368 B 41 DIE AMÖBEN insbesondere vom parasitären und culturellen Standpunkt i-n ^g Sanitätsrath Dr. Robert Behla. CO o LT) a o ; O 1 m \ ^ ; a i¥if «H«- litJiogr. Tafel. Berlin 1898. Verlag von August Hirschwald. N.W. Unter den Linden üS. ^.i- ^ KAjH. • ' JJ3, // DIE AMÖBEN insbesondere vom parasitären und culturellen Standpunkt von Sanitätsratti Dr. Robert Behla. Mit einer lithogr. Tafel. Berlin 189S. Verlag vo'n August Hirschwald. N.W. Unter den Linden 68. Alle Rechte vorbehalten! Seinem lieben Studiengenossen Herrn Regierungs-Medicinalrath Dr. Emanuel Roth freundlichst gewidmet Verfasser. Vorwort, JN och nicht lange ist es her, dass man sich mit den parasitären Protozoen beschäftigt; die zoologischen Lehrbücher brachten darüber nur sehr wenig, die medicinischen so gut wie garnichts. Dank der verdienstvollen Schrift L. Pfeiffer's: „Die Protozoen als Krankheits- erreger", hat sich im letzten Decennium auch die Protozoenforschung Bahn gebrochen. Man ist zu der Erkenntniss gekommen, dass pathogene Protozoen in ätiologischer Beziehung zu manchen Infectionskrankheiten stehen. Einer der ersten und hervorragendsten Vertreter dieser An- schauung ist L. Pfeiffer. Nicht jede Infectionskrankheit hat ihren Grund in einem Spaltpilz. Es zeigt von Einseitigkeit, zu sagen, der Bacillus dieser oder jener ansteckenden Krankheit sei noch nicht ent- deckt. Dies ist eine vorgefasste Meinung. Die Protozoenforschung ist bisher besonders den Sporozoen zu Gute gekommon. Die letzten Jahre haben mehrere Specialdarstellungen über diese gezeitigt. Bereits 3 Schriften sind erschienen, welche sich eingehender damit beschäf- tigen. Es sind dies: von Wasielewski: „Sporozoenkunde", Braun: „Die thierischen Parasiten" und Dantec mid Berard: „Les sporozo- aires et particulierement les coccidies pathogenes". Die parasitären Flagellaten und Ciliaten haben bislang keine grosse Rolle in der Pathologie zu spielen vermocht. Lindner's Vorticellen dürfte wohl eine pathogene Bedeutung abzusprechen sein. Dagegen haben die Amöben mehr von sich reden gemacht. L. Pfeiffer klagt gelegentlich der Besprechung der Leydenia gemmipara Schau dinn in der Mün- chener klinischen Wochenschrift über unsere mangelhafte Kenntniss der parasitären Rhizopoden, welche eine bedauerliche Lücke in der Welt der Kleinlebewesen darstelle. Dies und eigene Beschäftigungen mit dieser Classe der Urthierchen, sowie die aufmerksame Verfolgung der diesbezüglichen Literatur veranlassten mich, einmal Umschau zu VI Vorwort. halten, was an thatsächlichen Beobachtungen auf diesem Gebiete vor- liegt. Bekanntlich ist die Dysenterieamöbe in den Vordergrund des medicinischen Interesses getreten und hat eine ausserordentlich reiche Casuistik hervorgerufen. I']benso wie in der Bakteriologie sind gerade durch das medicinische Interesse erst diesbezügliche Forschungen in Fluss gekommen. Auch eine Amöboiogie bahnt sich neuerdings an. Vor Allen sind italienische Forscher auf diesem Felde thätig gewesen. In Italien blühen vorzugsweise derartige Studien. Durch die biologi- schen Untersuchungen Celli's, Fioccas's, Casagrandi's, Barba- gallo's, Grassi's etc. über Amöben, besonders durch die bahn- brechenden Arbeiten Celli's und Fiocca's über Amöbenculturen auf festem Nährboden, ist die Amöbenforschung in eine neue Phase ge- treten. Ihnen folgten die wichtigen Arbeiten Miller's, Beycrinck's, Schardinger's, Frosch's etc., welche diese culturelle Frage mehr vertieften und gewisse bestimmter zugespitzte Fragestellungen zur Folge hatten: Kommt den Amöben überhaupt eine krankheitserregende Be- deutung zu, wie wirken dieselben reizend auf die Zellen, scheiden sie Toxine aus, von welcher Beschaffenheit müssen ihre Nährböden sein, bedürfen dieselben zum Wachsthum und Gedeihen auf künstlichem Substrat organischer Kleinlebewesen, sind sie Gebilde sui generis oder repräsentiren manche Arten nur Durchgangsstadien anderer Protozoen- classen, wie ist die Art der Fortpflanzung bei ihrem parasitären Ver- halten? etc. — Diese Punkte harren der weiteren intensiveren Be- arbeitung und Klärung. Ich hielt es daher für angezeigt, die in vielen in- und ausländischen Fachzeitschriften zerstreuten Mittheilungen über Amöben und amöbenartige Rhizopoden übersichtlich zu ordnen, um einen orientirenden Ueberblick über das bisher Geleistete im All- gemeinen zu geben und den augenblicklichen Stand einzelner Special- fragen zu fixiren. Nicht für den Zoologen vom Fach, als vielmehr für den Mediciner ist diese Schrift geschrieben, — gewiss nicht ohne Lücken und Mängel, wie es ein solcher monographischer Entwurf mit sich bringt. Jeder Zweig der Wissenschaft hat ja seine allmälige Ent- wickelung durchzumachen. Mögen unsere Anschauungen über diese Gebilde sich mit der Zeit modificiren und amöbenhaft ändern, so hoffe ich doch, dass dieser erste Versuch einen Kern bilden wird, an dem die weitere Forschung zielbewusst ansetzen kann. Luckau (Lausitz), im Juli 1897. Robert Behla, Inhalt Capitel I. Eintheilung der Protozoen 1 Capitel II. Die Amöben im Aligemeinen 5 Capitcl III. Die Arten der Amöben 19 Capitel IV. Die parasitären Amöben 30 Capitel V. Die Dysenterieamöbe 37 Capitel VI. Die Züchtung der Amöben 49 Capitel VII. Technik und Untersuchung 61 Capitel VIII. Literatur 65 39770 Capitel I. Eintheiluiig- der Protozoen. Unter Protozoen verstehen wir die niedersten thierischen Orga- nismen. Es sind einzellige, mikroskopische Lebewesen mit mehr oder minder complicirter DiiTerenzirung des Protoplasmas und vorwiegend ungeschlechtlicher Fortpflanzung, die zuweilen Colonien bilden. Mor- phologisch haben sie den Werth einer Zelle. Ihre Leibessubstanz ist das Protoplasma, von welchem alle Lebensäusserungen ausgeführt werden. Besondere Organe, Nervensystem, Circulationsapparat etc. fehlen. Im einfachsten Falle repräsentirt das ganze Thier ein Klümp- chen Sarcöde, eine leicht körnig getrübte zähflüssige Substanz, w^elche Fortsätze (Pseudopodien) aussendet und einzieht, ohne äussere feste Haut. Bei vielen Protozoen lassen sich in der Structur 2 Schichten erkennen, das äussere hyaline Ectoplasma und das innere körnchen- reiche EntoplaSma. Meist finden sich im Innern ein oder mehrere Kerne, deren Gestalt vielfach variirt. In anderen Organismen scheidet die Leibesmasse kieselige und kalkige, undurchbohrte und durch- löcherte Schalen aus, durch welche zarte Fortsätze ausgesendet werden. Auf einer höheren Stufe treten weitere histologische Differenzirungen auf; eine äussere Membran zeigt Geissein, Wimpern und Saugröhrchen, welche der Bewegung und Nahrungsaufnahme dienen. Die Protozoen ernähren sich im Allgemeinen von kleinen thierischen und pflanzlichen Organismen, sowie organischem Detritus durch Umfliessen, parasitische Arten häufig auf endosmotischem Wege; andere saugen durch Saug- röhrchen die Beute aus. Zuweilen dient eine ausgebildete Mundöffnung zur Aufnahme der Nahrung und eine Afterstelle zum Ausstossen des Unverdauten. Bei vielen niederen Protozoen sammeln sich die aus- zuscheidenden Flüssigkeiten in sogenannten contractilen Vacuolen an, welche in bestimmten Pausen ihren Inhalt nach aussen entleeren. Die Vermehrung findet statt auf dem Wege der Theilung und Knospung, Behla, Die Amöben, i -- 2 — bei nianehcn Classen kommt Sporenbilduiig vor. Die Fortpflanzung ist meist eine ungeschlechtliche, doch giebt es Anklänge von amphi- goner Fortpflanzung (Conjugation). Ein grosser Theil der Protozoen sind Parasiten. Dem System der Protozoen liegt zu Grunde der Grad der orga- nologischen und histologischen Differenzirungen, welche hervortreten in der Einrichtung zur Fortbewegung und Ernährung, daher ihre Ein- theilung in Rhizopoden (Protoplasmafortsätze), Flagellaten (Geissein), Ciliaten (Wimpern) und die durch Parasitismus in Fortbewegung, Nahrung und Fortpflanzung beeinflusste Classe der Gregarinaria oder Sporozoen. I. Classe: Rhizopoden (Sarcodina). Mit einem oder mehreren Kernen. Bewegung und Nahrungsauf- nahme durch Ausstossen verschiedenartiger Fortsätze, welche lang, kurz, stum[)f, spitz, fadenförmig etc. sind. Fortpflanzung durch Thci- lung und Knospung, in aufsteigender Reihe werden die systematischen Merkmale bestimmter (chitinöse, kalkige, kieseiige Gehäuse). Körper- gestalt erhält gesetzmässige Formen. Wir unterscheiden: 1. Unterclasse: Amoebina, nackt oder beschalt, Pseudo- podien lappig und netzförmig, meist mit contractilen Vacuolen, hauptsächlich im süssen Wasser; zum Theil Parasiten. 2. Unterclasse: Foraminifera, mit meist kalkiger, ein- kammeriger, gewöhnlich vielkammeriger Schale, welche entweder von feinen Poren durchbohrt ist oder nicht. Durchtritt der Pseudopodien durch die Oeffnungen. Feine, spitze Pseudopodien, die häufig in ein- ander fliessen. Meist ohne contractile Vacuolen. A. Imperforata. B. Perforata. 3. Unterclasse: Heliozoa, nackt oder mit Kieselskelett, Ge- stalt kuglig, mit contractilen Vacuolen, mit radiär stehenden Fort- sätzen. Ecto- und Entosark. In letzterem der Kern. In den Pseudo- podien ein Achsenfaden. 4. Unterclasse: Radiolarien, Skelett meist kieselig oder chi- tinös, sehr variabel, selten felilend. Körper durch eine Kapsclmem- bran in äusseren und inneren Theil geschieden; in letzterem, der so- genannten Centralkapsel, die Zellkerne. Das Extracapsulum besteht aus Protoplasma und Gallerthülle, über der Oberfläche des letzteren feine weiche Pseudopodien ausstrahlend. Extra- und intracapsuläres Protoplasma in Verbindung durch Löcher in der Kapselmembran, Porulosa und Osculosa, mit 4 Ordnungen: Spumellaria, Acantharia, Nassellaria, Phaeodaria. — 3 — II. Classe: Flagellaten. Eine oder mehrere Geissein am Vorderende des Körpers, mit. contractiler Vacuole, allein lebend oder Colonien bildend. Fortpflanzung durch Theilung oder Sprossung, zuweilen Copulation. 4 Ordnungen: Flagellata, Choanoflagellata, Cystoflagellata, Cilioflagellata (Dino- flagellata). III. Classe: Infusoria (Ciliata). Mit Wimpern oder wimperähnlichen Fortsätzen, mit Mund- und Afteröff'nung, contractiler Vacuole, mit 2 Kernen: Hauptkern oder Makronucleus und Ersatzkern oder Mikronucleus. Fortpflanzung durch Theilung, häufig Conjugation. 4 Ordnungen: Holotricha, Heterotricha, Hypotricha und Peritricha. Anhang: Suctoria (Acineten), nur in der Jugend bewimpert; bei den ausgebildeten Thieren Wimpern nicht vorhanden. Kein Mund, mit contractiler Vacuole. IV. Classe: Sporozoen. Einzellige, thierische Organismen, welche Keime (Sporozoiten) er- zeugen; die aus Protoplasma und Zellkern bestehenden Keime haben Sichel- oder Amöboidform und sind meist einzeln oder mehrfach in beschälten Fortpflanzungskörpern (Sporen) eingeschlossen. Ohne Pseudopodien, ohne Wimpern und Geissein, ohne Mund und After, ohne contractile Vacuole; meist mit einer Cuticula umgeben. Von grosser Mannigfaltigkeit der Gestalt. Ernährung nie durch Aufnahme fester Nahrung, sondern durch Endosmose. Sämmtlich Schmarotzer; wahrscheinlich alle — während eines Entwicklungsstadiums — Zell- schmarotzer. Weitverbreitete Parasiten. Noch nie bei Pflanzen, mehr aber in allen Thierclassen, ausgenommen bei Protozoen und Coelen- teraten, angetroffen. Im Allgemeinen 3 Stadien der Entwickelung: 1. das Heranwachsen der Keime zu ausgebildeten Sporen; 2. die Aufspeicherung von Nahrungsstoffen im Entoplasma unter andauern- der Grössenzunahme: 3. Vermehrung, ausschliesslich im encystirten Zustand. Eintheilung nach Wasielewski: 1. Ordnung: Gregarinen, einzellige, einkernige Zellschmarotzer, von kugliger, ovaler oder wurmförmig langgestreckter, in der Rich- tung der Längsachse symmetrischer Gestalt, zuweilen in 2 — 3 Ab- schnitte zerfallend. Von fester Cuticula umgeben, oft mit Haftappa- raten versehen, ohne Vacuolenbildung. Im Jugendstadium amöboid beweglich. Ernährung endosmotisch. Vermehrung durch Sporenbil- dung nach Encystirung. Zerfall in kleine Ballen, welche zu spindel- förmigen Körpern werden, Die Sporen enthalten sichelförmige Keime, - 4 — Sporozoiten, die stets intracellulär sich zu Gregarinen entwickeln. Diese leben frei im Darm oder der Leibeshöhle des Wirthes. Schmarotzer bei Echinoderraen, Würmern, Gliederthieren, Molluscoiden, Weichthieren und Mantelthieren. Nie bei Vertebraten. 2. Ordnung: Haemosporidien, einzellige Parasiten des Blutes, V'On länglich gestreckter, gregarinenartiger Gestalt und Structur. Keim wächst im Blutkörperchen, der erwachsene Parasit kann eine Zeit lang frei im Blute leben, dringt vor der Vermehrung von Neuem in die Zellen des Blutes. Innerhalb derselben dann Zerfall in eine Anzahl von Keimen. Schmarotzer nur bei Wirbelthieren. 3. Ordnung: Coccidien, einkernige Zellparasiten, von kugliger oder ovaler Gestalt. Unbeweglich. Ihre Entwickelung läuft ganz und gar in einer Zelle ab. Der Körper kapselt sich ein und zer- fällt in Sichelkeime, die entweder frei in der Cyste liegen oder in Sporenhüllen eingeschlossen sind. Endogene und exogene Keimbildung. Schmarotzer bei allen Classen der Wirbelthiere, bei Gliederthieren und Weichthieren. Massenhaftes Auftreten verursacht heftige Seuchen unter Rindern, Kaninchen, Geflügel. 4. Ordnung: Acystosporidien (Gymnosporidia), Zellpara- siten von amöboidem Bau, scheiden vor der intracellulär ablaufenden Keimbildung nie eine Hülle ab. Vermehrung durch Zerfall des kug- ligen Plasmaleibes in zahlreiche Keime von ovaler, amöboid veränder- licher oder sichelförmiger beständiger Form. Schmarotzer nur bei Vertebraten, häufig bei Vögeln. Dazu die Malariaparasiten (syste- matische Stellung noch fraglich). 5. Ordnung: Myxo'sporidien, kernhaltiger, amöboid beweg- licher Protoplasmaleib. Die Bildung von Sporoblasten beginnt schon im jugendlichen Individuum; in den Sporoblasten entstehen beschalte mit Polkapseln und Polfäden versehene Sporen, welche amöboide Keime einschliessen. Schmarotzer bei Würmern, Arthropoden, Eidechsen, ]\Iolluscoiden und Wirbelthieren, sehr häufig bei Fischen. Anhang: a) Sarcosporidien, Schmarotzer der Muskelfasern, von schlauchförmiger, ovaler, bisweilen kugliger Gestalt. Ihr Proto- plasma zerfällt in zahlreiche, nieren- oder sichelförmige kernhaltige Körperchen. Eine Cuticula sendet zahlreiche Septa in das Innere. Die Production von Fortpflanzungskörpern bereits vor Erreichung der vollen Körpergrösse. Ausschliesslich bei Wirbelthieren, vorwiegend bei Säugethieren, besonders bei Schafen und Schweinen. Mieschersche Schläuche. b) Amoebosporidien, Gestalt amöboid veränderlich. Ver- mehrung entweder direct durch Theilung oder nach vorhergehender Conjugation durch Bildung einer Spore, welche Sichelkeime einschliesst. Stellung zu den Sporozoen fraglich (Ai. Schneider). Schmarotzer in den Malpighischen Ge fassen einiger Käfer. c) Serosporidien, nach L. Pfeiffer einzellige Schmarotzer aus der Leibeshöhle verschiedener Cruster, haben in der Entwickelung Aehnlichkeit mit Sporozoen. Gestalt rundlich, länglich gestreckt, oval oder spitz oval. Vermehrung entweder durch directe Thcilung oder durch Abscheidung einer Hülle. Umwandlung in eine Cyste, deren Inhalt in zahlreiche Amöboidkeime zerfällt. Capitel II. Die Amöben im Allgemeinen. Eine Amöbe repräsentirt im Allgemeinen ein kleines Klümp- chen Protoplasma, welches aus einer äusseren körnchenfreien hyalinen Schicht und aus einer inneren körnchenreichen dunkleren Masse besteht, an seiner Oberfläche Pseudopodien nach aussen vorstreckt, meist mit Kern und contractiler Vacuole versehen, bald nackt, bald beschalt ist. Die bei den Rhizopoden überhaupt beobachteten Schalen sind in Bezug auf das Material, aus dem sie aufgebaut sind, chitinöse, Kalk-, Fremdkörper- oder kieselige Schalen. Die auf chitinöser Grundlage durch secundäre Imprägnation und Auflagerung von kohlensauren Kalk entstandenen, complicirteren Kalk- schalen, welche gewöhnlich den marinen Formen angehören, sowie die aus Kieselsäure bestehenden Schalen, deren Existenz noch zweifelhaft ist, lassen wir hier ausser Betracht. Bei den beschälten Amöben, vorwiegend Süsswasserformen, interessircn uns hauptsächlich die chi- tinösen und Freradkörperschalen. Die aus reiner Chitinmasse zusammengesetzten Schalen lassen keine besondere Structur erkennen, sind dünn, zart, biegsam und liegen in der Regel dem inneren Plasmakörper dicht an, z. B. bei Gromia, Lecythium, Lieberkühnia. Höchstwahrscheinlich verdanken sie ihr Dasein einer Secretion oder chemischen Umbildung der äusseren Plasraamasse. Die Schale kann aber auch dicker werden durch Auf- lagerung auf die äussere Fläche der Wandung. Während bei den — 6 — marinen kalkschaligen Organismen der Weichkörper den Innenraura meist ganz ausfüllt, weicht bei den starrschaligen Süss wasserformen die Plasmaraasse etwas von der Wandung zurück; dann befindet sich dazwischen eine Flüssigkeit. Zuweilen ist der innere Weichkörper an der Mündung der Schalen festgeheftet, z. B. bei Microgromia, Pla- toum, manchmal halten kleine Fortsätze am Hinterende die Innen- masse mit der Schale zusammen, wie z.B. bei denLobosen: Aredia, Hyalosphenia, Quadrula, Difflugia und unter den Reticulosen bei Cyphoderia. Ausser diesen structurlosen, homogenen Chitinschalen giebt es aber auch solche, welche eine feinere Structur auf der Überfläche er- kennen lassen, sei es dass kleine Höckerchen, eine zarte Strichelung, oder eine reticuläre Zeichnung darauf zu sehen ist. Eine noch complicirtere Structur haben die aus Plättchen auf- gebauten Schalen. Letztere, deren chemische Natur noch zweifelhaft ist, sind entweder rundlich, scheibenförmig, dicht aneinander oder übereinander liegend, wie z. B. bei Trinema, oder sie sind von vier- und mehreckiger Form , viereckig bei Quadrula, sechseckig bei Eu- glypha. Sie stehen in mehr oder weniger festem Zusammenhang. Ihre Anordnung geschieht in ziemlich regelmässigen Reihen, die ent- weder nach der Längs- und Querrichtung verlaufen (Quadrula) oder schief zur Schalenaxe stehen (Trinema). Bei manchen Formen zeigen diese Plättchen am Hinterende stachelartige Fortsätze, z. B. bei Quadrula; bei Euglypha erscheinen sie an der ganzen Oberfläche, auch am Mündungsrande, weshalb derselbe gezackt ist. Bei Arcellaschalen beobachtet man zwei übereinander gelagerte Schichten, eine dünnere, innere, structurlose und eine äussere, dickere, mit reticulärer Zeich- nung, bestehend aus einzelnen hexagonalen Feldchen. — Die Farbe der structurlosen Schalen ist homogen, hell, farblos, der structurirten im Allgemeinen gelblich, gelb, zuweilen braun (Arcella). Die sogenannten Fremdkörperschalen werden dadurch hervor- gebracht, dass die ursprünglich ausgeschiedene chitinöse Hülle zur Verstärkung verschiedenartige feste Partikelchen aufnimmt und mit einem Kitt verbindet. Diese Theilchen sind vorwiegend kleine Sand- körnchen, besonders Quarztheilchen, die Kieselhüllen der Bacilla- riaceen etc. (kieselsandige Schalen). Die eigenthümliche Schalen- structur mancher Difflugien bestehen in kleinen cylinder- oder mannig- fach gebogenen stäbchenartigen Gebilden, welche hexagonalen oder- scheibenförmigen Plättchen ähnlich sind. Nach Wallich 's Ansicht sind dies von aussen aufgenommene Diatomeenschalen, welche durch active Einwii'kung des Plasmas eine Umwandlung erfahren haben. — 7 — Nebenbei sei bemerkt, dass auch die kalkhaltigen Schalen der marinen Formen Fremdkörper aufnehmen. Dazu werden verwendet Meerkalk- sand, Schwammnadeln, Kalkschalen von Coccolithen etc. Was schliess- lich den Kitt der Schalen der Süsswasserformen anbelangt, so ist derselbe im Allgemeinen chitinöser Natur, andererseits dient vielleicht auch als Kitt ein protoplasmatisches oder gallertiges Bindemittel. Manche Amöbenforscher wollen zwischen den Fremdpartikelchen ein Hervorquellen kleiner Pseudopodien beobachtet haben. Die morphologische Gestaltung der beschälten Süsswasser- formen ist fast durchweg einachsig, die Form sack- bis eiförmig, durch röhrige Verlängerung des die Mündung tragenden Pols mehr llaschen- förmig. Bei Arcellinen, Euglyphinen, Gromiinen zeigt sich gewöhn- lich eine runde Contour, zuweilen jedoch tritt durch Abplattung in einer der Lcängsachse parallelen Ebene eine zweistrahlige Form auf, auch Hinneigung zur bilateral symmetrischen Gestaltung, sogar eine spiralige Einkrümmung der Schalenhauptachse ist constatirt worden (Difflugia spiralis). Die Amöben kommen vor im süssen und Meerwasser, auch in der Erde und Luft sind sie verbreitet. j\Ian unterscheidet marine und Süsswasseramöben; nur wenige Formen haben ihr Gedeihen in beiden Medien. Gefunden wurden Amöben bisher im bebauten Erd- boden, im feuchten Sand, auf Wiesen, im Sumpf und Moor, im Trink- wasser, im Mineralwasser, im Kanalwasser, im Flusswasser, in un- reinen Brunnen und Teichen, besonders im Schlamm, ferner im Moos auf Bäumen, im feuchten Moos von Dächern, im Dachrinnensand etc. ikschalte Formen wohnen mit Vorliebe im Wasser auf Steinen und Pflanzen. In fauligen Medien scheinen nur wenige Species dauernd existiren zu können. Ausserdem begegnet man ihnen im Darm und anderen Theilen von Thieren und Menschen. Sie leben im kalten und warmen Wasser, ja sogar in den heissen Quellen von Civita vecchia, Abano und Ischia sind sie vertreten. In verhältnissmässig grosser Tiefe trifft man sie noch im Erdboden, sie wurden noch zwei Meter tief constatirt; aber auch auf Bergeshöhen haben sie ihren Wohnplatz. Celli und Fiocca fanden Amöben in 4500 Fuss Höhe, Perty in den Alpen Difflugien in 8000 Fuss, Ehrenberg im Hima- laya Arcella und Euglypha in 5000 — 8000 Fuss, Leidy wies nach, dass die Rhizopodenfauna in Rocky-Mountains bei 10000 Fuss Höhe fast denselben Charakter trägt, wie in Philadelphia. Was die geographische Verbreitung anbelangt, so sind Amöben auf der ganzen Erde ver- breitet. Einzelne Arten sind Kosmopoliten. In den nördlichen Strichen scheinen nach den bisherigen Untersuchungen die Arten weniger zahlreich zu sein, als in den wärmeren Geiienden. Unser Wissen über die Verbreitung der einzelnen Species ist noch beschränkt und lückenhaft; aus einer Tabelle von Bütschli geht hervor, dass speciell manche Formen, wie Arcella, Difflugia, Hyaolosphenia, Qua- drula, Euglypha etc. mehr oder weniger in allen Continenten ange- siedelt sind. Die Grösse der Amöben ist variabel, sie schwankt zwischen 0,5 /i bis 14 // und darüber. Zu den kleinsten Formen gehören Amoeba diaphana (0,5 — 2 ,w) und Amoeba guttula (1 — 2 //); zu den grössten Pelomyxa (bis 2 mm gross). Die Gestalt der Amöben wechselt, daher der Name. Beweg- liche nackte Formen zeigen keine Formbeständigkeit, beschalte sind an ei«e gewisse Constanz gebunden durch die mehr oder weniger starre Hülle. Ruhende nackte Amöben neigen im Durchschnitt zur Kugelform. Die Bewegungsart der Amöben ist verschieden, eine fliessende, wellenförmige oder kriechende, durch das Ausstrecken und Einziehen der Fortsätze bedingte. Die fliessende Bewegung lindet statt bei einigen Amöben, die keine Pseudopodien entwickeln, sondern mit der gesammten Leibesmasse, ohne eintretende Gestalts Veränderungen, fort- rücken. So fliesst die abgeflachte, scheibenförmige, nahezu runde Amoeba guttula tropfenartig nach einer gewissen Richtung; in älm- licher Weise fliesst die mehr bandartig gestreckte Amoeba Limax ohne Pseudopodienbildung; auch die Pelomyxa ändert häufig in dieser Weise ihren Platz. Die wellenförmige Bewegung zeigt Amoeba un- dulans in der schnellen Wellung der Contpur, ohne dass besondere Fortsätze ausgestreckt werden. Sehr mannigfaltig ist die mehr kriechende Ortsveränderung durch Pseudopodien. Diese zeigen im Grossen und Ganzen zwei Hauptunterschiede, lobose Fortsätze: stumpf, kurz, breit, ohne Anastomosirung und reticuläre: lang, dünn, netz- förmig, verzweigt. Sie repräsentiren jedoch nicht zwei scharf getrennte Gruppen, es finden auch Uebergänge statt, ja manche Species treiben Scheinfüsse beiderlei Gestalt, z. B. Amoeba radiosa. Wenn gleich- zeitig von dem gesammten Rand des scheibenförmigen Körpers Fort- sätze entstehen, so erhält die Amöbe ein strahliges Aussehen, wie Amoeba polypodia (Dactylosphaera). Sie sind spitz bei der Amoeba spinosa. Bei Amoeba arborcscens sehen wir Zweige, die in einem Punkte zusammenlaufen, aber nicht unter einander anastomosiren. Bei Amoeba vermicularis zeigt sich die Bewegung besonders in einer seitlichen Beugung, so dass die Amöbe einen Bogen bildet, ein S oder einen Winkel und sich dann zusammenknäuelt, um sich wieder — 9 — zu strecken, zum Haken zu krümmen etc. Die Enden der Pseudo- podien können sich femer zerschlitzen wie bei Amoeba lacerata. Sie vermögen sich auch am Ende schwimmhautartig zu verbreitern (Pe- talopus) und noch merkwürdigere membranartige Fortsätze sehen wir bei Placopus, die sich in verschiedener Richtung vom Körper erheben, unter sich winklig zusammenfliessen und so trichterförmige Hohl- räume zwischen sich lassen. Wenn sich die inneren dünnen, ausge- sponnenen zarten Fäden mehrfach verästeln, so haben wir das Bild der Amoeba reticulosa, die in geringerer Zahl bei einigen Süsswasser- formen (Microgromia, Lieberkühnia), vorzugsweise bei den marinen Formen vorkommen. Zuweilen bieten manche Species in feinen langen Fäden das Bild schwingender Geissein dar (Podostoma). Auch finden wir merkwürdiger Weise am Hinterende einiger Amöben kurze Franzen oder haarartige ectoplasmatische Fortsätze, welche einen starren Eindruck machen, wie z. B. Amoeba monociliata Carter. Mit- unter beobachtet man stachelartige Fortsätze an der ganzen Ober- fläche (Chaetoproteus), so ist die Oberfläche von DactyJosphaera vitr. Hertw. u. Less. mit Protoplasmazöttchcn besetzt. Gallertige Um- hüllungen des Araöbenkörpcrs sind ein seltenes Vorkommniss. Am- phizonella lässt eine ziemlich dicke hyaline Umhüllungsschicht erkennen, welche von fingerförmigen Pseudopodien durchbohrt wird etc. Die inneren Vorgänge bei der Bewegung der Amöben stellen sich folgendermaassen dar ; zunächst bei der fliessenden Bewegung von Amoeba Limax erscheint eine Strömung des Plasmas von hinten nach vorn, dort angekommen geht dieselbe rückwärts zu beiden Seiten des Körpers. Ungefähr in der Mitte macht dieselbe Halt und es tritt ein relatives Ruhestadium ein. Darauf wird diese ruhende Partie wieder in den nach vorwärts rückenden Strom hineingezogen, so dass also eine Art Oirculation des Leibesplasmas entsteht und eine fliessende Bewegung damit verbunden ist. — Beim Ausstrecken eines Fortsatzes richtet sich die Strömung des Plasmas nach einer local beschränkten Stelle, die Oberfläche wölbt sich als Höcker hervor, zuerst die hyaline Schicht, dann folgt das Körnerplasma nach. Nun bewegt sjch das Plasma in dem axialen Theil des Fortsatzes vorwärts und fliesst am Ende desselben nach den Seiten ab. Indem dieses sich in der Mitte in einem fast ruhenden Zustand anhäuft, wächst durch andauernden inneren Zufluss das Pseudopodium in die Länge. Letzterer hört schliess- lich auf und dadurch, dass sich an einer anderen Stelle der Ober- fläche ein Höcker vorwölbt, zieht sich der Strom in den ersten Fort- satz zurück, es tritt eine Verkürzung ein und nach einiger Zeit ist derselbe wieder ganz in die Leibesmasse aufgenommen. So bietet — 10 — Einziehen und Ausstrecken der Scheinfüsse ein wechselndes inter- essantes Spiel dar. Wenn hyalines und körniges Plasma gesondert ist, so ist der Strom in dem Fortsatz zuerst hyalin, die körnige Masse rückt nach. Bei solchen Species, wo keine deutliche Scheidung vor- handen ist, besteht das Pseudopodium aus feinkörnigem Plasma, wie z. B. bei den beschälten Amöben Difflugia, Hyalosphenia etc. — Ein ausgezeichnetes Object für die Bewegung des Plasmas in netzförmig verzweigten Fäden giebt uns die Gromia oviformis, welche in ver- schiedenen Arten im süssen und salzigen Wasser vorkommt. Aus der weiten Mündung des einen Pols des ovalen Gehäuses dringt das körnige Protoplasma hervor und überzieht die Oberfläche in dünner Schicht. Von diesem nun strahlen feinste Pädchen nach allen Rich- tungen, manche gabeln sicli, andere lösen sich in zahlreiche Fädchen auf und geben Scitenzweige ab, durch welche sie sich mit benach- barten Pseudopodien verbinden. Bei der mikroskopischen Beobachtung zeigen auch die kleinsten Fädchen Bewegung. Mehr oder weniger schnell geht eine Strömung entweder der Peripherie zu oder in um- gekehrter Richtung, nicht selten in manchen Fäden vor- und rück- wärts. Nicht alle Körnchen eines Fadens laufen gleich schnell. Viele, sagt Max Schulze in seiner trefflichen Schilderung dieses Vorganges, laufen offenbar an der äussersten Oberfläche der Fäden, über w'elche man sie deutlich hervorragen sieht. Oft bemerkt man auch grössere Substanzklümpchen mit spindelförmigen Anschwellungen oder seit- lichen Auftreibungen eines Fadens in ähnlicher Bewegung wie die K()rnchen. Selbst fremde Körper, welche der Fadensubstanz anhaften und in sie aufgenommen werden, schliessen sich dieser Bewegung an, deren Geschwindigkeit bis 0,02 mm in der Secunde erreichen kann. Wo mehrere Körnchen zusammenstossen, sieht man die Körnchen von einem auf den anderen übergehen. An solchen Stellen befinden sich oft breitere Platten, welche aus einer stärkeren Anhäufung der Faden- substanz hervorgegangen sind. Was die Schnelligkeit der Ortsver- änderung der Amöben im Allgemeinen anbelangt, so ist dieselbe träge und lebhaft, je nach der Dicke des Ectoplasmas und der dichteren oder dünneren Consistenz des Plasmas. Junge Amöben bewegen sich schneller als ältere. Die grösseren in der Erde lebenden Formen mit zäherer Consistenz nehmen nur langsame Ortsveränderungen vor. Man hat berechnet, dass die Amöben im Durchschnitt in einer Minute eine Wegstrecke von Y2 ^'^ zurücklegen können. lieber die feinere Structur des Weichkörpers sei Folgendes angeführt. Ecto- und Entoplasma sind an Masse sehr variabel, dünn und zähflüssig, fein und stark gekörnt. In der Mehrzahl sind bei — 11 — nackten Amöben beide Schichten vorhanden, manchmal ist das hyaline Plasma minimal, kann auch ganz fehlen. Beschälte Amöben zeigen im Allgemeinen wenig Differenzirung in Ento- und Ectoplasma, noch weniger marine. Im Durchschnitt bergen Amöben im Innern einen Kern, derselbe ist bläschenförmig, kugelig, ellipsoidisch oder scheibenförmig abge- plattet, mit Kernkörperchen. Manche Formen entbehren desselben, z. B. Amoeba diaphana und reticularis. Celli und Fiocca be- richten, dass sie niemals 2 Kerne in Amöben gesehen haben. Dies wird jedoch mehrfach bestätigt. Bei Arcella und Difflugia sind mehrere vorhanden, deren Zahl schwankt. Die Lage derselben ist verschieden. Im Innern des Amöbcnplasmas werden ferner angetroffen nicht contractile Flüssigkeitsräume, sogenannte Vacuolen, variabel an Grösse und Zahl. Bei Amoeba spinosa bemerkt man 1 — 7, welche Form und Platz bei den Bewegungen wechseln. Zuweilen treten so viel auf, dass dadurch ein schaumiges oder alveoläres Aussehen be- dingt ist, z. B. bei der von Mereschkowsky beschriebenen Amoeba alveolata. Daneben kommen häufig contractile Vacuolen vor, die sich durch Contraction des umgebenden Plasmas zusammenziehen und verschwinden, in regelmässigen Intervallen; sie haben wahrschein- lich im Dienste der Athmung und Excretion eine wichtige Function. Lage und Zahl schwankt. Bei Arcella hat man 1 bis 12 getroffen. Claparede und Lachmann zählten in manchen Formen bis 20. Auch Gasvacuolen finden sich, die schnell entstehen und ver- gehen, z. B. bei Arcella. Die Natur des Gases ist nicht klar. Bütschli vermuthet Kohlensäure, wegen der raschen Absorption durch Kalilauge. — Es existiren weiter im Endoplasma feinkörnige Pig- mente, rothe, gelbrothe, gelbbraune etc. Ein tiefviolettes Pigment besitzt Amphizonella violacea. Zinnoberroth, zuweilen braunroth ist dasselbe bei Placopus ruber. Manche haben grüne Kerne, z. B. Dactylo- sphaera vitr. Hertw. u. Less. Mitunter zeigen sich zahlreiche Chloro- phyllkerne, welche von aufgenommener Nahrung herrühren; sie sind kein endogenes Erzeugniss des Amöbenkörpers. Ausser gefärbten kernigen Einschlüssen sind zu nennen kleine stark lichtbrechende Fettkügel- chen, ferner dunkle Kernchen von äusserster Kleinheit mit unregel- mässigen Formen, zuweilen auch krystallinischer Bildung, deren che- mische Natur zweifelhaft ist. Bütschli fasst sie als Excretkörner auf. Der sogenannten Glanzkörper gedenken wir später. Die Ernährung der Amöben geschieht durch Aussenden der Pseudopodien und Aufnehmen von festen Partikelchen, wie Gewebs- — 12 — trümmer, Bacterieii, Blutkörperchen etc. Auch Theilchen ohne Nähr- werth werden aufgenommen, wie Carmin- und Zinnoberkernclien. Un- verdautes wird wieder ausgestossen. Hat ein Pseudopodium ein Körperchen berührt, so umfliesst es dasselbe, verkürzt sich und in- korporirt es allmälig in die Hauptmasse des Plasmas. Interessant ist das Spiel der Aufnahme von Fremdkörpern bei netzförmigen Fort- sätzen. Es bilden sich plattenartige Anhäufungen an den Fäden, das Körperchen wird umflossen, die Fäden contrahiren sich, bis die Nah- rung in den Körper aufgenommen ist. Die Vermehrung der Amöben findet statt durch Theilung, Sprossung und möglicherweise durch endogene Sporenbildung. Die Theilung erfolgt bei nackten und beschälten Amöben in der Regel ohne vorhergehende Befruchtung. Sie lässt sich unter dem Mikroskop genau beobachten. Die Zeitdauer dieses Vorganges ist verschieden, sie währt ca. 10 Minuten bis V4 Stunde. Bei manchen Formen ist die Vermehrung eine schnelle, fast so rasch wie bei Schizomyceten, z. B. Amoeba reticularis. Wie Celli und Fiocca bei ihren Culturen beobachteten, ist die Theilung theilweis sehr leb- haft, die Exemplare werden feiner, aus einem bilden sich 2 Elemente, die scheibenförmig, birnenförmig, rundlich sein können und durch äusserst feine Fäden vereinigt sind, diese zerreissen später, so dass die Theilstücke selbstständig werden. Bei anderen Amöben spielt sich die Vermehrung langsamer ab, z. B. bei Amoeba arborescens. — Es ist lange eine Streitfrage gewesen, ob der Theilung der Individuen eine Theilung des Kerns vorausgeht. Celli und Fiocca gestehen, dass sie selbst bei den grössten Amöben gelegentlich ihrer Cultur- versuche dies nicht zu entscheiden vermochten. In der Amöben- literatur sind jedoch mehrfach sichere Beobachtungen im bejahenden Sinne beschrieben. Der Vorgang wurde von F. E. Schulze unter dem Mikroskop genau verfolgt bei Amoeba polypodia; er spielte sich innerhalb 10 Minuten ab. Es ging eine Einschnürung des Kerns vorher, derselbe wurde hanteiförmig und ging in 2 Theile auseinander; dann kam erst die Theilung des Plasmaleibes an die Reihe, es bil- deten sich zwei je einen Kern enthaltende Theilstücke. So konnte ferner Beyerin ck bei seinen Culturen von Amoeba zymophila con- statiren, dass die beiden Theile, der Kern vorn und die pulsirende Vacuole diesem naclifolgend sich voneinander entfernen. Er sagt bei dieser Gelegenheit: „Offenbar hat der Kern sich zunächst getheilt, die Vacuole erst nachträglich. Dass die Vacuole sich in diesem Falle durch Einschnürung theilt, habe ich sicher beobachtet, doch konnten während dieses Vorganges die Ncbenvacuolen nicht gesellen werden. — 13 — Die nicht piilsirendcn Vacuolen entstehen unabhängig von den pul- sirenden nicht durch Theilung, sondern spontan an unbestimmter Stelle im Körnerplasma" etc. — Bei beschälten Formen tritt, nach vorhergehender Neubildung von kleinen uhrglasförmigen Schalenplätt- chen im Innern, das Plasma in Form einer von jenen bedeckten Knospe aus der Oeffnung hervor, z, B. bei Euglypha. Dann umgiebt sich der Sprössling ausserhalb mit einer Schale und entwickelt sich zur Grösse und Gestalt des Mutterorganismus. Bei sehr dünnbe- schalten Formen, bei denen der Weichkörper dicht anliegt, kann eine Theilung mitsammt der Schale stattfinden, z. B. bei Amoeba Liebcr- kühnia. . Ausser der Vermehrung durch Theilung findet auch vielfach Knosp ung oder Sprossung statt. Die kleinen knospen artig ab- geschnürten Theile wachsen allmälig zu grösseren Exemplaren heran. Einige Arten zeigen beide Vermehrungs weisen. Manche Formen bil- den auch coloniale Verbände, wie Microgromia socialis, Lecythium etc. Die einzelnen Mitglieder bleiben in lebendiger Verbindung durch proto- plasmatische Pseudopodienfäden. Dass Verschmelzungen von Individuen bei Amöben vorkom- men, ist beobachtet worden. Ob dieses Phänomen aber mit dem Vermehrungsprocess im Zusammenhang steht, ist noch zweifelhaft. Einige Autoren treten allerdings für diese Ansicht ein. Carter, Greeff etc. sind der .Meinung, dass die bei Arcellen und Difflugien gesehene Conjugation die Einleitung zur Entwicklung von Geschlechts- producten ist. An Stelle des Kerns sollen sich zahlreiche kleine kuglige, bläschenförmige Körperchen bilden und in das Protoplasma austreten (Fortpflanzungszellen). Auch Bück und Maggi wollen die Ausbildung zahlreicher körnchenartiger Sporen nach der Copulation verschiedener Amöben gesehen haben. Einige Forscher hingegen fassen diese Beobachtungen als einen vielkernigen Zustand der Amöben auf und verwerfen die Sporenbildung als irrthümliche Deutungen. Jedenfalls ist dieser Vermehrungsmodus noch zweifelhaft. Hierher gehört auch die Vermehrung durch Theilung innerhalb der Cysten. Wallich, der über die Fortpflanzung der Amöben viele Untersuchungen angestellt hat, lässt dieselbe ausser durch Theilung und Knospung vor sich gehen: 1. durch directes Lebendiggebären kleiner schon voll- ständig entwickelter Amöben, 2. durch ^Entwicklung von ihm Sarco- blasten genannter Inhaltskörner des Amöbenleibs zu jungen Amöben mit oder ohne gleichzeitige Encystirung des Mutterkörpers, 3. durch Zerfall der Sarcoblasten in die sie constituirenden Körner und durch Entwicklung dieser zu jungen Amöben. — Es sei hier noch gedac UJ LIBRARY — 14 — der sogenannten Glanzkörper Greeff's, welche er mit der Fort- pflanzung der Pelonciyxa in Verbindung bringt. Diese sind von glän- zender, homogener Beschaffenheit; auf der Oberfläche erscheint eine kapselartige, glänzende Hüllschicht. Gestalt und Grösse sind variabel, im Allgemeinen herrscht die Kugelgestalt vor, aber auch ovale und ganz irreguläre werden bemerkt. Greeff vermuthet, dass dieselben aus den freigeworcfenen Kernkörperchen der zahlreichen Kerne hervor- gehen und schliesst aus den bisquitähnlichen Gestaltungen, dass sie sich selbstständig vermehren können. Die Frage der endogenen Sporenbildung der Amöben ist auch heute noch nicht endgültig gelöst. Celli und Fiocca, welche wohl die meisten Züchtungen bislang angelegt haben, betonen aus- drücklich, dass sie stets nur Vermehrung durch Theilung bemerkt haben. Beyerin ck erwähnt Sporenbildung bei der von ihm culti- virten Araoeba nitrophila. Celli und Fiocca fassen diese nur als Cystenzustand auf, „welcher von Beyerin ck Sporen genannt wird". Letzterer aber betont ausdrücklich die Sporenbildung von 1, 2 bis 3 Sporen im Innern seiner Amöben; er sagt wörtlich: „Dabei kann nicht an Encystirung gedacht werden, weil nur ein Theil der Körper- substanz für den Process in Anspruch genommen wird." Diese Frage zum Austrag zu bringen, ist für die Zukunft von der grössten Wichtigkeit. Mehrfach wurden in den Cysten von Amöben kleine Körner gesehen, welche von verschiedener Seite als Sporen gedeutet worden sind, so z. B. auch bei Amoeba coli. Nach Grassi scheint während der Encystirung der letzteren eine Vermehrung ein- zutreten. In Bezug auf Amoeba coli ist folgendes Experiment auf- fallend: Abgesehen davon, ob die Amoeba coli der wirkliche Erreger der Tropendysenterie ist, Messen Kruse und Pasquale amöbenhaltige Dejectionen eine Stunde lang frieren in einer Kältemischung, nach dem Aufthauen konnten in ihnen keine Amöben, auch keine Cysten mehr entdeckt werden und dennoch entstand nach Einverleibung derselben in den Katzendarm eine hämorrhagische Enteritis „mit reichlicher Bildung von Amöben". Nach dieser Beobachtung fragt man sich, giebt es in der That ausser dem Cystenzustande noch einen anderen Dauerzustand zur Erhaltung der Art? Gehört dazu eine vorher- gehende Conjugation? Geschieht diese nur bei einzelnen Individuen und unter welchen Umständen? Dies sind Punkte, welche in der Folgezeit näher erörtert werden müssen. Es hängt diese Frage innig zusammen mit der möglichen Existenz von einzelligen Organismen, die eine Mittelstellung einnehmen zwischen Ancjöben und Sporozoen, Wer sich genauer mit den kleinsten Lebe- — 15 — wesen beschäftigt hat, weiss, dass sich die einzelnen Gruppen viel- fach miteinander berühren. Es giebt in der That Uebergangsglieder. So bildet der Soor ein Uebergangsglied zwischen den Faden- und den Sprosspilzen. Er tritt unter bestimmten Ernährungsverhältnissen, z. ß. auf zuckerreichen Substraten in hefeartiger Form als ausgesprochener Sprosspilz auf, bildet dagegen unter anderen Bedingungen, z. B. in der Tiefe der Reagenzglasculturen , lange, fadenförmige Mycelien. Aehnliches ereignet sich unter den Protozoenclassen. Nicht bloss Anklänge an Bildungen pflanzlicher Natur, wie bei den Mycetozoen, findet man hier, es wird auch beobachtet, dass Flagellatenzustände in amöboide Formen übergehen. Ai. Schneider hat von ihm so- genannte Amoebosporidien beschrieben, deren Stellung noch dunkel ist. Noch unaufgeklärt sind auch die Verhältnisse des Parasitismus. Werden ausserhalb des Körpers freilebende Rhizopoden durch das Anpassen an andere Lebensbedingungen zu anderen Vegetationsformen gezwungen? Manche Form, die wir im Körper beobachten, ist viel- leicht nur als Durchgangsstadium, als bewegliche amöboide Vegetations- form eines anderen Protozoons oder Mycetozoons aufzufassen. Nur Züchtungen werden uns schliesslich darüber Klarheit verschaffen. Im Hinblick auf die bisher nicht geglückte Züchtung des Malariapara- siten etc., dürfte es nach meiner Meinung empfehlenswerth sein, die Züchtung nicht aus dem vegetativen Stadium, sondern aus dem trockenen Material zu versuchen. Dabei ist zu bedenken, dass Colonien im Sinne von Schizomyceten kaum zu erwarten sind, da ein Sporenkeim doch nur zu einem Schwärmer oder einer amö- boiden Form, also zu einem beweglichen Dinge auswachsen kann. Vielleicht sind hierzu mehr flüssige Nährböden geeignet. Wir betrachten noch das Cystenstadium der Amöben. Die nackten Formen pflegen sich nach einiger Zeit zu encystiren. Sie ziehen bei diesem Ruhestadium die Pseudopodien ein, werden kuglig, weniger beweglich und scheiden schliesslich eine Hüllhaut aus. In diesem Zustand heissen sie Dauercysten oder encystirte Amöben. Die Gründe zu diesem Phänomen sind nicht immer klar; sie mögen sein Schutz gegen äussere Einflüsse, wie Austrocknung, faulige Verderbniss des Wassers, oder Nahrungsmangel, Ruhe zur Assimilation der Nahrung spielen dabei mit. Wie Celli und Fiocca bei ihren Culturen bemerkten, ist der Entwicklungscyclus der Amöbenspecies nicht immer von gleicher Dauer, er schwankt von 24 — 84 Stunden, bei Amoeba arborescens zieht er sich über mehrere Tage hin. Im Stadium der Encystirung besteht die Amöbe aus einem mehr oder weniger gekörnten Inhalt (maulbeerförmiges Aussehen bei Amoeba spinosa), aus einem mehr — 16 — oder weniiicr deutlichen Kern und einer Hülle. Letztere kann ein- fach sein, meist ist sie doppelwandig. Die innere Hülle ist glatt rund, die äussere entweder glatt oder gerunzelt. So ist bei Araocba guttula, oblongata und spinosa die innere Contour rnnd, die andere gezackt. Bei Amoeba spinosa ist die innere Wand nicht ganz kreis- rund, sondern mehr oder weniger rundlich oder eckig, so dass zu- weilen Fünf- oder Sechsecke entstehen. Die Cystenformen sind bei den einzelnen Species ziemlich constant, so dass sie ein wichtiges differential-diagnostisches Merkmal abgeben. Auch bei den beschälten Süsswasserformen scheint die Encystirung ganz allgemein zu sein. Dieselbe kann innerhalb der Schalen, als auch ausserhalb erfolgen. Gewöhnlich encystiren sie sich innerhalb der Schalen und unter deren Schutz. Zuweilen bildet sich eine solche nur an der ovalen Seite des Weichkörpers, z. B. Pseudochlamys patella. Doppelte Cystenhüllen scheinen bei den Euglyphinen allgemein zu sein. Bringt man Cysten in einen hängenden Tropfen, so kann man nach 2 — 6 Stunden die Keimung derselben beobachten. Der körnige Inhalt beginnt sich allmälig zu bewegen und zwar derartig, dass er sich nach einer Seite zusammenzieht. Die Hülle klappt auf, der graimlirte Inhalt tritt allmälig als junge Amöbe aus dem Spalt her- vor. Einige Minuten hängt sie dann noch mit der Cyste zusammen, dann wird der Sprössling frei. Die Cyste rollt sich zusammen und verschwindet mit der Zeit. Zur Biologie der Amöben, ihrem Verhalten gegen verschiedene Temperaturen, Medien, Gase und Chemikalien, Reizen etc. sei noch Folgendes registrirt: Wenn man Amöben einer Wärmetemperatur von ca. 40*^ C. aus- setzt, gehen sie zu Grunde. Sie ziehen die Fortsätze ein und wan- deln sich in eine kugelförmige, scharf und doppeltcontourirte Blase um, welche einen grossen trüben, im durchfallenden Licht bräunlich erscheinenden Klumpen birgt (Wärmetod). Bei einer Temperatur von einigen Graden niedriger ziehen die Amöben die Pseudopodien ein, runden sich ab, die Körnchenströmung sistirt, es tritt ein Zustand der Ruhe ein, ohne dass der Tod erfolgt (Wärmestarre). Bei Aende- rung der Temperatur kann sich die Bewegung wieder einstellen. Ebenso tritt ein Zustand der Ruhe ein bei Abkühlung (Kaltes tarrc); durch Zunahme der Wärme tritt wieder Bewegung und Strömung des Protoplasmas ein. Niedrige Temperaturen sind den Amöben weniger schädhch als hohe. Bei sehr niedriger, anhaltender Temperatur er- folgt der wirkliche Kältetod; das Protoplasma gerinnt und trübt sich; unter Quellungserscheinungen beginnt dasselbe zu zerfallen. Celli — 17 — und Fiocca haben bei ihren Culturversuchen das Verhalten der Amöben gegen bestimmte Temperaturgrade studirt; nach ihren An- gaben l<:onnten die amöboiden und encystirten Formen Temperaturen von 0 — 15" während mehrerer Stunden und Tage aushalten, ohne abzusterben. 45*^ C. tödtete sie in 5 Stunden, 50 '^ in einer Stunde im amöboiden Stadium. Encystirt sind sie im Stande 55 ^ C. vier Tage lang zu ertragen, bei 60'' C. eine Stunde und sogar bei mehrstündiger Einwirkung von Q7^ C. halten sie sieben Tage aus. Gegen Sonnenlicht sind sie widerstandsfähig, trocken und feucht, bis zu 11 Tagen bei einer mittleren Temperatur von 12 — 15'^. Der mehr oder weniger schnellen Austrocknung widerstehen sie bei diffusem Licht oder in der Dunkelheit dauernd. Ohne Luftzutritt gedeihen sie nicht; versetzt man sie aber nach 4 — 6 Monaten auf den gewöhn- lichen Nährboden zurück, so tritt wieder eine Vermehrung ein. Hält man die Luft 10 Monate ab, so sterben sie allmälig. Das allmälige Absterben der Amöben documentirt sich in folgender Weise. Die Beweglichkeit lässt nach, die Kugelgestalt tritt ein, die Scheidung zwischen Ecto- und Entoplasma verliert sich, der Kern wird deutlicher. Nach und nach zeigt sich Degeneration, sie werden homogen, fettähnlich glänzend und zerfallen körnig, öfters, nachdem sie sich vorher in einzelne runde Stücke getheilt haben. Wasser hat je nach Beschaffenheit und Temperatur einen ver- schiedenen Einfluss auf die Amöben. Plötzliche Veränderungen wirken meist schädigend. Meerwasseramöben gedeihen fort, wenn durch langsame Verdunstung das offenstehende Meerwasser einen Salzgehalt von 10 pCt. erlangt hat. Süsswasseramöben kann man allmälig an eine 4proc. Kochsalzlösung gewöhnen, aber durch plötzlichen Zusatz schon von einer Iproc. Lösung findet eine Zusammenziehung in Kugeln und langsamer Zerfall in glänzende Tropfen statt. Die verschiedenen Species sind verschieden resistent gegen Veränderungen des Wassers. Die successive Anpassung spielt hierbei eine wichtige Rolle. Wie wir früher gesehen haben, können Amöben sogar im Thermalwasser und in heissen Quellen vegetiren. Faulende Medien wirken aber auf die Dauer schädigend ein. Nach Celli und Fiocca gehen sie darin im amöboiden Zustand nach 23 Tagen, encystirt nach 33 Tagen zu Grunde. Gegen antiseptische Mittel (Kalkwasser, Salicylsäure, Gerb- säure, Phenol, Lysol, Sublimat etc.) sind sie empfindlicher als Bakterien im amöboiden und encystirten Stadium. Wasserstoffsulfid tödtet die amöboiden Formen binnen 8 Stunden, Hydrogenium arsenicosum binnen 3 — 10 Minuten, Kohlenoxyd binnen 5—30 Minuten, Kohlensulfid binnen BeUla, Die Amöben, o — 18 — 7 Stunden, Amylalkohol binnen 8 Stunden. Chininlösung 1 : 1000, Chloralhydratlösung 0,5 : 100 etc. tödteii nach meinen Beobachtungen Strohamöben in kurzer Frist. Anaesthetica, wie Chloroform, Aether etc., nur einige Zeit angewendet, wirken lähmend auf das Protoplasma, bei Sauerstoffzufuhr tritt jedoch wieder Erholung ein. Kohlensäure scheint den Amöben nicht zu schaden. Es erübrigt noch, den Einfluss von Licht, mechanischen, elektrischen und chemischen Reizen in aller Kürze anzuführen, wie er von Max Schulze, Kühne, Engelmann, Verworn etc. studirt worden ist. Die Einwirkung eines massig starken Lichtstrahls bei Pelomyxa palustris bewirkt Einziehung der Pseudopodien zur Kugel. Erst nach einiger Zeit der Ruhe fängt die Amöbe im Schatten an, sich allmälig wieder zu bewegen. Ebenso wirken plötzliche heftige mechanische Erschütterungen und directe Reizungen der Fortsätze mittelst einer Nadel. Nach Verw^orn schnellen dabei manche Fäden so heftig zurück, dass die Spitzen, welche an dem Objectträger kleben, abreissen. Bei schwacher Reizung durch Liductionsschläge stockt die Körnchenbewegung und das Vorwärtskriechen der Amöben eine kurze Zeit lang, um nach einiger Frist wieder in der alten Weise fortge- setzt zu werden. Stärkere Schläge bewirken eine rasche Contraction der Fortsätze und Einziehen zur Kugelgestalt. Sehr starke Ströme zerstören den kuglig zusammengezogenen Körper durch Platzen. Längere Zeit fortgesetzte Inductionsströme haben eine stückweise Zer- störung und Verkleinerung zur Folge. Durch Anwendung des con- stanten Stromes entsteht beim Schliessen, z. B. bei Pelomyxa, an dem positiven Pol eine Erregung, die sich in Contraction der Fort- sätze und länger einwirkend in einer Plasmazerstörung an der Ein- trittsstelle des Stromes documentirt. Beim Oeffnen desselben sistirt die Einschmelzung an der Anode und es erfolgt dagegen eine bald vorübergehende Contraction an der der Kathode zugewendeten Körper- oberfläche. — Die durch chemische Mittel hervorgerufenen Reiz Wir- kungen auf Bewegung und Plasma der Amöben sind sehr verschie- dener Natur, worauf wir hier nicht näher eingehen. Nur kurz er- wähnt seien schliesslich die Bewegungen, welche durch die genannten Reize nach einer bestimmten Richtung veranlasst werden. Man hat diese unter dem Namen Heliotropismus, Chemotropismus, Galvano- tropismus etc. zusammengefasst und zwar je nach der Anziehung und Abstossung, sowie nach der Richtung zur Kathode oder Anode als negativen oder positiven Heliotropismus, Chemotropismus, Galvano- tropismus etc. bezeichnet. Was z. B. den Galvanotropismus anbe- langt, so erleiden die Amöben unmittelbar bei der Schliessung des — 19 — Constanten Stromes eine Sistirung der Körnchenströmung, dann treten plötzlich an dem der Kathode zugerichteten Ende hyaline Fortsätze auf, und indem in derselben Richtung die andere Leibessubstanz nach- fliesst und immer wieder neue Scheinfüsse gebildet werden, kriechen die Amöben nach der Kathode zu. Bei Umkehr des Stromes tritt auch eine plötzliche ruckweise Umkehr der Strömung ein und die Amöben bewegen sich nach der entgegengesetzten Richtung. Capitel IIL Die Arten der Amöben. Bütschli veranschlagt die gesammten Arten der Rhizopoden auf ca. 650 — 700 an Zahl. Davon kommen ca. 600 auf die Meerwasser- und ca. 100 auf die Süsswasserformen. Ihre Erforschung beginnt im 17. Jahrhundert mit dem Bekanntwerden des Mikroskops. Eine grosse Reihe von Arbeiten sind nothwendig gewesen, um die Natur der Rhizo- poden klar darzulegen und ihre Stellung im zoologischen System zu sichern. Im Grossen und Ganzen sind vier Hauptgruppen aufgestellt worden, die wir im ersten Capitel kurz angeführt und skizzirt haben. Die Geschichte der Amöbenforschung geht mit dem Rhizo- podenstudium Hand in Hand. Ihr Anfang ist in die Mitte des vorigen Jahrhunderts zu verlegen. 1755 beschrieb Rösel von Rosenhof die erste Amöbe unter dem Namen Proteus. Darauf entdeckten Gleichen und andere Forscher ähnliche Süsswasserformen. Der Name Amöbe rührt her von Bory de St. Vincent, der anfangs sehr weit gefasst war. Die verschiedenartigsten kleinen Thiere waren darunter einbegriffen. Bereits 1815 beschrieb Leclerc eine beschalte Süss- wasseramöbe, eine Difflugie, die er in richtiger Deutung auch als Verwandte des Rösel'schen Proteus bezeichnete. Sodann fand Ehren- berg noch eine andere beschalte Amöbe, die Arcella, auf deren Aehn- lichkeit mit Difflugia er hinwies. In seinem Werk „Die Infusions- thierchen als vollkommene Organismen", Leipzig 1838, unterschied er die beiden Familien Amoebaea und Arcellina. Obwohl Ehrenberg sehr viel zur Kenntniss der Rhizopoden, besonders durch Beob- achtungen der fossilen Reste, beigetragen hat, hatte er doch von der inneren Structur dieser Organismen eine falsche Meinung. Bekanntlich 2* — 20 — vindicirte er ihnen die verschiedensten Organe, Ovarien, Darm etc. Erst durch Dujardin's zahlreiche und grundlegende Untersuchungen an lebenden recenten Formen brach sich allmälig die Ansicht durch, dass man es hier nicht mit complicirt zusammengesetzten, sondern einfachen, einzelligen Organismen, deren Körpersubstanz aus Sarcode besteht, zu thun habe. Bei weiterem Studium dieser Lebewesen suchte man auch besondere Arten unter den Amöben festzustellen. Die ersten Kriterien zur Unterscheidung von Arten bezogen sich auf Fortbewegung, Form, Farbe und andere variable Punkte. Duj ardin classificirte hauptsächlich nach der Grösse und Form der Pseudo- podien, als dem Nächstliegenden, ohne diesen Eigenschaften den Werth wirklicher specifischer Unterscheidungsmerkmale zuzuerkennen. Cla- parede und Lachmann hielten nicht viel von der Aufstellung ge- wisser Species der Amöben und verwiesen die Classification derselben auf eine spätere Zeit. Li den folgenden Jahren wurden weitere Arten beschrieben, indem dieses oder jenes Merkmal in den Vordergrund gestellt wurde. Eine grosse Reihe von Autoren sind hier zu nennen, die sich um die genauere Kenntniss der Am.öbenformen viele Ver- dienste erworben haben. Abgesehen von den Forschern, welche die fossilen Arten zum Gegenstand ihrer Beobachtungen machten, führe ich an: Leidy, Maggi, Wallich, Joh. Müller, Schlumberger, Per,ty',..-Reuss, Lieberkühn, Auerbach, Leuckart, Greeff, Carter, Carpenter, Stein, Max Schulze, Haeckel, Meresch- kowsky, Archer, Frommentel, Entz, M. Braun, Cienkowsky, Hertwig, F. E. Schulze, Lesser etc. Besonders hatBütschli sich um diese Kleinlebewelt hervorragend verdient gemacht. Die feinere Structur, die Theilungs- und Fortptlanzungsvorgänge, die Vorgänge der Kerntheilung etc. wurden allmälig mehr in den Kreis der Betrachtung gezogen. Eine Zusammenstellung der einzelnen in der Literatur be- schriebenen Species der Amöben versuchte Maggi, er kommt auf 44 Arten, Grassi, mit Hinzufügung neuer, auf ca. 50 Arten. Trotz emsigen Fleisses auf diesem Gebiete hat man sich bislang über die Classificationsprincipien nicht einigen können. Man hat unterschieden in Bezug auf Kernlosigkeit und Kernbesitz: Nucleata und Innucleata, in Bezug auf die Anwesenheit oder Abwesenheit einer contractilen Vacuole: Sphygmica und Asphycta, in Bezug auf die Art der Pseudo- podienbildung: Lobosa und Reticulosa, in Bezug auf die Anwesenheit oder Abwesenheit einer Schale: Nuda und Testacea etc. Auch feinere Structurverhältnisse, wie Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Ectoplasma, die Verschiedenartigkeit des Schalenmaterials etc. hat man als Hilfsmittel zur Trennung hervorgehoben. Als scharfe, durch- 21 — greifende Unterschiede sind die genannten Kriterien nicht immer stich- haltig geblieben. Wir unterscheiden mit Bütschli 2 Unterabtheilungen der Amöben, welchen sich das bisher Bekanntgewordene am besten einreihen last, Amoeba nuda und Amoeba testacea. I. Nuda. Kernhaltige Organismen von verschiedener Gestalt mit stumpfen und netzbildenden Pseudopodien, zuweilen ohne Fortsätze fliessend sich bewegend. Contractile Vacuolen sind meist vorhanden. Fort- pflanzung durch Zweitheilung und Sprossung. AYohnort: Süss- und Meerwasser. Von Amöbenarten sind in der Literatur, wie erwähnt, eine grosso Reihe beschrieben worden, wie z. ß.: Amoeba proteus, Roesel von Rosenhof, Trichamoeba, Frommentel, Lithamoeba, Lankcster, Dinamoeba, Leidy, Chaetoprotcus, Stein, Amoeba princeps, Ehrenberg, Auerbach. Amoeba diffluens, Ehren berg, Hyalodiscus, Hertwig und Lesser, Amoeba gattula, Dujardin, Amoeba vermicularis. Weisse, Amoeba oblonga, Lieberkühn (Maggi), Amoeba lobosa, Bütschli, Amoeba reticulosa, Bütschli, Amoeba Gleichem, Dujardin, Amoeba villosa. Wallich, Amoeba radiosa, Auerbach (Perty), Amoeba polypodia, F. E. Schulze, Dactylosphaera, Hertwig und Lesser, Podostoma, Claparede und Lachmann, Amoeba verrucosa, Dujardin, Amoeba quadrilatera, Carter, Amoeba brevipes, Greeff, Amoeba oblonga, Schmarda, Amoeba crystalligera, F. Schneider, Mastigamoeba, F. E. Schulze, Amoeba bilimbosa, Auerbach, Amoeba bachiata, Dujardin, Amoeba lacerata, Dujardin, — 22 — Arnoeba sphaerococca, Haeckel, Amoeba monociliata, Carter, Arnoeba terricola, Greeff, Amoeba alveolata, Mereschkowsky, • Amoeba jelaginia, Mereschkowsky, Amoeba Limax, Du j ardin, Amoeba Blattae, Duj ardin, Amoeba succinea, L. Pfeiffer, Amoeba coli, Loesch, Amoeba intestini vulgaris, Quinke und Eoos, Amoeba coli mitis, Quinke und Roos, Amoeba muris, Grassi, Amoeba coli, Schardinger, Amoeba gingivalis, Gros, Amoeba buccalis, Sterriberg, Amoeba dentalis, Grassi, Amoeba urogenitalis, Baelz, Leydenia gemmipara Schaudinn etc. Wir sehen, die soeben aufgezählten Species sind nach ganz verschie- denen Criterien benannt, nach Wohnort, Fundort im mens«;hlichen Kör- per, der allgemeinen Gestalt, der Art der Fortsätze, dem Fortpflanzungs- raodus, dem Namen des Entdeckers etc. Darunter sind viele Species identisch, Varietäten oder Synonyma, vielleicht auch nur Entwicke- lungsstadien anderer Protozoen. Kaum in einer Abtheilung der Thier- welt herrscht eine so grosse Verwirrung in der Artbegrenzung. Die Species Varietät Wohnort Im Amöben- Form Bewegung Grösse A. lobosa guttula. Boden, Luft, Was- ser, Darm. Buchtig ge- streckt. Lebhaft, mit Aus- streckung von ge- lappten Pseudopo- dien Fortbewegung. Längsdurch mcsser 2—4/ Querdurchm 1—2 fj.. A. lobosa oblonga. Boden, Wasser, Darm. Idem. Idem. Id. 4-8 ß. Id. 2—4 ß. A. lobosa undulaus. Boden, Wasser. Breit u. buch- tig. Lebhaft, mit Wellen- bewegungen d. Con- tour und Fortbewe- gung. 6-12//. A. lobosa coli, s. spät, ausführl. — — — — - 23 - kritische Würdigung allein kann hier nicht Ordnung schaffen; es ist klar, dass bei weiterem Studium eine Reduction der Arten eintreten muss mit bestimmt fixirten Merkmalen; aber diese genauere Ausein- anderhaltung ist nur möglich durch den von einzelnen Forschern bereits betretenen Weg der Züchtung. Diese gewährt ein Gesammt- bild der constanten biologischen Eigenschaften einer Species und er- möglicht eine rationelle systematische Classification. Den Anfang dazu haben gemacht Celli, Fiocca, Beyerinck, Schardinger, Maggi, Monti, Casagrandi, Barbagallo, Frosch etc. Vor allem sind die beiden italienischen Forscher auf diesem Gebiete thätig ge- wesen und haben eine Reihe von einzelnen Amöbenspecies auf künst- lichem Nährboden gezüchtet. Ein Ensemble von Unterscheidungsmerk- malen dient ihnen bei der Benennung als Richtschnur. Diese sind: 1. Wohnort, 2. Zeichen des amöboiden Stadiums: Form, Bewegung. Grösse, Structur; 3. Fortpflanzungsmodus; 4. Merkmale des Ruhezu- standes; 5. Merkmale des Cysten- oder Dauerzustandes; 6. Entwicke- lungscyklus. Ganz recht betonen diese Autoren, dass Form, Grösse, Structur wegen der Aehnlichkeit zur Unterscheidung nicht genügen; es gehören dazu auch die anderen Merkmale. Celli und Fiocca heben besonders die Constanz der Cysten der einzelnen Species als maass- gebend hervor; sie führen an, dass ein geübtes Auge die von ihnen cultivirten Amöbenarten mit Ausnahme von Araoeba vermicularis und A. diaphana mit Sicherheit nach dem eigenartigen Cystenzustand erkennen kann. Eine gute Uebersicht der culturell charakterisirten Species geben sie in folgender Tabelle: Zustande Structur Fort- pflanzung Ictö- u. Entoplasma, Kern häufig. d. id. Kern stets sichtbar. Manchmal 1 — 2 Yacuolen. :d. id. Eine bis meh- rere Vacuolen. Reichlich. Weniger reichlich. Nicht reichlich. Im Ruhe- zustande Einzige Con- tour, körniger Inhalt, Kern unsichtbar. Id. id., Kern häufig. Id., sehr kör- niger Inhalt, Kern sicht- bar. Im Cystenzustande Ent- wicklungs- cvclus Einzige Wand, in einige An- deutung einer doppelten, deren äussere gewurzelt. Inhalt sehr feinkörnig, fast hyalin, Grösse 1—1,5 //. Doppelte Wand. Die äussere sehr fein, wellig, die innere dicker, kreisrund, Inhalt fein- körnig. Grösse 1,5 — 2 //. Doppelte Wand. Die äussere dünn, mit breiten Windungen, die innere kreisrund, mit 3 bis 4 Knoten. Inhalt fein- körnig, Färbung grünlich, Kern häufig. Grösse 3 — 4 [i. Ungefähr 20 Stdn. Circa 40 Stdn. Circa 84 Stdn. 24 — Species Varietät Wohnort Im Amöben- Form Bewegung Grösse A. spinosa A. dia- phana A. vermi- cularis A. reti- cularis A. arbo- rescens Boden , Sumpf, Luft, "Wasser, ge- sunder und kran- ker Menschen - darm, Scheide, Thierdarm. Boden, Darm. Boden, Wasser, Schlamm, Schei- densecret , Dy- sent. Darm. Boden, Thermal- schlamm, Sumpf, dysent. Darm. Sumpfschlamm. Rundlich, zer- klüftet. Un regelmässig Gestreckt wie ein Würm- chen. Unregelmäss., mit zu einem Netz vereinig- ten Fäden. Ganz aus ver- zweigten P.seudopodien bestehend. Träge, mit Ausstreck, von spitzen Pseudo- podien, wenig oder keine Fortbewegung. Sehr lebhaft, mit Aus- strecken von Pseudo- podien oder von Spitzen oder Wellen- bewegung. Wenig oder keine Fortbe- wegung. Träge, hakenförmig. Langsame Fortbe- wegung. Sehr träge, kaum eine Veränderung der Contour. Wenig oder keine Fortbewegung. Ziemlich lebhaft, mit Ausstrecken von stets verzweigten Pseudopodien. Lang- same Fortbewegung. 6—10 //. 0,5-2//. 3—6 ß. 1 ,a. 2 — 4 //., mil den Fäden 8—14 n. -12 //.. Sodann wurden von Beyerinck zwei Arten bekannt gemacht, welche er auf künstlichem Nälirboden gezüchtet hat, seine Araoeba nitrophila mid Amoeba zymophila. Amoeba nitrophila: Grösse 15 — 20 //. Protoplasma sehr hyalin, Zellkern deutlich, meist 2 Vacuolen, wovon die eine langsam pulsirt, während die andere ruht. Mit der pulsirenden Vacuole stehen oft drei Nebenvacuolen in Verbindung. Bildet Sporen mit doppelter Wandung, aus denen junge Amoeben auskeimen, die sich theilen. In der Gartenerde von Delft sehr verbreitet. In jedem Dekagramm Erde fast ausnahmslos auf den nitrificirenden Agarplatten gefunden. Amoeba zymophila. Grösse 10 — 12 /i mit einem Zellkern. Sporen- und Cystenbildung nicht beobachtet. Vermehrung nur durch Theilung, sehr schnell vor sich gehend. Pulsirende und Nebenvacuolen fehlend. Gezüchtet von Trauben aus einem Garten in Gelderland, welche durch Wespen angenagt und in spontane Gährung überge- gangen waren, auf einem Nährboden von Malzextractgelatine, welcher Essigbacterien enthielt. — 25 Zustande Fort- pllanzung Im Ruhe- zustande Im Cystenzustande Ent- wicklungs- cyclus Structur järliches oder un- sichtbares Ectoplas- na, Kern nicht im- mer sichtbar. 1 bis ( Vacuolen. ihr spärliches und licht immer sicht- )arcs Protoplasma, Kern meist unsicht- bar. inzige hyaline oder sehr feinkörnige Sub- stanz, Kern häufig. inzige hyaline Sub- stanz, ohne sicht- hnn-ii Kern. 1. 1., Kern manch- mal sichtbar. Ziemlich reichlich. Sehr reich- lich. Ziemlich reichlich. Ausser- ordentlich reichlich. Sehr ge- ring. Oberlläche oft ■warzig,Inhalt körnig. Kern manchmal sichtbar. Einzige Con- tour, körniger Inhalt. Id. id., Grösse einheitlicher. Id. id., Grösse sehr -wech- selnd. Id., körniger, sehr licht- brechender Inhalt, Kern sichtbar. Wie in A. oblonga, aber mit innerer Wand, eckig oder rund- lich. Einzige Wand, punktirter In- halt. Grösse 0,6 — 2 p.. Id. id. Grösse einheitlicher, von 0,.5-l tj.. Einzige Wand, hyaliner oder sehr fein getüpfelter Inhalt. Grösse sehr wechselnd, 0,2 bis 2 ij.. Doppelte Wand, äussere dicker, leicht gewölbt, innere kreis- rund. Der Inhalt besteht aus 1 bis 2 grossen Körnchen und aus einer feinkörnigen und hyalinen Masse. Grösse von 1,5-2 /.. Circa CO Stdn. Circa 30 Stdn. Circa 70 Stdn. Circa 20 Stdn. Einige Tage. Als eine gezüchtete Species ist ferner anzuführen die Amoeba coli Schardinger. Grösse durchschnittlich 15 — 20 ^w. Lebhaft be- weglich. Pulsirende Vacuolen nicht beobachtet. Cystenbildung. Cysten rund oder polygonal mit einem farblosen, scharf abgegrenzten Saum und einem gekörnten Inhalt von bräunlicher Farbe; darin 1—2 Kerne. Wachsthum bei Brutteraperatar auf einem Nährboden von Heuinfus- agar. Gezüchtet aus dem Darm eines an fieberhafter Diarrhoe leiden- den Mannes. Weiter hat Frosch eine Amöbenart cultivirt, welche der Garten- erde entstammt, im Allgemeinen ähnlich der Amoeba nitrophila Beyerinck, jedoch in einzelnen Punkten von ihr abweichend. Charak- teristische Merkmale: lappige Fortsätze, sich stetig verändernd, mit Kern und contractiler Vacuole. Vermehrung durch Theilung, unter ge- wissen Umständen auch durch Sprossung, bildet Cysten von durch- schnittlich 12 II Grösse, mit deutlich doppeltcontourirter, stark licht- brechender Schale, in deren Innern stets ein kernähnliches Gebilde liegt, umgeben von einem Kranz radiär gestellter Stäbchen. Die — 26 — Schale hat an drei Stellen, welche gleichweit von einander entfernt sind, kegelsturapfälinliche Verdünnungen von der inneren Wand aus- gehend, welche mit der schmalen Basis an der äusseren Wand endigen, ohne jedoch dieselbe zu durchbrechen. Gezüchtet auf einem Agar- nährboden von bestimmter Zusammensetzung (cf. Cap. Züclitung der Amöben). Ferner ist anzuführen die Amoeba albuminis, welche von Balsamo-Crivcilo und Maggi sowie Monti auf Eierei weiss culti vi rt wurde, und mehrere Amöben, welche von Casagrandi und Barba- gallo gezüchtet wurden, wie Amoeba viridis, foliata, nudosa, diffluens, gracilis etc. Ausser den aufgezählten cultivirten Amöben seien hier noch fol- gende unbeschalte amöbenartige Rliizopoden aus der Literatur aufgeführt, Bütsclili folgend. Die Moneren Häckel's, Protamoeba, j\Iyxodictyon, Protomyxa el.c, deren Zugcliörigkeit zu den Rhizopoden fraglich ist, schliessen wir liier aus. Pelomyxa palustris Greeff, amöbenartig, von beträchtlicher Grösse (bis 2 mm) Durchmesser, mit bruchsackartigen, stumpfen Pseudopodien, mit zahlreichen Kernen und sogenannten Glanzkörpern, gewöhnlich auch mit kleinen, stäbchenartigen Körperchen. Süsswasser. Amphizonella Greeff, amöbenartig, mit ziemlich dicker gal- lertiger Hülle, die von kurzen, hyalinen, fingerartigen Pseudopodien durchbohrt werden. Wohnort: feuchte Erde, Süsswasser. Placopus F. E. Schulze. Synon. Hyalodiscus Mereschkowsky. Mit Kern und contractiler Vacuole. Pseudopodien abweichend, schwimm- hautartige Plattenfortsätze. Es treten mehrere unter verschiedenen Winkeln zueinander gestellte und miteinander verschmelzende Lamellen auf der Oberfläche des Thieres hervor; dieselben schliessen trichter- artige oder kappenförmige Hohlräume mit weiter nach aussen ge- richteter Mündung ein. Zuweilen jedoch aucli in hyalodiscusartigen Zustand übergehend. Encystirung ziemlich wahrscheinlich, die dünne Cystenwand besitzt eine regulär kugelige Bildung und liegt dem Weich- körper dicht auf. Wohnort: Süsswasser. Leydenia gemmipara Schaudinn, amöbenähnlicher Rhizo- pode. Gewöhnlich 1 Kern und 1 pulsirende Vacuole. Pseudopodien- bildung ähnlich wie bei Placopus. Fortpflanzung durch Theilung und Knospung. Näheres später im Capitcl Parasitäre Amöben. II. Testacea. Auch diese bilden keine fest abgeschlossene Gruppe. Die Aus- bildung der S(;halcn ist manchmal eine sehr geringe. Wir rechnen hierher mit Bütschli auch die mit weniger gut ausgebildeter Hülle — 27 — versehenen Formen, die von R. Hertwig als Lepamoeba unter die Familie Amoebina gezählt werden, Charactermerkmale : Schalen- wandung mehr oder weniger sohd, nicht von feinen Poren durchbohrt, dagegen mit einer Mündung versehen. Es gehören hierher die ein- axigen, einschaligen, einwandigen Formen. Die Abgrenzung gegen die Foraminifera ist schwer. Die Amphistomata bei Seite lassend, führen wir hier an die 3 Familien Arcellina, Euglyphina und Gro- miina. 1. Familie. Arcellina: meist ein Kern und contractile Va- cuole. Schale einachsig, kappenförmig bis langgestreckt. Lappige Pseudopodien. Cochliopodium, Hertwig und Lesser, Schale biegsam, dünn und von kappenartiger Gestalt, dem Weichkörper dicht anliegend. Weite Mündung. Lobose Fortsätze, bündelartig hervortretend. Coch- liopodium bilimbosum Auerbach. Süsswasser. Arcella vulgaris, Ehrenberg und von zahlreichen anderen Forschern beschrieben. Schale von feiner Gitterstructur, uhrglas- förmig, mit convexer Oberseite und flacher Oralseite, in letzterer Mündung in der Mitte' kreisrund. Farbe braun. Weichkörper die Schale nicht ganz ausfüllend. In der Regel mit mehreren Kernen und Vacuolen. Wohnort: Süsswasser, feuchter Sand und Moos. Meh- rere Arten. Aehnlich Pyxidicula Ehrenberg und Pseudochlamys Cla- parede und Lachmann, nach Bütschli vielleicht Jugendzustände der Arcella. Hyalosphenia Stein. Gestalt oval oder birnenförmig, mit verlängerter Hauptachse. Etwas comprimirt. Schale chitinös, struc- turlos. Mündung einfach. Thierkörper die Schale nicht völlig aus- füllend. Süsswasser. Mehrere Arten. Quadrula F. E. Schulze, Gestalt oval, birnenförmig, weniger comprimirt als Hyalosphenia, Schale meist aus quadratischen, glas- hellen Plättchen aufgebaut, am Hinterende der Schale zuweilen be- stachelt. Verschiedene Arten, z. B. Quadrula symmetrica Wallich. Difflugia proteiformis, Ehrenberg. Von vielen Forschern beschrieben. Gestalt variabel, einachsig, kugelig, bis langgestreckt. Hinterende zuweilen in eine Spitze ausgezogen oder mit mehreren hornartigen Fortsätzen versehen. Häufig stark comprimirt. Mündungs- rand nicht selten nach innen oder aussen umgeschlagen. Weichkörper die Schale in der Regel nicht ganz ausfüllend. Fortsätze lappig, selten etwas zerschlitzt. Kerne und Vacuolen mehr oder weniger zahlreich. Schale mit Fremdkörpern incrustirt, die durch chitinöses oder zum Theil protoplasmatisches Bindemittel verkittet werden (vor- — 28 — zugsweise Sandkörnchen, Diatoraeenschalen, seltener runde bis ovale Scheibchen sowie cylindrische Stäbchen von zweifelhafter Herkunft). Circa 1 Dutzend Arten sind beschrieben, z. B. Difflugia oblonga Stein, — triangulata Lang, — carinata Archer, — globulosa Dujardin, — marsupiformis Wallich, — aculeata (Echinopyxis Claparcde nnd Lachmann, Centropyxis Stein) Ehren berg, — acropoda Hertwig und Lesser, — Corona Wallich, — pyriformis Perty, — acuminata Ehren- berg, — lageniformis Wallich (urceolata Carter), — - Lecquereusia spi- nalis Leclerc, — bipes Carter, — Pseudodifflugia (?) Helix Entz, — Pseudodifflugia amphitreraatoides Archer. Petalopus, Claparcde und Lachmann. Schale zweifelhaft, oval. Pseudopodien mit vorn abgestutztem Vorderende ausgehend, etwas verästelt und an den Enden plattenartig verbreitert. Ob Nucleus und contractile Vacuole? Süsswasser. 2. Familie. Euglyphiiia: Schale chitinös oder kieselig, aus hexagonalen oder rundlichen Plättchen bestehend, einachsig bis bila- teral. Fadenartige Fortsätze, wenig anastomosirend. Mit Kern und contractiler Vacuole. Euglypha. Dujardin und andere Untersucher, Carter, Hert-. wig, Lesser, F. E. Schulze etc. haben sie zum Gegenstand ihrer Forschungen gemacht. Schale aus kieseligen, kreisförmigen bis hexa- gonalen Plättchen bestehend, in schiefen Reihen angeordnet, einachsig, ellipsoidisch bis beutet- und birnenförmig. Weite Mündung mit zacki- gem Rand. Am hintern Ende häufig Stacheln, auch zuweilen an der ganzen Oberfläche kurze Stacheln. Fortsätze nicht anastomosirend. Süsswasser. Verschiedene Arten, z. B. Euglypha alveolata Dujardin, — globosa llertwig und Lesser, — compressa Carter etc. Trinema Dujardin (Carter, Hertwig, Lesser, F. E. Schulze etc.), ähnlich Euglypha in der Schalenstructur und Gestalt. Mündung auf etwas abgeplattete Unterfläche gerückt und somit Schale bilateral. Süsswasser. Cyphoderia margaritacea, Schlumberger (Hertwig, Lesser, F. E. Schulze etc.). Schale aus chitinösen Plättchen ge- bildet, jedoch kleiner als bei Euglypha und Trinema. Gestalt läng- lich beuteiförmig, mit halsartig gerader oder nach der Seite gewen- deter Mündung. Süsswasser und Ostsee. 3. Familie. Crromiiiia, Bütschli: Schale chitinös, fast immer ganz structurlos. Gestalt einachsig, oder etwas bilateral, oval. Mün- dung verengt. Fortsätze dünn, fadenförmig, spitzig, reticulös. Mit oder ohne Vacuole und Kern. Lieberkühnia, Claparede und Lachmann. Syn. Gromia — 29 — Cienkowsky. Gestalt eiförmig, Schale dünn, dicht anliegend. Mün- dung hinter dem etwas zugespitzten Vorderende. Fortsätze von einem Pseudopodienstiel, aus der Mündung hervortretend, sehr reiche Netz- bildung. Ohne contractile Vacuole und Kern. Süsswasser. Microgromia sooialis, R. Ilertwig. Schale beuteiförmig, klein, etwas bilateral. Mündung halsartig ausgezogen. Weichkörper die Schale nur zum Theil ausfüllend. Fortsätze von einem ovalen Pseudopodienstiel entspringend. 1 Kern und 1 contractile Vacuole. Häufig coloniebildend. Süsswasser. Platoum, F. E. Schulze, ähnlich der vorigen. Mündung etwas spitziger ausgezogen. Schale biegsam, den Weichkörper nicht völlig ausfüllend. Häufig coloniebildend. Wohnort: Süsswasser, feuchte Erde und faulende Stoffe. Mehrere Arten, z. B. — stercoreum Cien- kowsky. Plectophrys, Entz, nur durch eine eigenthümliche faserige Schalenstructur von der vorigen abweichend. Wohnort: Salzteich bei Khiusenburg (LFngarn). Lecythium, Hertwig und Lesser. Schalengestalt ähnlich Microgromia, der Weichkörper dicht anliegend. Mit Kern. Gewöhn- lich ohne contractile Vacuole. Zuweilen Colonien bildend. Süss- wasser. Gromia, Dujardin und von anderen Forschern beschrieben. Gestalt oviforra oder sphärisch, Schale chitinös, dicht anliegend, bieg- sam. Wanddicke variabel. Weite Stundung. Fortsätze treten etwas nach aussen und überziehen die Oberfläche des Gehäuses dünn. Von diesem Protoplasma gehen feinste Fädchen nach allen Richtungen, sehr lang sich gabelnd und netzförmig sich verbindend mit benachbarten Fortsätzen. Kern ein- oder mehrfach. Meist ohne contractile Vacuole. Im süssen und Meerwasser. Mehrere Arten, z. B. ■ — oviformis. Diaphoropodon, Schale einachsig, oviform, aufgebaut aus losen vereinigten Fremdkörpern (besonders Diatomeen). Pseudopodien zweierlei Art; entweder zahlreiche, sehr lange, hyaline, zuweilen tannenbaumartig verästelt, aus der Mündung hervortretende oder haar- förmige, nicht retractile, allseitig zwischen den Schalenpartikelchen hervorspringende, deren Pseudopodiennatur noch zweifelhaft ist. Mit contractiler Vacuole. Süsswasser. — 30 — Capitel IV. Die parasitären Amöben. Unter den Protozoen belinden sich eine grosse Zahl parasitärer Formen, welche für Thier und Menschen gesundheitsschädlich sind. Die Sporozoen besonders sind sämratlich Parasiten und gefährliche Gäste. Die übrigen 3 Classen der Protozoen weisen im Allgemeinen nicht so pathogene Formen auf, sie sind nur theilweis parasitär. Parasitische Flagellaten beim Menschen kennen wir mehrere, z. B. Plagioraonas urinaria, Trichomonas vaginalis, Trichomonas hominis, Cercomonas intestinalis Lambl (Megastoma entericum Grassi). Ihre pathogene Bedeutung ist nicht überall festgestellt. Von den Infusorien (Ciliaten) sind parasitische Formen aus den Ordnungen Heterotricha und Peritricha bekannt, wie Balantidium coli beim Menschen und Schwein; auch deren Pathogenität ist nicht zweifellos. Den Vorti- cellen ist wohl ein schädlicher Einflnss abzusprechen. Die Rhizopoden scheinen im Allgemeinen, soweit bis jetzt be- kannt, selten eine parasitische Lebensweise zu führen. Was in dieser Beziehung von ihnen bekannt ist, bezieht sich auf Amöben, welche als Schmarotzer bei Thieren und Menschen gefunden sind. Nur unter den nackten Formen scheinen Parasiten vorzukommen. Von den be- schälten Amöben ist Sicheres nicht beobachtet. E, Bück theilt mit, dass Lecythium hyalinum sowohl in ver- schiedenen Räderthieren, Cyclopslarven und Infusorien, als auch in den Zellen von Süsswasserpflanzen parasitisch vorkomme. Durch Eindringen von Sporenkeimen und Entwicklung dieser Amöbenart sollen sie tödtlich auf dieselben wirken. Lambl will im Darmschleim eines Kindes Arcellen und Difüugien angetroffen haben, was wohl auf Täuschung zurückzuführen ist. Die Literatur über parasitäre nackte Amöben besagt Folgendes: 1, Amöben in der Mundhöhle des Menschen, Es werden ge- nannt: Amoeba gingivalis Gros, Amoeba buccalis Sternberg und Amoeba dentalis Grassi, Die beiden ersterwähnten sind im Weinstein der Zähne entdeckt worden, Ihre pathologische Bedeutung ist nicht bewiesen. Ebenso ist zweifelhaft, ob es selbstständige Species oder nur Entwicklungsstadien anderer Organismen sind. Bei der Amoeba dentalis lässt Grassi selbst eine Verwechslung mit Speichelkörper- chen zu, Celli und Fiocca haben in der Mundhöhle des Menschen — 31 — niemals Amöben constatiren können. Dasselbe negative Resultat muss ich bestätigen, obwohl ich den Inhalt derselben anlässlich ver- schiedener Krankheiten mehrmals daraufhin untersucht habe. Da- gegen bin ich mehrmals Amöben mit spitzen Fortsätzen in der Maul- höhle von aphthenseuchekranken Rindern begegnet, die jedoch nur als gelegentliche Mitbewohner, aus dem Trinkwasser herrührend, auf- zufassen sind. 2. In dem Nasenschleim von Menschen haben sich bisher nach meinen, sowie Celli's und Fiocca's Beobachtungen Amöben nicht gezeigt. Untersuchungen bei Thieren fehlen. 3. Unter den Parasiten der Ohren des Menschen werden Amöben nicht erwähnt. 4. Der Augen sohle im des Menschen wies keine Amöben auf. 5. Ebenso vermisst man sie bisher in dem Auswurf der Luftwege. 6. Im Mageninhalt des Menschen sind die beiden genannten italienischen Forscher auf Amöben gestossen und zwar auf Amoeba spinosa. Im Magen frisch geschlachteter Rinder fand ich mehrmals Amoeba oblonga neben verschiedenen Infusorien , die olme Zweifel durch Saufen von schlechtem Wasser hineingelangt waren. 7. Häufiger enthält der Darm des Menschen Amöben. Von Celli und Fiocca wurden hier constatirt Amoeba guttula, oblonga, spinosa, diaphana, vermicularis, reticularis. Quincke und Roos ent- deckten im Darm Amoeba intestini vulgaris und Amoeba coli mitis. Die Amoeba coli Loesch, welche von den verschiedensten Forschern bestätigt wurde, verdient wegen des ausserordentlichen Interesses, das sie in ihrer Beziehung zur Dysenterie hervorgerufen hat, ein eigenes ausführliches Capitel. Nicht nur im menschlichen, auch im Thierdarm sind verschiedentlich Amöben bemerkt worden, so von Celli und Fiocca z. B. bei Fröschen, was auch Lieberkühn's Untersuchungen bestätigen. Sie charakterisirten dieselbe als Amoeba spinosa, die ich ebenfalls mehrfach im Darm von Rana esculenta antraf. Sodann fand man sie bei Mäusen (Amoeba muris, Grassi), Hühnern, Lämmern, Meerschweinchen, Katzen, Kaninchen (Waiden berg) etc.; ich beob- achtete Amoeba spinosa auch im Darm von Schweinen und Ratten. L. Pfeiffer notirt als parasitäre Amöbe aus dem Darm von Blatta Orientalis Amoeba blattae Bütschli. Dieselbe ist gross, mehr- kernig, vacuolenhaltig, hat lappige Pseudopodien, Cystenbildung. Be- wegung träge. Vermehrung durch directe Theilung. In dem Darm von Limax kommt vor Amoeba Limax. Diese ist langgestreckt, keulenförmig und streckt Fortsätze gewöhnlich nur an den Längspolen aus. Der die Richtung angebende Pol ist iramer der breitere, weniger — '^2 — gekörnte. Bewegung meist gradlinig. In der Ruhe sich kuglig con- trahirend. L. Pfeiffer entdeckte im Darm von Succinea eine Amöbe, die er Amoeba succineae benannte. Sie ist einkernig, hat spitze Fortsätze, so dass der Rand zackig aussieht. Langsame Be.wegung. 8. Amöben im ürogenitalapparat des Menschen, 'y^moeba urogenitalis ßaelz. In dem blutigen Urin einer 23jährigen tuber- culösen Patientin bemerkte Baelz sich sehr lebhaft bewegende, der Amoeba coli gleichende Amöben, welche in der Ruhephase 0,05 mm gross waren, später auch in der Vagina, wesshalb er annimmt, dass sie aus der \^agina in die Blase gewandert seien. Ferner entdeckte 1889 Jürgens in kleinen Schleimhautcysten einer männlichen Harn- blase Amöben. Drittens beobachtete 1893 Kartulis im blutigen Harn eines an einem Blasentumor leidenden Patienten träge und-kurze Pseudopodien ausstossende Amöben von 0,012 — 0,020 mm Grösse, deren Kerne und Vacuolen bei Methylenblaufärbung deutlich zu Tage traten. Ausserdem berichtet noch Posner 1893 von Amöben im Harn. Im blutigen, eiweisshaltigen, rothe und weisse Blutkörperchen und vereinzelte Nierenepithelien mit Cylind3rn enthaltenden Urin eines im Juli 1892 an Schüttelfrost erkrankten 37jährigen Mannes zeigten sich amöboide Gebilde (0,050 mm lang, 0,028 mm breit) mit mehr- fachen Kernen, Vacuolen, welche neben anderen fremden Einschlüssen rothe Blutkörperchen enthielten und langsam ihre Form veränderten. Nach einigen Tagen war der Urin blut- und amöbenfrei. Diese Attaque wiederholte sich später noch in unregelmässigen Pausen mehrere Male. Posner führt in diesem Falle die Erkrankung auf Amöben zurück und glaubt, dass dieselben von der Blase aus in das Nierenbecken gelangt sind, sich dort in einer Cyste eingenistet und von hier aus die mehrfachen Rückfälle hervorgerufen haben. Ob in den angeführten Beobachtungen den Amöben eine ätiologische Bedeutung zukommt, darüber können nur weitere Untersuchungen Aufschluss geben. Jeden- falls fordern sie auf, in ähnlichen Fällen mehr als bisher auf Amöben- funde zu achten. — Celli und Fiocca fanden den männlichen Uro- genitalapparat stets frei von Amöben. Dagegen erkannten sie im weiblichen Amoeba spinosa und vermicularis. 9. Auch in der Scheide bei Frauen fehlen sie nicht. -Wie vor- hin erwähnt, constatirte sie Baelz daselbst, ferner Celli und Fiocca (A. spinosa und vermicularis). Die A. vermicularis bemerkten letztere auch in der Scheide einer krebskranken Frau. Rossi Doria fand bei Endometritis chronica glandularis ebenfalls Amöben. Ueber den Scheidenschleim von Thieren liegen keine Veröffentlichungen vor. — 33 — 10. Amöben in einem Abscess am Boden der Mundhöhle. Flcxner machte 1892 eine Mittheilung über derartige Befunde bei einem 62jährigen Manne, der, soweit sich dies feststellen liess, früher an Dys>enterie litt. Nach Exstirpation eines kleinen Knotens unter dem Zahnfleische des Unterkiefers entstand eine ausgedehnte entzünd- liche Schwellung am Boden der Mundhöhle, welche bis zum Angulus maxillae inferioris und bis zur Cartilago cricoidea reichte. Es bil- dete sich Eiter. In dem entleerten Eiter waren unter anderen auch Amöben, besonders in den Fetzen. Sie hatten körniges Plasma und Vacuolcn, sie bewegten sich, Fortsätze aussendend, in Kochsalzlösung ca. 15 ^Minuten und konnten durch Erwärmung des Objectglases auf kurze Zeit wieder bewegungsfähig gemacht w^erden. Kern undeut- lich. — Ferner hat Kartulis Amöbenbefunde publicirt aus einem Submaxillarabscess eines 43jährigen Arabers in Alexandria. Es handelte sich um eine Caries des rechten Unterkiefers. Der Eiter sowie die extrahirten Knochenfragmente enthielten neben Bakterien auch Amöben von grobkörnigem, Erythro- und Leukocyten ein- schliessendem Protoplasma, mit lebhafter Bewegung und schnell aus- tretenden langen Fortsätzen. Grösse 0,030 — 0,038 mm. Kerne und Vacuolen nicht deutlich sichtbar. 11. Von einem in den verschiedensten Organen verbreiteten Vorkommen der Amöben berichten Nencki, Sieber und Wyzni- kiewicz bei pestkranken Rindern. Sie fanden dieselben nicht allein im Verdauungstractus, im Uterus- und Nasenschleim, sondern auch in den inneren Organen, wie Leber, Milz, Niere. Ueber die Form und Species machen sie keine näheren Angaben. 12. Ich selbst traf Amöben an gelegentlich der Untersuchung des Secretes eines sehr ausgedehnten, eiternden Unters chenkel - geschwürs einer alten Frau Chr. R. im üorfe B., welche sich leb- haft bewegten und durch die Art der Fortsätze als Amoebae spinosae documentirten. Die Frau hatte die Gewohnheit, da „alle anderen Flüssigkeiten ihr Schmerzen verursachten". Graben wasser zum Kühlen zu verwenden, und dürfte auf diese Weise ihre Anwesenheit in dem Ulcus zu erklären sein, um so mehr, als in dem betreffenden Graben- wasser die Amoeba spinosa heimisch war. 13. Ein einziger Fall ist notirt von einer Amöbenansiedelung auf der Haut bei Schafen mit schwerer Hautaffection (Lendenfeld). 14. Schliesslich haben wir noch einer sehr wichtigen Publication zu gedenken von Leyden und Schaudinn 1896. Es betrifft diese die „Leydenia geramipara Schaudinn, ein neuer in der Ascites- Belila, Die Amöben. 3 — 34 — flü.ssigkeit des lebenden ^leiisclien gefundener amöbenähnlichcr Rlii- zopode". Bei zwei auf der ersten medicinisclien Klinik zu Berlin befind- lichen Patienten, einem '22jährigen Mädchen mit starkem, bereits wiederholt punktirtem Ascites, nach dessen Entfernung regelmässig knollige Tumoren im Abdomen gefühlt wurden, und einem 63jährigen an Magencarcinom und Ascites leidenden Manne , fanden sich in der durch die Punktion entleerten trüben Bauch 11 üssigkeit bei der mikro- skopischen Untersuchung neben anderen Bestandtheilen grosse blasse, rundliche Zellen mit strahlen- oder borsten förmigen Ausläufern, er- heblich grösser als Leukocyten und mit fettartigen Tropfen und gelbem Pigment ausgefüllt, meist in Nestern zusammenliegend. In den heissen Julitagen zeigten dieselben eine lebhafte Bewegung unter dem Mikro- skop. Auch beobachtete man, wie sie sich zu eigeiithümlichen, netz- förmigen Gebilden vereinigten, auf deren Ausläufern knopfartige Knospen aufsassen, die sich loslösten und wieder zu Zellgebilden ent- wickelten. Diese Bewegungsvorgänge Hessen bei Zimmertemperatur von 24 — 250 C. sich 4 — 6 Stunden lang beobachten, selbst in einer Ascitesllüssigkeit, welche bereits 3 — 7 Tage steril aufbewahrt gestan- den hatte. Die Auffassung Leyden's, dass es sich hier um Lebe- wesen handelte, die der Classe der Protozoen angehörten, wurde von Dr. Schaudinn, Assistent am Berliner zoologischen Institut, einem gründlichen Kenner der Protozoen, bestätigt. Schaudinn stellte fest, dass es sich in beiden Fällen um die- selbe Species eines parasitären amöbenähnlichen Rhizopoden handelt, den er zu Ehren seines ersten Beobachters und weil derselbe sich durch Knospung fortpflanzt, „Leydenia gemmipara Schaudinn" nannte. Die Untersuchung geschah folgendermassen : Sofort nach der unter allen aseptischen Cautelen ausgeführten Punktion wurde die trübe Ascitesllüssigkeit meist centrifugirt, ein Tropfen des Bodensatzes oder auch der uncentrifugirten Flüssigkeit auf einen Objectträger gebracht und mit einem Deckgläschen bedeckt, das durch vorhergegangenes Umschmelzen der Ecken in der Flamme verhindert wurde, einen Druck auf das Präparat auszuüben. Die Deckgläschen wurden darauf mit Wachs umzogen und bei 25 ^ C. Zimmertemperatur (Juli) oder im Thermostaten untersucht. Nach Schaudinn's Untersuchungen haben diese Gebilde im con- trahirten Zustand kuglige oder unregelmässig polygonale Gestalt mit höckeriger Oberfläche, von 3 — 36 fj Grösse. Im nichtcontrahirten Zu- stand sind sie noch grösser. Sie besitzen eigene Bewegung und ver- ändern, wenn auch langsam, ihre Gestalt. Sie senden ihre Pseudo- — 35 — podicii nach verschiedenen Richtungen aus. Die Fortsätze sind ent- weder hyalin, lamellös, oder körnig, fadenförmig ; beide Formen treten gewöhnlich combinirt auf. Das Plasma ist dicht besetzt mit gelblich glänzenden, stark lichtbrechenden Körnern, ihr Aussehen bei durch- fallendem Licht ziemlich opak. Ecto- und Entoplasma sind nie scharf geschieden. Beim Aussenden der Fortsätze rückt das körnige Ento- plasma allmälig in die hyalinen Lamellen. Li letztere hinein treten Stränge körnigen Plasmas, welche sich über die Grenzen der Lamellen hinaus in das umgebende Medium ausdehnen und lange spitze Pseudo- podien bilden. Ihre Basen werden dann durch die lamellöscn Plasma- platten wie durch Schwimmhäute verbunden. Diese plattenartigen Pseudopodien sind eigenthümlich und erinnern sehr an den von F. E. Schulze beschriebenen Placopus; es brechen bei beiden mehrere unter verschiedenen Winkeln zu einander gestellte und mit einander verschmelzende Lamellen auf der Oberfläche des Organismus hervor, dieselben schliessen trichterartige oder kappenförmige Hohlräume mit nach aussen gerichteter Mündung ein. Während bei Placopus die Stränge mit körnigem Inhalt an den Lamellenkanten nur bis zur Grenze der Lamellen reichen, entwickeln sie sich bei Leydenia als lange filöse Fortsätze öfters darüber hinaus. Verschmelzung derselben zwischen verschiedenen Individuen findet häufig statt. Eine vorhan- dene Neigung zur Plastogamie liefert grosse Aggregat-Plasraodien. Als Einschlüsse im Plasma sind zu nennen Körner fettartiger Natur, eckige, krystallähnliche, von grünlichem Schimmer, vielleicht Excret- körner, Nahrungsreste etc. Die Nahrung scheint aus Blutkörperchen zu bestehen, welche der Parasit umfliesst und aussaugt. Gewöhnlich besitzt die Leydenia mehrere Flüssigkeitsvacuolen , eine pulsirende Vacuole (Y^stündl. Contraction) und einen Kern. Der Kern hat gewöhnlich Ys ^^^ Grösse von dem Gesammt- dufchmesser des Individuums und einen grossen stärker lichtbrechen- den Kernkörper. Er tritt durch Färbung mit verdünntem Grenacher- schen Hämatoxylin und mit Heidenhain'schem Hämatoxylin deuthch hervor. Durch die Färbung mit Thionin, Brasilin, Boraxcarmin sind im Centrum des Kernes gehäufte Chromatinkörner nachgewiesen worden. Die Fortpflanzung erfolgt durch Theilung und Knospung. Die Knospung der Amöben war in der Ascitesflüssigkeit zur Zeit so lebhaft, dass kaum ein Individuum ohne Knospe angetroffen wurde. In den kleinsten 3 — 4 ,u messenden Knospen ist der Kern gerade noch als Punkt zu sehen. Die Kerntheilung geht der Plasmatheilung der Amöbe voran. Der Kern schnürt sich in zwei ziemlich gleiche Theile, wird hanteiförmig und schnürt sich durch, dann lösen sich die 3* — 86 — Thcile von einander; diese wachsen weiter und können sich sofort wieder theilen. In Anbetracht aller charakteristischen Eigenschaften setzt Seh au d in n die Parasiten, was die zoologische Stellung anbe- langt, in die Nähe des freilebenden Placopus. Ob dieser Parasit mit der Krebskrankheit etwas zu thun hat, darüber enthalten sich sowohl Leyden wie Schaudinn jedes Urthcils, geben aber die Möglichkeit zu. Um diese Frage zum Austrag zu bringen, sind weitere Beob- achtungen und Culturversuche nebst Impfungen durchaus nothwendig. L. Pfeiffer hat diese Veröifentlichung in der Münchener medicinischen Wochenschrift 1896 (No. 38. S. 894) kritisch besprochen. Er giebt die Parasitennatur der Leydenia nicht ohne Weiteres zu. Er weist darauf hin, dass grosse voluminöse amöboide Zellen mit Körncheninhalt, mit Pseudopodienbildung, mit selbstständiger Ortsbewegung, mit üm- iliessen der Nahi-ungskörper etc. vorkommen im ßläscheninhalt von Variola, Vaccine, Varicellen, Herpes zoster, Pemphigus etc. und ähn- liche Zellen von annähernder Grösse in dem Ausschlag von Hunde- staupe, im Speichel bei Klauenseuche, im Auswurf bei Keuchhusten, bei Noma im Eiter, im trüben Pleuraexsudat und wahrscheinlich bei noch sehr vielen Exsudationsprocessen. Daher ist nach L. Pfeiffer's Ansicht die Leydenia kein Parasit, sondern ein Abkömmling von einem Gewebe der Kranken, eine Exsudatzelle. Er betont, dass diese Zellen Abkömmlinge von Binde-, Muskel- und Epithelgewebe sein können. Er giebt dafür Eiteraturbeläge^) und bezeichnet im Gegensatz zu seinen früheren Anschauungen diese Art Zellen als Exsudatzellen zur Unterscheidung von den kleinen Leukocyten. „Alle diese Zellen", sagt er, „haben die einfache und die beschleunigte Kerntheilung, ihre Be- wegungen unterscheiden sich in nichts von denen der Amöben, es ist eine active Bewegung des hyalinen Protoplasmas, dem das mehr oder weniger gekörnte Protoplasma passiv folgt. Eine pulsirende Vacuole haben sie nicht." — Schaudinn erwähnt aber ausdrücklich eine solche bei der Leydenia. Er sagt: „An flach ausgebreiteten Indivi- duen kann man sich leicht von dem Vorhandensein einer pulsirenden Vacuole überzeugen, ihre Contractionen erfolgen ziemlich langsam." Die Klarstellung über die Leydenia muss der Zukunft überlassen werden. 1) A. 0. 0. Kücken Ihal hat bei den Anneliden und Polychaeten für die in der Leibeshöhle frei umlierschwimmenden Amöboidzellen den Zusammenhang mit Bindegewebszellen des Blutgefässsystems nachgewiesen. Metschnikoff lässt diese Amöboidzellen direct aus dem Muskelgewebe entstehen, z. B. bei der Sar- colyse des Froschschwanzes. — Er verweist ferner auf die neuerdings von Gra- witz untersuchte Lebenszähigkeit der Epithelialgebilde und deren Abkömmlinge. — 37 - Dasselbe gilt von den anderen in diesem Capitel aufgezählten Amöben. Abgesehen davon, dass Täuschungen bei diesen Veröffent- lichungen mit Leukocyten vorliegen können, ist der strenge Beweis zu bringen, ob ihnen eine pathogene Bedeutung zukommt, oder ob sie nur secundäre Begleiter des betreffenden Krankheitsprocesses sind. Auch hier kann nur die von Koch aufgestellte strenge Forderung: Reinzüchtungen, Impfungen und Erzeugen derselben Krankheit, eine endgiltige Lösung bringen. Ausser den ßacterien ist auch diesen Ge- bilden eine grössere Aufmerksamkeit als bisher zu schenken im un- gefärbten frischen Präparat. Sie verdienen, — nicht mehr übersehen zu werden. Capitel V. Die Dysenterieamöbe. Die Aetiologie der Dysenterie hat eine interessante Geschichte. Bereits Lambl in Prag hatte 1860 im Schleim eines zweijährigen au Enteritis verstorbenen Kindes amöbenartige Gebilde von 4,6—6,2 ,u bemerkt. 1870 sahen Lewis und Cunningham bei Cholerafällen und anderen Darmkrankheiten in Lidien Amöben. 1875 machte Loesch die erste ausführliche Mittheilung von Amöben bei einem echten Falle von Dysenterie. Sie erschien in Virchow's Archiv. Es handelte sich um einen 24 jährigen Bauer in Petersburg, welcher schon längere Zeit an heftigen dysenterischen Erscheinungen litt. Er fand im Stuhl ausser weissen und rothen Blutkörperchen, zerfallenen Darm- epithelien, Zellendetritus, Bacterien, Speiseresten etc. zellenartige Ge- bilde von rundlicher, ovaler, birnförmiger und unregelmässiger Form, sich immer bewegend und den Ort wechselnd. Nach den Bewegungen war es ihm kein Zweifel, dass er es nicht mit pathologischen oder physiologischen zelligen Elementen, sondern mit thierischen Lebewesen, und zwar Amöben, zu thun hatte. Er giebt von diesen folgende Be- schreibung: Die im Allgemeinen rundliche Leibessubstanz hat grob- körniges, theilweise hyalines Protoplasma. Das Ectosark ist beim Ruhezustand kaum sichtbar, bei der Pseudopodienbildung hyalin her- vortretend. Lii Endosark finden sich feine Granula und Nahrungs- reste, wie Bacterien, Amylumkörnchen, Darmepithelzellen, rothe Blut- körperchen, Leukocyten etc., aucli Zinnoberpartikelchen wurden in — 38 — ihnen bemerkt, nach Einverleibung solcher per Klysma. Die „Amoeba coli" besitzt einen runden blassen, bläschenförmigen Kern, ein Kern- körperchen, (las bei der Bewegung seine Stellung wechselt. Im Innern bemerkt man ausserdem Yacuolen, 1 — 2 und meiirere. Bei der Beob- achtung sind dieselben bald grösser, bald kleiner und nehmen bei der Bewegung statt der runden öfters eine ovale, länglich bohnen- förraige oder unregelmässige Gestalt an. Contractile Yacuolen fehlen. Die Pseudopodien erscheinen in geringer Anzahl. An einer Stelle der Oberfläche erhebt sich ein glasheller Höckei-, der sich weiter erstreckt und in den die körnige Substanz nachrückt. Einziehen und Aus- senden der Scheinfüsse wechselt ab. Die Ortsveränderung ist eine langsame. Innerhalb einer Minute legen sie eine Strecke zurück, die der Länge des Körpers entspricht. Mit Anilinfarben färben sie sich weniger gut als mit Eosin. Die Grösse schwankt zwischen circa 15 bis 35 /'. Die Zahl derselben in diesem Falle war eine enorme. Lösch sah bei einer 500 fachen Vergrösserung im Gesichtsfeld 50 bis 60 Exemplare. Er brachte sie mit der Krankheit in Beziehung, bezeichnete sie jedoch nicht als direkte Erreger der Ruhr. Er war der Ansicht, dass durch die Amöben heftige ulcerative Entzündungen im Darmkanal hervorgerufen oder bei schon bestehender Darraaffection die Heilung hingezogen werden könne. In den folgenden Jahren wurden mehrfach Amöben bei Darmkrankheiten constatirt, so von Norm and 1879 bei zwei an Enteritis leidenden Patienten in Hongkong, von Sonsino bei einem Kinde in Cairo; 1879 entdeckte sie Grassi bei Dysenterie-, Typhus-, Cholera-, Pellagrakranken in Rovellaria, Messina, Mailand, Pavia. 1882 erwähnt sie Perron cinto bei einem Fall von Enteritis in Mailand. Robert Koch stellte sie fest 1883 in Egypten bei 5 Dysenteriefällen, in der Tiefe der Ulce- ration und im angrenzenden Gewebe, ebenso in Indien. Eine grössere Aufmerksamkeit wurde diesen Lebewesen zu Theil, als Kartulis 1885 sie mehrfach in den Darmentleerungen bei endemischer Dysenterie antraf und, da er sie bei anderen Darmkrankheiten, Typhus, Tuber- culose etc. nicht fand, als Träger des Dysenteriecontagiums proclamirte. Darauf hat Kartulis dieser AfFection sein besonderes Interesse ge- widmet; es erschienen mehrere Publicationen und 1889 verfügte er bereits über ein Kranken material von 500 Fällen. Er constatirte die Amoeba coli auch in Darmschnitten, sowie in dem Eiter dysenterischer Leberabscesse und deren Wandungen. Die Folgezeit bestätigte seine Angaben. Eine Reihe von Forschern berichteten darüber, und es zeigte sich, dass die geographische Verbreitung eine weit grössere war. Man stellte Amöben fest in den Dejectionen sowohl als in Darm- - 39 — schnitten und Leberabscessen Dysenterischer. Hlawa fand sie in Prag (60 Fälle endemischer Dysenterie); Osler (Baltimore), Council- man, Lafleur, Simon, Musser, Eichberg, Dock, Stengel, Lutz in Amerika, Calandruccio und Fenoglio in Italien und Sar- dinien, Vivaldi in Padua, Massiutin in Kiew, Kartulis in Athen, Cahen in Graz, L. Pfeiffer in Weimar^), Kruse und Pasquale in Egypten, Lobas in Sachalin, Nasse in Florida, Eizzozero in Italien, Harold und Curnow in einem von Indien nach London verschleppten Falle, Koväcs in Oesterreich (von Sumatra eingeschleppt), Baelz in Japan, Ebstein in Prag etc; Da die Stimmen aus den verschieden- sten Erdstrichen sich mehrten, so wurden die Amöben immer wahr- scheinlicher in ursächlichen Zusammenhang mit der Ruhr gebracht, um so mehr, als von gelungener üebertragung auf Thiere mittelst In- jection von dysenterischem Stuhl vielfach berichtet wurde. Diese Thierexperimente datiren bis auf Loesch zurück. Schon er hat an vier Hunden per os und rectum IY2 Unze amöbenhaltiger Fäces eingebracht; von diesen erkrankte ein Hund an Dysenterie mit blutigem Stuhlgang; die Section 18 Tage später ergab im Rectum Röthung und ülcera mit Amöben. Die. drei anderen Hunde blieben gesund. Ferner hatte Hlava positiven Erfolg bei 4 Katzen und 2 Hunden, während die üebertragung auf Kaninchen, Hühnern, Meer- schweinchen erfolglos war. Ebenso erreichte Kartulis durch mehr- fache Experimente an Katzen die Erzeugung von Dysenterie. Kruse und Pasquale beobachteten unter 16 Versuchen 8mal ein positives Resultat. Im bejahenden Sinne fielen auch die Versuche von Quincke und Roos aus. Bei 8 Katzen wurden mittelst Nelatonkatheter per rectum dysenterische Fäces eingespritzt. Es trat Amöbendysenterie ein mit sehr ausgesprochener ulcerativer Entzündung der Dickdarm- schleimhaut; schon vom 4. — 6. Tage an zeigten sich Amöben. Zwei Katzen wurden per os Amöbencysten eingeführt, diese erkrankten an Dysenterie. Auch Koväcs experimentirte an Katzen, sowie ver- schiedene andere Forscher, welche theils negative, theils positive Re- sultate erhielten. Besonders bestärkten die mit bacterienfreiem Leber- abscesseiter gelungenen Uebertragungsversuche, welchen Experimenten man den Werth von Reinculturinjectionen beilegte, noch mehr die Ansicht, dass in der That die Amoeba coli die Dysenterie ver- ursache. 1) Ich constatirte Amöben bei einer unter Kindern auftretenden Ruhr mit blutigen Stühlen 1896 in dem Dorfe Egsdorf (Kreis Luekau), welche den 1887 von li, Pfeiffer beschriebenen und abgebildeten ähnlich sind. — 40 — Es wurden jedoch bald Gegenstimmen laut, welche die patho- gene Bedeutung der Amöben bei Dysenterie anzweifelten. Man hob zunächst hervor, dass nicht in jedem Fall von Tropendy^enterie Amöben vorkämen. Auch Kartulis hat nicht in jedem der unter- suchten Fälle diese Parasiten bemerkt. Kruse und Pasquale fanden sie nur in Ys der untersuchten Patienten, Celli und Fiocca auch nur in einem gewissen Procentsatz. Ebenso wurden auch nicht in jedem Falle von Leberabscess Amöben constatirt. Sodann wurden die Uebertragungen auf- Thiere nicht als correct anerkannt. Ein Mal erkrankten nicht alle Thiere, ausserdem ist die Interpretation dieser üebertragungsversuche nicht stichhaltig. Der In- jectionsstoff war kein absolut reiner, es wurden auch andere Mikro- organismen mit einverleibt, überdies besass der Darm bereits vor- handene Bacterien. Kartulis legte grosses Gewicht auf ein positiv gelungenes Experiment bei einer Katze, welcher er eine in Strohinfus gezüchtete Reincultur per rectum einspritzte, mit Verschluss des Anus. Die Katze erkrankte, in den Ausleerungen befanden sich Amöben, sie starb am 19. Tage. Im Dickdarm zeigten sich mehrere kleine punkt- förmige Häraorrhagien und Geschwüre. Der Darrainhalt bestand aus Zellenpigment, rothen Blutkörperchen, Leukocyten und vielen Amöben, welche von den menschlichen Dysenterieamöben nicht zu unterscheiden waren. Aber auch dieser anscheinend schlagende Beweis für die Pathogenität dieser Parasiten wurde hinfällig dadurch, dass die Rein- cultur nicht als solche anerkannt wurde, worauf wir später noch zu- rückkommen. Es traten ferner bei der Untersuchung dysenterischer Fäces, wie Quincke, Roos, Picea rdi zeigten, auch andere Protozoen wie Fla- gellaten, Cercomonaden etc. zu Tage. Amöben wurden schliesslich auch bei nichtdysenterischen Darmerkrankungen beobachtet, so von Grassi bei verschiedenen Intestinalkrankheiten, von Cuningham bei Cholerakranken (unter andern auch bei Pferden und Kühen), von Grassi bei Diarrhoe, von Casagrandi, Barbagallo-Rapisardi bei Typhus etc. Ja sogar, was einen Haupteinwurf bildete, man con- statirte sie vielfach auch bei ganz gesunden Personen. Cuningham, Grassi, Celli und Fiocca, Calandruccio wiesen darauf hin. Von Schuberg wurde diese Thatsache voll und ganz bestätigt. Nach Verabreichung von Carlsbader Salz bei 20 völlig gesunden Personen waren in etwa der Hälfte der Fälle im Stuhl Amöben vorhanden, während diese im festen Stuhl fehlten. Nach seiner Ansiclit scheinen die Amöben beim Weitervorrücken des Darminhaltes in Folge der physikalischen und chemischen Bedingungen entweder sich zurückzu- _ 41 — ziehen oder aber in Folge der sauren Gährung in den Kothballen unterzugehen. Er glaubt, dass dieselben, wenn nicht überhaupt regel- mässige, so doch sehr häufige Mitbewohner des Darmes sind. Man hat deshalb behauptet, dass möglicherweise verschiedene Arten von Amöben im menschlichen Darm vorkommen, harmlose und schädliche. Zu dieser Ansicht haben hauptsächlicli die Unter- suchungen von Kruse und Pas([uale, sowie von (Quincke und Roos beigetragen. Im Sommer 1892 begaben sich Kruse und Pas- quale nach Egypten zum Studium der Dysenterie und des Leber- abscesses. Sie begegneten in der Mehrzahl der untersuchten Fälle Amöben und kamen zu dem Schluss, dass diese Parasiten die Ruhr- erreger sind, aber sie machten einen Unterschied in den Arten. Sie entdeckten nämlich in den normalen Fäces ihres Darmes morpholo- gisch von Dysenterieamöben nicht differente Formen, welche für Katzen nicht pathogen sind. Sie nahmen in Folge dessen zwei verschiedene Arten der Amoeba coli an, eine unschuldige (Grassi, Calandruccio, Schuberg), für Menschen und Katzen unschädliche, und zweitens eine pathogene Art, welche für Katzen stets pathogen und als die Ursache der endemischen Ruhr in Egypten zu betrachten ist. Wichtig in dieser Beziehung ist die Arbeit von Quincke und Roos (1893) über Amöbenenteritis; sie beobachteten in Kiel 2 Fälle, von denen der eine wahrscheinlich von einer Infection in Palermo herrührte, der zweite aber am Ort entstanden war. Bei dem ersten Patienten zeigten sich Amöben von 0,020 — 0,025 mm Grösse, mit feingetrübtem Plasma, kugeligem Kern, mit Einschluss von rothen Blutkörperchen; die Cysten derselben waren kugelig, doppelt contou- rirt. Diese Amöben waren für Katzen pathogen. Bei dem zweiten Falle waren die Amöben etwas grösser (0,04 mm), ihr Protoplasma grobkörniger; sie hatten Yacuolen, der Kern war nicht so scharf con- tourirt, die Bewegung nicht so lebhaft; im Innern beobachteten sie nie rothe Blutkörperchen. Injection dieser Amöben bei Katzen führte nicht zum Tode. Dieser Punkt und die verschiedenartigen Krank- heitsbilder der Patienten bewogen sie zu der Annahme zweier ver- schiedener Amöbenarten. Dazu kamen Untersuchungen bei gesunden Menschen nach Schuberg's Vorgange, welche Amöben lieferten, die denen des zweiten Falles ähnlich waren. Auch diese waren für Katzen nicht schädlich. In Folge dieser Beobachtungen unterschieden Quincke und Roos 3 beim Menschen parasitäre Amöbenarten: 1. Amoeba coli Loesch s. coli felis, klein, feingranulirt, für Mensch und Katze pathogen; 2. Amoeba coli mitis, gross, grobgranulirt, für die Menschen, nicht jedoch für Katzen pathogen; 3. Amoeba intestini — 42 — vulgaris, gross, grobgraiiulirt, weder für Menschen noch für Katzen pathogen. Auch Blanchard hatte sclion vorher Artunterschiede ge- macht. Andere Araöbenuntersucher hingegen haben seitdem bemerkens- werthe Unterschiede zwischen den Dysenterieamöben und den Amöben der Gesunden nicht feststellen können. Jedenfalls sind die morpho- logischen Differenzen in Betreff der Grösse, Structur etc. noch nicht genügend klargestellt, dazu bedarf es noch weiterer Untersuchungen, besonders aber Eeinculturen der betreffenden Amöben. Schliesslich wurde der Amöbenätiologie der Ruhr ein starker Stoss versetzt von den Forschern, welche bei Ruhruntersuchungen überhaupt keine Amöben, sondern nur Bakterien feststellten. Diese erweisen sich bereits als sehr zahlreich. Schon früher hatte Klebs kurze Bacillen gefunden. Marfan und Lion züchteten aus dem dys- enterischen Darm Bacterium coli commune, Babcs cultivirte Strepto- kokken, Proteus vulgaris, cholcra- und typhusähnliche Bacillen; Petrone 1884 Kokken, mit deren Culturcn er 2 Hunde dysenterie- krank gemacht haben will. 1885 Condorelli — Maugeri und Aradas erhielten in einer Ruhrepidemie Bacillen , die sie auch im Brunnen- wasser wieder beobachteten. Ch ante messe und Widal 1888 isolirten in 5 Fällen von tropischer Ruhr (1 aus Tonkin, 4 aus Senegal und Cayenne) einen Diphtheriebacillus mit abgerundeten Enden, der auf den gebräuchlichen Nährböden wächst und Anilinfarben schlecht an- nimmt. Culturen desselben per os et anum injicirt, brachten eine dysenterieähnliche Entzündung hervor, Maggiora 1891 in Turin entdeckte in dem Schleim dysenterischer P'äces verschiedenartige Bac- terien, wie Bacterium coli commune, fast stets in Gesellschaft von Proteus vulgaris, in reichlicher Menge, seltener Eiterkokken, Bacillus pyocyaneus etc.; 1892 isolirte Ogata in Japan bei einer Ruhrepidemic ein kleines Stäbchen, welches nach Gram färbbar war, die Nähr- gelatine verflüssigt und für Thiere pathogen ist. Reinculturen des- selben, per os et anum injicirt, erzeugten bei Meerschweinchen und Katzen Entzündung auf der Dickdarmschleimhaut; Laveran 1893 in Paris constatirte verschiedene Bacterien, ohne jedoch einer derselben eine specifische Rolle zu ertheilen. Silvcstri in Nebbiuno (Lago Maggiore) erzielte mehrere Bakterien, darunter 2 /< — 4 fj lange, stark bewegliche Diplokokken, welche per rectum in Culturen eingebracht, bei Hunden und Katzen heftigen Darmkatarrh hervorriefen. Kruse und Pasquale eruirten neben Amöben hauptsächlich Streptokokken. Zancarol in Alexandrien stellte ebenfalls Streptokokken fest, deren Injection chronische Diarrhöe verursachte. Arnaud in Tunis erzielte Bacterium coli commune und will durch Einimpfung dieser Culturen — 48 — hei 5 Hunden Dysenterie zu Stande gebra ÖS artig- Oll <» oHoli^viilste von Prof. Dr. D. Hanseiuann. 1897. gr. 8. Mit 83 Fig. 7 Mark. Praeticuni der pathologischen Histologie. Leitfaden für Studircndc und Aorzte von Professor Dr. Oskar IsraeL Zweite vermehrte iVuflagc. 1893. gr. 8. M. 158 Abb. und 7 Taf. Preis 15 M. Pathologisch- anatomische Diagnostik nebst Anleitung zur Ausführung von Obductionen sowie von pathologisch -histologischen Untersuchungen von Prof. Dr. Joh. Ortll. Fünfte neu bearb. Aufl. 1894. gr. 8. Mit 410 Abbildungen. 16 M. Hundert Jalire allgeiueiiier Pathologie. von Rudolf Virchow. 1895. gr. 8. 1 Mark. Die Sections-Technik im Leichenhause des Charite-Krankcnhauses, mit besonderer Rücksicht auf gei'iclitsärztliclie Praxis erörtert von Rudolf Virchow. Im Anhange: Das Regulativ für das Verfahren der Gerichtsärzte etc. Vierte Auflage, gr. 8. Mit 4 Abb. im Text. 1893. 3 M. Gedruckt bei L. Schumacher in Berliu.