g e r , den auch B u r m e i s t e r in seinem bekannten Hand¬ buche citiert, legte in einer im Jahre 1817 in Tübingen unter dem Titel: »Physiologische Untersuchungen über die tierische Haushal¬ tung der Insekten« erschienenen Dissertation die Ergebnisse seiner vivisektorischen Beobachtungen nieder und erwähnt auch, daß In¬ sekten, denen das Dorsalgauglion zerstört wurde, ihrer Ortsbeweguugen verlustig wrerden. Auf die diesbezüglichen Untersuchungen von Treviranus soll später eingegangen werden. Y er sin beobachtete 1856 die F e 1 d g r i 1 1 e ( Gryllus campestris ) und die Schabe ( Blatta orientalis) und stellte fest, daß die Beweglichkeit bei beiden nach der Abtragung des oberen Schlundganglions erhalten bleibt. Auch Fa i vre fand am Dytiscus marginalis , dem Gelbgesäumten Schwimmkäfer, au dem er später auch noch vielfach experi¬ mentierte, daß ihm nach der Exstirpation des besagten Ganglions sowohl die Schwimm- als die Gehfähigkeit erhalten bleibe. Weiter beschäftigte sich mit unserem Gegenstände Vulpiau in seiuem großen Werke »Le^ns sur la Physiologie gen. et comp, du Systeme nerveux. Paris 1866« und fahndete nach Analogien in funktioneller Hinsicht zwischen dem Evertebraten- und Vertebraten- 147 hirn. Id neuerer Zeit führte einige Experimente an Insekten Bet he aus, und in der Schrift »Einleitung in die vergl. Gehirnphysiologie etc. 1899« hat J. Loeb die ganze Frage in äußerst präziser und scharf¬ sinniger Weise einer eingehenden Kritik unterzogen. J. Steiner (»Die Funktionen des Centralnerveusystems und ihie Phylogenie 1898«) experimentierte an Carabus auratus , dem Goldkäfer, Blaps mortisaga, dem Toten käfer, Geotrupes vernalis, dem Ro߬ käfer, der Musca domestica, Vespa vulgaris , Locusta viridissima, Vieris brassicae und Papilio machaon und fand, daß die Tiere nach der Entfernung des oberen Schlundganglions »vollkommen regel¬ mäßige Ortsbewegungen ausführten«, nur das Flngvermögen schien etwas reduciert zu seiu. In phylogenetischer Hinsicht wäre es höchst interessant etwas über die Funktionen des oberen Schlundganglions der Aptero- g e n e a , der Collembola und Thysanura zu erfahren , doch sind die Tierchen einerseits so klein und so schwer zu fangen, andererseits ist ihr Nervensystem so konzentriert, daß sie zumeist schon den Shockwirkungen erliegen. An einer Orcheselia gelang es mir trotzdem, mit einem feinen Messerchen in der Gegend des oberen Schlundganglions ein Stück abzutragen. Die Folge dieser Operation war stets, daß die Sprunggabel weit nach rückwärts ausgestreckt wurde (Shockwirkung) und daß die Vorwärtsbewegungen ein¬ gestellt wurden, doch blieb “die Beweglichkeit der Beine, die sich besonders auf Reize hin kundgab, erhalten. Später trat sowohl bei dieser Form als bei der so interessanten Campodea , die sich ihr sonst ähnlich verhielt, ein äußerst merkwürdiges Phänomen, das auch später bei anderen Tieren untersucht werden konnte, ein: auf Reize hin reagierte das Tier nämlich immer mit einer Rück¬ wärtsbewegung, wenn auch die Reizung von den verschie¬ densten Seiten aus erfolgte; es schien, als ob eine Umpolarisierung der orientierenden Elemente des Nervensystems erfolgt wäre. Auf Lichtreize reagierten die Tiere nach der Exstirpation des Gehirn¬ ganglions fast gar nicht. Der lichtscheue, lebhafte Ohrwurm ( Forficula auricularia L.) verhielt sich nach der Abtragung des oberen Schlundganglions ziemlich ruhig; auf Reize hin hob er drohend die Zauge empor, ohne sie aber ganz so fest wie früher schließen zu können. Auch war er nicht mehr stereotropisch; umgedreht machte er langsam Umdrehungsversuche, wobei die Zange besonders in Aktion war. Gelang ihm dies aber nicht, so blieb er in Ruhe weiter auf dem Rücken liegen. Auch die Küchenschabe 148 führte keine Progreßbewegungen aus und hielt den Kopf eigenartig gesenkt. Das Grüne Heupferd ( Locusta viridissima) kroch nach der Entfernung des besagten Ganglious träge herum, verharrte zumeist aber in der Ruhestellung; nach mehreren Stunden trat eine Art Lähmung der Mundteile ein, das Tier packte nicht mehr nach allen Dingen, die ihm vorgehalten wurden ; später stürzte es gereizt oft kopfüber und bewegte sich schließlich gar nicht mehr. Die Eutfernung des oberen Ganglions hatte bei der Haus¬ fliege eine Verminderung der Progreßbewegungen zur Folge, meist saß das Tier ruhig auf einer Stelle, wobei es sich unaufhörlich putzte; in analoger Weise verhielt sich die Musca vomitoria , der Gemeine Brummer, der nur auf Reize hin sich surrend in die Höhe erhob, um alsbald auf den Rücken zu Boden zu fallen. Äußerst deutlich verlaufen bei ihm die Putzreflexe; wurde ein Bein gezwickt, so wurde es immer längere Zeit zitternd gerade ausgestreckt ge¬ halten. Der rote Blutfleck oder Steinbrech schwärm er (Zygaena filipendulae), eine der gemeinsten Zygaenaformen, die vom Ende Juni bis Anfang September auf Wiesen und Waldlichtungen Vorkommen, bleibt nach dem genannten vivisektorischen Eingriff in seiner früheren apathischen Ruhe und kriecht fast gar nicht, lebt aber mehrere Tage in diesem Zustande. Auch bei Raupen konnte keine auffallende Veränderung konstatiert werden, doch gingen sie meist bald au Verblutung zu¬ grunde. Sonst lagen sie ruhig da und reagierten besonders auf Reizungen der vorderen und hinteren letzten Segmente. Die Ent¬ fernung des unteren Schlundganglions hatte aber auch fast die gleichen Erscheinungen zur Folge. Von Käfern wurde besonders die Plagiodera ctrmoraceae L., die in ganz Europa auf Pappeln und Birken vorkommt und die für den genannten Zweck in Menge von einer Gartenmenthaart gesammelt wurde, untersucht. Die Shockwirkungen verloren sich meist nach 6 — 10 Minuten. Die Tiere bewegten sich daun langsam, führten aber meistens die bekannten Putzbewegungen aus. Beim Kriechen wurde der Hinterleib in eigener Art gehoben. Der blaue Erlen- blattkäfer ( Agelastica alni) verhielt sich in ähnlicher Weise; die Larven, die die Erlen durch das Skelettieren der Blätter verunstalten und besonders von Mai bis Juli, aber auch später auftreten, sind sehr träge und stoßen gereizt aus seitlichen Poren eine sekretartige 149 Flüssigkeit aus, die au der Luft zu einem berusteingelben Tropfen erstarrt. Nach der Abtragung des Gehiruganglious verhalten sie sich ruhig und schlagen auf Reize hin seitlich mit dem Körper; lebhafter waren sie nach der Exstirpation des unteren Schlundgauglions, so- daun rollten sie sich auf Reize hin auch ein. Wurde der ganze Kopf abgeschnitten, so ähnelten sie in Bezug auf ihre vitalen Funktionen vielfach denen mit fehlendem oberen Schlundganglion. Auch der Fichtenrüsselkäfer ( Pissodes pini L.) war zum großen Teil ruhig, bewegte nur zeitweilig die Füße, ohne daß es zu Progreßbewegungen gekommen wäre; später trat sogar auf Reize hin eine Rückwärtsbewegung ein. Bei dem bekannten Mistkäfer erfolgte nach der Operation eine häufige Defäkation, er bewegte sich sodann ziem¬ lich rasch, doch neigte die Bewegung einer sog. Kreisbahnbewegung zu. Die Hinterbeine wurden oft so steif und hoch gestellt, daß sich der Käfer nach vorn überschlug. Vorgestellten Hindernissen war er nicht imstande auszuweichen und drehte sich derart oft fort¬ während im Kreise herum. Sehr gut gelingt die Operation bei der großen braunroten Waldameise ( Formica rufa), doch verfällt das Tier zunächst in eigenartige krampfartige Zustände, indem der Hinterleib bis zum Kopfe krampfhaft emporgezogen wird. Diese An¬ fälle wiederholen sich durch längere Zeit von 5 zu 5 Minuten; da¬ nach ist das Tier wie trunken und fällt immer nach der Seite um, ohne sich recht aufrichten zu können. Die Beine arbeiten fast rast¬ los, doch vermag das Tier nicht mehr zu kriechen ; es scheint ihm jede Orientierung abhanden gekommen zu sein. In ähnlicher Weise benimmt sich die Gemeine Wespe nach der Abtragung des geschilderten Ganglions ; die Füße werden aber später eingezogen und bleiben meist unbeweglich. Wurde sie gereizt, so kroch sie herum, ohne Hindernissen ausweichen zu können, wobei die Flügel oft in heftige Vibrationen gerieten. Derart behandelte Tiere würden sich zum Studium des Insektenfluges und zu kine- matographischen Flugaufnahmen eignen. Aus dem gauzen Thatbestande der bis jetzt angeführten Ex¬ perimente scheint hervorzugehen, daß das obere Schlundganglion schon mit Rücksicht auf seinen Zusammenhang mit den wichtigsten Sinnesorganen einen regulativen Einfluß auf die Progreßbewegungen ausübt und daß nach dessen Entfernung diese je nach dem Kon¬ zentrationsgrade des Nervensystems entweder gehemmt und ver¬ mindert werden oder in einer gleichsam unzweckmäßigen Weise ver¬ laufen. Deswegen braucht man aber immer noch nicht zu Bildern, 150 wie »Centrum dev Lokomotion« etc. seine Zuflucht zu nehmen, da ja diese mehr oder weniger anthropomorphen Ausdrücke doch im Grunde genommen nicht viel besagen. Steiner, der nach der ganzen Abtragung des Dorsalganglions nichts über dessen Funktion aussageu konnte, glaubt auf Grund von Zwangsbewegungen, die sich nach eiuer einseitigen Entfernung desselben einstellen, es als ein allgemeines Bewegungsceutrum definieren zu müssen. Dann ist es aber ein Gehirn ; denn »das Gehirn ist definiert durch das allge¬ meine Bewegungscentrum in Verbindung mit den Leistungen wenigstens eines der höheren Sinnesnerven«. — Doch muß man das Gehirn »definieren« oder will man nur in dessen Mysterien ein- dringen? Auch muß man bedenken, daß eine Progreßbeweguug nicht immer au ein bestimmtes morphologisches Gebilde gebunden zu sein braucht, wie z. B. bei den Infusorien. Göze berichtet von einer Hornisse, der er die Facetten mit einer undurchsichtigen Lack¬ schicht überstrich und die sich sodann immer nach der intakten Seite bewegte ; es erfolgte hier also eine Art von Zwaugsbewegung, und da dieses Organ mit einem Sinnesnerven in Zusammenhang steht, so wäre es, der Definition zufolge, eiu Gehirn. Dasselbe gilt auch von dem Ohr etc. . . . Übrigens führt Steiner bei der Dis¬ kussion seiner Zwangsbewegungsexperimente bei Carabus auratus in die Rechnung mit den objektiven Elementen der That- sachenmannigfaltigkeit ganz unberechtigt anthropomorph-psychische Größen ein. Kreisbewegungen nach halbseitiger Entfernung des Kopfes beobachtete zuerst Treviranus. Nach Yersin und Faivre tritt nach vorhergegangener halbseitiger Schädigung des supraoesopha- gealen Ganglions gleichfalls eine cirkuläre Bewegung ein, doch schlägt diese den Angaben des letztgenannten Forschers zufolge sogar in eine der entgegengesetzten (also der verletzten) Seite um. Dietl erzielte 1875 (Iusekten-Nervensystem im Ber. d. natur.-med. Ver. in Innsbruck, 5. Jahrg.) in der Weise Zwangsbewegungen, daß er mit einer Nadel durch das Auge hindurch das Gehirn verletzte. Auch Steiner bemerkte nach halbseitiger Abtragung des oberen Ganglions eine Bewegung nach der unverletzten Seite hin ; bei den Schmetter¬ lingen und Fliegen kommt auch zum Teil eine kreisförmige Flug¬ bahn zustande. Eine typische Reitbahnbewegung wurde an der Plagiodera armoracecie untersucht ; die Tiere waren zumeist auch nach der unverletzten Seite stärker geneigt. Wespen starben da¬ gegen bald nach dieser Operation. 151 Die Art dieser wunderbaren Kreis- und Zwangsbewegungen kann man sich einerseits etwa aus der Verletzung des eiuen Sinnes¬ organes, andererseits aus einer durch eine Art von chemisch-physi¬ kalischer »Fern« Wirkung des verletzten Nervenorganes eintretenden Änderung in der Innervierung der symmetrischen Muskeln und ihres Span nungs zustandes, der in einer von der Operations¬ stelle abnehmenden Entfernung geändert wurde, erklären. Das Tier stellt ein kompliziertes Gleichgewichts- und Spauuungssystem dar, das durch eiuseitige Schädigungen zu eigenen asymmetrischen Ge¬ schehnisakten veranlaßt wird, die zum Teil durch die halbseitige fehlende Spannung, zum Teil durch die Kompensation der unver¬ letzten Seite bedingt wird. Wenden wir uns nun der Betrachtung des unteren Schlund¬ ganglions zu. Die Entfernung des unteren Schluudganglions hebt nach Yersin die Ortsbewegung nicht auf, die Tiere führen aber vielfach Putzreflexe aus. F a i v r e behauptete demgegenüber auf Grund seiner Versuche am Dytiscus marginalis, daß nach der besagten Exstirpation die progressiven Bewegungen erlöschen. Steiner giebt an, daß im Unterschlundganglion die Kreuzung der centrifugalen Bahnen für den ganzen Körper stattfinde. Die Plagiodera armoraceae zeigt nach der Entfernung des suboesophagealen Ganglions geringe Progressbewegungen, die den Eindruck von etwas Unbeholfenem, Ungeschicktem machen. Manche Tiere krochen noch 4!/2 Stunden nach der Operation fast nur nach rückwärts oder bewegten sich im Kreise; die Exstirpation des Ganglions beeinflußte offenbar wegen der Koncentration des Nervensystems auch die anderen Ganglien bezüglich ihrer Funktion. Auffallend sind diese Erscheinungen bei der K ü c h e n s c h a b e , die dann den Kopf meist gesenkt hält und auf Reize hin mit den Füßen lebhafte Bewegungen ausführt, doch sich fast gar nicht von der Stelle zu rühren vermag. Die halbseitige Abtragung des Ganglions beim Grünen Heupferd hatte zur Folge, daß der Kopf stark ge¬ senkt wurde, so daß es oft den Anschein gewann, als ob sich das Tier in den Boden einbohren möchte ; die Bewegungen waren unge¬ schickt und träge. Die gleiche Operation bei dem Frostspanner und dem Blutfleck angewandt, rief beim ersteren Progressbewegungen hervor, das Insekt machte wiederholt Flugversuche, die aber von keinem Erfolg gekrönt waren. Nach 12 Stunden starb es ab. Der Blutfleck, den man leicht in größeren Mengen im Sommer auf den verschiedensten Disteln und Skabiosen sammeln kann, kroch an- 152 fangs immer lebhaft herum, später trat aber eine Art von Lähmung ein. Analog verhielt sich die H a u s f 1 i e g e , die später aber nur auf Reize hin zum Kriechen zu bewegen war. Die Wespen krochen in diesem Falle sehr selten und wenig herum, bewegten auch selten und nur auf Reize hin die Flügel. Umgelegt waren sie nur in den seltensten Fällen imstande sich umzudrehen ; später be¬ wegten sie sich auch nach rückwärts. Die oben erwähnte Waldameise verfiel nach dieser Operation nicht in derart heftige Krämpfe, wie sie bei der Abtragung des oberen Ganglions erwähnt wurden ; später kroch sie sogar etwas bedächtig herum und suchte häufig den Putzreflex auszuführen. Das Unterschlundganglion vereinigt in sich die segmental an¬ gelegten Nervenelemente der Mundteile, greift aber wohl, wie sich aus den einzelnen Schilderungen ergiebt, auch noch in die Funktion der Muskeln der Beine ein, und dies umsomehr, als das Nerven¬ system in vielen Fällen sehr koncentrieri ist und sich die einzelnen Mundteile zum Teil mit den Füßen in ihre Thätigkeit teilen (Krebse). Von der segmentalen Natur des Arthropodenuervensystems über¬ zeugt man sich durch eine einfache, leicht ausführbare Dekapitierung des Versuchstieres, wobei das obere und untere Schlundganglion in Wegfall geraten und so sich nur die Störungen bemerkbar machen, die mit der funktionell doch bevorzugteren Stellung der beiden Ganglien, die im Laufe der phylogenetischen Entwicklung erlangt wurde, im Zusammenhang stehen. Treviranus war der erste, der uns mit dem Faktum ver¬ traut gemacht hat, daß dekapitierte Käfer ( Carabus granulatus) ebenso wie die normalen herumlaufen und ihren ätzenden Saft aus¬ spritzen. Eine Bremse ( Tabanus bovinus) kroch dekapitiert in ganz zweckmäßiger Weise herum, und eine Bombyx pudibunda lebte ohne Kopf drei Tage. Wurde einer Plagiodera armoraceae der Kopf ab¬ geschnitten, so führte sie anfangs Putzbewegungen aus ; später kroch sie langsam herum, wobei die Tarsen zunächst auffallend nach oben gerichtet waren. Das erste Beiupaar war in seiner Funktion etwas beeinträchtigt. Nach einer Stunde hörten die Vorwärtsbewegungen auf, doch wurden vornehmlich die Tarsen der Füße und zwar hier wieder am häufigsten die der Hinterfüße bewegt. Nach 4 J/2 Stunden krochen die meisten dekapitierteu Käferchen auf Reize hin nach rückwärts. Nach 5 Stunden überschlugen sie sich meistens nach vorne, lebten aber noch immerhin 7 Stunden. 153 Eine geköpfte Sandwespe bewegte sich durch zwei Stunden auf Reize hin entweder in der Richtuug ihrer Längsachse oder seit¬ lich ; am längsten bleibt der Stachel in seiner heimtückischen Be¬ weglichkeit, wie das für Wespen und Bienen überhaupt vielfach an¬ gegeben wird. Dekapitierte Wespen lenken ihre Füße gegen den Reizort und versuchen in dieser Richtung zu stechen. Den segmentalen Charakter der Bauchganglienkette — von deren thorakalem Teile Bethe schreibt: »Es ist weder das Unterschlund¬ ganglion, noch das Prothoracalganglion der Sitz des Umdrehungs¬ reflexes, der Gang- und Schwiinmkoordiuation, wie Faivre behauptet. Diese Reflexe sind vielmehr, wie es den Anschein hat, in jedem Thora- calganglion für das entsprechende Segment lokalisiert«, — betonte wohl zuerst Reugger in seinen »Untersuchungen über die tierische Haushaltung der Insekten. Tübingen 1817«. Er durchschnitt das Bauchgangliensystem an mehreren Stellen und fand, daß die Teile hinter der Schnittstelle wie lahm waren und die Füße ihren Dienst versagten. Duges konnte auch zeigen, daß selbst ein abgetrennter Prothorax seine vollkommene funktionelle Selbständigkeit bewahrte. Wurde bei der so ungemein interessanten Campodea der Kopf mit dem Pro- und Mesothorax abgetrennt, so lief das so verstümmelte Tier wie früher lebhaft umher, später stellte sich allerdings eine Art von Reitbahnbeweguug ein. Bei dem Grossen Tausendfuß bewegen sich die Füsse wellenförmig in etwa 18 Wellen; wurde das Bauch¬ mark an einer Stelle durchschnitten, so schritt bis zu dieser Schnitt¬ wunde die Welle normal fort, während der vordere Teil plötzlich anderen Gesetzen unterworfen zu sein schien und sich selbständig einrollte oder wiederum für sich allein fortkroch und in seiner Art auf Reize reagierte. Die Bewegung der Füßchen bietet eine gewiße Analogie mit der Cilienbewegung »ähnlich« operierter heterotricher Infusorien, des Spirostomum , das Verworn in diesem Sinne unter¬ suchte. Zusammenfassend scheint aus diesem letzten Teile der Arbeiten von Yersin, Faivre und Bandelot (Libellen) hervor¬ zugehen, daß die Ganglien der Bauchkette selbständige, in ihrer Funktion von einander unabhängige Centren sind, die eigentlich aus je zwei selbständigen Teilen commissural verschmolzen sind, und daß ihr sensitiver Anteil auf der Ventral-, ihr motorischer auf der Dorsalseite liegt, welch letztere Angabe aber immer noch gründ¬ lichere Nachuntersuchungen verlangt. Zum Schluß sei der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, daß die Atembewegung der Insekten nach Vulpian von einem 154 Ganglion metathoracicum abhängig sein soll. Faivre verlegte später das Atniungscentrum entgegen Bandelot in das erste Bancbganglion, während das sogen. Ganglion frontale der Schluckbewegung vor¬ stehen sollte. Dönhoff meint wiederum, dass der Sitz des Atmungs- centrums im Kopf lokalisiert sei (Das Atniungscentrum der Houig- biene in Archiv für Physiol. v. Du B oi s- Key in o n d , 1882). Kleinere Mitteilungen. Über Veränderungen in den Lebensgewohnheiten des Bären der Rocky Mountains. Die »Revue Scientifique« (4e serie , Tome XII. No. 15 vom 7. Oktober 1899) berichtet: »Der Bär der Rocky Mountains [vermutlich ist der Schwarze Bär, Ursus americanus , gemeint] wird seit etwa zwanzig Jahren stark gejagt und hat infolgedessen seine Lebensgewohnheiten merklich geändert. Früher war er zahlreich und fürchtete den Menschen nicht, der ihn übrigens gern in Ruhe ließ. Jetzt ist er sehr mißtrauisch. Durch die intensiv betriebene Jagd hat man seine Lebensweise ziemlich genau kennen gelernt. Er bezieht sein Winterquartier nach den ersten starken Schneefällen und beim Eintritt scharfen Frostes, gewöhnlich im November, Ehemals fand er sein Obdach an offenen Orten; jetzt zieht sich der Bär im Winter immer an die Nordseite eines Hügels zurück und wählt mit Vorliebe die Stellen aus, wo sich der Schnee am meisten anhäuft. Er benutzt zuweilen als Versteck eine Höhle oder einen Felsspalt, öfter aber gräbt er sich eine Höhlung von drei bis vier Meter Tiefe. Heutzutage legt er sein Winterquartier fast immer im unwegsamsten und steinigsten Terrain an, das er finden kann, gewöhnlich hoch im Gebirge, in dichtem Fichtenwalde. Der Bär richtet schon beizeiten seinen Unterschlupf her; solange aber nicht Frost eintritt, bewohnt er ihn nicht, sondern treibt sich in der Nähe herum. Schon einen Monat vor dem Beziehen des Winter¬ quartiers frißt er wenig oder nichts, und wenn er sich dann zum Winterschlaf zurückzieht, sind Magen und Eingeweide leer. Der Magen schrumpft zu einer festen Masse zusammen, wie der Kropf eines Vogels, und das Tier bildet gewisser¬ maßen eine Fettmasse, innen und außen. Im Februar oder März, wenn er aus seinem Versteck herauskommt, ist er noch fett wie ein Mastschwein und bleibt so, bis der Sehnee fast verschwunden ist. Bei seinem ersten Ausgange läuft er nicht weit. Mit dem Eintritt warmen Wetters schwindet sein Fett; man hat aber sehr fette Bären noch bis Mitte Mai getroffen, als die Bäume schon grünten. Der Bär lebt fast ausschließlich von Wurzeln, Kräutern u. dgl., verschmäht aber auch Fleisch nicht. W. Wells sagt in »Forest and Stream« Januar 1899: Ich hatte Fleisch als Köder ausgelegt und sah die Bären jede Nacht in fünfzehn Meter Entfernung an der Falle Vorbeigehen, ohne daß sie daran gerührt hätten. Das war vor Mitte Juni; nach dieser Zeit übte das Fleisch eine große Anziehungskraft auf sie aus.« »Auch jetzt noch suchen die Bären Nahrung an offenen Plätzen im Frühjahr, wenn sie nicht beunruhigt werden; das ist weitaus die beste Jahreszeit, um sie zu jagen. Seitdem aber das Tier so stark verfolgt wird, hält es sich gewöhnlich möglichst versteckt. Während des Tages zieht es sich in das dichteste Unterholz 155 und Gestrüpp zurück und liegt dort auf der Lauer, um sich heim geringsten ver¬ dächtigen Geräusch auf und davon zu machen. Wenn früher ein Bär etwas un¬ gewohntes hörte oder sah, stellte er sich auf 'seine Hintertatzen und suchte sich darüber zu orientieren. Ergriff ihn hei einem plötzlichen Geräusch Furcht, so lief er eine Strecke weit, hlieb dann stehen, richtete sich auf und schaute sich um. Ich habe mehrere Bären in dichtem Unterholz erlegt, indem ich mich nahe an sie heranschlich und dann laut sprach, um sie zu erschrecken. Die Bären richteten sich fast immer auf, um die Umgehung zu übersehen, und gaben mir so Gelegen¬ heit, zu zielen und sie in den Kopf zu treffen. Jetzt aber bleibt ein Bär, der eine menschliche Stimme hört, fast nie stehen, sondern entfernt sich, so schnell er kann.» Soweit die »Revue Scientifique«. Ganz anders gebärdet sich der Bär der Rocky Mountains da, wo er geschützt wird und vom Menschen nichts zu fürchten hat. Das ist im Yellowstone Park der Fall, wo die Jagd und sogar das Waffen¬ tragen streng verboten ist. Dr. Franz Doflein veröffentlichte vor kurzem interessante Beobachtungen über den Yellowstone Park und seine Tierwelt (Beilage zur »Allgemeinen Zeitung«, Jahrg. 1899, No. 224, München, v. 2. Oktober), denen ich folgendes entnehme: »Es ist eines der seltsamsten und aufregendsten Schauspiele für den Fremd¬ ling, mitten im Wald oder nahe bei den Hotels einem großen wilden Bären zu begegnen; und dies Schauspiel bietet sich jeden Tag. Denn die in den Wäldern zahlreichen Tiere sind durch die Hotels nicht abgeschreckt, sondern vielmehr an¬ gezogen worden. Keinen Verfolgungen ausgesetzt und jederzeit mit Nahrung wohl versorgt, haben sie gar keine Ursache, den Menschen anzugreifen, und man hat noch von keinem Unglück gehört, das sie angerichtet hätten. Sie kommen in ganzen Herden zu den Abfallhaufen der Hotels, auf die ja die Reste von ganzen Ochsen weggeworfen werden, und zwar kommen sie zu ganz bestimmten Stunden, vor allen Dingen abends und morgens. Dann pflegen sich die Touristen zu ver¬ sammeln, sich an gesicherten Orten mit photographischen Apparaten und Feld¬ stechern aufzustellen und das Schauspiel zu genießen. Das Bild, das sich dann dem fremden Beobachter darbietet, ist sehr merkwürdig, und die Kontraste sind bis zum lächerlichen gesteigert. Abends pflegt der Angelsachse selbst auf der Reise Toilette zum Dinner zu machen , und so Anden wir die New Yorker Damen und Herren in den elegantesten Pariser Toiletten den brüllenden Tieren der Wildnis gegenüber. Ohne Bewußtsein der Gefahr rauscht eine junge Dame in seidenen Kleidern heran und beschaut sich durch eine Lorgnette in graziöser Pose die Bestien, „während ihr Begleiter, ein Jüngling im Cylinder, mit Steinehen nach ihnen wirft. Doch das sind nur Ausnahmen, die Mehrzahl der Touristen sind feste Leute mit einiger Hochachtung vor wilden Tieren. Man kann sich denken, daß es sich hiebei nicht um den Grizzly, den Grauen Bären, handelt. Das ist ein wilder und einsamer Geselle, der die Nähe der Menschen flieht und im Park kaum einmal von Fremden gesehen wird, obwohl er nicht selten vorkommt. Die Bären, die in kleinen Trupps von fünf bis sechs Stück Vorkommen, sind meistens Schwarze Bären ( Ursus americanus ); zwischen diesen, die nicht sehr groß sind, kommt öfters ein gewaltiger Vertreter der braunen Varietät ( Ursus cinnamomus ) vor. Die beiden Varietäten sondern sich durchaus nicht voneinander, sondern laufen in gemischten Trupps zusammen. Außerdem kommt noch der so¬ genannte Silvertip vor, ein dunkler Bär mit silberglänzenden Haarspitzen, von dem die Jäger behaupten, es sei ein Bastard des Grizzly mit dem Schwarzen Bären. 156 Der Schwarze Bär scheint im allgemeinen ein gutmütiger Geselle zu sein; die jungen Leute unter den Touristen erlauben sich mancherlei Keckheiten gegen ihn. Als ich äußerte, ich möchte gern einmal einen Bären im Klettern photo¬ graphieren, trieben sie mir den ärgerlich brummenden Petz mit langen Stangen auf einen Baum und stocherten ihn damit, bis er immer höher stieg und sie schlie߬ lich durch ein gewaltig dröhnendes Gebrüll vertrieb.« P. Hesse. L i 1 1 e r a t u r. Dr. E. B a d e , Praxis der Aquarienkunde (Süß wasser- Aquarium, Seewasser-Aquarium, Aqua-Terrarium). Magdeburg, Creutzscher Verlag (M. Kretschmann), 1899. 8°- 192 pg., 165 Figg., 12 Taf. Bades größerem Buche, dem »Süßwasser-Aquarium«, dessen 2. Aufl. ich im Jahrg. 1899 p. 61 — 62 besprochen habe, folgt das vorliegende Werkchen fast auf dem Fuße. Aber es bringt uns durchaus keine Wiederholung von dessen Inhalt in kurz gefaßter Form, sondern giebt vielmehr eine recht ausführliche Anleitung zu allem dem, was der Anfänger in der Aquarienkunde wissen muß. Es behandelt also nicht etwa die Lebensgeschichte der zu haltenden Pflanzen und Tiere — dazu bedarf es anderer litterarischer Hilfsmittel — als vielmehr die Herstellung, Heizung, Durchlüftung und Reinigung der Aquarien und die dazu notwendigen Hilfsapparate und technischen Kunstgriffe. Daß dabei namentlich auch von der Herstellung künstlicher Felsen, der zweckmäßigsten Anlage der Bodenschicht, der Darstellung des Seewassers, der Reinigung des Wassers und der Besetzung mit Pflanzen und Tieren die Rede ist, soll hier nur angedeutet werden. Überall in dem Buche wird auf das leicht zu Erreichende und Zweckmäßige hingewiesen; für den Anfänger werden die härteren Pflanzen und Tiere besonders empfohlen und für die Fütterung der letzteren und die Zucht von Futtertieren beachtenswerte Winke gegeben. An¬ gaben über Verhütung und Heilung von Krankheiten von Aquarienbewohnern und über die Überwinterung der Terrarientiere bilden neben einem Monatskalender über die laufenden Arbeiten im Aquarium den Schluß des praktischen Büchleins. Gute Abbildungen beleben und unterstützen den Text und werden zur Verbreitung des Werkes namentlich unter den zahlreichen Anfängern in der Aquarienkunde eben¬ falls beitragen. Der in diesem Gebiete geachtete Name des Verfassers und die vornehme Ausstattung, die die rührige Verlagsbuchhandlung dem Buche gegeben hat, werden diesem auch ohne besondere Empfehlung in weiten Kreisen Eingang und Anklang verschaffen. Bttgr. NaumannsNat Urgeschichte derVögelDeutschlands und des angrenzenden Mitteleuropas. Neue Bearbeitung. Herausgeg. v. Dr. C. R. Hennicke. Gera, Verlag v. Fr. E. Köhler in Gera. Bd. VII (1899). Fol. — Preis M. 6.- Es folgt mit diesem Bande eine weitere Fortsetzung des hervorragenden, durch elegante Ausstattung und beispiellose Billigkeit ausgezeichneten Vogelwerkes (wegen der Besprechungen der früher erschienenen Bände VI vergl. diese Zeitschrift Jahrg. 1897 p. 351—352, II desgl. 1898 p. 198—199 und V desgl. 1899 p. 295—296). 15? In ihm haben eingehende Berücksichtigung gefunden auf 207 Seiten, 4 Textfiguren und 20 Tafeln die Gruppen der Ibisse, Flughühner, Trappen, Kraniche und Rallen. Die Ibisse mit dem Löffler ( Platalea leucorliodia ) und dem Sichler (. Plegadis fcdcinellus ) haben als Autor Dr. C. Flöricke', von den Laufvögeln hat Prof. Dr. R. B 1 a s i u s das Steppenhuhn ( Syrrhaptes paradoxus), Sandflughuhn ( Pterocles arenarius), Spießflughuhn (Pt. alchata) und Wustenflughulm (Pt. exustus ) abge¬ handelt, während Jacobi von Wangelin Großtrappe ( Otis tarda), Zwerg¬ trappe (0. tetrax) und Kragentrappe (Hubara macqueeni), sowie den Jungfern- kranich (Grus virgö), Mönchskranich (Gr. leucogeranus ) und den Gemeinen Kranich (Gr. grus) beschreibt. Bearbeiter für das Bläßhuhn (Fulica atro) ist Dr. F. Helm, für das Teichhuhn (Gallinula chloropus ), das Gesprenkelte (Ortygometra porzana ), Kleine (0. parva), Zwerg- (0. pusilla) und Wiesen-Sumpfbuhn (Crex crex) und die Wasserralle ( Rallus aquaticus) wieder Dr. C Flöricke. Einen Nachtrag giebt 0. Kleinschmidt mit der Beschreibung des für Europa ausgestorbenen Schopf¬ ibisses oder Waldraben ( Geronticus eremita ). Die Gattungsbeschreibungen stammen zum größten Teile von Prof. Dr. R. Blasius und Jacobi von Wan gelin, einige auch aus der Feder von Dr. C. Flöricke, Dr. med. C. R. H e n nicke und Dr. F. Helm, während von den 20 Chromotafeln 6 von J. G. Keulemans, 5 von 0. Kleinschmidt, 4 von A. Gör in g und je eine von P. Müller- Kämpff und E. de Maes herrühren. Unter diesen Bildern haben mich diesmal die Abbildungen des Steppenhuhns und der Zwerg- und Kragentrappe, die von A. Go er in g stammen, besonders angesprochen. Die 8 sauber ausgeführten Eier¬ tafeln haben, wie die früheren, A. Reichert zum Verfasser. — Text und Ab¬ bildungen stehen durchaus auf der Höhe der Forschung und der künstlerischen Vollendung; ich brauche zum Lobe des Werkes, das ich bereits wiederholt gespendet habe, nichts weiteres hinzuzufügen. Bttgr. S. Kamensky, Die Cypriniden der Kaukasusländer und ihrer angrenzenden Meere. Lief. I. Tiflis 1899. 8°. VIII, 157 pg., 6 Taf. (russ. u. deutsch). Den früher erschienenen drei Arbeiten1) über kaukasische Salmoniden und die Gattung Alburnus folgt hiermit eine Abhandlung über die Arten von Capoeta Cuv. (3 sp.) und Barbus Cuv. (11 sp. und 4 var.), also aus zwei Gattungen, die durch Artenzahl für die Kaukasusländer von besonderer Wichtigkeit sind. Fast alle behandelten Stücke liegen in der Sammlung des kaukasischen Museums zu Tiflis. Nicht bloß von Barbus ist, wie bekannt, der Rogen giftig, sondern auch von den Gattungen Capoeta und Schizothorax. Als neu werden beschrieben Barbus tauricus Kessl. var. rionica n. und var. artvinica n. , B. cyri de Fil. var. tiflissica n. und var. chaldanica n., B. taprovanicus n. sp., B bortschalinicus n. sp., B. zurzunicus n. sp., B. armenicus Kessler n. sp. und B. angustatus n. sp. Die beigegebenen Tafeln sind gut kenntlich, wenn auch ein bischen matt, in Phototypie hergestellt. Bttgr. 9 Yergl. Zool. Garten 1898 p. 168 und 189 9 p. 95. 158 Nekrolog. Dr. phil. Emil August Buck, f Am 17. Dezember wurde in Konstanz ein einfacher Gelehrter zu Grabe getragen, der weitab vom Getriebe der Welt in stiller Beschaulichkeit gelebt und gewirkt hatte. Der äussere Lebensgang E. Bucks, den unser Blatt zu seinen ältesten Mitarbeitern zählen durfte, war ungemein einfach. Geboren am 20. April 1840 in Metz (Lothringen) kam der von Jugend auf überaus schwächliche Knabe in seinem fünften Lebensjahre nach Frankfurt (Main), wo er erst spät in einer Privatschule und z. T. auch durch Hauslehrer Unterricht genoß. 1856 entschloß er sich Landwirt zu werden. Da dieser Thätigkeit aber seine körperliche Schwäche und Kränklichkeit unüberwind¬ liche Schwierigkeiten entgegensetzte, trat er bald darauf in die kaufmännische Lehre. Auch dieser Beruf ließ in ihm keine rechte Freudigkeit aufkommen ; mit immer mehr, wachsendem Eifer widmete er sich, angeregt durch die Vorlesungen der Senckenberg. Naturf. Gesellschaft, zoologischen Studien. So kam es, daß, als ihn 1868 der Tod seiner Eltern selbständig machte, er sich schon in so frühen Jahren von jeder gewinnversprechenden Thätig¬ keit zurückzog und sich überaus bedürfnislos mit bescheidenen Mitteln fortan ganz der Beobachtung namentlich der niederen Tierwelt ergab. In ernster Arbeit die Lücken in seiner Bildung allmählich ausfüllend brachte er es schließlich so weit, daß er, wenn auch spät (1875), die Universität Zürich besuchen konnte, wo er sich 1877 durch Fakultätsexamen und eine Arbeit über Rhizopoden die philosophische Doktorwürde erwarb. Anfangs der siebziger Jahre sehen wir ihn auch die Stellung eines Sektionärs für Herpetologie am Museum und des Schriftführers der Senckenberg. Naturf. Gesellschaft bekleiden. Im Jahre 1882 siedelte er von Frankfurt nach Konstanz über, das er bis zu seinem Tode nicht mehr verlassen hat. Hier gründete er 1884 nach dem Muster des Frankfurter Vereins für natur¬ wissenschaftliche Unterhaltung eine Gesellschaft »Salamandra«, deren Haupt und Seele er bis zu ihrer Ende 1893 erfolgten Auflösung blieb. Von hier aus erfreute er zahlreiche örtliche und benachbarte wissenschaftliche Vereine mit zoologischen Vorträgen, und hier verfaßte er auch seine so liebevoll ausgearbeiteten Aufsätze, die sich in erster Linie auf die Lebensweise win¬ ziger oder wenig beachteter oder schwierig zu haltender Süßwasserbewohner beziehen. Neben den Arbeiten in unseren Jahrgängen 1875 p. 17—20, 90—92, 251—252, 409-410, 1879 p. 185-144, 1889 p. 289-296, 327- 338, 1890 p. 46-53, 83-91, 143-154, 363—368, 1891 p. 289—297, 1892 p. 48-49, 229-232, 1895 p. 65-71, 1896 p. 248—250 und 1897 p. 293—294 und 353—361, die sich über Bau, Instandhaltung und Durch¬ lüftung von Aquarien, sowie über deren Bewohner aus der niederen Tierwelt verbreiten, aber auch über Zucht und Fütterung von Fischen und über das Seelenleben höherer Tiere Beobachtungen bringen, hat der Verstorbene noch im Jahresbericht des Offenbacher Vereins für Naturkunde 1895 Mitteilungen 159 über Süßwasserschwämme und deren Züchtung gemacht. Zahlreiche Auf¬ sätze von seiner Hand finden sich auch in den Zeitschriften »Isis« (1887 — 1889), »Natur und Haus« (1894— 1897) und »Blätter für Aquarien- und Terrarienkunde« (1894 — 1896) und im Bericht der Senckenberg. Naturf. Ge¬ sellschaft, deren korresp. Mitglied er war und der er auch seine Bücher und sein Mikroskop letzt willig vermacht hat. Die Biologie verdankt dem Verstorbenen manche subtile und feinsinnige Beobachtung, die Aquarienkunde verliert in ihm einen ihrer Begründer und unermüdlichsten Apostel. Buck war eines der merkwürdigsten Originale und zugleich ein Ideal von wissen¬ schaftlicher Gewissenhaftigkeit. Seine zoologischen Kenntnisse hat er sich durch eifriges Selbstudium erworben. In der letzten Hälfte seines Lebens war er ein überzeugter und strenger Vegetarianer, und dieser Lebensführung schrieb er auch die kindliche Heiterkeit seines Gemütes und die reiche Schaffensfreude zu, die ihn beseelte. Er hat viele Freunde zurückgelassen, die er bei festlichen Gelegenheiten gern mit Proben seiner humoristischen Muse erfreute. Sein Gemüt war überaus empfänglich für alles Gute und Schöne, aber mit wahrem Entzücken versenkte er sich immer und immer wieder in das Thun und Treiben der mikroskopischen Lebe weit, deren ver¬ borgene Thätigkeit er nicht müde wurde zu durchforschen. Und den Genuß, den er bei diesen Studien empfand, suchte er beredten Mundes in Wort und Bild anderen zu übermitteln. Wie er selbst stets aufs neue durch die Natur¬ beobachtung begeistert und befriedigt wurde, drängte es ihn, auch anderen diesen Jungbrunnen dauernden Genusses zu erschließen. Alle aber, die ihn gekannt haben, haben ihm reiche Anregung zu verdanken und werden sein Andenken in Ehren halten. Bttgr. Erklärung. Um Irrtümern vorzubeugen, erkläre ich hierdurch zu meinem Artikel »Be¬ obachtungen an einigen Tritonen und Triton enlarven« in Nr. 2 des Zool. Garten 1900 folgendes: 1) Ich habe Triton blasii und Tr. marmoratus nie selbst besessen; meine Beobachtungen an diesen Tieren, bezw. ihren Eiern und Larven sind unter per¬ sönlicher Anleitung des Herrn Gustos Dr. Wolter stör ff an den Aquarien der »Zoologischen Station« des Naturwissenschaftlichen Museums zu Magdeburg an gestellt worden. Auch die Mitteilungen über Tr. cristatus carnifex und Tr. boscai beziehen sich ausschließlich auf Material des Herrn Wolterstorff, bezw. auf Eier und Larven, welche ich der Güte des genannten Herrn, gelegentlich meines Aufenthaltes am Magdeburger Museum verdankte. 2) Wegen der ohne Wissen und Erlaubnis des Herrn Dr. Wolterstorff ver¬ öffentlichten Mitteilungen über diese Molche bitte ich genannten Herrn hierdurch um Entschuldigung. Wehrstedt p. Halberstadt, 16. 8. 1900. F. Laesecke. 160 Eingegangene Beiträge. Geh. Reg.-R. E. Fr. in Berlin. A.uch die zweite Notiz habe ich gern angenommen und benutzt. — Dr. ß. L. in H., Ph. Sch. in D., Dr. med. Sch. in N. (3 Arbeiten), Dr. H. M. v. K. in N. Y. (Ver. St.), Dr. Fr. W. in W., C. G. in M. (Rußland), Koram.-R. Dir. H. CI. in K., Prof. Dr. F. H. in Fr., Th. K. M. in G. und Dir. Dr. EL B. in H. Beiträge dankend erhalten. — Dr. P. D. in D. Der Text ist da, aber die dazu gehörigen Stöcke sind noch nicht eingetroffen. — Dr. W. W. in M. Die gewünschte Erklärung finden Sie in dieser Nummer. Bücher und Zeitschriften. Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E. Beck-Corrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. XXIV. Jahrg. 1900. No. 7—11. Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr. J. Victor Carus. Leipzig. Wilhelm Engelmann. XXIII. Jahrg. No. 607—609. O r n i t h o lo gische Monatsberichte. Herausg. v. Prof. Dr. Ant. Reichenow. VIII. Jahrg. 1900. No. 3. D i e g e f i e d erte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber, -Züchter und -Händler in Magdeburg. Begründet von Dr. K. Ruß. Jahrg. 29, 1900, No. 2—10. Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Ilorace Cox in London. Vol. 95, 1900. No. 2459—2464. Prof. Dr. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre. Stuttgart, W. Kohlhammer. 19. Jahrg. No. 3. Natur und Haus. 111. Zeitschrift für alle Naturfreunde. Herausg. v. Max Hesdörffer. 8. Jahrg. Heft 9 12. Berlin, Verlag v. Gust. Schmidt, 1900. The American Journal of Science. Edit. Edw. S. Dana. 4. Ser. Vol. 9. No. 49- 51. New Haven, Conn. 1900. Allgemeiner Bayerischer Tierfreund. Herausg. v. F. Ott. Würzburg 1900. Jahrg. 25, No. 6—11. Ornithologisches Jahrbuch. Herausgeg. v. V. Ritter v. Tschusi zuSchmid- hoffen. Jahrg. 11, 1900. Heft 1. Deutsche Botanische Monatsschrift. Herausgeg. v. Dir. Dr. G. Leimbach. Arnstadt (Thür.), 1900. 18. Jahrg., Heft 2. Zoological Society of London. Sitz.-Ber. v. 6. u. 20. Febr. u. 6. März 1900. N erthus, 111. Wochenschrift f. Pflanzen- u. Blumenfreunde, Aquarien-, Terrarien- u. Vogel¬ liebhaber. Herausg. v. Kriele u. Adolf f. Altona-Hamburg. II. Jahrg., 1900, No. 6— ll. 1 1 1 u s t r. Zeitschrift f. Entomologie. Herausgeg. v. Dr. C h r. Schröder u. U. Lehmann. Neudamm, 1900. Bd. 5. No. 3-5. Dr. F, Schaudinn & Dr. F. Römer, vorläufiger Bericht über zoologische Untersuchungen im nördl. Eismeer im Jahre 1898. — Sep.-Abdr. Leipzig, Verl. v. W. Engelmann 1900. 8°. 21 pag. S. Kamensky, Die Cypriniden der Kaukasusländer und ihrer angrenzenden Meere. Lief I. Tiflis 1899. 8°. VIII, 157 pg., 6 Taf. L. Berg, Beiträge zur Ichthyofauna des Kaukasus, in: Mitteil. d. Kaukas. Museums, herausg. v. Dr. G. Radde. Bd. 1, Lief. III. Tiflis 1898. 8°. 80 pg. Bericht über das Kaukas. Museum etc. f. d. Jahr 1899. Tiflis. 1900. 8°. 17 pg. Hundezucht und Sport. Blätter für Kynologie u. Weid werk. Herausg. v. F r. S e i t z , Mannheim. 2. Jahrg;. 1900. No. 1—5. — Preis jährl. M. 6.— Der Weidmann. Blätter f. Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. Dr. Müller- Liebenwalde. Verlag v. G. Reuter, Beriin-Charlottenburg, 1900. Jahrg. 31, No. 19 u. 22—25. Deutscher Tierfreund. — Illustr. Monatsschrift f. Tierschutz u. Tierkunde. Herausgeg. v. Dr. R. Klee u. Prof. Dr. W. Marshall. Leipzig 1900, Jahrg. 4, No. 1 u. 3. Jahresbericht ,der Ornithologischen Gesellschaft in Basel 1899. Basel, Basler Druck- u. Verlags-Anstalt 1900. 8°. 54 pg. N. Zuntz & K. Knauthe, Eine neue Methode zur Bonitierung von Fischteichen. — Sep.- Abdr. aus Fischerei-Zeitung Bd. 3, No. 7. 1900. 8°. 2 pg. 68. Annual Report of the R. Zoological Society of I r e 1 a n d for 1899. Dublin, Univers. Press, 1900. 8°. 71 pgg., 7 Fig., Taf. Verhandlungen d. K. K. Zool. - Botan. Gesellsch. in Wien. Herausgeg. v. Dr. C. Fritsch. Bd. 50, 1900, Heft 1. Dr. E. Bade, Die mitteleuropäischen Süßwasserfische. Mit 65 Taf., 2 Farbtaf. u. über 100 Figg. Berlin, Verlag v/H erm. Walther (Friedr. Bechly), 1900. 6°. Lief. 1-2 (compl. in 20 Lief, ä M. 0,50). Proceedings of the Royal Society. London, 1900. Bd. 65, No. 422— 423. Bd. 66, No. 424—426. 83. u. 84. Jahresbericht d. Naturf. Gesellschaft inEmden für 1897/99. Emden, Th. Hahn Wwe., 1899. 8°. 45 pg. Jahreshefte des Vereins f. Math. u. Natur w. inUlm. Jahrg. 9, Ulm, Wagnersche Buchdr., J899. 8°. 93 pg. Mitteil. d. Deutsch. Gesellsch. f. N a t.- u. Völkerk. Ostasiens. Bd. 7, Teil 3. Tokyo, 1899. 8°. Zusendungen werden direkt an die Yerlagsliaudlung erbeten. Nachdruck verboten. Druck von Reinhold Mrhlau, Fa. Mahlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M. Der Zoologische Garten (Zoologischer Beobachter.) Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere. Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands. Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt. N°- 6. SLI. Jahrgang, Juni 1900. I n li a 1 I. Ein Gang durcli den Zoologischen Garten zu Berlin; von Theodor Knottnerus Meyer in Gerbstädt (Mansfelder Seekreis). — Moderne Tierdressur; von Joset' v. Pley el in Wien. — Einiges.über den Storch; von Dr. VictorHornungin Münster i. W. — Das Leben der Frösche unter dem Wasser; von Oberlehrer Dr. M. Levy in Frankfurt a. M. — Der neue Zoologische Garten von New York; von Dr. Hanns M. von Kadich in New York, Maspeth, U. S. (Mit einer nach der Natur von Conradine von Kadich aufgenommenen Plan¬ skizze). — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur. — Nekrolog. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. Ein Gang durch den Zoologischen Garten zu Berlin. Von Theodor Knottnerus - Meyer in Gerbstädt (Mansfelder Seekreis). Bei meiner letzten, längeren Anwesenheit in Berlin habe ich Gelegenheit genommen, den dortigen Zoologischen Garten häufig zu besuchen, und glaube, daß es deu Lesern des »Zoologischen Gartens« nicht uninteressant sein dürfte über diesen größten und in vielver¬ sprechender Entwickelung befindlichen deutschen Garten etwas zu hören. Ist er doch auf dem Wege, zu dem ersten Institut des Kontinents zu werden kraft seiner energischen und verständigen Leitung, wie dank des Interesses und der Opferwilligkeit der wohl¬ habenden Bevölkerung der Reichshauptstadt. Betreten wir von dem Haupteingang Kurfürstendamm den Garten, so fällt zunächst das neue, in indischem Stil gehaltene Thor mit den beiden ruhenden Elefanten und das neue Direktious- und Wirtschaftsgebäude ins Auge, die mit ihrem hellen Verputz, der reichen, in dunklem Rot gehaltenen Holzarchitektur, sowie deu sich in Naturfarbe präsentiereuden roten Ziegeldächern einen freundlichen und zugleich imposanten Eindruck machen. Tritt man durch das Thor, so gelangt man in die sogenannte Dreisternpromenade, Zoolog. Gart., Jahrg. XLI. 1900. 1 1 162 in deren Mittelpunkt sich ein Musikpavillon in Form eines Chinesischen Tempels erhebt. Eine Promenade von gleicher Schönheit ist wohl in keinem zweiten deutschen zoologischen Garten zu finden. Sie ist abends wie der ganze Garten elektrisch beleuchtet. Vom Standpunkte des Tierfreundes ist sie eine Verschwendung an Raum , die aber leider hier für das nur Konzert liebende Publikum nötig ist. Wenden wir uns nun den Tieren zu! Halbrechts von der Prome¬ nade gelangen wir zum großen Raubtierhaus. Es ist ein freundlicher, hübscher Bau, an dem Licht und Luft nicht, wie leider so oft, ge¬ spart sind. Es fehlt deshalb hier der vielen anderen Raubtierhäusern eigentümliche Ammoniakdunst. Neuerdings hat man das Haus der¬ artig ausgebaut, daß sich au beiden Seiten Außenkäfige befinden. Die neuen Außenkäfige sind größtenteils ohne Innenkäfige und zur Aufnahme im Norden lebender und deshalb im Freien überwintern¬ der Arten bestimmt. Alle sind mit strohgefüllten Hütten versehen. Der Boden besteht aus Beton, der mit Sand überschüttet und der¬ artig geneigt ist, daß er sich leicht entwässert. Der Reichtum an großen Katzen, den dieses Haus birgt, wird von keinem zweiten Garten erreicht. Von Löwen ( Felis leö) finden wir drei geographische Abarten, den Kaplöwen, den Somalilöwen und den Ostafrikanischen Löwen. Letzterer ist mit einem Bruder, den jetzt der Zoologische Garten zu Hannover beherbergt, ein Ge¬ schenk des Majors von Wissmann, also ein importiertes Tier, und verspricht, seine beiden Vettern, herangewachsen, zu überholen. Diesem lobenswerten Streben der Direktion, die großen Katzen in möglichst vielen geographischen Abarten zu zeigen, ist auch die reiche Sammlung von Tigern (Felis tigris) , die nicht weniger als sechs Abarten um¬ faßt, zu verdanken. Neben einem prachtvollen Königstiger sehen wir den viel kleineren, leichter gebauten Sunda-Tiger, beides Ge¬ schenke hochherziger Gönner des Gartens, und, gleichfalls ein Ge¬ schenk, eine Chinesische Tigerin, ein noch junges Tier. Die letztere, sowie die drei nordischen, beziehungsweise Hochgebirgs - Tigerarten sind ständig im Freien. Es sind dies ein Paar Turkmenische Tiger vom Aralsee, langbehaarte Tiere mit Bart und Nackenmähne von hohem, aber kurzem Körperbau. Charakteristisch und unverkennbar sind sie durch eine Art Mopsgesicht, das durch auffallende Verkürzung des Schnauzenteils entstanden ist und das sie mit dem Persischen Löwen gemeinsam haben sollen. Leider ist aber dessen Geschichte, wie die aller westasiatischen Fehden noch zu wenig erforscht. An langer Behaarung ihm gleich steht das prächtige Paar Sibirischer 163 Tiger, das durchaus dem Bengalischen Tiger an Größe gleichkommt, während es eine dreifach so starke Behaarung zeigt. Dieses Paar, iu einem der prächtigen, glasgedeckten, großen Eckkäfige gehalten, bietet zur Zeit ein reizendes Bild vom Familienleben dieser »wilden« Tiere. Zusammen mit den Eltern tummeln sich drei prächtig her- anwaehseude Junge. Und zwar ist es besonders der Vater, der sich ihnen widmet. Sollte man nicht auch in anderen Gärten mit der alten Methode der Trennung von Männchen und Weibchen bei der Geburt von Jungen brechen können? Es ist doch ein bedeutend reizvolleres Bild, so eine ganze Familie zusammeu zu sehen. Als sechste Abart reiht sich den fünf aufgezählten ein Altai-Tiger, ein stämmiger, untersetzter Bursche, an. Von Leoparden sind sechs Abarten vertreten: ein indisches Männchen, ein Weibchen von der ostafrikanischen Küste, ein Männchen aus dem Seengebiet. In den Außenkäfigen sind untergebracht der durch weißgelbe Grundfarbe dem Irbis sehr ähnliche, langbehaarte Persische Leopard, daneben der sattgelbe Mantschuren- Leopard, heimisch in Nordchina und Korea. Das Haus beherbergt dann noch im Inneren den langschwänzigen Sundapanther und dessen schwarze Varietät. Auch vom Silberlöwen (Felis concolor) sind zwei Formen, und zwar die kleine tropische, rot gefärbte und die graue patagonische, vertreten. Außerdem sind noch schöne Exemplare von Gynaelurus guttatus und Felis onca vorhanden. Das Weibchen des Jaguars ist — gewiß ein seltenes Ereignis! — Mutter geworden und widmet sich der Aufzucht seiner munteren Jungen. Das Brandunglück im Raubtierhause, über das die Leser aus der Tagespresse erfahren haben werden, hat leider den Tod des prächtigen Jaguar- Männchens und einer Löwin zur Folge gehabt, während ein Puma starke Brand¬ wunden davongetragen hat und ein Löwenpaar, besonders das männ¬ liche Tier, an drei Füßen verbrannt, noch schwer darniederliegt. Hoffentlich werden die zahlreichen Gönner des Gartens nicht versagen, wenn es gilt, den Schaden an Baulichkeiten und den Verlust an Tieren wieder auszugleichen. Unmittelbar neben dem Raubtierhause erhebt sich der große Bärenzwinger. Durch seine geräumigen, hellen, mit Bassins ver¬ sehenen Käfig unterscheidet er sich vorteilhaft von anderen Zwingern, die mit Recht diesen Namen verdienen. Neben prächtigen Exem¬ plaren von Ursus maritimus und U. arctos , das Weibchen ein Geschenk Sr. Majestät des Kaisers, sind hier ein Ursus syriacus und eine Spiel¬ art des Ursus arctos , der sogenannte Jesso-Bär, zu finden. Letzterer 164 im Typus mehr dem Grizzly ähnlich und als Ursus behringianus be¬ stimmt, ist ein imposanter Kerl und an Größe dem braunen Petz überlegen. Von den Bären geradeaus weitergehend gelangt man zum alten Vogelhaus, einem unscheinbaren, unmodernen Bau, der zur Zeit einer bunten Gesellschaft aus verschiedenen Tierklassen Unterkunft gewährt. Mangelhafte Ventilation, schlechte Beleuchtung und beschränkter Raum kennzeichnen dieses, wie so manches andere alte Tierhaus. Hoffent¬ lich wird es bei den Umgestaltungen und Neubauten im Garten auch sein Ende finden. Von seinen ursprünglichen Bewohnern, den Vögeln, enthält dieses Haus noch exotische Tauben, eine große Anzahl Hühnervögel, sowie kleinere Stelzvögel. Neben vier verschiedenen Hokkoarten ( Crax ) finden wir hier den brasilianischen Mitu ( Ourax tuberosa) und vier Rallenarten, den Gattungen Ballus , Ocydromus und Eulabeornis angehörend. Unter einer großen Anzahl Hühnern erwähne ich vier Arten der Gattung Perdix , sowie drei der Gattung Crypturus, Straußhühner aus Süd-Amerika. Von Tauben sind neben der prächtigen Krontaube (G-oura coronata) und einer großen Anzahl farbenprächtiger Exoten, worunter u. a. vier Arten der Gattung Carpophaga , die Felsentaube ( Columba livia ), sowie ihre nächsten Verwandten aus Indien, Afrika und Süd-Amerika vertreten. Von Stelz¬ vögel u ist als große Seltenheit der Veilchen-Reiher aus Süd-Amerika ( Nycticorax cayennensis) zu nennen und neben ihm der Kahnschnabel (. Nycticorax cancrophagus ), beides Vertreter der in vieler Beziehung so eigentümlichen brasilianischen Fauna. Unter anderen Reiherarten interessiert vor allem der aus allen Reiseerzählungen bekannte Kuh¬ reiher ( Ardea ibis ), der sich stets in der Nähe der großen, Wasser liebenden Tropentiere aufhält und diesen nach dem Bade das Un¬ geziefer absucht. Vom europäischen, kleinen Silberreiher ist er nur durch den gelben Schnabel verschieden. Von der Gattung Ibis , sowie der nahe verwandten Gattung Plegadis sind je drei Arten vor¬ handen. Zum Schluß muß ich noch die in den Außenvolieren unterge- gebrachten Zuchtexemplare von Mönchssittichen, Nymphen- und Wellensittichen erwähnen, denen der ständige Aufenthalt im Freien augenscheinlich gut bekommt. Damit ist der Bestand an Vögeln erschöpft. Der übrige Teil des Hauses, sowie ein Teil der Außenkäfige birgt Nagetiere, Beutel¬ tiere, kleine Raubtiere, Zahnarme, Affen und Ursäuger, ein buntes Gemisch verschiedenartigster Tierordnungen. 165 Den Vogelkäfigen gegenüber sind eine große Anzahl Käfige für Nagetiere und kleinere Raubtiere in zwei Stockwerken übereinander hergerichtet. Hoffentlich ist diese ganze Einrichtung nur als Provi¬ sorium anzusehen, da sie zu sehr den Eindruck des Menagerieartigen macht und die Käfige besonders für die größeren Arten der kleinen Raubtiere zu wenig Raum bieten. Ob es überhaupt ein glücklicher Gedanke war, diese kleinen Raubtierarten mit Fischfressern aus dem Vogelreiche in einem Hause uuterzubringen, möchte ich sehr bezweifeln. Und der Dunst in diesem Hause bestätigt die Richtigkeit meiner Ansicht. Von Nagetieren ist zunächst in den eben erwähnten Käfigen eine hübsche Sammlung ausländischer Eichhörnchen — es sind sieben Arten der Gattung Sciurus , darunter in einem Außenkäfig das Sibi¬ rische Eichhorn (Sciurus varius Pall.) und eine Art der Gattung Sciuropterus — untergebracht. Größtenteils in der unteren Käfigreihe befinden sich die kleinen Raubtiere. Neben zu geringem Raume haben diese Käfige noch den Fehler, daß sie trotz der notorischen Bissigkeit und auch Wildheit ihrer Bewohner ohne Schutzschranke gegen das Publikum hin sind, und daß andererseits scheuere Tiere durch das Herantreten des Publi¬ kums bis unmittelbar ans Gitter unnötig geängstigt werden. Zwei Galictis- Arten, G. vittata und barbara , sechs Arten der Gattung Herpestes , darunter neben dem Herpestes ichneumon das Kamerun- Ichneumon (Herpestes pluto), eine der größten Arten, drei Genetta-, sowie vier Paradoxurus- Arten hausen hier nebeneinander. Neben zwei Crossarchus- Arten ist dann noch das Scharrtier (Phyzaena tetradactyla) aus Süd- und Mittelafrika, der Wickelbär ( Cercoleptes caudivolvulus) und als Seltenheit das einzige eingeborene Raubtier Madagaskars, die Fossa (Cryptoprocta ferox), zu erwähnen. Neben den Sciurus- Arten in der oberen Käfigreihe sind noch einige Raubbeutler- Arten untergebracht, zwei JDidelphys - und zwei Phalangista- Arten, ein Beutelinarder ( Dasyurus maugei) und ein Beutel-Nager, das Beutel-Eichhorn (Belideus arid). Diese Beuteltiere zusammen mit dem in einem Nebenraume des Hauses untergebrachten Beuteldachs sind augenblicklich, da Kängu¬ ruhs ganz fehlen, die einzigen Vertreter der großen Beuteltierordnung. Hoffen wir, daß für diese augenblicklich so vernachlässigte Tiergruppe in dem geplanten neuen Beuteltierhause ein ebenso schönes wie zweckmäßiges Heim erstehen möge. Mit dem schon erwähnten Beuteldachs teilt den Nebenraum der durch Haackes berühmte Entdeckung 1884 als eierlegendes Säuge- 166 tier erkannte Schnabeligel (Echidna hystrix) und eine Anzahl empfind¬ licher kleiner Affen und Halbaffen. Diese Tierchen sitzen in verglasten, geheizten Käfigen und fühlen sich augenscheinlich recht wohl. Unter der reichen, schönen Sammlung will ich nur erwähnen das zweizehige Faultier (Choloepus didactylus), den Nachtaffen ( Nycticebus vocifercms), das Totenkopf äff chen ( Chrysothrix sciurea ), in drei schönen Exem¬ plaren vertreten, und die Wüstenspringmaus ( Dipus aegyptius). In einem engen, alten Gebauer muß hier auch ein kleines Wiesel die Tage seiner Gefangenschaft vertrauern. Sollte sich denn für unsere einheimischen Tiere nicht auch bessere, würdigere, nicht so vogel¬ händlermäßige Unterkunft finden lassen ? In den Außenkäfigen der Südseite sah ich noch ein Paar prächtige Fenneks ( Canis zerdo ), die hier, obwohl in einem nur teilweise verglasten Käfig, sich sehr wohl fühlen und sich bereits fortgepflanzt haben. Den großen Mittelkäfig bewohnt eine große Anzahl Lemuren, die, auch stets im Freien, sich ebenfalls wiederholt fortgepflanzt haben. Unter anderen nenne ich Lemur varius, L. macaco , L. albifrons , L. mongoz und, in einem besonderen Käfig untergebracht, L» cuttci. Unmittelbar an dieses Haus anschließend liegen die zum größten Teil neugeschaffenen Hirschparks mit ihrer wohl unübertroffen arten¬ reichen Bewohnerschaft. Zunächst dem Hause liegt das in Holzarchi¬ tektur erbaute, schöne Haus für kleine Hirsche. Es beherbergt den Cervus reevesi , den Gervus muntjac aus China, beziehungsweise aus Indien, und die beiden südamerikanischen Spießhirsche, den Roten {Subulo rufus) und den Grauen ( Subulo nemorivagus). Das anschließende kleine Hirschhaus, ebenfalls in wirkungsvoller Holzarchitektur neu erbaut, birgt neben unserem Reh ( Cervus capreolus) auch Exemplare dieser Art aus dem Kaukasus. Das große Hirschgehege, das Haus in derselben ansprechenden Architektur wie die beiden kleinen Häuser, hat schöne Exemplare des Milu (Elaphurus davidianus ), der meines Wissens sonst uur noch im Kölner Tiergarten gezeigt wird, aufzu¬ weisen. Neben ihm fällt der Leierhirsch {Cervus eldi) auf, so benannt nach seinem eigentümlich gebildeten Geweih, bei dem die einzig vorhandene Sprosse, die Augensprosse, keinen Winkel zur Stange bildet, sondern die Stange in sanftem Bogen gleichsam in die Sprosse übergeführt wird und umgekehrt. Sonst nenne ich noch Cervus moluccensis, auffallend durch spröde, grobe Behaarung und sehr rauhes Geweih, ein besonders schönes Exemplar, sowie Cervus sika und Cervus dama in allen drei Varietäten. Außerdem ist noch der in 167 mehreren geographischen Formen vertretene Cervus aristotelis zu er¬ wähnen. Die größten echten Hirscharten, die prächtigsten Vertreter der Cerviden befinden sich im alten, aber doch sehr ansprechenden Hirschhause. Cervus elaphus ist neben der braunen auch in der weißen Form vorhanden. Seine nächsten Verwandten sind die schon zu den Wapitis gezählten Cervus asiaticus und xanthopygus , vom Altai, beziehungsweise aus Schantung stammend. Beide genannten hier vertretenen Arten sind wohl als Übergangsformen von Cervus elaphus zu den echten Wapitis ( Cervus canadensis) anzusehen. Das vorhandene Rudel ist ein Geschenk des Fürsten Ferdinand von Bul¬ garien. Neben diesem Hirschpark befindet sich der mit einem zahl¬ reichen Rudel Rentiere ( Cervus palmatus) bevölkerte Rentierpark, dem Naturell und Geschmack der Tiere entsprechend unter schattigen Bäumen gelegen. Einige Schritte führen zu dem neuen Haus für Kamele, Anti¬ lopen und zartere Rinder. Das in weißem Verputzbau und rotem Ziegel aufgeführte, freundliche Haus ist auch eine Neuschöpfung des Gartens. Leider ist es nicht zum Betreten durch das Publikum ein¬ gerichtet, was um so mehr zu bedauern ist, da eine große Anzahl von Tieren im Winter im Stall bleiben muß? also lange Zeit nicht gezeigt werden kann. Von Kamelen sind hier vertreten Camelus dromedarius und C. bactrianus, in der braunen, wie in der stattlichen weißen Form. Von Rindern sah ich hier die Anoa (Anoa depressi- cornis) von Celebes, jener durch seine merkwürdige Tierwelt ausge¬ zeichneten Insel. Das hübsche Paar, ein hochherziges Geschenk, hat sich bereits in einem netten Kälbchen fortgepflanzt. Von Antilopen treffen wir folgende Arten : Nylgau ( Boselaphus tragocamelus), ferner Gazella cuvieri und subgutturosa, Antilope cervicapra und unctuosa , den durch stets fettiges Haar ausgezeichneten Wasserbock, und den westafrikanischen Rietbock ( Cervicapra redunca). Ferner sind in diesem Hause zu treffen eine Anzahl Schopfanti¬ lopen oder Ducker, nämlich Cephalophus coronatus , campbelli und dorsalis. Die vierte Art, C. hauxivelli , befindet sich im nahe gelegenen großen Antilopenhause. Dieses ist jedenfalls ein Mustergebäude in seiner Art. Viel Licht und Luft mit freundlichem Grün im Innern sind charakteristisch für das prächtige Gebäude. Merkwürdig aber kontrastiert mit dem sonst so vornehmen Hause der in der Mitte befindliche glasgedeckte freie Raum. Dieser, der sich durch Bepflanzung zur dekorativen Ausstattung des Gebäudes gut verwerten ließe und der auch durch 168 viel Licht sehr geeignet zur Bepflanzung' ist, dient augenblicklich zur Aufbewahrung alter Transportkasten. Ferner stehen hier Gießkannen, Waschbecken u. s. w. herum. Kurz, der Zustand ist des schönen Hauses unwürdig und verstößt gegen jedes ästhetische Gefühl. Auf der einen Seite des in der Mitte durch einen Durchgang geteilten Raumes steht ein Tisch, auf dem Käfige für die schon erwähnte Zwergautilope und das Zwergmoschustier ( Tragülus menimna) her¬ gerichtet sind. Die Krone der Sammlung au großen Antilopen bildet die Giraffe (Camelopardalis giraffa), die in einem Exemplar vertreten ist. Bei der augenblicklichen Seltenheit dieser Tiere auf dem Tiermarkt ist die Giraffe eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges. Hoffentlich werden die Siege der Engländer und der Tod des Mahdi die segensreiche Folge haben, daß der Sudan dem Handel, besonders dem Tierhandel wieder erschlossen wird und die Giraffen wieder häufigere Gäste unserer Gärten werden. Von den sonstigen Insassen des Antilopen¬ hauses nenne ich prächtige Exemplare der Elen-Antilope ( Oreas canna) , den in seiner südafrikanischen Heimat schon fast ausge- rotteteu Bläßbock ( Damalisius albifrons) und ferner den Buschbock (Tragelaphus sylvaticus) in einem hübschen Pärchen mit hier ge¬ borenem Jungen. Auch die Säbelantilopen (Oryx leucoryx) haben sich fortgepflanzt. Von Gnus sind beide Arten vertreten, Conno- choetes gnu und C. taurina. Endlich erwähne ich noch die Schrauben¬ antilope ( Addax nasomaculatus). Interimistisch bis zur Vollendung des vielversprechenden Felsens für Lamas uud Wildschafe sind hier noch Auchenia guanaco und A. paco in je einem Exemplar untergebracht, und als Rarität ist noch zu nennen der Wifimann-Esel, auf dem unser bekannter Afrika- Reisender seine letzte Expedition ins Hinterland gemacht hat. Aus dem Antilopenhaus tretend halten wir uns links und ge¬ langen vorbei au dem neu erbauten Kamelhause zu der einzig schönen Rindersammluug des Gartens. Den vordersten Teil des Geheges bildet der Wisentpark, bevölkert von einer ganzen Familie des Wisents ( Bison europaeus). Diese Tiere, die einzigen in deutschen zoologischen Gärten, sind ein hochherziges Geschenk des Zaren Alexander II. Dieser Park ist ein Hauptanziehungspunkt für alle Tierfreunde, und der Anblick des Wisents wie der im Nachbarpark hausenden amerikanischen Bisons (B. americanus) erfüllt jeden, der Sinn für Natur hat, mit Wehmut im Ge¬ danken daran, wie in kurzer Zeit zwei so hervorragende Tierarten dem Menschen zum Opfer gefallen sind und ihrem baldigen Aussterben ent- 169 gegeugehen. Wisent und Bison sind wohl die imponierendsten Gestalten unter allen Rindern! Der anschließende Büffelpark birgt neben dem Bos bubalus , dem B. gaurus und dem Gayal ( B . frontalis) als große Seltenheit ein Paar prächtige Arni-Büffel ( Bubalus arm) aus Hinter¬ indien. Sie sind das Geschenk eines Gönners. In den folgenden Parks sind noch Yaks ( Bos grunniens ), darunter ein prachtvoller weißer Stier, beide Zebu-Formen (B. indicus ), die kleine wie die große Rasse, ferner das Suuda-Rind, Bantung (B. sondaicus), dann die afrikanische Zebu- Rasse, das Sanga-Rind und endlich ein Damara-Rind zu sehen. Es gehört der Rasse an, die in Südwestafrika als Zug- und Reittier viel verwendet wird und den Hauptreichtum der Eingeborenen, der Hereros, bildet. Es ist durch schlanke Gestalt wie durch die hingen Hörner dem ungarischen Rind sehr ähnlich. Die Büffel¬ parks zeichnen sich durch Geräumigkeit und schattige Lage vor den Anlagen in Hamburg und Köln aus. Leider aber befinden sich die Häuser in sehr schlechter Verfassung und stimmen auch mit ihrer leichten Bauart nicht zu den Tieren. Hoffentlich machen sie bald handfesten Blockhäusern, etwa wie die im Leipziger oder Hannoverschen Zoologischen Garten sind, Platz. Zur Rechten das Fischotterbassiu mit einem unermüdlich im Wasser sich tummelnden Otter (. Lidra vulgaris ) liegen lassend, führt uns der Weg zum Biber- und Seehundbecken. Außer dem Castor fiber, dem Myopotamus coypu, dem Seelöwen ( Otaria californica ) und der Phoca vitulina weilt hier als große Seltenheit auch die Kegelrobbe ( Ualidioerus grypus). Es ist noch ein junges Tier, während das im Berliner Aquarium ausgestellte Exemplar völlig ausgewachsen ist. Zu erwähnen ist noch, daß das Paar Seehunde ( Phoca vitulina) des Berliner Gartens sich bereits acht Jahre hier befindet. Es ist das bei der sonst so großen Sterblichkeit der Tiere aller Achtung wert. Ich glaube, daß die eingeführten Seehunde meistens noch nicht ganz entwöhnt sind und daß sie wohl an Heimweh und Hunger sterben mögen. Sind sie doch nur sehr selten zum Fressen zu bringen, wahrscheinlich des¬ halb, weil sie eben auch in der Freiheit noch nicht selbständig auf Beute ausgegangen sind. Über den hübschen Restaurationsplatz mit seinen beiden prächtigen Musikpavillons gelangen wir zur Voliere oder, besser gesagt, zu den Käfigen für kleinere Raubvögel, und zwar für ausländische, da die deutschen mit unserem heimischen Raubzeug zu einer Sammlung einheimischer Tiere zusammengestellt sind. Diese Käfige, die durch eine au das Restaurationsgebäude angebaute Veranda sehr beengt sind, können nicht gerade als schön bezeichnet werden. 170 Nur vorn mit Gitter versehen, sind sie in zwei Stockwerken über¬ einander angebracht; besonders die unteren leiden daher an Licht¬ mangel. Und doch ist für Raubvögel, auch für Eulen, nichts not¬ wendiger als Licht und Luft, wie ebeu für jedes Tier. Diese un¬ glücklichen, halbdunklen, feuchten Eulenkäfige, wie ich sie auch in anderen zoologischen Gärten gesehen habe , sind die reinsten Ge¬ fängnisse, in denen sich eben kein Tier Wohlbefinden kann. Zu nennen sind hier vier Arten der Gattung Bubo, nämlich virginianus, lacteus , maculosus und turcomanus , ferner der Edelfalk ( Falco candicans ), dessen Konterfei so prächtig in »Lebende Bilder aus dem Reiche der Tiere« wiedergegeben ist. Ferner sind hier von der Gattung Falco noch vertreten F. feldeggi, sacer, occidentalis , eleonorae und albigularis , also Vertreter aller Weltteile. An selteneren Tieren erwähne ich noch den Aura ( Catharista aura), den Orangekopf-Geier (Gatharista urubitinga) und den Angola-Geier {Gypohierax angolensis). Unmittelbar hinter diesen Käfigen liegt das Pferdehaus. Es ist dies, auch noch aus der früheren Zeit des Gartens stammend, ein einfaches, anspruchsloses Fachwerkhaus. Die Außenkäfige haben leider nicht die Größe wie die des Antilopenhauses, was sich aus den beschränkten örtlichen Verhältnissen erklärt. Das Haus im Inneren be¬ sitzt vor allem zu wenig Licht, teilt also diesen Mangel mit fast allen alten Tierhäusern, die ich kenne. Die Tiersammlung ist dagegen eine ausge¬ zeichnete. Von Zebras sehen wir hier das auffallend hell gefärbte, ost¬ afrikanische Böhms-Zebra ( Equus boehmi), ferner das durch blasse Zwischenstreifen ausgezeichnete braungelbe Damara-Zebra {Equus antiquorum), dann Burchells-Zebra {Equus burchelli) und — last not least — das in seiner südafrikanischen Heimat fast schon ausgerottete und nur noch in wenigen hundert Stücken vorhandene Berg-Zebra {Equus zebra). Es ist das die durch vollständige Streifung des Kopfes und der Beine besonders ausgezeichnete Art. Ferner sind hier je zwei Arten asiatischer und afrikanischer Wildesel. Es sind dies der Kulan oder Dsehiggetai {Equus hemionus) der innerasiatischen Hochebeuen und der Persische Wildesel (E. onager) , aus Afrika der Kubische Wildesel {E. africanus) und der Somali-Wildesel {E. somaliensis). Neben einem Mischling von Zebra und Esel sehen wir noch ein aus der Buffalo Bill-Karawane stammendes, riesiges amerikanisches Maul¬ tier, ein Kalmückenpferd und ein sogenanntes Tigerpferd aus den südamerikanischen Pampas. Haben wir so den Weg liuks herum vollendet, so liegt un¬ mittelbar vor uns zur Linken die Käfigreihe für große Raubvögel. 171 Es sind prächtige, helle, geräumige Behälter; der große Mittelkäfig ist wohl einzig dastehend, ein ausgezeichneter Flugkäfig. Pracht¬ stücke der reichen Sammlung sind der ostasiatische Riesen-Seeadler ( Haliaetus pelagicus) und Branickis Seeadler ( H . hraniehii), beides Geschenke! Man sieht, in welch hochherziger Weise der Berliner Garten bedacht wird. Ihnen reiht sich würdig an der Kronenadler (Spizaetus coronatus) und ein Paar prächtige Kondors ( Sarcorhamphus gryphus). Von Geiern sind noch unser Lämmergeier ( Gypaetus barbatus) und der Königsgeier (Sarcorhamphus papd) zu nennen- Durch mehrere Exemplare — alle sind Geschenke — ist auch der afrikanische Gaukler ( Helotarsus ecaudatus) vertreten. Sowohl die Anlage der Käfige, wie die Sammlung der dort untergebrachten Raubvögel — es sind 21 Adler- und Geier- Arten — ist eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges unter dem vielen Schönen , das uns der Berliner Garten bietet. Indem wir nun den Weg weiter gehen, zur Rechten den Neptun- und den Grottenteich, zur Linken das neu erbaute hübsche »Wiener Cafe« und den anschließenden Kinderspielplatz, kreuzen wir den vom Haupteingang kommenden Weg und erreichen so zwei der neuesten Prachtbauten des Gartens, das neue Vogelhaus und das Stelzvogelhaus, von denen ich, soweit sich bis jetzt urteilen läßt, dem letzteren den Vorzug geben möchte. Zunächst das Vogelhaus! Es ist bis jetzt erst ein Flügel vollendet, während der andere sich später an Stelle des jetzigen alten Straußenhauses erheben soll , dessen Bewohner dann in das neue, zwischen Elefanten- und Nil¬ pferdhaus projektierte Gebäude übersiedeln werden. Das Haus ist von den Kgl. Bauräten Kayser und v. Großheim im maurischen Stil erbaut. Mit seinem hellen Verputz, den reich ornamentierten Portalen, dem hübschen Vogelfries und mit seinen hellleuchtenden Kuppeln macht es einen ebenso vornehmen wie freundlichen Eindruck, wenn auch, offen gestanden, nach meinem Geschmack der Bau gerade für das leichte, buntgefiederte Volk der Vögel etwas schwer erscheint. Die innere Einrichtung entspricht dem Äußeren. An beiden Seiten des Hauses befinden sich mit freundlichem Grün und Sitzbänken ver¬ sehene Vorhallen mit Glasmalereien an den Fenstern. Sie sind be¬ sonders bei schlechtem Wetter ein viel benutzter Aufenthaltsort. Das Haus zerfällt in zwei Abteilungen, zu denen rechts und links eine Flügelthür führt. Treten wir zunächst in die rechte, so be¬ merken wir rechts und links, wie auch in der Mitte Käfigreihen. Zur Rechten sind es hohe, verglaste Käfige, hinter denen sich eine Art 172 Palmeugarten befindet. Sie sind zur Aufnahme der Tukane, Nas¬ hornvögel u. s. w. bestimmt. Zur Linken befinden sich in drei Stockwerken übereinander Drahtkäfige für Papageien. Die mittlere Käfigreihe endlich zeigt eine ganz neue Käfigform. Es sind größtenteils heizbare, nur oben vergitterte Glaskäfige, in denen besonders empfind¬ liche und wertvolle Papageien und Singvögel untergebracht sind. Die andere Abteilung des Hauses, besetzt mit fremden Sängern und kleineren Raubvögeln, hat die gleiche Einrichtung, nur sind an Stelle der hohen Flugkäfige für Tukane auch Einzelkäfige angebracht. Hat die Unterbringung in Einzelkäfigen mit ihrer genauen wissenschaftlichen Anordnung auch den Vorteil größerer Übersichtlichkeit und eines leichteren Erkennens der einzelnen Spezies, so hegt doch fast jeder Tier¬ freund andrerseits den Wunsch, im zoologischen Garten möglichst ein Stück Natur zu sehen, während für systematische Studien Museen und andere Sammlungen genügend Gelegenheit bieten. Andrerseits ist ja die Arbeit, die die Einrichtung und Instandhaltung des Berliner Vogelhauses gemacht hat und macht, voll anzuerkennen. Die Sammlung dieses Hauses — allein über 100 Arten von Papageien! — steht jedenfalls unerreicht da. Dabei ist sie — und das ist unzweifelhaft ein Vorteil der Einzel¬ käfige — in naturgeschichtlich-wissenschaftlicher Reihenfolge geordnet und bietet so ein übersichtliches Bild über die Mannigfaltigkeit der tropischen Vogelwelt. Die Anordnung in drei Stockwerken übereinander hat den Nachteil, daß die untersten Käfige zu tief stehen, die Tiere also durch Zug und Staub, die das vorbeigehende Publikum verursacht, be¬ lästigt werden, andererseits aber größere Papageien, die unten unterge¬ bracht sind, leicht sich an der Garderobe oder den Fingern eines an¬ dächtig die oberen Reihen Beschauenden in unliebsamer Weise zu schaffen machen, da keinerlei Schranke das Publikum zurückhält. Die Einrichtung der Käfige selbst ist sehr hübsch, sehr viele haben Nist- und Badegelegenheit. Besonders zeichnen sich hierin die Käfige für Tukane u. s. w. aus, die, nach dem Zuschauerraum zu verglast, im Inneren mit Bäumen und großen Badebassins versehen sind. Besonders das letztere ist sehr anzuerkennen und sei hiermit manchem anderen zoologischen Garten zur Nachahmung empfohlen. Ist doch zur Ge¬ sundheit und zum Wohlbefinden eines Vogels ein Bad eine conditio, sine qua non. Die für empfindliche Papageien und Sänger bestimmten schon erwähnten Glaskäfige sind ebenfalls musterhaft eingerichtet und mit Nisthöhlen oder, immer dem Charakter des Bewohners ent¬ sprechend, mit Grotten versehen. Von der reichen Sammlung des Hauses sei es mir gestattet, nur die seltensten Tierformen zu er- 173 wähnen, da ein näheres Eingehen auf die reiche Vogel weit bei der Fülle des Stoffes einer Sonderabhaudlung Vorbehalten werden muß. Nach den gleich an den Eingängen dankenswerter Weise ange¬ brachten Anweisungen ist es jedem Besucher leicht, zu ersehen, wie er am besten seinen Gang durchs Vogelhaus nimmt. Von den zwölf Kakaduarten sind besonders hervorzuheben der Schwarze Kakadu (Calyptorhynchus banlcsi), der Rothelm-Kakadu . ( G . galeatus ) , der Ararakakadu ( Microglossus aterrimus) und der Plictolophus citrino- cristatus. Amazonen-Papageien sind in etwa zwanzig Arten vertreten. Erwähnen möchte ich ferner den Kupferschwanz - Jako ( Psittacus carcynirus). Von Ara- Arten sind neun vorhanden. Unzählbar fast ist dagegen die Zahl der Sittiche und Loris. Besonders zu nennen ist ein Paar Schuppenloris ( Trichoglossus chlor olepidotus), das sich bereits dreimal fortgepflanzt hat. Als besonders selten sind sonst noch zu erwähnen der Gelbmantel-Lori (Domicella garrula), der Blau- binden-Lori (D. viciniata) und der Schwarzkappen-Lori ( D . atricapilla). Wir treten jetzt zu den für Tukane u. s. w. bestimmten Käfigen und bemerken hier zwei schöne Paradiesvögel und ein Paar prächtiger Doppel-Nashornvögel ( Buceros bicornis ), außerdem drei Tukanarten (Ehamphastus). Durch die Vorhalle schreitend gelangen wir in die zweite Ab¬ teilung des Hauses, die für Singvögel und dergl. bestimmt ist. Unter der großen Zahl der hier untergebrachten Sing- und Schreivögel ist besonders bemerkenswert der javanische Beo (Eulabes javanicus ), ferner eine große Anzahl von Stararten, sowie Webervögeln, Kanarien- rassen und endlich Rabenarten und kleinen ausländischen Eulen und Falken. Die durch Oberlicht den Käfigen zugeführte Beleuchtung des Hauses ist gut, während andrerseits die Luft zu wünschen übrig läßt, was sich doch wohl nur aus nicht tadelloser Ventilation erklären läßt. Andrerseits bringt ja die Anhäufung solcher Vogelmassen in einem Gebäude genügend Dunst u. dergl. hervor. Aber auch von Zugluft scheint das Haus nicht frei zu sein, trotz der vorsichtiger¬ weise angebrachten Vorhallen, deren Eingänge den zu den Käfig¬ räumen führenden Flügelthtiren nicht gegenüberliegen. Der noch zu bauende Flügel soll Flugkäfige bekommen, also das bieten, was wir am fertigen vermissen, und wird sich hoffentlich diesem würdig anschließen, so daß der Berliner Garten einst stolz sein kann, das schönste und beste Vogelhaus zu besitzen, wie schon jetzt die Vogelsammlung jedenfalls unübertroffen dasteht. - 174 — Zwischen den beiden Flügeln eingebaut — das projektierte Haus bat einen hufeisenförmigen Grundriß, dessen eine Seite jetzt noch das alte Straußenbaus bildet — ist die große Flugvoliere für ein¬ heimische Sumpf- und Strandvögel, Reiher u. s. w. Die in riesigen Dimensionen gehaltene, mit gewachsenen Bäumen bestandene Voliere ist eine Musteranlage in ihrer Art und bietet in wohlthuendem Gegensatz zu der Kölner »Großen Voliere« mit ihrem Felsenaufbau, dem fließenden Wasser, den Reiherhorsten in den Kronen der Eichen, den kreisenden Reihern und Möven ein Stück Natur, ein Bild wahren Tierlebens. Besonders zu loben sind noch die mit bunten Ab¬ bildungen versehenen Namenschilder, die eine Unterscheidung der verschiedenen Vogelarten leicht ermöglichen. Sie wären auch für Teiche z. B. sehr zweckmäßig, auf denen sich eine große Anzahl Vogelarten tummelt, deren Namenschilder ohne Bild den Beschauer ebenso klug lassen, als er vor dem Lesen war. (Schluß folgt.) Moderne Tierdressur. Von Josef v. Pleyel in Wien. So mancher unserer Leser wird schon in einem der zahlreichen Vergnügungs-Etablissements Gelegenheit gehabt haben, sogen. »Tier¬ dresseure« anzustaunen und Dressuren zu bewundern, von denen man nie geglaubt hätte, daß sie gelingen würden. Ich folgte der freundlichen Einladung eines der berühmtesten Dresseure, eines Mr. Sarrasani, der in Danzers Orpheum seine prächtig dressierten Tiergruppen vorführte. Genannter Herr war so liebenswürdig, mich in die Mysterien der Kunst, Tiere zu dressieren, eiuzuweihen. Er zeigte mir rohe, halbrohe und dressierte Affen, Hunde und einen braunen Bären, ein verhältnismäßig zahmes Exem¬ plar unseres Meister Petz, das in drolliger Unbeholfenheit Arm in Arm mit seinem Herrn und Meister langsamen Schrittes über die Bühne geht. Als ich meiner Verwunderung über die Zahmheit dieses fast erwachsenen Bären Ausdruck gab, bemerkte Herr Sarrasani, daß ein Teil des Geheimnisses der Dressur gerade bei Bären in der Fütterung liege; sie müsse frei sein von animalischen Nahrungs¬ stoffen. Das ganze Geheimnis, Tiere zu dressieren, liege nur in dem unverändert liebenswürdigen Benehmen des Dresseurs, der sich durch anfängliche Mißerfolge nicht abschrecken lassen darf. Die Tiere, namentlich der intelligente Affe, dann die ebenfalls zu den Gruppen geistig befähigter Tiere gehörenden Bären, Hunde u. s. w. sind ungleich leichter an eine Leistung zu gewöhnen, respektive es ist ihnen leichter, sich bei liebenswürdigen Worten einen Griff, eine Haudlung einzuprägen, als wenn ihnen diese mit der Peitsche gleich¬ sam eingebläut worden sind. Unter den Typen der Affen ist es besonders die bekannte Grüne Meerkatze, die überaus schwer zu dressieren ist. Meister Sarrasani brachte es dahin, daß sie ganz gut auf dem Bycicle fährt und mit ihren Greiffüßeu tadellos sportmäßig die Pedale tritt. Ein Rhesus-Affe wurde mir als Seiltänzer vorgeführt. Ganz durchdrungen schien mir der Quadrupede von der Schönheit seiner Leistung, denn als ihm sein Meister die Balancierstange in die be¬ haarten Hände gab, packte er sie sans gene, ähulich wie einer der zweifüßigen Künstler am Seile, und marschierte damit bedächtigen Schrittes über das straff gezogene Seil. Durch zwei ihm gereichte Reifen schlüpfte er bei jedem zweiten Schritt. Er überschritt das Seil genau so tadellos und sicher, als ihm dann auch mit einem Sack¬ tuch die Augen verbunden worden waren. Das sind so im großen und ganzen die prächtigen Leistungen der von Sarrasani vorgeführten Tiergruppen. Unsere Leser wird nun wohl Eines besonders interessieren, nämlich zu erfahren, wie es denn möglich ist, daß einem Tier, dem der Mangel an Intelligenz ja angeboren scheint, solche Leistungen beigebracht werden können, wie es mög¬ lich ist, einem Wesen, das manche Menschen als jeder Intelligenz bar bezeichnen, gewisse Griffe anzulernen und es so zu lehren, daß es sie auch nicht wieder vergißt? Geduld, rastlose Ausdauer und konsequente Wiederholung des bereits Gelernten sind die einzigen Helfer. Daß große Liebe, Geduld und Verständnis und eine gehörige Portion Selbstverleugnung dabei eine große Rolle spielen, ist selbst¬ verständlich. »Ich erachte es als selbstverständlich«, meinte mein Gewährs¬ mann, »daß nur die größte Liebe und Konsequenz bei einem Tiere etwas erreichen läßt. Immer muß mau das Tier fühlen lassen, daß man sein Herr ist, aber nie darf mau die Grenzen überschreiten, d. h. nie darf man das Tier, das aus irgend welchem Grunde zur »Arbeit« unlustig ist, zwingen wollen, sei es auf gute oder schlimme Weise, selbst das einfachste Kunststück auszuführen, denn sobald es die geringste Unlust zur Ausübung seiner eingelernten Trics zeigt, wird es sie niemals pünktlich, niemals ordentlich ausführen«. 176 Freundliches Zureden hat, wie mein Gewährsmann meint, den größten Einfluß auf die Tiere. Das Tier fühlt förmlich, wenn ihm in schmeichelnder Weise zugeredet wird, es versteht aber auch, wenn ihm in strengem Ton ein Verweis erteilt wird. Speziell der Alfe, der als boshaftes und heimtückisches Tier verrufen ist, zeigt sich in hohem Grade empfänglich für freundliches Zureden, für sanftes Wesen. Die kleine Peitsche oder das »spanische Röhrl«, das Sarrasani in der Hand führt, kommt bei diesen Tieren selten in Anwendung, und wenn, so doch in einer Weise, die dem Tier nicht ein längere Zeit andauerndes, schmerzhaftes Gefühl hinterläßt. Ich erinnerte mich, als ich den Vorführungen folgte, an das Sprichwort der Russen, das besagt, daß Fleiß selbst den Bären tanzen machen könne. Hier sah ich eine Vorstellung, die uns den daran verwendeten Fleiß fast in figura sehen läßt; wer den Tiercharakter halbwegs kennt — es braucht kein Tierpsychologe zu sein — wird mit mir übereinstimmen, wenn ich die Leistungen der modernen Tierdressur als wunderbare bezeichne. Einiges über den Storch. Von Dr. Victor Hornung in Münster i. W. In Jahrg. 1899 No. 10 dieser Monatsschrift teilte Dr. H. Fischer- Sig war t wieder einige interessante Beobachtungen über die Störche in Zofingen mit. Mit Freuden kann man es begrüßen, daß die Bewohner Zofingens diesen gefälligen Gestalten unserer heimischen Fluren freundlich gesinnt sind und reges Interesse nehmen an dem Wohl und Wehe ihrer Lieblinge. Denn nur kurzsichtige Menschen begehren eine schonungslose Ausrottung dieser schmucken Vögel und können nicht genug von ihrem Schaden und ihren Übelthaten erzählen. Gottlob giebt es aber noch Gegenden, deren Bewohner aufgeklärter sind, die nicht kaltblütig und mitleidslos auch die Vernichtung dieser Vögel verlangen. Ja, ich kenne ein Beispiel, daß ein Sonntags¬ schütze, der in einem Dorfe zum Zeitvertreib einen Storch herab¬ schoß, vor der erregten Dorfbevölkerung flüchten mußte. Leider muß ich aber über den Weißen Storch, der auch stets meine volle Sympathie genossen hat, eine für ihn nachteilige Mit¬ teilung machen; nur ungern bringe ich diesen schmucken Vogel auf die Anklagebank. Leider, sage ich, denn nur der, der einmal mit 177 dem Monsieur Langbein unter einem Dache gewohnt, der den lieben Gast auf seinem luftigen Sitze eingehend beobachtet hat, kann ver¬ stehen, wie sehr man diesen gefiederten Genossen allmählich lieb¬ gewinnt und wie sehr man seine Rückkehr im Frühjahr herbeisehnt. Seine Nahrung besteht bekanntlich neben allerhand kleinerem Getier auch aus Eiern der am Erdboden nistenden Vögel und jungen Vögeln; selbst junge Hasen fällen ihm gelegentlich zum Opfer. Ich lernte den Storch aber auch noch von anderer Seite kennen, näm¬ lich als einen gelegentlichen Feind des Landwirts. Auf einem Haus¬ dache stellte sich, wie alljährlich, ein Storchenpaar ein und richtete auf einem Wagenrade sein Nest her. Das Haus lag auf einem Guts¬ hofe, der einen breiten, von Gestrüpp umgebenen Teich aufwies. Dieser wurde von den Störchen gern aufgesucht, da die schlammigen Ufer ihnen reichliche und bequem zu erlangende Nahrung lieferten. Den Teich bevölkerteu zahlreiche Enten, die am Ufer ihre Brut¬ plätze herrichteten und ungestört der Brutpflege oblagen. Eines Tages lag nun am Ufer eine tote, erst kürzlich dem Ei entschlüpfte Ente, die Wunden aufwies. Doch fiel der Verdacht nicht im min¬ desten auf die Störche, sondern man war der Ansicht, daß wahr¬ scheinlich Wasserratten die Ente erwürgt hätten. Eine strenge Überwachung der jungen Enten ergab aber dann folgendes Resultat: Ein Storch kam an das Teichufer herangeflogen, spazierte bedächtig am Ufer entlang, fuhr plötzlich auf eine junge Ente los und tötete sie mit kräftigen Schnabelhieben. Ich möchte mit meiner Ausführung aber durchaus nicht eine schonungslose Ausrottung des Storches befürworten, im Gegenteil bitte ich diesem schönen Vogel unserer Auen Schutz angedeihen zu lassen, da er zur Belebung sumpfiger Gegenden beiträgt und mancher wenig Reize bietenden Landschaft zum Schmucke gereicht. Ferner überwiegt sein Nutzen durch Vertilgen von Mäusen u. a. m. doch sicherlich die Übergriffe, die sich einzelne Individuen hin und wieder zu Schulden kommen lassen. Unverantwortlich würde es deshalb sein, wollten wir ohne Erbarmen über ihn den Bannstrahl der Ver¬ nichtung schleudern. Halten wir nämlich Umschau in unserer Vogel¬ welt, so kann es dem aufmerksamen Beobachter nicht entgehen, daß die Zahl vieler Vogelarten sich in den letzten Jahren zusehends verringert hat, und schon deshalb müßten wir keine Mittel scheuen, um unserm gefiederten Volke eine glücklichere Zukunft zu sichern. Und gerade der Storch gehört zu den Vögeln, die für manche Land¬ schaft charakteristisch sind, und solche müssen doch in erster Linie Zoolog. Gart., Jahrgr. XLI. 1900. 12 178 ihrem Lande erhalten bleiben. Es ist in der That ein trauriges Zeichen für den Bildungsstand des Menschen, daß dieser häufig der gefiederten Welt geradezu feindlich entgegentritt und seine eigenen Wohlthäter schonungslos vernichtet, ohne zu bedenken, daß durch ein derartiges Vorgehen das Gleichgewicht in der Natur mehr und mehr gestört wird. Das Leben der Frösche unter dem Wasser. Yon Oberlehrer Dr. M. Levy in Frankfurt a. M. II1). Die nachstehend beschriebenen Versuche verfolgten folgende Zwecke. Es sollte das Verhalten der Tiere bei -f- 4° C., der größten Dichte des Wassers, ermittelt werden, dann sollte die untere Grenze der Temperatur, bei der ein Leben unter Wasser möglich ist, festge¬ stellt werden. Im Laufe der Untersuchung stellten sich aber solch überraschende Resultate gegenüber meinen vorjährigen heraus, daß ich zu längerem Experimentieren und öfterem Wiederholen der Ver¬ suche gezwungen war. Dies ist auch der Grund der Verzögerung des vorliegenden Aufsatzes. Der milden Temperatur wegen, die zu Anfang des Winters 1899/1900 herrschte, konnte ich nur Frösche benützen, die noch nicht in den Winterschlaf verfallen waren. Es waren durchweg schöne, kräftige Exemplare, wieder Bana esculenta , wie im Vorjahre. Im Aquarium suchten die Tiere beinahe stets den Grund des Wassers auf; nur in der ersten Zeit befanden sie sich mit dem Kopfe über der Oberfläche. Als mit Anfang Dezember kaltes Wetter eintrat, ver¬ krochen sie sich unter den Steinen am Boden und blieben seitdem, soweit ich sehen konnte, stets unten. Am 22. November wurden einige Tiere in -f- 13° C. warmes Wasser gebracht, und zwar wieder in einem mäßig großen Glasbe¬ hälter, der oben mit Gaze geschlossen war und der in einem größeren mit dem Wasser gefüllten stand. Die Temperatur sank auf -j- 11 bis + 10° C. Die Tiere wurden bald sehr erschöpft und ich befreite sie aus ihrer Lage, weil ich fürchtete, sie zu töten. Der Versuch wurde öfters und mit anderen Tieren wiederholt; das Resultat blieb dasselbe. Manche ertragen die Verhältnisse besser, d. h. sind weniger, manche schlechter, d. h. sind mehr erschöpft. Die Temperatur + 11° 0 Yergl. Jahrg. 1899 p. 147—148. 179 oder + 10° C. scheint hiernach die Grenze zu sein. Die Tiere verhielten sich während der Zeit des Einschlusses ganz ruhig, und nur, wenn an das Glas gestoßen wurde, bewegten sie sich. Man sah ihnen gewissermaßen das Unbequeme ihrer Lage an. Als ich im Januar bei milderem Wetter die Versuche wiederholte, und zwar mit Fröschen, die ich zu den weiter unten angeführten Versuchen schon gebraucht hatte, fand ich zu meinem Erstaunen, daß die Tiere + 9° und etwas darüber mit großer Leichtigkeit aus- halten. Sie waren beim Herausuehmen vollkommen frisch und suchten aus der Hand zu entwischen. Die bezüglichen Versuche dauern noch an, und ich werde später darüber berichten. Den Widerspruch gegen meine früheren Ergebnisse erkläre ich mir dadurch, daß die im Winterschlafe gestörten Tiere nicht kräftig genug waren, sich den Versuchsbedinguugen anzupassen, nachdem sie durch die Zimmerwärme wieder munter gemacht worden waren. Mit dem Eintritt kälteren Wetters war es möglich, das Verhalten unter Wasser bei tieferen Temperaturen kennen zu lernen. Bei -f- 5° bis -f- 0,5° C. halten sich die Tiere sehr gut. Sie sitzen ruhig iu ihrem Behälter und verhalten sich genau so wie ihre Artgenossen im Aquarium. Man kann sich durch Stoßen an das Glas überzeugen, daß sie sich rasch und gewandt bewegen; nur bei + 0,5° C. sind sie etwas träge. Die Wasseroberfläche ihres Behälters war bei dieser Temperatur öfters mit einer Eiskruste bedeckt, und dann kamen sie mir etwas langsam in ihren Bewegungen vor; auch stellten sie sich oft in der Ruhelage mit augezogenen Beinen, den Kopf schräg nach unten. Stets waren sie, wenn ich sie nach mehreren Tagen herausnahm und ins Aquarium setzte, frisch und suchten so¬ fort die Verstecke unter dem Wasser. Die Versuche wurden häufig und immer mit gleichem Erfolge gemacht. Die Temperaturen von 0° C. abwärts sind den Tieren verhängnis¬ voll. 0° ertragen sie wohl noch, vorausgesetzt daß die Einwirkung der Kälte nicht lange dauert; bei anhaltendem Einfrieren gehen sie regelmäßig zugrunde, wenn auch das Auftauen noch so langsam bewerkstelligt wird. Solange die Körpersäfte flüssig bleiben, mag der Frosch am Leben bleiben; ein Festwerden derselben erträgt er aber nicht 1). In kleinen Bächen und Tümpeln wird er sich nur . ]) W. Kochs, Kann die Kontinuität der Lebens Vorgänge zeitweilig unter¬ brochen werden? Biol. Centr.-Blatt Bd. 10, 1890. Derselbe, Schädigung der Fische im Winter. Ebenda Bd. 11, 1891. Derselbe, Kann ein zu einem Eisklumpen gefrorenes Tier wieder lebendig werden? Ebenda Bd. 15, 1895. 180 dann den Winter über halten können, wenn diese vor dem längeren Zufrieren bis auf den Grund bewahrt bleiben. Innerhalb der Temperaturen von 0° bis + 9° C. kann der Frosch sicher ohne Schaden sein Leben unter Wasser fristen. Je näher bei 0°, um so träger wird er; in den Zustand der »Erstarrung« geht er, solange er nicht durch das Eis an der Bewegung gehindert ist, niemals über. Die folgenden Versuche sollen zur Feststellung der oberen Temperaturgrenze dienen. Der neue Zoologische Garten von New York. Von Dr. Hanns M. von Kadich. in New York, Maspeth, U. S. (Mit einer nach der Natur von Conradine von Kadich aufgenommenen Planskizze). Am äußersten Rande der zweitgrößten Weltstadt, meilenweit von ihrem Geschäftscentrum entfernt und doch mit der Straßenbahn von allen Punkten leicht, sowie verhältnismäßig in kurzer Zeit zu erreichen, dehnt sich ein Stück wilder Welt aus, das volle 261 Acker Landes umfaßt und sich aus hochstämmigem Wald, aus ursprünglichem, frisch¬ grünem Wiesenland, aus lebendig strömenden Wasserläufen und klaren Seebeckeu, aus sonnigen Lichtungen und schroffen Felspartien, die tiefe Schatten werfen, zusammensetzt. Diese schöne Wald weit, die auf guten Karten wohl unter der Bezeichnung »South Bronx Park« aufzufinden, dem zivilisierten Gro߬ stadtbewohner jedoch noch vor Jahresfrist kaum dem Namen nach bekannt war, lieferte die natürlichen Anlagen für den von der N. Y. Zoologischen Gesellschaft neugegründeten, neueingerichteten und nun¬ mehr eröffneten Zoologischen Garten von New York. Wer die Gegend noch im Winter von 1898 auf 1899 gesehen hat und heute wieder besucht, der wird das stolze Gefühl der Direktoren der N. Y. Z. G. wohl verstehen, das am Eröffnungstage in den kurzen Worten Ausdruck fand: »The history of the Great Zoo is simply an unbroken record of success and progress !« In der That ist Großes in dieser kurzen Spanne Zeit geleistet worden, wenn man bedenkt, daß der erste Spatenstich an dem Riesen- unternehraen im Frühjahr 1898 gethan wurde, während bis zu dieser Zeit die 261 Acker gemischten Landes bedeckende Gegend vollständig urwüchsig war und eigentlich blos für die anwohnende — meist aus Italienern bestehende — Bevölkerung existierte, die sich aus der Wald- 181 reservation das notwendige Feuerholz und »Ucelli« — kleine Vögel — als Beilage zu Risotto und Polenta holten und ab und zu auch ein Grundschweinchen ( Arctomys monax) oder einen Waschbären ( Procyon lotor) als Sonntagsschmaus fingen. Und nun ist diese wilde Welt auf einmal zahm geworden. Dennoch ist der ursprüngliche Charakter der Landschaft nur soweit verschwunden, als dies eine für öffentlichen Verkehr berechnete Anlage unbedingt erforderte — und keinen Zoll mehr. Freilich führen dort, wo vor Jahresfrist noch weite und wüste Flächen lagen, von Windbrüchen und faulendem Holz bedeckt, erfüllt von Moorgrund, Sumpfflächen undünkrautwäldern, durch die sich, nur dem kundigen Auge sichtbar, die Pfade von Racoons und Minks (Putorius vison) hinschlängelten , heute Meilen von geraden und trockenen Kieswegen, von ebenen, prächtigen Fahrstraßen, die von 12 bis zu 20 Fuß Breite äußerst kunstfertig angelegt sind; aber von diesen bequemen, den verwöhntesten Ansprüchen der Kultur genügenden Bahnen trennen nur Gitter den Beschauer von jener Welt, die ur¬ wüchsig wild geblieben ist, sich rings um ihn ausbreitet und in der die Heimstätten der Tiere liegen, die da gehalten und zur Anschauung gebracht werden. »Nur Gitter . . .« ! Wohl bestehen diese aus dem zähesten und haltbarsten Drahtwerk, das in den Vereinigten Staaten erzeugt wird» doch sind die Wände an den meisten Gehegen derart angebracht, beziehungsweise durch Buschwerk verkleidet, daß sie nicht besonders störend wirken. Die natürliche Wildnis, in der die abgeschlossenen Gehege (ranges) liegen, wurden — insofern lebende Bäume und fließendes Wasser, Felstrümmer, Erdhügel und Strauch wald in Betracht kommen, — nur soweit kultiviert, als dies unbedingt geboten erschien. Galt es doch, einerseits jedem einzelnen Tiere eine seinen Ge¬ wohnheiten im Freileben möglichst angepaßte Heimstätte anzuweisen, anderseits aber den berechtigten Wünschen eines großen Publikums die weitgehendsten Zugeständnisse zu machen, indem man für dieses die Möglichkeit schuf, die Parktiere zu jeder Tageszeit, bei jedem Wetter zu sehen. Es sind dies zwei leitende Gesichtspunkte für jede derartige Anlage, die sich scheinbar ausschließen, hier aber durch raffinierte Ausnützung der Vorgefundenen natürlichen Umgebung in der glücklichsten Weise vereinigt werden konnten. Die heute von sachkundiger Hand durch geforsteten Waldbestände sind geradezu herrlich und wohl selten in der Nähe einer Weltstadt zu finden. Uralte Kastanien, Eichen und Buchen, Ulmen, Hickories 182 und Baumwollenholzbäume recken ihre rissigen Riesenstämme in die Höhe und breiten ihre knorrigen Aste aus gleich Schirmdächern für das Jungholz, das unter ihnen auf schwarzem Humusboden manns¬ hoch wuchern und in Saft schießen kann, alles Bäume, an deren Früchten sich bisher blos die lokale Tierwelt: Eichkatzen, Wasch¬ bären und eine überaus reichentwickelte Ornis gütlich thun konnte. Andere Flächen sind wiederum mit Nadelhölzern bestockt, die prächtig gedeihen, von der kleinen Roten Ceder bis zu der schlanken, 120 bis 125 Fuß hohen »White Pine«. Im Ganzen konnte ich 43 verschiedene Species von Bäumen zählen, die das Gebiet des Zoo-Parks aufweist. Soviel an dieser Stelle über die natürliche Konfiguration des Parkes und nunmehr zu den einzelnen Anlagen. Die erste Einzäunung, auf die der Besucher am West-Farms-Ein- gange des Parks stößt, umfaßt die » B u f f a 1 o - R a n g e « • — das Bisongehege. Dieses bedeckt über zwanzig Acker des schönsten Gras¬ landes, das aus leicht gewelltem Prairieboden, lebendig strömendem Wasser, uralten Schattenbäumen und windgeschützten Winterein¬ ständen gebildet wird und so ein Stückchen Welt repräsentiert, das irgendwo aus einem U. S. Nationalpark in Colorado oder Wyoming grade hierher versetzt worden sein könnte. Künstlich ist an diesem Gehege eigentlich nur der etwa 50 Fuß lange, halbrunde Stall, der jedoch Sommer und Winter offen bleibt, wobei es den zottigen Riesen¬ tieren freisteht, ihn aufzusuchen oder — draußen zu bleiben. Hier befindet sich der Grundstock einer künftigen großen Bisonherde — einstweilen aus 7 Köpfen : 4 Stieren, 2 Kühen und 1 Kalb bestehend — den Verhältnissen entsprechend äußerst wohl. Ihre Herkunft ist nicht blos für den Fachmann interessant, wie die eines jeden, gegenwärtig lebenden reinblütigen Bisons, da man weiß, daß die armseligen Reste der »historischen Tiergestalt Nordamerikas«, die heute über die Vereinigten Staaten und Canada zerstreut sind, buch¬ stäblich zu zählen sind und sorgfältig gebucht, sowie in Evidenz gehalten werden. Während noch 1883 die schönste, frisch abgezogene Bisondecke kaum 5 $ wert war und Bisonfleisch im Nordwesten mit 1 Cent das Pfund gehandelt wurde, gilt jedes lebende Exemplar von Bison americanus jetzt als ein hübsches, von 500 — 800 $ betragendes Vermögen, das zu Zuchtzwecken gern angelegt wird. Das kleine Parkrudel — jetzt Eigentum der Zoologischen Gesellschaft von New York ■ — stammt von den Weidegründen des im ganzen Südwesten blos unter dem Namen »Buffalo Jones« bekannte« Herdenbesitzers C» J, J o n e s von 183 Garden City, Kansas, eines Maunes, der die Tage der Bison herrlich- keit noch mitgemacht hat und von dem man dort sagt : »He was in the death of the great Southern herd . . .« ! Dieser Mann — übrigens ein Prachtstück des reichen, freigebigen und energischen »Westernman« — hat es nach der Vernichtung der großen südlichen Bisonherden (1875) unternommen, jedes Jahr eine Expedition nach den »Panhandle- Wildnissen« in Texas auszurüsten, um die zerstreuten Rudel, die sich als Trümmer der großen Herde in das dortige schwer zugängliche Terrain gerettet hatten , erst einmal aufzusuchen, dann aber — nicht etwa zu schießen, sondern mit seinen Cowboys niederzureiten und lebend einzufangen. Als Ergebnis dieser von 1884 — 1888 fortgesetzten Jagdzüge, die selbst in diesem, an wilden Ritten so reichen Teile des »Far West« unübertroffen dastehen, hatte Mr. Jones anfangs 1888 ein Zucht¬ material von 57 alten und jungen, wild eingefangenen Bisons auf seinen Prairien in Kansas weiden — und von diesem wilden Stamm kommt das gegenwärtig im hiesigen Zoo-Park befindliche Rudel her, dem man nur eine rasche Vermehrung wünschen kann. Ein pracht¬ voller typischer Vertreter seiner Gattung ist der über 4 Jahr alte, somit vollständig ausgewachsene Stier, der jedem Künstler als Modell dienen kann. Übrigens ist direkt im Bisongehege ein kleines, aber wunderschönes Plätzchen ausschließlich für Tiermaler und Zeichner vorgesehen. Neben der »Buffalo-Range« liegen die Bärenzwinger. »Zwinger« kann mau solche Gehege eigentlich kaum nennen, denn sie nehmen ein ganzes, schattiges und windgeschütztes Thal ein und ziehen sich da an einer massig ansteigenden Felswand von rötlichem Urgestein hin, in das die Höhlen für die »zottigen Gentlemen« — »Bruin«, »Brown« und »Black«, »Ephraim«, »Silver Tip« und »Cinnamon« — einge¬ sprengt sind. Jedes dieser Gehege ist 35 X 70 Fuß weit und tief und enthält Schwimmplätze, sowie trockene Schlafräume, die »denen von Ursus« zur freien Benutzung offen stehen. Außerdem prächtige, lebende Schattenbäume, die zwar an den Stammteilen vor dem Ver¬ beißen und Beschädigen seitens der Bären sorgfältig geschützt werden mußten, doch sind hier auch schwere Kletterbäume eigens eingesetzt worden, um den Petzen soviel Bewegung zu verschaffen, als sie verlangen. Denkbar freieste Bewegungsmöglichkeit, Überfluß an frischem Wasser und ebensolcher Luft zeichnen auch diese Anlage aus, in der sich einstweilen nur ein Dutzend Bären wohlbefindet. 184 Die zwei riesigen Polarbären wurden vou Hagenbeek bezogen und machen dem deutschen Lieferanten alle Ehre. Die übrigen : Grizzlies, Schwarzen, Braunen und Cinnamons kamen aus ihren betreffenden Verbreitungsgebieten in Nordamerika und sind somit keine »importierten foreigners«, sondern »genuine Americans« — ein Umstand, der in den Gesprächen der nativistisch angehauchten Park¬ besucher eiue große Rolle spielt und jedesmal mit großem Stolz hervorgehoben wird. Das Reptilienhaus ist — soweit mein unmaßgebliches Urteil in diesem Punkte reicht, — allen modernen Anforderungen entsprechend eingerichtet. Man glaubt in dem auch von außen prächtigen Gebäude in einer Kunstgallerie oder einem Museum zu verweilen und mag sich lauge Zeit der Betrachtung einer der wie tot daliegenden Schlangen hin¬ geben, bevor man über eine leise Regung des geschmeidigen Leibes zur Überzeugung kommt, wo man sich befindet, und daß die riesigen Alligatoren und Krokodile, die großen und kleinen Schildkröten, die Salamander, Batrachier, Iguanas und Schlangen wirklich und wahr¬ haftig lebendig sind. Während sich die empfindlicheren Reptile in geräumigen Glaskästen bewegen, die feinen Kiesgrund, lebende Pflanzen und Felspartien enthalten, liegt am Ende der großen Mittelhalle ein tiefes Becken, das mit Sandbänken versehen und von lebenden Eich¬ bäumen, breiten fleischigen Blattpflanzen und Farnkräutern um¬ rahmt ein Stück Florida darstellt und den Alligatoren zum Aufent¬ halte dient. Sowohl die Vegetation, wie die fünf Saurier, von denen der längste über 13 Fuß mißt, sind geradeswegs aus ihrer ursprünglichen Heimat — Florida — hierher versetzt worden. Eine ausführliche Beschreibung sämtlicher hier befindlichen Rep¬ tile zu liefern, ist an dieser Stelle wohl unmöglich, daher genüge noch die Erwähnung, daß die ungefähr sechs verschiedene Species enthaltende Kollektion von zwanzig Klapperschlangen ganz riesige Exemplare aufweist. Die acht wohlbesetzten Gehege für die Wölfe und Füchse sind nach dem gleichen Plane angelegt wie die Bärenzwinger, nur etwas kleiner. Neben ihnen liegen die drei Fischotterteiche, jeder an 30 Quadratfuß bedeckend, mit lebenden Schattenbäumen, grob geschotter¬ ten Bänken und vier Fuß tiefgründigem, klarem Wasser. Was können sich Lutra americana und canadensis besseres wünschen? Hier wird kein Trapper auf ihre Ausstiege achten und ihnen mit Eisen oder Netzen nachstellen . ! 185 Recht einsam und abgelegen in einem tiefeingeschnitteneu, wald- umsäumten Thal befindet sich die Reservation eines der interessantesten Tiere Amerikas, das Heim für die Biber. Es liegt in einem großen, etwa 400 Fuß langen und 200 Fuß breiten, von der Natur geschaffe¬ nen Teich, der von drei bis zu vier Fuß lebendiges Wasser führt und auch sonst alles enthält, was Castor canadensis zu seinem Wohlbefin¬ den, sowie — was bei ihm sehr wichtig ist — auch zu seiner Arbeit braucht. Für diese ist diesen Baumeistern in der Tierwelt ein Dutzend heute noch festwurzelnder junger Ahornbäume und Ulmen freigegeben worden, die auf den Inselchen ihres »Ponds« gewachsen sind; sie köunen sie »abschneiden« und aus den zugerichteten Bäumen den schönsten Biberdamm errichten, wie daheim in den Flüßen und Urwald¬ seen des großen Nordwestens, während man begreiflicher Weise vor¬ gesorgt hat, daß sich die scharfen Schneidezähne dieser Tiere nicht auch am Ende an jenen uralten Schattenbäumen vergreifen, die — etwa 30 Stämme stark — ebenfalls rings um den Teich stehen. Wahre Musteranlagen sind die Gehege für die großen Nutzwild¬ gattungen : Hirsche, Antilopen und Wildschafe, die auf hohem Land rings um das »Birds Valley« genannte Thal herumliegen. Die Natur hat hier üppige Grasflächen geschaffen, die keineswegs eben verlaufen, sondern, eine »bucklige Welt« darstellend, mit uralten Baumriesen : Kastanien und Eichen, Hickory und »Dogwood«, Ulmen, Eschen und Ahorn teilweise sehr dicht bestockt sind, während anderseits niedrig wucherndes Gesträuch und Buschwerk, sowie lichte Hänge und son¬ stige Lehnen zur Genüge vorhanden sind, um den Lebensgewohnheiten der Wapitis und »Mule Deers«, der Antilopen, »Caribous« und des Virginischen Rotwildes auch nach dieser Richtung hin zu entsprechen. Menschenhände haben in diesen großen Gehegen blos die Gitter ge¬ zogen, die Bachläufe soweit reguliert als dies geboten erschien und die rauh und urwüchsig genug aussehenden Wintereinstände gebaut, — alles übrige ist Natur. Auch für die heute bereits hier befind¬ lichen kleinen Rudel der genannten Wildarten mag der fromme Wunsch gelten, sie möchten sich vermehren und zu solchen Herden anwachsen, wie sie die räumlichen Verhältnisse und sonstigen Existenzbedingungen der einzelnen Parkgehege vertragen. (Schluß folgt.) 186 Kleinere Mitteilungen. Normale Molche ohne Lungen1). Dr. E. Lönnberg in Upsala hat neuerdings (Zool. Anzeiger 1899 p. 545 — 548) den 19 bis jetzt bekannten lungenlosen oder nur mit rudimentären Lungen ausgerüsteten Molchen zwei weitere Arten hinzugefügt, nämlich Spelerpes longicauda (Green) und Sp. guttolineatus (Holbr.), die sich beide durch gänzlichen Mangel der Lungen auszeichnen. Die durch Lungen atmenden Molchformen teilt er in solche, deren gut entwickelte Lungen etwa 60% der Kopfrumpflänge erreichen (z. B. Molge vittata Gray und pyrrliogastra Boie), und in solche, deren deutlich verkleinerte Lungen nur 88— 45°/o der Kopfrumpflänge messen (z. B. Molge poireti Gerv.', Salamandrella, Ranidens und gewisse Ambly stoma- Arten). Bttgr. Haustauben als Schneckenvertilger2). Zu dieser von Herrn Dr. Viktor Hornung angeschnittenen Frage3) kann ich folgende Beobachtung mitteilen. Anfang Juli 1890 übergab mir Herr Kaufmann Gerhard Kob erg in Münster i. W. den Kropfinhalt zweier soeben geschlachteter, etwa 3 Wochen alter Brieftauben. Darunter befanden sich (im ganzen) über 20 ausgewachsene Exemplare von Helix ( Xeropliila ) ericetorum Müll. Bei einer wenige Tage später geschlach¬ teten Taube fanden sich sogar 67 Stück der genannten Schneckenart, die freilich mit Ausnahme eines Exemplars noch nicht ausgewachsen waren. Auch ich knüpfte damals an die Mitteilung4) dieser Beobachtung die Bemerkung, daß man den Tauben, wenn sie einen derartigen Sammeleifer nicht auf die genannte, auf dem Heideboden heimische Art beschränken sollten, für die Vertilgung schädlicher Schnecken den Baub von Sämereien zu gute halten müsse. Dr. H. Keeker. Wildgänse als zuverlässige Wetterverkündiger. Durch jahrelange Beobachtungen habe ich gefunden, daß die Wildgänse, Anser cinereus, ganz sichere Wetterverkündiger sind. Bekanntlich verlassen sie als Strichvögel bei Eintritt starker Kälte und Schneefall ihre Heimat und streichen nach Süden; wird das Wetter besser, so streben sic ihrer Heimat wieder zu. Wenn sie nun im Winter bei ganz gelindem Wetter nach Süden streichen, dann haben wir binnen wenigen Tagen kaltes Wetter oder Schneefall zu erwarten, gehen sie aber nach Norden, auch bei recht kalter Witterung, so giebt es in einigen Tagen Tauwetter, und es wird wieder gelinde. Ein Beispiel aus dem letzten Winter mag das be¬ stätigen. Der ganze November 1899 war gelinde, und die ersten Tage des Dezember zeigten immer noch 4- 2° B. Da zogen bei diesem milden Wetter am 3. Dezember die ersten Wildgänse nach Süden, auch am 4. u. 6. Dezember folgten noch einige Ketten nach. Am 8. Dezember zeigte das Thermometer schon — 6° B. , und die Kälte stieg täglich bis zu — 14° B. Am 18. Dezember zogen die Gänse bei — 1°B. wieder nach Norden, und am 30. Dezember hatten wir H- 4° B. zu verzeichnen mit darauf folgendem Tau wetter. Das Wetter blieb gelinde. Am 10. Januar 1900 zogen die Gänse wieder nach Süden, am 11. Januar lag der ganze Taunus voll Schnee, und am 12. Januar zeigte das Thermometer — 2° B. Die Gänse haben also das Wetter richtig angezeigt. L. Buxbaum. 9 Vergl. Zoolog-. Garten 1896 p. 121. 2) Vergl. auch H. Loens in Nachr.-Bl. d. d. Malakozool. Gesellsch. 1890 S. 193—195. D. Herausg. 3) Zoolog. Gart. Jahr g. 1899, S. 393. 4) Naturwissenschaft!. Wochenschrift 1890, S. 327, 187 Schutzmittel gegen den Angriff von Kaubtieren für Wärter in zoologischen Gärten. J) In den Tagesblättern erscheinen oftmals Nach¬ richten aus Menagerien und zoologischen Gärten und darunter leider nicht so selten Berichte über gefährliche oder tödliche Angriffe wilder Tiere auf ihre Dres¬ seure oder Wärter. So wurde erst kürzlich wieder in Wien ein Tierwärter im Löwenkäfige von einer Löwin getötet. Einsender möchte darum auf ein schon früher empfohlenes, aber, wie es scheint, wieder gänzlich vergessenes, ebenso ein¬ faches wie wirksames Schutzmittel aufmerksam machen. Dies ist der gewöhnliche flüssige Salmiakgeist. Spritzt man einer angreifenden Bestie eine Ladung davon gegen Nase oder Kachen, so wird sie der äußerst scharfe, atembenehmende Geruch der Flüssigkeit zum sofortigen Ablassen von ihrem Opfer bewegen. Dies ist erfolgreicher und für das oft kostbare Tier natürlich schonender als das Schlagen mit Eisenstangen oder gar ein Schuss. Es müsste polizeiliche Vorschrift sein, daß bei den Raubtierkäfigen in Menagerien und zoologischen Gärten stets frischer Salmiakgeist und eine gut ziehende Spritze (Klystierspritze) bereit gehalten werde, und daß während der Vorführung dressierter Raubtiere (vom Wolfe an) ein Mann vor dem Käfige also bewaffnet förmlich auf Posten stehe. Eisenstangen und Schußwaffen mögen immerhin in Reserve gehalten werden. Dr. W. Wurm. Der Zoologische Garten imBronx-Park. Am 8. November 1899 ist der Zoologische Garten im Bronx-Park bei New York für das Publikum geöffnet worden. Es giebt sehr viele New Yorker, die gar nicht wissen, wo der Bronx-Park gelegen ist. An Sonntagen machen sich zahlreiche Naturfreunde, vorwiegend deutsche Familien, nach diesem schönen und interessanten Naturpark auf, doch an Wochentagen ist die Gegend völlig vereinsamt, während der mitten in der Stadt New York belegene Central-Park und der Prospekt-Park in Brooklyn täglich stark besucht werden. Die nördlich vom Harlem-Fluß gelegene Gegend heißt die Bronx. Man muß schon New Yorker Chroniken nachschlagen, um festzustellen, wo dieser eigentümliche Name herkommt. Das Land wurde im ersten Drittel des 17. Jahr¬ hunderts von einem echten niederdeutschen Landsmann Namens Bronck von den Indianern erworben. Die Grundmauern des Hauses, das sich dieser tüchtige An¬ siedler baute, sind noch als Ruinen zu sehen. Die Gegend war ursprünglich durch¬ weg bewaldet, und der Rest dieses alten Urwaldes, durchflossen von dem Bronx- Fluß, ist der heutige Bronx-Park. . Seine Erhaltung ist in erster Linie dem vor einigen Jahren verstorbenen Schnupftabaksfabrikanten Pierre Lorillard zu verdanken. Lorillard kaufte ein großes Stück der »Bronx« und errichtete am Ufer des reißend die Felsen durchströmenden Flusses eine Tabaksmühle, die ihn im Laufe der Zeit zum vielfachen Millionär machte. Als großer Naturfreund sorgte er für die Er¬ haltung des Waldes und verkaufte später das ganze Anwesen an die Stadt New York mit der Bedingung, daraus einen öffentlichen Park zu machen. Die alte Lorillard’ sehe Mühle, die höchst romantisch gelegen ist, wird ebenfalls erhalten nebst dem großen stattlichen Wohnhause des alten Tabaksfürsten, das auf einer mit europäischen Bäumen bestandenen Anhöhe steht. Die Stadt New York be¬ schloß vor vier Jahren , den Bronx - Park in zwei Hälften zu teilen , um aus der einen einen Botanischen und aus der anderen einen Zoologischen Garten zu machen. Für diese Zwecke ist der Park in der That wie von der Natur ge- Nachdruck erwünscht, 188 schaffen. Der Zoologische Garten bedeckt eine Fläche von 261 Acres, ungefähr gleich 104 Hektaren. Natürliche Felsengrotten und Teiche haben die Anlage des Tiergartens erleichtert. Da es an Geld nicht fehlt und die Verwaltung sich in Händen einer Körperschaft befindet, die von der Parteipolitik unabhängig ist, so wird der Bronx-Park im Laufe der Jahre gewiß zu einer großen Sehens¬ würdigkeit werden. Der Zoologische Garten soll zum größten und reichhaltigsten in der Welt gemacht werden, und dasselbe wird von dem Botanischen Garten ge¬ sagt. Auch die Anlagen des letzteren haben schon bedeutende Fortschritte ge¬ macht, und das Botanische Museum, ein mächtiges Prachtgebäude, in dem Exemplare aller amerikanischen Bäume und Pflanzen zu sehen sein werden, ist bereits fertig. (Nach Hannoversches Tageblatt v. 24. Jan. 1900.) E. Friedei. Litteratur. Dr. L. Heck, Lebende Bilder aus dem Reiche der Tiere. Werner Verlag, Berlin, 1900. Fol. Lief. 3 — 16 (jetzt vollst., Preis kompl. M. 8. — , geh. M. 10.—). Schnell sind die übrigen Lieferungen des schönen Bilderwerkes, dem ich schon im vorigen Jahrgang p. 396 warme Worte der Anerkennung und Empfehlung mit auf den Weg geben konnte, erschienen, so daß es jetzt abgeschlossen vor uns liegt. Künstler, Herausgeber und Verleger haben keine Mühe gescheut, das Buch so prächtig als möglich auszustatten; sie haben damit ein Kunstwerk geschaffen, das allen dabei Mitwirkenden Ehre macht und als ein belehrendes und vielfach an¬ regendes Bilderbuch bei Jung und Alt die weiteste Verbreitung verdient. Da die vorliegenden Bilder sämtlich photographisch treue Originale in größerem Maßstabe sind als wohl alle bisher von anderer Seite gebotenen Tierbilder, werden sie nicht blos in Haus und Schule gern zur Hand genommen werden; sie sind auch für den Zoologen von Fach und für den gestaltenden Künstler als beste existierende Ab¬ bildungen von beiläufig 192 dargestellten Tierformen wichtig, ja unentbehrlich zu nennen. Jetzt kann man sich doch eine Vorstellung machen von Capra jerdoni Hume p. 30, von Rhinoceros bicornis L. p. 33, dem wunderbaren Semnopithecus schistaceus Hodgs. p. 37, von Casuarius uniappendiculatus aurantiacus Rothsch. p. 41, vom Sibirischen Tiger p. 48 und 49, von Macacus fuscoater Schlg. p. 50, Leptoptilus dubius Gmel. p. 59, Tragelaphus roualeyni G. Cum. p. 61, Bubo lacteus Temm. p. ß2 , Pelecanus erythrorhynchus Gmel. p. 64, Grus carunculata Gmel. p. 71, Ganis dalmatinus Wagn. p. 74, Castor fiber L. p. 79, Tapirus roulini Fisch, p. 80, Bibos gaurus Ev. p. 81, Felis tulliana Val. p. 82, F. fon- tanieri M. Edw. p. 83 und von Dutzenden von anderen Seltenheiten mehr. Doch der Leser urteile selbst ; er möge das Buch kaufen oder zur Anschaffung empfehlen und sich an Bildern und Text recht oft erfreuen und erfrischen. Bttgr. Dr. G. Radde, Die Sammlungen des Kaukasischen Museums. Bd. I, Zoologie. Tiflis 1899 (1900), Tjpogr. d. Kanzlei des Landeschefs. 4°. 521 pg. , 5 Portr.. 24 Taf., 2 Karten. Der Verfasser behandelt in diesem schön ausgestatteten, eine überraschende Fülle von Thatsachenmaterial enthaltenden Buche die Geschichte und den augen- 189 blicklichen Zustand und Bestand der Sammlungen des unter seiner Leitung stehen¬ den Kaukasischen Museums in Tiflis. Dieses vor nun 38 Jahren gegründete Institut setzt es sich zur Aufgabe, ein Centralpunkt für die Natur- und Völkergeschichte der gesamten Kaukasusländer zu sein, und wie es diesem Zwecke gerecht zu werden bestrebt ist, zeigt sich namentlich aus den schönen Tafeln mit Gruppen¬ zusammenstellungen von Kaukasustieren, mit denen der vorliegende I. Band ge¬ schmückt ist. Den Gönnern des Museums, dem Großfürsten Michael Nikolajewitsch und dem Baron A. P. Nikolai, sowie dem Groß • fürsten-Thronfolger Georg Alexandrowitsch und den Gro߬ fürsten Sergius und Nikolaus Michailowitsch sind darin Porträt¬ tafeln gewidmet. Das ganze Werk ist auf sechs Bände in einer Auflage von 500 Exemplaren berechnet. Die Aufzählung des Tierbestandes im Museum beginnt mit den kaukasischen Säugetieren und Vögeln und endet mit den niederen Tieren des Schwarzen Meeres. Alle Stücke der Sammlung sind nach Alter, Geschlecht, Fundort, Datum, Namen des Sammlers u. s. w. übersichtlich geordnet, und außer¬ dem folgen am Anfang oder Schluß jeder Tiergruppe noch kurz gehaltene allge¬ meinere, aber z. T. sehr wichtige, von Spezialisten bearbeitete Abschnitte sowohl systematischen, als namentlich biologisch-geographischen Inhalts. Die Illustrationen, meistens Phototypen, stellen sowohl Ansichten der Art der Aufstellung in der zoo¬ logischen Abteilung, als auch Gruppenbilder dar; nur wenige sind speziell der Systematik gewidmet. Hervorzuheben sind davon besonders die Tafeln mit den Steinböcken der Alpen und des Kaukasus, mit den Gemsen und Wildschafen, den Hamstern und den merkwürdigen Blindmollen (Spalax), den prachtvollen Geweihen des kaukasischen Rothirsches und Rehs und den starken Hörnern der kaukasischen Steinböcke, sowie die Tafel mit den kaukasischen Auerochsen. Eine Übersichts¬ karte über die Verbreitung der wichtigsten Tierformen der Kaukasusländer ist gleichfalls beigegeben, sowie eine z weite, die die heutigen Standorte des Auerwildes daselbst zur Anschauung bringt. Vielfach neu und interessant sind die beigegebenen Notizen über seltene und neue Kaukasustiere. So z. B. die Mitteilungen über die drei für Rußland neuen Fledermäuse Otonycteris hemprichi, Synotus darjüingensis und Bhinolophus euryale über das heutzutage nur noch vereinzelte Auftreten des Tigers im Talyschgebiet, über die anscheinend bereits vollzogene Ausrottung der Hyaena striata Zimm., über die beiden Füchse und die zwei Bärentypen der Kaukasusländer und die Moschusdrüsen von Antilope subgutturosa Güld. (mit Zeichnung). Der Bestand an Auerwild Bos bonasus L.) in den Jagdrevieren des GroßfürstenSergiusMichailo- witsch im Kuban - Gebiete wird augenblicklich auf 300—600 Stück geschätzt. Aus dem Schwarzen Meere liegen Reste eines Wales ( Balaenoptera rostrata F.) im Museum, der im Jahre 1880 gefangen worden ist. Es würde zu weit führen, auf alle die wichtigen Notizen über Lebensweise und geographische Verbreitung auch der Vögel, Kriechtiere, Schnecken u. s. w. der Kaukasusländer einzugehen, die dieser erste Band bietet, hervorgehoben sei nur noch, daß die ganze Arbeit wieder jenen warmen Herzenston atmet und den prächtigen, farbenreichen Stil besitzt, durch den sich alle Werke des Verfassers auszeichnen. Gradezu packend ist z. B. p. 418 die Apostrophe an den Großfürsten Nikolaus Michailowitsch , den verdienten Erforscher der Schmetterlingsfauna des Russischen Reiches. Bttgr. 190 L. Berg, Beiträge zur Ichthyofauna des Kaukasus, in: Mitteil. d. Kaukas. Museums, herausg. v. Dr. G. Radde. Bd. 1, Lief. III. Tiflis 1899(1900). 8°. 80 pg. (russ. und deutsch). In der Einleitung wird gesagt, daß F. F. Kawraisky, der verdiente Be¬ arbeiter der kaukasischen Salmoniden und der Cyprinidengattung Älburnus , seit Jahr und Tag in rätselhafter Weise verschwunden sei. Trotz aller Bemühungen habe der Herausgeber nicht erfahren können, wo er geblieben ist, und er bemerkt dazu — worin wir uns ihm anschließen möchten — , daß dies im Interesse der Fischkunde Rußlands sehr zu bedauern ist. So mußte in L. Berg ein neuer Be¬ arbeiter für die kaukasischen Fische gewonnen werden, der sich seiner Aufgabe denn auch mit Geschick unterzogen hat. Das Material, mit dem er arbeitete, liegt ausschließlich im Zoologischen Museum der Moskauer Universität. Besprochen werden von Cypriniden Cyprinus (1 Art), Carassius (1), Capoeta (1), Barbus (4)> Gobio (1), Leuciscus (1), Squalius ( 1), Idus (1), Scardinius (1), Tinea (1), Abramis (4), Aspius (2), Älburnus (5) und Pelecus (1) und von Cobitiden Nemachüus (3) und Cobitis (3). Die Hauptresultate der Arbeit liegen in dem Nachweis einer Varietät des für das Kaukasusgebiet neuen Nemachilus barbatulus im Terekgebiet und in der verbesserten Synonymie von zwei schwierigen Barbus - und einer Capoeta- Art. Bttgr. W. T. Hornaday, Populär Official Guide to the' New York Zoological Park as far as completed. New York Zool. Soc. 1899. 8°. 13, 108 pg., 7 Fig., 12 Taf., 4 Karten u. 1 Plan. — Preis brosch. 25 cts. Der rührige Direktor des neu angelegten Gartens in New York hat uns in dem vorliegenden Buche mit einem überaus ansprechenden Führer beschenkt, der uns nicht bloß über die unvergleichlich günstige Lage des Gartens und die äußere und innere Einrichtung seiner bis jetzt fertig gestellten Baulichkeiten Auskunft erteilt, sondern auch über die Art Rechenschaft ab legt, wie hier die Tiere in großen, frei von der Natur gelieferten Wald- und Parklandschaften mit natürlichen See¬ becken untergebracht sind. Bis jetzt ist, und zwar im Laufe eines einzigen Jahres, etwa ein Drittel der inneren Einrichtung des Gartens fertiggestellt, aber schon ist er des Besuches in hohem Grade wert, und die 22 geschaffenen Bauwerke und Einzelanlagen zeugen von ebenso feinsinniger Benutzung des Terrains wie von künstlerischer Gestaltungskraft des Gärtners und Architekten. Fertiggestellt und besiedelt sind bis jetzt die Häuser und Parkanlagen für den Großohr-Hirsch ( Cervus macrotis), Damhirsch ( C . dama), Axishirsch (C. axis), Virginiahirsch (C. virginianus), Schwarz wedel ( C . columbianus), Rothirsch (0. elaphus), Karibu ( Rangifer caribu\ das Elentier (Alces americanus ), den Riesenhirsch ( Cervus canadensis ), die Gabelantilope ( Antilocapra americana ) und den Büffel [Bison bison ), von Vogelhäusern das Taubenhaus, der große Flugkäfig und das Haus für Wasservögel. Für größere Raubsäugetiere sind vollendet die Gelasse für Wölfe, Füchse, Bären und für die Seelöwen mit ihrem neuen Bassin. Für die kleineren Säugetiere ist fertig ein eigenes Gebäude, und außerdem finden wir einen Teich für wasserbewohnende Säugetiere, Teiche für Fischottern, Räume für Präriehunde und grabende Nager und ein Bassin für Biber. Für Reptilien endlich ist ein Kriechtierhaus errichtet, und den Krokodilen steht ein Sommerteich zur Verfügung. - 191 — Für die Folgezeit sind vorläufig noch Häuser und Einrichtungen geplant für Antilopen, Affen, Löwen, Strauße, Elefanten, Fasanen, Raubvögel, Eisbären, Kraniche, Eichhörnchen und Waldhühner, ein zweites Haus für kleinere Säugetiere und ein Administration- und ein Restaurationsgebäude, welches letztere bereits in diesem Jahre fertig und dem Betrieb übergeben werden soll. Manches ist bereits erreicht, das sehen wir aus den vorliegenden Karten, Plänen und Abbildungen; viel ist freilich noch zu thun. Doch kann man nach dem in so beispiellos kurzer Zeit geschaffenen mit Sicherheit Voraussagen, daß der Garten, wenn er sich in der begonnenen Weise auszugestalten fortfährt, nicht bloß zu einer Sehenswürdigkeit ersten Ranges der Stadt New York werden wird, sondern daß er an Schönheit, Großartigkeit der Anlage und Vollständigkeit der zur Schau gestellten Tierwelt Nordamerikas in der ganzen Neuen Welt seines gleiclieu nicht finden wird. Die Anzahl der augenblicklich vorhandenen Tiere beschränkt sich vorläufig erst auf 48 Arten von Säugetieren in 157 Stücken, 36 Arten von Vögeln in 175 Stücken und 78 Arten von Kriechtieren und Lurchen in 511 Stücken, im ganzen also auf 157 Spezies in 843 Exemplaren. Aber der Kenner erstaunt bereits über die Anzahl namentlich der Reptilien, die schon jetzt alle Zahlen, die wir in europäischen Gärten antreffen, und selbst die des Londoner Gartens übersteigt. Der Garten ist an Sonn- und Feiertagen und überdies am Dienstag, Mittwoch^ Freitag und Samstag frei für jedermann; am Montag und Donnerstag wird — abgesehen von den Mitgliedern der Zoologischen Gesellschaft, die überhaupt jeder¬ zeit freien Eintritt haben — ein Eintrittsgeld von 25 cts. für Erwachsene und von 15 cts. für Kinder unter 12 Jahren erhoben. Bttgr. Nekrolog. Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. B. Altum f. In Eberswalde in der Mark starb am 1. Februar 1900 Bernhard Altum, Professor der Zoologie an der dortigen Forstakademie, einer unserer ältesten und geschätztesten Mitarbeiter. Zu Münster i. W. am 31. Januar 1824 geboren war er ursprünglich zum Theologen bestimmt und hörte anfangs auch philologische Fächer, wandte sich aber bald ganz der Naturkunde und speziell der Zoologie zu. Er wirkte zuerst als Dozent an der Akademie zu Münster; 1869 wurde er als Professor der Zoologie an die Forstakademie zu Eberswalde berufen. Die Ergebnisse seiner vieljährigen Thätigkeit auf dem Gebiete des forstzoologischen Versuchs wesens legte er in dem großen Werke »Forstzoologie« nieder, das dauernden Wert besitzt. Von anderen Veröffentlichungen nennen wir »Die Geweihbildung bei Rot¬ hirsch, Rehbock und Damhirsch« (1874), »Unsere Mäuse in ihrer forstlichen Bedeutung« (1880), »Waldbeschädigung durch Tiere und Gegenmittel« (1889). Ein besonderes Interesse zeigte der Verstorbene für Forschungen zur Kenntnis der Vögel. In dieses Gebiet schlagen ein die mehr populäre Schrift »Der Vogel und sein Leben«, ein Werk »Ueber die Spechte« und endlich »Die Art¬ kennzeichen des inländischen entenartigen Geflügels« (1883). Bttgr. 192 Eingegangene Beiträge. Dr. G. R. H. in G. (2 Arbeiten), Dr. med. Sch. in N. (3 Arbeiten), Dr. V. H. in M. (4 Mit¬ teilungen) und Dr. H. F.-S. in Z. (Schweiz). Beiträge dankend erhalten. Bücher und Zeitschriften. Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E. Beck-Corrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. XXIV. Jahrg. 1900. No. 12—17. Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr. J. Victor Carus. Leipzig. Wilhelm Engelmann. XXIII. Jahrg. No. 610—613. Ornitho logische Monatsberichte. Herausg. v. Prof. Dr. Ant. Reich enow. VIII. Jahrg. 1900. No. 4. O rn i tholo gisch e Monatsschrift d. Deutsch. Ver. z.Schutze d. Vogelwelt. Redigiert von Dr. Carl R. Hennicke in Gera. 25. Jahrg. 1900. No. 3—4. D i e g ef i ed erte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber, -Züchter und -Händler in Magdeburg. Redaktion von K. Neunzig. Jahrg. 29, 1900, No. 9— 17.§ Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. HoraceCox in London. Vol. 95, 1900. No. 2465—2470. • Prof. Dr. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre. Stuttgart, W. Kohlhammer. 19. Jahrg. No. 4. Natur und Haus. 111. Zeitschrift für alle Naturfreunde. Herausg. v. M a x Hesdörffer. 8. Jahrg. Heft 13. Berlin, Verlag v. Gust. Schmidt, 1900. Allgemeiner Bayerischer Tierfreund. Herausg. v. F. 0 1 1. Würzburg 1900. Jahrg. 25, No. 12—17. Ornithologisches Jahrbuch. Herausgeg. v. V. Ritter v. Tschusi zuSchmid- h offen. Jahrg. 11, 1900. Heft 2. Blätter für Aquarien - und Terrarien-Freunde. Herausgeg. v. Dr. E. B a d e. Magdeburg, Creutzscher Verlag, 1899, Jahrg. 10, No. 22-24. Smithsonian Institution. Report oftheU. S. National Museum for the year ending June 1897. Washington, Governm. Print. Off., 1899. 8°. 27, 1021 pg., 457 Fig., 150 Taf. Zoological Society of London. Sitz.-Ber. v. 20. März u. 3. April 1900. N erthus, 111. Wochenschrift f. Pflanzen- u. Blumenfreunde, Aquarien-, Terrarien- u. Vogel¬ liebhaber. Herausg. v. Kriele u. Adolff. Altona-Hamburg. II. Jahrg., 1900, No. 12— 17. Illust r. Zeitschrift f. Entomologie. Herausgeg. v. Dr. Chr. Schröder u. U. Lehmann. Neudamm, 1900. Bd. 5. No. 6-8. Erstes österr. - ungar. Lehr- u. Lernmittel-Magazin. Preisgekr. Organ d. perman. Lehrmittel-Ausstellung in Graz. Herausg. v. G. Nicki. 18. Jahrg. No. 1. Graz 1900. Prof. D r. A. N e h r i n g, Uber das Horn eines Bos primigcnius aus einem Torfmoore Hinter¬ pommerns. — Sep.-Abdr. aus Sitz.-Ber. Ges. Nat. Fr. Berlin I9u0. 8°. 10 pg., 2 Fig. Derselbe, Über die geograph. Verbreitung von Alactagulus acontion Pall, und A. elater Licht. — Sep.-Abdr. ebenda. 8°. 10 pag., 2 Figg. Geschäfts-Bericht des Königsberger Tiergarten-Vereins für das Jahr 1899. Königsberg i. Pr., l»00. Fol. 8 pg. Vereinsschrift für Forst-, Jagd- und Naturkunde. Herausg. v. Prof. Fr. Croy u. a. Prag, Verl. d. böhm. Forstvereins. Jahrg. 1899-1900. Heft 4. Annals of theSouth AfricanMuseum Bd. l, Heft 3. London, West, Newman & Co., London 1899. 8°. Leipziger Geflügelzeitung. Herausg. v. A. Michaelis, Verlag in Leipzig- Reudnitz. 1900. Jahrg. 1, Heft l. 8°. — Preis jährl. (12 Hefte) M. 1.25. 17. Bericht d. Natur f. Gesellschaft in Bamberg. Bamberg 1899, ,Druckerei d. Bamb. Neueste Nachr. 8°. Der Weidmann. Blätter f. Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. Dr. J. Müller- Liebenwalde. ßd. 31, 1900. No. 26—30. T ier-BÖrse. Zeitung f. Tierzucht u. Tierhandel. Herausg. v. Dr. Langmann. Berlin 1900. 14. Jahrg. No. 12. Verhandlungen d. K. K. Zool. -Botan. Gesellsch. in Wien. Herausgeg. v. D r. C. Fritsch. Bd. 50, 1900, Heft 2—3. Deutscher Tierfreund. Illustr. Monatsschrift f. Tierschutz u. Tierkunde. Herausgeg. v. Dr. R. Klee u. Prof. D r. W. Marshai 1. 4. Jahrg., 1900, Heft 4. 3 8. Bericht d. Vorstandes der Zoolog. Gesellschaft in Hamburg über das Geschäftsjahr 19oO. Hamourg 1900. 8°. 32 pag. R. Berge, Ornitholog. Vorkommnisse aus dem westl. Sachsen. — Sep.-Abdr. aus Journ. f. Ornith. Aprilhett 1900. 8°. 7 pag. Der sei be. Frühere Brutvögel im Königreich Sachsen. — Sep.-Abdr. ebenda. 8°. 7 pag. Dir. Dr. L. Wunderlich, Führer durch den zoolog. Garten zu Köln. Köln, 12’. 146 pag., 80 Figg, Plan. Dr. R. F. Sc har ff, A List of the Irish Cetacea. — Sep.-Abdr. Irish Naturalist Vol. 9. Dublin, A. Thom & Co., 1900. 8°. 9 pag., 2 Taf. Zusendungen werden direkt au die Yerlagshaudlung erbeten. Nachdruck verboten. Druck von Reinhold Mahlau, Fa. Mahlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M. Plan des neuen zoologischen Nach der Natur aufgenommen von 1. Copes Lake: Wasservögel; 2. Lake Agassiz: Große Schwimmvögel; 3. Flugraum für Enten; 4. Flughaus; 6. Winterflugraum; 6. Vogelhaus; 7. Subtropisohe Vogel weit: 8. Verwaltungsgebäude; 9. Robbenteich; 10. Affenhaus; 11. Löwenhaus; 12. Elefantenhaus; 13. Werkstätte und Labora¬ torium; 14. Peccari-Gehege; 15. Höhlen für Bären und Wölfe; 16. Adlerflugräume; 17. Großes Wildgeflügel; 18. Fasanenflugraum; 19. Flughaus für Kraniche; 20. Wassor-Nageiiere; 21. Fischotterteich ; 22. Land-Nagetiere; 23. Kleine Säugetiere ; 4. Eichkatzenbäume; z5. Wasohbärenfelsen ; 26. Prairiehunde ; 27. Reptilienhaus ; Gartens in New York. Conradine von Kadich. . Alligator-Teich; . Bergsohafe ; . Antilopenhaus ; . Bärenzwinger; , Seelöwen; , Biberteich; , Felsenge birgs-Ziegen ; . Hamster und Erdziesel; Bisongehege; . Gabelantilopen ; Wapitigehege; Elchgehege ; Rentiergehege; Verschiedenes Rotwild; Virginische Hirsohe; Großohrhirsohe ; Lakeside Restaurant; , Rooking Stone Restaurant; Nordwestlicher Eingang; Einfahrt für Wagen; Nordöstlicher Eingang ; Radfahrerrastplatz ; Boston Road Eingang; Südlicher Eingang; , Boothäuser; , Südwestlicher Eingang ; Service Road Eingang; Public Comfort House. Beilage zu: „Der Zool. Garten,“ XLI. Jahrg. 1900, Heft 7. (Zoologischer Beobachter.) Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere. Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands. Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt. N°- 7. XLI. Jahrgang. Juli 1900. I ii h a H. Ein Gang durch den Zoologischen Garten zu Berlin; von Theodor Knottnerus- Meyer in Gerbstädt (Mansfelder Seekreis). (Schluß.) — Der neue Zoologische Garten von New York; von Dr. Hanns M. von Kadich in New York, Maspeth, U. S. (Mit einer nach der Natur von Conradine von Kadich aufgenommenen Planskizze). (Schluß.) — Der Biber in Westpreußen. (Nachtrag); von Dr. P. D a h m s in Danzig. (Mit 2 Abbildungen.) — Kann eine Sumpfschildkröte überhaupt außerhalb des Wassers fressen? Von Dr. med. Schnee aus Nordhausen. — Die Dahl'sche Natter (Zamenis dahli Fitz.) in der Gefangenschaft; von Ph. Schmidt in Darmstadt. — Mimikry hei Schlangen? Von Dr. med. Schnee aus Nord¬ hausen. — Bericht des Zoologischen Gartens in Dublin für 1899. — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. Ein Gang durch den Zoologischen Garten zu Berlin. Von Theodor Knottnerus-Meyer in Gerbstädt (Mansfelder Seekreis). (Schluß.) Der Voliere gerade gegenüber liegt das neue Stelzvogelhaus, ihr zur Linken — vom Beschauer aus — das Straußen haus. Zunächst dieses! Es stammt aucli aus früherer Zeit und ist, wie schon erwähnt, dem Abbruch geweiht, nachdem das neue Straußenhaus vollendet ist. Über das Haus als solches verlohnt es sich daher nicht zu sprechen. Es sei deshalb nur der Bewohnerschaft gedacht. Während der Nandu {Bhea americana) wahrscheinlich der beschränkten Raumverhältnisse wegen nicht vertreten ist, sehen wir drei geographische Abarten der Gattung Struthio , nämlich den Somali-Strauß ( Struthio molybdophanes ), den erst neuerdings aus unserem Deutsch - Ostafrika eingeführten Struthio massaicus , ausgezeichnet durch braunschwarzes Gefieder, und den au Hals und Beinen weißgrau-flaumig befiederten Damara-Strauß. Dieser, in einem prächtigen Paar vertreten, ist wie die beiden anderen ein Landsmann, und zwar aus unserer süd westafrikanischen Kolonie. Von Kasuaren besitzt der Garten außer dem Casuarius galeatus den Zoolog. Gart., Jahrg. XLI. 1900. 13 194 Bennetts - Kasuar ( C . bennetti) und den aus Deutsch - Neuguinea stammenden Einlappen -Kasuar ( Casuarius uniappendiculatus). Der Bennetts-Kasuar ist ausgezeichnet durch den hinten breiten Helm und die im Gegensatz zum Helm -Kasuar einfarbig blauen Kopf- und Halsteile. Wenden wir uns nun zurück zum Stelz vogel hause. Es ist von Kayser und v. Großheim im japanischen Stil erbaut und wohl das schönste der neu geschaffenen Tierhäuser des Gartens. Die Thüren des Hauses liegen sich zu beiden Seiten des Mittelganges gegenüber, und so ist ein großartiger Durchblick geschaffen, dessen Abschluß nach einer Seite durch eine bronzene Daibutzefigur gegeben wird, während eine hübsche Bambusbank flankiert von zwei japanischen Tempellaternen im Inneren des Hauses zu längerem Verweilen ein¬ ladet. Helle, geräumige Käfige, gute Ventilation und reiche, in Tierornamenten gehaltene, innere wie äußere Ausstattung kennzeichnen dieses Gebäude, dem wohl kein anderer deutscher Garten ein gleich¬ artiges zur Seite stellen kann. Dem Hause ist die Bewohnerschaft gleich. Besonders ist die aus acht Arten — soweit sie hier im Hause untergebracht sind — bestehende Kranichsammlung zu nennen, während vier weitere Arten sich auf den Ufern des Neptunteiches tummeln. Im ganzen also sind zwölf Arten von Kranichen vor¬ handen ! Als besonders selten verdienen hervorgehoben zu werden der in China und JapaiVeinheimische Weißnacken-Kranich ( Grus leuc- aucheri) und der Glocken- oder Klunkerkranich (Gr. carunculata) aus Südafrika. Auch der in der japanischen Kunst und im dortigen Kunst¬ gewerbe so viel verwandte G. viridirostris , der Grünschnabel-Kranich, ist vertreten. Von den fünf Ciconia- Arten will ich nur den Japaner C . boieiana und den Wollhals-Storch (C. episcopus) erwähnen. Außerdem sehen wir noch drei Arten von Marabus ( Leptoptilus ), drei Arten der Gat¬ tung Tantalus und drei Jabirus , darunter den sehr seltenen Amerikanischen Jabiru (Mycteria americana). Ferner quartieren noch hier der Riesen-Reiher ( Ardea goliath) und der Typhon - Reiher (A. sumatrana ), beide ihrer Unverträglichkeit wegen in Einzelhaft. Verlassen wir nun das schöne Haus mit seiner prächtigen Samm¬ lung, und schlagen wir au der Daibutzefigur vorbei den Weg rechts ein, so gelangen wir zum alten Bärenzwinger, eiuem Zwinger in des Wortes wahrster Bedeutung, feucht und ohne genügendes Licht. An seiner Stelle soll sich die zukünftige Behausung der einheimischen Vögel erheben. Außer einem armseligen Canis lupus treffen wir hier 195 den Ursus japonicus, den 27. tibetanus und den Baribal (27. americanus). Vom 27. tibetanus ist ein prächtiges Paar mit einem hier geborenen Jungen vorhanden. 41s besonderen Nachteil wird es aber jeder Be¬ schauer empfinden, daß die Käfige zu ebener Erde liegen. Von diesem Zwinger aus führt der Weg am »Alten Teich« vorbei zu dem Felsen für Wildschafe und Wildziegen. In den schönen geräumigen Käfigen tummeln sich die Stammformen unseres Haus¬ schafes wie der Hausziege, das Ovis musimon und das transkaspische 0. areal, sowie die Bezoarziege ( Gapra aegagrus). Vertreten ist auch der Thar (C. jemlaica ) in einem prächtigen, sich regelmäßig fort¬ pflanzenden Paar. Ein besonders schönes Exemplar ist der kauka¬ sische Tur ( C . cylindricornis) und neben der C. sibirica das prächtigste Stück der Sammlung, ein Paar junger Alpensteinböcke ( C . ibex), das mit der Flasche, frischem Alpeuheu und Troponkakes großgezogen wird und hoffentlich noch lange eine Zierde des Gartens bilden wird. Vertreten sind noch Ovis tragelaphus und Antilope rupicapra. Letztere, eigentlich in das Antilopenhaus gehörend, hat hier eine ihrem Charakter mehr entsprechende Unterkunft gefunden. Unmittelbar hinter diesem Wildschaf-, bezw. Wildziegen-Felsen erhebt sich das neue Affenhaus, während neben ihm das alte Affen¬ haus liegt. Dieses letztere wird bereits in diesem Winter vom Erd¬ boden verschwunden sein und einem Neubau Platz machen, der zur Unterbringung härterer Affenarten bestimmt und so eingerichtet werden soll, daß die Tiere durch selbst zu öffnende Klappen das ganze Jahr hindurch beliebig ein- und ausgehen köuneu. Im Kölner Garten besteht diese Einrichtung, nicht zum Nachteil für die Tiere, schon jahrelang. Es ist natürlich, daß das Haus nur schwach be¬ setzt ist, und größere Anschaffungen erst nach Vollendung des Neu¬ baus gemacht werden, da die Unterbringung der Tiere während der Bauperiode immerhin mit Schwierigkeiten verbunden ist. Unter einer Anzahl von Meerkatzen, Makaken und Pavianen ist nur besonders zu erwähnen der Tschakma ( Cynocephalus porcarius). Um so reicher ist dagegen der Bestand des neuen Affenhauses. Dieses ist ein von Ende und Boeckmann erbautes eigenartiges Gebäude. Neu, aber ungemein praktisch ist die Einrichtung, daß die Käfige nach dem Zuschauerraum hin durch Glas vollkommen abge¬ schlossen sind, die Tiere also von den Neckereien und manchmal wenig zuträglichen Leckerbissen des Publikums verschont bleiben. Hinter den Käfigen ist eine Art Gewächshaus angelegt. Es giebt nicht nur nach der Rückseite einen freundlichen Abschluß, sondern trägt auch 196 wesentlich zur Reinigung der Luft bei und gestattet, den teilweise so empfindlichen Tropenbewohnern eine ihrem heimatlichen feuchten Tropenklima entsprechende Hausluft zu geben. Die ganze Wand hinter den Käfigen, wie die Decke über ihnen ist aus Glas, um Licht und Sonne reichlich Einlaß zu gewähren. Diese Sorge für das Wohlergehen der hier untergebrachten Pfleglinge ist, wie die zahlreiche, prächtige Affengesellschaft dieses Hauses beweist, nicht umsonst. Von Anthropoiden sah ich eine junge Simia satyrus — Wie mag es ihr heute gehen ? Hoffentlich hat sie sich gut ge¬ halten ! — und einen jungen Hylobates lar, der mit einer Riesenschild¬ kröte, einem Geschenk Sr. Majestät des Kaisers, zusammenquartiert den Beschauer durch seine überaus graziösen Sprünge und Schwin¬ gungen von Stange zu Stange, von Stange zu Tau u. s. w. erfreut. Er ist ein überaus zahmes Tier, dessen größtes Vergnügen es ist, sich vom Wärter auf dem Arm tragen zu lassen. Möge der kleine Kobold noch lange jedermann erfreuen. Von altweltlichen Affen sehen wir hier noch Cercopithecus diana , G. melanogenys, G. fuliginosus , G. aethiops und G. collaris. Die Makaken sind vertreten durch den Ceylon-Hutaffen ( Macacus pileatus) und den Wanderu (M. silenus ), ferner in den beiden großen Außenkätigen, den beiden ein¬ zigen des Hauses, durch ein Paar M. speciosus mit Jungeu, sowie einen M. inuus (Weibchen), zusammen mit einem Prachtmakaken- Männchen. Im Hause treffen wir noch den Bären-Makaken (M. arctoides) , den zu den Pavianen überleitenden Mohren-Makaken (M. maurus) und den Grauarmigen Makaken (M. ochreatus ), beides Be¬ wohner Hinterindiens und der Nachbarinseln. Ihr nächster Ver¬ wandter ist der von den Philippinen und Molukken stammende Gynopithecus niger , ein hübscher, drolliger Kerl. Als Repräsentanten der »heiligen« Affenwelt Indiens treten noch auf der Hulman und der Himalaya-Schlankaffe ( Semnopithecus schistaccus) ; letzterer ist in zwei Exemplaren vertreten, den ersten in einem deutschen zoolo¬ gischen Garten gezeigten. Die neuweltlichen Affen vertreten Cebus capucinus , G. apella und Ateles ater. Wir verlassen das schöne, zweckmäßig eingerichtete Haus, dem vielleicht nur an seiner Süd¬ seite durch Lichten des dort sehr dichten Baumbestandes etwas mehr Freiheit zu wünschen wäre, und nehmen am alten Affenhause vorbei den Weg zur Fasanerie. Wie das alte Affenhaus soll auch sie in kürzester Zeit ver¬ schwinden. Ihre Bewohner werden nach der im Norden in der Nähe des Nilpferdhauses im Bau befindlichen Fasanerie übersiedeln, während 197 an ihrer Stelle der neue Hundezwinger erstehen wird. So geräumig die Käfige sind, so dunkel und feucht sind sie anderseits, nicht passend zu ihren farbenprächtigen, buntschillernden Bewohnern. Diese sind vier Cercornis- Arten, nämlich G. temminchi, C . satyrus, G. Jiastingsi und G. caboti. Besonders prächtige Tiere sind die Pfauenfasanen (. Polyplectron chinquis und P. germaini). Von den acht Arten der Gattung Phasianus , die hier vertreten sind, ist besonders der der grausamen Damenmode schon fast ganz zum Opfer gefallene PA. soemmerringi aus Japan zu erwähnen, ein trauriges Zeugnis mensch¬ licher Borniertheit und Eitelkeit. Von den Arten Thaumalea picta und Th. amherstiae, die beide vertreteu sind, ist zwischen ersterem und dem Ph. nycthemerus ein Bastard vorhanden, der im Gegensatz zu den Bastarden zwischen den beiden genannten Thaumalea - Arten als wenig schön bezeichnet werden muß. Besonders seltene und wertvolle wie prächtige Arten sind Euplocamus vieilloti und E. nobilis. Ein Teil der bereits genannten Arten, ebenso wie das seltene Gabelschwanzhuhn ( Gallus varius Shaw) von der Insel Java, sind in der gegenüberliegenden Fasauerie untergebracht. Diese ist der bereits beschriebenen wegen ihrer hellen Lage und ihrer mit Buschwerk und Gras bestandenen Käfige weit vorzuziehen. In einem dieser mit jungen Kiefern bestandenen Käfige befindet sich auch ein Auerhahn (. Tetrao urogallus) in einem besonders schönen Exemplar. Von Pfauen sab ich noch Pavo nigripennis aus Cochinchina und P. spicifer aus Barma. Nach Nordwesten blickend bemerken wir die hohen Zinnen und Türme des Elefanten-Hauses. Es ist erbaut im Stil eines hindosta- nischen Tempels in seltener Farbenpracht und Vielgestaltigkeit. Ebenso elegant und prachtvoll wie das Außere, so zweckmäßig und gut ist die innere Einrichtung dieses in kolossalen Dimensionen ge¬ haltenen Baues. Außen- wie Innenkäfige sind geräumig, letztere hell, mit Oberlicht versehen, und mit Ausnahme der beiden Indischen Elefanten kann sämtlichen Bewohnern Badegelegenheit geboten werden. Auch diese ist für die so empfindliche »Dickhäuter«- Haut unbedingt erforderlich. Bei den beiden Indiern tritt an Stelle des »Wannen «-Bades die Douche mit dem Schlauch. Zum Inneren des Hauses, das ganz dem stilvolleu Äußeren entspricht, führt eine an der Längsseite im Osten angebrachte Thür, während sich rings um den geräumigen Zuschauerraum die Käfige gruppieren. In der Mitte des Zuschauerraumes steht ein Elefanten-Skelett, an dem der Be- 198 schauer so recht deutlich sehen kann, welch’ kolossaler Knochenbau erforderlich ist, um ein solches Riesentier wie einen Elefanten zu tragen. Überhaupt würde es sich empfehlen und äußerst lehrreich auch für weitere Kreise sein, in Tierhäusern, soweit es die Verhält¬ nisse gestatten, Skelette der ausgestellten Tierarten aufzustellen. Die Bewohnerschaft setzt sich augenblicklich aus Vertretern ganz ver¬ schiedener Tierklassen zusammen , aus Rüsseltieren, Unpaarhufern, Paarhufern und — Nagetieren. Letztere sind je ein Paar Siamesische und Marokkanische Stachelschweine, die später in dem noch zu er¬ bauenden Nagerbaus untergebracht werden sollen und nur ad interim hier hausen. Die Rüsseltiere sind in vier Exemplaren vertreten, zwei Indischen und zwei Afrikanischen Elefanten. Die beiden Indier sind ein schönes Paar. Beide sind geschenkt, das Männchen vom Prinzen von Wales. Es ist der größte Elefant, den ich bis jetzt gesehen habe, ein Prachtkerl. Leider litt er an einem Ekzem am rechten Schulterblatt, das Vorderbein war angeschwollen. Er schonte es und griff bisweilen mit dem Rüssel nach der eiterigen Geschwulst, hatte also augenscheinlich Schmerzen. Hoffentlich ist die Sache überwunden und nicht etwa ein Anfang der furchtbaren Knochen¬ tuberkulose, der so viele Elefanten zum Opfer fallen. Gab man diesem Tiere ein Geldstück, so rief es durch einen eigenartigen Ton den Wärter, der diese Aufmerksamkeit mit einer Rübe belohnte. Hübsch war auch ein von dem Paare nach einer Mundharmonika, die das eine Tier blies, ausgeführter Tanz. Eine Artistin des Tanzes und der Drehorgel ist »Mary«, der Afrikanische Elefant (Elephas africanus), deren künstlerische Lauf¬ bahn in einem Affentheater begonnen hat. Wie der Name besagt, ist es ein Weibchen, ein großes Tier, dessen Hauptvergnügen ein Bad im Nashornbassin ist. Ein Landsmann der Mary, aber aus Westafrika, Kamerun — Mary ist Sudanesin — ist ein drolliger, kleiner Kerl, am Rückeu 120 cm hoch, ein Geschenk des Oberleutnants Dominik von der Schutztruppe. Die Strapazen der Reise scheint er gut überstanden zu haben, während zwei gleichaltrige Leidensgefährten ihnen erlagen. Das Geschenk ist um so wertvoller, als dieses Elefanten-Baby eine zweite geographische Abart darstellt, von denen aus allen Tierklassen möglichst viele zu bekommen, ein Hauptbestreben der Direktion des Gartens ist. Durch auffallend platte Stirn und bedeutend kleinere, nach den Backen zu nicht spitz ausgezogene, sondern rundliche Ohren unter- ] 99 scheidet er sich auf den ersten Blick vom Ostafrikanischen Elefanten. Während dieser fast immer in unseren zoologischen Gärten vertreten war, ist der Westafrikaner bisher kaum nach Europa gelaugt. Hoffen wir, daß der kleine Bursche sich weiter so entwickelt, wie er bisher verspricht. Wohlthuend wich er ab von einem jungen Afrikaner, den ich vor einigen Jahren in Köln sah, der, durch und durch rhachitisch, einen traurigen Anblick bot. Der Nachbar dieses Benjamins im Elefantenhause ist ein Ein- hörniges Nashorn (Bhinoceros unicornis ) aus Ostindien. Weiter sind von Unpaarzehern drei Arten von Tapiren ( Tapirus ) vorhanden, nämlich der südamerikanische Antu ( T . americanus ), der durch dichte Behaarung, weißen Hals und weiße Ohrränder verschiedene Berg¬ tapir ( T . roulini ) und der Schabrakentapir (T. indicus). Dieser, ein Weibchen, ist ebenso wie der T. americanus ein Geschenk. Die Paarhufer des Hauses sind wie die Nager Bewohner auf Kün¬ digung, die jedenfalls nach Ausbau der Schweinekofen, nicht zum Nach¬ teil des Hauses, ihre Käfige räumen werden. Haben sie doch jetzt, wie die Stachelschweine, einerseits die eigentlich den Tapiren zukommen¬ den Bassins besetzt, andererseits Anlaß zur Durch teilung mehrerer Käfige, so des Indischen Tapirs, mit höchst unschönen Bretterwänden gegeben. Diese Mängel ebenso, wie die in einem anderen leeren Käfig aufgestapelten Heuvorräte und herumliegenden Photographien u. s. w. tragen nicht gerade zur Verstärkung des vornehmen Ein¬ drucks bei, den das Haus sonst in so hervorragendem Maße macht. Das Philippinenschwein (Sus pJiilippinensis) und das Javanische Pinselschwein (Sus verrucosus ), sowie zwei Pekari-Arten (Dicotyles tor- quatus und D. labiatus) bewohnen dasElefautenhaus, während die übrigen Schweine in den bereits erwähnten Kofen unmittelbar hinter dem Elefantenhause und an dem großen für Schaustellungen bestimmten Platz untergebracht sind. Es sind dieses ein junges Hausschwein aus Java, das Indische Bindenschwein (Sus vittatus), ein Paar Afrikanische Flußschweine (Potamochoerus africanus ), das afrikanische Warzen¬ schwein ( Phacochoerus ) in drei geographischen Formen, dem vom Senegal, dem deutsch-ostafrikanischen und dem südafrikanischen, und endlich unser deutsches Sus scrofa. Durch häßliche Bretterplanken wird leider der Anblick der Tiere zum Teil gehindert. Dazu kommt noch der Übelstand, daß die Schranke des Publikums an die vor¬ springenden Käfige zu nahe herantritt, während sie von den zurück¬ tretenden und überdies mit Brettern verbarrikadierten Käfigen übertrieben weit zurückliegt. 200 Die Namenschilder hängen außerdem so, daß sie nur mittelst Fernglases zu entziffern sind, da sie ganz an der Rückwand der Käfige oder au den Ställen angebracht sind. Sonst machen diese sauber gepflasterten, mit Suhlloch versehenen Käfige einen ebenso hübschen, wie praktischen Eindruck, wozu auch nicht wenig die originellen, einzeln liegenden Ställe beitragen. Die Einrichtung ist derart, daß ein Haus in der Regel Ställe für drei Außenkäfige enthält. Der größte Verwandte dieser Paarzeher, das Flußpferd ( Hippo - potamus amphibius) bewohnt allein ein prächtiges Haus, das wir, am Eingang Stadtbahn vorbei und den Bauplatz für das projektierte Straußenhaus überschreitend, erreichen. Das Haus enthält außen wie innen geräumige Bassins und innen zwei Stallungen, von denen auf Flaschenzug laufende Gitterthüren zum Bassin führen. In den Be¬ sitz und die Benutzung dieses Beckens müssen sich zur Zeit zwei Tiere teilen, der alte »Murzuk«, geboren im Antwerpeuer Tiergarten, und ein noch nicht halbwüchsiger Bursche. Das Haus, mit reichlichem Pflanzengrün ausgestattet und in Weiß gestrichen, macht einen sehr guten Eindruck. Der Rundgang um das Bassin ermöglicht es, die Tiere zu Lande wie im Wasser gleich gut zu sehen. Und es ist jedenfalls ein reizvoller Anblick, ein auf dem Lande scheinbar so unbeholfenes Tier sich in seinem Element übermütig und mit staunenerregender Gewandtheit tummeln zu sehen. Wie der Platz zwischen Nilpferd- und Elefantenhaus, so ist auch das Gelände zwischen Nilpferd- und Antilopenhaus augenblick¬ lich am meisten von den Neubauten und Umwälzungen berührt. Unmittelbar an der nach dem Tiergarten zu gelegenen Mauer entlang erhebt sich der Neubau für Fasanen und Pfauen und an ihn sich anschließend der im Bau begriffene Felsen für Gemsen und Lamas. Der Fasanerie gegenüber liegt der ebenfalls im Bau befindliche Aussichtsturm. In dessen unmittelbarer Nähe befindet sich der Hundezwinger, der später, wie schon erwähnt, an Stelle der alten Fasanerie im südwestlichen Teil des Gartens neu erbaut werden soll. In geräumigen Käfigen finden wir hier ein schönes Paar Deutscher Doggen, ferner ein Paar Langhaariger Bernhardiner, einen Harzer Schweißhund, Seidenpudel und von Ausländern ein Paar Tibetdoggen, ein Paar boshafter Tuareghunde und einen Chinesischen Spitz. Die Käfige sind im hinteren Viertel überdacht, so daß ein Teil des Bodens stets trocken bleibt, und überdies mit geräumigen und 201 mit Stroh reichlich versehenen Hätten ausgestattet. Das vorhandene Steinpflaster aber möge doch im neuen Zwinger einer auf Stein¬ schlag gewalzten Kiesdecke Platz machen! Die rechts und links neben dem Hundezwinger liegenden Bau¬ lichkeiten, die runde Hühnervoliere für Rassehühner und das Haus für Rassehühner und Rassetauben will ich nur kurz erwähnen und nur den Wunsch aussprecheu, daß die runde Voliere bald durch Neugestaltung ein freundlicheres Aussehen bekomme, daß die geteerten Planken verschwinden und daß ihr durch Lichtung des Baumbe¬ standes mehr Licht zugeführt werde. Im Gegensatz hierzu macht das hell und sonnig gelegene Haus für Rassehühner und Rassetauben mit seinen bepflanzten Außenvolieren einen freundlichen, hübschen Eindruck. Auf die Bewohnerschaft gehe ich aus naheliegenden Gründen nicht weiter ein und wende mich dem der runden Voliere gegen¬ überliegenden Hause für kleine Raubtiere zu. Es enthält davon eine stattliche Anzahl sowohl aus dem Reiche der Kleinbären, wie der Fehden und Caniden. Von der erstgenannten Familie finden wir die Gattung Procyon in zwei Arten, Pr. lotor und Pr. cancrivorus , die südamerikanische Art, ferner die Nasua socialis aus Südamerika. Von Schleichkatzen war ein schönes Paar Zibethkatzen ( Viverra civetta) vorhanden und ein Viverrenbund (. Nydereutes viverrinus). Die Gattung Felis dagegen ist durch dreizehn Arten .vertreten, nämlich F. pardalis , F. geoffroyi aus Südamerika, F. pajeros , die durch Läugsstreifung ausgezeichnete Pampaskatze, F. chelidogaster aus Togo, F. caffra aus Deutsch-Ostafrika, F. viverrina und F. moor - mensis. Ihnen schließen sich die auch der Gattung Felis ange- hörigen Luchs-Arten an. Es sind dies folgende: F. chaus aus Siam, F. caracal aus Indien, F. serval aus Deutsch-Ostafrika, F. gaileopardus aus Westafrika und F. rufa aus den Vereinigten Staaten. Der letzte unter den Luchsen ist der Altai-Luchs (F. isabellina). Dieser reichen Sammlung an Luchsen reiht sich eine ebenso reiche, aus sechs Arten bestehende Sammlung von Schakalen an. Damit komme ich zur Besprechung der Caniden. Von Schakalen nenne ich Canis aureus aus Indien, G. dalmatinus und den süd¬ arabischen G. hadramauticus , ferner den südwestafrikanischen G. chama und ein Rudel junger Schakale aus Siam. Füchse sind in vier Arten zu finden. Neben G. azarae , G. lagopus und G. corsac ist vor allem G. fulvus , der amerikanische Rotfuchs mit tiefschwarzer Schnauze und ebensolchen Beinen be- 202 merkenswert. Auch Wölfe sind hier in drei Arten vorhanden, nämlich C. latrans aus Kanada, der mexikanische G. coyote und der Tataren- Wolf \C. chaucö). Neben dem Meies anacuma ist der Ratelus leuconotus aus Ost¬ afrika ausgestellt. Durch sein ewig munteres Spiel macht er sich ebenso wie ein junger, auch noch in diesem Hause wohnender Malayenbär (Ursus malayanus) zum Kobold unter den Bewohnern und ist wie der kleine Malaye ein besonderer Liebling des Publikums. Zum Schluß muß ich noch der Hyänen gedenken — es sind eine aus Togo stammende Hyaena crocuta , ferner H. striata und die südafrikanische II brunnea — und der in eiuem Vorraum unterge¬ brachten Neuguineahunde, eines ganzen Rudels Eingeborenen- oder Papuahunde* Hoffentlich werden auch diese Tiere im neuen Hundezwinger eine passendere Unterkunft finden. Für Hyänen und Wölfe würde es sich vielleicht empfehlen, besondere Käfige zu bauen in Verbindung mit dem an Stelle des alten zu errichtendeu , bezw. zu erweitern¬ den neuen Bärenzwinger, wie es in Köln geschehen ist. Für diese Tiere sind eben die Käfige des kleinen Raubtierhauses unzureichend. Im übrigen hat das reichlich mit Oberlicht versehene Haus geräumige Behälter für kleinere Raubtiere. Die beiden Ein¬ gänge des Hauses liegen sich gegenüber, und zu beiden Seiten des das Haiüs der Länge nach durchschneidenden Ganges befinden sich die Käfige mit den entsprechenden Außenkäfigen. Auch Luft und Ventilation im Hause sind gut. Neben diesem Hause ist auch die Sammlung für einheimische Räuber der Säugetier- und Vogelwelt aufgestellt. Der Gedanke der Zusammenstellung von besonderen Sammlungen einheimischer Tiere ist auch für andere Gärten nachahmenswert. Das größte hierin hat wohl der Hamburger Garten mit dem Neuen Haus für einheimische Vögel geleistet. Gerade die Kenntnis der einheimischen Tierwelt und damit Liebe und Interesse zu ihr zu wecken, das ist auch eine Aufgabe der zoologischen Gärten. Ist beides aber erst geweckt, daun werden wir auch der Notwendigkeit von polizeilichen Strafbe¬ stimmungen, wie sie unsere Tierschutzgesetze haben u d haben müssen, überhoben sein. Ich richte deshalb — und damit glaube ich im Namen einer großen Mehrheit von Tierfreunden zu sprechen — an die Direktionen aller zoologischen Gärten die Bitte, mehr als bisher, ja sogar mit in erster Linie unsere einheimische Tierwelt zu berücksichtigen, uud 203 nicht allein darauf auszugehen mit prächtigen Schaustücken, wie Löwe, Tiger, Elefant u. s. w. das Publikum anzulocken. . Doch kehren wir zu der Berliner Anlage zurück. Die Ein¬ richtung ist derart, daß zwei Stockwerke von Käfigen hergestellt sind. In den oberen Käfigen sind die Tagraubvögel, in den unteren die einheimischen Raubsäugetiere und einige Nager untergebracht. Die ganze Anlage ist als ein Provisorium zu betrachten und macht hoffentlich einem besseren Neubau Platz, der am zweckmäßigsten neben der projektierten Voliere für einheimische Vögel aufzubauen ist, so daß die Sammlung einheimischer Tiere geschlossen und über¬ sichtlich zusammengestellt wäre. Der Nachteil dieser übereinander¬ stehenden Käfige ist immer der, daß die unteren zu wenig Licht bekommen und man meistens in die Kniebeuge sinken muß, um die teilweise sich zurückhaltenden Tiere sehen zu können. Im unteren Stockwerk erblicken wir den Canis vulpes , den Dachs ( Meies taxus ), ferner die Marder Mustela martes , M. foina, M. putorius und M. furo. Das kleine Wiesel (M. vulgaris ), eigent¬ lich auch hierher gehörig, ist unverständlicher Weise in einem elenden, mit Torfstreu ausgestatteten Vogelhäudlerkasten im alten Vogelhause einquartiert. Die Ordnung der Insektenfresser vertritt unser biederer Stachelhäuter, der Igel ( Erinaceus europaeus), die der Nager (Rodentia) unser allbekannter Lepus timidus , sein Verwandter L. cuniculus und der Alpenschneehase. Die oberen Käfige beherbergen von unseren einheimischen ge¬ fiederten Räubern Futeo vulgaris , Milvus ictinus und M. migrans , Circus aeruginosus und C. cyaneus , Astur palumbarius , Accipiter nisus , Falco peregrinus , F. subbutco. F. tinnunculus und Fandion haliaetus. Es fehlen dagegen hier die einheimischen Nachtraubvögel und die Rabenvögel. Hinter diesen Käfigen ist im Stil eines niederländischen oder friesischen Bauernhauses ein Haus für Ziegen- und Schafrassen errichtet. Etwas geräumigere Außenkäfige hätte man diesem so ansprechenden und praktischen Gebäude wohl geben dürfen. Ich glaube nicht, daß sich die Anlage kleinerer Parks, bezw. Laufkäfige, wie sie jetzt von vielen Tiergärtnern befürwortet wird, außer bei dummscheuen Antilopen, empfiehlt. Erstens ist es im Interesse der Gesundheit eines Tieres erforderlich, daß ihm ein Platz zur Verfügung steht, wo es auch mal sich austoben kann, und daun hat es auch gerade für den Beschauer besonderen Wert und Reiz, die Tiere sich tummeln zu sehen. — 204 -~ Die Sammlung dieses Hauses ist hochinteressant und bietet eine Anzahl Schaf- und Ziegenrassen aller Weltteile in mannigfachen Formen. Neben unsern norddeutschen, wetterfesten Heideschnucken und ostfriesischen Milchschafen treffen wir das tripolitanische vier- hörnige Fettschwanzschaf, ferner das Kameruuschaf. Letzteres ist nicht nur in schwarzer und schwarzweißer, sondern auch in braun¬ weißer Färbung vorhanden. Aus dem tripolitanischen Hinterlande stammt noch das Fessan-Schaf und vom Niger das Haussa-Schaf ( Ovis longipes), aus Asien dagegen das Kalmückeuschaf. Die Gruppe der Ziegen ist durch die beiden hochedlen Schweizerziegen, die weiße Saanen- und die braune Toggenburger Ziege, die spanische Kurzohr- und die originell-häßliche ägyptische Langohrziege vertreten. Eine solch reiche Sammlung an Hausschafen und Rasseziegen steht wohl einzig da. Ihr Wert liegt nicht nur darin, daß sie Gelegen¬ heit zur vergleichenden Haustierkunde, nach meinem Dafürhalten einem der interessantesten zoologischen Gebiete, giebt, sondern auch daß sie durch Vorzeigung und Einfuhr ausländischer edler Formen, wie der Schweizer Ziegen, fördernd auf unsere augenblicklich sehr im Argen liegende deutsche Schaf- und Ziegenzucht wirken kann. Ich wäre nun mit der Besprechung der Tierhäuser am Ende und wende mich jetzt den Teichen zu, von denen der Berliner Garten nicht weniger als sieben besitzt. Den schönen, mit Teichrosen be¬ wachsenen und von hübschen Anlagen umgebenen sogenannten »Vierwaldstädtersee« , über den hinweg vom Neuen Affenhause aus sich ein prächtiger Blick auf die glänzenden Zinnen des Elefantenhauses bietet, übergehe ich, da er, nur der landschaftlichen Verschönerung dienend, nicht mit Tieren besetzt ist. Wenden wir uns daher zu¬ nächst dem Neptunteich zu, so genannt nach einer Neptungruppe, die diesen wie den benachbarten Grottenteich speist. Vor dem »Wiener Cafe« und dem Hauptrestaurationsplatz sich ausbreitend giebt er diesen Gebäuden einen hübschen Abschluß und bietet den Konzertgästen zugleich ein buntes, mannigfaltiges Bild mit seiner aus Stelz- und Schwimmvögeln aller Art bestehenden Be¬ völkerung. Er ist ein sogenannter Gesellschaftsteich. Auf den Ufern sehen wir die prächtigen Gestalten der Jungfern-, Pfauen- und Kronen¬ kraniche ( Grus virgo , Balearica pavonina und chrysopelaga). Abends in den Dämmerstunden beleben mit ihrem eigentümlichen trompeten¬ artigen Geschnatter die Flamingos den Teich, besonders im Glanz der elektrischen Beleuchtung ein gar fesselndes Bild ! Beide Arten, der Afrikanische ( PJioenicopterus roseus) und der Amerikanische — 205 — Flamingo (Ph. ruber ) sind vertreten. Neben Cygnus olor bevölkern den Teich noch Hyonetta maesta, Anser torquatus , A. sinensis und A. leucopsis. Der an ihn sich anschließende sogenannte Grotteuteich ist zur Aufnahme ausländischer Schwäne und Enten bestimmt. Neben Cygnus atratus sah ich hier den selteneren C. nigricollis und vor allem den südamerikanischen Coscoroba-Schwan ( Pseudölor chivius) einen Vertreter der Gattung der Trugschwäne. Schnabel und Beine sind hochrot gefärbt, und der gerade getragene Hals, sowie die hohen Beine möchten auf den ersten Blick verleiten, ihn für eine Gans zu halten. Unter den Enten, von denen ich nur die seltneren er¬ wähnen will, nenne ich die Chilenische Pfeifente (Anas sibilatrix) und die Kolbenente (Fuligula rufina), die nur selten in Deutschland angetroffen wird. Der nächste Teich, der in der Nähe des Stelzvogelhauses ge¬ legene »Alte Teich«, ist mit europäischen Schwänen und Wildenten besetzt. Dreizehn europäische Wildentenarten sind hier zu sehen, an der Spitze unsere Stockente (Anas boschas ), die Stammmutter unserer Hausente. Neben ihr fand ich die Löffelente (Spatula clypeata), die Brandente (Tadorna vulpanser) , die Schellente (Clangula glaucion) und u. a. noch die niedliche Reiherente (Fuligula cristata). Zwei weitere Teiche umgeben zweiseitig die originelle, in Birken¬ holzwerk erbaute Waldschenke, der Kaskaden- und der * Wasserge¬ flügel-Teich. Der erstgenannte wird augenblicklich um ein bedeutendes Stück vergrößert und enthält die Sammlung der Wildgänse. Die seltenste und merkwürdigste unter ihnen ist die nur mit kleinen Schwimmhäuten versehene Spaltfußgans (Choristopus melanoleuca) aus dem naturgeschichtlichen Wunderlande Australien. Ebenso selten, weil in ihrer Heimat stellenweise bereits ausgerottet, ist die Hühner¬ gans (Cereopsis novae-hollandiae). Von Ausländern sind noch zu erwähnen Anser magelhanicus , Chenalopex aegyptiacus , der seltene A. sandviciensis , A. rubidiceps und A. canadensis. Von europäischen Gänsen sind neben Anser cinereus die hochnordische Saatgans (A. segetuni), der höchst seltene nordöstliche Anser brachyrhynchus und A. albifrons vorhanden. Auch die Schneegans ist vertreten, und zwar in zwei Formen, der W7 eißen (A. hyperboreus) und der Blauen (A caerulescens). Der zweite genannte Teich - — ich nannte ihn Wassergeflügel- Teich — dient vor allem Zuchtzwecken und ist aus diesem Grunde, um Reinzucht zu erzielen und die Tiere nicht zu stören, mehrfach 206 durchgeteilt. Außerdem sind hier ihres bösartigen Naturells wegen zwei Gänse-Arten in Einzelhaft, die südosteuropäische Rostgans ( Tadorna rutila) und die neuseeländische Ca^arca (T. variegata ). Ein Teil dieses Teiches ist zu einer Voliere eingerichtet, d. h. mit einem Drahtnetz überspannt. Hier sind die Baumenten unter¬ gebracht und die seltneren Arten, die das Netz gegen Raubzeug aller Art, wie es zoologische Gärten gerne heimsucht, schützen soll. Zu den erstgenannten gehören die beiden wohl farbenprächtigsten Enten , die Brautente ( Lcimproessa sponsci) und die Mandarinen- Ente ( L . galericulata). Von den eigentlichen Baumenten (. Dendro - cygna) sind sechs Arten vorhanden, nämlich D. viduata, autumnalis fulva , major , arcuata und eytoni. Diese letzte, eine australische Ente, ist wohl die seltenste von den sechs Arten. Auffallend ge¬ kennzeichnet ist sie durch die lanzettförmigen, fahlgelben Federn an den Weichen, die sich von unten über die ganze Flügeldecke legen, und deren Enden oben noch über dem Rücken hervorstehen. Be¬ sonders seltene Enten, die aber nur aus diesem Grunde das soge¬ nannte »Entenhaus« bevölkern, sind noch Anas bahamensis , brasilien- sis , gibberifrons, angustirostris, formosa und andamanensis. Der Gedanke, besonders Bauraenten in gedeckten Flugkäfigen unterzubringen, so das Coupiereu zu vermeiden und den Tieren Ge¬ legenheit zum Aufbäumen zu geben, ist sehr nachahmenswert. Von dem Berliner Entenhaus ist allerlei, aber nicht viel Gutes zu sagen. Die Voliere ist ziemlich beschränkt und vor allem in allen Teilen er¬ neuerungsbedürftig. Sie wird hoffentlich bei der in so großartiger Weise begonnenen Umgestaltung des Gartens nicht zu kurz kommen. Prächtig und zahlreich wie diese Entensammlung ist auch die der Pelikane, die für sich einen Teich bewohnen. Dieser ist, dem erwähnten Zuchtteich gegenüber, an der Dreisternpromenade gelegen. Neben dem gemeinen Pelecanus onocrotalus sah ich hier den P. mitratus aus Indien, den P. rufescens aus Afrika, den amerikanischen P.fuscus und den australischen P. conspicillatus. Während dieser die seltenste Art ist, dürften wohl als originellste Typen der Zwerg-Pelikan (P. philippinensis ) und der Nashorn-Pelikan (P. erythrorhynchus ) anzu¬ sehen sein. Dieser letztere trägt seinen Namen von der Eigentümlich¬ keit, daß ihm während der Brutzeit mitten auf dem Schnabel ein plattgedrückter Höcker wächst, der nach Beendigung derselben rasch, wie er gekommen, auch wieder verschwindet. Er ist ein West¬ amerikaner. Alle Weltteile haben, wie wir sehen, zu dieser Samm¬ lung beigesteuert, und ich glaube, daß sich wohl nur die bekannte 207 Kölner Pelikansammlung dieser Berliner an die Seite stellen läßt. Allen Besuchern des Gartens aber möchte ich es empfehlen, einmal der Fütterung dieser zahlreichen und sonderbaren Gesellschaft bei¬ zuwohnen ; es lohnt sich wirklich ! So wäre ich denn am Ende meines Rundganges augekommen und muß mich von dem mir so lieb gewordenen Garten trennen. Auch der Leser wird aus meinen Worten ersehen haben, daß er es mit einem Garten zu thun hat, dessen Tierwelt an Zahl der Arten und an Seltenheiten wohl von keinem festländischen zoologischen Garten erreicht wird. Ich erinnere nur an die Sammlung der Großkatzen — die Tigerarten ! — und an die über 100 Arten zählende Papa¬ geiensammlung, die Hirsch- und die Antilopenkollektion, die große Zahl der Rinder- und Pferdearten u. s. w. Auch Nager und Beutel¬ tiere, jetzt nur spärlich vertreten, da ihre Behausungen den Umge¬ staltungen zum Opfer haben fallen müssen, werden später, so hoffen wir, würdig vertreten zur Vervollständigung des schon jetzt einzig da¬ stehenden Tierbestandes beitragen. Berlin kann mit vollem Recht stolz sein auf seinen »Zoologischen«, dessen Blüte nicht zum wenigsten auch der Freigebigkeit der wohl¬ habenden Bevölkerung der Reichshauptstadt zu danken ist. Möchten sich doch die wohlhabenden Bürger anderer Städte hieran ein Bei¬ spiel nehmen! Habe ich auch hier und da etwas auszusetzen gehabt, wie ja ganz natürlich, so bin ich, glaube ich, andrerseits doch dem Garten voll und ganz gerecht geworden. Einen neuen Beweis ihrer Unternehmungslust und ihres ideellen Strebens, das Interesse für die Tierwelt in weiteren Kreisen zu wecken, hat die Verwaltung des Berliner Gartens jetzt durch Herausgabe des Prachtwerkes »Lebende Bilder aus dem Reiche der Tiere« ge¬ liefert. Dieses sei, nachdem es bereits mehrfach in dieser Zeitschrift besprochen worden ist, hier nochmals allen Tierfreunden aufs wärmste empfohlen. Als erstes deutsches Werk dieser Art reiht es sich würdig dem englischen »All about Auimals« an. Noch eins für die Leser, die aus eigener Anschauung den Berliner Garten kennen: Sie werden sich über die Art meines Rundganges wundern. Ich habe, wie ich es bei Besuchen des besprochenen Gartens stets zu thun pflegte, erst die östliche Hälfte des Gartens bis zum Antilopenhaus einschließlich, dann die westliche einer näheren Be¬ trachtung unterzogen. Ich halte es bei der räumlichen Ausdehnung des Gartens und bei dem so reichen Tierbestand für das richtigste, 208 an einem Tag die östliche , an einem anderen die westliche anzusehen. Dem Berliner Zoologischen Garten aber und seiner Direktion wünsche ich von ganzem Herzen ein Fortschreiten wie bisher zum ersten Institut seiner Art nicht nur auf dem Kontinent, sondern in der ganzen civilisierten Welt! Der neue Zoologische Garten yon New York. Von Dr. Hanns M. von Kadich. in New York, Maspeth, U. S. (Mit einer nach der Natur von Conradine von Kadich aufgenommenen Planskizze). (Schluß.) Nicht weit von den »Deer Ranges« steht eine andere wohlbe¬ setzte Anlage — die erste, die im Park in Angriff genommen und daher auch zuerst vollendet wurde — , nämlich das große Haus, das den aus dem Süden stammenden Schwimm- und Watvögeln zum Winteraufenthalte dient, ein prächtiger, kupfergedeckter Bau ans Ziegeln und massiven Steinblöcken, der 15 X 50 Fuß Fläche bedeckt. Längs der ganzen äußeren Mauer ist — temporär — eine Reihe von klafterlangen und ebenso hohen Käfigen aufgestellt, die heute zeitweilig die Adler, Geier und Falken, sowie Eulen, Krähen und Häher beherbergen, die auf die Fertigstellung des für sie bestimmten Heims, des großen Flughauses, warten müssen. Dieses, über 150 Fuß lang und 72 Fuß hoch, steht neben dem Wolfsgehege und dürfte noch in diesem Winter bezogen werden können. Unter der hier befindlichen Kollektion nordamerikanischer Raubvögel ist ganz besonders eine Gesellschaft von acht Weißköpfigen Seeadlern (»Bald Eagle« — Haliaetus leucoceplialus) hervorzuheben, die die verschiedensten Alterskleider aufweist und darum speciell für den Ornithologen vom Fach sehr interessant ist. Im Innenraum dieses Hauses sieht es dagegen noch nicht besonders gemütlich aus, da hier eine Menge gefiederter Gäste zeitweilig untergebracht werden mußte, die eigentlich anderswohin gehören, deren Wohnstätten jedoch noch nicht ausgebaut sind. Aus der Unmasse von Drahtkäfigen kleiner und kleinster Aus¬ gabe, die da an den Seitenwänden auf, neben und über einander stehen und den Gesamteindruck eines »Bird Stores« befördern helfen, fällt dem Eintretenden zunächst ein Käfig von riesigen Dimensionen in 209 die Augen, der den Mittelraum einuimmt und einen ansehnlichen Wasserbehälter, sowie den unfehlbaren Springbrunnen enthält. Eine Wand des Gitterwerks ist teilweise durch ein großes, gläsernes Becken ersetzt, das beinahe 4 Fuß krystallklares Wasser hält und die günstigste Gelegenheit bietet, die Thätigkeit solcher Vögel zu beobachten, die nach lebenden Fischen tauchen. »Kingfishers«, Alken, Lummen und Kormorane sollen hier ihrem Berufe nachgehen — einstweilen ist der ganze Käfigraum noch von einem kleinen Flug »Snake Birds« mit Beschlag belegt, die den Fischfang so ungeniert betreiben, wie in ihrer ursprünglichen Heimat in Florida. Ganz eigenartig wirkt hier die dekorative Ausstattung der Wände. Der Besucher, der durch das Gitterwerk sieht, erblickt überall realistisch gehaltene Landschafts¬ malerei : hier eiu Stück Stromwelt des Mississippi, dort Marschländer und Dünen am weiten Ozean, Urwaldstrecken, die irgendwo von den Gestaden des Lake Superior hergenommen sein mögen, Prairiegebiet und Mesa, die wohl in New Mexiko oder Californien liegen. Es scheint, als könne man Meilen weit und Meilen tief in diese Gegenden hinein¬ sehen — ein Eindruck, der noch stärker wirkt, wenn man mehrere Schritte von den Käfigen wegtritt und aus größerer Entfernung scharf durch die Gitter sieht. Ohne Zweifel wird, wenn einmal nur von jenen Wasservögeln bewohnt, die hier heimatsberechtigt sind, diese Anlage ein wahres Schmuckkästchen darstellen, das sich mit seinem immerwährenden, lebendigsten Leben für die Allgemeinheit zugkräf¬ tiger erweisen mag, als der gewöhnliche »Star« eines jeden Zoo-Parks — das Affenhaus. Vierhänder, die zur Ordnung der Simiae gehören, besitzt Nord¬ amerika nicht, und da es sich hier vor allem darum handelte, die dem Lande selbst eigentümliche Fauna in ihren hervorragendsten Vertretern zur Anschauung zu bringen, so wird auch mit dem Bau des »Monkey House« erst im nächsten Jahre begonnen werden. Das gleiche gilt von den Zwingern für Löwen und Tiger, sowie von den Gehegen für Elefanten, Nashörner und Kamele. . . . Gleich neben diesem Gebäude wächst — sozusagen während des Ansehens — das große Flughaus seiner Vollendung entgegen. Das sowohl in der Anlage, wie seinen Dimensionen nach mustergiltige Gebäude besteht aus Stahlrohren als Stützen und Drahtnetzwänden und bedeckt — wie bereits erwähnt — eine Fläche von 150 X 72 Fuß, um eine Höhe von 60 Fuß zu erreichen. Das Gitter wölbt sich über drei lebende Waldbäume, eine Eiche und zwei Hickories, über Felstrümmer, Buschwerk, Stauden und Grasgrund, endlich über Zoolog. Gart., Jahrg. XLT. 1900. 14 — 210 — einen Wasserlauf, der allein hundert Fuß Länge des Flughauses für sich in Anspruch nimmt. Im nächsten Sommer werden hier ganze Flüge von Flamingos und Ibissen, Edelreihern, »Nightherons« (Rohr¬ dommeln) und Pelikanen gravitätisch umherstelzen oder watscheln, je nachdem es ihre Eigenart mit sich bringt. Die am weitesten nach Norden vorgeschobene Anlage im »Birds Valley« umfaßt das fertig eingerichtete und besiedelte Gehege jener Enten, Gänse und sonstigen Wasservögel, die nördliche Lagen be¬ wohnen und rauhe Witterung vertragen. Es liegt in und auf einem gut drei Acker erfüllenden Stückchen Wasserwelt, die sich aus le¬ bendig strömenden Adern und stehenden Teichen, aus kleinen Inseln und Sandbänken, aus schlammigen Löchern, in denen das Wasser¬ geflügel wurmen kann, Schilfhorsten und Schattenbäumen zusammen¬ setzt. Die ganze Anlage wird durch ein ungeheueres Drahtnetz in fünfzehn ungleich große Departements geteilt, die dem verschieden¬ artigsten hierhergehörgen Geflügel zum Aufenthalte dienen. Flüge von »Braunen« Pelikanen (P. fuscus) und »ganz gewöhnlichen« Mallards (Anas boschas), nordische Wildgänse: »Brants« oder »Canada Goose« (JBranta canadensis ) und Mandarin-Enten beleben dieses Re¬ vier ; selbst mehrere Trompeterschwäne (i Ohr buccinator) haben sich hier eingefunden und ziehen durch ihr würdevolles Gebaren , das wohlthuend von dem ewigen Geschnatter des anderen Wasservolkes absticht, die Aufmerksamkeit des Besuchers auf sich. Die Enten und Gänse, die Reiher, Wasserhühner und Rallen finden ihr gewohntes Element : lebendig strömende Flut, stagnierenden Swamp oder Teich — je nach Wahl — , schilfige Buchten, natürliche, hochgelegene Insel¬ chen, Sandbänke, Nist- und Futterplätze — alles auf mehr als drei Acker Flächenraum ; die »Upland Game Birds« hausen hier in den ihnen zusagenden Lagen, die Spechte und Höhlenbrüter vermissen die gewohnten alten Baumriesen nicht, die kleinen Sänger nicht das von ihnen bevorzugte niedrige Gesträuch, die verwachsenen, dorni¬ gen Hecken. Den nagenden und wühlenden Woodchuks ( Arctomys ) endlich, den Gophers und Groundsquirrels, an denen Nordamerika so reich ist, ist eine Gelegenheit angewiesen, wie ich sie gleich vollkommen noch in keinem zoologischen Garten gesehen habe. Dreizehn große Abteilungen, in denen die Tiere viel tiefer graben können, als sie dies gewöhnlich in der Freiheit thun, bieten den her¬ vorragendsten Vertretern der Gruppe »Burrowing Rodents« die Mög¬ lichkeit, sich ihre kleine Welt anzulegen, ihren Wirkungskreis zu 211 schaffen, wie im heimatlichen Gefilde ; ja für die »Prairiehunde« ist eine Reservation vorgesehen, die 80 Fuß Durchmesser hat und bis zu 8 Fuß Tiefe reines Erdreich enthält. Hier haben diese zierlichen Tiere denn auch schon eine ansehnliche unterirdische Stadt gegrün¬ det: ein »Township« angelegt. Ein geräumiges Glashaus haben wir noch anzusehen, das zum zeitweiligen Aufenthaltsort einer zahlreichen Gesellschaft von Nage¬ tieren, wie Eichhörnchen, Stachelschweinen, großen Hasen und klei¬ nen Kaninchen herhalten muß, bis die ständigen Behausungen dieser Tiere fertig sind, und damit haben wir — wohl für die diesjährige Saison — unseren Ruudgaug zu beschließen. Der letztere erstreckt sich heute noch gut über zwei Meilen, die zu Fuß zurückzulegeu sind, jedoch sind die kreuz und quer laufen¬ den Wege derart angelegt, daß der Besucher nicht nur überallhin zu schauen vermag, sondern — halbwegs gute Augen vorausgesetzt — auch jedes Tier gut sehen kann, das sich innerhalb seiner Reservation befindet. Dies wäre in großen Umrissen eine Skizze des neuen Zoo-Parks von New York, soweit er bis jetzt dem Publikum übergeben werden konnte. Außerordentliches ist in einem kurzen Jahre hier vollbracht worden: aus einer desperaten Wildnis ist ein zoologischer Garten erstanden, landschaftlich so schön und genial angelegt, wie ihn nicht leicht eine zweite Stadt besitzt. Ganz fertig wird er wohl niemals werden — ebenso wenig wie ein Museum, das die toten Schätze der drei Naturreiche zu sammeln hat, jemals alles besitzt, »was vorkommt« und was die Wissenschaft zu vergleichendem Studium an Material braucht. Aber er besteht, er ist eröffnet worden — und der Aus¬ bau einzelner Anlagen, die Vervollständigung der Kollektionen lebender Tiere, die wissenschaftliche Sichtung, sowie deren praktische Expo¬ sition sind lediglich mehr Zeitfragen und Sache einer gewissen Routine. Und nun zum Schlüße noch eine ganz kurze Betrachtung allge¬ meiner Natur. Die Zoologische Gesellschaft von New York war — und ist heute noch — bei der Gründung des ganzen großartigen Unternehmens von dem Bestreben geleitet, auf diesen 160 Ackern gemischten Landes — 101 Acker des Gesamtareals wurden einstweilen als »Pleasure Grounds« und für sonst notwendige Gebäulichkeiten reserviert — zunächst die Vertreter der höheren Tierwelt Nordamerikas zu vereinigen und zur Anschauung zu bringen, mit dem Plane, die so überaus günstig gelegene und räumlich ausgedehnte Anlage teil¬ weise als »Game Preservation« — somit als Tiergarten — , teils als »Zoo-Park« zu besiedeln und einzurichten. 212 Der Fauna der übrigen Weltteile soll erst später jene Sorgfalt gewidmet werden, die jedes derartige Institut, das auf Vollständig¬ keit seiner Sammlung Anspruch erhebt, aufwenden muß. So ein¬ seitig dieses Prinzip vielleicht auch scheinen mag, so kann es doch grade hier im Lande für den Anfang nur gut geheißen werden. Denn nirgends kann ein unmittelbar wirkender, praktisch-auf- klärender Anschauungsunterricht, den eine vollständige und immerwährend zugängliche Sammlung von lebenden Tieren des eigenen Heimatlandes insbesondere der her an¬ wachsenden Jugend zu geben berufen ist, bessere erziehe¬ rische Früchte tragen als hier bei »Jung-Amerika«. Ich habe die Vereinigten Staaten fast volle sieben Jahre lang von Osten nach Westen, von Norden nach Süden durchzogen und reiche Gelegenheit gehabt, mit den gesellschaftlich höchststehenden Kreisen wie mit den untersten Bevölkerungsschichten zu verkehren, und spreche daher aus eigenster Erfahrung. Ich bin nun fest davon überzeugt, daß eine zahlreiche Menge von gebildeten Englisch- und Deutsch- Amerikanern New Yorks oder irgend einer anderen Stadt mit der Vorstellung der Schweizer oder Tyroler Alpen auch das Bild der »Chamois« — der Gemse — verbinden, genau wissen, wo und wie der Elefant, die Giraffe, der Löwe leben, welche Rolle das Ichneumon, der Papagei, die Vierhänder spielen, daß sie aber sehr in Verlegenheit geraten würden über die Frage nach dem Vorkommen und Verbreitungsgebiet des Zobels (Sable) und »Vielfraßes« (Gulo luscus) in Nordamerika, nach der Anzahl der diesem Kontinent eigentümlichen Hirscharten, nach der Naturgeschichte unserer Hoch¬ gebirgsbewohner , wie des Bergschafes und der Felsenziege. . . . ! Ich glaube auch, daß sehr viele große und kleine Leute hier im Lande viel eher und sachgemäßer über die Geographie Frankreichs, Italiens oder des »Heiligen Landes« plaudern können und Bescheid wissen, als über die Tier-, beziehungsweise Pflanzenwelt in Idaho und Wyoming oder die natürlichen Existenzbedingungen im ungeheueren »Northwestern Territory«. Man kann ja in unserem praktischen Zeitalter den Wunsch, daß der Kenntnis der Tierwelt des eigenen Weltteiles mehr allge¬ meine Aufmerksamkeit gewidmet werde als bisher, eine theoretisch wertlose Forderung nennen, kann sich auch Bestrebungen gegenüber, die darauf abzielen, das Studium des Tierlebens populär zu machen — wie etwa im Sinne Brehms — kühl verhalten, kann aber nicht hindern, daß die »Zoologische Trage 'Nordamerikas« auch ihre sehr praktische, weil geldbringende Seite hat, 213 die es geradezu gebieterisch verlangt, daß genauere Kenntniße über den Wert verschiedener Tiergattungen und richtigere naturgeschichtliche Vorstellungen im allgemeinen in den weitesten Kreisen verbreitet werden. Die Pelztiere Nordamerikas versorgen gemeinschaftlich mit den aus Nordasien kommenden den ganzen Weltmarkt; der Fischreichtum dieses Landes ist ein hervorragender Faktor im Nationalvermögen der Union, der alljährlich Abermillionen einbringt; der Robbenschlag im Beringsmeer war ein solcher, ebenso wie die Bisonherden, die dem Lande eine bleibende Rente gesichert hätten, hätte man vernünftig mit ihnen ge wirtschaftet. Andere nützliche Wildgattungen gehen der Ausrottung in absehbarer Zeit entgegen, und die Vogelschutzfrage im Interesse der Land- und Forstwirtschaft ist eine für Nordamerika gradezu hervorragend wichtige. Das sind zoologische Fragen, die ausschliesslich praktischen Wert besitzen und über die die weitgehendste Belehrung der Allgemeinheit, die größt¬ mögliche Bereicherung des allgemeinen Wissens nur von praktischem und unschätzbarem Nutzen sein kann. Das heranwachsende »Jung- Amerika« soll lernen, daß der Singvogel überall nur Nutzen schafft und daß er nicht dazu auf der Welt ist um seiner Nester beraubt und mit »Slingshot« — der Schleuder — oder Teschings »gekillt« zu werden. Und die übrige Menschheit hier im großen und wunderschönen Lande soll belehrt werden, soll kennen lernen, wie unendlich reich es ist au Schätzen der Tierwelt, aber auch wissen, wie diese aussieht, wo und wie diese lebt, wodurch und in welcher Weise sie nützt oder schadet und auf welcher Basis sie rationell verwertet oder ausgenützt werden kann. Eines der vielen und besten Mittel nun, die zu diesem schönen Ziele führen, ist unstreitig ein richtig angelegter, gut eingerichteter und zielbewußt geleiteter zoologischer Garten. »Erhaltung der Nordamerika eigentümlichen Tierwelt« und »Förderung zoologischer Bestrebungen im allgemeinen« heißen die beiden hohen Ziele, die sich die »N. Y. Zoological Society« gesetzt hat, und den Boden, auf dem sich beide verwirklichen lassen, besitzt sie in der Anlage des uuter der Leitung des bekannten, wissenschaftlich und praktisch gebildeten Fachmannes William T. Hornaday ste- hendeu zoologischen Gartens, der — soweit ursprüngliche Natur und Menschenhände, Fachkenntnisse und moderne Technik Zusammenarbei¬ ten konnten — schon jetzt einen Nationalpark en miniature repräsen¬ tiert, würdig in jeder Hinsicht der Bedeutung von Groß-New York als Weltstadt. 214 — Der Biber in Westprenssen, (Nachtrag). Yon Br. P«, Dahms in Danzig. (Mit 2 Abbildungen.) Nachdem der in zwei früheren Nummern *) veröffentlichte Auf¬ satz über den Biber in Westpreußen bereits zum Drucke eingesandt war, hielt Herr Prof. Dr. Conwentz in der Vorstandssitzung des Westpreußischen Fischereivereins in Danzig am 21. Dezember 1899 einen Vortrag »Über den Biber«. Der Vortragende berichtete darin über Beobachtungen, die er auf seinen Reisen gemacht hatte, und gab ein allgemeines Bild über Gewässer-, Flur- und Ortsnamen, die an den Biber erinnern. Der Vortrag, der in den »Mitteilungen des Westpreußiseben Fischerei- Vereins (Danzig. Bd. XII, Nr. 1, Jan. 1900, S. 1—5) zum Abdruck gekommen ist, enthält auch zwei Ab¬ bildungen, die vor längerer Zeit in den Verwaltungsberichten des Westpr. Prov. -Museums zur Veröffentlichung gelangt sind. Herr Prof. Conwentz bot sie mir auf meine Anfrage hin in liebens¬ würdiger Weise zur Illustration meines Aufsatzes an, und ich mache von diesem Entgegenkommen um so lieber Gebrauch, als sich mir so Gelegenheit bietet, meine Abhandlung zu vervollständigen. Fi g. 1. Die erste Abbildung zeigt die bereits erwähnte zweiklappige Biberfalle von Adamsbof bei Sypniewo in ca. *5 der natürlichen Größe. Bei dem Stücke sind die als Federn wirkenden, dünnen Gerten, die über die Klappen führten und diese stets zuzuwerfen drohten, beim Ruhen in der Erde zerfallen. Prächtig dagegen hat sich die eigentliche Falle conserviert. Der Eisengehalt des Torfes, in dem man sie fand, hat mit der im Eichenholz enthaltenen 9 Ygl. oben p. 87—93 und 108—112. 215 — Gerbsäure eine tiefschwarze, unlösliche Verbindung gebildet, sodaß die Falle gewissermaßen versteinert ist. Die zweite Abbildung zeigt den Schädel des ebenfalls schon Biberfundes von Charlottenthal in 1/3 der natürlichen Größe. Während er nach dem ) * . . Herbstes 1899 wurden ferner an Rodegra-Brücke (Pr. Strasburg) Flg' 2‘ mehrere Biberknochen gesam¬ melt. Es ist das um so bemerkenswerter, als Funde aus der Diluvial» zeit in unserer Provinz bisher vollständig unbekannt waren. Schließlich sei noch erwähnt, daß im nördlichen Teile West¬ preußens unweit Bereut der Bibrowo-See anzutreffen ist, während es im Kreise Culm — wie ich vor kurzem in einem Verzeichnis für den Postbetrieb fand — ein Haus Bobrowkenhof giebt, das der Bestellungspostanstalt Ostrometzko zugerechnet wird. Kann eine Sumpfschildkröte überhaupt ausserhalb des Wassers fressen? Von Dr. med. Schnee aus Nordhausen. Diese Frage wurde vor einiger Zeit im Briefkasten des »Triton« aufgeworfen und war dort, der herrschenden Ansicht entsprechend, im verneinenden Sinne beantwortet worden. Nach dem Wortlaute der Anfrage möchte ich allerdings fast annehmen, daß deren Ein¬ sender einmal das Gegenteil erfahren hat, aber seiner Beobachtung nicht recht sicher ist. In der That können nämlich viele, ich glaube sogar alle Arten von Sumpfschildkröten außerhalb des Wassers Nahrung zu sich nehmen. Der Vater der weitverbreiteten, oben citierten, aber irrigen Meinung scheint Jo ha nn v. Fischer zu sein. Dieser sagt nämlich ausdrücklich : »Außerhalh des Wassers kann weder eine Emys , noch eine Clemmys , einige wenige Arten ausgenommen, noch ein Cinosternum . . . irgend etwas verschlingen«. Ich habe schon 1898 im »Zoologischen Garten« darauf aufmerksam gemacht, 216 — daß das Fressen auf dem Lande gar nicht so selten ist, ja, daß mir der Verdacht nahe zu liegen scheint, die Gewohnheit unserer euro¬ päischen Sumpfschildkröte sei verallgemeinert und auf alle Arten von Süßwasserschildkröten übertragen worden. Es war mir daher sehr interessant zu vernehmen, daß auch diese Art auf dem Lande freßen kann. Otto Schneider (»Blätter« 1892 p. 177) schreibt z. B. von seiner JEmys orbiciüaris , daß sie sich ziemlich selten im Bassin aufhielt und auch häufig namentlich Regen- und Mehlwürmer auf dem Lande verzehrte. Dr. A. Hanau (Zoolog. Garten 1896 p. 310) berichtet von einer Clemmys caspia , »die — unerhört für eine echte Clemmys — riesige Mengen von Fleisch meist auf dem Lande fraß«. Dr. Fr. Werner bemerkt dazu, daß derartiges namentlich bei älteren Exemplaren dieser Art bereits öfters beobachtet worden sei. Ich selber sah Damonia reevesi Gray auf dem Lande fressen, was allerdings ziemlich ungeschickt von statten ging ; ferner be¬ merkte ich es bei der Diard’schen Sumpfschildkröte. Eine halb¬ erwachsene Clemmys leprosa Schweigg., die ich noch heute besitze, hatte kaum den für andere Tiere bestimmten Mehlwurmnapf ge¬ funden, als sie auf eine Fütterung im Wasser verzichtete. Sie lebte seit der Zeit vielmehr ausschließlich von dieser Nahrung, die sie an Ort und Stelle verzehrte. In dem bereits erwähnten Aufsatze von Schneider heißt es, daß die Gemalte Sumpfschildkröte, falls ihr der Raub (Mehlwurm) einmal streitig gemacht wurde, ihn auch auf dem Lande verzehrte. Von der verwandten punktierten Art wird sogar mitgeteilt, daß sie ihr Futter fast immer im Trocknen nehme. Nach meiner Erinnerung fraß auch Nicoria trijuga Schweigg. bis¬ weilen auf dem Lande. Aus dem Angeführten geht wohl schon genugsam hervor, daß es keineswegs nur einige wenige Arten sind, die ihre Nahrung ohne Wasser zu sich nehmen können. Wie wir eben gesehen haben, verschluckte eine Schildkröte, die in Gefahr war, ihrer Beute wieder beraubt zu werden, diese sofort, während sie sonst wohl mit ihr ins Wasser gegangen wäre. Warum die Chelonier letzteres zum Verzehren ihrer Beute auf¬ zusuchen pflegen, ist leicht einzusehen. Die Schildkröten sind durch¬ schnittlich wehrlose Tiere und somit zu ihrer Rettung auf die Flucht angewiesen. Am Lande ist diese aber so gut wie aussichtslos, da jedes beliebige Raubtier sie hundertfach an Gewandtheit und Schnelligkeit übertrifft. Erst im Wasser vermögen die Schildkröten ihre Behendigkeit zu benutzeu, indem sie sich etwaigen Feinden 217 durch Untertauchen entziehen. Ich kann somit in dieser Gewohnheit nur eine Parallele zu der Handlung eines Raubtieres erblicken, das die gemachte Beute in seine Höhle oder in ein Versteck schleppt, um sie dort in größerer Ruhe und Sicherheit zu verzehren. Die Art und Weise, wie die Schildkröten fressen, auf irgend welche Eigen¬ tümlichkeit des Schlingaktes zurückführen zu wollen, halte ich für eine Verkennung des Thatsächlichen. Die von Job. v. Fischer ausgesprochene Ansicht: » Das Verschlingen wird bewerkstelligt, indem sie das sie umgebende Wasser in kurzen, aber kräftigen Stößen einschlucken, das den Bissen in seiner nach der Speiseröhre gerichteten Strömung mit sich fortreißt und in den Schlund treibt«, scheint mir ziemlich unwahrscheinlich und höchstens dazu geeignet zu sein, den Magen der Schildkröte mit Flüssigkeit, aber wohl kaum mit Nahrung anzufüllen. Die DahFsche Natter ( Zamenis dahli Fitz.) in der Gefangenschaft. Von Ph. Schmidt in Darmstadt. Unter den verschiedenen südeuropäischen Schlangen, die jahraus, jahrein regelmäßig im Handel zu haben sind, ist eine der zierlichsten und geschmeidigsten die »Dahlsche Natter«. Diese zur Gattung der Zornnattern {Zamenis) gehörige Schlange erinnert in ihrer Körperform lebhaft an die Baum- und Peitschenschlaugen. Der sehr schlanke, dünne Körper, der bei ausgewachsenen Tieren kaum so dick wie ein kleiner Finger ist, trägt einen großen, flach eiförmigen Kopf, der sehr deutlich vom dünnen Halse abgesetzt und doppelt so lang wie breit ist. Das Auge ist sehr groß und bekundet eine gewisse Leb¬ haftigkeit. Würde vorn noch die schnabelartige Verlängerung des Kopfes der Peitschenschlangen und Baumschnüffler vorhanden sein, so. käme man in Versuchung diese Schlange zu einer der vorgenannten Gattungen zu zählen. Die Oberseite ist am Halse hellgrau oder graugrün, nach hinten mehr gelbbraun oder rötlichgrau gefärbt, ebenso auch die Oberseite des Kopfes. An den Halsseiten befinden sich längliche schwarze oder braune, mit einem weißgelben Saum versehene Augen¬ flecken, deren Zahl meist drei oder fünf beträgt. Eine gewisse Varietät (var. najadum) soll sogar bis über 20 solcher Augenflecken besitzen. Die Unterseite ist mattgelb oder weißlich und ungefleckt. Auf den dünnen, langen, beinahe nadelspitz auslaufendeu Schwanz 218 kommt etwa ein Drittel der ganzen Körperlänge, die 70 cm bis 1 m beträgt. Im April vorigen Jahres bezog ich eine dieser schönen, zierlichen Schlaugen>on dem Terrarienhändler Findeis in Wien, laut dessen Preisverzeichnis als Peitschenschlange, doch machte mich der für eine Peitschenschlange enorm billige Preis (3 — 4 M) sofort stutzig, und konnte ich später das Tier als Dahlsche Natter bestimmen. Bis Mitte Mai hielt ich die Schlange in einem auf 17 — 19 0 R. er¬ wärmten Terrarium im Zimmer; von da an brachte ich sie in mein grosses Terrarium, das im Garten steht und täglich fünf Stunden der Sonne ausgesetzt ist. In diesem Raume, der reichlich mit hohen Pflanzen ausgestattet ist, bot sich dem Tiere Gelegenheit seine er¬ staunliche Kletterfertigkeit zu zeigen. Durch die direkte Einwirkung der Sonnenstrahlen zeigte die Schlange überhaupt ein regeres Leben, das im Hochsommer seinen Höhepunkt erreichte. In den ersten zwei Monaten ihres Gefangenlebens war sie sehr scheu. Wenn ich mich ihrem Käfige näherte, schoß sie wie ein Pfeil durch die Pflanzen nach einem Schlupfwinkel hin, um, wenn ich mich ruhig verhielt, alsbald wieder hervorzukommen und die Strahlen des be¬ lebenden Tagesgestirns von neuem auf sich ein wirken zu lassen. Ihr gewöhnlicher Ruheplatz war das oberste Blatt eines kräftigen, mehr als meterhohen Phyllodendronstockes. Ihre Bewegungen^sind noch schneller und ungestümer als die der zu der gleichen Gattung zählenden Pfeilnatter (Zamenis gemonensis Laur.). Die Bissigkeit hat sie mit der genannten Schlange gemein, doch verliert diese sich früher als bei der Pfeilnatter. Als Nahrung nahm sie nur kleinere Zaun- und Bergeidechsen, die lebend ohne vorherige Umschlingung ver¬ zehrt wurden. Größere Kerbtiere, die sie nach verschiedenen An¬ gaben auch nehmen soll, wurden immer verschmäht. Da der ver¬ flossene Sommer ein sehr heißer war und das Terrarium mehrere gedeckte Schlupfwinkel enthält, so konnte ich das Tier ohne Schaden bis Anfang September im Freien belassen. Leider wurde die Schlange, ehe ich sie in ihr Winterquartier unterbringen konnte, von einer die Gefangenschaft mit ihr teilenden , bedeutend kleineren Pfeilnatter aufgefressen. Diese Schlange, die den ganzen Sommer mit anderen südeuropäischen Nattern das Terrarium teilte, konnte schließlich ihrer Neigung für Schlangenfutter nicht wiederstehen und hatte sich die zierliche Dahl’sche Natter zum Opfer auserkoren. Man muß die Pfeilnatter deshalb aus Gesellschaftsterrarien wohl unbedingt verbannen. Die meisten im Handel erscheinenden Dahl’schen Nattern stammen aus Dalmatien. 219 Mimikry bei Schlangen? Von Dr. med. Schnee aus Nordhausern" Schon seit einiger Zeit stehe ich den bisher mitgeteilten Be¬ obachtungen von Mimikry unter Wirbeltieren skeptisch gegenüber. Weder die von Wallace beigebrachten Fälle zwischen Vögeln, noch eine neuerdings beobachtete angebliche Nachahmung von Eich¬ hörnchen durch die Baumspitzmäuse Borneos (Tupaia montana) scheinen mir überzeugend! Wenn Poe ock auch noch so schön aus¬ einandersetzt, daß letztere sich somit unter harmloser Maske den ihnen als Beute dienenden Vögeln nähern können, so vermag ich doch darin nichts für Nachäffung Sprechendes zu entdecken. Ge¬ meinsame Lebensbedingungen bringen so oft Aehnlichkeiten hervor, daß eine wie ein Eichhorn aussehende Spitzmaus mir gar nicht so seltsam erscheint, da dieses Faktum durch die Säugetiere in Fisch¬ gestalt, die Wale, weit überboten wird. Die bisher erwähnten Fälle stehen offenbar auf schwachen Füßen und können nur vermittelst mehr oder weniger künstlicher Deutung als Mimikry angesprochen werden. Die von Wallace bei Schlangen angeführten Beispiele scheinen dagegen bestechend und sind, so viel ich mich erinnere, auch noch nicht in Zweifel gezogen worden. Während ich die erst¬ erwähnten Beobachtungen den betreffenden Fachleuten zur Nach¬ prüfung empfehle, gedenke ich mich mit letzteren selber etwas zu beschäftigen. Wallace (Darwinism p. 261) führt aus, das giftige Genus Elaps besitze eine eigentümliche Warnfärbung bestehend aus scharf abgesetzten, sehr auffallenden roten, schwarzen, auch wohl gelben mit einander abwechselnden Ringen. Er fährt dann fort (Ich er¬ laube mir der Einfachheit halber den Text gleich zu übersetzen) : »Jedoch werden in denselben Gegenden drei Genera harmloser, zu anderen Familien gehöriger Schlangen gefunden, von denen einige die giftigen Elaps oft so genau nachahmen, daß man sie nur mit großer Schwierigkeit auseinander halten kann!« Über die erwähnten Korallenschlangen ist insofern eine Übereinstimmung erzielt, als man heutzutage weiß, daß sie wirklich giftig sind, was früher bezweifelt wurde ; zugleich aber ist festgestellt, daß sie ihrer kleinen Mundöffnung halber zu den für Menschen und größere Säugetiere unschädlichen Arten gehören. Hiervon scheint allerdings der im süd¬ lichen Nord- und in Mittelamerika vorkommende Elaps fulvius L. 220 eine Ausnahme zu machen. R. Mole in Trinidad (vergl. den Auf¬ satz des Herrn P. de Grijs in Zoolog. Garten 1898 p. 279) giebt an, daß häufig Todesfälle durch ihn veranlaßt werden. Auch mir wurde in New - Orleans mitgeteilt, daß die gefährlichsten Gift¬ schlangen des Landes nicht die Klapperschlangen seien, sondern Ancistrodon und Elaps, die sich in diesen traurigen Ruhm teilten. Wenn Wallace an der citierten Stelle äußert, in Guatemala werde letztere Art durch die harmlose Pliocercus aequalis nachgeahmt, so vermag ich wohl zu verstehen, daß diese Gleichfärbung der un¬ giftigen Schlange nützlich sein kann, aber nur dann, wenn die Giftschlange sehr häufig und deswegen allgemein bekannt, sie selber dagegen selten ist. Wenn aber die völlig harmlosen brasilianischen Elaps- Arten von anderen Schiaugen nachgeahmt werden sollten, so wäre das völlig widersinnig. Trotz ihres Giftes vermögen sich die erwähnten Giftnattern, wie wir schon sahen, gegen größere Geschöpfe gar nicht zu verteidigen, andere können als Feinde ja nicht gut in Frage kommen. Nun befinden sich unter meiner aus Säo Paulo (Süd-Brasilien) stammenden Schlangenkollektion neben Elaps corallinus nicht weniger als drei ihr in der Zeichnung fast gleichende Arten, nämlich Oxyrhopus trigeminus , Erythrolamprus aesculapii und Simophis rhinostoma, für deren Bestimmung ich Herrn Dr. Werner sehr verpflichtet bin. Dieselbe Trutzfarbe findet man nach Boulenger auch noch bei den Gattungen Atr actus, Cemophora , Urotheca und einer Anzahl anderer, kurz sie sind ungemein ver¬ breitet. Die wirklich giftigen Arten scheinen den harmlosen gegenüber in der Minderzahl zu sein. Ihre auffallende Färbung könnte somit den Elaps- Arten nur zum Verderben gereichen, indem sie den Schlangenfressern dadurch gleichfalls als Arten ge¬ kennzeichnet werden , die diesen als leicht zu bezwingende be¬ kannt sind. Ich glaube indessen, daß der Nutzen der bunten Haut ein ganz anderer ist, als bisher angenommen wurde. Sie ist ein in jenen Regionen weit verbreitetes und genügend gewürdigtes Widrigkeits¬ zeichen; ähnlich wie die leuchtend schwarz-gelbe Livree unseres Feuersalamanders kündigt sie schon von weitem an, daß diese Tiere ungenießbar sind. Bei dieser Gelegenheit fällt mir übrigens ein, daß durch einen Herpetologen vor einiger Zeit mitgeteilt wurde, daß in Centralamerika gewisse grelle, in gleicherweise wirkende Farben¬ zusammenstellungen unter den Kriechtieren sehr häufig und in gleicher Weise bei Eidechsen und Schlangen, wie bei Fröschen vorkämen. 221 Ich habe mir diese Mitteilung schon vor mehreren Jahren notiert, vermag aber im Augenblicke leider nicht anzugeben, wo sie ge¬ standen hat. Zweifelsohne zeigt z. B. die brasilianische Eidechse Diploglossus fasciatus Gray eiu der Elaps- Zeichnung sehr ähnliches Muster. Auch sie besitzt Ringel über den ganzen Körper, die beim lebenden Tiere rot und blau und am Schwänze statt blau gelb sind. Am Rücken werden die Querstreifen grünlich. Es wäre interessant, wenn jemand einmal darauf achten würde, ob die abschreckend schmeckende Substanz vielleicht der durch Spiritus leicht auszu¬ ziehende rote Farbstoff ist. Wie die neuweltlichen Korallennattern, so sollen auch die alt¬ weltlichen nachgeahmt werden. Da jedoch die in Frage kommen¬ den Callophis- Arten gleichfalls eine sehr kleine Mundöffnung be¬ sitzen und selbst gereizt nicht zu beißen versuchen, so dürfte zwischen ihnen und ihren angeblichen Nachäffern , von denen Wallace 1. c. mehrere anführt, ein ganz ähnliches Verhältnis wie bei Elaps und seinen Nachahmern stattfinden. Uebrigens scheint mir schon der Umstand sehr verdächtig, daß harmlose Schlangen keineswegs die buntgefärbten, dabei aber sehr gefährlichen Bungarus Ostindiens nachahmen, was ihnen zweifelsohne größeren Nutzen bringen würde. Es wäre ja nicht undenkbar, daß unter der großen Menge dieser eigentümlich gezeichneten Arten einige wären, die in ähnlicher Weise wie südamerikanische Schmetterliuge die geschützten ungenießbaren Formen nachahmten, indessen wissen wir darüber nichts. Wallace (p. 262) behauptet dann noch, die Eier fressende JDasypeltis scabra ahme eine in demselben Lande (in Südafrika) lebende Giftschlange nach. Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob die erwähnten beiden Arten sich wirklich so ähnlich sind. Aber selbst wenn das der Fall sein sollte, so bin ich immer noch geneigt, dieses Faktum auf irgend etwas anderes, z. B. eine gleiche Lebensweise zurückzuführen. Welche Ähnlichkeit diese gerade bei Schlangen hervorzurufen vermag, geht aus einer Äußerung Wer n e r s hervor, der über eine Baumschlange Neuguineas folgendes sagt : »Diese Schlange besitzt eine ganz ver¬ blüffende Ähnlichkeit mit Python amethystinus , sowohl in der Fär¬ bung, als auch dem ganzen Habitus, dem dicken, von dem schlanken Halse wohl abgesetzten Kopfe, dem seitlich komprimierten Rumpfe und langen Kletterschwanz, sowie in dem kräftigen, freilich ganz verschieden gebauten Gebisse. Vieles davon ist natürlich auf die Wirkung der Anpassung an genau die gleiche Lebensweise (beides 222 sind nächtliche Baun schlangen) zurückzuführen, jedenfalls ist von Mimikry bei den Achtung gebietenden Verteidigungsmitteln beider Arten, die einer Nachahmung der anderen Art durchaus nicht be¬ dürfen, kaum die Rede.« (Aus Dr. Werner, Über Reptilien etc. aus Togoland, Kamerun und Neuguinea, 1899, p. 22.) Da die eine Art giftig ist (opisthoglyph), die andere aber nicht, so hätte man hier leicht an derartiges denken können. Weil die Schlangen sich im allgemeinen sehr gleichen, so scheinen derartige Ähnlichkeiten nicht selten zu sein. Giebt es doch ganze Parallelreihen bei ihnen, z. B. die Wassernattern und die Wasserottern ; gleiches Aussehen dürfte sich danach wohl meist auf gleiche Lebensweise zurückführen lassen. In den Fällen von großer Ähnlichkeit auf Mimikry schließen zu wollen, ehe eine solche wirklich nachgewiesen ist, halte ich für verkehrt. In der Natur stellt sich ein Tier, dem eine Schlange auf- stoßt, nicht erst hin uud betrachtet sie genau ! Jedes Geschöpf, der Mensch nicht ausgeschlossen, hat vielmehr naturgemäß eine Scheu vor Schlangen uud würde ihnen sicherheitshalber immer das Feld räumen, weshalb eine Nachäffung gefährlicher Arten keinen rechten Zweck hat, umsomehr da die Schlangenfresser giftigen wie ungiftigen Species gleichmäßig nachzustellen pflegen. Jedermann weicht in den Tropen vor einer Schlange zurück, ohne sich mit längerer Betrach¬ tung derselben aufzuhalten; vernünftige Leute bewaffnen sich aber mit einem Knüttel und schlagen das Reptil ohne weiteres tot. Deshalb glaube ich, daß einer harmlosen Schlange die Ähnlichkeit mit einer giftigen kaum etwas nützen wird. Bericht des Zoologischen Gartens in Dublin für 1899. Wir entnehmen dem 68. Annual Report of the R. Zoological Society of Ireland for 1899, Dublin 1900, über das verflossene Gesellschaftsjahr folgende Einzelheiten. Der Vorstand der Gesellschaft besteht aus einem Präsidenten — 1899 war es Feldmarschall Lord Roberts, der Sieger über Cronje im Burenkriege — , 5 Vicepräsidenten, einem Sekretär, einem Schatzmeister und 16 Verwaltungs¬ räten. Das Eintrittsgeld für Mitglieder beträgt ein Pfund Sterling, der Jahresbeitrag für ein Mitglied und dessen Familie oder für Jedermann, der sich im Garten abonnieren will, gleichfalls ein Pfund. Die Jahresbeiträge können mit 10 Pfund abgelöst werden. 223 Die E i n n a h m e n der beiden letzten Jahre betrugen für 1898 1899 Zahl Einnahme Zahl Einnahme Mitglieder . . . Angehörige öffentl. 5657 ' — 7218 — Institute . . . 3875 — 2958 Extrabillete . . 89 — 86 — . £ sh d £ sh d Besucher zu 1 sh 14269 713 9 0 16344 817 4 0 » » 6 d 17248 431 4 0 22030 550 15 0 » » 8 d 4880 61 0 0 7687 96 1 9 » * 2 d 60949 507 18 2 71114 592 12 4 » » 1 d 17389 72 4 11 20064 83 12 0 123806 £ 1785 16 1 147501 £ 2140 5 1 Yon dieser Summe brachten 1899 die Mitglieder für Lebenszeit £ 160, die übrigen Mitglieder £ 889 und die Gartenabonnenten £ 48, also in Summa £ 597 ein, während das Ergebnis in 1898 £ 596 betragen hatte. Die eben mitgeteilten Daten sind überaus erfreulich, da die diesmal erreichten Zahlen von Besuchern (147501) und von Einnahmen (£ 2140 sh 5 d 1) alle bisherigen Jahresangaben er¬ heblich übersteigen. Dieser Erfolg ist sicher nicht blos der Verbesserung und Ver¬ mehrung der Tramlinien, die den Garten berühren, zuzuschreiben, sondern in erster Linie wohl auf Rechnung der Verschönerungen im Garten und der Vervollständigung des Tierbestandes zu setzen. Die Finanzlage ist keine glänzende, hat aber in den letzten Jahren die Gesellschaft vor Verschuldung bewahrt. Bleibt der Aufschwung so wie bisher, so kann die Verwaltung weiter sorgenfrei in die Zukunft sehen. Eröffnet wurde im Laufe des Jahres das neue zum Andenken an Dr. Haughton errichtete Gebäude, dessen Wirtschaftsräume auch Sonntags geöffnet sind, und ausserdem wurden an und in den Bärenzwingern, den Gelassen für Wölfe, Hyänen u. a. Raubtiere wesentliche Reparaturen und Verbesserungen gemacht. Über¬ dies ward an Stelle des alten Zebrahauses ein neues Haus für Wiederkäuer errichtet, und es wurden Risse hergestellt und genehmigt für einen Aufenthalts- und Garde¬ roberaum für Damen. In Aussicht genommen ist ferner ein Neubau für die Löwen, eine Spezialität des Dubliner Gartens, der augenblicklich die stattliche Anzahl von 15 Exemplaren (3 cT, 6 Q und 6 Junge) besitzt. Das Photographieren im Garten ist nicht nur erlaubt, sondern die Verwaltung hat jetzt sogar eine Denkmünze ge¬ stiftet, die dem verliehen wird, der nach Verlauf eines Jahres die beste Reihe von Tierbildern vorzulegen im stände ist. Die Medaille konnte bereits einmal verliehen werden. Außer Geschenken an Geld erhielt der Garten von seinem Präsidenten Lord Roberts und v. a. Gönnern sehr wertvolle Zuwendungen von Tieren, die wir hier nicht verzeichnen, weil wir unten eine Übersicht des ganzen jetzigen Tier¬ bestandes geben wollen. Von Geburten im Garten ist besonders bemerkenswert die eines weiblichen Kamelfüllens (Tragzeit 12 Monate und 21 Tage), das aber schon sechs Tage nach der Geburt starb. Von besonders schweren Tierverlusten ist ausserdem der Tod des Kamel¬ weibchens zu beklagen, sowie der des großen Schimpanse ( Anthropopithecus niger)1 der, fünf Jahre im Garten lebend, ein Alter von wohl 12 Jahren erreicht hat, und der des Hylobates hainanus, der gleichfalls dem Garten beinahe fünf Jahre zu¬ besonderen Zierde gereichte. Tierbestand 1899. I. Säugetiere. 1. Affen. Cercopithecus mona , diana , 4 Cercocebus fuliginosus , Macacus sinicus , 7 cynomolgus , 8 rhesus , 2 Cynopithecus niger , Cynocephalus porcarius, 6 babuin, mormon , £ Ce&ws fabuellus. 2. Halbaffen. .2 Lemur flavifrons, 2 catta , Cliirogaleus milii. 3. Raubtiere. 15 Felis leo, 2 tigris, 3 pardus, serval , caracäl , 6 eoncolor , viverrina , pardalis , ,2 Cynaelurus jubatus , "Fi-yerra civetta , Genetta tigrina, 2 Paradoxurus aureus, 5 Herpestes griseus, Hyaena striata, 3 Lycaon pictus, 4 Canis lupus , mesomelas, 2 Mustela martes, foina , Lutra vulgaris, 2 Procyon lotor, Nasua rufa , Ursus maritimus , ,2 arctos , tibetanus, 3 americanus und var. cinnax momea , ,2 malayanus , .2 Melursus ursinus. 4. Robben. Otaria stellen. 5. Flattertiere. Pteropus medius. 6. Nager. 5 Sciurus einer eus , Cynomys ludovicianus , ,2 Myopotamus coypu , Atherura fasciculata , Lagostomus trichodactylus , JDasyprocta aguti, 4 Cavia porcellus, 2 Hydrochoerus capybara , 5 Lepus cuniculus. 7. Rüsseltiere. Flephas indicus. 8. Unpaarhufer. Equus asinus, 2 burchellL 9. Paarhufer. J5os taurus , 5 indicus , Bastard von taurus und Poephagus grunniens, P. grunniens , 5 Gazella subgutturosa , 5 Antilope cervicapra, darunter ein Bastard mit Gazelle, C onnochaetes gnu, 2 Gapra hircus, 7 Ovis aries, 6 trage- laphus , Cervus elaphus, 2 canadensis , 5 mantchuricus , sifca, 5 aristotelis, 2 axis, 4 Lama peruana , Camelus dromedarius , bactrianus. 10. Fe hl zähn er. Dasypus villosus. 11. Beuteltiere. Trichosurus vulpecula , Petaurus breviceps , Macropus ruf us, 4 robustus , darunter ein Bastard mit Jf. giganteus, giganteus, 2 bennetti, Petrogale xanthopus , 5 penicillata. II. Vögel. 1. Singvögel. 5 Turdus musicus, 2 merula, 13 Padda oryzivora , 1,2 Quelea sanguinirostris , 5 Hyphantornis textor, 2 Fringilla caelebs , Serinus canarius, 3 Linota rufescens, Molothrus pecoris , 5 Sturnus vulgaris, 2 Corvus corax , cor nix, 3 monedula, 3 Pyrrhocorax graculus, alpinus, Alauda arvensis. 2. Spechtvögel. Dacelo giganteus, Turacus persa. 3. Papageien. 5 Cacatua moluccensis, 4 galerita, 4 leädbeateri, 9 roseicapilla, 4 Licmetis nasica, 2 Palaeornis torquata, peristerodes, Eclectus roratus , Aprosmictus cyanopygius, 26 Melopsittacus undulatus , Psittacus erithacus, Ara militaris, 2 macao, chloroptera, 3 ararauna, Conurus nanday, aureus, Ghrysotis guatemalae, levaillanti, Pionus fuscus. 4. Eulen. Syrnium aluco, 2 Asio otus , 5 Bubo maximus. 5. Raubvögel. Circus aeruginosus, 3 Buteo vulgaris, jacal, H elotarsus ecaudatus, Aquila chrysa'etus, audax, Halia'etus albkilla , Spizaetus Goronatus , 4 225 Tinnunculus alaudarius , 2 Polybor us brasiliensis , 3 Gyps fulvus, 3 Gypohierax angolensis, Cathartes aura, Sarcorhamphus gryphus. 6. Ruderfüßer. Pelecanus crispus, fuscus , Sula bassana , 4 Phalacrocorax carbo. 7. Storchvögel. cinerea , 2 purpurea , alba, Ardetta minuta , Nycticorax griseus , 5 Ciconia alba , Leptoptilus crumenifer , 2 Pseudotantalus ibis, leucocephalus , Platalea leucorhodia, Ibis melanoccphala. 8. Schwimmvögel. Chenalopex aegyptiacus , Cereopsis novae-hollandiae , 5 Anser albifrons, cygnoides, öCygnus olor, atratus: 3 Dendrocygna autumnalis , 2 Tadorna cornuta, 3 casarca, Cairina moschata, 80 Anas boschas, 2 Dafila spinicauda, 8 Aix galericulata, Fuligula ferina. 9. Tauben. 14 verschiedene Haustauben, 77 Turtur risorius, Chalcopelia chalcospilos. 10. Hühnervögel. 5 Phasianus colchicus, 2 Thaumalea picta , amherstiae , 2 Euplocamus nycthemerus , 2 Fasanenbastarde, 8 Ptwo cristatus, 3 Numida meleagris , .2 Acryllium vulturinum, Crax alector, 3 Mitua tuberosa. 11. Wasserhühner. Cw pratensis , 5 Ocydromus australis, Porphyrio caeruleus . 12. Reih er vögel. 2 Grus communis , 42 antigone , 4 Anthropoides virgo , 5 Balearica pavonina. 18. Schnepfen vögel. Tringa minuta , Totanus calidris. 14. Möwen. 9 Larus argentatus , fuscus , marinus. 15. Straußvögel. Apteryx mantelli , Casuarius picticollis , 5 Dromaeus novae-hollandiae , P/irn americana. III. Kriechtiere. 1. Schildkröten. 4 Testudo radiata, elephantopus , 4 Emys orbicularis , 4 Chrysemys picta , Sternothaerus niger , Chelodina longicollis. 2. Krokodile. 4 Alligator mississippiensis. 8. Eidechsen. Tiliqua gigas. 4. Schlangen. ,2 Python sebae , ,2 regius , 4 molurus, spilotes. IV. Lurche. Schwanzlurche. 2 Mm&Zysfoma tigrinum. V. Fische. Knochenfische. 10 Perca ßuviatilis , 4 Ambloplites rupestris , <9 Salmo fario , 77 fontinalis, 13 Carassius auratus , 78 Leuciscus erythrophthalmus , 700 Phoxinus laevis, 2 Tinea vulgaris , JEso# lucius, Anguilla vulgaris , Neochanna apoda. Insgesamt zeigte also der Tierbestand 1899 von Säugetieren 86 Arten, von Vögeln 118, von Kriechtieren und Lurchen 14 und von Fischen 11, d. h. 229 Species Einnahmen 1899. <£ sh d <£ sh d 31. Dez. 1898. Überschuss vom vorigen Jahr . 642 2 10 Zu Händen des Direktors . . . 30 0 0 Transport 672 2 10 15 v £ sh d £ sh d Transport 672 2 10 1899. Eintrittsgelder (s. vorn) . . . , 2140 5 1 Jährl. Zuschuß von der Behörde 500 0 0 Von Mitgliedern auf Lebenszeit ; 160 0 0 Von den Mitgliedern . . . . 389 0 0 Von Garten-Abonnenten . . . . 48 0 0 Aus Billeteinnahmen . . 0 10 0 Aus dem Verkauf von Tieren . . 187 10 0 Aus Nebeneinnahmen . 90 6 5 Geldgeschenke . 185 14 0 £ 4373 8 4 Überschuß 1899 . 7 2 Zu Händen des Direktors . 0 0 £ 503 7 2 Debitoren . 91 2 10 £ 594 10 0 Ausgaben 1899. 1899. Tierankäufe . 621 1 2 Futterkosten . . . . . 611 15 6 Druckkosten, Schreibmaterialien . 83 6 3 Annoncen . 54 17 0 Baukosten und Reparaturen 461 7 10 } aoo i tc Q desgl. Dr. Haughton-Haus 222 7 5 i ' * ' * ÖÖO 10 O Wassergeld . 78 16 8 Gehalte und Löhne . 894 11 9 Verschiedene Ausgaben (Kohlen, Cokes, Gas, Livreen etc.) . 341 17 7 Baufonds . 500 0 0 £ 3870 1 2 Überschuß 1899 . . 473 7 2 Zu Händen des Direktors . . 30 0 0 503 7 2 £ 4373 8 4 Creditoren . „ . 594 10 0 £ 594 10 0 Kleinere Mitteilungen. Im Verlage von Dr. Jan na sch in Berlin ist kürzlich ein Buch erschienen, das sich »Die Großindustrie Berlins« betitelt. Dieses Werk enthält interessante Artikel über die verschiedenen Industriezweige, die in Berlin und seiner Umgehung durch große Etablissements vertreten sind. Es wird auch von der Regierung- amtlich benutzt. 227 In Berlins Großindustrie finden wir auch einen ausführlichen Artikel über die unseren Lesern wohlbekannte Spratts Patent- Akt.-Ges. in Rummelsburg-Berlin, 0. Ein Sonderabdruck dieses Artikels liegt unserer heutigen Nummer bei; wir empfehlen ihn unseren Lesern zu eingehender Durchsicht. B 1 1 g r. Zollkuriosum. Unter andern Schaustellungen sollte im Dezember 1899 in Prag auf einer Ausstellung auch ein größeres Seewasseraquarium besetzt und gezeigt werden. Das dazu nötige Seewasser wurde rechtzeitig in Triest bestellt, und die Sendung ist auch richtig angekommen, wurde aber in Prag dem Adressaten, einem größeren Yogel- und Aquarienhändler, nicht ausgehändigt, sondern durch die Zollorgane unter dem Vorwände vernichtet, »daß Grund zur Befürchtung vor¬ liege, der Empfänger könne aus dem Seewasser Salz fabricieren!« Da Salz Staats¬ monopol ist, half kein Protest, selbst bei den höchsten Behörden in Wien nicht. Nach dieser schlimmen Erfahrung werden alle Prager Liebhaber, die sich See¬ wasseraquarien einrichten wollen, auch für die Zukunft mit künstlichem Seewasser vorlieb nehmen müssen. (Nach »Natur und Haus« 8. Jahrg. 1900 p. 214) Bttgr. Abschuß von Raubwild in den österreichischen Kron- ländern während des Jahres 1898. ^ Alle Zahlen haben sich gegen das Vorjahr etwas vergrößert; nur die der Wölfe zeigt eine leichte Zunahme. Bären (im Jahre 1897 nur 28) wurden erlegt in Krain 8, Tirol mit Vorarlberg 1, Galizien 16, Bukowina 9 ; Wölfe (1897 : 51) in Galizien 20, Bukowina 25 ; Luchse (1897: 32) in Galizien 80, Bukowina 9; Wildkatzen (1897: 873) in Salzburg 17, Steiermark 755, Krain 23, Küstenland 42, Tirol mit Vorarlberg 75, Mähren 8 Schlesien 81, Galizien 4, Bukowina 30. Die Zahl der Uhus hat abgenommen (1097 gegen 1423 in 1897), doch findet sich dieser nächtliche Räuber noch in sämt¬ lichen Kronländern Cisleithaniens ; die Zahl der Adler ist mit 280 gegen das Vorjahr (1897: 298* 2) nur unerheblich kleiner, doch fehlt Böhmen bereits als Stand¬ quartier für diese Raubvögel, wie auch die Wildkatze daselbst schon ausgerottet zu sein scheint. (Nach Vereinsschrift f. Forst-, Jagd- u. Naturkunde in Prag, Jahrg. 1899/1900, Heft 4.) Bttgr. Vom Berliner Zoologischen Garten. Der Beschluß der letzten Generalversammlung betreffend die Ausgabe von 2 Millionen Mark neuer Aktien wird dem Garten bedeutende Mittel zuführen, die ihm neue Anziehungskraft zu verleihen versprechen. Wie der Vorsitzende, Baurat Böokmann, unter Vorlage der betreffenden Zeichnungen ausführte, sind bereits 16 neue Bauwerke in Angriff genommen worden, die den Betrag von 365,000 Mark repräsentieren; darunter sind namentlich hervorzuheben ein großes Hirschhaus, eine Ibis Voliere, ein Winter¬ saal für die Waldschenke, das Straußenhaus u. s. w. Der Vorsitzende machte darauf aufmerksam, daß diese Bauten nicht, wie die im vergangenen Frühjahr, den Verkehr im Garten stören werden. Damals handelte es sich darum, Ordnung im ganzen Garten zu schaffen und die Wirtschaftsplätze, die darin zerstreut lagen, um einen einzigen Wirtschaftshof am Haupteingang zu konzentrieren. Die Anlage q Vergl. Zool. Garten 1897 p. 350 u. 1899 p. 156. 2) Die letzte Ziffer in der Zahl 29S ist infolge schlechten Druckes im Original nicht mit voller Sicherheit zu enträtseln gewesen. 228 einer Gesamtbewässerung und Entwässerung und der Bau vollständig neuer Fahr¬ wege brachten es mit sich, daß der Verkehr in sehr unliebsamer Weise bis in den Sommer hinein gestört wurde. Das wird dieses Mal nicht der Fall sein; die Bauten sind auf bereits abgegrenzten Baustellen aufzuführen, . und wird es für den Besucher sogar interessant sein, ihr Entstehen beobachten zu können. Das Straußenhaus wird im ägyptischen Stile ausgeführt, der Umbau des alten Bären¬ zwingers in mittelalterlichem Backsteinbau, und so werden schließlich in der Hauptsache die Baustile aller Länder vertreten sein wie die Tiere aus denselben, und wird damit der Garten Gelegenheit bieten, die Baustile in all ihren Formen kennen zu lernen. Ferner machte der Vorsitzende die Mitteilung, daß sowohl am Gartenufer wie der Hardenbergstraße entlang der dem Fiskus gehörige Streifen miets-, respektive kaufweise erworben wurde. In einem Falle dienen die Streifen zur Vergrößerung der Spielplätze für die Jugend, im anderen Falle bietet der Er¬ werb die Möglichkeit, das projektierte Ausstellungsgebäude in die Bauflucht der Hardenbergstraße zu legen. Die bisher ausgeführten Anlagen und Bauten haben rund eine Million erfordert. Wenn noch eine weitere Million in der beabsichtigten Weise angelegt und vielleicht sogar eine dritte Million für die Ausführung des Ausstellungsgebäudes verwandt wird, so ist kein Zweifel, daß der Garten sich zu einer Sehenswürdigkeit ersten Banges entwickeln wird, die von keiner Anlage ähnlicher Art in irgend einer Hauptstadt übertroffen werden kann. Den Opponenten in der Generalversammlung, die die Befürchtung aussprachen, daß durch die glänzende Bauthätigkeit der eigentliche Zweck des Gartens, der zoologische, verfehlt würde, wurde erwidert, daß nur die glänzende Ausge¬ staltung des Gartens und der dadurch hervorgerufene Besuch es ermöglichen, die nötigen Mittel für den Zweck des Gartens herbeizuschaffen. Eine Tiersamm¬ lung allein, und wenn sie noch so glänzend wäre, würde nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl Besucher auf die Dauer fesseln. (Nach Berliner Tageblatt v. 16. Febr. 1900). E. Friedei. Der Rüssel der Peitschenschlangen. Die Peitschenschlangen (Dryophis) besitzen eine stark vorgezogene Schnauzenspitze, die gewöhnlich als Rüssel bezeichnet wird. Welchen Nutzen diese eigentümliche Einrichtung dem Tiere gewährt, war bisher nicht bekannt. Da ihn dicke Schilder bedecken, kann, er als Taster nicht angesehen werden. Man hat ferner daran gedacht, in ihm einen Bahnbrecher in dichtem Gezweige erblicken zu wollen; indessen ist das sehr un¬ wahrscheinlich. Bei meinen 17 Dryophis - Exemplaren, die ich aus Ceylon mit¬ brachte — sie gingen übrigens alle unterwegs ein — konnte ich aber beobachten, daß er in Beziehung zur Wasseraufnahme steht. Da die Schlangen aus ihren Näpfen nicht tranken, so mußte ich daran denken ihnen die Flüssigkeit in Tropfen¬ form zuzuführen. Die mit mehreren großen Fächerpalmenblättern, die den Raum fast zur Hälfte ausfüllten und den Tieren als Aufenthaltsort dienten, ausgestattete, mit Drahtgaze überspannte Kiste wurde stellenweise mit Wasser besprengt. Ich bemerkte, daß die Dryophis beim Trinken ihren Rüssel über den hängenden Tropfen hinweglegten. Da der Rüssel an der Unterseite eine Längsrinne besitzt so hält er ihn zusammen, sodaß die Schlangen ihn bequem auflecken können Möglicherweise schließt auch das Wasser den Rüssel sammt der Mundöffnung wasserdicht an das Blatt an, sodaß die Schlange den Tropfen schlürfend aufnehmen kann. Vielleicht dient diese Rinne aber auch dazu, jenen direkt in das wenig ge- 229 Öffnete Maul zu leiten, was mir nicht unwahrscheinlich vorkommt, da die Schlange nicht selten ihren Kopf so an den Wassertropfen legt, daß ihr Mund sich am unteren Rande desselben befindet und die Rüsselspitze nach oben gerichtet isty Ich würde diese der Nachprüfung sehr bedürftigen Beobachtungen gar nicht mit¬ geteilt' haben, wenn ich nicht fürchten müßte, in absehbarer Zeit keine Dryophis wieder zu sehen zu bekommen. Da diese Art im vorigen Jahre mehrfach eingeführt wurde und heuer gewiß öfters in den Handel kommen dürfte, so wollte ich denen, die Gelegenheit haben werden, dieses Tier zu beobachten, hier doch eine Anregung geben, auf diesen Punkt zu achten. Selbst wenn man zu anderer Auffassung kommen sollte — das hier Mitgeteilte sind lediglich Vermutungen, — so würde ich mich doch sehr freuen, die Aufmerksamkeit auf diesen Punkt gelenkt zu haben. Möglicherweise ist das der eigentliche Zweck des bisher scheinbar nutzlosen Or¬ ganes. Dr. Schnee. Neue Säugetiere IV (vgl. Zool. Garten 1899 p. 155 u. 856 und 1900 p. 95): 18. Schopfmangabe ( Cercocebus congicus n. sp. Ph. L. Sclater, Proc. Zool. Soc. London 1899 p. 827, Fig.) vom Kongo. Schwarz, unten schwächer behaart, auf dem Kopfe ein langer schwarzer Haarschopf; Backenbart lang, weiß; Hände und Füße innen und aussen fleischfarben; Kinn und Brust weiß, Bauch schwärzlich, Unterschenkel weiß, Unterarm schwarz, Schwanz weißlich. — Körperlänge 2, Schwanz¬ länge 3 engl. Fuß 19. Smitheman’s Wasserbock ( Cobus smithemani n. sp. R. Lydekker, 1. c. p. 981, Taf. 71) vom See Mweru südwestlich vom Tanganyika, 0. Afr. Größer als der Puku-Wasserbock ( C . vardoni ), aber in der Färbung des Männchens näher dem Weißnil-Wasserbock (0. maria). Von letzterem unterschieden durch das Fehlen der weißen Abzeichen auf Widerrist und Nacken. 20. Lovat’s Baumratte ( Dendromys lovati n. sp. W. E. de Winton, 1. c. p. 986) aus Süd-Abessynien. Von der Größe des D. typicus, aber nahezu in der gleichen Art und Ausdehnung gestreift wie Armcanthis barbarus. Der breite schwarze Rückenstreifen ist von einer schmalen graulichen Mittellinie durchzogen; seitlich von ihm stehen hell rehbraune Streifen. Weiter nach unten folgen wieder schwarze Längsstreifen. Die Grundfarbe ist ein weiches Graubraun. Das Fell ist so zart wie bei der Gattung Malacothrix , der Schwanz kaum so lang wie Kopf und Rumpf zusammen und dicht mit kurzen Haaren bedeckt. Bttgr. Litteratur. W. Haacke & W. Kuhnert, Das Tierleben der Erde. 3 Bände. 40 Lief, ä M. 1.— mit 620 Figg. u. 120 Farbentaf., Berlin 1900, M. Oldenbourg. 4°. — Lief. 1. Vor uns liegt Prospekt und erste Lieferung eines großartig angelegten und vornehm ausgestatteten Werkes, das sich die lohnende Aufgabe stellt, die Tier¬ welt in Wort und Bild nicht wie üblich am Faden eines zoologischen Systems zu entwickeln, sondern sie in ihrer natürlichen Umgebung und im Rahmen ihrer heimat¬ lichen Zusammengehörigkeit vorzuführen. In wieweit dies den Verfassern, dem rühmlichst bekannten früheren Direktor unseres Frankfurter Zoologischen Gartens und Herausgeber der letzten Auflage von Brehms Tierleben Dr. W. Haacke und dem scharfsichtigen und geistreichen Tiermaler W. Kuhnert gelungen ist, ersehen wir schon aus dem vorliegenden Hefte, das sich im wesentlichen mit der Tierwelt 230 Europas befaßt und uns sofort in den deutschen Wald einführt. In erster Linie sind es unsere Hirsche, Reh, Rot- und Damhirsch, deren Organisation und Lehen uns eingehend geschildert wird. Zahn- und Geweihbildung und die namentlich beim Reh so merkwürdige Fortpflanzung finden dabei ausgiebige Beachtung, wobei auch die Resultate neuester Forschungen, wie wir mit besonderer Befriedigung an¬ erkennen, volle Berücksichtigung gefunden haben. An die der Hirsche schließt sich die Schilderung des Wildschweins und die der wichtigsten mitteleuropäischen Nager und Raubtiere, soweit sie Waldbewohner sind. Während der eine der Verfasser sich mit Erfolg bemüht hat, das Leben der vorgeführten Waldbewohner ohne theore¬ tische Reflexionen, gelehrten Kram und volltönende Fremdwörter in voller Natür¬ lichkeit darzustellen, bietet uns der andere Bilder dieser Tiere in überraschender Naturwahrheit. Wenn wir auch nicht mit allen gebotenen Abbildungen voll¬ kommen zufrieden sind — so stört uns z. B. ein wenig der niesende Löwe auf p. 1 und der Mangel des vierten Beinpaares beim Flußkrebs auf p. 9 der Ankündigung, auch die verfork eiten Rehböcke auf p. 17 und der röhrende Hirsch auf der Farben¬ tafel Avollen uns nicht gefallen — , so können wir doch nicht umhin, auch dem Künstler für das viele Schöne, das er uns schon in dieser ersten Lieferung bietet unser Kompliment zu sagen. Ich glaube fest, daß das Buch einen wesentlichen Fortschritt bedeutet in der Popularisierung der Tierkunde und wünsche dem schönen Unternehmen daher reichen Erfolg. Über die weiteren Lieferungen aber hoffe ich bald noch mehr Günstiges berichten zu können. Bttgr. R. Berge, Frühere Brutvögel im Königreich Sachsen. — Sep.-Abdr. aus Journ. f. Ornithologie, Aprilheft 1900. 8°. 7 pag. Unter den Vögeln, die einstmals im Königreich Sachsen gebrütet haben, ver¬ zeichnet der Verf. den Blaufuß oder Würgfalken ( Falco sacer Gmel.), über den erst seit 1756 jede Nachricht der Heimatsberechtigung erlischt, und den Steinadler {Aquila chrysaetus L.), der als sächsischer Brutvogel zum letzten Mal 1754 genannt wird. Für den Kolkraben ( Corvus corax L.) dürfte wohl 1868, für den Schwarzen Storch ( Ciconia nigra L.) 1851 und für den Fischreiher (Ardea cinerea L.) 1898 das letzte Nistjahr gewesen sein. Einzelne Kraniche ( Grus communis Bechst.) horsten noch jetzt unter Schonung in der bis 1815 zu Sachsen gehörigen preußischen Ober¬ lausitz; im heutigen Sachsen scheint der Vogel aber schon 1574 zum letztenmal brütend beobachtet worden zu sein. Auch die Pfuhlschnepfe ( Gallinago major Gmel.), die Haarschnepfe ( G . gaUinula L.), die Wildgans {Anserferus Brünn.) — wenig¬ stens bis zum Jahre 1805 — und der Höckerschwan (Cygnus olor L.) — bis 1889 — waren früher Brutvögel in Sachsen. Bttgr. R. Berge, Ornithologische Vorkommnisse aus dem westlichen Sachsen. — Sep.- Abdr. aus Journ. f. Ornithologie, Aprilheft 1900. 8°. 7 pag. Der Verf. giebt in dieser Mitteilung Nachträge zu seiner 1897 erschienenen größeren Schrift über die Vögel der Umgegend von Zwickau1). Bemerkenswert dürfte von den hier erwähnten Beobachtungen namentlich sein der Nachvreis von Totanus pugnax (L.) auf dem Zuge bei Zwickau als neu für ganz Sachsen. Auch Oedemia fusca (L.), Carbo cormoranus M. W., Rissa tridactyla (L.), Larus fuscus L. und fraglich L. argentatus Brünn, kamen neuerdings wieder zur Beobachtung. Bttgr. 9 Vergl. Zool. Garten 1897 p. 127—128. 231 Smithsonianlnstitution. Report of the U. S. National Museum for the year ending June 189 7. Washington, Governm. Print. Off., 1899. 8°. 27, 1021 pg., 457 Fig., 150 Taf. Mit immer neuem Vergnügen durchblättert man diese wichtigen, durch ihren reichen Bilderschmuck angezeichneten Bände, die eine Fülle von interessantem und wissenswertem Stoff bieten. Ist auch die Ausbeute für den Wissenszweig, den zu pflegen unsere Zeitschrift sich befleissigt, diesmal nur klein, so kann ich mir doch nicht versagen, Zoologen und Paläontologen namentlich auf die schöne Arbeit von Dr. J. M. Flint über die Ausbeute an lebenden Foraminiferen aufmerksam zu machen, die in mehrjähriger Seefahrt von den Naturforschern auf dem U. S. Fish Commission Steamer »Albatross« gesammelt worden sind. Die zahlreichen hier beschriebenen Arten sind in vorzüglicher Weise in etwa lÖfacher Vergrößerung auf 80 Tafeln in allen möglichen Lagen und Stellungen abgebildet und bieten so auch dem Laien ein prachtvolles Hilfsmittel, sich in diese Tiergruppe einzuarbeiten. Überaus sauber und naturwahr heben sich die Bilder — man vergl. z. B. nur Taf. 56 — in weissen Phototypien auf schwarzem Grunde ab, eine entzückende Formen¬ mannigfaltigkeit bietend. Bttgr. D r. E. Bade, Die mitteleuropäischen Süßwasserfische. Mit 65 Taf., 2 Färb« taf. u. über 100 Figg. Berlin, Verlag v. Herrn. Walther (Friedr. Bechly), 1900. 8®. Lief. 1 — 2 (kompl. in 20 Lief, ä M. 0,50). Dieses sauber ausgestattete Buch, von dem die beiden ersten Lieferungen vorliegen, entspricht insofern einem Bedürfnisse, als populäre Werke über unsere Süßwasserfische mit guten Abbildungen aller bekannten Arten zu billigem Preise meines Wissens in deutscher Sprache noch nicht existieren. Wir müssen weitere Lieferungen abwarten, um zu entscheiden, ob das vorliegende Werkchen allen An¬ forderungen genügt, die es sich stellt — fesselnde Lebensschilderung, Betonung des wirtschaftlichen Wertes, Zucht und Fang — ; jedenfalls dürfen wir' aber schon heute hervorheben, daß wir zwar alle Achtung vor der Mühe und Arbeit haben, die sich der Verf. mit der Wiedergabe der vorliegenden momentphotographischen Bilder, die das Buch zieren, gemacht hat, daß wir diese Abbildungen aber weder in ihrer Größe, noch in ihrer nichts weniger als besonders rühmenswerten Schärfe als ausreichend erachten, als brauchbares Material zur feineren Unterscheidung der einander vielfach so ähnlichen deutschen Süßwasserfische dienen zu können. Bei der künstlerischen Wiedergabe von Fischen werden wir, glaube ich, der Farbe niemals entbehren können. An dem Text habe ich nichts Wesentliches auszusetzen, doch vermisse ich z. B. die Andeutung, daß die Schwanzflosse bei vielen Fischen wie eine Schiffsschraube als Propeller wirkt. Ich glaube also, daß sich das Buch für Berufsfischer und Angler, für Aquarienfreunde und Fischhändler, d. h. für Leute, die ihre Fische praktisch bereits zu unterscheiden gelernt haben, recht brauchbar erweisen wird, daß es aber als Hilfsmittel zur sicheren Unterscheidung der Arten nicht wohl verwendet werden kann. Der billige Preis wird ihm zwar einen großen Leserkreis sichern; dieser wäre aber kaum kleiner gewesen, wenn die Verlagshand¬ lung sich entschlossen hätte, die Bilder in mehr als doppelter Größe, in scharfer Detailzeichnung und in sauberem Farbendruck herauszugeben und statt M. 10. — dafür M. 20. — verlangt hätte. Ein solches Werk wäre ein wirkliches Desiderat gewesen und von allen Interessenten begeistert aufgenommen worden. Doch da¬ rauf scheinen wir noch warten zu müssen. Bttgr. 232 Eingegangene Beiträge. J. v. P. in W., F. B. in N., F. M. in B., Prof. Dr. A. N. in B., Dir. Dr. H. B. in H. und Geh. Reg.-R. Dr. E. F. in B. Arbeiten dankend erhalten und gerne benützt. Bücher und Zeitschriften. Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E. Beck-Corrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. XXIV. Jahrg., 1900, No. 18-23. Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr. J. Victor Carus. Leipzig. Wilhelm Engelmann. XXIII. Jahrg. No. 614—616. 0 r n i t h o lo gische Monatsberichte. Herausg. v. Prof. Dr. Ant. Reichenow. VIII. Jahrg. 1900. No. 5—6. Ornitholo gische Monatsschrift d. Deutsch. Ver. z. Schutze d. Vogel weit. Redigiert von Dr. Carl R. Hennicke in Gera. 25. Jahrg., 1900. No. 5—6. D i e g ef i ed erte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber, -Züchter und -Händler in Magdeburg. Begründet von Dr. K. Ruß. Jahrg. 29, 1900, No. 11—21. Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. HoraceCox in London. Vol. 95, 1900. No. 2471—2476. Prof. Dr. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre. Stuttgart, W. Kohlhammer. 19. Jahrg. No. 5-6. N atur und Haus. 111. Zeitschrift für alle Naturfreunde. Herausg. v. Max Hesdörffer. 8. Jahrg. Heft 15—17. Berlin, Verlag v. Gust. Schmidt, 1900. The American Journal of Science. Edit. Edw. S. Dana. 4. Ser. Vol. 9. No. 53-54. New Haven, Conn. 1900. Allgemeiner Bayerischer Tierfreund. Herausg. v. F. Ott. Würzburg 1900, Jahrg. 25, No. 18—23. Ornithologisches Jahrbuch. Herausgeg. v. V. Ritter v. Tschusi zuSchmid- h offen. Jahrg. 11, 1900. Heft 3. Deutsche Botanische Monatsschrift. Herausgeg. v. Dir. Dr. G. Leimbach. Arnstadt (Thür.), 1900. 18. Jahrg., Heft 4 u. Titel u. Inh.-Verz. zu Jahrg. 17. Zoological Society of London. Sitz.-Ber. v. 8. und 22. Mai 1900. Nerthus, 111. Wochenschrift f. Pflanzen- u. Blumenfreunde, Aquarien-, Terrarien- u. Vogel¬ liebhaber. Herausg. v. Dr. E. Bade. Altona-Hamburg. II. Jahrg., 1900, No. 18— 23. Illust r. Zeitschrift f. Entomologie. Herausgeg. v. Dr. Chr. Schröder u. U. Lehmann. Neudamm, 1900, Bd. 5. No. 9-11. G. T ornier, Bemerkungen zu dem Artikel: Können bei Säugetieren die Geschwister des¬ selben Wurfes von verschiedenen Vätern abstammen? — Sep.-Abdr. Biolog. Centr.-Bl. Bd. 18, No. 22. Erlangen 1898, 8°. 2 pag. Derselbe, Neues über Chamaeleons. — Sep.-Abdr. Zool. Anzeiger Bd. 22, No. 599. Leipzig, 1899. 8°. 7 pag., Taf. Derselbe, Beschreibung eines neuen Chamaeleons. — Sep.-Abdr. ebenda Bd. 23, No. 605. Leipzig, 1900, 8°. 3 pag., 2 Figg. Derselbe, Ein Fall von Polymelie beim Frosch mit Nachweis der Entstehungsursachen. Sep.-Abdr. ebenda Bd. 21, No. 560 Leipzig 1898, 8°. 8 pag., 6 Figg. Bull. So c. des Sciences de B u c a r e s t (Roumanie). 9. Jahrg. 1900. No. 1. Bucuresci, Impr. Statului. Zeitschr. d. Tierschutz ver eins zu Posen. 10. Jahrg. No. 1. Posen 1900. Dr. W. Wolterstorff, Über die Verbreitung des Springfrosches ( Rana agdis) in Deutsch¬ land. — Sep.-Abdr. aus Naturw. Wochenschrift Bd. 15. 1900, No. 18. 4°. 3 pg. News Bulletin of the Zool. Society of New York. No. 4, 1900. Fol. 8 pg., 8 Figg. W. Haacke & W. Kuhnert, Das Tierleben der Erde. 3 Bde. 40 Lief, ä M. 1.00 mit 620 Figg. u. 120 Taf. Berlin 1900, M. Oldenbourg. 4°. — Lief. 1. Pli. Lehrs, Die Dalmatiner WürfelDatter ( Tropidonotus tessellatus Laur. var. flavescens Wern.). — Sep.-Abdr. aus Natur und Haus. Jahrg. 8, 1900, Heft 13-14. 4°. 5 pg., Fig. Der Weidmann. Blätter f. Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. Dr. J. Müll er - Liebenwalde. Verlag v. G. Reuter, Berlin-Charlottenburg, 1900. Jahrg. 31, No. 31—36. Deutscher Tierfreund. 111. Monatsschrift f . Tierschutz u. Tierkunde. Herausgeg. v. Dr. R. Klee u. Prof. Dr. W. Marshall. Leipzig 1900, Jahrg. 4, Heft 5. Tier-Börse. Zeitung f. Tierzucht u. Tierhandel. Herausg. v. Dr. Langmann. Berlin, 1900. 14. Jahrg. No. 13—23. Dr. A. Girtanner, Der Lämmergeier in der Schweiz. — Sep.-Abdr. St. Gallen 1900. 8°. 3 pg. Vereinsschrift für Forst-, Jagd- und Naturkunde. Herausg. v. Prot. Fr. Croy. Jahrg. 1899-1900, Heft 5. Prag 1900, Verl. d. böhm. Forstvereins. Deutsche Katzen-Zeitung. Olt'. Organ des Bundes für Katzenschutz, -Zucht und -Pflege. Herausg. v. E. Rogge, Berlin 1900. Jahrg. 1. Nr. l. — Jährl. 12 No. Mk. 2. — Boletim do Museu Paraense de Hist. Na t. eEthnog raph i a. Bd. 3, No. l. Paia (Brazil), 1900. 27. Jahresbericht des Westfäl. Provinzial-Vereins f. Wiss. u. Kunst f. 1898/99. Münster, Regensbergsche Druckerei. 1899. 8°. Zusendungen werden direkt an die Verlagshandlung erbeten. Nachdruck verboten. Druck von Reinhold Mahlau, Fa. Mahlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M. Der Zoologische Garten. (Zoologischer Beobachter.) Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere. Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands. Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt. N°- 8. XLI. Jahrgang, August 1900. I n li a 1 t. Riesenschlangen in Gefangenschaft; von Dr. Franz Werner in Wien. — Tauben in China; von C. Grevö in Moskau. — Gewicht und Länge des Fischotters ( Lutra vulgaris L.); von Dr. B. Langkavel in Hamburg. - Über Bastarde von Stieglitz und Hänfling; von Prof. Dr. F. Hildebrand in Freiburg i. B. — Bericht des Verwaltungsrats der Neuen Zoologischen Gesellschaft zu Frankfurt a. M. für 1899. — Geschäftsbericht des Königsberger Tiergarten-Vereins für das Jahr 1899. — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. Riesenschlangen in Gefangenschaft. Von Dr. Franz Werner in Wien. Seit mehr als zehn Jahren habe ich verschiedene (bis jetzt drei¬ zehn) Arten von Riesenschlangen in 40 Exemplaren lebend im Terrarium gehalten, und da ich glaube, daß meine Beobachtungen einiges Interesse besitzen und manches Neue über diese Tiere bringen werden, so will ich sie, auf den Rat meines hochverehrten Freundes P. d e Grijs in Hamburg, zu Nutz und Frommen aller Schlangenfreunde hier mitteilen. So viel auch die großen Schlangen der Boidenfamilie in Tier- gärten und Menagerien gezeigt werden, so bekannt man anscheinend mit ihrer Lebensweise, ihrer Nahrung und ihrem Charakter ist, so wenig ist auf eingehende, längere Beobachtung bestimmter Exemplare Gewicht gelegt wordeu, und die Folge davon sind Verallgemeine¬ rungen, die dem, der, an ihre Richtigkeit glaubend, sich mit der Pflege von Boiden befaßt, fast ununterbrochen Überraschungen bringen. Es wird wohl unter den Reptilien kaum viele geben, die eine so ausgeprägte Individualität besitzen, wie die Mehrzahl der Boiden. Zoolog. Gart., Jahrg\ XLI. 1900. 16 234 Kaum zwei gleichen sich im Temperament, in der Geschmacks¬ richtung u. dergl. vollkommen, doch verwischt sich die Vorliebe für den Genuß bestimmter Tiere oft bald, während das Temperament bei geeigneter Pflege, d. h. also bei vollkommener Gesundheit, un¬ verändert bleibt. Ich will nun meine Erfahrungen, nach bestimmten Gesichts¬ punkten geordnet, mitteilen. I. Nahrung. Von den 13 Arten von Boiden (. Python reticulatus , spilotes, molurus , sebae, regius; JBoa constrictor, occidentalis , madagascariensis ; Corallus madagascariensis ; Ungalia semicincta ; Eryx jaculus , coni - cus und johni ) habe ich nur eine einzige, die winzige Ungalia semi¬ cincta *), als Eidechsenfresseriu kennen gelernt; alle anderen ver¬ schmähten Reptilien oder niedere Wirbeltiere auch bei Hunger voll¬ ständig, sodaß z. B. mein Trachysaurus und meine fünf großen Riesenschlangen seit sechs Monaten friedlich beisammen leben. Ich habe anfangs geglaubt, daß manche Arten ausschließlich Vögel, andere ausschließlich Säugetiere fressen. Ich bin aber von dieser Ansicht in Bezug auf die meisten Species abgekommen ; nur die Eryx-Arten. haben bei mir ausschließlich Mäuse genommen, was ja bei der geringen Größe der meisten Arten nicht verwunderlich ist. Denn schon ein Sperling macht den Schlangen beim Ver¬ schlingen mehr Mühe als eine gleichgroße Maus, so daß bis auf die riesige E. johni die meisten Arten höchstens Nestvögel fressen dürften. Einen Versuch habe ich übrigens nicht gemacht. Allerdings sieht man, daß z. B. Fython molurus Säugetiere, Boa madagascariensis Vögel bei weitem vorzieht. Aber ganz ver¬ schmäht erstere Art — sogar ohne großen Hunger — ■ weder Tauben oder Hühner, noch letztere Ratten oder Kaninchen. Fython regius dagegen nimmt in Gefangenschaft, soviel ich gesehen habe, fast nur Meerschweinchen und Ratten, P. reticulatus fast nur Geflügel (alte Exemplare fressen aber, wie das Riesenexemplar des Vivariums bewies, auch Schweine). Fython spilotes habe ich nur Säugetiere fressen sehen, dagegen frißt P. sebae sowohl letztere wie Vögel mit gleichem Appetit, wenn er sehr hungrig ist, zieht aber sonst unter gleichen Umständen Säugetiere vor. ]) Sie verzehrte kleine Mauereidechsen, riß aber auch größeren Echsen die Schwänze aus, um sie zu verschlingen, und begrub einmal sogar ein erwachsenes Weibchen von Anolis cristatellus in ihrem Magen. — 235 — Von den .Boa-Arten liebt B. constridor die Säugetiere, nament¬ lich Meerschweinchen, als Nahrung, und haben meine Exemplare niemals etwas anderes als Meerschweinchen und Kaninchen ge¬ nommen. B. occidentalis wurde von mir anfangs für ausschließlich vogelfressend gehalten, verzehrt aber auch Säugetiere nicht ungern. B. madagascariensis fraß bei mir nur Vögel, doch muß sie auch Säugetiere auuehmen, da ein von Ha gen b eck gekauftes Exemplar einige Stunden nach seiner Ankunft in Wien eine starke Ratte aus¬ würgte. Ein riesiges Exemplar verzehrte nach mehrmonatlichem freiwilligen Fasten ein Kaninchen. Corallus habe ich sowohl Tauben als Kaninchen fressen sehen. Aber auch die Individuen unter sich unterscheiden sich sehr wesentlich in ihrer Nahrung. Mein altes (d. h. lange in meinem Besitz gewesenes) Weibchen von Bython molurus hat nie ein Meer¬ schweinchen oder eine Ratte, dagegen zweimal ein Huhn und ein¬ mal eine Taube angenommen. Das Männchen dagegen, dessen Appetit ebensogroß ist, verzehrte Ratten und Meerschweinchen sehr gerne. Ebenso verhält es sich mit dem freiwilligen Verweigern der Nah¬ rungsannahme. Hierin zeichnen sich Python sebae , regius, reti- culatus , Boa constridor und occidentalis , sowie Corallus aus. Von ihnen bringt man manche absolut nicht zum Fressen ; sie hungern viele Monate lang, sind bis zum letzten Moment gesund und lebhaft und sterben dann ohne vorhergehendes Zeichen von Schwäche oder Krankheit im Verlaufe weniger Stunden. Von Python molurus und spilotes und von Boa madagascariensis habe ich noch kein gesundes Exemplar gehabt, das nicht gefressen hätte. Als Beispiele dafür, welche Nahrungsmengen von den größeren Arten verzehrt werden, führe ich den Küchenzettel einiger meiner besten und stärksten Exemplare an: Python molurus $, 2 m lang, vom 26./1V. 97 bis 19./II. 99: 25 Kaniuchen, 2 Hühner, 1 Taube, in Zwischenräumen von 1 — 66 Tagen. Python molurus cf, 2 m lang, vom 10./XI. 98 bis 30./ VI. 1900: 6 Meerschweinchen, 12 Ratten, 11 Kaninchen, 1 Taube, in Zwischenräumen von 1 — 33 Tagen. Python sebae , 1 1js m lang, vom 18./III. 99 bis 30. /VI. 1900: 10 Ratten, 7 Meerschweinchen, 15 Kaninchen, 1 Taube, 4 Sperlingsvögel, 1 Papagei (Wellensittich). Python spilotes , 2 m lang, vom 13./VIII. 98 bis 15. /I. 99: 14 Meerschweinchen, — 236 Boa occidentalis , 2^2 m lang, vom 26./IX. 99 bis 30./VL 1900: 15 Tauben, 2 Kaninchen, 1 Meerschweinchen. Boa madagascariensis , 2*/2 m lang, vom l./I. 99 bis 15. /VI. 1900: 2 Tauben, 1 Kaninchen. Boa constrictor , 2 m lang, vom 9. /III. 99 bis 26 /VII. 99: 10 Meerschweinchen, 2 Kaninchen. Nur bei zwei Arten habe ich beobachtet, daß sie tote, d. h. von anderen Riesenschlangen getötete Tiere verzehrten1); nämlich bei Boa constrictor und B. occidentalis. Letztere verzehrt fast regel¬ mäßig die von der etwas unbehilflichen B. madagascariensis ge¬ töteten Tauben, indem sie den Moment abwartet, wenn diese ihre Schlingen lockert und den Kopf der Taube zu suchen beginnt. Das Suchen dauert immer sehr lang. Inzwischen hat die occidentalis aber den Kopf gefunden und die Taube sachte aus den Schlingen ihrer Kollegin herausgezogen. Daraus erklärt sich die geringe An¬ zahl von Tauben, die von der mächtigen Madagascar-Boa gefressen wurde. Sie ist der unlauteren Konkurrenz ihrer argentinischen Ver¬ wandten nicht gewachsen. — Eine Boa constrictor (das Exemplar wurde mir von Herrn Dr. Schnee aus Brasilien mitgebracht) verzehrte am 30. April 1899, nachdem sie drei Meerschweinchen vertilgt hatte, ein großes, von Bython molurus getötetes und zu groß be¬ fundenes Kaninchen. Überhaupt ist es unglaublich, welche ungeheueren Nahrungsmengen auf einmal aufgenommen werden ; sogar die relativ kleine Assala hat mehrere Male zwei Kaninchen oder drei Ratten hintereinander verschlungen, und zwar ebenso, große, wie ich sie den großen Schlangen zu geben pflege. Die Riesenschlangen sind, wie wohl alle Schlangen, gegen die Störung ihrer Ruhe nach der Mahlzeit sehr empfindlich. Als ich einst gezwungen war, den zu einem wahren Augiasstall gewordenen Käfig am Tage nach einer Fütterung zu reinigen, und die Schlangen einstweilen in einem anderen Käfig unterbringen mußte, hatte ich am folgenden Tage die Überraschung, fast alle von den Schlangen verzehrten Tiere ausgewürgt vorzufinden. Doch schadete dieser be¬ schwerliche Akt keiner von ihnen, sondern nach wenigen Tagen nahmen sie neuerdings Nahrung zu sich. Viele Exemplare wollen auch während des Schlingaktes, ja über¬ haupt während der Erbeutung ihrer Nahrung in keiner Weise ge- 9 Nicht damit zu verwechseln ist, daß meine Assala mir tote Vögel, wie z. B. einen Wellensittich, ohne weiteres aus der Hand nimmt und verzehrt. Sie rührt aber tot im Käfig liegende Tiere auch heim größten Hunger nicht an. 237 stört seiu, und zwar entweder nur am Anfänge der Gefangenschaft oder immer. Mein altes molurus- Weibchen ließ, auch bei dem größten Hunger, anfangs jedes erfasste Kaninchen sofort los und rührte es nicht mehr an, sobald es bemerkte, daß es dabei beobachtet wurde, so daß ich Monate lang die Schlange nur bei Nacht fütterte und beim Schein einer möglichst weit wegstehenden Kerze die Fütterung beobachtete. Aus der Hand nehmen nur wenige Schlangen das Futter. Es ist dies auch durchaus nicht anzuraten, da die Schlangen sehr häufig im Vorstoß die Hand statt des vorgehaltenen Tieres er¬ wischen und tiefe, heftig blutende Bißwunden verursachen, abge¬ sehen davon, daß bei der Schnelligkeit der Umschlingung leicht die Hand mit umschlungen wird. Um sie mit der anderen Hand los zu be¬ kommen, hat man viel Mühe, die Schlange wird irritiert und läßt ihre halberwürgte Beute sicher im Stich. Ich erlaubte mir diese Art der Fütterung auch nur ein paarmal bei der Assala und bekam einen Biß, der meiuen Daumen gehörig zurichtete, so daß man noch jetzt die Spuren sieht. Diese Assala bekundet aber im Gegensätze zu dem vorerwähnten Python molurus eine unglaubliche Frechheit und Unerschrockenheit. Einmal packte sie eine Taube, die durch¬ aus nicht ihr zugedacht war. Als ich sie befreien und der Schlange, die das Recht darauf hatte, geben wollte, fiel es der Assala nicht ein, ihre Beute im Stich zu lassen. Ich konnte den ganzen Klumpen aus dem Käfig herausrollen und bemühte mich ganz vergeblich, die Schlingen der Assala zu lösen. Sie umschlang ihr Opfer nur noch fester, und da es bereits tot war, so legte ich die ganze Geschichte wieder in den Käfig zurück ; die Schlange hatte sich keinen Augen¬ blick stören lassen und verzehrte ihre Taube bald darauf mit bestem Appetit. Fast ebenso hartnäckig erweist sich Boa occidentalis , die nur unter heftigem Fauchen und erst nach empfindlichen Püffen gezwungen werden kann, unrechtmäßig erworbene Beute fahren zu lassen. Die Verdauung geht sehr rasch vor sich, um so rascher, je besser genährt und gesünder die Schlangen sind. Schon zwei Tage nach der Fütterung kann man die ersten Massen von Exkrementen im Käfig finden, und im Verlauf einer Woche sind wohl alle mit diesem Geschäft fertig. Knochen fand ich nie in den Exkrementen, auch dann nicht, wenn ich sehr große, über ein Kilogramm schwere Kaniuchen verfüttert hatte; dagegen stets die stärksten Kiele der Schwung- und Steuerfedern der Tauben, sowie die Haare der Nager; meist auch den gelben Dotter aus den etwaigen Ovidukt-Eiern der 2B8 Tauben und natürlich auch den ganzen pflanzlichen Inhalt des Darmkanals der letzteren (Körner). Manchmal ist den Schlangen, namentlich nicht gut genährten, ein Bissen zu groß, nicht zum Verschlingen, aber zum Verdauen; dann wird er nach einigen Tagen wieder ausgeworfen, was der Schlange ungeheure Mühe macht und sie sehr ermattet. Zu Grunde gegangen ist mir noch keine direkt darau, wohl aber entstand manchmal, namentlich bei ungenügend genährten Exemplaren, infolge der Verunreinigung des Rachens Mundfäule. Gesunde, im Vollbesitze ihrer Kraft befindliche Exemplare fangen ihre Beute mit geradezu unglaublicher Schnelligkeit, in einem Bruch¬ teil einer Sekunde; Säugetiere werdeu immer bei der Schnauzen¬ spitze gepackt, und trotz dieses schwachen Anhaltspunktes geschieht es niemals, daß die Schlange abgleitet oder das Opfer entkommt. Die langen Zähne dringen tief in die Schnauze ein, und schon im nächsten Bruchteil der gleichen Sekunde ist das Opfer umschlungen und wehrlos gemacht. In vielen Fällen wickelt die Schlange erst ihren ganzen Körper auf und zieht ihn aus der Verschlingung mit anderen Schlangen heraus, bevor sie sich zum Vorstoß anschickt. Ich habe aber manchmal gesehen, daß ein Kaninchen ohne Vor¬ bereitung gepackt und umschlungen wurde. Einer dieser Fälle ist mir noch lebhaft in Erinnerung, denn die Schnelligkeit des An¬ griffes übertraf alles vorher Gesehene. Mein woZwrws-Männchen lag vielfach verknotet in einem viereckigen, geflochtenen Körbchen, das abwechselnd verschiedenen Exemplaren als Ruhestätte dient, wenn sie allein liegen wollen; es füllte das Körbchen gerade aus. Ich setzte nun ein großes schwarzes Kaninchen darauf. Es dauerte nur wenige Sekunden, so bezüngelte die Schlange den Ankömmling. Plötzlich aber fuhr sie in ihrer ganzen Länge von zwei Metern aus dem Körbchen heraus, und gleichzeitig hatte sie auch schon das Kauinchen bei der Schnauze gepackt und umschlungen. Ich glaube nicht, daß der ganze Vorgang länger als 1[ 4 Sekunde gedauert hat. Auch sehr dicke und plumpe Schlangen stehen schlankeren in der Schnelligkeit des Angriffes wenig nach, lassen aber vielfach auch das Gewicht ihres Körpers wirken. Boa occidentalis z. B. bezüngelt die zum Opfer ausersehene Taube von allen Seiten bis zum Kopf hinauf, was sich die Taube stets mit größter Seelenruhe gefallen läßt. Diese Vorbereitung dauert je nach dem Hunger der Boa kürzere oder längere Zeit. Schließlich schnappt sie zu, faßt den Kopf der Taube, dreht sich eiumal schraubenförmig um sich selbst und begräbt ihr Opfer unter der Wucht ihres schweren Körpers. 239 Fast niemals bleibt den gefaßten Tieren Zeit, einen Schrei aus¬ zustoßen. Nur bei schwächlichen oder irgendwie behinderten Schlangen kommt es vor, daß das Opfer minutenlang durchdringend schreit, und dem Zuhörer geht dies sicherlich durch Mark und Bein. Ich glaube, daß Personen, die einmal dieses Jammergeschrei bei einer öffentlichen Fütterung von Schlangen angehört haben, die heftigsten Schlangenfeinde und Tierschutzvereinler werden, ähnlich wie der verstorbene R. B er gier , Präsident des »Bundes der Vogel¬ freunde« in Graz, der in einer Broschüre, deren Titel ich vergessen habe, Gift und Galle über die Riesenschlangen ausschüttet, weil er einmal in einer Menagerie sab, wie einige rohe Wärter einer Schlange ein lebendes Kaninchen in den Rachen stopften. Der brave Mann wußte nicht, daß bei dieser Prozedur die Schlange weit mehr gemartert wurde als das Kaninchen, daß die Schlange auf solche Weise niemals Nahrung annimmt, und er war jedenfalls bei diesem Zetergeschrei mehr im Unrecht als die betreffenden Henkers¬ knechte von Wärtern, denn diese wußten es nicht besser und konnten sich keinen Rat holen, während der verstorbene Herr Bergler bloß bei der Direktion irgend eines deutschen Tiergartens oder Aquariums anzufragen gebraucht hätte, um zu erfahren, wie sich die Sache verhielt. Wenn mir einer ein lebendes Kaninchen in den Mund stecken will, so werde ich mich um kein Haar anständiger be¬ nehmen als eine Riesenschlange. Um nun zu dem besagten Geschrei zurückzukommen, so habe ich bei meinen Schlangen nur zweimal bemerkt, daß sie ihr Opfer so schlecht gepackt hatten, um ihm zum Schreien Zeit und Möglich¬ keit zu lassen. Auch die dickste, plumpste Schlange, sogar wenn sie schon ihren Magen gehörig vollgestopft hat, tötet ihr Opfer mit größter Schnelligkeit und verschlingt es nie, bevor es ganz tot ist. In dieser Beziehung könnte sich manche Jungfer Köchin beim Ab¬ stechen von Geflügel ein Beispiel an unseren Tieren nehmen, und mancher Mann, der von Berufs wegen Tiere tötet, die Schnelligkeit und Gründlichkeit der Prozedur bei den Schlangen bewundern. Mitunter werden kleinere Tiere, Meerschweinchen oder Ratten, die man in den Käfig wirft, von den Schlangen noch in der Luft gefangen; darin ist besonders Python spilotes geschickt. Bei P. molurus ist häufig eine außergewöhnliche Mordlust zu bemerken, die ihren Grund in dem Bestreben haben dürfte, vor den zu ihm gebrachten Tieren Ruhe zu haben. Ist eine solche Schiauge auch nicht im mindesten hungrig, so tötet sie doch jedes Kaninchen, 240 das man ihr giebt, läßt es aber dann liegen. Läßt man die Schlange aber regelmäßig einen Monat oder sechs Wochen hungern, bevor man sie füttert, so wird sie kaum je ein Kaninchen liegen lassen. Ähnliches bemerkte ich auch bei meiner großen Boa mada- gascariensis, doch scheint hier eine gewisse Ungeschicklichkeit des mächtigen Tieres die Ursache zu sein, daß die getöteten Tiere liegen bleiben und nicht gefressen werden, indem nämlich die Schlange den Kopf der getöteten Taube oft nicht zu finden imstande ist. Große Beutestücke werden bei Hunger unter allen Umständen zu ver¬ schlingen versucht und erst nach stundenlanger vergeblicher Mühe definitiv fahren gelassen. Gab ich aber einer Schlange ein unver¬ hältnismäßig großes Tier, z. B. ein mehrere Kilogramm schweres Kaninchen, so machte sie keinen Versuch es zu töten, sondern fand sich nach Möglichkeit mit der Thatsache ab, daß ein fremdes, unbezwingliches (d. h. unverschlingbares) Wesen mit ihr den Käfig teilte. Sonst konnte ich häufig beobachten, daß die Schlangen, wenn sie nicht huugrig waren, Meerschweinchen oder Kaninchen wochen¬ lang im Käfig duldeten, so daß sich diese ganz eingewöhnten, guten Appetit zeigten und munter mit einander spielten. Dagegen wurden die Tauben durch ihr sinnloses Springen und Flattern den Schlangen stets bald lästig, und letztere entledigten sich der Ruhestörer in wenigen Tagen ; sogar solche Schlangen, die sonst Taubenfleisch ver¬ schmähen , wie Eytlion molurus, haben bei mir mehrmals Tauben verzehrt, die ihnen lästig wareu. Doch soll man die Futtertiere nie länger als 24 Stunden (worunter eine ganze Nacht) bei den Schlangen lassen, da diese, wenn sie Hunger haben, ohnehin bald fressen, andernfalls aber die viel Nahrung verbrauchenden Kaninchen, Tauben etc. den Käfig bald stark verunreinigen und namentlich letztere die Schlangen vollständig mit ihren Exkrementen besudeln. II. Verhältnis zu Wasser, Licht und Wärme. Eine der Erscheinungen in der Biologie der Boiden, die mich am meisten überraschte, war ihr auffallend verschiedenes Verhalten gegen Wasser. Daß die notorischen Wüsteuschlangen der Gattung Eryx nicht freiwillig ins Wasser gehen, war vorauszusehen; daß viele Eryx gerne Wasser trinken, obwohl sie es monatelang und vielleicht lebenslang entbehren können, ja entbehren müssen, war nach der Analogie mit anderen Wüstenreptilien ebenfalls nicht ver¬ wunderlich, daß sich aber unter den tropischen Formen solche 241 finden, die das Wasser weder zum Trinken noch zum Baden be¬ nötigen, war mir neu. Äußerst wasserliebend sind die meisten Python- Arten, nament¬ lich P. molurus, sebae , regius und reticulatns , etwas weniger P. spilotes. Diese Schlangen verweilen mit Behagen stunden-, ja tagelang im warmen Wasser, wobei sie gewöhnlich nur die Schnauzenspitze her¬ vorstrecken. Meine Exemplare von P. molurus , sebae , regius und reticulatus ließen sich gewöhnlich nur mit Brachialgewalt aus dem Bade vertreiben und zogen das Verweilen in einem sogar ziemlich kühlen Bade dem Aufenthalt außerhalb des Wassers vor. Auch die bösartigsten Tiere, wie z. B. P. reticulatus , waren lammfromm, sobald sie im Bade waren ; sie scheuten sich augenscheinlich, ihren Körper auch nur zum kleinsten Teile aus dem angenehmen Medium hervortreten zu lassen, so daß ich von meinem großen P. reticulatus die Kopfschilder genau zeichnen konnte, während er sonst auf jede Annäherung mit wütendem Schnappen reagierte. Die Pythouen schießen gewöhnlich schon, wenn sie nur das Wasser sehen, mit großer Schnelligkeit hinein, bleiben eine Zeitlang, zahlreiche Luftblasen ausstoßend, um ihre Lungen zu entleeren, auf dem Grunde, kommen dann mit dem Kopfe an die Oberfläche und beginnen zu trinken, wobei sie manchmal züngeln, manchmal aber nur mit schöpfenden oder kauenden Bewegungen des Unterkiefers das Wasser einziehen. Ist das Trinkbedürfnis befriedigt, so bleiben die Tiere ruhig, fast unbeweglich im Wasser liegen. Haben sie vor nicht langer Zeit gefressen, so setzen sie die Exkremente gerne im Wasser ab. Es ist daun nicht rätlich, sie weiterhin darin baden zu lassen. Vor der Häutung oder bei Verstopfung (welche letztere merkwürdigerweise nicht den Kot, sondern die festen und harten Harnmassen betrifft) ist die Wiederholung des Bades an mehreren Tagen hintereinander bis zur Erzielung des gewünschten Erfolges sehr angezeigt. Hierbei ist die Klappe der Ventilation zu schließen, um eine größere Luftfeuchtigkeit zu bewirken. Sehr verschieden verhalten sich dagegen manche Boinen. Boa madagascariensis und Corallus madagascariensis lieben das Wasser und feuchtwarme Luft, ohne indessen so begierig nach Wasser zu sein wie die meisten Pythonen. Ungalia semicincta trinkt oft und viel und wittert das Wasser sehr bald, so daß sie in kürzester Zeit aus ihrem Schlupfwinkel herbeikommt, sobald das Wassergefäß wieder gefüllt wird ; ich sah sie aber nie baden. Boa constrictor und occidentalis trinken selten und wenig, und namentlich letztere scheint 242 sich aus Trink- und Badewasser gar nichts zu machen. Will man sie zur Erleichterung der Häutung gewaltsam ins Wasser stecken, so kostet das immer einen Kampf; übrigens häuten sich beide Arten auch ohne Bad sehr schön. Besonders von meiner großen occidentalis besitze ich eine tadellose Haut, die trotz vollständiger Trockenheit des Käfigs abgestreift worden war. Ich vermute aus diesem Verhalten, daß diese beiden J5oa-Arten, namentlich aber die letztere, mehr trockene, wasserarme Orte bewohnen. Die Riesenschlangen sind bekanntlich durchweg nächtliche Tiere; erst beim Einbruch der Dämmerung pflegen sie ihre Ruheplätze zu verlassen und den Käfig nach allen Richtungen zu durchwandern. Im Zusammenhang mit ihrer nächtlichen Lebensweise sind sie gegen niedrige Temperaturen weit weniger empfindlich, als man glaubt. Wenngleich sie durch Temperaturen unter 0 0 meist bald getötet werden, so schadet ihnen, sogar den am meisten wärmeliebenden, auch längere Einwirkung einer Temperatur von zwischen + 1 und -f~ 10° R. durchaus nicht. Mein altes molurus - Weibchen hatte vor einigen Wintern, als ich mit verschiedenen Heizungsmethoden experimentierte, zeitweilig tagelang solche Temperaturen auszuhalten, da es in dem ungeheizten Zimmer selten mehr als 12, manchmal aber nur 8 oder 9° bekam; so oft aber wieder geheizt wurde, war es wieder munter und freß- lustig, und es hat öfters noch bei einer Temperatur gefressen, wo einheimische Schlangen die Nahrungsannahme entschieden verweigern. Das mir von Herrn Dr. Schnee aus Brasilien gebrachte Exem¬ plar von Boa constrictor kam anfangs März vorigen Jahres bei empfindlicher Kälte an. Es war schon so erfroren, daß es nur noch schwach den Kopf bewegte. Ich hatte wenig Hoffnung das schöne Tier am Leben zu erhalten. Im warmen Käfig erholte es sich rasch, nahm bald eine sehr angriffslustige Stellung au und ver¬ zehrte 24 Stunden nach seiner Ankunft drei Meerschweinchen hin¬ tereinander. Eine andere Boa constrictor nahm ich Sonntag den 14. Januar dieses Jahres zu einem Vortrag in Gutenstein (Nieder-Osterreich) mit. Das Thermometer zeigte in Wien — 8° R., in Gutenstein etwa — 12°; das Tier war zwar gut verpackt, hatte auch während der mehrstündigen Eisenbahnfahrt wenig von der Kälte zu leiden, desto mehr aber auf der Fahrt zum und vom Bahnhof in Wien, sowie im Vortragssaal in Gutenstein selbst. Wieder in Wien ange¬ kommen, kollerte das Tier, anscheinend bereits einer selbständigen 243 Bewegung unfähig, in einen Winkel des Käfigs, war aber am nächsten Morgen ebenso munter wie früher und lebt noch heute. Allerdings bringt eine andauernde niedrige Temperatur, z. B. unter + 18 — 20 °, jede Riesenschlange mit der Zeit um; uud ebenso sind manche Arten weit empfindlicher gegen Kälte als andere. Python regius und reticulatus , Boa uud Corallus madagascariensis werden wohl nur an den warmen Sommertagen die Heizung ent¬ behren können; aber anderseits ist es unnötig, die Temperatur dauernd so hoch zu halten, wie sie im Freien nie oder nur selten vorkommt. In den Riesenschlangeukäfigen des Vivariums unter der Leitung des Inspektors Perziua, die in mancher Beziehung des Guten zu viel that, herrschte oft eine Hitze wie in einem Dampfbad. Bei den gelegentlichen Besuchen, die ich allen Riesenschlangen in ihren Käfigen abstattete, fand ich oft Temperaturen von weit über 30° R. und verließ oft schweißtriefend die Stätte. Solche hohen Temperaturen sind wohl für alle Arten überflüssig. 30° R. ist das äußerste, was bei Tage Vorkommen soll, bei Nacht kann die Tem¬ peratur immer um einige Grade sinken. Es giebt keine Gegend der Erde, wo andauernd Temperaturen vou über 30° R. herrschen; dabei ist es kein Wunder, daß nacheinander die meisten Exemplare, schließlich sogar die sonst unverwüstlichen P. molurus , fluchtartig dieses irdische Jammerthal verließen, wo man es ihnen zu gut ge¬ meint hatte. Bei -{- 25° wird man wohl alle Arten ohne Schwierig¬ keit erhalten können ; Temperatursprüuge sind natürlich zu vermeiden. Daß sich die Riesenschlangen auch sonnen, ist trotz ihrer nächtlichen Lebensweise nicht verwunderlich; es giebt jedenfalls nicht viele nächtliche Reptilien, die das nicht thun. Freilich bemerkt man nur bei den Eryx- Arten ein besonderes Wohlbehagen dabei, die großen Arten bemühen sich weit weniger als andere Schlangen darum, ein gutes Plätzchen in der Sonne zu erhalten. Eher be¬ werben sie sich um gute Schlafstellen, die sie mit Beharrlichkeit immer wieder aufsuchen; sind diese bereits belegt, so legen sie sich häufig dicht auf oder wenigstens neben den Eindringling. • , ... • •■ • (Schluß folgt.) Tauben in China, Von C. Greve in Moskau. In Nr. 3 des »Zool. Gartens«, Jahrg. XLI (1900), berichtet Herr E. M. Köhler über eine eigentümliche Liebhaberei der Chinesen, ihre Tauben mit kleinen Bambusinstrumenten auszustatten, 244 die beim Fliegen der Tiere eine gewisse, den Aeolsharfen ähnliche Musik zustande kommen lassen (Seite 77 unten u. ff.). Beim Lesen dieser Zeilen fiel mir ein, daß ich derartige Instrumente vor vielen Jahren hier in Moskau auf einer Ausstellung gesehen habe, die ein Chiuareisender (wenn ich nicht irre, Dr. Pewzow) veranstaltet hatte. Letzterer erklärte den Zuschauern seine Sammlungen, die höchst interessant und reichhaltig waren, selbst, und ich erinnere mich sehr gut, daß er diese kleinen Flötchen durch die Luft schwirren ließ, um ihnen nicht unharmonische Töne zu entlocken. Dabei teilte er mit, daß die Chinesen ihren wertvolleren Haustauben derartige Instrumente zu dem Zwecke an die Flügel, Schwanz¬ federn u. s. w. bänden, damit sie nicht von den Habichten gegriffen würden, da nach ihrer Meinung derartige musikalische Tauben — wohl ob der ungewohnten Erscheinung — den Raubvögeln unheim¬ lich erschienen und Respekt einflößten. Es wäre interessant zu er¬ fahren, ob Herr Köhler während seines Aufenthaltes vielleicht ähn¬ liche Angaben gehört hätte. Der russische Reisende war hauptsäch¬ lich in Nord -China gewesen und erzählte, daß die russischen Kaufleute dort (die Russen sind leidenschaftliche Taubenzüchter und -Liebhaber) mit Erfolg das gleiche Schutzmittel bei ihren Tauben anwendeten. Da in Deutschland doch auch viele Liebhaber der Taubenzucht vorhanden sind, wäre es vielleicht angebracht, dieses Schutzmittel in praxi zu erproben. Ich denke diese Frage nächstens in der ornithologischeu Sektion unserer Acclimatisationsgesellschaft anzuregen, zumal unser Zoologischer Garten eine reiche Tauben- sammluug birgt, in der es an guten Fliegern oder geeignetem Experimentiermaterial nicht fehlt. Gewicht und Länge des Fischotters (Lutra vulgaris L.). Von Dr. B. Langkavel in Hamburg. In zoologischen Werken, auch bei Brehm und in Altums Forstzoologie findet man meist nur Angaben über die Körperlänge dieses Tieres. Da nun aber auch das Gewicht sehr wechselt, habe ich aus meinen Adversarien über diese Lutra genaue Angaben, die sich in den verschiedenen Jagdzeitungen fanden, in der nachstehenden Tabelle zusammengestellt. 245 Geschlecht o' I I ? Kilogr. Länge cm Ort Jahr Monat 5'/2 Graubünden 1899 2 6^2 Hinterrbein 5 9 6-7 Hessen 89 9 8 98 Oderbruch 89 3 cf 8 128 Groß-Gerau 98 j 9 8l/2 Hessen cf 81/* » 89 cf 8l;a 1 » ! 89 cf 9 » 88 1 cf 9 » 88 cf 9x/2 » 88 cf 9a/2 . » 88 cf 9 Hk 96 5 10 Baden 99 10 88 Tobing 95 10^2 120 Württemberg 96 12 9 . IO1/* Ostpreußen 2 9 11 110 Mansfeld 87 11 Kahlenberg 4 1P/2 150 Gemünden 96 3 12 Frammersbach 99 12^2 135 Oels 89 12 Vs 176 Genthin 94 4 121/* 140 Swinemünde 121/2 Unterfranken 99 • 4 12 Vs' Eglfing 99 7 12 V2 » 99 j 7 13 Vs 150 Naumburg 85 cf 13 V» 157 Romanshof 95 5 14 Bern 1900 15 Schlesien 1894 cf 15 129 Groß-Gerau 1 79 cf 15l/a Rheinland 83 i 11 18 131 Ungarn 85 1 18 Reitbrook * 93 135 Unter-Elsass 99 | 1 150 Livlaud 96 Über Bastarde von Stieglitz und Hänfling. Von Prof. Dr. F. Hildebrand in Freiburg i. B. Im vorletzten Jahre befand sich in meinem Fluggebauer unter verschiedenen anderen Vögeln vom Stieglitz nur ein Männcheu, vom Hänfling nur ein Weibchen. Das letztere fand ich im Sommer auf fünf Eiern sitzend, die es in ein altes Amselnest gelegt hatte, und in der Folgezeit kamen aus diesen Eiern drei junge Vögel aus, die zuerst sehr der Hänflingsmutter glichen, nach der Mauserung aber verschiedene Merkmale vom Stieglitz zeigten, namentlich eine mehr oder weniger ausgeprägte gelbe Binde an den Flügeln, und welche da¬ durch von der Hänflingsmutter besonders abwichen, daß sie die dunklen Längsstreifen auf der Brust fast gar nicht besaßen. Es wurde hierdurch offenbar, daß das Hänflingsweibchen vou dem Stieglitz- raännchen begattet worden war, was zu den Bastarden geführt hatte. Von diesen waren zwei Männchen, die sich als ausgezeichnete Sänger zeigten, der dritte war ein Weibchen. In dem folgenden Jahre kamen nun sehr eigentümliche Dinge zur Beobachtung. Das alte Hänflingsweibchen liess sich nämlich vou einem seiner Bastardsöhne begatten und legte viermal im Lauf des Jahres in ein selbstgebautes Nest je fünf Eier. Das erste Gelege kam bei der im Frühjahr herrschenden Kälte nicht aus, aus dem zweiten Gelege wurden drei Junge groß, das dritte verdarb dann wieder, wahrscheinlich wegen des naßkalten Wetters, und aus dem vierten kamen Ende Juli wieder drei Junge aus, von denen aber nur zwei groß wurden. Im Gegensatz zu dem Stieglitzmänncheu, das sich im vorhergehenden Jahre um die Brut gar nicht bekümmerte, sorgte dessen Bastardsohn sehr für seine Jungen, die er durch Ver¬ einigung mit seiner Mutter erzeugt hatte, so daß, außer anderen Dingen, auch hieraus seine Vaterschaft ersichtlich wurde. Auf der anderen Seite wurde das im vorletzten Jahre vom Stieg¬ litz und dem Hänflingsweibchen erzeugte Bastardweibchen von einem Stieglitzvater hofiert. Ob aber die infolge hiervon gelegten Eier des Bastard Weibchens befruchtet waren, ließ sich nicht feststelleu. Es ließ nämlich diese Eier frei auf den Boden fallen, wobei sie zerbrachen, und setzte sich dann, nachdem es ein altes ins Fluggebauer gebrachtes Amselnest mit großem Eifer für sich zurecht gemacht hatte, mit großer Ausdauer auf dieses Nest, ohne daß Eier darin waren. Es kamen daher aus dieser Vereinigung des Stieglitzmännchens mit seiuer Bastardtochter keine Jungen zustande. Die drei zuerst zwischen Stieglitzmännchen und Hänflingsweib* eben erzeugten Bastarde waren nun denen, die durch Vereinigung eines Barstardmännchens mit seiner Hänflingsmutter entstanden waren, so ähnlich, daß ich die beiden Brutgruppen nicht mehr von einander unterscheiden konnte, und es daher nur möglich ist, die Beschrei¬ bung der Gesamtheit der Bastarde im Vergleich zu ihren Eltern in allgemeinen Zügen zu geben. Im großen und ganzen sind die Bastarde sowohl in Gestalt als in Färbung dem Stieglitz ähnlich, verraten dabei aber doch noch sehr deutlich die Abstammung vom Hänfling. Während der Stieglitz an der Schnabelwurzel die bekannte blutrote Zeichnung hat, die beim Hänfling fehlt, haben die Bastarde nur zum Teil an dieser Stelle einen rostbraunen Anflug. Der schwarze Federkranz am Kopf des Stieglitz, der dem Hänfling ab¬ geht, ist auch bei den Bastarden nicht vorhanden. Beim Stieglitz finden sich auf der Brust, die zur Mitte hellbraun gefärbt ist, niemals die dunklen Längsstreifen, die die Brust des Hänflings sehr charakte¬ risieren. Diese Streifung tritt nun bei den Bastarden sehr schwach auf, und ihre Brust ist sehr ähnlich der des Stieglitz gefärbt, auch in Bezug auf den helleren Halskragen. Auf dem Rücken ist der Stieglitz gleichmäßig hraun gefärbt, während beim Hänfling hier dunkelbraune Streifen den helleren Grund durchziehen. Letzteres ist nun auch bei den Bastarden der Fall, so daß diese auf dem Rücken mehr der Hänflingsmutter gleichen. Auch thun sie dies durch die Spitze der Flügel und Schwungfedern, indem hier wie bei dem Hänfling die weiße Zeichnung am Ende fehlt. Beim Stieglitz ist ja die citroneu- gelbe Binde auf den Flügeln sehr charakteristisch, während die gelbe Farbe beim Hänfling vollständig fehlt. An den Bastarden tritt nun das Gelb an den betreffenden Stellen in sehr verschiedener Stärke auf, es ist aber niemals so stark ausgeprägt wie beim Stieglitz. In Bezug auf die Form des Kopfes, der beim Stieglitz mehr länglich ist, beim Hänfling mehr kugelig, neigen die Bastarde mehr zum Stieglitz und haben dadurch niemals das runde Gesicht der Hänflingsmutter, wenn man sie von vorn ansieht. Zum Schluß sei noch einmal hervorgehoben, daß die Bastard¬ männchen ganz ausgezeichnete Sänger sind, und daß sie in ihrem Gesänge noch ihren Vater übertreffen, sowohl in der Stärke, als auch im Eifer. Den schnarrenden Ton, den der Stieglitz erschallen läßt, wenn er in Erregung kommt, habe ich an den wie ihre Mutter sehr friedlichen Bastarden nie wahrnehmen können. — 248 — Wenn nun auch die vorliegende Beschreibung und Vergleichung manche Lücken läßt, wie dies von einem Laien nicht anders er¬ wartet werden kann, so glaubte ich doch, diese interessanten Bastardie¬ rungen zwischen Stieglitz und Hänfling zur allgemeinen Kenntnis bringen zu sollen. Vielleicht wird hierdurch eine Anregung dazu gegeben, daß auch von Fachleuten durch Isolierung von verschieden¬ geschlechtigen Stieglitzen und Hänflingen Bastardierungsversuche angestellt werden, um diese interessanten Erscheinungen wissenschaft¬ lich zu verfolgen. Augenblicklich — Ende März — verfolgt in meinem Flugge¬ bauer wieder eines der Bastardmäunchen seine Hänflingsmutter, so daß eine weitere Bastardierung in Aussicht steht. Bericht des Yerwaltungsrats der Neuen Zoologischen Gesellschaft zu Frankfurt a. M. für 1899. Das Ergebnis des Jahres 1899, das den Gegenstand unseres heutigen Berichts bildet, ist ein für die Entwicklung unseres Instituts durchaus erfreuliches. Die Ein nahmen überstiegen den Voranschlag um rund M. 20,000, wovon M. 5000 als außergewöhnlich zu betrachten sind, während M. 15,000 die jährliche Steigerung darstellen, die wir nun schon seit Jahren verzeichnen können. Die Einnahmen erreichten eine Ge¬ samtsumme von M. 249,117.90. Dies setzte uns in den Stand manches Neue und Interessante zu schaffen. Besonders auch unser Aquarium erfreute sich einer zunehmenden Beachtung und brachte eine um ein Drittel höhere Einnahme als im Vorjahr. Die Zahl der Besucher des Gartens (von den Abonnenten abge¬ sehen) stieg von 218,428 im Jahr 1898 auf 239,269 im Berichts¬ jahr, die des Aquariums von 27,340 auf 34,741. Die 20 Pf.-Vormittage wurden von über 50,000 Personen be¬ nutzt, wovon der 4. Juni allein 14,220 brachte. Die höchste Einnahmeziffer weist der 50 Pf.-Tag am 11. Juni mit M. 6,344. — auf. Die Schaustellung der Bischari-Neger vom 26. Mai bis 12. Juni war im ganzen von 41,276 Personen besucht. 249 Im Juui verdankten wir einen besonders lebhaften Besuch der Landwirtschaftlichen Ausstellung, zu Ehren deren am Abend des 10. Juui ein wohlgelungenes Fest stattfand. Von besonderer Zugkraft erwiesen sich wieder die Luftballon - Auffahrten, die wir mit stets gleichem Erfolg auch im vergangenen Jahr an mehreren Sonntageu veranstalteten. Am 18. Mai feierten wir das 25jährige Bestehen des Gartens an seiner jetzigen Stätte mit einem Festbankett, bei dem die staat¬ lichen und städtischen Behörden zahlreich vertreten waren und dessen schöner Verlauf in angenehmer Erinnerung aller Teilnehmer ist. Das gelegentlich der Goethefeier veranstaltete Gartenfest litt unter der Ungunst der Witterung, hatte aber trotzdem einen guten Erfolg. Eduard Strauß bewährte in zwei Konzerten seine alte An¬ ziehungskraft, die trotz der warmen Augusttage den Saal dicht mit Zuhörern füllte. Von den Konzerten unserer eigenen Kapelle genießen die Sym¬ phonie-Konzerte eine immer wachsende Beliebtheit bei dem Publikum und ebenso erfreuliche wie fördernde Anerkennung bei den kritischen Zuhörern. Herr Kapellmeister Iwau Schulz hat es verstanden, die Kapelle zu erhöhter Leistungsfähigkeit heranzubilden, und es zu Wege gebracht, daß die im Winter auf einige Tage beschränkten Abend¬ konzerte sich eines sehr guten Besuchs von seiten eiues aufmerk¬ samen und für die Darbietungen dankbaren Auditoriums erfreuen. Wir folgten gerne den Vorschlägen unseres Kapellmeisters, die auf eine innere Stärkung des Orchesters abzielten und mit geringem Mehraufwand eine klangvollere und vielseitigere Ausgiebigkeit der Kapelle bezweckten. Wurde in dieser Richtung für die Unterhaltung unseres Publi¬ kums in fortschreitender Weise gesorgt und diesem Zweck ein Teil der verfügbaren Mittel zugewendet, so hat doch darunter der Ausbau des gärtnerischen Teils, die Vervollständigung der Einrichtungen und die Fürsorge für den mit jedem Jahr wachsenden Tierbestand nicht gelitten. Kleiue Veränderungen im Grundplan des Gartens, neue Wege und Anpflanzungen erleichtern den Überblick und verschönern die Anlagen, Verbesserungen in mehreren der Tierhäuser kommen gleichmäßig den Tieren und Beschauern zu gut, und manche Ände¬ rung, mancher Zuwachs, manche Verschönerung zeugen davon, daß mit der Verwendung der bewilligten Beträge, mit der Nutzbarmachung der vorhandenen Kräfte ebensowohl haushälterisch als zielbewußt vorgegangen wird. Zoolog. Gart., Jahrg, XLI, 1900. 17 250 Die Gesamtsumme der Ausgaben beträgt M. 248,427.64, nacli deren Verrechnung ein Überschuß von M. 690.26 verbleibt, der vertragsmäßig zur Verfügung der städtischen Behörden steht. Die Bestrebungen zur Erweiterung der Tiersammlung waren im Berichtsjahre hauptsächlich auf eine Vermehrung des Be¬ standes an großen Säugetieren gerichtet, da die Käfiggallerien für kleine Säuger seit Jahren bereits gut besetzt waren. Schon vor Jahren war diese Vervollständigung der Sammlung großer Arten mit der An¬ schaffung eines Indischen Nashorns begonnen worden, dem bald da¬ rauf die Erwerbung eines Nilpferdes (durch Schenkung) folgte. Zu diesen Riesentieren kam im vergangenen Jahre noch eine weibliche Giraffe, ein prächtiges jugendliches Tier, das jetzt neben der Giraffe des Berliner Gartens das einzige lebende Exemplar seiner Art in Deutschland ist. Durch diese kostspieligen, aber preiswerten Erwerbungen ist der Tierbestand des Gartens auf eine höhere Stufe gehoben worden, als er jemals eingenommen hat. Ferner wurden von großen Säugetieren ein junger Riesenbüffel angekauft, sowie zwei Amerikanische Bisons; alle drei haben sich kräftig entwickelt. Die Sammlung großer Raubtiere erfuhr eine Erweiterung durch Anschaffung eines Chinesischen Tigers, der das im Jahre 1898 ver¬ endete Bengalische Tigerweibchen ersetzen soll, sowie durch die Geburt eines schwarzen Panthers und zweier Jaguare. Die Sammlung kleinerer Säugetiere fand sich bis heute durch verschiedene Häuser und Anlagen des Gartens zerstreut, und ihre wirklich hervorragende Reichhaltigkeit kam daher nicht nach Wunsch zur Geltung. Es ist nun im vergangenen Jahr ein Neubau begonnen worden, der gegenwärtig seiner Vollendung nahe ist, und in dem die sehr verschieden gearteten Säugetiere geringerer Größe, in möglichst wissenschaftlicher Reihenfolge geordnet, unter¬ gebracht werden sollen. Die nach einem neuen System zerlegbaren Käfige sollen es ermöglichen, ohne die Tiere zu beunruhigen oder zu berühren, alle Reinigungs-, Umzugs- und Reparaturarbeiten nach Belieben vorzunehmen. Die Vogelsammlung erwies sich als für die seither vorhan¬ denen Räumlichkeiten zu groß, und so wurde die Neuherstellung von 104 Vogelkäfigen begonnen, die lediglich aus Metall und Glas bestehen, in modernem Stil gehalten sind und an Stelle der seit¬ herigen primitiven Einrichtungen im Iunern des Vogelhauses treten — 251 sollen. Helleres Licht und größere Reinlichkeit für die Tiere waren auch hier die maßgebenden Gesichtspunkte. Durch den oben erwähnten Neubau ist denn auch für die weitere Ausdehnung der Reptilien Sammlung Platz geschaffen worden, indem durch den Umzug der kleinen Säugetiere mancherlei Räume, besonders im Affenhause, verfügbar werden. Unter den Tieren des Aquariums, dessen Bestand je nach der Jahreszeit wechselt, war die Sterblichkeit im Berichtsjahr eine außerordentlich geringe, so daß die seit einiger Zeit getroffenen Einrichtungen zur Verbesserung des Seewassers auch weiterhin bei¬ behalten werden sollen. Sonach waren die Bereicherungen und Neuanlagen im Zoolo¬ gischen Garten während des vergangenen Jahres nicht nur von augen¬ blicklichem Wert, sondern sie haben auch weiterem Ausbau Bahn geschaffen, der, wenn das seitherige Wachsen der Jahreseinnabmeu anhält, in allernächster Zeit energisch gefördert werden soll. Neben den 697 während des Jahres 1899 angekauften Tieren erhielt der Garten durch Schenkungen wieder zahlreiches Neue und Interessante; es schenkten: 1 Babuin — Herr Baier hier; 1 Meerkatze — Herr Notar Stark- Heidelberg; 1 Gazelle — Herr Marine-Zahlmeister Weißer; 2 Feld¬ hasen — Herr Dr. Danuemann-Gießen ; 1 Igel — Herr F. Muskwitz hier; div. Meerschweinchen, gescheckte Wanderratten, Hamster etc. die Herren Derzbach, Schneider, Ankernbrod, Frau Heß, Frl. Kuhl- mann, Frl. Berend u. a. ; 2 Hammerhühner von Celebes — Herr L. H. Reiß hier; div. Papageien — Frau Eckard, Frau Fuld uud Herr Ch. Gasser, Herr Kapellmeister Kogel etc.; Turmfalken — die Herren Dörrsohn und Schneider; 1 Baumfalken — Herr Fr. Ries; Wald- und Schleierkäuze — die Herren Eschelbach, C. Dröll, H. Schmidt, Dr. Laudmann etc. ; 1 Steinkauz — Herr Benjamin ; 1 Sperber — Herr Pollack hier; div. kleinere Vögel — die Herren Wimer -Homburg, Gehrlich, Schmitt, Wolschendorf, Heitefuß, 0. Horn, Clauß , Franz und Wämser; eine größere Kollektion deutscher Vögel (darunter Heuschreckensänger, Goldhähnchen u. v. a.) — Herr L. Kuhlmann hier; eine Anzahl Kreisschildkröten von der Insel Amboina — Herr Prof. Boettger; eine Lederstrumpfschlange ~~ Herr Touchon-Texas ; div. Reptilien und hiesige Schlangen — die Herren Dr. Schubert, R. Schumacher, Frank und Frosch; ferner wurden geschenkt 1 Heidschnucke, 1 Angorakatze, 1 Dogge und einiges andere. 252 Den gütigen Schenkern sei an dieser Stelle wärmster Dank ge¬ sagt. — Die weiteren Posten der Bewegung im Tierbestande ergeben sich aus der beigefügten Übersichtstabelle. Sehen wir so auf ein erfolgreiches Jahr zurück, • so glauben wir bei unausgesetztem Vorwärtsstreben auch von dem Jahr 1900 manche Förderung erwarten zu dürfen und richten die Bitte an Sie, unsere Aktionäre, uns durch thätige Mitwirkung zu unterstützen. Mit unserer Jahresrechnung unterbreiten wir Ihnen zugleich die der Unter¬ stützungskasse für die unteren Beamten des Zoologischen Gartens, die sich auch im abgelaufenen Jahr wieder reichlicher Zuwendungen erfreute. Übersicht über die Veränderungen im Tierbestande während des Jahres 1899. Bezeichnung der Tiergruppen. Zahl der am i 1. Januar 1899 vorhandenen Tiere. ; Wert. ' • • ' ' Zugang durch j Ankauf, Geschenke und Aufzucht. Abgang durch j Verkauf, ! Tausch od. Tod.i Zahl der am 31. Dezbr. 1899 vorhandenen Tiere. Wert. A. Säugetiere. 1. Affen . 41 M. 1,400 44 51 34 M. 1,250 2. Halbaffen und Fledermäuse . 22 655 — 5 17 500 3. Katzenartige Raubtiere. . . 30 11,490 9 12 27 14,120 4. Marder und Viverren . . . 36 1,232 2 9 29 843 5. Hyänen, hundeartige Raubtiere 23 1,578 1 2 22 1,432 6. Bären . 14 2,770 — 6 8 1,875 7. Einhufer und Dickhäuter . . 21 44,360 — — 21 44,000 8. Antilopen . . . 25 12,800 ! 11 14 22 29,640 9. Rinder . . 16 3,600 8 7 17 8,630 10. Kamelartige Wiederkäuer . . 13 4,680 — 1 12 3,850 11. Hirsche . 49 4,810 12 22 39 3,010 12. Schafe und Ziegen .... 54 1,575 6 20 40 1,110 18. Nagetiere . . . 170 1,191 80 81 169 978 14. Zahnarme und Insektenfresser 10 696 11 6 15 552 15. Beutel- und Kloakentiere . . 30 4,515 8 15 23 2,620 B. Vögel. 1. Singvögel . . 402 3,162 162 191 373 2,621 2. Papageien ....... 71 2,287 35 45 61 1,742 3. Raubvögel . 61 2,926 17 21 57 2,480 4. Hühner und Fasanen . . . 65 2,496 15 31 49 1,976 5. Tauben . 46 447 21 23 44 247 .6. Sumpf- und Stelzvögel . . . 129 3,455 126 115 140 3,409 7. Schwimmvögel und Strauße . 216 4,977 85 69 232 4,411 C. Reptilien u. Amphibien 101 4,320 106 77 130 3,510 1,645 | 121,422] 759 J 823 1,581 j 135,014 253 Unterstützungskasse für die unteren Beamten des Zoologischen Gartens. Grundstock. 1899. 1. Januar. Bestand ...... M. 4,735.15 » Zuweisungen . » 1,288.56 » Zinsen . » — Dispositionsfonds. M. 1,146.41 » 86.80 » 185.43 M, 5,973.71 M. 1,368.14 Unterstützungen ...... . » — » 480. — 31. Dezember. Bestand . . . . M. 5,973.71 M. 888.14 Betriebs-Rechnung des Zoologischen Gartens vom Jahre i8gg. Einnahmen. Ausgaben. M. Pf. M. Pf. 1. Gehalte . 39,182. 44 1. Abonnements: 1219 Aktionär - Familien zu durchschnittlich M. 18. 64 Pf. . . 22,722. — 266 Einzel - Aktionäre zu M. 8. — . . . . 2,128. — 1553 Familien - Abonne¬ ments zu durch- schnittl.M. 28.69 Pf. 44,556. — 825 Einzel -Abonnements zu M. 12. — . . . 9,900. — 184 Pensionär- und Mo¬ nats-Abonnements . 1,037. — 80,343. — 2. Tageskarten: a. Gartenbesucher; 113,999 Personen zu vollem Ein¬ trittspreis. 114,550 Personen zu ermäßigtem Eintrittspreis. 5,240 Schül er. 233,789 Personen M. 149,400.65 b. Schaustel¬ lungsbesucher: 41, 276 Personen M. 7,804.50 M. 157,205.15 ab: Kosten be¬ sonderer Veran- 2. Fütterung . 56,234. 92 3. Musik . 44,224. 70 4. Heizung u. Beleuchtung 8,050. 59 5. Wasserversorgung . . 7,862. 99 6. Garten-Unterhaltung . 8,901. 09 7. Bau-Unterhaltung. . . 36,101. 51 8. Druckkosten .... 3,088. 12 9. Insertionen . 2,463. 89 10. Livree . 1,081. 65 11. Versicherung .... 1,698. 50 12. Allgemeine Unkosten . 8,832. 71 13. Unterstützungen . . . 956. — 14. Aquarium . 4,436. 39 15. Tiere . . . 25,312. 14 248,427. 64 Überschuß 690. 26 staltungen und Einnahme-An¬ teile anderer . M. 34,072.37 123,132. 78 3. Wein- und Bier-Nutzen . 8,447. 25 4. Pacht . . 5,080. — 5. Vermietungen . . . . 5,844. 60 6. Verschiedenes . . . . 2,799. 45 7. Zinsen . . . 1,766. 11 8. Aquarium . ... . 11,465. 95 9. Tiere und Geschenke . . 10,238. 76 249,117.90 254 Gewinn- und Verlust-Konto vom Jahre 1899. Soll: M. Pf. Haben : M. Pf. Saldo am 1. Januar . . . 628,561. 46 Abschreibung geschenkter Überweisung an die Unter- 85 Prioritätsaktien . . 12,750. - stützungskasse . . . 538. 56 1 Aktie .... 450. — (Betriebs-Überschuß von 1898) Betriebs-Ueberschuss . . 690. 26 8 1 / 2°/o Zinsen der Prioritäts- Saldo am 31. Dezember. . 656,590. 01 Schuld von M. 1,325,150 46,380. 25 670,480. 27 670,480. 27 Bilanz vom 31. Dezember i8gg. Aktiva. M. Pf. Passiva. M. Pf. Tiere ....... 70,250. - Aktien- Kapital .... 1,260,000. — Gebäude ...... 2.165,000. — Prioritäts-Aktien . . . 231,750. — Park . 145,000. - Prioritäts-Obligationen : Aquarium (Tiere, See- A. Schuldverschreibungen wasser, Scheiben) . . 2,000. — in Umlauf . . . . 975,150. — Pflanzen . 5,000. — B. Darlehen der Stadt . 350,000. — Mobilien . 266,494. 50 Zinsen-Guthaben d. Stadt . 635,114. 33 Käfige . 1,000. — Aquarium-Reserve . . . 2,000. — Musikalien . 1,500. - Bau- Reserve . 10,000. — Bibliothek . 500. — Zinsen-Vortrag . . . . 17,775. 62 Vorräte (Futter, Kohlen etc.) 3,169. 58 Abonnenten für 1900 . . . 36,977. — Vor Versicherung .... 7,546. 04 1 Creditor . 15,000. — Lawn-Tennis-Einrichtung 725. — Saal-Umbau-Konto . . . 30,000. — Effekten : a. vorrätige gekaufte Wertpapiere . . . 34,426. 25 b. vorrätige geschenkte 1 Aktie . 450. — c. vorrätige geschenkte 748 Prioritätsaktien 111,450. — Frankfurter Bank . . . 25,117. 01 Kassenbestand .... 4,168. 21 4 Debitoren . 3,380. 35 Gewinn- undVerlust-Konto 656,590. 01 3,533,766. 95 3,533,766. 95 Geschäftsbericht des Königsberger Tiergarten- Vereins für das Jahr 1899. Dem von Herrn Komm. -Rat Direktor H. Claass erstatteten Berichte ent¬ nehmen wir die folgenden Einzelheiten: Das vierte Geschäftsjahr des Tiergarten -Vereins, das das Kalenderjahr 1899 umfaßt, zeigt ebenso wie seine Vorgänger befriedigende Erfolge und hat das ganze Unternehmen nach verschiedenen Richtungen hin gefördert. 255 Der räumliche Umfang des Tiergartens, d. h. des dem Verein als Eigen¬ tum zugehörigen Areals, hat sich dank der Opferwilligkeit des Direktors erheblich erweitert und beträgt gegenwärtig 14,2484 ha. Der für Zwecke des Tiergartens wertvollste Zuwachs ist der südlich abgezweigte Teil der Besitzung Conradshof, dem der Vorstand den Namen Völkerpark beigelegt hat, weil hier bereits ver¬ schiedene Völkerstämme fremder Zonen ihre Wigwams aufgeschlagenundihre heimischen Sitten und Gebräuche vorgeführt haben und auch künftig vorführen sollen. Außer dem vorgenannten Areal benutzt der Tiergarten noch pachtweise eine Fläche von 0,2711 ha; es ist dies die Parzelle, auf der sich das Volksrestaurant und die Hühner¬ voliere befinden. Wir hoffen, daß es uns in nicht zu langer Zeit möglich sein wird, auch diese Fläche käuflich zu erwerben und sie dauernd dem Tiergarten einzuverleiben . Das Vorkaufsrecht für einen bestimmten Preis haben wir uns bereits gesichert. Die pekuniären Erfolge des Geschäftsjahres befriedigen vollständig. Die Einnahmen haben wiederum den Voranschlag des Etats überschritten und es er¬ möglicht, einen Teil der noch rückständigen Bauschulden, der ursprünglichen Ver¬ einbarung entsprechend, abzutragen und eine größere Summe zu Abschreibungen zu verwenden. Allerdings haben auch die Ausgaben in den verschiedenen Titeln eine Steigerung erfahren. Nach der Gewinn- und Verlustrechnung betragen die Betriebseinnahmen M. 264 762,45, die Betriebsausgaben M. 215 966,20, und sonach der Überschuß M. 48 796,25, der zu Abschreibungen verfügbar war. Das Vorjahr lieferte einen Überschuß von M. 59 005,54. Für Mitglieds- und Dauerkarten sind M. 121 702,75, für Tageskarten M. 60 265,—, im Ganzen M. 181 967,75 aufge¬ kommen; gegen die gleichartigen Einnahmen des Jahres 1898 mit M. 116 251,80, bezw. M. 63 719,50 = M. 179 971,80 ein Mehr von M. 1 996,45. Während die Mit¬ glieds- und Dauerkarten eine Steigerung von mehr als M. 5000 aufweisen, ist die Einnahme aus den Tageskarten um M. 3000 zurückgegangen. Wenn nun auch zwischen beiden Einnahmen bestimmte Wechselbeziehungen bestehen, derartig, daß die vermehrte Ausgabe von Mitglieds- und Dauerkarten die Ausgabe von Tages¬ karten einschränken muß, so steht doch die Mindereinnahme für letztere mit M. 3000 in keinem richtigen Verhältnis zu der Mehreinnahme für die ersteren. Und thatsächlich hat die ungünstige Witterung des Vorjahres, namentlich im Frühjahre, den Besuch des Tiergartens in erheblichem Maße beeinflußt. Die Zahl der ausgegebenen Mitglieds- und Dauerkarten beträgt für 1899 29 446 Stück; sie betrug im Jahre 1898 28 595 Stück, mithin 1899 mehr 851 Stück. Dem Verein gehörten 1899 an 4 290 und 1898 3 967 Mitglieder; es bedeutet dies die erfreuliche Steigerung der Mitgliederzahl um 323 Personen. Diese Zahl ist dauernd gestiegen; sie betrug für 1896 3028 und für 1897 3806. Die höchste und die geringste Einnahme aus dem Verkauf von Tageskarten haben geliefert: Sonntag, der 4. Juni, mit M. 2391,65 und Dienstag, der 19. Dezember, mit M 1 ; an ersterem Tage besuchten, abgesehen von den Inhabern der Dauer¬ karten, 9025 Erwachsene und 1344 Kinder, zusammen 10369 Personen, am 19. Dezember dagegen nur 2 Personen den Tiergarten. Im Jahre 1898 zeichneten sich der 5. Juni mit M. 3323,95 und der 22. Dezember mit M. 1 in dieser Beziehung besonders aus. Aus den Königsberger Bürger- und Volksschulen haben im Jahre 1899 den Tiergarten unentgeltlich unter Führung der zuständigen Lehrkräfte be¬ sucht 10158 Knaben und 9461 Mädchen, zusammen 19619 Kinder. Als Entgelt hierfür erhält der Tiergarten -Verein alljährlich den Betrag von M. 3000. 256 — Teils gegen freies, teils gegen ermäßigtes Eintrittsgeld besichtigten außer¬ dem den Tiergarten zahlreiche hiesige und auswärtige Schulen, Lehranstalten und Korporationen mit insgesamt 5570 Personen, und schließlich erhielten Eintritt gegen ein geringes Entgelt 418 Soldaten der in Königsbeig garnisoniereuden Regimenter. Hiernach haben im ganzen 25 602 Kinder und Erwachsene unentgeltlich oder gegen Zahlung einer mäßigen Gebühr Anregung, Belehrung und Erholung im Tiergarten gefunden. Die dritte und letzte Lotterie hat einen Überschuß von M. 14884,02 ergeben. Unter Titel IV »Verschiedene Einnahmen« sind (in runden Zahlen) ent¬ halten für Benutzung der Radfahrbahn M. 2599, der Lawn tennis-Plätze M. 1198, der Eisbahn M. 243, der Reit- und Fahrtiere M. 1585 und aus dem Verkauf von Rosen M. 750 und von Programmen, Postkarten und anderen Waren M. 4223. Diese Einnahmen haben sich ungefähr auf derselben Höhe wie im Vorjahre gehalten, nur die Rosen versagten infolge der ungünstigen Witterung und lieferten eine Minderein¬ nahme von etwa M. 500. Dagegen weisen die Einnahmen aus Sonderunternehmungen, Vorführung fremder Völkerschaften und dergl. gegen das Jahr 1898 eine Steigerung von 13473—5868 = M. 7605 auf. Auch im abgelaufenen Jahre ist die Witterung für den Tiergarten wenig günstig gewesen. Die Festtage und die billigen Sonntage verregneten fast ausnahmslos; ganz besonders machte der Himmel an den Pfingst- feiertagen der Tiergartenverwaltung, dem Publikum und den Restaurateuren einen feuchten Strich durch ihre Voranschläge. Die nachteiligen Folgen des ungünstigen Wetters haben sich, wie schon angedeutet, bei der Gesamteinnahme aus Tageskarten be¬ merkbar gemacht. Der Wetterbericht giebt uns von dem Jahre 1899 folgendes unfreundliche Bild. Es war klar und mild an 3 Sonntagen, 36 Wochentagen, teils klar, teils bewölkt an 10 Sonntagen, 69 Wochentagen, trübe, doch ohne erheb¬ liche Niederschläge an 13 Sonntagen, 81 Wochentagen, bedeckt mit zeitweisen Regengüssen oder Schneefällen an 21 Sonntagen, 96 Wochentagen und Regen oder Schnee während des ganzen Tages an 5 Sonntagen und 31 Wochentagen. Die Betriebsausgaben haben mit M. 215966,20 die des Vorjahres um M. 18016,04 überstiegen. Diese Steigerung war bedingt durch höhere Futterkosten, durch Instandsetzung und Neubau von Gebäuden und Gehegen, durch die dring¬ liche Verbesserung der Gartenwege und durch die zahlreicheren Sonderunternehmungen. Wie sich die Ausgaben auf die einzelnen Titel verteilen, ergiebt sich aus der Ge¬ winn- und Verlustrechnung. Für die Ergänzung und Erweiterung des Tierbestandes sind M. 13990,87 aufgewendet worden. Der Tier bestand umfaßte am 31. Dezember 1899: Säugetiere 160 Vögel 249 Reptilien 16 Lurche 3 Fische 2 Arten mit 575 Stück, » » 827 » » » 54 » » » 5 » » » 44 » zusammen 430 Arten mit 1505 Stück; er steht somit an Arten dem von 1898 völlig gleich, erreicht ihn aber nicht an Stückzahl. Letzteres findet seine Begründung in der Beschaffung wertvoller exotischer Arten, namentlich bei den Säugetieren, und in der Ausmerzung minder¬ wertiger Arten mit großer Stückzahl. 257 Es wurden 1899 im Tiergarten geboren und groß gezogen 2 weibl. Löwen, 1 Känguruh, 1 Maki, 1 Zwerg-, 1 Brahma- und 1 schwarzer Zebu, 1 Kerabaubüffel, 1 Hirschziegenantilope , 2 Wapitis, 1 Sikahirsch- , 1 Axishirsch- und 3 Damwild- Kälber, 1 Eselfüllen, 1 Angoraziege, mehrere andere Ziegen und Schafe, 4 Biber¬ ratten, mehrere Wildschweine, zahlreiche Hunde der verschiedensten Rassen, ebenso Kaninchen und Meerschweinchen. Die geworfenen jungen Tiger, Panther, Braunen Bären und die Nachkommenschaft anderer Tiere gingen leider bald nach der Geburt ein. Erbrütet sind: 3 Goldfasanen, 10 Höckerschwäne, 14 Wellensittiche, 2 Mossambique - Zeisige, 3 Kanarienvögel, Rephühner, Enten, Hühner und zahlreiche Tauben in- und ausländischer Rassen. An Geschenken erhielten wir 1 Rothirsch, 1 Leopard, 1 Luchs, mehrere Rehe, Füchse, Dachse, Steinmarder, Iltisse, Eichhörnchen, Igel, Fischottern, 1 Hasen, 2 Haselmäuse, 4 Hamster, 1 Meerkatze, 1 Uistiti-Äffchen, 1 Ziege, 1 Schaf und zahlreiche Hunde und Katzen, Kaninchen, Meerschweinchen, weiße Ratten und Mäuse, sodann 1 Marabu, 1 Lämmergeier und mehr als 160 Yögel der verschiedensten Gattungen und Arten, heimische sowohl wie seltene Exoten, Raub-, Wasser-, Sumpf- und Singvögel, jagdbares und Hausgeflügel etc. und schließlich mehrere Ottern, Nattern, Eidechsen und 1 Laubfrosch. Zum Verkauf gelangten 3 junge Löwen, je ein Kerabaubüffel, Shetlandpony, Hausesel, Rothirschkalb, Damhirschkalb, Wolf und Fischotter, mehrere Füchse u. Dachse, 2 Angorakatzen, Igel und Ziesel, zahlreiche Hunde, namentlich eigener Aufzucht (für ungefähr M. 730), junge Wildschweine, 2 Ziegen, 1 Fettsteißschaf, 1 Kegelrobbe, Kaninchen, Meerschweinchen, Ratten, Mäuse und Schildkröten; von Vögeln Wellensittiche, Kanarienvögel, Stare, Bussarde, Falken, Eulen, Störche Schwäne, Enten, Tauben u. s. w. Die Tierverluste bestehen in 98 Stück Säugetieren im Werte von M. 3046,70 295 Vögeln im Werte von 2075,20, 151 Reptilien im Werte von 111,60 und in einem Lurche im Werthe von M. 1, im ganzen in 545 Tieren mit einem Wert von M. 5234,50. Der buchmäßige Gesamtwert der Tiere betrug am 31. Dezember 1899 M. 67478,50; hieraus berechnet sich der Verlust auf 7,75% gegen 8%, hezw. 10,5 und 11,4% der Vorjahre. Das Fallen der Verlustziffer hält erfreulicher Weise dauernd an. Der Gesamtwert der Tiere betrug am 31. Dezember 1898 nur M. 60792; der Wertzugang beträgt M. 6686,50. Eine nicht unwesentliche Verbesserung hat der Tiergarten durch den Neubau des Blockhauses für Büffel und Bisons nebst Gehege erfahren, das unmittelbar hinter dem Elchgehege liegt ; der Tierbesatz bildet zugleich einen Zuwachs im Ticr- bestande. Hieran anschließend wurde der südwestliche Teil des Gartens durch Fußwege, Brücken und Treppen dem Publikum zugänglich gemacht; die Ufer des Baches mußten durch Faschinenpackungen und Dossierungen geregelt und gegen Abrutschungen, gesichert werden. Im Bau begriffen und der Vollendung nahe sind zwei in Eisen¬ konstruktion aufgeführte Volieren für Raubvögel, bezw. für Stelz- und Wasservögel Gegenüber der letzteren Voliere, jedoch jenseits des Baches, ist vom Ostpreußischen Fischerei-Verein eine neue Fischbrutanstalt errichtet worden, wozu der Tier¬ garten-Verein auf Grund eines besonderen Vertrages für 20 Jahre den Bauplatz hergegeben hat; als Gegenleistung ist den Besuchern des Tiergartens die unent¬ geltliche Besichtigung der Brutanstalt und des Brutgeschäftes gewährleistet. Die Vogelvoliere und die Brutanstalt sind durch einen Weg und durch eine neue Brücke 258 mit einander verbunden; der Weg führt in seinem weiteren Verlauf in den Völker¬ park, welcher eine feste Einfriedigung und eine Halle für Restaurationszwecke erhalten hat. In der Nähe des Haupteinganges zum Tiergarten hat die Königs¬ berger Straßenbahngesellschaft auf eigene Kosten eine Wartehalle in ge¬ fälliger Form und eleganter Ausstattung errichtet, die beim Verlassen des Tiergartens bis zum Eintreffen eines Pferdebahnwagens Schutz gegen Wind und Wetter gewährt. Schließlich sei noch erwähnt , daß die Pflasterung der Fußwege mit Hartbrandsteinen fortgesetzt wurde und noch weitere Ausdehnung erhalten soll. Während des verflossenen Sommers fanden im Tiergarten 4 Schaustellungen statt, und zwar die Vorführung von Carl Hagenbeck’s Dressurgruppe »List«, bestehend aus Löwen, Tigern, Bären und Hunden, sodann das Auftreten der Krieger des Mahdi im Völkerpark, die Ausstellung für Länder- und Völkerkunde in der ehemaligen Maschinenhalle, und schließlich nistete sich das Senegambierdorf im Völkerpark ein und übte dauernd eine große Anziehungskraft aus. Im Monat Januar konzertierte im großen Saale das schon vom Vorjahre her allgemein beliebte schwedische Damen-Gesang-Sextett »Pöttinger«, im Februar die serbisch- ungarische Gesellschaft »Balkan« und im April das italienische Vokal- und Instrumental- Quartett »Armanini«. Am 3. Mai wurde zum Besten des Pensionsfonds für die Angestellten des Vereins von der Kapelle des Stadttheaters unter gütiger Mit¬ wirkung der Opernsängerin Frl. Rollan und des Herrn Kapellmeister Frommer ein Konzert veranstaltet, dessen Ertrag recht zufriedenstellend war. In der Zeit vom 11. Mai bis 15. September fanden täglich, und zwar bei günstiger Witterung im Freien, Konzerte der Königsberger Theaterkapelle statt. Während des ganzen Jahres, und zwar an jedem Sonntag und Mittwoch, konzertierte die Kapelle des 43. Infanterie-Regiments, und vom 15. Oktober ab ließ sich an jedem Sonntag im Saale des Hauptrestaurants die Kapelle des Pionier-Bataillons No. 1 hören, weil der Konzertsaal nicht alle Gäste aufzunehmen vermochte. Besondere musikalische Veranstaltungen brachten uns noch der 27. Juni mit dem großen Militär-Monstre- konzert (6 Kapellen) zum Besten des Invalidendank und der 1. und 3. August, an welchen beiden Tagen die von sämtlichen 9 Kapellen der Garnison veranstalteten Konzerte ein zahlreiches Publikum nach dem Garten zogen. Am 21. Mai wurden wie alljährlich zur Feier des Eröffnungstages Prämien an die Tier¬ wärter verteilt. Auch der Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse öffnete der Tiergarten seine Hallen. Zur Feier des 25. Gewerbetages des Gewerblichen Centralvereins der Provinz Ostpreußen hielt Prof. Dr. Blochmann am 10. November einen Experimentalvortrag über Flüssigmachung der Luft vor einem geladenen Publikum und wiederholte ihn an drei folgenden Tagen gegen ein geringes Eintrittsgeld. Der zahlreiche Besuch bekundete das lebhafteste Interesse für diese Vorträge. Am Sylvesterabend hielt Geh. Justizrat Prof. Dr. Gar eis in seiner Eigenschaft als stellvertretender Vorsitzender des Vereins in dem großen Konzertsaal aus Anlaß der Jahrhundertwende vor einem zahlreichen Auditorium eine Ansprache, in der er in klarer und erhebender Weise einen Rückblick auf das scheidende’ Jahr hundert und auf seine Errungenschaften warf, die Segnungen des langen Friedens vor Augen führte und das neue Jahrhundert begrüßte. Ein dreifaches, unserm allverehrten Kaiser gebrachtes, begeistert aufgenommenes Hoch schloß die würdige Feier. 259 Gewinn- und Verlust- Rechnung. Debet. Besoldung . M. 69989,93 Futterkosten . * 32293,28 Unterhaltung des Gartens . » 6051,01 Feuerung und Beleuchtung . » 11039,79 Inventar und Mobiliar (Reparaturen und verbrauchte Gegenstände) . » 767,86 Konzerte und Sonderunternehmungen . » 44951,70 Wasserabgaben . * 3206,36 Allgem. Verwaltungskosten . . . * 14741,27 Zinsen-Konto . » 26826,42 Insgemein . * 6008,58 Überschuß M. 46 796,23; davon Abschreibungen auf: .... Gebäude und Käfige . M. 33938,98 Maschinen und masch. Einrichtung ...» 8641,31 Tier-Konto, laut Inventur . » 2098,40 Inventarium . ...» 4117,56 » 48796,25 M. 264762,45 Kredit. Eintrittsgelder . M. 184967,75 Pachten . » 37606,89 Verschiedene Einnahmen . » 24528,29 Lotterie . » 14334,02 Geschenke zum Ankauf von Tieren . » 3325,50 M. 264762,45 Bilanz. Aktiva. Grund und Boden lt. vorjähr. Bilanz . 228848, — Neuerwerb . 25581,85 Schenkungen . 50000,-— M. 304429,85 Gebäude und Käfige lt. vorjähr. Bilanz . 282000, — Neubauten . 26938,— Reparaturen . 10736,87 319674,87 ab: Abschreibung . 33938,98 » 285735,89 Maschinen und masch. Einrichtung lt. vorjähr. Bilanz . 77569,19 Neuanlangen . 2072,12 79641,31 ab: Abschreibung . . 8641,31 * 71000, — Transport M. 661165,74 260 Transport M. 661165,74 Gartenanlagen und Pflanzen lt. vorjähr. Bilanz ......... 59230,81 Neuanlagen . . . 1033,30 » 60264,11 Tierbestand lt. vorjähr. Bilanz ......... 60791,66 Zugang durch Kauf . 13990,87 74382,53 ab: durch Verkauf. ....... . 5205,63 69576,90 ab: für Verluste und Wertverminderung . . 2098,40 lt. Inventur zum Einkaufspreise . » 67478,50 Inventarium lt. vorjähr. Bilanz . . 34282,30 Neuanschaffungen . . 6228,06 40510,36 ab: Abschreibung . 4117,56 » 36392,80 Effekten-Konto . . 102,55 Vereinsbank Konto-Separato (Pensionsfonds) . 1700, — Konto-Kurrent . . 1203,10 » 2903,10 Konto pro Diverse . . » 885,643 Bestände laut Inventur . » 4167,73 Kassenbestand . » 1039,98 M. 837400,15 Passiva. Hypotheken-Konto . M. 324000, — Obligations-Konto . » 300000, — Kautions-Konto Kaution Klein . M. 6000, — ab: an Fortifikation ge z . » 500, — » 5500, — ■Eintrittsgelder pro 1900 . » 31377,45 Diverse Kreditoren . . » 14341,76 Kapital- Konto . » 160408,40 Pensionsfonds, deponiert bei der Vereinsbank .... 1700, — in bar . 72,54 » 1772,54 M. 837400,15 Bttgr. Kleinere Mitteilungen. Seltsamer Starcngesang. Wie alljährlich stellten sich auch in diesem Jahre in unserem Garten wieder mehrere Starenpärclien ein, um die ersten sonnigen Tage zur Säuberung und Ausbesserung ihrer Wohnstätten zu benutzen. Besonders ein Starenmännclien lenkte die Aufmerksamkeit auf sich, da sein Gesang von dem seiner Genossen sehr abwich; verschiedene Töne aus den Strophen der 261 Schwarzamsel ahmte es trefflich nach. Meist hielt es sich auf dem Lindenbaume, der sein Häuschen barg, auf und schmetterte und jubelte fröhlich in den Tag hin¬ ein. Gelegentlich sollte mir aber noch ein besonderer Genuß zu teil werden. Am Spätnachmittage ließ der lustige Bursche wie gewöhnlich seine Weisen erschallen; auf der benachbarten Linde stellte sich, nach einiger Zeit, eine Schwarzamsel ein, um gleichfalls, mit ihrem Sange die Menschheit zu erfreuen. Begann diese nun zu singen, so setzte der Star regelmäßig mit ein, um aber nach dem Mitsingen einiger Töne in seiner eigenen Weise fortzufahren. Wenngleich die Lehrmeisterin ihre Strophen zahlreiche Male wiederholte und der Star sich redliche Mühe gab, sie zu begleiten, so kam er doch nicht mit dem Amselliede zu Ende. Interessant war noch, daß die Amsel sich die Spitze der Linde zu ihrem Lieblingssitze aus¬ erkor, und so hatte ich täglich das Vergnügen, dem herrlichen Sange der Amsel und den seltsamen Strophen des Staren lauschen zu können. Derselbe Star ahmte außerdem noch den Schrei der Elster »schack, schack«, den Ruf der Krähe, sowie Töne aus dem Gezwitscher des Sperlings nach. Dr. Victor Hornung. Ehelose Amsel Weibchen. Es ist eine bekannte Erscheinung in der Vogelwelt, daß das männliche Geschlecht das weibliche an Zahl übertrifft und daß es einem Männchen nur ausnahmsweise gelingt noch eine Gattin heimzuführen, wenn die Brutzeit bereits begonnen hat. Denn im Vogelleben hat das Weibchen nicht selten mehrere Freier zugleich. Um so auffallender war es mir deshalb, daß in diesem Frühjahr in unserem Garten zwei Amsel weibchen dazu verurteilt waren, ohne Gefährten durchs Leben zu wandern, da kein Gatte sie heimführte. Das eine, ein junges Amselfräulein, zeichnete sich auch nicht gerade durch besondere Reize aus, da ihm die Schwanzfedern vollkommen fehlten; seine Stimme ließ dagegen nichts zu wünschen übrig, denn tagsüber, namentlich aber in der Dämmerung, er¬ hob es ein heftiges, lang andauerndes Geschrei. Beide traf man merkwürdiger¬ weise stets beisammen, ohne daß sie indes verträglich zu einander waren und fried¬ lich ihr Tagewerk vollbrachten; im Gegenteil, sie lagen beständig mit einander in Fehde und bekriegten sich heftig. Als Tummelplatz hatten sie sich unsern Garten auserkoren, und tagtäglich konnte ich sie so im Kampfspiele beobachten. Meist bekriegten sie sich am Erdboden, und zwar so hitzig, daß sie sich einmal, nicht weit von mir entfernt, so in einander verbissen hatten, daß die Federn umher¬ stoben, und daß ich sie mit Leichtigkeit hätte einfangen können. Selbst auf einem schrägen Dache, das ihnen nur schlechten Halt bot, fuhren sie auf einander los, um den Strauß später am Erdboden fortzusetzen. Flog die eine von ihnen auf, so folgte die andere sofort nach. Am Erdboden suchte das alte Weibchen mit Vorliebe Deckung unter einer kleinen Fichte und machte von hier aus seine An¬ griffe, oder es ließ sich auch auf einem erhöhten Blumenbeete nieder und unternahm von dieser Stelle aus seine Ausfälle. Rückte es vor, so zog die Gegnerin sich zu¬ rück, um aber sofort kühn vorzudringen, sobald sich ersteres umwandte und zur Fichte zurückkehrte. Dies Vordringen des alten und Zurückweichen des jungen Weibchens und umgekehrt war ihre Kampfesweise; stundenlang trieben sie dies Hin- und Herlaufen, ab und zu gerieten sie dann an einander und zausten sich gehörig; sie flogen sogar gegen einander und teilten in der Luft mit Schnabel und Krallen Hiebe aus. Vertrieb man sie, so flogen sie zwar davon, aber es ver¬ ging nur kurze Zeit, und beide fanden sich auf dem Kampfplatze wieder ein. Sie 262 Waren so furchtlos, daß sie sich nicht im geringsten stören ließen, wenn man sich ihnen soweit näherte, (laß man sie leicht mit einem Netze hätte erhaschen können. Zerrte die eine einen Regenwurm aus dem Rasen hervor, sogleich war die andere zur Stelle, um der Genossin den Bissen streitig zu machen. Wiederholt haben wir die Kämpfenden auseinander gejagt und aus dem Garten vertrieben, denn auf die Dauer war es geradezu langweilig, immer und immer wieder das gleiche Schauspiel vor Augen zu haben, das sich stets in unsrer nächsten Nähe wiederholte; in kurzem stellten sie sich aber stets wieder ein und begannen den Streit von neuem. Er¬ schien ein Amselmänncben auf dem Grasteppiche, um sich Nahrung zu suchen, so war es in hohem Grade anziehend, zu beobachten, wie beide den schmucken Ge¬ sellen umringten, ihn in artigen Bewegungen umhüpften, in seiner nächsten Nähe Würmer suchten, sich zugleich aber wieder in heftiges Gefecht verwickelten, viel¬ leicht, da Eifersucht sie erregte. Das Amselmännchen verhielt sich ihnen gegenüber aber vollkommen teilnahmlos, suchte sich friedlich Nahrung und flog schließlich einem angrenzenden Garten zu, wo die Gattin bereits mit der Errichtung der Wiege beschäftigt war. Fest hielten beide Leidensgefährtinnen, die auf ehe¬ liches Glück verzichten mußten, zusammen und verbrachten jedweden Tag mit Kampf und Streit. Vielleicht ist aber auch ihnen das Glück noch hold, auf daß sie, ehe das Jahr verrinnt, die Segnungen der Vogelliebe genießen werden. Dr. Victor Hornung. Schlechte Teichwässer und Wassergeflügel. Häufig trifft man auf Teichen, die unreines Wasser enthalten, Wassergeflügel an, denn der Be¬ sitzer bekümmert sich wenig um die Qualität des Wassers, da vielfach angenommen wird, daß dies keinen schädlichen Einfluß auf das Geflügel ausübt. Gestützt auf Erfahrung glaube ich aber, daß dieser Faktor vom ökonomischen Standpunkte aus betrachtet dennoch Berücksichtigung verdient. Ich hielt nämlich auf einem Teiche, der unsern Garten durchzieht, eine buntfarbige Entenfamilie. Der Teich selbst diente als Kühlteich, und das Wasser, das bereits in einer Fabrik, einer Spinnerei, Verwendung gefunden hatte, besaß gerade keine schönen Eigenschaften; nament¬ lich im Sommer verbreitete es oft einen äußerst unangenehmen Geruch. Trotzdem fühlten sich die Enten in ihrem Elemente ganz wohl und legten fleißig. Als die Eier aber benutzt werden sollten, zeigten sie einen so stark mulsterigen Geruch und Geschmack, daß sie selbst zum Backen nicht gebraucht werden konnten. Bei der Mehrzahl der Eier besaß das Eigelb sogar eine braunschwarze Farbe; sämtliche Eier konnten in der Küche keine Verwendung finden. Dr. Victor Hornung. Litteratur. Dir. Dr. L. Wunderlich, Führer durch den Zoologischen Garten zu Köln. Köln 12°. 146 pg., 80 Figg., Plan. Von diesem vorzüglich bearbeiteten Gartenführer liegt eine Neuauflage, das 131. — 160. Tausend enthaltend, vor. Zu seiner und des Gartens Empfehlung sei hier ein Teil der vorhandenen Tiere genannt, die einen Begriff von dem Reichtum des zur Schau gestellten Materiales geben mögen. Unter den Hühnervögeln werden verzeichnet Pampashuhn ( JRhynchotus rufescens Temm.), Tataupa ( Crypturus tataupa Temm.), Mexikanisches Schakuhuhn (Penelope purpurascms Wgl.) und Marail 263 P. marail Gmel.), fünf Hocko-Arten ( Crax globicera L., daubentoni Gray, atector L., sclateri Gray und carunculata Temm.), weiter die drei Mitu- Arten ( Ourax tuberosa Spix, tomentosa Spix und salvini Reinh.), sowie Ohrfasan ( Crossoptilon mantshuricus Swinh.), sechs Perlhühner ( Numida meleagris L., vulturina Hardw., ptilorhyncha Licht., cristata Pall., cornuta Hartl, und mitrata Pall.), Halsbandfrankolin ( Pternistes vulgaris ), Bambushuhn ( Perdix thoracica Temm.) und Klippenhuhn (P. petrosa Grnel.). Unter den Hirschen fallen auf die südamerikanischen Spießhirsche Subulo rufus Cuv. und S. nemorivagus Licht., der mexikanische Cariacus mexicanus Smith, der seltene Leierhirsch ( Cervus eldi Gnthr.), der ebenso rare Milu {C. davidiamis M.-Edw.), der Altaihirsch (C. asiaticus Sew.) und die beiden Zwerghirsche {Cervulus reevesi Ogilb. und aureus Smith). Von Bären seien der Grizzlybär ( Ursus horridus Ord.), der Isabellbär {U. isabellinus Ehrbg.), der Japanbär (U. japonicus Schlg.) und der Brillenbär {U. ornatus Cuv.), von Wölfen Canis griseus Rieh, und ater Rieh, aus Nordamerika, von Füchsen und Schakalen C mesomelas Schreb., pallidus Rüpp., hagenbecki Noack, lateralis Sclat., chama Smith, latrans Say und namentlich C. jubatus Desm. und Otocyon megalotis Desm. hervorgehoben. Unter den Hohl¬ hörnern sind als drei besondere Seltenheiten Ovis areal Brdt., cycloceros Hutt. und nahura Gray, sowie Capra jemlaica Hodgs. zu nennen. Yon wertvollen Raubtieren treffen wir u. a. im Garten das Katzenfrett ( Bassaris astuta Licht.), den Ameri¬ kanischen Dachs {Taxidea americana Zimm.) und die Braune Hyäne ( Hyaena brunnea Thunbg.). Es würde zu weit führen, wollten wir hier alle die seltenen Enten, Gänse und Schwäne namentlich aufzählen, die der Garten augenblicklich besitzt, aber da wir in den letzten vier Jahren in unsrer Zeitschrift nichts mehr über den Kölner Garten erfahren haben, ist es wohl gestattet, noch ein paar Selten¬ heiten aus dem dortigen Tierbestand zu erwähnen. So finden wir z. B. von Peli¬ kanen Pelecanus onocrotalus L., mitratus Licht., rufescens Lath., crispus Feld., fuscus L., erythrorhynchus Lath. und conspicillatus Gmel. Von Papageien seien noch der Helmkakadu ( Calyptorhynchus galeatus Lath.) aus Südaustralien, von Finkenvögeln der Haubenhäherling ( Garrulax leucolophus Hardw.) aus dem Hima- laya, von Eulen die Prärie-Eule ( Speotypo cunicularia Mol.), von Robben die fünf Seelöwen ( Otaria gillespii Forst.) erwähnt. Yon wertvollen Rindern sind Gayal (. Bos frontalis Lamb.), Gaur {B. gaurus Traill), Banteng ( B . sondaicus Müll. Schlg.) und Bison {Bison americanus Gmel.) vorhanden, von Nagern der Kanadische Biber (Castor canadensis Kühl) und nicht weniger als acht Arten von Eichhörnchen {Sciurus vulgaris L., bicolor Sparrm., prevosti Desm., modestus Müll., niger L., einer eus L., aurogaster Cuv. und vulpinus Gmel.). Überdies ist der Afrikanische Elefant {Elephas africanus Blum.), das Nilpferd ( Hippopotamus amphibius L.), das Nashorn {Bhinoceros unicornis L.) und die Rappenantilope ( Hippotragus niger Harris) vertreten. Yon Affen sind besonders erwähnenswert der Somali -Hamadryas ( Cynocephalus netschi Heugl.) und der Weißstirnige Spinnenaffe (. Ateles geoffroyi Kühl). Endlich seien noch namhaft gemacht der Javapfau {Bavo spicifer Horsf.), der Wilde Truthahn {Meleagris gallopavo L.), der Glockenkranich {Grus carunculata Gmel.), der Damara-Strauß {Struthio australis Gurn.) und das Felsenkänguruh {Macropus robustus Gould). Es ist das eine so erlesene Liste seltner Tiere, daß hoffentlich schon die bloße Aufzählung, die wir gegeben haben, selbst weiter von Köln wegwohnende Tierfreunde bewegen dürfte, dem schönen Garten einmal einen längeren Besuch abzustatten. Es wird sie nicht reuen! Bttgr. 264 Eingegangene Beiträge. Dr. med. C. R. H. in G., C. G. in M. (Rußland) und Forstm. A. R, liier. Arbeiten dankend erhalten und gerne benützt. - Dr. P. K. in W., R. B. in Z., A. S. in Ch., Dr. V. H in M., W. H. in W., P. H. in V. (Italien), M. 0. in B. und Dr. H. J. K. in K. Sie werden meine Briefe inzwischen erhalten haben; ich war über 4 Woolien in Frankreich von jeder Korrespondenz abgeschnitten. — W. H. in W. Brief erhalten. Bücher und Zeitschriften. Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E. Beck-Corrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. XXIV. Jahrg., 1900, No. 24—30. Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr. J. Victor C a r u s. Leipzig. Wilhelm Engelmann. XXIII. Jahrg., No. 617—620. Ornitho logische Monatsberichte. Herausg. v. Prof. Dr. Ant. Reichenow. VIII. Jahrg. 1900, No. 7—8. Om itholo gische Monatsschrift d. Deutsch. Ver. z. Schutze d. Vogelwelt. Redigiert von Dr. Carl R. Hennicke in Gera. 25. Jahrg. 1900, No. 7—8. Die gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber, -Züchter und -Händler in Magdeburg. Begründet von Dr. K. Ruß. Jahrg. 29, 1900, No. 22—27 u. 29. Field, The Country Gentlemans Newspaper. IJerausgeg. v. HoraceCox in London Vol. 95, 1900. No. 2477—2483. Prof. Dr. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre. Stuttgart, W. Kohlhammer. 19. Jahrg. No. 7-8. N atur und Haus. 111. Zeitschrift für alle Naturfreunde. Herausg. v. Max HesdÖrffer Berlin, Verlag v. Gust. Schmidt, 1900, 8. Jahrg., Heft 18—21. , Allgemeiner Bayerischer Tierfreund. Herausg. v. F. Ott. Würzburg 1900 Jahrg. 25, No. 24—30. Deutsche Botanische Monatsschrift. Herausgeg. v. Dir. Dr. G. Leimbach. Arnstadt (Thür.), 1900. 18. Jahrg., Heft 5 — 6. Zoological Society of London. Sitz.-Ber. v. 19. Juni 1900. Nertlius, 111. Wochenschrift f. Pflanzen- u. Blumenfreunde, Aquarien-, Terrarien- u. Vogel¬ liebhaber. Herausg. v. Ivriele u. Adolff, Altona-Hamburg, II. Jahrg., 1900, No. 24— 26 u. 28—30. Illust r. Zeitschrift f. Entomologie. Herausgeg. v. Dr. Chr. Schröder u. U. Lehmann. Neudamm, 1900, Bd. 5. No. 12 — 14. Verhandlungen d. k. k. Zool.-Botan. Gesellsch. in Wien. Herausgeg. v. Dr. C. Fritsch. Bd. 50, 1900, Heft 4—6. Blätter f. Aquarien- u. Terrarien-Freunde. Herausg. v. W. Sprenger. Verlag d. Creutzschen Verlagsbuchhandlung, Magdeburg. Jahrg. ll, 19G0, Heft 1— 13. Ost- Asien. Monatsschrift f. Handel, Industrie, Politik, Wissenschaft u. Kunst. Heraus«-. v. Kisak-Tamai. Berlin. Jahrg. 3, No. 27. — Jährl. M. 10. — . Der Weidmann. Blätter für Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. Dr. J. Müller- Liebenwalde. Bd. 31, 1900. No. 37—41 u. 43. W. Haacke & W. Kuhnert, Das Tierleben der Erde. Berlin, M. Oldenbourg, 1900- Lief. 2. — Erscheint in 40 Lief, k M. ].— . Tier-Börse. Zeitung für Tierzucht u. Tierhandel. Herausg. v. Dr. L a n g m a n n. Berlin, 1900. 14. Jahrg. No. 24 u. 26—30. Prof. Dr. L. Edinger, Hirnanatomie und Psychologie. — Sep.-Abdr. Berlin 1900, Verlag v. Aug. Hirschwald. 8°. 25 pag. Dr. II. F is eher -Si g war t. Meine Sammlungen. Eine Rechtfertigung. 8°. Verlag v. Joh. Fehlmann, Zofingen, 1900. 26 pag. Derselbe, Die Naturgeschichte des Wiggerthaies. — Sep.-Abdr. 1900. 8°. 24 pag. Derselbe, Eine Frühlingsnacht im Hardwalde bei Basel. — Sep.-Abdr. 1900. 8°. 6 pag. Bull. Soc. des Sciences de Bucarest (Roumanie). 9. Jahrg. 1900. No. 2—3. Bucuresci, Impr. Statului. V ereinsschrift für Forst-, Jagd- und Naturkunde. Herausg. v. Prof. Fr. Croy. Jahrg. 1899-1900, Heft 6. Prag 1900, Verl. d. Böhm. Forstvereins. Zeitsclir. des Tierschutzvereins zu Posen. 10. Jahrg. No. 2. Posen 1900. Societatum Litterae. Verzeichnis der in den Publikationen der Akademieen und Vereine aller Länder erscheinenden Einzelarbeiten aus dem Gebiete der Naturwissen¬ schaften. Herausg. v. M. Klittke. R. Friedländer & Sohn, Berlin, 1900. Jahrg. 13. Helios. Abh. u. Mitt. aus d. Gesamtgebiete der Naturwissenschaften. Organ des Natunv. Ver. Frankfurt a. O. Herausg. v. Dr. H. Rödel. R. Friedländer & Sohn, Berlin 1900. Bd. 17. _ _ _ _ , Zusendungen werden direkt an die Verlagshandlung erbeten. Nachdruck verboten. Druck von Reinhold Mahlau, Fa. Mablau & Waldschmidt. Frankfurt a. M. (Zoologischer Beobachter.) Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere. Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands. Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt. N°- 9. SLI. Jahrgang, September 1900. Inhalt. Der Zoologische Garten zu Hannover; von Theöd, Knottnerus-Meyer in Gerb- städt (Mansfelder Seekreis). -- Riesenschlangen in Gefangenschaft; von Dr. Franz W erner in Wien (Schluß). — Jahresbericht über den Zoologischen Garten in Hamburg' 1899. — Kleinere Mitteilungen. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. Der Zoologische Garten zu Hannover. Von Theod. Knottnerus-Meyer in Gerbstädt (Mansfelder Seekreis).- Wenn ich heute den Zoologischen Garten meiner Heimatsstadt Hannover besprechen will, so glaube ich auf das Interesse der Leser des »Zoologischen Garten« rechnen zu dürfen , um so mehr, da ich von einem Institut rede, über das lange Zeit nichts in die Öffentlichkeit gedrungen ist. Der Garten, der seit 1893 unter Herrn Dr. Schaeffs Leitung steht, hat schwere Zeiten durchgemacht. Erst seit dessen Antritt ist ein sichtbarer Aufschwung durch bedeu¬ tende Verbesserungen an Tierkäfigen, Verschönerung der Anlagen und Teiche und dergl. bemerkbar. Aber auch noch heute hat der Garten — unglaublich, aber wahr! — mit dem Widerstand der sonst so tüchtigen Stadtverwaltung Hannovers, deren Eigentum der Grund und Boden desselben ist, zu kämpfen. Obwohl sämtliche Kinder der Hannoverschen Volksschulen jähr¬ lich zweimal unentgeltlich unter Führung ihrer Lehrer den Garten besuchen dürfen, fühlt sich die Stadtverwaltung auch nicht zu einer geringen Beihülfe bewogen. Und was bedeuteten denn M. 20,000 etwa bei dem Riesenetat einer Großstadt wie Hannover? Der Nutzen eines guten zoologischen Gartens wiegt durch vermehrten Fremden- Zoolog. Gart., Jahrg. XLI. 1900, 18 266 zufluß und durch seine Eigenschaft als Bildungsinstitut, besonders für die Volksschulen, eine solche Ausgabe zehnmal auf. Aber die Stadt fürchtet durch ein starkes Emporblühen des Zoologischen Gartens für ihre ebenfalls im Stadtwalde, der Eilen¬ riede, gelegenen Waldlokale zu scharfen Wettbewerb. Hic haeret aqua! Auch der Provinziallandtag hat seit langen Jahren keine Bei¬ hülfe mehr geleistet. Wie anders steht es da mit den zoologischen Gärten beispielsweise Breslaus und Posens! Beide erhalten von Stadt und Provinz reiche Zuschüsse. Das mangelnde Entgegenkommen der Stadtverwaltung hat bis heute den Neubau einer zeitgemäßen Restauration verhindert. Durch den Mangel einer solchen werden gerade die ersten Kreise der Stadt dem Garten entfremdet. Und könnte er nicht bei der großen Garnison Hannovers (Militär -Reitinstitut u. a.) ein Sammelpunkt der haute volee sein ? Aus diesem Umstande erklärt sich auch die verhältnismäßig geringe Zahl von Geschenken. Schickt doch selbst ein Sohn der Provinz Hannover, Major v. Wissmann, alle Geschenke nach Berlin, statt sie dem Garten seiner Heimatsprovinz zuzuwenden ! Daß trotz dieser Verhältnisse der Garten sich erfreulich weiter entwickelt, ist vor allem der rührigen und tüchtigen Leitung zu verdanken. Aber für dauernde, gute Fortentwicklung giebt es nur das caeterum censeo eiues neuen , allen Anforderungen genügen¬ den Restaurationsgebäudes. Und hier sollte die Gartenverwaltung, wenn auch unter Zuhülfenahme von Anleihen, einsetzen. Der Bau wird sich zehnfach verzinsen. Fehlt es doch sehr in Hannover an einem wirklich vornehmen Konzertlokal. Dann erst mögen neue Tierhäuser und sonstige Verschönerungen folgen. Das ist die richtige Reihenfolge, nicht umgekehrt ! Und da ist es zu wünschen, daß auch die Verwaltung etwas mehr Unterneh¬ mungsgeist zeige ! Man denke doch an Leipzig. Auch hier baut man vor allem die Restauration, um das Publikum zu fesseln, dann geht man erst an weitere Verbesserungen. Nun zum Garten selbst! Treten wir durch das Eingangsge¬ bäude, das auch die Direktor wohnung birgt, ein. Vor uns liegt ein mit mannigfachem Buschwerk und Blumenbeeten, sowie einem hüb¬ schen Springbrunnen versehener Rasenplatz, um den sich Schmuck¬ vogelhaus, Büffelhaus und Stelzvogelhaus in gefälligen Bauten 267 gruppieren. Im Hintergründe liegt die malerische Adlervoliere und Teiche und Hirschhäuser. Durch prächtigen Baumwuchs noch ge¬ schmückt übertrifft dieses Entree an Schönheit sogar das des Berliner Gartens ! Links um den Rasen gehend gelangen wir zunächst zum Stelz¬ vogelhaus. Es ist ein in Fachwerk gehaltener, mit seinen Erkern und Türmchen sich malerisch ausnehmender Rohbau. Bedeutend ver¬ schönert ist er noch durch einen freundlichen, stilgerechten Anstrich, der erst vor einem Jahre vorgenommen worden ist. Leider ent¬ spricht die innere Einrichtung in praktischer Beziehung nicht dem schönen Äußeren. Statt Oberlicht ist hier Seitenlicht vorhanden was, da die Fensterscheiben nie dicht schließen, stets Erkältungen der Jäere im Gefolge hat. Während ein Außenkäfig des Hauses im Sommer dem jungen Nachwuchs der Entenzucht eingeräumt wird , sind die übrigen Käfige mit Stelzvögeln, und zwar meistens empfindlicheren Arten besetzt. Neben den eigenartigen Gestalten des Afrikanischen Marabu (Leptoptilus crumenifer) und des Australischen Jabiru ( Mycteria australis ) sehen wir hier die prächtigen Gestalten von Grus antigone , Gr. cinerea , Gr. chrysopelagus und die Cariama ( Dicholophus cristatus) aus Brasilien. Von Reihern sind hier folgende Arten untergebracht: Ardea cocoi, A. alba, A. galeata , A. nivea , A. purpurea und der Löffelreiher ( Platalea leucorhodia) , von Ibissen Ibis religiosa und I. spinicollis. Vor dem Stelzvogelhause liegt ein Gehege für kleinere Stelz¬ vogel- Arten, mit Bassin und freundlichem Häuschen versehen. Ein¬ heimische Küstenbewohner, wie Austernfischer ( Haematopus ostrile- gus ), Säbelschnäbler ( Recurvirostra avosetta ), Kampfhähne ( Machetes pugnax ), der Brachvogel ( Numenius arcuatus) , ferner unser allbe¬ kannter Kiebitz ( Vanellus cristatus ), sowie eine ganze Kolonie Lach- möven ( Larus ridibundus) bilden seine Bevölkerung. Etiketten, vom Direktor Dr. Schaeff angefertigte Aquarell- Kopfstücke der ein¬ zelnen Arten, erleichtern das richtige Erkennen der bunten Gesell¬ schaft. Möchten doch solche Etiketten mit farbigen Abbildungen, wie sie auch das Berliner Aquarium und die große Voliere des Ber¬ liner Gartens zeigt, überall Verbreitung finden. Denn was nützen sonst bei Gesellschaftskäfigen dem Laien noch so genaue wissen¬ schaftliche Etiketten? Diese hübsche Anlage für kleine einheimische Stelzvögel datiert erst aus neuerer Zeit und ist wie das Stelzvogelhaus im äußeren 268 — Anstrich und das ebenfalls sehr nahe gelegene Schmuckvogelhaus in seiner äußeren und inneren Einrichtung ein Werk der augenblick¬ lich noch andauernden Verbesserungen und Verschönerungen. Das Schmuckvogelhaus hat im vergangenen Jahr einen male- risch-bunten Anstrich erhalten, der ganz mit der leichten, gefälligen Fachwerkarchitektur übereinstimmt. Im Inneren ist mehr Oberlicht geschaffen , die stets undichten Seitenfenster sind verschwunden, und an Stelle der schwerfälligen Holzkonstruktion mit Glasfen¬ stern, die die Käfige gegen das Publikum abschlossen, ist eine massive Eisenkonstruktion mit gefälligem Drahtgitter getreten, so daß einerseits die Tiere besser zu sehen sind, andererseits Licht und Wärme freieren Zutritt zu den Käfigen haben. An Stelle der Glasschiebethüren endlich, die zu den Außenkäfigen führten, ^sind massive Wände mit in zweckmäßiger Höhe angebrachten Fluglöchern getreten. Diese sind mit eisernen Klappen verschließbar. Auch hierdurch ist ein größerer Schutz vor Zugluft geschaffen, da die Glas- thüren, selbst bei im Winter Vorgesetzten Doppelfenstern, nie dicht hielten. Betritt man das Haus, so fällt zunächst der Blick auf eine Anzahl auf Bügeln befestigter Papageien. Die Bügel sind in einem achteckigen Raum aufgehäugt, der in der Mitte des Hauses sich be¬ findet, und um den sich der Gang für das Publikum herumzieht. Eine weitere Anzahl Papageien auf Bügeln befindet sich in einer gleich rechts vom Eingang befindlichen Seitennische. Von Aras bemerken wir folgende Arten: Sittace caerulea , S. coccinea , S: chloroptera und S. severa. Zwei Exemplare des Gelbflügelaras leben schon seit den sech¬ ziger Jahren im Garten, sind also schon respektabel alte Herren, während sich der Grünflügelara seit Anfang der achtziger Jahre hier befindet. Auch von den Molukkenkakadus ( Plissolophus moluccensis ), dem Kleinen Gelbhauben -Kakadu (PI. citrinocristatus) und dem Rosen¬ kakadu (PL roseicapillus) ist unter verschiedenen anderen Exem¬ plaren je ein bereits seit langen Jahren hier im Garten befindliches Tier vorhanden. Auch der prächtige Inka (PL leaäbeateri) ist in drei Exemplaren , von denen zwei geschenkt sind , vertreten und ebenso der Nasenkakadu (Licmetis nasicus). Von Amazonen sind neben den häufigen Androglossa amazonica und A. aestiva noch A. leucocephala , A. levaillanti und A. ochroptera vorhanden. Auch der Graupapagei, Jako ( Psittacus erithacus)1 und 269 der seltene Vasapapagei {Goracopsis nigra), ein Vertreter der so eigen¬ tümlichen Tierwelt Madagaskars, sind za sehen. Ein Teil der Kakadus und Amazonen, sowie die beiden letzt¬ genannten Arten sind in Gesellschaftskäfigen vereinigt. Wenn die Tiere einigermaßen verträglich und die Käfige fest sind und wenn man für Holz zum Benagen sorgt, läßt sich dieses System gut durchführen und verdient unbedingt vor dem Anketten auf Bügeln den Vorzug. Denn jedem Tierfreuud ist der traurig dasitzende, an¬ gekettete Papagei, dessen einzige Motion in einer Schaukelbewegung besteht, der aus Mangel an Zerstreuung sich dem Federfraß hingiebt und endlich den Rohheiten des Publikums, zumal in Hannover, wehr¬ los ausgesetzt ist, ein mitleidserregender Anblick. Wie anders ist dagegen der emsig am Gitter auf- und absteigende oder im Boden wühlende, kurz stets beschäftigte Vogel im Gesellschaftskäfig. Den Bügel und die Kette, bezw. Einzelbauer verdienen nur notorisch unverträgliche Tiere. Ich möchte daher der Direktion hiermit zurufen »fort mit den Bügeln und Ausbau des vorhandenen, schönen Raumes zu einem oder mehreren Käfigen mit frei sich bewegenden Vögeln!« Man denke nur an den prächtigen Anblick der frei fliegenden Papageien in der geologischen Grotte des Berliner Aquariums ! Der Leser möge mir diese kleine Abschweifung verzeihen. Ich will mich bei der Besprechung der übrigen Bewohnerschaft des Hauses etwas kürzer fassen, da ein näheres Eingehen zu weit führen würde und bei dem fast täglich wechselnden Bestand wenig Zweck hat. Von den Sittichen, die in dreizehn Arten vertreten sind, sind die härteren Arten in einer Glasvoliere untergebracht, die beständig, Winter und Sommer, nach dem Außenkäfig zu geöffnet ist. Von selteneren Arten nenne ich Platycercus scapulatus und vor allem den sehr seltenen Conurus rubritorques. Letzterer, in einem Pärchen vertreten, ist ein wertvolles Geschenk eines Stadthannoveraners ans Honduras. Auch dem Wellensittich ( Melopsittacus undulatus), der für sich eine Voliere bewohnt, ist durch ein kleines Schlupfloch Gelegenheit gegeben, stets ins Freie zu gelangen, wo er Sommer wie Winter fleißig brütet. Auch Grauköpfchen {Agapornis cana) und Rosen¬ papageien ( A . roseicollis) sind in Zuchtpärchen zahlreich vertreten. Zwei wertvolle Geschenke an Pagageien endlich sind noch Tany- gnathus muelleri und besonders Trichoglossus ornatus. 270 Eine neuere, von Herrn Dr. Schaeff durch geführte , sehr dankenswerte Einrichtung ist die übersichtliche Anordnung der Be¬ wohner des Hauses. Den Tauben, Staren und Stärlingen, den Raben¬ vögeln, Sittichen, Amadinen, Prachtfinken, Webern u. s. w. sind je besondere Käfige zugewiesen. Diese Trennung ist in jeder Beziehung, auch vom rein praktischen Standpunkt, zu loben und hebt sich vor¬ teilhaft ab von der in früheren Jahren geübten Praxis, Neulinge ohne Rücksicht auf Familienverwandtschaft stets dorthin zu setzen, wo »Platz« war. Neben der prachtvollen Mähnentaube ( Caloenas nicobarica) sind noch neun ausländische Taubenarten und die drei einheimischen, Columba palumbus , C. oenas und C. livia , vorhanden. Tukane sind in zwei Arten vertreten, BhampJlastus magnirostris und Pteroglossus atricollis. Ihnen schließen sich den Käfigen nach¬ gehend die Stare und Stärlinge an. Sie sind in neun Arten ver¬ treten. Dann folgen mit weiteren neun Arten die Rabenvögel. Die populärsten unter ihnen sind der Flötenvogel ( Strepera leuconota ) und der Rieseneisvogel (. Dacelo giganteus ), der »lachende Hans«, während die prächtigsten Erscheinungen der Blaurabe (Cyanocorax chrysops ), der Schopfhäher ( Cyanocitta cristata') und die Alpendohle (Fregilus pyrrhocorax) sind. Die große Zahl der in drei größtenteils verglasten Volieren nebeneinander ausgestellten Singvögel aufzuzählen, muß ich mir ver¬ sagen. Nur Plutheria grogne , Vidua paradisea und eine ganze Kolonie Weberfinken von sechs Arten will ich nennen. Als Gegen¬ stück zu der bereits erwähnten Voliere für härtere Sitticharten ist noch eine zweite, nach dem Hause zu verglaste, nach außen stets geöffnete Voliere für einheimische Vögel vorhanden. Sie enthält eine große Anzahl unserer bekannten, lieben Wald- und Flurvögel. Um diese zu sehen, begeben wir uns besser nach außen, da die Mehrzahl sich meistens nur im Außenkäfig aufhält. Doch bevor wir das Haus verlassen, möchte ich noch einen Vorschlag machen an die Direktion: »Schafft praktische, geräumige Badeeinrichtungen für j ed e n Käfig!« Macht auch das Umherspritzeu des Wassers Schmutz und verursacht es dem Wärter mehr Arbeit, die Gesundheit jedes Vogels fast, besonders der Insektenfresser, erfordert eine solche Badeeinrichtung; und das ist die Hauptsache! Nehme man sich hierin Berlin zum Vorbild ! Treten wir nun vor die Außenvoliere für einheimische Sing¬ vögel, wo uns noch eine Kolonie unseres Rephuhns (. Perdix cinerea) 271 erfreut, so sehen wir zur Rechten eine geräumige Voliere mit Bäu¬ men, in deren Zweigen eine ganze Kolonie Nachtreiher ( Nycticorax griseus) nistet, während eine Anzahl fremder und heimischer Hühner und besonders Wasserhühner den Boden bevölkern. Dieser Käfig mit den stets fleißig brütenden Reihern bildet einen Hauptanziehungspunkt. Auch er ist eine neue Schöpfung. Früher war er besetzt mit einer Anzahl stets sich verbastardierender und so unglaublich heruntergekommener Taubenrassen. Wenden wir uns um, so fällt uns ein hübscher, malerischer Naturholzbau mit Strohdach auf. Er dient den Riudern als Unter¬ kunft. Neben eigentlichen Büffeln hat man hier seit einigen Jahren die Zebus einquartiert, um die Familie der Rinder zusammen zu haben, und au Stellender Zebus die früher hier befindlichen Lamas ins Antilopenhaus zu ihren nächsten Verwandten, den Kamelen, ge¬ schafft. Auch das ist eine der vielen Verbesserungen des »neuen Kurses«. Die prächtigsten Stücke der Sammlung sind ein Paar Bisons ( Bison americanus). Neben ihnen sind noch der europäische Büffel ( Bubalus buff eins), ein Paar prächtiger Yaks (Bos grunniens), und eine große Zahl Zebus ( Bos inäicus) zu nennen. Zwei an der Rückseite des Hauses augebrachte Käfige enthalten eine Anzahl Kolkraben und Saat- und Nebelkrähen ( Corvus corax , (7. frugilegus , C. cornix). Gegenüber dem Büffelhause liegt ebenfalls in Naturholzarchi¬ tektur ausgeführt und mit Stroh gedeckt das Hirschhaus. Neuerdings haben die Käfige eine neue praktische Umzäunung bekommen. Sie besteht aus durch starke Eichen pfosten horizontal gezogene gu߬ eiserne Stangen. Mit seinen geräumigen, schattigen Parks möchte ich dieses Haus ohne weiteres den allerdings luxuriöseren neuen Berliner Hirschhäusern an die Seite stellen. Neben G. dama , G. axis , C. porcinus sind hier G. aristotelis und G.siJ&a , sowie unser Reh (G. capreolus) zu finden. Endlich soll noch das Ren ( Gervus rangifer) demnächst aus seinem provisorischen, durchaus ungeeigneten, sonnigen Käfig im hinteren Teile des Gartens nach hier in die schattigeu, ihm so recht zusagenden Parks ver¬ pflanzt werden. Zwischen dem Hirschhaus und der äußeren Einfriedigung des Gartens liegt die sogenaunte Bibergrotte, »sogenannt«, da sie augen¬ blicklich keine Biber enthält. Früher ein zerfallenes Gerümpel und ein wahrer Tummelplatz für Ratten ist sie im vorigen Jahr in malerischer, geschmackvoller Weise umgebaut worden. 272 Von einer prächtigen Grotte herab ergießt sich ein Wasserfall in das geräumige Becken, in dem sich bis vor kurzer Zeit ein See¬ löwenweibchen in graziösen Sprüngen tummelte. Leider ist das Tier eiugegangen. Die Sektion ergab eine Anhäufung unverdauter Blätter der umherstehenden Eichen im Magen und Darm. Wahrscheinlich werden sie beim Auffangen der zugeworfenen Fische von dem Tiere, da sie oft in großer Zahl die Wasserfläche bedeckten, mitüberge- schluckt worden sein. Es ist das eine Mahnung für Tiergärtuer, Seebäreubassius nach dem Muster der prächtigen Kölner Anlage mög¬ lichst fern von Baumwuchs auf kahlen Stellen des Gartens anzulegeu. Augenblicklich wird die prächtige Grotte von Kormoranen (Pha- lacrocorax carbo) bewohnt. Interessant ist es, diese sonst scheinbar so stumpfsinnigen Tiere bei der Fütteruug zu beobachten und nach einem zugeworfenen Fisch gewandt und schnell tauchen zu sehen. Es ist unglaublich, wie große Fische ein solch kleiner Bursche ver¬ schluckt. Daher ist auch die überall betriebene, eifrige Verfol¬ gung dieses Vogels seitens des Menschen erklärlich. Geradeaus weitergehend gelangen wir zum Schweinehaus. Es ist ein nettes Blockhaus mit zwei Käfigen. Von diesen läßt sich bei vollkommen unpraktischer Umzäunung und, da die so notwendige Suhle fehlt, nicht viel Gutes sagen. Hoffentlich verschwinden sie bald und werden, wie ja auch projektiert, durch neue Kofen in dem hin¬ teren Teile des Gartens ersetzt. Bewohnt sind die Käfige von Sus scrofa und Dicotyles torquatus. Gegenüber den Schweinekofen er¬ hebt sich ein massives Sandsteingebäude, dessen Gesamteindruck durch einen Ende der achtziger Jahre aufgeführten Anbau leider sehr gelitten hat. Es ist das Elefanteuhaus. Seine Bewohner sind ein erwachsenes Weibchen des Indischen Elefanten (. Elephas asiaticus), ein tüchtig heranwachsendes, etwa zwei- bis dreijähriges Weibchen der gleichen Art und ein großes, prächtiges, ebenfalls dem zarten Geschlecht an¬ gehöriges Nilpferd. Leider ist letzteres, da sein Innenkäfig, der bereits erwähnte Anbau, soweit Land, nicht vom Publikum aus sichtbar ist, nur im Wasser, also im Hause überhaupt sehr schlecht zu sehen. Hier muß unbedingt Wandel geschaffen werden. Am zweckmäßig¬ sten wäre es wohl, die Elefanten in einem dazu umgebauten Teil des geräumigen Antilopenhauses unterzubringen und das nicht sehr geräumige Elefantenhaus dem Nilpferde einzuräumen. Macht doch das stete Wachstum des Tieres schon jetzt eine Vergrößerung des Bassins notwendig. An Größe übertrifft es die Nilpferde des Berliner, Kölner, Frankfurter und Hamburger Gartens. 273 Links vom Elefantenhanse erhebt sich eine malerische Felspartie, auf deren Abhängen sich, dem Elefantenhause zu, zwei Käfige mit Heideschnucken und schottischen Hochlandschafen befinden, während nach der entgegengesetzten Seite solche mit schweizer und nubischen Ziegen sind. Dem Nilpferd - Außenkäfig gerade gegenüber, in den Felsen eingebaut, liegt die Wolfsgrotte. Ein Pärchen von Canis lupus — das Männchen ein besonders großes, schönes Exemplar — bewohnt sie. Neuerdings ist die Grotte am Fußboden und dem unteren Teil der Wände frisch betoniert und mit einer praktischen Spülanlage versehen. So ist eine schnelle und gründliche Reinigung ermöglicht und der früher stets vorhandene Gestank beseitigt. Durch hübsche Anlagen hindurch, zur Linken die prächtig bepflanzte Felspartie, führt uns der Weg zu einer Käfigreihe für Hühnerrassen. Diese Käfige sind in Holzkonstruktion ausgeführt und ziemlich zerfallen; sie sollen daher demnächst einem soliden, präch¬ tigen Neubau Platz machen. Mit dem Rücken nach diesen Käfigen zu, mit ihnen die in der Mitte liegenden neuen Retiraden von zwei Seiten einschließend, liegt die neue Fasanerie. Hohe, luftige Käfige mit Flugbäumen, malerische Häuschen, sind charakteristisch für diese in jeder Beziehung prächtige Anlage. Gerade in diesen geräumigen, hohen Käfigen kommt das farbenprächtige, bunt schillernde Volk der Fasanen so recht zur Geltung. Hoffen wir, daß das bereits er¬ wähnte projektierte Gegenstück ebenso ausfällt! Phasianus reevesi , Ph. amherstiae , Ph. pictus, Euplocamas nycthemerus , E. lineatus und zwei prächtige Bastarde von Silber- und Königsfasan und von Jagd¬ un d Königsfasan, die beiden letzteren Geschenke eines hochherzigen Gönners, des Prinzen Hermann zu Schaumburg-Lippe, bewohnen sie. Phasianus colchicus und Ph. torquatus sind bis zur Vollendung der erwähnten projektierten Volieren augenblicklich noch in der jetzt den Rassehühnern eingeräumten alten Fasanerie im hin¬ teren Teil des Gartens untergebracht. In dem besonders geräumigen, prächtigen Mittelkäfig der neuen Fasanerie quartiert neben den erwähnten beiden Fasanenbastarden noch ein Paar prächtiger Hokkohühner der Gelbschnabel-Art ( Crax sclateri) und ein großes Exemplar der Trappe (Otis tarda), während den Käfig daneben mit dem Amherstfasan zusammen ein Paar schwedischer Birkhühner ( Tetrao tetrax) bewohnt. (Schluß folgt.) — 274. — Riesenschlangen in Gefangenschaft. Von Dr. Franz Werner in Wien. (Schluß.) III. Temperament. Das Temperament der Riesenschlangen ist durchaus kein speci- fisches, sondern ein ausgeprägt individuelles. Es giebt vielleicht keine absolut bissigen oder gutmütigen Arten, sondern nur solche Individuen. Von meinen beiden P. molurus ist das Weibchen die Sanftmut selbst gewesen und hat nur wenige Male nach mir ge¬ schnappt; das Männchen ist jetzt von allen meinen Riesenschlangen die böseste Kreatur. Drei Felsenschlangen (P. sebae ), die ich hatte, waren wahre Bestien ; die vierte, welche ich von Herrn H. Stüve in Hamburg kaufte, ist vollkommen zahm und hat nie eine Spur von Bissigkeit gezeigt. Die bei den Wärtern so berüch¬ tigte Boa constrictor hat bei mir nie Proben ihrer Bissigkeit abge¬ legt. Freilich habe ich nie eine gutmütige Gitterschlange, niemals einen bissigen Königspython, eine bissige Diamantschlange gesehen, uud ich glaube, daß diese beiden letzteren Schlangen, besonders P. regius , niemals bösartig sind. Aber von allen gutmütigen Riesen¬ schlangen kann man dies nicht so ohne weiteres sagen, denn sowohl Boa madagascariensis als B. occidentalis , die an Sanftmut nichts zu wünschen übrig lassen, haben gelegentlich ihre bösen Tage, an denen sie entweder zu beißen versuchen oder wenigstens eine Stellung annehmen, aus der man ihre Neigung hiezu deutlich erkeunen kann. Infolge ihrer, Größe kann man mit den großen Arten bequem hantieren, und viele treten wirklich in ein vertrauliches Verhältnis zu dem Menschen. Sie lassen sich gerne wie ein Hund mit der flachen Hand abtätscheln und am Kopfe krauen. Keine dagegen, auch die sanfteste nicht, verträgt es, wenn man sie beim Kopfe oder am Halse packt. Sehr verschieden ist auch das Verhalten, wenn man sie aus ihrem Käfig nimmt. Manche Schlangen, namentlich die dickeren, plumperen, schlagen mit dem ganzen Körper heftig um sich; die schlanken versuchen aber eher meine Hände zu umschlingen. Dies that namentlich Gitterschlange, Assala, Diamantschlange und Hunds- kopfschliuger. Eine höchst merkwürdige Eigenschaft besitzt P. regius. Nimmt man ihn aus dem Käfig, so rollt er sich zu einem runden Klumpen zusammen, der widerstandslos alles mit sich geschehen läßt. Auch ins Wasser geworfen, benimmt er sich so. Ich glaube, 275 daß diese Schlangen, die wegen dieser Eigenschaft von den Händlern als »Ballschlaugeu«, von den Schlangenbändigeriuuen, die sich das Tier bei ihren Produktionen um die Arme schlingen, wo sie die ganze Zeit über ruhig verharren, als »Armbandschlangen« bezeichnet werden, ihrer absoluten Harmlosigkeit wegen sogar Kindern in die Hand gegeben werden könnten. Freilich werden sie ihrer Empfind- lichkeit und ihres hohen Preises wegen den Meerschweinchen und Kaninchen als Kinderspielzeug kaum den Rang ablaufeu. Der Umgang mit den kleinen Schlangen dieser Familie ist selbst¬ verständlich ebenso gefahrlos wie der mit unseren Nattern. Bei Exemplaren aber, die über IP/2 m lang sind, ist sowohl die Fähigkeit, empfindliche und tiefe Bißwunden (die bisweilen infolge des Abbrecheus von Zähnen in der Wunde noch in Eiterung übergehen können) zu verursachen, als auch die ungeheure Körperkraft nicht außer Acht zu lassen. Manche Personen, denen ich meine Schlangen vor¬ führte, wollten ihren Mut dadurch zeigen, daß sie sie beim Kopf zu packen versuchten oder ihnen vor der Schnauze herumfuchtelten. Das ist die beste Methode, um auch von einer sonst nicht bösartigen Schlange gebissen zu werden. Am Rumpf kann man sie, wenn ich sie mit beiden Händen (uicht etwa, um sie am Beißen zu hindern, denn ich halte sie nie beim Kopf, sondern um den schweren Körper zu stützen) halte, unbedenklich abklopfen und berühren, freilich nicht zwicken oder stoßen. Mit einer Hand ein größeres Exemplar zu halten, ist aber oft eine mißliche Sache. Die Schlange sucht ge¬ wöhnlich einen weiteren Stützpunkt, und wehe, wenn sie mit dem Schwanz oder dem seitlich umgebogenen, mit dem Halse einen Haken bildenden Kopfe etwas umklammert, was nicht niet- und nagelfest ist ! Ich habe da bittere Erfahrungen gemacht ; ganze Batterien von Präparatengläsern werden mit der Schwanzspitze von einem Tische herabgefegt. Und noch eiumal wehe, wenn man infolge eines solchen Bombardements den Kopf verliert und das Tier nur eine Sekunde frei oder aus den Augen läßt! Dann beginnt einem dieser Knabe Karl fürchterlich zu werden. Ich will eine ähnliche Episode aus einem vergangenen Sommer mitteilen. Ich hatte damals drei Exemplare in einem Käfig (P. mo- lurus , sebae und reticulatus). Als ich einmal vier Tage hintereinander auf dem Lande weilte, hatte das molurus- Weibchen ein großes Bade¬ gefäß aus Steingut durch die Scheibe des Käfigs durcbgedrückt und war durch das entstaudene riesige Loch entwischt. Die beiden an¬ deren Schlangen hatten sich trotz der verlockenden Aussicht zur 276 Flucht die ganze Zeit über nicht gerührt. Molurus aber hatte eine Entdeckungsreise ins Zimmer, wo etwa tausend Präparatengläser, meine ganze Reptiliensammlung, auf zwei hohen, offenen Wandge¬ stellen aufgestapelt sind, augetreten. Das Dienstmädchen unserer Hausbesorgerin, das in unserer Abwesenheit die Wohnung in Stand hielt und mein Schildkrötenheer fütterte, hatte die entsetzliche Wirt¬ schaft bemerkt und (man höre und staune über diese Heldenthat eines weiblichen Wesens) das Tier bis zu meiner Ankunft in Wien vergeblich gesucht. Als ich in die Wohnung zurückkam, bot sich mir ein erschütterndes Bild. Der Boden des Zimmers war eine Wiese von Glasscherben. Vor dem Wandgestell ein ganzer Berg von Glasscherben, untermischt mit den schon etwas eingetrockneten Sprit-Reptilien. Ein großes Glasterrarium (Elementenglas), das am Fenster gestanden und etlichen kleinen algerischen Lacertiden Woh¬ nung geboten hatte, lag zerschmettert auf dem Boden, die Eidechsen waren fort auf Nimmerwiedersehen. Dabei herrschte ein intensiver Weingeistgeruch im Zimmer. Von der Ubelthäterin war trotz aller Bemühungen, trotzdem sie 2 m lang und über armsdick war, nichts zu sehen. Nachdem ich einigermaßen die Ordnung wieder hergestellt hatte, was mich zwei Stunden schweißtreibender Arbeit kostete, ging ich au die Verfolgung der schönen Sünderin. Endlich errötend ihren Spuren folgend fand ich sie hoch oben auf einem der beiden Wand¬ gestelle, zwischen der Mauer und dem Fachwerk fest eingekeilt. Ich beunruhigte sie weiter nicht , sondern räumte vorerst alles, was nicht eisenfest war, aus ihrem Bereiche. Dann faßte ich sie am Schwänze und versuchte sie daran herunterzuziehen. Da war ich aber an die Unrechte gekommen. Anstatt nachzugeben, zog sie mit solcher Gewalt aufwärts, daß ich auf der Leiter, auf der ich stand, eiligst einige Stufen hinaufsteigen mußte, um sie nicht loszulassen. Ein weiteres Ziehen hatte keinen Erfolg; sie schien wie mit der Mauer verwachsen zu sein. Ich entschloß mich nun, während ich das Tier mit einer Hand festhielt, mit der anderen alle Hindernisse weg¬ zuräumen. Dann nahm ich alle Kraft zusammen und riß in meiner Wut plötzlich und so energisch, daß man hätte glauben sollen, der Kopf des Tieres müsse vom Rumpf getrennt werden. Ich wollte zuerst gar nicht hinsehen, um nicht das schreckliche Ende der Schlange erblicken zu müssen. Dieser war aber gar nichts geschehen ; sie hatte es doch vorgezogen nachzugeben und war der Gewalt ge¬ wichen. Sie hatte trotz meiner heftigen Angriffe nicht zu beißen versucht und uur einmal, wie zur Abwehr, den Rachen halb geöffnet, aber gleich wieder geschlossen. 277 Diese Reise meiner Tigerschlange ins Zimmer kostete mich fast soviel, als wenn ich selbst eine Reise unternommen hätte. Aber ich sorgte dafür, daß keine Wiederholung stattfand! Abgesehen von dem Schaden, den gefangene Riesenschlangen auf diese Weise anrichten, können größere Exemplare durch ihre ungeheure Körperkraft das Leben des Menschen gefährden. Es ist daher durchaus davon abzuraten, solche Exemplare, die bei guter Pflege immer viel stärker sind, als die von Schlangenbändigerinnen benützten, sich um den Hals zu schlingen oder fremden Personen, die mit dem Umgang mit solchen Tieren nicht vertraut sind, in die Hand zu geben. Wenn sie auch dem Fremden gegenüber immer nur durch Beißen, niemals durch Würgen und Umschlingen ihren Unmut über Störung kundgeben *), so können sie einem doch ohne böse Absicht, nur um sich festzuhalten, ein paar Schlingen um den Hals legen, die an sich vielleicht lästig und be¬ engend empfunden werden, aber sofort eine ernste Gefahr bedeuten, wenn man versucht, diese Schlingen zu lösen. Auf eine solche Ab¬ wehr, wenn sie nicht ruhig, ohne Gewaltanwendung und durch ein¬ faches Ab wickeln von einem Ende an, sondern durch Zerren und Reißen geschieht, antwortet die Schlange sofort durch noch festeres Anziehen ihrer Schlingen, und dann kann es auch dem stärksten Manne passieren, daß er das Schicksal Laokoons teilt, bevor er sich befreien kann. Der Körper einer fest um ihr Opfer geschlungenen Riesenschlange fühlt sich fast steinhart an; es ist meist fast un¬ möglich, auch nur eine dünne Messerklinge zwischen sie und das umschlungene Tier zu schieben. Es wird vielleicht überhaupt kein Tier geben, das sich an Muskelkraft, an langsamer, ausdauernder Muskelthätigkeit mit den Boiden messen kann. Wohl ist die Kraft des Löwen im Sprung und Schlag, die des Kameles im Tragen, die des Pferdes im Ziehen eine ungeheuere; aber stundenlang ohne Unterbrechung und ohne Ermattung die stärkste Muskelanspannung auszuhalten, ist wohl keinem von ihnen in gleichem Maße möglich. Wie allgemein bekannt, sparen wohl die Riesenschlangen sehr mit ihrer Kraft, und man sieht sie oft ganz plötzlich ihre Schlingen lockern, sobald der Herzschlag des Beutetiers aufgehört hat. Nicht selten, namentlich bei großen Tieren, scheint ihnen bei dem Würgeakt die Zeit lang zu werden. Sie versuchen dann öfters ]) Darauf will ich ganz besonders aufmerksam machen: Alle Riesenschlangen greifen ausschließlich mit dem Gebiß an, niemals mit Umschlingungen, wie immer geschrieben wird! — 278 durch probeweises Lockern ihrer Schlingen, ob das Tier noch rea¬ giert und zappelt. Ist dies der Fall, so ziehen sie sofort wieder au. Auch die Anzahl der um die Beute gelegten Schlingen ist je nach deren Stärke verschieden. Schwächere Tiere werden namentlich von größeren Schlangen nur mit einer Schlinge und sogar, wenn die Verhältnisse sich dazu eignen, nur durch den Druck des Körpers getötet, große Kaninchen dagegen, die sich heftig sträuben, ganz eingewickelt, so daß oft nur die Hinterbeine aus der Rolle her¬ vorstehen. IV. Etwas über Färbung und Häutung. Schon an den Augen kann man vielen Riesenschlangenarteu ansehen, wessen man sich von ihnen zu versehen hat. Man sieht bei aufmerksamer Beobachtung, daß ebenso wie bei Schildkröten und Krokodilen bei ihnen fast jede Art eine andere Augenfarbe besitzt. Den Taxidermisten und wohl auch den meisten zünftigen Zoologen ist das gänzlich unbekannt. Ich werde von der Irisfärbung der Schildkröten und Krokodile ein anderes Mal sprechen. Was aber die der Riesenschlangen anbelangt, so kann man im Durchschnitt sagen, daß sie in der Regel um so sanftmütiger sind, je dunkler ihre Iris gefärbt ist. Die von Python reticulatus ist braungelb und der Gesichtsausdruck demgemäß seinem Charakter vollständig ent¬ sprechend ein wilder und tückischer. P. molurus hat eine oben hellbraune, unten dunkelbraune, P. sebae eine dunkelbraune, P. regius und spilotes eine sehr dunkelbraune, fast schwarze Iris. Die beiden letzteren sind meines Wissens gar nicht bösartig. Ganz dunkel ist die Iris bei Boa occidentalis , oben hell-, unten dunkelbraun bei P. constridor und madagascariensis , sehr dunkel auch bei Gorallus madagascariensis ; auch unter diesen Arten sind die mit einfarbig dunkler Pupille die sanftmütigsten. Die amerikanischen Corallus- Arten werden durchweg als bissige und bösartige Tiere geschildert. Meine zwei großen Corallus madagascariensis , deren einer 2 m lang war, zeigten durchaus keine Tücke. Das kleinere, etwa lx/2 m lange Exemplar schnappte zwar hie und da, wenn man zu ihm in den Käfig hineingriff, aber ohne zu zielen und ohne die Wut und Bosheit zu zeigen, die P. reticulatus bei dieser Gelegenheit entwickelte. Das große Exemplar war nie bissig. Infolge ihres durch die Färbung der Iris sehr beeinflußten Ge¬ sichtsausdruckes, der — bis auf P. reticiäatus und Corallus — ein entschieden freundlicher, hundeartiger ist, gewinnen die meisten Arten — 279 trotz ihrer Achtung gebietenden Stärke bei allen Personen, die nicht durch Tradition, Erziehung und eigene Beschränktheit zu unerschüt¬ terlichen Schlangenfeinden geworden sind, auch bei solchen, die unsere Nattern durchaus nicht sehr lieben, eine gewisse Zuneigung, ja ich machte die Beobachtung, daß mein 2jähriges Söhuchen, welches eine Ringelnatter nicht berühren wollte, meine Riesenschlangen furchtlos abtätschelte und dieselbe Zuneigung für sie zeigte, wie für die großen Eidechsen der Scincidenfamilie. Ich habe bei den zahlreichen Besuchern meiner kleinen Menagerie bemerkt, daß sie sich weit eher mit den Boiden als mit den Nattern befreunden. Sei es, daß der vorerwähnte, hundeartige Gesichtsaus- druck oder ein klein wenig Eitelkeit — ein so mächtiges Tier be¬ rührt zu haben — oder die äußerst ansprechende Färbung und Zeichnung der meisten Arten das Maßgebende ist, genug, es ist Thatsache, daß namentlich Damen — die, zur Schande unseres Ge¬ schlechtes sei es gesagt, meist weit mehr Mut den Schlangen gegenüber an den Tag legen als die Mäunerwelt — die Scheu vor den Boiden in kürzester Zeit ganz ablegen. Allerdings muß ich bemerken, daß man jeden Menschen, der nicht die innere, einem Dogma gleich festgehaltene Überzeugung hartnäckig festhält, daß alle Reptilien giftige, ekelhafte, nasse und eiskalte, schlüpfrige und schleimige Tiere seien, sehr bald eines Besseren belehren kann, indem man ihn ein solches Tier in der Nähe betrachten läßt. Gar bald ist er dann auch bereit es zu berühren, und wenn er sieht, daß es ihm nichts tbut, daß alle traditionellen Geschichten über diese Tiere falsch sind, so freut er sich seiner Kühnheit und scheidet als Freund der nicht giftigen Reptilien oder wenigstens mit Interesse für und ohne Ab¬ neigung gegen sie. So habe ich es namentlich bei öffentlichen Vor¬ trägen sehr oft gefunden. Natürlich darf der Vorzeigende selbst keine Angst vor den Tieren habeu? denn es macht einen kläglichen und nichts weniger als überzeugenden Eindruck, wenn der, welcher seinen Zuhörern die Harmlosigkeit von Schlangen oder Eidechsen demonstrieren will, es selbst nicht wragt, sich von einer Eidechse beißen oder von einer Natter bezüngeln zu lassen. Ich lege sogar Wert darauf, mich jedesmal von einer — natürlich als vollkommen gesund befundenen — Natter blutig beißen zu lassen. So etwas überzeugt mehr als lange Vorträge. Um nun wieder auf die Färbung zurückzukommen, so ist ja allgemein bekannt, wrelch prachtvollen farbigen, blauen und grün¬ goldigen Schimmer die ohnehin bunte Haut der Boiden frisch nach 280 der Häutung aufweist. Die Schönheit eines solchen frisch gehäuteten Tieres ist einfach unbeschreiblich und entlockt auch dem, der sich für Schlangen durchaus nicht interessiert, Ausrufe der Bewunderung. Am schönsten erschienen mir immer Python reticulatus , Boa con- strictor und maäagascariensis ; hier ist dieser Schimmer am stärksten. Noch blendender aber soll die Farbenpracht bei Epicrates cenchris (wie Queich in »The Boa Constrictors of British Guiana« *) erzählt) sein. Ein Farbenwechsel fehlt den Boideu, wie wohl allen Schlangen, was hier besonders hervorgehoben werden mag, weil mitunter sogar noch in den besten Lehrbüchern der Zoologie sich die Angabe eines Farben Wechsels bei grünen Baumschlangen findet, was gänzlich falsch und auf die jedem Pfleger von JDryophis bekannte Erscheinung zu¬ rückzuführen ist, daß während des Verschlingens eines Beutetieres die weiß- und schwarzgefleckte Verbindungshaut zwischen den grünen Schuppen zum Vorschein kommt. Die Zwischenräume zwischen den einzelnen Häutungen betragen durchschnittlich einen Monat bis sechs Wochen, doch kommen einer¬ seits Zwischenräume von nur 25 Tagen, anderseits solche von mehreren (bis fünf) Monaten vor, ohne abnorm zu sein. Krankhaft ist es aber, wenn sich Exemplare nicht nur in Zwischenräumen von zwei bis drei Wochen häuten, sondern solche geringen Zwischenräume mehr¬ mals aufeinanderfolgen, wie ich es unter Boiden bei einer kleinen Boa maäagascariensis , unter Colubriden bei Coltiber guttatus und Coronella triangulum je einmal beobachtet habe. Ebenso unnatürlich, aber überaus selten sind Zwischenräume von über sechs Monaten zwischen zwei aufeinander folgenden Häutungen* 2). Wasserliebende Schlangen häuten sich öfter (etwa 5 — 6 mal im Jahr), solche aus trockenen Gebieten seltener (2 — 8 mal ; z. B. die Eryx- Arten). Dabei bildet aber der Wassermangel bei letzteren Schlangen durchaus kein Hin¬ dernis für eine vollständige, in einem Stück verlaufende Häutung; nur das Fehlen passender Einrichtungen zum Abstreifen der Haut bringt es mit sich, daß die Ablösung der Haut lange dauert und in kleinen Fetzen vor sich geht. Daß die Arten, die überhaupt ins Wasser gehen, vor der Häutung gerne baden und daß alle in den letzten Tagen vorher meist nichts fressen, nachher aber erhöhten Appetit zeigen, ist allgemein bekannt. Bemerkenswert ist es, daß bei manchen Schlangen dieser Familie zwei Häutungsminima auftreten, indem J) Ann. Mag. Nat. Hist. 1898 (7) I. 2) Hierbei kann es Vorkommen, daß zwei Häutungen auf einmal absolviert werden, so daß eine doppelte Haut abgestreift wird (bei P. regius beobachtet). 281 zweimal im Jahre, und zwar zu ganz bestimmten Jahreszeiten die Häutungen regelmäßig außergewöhnlich weit auseinanderliegen und auch der Appetit sich vermindert (Januar bis April; Hochsommer)- Y. Pflege der Boi den. — Krankheiten. Die Boiden sind im allgemeinen, wenn man gesunde Tiere be¬ kommt, leicht zu halten und machen weniger Mühe als andere Reptilien, Krokodile und Schildkröten etwa ausgenommen. Was den Ankauf anbelangt, so ist die Zeit von Mitte Oktober bis Mitte April für die Versendung sehr ungeeignet, am meisten natürlich die Wintermonate Dezember, Januar und Februar. Läßt man sich solche Schlangen um diese Zeit kommen, so riskiert man, daß sie mit Mundfäule behaftet oder erfroren eintreffen. Die auge- kommenen Tiere bade man sofort in lauwarmem Wasser, lasse sie trinken und sehe dabei zu, ob sich im Rachen keine Spur der furcht¬ baren Mundfäule zeigt. Eine Schlange, die auch nur die geringsten Spuren dieser Krankheit aufweist, ist unrettbar verloren, und schon am nächsten Tage ist, wenn man auch sofort den weißen Belag entfernt und den Rachen antiseptisch behandelt, oft schon die ganze Rachenhöhle mit weißen käseartigen Massen erfüllt. Trinkt die Schlange aber ohne auffallende Erscheinungen, züngelt sie, bläht sie weder die Kehlhaut auf, noch stellt sie ihren Vorder¬ körper senkrecht an die Käfigwand, sondern bewegt sie sich lebhaft im Käfig herum und rollt sich schließlich zusammen, so hat man Grund zur Annahme, ein gesundes Tier erhalten zu haben. Sie am selben Tage zu füttern, hat wenig Aussicht auf Erfolg. Aber schon am nächsten Tage kann sie sich zum Fressen bequemen. Python en sucht man mit Kaninchen, Boas und P. reticulatus mit Tauben, Boa constrictor, Python regius und spilotes mit Meerschwein¬ chen zum Aufgeben ihrer Enthaltsamkeit zu bewegen. Gar zu lange soll man nicht damit warten sie zu füttern, und sind sie nach der ersten Häutung nicht geneigt zu fressen, so schwindet die Aussicht, sie noch dazu zu bringen, rapid. Es ist eine verbreitete, aber grundfalsche Ansicht, daß sich eine Schlange durch Hunger zur Nahrungsannahme zwingen lasse. Nichts weniger als das. Wenn ihr die Einrichtung ihres Käfigs, die Temperatur u. s. w. gefällt, so wartet sie gar nicht so lange, bis ihr der Magen kracht, und in den meisten Fällen frißt sie, sobald sie etwas ihr Zusagendes bekommt. Schlangen, die mehrere Häutungen in der Gefangenschaft durchgemacht haben, ohne darauf Appetit zu Zoolog. Gart;, Jahrg. XLT. 1900. 19 — 282 — bekommen, sind in der Regel auch bei vollkommener Gesundheit als verloren zu betrachten. Auch Exemplare, die man von anderen Liebhabern gekauft hat, nehmen oft in ihrer neuen Behausung nur anfänglich oder gar nie Nahrung zu sich. Ich ziehe direkt importierte, vom Händler in Hamburg gekaufte Riesenschlangen den aus zweiter Hand gekauften unbedingt vor. Die frisch angekommenen Schlangen, die auf der Reise nicht gerade das beste Leben hatten, finden beim Händler zum mindesten einen warmen Stall und Wasser und beginnen wieder auf¬ zuleben ; und wenn man sie dann bekommt und sie noch gesund sind, wird man seines Kaufes meist froh sein. Sind die Tiere aber schon einmal irgendwo eingewöhnt, so fällt es ihnen schwer, sich wieder in einem anderen Käfig mit anderer Temperatur etc. einzuleben, und sie gehen dann bald zu Grunde. Derartige Erfahrungen habe ich mit verschie¬ denen, durchweg gesunden, vom »Vivarium« in Wien teils direkt, teils aus zweiter Hand erworbenen Schlangen ausnahmslos gemacht, während die von Fockeimann, Stüve, Umlauff und Breitwieser in Hamburg ge¬ kauften Tiere den Grundstock meiner lebenden Boidensammlung bilden. Hat man nun eine derartige Schlange einmal zum Fressen gebracht, so ist bei den meisten die weitere Mühe nicht gar groß. Häufiges Baden bei denen, die ein Bad lieben, möglichste Reinhaltung des Käfigs und Reinigung der Luft darin durch fleißiges Ventilieren ist die Hauptsache. Was die Reinhaltung des Käfigs aubelangt, so ist dies gerade keiue leichte Sache ; denn an Exkrementen leisten die Tiere das unmöglichste. Es ist daher ganz undenkbar, den Boden des Käfigs etwa mit Kies zu belegen, wenn man nicht gerade Be¬ sitzer einer sehr nahe gelegenen Kiesgrube ist. Wenn auch das Herbei“ schaffen der nötigen Quantität von Kiessand noch nicht das schlimmste ist, so wird der eifrigste Pfleger das Fortschaffen der unbrauchbaren Kieselsteine oder gar das Waschen derselben alle 14 Tage bald satt bekommen. Ich habe daher den Boden mit grobem, grauem Lösch¬ papier belegt, das bei der Reinigung des Terrariums an den Zipfeln zusammengenommen und samt den daraufliegenden Hautresten und Exkrementen verbrannt oder sonstwie expediert wird. Die ganze Manipulation inklusive Scheibenputzen dauert dann nur eine Stunde, und das Terrarium ist wieder sauber, sehr zum Behagen der Tiere, die die Schweinerei durchaus nicht lieben1). Da das Löschpapier sehr leicht brüchig wird, so habe ich jetzt grobe Packleinwand auf dem Boden des Käfigs ausgespannt, die sich bei geringer Ver¬ unreinigung leicht abbürsten, bei stärkerer waschen läßt. 283 Um eine gleichzeitige Fütterung und dadurch den dann eben¬ falls ziemlich gleichzeitigen Abgang der Fäcalien zu ermöglichen, läßt man die gesündesten und hungrigsten Exemplare so lange warten, bis auch die übrigen Appetit haben. Dann aber füttere man zuerst die hungrigsten nach einander satt, so daß die Futter¬ tiere für die weniger »scharfen« von den ersteren unbehelligt bleiben und von letzteren im Laufe der Nacht verzehrt werden können. Im allgemeinen ist es nicht möglich, bei gemeinsamer Haltung mehrerer Exemplare dem einen gerade dies oder jenes Futtertier zukommen zu lassen. Eine kleinere Schlange frißt oft ein großes, für eine größere Schlange bestimmtes Kaninchen, oder es verzehrt eine die ganze Ration, die für mehrere bestimmt war. Ebenso soll man immer nur ein Futtertier auf einmal ins Terrarium geben, da die Schlangen sonst alle abwürgen, aber nur eins, ja manchmal sogar gar keines fressen. Erst wenn ein Futtertier verzehrt ist, gebe man ein anderes in den Käfig. Raufereien habe ich nur selten beobachtet; ich pflege sie, wenn sie Vorkommen, durch tüchtige Klapse und Püffe zu schlichten , da die anderen Schlangen da¬ durch sehr beunruhigt werden und die ganze Fütterung ein schlechtes Ende nimmt, indem auch die bereits im Verzehren ihrer Beute begriffenen Schlangen diese im Stiche lassen und nicht mehr anrühren. Es ist natürlich zu vermeiden, die Püffe und Klapse zu grob ausfallen zu lassen. Derartige Liebkosungen mit Stiefelabsätzen, Besenstielen und ähnlichen rippenbrechenden Medien, wie sie von den meisten Riesenschlangenwärtern zum Erstaunen des Publi¬ kums, zur »Aufmunterung« der Schlangen und zur Freude der Händler, die immer wieder frisches Material an Stelle der zu Tode »ermunterten« Schlangen liefern können, appliciert werden, wird ein rechtschaffener und tierfreundlicher Schlangenpfleger sich nie zu schulden kommen lassen , umsomehr als diese Wärterpüffe doch immer einer geheimen Furcht vor den Tieren entspringen, einer Augst, die den großen Exemplaren gegenüber ja begreiflich wäre, wenn nicht diese Püffe immer den kleinen gegeben würden. Man sieht es den Tieren sofort an, wie sie behandelt werden. Im »Vi¬ varium« wurde von den früheren Wärtern schauderhaft gewirtschaftet. Eine Boa constrictor , die ich von dort erhielt und skelettieren ließ, hatte über die Hälfte ihrer Rippen gebrochen und sie an den Bruch¬ stellen notdürftig wieder durch frische Knochenmasse zusammen¬ geheilt. Jetzt ist ’s besser ; unter den relativ wenigen Exemplaren, 284 die noch im Vivarium leben, sind kaum kranke, da der jetzige Wärter St. Ranner sehr für die Tiere sorgt. Was die Krankheiten der Boiden anbelangt, so ist es merk¬ würdig, daß die den Nattern so verderbliche Mundfäule relativ selten und nur bei gewissen Arten vorkommt, diese aber allerdings regel¬ mäßig befällt. Ich beobachtete sie bei je einem Exemplar von Python sebae und regius , bei drei P. spilotes und drei Boa maäagascariensis , bei einem Eryx conicus und einigen E. jaculus. Heilung ist ganz ausgeschlossen, und da die Tiere furchtbar leiden, so ist es am besten, sie baldigst in W7eingeist zn stecken. Viel häufiger sind Lungenkrankheiten infolge von Erkältung, und auch bei ihnen ist nicht viel Hoffnung. Ich fand bei der Sektion solcher Tiere eine kaum merkliche Veränderung der inneren Organe. Bei Corcdlus und 1 ha maäagascariensis hatte ich Gelegenheit durch Lignosulfit-Inhalationen die Krankheit wenigstens zu mildern — eine Heilung konnte ich nicht erzielen. An Entkräftung durch langes Hungern ging mir je ein Python reticulatus , P. sebae und Boa constrictor zu Grunde ; an einem Abscess am Auge ein P. molurus. Im allgemeinen habe ich gefunden, daß Boiden weit weniger zu Krankheiten neigen als Colubriden. Sie vertragen trotz ihrer meist tropischen Provenienz mehr als die gemeinsten einheimischen Arten. Die Mundfäule setzt allerdings manchen Arten, wie Python spilotes und Boa maäagascariensis , furchtbar zu. Die Entwicklung dieser schrecklichen Krankheit geht mit außerordentlicher Schnelligkeit vor sich. Vierundzwanzig Stunden, nachdem man die ersten Spuren der weißen Massen am Zahnfleisch gefunden hat, — - Massen von Steck¬ nadelkopfgröße, die sich leicht abpinseln lassen, - — kann schon der ganze Rachen dick mit dieser käsigen Masse erfüllt sein. In abermals 24 Stunden läßt sich dieser Belag nicht mehr ohne Blutung ent¬ fernen, und wenn der Tod nicht früher eintritt, so verwandelt sich das ganze Zahnfleisch, ja die ganze Mundschleimhaut in eine weiße, zähe, faserige Masse, die absolut nicht mehr operativ entfernt werden kann. Die Krankheit ergreift auch Luft- und Speiseröhre; namentlich an ersterer bilden sich bis fingernagelgroße weiße Wülste. Ich habe alle erdenklichen Gegenmittel angewandt, aber dabei gefunden, daß die Schlangen infolge der heftigen Gegenwehr, die sie dem Brennen oder Atzen entgegensetzen, wobei man sie mit aller Kraft festhalten muß und ihnen nicht selten schwere innere Verletzungen beibringt, 285 eher zu Grunde gingen, als wenn man sie einfach in Ruhe ließ. Die Procedur ist auch darum nicht ungefährlich, weil man bei einer jähen, unvermuteten Beweguug des Tieres sich leicht an den Zähnen ritzen und durch die Aufnahme der zersetzten (oft penetrant riechenden) Mundschleimhaut eine Blutvergiftung zuzieheu kann. Also — Um¬ bringen ist hier das beste. Lungenkrankheiten, wie sie durch das Trinken kalten Wassers, durch raschen Temperatur Wechsel entstehen, kommen bei mir jetzt nicht mehr vor. Meine Schlangen bekommen ebensowenig kaltes Trinkwasser wie meine anderen Reptilien, und sie sind durch hohe Temperatur im Terrarium nicht verwöhnt. Manche Ausreißer haben ohne Schaden das Terrarium verlassen und sich im Zimmer, das mir bei 12 0 R. zum Arbeiten nicht zu kalt ist, häuslich niedergelassen. An meiner kleinen Assala habe ich übrigens die Kletterfertigkeit bei dieser Gelegenheit bewundert. Der Käfig ist etwa 1 m hoch, wovon das oberste Drittel auf das Dach entfällt. Da die ganze Schlange nicht über 1 1/2 m lang ist, so muß sie 2/ 3 ihres Körpers senkrecht aufrichten, um mit dem Kopf den leicht aufliegenden Deckel der Ventilation aufstoßen und sich mit ihm am Rande so festhalten zu können, daß das Nachziehen des schweren Körpers möglich ist. Trotzdem gelingt ihr das Kunststück jedesmal, so oft ich die Venti¬ lationsklappe abends offen lasse. Bei Tage thut sie es nie. Man kann Riesenschlangen mit Nattern ohne weiteres zusam¬ mensperren ; man wird aber wenig Freude an den letzteren erleben. Sie fühlen sich nicht wohl bei ihren riesigen Verwandten, sehen auch neben deren Farbenpracht recht unscheinbar aus. Dagegen vertragen sich Riesenschlangen und Riesenechsen (Ti- liqua und Trachysaurus) vortrefflich miteinander. Aber letztere müssen eben auch größere Exemplare sein ; kleine werden sicher er¬ drückt. Noch etwas über die weitere Einrichtung. Ein Kletterbaum ist den Boiden nicht unwillkommen. Aber ich möchte nicht behaupten, daß sie ihn nicht ganz entbehren könnten. Er muß jedenfalls der Größe und Schwere der Schlangen entsprechen und fest stehen, damit er nicht im Falle die Scheiben zerschlägt. Am liebsten von ihnen allen klettert Python spilotes. Das ist eine echte Baumschlange, die überall so hoch steigt, als es ihr möglich ist. Wenn eine im Zimmer freigekommen ist, so braucht man nicht am Boden unter den Schränken zu suchen; im Gegenteil, mein kleinstes Exemplar habe ich zwei- oder dreimal hoch oben am Fensterrahmen und einmal 286 — auf einer an der glatten Wand aufgehängten Schmetterlingsschachtel gefunden. Aber klettern können auch die anderen alle; nur thun sie’s nicht so gerne. Meine Frau fand einmal in einer Hutschachtel, die hoch oben auf einem meiner hohen Wandschränke stand, einen lebenden, gesunden Eryx jaculus, der mir schon ein halbes Jahr gefehlt hatte. Der Eryx hat sich natürlich weit mehr geplagt da hinauf zu kom¬ men, als die kleine Diamantschlange. Wer es thun kann, der schaffe sich die Boiden immer paarweise, und zwar in gleicher Größe an. Ich glaube, daß keine Schlange in Gefangenschaft sich so leicht paart wie sie, und daß sie auch zu Kreuzungen eher geneigt sind als andere Reptilien. Auch scheint die Entwicklung der Eier und die Aufzucht der Jungen (letzteres wegen deren Größe, die schon den frisch ausgeschlüpften Jungen gestattet Mäuse zu verschlingen) bei den größeren Boiden geringere Schwie¬ rigkeiten zu machen als bei den anderen Schlangen. Sehr bedauert habe ich es, daß ein mir von Herrn Reichelt gesandtes trächtiges $ von Üngalia semicincta tot in Wien ankam. Das (f hatte ich fast 9 Monate, und es ging nur infolge eines Unfalles zu Grunde. Wenn in Privatkreisen die Haltung lebender Riesenschlangen von geringerer Größe (nicht über 2^2 Meter Länge) nicht weitere Verbreitung gewinnt, trotzdem viele meiner reptilfreundlicheu Be¬ kannten sich gerne ein solches Tier kaufen würden, so hat dies seinen Grund in verschiedenen Hindernissen, die allerdings größer scheinen als sie sind. Vor allem die Heizung. Für Boiden ist eine konstante Heizung allerdings wichtig. Aber ich muß gestehen, daß meine Erfolge in einem alten schmiedeeisernen, unpraktischen Terrarium, das anfangs gar nur mit einem Olnachtlichtlein geheizt wurde, sich durchaus nicht ungünstig von denen unterscheiden, die ich im neuen Holzhause mit Mikrogasbrenner erziele; d. h. manche haben im alten schlecht geheizten Käfig gut gefressen, und manche haben im neuen, gut geheizten zu fressen aufgehört. Manche Arten machen eiuem wirklich viel Kopfzerbrechen. Wer sich auf Python molurus be¬ schränkt, der wird sicher seine Freude daran haben. Der zweite Übelstand ist der, daß man, wie schon erwähnt, größere Boiden mit Nattern nicht gut zusammensperren kann ; mau muß sie wohl getrennt halten, wenn man auch nur ein einziges Exemplar hat. Der dritte mißliche Umstand ist, daß die Tiere unleugbar viel Platz brauchen ; absolut, nicht relativ, denn wenn man sich fünf 287 Nattern von der Größe meiner gegenwärtigen fünf Riesenschlangen vorstellt — ja nur von der Länge, denn so dicke Nattern giebt es nicht — so wird mau sich sagen müssen, daß sie in demselben Raum nicht leben könnten. Also die Tiere brauchen Platz, ein Käfig vom Inhalte eines Kubikmeters ist nicht zuviel für eine Anzahl von etwa 2 m langen Exemplaren; es bleibt daun ziemlich gleich, ob diese Anzahl eins oder fünf ist. Je größer das Terrarium ist, desto eher kann mau etwas für seine Ausschmückung thun, Blattpflanzen hineinstellen u. dergl. Schließlich fürchtet mau auch vielfach die Bösartigkeit der Tiere. Aber wem es nur darum zu thun ist, eine beliebige Riesenschlange im Terrarium zu halten, der wird sich bald helfen können, indem er sich eine der gutmütigeren — und noch dazu billigeren — Arten aussucht. Im Durchschnitt wird man von Boiden viel, viel weniger gebissen als von Nattern. Gegen das- Gebissenwerden, während man im Käfig manipuliert, hilft ein Tuch, das man den als bissig er¬ kannten Exemplaren über den Kopf breitet. Ich halte für den ernstlichsten Einwand gegen die Haltung von Riesenschlangen im Terrarium — den Kostenpunkt. Obwohl die Tiere selten über 50 Mark kosten1), so machen doch die Fütterungs- und Heizungskosten und die Anschaffung und Instandhaltung des Käfigs eine erkleckliche Summe aus. Es giebt ja viele weniger schöne, weniger ansehnliche und weit hinfälligere Reptilien, aber das Drum uud Drau ist kostspieliger, und die Verstimmung über die Erkrankung einer früher tadellosen Schlange ist ärger als man sie sonst spürt. Drum — so schön die Tiere sind, wenn mein jetziger Bestand ausgestorben ist, bleibt ’s dabei ; nicht etwa, weil nichts mehr daran zu beobachten wäre, sondern weil man wenig ungetrübte Freude an ihnen erlebt. Jahresbericht über den Zoologischen Garten in Hamburg 1899. Dem vom Vorstände und Direktor des Hamburger Zoologischen Gartens, Herrn Dr. Heinrich Bolau, erstatteten Jahresberichte entnehmen wir die folgenden Angaben : Die Betriebseinnahmen unseres Zoologischen Gartens beliefen sich im vergangenen Jahre 1899 auf M. 809 174.96. Sie sind unter Berücksichtigung, 0 Python regius 80—60, spilotes 40 — 70, reticulatus 50—60, sebae 25 — 50, molurus 25; Boa constrictor 30, madagascariensis 40, occidentalis 50; Corallus madagascariensis 30 ; von ihnen kommen nur P. spilotes , sebae, molurus und Boa constrictor einigermaßen regelmäßig und in geeigneter Größe in den Handel. 288 daß in diesem Jahre die Pacht für den Panoramaplatz fortfiel, die nicht einen wirklichen, sondern nur einen Buchungswert bedeutete, gegen die des Vorjahres um M. 12 377.80 zurückgeblieben, eine Schwankung, die in einem Betriebe, wie dem unsrigen, zu den nicht ungewöhnlichen gehört. Die Einnahmen an Eintrittsgeldern zum Garten und Aquarium waren um M. 15 685.23 kleiner als im Jahre 1898, was in erster Linie der ungünstigen Witterung der Spätsommermonate zuzuschreiben ist. Alle übrigen Einnahmeposten erhielten sich auf der Höhe des Vorjahres oder überschritten sie. Unsere Betriebsausgaben betrugen M. 243 408.55 gegen M. 240 259.51 im Jahre 1898 und waren mithin M. 3 149.04 höher als im Vorjahre. Für Konzerte und Festbeleuchtungen haben wir M. 2804.93 mehr aufgewandt als im Jahre 1898, während wir an Zinsen durch den Wegfall der Erlangerschen Anleihe und die Abnahme der Zinsen für unsere Prioritäts-Obligationen M. 3976.18 weniger zu zahlen hatten. Die übrigen Ausgabeposten unterlagen geringeren Schwankungen. Unserer Pensiöns- und unserer Krankenkasse haben wir die üblichen Beträge zuge¬ führt. Das Konzert zum Besten der Pensionskasse litt unter der Ungunst der Witterung, es brachte aber immerhin noch eine Einnahme von M. 1442. — ; außer¬ dem gingen bei der Gelegenheit für diese Kasse verschiedene Geschenke im Ge¬ samtbeträge von M. 304.50 ein. Auf Gebäude-Konto sind M. 12 178.85 in Zugang gekommen, darunter als Hauptbetrag die Summe von M. 10 798.85 für die Her¬ stellung eines neuen Kassengebäudes und vergrößerter Eingangspforten am oberen Garteneingange, Änderungen und Verbesserungen, die durch den von Jahr zu Jahr steigenden Verkehr gerade an diesem Eingänge notwendig geworden waren. Die gründliche Aufbesserung der Wege unseres Gartens haben wir im abgelaufenen Jahre fortgesetzt. Die Abschreibungen, die wir dieses Mal wieder fcin üblicher Weise vorgenommen haben, geben zu Bemerkungen keinen Anlaß. Gegen Zahlung von Eintrittsgeld besuchten den Garten im Jahre 1899 359 251 Erwachsene und 106 329 Kinder, zusammen 465 580 Personen gegen 539 550 im Jahre 1898, mithin 73 970 Personen weniger als im Vorjahre; davon an Tagen mit ermaß igtemE in trittsgeld im Jahre 1899 302 203 Erwachsene und 88 889 Kinder, zusammen 391 092 Personen gegen 448 666 im Jahre 1898, mithin 57 574 Personen weniger als im Vorjahre. Das Aquarium besuchten im Jahre 1899 32 827 Personen gegen 32 411 im Jahre 1898, mithin 416 Personen mehr als im Vorjahre. Die besuchtesten Tage im verflossenen Jahre waren Pfingstmontag^ der 22. Mai, mit 37 084 Personen und Sonntag, der 3. September, mit 27 027 Personen. Unentgeltlicher Besuch wurde gewährt 2009 Lehrern und 67 655 Kindern hiesiger Volksschulen und Zöglingen mildthätiger Anstalten. Ende Dezember 1899 war der Tierbestand wie folgt zusammengesetzt: 71 Affen, Primates L . in 24 Arten, 4 Flattertiere, Chiroptera Blmb . » 3 » 6 Insektenfresser, Insectivora Blmb. ...... 3 » 52 Nagetiere, Bodentia Vicq. d’Az . »24 » 8 Halbaffen, Prosimae 111 . » 5 » 135 Kaubtiere, Carnivora Cuv . »65 » Transp. 276 Säugetiere in 124 Arten. 289 >. 276 Säugetiere . 124 Arten. 2 Robben, Pinnipedia 111 . . » 1 2 Rüsseltiere, Proboscidea 111 . 1 » 148 Paarzeher, Artiodactyla Ow . . » 58 » 5 Unpaarzeher, Perissodactyla Ow . . » 4 » 8 Zahnarme, Bruta L . 2 27 Beuteltiere, Marsupialia 111 . 16 468 Säugetiere . 206 Arten. 142 Papageien, Psittaci Sund . 65 Arten, 19 Kuckucks vögel Coccygomorphae Huxl. . , . . » 16 » 7 Spechte, Pici Sundv . 5 » 611 Singvögel, Passeres Nitzsch . » 220 » 96 Raubvögel, Raptatores 111 . 56 » 57 Tauben, Gyrantes Bp . 21 86 Hühnervögel, Rasores 111 . 44 » 8 Laufvögel, Brevipennes Dum . 4 » 94 Watvögel, Grallae Bp . 30 » 45 Storchvögel, Ciconiae Bp . 28 516 Entenvögel, Lamellirostres Cuv . . » 46 14 Ruderfüßer, Steganopodes 111 . 8 » 53 Langflügler, Longipennes Cuv . » 11 » 1 Taucher, Urinatores Cuv . 1 1749 Vögel . 555 Arten. 109 Schildkröten, Chelonia Brgn . 32 Arten, 27 Krokodile, Crocodilia Opp. . . 6 » 19 Schlangen, Ophidia Brgn . . » 9 32 Eidechsen, Sauria Brgn . 13 187 Reptilien . 60 Arten. Gesamtbestand an Säugetieren, Vögeln und Reptilien Ende 1899 demnach 2404 Tiere in 821 Arten. Angekauft wurden im Jahre 1899 76 Säugetiere, 429 Vögel und 59 Reptilien und Lurche für zusammen M. 20 903.28. Unter diesen Ankäufen sind als wissenschaftlich oder sonst besonders wertvoll hervorzuheben: 1 Großer Bärenpavian, Cynocephalus porcarius Bodd., 1 Somalilöwin, Felis leo L., 1 Silberlöwe, Felis eoncolor L., 2 Jaguare, Felis onca L., 1 Vielfraß, Gulo borealis Nilss., *1 Paar Grisslybären, Ursus horribilis Ord., *1 Paar Vier¬ horn-Antilopen, Tetraceros quadricornis Blainv., 1 Weißschwanz- Gnu, Connochaetes gnu Zimm., 1 Paar Säbelantilopen, Oryx leucoryx Pall., *1 Addax-Antilope Addax nasomaculatus Licht., 1 Paar Lamas, Auchenia lama Brdt., 1 Ameisen¬ igel, Fchidna hystrix Cuv. ; *2 Helmkakadus, CalyptorhyncJius galeatus Lath., 1 Panama-Amazone, Chrysotis panamensis Cab., *1 Weißbauchdrossel, Turdus leucomelas Vieill., *1 Wedel-Fächerschwanz, Rhipidarct tricolor Vieill., 1 Harpyen- adler, Heteroaetus melanoleucus Daud., *2 Gelbhals-Frankolinhühner, Pternistes leucoscepus Gr., 1 Paar Temmincksfasanen, Ceriornis temmincki Gr., 1 Helmkasuar, 290 Casuarius galeatus Vieill., 1 Weißwangen-Hirtenvogel, Glmuna derbiana Gr., *2 Weißflügel-Seeschwalben, Sterna leucoptera Meisn. Schnz.j *1 Tölpel, Sula sula L.; 2 Elefanten-Schildkröten, Testudo elephantina Gntlir. An Geschenken erhielt unser Garten 145 Säugetiere, 317 Vögel und 119 Reptilien und Lurche im Werte von M. 8617. — . Die wertvollsten und wissen¬ schaftlich interessantesten unter diesen Tieren sind: 1 Weißnacken-Meerkatze, Cercopithecus aethiops L., 7 Mangabeys, C. fuligi- nosus Geoffr., 2 Hundspaviane, Cynocephalus anubis Cuv., 1 Tothaffe, C. totli Oglb., *2 Sumatra-Makaken,1) Macacus aureus Is. Geoffr., 1 Malayen-Flatterhund, Pteropus edulis Geoffr., 1 Südafrikanisches Stachelschwein, Hystrix africae-australis Ptrs., 1 Silberlöwe, Felis concolor L., 1 Pampaskatze, Felis geoffroyi Gr., 1 Schilfkatze, Felis passerum Sei. var., *1 Paar Amurbären, TJrsus piscator Puch., 5 Zibetli- katzen, Viverra civetta Schreb., 1 Kragenbär, TJrsus tibetanus F. Cuv., 1 Rotes Flußschwein, Potamochoerus penicillatus Schinz, 1 Buschschwein, Potamochoerus africanus Schreb., *1 Paar Berber- Wildschweine, Sus scrofa L. var. barbara , 1 Grauer Riedbock, Cervicapra arundinum Bodd., 1 Reeves Muntjak, Cervulus reevesi Ogilb., 1 Schopfhirsch, Elaphodus michianus Swinh., 1 Isubrahirsch, Cervus luehdorfi Bolau, 1 Borneohirsch, Cervus eguinus Cuv., 2 Borstige Gürteltiere, Dasy- pus villosus Desm., 1 Kaffern-Hornrabe, JBucorvus caffer Schlegl., 1 Magellan-Uliu, Bubo magellanicus Gm., 1 Aguya, Heteroaetus melanoleucus Daud., 3 Schwarzflügel- Gaukler, Helotarsus leuconotus Rüpp., 1 Kronadler, Spizaetus eoronatus L., 1. Borneo¬ fasan, Euplocamus nobilis Sei., 8 Schopfsteißhühner, Tinamotis elegans D’Orb., 4 Großsteißhühner, Bhynchotus rufescens Temm., 2 Amerikanische Strauße (Nandus), Bhea americana Vieill., 1 Jabiru, Myeteria americana L., *1 Kehlreiher, Ardea gularis Bose, 2 Graukopfgänse, Brenthus poliocephalus Kng., *1 Tölpel, Sula sula L., .*1 Dickschnabelmöve, Larus hemprichi Bruch, 2 Wasserboas, Boa murina L., 4 Königsschlangen, Boa constrictor L. Die folgenden Tierarten und Spielarten wurden als n e u zum ersten M a 1 in unserm Zoologischen Garten ausgestellt: a. Säugetiere. Macacus aureus Is. Geoffr., Sumatra-Makak, Cebus albifrons Humb., Weißstirn- Kapuziner, Xerus capensis Kerr, Kap-Erdhörnchen, Arvicola amphibius L., Wühl¬ oder Wasserratte, Dasyprocta punctata Gr., Aguti, TJrsus horrTbilis Ord., Grißly- bär, TJrsus piscator Puch., Amurbär, Dendrohyrax validus True, Baumschliefer, Sus scrofa L. var. barbara, Berber-Wildschwein, Tetraceros quadricornis Blainv., Vierhorn-Antilope, Addax nasomaculatus Lcht., Addax-Antilope, Aepyprymnus rufescens Gr., Känguruhratte, Trichosurus vulpinus Shaw var. alba , weißer Fuchskusu. b. Vögel. Ca lyptorhyn chus galeatus Lath., Helmkakadu, Loriculus indicus Gm., Indischer Blumenpapagei, Trichoglossus caeruleiceps D’Alb., Blaukopflori, Mega- laema virens Bodd., Blaukopf-Bartvogel, Picus viridis L., Grünspecht, Loxia leucoptera Gm., Weißflügel-Kreuzschnabel, AcrocepJialus aquaticus Gm., Binsen- Rohrsänger, Turdus leucomelas Vieill., Weißbauchdrossel, Mimus longicaudatus Tsclid., i) Die mit * Tbezeichneten Tierarten und Spielarten sind neu für den Hamburger Garten. 291 Langschwanz-Drossel, Pomatorhinus rufus L., Sichelspötter, Grallina picata Lath., Drosselstelze, Artamus personatus Gld., Schwalhenstar, Bhipidura tricölor Vieill., Wedel-Fächerschwanz, Lanius major Pall., Großer Würger, Syrnium rufipesKng., Kotfußkauz, Pseudogyps bengalensis Gm., Bengalen- Geier, Haliastur sphenurus Vieill., Seehabicht, Buteo auguralis Salv., Auguren-Bussard, Circaetus cinereus Vieill., Schlangenbussard, Aquila orientalis Cab., Steppenadler, Falco subniger Gr., Schwarzer Australfalk, Francolinus TärTci, Hartl., Kirks Frankolinhuhn, Pternistes leucoscepus Gr., Gelbhals-Frankolinhuhn, Crax panamensis Olgb. Grnt., Panama- Hocko, Penelope jacupeba Spix, Augenbrauen-Penelopehuhn, Nycticorax cayen- nensis Gm., Cayenne-Nachtreiher, Ardea gularis Bose, Kehlreiher, Chen caerulescens L., Blaue Schneegans, Sterna leucoptera Meisn. Schnz., Weißflügel-Seeschwalbe, Larus hemprichi Bruch, Dickschnabelmöwe, Larus serranus , Andenmöwe, Sula sula L. , Tölpel. c. Reptilien. Testudo horsfieldi Gr., Horsfield’s Schildkröte, Testudo leithi Gr., Ägyptische Landschildkröte, Emys blandingi Holbr., Blanding’s Schildkröte, Damonia reevesi Gr., Reeve’s Schildkröte, Trionyx spinifer Lesueur, Stachel- Dreiklaue, Trionyx emoryi Agass., Glattrand-Dreiklaue, Crocodilus cataphr actus Cuv., Langschnauz- Krokodil, Ancistrodon contortrix L., Kupferschlange, Tropidonotus sipedon L., Wasser schlänge, Liopeltis vernalis Dekay, Grasschlange, Futaenia sirtalis L., Streifenschlange, Coelopeltis insignitus DB., Eidechsennatter, Moloch horridus Gr., Moloch. Unsere Tierzuchten sind auch im verflossenen Jahre vom besten Erfolg gekrönt gewesen. Wir zogen 42 Säugetiere und 98 Vögel im Werte von M. 3170.—, unter denen die folgenden besonderer Erwähnung wert sind: 1 Hundspavian, Cyno- cephalus anubis Cuv., 2 Silberlöwen, Felis concolor L., 2 Jaguare, Felis onca L., 1 Brauner Bär, Ursus arctos L., 2 Hirschziegenantilopen, Antilope cervicapra Pall., 1 Sumpfantilope, Tragelaphus gratus Sei., 1 Wasserbüffel, Bubalus herabau Müll., 1 Rentier, Cervus tarandus L., verschiedene andere Hirsche, 1 Kamel, Ca- melus bactrianus L., 2 Riesenkänguruhs, Macropus giganteus Shaw, 1 Schwarz¬ streifenkänguruh, M. dorsalis Gr. und 4 Tüpfelrauhbeutler, Dasyurus maugei Gffr. Durch Verkauf von 59 Säugetieren, 90 Vögeln und 20 Reptilien wurden M. 6690.15 eingenommen, darunter 1981.15 für eigene Zuchten. Die Tierverluste beliefen sich auf M. 12 820.41 gegen M. 13 117.48 im Vorjahre und M. 13 917.96 im Jahre 1897. An wertvolleren Tieren starben 1 Silberlöwe und 1 Silberlöwin, Felis concolor L., bezw. 10 Jahr 9 Monat und 10 Jahr 8 Monat im Garten, 1 Tiger, Felis tigris L., 7 Jahr, 1 Luchs, Felis lynx L., 10 Jahr 2 Monat, 1 Brauner Bär, Ursus arctos L., 16 Jahr 10 Monat, 1 Seelöwe, Otaria gillespei M’Bain, 1 Nylgauantilope, Boselaphus tragocamelus Pall., 8 Jahr 4 Monat, 1 Goral, Nemorhoedus goral Hrdw., 15 Jahr 6 Monat, 1 Doppel-Nashornvogel, Buceros bicornis L., 10 Jahr 4 Monat, 1 Lämmergeier, Gypaetus barbatus L., 20 Jahr 6 Monat, 1 Afrikanischer Strauß, Struthio camelus L., 2 Jahr 11 Monat, 1 Klunkerkranich, Grus carunculata Gm., 3 Jahr 7 Monat bei uns. Durch den Verkauf von toten Tieren, Geweihen, Eiern u. s. w. wurden M. 741.70 gelöst. 292 Per Tierbestand unseres Aquariums war Ende 1899 der folgende : 10 Lurche . in 8 Arten, 235 Fische . . » 23 » 56 Weich- und Gliedertiere . »8 » 332 Stachelhäuter und Hohltiere ...» 14 » zus. 633 Tiere . in 48 Arten. Für den Ankauf von Aquarien- und Terrarientieren wurden M. 2051.53 verausgabt, dagegen durch den Verkauf derartiger Tiere M. 113. — ge¬ löst. Geschenkt wurden Aquarientiere im Werte von M. 335.60. Per Hamburg-Altonaer Verein für Geflügelzucht hat eine Geflügel- und Vogel - Ausstellung in den Tagen vom 29. Juli bis 1. August in üblicher Weise gehalten. Eine völkerkundliche Ausstellung vom 1. bis 25. September, »Indisches Porf von der Insel Singapore«, bot viel des Anziehenden und Belehrenden ; sie litt aber sehr unter der Ungunst der rauhen, kalten Witterung. Vorgreifend auf das jüngst begonnene Jahr erwähnen wir hier noch eines größeren Umbaues an unserem älteren Bestaurations- Gebäude. Wir lassen zur Erweiterung des Weinrestaurants über der vorhandenen Veranda, die etwas verändert und zugleich verbessert wird, einen bedeckten Balkon her- stellen und die mit diesem Teil der Bewirtschaftung zusammenhängenden Pienst- und Nebenräume bedeutend vergrößern. Per neue Balkon soll bereits Ostern in Benutzung genommen werden. Wir sind überzeugt, daß die neuen Einrichtungen den Beifall unserer Besucher finden werden. Abrechnung der Zoologischen Gesellschaft in Hamburg im Jahre 1899. Gewinn- und Verlust-Konto 31. Dezember 1899. Debet. Unkosten : M. Pf. M. Pf. Gehalte an die Beamten . 52 358.42 » » » Tierwärter . 16 565.94 Gratiale und verschiedene Honorare . 2 282.50 Statutengemäßer Beitrag zur Krankenkasse der Angestellten . 599.44 Für den Pensions-Fonds der Angestellten . . . 5 000.— Bureauunkosten . 2 417.92 Annoncen, Plakate nnd Säulenanschlag .... 5875.27 Utensilien, Dienstkleidung u. Inventar-Beparaturen 3 262.54 Futter- und Verpfiegungskosten . 43 790.70 Heizungs- und Beleuchtungskosten . 8 131.55 Bau-Beparaturen und Materialien . 15 003.51 Unterhaltung des Gartens . 21 163.89 Musik- und Illuminationskosten . • 38 723.35 Allgemeine Unkosten (Staatsabgaben, Feuerkassen. beiträge u. s. w.) . 14 650.22 Zinsen für Prioritäts- Obligationen . 13 483.30 243 408 55 Transport 243 408.55 293 M. Pf. Transport Abschreibungen : auf Tier-Konto, laut Inventur . 17 414.75 » Gebäude-Konto, 8°/o von . M. 1 029 585.74 80 887.57 » Inventar-Konto, 10% » » 36 171.49 3 617.15 » Elektrische Beleuchtungs- Anlage-Konto, 15°/o von » 32 579.65 4 886.95 Reingewinn . davon : auf Reservefonds 5°/o . 451.25 zur Auslosung von 8 Familien- Aktien zu M. Beo. 500 = M. 6 000. — 3 » » » » » 375 = » 1 687.50 2 Personen- » » » » 250 = » 750. — g ^ ^ Saldo-Yortrag auf neue Rechnung . 136.25 9 025.- Kr edi t. Saldo-Yortrag aus dem Jahre 1898 . Gewinn : Eintrittsgeld zum Garten . 167 727.59 » zur Tribüne während der Ausstellung des Indischen Dorfes . 857.40 » zum Aquarium ........ 7 765.85 Einnahme für Dauerkarten . 72 723.— Gewinn aus dem Führerverkauf . 1 497.40 Pacht für die Restauration . 53 844.74 Vergütung für Aufstellung zweier automatischer Wagen . 98.36 Vereinnahmte Zinsen für Bankguthaben, Depotgelder, Hausposten und Effekten . 4 660.62 Bilanz Ende Dezember 1899. Aktiva. Norddeutsche Bank, Bankguthaben . Filiale der Dresdner Bank, desgl . Kassa- Konto, Kassenbestand . Depot-Konto . Hausposten-Konto, belegte Hausposten . Effekten-Konto . do. der Krankenkasse . Diverse Debitoren . M. Pf. 243,408.55 56 806.42 9 025.— 309 239.97 65.01 309 174.96 309 239.97 554.15 467.75 2 802.08 50 000.— 80 000.— 9 962.50 13 921.20 1 058.82 Transport 158 766.50 — 294 — M. Pf. M. Pf. Transport 158 766.50 Tier-Konto : Saldo vom 81. Dezember 1898 . 76 756.59 Hinzugekommen im Jahre 1899: Tierankäufe . M. 22 954.76 Prämien für geborene Tiere ...» 420. — Kosten für geschenkte Tiere ...» 212.56 23 587.32 Abgang im Jahre 1899: 100 343 91 Tierverkäufe . . M. 6 808.15 Erlös für tote Tiere, Geweihe, Eieru.a. » 741.70 Abschreibung auf Tierverluste und Wertverminderung laut Inventur » 17 414.75 j- 24 959.60 75 384 31 Gebäude-Konto, Saldo vom 81. Dezember 1898 . . . 1 017 406.89 Hinzugekommen im Jahre 1899 . 12 178.85 Abschreibung 3°/o . v- 1 029 585.74 30 887.57 998 698.17 Inventar-Konto, Saldo vom 31. Dezember 1898 . . . 34 585.97 Hinzugekommen im Jahre 1899 . 1 585.52 Abschreibung 10% . 36171.49 3 617.15 32 554.34 Garten-Konto, Saldo vom 31. Dezember 1898 .... 1.— Elektrische Beleuchtungs-Anlage-Konto : Saldo vom 31. Dezember 1898 . 29 515.35 Hinzugekommen im Jahre 1899 . 3 064.30 Abschreibung 15% . . . . . -f- 32 579.65 4 886.95 27 692.70 Material-Konto : Vorräte am 31. Dezember 1899 an Futterstoffen, Heizungsmaterial, Führern und Bauholz . . . 8 106.62 Passiva. Aktien-Kapital-Konto . 1 301 203.64 826 125. — Aktien- Auslosungs-Konto : ausgeloste, zurückbezahlte Aktien . 88 875. — Reserve-Fonds . 4 766.69 Prioritäts-Anleihe-Konto . 347 000.- im Jahre 1899 ausgelost und zurückbezahlt . . 21 000.— 326 000.— Diverse Kreditoren . . 2 413.60 Zinsen- Vortrag auf 1900: noch zu zahlende Zinsen für Prioritäts-Obligationen 3 440.— Transport 1 251 620.29 295 M. Pf. Transport Kranken-Kasse : Saldo vom 81. Dezember 1898 . 19 442.82 Zinsen, Beiträge der Angestellten und der Gesell¬ schaft, sowie Strafgelder . 1 778.68 21 216.50 Gezahlte Kranken- und Sterbegelder . . . . -f- 1 359.20 Pensions-Fonds : Saldo vom 31. Dezember 1898 . 18 596.71 Geschenke, Zinsen und Dotation . 6 234.34 Ertrag eines Benefiz-Konzertes . 1 442. — 26 273.05 Gezahlte Pensionen . -f- 5 572. — Reingewinn . 1 301 203.64 Bttgr. Kleinere Mitteilungen. Neue Säugetiere V. (Vergl. Zool. Garten 1899 p. 155 u. 356 und 1900 p. 95 u. 229): 20. Von Lovats Baumratte ( Dendromys lovati de Wint., vergl. Zool Garten 1900 p. 229) bringt W. E. de Winton in Proc. Zool. Soc. London 1900 Taf. 10 eine schöne Abbildung. 21. Arabischer Hamadryas (Papio arabicus n. sp., Oldfield Thomas, 1. c. p. 96) aus dem Nordwesten von Aden. Viel kleiner als der Abessynische Hamadryas; Q Kopf und Rumpf 590, Schwanz 410 mm lang. Schultermähne kurz. Hauptfarbe dunkelgrau; Haare auf dem Kopf und in der Mittellinie des Hinterrückens geringelt, schwärzlich mit braungrauem (buffy) Endring, auf den Schläfen, Halsseiten, Schultern und Weichen nicht geringelt, dunkelgrau. Rumpf¬ haare oberhalb der Schwielen mit ausgesprochen rötlichem Anflug. Unter- und Innenseite der Gliedmaßen fast nackt; ihre Oberseite sparsam behaart, die Haare dunkelgrau, nach den Händen und Füßen zu allmählich mit weißlichen und schwarzen Ringen. Schwanz oberseits mit geringelten, unterseits mit einfarbig hellgrauen Haaren, an der Spitze mit einer kleinen schmutzigweißen Quaste. 22. Bedfords Wallaby ( Macropus bedfordi n. sp., Oldfield Thomas, 1. c. p. 112) aus Queensland oder Nord- Australien. In der geringen Größe und in der Schädelbildung übereinstimmend mit M. eugenii Desm., aber verschieden durch ein¬ farbig hellisabellfarbigen, bemerkenswert lang, dicht und reich behaarten Pelz. 23. Jacksons Klippschliefer (Procavia jaclzsoni n. sp., Oldfield Thomas, 1. c. p. 176) aus Ravine Station, Brit. Ost-Afr. Verschieden von Pr. abessynica H. E. durch rauheren, fein grau gesprenkelten, gelblichbraunen Pelz, deutlicher hervortretenden dunkel strohgelben Rückenflecken und schmäleren Schädel. M. Pf. 1 251 620.29 19 857.30 20 701.05 9 025.— 296 24. Mackinders Klippschliefer ( Procavia mackinderi n. sp., Oldfield Thomas, 1. c. p. 176) vom Berg Kenia, Brit. Ost-Afr. Größer und schlanker als die nächstverwandte Pr. jacksoni , Pelz dichter, Rückenhaare länger, Farbe bleicher, hellolivengrau, graulich gesprenkelt, der schwarze Nackenflecken unmittelbar unter¬ halb der Ohren schärfer ausgesprochen. Bttgr. Eingegangene Beiträge. Dr. C. R. H. in G. Besten Dank für Übersendung des Tafelabdrucks. L. B in R., C. G. in M. (Rußland) und Dr. Sch. in J. (Carolinen). Dank für die eingesandten Arbeiten! Bücher und Zeitschriften. Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E. Beck-Corrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. XXIV. Jahrg., 1900, No. 31. D i e g ef i ed erte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber, -Züchter und -Händler in Magdeburg. Begründet von Dr. K. Ruß. Jahrg. 29, 1900, No. 31. Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London. Vol. 96, 1900. No. 2484. The American Journal of Science. Edit. Edw. S. Dana. 4. Ser. Vol. 10. No. 56. New Häven, Conn. 1900. Allgemeiner Bayerischer Tierfreund. Herausg. v. F. Ott. Würzburg 1900, Jahrg. 25, No. 31. N er thus, 111. Wochenschrift f. Pflanzen- u. Blumenfreunde, Aquarien-, Terrarien- u. Vogel¬ liebhaber. Herausg. v. Kriele u. Adolff, Altona-Hamburg, II. Jahrg., 1900, No. 31. Illust r. Zeitschrift f. Entomologie. Herausgeg. v. Dr. Chr. Schröder u. U. Lehmann. Neudamm, 1900, Bd. 5. No. 15. Dr. med. A. Girtanner, Die Alpendohle ( Pyrrhocorax pyrrhocorax L.) in den Schweizer Alpen. — Sep.-Abdr. Gera 1900. 8°. 12 pg., Taf. Dr. med. O. Thilo, Ergänzungen zu meiner Abhandlung „Sperrvorrichtungen im Tier¬ reiche“. — Sep.-Abdr. Erlangen 1900. 8°. 10 pag., 7 Figg. Mem. Mus. Paraense de Hist. Nat. e Ethnogr. No. l : Dr. E. A. G ö 1 d i , Ex- cavaqoes archeologicas em 1895, Parte I. Para (Brazil), Alfr. Silva & Co., 1900. 4°. 46 pag. 4 Taf. Prof. Dr. K. Berg, Termitariophilie. — Sep.-Abdr. Buenos Aires 1900. 8°. 4 pag. Derselbe, Notas sobre los nombres de jalgunos mamiferos sudamericanos. — Sep.-Abdr. Buenos Aires 1900. 8°. 4 pag. Dr. P. Leverkühn: Der Philosophische Bauer oder Anleitung, die Natur durch Beobachtung und Versuche zu erforschen von J. A. Naumann. Neudruck nach der ersten Orig.-Ausg. von 1791. Gera, F. E. Köhler, 1900 .8°. 88 pag. Bibliographie der schwei zerischenLandeskun de. Fauna Helvetica: HeftVd. Fische. Zusammengestellt von Dr. H. Fisoher-Sig wart. Bern, Verlag v. K. J. Wyss, 1900. 8°. 85 pag. — Preis fr. l. De Pluimgraaf. Geillustr. Weekblad voor liefhebbers van Zang-, Sieraad- en Voliere¬ vogels, Pluimvee, Duiven en Konijnen. Herausg. v. C. L. W. Noorduijn. Haarlem, Verlag v. de Erven Loosjes, 1900. 2. Jahrg. No. 32. Blätter f. Aquarien- u. Terrarien-Freunde. Herausg. v. W. Sprenger- Creutzscher Verlag. Magdeburg. Jahrg. 11, 1900, No. 15. Der Weidmann. [Blätter für Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. Dr. J. Müller- Liebenwalde. Bd. 31, 1900. No. 44— 45. Tier-Börse. Zeitung für Tierzucht u. Tierhandel. Herausg. v. Dr. Langmann. Berlin, 14. Jahrg. 1900. No. 32. V ereinsschrift für Forst-, Jagd- und Naturkunde. Herausg. v. Prof. Fr. Croy. Jahrg. 1900-1901, Heft 1. Prag 1900, Verl. d. Böhm. Forstvereins. Beschreibung des zur Fürstl. Liechtenstein’schen Herrschaft Landskron gehörigen Reviers Lichwe. Prag 1900, Verlag d. Böhm. Forstvereins. 8°. 92 pag., Karte. W. Haacke & W. Kuhnert, Das Tierleben der Erde. Berlin, M. Oldenbourg, 1900. Lief. 3—4. — Erscheint in 40 Lief, ä M. 1.— . Zusendungen werden direkt au die Verlagshandlung erbeten. Nachdruck verboten. Druck von Reinhold Mahlau, Fa. Mahlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M. Der Zoologische Garten (Zoologischer Beobachter.) Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere. Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands. Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt. N°* 10. XLI. Jahrgang, Oktober 1900. I ii li a 11. Der Zoologische Garten zu Hannover; von Theod. Knottnerus-Meyer in Gerb- städt (Mansfelder Seekreis) (Schluß). — Der Igel als Geflügelfeind; von Dr. Carl R. Hennicke in Gera (Reuß). — Das Brüten der Hohltaube (Columba oenas) in Gefangenschaft; von Dr. Carl R. Hennicke in Gera. — Mimikry bei südamerikanischen Schildkröten? von Dr. med. Schnee, Kaiserl. Regierungsarzt in Jaluit. — Jahresbericht des Zoologischen Gartens in Basel für 1899. — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. Der Zoologische Garten zu Hannover. Von Theod. Knottnerus-Meyer in Gerbstädt (Mansfelder Seekreis). (Schluß.) Unmittelbar neben der Fasanerie liegt an der anderen Seite des Weges das Straußeubaus. Während das Haus im Inneren wenig Raum hat und nicht heizbar ist — die Afrikaner überwintern im Antilopeohause — , ist es mit schönen, sehr geräumigen Außenkäfigen versehen. Zwei prächtige Hähne des Struthio camelus von der Somali- Rasse, drei Nandus {JRhea americana) und ein Paar Emus (Dromaeus novae - hollandiae) bewohnen das Haus. Von den Nandus ist eine Henne ein Geschenk des Prinzen Hermann von Schaum¬ burg-Lippe, der Hahn und die andere Henne sind geschenkt vom Baron W. Rothschild in Tring (England), dem Besitzer des bekannten Tringer Tierparkes. Die beiden Kasuare sind sehr alte Tiere ; sie befinden sich bereits seit Anfang der achtziger Jahre hier. Ein glücklicher Gedanke der Direktion war es, die Außenkäfige noch durch Besetzen mit weißen und bunten Putern und weißen, buhten und gescheckten Pfauen zu beleben. Wie prächtig kommen hier, sozusagen in der Freiheit, die Pfauen, zumal in der Pracht des Zoolog. Gart., Jahrg. XLI. 1900. 20 298 Hochzeitsgefieders, zur Geltung! Wie traurig ist dagegen der Aublick solch eines prächtigen Vogels iu einem engen Hühner- oder Fasanen¬ käfig! Hoffentlich ahmen auch andere Gärten dieses schöne Beispiel nach. Es ist um so mehr zu empfehlen, da die Tiere sich mit den Straußen gut vertragen und auch leicht zur Brut schreiteu. Die nächsten Nachbarhäuser des Straußenhauses sind zwei aus der älteren Periode des Gartens stammende Gebäude, das Schlaugenhaus und das Haus für kleine Raubtiere. Das Schlangenhaus ist in dem Anfang der neunziger Jahre in geldarmer Zeit erbaut, und,Sparsamkeit kennzeichnet es überall. Aber auch unglaubliche technische Fehler siud gemacht worden. So sind sämtliche Käfige nach dem Publikum hin durch Glas abgeschlossen, aber eine anderweitige Zufuhr frischer Luft in dieselben ist nicht vorhanden. Es fehlt also an jeder Ven¬ tilation. Dazu sind die Käfige mit gröbstem Kies belegt, und der Zuschauerraum ist unglaublich eng und niedrig. Als Mittelkäfig hatte man einen Käfig ohne Ober- oder sonstiges Licht gebaut für menschenähnliche Affen. Als er fertig war, sah man, daß er aus oben erwähntem Grunde und da er der Eingangsthür gerade gegen¬ über liegt, unbrauchbar war. Vor einigen Jahren hat man letzterem Übelstande durch Verglasen des unteren Teiles abgeholfen, ferner durch Aufbrechen der Decke reichlich Oberlicht zugeführt und den Käfig grottenartig umgebaut, mit Bassin versehen und mit einer Anzahl Alligatoren ( Alligator lucius) besetzt. Von Echsen treffen wir hier drei schöne Exemplare des Varanus niloticus. Sie sind Geschenke eines besonderen Gönners, des Kapitäns Bernd t in Dar -es-Salaam. Ferner sind zu nennen der Teju (Tejus teguixin ) und der Scheltopusik (Ophisaurus apus ). Schlangen sind gegenwärtig iu drei Arten, nämlich dem Python sebae ans Afrika, dem indischen P. molurus und der süd amerikanischen Boa constrictor , vertreten. Zwei Tiere der letzteren Art sind geschenkt. Von Schildkröten finden wir Testudo graeca} Emys orbicularis, Chelydra serpentina , Damonia reevesi und Testudo pardalis. Damit ist der Bestand an Reptilien erschöpft; die übrigen Käfige bewohnen Säugetiere. Neben einem prächtigen indischen Riesen -Eichhörnchen und einem Paar höchst fruchtbarer siamesischer Katzen sind besonders bemerkenswert ein Paar Flughuude (Pteropus pselaphon). Bei Früchten, Mohrrüben und dergl. haben sie sich seit einigeu Jahren gesund und munter erhalten trotz ihres verhältnis¬ mäßig engen Käfigs und obwohl ihnen jede Fluggelegenheit fehlt. Die beiden an den kurzen Seiten des Hauses gelegenen Käfige sind 299 mit hübschen Außenkäfigen versehen und für Känguruhs bestimmt. Macropus giganteus uud M. ruficollis , Petrogale penicillata und P. xanthopus bewohnen sie. M. ruficollis hat sich seit Jahren regel¬ mäßig foitgepflanzt. Wir verlassen das Haus mit dem Wunsche, es möge bald an seiner Stelle etwas Besseres erstehen, vielleicht durch Umbau in ein reines Beuteltierhaus, nachdem wir gerade an diesem Hause gesehen haben, wie notwendig es ist, den Bau von Tier¬ häusern nicht dem Architekten zu überlassen, sondern praktische Tiergärtner zuzuziehen. Das unmittelbar neben dem Schlangenhause liegende kleine Raub¬ tierhaus enthält eine Anzahl kleiner, häßlicher Käfige, die nur von vorn Licht erhalten. Einige sind durch Herausnehmen von Zwischen¬ wänden und die Vereinigung zweier Käfige leidlich groß ge¬ worden. Die übrigen bieten ihren meistens doch sehr beweglichen Bewohnern zu wenig Raum. Diese sind sowohl kleine Raubtiere wie Nagetiere, Angehörige zweier Tierklassen, für die es vor allem au würdigen Behausungen fehlt. Sie sind teils hier, teils dort unter¬ gebracht. Neben Felis catus sehen wir hier ein wild eingefangenes, ver¬ wildertes Weibchen der Hauskatze, ferner den Iltis (. Foetorius putorius), das Frettchen ( F '. furo)f unseren Reineke (Canis vulpes ), den Polarfuchs ( G . lagopus), den gemeinen Nasenbären ( Nasua narica) und von Insektenfressern unseren braven Igel ( Frinaceus europaeus). Von Nagern hat man hier untergebracht bis zur holfentlich baldigen Fertigstellung einer hübschen Anlage für alle Nagetiere ein PaarAgutis (Dasyprocta azarae ), ein Paar Alpeumurmeltiere (Arctomys mar - motta) und mehrere Präriehunde (Cynomys ludovicianus) . Für diese letzteren drolligen Tierchen wäre den Sommer über ein geräumiger Grabe- und Tummelplatz erwünscht. Das ewig geschäftige Leben und Treiben dieser niedlichen Nager würde auch manchen nicht gerade tierfreundlichen Menschen anziehen. Nach links uns wendend treten wir vor die Außenkäfige des Antilopenhauses. Um diese schönen, geräumigen Käfige herumgehend und um den Reitplatz herum, auf dem au Konzerttageu Shetland- Ponys Hannovers Jugend spazieren reiten lassen, gelangen wir zum Eingang. Das Haus ist in hellem, weißem Verputz mit gelben Ver¬ blendsteinen im Stile einer Moschee erbaut. Mit bunten Kuppeln und Zinnen versehen, gewährt es einen prächtigen, vornehmen An¬ blick. Es wurde im Anfang der neunziger Jahre eröffnet und ist somit das modernste Haus des Gartens. Treten wir ein, so gelangen — 300 — wir in eine geräumige Halle, deren Mitte ein mit hübschen Pflauzen- gruppen umgebener Springbrunnen bildet, während sich im Halbkreise um ihn die Käfige gruppieren, hinter denen sich der Wärtergang be¬ findet. Um den Springbrunnen aufgestellte Bänke laden zu längerem Verweilen ein und bieten Gelegenheit zu einer ruhigen Betrachtung der Tiere. Die Käfige sind geräumig und reichlich mit Oberlicht versehen. Der einzige Fehler an dem Hause, der hoffentlich auch beseitigt werden wird, ist der, daß die Kuppel über dem Zuschauer¬ raum nicht aus Glas hergestellt ist wie im Berliner Antilopenhause, sondern in Holzkonstruktion. Es fehlt daher dem Zuschauerraum und besonders den dort aufgestellten Pflanzen an Licht. Man sollte überhaupt stets daran denken, daß ein Haus für ausläudische Tiere in unserem Klima, bei unserem so oft bedeckten Himmel niemals zuviel Licht und Sonne erhalten kann, und darnach beim Bau von Tierhäusern handeln. Die Bewohner gehören den Familien der Paarhufer und der Pferde an. Im Winter weilen hier auch, wie schon oben erwähnt, die Afri¬ kanischen Strauße. Unter den Paarhufern erfreut vor allem die hübsche Antilopensammlung. Das Hartebeest (Bubalis caama ), die Schimmel- Antilope (Hippotragus equinus ), die Säbelantilope ( Oryx lencoryx )., der Nylgau (Portax picta ) und die zierliche Hirschziegen¬ antilope (Antilope cervicapra), sowie das Weißschwänzige Guu ( Gonno - chaetes gnu) vertreten die anmutige Familie der Antilopen. Die Gnus wie die Hirschziegenantilopen haben sich hier im Garten fortgeflanzt. Ein schöner alter Bock von Connochaetes tau - rinus, lange Jahre der älteste Bewohner des Hauses, ist erst kürzlich eingegangen. Dromedare (Camelus dromedarius), sowie Trampeltiere (C. bactrianus) sind in schönen Paaren vertreten. Leider ist die Stute von G. bactrianus , nachdem sie zweimal im Garten geboren hatte, im Wochenbette eingegangeu. An ihre Stelle ist jetzt ein wahrhaft kolossales Tier getreten, das auf eine ruhmreiche Laufbahn als Mitglied einer herumziehenden Künstlerbande zurückblicken kann. Hoffentlich wird auch dieses Tier recht bald glückliche Mutter. Die nächsten Verwandten der Kamele, die Lamas, die, wie schon erwähnt, sehr richtig jetzt auch im Antilopenhanse untergebracht sind, sind in drei Arten vertreten, dem wilden Lama (Auchenia huanaco ), seinem domestizierten Verwandten A. lama und dem bekannten Wolle¬ lieferanten A. pacos. A. lama und A. huanaco haben sich wieder¬ holt fortgepflauzt. Leider aber weigerte sich die Stute von A. huanaco 301 bislang stets, dem Jungen das Euter zu geben, so daß dieses immer nach wenigen Tagen einging. Die Familie der Einhufer repräsentieren neben Equus burchelli eine Anzahl Shetland -Ponys und unser würdiger E. asinus , ferner ein südamerikanisehes Steppenpferd. Esel und Shetland- Ponys werden hier regelmäßig gezüchtet. Die Zebras bewohnen interimistisch — hoffentlich nicht mehr lange - — den großen, für Giraffen bestimmten Mittelkäfig, dessen rechtmäßige Bewohner, so hoffen wir, jetzt nach Eröffnung des Sudans und dem Tode des Khalifen jedenfalls demnächst wieder mehr in den Tierhandel gebracht und dann auch hier vertreten sein werden. Verlassen wir nun das Haus, so bemerken wir hinter einem prächtigen, ueu angelegten Anlageplatz zur Rechten, von geräumigen Parks umgeben, ein anmutiges, strohgedecktes Blockhaus. Es ist die Behausung des Königs unserer Wälder, des Edelhirsches (Cervus elaphus) und seines amerikanischen Vetters, des Wapitis (C. cana- densis). Vom Edelhirsch besitzt der Garten einen prächtigen Hirsch aus der Schorfheide von massigem, gedrungenem Körperbau. Außer der braunen ist auch noch die weiße Spielart in einer Kuh aus den Fürstlich Rohanschen Forsten in Böhmen vorhanden. Von dem erwähnten Hirsch aus der Schorfheide und dieser Hirschkuh ist ein Hirschkalb gefallen, das jetzt bereits zum Sechsender herange¬ wachsen ist. In dem Waldteil hinter dem Hirschhaus, der parkartig ange¬ legt ist und bestimmungsgemäß nicht zu Bauplätzen für Tierhäuser benutzt werden darf, liegt ein kleines, in Birkenrohholz gearbeitetes, strohgedecktes Häuschen für Marder. Bewohnt wird es von Mustela martes und M. foina. Dahinter, hart an der Grenze des Gartens, ist ein in Backstein erbautes, mit einem Turm versehenes Gebäude allerjüngsten Datums errichtet. Es ist das Maschinenhaus. Durch seine Pumpwerke wer¬ den Teiche und Tierhäuser mit dem erforderlichen Wasser versehen. Näheres darüber bei Besprechung der Teiche. Am Hirschhaus vorbei über den noch immer recht großen Kinder¬ spielplatz und vorbei an einer Schießbude gelangt man zu einem Käfig, der Angorakatzen zum Sommeraufenthalt dient. Sein wenig schönes Gegenüber, um nicht zu sagen »vis-ä-vis«, ist das Hundehaus. In einer Reihe von Außenkäfigen werden hier unsere kleineren ein¬ heimischen Hunderassen regelmäßig gezüchtet. 302 Über diese Käfige selbst ist nichts Gutes zu sagen. Der Fu߬ boden ist aus Beton; die Käfige sind schmal, langgestreckt, durch hohe Mauern geteilt und vollkommen ungedeckt. In ihnen stehen kleine, nette Hütten, denen aber jedes Stroh fehlt! Die Folgen der andauernden Nässe des Steinbodens und des Mangels an Lagerheu machen sich am Pelz der Hunde, bezw. am Haar sehr bemerkbar, und Änderung durch teilweise Überdachung und Anlage eines Kiesbodens thut dringend not. So, wie sie jetzt sind, sind die Käfige durchaus zu verwerfen und Zwinger im wahrsten Sinne des Wortes. Das Innere des Hauses dient zur Aufnahme der eingefangenen Hunde, die hier entweder von ihren Herrn abgeholt oder getötet, bezw. verkauft werden. Das Haus im ganzen mit dem Gebell und Webklagen der armen Gefangenen dient nicht gerade zur Verschönerung des Gartens. Vielleicht ließen sich die Außenkäfige, zum Teil gedeckt, gut für Füchse und Schakale verwenden, denen es jetzt an geeigneten Räum¬ lichkeiten fehlt, während diese langgestreckten Käfige sich dazu sehr gut eignen würden. Auch die gegenüberliegende Fuchsgrotte mit ihrem quadratischem Käfig ist ganz ungeeignet. Ein Fuchs wird sich in der Gefangenschaft stets Bewegung machen, indem er laug am Käfigrande herunterläuft. Deshalb keine engen , viereckigen Kasten, sondern langgestreckte Laufkäfige, mit einer der Schmalseiten dem Beschauer zugekehrt ! Augenblicklich bewohnt besagte Grotte ein alter, tückischer Schabrackenschakal (Canis mesomelas). Die beiden benachbarten Häuser werden eins von Perlhühnern, das andere, die alte Fasanerie, von Hühnerrassen bewohnt. Gegen¬ wärtig sind hier auch noch, wie schon angedeutet, einige Fasaneu bis zur Fertigstellung der erwähnten neuen Fasanerie (zweite Abteilung) untergebracht. Gegenüber liegt ein hübscher Käfig für Goldhasen ( Dasyprocta aguti ), den eine sich regelmäßig fortpflanzende Familie genannter Tiere bevölkert. Rücken an Rücken hierzu liegt die sogenannte Nagetiergrotte, sogenannt, da sie auch von unserem Grimbart {Meies taxus) neben dem wilden Kaninchen ( Lepus cuniculus), dem Viscacha {Lagostomus trichodactylus) und dem Afrikanischen Stachelschwein {Hystrix cris - tata) bewohnt wird. Diese letzteren haben sich bereits wiederholt hier im Garten fortgepflanzt. Über die Käfige läßt sich wenig Gutes sagen. Sie sind eng, und es fehlt ihnen der für Nager so nötige Wühlsand; sie sind cementiert. Anschließend an die Nagergrotte zieht sich dem Außengitter des Gartens entlang eine Reihe schöner, sonniger und geräumiger 303 Käfige für Schafe. Hinter diesen liegt die in letzter Zeit erst be¬ deutend vergrößerte Gärtnerei, die sich zwischen den Schafhäusern und dem Außengitter des Gartens befindet. Von hier wird er mit prächtigen Blumen und Sträuchern so reich versorgt. In den Schafkäfigen sind augenblicklich noch die Rentiere untergebracht, dann von Schafen Ovis tragelaphus, Ovis aries came- runensiS) 0. a. steatopyga aus den Kalmückensteppeu und mehrere Somali-Fettschwanzschafe. Letztere sind Geschenke. Zurückgehend und uns dem Raubtierhause zuwendend, kommen wir vorbei an einem Bassin für Sumpfbiber (Myopotamus coypu) und dem Terrarium. Dieses ist erst vor zwei Jahren angelegt worden und birgt unsere deutschen Reptilien und Lurche. Das achteckige Glasgebäude macht mit seinem reichen Pflanzenwuchs und seinem fließenden .Wasser einen sehr freundlichen Eindruck. Doch würde sich die Anbringung bestimmter Futternäpfe empfehlen, da sich frei hineingeworfene Würmer sofort verkriechen und die größeren die kleineren Tiere infolge Nahrungsmangels auffressen. Überhaupt dürfte es zweckmäßig sein, für Lurche und kleinere Eidechsen noch ein besonderes Haus zu erbauen. Wir kommen nun zum großen Raubtierhaus. Dieses ist in seiner Gesamterscheinung unbedingt das imposanteste Gebäude des Gartens. In Sandsteinquadern erbaut nimmt es sich in seiner lang¬ gestreckten Front mit dem prachtvollen Mittel käfig und den flankie¬ renden Grotteu-Eckkäfigen sehr hübsch aus. Es ist ein hochherziges Geschenk unseres allverehrten Kaisers Wilhelm I. aus dem Jahre 1868. Dem bescheidenen, selbstlosen Charakter dieses Herrschers ent¬ spricht es, daß erst nach seinem Tode eine darauf bezügliche Ge¬ denktafel angebracht worden ist, und daß erst hierdurch die Mehr¬ zahl der Hannoveraner den hochherzigen Stifter kennen gelernt hat. Im Jahre 1868 erbaut entsprach es nicht mehr den modernen Anforderungen und hat daher in Kanalisation und Ventilation im vergangenen Jahre eine größere Reparatur erfahren. Die Käfige sind durch eine Spülanlage mit fließendem Wasser versehen, und zwei Ventilatoren sind über dem Zuschauerraum angebracht. Beide Ma߬ nahmen wurden getroffen, um den im Laufe der Zeit immer uner¬ träglicher gewordenen Geruch im Hause zu beseitigen. Zum Teil ist das auch geschehen. Immerhin glaube ich, daß eine gründliche Auslüftung und Lufterneuerung im Hause erst möglich ist, wenn man die beiden Eingangsthüren von der Rückwaud fortnimmt und an die kurzen Seitenwände des rechteckig gebauten Hauses einander 304 gegenüber legt. Bei ihrer jetzigen Lage erhalten außerdem die den Thüren gegenüberliegenden Käfige stets Luftzug, und auch ein höl¬ zerner, unschöner Vorbau vor dem Haupteingang verhindert dies nicht ganz. Alles dies würde nach der angegebenen Verlegung der Thüren fortfallen. Der bisher reichlich dunkle Zuschauerraum hat Oberlicht und das ganze Haus im Inneren einen hübschen, in leb¬ haften Farben gehaltenen Anstrich erhalten. Außerdem ist im Innern des Hauses eine neue Schranke vor den Käfigen errichtet worden, die mit ihrem fast bis zum Fußboden reichenden, starken Draht¬ geflecht unbedingte Sicherheit besonders für Kinder bietet. Diese Schranke ist jedenfalls sehr nachahmenswert. Das so beliebte und hier so gefährliche Auf klettern der Kinder wird ebenso wie das Unterkriechen verhindert. Die Käfige sind groß und hell, mit Oberlicht versehen und haben alle geräumige Außenkäfige, zumal der Löwenkäfig. Ausgenommen sind hiervon nur die erst in neuerer Zeit angelegten Käfige an der Rückseite des Hauses. Es würde sich empfehlen, auch hier den alten, an der jetzigen Front liegenden Käfigen entsprechende Außenkäfige zu schaffen, die Thüren in der angegebenen Weise zu verlegen und so das Haus wie das Berliner in seiner Anlage zu einem Haus mit zwei gleichen Fronten umzubauen. Der es der Länge nach durchschueidende Zu- schauerraum würde dann das Haus in zwei vollkommen gleiche Hälften teilen. Ein technischer Mangel, der sich aus der ganzen massiven Bauart erklärt, ist an den Innenkäfigen noch der, daß sie nicht ganz mit Gitter überwölbt und ins Haus umgebaut sind, wie es ein Berlin, Köln und Hamburg der Fall ist, sondern daß sie bis unter die Decke vom Zuschauerraum durch massive Mauern, in denen . die Gitter eingelassen sind, abgeschlossen werden. Auch unter sich sind die Käfige durch bis unter die Decke geführte, eiserne Wäude geteilt, so daß sich in ihrem oberen Raum stets warme, verbrauchte Luft ansammelt. Was sonst Größe der Käfige, Licht und den Bau als solchen anbetrifft, so kann das Hannoversche Raubtierhaus sich getrost mit denen von Berlin, Hamburg oder Köln messen. Vom künstlerischen, architektonischen Standpunkt aus verdient es unbedingt den Vorzug. Bewohnt wird es von großen und kleinen Arten der katzenartigen Raubtiere und einigen anderen Säugern. Von den Großkatzen sind die geläufigen Arten vertreten. Der Löwe ( Felis leö) ist in drei Exemplaren, zwei männlichen uud einem weiblichen, vorhanden. Der eine männliche Löwe ist ein Geschenk der bekannten Weltfirma 305 Gebr. Körting in Hannover. Er stammt aus dem Somalilande und ist mit zwei anderen Löwen von Major v. W iss mann impor¬ tiert und dem Berliner Zoologischen Garten geschenkt worden. Hier haben ihn die Herren Gebr. Körting gekauft und dem Garten ihrer Heimatsstadt geschenkt. Hätte nicht auch, ich sage es nochmals, Herr Major v. Wissmann als Lauterberger (Harz) diese wie so man¬ ches andere seiner Jagdausbeute unmittelbar dem zoologischen Garten der Provinz, der er selbst angehört, zuwenden können ? Dieser Löwe ist ein tadelloses Exemplar von majestätischem Körperbau, wie man ihn selten findet, und übertrifft seine Berliner Geschwister bereits bedeutend. Auch hat er nicht den Quastenfehler der beiden. Der andere Löwe ist ebenfalls ein schönes Tier, aber bereits auf abstei¬ gender Linie, da er schon seit längerer Zeit die Alterszahl 10 über¬ schritten hat. Die Löwin ist eine Senegalesin, nicht gerade schön, aber sie verspricht eine gute Zuchtlöwin zu werden. Sie ist bereits von dem Somali »Karolus« belegt, hoffentlich mit Erfolg. Der Leopard ( F . pardus) ist in drei geschenkten Exemplaren, davon zwei aus dem ostafrikanischen Seengebiet, vorhanden, uud auch seine indischen Verwandten sind in der schwarzen Form (F. melas ) vertreten. Außerdem sehen wir noch einen Königstiger ( F . tigris) und neben einem Geparden ( Gynaelurus guttatus) noch ein prächtiges Paar des Jaguars (F. onga). Ihnen schließen sich an der Ozelot (F. pardalis ), der Serval ( F . Serval) und der Karakal ( F . caracal). Unter den Schleichkatzen (Viverrideu) findet sich neben Viverra civetta und V. genetta noch die ostafrikanische Helle Zibethkatze (V. orientalis ); diese wie Genetta pardina sind geschenkt. Paradoxurus typus, Nandinia binotata) Herpestes griseus, Rliyzaena tetradactyla und Crossarchus fasciatus vervollständigen die Sammlung. Weiterhin bewohnen drei Arten des Nasenbären, Nasua rufa, N. narica und N. leucorhyncha und ein Hyrare ( Galictis barbara) das Raubtierhaus. N. leucorhyncJia hat sich hier bereits zweimal fortgepflauzt. Bis zur Herstellung einer geeigneten Anlage, vielleicht in Verbindung mit der Wolfsgrotte , ist in einem Außenkäfig eine Gestreifte Hyäue (Hyaena striata ) ein quartiert. Die Waschbären, die nordamerikanischen Vettern der Nasenbären, sind in zwei Arten (Procyon lotor und P. cancrivorus) vertreten und in besonderen Behältern untergebracht; der eine Käfig liegt neben der neuen Fasanerie — neben ihm befindet sich auch das Bassin für den Fischotter (Lutra vulgaris) — , der andere neben dem Bären¬ zwinger. Hierhin gelaugt man, wenn man am Stelzvogelteich ent- 306 lang geht. Der Bärenzwinger ist wie das Raubtierhaus in Sand¬ steinquadern erbaut und hat schöne, geräumige Käfige. In neuerer Zeit ist noch ein großer Käfig für den Lippenbären ( Ursus läbiatus) angebaut, leider aber in einer ganz anderen Frontlage wie der alte Teil des Zwingers. Der Lippenbär ist ein wahres Prachtexemplar; es dürfte sich in den deutschen Gärten kein zweiter von solcher Größe finden. Ihm benachbart ist der Baribal ( Ursus americanus). Den großen Mittelkäfig bewohnt Meister Petz, unser Braunbär ( U . arctos), in einem schönen Paare, das jedes Jahr durch ein fröhliches Familienereignis alle Freunde des Gartens erfreut. Es folgen dann noch ein Paar prächtig heranwachsender Eisbären ( U . maritimus) und ein Paar Malayenbären (U. malayanus). Die Kosten für den Ankauf der beiden jungen Eisbären, die an die Stelle des getöteten alten Männchens traten, sind zum größten Teil durch eine Samm¬ lung unter Freunden des Gartens aufgebracht worden. Vor dem Bärenzwinger liegt rechts das Restaurationsgebäude, über das ich be¬ reits oben gesprochen habe, links der Gänseteich und unmittelbar davor der Konzertplatz, der vor einigen Jahren einen geschmack¬ vollen, neuen Musikpavillon in Muschelform erhalten hat. Gegen¬ über dem Bärenzwinger an der anderen Seite des Restaurationsplatzes sehen wir das Affenhaus, bezw. hören es, denn seine sanguinischen Bewohner pflegen sich in der Regel recht bemerkbar zu machen. Die Lage des Hauses, in unmittelbarer Nähe des neuen Musikpavillons und zu nahe dem Restaurationsplatz, sowie die ganz unzweckmäßige innere Einrichtung machen hier einen Umbau driugend nötig. Wäh¬ rend das glasgedeckte Haus genügend Licht hat und die Käfige aus¬ reichend groß sind, ist die Ventilation maugelhaft. Andrerseits liegen die Außenkäfige an der entgegengesetzten Wand wie die Innenkäfige und sind nur durch lange, dunkle Gänge, die eben nie ordentlich zu reinigen sind (!), von den Tieren zu erreichen. Wie man diesen Fehler bei dem Neubau in den 80er Jahren, wo das jetzige an die Stelle des damals abgebrannten Affenhauses trat, hat machen können, ist unverständlich. Es scheint fast, als hätte man, wie leider noch iu anderen Fällen, von der Zuziehung eines Zoologen bei Aufstellung des Bauplanes absichtlich abgesehen. Bei einem Neubau des Hauses würde es sich empfehlen, den Tieren durch von ihnen selbst zu öffnende Klappen (wie in Köln) den Austritt in die Außenkäfige das ganze Jahr zu gewähren. Ferner empfiehlt es sich, einen Teil des Hauses, wie im Neuen Berliner Aflfeuhause, durch Glas ganz gegen den Zuschauerraum abzuschließen. Eigentlich wäre das bei allen 307 Affen notwendig; denn was an Neckereien und Rohheiten durch Schlagen, Bespucken u. s. w. , Reichen von Spiegeln und scharfen Gegenständen, an denen sich die Affen die Hände zerschneiden, in Hannover geleistet wird, darüber weiß die Direktion und wissen alle Kenner des Gartens ein Liedchen zu singen! Es thut mir als Han¬ noveraner leid, das sagen zu müssen, aber ich glaube, solche Roh¬ heiten sind wohl noch in keinem anderen zoologischen Garten so häufig vorgekommen wie eben hier. Nun zu der zahlreichen Bewohnerschaft des Affenhauses. Gerade dem Eingänge gegenüber sehen wir einen Käfig hinter Glas. Er ist die Wohnung für empfindliche Arten. Augenblicklich bewohnen ihn drei prächtige Wanderus ( Macacus silenus). Leider sind es drei Weibchen, und es ist noch nicht gelungen, ein Männchen zu diesen eigenartigen, reizvollen indischen »Heiligen« zu erlangen. Die näch¬ sten Verwandten dieser Stummelaffen, die Paviane, sind in drei Arten, teilweise wahren Prachtexemplaren, vertreten. Neben einem Drill (Cynocephalus leucopJiaeus) fallen ein Paar prächtige Silber¬ paviane ( C . hamadryas) und ein solches des Babuin ( C . babuin) besonders auf. Letzteres Paar besonders, das jetzt auch ein Junges pflegt, ist wohl so leicht nicht wieder in gleicher Schönheit anzu¬ treffen und hat selbst die uneingeschränkte Anerkennung des doch gewiß verwöhnten Herrn Dr. Heck gefunden. Auch ich habe Babuine mit gleich schöner Behaarung, vor allem der Brust, und von gleichem Körperbau nirgends gesehen. Von Makakem ( Macacus ) sind neben M. sinicus, M. pileatus, M, cynomolgus, M. rhesus als seltenere Tiere zu nennen M. maurus und M. ardoides. Der letztere ist ein Geschenk, ebenso wie die Hutaffen und das Weibchen des C. hamadryas. Auch sämtliche Meerkatzen ( Cercopithecus ) sind Ge¬ schenke, nämlich C. mona , C. cöllaris , C. albigularis und C. nictitans. Von altweltlicheu Affen nenne ich endlich noch Inuus nemestrinus. Die neuweltlichen Affen sind nur sehr spärlich vertreten. Außer Cebus capucinus repräsentierten bis vor kurzer Zeit noch Hapale jacchus und H. penicillata diese Familie. Lemuren endlich sind in zwei Arten, Lemur macaco und L. albifrons , vorhanden. In dem großen Mittelkäfige sind neben einer Herde Makaken auch noch ein Paar Gürteltiere ( Dasypus sexcindus) untergebracht. Außer diesen ist im Winter noch ein zweites zu den Zahnarmen zählen¬ des Tier, nämlich ein prächtiger Ameisenbär (Myrmecophaga jubata), hier im Hause einquartiert. Er befiudet sich bei Milch, Mehlbrei, Eiern und gehacktem Fleisch bereits seit 2 x/2 Jahren hier sehr wohl. — 308 % Für den Sommer wird ihm an Stelle seines jetzigen Sommerkäfigs ein neuer mit einem Bassin angelegt. Dieser Ameisenbär nämlich liebt das Wasser und pflegte bisher bei gutem Wetter im Sommer in einem Becken des Stelz Vogelhauses zu baden. Wenige Schritte, vorbei an schmucken Anlagen, führen uns zum Raubvogelfelsen. Es ist ein künstlicher Felsen , den eine große Voliere für Adler krönt, und um den sich die übrigen Käfige grup¬ pieren. Der ursprünglich architektonisch schöne Eindruck wird jetzt durch den Zerfall der Käfige arg beeinträchtigt. Eine vollständige Neuanlage ist dringend nötig. Die schöne Raubvogelsammlung setzt sich zusammen aus zunächst vier Arten von Geiern, nämlich Sarco - rhamphus gryphus , Catharista aura , Gyps fulvus und Vultur mona - ehus. Ihnen schließen sich an Polyborus americanus , Circus pygargus, drei Arten der Gattung Milvus, Haliaetus älbicüla , Aquila chrysaetus, A. melanaetus , A. naevia und zwei Geschenke des bereits genannten Kapitäns B e r n d t , nämlich ein Gaukler ( Helotarsus ecaudatus ) und ein Kampfadler ( [Spizaetus bellicosus). Eigentliche Falken sind in den Arten Falco peregrinus, F. tinnunculus und F. candicans vertreten. Uhus sind hier zwei Arten, nämlich Bubo maximus und B. vir- ginianus. Letzterer ist in einem Paare vorhanden, das erst im letzten Jahre ein Junges glücklich aufgezogen hat. Neben unseren ein¬ heimischen Eulen Asio otus , A. brachyotus, Syrnium aluco , Athene noctua und Strix flammea ist noch besonders die brasilianische Brilleneule ( Syrnium perspicillatum) zu nennen. Die einheimischen Arten sind zumeist Geschenke. Von der Höhe des Raubvogel¬ felsens genießt man über hübsche Anlagen hinweg einen prächtigen Blick auf einen Teich, in dessen Mitte sich eine baumhohe Fontäne erhebt und ihre Wassermassen bis zu den höchsten Zweigen der nahestehenden Eichen schleudert. Weiter rechts liegt im Teiche eine malerische Insel, besetzt mit Strauchwerk, in dem sich Nester und Hütten der Enten verbergen. Bei der Umgestaltung und Ver¬ schönerung der Teiche ist an diesem das meiste geleistet worden. Alle drei Teiche sind 1898 mit einem neuen, gefälligen Drahtgitter umzäuut worden, das an Stelle der unschönen Holz- und Latten¬ gitter getreten ist. Die Ufer dieses Teiches wie des hinter dem Bärenzwinger liegenden Stelzvogelteiches sind nach den Plänen des Stadtgarteninspektors Tripp mit Grottensteinen aufgemauert, mit Pflanzengruppen bepflanzt und mit geeigneten Einlaufstellen für die Tiere versehen. Das wesentlichste aber ist die Errichtung eines 309 Wasserwerkes, dessen ich bereits oben gedachte, das Tierhäuser, Teiche und Retiraden speist. So haben die Teiche jetzt sämtlich geregelten Ab- und Zufluß erhalten, und der früher besonders auf dem nahen Konzertplatz stets übel empfundene Geruch des stagnierenden Wassers ist verschwunden. Diese große Anlage, verbunden mit Kanalisation des ganzen Gartens, ist jedenfalls die bedeutendste Leistung der letzten Jahre. Der bereits erwähnte Springbrunnen ist ein hochherziges Geschenk des Herrn Buchdruckereibesitzers Schlüter, der im ganzen M. 15 000 zu den hohen Kosten der gesamten Wasser¬ anlage und des Umbaues der Teiche beigetragen hat. Es sei dem Herrn Schlüter daher an dieser Stelle nochmals der Dank aller Freunde des Hannoverschen Zoologischen Gartens ausgesprochen, zu¬ gleich mit dem Wunsche, daß sein Beispiel Nachahmung bei der so zahlreichen wohlhabenden Bürgerschaft Hannovers finden möge. Bei dem Stelz vogelteich ist hauptsächlich neben der Umzäunung und Erneuerung der Ufermauern die Durchteilung in eine Hälfte für fischfressende und eine für körnerfressende Stelzvögel zu erwähnen. Ferner ist mitten hindurch ein Weg gelegt und eine Bogenbrücke gebaut, von der aus man nach rechts und links einen schönen Blick auf die beiden Abteilungen des Teiches und ihre hübsch bepflanzten Ufer hat, sowie in weiterer Entfernung auf das prächtige Antilopen¬ haus. Die reichliche und schöne, abwechslungsreiche Bepflanzung der Ufer ist überhaupt besonders zu loben. Bewohnt wird der Teich mit dem Springbrunnen hauptsächlich von den Enten, der durch schmalen Wasserarm mit ihm verbundene sogenannte Katakombenteich, der noch am wenigsten umgestaltet ist und recht öde aussieht, von den Gänsen. Die Bewohnerschaft des Stelzvogelteiches ergiebt sich aus dem Namen. Die Schwäne sind auf alle Teiche verteilt. Auf dem ersten Teich, für den ich den Namen »Scblüterteich« vorschlagen möchte — eine Tafel zum Audenken an die Schenkung befindet sich an seinem Ufer — sehen wir eine Anzahl einheimischer und fremder Enten. Neben der Anas boschas , unserer Stockente, befinden sich hier zwei domestizierte Formen, die Rouen- und die Peking -Ente, so¬ wie die schöne Smaragden te. You weiteren einheimischen Arten treffen wir A. clypeata , A. penelope, A. acuta , A. strepera , A. crecca und die beiden Tauchenten Fuligula cristata, die anmutige Reiher¬ ente, und F. ferina. Fremde Arten sind Hyonetta moschata aus Südamerika und die beiden prächtigsten Arten der ganzen Sammlung, die nordamerikauische Brautente ( Lamproessa sponsa ) und die chinesische Mandarinenente (L. galericulata). 310 Im ganzen ist die Entenzucht hier im Zoologischen Garten sehr ertragsreich, wenn sie auch arg unter den Ratten und sonstigem, aus der Eilenriede immer wieder einwandernden Raubzeug zu leiden hat. Auf dem benachbarten Katakombenteich tummelt sich das zän¬ kische Volk der Gänse. Nur einige Arten mußten, da sie wenig verträglich sind, auf den Stelzvogelteich gesetzt werden, so z. B. die Rostgaus (Vulpanser rutilus). Neben unserer Wildgans ( Anser ferus) befinden sich auf dem Katakombenteich die domestizierten Abkömm¬ linge der Graugans, die Lockengans und die russische Gans. Auch von der chinesischen Höckergans (. A . sinensis ) ist neben der grauen die zahme weiße Form mit gelbem Schnabel und Füßen vorhanden. Von nordeuropäischeu, bezw. europäisch-asiatischen Wildgänsen nenue jch noch A. albifrons, A. brachyrhyncJius, A. segetum , JBrenthus tor- quatus , j Br. leucopsis und Vulpanser tadornus. Ihnen schließen sich an der südeuropäisch- afrikanische Vulpanser rutilus , den ich bereits erwähnte, die Indische Gans ( A . indicus) und die australische Hühner¬ gans ( Gereopsis novae-hollandiae ), sowie als Gast des höchsten Nor¬ dens die Polargaus (A. caeruleus). Die Schwäne sind in den drei Arten Cygnus olor , C. musicus und G. atratus vertreten. Wir wenden uns nun vorbei am Bärenzwinger und, zur Rechten einen neuerdings mit allerlei Kindern der Alpenflora schön bepflanzten Felsabhang liegen lassend, dem Stelzvogelteich zu und betrachten zunächst die dem Bärenzwinger benachbarte Hälfte für Fischfresser. Hier machen sich durch ohrbetäubendes Geschrei, zumal bei bevorstehender Fütte¬ rung, die Möven bemerkbar. Durch vier Arten, Larus argentatus, L. glaucus , L. canus und L. marinus, sind sie vertreten. Unter ihnen schreitet unser würdiger Kinderbringer, der »Klapperstorch« ( Ciconia alba) nebst seinem schwarzen Vetter (0. nigra) umher, während träge am Uferrande ein Paar Pelikane ( Pelecanus onocrotalus) steht. Die Pflanzenfresser- Abteilung bevölkert neben einigen bereits genannten Gänsearten ein Trupp Jungfernkraniche ( Grus virgo ), neben denen noch besonders eine Anzahl gleichfalls prächtiger Fla¬ mingos (Phoenicopterus roseus ) den Beschauer fesselt. Zumal abends bieten letztere, wenn sie in den Dämmerstunden unter trompeten¬ artigem Schreien ihre rosigen Flügel ausbreitend über das Wasser dahin laufen, ein besonders reizvolles Bild. So wären wir am Ende der Wanderung, und der schattige, große Restaurationsplatz ladet uns zum Ausruhen ein. Alle Leser aber, die mich auf meinem Gange begleitet haben, werden mit mir die Ansicht teilen, daß der Zoologische Garten sich unter zielbewußter 311 Leitung trotz aller noch vorhandenen Hindernisse, trotz gänzlich mangelnden Entgegenkommens von seiten der Stadt und der Provinz in einem Stadium des Aufschwunges befindet. Hoffen wir, daß es so bleibt, daß sich die städtischen und Provinzialbehörden ihrer Pflichten gegen ein so gemeinnütziges Institut, wie es ein zoologischer Garten ist, wieder bewußt werden , und daß die Verwaltung mit Geschick und richtigem Unternehmungsgeist auf der betretenen Bahn fort¬ fährt, nachdem sie jetzt zunächst ein allen Anforderungen ent¬ sprechendes, modernes Restaurant geschaffen hat. Das ist die conditio, sine qua non für eine gedeihliche Fort¬ entwicklung des Hannoverschen Zoologischen Gartens! Der Igel als Gefliigelfeiud. Von Dr. Carl R. Hennicke in Gera (Reuß). In meiner Jugend befasste ich mich gern mit Hühnerzucht und hatte mir deshalb auch in einer sog. »Schlippe« zwischen zwei Häusern einen Hühnerstahl gebaut. Dieser stand, nur an den Ecken durch Pfeiler gestützt, ungefähr a/4 m vom Boden, so daß unter ihm ein freier Raum war, der bei schlechter Witterung den Hühnern als Aufenthaltsort dienen sollte. Gleichzeitig glaubte ich, so den Stall vor den Besuchen ungebetener Gäste ziemlich gesichert zu haben. Wie erstaunte ich aber, als eines Morgens, als ich die Hühner auf den Hof heraus lassen wollte, zwei große, starke, ca. 12 Wochen alte Cochinchina- Hühner tot und angefressen auf dem Boden des Stalles lagen und ein paar andere die deutlichen blutigen Spuren eines Überfalls oder Kampfes au den Federn trugen ! Mein erster Gedanke war, ein Iltis oder Marder habe den Hühnern einen Besuch abgestattet; aber vergebens suchten wir nach einem Loche, durch das der Räuber gekommen und entwichen sein konnte. Da entdeckten wir plötzlich in einer Ecke einen Igel mit blutiger Schnauze und blutigen Vorder¬ füssen, und damit war der Mörder entlarvt. Als das Dienstmädchen daun bekannte, daß es am Abend vorher den Igel in den Hühner¬ stall gesperrt habe, damit er dort die Mäuse wegfangen sollte, klärte es sich auch auf, wie das Tier in den wohlverwahrten Stall gekom¬ men war. Der Igel hatte dann den bequemeren und lohnenderen Hühnerfang dem viel zeitraubenderen und weniger ergiebigen Mäuse¬ fang vorgezogen. So groß unsere Entrüstung auch war, ließen wir sie doch den Igel nicht fühlen, sondern versuchten nur uns durch 312 dessen »Deportation« vor ähnlichen freundschaftlichen Besuchen seiner¬ seits zu schützen. Auch anderwärts sind ähnliche Beobachtungen gemacht worden. So erzählt eine Leserin des »Deutschen Tierfreundes« (1899 S. 30) : »Da ich große Tieriiebhaberin bin, so gewährt mir die Pflege des Federviehs während unseres Aufenthaltes auf dem Lande ein großes Vergnügen. Besonders gebe ich auf sorgfältigen Verschluß der Ge- flügelräume acht, weil wir dicht am Walde wohnen. Die junge Aufzucht befindet sich in Laufräumen, die mit Drahtgitter einge¬ zäunt und überdacht sind. Zur Nacht findet sie in Häuschen, großen Hundehütten ähnlich, Unterkunft. Eine darin befindliche Stange gestattet älteren Exemplaren aufzufliegen. — Vor einigen Tagen öffnete ich früh eines dieser Häuschen, uud — wer beschreibt mein Staunen — als mir sofort Federn entgegenfliegen und die gelben Füße eines am Boden liegenden Hähnchens sichtbar werden. Näher hinzu¬ tretend finde ich die Überbleibsel eines zehnwöchentlichen, groß und kräftig entwickelten Hähnchens, bestehend aus Kopf und Füßen, nur durch das vollständig fleischlose Gerippe desselben verbunden. Was war geschehen? — Die Thür, mit dichten Drahtfensterchen ver¬ sehen, war fest verschlossen gewesen, von außen hatte also unmög¬ lich ein Raubtier während der Nacht Zutritt haben können. Ich sehe noch einmal tief in die Hütte hinein, und wer schaut mich da mit ganz freundlichen Äuglein höchst vergnügt an? — Ein Igel. Ganz gegen seine sonstige Gewohnheit spazierte er sofort heraus und an mir vorüber. Ich täusche mich wohl kaum, wenn ich sage, daß das Bäuchlein unter dem Stachelgewande eine ganz besonders große Rundung zeigte. — So war also Freuud Igel der Attentäter ge¬ wesen. Er hatte sich unter dem Drahtgitter durchgezwängt und sich gewiß schon am Nachmittage des vorhergehenden Tages, an dem es stark geregnet hatte, unbemerkt den Schlupfwinkel auser¬ sehen. Der grausame Mord muß aber in aller Stille vor sich ge¬ gangen sein, da vier andere Hähnchen ruhig auf der Stange saßen und am nächsten Abend ebenso hineinspazierten, während das Opfer gewiß an der Erde sitzend Nachtruhe gehalten hatte. Zum Schluß füge ich noch hinzu, daß trotz des Ärgers meine Rache eine sehr geringe war, indem ich den Übelthäter von unserem Gartenarbeiter nur recht tief in den Wald tragen ließ.« Daß der Igel kleine Küchlein und Eier stiehlt, war schon lange bekannt. Neuerdings berichtete der »Hannoversche Landmann« über einen solchen Fall: »Mitten in der Nacht am 30. Juni ll1/* 313 Uhr ertönt vom Hühnerhof her ein entsetzliches Geschrei und wer¬ den wir gewahr, daß eine Bruthenne dem Stall entflohen ist und von einer ca. 50 m entfernt liegenden Einfriedigung in den freien Bauern¬ hof überfliegt. Die Kücken eilen, einen Lattenzaun durchkriechend, der Mutter nach, und nur einige drei Wochen alte Kücken bleiben, das ununterbrochene Geschrei fortsetzend, im Stall zurück. Unwill¬ kürlich mußte ich denken, daß ein Dieb oder ein Raubtier meinem Hühnerstalle gefährlich werde, und ich eilte deshalb so rasch wie möglich mit dem nötigen Licht nach der Stallung. — Zu meinem Erstaunen sehe ich einen starken Igel, der sich, als ich schon in seiner Nähe war, auf eins der anwesenden Kücken stürzt, um es zu erhaschen, was ihm jedoch nicht gelang, da er von mir erhascht und eingesperrt wurde. — Einzelne Kücken lagen auf dem Boden und waren unter dem Bauche bis auf die Knochen angefressen. — Da aber der Igel sonst in gutem Rufe steht, ließ ich denselben ca. 50 m entfernt über einem Bach und einem Wiesenthal im be¬ nachbarten Holze niedersetzen. — Gleichzeitig hielt ich einen Puter, der 15 Kücken führte. Dieser war frei und setzte sich zur Nachtzeit vor mein Zimmerfenster au die gleiche Stelle, wo er gewöhnt war, am Tage sein Futter zu empfangen. Am 5. Juli nachts etwa um 12 Uhr flog das Tier an mein Fenster hinauf, die Kücken ließen ängstliche Rufe ertönen, und als ich rasch das Fenster öffnete, sehe ich beim Mondenschein, daß der Igel auf einem Wege im Garten spazieren geht. Schießen durfte ich meiner schlafenden Familie wegen nicht, kleidete mich deshalb rasch an, rief meine Hunde, und es währte nicht lange, bis das Stacheltier gestellt war. Zwei Schritte von mir lief ein Kücken schreiend aus dem Gras. Natürlich war nun des Igels Schicksal entschieden und seitdem Ruhe auf dem Ge¬ flügelhof geworden.« Auch Al tum führt zwei Fälle an, wo der Igel am Boden übernachtenden Haushennen Küchlein unter den Flügeln wegnahm, und Ger des hat beobachtet, daß ein Igel aus einem Hühnernest Eier stahl. Deshalb wird der Igel mit Recht in Fasanerien auch schon seit langen Zeiten nicht geduldet. Daß er aber auch ziemlich erwachsene Hühner, und noch dazu von einer so großen Rasse, wie es die Cochinchina-Hühner sind, anfällt und überwältigt, dürfte nicht allzu häufig beobachtet worden sein. Diese Zeilen sollen nun nicht etwa dazu beitragen, die Feinde des ohnehin meistenteils geächteten Igels noch zu vermehren. Der Igel ist uns durch seinen Mäuse- und Insektenfang so nützlich, daß Zoolog. Gart., Jahrg. XLI. 1900. 21 314 man das ganze Geschlecht das gelegentliche Abwiirgen eines jungen Hühnchens oder das Stehlen eines Eies durch einen Übelthäter seiner Sippe — denn allzu häufig kommen derartige Fälle ja nicht vor — nicht allzu sehr entgelten lassen darf, um so weniger, als die Besitzer der Hühner in den meisten Fällen selbst die Schuld an dem Unglücke tragen. Denn wenn es dem Igel gelingt, in den Hühner¬ stall zu kommen, daun ist dieser sicher so schlecht verwahrt, daß er für Marder, Iltisse und Katzen ohne die geringste Schwierigkeit zugänglich ist. Und im Freien kann der Igel dem Hausgeflügel nichts anhaben, wie dJe launige Schilderung einer Jagd des Igels auf eine erwachsene Henne beweist, die Becker in Brehms Tier¬ leben giebt. Den am Boden nistenden Kleinvögeln dürfte der Igel allerdings ebenso wie der Dachs manchen Schaden zufügeu. Das Brüten der Hohltaube ( Columba oenas) in Gefangenschaft. Von Dr. Carl R. Hennicke in Gera. Auf Seite 144 des Jahrganges 1899 des Zoologischen Gartens schreibt Herr Dr. Victor Hornung in einem Artikel über die Hohltaube: »Zur Fortpflanzung scheinen die Hohltauben in der Ge¬ fangenschaft nur schwer zu schreiten, denn die in dieser Richtung angestellten Versuche scheiterten sämtlich«. Erfreulicherweise stimmt diese Äußerung nicht ganz mit den Thatsachen überein, denn schon 1885 hat Liebe in der Vogelstube Hohltauben gezogen. Da ich die Züchtung zum größten Teile miterlebt habe, möge es mir erlaubt sein, hier kurz darüber zu berichten. Das junge Hohltaubeu- Pärchen war in Liebes Wohnung in einer im zweiten Stock gelegenen, einfenstrigen, hellen und trockeneu Dachkammer untergebracht. Die ganze Vorderseite dieser Kammer war vergittert, und dieses Gitter trennte die Kammer von einem Korridor ab, der von der ganzen Familie als Zugang zu den Schlaf¬ zimmern und zu Liebes Studierzimmer benutzt wurde. Die Vögel waren also Störungen ziemlich ausgesetzt. An dem Gitter war, ziem¬ lich hoch oben au der Decke der Kammer, der roh aus Brettern zusammengeschlagene, ungefähr 25 cm ins Geviert messende und 32 cm hohe Nistkasten angebracht, dessen Vorderseite zur Hälfte offen war, und in den etwas Moos gelegt war. Nachdem anfangs März der Tauber seinen Treibruf und Ende März seinen Balzruf hatte ertönen lassen, begab sich die Taube Mitte April öfter in den 315 Nistkasten, fing auch schließlich an ohne Eier zn brüten und wurde dabei in der Mittagsstunde häufig vom Männchen abgelöst. Nach ungefähr drei Wochen hörten beide mit Brüten auf. Liebe verreiste, seine Gattin besorgte während seiner Abwesenheit die Pflege der Vögel. Da sah sie am 7. August, als sie fütterte, plötzlich eine junge Hohltaube auf dem Fußboden laufen. Sofort wurde im Nist¬ kasten uachgesehen und da entdeckte sie zwei frischgelegte Eier in ihm. Nun wurde eifrig beobachtet. Beide Gatten brüteten bisweilen gemeinschaftlich. Nur bei der Ablösung blieben die Eier manchmal kurze Zeit unbedeckt. Gewöhnlich löste der Tauber die Taube um 9V2, später um 8^2 Uhr ab und wurde von ihr gegen 2 Uhr wieder abgelöst. Am 28. August hörte man die ersten leisen Töne eines Jungen, das am 20. September ausflog, aber leider bald starb. Das andere Ei kam nicht aus. Die Tauben teilten ein Gelaß mit Zippdrosseln, deren Weich¬ futterbehälter sie gerne einen Besuch abstatteten. Das für sie be¬ stimmte Futter bestand aus Mais, Hanf, Hirse, Rübsen, Mohn, Glanz, Linsen, Erbsen, Wicken, Heusamen und anderen Sämereien. Schon 1865 hatte Liebe Versuche gemacht Hohltauben und Feldflüchter zu paaren. Die aus der Vereinigung eines Hohltaubers mit einer Haustaube hervorgegangeuen Jungen starben aber jedes¬ mal nach 11 — 13 Tagen aus unbekannter Ursache. Näheres über diese Züchtungsversuche, sowie über die Hohltaube in Gefangenschaft überhaupt, findet sich in der Ornithol ogischeu Monatsschrift 1885 S. 275, sowie in Liebes Ornithologischen Schrif¬ ten S. 540. Mimikry bei südamerikanischen Schildkröten ? Yon Dr. med. Schnee, Kaiserl. Begierungsarzt zu Jaluit. Im Laufe der Jahre habe ich wohl ein halbes Dutzend Hydraspis hilairei von der verschiedensten Größe , sowie einige ihr nahe¬ stehende Arten gehalten. Wenn die Tiere sich im Bassin des Terrariums befanden, so daß man von ihnen nur den Kopf sah, in welcher Stellung sie mit Vorliebe zu verharren pflegen, so bot der Anblick eine geradezu fabelhafte Ähnlichkeit mit einem in seiner bekannten Stellung auf dem Wasser liegenden Frosche. Man konnte sein Auge, so nahe man wollte, heranbringen, ohne daß es möglich gewesen wäre, einen Formenunterschied festzustellen ; nur der Umstand, daß 316 die Haut der Batrachier glatt, die Kopffläche der Schildkröte dagegen in unregelmäßige Felder geteilt ist, ermöglichte die Feststellung, womit man es hier zu thun habe. Die Form des Schädels, die spitze Schnauze, die einen schwarzen Querstreifen trägt, die stark hervorquelienden, goldumränderten Augen, sowie die oben oliven- grüue, unten weißliche Färbung, alles ist froschähnlich. Durch einen kräftigen, schwarzen, in der Gegend des Ohres schräg nach hinten verlaufenden Strich, der indessen verschieden stark ausgebildet ist, wird sogar der Oberteil des vorderen Beinpaares nachgeahmt. Da sich die übrigen Teile des Frosches in der erwähnten Stellung unter Wasser befinden, so wird dadurch die Täuschung vollständig. Als ich dieses Faktum entdeckt hatte, sagte ich mir, das ist ja einer der schönsten Fälle von Mimikry, die es giebt, und stellt sich durch seine Vollendung den blätter- und zweignachahmenden Insekten an die Seite. Zunächst machte ich mich ans Werk und sah meinen ganzen lebenden Schildkrötenbestand daraufhin durch, ob sich vielleicht irgend¬ wo etwas ähnliches zeigte. Vergebens! Eine aus demselben Lande wie die Hgdaspis stammende Hydromedusa tectifera Cope prüfte ich gleichfalls, vermochte aber bei ihrer spitz gen Himmel aufragenden Nase wenigstens en profil keinerlei Froschähnlichkeit zu entdecken, und doch hat ihr Kopf, wie ich erst vor wenigen Tagen bemerkte, von vorn gesehen eine ungemein große Ähnlichkeit mit einem sol¬ chen und somit auch mit dem des häufigen Leptodactylus ocellatus Gir., der mit der Schlangenhalsschildkröte dieselben Orte bewohnt. Diesen Frosch habe ich in zahlreichen Exemplaren um und in den kleinen Lachen und Tümpeln zwischen dem Schilfe bei Buenos Aires ge¬ fangen. Herrn Professor Berg, dem Direktor des dortigen National¬ museums, verdanke ich die Mitteilung, daß gerade an solchen Orten Hydromedusa häufig vorkommt und nicht selten beim Schilfschneiden gefangen wird. Es ist sehr möglich, daß die kleinen Leptodactylus der Schildkröte zur Nahrung dienen, obwohl sie sich viel mehr auf dem Laude als im Wasser aufhalten. — Eine große Ähnlichkeit ist nicht zu leugnen, die Berückung der Frösche durch die still im Wasser lauernde Schildkröte läßt sich leicht vorstellen, vielleicht wieder ein Fall von Mimikry? Kann mau das aber bei näherer Überlegung wirklich als solche auffassen ? Meiner Meinung nach nicht, denn es ist unmöglich sich vorzustellen, diese Ähnlichkeit bringe den Tieren genügenden Nutzen um die Heranzüchtung einer Rasse mit froschähnlichem Kopfe zu bedingen. Andererseits dürfte 317 es auch kaum ein Raubtier geben, das den Schildkröten nachstellt, Frösche aber verschmäht, so daß solche Ähnlichkeit jenen von Nutzen werden könnte! Nachäffung erscheint mir also ausgeschlossen, von zufälliger Ähnlichkeit kann auch keine Rede sein, da es unver¬ ständlich wäre, warum bei den beiden verbreitetsten Arten dieses einen Laudes solche Froschähnlichkeit Vorkommen sollte, während sie sonst nirgends in der Welt weiter zu finden ist. Ich glaube mangels einer anderen Erklärung auch diesen Umstand auf An¬ passung an genau die gleiche Lebensweise zurückführen zu müssen, obwohl ich nicht imstande bin, mir die Entstehung dieser Ähnlich¬ keit vorzustellen. Besser ist es vielleicht aber noch, unsere Un¬ wissenheit in dieser Beziehung ohne weiteres einzugestehen, als den Versuch zu machen, sie durch gezwungene Annahmen zu verschleiern. Auch dieses Rätsel, dessen Lösung wir heutzutage noch vergebens versuchen, wird mit dem weiteren Fortschreiten der Wissenschaft einstmals seinen Oedipus finden. Jahresbericht des Zoologischen Gartens in Basel für 1899. Dem von Herrn Rud. Merian im Aufträge des Verwaltungsrates an die Aktionäre erstatteten 27. Geschäftsbericht entnehmen wir die folgenden Angaben: Der Verwaltungsrat bestand aus den gleichen Herren wie in den beiden Vorjahren. Die Direktion des Gartens war wie bisher Herrn Gottfried Hag¬ mann anvertraut. Der Tierbestand war am 81. Dezember 1899 folgender: I. Säugetiere. 10 Affen . in 5 Arten, 2 Halbaffen . . . . » 1 Art, 17 Raubtiere . . . . » 9 Arten, 7 Nagetiere . ...» 4 » 8 Einhufer . . . . » 4 » 64 Zweihufer. ... »18 » 9 Vielhufer . . . . » 8 » 117 Säugetiere ... in 44 Arten. II. Vögel. 37 Papageien ... in 20 Arten, 34 Tagraubvögel . . »21 » 15 Nachtraubvögel. . » 6 » 16 Rabenvögel ... »10 » 179 Sperlingsvögel . . » 48 » 281 Vögel . Transport in 105 Arten, 141 Schwimmvögel . . 33 » 51 Stelzvögel . . . » 18 » 17 Wildtauben . . . 7 » 158 Haustauben . . . » 6 » 16 Haushühner . . . » 4 » 12 Pfauen .... » 4 » 22 Fasanen .... » 8 » 1 Perlhuhn .... » 1 Art, 10 Feldhühner . . . » 1 » 14 Steißhühner . » 1 » 4 Hokkos .... 3 Arten, 3 Strauße .... 2 » 730 Vögel . in 193 Arten. III. Reptili en. 18 Reptilien .... in 10 Arten. 281 Vögel . Transport in 105 Arten, Total: 865 Tiere in 247 Arten (gegen 992 Tiere in 240 Arten im Jahre 1898). 1 — 318 — Angekauft wurden 18 Säugetiere, 223 Vögel und 28 Reptilien ; ge¬ schenkt wurden 10 Säugetiere und 39 Vögel ; geboren im Garten wurden 40 Säugetiere und 65 Vögel; mit Tod gingen ab 46 Säugetiere, 309 Vögel und 22 Reptilien; verkauft wurden 39 Säugetiere, 133 Vögel und 3 Reptilien. Die folgende Tabelle giebt eine Übersicht der Veränderungen im Tierbestande: Bestand Zuwachs Abgang Bestand am 31. Dez. 1898 in 1899 in 1899 am 31. Dez. 1899 Säugetiere . . . 132 68 83 117 Vögel . 845 327 442 730 Reptilien .... 15 28 25 18 992 423 550 865 Bauliche Veränderungen. Die Anlagen beschränkten sich auf Instandhaltung des Bestehenden. Gartenanlagen. Als wichtigste Neuerung ist zu erwähnen, daß der baufällige hölzerne Hag längs des Rümelinbaches durch einen gefälligen und doch soliden eisernen längs der Oberwylerstraße ersetzt wurde. Durch diese Veränderung fiel die ganze Böschung zwischen Straße und Bach in das Areal des Gartens; sie soll nun mit passenden niedrigen Sträuchern bepflanzt werden. Gleichzeitig wurde der hinter dem Restaurationsgebäude gelegene Hof mit einer ähnlichen eisernen Einfriedigung umgeben. Neben diesen Neubauten wurde natürlich dem Unterhalt der Gartenanlagen die größte Aufmerksamkeit gewidmet. Der Ertrag an Heu und Grummet war ein recht guter. Betrieb und Finanzielles. Es wurden 1899 ausgegeben 5290 Billete zu 1 Fr., 62 607 Billete zu 50 Cts., 58 029 Billete zu 25 Cts., 4967 Billete zu 20 Cts. und 10 850 Lose zu 25 Cts., im ganzen also 141 793 Billete und Lose im Betrage von Fr. 54 806.65. Davon gehen ab : Anteil an Schaustellungen mit Fr. 7880.20; bleiben also Fr. 46 926.45 gegenüber 139 165 Billeten im Betrage von Fr. 44 843.10 im Jahre 1898. Die Mehreinnahme im Jahre 1899 beläuft sich somit auf Fr. 2083.35. Abonnements wurden gelöst für Familien ohne Aktien 395 zu Fr. 20.—, für Familien mit einer Aktie 67 zu Fr. 10. — und für einzelne Personen 43 zu Fr. 10. — , im ganzen also 505 zu Fr. 9000. — gegenüber Fr. 9690. — im Jahre 1898. Die Mindereinnahme im Jahre 1899 beträgt somit Fr. 690. — . 34 Aktien wurden auf andere Namen übertragen. Chronik. An 16 Sonn- und Feiertagen war der Eintrittspreis den ganzen Tag und an 36 Sonn- und Feiertagen von Nachmittag 1 Uhr ab auf 25 Cts. er¬ mäßigt. An 21 Sonn- und Festtag-Nachmittagen fanden Konzerte statt; an 7 Sonntagen konnte wegen Regenwetter nicht konzertiert werden. Am Ostermontag» dem besuchtesten Tage des Jahres, fand bei einer Beteiligung von 7800 Personen eine Tierverlosung statt. Eine zweite Tierverlosung am 10. September brachte nur 3870 Personen. Vom 4. bis 24. Mai gab die Möllersche Bischari-Karawane ihre Vorstellungen auf der Festmatte. Am 1. Juli feierte eine stattliche Anzahl von Aktionären und Abonnenten mit ihren Angehörigen das 25jährige Jubiläum des Bestehens des Zoologischen Gartens durch ein höchst gelungenes Nachtfest mit Gartenbeleuchtung und Tanz 319 in Freien. Auf vielseitiges Verlangen mußte das schöne Fest am 13. Juli für einen weiteren Kreis von Besuchern wiederholt werden. An Geldgeschenken und Legaten gingen ein Fr. 7005. Als besonders wertvolle Geschenke an Tieren sind zu verzeichnen: Männlicher Elch, 2 Totenkopf-Aifen, Makak, Bunder, 8 Murmeltiere, Helmkasuar, Königsgeier, je ein Paar Königsfasanen, Goldfasanen und Grauköpfchen, 2 Paar Pfauen, 3 Amazonenpapageien, Bartvogel, Gilbstärling, Mönchssittich und Grauer Kardinal. Wie sich aus der nachfolgenden Jahresrechnung ergiebt, zeigt die Betriebs¬ rechnung wieder einen Ausfall von Fr. 10 905.56 (gegen Fr. 7488.51 im Jahre 1898), mit dem das Gewinn- und Verlust-Konto belastet wurde. Rechnung sabschluss pro 31. Dezember 1899. Einnahmen. Fr. Ct. Eintrittsgelder . 54806.65 ah: Anteil von Schaustellungen . 7 880.20 Abonnements . Verkauf von Tieren . Verpachtung der Restauration Kapitalzinsen . Diverse Einnahmen .... Betriebs-Defizit pro 1899 . . Fr. Ct. 46 926.45 9 000.— 4 413.75 1 500.- 1861.20 1 207.45 64 908.85 10 905.56 75 814.41 Ausgaben. Gehalte und Löhne: Direktion, Kasse und Kontrolle . 5 522.25 Wärter . 8 728.— Schreiner, Gärtner und Maler . 7 269.10 Taglöhner . 1 759.90 23 279 25 Bureauspesen . 460.67 Inserate und Druckkosten: Jahresbericht . 95.50 Inserate, Plakate . 2 285.76 Eintritts- und Abonnementskarten . 323.95 Kataloge, Ansichtskarten . 563.40 g 268.61 Allgemeine Spesen und Unterhalt: Assekuranz und Unfallversicherung . 504.05 Telephon . 158.45 Gas . 323.65 Wasser ... * . 146.10 Kohlen und Koaks . 965. — Gartenanlagen: Unterhalt . 2103.25 Transport 28 309.03 320 Fr. Ct. Transport Hochbauten: Unterhalt . 5 444.73 Staketenhag a. d. Bachletten* und Oberwylerstraße . 4 687.50 ab : Staatsbeitrag . 2 343.75 ^ 343 75 Staketenhag bei der Restauration . 935. — Geräte und Mobiliar: Anschaffungen und Unterhalt 1 025.20 Färb waren, Holz und Baumaterial . 1 166.95 Dienstkleider, Frachten, Fuhrlöline, Festlichkeiten und Diverses . . 3 088.57 Unkosten bei Schaustellungen . 1 490.55 Futter: Heu . 3 968.69 Stroh . 1 377.09 Fleisch . 5 794.65 Brot etc . . . 8 984.94 Milch . 1 124.02 Fische . 650.14 Körnerfutter . 3 791.46 Sämereien, Früchte, Rüben und Diverses .... 942.83 Musik . Ankauf von Tieren Fr. Ct. 28 309.03 19 695.25 21 633.82 2 024.— 5 452.81 75 814.41 Gewinn- und Verlust-Rechnung in 1899. Einnahmen. Fr ct< Saldo, Vortrag von 1898. . . . 4 112.79 Geschenke und Legate . . . 7 005. — 11 117.79 Ausgaben. Betriebsdefizit v 0 n 1899 . 10 905.56 Saldo-Vortrag auf 1900 . 212.23 11 117.79 Vermögensstand am 31. Dezember 1899. Aktiva. Fr ct. Immobilien - Konto . . . . . 256 000. — Geräte- und Mobiliar - Konto . 5. — Tier - Konto . . . . 100. — Brunnbrief- Konto . 4 000.— Effekten-Konto . 40 618.70 Kassa-Konto . 4 394.48 Diverse Debitoren . 144.05 305 262.23 321 Passiva. Fr. Ct. Aktien - Konto . . Darlehen-Konto . Fr. 5 050.— ab: Abschreibung von 10 grünen Darlehens-Scheinen a Fr. 50.— ; . . . . * 500.— Le gate-Konto (inkl. Fr. 5000. — unantastbar) Gewinn-undYerlust-Konto . 305 262.23 Den Schluß der Mitteilungen bilden statistische Tabellen, die um so wichtiger sind, als sie genaue Angaben über die Frequenz des Zoologischen Gartens in den abgelaufencn 25 Jahren und über die Rechnungsergebnisse in der gleichen Zeit bringen. Wir müssen uns bei der Beschränktheit des Raumes leider versagen, diese Notizen in extenso abzudrucken, wollen aber nicht verfehlen, wenigstens die markantesten Angaben hier kurz zu erwähnen. D:e größte Besucherzahl hatte der Garten mit 156 179 Personen im Jahre 1897, gleich 158°/o der Kantonsbevölkerung von damals 98 896 Seelen, die kleinste mit 55 334 Personen im Jahre 1878. Die größte Betriebseinnahme zeigt gleichfalls das Jahr 1897 mit Fr. 69 665.80, die kleinste das Jahr 1881 mit Fr. 26 099.98, die größte Abonnentenzahl das Jahr 1893, die kleinste das Jahr 1878. Die größte Betriebsausgabe fällt auf das Jahr 1891 mit Fr. 82 900.81, die geringste auf das Jahr 1881 mit Fr. 31 371.83. Das größte Betriebsdefizit hat das Jahr 1891 mit Fr. 35 543.46 aufzuweisen; einen Überschuß von Fr. 1319.03 erzielte nur das Jahr 1879. Bttgr. Kleinere Mitteilungen. Fortpflanzung des Aales (Anguilla vulgaris). Einer sehr anschaulichen zusammenfassenden Schilderung der Fortpflanzungsgeschichte des Aales1), die uns Dr. 0. von Linstow bietet, entnehmen wir folgende Einzelheiten: Der Aal ist nächst dem Hering wohl der bekannteste Fisch Europas; um so wunderbarer ist es, dass seine Fortpflanzungsgeschichte, obgleich die Gelehrten sich länger als zwei Jahrtausende damit beschäftigt haben, völlig unbekannt war und erst in jüngster Zeit klargelegt werden konnte. Zahlreichen Irrtümern war man zum Opfer gefallen. So war zufällig der Darm eines ausgenommenen Aales angeschnitten worden, Darmwürmer, Ascaris labiata , waren in die Leibeshöhle gelangt und für junge Aale gehalten worden. In andern Fällen war es ein in der Leibeshöhle außen am Darm lebender Parasit, Ichthyonema sanguineum , der für junge Aalbrut gehalten wurde. Verzeihlicher war es, ganz junge, zu Zoarces viviparus gehörige Fische für junge Aale anzusehen; sie waren von einem Aal verschlungen worden und beim Ausnehmen des verletzten Darmes in die Leibeshöhle gelangt. Es wurden auch vom Aal verschlungene Eier andrer Fische für Aaleier gehalten. Die Fortpflanzungsgeschichte war und blieb ein ungelöstes Rätsel; die im Sü߬ wasser gefangenen Aale zeigten niemals entwickelte Geschlechtsorgane, und wenn 9 Vergl. auch Zool. Garten Jahrg. 1898 p. 130. t : ^ : •• . . Fr. Ct. 260 500.— 4 550.— 40 000.— 212.32 322 man auch fünfzehn in den deutschen und österreichischen Gewässern vorkommende Fischarten kannte, die in der Kegel im Meere leben und zum Zwecke der Fort¬ pflanzung in die Flüsse kommen, unter denen der Lachs, die Meerforelle, der Mai¬ fisch, das Neunauge und die Störarten die bekanntesten sind, so konnte man sich doch nur sehr allmählich zu der Annahme entschließen, daß es auch einen Fisch geben könne, bei dem es sich umgekehrt verhalte, der im Süßwasser lebe und her¬ anwachse, um sich dann zur Fortpflanzung ins Meer zu begeben. Unentwickelte weibliche Organe sind in dem großen, in unserem Süß wasser lebenden Aale schon lange bekannt. Rathke beschrieb 1838 zwei langgestreckte, links und rechts neben dem Darm liegende, manschettenförmige, von der Rücken¬ seite der Bauchhöhle herunterhängende Bänder, in denen zwischen den Fettzellen die Anlagen der Eier gefunden wurden, und Ben ecke gab davon eine schöne Ab¬ bildung. Jeder weibliche Aal enthält mehrere Millionen Eier, und wenn er sich anschickt, zur Fortpflanzung ins Meer zu wandern, so nehmen die 0,1 mm großen Eier an Größe zu. Yom August an beginnt das Wachstum, und im November, wenn die letzten reifen Aale das Süßwasser verlassen, sind die Eier etwas über 0,2 mm groß; die Eierstöcke sind aber auch in diesem Zustande immer noch als völlig unreif zu bezeichnen. Viel länger dauerte es, bis auch die unreifen männlichen Organe des Aales entdeckt wurden, was im Jahre 1874 Syrski gelang. Auch die männlichen Fort¬ pflanzungsorgane sind zwei lange, schmale Bänder, die an der Rückenseite links und rechts neben dem Darme befestigt sind und mit rundlichen Vorsprüngen in die Leibeshöhle hineinragen ; sie sind schmäler als die Eierstöcke. Es wurde an- gezweifelt, ob diese Entdeckung sich auch auf die Aale des Süßwassers beziehe, da Syrski seine Aale an der Meeresküste gefangen hatte; Feddersen aber wies 1893 nach, daß diese Organe auch schon in den Süß wasseraalen Vorkommen. Er. fand in einzelnen Fällen bis zu 80°/o Männchen. Die geschlechtlich noch nicht entwickelten Aale des süßen Wassers leben darin vier bis fünf Jahre, im Winter im Schlamme des Grundes verborgen. Haben sie dieses Alter erreicht, so treibt ihr Instinkt sie, ins Meer zu wandern zur Fort¬ pflanzung. Wie viele andere Fische zur Zeit der Fortpflanzung legt auch der Aal, wenn er ins Meer wandert, ein Hochzeitskleid an, wie Petersen gefunden hat. Die gelbliche Farbe verändert sich in eine silberne, die bisher graue Brustfloße wird schwärzlich, und, was das merkwürdigste ist, die Augen nehmen erheblich an Größe zu. Dieser Umstand findet seine Erklärung darin, daß das Fortpflanzungsgeschäft in großen Meerestiefen, sicherlich mindestens 500 m unterhalb des Meeresspiegels, vor sich geht, wo es finster ist. Viele Tiefseefische sind ja durch sehr große Augen ausgezeichnet, die das geringe pliosphorescierende Licht, das von den selbstleuchten¬ den Tieren ausgeht, besser auffangen können. Haben die Aale im Süß wasser, nachdem sie hier vier oder fünf Jahre gelebt haben, eine bestimmte Größe und Reife erreicht, so erwacht im Spätsommer und Herbst der unwiderstehliche Drang in ihnen, ins Meer zu wandern. Diese Wander¬ aale, auch Fettaale genannt, verlieren die Freßlust, ebenso wie die Lachse, die zum Laich geschäft aus dem Meer in die Flüsse ziehen, hier keine Nahrung zu sich nehmen. Angeln läßt sich der Zugaal infolgedessen natürlich nicht. Aus den ganzen Flu߬ gebieten beginnt die Auswanderung, und an den Mündungen der Flüsse bilden die ziehenden Aale dann gewaltige Scharen, die schon lange die Aufmerksamkeit der 323 Fischer auf sich gelenkt haben, da diese um die Zugzeit ihre Fanggeräte aufstellen und dann reiche Beute in Aalkörben machen. Feddersen machte die Beobachtung, daß in Dänemark die männlichen Aale früher ins Meer ziehen als die weiblichen ; die Hauptzugzeit der ersteren ist von Mitte Mai bis Mitte Juli, die der letzteren von Mitte August bis Ende September. Für die verschiedenen Länder ist überhaupt die Fangzeit der Wanderaale, die ja mit ihrer Zugzeit zusammenfällt, etw_as verschieden. Der Fang ist am ergiebigsten in finsteren und stürmischen Nächten. Im Meere, und zwar vermutlich in großen Tiefen, vollzieht sich nun die Ablage der Eier, die dann von den Männchen befruchtet werden. In der Ostsee ziehen die Wanderaale von allen Seiten nach den westlichen Teilen, deren Wasser das salzreichere ist, und von hier nach dem Sund und den Belten. Im Dezember und Januar dürften die Eier abgelegt und befruchtet werden. Nach beendigtem F ortpflanzungsgeschäft bleiben die Wanderaale im Meere, sie kehren nicht wieder in die Flüsse zurück; vermutlich sterben sie bald nachher. Die Eier schweben in den abvssischen Tiefen; durch Strömungen werden sie gelegentlich nach oben gerissen und werden dann mitunter aufgefischt. Baffaele fand sie im Golf von Neapel. Sie haben einen großen, die Dotterkugel umgebenden Baum; Öltropfen, wie sie in anderen Fischeiern Vorkommen, fehlen. Diese Eier, durchschnittlich 2,7 mm groß, wurden im August und November gefunden, und aus ihnen wurden die hier zu schildernden Larven im Seewasseraquarium gezogen. Aus diesen Eiern schlüpfen nach den allem euesten Entdeckungen von Grassi und Calandruccio kleine Fische, die zunächst noch wenig Ähnlichkeit mit Aalen haben und als Aallarven zu bezeichnen sind, die sich erst durch eine längere Metamorphose zu kleinen Aalen entwickeln. Auch die dem Aale verwandten Gattungen, die das Meer nie verlassen, Conger und Muraena, gehen aus solchen Larven hervor. Fischlarven kommen übrigens nicht häufig vor, jedoch lebt in unsern Gewässern ein Neunauge, Petromyzon planen, aus dessen Eiern sich zunächst wurmartige Larven, »Querder« genannt, entwickeln, die früher auch in der Wissen¬ schaft einen besonderen Namen, Ammocoetes branchialis , führten. Auch die Larve unseres Aales ist unter dem Namen Leptocephalus brevirostris lange bekannt, wurde aber für eine besondere Art gehalten; daß sie die Larve unseres Aales ist, haben kürzlich Grassi und Calandruccio nachgewiesen. Diese Larven sind 5 — 10 cm lange, seitlich zusammengedrückte, kleine Fische, die die merkwürdige Eigenschaft haben, daß sie farblos und so völlig durchsichtig sind, daß man wie durch Glas Buchstaben durch sie hindurch lesen kann. Im Wasser sind sie daher fast unsichtbar, nur die Augen sind erkennbar; Blut und Galle sind farblos, die Zähne s:nd verhältnismäßig groß. Gemeinsam mit dem Aal hat Leptocephalus die Eigenschaft, daß Rücken-, Schwanz- und Afterflosse zu einer einzigen Flosse verschmolzen sind. Während aber der Aal vorn einen walzen¬ förmigen Körper hat, ist der von Leptocephalus stark seitlich zusammengedrückt. Das Vorderende der Afterflosse und der After liegen bei Leptocephalus am Ende des zweiten Körperdrittels, so daß der Schwanz */a ausmacht, während er beim Aal 7 /15 der Körperlänge einnimmt, also verhältnismäßig viel größer ist. Bei Leptocephalus wie beim Aal reicht das vordere Ende der Rückenflosse um eine Kopflänge weiter nach vorn als die Afterflosse; die Wirbelzahl beträgt bei beiden 112 — 117, meist aber 114 — 115. Die Länge der eben beschriebenen Larve beträgt 60 — 77 mm. All¬ mählich vollzieht sich nun eine Metamorphose, die darin besteht, daß der Vorder- 324 körper walzenförmiger wird und Kücken- und Afterflosse mit dem After erheblich weiter nach vorn rücken, sodaß der Schwanz nunmehr 5/&, also etwas mehr als die halbe Körperlänge einnimmt. Die großen Larvenzähne gehen nach und nach ver¬ loren und werden durch die feinen Bürstenzähne des Aales ersetzt. Die Umwandlung der Larven in kleine Aale erzielten Grassi, Calandruccio und F i c a 1 b i in Seewasseraquarien. Bald wird der Körper vorn niedriger und walzenförmiger, der Körper wird pigmentiert und ist nicht mehr völlig durchsichtig, das Schwanzende macht etwa 2/g des Körpers aus. . Endlich wird die Form immer mehr aalartig, die Länge beträgt 58 — 73; meistens 65 mm, Blut und Galle färben sich. Nun hört zunächst die Nahrungsaufnahme auf, und das Tier, das jetzt dicht vor der Ein¬ wanderung in das Süßwasser steht, verkürzt sich etwas, durchschnittlich auf 61 mm, mitunter auf 51 mm. Die Metamorphose scheint ein volles Jahr zu dauern; die Larve findet sich häufig in den Monaten Februar bis September. Im Frühling wandern die ganz jungen Aale unter dem Zwange eines unwider¬ stehlichen Triebes in zahllosen Scharen in die Flüsse, meist nachts und bei stürmischem Wetter, um sich in das ganze Fluß- und Seengebiet, vom Meer bis zu den Alpen, zu verteilen, wobei sie die größten Hindernisse, Wehre und Wasserfälle mit größter Ausdauer überwinden. Diese Rückwanderung ist schon sehr lange bekannt; bereits R e d i berichtet 1667 darüber. Doch ist die Zeit der Wanderung in den ver¬ schiedenen Ländern nicht ganz übereinstimmend. Diese einwandernden jungen Aale sind 50— -116 mm, durchschnittlich 67 mm lang und 2 — 3 mm dick. Sie sind, wenn auch nicht so völlig glasartig durchsichtig wie die Larven, doch meist so sehr durchscheinend, daß man das Gehirn, die Kiemen, die Wirbelsäule und das rote schlagende Herz deutlich sieht. Sie bestehen aus Männchen und Weibchen. Sobald die jungen Tiere zur Ruhe gekommen sind, be¬ ginnt eine gelbe Farbe sich an der Bauchseite zu zeigen. Sie wachsen sehr schnell heran und haben in anderthalb Jahren schon eine Länge von 650 mm erreicht; im Winter verbergen sie sich im Schlamme der Gewässer; sie werden Raubaale genannt und sind infolge ihrer großen Gefräßigkeit leicht zu angeln. Im ganzen Donaugebiet und im Schwarzen Meere fehlt der Aal. Exemplare, die ganz vereinzelt hier gefangen worden sind, sind zufällig hineingeraten. Auch hat man Millionen von jungen Aalen in die Donau ausgesetzt, sie sind aber wieder verschwunden, und der Grund davon ist ohne Zweifel der, daß das Schwarze Meer nicht die nötigen Bedingungen für ihre Fortpflanzung bietet. Das Schwarze Meer steht zwar mit dem Ocean in Verbindung, enthält aber Brackwasser, denn sein Salz¬ gehalt beträgt nur l,9°/o. Für die Fortpflanzung des Aales ist aber wirkliches Meerwasser erforderlich, das 3,5°/o Salz enthält. Praktische Fischer, die von der hier mitgeteilten Entwicklungsgeschichte des Aales Kenntnis erhielten, haben den Einwand erhoben, Teiche, die mit keinem Flußlauf und somit auch nicht mit dem Meere in Verbindung stünden, seien doch von Aalen bewohnt, die jungen Tiere könnten also aus dem Meere nicht dorthin gelangt sein. Darauf ist zu erwidern, daß in solche Teiche bei den regelmäßigen Frühlingsüberschwemmungen nur zu leicht Wasser aus benachbarten Flußgebieten und damit junge Aalbrut gelangen kann. Und wenn es Teiche sind, die zu hoch und zu isoliert liegen, als daß an eine derartige Zufuhr zu denken ist, so hat man vorerst auf irgend eine unterirdische Verbindung mit benachbarten Gewässern zu fahnden, denn wir haben ja durch v. Stemann- erfahren, daß die jungen Aale auf ihrer Bergwanderung große Strecken in unterirdischen Wasseradern zurücklegen. — 325 — Vielleicht genügen aber auch nur unbedeutende Spalten und Risse im Erdreich, um den winzigen Tierchen die Einwanderung in scheinbar völlig abgeschlossene Becken zu ermöglichen. Von zoologischer Seite ist bemerkt worden, daß die als Leptocephalus be- zeichneten Aallarven bisher weder in der Nord-, noch in der Ostsee gefunden worden sind, daß man also für die Herkunft unserer heimischen Aale noch keine Erklärung habe. Möglicherweise sind in unsern Küstenmeeren die Wassertiefen nicht beträcht¬ lich genug und die jungen Aale kommen aus dem Ocean oder aus dem tiefen Polar¬ meere und benutzen die Nord- und Ostsee nur als Passage. Weitere Untersuchungen wrerden auch nach dieser Richtung hin bald Licht bringen. (Nach Zeitschr. f. Naturw. Halle Bd. 72, 1900, p. 317 — 330, 5 Figg.) Bttgr. L i 1 1 e r a t u r. News Bulletin of the Zool. Society of New York. No. 4, 1900. Fol. 8 pg., 8 Figg. Diese vornehm ausgestattete, anscheinend monatlich erscheinende Zeitung enthält zahlreiche prächtige Illustrationen und gute Schilderungen der Bauten und Tiere im neuen New Yorker Garten. Die uns vorliegende No. 4 bringt Dar¬ stellungen aus dem palmengefüllten Reptilhause, aus den Seitengalerien des Vogel¬ hauses und vom Schwiminvogeltciche und Notizen über die Mauser der Wasservögel, die beiden Eisbären, die verschiedenen Schildkröten (28 Arten in 80 Exemplaren, darunter Chelodina longicollis , Chelopus muehlenbergi , Testudo geometrica, JSfan- emys und Aspidonectes ), die kanadischen Hirsche, den Bison »Cleveland« und »McKinley«, den jungen Karibu und das jugendliche Moostier. Wieder andere Artikel der Nummer laden zum Beitritt ein (jährl. Beitrag $ 10), besprechen die Vorteile der Mitgliedschaft, die Vorgeschichte des Gartens und die verschiedenen Wege und Bahnen, auf denen der Garten von der Stadt aus zu erreichen ist. Bttgr. U. S. Department of Agriculture (Division of Biological Survey). North Ame¬ rican Fauna No. 17: Revision of the American Voles of the Genus Microtm by V. Bailey. Washington, Governm. Print. Off., 1900. 8°. 88 pag., 17 Figg., 5 Taf. In gefälliger Ausstattung liegt wiederum ein Heft dieser rüstig fortschreiten¬ den, groß angelegten Unternehmung vor uns, die sich bekanntlich die Aufgabe gestellt hat, die Säugetierfauna Nordamerikas, Mexikos und Westindiens gründlich zu erforschen und die gefundenen biologischen und systematischen Resultate allge¬ mein bekannt zu machen. Diesmal handelt es sich um die wirtschaftlich so schäd¬ liche Gruppe der Feldmäuse, und zwar speziell um die früher bei uns meist Arvicola genannte Gattung Microtus Schrank. Dieses in der nördlichen gemäßig¬ ten Zone wohnende Genus erreicht in Nordamerika in Bezug auf Arten- und Individuenzahl seine größte Entwicklung in der Kanadischen und in der sogen. Übergangsprovinz; nach Norden wie nach Süden überschreiten diesen Gürtel nur einzelne und meist nur lokale Formen. Der Verfasser bespricht in erster Linie Lebensweise, Fortpflanzung und Nahrung, verbreitet sich über den Schaden, den 326 viele Alten an Bäumen und Feldfrüchten anricliten und giebt Anleitung dazu, die Obstbäume vor dem Benagen von seiten dieser Tiere zu schützen und sie überhaupt zu vertreiben. Von keiner Art der Gattung Microtus ist bekannt, daß sie einen Winterschlaf hält, dagegen ist Nestbau bei ihnen sehr gewöhnlich. Diese Nester dienen sowohl als Wohnung und Schlafstätte, wie als Kinderstube. Junge kann man bei den meisten Arten das ganze Jahr über finden; ihre Fortpflanzung ist an keine bestimmte Jahreszeit gebunden. Das Material, auf dem die systematischen Untersuchungen des Verfassers basieren, besteht aus 70 Arten und Unterarten in 5—6000 Exemplaren von mehr als 800 Fundorten. Bailey trennt und charak¬ terisiert eingehend als Untergattungen von Microtus die Subgenera Microtus Schrank (mit 35 Arten und 15 Unterarten), Arvicola Lacep. (1 und 2), Pitymys Mc Mrt. (3 und 2), Lagurus Glog. und Chilotus Baird (mit je 3 Arten), Pedomys Baird (mit 4 Arten) und Orthriomys Merr., Herpetomys Merr. und Neofiber True (mit je 1 Art). Wie zu erwarten war, ist keine einzige Form mit einer euro¬ päischen übereinstimmend; als neu werden beschrieben zwei Arten — Microtus ( Microtus ) scirpensis aus Californien und M. ( Pedomys ) ludovicianus aus S. W.- Louisiana — und eine Unterart — M. [Microtus) californicus Peale var. constricta von der Küste Caiiforniens. Bttgr. Bibliographie der schweizerischen Landeskunde. Fauna Helvetica: Heft Vd. Fische. Zusammengestellt v. Dr. H. Fischer-Sigwart. Bern, Verlag von K. J. Wyss, 1900. 8°. 85 pag. — Preis fr. 1. — Aus dem großen naturwissenschaftlichen Sammelwerke »Bibliographie der schweizerischen Landeskunde« ist dieser Nachweis der Litteratur für die Fische soeben erschienen. Soweit es ein ferner Stehender, wie ich, beurteilen kann, ist das Werkchen mit Fleiß und Umsicht zusammengestellt und wird dem Naturforscher und Volkswirt bei einschlägigen Fragen sicher von großem Nutzen sein. Sind doch nicht weniger als 1400 Titel von Büchern und Abhandlungen, die sich auf Fische, Fischereiangelegenheiten und Fischgesetzgebung der Schweiz oder der Nachbarländer beziehen, hier in einem Bande übersichtlich geordnet vereinigt. Die Anordnung des Stoffes geschah nach folgenden Hauptgesichtspunkten: 1. Allgemeines, 2. Künst- iche Fischzucht, 3. Fauna der Nachbarländer, 4. Fauna der schweizerischen Seen, 5. Fauna Helvetica, 6. Fauna regionalis, 7. Fossile Fische und 8. Lebende Fische der Schweiz nach den Species geordnet, sowie Litteratur der einzelnen Arten. Bttgr. U. S. Department of Agriculture (Division of Biological Survey). Bulletin No. 12: Legislation for the Protection of Birds other than Game Birds by T. S. Palmer. Washington, Governm. Print. Off., 1900. 8°. 94 pag., 8 Figg., 2 Taf. Diese dankenswerte Arbeit bezweckt die Gesetze über Vogelschutz, die in den verschiedenen Staaten Nordamerikas augenblicklich in Geltung sind, vergleichend zusammenzustellen und Vorschläge zu machen, wie die Gesetzgebung verbessert und vereinfacht werden könnte, um den namentlich während der Brutzeit so notwen¬ digen Schutz für die Vögel noch zu verstärken, die für Ackerbau und Forstkultur besonders nützlich sind. Wohl 82% aller nordamerikanischen Vögel dürfen zu den indifferenten oder zu den nützlichen gerechnet werden, aber für ihren Schutz existieren kaum Gesetze, während für die übrigen 18%, die jagdbaren Vögel, wohl 327 90°/o aller Vogelschutzgesetze, die die amerikanischen Staaten herausgegeben haben, gelten. . Das vorliegende Buch bespricht in der Einleitung die Notwendigkeit, den Vogelschutz, ehe es zu spät ist, als eine nationale, nicht als eine lokale Einrich¬ tung aufzufassen und die Gesetze für die ganzen Vereinigten Staaten nicht blos möglichst einheitlich zu regeln, sondern auch zu handhaben, wie ähnliches z. B- in der Alten Welt zwischen Frankreich und der Schweiz bereits durch Gesetz vom Jahre 1885 eingeführt ist. Nach einer historischen Einleitung über die seit 1791 datierende Gesetzgebung in den verschiedenen Staaten Nordamerikas versucht der Verfasser eine Definition der jagdlichen Vögel, resp. eine Einteilung in nützliche, in schädliche und in Jagd- und Sportvögel zu geben. Praktisch führt er aus, daß übereinstimmend mit dem Vorschläge des Komitees für Vogelschutz der Amerika¬ nischen Ornithologen - Vereinigung nur die Mitglieder der Familien Anatidae, Ral- lidae, Limicolidae und Gallidae als Jagdvögel betrachtet werden möchten, die Tauben (namentlich Ectopistes migratorius , Columba fasciata und Zenaidura macrura ), Taubenspechte ( Colaptes auratus und cajjfer), Riedvögel (. Dolichonyx oryzivorus), Graslerchen ( Sturnella magna), Rotbug- Stärlinge (Agelaius phoeniceus) und Wanderamseln ( Merula migratoria) aber, die vielfach^ noch als Jagdvögel ver¬ folgt werden, teils als nützliche Insektenfresser, teils als der gänzlichen Ausrottung bereits nahestehende oder verfallene indifferente Vögel nach Kräften za schonen seien. Außer den oben summarisch genannten Jagdvögeln möchte Bailey am liebsten alle heimischen Vögel durch Gesetz geschont wissen, mit Ausnahme des Sperlings ( Passer domesticus). Sehr nötig sei auch die gesetzliche Schonung der verschiedenen Schmuckvögel, deren Federn und Bälge bis jetzt straflos verwertet zu werden pflegten, und der meisten Raubvögel, die notorisch vielfach mehr nützen als schaden. Ich will nur noch darauf aufmerksam machen, daß weitere wichtige Abschnitte des Buches die Listen der Vögel bringen, die in den einzelnen Staaten und in Kanada Schutz genießen, und die Aufzählung der Vögel, die als schädlich von jedem Schutze ausgeschlossen sind. So haben z. B. von 82 Staaten und Pro¬ vinzen 28 (resp. 80) den Sperling in Acht und Bann gethan. Daß die meisten Staaten unter Kaute len und auf bestimmte Zeit Vögel und Vogeleier für wissenschaftliche Zwecke zu sammeln erlauben, ist anzuerkennen; nur wünscht der Verfasser auch in dieser Richtung scharfe Kontrole und einheitliche Gesetzgebung. Einige Staaten machen eine Licenz für solches Sammeln von dem Gutachten zweier anerkannten Naturforscher, viele von einem bestimmten Mindest¬ alter des Empfängers der Erlaubniskarte oder von einer hohen Kaution und ausser¬ dem noch von der Hinterlegung einer Stempelgebühr abhängig. Den Schluß der sehr bemerkenswerten Ausführungen bildet der Abdruck von vier neueren Gesetz¬ entwürfen für Vogelschutz im Allgemeinen, für Schutz von Vögeln, die wegen ihrer Bälge oder Federn verfolgt werden, und für den Schutz der Jagdvögel, und weiter die Aufzählung der wichtigsten Lokalgesetze für Vogelschutz in den Einzelstaaten Nordamerikas und Kanadas. Die Arbeit ist eine ernste und gründliche, die darin niedergelegten Gedanken sind meist sehr beherzigenswert, aber ich fürchte, daß Jung- Amerika, wie ich es kenne, sich nicht wird abhalten lassen, in schonungs¬ loser Weise weiter zu wirtschaften, bis — außer dem Sperling — kein Wildvogel mehr das reiche Land bewohnt. Wohl aber können wir aus dem schönen und guten Buche für unsere deutschen Verhältnisse, ehe es zu spät ist, noch etwas lernen, und ich wünsche ihm deshalb auch bei uns die weiteste Verbreitung und empfehle dringend die Beherzigung seines beachtenswerten Inhalts. Bttgr. 328 Eingegangene Beiträge. Dr. H. M. v. K. in N. Y. (Verein. St.) Arbeit erhalten; das weitere brieflich durch den Verleger. Bücher und Zeitschriften. Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E. Beck-Corrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. XXIV. Jahrg., 1900. No. 32—33. Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr.J. Victor Carus. Leipzig. Wilhelm Engelmann. XXIII. Jahrg. 1900. No. 621. Die gefiederte 'Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber, -Züchter und -Händler in Magdeburg. Begründet von Dr. K. Ruß. Jahrg. 29, 1900. No. 32. Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London. Vol. 96, 1900. No. 2485—2486. Natur und Haus. 111. Zeitschrift für alle Naturfreunde. Herausg. v. M a x HesdÖrffer. 8. Jahrg. Heft 22. Berlin, Verlag v. Gust. Schmidt, 1900. The American Journal of Science. Edit. Edw. S. Dana. 4. Ser. Vol. 10. No. 55. New Haven, Gönn. 1900. Allgemeiner Bayerischer Tierfreund. Herausg. v. F. Ott. Würzburg 1900, Jahrg. 25, No. 32-33. Deutsche Botanische Monatsschrift. Herausgeg. v. Dir. Dr. G. Leimbach. Arnstadt (Thür.), 1900. 18. Jahrg., Heft 7. N erthus, 111. Wochenschrift f. Pflanzen- u. Blumenfreunde, Aquarien-, Terrarien- u. Vogel¬ liebhaber. Herausg. v. Ivriele u. Adolff, Altona-Hamburg, II. Jahrg., 1900, No. 32 -33. W. llaacke & W. Kuhnert, Das Tierleben der Erde. Berlin, M. Oldenbourg, 1900. Lief. 5. — Erscheint in 40 Lief, ä M. 1. — . De Pluimgraaf. Ge'illustr. Weekblad voor liefhebbers van Zang-, Sieraad- en Voliere¬ vogels, Pluimvee, Duiven, Konijnen enz. Herausg. v. C. L. W. Noorduijn. Haarlem, Erven Loosjes, 1900. Jahrg. 2. No. 33—35. G. W. & E. G. Peckham, un the Instincts and Habits of the Solitary Wasps. Madison, Wis., Publ. by the State, 1898. 8°. 215 pag., 14 Tat. Ch. Janet, Sur les nerfs de l’antenne et les Organes cliordotonaux chez les Fourmis. — Sep.-Abdr. Paris 1894. 4°. 4 pag., 2 Figg. Derselbe, Sur le systöme glandulaire des Fourmis. — Desgl. 1894. 4°. 4 pag. Derselbe, Reaction alcaline des chambres et galeries des mds de Fourmis. — Desgl. 1898. 4°. 4 pag. Derselbe, Sur un Organe non döcrit servant ä la fermeture du röservoir de venin et sur le mode de fonctionnement de l’aiguillon chez les Fourmis. — Desgl. 1898. 4°. 4 pag. Derselbe, Sur le mecanisme du vol chez les Insectes. — Desgl. 1899. 4°. 4 pag., 2 Figg. Derselbe, Etudes sur les Fourmis, les Guepes et les Abeilles. Notes 17 — 18. Paris, G. Carrö & C. Naud, 1898. 8°. 3o pag., 9 Figg. et 27 pag., 5 Figg., 3 Taf. Derselbe, Etudes sur les Fourmis, les Guepes et les Abeilles. Note 19. — Sep.-Abdr. Paris, Soc. Zool. de France, 1898. 8". 58 pag , 25 Figg., Taf. Berliner Entomolo gische Zeitschrift. Herausg. v. Entomolog. Ver. zu Berlin. Bd. 45, Heft 1—2. Berlin, R. Friedländer & Sohn, 1900. Scientific Transactions of The Royal Dublin Society. Ser. II., Bd. 7, Heft 2—7. Dublin, Williams & Norgate, 1899—1900. 4°. Seien tificProceedingsoftheRoy. DublinSociety. N.S. Bd. 9, Teil 1. Dublin, Williams & Norgate, 1899. 8°. and Index totheProc.andTransactions 1877—1898. Economic Proceedings of the Roy. Dublin Society. Dublin , W illiams & Norgate. Bd. 1, Teil 1, 1899. 8°. List of the Fellows of the Zool. Soc. of London. London, W. Clowes & Sons, 1900. 8°. 136 pag. MitteilungendesVereinsLuxemburger Naturfreunde „Fauna“. 8. Jahrg. 1898 und 9. Jahrg. 1899. Luxemburg, P. Worre-Mertens, 1899 u. 1900. 8°. Proceedings of the Royal Society. London, L900. Bd. 66, No. 430—433 and Re¬ ports to the Malaria Committee 1899—1900, 8°. 58. Jahresbericht des Museum Francisco-Carolinum. Linz, Verlag des Vereines Museum etc., 1900. 8°. G. Bancalari, Bibliotheks-Katalog des Museum Francisco-Carolinum. II. Nachtrag. Linz a. Donau, Vinc. Fink, 1900. 8°. p. 669 — 767. Laboratorium et Museum etClinicum. Centralblatt für alle Gebiete der Museums , Laboratoriums-, Klinik- etc. Einrichtuug. Herausg. v. Dr. F. Bruck. Berlin, J. S. Preuß, 1900. Heft 111. Bericht der Lese - u. Redehalle der Deutschen Studenten in Prag für 18 99. Prag, Eigner Verlag, 1900. 8°. 93 pag. Blätter f. Aquarien- u. Terrarien-Freunde. Herausg. v. W. Sprenger. 11. Jahrg. No. 13-16. Magdeburg, Creutzscher. Verlag, 1900. Der Weidmann. (Blätter lür Jäger und Jagdfreuude. Herausg. v. Dr. J. Müller- Liebenwalde. Bd. 31, Berlin 1900. No. 46. Tier-Börse. Zeitung für Tierzucht u. Tierhandel. Herausg. v. Dr. Langmann. Berlin, 14. Jahrg. 1900. No. 31 u. 33. Zusendungen werden direkt an die Veilagshaudlung erbeten. Nachdruck verboten. Druck von Reinhold Mablau, Fa. Mahlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M. Der Zoologische Garten . (Zoologischer Beobachter.) Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere. Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands. Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt. N°- 11. XLI. Jahrgang, November 1900. 1 n la sa. B i. Über das Vorkommen einer Blindmaus-Art in der Cyrenaica, nebst Bemerkungen über Spalax aegyptiacus und Sp. giganteus Nhrg. ; von Prof. Dr. A. Nehring in Berlin. (Mit 2 Ab¬ bildungen.) — Zur Akklimatisation des Moschusochsen ( Ovibus moschatu» ); von F. Mewius in Berlin. — Das Ende des Indischen Nashorns im. Hamburger Zoologischen Garten; von Direktor Dr. Heinrich Bolau in Hamburg. — Über zweckmäßige Eingewöhnung und Zähmung der Sperlingsvögel ; von Fritz Braun in Danzig. — Das Storchnest auf dem Chordach in Zotingen (Kanton Aargau) im fünften Jahre (1899) ; von Dr. II. Fischer- Sigwart in Zofingen. — Ein Erinnerungsblatt (Garrulus glandanus von Dr. Victor Hornung in Münster i. W. — Tierstimmen im Volksmunde; von Josef v. Pleyel in Wien. — Jahresbericht über den Tiergarten in Rotterdam 1899. — Briefliche Mitteilungen. — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. Über das Yorkommen einer Blindmaus-Art in der Cyrenaica, nebst Bemerkungen über Spalax aegyptiacus und Sp. giganteus Nhrg. Von Prof. Dr. A. Wehring in Berlin. (Mit 2 Abbildungen.) In einem kürzlich erschienenen Artikel der »Atti della Societa Italiana di Scienze Natarali«, Mailand, Sitzung vom 26. Nov. 1899, hat Ferd. Sordelli darauf hingewiesen, daß die merkwürdige Gattung der Blindmäuse (Spalax), welche man hauptsächlich aus Südost-Europa und West- Asien kennt, auch in der Cyrenaica (also im Gebiet von Ost-Tripolis) vorkommt. Diese Mitteilung gründet sich auf eine Bestimmung von E. Cornalia, der 1882 unter einer von G. Haimann aus der Cyrenaica mitgebrachten Kollektion kleinerer Säugetiere auch eine Spalax- Art vertreten fand. Die betr. Notiz Cornalias ist aber damals in keiner zoologischen, sondern in einer geographischen Zeitschrift veröffentlicht worden *); daher hat 9 Bolletino della Societa Geogr. Ital., 1882. Zoolog. Gart., Jahrg. XLI. 1900. 22 330 dieselbe in zoologischen Kreisen bisher keine Beachtung gefunden. Auch mir war sie bisher unbekannt geblieben, und ich konnte da¬ her bei Besprechung der von mir aufgestellten neuen Spalax- Arten *) noch keine Rücksicht darauf nehmen. Näher beschrieben ist der Spalax der Cyrenaica weder von Cornalia, noch von Sordelli ; doch wäre eine Beschreibung dieser Blindmaus sehr wünschenswert, um eine Vergleichung mit meinem Spalax aegyptiacus ausführen zu können. Jedenfalls ist das Vor¬ kommen einer Spalax-kxi in der Cyrenaica von großem zoogeo¬ graphischen Interesse. Bisher erschien der ägyptische Spalax als äußerster Vorposten der Blindmäuse.* 2) Um eine Vergleichung zu erleichtern, gebe ich hier eine bisher noch nicht veröffentlichte Abbildung des Schädels meines Spalax aegyptiacus , welcher zu dem Original-Exemplar des Berliner Museums für Naturkunde gehört. Das betr. Individuum ist völlig ausge¬ wachsen, wie der stark abgenutzte Zustand seiner Molaren beweist. Die Gestalt des Schädels erscheint sehr schlank und zierlich. Näheres findet man im Sitzungsb. d. Berl. Ges. Nat. Fr., 1897, p. 180 ff. Mit diesem Schädel stelle ich denjenigen meines Spalax gigan- teus aus der Gegend von Petro wsk (am Westufer des Caspischen Meeres) zusammen, um dem Leser den bedeutenden Unterschied in Größe und Form zu zeigen. Ich mache insbesondere auf die sehr auffallende Differenz in der Form der Parietalia (Fig. 2, pa) bei Sp. giganteus im Vergleich mit denen des Sp. aegyptiacus aufmerksam. Sordelli hat a. a. 0., p. 4, die Art-Berechtigung der von mir aufgestellten neuen Npate-Species angezweifelt ; ich möchte aber angesichts der beiden oben abgebildeten Schädel die Frage an ihn richten, ob er jemals solche Schädel-Unterschiede innerhalb irgend einer Nagetier-Species beobachtet hat? Wenn man solche Unter¬ schiede, zu denen noch wichtige Abweichungen im Gebiß und in der Färbung des Haarkleides hinzukommen, nicht als specifische gelten lassen will, so muß man konsequenter Weise die größere Hälfte aller Säugetier-Species einziehen. Nach, meiner Ansicht sind die Unterschiede der allgemein anerkannten Wolfs- und Schakal- 9 Siebe meine Mitteilungen in den Sitzungsberichten der Berl. Ges. Naturf. Freunde, 1897, p. 163 — 188, 1898, p. 1 — 8 und in »Zoolog. Anzeiger«, 1898, Nr. 555 und 567. 2) Berl. Ges. Nat. Fr. 1897, p. 180. Species, wenn man von den aberranten Gattungen Lycaon , Cuon und Chrysocyon absiebt und nur die Species des Genus Canis s. bei Alexandria. Ansicht von Fig. 2. Schädel des Spalax giganteus Nhrg. ad., von Petrowsk oben. Nat. Gr. Museum f. am Casp. Meere. Ansicht von oben. Nat. Gr. Landw. Naturk. in Berlin. Hochschule in Berlin. str. ins Auge faßt, kaum so groß, wie diejenigen, welche ich bei den von mir aufgestellten Spalax- Arten1) nachweisen konnte. Man vergleiche z. B. den Schädel eines Schakals mit dem eines Gemeinen Wolfes, und man wird keine so tiefgreifenden Differenzen feststellen können , wie die zwischen Spalax aegyptiacus und Sp. giganteus. Und falls man gar die zahlreichen Arvicola -, resp. Microtus -Arten, welche von den Mammalogen unterschieden worden sind, in Betracht zieht, so dürfte man sehr zufrieden sein, wenn man hier so gute, deutlich erkennbare Species- Charaktere zu erkennen und festzuhalten vermöchte, wie bei unseren Spalax- Arten. Ähnliches läßt sich von den Spermophilus-, Ardomys-, Aladaga-, Lagomys- Species etc. be¬ haupten. Es ist ja nicht unwahrscheinlich, daß alle Spalax- Arten von einer gemeinsamen Stammform abstammen; aber jedenfalls haben sich die Nachkommen derselben in den verschiedenen Distrikten von *) Siehe auch Satunin’s Aufsatz über »Spalax nehringi « im »Zoolog. Anzeiger«, 1898, Nr. 558 und G. Rad de, »Museum Caucasicum« Bd. I, p. 68, u. 102 nebst zugehöriger Tafel. 332 ;V' ; (■ Südost-Europa, West-Asien und Nord-Afrika derartig differenziert daß man eine größere Anzahl von gut erkennbaren, geographisch gesonderten Species unterscheiden kann. Zum Schluß will ich noch bemerken, daß, wenn man nur eine Species von Blindmäusen anerkennt, ihr Name unzweifelhaft Spalax microphthalmus Güldenstädt lauten muß, nicht Sp. typhlus Pallas. Ersterer Name stammt aus dem Jahre 1770 und ist von einer genauen Beschreibung seitens des Autors, von Abbildungen und einer exakten Heimatsangabe der beschriebenen Exemplare be¬ gleitet. Siehe Novi Commentarii Acad. Petropol., 1770, XIV, p. 409 — 440 nebst Tab. 8 und 9. Dagegen stammt der Pal las sehe Name erst aus dem Jahre 1778 (Nov. Spec. Glir., p. 154) und schwebt insofern gewissermaßen in der Luft, als Pallas die Pro¬ venienz der von ihm beschriebenen Exemplare nicht näher ange¬ geben hat, was zur Identifizierung mit einer der neuerdings aufge¬ stellten Arten notwendig erscheint. Zur Akklimatisation des Moschusöchsen (Ovibos moschatus). Von F. Mewius in Berlin. Einige der bemerkenswertesten Vertreter der arktischen Tier¬ welt, Walrosse und Moschusochsen, sucht man vergeblich in den zoologischen Gärten, was indessen aus klimatischen Gründen nicht so unerklärlich ist. Kürzlich wurde im Zoologischen Garten zu Kopenhagen ein dem Tierhändler Ha g e n b e c k gehöriges junges Walroß gezeigt, das im Verein mit Seehunden u. s. w. musikalische Produktionen zum besten gab, worin diese Tiere ebenso Hervorragendes wie die Elefanten leisten. Ob aber junge Walrosse in unserem ge¬ mäßigten Klima so lange leben, bis sie sich voll entwickeln, dürfte eine andere Frage sein, und ausgewachsene Walrosse, die Kolosse von 20 Centner Gewicht sein können und in ihren Hauzähnen eine mächtige Waffe besitzen, in lebendem Zustande zu fangen, ist bis jetzt überhaupt noch nicht gelungen. Eher dürfte es möglich sein, Moschusochsen, diese außerordentlich eigentümlichen Bewohner der arktischen Zone, nach Europa zu bringen, und in der That haben es sich einige der diesjährigen skandinavischen Polarexpeditionen zur Aufgabe gestellt, derartige Tiere zu fangen, um sie mit heimzu¬ bringen. Auch die Wissenschaft beginnt sich neuerdings eingehender mit diesen Tieren zu beschäftigen, denn während man sich bisher 333 darauf beschränkte, den Knochenbau und die äußeren Eigenschaften des Moschusochsen zu studieren, hat der Stockholmer Professor Nathorst von seiner vorjährigen Expedition nach Ostgrönland alle inneren Organe der erlegten Tiere mitgebracht, die gegenwärtig von Dozent E. Lönnberg in Upsala untersucht werden, so daß über die bisherige ungewisse systematische Stellung des Moschus¬ ochsen Aufschluß gebracht werden dürfte. Anfaugs glaubte man, daß diese Tiere nur im Norden Amerikas östlich vom Mackenzie¬ fluß zu finden wären, wo ihnen Eskimos, Indianer und Pelztierjäger nachstellten. Die Entdeckungsreisen der Polarexpeditionen während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts haben indessen ergeben, daß die Moschusochsen auch auf den Parry-Inseln und auf Grinnelland, sowie vermutlich noch an anderen Stellen des arktischen Archipels Nordamerikas Vorkommen. Von dort sind sie über den Smithsund und den Kennedykanal zum nördlichen Grönland gewandert, wo sie zuerst von der Deutschen Nordpolexpedition von 1869/70 festgestellt wurden, eine Entdeckung, die auch insofern von großem Interesse war, als sie schon damals die Schlußfolgerung zuließ, daß Grönland sich nicht allzuweit zum Nordpol erstreckt und daß auch die Nord¬ küste ein eisfreies Küstenland sein müsse, auf dem die Moschus¬ ochsen bis zur Ostküste gewandert sind. Infolge seiner großen ge¬ bogenen Hörner, seines langhaarigen, bis fast auf den Boden reichen¬ den Pelzes und seiner stechenden Augen macht der Moschusochse einen unheimlichen Eindruck, trotzdem er in Wirklichkeit so harm¬ los und neugierig ist, daß er beispielsweise während der Nathorstschen Expedition erst photographiert werden konnte, bevor mau ihm eine Kugel sandte. In dieser Beziehung bietet er also das reine Gegenteil vom Walroß, das äußerst argwöhnisch isb. Ob der Moschusochse, wenn wirklich lebende Exemplare nach Europa gebracht werden, hier fortkommt, scheint noch zweifelhafter als beim Walroß zu sein. Selbst schwedische Fachleute halten nicht einmal Lappland zur Akklimatisation für geeignet, weil weder Klima noch Nahrung da¬ selbst den Erfordernissen des Moschusochsen entspreche. Nach Professor Nathorst bilden Blätter und Zweige der Salix arctica , eines am Boden kriechenden Gebüsches, die Hauptnahrung dieser Tiere. Das Fleisch soll ähnlich wie Riudfleisch schmecken, ist aber beim Stier während der Paarungszeit infolge seines starken Moschusgeruches ungenießbar. Danach wäre also die Einführung des Moschusochsen in Europa , zumal die Milch nach den Erfahrungen der Deutschen Expedition wie die beste Kuhmilch schmecken soll und das Tier 334 friedfertigen Charakters ist, ganz am Platze, wenn sonst keine Schwierigkeiten beständen. Aber als Überbleibsel einer entschwun¬ denen Erdperiode, in der er das Mammut und das pelzgekleidete Nashorn zu Zeitgenossen hatte, dürfte der Moschusochse sich nur noch im äußersten Norden wohl fühlen. Indessen selbst dort ist er seines Lebens nicht sicher, denn abgesehen von den Polarexpeditionen erstrecken neuerdings auch die norwegischen Faugschiffer ihre Reisen schon bis au die schwer zugängliche Küste Ostgrönlauds, und Fang¬ schiffer erlegen alles, was sie bekommen können. Das Ende des Indischen Nashorns im Hamburger Zoologischen Garten, Von Direktor Dr. Heinrich Bolau in Hamburg. Das Rhinoceros unseres Zoologischen Gartens, eines von dessen ältesten Tieren, ist wegen unheilbarer Krankheit erschossen worden. Das Tier ist am 14. März 1870 jung in den Garten gekommen, hat also 30 Jahre 3 Monate hier gelebt. Bei seiner Ankunft war es 1,14 m hoch; zuletzt betrug die Rückenhöhe 1,73 m, der größte Leibesumfang war 3,96 m, die ganze Länge 3,25 m, das Gewicht des Tieres ist nach dem Tode auf reichlich 4300 Pfd. festgestellt worden. Davon kommen auf die Eingeweide rund 1100 Pfd. und auf die dicke, schwere Haut allein 470 Pfd.; sie hatte an dickster Stelle ein Stärke von 2,1 cm. Unser Rhinoceros war ein Indier, ein Einhörniges Nashorn, Bhinoceros indicus Cuv. Es war männlichen Geschlechts, hatte aber trotzdem den Namen einer indischen Fürstin »Begum« mitgebracht und ihn auch bis zu seinem Tode geführt. Eine üble Gewohnheit des Tieres hat ihm in den letzten Jahren häufig Schmerzen verursacht. Es pflegte nämlich das Horn auf der Nase gerne an Wänden und Planken zu reiben; an das Gitter ging es nie. Infolge davon ist das Horn, das übrigens beim Indischen Nashorn nicht von so beträchtlicher Länge ist, wie bei den afrikanischen Nashörnern, nie zur Entwickelung gekommen. Vorne auf der Nase ist immer statt des Hornes nur eine niedrige Wölbung vorhanden gewesen. Aus Rücksicht auf die üble Gewohn¬ heit des sonst in seiner Art so schönen Tieres habe ich, als vor 20 Jahren das neue Dickhäuterhaus erbaut wurde, um die Reibung zu vermindern, die Wand im Innern seines Käfigs auf das Sauberste glätten, außen im Freien vor den Mauern aber starke gehobelte 335 Planken aufstellen lassen. Schließlich war aber doch infolge der fortdauernd wiederholten heftigen Reibung eine Verletzung auf der Nase entstanden, die sich entzündete, und, wenn auch langsam, immermehr an Umfang zunahm und die knöchernen Teile des Kopfes ergriff. Alle Versuche, die Wunde zur Heilung zu bringen, waren bei dem Ungestüm des Tieres und weil die Wunde keinen Tag Ruhe hatte, vergeblich. Vor einigen Wochen zeigten sich dann auch noch alle Er¬ scheinungen einer Nierenkrankheit, die aber vermutlich mit der schweren Entzündung auf der Nase keinen Zusammenhang hatte. Das Tier ferner noch den Besuchern des Gartens zugänglich zu machen, war unmöglich ; es litt offenbar zu Zeiten große Schmerzen und tobte wild in seinem Käfig umher. Die Einrichtungen des Käfigs erwiesen sich bei solchen Gelegenheiten , was ich hier be¬ sonders erwähnen will, als durchaus zuverlässig und sicher. Schlie߬ lich mußte ich mich aber doch, um dem Leiden des Tieres ein Ende zu machen, entschließen , es töten zu lassen, es fragte sich nur, ob durch Erschießen oder durch Vergiften. Aus den wenigen Erfahrungen, die man in dieser Hinsicht anderwärts gemacht hat, weiß man, daß die Wirkung selbst der fürchterlichsten Gifte, wie Strychnin oder Cyankalium, bei derartigen Tieren eine sehr unsichere ist ; dagegen berichteten Rbinocerosjäger in Afrika, daß ein richtig angebrachter Schuß ein solches Tier sicher und rasch fällt. Ich entschloß mich daher, dem Leben des wertvollen Tieres durch Erschießen ein Ende zu machen. Herr Dr. Walter von Ohlendorff übernahm es, den Schuß abzugeben. Eine größere Anzahl von Jagdfreunden, die sich für die Sache interessierten, hatte sich am 12. Juni morgens im Dickhäuterhause eingefunden, unter ihnen der Erbprinz von Hohen¬ lohe-Schillingsfürst und Graf Joseph von Baudissin. Auch Herr Adolf Frank, der mich mit seinem Rat unterstützt hatte, stellte sich ein. Herr Dr. von Ohlendorff schoß aus einem Karabiner Modell 88 mit einem 8mm Vollmantelgeschoß. Die Kugel schlug auf der linken Seite des Tieres auf eine Rippe, zersplitterte sie und nahm danu ihren Lauf dicht über dem Herzen weg quer durch beide Lungen ; auf der anderen Seite der Brust schlug sie von innen wieder gegen eine Rippe, drang aber nicht durch. Das Geschoß selber ist auf seiner Bahn durch die hier 2 cm dicke Haut und die starke Rippe zersplittert, sodaß man bei späterer Untersuchung von ihm nur ein einzelnes größeres Stück wieder auffand. Der Schußkanal war etwa 70 cm lang. Der Schuß war von verhängnisvollster 336 Wirkung. Das Tier taumelte, stürzte, ein starker Bluterguß aus Nase und Mund erfolgte, und der Tod trat nach zwei Minuten ein. Die Sektion hat ergeben, daß die vermutete Nierenerkrankung vorhanden war. Beide Nieren waren durch und durch entzündet. Außerdem fand sich in der Leber eine gewaltige, mit rötlicher, kraukhalter Flüssigkeit erfüllte Blase. Der Schuß hat das arme Tier von noch längeren Leiden, die ohnehin sicher zum Tode geführt hätten, erlöst. Der tote Körper ist dem hiesigen Naturhistorischen Museum zum Geschenk überwiesen worden. Über zweckmässige Eingewöhnung und Zähmung der Sperlingsvögel. Von Fritz Braun in Danzig. Was bedeutet das Wort zähmen? — Im Grunde genommen nichts anderes, als ein Tier über seine Umgebung aufklären. Nimmt man ein Geschöpf der freien Natur aus seiner gewohnten Umge¬ bung heraus, bringt man es in gänzlich veränderte Verhältnisse, so erleidet der Zusammenhang seines Thuns eine sehr wesentliche Un¬ terbrechung. Vordem antwortete es auf bestimmte, äußere Reize mit ebens bestimmten Bewegungen, durch die Nahrung und Sicherheit bedingt wurden. Da plötzlich bleiben alle die gewohnten Reize aus, keiner von ihnen pocht mehr an die Thür seiner Sinnenwelt; etwas ganz anderes, fremde Dinge umgeben das geängstigte Geschöpf. Nur eine bekannte Erscheinung tritt ihm entgegen, der Mensch, den es vordem schleunigst zu fliehen gewohnt war. Der gewohnte Eindruck löst die gewohnte Bewegung aus, das gefangene Geschöpf will fliehen und lüftet die Schwingen, vergißt aber dabei, daß ihm die Weite nicht mehr gehört. Surrend sinkt es am Gitter seines Behälters zu Boden, und seinem Pfleger entschlüpft die mißmutige Bemerkung: »Der Vogel ist aber doch noch recht wild!« Wir pflegen Zusagen, der Mensch zähme die Wild¬ fänge; mit viel größerem Rechte könnten wir aber behaupten, daß sie sich selbst zähmen, müssen sie doch dabei eine ungleich größere Arbeit leisten als der Mensch. Dem Baum und dem Busch, dem Wald und der Heide entrückt, sehen sie sich plötzlich in einer gänzlich neuen Umgebung. Die unge¬ zählten, unsichtbaren Fäden zwischen dem Tier und den Dingen 337 sind zerrissen und müssen durch eine, wenn auch kleinere Anzahl neuer Fäden ersetzt werden. Ist das geschehen, weiß der Vogel dann auch, mit welchen Bewegungen er auf diesen oder jenen Sinnenreiz zu antworten hat, hat er durch gute und schlechte Er¬ fahrungen gelernt, wie die neue Umgebung auf ihn einwirkt, ist damit auch das Bild vom Menschen in dem Vogelhirn umgestaltet und verändert, daun pflegt sein Herr (dessen ganze Mühe in sehr vielen Fällen darin bestanden hat, den Vogel mit Speise und Trank zu versehen) befriedigt auszurufen: »Nuu habe ich den Vogel gezähmt!« Der stolze König der Schöpfung! Ein Tier zähmen heißt es orientieren, d. h. ihm die Möglichkeit verschaffen, sich über seine neue Umgebung klar zu werden. Wie schon oben betont, muß diese Arbeit zumeist vom Tiere geleistet werden. Menschen- und Tierseele sind denn doch nicht so direkt verbunden, daß der Mensch seinen Pfleglingen unvermittelt Auf¬ klärung über dies und das zu geben imstande wäre. Es ist dem Menschen nicht möglich, dem Tiere die Wesenheit der Dinge zu erklären. Wird z. B. der Vogel durch ein wehendes Tuch erschreckt, so kann der Mensch ihm nicht die Erkenntnis vermitteln, daß dieses Tuch unschädlich sei; erst wenn der Vogel bei ungezählten Wiederholungen jener Erscheinung wahrgenommen hat, daß sie ihm keinen Schaden bringt, ist er ihrer geistig Herr geworden. Deshalb müssen die Dinge selbst ihre stumme Sprache zu der Tierseele sprechen, damit das Tier sie begreifen lernt, und der Mensch kann nur dafür sorgen, daß dieses auch in der rechten Weise geschieht. Seine ganze Thätigkeit wird darin bestehen, den Gang der sinnlichen Eindrücke, die an den Sinnen des Pfleglings vorüberziehen, zu ordnen und zu regeln. Je weniger er selbst dabei in den Vordergrund tritt, desto besser ist es für die Sache, desto größer kann die Eigenthätigkeit des Tieres werden, desto größer die neue Erkenntnis seiner suchenden Sinne. Wie soll nun diese Aufklärung des Tieres vor sich gehen? Da der gefangene Vogel lernen soll, kanu der Tierpfleger vom Pädagogen, vom Lehrer lernen ; wie jener soll ja auch er einem anderen Wesen dazu verhelfen, auf bestimmte Reize zweckentsprechend und gesetzmäßig mit einer Eigenthätigkeit zu antworten. Will mau einem Lebewesen die Kenntnis unbekannter Dinge vermitteln, so darf man es nicht auf einmal mit einer Flut unge¬ ordneter Eindrücke überschwemmen. Der Vogel hätte von diesen stets nur einen ebenso ungeordneten Gesamteindruck und wäre nie- 338 mals imstande, wichtiges und unwichtiges zu sondern, er würde geblendet, aber nicht erleuchtet. Deshalb muß man sich darauf be¬ schränken, ihm die Erkenntnis einiger der wichtigsten Gegenstände zu ermöglichen, ohne die sein Dasein in der Gefangenschaft unmöglich ist. In mehr als einer Hinsicht sind die Käfige, die den gefangenen Vogel beherbergen, Lehrmitteln zu yergleichen. Den Eingewöhnungs¬ bauer könnte man zutreffend mit einer Elementarschule vergleichen, während dem späteren Behälter, dem Flugkäfig oder der Vogel¬ stube, die weitere Ausbildung Vorbehalten bleibt. Doch sonderbarer Weise muß das Schulgebäude hier auch zu¬ gleich den Lehrer ersetzen. Jeder Gegenstand in dem Käfig ruft dem Vogel zu »Sieh mich!«, immer wieder und wieder fällt der Blick des Frischfangs auf die wenigen Gegenstände, die sein neues Heim birgt, bis er sie schließlich begreift und beherrscht. Deshalb ist die Thätigkeit des Lehrers in unserem Falle schon abgeschlossen, wenn der Schüler in die Schule geht. Jedes Ding muß dann schon so gestellt, muß dann schon so befestigt sein, daß es dem Vogel gewissermaßen zurufen kann : »Sieh mich an uud erkenne mich, ich bin dies und ich bin das!« Die wichtigste Erkenntnis für den frischgefangenen Vogel ist die Erkenntnis dessen, was ihm in der neuen Lebenslage zur Speise dienen soll, denn ohne diese Wissenschaft muß er in kürzester Frist sterben und verderben. Deshalb müssen bei solchen Wildliugen, denen die Erkenntnis der Futterstoffe voraussichtlich Schwierigkeiten bereiten könnte, alle anderen Eindrücke der Umgebung abgefangen werden, so daß nichts Wissenswertes als allein das Futter den Sinnen des Gefangenen zugänglich ist. Dieser Bedingung wird im rings mit Zeug besponnenen, recht winzigen Kistenkäfig am ehesten entsprochen werden. In ihm breite man naturgemäße Futterstoffe, Würmer, Puppen, die gewohnten Nahrungssämereien des Vogels direkt am Boden aus. Fast jeder Vogel, mag er noch so ausschließlich am Stamm der Bäume, im Gezweig von Büschen leben, nimmt von Zeit zu Zeit wohl einmal ein Nahrungsteilchen vom Boden auf, niemals aber aus einem bestimmten Futtergeschirr. Deshalb sollte man dieses auch erst anweuden, wenn der Vogel in seiner Elementarschule, dem Einge¬ wöhnungskäfig, schon besser Bescheid weiß und gewissermaßen schon selber auf Entdeckungsreisen ausgeht. Aus dem gleichen Grunde wie Futtergeschirre sind auch Weich¬ futtergemische zur Eingewöhnung untauglich. Vom bekannten Be- — 339 — griff muß der Pfleger in jedem Falle ausgehen und erst durch Zwischenstufen zum unbekannten überleiten. Fast alle Weichfresser sind im Verschlingen ihrer Nahrung hastig und ungestüm. Mischt man aber Mehlwürmer und Ameiseueier mit den Teilchen des Weichfutters gut durcheinander, so werden au den bekannten Futter¬ stoffen wieder und wieder Teilchen der unbekannten, künstlich fabrizierten Masse hängen bleiben, bis der Vogel schließlich begreift, daß auch diese eßbar sind und der knurrende Magen den stets hungrigen treibt, auch mit ihnen vorlieb zu nehmen. In vielen Fällen wird man gut thun, den Blick des neuen Gefangenen nicht sogleich aufs Futter zu lenken, sondern zuerst an einen schon eingewöhnten Vogel einer verwandten Art zu bannen. Sperrt man diesen zu dem Neuling in den winzigen Käfig, so wird er sofort als das einzige Bekannte der neuen Umgebung bei dem Ankömmling im Mittelpunkt des Interesses stehen, ja dieses aus¬ schließlich füllen. Nachahmungstrieb und Futterneid thun dann das ihrige, so daß sich heikle Vögel auf diese Weise oft wunderbar leicht eingewöhnen. Es kommt vor, daß sich frisch eiugefangene Wildfänge recht trotziger Arten, die mau zu einem verwandten zahmen Vogel in den Käfig setzt, mit wilder Futtergier sogleich auf die Mehlwürmer, die Ameiseneier stürzen, wenn sie sehen, daß ihr Käfiggenosse sich darüber hermachen will. So unangenehm nun auch sonst der Futterneid der Gefiederten wirkt, in solchem Falle freut man sich seiner recht herzlich, hilft er doch mitunter über viele Mühen spielend hinweg. Währenddessen halte man sich selber möglichst im Hinter¬ gründe. Es ist am besten, wenn der Vogel den Menschen alseinen für ihn völlig bedeutungslosen Teil seiner Umgebung kennen lernt (wenigstens in der Anfangszeit). Macht er wieder und wieder die Bemerkung, daß das Thun des Menschen immer auf andere Dinge, niemals auf ihn selbst gerichtet ist, so verliert er schließlich alle Scheu vor seinem Herrn. Erst wenn mau zu diesem Punkte gelangt ist, sollte man mit den eigentlichen Zähmungsversuchen beginnen wollen. Bei einigen wenigen Arten (wie Ginclus aquaticus , Troglodytes parvulus , Älcedo ispida und ähnlichen mehr) bringt allerdings oft der allzuenge Eingewöhnungskäfig einen so naturwidrigen Eindruck hervor, daß die Vögel wie vernagelt dasitzen und sich um nichts, um rein gar nichts kümmern. In diesem Falle muß man es gerade mit dem Gegenteil versuchen und ihnen in einem recht, recht 340 geräumigen Käfig eine regelrechte Natur im Kleinen bieten, wie sie die Vögel im Freien umgiebt. Dieser muß man sie dann aber auch überlassen, wohl bewußt des Umstandes, daß man ihnen kaum etwas verdeutlichen kann. Ein Taubstummer, der einem Sehenden den Inhalt eines Buches vermitteln soll, thut am besten, er läßt ihn dieses selber lesen. Ähnlich steht es hier: Die V ögel wenden ihre Sinne ganz von selber ihrer Umgebung zu, und Erfahrung macht klug. Worte, Gesten und Geberden des gefürchteten Menschen sind ihnen in jedem Falle viel unverständlicher als das Wesen einer Ameisen¬ puppe, einer Wasserfläche, eines Sprungholzes. Des¬ halb soll man diese ihre stumme Sprache reden lassen und selber schweigen und niemals, das ist Anfang und Ende dieser kurzen Betrachtung, niemals ver¬ gessen, daß nicht der Mensch die Vögel zähmt, son¬ dern diese sich selber. Allerdings möchte ich einen Kunstgriff nicht unerwähnt lassen, dessen man sich zur Zähmung mancher Vogelarten recht gut be¬ dienen kann, weil er der Nähe des Menschen viel von ihrer schreck¬ haften Wirkuug nimmt. Bei Nacht- und Däramerungsvögeln wird mau allerdings damit keine Erfolge erzielen und sich deshalb ganz und gar auf Tagvögel beschränken müssen. Die Augen der echten Tagvögel sind zumeist darauf eingerichtet, nur im vollen Tageslicht ihren Dienst zu leisten ; in der Dämme¬ rung, bei Lampenlicht versagen sie, wenigstens anfänglich, fast gänzlich, sodaß sie dem Vogel dann nur ein sehr unklares Bild seiner Umgebung liefern. Infolgedessen lassen die Vögel bei Lampenlicht auch den Menschen sich weit mehr nahen als bei Tage ; mau kann auf die Tierchen eiureden, ihnen begütigend zusprechen, ohne daß sie ihre wilden Fluchtversuche machen, sodaß sie sich all¬ mählich au die Nähe des Gefürchteten gewöhnen und ihm dann auch bei Tage mit viel geringerer Scheu begegnen. Ich habe dieses Mittel vor allem bei Fringilla cannabina ange¬ wandt, unter denen ich oft recht unbändige Vögel erhielt. Allabend¬ lich setzte ich die Ungestümen auf meinen Arbeitstisch und konnte mich den sonst so ungefügen Geschöpfen bis auf Fußweite getrost nähern. Da redete ich dann wieder und wieder auf die ratlos gradeaus schauenden Tierchen ein, und wenn sie auch den Sinn meiner Worte nicht erfassen konnten, merkten sie doch allmählich, daß die Nähe des Menschen ihnen keine Gefahr brachte, und wurden Ui schneller und müheloser zahm als ihre Genossen, bei denen ich dieses Verfahren unterließ. Selbstverständlich wird man auch hierbei mit dem Individuell der Vögel zu rechnen haben. Es wird immer schwierig bleiben, von manchen Vögeln eine erschöpfende Beschreibung zu liefern, weil neben dem Artcharakter fast immer individuelle Abweichung ein¬ hergeht. Diese Weite des Temperaments, der Umfang der individuellen Abweichungen wird sich bei den einzelnen Arten nicht gerade leicht bestimmen lassen. Deshalb wird man gut thun, sich bei der Zäh¬ mung stets nach dem mehr schematischen Bilde, das die Wissen¬ schaft von der betreffenden Art giebt, zu richten und nicht nach dem noch unbekannten Individuell des betreffenden Vogels. Vor allem aber bedenke man stets, daß nicht der Mensch den Vogel zähmt, sondern dieser sich selbst durch Eigenthätigkeit seiner Sinne mit der neuen Umgebung abfindet. Das Storclinest auf dem Chordaeh in Zofingen (Ranton Aargau) im fünften Jahre (1899). *) Von Dr. H. Fischer - Sigwart in Zofingen. Das Jahr 1899 muß in der Zofinger Storchenchronik als ein Unglücksjahr bezeichnet werden, weil . . doch, man urteile selbst! Man las in den Zeitungen schon im Januar von einem Storch, der bei Basel über den Rhein geflogen sei. Doch könnte sich diese Nachricht wohl auf einen Fischreiher beziehen. Bei Zofingen flog erst¬ mals am 10. Februar ein Storch über das Chordaeh und weidete am 14. Februar in seinem bevorzugten Jagdgebiete, dem »Henzmann«. Auch anderwärts rückten die Störche um diese Zeit ein oder wenig später. Am 26. Februar kam ich vom Jura her nach Hägen¬ dorf in dem Momente, als einer vom dortigen Neste, das sich auf einer alten Birke befindet, Besitz nahm, währenddem im nahen Kap¬ pel, wo mehrere Nester existieren, diese schon seit einigen Tagen besetzt waren. Im nahen Brittnau kamen die Störche am 9. März an, bezogen das Nest aber erst nach dem 18. März. Während des ganzen Monates März zeigte sich beim Nest auf dem Chordach nur ein Storch, der oft tagelang abwesend war. Er J) Yergl. Zool. Garten Jahrg. 37, 1896 p. 99-107, Jahrg. 38, 1897 p. 108-113, Jahrg. 39, 1898 p. 156-161 und Jahrg. 40, 1899 p. 297-302. 342 war z. B. am 4., am 8., dann erst wieder am 17. Marz anwesend. Es war das alte Männchen, dessen Weibchen verunglückt sein mußte, und der wegen der Suche nach einem neuen Weibchen so oft ab¬ wesend war. Das hat aber seine Schwierigkeiten, denn es existieren viel mehr Storchenmännchen als Weibchen, welche letztere deshalb alle besetzt sind. Ende März war der Zofinger Storch noch unbe¬ weibt. Oft aber kam nun ein fremdes Paar, das ihm das Nest streitig machte, das er aber tapfer verteidigte. Er wollte es offenbar nicht preisgeben, sondern es im Notfälle allein behalten, um dann im Herbste unter den jungen Storchentöcbtern um eine Gattin zu wer¬ ben für den nächsten Frühling. Es fanden beim Neste fast täglich ernste Kämpfe statt, und das alte Männchen durfte den Platz kaum mehr verlassen, wenn es nicht um sein Heim kommen wollte, und auf die Suche nach einem Weibchen konnte es vollends nicht mehr gehen. Unter dem Zofinger Publikum aber wurden schon Stimmen laut , man solle den alten Einsiedler heruuterschießen , damit das neue Paar vom Neste Besitz ergreifen und brüten könne und die gute Stadt auch dieses Jahr junge Störche produziere. Das wurde natürlich nicht bewilligt. Inzwischen schienen die Verhältnisse auf dem Zofinger Chor¬ dache auch in höhern Storchkreisen Aufsehen erregt zu haben, und es wurde eine Deputation ausgeschickt, um dem tapfern Kämpen, der sein Heim so mutig verteidigte, von fern her eine Gefährtin zu suchen, und am 7. April kam eine Delegation von drei Storchen- gesandteu mit einer Störchin an, die, wie sich später zeigte, den Landesdialekt und die Landessitten nicht kannte. Die drei Gesandten blieben in würdevoller Haltung auf dem Chordache sitzen, während¬ dem der Witwer mit dem herbeigebrachten Weibchen eifrig klap¬ pernd Unterhandlungen pflegte. Als sie sahen, daß sich das Paar geeinigt hatte, entfernten sie sich, denn ihre Aufgabe war nun erfüllt, und auch die Kämpfe hörten nun auf. Mitte April begann das Brüten. Am 9. Mai wurde vom Wächterstübchen des Kirchturms aus eine Inspektion vorgenommen. Der brütende Storch war nicht dazu zu bringen, sich zu erheben, trotzdem eine rotweiße Fahne, die sich dort befand, hinausgestreckt und geschwenkt wurde. Ähnlich ver¬ hielt er sich auch später, so daß nie bestimmt werden konnte, wie¬ viel Eier sich im Neste befanden, und erst Mitte Juni konnte kon¬ statiert werden, daß vier Junge vorhanden waren. Am 17, Mai brüteten die Zofinger Störche noch oder hatten ganz frisch ausgeschlüpfte Junge, vom 20. Mai an fütterten sie. 343 Der jeweilen heimkehrende fütterte sie aus dem Kropfe, und der andere flog nun nach Nahrung aus. So wechselten sie beim Füttern der Jungen ab. Am 31. Mai geschah wieder, was schon voriges Jahr geschehen war; es wurde ein toter junger Storch aus dem Neste geworfen. Er fiel einem vorbeigehenden Manne beinahe auf den Kopf. Er war noch warm , nicht steif, wohlgenährt, maß von der Schnabelspitze bis zum Steiße 35 cm, bis zum Ende der gestreckten Füße 45 cm und wog 725 g. Am 19. Juli flogen die noch bleibenden drei Störche aus. Am 21. Juli verunglückte einer der Alten an einem Leitungs¬ drahte und wurde in die untere Apotheke in Pflege gegeben. Es war wahrscheinlich das neue Weibchen, das die Telephonleitungen noch nicht genau kannte. Es hatte an der Stirne eine kleine Wunde, schien aber sonst nicht verletzt, weshalb man es schon am gleichen Abend in den nahen Wiesen wieder fliegen ließ. Es flog aber sehr schwerfällig und schwankend gegen die Stadt, stieß in einem Garten an ein Haus und mußte wieder in Behandlung ge¬ nommen werden. Man brachte ihm durch Stopfen etwas rohe Leber bei, denn freiwillig fraß es nichts. Am 22. Juli gegen Mittag trug man nun den Kranken weit in die Wiesen des »Henzmann« hinaus und ließ ihn da im hohen Grase frei, in der Meinung, er könne sich dort die Nahrung verschaffen, die er wünsche, da er von dem gebotenen Fleische nichts annahm. Dort marschierte er umher ohne Flugversuche zu machen und näherte sich etwa nach einer Stunde dem Neubau bei der Siegfriedschen Fabrik. Von hier flog er, wahrscheinlich durch Arbeiter aufge¬ scheucht, der Stadt zu, konnte sich aber nicht so hoch erheben, daß er über die Häuser weg zu seinem Neste gelangte, sondern stieß hart an ein Gebäude, fiel herunter, blieb liegen und kam dann abermals in Behandlung. Er blieb zuerst einige Stunden auf dem hergerich¬ teten Lager aus Holzwolle liegen ; dann erhob er sich wieder und lief wankend umher. Ein Arzt konstatierte Gehirnerschütterung und verordn ete kalte Aufschläge über den Kopf, die er sich auch gern auf legen ließ. Am folgenden Tage schien er ein ganz anderer geworden zu sein, stand wieder stramm aufrecht, lief auch umher, fraß aber immer noch nichts, und gegen das Stopfen wehrte er sich energisch. Er klapperte auch einige Male, gab dadurch seine Sehnsucht nach der Familie und nach der Freiheit zu erkennen und wurde deshalb gegen Abend wieder ins Freie transportiert und im Felde ausgesetzt. Sofort flog der andere gesunde alte Storch vom Chordache, wo er den Tag über traurig gestanden und ebenfalls hin und wieder sehn¬ süchtig geklappert hatte, herbei, und bald war die ganze Familie bei dem Kranken versammelt. Es zeigte sich aber, daß nur noch zwei Junge vorhanden waren. Einer war, man konnte nicht aus¬ findig machen aus welcher Ursache, umgekommen und fand sich später tot in einem Wassergraben — schon der zweite der heurigen Brut ! Am 24. Juli machte der in den Wiesen ausgesetzte verletzte Storch im Laufe des Abends einen Versuch, sich auf das Dach der Landoltschen Fabrik zu schwingen, brachte das aber nicht zustande. Dann begab er sich in die Sennsche Gartenwirtschaft, wobei er beim Übergang über die Bahnlinie beinahe von einem Eisenbahnzuge überfahren wurde. Einige Knaben trieben ihn wieder sanft in die Wiesen hinaus, wo er seine Nahrung finden und sich besser erholen sollte als im engen Gewahrsam. Der gesunde alte Storch war in dieser Zeit wenig beim Neste, da er den Tag über dem kranken Gefährten Gesellschaft leistete. Am 25. Juli abends spät wurde der Kranke wieder eingebracht. Er hatte sich der Siegfriedschen Fabrik genähert und war dort, als er einen aufgeworfenen Erdhaufen besteigen wollte, mehrmals ein¬ gesunken. Es blieb nun nichts anderes übrig, als ihn ernstlich in die Kur zu nehmen, trotzdem er freiwillig keine Nahrung annahm. Am 26. Juli lag er lang ausgestreckt auf seinem Holzwollelager, und man erwartete sein Ende. Doch erholte er sich mittags wieder und wurde nun stündlich mit einem kleinen Stück Fleisch gestopft, wo¬ bei er sich jedesmal sträubte und zur Wehr setzte. Wenn man ihm eine größere Menge Nahrung ein stopfte, die für einige Stunden ge¬ nügt hätte, so gab er sie sofort wieder von sich, und so war man genötigt, ihm stündlich diesen Zwang anzuthun. Am Abend hatte er sich wieder ziemlich erholt und stand auf einem Beine ruhend. Inzwischen traf die Storchenfamilie ein neuer Unfall. Am 26. Juli, morgens 10 Uhr, verwickelte sich eines der zwei noch vorhandenen Jungen in einem Strange von etwa 20 Telephondrähten, der nahe beim Kirchhofe über die Straße führt, und blieb längere Zeit stram¬ pelnd und mit den Flügeln schlagend mitten darin hängen. Es gab einen großen Volksauflauf. Der Storch blieb fast eine halbe Stunde in den Drähten hängen, wurde immer matter und lag zeitweise mit weit ausgebreiteten Flügeln und herunterhängenden Beinen bewegungs« — B4ä — los darin, wie frei in der Luft schwebend, Schließlich kam er bei erneuten, verzweifelten Anstrengungen unten aus dem Strang heraus und flog schwerfällig die Straße hinunter, fand sich auch schließlich wieder beim Neste ein und schien nicht ernstlich verletzt zu sein. Er war jedoch schlimmer daran, als man anfangs glaubte, denn er flog jetzt nur noch selten aus. Das Fliegen machte ihm viel Be¬ schwerden, und er hatte dann immer große Mühe, das Nest wieder zu erreichen. Später flog er eine Reihe von Tagen überhaupt nicht mehr aus, sondern stand die ganze Zeit trübselig im Neste. Dann verschwand er und ward nicht mehr gesehen. Es konnte nicht aus¬ findig gamacht werden, was aus ihm geworden ist, und von der ganzen Storchfamilie, die im Frühling ans sechs Köpfen bestanden hatte, blieb nun nur noch ein alter und ein junger iutakt. Der kranke, in Pflege befindliche alte Storch erholte sich sicht¬ lich, nur war er nicht dazu zu bringen, die dargereichte Nahrung selbst zu sich zu nehmen. Ich mochte ihm bieten, was ich wollte, Riudfleisch, Leber, Kalbfleisch u. s. w., alles verschmähte er. Ich hielt ihm nach einigen Tagen, wo er doch etwas eingewöhnt sein sollte, das Fleisch an einem zugespitzten Hölzchen vor und erman¬ gelte nicht, ihm dazu einen Zuspruch zu halten. Er hörte scheinbar andächtig und verständnisinnig zu, ergriff dann aber das dargebotene ärgerlich mit dem Schnabel und warf es in eine Ecke. Dann erklärte ich ihm, ich müsse ihm nun Gewalt anthun, sonst verhungere er, nahm ihn zwischen die Beine, öffnete ihm mit einer Hand den Schnabel und schob ihm mit der andern den Bissen in den Hals hinunter, was ihn jedesmal mit Zorn und Ärger erfüllte. Durch diese Maßregeln entstand schließlich ein sehr mißliches Freundschaftsver¬ hältnis zwischen uns. Wie mir nun mitgeteilt wurde, war er bei seinem ersten Un¬ fälle nicht nur an eine gewöhnliche Drahtleitung, sondern in eine elektrische Kraftleitung geraten , dabei wahrscheinlich mit zwei Leitungsdrähten in Berührung gekommen und vom elektrischen Strom getroffen worden. Aus seinem Verhalten in den ersten Tagen, wo er stets schwankend und wie halb betäubt umherlief, konnte man auch vermuten, daß es sich wirklich so verhalte, und ein anderer Umstand sprach noch dafür. Am 28. Juli fiel mir und andern Leuten, die den Kranken besuchten, auf, daß das rechte Beiu grün geworden war, ohne daß es dabei irgend welche anderen Krankheits- erscheinungen zeigte. Der Storch nahm oft die bekannte ruhende Stellung ein, bei der er auf einem Beine stand und das andere in Zoolog. Gart., Jahrg. XLT. 1900. 23 346 die Höhe hob. Hierbei ruhte er bald auf dem grünen und bald auf dem roten Beine. Auch konnte man das grüne Bein berühren und anfassen, ohne daß er irgendwelche Zeichen von Schmerz oder Un¬ behagen zeigte. Es scheint mir, daß eine starke elektrische Ein¬ wirkung diese merkwürdige Erscheinung am besten erklären könnte. Nach einigen weiteren Tagen, in denen sich das Befinden des Storches zusehends gebessert hatte, nur daß er am linken Flügel sehr empfindlich blieb, sollte ich für einige Zeit verreisen, und dies bewog mich, ihn wieder in Freiheit zu setzen, und ich trug ihn weit hinaus in die Wiesen. Er konnte zwar nicht fliegen, blieb aber diesmal dort und konnte sich Nahrung verschaffen. Ich vernahm mit großer Freude bei meiner Rückkehr, daß er sich dort wohl befinde, und daß ihm die zwei noch gesunden Mitglieder der Familie täglich Ge¬ sellschaft leisteten. Es nahte nun die Zugzeit; am 6. August, morgens 6 1/2 Uhr, war auf dem Chordach großes Storchengeklapper hörbar. In den nächsten Tagen sab mau oft die zwei zum Wegzuge bereiten dort, den alten auf der Dachfirst, den jungen im Neste. Am 20. August gewahrte man zum letzten Male die Familie im »Henzmann« mit dem Kranken vereinigt. Am 22. August waren die zwei gesunden verreist, und der kranke blieb vereinsamt zurück. Ende August, als er noch nicht oder nur wenige Schritte weit fliegen konnte, wurde er oft von Kindern besucht, die mit ihm spielen und ihn ungeniert berühren, z. B. umarmen konnten. Mehr¬ mals wurde er auch von einem mittelgroßen Hunde angegriffen, der aber jedesmal mit wuchtigen Schnabelhieben bar ausbezählt und heimgeschickt wurde. Er machte auch wieder Flugübungen, flog auch schon auf weitere Distanzen, konnte sich aber noch nicht hoch über den Boden erheben. Er hielt sich noch anfangs November stets in den Wieseu des »Henzmann« auf, wo er genügend Nahrung fand und alle Nächte auf der Pritsche eines Baches übernachtete. Es war schon dafür gesorgt, daß ihm bei eiubrechendem Winter dort Nahrung hingelegt werden sollte, da fing er anfangs Dezember an, größere Streifzüge, zu unternehmen und veränderte auch seinen Nachtaufenthalt. Er wurde eine Zeitlang bei Brittnau beobachtet, wo man ihm, als am 8. Dezember größere Kälte eintrat, Fleisch verabfolgen wollte. Er flog aber fort, ehe man ihm nahekam, und es zeigte sich, daß er wieder ziemlich gut fliegen konnte, denn er flog, wie berichtet wurde, »haushoch weit weg«. 347 Während der Kälteperiode im Dezember wurde er bei Mehl- säken im Kanton Luzern gesehen, wo viele Quellbäche existieren, deren verhältnismäßig warmes Wasser ihm die Existenz erleichterte und worin er Nahrung suchen konnte» Hierbei zeigte sich wieder, wie übelwollend man in einigen Gegenden gegen die Tiere ist, denn es hieß sogleich, er fresse nichts als Forellen, als ob er diese von allen Fischen am schnellsten schwimmenden leichter fangen könnte als irgend einen andern kleinen Fisch oder ein anderes Tier, wie etwa einen Frosch. Die Zofinger Störche sind noch nie beim Fischen beobachtet worden, und die Störche im allgemeinen suchen ihre Nahrung nur in der Not, z. B. bei eintretender Kälte und Schnee, im Wasser, was etwa im Februar oder März Vorkommen kann, wenn sie schon anwesend sind. Aber auch danu sind sie nichts weniger als gewandte Fischer, sondern müssen sich, aus Mangel an Erfahrung, mit Groppen und andern kleinen Fischen, wohl auch mit niederen Wassertieren begnügen. Unser Storch hat die große Kälte im Dezember überlebt, denn er wurde nachher noch bei Mehlsäken gesehen und später bei Lang¬ nau im Kanton Luzern. Dann aber hörte man nur noch düstere Gerüchte, die vermuten ließen, daß er nicht mehr am Leben sei, und die Hoffnung zerstörten, er sei nachträglich noch nach dem Süden verreist. Es ist nun die Frage, ob nach all den Unglücksfällen, die dieses Jahr über unsere Storch familie hereingebrochen sind, das Nest im Jahr 1900 wieder bezogen wird. Da mit großer Wahrscheinlich¬ keit der überlebende alte das Mänuchen ist, so wird es Mühe haben, bis er wieder ein Weibchen hat, und die Frage kann nicht mit Be¬ stimmtheit bejaht werden. * * * Als Nachtrag zu unserer 1899er Storchenchronik soll noch der Kulmer Storchenfamilie Erwähnung gethan werden, wo, nachdem das dortige Nest viele Jahre hindurch verlassen war, sich im Früh¬ ling 1899 wieder ein Paar häuslich niederließ. Einer der jungen Störche verletzte sich dort beim ersten Ausfluge stark am rechten Flügel, indem er an eine Blitzableiterleitung flog. Er wurde von dem Kirchensigrist, Herrn Wilhelm Müller, in Pflege genommen und wiederhergestellt, indem dieser den Verwundeten in einem Verschlage im Baumgarten hielt und die beträchtliche Wunde mit Xeroform behandelte. Dieser Storch gewöhnte sich leicht an das Futter, das im Anfänge meist nur aus in Milch eingeweichtem Brote bestand. Später nahm er auch anderes Futter an, namentlich Groppen, — 848 — die ihm von den Schülern gebracht wurden. Sechs Wochen dauerte die Behandlung, bis er hergestellt war. Während der Zeit lief er aber bald frei herum und bezog auch ein auf einem hohen Stroh¬ hause errichtetes künstliches Storchnest, von wo aus er Flugver¬ suche unternahm. Die alten Störche verzögerten, wohl wegen dieses Jungen, um den sie sich zwar sonst während der ganzen Zeit wenig kümmerten, ihre Abreise bis zum 15. September. An diesem Tage kam die ganze Familie klappernd auf ein benachbartes Dach und lockte, bis er mit ihnen abreiste, trotzdem er noch nicht ganz per¬ fekt fliegen konnte und sich nie höher als 40 Meter über die Erde erhob. Die Behandlung dieses Storches wurde bedeutend erleichtert, weil es ein junger war, der sich sofort au die ihm gereichte Nah¬ rung gewöhnte, währenddem der verwundete alte von Zofingen lieber verhungert wäre, als freiwillig die ihm gereichte Nahrung anzu¬ nehmen. Das hat seine Behandlung sehr erschwert und ihm viel¬ leicht das Leben durch Frevlerhand gekostet. * * * Es erscheinen von Zeit zu Zeit in Zeitungen Nachrichten über merkwürdige Vorkommnisse im Storchenleben, die aber vorsichtig aufgenommen werden müssen, weil sie oft nicht an Ort und Stelle chronistisch notiert worden sind, wie die oben beschriebenen, sondern weil sie, wenn auch auf einer wahren Thatsache beruhend, doch durch Übertragung auf mehrere Personen vergrößert und entstellt wurden, oder weil eine Beobachtung nicht recht ausgelegt worden ist. Eine der merkwürdigsten Begebenheiten derart brachte jüngst die »Suisses mit der Angabe, daß nur die volle Zuverlässigkeit ihrer Quelle sie zur Wiedergabe veranlasse. »Die Eingebornen Algeriens verehren die Störche, die in ihren Dörfern vielfach nisten. In einem Dorfe Kabyliens hatte sich ein Storchweibchen so verwundet, daß es beim Wegzuge nicht mitkonnte, während sein Männchen sich dem Zuge anschloß. Im Frühling war der Flügel wieder geheilt, aber das zurückkehrende Männchen war ihm untreu geworden und brachte eine neue Gefährtin mit. Als diese Eier gelegt hatte, wurden sie von der verlassenen Gattin zer¬ stört, und als ihr untreuer Gatte sie hierfür züchtigte, geriet sie so in Verzweiflung, daß sie sich, nachdem sie sich hoch in die Luft hinauf geschwungen hatte, in das Feuer des Ofens einer Töpferei stürzte und sich so den Tod in den Flammen gab.« 349 Ein Erinnerungsblatt ( Garrulus glandarius). Von Dr. Victor Hornung in Münster i. W. Schon vor längerer Zeit entwarf ich in dieser Zeitschrift ein Bild von unserm Jakob. x) Ich machte die verehrten Leser eingehend bekannt mit seinem Sprachtalent und seinem lustigen Gebahren. Auch in den letzten Jahren fesselte er nach wie vor jedermann durch sein munteres Geplauder und war der ausgesprochene Liebling zahl¬ reicher Naturfreunde. Schon im vergangenen Jahre aber zeigte sein Gefieder nicht mehr die lebhaften Farben, und auch die Federn lagen nicht mehr so glatt am Körper an, wie dies bisher der Fall gewesen und wie es ein Zeichen ist für das Wohlbefinden und den Lebensmut eines Vogels. Dazu kam noch, daß Ober- und Unter- schuabel kreuzweise übereinander wuchsen und daß das arme Tier so nur schwierig Nahrung aufnehmen konnte. Wiederholt beschnitt ich ihm den Schnabel, auch stieß er die hindernden Teile aus eige¬ nem Antriebe ab. Reichte ich ihm Haselnußkerne, seine Lieblings¬ nahrung, so zerkleinerte er diese aber nicht wie ehedem mit kräf¬ tigen Schnabelhieben, sondern ließ sie unberührt liegen, während er sie früher in jeder beliebigen Anzahl entgegennahm. Hatte er keinen Appetit mehr nach ihnen, so versteckte er sie in den Höhluugen des in seinem Käfig befindlichen Stammes. Wurde die Voliere ge¬ legentlich einer gründlichen Reinigung unterzogen, so fand man in seinen Versteckplätzen nicht selten bedeutende Vorräte vor; trotzdem heimste er aber ein, was er nur erhalten konnte. Ich zerschnitt die Kerne nun in kleine Stücke und reichte ihm diese. Stückchen für Stückchen las er sie auch freudig und dankbar auf. In den letzten Wochen verschmähte er aber auch diese Kost; trotzdem unterhielt er uns aber noch mit seinen lustigen Reden. Ich sah wohl ein, daß der altersschwache Invalide uns nicht lange mehr erfreuen würde , jedoch mochte ich an sein Scheiden nicht denken , denn er war mein teuerster Genosse. Als ich das Gymnasium bezog, hielt der junge Bursche, der eben erst selbständig Nahrung aufnehmen konnte, in unserm Hause Einkehr. Groß war seine Anhänglichkeit an meine Eltern und Geschwister, und er war unbändig vor Freude, wenn man einige Worte an ihn richtete; er hob sodann seine Federhaube kühn empor, sprang lustig hin und her und erwiderte Worte, für deren Bedeutung uns leider das Verständnis fehlte. Ich besuchte später die Universität, und kehrte ich in den Ferien heim, so hieß J) Yergl. Jahrg. XXXVIII, No. 8 pag. 248: Der Eichelhäher etc. 350 er mich mit dem Ruf »Victor« freudig willkommen. Ich beendete mein Studium, und hielt ich gelegentlich in den heimatlichen Ge¬ filden Einkehr, so redete der liebe, gute Kerl erheiternde Worte zu mir. Schneller, als ich gedacht hatte, wurde er aber vom Tode hin¬ gerafft, ohne daß Jakob an einer Krankheit zu leiden hatte; am frühen Morgen lag der noch warme Körper am Boden des Käfigs da. Sein Gefieder war aber struppig, und so mußte ich darauf ver¬ zichten, ihm ausgestopft einen würdigen Platz in meinem Studier¬ zimmer anzuweisen, nur einige seiner blauen Federn habe ich mir zur Erinnerung an den teuren gefiederten Freund aufbewahrt. Wenig¬ stens an dieser Stelle möchte ich dem trauten Genossen aber doch ein kleines, wohlverdientes Denkmal setzen. Fünfzehn Jahre ist er in unserem Besitze gewesen, manche heitere und trübe Stunde hat er mit uns erlebt und hat manchem genußreiche Stunden bereitet. Von einer Krankheit wurde Jakob innerhalb des ganzen Zeitraums nicht heimgesucht, fröhlich und munter vollbrachte er tagtäglich^ jahraus jahrein sein Tagewerk, heitrer Sonnenschein beherrschte sein Leben. Nur in einem Sommer wurde er von einer Mißlichkeit er¬ griffen, wodurch sein fideler Sinn aber nicht im geringsten beein¬ trächtigt wurde. Wahrscheinlich durch Zugluft oder dadurch, daß ihm ein kleiner Fremdkörper ins Auge geflogen war, zog er sich eine lästige Entzündung des einen Auges zu. Durch den juckenden Reiz veranlaßt, rieb er es beständig so heftig am Drahte und an den Baumästen seines Gebauers, daß diese mit Blut befleckt waren. Das Übel wurde hierdurch natürlich nur noch vermehrt; das Auge schwoll gewaltig an und war schließlich vollkommen geschlossen. Nach und nach besserte sich der Zustand aber ohne mein Zuthun wieder, und die Geschwulst verlor sich in wenigen Tagen. So sehr hatten wir uns allesamt an diesen gefiederten Freund gewöhnt, daß seine Trennung uns schmerzlich berührte. Oft noch werde ich au den herben Verlust erinnert, wenn ein Vogelfreund mich besucht, in der Voliere nach dem Lieblinge schaut und nach dem alten Jakob fragt. Leer und verlassen steht das Gebauer nun da, das den fidelen Gesellen beherbergt hat, der jedem, der an seiner Wohnung vorbeiging, einige Worte zurief und der für Erwachsene wie für Kinder in gleichem Maße anziehend war. Lustig und possier¬ lich war stets sein Wesen, heiter und wohlgemut sein Sinn, und im Himmel der Gefiederten wird er sicherlich einen ehrenvollen Platz angewiesen erhalten haben. — 351 — Tierstimmen im Yolksmande, Von Josef v. Pleyel in Wien. Wer hat noch nicht gelegentlich gewisse Tierstimmen, zumeist aber Vogelstimmen durch menschliche Laute oder Worte zu ersetzen versucht? Ich glaube, in seiner Jugend hat es jeder von uns gethan. Zahllos sind die Vögel, die sich auf diese Weise in Volkskreisen einer gewissen Popularität, eines gewissen Rufes erfreuen. Jedem dieser gefiederten Freunde hat der Volksmund einen Ausspruch angedichtet, »in den Mund gelegt«, wie man wohl sprichwörtlich sagen kann, der heute oder morgen bald im Munde aller ist, die nur ein wenig Interesse an den gefiederten Bewohnern von Wald und Feld nehmen. Und so wollen auch wir heute versuchen, unsern Lesern über jene Tierstimmen im Volksmunde etwas zu erzählen. Der Schwalbe, unseres lieblichen Hausvogels, haben sich sogar die Dichter angenommen, und bekannt ist jene reizende Übersetzung des Schwalbengezwitschers: »Als ich fortzog, als ich fortzog, Waren alle Kisten und Kasten schwer; Da ich wiederkam, da ich wiederkam, War alles wüst und leer.« Wer kennt nicht Rückerts wehmütiges, im SchwalbensanS rhythmus gehaltenes: »Als ich Abschied nahm, als ich Abschied nahm, Waren Kisten und Kasten schwer ; Als ich wiederkam, als ich wiederkam, War alles leer.« Unser allbekannter Spatz wird im Volksmunde allgemein ver¬ spottet. Unersättlich soll er schreien »Meh, Meli« (mehr)! Alles, was er siebt, begehrt er, wie ein Mitarbeiter der Kölnischen Zeitung meint: »Will ich! Will ich!« Frech rühmt er sich noch unaufhörlich seines unsauberen Handwerks: »Dieb, Dieb!« Kaum sieht er, daß die Weizenkörner im Milchsäfte stehen, kreischt er seine ganze Spitz¬ bubengesellschaft herbei ; »Milch! Milch! Millich!« Und hat .er ’s her¬ aus, daß die fürchterliche Vogelscheuche nur ein alter Lappen auf ein paar Stecken ist, dann setzt er sich übermütig darauf und spottet: »Zwilch, nichts als Zwillich!« Und das verstehen seine Spießgesellen und fallen wie der Hagel in den Weizen und auf den verlockenden Kirschbaum. Treulich hilft ihnen dabei der schöne, sonst bescheidene Pirol und flötet vergnüglich schwelgend: »Viel, oh, viel, oh !« Kommt aber der Bauer mit der Schrotflinte geschlichen, da schreien die 352 pfiffigen Spatzen mörderisch: »Mich nicht, mich nicht; den, den, den !« und suchen eilig das Weite. Der Frühlingsbote, die Lerche, oder wie sie Karl Müller, der poetische Vogelkundige, nennt, die »Himmelslerche«, ruft zum Schöpfer empor »Dir, dir, nur dir !« Nach Annette von Droste- Hülshoff ruft sie heroldsgleich ins Blau: »Die Fürstin kommt! Die Fürstin kommt!« Unter sich die im Frühlingsprangen daliegende Erde erblickend jubelt sie nach R„ E. Ebert: »Die Welt ist schön ! Die Welt ist schön !« Dem Wachtelschlag, der zur Frühlingszeit die Felder erfüllt, wer hätte ihm noch nicht gelauscht? Wem kommt dabei nicht G. Kinkels wunderbarer »Wachtel¬ ruf« ins Gedächtnis: »Wenn im Lenz des Stromes Wellen schwellen, Wenn sie in der Sonne Gluten Hüten, Wenn das Korn in Wogen rauscht, Wenn die Blume Küsse tauscht Früh des Morgens vor dem Tag, Pik pik perik, So tönt im Feld der Wachtelschlag. Allwärts klingen dann die Lieder wieder, Allwärts wollen heiße Rosen kosen. Auch die Liehe bricht den Bann, Schleicht zu dem geliebten Mann, Fürchtet nicht den Tau im Hag, Wenn pik perik Sie lockt im Feld der Wachtelschlag. Will Frau Venus noch in Mauern trauern, Nicht sich zu erneutem Leben heben? Ja, sie naht mit mächt’gem Schritt, Reißt die Herzen und Hände mit, Nichts ihr widerstehen mag, Wenn pik perik Im Felde lockt der Wachtelschlag.« Der Volksmund deutet den gemütlichen Dreischlag in die from¬ men Worte: »Fürchte Gott! Fürchte Gott!« Mit »Guten Tag« be¬ grüßt sie den aufstrahleuden Morgen und beschließt den Tag mit dem Abendruf: »Dank sei Gott!« Doch noch anderen Auslegungen begegnen wir. Im Regen ruft sie: »Werd1 ich naß!« Auf dem Sand¬ boden: »Hartes Bett! Hartes Bett!« Kommt der Jäger, vor dem sie sich in Frieden weiß, dann sagt sie: »Fürcht mi nit! Fürcht mi nit!« Im ährenschwereu Felde, mitten in der reichen Segensfülle, die ihr Nestchen schützend umrauscht, jubelt sie: »Danket Gott! Danket Gott!« Nahen die Schnitter, so fleht sie: »Wehe mir, tritt mi nit!« Vom Stoppelfeld, über das nun der Wind frei weht, klingt ihr weh¬ mütiges : »Ist mir leid! Ist mir leid!« Beim Nahen des Herbstes klagt sie: »Harte Zeit ! Harte Zeit!« Nun zieht sie nach dem fernen warmen Süden, in dem ihr so viel nachgestellt wird und aus dem 353 sie wohl nie wiederkehrt nach den deutschen Feldern. Darum ruft sie noch im Scheiden dem Menschen zu »Bhüt di Gott! Bhüt di Gott!« Auch im Kinderlied hat der Wachtelschlag seine Nachahmung gefunden, uud die »Kölnische Zeitung« teilt uns einige interessante Proben davon mit. So z. B. das bekannte »Pikderwik, mein Mann ist Schneider« uud »Käs und Brot schmeckt mer nit!« In der Mark heißt es, die Wachtel rufe: »Pack Tabak! Pack Tabak!« Die Bauern in der Ernte aber sagen, sie rufe: »Bück den Bück! Bück den Bück !« In Frankreich prägt sie zur selben Zeit, da der Segen des Ahrenfeldes den Scheuuen im schwerbeladenen, schwankenden Ernte¬ wagen zugeführt wird, dem Bauern den beherzigenswerten Spruch ein: »Paie tes dettes! Paie tes dettes ! (Bezahl deine Schulden !)«. Die deutschen Präzeptoren des Mittelalters, die alles nur mit lateinischen Augen ansahen, erklärten ihren Discipulis den fröhlichen Wachtel¬ schlag mit »Die cur hic? (Sprich, warum hier?)«. Hier und da heißt die Wachtel deshalb auch der Dickricksvogel. So hat jeder Vogel seinen eigenen Buf, seine Sprache, die dem Volke dadurch verständlich wird, daß es sie in Worte umsetzt. Fast alle Vögel, die mit dem Menschen inniger in Berührung kommen, »sprechen« sozusagen etwas aus, der Volksmund hat sich ihrer Sprache bemächtigt, und mein Gewährsmann meint, schließlich der Hausvögel gedenkend, »die Tauben rufen schon im Märchen vom Aschen- brödelchen: Buckedigu , voll Blut ist der Schuh!« Und der Hahn empfängt die Goldmaria mit seinem »Kikeriki, unsre goldene Jungfrau ist wieder hi!«, während er die Pechmaria die faule nennt. Die Ente stürzt sich, wenn sie mit der ganzen Festlandswelt zerfallen ist, in den grünlichen Pfuhl und hadert verächtlich : »Pracherwerk, Pracherwerk! (Bettler werk)«. »Wat, wat, wat is denn dar to dohn?« (Was ist denn da zu thun ?) gackert die Henne, wenn sie das Nest verbergen will, in das sie soeben ein Ei gelegt hat. Oder sie ruft, sobald sie gelegt hat: »Ich bin Soldat! Ich bin Soldat!« Dann ge¬ bietet ihr der stolze Hahn: »Ducke dich, ich bin Korporal!« Ruft er am dämmernden Morgen mit geschlossenen Augen, damit die Hennen sehen sollen, er kann’s auswendig, sein helles Kikeriki, dann übersetzen es die gähnenden Knechte und Mägde mit: »’S is noch zu früh !« Blickt er auf den reichen, wohl besetzten Hof, so prahlt er: »Lauter riek Lü! (Lauter reiche Leut’ !)«. Auf manchem Bauern¬ hof freilich schreit er schon bei Tagesanbruch : »Mein Herr ist viel schuldig!« Da schwebt die Trommeltaube herzu und versichert gravi¬ tätisch: »Wird’s schon bezahlen, wird’s schon bezahlen, wird’s schon — 354 — bezahlen !« Aber drinnen im Stalle schreit das dumme Schaf, wenn es auch nicht zu den Vögeln gehört: »Nimmermeh, nimmermeh !« So deutet das Volk jeden Vogelruf und jede Vogelstimme an¬ ders. Der Vogel spielt nicht allein, wie die Schwalbe und der auf dem Hausfirst nistende Storch, als Glücksbote bei dem deutschen Bauern eine Rolle, auch der slavische Bauer hat diesen Volksglauben. Bei meinem Aufenthalt in Bulgarien hatte ich oft und viel Gelegen¬ heit dies zu beobachten. Der Skope (bulgarische Landmann) verehrt seinen Kaiseradler und seinen Storch. Beide Vögel sind ihm sozu¬ sagen heilig, unverletzlich. Sein Volksglaube geht dahin, daß der auf dem Dache brütende Storch das Gebäude vor Blitz und Feuers¬ gefahr schütze und daß der außerhalb der Ortschaft auf einem hohen Baume horstende Kaiseradler die Fluren vor Hagelschlag bewahre. Den Vogelsang haben unsere hervorragendsten Poeten zum An¬ laß schwungvoller Dichtungen genommen. Alle Nationen erblicken in ihm die poetischste Entfaltung des Vogellebens, und in so man¬ cher Stadt dienen eigene Vereinigungen dazu, den Vogelsang, das Vogel lied zum speziellen Studium zu erheben. Hierin ist Wien allen anderen Städten voraus, Wien mit seinen Vogelliebhabern und Gesaugskeunern. Wien mit seinen » Wienerwald-Blatteln«, »Gelben Spöttern« und »Finken« nimmt wohl unter allen Städten in dieser Beziehung den ersten Rang ein ; haben wir doch eine Menge Ver¬ einigungen und Tischgesellschaften, die sich den »Vogelsang« als eigenes Studienobjekt erwählt haben, so den »Verein der Vogelfreuude edler Sänger«, dessen Mitglieder die besten »Wienerwald-Blatteln« besitzen sollen, und so manchen andern Verein, der fast ausgestorhene Finkenschläge durch sorgsames Anlernen der Jungen dadurch vor dem Schwinden bewahrt, und dessen Mitglieder die besten Finken von Wien halten. Es ist eine alte Liebhaberei, die Wiener Vogelliebhaberei, und die Schwarzseher, die ihr schon vor einigen 20 Jahren ein trübes Prognostikon stellten , sie sollten heute sehen , wie sie blüht und gedeiht, wie sie wächst und Jünger um sich schart trotz Klagen über schlechte Zeitverhältnisse und trotz der Geschäftsmisere und was drum und dran hängt ! 355 Jahresbericht über den Tiergarten in Rotterdam 1899. Die diesjährige Generalversammlung der Mitglieder des Kotterdamer Gartens fand am 27. April 1900 unter Vorsitz des Herrn C. H. van Dam, Vorstandes der Verwaltung, statt. Dem vom Schriftführer, Herrn M. Reepmaker, erstatteten Jahresbericht entnehmen wir die nachstehenden Angaben. Daß die Mitgliederzahl stetig zunimmt, darf als ein erfreuliches Zeichen der Blüte und des Aufschwunges des Kotterdamer Tiergartens gelten. Im Vergleich zum vorigen Jahre setzte sie sich aus folgenden Kategorien zusammen: 31. Dez. 1898 31. Dez. 1899 Einheimische Mitglieder . Gönnerinnen . Auswärtige Mitglieder . Auswärtige Gönnerinnen . Besitzer vön persönlichen Eintrittskarten Söhne von Mitgliedern ....... Ehrenmitglieder . Außerordentliche Ehrenmitglieder . . . 3291 497 232 7 967 402 134 67 3356 488 236 8 1037 388 132 65 5597 5710 Eintrittskarten wurden im Jahre 1899 ausgegehen 33 337 zu 50 Cents an Fremde und an Stadtbewohner, an letztere aber nur, soweit sie keine Mitglieder sind, statutengemäß während ganz bestimmter Tage im August und September. Weiter wurden abgegeben 8014 Karten zu 25 Cents an Kinder, 26 063 zu 25 Cents an Arbeiter und 1555 zu fl. 1 an Fremde aus Anlaß der Abendkonzerte. . In Summa 68 969, also 12 848 mehr als im Vorjahre, eine der höchsten Ziffern seit der Eröffnung des Gartens, die man wohl in erster Linie dem prachtvollen August¬ wetter des letzten Jahres zu verdanken hat. Monatskarten wurden gelöst 17 für Dienstpersonal, 157 für Erwachsene und 8 für Kinder, Zweiwochenkarten 14 für Dienstpersonal, 133 für Er¬ wachsene und 26 für Kinder, zusammen 355 gegen 521 im Vorjahre, eine Folge der auf der vorletzten Generalversammlung beschlossenen Besuchsordnung, die sich fortdauernd mehr bewährt, indem z. B. die Zahl der Billete für eingeführte Fremde sich heuer von 1685 auf 2057 erhöht hat. Weiter wurden noch ausgegeben 240 Erlaubnisscheine zum Mitführen von Kinderwagen auf bestimmten Wegen und in bestimmte Gartenteile und 171 Zugangskarten zu dem Thor am »Kruiskade« bei Konzertabenden. Um die Kirmeszeit erhielten die Pfründner und die Schüler der schulgeldfreien Volksschulen — mit Ausnahme der zwei jüngsten Altersklassen — wie alljährlich die üblichen Einladungen zum Besuche des Gartens. Von dieser Vergünstigung machten 17 243 Kinder Gebrauch, die bei dieser Gelegenheit auf Kosten der Mit¬ glieder auch noch mit Erfrischungen bewirtet wurden. Auch eine große Anzahl von Schülern anderer Gemeinden, die Zöglinge der Landwirtschaftlichen Schule zu Wageningen und der Gartenhauschule zu Gent, sowie die Mannschaften des Torpedo¬ bootes No. 154 und des französischen Kreuzers Bougainville durften kostenfrei den Garten besuchen. Die Tier Sammlung hat sich auch im letzten Jahre durch Geschenke, Ankäufe, Tausch und Geburten erfreulich vermehrt. An der Verbesserung der 356 Tierhäuser und Stallungen wurde unausgesetzt gearbeitet. So konnte ein dritter Stallraum für die verschiedenen Schweinshirsche hinter dem großen Yogelpark errichtet und die dazu gehörigen Laufräume eingezäunt werden. Begonnen wurde der Bau einer Reihe von Unterkunftsräumen für Pelikane, Schwäne und Gänse, die im Laufe des Jahres fertiggestellt worden sind. Den gärtnerischen Anlagen, denen von jeher die größte Aufmerksamkeit gewidmet wird, kam das ausgezeichnete Wetter im August und September beson¬ ders zu gute. Die Blumenpracht war im Jahre 1899 geradezu hervorragend. Die Felspartie für Alpenpflanzen wurde vergrößert und mit einer neuen, aus der Schweiz direkt bezogenen Kollektion von alpinen Ziergewächsen besetzt. Da dieser Versuch sich gut bewährt hat, sollen dieses Jahr die beiden Felspartien am Victoria Regia-Haus auf die gleiche Weise umgearbeitet und bepflanzt werden. Auch im letzten Jahre wurde eine Anzahl schöner Treibhauspflanzen geschenkt. Am westlichen Pavillon des Gesellschaftshauses wurden umfangreiche Repara¬ turen fertiggestellt. Die Konchyliensammlung des Museums wurde katalogisiert. Auch die Bibliothek konnte durch Zeitschriften und einige neue zoologische Werke vermehrt werden. In den Monaten Januar bis März hielt Herr Dr. Büttikofer sehr gut besuchte populär-wissenschaftliche Vorlesungen mit Demonstrationen. Konzerte fanden 34 an Abenden und 18 an Nachmittagen statt, von denen das am 30. Juli abgehaltene sich durch den Vortrag einer Festkantate durch 800 Schulkinder auszeichnete, während die vom 1. und 3. September mit Feuerwerk verbunden waren. Da der jetzige Pächter der Wirtschaftsräumlichkeiten von seinem noch auf zwei Jahre lautenden Kontrakt zurückzutreten wünschte, wurde ihm dies gegen eine Zahlung von fl. 4000 mit dem 1. Mai 1900 zugestanden. Der neue Pächter ist vorläufig auf zwei Jahre zu den alten Bedingungen kontraktlich verpflichtet worden. Durch den Tod schied aus der Verwaltung der langjährige Kassierer der Gesellschaft, Herr A. van Stolk Izn.; an seine Stelle trat Herr Alph. Remy. Von dem erstgenannten erhielt der Unterstützungsfonds ein steuerfreies Legat von fl. 1000. In einem Rückblick gedenkt der mir vorliegende Bericht sodann der günstigen Entwickelung, die das Jahr 1899 dem Garten gebracht hat, und hebt hervor, daß während der zweiten Hälfte des Zeitraums seit seiner Eröffnung das Institut in fortdauerndem erfreulichem Aufblühen geblieben ist. Auch die materielle Lage giebt zu Befürchtungen keinen Anlaß. Die Finanzen stehen recht gut. Die Einnahmen betrugen fl. 171 924.83. Dabei ist zu bemerken, daß die Ziffer für Beiträge von seiten der Mitglieder sich um fl. 3240 und die Eintrittsgelder von seiten der fremden Besucher sich um fl. 4280 höher beliefen als im Jahre 1898. Die Ausgaben erreichten die Höhe von fl. 171 844.12, so daß die Rechnung mit einem Saldo von fl. 80.71 abschloß. Die Bureaukosten betrugen fl. 1200, die Ausgaben für Trink wasser fl. 900, für Futter fl. 1300 und für Unterhalt der Gebäude fl. 4280 mehr als im Vorjahre. Das zur Vergrößerung und Verschönerung des Tiergartens verfügbare Kapital, das am 1. Januar 1899 mit fl. 26 326.63 zu Buch stand, hat sich durch den Verkauf des Wiesenlandes »Beukelsdijk« um fl. 242 000 und durch Zinsen von dieser Summe noch um weitere fl. 770 erhöht und steht jetzt Ende Dezember 1899 auf fl. 269 096.68. Der Reservefonds wurde um das erzielte Saldo von fl. 80.71 vermehrt und beträgt augenblicklich fl. 1414.45. Zum Zwecke der Auslosung von 25 Anteilscheinen zu fl. 125 konnten diesmal fl. 8125 zurückgestellt werden. Die Bilanz schloß mit fl. 1 260 645.28 in Soll und Haben. Das Kapital des Unterstützungsfonds betrug am Schlüsse des Jahres fl. 16 591.13. Der Auszahlungsfonds der Unterstützungskasse, der am 1. Jan. 1899 fl. 3 559.43 betragen hatte, stieg im Laufe des Jahres um fl. 1797.41, während er sich durch Auszahlungen um fl. 1584.32 verminderte, so daß er sich Ende Dezember 1899 auf fl. 3772.52 belief. Möchte doch die Direktion, die das Licht gewiß nicht zu scheuen hat, uns, wie wir schon öfters bemerkt haben, außer all diesen ja recht schätzenswerten Mitteilungen auch alljährlich über Tierbestand und Tierbewegung einige Andeutungen geben! Bttgr. Briefliche Mitteilungen. Cincinnati (Ohio), 24. August 1900. Schon lange habe ich cs mir vorgenommen, Ihnen wieder einmal über den hiesigen Zoologischen Garten zu berichten; aber ich wollte erst ab warten, ob und wie er unter seiner neuesten Leitung prosperieren würde. Seiner Zeit haben Sie ja wohl erfahren, daß nach einer beispiellosen Mißverwaltung der Garten, d. h. die Gebäude und Tiere, nicht der Grund und Boden, auf richterlichen Befehl für $ 75 000 — die Gesamtsumme der Schuld — an ein Syndikat verkauft worden ist. Der frühere, vom Gericht eingesetzte Masseverwalter hat dann in einem ein¬ zigen Jahre die Schuld um $ 10 000 verringert und nebenbei eine ganze Anzahl von wertvollen Tieren — schwarze Panther, Zebras, Gestreifte Hyänen, einen Schim¬ panse u. s. w. — angeschafft. Der neue Verwaltungsrat sucht nun das verlorene Terrain wieder zu gewinnen und giebt sich alle Mühe, durch vielfache Verbesse¬ rungen und namentlich durch Vergrößerung des Tierbestandes die Besucher des Gartens zufrieden zu stellen. Alle drei bis vier Wochen treffen jetzt Sendungen von Hagenbeck ein. In diesem Jahre sind bereits angekommen 2 Kamele, 2 Pu¬ mas, 2 Zibethkatzen, Beutelmarder, Afrikanische und Javanische Stachelschweine, Wombats, verschiedene Affen, Wildschweine, Känguruhs, Dachse, Fischotter, Zwerg¬ zebus, Leoparden und viele Vögel, darunter 3 Kronenkraniche, eine ganze Herde Jungfernkraniche, ein Marabu, Flamingos, Ibisse, Kronentauben, Sporengänse, ver¬ schiedene Enten, 2 Kondore, ein Graugeier, Papageien u. s. w. Außerdem sind jetzt vier amerikanische Gabelantilopen da, die in einem hübschen Park von bei' läufig l1/2 Acker Größe ihre Heimat gefunden haben. Auf dem Wege hierher sind 2 Elentiere, 2 Lamas, 2 Nylghau - Antilopen und noch verschiedene andere wert¬ volle Tiere. Dreimal in der Woche ist abends Konzert bei großer elektrischer Be¬ leuchtung des Gartens. Somit scheint es, daß der Garten von neuem aufblüht und nach und nach wieder auf wissenschaftliches Gebiet geleitet wird. Zwar haben sämtliche Gründer des Gartens — darunter auch meine Wenigkeit — ihr einge¬ zahltes Geld und alle Vergünstigungen verloren, aber ich bin froh, daß der Garten als solcher fortbesteht und ich täglich meine mir zugethanen Tiere besuchen und neue Bekanntschaften unter ihnen anknüpfen kann. Dr. A. Z i p p e r 1 e n. — 358 — Kleinere Mitteilungen. In den Tiroler Alpen als Lämmergeier gefangener Kondor der Anden Südamerikas. Unterm 28. Angast 1. J. würde in Tirol ein im Jugendkleid befindlicher gesunder Kondor (Sarcorhamphus gryphus ) in einer Falle lebend gefangen und dem Herrn Präparator Zollikof er dahier zum Aufstellen eingesandt, so daß ich täglich Gelegenheit habe, den Vogel zu besichtigen. Obwohl es sich selbstredend nur um einen Ausreisser handeln kann, scheint mir der Fall in Verbindung mit den ihn begleitenden Umständen doch interessant genug zu späterer einläßlicherer Behandlung. — Vorderhand aber handelt es sich nur um die Feststellung der Herkunft des Vogels, des Datums seiner Flucht, der Anzahl der damals entflohenen Kondore und des früheren Besitzers des- oder der¬ selben. Thatsächlich wurde das Exemplar seit Juni 1. J. schon in jenem Gebirgs- stock beobachtet, in dem es schließlich gefangen wurde. Ich wäre nur dem ehemaligen Besitzer des oder der damals entwichenen Kon¬ dore sehr verbunden für gefällige baldige Auskunft über Datum und Ort und die Angabe der näheren Umstände der Flucht dieses Fremdlings. St. Gallen, den 13. Oktober 1900. Dr. med. A. G i r t a n n e r. Ein Rattenkönig in Frankreich. Im November 1899 wurde in Courtalain (Depart. Eure-et-Loir) ein Rattenkönig gefunden, bestehend aus sieben Individuen, deren Schwänze mit einander verknüpft sind. Die Tiere messen von der Schwanzwurzel bis zur Schnauzenspitze ungefähr 10 cm. Das interessante Mon¬ strum wurde dem Museum in Chäteaudun zum Geschenk gemacht; die Zeitschrift »La Nature« bringt in ihrer No. 1411 vom 9. Juni 1900 eine Abbildung nach einer Photographie. Ich muß gestehen, daß dieser Fund, der hoffentlich von be¬ rufener Seite gründlich untersucht wird, meinen Glauben an die Ausführungen des Herrn Prof. Mar sh all (siehe Zoolog. Garten 1897 S. 217—219) stark er¬ schüttert hat. P. Hesse. Große Geschwulst im Magen einer Schildkröte. Heute früh fand ich meine gegen 20 cm lange Emys blandmgi Holbr. tot in ihrem Behälter. Sie war schon seit längerer Zeit krank und hatte, soviel ich bemerkt habe, in den letzten Wochen nichts mehr gefressen. Um womöglich die Todesursache festzu¬ stellen, machte ich die Sektion des Tieres. Schon bei cler Öffnung der Leibeshöhle fiel mir eine etwa 1 cm lange, weiße Partie am Magen auf. Nach Herausnahme der Verdauungsorgane ergab sich folgendes. Der schwach bleistiftdicke Schlund erscheint normal und ist so dehnbar, daß mit Vorsicht der Zeige- und Mittelfinger eingeführt werden kann. Als beide tiefer hineingingen, platzte er allerdings auf. Der Magen war härtlich und ließ ein kugelähnliches, hartes Gebilde fühlen. Nach der Eröffnung stellte sich letzteres als ein starkes, in der Gegend der großen Kurvatur in . der Wand liegendes Gebilde dar, an dessen höchstem Punkte die ge¬ rötete und geschwollene Magenschleimhaut einen etwa 3 mm langen, 2 mm breiten Defekt aufwies, durch den man eine gelb lieh weiße Masse hindurchschimmern sah. Nach einem Längsschnitte ließ sich diese leicht aus ihrer Umgebung loslösen. Sie setzte sich aus einem größeren halbkugelförmigen und einem kleineren cylindrischen Stücke zusammen, die durch eine halsartig eingeschnürte Partie mit einander verbunden waren. Der Cylinder mochte etwa U/a cm lang und 7 mm breit sein und zeigte in seinem Innern einige kleine Blutgefäße; er lag völlig von der äußeren, harten Magenhaut umschlossen, die sich an dieser Stelle um das fünf- bis sechsfache verdickt hatte. Daher seine scheinbare Härte; in Wirklichkeit war seine Konsistenz trocken und bröckelig, seine Flächen ausgesprochen buchtig- zackig. — Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß es sich hier um einen schon länger bestehenden magengeschwürartigen Prozeß gehandelt hat, der das Tier schließlich durch Erschöpfung zu Tode führte, sodaß wir in der Geschwulst nur die mittelbare Ursache seines Ablebens zu erblicken haben. Dr. Schnee. L i 1 1 e r a t u r. Dr. C. Fickert & 0. Kohlmeyer, Tierkunde unter grundsätzlicher Betonung der Beziehungen zwischen Lebensverrichtungen, Körperbau und Aufenthaltsort der Tiere. 3. verb. und verm. Aufl. Leipzig, Verlag v. G. Freytag, 1900. 8°. 436 pag., 570 Figg., 1 Taf. — Preis geh. M. 4.80. Lehrbücher der Zoologie für Lehrerbildunganstalten und Mittelschulen giebt es eine ganze Anzahl, und einige davon haben bereits eine stattliche Reihe von Auflagen erlebt. Darum brauchen sie aber durchaus nicht besonders gut und brauchbar zu sein. Gute derartige Bücher sind vielmehr überaus selten. Das vorliegende gehört otme alle Frage zu den besseren. Beide Autoren haben sich bemüht etwas zu leisten, und wirkliche Fehler sind bei weitem nicht so häufig wie in den landläufigen Lehrbüchern. Man muß schon danach suchen. Einige Versehen, wie »Die Kerbtierfresser besitzen einen zum Wühlen vorzüglich einge¬ richteten Körper; ihr Gebiß zeichnet sich aus durch kleine Schneidezähne«, »Der Auerhahn nützt durch sein wohlschmeckendes Fleisch«, »Die Brillenschlange besitzt mit einer Furche auf der hohlen Rückseite versehene Giftzähne« u. s. w., kommen vor, stören aber den guten Eindruck, den das Buch macht, kaum. Die Abbildun¬ gen sind fast durchweg gut, viele sogar hervorragend gelungen. In einer Hin¬ sicht aber befriedigt mich das vorliegende Buch nicht. Ich sehe nicht ein, weshalb man nicht auch in der Schule die Fortschritte der neueren Systematik mitmacht. Warum also noch die Pflanzenfressenden mit den Fleischfressenden Fischsäugetieren, die Tagraubvögel mit den Nachtraubvögeln , die Spechte mit den Papageien in die nämliche Ordnung stellen? Warum immer noch Prosimii statt des etymolo¬ gisch einzig richtigen Prosimiae gesagt wird, ist dem Ref. auch nicht verständlich. In solchen Fällen muß man sich eben von der herrschenden Dummheit oder Be¬ quemlichkeit lossagen und das Richtige wählen und vertreten! Auch die allgemein angenommene und so bequeme Regel, alle Familiennamen auf »idae« zu bilden, wird nicht befolgt (s. Oharadriadae, Alectorides, Lamellirostres statt Charadriidae, Alectoridae, Anatidae). Sodann ist die Trennung der Fluß- von den Landschild¬ kröten una die der Giftigen von den Nichtgiftigen Schlangen zu rügen, die, wie die Verf. schon aus der letzten Auflage von Brehms Tierleben kennen sollten, sich nicht mehr aufrecht halten läßt. In der lateinischen Namengebung endlich sind zahlreiche und grobe Verstöße; ich erinnere nur an die unausrottbare Benennung Salamandra » maculata « ! Wenn ich trotz all dieser Mängel das Werkchen als ein gutes und brauchbares bezeichnen muß, so rührt das freilich z. T. auch daher, daß die bis jetzt gebräuchlichen Lehrbücher mit wenigen Ausnahmen so minderwertig sind, daß Arbeiten wie die vorliegende bereits als ein anerkennenswerter Fortschritt bezeichnet werden müssen. Bttgr. 360 Eingegangene Beiträge. Br. A. Z. in C. (Ohio). Besten Dank und freundliche Grüße. — Prof. Br. J. F. in H. Ja, der Verstorbene war unser so liebenswürdiger und tüchtiger Mitarbeiter Br. med. A. Hanau in St. Gallen. — Br. A. G. in St. G. (Schweiz). Ba ich erst am 8. Okt. von der Heise zurückkam, konnte ich erst am folg'enden Tage antworten. Sie werden das MS. inzwischen wieder erhalten haben-, die kleinere Notiz konnte, wie Sie bemerken werden, grade noch in die vorliegende Nummer aufgenommen werden. — Br. Fr. W. in W., Geh. Reg.-Rat Br. E. F. in B., Th. K.-M. in B., Br. S. P. in W. und P. de G. in H. Arbeiten dankend erhalten und benutzt. Bücher und Zeitschriften. Sc hweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E. Beck-Corrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. XXIV. Jahrg. 1900. No. 34—40. Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Br. J. V i c t o r C a r u s. Leipzig. Wilhelm Engelmann. XXIII. Jahrg. 1900. No. 622 — 625. Ornithologische Monatsberichte. Herausg. v. Prof. Dr. Ant. Reichenow. VIII. Jahrg. 1900. No. 9—10. Ornithologische Monatsschrift d. Deutsch. Ver. z. Schutze d. Vogelwelt Redigiert von Br. Carl R. Hennicke in Gera. 25. Jahrg. 1900. No. 9—10. B i e G ef i ed erte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber, -Züchter und -Händler in Magdeburg. Begründet von Dr. K. Ruß. Jahrg. 29, 1900. No. 33—39. Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London Vol. 96, 1900. No. 24 87—2493. Prof. Br. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre. Stuttgart, W. Kohlhammer. 19. Jahrg. 1900. No. 9—10. N atur und Haus. 111. Zeitschrift für alle Naturfreunde. Herausg. v. Max Hesdörffer, Berlin, Verlag v. Gust. Schmidt, 1900. Jahrg. 8, Heft 23—24. Allgemeiner Bayerischer Tierfreund. Herausg. v. F. O 1 1. Würzburg. Jahrg. 25. 1900. No. 34—40. Ornithologisehes Jahrbuch. Herausgeg. v. V. Ritter v. Tschusi zuSchmid- hoffen. Jahrg. 11, 1900. Heft 4—5. Deutsche Botanische Monatsschrift. Herausgeg. v. Dir. Dr. G. Leimbach Arnstadt (Thür.), 1900. 18. Jahrg., Heft 8-10. Nertlius, 111. Wochenschrift f. Pflanzen- u. Blumenfreunde, Aquarien-, Terrarien- u. Vogel¬ liebhaber. Herausg. v. lv r i e 1 e u. A d o 1 ff, Altona-Hamburg. II. Jahrg., 1900, No. 27 u. 34 -4o. Illus tr. Zeitschrift f. Entomologie. Herausgeg. v. Dr. Chr. Schröder u. U. L eh mann. Neudamm, 1900. Bd. 5. No. 16- -17. M. Miyajima, On a specimen of a gigantic Hydroid, Branchiocerianthus imperator Allm- found in the Sagami Sea. — Sep.-Abdr. Tokyo, 1900. 4°. 28 pg., 3 Figg., 2 Taf. Verhandlungen d. k. k. Zool.-Botan. Gesellsch. in Wien. Herausg. v. A. Handlirsch. Bd. 50, 1900, Heft 7. Der Weidmann. ^Blätter für Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. Dr. J. Müller- Liebenwalde. Berlin. Bd. 31, No. 47 — 52 u. Bd. 32. No. 1. Tier-Börse. Zeitung für Tierzucht u. Tierhandel. Herausg. v. Br. Langmann. Berlin , 14. Jahrg. 1900. No. 34-41. L. G. Andersson, Catalogue of Linnean Type-Specimens of Linnaeus’s Reptilia in the Royal Museum in Stockholm. — Sep.-Abdr. ^Stockholm, 1900. 8°. 29 pg. Prof. Br. A. Nehring, Eine Ariranha (Riesenotter) im Berliner zoologischen Garten. — Sep.-Abd. Neudamm, 190 >. 8°. l pg. K. Kn au the, Neuere Erfahrungen in der Fischfütterung. Neudamm 1900. Verlag v. J. Neumann. 8°. 22 pg. — Preis M. 1.— Derselbe, Über die Verdaulichkeit der Fischfuttermehle. — Sep.-Abdr. Neudamm, 1900. 8°. 1 pg. N. Zuntz&K. Knauthe, Vorschläge zur Karpfenfütterung in mageren Teichen. Sep.-Abdr . Neudamm, 1900. 8°. 3 pg. A. F. de Seabra, Mammiferos de Portugal no Museu de Lisboa. — Sep.-Abdr. Lissabon, 1900. 8°. 26 pg., Karte. B er selbe, Biagnoses de quelques nouvelles espöces et varietes de Chiroptöres d’Afrique Sep.-Abdr. L ssabon, 190o. 8U. 13 pg. Derselbe, Sobre um earacter importante para a determinaQao dos generös e^especies dos „Microchiropteros“ e lista das especies d’este grupo existentes nas colloCQoes do Museu. Nacional (Contin.). — Sep.-Abdr. Lissabon, 1900. 8°. 14 pg., 2 Figg. W. Ilaacke & W. Kuhnert, Bas Tierleben der Erde. Berlin, M. Oldenbourg, 1900. Lief. 6—9. — Erscheint in 40 Lief, ä M. 1.— . De Pluimgraaf. Ge'illustr. Weekblad voor liefhebbers van Zang-, Sieraad- eu Voliere¬ vogels, Pluimvee, Dulven, Konijnen enz. Herausg. v. C. L. W. Noorduijn. Haarlem, Erven Loosjes, 1900. Jahrg. 2. No. 36. Br. L. Kathariner, Die Nase der im Wasser lebenden Schlangen als Luftweg und Ge¬ ruchsorgan. — Sep.-Abdr. Jena, 1900. 8°. 28 pg., 4 Figg., 2 Taf. Zusendungen werden direkt an die Verlagshandlung erbeten. Nachdruck verboten. Bruck von Reinhold Mahlau, Fa. Mahlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M. Geweihe eines Hirsehbastards und eines Schadhirsehs. Tafel 2. Fig 1. Rörlg. . i . S — . - ‘ I Stangenabwürfe eines Rehboeks in : hinter einander folgenden Jahren, Tafel 3. 't&W. - Stangenabwürfe eines Rehboeks in 11 hinter einander folgenden Jahren. Tafel 3. 1 — N * I vi g. ! _ J (Zoologischer Beobachter.) Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere. Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands. Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt. N°- 12. XLI. Jahrgang, Dezember 1900. I n li a H. Einiges über den Zoologischen Garten zu Moskau; von C. Greve in Moskau. — Ein Besuch im Zoologischen Garten zu Budapest: von Paul Kämmerer, stud. phil., in Wien. — Einiges über Cerviden; von Forstmeister Adolf Rörig in Frankfurt a. M. (Mit Taf. 2.) — Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Rehhockgehörns; von Dr. med. Cari R. H e n n i c k e in Gera. (Mit Tafel 3.) — Über Fütterung und Pflege der Affen im Zoo¬ logischen Garten zu Berlin; von Alex. Sokolowsky, Volontär-Assistent im Garten. — Zum Schutze des Maulwurfs (Tnlpa europaea L.) ; von Dr. V ictorHornungin Münster i. W. — Tanzende Waldmaus und radschlagende Hausmaus; von Paul Kämmerer, stud. phil., in Wien. — Der Zug der Mainfische im Frühjahr 1900,* von L. Buxbaum in Raunheim. — Jahresbericht des Westfälischen Zoologischen Gartens zu Münster für 1898-99. — ■ Kleinere Mitteilungen. - Litteratur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. — Einiges über den Zoologischen Garten zu Moskau. Von C. Greve in Moskau. Durch verschiedene Umstände längere Zeit verhindert, den Zoolo¬ gischen Garten in Moskau mit gewohnter Regelmäßigkeit zu besuchen, war ich um so angenehmer überrascht, als ich am 19. Juni c. end¬ lich wieder das Institut aufsuchen konnte und in jeder Beziehung einen Fortschritt zum besseren zu konstatieren hatte. Die Anlagen im Garten, die schönen, neuen Baumgruppen und Blumenpartien verrieten nicht nur eine kundige Gärtnerhand, sondern auch eine zweckbewußte und liebevolle Pflege. Der Tierbestand hatte vieles Neue und Interessante aufzuweisen, obwohl man ihm in mancher Be¬ ziehung das Zufällige ansah. Letzterer Umstand hängt freilich von den augenblicklichen Verhältnissen ab, da der Garten sein lebendes Inventar meist durch Geschenke ergänzen muß und keine beständig im Budget vorgesehenen Posten zur Vermehrung des Tierbestandes aufzu weisen hat. Aber die große Menge neuer oder renovierter Ge¬ bäude (und zwar lauter geschmackvolle und zweckentsprechende Bauten) zeugt davon, daß die Zeit der schwersten Geldkrise für das Zoolog. Gart., Jahrg. XLI. 1900. 24 362 Institut vorüber ist. Die Verwaltungskommission, besonders einzelne Glieder derselben, haben viel für Sanierung der Verhältnisse gethan uud thun auch noch augenblicklich viel für den Garten; das meiste Verdienst aber gebührt unserer Ansicht nach dem Direktor des Garteüs, Herrn H. A. Antuschewicz, der es verstand, die ge¬ gebenen Mittel möglichst auszunutzen uud mit wenigem vieles zu schaffen. Solches kann nur erreicht werden, wenn man mit vollster Hingabe und Liebe an seine Aufgabe geht. Herr Magister Antu¬ schewicz hat bewiesen, daß bei größter Sauberkeit, Accuratesse und richtiger Ausnützung gegebener Verhältnisse der Tierbestand in relativ sehr gutem Gesundheitszustände erhalten werden kann, wenn auch von Hause aus die Lage und manches, andere im Garten scheinbar unüberwindliche Hindernisse zu bereiten scheinen. Das ganze Ter¬ rain ist sumpfig und quellenreich, liegt sehr tief — der Garten ist von neuerdings durch iu der Nähe aufgeführte Bahnhöfe sehr leb¬ haft gewordenen Verkehrsstraßen umgeben — , die Polizei bereitet in ihrem manchmal blinden Eifer für das Wohlergehen der Umwohner manche Unannehmlichkeiten; trotz alledem fiel es mir nach längerem Fernbleiben um so mehr in die Augen, daß bei solcher Leitung das Institut auch fernerhin prosperieren müsse. Möchte genannter Herr nur immer das nötige Interesse und Entgegenkommen für seine sach¬ gemäßen Vorschläge finden! Nun wollen wir uns einigeu interessanten Neuheiten im Garten zuwenden. Von seltener in den zoologischen Gärten sichtbaren Beutlern müssen wir vor alleu Dingen einen prächtigen Wombat ( Phascolomys ursinus ) erwähnen, den mau freilich erst spät abends beobachten kann, wenn er seine Steingrotte zu verlassen beliebt. Sein Benehmen ist dann ein in mancher Beziehung sehr merkwür¬ diges. Ein in die Nähe des von ihm bewohnten Gelasses kommen¬ der Hund veranlaßt ihn zu höchst ergötzlichem Fauchen und Prusten, wobei er mit den Hinterfüßen beständig Kratzfüße macht, wie ein alterssteif gewordener Balletmeister. Die Bemerkung iu Brehms Tier¬ leben, daß er bei guter Laune sich ruhig anfasseu und aufheben läßt, fanden wir bei unserem Wombat vollkommen bestätigt — und bisher war er stets bei gemütlicher Stimmung — ; ja er ließ sich so¬ gar ohne Umstände ein Klystier applicieren ! Ein Paar Tüpfelbeutelmarder ( Dasyurus Maugei) erscheinen auch bloß nach Dunkelwerden außerhalb ihres Schlafkastens und klettern, trotz der Angabe in Brehm, Schinz u. s. w. »klettern nicht« — wenn auch langsam — kopfauf und kopfab am Drahtgeflecht ihres Käfigs 363 umher. Die weiße Tüpfelzeichnung und der weiß endende Schwanz geben den Tieren ein prächtiges Aussehen. Von Carnivoren muß ich noch zweier schöner junger Eisbären Er¬ wähnung thun, die ausgezeichnet gedeihen. Ebenso sind die beiden jungen Tibetbären ( Ursus tibetanus) schöne Exemplare. Das meiste Interesse dürfte aber den Marderhunden ( Nyctereutes procyonoides ) zu teil werden, die ein Kapitän der freiwilligen Handelsflotte mit¬ brachte. Überhaupt liefert uns das russische Ostasieu jetzt manche originelle Tiergestalt, seitdem regelmäßige Dampferverbindungen von Odessa nach Wladiwostok existieren. So haben wir aus dem Amur¬ gebiet eine schöne Tigerin erhalten, der bald ein ebenbürtiger Ge¬ mahl von dort beigesellt werden soll. Durch Kauf wurden zwei amerikanische Luchse (Lynx rufus) erworben, die neben unserem einheimischen Luchs viel kleiner und zierlicher erscheinen. Ihre fleckenlose, rötlichgraue Farbe gleicht frei¬ lich der mancher europäischen Luchse, aber die schwarzumsäumten, scharf abstechenden, halbrunden weißen Flecken auf der Außenseite der Ohren zeichnen sie auf den ersten Blick aus. Das Weibchen ist bedeutend zarter und kleiner als dasa Männchen, jedoch lebhafter — ein vorbeilaufender Hund läßt letzteres vollkommen kalt — ; das Weibchen aber duckt sich sofort in Auschleichstellung und möchte bei gegebener Möglichkeit wohl zum Angriffe übergehen, da es lebhaft jeder Bewegung des Hundes folgt und im geräumigen Käfig sogar Sätze nach der draußen befindlichen Beute auszuführen sucht. Die grauen Sundapanther haben Junge, die schwarzen vermehrten sich bisher jedes Jahr. Die turkt staner Maralhirsche ( Cervus mar dl ) sehen einer baldigen Familienvermehrung entgegen. Ein Paar Schweinshirsche (Rusa moluc- censis) schritten bisher noch nicht zur Fortpflanzung. Eine schwarze Yakkuh (Bos gr unniens) schenkte einem munteren Kälbchen das Leben, das seinem schwarzweißen Vater ähnelt. Das Elenpaar ( Cervus alces) — Kuh und Hirsch, beide vier Jahr alt — erhielten einen Gesellschafter in einem jungen, die ersten Kolben schiebenden Elchhirsch aus dem Gouvernement Ufa. An sonstigen interessanteren Wiederkäuern wären zu nennen eine Dscheirau-Antilope {Antilope subgutturosa), eine Gazelle ( Antilope dorcas ) und eine kleine Herde afrikanischer Schwarzkopfschafe ( Ovis aries steatopyga persica), sowie Lamas, Paka und Huanako. Unser alter riesiger Indischer Elefant »Mawljuk« hat sich nach einigem Kränkeln wieder erholt, und sein junger Landsmann »Semwa« gedeiht vortrefflich. 364 Von Nagern besitzt der Garten als Neuigkeit einige Flughörn¬ chen (Pteromys volans) aus Nordrußlaud und ein sibirisches Eichhorn (. Tamias uthensis ). Die Vogelsammlung hat auch manchen Zuwachs aufzuweisen. In der neu ausgebauten, sehr hohen und geräumigen Voliere für Raubvögel bemerken wir ein Paar prächtige Sarcorhamphus gryphus , Kondore, die die hübsche Adler- und Geiersammlung vervollständigen, ebenso einen Neophron pileatus (Kappengeier). Mit dem gewöhn¬ lichen Uhu ( Bubo maximus) teilt das Gelaß auch ein Bubo turcoma- nus). Der Carancho ( Polyborus brasiliensis ) ist in drei Exemplaren vertreten. In der reichen Sammlung von Reihern, Störchen, Ibissen und sonstigen Watvögeln fallen uns durch die schöne B fiederuug auf eine Ardea gar zetta uud A. alba (Seiden- und Edelreiher), eine Rohr¬ dommel ( Botaurus stellar is) , eine Menge Weißer Störche ( Ciconia alba), sowie ein Schwarzer Storch ( Ciconia nigra), ein rosa gefärbter Pelikan (Pelecanus onocrotalus) und ein Marabu ( Leptoptilus crume- nifer). Die beiden letzteren führen zuweilen, besonders aber, wenn der Wärter das Futter, lebende Fische, bringt, einen höchst possier¬ lichen Wechseltanz auf, der bei der sonstigen ernsten Würde des Marabus höchst komisch wirkt. Die nimmersatten Scharben (Phala- crocorax carbo) sind die gewandtesten Wegschnapper des Futters, während die Schwarzen Schwäne ( Cygnus atratus) in ihrer eleganten Erscheinung die übrigen Schwäne in ^den Schatten stellen, von denen noch Cygnus olor uud musicus vorhanden sind. Ein junges Straußen weibchen ( Struthio camelus) — ein Männ¬ chen soll nächstens erworben werden — hat sein Gehege neben eiuem Paar Emus (Dromaeus novae-hollandiae) und einem prächtigen Kasuar ( Hippalectryo galeatus). Als höchst merkwürdige Sehenswürdigkeiten unter unseren Hühuervögelu mögen noch erwähnt werden die von einer Bauern¬ henne aus gekauften Eiern ausgebrüteten, höchst munteren Birk¬ hühnerkücken, die mit Ameisenpuppen und Moosbeeren gefüttert werden ; ferner ein schon über ein Jahr im Garten lebender Birk¬ hahn ( Tetrao tetrix), der prächtig ausgemausert und im schönsten Hochzeitskleide regelrecht gebalzt hat — leider waren keine Hennen vorhanden. Die Gold- und Amherstfasanen überwinterten im Freien uud legen jetzt gut. Kalifornische Wachteln ( Callipepla californica) und Frankoline (Pternistes vulgaris ) legen ebenfalls; auch ihre Eier sollen Haushühnern untergelegt werden. 365 Dip ärgsten Feinde unserer Fasanen, Hühner und sonstigen weniger wehrhaften Erdvögel sind die Ratten, denen mancher junge Vogel zum Opfer fällt. Alle möglichen angewandten Vertilgungs- raittel, Gifte, Fallen, blechbeschlagene Holzteile und Dielen in den Nächtigungsräumen der Vögel, helfen nur immer zeitweilig. Die Mäuse schmälern ihrerseits durch Mitverzehren die Futterrationen. Jemand, der ein radikales Mittel gegen diese Plagen ersinnen würde, müßte geradezu als Heiland angesehen werden. Die für die Vögel unschädliche Vertilgung durch Löfflersche Bazillen ist auch nur ein Palliativ, da aus der Nachbarschaft, die meist von einer Arbeiter¬ bevölkerung in alten Holzhäusern gebildet wird, immer neue Zu¬ zügler ein wandern. Schließlich sei noch eine große Sammlung von ausgezeichnet gedeihenden und bei dem reichlichen Futter schnell wachsenden Alli¬ gatoren ( Alligator mississippiensis) und ein kleines niedliches Nil¬ krokodil erwähnt. Zum Schluß — obwohl es mit dem zoologischen Garten nichts zu thun hat — möchte ich hier mitteilen, daß ein erfahrener Jäger und Tierkenner im Wladimirschen Gouvernement — Herr Kusne- zow — gelegentlich einer Hühnerjagd im vergangenen Herbst von seinem Hunde einen typischen Wildkater (Felis catus) würgen ließ. Bekanntlich kommt dieser jetzt in Rußland nur selten in seinen südwestlichen Gouvernements an Österreichs Grenze vor, sowie im Kaukasus. Tn früheren Zeiten lebte dieser Räuber auch in Litauen. Für Nordrussland ist er nie genannt worden — oder aber es waren Verwechselungen mit verwilderten Hauskatzen. Herr Kusnezow ist als alter und weit herumgekommener Jäger und Naturfreund wohl als zuverläßiger Gewährsmann anzusehen. Das Exemplar war unge¬ wöhnlich groß, hatte einen kurzen, buschigen Schwanz und ging mutig auf den Hund los. Die Möglichkeit, daß es ein Irrling ge¬ wesen, bleibt ja nicht ausgeschlossen; sind doch in Deutschland 1777 (bei Helmstedt), 1751 (bei Frauenstein in Sachsen), in Kurland 1875 (bei Sauken im Gerkaurevier) und 1876 (bei Kreuzburg, Kreis Jacob¬ stadt) sogar Vielfraße erbeutet worden, die wer weiß woher eiuge- wandert waren, ebenso wie die Vielfraße im Gouvernement Kiew und Wolhynien im Jahre 1889, wo es schon seit unvordenklichen Zeiten keine giebt, wohl auch nie gegeben hat. An aus Menagerien entsprungene köunte man bei letzteren auch eher denken, als bei dem Wildkater, der wohl kaum jemals einer Menagerie angehört haben dürfte, besonders in Rußland. 366 Ein Besuch im Zoologischen Garten zu Budapest. q Von Paul Kämmerer, stud. phil., in Wien. Während der Osterfeiertage 1900 befand ich mich in Budapest und stattete dem Zoologischen Garten daselbst einen kurzen Besuch ab. Trotzdem ich leider nur wenige Stundeu auf die Besichtigung verwenden konnte, wollte ich nicht versäumen, meine Eindrücke auf¬ zuzeichnen, da hierüber, wenn ich nicht irre, in dieser Zeitschrift noch niemals berichtet wurde. Dem Budapester Tiergarten steht ein sehr schöner und geräu¬ miger Park zur Verfügung. Die Tierhäuser können sich in diesem bequem verteilen und haben es nicht nötig, sich jahrmarktsmäßig zusammenzudrängen, wie z. B. im Wiener Tiergarten. Unglücklicher¬ weise nimmt einen sehr großen Teil des Raumes ein Vergnügungs- Etablissement »Os Budavär« in Anspruch, da die Verwaltung ge¬ nötigt war, jenem den Platz zu vermieten, um selbst bestehen zu können. Das Interesse für die Tierwelt ist nämlich in Ungarns Hauptstadt gleichwie auch sonst in der Monarchie kein sonderlich großes, welcher Umstand natürlich beständige materielle Schwierig¬ keiten zur Folge hat. Die unmittelbare Nähe einer Eisenbahn dient ebenfalls dazu, die Schönheit des Parkes zu beeinträchtigen. Die Eindrücke, die durch den Tier bestand und dessen Pflege hervorgerufen werden, sind sehr verschieden. Der Garten imponiert nicht durch reiche Arten- und Individuenzahl seiner Be¬ wohner, im Gegenteil, die Affen-, Papageien- und Kleinvogel - Samm¬ lung z. B. befriedigt kaum die bescheidensten Ansprüche; wohl aber besitzt er einige schätzenswerte Seltenheiten und überraschende Pracht¬ exemplare, die allein genügen um für den Besuch zu entschädigen. Hierher gehört in erster Reihe ein fast erwachsenes Nilpferd, das eine ähnliche Popularität erlangt zu haben scheint, wie in an¬ deren Tiergärten zumeist die Menschenaffen; wenigstens ist sein Bassin stets von der verhältnismäßig größten Menschenmenge um¬ lagert. Sehr gut besetzt sind auch das Raubtierhaus, das Robben¬ bassin und die Straußgehege. Besonders fielen mir auf ein wunder¬ voller Jaguar, ein Seelöwe ( Otaria stellen ), mehrere Afrika¬ nische St ra u ße von seltener Schönheit, ferner E mus und Kasuare. Der Ameisenbär ( Myrmecophaga jubata) ist in einem gesunden, wohlgenährten Exemplare vertreten. Was die Haltung der Tiere betrifft, so läßt diese zwar im allgemeinen zu wünschen übrig, ist aber eine bessere als im Wiener 367 Tiergarten. Freilich erfuhr ich im Pester Nationalmuseum, daß die Sterblichkeit, nach der Zahl der zum Ausstopfen einlangenden Kadaver zu schließen, eine ganz erschreckliche sei. Manche Tier¬ häuser sind recht hübsch und zweckmäßig erbaut, wie z. B. das Winter- Affenhaus, das Nilpferdbecken mit den sich daranschließenden Ausläufen, das Robbenbassin, der Bärenzwinger, die Ausläufe der Geweihtiere, die Schwimm- und Stelzvogelteiche, sowie die Raubvogel -Volieren» die wahrhaft riesige Flugkäfige auf weisen. Anderes dagegen ist in ganz vorsintflutlicher Verfassung, wie das Elefantenhaus, in dem der große Indische Elefant sich buchstäblich kaum bewegen kann. Tadel verdient auch der Umstand, daß den Haustieren ein überaus großer Raum im Garten gewidmet ist, weil die Verwaltung auf allen möglichen Nebenerwerb sehen muß. Endlose Reihen von Hunde¬ kottern und Hühnergehegen gehören doch wohl nicht in einen zoolo¬ gischen Garten ! Die Hunde sehen zum Teil trostlos aus. Die Aufschriften der Käfige sind, wie in vielen Tiergärten, mehrfach ungenau oder falsch. So z. B. figuriert ein riesiger Braun¬ bär als Baribal, und von den zwei Riesenschlangen ist die eine {Python mölurus var. intermedia Wern., Zool. G. 1899 p. 24) richtig als Python mölurus , die zweite hingegen {Python mölurus Stammform, var. ocellata Wern. 1. c.) als Boa constrictor bezeichnet! Wenn ich die im Budapester Tiergarten erhaltenen Eindrücke nochmals kurz zusammenfasse, so ergiebt sich folgendes Resultat: »Geringer Reichtum an Arten und Individuen, dafür Vorhandensein einer Anzahl von Prachtstücken. Haltung des Tierbestandes im all¬ gemeinen ziemlich gut, aber mit einigen sehr krassen Verstößen. Überall erkennbar die Notwendigkeit, durch Nebenerwerb verschie¬ dener Art, als Vergnügungs -Etablissement, durch Dressur, Zucht und Verkauf von Haustieren die ungünstige materielle Lage zu verbessern«. Der Gesamteindruck stellt aber doch den Budapester Garten höher als den Wiener. Einiges über Cerviden. Von Forstmeister Adolf Hörig in Frankfurt a. M. (Mit Taf. 2.) Bekanntlich versteht man unter Arten an bestimmte Existenz¬ bedingungen angepasste, durch mehr oder weniger scharf ausgeprägte Charaktere ausgezeichnete Lebewesen oder Formen. So ist z. B. der Elchhirsch eine an die Nahrung von Baumzweigen biologisch ange- 368 passte Cervidenform , das Rentier eine an Flechten der nördlichen Polarzone biologisch und klimatisch angepasste andere Cervidenform, und jede dieser beiden Formen ist überdies durch bestimmte Charak¬ tere von der anderen unterschieden. Ferner versteht man unter Y arietäten oder geographi¬ schen Rassen solche Formen, die in geographisch abgegrenzten Lokalitäten leben, den Gesamttypus der Art zwar bewahrt haben, aber in untergeordneten Merkmalen voneinander abweichen. C h. Darwin hat eine gut ausgeprägte Varietät eine beginnende Art genannt. Nun kann man unter den Cerviden sehr entfernt voneinander stehende Arten von solchen unterscheiden, die genetisch sehr wenig von einander entfernt sind ; z. B. sind die Arten vom Axishirsch¬ genus nicht sehr entfernt von denen des Schweinshirschgeschlechts, während Axishirsch und Edelhirsch verwandtschaftlich weiter von¬ einander stehen. Bei Varietäten besteht ein sehr enges genetisches Verhält¬ nis, und man bezeichnet daher auch die aus der Begattung von Varietäten hervorgegaugenen Produkte korrekter Weise einfach als Kreuzungsprodukte, während man die aus der Begattung ver¬ schiedener Arten erzeugten Produkte zweckmäßig ausschließlich Bastarde nennen sollte und dies auch häufig thut. Über ein Kreuzungsprodukt von zwei Cerviden Varietäten, Cervus luehdorfi cf und G. canadensis $, ist in dieser Zeitschrift im 28. Jahrg. 1887 pag. 278 berichtet worden, und darf ich bezüglich der Einzelheiten wohl auf diese Stelle verweisen. Ebenso sind über Kreuzungsprodukte von Cervus canadensis cf und C. eiaphus $ in der jagdlichen Litteratur (Weidmann, Band 19, No. 11, 1887 und D. Jäger-Ztg. 1890 pag. 879 etc.) ausführliche Mitteilungen gemacht worden, auf die wir hier nicht weiter eingehen können. Bemerkt sei nur, daß die Verteilung der Geschlechter bei der Begattung stets die oben angegebene gewesen ist, da der Edelhirsch niemals Wapiti- Weibchen beschlägt, aus dem einfachen Grunde, weil die Unterschiede der Körpergröße zu bedeutend zu sein pflegen, um eine Begattung zu ermöglichen. Selbstverständlich kommen Kreuzungen dieser Art nur in um¬ zäunten Gehegen unter dem Einflüsse eines gewissen Zwanges, nie¬ mals aber im Freien vor, da die Varietäten ja geographisch vonein¬ ander isoliert sind. Kreuzungsprodukte der vorstehenden Art sind in der Regel fruchtbar, also fortpflanzungsfähig. 369 V erbastar die r u n g e n , also Begattungen verschiedener Cer- viden arten untereinander, sind natürlich erst recht dieser in Ge¬ hegen bestehenden zwingenden Gewalt unterworfen, und es gehört gewiß ein hoher Grad von Überwindung seitens der 9 dazu, sich dem stürmischen Begattungsdrange der cf endlich zu ergeben. Meiner Ansicht nach sind solche erzwungenen Begattungen zwischen ver¬ schiedenen Cervidenarteu ganz überflüssig und haben die erzeugten Produkte für die Wissenschaft nicht den geringsten Wert, und meiner Empfindung nach sind solche Versuche überhaupt verwerflich. Über die im Zoologischen Garten in Dresden von einem Scbweins- hirsche, Hyelaplnus porcinus cf, und einem Rehe, Gapreolus vulgaris 9, erzeugten Bastarde ist in dieser Zeitschrift, 4. Jahrg. 1863 pag. 66, berichtet worden. Danach waren die aus einem Satz stammenden Tiere wenig gefleckt und nur mit einer längs des Rückens ver¬ laufenden schwarzbraunen , weißberandeten Binde versehen. Der Typus des Rehes war vorherrschend. Die Bastarde waren zart, schwächlich und verendeten wenige Tage nach der Geburt. In Indien hat man zwischen dem (verwandtschaftlich nicht allzu entfernt voneinander stehenden) Axis- und Schweinshirsch Bastarde gezüchtet und diese Produkte sogar mit einem besonderen Namen (Germs minor) ausgezeichnet ! Diese Bastarde tragen — wie ihre Eltern auch — gefleckte Haarkleider. Zwei solcher Exemplare hat (wie P. L. Sei ater in The Field, Mai 1876 mitteilt) der Prinz von Wales aus Indien mitgebracht und dem Zoologischen Garten in London überwiesen. Was weiter aus dieser »neuen Cervidenspecies« geworden ist, darüber hat man nichts erfahren. In Ottawa, Illinois, hat J. D. Ca ton (wie in The Nature vom 22. Juli 1880 mitgeteilt wird) »Erfolge« in der Bastardzucht von Ger- vus virginianus mit dem Ceylon * (Axis-) hirsch erzielt. Die Bastarde scheinen vollkommen gesund und fruchtbar gewesen zu sein, da einige davon, Abkömmlinge von dem virginischen Weibchen und dem Acapulco- Hirsche , zwei gesunde Kälber gesetzt haben. Bei manchen der Bastarde fehlt die Metatarsaldrüse, bei manchen ist sie vorhanden, wobei einige sie an dem einen Hinterlaufe, aber nicht an dem anderen besitzen. Im »Zoologischen Garten« von 1869 wird pag. 199 etc. von dem merkwürdigen Falle berichtet, daß in einem Parke das Weibchen von Gervus elapkus sowohl von einem Axishirsche, als auch von einem Edelhirsche, mit denen es zusammenlebte, beschlagen 370 wurde und nach etwa 8 Monaten einen toten Bastard und später, nach etwa 9 Monaten 1)1 ein lebendes weibliches Rotwildkalb setzte. Ich kann nun von einem sehr merkwürdigen Falle be¬ richten, in dem es sich um Geweihmißbildung bei einem Bastard- Individuum handelt. In dem Wildpark bei Coburg war vor mehr als 12 Jahren aus der Begattung eines Axishirsches mit einem 9 vom Edelwild ein Bastard männlichen Geschlechtes hervorgegangen. Dieser machte hinsichtlich seiner Figur und Haltung ganz den Eindruck eines weiblichen Individuums, indem der Kopf relativ schmal und länglich geformt und die Extremitäten schlank gebaut waren. Bezüglich der Färbung des Haarkleides war zu bemerken, daß sowohl das Winter- wie das Sommerkleid helle Flecken zeigte, ähnlich wie beim JSdel- wildkalbe; überdies war die Färbung sowohl am Kopfe wie am Halse und am Bauche eine hellgraue, bezw. weißliche, so daß also dieser Bastard im wesentlichen die Färbung der Axishirsche besaß. Es ist niemals beobachtet worden, daß dieser Hirsch zur Brunftzeit sich anders benommen hätte als außerhalb dieser Zeit; er hat weder ge¬ schrieen, noch hat er sich begattet, so daß man wohl annehmen darf, daß er fortpflanzungsunfähig war. Leider sind seine Reproduktions¬ organe zur Zeit, als er an einer Erkrankung der Kinnladen zu Grunde ging, anatomisch nicht untersucht worden, so daß man in dieser Hinsicht keine Gewißheit erlangt hat. Die G e we i b bildung dieses wahrscheinlich hermaphroditiscben, etwa acht Jahre alt gewordenen Individuums war ganz eigenartig. Die letzten Geweihstaugen, die man von ihm erlangt hat, waren nicht gefegt worden, und eine davon besaß ganz seltsame Formen. Zwei übereinander entwickelte Rosen bewiesen, daß ein mehrmaliger Geweihwechsel stattgefunden hatte. Die Stirnzapfen, die dieses Tier esaß, waren solchen normaler Axishirsche durchaus ähnlich. Die von dem Besitzer, Herrn M a x L e n k in Coburg, mir gütigst zur Ansicht übersandten Belegstücke 2), bestehend in dem Schädel¬ abschnitt nebst anhaftenden Stirnzapfen und basalem Geweibfragment, sowie drei Abwurfstangen (Fig. 1 a— d), zeigen deutlich die be- *) Die mit 8, bezw. 9 Monaten angegebenen Tragezeiten für Axis, bezw. Elaphns sind unrichtig. Die Tragezeit für Axis beträgt 220 Tage, die des C. elaphus 232 — 240 Tage. Yergl. Zoolog. Gart., 40. Jahrg. 1899 pag. 82. 2) Ich verfehle nicht, Herrn M. Lenk für die mir gütigst gemachten Mit¬ teilungen, sowie auch für die Zusendung der betr. Geweihe hier nochmals meinen verbindlichsten Dank abzustatten. Gleichzeitig bemerke ich, daß diese sehr merk¬ würdigen Geweihe von Hrn. Max Lenk in Coburg käuflich erworben werden können. 371 schriebenen Zustande, insbesondere ist auch an der lederartigen, z. T. noch mit feinen, kurzen Haaren besetzten Haut, die die Abwurf- staDgen bedeckt, deutlich zu erkennen, daß sie nicht gefegt worden waren. Wie Hr. Lenk schreibt, fiel beim Transport des eingefangenen Hirsches der linke Spieß ab, während der rechte schon abgeworfen war, und zwar in größerer Nähe der Rose, als linksseitig der Ab¬ wurf stattfand, wie auch die Figur 1 d ersehen läßt. Die Abwurfs¬ fläche rechts, die auf der Innenseite des Geweihes 6,5, auf der Außenseite 5,5 cm von dem unteren Rande der Rose entfernt ist, ist ziemlich glatt, und man sieht hier, daß Knochensubstanz über die Abwurfsfläche hinaus am Anßenrande der Geweihstange ringsum im Begriff war nachzuwachsen. Der linksseitige Geweihstumpf ist auf der Inuenseite 10,5, auf der Außenseite 12 cm lang. Auf ihm hat der mitgeschickte Spieß gesessen, da die zackigen Abwurfsflächen aufeinander passen. Dieser Spieß hat eine Länge von 17,5 cm. Er ist mit vertrockneter Ge¬ fäßhaut überzogen, an der, in einzelnen kleinen Büscheln über die Oberfläche verteilt, noch Reste ehemaliger Haarbedeckung zu finden ' sind. Am Schädelabschnitt sind folgende Beobachtungen zu machen. Die Sutura coronalis ist mäßig breit, aber sehr stark verschlungen. Ihr Verlauf bildet einen etwas abgeflachten, nach hinteu geöffneten Halbkreis. Der in diesem liegende Teil des Scheitelbeines ist mäßig convex. Die Sutura frontalis ist nur in ihrem hinteren, etwa 30 mm langen Abschnitte vorgewölbt. Beide Nähte zeigen bereits einen merklichen Grad von Verwachsung, so daß dieses Individuum hin¬ sichtlich seines Alters nicht mehr dem Jugeudstadium augehört. Die Stirnzapfen sind in ihren Querschnitten nicht kreisrund, sondern bilden Ellipsen mit von vorn und außen nach hinten und innen verlaufendem Längendurchmesser; dieser hat eine Länge von 25, bezw. 26 mm, während die Dimension des Querdurchmessers nur 20 mm beträgt. Die Höhe des Stirnzapfens ist außen, vom Orbital- aande aus bis zur Rose, 67 mm, innen, von der Coronalnaht aus, 18 mm. Jeder der beiden Stirnzapfen endigt in eine starke Rosen¬ bildung. Es lassen sich deutlich zwei übereinander angeordnete, voneinander getrennte Rosen unterscheiden; die untere ist ringsum geschlossen und hat, wie erwähnt, relativ beträchtliche Dimensionen. Der Durchmesser dieser Rose von vorn nach hinten ist rechts 52, 372 links 53 mm, derselbe in querer Richtung rechts 48, links 49 mm, die Elöhe an der Innenseite rechts 14, links 16 mm. Die Mitte der zweiten, über der ersten angeordneten Rose liegt vom unteren Rande der letzteren ungefähr 14 mm entfernt; ihr Perlenkranz ist sehr schwach, jedoch auf der rechten Kopfseite stärker entwickelt als auf der linken. Der Durchmesser dieser zweiten Rose ist von vorn nach hinten rechts 45, links 38 mm, der¬ selbe in querer Richtung rechts 35, links 33 mm. Diese zweite Rose ist weder nach unten, noch nach oben bestimmt abgegrenzt, ihre Höhe ist also nicht meßbar. Von der zweiten Rose ab nimmt die Dimension des Stangendurchmessers plötzlich ab, so daß die Stan¬ genrudimente rechts nur noch 22, bezw. 18 mm, links nur 19, bezw. 18 mm stark sind ; das linke Stangenrudiment verstärkt sich auf¬ wärts wieder in geringem Grade. Was nun die beiden in Fig. 1 a und b abgebildeten Geweih¬ stangen betrifft, so ist zunächst festzustellen, daß die rechtsseitige Geweihhälfte iu einer relativ großen Gabel besteht, deren Staugeu- teil 42,5 cm und deren Augsprosse von der Geweihbasis aus 14, von der Gabelbucht aus 11 cm lang ist. An diese au sich normale Gabel ist abnormer Weise eine zweite Gabel angeschlossen, und zwar mit ihrer Basis an den banalen Teil der normalen Gabel, aber in querer Stellung, so daß ihre Vertikalebene die der normalen Gabel kreuzt. Der untere Teil der abnormen Gabel ist mit der normalen Geweih¬ stange verwachsen. Die nach innen gerichtete Sprosse dieser ab¬ normen Gabel ist vom Gabelrande aus 12,5 cm, die nach außen gerichtete nur 4 cm lang. Die linksseitige Geweihhälfte besteht aus einer normal gebildeten Gabel ohne Komplikation, deren Stan¬ genteil 49 cm und deren Augsprosse von der Geweihbasis aus 11 von der Gabelbucht aus 8 cm lang ist. Die Abwurfsflächen beider Stangen sind konkav, ungleich tief und haben unregelmäßige, vielfach ausgezackte Ränder. Dieses Ge¬ weih trägt an beiden Hälften die vertrocknete Gefäßhaut, ist also nicht gefegt worden. Fragen wir nun nach einer Erklärung dieser gesamten merk¬ würdigen Erscheinung, so läßt sich etwa folgendes sagen. Aus der Existenz der unteren Rose und ihrer Beschaffenheit ist zu schließen, daß für die ersten vier oder fünf Lebensjahre des be¬ treffenden Individuums eine normale Geweihentwückeluug insofern angenommen werden kann, als normaler Abwurf und normale Ge¬ weihneubildung stattgefunden haben muß, die im Laufe des erwähn- 373 teil Zeitraumes so weit gediehen war, daß eine relativ so kräftige Rose, wie sie vorliegt, mit vielleicht entsprechend kräftigem Geweih hat gebildet werden können. Aber in der Zeitperiode, während der sich dieser Hirsch im Besitze seines letzten, im Aufbau nahezu vollendeten Geweihes befand, mußte eine Veränderung in der Konstitution dieses Tieres eingetreten sein, die die normale Vollendung des Geweihaufbaues verhinderte. Worin diese Verände¬ rung der Konstitution bestand, entzieht sich natürlich unserer Kennt¬ nis; aber man wird nicht fehlgehen, wenn man sie in einer Er¬ krankung sucht. Das mit der Gefäßhaut noch bekleidete Geweih unterlag nun — wie man aunehmeu muß — einem langsamen, dem allmählichen Vertrocknen der Gefäßhaut entsprechenden Absterben und brach schließlich nach Eintritt der Nekrose dicht über der Rose ab. Über den Verbleib dieses Geweihes ist leider nichts bekannt. Dieser Abwurf des Geweihes über der Rose, statt wie normaler W eise unterhalb derselben, ist gewiß höchst merk w ü r d i g , aber er ist nicht der einzige Fall seiner Art, worauf wir noch zurück- konimen werden. Trotz der gestörten Konstitutionsverhältnisse dieses Individuums faud eine Geweihueubildung statt. Das Produkt derselben sehen wir vor uns ; es besteht — wie auch unsere Figuren 1 a und b zeigen — links in einer einfachen Gabel, rechts in einer abnormen Doppel¬ gabel. Auch die zu diesem Gew7eih gehörigen Rosen sind abnorm. Aber obwohl der Aufbau dieses Geweihes vollendet wurde, fand infolge der Fortdauer der abnormen Koustitutionsverhältuisse ein Fegen des Geweihes nicht statt, die Gefäßhaut vertrocknete nach und nach am Geweih, die Nahrungszufuhr hörte allmählich auf, und das Geweih brach endlich oberhalb seiner Rose in der gleichen Weise ab wie das vorher entwickelte. Aus den auch in diesem Falle nicht abgestorbenen, weil mit Gefäßhaut bedeckt gebliebenen Rosen entwickelten sich nun ohne Bildung besonderer Rosen neue Geweihstangen, deren auffallend ver¬ minderte Stärke den jetzt bereits stark geschwächten Gesundheits¬ zustand des Individuums deutlich verrät. Der mit vertrockneter Gefäßhaut bekleidete linksseitige Spieß, auf den oben schon hinge¬ wiesen wurde und der auch in Fig. 1 c abgebildet ist, ist ein Teil des aus diesem neuen Regenerationsprozesse kervorgegangeuen Pro¬ duktes, während — wie erwähnt — der rechtsseitige Spieß schon vorher abgefallen und verloren gegangen war. Die Knocheuvor- 374 Sprünge am äußeren Rande des rechtsseitigen Geweihstumpfes scheinen die vergeblichen Versuche zu einer Geweihneubildung anzudeuten. Vorstehende, aus dem thatsächlichen Befunde hergeleitete Er¬ klärung ist allerdings nicht imstande anzugeben, welchen Anteil an der Geweihmißbildung die Bastardnatur dieses Individuums gehabt hat. Dagegen sind auf anderweite Beobachtungen beruhende Vor¬ kommnisse bekannt, die geeiguet erscheinen, als Ursache der Geweih¬ mißbildung eine Erkrankung des betreffenden Individuums sehr wahrscheinlich zu machen. Der eine Fall dieser Art ist folgender. Im Winter 1890 — 91 beobachtete man auf dem Futterplatz bei der Krummthal -Hütte, Steiermark, einen sehr starken Edelhirsch, der abnormer Weise um diese Zeit ein unregelmäßig gebautes, mit Gefäßhaut (»Bast«) bedecktes Geweih1, ein sogen. Kolbengeweih trug. Als man diesen Hirsch am 23. März 1891 wiedersah, bestand die rechtsseitige Kolbenstange nur noch in einem etwa 20 cm langen Stummel, an dem auch die Aug- und Eissprossen zu kurzen Stum¬ meln reduziert waren. Die gleiche Erscheinung bot am 21. April des gleichen Jahres die linksseitige Kolbenstange. Auf beiden Kolben¬ stummeln entwickelten sich nun, indem sie wie »Rosenstöcke« (—Stirn¬ zapfen) funktionierten, neue, jedoch monströse Geweihstangen, und zwar ohne Bildung von Rosen ; die neuen Geweihstangen erschienen vielmehr den alten Kolbenstummeln aufgestülpt, die oberen Stummel- räuder umfassend. Im Herbst 1890 war der Hirsch offenbar nicht brunftig gewesen, denn der Hals zeigte nicht die zur Brunftzeit gewöhnliche Anschwel¬ lung, und am Bauche fehlte der bekannte Brunftfleck. Aber im Spätherbst 1891 waren diese Merkmale au ihm sichtbar. »Der Hirsch warf nun am 1. April 1892 die linke und am folgenden Tage die rechte Stange ab, worauf er abermals verschwunden war, ohne die mindeste Beobachtung zu gestatten, in welcher Form die Geweih¬ bildung im Frühjahr 1892 sich entwickelte.« Es ist nicht bekannt, ob die neuen monströsen Stangen nebst den alten Kolbenstummeln vor ihrem Abwurf gefegt worden waren oder nicht. Von nun an nahm die Geweihbildung wieder ihren normalen Verlauf. Im No¬ vember 1892 fand sich der Hirsch als »Hirsch von uugerad zehn Enden« bei dem Futterplatz wieder ein uud blieb auch über Winter in der Gegend, indem er täglich beide Neuhütten in Tyrol besuchte. Und beide Geweihstaugen waren völlig normal ausgebildet (»normal vereckt«). Sie wurden in den Tagen vom 12. bis 15. März 1893, 375 also zur normalen Zeit abgeworfen. Die Abwürfe dieses Hirsches aus dem Jahre 1895 und 1896 wurden aufgefunden und erwiesen sieb als normal gebaut. Im Oktober 1897 wurde der Hirsch mit abnormem Geweih von »ungerad zwölf Enden« gestreckt. Er wog aufgebrochen 130 kg. Das Material zu vorstehendem Referat ist von mir durch Frage¬ bogen ermittelt worden; nur ein kleiner Teil davon war zuvor in der Zeitschrift »Der deutsche Jäger« in München, 21. Jahrg. 1899 veröffentlicht worden. Wenu wir das Thatsachenmaterial des vorstehenden Falles mit dem von unserem Bastard gewonnenen vergleichen, dann finden .wir in gewissen Punkten Übereinstimmung: erstens abnorme Bildung der Geweihstangen, zweitens das Nichtgefegtwerden derselben, drittens den Abwurf der Stangen oberhalb der Rosen und viertens Neubil¬ dung von Geweihstangen auf alten Geweihstummeln. Der Unter¬ schied zwischen beiden Individuen besteht nur darin, daß der reinem Blute entstammende Edelhirsch, der offenbar während der Zeit der Bildung monströser Geweihstangen au seiner Gesundheit geschädigt war, wieder gesundete, während der Bastard zu Grunde ging, und daß im ersteren Falle beim Edelhirsch wieder eine Geweihfortbildung — wenn auch nicht in normaler Weise — stattfand, während im letzteren Falle beim Bastard die Geweihbildung rapide Rückschritte machte. Wenn wir nach allem bisherigen nicht mehr zweifelhaft sein können, daß es Gesundheitsstörungen waren, die zu den Geweih¬ mißbildungen führten, so empfinden wir doch aufs neue mit großem Bedauern den Übelstand, der daraus entspringt, daß in so merkwürdigen und so außergewöhnlichen Fällen die anatomische Untersuchung und damit die Erfor¬ schung der Ursachen so abnormer Zustände gewöhn¬ lich unterbleibt, daß man sich vielmehr in der Regel damit begnügt, solche Fälle als Wuuder anzustaunen. Denen, die den Einfluß von Erkrankungen auf die Geweihbilduug etwa noch bestreiten möchten, kann ich folgenden, recht drastischen Fall, den ich in der oben bezeichueten Zeitschrift gefunden habe, zur Kenntnisnahme empfehlen. Ein im Nymphenburger Schlo߬ garten gehaltener Edelhirsch hatte Cigarreustummel, die ihm sein Besitzer gereicht hatte, stets mit Begierde aufgenommen und ver¬ zehrt. Das Nikotiu wirkte aber auf die Verdauungsorgane dieses Tieres so nachteilig ein, daß sich Krankheitssymptome zeigten, daß 376 das Geweih nicht »ve reckt« und nicht gefegt wurde, und der Hirsch ein ganzes Jahr hindurch mit verküm¬ mertem Kolbengeweih umherlief. Nachdem dem Hirsch nun keine Cigarren mehr verabreicht worden waren, wurden die vertrock¬ neten Kolben abgeworfeu, und der Hirsch setzte im nächsten Sommer ein normales und kapitales Geweih von 14 oder 16 Enden auf. Auch von noch anderer Seite ist der Einfluß von Erkrankung eines Hirsches auf dessen Geweihbildung nachgewiesen worden. Mr. R. E. Holding nämlich, der in einer Sitzung der Zoologischen Gesellschaft in London den Kopf eines Damhirsches vorlegte, be¬ merkte dazu, daß dieses Exemplar den innigen Zusammenhang zwischen erkrankten Organen und fehlerhafter Geweih¬ bildung deutlich zeige. Man hatte beobachtet, daß dieser Hirsch mit zwei oder drei Jahren sehr spät zum Abwerfen seines Geweihes gekommen war, daß die neuen Geweihe etwas unregelmäßig gebaut waren, und daß sie länger als gewöhnlich im Baste verblieben. Im gegenwärtigen Jahre, sagt Holding, hat der Aufbau des neuen und fehlerhaften Geweihes nach einem wieder verspäteten, erst am 13. September erfolgten Abwurfe stattgefunden. Die rechte Stange ist ohne Sprossen, und die Schaufel besteht nur aus drei kleinen Enden. Die linke Stange ist nur 7 Zoll lang und zeigt die Tendenz zur Teilung. Der sie bedeckende Bast war noch gefäßreich, und die Geweihspitzen waren noch weich. — Bei Unter¬ suchung der inneren Organe wurde in dem die Nieren umgebenden Fette eine große Cyste gefunden, die mit Exsudat angefüllt wa das zweifellos aus diesen Organen seinen Ursprung gehabt hat. Auch war die Leber sehr verdickt und enthielt verhärtete Massen von fibrösem Gewebe in ihrer Substanz. Zähne und Kiefer waren cariös. Holding ist der Ansicht, daß wie Kugelwunden und andere nachteilige Einflüsse, so auch ein erkranktes Organ (organic disease) ein Faktor sein dürfte bei der Degeneration von Geweihen (Proceed. Zoolog. Soc. London 1897 pag. 901 — 903). Wie in allen Zweigen organischen Lebens gelegentlich einmal Formen, die die Vorfahren in geologisch weit zu¬ rückliegenden Zeiten besessen haben, wieder zum Vorschein kommen uud uns einen Blick iu den Verlauf der Entwicklung, den gewisse Organe durchgemacht haben, gewähren, so auch bei Cerviden. Die fiir die Miocäuzeit der Alten Welt charak¬ teristische Geweihform war das Gabelgeweih, bestehend in einer relativ kürzeren Vorder- und einer relativ längeren Hintersprosse. 377 Merkwürdigerweise tritt nun ein so geformtes Gabelgeweih gelegent¬ lich auch bei rezenten europäisch-asiatischen Hirschen auf, die sonst ein weiter entwickeltes, sprossenreiches Geweih zu tragen pflegen. Relativ am häufigsten ist ein derartiger Rückschlag beim Edel¬ hirsch beobachtet worden. Mau hat die Träger solcher Gabelgeweihe wegen der Gefährlichkeit, die einer so gestalteten Waffe Rivalen gegenüber innewohnt, mit dem sehr bezeichnenden Namen Sch ad - hirsche, Mörder u. s. w. belegt, denn es hat sich öfter gezeigt, daß ein Schadhirsch mehrere ihm an Stärke überlegene Hirsche tödlich geforkelt hat. Ich bin nun in der angenehmen Lage, nicht allein Mitteilung machen zu können über einen Schadhirsch als solchen, son¬ dern auch über einen, der überdies durch eine merkwürdige Beson¬ derheit ausgezeichnet ist, nämlich dadurch, daß das Geweih keinen Rosenstock, bezw. der Schädel keine Stirn¬ zapfen besitzt. Herr K. Haniel auf Schloß Walburg im Elsaß hatte die große Freundlichkeit, mir aus eigenem Antriebe nicht bloß über den von ihm erlegten Schadhirsch einige Mitteilungen zu machen, son¬ dern auch das Geweih, das mit dem Schädel noch im Zusammen¬ hänge war, zur Einsichtnahme zu übersenden, wofür ich ihm auch an dieser Stelle nochmals verbindlichen Dank sage. Aus den brief¬ lichen Mitteilungen des genannten Herrn ergab sich, daß der betr. Schadbirsch auf dem Hunsrück 1899 erlegt worden war, stark an Wildpret sich erwies' und etwa zwei Ceutner wog, daß ferner die Geschlechtsorgane normal waren und dass die Existenz des »Brunft¬ brandes«, eines schwarzen Fleckens am Bauche, bewies, daß dieser Hirsch sich begattet hatte. Am Geweih und am Schädel ließ sich folgendes feststellen. Die Dimensionen des in Figur 2 dargestellten Schadhirschgeweihes sind (in Centimetern ausgedrückt) diese: rechts- links¬ seitig. 1. Entfernung vom hinteren oberen Augenhöhlen¬ rande bis zur Geweihbasis . 2,5 3,o cm 2. Entfernung der Innenränder der Geweihbasis 2,5 3. Länge der Stange vom Außenrande der Ge¬ weihbasis in gerader Linie bis zur Spitze der Stange . 46, o 44, o -f ? (Die Spitze der linken Stange ist abgebrochen) Zoolog-. Gart., Jahrg. XLT. 1900. 25 — 378 — ' rechts- links¬ seitig. 4. Länge der Augsprosse von dem Außenrand der Geweihbasis ab . 25,5 32,5 5. Umfang der Stange, 41/» cm unterhalb [der Gabelung von Stange und Augsprosse . . 14, o 15, o 6. Entfernung der Spitzen der Staugen vonein¬ ander . 67,o 7. Entfernung der Spitzeu der Augsprossen von¬ einander . . . . . 35,o Eine normale Rose existiert an keiner der beiden Geweihbasen ; Spuren beginnender Rosenbildung sind jedoch sichtbar, rechtsseitig an dem Außenrande der Geweihbasis, linksseitig am Vorder- und Außenrande derselben. Am deutlichsten machen sich Anfänge einer Rosenbildung bemerkbar am inneren Vorderrande der Geweihbasis der linken Stange, wie dies auch die Abbildung unter Figur 2 zeigt. Beide Stangen und beide Augsprossen zeigen deutliche Gefä߬ furchen, jedoch ist die Perlung beiderseits nur sehr mäßig. Stangen und Augsprossen sind beiderseits nicht symmetrisch angeordnet. Die rechte Stange ist steiler gestellt als die linke, und die rechte Augsprosse ragt weiter vorwärts als die linke. Die Asym¬ metrie erstreckt sich auch auf die Stellung der beiden Stangen. Die rechte Stange entspringt an einer Stelle, die weiter nach vorn ge¬ rückt ist als die der linken, die Differenz beträgt etwa 2,5 cm. Eine sehr bemerkenswerte Besonderheit des vorliegenden Objekts ist — wie erwähnt — der Mangel eines Rosenstocks, bez w. Stirnzapfens. Obwohl Atrophie der Stirnzapfen in der Regel zur Folge hat, daß kein Geweih entwickelt wird , so giebt es doch auch Fälle, in denen man beobachtet hat, daß vollkommen ausgebildete Geweihe, bezw. rudimentäre Spieße ohne Rosenstöcke sichtbar sind. So wurde am Brocken im Harze der Schädel mit Geweih eines sehr starken Edelhirsches gefunden, der keine Stirnfortsätze zeigte. Das Geweih bestand linksseitig aus einem oben gekrümmten Spieße, rechtsseitig aus einer gekrümmten Stange mit Mittelsprosse. Dies bezeugt offen¬ bar keinen normalen Zustand. Ein anderer Fall ist folgender. Im württembergischen Schwarzwalde wurde Anfang Juli 1885 ein Zehn¬ ender-Edelhirsch erlegt, der ein . merkwürdig geformtes, noch im Kolbenzustande befindliches, jedoch nahezu verecktes Geweih trug. Dieses Geweih war direkt aus der Hirnschale herausgewacbsen, und 379 es existierten keinerlei Rosenstöcke. Aus der umfangreichen Be¬ schreibung des abnorm geformten Geweihes geht hervor, daß auch hier kein normaler Zustand vorlag. Direkt aus dem Stirnbein herausgewachsene Spieße, und zwar an Stellen entwickelte, an denen normaler Weise keine Geweihe entstehen, hat man oft beobachtet, aber auch ihre Entstehung er¬ klärt und diese darauf zurückgeführt, daß gelegentlich der Brunft¬ kämpfe Verletzungen des Stirnbeines Vorkommen, deren Verheilung mit der Bildung von Exostosen verbunden zu sein pflegt, auf denen sich dann rudimentäre Knöpfchen oder Spießchen entwickeln. Aber die Entwicklungsvorgäuge von Geweihen ohne jegliche Existenz von Stirnzapfen, und zwar an der Stelle, an der diese ihren Sitz zu haben pflegen, hat noch niemand beob¬ achtet. Und aus diesem Grunde sind wir berechtigt, an der wirklichen Entstehung von normalen Geweihen auf stirnzapfenlosen Schädeln so lange zu zweifeln, bis der Beweis des Gegenteiles er¬ bracht ist. Vorläufig können wir nur annehmen, daß in Fällen, in denen von rosenstocklosen Geweihen bei älteren Hirschen berichtet wird, ursprünglich Stirnzapfen existiert haben, und daß diese mit der Zeit verschwunden sind, sei es nun infolge der bei jedem Geweih¬ abwurf eintretenden Verminderung der Höhe der Stirnzapfen, sei es aus einem anderen Grunde. Zu dieser Ansicht ist auch G. Cu vier (Rech, ossem. foss. pag. 94) bei Besprechung des Geweihes von Cervus somonensis, einer als Riesendamhirsch bezeichneten ausge¬ storbenen Cervidenspecies, gelangt, als er dieses Geweih mit seiner Rose in unmittelbarer Verbindung mit der Stirn ohne Zwischenglied eines Stirnzapfens, bezw. Rosenstockes fand. Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Rehbockgehörns. Von Dr. med. Carl R. Hennicke in Gera. (Mit Tafel 3.) Im folgenden erlaube ich mir, eine Serie von elf Gehörnen zu beschreiben, die ein seit 1889 in Gefangenschaft befindlicher Reh¬ bock im Laufe der Jahre abgeworfen hat. Der Bock ist 1889 gesetzt und am 4. Juni im Pachtrevier des Besitzers gefangen worden. Ein Jahr lang wurde er mit der Flasche 380 genährt, durch die er täglich 1 Liter Milch und 21/* Liter Mehlsuppe erhielt. Später hat er dann Brot, Kartoffeln, Roggenkleientrank, im Sommer Grünfutter, im Winter Heu und Rüben bekommen. Außer¬ dem ist er aber auch noch ein Feinschmecker, da er gern Kompott, Obst, saure Gurken, Tabak und Zucker frißt. Wenn er abgeworfen hat, ist er äußerst gutmütig, besucht die Familie seines Besitzers in den Zimmern, ja, er geht sogar bis auf den Heuboden. Hat er da¬ gegen aufgesetzt, dann ist er außerordentlich bösartig. Er ist ein großer Freund von Musik. So war die beigefügte Photographie erst dann möglich, als die Schwägerin des Besitzers dem Bock etwas auf der Geige vorspielte. Im Jahre 1889, also in dem Jahre, in dem er gesetzt worden ist, hat der Bock bereits dreimal aufgesetzt, bez. abgeworfen. Zu¬ erst sogenannte Knopfspieße, dann ein zweites Gehörn, das leider verloren gegangen ist, und drittens das an erster Stelle beschriebene. In den übrigen Jahren ist er stets im April schon fertig gefegt gewesen und hat im Oktober abgeworfen. Gefegt hat er stets an Birken. Sämtliche Gehörne haben eine schwach graubraune Färbung. Der Bock lebt heute noch, ist vollständig gesund, ohne irgend welchen Schaden, besonders am Kurzwildpret, doch hat die Stärke und Schönheit seiner Gehörnbildung seit 1896 entschieden abgenom¬ men, wie auch aus der untenstehenden Tabelle hervorgeht. Immerhin sind die Gehörne noch immer von hervorragender Schönheit, so daß sie das Entzücken jedes Kenners erregen. Ich halte die Sache für wichtig genug, die Messungen uud Be¬ schreibungen der einzelnen Gehörne in der untenstehenden Tabelle zusammenzustellen, da eine ähnliche, von einem Bock stammende Serie wohl kaum existieren dürfte. Selbstverständlich sind die Maße der Entfernung der Spitzen voneinander cum grauo salis zu ver¬ stehen, da ja die Stangen sich nicht auf den natürlichen Rosenstöcken befinden und dadurch die Maße etwas geändert sein können. 381 Jahr Zahl der Spros- ] Isen R. | L. cm Größte Länge der Stange R. | L. Entfernung der 0 beiden Spitzen 3 j Größter Durch- 0 j messer der Rose 3 j gr u 0 ■ö fl ■ a ® Ä % « s V f? ©CO CD Länge der Mittel¬ spros¬ sen R. | L. Länge der Hinter¬ spros¬ sen R. | L. Entfer¬ nung von d. Ansatz- steile der Mittel¬ sprosse zu der der Hinter¬ sprosse R. | L. Entfer¬ nung von der An¬ satzstelle d. Mittel¬ sprosse bis zur Spitze R. | L. Perlung. 1889 2 3 15,5 15,8 16 3,8 85 4,6 5,2 fehlt nur an- ge- deu- tet 5,7 5,8 7 Gering. 1890 1) 8 3 24 23,5 16 5,i 215 7,5 7,2 1,5 fehlt 8,2 13,7 11,6 Größe, aber nicht sehr zahl¬ reiche Perlen. Eine an der Hinterseite der linken Stange liegende ist 3,« cm lang. 1891 2) 3 8 27 24,5 14 5,9 215 5,6 6,1 nur aii- ge- deu* * tet fehlt 5,3 11,2 8,6 Prachtvolle Perlung bis an die Spitzen. 18923) 4 5 1 26 26,5 10 5,5 255 6,1 7,4 4,2 7,3 6,1 6,1 12,7 13,3 Sehr schön, aber geringer als 1891. 1893 4) 4 6 26,6 22,5 15,5 5,8 240 6,9 7,4 6,7 5,3 6,9 6,5 14,3 9,6 Ungefähr gleich der vorjährigen. 1894 5) 5 5 25 23,5 8,5 5,9 215 7,o 7,7 5,6 5,6 6,1 8,2 11.»! 11,2 Wie 1892 u. 93. 1895«) 5 5 23,5 21,o 9,5 6,1 245 8,4 8 6 j 5 | 8,3 7,2 13,8 ! 11,7 Sehr schön, aber geringer als 1891. 1896 7) 7 5 26 1 21 11,5 5,6 210 8,4 7,3 1,7 2,1 11,8 8,5 14,, I 9,7 Bedeutend ge¬ ringer als 1895, aber noch immer gut 1897 8) 5 5 22 20,5 10,5 5,3 175 6,0 8,5 6,0 2,4 7,6 9,2 13,5 12,0 Schön. 1898 9) 7 6 23 20 16 5,5 160 4,7 5,3 8,4 Nur an- ge- deu- t^t 6,2 6,0 8,9 7,2 Weniger schön als 1897, aber noch immer gut. 1899 10) 5 4 21,5 21,5 13,5 5,8 170 5,5 5,5 8,5 J 4,4 5,9 5,5 9,3 8,9 Besser als 1898. r) Die Mittelsprosse teilt sich links in 2 Enden. а) Links zwei spießartige, spitze Perlen von 3 cm Länge. Unterhalb der Mittelsprosse eine nach vorn gerichtete, 7,& cm lange Sprosse. B) Von der linken Rose aus geht eine nach oben hakenförmig gekrümmte Sprosse von 3,5 cm Länge nach außen zu ab. Unterhalb der Mittelsprosse geht je eine, rechts nach vorn, links nach vorn innen gerichtete, 7,4, bez. 7,5 cm lange Sprosse ab. Links findet sich an deren Ansatzstelle eine trichterartig nach unten gerichtete Vertiefung. *) Rechts geht in der Höhe der Ursprungsstelle der Mittelsprosse eine 6 cm lange Sprosse nach hinten ab, links unterhalb der Ursprungsstelle der Mittelsprosse eine 7 cm lange nach innen und vorn, wieder die Andeutung einer trichter- oder kraterförmigen Ver¬ tiefung zeigend. Von der linken Rose aus geht eine fast gerade, 6,7 cm lange Sprosse nach vorn, eine (im Bogen gemessen) 7 cm lange, hakenförmig gebogene nach außen. б) Rechts geht von der Innenseite unterhalb der Mittelsprosse eine geteilte, mit den Spitzen nach vorn und hinten gerichtete, 6,3, bez. 6,0 cm lange Sprosse nach innen ab. Links Über Fütterung und Pflege der Affen im Zoologischen Garten zu Berlin. Von Alex. Sokolowsky, Volontär- Assistent am Garten. Das im Jahre 1883 erbaute neue Affenhaus des Berliner Zoologischen Gartens beherbergt eine artenreiche Affenschaar, welche sich der sorgsamsten Pflege erfreut. Der die Tiere enthaltende Teil des Affenhauses ist von dem Zuschauerraum durch eine große Spiegelglaswand getrennt. Es hat das den Zweck, die in diesem Hause untergebrachten selteneren geht ebenfalls von der Innenseite, aber tiefei’, eine sich nach vorn streckende starke, 9,3 cm lange Sprosse ah, wieder die bei dem 92er und 93er Gehörn schon beschriebene trichter¬ förmige Vertiefung zeigend, nach hinten in der Höhe der Mittelspi'osse eine 8,3 cm lange, die sich nach oben biegt und mit der Mittelsprosse ein Kreuz bildet. 6) Von der rechten geraden Stange geht unterhalb der Mittelsprosse eine nach vorn gerichtete, 7,6 cm lange Sprosse ab, die an ihrer Ursprungsstelle eine Art trichterförmiger Vertiefung zeigt. In der Höhe der Mittelsprosse geht auch nach hinten oben eine 5,s cm lange, gerade Sprosse ah. Die linke Stange ist leierförmig nach innen gebogen. Von ihr gehen ca. 2 cm unterhalb der Mittelsprosse eine nach innen oben und eine nach hinten oben gerichtete Sprosse ab. Die letztere ist wie die Stange gebogen und 9,& cm lang, die erstere gerade und nur 3,5 cm lang. An ihrer Vereinigungsstelle mit der Stange mündet trichterförmig ein ca. * 3 * * 6 7 * 9 10/i cm im Durchmesser messendes, röhrenföi-miges, 3 cm tief in die Stange hinein nach unten, also dem Rosenstock zu sich erstreckendes, cylind risches Loch mit glatten Wandungen. Das Gehörn scheint mir, weniger was Stärke, als was Schönheit anlangt, den Höhepunkt zu bezeichnen, wenn auch die Perlung die des Gehörns von 1891 nicht erreicht, 7) Rechts geht von der Rose ab ein 2,5 cm langer, hakenförmig gebogener Fortsatz nach außen, der sich in zwei Enden teilt. 2 cm darüber befindet sich ein ähnlicher, ca. 2 cm langer. Zusammen mit der Mittelsprosse geht nach innen von der Stange ab eine zweite, an der Spitze geteilte Sprosse von 7 cm Länge ab, 3 cm über ihr nach innen ein haken¬ förmiger, ca. 2 cm langer Fortsatz. Die Stange ist stark nach hinten gekrümmt. Links geht von der Rose aus nach hinten außen eine sich nach oben krümmende Sprosse von 7 cm Länge. Die Stange verbreitert sich in der Gegend der Ursprungsstelle der Mittelsprosse schaufelföiunig und sendet hier außer der Mittelsprosse unterhalb derselben nach vorn eine Sprosse von 4,& cm Länge ab. Auch diese Stange umschließt ein röhrenförmiges, ca. l cm tiefes Loch. Dies Gehörn ist leierförmig gebogen und das geringste der Sammlung, abge¬ sehen vom 1889er, bis zu diesem Jahre. 3) Rechts an der Ursprungsstelle der Mittelsprosse je eine nach vorn und hinten ge¬ richtete, 2, bez. 3 cm lange Sprosse. Eine trichterförmige Vertiefung an dieser Stelle. Auch links wieder eine röhrenförmige Öffnung, die ca. 1,& cm in die Stange hineinführt. An der Ursprungsstelle der Mittelspi’osse eine nach oben verlaufende, 2 cm lange Sprosse, 4 cm darüber eine nach hinten, oben und innen gerichtete 5 cm lange Sprosse. 9) Rechts von der Rose aus nach außen eine an der Spitze geteilte, 4,6 cm lange, gebogene Sprosse. 7 cm über der Rose geht nach vorn ein 5 cm langer, nach unten gebogener Fortsatz ab. Dicht unterhalb der Ursprungsstelle der Mittelsprosse nach hinten oben eine 6,2 cm lange Sprosse. Links zeigt die Rose ebenfalls eine nach vorn gebogene, ca. 4,& cm lange Sprosse , während eine ebensolche 3 cm weiter oben von der Stange aus nach außen und etwas unterhalb der Ursprungsstelle der Mittelsprosse eine 4,6 cm lange Sprosse nach hinten zu entspringt. Das Gehörn ist dem 1896er sehr ähnlich. 10) Rechts. 2 cm unterhalb der Mittelsprosse 3 Sprossen, eine nach unten gebogene, ca. 4,6 cm lange nach vorn, 2 1,5, bez. 3,5 cm lange nach hinten. Links. In gleicher Höhe mit der Mittelsprosse entspringt eine 4 cm lange Sprosse nach hinten und innen. 383 Arten in einem Raume zu beherbergen, welcher sich, namentlich im Winter, durch geeignete Heizvorrichtung und genügende Ventilation in einer konstanten Temperatur von 17 — 19° R. erwärmen läßt, ohne Abkühlung und Zugluft durch das vielfache Oeffnen und Schließen der Thüren von seiten neueintretender Besucher befürchten zu müssen. Auch sind die Tiere hierdurch vor unzweckmäßiger Fütterung von seiten des Publikums bewahrt. Der Innenraum dieses Hausabschnittes ist außerhalb der Käfige mit Palmen und anderen tropischen Pflanzen angefüllt, um den In¬ sassen der Käfige eine ihrer Heimat einigermaßen entsprechende Umgebung zu bieten. Ganz abgesehen von dem wohlthätigen Ein¬ fluß, welchen die Pflanzen vermittelst ihrer Kohlensäureaufnahme auf den tierischen Organismus ausüben, wirkt der grüne Hinter¬ grund auch auf das Gemüt der Tiere. Die einzelnen Käfige, welche aus eisernem Gitterwerk angefertigt sind, bieten für ihre Bewohner genügenden Raum, um sich frei bewegen und tummeln zu können, zu welchem Zwecke an den Seitenwänden Laufbretter angebracht sind. Außerdem sind die einzelnen Käfige noch mit Schaukelringen, Kletterbäumen etc. je nach Bedürfnis der Insassen ausgestattet. Der Boden der Freibehälter ist mit Parquet belegt, welche Einrichtung für die exakte Reinigung Vorteil gewährt. Ein anderer Teil der Affensammluug ist im alten Affenhaus untergebracht, in welchem die Käfige offeu liegen und dem Publikum die Fütterung freisteht. Makis, Lemuren, Nachtaffen, Galagos, Loris, Löwen- und Pinsel¬ äffchen, Faultier etc. sind im alten Vogelhaus untergebracht, vom Publikum wiederum durch Glaswand abgeschlossen. Die Fütterung und Pflege der theilweise sehr kostbaren und empfindlichen Arten erfordert reifliche Überlegung, um ihnen ein ihrer heimatlichen Nahrung und ihrer Lebensweise entsprechendes Ersatzfutter zu bieten, damit die Tiere sich einer guten Gesund¬ heit erfreuen. Hierbei gilt als Regel, die Tiere individuell zu be¬ handeln und auf Art, Lebensweise und Alter, sowie Gesundheits¬ zustand Rücksicht zu nehmeu. Die Nahrungsmittel, mit welchen die Affen gefüttert werden unterscheiden sich nicht von denen der Menschen. Man kann ihre Ernährungsart als Hausmau nskost bezeichnen. Die tägliche Fütte¬ rung der weniger empfindlichen Arten, wie Meerkatzen, Paviane etc. setzt sich aus vier Mahlzeiten zusammen. Als Frühstück erhalten die Tiere Semmelmileh, welche aus abgekochter Milch mit einge¬ weichten Semmeln besteht. 384 Inzwischen bis zur Mittagszeit wird den Tieren Gemüse und besseres Laub von Linde, Ahorn etc. gereicht. Grünfutter ver¬ schiedener Art, wie namentlich Salat, fressen manche Arten mit Begierde. Als Mittagsmahl gelten in verschiedener Abwechslung gekochtes Rindfleisch, Bohnen, Linsen, Kartoffeln etc. Zur Aushülfe werden Pellkartoffeln extra geboten. Als Nachmittagsfutter gelten Früchte verschiedener Art: Feigen Datteln, Bananen, je nach der Jahreszeit und dem Markt. Das Abendbrot setzt sich aus derberer Kost zusammen : Brot und gekochter Reis (Reiskuchen) spielen hierbei die Hauptrolle. Getränke werden den Tieren je nach Bedürfnis in genügendem Maße gereicht: Wasser und Milch sind die gewöhnlichsten. Bei etwaigem Durchfall wird Kakao geboten. Bei der Ernährungsweise der Tiere ist es von Vorteil, in der Art der Nahrung mit verständiger Auswahl Abwechselung zu bieten, da dieses die durch die Gefangenschaft in mehr oder minder starkem Grade angegriffenen Tiere frischer erhält, als es unausgesetzt gleiche Nahrung vermag. Die selteneren Affenarten, zumal die Anthropomorphen, werden in der Auswahl der Speisen noch difficiler behandelt. Morgens, mittags und abends erhalten dieselben Milch mit Thee gemischt als Getränk. Als Futter wird ihnen ungesäuertes Brot, Weizen¬ brot, besseres Fleisch von Taube und Huhn oder Kalbfleisch gereicht. Außerdem erhalten sie Eier, auserlesene Früchte, namentlich vor¬ zügliche Bananen. Als Milch genießen diese Tiere sterilisierte Milch von Schweizerkühen. Wie aus dieser Aufzählung hervorgeht, besteht die Nahrung aus vollständiger menschlicher Kost, welche den ein¬ zelnen Tieren je nach Alter, Art und Wohlbefinden geboten wird. Zur Kräftigung schwacher Exemplare wird als Zusatz zur Nahrung Somatose, sowie das im Handel neueingeführte Tropon ver¬ wandt. Solche Tiere werden wie schwächliche Kinder behandelt. Zur Linderung der Leiden erkrankter Tiere werden ausgewählt saftige Früchte gereicht. Die Reinigung der Käfige der gewöhnlichen Arten wird im Durschschnitt täglich zweimal , morgens und mittags, vorgenommen. Die Käfige der Anthropomorphen und selteneren Arten werden je nach Notwendigkeit häufiger gereinigt. Des Nachts werden Schimpanse und Orang in wollene Decken gehüllt; als Bett dient ihnen eine Schlafkiste. 385 Schimpanse und Orang werden etwa alle acht Tage der Trocken¬ heit ihrer Haut halber mit gutem Olivenöl eingerieben, bei Gibbons ist ihres dichten Felles wegen nur die Eiuölung der Hände und Füße möglich. Außerdem wird zeitweise das Fell der Menschenaffen vermittelst Bürsten gereinigt. Erkrankten Tieren steht täglich ein Tierarzt zur Verfügung, bei erkrankten Anthropornorphen läßt Herr Director Heck es sich nicht nehmen, einen Menschenarzt herbeizurufen. Eine etwas abweichende Fütterung erfordern die kleinen Affen, welche im alten Affenhaus untergebracht sind. Diesen Tieren, wie Löwen- und Pinseläffchen, Galagos , Loris etc. werden täglich zweimal Nahrungsmittel geboten. Hauptsächlich besteht ihre Kost aus Mehlwürmern, Ei mit Zucker gerührt, Bisquit und besseren Früchten, wie Datteln, Feigen und Kirschen. Zum Trinken wird ihnen Zuckerwasser gereicht. Der Nachtaffe erhält seiner Lebens¬ weise entsprechend nur einmal täglich, des Abends, seine Nah¬ rung. Die Lemurarteu erhalten u. a. hauptsächlich Reis und Brot zum Fressen. Zum Schutze des Maulwurfes (Talpa europaea L,). Von Dr. Victor Hornung in Münster i. W. Schützet den Maulwurf vor schonungsloser Vernichtung, fangt und tötet ihn nur in Ausnahmefällen ! Gerade der Maulwurf zählt nämlich zu den Tieren, die oft den größten Nachstellungen ausge- setzt sind, und zwar mit Unrecht, denn dieser Herr der Unterwelt leistet dem Menschen durch die Vertilgung zahlreicher Schädlinge der Pflanzenwelt große Dienste, die nur der voll und ganz anzu¬ erkennen weiß, dessen Kulturen einmal von Ungeziefer, Engerlingen, Würmern, Käfern u. dergl. heimgesucht worden sind. Nur im fin¬ stern Schoß der Erde führt er sein segensreiches Regiment und ent¬ zieht sich so bescheiden, aber zu seinem eigenen Verderben, den Blicken der Außenwelt. .Während der Mensch nämlich bei anderen Vertretern der Tierwelt, die am Tageslichte ihr Wesen treiben, meist unschwer einen Einblick erhält in ihr tägliches Thun und Treiben und sich vom Nutzen, den sie im Haushalte der Natur stiften, meist leicht überzeugen kann, richtet der Maulwurf seine Wohnung vor den Blicken der Außenwelt verborgen her und holt sich auf seinen Streifzügen einsam und zurückgezogen seine Nahrung. In vielen Kreisen ruft schon das Wort Maulwurf allein Entsetzen her- 386 vor, indem man ihn gemeinhin für ein äußerst schädliches Tier hält. Nur Belehrungen sind imstande, dieses grausame, unberechtigte Vor¬ urteil zu bannen und die Verfolger auf ihr thörichtes Vorgehen aufmerksam zu machen, denu es steht fest, daß der eifrige Vertilger zahlreichen Ungeziefers nur dort dauernd sein Standquartier auf¬ schlägt, wo sein Tisch mit Würmern und dergl. reich gedeckt ist. Ist es nicht ein Armutszeugnis für den Menschen, daß er, der von allen Lebewesen durch seine Vernunft und durch seinen Verstand die höchste Stufe einnimmt, Tiere, denen er diese geistigen Eigen¬ schaften ableugnet, grausam und erbittert hinmordet ? Gerade gegen die Tiere sollte er stets Mitleid und Erbarmen haben und seine hohe Stellung nicht in empörender Weise mißbrauchen. Allerdings ist nicht zu leugnen, daß der Maulwurf dem Feld- und Gartenbesitzer oft großen Verdruß bereiten kann. Mit Mühe und Arbeit ist die juuge Saat glücklich der Mutter Erde anvertraut, schüchtern brechen die jungen Pflänzchen aus der Erde hervor und entwickeln sich prächtig, da wirft ein Maulwurf seine Hügel auf dem Beete auf, und die zarten Pflanzengebilde verdorren. Noch unangenehmer ist es, wenn der Maulwurf auf seinen Wanderungen in ein Mistbeet gerät und hier so manche frohe Hoffnung des Besitzers vernichtet, indem er durch das Aufwerfen der Hügel unter den Pflanzen arge Ver¬ heerungen anrichtet. In der Regel werden nun alle Mittel aufgeboten, den gefährlichen Zerstörer zu fangeu, um an seiner kleinen, schwar¬ zen Leiche den Zorn zu kühlen. Dieses rücksichtslose Vorgehen mache ich aber dem grausamen Jäger zum Vorwurf, denn zunächst sollte er versuchen, sich in anderer Weise des unliebsamen Gastes zu entledigen und nur dann in dieser radikalen Weise Vorgehen, wenn seine Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt sind. Längere Zeit habe ich Gelegenheit gehabt, Beobachtungen über den Schaden und Nutzen des Maulwurfs anzustellen, und ich bin zu dem Resultate gekommen , daß, wenn der Maulwurf den Menschen nicht in einer Weise schädigt, daß seine Vernichtung unbedingt erfor¬ derlich ist , seine Schonung nur in hohem Grade nutzbringend für das Gebiet ist, das er bewohnt. In unserm früheren Garten, der nur sehr selten einen Maulwurf als Bewohner aufwies, trieben in erschreckender Weise die Würmer ihr Spiel, da das Ge¬ flügel, das das umgearbeitete Land in größerer Zahl absuchte, kein sonderliches Verlangen mehr nach dieser Fleischnahrung zeigte. Un¬ sere jetzige Gartenanlage dagegen beherbergt den Maulwurf als ständigen Bewohner und sein segensreicher Einfluß ist geradezu 387 überraschend. Lange kanu man im Erdreich vergeblich auf einen Regenwurm fahnden ; selbst wenn das Land umgegraben wird, be¬ kommt man nur selten einen solchen zu Gesicht. Schon oft war ich dieserhalb in Verlegenheit, wenn ich frisch eingefaugene Vögel erhielt, die mit Vorliebe Würmer fressen, und die ich mit diesem Futtermittel eingewöhneu wollte; es blieb mir nichts anderes übrig, als in Nachbargebieten nach solcher Kost für meine Lieblinge zu suchen. Im vergangenen Jahre nahm aber die Zahl der aufge¬ worfenen Erdhügel dermaßen zu, daß der Blumen- und Gemüse¬ garten sehr gefährdet wurden. Das jungfräuliche Grün des Rasens wurde iu kurzer Zeit durch die Erdhaufen vernichtet; die zarten Gemüsepflanzen, die unter sorgsamster Pflege kräftig emporsprossten, die hübsch in Reih und Glied dastanden und jegliches Menschen¬ herz erfreuten , wurden gleichfalls zum Teil zerstört, und die ganze Aulage bot nunmehr eiuen traurigen Aublick dar. Dem gleichen Schicksal waren die Blumenbeete anheimgefallen ; auch auf ihnen ging manches Pflänzchen ein, das dazu ausersehen war, mit seiner Blüteupracht dereinst das Auge des Naturfreundes zu erquicken. Selbst die festen Fußwege waren unterwühlt; oft auf eine längere Strecke hin war das Erdreich geborsten und mit Erdhiigeln verun¬ ziert. Um den Übelthätern auf die Spur zu kommen, stellte ich deshalb eiserne Fallen, die ich mit Möhrenstückchen köderte; in der Mehrzahl der Fälle war es aber die Wühlratte oder Schermaus, die ich erbeutete, nur in seltenen Fällen fing sich ein Maulwurf. Die Wühlratte kanu allerdings im Feld und Garten außerordentlichen Schaden anrichteu, da sie sich von Pflanzenkost ernährt, viele Wurzeln verzehrt und so die Pflanzen in ihrer Existenz bedroht; gelangt sie gar in eine Samenkultur, so kann der Schaden, den sie durch ihr Wühlen und das Aufwerfen von Hügeln anrichtet, sehr bedeutend sein ; denn nicht selten wird ein Erdhaufen in unmittelbarer Nähe des anderen aufgeworfen. Vornehmlich in Gärten erhält man einen genauen Einblick in ihr verderbliches Wirken, da ihr Schaden sich auf einen kleinen Raum beschränkt, während es auf größeren, weit ausgedehnten Strecken schon schwieriger fällt, ihrem verderbenbrin¬ genden Walten genau zu folgen. Aus der Zahl der gefangenen Ratten ersah ich, daß sie in großer Kopfzahl unser Anwesen be¬ wohnten, und eifrig wurde deshalb diesen gefürchteten Schädlingen nachgestellt. Am frühen Morgen und am Spätnachmittage wurde ihnen aufgelauert, und wenn sie am Wühlen waren, und man an der Bewegung der Erde ersehen konnte, daß sie sich dicht unter der 388 Oberfläche befanden, wurden sie mit einem Spaten aus ihrem Ver¬ steck hervorgeholt und getötet. Auf diese Weise wurde manchem dieser Nager sein verderbliches Handwerk gelegt. Auf Grund meiner Beobachtungen bin ich nun zu der Über¬ zeugung gekommen, daß Schermaus und Maulwurf häufig in ein und demselben Bezirke neben einander Vorkommen und ihrem unter¬ irdischen Lebenserwerbe nachgehen.1) Bewohnen beide nun das gleiche Gebiet, so werden durch die Anwesenheit der Schermaus die Wohl- thaten des Maulwurfes sehr geschmälert, indem der Schaden der ersteren den Nutzen des letzteren bedeutend übertrifft. So erklärt es sich denn auch, daß der nützliche Maulwurf unter den Ubel- tbaten der äußerst schädlichen Schermaus zu leiden hat, da für ihr Zerstörungswerk der Maulwurf häufig aus Unkenntnis verantwortlich gemacht und dieser gefährliche Feind schädlicher Würmer und Larven als eiu Vernichter der Pflauzenkulturen verschrieen wird. Zu seinem eigenen Nutzen sollte der Mensch den Maulwurf nur in Ausnahmefällen dem Tode überliefern, nur dann, wenn er wirklich schädlich wird; kleine Unannehmlichkeiten von seiten dieses nütz¬ lichen Tierchens sollte er aber ruhig mit dem Mantel der Liebe zu- decken. Liegen aber Beweise vor, daß sich neben der Schermaus auch der Maulwurf in dem Gebiete einquartiert hat, so sollte man zunächst versuchen, den Maulwurf durch zweckmäßige Mittel aus Feld und Garten zu vertreiben, ohne ihn zu töten, und dann erst gegen die Wühlmaus zu Felde ziehen. Man bringt in die Maulwurfs¬ gänge durchdringend riechende Stoffe, z. B. Steinkohlenteer, Petro¬ leum oder Stinkasant (Asa foetida). Namentlich aber der animalische Teer (Oleum animale foetidum), der bei der Destillation organischer Stoffe, wie Knochen, Hornsubstanzen, Leim, Wolle u. a. m. gewonnen wird und der einen widrigen Geruch besitzt, verleidet ihm bald den Aufenthalt in seinem Reviere; auch ist die Anwendung dieses Mittels nur mit geringen Kosten verknüpft. Habt Mitleid mit dem Fürsten der Unterwelt und legt, wo sich die Gelegenheit bietet, für ihn ein gutes Wort der Schonung ein ! l) Yor einigen Wochen (Anfangs Nov. 1900) gelangten wiederum in einem Umkreise von zehn Schritt drei Wühlratten und ein Maulwurf in meine Hände. Der Verf. 389 Tanzende Waldmaus und radschlagende Hausmaus. Von Paul Kämmerer, stud. phil., in Wien. Allgemein bekannt sind die bunten Tanzmäuse, eine Rasse der gewöhnlichen Hausmaus, die von den Chinesen und Japanern durch Vererbung eines organischen Fehlers kunstvoll herangezüchtet wor¬ den ist. Daß auch andere Mäusearten zu »Tanzmäusen« werden können, dürfte neu sein. Am 25. Juli 1899 fing ich auf den Ostseedünen nahe dem Fischerdorfe Hammelstall (Insel Usedom) eine junge Waldmaus (Mus sylvaticus L.), die sich ihre Lagerstätte auf dem Sandboden unter einer Planke gewählt hatte. Das Tierchen wurde bald recht zahm, verzehrte Getreide, Brot uud Obst und bewegte sich durchaus normal. Da unternahm ich vom 7. bis 11. August einen Sammel¬ ausflug; nach meiner Rückkehr fand ich, daß die Futtervorräte nicht ausgereicht hatten. Die Maus lag halbtot mit rötlich unterlaufenen Füßen und ganz eingetrockneter Nase in ihrem Behälter, besaß aber noch soviel Kraft, um von der ihr alsbald Vorgesetzten Milch zu trinken und bald darauf auch eingeweichtes Brot zu verzehren. Sie erholte sich rasch uud war am nächsten Tage kräftiger als je, 1 i ef aber nicht mehr in gerader Richtung, sondern be¬ ständig im Kreise herum. Seitdem benimmt sie sich ganz wie eine japanische Tanzmaus. In rasendem Tempo dreht sie sich um sich selbst oder kreist blitzschnell um irgendwelche in ihrem Käfig liegenden Gegenstände und oft auch über das ziemlich hohe Schlaf¬ kästchen hinweg. In diesem dreht sie sich ebenfalls oder läuft eine Zeit lang stets in eins der Löcher hinein und sofort aus dem zweiten heraus, um wieder im ersten zu verschwinden u. s. f. Wenn sie nicht schläft, ist sie ununterbrochen in hastiger Bewegung. Läuft sie doch einmal in gerader Richtung , so geschieht es langsam und ungeschickt torkelnd, als wenn sie betrunken wäre, wobei sie die äußerste Lebhaftigkeit und Empfindlichkeit an den Tag legt — - ganz wie die echten Tanzmäuse. Mit diesen hat sie auch noch die Eigentümlichkeit gemeinsam , daß ihre Kletterfähigkeit vollständig verloren gegangen ist. Von Zahmheit ist keine Spur mehr vorhan¬ den; das Tier ist bissig und läßt sich nicht berühren. Ich wjll nun nicht gerade behaupten, daß die geschilderte Um¬ wandlung sich infolge der unfreiwilligen Hungerkur vollzogen hat; merkwürdig aber bleibt es doch, daß jene ganz genau seit der be¬ treffenden Zeit datiert. 390 Unter einer Anzahl junger japanischer Tanzmäuse, die in Brünn (Mähren) gezüchtet worden waren und sodann in den Besitz eines Wiener Tierhändlers gelangt sind, befand sich ein graues, nur mit einem wie Mehlstaub aussehenden Flecken auf dem Rücken gezeichnetes Tierchen, das sich in seinen Bewegungen in auffälligster Weise von seinen Geschwistern unterschied. Es tanzt nämlich nicht und vollführt die für jene Mäuserasse charakteristischen Drehbe¬ wegungen nur höchst selten und langsam, schlägt aber dafür mächtige Saltomortales in der Luft. Ich erwarb diese interessante Maus, die sich noch unter meinen Pfleglingen befindet. Selten bei Tage, regelmäßig bei Einbruch der Dämmerung beginnt sie ihre Kunststücke zu produzieren. Nachdem sie einigemale wie suchend hin- und hergelaufen ist, richtet sie sich an einer Wand oder in einer Ecke des Behälters auf den Hinterbeinen empor, schlägt dann mit den Vorderbeinen auf die Wand, unterstützt so das In die Höhe Schnellen, das wohl hauptsächlich ein Werk der Hinterbeine ist, überschlägt sich in der Luft nach rückwärts und fällt hierauf ordnungsgemäß auf die Beine nieder. Das G.anze voll¬ zieht sich selbstverständlich innerhalb eines Augenblickes und wird dann sogleich und oft wiederholt, sodaß die Maus eine ganze Weile mit Radschlagen beschäftigt bleibt. Die übrigen Bewegungen ge¬ schehen, seltenes Drehen ausgenommen, in gerader Richtung und mit der gleichen Unsicherheit und dem gleichen beständigen, unruhigen Schnüffeln wie bei normalen Tanzmäusen. Beide Mäuse, die tanzende Waldmaus und die radschlagende Hausmaus, beabsichtige ich nach ihrem Tode einer Sektion zu unter¬ ziehen, insbesondere die Otolithen genau zu untersuchen. Vorläufig aber denken beide noch nicht ans Sterben, sondern erfreuen sich bei offenbar vollkommener Gesundheit ihrer anormalen Bewegungen. Der Zug der Mainfische im Frühjahr 1900. Von L. Buxbaum in Raunheim. Wenn im Frühjahre die Zugvögel anriicken , um ein neues Heim zu begründen und Nachkommenschaft zu erbrüten , dann kommen auch die Flußfische in hellen Haufen die Flüsse und Bäche stromaufwärts gezogen, um ihren Laich an geeigneten Stellen abzu¬ legen und zu bergen. Seitdem der üntermain bis Frankfurt kanali¬ siert ist und die fünf Nadel wehre durch Fischpässe umführt worden 391 sind, kann der Fischzng an diesen Stellen genau beobachtet und kontrolliert werden, was ich seit 1886 gethan habe. Die Fischpässe sind nach dem Kaskadensjstem angelegt, und besteht der Paß bei Raunheim aus fünf Behältern, die von einem zum andern Behälter 0,36 m Fall haben; der obere Teil des Fischpasses ist 1 m, der untere 2 m breit. Die dadurch entstehenden fünf Wasserfälle in dem Fischpaß überwinden die Fische entweder dadurch, daß sie sie durchschwimmen, oder indem sie in einem Sprung durch die Luft über die Mauer setzen. Das Hauptbewegungsorgau dabei ist die Schwanz¬ flosse, die wie eine Schiffsschraube wirkt. Nur bei warmem Wetter und Sonnenschein ziehen und springen die Fische; sobald die Temperatur sinkt oder Regenwetter eintritt, steht der Zug still oder geht nur sehr langsam vorwärts. Auch in der Nacht verlassen die Fische den Paß uud ziehen sich in den Strom zurück. In dem brausenden uud schäumenden Wasser an den Nadel wehren halten sie sich gerne auf, und es eilt ihnen gar nicht , die Stauanlagen zu verlassen. Dieses luftreiche Wasser scheint ihnen sehr angenehm zu sein, und es be¬ finden sich hier geradezu die Luftkurorte für die Fische. Der diesmalige Frühjahrszug begann am 20. April und endete am 2. Juli. Im vorigen Jahre umfaßte er die Zeit vom 2. April bis zum 17. Juni. Den Anfang machten auch diesmal wieder die Schneider, Älburnus lucidus, die aber in geringerer Zahl an¬ kamen, als in den Vorjahren. Es mag dies seinen Grund in der niederen Temperatur gehabt haben, denn das Thermometer zeigte nur + 3° R. Nach zwei Tagen kamen noch dazu das Rotauge, L ciscus rutilus , und die Rotfeder, Leuciscus erythrophthalmus, die sich erst in kleineren, dann in größeren Exemplaren einstellten. Nach uud nach erschienen nun noch der Döbel, Leuciscus cepha- lus, der hier fälschlich Mulbe genannt wird, der Bresem, brama, der Flußbarsch, Perca\ fluviatilis, die Nase, Chondro¬ stoma nasuSi der Hasel, Squalius leuciscus , die Barbe, Barbus flu¬ viatilis, und die S c h 1 e i h e , Tinea tinca. Der Hecht, Esox lucius , beteiligt sich selten an dem Zug; er geht schon früher mit den Schiffen durch die Schleuse. Auch der Aal, Anguilla anguilla , kann den Fischpaß nur sehr mühsam passieren, da er keine richtige Schwanzflosse hat, die ihn mit Gewalt vorwärts treibt, und da bis jetzt noch keine Aalleitern angelegt sind. Vereinzelt kommen im Main noch vor der Gründling, Gobius gobio , die Karausche, Carassius carassius , der Karpfen, Cyprinus carpio, die Aal- raupe, Lot a Iota , die Groppe, Cottus gobio , der Bitterling, 392 Bhodeus amarus , der Wetterfisch, Colitis fossilis , und das Flußneunauge, Petromyson fluviatilis. An manchen Tagen herrscht eine Art besonders vor, während die anderen mehr zurück¬ treten , wie z. B. die Bresem, die Rotaugen und die Döbel. Die Barben kommen mehr am Ende des Zuges und treten dann in sehr starken Exemplaren auf. Sie lassen sich mit der Hand aus dem Wasser nehmen und sind so sehr mit Laich angefüllt, daß sie ihn sofort abgeben, wenn sie mit der Hand gestrichen werden. Von den im Jahre 1886 vom Oberförster Schwab in Königstein in den Main ausgesetzteu Zandern, Perca lucioperca , sind keine mehr zu sehen. Das von den Fabrikabwässern verdorbene Mainwassser hat sie schon lange vertrieben. Die Verunreinigung des Mainwassers durch die Fabrikabwässer hat ..überhaupt der Fischerei ungemein geschadet; die edlen Arten sind schon verschwunden, und der andern werden auch immer weniger. Im Obermain, wo dieser Mißstand nicht vorkommt, ist die Fischerei noch rentabel, und liefern die dortigeu Fischer viele Hechte nach Frankfurt. Es wäre zu wünschen, wenn hier Abhilfe geschafft werden könnte. Jahresbericht des Westfälischen Zoologischen Gartens zu Münster lur 1898—99. Wir entnehmen dem 27. Jahresberichte des Westfälischen Provinzial -Vereins für Wissenschaft und Kunst 1898—99, Münster 1899, folgende Einzelheiten über Betrieb und Einrichtung des dortigen Zoologischen Gartens. Der Vorstand bestand aus 12 Personen, von denen drei in die Direktion gewählt wurden, Prof. Dr. H. Landois als Direktor, Eechtsanwalt H. Str a t - mann als Geschäftsführer und Kaufmann A. Bollmann als Eechnungsführer. In Anbetracht seiner Verdienste um die Gründung wie um die Weiterentwicklung des Gartens wurde Prof. Landois auf der Generalversammlung zum Ehrenmit¬ glied des Westfälischen Vereins für Vogelschutz ernannt, der zugleich Gründer und Erhalter des Gartens zu Münster ist. Die Zahl der Mitglieder betrug 1898—99 3173, von denen die Ordent¬ lichen Mitglieder und deren Angehörige die hohe Ziffer von 2255 erreichten. Die Mitgliederbeiträge wachsen mit der Vermehrung der Mitgliederzahl noch fort¬ während; 1895 betrugen sie M. 7499, 1896 M. 10 026, 1897 M. 11 309 und 1898 M. 12 172. Der Tierbestand hat nach Fertigstellung eines Elefantenhauses durch einen Indischen Elefanten eine besondere Bereicherung erfahren. Auch ein großer See¬ hund ist in den Mittelbau der großen Vogelvoliere eingezogen. An der V ei schönerung des Gartens wurde rüstig weitergearbeitet. Die große Vogelvoliere erhielt aus Eisen und Cement einen rattensicheren Hinterbau, 393 die Gartenmauer wurde an der Ost- und Nordseite um eine bedeutende Strecke weitergeführt, die Blumenbeete wurden mit Drahtgeflechten umgeben, die Wolfs¬ grotte erhielt ebenfalls ein Schutzgitter, und am Schaf- und Ziegenpark wurde die Holzeinzäunung durch eine eiserne ersetzt. Große Mühe und Kosten verursachte auch der Ausbau zweier Grotten auf dem Restaurationsplatze. Erfolge hatte der Garten namentlich in der Löwen zucht. Das junge Löwen¬ paar ist am 27. Juni 1896 für M. 2500 angekauft worden. Das cT ist ein Berber¬ löwe, der damals 13 Monat alt war, das 9 eine Somalilöwin, damals einjährig. Die drei ersten Würfe gingen zu Grunde. Der vierte Wurf vom 23. Dezember 1898 gelang. Die vier Jungen wurden von der Mutter selbst gesäugt und ge¬ diehen vortrefflich. Im April 1899 fraßen sie schon selbständig Fleisch. Auf Anregung von Prof. Landois war ein Elefanten haus geplant worden, für das Baurat Schmedding kostenlos die Pläne aufstellte, während Techniker Schümann die Bauleitung übernahm. Die Bausumme von M. 25 000 wurde in der Weise beschafft, daß die Abendgesellschaft des Zoologischen Gartens aus den Er¬ trägen der Fastnachtsspiele M. 13 000 schenkte und die Direktion des Zoologischen. Gartens die übrigen M. 12 000 bewilligte. Das Haus präsentiert sich überaus günstig. Im Sockel- und Erdgeschoß -Grundriß beträgt die Länge des ganzen Gebäudes 20,92, die Breite 10,83 m. Der Grundriß bildet ein längliches Rechteck. An der vordem Langseite befindet sich ein halbkreisförmiger Ausbau als Stall für den Elefanten, während die Vergitterung im Innern ebenfalls halbkreisförmig ab¬ schließt. An den Querseiten sind besondere Gelasse gebaut für irgend zwei an¬ dere große Tierarten (Nilpferd oder Nashorn), 10,98 rn lang und 3,50 m breit. Auch diese erhalten Außen- und Innengitter. Das Außengitter des Elefantenkäfigs hat 5,24 m Radius rings um den halbkreisförmigen Vorbau. Der Zugang für die Beschauer liegt an den beiden Schmalseiten des Gebäudes. Die Einweihung des Hauses fand am 11. Mai 1899 statt. Für Anschaffung eines Elefanten sind mehr als M. 3000 als Geschenk eingegangen, und der für diese Summe gekaufte weibliche Elefant hat bereits am 16. Juni des gleichen Jahres seinen Einzug in Münster gehalten.' Was Schau- und Ausstellungen anlangt, so wurde in diesem Jahre eine Karawane von 37 Sudanesen gezeigt. Bei solchen Gelegenheiten wird das Ein¬ trittsgeld für Nichtmitglieder nicht erhöht, während den Mitgliedern Dauerkarten zu 50 Pf. zur Verfügung gestellt werden. In Bezug auf die Schaustellung von Tieren befolgt der Garten den Grundsatz, einerseits die noch jetzt in Westfalen, _ bezw. Deutschland und Europa lebenden Arten, anderseits die jetzigen Vertreter der ausgestorbenen Tierwelt Westfalens vorzuführen. Während der Herbst- und Wintermonate findet jeden Sonn- und Feiertag nachmittags im Saale ein Konzert statt, zu dem die Mitglieder für 20 Pf., deren Kinder für 10 Pf. Zutritt haben. Der Jugend- und Volksspielplatz steht den Schülern aller Schulen unter Begleitung ihrer Lehrer, wie auch den Turnvereinen Münsters zu bestimmt angesetzten Zeiten unentgeltlich zur Verfügung. Die Anlage eines Bassins fin¬ den Rudersport — fünf Bote sind bereits beschafft — und die Errichtung eines unentgeltlich zu benutzenden Volksschwimmbades sollen baldmöglichst in Angriff genommen werden. Ein Prozeß mit einem Grenznachbarn wurde gewonnen; der Kläger erhielt nicht die erstrebte Terrainerweiterung und mußte über M. 1000 an den Garten zurückzahlen. Zoolog. Gart., Jahrg. XLT. 1900. 26 394 Am 16. Februar 1899 wurde das Jubelfest der 25 jährigen Grundsteinlegung des Gartens gefeiert. Aus kleinen Anfängen bat er sich zu einem ansehnlichen und geachteten Institut emporgearbeitet. Der Grundbesitz mit seinem lebenden und toten, beweglichen und unbeweglichen Inventar erreicht bereits den Schätzungs¬ wert von nahezu einer Million Mark. Auch das mit dem Garten innig verknüpfte Westfälische Pro vinzial-Museum für Naturkunde steht bei Gelehrten und Laien in gleich hohem Ansehen. Die finanzielle Lage des Gartens ruht auf gesunder Grundlage. Die ge¬ samten Hypothekenschulden betragen M. 149 700, eine in der That mäßige Be¬ lastung für Immobilien und Mobilien im Werte von mindestens M. 1 000 000. Andere Verbindlichkeiten, über die am 31. Dezember noch keine Rechnung vorlag, sind auf etwa M. 3000 zu schätzen, denen ein Kassenbestand von M. 15 463.63 gegenübersteht. Für den Neubau des Elefantenhauses waren am 31. Dezember über M. 11 000 gezahlt, sodaß das von der Abendgesellschaft geschenkte Kapital von M. 13 000 bei der Sparkasse nicht angegriffen zu werden brauchte. Mit der Vergrößerung des Gartens und der Vermehrung des Tierbestandes wachsen aber auch die Unkosten bedeutend, und wenn das Institut in geordneten Verhältnissen bleiben soll, dürfen seine Kräfte nicht überschätzt werden. Rechnungs - Abschluss für das Jahr 1898. Einnahmen. M. Pf. M. Pf. 1. Kassenbestand am 1. Januar 1898 . 9927.30 2. Zinsen aus ausstehenden Geldern . 472.28 3. Geschenke : a. Zuschuß der Stadt Münster . 1000. — b. » » Prov. Westfalen . 720. — c. Geschenk der Münsterischen Bank . 100. — d. » » Abendgesellschaft des Zoologischen Gartens . 13 000.— 14 820.— 4. Pacht des Restaurateurs . . 4375.— 5. Beiträge der Mitglieder, Aktionäre und für Semester¬ karten * ........ i ... 12 172.— 6. Eintrittsgeld an den gewöhnlichen Besuchstagen . . 12 741.60 7. Erlös aus verkauften Tieren . 225.42 8. Konzerte . 3619.65 9. Schau- und Ausstellungen . 3990.30 10. Freiwillige Beiträge für die Nu-män-to Bucht . . 1436. — 11. Außergewöhnlich . 1022. — 64 801.55 1899 1. Januar. Kassenbestand . -* . 15 463.63 Ausgaben: 1. Für Neubauten und dauernde Einrichtungen: a. Aus 1897 . 702.98 b. » 1898 . 11 350.26 Transport 12 053.24 % — 395 — 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. M. Pf. M. Pf. Transport . . . 12 053.24 Abtrag’ aus Darlehen . . 500. — Verwaltungskosten : a. Aus 1897 . 465.64 b. » 1898 . . . 8376.21 Zinsen von angeliehenen Kapitalien . Pacht von Grundstücken . Für angekaufte Tiere . Unterhaltung der Gebäude, Utensilien, Wege u. s. w., Grund- und Gebäudesteuer und Feuerversicherung: a. Aus 1897 . . b. » 1898 . Futterkosten a. Aus 1897 b. * 1898 Für das Museum: a. Aus 1897 . . b. » 1898 Für Konzerte, Schaustellungen und außergewöhnlich: a. Aus 1897 . . b. * 1898 . . . Kassenbestand am 31. Dezember 1898: a. Guthaben bei der Münsterischen Bank . b. » » » Städtischen Sparkasse c. In der Kasse des Rechnungsführers . . 8841.85 6008.— 293.50 843.10 1128.16 4999.77 6127.93 817.94 6536.14 7354.08 9.34 31.88 41.22 434.84 6840.16 7275.— 2048.20 13 180.56 234.87 15 463.63 64 801.55 Bttgr. Kleinere Mitteilungen. Ancistrodon blomhoffi Boie. In Japan erhielt ich zwei Exemplare dieser Giftschlange, die am Tage vorher in einem Reisfelde gefangen worden waren. Leider gelang es mir nicht die Tiere lebend nach Europa zu bringen; beide starben in den letzten Tagen der Reise. Da die Schlangen wohl bisher nur nach Spiritusexemplaren beschrieben sind, so gebe ich hier aus meinem Notizbuche eine Schilderung ihrer Färbung und ihres Aussehens im Leben. Eindruck kreuzotterähnlich. Kopf¬ schilder in der Mitte weißlich, ihr Rand, sowie die Gegend der Kinnschilder braun. Bauchschilder weiß, der vordere Rand unregelmäßig braun gepunktet. Diese Farbe geht nach vorn zu in schwarz über, sodaß die Schilder dort zum größten Teile schwarz sind, worauf eine braune, unregelmäsig gepunktete Zone und danp erst 396 Weiß folgt. Im letzten Körperdrittel sind sie überhaupt schwarz mit einer Reihe weißer, quergestellter Flecken. — Obere Lippenschilder ausgesprochen fleischfarben, welche Färbung sich in einer Breite von 2 — 3 Schuppenreihen auf den Hals fort¬ setzt und schliesslich in einen schmalen Streifen zur Seite des Leibes übergeht. Die Grundfarbe des Rückens ist gelbgrün, auf dem sich große, schwarz geränderte, dunkle Flecken befinden. Der Schwanz ist kurz und schwärzlich. D r. Schnee. Der Polyhistor Peiresc, ein Tierkenner und Tierfreund des 16. und 17. Jahrhunderts. (Lettres de Peiresc, publiees par Ph. Tamizey de Larroque, dans la Collection des Documens inedits sur l’Histoire de France. Paris 1886 — 1898, besprochen von Emile Michel in der Revue des deux Mondes vom 15. März 1900, S. 878 flg.). Zu den merkwürdigsten gelehrten Erscheinungen in Frankreich um die Wende des 16. zum 17. Jahrhundert gehört Claude Fabri de Peiresc, geboren am 1. Dezember 1580 zu Beigentier bei Brignoles (Basses- Alpes), verstorben zu früh für die Wissenschaft am 23. Juni 1637. Ünvermählt, nur dem Studium der Wissen¬ schaften ergeben, an nichts andres als an sie denkend, edel, hülfreich, uneigennützig, trotz aller Verlockungen zu einem ansehnlichen politischen Leben diesem soweit irgend möglich abgekehrt, um sich nicht von den geliebten Büchern, Sammlungen, Experimenten und Forschungen ablenken zu lassen, steht er in jener Zeit, wo Frankreich durch die inneren politischen und religiösen Wirren auf das tiefste er¬ schüttert ist und der Ehrgeiz der Parteien die besten geistigen Kräfte in unnützen und widerlichen Intriguen ohne Nutzen für das Vaterland und die Menschheit ver¬ zehrt, als eine fast unbegreifliche Erscheinung da. Seine Traditionen verwiesen ihn auf das Rechtsstudium und die höhere Beamtenlaufbahn. Am 18. Januar 1604 promovierte er als Doktor der Rechte und lebte formell thätig als Jurist in Aix, damals Hauptort der Provence. Die Rechtsgelahrtheit genügte aber dem jungen Forscher nicht im geringsten, vielmehr strebte er im Sinne der hervorragendsten Geister seiner Zeit eine Polyhistorie an, die damals bei dem verhältnismäßig engen Rahmen der einzelnen Wissenszweige noch möglich war, und leistete hierin schein¬ bar unglaubliches. Außer den klassischen Sprachen des Altertums beherrschte er die meisten modernen Kultursprachen, beispielsweise wechselte er mit dem ihm befreundeten Peter Paul Rubens Briefe in italienischer Sprache. Altertumskunde und Kunst¬ geschichte beherrschte er ebenso wie die Astronomie. Er trieb anatomische und medizinische Studien. Er legte ein großartiges eigenes Museum zur Unterstützung seiner Forschungen an, für die er u. a. Ausgrabungen in der- Provence veranstaltete und allerhand Gefäße aus Thon, Metallgeräte und dgl. gewann. Dazu sammelte er Gemmen und Kameen, Münzen und Medaillen und schrieb über Altertümer mit einer achtbaren Kritik, indem er beispielsweise die Bildhauerarbeiten an der Kathe¬ drale von Saint-Denis, die man damals fälschlich in die Zeit der Karolinger ver¬ setzte, richtiger mehrere Jahrhunderte jünger taxierte und der Zeit Ludwigs des Heiligen zuwies. Peiresc unternahm größere Reisen nach England, den Niederlanden und Italien, um Altertümer und Naturgeschichte in der Fremde zu studieren und sich mit den dortigen vorzüglichsten Gelehrten in persönliche freundschaftliche Beziehungen zu setzen. 397 — In der Naturkunde nahmen ihn alle drei Reiche, Steinkunde, Pflanzen¬ kunde und Tierkunde lebhaft in Anspruch, und es ist schwer zu sagen, welches Feld ihm hier am meisten am Herzen lag. Die Bildung der verschiedenen Gesteine und ihre Zusammensetzung beschäf¬ tigte ihn lebhaft, insbesondere zogen ihn die S talaktiten- Bild un gen in den Höhlen der Nachbarschaft von Beigentier an. Hier stieß er auf palaeo ntolo- gische Reste, darunter auf menschliche Schädel und Gebeine, die seinen Scharfsinn herausforderten. Er ahnt die Wichtigkeit des Studiums der Fossilien und wundert sich in seinen Briefen wiederholt, daß so viele Jahrhunderte haben vergehen können, ohne daß man dergleichen für die Erkenntnis sowohl der Natur-, wie schließlich auch der Kulturgeschichte so überaus wichtige Funde und Verhält¬ nisse beachtet und richtig zu würdigen versucht habe. Die günstigen örtlichen Verhältnisse und das wundervolle provengalische Klima gestatteten unserm Peiresc, sich einen auch für weitere Zeiten noch muster¬ gültig zu nennenden botanischen Garten anzulegen. Mit den hauptsächlichsten Botanisten Europas unterhält er literarische Beziehungen und weiß sich für seinen Versuchsgarten seltene lebende Knollen, Rhizome, Sämereien zu verschaffen, so Samen aus Holland, Italien, Portugal, Nordafrika, Persien, China und Japan, Gewächsknollen vom Kap der guten Hoffnung u. dgl. m. Eine gleiche Sorgfalt wendete er der Tierwelt zu. Bei passender Gelegen¬ heit suchte er sich genauere Kenntnis von solchen Tieren, #die damals noch ziemlich selten waren, zu verschaffen. Es ist rührend zu sehen, mit welchem Eifer er dies that und wie ihm dies trotz der Unsicherheit der Handelsstraßen, der Barbaresken und Korsaren im Mittelmeer, der Langsamkeit der Brief- und Packetbeförderung gelang. Als ihm durch einen barbaresken Kaper eine Sendung fortgenommen war, wußte er sie durch Vermittelung des französischen Konsuls in Algier wieder frei zu bekommen. Peiresc ließ sich u. a. aus Asien und Afrika Schildkröten, Krokodile und eine Gazelle schicken. Er beobachtete ihren Bau und ihre Lebensweise. Ver¬ endete Tiere wurden von ihm seciert und auf die Todesursache anatomisch und pathologisch untersucht. Zweimal ließ er sich von den Barbaresken-Küsten Chamae- leons kommen, Mehrere davon starben auf der Reise — wie das trotz unserer gerühmten Verkehrsbeschleunigungen nocl\ heute üblich ist — ; ein Chamaelcon africanus kam zwar lebend, aber in ziemlich trostloser Verfassung an. Er bemüht sich es durch Verabfolgung von fünf bis sechs Dutzend Mehlwürmern und zwei Dutzend Heuschrecken (sauterelles) wieder zu Kräften zu bringen. Peiresc studiert die Bewegungen des Chamaeleons und die Ursachen seines Farbenwechsels. Die toten Exemplare werden einer sorgfältigen Zergliederung unterworfen. Ein andermal schickt man ihm Gebeine von großen Dimensionen mit der Bemerkung, sie rührten von Riesen her, die einst Afrika bevölkerten. Peiresc läßt sich hierdurch nicht irreführen, sondern erkennt, gewiß ganz zutreffend, daß es sich um Bruchstücke von Elefantengerippen handele. Dies muß ihm um so höher angerechnet werden, als wir noch hundert und mehr Jahre später selbst in Gelehrtenkreisen fossile Knochen vom Mammut und ähnlichen Dickhäutern als Riesenknochen erklärt sehen. Peiresc weiß es zu veranstalten, daß ein herumgeführter, von Italien kommender Elefant in Beigentier gezeigt wird. Dergleichen Schaustellungen von Elefanten waren zwar, wie das Abbild eines zur Zeit Karls des Fünften durch Brixen in 398 Tirol nach Deutschland geführten, auf der Aussenwand des Gasthofs zum Elefanten daselbst abkonterfeiten derartigen Dickhäuters beweist, nicht ganz unerhört, aber immerhin doch recht selten. Die Anwesenheit dieses Elefanten in Beigentier bildet während dreier Tage das Glück und die Freude unseres Tierfreundes. Er betrachtet und untersucht das Riesentier und weiß es persönlich durch Liebkosungen und Leckerbissen zu bestimmen, daß es sich wiegen läßt, wobei zur Herstellung des Gleichgewichts sechsundzwanzig große Kanonenkugeln, allerdings ein etwas unbe¬ stimmter Begriff, erforderlich waren. Bei der Abreise des Elefanten war er mit ihm so befreundet und vertraut wie sein Besitzer. Peiresc trieb in seiner Zuversicht die Vertrauensseligkeit soweit, daß er dem mächtigen Tier den Arm weit in das Maul hineinschob, um mit der Hand die Kauflächen der Backenzähne, behufs Erkennung ihrer Ausbildung, zu betasten. Peiresc kannte also offenbar das für die Unterscheidung des Indischen vom Afrika¬ nischen Elefanten so wichtige osteologische Merkmal der Verschiedenheit der Schmelzfalten sowie der zusammenhängenden Stellung und Anordnung derselben. Diese diagnostischen Werte waren auch deshalb für ihn von Wichtigkeit, weil er selbst in Tuff- und Tropfsteinhöhlen die Reste diluvialer großer Säugetiere, wie wir dies schon angedeutet haben, ausgegraben hatte. Peiresc hatte in seiner Jugend die Hunde besonders geliebt, ihnen aber später, um sich von den Mäusen zu befreien, die seine Manuskripte benagten, wie viele Gelehrte dieser Zeit, Katzen vorgezogen, gegen welche Tiere er anfänglich einen Widerwillen zeigte. Gerade in seiner näheren Heimat hatte er diesbezüglich einen berühmten literarischen Vorgänger, Francesco Petrarca, der 1304 zu Arezzo geboren, meist zu Vaucluse bei Avignon seinen dichterischen, philologischen und antiquarischen Studien oblag und ein ausgesprochener Katzenfreund war. Die Katze, die ihn, als er 1374 zu Arqua bei Padua starb, überlebte, ist ausgestopft und wird, freilich in ziemlich ramponiertem Zustande, noch jetzt den Wißbegierigen gezeigt. Peiresc ging fortan auf die Suche nach den besten Katzenrassen und ihren schönsten Exemplaren. Am meisten zogen ihn die Angora-Katzen wegen ihres langen und seidenweichen Haares an, und ihm verdankt Frankreich die Eingewöhnung und Verbreitung dieses ebenso anmutigen wie nützlichen Geschöpfes. Mit unglaublicher Sorgfalt suchte er die Reinheit ihrer Rasse zu sichern; er überwachte die Geburten und teilte von den jungen Kätzchen denen unter seinen Freunden Exemplare mit, von denen er annahm, daß sie sie am besten hegen und pflegen würden. Hierüber ließ er sich mitunter in ausführlichen Briefwechsel ein. Es ist zu bedauern, daß dieser merkwürdige Mann, der den meisten seiner gelehrten Zeitgenossen, nicht zum wenigsten den Naturforschern darunter, in der Erkenntnis und Deutung der wissenschaftlichen Thatsachen weit vorauseilte, im Alter von noch nicht 57 Jahren verstorben ist. Wenn auch von seinen Sammlungen nichts mehr mit Bestimmtheit nachzuweisen sein mag, so hat er doch mehr als durch sie durch seine literarische Anregung in den weitesten Forscherkreisen an¬ regend und bahnbrechend im Sinne moderner Forschung gewirkt. Das wird unserra Peiresc, auch in zoologischen Kreisen, niemals vergessen werden. Ernst Friedei. 399 L i 1 1 e r a t u r. W. Geyer, Katechismus für Aquarienliebhaber. Fragen und Antworten über Einrichtung etc. des Süß- und Seewasser-Aquariums, sowie über Krankheiten etc. der Fische. 4. von Hans Geyer besorgte Aufl. Magdeburg, Creutzsche Verlags¬ buchhandlung, 1900. 8°. 192 pg., 84 Figg., 6 Taf. — Preis geh. M. 2.40. Das Buch ist für viele unserer Leser ein alter Bekannter ; ich konnte es schon im Jahrg. 1896 p. 223 mit gutem Gewissen empfehlen. Wenn man bedenkt, daß seit 1896 trotz des relativ nicht sehr umfangreichen Interessentenkreises diese neue Auflage notwendig geworden ist, so wird man den Wert der in dem Buche er¬ teilten Ratschläge nicht gering anschlagen dürfen. Ich habe von Aquarienfreun- den bis jetzt nur günstiges darüber gehört. Die Zahl der Abbildungen und Tafeln ist erheblich vermehrt worden, der Preis des Buches aber der gleiche geblieben. Bttgr. U. S. Department of Agriculture (Division of Biological Survey). Bulletin No. 13: F. E. L. Beal, Food of the Bobolink, Blackbirds and Graekles. Washington, Governm. Print. "Office, 1900. 8°. 77 pg , 6 Figg., Taf. Die vorliegende verdienstvolle Arbeit stützt sich auf die Untersuchung von mehr als 4800 Mägen von neun Arten und einigen Unterarten nordamerikanischer Vögel der Familie der Stärlinge oder Icteriden ( Dolichonyx oryzivorus , Molothrus ater , Xanthocephalus xanthocephalus, Agelaius phoeniceus und gubernator, Scole- cophagus carolinus und cyanocephalus und Quiscalus quiscala und major). Be¬ kannt sind die Verheerungen, die namentlich der Bobolink (. Dolichonyx ) in den Reisfeldern des Südens, und die mehrere der »Blackbirds« ( Xanthocephalus , Age¬ laius, Scölecophagus und Quiscalus) in den Getreidefeldern des oberen Mississippi¬ thaies zur Saat- und zur Herbstzeit anrichten, aber daß diese Vögel nebenbei auch erhebliche Mengen von anderen Futterstoffen verzehren, war weniger bekannt. Unser Verf. behandelt nun eingehend beide Nahrungsbestandteile des Futters dieser verschiedenen Vögel und kommt zu dem Schlüsse, daß einige von ihnen erhebliche Quantitäten von Unkrautsamen und — wenigstens während der Sommerzeit — nebenbei so reichliche Mengen von Insekten fressen, daß sie damit ohne Frage den Schaden aufwiegen, den sie mit der Vertilgung von Kornfrucht anrichten. Er übersieht dabei durchaus nicht den Schaden, den diese Vögel im allgemeinen dem Farmer namentlich da, wo sie in Scharen auftreten, zufügen, aber er predigt mit Recht weise Mäßigung in deren Vertilgung in, Gegenden, wo sie — wie jetzt be¬ reits in den Neuenglandstaaten — nicht geradezu als Landplage auftreten. Bttgr. Zoologischer Garten in Breslau. Durch den am 3. November zu Paris erfolgten Tod Hermann Stechmanns ist der Zoologische Garten in Breslau seines langjährigen, bewährten Leiters beraubt worden. Der Vorstand des Instituts muß daher die Neuwahl eines Direktors vorbe¬ reiten und nimmt Anmeldungen .hierzu von geeigneten Persönlichkeiten entgegen. Die Stelle ist, wie wir erfahren, mit einem Anfangsgehalt von 5000 Mark jährlich und freier Wohnung dotiert. Eine öffentliche Ausschreibung findet nicht statt. 400 Eingegangene Beiträge. Th. K.-M. in C. Dank für das freundliche Schreiben und Gegengruß. — C. G. Sch. in G., Prof. Dr. P. A. in W. und C. G. in M. (Rußland). Arbeiten dankend erhalten. — F. B. in C. (Türkei). Arbeit erhalten; die Separata sollen sofort expediert werden. — Dr. V. H. in M. Kommt in Anmerkung. Bücher und Zeitschriften. R. BaronSnouckaertyan Schau bu r g , Ornithologie yan Nederland, waarnemingen v. 1. Mei 1899—30. Apr. 1900 gedaan. — Sep.-Abdr. 1900. 8°. 29 pg. F. W. Schlesinger, Der gemeine Aal u. sein Vorkommen in den Gewässern des Gro߬ herzogtums Baden. Sep.-Abdr. Karlsruhe 19C0. Verlag v. J. J. Reiff. 8°. 24 pg. Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E. Beck-Corrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. XXIV. Jahrg. 1900. No. 41—43. Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr. J. Victor Carus. Leipzig. Wilhelm Engelmann. XXIII. Jahrg. 1900. No. 626 -627. Die Gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber, -Züchter und -Händler in Magdeburg. Begründet von Dr. K. Ruß. Jahrg. 29, 1900. No. 40—42. Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. HoraceCox in London. Vol. 96, 1900. No. 2494—2496. The American Journal of Science. Edit. Edw. S. Dana. 4. Ser. Vol. 10, 1900. No. 57- 59. New Haven, Conn. Allgemeiner Bayerischer Tierfreund. Herausg. v. F. Ott. Würzburg. 1900. Jahrg. 25. No. 41—43. Deutsche Botanische Monatsschrift. Herausgeg. v. Dir. Dr. G. Leimbach. Arnstadt (Thür.), 18. Jahrg.., 1900. No. 11. Nerthus, 111. Wochenschrift f. Pflanzen- u. Blumenfreunde, Aquarien-, Terrarien- u. Vogel¬ liebhaber. Herausg. v. K r i e 1 e u. A d o 1 f f, Altona-Hamburg. II. Jahrg., 1900, No. 41-43. Illust r. Zeitschrift f. Entomologie. Herausgeg. v. Dr. Chr. Schröder u . U. Lehmann. Neudamm, Bd. 5. 19Ö0. No. 19—20. Prof. Dr. A. Nehring, Die Priorität des Genusnamens Cricetus (Leske). — Sep.-Abdr. Zool. Anz. Bd. 23, 190 ■». 8°. 1 pg. . Derselbe, Über Ctenomys veglectus n. sp., Ct nattereri Wagn. und Ct. lujanensis Amegh. — Sep.-Abdr. ebenda. 8°. 7 pg., 3 Figg. W. Geyer, Katechismus fiir Aquarienliebhaber. Fragen u. Antworten über Einrichtung etc. des Süß- und Seewasser-Aquariums sowie über Krankheiten etc. der Fische. 4. v. Hans Geyer besorgte Aufl. Magdeburg, Creutzsche Verlagsbuchhandlung, 1900. 8°. 192 pg., 84 Figg., 6 Taf. — Preis geh. M. 2.40. Dr. E. Bade, Der Schleierschwanz und Teleskopschleiersohwanz, ihre Zucht und Pflege u. die Beurteilung ihres Wertes. Magdeburg, Creutzsche Verlagsbuchhandlung, 1900. 8°. 36 pg., 19 Figg., 5 Taf. — Preis M. 0.75. U. S. Departm. of Agriculture (Divis, of Biolog. Survey). N. Am er. Fauna N o. 18 : W. Ü.Osgood, Revision of the Pocket Mice of the genus Perognathus. Washington, Governm. Print. Office, .900. 8°. 72 pg., 15 Figg., 4 Taf. U. S. Departm. of Agriculture (Divis, of Biolog. Survey). Bulletin No. 13: F. E. L. Beal, Food of the Bobolink, Blackbirds and Grackles. Washington, Governm. Print. Office, 1900. 8°. 77 pg. 6 Figg., Taf. Dr. H. v. Ih ering, Revista do Musen Paulista. Bd. 4. S. Paulo (Brazil), Typogr. do Diario Official, 1900. 8°. 600 pag., 12 Taf. Dr. E. Bade, Die mitteleuropäischen Süßwasserfische. Mit 65 Taf., 2 Farbtaf. u. über 100. Figg. Berlin, Verlag v. Herrn. Walther (Friedr. Bechly), 1900. t>°. Lief. 4-6 (compl. in 20 Lief, ä M. 0,50). Blätter f. Aquarien- u. Terrarien-Freunde. Herausg. v. W. Sprenger, Berlin. 11. Jahrg. 1900. No. 17-20. Deutscher Ti er schutzverein zu Berlin. Kalender Jahrg. 6, 1901. 89. 48 pag., Figg. — Preis M. 0,15; 10 Stück M. i,20. Der Weidmann. Blätter für Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. Dr. J. Müll er - Liebenwalde. Verlag v. M. Helmbrecht, Berlin, 1900. Jahrg, 32. No. 2—4. — Preis viertelj. M. 1.25. Zeitschr. des Tierschutzvereins zu Posen. Herausg. v. E. Reissmüller. 10. Jahrg. 1900. No. 3. Prometheus. Ul. Wochenschrift über die Fortschritte in Gewerbe, Industrie u. Wissenschaft. Herausg. v. Dr. O. N. Witt. — Berlin, Verlag v. R. Mückenberger, 1900. 12. Jahrg. No. 573 u. 577. — Preis viertelj. M. 3.— Tier-Börse. Zeitung für Tierzucht u. Tierhandel. Herausg. v. Dr. Langmann. Berlin. 14. Jahrg. 1900. No. 42-43. Dr. F. Helm, Betrachtungen über die Beweise Gätkes für die Höhe des Wanderfluges der Vögel. — Sep.-Abdr. Journ. f. Ornithologie 1900. 8°, 18 pag. Proceed. Roy. Society London. Bd. 67, 1900, No. 435-437 und Further Reports to the Malaria Committeq 1900 by S. R Christophers & J. W. W. Stephens. 8°. 22 pag. Zusendungen werden direkt au die Verlagshandlung erbeten. Nachdruck verboten. Druck von Reinhold Mahlau, Fa. Mahlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M. Der Zoologische Garten. 41. Jahrgang. Register. Aal 391, Fortpflanzung 321. Aalraupe 891. Abramis brama 391. Abschuß y. Raubwild in Oesterreich 227. Affen, Fütterung u. Pflege 382. Akklimatisation des Moschusochsen 332. Alburnus lucidus 391. Alcedo ispida , Fluggeschwindigkeit 27. Altum, Geh. Reg. Rat Prof. Dr. R. f 191. Arnbly stoma 186. Ameisenbär, Großer, 14, sogenannter 131. Amphibolurus, Freileben 19. Amsel, Niststätte 24, ehelose Weibchen 261 . Ancistrodon blomhofi 395. Anguüla vulgaris 321, 391. Anser cinereus 186. Arabischer Hamadryas 295. Auerhahn 47, 136. Aufzucht junger Hokkos 184. Australische Reptilien, Freileben 17. Axishirsch 369. Bär 131, Veränderungen in dessen Le¬ bensgewohnheiten 154. Barbe 391. Barbus fluviatilis 391. Barsch 391. Basel, Zool. Garten 1, Bericht 317. Bastarde von Stieglitz u. Hänfling 246, von Hirschen 367. Batrachier bei Kohlo 27. Baumratte, Lovats 229, 295. Bedfords Wallaby 295. Beiträge, eingegangene 32, 64, 96, 128, 160, 192, 232, 264, 296, 328, 360, 400. Berlin, Zool. Garten 161, 193, 227, 382. Biber in Westpreußen 87, 103, 214. Birkhahn 47. Bitterling 391. Blindmaus der Cyrenaica 329. Boa- Arten in Gefangenschaft 234. Bos primigenius , Horn 122. Bresem 391. Breslau, Zool. Garten (Notiz) 399. Bronx-Park, Zool. Garten 187. Brutgeschäft der Weka-Ralle 123, der Hohltaube in Gefangenschaft 314. Buck, Dr. phil. E. A. f 158. Budapest, Zool. Garten 366. Bücher und Zeitschriften 32, 64, 96, 128, 160, 192, 232, 264, 296, 328, 360, 400. Büffel, chinesischer 33. Canis lupus 132. Capreolus vulgaris 369, 379. Carassius carrassius 391. Castor fiber 87, 103, 214. Cercocebus congicus 229. Cerviden 367. Cervus axis 369, 370, canadensis 368> dama 376, elaphus 368 — 370, lueh- dorf 368, minor 369, poroinus 369; somorensis 379, virginianus 369. Ceryle alcyon, in Holland erlegt 94. Chen caerulescens u. hyperboreus 123. Chimarrogale styani 95. Chinesische Haustiere 5, 33, 65, Ente 72, Gans 75, Hauskatze 45, Huhn 65, Kamel 42, Mandschurischer Kranich 79, Mandarinenente 79, Pfau 79, Rind u. Büffel 33, Schafe und Ziegen 5, Stein¬ huhn u. Truthuhn 78, Taube 76, 243. Chlamydosaurus Icingi, aufrechter Gang 61. Chondrostoma nasus 391. Ciconia alba 176. Cincinnati, Zool. Garten 60, 357. Cinosternum, Nahrungsaufnahme 215. Cistudo carolina , Erkrankung 121. Clemmys , Nahrungsaufnahme 215. Cobitis fossilis 392. Cobus smithemani 229. Columba oenas 314, palumbus 138. Corallus in Gefangenschaft 234. Cottus gobio 391. Crawshay’s Hase 95. Crax globicera u. panamensis 124. Cricetus triton 96. Cyclemys , Erkrankung 122. Cyprinus carpio 391. Cypselus apus 25. Cyrenaica, Blindmaus 329. Dahlsche Natter 217. Damhirsch 376. Damonia, Nahrungsaufnahme 216. Dendromys lovati 229, 295. Döbel 391. Dryophis , Schnauze 228. Dublin, Zool. Garten (Bericht) 222. Ehelose Amselweibchen 261. Eichelhäher 349. Eingewöhnung der Sperlingsvögel 336. Eisvogel, Fluggeschwindigkeit 27. Elaps, Mimikry ? 219. 402 Elefant, Indischer (Tragezeit) 28. Emys blandingi , Magengeschwulst 858, orbicularis, Erkrankung 121, Nah¬ rungsaufnahme 215. Ente, chinesische 72. Equus przewalskii 96. Erinaceus europaeus 311. Erinnerungsblatt (Eichelhäher) 349. Erklärung 159. Erkrankung von Schlangen und Schild¬ kröten 120. Erythrolamprus, Mimikry ? 220. Eryx-kvten in Gefangenschaft 234. Esox lucius 391. Evolutionstheorie, neue Stütze 26. Felis catus 135, in Russland 365, lynx 132 Fische des Mains, Frühjahrszug 35, 390. Fischotter, Gewicht und Länge 244. Fischzug, in der Südsee beobachtet 26. Fluggeschwindigkeit des Eisvogels 27. Flußbarsch 391. Flußneunauge 392. Fortpflanzung des Aales 321. Fossile Antilope in Westpreußen 28. Frankfurt a. M., Zool. Garten (Bericht) 248. Freileben australischer Reptilien 17. Fressen Sumpfschildkröten außerhalb des Wassers? 215. Fringilla cannabina 246, spinus 115, 246. Frösche, Leben derselben unter dem Wasser 178. Fuchsfuß, mißgestalteter 113. Fütterung der Alfen 382, der Mauer¬ eidechse 93. Qang, aufrechter der Kragenechse 61. Gans, chinesische 75. Garrulus glcmdarius 349. Geburt von Löwen vor 100 Jahren 124. Geflügelfeind (Igel) 311. Geophilus electricus 25. Gesang, seltsamer des Staren 260. Geschwulst im Magen von Emys 358. Geweihbildung bei Hirschen 367, beim Rehbock 379. Gewicht und Länge des Fischotters 244. Gobius gobio 391 . Goldhähnchen, Haltung 143. Groppe 391. Gründling 391. Gulo borealis 133. Hänflings-Bastarde 246. Häutung der Riesenschlangen 278. Haltung weichlicher Vögel 143. Hamadryas, Arabischer 295. Hamburg, Zool. Garten (Bericht) 287. Hannover, Zool. Garten 265, 297, (Be¬ richt) 19. Hasel 391. Haselhuhn 50. Haustiere der Chinesen 5 , 33 , 65, Büffel 33, Ente 72, Gans 75, Huhn 65, Kamel 42, Katze 45, Mandschu¬ rischer Kranich 79, Mandarinenente 79, Pfau 79, Rind 33, Steinhuhn u. Truthuhn 78, Taube 76, 243. Hausmaus, radschlagende 389. Haustauben als Schneckenvertilger 186. Hecht 391. Helsingfors, Zool. Garten 97. Hinterpommern, Urstierhorn 122. Höhenspitzmaus 96. Hohltaube, Brut in der Gefangenschaft 314. Hokko- Aufzucht 124. Huhn, chinesisches 65. H ydraspis hilairei 315. Hydromedusa tectifera 316. Hyelaphus porcinus 369. Igel als Geflügelfeind 311. Influenza 138. Insekten, Nervenphysiologie 145. Jacksons Klippschliefer 295. Kamel, chinesisches 42. Karausche 391. Karpfen 391. Katze, chinesische 45. Kleiber, Haltung 143 Klippschliefer, Jacksons 295, Mackinders 296. Kondor, in den Tiroler Alpen gefangen 358. Kragenechse, aufrechter Gang 61. Kranich, Mandschurischer 79. Kranichzüge im Frühjahr 1899 16. Krankheiten der Riesenschlangen 281. Kriechtiere, australische, Freileben 17. Msacerta muralis , Fütterung 93. Länge des Fischotters 244. Leben der Frösche unter dem WTasser 178. Lebensalter, hohes, eines Zeisigs 115. Lebensdauer der Vögel 27. Lebensgewohnheiten, Veränderungen in denen des Bären 154. Leptodactylus ocellatus 316. Lepus crawshayi 95, sechuenensis 96. Leuciscus cephalus , erythrophthalmus u. rutilus 391. Lichtenbergs Briefe, Ornithologisches darin 135. Litteraturbesprechungen 28, 61, 125, 156, 188, 229, 262, 325, 359, 399. 403 Löwen-Geburt vor 100 Jahren 124. Lota lota 391. Lovats Baumratte 229, 295. Luchs 132. Lungenlose Molche 186. Lutra vulgaris 244. Lygosoma, Freileben 18. Mackinders Klippschliefer 296. Macropus bedfordi 295. Magengeschwulst bei Emys 358. Mainfische, Frühjahrszug 55, 390. Mandarinenente, chinesische 79. Mauereidechse, Fütterung 93. Mauersegler 25. Maulwurf 385. Meisen, Haltung 143. Melanopsis parreyssi 26. Mimikry bei Schildkröten? 315, bei Schlangen? 219. Mißgestalteter Fuchsfuß 113. Molche, normale, ohne Lungen 186. Molge- Arten und ihre Larven 52, 159. Molge alpestris 53, blasiusi 54, boscai 54, cristata var. carnifex 53, mar- morata 54, palmata 53, poireti , pyr- rhogastra u. vittata 186, vulgaris (bei Kohlo) 27. Moschusochse, Akklimatisation 332. Moskau, Zool. Garten 861. München (Projekt gescheitert) 96. Münster in W. (Zool. Garten) 392. Mus hirtensis u. muralis 95, muscu- lus 390, sylvaticus 389. Myrmecophaga jubata 14. Nachtigall 135. Nahrung der Riesenschlangen 234. Nase 391. Nashorn, Indisches, Ende desselben 334. Natter, Dahlsche 217. Nekrologe 158, 191. Nervenphysiologie der Insekten 145. Nest des Storches in Zofingen 341. Neunauge 392. New York, Zool. Garten 180, 187, 208, Bericht 36. Nills Zool. Garten in Stuttgart 80. Niststätte der Amsel 24. Ocydromus australis 123. Ophisaurus apus 117. Ornithologisches (Lichtenberg) 135. Ovibos moschatus 332. Oxyrhopus , Mimikry ? 220. Paarung zwischen blauer und weißer Schneegans 123. Papagei 136. Papio arabicus 295. Passer domesticus 24. Peiresc (Polyhistor) 396. Peitschenschlangen, Rüssel 228. Pelobates fuscus (bei Kohlo) 27. Perca fluviatilis 391, lucioperca 392. Pest (Zool. Garten) 366. Petromyzon fluviatilis 392. Pfau, chinesischer 79. Pfeilnatter 218. Pflege der Affen 382 , der Riesen¬ schlangen 281. Physiologie der Insektennerven 145. Procavia jacksoni 295, mackinderi 296. Python- Arten in Gefangenschaft 234. Querquedula discors in Holland erlegt 95. K-ackelhahn 47. Rana arvalis , esculenta u. temporaria bei Kohlo 27, esculenta 178. Ranidens 186. Rattenkönig 358. Raubsäugetiere, Schutzmittel gegen deren Angriff 187, ehemaliges Vorkommen in Sachsen 129. Raubwild, Abschuß in Oesterreich 227. Recensionen 28, 61, 125, 156, 188, 229, 262, 325, 359, 399. Reh 369, Gehörn 379. Reptilien, australische (Freileben) 17. Rhinoceros des Hamburger Gartens (Ende desselben) 334. Bhodeus amarus 392. Riesenschlangen in Gefangenschaft 233, 274, Nahrung 234, Verhältnis zu Wasser, Licht u. Wärme 240, Tempe¬ rament 274, Färbung u. Häutung 278, Pflege der Boiden und Krankheiten 281. Rind, chinesisches 33. Ringeltaube 138. Rocky Mountains (Bär) 154. Rotauge 391. Rotfeder 391. Rotterdam, Zool. Garten (Bericht) 355. Rüssel der Peitschenschlangen 228. Sachsens ehemalige Raubsäugetiere 129. Säugetiere, neue 95, 229, 295. Saiga-Antilope, fossile 28. Salamandrella 186. Sarcorhamphus gryphus in Tirol 358. Schadhirsche 377. Schafe, chinesische 5. Schermaus 387. Schildkröten, Erkrankung 120, Mimi¬ kry ? 315. Schlangen, Erkrankung 120, Mimikry? 219. Schleihe 391. Schneckenvertilgende Haustauben 186. Schneegans, Paarung zwischen blauer u. weißer 123. 404 Schneider 391. Schnepfe 137. Schopfraangabe 229. Schutzmittel gegen Raubtierangriffe 187. Schwan 137. Schwarzamsel und ihre Niststätte 24. Schweinshirsch 369. Seewasser, Verzollung 227. Shantung-Hamster 96. Sheltopusik 117. Simophis, Mimikry? 220. Skansen 97. Smithemans Wasserbock 229. Soriculus hypsibius 96. Spalax aegyptiacus u. giganteus 329, microphthalmus u. typhlus 332. Spelerpes guttolineatus u. longicauda 186. Sperling 24, 136. Sperlingsvögel, Eingewöhnung u. Zäh¬ mung 336. St.-Kilda-Mäuse 95. Star u. Haussperling 24. Starengesang, seltsamer 260. Stechmann, H. f 399. Steinhuhn, chinesisches 78. Stieglitz-Bastarde 246. Stockholm, Zool. Garten 97. Storch 176, in Kulm 347, in Zofingen 341. Stütze, neue, f. d. Evolutionstheorie 26. Sturnus vulgaris 24. Stuttgart, Nills Zool. Garten 80. Styans Chimarrogale 95. Sumpfschildkröten, Art des Fressens 215. Szechuan-Hase 96. Valpa europaea 385. Tanzmäuse 389. Taube, chinesische 76, 243. Tausendfuß, leuchtender 25. Teichwässer, schlechte u. Wassergeflügel 262. Temperament der Riesenschlangen 274. Tetrao Arten 47. Tierbestand d. Dubliner Gartens 224. Tierdressur, moderne 174. Tierstimmen im Volksmunde 351. Tinea tinca 391. Tod des Nashorns (Hamburg) 334. Trachysaurus , Freileben 17. Tragezeit des Ind. Elefanten 23. Truthuhn, chinesisches 78. Turdus dubius in Holland erlegt 95, merula 24. Typhlops , Freileben 18. C Jngalia in Gefangenschaft 234. Urstierhorn aus Hinterpommern 122. Ursus americanus 154, arctos 131, cinnamomus 155, formicarius 131. Varanus , Freileben 19. Veränderungen in den Lebensgewohn¬ heiten des Bären 154. Verzollung von Seewasser 227. Vielfraß 133. Vögel, Haltung weichlicher Arten 143, Lebensdauer 27. Vogelherd 137. Vogelzug im Frühjahr 1899 15. Vorkommen, ehemaliges von Raubsäuge¬ tieren in Sachsen 129. Zähmung der Sperlingsvögel 336. Zamenis dahli 217, gemonensis 218. Zander 392. Zaunkönig, Haltung 143. Zeisig, hohes Lebensalter 115. Zeitschriften und Bücher 32, 64, 96, 128, 160, 192, 232, 264, 296, 328, 360, 400. Ziegen, chinesische 5. Zollkuriosum 227. Zoologische Gärten von Basel 1. (Bericht) 317, Berlin 161, 193, 227 (Fütterung der Alfen) 382, Breslau (Notiz) 399, Bronx-Park 180, 187, 208, (Bericht) 56, Budapest 366, Cincinnati 60, 357, Dublin (Bericht) 222, (Tierbestand) 224, Frankfurt a. M. (Bericht) 248, Ham¬ burg (Bericht) 287, Hannover 265, 297, (Bericht) 19, Helsingfors 97, Moskau 361, München (gescheitertes Projekt) 96, Münster i. W. (Bericht) 392, New York 180, 187, 208, (Be¬ richt) 56, Rotterdam (Bericht) 355, Stockholm 97, Stuttgart 80. Zug der Mainfische 55, 390. Waldhühner 47. Waldmaus, tanzende 389. Wallaby, Bedfords 295. Wasserbock, Smithemans 229. Wassergeflügel und schlechte Teich¬ wässer 262. Weichliche Vögel, Haltung 143. Weka-Ralle, Brutgeschäft 123. Westpreußen, Biber 87, 103, 214, fossile Saiga-Antilope 28. Wetterfisch 392. Wildgänse als Wetterverkündiger 186. Wildkatze 135, in Russland 365. Wildpferd, dem Hauspferd nächstver¬ wandtes 96. Wolf. 132. Wüblratte 387. author 3 9088 01065 2543