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DEUTSCHE KUNST UND DEKORATION

ILLUSTRIERTE MONATSHEFTE

FÜR MODERNE MALEREI PLASTIK ARCHITEKTUR WOHNUNGS-KUNST UND KÜNSTLERISCHE FRAUEN- ARBEITEN

MLEXW^iaEIBKOCHl

DARMSTADT

VERLAGSANSTALT ALEXANDER KOCH

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DEUTSCHE KUNST UND DEKORATION

HERAUSGEGEBEN UND REDIGIERT

VON

HOFRAT ALEXANDER KOCH

BAND XXIV

APRIL 1909 -SEPTEMBER 1909.

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ALLE RECHTE VORBEHALTEN.

JOH. CONR. HERBERT'sCHE HOFBUCHDRUCKEREI NACHF. DR. ADOLF KOCH, DARMSTADT.

/

LUDWIG V. HOFMANN.

GEMÄLDE: •SOMMERWIESE«.

l'KOKRSSOR I.UDWMO V. HOFMANN.

iSchwäriiiende Miinaden

LUDWIG V. HOFMANN-WEIMAR.

^eit hundert Jahren gelien in der deutschen 1^ Malerei zwei Haujitströmungen neben- einander her: das Streben nach Wahrheit und die Sehnsucht nach einer fernen Schönheits- welt. Bis zum Knde des achtzehnten Jahr- hunderts kennt die deutsche Kunst solche Scheidungen nicht. Die solide Tradition des l'arbenhandwerks Ijestimmtc damals in gleicher Weise die .\rbeit aller derer, die sich ihm widmen; Phantasie und Wirklichkeit fließen in der Zopf- und Rokoko-Epoche ohne feste Clrenzen durcheinander. .\ber in dem Augen- blick, da der Klassizismus auftritt, trennen sich die Wege. Und während die Einen ehrlichen Sinnes die Überlieferung fortführen und auf eine Bereicherung und Verfeinerung der malerischen Mittel zur Wiedergabe der Xatur hinarbeiten, suchen die Andern auf direktem Wege in eine Kunstwelt zu gelangen, die eine unwirkliche, dem Alltag entrückte, gesteigerte Existenz zum Inhalt hat. Neben- einander stehen zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts dort die redlichen Meister in .München, Berlin, Wien, Hamburg, die erst die Jahrhundert-.-\usstellung aus langer Ver- gessenheit wieder lebendig machte ; hier die .Meister des Cartonstils, die, den wiederauf- genommenen oder vermeintlichen Lehren des Altertums folgend, aus dem Leben der Gegen-

wart und der modernen Umgebung in ein neues (Iriechenland oder in verkhmgene romantische Epochen flüchteten. Von vorn- herein drückt sich diese Trennung technisch genommen darin aus, daß die Realisten ihre Arbeit mehr der Farbe und dem Studium des Lichts, die Phantasten mehr di^r Linie und dem Studium der Form widmen. Und geographisch genommen ist der Kontrast dadurch erkennbar, daß jene im deutschen Lande bleiben, wahrend die andern ihre wahre Heimat in der ewigen Stadt Rom erblicken. .Vuch in Rom selbst platzten die Gegensätze gelegentlich aufeinander, wenn etwa der Berliner Martin Rohdcn den Wasserfall von Tivoli wie ein rechter Vorläufer des modernen Imjjressionismus malte, ganz auf Licht und Luft und Ton und Farbenspiel hin, während zu gleicher Zeit Joseph Anton Koch Motive derselben Art zu heroischen Landschaften ver- arbeitete, die völlig auf Raumwirkung auf- gebaut waren. In den fünfziger Jahren stehen in ähnlicher Weise Menzels und Böcklins Anfänge einander gegenüber. Ums Jahr 1 870 sehen wir dort die deutschen Künstler am Werke, die den Fontainebleauern und Courbet folgen Leibls Name ragt hoch aus ihnen hervor ; hier müht sich .Marees zur selben Zeit um eine ideale Monumentalmalerei, die

IKOU. VII. i.

Dr. Max Oshoni-Bcriiu .

LUDWIG V. HOFMANN WEIMAR.

ihre Wirkung in dem Spiel von Linien und Umrissen sehen will, zu dem die Farbe erst als ein neues Element herangeholt wird. Und bis in unsere Gegenwart geht das Auf und Ab dieser großen Wage. Die Kunst der französischen Impressionisten hat eine bedeutsame Gefolgschaft gefunden; aber daneben bleibt das römische Ideal bestehen, dem um 1900 ebenso wie um 1800 junge deutsche Künstler nachstreben.

Ludwig von Hofmann hat von Beginn seiner Laufbahn an eine eigentümliche Stellung zwischen (hesen beiden Gruppen eingenommen. Ein leidenschaftlicher Priester der Farbe, hat er sich unter Ferdinand Keller in Karlsruhe und bei einem längeren Studienaufenthalt in Paris zu einem Führer im malerischen Neu- land entwickelt, der mit einer Kühnheit wie kein anderer ungewohnte und bis dahin kaum beobachtete Lichtbrechungen wieder- zugeben und rauschende koloristische Sym- phonien zu beschwören wagte. Aber zugleich zog ihn die romantische Phantasiewelt an, die Böcklin geschaffen und die nach seinem Vorbild Max Klinger aufgesucht hatte. Und ganz folgerecht wanderte dann Hofmann selbst

Brandung«

nach Rom hinunter, um nicht nur die hellere Sonne Italiens für seine leuchtende Malerei zu verwerten, sondern um auch die großen Formen der südlichen Natur sich zu elften zu machen und sich mit den zeitlosen Stimmungen zu erfüllen, die dort unten aus dem Anblick der alten Kunst und den heran- drängenden historischen Erinnerungen auf- steigen und den Fremden emportragen. Als zu Anfang der neunziger Jahre in Berlin die revolutionär gesinnte Gruppe der »XI« auf- trat, war Hofmann unter den Umstürzlern, die sonst durchweg dem naturalistischen Credo anhingen. Seine Doppelstellung kenn- zeichnete sich dadurch, daß er auf der einen Seite seinen andersgläubigen Genossen malerisch die fruchtbarsten Anregungen gab vor allem hat er auf Leistikow, wie dieser immer wieder dankbar anerkannt hat, großen Einfluß aus- geübt — , zugleich aber ihnen allen gegen- über als der Vertreter einer aufs Phantastische und Dekorative gerichteten Kunstübung allein blieb. Mit den Mitteln der jüngsten Kunst- entwicklung erschloß er sich die verheißende Schönheitswelt, die Marees nur von fern sah ohne sie zu erreichen, wie Moses das gelobte Land.

/.tKiwio 7'. Hnhuaiiu.

LUDWIG V. HOFMANN -^\'E1MAR.

Seine malerische Art hatte Zusammenhänge mit Monet. mitDe(;as und anderen französischen Meistern; die 'l'hemata seiner Hilder waren Szenen, Gestalten und Landschaften aus einer hernisch-bukolischen Gegend, die aut diesem Planeten nirgends zw finden ist. Er erscl'.ien als ein Erforscher komjili/.ierter Licht- und Farbenprobleme, und war doch ein Poet, der sich das Gesehene zu strahlenden Vi>ionen umdirhtete. Mit leichter Hand, der Pinsel und Palette, Ölfarbe und Pastell- stifte ohne \Vidcrstrebi-n gehorchen, hat Hofmann seitdem jene Bilder gemalt, die wir entzückt als lyrische Verklarungen unserer Wirklichkeit betrachten und bewundem. Wälder, Täler und blühende Gefilde von üppiger, blendender Pracht und trunkenen Farben tauchen auf. Zarte, schlanke Jüng- lings- und Mädchengestalten wandeln darin umher, baden und tanzen, pflücken Blumen und Früchte und trinken am Quell in paradiesischer Nacktheit, oder kleiden sich in bunte flatternde Gewänder, die ein Strahl der Sonne vergoldet. Oder der Künstler zaubert einen Rausch von P'arben und

Arabesken auf die Leinwand, die sich seltsam verschlingen und lösen , und aus deren phantastischem Gewirr ein Frauenkopf, rin schimmernder weißer Körper, eine Blume, ein Vogel mit märchenhaCtem Gefieder grüßt. Es ist eine Kunst der Schönheit und der l'reude , die Hofmann uns geschenkt hat. Hellenische Ht-iterkeit ist über sie gebreitet; aber der festliche Kult der freien Srnn^nwelt, der in ihr getrieben wird , ist eriüllt von modernen Elementen. Nicht nur die K.irbe weist darauf hin. Es ist (he unu iterbrochene vibrierende innere Bewegung in Hofmanns Bildern, die ihn zu einem Sohn der Gegen- wart stempelt. Böcklin, Keuerbach und Marees hatten noch jene klassische Ruhe, die ihre Wurzeln in der antiken Plastik findet; bei Hofinann ist alles von wogendem Leben er- füllt, von den Linien einer fließenden, vor- überziehenden, blitzartige Farben und Licht- reflexe darbietenden Belegung regiert. Darum bat er so gern Tänzer und Tänzerinnen gemalt, unschuldige junge Mädchen, die einen Reigen schließen, Kinder, die sich s|)ielend im Kreise ilrehen, blühende Jünglinge und Frauen, die,

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PROFESSOR LUDWIG V. IIOFMANN WKIMAR.

I'ROFESSOR I.UlJUlG V. HOFMANN WEIMAR.

PKci|l>MiK LUUWIC. V. HoKMANN WI-IMAK.

PROFESSOR LUUWIG V. HOFMANN WEIMAR.

T.H(iwi'> :■. Ho/»ia>ni

PROFESSOR LUDWIG V. Hi'IMANN WF.IMAR.

von Sinnenlust erfüllt, niiteinandor über blühende Gefilde dahinjagen, tolle Mänaden, die in den bläulichen Schatten und gelben Lichtern der Dämmerung ekstatisch schwärmen. Die Be- wegungen der Kör])er, die Serpentinlinien der tlatterrden Oewänder waren diesem Künstler slets lockende Motive. In einer Serie entzücken- der, mit flüchtigem Stift hingeworfener Pastelle und Lithographien namentlich ist er ihnen nachgegangen, unerschöpflich in immer neuen Nuancen und Variationen des lieblichen Themas. \'on dem Rausch und dem lachenden Jubel des Tanzes führt der Künstler dann wieder in die süße Ruhe der Idylle. Den Garten Eden, in dem eine ewige Sonne gütig waltet, wo alle Herrlichkeit der Schöpfung aufsprießt, ohne daß ihr von dämonischen Mächten des Lebens Zerstörung droht, hat er mit gutem Grunde oftmals aufgesucht. Ein weiter Wiesenteppich dehnt sich, dessen (irün der helle Schimmer des paradiesischen Lichts in goldenes Gelb verwandelt ; zur Seite rauscht das dichte Blätterwerk üppiger Bäume und Sträurher, und unter ihrem Schatten ruht in

])rangender Schönheit Eva, die träumerisch, in erwachender Sehnsucht, zu dem Gefährten hinüberblirkt. ( )der ein Märchengarten blüht auf, und Gott Vater, angetan mit weitem Sternenmantel, wie ein gütiger Zauberer, ermahnt mit väterlichem Zuspruch das erste Menschen- paar. Oder wir sind am Ufer eines schweigen- den Sees, dessen Oberfläche sich leise kräuselt ; ein Jüngling ruht am Boden und sieht be- wundernd empor zu einem holden Weibe, das dem Bade entstiegen ist und nun die Flechten seines braunen Haares ordnet, während ihr Blick weit in die Ferne sehweift. Es ist ein Bliihen und Duften, etwas Frühlinghaftes in allen diesen Bildern, und es paßt zu ihrer Stimmung des Werdens und Ahnens in der Natur, daß der Künstler sie am liebsten mit Menschen von knospender Jugend bevölkert, mit Jünglingen, die eben erst zum .Manne reifen, mit Mädchen von fast knabenhafter Schlank- heit. Doch die antikische Unschuld, seiner Phantasie bewahrt Hofmann davor, daß von diesen Szenen und Gruppen je Wirkungen eines schwülen erotischen Rafünements aus-

Lndwio 7<. Iloliiiauii.

I'KOFESSOK LUDWIG V. HOKMANN -WEIMAR.

gehen. In elementaren Symbolen spiegeln sich bei ihm die Taumel und Verzückungen der Leidenschaft. Die Brandung des Meeres schäumt auf, und der frische Seewind bauscht die Gewänder der Gestalten am Ufer. Panther schleichen heran und reiben ihre gleißenden Leiber an der Samthaut nackter Schönen. Zwischen weißen Frauenkörpern tummeln sich edle schwarze Pferde. In Kontraste von Farben- flächen, Linien und Bewegungen strömt das Verlangen, das Begehren und Befruchten der Natur aus.

Der Künstler, dem solche Schöpfungen gelingen, ist wie kein zweiter im heutigen Deutschland dazu geschaffen, festliche Räume zu schmücken, von ihren Wänden herab gehobene und gesteigerte Stimmungen in Bildern voll Anmut und kultivierten Geschmacks reden zu lassen. Es hat lange genug gedauert, bis man bei uns diesen Beruf Hofmanns erkannt und ausgenutzt hat. Jetzt aber wird er bestürmt. Die Ausstellung seiner neuesten Werke im Kunstsalon von Gurlitt in Berlin, die den Ausgangspunkt dieser Betrachtung bildet, und der die Abbildungen entstammen, die sie begleitet, brachte mannigfache Beweise

»Träumerei«

dafür. .Man sah dort die Entwürfe Hofmanns für die Wandmalereien im Foyer des neuen Weimarer Hoftheaters , die zusammen mit den korrespondierenden Gemälden Sascha Schneiders diesem vornehmen, sonst ganz weiß gehaltenen Empirerauni Littmanns & Heil- manns einen so prächtig klingenden Schmuck verleihen. Die Skizzen sind noch freier und frischer als die ausgeführten Bilder selbst, und man bewundert vor ihnen doppelt den großen Zug der Erfindung, die hier die Freuden, Belustigungen und Erregungen der dramatischen und musikahschen Kunst in ruhenden, tanzenden, ekstatischen und feier- lichen Gruppen und Aufzügen symbolisiert und eine rauschende Flut gedämpfter Farben über die Gestalten und ihre landschaftHche Umrahmung ausgegossen hat. Man sah dort femer neue Wandgemälde Hofmanns für den Musiksaal einer Villa in der Kolonie Grunewald bei Berlin. Vier Friese, die sich unter der Decke hinziehen sollen, und die ganz in die Architektur des Zimmers hineingearbeitet sind, das an zwei Wänden breite Durchgänge aufweist, deren weite Flachbogen in das langgezogene Bildrechteck hineinschneiden.

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LUDWIG V. HOKMANN. .EXOTISCHER TANZ-.

PROFESSOR LLHWIG V. HOFMANN WKIMAR.

jSONNKN-AUFI'.ANI-,

1909. VU. 2.

Dr. Max Odmyu-BcrliTi :

l'KOHia.soK LUUUIG V. HOKMANN \\ KIMAK.

Hier mußten die Figuren also in einem zwickelartigen Winkel untergebracht werden, während sie sich auf den beiden andern Streifen frei bewegen. Entzückend, wie Hof- mann diese räumlichen Bedingungen ver- wertete ! Ohne Zwang lügen sich die Kompositionen in die Bildfläche: Jünglinge, die eine Rinderherde über das Weideland treiben, Frauen und Kinder, die sich in idyllischem Frieden zusammenfinden, lockende, hüllenlose Göttinnen der Liebe, die nichts ausdrücken wollen als das Glück und die Beglückung einer Existenz in Schönheit. Weite Täler ziehen den Blick zum fernen Horizont. Schäumend braust wieder die Meeresflut, und das arkadische Volk an der Küste sucht mit Zinndeckehi und Fanfare das Donnern ihrer Wogen zu übertönen. Wird in dem Saal, für den dieser kostbare Schmuck bestimmt ist, Musik getrieben, so wird es sein, als fluteten die aufsteigenden Melodien der Instrumente und der menschlichen Stimmen von den Wänden her als Echo zurück.

Weitere Cyklen von Bildern brachte die Ausstellung. So Erinnerungen an die griechische Reise, die Hofmanu mit Gerhart Hauptmann vor zwei Jahren unternahm 'deren Tagebuch der Dichter ja auch soeben herausgegeben hat), leuchtende Städtebilder, heroische Land- schaften von großen Formen, eine stolze, ferne, sagenerfüllte Welt, in der sich Reste aus verklungenen Zeitaltem mit den grell flimmernden Farben des modernen Orients verbinden. Sodann eine Reihe szenischer Entwürfe zu ^Laeterlincks »Aglavaine und Selystette«-, die Hofmann auf Max Reinhardts W unsch für die Aufftihrung im Kammerspiel- hause des Deutschen Theaters zu Berlin gefertigt hatte. Aber es ist bezeichnend für die Eigenart seiner Phantasie, daß er sich an die Gesetze des Theaters garnicht band. Die Blätter wurden ihm unter der Hand zu märchenhaften kleinen Farbendichtungen, die sich durchaus nicht darum kümmerten, was die Technik der Bühne berücksichtigen muß, so daß der Regisseur jener Aufführung im

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Liuhvig z: Hof mann.

l'ROHiSSOR 1.1UW1G V.. H<.1K.M.\N.N Wl.lMAK.

Deutschen Theater nur einige Anregungen daraus entnehmen konnte, während daneben Hufmanns Dekorationsskizzen nun ihr eigenes Dasein weiterleben. Zur seihen Zeit erschien auf der Winter Ausstellung der Berliner Sezession der Entwurf Hofmanns für sein Wandgemälde im Senatssaal von Theodor Fischers neuem Universitätsgebäude in Jena, und man erkannte mit Bewunderung, wie der Meister tanzender Heiterkeit auch für die gehaltene Stimmung, die in einem Hause ernster Wissenschaft allein am Platze war, den rechten Ausdruck fand. In diesem Saal hat Theodor Fischer, schon bevor er den Fntwurf des Frieses kannte, mit feinem Verständnis für des Künstlers Art in der Ausstattung von Wand und Decke ein diskretes Motiv an- gebracht, in dem gleichsam Hofmanns persönlicher Stil auf die einfachste Formel reduziert erscheint: er ließ dort über die farb- lose Reinheit der Stuckfläche sanfte Wellen- linien in zartem Relief hinziehen, in denen, wenn das Werk erst vollendet ist, der eigen- tümliche Rhythmus der Hofmannschen Malerei verklingen wird, während sich die Akkorde

seiner Farben in das farblose Weiß aullüsen. Vor einigen Jahren wollte es eine Zeitlang scheinen, als sei ein Stillstand in Ludwig von Hofmanns Kunst eingetreten. Jetzt zeigt es sich , daß es nichts war als gleichsam ein Atemholen. Und mit neuer, beflügelter Schü]jfungskraft ist er aus dieser kurzen Periode des Ausruhens hervorgegangen, um uns frei- gebiger als je zuvor Werk auf Werk zu schenken.

1)"- MAX OSBORN HKRI.IN.

Die Kunst übernimmt nicht mit der Natur, in ihrer Breite und Tiefe, zu wetteifern, sie hält sich an die Oberfläche der natürlichen F.rscheinungen; aber sie hat ihre eigene Tiefe, ihre eigene Gewalt; sie fixiert die höchsten Momente dieser oberflächlichen Erscheinungen, indem sie das Gesetzliche darin anerkennt, die Vollkommenheit der zweckmäßigen Pro- portion, den Gipfel der Schönheit, die Würde der Bedeutung, die Höhe der Leidenschaft.

Die Natur scheint um ihrer selbst willen zu wirken; der Künstler wirkt als Mensch, um der Menschen willen. (ioethe.

[

l'ROFESSOR LUDWIG V. HOFMANN WEIMAR.

DAS ÄSTHETISCHE VERHALTEN.

Die moderne Ästhetik müht sich . weder einen bestimmten Begrifif des Schönen aufzudecken, noch ist ihr bisher die Fixierung fester Normen für die Beurteilung von Kunst- werken gelungen; es ist auch keineswegs wahr- scheinlich, daß ihr dies je gelingen wird.

Wie die Wissenschaft überhaupt, so hat auch die .\sthetik keinerlei Rücksicht zu nehmen, weder auf die Ethik noch auf Fragen, die über die Grenze der menschlichen Er- kenntnis innerhalb der allgemein gültigen Ge- setze der Logik hinausgreifen. Die Ästhetik beschäftigt sich mit Vorgängen des Seelen- lebens, jede psychische Äußerung ist aber an ein körperliches Gebilde gebunden und durch dessen Veränderungen bedingt. Dem Ästhetiker sind darum sowohl psychologische, als auch physiologische und damit zusammenhängend naturwissenschaftliche Probleme gestellt.

Das ästhetische Verhalten, das reine Sehen (Hören, wenn wir von Tönen redeten), ist die Hingabe des Menschen an einen optischen

Eindruck, ohne außerhalb des Prozesses selbst liegenden Zweck. Dieser Zustand kann un- gewollt eintreten und kann beabsichtigt werden.

Das ästhetische Verhalten ist nicht eine .Vußerung des Intellektes, sondern ein bewußt aufrecht erhaltener. absichtUch geförderter Er- regungszustand der Sinne.

.Allen Einwendungen mißverstandener .As- kese gegenüber sei das schöne Wort Vischers vorgehalten: »Niemand nenne sich gebildet, der nicht gebildete Sinne hat.'r Gebildete, das heißt aber vor allen Dingen geübte Sinne. Das ästhetische Verhalten nimmt an Intensität zu in dem Maße der .Aufnahmefähigkeit der Sinne und deren verfeinerten Unterscheidungs- vermögens. Kultur der Sinne ist die not- wendigste Vorausbedingung für das Zustande- kommen des ästhetischen Verhaltens.

Das ästhetische Verhalten gipfelt im ästheti- schen Urteil. Schön oder häßlich, das ist hier die Frage. Einen in die Seele gesenkten, fest normierten Begriff des Schönen können wir

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LUDWIG V. HOFMANN »NASSE KLIPPE.

Das ästhetische Verhalten.

nicht anerkennen. Ebensowenig aber gilt die Cleichsetzung von zweckmäßig »sinnlich an- genehm« ästhetisch schön. .Allerdings sehen wir, daß das Zweckmäßige in der Regel sinn- lich angenehm, das Siniiliih-Angenehme vor- züglich Objekt des ästhetischen Verhaltens wird, aber ebenso leicht, wie es möglich ist. daß das Sinnlich-.\ngenehme schließlich als ästhetisch- häßlich gewertet wird, ebensowenig ist es ausgeschlossen , daß ein sinnlich abstoßend wirkendes Objekt, auf das sich das ästhetische N'erhalten nur mit Widerwillen konzentriert, schön befunden wird. Es gibt verborgene Schönheil. In einer Moorlache kann Schön- heil entdeckt werden.

An Del'mitionen des Schönen mangelt es nicht. Gott ist das Schöne oder das Gesunde, die sinnlich erkannte Vollkommenheit (VVolft), die unmittelbare Erscheinung der absoluten Idee (Hegel\ die Idee in der Erscheinung (Vischer), das unwandelbar Wohlgefällige (Fechneri. \)zs, Schöne ist ilie Form der Erscheinung, die den uns angeborenen Ge- setzen unseres Empfindungslebens entspricht. Die Ordnung, dergcmäß ein Ding entsteht und scheint, ist sein Gesetz. Die in ihrer reinster. Gesetzmäßigkeit sich zeigende Idee in Erscheinung nennen wir Ideal (Lemcke). Das Schöne zeigt uns in anschaulicher Weise die drei »Gewalten des Weltbaus« die Ge- setze, die Tatsachen, die Ideale oder Werte geeint, die unsere Erkenntnis nicht aufeinander zurückzuführen oder aus einem gemeinschaft- lichen Grunde herzuleiten vermag (Lotze nach Falckenberg).

Kann man all diesen gewiß geistreichen Abstraktionen auch teilweise Geltung zu- sprechen, so muß doch noch entschiedener betont werden, daß eine normative Definition des Schönen überhau])t ausgeschlossen ist. Wie man nichts Absolutes über die Götter der Religionen auszusagen vermag, sondern nur die Gott als Ziel suchende jisychischc .Äußerung analysieren kann, ebenso wenig ver- mag man das Schöne zu entschleiern. Der Mensch muß sich mit der Kenntnis von dem Wege begnügen, auf dem er zu dem Urteil kommt: das ist schön, das ist häßlich. Bei den Versuchen, das Schöne zu definieren, zeigt es sich, wie recht Analole France mit seiner Skepsis hat: die .Ästhetik hat keinen festen Untergrund, sie ist ein Luftschloß.

Alles Erkennen, alles Urteilen, jede rubri- zierende Analyse ist für den Menschen mit einem gewissen I,ust(iuantum verbunden. Wenn wir sagen : dies ist langweilig, so fühlen wir uns unbehaglich, aber während des Urtcilens und wegen desselben empfinden wir Wohl- behagen. Diese Lust am Urteil gehört jedoch nicht mehr dem ästhetischen Verhallen an, wohl aber ist sie eine in der Regel eintretende Nebenerscheinung. Die Intensität der l'rtoils- lust ist abhängig von unserer analysierenden Begabung und Übung: die Tiefe des ästheti- schen Genusses wird bedingt durch die T,eich- tigkeil. mit der die einzelnen Phasen des psychischen Prozesses vor sich gehen, durch die Übung und Schärfung der Sinne als des Primären. Der Kunst zu genießen geht voran die Kunst des Sehens. roki kt hrki;kr.

PROFESSOR LUDWIG v. HOKMAN.N' WEIMAR.

Entwürfe für das Fover des Weimarer Hoftheaters.

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1909, VII. ;j.

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DIE KLEINEN MITLÄUFER.

Eine Armee, die nur aus Führern bestände, ist ein Unding. Sie brauchen eine Ge- folgschaft, brauchen Gemeine und Massen. Disziphn ist unerläßhch. Gefährlich und schäd- lich ist der Troß, der hinter der Front mit- zulaufen pflegt.

Eine Stilbewegung, wie sie sich in dem modernen Kunstgewerbe herauskristallisiert hat, beruht nicht allein auf den führenden Persön- lichkeiten. Ein van de Velde, Berlage, Pankok, Moser oder Hoffmann u. a. sind einzelne, sind Richtunggeber. Hunderten und Tausen- den haben sie den Weg zu weisen. Die Geschicklichkeit und Fertigkeit muß mitgehen. Nicht jedes Talent kann als Persönlichkeit agieren. Wenn die Könner original sein wollen, pflegen sie originell zu werden. Sie sind wertvoll als treue, zielbewußte Gefolg- schaft, als Zwischenglieder und Anbahner einer neuen Tradition.

Auf ihre Qualität, nicht ihre Zahl kommt es an, denn es gibt für eine Stilbewegung nichts schlimmeres als der Troß der kleinen Mitläufer, die eine neue Mode, eine frische Absatzmöglichkeit wittern. Ihre Überzeugung ist dünn wie eine Seifenblase. Sie sind Taktiker des Erfolges , fallen stets auf die Butterseite. Ihr Schaffen ist Spekulation. Sie wollen nicht für eine Idee kämpfen, sondern von einer Bewegung getragen werden. Sie fördern nichts, diskreditieren dagegen nur zu

leicht das Ganze. Sie sind die eigentlichen Macher eines »Jugend-« oder »Sezessions- stiles«. Sie haben mit naturalistischen Motiven, dann mit geschwungenen Linien gearbeitet. Heute sind die geometrischen Formen, die wir an den Wienern oder Behrens zu schätzen verstehen, an der Reihe. Die kleinen Mit- läufer haben keinen Sinn für die zwingende Logik jener Originalwerte ; sie sehen nur die Äußerlichkeit, nur die Quadratchen, Dreiecke und Punkte. Solche Saftlosigkeit trübt den Blick des Publikums, zwingt die Selbstschöpfe- rischen zu einem rastlosen, unruhigen, über- stürzten Weiterbilden. Diese Leutchen rauben den Führern den Atem und bieten den Gegnern einer Bewegung Angriffsflächen.

Es hat keinen Sinn, sie freundlich zu dulden, sie halb und halb in Schutz zu nehmen. Unfertige Leistungen lassen sich doch scMieß- lich weder verteidigen noch entschuldigen. Lind wozu der Mißgunst und dem Haß selbst die Waffen liefern y

Unerbittliche Kritik mag sie abstoßen. Vielleicht macht sie sie auch bescheiden, lehrt sie ihre kleine Kraft richtig nutzen und ver- anlaßt sie schlichte, anständige Handwerks- arbeit zu leisten. Dann sind sie Gewinn.

Im anderen Falle aber müssen solche Kleingeister energisch abgeschüttelt werden. Schmarotzerische Schlingpflanzen rauben_imnier Mark und Bewegungsfreiheit. paul westheim.

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PROFESSOR LUDWIG V. HOFMANN— VSTEIMAR. Friese für einen Musik-Saal.

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Bremen war einmal eine Kunststadt, zwar nuht von weithinwirkendem Einfluß , nicht das Herz eines i-<i:edelinten Kulturgebiets, sondern ganz für sich, eng uinurcnzt und nur seinen eigenen Aufgaben zugewandt. Das ist lange her. Es war um das Jahr 160t) als unter den zahlreichen Bildschnitzern das Mobiliar des Bürger- hauses und die Ausstattung von Rathaus und Kirchen jenen phantasievoll üppigen Schnörkelstil entfaltete, in dem Ornament, Eiguren, Säulen und ("lesimse zu einer fast sinnverwirrend reichen Bracht vereinigt den Aus- druck stärkster Lebensfreude als die künstlerische Ge- sinnung der damahgen reichen und wohllebigen Hansa- stadt ausmachten. I^en Schnitzern folgten die Stein- metzc. An den Ausluchten und Giebeln der Bürgerhäuser und am prächtigsten dann bei l.üder von Bentheims Rathaus haben sie in gehäufter Eröhlichkeit ein aus- gelassenes plastisches Leben entfaltet , das gar nicht stimmen will zu der »Steifheit«, die dem Bremer des 19. Jahrhunderts tatsächlich eine Zeitlang zur Natur geworden ist. Von diesem alten Bremer Geist war nichts mehr übrig geblieben als die fremdartig in der puritanisch strengen Ordnung, der sauberen Nüchtern- heit der Straßen und Häuser stehenden paar Bauwerke der Renaissance. In einem ungestörten Dornröschen- schlaf ging die Stadt an der äußersten Peripherie des Reiches abgeschieden und auf sich angewiesen in die Neuzeit hinüber. Kunst war ihr keine Lebensnotwen- digkeit mehr. Nur daß der starke englische Einfluß vor einem Jalirhundert einen Zug zu Gediegenheit, anspruchsloser Solidität , gutem Material und sauberer

CARL WEU>EM£YER: TITEL-UMRAHMUNG DES JAHRBUCHS DER BREMISCHEN SAMMLUNGEN. VERLAG: FRANZ LEUWER.

Dr. Carl Schaefer :

ARCHITEKT HUGO WAGNER bKEMEN.

Arbeit in lU-n wcjhlhabenden Kürgerkreisen wach hielt, der vielleicht von Natur dem Bremer als Wesenszug am meisten anhaftet. Anders als sonst im Reich bildete sich darum auch in dieser für sicli lebenden Stadt die moderne Wohnsitte aus, als um 1820 etwa das neue Leben sachte begann, die Festungswälle zu Anlagen, die Tore zu unkriegerischen Wachgebäuden umgestaltet wurden, und als vor den Toren die ersten Wohnhäuser der Vorstädte entstanden. Daß es Eigenhäuser sein mußten, nicht Miet- wohnungen, war selbstverständHch. Bescheiden in den Raumanforderungen, schlicht bürgerlich in der Aufmachung, in einen Garten gebettet.

Spatkassen-Gebäude in Delmenhorst.

wenn er auch nur sehr klein sein konnte, so war das Dreifensterliaus mit ausgebautem Souterrain für Küche und Wirtscliaft. im Ertlgeschol.'i die Wohnräume, darüber die Schlafzimmer, der gegebene Kautypus für die seit 1860 nnmer schneller anwachsenden Vorstädte. Denn nicht nur der Luxus des Reichen, sondern auch die bescheidene Wohlhabenheit des Bürgers genügte, um ein solches eigenes Haus zu bewolinen. Das schafft gute Vorbedingungen für gesunde moderne Architektur. Noch heute ist das Eigenhaus die hauptsächUche Wohnform für Bremen für architektonische und für kunstgewerbliche Auf-

und damit ; ist namentlich [auch

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Ascites aus Rrevicn.

ARCHITEKI HLÜCJ WAGNKR IIKEMKN.

galjen der denkbar beste (Jrund <i;egeben. Wälirend in den Straßen der Altstadt und in den Ciesrhäftsvierteln der Vorstädte leider gerade so wie in den meisten andern deutsclicn Städten die Mehrzalil der Bauaufgal>en dem Hauunternelimertum zufällt, so datj begreif- licherweise auf eine gute wenigstens zehn schlechte Fassaden kommen, hat an den Wohnhausaufgaben, den reichen wie den ein- fachen, die Schar der jungen Bremer Archi- tekten ein dankbares Feld zur modernen Weiterbildung des alten überlieferten Typus. Und was bei den Aufgaben des Miethauses unmögHch oder doch nur in den seltensten

Fällen denkbar ist. das wird beim Kigenhausc fast zur Regel, daß nicht nur das äußere Cic- iiäus. sondern auch die Innenräumc, oder wenigstens einige unter iiinen von der Haml des Architekten ausgebildet werden.

An diesen Aufgaben ist im letzten JaJir- zchnt in Bremen eine ansehnUche Schar von tiichtigen Kräften herangewachsen, von deren Arbeit vieles schon über die lokalen Grenzen hinaus Beachtung gefunden hat. Finc Über- sicht über einige der neuesten Leistungen, Architekturen und _Innenräume, ^ die in den Jahren 1907 und'l908 entstanden, soll hier mitgeteilt werden.

ARCHITEKT HUGO WAGNER -BKEMEN.

GRUPPE VON DREI WOHNHÄUSERN IN BREMEN^

ARCHITEKT CARL EEG & EU. RUNGE— UREMEN.

HAUS .STRAUCH J'.KEMEN.

R. A. SCHRÖDER & D. LULEV— BREMEN. HAUS HEYE, BENTHEIM-STRASSE.

28

CARL EKG ^ ED. RUNGE BREMEN. WlNTER-r,AKTEN IM HAUSE LEO BI1^RMA^'N.

1909. VIl. «

jYntrs aus Bremen.

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ARCHITEKT JANSEN & MEEU^.sJ.^ 1;KL.\1L.N.

Eine der markantesten Erscheinungen unter den heutigen Architekten Bremens ist Hugo Wagner. Eine Begabung etwa wie die Gelöners, hat er das Glück gehabt, sein eigenthches Feld, den schHchten ländlichen und vorstädtischen Wohnhausbau, zu guter Zeit zu finden. Man merkt ihm die Neigung zum konstruktiven Wesen des Mittelalters, die Abneigung gegen alles Pliantastische, gegen ÜiJpigkeit und dekorative Spielerei deuthch an. Seine Tätigkeit für die Wiederbelebung einer bodenwüchsigen ländHchen Bauweise in Nieder- sachsen ist charakteristisch für die Ziele seiner Kunst. Wirtscliaftliche und künstlerische Über- legungen gehen bei ihm Hand in Hand und machen ihn geeignet zu den großen sozialen Bauaufgaben, die in der Gartenstadtbewegung, in der Idee zur Anlage von Arbeiterdörfern und Beamtenwohnvierteln liegen. Solche große Aufgaben hat er in dem Industriedorf Eims- warden an der unteren Weser, in dem Wohn- viertel für die Arbeiter und Beamten des neuen Rangierbahnhofs in Seelze bei Hannover be-

ILius Subren Bremen.

reits zur Ausführung gebracht; und in den Orten und Kleinstädten des Bremen benach- barten Gebietes stehen Schulgebäude, Kreis- häuser, Sparkassen und andere öffentliche Ge- bäude, in denen er mit sparsamer Enthaltsam- keit mit guten Verhältnissen, starker Material- wirkung luid in leiser Anlehnung an die Girupjnerung und Dachanordnung alter Vor- bilder einfache mustergiltige Bauten geschaffen hat. Eine der interessantesten Lösungen des Einfamihenhauses in seiner Gruppierung zum harmonischen Straßenbild gibt das eigene Wohnhaus Wagners mit seinen Nachbar- gebäuden wieder.

Eine zartere, poetischere Natur ist Carl Eeg. der mit E. Runge zusammen gerade im Ausbau des vornehmen Bürgerhauses in Bremen eine Menge dankbarer Auf- gaben gefunden hat. Er fing an mit einer ausgesprochenen Liebe zu den stillen vor- nehmen Formen des Empire. Die kühle Zurücklialtung in den Fassaden der Zeit um 1800 mit ihren einladenden unverschnörkelten

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ARCHITEKT CAKL EEG-BREMEN. HAUFTEINGANG AM HAUSE FELSING— BRKMEN.

Neues ans Bre/i/oi.

JANSEN & Ml-EUSSEN- liKEMEN.

Treijjjen, den grol.'ien lichten l'enstern, der wohlgeordneten AufteiUing in regehnäßige Achsen, der sparsamen, knappen Bildung von Gesimsen und Schniuckformen, das war seine Schule. Die Zahl seiner au der Straße liegenden Architekturen ist nicht groß. Dafür hat er in der Ausstattung des Lloyddampl'ers Kronprinzessin CeciUe und in vielen Raum- kunstaufgaben in Bremischen Wohnhäusern als Kunstgewerbler etwa von der Gesinnung Bruno Pauls Glänzendes geschaffen. Eeg ist kein hastig arbeitender Künstler; er läßt alles mit bedacht ausreifen, schleift und bessert in stiller in sich gekehrter Arbeit, um sich selbst genug zu tun. Er hat jjoetisch reizvolle Bücherzeichen etwa von der Art Heinrich Vogelers gezeichnet, sich in der Radierung \ ersucht und beweist in seinen architektonischen Zierformen, daß er ein Ornamentist von reicher Phantasie ist, nie verlegen um eigene Einfälle, aber um so kritischer und sparsamer in ihrer Anwendung. Neigung und Begabung führen ihn zu den intimeren Aulgalien der

Diele im Hause Suhren. Ausfiihrimg : Heinrich Bremer— Bremen.

Architektur. Ein Grabmal, eine Gartenbank, eine Laube, die Aufgaben der Innenarchitektur liebt er zum mindesten ebenso , wie das Bauen und tjestalten im Großen.

Die Villa Strauch, deren landschafilich reizvolle Situation er so gut auszunutzen ver- steht, durch die Trei^pen , die Haus und Garten verbinden, und in deren Erdgeschoß er die Diele und drei Haupträume in seiner architektonisch strengen Raumbildung ausge- stalten konnte, ist darin sein einheitlichstes \Verk. Im Hause Leo Biermann hat er den geräumigen, um einige Stufen vertieften, acht- eckig ausgebauten Wintergarten , und einen köstlichen Baderaum mit Marmorwänden und üronzetür ausgeführt; und als wertvollste Ar- beit ein Schlafzimmer entworfen, dessen Wir- kung von dem hohen Getäfel hellen Ahorn- holzes mit Elfenbeineinlagen und eingefügten wertvollen Farbendrucken altjapanischer Kunst bedingt wird. Aus dem Hause Fritz Biermann endlich zeigen die Bilder einen Salon, der 19()S vollendet, trotz des kostbaren Materials

JANSEN & MEEUSSEN- BREMEN. DIELE IM HAUSE SUHREN.

Dr. Carl Schaefer

JANSEN & MKEUSSEN BREMEN.

von Marmor und Holzwerk ohne alle Auf- dringlichkeit zu vornehmer Ruhe durchge- bildet wurde. In fast allen diesen Arbeilen lag die Ausführung in den Händen der Bremer Filiale der ^'e^einigten Werkstätten . deren technisch meisterhafte Holzbearbeitung nicht wenig zu der Schönheit des (Ganzen beiträgt. Und in den Stickereien von E. Hormann für Decken und Vorhänge, in den gelegentlichen, vorsichtig eingefügten Glasmalereien ('.. Rohdes findet diese Raumkunst der Architekten Eeg und Runge eine feine artverwandte Ergänzung ihres Ausdrucks.

Wie neben solchen Villenbauten, wie dem Hause Strauch, das typische Bremer Wohn- haus von normaler Größe und in geschlos- sener Bauweise in ausgesprochen norddeutscher Auffassung sich ausbilden läßt, das zeigt Rudolf Alexander Schröder in einer schlankfenstrigen Fassade von der kühlen Ab- geschlossenheit, den zierlichen Details und der eignen Materialwirkuag, wie man sie ähnlich im Haag oder an den vornehmen

Wohn-Ecke in der Diele des Hauses Suliren.

Ausfiihriiiig: Heinrich Bremer Bremen.

Grachten Amsterdams /,u sehen Clelegenheit hat.

Eine dankbare Aufgabe, Haus und Wohn- räume von einem Guß zu schaffen, war den Architekten Jansen und Meeussen das Haus Suhren. An hervorragender Lage au der bekannten Wcseriiromenade des Osterdeichs liegt das villenartige, stattliche Gebäude. Ein Marmorvestibul , eine Diele mit behäbiger reicher Treppe und wohnlich ausgebildeten Ecken, und um die Diele gruppiert vier Wohnräume von keineswegs überladener, aber gediegener Ausstattung. Die Raumbildung ist lebendig und voll Abwechslung, die Möbel- formen tragen jene wohltuende indifferente Ruhe zur Schau, die nicht Stil beansprucht, nicht Kunst sein will.

Was vor zehn Jahren eine begeistert be- grüßte, kühne Neuerung war, das ist in den Händen vieler heute schon zu einem Typus geworden, der vom modernen Wohnraum, der Stuhlform, dem Möbel in seinem Verhältnis zur Wand eine ganz bestimmte Signatur verlangt.

Eine der hervorragendsten künstlerischen

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.Veues aus Brenn».

JANSEN ft UEEUSSEN- BREUEN.

Kräfte, über die das lieutigc Bremen verfügt, ist der Glasmaler Georg K. Rohde. Die Zeit, oa man die bunte Pracht der Glas- malerei um ihrer seihst willen liebte, ist vor- über. Der Raumgedanke der Gegenwart ver- langt gebieterisch und mit Recht daß sich das Fenster einordne in den gesamten Sinn von Wand und Decke ; und in diesem Zusammenwirken fügt sich das farbenprunkende, meist sehr anspruchsvolle Glasgeniälde der Zeit, wie es um 1890 üblich war, schlechter- dings nicht mehr. Seine Anwendung ver- langt heute viel mehr taktvolle Vorsicht, seine Farben, sein Material, seine Linien müssen sehr viel stärker aus dem gesamten Organis- mus der Wand, ihrer Cliederung und Farben- Haltimg entwickelt werden. Und dafür gerade hat Rohde eine sichere Begabung an den Tag gelegt. Die als Darstellung der fünl Sinne gedachten Putten, von denen wir drei hier wiedergeben, sind als farbige Mittcl- iiimkte in <lie farblosen Scheiben der hohen

Speibe-Zinimer im Hause .Siihren.

Alisfiiliriini; : Heinricli Urcmcr llrctneii.

Sprossenfenster eingefügt, die vom Speise- zimmer des Hauses Strauch nach dem Garten führen. Für die Ratskellerfenster, das aus nächster Nähe und mit Muße betrachtet zu werden bestimmt ist, hat der Künstler lustige alte und neue Motive bald larbig satt, bald nur wie eine vergilbte Handzeichnung wirkend und wie zufällig zwischen die alten Scheiben gesetzt zu einem sehr amüsanten Bilderbogen vereinigt. Sein größter Vorzug ein \'or- zug, der sich freilich aus den Abbildungen kaum erkennen läßt ist die sparsame und höchst wirkungsvolle Auswahl und Ausnutzung des .Materials; mit ganz wenigen Farbtönen doch reiche Wirkungen zu erzielen, die Schön- heit und l.euchtkralt des l'arbenglases ganz herauszuholen und die festen großen Linien der Bleikonturen in ihrer dekorativen Wirkung zu beherrschen, das ist das Wesentliche dieses vornehmen Materialstils.

Als Graphiker und Zeichner von streng aufgebauten wohldisziiilmierten .arbeiten des

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iVntrs ans Bremen.

Buchschmucks hat sich Carl \\ eidemeyer seit einigen Jahren bekannt gemacht. Aus seiner Verbindung mit den Vereinigten Werk- stätten für Kunst im Handwerk stammen die zahh-eichen in der Bewegung groß aufgefaßten und originell beobachteten Spielzeugfiguren und die Möbel und Spielhäuschcn lür Kinder- stuben. So wie seine sollen auch die Arbeiten

des tlarten - Architekten Fr. Gildemeister Proben von der Art geben, wie im heutigen Bremen gerade auf dem (jebiete der Alltags- kunst Kräfte am Werke sind und Wege ein- geschlagen werden, die wohl geeignet sind, die einst so stille alte Hansestadt wieder zu einer Blüte der Kunst zu machen, wie sie es ehedem war. d«- carl schakfer.

JANSEN & MEET:SSEN BREMEN.

Salon im Hause Suhren.

Aiisfülirung : Heinrich Bremer— Bremen.

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STIL-BRKVIER.

Der Maler strebt nach einer möglichst in- tensiven lUusicjnierung des Raumes, der aber die einzelnen Objekte, hicr/u gehört auch die Luft mit ihren Trübungen, nicht in sich aufnehmen, sondern sich durch dieselben bilden und aus den feinsten Reflexetickten der ein- zelnen (Gegenstände aufeinander organisch ent- wickeln, aufbauen soll. Im Hirnbild des Malers ist das Räumliche mit dem Körperlichen durch das Medium von Luft und Licht völlig ver- schmolzen, die Fixation auf der Leinwand soll beim Beschauer zum gleichen Resultat fähren. Es ist stillos, wenn ein Maler den .-Auf- gaben aus dem Wege geht, die zu lösen seine Technik (Ol, Fresko, Gouache, Aquarell, Pastell) in besonderem Maße berufen ist; es ist aber nicht weniger stillos, wenn der Zeich- ner, der nur den spröden Stift oder um mit Klinger zu reden den Griffel handhabt, Probleme der Malerei zu verwirklichen anstrebt,

es sei denn, er fände einen völlig neuen Weg. Die Zeichnung sieht mehr durch die Lupe, das Gerippe der Dinge erfassend, das Gemälde sucht den Oberflächenschein, wie ihn das schweifende Auge empfindet.

Gegenüber der malerischen Synthese von reflektierten (formvermittelnden) und daher- tlutenilen (einenden) Lichtwelleii ist die Zeich- nung eine mehr den peripheren Umriß und den inneren konstruktiven Zusammenhang suchende Analyse. In diesem Sinne, weil sie mehr die Dinge selbst, als deren Schein er- greift, eignet sich die Zeichmmg, die Griffel- kunst, besser als die Malerei zur Festhaltung von Vorgängen, zur Illustration. Dem Maler kann es ziemlich gleichgültig sein, ob er einen Helm oder einen Blechtopf malt, eine Madonna oder eine Cocotte, er sucht Lichteffekte; den Zeichner darf in erheblichem Maße der In- halt interessieren, er darl erzählen, ernst und

JANSKN 4 MI-KUSSEN BREMEN.

K.-»mini>latz im .S.ilon des Hauses Subren.

1908. VII. e.

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NATUR AHOKN Mll ELf-rLNBElN- EtNLA(iHN. BKSCHLÄGK SILBKR MIT ELVENBEIN. lAPANISCHli H0LZ5CHNITTK. MÖBEL-BEZÜGE - r.RAU SBIDU.

ARCHITEKTEN CARL EEG & ED. RUNGE. SCHLAF-ZIMMER IM HAUSE LEO BIERMANN HREMEN. Ausführung: Vereinigte Werkslätten für Kunst im Handwerk— Bremen.

Roher l Iheiicr:

CARL EEG-HREMEN.

heiter predigen, Witze und Possen reißen. Ks leuchtet ein, daß ein kleiner Natur- ausschnitt, etwa eine aus wenigen Bäumen be- stehende Landschaft oder ein Kornfeld, einige Früchte oder Blumen, ein Interieur, ein Tier oder ein einzelner Mensch leichter zu über- sehen und künstlerisch zu erobern sind, als dies ein ganzes Schlachtfeld mit den nötigen Requisiten von den Achselklappen bis zu den Führern gestattet.

Ein Schlachtenbild soll kein strategisches Hilfsmittel sein; die daherstürzenden Kolonnen können als rhythmisch bewegte Linien, die bunten Röcke als Elemente einer großen Farbensymphonie, Rauch, Staub und die viel- fachen Blitzlichter und metallischen Reflexe als einigende Medien empfunden werden. Otto von Faber du Faur verhält sich zu Rocholi, Röchling, Eichstaedt und werten Kollegen wie ein Gemälde zu einem Riippiner Bilderbogen. Dabei darf man noch nicht an Rubens »Sieg Heinrichs IV.« in den Uffizien denken.

Alles, was Lichtwellen derartig reflektiert, daß der Augensinn erregt wird, kann von der Malerei dargestellt werden; für die freie Rund- plastik hat nur das Interesse, was eine feste, stabile, allseitig von der Umgebung getrennte.

Spt.ise-Zinimt.1 im Hanse .'Strauch Bieiin,-n.

in sich geschlossene Form besitzt, Luft, Wolken und Weflen können nich.t Objekt plastischer Darstellung werden.

An dem Körper der höheren Tiere zeigt sich zum ersten Mal klare und übersichtliche, in sich lebende Schönheit, offenbaren sich aus der Umwelt gesonderte, frei stehende, sich be- wegende Massen von einer gewissen Stetigkeit und in sich gegründeter Harmonie. Bei den meisten Tieren hemmt jedoch das Haarkleid beträchtlicham Genießen der eigentlichen Form. Erst beim Menschen kann das Auge ungehindert die körperlichen Gebilde abtasten wie sie weich und wohlgerundet ineinanderlaufen, sich hebend und senkend, proportioniert sich be- dingend, auseinander erwachsend, sich zu einer Einheit schließen. Der nackte Mensch ist im vollen Sinne Objekt der freien Rundplastik.

Was für das Bild der Rahmen, ist für die freie Rundplastik der Sockel, die Trennung von der LTmgebung, eine Aussonderung aus der natürlichen Welt. Der Maler macht sich wegen des Rahmens gewöhnlich wenig Kopf- zerbrechen, noch seltener fertigt er ihn selber. Einige Holzleisten in einer Farbe, die den Ton- wert des Bildes hebt oder kontrastiert, ihn nicht etwa herabstimmt oder gar tötet, sind

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Stiihrci'ier.

in der Regel das Beste; dieselbe Aufgabe hat der Sockel zu erfüllen, er soll nicht nur trennen, er soll zu dem Werk hinleiten, ein vorgeschla- gener Akkord.

Jede Formvorstellung setzt ficli aus zahl- reichen einzelnen Gesichtsbildern zusammen; diese einzelnen Gesichisbilder werden für ein und das^elbe Objekt bei verschiedenen Be- schauern sehr verschieden sein. .Als Folge davon müssen die Formvorstellungen der ein- zelnen Subjekte voneinander abweichen, für ein und dasselbe Subjekt wird das gleiche Objekt unter verschiedenen Bedingungen verschiedene Cesichtsbildcr, mithin verschiedene Form- vorsicllungen geben. Von einem .Menschen, den man nur des Nachts gesehen, wird man eine Formvorstellung haben,- die von der. die man des Tages gewönne, völlig abweicht; grelle Sonne läßt einen Teil der Form für das Auge, mithin für die Vorstellung, verdunsten. Wiederum: eine getrübte zerstörte Form (Tru- betzkoi, Droschke im Schnee) kann in sich durchaus geschlossen sein. Es soll doch nicht

die Form gegeben werden wie sie ist, dann wäre ja der Gipsabguß Ideal, sondern die Vor- stellung, die der Beschauer von der Form be- kommt, w-enn er sie aus ihrer Umgebung iso- liert. Dabei kann in die Vorstellung immer nur das eingehen, was eben von der Form auch tatsächlich zu sehen ist. Die materielle Form selbst existiert für das Auge, auch für das tastende Auge nicht. Der Maler braucht die Form zur Konstruktion des Raumes, den Plastiker interessiert die Form, inwieweit sie den Raum verdrängt; beide Künstler bilden nicht, was sie wissen, sondern was sie empfinden. Lebhafte Bewegungen, Körper im .Moment des Fallens, fliegende Vögel und Engel, für die Rundplastik nicht oder nur unter Aus- lösung peinlicher Nebeneindrücke darstellbare Dinge , sind dem Relief zugänglich. Die Gruppe der Rundplastik kommt ohne Hinter- grund leicht in die Gefahr, auseinander zu fallen ; das Relief gewährt ihr unbeschrankte (Jliede- rung und Häufung der Figuren, in der Breiten- entwicklung frei nebeneinander stehend, von

\r:l. 11'. V 11'. KUN(;F.-BREMEN.

Ivüdic un Hause Strauch.

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Robert Bretter

JANSEN S: MEEUSSEN- BREMEN.

vorn nach dem Hintergrund zulaufend, sich gegenseitig nielir oder weniger verdeckend. Auch andere der Voll[)lastik fremde Objekte, Bäume, Häuser und Wolken, einzelne Hlätter, Girlanden, geometrische Ornamente, darf das Relief festhalten; niemals aber können die einzelnen Dinge bildmäßig zu einer Einheit verschmelzen, das verbindende Medium der Luft, des Schattens und der Reflexe ist auch reliefmäßig nicht darstellbar. Es ist auch nicht besonders stilrichtig, wenn einzelne Körper- teile, Extremitäten, über die ideell vorgelagerte, . einst in der Angriffseite der Platte existente Fläche hinausragen, das gibt leicht den Ein- druck des Hineingeschraubten, Angeklebten. Im übrigen werden dem Relief in gleicher Weise wie der Rundplastik von dem zur Verwendung kommenden Material Grenzen gezogen.

Der absolute Naturalismus ist aus physio- logisch-]isychologischen Gründen unmöglich. Zwischen Natur und Werk steht stets der Mensch als Medium. Selbst zwei mit mathe- maihischer Korrektheit für wissenschaftliche Zwecke hergestellte Zeichnungen desselben Natiirobjektes haben wenn auch noch so mini- male Abweichungen aulzuweisen; diese wachsen

Frenideii-Zinimei' im Hause Suhren.

mit der Gliederung des Gegenstandes. Von einer Mauer wird man eher übereinstimmende Bilder finden als von einem gotischen Dom. Schaltet die Hemmung und Beeinflussung eines bestimmten äußeren Zweckes aus, so kommt ganz von selbst, sogar bei fanatischen Dog- matikern des Naturalismus, die Individualität im Sehen und Formen zur vollen Geltung.

Eine Abweichung vom menschlichen Körper tut dem Kunstwerk keinen Abbruch (Volkmann). »Ich komponiere genau so sehr, wie irgend ein anderer, man merkts nur nicht so«, sagt Liebermann, und ein andermal: »Mit der Richtung eines einzigen Pferdebeines steht und fällt mein ganzes Werk«. Da nicht anzunehmen ist, daß das Modellpferd sein Bein just in die erforderliche Stellung bringen wird, so muß der Künstler nach vorher ge- faßtem Plane arrangieren. Hierzu bedarf es vor allem einer unbedingt klaren Vorstellung dessen, was er will, und dann - man soll's nicht merken.

Die Bewegungsgrenze, die sich der Künstler für sein Schalten und Walten mit Naturein- drücken zieht, ist überaus variabel. Feuerbach sieht in dem Modell die Seele des Künstlers. Röcklin will, daß man sich unabhängig mache

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Stilbret'it't

von dem Xaturbild. Er rät, neben eine ge- malte Rose keine wirkliche zu halten , die Natur töte die Kunst. Der Neoimpressionist Curt Herrmann hat umgekehrt seine I'reude daran, zu sehen, wie die brilkinten l'arbwerle seiner J5ilder den metallischen Glanz darüber hingeführter Paradiesvögel und Papageien erblassen lassen. Monet fühlt sich an den Wechsel des Lichtes und die dadurch Ijc- tiingtcn 'ronveriindcrungen so gebunden, d.iLS er oft nur während einer Viertelsiuntle an einer Tafel arbeitet, dann eine andere zur Hand nimmt, die inzwischen gewordene Stim- mung festzuhaken; so täglich. Böcklin lacht über tue Militärmaler, die verptlichtet seien, die Karben so zu geben, wie sie sich in der Natur, der Uniform finden,, statt nach den Bedürfnissen des Bildes, zusammengehörige Farben weit auseinander, hart gegen weich, dunkel gegen hell. Der große Schweizer fragt nicht danach, ob die l"arbe des Bildes aucli genau mit der Natur übereinstimme, sondern: »Warum steht die l'arbe da, gerade die Farbe

und in der und der Menge ? Welchen Faktor bildet sie in dem schweren Rechenexempel, welches man im Sinne des Materials, mit dem man malt, also der Farbe ein Bild nennt. Wie kommt sie zur Geltung oder wie hilft sie andern zur (leltungr Kurz, was leistet sie«? (Böcklin- l'loerke). So müht sich der eine, seine Vor.-;tellungen an dem Maßstabe der Natur möglichst zu klären, der andere verläßt skrupellos sein Modell, wenn es seinen Absichten nicht entspricht, macht bewußt ^Fehler«, sofern dadurch die Wirkung erhöht wird ; wiederum ein anderer dringt von dem Äußeren in das Innere der Natur, Ijietätvoll das Bild suchend, das ihm als FvCrn des Objektes unter der materiellen Hülle zu ruhen scheint, er bessert die Mängel des Vor- bildes; ein vierter schHeßlich sucht hier und da, aus dem ("lefundenen ein Typus formend. Von Tizian sagt Burckhardt: ^ Der göttliche Zug in ihm besteht darin, daß er den Dingen und Menschen diejenige Harmonie des Daseins anfühlt, welclie in ihnen nach Anlage ilires

JANSE.N" Si MEEC-M-N l'.RKMEN.

Kauch-/ininier im Hause Suhren.

Auäfilliniti^: Mcilir. Bremer -iirciiirn.

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Robert Breuer:

CARL EEG i ED. RUNGE BREMEN.

Direktions-Zimmer der Linoleumwerke Ankermarke- Delmenhorst.

Wesens sein sollte oder noch getrübt und unkenntlich in ihnen lelit; was in der Wirk- lichkeit zerfallen, zerstreut, bedingt ist, das stellt er als ganz gluckselig und frei dar« . Meunier schildert selbst seine Arbeitsweise: »Durch jahrelanges Beobachten und vieles Zeichnen ist es mir gelungen, einen Typus zu finden. Ich gebe ein typisches Bild der Klasse und nicht das isolierte Bild dieses oder jenes Arbeiters«.

So klingt uns denn, von welclier Seite wir auch immer an die Frage nach dem Künst- lerischen in der Kunst herantreten, verschieden formuliert, stets dieselbe Antwort: Ich, der Künstler, bin das Künstlerische, die Kunst an sich, le style c'est l'homme. Mehr viel- leicht als jede andere ist die Geschichte der Künste (auch die der redenden) eine Geschiclite von Persönlichkeiten. Nicht in dem Sinne, daß uns die Profanhistorie der einzelnen In- dividuen besonders interessiere. Das gesamte Vorstellungs- und Empfindungsleben in seinen konzentriertesten Momenten, wenn es sich mit Elementargewalt zu festen Gebilden umsetzt.

wenn die Seele, der Extrakt aller physisch- psychischen Phänomene eines Menschen Ge- stalt gewinnt das ist es. was aus klaren und ehrlichen Dokumenten je in der Sprache der Zeit und des Volkes zu uns spricht. Das ist es, was uns so mächtig an das Herz greift, olt über Jahrhunderte hinweg, oft aus der Zukunft lieraus: was wir in besonders glück- lichen Stunden , wenn wir den Dingen auf den Grund zu sehen glaubten, wenn uns ein völlig Neues aus Altgewohntem entgegen- sprang, wenn süße, weiche Harmonien durch oft erlittene Mißklänge tönten wie eine leider nur zu rasch vorüberhuschende Offen- barung erlebten. Hier im Kunstwerk zeigt uns ein größerer als wir in voller Realität unserer geheimsten und zartesten Träume, unsere gewaltigsten Phantasien, die subtilsten Reizungen unserer Sinne und die klarste Sprache unseres Herzens. -- Nur wenn wir dem Künstler irgendwie verwandt, können wir ihn verstehen, nur wenn er wirklich die Erfüllung unserer ringenden Sehnsucht, werden wir uns ihm beugen.

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Sti/brez'ier.

CAKL EEG i ED. RUNGE IIKLMEN.

Dirt;ktinns-Ziniuicr. Fullbodeii und Waiui mit Linoleum bczw, Linkrusta >'Ankermarke« belegt.

Um ein festes Kriterium l'ür das Künst- lerische zu bekommen, lassen wir aus der Erinnerung das Naturbild des dargestellten (legenstandes wach werden. l!ei einem Bild- nis taucht, sofern uns der Porträtierte bekannt, die von dem Lebenden gewonnene Vorstel- lung in das Bewußtsein; bei einer noch nicht gesehenen Landschaft kombinieren wir aus den tjedächtniseindriicken einzelner Bestandteile

Bäumen, Häusern, Bächen eine Vor- stellung der Natur; ebenso verfahren wir bei Historienbildern, so romantisch sie auch immer seien , stets können wir ihren Elementen komparative, aufgespeicherte Natureiiidrücke präsent werden lassen. .So entstehen in uns zwei Vorstelluugsreihen, >die eine, die sich auf die dargesteUte Natur, die andere, die sich auf den darstellenden Künstler die Darstellung

bezieht« (Lange). Wenn wir nun zwischen diesen beiden Vorstellungsreihcn hin- und herpendeln, so empfinden wir immer deut- licher das, was in dem Betrachteten anders ist als in unserem Hirnbild, wir sehen das Plus, wodurch sich das Werk erhebt, wir verstehen

die Absicht, die hier mit den auch uns ge- hörenden Bausteinen geschaltet hat , wir er- fassen des Kün'-tlers Ziel und Weg, wir goiüeßen in vollstem Maße das Künstlerische. Dieserart vermehrt sich das ästhetische Ver- halten gegenüber dem Kunstwerk, das sich zunächst von dem gegenüber der Natur, ab- gesehen von der Intensität , durch nichts unterscheidet, einmal um das Bewußtsein der vorliegenden Täuschung, dann um das F'.rkennen einer hinzugekommenen, in sich geschlossenen Größe, eines Stückes menschlicher Seele. Des weiteren gewährt das Kunstwerk noch einige feinere Spezialgenüsse dem , der den Mitteln nachspürt, die der Künstler zur An- wendung gebracht, dem, der sich die Ent- stehung im einzelnen vergegenwärtigt, alle Überlegungen, technischen Schwierigkeiten und deren Lösungen aufdeckt. Der Blick in eine Geisteswerkstatt ist außerordentlich befriedigend; wir haben Freude am Können unserer Mitmenschen, wir fühlen uns in unserer eigenen Zuversicht und Fähigkeit geklärt und gestärkt. robert breuek.

1909. VII.

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GEORG K. ROHDE— BREMEN.

Glas-Gemälde im Treppenhaus des Hauses Suhren.

DIE GLASMALEREI ALS ARCHITEKTUR-GLIED.

Die Glasmalerei, die sich in den Reißbrett- mustern einer falsch verstandenen Renais- sanceornamentik zu erschöfjfen drohte, hat in den letzten Jahren eine erfrischende Belebung erfahren. Vom Publikum begehrt, vom Archi- tekten begünstigt, konnten zahlreiche Glas- malereien entstehen, gegen die nur der Ein- wand zu erheben wäre, daß sie sich der Archi- tektur in den meisten Fällen nicht oder kaum einordnen. Sie bleiben Fremdkörper, fallen aufdringlich aus der Fassade heraus, zerstören die tektonische Geschlossenheit des Innenraums, bleiben mit einem Wort Fremdkörper, wo sie mit dem Gesamtorganismus zu einer Einheit verwachsen sollten.

An sich betrachtet, sind sie oft nicht schlecht. Bewährte Künstler haben Entwürfe gefertigt, bedeutende und erfahrene Anstalten bürgen für die vorzügliche Ausführung. Aller- dings wird nicht bedacht, daß ein Glasbild an sich gar nichts bedeutet. Es erhält erst Wert und Leben durch die Eingliederung in das Bau-

werk. Vorher fristet es ein platonisches Dasein. Ein Entvt'urf mag noch so wertvoll sein an der unrechten Stelle unpassend verwendet, muß er als Barbarei wirken. Der so oft ausgesprochene Gedanke, das Glasfenster sei eine Flächendeko- ration, ist falsch, zum mindesten banal. Das Glasfenster ist Architekturglied, seine Flächen- gestaltung unterliegt somit einer inneren Not- wendigkeit, die in der formalen Logik des Bau- werkes wurzelt. Die gotischen Glasmalereien, die vor allem als unbedingt vorbildlich gelten können, sind in ihrer formalen Durchbildung unverkennbar aus der Architektur heraus ent- standen. In der Einordnung und Stilisierung der dargestellten Figuren, in dem ornamentalen Zweck des Zierwerks scheinen licht und lebens- satt die Geslaliungsenergien der steinernen Umrahmung weiterzufluten. Der Dom zu Augs- burg, St. Kunibert in Köln bieten solche Er- kenntnis. Nicht die Verwendung der mensch- lichen Figur, ihre monumeniale Einfügung in die gegebenen Raumverhältnisse, ist ausschlag-

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-A.--GEMALL)K IM IlC'IKp-SAAI. DKs liKKMKK KATSKKLLKRS.

GEORG K. ROH DE BREMEN.

GLASMALEREIEN.

GLASMAIXREIEN

ENTWORFEN UND

AUSGEFÜHRT VON

G. K. ROHDE BREMEN.

Pajtl Wcsthcim .

JANSEN «.- MEEUSSEN BRKMEN.

gebend. Schon vor nunmehr 25 Jahren hat H. Kolb daraufhingewiesen: »Nirgends drängt sich die Absicht auf, daß eine plastische Wir- kung erzielt werden wollte. Die Figuren sind dekorativ gehalten .... Die Farben zeigen eine gleichmäßige harmonische Verteilung und die Gesamtwirkung ist kein Hervordrängen,

P^amiliengrab auf dem Riensberger Friedhof.

kein Sichgeltendmachen der Malerei, sondern ein ruhiges, farbenreiches, der Architektur sich unterordnendes Abschließen der T.icht- öffnungen.«

Die naturalistischen Gestaltungen, die in dem letzten Jahrzehnt besonders üppig gedeihen konnten, sind eigentlich undiskutierbar. Sie

Die Glasmalerei als . hrliifektur-Glied.

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werden nur als Zeichnererfindungen zu bewerten oder vielmehr zu bedauern sein. Was als l'.uchdeckel oder üuchillustration vielleicht an- gängig gewesen wäre, hat noch lange keine Existenzberechtigung als Glasmalerei. Solche F>zeugnisse sind im Grunde genommen doch nur Beweisstücke für die l'neilslosigkeit, mit der heute viele Künstler wie Gewerbe- treibende — arbeiten, und was ist uns da alles vorgelührt worden? Minutiös durch- geführte Landschaften, Frauenköpfe mit lang wallendem Haar, Genrebilder in einem miß- verstandenen I'lakatstil, nackte Mcnschenleiber mit lileikonturen und Bleiakzenten, oder was sonst an papiernem Zauber erdenkbar gewesen. iJieser Dinge scheinen nachgerade die

V'erfertiger selbst anzufangen satt zu werden. Der Wille zum Stil ist erwacht und macht sich auch hier geltend. Einzelne der gutgeleiteten Kunstgewerbeschulen wirken in dieser Hinsicht recht günstig. Allein noch zehrt nicht selten das plumpe Stilisieren nach Naturformen an der Gestaliungsgabe. Es ist kein sonderlicher Gewinn, statt einer harmlosen l.andschalt einen verrenkten Krebs oder eine mißratene Hummer in der Fassade zu finden. Die natür- liche Ursache ist auch hier die Behandlung des Glasfensters als platonische Flachenzeichnung. Selten wird einer dieser Entwürle in das Material umgesetzt, nie wird er lür eine bestimmte .■\rchiteklur ersonnen. Das Gewerbe hat sich übrigens auf eine solche Art der Gestaltung

Die Glasmalerei als. Architektur -Glied.

eingerichtet. Es entstehen fortgesetzt Glas- malereien auf Vorrat, die bald diesem, bald jenem Bauwerk eingefügt werden. Die Haupt- sache ist, daß das Größenmaß paßt.

Und doch wie viele Voraussetzungen, die sich von Fall zu Fall ergeben, erheischen ihre artgerechte Lösung. Die Lichtverhältnisse, die durch das farbige Fenster reguliert werden sollen, sind überall anders. Und koloristische Harmonie schematisch zu erzielen, wäre Tor- heit. Einmal soll das Trejipenhaus leicht be- lebt und doch dem Benutzer die schöne Aus- sicht nicht vöUig entzogen werden. Dann ist vielleicht innerhalb eines großen Fensters nur eine teilweise, lichte Verglasung erwünscht. Ein anderes Mal soll gerade der Blick auf einen häßlichen Hof oder eine langweihge Nachbarwand versperrt werden. Bald ist die Fassade streng, bald heiter. Und schließlich bleibt noch immer der notwendige Ausgleich mit dem Innenraum. Das Musikzimmer des Landhauses und die Kirchenhalle erfordern nicht allein aus inneren Gründen verschieden-

artige formale Gestaltungen. Vereinzelt gibt es bereits einige Lösungen, die aus der Tek- tonik geboren erscheinen. Ich erinnere nur an verschiedene Fenster etwa an die im Pallenbergsaal zu Köln von dem auf diesem Gebiet auch technisch so erfahrenen Melchior Lechter oder an Kolo Mosers Glasmalereien für die von Otto Wagner erbaute Kirche der niederösterreichischen Heil- und Pflegeanstalt (sie sind in der Deutschen Kunst und Deko- ration«, Band XXI, S. 170/171 abgebildet). Das verbreitete Vorurteil, man könne mit buntem Glas und Blei frischfreifroh phanta- sieren, muß überwunden werden. Das Glas- fenster, so als kunstgewerblicher Sondergegen- stand betrachtet und gestaltet, verwildert natur- gemäß. Das höchste Ziel einer guten Glas- malerei ist unbedingt, dem Architekten für bestimmte Zwecke als denkbar bestes und selbstversiändlichesDekorationsmiltel zudienen. Allerdings wäre zunächst einmal das Stadium der »bunten Zutat« zu überwinden, dann wäre schon Vieles gewonnen. paul westheim.

CARL WEIDEMEYER— BREMEN. GRABDENKMAL.

[TERR-RSS EN ftNLR G E RUF DEm LRN D GU T E -D ES-H ERRN' FR' K ELLN ER B OR&FElD-BREm £ N hK. oiLUEMKisTER BKEMK.N. Terrasseii-Anlage.

TOTE UND LEBENDE SCHÖNHEIT.

VON D«- EMU. UTir/. PRAG.

Selbst derjenige , welcher die Überzeugung vertritt, daß in den mannigfaltigen Er- scheinungen des Schönen in Natur und Kunst letzte Gesetze hervortreten, die unwandelbar durch den Ciang der Zeiten dahinziehen in eherner Strenge, wird doch zugeben, daß das Schöne in gewissem Maße von zeitlichen und örtlichen Bedingungen abhängt und daher mancherlei Wandlungen unterworfen ist. Mag sein Kern vielleicht sich auch gleich bleiben, die Hüllen wechseln.

In dieser ja gar oft erwähnten zeit- lichen und örtlichen Bedingtheit der Künste liegt eine der Ursachen des Stilwandcls. Nur arge Verblendung könnte dies leugnen. Dieses Geschehen aber zu bedauern, heiLJi den un- aulhaltsamen Schritt der Tatsachen anzuklagen, statt bescheiden seiner Sprache sich zu fügen. Immer aber erheben sich Rückschrittelei und Sentimentalität , die laut das Lob des Ver- gangenen singen und seine Forlfühmng fordern.

Und indem sie dies tun, zeigen sie deutlich, daß sie die Werte der Vergangenheit nicht verstehen. Gerade die begeisterte Liebe zu vergangener Kunst muß die Erkenntnis ihrer Einzigkeit zeitigen. Wir können keine neue Gotik und keinen neuen Goethe hervorbringen: wohl möglich ist aber eine Zeit, die an innerer Größe und Wucht jener nicht nachsteht, und ein Genie, das jenem gleichkommt. Wir stören aber alles Werden und Wachsen, Keimen und Blühen , wenn wir im Namen des Ver- gangenen das Seiende vergewaltigen. Der Vergangenheit lichte Werte zu verdunkeln, ist fraglos Barbarei; aber gleiche Barbarei ist es, der Gegenwart eigentümliches Wesen zu mißachten und zu verkennen.

Zu diesen Fragen seien mir nur einige wenige Bemerkungen gestattet. Vorerst be- achten wir die große Tatsache des Stilwandels ! Wer in der Kunst nur einen Ausfluß müßiger Laune, anmutiger Tändelei erblickt, wird da

1909. VII.

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FR. GILDEMEISTER - BREMEN. AUS DEN HAUSGARTEN C. H. GTLDEMEISTER UND RICH. FRITZE - BREMEN.

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FR. GII.DKMEISTER-KREMEN.

IK. GILDEMEISTER- BREMEN.

HAUSGARTEN UND VERANDA EINES I.ANDHAUhl-.s.

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ENTWURFE VON l'K. GILDEMEISTER— BREMEN.

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ENTWURFE VON KR. GU-UKMEISTER -BREMEN.

Tote und lebende Schüiilieit.

GARTeNGlTTER^FR-GILDEmElSTER-GARTEN/ARCHITEKT-BREmEN

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um eine Erklärung nicht verlegen sein : das Bedürfnis nach Abwechslung leitet das Kind von einem Spiel zum anderen ; das gestern noch heißgeliebte Spielzeug liegt heute ver- gessen im Winkel. Die Oberflächlichkeit untl Leichtfertigkeit dieser Deutung der eigenartigen Krscheinung des Stihvandels springt wohl in die Augen. Sie Tviirde höchstens einen ganz willkürlichen Wechsel begreiflich machen, ähnlich wie er bisweilen in der Mode vor- kommt; völlig aber läßt sie uns darüber im

Unklaren, warum gerade dieser und nicht jener Wechsel statthaft. Der Wahrheit wird hier nur derjenige näher kommen , welcher die Kunst tiefer faßt und in ihr einen großartigen Aus- druck der Kultur sieht , der sie entwächst. Und die großen Kulturwandlungen bedingen auch Bleiben und Wechsel der Erscheinungen der Kunst. Doch wäre es irrig, das einzelne Werk ganz aus diesen Bedingungen erklären zu wollen. Ich will nur darauf hinweisen, daß die Entwicklung der Technik einerseits

GART ENGlTTER'FR'GILDEmEISTER-GARTEn ARCHITEKT-BREMEN

KNTWÜkFK VON IK. GILUK.MEISTER- BREMEN.

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Dr. Emil Utitz-Pmi:

KIHDER-GRRTEM-MRUS eStv^^ GARU-Vs/EiDfeMEyepC«:

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CARL WEIDEMEYER BREMEN.

Schranken setzt , andererseits eigentümliche Probleme stellt , die nur aus ihr heraus ab- leitbar sind. Noch auf einen anderen Punkt will ich aufmerksam machen: des Künstlers Persönlichkeit verleiht dem Werke eine eigene Note , eine einzige Besonderheit. Aber die Persönlichkeit ist ja nichts reif und fertig vom Himmel gefallenes , sondern etwas , das sich siegend und kämpfend entwickelt. Und es entwickelt sich in der Zeit, die ihm tausend Anregungen entgegenträgt; und es liebt oder haßt die Zeit; aber es wurzelt in ihr, mag auch seine Sprache und Geberde weit empor- wachsen. — Die ganze blühende Mannigfaltig- keit klassisch griechischer Kunst, ihr uner- schöpfHcher Reichtum treten uns entgegen als eine große Einheit, in der mächtig sich das Wunder des griechischen Geistes offenbart;

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jene Lebens- und Weltanschauung , deren warmer, lebensfroher Hauch heute noch er- quickend, ja begeisternd uns entgegenschlägt ! Und als sie verfiel, als das Herbe sich löste, und Größe zur Anmut niedersank, da schwanden die männlichen Heldengestalten , da versank die Hoheit mächtiger Götterbilder , und es entstanden die weichen, zarten Formen träume- rischer Jünglinge und die üppige Pracht schöner Frauen, wie sie uns in der späteren Kunst entgegentreten. Und als die Antike unter2;ing, als der Blick von der lachenden Welt unbefriedigt sich abwandte, als der Sinn von außen nach innen sich richtete , wo zitternd die Seele fror in Glaubenszweifeln und in Himmelssehnsucht, und als diese Seele jubelnd sich erhob , da erwuchs auch eine neue Kunst : eine Kunst der Seele , die ihre

Tote tvtd lebende Schönheit.

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Heimlichkeiten zum Ausdruck brachte. So schuf stets eine neue Zeit eine neue Kunst; wenn die Menschen andere wurden , ward naturgemäß auch ihr künstlerisches Ausdrucks- bedürfnis ein anderes. Und so strömen die Quellen der Kunst aus dem tiefsten Bronnen der Menschen. In ihr liegen der Menschheit größte Offenbarungen. Gar manchesmal ward dies gesagt und ausführlich erörtert. Und so wollen wir, aufbauend auf diese knappen An- deutungen über den Stilwandel , einiges er- örtern, das für uns vielleicht nicht unnütz ist. Deutlich lehrt der Stilwandel: es gibt Schönheit, die stirbt. Kbenso wie Kulturen untergehen , gehen auch bestimmte künst- lerische .\usdrucksformen unter und weichen anderen, die den jeweiligen Bedürfnissen mehr entsprechen. Und nicht an sich beklagens-

wert ist dieses Sterben, dem neues Ueben entwächst. Denn was es an kräftigen Werten barg, wirkt weiter. Der alten Kunst große Taten erfreuen und erheben uns noch heute, ständig spenden sie Lust und Wonne; und sie werden zu Lehrmeistern kommenden Ge- schlechtern; zu Lehrmeistern, nicht aber zu Vorbildern, die nachgeahmt werden müssen; zu Lehrmeistern, deren Lehre (ortgeführt wird, gleichwie ein musikalisches Motiv, das anfangs erklingt, weiter und weiter sich auslebt, immer größere Kreise ziehend. So verändert wirkt Vergangenes fort, es aber durch sklavische Kopien künstlich einem neuen Leben zuführen zu wollen, heißt tote Gespenster an die Stätten setzen, die einst voll blühender Kraft waren. Wir können Vergangenem viel weihen, wir genießen es in großen Stunden unseres Lebens,

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CARL WEIDEMEYER— BREMEN.

SOPHA UND SESSEL IN KÜHK-GEFLECHT. Ausführung: Gebr. Stalle-Bremen.

CAKI. WKIDEMEYER BREMEN.

KINUER-GARTEN-HAUSCHEN.

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CARL WEIDEMKVKK ItKfc-MEN. KIM 'KK-MOBKL.

Ausführung: Vereinigte Werkstätten fiir Kunst im Handwerk— Münclicii-Brcmen.

CARL WEIDEMEYER BREMEN.

SPIELSACHEN.

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AUSORMHRT VON DKN VKRKIMOTFN WI-RKStXtTKN f'VK KUNST IM IfANDWtiKK

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Tote lind lebende Sc/iönheif.

aber es lost uns los von unserem i.eben. Dessen können einige Altertumsforscher antraten, nicht aber ein Volk und seine Künstler. Sie trinken von den Quellen ihrer Zeit, und be- rauschen ficli an diesem Trank. Aus diesem Rausche müssen sie schaffen, in ihm genießen, <lurch ihn emporwachsen in künftige Zeiten. Wegweiser in die Zukunft wollen wir; der Führer in die Vergangenheit haben wir genug. Und auch vergangenes starkes Leben und seinen künstlerischen Ausdruck kann nur der in Ganze fühlend und erschauernd erfassen, der selbst ein starkes, eigenes Leben lebt.

In kleinen Alpendörfern hatte ich noch bisweilen Gelegenheit Ausfahrt und Einfahrt alter, wackliger Postkutschen anzusehen. Ein malerischer Anblick I Aber wehe dem . der zu so einer mehrstündigen Fahrt verurteilt ist ! Und das Liedlein , das der Postillon bläst, klingt ganz wundersam, schöner sicher als das Tuten der Automobile. Wird aber jemand deswegen verlangen, die Chauffeure sollten rührende oder fröhliche Lieder zum Besten geben? Das wäre wohl allzu grotesk.

Alte , winklige Straßen mit ganz hohen Häusern, verschmutzt und verstaubt, können entzückend wirken. ALan kann stundenlang in ihnen umherirren , immer wieder neue malerische Schönheiten entdecken. Wird man aber da wohnen wollen 'i Wird man nicht vielmehr im Namen einer hygienischen Zeit nach energischer Abhilfe heischen?

Wer heute neue Arbeiterdorfer sieht, die freundlichen Gartenstädten gleichen , die ein Sonnenstrahl gesunder Schönheit umglänzt, w-er große Warenhäuser etwa Wertheim in Berlin durchwandert oder des abends über

eine belebte Großstadtstraße geht , wenn das tausendfältige Licht unzähliger Lampen schimmert und leuchtet, wer den weiten Atem geräumiger Bahnhofshallen auf sich wirken läßt, wer den kühnen Schwung elegant sich spannender Brücken verfolgt, wer auf den ganzen Komfort unseres Lebens achtet, der wird da ästhetische Werte finden , die neu sind, Eigentum unserer Zeit; frisch auflebende Schönheit, die uns manche tote ersetzt. Man kann nicht alles vereinen : wem der heiße Atem unserer Tage nicht paßt, der fliehe ihn und suche die einsame Stille, aber er hat nicht das Recht , uns durch Klagen und Jammern die Freude an der Art unseres Lebens vergällen zu wollen.

Einen Einwand kann man mir leicht machen : ist es gerechtfertigt von toter Schön- heit zu sprechen, da wir doch alle alte Schönheit zu genießen vermögen ? Ich habe selbst in diesem Essay des öfteren darauf hingewiesen. Doch einiges gilt es da zu be- denken: wir genießen nicht alle alte Schön- heit, sondern nur das Beste von ihr. Vieles, das früher erfreute, langweilt uns heute. Nur soweit allgemein Menschliches im Alten weht, spricht es zu uns unmittelbar ergreifend. Zu dem anderen müssen wir uns durch historische Schulung durchringen.

Und etwas ganz anderes ist es : alte Kunst genießen und ihre Nachahmung anzuempfehlen. Die Nachahmungen führen uns nicht weiter und geben nur immer wieder Bruchteile dessen, was wir schon besitzen. Mögen wir also das Alte noch so lieben, noch so verehren, unsere Zeit müssen wir offen halten der Kunst, die ihr allein entspricht.

RICHARD KuöHL— BERLIN. Oster-Spielsacfien in Holz.

Ausführung: Deutsche Werkstätten für Handwerkskunst— Dresden.

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CHINHSISCHES

GEMÄLDE :

BILDNIS

ZWIUER DAMEN

CHINESISCHE GEMÄLDE.

VON II«- HANS BETHGK.

Mit der chinesischen Malerei ergeht es uns wie mit der ja])anischen : unsere Kenntnisse davon sind nur recht vager Art. Die alten klassischen Gemiilde der Japaner befinden sich in den Palästen des Adels und in den Klöstern des Landes, die sie schwerlich je verlassen werden. Die Europäer haben eifrig Sammlungen japanischer Farbenhok- schnitte angelegt, die von den Japanern selbst nur wenig gesammelt worden sind. Über diesen Farbenholzschnitten vergaß man m Europa ganz die japanische Malerei. Dali diese, wie überhaupt alle alte japanische Kunstübung , ihre Wurzeln und ihre ganze festgefügte Ba-^is in China hat, bedarf keiner Erörtenmg. Die Kunstfreunde haben sich um China immer viel zu wenig gekümmert, alles warf sich auf Japan, besonders in den letzten Jahrzehnten, denn Japan war Mode, und die Kunst der stärkeren Chinesen wurde von den Europäern auffallend vernachlässigt.

Was ich bisher an chinesischer Malerei gesehen hatte, war zum Teil so köstlicher .Art, daß ich immer die Sehnsucht gehabt hatte mehr davon genießen zu dürfen. Ich hatte einige auf Seide gemalte prachtvolle Porträte gesehen, von starker Charakteristik und wuchtiuem Stil. Einen besonders starken Eindruck aber hatte eine spärliclie Sammlung kleiner auf Seide gemalter Bildchen auf mich gemacht, die allerlei Szenen aus dem Leben darstellten: wunderbar feine, farbig zart getönte Sächelchen von einem holden lyrischen Reiz, hingehauchte Menschen und Land- schaften, von einem zärtlichen Duft umflossen. Was man sah, waren Fragmente, losgerissene Einzelheiten, aus denen man sich ein Gesamt- bild nicht gestalten konnte. Die Begierde der China-Freunde wurde daher aufs höchste erweckt, als es hieß, daß eine deutsche Frau in China eine große Sammlung chinesischer Ciemälde zusammengebracht habe, die in Berlin ausgestellt werden sollte. Die Aus- stellung dieser von Frau Olga Julia Wegener gesammelten Bilder hat in der Akademie der Künste stattgefunden und wurde von allen Kunstfreunden, denen sie die Wege in ein

langersehntes Gebiet ebneten, auf das wärmste begrüt'.t. Es \var ein Genuß sich zwischen diesen zweihundertunddreißig gut placierten langen Bildern, die da abgerollt an den Wänden hingen und übrigens nur einen Teil der Wegenerschen Sammlung darstellten, betrachtend zu ergehen. Leider hat es der Staat versäumt, Ankäufe aus dieser schönen Sammlung zu machen. Er hat sich die Gelegenheit entgehen lassen, für das in Dahlem bei Berlin zu errichtende neue ostasiatische Museum schöne Dinge zu erwerben. Dies ist auf das lebhafieste zu bedauern, zu- mal nun die Wahrscheinlichkeit voriiamien ist, daß Frau Wegener ihre Sammlung in das Ausland verkaufen wird. London hat eine Sammlung chinesischer Bilder im Britischen Museum. Warum zögern wir denn, uns auch ein solches Besitztum zu erwerben, da es uns in so bequemer Weise angeboten wird r

Die Gemälde, die man in den gut be- leuchteten Räumen der .Akademie der Künste sah, waren natürlich nicht alle gleicliwertig. Die eigentlichen Meisterwerke klassischer Epochen wird man kaum jemals in Eurojta zu sehen bekommen, die chinesischen Paläste und Klöster halten sie fest. Aber man sah trotzdem des Schönen die Fülle. Das älteste der Bilder führte in das achte Jahrhundert zurück, in die glorreiche Zeit der Tang-Dynastie, welche die strahlende Blüte der chinesischen Dich- tung war und Chinas beide größten Poeten, Li-Tai-Po und Thu-Fu, hervorgebracht hat. Die neuesten Bilder, soweit sie datiert waren, gehörten dem 19. Jahrhundert an.

Die Chinesen pflegen auf Seide zu malen, zuweilen auf Pflanzenfaser])a])ier. Sie kleben dann die Bilder auf" einen dickeren Seiden- oder Papierstoff und rollen das Ganze über einem Holzstock zusammen. Gerollt werden die Bilder von den Chinesen aufbewahrt. In einem Kämmerchen kann man eine ganze Galerie vereinigen. Natürlich bilden sich durch das Rollen vielfach Risse und Brüche, die beson- ders bei den älteren Bildern störend in die Er- scheinung treten. Der Malgrund ist fast immer braun; vom hellsten gelb-braun über gold-

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CHINESISCHES GEMÄLDE. ( I 7. J.MIUIIUNDEKT.)

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.UlilHI.UHUM.ORlK.Vr . vliKMUlLlCMtUKN-IAfllN. ENDK DER MINO KPOCIIE (l3'>8 l()44)

Dr. Hans Bet/iae:

braun zum bräun- liclien Dunkel. Was fiir eine vielgestal- tige , stilistisch be- deutsame und cha- rakterreiche Welt spielt sich vor diesen braunen (^runden ab! Da sind Blumen- stücke der lieblich- sten Art. Die Päonie ist die Lieblingsblüte

der chinesischen Maler, man trifft sie in allen farbigen Nuancen , in allen Formen , in zarten und üppigen. Man sieht frühlingshafte Blütenzweige des

Pflaumen - Baumes, belebt von kleinen Vögeln , dekorative Kompositionen , wie sie die Japaner von den Chinesen Über- nommenhaben. Man sieht einfache, ganz flächig hingestrichenc Blätter des Bambus- rohres und große, mystische Blumen- köpfe ragen auf rie- sigen Stielen in eine feierlich gedämpfte Luft , umgeben von stillen , riesenhaften Blättern. Und dann die Tierbil- der. Wir sehen Kor- morane und Reiher am Wasser , unter blühenden Bäumen. Silber- und Gold- fasanen tauchen auf, Pfauen und unge- heuer kräftig stili- sierte Adler, sitzende und fliegende. Ein Reh , das oftenbar verwundet ist, steht mit schmerzvoll zu- rückgebogenem Kopf in einer Schneeland- scliaft , ein feines und rührendes Bild.

l'HUfcjäP:..,.-,

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. gemAlde: »der priestkk tamo gemt aui' die I '.\N(;-\ [.\. 11522 ly^r.)

Zwei Kraniche, farbig ganz auf schwarz und weiß gestellt , wer- den zu einem ener- gischen, schön in sich bewegten de- korativen Gebilde zusammengebracht. Man sieht ein ganz wundervolles kleines Bild aus dem Jahre 1100. Ein paar weiße Hühner mit Fasanen- küken sind darge- stellt, das Bild trägt das Siegel des Kaisers Hsüan-Ho. Dieses alte Bild ist von einer so außerordentlichen Schönheit des Tones und von so hervoi- ragender Zeichnung, daß man es als ein .Meisterwerk der bil- tlenden Kunst an- siirechen muß. Man wird an alte hollän- dische Meister ge- mahnt , wenn man dieses Bild betrach- tet. Die Art wie die Schwanzfedern des Hahnes darge- stellt sind, das ist die schlechthin be- wundernswerte Art eines großen Künst- lers. Der Tiger aus der Ming - Epoche (1368 1644), den wir abbilden , ein weiches, weniger auf sein Knochengerüst, als auf sein Fleisch hin gesehenes Vieh, ist eine hervorragende Impression. Auch die Pferde, die man zu sehen bekommt, sind mehr auf ihren flei- schigen Umriß als auf das Gebäude ihrer Knochen hin darge- stellt. Der Pferde- typus, den schon Han Kan auf einer inter-

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CHINKSISCHKS r.KMÄl.DU: i.tKHKSPAAR«, tS HU-CIIICH. . HINii-KPOCHB 11644 niSJBTZT).

C//i/u'stM//e Geniä/th:

CHINESISCHES GEMAI.DE: »BILDNIS EINES HOHEN BEAMTEN MIT FRAU«.

essanten, fast byzantinisch anmutenden Skizze um 750 gibt, ist zwar im Laufe der Zeiten gemodelt, aber doch in seiner eigentlichen Wesenheit kaum verändert worden. Ein kostbares Bild ist jenes aus der Ming-Epoche, das einen mongo- lischen Jäger mit zwei Pferden darstellt (Ab- bildung S. 79). Ein Bild von farbig mysti- schem Gehalt und einem mächtigen inneren Rhythmus. Die Abbildung gibt nicht das Wesentliche, wie überhaupt die Reproduktionen hier nur schwache Xotbehell'e sind. Aber man nehme die Ruhe des rückwärts schauen- den vornehmen Rappen und die Ruhe des grasenden Schecken und die heftige Be- wegung des mongolischen Jägers, der sich eben anschickt die Elinte anzulegen, in sich auf. Ein Tierbild von ganz bedeutenden Qualitäten ist jene Malerei aus der Epoche

der Ming-Dynastie (1368— 1644\ aut der man einen Bären und einen ,\dler dargestellt sieht. Der Bär ist zeichnerisch bis in alle Einzelheiten durchgebildet (was die Wieder- gabe leider nicht erkennen läßt) und zeigt doch einen durchaus großzügigen Rhythmus. Seine Bewegung, wie er den Baumstamm hinaufgehen will und dabei nach oben schaut, ist unübertrefflich erfaßt, überhaupt scheint mir dieser dunkle Geselle ein unübertrefflicher Bär zu sein, nach seinem Umriß, nach seiner inneren Eorm, nach seiner Zeichnung. Er müßte das Entzücken des Bildhauers Gaul bilden, der so gerne Bären modelliert hat, aber niemals einen schöneren als diesen. Auch der Adler mit dem zornigen Blick und der Kraft seiner Klauen ist köstlich gesehen und erfaßt. Diese alte .Malerei scheint mir das schönste

//

Chinesische Gcmä/dc.

CHINESISCHES GEMÄLDE: »HÄUSLICHER GENIUS MIT PLÄTT-E[SEN . (UM 160O.)

Tierbild, der Wegenerschen Sammlung zu sein. Man sieht Landschaften, blühende und beschneite , von stärkstem Eindruck. Die landschaftliche Szenerie besticht schon durch ihr schönes, graziöses Material: durch die schön gewölbten, hölzernen Brücken, durch die dunkeln, haarigen Silhouetten der Aleppo- kiefer, durch die seltsam steilen, hohen Berge, die fast die Form von Zuckerhüten haben, durch das feine, hängende Laubwerk der Weiden und das duftige Schilfwerk an den Gewässern und durch die zierliche kapriziöse Architektur der Häuser und Pavillone. Man findet Landschaften mit stark ausgeprägter Perspektive , wenn auch nicht mit einer so naturalistischen Perspektive wie wir sie heben, sondern mit einer Perspektive mehr flächiger und dekorativer Art. Daß der chinesischen

I\LTlcrci die Perspektive überhaujit fehle, kann nur Unverstand behaupten. Aber auch der stärkste Naturalismus, den man auf vielen der chinesisclien Bilder antriflt , ist niemals so naturalistisch, daß dabei das dekorative Element übersehen würde. Dekorationen sind diese Bilder immer in erster Linie. Es ist be- wundernswert, mit welchem dekorativen Fein- gefühl landscliafiliche Ausschnitte gegeben werden; wie durch Überschneidungen, durch das plötzHche Hereinragen von Zweigen bild- hafte Wirkungen der intimsten Art resultieren ; wie das Raumgefühl ausgeprägt ist bei diesen Bildern , die nach unseren Begriffen gerade für die Entwickelung räumlicher Feinheuen die denkbar ungünstigsten Formate besitzen. Meistens sind die Landschaften von Fisfuren belebt. Da ist ein Wasserfall von

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r.KMAl.DE: .MONGOl.ISCHEK JÄGEK.. BEZ.: CH'KN-CHi-ClIUNG. MING-EI'ÜCHE. (1368 1644.1

1909. VIII. t

Dr. Havs Bethge:

CHINESISCHES GEMÄLDE: »NÄHENDE ERAUo. BEZ.: CHANG-VVEI. ANFANG DER TSCHING-EPOCHE.

(1644 BIS JKTZT.)

ungeheurer Höhe, der schlank herabflutet an wilden Felsen und dessen unten zerschäumen- des Naß sich in ein ornamentales Gekräusel auflöst, eine reine Landschaft, wie es scheint, aber sehen wir näher hin , so erblicken wir unten einen Pavillon mit kleinen Menschlein, die angeregt dem Schauspiel des herabstürzen- den Wassers zuschauen. Einsame Frauen stehen in Landschaften und erfüllen sie mit

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einer lyrischen Anmut wundervoller Art. Wir sehen schlanke Gestalten von mädchenhafter Holdheit und von einer Süße der Bewegung, die uns ganz hinnimmt. Wir sehen Frauen von ganz madonnenhaftem Wesen, wir werden geradezu an die Madonnen der frühen, primitiven Künstler in Italien erinnert, an die Gestalten von Giotto und Cimabue. Eine ganze Reihe von Bildern erinnert, wenn man sie aus einiger Entfernung betrachtet, nach Zeichnung und Farbe an die Malereien des Trecento ; erst wenn man näher herantritt, erkennt man die chinesische Linie.

Die schön wallenden Gewänder der f'raucn werden mit großer Liebe behandelt , und Bänder flattern dahin in ornamentalem Schwung. Eine Blumen streuende Halbgöttin, deren Gewänder wie ein schönes Ornament erscheinen , mutet an wie eine liebliche Tänzerin in den Lüften. Unter den eigent- lichen Porträten finden sich sehr bedeutende Stücke. Das nicht datierte Doppelbildnis eines hohen Beamten mit seiner Frau , das wir wiedergeben , ist von außerordentlicher . Charakteristik und auch durch seine energi- schen Farben sehr eindrucksvoll: wie mächtig ist der Kopf der Frau gesehen. Das Weib- liche Porträt«, das wir gleichfalls wiedergeben, ist um 1600 entstanden, vermutlich durch den Pinsel Chen- Lau- Lins, und wirkt be- zaubernd durch seine Vornehmheit und Dis- kretion; vor dem Original tauchen Em- pfindungen auf, die nach Griechenland hin- überweisen. Das »Bildnis zweier Damen«- (Abbildung S. 70), das nicht datiert ist, nimmt durch seinen grazilen Duktus, durch die Anmut der Gestalten sofort gefangen. Das Bildnis des Priesters Tamo (Abbildung S. 74) ist nicht mehr Porträt zu nennen. Das kostbare l?ild stammt von Tang-^'in (1522 1567). Tamo geht in der Mongolei auf die Jagd. Er und sein Kamel sehen nach oben, dem über ihnen fliegenden Vogel nach. Aber auch die Berge sehen nach oben und die Höcker des Kameles und Alles. Auf dem Bildrand steht: ^^Es wird Abend und es fängt leise an zu schneien«. Winter- liche Luft liegt über dem Bilde und eine ganz mystische Stimmung, die etwas Ergreifendes hat. Soviel von den chinesischen Gemälden, deren Bekanntschalt wir Frau Olga Julia Wegener verdanken. Auf diesen flächigen Bildern, die den Schatten der Dinge wieder- zugeben immer vermeiden , konnte man so ziemlich alle Nuancen der malerischen Dar- stellung verfolgen, die wir von unserer euro-

Chinesisc/ie Gemälde

päischen Malorci her gewöhnt sind: vom absoluten ReaUsmus bis zur verfeinerten Stil- kunst. Man sah ganz impressionistische Bilder aus Zeiten, wo wir in P^uropa an den Im- pressionismus noch nicht dachten. Man sah die diskretesten Stilisierungen aus Zeiten, wo wir in Deutschland in kultureller Hinsicht noch auf Bärenfellen lagen und uns eine be- wußte Kunstübung unendlich ferne lag. Man sah die künstlerischen .Äußerungen einer unge- heuer allen und mächtigen Kultur, man sah die Kultur der chinesischen Linie an malerischen Darstellungen, die unsere hohe, verehrungs- volle .Achtung vor dem chinesischen Volke und seiner Kunst noch verstärkte. Hoffentlich ist diese Sammlung den deutschen Liebhabern ein Hinweis geworden, sich in Zukunft nicht nur mit dem chinesischen Kunstgewerbe, sondern auch mit der chinesischen .Malerei zu befassen.

Eine Reverenz vor der Dame, die diese Bilder ferner Gegenden und ferner Zeiten gesammelt hat. Und einen langen Seufzer tun wir zu dem Manne hinüber, dessen Pflicht es gewesen wäre, die schönsten dieser Bilder für das schon genannte, gejjlante Museum in Dahlem zu kaufen, Wilhelm Bode, dem Generaldirektor der Museen zu Berlin.

Ich persönlich ging mit einem besonderen Gefühl der Liebe durch diese Ausstellung chinesischer Bilder hin. Ich hatte mich näm- lich kurze Zeit zuvor des Näheren mit der Dichtung der Chinesen befaßt und hatte, ent- zückt über die Krischen Schätze, auf die ich stieß, eine Anzahl der schönsten (-hinesischen Gedichte aus allen Zeiten in deutsche Verse umgegossen und zu einem Bande vereinigt (»Die chinesische Flöte«; im Inselverlag zu Leipzig). Jetzt sah ich viele dieser Gedichte, in Malereien umgewandelt, wieder vor mir stehen. Reizendere Illustrationen als diese Malereien könnte ich mir für mein Buch niemals wünschen. Da standen ja die Mädchen mit den wallenden (}ewändern und den langen .\rmeln, die ich aus den Versen her schon kannte, l'flaumenbäume blühten über ihren feinen Häuptern, und der oft besungene Schmuck von Jade funkelte in ihren Ohren und um ihren Hals. Da ragten ja die kleinen Pavillone an friedlichen Gewässern, von denen die chinesischen Dichter immer so gerne sprechen, und hohe, mächtige Trauerweiden breiteten ihre zarten Zweige über sehnsüchtige Liebespaare aus. Die chinesische Dichtung hat ihr Stärkstes in der Lyrik hervorgebracht, alle großen chinesischen Dichter waren Lvriker. Und versenkt man

I H INESISCH. GEMAI.RE: »MANN MIT SCHIRM IMSCHNKK«. BEZ.: KAO-CH'I-P'EI. (UM I780.)

sich in diese holde Verskunst, so fühlt man eine bang vorschwebende Zartheit lyrischen Klanges, eine von Bildern ganz erfüllte Kunst der Worte, die hinableuchtet in die Schwer- mut und die Rätsel des Seins, ein feines lyrisches Erzittern, eine quellende Symbolik, etwas Zartes, Duftiges, Mondscheinhaftes, eine blumenhafte Grazie der Empfindung. Ein intimes Erfassen der Reize der Natur ist für die chinesische Dichtung charakteristisch.

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Chinesische Geii/älde.

Der chinesische Lyriker ist ganz verwachsen mit der Landschaft, und ihr gewinnt er viele seiner geHebten Svmbole ab. Ich möchte einige chinesische Gedichte zitieren, man wird so- gleich erkennen, daß sie geradezu als Beschrei- bungen chinesischer Malereien dienen können. Da ist eins der populärsten Gedichte von

Li-Tai-Po, dem großen Vagabunden, den es ruhelos durch das Land trieb, der ein Trinker war und seine Lieder zur Laute vortrug und dessen übermütige Launen ab- wechselten mit den Stimmungen tiefster Melancholie, die seines Wesens Urgrund war. Ich meine das kleine zierliche Gebilde :

DER PAVILLON AUS PORZELLAN.

Mitten in dem kleinen Teiche Steht ein Pavillon ans grünem Und aus weißem Porzellan.

Wie der Rücken eines Tigers Wölbt die Brücke fidi aus jade Zu dem Pavillon hinüber.

In dem Häuschen (i^en Freunde, Schön gekleidet, trinken, plaudern, Maudie Ichreiben Veife nieder.

Ihre feid'nen Ärmel gleiten Rückwärts, ihre feid'nen Müljen Hocken luftig tief im Nacken.

Auf des kleinen Teiches ftiller Oberfläche zeigt fidi alles Wunderlich im Spiegelbilde:

Wie ein Halbmond fcheint der Brücke Umgekehrter Bogen. Freunde, Schön gekleidet, trinken, plaudern.

Alle auf dem Kopfe ftehend. In dem Pavillon aus grünem Und aus weißem Porzellan.

Da ist ein anderes kleines Gedicht von Li- Tai-Po, »DieTreppe im Mondlicht«, ganz ein Bild:

DIE TREPPE IM MONDLICHT.

Gefügt aus lade fteigt die Treppe auf,

Mit Tau bene^t, darin der Vollmond fchimmert.

Auf allen Stufen liegt der holde Glanz.

Die Kaiferin in fchleppendem Gewände Schreitet die Stufen aufwärts, und der Tau Näßt funkelnd des Gewandes edeln Saum.

Sie fdireitet bis zum Pavillon, in dem

Das Mondlicht webt. Geblendet bleibt fie auf

Der Schwelle ftehen. Ihre Hand zieht facht

Den Perlenvorhang nieder und es finken

Die lieblichen Krirtalle, riefelnd wie

Ein Walferfall, durdi den die Sonne fcheint . . .

Da laulcht die Kaiferin dem Riefeln nadi

Und blickt voll Sdiwermut lange in den Mond,

Den herbftlichen, der durch die Perlen flimmert.

Und blickt voll Schwermut lange in den Mond . . .

Und nun zum Schlut) noch ein Gedicht, ein sehr schönes Liebeslied, das von einem unbekannten fahrenden Sänger aus dem dritten Jahrhundert n. Chr. überliefert worden ist. Es zaubert uns die hold und vornehm schreitenden Gestalten chinesischer Frauen vor, wie wir sie auf vielen der Bilder auf Seide finden:

DIE HERRLICHE.

Du bift wie eine Zauberin! Die Schritte, Die Deine fchlanken Lenden tun, verwirren; Der Maulbeerbaum umkolf Didi, dem Du nahlt.

Pflückll Du Dir Blumen, fliegen fie befeligt In Deine Hände. Fällt Dein Ärmel rückwärts. So feil' ich einen Arm, der himmlifch id.

Zwei gold'ne Reifen geh'n um Deine Knöchel, In Deinem Gürtel prangen blaue Steine, Ein kleiner gold'ner Vogel fchmückt Dein Haar.

Um Deinen Hals, der glatter ift als Jade, Flirrt eine Kette großer, echter Perlen, Die eine Spange von Korallen fc^lließt.

Wenn fidi der Wind in Deinen Kleidern fängt. So baufchen Deine Kleider fich wie Wolken, Darin die Götter durch den Himmel zieh'n.

Siehft Du mic4i an, fo glüh' ich wie die Hölle; Streift mich ein Hauch von Deinen roten Lippen, So atme ich den Duft der Blume Lan.

Begegnet Dir ein Reiter vor den Toren, So hemmt er feines Rolfes wilde Hufe, Ihm ift, als ob ein holdes Traumbild naht.

Sieht Dich ein Hungriger am Straßenrande, So blickt er auf und laßt die Mahlzeit ruhen Und ftauntDich an und weiß nicht, daß ihn hungert.

MALER LEOPOLD FORM NER - WIE>J.

AVandi-inln^e in Mosaik: P;ilias Athene .

Ausfülii-ung: Wiener Mosaik-Wcrkslätle.

EINE WIENER MOSAIK-WERKSTÄTTE.

Diese eigenartige (iründung ist allein durch die energische Initiative eines ganz jungen, von Professor Moser in der Kunst- gewerbeschule ausgebildeten Dekor-Künstlers entstanden. Leoi>old Forst ner gehurt in jene Kategorie der ^denkenden Künstler«, welche zum Glück jetzt immer öfter hervor- treten, und deren Schulung nicht nur darin besteht, über eine ausgezeichnete Werkstätten- Bildung zu verfügen, sondern deren Interesse sich vor allem dem Kulturbild ihrer Zeit zu- wendet. Solche Künstler lernen aus den sozialen Wandlungen, die Stil-Wandlungen be- greifen und für die schwerlälligeren Evo- lutionen der Baukunst, alle ihr entsprechenden Dekor - Motive in vollendeter Durchbildung bereitzuhalten.

Otto Wagners Lehrtätigkeit an der Wiener Architekten-Schule hat die Betonung eines tiefen Zusammenhanges aller Daseins- Cicstaltungen zur Basis. Und der innige Kontakt der zwischen diesem bedeutenden 15aukünstler und den Führern der öster- reichischen Raum- und Dekorkunst besteht, ließ solche Tendenzen zu grundlegenden Prinziiiien erstarken. Schon im Jahre 1902 erschien Wagners Werk * Moderne .Vrchitektur«, welches das Flächenideal propagiert. Und beinahe gleichzeitig fand in der Wiener Sezession die Beethoven-Ausstellung statt, in der den Künstlern die .\ufgabe gestellt wurde, dekorativen Mauerschrinuck in Material auszuführen. Kolo Moser gab die Anregung zu einem neuartigen Mosaik, das aus einer

85

t^ilt^-frHO«

LEOPOLD FORSTNER WIEN. DETAIL DES NEBENSTEHENDEN MOSAIKS.

Eine Wiener Mosaik- WerksUilk.

Ll.OPOLD FORSTNER WIEN.

Mosaik mit Relief-Kigtircti für das Graiul-Hotel Wiesler in Graz.

All^fiillIlllly: Wiener Mosaik-Werkslatte und Wiener Kcratnik.

Kombination von Majolika, (ilas, Ku|>kT aul zeinenticrten Mauergnind bestand. Solche \ersuclie kamen Forstners dekorativen Slil- bestrebimgen sehr entgegen. Die streng, bei- nahe arrhaistisch empfundene .\rt seiner Kom- Ijositionen, welche nur auf eine monumentale Wirkung hin aufgebaut sind, liei3 dem Künstler jenen Techniken den Vorzug geben, die über starke Konturen und Fleckwirkungen gebieten können. Frühe Arbeiten Forstners, deko- rative Glasfenster, Gobelinwebereien zeigten bereits das Bestreben des Schmuckartigen, und die Neigung sonore Farbenharmonien mit breiter Linien -Rhythmik zu verbinden. Sehr eingehende Studien des alten byzan- tinischen und modernen Venezianer Mosaik, eine sicher erworbene Praxis, festigten des Künstlers Absichten, ohne daU er nur einen Augenblick lang der Gefahr erlegen wäre, einstige, anderen Gesetzen entsprungene Deko- rationsarten nun für die Gegenwart benützen zu wollen. Immer strebte Forstner vom Stifimosaik, wie Byzanz es gebildet, weg, zum Flächenmosaik. Ist das erstere vor allem für gewölbte Kuppel -Vcrklcidimgen

erfunden, so kann das letztere nur dort sich entwickeln, wo die Horizontale und die Vertikale, Linien -F.insäumungen für flächige Konstruktionen bilden. Neue .Materialien be- einflussen die moderne Bauweise aul das Stärkste. So sieht Forstner im Beton, welches gegossene Flächenkörper ermöglicht, das für Großstadthäuser rasch in .\ufnahme gelangende Material. Für die bislang als Fassadenschmuck beliebte plastische Ornamentik aber, die dem Sinn einer akademischen Stilarchitektur ent- sprach, muß nun ein Ersatz gefunden werden. Was in Italien einst das Fresko sein durlte, eine großartig dekorativ wirkende farbige Mauerzier, soll nun unserm Klima angepaßt, ein neues Fresko m Material werden. Ein allen Witterungs-Einflüssen unverändert Stand haltendes Platlenmosaik, welches die hete- rogensten Stoffe zu sonorer Gesamtwirkung ver- bindet. — Die beigegebenen Alibildungon werden besser als jede Schilderung den Findruck der Technik vermitteln. Getriebenes Kupfer und Majolika-Plastik geben die starken Akzente der Körper. Farbiger Marmor- oder Glas- Mosaik bildet den Hintergrund, während für

S?

LEOPOLD FORSTNER - AVrEN. \VAND-EINLAGEN~ TAUBE UND FISCH. Ausfiilirung: Wiener Mosaik -Werkstätte.

LEOPOLD FORSTNER -WIEN. GARTEN-VASE AUS BETON. Ausfülirung: Wiener Mosaik Werkstätte.

88

1909. Vlll. 3.

Eine Wiener Mosaik- Werkstätte.

LEOPOLD FORMNER WIEN. Musaik: h>t. (ja

Ausführunij: Wiener Mosaik- Werkstätte.

Detail-SchiWerungen, pchimmerndes Perlmutter, Onyx, Malachit und andere edle Materialien verwendet werden. Auf das glücklichste ver- bindet sich die Strenge des stilistischen Komposition -Themas mit einer prunkenden ornamentalen Begleitung. Und auch die Farbe fugt sich dem tektonischen Willen , der aus l'orstners Platten-Mosaiken spricht. Gerade weil Forstner sowohl die alte Tradit'on des Mosaiks sorgsamst aufgenommen hat, als auch ganz neue, aus den Zeit - Konstruktionen sich kri-tallisierende Mosaik-Probleme einer künstle- risclun Lösung zuführt, erbliihen dieser Ueko- r.ition^iait unbegrenzte Möglichkeiten bauliiher Verwendbarkeit. Der moderne Werk Künstler muLi auch ein Rechen - Künstler sein. Das heißt, er muß seinen auf künstlerischen Voraus- seizungen beruhenden Arbeiten, Industrie- Weite geben können. Wenn für den Massenl edarf der Architekten statt der Papp- Ornamentik, deren sie sich jetzt en gros bedienten, ein echtes Dekor-Mittel nun geboten werden soll, und dies, wie Forstner meint, in dem Plaiten- Müsaik gefunden ist, so kann nur ein rasches und verhältnismäßig billiges System der Her- stellung zum Sieg führen. Solche wirtschaft- liche Lösungen künstlerischer Frai;en bringt aber nur die Praxis. Und deshalb ist die Kr. ffnung der Mosaik - Weikstätte durch Forstner von eminent prakti-cliem Wert. Be- leits jetzt arbeiten vier vom Künstler sorgsamst ausgebildete Arbeiter an Aulgabi n aller Art. In Linz wurde kürzlich eine große M^zart- ( '.edenktafel enthüllt, die aus schwarzem Syenit gebildet, mit dem Majolika- Brustbild Mozarts gesclimückt und von einer farbinen Mosaik- Bordüre gerahmt ist. Diese, Dauerhaltigkeit und ornamentale Bildwirkung vereinigende Tafel ist wegweisend für eine erneuerte Ästhetik des Straßeiibildes. Denn Forstners Gedanke ist, daß sowohl an und um Portale, als, Schilder-Schmuck, Mosaik-Firmen-Tafeln anzu- bringen wären, die Leben und lu'.tige künst- lerische Abwechslung dem Auge bieten würden, wie einstens zur Zeit der Schmiedeeisenkunst die herrlichen Gilde -Zeichen. Ein Hotel in Graz läßt seine Festsäle und Speiseräume be- reits ganz mit Platten-Mosaik dekorieren, und auch die Lösung für das billig und unzer- störbar herzustellende Fassaden -iMosaik ist in Forsmers Werkstatt festgelegt worden. Große farbige Glasplatten, die durch Metall -Knöpfe sichtbar angeschraubt werden, ergeben eine Wandbekleidung, die alle Reize der Poly- chromie in sich vereint und großzügiger Linien- wirkung ermöglicht. b. zuckerka.ndl.

LEOPOLD I-OKSTNER WIEN- . KiUwuif für cincn Brunnen in Linz.

Aiisfiiliriiiig in Sanilsti-in mit Mosaik-Einlayen. Kiijjpel iiiul Hliinu-nkülu-l vcrjjoldetes Schmiedeeisen.

GESCHMEIDE UND EDELMETALL-ARBEITEN

VO.V GOLDSCHMIED KMII, I.KTTKE liKKLlX.

Die Arbeiten E. Letlres haben für uns jiro- grammatische Hcdeutiing. Der Mann und Künstler wehrt sich z«ar dagegen, in den Zank des T;iges ge- zerrt zu werden. Ihm ge- nügt das Werk , der Um- gang mit edlen Metallen und seltenen Steinen, die oft soviel mehr Schönheit und Charakter haben als Men'^chen. Die spiclend- ernste Reihung unerschöpf- licher Gestaltungen beglückt ihn wie jeden echten Künst- ler hundertmal mehr als öffentliches Lob oder das Wirken seines Vorbildes. Kr hat nicht das Bedürf-

KMII. l.Kl I KK liKKI.IN. I< !■ vi,' I.IM In ll' 11.

nis nach Keifall und Nach- f ilgcrschaft. Von der Pre- digernatur, d:e in sovielen

unserer Kunstgewerbler steckt , ist keine S; ur in ihm. Und trotzdem und gerade deswegen brau- chen wir ihn und seines- gleichen als Paradigma, als J'rediger wider Willen für einige Lehren, die eben daran sind, die »Forde- rung des Tages« im Kunst- gewerbe zu werden. Un- sere Leute denken zuviel, sie sehen an allen Ecken und Enden Probleme, Stilfragen unrl Kulturfragen, sie rech- nen, überlegen, ergründen, debattieren, konstruieren.

91

Geschmeide und Edelmetall-Arbeiten.

philosophieren, wo sie sich ruhig auf das Ahnungsvermögen des einfältig-kindlichen Ge- mütes verlassen können. Man erschrickt oft, wenn man erkennt, wie vollgepfropft junge Künstler mit Prinzipien, Kulturgedanken, modernen Programmsätzen sind und wie dürr und öde ihre eigenen Arbeiten daneben stehen. Diese korrekten Schülerarbeiten machen niemand Freude. Sie können den Ursprung aus dem Intellektuellen, aus der verstandes- mäßigen Überlegung nicht verleugnen. Die Hand, der Stoff werden zu Schönheitsquellen nur dem, der mit den Sinnen lebt und dichtet. Wenn wir nur die Wahl haben zwischen be-

Brosche und Ring. Gold mit Rubin bezw. ;Miiaragden.

wußter, taktfester Programmkunst und prin- zipienloser, naivsinnlicher Kunst, können wir getrost die schönen Prinzipien fahren lassen. .\m glücklichsten wirken immer die Kunst- werke, aus denen sich keine Prinzipien, keine Theorien ableiten lassen.

Mit der bloßen Freude des Genießers sollen Lettres Arbeiten betrachtet werden, und das ist das Vorbildliche an ihnen, daß sie zu dieser Betrachtungsweise zwingen. Er ist kein »Zeichner*. Die Fülle der Einfalle quillt ihm unter dem Werkzeug hervor. Histo- risch oder modern, darum schert er sich den Teufel. Er ist nicht unglücklich, wenn die

GOLDSCHMIEU F-M!L LEIIKZ FERLIN. L ntcr cea Linden

Salzfaß mii Salzlöfl'elchen. S.iber vergoldet.

r-

GOLDSCHMIED IMII I I 1 IKl

COIITER MIT ANHÄNGER. GOI.D, GRANAT UNI) MONDSTEINF.

GOLDSCHMIED EMIL LETTRE IN BERLIN.

EHRENPREIS FÜR DAS GORDON BENNETT-RENNEN DER LÜFTE. SILBER MIT FARBIGEN STEINEN. Vi GRÖSSE.

GOLDSCllMIEU E.Mll- LETTK1-: BERLIN. POKAL AUS BERG-KRISTALL UND SILBER.

Geschmeide und Edehiiefall-. Irbeitcti.

^M

Gebilde des Stichels oder der Punzen, die er um einen hübschen Stein gleich einer Huldigung zieht, einmal einem l'.arockornament ähnlich sehen. Sie tragen doch alle den Druck seiner Hand. Niemand wird ihn darum der Erfindungsarmut. der Anlehnung bezichtigen. Lettre tut wie die alten Gold- schmiede gern des Guten in Treib- und Schneidarbeit etwas viel. Aber wie liebevoll, wie sinnlich erfühlt ist hier jede geringste Ranke gegenüber der pietätlosen Ornamentierungs- wut unserer Goldwarenlabriken. Die Masse des Schmucks, die zurzeit im Juwelierladen feil- geboten wird (Goldschmiede gibts ja kaum mehr), ist kein Schmuck. Wozu soll man diese gestanzten Zeichnungen mit sich herum tragen? Es ist kein Wunder, wenn die Frauen ihre Gunst mehr und mehr den schlichten , un- gefaßten Steinen und Perlen zuwenden, an denen kein Zeichner was verderben kann. DiePrunkschüssel, die August Scher! für das vorjährige Gor- don Bennett-Rennen der Lüfte bestellt hat, verdient ein be- sonderes Wort. Das ist Silber in seiner echtesten Sprache, kräftiger unverfälschter Werk- stattdialekt. Aber das Metall singt ein herrliches Lied in dieser ungebrochenen Sprache. Eine seltene Mischung von Schurzfell und Smoking liegt in den Formen, aber im Ganzen sind sie doch das Be- kenntnis eines Handwerkers. »Der Stolz des Handwerks«: möchte man das Prunkstück benennen, das eigentlich nur durch die Gediegenheit und Liebe in der Arbeit prunkt. Der ganze Bauch der Schüssel mit dem überhängenden Hals ist aus einem Stück geschlagen aber wer würdigt heute noch solche Meisterschaft der Hand? a. jaumann.

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VMW. 1.KTTR1-: BERLIN.

«.iHRRlNGE IN GOU) MIT SMARAGDEN BESETZT.

RING MIT EINER I'ERI.K UND ZWEI DIAMANTEN.

BROSCHE IN GOLD MIT EINEM OP.\L UND EINE PERLEN. MANSCHETTEN-KNÖPFE MIT BRILLANTEN BESETZT.

ZIGARETTE N-feTUIS. SILBER MIT FARBIGEN HjU-BEUELSTElNEN. (PREIS MK. /j. .)

1909. VIII, 4.

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GESTICKTE WANDFULLUNG.

FAVHNCE-KAÜKIK -ALLiUMA -KurtNllAGLN.

Bluiiiciisclialen und Fayencen.

NEUE KERAMISCHE ARBEITEN.

VON ERNST /.IMMERMAMN.

ES kann kein Zweifel sein , unsere ganz allmählich wieder zu einem gesunden, natürlichen und innerlichen Kunstempfinden zurückkehrende Zeit gewinnt langsam, aber mit unausbleiblicher Sicherheit auch eine große, starke Neigung wieder für jene farbenfrohe, kuUurhohe Kunst der Keramik, die, in der Hauptsache im Zeitalter der Renaissance unter dem Einflüsse des Orients geboren, zu allen Zeiten dann und in allen Ländern die regste Kunst- Betätigung entfaltet hat, bis sie im 18. Jahrhundert schließlich, im Zeilalter des Porzellans zu einer Leidenschaftlichkeit geführt hat, für die die gesamte Geschichte des Kunst- gewerbes, ja vielleicht der Kunst überhaupt kein volles Gegenstück zu lielern im Stande ist. Kein Monat vergeht jetzt, in dem nicht ein größeres und reich mit Abbildungen ver- sehenes Werk über irgend ein Gebiet dieses Zeitraums erscheint, keine Woche, in der wir nicht immer wieder kopfschüttelnd von jenen erstaunlich hohen Preisen lesen, die heute lür die besten und schönsten Erzeugnisse auf diesem Gebiete aus früherer Zeit, die meist vor zwei Jahrzehnten noch kaum beachtet wurden, l)ezahlt werden. Immer neue Sammler tauchen hier auf immer bedeutender werden die keramischen Bestände in den Museen. Die Keramik, und speziell das Porzellan, kann heutzutage aul dem Gebiet der alten Kunst geradezu Trumpf genannt werden.

Gleichzeitig kann ebenfalls nicht zweifelhaft

sein, daß auch für die keramischen Erzeug- nisse unserer Zeit ein ganz anderes Interesse wieder vorhanden ist, als noch vor wenigen Jahren, ja daß dies mit erstaunlicher Schnellig- keit wächst und aller Wahrscheinlichkeit nach immer schneller noch wachsen wird. Es ist heute vielfach eine ganz andere Sache, wie noch vor recht kurzer Zeit, sich ein neues Service zuzulegen, ja auch nur eine einzige Tasse, aus der man selber trinken will, eine ganz andere Sache, sich eine Blumenvase an- zuschatTen, in der die Blumen, lür die sie bestimmt auch wirklich zu Geltung kommen sollen. Die frühere Gedanken- und Empfin- dungslosigkeit ist hier nun oft genug vorbei, mit ihr die künstlerische Anspruchslosigkeit, sich wie Irüher, ein jedes keramisches Pro- dukt, das sein Erzeuger schon für schön und brauchbar erklärt hat, auch für ein solches in die Hand stecken zu lassen. Die Kritik hat hier gegenüber der keramischen Fabri- kation jetzt vielfach mit aller Schärfe ein- gesetzt: sie verlangt auch hier jet/.t ein höheres künstlerisches Niveau.

Dem gegenüber ist es jedoch erstaunlich, daß die keramische Fabrikation unserer Tage diesen sich jetzt allmählich vollziehenden Um- schwung in der Hauptsache noch keineswegs begriffen hat. Wer z. B. die Lei])ziger Vor- messe in diesem Jahre besucht hat, auf der sich ja fast die gesamte keramische Produktion Deutschlands ein Stelldichein gibt, der wird

190». Till. s.

105

VASKN UND bLUMENTOPF

IN FAYENCE MIT

BUNTER BEMALUNO,

FAYENCE-FABKiK

-ALUMINIA«

KOPENHAGEN.

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ASCHEN-l'RNK. VASh UND rKLLEK IN l-AVHNCR,

KAVP.NCE-FABRIK

«ALUMINIA«

KOPHNHACBN.

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\a(e keramische Arbeiten.

sobald den Eindruck nicht vergessen, den dieses in der unglaublichsten Weise verwilderte Fach, das mit Kunst nicht das Geringste mehr zu tun hat , auf jeden feintühligen Menschen hier machen muß: es ist das Chaos absoluter Geschmacklosigkeit, das sich hier aufiut, eine allgemeine Verwirrung und Ver- zerrung von Stil und Geschmack, aus der eine Errettung kaum noch als möglich erscheint. Es ist das Ende jeglicher keramischer Kunst, ein wahres Ende mit Schrecken, für das es kein Weiter mehr gibt.

So aber muß mit doppelter Freude alles begrüßt werden , was gegenüber diesem Treiben energisch Front macht und uns auch in der Keramik wieder echte Kunstwerke ver- schaffen will. Hier sollen einige Beispiele dieser Ait den schon immer an dieser Stelle gegebenen angereiht werden, die uns die feste Versicherung der Möglichkeit einer wirklich gesunden keramischen Kunst auch in unserer Zeit zu gewähren im Stande sind. Zimächst einige neuere Arbeiten der bekannten Stein- gutfabrik >Aluminia< in Kopenhagen, deren plötzliche Modernisierung vor einigen Jahren für uns eine ebenso große Überraschung war, wie die der mit ihr verbundenen Por- zellanmanufaktur vor nunmehr einigen Jahr- zehnten. Was diese Erzeugnisse auszeichnet, ist die Schönheit und Wärme des gelblichen Scherben, die erstaunliche Lebhaftigkeit der leuchtenden, kräftigen Farben, vor allem aber die Konsequenz, mit der man hier Steingut Steingut sein läßt, indem man ihm, dem derberen Produkt nicht, wie sonst fast überall, die feinere, für dieses aber garnicht geeignete Malerei des ja -»-iel zarteren Porzellans auf- zwingt. Breit und kräftig sitzen überall die Farben auf, meist in sehr richtiger Verteilung, und so haben wir hier eine Keramik vor uns, so krältig und dekorativ zugleich, wie kaum eine andere in unserer Zeit geschafiene. Schade nur, daß von diesen Erzeugnissen unsere eigene Steingut-Industrie noch immer mcht recht lernen willl Wir haben in Deutsch- land bisher auf diesem Gebiete, das vielleicht zur Zeit das am allermeisten bearbeitete unserer heutigen Keramik darstellt, nur sehr weniges, das gleichfalls, wie hier, mutig genug ist, seinen dem Porzellan gegenüber etwas nied- rigen Ursprung zu bekennen, indem es ruhig in den Grenzen der ihm durch seine ganze Natur angewiesenen bescheidenen Kunst bleibt. Was wnr heutzutage in Steingut machen, heu- chelt uns fast immer Porzellan oder Fayence vor, hat nie seinen eigenen Stil, seine eigene

loS

Schönheit und seinen eigenen Reiz, und so steht man hier oft genug vor Schöpfungen, die völlig unwahr und danim völlig unschön sind. So ist dies Gebiet noch immer eins der unerfreulichsten unserer heutigen Keramik.

Ganz anders geben sich dann neben diesen Steingutarbeiten die übrigen hier ab- gebildeten Werke , die sämtlich zu den jüngsten Erzeugnissen der Meißner Manu- faktur gehören. Sie zeigen, daß wir jetzt auch in Deutschland eine Porzellanplastik be- kommen, die neben der des Auslandes d. h. in erster Linie noch immer Kopenhagens be- stehen kann. Inhalt dieser ist auch hier wie dort in erster Linie die Tierplastik es ist merkwürdig, wie relativ leicht gerade auf diesem Gebiete unsere heutige Porzellankunst zu wirklich bedeutenden Erfolgen gelangt, indeß es mit der figürlichen Kunst noch an keiner Stelle in gleicher Weise gelingen willl und hier sind namentlich unter den etwas strenger stilisierten Werken, deren Stilisierung jedoch nichts mit der bis zur letzten Kon- sequenz gehenden der Kopenhagener Tier- stücke zu tun hat, einige Arbeiten zu erwäh- nen, die schlechterdings als unübertiefiflich bezeichnet werden müssen, ja die vielleicht länger einen Reiz ausüben werden . als die Kopenhagens. Denn stilisiert gleich diesen. so daß sie gleichfalls den Eindruck höher organisierter Kunstwerke machen, bleibt ihre Stilisierung doch noch reicher in Details und Nebenformen, so daß es hier nicht bloß einen einzigen Eindruck gibt, der schon gleich alles sagt und fast nur wie ein einmaliger, wenn auch sehr guter Einfall wirkt.

Es ist mehr Inhalt in ihnen und so darf man in ihnen wohl den Meißner Stil sehen, der sich wie einst, wieder die Welt erobern kann, wenn jener nicht sehr wandlungsfähige, heute aber vorherrschende Stil Kopenhagens an seiner allzugroßen Einfachheit zu Grunde gegangen sein wird. Doch auch schon recht gelungene figürhche Arbeilen hat Meißen daneben aufzuweisen, von denen die Balleit- tänzerin Eichlers durch ihre Anlehnung an den alten erprobten Stil Kändlers, des Schöpfers der Porzellanplastik des 18. Jahrhunderts, besonders erfreulich wirkt.

Hier tun sich gleichfalls Perspektiven für die Zukunft auf, die zu großen Hoffnungen berechtigen und uns vielleicht auch hier bald eine ausgedehnte Porzellanplastik verschaffen werden, die der ^'e^gangenheit sich würdig an die Seite reihen kann, und eine wirkliche Bereicherung dieses Gebietes bedeutet.

MODKLLErR C. P. WAI THKR - JlEISSrN.

PORZELLAN. -KAMl'lSi HNKI'KEN

WI.IJHAUER O. PÄSSLER DRESDEN. PORZELLA.N. KKoPFl AUHI-.N«.

Ausgeführt von der KgL Sächsischen l'orzeMan-Manufaktur in .MciUcn.

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Ausgefülirt von der KgL Sächsischen Por^cllan-Man.ifaktiir in Mcilien.

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roRZF.I.I.AN. K \MI'1-F-NDE ESKl,

OTTO PII Z DRKSDEN.

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Ausgeführt von der Kgl. Sächsische" Purzella.i-Mjmifaklur In Meinen.

K. TH. KICHLER MEISSEN.

TANZKRIX KON IG DRESDEN.

MADCHEN MIT KIND .

PROFRSSOR E. HÜSKI, MRISSHN, »HAHN".

Ausgeführt von der Königlich Sächsischen Porzellan-Maniifjktur in Meißen.

112

wiLHEin HARTZ, Dresden;.

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KMIL PRKElukUS DAKMSTADl.

Dekoraliver Fries 3x1 m. Dunkelgrün auf getontem Wtitt.

EMIL PREETORIUS.

Romantische Ironie so könnte wohl das Stichwort dieses jungen Künstlers lauten, dessen kluge, träumerische Hand uns kiirzlich die höchst romantische Gestalt des Herrn Peter Schlemilil hat lebendig werden lassen. Klug und träumerisch, skeptisch und sehr empfindsam ist die Linie dieses Zeichners, dabei so rein und so keusch ich weili kein anderes Wort dafür daß man sich den Schöpfer kaum als üürger dieser über- lauten und nicht sehr sauberen Welt denken kann. Er sitzt irgendwie hinter den Dingen, zum mindesten hinter irgend einer spanischen Wand, von der aus er die Welt und den Tag mit den Augen eines Fremden, nicht Dazugehörigen beobachtet.

Es mag einem an dieser Linie zuerst ein groteskes, ein sarkastisches Element auffallen, ich gebe es zu. .\ber ich behaupte, daß Preetorius' Linie in diesem ihrem Sarkasmus rührend ist. Das macht ihre ])einliche, aus- gei)utzte Sauberkeit, ihre Heimlichkeit und Stille. Sie ist in all ihrem Spotte, den die Sordine des Leides sonderbar dämpft, so wenig laut, sie hat die Fähigkeit des Schweigens.

Ganz natürlich, denn dieser Spott, dieser Sarkasmus geht nicht von sozialer Kritik, auch nicht von einem ethischen oder ästhetischen Ideal aus. Seine Wurzeln liegen, ganz wie bei den alten Romantikern, im Metajjhysischen, und seine letzte Kennzeichnung lautet, ich wiederhole das Wort, romantische Ironie. Das neckische Ornament, zudem sich Preetorius' Linie gerne kräuselt, scheint mir eine Art lächelnden Verzichtes zu bedeuten. Ks stellt den Ausdruck jenes resignierten, romantischen

Leichtsinns dar, von dem Hrentano in seinen Versen so gerne spricht. Es ist Welisatire, was diese Linie liefert. Von lirentano wird erzählt, daß es keinen Menschen und keinen Gegenstand gab, der ihm nicht sogleich Anlaß zu irgend einem Witzwort Oder zu einem spöttischen Lächeln geliefert hätte. Etwas ähnliches, nur mit veränderten Temperamentsqualitäten, liegt bei Preetorius vor. Zwar unterscheidet auch er zwischen Naturstudie und Karikatur, aber beide stehen sich bei ihm doch recht nahe. Seine Karikatur geht nicht von der einzelnen witzigen oder humoristischen Beobachtung und Steigerung aus, sondern sie ist allgemeiner, ich möchte fast sagen : wellanschaulicher An. .Man sieht seinen Karikaturen gesellschaftlicher Typen sofort an, daß nicht ihre besonderen Lächerlichkeiten Anlaß zu diesem Lachen und Kichern der Linie gegeben haben. Sondern rein als Individuen reizen sie diesen Künstler, seinen Witz an ihnen zu üben. Das ist Schuld daran, daß Preetorius' Zeichnungen, wie sie verschiedentlich im iSimplizissimus erschienen, aus dem Rahmen dieses Plattes beträchtlich herausfielen. .Man muß einige Dinge wenigstens ganz ernst nehmen können, wenn man ein Karikaturist im Sinne des heutigen Witzblattyps sein soll. Nun betrachte man aber das, was für Preetorius »Naiur- Studien bedeutet: diese Herren und Damen ringeln sich förmlich vor launischem < )rnament, und das Schwergewicht der Darstellung liegt entschieden auf der Seite des Subjektiven. Viele dieser »Naturstudien ' sind in selir kurzer Zeit entstanden. Und doch enthalten

1909. VIII. 6.

II?

Wilhelm Michel:

EMIL PREETORIUS DARMSTADT. PORTRÄT-SKIZZE J. P. Aquarell: Hellgrün iind Grau

sie eine ganze Fülle von sub- jektiv-geistiger Verarbeitung objektiver Daten. Diese Ver- arbeitung gedeiht vielfach bis zum reinen , ornamentalen Schnörkel. Mit anderen Wor- ten : Was gemeinhin Ergebnis eines energischen Umsetzungs- prozesses ist, findet sich bei Preetorius schon in der »Natur- studie« vor. Diese hyper- trophische Subjektivität kann wohl nur zum Teil als ein Vorzug angesprochen werden. Sie hindert den Künstler zweifellos, die ganze Strenge, die rauhen wohltätigen und an- spornenden Zurechtweisungen des Objektes zu erfahren. Aber sie hindert ihn auch an jenen Formlosigkeiten, denen Künst- ler, die allzu rückhaltlos auf die Anforderungen des Objektes eingehen, leicht verfallen. Es steckt in Preetorius viel subjektive, eingeborene Form, vor allem nach der Seite des Geschmackes hin. Ich stelle

freilichdie Qualitäten des Geschmackes in einen gewissen Gegensatz zu den Qualitäten schöpfe- rischer und genia- lischer Produktion. Allein Formquali- täten sind sie sicher- lich auch , ganz abgesehen davon, daß Preetorius trotz seines romantischen Schnörkels zu denen gehört, die ein gül- tiges, ein maßgeben- des Wort über die

Erscheinung der Welt mitzusprechen haben. Geschmack ist gerade die Eigen- schaft, die unserem Volke in seiner künst- lerischen Produktion

1'ORTR.\t-ski/.ze: renk p.

Oetönle Bleistilt-Zeichnuuji .luf Japan

Emil Preelonui.

^

^

KMIL HREETORIUS DARMSTAUT.

Skuze.

vielfach abgeht. Er äußert sich letzten Kndes in der umfassenden Gefällgkcit, in der überzeugenden Selbstsicherheit der Dar- bietung. (ieschmackvoU ist, was sich den Sinnen empfiehlt, was Rundung der Ge- berde hat, was ».\uftrelen« besitzt.

Diese Eigenschaft wird man bei Crcetorius niemals vermissen. Sie tritt hervor in dem hohen dispositionellen Wohllaut seiner Schöp- fungen. Ich meine damit nicht nur die gefällige Art, wie seine Zeichnungen im Raum sitzen, sondern auch die überaus gelungene Verteilung der Massen, die feine kompositorische Linie, den hohen, kulti-

vierten Anstand, mit dem sich seine Schöpfungen geben. Stets sind sie, von ihrem Ausdrucks- gehalt abgesehen, auch als flichenkünstlerische Leistungen zu loben, und es ist geradezu ein GenuLj, zu sehen, wie brillant bei der farbigen Zeichnung, die diese Publikation begleitet, der leere Raum des Blattes im Bilde mitspricht Preetorius hat nicht nur eine gewandte und aus druoksvolle, er hat auch eine sehr kluge Hand l!ncl diese Klugheit ist von jener Art, wie sie nur hohes Kuliurgefiihl, Bildung und wohl gepflegte Faniilientradition zu geben vermögen Man wird Preetorius vielleicht nachsagen können daß er als Künstler vielfach und ziemlich enge limitiert ist, aber untadelhaft ist die Kultur seines

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KMil. PRF.KTORIUS UARMSTADT

Skizze.

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[Vilhelm Michel:

BMII, PRE^rOBlUS DARMSTADT.

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AyUAKELL-

/EICHNUNG.

WEISS, GRAU,

VIOLETT, GELB

UND ROSA AUF

MAl-THM WKISS.

MIT GENEHMlGUNr. DKS SIMPLIZISSIMUS«

Auftretens, die Sicherheit seines Gesclimackes. Artistisch liegt der Schwerpunkt seiner Zeichnung durchaus auf der l-inie, genau wie bei Beardsley und den japanischen Holz- schnittkünstlern, denen Preetorius' Schaffen die nachhaltigsten Eindrücke verdankt. So viel Sinn für Farbe seine gelegentlichen koloristischen Arrangements auch verraten mögen, malerische Elemente fehlen bis jetzt seiner Zeichnung vollkommen. Dafür hat er aber auch das Geheimnis der reinen Linie bis zu einem seltenen Grade entschleiert. Sie

ist ihm gehorsam wie eine Magd, nicht nur in den Blättern, wie wir sie hier reprodu- zieren, sondern vor allem auch als Umriß- linie, in den Silhouetten und den flächig ge- arbeiteten Illustrationen zum Schlemihl. Sie entfaltet da ein ungemein reiches Leben, deutet alle nötigen Formen sicher und ge- schwind an, findet dabei in all ihrer Stumm- heit noch Crelegenheit, zu lachen und zu kichern und die Massen kompositionell sehr reizvoll anzuordnen. Ganz abstrakt und los- gelöst vom Leben tritt sie in dem letzten

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Emil Prettorms.

hMlL PHHMlOHir» DAKM^rAUT.

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»KONVBRSAT1US-. AgrAKKI.L- /hlCHNUNr. IN OKANGK r, C.KAr.

MIT l.lShHMli.l.N.. Ut> SlMt'l.l/l^MMl!i

größeren Ilhislrationswerke des Künstlers, »Isolde Weißhand', auf. Sie hat da von ihrer natürlichen l'lauderhaftigkeit das meiste abgelegt und deutet von dieser körjicrhnften, von tausend Perspektiven durchwühlten und mit prunkenden Farben überschütteten Welt nur einen sachten Dult und Dampf noch an. Hin brillant gelungenes, stilistisches Experiment! Als Illustrationen, als bildliche Kommentare zu bestimmten Textstellen, kommen sie kaum in Betracht. Aber von der weltentrückten, hieratisch starren .Art de^ alten bretonischen

SagenstotTes, an den sich der Text anlehnt, bewahren sie sehr viel. Sie kommentieren weniger die konkreten Situationen der Dich- tung als vielmehr deren ganzen Cleist und das Wesentliche ihrer Slimmung.

Was von den Geschmacks-(Jualilaten des jungen Künstlers gesagt wurde, gilt in aller- erster Linie von seinen Buchzeichen. Hier kommt es ja darauf an, irgend eine kleine ^literarische« Idee nett und witzig zu ge- stalten, sie reizvoll in den Raum zu bringen, so (lau das Ganze an sich amüsant wirkt

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E)>ül Preetoi ins.

EMIL PREETORIUS DARMSTADT.

und zugleich die Fläche schmückt, auf die es aufgeklebt wird. Hier kommt Preetorius die Gabe, alles, was er gibt, auf eine über- zeugende, runde Formel zu bringen, außer- ordentlich zu statten. Abwechslungsreich in den Einfällen und in der Zeichenmanier, bald elegant und schöngeistig, bald geistreich und witzig, bald derb humoristisch und voll breiten Lachens so spiegeln diese kleinen Kunst- werke auf engem Räume den Menschen und Künstler Preetorius fast vollständig wieder. Ahnliches gilt von den Plakaten. Sie sind daneben höchst charakteristisch für die Sicher-

Porträt-Studie: Otto W.

Gelb auf getöntem Weiß.

heit, mit der er den

Begriff »Fläche festzuhalten \er- steht. -^ Neuerdings wendet sich I^ree- torius der Farbe zu. Da seine Art der Zeichnung ihn gelehrt hat , die Ökonomie jeder Fläche mit Über- legenheit zu be- herrschen . wird man von seinen \'ersuchenzu deko- rativer Malerei aller- hand Interessantes erwarten dürfen. Jedenfalls würde das dekorative Ge- mälde die natür- liche nächste Etappe seines Ent- wicklungsganges bilden. Was seine begabte, kluge und feinfühlige Hand dem neuen Mate- rial an sonstigen Möglichkeiten wird abgewinnen kön- nen, ist noch nicht vorauszusehen. Das zeichnerische Werk des Künstlers, wie es heute vorliegt, ist jedenfalls ein Ganzes, in sich ge- schlossen und ab- schließender Be- wertung fähig.

WILHELM MICHEL.

Vom unbewußt schaffenden Künstler.

Es gibt Kraftprotzen. Auch in der Kunst. Doch der unbewußt schaffende Künstler, der stets auf den Gott wartet, der ihm sage, was er künde, der sich nur als Medium fühlt, ist ein Märchen aus der Kunstschule. In Trancezuständen ist noch kein wahrhaft großes Werk entstanden. Hinter jeder künstlerischen Tat liegt ein faustisches Ringen, ein Anspannen aller Energien mit einem einzigen und be- wußten Zweck. Kunstschaffen ist ein Schaffen- wollen. Gleich der Zeugung der Natur. Sie

II.S

Voiu Huhnviißt üchaffetuieu Künstler.

ist docli der Wille LW Zweien. Das Kunst- schaffen wird auch zur organischen Lust , zur üetreiung von dem dump- len Druck der unge- borenen Idee, wenn der Schöpfer bereit ist. Wenn er seine ganze Kraft gesammelt, seine Fähigkeilen diszipliniert, .•\uge und Hand ge- bändigt hat. Wenn er voll von l-'igur ist und ihm jedes Gebilde voll Figur wird. Nie haben verworrene Fmpfmdung und dumpfe BewulJtlosig- keit die eherne Klarheit der höchsten Form ge- boren. In der klassischen Ruhe steckt immer po- tenzierte Logik. Eine Logik , die vielleicht schon im Unterbewußt- sein des Gehirns schlum- mert, während sie in der Hand lebt und sich zeu- gend auswirkt. Das beste Kunstwerk ist fertig, be- vor der Künstler an die Ausführung schreitet. Groß und rein muß es vor ihm stehen, wenn es ihn zum gewaltigen Kampf mit der Materie anspornen soll. Solch mühevolles Formen ist gleich einer F.ntbindung. \'orher die bewußte Idee, nachher die bewußte Tat. Der unbewußt schafTende Künstler ist

wie der Globetrotter, der losfährt ohne Ziel, ohne Zweck , ohne Notwendigkeit. Irgend- wohin kommt er ja. Er hat schon etwas aufzuweisen Bilder , die für einen Noten- deckel gut genug wären , Plastiken , die als Bibelots lächeln machen, Architekturen, die auf dem Papier eine gute Schwarz-weiß -Wir- kung au^üben, wenn es anch für sie keine Grundrisse gibt. Die Sachen machen den Ein- druck der rnbeholfenheit, weil im Gegensatz zur disziplinierten Rede alles hilflos heraus- gestammelt erscheint. Ihnen fehlt jene kluge Strategie, jene weise Sparsamkeit, mit denen der

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EMIL PREETORIUS

DARMSTADT.

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Porträt des F"reiherrn v K. Mative.iind Grau auf Bctiinlfm Wcid

echte Rhetor Wendung um Wendung steigert, um immer eindringlicher, immer machtvoller zu wirken. Wer sich nicht vorher die Gedanken- folge zu kneten vermochte, wird jedenfalls nur Worte herausstainmeln, leere, hohle Worte. . . Lieber Kunsijüngling, wenn dir nur die geheimnisvolle Stunde der Intuition zur Ent- fesselung deiner ungeahnten, unbewußten Kräfte fehlt, so kaufe dir eine warme Samnietjo])])e

und warte, warte, warte Die starke

Energie erirot/.t sich den Schöplertag. I )ionysos erscheint, wenn er gerufen wird aber auch nur dann. p,mi. wi'-imi im.

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EMIL PREETORIUS DARMSTADT. PLAKAT. SCHWARZ UND BLAU AUF WEISS.

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EMIL [•REETORIUS DARMSTADT-MÜNCHEN. EX-LIBRIS UN» TITEL ZU EINER AUSSTELLUNGS-EINLADUNG.

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EMIL PRKKTORIUS— DARMSTADT. Vollbild aus Peter Schlemihl.. Verlag Hans von Weber-München.

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Vollbild aus 'Peter SdilemihU, Verlag Hans von Webcr-Münclicn. EMIL PREETORIUS I>ARMSTADT.

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ARCHITEKT EMIL PIKCHAN.

LAUFER UND KISSEN IN AUFNAHARBEIT.

DIE ARBEIT DER KUNSTGEWERBE-VEREINE,

19. DELEGIERTEN-TAG ZU HALLE A. S.

Zuweilen, man braucht nicht einmal mißmutig, nur ein wenig nachdenklich zu sein, möchte einem die Notwendigkeit der Kunstgewerbevereine beinahe problematisch erscheinen. Was wollen sie eigentlich und wozu sind sie da? Einst, da das Kunstgewerbe langsam und sehr diskret zu keimen begann und noch früher, da es im Schatten der Museen schlummerte, waren die Vereine die einzigen Stätten für die Diskussion über die Probleme des Tages, die respektabelste Kneip- gelegenheit, um die würdigen Grofiväter der Renaissance anzuprosten. Aber heute, da das Kunstgewerbe mehr als eine Angelegenheit der Handwerker und der Künstler ist, da es ein zentrales Kulturproblem wurde, ein Problem, das der mannigfaltigsten Fragestellung zugänglich ist und einen kaum übersehbaren Kreis von Inter- essenten dauernd in Erregung hält, heute scheint das Kunstgewerbe dieser ehrwürdigen Vereine, dieser mit den Musen schäkernden Trinkgenossen- schaften entbehren zu können. In der Tat, die Kunsigewerbevereine des alten Stils, die Kunst- kpänzchen und Konventikeln der sogenannten Fachleute, haben ihr Existenzrecht verloren - für den Kunstgewerbeverein, wie wir ihn verstehn, hat die Zeit der eigentlichen, der fruchtbaren Arbeit aber eben erst begonnen! Und jene skeptische Bewertung wendet sich allein gegen die Rudimente der Gilden und Rauchklubs, deren Sergeanten im Zeichen Dürers oder Cellinis gegenseitige Verehrung mimen. Davon gibt es hier und da im Lande verstreut noch vertilgungs-

werte Reste und auch das gibt es noch: eng- brüstige Sekten, die ob den Interessen ihrer Branche, ob der eigenen Mittelmäßigkeit keinen Instinkt für die wahre Bedeutung und eigentliche Aufgabe dessen haben, was wir den Lebenskreis des Kunstgewerbes nennen. Doch diese Kurz- sichtigen und Temperamentlosen sind in der Minderheit, sind im Aussterben; das Gros derer, die sich in den Kunstgewerbevereinen zusammen- schlössen, will aus Einsicht und mit Energie den Fortschritt und die Reife der neudeutschen Kultur. Ob solchem Wollen sich ein ausreichendes Können verbindet, wird abzuwarten sein, ist zu erhoffen. Jedenfalls, zunächst wird viel erstrebt gestrebt. - Das war auch wiederum die Signatur des let5len Delegiertentages der Kunstgewerbe- vereine, der Ende März zu Halle abgehalten wurde. - Die Hauptthemen der Verhandlungen: die Organisation der kunstgewerblichen Produktion, der Erziehung und der Propaganda. Das mannig- fache Verlangen nach einer würdigen Honorierung der kunstgewerblichen Leistungen soll endlich in die Scheuern kommen. Die vielerörterte „Eisenacher Ordnung" wurde angenommen. Da- mit bekamen die Kunstgewerbler eine materielle Basis, wie sie die Architekten seit 1888 in der Hamburger Norm besitjen. Dieser Gewinn ist an sich so wichtig, daJ3 darüber die Frage nach den Einzelheiten zurücktritt. Das war auch die Meinung der Versammelten; freilich fehlte es nicht an der Einsicht, daß mit der Annahme dieses Tarifes keineswegs seine Durchse^ung für

126

Die Arbeit der Ktitistoeiverhe- Vereine.

die Praxis, seine allj^emeine Anerkennung durch die Unternehmer und das Publikum, gesichert sei. Besonders Muthesius warnte vor zu hochge- spannter Erwartunt^, mit Recht liielt er es für sehr problematisch, ob der Richter die „Ordnung" auch in den Fallen, da auf sie nicht ausdrücklich bei Anbahnung des üeschäftes Bezug genommen wurde, als die natürliche Norm bedingungslos würde gelten lassen. Grade weil hierfür keine absolute Garantie, war es notwendig, daß die berechtigte Interessenvertretung des Kunstge- werbes, speziell der Entwerfenden, geschlossen für den Preistarif eintrat. Hoffentlich tut nun auch ein jeder das Seine zur Realisierung des papiernen Geset3es. Die Einwendung, dag die Gebühren bei grOf;eren Objekten zu hoch seien, wird dadurch erledigt, dafi sie der absteigenden Skala unterliegen ; bei einem Objekt von 10 000 Mk. können nur 50 " n, bei einem Objekt von 400 000 Mk. nur 30"'o der auf 1000 gestatteten Grundgebühren erhoben werden. .

Das wird schon gehen, wird sich regeln; die Hauptsache ist: das Fundament zur wirtschaft- lichen Gesundung der Kunstgewerbetreibenden ist gelegt. - Das nicht minder wichtige Problem des Urheberschu^es für kunstgewerbliche Erzeug- nisse konnte leider nicht mit der gleichen Gründ- lichkeit erledigt werden; Osterrieth war ver- hindert. Doch da Jessen einsprang, so bekam die Versammlung nichts Gleichgültiges zu hören; vielleicht wurde die eigentliche Fallgrube und die wichtigste Revisionsbedürftigkeit des Kunstschut)- geset3es von diesem trefflichen Kenner der Praxis eindringlicher erfaßt, als dies je ein Jurist ver- mocht hätte. Darin liegt die Hauptgefahr für die .Anwend.mg des Geset5es, läge sie selbst für die .Anwendung eines vollkommeneren: der Richter beginnt das Künstlerische erst beim Naturalisti- schen, speziell beim Figürlichen, zu schät3en; das Tektonische, der Wohllaut der Abmessung ist dem juristischen Empfinden häufig noch keine selbständige künstlerische Schöpfung im Sinne des Gesetjes. Das miserabelste Ölbild erfüllt den Paragraphen, während der vorzüglichste Rahmen ob seiner Schlichtheit des Schut3es nur mit Mühe teilhaftig wird. Da alles Recht Iet3ten Sinnes nichts anderes ist als eine Formel gewordene Usance, so wird man sich billig gedulden müssen, bis den Männern der Justiz das Gefühl für das künstlerische Stigma eines gewerblichen Gegen- standes wuchs. Wie arg es aber damit heute noch bestellt ist, das bewies eine Episode, die WeiJ3, der Vorsitjende des Verbandes deutscher Kunstgewerbe-Zeichner, vortrug: Einem Ange- stellten, der im Büro einer Möbel-Firma Werk- zeichnungen machte, wurde vom Gericht die

Qualifikation der höheren technischen Dienst- leistung abgestritten; er hatte somit keine sechs- wOchentliche, nur eine vierzehntägige Kündigung. Die Begründung sagte, daß der Arbeil des Klägers ein höherer Wert nicht zuzusprechen wäre, da sie ja nur - in Strichen beständen hätte. Der Fall ist typisch, umsomehr, als dieser Zeichner den wünschenswerten Weg von der Werkstatt durch die Schule zum Atelier genommen hatte. Hätte er die Werkstatt nie kennen gelernt, so würde ihm das Gericht ohne weiteres die höhere Qualifikation zugesprochen haben; so aber war er nur ein Tischler, der Striche machen konnte. Zum pädagogischen Teil verlangte Professor Groß- Dresden: der Verband möge ein offizielles A. B. C. des Geschmackes herausgeben. Die Ver- sammlung schien von diesem Vorschlage nicht überrascht zu sein. Mir aber, der ich vorigen Jahres in Hannover dabei war, als Groß seinen .Auftrag bekam , war dies Resultat ein wenig wunderlich. Daß es auf eine Neugründung ab- gesehen, hatte ich damals nicht verstanden. Mir schien, als wollte man untersuchen, welche Schäden die verschiedenen speziellen Fachzeit- schriften haben und wie solchen abzuhelfen wäre; mir schien, als wollte man über Mittel nach- sinnen, rückständige Organe ein wenig zum Fort- schritt zu reizen. Das hatte guten Sinn gehabt und wäre (etwa durch eine Korrespondenz oder durch Gratisüberlassung von guten Bildern und Klischees) ausführbar gewesen. Statt dessen kam nun dieser neue Vorschlag eines approbierten und staatlich subventio- nierten Katechismus. Auch gut; es läßt sich darüber reden. Nur: man soll sich derartige literarische und buchhänd- lerische Unternehmungen gar nicht so leicht vorstellen. Man sollte sie nicht dadurch begründen, daß bisher noch nichts ähnliches geleistet wurde. Noch weniger sollte man (zwischen den Zeilen) die Anklage erheben: Daß bisher über- haupt keine brauchbare kunstgewerbliche Literatur existiere. Leider findet sich selbst bei den trefflichsten Praktikern zuweilen keine Einsicht für das, was die Publizistik - das Buch, wie die Zeitschrift - gerade auf dem Gebiete des Kunstgewerbes während der leßten Jahre geleistet hat! Es ist höchst bedauerlich, daß niemand aus der Versammlung (und es waren da viele, die gute Ursache dazu gehabt hätten) auf Grund der bereits vorhandenen und ständig kontinuierenden Literatur das Verdienst der deutschen Schriftsteller und Verleger aner- kannt hätte. Wir unsererseits wollen uns durch

127

Die Arbeit dn l\iii!s/>'nfcr/i('-J'r,

solche Ungeschicklichkeit nicht abhalten lassen, auch weiterhin unsere Pflicht zu tun; ja, wir wollen sogar, falls der Vorschlag Grog Wirklich- keit wird, willig helfen, daf; die schwierige Auf- gabe möglichst gut gelöst werde. Das helfet, wenn man uns haben will. Künstler und Künstlergenossen ! ich spreche nicht für mich, noch für meine Freunde. Aber: Eine Zeitschriften-Kommis- sion, eine Kommission für die Herstellung einer Serie von Monographien, eine lite- rarische Kommission, in der kein Schrift- steller, kein Verleger von Ruf sit^t, kann nur taube Früchte tragen.

Als ein wirksames IVlittel der Propaganda wurden im vorigen Jahre Wanderausstellungen beschlossen. Die Erfahrungen der ersten Kam- pagne waren im allgemeinen zufriedenstellend; München, Krefeld und Pforzheim hatten kollektiv Ausstellungen zirkulieren lassen. Auch fernerhin soll bei dieser Praxis geblieben werden; damit aber die Qualität und der künstlerische Wert dieser als mustergültig sich gerierenden Vor- führungen gesichert bleibe, wurde ein dem- enlsprechender Antrag des Professors Scharvogel angenommen. Des weiteren beschloß man, daJ3 künftighin Schülerarbeiten in diesem Zusammen- hang nicht mehr ausgestellt werden sollen. Dieser Beschluß scheint mir nicht glücklich, ja geradezu gefährlich. Manche Orte dürften ohne Schüler- arbeiten eine Ausstellung überhaupt nicht zu- sammen bekommen; und dann: es gibt genug Städte, ja selbst Künstgewerbeschulen, die allein durch ihre Schülerarbeiten Beachtung verdienen. Es gibt Lehrer, die wohl moderne Formensprache lehren können, die aber selbst im Bann der alten Zeit stehen. - Ein weiteres Gebiet der Erziehung von Produzenten und Konsumenten wurde durch Professor Heinrich Lange, den Direktor der Krefelder Färbereischule, aufs neue der Auf- merksamkeit empfohlen: die Echtfärberei. An einer wohlsortierten Sammlung zeigte Lange die immer noch alltäglichen Schäden einer mangel- haft echten Färberei. Er gab zugleich die be- ruhigende Versicherung und den Nachweis, daß man sehr wohl heute den verschiedenen An- forderungen der Echtheit so für Garne und Seiden, wie für Stückware, für Papier und Leder genügen könne. Erforderlich ist, daß alle Kunst- gewerbler unbedingt auf die jeweilig

notwendige Echtheit ihrer Materialien dringen. Sehr interessant waren die Batik- färbungen, die Lange zeigte; klare und milde Töne, gleichmäßig schön und echt. Ein viertes pädagogisches Thema behandelten die Referate über die mögliche Mitwirkung der Kunstgewerbe- vereine am Denkmalsschuß und am Städtebau. Es gibt da Möglichkeiten; es ist auch wünschens- wert, daß der oft einseitigen Architektenzunft tüchtige Kunstgewerbler, noch besser Kunst- freunde mit wirklich lebendigem Empfinden, assistieren. Besonders für den Denkmalsschuß und die Renovationen gilt dies. Ein Architekt wird, wenn er ein gefährdetes Stück Altertum schüßen soll, notwendig an ein Erneuern denken, er will eben bauen. Ihm einen ästhetischen Hemmschuh anzulegen , dürfte vorteilhaft sein. Noch wichtiger ist die Teilnahme pietätvoller und schönheitsbedürftiger Sachverständiger bei der Aufteilung alter Stadtviertel, bei der Anlage neuer Straßen und Pläße; das in all solchen Fällen der Kunstgewerbeverein herangezogen wird, kann jedenfalls keinen Schaden bringen. Vorbildlich darf die Beratungsstelle des Kunst- gewerbevereins Halle Merseburg (neben der älteren Stuttgarter) genannt werden; von ihren Erfahrungen und Erfolgen möge sie zu ge- legener Zeit berichten.

Neben diesen verschiedenen Fragen der Exekutive wurde ein theoretisches Kapitel ge- lesen. Dr. Wolff, der Direktor des statistischen Amtes in Halle, versuchte den Begriff der Volkskunst zu definieren. Mit Recht basierte er ihn auf eine Wirtschaftsform. Die Volkskunst gehört der geschlossenen Hauswirtschaft, entsteht in wirtschaftlich gesicherter Lage, bei völkischer Selbständigkeit, ist Produktion für den eigenen Bedarf, seßt die autonome Ausführung der be- treffenden Techniken voraus. Damit ist erklärt, daß und warum es in der Zivilisation der Gegen- wart eine eigentliche Volkskunst nicht mehr geben kann. Dr. Dohrn wies darauf hin, daß solche nüchterne Erkenntnis mit dazu helfen könne, der Phrase von der Volkskunst der Professoren und Maurermeister den Garaus zu machen.

Der nächste Delegiertentag wird in Berlin stattfinden. Wir sind gewiß, daß er nicht minder als der Hallenser eine Parade der Arbeit der Kunstgewerbevereine sein wird, kobert breuer.

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128

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ALFRED MESSEL BERLIN

GESTORBEN IN »F.RI.IN AM 24. MÄRZ 1909.

Einem Manne gilt es heute den letzten Spruch zu sprechen, an dem wir noch lange Freude zu haben gedachten. Zwar war Altred Messel seit Jahren gebrochen an Kräften des Körpers, aber dennoch wußten wir ihn auch in der Krankenstube am Werke, dem sein ganzes sechsundfünfzigjähriges Leben gehörte , in dessen Ausbau er seit einem Menschenalter Stufe um Stufe der Vervoll- kommnung zugestrebt und Erfolg an Erfolg gereiht hat. Er war nicht einer v<m denen, die mit einem Schritt fertig hervortreten. Flinem Künstler wie Schlüter schien die festliche Fc^rmensiirache und der überquellende Reich- tum, Knobeisdorf die heitere (irazie, Schinkel die zweifache Gabe von grandioser l'hantasie und schönem Gleichmaß vom ersten Tage an voll und reif zur Verfügung zu stehen. Messel gehört zu denen, die heutzutage auf allen Ge- bieten öffentlicher Tätigkeit auftauchen, die in härtester .Arbeit an sich selbst im Laufe eines ganzen Menschenlebens ihre glücklichen An- lagen voll entwickeln , denen es nicht ver-

gönnt ist. vom ersten Schritt an den leichten, nicht zu vei fehlenden Weg zu gehen. Nicht ruhig und einfach sieht ihr Bild schon vor den Zeitgenossen, sondern wechselnd in seiner Gestalt, das letzte Urteil erst von den Nach- kommen erwartend.

Und doch war Alfred Messeis Entwicklung bevorzugt schon in ihren Keimen. Ein Kind der Stadt, in der diese Zeilen erscheinen, der Sohn einer angesehenen Darmstädter Famihe , in glücklichen Verhältnissen auf- wachsend, besaß er als den Grundzug seines Wesens süddeutsche, künstlerische Sinnlich keit, einen auf das Reale gerichteten ( )ptimis- mus, der nicht grübelt und in Problemen stecken bleibt, sondern mit entschlossener Hand nach dem Greifbaren laßt. Mit diesem Grundzug, der ihn zum l'aumeister machte, führte ihn das Schicksal einen Weg. wie er zukunitsvoller einem .\rchitekten unserer Tage garnicht beschieden werden konnte: den nach Berlin. Nicht als ob durch diese Fügung der Erlolg für einen Menschen schon ver-

129

Alfred Messe!

brieft gewesen wäre, der sich mit gutem Talent geschickt unter andern zu bewegen weiß. Das Berlin der siebziger Jahre hat mehr als einen der zahllosen Zuwandernden sein 15estes gekostet, nicht wenige auch unter den Baumeistern, die von überall her herbei- eilten, als die ehemalige Kleinstadt begann nach allen Seiten zu wachsen, ihren Umfang zu verdoppeln, zu vervierfachen, allenthalben das Alte durch Neues zu ersetzen. Viele, die in diesen Strudel gerieten, sind tlariii unter- gegangen, als die Schwächeren gegenüber den verwirrenden, ungezügelten Verhältnissen. Ihm wurden diese zum Element. Nicht mit einem Schlage. Aber die Jahre hindurch hat er in immer steigendem Maße gezeigt, daß er das Zeug besaß, ihr Meister zu sein, als Künstler sie zu beherrschen. Sein Wesen brachte ihn nicht in Konflikt mit diesen chaotischen Zu- ständen, wie einer hätte fürchten mögen, der ihn den Weg nach Berlin nehmen sah. Ihm war es gegeben, in ihnen zu finden, was für ihn taugte, die Stelle, wo sie anzupacken waren. Ihm ist es geglückt, in seiner an Ausdruck reichen Architektur-Sprache das werdende Berlin der letzten drei Jahrzehnte in Form zu fassen. Tnd das ohne öffentliclies Amt, ohne die Möglichkeit, die Mittel des Staates oder der Stadt für sich nutzbar zu machen. Einfach durch die Gelassenheit, mit der er all den einen Berliner Baumeister umdrängenden Wirr- warr von sich abhielt, durch die ruhige Ziel- bewußtheit, mit der er an die ganze Vielfältig- keit der Aufgaben und gerade an die traditions- losesten herantrat. Nicht mit niederstürmender Originalität, aber im immer gefestigter werden- den Besitz eines ausgeglichenen Kunstgefühls, dessen Vorbedingungen er aus der solchen Anlagen günstigeren Heimat mitgebracht hatte. Vom eigenthch Modernen hielt er sich ab- seits, ohne darum zum bloß philologischen

Beherrscher der alten Stile zu werden. Und doch: war einer moderner als er, in der An- passung des Grundrisses an den gegebenen Zweck , wußte einer , bei aller Fähigkeit aus der Vergangenheit zu schöpfen, von der Ab- hängigkeit vom bloß Antiquarischen so frei zu bleiben wie er? Er hat zwischen der Tradition und den lebendigen Forderungen eine Linie gefunden, in deren Verfolgung er nicht zum Eklektiker zu werden brauchte. Die Formen der historischen Stile schienen m seiner Hand zu neuer Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit zu erwachen, gerade im Konstruktiven begab er sich nicht seiner F'reiheit, dafür zog er in der dekorativen Durchbildung des (ierüstes Nutzen aus einer seltenen Fähigkeit, sich in den t'.eschmack und die verfeinerten Techniken der Vergangenheit einzuleben.

So ist sein Wesen nicht mit wenigen Worten zu umfassen. Er war nicht, wie man ihn nennen wollte, lediglich der Realist unter den Baumeistern, sondern vor allem auch ein Mensch von Phantasie, der die notwendige Sinnlichkeit des künstlerischen Eindrucks auch in der Konstruktion nicht vergaß. Fr hat sich andererseits niemals an unklare Wirkungen und Geschmacksfinessen verloren; davor be- hütete ihn sein stark entwickelter Sinn für die Realität, die aus Steinen und Eisen spricht.

Sein verlassener I'latz bleibt leer. Kaum jemand verkörpert in sich gerade die glückliche Mischung von Anlagen, die er besaß. Dieses Gefühl bei den Mitlebenden zu hinterlassen, ist viel in einer Zeit, die Qualitäten so wenig fein unterscheidet wie die unserige. Es wird nicht vielen zuteil, daß sie das l^rteil über sich der Nachwelt so ruhig überlassen können, die von den persönlichen Gehässigkeiten wie vom Überschwang ohne Maßstab gleich weit ent- fernt sein wird. d«- fritz woi.ff.

Die bedeutendsten Schöpfung:en des entschlafenen Meisters sind in der Deutschen Kunst und Deko- ration veröffentlicht worden. So erschienen: im Maiheft 1S9S das Warenhaus Wertheim in Berlin, mit 30 lllustrat. und Text von Fritz Stahl— Berlin, im Februarheft 1905 der Neubau des Warenhauses Wertheim in Berlin, mit 36 lllustrat- und Text von Dr. Fritz Wolff- Berlin, im Dezemberheft 1906 das Landesmuseum in Darmstadt, mit 30 Illustrationen und Text von Victor Zobel Darmstadt.

130

ADOLF ilUNZER: BADENDE.

AlMtl.K MIN/.ER MLNCIILN.

Liegender Akt vor ilciii .Spieycl.

ADOLF MÜNZER-MÜNCHEN.

Die Entwicklung Adolf iMünzers in seiner künstlerischen 1-rühzeit ist untrennbar verbunden mit der Entwicklung der bedeutungs- vollen Künstlergruppe »Scholle« , die nicht nur für die Münchner Kunst, sondern für die ganze neuzeitliche deutsche Kunst den Sauer- teig bedeutet. Als die »Gruppe G«, wie sich die »Scholle früher nannte, im Jahre 1899 im Münchner Glasjjalast zum erstenmal heraus- trat, da war unter den Bildern eines, das schon durch seinen Titel: »Eaustgedanke.^ den schweren literarischen Gehalt verriet, der damals allerwärts in der deutschen Malerei spukte und erst heute, nach einem Jahrzehnt, zu 'gunsten der ästhetischen Reinlichkeit und der absoluten Malerei endgültig verbannt zu sein scheint. Der Schöpfer des Bildes >Eaust- gedanke« war .Vdolf .Münzer, der, wie die ganze junge Gruppe, der er sich verschrieben, damals noch sehr in den Anfängen steckte; freilich waren es hier wie dort Anfänge, die

bedeutungsvoll in die Zukunft wiesen

Adolf .Münzer ist , wie seine Scholle-

llenossen Fritz und Erich Krler. ein geborener Schlesier; in Pleß erblickte er am 5. Dezember 1870 das Licht der AVeit. Er diente von der Pike auf im Reiche der Kunst : er be- gann als Dekorationsmalerlehrling, kam dann an die Breslauer Kunstgewerbe.-chule und bezog endlich im Jahre 1890 die Münchner Akademie, wo er sich der Leitung des idealsten aller .Akademiejirofessoren, Paul Höckers, an- vertraute. Bei Höcker war damals ein richtiger »Geniekasten« beisammen, die besten Kräfte der jungen Künstlerschaft trieb es instinktiv zu diesem Lehrer, von dem sie ahnten, daL'j er aus ihnen herausholen würde, was nur immer herauszuholen sei. Nicht nur mit dem Lehrer verband diese jungen Leute ein schönes Freundschaltsband, sondern auch unter ihnen selbst waren mehr Fäden der Gemeinsanikeit gesjtannt, als es sonst unter jungen .Akademikern üblich ist. .Äußerlich dokumentierte sich das in der gemeinsamen Mitarbeit an Georg Hirths »Jugend' und in dem späteren Zusammen- schlulj zur j Scholle .

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ADOLF MUNZER MÜNCHEN.

Wie für Erler, Eichler, Putz, Püttner be- deuten auch für Münzer die beiden Momente Jugend' und ^Scholle- die entscheidenden Lebens- und Kunstfaktoren. Äußere , rein technische Gründe brachten es mit sich, daß sich die Mitarbeiter der »Jugend' in jener ersten Zeit fast ausschließlich zeichnerisch betätigen mußten : die aul der Technik der Farbenphotographie beruhende Druckart war damals noch nicht bekannt ; so mußten sich also die »Hauskünstler«, zu denen auch Münzer gehörte, auf die kolorierte Zeichnung be- schränken. Das war aber gerade Münzer nicht sehr angenehm. In ihm schrie alles nach Farbe, nach kräftigem Kolorismus. Und so trat denn, wenn er vor die Leinwand ge- stellt wurde, bei ihm das ein, was man auch bei Erler, Georgi und Eichler wahrnehmen konnte: das Bediirfnis. »sich auf der Leinwand aus- zuleben«-. Dieser Umstand erklärt die Riesen- formate dieser frühen »Scholle«-Bilder, und

Bildnis meines Bruders.

dieses Riesenformat wiederiuii macht es be- greiflich, daß es sich hier nicht um intime, be- sonders delikate und reizvolle ^L^lerei handelte: das war ein Losweltern, ein breites, zügiges Herunterstreichen von Bildern, die einerseits stark auf »Idee« hin gearbeitet waren, anderer- seits unter der Hand ihrer Schupfer ganz unbewußt und ungewollt ins Großzügig-Deko- rative hinüberstilisiert wurden. Für Münzer ist in dieser Hinsicht besonders sein Früh- werk »Arbeit und Luxus« charakteristisch, aber auch auf sein etwas späteres Münchner Karnevalsbild triflt manches des hier (ie- sagten zu.

In dem Grade, als die »Jugend« an sich, die »Scholle« an sich für Münzer an aus- schließhchem Interesse verloren , trat eine Differenzierung und lndi\ idualisierung seiner Kunst ein. Immer mehr fand er seine eigene Note' , die allmählich zum ausgesprochenen, aber weder eigenbrötlerisclien , noch eigen-

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Adolf Münzer— AfiincJifn.

ADOLF MÜNZER- MÜNCHEN. Gemälde; »Schwäbin«.

Original im Besitz von Alexander Koch Darrnslatlt. Mit Gcncliniigunt; der \V-rla{;s1iandluiig Velhapen & Klasinn— Bielefeld.

sinnig gewahrten, als endgültig betrachteten -persönlichen Stil« wurde. Miinzer entwickelte sich zum Maler der Mondaine. Daraul hatten bereits die Zeichnungen für die »Jugend'^ hingewiesen, die gerne schöne Frauen mit heißen Ulicken und in der .-Xnnuit der Jugend, in der Pracht der IJlunien und der gefälligen rmhüUung einer chiken Mode zeigten. Kine Reihe von Jahren hindurch gab Müuzer das wieder in Bildern, die einem oft den Ge- danken durch den Kopf gehen ließen, hier sei ein moderner Watteau unter uns aufge- standen. Auf jeden Fall ist Münzer auch heute noch in der Schar der ziemlich demo-

kratischen »Scholle'I.cute der ausgesprochen .aristokratische: aristokratisch im Sinne der Freude am Schönen, an der Frau, ah wohl- gebildeien Körpern, an graziösem Spiel, an fa- shionablem Sport, an Lichtern, Seide, Blunun, Festen: odi ])rofanuni vulgus et arceo . . . das könnte man über seine Kunst schreiben Unter solchen Umständen hatte ein längerer .\u(ent- halt in Paris für Müni'er etwas Lockendes, dem er nicht widerstelien konnte. Im Ja^ir 1900 ging er in die Seinestadt. Aber nicht um » Kunst r zu studieren vor den Alten im l.ouvre, in der .Akademie Julien, bei den Iniiircssioniston, in l'arbiztm oder sonst wo.

Hi

Dr. Gcoig Jacob II o//:

ADOLK MUNZER MUN'CHEN.

Sondern um das »Leben« zu studieren, um es einzufangen mit beweglichem Stilt, um Herz und Hirn mit scliwebender Leichtigkeit und Helhgkeit anzufüllen. Und diese Art der Kunst hat auch heute, wo Münzer wieder seit sieben Jahren in München schafft, bei ihm noch Geltung, dokumentiert sich noch und stets aufs Neue in zahlreichen Arbeiten, zumal in solchen, die einen leicht dekorativen Einschlag haben. So besonders in den köst- lichen i-echs Ovalen, mit denen Münzer den Konfektion?rauni der .\usstellung München 1 908 schmückte. Welche Fülle von Grazie, welche Eleganz, welcher »Chik«! Aber doch nichts von dem iNur-Eleganten« , von dem Chik

Porträt Frau V.

als Selbstzweck , der vieler begabter Maler Kun«t verkitschte und zerschlug. Die Vor- züge Münzers bleibea eben nicht wie bei jenen am Stofflichen hängen, sondern steigern sich ins Rein-Malerische, wo namentlich eine raffiniert vornehme Palette und ein sicheres Gefühl für wohltuend- dekorative Wirkung Münzers bestes Teil ist. In diesem Sinne muß man auch seine beiden Wandbilder »Quelle« und «Ritter--, die als Pendants die Anmut und Märchenseligkeit des deutschen WaHes umschreiben sollen, ansehen oder das letzte und in mancher Hinsicht bewunderns- werteite Werk des Künstlers, vier dekorative Supraporten, die für den Gesellschaftssaal

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Adoll Münzer— München.

ADOLF MUN/.EK MÜNCHEN.

eines Hamlnirger Hotels bestimmt sind. "Ge- sang', Schauspiel', ^Maskerade , 'l'anz-: das sind die Titel Frauengestalten mit ein- leuchtender Symbolik verkörpern diese frohen Dinge. Die lineare Schwierigkeit, die durch das breite, niedrige Format gegeben war, ist durch die geradezu glanzende, ganz unge zwun^cne Kom])Osition liervorragend gelöst, ebenso wird es einem vor diesen Bildern kaum bewußt, daß da nicht zu geringe kolo- ristische Probleme gestellt waren : diese Bilder sollen festlich-heiter sein, aber sie haben einen ganz weißen Saal zu schmücken. Das be- dingte auf der einen Seite eine gewisse Bunt- heit, auf der anderen eine diskrete Dämpfung

Uiliinis Fräulein H.

der F"arbe, soll sie nicht laut und schrill aus dem architektonischen F.nsemble herausjilatzen. .Münzer hat sich hier genial aus der .Vffäre gezogen, indem er, bei aller Selbständigkeil jeder einzelnen Arbeit, doch einen gemein- samen koloristischen Nenner für den ganzen Zyklus fand. Töne aus dem einen Bild findet man im anderen wieder, manches ist durch das Gesetz der Komj)limentärfarben auf ein- ander abgestimmt und auch ein gewisser Linienrhythmus, der durch die ganze Serie geht, dient als verbindendes und ausglei< hende-i Glied. Neben solchen .-\rbeiicn, die im Grunde doch den Künstler von vorneherein in der einen oder anderen Richtung binden, gehen

D). Gcoyo Jacüh VVoll :

AUOLK MUNZER -MÜNCHEN.

ganz freie Schöpfungen absoluter Malerei einher. Diese Kunst atmet die Frische der Natur. Schöne Frauen finden wir in hellen, sonnendurchflirrten Wäldern, die eine in der heiteren Hülle eines lichten Sommerkleids, die andere m der Pracht ihrer schönen, ü])pig- reifen Nacktheit. Die Naturfrische, das Luftige, Helle trägt Münzer auch in seine Innenräume, und da liebt er das Nebeneinander einer Nackten und einer modisch Angezogenen, ein Problem, das seit Tizians Zeiten die Maler immer wieder mächtig zog; und so liebt er auch die Spiegelwirkungen , wie aui einem vorzüglich gestalteten, besonders in der Be- leuchtung sehr eindrucksvollen ruhenden Akt vor einem Spiegel, den er vor kurzem malte. Auch dem Porträt widmet Münzer neuerdings seine Aufmerksamkeit. Seiner ganzen Ent- wicklung nach müßte man glauben , daß es

Porträt: Direktor Franz Josef Brakl.

ihn reize, Frauen von Lenbachscher Anmut und Rasse zu malen. Aber wie keine Be- gabung ohne irgend einen inneren Wider- spruch ist, so ist auch das Kapitel »Münzer, der Porträtist« nicht ganz in einer strengen Entwicklungslinie unterzubringen. Gerade auf diesem Gebiet treibt er seine tollsten male- rischen Kapriolen. Hier interessiert ihn vor allem die Oberfläche. Psychologisch hingegen schürfen seine Bildnisse nicht sonderlich tief. Man sehe sich darauf hin seine jüngsten Frauenporträie oder das Bildnis seines kunst- händlerischen »Managers« Franz Joseph Brakl, dieses unermüdlichen Förderers der i^Scholle«- Leute, an. Das sind, bei aller Porträtähnlich- keit im Sinne korrekter Oberflächennach- schöpfung, koloristische Stilübungen. Das Lineare ist hier nur untergeordnet, das Gesicht ist farbige Erscheinung : freilich dann mit

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AiM f M ünzer- M lim k

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AIJOl.K MLNZF.K »n NIHEN.

delikatem l'insel und ai)artester Palette fest-''' gehalten. Bewundernswert ist an diesen Bild- nissen die schmissige und zügige, dabei ganz geschlossene Behandlung , die nicht zuletzt darin begründet ist, dati Münzer seine Bilder sehr rasch hcruntermalt. Die Stimmung hält unter solchen Umständen vor, und das oft blitzartig auftretende Abspringen, das mancher temperamentvolle Künstler während einer zähtlicL'ienden Arbeit an einem Bilde nicht vermeiden kann . und das alle stilistische Rundung zerstört, ist unter solchen Umständen ausgeschaltet: es sind wohlabgerundete, kunst- ökonomisch ganz ausgezeichnete Arbeiten.

Das etwa ist der Münzer von heute : Ein Dekorateur festlichen Stils, aber nie in die äußerliche Makartart umschlagend, ein hervor- ragender Aktmaler, der seine meist geschickt ins Interieur gesetzten Nackten mit fast Rubens'scher Freude herunterstreicht, ein ernsthafter Techniker, als den ihn seine wohl dunhk(;mpoiiierten Figurcnbilder qualifizieren, ein l'orträtist von Eigenart und - wenn man das Wort recht verstehen will über-

Oemiilde: Sitzender Akt .im Spicycl. Ori|;iiial im Hesit/ von Alexander Koch— DannsLidt.

raschcndcm koloristischem Humor, ein ge- wandter und interessanter Zeichner, dessen Hinneigen zum Eleganten aller glatten Süß- lichkeit entbehrt. Dieser Münzer ist gegen- über dem Münzer, der vor zehn Jahren bei der *(;riip|)e G^ auftauchte, ein fertiger .Meister. Fertig und doch nicht. Denn seine Kunst hat sich nicht in einer Sack- gasse verlaufen, hat sich noch nicht end- gültig auf eine »Nuance« festgelegt, von der sie nicht mehr loskommt, sondern besitzt namentlich nach der Richtung des großen Figurenbildes hin noch reiche Entwickhings- möglichkeiten, und jeder Tag kann uns eine neue, überraschende und beglückende Wendung oder eine weitere Entfaltung von Münzers Kunst bringen, nEoKd jacoh w(m.k mCnchk.n.

Kann man vom hihatte eines Kunstwerkes sprechend Was haben die unzähligen gematten oder genieißetten Madonnen anderes mit einander getnein als den Namen f Was ist der Inhalt in der Musik! Nur die Form! Vnd iit's in der Malerei nieht trenau ehrn^'i' Max f.iehermonii.

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PROFESSOR MAX I.IEBERMANN.

L. PROCHOWNIK KKRI IN.

ZeicbDUD^: iMarkische Landscbalt.

ZEICHNENDE KÜNSTE.

VON HANS BETHC.E.

Die Berliner Sezession bot uns in ihrem Hause am Kurfürstendamm eine Winter- Ausstellung , die den zeichnenden Künsten gewidn''et war. Nun, diese Ausstellung war verschwommen. Es war eine konturenlose Ausstellung, man sah zwar vieles Gute, aber es fehlten ganz und gar die .Stütz- und Ruhe- punkte. Diese Ausstellung bleibt in der Er- innerung nicht als ein einheitliches Bild, sondern nur an Einzelheiten erinnert man sich. Sie war übrigens viel zu groß. Eine so umfangreiche Darbietung der zeichnenden Künste muß notgedrungen ermüden, zumal wenn der markanten Punkte so wenige sind. Es waren viele dilettantische Sachen da. Vieles Gleichgültige, aber auch Schönheiten, gewiß. Das ganze Arrangement war nicht gut. Die einzelnen Sachen der Künstler hingen zum Teil weit von einander getrennt. Meint man denn , daß man den Genuß der Betrachtung durch dieses diffuse Hängen, dessen Zweck nicht einzusehen ist, erhöht? Wie viel genußreicher, wenn die gesamten Sachen emes jeden Künstlers kollektiv bei-

einaniler hängen ; es gibt doch einen ganz anderen Überblick der einzelnen Persön- lichkeiten; seltsam, daß man dies erst aus- sprechen muß.

Man dachte bei dieser Ausstellung sehn- süchtig an jene kostbare Schwarz-Weiß-Dar- bietung zurück . die uns die Sezession anno 190.3 in ihrem kleinen, intimeren Hause in der Kantstraße arrangiert hatte. Damals sah man ein ganzes Zimmer angefüllt mit un- vergleichlichen Handzeichnungen von Rodin, das Werk A. Beardleys wurde uns in er- lesenen Stücken vorgeführt, andere schöne Kollektionen waren zu sehen. Rodin hat unterdessen Zeichnungen nach siamesischen Tänzerinnen gemacht, über die man das Rühmlichste vernommen hat, warum hat man sie nicht herbeigeschafft? Vergangenen Herbst war eine Kollektion neuer Rodinscher Zeichnungen in Leipzig ausgestellt, warum hat man sie sich nicht für den Winter ge- sichert? Man hat vorgezogen, der Winter- Ausstellung eine umfangreiche Sammlung von Zeichnungen Franz Krügers, des Vorgängers

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Dr. Hans J adlige:

ZZ. i. OC (■^J((v/fJ

M. BKCKMANN-HERMSDORF.

Menzels, einzuverleiben ; aber diese vortreff- lichen Sachen passen in die Sezession durch- aus nicht hinein ; sie stören das Ensemble, man wünscht sie sich fort, so gern man sie in einer geschlossenen Sonder - Ausstellung bei- sammen sähe. So war das Bild dieser Aus- stellung ohne rechte Einheitlichkeit, man sah ein verschwommenes Gesicht, es fehlten die energischen Umrisse.

Aber man sah vielerlei Schönes. Von Max Liebermann sah man 75 Arbeiten beisammen: Radierungen, Pastelle, Zeich- nungen. Eine sehr schöne Sammlung, aus der einem das Bild des Graphikers Lieber- mann sehr deutlich wurde. Diese Impressionen mit der Nadel und dem Stift zeigen die Sicherheit eines modernen Meisters, der durch ganz notwendige Traditionen hindurchgegangen ist. Bei manchen der radierten kleinen Land- schaften aus Holland wird man an Rembrandt erinnert, so delikat ist die Führung der Nadel, so lebhaft ist die holländische Atmosphäre gestaltet worden. Leise Andeutungen werden zu charakteristischen Erscheinungen auf diesen Blättern , Liebermann verfügt über die Gabe der Abkürzung in einer beneidenswerten Weise. Sein Selbstporträt, das in der Auffassung an das frühere Ölbild denken läßt, ist sehr schön. Noch eine andere neue Radierung erinnert

Zeichnung.

an eine frühere^Malerei : Simson und Delila. Simson ist als Erscheinung nicht ganz be- wältigt, aber wundervoll ist Delila: hier ist ein klassischer Umriß gegeben , die Linie dieses Weibes hat Größe in ihrer Einfachheit, in ihrem genialen Schwung. Was auf Lieber- manns Blättern immer wieder entzückt, ist die Vertiefung alles für die Zwecke der Radierung Notwendigen im Räume und die meisterhche Abstraktion von allem Unwesentlichen.

Diese Abstraktion vom Unwesentlichen zeichnet auch die Radierungen einer Dame aus, die sich an Liebermanns Kunst in glück- licher Weise erzogen hat ich meine die Blätter von Erna Frank, einer mulier nova. Auch Erna Frank gibt Landschaften aus Holland. Die auf dem Strande liegenden Boote, die wir abbilden, gehören zu ihren besten Blättern. Erna Frank gibt Abrisse, die das Wesentliche bereits mit einer auf- fallenden Sicherheit betonen, sie hat einen klaren Blick für das Charakteristische land- schafthcher Ausschnitte, ihre Arbeiten haben ein inneres Leben, das ganz von der Im- pression beherrscht wird. Ihre Blätter wirken selbstverständlich, etwas Leichtes und Klares ist im Strich, sie sind ganz ungekünstelt, in ihnen ist die technische Wesenheit der Ra- dierung begriffen.

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Zeifhnendt Künste.

PROFESSOR MAX LIF.llEKMANN KEKI.1.S.

Von Max Slevogt, der neben Lieber- mann die wichtigste Säule der Berliner Sezession darstellt, waren außerordentlich schöne Feder- zeichnungen da. Slevogt widmet sich in den letzten Jahren mit besonderem Glück den zeichnenden Künsten. Seine schönen, von Leben sprühenden Lithographien zur Ilias haben sich viele Freunde gewonnen , die Tusch- zeichnunsen zu Ali Baba hatten eine F'antasie

Kadierurg: Selbstporlrät.

und Verve seltener .\rt. jetzt kommt er uns mit sehr leinen Federzeichnungen zu » Rübe- zahl und zu iCoronna«: und mit Lithographien zu »Sindbad der Seefahrer«. Slevogt zeich- net in einer Technik, die an den Menzelschen Strich erinnert, ohne daß sie von ihm ab- hängig wäre. F.s ist eine innere Wesens- verwandtschaft in der zeichnerischen Manier dieser beiden (wobei man an den jungen.

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Dr. Hans Bet/i^e:

ERNA I'KANK BERLIN.

nicht an den alten Menzel zu denken hat). Slevogts Blätter haben ganz den Reiz der schnellen, von einem heftigen Impuls diktierten Handschrift, und es ist viel sichere Kultur in diesen dünnen, von Leben erfüllten Strichen. Von Max Beckmann, dem jüngsten Mitgliede der BerUner Sezession, sah man sehr sympathische Zeichnungen. Beckmann hatte als Maler mit seiner v Kreuzigung'- einen sehr großen Anlauf genommen, um dann mit seinem Riesenbilde »Die Schlacht« zu ent- täuschen. Aber in diesem Künstler stecken große und ehrliche Fähigkeiten, und er hat uns vielleicht noch sehr Wichtiges zu sagen, wenn erst eine Klärung in sein Talent ge- kommen sein wird. Seine Zeichnungen lassen das Allerbeste hoffen. Sie sind von einer erfreuUchen Einfachheit und Aufrichtigkeit, sie wollen gar nichts weiter sein als die hurtig empfundenen Niederschriften eines Tempe- ramentes, — und als solche sind einige von ihnen geradezu bestechend. So diskret wie in diesen Zeichnungen hat sich Beckmann, dessen Talent so leicht zur wilden Flamme auflodert, noch nicht gezeigt. Es wäre schön, wenn sie eine Vorbedeutung wären für eine zukünftige größere Diskretion in seinen Malereien.

Radierung.

Von Edward Munch war eine umfang- reiche Kollektion da. Sie enthüllte keine neuen Seiten dieses großen spröden Talentes, sie befestigte nur die Meinung, daß dieser mystische Seher uns oft die seelische Seite der Dinge mit bewunderungswürdiger Deuter- kraft zu erhalten weiß , ohne daß er uns künstlerisch das Letzte zu sagen vermöchte. Er hat bei aller Geistigkeit in seiner Kunst doch etwas vom norwegischen Bauern, ihm fehlt die Kultur im höchsten Sinne, bei ihm ist immer ein Widerstreit zwischen Robustheit und Seele , sodaß das Resultat so gut wie niemals ganz rein aufgeht. Etwas Unheim- liches weht uns aus dem Doppelbildnis Walter Leistikows und seiner Frau entgegen; das Porirät eines Totkranken , der schon nicht mehr dem Leben zu gehören scheint , und einer Frau, die mit einem süßen Lächeln noch ganz an die Erde gebunden ist.

Ernst Barlach, ein Bildhauer, der sich durch gute, nur freilich etwas kunstgewerblich wirkende Skulpturen russischer Bettler bekannt gemacht hat, hatte zwanzig Zeichnungen aus- gestellt, die für Viele der Clou dieser Aus- stellung waren. Nun. diese Zeichnungen sind in der Tat interessant und gut aber sie sind nicht so gut wie die Barlachschen Skulp-

14S

Zekhucnde Küusic.

A. SCHINNERER- -TENNESLOHE.

turcn, und sie sind trotz ihrer starken persön- lichen Reize von der Vollkommenheit noch ein Stück entfernt. Sie wirken ganz und gar als die Zeichnungen eines Bildhauers. Diese IJinge sind ganz skuljJtural ge.sehen , und sie sind beherrscht von einer e.votisch-karikieren- (ien Tendenz , die einen Zug ins Mystische hat. Die eine Zeichnung, auf der die Kari- katur keine Rolle spielt (siehe Abbildung), löst ein Empfinden aus, ähnlich wie man es bei Minne hat; diese Zeichnung ist mir die liebste unter den Barlachschen Blättern. Aber das beste, was der Künstler aiil dieser Aus- stellung zeigte, war keine Zeichnung, sondern eine Skulptur: ein »Wanderer im Wind?, aus Holz geschnitten , von einem großen und sicheren Rhythmus, von einer schönen Bildung in sich bewegter skulpturaler Flächen. Ja, Barlach ist ein Bildhauer.

Radierung: »Seiltänzer«.

Von Leo Prochownik sah man einige vortreffliche iilätter. Dieser stille und sehr aufrichtige Künstler hat die märkische Land- schaft mit eigenen Augen gesehen, ein ruhiger lyrischer Rhythmus schwingt wohltuend in seinen Zeichnungen, die etwas von der Seele landschaftlichen Daseins einzufangen wissen.

Ein im besten Sinne deutscher Künstler ist Adolf Schinnerer. Wir geben eine seiner schönen Radierungen wieder, die ihn ausgezeichnet charakterisiert. Man erfreue sich an der Einfachheit, an dem sicheren Stil und dem prachtvollen Humor dieses Blattes.

Von Karl Walser sah man Radierungen, die als Buchschmuck gedacht sind: 16 Blätter zum Don Quichote und 16 ganz kleine Blätter zu den Ciedichten Robert Walsers, der ein Bruder des Malers ist. Die beiden schweizer- ischen Brüder zeigen in ihren Wcirten und

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Dr. Hatis Bethge:

ED. MUNCH KOPENHAGEN.

hingegriffelten Strichen, daß sie auch Brüder im Geiste sind. Der Stil des einen wie des andern weist eine sehr persönliche, zarte, zierUch-naive und nicht selten etwas karikatu- ristische Note auf. Etwas Traumhaftes blüht aus den Versen und den Radierungen hervor. Eine stille Melancholie in den Stuben und in der Landschaft. Resigniert wandelt der Dichter, die Hände in den Hosentaschen, durch die Büsche des nebeligen Feldes oder lümmelt sich an einem sonnenlosen Tage zu Haus auf dem Sofa.

Von dem jüngst verstorbenen Rudolf Wilke sah man eine große Kollektion seiner für den ;»Simplizissimus« gezeichneten Biälter. Am besten sind ihm immer die Säufer, Penn- brüder und Landstreicher gelungen. Er hatte eine eigentümlich kriselige Art die Feder zu

Lithographie.

füliren, er verstand es Typen zu individuali- sieren , wie wenige unserer Karikaturisten, und man konnte in dieser Ausstellung gut erkennen, wie weit er über seine Kameraden Thoeny und Reznicek herausragte, von denen man auch eine Reihe Blätter beisammen sah, einigermaßen oberflächhch empfundene Blätter. Die allzu stofflichen Arbeiten von Hans Baluschek wissen wenig zu interessieren. Auch Marcus Behmer, der freilich ganz anderen Zielen zustrebt, wirkt wenig erfreulich: kalt und epigonenhaft. Die Pastelle, die Ludwig von Ho ff mann geschickt hatte, erinnerten an den Charme der früheren Pastelle dieses Künstlers, aber ohne ihn zu erreichen. Von Emil Rudolf Weiß sah man reizende kleine Holzschnitte und eine vorzügliche Radierung: den wilden Akt einer Frau ; dieser

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Zeichnende Kümk

Künstler scheint sein graphisches Werk im übrigen kaum weiter auszubauen, sondern sich ganz nach der malerischen Seite hin zu ent- wickeln. \'on Theo von Brockhuscn gut gesehene, aber innerlich etwas arme Zeich- nungen. Drollige Typen des Berliner Prole- tariats von Heinrich Zille, dem sein Stil freilich schon langsam zur Schablone wird. Hübsche, aber etwas oberflächliche Illustra- tionen von Ernst Stern, der an Walser längst nicht heranreicht.

Bleibt noch auf die große Sammlung der Zeichnungen Franz Krügers hinzuweisen. Die Ausstellunsf hätte kleiner und gewählter sein

können, sie hätte uns dann das Profil dieses Künstlers in schärferer Prägtmg gezeigt. Krügers Porträt-Zeichnungen, die dem charakteristischen Wesen der Menschen mit liebevoller Hingabe nachgehen, haben etwas stark bürgerliches an sich. Dieser Zeichner stand fest auf der F.rde, und er gibt niemals Perspektiven in weite Hori- zonte. Sein Kreis war klein, aber er herrschte in ihm. Er ging der Natur mit einfachem, meist etwas nüchternem Sinne nach, Solidität ist die Basis seiner freundlichen Kunst, in der mannigfache kulturgeschichtliche Reize stecken, der aber die geniale Note fremd war. Krüger war ein liebenswertes Talent.

E. BAKLArH BERLIN.

Zcichnunij.

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l'Kcib. HKliXK. iMETZENDORK BENSHEIM. HERRSCHAFTS-HAUS DER GRÄFIN DE LIEDEKERKE— WÜRISHOFEN.

PROF. HEINR. METZENDORF— BENSHEIM. BRUNNENHOF IM HAUSE DER GRÄFIN DE LIEDEKERKE WÖRISHOFEN.

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l'Koh. HEINRICH MEI/.ENllOKF IIEX.SHEIM.

UAUS DEK GKAHN IJE LIEUEKERKE \Vi IKISHOKEN.

PROF. HEINRICH METZENDORF-BENSHEIM.

Am Werk des Baukünsllers . dem dieser kleine Aufsatz gewidmet ist, läßt sich leiclu und sicher nachweisen, wie eine zu- nächst in der Kleinstadt einsetzende künst- lerische Arl)eit ihre Kraft über die en<;en lokalen Grenzen hinaus zu dehnen vermag, an bedeutenden Aulgaben in den nahen großen Kachbarstädten heranwächst und schließlich Beachtung und Anerkennung bei der Gesamt- heit der künstlerischen Fachgenossen erzwingt und in deren Einschätzung den besten ].ei- stungen der Zeit nahegestellt wird. Vor mehr als zwull Jahren ist Prof. Heinrich .Metzendorf aus der Hast einer im I nd ustriegebiet ver- brachten Tätigkeit an die ihm heimi- sche Bergstraße zurückgekehrt. Er fand zum ersten Mal Muße zur

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ORUNDRI5S ZU OBIGRM HKRRSCHArlS-HAl's.

Sammlung und zu ruhigem Schauen. .\m Hang der den Odenwald gen Westen .abgrenzenden Bergstraße sind breite, in die Ebene auslau- fende Täler eingeschnitten. Sie lockten zur Wanderung in das Gebirg und seine stillen Dorlchen hinein. Da standen die alten frän- kischen und alemannischen Bauernhäuser in malerischer Mischung ihrer Bauanlage, kaum hier und da verdorben durch den Einbruch städtischer NachäfTung. Dam.als begann das \'orbild des englischen Landhauses bei uns

zu wirken und das Auge zu schärfen für den Zusammen- hang seiner Form mit dem Stil bäu- rischer Bauweise. Der junge Archi- tekt erkannte, was in den Bergen sei- ner Heimat Bau- sittc gewesen und er fand die reiche und mannigfaltige Möglichkeit der

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PBOFESSOK HEINRICH METZEXDORF BENS- HEIM A. D. BERGSTK.

HAUS KOMMERZIBNRAT DR. WEVL BENSHEIM.

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Ilehiiuh Metzendorf- liemhei

I'ROF. HKINRIIH METZE^-DORF— HENSHEIM.

Dachbildung, zumal der Giebelaufsätze und der verschiedenen Führung der Höhe und Fläche je nach der Lage des Hausplatzes am Berg oder an der Straße oder auf dem ebenen Wiesengelände. l'nd er sah die feine und sinngemäße Verwen- dung des Fachwerks über dem steinernen Sockel und die präch- tige Wirkung steiler Schindel - (liebel, zu denen der nahe Wald das Material lieferte, lauter Dinge, die man draußen in den städ- tischen Siedelungen an der Bergstraße langst übertüncht oder her- untergeschlagen hatte, um ja die Sjiuren bäu- rischer Zeiten zu tilgen.

r.Rl-SDBISI /fM HAfS K()MMt:H/lE\K \T HR. WKVL BFN-^IIKIM .

BRUNNENHOF IM HAUSE WEVI. HENSHEIM.

So ist Metzendorf ganz naiv und aus sich zu den Grundlagen einer auf alte Heimatsitte ge- stellten und doch ganz persönlichen Bauform gekommen , zu For- derungen und An- schauungen, die heute geläufig und selbstver- ständlich sind, die sich aber gegen Ende des vergangenen Jahrhun- derts erst langsam hervorgewagt haben. Heute sieht Metzendorf auf ein paar Anfänger- leistungen in Renais- sance und englischer Gotik als aul Jugend- sünden zurück, Seine ersten freien Gaben folgten der von den anderen verlassenen bodenständigen Tra- dition imd nutzten

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PROF. HEINRICH METZENI'OKF KENSHEIM.

HATs !)>' HAl'Mi.AK 1 I \ \\ ' iRlSHDt E.N.

PROF. HEINRICH METZENDORF— BENSHEIM.

H.\US HEITEFUSS— BENSHEIM. (SEITEN-ANSICHT.)

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PROF. HEINRICH MET/.ENUORF liEN^^HElM.

HAUS D". BAUMGARTEN WORISHÜKEN.

PROF. HEINRICH METZENDORF- BENSHEIM.

HAUS HEITEKUSS BENSHEIM. (VORDER-ANSICHT.)

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Professor H. Werner-Beiis/wi,

'Uli .

PROF. H. METZENIIORF. LANDHAUS ("hOLZBAI') DES GEH. RAT VOITH IN SCHACHAU AM BODENSEE.

das Material, das die nächste Umgebung in Fülle bot. Es wuchs längs der ganzen Berg- straße ein Haus nach dem anderen in eigener Schön- heit empor. Alte , von Stumpfsinn und Gedanken- losigkeit verdorbene Gebäude wurden auf des Künstlers Anregung im Schmuck der vom Überputz befreiten Holz- architektur wieder hergestellt, und rasch verstummte der Spott gegen den erst un- willkommenen Neuerer. Die Bewohner erkannten, daß ihre Städtchen und Dörfer

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bauliches Sondergepräge erhielten. Solch ein rückschauender Bericht im Chronistenstil scheint in aller Kürze not- wendig, wenn nun von den neuesten iMetzendorfbauten gesprochen werden soll, wie sie die Abliildungen dieses Heftes vor die Leser bringen. Längst ist ihres Schöpfers Tätigkeit über den Kreis der Heimat hinausgewachsen. Es sind ihm aus ganz Mittel- und Süddeutschland Aufträge in großer Zahl geworden. Das trug in die Form seiner Kunst fortwährend die An-

//iinrit/i M,/zt^}ii/oi I— /iiin/ifini.

PROF. HEINRICH MKTZENDOKF IIENSHEIM.

regung und Xotwendigkeit zum Erfinden Umbilden im Zusammenhang mit der im neuen Beschaffenheit der Baustellen und umschheßenden Umgebung. Diese wach den äuL'jeren Forderungen aber sicherten dem Schaffen Metzen- dorfs voranschreitende Entwicke- lung. Will man deren Ziel und das schon jetzt erkenntliche Er- gebnis — vergl. unsere Bilder zusammenfassend bezeichnen, so wird man sagen dürfen : es ist eine bestimmte Sicherheil der Formbehandlung erreicht, in der Sachlichkeit des Nutzungszweckes . und gröl'jtr Einfachheit zusammen-

OBERFÖRSTEREI LOFKENAU IN WÜRTTEMBERG.

und fließen. Natürlich aber bleibt auch dabei die .\b- mer sieht einer schmückenden, also der eigentlich der künstlerischen Wirkung bestehen. Dabei sind sen- die Iliuiser soviel wie möglich von innen heraus gebaut, man erhält aus dem Studium der Grundrisse den Schlüssel zum Verständnis, zu der rechten Emschätzung der .\ußenarchitektur. Die Anlage des herrschaftlichen Hauses der Gräfin de Liedekerke in Wörishofen for- Ijy dert die besondere Erläuterung, I daß es sich um eine auf weit- gedehntem grünem VVicsen])lan ganz freiliegende Besitzung einer Dame handelt, die eine große

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HEINRICH METZENDiiRF IIENSHEIM.

HAUS KRANZ BAHNER BENSHEIM.

HEINRlC-H MJiTZENDORE hENSHEIM.

HAUS GUtK.ENHElM WORMS.

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». IX. 1.

GRUNDRISSE ZU DEM LANDHÄUSERN VON HEINRICH METZENDORF.

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1. ARllElTERHÄUSER W. EULER- BENSHEIM.

2. VILLA OTTO HEITEFÜSS- BENSHEIM. 3.U.4.VILLA KOMMER ZIENRAT I)"- DIFFENE BENSHEIM.

5. VILLA L. GUGGENHEIM \VOU.\LS.

6 HAUS DU BAUMGARTEN— WÖRISHOFEN.

r. VILLA BAHNER— BENSHEIM A. n. BERGSTRASSE.

Heinrich Mftzfiifior/-Ben!tficiin.

Tietfreundin ist. Darum ist ein Stallgebäude durcli eine gedeckte Wandelhalle mit dem Wohn- haus verbunden. Ein großer, vom Hause ganz zu überschauender umfriedeter Hol gibt den Liebhngen der Besitzerin den Tummelplatz, und die Schau ül>er den Wicsen])lan und zu den in der Ferne aufsteigenden Alpenketten gew.'ihrt ein umbauter Turm, der in seiner allen Wettern und Winden ausgesetzten Lage eines be- sonderen deckenden Schutzes bedurlte. Am ganzen Werk dieses Wörishofer Hau5es läCt sich nun das Auge für die Kunst lormaler Zerlegung und Zusammenfassung , wie sie Metzendorf übt, auch im Hinblick auf die Prüfung der folgenden .Abbildungen gut ein- stellen. Der Beschauer erkennt, wie sicher und fein die einzelnen Teile der GröLje nach in Beziehung gesetzt sind. .Man könnte von einer geometrischen Aufteilung der Flächen reden, und doch drängt diese Abwägung sich nicht nüchtern und kalt auf, dem Ganzen eignet ein wohnlicher, traulicher Eindruck. Die geistige IJurcharbeitung des Entwurls kommt auch im Einzehverk zum Durchbnich, die Abbildung des Brunnenhofs und die Prüfung der Turmecke gibt guten Aufschluß darüber. Nach dieser stilisierenden Leistung ist das Bensheimer Haus W'eyl mehr aus dem t leiste einer behäbigen Behaglichkeit gestaltet, so recht ein Ruhesitz. Ein fester Hausteinsockel, ein Schindelgiebel mit s])itz aufsteigendem Dach darüber, ein breiter Loggiaeinbau und ein leichter Pergolavorbau, Dach und Giebel dem steil emporfuhrenden Gelände und der Wellenlinie der dahinter ziehenden Bergkette halbci stark betont und ausgebildet, damit ein energischer Ausklang nach oben für den Schaupunkt von der tieferen Straße gewahrt ist. Günstig stimmen vor den grünen Wein- bergen die natürlichen Farben des Materials zusammen mit dem weißen An'^trich des Rahmen- und Lattenwerks, und in solchem Bedacht auf die farbige F'rscheiniing in der Landschaft liegt auch ein \'orzug der .Metzen- dorlschen .\xi.

Die Wohnhäuser Heitefuß in Bensheim und Baumgarten in Worishofen stehen aul ebenem Gelände für sich. Es konnte ihnen durch eine stärkere Hervorhebung großer und bestimmter Linien im Aufbau eine gewichtige Bedeutung geschenkt werden , und es ist interessant zu erkennen, wie das im ersten Falle durch .Ausbildung des Sockelgeschosses, im zweiten durch Zerlegung des Daches und Giebeleinfügung gelungen ist. Für beide Häuser geriet auch die Grundrißlösung be-

merkenswert praktisch und einfach. Wieder wäre auf Farbe und M.aterialnutzung zu ver- weisen.. Wie fein der Steilgiebel mit dem vorgebauten Balkon aus gerauhtem Beton un<l seinem wuchtigen dekorativen Zierat am Hause Baunigarten! Danach bietet das Landhaus Voith am Bodensee bei Bad Schachen wieder eine ganz andere Leistung. Das Haus vor dem Hintergrund eines Parks mit der Front nach dem See gestellt. Breit und tief, so recht zum schirmenden Schutz das Dach herabgezogen, in die vordere Wand aber Leben und Wechsel getragen durch die eckigen Aus- bauten zur Seite, die reiche Belichtung durch die (ein verteilten Fensterausschnitte und die zurücktretenden .Mittelstücke über und unter dem in der ganzen (^)uere verlaufenden Hol/.- balkon. Nur der niedere Sockel ist von Stein, der ganze Aufbau der zwei Stockwerke da- gegen durchweg aus dunkelfarbenem Holz geschehen, in .\nlehnung an nordiselien Brauch und in der farbigen Stimmung vortrefflich dem breiten Rasenteppich davor und den dunklen Bäumen im Grunde angeschlossen. ,\uch dies Beispiel erfreulich im Sinne der Gliederung des Baus und doch auch seiner Fassung zur geschlossenen Einheit. Nach solcher Be- trachtung ergeben sich leicht die Vorzüge der übrigen im Bilde gezeigten Schöpfungen.

Wie Beschaffenheit und Lagerung der Bau- stelle den Wechsel der Form und die L"ni- gebung die stilistische Haltung bestimmen, mag eine Verglei( hung des Hauses F"ranz Bahner im Landstädtchen Bensheim und des Guggenheimschen Hauses aus einer Wormser Stadtstraße lehren. Aber auch dem Einfach- sten und ganz Anspruchlosen ist Metzendorfs .\rbeit zugewandt, ohne daß sie ihren künst- lerischen Grundzug aufgibt. Im landschaftlich prächtigen Zeller Tal bei Bensheim hat der .Architekt ein paar Arbeiterhäuser erbaut, wie sie jjraktisch gleich nutzbar nicht besser ge- dacht werilen können. Und wieder ist der Eindruck nicht zum mindesten aus dem .Ma- terial unmittelbar gewonnen. Vor allem beweist das obere Doppelhaus (Abb. Seite 161) die glückliche Verwendungsmöglichkeit des glatten Holzfachwerkes für die Zwecke der Arbeiterwohnung in kaum sonst ange- wandter .\rt, und es ist auch zu ersehen, wie gut sich die große Front durch die mit sicherem Gefühl eingesetzten hellfarbigen Schlagläden der Fenster bewegen und be- leben läßt. Das schmucke Sommerhaus Diffene aber mag man in seiner glücklichen Ein- fügung in das Waldbild der Neckarlandschaft

i6i

HKINRl' H Ml-.l/l .M'"K1' BENSHEIM.

bei Eberbach , in der Er- wägung seiner allgemeinen Form und in der Ausarbei- tung der Teile als letzte Schöpfung Prof. Metzendorfs noch einmal zum Anlaß einer prüfenden Erwägung seines Bildens und Könnens nehmen. Darin scheint um- schlossen, was seine beste Kraft ausmacht und be- stimmt : eine glückliche Er- findung, die jeder neuen Auf- gabe eine eigene Lösung sichert und von Werk zu Werk hinaufführt zu einer 1 .äuterung des Ausdrucks im Sinne der ungesuchten Schlichtheit, die nur der reifen Kunst eigen ist.

PROFESSOR H. WERNER-BENSHEIM.

HAUS KOMMEBZIEN- R AT DR. DIFFF.NK IN F.nRRBACH I. O.

164

Kit üAkl) KIl.Ml.KM.iJMll) Ml NCHEN.

Schlafzimmer in massiv Elch'

DEUTSCHE WERKSTÄTTEN FÜR HANDWERKS-KUNST DRESDEN UND MÜNCHEN.

Für den Freund des Kunstgewerbes gibt es kaum etwas Amüsanteres, als einige Stunden in den \'erkaul'sstellen der Dresdner Werkstätten zu flanieren und zu kramen. Ich weiß nicht zu sagen , wo mir mehr Ver- gnügen wurde : drüben in den bescheidenen Räumen, die sich die Firma herrichtete, als sie mit der öffentlichen Propaganda energisch einsetzte, oder in den überaus vornehmen Läden, die sie sich vereint mit den Münchner Werkstätten in Berlin baute. Hier wie dort trifft man die gleiche Ware, die gleiche Sach- lichkeit und den gleichen (leschmack. der aus trefflichem Material liebenswürdige Still- leben zusammenstellte . trifft man Verkäufer in dem idealen Sinne des Wortes, F'achleute, die einem nichts aufschwätzen, die dem Fragen- den Bescheid geben und selbst Bescheid wissen. Man kommt nicht in eines jener unförmlichen Magazine, die mit ihren zwanzig oder fünfzig Musterzimmern renommieren, die einem mit sämtlichen Stilen aufwarten können, die mit derselben Inniirkeit ihr Louis seize, ihre Sezession oder die allerletzte .Mode jjreisen, die jeden zivilisierten Menschen nach

kurzem Leiden wirblig machen und den dch- rockmann, der tausend unnützige Worte i)lät- scherte, verwünschen lassen. .Man kann es kaum anders ausdrücken , man muLl sagen : diese X'erkaufsstellen haben ihre eigene, wohl- temperierte Kultur , sie wirken gepflegt und reserviert und erfreuen durch ihr freimütiges unverhülltcs Selbstbewußtsein. Das Prinzip, nach dem sie geleitet werden, ist garnicht zu verkennen : nichts Schlechtes, nichts, was nicht der Zeit und ihrer Art gehört. Wie oft seufzen doch die Ciesrhäftsleuie, daß das Moderne niclit ginge, daß das Publikum immer wieder nach dem guten Alten ver- lange, daß das sich nun einmal nicht ändern ließe, man müsse Stil führen, und könne das Neue nur nebenbei protegieren. Das eben ist jene verkehrte Methode, die es aller Welt gerecht machen möchte und dabei nur Un- recht schafft. In den Verkaufsstellen der Dresdner gibt es nicht das, was das Publi- kum will, vielmehr das, was es haben muß. Dies allerdings in einer so überzeugenden Form und in einer Vollkoinnienheit, daß selbst arge Skeptiker und träge Ciewohn-

lao». li. 5.

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ARCHITEKT KARL BERTSCH- MÜNCHEN.

SCHLAFZIMMER IN BIRKEN-HOLZ GEBEIZT.

PROF. RICHARD RIEMERSi HMID-MÜNCHEN. SC HLAt/.lMMER. IIIRKE.N-HOLZ WEISS LACKIERT.

Ausführung: Deutsche Werkstätten für Handwerkskunst G.m.b. H.— Dresden und München.

l'KOF. RICHARD RIF.MtRiCHMlU MÜNCHEN.

WOHNZIMMER IN MAHAGONI.

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PROF. RICHARD RIEMEKSCHMII) MÜNCHEN. HERREN/IMMER IN EICHEN-HOL/..

Ausführung: Deutsche Werkstätten für Handwerkskunst G. ni. b, H.— Dresden und Mtinchen.

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PROF. OTTO GT'SSMANN -DRESDEN.

KNUPF-TEPPICH.

ARCHITEKT MAX HANS KÜHNE DRESDEN.

KNUPh-TEPPU H.

Die Datisfheii ]] crks/dffe».

hoitsmcnschen aut- gcrültelt und be- siegtwerden. Durch diese Räume \er- niag niemand zu gehen und mit törichtem Pathos und protziger Bla- siertheit zu säuseln : <las ist uns nicht vornehm .i;cnui;, bei unserm \' erkehr und unserer Stellung uni.1 überhaupt, l )der: det sieht ja nach uischt aus. Wer hier ein- tritt, wird vielleicht erschrecken , wie der l'arvenu er- schrickt , wenn er an alten Adel ge- rät ; wer hier ein- tritt, und von guter (Besinnung ist, wird Haltung bekommen. Wer es bisher nur unsicher spürte, daß es eigentlich ein Un- sinn sei, das Speise-

TKUCtlSSOR

II lU C.USSMA.N.N

UKKSDF.N.

Zimmer Hämisch, den Salon F,m])ire und Sihlal'-ZimnuT engliscli sein zu lassen , dem wird zwischen ' diesen reifen Früchten red- lichen Strebens die Gewißheilaufgchen: ein jeder Mensch bedarf dessen, was am reinsten die

Sinnesart seiner Zeit zum Ausdruck bringt ; dies hier, iliese Möbel, dieses Metallgerät , diese Keramik, diese (le- webe und Sticke- reien zwingen zu dem Bekenntnis : (ieist von unscrni Cleist. Ks ist in Deutschland wäh- rend der letzten Jahre vieles, sehr vieles besser gewor- den. Den Dresdner Werkstätten wird fiir

SPIHGF.L l.N'

GUTRieilKNKM

MKS-SING.

169

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PROF. ADELEEKT NIEMEVER MÜNCHEN. PORZELLAN-V.ibE UNIJ FRUHSTUCKS-GESCHIRR.

Ausfiihnmj;;: Königlich Baycrisclie PorzelLin-Manufalitur Nymphenburg.

VERTRIEB DURCH DIE DEUTSCHEN WERKSTÄTTEN FÜR HANDWERKSKUNST G. M. B. H.— DRESDEN.

PROF. ADELBERT NIEMEYER— MÜNCHEN.

TINTENZEUG IN PORZELLAN.

Die Datfsrhni IVerks/äf/cn.

PROF. MAX L/VUGER KARLSRUHE.

immer der Ruhm bleiben, daß sie frühzeitig er- kannten, was not tat. Von ihrem Gründer Karl Schmidt darl man sagen, daß er zu jenen Unter- nehmern gehört, die, wenn sie ans Ziel gelangen, wenn sie verdienen, zugleich den völkischen Reichtum mehren, den Ruf der nationalen Pro- duktion sichern helfen. Was bedeuten schließ- lich all die schönen Worte der lobesamen Kultur] )rediger, der feinnervigen Ästheten; eine einzige, anständige Wohnungsausstattung, ein guter, brauchbarer Tisch, ein geschmack- voller 're])]iich leistet mehr. Und mm haben die Dresdner \\'erkstätten seit manchem Jahr Waren produziert, deren Sachlichkeit zugleich ihre Schönheit, deren Rhythmus notwendig, deren Charakter ein Spiegelbild der besten Tugenden unserer Zeit ist. Sie haben nicht wie ein bescheidenes Veilchen im Dunkel vegetiert, noch haben sie ideologisch über den Unverstand der Barbaren geseufzt; sie sind kecken Mutes mitten in den Markt ge- s]irimgen und haben die Ellbogen gebraucht. Das, was sie als das Richtige erkannt, haben sie nie verleugnet, haben ihm vielmehr mit allen Mitteln dieser Welt den Sieg zu ver- schaffen gesucht. Und haben gesiegt. Dresd- ner Werkstatten, das bedeutet heute: einer

V.isen in Steinzeug.

der größten deutschen Ik-triebe für Innen- einrichtung, der sich aus eigenem Entschluß und mit unbeirrbarer Konsequenz unter das Gesetz der Qualität und des Geschmackes gestellt hat.

Dieser Erlolg wäre Karl Schmidt nicht geworden , wenn er nicht von .\nfang an in engster Gemeinschalt mit weitblickenden und fähigen Künstlern gearbeitet hätte. Er hat sich nie auf alte Musterbücher gestützt und hat sich nicht damit begnügt, einmal einen modernen Entwurf zu erhandeln, um ihn dann auf Teulel komm 'raus zu variieren , markt- gängig zu machen. Er hat in intimster Wechselwirkung das Seine dazu beigetragen, daß des Künstlers Absichten immer voll- kommener und selbstverständlicher wurden ; er hat keine Anregung ungenützt gelassen, und nie geglaubt, daß es an seiner Ware niclits mehr zu vervollkommnen gäbe. Er hat auch von vornherein begriffen, daß gute Arbeit nur durch gute .Arbeiter geleistet werden kann, daLi nichts lür die konstante tjualität einer Produktion gefährlicher ist, als wenn die Fabrik einem Taubenschlag gleicht. Er hat heute noch Arbeiter aus jenen Tagen, da er mit drei Mann anfing; und heute sind

171

PROF. ADELIIERT iNIEMK\tR MÜNCHEN.

FRUHSTUCKS-SERVICE IN PORZELLAN.

PROF. ULAX L.\UGER- KARLSRUHE.

SPEISE-W.ARMER IN STEINZEUG.

l>K(iPF.SSiiK ADKLBEKT NIEMEVKR MLNCIItN.

FROhSTUCKS-SERVICE in PORZELLAN. Ausf.: K. B. Porzcltan-Maniifaktur-Nymplirnburf.

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PROFESSOR MAX LÄUGER KARLSRUHE UND R. RIEMERSCHMIL» UÜN< HKN. PKLANÜENBEHÄLTER IN STKINZEUO.

1909. IT. 6.

173

ENTWURF UNIJ AUSFÜHRUNG: FESTERSEN HERLIN.

VASEN UNIi SCHUSSELN IN STEIN/.EUG.

ENTWURF UND AUSFÜHRUNG: FESTERSEN -BERLIN.

JOANNEN IN STEINZEUG.

ENTWURF UND AUSFChRI"NO: FKSTERSEN- BERLIN.

KANNEN IN STEINZEUG.

ENTWURF Vni) AUSFÜHRUNG: FE.STERSEN BERLIN.

KANNEN IN .STEINZKUG.

General-Vertrieb: Deutsche Werkstittcn fur Handwerkskunst— Uresderi.

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PROFESSOR MAX LAUGEK— KARLSRUHE.

\-ASEN IN STEINZEUG.

PROFESSOR MAX LAUGER KAKI.SRUHK. VASEN UND BLUMEN-KUKEL IN STEINZLUG.

Deutsche Werkstätten fiir Handwerkskiiiist— Dresden und München.

177

RICHARD RIEMER- SCHMID— MÜNXHEN.

TISCHDECKEN MIT KURBELSTICKEREI.

TISCHDKCKK MIT

KL'HBBLSTICKBRHI

l'ND nKDRU( KTR DKCKI'

HSIWURI KtCHAKO RIKMHR5CHMID.

Al'SFl'HRUNt.: »RUrsi Hl!

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HANfiWBRKSKrNST.

■79

Robert Breuer— Wilnicrsdorl :

'ihrer beinahe vierhundert. Da ist es offenbar, daß solch ein Personal sich eingelebt hat, daß es mit erfüllt ist von dem Wollen der Leitimg. Die Trinitat von intelligentem, eine neue Kultur witterndem Unternehmer, erfindungsreichem, nie versiegendem Künstler und gut erzogenem Arbeiterheer, die ist es, der die Dresdner Werkstätten ihren Ruf und Kinfluß verdanken.

Der Künstler, der am innigsten mit den Dresdner Werkstätten verbunden, ist Richard Riemerschmid. Das ist bekannt genug, als daß es notwendig wäre zu zeigen, wie dieses Iirachtvollen Mannes kühle Sachlichkeit und herzfreundliche Hingabe an die heilige Auf- gabe, das Heim der Menschen zu bauen, den Typus des Dresdner Möbels bestimmt hat. Riemerschmid hat einen bewundernswerten Instinkt lür das Wohnbedürfnis, für den be- rechtigten Komfort arbeitsamer Bürger; er gibt allem, was er schafft, so viel Physiologie, daß es zu einem neuen, bisher noch fehlen- dem Glied des Menschen bestimmt zu sein scheint. Seine Stühle umfangen, seine Schränke schließen ein, der geringste Bestandteil an einem jeglichen Stück hat nicht nur für dieses, auch für den Benutzenden eine Funktion zu verrichten. Riemerschmid zwingt dem Menschen nie etwas auf, wonach dieser nicht aus letztem Sehnen selbst verlangte; er zwängte kein Material, weder das Holz, noch das Metall, noch die textile Faser, in Formen, die nicht schon latent darin geschlummert. Die .\bbildungen, die heute hier gezeigt werden, geben zunächst ein Zimmer Maschmenmöbel. Man weiß, daß es sich dabei um einen Massenartikel handelt, allerdings im besten Sinne dieses Be- griffes. Es sollen möglichst billige Möbel mögüchst gut und geschmackvoll hergestellt werden. Dazu ist notwendig, daß dies in vielen Exemplaren geschieht, daß die Maschine zuschneidet, hobelt, fräst, bohrt. Nur die Montage verbleibt der Hand, muß aber präzis und schnell erledigt werden können. Diese aus ökonomischen Gründen notwendige Tech- nik fordert schlichte Formen; die Maschine darf keine unnützen Schwierigkeiten, keine überflüssigen Widerstände finden. Glatt heißt aber nicht formlos ; die Maschine schneidet jedes Verhältnis, die Schönheit des Ma- schinenmöbels ruht in seinen Proportionen. Xiemand hat das besser begriffen als Riemer- schmid, Dutzende von Zimmern beweisen dies, auch das hier abgebildete. Haben diese Betten mit ihrer reizvollen Gliederung und ihrem amüsanten Stabwerk auch nur eine Spur von

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jener berüchtigten Billigkeit, jener elenden gefühlsrohen Schablone, die weithin den Fluch aller Massenware bildet'!*' Sie sind aus Eiche hergestellt und kosten (das komplette Zimmer) 555 Mk. Ein wenig teurer ist das zweite Schlafzimmer; aus Fichte, weiß lackiert, kostet es 760 Mk., gestrichen 730 Mk. Die Betten sind diesmal metallen, sie sind die knappste F'ormel einer solchen Kon- struktion. Die Beschläge an den Schrank- türen sind (wenn es auch schlecht klingt) : der ganze Riemerschmid. Sie greifen von der Wand auf die Tür und machen das Gelenk deutlich fühlbar (freilich nicht in der Abbildung), sie sind zugleich ein redliches und zierliches Stück Schmiedearbeit. Das Herrenzimmer muß man mit irgend einem jener Monstren vergleichen, die bisher selbst in anständigen Familien hergerichtet wurden. Ein Herren- zimmer muß urwüchsig und markig sein, sagen die Leute ; wie viele , selbst unsere Modernen, verwechseln das Herrenzimmer mit einem Arsenal, einem Apjtarat falscher Würde. Manche machen daraus auch ein Boudoir. Riemerschmid trifft aufs Haar den richtigen Ton; an diesem Schreibtisch zu sitzen, braucht sich niemand zu schämen, braucht sich darauf auch niemand etwas einzubilden. Wenn Riemerschmid nichts anderes als Möbel ge- macht hätte, so hätte er schon viel getan ; aber er tat mehr. Es gibt wohl kaum ein Gebiet der Inneneinrichtung, kaum ein hier angewendetes technisches Verfahren, das durch Riemerschmid nicht neue Kräfte empfangen hätte; er schuf Tapeten, Linoleum, F"enster- bekleidungen , Möbelbezüge , Beleuchtungs- körper, Keramik und Glas aller Art. Wir bekommen diesmal drei Decken in Schnur- stickerei, und eine bedruckte Decke zu sehen. Es sind dies schöne , große Stücke besten Leinens (im eignen Betriebe der Werkstätten gewebt), darauf wurde nach vorschabloniertem Muster eine Schnur festgenäht , sie bleibt unter den Stichen der Maschine verborgen, läßt diese aber voll und plastisch erscheinen. Neben Riemerschmid haben die Dresdner ^^"erkstätten sich noch manchen anderen Künstler zum Wegzeiger gesetzt. Deren einer ist Bertsch; auch er arbeitet mit wenigen Mitteln, nutzt sie aber zu vornehmeren und mehr eleganten Absichten. Das abgebildete Zimmer ist aus Birkenholz; dessen warmes Strahlen eint sich prächtig mit dem kalten Schein der Kacheln, die in die Wände des Erkers gesenkt sind. Noch flüssiger in seinen Formen, noch prächtiger in seinen

Die Daitschoi ]]'c>kstäffr>i.

larbcn ist l in LI mann; er hat eine besonilers glückliche Hand für das Textil. Seine Teppiche sind aus dem feinen RJiythmus, dem leichten Wogen der unter dem schrei- tenden Füll sich elastisch regenden Nopjten empfunden. Kr ist einer tier wenigen Tcx- tiliker, die keine Muster zeichnen, sondern die Technik schön organisieren; als er den hier gezeigten Te])pich entwarf, vollzog sein Ge- fülil den Prozeß des Knüjifens. Man be- achte daraufhin die großen, unregelmäßigen Karbtlecko, die erst zusammenwachsen, wenn ihre Peripiierie durch die Faserbüschel in ein Wogen und Zittern aufgelöst wird. Die Dresdner Werkstätten haben nun diesen Tep- l)ich weben lassen; man darf sagen, daß es gelungen ist. Ein guter' Teil der urs])rüng- lichen Wirkung blieb erhalten; der Preis aber sank erheblich, der Teppich kostet bei drei bis vier Metern 325 Mk. Reizvoll sind die Spiegelrahmen,, die (nißmann in Messing- blech treibt; sie blinken hell und freundlich und amüsieren durcli ijire flackernden Lichter. Ein außerordentli(-]i scliönes und wertvolles Lager unterhalten die Werkstätten in ihrer keramisclien .\bteihing. Sie meiden alles.

was niclit zu dem besten des heute Hervor- gebrachten gehört. Sie haben Niemeyer, Läuger und die entzückenden Wiener. Sie sammeln auch alle gute Bauernkeramik und Jiaben in der letzten Zeit die .-\rbeiten ties i5erhners Festersen in Generalvertriel) ge- nommen. Von Niemeyers Porzellanen zu schwärmen, von ihren klingenden F'ormen, ilirem purpurnen und rosaen Leuchten, ihrem goldenen Aufblitzen zu träumen, muß jedem F.m])findsamen ein seltenes Vergnügen sein. Läuger ist derber, auch monumentaler; sein Steinzeug liat von Japan profitiert; er be- herrscht ein praciitvolles Blau, und ein sehr interessantes Braun ; er wagt mit gutem Ge- Ungcn stark plastische .\uflagen , mit ge- ringerem Erfolg das Einlegen von Glasmosaik. Festersen verarbeitet eine ziemlich grobe Masse , er weiß die ihr geliörende l'^orm zu finden; seine Farben sind grau, grün und mejirere Töne \ on Blau. In lustigen Flocken, in Kreisen und Wcjlken s|)iek'n diese Nuancen auf indifferentem Grund. Es ist dies eine sehr gesunde, sehrkräftigcKeramik, ausderuns sicher nocji manches gute Stück kommen wird.

BKRLIN-WII.MKKSDORK.

ROBERT BREUER.

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ENTWURF: BAILLIE SCOTT.

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glas-schraNk in ebenhoi./,.

1909. IX. 7

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cbifon Jaiiniaim :

VERniSSMEIN- NICHT IN HAl'KRNSCHi'sSEL. MARGAKETKN U. r.KTBI IDK IN HAFUKSCHWINGE.

BLUMEN -BINDEKUNST.

zu liEN AkHKlTEN \ ON hKAN/ISKA BRUl K.

Die landläufige Bindekunst verwischt alle Erinnerungen an das natürliche Wachs- tum der Blumen ; ihr erster und einziger Zweck ist es, Dekorationen zu schaffen, die Blumen sind dazu nichts weiter als Material. Ihie Ideale sind Fülle und Pracht. Oder »Sinnigkeit«. Da wird eine unglaubliche Materialverschwendung getrieben, diese Bou- quets müssen wirken wie ein Feuerwerk, wie ein Vulkan kostbarster Blüten, sonst werden sie nicht beachtet. Es ist immer verdächtig, wenn eine Kunst des Überflusses zur Wirkung bedarf, und der Eindruck pflegt dann auch nicht sehr tief zu gehen. Die Dekorationen unserer Gärtner und Bindekünstler können nicht mehr, als für einen Augenblick berücken; die Jjlumen selbst, die man züchtet, sind ja oft sehr schön, und man erstaunt zunächst über ihre Menge. Aber es schleicht sich

auch gleich ein Gefühl des Bedauerns ein, daß diese feinen Geschöpfe so in Massen zusammengeworfen sind, wo ihre persönliche Würde, ihr innerer Gehalt so gar nicht mehr zur Geltung kommen kann. Alle diese »Arrangements« geben im Grunde dasselbe, sie erzählen nichts von der Blume , sie dienen ihr nicht. Ob sie nun »gefällig«, »süße oder »prunkvoll« sind, sie haben keine Kraft, keine feineren Reize und keine Tiefe. Es sind Dressurstücke, die den elementaren Naturcharakter aulgehoben haben. Sie wirken im ersten Moment oft bestechend, aber es sind eigentlich keine Blumen mehr, sie haben nichts mehr von Erde, Sonne und freier Luft.

A'on den schlimmsten Greueln rede ich hier gar nicht, den Blumenkähnen, Kreuzen, Harfen und Ankern. Sie sind nur die

lf^3

B/uiiien - Bitidekunst.

Konsequenz einer Bindekunst, die die Blumen innerlich verachtet und mißhandelt. Vor ein paar Jahren gab es eine Mode, die uns zeiu'te, was alles aus Holzschwamm hergestellt werden kann; man konnte ganze Zimmer- einrichtungen aus Hülzschwamm kaufen. Der Stolz des Bindekünstlers, der aul der Höhe seines Faches steht, ist, durch keinen Auftrag verblüfl"t zu werden, er »macht alles aus Blumen«. Er kann aber noch etwas: er weiß , wie man alles mit Blumen verzieren und schön machen kann. Bei Hochzeiten soll es vorkommen, daß ab und zu auch ein prosaischer, aber nützlicher Gegenstand

geschenkt wird. Unser Blumenkünstler zeigt dir, wie man solche häßliche Zweckmäßigkeit durch Blumen entschuldigt und erträglich macht. Man bindet ihnen mit einem himmel- blauen Bändchen ein Sträußchen um, oder wenn es eine Bratpfanne ist, füllt man ihren Bauch hübsch mit Vergißmeinnicht. Irgend eine innere Beziehung muß vorhanden sein, daß PantölTelchen mit Stiefmütterchen gefüllt worden, denn in einer Gärtnerlehranstalt war das in der Klasse eines berühmten Gärtner- philosophen als vorbildlich zu sehen. Ebenda wird auch gelehrt, daß einer Dekoration womöglich eine poetische ^Idee- zugrunde

OL-WKIDK. VASK ENTWOKf-BN VUN FRANZISKA HKf( K.

183

Allton JaitDiaini :

IRIS, SCHILF UND WASSER-ROSEN IN ALTJAPANISCHER KUPFER-SCHALE.

liegen solle. Man trage alle rosa Blüten zusammen, deren man habhaft werden kann, und behänge alle Gegenstände des Raumes, die das irgendwie zulassen, mit zartgrünen Bändchen und dann sage man der Hochzeits- gesellschaft, diese Symphonie von Zartgrün und Rosa drücke das Thema »Frühlingsweben« aus und sei eine sinnige Huldigung für die jugendliche Braut! Man vergesse aber ja nicht, dies mitzuteilen, sonst kommen die Gäste am Ende auf den Gedanken, bei der -»Frühlingswoche eines Warenhauses zu sein. Von hier zur Pflanzendekoration des

I apaners scheint nur ein Schritt. Auch sie ist mit Ideen stark be- lastet. Der Japaner genießt dabei ebenso die intellektuelle Lei- stung wie die sinn- liche Schönheit. Die ganze Theorie und alle die Paragraphen der japanischen Pflan- zen - Dekoration aus- führlich zu entwik- keln , mangelt hier der Raum. Es dür- fen nur ganz be- stimmte Pflanzen und Pflanzengattungen zu- sammengestellt wer- den , ihr Verhältnis untereinander und zum Gefäß ist genau vorgeschrieben. Pa- ragraphen bestimmen über die Menge und Gruppierung der Blü- ten und welche Farbe das Gefäß dazu haben muß. Das alles kann schließhch noch mit stilistischen Absich- ten begründet wer- den. Für uns aber unverständüch sind Dogmen wie die von den männlichen und weiblichen Farben und Pflanzen, von der Bedeutung der Him- melsrichtung , vom

Symbolismus der Linien in der Füh- rung der Zweige. Der Japaner liest aus einem solchen Pflanzenbild sehr viel heraus, was den Pflanzen absolut fremd ist. Er hat eine »Blumensprache« und eine Dekorationsgrammatik, in der man den sonst so sinnlich kultivierten Japaner nicht wieder erkennt. Nehmen wir zu seinen Gunsten an, daß das meiste von diesem theoretischen Wust auf das Konto fremder Religionen und Philosophien zu setzen ist.

In seinen Dekorationen ist der Japaner, der doch die Blumen so sehr lieben soll, oft recht gewalttätig gegen sie. Er begnügt sich nicht mit der Auswahl von Zweigen,

184

Bhtnieu -Bhidektmst.

die ihm für sein Deko- rationsgedicht besonders geeignet erscheinen , er reiLlt auch Blätter \ind Blüten ab, wie es das Dogma verlangt , und verbiegt und beschnei- det die Zweige ganz nach Willkür. Das lite- rarische Element ist so stark, daß solche Pflan- zen-Dekorationen sogar mit Bildern und Schrift- täfelchen kombiniert wer- den, um die ildee« mög- hchst vollständig u. deut- lich auszusprechen. Trotzalledem hat jede ja- panische Prtanzendeko- ration feine künstleri- sche Reize und unsere Blumenkünstler könnten von den Japanern noch eminent viel lernen. Der Japaner überlädt seine Dekorationen nicht. Die Häufung der Blumen, bei der keine voll und rein zur Wirkung kommt, kennt er nicht. Es sind immer nur ein paar Bflanzenindividuen , die er in eine Gemeinschaft bringt und die werden so behutsam eingeord- net , daß keiner ihrer leinsten Reize Einbuße erleidet. Neben unseren Gärtner - Prunkstücken sieht so eine japanische Idylle kümmerlich aus. Und doch sagt da eine Blume mehr als dort ein

ganzes Dutzend. Vor allem gehen bei unserer Dekorationsweise die Feinheiten der Linie meist ganz verloren, während sie der Ja])aner ins beste Licht stellt und sie ihren ganzen Charme entfalten läßt. Der Japaner weiß es mit kaum merklichen Mitteln einzurichten, daß auch die intimsten Schönheiten der Pflanze mitklingen und beachtet werden: die Gruppierung der Zweige und Blüten, die Nuancen der Farbe, der individuelle Charakter untl endlich die Beziehungen zum Raum und zum Menschen. Im Material ist der Japaner nicht engherzig. Er findet auch an groben

LlLIIiNZWIilG IN ALTJAI'ANISCHER VA.SE. Pl-LANZENDHKORATION VON FRANZISKA IIKICK.

Asten die Schönheiten des Wachstums, die Blüte spielt durchaus nicht die Hauptrolle wie bei uns. In solchen Dingen kann uns der Japaner die besten Anregungen geben, wenn wir auch seine gewaltsame Linien- stilisierung und seine Symbolismen ablehnen. Recht fremdartig mutet es uns auch an, landschaftliche Andeutungen in die Dekoration hineinzubringen. Für den Japaner ist die Dekoration immer eine Art Exzerpt eines Landschaftsbildes. In der Horizontale der Gefäßoberfläche ist ihm die Erde angedeutet, in der \'ertikalen müssen dann natürlich auch

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PIXAN^EN-UEKOKATIONEN VON FRANZISKA BRÜCK- BERLIN.

JUNIPERUS.

Bluvieti -Biudekuusl.

Gebirgs-, Tal- und Wasserptlanzen in der richtigen Abstuluni; sich folgen. Solch eine malerische Auflassung im Stile des japanischen Miniaturgartens geht uns zu weit. Wohl aber wird die feinere Emiilindung verlangen, daß nur Pflanzen und Zweige verwandten Charakters zusammengebracht werden.

Der Jajjaiier ist, wie gesagt, sehr sparsam in seinen I'tlanzendekoratiuncn. Daß man einen Raum mit einem Dutzend und mehr »Arrangementsc füllen kann, ist ihm unver- ständlich. Dazu faßt er die Pflanze doch zu individualistisch auf.

Die eigentliche Bindekunst, auf die unsere Oärtner so stolz sind, existiert dort überhaupt nicht. Der Japaner hat doch soviel angebore- nen Geschmack, daß er nie in die Versuchung kommt, aus Veilchen Schiffe und aus Mai- glöckchen Triumphpforten zu errichten (eine Leistung, die bei der letzten (Gartenbau- Ausstellung- im »Zoo« den Preis der Kaiserin erhielt!) Auch wird er keinen Pantoftel mit Stiefmütterchen füllen. Selbstverständlich hat kein Mensch etwas einzuwenden gegen einen lllumenstrauß, derein Blumenstrauß ist. und gegen einen wirklichen Kranz. Mit solchen gemeinen Dingen geben sich unsere Blumen- bindereien schori gar nicht mehr ab. Strauß und Kranz sind dem Japaner zu architektonisch strenge Gebilde. Aller Symmetrie pflegt er mit größtem Raffinement auszuweichen. Dazu liegt aber für uns natürlich nicht der mindeste Grund vor. Strauß, Kranz und Girlande gliedern sich unsrer Architektur aufs beste ein.

Franziska Brück, von deren einzigartiger Kunst unsere .Abbildungen ein i)aar Proben geben, hat auch in diesen abendländischen Stilformen schon Vorbildliches geleistet. Aber am merkwürdigsten ist doch, wie sie in die (Geheimnisse desja])anischen Pflanzenschmuckes eingedrimgen ist. Sie hält sich nicht sklavisch an die olt unvernünftigen Dogmen der Japaner, aber die Kunstmittel ihres Dekorationsstils beherrscht sie mit souveräner Sicherheit. Sic schafft in ihm weiter und weiß selbst dem Japaner neue Möglichkeiten seines Stils zu zeigen.

Es liegt hier keine der verpönten Imi- tationen vor. Franziska Brück war nie in Japan und hatte auch von jajianischer Binde- kunst nichts gekannt, als eines Tages kon- statiert wurde, ihre Dekorationen wären ja ganz japanisch. Es war eine Art Wahl- verwandtschaft, die sie in diese Richtung trieb. Sie hatte von Jugend auf Blumen ge- liebt und gepflegt, ohne aber als Gärtnerin

oder Binderin in ihnen die Ware, das Materi.il zu sehen. Sie war immer nur die Lieb- haberin der Blumen und ist es wohl noch heute. Sie sah die Pflanzen nur als Künstlerin; sie schätzte jedes Hälmchen, jeden frischen oder welken Zweig, aber ohne Gedanken an die Verwendung in Arrangements, sie sah überall die Feinheiten der Farbvaleurs, der Gru])pierangen, der Linien, der Charaktere, all die heimlichen Schönheiten, die auch die Japaner suchen und scliätzen. Zudem wächst ja die Natur selbst immer unsymmetrisch, wer einen Zweig oder Blumenbüschel ohne Zwang in die rechten Gefäße stellt, dem bilden sie fast von sellist japanische Gruppen. Der japanische Stil in den Brucksclien Deko- rationen war also eher da, als die Bekannt- schaft mit den Japanern, die sie dann aUer- dings eingehend studiert hat. Sie hat von den Japanern auch manche Anregungen über- nommen, aber auf die literarischen Finessen sich nie eingelassen, und zu dem grausamen Biegen und Zerschneiden der Zweige konnte sie sich nie verstehen.

Anregungen gaben die Japaner besonders für die Kombination verschiedener Pflanzen- arten, für die Geläße und für die Befestigung. Die Körbchen, die Bambus- und Rindenstücke, das sind sehr hübsche Motive, von denen öfter Gebrauch gemacht werden sollte. Leider sind unsere guten alten Blunienampeln fast ganz verschwunden. Franziska Brück verwendet die verschiedensten (Gefäße, jede Art, kann man sagen, soweit sie wirklich Blumengefäße und geschmackvoll sind. Andere Kleinkunst wird als Ergänzung der Dekorationen nicht verschmäht, so liegt auf dem ersten Bild ein buntes Bauerntuch, das wie selbstverständlich zu diesen ländlichen Blumen zu gehören scheint. Es ist oft schwer zu entscheiden, ob die Blumen bei diesen Dekorationen .Mittel oder Selbstzweck waren, ob es sich mehr darum handelte, mit Pflanzen zu deko- rieren oder Pflanzen in günstigster Weise zur Schau zu stellen. Jedenfalls betrachtet Franziska Brück die Blumen nie als bloßes .Material, sie behandelt sie wie Kinder und sorgt ängstlich, daß sie nicht leiden, physisch nicht und ästhetisch nicht. Für die Ber- liner (Gesellschaft waren solche Prinzi]iien freilich ganz neu und es kostete ihr manchen harten Kampf, ihren künstlerischen Eigen- willen durchzusetzen. Ihr N'erdienst ist es, keine Kompromisse eingegangen zu sein. Sie hat sich ihre reine Künstlerschaft in einem Beruf bewahrt, in dem die kras-

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Blunicii-Bijidckuiisi.

MODERNE BUCH-EINBÄNDE.

seste Geschmacks -Vorbil- dung bisher das beste Mittel zum Erlolg war. Man muß sich wundern . daß sich noch nicht mehr unserer überflüssigen Kunstgewerb- lerinnen diesem schönen, bedeutungsvollen und recht fraulichen Beruf zugewandt haben. Ein empfindlicher Farbensinn, zärtliche Liebe zur Natur und der so weibliche Trieb zu pflegen und zu schmücken, die könnten sich

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hier aufs glücklichste ver- wirklichen. — Freilich die Grundgesetze des Pflanzen- schmucks sollten mit der Zeit Allgemeingut werden wie in Japan. Sie gehören unbedingt zu dem, was die junge Hausfrau wissen muß. Zu diesem volkstümlichen Blumenschmuck wie zu der »höheren« Deko- rationskunst wird Franziska Brück eine schätz- bare Führerin sein. anton jaumann— Berlin.

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ENTWURt UND AUSKÜHRUNG: JOH. RUDEL ELBERFELD. BUCH-EINB.\NDE MIT HANDVERGOLDÜNG.

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FRITZ OSSWALD-MÜNCHEN. GEMÄLDE: »SOMMERTAG«.

FRITZ. OSSUALU Ml NCHEN.

i icnialde; Landsleute

Mit Geneliniinung der Münchner -Jugend

MALER FRITZ OSSWALD- MÜNCHEN.

Kunstzeitschriften sind wie die großen Salons der Gesellschaft: man ist in der Regel schi)n bekannt und liegutachtet, wenn man in ihnen vorgestellt wird. Sie drücken dann nur noch das Siegel auf vorhandene und bereits gewürdigte Verdienste und öffnen neue Wege den Kräften, die sich schon als marschfähig erwiesen haben.

( )sswald ist kein homo novus. Nicht gerade frühe, aber reichlich und ohne Reserve kam der Erfolg zu ihm. Spät genug, um das freie Werden einer selbständigen Be- gabung nicht zu gefährden, frühe genug, um die Produktion dieser Begabung krältig an- zufeuern und zu reicher Selbstoffenbarung zu nötigen. Ausstellungen und Verkäufe haben seinen Namen in Süd- und Mitteldeutschland

bekannt gemacht, die Kritik, die sich jungen Kräften gegenüber gerne blamiert, hat sich in seinem Falle recht wacker gehalten. ( )ss- wald gehört zu den ersten Vertretern dessen, was man so oft als den reichhaltigen künst- lerischen Nachwuchs Münchens preisen hört. Mein Gott, es steht mit diesem Nachwuchs nicht so prächtig, als der unziemlich ins Kraut geschossene Lokalpatriotismus dieser guten Stadt meint. Er ruht in Wirklichkeit auf fünf, sechs, sieben »neuen« Namen, das heitU auf Namen, die nicht schon in den allerersten Mitgliederlisten der Sezession vertreten waren. Der gesamte andere »Nachwuchs' lebt mehr oder minder von den t(jtal verkehrten Mei- nungen, die in München über die Kunst des Malens verbreitet sind. Der genius loci ist

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Wilhcbn Michel:

KRITZ OSSWALI) MÜNCHEN.

unmalerisch. Unmalerisch ist die oberbay- rische Landschaft, die gewaltige, leidenschaft- liche Farben flächenhalt und schier gänzlich unnüanziert neben- und übereinanderschichtet und aus mancher guten jungen Begabung, die sich ihr wehrlos überläßt, in wenigen Jahren unintime Dekorateure oder spitzfindige Ma- nieristen macht. Münchens wirkhcher .Nach- wuchs« ruht auf den paar jungen Kräften, die sich weder vom genius loci noch von dieser an sich wundervollen, aber malerisch problemlosen Landschaft ihre malerische Form rauben lassen. Osswald gehört zu Mün- chens Nachwuchs, weil er Maler ist, weil er, der i'Naturahst«, die .Schönheit und den Zauber des Materials Farbe besser kennt als so mancher junge Hexenmeister, den das Wohl- wollen unserer allzukonzilianten Kritik trästt.

Gemälde: »Forsthaus«.

Poesie das ist das Wort, das ich als Überschrift über Osswalds Schöpfungen setze. Karl Scheffler hat den Deutschen vor Jahren in einer temperamentvollen Streitschrift gesagt, was es mit der bei ihnen beliebten Poesie des Gegenstandes auf sich hat. Auch im Falle Osswalds handelt es sich nicht um solche formelhafte, hingesagte Poesie, die man eine im weiteren Sinne allegorische Poesie nennen könnte. Es handelt sich bei ihm um inhärente Poesie, um die Poesie des Technischen, der Farbe, des Pinselstriches, der malerischen Problemstellung.

Vor allem sind seine sämtlichen landschaft- lichen Darstellungen erfüllt von der Poesie der Räumlichkeit. Die Möglichkeit, Räum- liches klar zu erkennen, bietet dem Auge immer eine tiefe, geheime Befriedigung. Und

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Fritz Ossunld-Müticlh

FRITZ OSSWALI) MÜNCHEN.

zwar handelt es sich hier nicht um den Raum, den der Künstler darzustellen sucht, also um die Raumwerte des von ihm zugrunde ge- legten Xaturmotives, sondern es handelt sich um den Raumeindruck des Cemäldes, der mit dem Raumeindruck des Naturmotivs höchstens verschwistert, nicht aber identisch ist. Osswalds sämtliche Oemälde sind Raum- poesien erlesener .Vrt. Und ich glaube, daß der groUe Erfolg gerade seiner Schneebildcr darauf beruht, daß sie in den Raumwerten s.j untadelhaft sind. Sämtliche Entfernungen sind auf der weißen Schneedecke bei ihm in eiQwandfreiester Weise abzulesen, sei es an der Hand von Tau-Flecken oder von Baumstämmen oder auch bloß von leichten Schatten, wie sie sich aus leisen Celändewellen ergeben. In der Regel begegnen sich in seinen Bildern

Gemälde: »Pagodenliurg .

zwei verschieden gerichtete Räumlichkeiten: eine, die in das Bild hineinführt, und eine zweite, ([uer laufende, die auf der ersten senk- recht steht. Man begegnet diesem Scliema, das sich grajihisch etwa durch die Form des lateinischen T ausdrücken läßt, fast auf allen seinen Gemälden. Reichere Raumwirkungen versagt er sich deshalb nicht. So enthält z. B. (las (iemälde mit der niedrigen Tannen- schonung vor dem umzäunten Hause eine sehr differenzierte RäumHchkeit, die sehr übersichtlich gegeben und durch reizvolle Überschneidungen belebt ist.

Aus dieser Poesie des Raumes wächst aber, fast als Folgeerscheinung, die Poesie der F'arbe und des \'ortrages hervor. Ganz natürlich: Raumprobleme sind es, die dem Maler seine eigentlichen Aufgaben stellen, die

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FRITZ OSS WALD -MÜNCHEN.

seine Farben differenzieren und die Pinsel- führung beleben. Denn sie variieren den Lokalton, bringen zahlreiche Abstufungen in die Lichtstärke und in das Maß der Model- lierung. Indem der Künstler diesen Problemen nachgeht, entwickelt sich das Material unter seiner Hand gleichsam von selbst und offen- bart sich selbst so reich als möghch. Klarheit und Einheit der Raumanschauung sind nicht möglich ohne Klarheit und Einheit der kolo- ristischen Anschauung. Denn nur innerhalb einer geschlossenen, einheitlichen Koloristik kann die Farbe zum Raumwert werden. Diesen Vorzug besitzt Osswalds Farbe in hohem

Gemälde; »Bach im Winter«.

Maße. Wenn man der Münchner Malerei mit einigem Rechte nachsagt, sie weise durch- geh ends falsche Valeurs auf, so trifft dieser Vorwurl" bei Fritz Osswald nicht zu.

Getragen werden alle diese Vorzüge von einem sehr kräftigen, forschen Temperamente, eben jenem Temperamente, das in dem enorm flüssigen und eloquenten Vortrag der Farbe bei ihm zum Worte kommt. Fest und sicher ist bei ihm alles, im höchsten Maße gekonnt. Man sieht diesem krausen, impressionistischen Striche schon an, daß es dem Künstler Ernst um die Farbe ist und Ernst um das, was er mit ihr auszudrücken strebt. Das Epitheton

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FRITZ OSSWALU— MÜNCHEN.

>gefällig< kann man dieser Kunst wahrlich nicht geben. Um so erstaunUcher ist der Erfolg, dem die Arbeiten Usswalds neuerdings in immer steigendem Maße begegnen. Man wird nicht umhin können, einen Teil dieses Krfolges der Tätigkeit des Galeriedirektors F. J. üraki zuzuschreiben, der sich des jungen Künstlers aufs wiirmste angenommen hat.

Einiges muß zu diesem Erfolge noch be- merkt werden. Er gründet sich vor der Hand liauptsächlich auf des Künstlers Schneeland- schaften, niesegelten als Osswalds Spezialität und sie nehmen daher verdientermaßen auch in dieser Publikation den beherrschenden

Gemälde: »Kleines Gartenhaus«

Raum ein. Ebenso Vorzügliches aber wie auf diesem Gebiete hat Osswald auch auf anderen Gebieten der Landschaft geleistet. Der Erfolg hat die Neigung, den Künstler auf eine Spezialmarke, die sich als begehrt erwiesen hat, festzulegen. Pflicht des Kritikers ist es, demgegenüber auf das Ganze der Künstlerleistung hinzuweisen und zu verhindern, daß eine nach den verschiedensten Richtungen entwicklungsfähige Begabung alizufrühe um- grenzt und festgenagelt wird, ich stelle daher fest, daß Osswald nicht daran gedacht hat, sich zum Spezialisten lür die Schneeland- schaft zu machen. Das beweisen einige aus-

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FRITZ OSSWALÜ— MÜNCHEN.

gezeichnete Landschaften nach sommerlichen Motiven, die das gefürchtete Problem »Grün« in hervorragender Weise bewältigen ; das be- weisen ferner zahlreiche Blumenstilleben, die mit ganz unmünchnerischem Leben gemalt sind ; das beweisen schließlich die häufigen Versuche Osswalds auf figürlichem Gebiete, Versuche , denen des Künstlers eigentliche Liebe gilt und die sicherlich eines Tages zu überraschenden Ergebnissen führen werden. Man bedenke : dieser jugendliche Meister hat erst einunddreißig Jahre; eine, die erste Blüteepoche seines Schaffens liegt abgeschlossen vor. Er hat in ihr seine malerischen Aus- drucksmittel üben und beherrschen gelernt und wird von da aus neue, stimulierende Aufgaben suchen.

Osswald ist Schweizer, geboren in Zürich, hat aber fast seine besamte Ausbildung in

Gemälde: »Schloß Nymphenburg«.

München, unter Gysis, Weinhold und W. v. Diez, empfangen. Aus seinem Ringen, aus seiner Entwicklung spricht nicht nur eine wertvolle Begabung, sondern auch eminent viel menschliche Tüchtigkeit, ohne die nun einmal das bedeutendste Talent nicht zu maß- gebenden .Manifestationen gelangen kann. In der Münchner Sezession ist Osswald seit 1904 ein regelmäßiger Gast. Größere Kollektiv- Ausstellungen haben seinen Namen in vielen deutschen Städten bekannt gemacht. Man ist auf ihn aufmerksam, man verfolgt mit Interesse sein W'erdeo. Ich schätze in ihm den Vertreter einer guten, modernen male- rischen Weltanschauung, der ich wünsche, sie möchte gerade in unserem abgeschlossenen und von allen Gefahren künstlerischer Inzucht bedrohten München mehr als bisher Boden und Werbekraft gewinnen, wilhelm michel.

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(iomäliie: »Tannenschonung«.

AUS EINEM BRIEF AN DAS 18. JAHRHUNDERT.

Lieber Diderot, lieber Cazotte, lieber Cham- ^ fort, lieber Rivarol, ahnet Ihr und Ihr andern alle, deren Sprache ich spreche, deren Gedanken ich denke, deren Geist mir wie eine leicht und köstHch zu atmende Luft ist, ahnet Ihr, was ich leide in dieser unbeschreiblich gemeinen Zeit? Ihr Arglosen ahnt es nicht; denn es ist das ungeheuerlichste Märchen, das ein Galland Euch aus dem andern Arabischen unserer Epoche in Eure wunderbare Sprache zu über- setzen zögerte. Euch, selige Wandler an Ab- gründen, in die dann alles gestürzt ist, was uns Enterbten, Entblößten Kultur heißt.

\'emehmt schaudernd, wie der Tag Eures armseligen Nachfahren verläuft woran das Bemerkenswerteste das ist, daß neben ihm

Hunderttausende sich eigentlich wohl fühlen ! Er erwacht müde , erhebt sich mit allem Aufwand an notwendiger Energie auf solche Dinge , wie das Aufstehen , geht heut die Energie drauf, die damals etwa in einem Degenstoß sich entlud ; zehn Lebensjahre für solch einen Degenstoß, der durch und durch ginge! ; er setzt sich an den Toilettetisch, sich zu rasieren. Was grinst ihm ins Eenster im grellen Morgenlicht r Eine Eassade . . . Ahnt Ihr, Begnadete, was uns paar Gemar- terten heute eine Fassade heißt? Ihr ahnt es nicht. Lasset mich davon schweigen. Etwas Gemeineres gibt es nicht, hat es nie gegeben. Was sind .Menschenopfer von Kanni- balen gegen den Kannibalismus unsrer Groß-

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Richard Sclmithal :

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FRITZ OSSWALD MÜNCHEN.

Stadt-Fassaden ! Ein Feentraum , ein Pastell von Lancret. Lasset mich schweigen über die Unsäglichkeiten unsrer Kleidung , die Hosenträger, Westen, Kravatten, Hemdknöpfe und den sonstigen Trödel einer Tracht von Handlungsgehilfen.

Der also Gekleidete verläßt, viele Stiegen hinabsteigend , durch ein Prachtportal das Monumental-Zinsgebäude, darin alles: Türen, Fenster, Treppengeländer, Kandelaber, Portier prunkvoll, ordinär und unecht ist.

Er ist auf der Straße. Was wisset Ihr von einer großstädtischen Gasse ! Von Plakaten, Kaffeehäusern , Panoptikum , Galanteriewaren- Schaufenstern, Dienstmännern, Hundehändlern,

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Gemälde: »Verschneiter Garten«

Blumenweibern, Annoncen - Ausbietern usw.! Was wisset Ihr vor allem von dem Publikum der frühen Vormittagsstunden, dieser zum Ge- schäft, zum Amt, zum Dienst eilenden, einer dem andern gleichgiltigen Menge von Sklaven in ihrer geschmacklosen Individualisation, ihrem unrhythmischen Tempo, ihrer brutalen Vereinzelung 1 Alles ist störend, jedes Element dieses wimmelnden Mosaiks scheußlich. Und alles das, die Wagen, Tiere, Menschen, Maschinen, alles lärmt und stinkt.

Und diese ganze, wie gesagt, völlig zu- sammenhanglose Masse lebt nicht nur, sondern will weiterleben, weiterwirken. Dieses wüste Volk von Entarteten baut und zeugt, \erfügt

^4us cixcvi Brie/ a)i das iS. Jahrliui)(icrl.

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FRITZ OSSWALD MUN( HEN.

und verwaltet. Überall siehst Du Institute, Schulen, Vereine, Genossenschaften. Kin un- geheurer -Apparat klappert Tag und Nacht. Die Technik, dieses Dir sozusagen unbekannte Ereignis, das eine Epoche geschaffen hat, be- dient durch zahllose stu])ende Einrichtungen, die tausend anerzogenen, aufgelesenen, ange- tlogenen, unerfühlten Bedürfnisse eines Haufens Heimatloser. Für wenige Heller kannst Du jederlei Surrogat haben. Ba/.arc und Waren- häuser versorgen atemlos kreitiend den be- scheidensten Nachzügler dieser Talmikultur mit den schäbigsten Zeichen der Zeitgemäßheit, l'nd durch alles, o Rivarol, muß Dein duldender Freund täglich hindurch. Alles das

Gemälde: Beim Aumeisteii.

drängt sich ihm auf, tiuchstählich ins (ledränge muß er hinein, ohne Schutzwehr an all den gedrängt gereihten Laden, Portalen und -Xn- kündigungen vurübcr, mit armen offenen Augen, mit armen bloßen Nerven. ITnd betritt er ein Speisehaus, gröhlt derselbe wüste Lärm der wilden Farben und sogenannten Schmuck- dinge, betritt er ein Theater, einen Vortrags- oder Konzertsaal : immer ist er wieder ganz drinnen in dem Gemenge gleiUcnder Barbarei, sell)Stgefälligen l'nfugs.

Denke Dir, wie sich die Menschen dieser entsetzlichen Zeit vergnügen , erheben. Sie betreten einen getäfelten Raum, der von Gold und Marmor starrt, alles sinnlos und

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häßlich zusammengetragen , Elemente aller Stile in ein schlecht ventihertes Geviert ge- drängt; sie sitzen nieder auf strohgeflochtenen Garküchenstühlen und glotzen auf ein Podium, wo alsbald der Kunstgenuß anhebt, exekutiert von Männern in schlecht gemachter Fest- tracht - Frackanzügen und von Weibern etwa in willkürlichen, meist armseligen, immer aber irgendwie der Tagesmode angenäherten Gewandungen. Es gibt da Weiber, die, die ßriir auf der Nas', vom Notenblatt singen; Er- hebung heißt diese ästhetische Drangsalierung der Betrachter. Schon die Tatsache eines solchen öffentlichen Konzertes, wo jedermann sich zahlend in den gefügigen Rahmen bringen kann, würde Dich, liebenswürdiger Cazotte , entsetzen. Nun sieh' Dir aber alle diese »besseren« Menschen an, herdich bos- hafter Chamfort. Vom Kopf bis zum Fuß sind sie sinnlos und halbschlächtig hergerichtet. Und häßlich an Physiognomie und Gestalt, es ist gar nicht auszudrücken, bis zu welchem Grade I Dabei ohne die Spur von beweg- licher Anmut; beobachtend beobachtet, be- fangen oder protzig, mit Barten, Zwickern,

allerlei Haaranordnungen vom Lächerlichen bis zum Ekelhaften, schlechtem Schuhwerk und plombierten Zähnen.

Lieber 1 )iderot, lieber Chamfort, es gibt noch immer einige wenige , die Euch zu schätzen vorgeben. Aber verlanget nicht diese kennen zu lernen. Es sind die literarischen Menschen oder der Alpdruck Eures still dulden- den Freundes Wenn Ihr heute aus dem Grabe aufständet, würde Euch ein Kultur- verein einladen, vor seinem Stammpublikum etwas aus Euren Büchern vorzulesen und nacli- her gäbe Euch das Komitee ein Festessen ; der Bankbeamte Y, bei Nacht Kunstreferent des Abendanzeigers, säße dir zur Linken, Rivarol , und schöbe schmatzend den Spinat auf seinem im vernickelten Heft gelockerten, aber mit Rokoko-Ornamenten Dir zu Ehren, symbolisch verzierten Messer in den Mund; Dir zur Rechten aber dozierte eine Frauen- rechtlerin im kantig dekolletierten Reformkleid über Deine erlauchten Zeitgenossinnen , die ich geschlossenen Auges jetzt, einer Wolke Parfüm gleich , vor meiner Seele vorüber- schweben fühle . . . RICH/VRD SCHAUKAL.

HKIT/ OSb\VALl> MÜNCHKN.

M ARi.lRirKN l'ND ANKMÜ.N'HN.

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VON DER FREUDE UND VOM MATERIAL.

Glück ist etwas Persönliches, eine Abson- derung von der Außenwelt. Glück ist Besitz und das Bewußtsein dieses Besitzes, das von dem übermächtigen Lustgefühl zur groß- mütigen Abgabe der überschüssigen Energie, zur Mitteilung an andere gedrangt wird. Freude dagegen ist von vornherein gemeinsam, all- umfassend, die Freude des einen ist auch die Freude des Kosmos, der Millionen. Cilück emiifmdet, wer im sicheren Besitz einer wcscn- verwandten Seele ein reiches Rückstrahlen seines eigenen Lebens erlebt oder dessen Steigerung in seliger Zwiesprache mit einem Kunstwerk so intensiv genießt, daß Zeit und Raum ihm wesenlos erscheinen. Glück gab und gibt es zu allen Zeiten. .\ber die I'reude: Wie wenig Freude haben wir doch heute I

Wir leben in einer Periode des Egoismus, des sich immer mehr konzentrierenden Indivi- dualismus. Die Schillersche Freude von Mensch zu Mensch ist uns heute nur eine Phrase, möglich ist sie nur in Höhepunkten der Entwicklung, zur Zeit des Griechentums kannte man sie, vielleicht auch in der Blüte der Renaissance. Sie ist uns heute nicht zugängig, und dennoch bewegen wir uns ihr entgegen in langsam aufsteigender Linie. Nur müssen wir ganz von vorne anfangen, bei dem untersten Reich des »Anorganischen (wie unglücklich war doch diese Benennung). Schon ahnen wir eine neue Zeit, die uns die Freude an der scheinbar leblosen Materie, die Freude am Material bringen wird.

Die Freude am Material I Der Künstler halte sie von jeher. Freude und gebende 1-iebe sind das wundersame Vorrecht und

das schöpferische Prinzip der großen Künstler. Nicht diese unbewußte Freude wird Allgemein- gut werden, aber eine bewußte Freude am Material ist in unserer Zeit des Intellektualismus eine Möglichkeit und ein werdendes Erlebnis.

Noch ist freilich davon nicht allzuviel zu verspüren. Zu eitrig wird an den Grund- rissen und Gnmdmauem gearbeitet. Auch das puritanische Münchner Programm war gewisser- maßen immer noch das ABC": Fort mit aller Zutat, die wir nicht ehrlich neu schaffen können. Aber schon längst hatten die Wiener, diese ganz Unbesorgten und Fröhlichen, jenes erste Pensum hinter sich. Doch unduldsam eiferte man damals gegen sie, denen es allzu leicht wurde, während man selbst nur die latente und grimmige Kraft spürte : Wir werden es einmal noch viel besser machen!

Unsere Starken und Großen , vor allem Bruno Paul, sind gewißlich dazu berulen und auserwählt, unsere eigene Kraft uns selbst und dem Ausland zu dokumentieren. Auf ihre Verdienste soll hier nicht näher eingegangen werden. In Josef Hoffmann, Kolo Moser und Czeschka aber haben wir mit vollen Händen und fröhlich gebende ,\postel jener Freude am Material. Wahrend wir mutig gegen die übermächtige Maschine ankämj)(en, um ihr neue Werte abzutrotzen, während einige sich mit Konstruktionen i)lagen und in sicht- baren Schrauben und hervorstehenden Zargen das mühevolle Knochengerüst zeigen, ist hier unbekümmert blühendes Fleisch. Hier ist der Verklärungsprozeß des Materials in vollem Gange, in diesen ganz nackten Metallen und

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Hölzern ist ein blühendes und sinnliches Leben sichtbar gemacht. Diese Materie hat es nicht mehr nötig , mit wesensfremden orna- mentalen Prunkge\v;indern umkleidet und in Konstruktions-Korsette einL;epanzcrt zu werden, sie hat ihr eigenes Leben und ist schön.

Gerade Hoffmann, der der strengste und gewissermaßen nüchternste unter ihnen ist, hat dank seiner genialen und so überaus seltenen Zucht die stärkste Leistung zuwege gebracht. Seine verstellende Liebe und die kluge Be- herrschung des Materials hat ihn dazu ge- führt, strenger als irgend ein anderer das Ma- terial von jeder vordrängenden Formgebung zu abstrahieren. Bei keinem andern genießt man so sehr das sinnliche Wohlgelühl , mit diesen Hölzern, Steinen und Metallen in un- mittelbarer ]>hysischer Beziehung zu stehen.

Wir sagen neuerdings: Blech ist Blech, tut ihm ja nichts zu leide. Hoffmnnn aber sagt zum Silber: Ich will dir deinen ganzen Glanz geben, und zum Blech: Komm ich will dich erhöhen und dich lustig machen, soviel du in deiner Einfachheit vermagst. Und läßt es

in der Maschine den <|ualvoll-seligen Feg- feuerprozeß durchmachen , wie das Korn geschlagen und gemahlen und im Feuer gebacken wird, bis es weiß wird wie Schnee, wie wir selbst alle mehr oder weniger geplagt und idem Satan übergeben' werden zur Ehre der fröhlichen Höher- Entwicklung.

Die Erkenntnis unserer Physik, daß alle Atome in wirbelnder Bewegung sind, ja daß diese .\tonie selbst nur Wirbel einer un- bekannten und unvorstellbaren Kraft sind, die sich nach ganz bestimmten Gesetzen, in ganz bestimmten und wundervollen stereometrischen Formen äußert, wird heute allmählich auch dem einfachen Manne zum 15ewußtsein gebracht.

Ks muß uns aber erst zum Erlebnis werden, daß auch die anorganische Materie ein lebendiger Bestandteil des kosmischen Gesamtorganismus ist , daß eine Wechsel- wirkung unbekannter Kräfte zwischen allem und jedem stattfindet. Alles was besteht ist vom Leben ausgegangen und noch in Be- ziehung dazu, auch der Schlacke wohnt die Erinnerung inne an die Glut des F^del-

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metalles, die in ihrem irisierenden Glanz noch aufleuchtet. Wir müssen fühlen: alle Materie ist uns verwandt , ist Fleisch von unserm Fleisch, dann werden wir ein neues Empfinden spüren für die verborgene Sehnsucht des Materiales nach einer Läuterung durch den schaffenden Künstler, für die Liebe der Materie zu ihrem Herrn und Meister, der heute noch so wenig Ahnung von seiner ungeheuren Macht besitzt.

Es genügt nicht nur, von dieser Inten- sität des Materials zu wissen, wir müssen auch die Freude dieser Erkenntnis genießen können. Und diese Freude kann uns nur der Künstler geben. Nur er vermag die Eigenart jener Schwingungsformen in ihren ungezählten

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\'ariationen gesteigert zum Ausdruck zu bringen, nur er vermag das schlummernde und nur ihm, dem Begnadeten, sichtbare Leben dieses Mikro- kosmos durch die Kraft seiner künstlerischen Intuition und seines Gefühles zu verstärken und der Mitwelt zugängig zu machen. Wohlver- standen : diese Befreiung der Materie ist nicht Zweck der Kunst sondern notwendige Be- gleiterscheinung; als dienendes Medium zu höheren Zwecken erfährt das Material seine Verklärung. Welch ungeheure neue Werte in dieser Richtung der noch fast ganz verkannte und am meisten von seinen Nachahmern miß- verstandene van Gogh uns vermittelte, das wird wohl erst eine spätere Zeit erkennen. Er empfand die physische Verwandtschaft der

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Materie mit einer uns diunonisch erscheinenden Intensität und gab den realen, der Natur inne- wohnenden zitternden Rhythmus der Kralt in seinen Farben, seinen l'inselstrichen so selir gesteigert wieder, daß diese selbst als lebende, selbständige Elemente erscheinen.

Sicher ist : Wenn die Erkenntnis dieses Hefreiungs- Prozesses erst einmal Allgemeingut sein wird, und unsere Künstler ihm ihre Kraft ungeschmälert hingeben, dann wird ein neuer

Strom der Freude durch unsere Lande IheUen. Und diese nur als Vorgeschmack einer noch viel höheren, der bewußten Freude an der durch- geistigsten Materie, der Menschheit selbst. Wir sind nur ein Übergang, nur die Vor- läufer derer, die größer und reicher sein werden als wir. Unsere junge Generalion aber, die heute heranwächst, wird schon das eine beneidenswerte Vorrecht haben: die Freude ani Material. h. lang-danoi.i.

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CHAUVINISMUS UND LANDSCHAFT.

Neulich las ich irgendwo einen geharnischten Aufruf an das Volk gegen drei böse Feinde deutschen Geschmacks. Und die drei Feinde waren: drei »ausländische« Bäume, nämlich die Roßkastanie , die Platane , die Akazie!! ;:- Blatt- und Blütenwerk der Roß- kastanien und .\kazien stimmen in ihrer prunkenden »Aufmachung« so gar nicht mit unsern heimischen Bäumen überein, und bei der Platane befremdet uns wieder der Stamm mit seiner ewig in großen Fetzen sich ab- blätternden Rinde und obendrein die an F'äden baumelnden Kugelkätzchen der Früchte, die auch im Winter am Gezweige hängen bleiben«. Nach einer so gründlichen Lächer- lichmachung der pomphaften Kastanie, und der ewig in großen Fetzen sich abblätternden Rinde der Platane sind diese Bäume also endgültig als »Kitsch« in der deutschen

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Landschaft erledigt. ( lärtner und Straßen- bauer von Geschmack können unmöglich solche ausländischen Bäume mehr anpflanzen - weil sie in das Charakterbild der deutschen Landschaft nicht hineinpassen.

Ich meine, dieser Aufruf hat nur einen F'ehler er nennt nur drei ausländische Bäume, statt gleich hundert und mehr es wären auch noch viele Früchte und Blumen als böse fremde Gewächse zu nennen gewesen und so erwarte ich demnächst von diesem gründlich belesenen F'anatiker eine große, große »schwarze Liste« alles Aus- ländischen — die alles nennt, was nicht in unsere Landschaft paßt.

Aber was sind wir doch bisher und alle unsere Vorfahren, die wir doch so gern als Urzeugen der guten Tradition und der heimischen Bauweise anrufen, für miserable

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Patrioten, für schlechte Deutsche gewesen. Was haben die doch alles importiert weil her I l'nd wie arm ist dadurch das gute deutsche Volk geworden. Da hill't nur tiicliti^e Reinigung deutsclier Landschaft, Kultur und Kunst von allen fremden Zutaten. Man fange bei der l'latane aus dem bösen Orient , der Akazie aus \'irginien an und führe die Ausrottung durch bis zur Kartoffel.

Wenn es nur so einfach wäre, die Liste fremder Bäume aufzustellen. Denn erstens ist die Genealogie vieler Bäume gar nicht so genau festzustellen. Große Irrtümer aus denen man lustig ästhetische Gesetze in Bezug auf - Kinpassung-: aufbauen kann - sind mehr als genug begangen worden. .\ber was heißt heimisch nach Alter, was heißt heimisch nach Landesgrenzen r Soll viel- leicht heimisch nur das genannt werden was 1000 Jahre alt? Bekanntlich bat Vater Horaz schon diese Satire Fanatikern ähnliclicr Tendenz vorgelegt. Und ist schon das nicht heimisch das nicht zur deutschen

Landschaft passend, was jenseits der schwarz- weiß-roten Grenzpfähle wächst?

Ein solcher Feldzug fehlte uns Deutschen gerade noch. Dagegen nimmt sich ja die lächerlichste Germanophobie der Engländer wie eine wohl berechtigte, ernste Sache aus. Denn die politische Angst der F^ngländer tritt nicht auf für eine Verarmung heimischer Kultur wie diese allerneueste Fremden- riecherei auf dem Gebiete landschaftlicher Ästhetik.

Was ist denn Tolstoi's Kampf gegen die Kunst neben solchem Kampf gegen »aus- ländische« Bäume. Wollen wir denn nicht (jott danken, daß er unser liebes deutsches Heimatland bereichert hat - oder sollen wir schleunigst dafür sorgen, daß wir unsere altgermanischen Wald- und Sumpflandschaften wie zur Zeit des Tacitus wieder herstellen? Wir reden ja so viel von » Wieder »^ herstellen vielleicht wäre das ein neues Problem?

Doch stelle man die l'rago weiter. F'ällt nicht die ganze Entwicklung der Mensch- heit in sich zusammen, wenn man die gegen-

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seitige Bereicherung der Völker, Zeiten, I.and- sclialten und Menschen ausscheiden wollte r Wie herrlich tönt uns ordentlich aus allen Ländern und Landschaften die Bejahung des Willens zu gegenseitiger Bereicherung entgegen. Man überdenke nur kurz die Weltgeschichte der Kultur und konstruiere sich als Farce danach das Zerrbild eines Kulturvolkes ohne fremde Einflüsse. ( )der man gehe vom Kleinen aus. -Man schaue sich im eigenen Zimmer um, ob alles deutschem Boden entwachsen. Soll ich hartes, fremdes Holz nie für .Möbel verwenden, auch wenn sie mir \ielfa(h dünnere Konstruk- tionen erlauben V Soll ich die seidenen Be- züge zerreißen, weil auch hier fremde Tiere also fremde Naturen Erzeuger warenr

Inil dann befrage man doch die deut- schesten der deutschen Künstler, wie die sich gestellt zum Fremden? Was dankt doch Dürer italienischer Kunst und Natur. -- Was für fremde Einflüsse haben Rembrandt angeregt, groß gemacht. Oder sollen wir unsere Großen nicht lieben und verehren so wie sie geworden sind? Wollen wir vielleicht auch da rekonstruierend Wollen wir vielleicht auch aus den alten Bildern unserer großen Meister fremde Bäume man denke an den Genter Aliar oder an Schongauer wegmalen?

Ich denke, was die \'ölker groß gemacht und die besten (}eislcr zu Vorbildern der .Menschheit, das wird auch uns nicht schaden sondern ganz gehörig nützen. L^nd wir

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wollen uns dem grüßen (leiste beständiger Bereicherung der Landschaften und Völker von innen wie von außen her einpassen, aber nicht von einer Einpassung träumen, die uns nur klein und furchtbar arm und kläglich lächerlich machen muß.

Gut deutsch sein hieß noch allezeit: Nicht die Nase rümpfen über das was fremd sondern nützen und werten zu deutschem Fortschritt, alles was gut. e. w. bkedt.

AKADEMIK BILDENDER KÜNSTLER . IX WIEN. Alljährlich soll durch die Akademie der bildenden Künstler Wien einem Maler und einem Bildhauer aus der »Reichel- Stiftung« je ein Preis im Betrag von 5000 Kr. /.ucrkannt werden. Keiner der beiden vorge- schlagenen Maler Klimt und Jungwirth konnte indeß die erforderliche zweidrittel Stimmenzahl auf sich vereinigen. Nach mehrmaliger ergeb-

nisloser Wahl mußte von der Erteilung des Preises ganz abgesehen werden, weil die Be- stimmungen der Stiftung eine Teilung der Summe nicht gestatten. Klimts vielumstrittenes Bild »Hoffnung' war vorgeschlagen worden.

Von der Verteilung des Reichel-Preises<' an einen Plastiker mußte deswegen abgesehen werden , weil die Schöpfer der ausgestellten vortrefflichen Werke entweder nicht im Inlande wirken, oder weil sie schon zuvor mit dem Preise bedacht wurden und eine mehrmalige Auszeichnung nicht zulässig ist.

Der Ausfall des Wettbewerbes Klimt- Jung- wirth zeigt deutlich, wie wichtig es war, die Bestimmungen der Stiftung seiner Zeit dahin abzuändern, daß anstelle der früher verlangten Einstimmigkeit der Preisrichter die Zweidrittel- Majorität gesetzt wurde. Bei den seit Jahren bestehenden Gegensätzen der Anschauungen innerhalb der Akademie würde andernfalls eine Erteilung der Preise überhaupt unmöglich sein.

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DIE MALEREI IN IHRER BEZIEHUNG ZUR BAUKUNST UND DAS MODERNE EMPFINDEN.

I.

Malerei und Baukunst sind an sich ganz verschiedene und streng von einander getrennte Künste. Der Hauptunterschied rein äußerlich besteht darin, daß die Malerei an eine Fläche gebunden ist, während die Baukunst den wirklichen Raum gestaltet. Jeder der beiden Künste ist ein besonderes, scharf umgrenztes Gebiet in der Natur zuge- wiesen, das sie zum Gegenstand ihrer Be- handlung machen sollen.

Die Malerei soll ganz allgemein ge- sagt — den Eindruck gestalten, den die Er- scheinung der sichtbaren Welt in uns hervor- ruft. Die Baukunst dagegen drückt ein allgemeines Gefühl aus, dem in der Natur kein bestimmtes sichtbares Objekt entspricht; ihre Formen sind geometrischer Art und aus den Naturbildungen nicht unmittelbar abzu- leiten. Ja, je geometrischer sie sind, um so klarer S|)rechen sie das Wesen der .\rchitektur aus. wie der griechisch-dorische Stil und der deutsch-romanische Baustil zeigen.

Aber, trotz dieser scharfen Trennung be-

steht zwischen beiden Künsten doch eine innere Beziehung. Diese innere Beziehung wird natürlich am deutlichsten in der Wand- malerei zu Tage treten, weil diese die Ar- chitektur am engsten berülirt, inilem sie die Flächen der Bauwerke, besonders der Innen- räume, verziert und somit eine Aufgabe aus- führt, die der Architekt schon selbst mit rein architektonischen, ornamentalen Mitteln, I,inien und Farben, lösen kann. II.

Die innere Beziehung der Malerei zur Baukunst bildet eine der wichtigsten Fragen der Kunstentwicklung. Der stete Wandel dieser inneren Beziehung, kann man sagen, spielt in alle Veränderungen der Stile hinein.

Wir beobachten, daß in den Epochen, in denen sich ein einheitliches Stilgefühl aus dem roh naturalistischen Empfinden heraus- hebt — wie bei den Egyptern, Habylonicrn, bei den Griechen im 6. Jahrhuntlert, bei den Deutscheu im romanischen Stil des 11. und 12. Jahrhunderts daß damals die Maler

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die Objekte, die sie schildern (vor allem sind es Menschen, bei den Egyptern auch Tiere) auf wenige große Linien bringen, daß sie aber diese Linien nach gewissen Grund- gesetzen, wie Symmetrie, Rhythmus, in den zur Verfügung stehenden Flächenraum hinein- ordnen. Neben der Absicht, die erscheinende Natur abzubilden, erfüllt diese Maler ein ganz bestimmtes ornamentales Flächengefühl. Dieses Gefühl hat den gleichen Grundton, wie das Gefühl, das der Architekt in seinen räum- lichen Gebilden ausspricht. Wir sehen in diesen Epochen, daß die Architektur die führende Kunst ist, weil die Grundempfin- dung dieser .Anfangsepochen eine archi- tektonische ist. Das will sagen, daß die Gefühle, die der Gegenstand der Architektur sind : Schwergewichts- und Raumgefühle, in diesen Stadien die Menschheit vor allen andern bewegen.

Die Malerei konnte sich zu ihrer eigent- lichen Aufgabe nur allmählich und am spä- testen entwickeln, weil die Fähigkeit : die räumliche Erscheinungswelt in der Fläche dar- zustellen, die Betrachtung der Erscheinung losgelöst vom wirklichen Raum, ab- strakt, außer uns, eine außerordentliche Stei- gerung der Geistesfähigkeiten voraussetzt. Der

Bildhauer und Baumeister haben darum schon in griechischer Zeit ihre Kunst zu einer ab- soluten Höhe erheben können, im Gegensatz zum Maler.

IIL Die Malerei beginnt ihre Entwicklung zur Kunst der Neuzeit mit Giotto. Seine Kom- positionen heihger Vorgänge zeigen allerdings noch die geschlossenen Umrisse, den strengen Gruppenbau, die Projektion der Darstellung in die Fläche, überhaupt das Leben noch gebunden an ein dekoratives Gesetz: das sind alles Eigenschaften, die aus der italienisch-byzan- tinischen Malerei, als der Quelle der Kunst Giottos, abzuleiten sind. Giotto hat die her- kömmlichen konventionell gewordenen Typen der byzantinischen Schule neu belebt dies ist seine große Tat indem er vor allem die Gebärden mit Größe und Seele erfüllt hat: aber in der Raumgestaltung und Mo- dellierung geht er über seine Vorbilder keinen bedeutenden Schritt hinaus. Dies unternimmt erst am Anfang des 15. Jahrhunderts der Florentiner Masaccio, der nun ganz eigent- lich als der Anfang der neueren Malerei an- zusehen ist. Masaccio erlöst die Figur aus dem architektonisch-dekorativen Schema, er überwindet die Fläche, indem er die Grund-

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gesetze der perspektivischen Verkürzung ent- deckt (wie zur gleichen Zeit die Brüder van Eyck in den Niederlanden), er dringt zu einer plastischen Modellierung vor. er faßt den indi\;duellen Charakter der Menschen auf. mit einem Wort: er befreit die Malerei aus Jahr- hunderte lang geheiligten Konventionen und dringt zu einer wirklichen Anschauung der Erscheinungswelt vor. Dabei wahrt er seinen Bildern aber geschlossene Flächenwirkung und monumentalen Aufbau. Das nachfolgende 15. Jahrhundert vertieft die ?"rrungenschaften des Masaccio nach der naturalistischen Seite hin, es verschärft die Individualisiening: bis sich endlich am .Vnfang des 16. Jahrhunderts auf diesem von Xaturverständnis ganz durch- tränkten Boden der große Stil der Hoch- renaissance aufbaut, der die malerische und räumliche Auffassung zu einer vorher nicht erreichten Höhe steigert. Aber noch immer, wie bei Oiolto, sehen wir hier das (lefühl des Malers im schönsten Einklang mit dem Gefühl des Architekten stehen, das Gleich- gewicht der Fläche, z. 15. in den Fresken

Raffaels , strömt noch das volle Glücks- empfinden ihres Schöpfers aus. IV. In der Malerei des Barock vollzieht sich eine gewaltige Steigerung des rein m al e r i sc h e n Gefühls. Ihre Höhe- und Endpunkte bilden die venetianischen und spanischen Schulen des 18. Jahrhunderts (Tiepolo, Guardi, Goya). So mächtig durchströmt das malerische Gefühl diese Zeit, daß auch die Architektur davon ergriffen, mitgerissen wird. Das Raumgefühl will alle Grenzen überschreiten, die Maler, die Wände und Decken in Sälen und Kirchen ausmalen, täuschen uns den wirklichen Raum vor; dadurch, daß sie plastische und Gesims- teile in die Bilder ragen lassen, soll sich die t'.renze zwischen Schein und Wirklichkeit ver- wischen : hier waltet ein Gefühl der Sehnsucht ins Unendliche hinaus ins Unbegrenzte das uns heute noch in Barockkirchen, als eine Mischung von Wonne und Wehmut, befällt. Der Umschlag von dem höchsten maler- isclien Gefühl des Barock in die lineare klar begrenzte Auffassung des Klassizismus,

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der in dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts eintritt, und in Carstens und David die stärkste Form annimmt, dieser Umschlag ist nur im Zusammenhang mit der ganzen Geistes- richtung dieser Zeit zu begreifen. Gewiß ist es kein Zufall, daß gerade damals der größte Schritt der neueren Philosophie getan worden ist durch die Entdeckung Kants von der Idealität des Raumes und der Zeit. Hier eine Verbindung zu konstruieren scheint wohl parado.x, aber in der Tat ist durch die Lehre Kants die Sehnsucht des Barock nach dem unbegrenzten Raum ins Unendliche hinein in gewissem Sinne erfüllt. Er sagt : diese ganze Welt ist nichts als meine Vorstellung, als Erscheinung, und alle diese Vorstellung ist an den Raum gebunden, das heißt, nie- mals kann ich aus dem Räume hinaus, niemals : mit dieser Erkenntnis mußte die ganze neuere Weltanschauung anheben. Kant ist wirklich die letzte ErlüUung aller Sehn- sucht — alles künstlerischen und geistigen Drängens des 18. Jahrhunderts die deutsche

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Revolution, aber von ganz anderer Tragweite als die französische ! V. Wenn Kant den Anfang der modernen Weltanschauung bezeichnet, und diese in gewissem Sinne in Norddeutschland ihren Ursprung nimmt : so ist die Parallelerscheinung zu ihm auf dem Gebiete der Malerei sein Zeitgenosse Goya, der die Sehnsucht der Barockmalerei auf dem sonnendurchglühten Boden Spaniens zur Erfüllung bringt. Nicht die Klassizisten in Frankreich , Deutschland und den übrigen Ländern sind als die Bahn- brecher der modernen Malerei anzusehen, nicht Carstens und David : ihre Malerei geht nicht aus der reinen Anschauung her- vor, sondern zum großen Teil aus geistigen Ideen, zum Teil aus dem falschen Verständnis der Antike, wofür Goethes spätere Kunst- bestrebungen ein tragisches Beispiel bieten und ebenso wenig die Romantiker, die gleich- falls der Malerei fremde, dichterische Gefühle ausdrücken wollten.

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Auf den Bahnen Goyas fortschreitend haben die modernen Franzosen endUch eine wahrhalt neue Malerei geschaffen, den Pleinairismus und Impressionismus, um zwei Schlagworte zu gebrauchen. Das ist eine Malerei, die über die Malerei der alten Meister hinausgeht: ein wirkliches Abbild dieser Welt, lichterfüllt und farbendurchglüht. Rein als Erscheinung ist sie aufgefaßt, aber die Erscheinung als der AusdrucTc des Wesens dieser Welt. Diese Kunst der willenlosen .\nsrhauung ist einer der höchsten Ausdrücke

der modernen Welterlassung, wie sie Kant und Schopenhauer eingeleitet haben. -- Blicken wir zurück aul den Weg, den die Malerei bis dahin genommen hat. Auf der ersten Stufe sahen wir die Malerei in dem ornamentalen Flächengefühl befangen, im Banne der in jenen Zeiten weit stärkeren architektonischen F.mpfmdung. In unseren Zeiten ist es der Malerei, nachdem sie viele Zwischenstufen überstiegen hat, gelungen, die Welt als reine Erscheinung, ganz objektiv, als Bild, zu erfassen. Die Malerei hat damit

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ihr eigentliches Gebiet in Besitz genommen, wie dies der Baumeister und Bildhauer schon früher tun konnten. Die Menschheit ist da- mit auf einer Höhe angelangt, von der sie im weiten Umkreise ringsumher die herrlichste Welt /AI ihren Fußen ausgebreitet liegen sieht. Höchste Entäußerung, Loslösung, Objektivität.

So übermächtig hat das malerische C,e- fühl die neuere Zeit ergriffen, daß die Sinne für die A r c h i t e k t u r getötet zu sein scheinen, alles Gefühl für die Architektur ist verschwun- den , ja diese schien als Kunst verloren ge- gangen , sie schien überflüssig geworden zu sein. Architektur und Malerei, in den ar- chaischen Zeiten eine völlige Einheit, sind in der neueren Zeit völlig getrennt. Die impressionistische Malerei ist der Architektur so ferne, als es nur möglich ist. VI.

Neuerdings gewinnt nun aljer mehr und mehr in der Malerei eine Richtung an Boden, in der die malerisch bildhafte (lestaltungsweise mit einem großen architektonischen Raum- und Flächengefühl verschmolzen

erscheint. Malerei und Baukunst verbinden sich wieder zu einer Einheit, aber diese Ein- heit ist jetzt ganz anderer Art, als in der Kunst der archaischen Zeiten : damals hatte die Malerei nur eine sehr untergeordnete Rolle, es war keine eigentliche Malerei, sie wurde durch die übermächtige Architektur in einen starren ornamentalen Flächenstil hinein- gezwungen. Jetzt bleibt sie reine Malerei, die neben der Wiedergabe der farbigen Er- scheinung die Gestaltung der Raumtiefe zu ihrer Aufgabe macht.

Hans von Marees ist ohne Zweifel der Bahnbrecher dieses neuen Stils. Seine Malerei stellt diesen inneren Zusammenhang des malerischen Gefühles mit dem architek- tonischen Gefühle dar. Er ist aus der eklek- tischen altmeisterlichen Auffassungsweise, wie sie in München und Berlin in der Mitte des 19. Jahrhunderts blühte, mit Hilfe der mo- dernen Franzosen und des Michelangelo : vor allem aber, weil er sich in die Betrachtung der Xatur ganz neu versenkt hat, zu einer großen Anschauung emporgewachsen. Er ge-

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langte nicht zur höchsten \'ollendung. wie sie klar vor seiner Seele schwebte, einmal, weil er doch erst, nachdem er an 30 Jahre seines Lebens in dem Treiben seiner Zeitgenossen verloren hatte, sich selbst gefunden hat und zweitens, weil er, als er seinen eigenen Stil errungen hatte , keine äußere Unterstützung fand. Er starb bereits im 50. Jahre. Nun- mehr steht er zu neuem Leben auf, wir preisen ihn als Herold einer neuen Zeit. War nicht Masaccio erst 28 Jahre, als er starb und hatte nichts als wenige Fresken vollendet und doch ist er derjenige, der die Ideen der Malerei der Renaissance zum Sieg gebracht, der das begonnen, was Raffael und Michelangelo voll- endet haben? \)ie vier 'Lriptychen .\larees zeigten , als sie auf den vier Wänden des viereckigen Hauptsaales der Sezession aufge- stellt waren: wie innig diese Malerei zur Bau- kunst in Beziehung steht; sie fordert geradezu die Mauerfläche als Hintergrund und verlangt rahmende Pilaster. Doch ist diese Beziehung, wie gesagt , ganz anderer Art , als in den früheren Epochen. Das Raumgefühl, das uns

1909. X. 5.

der .\rchitekt durch seine Raumgestaltung er- weckt, ist auch in dem Bilde da, nur, während es im Saalraum uns unbewußt, als allgemeine architektonische Stimmung, fatJt, tritt es uns im Bilde zur Vorstellung gesteigert, unkörperlich, als \ision vor Augen. Dieses Raumgefühl ist das Erste und das Letzte, was uns die bildende Kunst vermitteln soll jede aber ist an ihre (Frenzen gebunden, Baukunst und l'lastik an den wirklichen Raum, die .Malerei an eine Fläche. Das moderne Raum- gefühl der Malerei ist eben dadurch von dem Raumgefühl der Barockmalerei verschieden, daß diese immer unbefriedigt bleiben muß, den Raum vortäuschen will man möchte sagen, die Wand durchbrechen, mit dem Koj)! hindurch will, während die moderne Malerei den Raum auf die Fläche bannen kann, und damit (wirk- lich die Kantische Erkenntnis: ich kann aus dem Raum nicht hinaus, in die Tat umsetzend) auf die Raumtäuschung verzichtet : sie wett- eifert nicht mehr mit den übrigen Künsten. Dies ist gerade das Wunderbare : daß die Malerei, indem sie sich ganz und gar von

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der Arcliuekiiir betreit hat, doch ihr wieder auf anderem Wege nahe kommt. ])ie mo- derne Wandmalerei erfordert , daß sie sich schart von der architektonischen Um- gebung abhebt, sie verlangt feste Umrahmung, sie erfordert im letzten Grunde eine strenge wahrhafte Architektur, die in klaren Raumkörpem, Flächenbildungen und I.inicn- gliedern einen organischen Raunigedanken gestaltet. Dieser Punkt ist von eminenter Wichtigkeit, indem aus der tiefen anschau- lichen Krkenntnis der inneren Beziehung

von .Malerei und Architektur und ihrer dann wurzelnden Grenzen das neue Stilgefühl, das wir ersehnen, erwachsen wird. Was Marees angestrebt hat, hat auf dem Gebiete der Ar- chitektur in seinen letzten Werken auch Messel erstrebt. Es ist nur die Krage, ob die Nach- folger dieser Bahnbrecher das Feld gewinnen werden. Unter den Malern sind vor allem H o d 1 e r und H o f e r und in einzelnen Werken 1-. V. Hofmann als die Träger dieser mo- dernen Gedanken zu nennen.

BERLIN. HERMANN SCHMITZ.

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VON MAX SELIGER— LEIPZIG.

Nach vielem Anregenden aber Kurzlebigen in der Werkstatt des Kunstgewerbes und der Architektur einmal wieder eine Tat ein Werk von Bedeutung und tieferer Wirkung !

Bei denen, die Architektur und Kunst- gewerbe ausüben , praktisch oder lehrend, ist Meurers Name wohlbekannt, und auch das Ausland weiß ihn , nach dem Absätze seiner früheren Werke, »Pflanzenformen« und »Pflanzenbilder« zu urteilen, wohl zu schätzen.

Auf dem klassischen Boden Roms mußten diese Studien am ehesten angeregt werden

und deutsche Gründlichkeit konnte sie am sichersten zu so fruchtbarem Ergebnisse führen. Einige Züge aus Meurers Leben und Ent- wicklung als Lehrer fördern das Verständnis des Werkes eines Lebenswerkes unseres Autors. Er war bekanntlich nach Schaller als Lehrer für dekorative Malerei an der Schule des Königlichen Kunstgewerbe- museums in Berhn tätig. Damals, nach dem 70 er Kriege, bei dem deutschen allgemein erwachenden SchafFensdrange, ging er vor, wie man besser nicht vorzugehen wußte. Er ver-

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schaflte durch das da- malige Kronprinzen- paar, Kaiser Friedrich und Cicmahlin, die das K unstgcwerbe - Museum und die mit ihm ver- bundene Schule dem Suutli Kensingtun Mu- seum nachgegründet hatten, grüße Permesse für sich und seine Mal- klasse, öffnete sich so die italienischen Paläste und Kirchen und ko- pierte mit seinen Schü- lern die herrüchen \ot- bilder einer Zeit groUer . Tüchtigkeit und Har- monie licr polychromen Raumkunst und insbe- sondere der dekorativen

Malerei großen Stiles. Diese Studien wurden später als Lehrmaterial auf andere deutsche Kunstgewerbe - Schulen verteilt und haben manche segensreiche Anregung und Spur zu ähnlichem Werke hinterlassen. Als der Museumsgeist die Nacheiferung der Sonntags- kunst der früheren Jahrhunderte mit Wort, Kupferstich und Museumsstück noch lange Zeit empfahl, war Meurer längst wieder weiter

ähnlich weiter wie die moderne Malerei, die wieder mehr, als bisher üblich, auf die Natur zu blicken begann, und nicht mehr nur allein aul der ^ Väter Werke«.

Es ist durchaus bezeichnend für das Vor- gehen Meurers , für seine pädagogische Befähigung als Füh- rer, daß ihm der an- fangs gewählte Weg des Nacheifcms, eines mehr äußer- Uchen Übernehmens des Erbes der Väter, bald nicht genügte.

Er hatte erkannt, daß auch die .Alten zumeist ihre herr- lichen Werke und reizvollen Elemente ihrer Schöpfungen nicht aus der Tiefe des Gemüts erfunden hatten. Er fand, daß sie ihre Schätze aus der Natur gehoben

und es verstanden hatten

jede Zeitepoche in eigenartiger und cha- rakteristischer Weise sie gut zu verwenden. Dabei bildeten sie, dem neuen Zeitgeist und an- derer Natur-AulTassung entsprechend, die über- kommenen Kunstfor- men allmählich um und entwickelten sie weiter

in manchen Zeiten nicht zu unserem heu- tigen Entzücken ! Die Frucht der eingehenden Studien Meurers waren die bekannten Werke jPllanzcnlormen« und »Pnanzenhildcr«. Die Worte deuten schon an,

in welchem Umfange er das pflanzliche Ele- ment in den Kunstformen vorfand. Reisen nach Griechenland, Ägypten und Wanderungen durch die .Museen der europäischen Weltstädte brachten immer schönere und zahlreichere Be- lege für seine Entdeckungen.

Die Herkunft architektonischer Formen aus der Natur ist ja auch von anderen nach- gewiesen worden. Ich erwähne nur die Namen P)ötticher und Jacobsthal. .\berdie breite, durch treffende Beispiele und überzeugende Erklärungen systematisch durchgeführte Par- allele voll glänzender Betrachtungen über Art imd Ursachen der Umformung der Kunstformen ist uns erst von Meurer geschenkt worden. Dabei hat er in seinen Be- trachtungen ülior Zweck und Ursachen dcrNatur- undKunst- formen so entschei- dend angeregt, daß es nicht zu viel sein dürfte , wenn ich sage, Meurer ist der Vater vieler Besitz- stückc im modernsten kunstgewerblichen Regel- und Tugend- schatz der jetzt schaf- fenden jungen Gene- ration und ihrer Pro- ])agatoren. Meurer ist jedenfalls einer

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der besten und frühesten Pioniere der neuen kunstgewerblichen Bewegung gewesen, und er ist noch jetzt der beweiskräftigste Anwalt und Ver- teidiger des Strebens der schattenden jungen Generation nach mehr Natur und weniger (io- schichte. Trotzdem wird er von vielen Moder- nen, die sich nicht die Zeit nehmen, selber eine Meinung über seine Werke zu bildeü, son- dern anderen nachsprechen, bekämpft!

Meurers monumentale Arbeit erscheint uns gerade daduri h besonders wertvoll, daß

er uns nicht auch noch seine eigene Kunst anbot und damit die vielen persönlichen Künste unsrer individualistisch eitlen Zeit unnötig ver- mehrte, sondern daß er uns statt einer Meurer- kunst einen Weg zu der Kunst überhaupt wies und ihn so gut ausbaute, daß die Mehrheit, die die Arbeit einer großen Nation machen muß, auf diesem Wege marschierend, tüchtiger werden kann.

Meurer hat der modernen Bewegung im Kunstgewerbe und in der Architektur einen be-

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deutenden iJicnsterwiesen, indem eralsgewissen- halter Lehrmeister auftrat und sich bemühte, die Nation vor oberflächlichen Studien und zu billigen und zu schnellen Erfolgen zu be- wahren. Die Schöpfer der breiten Mittel- straLJe, die nicht die glänzende üabe für den starken Tageserfolg t)esitzen, die die Lust des

schnellen Wechsels nicht befriedigen können, führt er durch eine sorgfältige Studienweise so, daß auch ihnen Früchte erwachsen müssen. Zugleich bewahrt er sie vor den kunstschöp- ferischen Kinderkrankheiten und Purzelbäumen. Darin, daü Meurer die historisclie Kunst- formensprache mit einer neuwissenschaftlichen

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Naturformensprache zu verbinden versteht, darin hegt eine Gewähr der Dauer und des Erfolges seiner Lehre. Hofifenthch wird sein Werk andere anregen, die herrliche Or- nameniik und Tektonik der arabisch mau- rischen Welt und Indiens, von der wir noch wenig wissen, durchzuforschen und die Her- kunft ihrer Formen mit denen anderer St'le und mit ihren Naturvorbildern zu vergleichen. Ich sagte oben von dem jungen kunst- gewerblichen Cleschlecht, daß sie nach mehr Naiur und weniger Geschichte strebten. Aber ganz jüngst wurde die letztere im Unterricht doch wohl unterschätzt und sehr stiefmütterlich be- handelt, wühl auch weil sie zu trocken und losgelöst von Natur und Entwicklung ange- boten wurde. Hier setzt Meurer mit seiner belebenden und überzeugenden Vergleichs-

methode ein und versteht es zu beweisen, da(.j Kunst und Natur eng verbunden sein müssen und daß jede dieser beiden Welten von jeder Zeit mit eigenen neuen Augen ge- sehen wird !

Als Meurer auf dem Boden Roms, aui dem kostbare Schätze der griechischen, ägyp- tischen und kleinasiatischen Kunst mit der Blüte aller späteren Epochen wie in einem reichen Tejtpiche zusammengewebt sind, seine Entdeckungen vermehrte, gründete er dort eine Art Lehr-Seminar, indem er junge Lehrer deutscher Kunstgewerbeschulen bei sich auf- nahm und in seine Welt einweihte. Mit ihnen stellte er das erste Material für die uns vor- liegenden Werke zusammen. Bei seinem Be- streben wurde er von der preußischen Regie- rung in sehr dankenswerter Weise unterstützt.

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Die iii)pige Flora der römischen Landschaft und ihre Ergiebigkeit fast während des ganzen lahrei, und die große kunsthi.sl( irische Schatz- kammer machten Rom für vergleichende Kunst- und Naturstudien besonders geeignet. Meurers Lehre und sein durch seine Seminaristen viel- fach in deutsche Kunstgewerbeschulen ein- gepflan/les gediegenes Naturstudium ist trotz mancher Mißverständnisse und kurzsichtiger Unterschätzungen, denen sie begegneten, un- auffällig und ruhig im Wachsen und Wirken begrifl'en. Seine Naturstudienweise ist auch eine Art Gegengift gegen den formauflösenden Impressionismus, der aus der Malerei herüber kommt und in das Kunstgewerbe einzubrechen droht, und der nur sehr beschränkt anwend- bar sein dürfte.

Die von Meurer ausgebildete .Natursludien- weise aber bedeutet allein schon durch ihre zu eingehendem Beobachten zwingende Methode, die für Zeichner und Flastiker gleich geeignet ist, ein großes Verdienst um unsere technischen Schulen 1 Nur die alten Japaner hatten einen ähnlichen gewissenhaften Be- obachtungsweg eingeschlagen. Seine Natur- studienwcise ist die Vermählung wissenschaft- lichen und künstlerischen Geistes. Wie er

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Schnittbilder, Auf- und Grundrisse der ganzen l'llanze und einzelne Teile, wie er Teilungsideen, die Lebens- und Wachsbedingungen, die Ein- llüsse auf die Formung der Organe der Ptlanze studiert , wie er sie von allen Seiten und Gesichtspunkten prüft und erforscht, wie er das ideale Miltelbild aus verschiedenen Exem- plaren einer Pflanze herausarbeitet das ist Wissenschaft und Kunst zugleich ! Dieses Studium bedeutet für das spätere Schaffen und Erfinden des technischen Künstlers ein sehr solides Fundament!

Wie andererseits beim Schaffensprozeß selber wichtige Lehren aus den Werken der früheren Schöpfer - Geschlechter gewonnen werden können, zeigt Meurer durch seine Methode des Erforschens der Abstammung der Kunstform (Entwicklung~i und des gleich- zeiligen Vergleichens der Kunstform mit der genau erforschten Xaturform. Er geht also beiden, der Kunst und der Natur, nach und erforscht die Ursachen ihres Werdens.

So schließt sich der Ring des mensch- lichen Schaffens. Der Natur geht der Mensch nach und schafft ihr nach seine Kunstwerke, ähnlich bildend, aber doch selbständig mit anderer Technik, allein durch diese, durch seine

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Aufi^abe und die Erinnerung beschränkt. Schon allein um der Tugenden der deut- schen Gründliclikeit, Gewissenhaftigkeit und Logik willen, die Meurers Lehre verbürgt und die wir bei jeglicher konkreten Arbeit erwar- ten, ist Meurers Studienweise für uns eine Forderung, die wir für die deutsche Kunst- gewerbeschule aufrecht erhalten müssen.

Noch einige Worte zu dem Werke selbst. Es erschien das Tafelwerk, meist Tafeln von ca. 100:75 cm mit linearen Zeichnungen in Lichtdruck und Lithographie gedruckt und gehandelt von Albert Frisch Berlin, Lützow- straße 66. Preis 600 M. Das Tafelwerk ist in erster Linie für Schulzwecke berechnet, es fuhrt die Entwicklung des Ornamentes, des Altertums und Mittelalters und seine \Ji- sprungsformen (meist in der Pflanzenwelt) vor.

Das jüngst bei Gerhard Kühtmann in Dresden- A. erschienene Handbuch »Ver- gleichende F'ormenlehre des Ornamentes und der Pflanze, mit besonderer Berücksichtigung der F'.ntwicklungsgeschichte der architek- tonischen Kunstformen« ist ein dicker Hoch- formatband von ca. 36 : 26 : 5 cm, mit 600 Textseiten und etwa 2000 Illustrationen, zu- meist Verkleinerungen der oben erwähnten Tafeln, die durch Tonätiungen (nach Photo- graphien naturalistischer Aufnahmen") ergänzt sind. Preis des Bandes 60 M.

Das Handbuch ist zugleich der Führer durch das Tafelwerk. Es ist aber, da die Tafeln darin verkleinert enthalten und durch neue Bilder reich vermehrt sind, völlig' selbst- ständig benutzbar und für den Privatgebrauch praktischer. Dem Architekten, Kunstgewerbler

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und Kunstgclehrten wird es ein wertvuller Erklärer und Anreger sein. Das Handbuch will nicht Bei- spiele geschichtlicher Ornamente geben, son- dern durch Vergleiche der wichtigsten Orna- mentiypen der Xer- gangenheit mit ihren Abstamniunusrormen die Entwicklung von Kunst- formen und den Schaf- fensprozi'ß des erfmden- den Künstlers aufhellen. Es werden die Urformen vieler Typen gezeigt und besprochen und die L'm- bildungseinfiüsse nach- gewiesen und veran- schaulicht. Daraus er- geben sich von sel- ber mannigfache Anreg-

ungen und Winke für den bildenden Künstler, wie in unseren Tagen weiter zu entwickeln ist. Meurer beweist auch, daß Erfindungen undUm- wantllungen der Kunst- formen nicht allein aus dem freien Entschlüsse einzelner Künstler ent- sprangen, sondern daß sie aus gemeinsamen religiösen und sittlichen r.egriffen entsprossen, teilweise eine Art Sym- bolik des ganzen Volks- empfindens und Denkens darstellten, eine Sprache, die auch der Laienwelt durchaus verständlich war! Das erklärt die einheitlichere und anhal- tendere frühere Formen-

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spräche während unsere uneinheitliche ex- perimentierende noch stark persönUche Kunst- sprache (besonders die dekorative), die Zer- rissenheit der rehgiösen, partikularistischen, sogar subjektivistischen Denkweise unseres Volkes und unsere verschiedenen sittlichen Überzeugungen widerspiegelt. Solange uns in der Nation in dieser Beziehung kein einheit- liches Denken durch Unterricht und Sitte erblüht , ist wohl auch von den Künstlern nicht der nationale Stil zu erwarten.

Einzelne Kapitel Meurers in dem Hand- buche sind von besonders aufklärender Kraft. Zum Beispiel jenes über die Entwicklung der Palmette und ihrer Umbildung der jonischen Kapitälvolute, die er aus ägyptischen Pflanzen- fornien ableitet. Glänzend ist das Kapitel über einzelne keramische Formen und ihre ent- sprechenden Pflanzenblüten, insbesondere die Rankenhenkel der griechiFchen Kratergefäße. Schlagend wirkt die Analogie von dem Blätter- und Blütenschniuck der altägyptischen Men- schen und der Übertragung dieser Schmuck- formen in die Malerei und in das Relief an

entsprechende Glieder der .'\rchitektur. (Stirn- binden — Architrav- Dekorationen, Hals- schmuck — Säulenhalsomamentik usw.)

Ebenso belehrend ist der Abschnitt über die Pflanzensäule der Ägypter und die Schmuck- säulchen der Pompejaner, über die Araceen in der persisch indischen, und die Farne untl farnähnliche Bildungen in der gotischen Architektur.

Nicht vergessen sei die Unterstützung, die dem tiefgehenden Werke Meurers durch den Staat zu teil wurde und der erfreulichen und verdienten Schätzung, die es Feitens verschiedener Ministerien erfuhr, die das Tafehvcrk und das Handbuch in großer Zahl für ihre technischen Schulen erwarben. Eine gute Kapitalanlage für die Nation !

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Die Natur maclit nidits Inkonfequentes. lede Oeftalt, fie fei fcliön oder häßlich, hat ihre Lirfache, von der fie beltimnit wird, und unter allen orga- nifchen Naturen, die wir kennen, ill keine, die nidit wtire, wie fie lein kann. Goethe.

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ZWECKFORM

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ORNAMENT.

Über die Fragen: Ist eine Form, welche ihren Zweck in vollivommenster Weise erlüllt, aber auf alles schmückende Heiwerk verzichtet, schön? und: Ist das Ornament nicht im Grunde genommen eine störende Beigabe, auf die eine ideale Kunst verzichten sollte r hat man seit alters gestritten. Vielleicht gelingt es mir, dem Problem mit Hilfe der »Harmonie des Kon- trastes« näher zu kom- men. — Harmonie des Kontrastes nenne ich eine neue Theorie über das Wesen des Schönen (nicht der Kunst) , welche auf zwei Tatsachen fußt: zum ersten, daß aus dem zeitweiligen Ruhe- bedürfnis unserer Sin- nes-( )rgane und Gei- steskräfte ein Trieb nach Wechsel der Ein- drücke hervorgeht, zum andern , daß geistige Tätigkeiten , die wir schon einmal ausgeübt haben und solche, die mit andern, uns schon geläufigen, in Wechsel- beziehung stehen, sich in unserm Hirn be- sonders leicht voll- ziehen. Aus diesen Tatsachen ergibt sich,

daß wir als angenehm überall den Wechsel von Eindrücken empfinden , daß aber die zu den geistig bereits verarbeiteten Eindrücken sich hinzugesellenden, kontrastierenden, uns an sich nicht neu zu sein brauchen , um eine ange- nehme Wirkung zu erzeugen, ja, daß wir es sogar als besonders angenehm emjifinden, wenn wir in dem kontrastierenden Ein- drucke Bekanntes, uns bereits Lieba:ewordenes

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wiedererkennen oder wenn der neue Ein- druck mit dem alten durch geistige Brücken, über die hinweg wir den neuen schnell und leicht aufzufassen ver- mögen, verbunden ist. Eindrücke , die diese Bedingungen erlüllen und von unseren vor- nehmsten Sinnesorga- nen, Auge oder Ohr auf- gefaßt werden, nenne ich schön. Wenn ich von Kontrasten , als welche ich unter Um- ständen schon die feinsten Nuancen von Tönen, Größen, Rich- tungen usw. bezeichne, und von geistigen Brük- ken, d. h. von gegen- seitigen Beziehungen, rede, so denke ich dabei nicht nur an das Zusammenwirken der Einzelteile des als schön erkannten Gegenstandes, sondern auch an dessen Ver- hältnis zur Umgebung, zur Zeit seiner Ent- stehung, zur geistigen Beschaffenheit des Ge- nießenden und an vie- les andere. Je feiner die Kontraste und die vorhandenen Bezieh- ungen gegeneinander abgewogen sind , für um so schöner halte ich einen Gegenstand. Die Schönheit liegt nach der Theorie von der Harmonie des Kon- trastes also in dem an- gemessenen Verhältnis des Neuen zum Alten, sie erstreckt sich auf Form und Inhalt, auf Natur und Kunst, sie liegt zugleich im Gegen- stand selbst und im Intellekt des Menschen. Kehren wir nach diesen nur andeutenden Vorbemerkungen zu den eingangs aufgewor- fenen Fragen zurück !

Wenn alle Teile eines Gegenstandes sich bezüglich der Form ihrem Zwecke vollkommen

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anpassen , fordern sie uns zum Gebrauche geradezu heraus. Der runde Stiel einer Schaulei ruft uns »förmlich« zu: i l'asse mich an!« ihre glatte, eiserne Fläche : ^Schneide mit mir die Erde auf!« Ein Gefäli sagt uns: ^Ich bin ein Hohlraum zum Fassen einer Flüssigkeit , und der Griff eines Schlüs- sels: »Ich bin rund, da- mit ich dir nicht wehe tue, damit du dir die Tasche nicht zerreißt, wenn du mich einsteckst, ich bin breit, damit du mich leicht herumdrehen, ich habe eine uToße Öffnung, damit du mich leicht aufhangen kannst' . Durclrdiese deut- liche Sprache , die sie reden, erleichtern es uns die Gebrauchslormen, sie geistig zu erfassen. Ihre Geberdesprache wird uns um so verständlicher , je häufiger wir ebendieselben Grimdformen in Verbin- dung mit ebendemselben /.wecke antreffen. Diese /.weckformen erfüllen da- her durch ihr bloßes Da- sein die eine Hälfte der Forderungen, welche ich an das Schöne stelle, sie sind für uns das ^Be- kannte'. Nun fordert aber die Harmonie des Kontrastes außer dem Be- kannten noch etwas Neues, Eigenartiges, wodurch der Gegenstand sich von einem andern, zur Erfüllung des selben Zweckes geschaffe- nen, unterscheidet. Dieses Neue. Eigenartige, kann bei Gebrauchs- gegenständen vornehmlich auf dreierlei Weise erzielt w^erden: 1) durch Variieren der Ge- samtform innerhalb der (Jrenze des Zweck- mäßigen, 2) durch Wechsel des Materials, dadurch z. B., daß wir ein Trinkgefäß das einemal aus Glas, das anderemal aus Holz, Steingut, Porzellan, Zinn, Silber, Gold, Kristall oder sonst einem Stoffe herstellen, oder 3) da-

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durch, daß wir, wenn der Zweck mehr oder weniger gebieterisch immer wieder dasselbe Material fordert. ^^^ die Obirtläche dieses Ma-

J^^^^ lerials durch Zutaten, wie

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liefs, Atzungen, besondere Art des Geflechtes und dergl. variieren. Diese Variationen, die in einem gewissen Gegensatz zur reinen Zweckform stehen, I , ohne doch den Zweck

ß. ^L zu beeinträchtigen, bilden

i^H^ eben das, was man ürna-

y ment nennt. Die Be-

deutung dieses Ornamen- tes als Bestandteil eines auf Schönheit Anspruch machenden Gebrauchs- gegenständes wächst hier- nach in demselben »Maße, in welchem die Zahl der verschiedenen Materialien, A unter denen wir bei Her-

stellung eines Gebrauchs- gegenstandes wählen kön- nen , und die Zahl der «Variations - Möglichkeiten der Gesamtform sich ver- ringert. Das .Möbel z. B., ^"-\ bei dessen Herstellung wir

^ zwischen Plünderten von

verschiedenen Hölzern wählen können und bei dem eine außerordentlich große Zahl von Variations- möglichkeiten der Gesamt- form vorliegt, bedarf des Ornamentes in viel ge- ringerem Maße als der Teppich, bei dem eigent- lich für Wohnzimmer nur Wolle in Frage kommt. Es würde eine unerlräg- liehe M<jnotonie entstehen, wollte man bei Tepijichen ein für allemal auf das Ornament etwa zu gunsten nur soge- nannter glatter, durchgehender Farben ver- zichten. Bei einem Fahrrade, wie überhau])t bei den meisten Maschinen , wird dagegen der Harmonie des Kontrastes vollauf Genüge getan einerseits durch die überaus zweck- mäßige Ausgestaltung aller Teile, anderseits durch den reichen Wechsel zwischen glänzenden

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lind nicht glänzenden, lackierten und nicht lackierten Teilen, zwischen Holz, Metall, Leder usw., durch die meist sorgfäTtis; gewählten Pro- ])ortionen, durch das sehr häufige Vorkommen mathematischer Kurven (die an sich schon schön sind, weil jeder ihrer Teile Richtungswechsel bei Stetigkeit in der Befolgung eines mathemati- schen Gesetzes zeigt), durch radial-symmetrisch angeordnete Teile, wie Zähne, Speichen, durch rhythmische Reihungen, wie Kettenglieder, durch die Regelmäßigkeit und Exaktheit der wirklichen Bewegungen in bald sich drehender, bald hin- und hergleitender Richtung usw. Eine Hinzufügung von Ornament im eigentlichen Sinne würde hier bei der schon so großen ästhetischen Wirksamkeit all der genannten Elemente mehr schaden als nützen.

Noch zahllose andere Erwägungen bestim- men das Verhältnis des Ornamentes zur Zweck- form. Es sei auf nur einige der in Betracht kommenden Umstände noch hingewiesen. '

Da das Ornament unser Auge und Geist stärker in Anspruch nimmt als schlichte, ruhige Flächen , so sind reiche Ornamente bei Dingen, die wir nur selten und nur kurze Zeit zu erblicken pflegen, erträglicher und angebrachter als bei Dingen , die wir oft und lange zu betrachten gezwungen sind, farbige Glasfenster befriedigen uns aus diesem Grunde auf Korridoren, die nicht zum stän- digen Aufenthalt dienen, mehr als im Wohn- zimmer, wo sie auf die Dauer unausstehlich würden. Die Natur gibt uns hier das beste Vorbild. Sie stattet den flüchtigen Regen- bogen, den Sonnenauf- und Untergang, die kurzlebige Blüte uud den Schmetterling mit einer Farbenpracht und ornamentalen Mannig- faltigkeit ohnegleichen aus, aber überzieht den

.Mittagshimmel, die Oberfläche des Meeres, die weite Steppe, Wiese, Feld und das Laubgewand der Bäume mit gleichförmigen, meist gebrochenen und wenig aufdringlichen Farben.

Zum Schluß noch ein Wort über das Ver- hältnis des Ornamentes zur Würde des Gegen- standes. Man kann ohne weiteres einen Salz Ruskins, der sich auf das Pathos in der Dich- tung bezieht, auf das Ornament übertragen : »In eben dem Maße als die Empfindung edel ist dort, wo sie durch die Größe ihrer Ver- anlassung gerechtfertigt erscheint, in eben dem Maße ist sie unvornehm, wo nicht Ver- anlassung genug für sie vorhanden ist« (Eugen Diederichs'sche Ausgabe, Band 13 S. 210). 1 )as heißt reicher Schmuck ist weniger an- gebracht, wo es sich um Dinge für die ge- wöhnlichsten Zwecke handelt als dort, wo ein großer Zweck, ein würdiger Inhalt äußer- lich durch eine entsprechende Form zum Ausdruck gebracht werden soll. Ein Tempel verträgt neben edleren Gesamtformen auch einen reicheren ornamentalen Schmuck als ein Güterbahnhof. Mit Recht stattet man einen Thron anders aus als einen Schaukelstuhl.

Nach alledem dürfte es klar sein, daß es ebenso töricht wäre, das Ornament als etwas Störendes ein für allemal zu verdammen, als auch, es wahllos überall anzubringen. Des Künstlers Aufgabe ist es, in jedem beson- deren Falle das Ornament mit der Zweck- form in Einklang zu bringen, es bald mehr, bald weniger in den Vordergrund zu rücken. Im richtigen Abwägen dieses gegenseitigen \'erhältnisses liegt ein großer Teil dessen, was man stilistisches Taktgefühl nennt.

»ESSAU. OTTO SCHEFFERS.

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IMITATION UND SURROGAT.

VON KARI. HEINRICH OTTO.

Imitalioii und Surrogat, Nachalimuiig und Ersatj, sie sind immer noch lockend und Gewinn ver- heißend, sie werden immer noch gesucht und angewandt wie bereits vor lausenden von Jahren. Unsere Ästhetiker sind Imitationen und Surrogaten stets scharf zu Leibe gegangen. Häufig mit Recht, aber sehr oft auch ohne jeg- liche Berechtigung. Seitdem das Glas erfunden ist, hat man versucht, Edelsteine nachzumachen; seit bei uns die erste Tasse Kaffee getrunl<en wurde, hat man nach Ersat3mittelM gesucht, seit der Tabak seine Liebhaber fand, hat man nach einem billigen Ersatjkraul gefahndet. Imitation und Surrogat waren stets Bundesgenossen, die eine wird oft von dem andern bedingt, und so sehen wir sie häufig an einer Sache. - Wir tun oft nicht klug daran, gegen Imitation und Surrogat als sogenannte Unlauterkeiten und Minderwerte zu Felde zu ziehen. Es kommt doch ganz darauf an, ob sie immer die Absicht haben, uns zu hinter- gehen, uns Schein und Täuschung für Wahrheit zu bieten! Das ist nicht immer der Fall. Früher haben kluge Hausfrauen auch die Baumwolle für ein Surrogat gehalten, das Wolle und Leinen er- set)en sollte. Und doch hat die Baumwolle wieder ihre eigenen Vorzüge, die Qualitätsfragen für Wolle und Leinen stark beeinflussen; sie steht ja völlig in der Mitte, unabhängig und selbständig für sich, daf5 sie der beiden andern gar nicht bedarf. - Imitationen und Surrogate werden erst da und dann gefährlich, wenn sie absicht- lich für Fälschung und Täuschung herangezogen werden, also betrügerischen Absichten dienen. An sich läßt sich aber Imitationen sowenig wie Surrogaten die Berechtigung an- gemessener Verwendung absprechen. Es scheint mir geradezu töricht, zu sagen, man solle sich ihrer gezwungenermafien nur in Notfällen be- dienen; denn es gibt auch Imitationen, denen man keineswegs den Vorwurf machen darf, sie sollten etwas anderes geben, als sie in Wirklich- keit sind. Ich erinnere nur an die Stuckantrag- technik, an die Technik des stucco lustro, an bronzierten Gips und ähnliches, die uns doch klar zeigen: welches Material sie bergen und was sie demgemäj^ auch der Technik nach nur sein können. Ich erachte jede Imitation und jedes Surrogat für statthaft, die in uns keinen Zweifel

darüber lassen, was sie ihrem Wesen nach in Wirklichkeit sind. Wie viele Ästhetiker haben sich schon über bronzierte Gipsfiguren aufge- regt. Aber weshalb muf^ man hier tadeln. Eine bronzierte oder irgendwie getönte Figur ist doch praktisch besser und ästhetisch wohl- tuender, als eine sehr bald verschmut5te weige. Hier liegt doch gar keine Täuschung vor; wer würde denn glauben, hier auch nur an echte Bronze zu denken! Auf der andern Seite aber: wie viele Gelehrte und Kunstfreunde haben antike Plastiken in guten Abgüssen in Mengen auf- gestellt, die in naturgetreuer Auffärbung und Patinierung möglichst den Originalen gleich kommen sollen. Ich halte das für sehr verständig, denn der Unterschied zwischen einem weij^en Gipsabguß und dem Original einer antiken Bronze ist doch wie Tag und Nacht. Das gilt auch für Marmorplastiken, alte Holzschnitjereien, Majoliken (von Robbia) die man in guten Kopien in den Handel bringt. Sehr mit Recht, weil hier doch talsächlich die Imitation nur als gute Neben- erscheinung der getreuen Wiederholung eines wertvollen Originals an einem - allerdings wertlosen Surrogat auftritt. An eine Fälschung würde hier vernünftigerweise niemand denken. Geben wir ein (iegenbeispiel, das, lediglich auf anderem technischen Vorgang beruhend, häufig in der Nachahmung, in der Wiederholung die Fälschung, den Betrug als Endabsicht hat: das kopierte Bild, nach irgend einem großen Maler, mit künstlichen Schäden und dem vollen Signum des Originals. Hier wird kopiert, imitiert und damit eben künstlich der Anschein des „Alters" erweckt, also gefälscht. Wenn wir ein „goldenes" Kirchlurmkreuz oder einen „goldenen" Kirchturm- knopf in der Sonne blinken sehen, so denken wir keineswegs an einen Goldschmied; wir wissen sehr wohl, daß hier gar keine Absicht auf Täuschung besteht, denn das Kreuz ist aus Schmiedeeisen und der Knopf ist aus Kupfer, beide sind vergoldet worden aus Gründen der Wirkung und der Witterung. Mit vielen kupfernen Kelchen des Mittelalters, die nur vergoldet sind, ist es ähnlich bestellt; Form und Technik verraten das Kupfer; um den Grünspan fernzuhalten, hat man es vergoldet. Kein Mensch denkt an Täuschung oder gar an Betrug. Das Wort Imitation um-

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schreibt an sich eine ganz harmlose Sache sobald die Grundabsicht klar erkannt wird. Werden z. B. aus irgend einem festlichen Anlaf'i auf einem Pla^e im Zusammenhange mit der Festdekoration, unter Zuhilfenahme von Holzeinbauten und Sack- leinenbespannung große Monumental-Gruppen in drei Tagen aufgerichtet, so wird es niemand ein- fallen, hier, selbst wenn die Farbe das vor- täuschen sollte, an Stein und Bronze zu glauben. Bei den Riesen-Dekorationen mit farbigen Papier- blumen wird wiederum niemand an die Natur denken wollen, und doch handelt es sich in beiden Fällen um Imitationen in gutem wie schlechtem Sinne. Die Imitation wird erst zu einer Schreckenssache, wenn sie z. B. sich in ge- strichenenSandstein-Ouadern an schmiedeeisernen Pfeilern zeigt, erzielt durch Ölfarbenanstrich in Steinton mit weißen Fugenlinien. Wir haben das tatsächlich gehabt. Das ist natürlich mehr als unästhetisch, widersinnig; das ist lächerlich, wenn dann in den gestrichenen Steinquadern die Nietköpfe des Eisens sichtbar werden. Oder wir machen den Verstoß , in einer Putjfassade den Haustein-Bau vortäuschen zu wollen. Selbstver- ständlich ist gegen eine Putjfassade, auch gegen die reichste, nichts einzuwenden, wenn sie uns

erkennen läßt, es mit Stuck zu tun zu haben. In gleichem Sinne ist auch der Holzanslrich an sich nicht verwerflich, er wird es erst, wenn er so raffiniert und sklavisch durchgeführt wird, um eine andere Holzart, meistens eine edlere als die durch den Anstrich verdeckte, vortäuschen zu sollen. Hier denkt der „Maserkünstler" tatsächlich an eine Vortäuschung und vollzieht einen Betrug, der vor einem Gericht von Ästhetikern strafbar sein würde. Dasselbe gilt natürlich auch in gleichem Sinne von der Marmorimitation, kurz für alle Imi- tationen, die unter allen Umständen den Schein des Echten über das Surrogat hinaus wahren sollen. Daß dagegen heftig gekämpft wird, ist durchaus berechtigt. Es liegt gar kein Grund und keine Notwendigkeit vor, hier zu imitieren, denn wir bedürfen an solchen Stellen auch des „Scheines" nicht, weil wir auch einem minderwertigen, sonst aber gutem Material wie dem Tannenholz oder der geput3ten und geschliffenen Wand auf bessere Weise stilistisch gerecht werden können. Auch das Backsteinmuster auf einer gestrichenen Wand hat keine Berechtigung; ein Schablonenmuster oder dergleichen ist besser am Platje. - Das alles gilt auch für die Imitierung schmiedeeiserner Gitter durch Gußeisen, von Holzschni^ereien durch

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Maler Remigiuä Oeylinjc Wien. Ansichts- karten.

SCHULE PROFESSOR C. O. CZESCHKA.

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AUS EINER SERIE STÄDTE-BILDER DER AVIEXER WERKSTÄTTE.

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SCHULE l'KOl'ESSOR C. O. C/.KSCHKA.

SCHULE PKOFESSOR C. O. CZESCHKA.

AUS EINER SERIE STÄDTE-BILDER DER WIENER WERKSTÄTTE.

Schule Professor B. Löffler. Ansichts- karten.

F. Dellavii Wien. Ansichts- karten.

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BÄÜEfiN AUS DEM ER-NTEFEST N DER- ZEIT KAISER. JOSEF I

Sieinpappe oder angestrichenen Zinkjjufi , des Smyrnateppichs auf Linoleum usw. Auch hier ist die Absicht vorherrschend: mit der Imitation ein Surrogat zu decken. Gußeisen, Linoleum u. a. m. haben nun aber so hohe Eigenwerte, - sie sind zunächst nicht einmal Surrogate - da|^ sie irgendwelcher Bemäntelung gar nicht bedürfen. Auch gegen die Mehrzahl eigentlicher Surrogate rein stofflichen Charakters ist gar nichts einzuwenden, wenn sie sonst nicht täuschen sollen und über Materialeigenschaften verfügen, die ihrer Verwendungsart gerecht werden. Es gäbe kaum ein Material, das man - wenigstens der Erschei- nung nach nicht vollwertig stofflich zu ersetjen vermöchte. Aber, braucht denn ein Lederersat) unbedingt eine Ledernarbe zu zeigen, um seine Güte zu dokumentieren? Dann kann irgend ein lineares Motiv aus einem Moose, einer Flechte und ähnlichem eben so gut die monotone Fläche beleben. Auch die Papiertapete als angebliches Surrogat für stoffliche Wandbespannung, was sie, nebenbei gesagt, gar nicht ist und nicht sein kann, bedarf nicht der Täuschung durch Webeeffekte; sie kann getrost bedrucktes Papier bleiben, das nicht zum Bespannen - wie der Stoff - sondern zum Bekleben der Wände dient. Auch dem künst-

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liehen Holz braucht man keine Maser, dem künst- lichen Stein keine künstliche Struktur zu geben.

Für alle Surrogate bleibt das vorangestellte Wort „Kunst" von gröf^ter Entwertung. Wozu „Kunstleder", „Kunstholz" usw.! Das gute Surrogat ist doch ein total neues Produkt, das unter Um- ständen ganz anderen, oder sogar besser gleichen Aufgaben dienen kann, wie das ursprüngliche Material, das es erset3en soll. Und wenn dann für neue Bedingungen das Surrogat am rechten Plat5 ist, dann mag es sein was es wolle und heifien wie es wolle, es wird sich als ein neuer Werkstoff ebenbürtig einreihen lassen, wenn er in allem das ist und das zu erfüllen vermag, wofür er bestimmt ist. Denn die ungeheure Preissteigerung der natürlichen Rohstoffe bedingt, daf; wir uns der Erfindung neuer Ersat3stoffe, neuer Surrogate zuwenden. Wer hätte noch vor zehn Jahren gedacht, daf; die Bauweise in Beton, der ganz neue Konstruktionsprinzipien nut5bar gemacht werden mufjten, von so gewaltiger Trag- weite in unserer modernen Baukunst werden sollte.

Man gebe also auch der Imitation und dem Surrogat künftig vorurteilsfrei ihr Recht, wenn sie ästhetisch, materiell und moralisch eine ein- wandfreie Verwendung gewährleisten! o.

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AUS RUDOLF VONLARISCH: UNTERRICHT IN ORNAMENTALER SCHRIFT. II. AUFLAGE.

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ünGEmpFindunp, beseelt -^ unsere Her2:en: ciie Ireue zu FüiAsi und Land /welche seiHahrluinderten die kinder des Stainmlondes in ganz einziQGP/von Va^ ler zu Sohn vererbler Slärke mil ihrem handes^ Pursten verbindet' Mit die ser TreLie zugleich edie .

vaTGV. ans6-R/Ö6R öa bist im InmoQGL/GGlieiliQeTCDeR- öe öem nncne/ -zul^ooame ans öem Re^ch/öem cdiIIg GGScbGbe cDieimhimmeL ßLso fiüch fiUF GRÖen- GIB ans hGüTG anseR TOqLicnes B^^oT unö veRqm ans an^ sGRe schülö/cDie Qoch cdvr veRqeBGn ansehen scTiuiov- GGRn anö -pühRe uns nichT m veRSücTiünQ / sonöeRn 4^. GRLöse ans von QLLecn uBeL ^ ^

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ABDRUCK HINKS PAPIKRSCHNITTl-S. liRHuHUNG DBS ORNAMKNTAI.KN REIÜBS KONVENT 10 Nl--t,LER BUCHSTABKN DURCH GRUFPIERUNO.

l'APlKRSt HNITT - SCHABLONK. GRGENBILI) DES NEBENSTEHENDEN PAPIERSCHNirr-DRUCKES. WIRKUNG DER WEISS-ÜBERSTR AHLL'NG.

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PAUL BÜRCK-MÜNCHEN. RADIERUNG: - FRÜHLING

PAUL BURCK MUNCHKN.

Gemälde: »Parkweg«.

PAUL BÜRCK-MÜNCHEN.

\^or zehn Jahren berichtete die »Deutsche Kunst und Dekoration« zum ersten Mal über Paul Bürck. Damals war der Künstler ein Zwanzigjähriger, und kluge Leute fürch- teten, ein so ungewöhnlich Frühreifer werde nur allzubald das Ende seiner Entwicklung erreicht haben. Und als Bürck ein Jahr darauf in die Darmstädter Künstler-Kolonie berufen worden und dann bald den Strom der Besucher, die zu der Ausstellung der » Sieben c nach Darmstadt wallfahrteten, durch kecke Leistungen am Eingangstor verblüffte, da schüttelte Mancher das Haupt über das ungebärdige Wesen des Jünglings und prophe- zeite, daß solcher Sturm und Drang unmög- lich ein gutes Ende nehmen könne.

.\ls aber im Jahre 1903 die »Deutsche Kunst und Dekoration« wieder einen Über- bhck über die Kunst Paul Bürcks gab, da mußte jeder, der Augen hatte, zu sehen, ein- gestehen, daß eine überraschende PLntwick- lung in dem Künstler vorgegangen war und

daß alles in seiner neuen Kunst davon sprach, daß die Entwicklung noch manche Stadien weiter gehen werde. Damals konnte gesagt werden, daß Bürck sich nicht mehr durch jede interessante Überfläche zum Fabulieren begeistern lasse, sondern daß es ihm ein Be- dürfnis geworden sei, dem Wesen der Dinge nachzugehen, in die Tiefen zu graben, bei der Beobachtung des Lebens ein rechter Naturforscher zu werden.

Das war vor sechs Jahren. Und heute r Bürck hat inzwischen eine ungewöhnlich er- folgreiche Lehrtätigkeit an der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule in Magdeburg absol- viert, ist dann zur allgemeinen Überraschung auf drei Jahre nach Rom gegangen und ist jetzt in die Stadt seiner Jugend, nach München zurückgekehrt.

Voller Spannung warten die Bewunderer der Kunst des Jünglings auf die l^eistungen des .\rannes. Hat der Romfahrer gehalten, was der Jüngste der Darmstädter Künstler-

ISKW. \l. 1.

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Pmtl Bürck— München.

I'AUL BURCK-MU^'CHEN.

kolonie, was der Lehrer der Magdeburger Schule versprochen hatte? Oder hat die ewige Roma auch diesmal, wie so olt schon, das deutsche Blut verwälscht?

Das vorHegende Heft sucht auf sulche Fragen die Antwort zu geben.

Als Bürck nach Rom zog, tat er es mit dem Skizzenbucli in der Hand. Und es dauerte nicht allzulange, da erzählte er den Freunden seiner Kunst in Federzeichnungen von den künstlerischen Erlebnissen der Reise. Überrascht blickten die Zurückgebliebenen auf diese Blätter der »Reise nach Rom-. War das Paul Bürck 'i Wie altmeisterlich wirkte sein Stricli ! Man dachte unwillkürlich an Kujiferstichwerke des 18. Jahrhunderts. Hatte der Künstler sich selbst entfliehen wollen und sich zunächst in eine Welt gerettet, die der eigenen so fern wie möglicli war? Es fiel einem das Wort Goethes ein, daß man, um sich selbst zu finden, gut tue, sich zu- nächst so weit von sich selbst zu entfernen, wie es nur irgend möglich sei ; kehre man dann langsam zum Ausgangspunkt zurück, dann erkenne man sein eigenstes Wesen und dessen eigentlichste Ziele klarer und tiefer. Hatte Bürck nach solchem Rate gehandelt?

Gemälde: s Bäume bei Abend«

Man kann mit ruhiger Sicherheit antworten: Nein! Man prüfe einmal daraufhin die Blätter der Romreise ein wenig gründlicher, man beachte die Strenge der Konturen, die Wucht der Gegensätze von Licht und Schatten, das .Vuswiegen der Massen , und man beobachte gleichzeitig die Schärte der Charakteristik im einzelnen. Das ist mit modernen Augen ge- sehen , und zwar eben mit den Augen Paul Bürcks. Denn hier finden wir den alten deko- rativen Sinn des Künstlers und dazu die natur- wissenschaftliche Exaktheit seiner Magdeburger Zeit. Aber beides erscheint gesteigert. Das Dekorative ist großzügig geworden, und in der Gewissenhaltigkeit der Beobachtung spricht die Andaclit emer tiefen Pietät. Das aber bringt in die kleinen Bijder der Romreise einen Zug des Feierlichen, der befremdet, gerade bei dem leidenschaftlichen Bürck befremdet. Man über- setze sich aber in Gedanken diese Radierungen in Wandbilder, und man wird nicht mehr von reden, sondern wird sich Wucht dieser römischen

« Altmeisterlichkeit« der monumentalen Bilder freuen.

Nicht viel anders wird es einem vor dem Bildchen »eine Mutter« gehen, das einem Zyklus »Italienisches Volksleben« angehören

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Paul Bürck— München.

PAUL BURCK-MÜNCHEN.

wird. Wieder möchte man im ersten Augen- blick an Meister der Vergangenheit denken, diesmal an die deutschen Künstler aus dem Anlang des 19. Jahrhunderts. Aber bald merkt man, wie sehr Bürck auch hier ein Eigener ist. Wie er das schwere Dreieck der Gruppe vor die reich belebte Horizontale gelegt hat, wie er die vielgliedrige Silhouette der Stadt im Gegensatz zu der ruhigen Fläche der Mauer bringt und wie er schlielilich das massive Dreieck der Familiengruppe mit unend- lichem Reichtum der Linien füllt und ihr dennoch die sonnige Ruhe zu erhalten weiß, das ist für denjenigen, der Sinn für solche Dinge hat, von höchstem Reiz.

Und es offenbart uns zugleich, wohin die Entwicklung Bürcks weist: zur monumentalen

Gemälde : Aus Villa Strohl Fern Rom.

Malerei, aber zu einer monumentalen .Malerei, die sich nicht an dem Aufteilen einer Fläche in Linien und Massen genügen läßt, sondern die diese Linien und Massen mit reichstem, erdgeborenem Leben füllen möchte.

Der dekorative Sinn ist in Bürck wieder an die erste Stelle gerückt, aber er stellt sich höhere Probleme als einst. Und er sucht den mächtig entwickelten naturwissenschaft- lichen Sinn für seine Zwecke auszunutzen. Der aber fühlt seine Kralt und will nicht immer Diener sein. Da entstehen dann bis- weilen eigenartige Kämpfe, deren Beobachtung für den Ps}'chologen von höchstem Reiz ist, die aber den Bildern zum Nachteil gereichen. So z. B. , wenn sich die Bewegung eines Armes, die Geste einer Hand dem Rhythmus

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KADltRUNG : llKlI'il'l IM SlIIMt

RAlilERUNt; ; MAR/.ABENI)

Theodor Volhelir

PAUL BURCK MÜNCHEN.

einer Linie unterordnen soll und doch jeder Muskel, jeder Finger mit anatomischer Ge- wissenhaftigkeit gezeichnet ist. Da kann es denn kommen, daß eine Bewegung pathetisch oder unverständlich wirkt oder daß der große Zug einer Linie jäh unterbrochen wird. Die Einfachheit des monumentalen (".edankens und die Kompliziertheit des menschlichen Körpers stehen sich z. B. in den Äsen des Wand- bildzyklus wie unversöhnliche l'einde gegen- über. Dabei ist die Gestalt der schlafenden Erda, die aus Urnebein aufsteigt, bereits von einer wundervollen inneren Größe. Dieses Ringen der zwei Seelen in der Brust des Künstlers kann man aber nur dort beobachten, wo es sich in seinen Werken um figürliche Kompositionen handelt.. Auf dem Gebiete der Landschaftsdarstellung ist der Kampf bereits beendigt. .

Gemälde: »Trafoigletscher«.

Meisterhch in ihrer flächigen Stilisierung und in ihrer absoluten Wahrhaftigkeit sind die Radierungen Gehöft im Schnee« und »Märzabend« (in der verkleinernden Repro- duktion kommen naturgemäß die technischen Feinheiten nicht zur Geltung). Und in den Darstellungen der Welt der Gletscher weiß man in der Tat nicht, was man mehr be- wundern soll, die Feinheit der physiologischen Charakteristik des Hochgebirges oder die Großheit der Anschauung. Sie haben trotz des reichen Details die Einfachheit und die Größe der gewaltigen Natur.

Wenn man starke Talente daran erkennt, daß sie unaulhaltsam an sich arbeiten, daß sie sich nicht an dem einmal erworbenen Lorbeer genügen lassen , dann ist Paul Bürck ein starkes Talent. Einem starken Talente gegenüber aber gilt vor allem das

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Pnttl ßütrk—jMihic/ieti.

Wort, daß es in seinem dunklen Drange sich des rechten Weges bewußt ist. Man hat vor Jahren bedauert, daß Bürck seinen Anfangen untreu geworden sei, daß er der kunst- gewerbUchen Schmuckkunst den Rücken ge- gewandt habe und »Stafi'cleikünstler' ge- worden sei. Heute wird man einsehen, daß er sich selber im höchsten Sinne treu blieb, als er suchte, die Grenzen seiner Kunst zu erweitern. Denn wir sehen, wie er innerlich zur Schmuckkunst zurückkehrt, jetzt aber zu der großen monumentalen Schmuckkunst, die uns festliche Räume weihen soll. i h. volhehr.

Diistedinirche WilTen und Können ill iillei, ciber yciiKlc diH will kein HenMi (lUuiben. Mdu will lieber an etwiis Aiilieiordcntlidies, an etwiis Über- iueiifctilid\es ciluuben, iih fidi der Wirklidikeit fügen. Todinifdies Wilfen. Iiingf.imc und überlegte Arbeit, Aü\ Hellt ndtürlidi nidit l'o fdiön cuis wie Infpiriitlon, dcis in.idit weniger Effekt ; aber dodi find liier die einzigen Grnndl.igen der Kunlh Augufte Rodin.

Gefegnet fei die Stunde, die midi Herr der Tedinik werden lieH, um jet,! dem Geilte unbeirrt n.idigclien zu können. Anl'elni peuerbcidi.

l'AUL Bi RlK Ml .NCHEN.

K.nliciunt^ ; *Kin^.iiakcit «. (Selbstverlag.)

PAUL BURCK- MÜNCHEN.

GemUlde: »Suldengletscher«.

FARBEN-WIRKUNGEN.

VON DR- EMIL UTITZ— PRAG.

Jede Kunst stellt etwas dar, drückt etwas aus; sie tut dies mit den ihr eigentümlichen Mitteln. Und ein solches Kunslmittel sind die Farben. Wir wollen uns nun die Frage vorlegen: welche Wirkungsmöglichkeiten liegen in den Farben? welche Zwecke können sie erreichen? welche verschiedene Anwendungs- weisen zeigen sich als möglich V

In neuerer Zeit wurde immer häufiger und immer nachdrücklicher die Abhängigkeit der Kunst von ihrem Material betont, das nicht bloß die Erscheinungsform bestimmt, sondern auch auf die Wahl des darzustellenden Ge- haltes von hohem, oft geradezu von ent- scheidendem Einfluß ist. Der Künstler muß sich darüber klar sein, welche Möglichkeiten in seinem Material schlummern, welche Wir- kungen es zu zeitigen vermag, welche Zwecke es leisten kann usw. Durch die Kenntnis dieses Sachverhaltes wird der ästhetische Ge- nießer Einblick gewinnen in die künstlerische

Technik und das eigentümhche Wesen einer Kunst. So wird er in den Stand gesetzt, manches zu bemerken und zu genießen, das sonst unbeachtet und ungenossen bliebe, und wird keine Anforderungen an ein Kunstwerk stellen, denen dieses vermöge seiner spezifi- schen Art schlechterdings nicht genügen kann. Wenn wir uns nun den Farben zuwenden, wollen wir vorerst den relativ einfachsten Fall betrachten: er ist dann gegeben, wenn Farben nebeneinandergesetzt erscheinen ohne jede Rücksicht auf Gegenständlichkeit (Naturnach- ahmung) und Harmonie. Wir können dabei etwa an ein Ornament denken, das rein geo- metrische Formen zeigt. Wie wirken dann die Farben? Sie trennen und verbinden, ordnen und gliedern, teilen und fassen zusammen usw. Hier liegt also eine eigentümliche Art der Farbengebung vor, und wir wollen sie die polychrome nennen. Die Farben treten da nicht auf um ihrer spezifischen Wirkung willen,

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PAUL BURCK MUNCHKN.

GEMÄLDE; DIE Ki'NIGSPITZE'-

PAUL Bl RCK -Mt.Ni UEN. KADIERU.NG: -SONNENBELEUCUrETE ÜLETSCHEK

Dr. Emil l litz-Pmcy:

PAUL BUKCK MÜNCHEN.

sondern stehen im Dienste einer andern : dem klaren Herausarbeilen eines kom])lexenOanzen. Sie lenken die Aufmerksamkeit besonders auf die Stellen, die der Künstler vornehmlich be- achtet wissen will; Nebensächhches machen sie als solches kenntlich, erleichtern das ein- deutige Bemerken, bestimmen die Auffassungs- weisen usw. Während sonst vielleicht die Ein- heit in der Vielheit schwer wahrnehmbar wäre, gelingt es ihnen, uns die Anlage, die Kon- struktion des Ganzen klar und übersichtlich vor Augen zu führen. Dabei ist die Besonder- heit des Farbentones ganz gleichgikig; es kommt nur einerseits auf starke Helügkeits- und Farbenunterschiede an, andererseits darauf, daß zusammengehörige Teile durch gleiche, nicht zusammengehörige durch verschiedene Farbe gekennzeichnet werden. Innerhalb dessen herrscht jedoch Willkür in der Farbenwahl. Zu lieachten ist nur, daß allzu grelle Farben leicht

Waiidbüd-Zyklus: Die Äsen erschaffen die Erda«.

die Aufmerksamkeit auf ihre eigene Wirkung richten und s:e daher dem Ding entziehen, das durch sie hervorgehoben oder gekenn- zeichnet werden soll. Aus dem nämlichen Grunde ist häufig innige Farbenharmonie ge- fährlich. Ihre Wirkung kann so stark sein, daß sie diejenige des Dinges, das ja eigentlich zum Genuß gebracht werden soll, ganz übertönt. Einen völlig anderen Wirkungskreis finden Farben als nachahmende Mittel: die Natur erscheint uns in Farben; und der Künstler kann uns diese farbige Erscheinung der Natur vorführen wollen, sei es nun eine Landschaft, ein Mensch, ein Stilleben, ein Genrebild, eine Historie oder sonst etwas. So sehen wir hier also eine fundamental verschiedene Verwendung von der ersten, die auf Gegenständlichkeit gar keine Rücksicht nimmt, während diese Art der Farbengebung gerade durch den Gegenstand bestimmt wird. Aber die Farbe dient hier

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Farbcmvirkuiigeti.

I'AIL lU KCK MLNCHE.N.

nicht nur zur Kenntlichmachung des Gegen- standes, als Mittel zur Erzielung möglichster Xaturwahrheit, sondern es tritt da auch ihre raumbildende Wirkung zutage und stellt sie so in den Dienst der Perspeklive. Diese Ver- wendung der Farbe als naturnachahmendes Mittel wollen wir Kolorismus nennen. Aller- dings faßt man häufig den Begriff »Koloris- mus« weiter und versteht dann darunter eine besonders geschickte Art der Farben^cusammen- stellung, oder gar jede Art von Farbengebung. Doch kann uns die Bezeichnung, wenn sie so weit ausgedehnt wird, daß sie einfach alles umspannt, keine brauchbaren Dienste leisten; dies vermag sie nur, wenn wir sie in (iegen- satz zu anderen Arten von Farbengebungen und Farbenwirkungen stellen, l'nser Ziel muß es ja sein, fest umgrenzte l'achausdrückc zu erlangen, um klar und deutlich, sei es all- gemeine Lehren auszudrücken, sei es die Bc-

\\'andbild-/.yklus: »Wodan schafft Mann und Weib' .

Sonderheiten eines Kunstwerkes zu schildern. Aus dem meist recht \erschwommenen Ceredc der üblichen Kunstschrifistellerei müssen wir trachten herauszukommen, wenn wir den Künst- lern und dem Publikum etwas bieten wollen. Aber noch eine ganz andere Art erweist sich als möglich, noch eine neue Wirkungs- weise erschließt sich vor uns: Farbenverwen- dung unter Rücksichtnahme auf harmonischen Zusammenklang der Farben. Er wird nun für das V\erk bestimmend, ihm ordnet sich das andere unter. Während also bei der nach- ahmenden Art der ( legenstand ganz die Farben- wahl bestimmt, ist es hier umgekehrt. Die (legenstände treten nur als Träger bestimmter malerischer Qualitäten auf; das Gegenständ- liche wird bis zu einem gewissen (Irade gleich- giltig. Diese Verwendung treffen wir vornehm- lich in derauf das Dekorative berechneten Kirnst. Wir wollen sie l'arbenharmonie nennen.

Farbernvirkimoen.

PAUL BUKCK MÜNCHEN.

Harmonische Farbengebung in der Malerei finden wir überall dort, wo ein Farbenzu- sammenklang (eventuell auch eine eigenartig charakteristische Farbendissonanz) für Kompo- sition und Stoffgestaltung bestimmend wird. Sein Stimmungswert bildet dann gleichsam in erster Linie den Gehalt des Werkes. Eine Farbenharmonie in einer Landschaft z. B. kann den Künstler reizen, diesen eigentüm- lichen, durch die Farbe erweckten Stimmungs- gehalt im Bilde festzuhalten. Das Gegen- ständliche tritt mehr in den Hintergrund, ob- gleich es Stimmungsverstärken d wirkt. Es ist ohne Zweifel nicht gleichgiltig, ob ein Farben- akkurd als der der Abenddämmerung oder der des herbstlichen Waldes aufgefaßt wird. Aber vornehmlich ist hier das Gegenständ- liche nur Träger der Farbe ; es motiviert sie gleichsam : sie aber wird Hauptjjerson. Als Beispiel kann ich da die meisten Werke von Whistler anführen. Bereits ihre Titel zeigen ihr Wesen. Ich nenne hier nur einige : »Symphonie in Weiß« , »Arrangement in Schwarz«, »Die blaue Woge«, »Arrangement in Clrau und Rosa« usw.

Jedoch noch ein ganz anderer Fall von Farbenharmonie in der Malerei erweist sich möglich. Für ihn liefert vornehmlich die italienische Renaissance zahlreiche Beispiele :

Lithographie ; J ugend .

der Gegenstand sei gegeben, z. B. ein reli- giöser. Nun kann aber die Komposition voll- kommen den Geboten der Farbenharmonie entsprechen, indem sich ihr nicht nur die Kleidung der Leute, die ganze Raumbehand- lung usw. unterordnen, sondern ihr zulieb eigene Personen und Gegenstände eingeführt werden, welche die Möglichkeit zu verschie- denen Wirkungen der Farben abgehen, welche die Harmonie zu den durch den Gegenstand gegebenen herstellen. Daß die Farbenharmonie wie erwähnt weiterhin auch für die dekorative Malerei, die Glasmalerei, die male- rische Plakatkunst, das Ornament usw. von höchster Wichtigkeit ist, bedarf keiner näheren Ausführung. Aber auch an die Plastik, Archi- tektur und angewandte Kunst darf dabei nicht vergessen werden.

Wir stellten also fest, daß Farben auf drei [irinzipiell verschiedene. Vrten angewandt werden können: polychrom, koloristisch und harmonisch. Diesen drei verschiedenen Arten entsprechen auch drei ganz verschiedene Wirkungsweisen. Während im dritten Fall die Farben um ihrer selbst willen, d. h. ihrer eigentümlichen spezifischen Wirkung wegen verwendet werden, stehen sie im ersten und zweiten im Dienste anderer Zwecke : im ersten kommen sie ear nicht als Farben in Betracht,

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PAUL BÜRCK: RADIERUNG.

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Dr. Emil Utitz-Prac

PAUL BIRCK MV NCHKV.

sondern nur als Mittel, ein komplexes Ganzes zu gliedern, übersichtlich zu gestalten usw., im zweiten ahmen sie die Farbe der Natur- gegenstände nach und helfen so mit, daß das betreffende Werk eine möglichst naturgetreue Wiedergabe erzielt.

Verbindungen dieser verschiedenen Arten treffen wir in der Praxis sehr häufig an; z. B. eine harmonische Polychromie, einen harmo- nischen Kolorismus, eine koloristische Har- monie usw. Es kommen natürlich gar oft auch Werke vor, in denen alle drei Arten verwendet sind, man denke nur z. B. an ein Pflanzenornament. 1 )a haben die Farben einerseits die Aufgabe , die eigentümliche Komposition des ( )rnaments klar und über- sichtlich zum Ausdruck zu bringen, ferner die einzelnen Pflanzenelemente als solche zu kenn- zeichnen durch Wiedergabe der natürlichen Färbung und schließlich in sich noch einen harmonischen, gefälligen Eindruck zu erzielen. Allerdings bekämpfen diese drei Wirkungs- weisen einander oft : zu der gliedernden Funktion usw. sind starke Helligkeits- und Farbenkontraste notwendig; dies entspricht aber nicht immer der Naturfarbe der Dinge. Wird sie genau berücksiclitigt, geht dies auf Kosten der ersten Wirkung und umgekehrt. Ferner ist häufig die polychrome und kolo- ristische Funktion einer harmonischen nicht günstig. All diese Gründe zwingen oft den Künstler zu Abweichungen von der Natur- wahrheit , Übertreibungen , Einführung von Gegenständen als Träger gewisser Farben,

Radierung: »Heraufziehendes Gewitter«.

welche die polychrome oder harmonische Wirkung heben sollen usw. So führt uns demnach die Erkenntnis dieser drei verschie- denen Wirkungsweisen der Farben, dieser drei Arten der Farbengebung, zu einem innigeren Verständnis der künstlerischen Technik, wobei wir hier dieses Wort im weiteren Sinne ge- brauchen, also nicht lediglich das Handwerks- mäßige darunter verstehen, sondern die An- wendung aller Mittel, welche in uns einen ästhetischen Genuß hervorzurufen bezwecken. Es ist mir hier nun nicht möglich zu ver- folgen, in welcher Art diese verschiedenen Farben-Wirkungsweisen in den einzelnen Ge- bieten der bildenden Künste zum Ausdruck kommen, und welche Konsequenzen an diese Tatsachen knüpfen. Wenn der Leser dafür Interesse hat, mag er es in meinem jüngst erschienenen Buche: ; Grundzüge der ästhe- tischen Farbenlehre« (Verlag von F. Enke Stuttgart 1908) nachlesen, in dem auch die hier gegebenen Erörterungen ausführlicher dar- gelegt sind. Aber vielleicht wird den Leser schon die nüchterne Ruhe dieses kleinen Essays abgeschreckt haben. Und darüber seien mir noch einige Worte zu sagen ge- stattet : wenn Ästhetik und Kunstwissenschaft tatsächlich Nutzen stiften sollen, müssen sie so ernst und so sachlich betrieben werden, wie alle anderen Wissensgebiete. Wohl muß der Kunstforscher erfüllt sein von flammender Liebe zu den Erscheinungen des Schönen, die ihm entgegentreten ; wenn er aber darnach ringt, Einsichten zu gewinnen in die Gesetz-

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I'a rhni :. •/; kii nocii .

mäßigkeiten, die da herrschen, wenn er darnach irathtet, den blühenden Reichtum der hier gegebenen Erlebnisse zn beschreiben und zu erklären, muß er sich alles Schwärmens und aller großen Worte enthalten, ja er darl gar nicht selbst sprechen, sondern muß die Tat- sachen reden lassen, l^nd je einfacher ihre Sjirarhe ist, desto besser. l'nd wenn wir dann mit reiferem Verständnis vor die Werke des Schönen treten, wird unser Clenuß be- reichert und verticlt, und unser Urteil wird gerechter und zugleich geschützter gegen all die Strömungen, welche die Mode mit sich bringt. L'nd auch dem Künstler können ästhetische Einsichten nicht gleichgültig sein. Haben ja doch die Größten unter ihnen stets um sie gerungen, um festen und sicheren Halt ihrem eigenen Schaffen zu geben, und um sich das verstandesmäßig klar zu machen , was .dunkel ihr Gefühl raunte. .Allerdings werden ästhetische Kenntnisse nie- mals einen Nicht -Künstler zum Künstler

machen, ebensowenig als das Studium der Logik allein große Denker erzeugt. Aber der- jenige, der künstlerische Begabung besitzt, vermag durch ästhetische Lehren gefördert zu werden; mindestens kann er durch sie vor manchen Irrtümern bewahrt bleiben. Nur halle man nicht alles für Ästhetik, was unter dieser Flagge segelt. Was nennt sich auch nicht alles Kunst! Aber sollte man an der Kunst verzweifeln, weil vieles, was sich als sie aus- gibt, widerwärtig ist. Dies wäre doch töricht. Und gleiches gilt von der Ästhetik.

Man mag entschuldigen, wenn diese Be- trachtungen uns vom Thema ablenkten. Aber es schien mir nötig, dies einmal in einer Kunstzeitschrift zu sagen, um ungerechten Vorurteilen entgegen zu treten. Das Thema unseres Essays ist ohnehin erschöjift. Die Aulgabe bestand ja lediglich darin, auf die verschiedenen Wirkungsmc)glichkeitcn der Far- ben hinzuweisen. Und mehr als ein Hinweis konnte nicht fjegeben werden.

PAUL nURCK MI'nCH8N.

PORTRAT PROF. DR. VOLIIKHR MAGDEBURG.

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PAUL BÜKCK- MÜNCHEN.

ZEICHNUNG: VILLA ADRIANA«-

PAUL BURCK ML'NCHEN RADIERUNX. :

KINE MUTTliR" aus: ITALIRNISCHhS \OLKSLEBEN.

G. A. BREDOW-STUTTGART. BÜSTE IN SCHWARZEM MAÄMOR.

G. A. BREDOW-STUTTGART. WEIBL. HALB -FIGUR IN BRONZE.

WALTER MASSMANN HAMBURG.

KARTON ZU EINEM WANDBILD.

SCHÜLER-ARBEITEN DER KLASSE FÜR WAND-MALEREI AN DER KUNST-GEWERBESCHULE ZU HAMBURG.

Die \'erütTentlirlning dieser Schiiierarbeiten, die einen ungefähren Überblick über das Resultat des ersten Arbeitsjahres dieser Klasse gewähren, wird vielleicht mancher für überflüssig halten, und die Namen Häschke, Jahns, Kögler. Maßmann, Wehland und Zaiser werden schnell wieder vergessen sein. Ich aber denke so I Es ist zur Zeit von Wich- tigkeit, auf jedes Symptom aufmerksam zu machen, welches die Einlcnkung in einen Weg bedeutet, auf dem dereinst vielleicht einmal wieder eine deutsche Malerei wird erstehen können. Die Befestigung der Gewißheit, daß wir die Richtung zu diesem Ziele einzuschlagen im Begriff sind, kann Cileichgesinnten Hoff- nung und Mut stärken und jede Bekräf- tigung (lieser Gewißheit, auch die bescheidenste hat ihren Wert erfüllt einen Zweck. Die Anarchie, die die Malerei Deutsch- lands im 19. Jahrhundert beherrscht und die das 20. ohne Bcneticium inventarii als F".rbe hat übernehmen müssen diese .\narchie weist unzweifelhaft auf eine partielle Schwächung des Volksbewußtseins hin. Während die Ent-

wicklung der deutschen Musik gerade nach dem 30 jährigen Kriege in Bach und Händel einen Höhejjunkt erlebt und die Literatur sich nicht nur ununterbrochen weiterentwickelt, sondern gerade durch jenen Krieg auf man- chen Gebieten neue Anregungen erhält erlitt die deutsche Malerei einen vernichtenden Schlag. Hier starb das Volksbewußtsein mit der scliöpferischen Kraft nach unerhörter Blüte scheinbar ab und ist bis heute noch nicht wieder zu voller Stärke emporgewachsen. Wir machen aus der Not eine Tugend, wenn wir annehmen, die Malerei müsse zu einem europäischen Resultat gelangen! Notwendig- keiten sind unüberwindlich! Das Völkische wird auch in der Kunst nur mit dem Volk selbst zugrunde gehen. Solange die Wurzeln unseres Kulturlebens triebfähig bleiben, solange werden wir zu deutschen Kulturäußerungen genötigt werden und befähigt bleiben, fremde Okulation abzustoßen. Eine europäische Malerei wäre das Dokument einer unheilbaren europäischen Schwäche. Nur völkische Kultur hat Wert. Man werfe einen Blick auf die

1909. XI. 3

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FRIEDRICH Wr.HLAND.

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HERMANN HÄSCHKE.

hlNES RAUMES.

WANDBILD- KNTWURF.

Sckii/er-Afhcifoi der Kmjsf-Geiverheschv/e Hamhurcr.

KRIKDRICH WRHLANU:

deutsche Musik: In vielleicht noch höherer Potenz, wie in der französischen Malerei des 1 9. Jahrhunderts, ecweist sich hier der Wert des Volksbewußtseins. Von Bach bis Reger, welch' prachtvolle Linie ! Die stärkste Kund- gebung deutschen Geistes. Die Gegensätze verschwinden, wenn man diese Linie vom Standpunkt völkischer I.ebensäußerung be- trachtet. Sie schwinden zu Nuancen und der gemeinsame (Irundton wird immer hör- liarer, je weiter unser Horchen Abstand zu nehmen vermag.

Und nun die deutsche Malerei: im \'crlauf der vorhin für die Musik durch die Namen Bach-Reger umgrenzten Epoche?! Da und dort verheißungsvolle Ansätze, aber nirgends auch nur die Spur einer großen, allgemeinen völkischen Entwicklung. Seit dem 17. Jahr- hundert fehlt hier ein Programm, welches das Deutschtum dominierend zum Ausdruck hätte bringen können. Und wie groß und klar war vordem das deutsche Programm ! Nur zwei Namen statt vieler. Dürer, Grünwald I Und was ist nun heute?

Ein Wust von mühsam herbeigeschleppten Bausteinen aus aller Herren Länder und allen Zeiten liegt da auf unserem Boden und wir versuchen vergeblich, sie zu einem Gebäude zusammenzustellen zu einem deutschen Bau. XatürUch vergeblich! Aber, wir ver- stehen überhaupt nichts mit diesem Material

Wandbild.

anzulangen. Rom, Florenz, Griechenland, Holland, Flandern, Madrid, Paris, Ja[)an, Fgypten usw. all diesen Klötzen mehr als ihre äußeren Maße abzusehen, haben wir nie verstanden. Wir ahmen nach, wir verarbeiten nicht. Die Vorbilder sind uns zu Götzen geworden, befreiende Götter hätten sie uns werden können, wenn wir ihnen mit jener heilsam begrenzenden Orthodoxie hätten nähern können, wie sie ein stark entwickeltes Volks- bewußtsein erzeugt. Da wir als Maler keine natürliche deutsche Tradition mehr in uns wirkend fühlten, machten wir uns eine künst- liche — mit viel Gelehrsamkeit und Dünkel Vnd doch so voller Selbstverleugnung. Die Archäologen halfen uns hierbei, die Sammler und die Ästheten. Da, wo wir zu zeitgenös- sischen Werten griffen, um sie uns anzueignen, blieben wir fleißige aber beschränkte Impor- teure. Die Segnungen der Barbizon-Schule sind auf deutschem Boden ausgeblieben und auch der Impressionismus hat bis heute noch keine reifen Früchte gezeitigt. So sehen wir unsere stärksten Talente arbeiten in völliger Isolierung, hart ringend um eine malerische Weltanschauung und mit der Tragik des Sisyphus-Schicksals die Steine wälzen, die mit erdrückender Schwere uns belasten, die drohen, unsere Grabsteine zu werden. Dazu noch der Lärm von MiUionen gutgemeinter Rat- schläge, die Klubweisheit unserer Intellek-

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Schüler- Arbeiten der Kunst- Gciverbeschule Haniburs,

tucllstcn . das Parvenü- Kapital , die Ausstel- lungen und Museen und die Majestät der Jour- nalisten - Kritik. Für- wahr, es scheint kaum noch möglich , aus dieser Lage einen Aus- weg zu finden. I )a ge- winnt der Aufschwung im Kunstgewerbe die liedeutung einer Er- lösung auch für die licutsche Malerei. Die neuen Ideen, die hier aus einem lang tot ge- glaubten Krater i)lötz- lich hervorbrachen, haben auf einem wei- ten (lebiet deutscher Kultur schon heute einen fruchtbaren vul- kanischen Hoden ge- schaffen. Das wich- tigste Erzeugnis dieses Bodens aber ist die Wieder-Erkenntnis der Zweckmäßigkeit des Gegenwartslebcns als einziges Fundament für eine künstlerische Idealisierung. So liel.'i sich wieder eine mo- derne, d. h. natürliche Kmiifindung für die l'unktionen des Rau- mes und seine Ausge- staltung finden. Und wenn auch hier noch

LUDWIG z.MSER. Dekoratives Wandbild

oft die Suchenden in

den alten Fehler der Traditionsmacherei ver- fallen i'was uns z. B. die Galvanisierung der Biedermeierzeit eintrug), so sind dennoch die neugewonnenen Erkenntnisse von so starker .\rt, daC) die Architektur nicht an ihnen vor- beigehen konnte. Sie beginnt denn auch in der Tat sich aus dem Sumpf des 19. Jahr- hunderts zu erheben. In dem Maße aber, in dem die .\rchitektur die neuen Ideen in sich aufnimmt, wird sie der Malerei den nötigen jungfräulichen Boden zu Neukulturen eröffnen. Schon heute finden sich erfreuliche Anzeichen dieses Entwicklungsprozesses. Die neudeko- rative Richtung in der Malerei Deutschlands bedeutet trotz aller Schwächen, die ihr offen- sichtlich noch anhaften, ein Envachen. Das deutsche Programm ist bereits gefunden.

.\ber der Weg, der ins Neuland führt, schließt nicht an Feuerbach an nocli weniger aber an Ma- rees, den wir nach langer Unterschätzung jetzt gewissermaßen zum Ausgleich der Rechnung zu über- schätzen angefangen haben. Dieser groß- veranlagte Künstler, der in Deutschland zuerst wieder die Be- deutung der horizon- talen und vertikalen Bildelemente für die Monumental - Kompo- sition erkannte, ist mit seinen Versuchen (über \'ersuclie hat ihn seine Zeit ja nicht hinaus- kommen lassen) nie in freies Fahrwasser vor- gedrungen. Er schei- terte an der Klipjie des Klassizismus. Vor den Trümmern , die aus diesem Schiffbruch zu retten waren, stehen wir heute entblößten Hauptes und erschüt- tert. Aber diese Trüm- mer für mehr halten als für Dokumente eines gewaltigen aber vergeblichen Ringens ihnen zukunftwirkende Bedeutung zu- schreiben, hieße den verhängnisvollen Klassi- zitätsdrang jener Tage auch für die Monu- mental-Malerei unseres Jahrhunderts als Grund- bedingung anerkennen. Die l'nmöglichkeit, ausreichend praktische Erfahrungen machen zu können, hat Marees auch daran gehindert, die Farbe zum ausdeutenden Mittel des archi- tektonischen Raumgedankens zu machen. Auch steht er mit der Tendenz, die Illusion der Raumtiefe im Bilde zu betonen, in vollem Widerspruch zum Grundproblem wahrer Wand- malerei — der Betonung der Fläche. So ist das Problem der MonumentalMalerei durch Marees nur um weniges aus dem Dämmer- zustand ans Licht gehoben worden.

Einem Späteren war es vorbehalten, in der Lösung des Problems »Monumental» einen

>7y

Schüler- Arbeitet! der Kirnst- Gewerbeschule Mamlmrg.

PAUL KOGLER HAMBURG.

Karton zu einem Wandbild.

entscheidenden Schritt zu tun. Der Urdeutsche Ferdinand Hodler tat diesen Schritt , mit dem er uns zugleich ein Beispiel deutsc her Malerei gab. Er steht mit seiner Malerei

auf dem Boden der

werdenden Architek- tur, die mit Eisen und Beton das Denken und Arbeiten ihrer Zeit auszudrücken be- rufen ist. Nur an Wänden kann die Ma- lerei wieder gesunden. Nur die Architektur schafft die Beding- ungen für diese Ge- sundung — Rückkehr zur Architektur ist das Programm, das uns deutschen Malern not tut. Allerdmgs schließt sich an die Hoffnung, daß der deutsche Architekt der Aufgabe gewachsen sei, die in seine Hand gegeben ist, die an- dere Hoffnung eng an, daß der ^Konsument' der kapitalkräftige Kunstliebhaber gleich- falls die Bedeutung des Moments begreife. Letzten Endes hängt die Zukunft der deut-

LUDVVIG ZAiSER. Wandbild-Entwurf.

sehen Malerei von der Entwicklung des Typus ^Kunstliebhaber" ab. Das Erkennen der Werte , die die Gegenwart in sich trägt, die lebendige Teilnahme an ihrer Hebung müßte andere, tiefere Ziele fin- den, als das Zusammen- tragen einer sauber katalogisierten Kunst- schau , mit der im Grunde rein gar nichts getan ist. Wenn das Durchdringen von Kunst und Lehen keinen kulturell wert- volleren Typus wie den heutigen Gelegen- heitskäuferund Kunst- Sammler hervorbringt, so müssen wir aller- dings die Hoffnung autgeben, daß mit der Steigerung des Bedürf- nisses für Harmonie und organischen Aus- bau des Verhältnisses von Lebensinhalt und Lebensform die Bild- kunst, als feinste Deu- terin dieses Verhält- nisses, jemals die Wände wiedergewin- nen wird, die ihr in barbarischen Zeitläuf- ten verloren gingen.

WILLY VON BECKEKATH.

280

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J^-—

fllUT. ALINAKI.

FLORENZ. PIA/./,A DtLI.A SIGNORIA.

AUFSTELLUNG VON MONUMENTAL-PLASTIK.

EIN KAI'ITF.I. ZUM KÜNSTLERISCHEN STÄDTEKAU.

Bemüht man sich .bei der l'nlersuchung der historischen Architektur ernstlich um die Krkenntnis der (Irundiirinzipien des archi- tektonischen Denkens, so kann man sich der Einsicht nicht verschUeßen , daü alles Form- detail und dessen Entwicklung, auf die der Haujjtakzent gelegt zu werden pflegt , nur sichtbare xVußerungen eines tiefer liegenden (iesamteinpfindens sein müssen, aus dem sie stileinheitlich entstehen. Diese allgemeine Form der architektonischen Sinnenobjekte ist der Raum. Alle ar- chitektonischen Ein- zelformen sind sekun- där, das heiljt Ge- stalten des primären Raumempfindens. Das Bestreben der Archi- tektur also ist, die- ses Raumemplinden sichtl)ar zu machen, aus den unendlichen Reihen des Raumes begrenzte, beharrende Raumgebilde zu ge- stalten . ihre Aufgabe nutzbare , ihre Sehn- sucht schöne Räume zu schaffen, in denen

es den Menschen wohl ums Herz wird. Die- ser Wille zum Raum ist Inhalt des architekto- nischen Gestaltens , seine Form die Materie, die diesem Willen dienend mit ihm zur Ein- heit , zur architektonischen Schöpfung wird. Mit der wechselnden Disposition der menschlichen Seele wechselt auch ihr Raum- empfinden , wandelt sich ihre Vorliebe für bestimmte Raumproportionen. Dies bedarf keiner näheren Erörterung. Man vergleiche nur den Innenraum einer gotischen Kathe- drale , einer Renais- sance- und einer Ba- rockkirche. Im 19. Jahrhundert wird das Leben des Raumes kalt, stirbt ab. Der Niedergang der mo- dernen Architektur rührt daher, dal.'i die meisten unserer Ar- chitekten kein Raum- gefühl mehr besitzen, nur überlieferte l'orm- details zusammenstel- len. — Wie nun das Leben und die Ent- wicklung des Raumes in den einzelnen archi-

281

Di: A. E. Bri)icktna)m :

PADUA. PIAZZA DEL SANTO. REITER-IjE.N K.MAL DE> 0.\ I .^.MELLATA.

tektonischen Schöpfungen auch bei ihrer Grup- jiierung im Städtebau, in der letzten Vollen- dung des baukünstlerischen Gestaltens, parallel zum Ausdruck kommt, darauf habe ich in einem kürzlich erschienenen Buch »Platz und Monument« hingewiesen. Solche Erkenntnis verbietet das Nachbilden mittelalterlicher Stadt- grundrisse, mit dem man sich aus der Ode des 19. Jahrhunderts zu ret- ten suchte. Dieses Jahr- hundert, reich an Be- griffen, arm an Anschau- ung, hatte vergessen, daß das tektonische Gebilde einer Stadt einen Inhalt haben muß , um lebens- voll zu sein, daß es sich beim Bau einer Stadt denn doch um etwas an- dres handelt, wie Miet- hauskaserne an Miethaus- kaserne zu reihen, eine Straße zu asphaltieren und auf jeden Platz ein Denkmal hinzustellen.

Städtebauen ist eine Kunst , und zwar eine architektonische Kunst, die mit dem Haus- niaterial Raum gestaltet, das heißt Straßen und Plätze positiv als Raumgebilde von be- stimmten Funktionen behandelt.

Dem Charakter der Stadt als Raumgebilde hat sich ihre monumentale Ausschmückung einzuordnen , wie sich dem Charakter des Wohn- raumes das Möbel ein- ordnet. Ein gut gestell- tes Monument soll das Leben des Raumes, eines Platzes oder einer Straße verdeutlichen. Andrer- seits hat das Monument, sei es nun architekto- nischer Natur wie Tore, Säulen, Brunnen oder rein figürliches Denkmal , als Kunstwerk an sich Be- rechtigung so zu stehen, daß seine Anschaulich- keit zum klarsten Aus- druck kommt. Der gün- stigste Standort eines

282

4i(/stelluiio von Mo]iu)itciital- Plastik.

1 )enknials ist also dort, wo im Ab- wägen dieser bei- den Forderungen gegeneinander ein i\[a\imiun an Wir- kung auf den Be- schauer herausge- bracht wird. - Dalj für die Wirkung eines Monumentes alles auf die geeig- nete Situation an- kommt, dessen ist man sicli heutzutage kaum bewuCt. Wo- her sonst diese Ingeschickh'chkeit, ja Gleichgültigkeit bei der Wahl des Aufstellungsortes, nicht nur der Auf- traggeber , sogar der ausführenden Künstler y Cianz anders früher ! Als es sich darum han- delte, 1Ö04 den Davidkolot') des Michelangeh) in

Florenz aufzustellen, landen eingehende Be- ratungen statt, ( Hitachten der ersten l'loien- tiner Bildhauer, Architekten und Maler wurden erbeten, und schließlich Michelangelo alle Üiteile zur Entscheidung unterbreitet. Kr wählte den l'latz links neben dem Kin- gangstor des Palazzo vecchio, wo die weiße Marmorligur vor den dunklen, gleichmaßigen Grund der Quadermauer zu stehen kam, gegen den sie gut absetzte , so daß reliefartig die Linien ihrer Kontur abzulesen waren. Das lö. Jahrhundert erweiterte diese Idee Michel- angelos: die Piazza della Signoria legte einen leuchtenden Gürtel schöner Plastiken an, als dessen schimmernde Schließe die Fontaine des Ammanati an der Ecke des Stadtpalastes erscheint (S. 281). Das eherne Reiterdenkmal Cosimo I. setzt die Reihe der Marmorfiguren in den offenen Plaizraum fort und schneidet den rückliegenden Teil weg, um den Haupt- platz rechteckig zu machen. Bei solcher Auf- stellung an den Platzwandungen braucht die Figur nicht wie bei einer Aufstellung in der riatzmitte den ganzen Raum zu beherrschen, um zu wirken, und diese Krafiersparnis kommt ihrem plastischen .Vusdruck zugute. Es bietet

BERLl.N. 1.US1G.\RTE.\. DENKM.Vl, l'KUaJKlCH WU.HKLM 111.

sich zuilem Gele- genheit, eine grö- ßere Anzahl jila- stischer Werke vor- teilhaft zu situieren, wobei es allerdings gewisser Beziehun- gen der einzelnen Skulpturen zu ein- ander in Motiv, Proportion , Mate- rial und Farbe, richtiger Abstände bedarf. .\uf der Piazza della Sig- noria verbinden sich die einzelnen Skulpturen vor dem Palast und in den Bogen der Loggia dei Lanzi zu einer Einheit.*) Als Ge- genbeispiel seien die Oranier vor

dem l?erliner Schloß genannt: vor einer dunklen Wand dunkle Bron- zen, die nicht wir- ken können. Diese überlegende Rücksicht auf die Er- scheinung des Monuments am Ort zeichnet schon das Reiterdenkmal des Gatamellata aus, das Donatello auf der Piazza del Santo zu Padua 145,3 errichtete (S. 2S2). Man spürt eine Kultur des plastischen Sehens, die unserer Zeit völlig tehlt. Donatello bedenkt die An- sichten, die sich dem bieten, der den l'latz betritt, und rechnet mit den Wirkungs-Beding- ungen der Bronze. Man gelangt auf den Platz durch die Via Capelli und die Wi. Sant'An- tonio : im Schnittpunkt ihrer N'erlängerungen steht das Denkmal. Kommt man aus der ersten Straße, so bietet sich das S. 282 wieder- gegebene Bild. Darum also der hohe Sockel, damit die dunkle Bronze klar gegen den Himmel absetzt. Das weittragende Silhouetten- bild des charakteristischen L'mrisses wirkt noch, wo die innere Flächengliederung für das Auge sich verliert. Kommt man aus der zweiten Straße, so stehen Roß und Reiter wiederum

*) Der Davidkololi \v\irde 1873 '" "^'^ Kunst- Akademie gebracht, um ihn vor Witlerungsschaden zu schüt/en. Die Lücke machte sich unangenehm bemerk- bar und es ist mit I'>euden zu tjcgrüT'en, da(i in nächster Zeit eine gleicligrolle Kopie von Fanfani an der alten Stelle aufgestellt werden wird.

1909. Xt 4.

283

Dr. A. E. Brinck

jiiaini .

WIEN. MARIA THERESIA-MONU- MENT VOR DEM HOF-MUSEUM.

gegen den Himmel , diesmal in guter Front- ansicht, — bei Reiter-Monumenten immer eine heikle Seite.

Dagegen das Denkmal Friedrich Wilhelm III. im Lustgarten zu Berlin (S. 283) : die P'igur wird von dem Architrav des rückliegenden Museum zerschnitten, die edle Schinkelsche Säulenhalle verstellt und die Reinheit ihrer Horizontalen und Vertikalen gestört. Die An- sicht gegen die architektonische Formenorgie, die sich Dom nennt, ist noch unerträglicher. Das Maria Theresia -Monument au( dem rechti.'ckigen Hofmuseumplatz in Wien (S. 284) gibt die Lehre, daß selbst der Sockel in einen Gegensatz zur Hintergrundarchitektur gebracht werden muß hier ist alles flimmernde Fläche, daß es schließlich doch vergeb- liches Mühen ist, die Höhe des Monuments so emporzutreiben, daß es kaum im Innern der gotischen Stephanskirche Raum finden würde, wenn ein gewaltiger Kupp.'lbau die Silhouette der thronenden Königin zu einem winzigen P'igürchen niederdrückt. Gleiches wird man in Berlin bei dem reizvollen Denk- mal Friedrichs des Großen am Ausgang der Linden erleben, wenn die Ihnesche Aka- demie einen Kuppelaufbau erhält. Damit

284

wäre es dann gelungen , den Rest der einst wundervollen Situation am Berliner Opern- haus zu zerstören. Man wendet ein: ^Wir haben in unseren Städten nicht ent- sprechend viel Plätze und Orte, um Monu- mente stets vorteilhaft aufzustellen , und müssen froh sein, noch einen leeren Platz zu finden. Schließlich ist die Hauptsache die Ehrung, die das Monument zum Ausdruck bringt.«^ Ehrungen in unschöner Form: eine ausgezeichnete Gesinnung 1 Sieht man aber einmal jede größere Stadt genauer an, so finden sich mindestens ein halbes Dutzend guter Standorte, auf die man allein deswegen nicht kommt, weil sie keine Mittelpunkte großer Pläize sind. Eine ganz treffliche Art, Monu- mente aufzustellen, soll hier besonders bemerkt werden : auf einem vorspringenden Ausbau zur Seite einer Brücke. Diese Situation fand zuerst das Heinrich IV. 1614 errichtete Reiter- denkmal auf dem Pont Neuf, der ersten steinernen Brücke von Paris, die dieser auch in der Geschichte der Stadtbaukunst bedeutende König erbaute (S. 285). In der Revolution zerstört, wurde dieses Monument später ähnlich erneut, dabei etwas nach rückwärts verschoben. P'.in Grundriß enthebt uns weiterer Beschrei-

Ai(/sff/h(uo -'Oll MoiiDiieutal' Plastik.

PARIS. DRNKMAL HKINRICH IV. AUF DEM PONI NHUF.

bung. Schliiter ahmte diese Situation ein Jalir- hundert sjuiter für seinen großen Kurfürsten in Berlin nach. Jetzt sind die Häuser zu beiden Seiten der Spree hochgeschossen und auf ihrem dunklen Grund tritt das dunkle 1 lenknial kaum noch in Erscheinung.

Michelangelo neue, bis zu seinem .\uUreten unerhörte .-Xusdrucksformen für Malerei, Plastik, Architektur findend - gab auch eine neue Verhältnisform für diese beiden letzten. Die Beziehung zwischen Monument und Platz, zwischen Materie erfülltem Raum und um- gebendem I.ultraum, war bis jetzt eine lockere, oft zufällige gewesen ; man könnte ein ande- res Monument ebensogut dorthin stellen, die Ar- chitektur der Platzwunde umgestalten. .Michel-

angelo zuerst stellte die Forderung auf, daß der Platzraum für ein Mo- nument gebaut werden müsse, dieses aber in seiner besonderen Er- scheinungsform Brenn- punkt des architekto- nischen Raumes, Blüte

der Situation zu sein habe. Bei der Aufstellung des Marc .'Xurel, eines wohlerhal- tenen ehernen Reiterstandbildes des antiken Barock, auf dem nach seinem Entwurf aus- gebauten Kapitols])latz in Rom, zeigte er, was er unter monumentaler Situation ver- stand. Das Denkmal steht in der Mitte des annähernd rechteckigen l'latzes ^^dieses > an- nähernd« schließt außerordentliche Feinheiten ein, die in erwähnter Schrift von mir analysiert worden sind), die Figur auf niedrigem Sockel fällt mit dem Schwerpunkt lies \ on den fassen- den .\rchitekturen gebildeten Raumkubus zu- sammen. Es wird so gegen die umgebenden Architekturen gebunden, gegen deren lielle Töne die dunkle Bronze kräftig absetzt, steht nicht mehr über dem Platzraum ge- gen den Himmel. Diese Aufstellung verlangt von einem Monument, da es von allen Seiten betrachtet werden kann, daß seine Massen sich um einen idealen Mittelpunkt aus- balancieren , daß es in

28;

Dr. A. E. Ih-i)ick)}iaini :

hLKK 1>UKCH UA.S 1 KU Ml'll 1 . jR AUt DAS STANDBILD STAMSLAUS tESCZl.NSKI. (ERSATZ DES DENKMALS LUDWIG XV

seiner Erscheinung viele gute Ansichten heraus- bringt, nicht mehr auf wenige Silhouetten- ansichten hin geformt ist. Dies bedarl der größten Anspannung des liildhaucrs und hier scheitern die meisten un- serer modernen Monu- mente, die in der Mitte eines Platzes stehen. Die Rückansicht einer Figur in moderner Kleidung ist nicht nur langweiUg, oft sogar unerträglich öde. Ausgezeichnet sind in ihrer Erscheinung die römischen Brimnen, auch die Fontaine des Trois- Graces in Montpellier (1776) ist besonderer Erwähnung wert.*)

*) Im Nachlaß Karl v. Pidolls befindet sich eine Serie Zeich- nungen Hans von Marees' zu einer Brunnenfigur ein

286

Für die Verbindung von Denkmal und Platz- raum ist die michelangeleske Anordnung das Monument im Zentrum, gebunden gegen die raumumschließende Architektur in reinerer Durchbildung be- sonders für das Frank- reich des 18. Jahrhun- derts die typische. So in Nancy, um gleich das schönste Beispiel zu nennen (S. 2S6). Das in der Revolution zerstörte Standbild Ludwig XV. dieses Schicksal hatten die Königsmonumente in ganz Frankreich ist später durch ein solches

nackter Mann eine Schale em- porhaltend — eine an römische i'.arock - Motive anklingende Komposition, in der diese Auf- •^,\\k glänzend gelöst erscheint. I'^inige Blätter davon waren in iler Mareesausstelhmg zu sehen.

Aiffafr/htno von Mointvirtila}-PIa!:tik.

\on Stanislaus I.esczinski in denselben Pro- ]>ortionen ersetzt. Gleichmäßige Arclii- tektiiren unischlieLjen den Platz auf drei Seiten, die vierte öffnet sich in einem ar- kadengefaßten dang gegen ein prächtiges iriumphtor. Der helle Sockel des Monu- ments steht gegen das schwere, in dimklen Arkaden sich ölTnendo l'ntergcschoß des Stadthauses , die eherne l''igur gegen die lichten, von zarter Pilasterstellung geglie- derten ( )l)ergeschosse. Diese feine Archi- tektur wirkt als Hintergrund wie eine gleich- mäßige, ruhig gemusterte Tapete.

Auf zweierlei kommt es also an : ein- mal, daß die Architektur einen guten Grund gibt, das Denkmal im Bild auf diesem gut sichtbar und fest steht, dann aber, daß dieses selbst nicht die Architektur stört, verstellt. Min Gegenbeispiel spricht hier am deutlichsten ,S. 2S7). Der symme- trische, zweiflü'glige Bau des Darmstädter -Museums wächst in der Mitte zu einem Pavillon em])or. Hier liegt das durch die Kampe stark markierte Kingangsportal, die Stelle, wo der umschlossene Raum des Ge- bäudes in \er- bindung tritt mit dem freien

Außcnrauni, also ein Kern- punkt des

architektoni- schen Gcstal- tens. Just vor diesen pHanzte sich ein Krie- ger - Denkmal hin. Man emp- findet es als

Ungeschick- lichkeit, wenn

Tafel- Dekora- tionen so ste- hen, daß man

von seinem Gegeniibernur die Schultern

sieht. Kür

monumentale

Verhältnisse

reicht aber solches Gefühl nicht mehraus. I )azu guillo-

l).\RM.STAnT. KRlEGER-nENKM.\T.. Uispiiini;Iiclic Aiifslilliiiii; vor tlcm L.-indcsiiuisctiin. Wurde 1907 auf Veranlassung des Erliauers. I'rof. Alfred Mcssel ^, entfernt und mehr rechts vor den Musctinis-Turnl gestellt.

tinicren die Horizontalen des Gebäudes

das Monu- ment, stutzen der Sieges- göttin die Flügel. Es ist ein gutes Zei- chen für die künstlerische Kultur Darm- stadts , ein nachahmens- werter Ent- schluß, wenn das Denkmal kurz vor Er- öffnung des Museums auf Veranlassung des .\rchitek- ten Professor

Messel zur Seite gerückt wurde , trotz- dem die mei- sten Darm Städter den alten Standort sehr günstig

WEIMAR. KLRilE.MLAlZ. DENKMAL DES GROSSHERZOGS KARL AUGUST

287

Atifsklhino von 3fo>iu)>itvifaI-Plas/ik.

PIACENZA. PIAZZA DE CAVALLI. DENKM.\LER DER HERZÖGE .VLESSANDRO UND RANUCCIO FARXESt.

fanden. Wallot, dessen gamicht üble Fassade des Reichslagsgebäudes von dem haltlosen Bismarckdenkmal verstellt wird, ist mit seinen Einwendungen weniger erfolgreich gewesen.

Eine gute Situation aus neuerer Zeit, ganz im Sinne des 18. Jahrhunderts, hat das Reiter- monument des Groljherzogs Karl August auf dem Fürstenplatz in Weimar gefunden iS. 287). Sie wird noch dadurch gesteigert , daß das Terrain gegen den Platz zu ansteigt.

Francescho Mocchi. zwischen Michelangelo und Bernini stehend, gab eine andere, wirkungs- volle Verbindung von Archi- tektur und Monument : er situierte die beiden ähnlichen Reiter- Figuren der Herzöge Alessandro und Ranuccio Farnese auf der nach ihnen benannten Piazza de'Cavalli von Piacenza rechts und links auf niederen Sockeln vor dem prächtigen Palazzo Municipale , so den Vor- platz markierend (S. 288).*)

') Es Ist schwer, ja unmög- lich, Plastiken oder architektonische Gebilde des Barock photc^aphisch gut aufzunehmen. Sie geben kein Flächenbild, stellen ihre Gesamt-

288

Ahnlich stehen die beiden Brunnen vor Palazzo Farnese zu Rom, und auch für den Platz vor St. Sulpice zu Paris hatte Servandoni, der Er- bauer der klassischen Fassade, zwei ähnlich situierte Fontänen geplant. Einige Jahrzehnte später stellte man mitten auf den Platz die Fontäne de la Paix, die schon 1813 von Moisy getadelt wurde: »Ce petit monument qui n'est nuUement en rapport, ni pour le charactere d'arcbitecture, ni pour la masse avec l'immense portique de St. Sulpice, offre encore l'incon- venient d'etre situe de maniere ä couper, de presque tous les points de la place, le developpement de cette belle fassade'^ . Das hat nicht verhindert, 1847 durch eine noch klotzigere Fontäne die alte zu ersetzen, den Platz mit Bäumen aus- zupflanzen und so die Fas- sade gänzlich zu verstellen. Wir brauchen uns dem- nach nicht allein zu schämen.

DR. A. E. BRINCKMANN— AACHEN.

V\.\Z/.K Dt CAV.\LLI.

erscheinung nicht gpgen einen Standort restlos klar, sondern ver- langen, dal'i man um sie herum- gehe oder in ihnen sich bewege, den Standort wechsle.

MARIK HAKNULER WIEN.

Gestickter faclier.

BUCHKUNST.

EINK GLOSSE VON KUHAKl) SCIIAUKAI..

Der durcli zahlreiche, zum Teil treffliche l'ublikationen zumal älterer deutscher Autoren rühmlichst bekannte Verlag Eugen Diederichs in Jena versendet ein Zirkular über eine monumentale »Faust ■»-Ausgabe. Es scheint mir notwendig, da die Sache leider nicht mehr hintanzuhalten ist, wenigstens für die Zukunft an dieses lehrreiche Exempel ein ])aar warnende Worte zu knü])fen. Der Buch- schmuck , diese schauderhafte Bewegung der neunziger Jahre, beginnt bei uns gott- lob abzuflauen. Kompromittierendes ist zwar noch reichlich vorhanden, und weitverbreitete schnöde Typen gebären sich endlos iort, aber im gr(jßcn und ganzen hat man die Langweilig- keit und (.leschmacklosigkeit des sinnlosen Kitsch-Ornamentes, wenn nicht eingesehen, doch gefühlt, und tüchtige Firmen allen voran seit neuestem Hans von Weber in Mün- chen — haben gezeigt, daß man auch in Deutschland endlich wieder an die herrliche Tradition unsre Bücher vom Anfang bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts mit Verständ- nis anzuknüpfen bereit und seelisch wie tech- nisch in der Lage sei. Die'l'atsache jedoch, daiJ

in dem letzten Jahre von drei großen führen- den Firmen , unter der Ägide namhafter Künstler, in sogenannten Monumentahvcrken wahrhaft Beklagenswertes auf den heute so reich bestellten Markt der Luxusbücher ge- bracht worden ist, zwingt den ehrlichen Freund edler echter Bücherkunst zu lauter Rügerede. Ich meine des Insel -Verlags »Ecce homo , die Bondische Shakes)ieare-.\usgabe (in der unerfreulichen ^ Verbesserung« des Schlegel -Tieckschcn Textes durch einen an- maßlichen Herrn Gundolf) und eben den Diederichs'schen Faust, der der unmittel- bare Anlaß dieser Zeilen ist.

Ich bin seit vielen Jahren ein entzückter Sammler guter Bücher und besitze zumal an trefflichen deutschen und französischen Ausgaben des 19. Jahrhunderts eine stattliche Anzahl. An ihnen habe ich meinen Ge- schmack geschult und weiß, worauf es an- kommt bei einem tüchtigen Buche.

Ich bin überdies als Autor mit manchen \'er- legern in Verbindung geraten und habe mit Inter- esse, freilich oft mit Entsetzen gesehen, wie bei uns buchtechnisch gearbeitet wird, welche Ziele

289

Richard Scliaukal:

HELENE GEVRIXGER-WIEN.

blind verfolgt wx-rden. Ich habe mich immer intensiv und energisch, (reilich kaum je mit vollem fZrfolg, um die äußere Gestaltung meiner Publikationen selbst bemüht und bin ein- sichtigen Verlegern ein nicht zu übersehender Anwalt der eigenen Sache, ein nicht zu über- hörender Berater überhaupt gewesen: auch hier leider nicht mit dem für die Sache wünschenswerten durchgreifenden Erfolge. Soll ich meinen Eindruck von der Art, wie heute von unternehmenden deutschen Verlegern Bücher gemacht werden, in ein

Leiiienkisseii mit farbiger Sückerei.

Wort zusammenfassen, so lautet mein Tadel : unharmonisch. Es fehlt den Druckwerken, die sich auf den ersten Blick oft recht ge- fällig präsentieren, an der Einheit. Und nur in dieser Einheit, die Notwendigkeit ver- kündet, beruht das Geheimnis der wunder- baren Wirkung aller älteren deutschen und der französischen und englischen guten Pubh- kationen. Unsere Verleger schießen fast immer übers Ziel hinaus, oder sie haben keinen Sinn für das Wesentliche. Sie fahnden unruhig nach dem neuen und originellen »Buch k ün s 1 1 er und

WIKNER PRODUKIU

GENOSSENSCHAFT DkK

ABSOLVE.N'TINNEN

DER K. K. KUNST-

ST1CKEREI-SCHU1.HN.

MARIE HAENULER \\ lEN.

LEINENKISSEN MIT SCHWARZEN M HNÜREN.

Bt/c/iht)i<;/. Einr Glosse.

MAV MIIKHIS LONDON. I.KINBNKISShN Mir KINFACHÜR STICKI-IREI.

gehen an trefflichen Mustern des Bücherlebeus vorüber. So machen sie immer wieder leere, tote und meist l'ratzenhalte Bücher. Nehmen wir das vorliegende Beispiel. Ich erkläre dieses sich als tonangebend gebärdende Werk als durchaus verfehlt. Warum? Weil es eine Reihe von un vereinigten Faktoren vorstellt, kfin Clanzes. Der I'ros[)ekt behauptet, die rhythmisch abgewogene Liniatur halte das ganze Seitenbild zusammen. •^ Ich behaupte, diese Liniatur ist ein schrecklicher, ein witziger Einfall, hat von Rhythmus keine Spur und ist nicht »abgewogen , sondern planlos. Es gibt scheinbar ähnliche Liniaturen in vortreff- lichen Büchern bester Zeiten. Aber es gibt eben Flöten und Flöten. . . Der Prospekt weist femer auf das »buchästhetische Wagnis eines Clemischtsatzes«: hin. Ich erkläre dieses Wagnis als einen Aberwitz und konstatiere, daß die ästhetische Wirkung scheußlich ist. Noch mehr: die Typen sind nicht nur unzu- sammengehörig, einander fremd und daher niemals vereinbar, sondern sie haben auch verschiedene jedoch nicht abgewogene Tonstärken. Die ganze Textseite wirkt als einer der leider bei uns üblichen »künstle- rischen ' Einfälle, die die allzu rührigen Verleger mit Stil verwechseln. (Dieses * Künstlerische ■^ ist überhaujit der Krebsschaden unsrer um

allen Stil betrogenen Zeit, eine richtige Krätze.) Ebenso liegt der Fall bei dem Van de Veldeschen Ecce homo , ebenso bei dem Lechterschcn - Shakes])eare . Möchten docii die Deutschen wieder einmal bei den Franzosen in die Schule gehen, nicht etwa nur den neuesten, auch nicht den klassischen- .•Mten, sondern bei denen der gleichgiltigen 60er und 70er Jahre zum Beisiiiel. Man nehme eine Lu.xusausgabe etwa von Jonaust! Wie anders wirkt dies Zeichen auf mich einl Und was ist der Grund der unbeschreiblich vornehmen Wirkung der Textseiterl Das Verhältnis, die Ruhe, die von aller .Absicht entbürdele Sicherheit des (jeratenen. Nichts als kostbares Papier und guter Druck. Nichts sonst aber wie verschmolzen zum Eindruck des Verehrungswürdigen !

Bei uns ist man immer auf -■Kultur' aus. Welch ein Irrtum! Man hat Erziehung, das ist alles. Und die Deutschen haben auch Erziehung genossen in verschollenen Zeiten. . . Geht in die Kinderstut)e eurer Tradition, fürwitzige Kullurförderer; vielleicht lernt ihr doch noch das llruseln I . . .

Und zum hundertsten Male : zu einem guten Buch braucht man keinen >Buchkünstler«, sondern »bloß« Geschmack und weiters solide Arbeit in solidem Material. .scn.

291

FRAU KLSE

WISLICENUS

BRESLAU.

KISSEN UND

HANDTÄSCHCHHN

MIT STlCKKKtl

IN bMDE. PtKLEN

UND SlLBtR.

KRAU KLSB WISLICKNÜS liKESI-AU. KISSHN UND IIÄUBCIIHN MIT snCKBRHI IN SKIDH, IMtKLHN, (.OLD UND SILUliR.

PAUL COOPkR

LONDON.

ALTARKKLLHE

L'ND KACI-Ht!-

KANNK IN

SILni^K.

AUSGKSTKLLT IS DKR INTHK- NATIONAI.KN KUNST SCHAir IN WIRN 1909.

PROFESSOR ERNST RIEGEL DARMSTADT.

POKAL IN SILBER, GRAVIERT UND MIT TOPASEN BESETZT.

KÜNIÜLICIUC fuKZKLLAN-MA.NUlAKTUR BICKLLN. NalikUstcheii mit AufglaSUllUdlclci uiiU Email.

KÖNIGLICHE PORZELLAN-MANUFAKTUR -BERLIN.

War es schon von jeher für jeden Freund des Kunstgewerbes von größtem In- teresse, die neuen Erzeugnisse unserer großen staatlichen Porzellan-Manufakturen zu \ erfolgen, so liegt doch jetzt ein besonderer AnlaLl vor, sich mit den Neuheiten der Königlichen Por- zellan-Manufaktur zu befassen. Wird es doch jetzt fast ein Jahr, daß in der künstlerischen Leitung dieser Manufaktur ein einschneidender Wechsel eingetreten ist. An die Stelle von Professor Kips, der lange Jahre ihr artistischer Leiter war, ist vor ungefähr einem Jahr Pro- fessor Schmuz-Baudis getreten. Dieser Künstler, der schon einige Jahre im N'erbande der Manu- faktur selbständig gearbeitet hat, ist eine so ausgeprägte Künstlerpersönlichkeit, daß man eigentlich annehmen mußte, daß die Manu- faktur in ihren künstlerischen Arbeiten nach diesem \\echsel ein ganz anderes Gesicht be- kommen werde.

Jetzt, nachdem fast ein Jahr vergangen ist, kann man sagen, daß es doch nicht so gekommen ist. Professor Schmuz-Baudiss war

eben viel zu einsichtig, um gewaltsam seine künstlerischen Anschauungen sofort durchsetzen zu wollen. Kr konnte auch nicht die alte und sichere Tradition der Königlichen Manufaktur einfach negieren, oder in so kurzer Zeit den komiilizierten Mechanismus eines so großen Werkes auf eine vollständig andere Richtung einstellen.

Für einen großen Teil der künstlerischen .Vrbeiten der Fabrik war überhaupt eine .\n- derung nicht möglich, da sie auf Bestellung hergestellt zu werden pflegen. Diese Arbeiten müssen also genau nach den alten Mustern angefertigt werden, aber soweit keine ganz be- stimmten Mustervorschriften vorlagen, wurde auch bei diesen doch darauf hingearbeitet. Form und Dekor mehr in Einklang zu bringen als das früher in allen Fällen geschehen ist. So oft es nur möglich war, hat man auch darauf verzichtet, technisch virtuose Malereien zu geben und sich heber streng an <iie alten Vorlagen beziehungsweise die Formen und die Farbengebung der betrcflenden l'^poche gehalten.

Könicriiche Poi-zellan-Maintlaktur-

-Berlin.

Wie in der alten bekannten Richtung der Königlichen Manufaktur jetzt weiter gearbeitet wird, zeigen zwei der hier abgebildeten Por- zellane. Das eine ist ein Nähkasten, der in frei behandelten Rokokoformen gehalten ist. Im ganzen Aufbau findet sich keine gerade Linie und auch das Oval, das den Umriß des Deckels bildet, ist noch mehrfach gebrochen und ein- gezogen. Diese kapriziöse Linie liegt ganz im Sinne dieser klassischen Zeit des Porzellans, aber sie hat auch den technischen Vorteil, daß der Porzellankörper im Ofen seine Form besser behält, sodaß der überfallende Deckel genauer auf den in Fächer geteilten Kasten paßt, als wenn er in einer einfachen geometrischen Form gehalten wäre. Die in Aufglasurfarben ausgeführte Dekoration zeigt ein großes Mittel- stück und außerdem kleine Blumensträußchen und Ornamente. Besonders interessant ist eine farbige in Email ausgeführte Perlenkante, die rings um den Sockel herumläuft. LJieser Ver- bindung von Aufglasurfarbe, Gold und Email wird jetzt in der Königlichen Manufaktur besondere Aufmerksamkeit geschenkt und in nächster Zeit schon werden ver- schiedene neue Muster in dieser reizvollen Kombi- nation herauskom- men. — Das an- dere in Aufglasur- farben dekorierte Stück ist ein ko- nischer durchbro- chener Obstteller. Bekanntlich ist die- ses Obstservice ein eiserner Bestand- teil jeder besseren bürgerlichen Aus- stattung. Aber so hoch es auch von den guten Haus- frauen gehalten wird, so wenig hat es doch die Anerkennung der strengeren Kritiker gefunden, weil die Obstslücke auf diesen Servicen von einer uner- träglichen Plastik waren. Dieses alte Muster ist jetzt

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etwas modifiziert worden, indem die Schatten weggefallen sind, sodaß sich die ISLalerei besser in die Fläche einfügt und nicht mehr wie bei der früheren Ausführung in virtuoser Weise natürliches ( )bst vortäuscht.

Die anderen Abbildungen zeigen Porzellane mit Unterglasurdekoren, in denen sich bekannt- lich der jetzige künstlerische Direktor der Porzellan-Manufaktur einen eigenen Stil ge- schaffen hat. Auch er ist natürlich zu diesen Arbeiten von den schönen Porzellanen der Kö- niglichen Manufaktur in Kopenhagen angeregt worden, die bei ihrem ersten Erscheinen auf der Pariser Welt- Ausstellung ein so großes Aufsehen erregt haben und sich auch noch jetzt bei allen Kennern einer großen Vorliebe erfreuen. Diese Art der Porzellan-Dekoration hat ihre eigenen künstlerischen Gesetze, die mit der besonderen Art der Technik und ihrer eigenartigen Aus- drucksmöglichkeit zusammenhängen. Bei der Unterglasurmalerei werden nämlich die Farben von der Glasur bedeckt. Sie sind also, wie auch ihre andere Bezeichnung als Scharffeuer- farben andeutet, in demselben Feuer ein- gebrannt, in dem die Glasur des Por- zellans flüssig wird, während der Por- zellan - Scherben durch die Sinte- rung seine eigen- tümliche Struktur und seine Trans- parenz erhält. In

diesem hohen Feuer können nur wenige Farben ver- wandt werden, so- daß die Dekoration sich auf eine ziem- lich arme Palette beschränken muß, aber dafür werden auch diese Farben durch die darüber liegende Glasur zusammengehalten und sie erhalten von ihr jenen wun- derbaren Glanz, den keine andere Malerei erreichen kann. Wenn also in letzter Zeit sich Stimmen erhoben haben, die dieser

KGL. PORZ.-MANUFAKTUR— BERLIN. Vase mit Unterglasur- Dekor.

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Köiii^l. Porzellan -ManulaktHr—Berlvi.

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POBZEl-LAN-

MANUFAKIÜK

BERLIN.

FRUCHTSCHALE MIT Dl'RCHHKOCHHNLM- RAND UND

al'I"l;lasubmalij-rbi.

Art der Malerei die Berechtigung absprechen, weil sie den Farbenreichtum der Aufglasur- malerei nicht erreichen könne, so zeugt doch jede künstlerisch ausgeführte Unterglasurmalerei zu sehr gegen diese Doktrin, als daß man sie anerkennen könnte. Man muß nur zugeben, daß die Unterglasurmalerei ihre besonderen Ge- setze hat. Jede naturalistische Wirkung liegt dieser Technik lern, sie kann nur in breiten voneinander getrennten Flächen arbeiten und deshalb müssen auch ihre Modelle für sie be- rechnet sein. Während die Kopenhagener- Manufaktur ein ziemlich hoch gebranntes Hart- porzellan verwendet und ihre Farbenauswahl demgemäß eine sehr beschränkte ist, wird in der Berliner Porzellan-Manufaktur mit einem besonderen Porzellan gearbeitet, dessen Zu- sammenstellung ihr technischer Leiter Ge- heimer Regierungsrat Dr. Heinicke erfunden hat. Dieses iHeinicke-Porzellan« ist weicher, wird also bei geringerem Feuer fertig und gestattet daher eine reichere Auswahl von Farben. So haben die Arbeiten der Berliner Manufaktur stets einen durchaus selbständigen Charakter bewahrt und auch die hier vor-

geführten neuen Modelle zeigen, daß der ein- mal betretene Weg mit sicherem Takt und großer Folgerichtigkeit weiter beschritten wird. Die figürlichen Arbeiten sind in großen Flächen gehallen und auch von verhältnismäßig großen Abmessungen. So ist z. B. die Dame mit dem Windhund 32 cm hoch und die beiden anderen Figuren, die auf derselben Seite ab- gebildet sind, sind nicht viel niedriger. Bei den Kinderfiguren hat man sich auf eine sehr sparsame Dekoration beschränkt, indem bei dem einen Kind nur die braunen Schuhe, mit denen es spielt, farbig geli alten sind und bei dem anderen der Milchtopf und das zarte Muster des Kleidchens.

Der besondere Stil von Professor Schmuz- Baudiss prägt sich in den beiden abgebildeten Vasen in eindringlicher Weise aus. Die niedrige und bauchige Vase steht in der Art japanischer Kunstwerke auf einem kleinen durchbrochenen Untersatz, der ihrem Körper jede Schwerfälligkeit nimmt. Der großflächige Dekor ist in den zarten Farben gelb, grün und violett zusammengestimmt, während in dem Körper des Vogels die weiße Grundfarbe

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KÖNIGLICH i- l-ORZELLAN

MANt'KAKTUK BKRLIN-

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AKIIKITBN

UND TIBRCRUPPB.

Kolli': liehe Porzellan -Manu/akhir-Bcrliri.

des Porzellans vorherrscht. Nur die großen Federn sind fein konturiert. Die andere schlanke Vase zeigt einen Dekor, dessen Motive wohl auf das Chrysanthemum zurück- gehen, aber dieses Blumenmotiv ist selbst- verständlich flächig verarbeitet, sodaß es sich den eigentümlichen Bedingungen der Unter- glasurmalerei in ungezwungener Weise fügt. So kann man aus diesen wenigen Proben schon erkennen, daß die Berliner Porzellan- Manufaktur sich auf neuen Wegen befindet. Freilich handelt es sich imi keine gewalt- same Revolution, die das alte vernichtet, um dann ganz von vorne zu beginnen, sondern mit Bedacht wird die alte gute Tradition ge- pflegt und daneben werden allerlei neue

Keime dem fruchtbaren Buden anvertraut. Immer mehr werden die reichen Möglich- keiten dieses einzigen Betriebes ausgenutzt. Dem zähen und stillen Fleiß ihres künst- lerischen Leiters, dem ganz bestimmte Ziele vor Augen stehen, wird es sicherlich gehngen, den großen Apjiarat , zu dessen Führung er berufen ist, nach und nach ohne Gewalt- samkeit seinen Absichten anzupassen. Wenn ihm das Geschick die für diese große .\rbeit nötige Schaffenszeit gewährt, dann wird in der ruhmreichen Geschichte der Berliner Manufaktur diese Epoche für alle Freunde des edlen Porzellans immer eine bemerkens- werte bleiben.

Dr. PHIL. ERNST JAFFE— FR1EI)EN.\U.

PDEZELLAJM-

MANÜFAKTUR

BERLIN.

V.\bE MIT UNTERGLASUR- MALEREI.

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PROFESSOR CITO PRUTSCHER WIEN.

SILBERPERL-GLASER. AUSF.: BARNSPANN KLOSTERMl HLE.

FASSADEN-ENTWÜRFE VON ARCHITEKT VVÜRZLER-KLOPSCH.

VT^eranlassung zu dem Wettbewerb, bei dem Professor 1'". Schumacher Dresden, Re- t;ieruiigs- und üaurat TeichmüUer Dessau und Direktor Prof. 1'. Ostermaycr Dessau i'reis- richter waren, gaben die Miljstände, die sicli im Bauwesen gerade in den Kleinstädten zeigten. In den vergangenen Jahren ist nicht nur in .\nhalt - - durch unverständige Ilauunter- nehmer und die geschmackliche Unsicherheit und Cileichgiltigkeit von Bestellern imd Aus- liihrenden viel Unheil angerichtet worden.

Der Aufgabe des Wettbewerbs : * Die Schaf- fung von Gebäude-Schauseiten zu vorhandenen ortsüblichen Grundrissen, ausgehend von der alten, leider nicht mehr geübten Bauweise«:, zeigte sich gerade W'ürzler-Klopsch in hohem Grade gewachsen, und so wurde denn auch seinen Entwürfen der I. Preis zuteil.

In den abgebildeten Entwürfen finden wir alle guten (Jualitäten der übrigen Arbeiten Würzler- Klopschs wieder: nichts Gesuchtes sondern durchaus vornehme Schlichtheit in der Eormgebung, eine organische und ver-

nünftige Durchbildung, die durch schone Pro- portionen ästhetisch vollauf befriedigt. Die Aneinanderreihung der Häuser ergibt einen gefälligen Rhythmus, der durch starke durch- gehende Horizontalen die nötige Ruhe erhält. Bemerkenswert ist dabei, daß die verschieden- artigen Eassadeoausbildungen sich über gleich- artigem tirundriß erheben. Dieser Umstand ist für das Unternehmertum besonders wichtig; eine Monotonie des Straßenbildes wird dabei zugleich glücklich vermieden.

Es steht zu hofifen, daß das Ergebnis dieses Wettbewerbs in wirtschaftlicherund ästhetischer Hinsicht für das Anhaltsche Bauwesen von einschneidender Bedeutung wird. Die preis- gekrönten Entwürfe werden vervielfältigt und den Baubehörden, Magistraten und Bauunter- nehmern vorgelegt. Wie sich überall zurzeit eine Bereitwilligkeit in der Anerkennung posi- tiver Werte zeigt, so werden auch gewiß die Behörden Anhalts nicht zurückstehen, sondern das Ihrige zur Hebung der heimisclren Bau-

weise tun.

UIE SCHRIITI.EITUNG.

PREISGEKRÖNTE ENTWlVUFE AUS DEM

GEBÄUDE-SCHAUSEITEN-WETTBEWEKB lÜR DIE KLEINSTÄDTE

DES HERZOGTUMS ANHALT.

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ARCHITKKT D. W. B. P.\UL XVLl<,!LKR-KLOPSCH— LEIPZIG. FASSADEX-KNTWÜKf E MIT DEM I. PREIS BEDACHT.

PREISGEKRÖNTE ENTWÜRFE AUS DEM

GEBÄUDE-SCHAUSEITüN-WETTBEWERB FÜR DIE KLEINSTÄDTE

DES HERZOGTUMS ANHALT.

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ENTWt'RfK VON

ARCHITEKT D. W. H. l'AUL WÜR/LKK- KLOI'SCH IN

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MAX KLINGERS WAND-GEMÄLDE FÜR DIE AULA DER UNIVERSITÄT LEIPZIG.

Die 500jährige Jubelfeier der Universität Leipzig hat auch ein künstlerisches Er- eignis zur Folge, die Vollendung von Klingers großem, im Auftrage der sächsischen Regie- rung ausgeführten Wandbild für die Aula, einem Riesengemälde von 20 m Länge und 6'/4 ni Höhe, das, auf Leinwand gemalt, in einer Höhe von 4'/2 m über dem Fußboden, von korinthischen Tilastern flankiert, in die Wand eingefügt ist. In der Symbolik eines griechischen Kulturbildes verherrlicht es in drei Gruppen, »dem geistigen Anschluß des Bildes an die Bestimmung und Bedeutung des Raumes entsprechend-, Dichtung und Literatur (Homer den andäclitig lauschenden Griechen seine Gesänge vortragend), die Wissenschaft (die beiden ernsten mit einander verhandelnden Männergestalten, Aristoteles und Piaton, die Repräsentanten der Natur- und Geisteswissen- schaften) und der Kunst (die schöne Gruppe auf dem Wiesenplan , die ein Künstler zu zeichnen sich bemüht. Erhobenen Hauptes sitzt der blinde Sänger auf einem Felsen, die Arme in seherischer Erregtheit ausgestreckt gegen die über alle mächtige Göttin der Liebe, deren Gegenwart er erschauernd ahnt , die Göttin, die durch den Schiedsspruch des Paris jenen Krieg veranlaßte, der den Sänger zu seinen Liedern von den Heldentaten vor Ilion begeisterte. Eine Triangel schlagendes und ein träumendes Mädchen vollenden diese Gru])pe, die nach der Tiefe die wundervolle Halbinsel Syra zu einer machtvollen Komposition ab- schließt. Am rechten Bildrand erscheint, von seinem Freund Parmenion begleitet, in Helm und Panzer, hastigen Schritts Alexander. der Schüler des Aristoteles, dessen feuriges Begehren es war, dem berühmtesten Helden der Ilias nachzueifern. Ein Mädchen reicht ilim den Lorbeer, mit dem er den geliebten Lehrer krönen soll. Eine junge .Amazone, die für die Komposition der Figurenreihe ein notwendiges Bindeglied ist, macht diesen auf das Nahen des berühmten Schülers aufmerksam. Die 37 Figuren des Bildes sind in eine Landschaft hineinkomponiert, die aus verschiedenen Natur- motiven zu dieser großartigen, überaus festlich wirkenden Naturszenerie vereinigt ist, hnks in ihrem hellen Glanz das felsige Vorgebirge der Insel Syra, rechts der Rosengarten in rosa Glut. Klinger entnahm den Vorwurf wieder

der Antike wegen der Allgemeinverständlichkeit ihrer Symbolik , ihrer Mythologie und Ge- staltenwelt und weil sie dem Nackten die grölJte l'reiheit gewährt. Es ist der erste monumentale Auftrag, der Klinger, dessen große Figurenbilder, »Anbetungen dieser pracht- vollen großschreitenden Welt«, festliche, lempel- artige Räume verlangen, zu Teil geworden ist. Eine Fülle von Studien (I'arbenskizzen, Akte, Köpfe, Gewanilfiguren) liegen dem Bilde zu Grunde, die sich die Wiener Galerie gesichert hat. Einige Köpfe sind teils treue, teils leicht umgemodelte Porträts. Ganz rechts in der Griechengruppe sehen wir das Porträt Greiners. Klingers .Stil der Monumcntalmalerei ist aus dem »Parisurteih und dem s Christus im Olymp bekannt. Er ist dasselbe in diesem Riesengemälde. Im Gegensatz zu der von vielen als allein seligmachend gepriesene deko- rative Flächenmalerei vertieft Klinger wie Marees die Wand zu einem farbigen Raum mit freier Anordnung von bewegten Grup])en und Einzelgestalten und entfaltet in Licht und Luft die Farben in der ganzen Fülle ihrer Reflexe ; er wirkt dabei immer groß, auch in der l'arbe. Die grünen Bäume, das Gebirge und die stark farbigen Gewänder sind bindende Massen für die warmen goldbraunen und rosigen Fleischtöne, für die hellen, schweben- den Farben des Himmels, des silberrosig leuchtenden Wassers und des Vorgebirges. Das Bild ist kein Fresko, auch kein Tempera- bild in mauerkühleii abstrakten Farben wie das Hodlersche in Jena, es ist ein Ölbild, und Klinger will sich die stark differenzierten feineren Reize der Glfarbe nicht entgehen lassen; sie wirkt mit dem ganzen Zauber ihrer Sinn- lichkeit. Und von neuem bewundem wir in diesem Gemälde Klingers herrliche Landschafts- kunst und seine Meisterschaft, die Figuren nicht nur durch Viertels- und Halbwendungen und Contrajioste, durch ausdrucksvolle CJesten, die leidenschaftliche Homers, die lässigen, träumenden, hinweisenden der Frauengestalten, die statuarische Gelassenheit, den herrlichen Dreiecksaufbau der rechten Gruppe, sondern mehr noch durch die farbige Modellierung aus der Fläche in den freien Luftraum zu heben und die »prachtvolle großschreitende Welt« mit »vollständiger Klarheit und Tiefe wiederzugeben«. paul kühn.

310

M ANZAN A - PISSARO -PARIS. »HL. JUNGFRAU MIT DEM KINDE«.

PIEKRK PUVIS DE CHAVANNES.

ücmälde: Enthauptung Johannes des Täufers«

AUSSTELLUNG FÜR CHRISTLICHE KUNST

DÜSSELDORF MAI BIS OKTOBER 1909.

Einst lebte die Kunst von den Aufträgen der Kirche. Ja, genauer zugesehen waren damals die Kirche und der von ihr verwaltete Kult der Nährboden alles künstlerischen Emp- findens, der Maßstab aller künstlerischen Pro- duktion. Die Kunst war eine Art des Gottes- dienstes ; durch Jahrhundertc glaubte sie allein die Themen der beiden Testamente und der Heiligengeschichte ihrer würdig. Doch waren diese Perioden der intimsten AUiance zwischen einer Schönheit, die trotz alles heiligen Strebens doch immer irdisch bleiben mußte, und einer transzendentalen Geistigkeit, der aller farbige Glanz doch nur ein Neigen vor der himmhschen Herrlichkeit sein konnte, keineswegs im üblen Sinne konservativ oder gar ohne formale Ent- wicklung. Auf die byzantinische Basilika folgt der romanische Dom und die gotische Ka- thedrale , ein heftiger und einschneidender

Wechsel der Stile ; aber an dem guten Ver- hältnis zwischen Kirche und Kunst ändert sich nichts. Die Kirche erläßt keine Episteln gegen die moderne Kunst. Einmal aber war auch die Gotik modern. Die Kirche folgte allen Bewegungen der architektonischen, der malerischen und der plastischen Form; sie hemmte nie, weil eine Wandlung, das Schwinden des Rundbogens, das .\ufkommen des Spitzbogens, die Überwindung der Leb- losigkeit durch Giotto, womöglich allein aus profanen Gelüsten und menschlichem Fort- schrittstrieb geschehe. Die Kirche machte alles mit. Das konnte sie, ohne fürchten zu müssen, einer FLrdengewalt Untertan zu werden ; denn, alles was die Wissenschaft, die Literatur und die Kunst hervorbrachten, waren letzten Sinnes Reflexe des religiösen Lebens. Die Kirche war die Kultur. In dem Augenblick, da die

1909. XII.

313

Aussiellung für christliche Kunst Düsseldorf igog.

MAURICE DENIS - ST. GERMAIN-EN-LAYE.

Einheit dieser Zusammenhänge verloren geht, da sich neben der Kirche und gegen sie kul- turelle Faktoren zu regen beginnen, gibt es Konflikte, spaltet sich die Kunst in einen sa- kralen und einen irdischen, einen kultischen und einen mystischen Zweig.

Zu den herrlichsten Zeiten der Künste war die Kirche der Kunst aufs engste verbunden. Das Autodafe der Eitelkeiten, das Kunstwerke zu Asche brannte, richtete sich gegen Rom und wurde vom Papst gerächt ; die Bilder- stürmer wollten die Kirche treffen. Zum Triumph über den Sieg der allmächtigen Mutter wurden die Kirchen der Gegenreformation mit rau- schendem Prunk erfüllt. Der Jesuitenbarock, eine Kunst des Fleisches, ein Jauchzen der Sinne, ist nur als ein Echo der wieder die Welt verwaltenden Kirche zu verstehen. Correggio, Tiepolo und Rubens stehen auf den Altären und strahlen von den Wänden, den Glanz der Messe, das jubilierende Konzert der priester- lichen Ornate in hellen Fanfaren aufflammen zu lassen. Die Kunst ist der Kirche eine Wafte; durch die Kunst offenbart die Kirche ihren ungeheuren Reichtum , ihre unerschöpfliche Lebensmacht; die Kunst hilft den Päpsten, mit den Fürsten der Erde zu wetteifern.

Gemälde: »Verelirung des Jesus-Kindes«.

Wie kommt es, daß heute, daß schon seit beklagenswert langen Jahrzehnten zwischen Kunst und Kirche sich eine Kluft aufgetan hat 'i Wie kommt es, daß die Kirche in der Kunst eine ihr zumeist feindÜche Kulturmacht erblickt; daß die Kunst es als eingeschränkt und min- derwertig empfindet, der Kirche zu dienen r Das Eine ist offenbar : die Kirche ist nicht mehr wie einst die Kultur an sich ; es gesellten sich ihr weltliche Größen, deren Einfluß, deren bestimmende Wirkung oft absolute Geltung ge- wonnen haben. Diesen jungen, aufgehenden Sonnen hat die Kunst ihre volle Leidenschaft geöffnet; sie wurde irdisch, sie wurde der Natur und dem Menschen ein bedingungsloser Vasall ; sie verzichtete darauf, die Jungfrau Maria zu ehren, sie begnügte sich mit dem Weibe. Und sie gewann damit auf neuem Boden eine neue Blüte. Es läßt sich also ver- stehen, daß die Kircne, die aller nicht direkt von ihr abstammenden Kultur skeptisch gegen- überstehen mußte, auch gegen die Kunst dieser pietätlosen Lebenskreise mißtrauisch wurde. Und so kam dann die große Ebbe ; die Kirche begann, was sie früher nie getan, die Wand- lungen der Kunst als Modernismus und Re- bellion zu empfinden. Die Kunst ward ge-

314

MAURICE DENIS ST. GERMAIN -EN-LAVE. GEMÄLUE: »MADONNA«.

Atisstelbing für cliristliche Kirnst Düsseldoii igog.

MME. JEANNE SIMON PARIS.

nötigt, wenn sie von der Kirche Aufträge emp- fangen wollte, sich zu verleugnen, sie mußte in ein fremdes und abgebrauchtes Gewand schlüpfen. Das Romanische, das Gotische, das einst modern war und freudig empfangen wurde, mußte jetzt herhalten, alles Moderne zu verjagen, galt jetzt als Gesetz und geweihte Norm. Da trennten sich die Künstler, die einst durch die Kirche ihr Leben bekamen, von einem Regiment, das ihnen jede sprudelnde Quelle verstopfte. So kam es zu einem zehn- fach schlimmeren Autodafe und Bilderstürmen. So wurden die unbegabtesten, die charakter- losesten ^Architekten zu Kirchenbauern ; die typischen Kitschmaler arbeiteten am Schmuck des Heiligtums ; es gab nur noch Kopien und seichte Nachgüsse.

Gemälde: »Im Hause zu Nazareth

Wenn nun die Kirche unter dem Druck der weltlichen Kultur zu der Erkenntnis reifte, daß sie wieder Fühlung nehmen müsse mit der buntesten und reichsten Macht der Erde, so bedürfte es eines Wunders, wenn sofort wieder die einstige, glückliche Innigkeit, die fruchtbare Einheit wiederkäme. Das verlorne Terrain will in zähem Kampf zurückerobert sein. Die Kunst kam zur Herrlichkeit ; einst lebte sie vom Odem der Kirche, heute muß die Kirche sich von ihr segnen lassen. Ob es wieder voran gehen wird, ob wieder eine neue, mo- derne und doch nur als natürlich empfundene kirchUche Kunst kommen kann, das ist abzu- warten ; das wird bestimmt durch die Lebens- potenz der Kirche innerhalb der gegenwärtigen Welt. Darum, wenn unternommen wird, in

316

LOVIS CORINTH-BERLIN.

ÖL-GEMÄLDE: »KREUZIGUNG«. BES. : PRUT. KIRCHE IN BAI) TÜLZ.

Robert Breuer— Berlin .

ADOLF HÖLZEL— STUTTGART.

einer Ausstellung das zu sammeln, was für die kirchliche Kunst der Zeit maßgebend ist, so kann es sich nur um einen Versuch han- deln, um eine pädagogische Maßnahme, aufzu- wecken und anzureizen. So will die »Düssel- dorfer Ausstellung« verstanden sein. Sie zieht ihre Kreise aber noch weiter; sie will nicht nur der Kirche dienen, sie will das christliche Element innerhalb der Kunst, auch der nicht speziell kultischen, aufzeigen. Sie will etwas, was ihr noch besser gelungen wäre, wenn sie

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Gemälde: »Eine Mutter«

statt nur nach christlicher nach religiöser Kunst überhaupt ausgeschaut hätte. « * *

Ein schwacher Nachhall großer Vergangen- heit waren die Nazarener. Mit femininer Sen- timentaUtät wollten sie die starken Taten einer in Gesundheit strotzenden Zeit noch einmal geschehen lassen. Sie brachten es aber nicht weiter als bis zu einer zarten lyrischen An- dichtung. Aus ihren Händen schien ein me- lanchohsches Schattenspiel zu gleiten'; alle

Aiisstellung für christ liehe Kunst Düsseldor/ igog.

ihre Werke sind müde und schwach wie arme, verwundete Vögel. Auf diesem Wege konnte die christliche Kunst kein Neuland gewinnen. Das ist der unverkennbare Kinilruck, der uns in Düsseldorf wird. Diese retrospektive Ab- teilung ist mit guter Sorgfalt zusammengetragen worden; von den besten der seraphischen Brüder sehen wir charakteristische Proben ; am geschlossensten wird uns Joseph l'ührich gezeigt. Er war das Haujit der österreichischen Nazarener ; er wäre ohne RatTael und Dürer nicht denkbar. Seine Seele war aus feinem Stoff, seine Hand schmächtig und hingebend. Kr hat Adel, wie ihn die letzten eines Ge- schlechtes zu Cirabe tragen. Aber nimmer- mehr kann Führich einen neuen Anfang be- deuten. Die Nazarener gingen hin und ließen kaum Spuren ; es ist zu fürchten, daß es der Beuroner Kunstschule ähnlich gehen wird. Unter dem Pater Desidcrius haben sich da

einige kunstfreudige Benediktiner zusammen- getan, um bei der Neugeburt der religiösen Klassik redlich zu helfen. Es gelingen ihnen auch manche milden und lieben Dinge; im Grunde bleibt es aber doch ein frommes Di- lettieren. Was herauskommt, ist ein etwas dünnblütiges Schema aus Byzanz, Quattrocento und seltsamerweise einigen Gran Ägypten. Immerhin, die Beuroner machen brauchbare Dinge, die jedenfalls unendlich viel besser sind als der notorische Schund, mit dem heute so mancher Sakralbau verunziert wird. Schon um ihres schönen Eifers willen könnten sie vorbildlich werden.

* * »

Es ist zum Erschrecken, was für minder- wertige Bilder oft über den Altären und an den Wänden der Kirche hängen. Empfind- same Augen können sie nicht beschauen ; gleich der schlechten Musik und dem oft.

ADOLF HULZEI. STUTTGART.

tjemalde: ^Anbetung».

3'i^

JAN TOOROP-NYMWEGEN. ZEICHNUNG: »GOTT VERTRAUEN«. BES.: E. FLERSHEIM-FRANKFURT-M.

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ii

JAN TOOROF NYMWEGEN.

ZEICHN.: »VERMÄHLUNG MARIENS«. BES.: REMI DE BLOCK AMSTERDAM.

l'.'O'J. XU i.

Robcii Bmifr— Berlin :

JAN TOOROP NVMWEGEN.

ach so schlechten Deutsch der Predigt ver- scheuchen die üblen Malereien die schweigsame Stimmung der Andacht. Der Widerspruch regt sich. Warum haben vom frühesten Anfang bis zum Ausklang des Rokoko nur die Besten der Kunst das Heiligtum schmücken dürfen; warum kann heute jeder stereotype Bilder- macher seine versüßten, konventionellen und abgeblaßten Dutzendstücke dort aufhängen. Das kann und das muß wieder einmal anders werden; dazu will die Düsseldorfer .Aus- stellung <• helfen! Freilich, üire Arbeit wäre gründlicher gewesen, wenn sie radikal alles Un- zulängliche und Geschmacklose ausgeschlossen hätte. So aber hängen da eine beträchthche Zahl imdiskutabler Produkte. Dazu gehören alle absichtlich süßen Madonnen, alle hysterisch gesteigerten und dramatisch frisierten Leidens- bilder, alle unter moderne Beleuchtung ge- setzten Panoptikumsetfekte. Bei dieser üblen Blütenlese zeigt sich, wie bedenklich die heu- tige Art des Bilderfabrizierens ist; bei den.

ZeicbDung: sDie drei Biaiiie

üci öirisü. Gedankett

meisten weiß man nicht, wozu sie eigentlich gefertigt wurden, für welchen Ort sie bestimmt sind. Das ist ein ungeheurer Vorteil , den die alten Künstler hatten, daß sie immer klar umschriebene .Aufgaben zu lösen bekamen. Einen Altar aufzurichten, eine Hauskapelle zu zieren, eine Grabstatt zu weihen. In den klassischen Zeiten hatte die großformatige Ma- lerei eine dekorative Tendenz ; bei allzu vielen unserer heutigen Engrospinseleien fehlt hiervon auch die letzte Spur. Alles scheint nur für das Museum gedacht und zugeschnitten. Da- mit ist aber von vornherein das Bild, das ein Faktor des Kultes, eine Form der Ver- ehrung sein soll, zum Schaustück degradiert. Soweit die religiöse Malerei sich mit biblischen und legendarischen Themen befaßt, muß sie unbedingt für einen dem Alltag entzogenen, der Einkehr vorbehaltenen Ort bestimmt sein. Es ist unschicklich, ein Bild der Kreuzigung in einen profanen Salon zu hängen. Die ^Frage : wo könnte dies Bild seinen Platz finden.

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Atisstellunv für christliche Kunst DüsseMorf igog.

FERNAND KHNOPFF BRÜSSEL.

ist vielleicht das sicherste Kriterium, um die affektierte von der guten, religiösen Malerei zu trennen. Betrachten wir daraufhin die Düsseldorfer .Vusstellung, so treffen wir nur wenige, die deutlich für den Altar und die große Kirchenwand arbeiten. Dazu gehören vor allem Gebhardt und Steinhausen, aber auch 1,0 vis Corinth und Böcklin. Stein- hausen läßt eine milde, sommerliche Lyrik in weichen sich allseitig ausbreitenden Kreisen strömen. Sein Christus ist ein gütiger Gärtner, dem die Flur in hellen Tönen jubiliert. Es sind blasse und stille Bilder, die einer Wand

Getönte Zeichnung: »Requiem«.

wohl liefe Ruhe geben können. Ganz anderes erstrebt Corinth; er will das Drama ent- hüllen, die ungeheuren Geschehnisse der Er- lösung mit motorischem Pathos aufrollen. Er erinnert an Grünwald. Die Kreuzigung, die in der Kirche zu Tölz hängt, ist ein vorzüg- liches Altarbild, stark in der Wirkung und von einem schönen, warmen, silbrig durch- strahlten Ton. Auch vor L'hde hat man häufig das Gefühl, daß sein Bild nur im kirch- lichen Raum zur vollen Entfaltung kommen kann ; zuweilen aber spürt man, wie es nach dem Krankenzimmer, dem Hospital, dem fest-

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JOAKIM SKOVGAARD -KOPENHAGEN. KAIN UND ABEL«. FRESKO IM IJOM ZU VIBORG.

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PAUL RÖSSLER-DRESDEN. WANDMAtEREI IN DER KIRCHE ZU WEIGSDORF IN SACHSEN. ::

PAUL R( JSSLER-DRESDEN. WANDMALEREI IN DER KIRCHE ZV WEIGSDORK IN SACHSEN. :.

Aussiel/uno^ ffn cJirisiliche Kunst Düsseldorf iqog.

KARL STKAIHMANN MÜNCHEN.

liehen Raum einer Schule, dem Arbeitszimmer eines ernsten Menschen verlang'. Das rein Menschliche der Religion komme bei Uhde am stärksten zum Ausdruck. Au"-'! das Son- nige; aus seinen Gestalten quilit und blüht eine lichte Glückseligkeit, eine zarle, schwin- gende Musik. Wenn die Kirche sicheren Weges wieder reine Kunst in ih' Häuser tragen will, so muß sie sich dieser vi' ' [eister und derer, die ihnen nachstreben, 'rzhaft bedienen. Ein wenig unklarer ist ?, was mit den Bildern von Adolf Hölzi»l ge- schehen soll; für die protestantische ii-che scheinen sie mir jedenfalls nicht beso. s ge- eignet, eher dürfte die leicht byzantinisch par- fümierte Mystik dem katholischen Empfi' den entsprechen. Die Bilder sind aber gut . nd haben einen satten, goldigen Ton; wenn av ;h das geometrische Prinzip der Komposition em wenig leicht aufzuspüren ist. Wiederum kk r ist die Bestimmung der Gruppe Strathmann Khnopff und Toorop. Sie gehören sicher- lich in kein Kultgebäude ; sie wollen mit ge- ringem Abstand, ein wenig skeptisch, mehr analytisch als hingebend betrachtet sein. Sie sind nicht für die Gemeinde, sie sind für den

Ölgemälde: »Maria".

Einzelnen, für den ästhetisch Genießenden be- stimmt. Strathmann ist der harmlosere; das Gerank mit dem er seine Maria (zuweilen auch eine Kleopatra) überschüttet, ist mehr ein bizarres Spiel als eine symbolische Absicht. Strathmann freut sich an der Phantastik der wirbelnden Schneeflocken. Er läßt Ornamente und Edelsteine auf seine Bilder regnen. Es bleibt aber alles kompakt und irdisch. Bei Khnopff hingegen gibt es destillierten Weih- rauch. Es sind dies Versuche, moderne Mystik aus Maeterlincks Geist zu Visionen zu ver- dichten. Ob dabei viel herauskommen kann, scheint problematisch, und dies um so mehr, als die esoterischen Priester romanischen Ge- blütes sind. Um einige Grade gesunder ist Toorop; er ist es nicht immer; dann nicht, wenn er apokalyptische Träume in fließendes Linament umsetzt; er ist es, wenn er ein Antlitz mit großen eindringenden Augen an- schaut, wenn er in den Furchen der Epider- mis die Not und den Glauben einer Seele ein- geschrieben sieht.

* * *

Auch mit der eigentlichen Wandmalerei sind r arg ins Hintertreffen gekommen. Zur Zeit

328

GEORG MINNE-LAETHEM.

HOLZSCHNITT: »TAUFE CHRISTI c.

JOSEK GOLLER DRESDEN.

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Aussfelhnig Inr clnislIiJic Kiiiisf Düsseldorf igog.

T. L. M. LAUWERIKS DUSSELDORF.

Raum der Ausstellung für christliche Kunst Düsseldorf.

Steht es, ehrlich zugesehen, so, daß die weit- aus meisten Kirchen von Unlernehinern, von Malermeistern dekoriert werden. Daß dabei die figürliche Malerei auf ein Minimum redu- ziert wc-rden muß, daß sie zumeist durch ein hineingehängtes Leinwandbild ersetzt wird, ist selbstverständlich. In der Wandmalerei ent- hüllt sich am bittersten der ungeheure Tief- stand der modernen kirchlichen Kunst; wenn dieser erhabene Begriff überhaupt auf das Ge- menge kopierter und mißverstandner Einzel- formen einstiger Klassik anzuwenden ist. Neben diesem absoluten Vakuum haben wir nun aller- dings einige kirchliche Wandma'er von erträg- licher (Qualität, aber konventioneller Tendenz aufzuweisen. Das sind Leute wie Hermann Schaper und Ernst Pfannschmidt, ganz respektable Figurenniacher und geschickte Kompositeure, die zuweilen ein gewisses epi- sches Leben, eine gewinnende, dekorative Wir- kung zu leisten vermögen. Besonders dann, wenn ihre Entwürfe in Mosaik oder mit teil- weiser Unterstützung von Steininkrustation und Stuckauflage ausgeführt werden. Aber selbst

die reichsten und prachtvollsten dieser gleich- zeitig byzantinisch und romanisch infizierten Dekorationen sind letzten Sinnes doch kalt und unserer Seele fremd. Sind, was ihren Kunstwert arg mindert, auch ausgeführt nur Kartons. Wir haben die Tradition einer groß- zügigen , die Wand beherrschenden Fresko- malerei verloren ; wir haben uns auch von dem zeitlich nächsten Klassiker des Fresko nicht befruchten lassen : vonPuvis de Chavannes spürt man bei uns wenig. Wie unendlich viel wir aber von ihm hätten lernen können, er uns noch heute zu geben \ermag, das zeigt auf der Düsseldorfer Ausstellung ein kleines Leinwandbild aus Puvis frühester Zeit, »Die Enthauptung des Täufers«. Noch kam der monumentale Organisator der Linie nicht zur Entfaltung ; schon aber spüren wir, besonders in dem Rücken des Henkers, das edle Palhos und die schwingende Gewalt des Rhythmus. Die Grundelementc jeder, das Räumliche be- siegenden Wandmalerei. Zu welcher Höhe Puvis wurzelleite Monumentalität wachsen ließ, wissen wir; die Düsseldorfer Ausstellung

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JAN THORN- I'KIKKKR-

VKÜir.KR

akton:

WÜSTliL«.

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Ausstei/uiio //ir christliclic Kuiisl Düsseldorf rgog.

PROFESSOR MAX LAUGER KARLSRUHE.

zeigt einen Reflex jener Herrlichkeit : die Leinwanden von Maurice Denis. Diese Bilder haben eine überzeugende Gliederung und jenen milden, farbigen Schein, der sie leicht als wehenden Traum empfinden läßt. Sie verlangen nach der Wand. Wenn sie auch kaum Kraft genug haben dürften, das Schiff einer Kirche zu durchdringen, so würden sie gewiß eine weiche und fromme Atmosphäre in einen Schulraum oder in eine Haus-Kapelle tragen können. Eine freie und starke Wandmalerei scheint im nordischen Europa neu geboren zu werden. Gewiß nicht

Keramik: Maria mit dem Kinde«.

unbefruchtet durch die allen, noch von Wiking- trotz und Nornenmystik geweihten Fresken der Irühmittelalterlichen Dome. Die Ausstellung kann uns hier nur durch Photographien eine ungefähre Vorstellung vermitteln. Wir be- kommen die Fresken zu sehen, die Skovgaard für Viborg malte. Dieser Skovgaard, ein Däne, vermag das Entscheidende der bib- lischen Themen lapidar hinzuschreiben. Er ist deutlich und eindringlich, er greift an die Herzen und den Willen der Gemeinde. Er gestaltet die Vorstellungen der kindlich Gläu- bigen, der Patriarchen und frommen Helden ;

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AUCUSr HUDLEK. BRON/E; »ECCE HOMO .

Ansstelhivg für christlklic Kunst Düsseldorf igog.

PKOK. Kcil.oMAN MOSER WIEN.

mit einem möglichst geringen Aufwand von Xaturalismen, alle Hintergründe, alle Kulissen auf eine tyj)ische Formel reduzierend, läßt er die Figuren mächtig wachsen. P'.r will den Inhalt ausschöpfen, ihn als Extrakt ver- dichtet, fiir jedermann überzeugend auf die Mauer ]irojizieren ; um das monumentale Stenogramm noch stärker zu konzentrieren, um daraus einen wohl emporragenden, aher doch motorischen Orgaiismus zu gestalten, nützt er das Pathos des alttestamentarischen Parallelismus. Er stellt die Ährenbündel in Reihen neben einander; er reiht das Rindvieh hinter einander, wie es die Ägypter in ihren unsterblichen Reliefs taten. Es scheint nicht ausgeschlossen, daß der Holländer Thorn- Prikker in Krefeld sich von Skovgaard befruchten ließ. In jedem Falle ist dieses prinzipiell dekorative Talent bereits epigonär. (legen den Dänen wirkt dieser Holländer kultiviert, ja feminin, beinahe zerbrechlich. Kr gibt weniger das heilige Epos, als eine ornamentale Sonate in Moll. Seine Linien Hießen weich, man möchte sagen tonig. Die

Kartons für Kunslvcrylasuntieii. Mctall-Sarkopliag: Theodor Vcil und Erhard Hcrms— München.

Glieder sind in den Gelenken gelöst, sind zu Krischen Wellen gewandelt. Leider findet 'l'horn-Prikker kein Verhältnis zur l-'arbe; nur ganz diskret frottiert er hier und da ein leises Grün oder Rot in seine Monocliromie, zuweilen verwendet er auch Gold. Das gibt eine blasse, ein wenig angekränkelte , aber doch sehr delikate Stimmung.

Ohne C)ptimismus darf man sagen , daß die Kirche heute auch für monumentale Wand- malereien die richtigen Kräfte finden könnte. Sie muß es nur erst wieder lernen, dem Künstler zu vertrauen, auch wenn er unge- wohnte liahnen geht. Daß es dann mit großer Wahrscheinlichkeit schöne ?'rfolge geben wird, beweißt ein Wettbewerb, der für die Aus- schmückung einer bei Düsseldorf zu erbauen- den Kirche ergangen war. Die Resultate hängen auf der Ausstellung. Den ersten Preis bekam Kolo Moser; man bedenke wohl, der bis in die Fingerspitzen ästhetisicrte Wiener, der von Ostasien Blütenstaub heimtrug. Seine Entwürfe sind in der Tat ausgezeichnet. F-in Fest in P.lau und (Sold. Das dekorative Ge-

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KAPELLE DKR KATHOLISCH- APOSTOLISCHEN GEMHINDE IN ULM A. D

ARCHITEKT

THEODOR VEIL-

MÜNCHEN

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IMV. Sil. i.

BERNHARD

WENIG

, MÜNCHEN

VORTRAGS-KRKUZ UND LATERNB IN MESSING.

Amsfe/luno für clirist liehe Kutiat Diisse/dorf IQOQ.

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SCHRtFTGIESSEREI GEBR. KLINGSPOR OFFENBACH.

setz wurde gewahrt, die Wand wie ein 'l'cijpich behandelt, die architektonische CiUedcrung l)ewLißt

unterstützt, der Rhythmus jeder ein- zelnen Stimme des Konzertes aufs fein- ste abgetönt, jedes Detail einem Ge- samtwilien unter- stellt. Dabei hat Kolo Moser sich seine Aufgabe nicht leicht gemacht, er mußte eine bedeu- tende Zahl figür- licher Darstellungen seinem ornamen- talen iiukett einglie- dern. ( )1j dieser prächtige Entwurf

ausgeführt wird, scheint freilich zwei- felhaft; wer weiß, ob die Gemeinde

M1SS.\I.E IN BEHRENS-ANTIi.iUA OEIJKUCKT.

so viel schönen Mut hat, die Kon- vention zu opfern und eine Persönlich- keit regieren zu lassen. Wenn dann nur wenigstens nicht der zweite , viel- mehr der dritte Preis Wirklichkeit würde. Die Arbeit von Seuffert hat viele offenbare Vor- züge , auch eine deutliche, wenn auch

nicht übermäßig starkcindividualität. Unter dem .Vber- glauben, daß allein dasRomanischeund das Gotische die für den Kirchenbau würdigen Stile seien, haben wir mehrere Jahrzehnte gelitten, üesonders die Gotik

BEKNHARU

\V«N1I. MÜ.NCHb.N. ALIAR-KIXCH IN VliRGOI.DKTEM S1LB«R.

und die törichte An-

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Aiissfclh/uo lür tliristliclic h'inni Dii'^scldorf iqnq.

KELCH NACH ENTWURF V. PROF. WILH. KREIS. TAUFBECKEN UND KELCH NACH ENTWURF V. PROF. K. GROSS.

Ausgeführt von Julius Theodor Heinze— Dresden.

nähme, daß gotisch soviel wie deutsch, soviel wie heilige Anbetung sei, wirkte zerrüttend auf jeden gesunden Trieb, nun einmal aus eignem Empfinden und Können dem höchsten geistigen Sein das Haus zu errichten. Langsam, ach so langsam, viel bekäm])ft und darum unsicher und mit mancherlei Zugeständnissen kam ein neues Wollen. Für die Reformation des modernen Kirchenbaues werden die Dresdner Architekten stets eine elirenvoUe Bedeutung behalten. Seit der Neuausstattung der Kreuzkirche durch Schilling und (Iräbener, seit den Land- kirchen dieser Firma, die ängstliche Gemüter .■Sommerwohnungen des lieben Oottes'- nann- ten, datiert die moderne, aufsteigende Linie der kirchlichen Architektur. Es wären noch Los- sow und Kühne, ferner Kreis und der nach Hamburg berufene Scliumacher. daneben die .Architektur- Bildhauer Hottenroth und Groß, der dekorative Maler Rößler zu nen- nen. Die Tendenz dieser neudresdner Schule war ein geklärter, in sentimentale Kurven aufgelöster Barock; der Stein wurde erweicht und stark plastisch behandelt. ^Lan liebte es, die Ecken zu runden , die Supraporten in Voluten ausklingen zu lassen und durch eine geschwungene Kartusche zu brechen; be- sonders die Türme bekamen eine spezifisch plastische , eine modellierte , eine geknetete Form. Ein zweiter Kreis von Kirchenbauern

der neuen Zeit steht um Peter Behrens. Der Geistesart dieses ästhetischen Mathe- matikers ents]iricht der strenge, feierliche Sakralbau. Behrens denkt kantisch und liebt Wagner. (Er liebt ihn, auch wenn er ihn hassen sollte.) Behrens strebt danach, die moderne Welt der Technik und der Maschine auf eine reine , dem Hellenismus verwandte Formel zu bringen. Er ist ein Logiker und ein Dogmatiker zugleich. So haben alle seine Bauwerke eine deutliche Tendenz zum grie- chischen Tempel; so verraten sie alle den strengen Schematiker, der mehr auf dem Papier konstruiert als mit Steinen baut. Das Krema- torium zu Hagen ist das typische Beispiel. Es läßt sich gewiß mancherlei gegen diese, von Einseiligkeit nicht freie, mehr literarische als architektonisch empfundene Bauweise sagen; aber, mit den relativen Schwächen einer tastenden Zeit behaftet, offenbart sie doch ein starkes und impulsives Gefühl, ja eine Leiden- schaft für das Protestantische, für das Rhyth- mische der Religion. Gewiß, es ist ein Wag- nis, von Peter Behrens eine Kirche bauen zu lassen, aber immerhin ein Wagnis, das dem Auftraggeber Ehre machen würde, ihm einen Platz in der Entwicklung der Geschichte des modernen Kirchenbaues sichern dürfte.

Wem Behrens' kühles Pathos allzu wenig die väterliche Güte Gottes zum Ausdruck

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H. EHMSEN IJUSSELÜÜRK. HOLZSCHNITT: »HEILIGER REIGEN« UNÜ MOSAIK-ENTWURF; JESUS IM TEMPEL«.

M.M.RR AnoLV

HILDBNBRAND

PFOR/HBIM.

M \r)ON\ \ tMAll. ALh SU. »HR.

ALLE VORSTEHENDEN WERKE SIND AUE DER AUSSTELLUNG FÜR CHRISTLICHE KUNST IN DÜSSELDORF.

I IHAKl) WEHNER DUSSELDOKF.

PROFESSOR

WILHELM

KREIS

DÜSSELDORF.

GRABMAL. IN MUSCHEL- KALK STHIN AUSGEFÜHRT.

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HERMANN

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(JKAUMAL. EDUARD WKIIM.K I tUSSELlJOKF.

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CHR. ZAULECK DI'SS[1LIX>K1 ,

WANDGRAIIMAL IN MUSCHfiLKALK.

Aiissfc/hdic- /ür Christ liehe Kunst Düsseldorf iqoq.

bringt, der wird gewiß das Vermißte bei Theodor Fischer finden. Dieser Süd- deutsche gibt seinen Kirchen eine milde und wohnliche Schönheit, eine Uhlandstimmung. Man wird stille wie des Morgens im Walde, man hört des Schälers Sonntagslied. Über die verschiedenen frischen Ansätze und er- rungenen Siege des modernen Kirchenbaues gewährt die Düsseldorfer Ausstellung guten i^ericht. Wir seilen eine reichhche Zahl von Entwarfen und Modellen. Das meiste ist frei- lich schon bekannt. Neu zu bemerken sind einige Behrensjünger: Benirschke, der ein wenig stark anlehnungsbedürftig erscheint; Theodor V e i 1 , der wesentlich freier und selbständiger arbeitet. Neben dem Kirchen- bau wurde auch die Clestaltung des Kirchhofes gepflegt, meist von den gleichen Männern. Man versuchte die Anlagen als Park und Land- schaft zu organisieren (wie mit Erfolg im Münchner Waldfricdhof. D. R.), man schuf solide und charaktervolle Denkmale. Man will derprotzigen Steinmetzparade und ihrer schreck- lichen Kühle ein Ende bereiten; der Friedhof soll wieder ein schweigsamer Garten werden, die schlichte von verstehender Andacht um- wobene Ruhestatt für Bürger, die ihre Pflicht getan. Die Ausstellung bringt den Versuch eines solchen Friedhofes; die Dimensionen gestatten nicht mehr als einen Anklang. Und doch ist die Lösung anregend genug, um von allen Kirchenvorständen und Patronatsherren eifrig studiert zu werden.

Um den neuen Kirchenbau wirklich zu einer Einheit im modernen Sinne auszugestalten, bedarf es einer F'ülle von Gegenständen, die wir als Kunstgewerbe bezeichnen. Dazu gehört die architektonische Plastik, auch die freie Plastik, sofern sie mehr einen dekorierenden als selbst- ständigen Kunstwert darstellt, dazu gehören die Möbel, die Te.xtile, die Cilasfenster, die metalle- nen und die typographischen Arbeiten. Über alles dies gibt Düsseldorf, wenn auch keine erschöpfende, so doch eine orientierende Um- schau. Und gerade hier bekommt selbst der weniger Eingeweihte es zu spüren, wie ohn- mächtig und steril die alte kopierende Manier ist. Die Vorführungen des S emp erbundes verleugnen keineswegs ein anerkennenswertes

Streben, sie verlieren aber ihre Bedeutung gegenüber den Leistungen derer , die sich unter der Fahne des Werkbundes gesammelt haben. Dort eine gut gemeinte Korrektheit, hier ein die ,\ufgabe an der Wurzel packen- des Geschick, eme kräftige und stolze Selbst- ständigkeit, ein reine Schönheit erstrebender Geschmack. Plastiker solcher Art sind Bosselt. W r b a , Kreis und der Kölner (jrasegger. Einige Stufen höher, der auto- nomen Plastik näher, stehen der Belgier Minne und der leider zu früh gestorbene H u d 1 e r , auch B er mann. Am entgegengesetzten Pol, zwischen der dekorativen Plastik und dem kunstgewerblichen Nippes, ist Mendes da Costa zu nennen. Einwandfreie Metall- arbeiten sehen wir von Bernhard Wenig, Groß und Kreis, von J e g g 1 e Münster, J. Th. Heintze imd Milde & Co. Dresden; die leuchtende Weichheit des Edel- metalls und der feine Fluß der Bronze wurde zu übersichtlichen, dem Material gehorchenden und doch mit Ausdruck geladenen Formen entwickelt. Gschwend Hannover weiß das Eisen gesund und in den ihm gebührenden primitiven Rhythmus zu schmieden. Von den Glasfenstern seien die des Dresdner (Voller und die des Huber Feldkirch der ein- gehenden Betrachtimg empfohlen ; sie sind nicht so überzeugend, nicht so restlos die Quintessenz der Technik wde die Fenster Kolo Mosers, deren Kartons wir hier zu sehen be- kommen , sie sind aber doch durchaus an- ständige und würdige Arbeiten. Die Typo- graphie zum sakralen Ausdruck zu steigern ver- mag am eindeutigsten Peter Behrens; seine Missale zeigt gute Verwandtschaft zu feierlichen Mönchshandschriften. In Behrens' Schatten, ein wenig eleganter manchem sympathischer, aber jedenfalls von schwächerem Geblüt gedeiht Ehmcke. Bürgerlicher als beide, darum aber auch brauchbarer, Hausmannskost, ist Lud- wig Sütterlin, dessen in der Reichsdruckerei entstandene Bibel endlich den Anstoß gibt, daß die jammervollen Bibeldrucke der Gegen- wart verschwinden. Hier wie auf allen Gebieten des Kunstgewerbes und der Architektur kann die Kirche das Gute haben, wenn sie es nur

ROBERT BREUER.

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KOLOMÄN MOSER'S PROU-KT FÜR DIE AUSMALUNG DER HEIL-GEIST-KIRCHE IN DÜSSELDORF

DER ZUR AUSARBEITUNG DER AUSSCHMÜCKUNGS- PROJEKTE BEIGESTELLTE GRUNDRISS DER KIRCHE

:: NACH DEM PLANE DES ARCHITEKTEN PROFESSOR J. KLEES ATTEL-dOssELDORF

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Projekt fiiriiic Austii.iliirifi der Heilit;en Oeist-Kirche in Düsseldorf

PRESBYTERIUM. Bordüren Blau-Gold. Füllotnament Blau auf Weiß. Schrirt: »Der Geist, der diese belehrt, brennt hier mit feurigen Zungen , Gold auf blauem Grund, Umgebung Gold mit blauen Teilungs- linien. Propheten hell auf Ultramarin mit seitlidien goldenen Palmen. Tirnamentale Füllungen in der Apsis Blau-Gold. Die ]<"iguren des Äfittelbildes in verschieden nuanciertem ^\'eiß, Maria in Blau und Rot, Grand der oberen Figuren hellblau, der unteren ultramarui, die Taube weil) und Gold auf Gold und blauen Wolken. Altarüberdachung mit goldnen Ähren und fünf goldnen Trauben auf goldnen Säulen nihend.

ANSICHT DES HOCHAl.TARKS. DKR BEIDLN SEH KNAI/I AKK TM) HKS AI/IAKl^ [\ Ul.K KAI'KIXE.

SjJottet nicht, daß die hohen Herren von unserer Kunst nichts verstehen ! Sic verstehen sie besser als mancher unter uns seihst Sie verstehen, daß CS eine Kunst ist, die nicht mehr dienen will, sondern in ihr erhebt sich der Mensch. Warum tun wir unschuldig: und leugnen?"

Hermann Bahr, Tagcbuch,*5. 2. 1908.

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l'ioli-klfiirtlir AiiMtialiiMi* der Mcillucti- (iciM-Kuchf in DusscUloil. Silinill A-U.

Hat ein Einzelner einen künstlerischen Auf- tr.ig zu erteilen, wählt er sich nach per- sönlichem Geschmack und dazu verfügbaren eigenen Mitteln, den ihm am geeignetsten er- scheinenden Künstler. Anders, wenn an die ( )tTentlichkeit eine solche Frage herantritt. Da werden größere Aufgaben zumeist aus Mitteln der Gesamtheit bestritten. Diese besitzt oder ernennt Vertreter. Diese wieder erwählen Sachverständige, Beiräte, Juroren etc., die im Gegensatze zu dem einzelnen .Vuftraggeber, nicht mehr nach ihrem ]iersönlichen Geschmack wägen und urteilen, sondern, da. sie die Masse rejjräsentieren, nach Ergebnissen trachten, die den Anschauungen der Mehrheit am besten zu entsprechen scheinen. Sie suchen daher Lei- stungen einer persönlichrn Begabung zu ver- meiden, trachten selbst Vorschläge zur künstle- rischen Lösung der Aufgabe zu machen, wollen zumindest im Wege eines Kompromisses ein in der Mehrheit zusagendes Resultat erreichen. Sie fühlen sich der Menge gegenüber ver-

antwortlich für die jeweilige künstlerische Lei- stung, belürchten immer, daß die >Lijorität anderer Meinung sei, statt zu bedenken, daß dieselbe gar keine hat, höchstens fremde, und sich leicht beherrschen ließe von einem, der eine eigene Meinung besitzt. Und haben Ver- treter eine solche, ist es die einer unfehlbaren Urteilsfähigkeit in Kunstangelegenheiten.

Eine solche Vertreterschalt sucht allen Leistungen, die von hergebrachter Schablone abweichen, möglichst aus dem Wege zu gehen. Da sie eine Kunst wollen, die \ielen gefallen möge, greifen sie zum gefälligen Routinierten, das ihren nicht neuen, und nie eigenen He- griffen oder Ideen unpersönlichst Gestaltung verleihen soll. Am liebsten würde man nur des Künstlers Handgelenk in Anspruch nehmen, denn was zu machen ist, wisse man ganz genau, und man bedauere, aus Zeitmangel sich nicht die nötigen Ausdrucksiähigkeiten erworben zu haben, da man sonst auch noch wüßte, wie es zu machen sei.

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DaC eiaem Künstler die gescheiteste Idee nichts nützt, wenn in ihm nicht gleichzeitig die Form geboren wird, kann man all diesen Leuten nicht begreiflich machen. Künstlerisch Schaffen heißt künstlerische Erlebnisse haben.

Heute kann der Künstler nur in selbst- gestellten Aufgaben in völliger Freiheit seinen eigenen Ideen Form verleihen , selten finden sich einzelne Auftraggeber, die sich dem Wollen des Künstlers unterordnen , zu den größten Seltenheiten gehört es, wenn öffentliche Auf- träge dem Künstler nicht recht lehrreiche Erfahrungen angedeihen lassen.

So liegt es nahe, jede Gelegenheit 7,ur Her- stellung einer öffentlichen künstlerischen Auf- gabe — die weder durch Beirat noch sonstige Bemutterung beschränkt ist zu ergreifen, um zu zeigen, daß nur der Künstler, er nur einzig und allein, einen Gesamtgedanken zu er- fassen und bis in dessen letzte Lösungen durch- zubilden imstande ist. So bei Ideen-Konkur- renzen. Mag man auch solche Unternehmungen vom wirtschaftlichen Standpunkt als Kraftver- geudung ansehen, sie geben doch dem Künstler Gelegenheit, sein Wollen in Bezug auf öffent- liche Arbeiten festzustellen.

Freilich dürfen solche Wettbewerbe nicht durch zahllose Bedingungen rein artistischer ' Natur des Künstlers Schaffen fesseln oder einengen. Eine rühmliche Ausnahme machte der Wettbewerb für die malerische Aus- schmückung der Heiligen - Geist - Kirche in Düsseldorf Meine Arbeit liegt in Abbildungen hier vor. Die gestellten Bedingungen waren so einfach, dem Künstler möglichste Freiheit wahrend, wie eigentlich jede Konkurrenz oder jeder Auftrag sein sollte. Nichts als der Bau- plan der Kirche, der Titel derselben und die Grenze der zur Verfügung stehenden Mittel waren die wesentlichsten Angaben. Müssen solche Fälle so vereinzelt bleiben?

Speziell eine solche Aufgabe bedingt den Wandschmuck so anzuordnen, daß die ge- gebene Architektur in diesem ihre organische Fortsetzung findet. Alle Teilungen sind in jedem vernünftigen Gebäude-Entwurf teils in den tek- tonischen Formen, teils in den rhythmischen Gliederungen schon vorhanden, durch diese ge- fordert. So beispielsweise in unserm Falle die omamentale Teilung in der Apsis des Hoch- altares. Sie ist begründet aus dem Abstand der Fenster vom senkrechten Rand der Apsis und gibt das Maß für alle weiteren schmücken- den Teilungen der Halbkuppel, so daß die

Fenster unverrückbar erscheinen. Oder die senkrechten Teilungen des Mittelschiffes, die dem Anschluß an die tektonischen Balken der Holzdecke entspringen. So die Ent- wicklung der ornamentalen Deckenfüllungen, die wieder den Teilungen der vier senkrechten Wände des Mittelschiffes entsjirechen, fort- gesetzt sich kreuzend, organischen Flächen- schmuck bilden. Weiters z. B. die Bogengröße der Öffnung an der Epistelseite, um den Ein- gang an der gegenüberliegenden Evangelien- seite schmückend wiederholt, im Bogen der Altarüberdachung immer in gleicher Größe wied'jrkehrend etc.

Schwieriger in solchem Fall ist es den enormen Ideenkreis, den ein solches Thema bietet, in Hinblick auf die Gesamtwirkung, den gegebenen Raum und die gegebenen Mittel genügend einzudämmen. Hier sind nun jene Einfälle nötig, die gleicherzeit Inhalt und Form reifen und nur schöpferischen Künstlern zur Verfügung stehen.

Reihenfolge der Darstellungen. In der kleinen Vorhalle, an der Decke »es werde Licht«. An der Türwand des Einganges sechs weitere Darstellungen der Schöpfungs- tage. An der Breitwand , dem Mittelschiff gegenüber, die Vertreibung aus dem Paradiese. An der Wand gegenüber dem Eingange Noah, der Patriarch in der Arche, von der Taube den Ölzweig erhaltend ; d. h. den durch die Kirche (Arche) geretteten. Im Mittelschiff, an den beiden Schmalwänden, gegen Chor und Orgel-Empore , zu Seiten von Schrift- bildern, die vier großen Propheten des alten Testamentes. Hinweis auf die vier Evange- listen. Jesaias, Märtyrer für das Bekenntnis des zukünftigen Erlösers ; Jereraias, trauernd über die Zerstörung Jerusalems ; Ezechiel mit der Vision des Tores und der Türme und Daniel, dessen Errettung aus der Löwengrube auf die Auferstehung hinweist. An den Seiten- wänden des Schiffes die zwölf kleinen Pro- pheten. Hinweis auf die zwölf Apostel. Oseas, »ich will Barmherzigkeit und nicht Opfer» ; Joel, die Ausgieß ung des heiligen Geistes prophezeiend; Amos, :.'wehe denen, die ver- langen nach dem Tag des Herrn , und er wird kommen«; Abdias, »und Retter werden hinziehen auf den Berg Sion« ; Jonas, Er- innerung an das Leiden , den Tod , das Grab und die .Auferstehung Christi; Michäas, weissagt, daß der Heiland aus Bethlehem her- vorgehen werde; Nahum, -wer wird bestehen vor dem Angesichte des Herrn und wer wird ihm entgegenstehen?«; Habakuk, Vision Gott

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KI-XHIK SEITEX-WAXl) DES MITTEI.SCIIIF- FES: Evangelienseite. Unter dem goldnen Gurtbogen die tünchten Jungfrauen. An der Wand des rechten Seiten- schiffes die neunte bis vierzehnte Kreuzweg -.Station.

Ll.XKK SEllEX-WAMJ Dh.s Mll I KL.S( HIF- EES: Epistelseite. Unter dem (iurtbogen die klugen Jungfrauen. An der Wand des linken Scitenschiffr-s die ersten fünf Kreuzweg-Stationen und dieTaufkapclIe.

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l'iujchl fiiTdir AiiMtialiini; der Mrlli|;rn- (iri^t-Klrche In l)iis>rlilorf SchnillÜ-H.

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Projekt fürdic Ausmalung der Heiligen- Geist-Kirche Ml Düsseldoif- Schnitt C-D.

ANSICHT DER CHOKSEITE. Unter dei ( irgeleniiiore leclusvom Eingange die Veitreilning ans dem Para- diese, an den Abschlußwänden der Seitenschiffe die sechste, siebente und achte Kreuzweg-Station.

Vaters mit Tiara etc.; Sophonias, »zu jener Zeit werde ich durchsuchen Jerusalem mit Laternen« etc.-, Aggäus, »mein ist das Silber und mein das Gold«; Zacharias, »gelobet sei Gott der Herr, weil er Erlösung erwiesen seinem Volke Israel'* ; Malachias, vom heiligen Opfer weissagend. In dem Gurtbogen über der Orgel die beiden Nebenpropheten, Ehas, Sinn- bild des glorreichen Triumphzuges und Elisäus, \'orbild der Dornen-Krönung Christi.

In der Mitte des Bogens die eherne Schlange Moses. An der großen halbkreisförmigen Wand der Patriarch Moses, der Typus des heiligen Apostel Petrus auf dem Berge Sinai, von den Händen Gottes die Gesetztafeln empfangend.

In der tiefen Seitenkapelle, vom Altar rechts, die Verkündigung Mariens, an den Seitenwänden (nicht ersichtlich) Bilder aus der Jugend Christi, an der kuppeiförmigen Decke der englische Gruß. Über dem Ein- gange zur Kapelle, die Himmelfahrt Mariens. An der Altarwand des zweiten Seitenschiffes Christus am CMberg. Über dieser Nische die Dar- stellung des Schmerzensmannes. Nun beginnen den Seitenwänden der Nebenschiffe entlang die vierzehn Stationen; zwischen der fünften und siebenten von der Taufkapelle unter- brochen. An der halbrunden Wand derselben

die Taufe Christis im Jordan , über dem Eingange die Vision des die Erbsünde tilgenden Kindes; zu einer Seite Eva mit der Schlange, zur anderen Seite die Mutter Maria. Bei der Station sieben zwischen den beiden Fenstern das Schweißtuch Veronikas. Nach der vier- zehnten Station an dem Altar des linken Seitenschiffes die Frauen am Grabe, darüber der auferstandene Heiland. In der halbkreis- förmigen großen Apsis des Hochaltares die Ausgießung des heiligen Geistes. Maria in der Mitte, zu Seiten die Apostel, Petrus durch seine Haltung herausragend. Zu Häupten Mariens der heilige Geist, darüber Vater und Sühn von goldenen Wolken umsäumt. Im Gurt- bogen davor an den unteren beiden senkrechten Flächen die Darstellung der klugen und törich- ten Jungfrauen im Bogen selbst die vier Evangelisten , deren Mitte das Lamm Gottes bildet. An der Decke des Mittelschiffes Symbole für Christus und die katholische Kirche, an denen der Seitenschiffe jeweilige ähnliche Darstellungen mit Bezug auf die Vor- gänge an den Seilenwänden. In der Farbe herrscht weiß, gold, blau vor und zwar so, daß diese P'arben im Bilde der Hochaltarwand ihren Kulminationspunkt erreichen.

KOLOMAN MOSER.

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Vi'unlir - .1 .ihiii|>

: II. .iiuen- i<-i»i-Ktrvlic I UiltMidorf

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CHORSKITK: Bordüren Biau-Gold. l-üllornamente I'.lau auf Weili. Schrift: »l'nd alle genossen seines Trankes«, Gold auf blauem Grund, rniRebung Gokl mit blauen leilungslinien. P.opheten hell auf Ultramarin- Blau, zur Seite goldne Palmen. Die Kigur des Moses auf Blau und Grau, Dornbusch und Wasser reich mit Gold.

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Projekt fiirdie Ausmalung der Heiligen- Geist-Kirche in Dilsseldorf.

FRAGMENT AUS DEM MITTELSCHIFF: Prophet Arnos. Bordüren Blau-Gold. Füllmuster Blau auf Weiß. Figuren auf Ultramarin mit seitlichen goldnen Palmen. Die Felder rechts und links auf Goldgrund mit bunten Blumen und Fruchtkcuben. Alle Fensterleibungen Gold.

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l'i..|<l.tlur>|ic AiiMnaluny ilrt Itrillurn- «iriil-KIrch* iiil)u>»(ldorf.

FRA( uMEXT AUS DEM MITTEI^SCIIIKF: I'ro|)hct Jonas. Bordüren Blau-Gold. FUllmuster Blau auf Weiß, l'iguren auf UUrainarin mit seillichen goldnen Palmen. Die Felder rechts und links auf Goldgrund mit bunten Blumen und Fruchikürben. Alle Fenslerleibungen Gold.

1909. \ll 0.

35j

IKI

Projekt füriiie Ausmalung der Heiligen- Geist-Kitche in Düsseldorf

S

EITEXKAPELLE Maria Himmelfahrt.

Über dem Altar die Verkündigung Mariens. Oben Altar in Weiß-Gold, mit Bordüre aus sieben Rosen.

1

^AUFK APELLE. Christus wird im Jordan von Johannes getauft. Grund Blau, LauhcGold,

seitliche Felder Blau -Gold. Wandverkleidung durchwegs in Grau - Schwarz. Taufbecken

Gold-Schwarz. Über der Kapelle das Christuskind mit Maria und Eva auf Goldgrund.

M

l'iojrktftirtltr \uknialiiii]£ •Irr Hrlli^m- (icUlKircItc in Düfvrldurf.

M

Projekt fürdie Ausmalung der Heiligen- Geist-Kirclie in Diissfldorf.

DECKEXHKMALUXG: Bemaliing der Träger Schwarz-GuM. Giund der Füllungen Gold mit blauen Teilungen und farbigen Mittelfeldern, die Ecken Blau auf Weiß. Die Decke der Kapelle Blau-AVeiß mit bunten Blumen.

BILD VOM ALTAR

AM ABSCHLUSS

UHS RECHTKN

SEITliNSCHlFFES.

DIE FRAUKN AM GRABK DES AL'l' ERSTANDENEN HEILANDES.

ROBERT SElTFFERT-uOsSF.I.UOKK. Ski^Z(.• ziii AusiiKiliing iKr IIL-Iirisl-Kirchf in Düsseldorf. Laiigsscliiiilt.

DEUTSCHES UND AUSLANDISCHES KUNSTGEWERBE.

Es ist recht interessant, zurzeit einen Ver- gleich zu ziehen zwischen unserm deut- schen Kunstgewerbe und dem ausländischen, zumal dem Frankreichs. Ganz besonders nach- dem das Ergebnis einer bemerkenswerten Um- frage in der > Revue' nach den Gründen des gefährlichen Stillstandes im französischen Kunst- gewerbe, — und nach Heilmitteln dagegen. einen tiefen Einblick gewinnen ließ )n die nach dieser Richtung allerdings ziemlich aus- sichtslose Lage im Ausland.

England und Frankreich haben ihre Höhe- punkte längst überschritten , sie zehren von ihrer Tradition. Die Klein- Architektur Eng- lands, seine Arbeiter« ohnungs- und Garten- stadt-Kultur, bieten uns allerdings noch in vielem \"orbildliches. Das liegt aber daran. daLJ die jahrliunderte-alte W'ohnungskultur eine Spezialität des Engländers ist. Die Kleinheit seines Landes spielt hierin wohl eine Rolle, sein konservativer und selbstbewußter Sinn, der Umstand, dall auch der einfache Bürger

der Großstädte sein zweistöckiges Häuschen besitzt usw. Dabei muß man aber bedenken, daß die .Architekten sich zumeist auf eine Ncu- .\npassung heimischer, zum Typus gewordener Motive, die ihrer Vernünftigkeil und Schön- heit wegen zum Teil auch internationale Gel- tung erlangt haben, bis ins Detail beschrän- kin. Eine wesentliche \'erarbeilung neuer Er- rungenschaften und neuer Materialien findet jedoch nicht statt, wie /.. B. des Eisen-Betons in Amerika. Noch schlimmer steht es in Frank- reich: keine neuen Kräfte regen sich hier, einzig in einer kleinen hochdifferenzierten Gruppe freier Künstler Frankreichs glimmt ein intensives Empfinden weiter, aber an diesen komphzierten Kunstgebilden wird das Volk in seiner .Allgemeinheit nie teil nehmen können. Deutschland dagegen geht rapide seiner kom- menden Vorherrschaftsstellung in Euroi)a ent- gegen, seine reife innere Spannkraft drängt ent- schieden dazu, das ursprüngliche Spezialpro- bl em desK unstge werbes zum Volkswirtschaft-

359

ROBERT SEUFFERT.

SKIZZE ZUR AUSMALUNG DER HL.-GEIST-KIRCHE— DUSSELDORF.

ROBKKT SEli-FERT DÜSSELDÜKF.

ENTWURF »ÜR DIE CHOR-AUS.MALUNÜ DER HEILIGEN-GEIST-KIKCHE IN DÜSSELDORF.

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Deutsches lüid aus/äMdlsches Kunstgeiverbe.

liehen Problem zu erweitern, d

1

h.

das Volk

diese Weise von

einigen insbesondere hes-

in seiner Gesamtheit nu( eine erhöhte Kuluir-

si sehen Firmen gebracht wurden. Ein'

schied zwischen uns und dem

H Ai

auptunter- sland.

derartiges Vorgehen der Fabrikanten ist tat- J sächlich nur in unserem idealistischen Deutsch-

Aber weiter: Gesetzt den Fall, Frank

reich hätte

land überhaupt

aiöglich. Ein weiteres wich-

5 Künstler, die das Volk in innigen

K

Dntakt mit

tiges Moment liegt in der ebenso opferwilHgen J

den neuen Strömungen bringen wollt

hier doch die Möglichkeit, dieses

e, SU fehlt Wollen in

und von den fahrenden Künstlern dankbar an- erkannten Unterstützung , die Künstler und

J die Tat umzusetzen. In der Beantwortung jener

Fabrikanten durch die Kunstzeitschriften; J

Rundfrage der »Revue- wurden

als

eines der

erfahren. Man

vergleiche auch hier die Zeit-;

Hauptübel die Fabrikanten bezeich

net, die

Schriften des In

- und Auslandes, um zu begrei-

J mit neuen Modellen nicht

3 riskieren

fen, in welch p

rogrammatischer Weise das

wollen und deshalb

Gute bei uns propagiert

das Publikum beiden J schablonenmäßig

und dem Volke zum Zweck der Geschmacks- J

hergestelltenKopien

antiker Möbel fest- J halten«. An dieser

1 ^'Z

^

Veredelung eindringlich nahe gebracht wird. Die Durchführung des; !

Stelle soll nun betont und

\ \*«

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engen Zusammenschlus-

dankbar anerkannt wer-

1 >

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ses der drei Faktoren:

den , wie sehr unsere

deutschen Fabrikanten,

Si^.m

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Künstler, Fabrikan- 2 ten und Kunstzeit-

zum größten Teil J wenigstens, im Ge-

gensatz zu den auslän-

dischen, an Stelle seniler

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Schrift ist nicht nur

notwendig, sondern auch ^

allein bei uns möglich.

Deutschland erntete

\ Verkalkung und Rück-

släadigkeit ein beweg-

liches Anpassungsver- B mögen an die Neuzeit

lieweisen. Sie haben

durch ihre Opferwilligkeit g unseren Künstlern und

Architekten ermöglicht,

sich auszuleben und in H der Praxis Erfahrungen

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lange genug durch seine. g Vereinsmeierei und die Sucht, sich zusammen-! zutun , den Spott der ^ anderen. Jetzt aber wollen wir zeigen, daß wir die Fähigkeit ha- ben, die andern abgeht: J Ernstlich und ohne klein-i liehe Sonder- Interessen'

zu sammeln. DerUnein-

pf!

zusammen zu arbei- J

geweihte wird sich wohl a kaum eine Vorstellung

davon machen, welch

ganz außerordentliche

Opfer, materielle \ Opfer ohne unmitlel-

^^-

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ten, einem gemein- Samen Ziel entgegen. ^ Lange hat das Ausland auf uns herabgesehen, aber jetzt ist die Zeit unserer Entfaltung ge-' J|

baren Ausgleich, auf

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kommen 1 H. LANG-DANoi.i.'

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JOS

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MENDES DA COSTA AMSTERDAM. Steingut:

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ad«. ■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■

ERGEBNIS DES WETTBEWERBES

ZUR ERLANGUNG EINES INNEN-PLAKATS FÜR FLÜSSIGE TUSCHEN.

AUSGESCHRIEBEN VON DER FIRMA

GÜNTHER WAGNER, HANNOVER UND WIEN.

Zu dem Preis-Ausschreiben waren 2535 Ent- würfe eingegangen , die übersichtlirh in 1 7 Sälen des Kunstvereins in Hannover auf- gestellt waren. Den Vorschriften des Aus- schreibens nicht entsprechende 256 Entwürfe waren von vornherein gesondertgehängtworden. Die Juroren glaubten sie nicht zur Wertung zu- lassen zu können; sie schieden deshalb aus.

Nach langer, surgrältiger l^rüfung und Be- ratung stellte die Jury einstimmig fest, dati ein den Anforderungen der Jury nach allen Richtungen entsprechendes Plakat nicht em- gegangen sei und deshalb der erste Preis nicht zuerkannt werden könne; die dafür vorgesehe- nen Mk. 1000. wurden verwandt, um weitere \ ier Entwürfe mit je .Mk. 250. zu prämiieren.

Es erhielten: II. Preis M. 750.— Franz Süßer, Wien,

III. Preis M. 500.— Vald Andersen, Kopenhagen,

IV. Preis M. 250.- F. Boscovifs, Zollikon bei Zürich, IV. Preis M. 250. Paul Hosch, Berlin, IV. Preis M. 250. Mela Wagner, Wien, IV. Preis M. 250.— H. Naumann, München, IV. Preis M. 250. Thea Wittrnann, Münctien, IV. Preis M. 250.— Walter Fürst, Berlin,

IV. Preis M 250.— Ernst Knauf und Bysso Malchow, Berlin IV. Preis M. 250. J. B. Maier und K. Soyter, München

Motto: »Graphik«. » »VA«.

» »Chlnesenbuberl«. » »Miix«. » »Klecks«.

» »Im Zeidien der l.iitUdiilfcihrl" » »Fiirbenfreude«. » »Zwergciifditiilie«.

»P-T«.

»Tusc^l -Tist4i«.

Die für .Ankäufe zur Verfügung stehenden .Mk. lOOO. hat die Jury voll in .\ii- spruch genommen und zehn Entwürfe einheitlich zu dem im .\usschreiben genann- ten Höchstpreis von je Mk. 100.— angekauft. Es waren dies die Arl)citcn von

Daan Hoeksenia, Amsterdam,

Albin Trepte, Dresden-A.,

Wilhelm Lange, Stegli^ bei Berlin,

Bruno )aeschke, Berlin,

Max Hertwig, Berlin-Charloftenburg,

Karl Michel, Berlin,

Fri^ Boscovits, Zollikon,

Willy Belling, Berlin-Schöneberg,

Hans BraB, Stegli^ bei Berlin,

Franz Kysela, Prag,

Motto: »Speed«.

» »Arglos«.

» »Bunte Blumen«.

» »Kaleidoskop«.

» »Audi ein Pelikan«.

» »Ntinii sdioii wieder«.

» »Auf der Hülle«.

» »Farbe«.

» »Vogel«.

» »F. K. 78«.

ALS PREISRICHTER:

PROFESSOR VETER BEHRE.NS, NF.UB.\BEI_SBER«, PROFESSOR DR. HAUPT, H.\NNOVER,

PROFESSOR KARL HOFFACKER, KARLSRUHE, PROFESSOR H. SCHAPER, HANNOVER

UND ALS INHABER DER FIRMA SEN.\TOR FRITZ BEINDORFF, HANNOVER.

ZU dem Wettbewerb schreibt eine Hannov. Zeitung: Nicht nur das Inland, sondern auch das .\usland hat sich an der Konkurrenz beteiligt. England mit 2Ü0 Entwürfen, Österreich gar mit 250, und auch die Künstlerschaft roma-

nischer Nationalität ist stattlich vertreten. Es ist eine verwirrend bunte und vielgestaltige (ie- sellschaft, die dem Beschauer in den mehr als 2500 Arbeiten entgegentritt. In jedem der daran beteiligten Künstler hat das Problem andere

1909. XII. 6a.

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HANNOVE.RVND^aiEN

Motto: zwERCcNFAmiiit

\ All) ANDF.RSF.X - KOPENHAGEN.

III. I'KI.IS. WAI.TKR Fl Ksr HKKI.IN.

FIX IV. I>REI.s.

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KUNSTL^f^rAft&W-FAÖftlKEN

HANNOVER WILN

ÜaiiHan^Öfhichen

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H. NAIMAXN-MLNCHF.N.

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Formen gezeitigt, wenn auch von einer über- wiegenden Anzalil das vorgeschriebene Plakat- Wort .Pelikan-Tuschen' zum Leitmotiv für den Entwurf insofern erwählt ist , als sie die Figur des dickschnäbeligen RuderfülJlers in irgend einer Form und Kombi- nation verwandt haben. So sieht man denn den Pelikan in allen Farben

bald allein, bald zu meh- reren und zwar ruhend oder in Bewegung, sich rupfend , mit einander schnäbelnd , sich be- kämpfend und so wei- ter fast in infinitum. So- gar Musik muß sich das Tier von einem Bombar- denbläser vormachen lassen. Auf anderen F,nt- würfen sieht man Genien und Dämonen, .Vthleten und Gnomen , Ritter

J. B. M.^IER & K. SOVTEK MIN(III\. IISH.I'KII--

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NAHHOVER^DWIEN

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THK.V Win.MA.NN - .Mr.\( HF.N.

m schwerer Rüstung und zierUche Pagen, auch einen Sankt Georg im Fußkampfe mit dem Lindwurm, weib- liche Akte, Rassenbilder, auf denen weibliche An- gehörige der Kaukasier, Aethiopen und Mongolen sich vorstellen, Heroen und Modedamen , Mönche am steilen Arbeits]nilte, kleine Kinder aut blumigem Anger, Biedermeier - Motive mit sinnigen bunten Blumen-

GÜNTHER WAGNER

KiJ^4(TLEnFAnBEN-FABnlKEN HANNOVED UND WIEN

EIN VIERTER PREIS.

"1 kränzen , komische Zerr- bilder und ernsthafteste Porträt- u. Figurenstudien, Maler und Kinder in der Beschäftigung mit dem Tuschpinsel, und damit auch ja das Aktuelle nicht fehle bringt einer der Entwürfe eine ganze Flot- tille von Luftschiffen, »Fas- son Zeppelin' , die den Na- men und Ruhm der Gün- ther Wagnerschen Pelikan- Tuschen in die Lüfte tragen.

ERNST KN.\r|. .V n^ss. . \l\li Hl.« I1I-KII\.

IN l\ . I'KRIS.

DIE KÜNSTLERISCHE OBJEKTIVITÄT.

Man hat tlas Wort Objektivität zu verdeut- schen gesucht und es mit »Sachlichkeit« wiedergegeben. Ist ( )bji-ktivität Sachlichkeit? Ungefähr ebensowenig als Subjektivität gleich Persönlichkeit ist. Objektivität erklärt man vielleicht am besten als den Gehalt an Welt, der uns aus dem Kunstwerk und seinem Schöp- fer entgegentritt. ( )bjcktiv können wir den Menschen nennen, der den unpersönlichen, in der Welt wirksamen Kräften gewissermaßen adäquat ist, der gültige, positive Beziehungen zum Weltganzen, zum Prinzip der Schöpfung besitzt. Objektivität ist die Bejahung der Schöp- fung, die freiwillige, lustvolle .\nerkennung und Bestätigung der Arbeit des Demiurgen. Ob-

jektivität ist Einklang und Religion, sie ist Anghederung und Übereinstimmung mit dem Nicht-Ich, sie ist jene Kortsetzung des Schöp- fungsaktes, die jedem Metischen möglich ist und in der eigentlich das Ziel jedes einzelnen Menschenlebens erreicht ist. Und objektive Kunst heißt diejenige Kunst, welche die Gegen- stände sozusagen unmittelbar, ohne Mittler zu uns sprechen läßt. Die anscheinende .Abwesen- heit eines Mittlers beruht natürlich auf Täu- schung, denn die Dinge haben keinen Mund und können immer nur durch ein höchst leben- diges und persönliches Subjekt zum S|)rechen gebracht werden. Aber daß man dieses Sub- jekt nicht spürt, daß es nicht als entstellen-

Silberarbeiten aus der englischen Abteilung der Wiener Kunstschau igog.

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Wilhelm Mkhel-Münclicii :

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COLLIER IN SILBER MIT PERLEN UND STEINEN.

der und einschränkender Faktor empfunden wird, das eben ist die höchste Leistung der Kunst, und ihr gilt das rühmende Wort j ob- jektiv«, von dem diese Zeilen handeln.

Mit »Sachlichkeit- hat diese Objektivität nur wenig zu tun, wenn man unter Sachlichkeit die Eigenschaft des Kunstwerkes versteht, die dargestellten Dinge möglichst klar erkennbar hervortreten zu lassen. Wenn man Rembrandts Kunst als objektiv bezeichnet, so will man damit lediglich das große maßgebende Erleben der Welt hervorheben, von dem seine Kunst zehrt. Jenes Erleben der Welt, welches das Kunstwerk selbständig neben die Schöpfungen der Natur treten läßt. Objektivität bezeichnet

364

Aus der englischen Abteilung der Kunstschau Wien 190y.

nicht irgend eine Beziehung des Kunstwerkes auf das Modell oder auf die Dinge überhaupt. Sondern sie bezeichnet die Autonomie des Kunstwerkes und seine auf eigenes Recht be- gründete Existenz. Oder noch besser. Sie be- zeichnet die Autarkie, die innere Vollkommen- heit und Selbstgenügsamkeit des Kunstwerkes. Das stärkste Gegenspiel der Objektivität stellt der Manierismus dar. Manier liegt überall da vor, wo wir fühlen, daß hier der Reichtum der Erscheinungswelt auf die ver- flachende Ebene eines Subjektes projiziert wurde ; wo nicht jene Täuschung entsteht, daß die Welt selbst aus dem Kunstwerke zu uns rede. Manier entsteht überall da. wo der Ausdruck

Die küustlcrisclic Ohjcktivilät.

Englische Abteilung der Kunstschaii Wien 1909.

nicht frisch und jung aus dem Kample mit Objekt und Darstcllungsmittel gewonnen wird. Manier entsteht dann, wenn die Hand des Künstlers in einer bestimmten Handschrift er- starrt ist, die vor allem sich selbst durchzu- setzen bestrebt ist. Wenn Objektivität die Ver- herrlichung der großen Welt bedeutet, so be- deutet Manier die Verherrlichung des Suljjektes. Manier ist die Abwehr aller evolutionistischen Faktoren, die I.ust am Krstarren. Infolge des engen, unheilvollen Persönlichkeits - Begriffes, unter dem unser Kulturkreis seit Stimer leidet, hat die Tendenz zum Erstarren, zur beding- ungslosen Salvierung und Apotheose des Sub- jekts bei uns stark an Boden gewonnen. Man

COLLIER MIT STEINEN UNI) PERLEN.

hat sich daran gewöhnt, Persönlichkeit als einen Wert an sich zu betrachten und mißt schon der einlachen Unterschiedenheit die höchste Bedeutung zu. Dagegen gilt Hebbels feines Wort: »Positiv individuell sein, daraul komml es an, denn negativ individuell sind wir alle«. Also nicht die einfache Unterschieden- heit macht die Individualität im rühmenden Sinne des Wortes aus. Der Begriff »Persön- lichkeit« ist kein bloßer »Blankobegriff« , er erfordert einen positiven Inhalt. Und dieser Inhalt ist eben das starke Erleben der Welt. Persönlichkeit liegt nicht in der Abgrenzung, sondern in der Erweiterung des Ich. Daraus geht hervor, daß Objektivität und Persönhch-

365

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CHIN. PORZELLAN-VASE. PERIODE; KANG-HE (UM 1662). CHINESISCHE PORZELLAN-VASE. MING-DYNASTIE.

CHINESISCHE STEIN-ARBEITEN. SCHALE UND RÄUCHER-GEFÄSS IN NEPHRIT (JAUE) GESCHNITTEN.

366

CHINESISCHE STEIX-ARBKITEN. SCHALEN IN NEPHRIT {.lADE) GESCHNITTEN.

I HINKSlKlIlf. IDKZHI.I.AN- VASK. I'I'.KUIDK: YINC.-t HING

\i-M 1723).

SÄMTLICH IM BESITZ DER KUNSTHANDLUNG R. WAGNER BERLIN \V., POTSDAM ERSTRASSE 20a.

Die küiisfleriic/ic Objektivität.

ARCHITEKT EMIL I'IKIHAN MÜNCHEN.

keit nicht Gegensätze, sondern im letzten Grunde Synonyme sind. Der Mensch ist ein Spiegel; diesen Spiegel geeignet zu machen, daß er möglichst viel Welt in sich zusammen- zieht und auffängt, das ist des Menschen und des Künstlers vornehmste Aufgabe. Für die Verschiedenheit der Spiegelbilder ist durch die Verschiedenheit der Spiegel sattsam gesorgt.

KISSEN MIT AUFGENÄHTEN BANDERN.

Deshalb wird das Streben, immer reichere Be- ziehungen zum Allgemeinen und Ganzen der Welt zu erlangen, niemals zu einer Verwischung der Persönlichkeitskonturen führen. Sondern dieses Streben ist sogar das einzige Mittel, die persönliche Linie mit echtem Stoff zu füllen und restlos klar hervortreten zu lassen.

MÜNCHEN.

WILHELM MICHEL.

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ARLHIIKKT

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rÜR lilN KISSEN.

I. I'KKIS: mi.UHAl ER PRAlK. II. I'KKIS : Bll.DHAl-Kli KARL STOCK. ]1I. PRKIS: BJLDHAUliR MI-ROKIll-N'.

PREISOICKRÖNTE MEDAILI-UN FÜR DIE ERSTE

INTERNATIONALE Ll*ITSCHIFFAHRT-Af SSTELLUNG

l-KANKFURT A. M. 1909.

Inhalts-Verzeichnis.

BAND XXIV

April 1909— September 1909.

TEXT -BEITRAGE:

Ludwig von Hofmann— Weimar. Von Dr. Stiu

Max Osborn Berlin .... 3 15

Das .isthetische Verhalten. Von Robert

Breuer Berlin 16 19

Die kleinen Mitläufer. Von Paul West- heim— Berlin 22

Neues aus Bremen. Von Dr. Carl

Schaefer Bremen 23 36

Stil - Brevier. Von Robert Breuer^^

Berlin 37—45

Die Glasmalerei als Architekturglied. Von

Paul Westheim Berlin . . . 46 52

Tote und lebende Schönheit. Von Dr.

Emil Utitz Prag 53—68

Chinesische Gemälde. Von Dr. Hans

Bethge Berlin 71 84

Eine Wiener Mosaik- Werkstätte. Von B.

Zuckerkandl Wien 85 90

Geschmeide und Edelmetall-Arbeiten von Goldschmied Emil Lettre Berlin. Von Anton Jaumann Berlin . . . 91 96

Neue keramische Arbeiten. Von Dr. Ernst

Zimmermann Dresden . . 105 108

Emil Preetorius. Von Wilhelm Michel

München 113 118

Vom unbewußt schaffenden Künstler. Von

Paul Westheira Berlin . . . 118-119 Die Arbeit der Kunstgewerbe- Vereine, 19.

Delegierten -Tag zu Malle a. S. Von

Robert Breuer Berlin . . . 126 128 Alfred Mesself —Berlin. Von Dr. Fritz

Wolff Berlin 129 130

Adolf Münzer München. Von Dr. Georg

Jacob Wolf München .... 133 143 Zeichnende Künste. Von Dr. Hans Bethge

Berlin-Steglitz 145 151

Professor Heinrich Metitendorf Bensheim.

Von Professor H. Werner . . 153 164

Deutsche Werkstätten für Handwerkskunst. Von Robert Breuer Berlin . .

Blumen-Bindekunst. Zu den Arbeiten von Franziska Brück. Von Anton Jau- mann— Berlin

Maler Fritz Oßwald München. Von Wilhelm Michel München .

Aus einem Brief an d,is XVIir. Jahrhundert. Von Dr. R ichard Schaukai Wien

Von der Freude und vom Afaterial. Von ' H. Lang-Danoli Darmstadt

Chauvinismus und Landschaft. Von Dr. E. W. Bredt München ....

Akademie bildender Künstler in Wien

Die Malerei in ihrer Beziehung zur Bau- kunst und das moderne Empfinden. Von Dr. Herrn. Schmitz Berlin

^L Meurers vergleichende Formenlehre der Pflanzen. Von M. Seliger Leipzig

Zweckform und Ornament. Von Otto Scheffers Dessau

Imitation und Surrogat. Von Karl Heinr. Otto

Paul Bürck München. Von Th. Volbebr

München

Farben-Wirkungen. Von Dr. Emil Utitz

-Prag

Wandmalerei Kunslgewerbeschule Hamburg.

Von Willy von Beckerath . . Aufstellung von Monumcntal-Plastik. Von

Dr. A. K. Brinckniann Aachen . Buchkunst. Eine Glosse von Dr. Richard

Schaukai Wien

Königliche Porzellan -Manufaktur Berlin.

Von Dr. phil. E. Jaff6 Friede'nau l'assaden - Entwürfe von Architekt Paul

Würzicr-Klopsch

Max Klingers Wand-Gemälde für die Aula der

Universität Leipzig. Von Paul Kühn

Leipzig

Seilt

165-

-181

182-

-188

192-

-196

197-

-200

201-

-205

206-

-210

210

21 1-

-219

220-

-232

234-

-238

239-

-245

251-

-257

258-

-269

275-

280

281-

-288

289-

-291

297-

-302

307

310

44 70

75

132

Ausstellung für christliche Kunst Dussel- Seite

dorf. Von Rob. Breuer Berlin . 313 346

Projekt für die Ausmalung der heiligen Geistkirche in Düsseldorf. Von Kolo- man Moser Wien 349 352

Deutsches und ausländisches Kunstgewerbe.

Von H. Lang-Danoli-Darmstadt 359 362

Die künstlerische Objektivität. VonWilh.

Michel München 363 368

BEILAGEN:

Gemälde: »Sommerwiese«. Von Ludwig von Hof mann Weimar

Gemälde: »Exotischer Tanz«. Von L. von Hofmann Weimar

Eß-Zimmer im Hause des Herrn Lloyd- Direktors Petzet in Bremen. Von Professor Bruno Paul Berlin

Chinesisches Gemälde : Bildnis zweier Damen

Chinesisches Gemälde: »Liebespaar« .

Karikatur. Von Emil Preetorius Darmstadt

Gemälde: »Badende«. Von Ad. Münzer

München

Dekorative Panneaux: »Schauspiel und Ge- sang«, »Tanz und Maskerade«. \'on Adolf Münzer München .

Gemälde: »Sommertag«. VonFr. Oßwald

München

Ansichtskarten : Kaiser -Jubiläums - Huldi- gungsfestzug. Von Remigius Gey ling Wien

Städtebilder der Wiener Werkstätte: Schul- Professor B. Löffler Wien und Schule Professor C. O. Czeschka Hamburg .

Ansichtskarten. Von Schule Professor B. Löffler Wien, von P'. Dellavilla und von O. Kokoschka Wien ....

Radierung: »Frühling«. Von Paul Bürck

Radierung: »Die drei Gletscher«. Von Paul Bürck München ....

Radierung: »Reigen«. Von Paul Bürck

München

Marmorbüste und Halbfigur in Bronze. Von

G. A. Bredow Stuttgart . . .

Wandgemälde: »Homer«. »Aristoteles und Plato« für die Aula der Univereität Leip- zig. Von Max Klinger Leipzig

Gemälde: »Heilige jungfrau mit dem Kinde«. Von Manzana-Pissarro Paris .

Holzschnitt »Taufe Christi«. Von Georg Minne Laethem

138 139 190

241

242—243

244 250

259

265

272. 273

304- 30s 3«2

329

ILLUSTRATIONEN U. VOLLBILDER:

Architektur S. 24, 25 28, 30, 31, 210, 211, 281 288, 308,309,338,339; Ausstellungsgebäude und Ausstellungsräume S. 332, 337; Ansichtskarten und Städtebilder S. 240 245; Beleuchtungskörper S. 232 235; Blumen-Körbchen und Blumen-Halter S. 88, 89, 182 186, 222—225; Braunen S. 91; Bucheinbände S. 188; Buchschmuck S. 123, 125, 341; Denkmäler S. 281 288; Erker und Fenster S. 166, 209; Ex- libris S. 123, 248; Fächer S. 289; Gartenanlagen S. 53 61; Gemälde S. 2 17, 132 143, 190 200, 251, 252, 254, 25b, 258, 261—263, 304. 305. 312 319; Glasmalereien und Kunstverglasungen S. 46 —49. 33'. 337; Grabmäler S. 50—52, 344—345; Grundrisse S. 153, 155, 158, 159, 162, 281 288, 347; Hallen und Dielen S. 32, 33, 34; Höfe S. 152, 155; Holzschnitte S. 329, 343; Kamine und Öfen S- 34. 37. 43; Kassetten und Dosen S. 226, 229, 230, 236, 237; Keramik (Tafelgeräle) S. 170, 172 175, 218: Keramik (Blumenvasen) S. 171 173, 176, 177, 2 19, 297, 298, 300, 302, 307, 366 367; Keramik (figürilche) S. 109 112, 220, 299 301, 334, 362; Keramik (ornamentale) S 105 107; Kindergartenhäuschen und Kindermöbel S. 62, 63, 65; Kinderspielzeug S. 66 68; Kirchen und kirchliche Kunst S. 295, 312 370; Küchen S. 41, 208; Landh.äuser und Villen S 152 164, 202; Lederarbeiten S. 226; Malerei (deko- rative) S. 19 -22, 70— 83, 138— 139, 276, 277, 279, 324 —328, 332, 333, 347—361; Medaillen S. 370; Musik- instramente S. loi; Obstkörbchen S. 218, 223, 225, 238; Metallarbeiten S. 92, 94, 95, 221, 225, 228 238, 294 296,340 342; Möbel (verschiedene) S. 181; Mosaiken S. 85 91, 343 ; Ornamentale Schrift S. 246, 247; Plakate S. 112, 120; Plastik (figürliche) S. 272, 273, 335 336; Porzellane S. 105 107, 109 113, 170 173, 297 302; Radierangen S. 147 149, 250, 253, 255, 257. 259, 261, 264, 265, 270; Rauchgarnituren S. 228, 231; Rohimöbel S. 64; Schmucksachen und Gold- und Silberarbeiten S. 91 97, 227, 363 365; Spiegel S. 169; Stickereien und Webereien S. 102 104, 126, 178,179, 289—293,368; Studien S. 267, 275, 278 280; Tafelgeräte S. 223, 228, 230; Teppiche S. 168; Teeservice S. 230; Tintenfaß .S. 170; Toilettegarnitur S. 228; Treppenhäuser S. 204, 205; Türen und Tore S. 31; Uhren S. 221, 231; Veranda .S. 55; Verkaufs- lokale S. 211, 212 215; Wintergärten S. 29; Zeich- nungen S. 23, 113 119, 144 146, 150, 151, 320 323; Zimmer: Billardzimmer S. 100; Herren- und Ar- beitszimmer S. 43, 44, 45, 167; Fremdenzimmer S. 42, 98, 209; Musikzimmer S. 100; Salon und Empfangs- zimmer S 36, 37; Schlafzimmer S. 38, 39, 99, 165, 166; Speisezimmer S. 35, 40, 46, 47, 98, 99, 207, 216, 217; Vorräume S. 203, 206; Wohnzimmer S. 167.

Namen-Verzeichnis.

Aluminia Kopenhagen

Ashbee, C. R. London

Barlach, E Berlin

Beckerath, Willy von

Beckmann, M. Hermsdorf

Bcnir^chke, Max Düsseldorf

Berlin, Kgl. Porzellan-Maniifakdir .

Herlsch, Karl -München

Bethge, Dr. Hans— Berlin . . . 71—841

Beulinger, E. Heillironn

Brandt, H. Friedbetg

Bredt, Dr. E. W.— München

Bredow, G. A. Stutigart

Breuer, Robert Berlin. . . .16 19. 37—45. 126—128. Brinckmann, Dr. A. E. Aachen

Brück, Franziska Berlin

Burg. H. Gießen

Bürck, Paul München

Crane, Walter London

Cooper, Paul London

Corinth, Ixivis Berlin

Czcschka, Professor C. O. Hamburg .

Denis, Maurice— Paris

Deutsche Werkstätten für Handwerkskunst Dresden-München .... 68.

Diwecky. J. Wien

Eeg, Karl u. Runge, Eduard Bremen . 26 27. 29. 31. 38— 4'- 44-

Eichler, Th. K.— Meißen

Ehmsen, H. Düsseldorf

Festersen Berlin

Korstner, Leopold Wien

Frank, Erna Berlin

Oewin, J. Chr. Darmstadt

Geyling, Remigius Wien

Geyringer, Helene Wien

Gildemeister, F. R.— Bremen ....

GoUer, Josef— Dresden

Grasegger, Georg Köln

Groß, Prof. K.— Dresden

Gschwend, Konrad Hannover .... Gußmann, Prof. Otto Dresden ....

Hartz, Wilhelm -Dresden

Haundler, Marie Wien

Hhschke, Hermann

Hildenbrand, Adolf Pforzheim .... Hoffmann, Prof. Josef Wien .... Hofmann, Ludwig von Weimar

Seite 105 107

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343

201—237

2 22

Hölzel, Adolf Stuttgart

Hösel, E. Meißen

Huber-Feldkirch, Josef München . .

Hudler, August f

Jaffe, Dr. phil. Ernst Friedenau

Jahns, Max

Jansen & Meeussen Bremen ... 30.

32—37. 42.

Jaumann, Anton Berlin . . . 91 96.

Jegglf, J. - Münster

Khnopff, Fernand Brüssel

Klcesattel, Prof. J. Düsseldorf ....

Kleinhempel, Erich Dresden

Klinger, Prof. Max Leipzig

Klingspor, Gebr. Offcnb.ich

Kögler, Paul Hamburg

Kokoschka, O. Wien

König Dresden

KreLs, Prof. Wilhelm Düsseldorf . . .

Krug, J. Darmstadt

Kühn, Paul Leipzig

Kühne, Max Hans Dresden

Kuöhl, Richard Berlin

L.%ng-Danoli, H. Darmstadt . 201 205.

Lari'ch, Rudolf von Wien

lüuger, Prof. Max Karlsruhe 171 173.

176. Lauwcriks, J. L. M. Düsseldorf

Lettre-, Kmil- Berlin

l.iebermann, Prof. Max Berlin .... Löffler, Prof. B.— Wien . . . .220.

Luley, D. Bremen

Manzana- Pissarro Paris

Marx-Diestehnann, Lizzie Dessau Maßinann, Walter Hamburg .... Meißen, Kgl. Sachs. Porzellan-Manufaktur . Mendes da Costa, Josef Amsterdam . .

Mergehen, Lud. Frankfurt

Messel, Prof. Alfred |

Meurer, Prof. M. Rom

Metzendorf, Prof. Heinrich Bensheim . Michel, Wilhelm München . 113 118.

191 196.

Minne, Georg I^ethem

Morris, May London

Moser, Prof. Kolo Wien . .226. 230.

238- 337.

Munch, Ed. Kopenhagen

Münzer, Adolf München

Seile

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-358

150

132-

-'43

Niemeyer, Prof. Adelbert München 170. Nymphenburg, Kgl. BayTische Porzellan- Manufaktur 170.

Osbom, Dr. Max Berlin

Oßwald, Fritze-München

Otto, Karl Heinrich

Päßler, O.— Dresden

Paul, Prof. Bruno Berlin

Pilz, Otto— Dresden

Pirchan, Emil, Architekt München

Powolny, Mich. Wien

Prack, W. O.— Frankfurt

Preetorius, Emil Darrastadt

Prochownick, L. Berlin

Prutscher, Prof. O.— Wien

Puvis de Chavannes, Pierre -f

Riegel, Prof. Ernst Darmstadt .... Riemerschmid, Prof. Rieh. . 165 167.

Rochmann— Dresden

Rößler, Paul— Dresden

Rohde, Georg K. Bremen

Rudel, Johann Elberfeld

Schäfer, Dr. Karl Bremen

Schaukai, Dr. Rieh. Wien . 197 200.

Scheffers, Otto Dessau

Schinnerer, A. Tenneslohe

.Schmitz, Dr. Hermann Berlin ....

Schröder, R. A. Bremen

Scott, Baillie— Bedford

Seliger, Prof. Max Leipzig

Seuf ert, Robert Düsseldorf

Simon, Jeanne Paris

Skovgaard, Joakim Kopenhagen . . . Slevogt, Max Berlin

Seite Seite

172. 173 Stegmayer, Mathilde Damistadt .... 104

Stief, Karl Darmstadt 100

172. 173 Stock, Karl Frankfurt 370

3 15 Strathmann, Karl München 328

190 200 Thom-Prikker, Jan— Krefeld 333

239 245 Toorop, Jan Nymwegen .... 320. 321. 322

109 Utitz, Dr. Emil— Prag .... 53—68. 258—269

^^ ^5 Veil, Theodor München 338

110. III Vereinigte Werkstätten für Kunst im Hand-

126. 368 werk München 65 67

218-219 Volbehr, Th. Magdeburg 251 257

370 Wagner, Hugo Bremen . . . . . . 24 2b

113 125 Wallenfang, M. Darmstadt 100

145 Walther, C. P.— Meißen 109

236. 307 Wegener, Olga Julia Berlin 71

313 Wehland, Friedrich 276-^278

296 Wehner, Eduard Düsseldorf 344. 345

178. 179 Weidemeyer, Carl Bremen . . 23. 52. 62 67

lio Wenig, Bernhard München 340. 341

326. 327 Werner, Prof. H. Bensheim .... 153 164

46 49 Westheim, Paul Berlin . 22. 46 52. 118. 119

188 Wiener Mosaik -Werkstätte 85 91

23 36 Wiener Produktiv-Genossenschaft ... 290

289 291 Wimmer, E. J. Wien 367

234 238 Wislicenus, Else Frau Prof. Breslau . . 292

149 Witzmann, Karl Wien 227

211 219 Wolf, Dr. Georg Jakob München . . . 133 143

28 Wolff, Dr. Fritz— Berlin 129—130

181. 293 Würzler-Klopsch, Paul Leipzig .... 308. 309

220 232 Zaiser, Ludwig 278 280

359 331 Zauleck, Chr. Düsseldorf ...... 345

316 Zimmermann, Dr. Ernst 105 108

324. 325 Zuckerkandl, B. Wien 85 90

147

FRANZ CHRISTOPHE BERLIN. SILHOUETTEN-SCHNITT.

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Deutsche Kunst und Jekoratl

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