fr 383QQQQQQOQOOQQQBgE I (I B 1 I I I I I I I I öl Marine Biological Laboratory Library Woods Hole, Mass. ^*>*N, Presented by Dr. R. P# Bigelow (June 2, 1954) i ii i i i i i i i i i i D II D IE | E3 JEaQQQQQQQQQQQQQB3E Dr. ö. H. Theodor Eimer. Die Artbildung und Verwandtschaft bei den Schmetterlingen. Eine systematische Darstellung der Abänderungen, Abarten und Arten der Segelfalter- ähnlichen Formen der Gattung Papilio. Die Artbildung und Verwandtschaft bei den Schmetterlingen IL Theil. Eine systematische Darstellung der Abänderungen, Abarten und Arten der Schwalbenschwanz-ähnlichen Formen der Gattung Papilio. Von Dr. G. H. Theodor Eimer, Professor der Zoologie und vergleichenden Anatomie zu Tübingen. Unter Mitwirkung von Dr. K. Fickert, I. Assistent an der zoologischen Anstalt daselbst. Mit 4 Tafeln in Farbendruck und 7 Abbildungen im Texte. Text. Jena, Verlag von Gustav Fischer. 1895. Alle Rechte vorbehalten. Vorwort. Die folgenden Untersuchungen über die Artbildung und Ver- wandtschaft bei den Schmetterlingen werden, ebenso wie der im Jahre 1889 erschienene erste Theil derselben, einen Abschnitt der Natur- geschichte vorführen, welcher die Grundsätze meiner 1888 in dem Buche: „Die Entstehung der Arten auf Grund von Vererben er- worbener Eigenschaften nach den Gesetzen organischen Wachsens" I. Theil (Jena, G. Fischer) vollauf bestätigt und welcher auf einem weiten Gebiete die vollkommene Ohnmacht der Darwinschen Naturzüchtung beweist. Die Zeichnungen und Farben meiner Schmetterlinge, als Art- merkmale derselben, sind ebenso viele Buchstaben, welche eine so klare und eindringliche Sprache reden, dass Niemand, der die Wahr- heit sehen will, sie missverstehen kann. Wie die Blätter eines offenen Buches stellen uns diese Schriftzüge auf den Flügeln unserer Falter die Gesetze der Entwicklung, Gewordensein und Werden dar. Hier auf den Gesetzestafeln, welche die lebende Natur uns an die Hand giebt, steht die Wahrheit der Entwicklungslehre geschrieben, nicht in den Schriften von Naturphilosophen, welche ohne alle Rück- sicht auf Thatsachen Entwicklungsphantasien träumen und dieselben in unverdrossener Fruchtbarkeit unter eine gläubige Menge ausschütten. Nicht erdachte Hypothese ist Naturforschung. Nur dann hat die Hypothese in dieser ein Recht, wenn sie auf Thatsachen sich auf- baut. Wer Thatsachen missachtet, ist kein Naturforscher. Nur eingehendes, mühevolles Studium der Art und ihrer Ab- änderungen kann zur Erkenntniss der Gesetze der Artbildung führen. Auf diesem Wege kommt auch die Systematik zu einer neuen, vorher ungeahnten Bedeutung. IV Ganze Thiere und ganze Pflanzen sind es, welche die Biologen in Zukunft wieder mehr studiren müssen, weil nur an ihnen jene wichtigen wissenschaftlichen Fragen gelöst werden können. Diese längst von mir vertretenen Sätze werden über kurz oder lang doch zur Geltung kommen müssen , so gross im Augenblick die Macht jener spekulativen Richtung noch sei. Mag meine Gegnerschaft auch diesen zweiten Theil meiner Arbeit über die Artbildung und Verwandtschaft bei den Schmetterlingen todtschweigen, wie sie es mit dem ersten Theil und mit allen meinen übrigen bezüglichen Arbeiten gemacht hat, um den Glauben an die „Allmacht der Naturzüchtung" noch eine Zeit lang zu retten : die Wahrheit wird zuletzt doch siegen, und die Zukunft wird über jenes Verfahren richten , welches nichts anderes ist, als ein Schädigen der Wahrheit im Dienste der eigenen Persönlichkeit. Nachdem dasselbe aber so lange ungestört geübt worden, nenne ich in dieser Schrift die Dinge beim rechten Namen. Die Naturwissenschaft hat vor anderen Wissenschaften den festen Boden der Thatsachen voraus. Es darf nicht geduldet werden, dass Einzelne durch Verlassen dieses Bodens fortgesetzt deren Ansehen schädigen. Im ersten Theil habe ich gesagt: sorgfältig gelesen, studirt wolle meine Arbeit sein , gleich wie sie selbst das Ergebniss mehr- jährigen ernsten Schaffens sei. Gerade diejenigen, welche sich am lautesten darüber äusserten, haben leider diese Mahnung am wenigsten berücksichtigt: es war mir geradezu betrübend, zu sehen, wie leicht sich verschiedene Herren die Aufgabe gemacht haben, mir entgegenzutreten. Ich sehe mich veranlasst, im Folgenden ein Bei- spiel dieser Art gründlich zu behandeln, um der Nachahmung vor- zubeugen. Das Hasten der Zeit erlaubt den Meisten nicht das ein- gehende Studium einer aus Thatsachen zusammengesetzten Arbeit wie die vorliegende. Es wird ja anch so viel geschrieben, dass der einzelne Forscher nicht unbescheidene Forderungen an die Fach genossen zu Gunsten seiner Arbeiten stellen darf, und wohlwollende Freunde haben es getadelt, dass ich nicht selbst gerade meine Schmetterlingsstudien durch Berichte in Fach- oder anderen Zeitschriften weiter bekannt gemacht habe. Ich fand dazu nicht die Zeit, erwartete auch, dass es durch Andere geschehen werde, wie es thatsächlich einigemale geschehen ist (z. B. durch Prof. Klunzinger im „Humboldt", ja von Pater Wasmann in „Natur und Offenbarung"), und ich durfte viel- leicht überhaupt erwarten, das Werk werde ohnedies lebhafte Be- achtung und Besprechung finden. Denn meine Schmetterlinge be- weisen, wie ich schon sagte, die Ohnmacht der Naturzüchtung auf einem weiten Gebiete: ihre Artbildung geschieht augenscheinlich ohne jeden Einfluss der Darwin 'sehen natürlichen Zuchtwahl und sie weist so den Darwinismus vollkommen zurück. Dies thun auch die Thatsachen, welche ich auf anderen Gebieten über Umbildung der Formen und über Artbildung gemacht habe. Es giebt keine Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl, sondern nur eine Erhaltung schon vorhandener Arten durch Auslese. Die Annahme, dass natürliche Zuchtwahl neue Arten hervorbringen könne, beruht — bei aller Hochachtung vor den Leistungen Darwin 's muss dies gesagt werden — auf einem grossen Denkfehler, in welchem sich alle Nachfolger Darwin 's bewegt haben — von der Ueber- treibung seiner Lehre, wie sie in dem Weismann 'sehen A iter darwinismus zu Tage tritt, nicht zu reden. Natürliche Zuchtwahl kann Arten nicht entstehen machen, weder durch Bildung neuer Eigenschaften, noch durch Trennung der be- stehenden Organismenkette in Arten. Meine Schmetterlinge zeigen, im vollen Gegensatz zu der Darwinschen Lehre, überall die Entstehung neuer Eigenschaften durch gesetzmässige Entwicklung nach wenigen bestimmten Richtungen (Orthogenesis) auf Grund von physiologischen Ursachen, durch organisches Wachsen (0 rganophysis); sie zeigen, dass es wesentlich die Genepistase, das Stehenbleiben auf bestimmten Stufen der Entwicklung ist, was die Trennung der so entstandenen Organismenkette in Arten, also in Wahrheit die Entstehung der Arten bedingt, abgesehen von anderen Ursachen, wie die im Folgenden be- handelte Befruchtungsverhinderung (Kyesamechanie) und die sprungweise Entwicklung (Halmatogenesis). Die geringe Verbreitung, welche der erste Theil des Werkes gefunden hat, und die bedeutenden Kosten machten zur Fortführung desselben ausserordentliche Mittel nöthig; so bin ich der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin zu grossem Dank verpflichtet für einen namhaften Beitrag, welchen dieselbe zur Herstellung dieses zweiten Theiles genehmigt hat. Grossen Dank schulde ich ferner der hiesigen Universitätsbibliothek, dem Entgegenkommen meines ver- ehrten Freundes, des leider in diesem Jahre verstorbenen Oberbiblio- VI thekars Professor Dr. R. von Roth, welcher keine Ausgabe gescheut hat, um die werthvollen zu meiner Arbeit nöthigen Schmetterlings- werke anzuschaffen. Sodann Herrn W. H. Edwards in Coalburgh, West-Virginia, welcher die Güte gehabt hat, mir einige Tafeln aus seinem Werke „The Butterflies of North-America" zum Zweck der Wiedergabe einiger Abbildungen zuzusenden. Diese am Schlüsse des Buches namhaft gemachten Abbildungen von Faltern sind (nur in anderer Stellung) in meine Tafeln aufgenommen. Dieselben scheinen übrigens so vollkommen naturtreu ausgeführt, dass man sich auf sie wohl durchaus wird verlassen dürfen. Wenigstens habe ich bei meiner auf sie gegründeten Beschreibung unter Vergleichung mit den ihnen nahestehenden Arten keine Ausstellungen oder Fragezeichen zu machen gehabt. Ich musste die Abbildungen von Edwards wiedergeben, weil ich Originale der betr. Falter nicht bekommen konnte. Die übrigen Falter sind nach der Natur dargestellt, und kann ich dem Lithographen, Herrn Giltsch in Jena, nicht genug Dank und An- erkennung zollen für die mühevolle Arbeit und die vortreffliche Aus- führung. Herrn Dr. Stand fuss in Zürich bin ich sehr verbunden für bereitwillige Zusendung von ihm in Wärme und Kälte gezüchteter Schwalbenschwänze. Herr Dr. Fickert hat auch diesem zweiten Theil des Werkes viele Mühe gewidmet, insbesondere hat er Inhalts- verzeichniss und Register angefertigt, das letztere für den ersten und zweiten Theil zugleich. Tübingen, im August 1895. Eimer. Inhalts-Verzeichniss. Seite Allgemeine Ergebnisse 1 — 78 Die geographische Verbreitung und deren Be- deutung für die Entstehung von Arten . . . 1 — 11 Entstehung neuer Arten mitten im Verbrei- tungsgebiet der Stammformen entweder all- mälig oder durch sprungweise Entwicklung (Halm at ogen esis) 11 — 14 Begünstigung der Trennung der 0 rganismen- kette in Arten und der Entstehung solcher mitten im Ver breitungsgeb iete der Stamm- form durch correlative Be fruchtungs Ver- hinderung (Kyesamech an ie) 14—16 Trennung der Organ ismenkette in Arten durch Entwicklungsstillstand (Genepistase) . . 16 — 19 Die Entwicklungsrichtungen der Schwalben- schwänze 19 — 20 Die Turnus- Gruppe 20 — 24 Die Machaon- Gruppe 24—27 Die Asterias- Gruppe 27 — 33 Ergebnisse der künstlichen Zucht in Wärme und Kälte und deren Beziehung zu meinen Untersuchungen über die Artbildung und Verwandtschaft bei den Schmetterlingen . 33 — 47 Ueber die Ausstellungen des Herrn Erich Haase am Inhalt des ersten Theils dieses Werkes 47—67 Verkleidung (Mimicry) 67—78 Besonderer Theil. Beschreibung der Formen 79 — 147 I. Turnus-Gruppe 79 — 94 Papilio Turnus (S. 79). Papilio Turnus Rutulus (S. 83). Papilio Pilumnus (S. 84). Papilio Daunus (S. 87). Papilio Eurymedon (S. 90). Papilio Alexanor (S. 92). VIII Seite II. Machaon-Gruppe 95—117 Papilio Machaon (S. 95). Papilio Machaon bimaculatus (S. 101). Papilio Machaon Sphyrus (S. 102). Papilio Machaon aestivus (S. 103). Papilio Machaon pend- jabensis u. a. (S. 104). Papilio Machaon asiatica (S. 105). Papilio Machaon Hippocrates (S. 108). Papilio Machaon oregonia (S. 109). Papilio Zolicaon (S. 109). Papilio Hospiton (S. 110). Papilio Xuthus (S. 112). Papilio Xuthus Xuthulus (S. 116). III. Asterias-Gruppe 118—147 Papilio Bairdii (S. 118). Papilio Asterioides (S. 121). Papilio Americus (S. 125). Papilio Asterias (S. 127). Papilio Asterias Calverleyi (S. 131). Papilio Indra (S. 135). Papilio brevicauda (S. 136). Papilio rnedio- cauda (S. 138). Papilio Hellanichns (S. 138). Papilio Turnus Glaucus (S. 142). Papilio Troilus (S. 143). Papilio Palamedes (S. 145). Papilio Nitra (S. 147). Allgemeine Ergebnisse. Die geographische Verbreitung und deren Bedeutung für die Entstehung von Arten. Die im vorliegenden zweiten Theil meines Werkes über die Art- bildung und Verwandtschaft bei den Schmetterlingen behandelten Falter sind zumeist Nordamerikaner. Dazu kommen einige verwandte Europäer und Asiaten. Die Asiaten gehören entweder auch in Europa vorkommenden Arten an und grenzen mit ihrem Verbreitungs- gebiet an diese (Papilio Machaon, Alexanor), oder sie leben im nord- östlichen Asien, in Japan (Machaon) und im Amurgebiet (Xuthus und Xuthulus). Die letzteren schliessen sich zwar an Machaon an, bilden aber für sich eine eigenartige Gruppe, welche mehr von den übrigen ver- schieden ist als irgend eine unter diesen. Von Nordamerika erstrecken sich Verwandte in zwei Richtungen nach Mittel- und Südamerika: Papilio Pilumnus von der Turnus- Gruppe lebt in Mexiko, Papilio Asterioides von der Asterias-Gruppe erstreckt sich von Nordamerika nach Mexiko, Papilio Americus und Hellanichus von derselben Gruppe leben in Neu-Granada, Venezuela, Ecuador (Americus), bezw. in Uruguay (Hellanichus). Machaon erstreckt sich nach Nordafrika. Wir unterscheiden die Turnus-, Machaon- und Asterias-Gruppe. Die Stammgruppe bilden die ausschliesslich in Nordamerika vor- kommenden Turnus, welche ihre Verbindung mit den Segelfaltern wiederum durch Papilio Eurymedon aus Californien finden, und zwar ist die ursprünglichste Form Eurymedon. Alle Glieder der Turnus- Gruppe sind Nordamerikaner, mit Ausnahme des ziemlich abweichenden Papilio Alexanor in Südeuropa und Kleinasien. 1 Die Machaon haben die weiteste Verbreitung. Sie erstrecken sich über Europa, Nordamerika nach Nordafrika, Kleinasien bis Japan, abgesehen von Xuthus und Xuthulus im Amurgebiet. Die Asterias sind alle Nordamerikaner bis auf die genannten nach Mittel- und Südamerika hineinreichenden. Da die Machaon mit den Turnus, bezw. mit Eurymedon, und die Asterias wiederum mit den Machaon in unmittelbarer Ver- bindung stehen, so haben wir in der Turnus-Machaon-Asterias-Gruppe eine grosse Sippe, zugleich mit einheitlichem , zusammenhängendem Verbreitungsgebiet. Wir nennen diese grosse Sippe die der Schwalbenschwänze im Gegensatz zu den im ersten Theil unserer Arbeit behandelten segel- falterähnlichen Arten, welche wir kurzweg als Segelfalter im weiteren Sinne des Wortes bezeichnen können. Bei beiden, bei den Segelfaltern wie bei den Schwalbenschwänzen liegen die Beziehungen der geographischen Verbreitung zur Art- bildung offen zu Tage und damit der Einfluss äusserer Be- dingungen auf die Umbildung der Arten. Ueberall sind die einzelnen Arten stufenweise Um- bildungen von bestimmten Grundformen und von be- stimmten Mittelpunkten des Vorkommens aus. Ueberall ist für die Artbildung die Gfenepistase massgebend, das Stehenbleiben auf bestimmten Stufen der Entwicklung, bezw. Fortschreiten über dieselben hinaus. Ueberall wird die Artbildung beherrscht von bestimmten Entwicklungsrichtungen. Stehenbleiben auf bestimmten Stufen dieser Entwicklung (Genepistase) bedingt eben die Trennung der Kette verwandter Formen in Arten. Damit ist auch der Einfluss der geographischen Verbreitung auf die Artbildung beschränkt. Es handelt sich bei derselben nicht etwa darum, dass überall von einem Mittelpunkte aus nach der Peri- pherie immer grösser werdende Abweichung von der in jenem be- findlichen Stammform stattfände. Die geographische Verbreitung ist nicht massgebend für die Entstehung der Arten, sondern sie ist nur ein Hülfsmittel derselben. Massgebend sind die Entwick- lungsrichtungen. Deshalb können in einem und demselben Ge- biet verschiedene sehr auseinandergehende Arten auftreten, während andererseits viel näher verwandte Arten die weiteste Verbreitung haben. Es bilden sich eben aus irgend welchen physiologischen Ursachen neue Eigenschaften, neue Entwicklungsrichtungen, sei es im Mittel- punkt des Verbreitungsbezirks einer Art, sei es an anderen Stellen desselben, aus. Jene physiologischen Ursachen können aber freilich auch hier mit in den durch die geographischen Verhältnisse bedingten äusseren Einflüssen, wie Klima und Nahrung, liegen. Xuthus und Xuthulus (Taf. VI) sind an der Grenze des Ver- breitungsbezirks der Machaon-Gruppe in Ostasien gebildet, die Asterias mit dem Ueberhandnehmen der schwarzen Farbe aber in der Mitte des Verbreitungsgebiets der Stammform Eurymedon-Machaon in Nord- amerika. Die Bedeutung der geographischen Verbreitung für die Art- bildung ist also eine beschränkte. Aber immerhin ist sie eine grosse. Denn man kann überall beobachten, dass die Arten einer und derselben Entwicklungsrichtung um so mehr abwei- chen, je weiter sie vom Verbreitungsmittelpunkt ent- fernt leben und je verschiedener die klimatischen Ver- hältnisse entfernt von diesem Mittelpunkte gegenüber demselben sind. Ueberall sehen wir, gemäss den Grundsätzen meiner Ent- wicklungslehre, daß zuerst, als in bestimmter Richtung vor sich gehende Abweichungen von der Art, Abartungen, Aberrationes auftreten, d. i. Veränderungen der Arteigenschaften oder neue Eigenschaften, welche zuerst an Einzelthieren einer Species dann und wann einmal erscheinen. Indem sie immer häufiger werden, bilden sie eine Ab- art, Varietät, welche entweder örtlich, bezw. geographisch begrenzt sein kann oder nicht. Denn es entstehen auch Abarten, wie schon gesagt ist und wie aus den Gesetzen der bestimmt gerichteten Entwicklung oder Orthogenesis als selbstverständlich hervorgeht, mitten unter dem Volk der Stammform. Solche Abarten werden nun allmälig, indem sie sich mehr und mehr festigen und auch geschlechtlich nur noch untereinander selbst mischen, zu Arten. Der verwandtschaftliche und der geographische Zusammenhang der Schwalbenschwänze ist ein viel einfacherer und einheitlicherer als der der Segelfalter. Bei den Segelfaltern habe ich vier Gruppen unterschieden: 1) Podalirius-, 2) Antiphates-, 3) Leosthenes-Anticrates-Ajax-, 4) Ajax-Policenes-Gruppe. Die dritte dieser Gruppen zerfällt, wie der auf Seite 192 des ersten Theils dieses Werkes gegebene Stammbaum zeigt, in zwei an der Wurzel zusammenhängende Gruppen, die man als Ajax- und als Leosthenes-Anticrates-Gruppe bezeichnen kann. Wenn wir aber die geographischen Beziehungen mehr hervor- treten lassen, so können wir die Segelfalter abteilen in: 1) eine europäisch-asiatische Gruppe, d. i. die Podalirius- Gruppe, mit den stammformähnlichen Arten P. Alebion, P. Glycerion, 1* P. Paphus in Nord-Indien und Nord-China (Taf. I). Sie reicht durch Podalirius Lotteri und den gewöhnlichen P. Podalirius auch nach Nordafrika hinein. 2) eine amerikanische, die Ajax- Agesilaus-Protesilaus-Gruppe in Amerika: die Ajax in Nordamerika nach Mittel- und Südamerika hineinreichend; die Agesilaus-Protesilaus und Verwandte in Süd- amerika, wahrscheinlich von Ajax abstammend (Taf. I, III, IV). Einen Seitenzweig bilden Celadon von Cuba und Sinon von Jamaica (Taf. III). 3) eine austr alisch-indo-malayisc h e. Sie reicht von Australien durch die Inseln des indischen Archipels bis auf das asiatische Festland und ist vertreten durch a) den australischen, den Stammformen ähnlichen Leosthenes (Taf. III) und damit zusammenhängend Anticrates parmatus (III, 7). welcher sich von Australien bis auf das indische Festland erstreckt: b) die über die ostindischen Inseln bis auf das indische Festland verbreiteten Anticrates (Taf. III); c) die von den Anticrates abstammenden, mehr auf den nördlichen ostindischen Inseln und auf dem indischen Festland heimischen Antiphates (Taf. II) ; 4) eine afrikanisch-madagassische Gruppe, durch den westafrikanischen Policenes noch am meisten verwandt mit der Ajax- Gruppe (daher Ajax-Policenes-Gruppe) und zwar durch den bis nach Mittelamerika hinabreichenden, mit den Ajax unmittelbar verwandten Philolaus (IV, 1). Diesem Philolaus ist noch näher verwandt der auf Celebes lebende Papilio Rhesus (IV, 6). Er bildet eine vollkommene Ausnahme dahin, dass er in die in seiner Heimath herrschende Gruppe nicht passt, und dürfte er somit von Amerika her verschlagen worden sein. Ab- gesehen von dieser Ausnahme handelt es sich in allen geographischen Gruppen auch der Segelfalter zugleich um durchaus einheitlich ver- wandte Abtheilungen, ebenso wie in den Gruppen der Schwalben- schwänze. Im Uebrigen sind die afrikanischen Segelfalter die am weitesten vorgeschrittenen, zugleich allerdings mit der von mir (III, 7) ab- gebildeten Varietät des Philolaus aus Britisch-Honduras; diese und der ostafrikanische Colonna (IV, 8) nähern sich düsterer Einfarbigkeit. Die Afrikaner allein haben, soweit mir bekannt, keine segelfalterähnlich längsgestreifte, einer gemeinsamen Stammform nahestehende Art mehr. Eine solche stammformähnliche Art ist gegeben : für die asiatisch-europäische Gruppe in den Alebion, Paphus, Glycerion, bezw. Podalirius; für die amerikanische in Ajax, bezw. Ajax-Agesilaus ; für die australisch-indo-malayische in Leosthenes. Bemerkenswert^ sind gewisse Beziehungen der Verbreitung zwischen diesen Seg elf altern und den Schwalben- schwänzen. Wie jene in den Verwandten von Ajax nach Süden immer weiter abgeändert nach Mittel- und Südamerika hinabreichen (Arcesilaus, Philolaus) — abgesehen von den noch weiter veränderten eigentlichen Südamerikanern — so reicht der nordamerikanische Stamm der Turnus-Gruppe durch Pilumnus nach Mexiko und der der nordamerika- nischen Asterias-Gruppe mit P. Asterioides ebendahin, mit Americus und Hellanichus nach Südamerika. Die Turnus1) und Verwandte: Daunus (V, 6) und Pilumnus (V, 3) nehmen ihren Ausgang offenbar von einer dem nordamerika- nischen Eurymedon (V, 5) ähnlichen Form, und es sind hier zwei Rich- tungen zu unterscheiden: einerseits Turnus und Daunus, andererseits Pilumnus. Diese Gruppe ist in den Hauptformen rein amerikanisch und stellt sich zu einer Eurymedon-ähnlichen Stammform wie die unmittelbaren Verwandten des Ajax zu diesem. Als ein Anhängsel, ein Nebenzweig der Turnus-Gruppe erscheint P. Alexanor Esp. (V, 4) in Südeuropa und Kleinasien. Man könnte diesen Falter den europäisch-asiatischen Turnus nennen. Er hat, wie alle Glieder der Turnus-Gruppe, die ausgesprochene W-Zeich- nung und ausserhalb des hinteren Theils derselben auf den Hinter- flügeln den C-Fleck in Gestalt eines breiten kurzen Striches 2). Wie bei Turnus sind bei ihm ferner die zwischen dem äusseren Schenkel des W (Binde IX) und den Randbinden gelegenen Binden sehr ver- kürzt. Es sind aber von diesen nur noch zwei vorhanden wie bei Pilumnus, aber nicht dieselben, sondern dieselben wie bei Turnus, indem Alexanor der ausserhalb der Vorderflügelzelle auf den Quer- adern gelegene Bindenrest fehlt. Demnach ist es sehr fraglich, ob Alexanor mit Turnus in un- mittelbarer Verwandtschaft steht. Es scheint mir vielmehr wahr- scheinlich, dass beide von einer Eurymedon- ähnlichen Grundform abstammen und dass beide unabhängig von einander auf dem Wege derselben Entwicklungsrichtungen entstanden sind, Turnus in Nord- amerika, Alexanor in Europa-Asien, ähnlich wie die Machaon von Europa aus einer Eurymedon- ähnlichen Grundform hervorgegangen sein werden. Wir haben also in den Turnus einerseits und in Alexanor anderer- seits wahrscheinlich Formen, welche auf Grund von unabhängiger Entwicklungsgleickheit , Homoeogenesis , entstanden sind, ähnlich 1) Man vergleiche zu Folgendem die Tafeln. 2) Vergl. zu beiden die im zweiten Abschnitt gegebene Beschreibung der Arten. 6 wie die südamerikanischen Agesilaus-Protesilaus und die europäischen Podalirius, endlich die indischen Antiphates auffallende unter sich ähnliche Umbildungen auf Grund derselben Entwicklungsrichtungen unabhängig von einander erfahren haben. Wie die Turnus hängen in Nordamerika und von da nach Mittel- und Südamerika reichend die Asterias (VII, VIII) unmittelbar zu- sammen in Folge von besonderen, näher zu behandelnden, höchst merkwürdigen Entwicklungsrichtungen, indem sie allmälig einfarbig schwarz werden und die oranienfarbene Flecke auf der Unterseite der Hinterflügel innerhalb der blauen Fleckenbinde meist kräftig ausbilden. In sehr wichtigen dieser Entwicklungsrichtungen handelt es sich um solche, wie sie der abgebildete weibliche P. Turnus var. Glaucus (VIII, 1) auf Grund weiblicher Präponderanz mit einem Sprunge in höchster Ausbildung erreicht, und ähnliche sprungweise Entwicklung erzeugt den P. Asterias Calverleyi (VIII, 5 u. 6) ganz wie Glaucus inmitten der gewöhnlichen Form. Ebenso wie Podalirius sich von Europa aus nach Nordafrika und in das benachbarte Asien verbreitet, thut dies Machaon, welcher sich bis nach Ostasien erstreckt und hier am meisten abgeändert ist (var. Hippocrates VI, 1). Ja er giebt hier einer ganz neuen Art den Ur- sprung: jenem Xuthus im Amurgebiet, welcher mit dem noch mehr veränderten Xuthulus im Zusammenhang steht. Die Podalirius scheinen den umgekehrten Weg genommen zu haben; sie stammen augen- scheinlich von den Alebion, Glycerion und Paphus aus dem nord- östlichen Asien bezw. aus Nordindien ab, den jetzt lebenden ur- sprünglichsten Arten aller Segelfalter. Wie Machaon erstreckt sich auch der südeuropäische P. Alexanor nach Asien hinüber. Machaon reicht nicht nur, wie Podalirius, nach Asien und Afrika, sondern hat auch Vertreter in Nordamerika: var. oregonia Edw. in Oregon (VI, 2), und als besondere Art: P. Zolicaon Boisd. (VI, 5), im westlichen Nordamerika — eine Art übrigens, welche ihren Zeich- nungseigenschaften nach vor den verschiedenen als Abarten bezeich- neten Formen des Machaon nichts voraus hat: die var. Hippocrates in Japan ist im Gegentheil viel weiter von den gewöhnlichen Machaon entfernt als sie. Im Uebrigen sind die nordamerikanischen P. oregonia und P. Zolicaon nicht etwa ursprünglicher als der europäische Machaon, son- dern in einigen Eigenschaften weiter vorgeschritten. So in der Bil- dung eines schwarzen Fleckes im rothen Kerne des Auges der Hinterflügel — bei oregonia im Beginn und nur auf der Oberseite, bei Zolicaon vollendet, in die Mitte gerückt, auf beiden Seiten vor- handen. Ferner in der bei oregonia beginnenden, bei Zolicaon voll- endeten schwarzen Umrandung dieses rothen Kernes, eine Eigen- schaft, welche ebenso bei den ostasiatischen Abarten (Hippocrates VI, 1 und asiatica VI, 7) auftritt. Endlich bei Zolicaon in der Schwarzfärbung des inneren Winkels auch der Unterseite der Vorder- flügel. Da andererseits auch die ostasiatischen Formen weit vorgeschritten sind, liegt der ursprünglichste Zustand der Machaon offenbar in Europa. Hier erfährt dieser Falter im Süden, ähnlich wie Podalirius nach der Richtung Feisthameli, Abänderungen, welche vorzugsweise mit durch satteres und ausgebreiteteres Schwarz hervorgerufen sind: var. Sphyrus Hübner in Sicilien, Papilio Hospiton Gene in Sardinien und Korsika, welch letzterer als Art behandelt wird. Ebenso zeigen die Machaon von Nordafrika (Algier, Marokko), in der Heimath also des Podalirius Lotteri J) Aust., besondere Abänderungen, welche wohl dazu berechtigen würden , dieselben gleichfalls als Abart zu bezeichnen. Es beziehen sich diese Abänderungen wie bei Lotteri vorzüglich mit auf die Augenflecke. Auch in Kleinasien haben wir, wie bei Podalirius so auch bei Machaon, eine besondere Abart: var. aestivus nob. (VI, 4). Die Bedeutung der geographischen Verbreitung für die Artbildung bei der Segelfalter- wie bei der Schwalbenschwanzgruppe ist von den Tafeln abzulesen, deren Abbildungen ich zur Grundlage vorstehender Darstellung genommen habe. Diese Bedeutung ist eine ausserordent- lich grosse, so gross, wie sie von mir ursprünglich nicht erwartet worden ist. Es ist merkwürdig genug, dass kaum je solche örtliche Beziehungen der Formen, wie ich sie hier darstelle, irgendwie zusam- menhängend zur Anschauung gekommen und für die Lehre von der Entstehung der Arten verwerthet worden sind. Es giebt aber auch keine Thiergruppe, an der die Verwandtschaft der Arten und Gat- tungen untereinander so deutlich in Buchstaben angeschrieben steht und abzulesen ist wie an den Flügeln der Schmetterlinge. Erst wenn man dem hier gegebenen Beispiele weiterfolgt, für andere Klassen und Ordnungen des Thierreichs unter Zuhülfenahme auch der morphologischen Eigenschaften, wird die Thiergeographie 1) Im ersten Theile der „Artbildung" u. s. w. ist dieser Falter Latteri benannt, wie er auch zuerst fälschlicherweise benannt worden ist, worauf Aus taut den Druckfehler richtig stellte. Einer unserer hervorragendsten Entomologen hat uns den Namen Latteri als den richtigen bezeichnet und bestand sogar noch darauf, als ich nach Erscheinen des Buches den Fehler erkannt hatte. Zu meinem Bedauern ist auf Taf. I Fig. 4 und im Texte hinter Latteri auch der Autorname nicht richtig angegeben. Es muss dort heissen : Aust. statt Const. 8 eine übersichtliche hochwichtige Wissenschaft werden, hochwichtig insbesondere für die Entwicklungslehre. 1) Was uns unsere Falter zunächst lehren, was wir von den Ab- bildungen meiner Tafeln ablesen können, ist dies, class die be- stehenden Festland- und Inselgebiete für die Ent- stehung der Sippen in hohem Grade massgebend sind. In jedem dieser Gebiete leben verwandte Arten, welche von bestimmten Stammformen aus sich dort entwickelt haben, so dass jene Sippen durchaus einheitliche sind. Nur eine einzige Ausnahme haben wir, und zwar unter den Segelfaltern, kennen gelernt, in Papilio Rhesus auf Celebes, welcher nicht zu den dort lebenden Sippen gehört, sondern seine Verwandtschaft in Amerika hat. Es sind diese Gebiete für Segelfalter, bezw. Schwalbenschwänze also: 1) Europa-Asien (mit Verbindung nach Nordafrika), 2) Amerika, 3) Afrika mit Madagaskar, 4) Australien mit dem indischen Archipel und Südasien. 2) Wie ich schon für die Segelfalter hervorgehoben habe, so lässt sich auch für die Schwalbenschwänze auf den ersten Blick erkennen, dass Abänderungen der Einzelthiere in benachbarten Gebieten in Abarten, in noch entfernteren aber in Arten übergehen, und dass diese Umbildung sich vom Ausgangs- punkt nach dem Ende des Verbreitungsbezirks steigend wiederholt, sofern wir ein und dieselbe Entwicklungsrichtung berücksichtigen. 3) So kommt es, dass an den äussersten Enden der Verbreitungs- bezirke die grösste Abweichung von der Stammform wiederholt aus- gebildet ist. Ich erinnere in dieser Beziehung an : die indischen Antiphates gegenüber dem australischen Leosthenes; die mittel- und südamerikanischen Segelfalter gegenüber Ajax; an Xuthus und Xuthulus gegenüber den Machaon, bezw. deren Stammformen ; die europäisch - nordafrikanischen Podalirius gegenüber den asiatischen Stammformen. Endlich geben hiefür die Afrikaner unter den Seglern ein Beispiel, indem sie sichf von den übrigen abgetrennt, selbständig weiter ent- wickelt haben. 4) In hohem Grade begünstigt offenbar die Abtrennung von Formen auf Inselgebieten die Artbildung. Beispiele geben zunächst die Antiphates, welche in Papilio Euphrates auf den Philippinen (II, 5), Epaminondas (II, 6) auf den Andamanen, besonders aber in Androcles (II, 7) und Dorcus (II, 8) auf Celebes besondere Arten bilden. Aber diese Arten sind wieder nur der Ausdruck bestimmter Ent- wicklungsrichtungen, wie Tafel II so schön zeigt. Die räumliche 9 Trennung an sich kann keineArten bilden. Die entgegen- gesetzte Vorstellung M. Wagners ist schon früher von mir zurück- gewiesen worden. Räumliche Trennung ist nur ein Mittel zu sicherer und rascherer Abgliederung der Organismenkette in Arten. Die Entwicklungsrichtung, welche zur Entstehung einer Haupt- eigenschaft von Androcles und Dorcus führte, besteht in der Ver- breiterung und schliesslichen Verschmelzung der äusseren Binden der Vorderflügel. Es kommt diese Richtung schon bei Antiphates und Euphrates von den Philippinen (II, 4 u. 5) und bei Epaminondas von den Andamanen (II, 6) zum Ausdruck, ebenso bei verschiedenen Arten der Anticrates- Gruppe der III. Tafel. Aber gerade Androcles und Dorcus, auch Epaminondas, stehen durch die Längsbinden auf den Hinterflügeln auf einer früheren Ent- wicklungsstufe als die Antiphates und bezeugen so den Zusammen- hang mit Leosthenes und Verwandten (Taf. III). Für Dorcus gilt dies auch bezüglich der Prachtbinde. Es handelt sich hier also um einen ausgesprochenen Fall von yerscliiedenstufiger Entwicklung, Heterepistasie, denn bei den Antiphates sind jene Längsbinden, entsprechend einer anderen allgemeinen Entwicklungsrichtung, von hinten nach vorn verkürzt, zumeist bis auf das Gebiet der Mittelzelle. Auch Papilio Celadon (III, 10) auf Cuba und Sinon (III, 11) auf Jamaica zeigen den Einfluss der Inselisolirung auf die Bildung von Arten. Die Eigenart dieser Falter, besonders von Sinon, aber wird durch neue Entwicklungsrichtungen, vorzüglich in Beziehung auf das Bestehenbleiben und Verschmelzen von Binden der Vorderflügel bedingt. Die klimatischen und die Er nährun gs v er hältnisse besonderer Art auf Inseln können die Entstehung ab- weichender Entwicklungsrichtungen bedingen. Die entstandenen Abartungen konnten dann wohl im Sinne M. Wagner's den Eindruck inachen, als ob die räumliche Trennung die einzige Ursache der Artbildung sei. Sie konnten es zu der Zeit, da man von den Wirkungen der Entwicklungsrichtungen und von Genepistase noch nichts gewusst hat. Weitere Beispiele von Abarten bezw. Arten, und zwar solche innerhalb der Schwalbenschwanzgruppe, bieten Papilio Hospiton (VI, 6) auf Korsika und Sardinien, ferner P. Machaon Sphyrus (VI, 3) auf Sicilien. Gerade hier aber können wir deutlich sehen, dass es nicht not- wendig besondere äussere Einflüsse, Klima, Ernährung, zu sein brauchen, welche die Abartung und Artbildung hervorrufen, dass es noch weniger die Wirkung der Isolirung an sich ist, welche neue Eigenschaften hervorbringt, sondern dass die allgemeinen, sonst wirksamen Entwick- lungsrichtungen auch auf Inseln durchaus massgebend bleiben können. 10 Die Abgrenzung auf den beschränkten Raum der Insel aber wird auf zweierlei Weise Artbildung begünstigen können: einmal da- durch, daß die ganz bestimmten klimatischen und Er- nährungsverhältnisse auf der Insel eine bestimmte Entwicklungsrichtung unterstützen und festigen, und, wie sie selbst abgegrenzt sind, auch von sich aus bis zu einem gewissen Grade ein Absch Hessen der Entwicklungsrichtung bedingen. Und ferner dadurch, dass die Beschränkung der geschlechtlichen Mischung auf die Inselbewohner diesen Vorgang begünstigen wird. Nehmen wir Papilio Hospiton, so zeigt dieser Falter auf der Oberfläche im Wesentlichen ganz dieselbe Umbildung gegenüber der gewöhnlichen Grundform des P. Machaon wie P. Machaon Hippocrates von Japan (VI, 1), nur ist der letztere viel grösser, und es fehlt ihm auf der Unterseite (welche überall durch die rechte Hälfte der Ab- bildungen der Falter dargestellt wird) die schwarze Zeichnung des Binnenraumes der Hospiton-Flügel. Beide, Hippocrates wie Hospiton, sind auf der Oberseite ausgezeichnet durch die Verengerung dieses Binnenraumes in Folge der Verbreiterung des Schwarz der Rand- binde , besonders innerhalb der blauen Randbindenflecke auf den Hinterflügeln, aber auch auf den Vorderflügeln. Ferner durch die stark schwarze Färbung der Queradern auf den Vorderflügeln. An- nähernd findet sich die eine oder die andere dieser Entwicklungs- richtungen auch bei anderen Formen, so bei Pap. Zolicaon (VI, 5) aus Nordamerika, P. Mach, asiatica (VI, 7) aus Nordindien, P. Mach, aestivus (VI, 4) aus Kleinasien, auch bei Mach. Sphyrus (VI, 3) von Sicilien 1). 5) Auch auf Inseln bezw. an anderen räumlich isolirten Wohn- orten sind also die ursprünglichen allgemeinen Entwicklungsrichtungen massgebend für die Artbildung. Höchstens treten, durch die äusseren Verhältnisse bedingt, Abänderungen dieser Entwicklungsrichtungen auf. Wie sehr die allgemeinen Entwicklungsrichtungen auch in Insel- gebieten herrschend sind, zeigen die Falter der Anticrates-Leosthenes- und der Antiphates-Gruppe unter den Seglern, wie denn die Anti- crates und Verwandte sich von Australien bis auf das indische Fest- land erstrecken, ebenso die Antiphates über die indischen Inseln bis 1) Ob Hippocrates nicht ebenso sehr abgegrenzte Art ist wie Hospiton , wäre erst noch festzustellen , ebenso ob nicht beide sich mit anderen Abarten bezw. Arten von Machaon geschlechtlich mischen. Dies gilt auch für die übrigen genannten Formen. Jedenfalls ist auch der, gleich Hospiton, als besondere Art bezeichnete Zolicaon von der Stammform weniger verschieden als alle genannten Abarten. 11 auf das Festland — überall die gewöhnlichen Entwicklungsrichtungen zeigend. 6) Ungleich bedeutendere Aenderungen ursprüng- licher Entwicklungsrichtung, als sie in Verbindung mit räumlicher Abtrennung auf Grund der äusseren Verhältnisse erfolgen, treten häufig inmitten des Ver- breitungsgebietes irgend einer Art auf und führen entweder allmäligoder plötzlich zur Entstehung neuer Arten. Durch diese Thatsachen, für welche die Schwalbenschwänze ganz hervorragende Beispiele liefern , wird die Bedeutung der räumlichen Trennung für die Artbildung sehr verringert. Entstehung neuer Arten mitten im Verbreitungsgebiete der Stammformen, entweder all- inälig oder durch sprungweise Entwicklung, Halmatogenesis. Schon für die Segler habe ich einen solchen Fall besonders be- tont, indem Pap. Protesilaus Telesilaus mitten im Wohngebiete der Protesilaus lebt und wohl auch entstanden ist. Viel auffallendere, ja merkwürdige Beispiele derselben Art bieten uns aber die Schwalbenschwänze dar. Es hat sich hier mitten im Verbreitungsgebiete des Machaon, offenbar von ihm ausgehend, eine ganz neue Entwicklungsreihe gebildet, welche wesentlich durch Schwarzfärbung ausgezeichnet ist : die A s t e r i a s - G r u p p e (Taf. VII und VIII). Die Ursachen dieser Umbildung scheinen in Verhältnissen zu liegen, welche mit dem Zustand der Geschlechtszellen im Zusammen- hang stehen, und zwar spielt dabei weibliche Präponderanz — welche uns hier zum ersten Male begegnet, während sonst ge- wöhnlich männliche Präponderanz wirksam ist — die entscheidende Rolle. Dies erhellt daraus, dass die Weibchen der Asterias-Gruppe wiederholt in der neuen für sie massgebenden Entwicklungsrichtung weiter vorgeschritten sind als die Männchen. Taf. VII, Fig. 1 und 9 zeigen solches in hervorragendem Masse für den Machaon sehr nahe stehenden P. Bairdii Edw. Dasselbe ist aus Fig. 6 und 7 der gleichen Tafel für P. Asterioides Reak. zu ersehen, ebenso für P. Palamedes aus Fig. 3 und 4, Taf. VIII. Einen ganz ähnlichen Fall haben wir in der Turnus-Gruppe, wo als Abart des Weibchens von P. Turnus plötzlich die schwärzliche, aber gegenüber von Turnus auch sonst etwas veränderte Abart Glaucus auftritt. 12 Andererseits weist der dunkle P. Asterias (VII, 10) wiederum eine höchst merkwürdige plötzliche Umbildung in das Oranienrothe auf bei P. Asterias Calverleyi (VIII, 5, 6), wobei das Weibchen in der Heller färbung vorangeht l). Aus der Bedeutung, welche das Geschlecht für die sprungweise Entwicklung, Halniatogenesis, hat, habe ich geschlossen, dass diese mit besonderen Zuständen der Geschlechtszellen in Zusammenhang stehe. Es brauchen aber solche besondere Zustände der Geschlechts- zellen nicht die letzte und einzige Ursache der plötzlichen Umbildung zu sein. Es ist möglich, dass in den betreffenden Fällen der weib- liche Organismus überhaupt besonders empfindlich gegenüber irgend- welchen äusseren Einwirkungen ist, empfindlicher als der männliche, bezw. dass einzelne Weibchen in dieser Weise empfindlicher sind als andere. Was für die sprungweise Entwicklung gilt, das gilt selbstver- ständlich auch für die allmäligen Umbildungen, welche in der- selben Richtung wie sie geschehen und zur Artbildung führen. In Beziehung auf die letzten Ursachen der in Frage stehenden Veränderungen müssen wir in erster Linie an besondere Temperatur- einflüsse denken, nach Massgabe dessen, was wir über den Einfluss von Kälte und Wärme während der Entwicklungszeit der Falter wissen. In diesem Sinne hat sich auch Edwards bezüglich des merkwürdigen Asterias Calverleyi ausgesprochen, wie in der Be- schreibung desselben näher ausgeführt ist. Nur im Allgemeinen erwähnen will ich hier, wie sehr die Jahres- zeiten-Abartungen der Schmetterlinge die Erklärung der sprung- weisen Entwicklung durch Temperatureinfluss stützen. In der ersten Abtheilung dieses Werkes 2) ist in dieser Beziehung besonders Papilio Ajax mit seinen drei Formen wichtig. Ferner gehören hierher auch die von mir über Papilio Podalirius angeführten Thatsachen, welcher Falter gleichfalls ausgesprochene Sommerformen aufweist und dessen Abänderungen überhaupt sichtlich unter dem Einfluss der Temperatur- verschiedenheiten stehen. Auch er giebt ein Beispiel dafür ab, wie solche Wärmeabarten kälterer Gebiete in warmen Gebieten zu stän- digen Abarten oder Arten geworden sind, wie dies z. B. umgekehrt für die var. Bryoniae als Kälteform von Pieris napi gilt, welche in Lappland zur ausschliesslichen Vertreterin von P. napi geworden ist. Bezügliche Thatsachen betreifend Machaon u. a. werden später folgen. Abgesehen von Temperatur und Klima überhaupt ist, wie ich schon in den „Segelfaltern" hervorgehoben habe, zu berücksichtigen, dass die Annahme anderer Nahrung von Seiten der Raupen zu 1) Ganz sichergestellt scheint dies übrigens nicht zu sein (vgl. später). 2) welche ich in Zukunft kurzweg als „Segelfalter" anführen werde. 13 mehr oder weniger rascher Umbildung der Eigenschaften der Falter wird führen können. Die plötzliche Entstehung solcher neuen Eigenschaften, die sprungweise oder kaleidoskopische Entwicklung auf Grund von äusseren Einwirkungen habe ich in den „Segelfaltern" l) und früher schon mit dem plötzlichen Entstehen eines neuen Körpers durch chemische Verbindung zweier anderer Körper verglichen. Alle plötz- lichen Aenderungen der allgemeinen Entwicklungsrichtungen können doch wohl nur so erklärt werden. Als Beispiel für die Segler führte ich ausser Papilio Protesilaus Telesilaus besonders Agesilaus und Protesilaus an, welche den merkwürdigen Artunterschied zeigen, dass bei jenem das innere Schwarz der Prachtbinde geschwunden ist, bei diesem das äussere, so dass dort die Prachtbinde innen roth und aussen schwarz ist, hier umgekehrt. Es ist die Wechselbezüglichkeit, die Correlation, welche bei der sprung weisen Umbildung der Schmetter- linge eine ungeheuer wichtige Rolle spielt und welche in der augenfälligsten Weise zur Entstehung neuer Arten führt. Besonders hervorragend ist die Wirkung der Wechsel- bezüglichkeit dann, wenn plötzliche Umänderungen zahlreicher Zeich- nungen entstehen, so dass diese mit einem Male ganz neue Muster bilden, wie die Theile der Mosaik in einem Kaleidoskop : das ist eben die kaleidoskopische Umbildung. Die Vorstellungen des Afterdarwinismus, wie ich die über- trieben darwinistischen , besonders von Herrn Weis mann ver- tretenen Vorstellungen der neuesten Zeit nenne, stehen wie mit allen von mir bei den Schmetterlingen in Beziehung auf die Artbildung vorgebrachten Thatsachen, so besonders auch damit im vollsten Widerspruch, dass sie bei folgerichtiger Behandlung die Correlation leugnen müssen 2). Die sprungweise Entwicklung macht räumliche Trennung zum Zweck der Artbildung unnöthig: sie verhindert so gut wie die aus- giebigste Isolierung das Wiederaufgehen der neu gebildeten Form in die Stammform. Sofern es sich in ihr um den Ausdruck neuer Ent- wicklungsrichtung handelt, ist dies ohne Einschränkung zu sagen. Denn die neue Entwicklungsrichtung wird eine immer grössere Zahl von Einzelthieren umgestalten und wird so gegenüber der Stamm- 1) S. 19 und 20. 2) In der neuesten seiner Flugschriften (Aeussere Einflüsse als Entwicklungsreize 1894), sucht Herr Weismann die Correlation aller- dings seiner Lehre dienstbar zu machen, aber in einer so künstlich er- zwungenen, geschraubten Weise, dass auch diese seine Erklärungen, gleich anderen, nur von kindlichem Glauben ernsthaft aufgenommen werden können. 14 form selbständig oder gar herrschend werden: selbst dann müsste dies notwendig mit der Zeit eintreten, wenn noch geschlechtliche Mischung mit dieser stattfinden würde. Aber es ist zu schliessen, dass eine solche Mischung überhaupt nicht häufig mehr stattfindet, nachdem zwei äusserlich wesentlich verschiedene Formen entstanden sind, und weiter, dass dieselbe, wenn sie stattfindet, oft unfruchtbar sein wird. Beides gilt auch, wenngleich in verhältnissmässig geringerem Masse, für die allmäligen Umbildungen, welche die Arten auf Grund der Wirkung andauernder Entwicklung nach bestimmten Richtungen erfahren, wie sich aus dem Folgenden ergeben wird. Zunächst habe ich schon anderwärts hervorgehoben, dass äusserlich verschiedene Abarten selbst ziemlich niedrig stehender Thiere in bestimmten Fällen eine augenfällige Abneigung zeigen, sich mit einander geschlechtlich zu mischen oder auch nur mit einander zu verkehren. Ich habe dies insbesondere beobachtet und beschrieben bei der von mir Lacerta muralis coerulea genannten Abart der Mauer- eidechse von den Faraglioni bei Capri gegenüber der Stammform derselben. Wie weit derartiges auch bei den oft sehr begattungs- eifrigen Schmetterlingen gilt, ist ohne weiteres freilich nicht zu sagen, doch ist es von vornherein wahrscheinlich, daß sich auch hier das Gleichartige mehr zusammenhält und mehr geschlechtlich mischt als das Ungleichartige. Es müssen aber andere Ursachen vorhanden sein, welche die Entstehung neuer Arten im Wohngebiete der Stammform dadurch begünstigen, dass sie die Erzeugung von Mischformen mit dieser verhindern. Es giebt solche Ursachen, welche die Befruchtung zwischen verschieden gearteten Formen verhindern, so dass Begattung ohne Folgen bleibt — dieselben, welche auch Kreuzung zwischen verschiedenen Arten nicht zu Stande kommen lassen. Es dürfen diese Ursachen offenbar nicht allein für so verschiedene Formen, wie sie die sprungweise Entwicklung hervorbringt, in Anspruch genommen werden, sondern auch für solche, welche in geringerem Grade ver- schieden, indem sie durch allmälige Umbildung entstanden sind. Begünstigung der Trennung der Organismenkette in Arten und der Entstehung solcher mitten im Verbreitungsgebiete der Stammformen durch correlative Befruchtungsverhinderung oder Kyesamechanie 1). Ich habe schon vor Jahren darauf hingewiesen, daß mit dem Auf- treten äusserlich sichtbarer neuer Eigenschaften der Organismen leicht 1) nvrjaig Befruchtung, a^rnaviu Unvermögen. 15 auch Veränderungen an Samen und Ei vor sich gehen können, welche eine Befruchtung zwischen der neu entstandenen Form und der Stammform unmöglich machen 1). Rom an es hat später2) denselben Gedanken ausgesprochen und hat sogar daraus eine neue Lehre von der Entstehung der Arten gemacht, welche er unter dem Namen „physiological selection" der Darwinschen Lehre von der Entstehunng der Arten durch natürliche Zuchtwahl entgegenstellte und die unter diesem Namen viel besprochen worden ist, während meine vollkommen entsprechenden früheren bezüglichen Aeusserungen bis jetzt übersehen worden sind. Ich habe darauf hingewiesen, dass die Samenfäden oft bei ganz nahe verwandten Arten sehr verschiedener Gestalt und Bewegung sind, so z. B. bei Rana esculenta und temporaria, was allein schon darauf hinweist, wie sehr sie wahrscheinlich correlativ durch die Ent- stehung irgendwelcher anderer neuer Eigenschaften des Körpers der Thiere beeinflusst werden. Irgendwelche solche neue Eigenschaften können correlativ Samen und Ei oder beide derart beeinflussen, dass sie entweder durch morphologische oder aber durch physikalisch- chemische Veränderung derselben eine erfolgreiche Begattung zwischen einer neuen Form und der Stammform unmöglich machen. Sind da- gegen Samen und Ei bei der neuen Form in gegenseitig entsprechender Weise verändert, so wird sich diese unbehindert fortpflanzen können, während sie von der Stammform geschlechtlich so vollkommen ge- trennt ist, als ob sie auf einer Insel isolirt wäre. Wie leicht die geschlechtlichen Fähigkeiten durch äussere Ver- hältnisse beeinflusst werden, ist bekannt und ist von Darwin bei Besprechung der Sterilität, wie sie insbesondere unter dem Einfluss der Gefangenschaft der Thiere auftritt, behandelt worden. Es ist demnach anzunehmen, dass verhältnissmässig geringe Ab- änderungen des übrigen Körpers in obigem Sinne auf die Geschlechts- zellen verändernd werden wirken können. Die Unmöglichkeit der Befruchtung — Kyesamechanie — kann aber auch darauf beruhen, dass die Geschlechtsprodukte einzelner Thiere einer Art zu verschiedener Zeit reif werden, was wiederum zur Scheidung in zwei Arten führen kann. Im Uebrigen genügt meiner Auffassung nach zur Trennung der Organismenkette in Arten die bestimmt gerichtete Entwicklung mit dem zeitweiligen Entwicklungsstillstand, der Genepistase, auch dann, wenn die abgeänderten Formen mit den Stammformen in 1) Zoolog. Studien auf Capri. II. Lacerta muralis coerulea, Leipzig, Engelmann 1874, S. 45 ff; Zoolog. Unters, mit bes. Berücks. der Biologie, (Würzburg, Stahel 1874, u. Würzb. Verhandl. N. F. IV. Bd.); auch Ent- stehung der Arten I, S. 45. 2) Journ. Linn. Soc. Zool. 1886. 16 einem und demselben Verbreitungsgebiete leben. Die Entstehung von Arten durch sprungweise Umbildung bleibt immer Ausnahme, die Regel ist eben die allmälige Umbildung durch bestimmt gerichtetes Abändern und die Trennung in Arten durch Genepistase. Dies lehren uns wiederum auf das Nachdrücklichste die vorliegenden Unter- suchungen über die Schwalbenschwänze. Trennung- der Organisinenkette in Arten durch Entwicklungs- stillstand, Genepistase. Die Falter auch der vorliegenden vier Tafeln stellen, gleichviel ob sie Abarten oder Arten sind, innerhalb jeder der drei Haupt- gruppen und alle zusammen wieder in Beziehung auf eine gemein- same Stammform, Stufen verschiedener Entwicklungsrich- tungen dar. Nehmen wir die erste Tafel, so erkennen wir in Papilio Eury- medon die Stammform, gegenüber welcher der weibliche Turnus (2) vorgeschritten ist, noch mehr der männliche (1), und in derselben Weise, nur mit geringerer Verschiedenheit, der weibliche (7) und der männliche (6) Daunus, während Pilumnus (3) wieder dem weiblichen Daunus verwandt ist und Alexanor (4) sich nach einer besonderen Richtung entwickelt hat. Daunus $ und Pilumnus sind ungefähr auf der Stufe von Eurymedon, nur um weniges fortgeschritten, stehen geblieben, Turnus $ noch etwas weiter vorgeschritten, noch mehr die Männer von Turnus und Daunus. Es tritt also auf dieser Tafel in hervorragendem Masse die Be- deutung der männlichen Präponderanz zu Tage. Eurymedon erscheint am meisten unter allen Schwalbenschwänzen den Segelfaltern verwandt. Er oder ein naher Verwandter von ihm darf als Stammform aller Schwalbenschwänze angesehen werden. Unter den Seglern ist Eurymedon am meisten wieder deren ursprüng- lichen Formen: Leosthenes, Podalirius, Ajax verwandt — bei einer dieser muss der gemeinsame Ausgangspunkt für die übrigen Segler und die Schwalbenschwänze gesucht werden. Es lässt sich nicht überall im Allgemeinen sagen, dass der oder jener Falter um eine Stufe höher in der Entwicklung stehe als ein anderer. Denn in den meisten Fällen zeigt sich verschieden- stufige Entwicklung, Heterepistasie: die Entwicklung ist in Beziehung auf gewisse Eigenschaften weiter vorgeschritten als in Beziehung auf andere, oder sie ist dort vorgeschritten, hier stehen geblieben. Auch die Schwalben- schwänze bieten, wie die Segelfalter, überall die ausgesprochensten Beispiele für Heterepistasie. Ein weitverbreitetes augenfälliges solches 17 Beispiel ist auch hier wieder das Vorgeschrittensein der Ober- seite der Falter in der Entwicklung gegenüber der Unterseite: die letztere bleibt in der Regel gegenüber der ersteren auf tieferer Stufe stehen. Man vergleiche die Machaon-Gruppe, Taf. VI : die Unterseite aller Machaon ist heller geblieben als die Oberseite, wo Schwarzfär- bung sowohl von den inneren Flügelwinkeln aus wie vom Rande her über die Flügel sich verbreitet. Ferner ist die Schwarzfärbung der Queradern — eine andere neue Entwicklungsrichtung — auf der Unterseite jedenfalls der Vorderflügel nirgends so stark ausgesprochen wie auf der Oberseite u. a. Wegen der verschiedenstufigen Entwicklung kann man die gen- epistatische Stellung der einzelnen Falter nicht genauer darstellen, ohne auf Einzelheiten der Entwicklungsrichtungen einzugehen , und ich muss daher das Nähere in dieser Beziehung auf den folgenden Abschnitt verschieben. Hier habe ich in Beziehung auf Genepistase nur von Neuem darauf hinweisen wollen, welche Bedeutung derselben für die Tren- nung der Organismenkette in Arten zukommt. Die Genepistase , als Stehenbleiben auf bestimmten Stufen der Entwicklung, beruht auf dem Vorgang der bestimmt gerichteten Ent- wicklung. Die Entwicklungsrichtungen, welche äussere Einwirkungen auf den Organismus und die physiologischen, in ihm selbst gelegenen, durch jene Einwirkungen abgeänderten Ursachen bedingen (innere Ursachen), werden so lange unaufhaltsam vorwärts schreiten, als jene Ein- wirkungen und diese Ursachen fortdauern oder bis die ersteren ihren Einfluss auf einen gegebenen Organismus erschöpft haben. Denn es ist klar, dass eine bestimmte äussere Einwirkung nicht zu allen Zeiten in gleichem Masse auf einen Organismus wirken wird und nicht für alle Zeiten. Hören also die veränderten Ursachen auf oder haben sie sich erschöpft, so tritt Entwicklungsstillstand ein. Sehr beständige äussere Verhältnisse, wie z. B. sehr beständige, unveränderte, klimatische Einwirkung, werden demgemäss Entwick- lungsstillstand bedingen, indem sie die Eigenschaften der gegebenen Form festigen. Darum treffen wir z. B. auf Inseln eigen geartete Formen, besonders auf kleineren; und so wird neue Artung überall auf besonders beschaffenen Gebieten erscheinen, auch dann, wenn die Stammformen von der Nachbarart nicht räumlich getrennt sind. Ebenso wird Annahme anderer Nahrung von Seiten der Raupen oder andere Beschaffenheit bezw. Zusammensetzung der Nahrung in verschiedenen Gebieten allmälig zur Festigung bestimmter neuer Eigenschaften führen. Da die Entwicklungsrichtungen ebenso wie das Stehenbleiben auf 2 18 bestimmten Stufen der Entwicklung nur der Ausdruck physiologischer Arbeit in den Organismen sind, so trennt diese Arbeit von selbst die Organismenkette in Arten und braucht dazu gar keiner anderen Beihülfe. Nehmen wir nur an , es seien gewisse Individuen einer Art be- sonders empfindlich gegen irgendwelche äussere Einwirkungen, sei es des Klimas oder der Nahrung, so werden allmälig an ihnen, und nur an ihnen bestimmte Abartungen entstehen, und diese werden zur Entstehung von Abarten und selbst von Arten führen können, auch mitten im Verbreitungsgebiete der Stammform : der Organismus wird unaufhaltsam seine physiologische Arbeit fortsetzen, bis dieselbe zuletzt erschöpft ist und Entwicklungsstillstand eintritt. Damit ist aber die Entstehung einer neuen Art gegeben. Denn weil die Ent- wicklungsrichtung unaufhaltsam weiter gearbeitet hat, sind zuletzt alle jene besonders empfindlichen Einzelwesen in die neue Form umgebildet worden, und zwischen dieser und der Stammform ist von selbst eine Kluft entstanden. Derselbe Process wird vor sich gehen, wenn sich die äusseren Verhältnisse an einem bestimmten Orte ändern, oder wenn Glieder einer Art in neue Gebiete mit besonderen äusseren Verhältnissen gerathen. Immer wird die mit physiologischer Notwendigkeit arbei- tende neu entstandene Entwicklungsrichtung arbeiten, bis der von un- erreichbare Stoff nach Möglichkeit umgebildet ist, und so wird sie von selbst, einmal eingeleitet, nicht nur zur Entstehung neuer Formen, sondern auch zur Abtrennung derselben von den Stammformen führen. Dabei ist zur Trennung in Arten räumliche Trennung offenbar nicht nöthig. Von jedem Gebiete aus, in welchem bestimmte äussere, auch nur um ein Geringes von denen der Nachbarschaft verschiedene Einflüsse auf den Organismus aus- gehen, bezw. vorherrschen, kann eine zur Entstehung einer neuen Art führende Umbildung angeregt werden. Aber überall frei- lich wird jene besondere Empfindlichkeit einzelner Thiere oder Pflanzen, welche ich nicht als eine pathologische, sondern als eine physio- logische auffasse, wird die Constitution massgebend für die Um- bildungen und für die Trennung in Arten sein. Wie hochgradig wichtig diese Empfindlichkeit für beides sein muss, darauf scheinen mir eben die Fälle hinzuweisen, in welchen innerhalb des Ver- breitungsgebietes der Stammform ganz neue Entwicklungsrichtungen, ganz neue Arten entstehen, sei es nun allmälig oder sprungweise, wie die Arten der Asterias-Gruppe (Taf. VII, VIII) gegenüber den Machaon am besten vor Augen führen. Ja, es scheint allerdings diese Empfindlichkeit für die Entstehung der Arten überall mit massgebend zu sein, deshalb weil, wie ich nachgewiesen habe , überall die kleinen Abartungen , aberrationes, 19 welche an einzelnen Thieren einer Art auftreten, die Richtung be- zeichnen, nach welcher sich Abarten, varietates, und Arten, species, bilden. Es ist offenbar die Constitution der Lebewesen und die Art der darauf beruhenden physiologischen Arbeit des Organismus, welche theils selbständig, theils von aussen angeregt und umgeändert, wesentlich massgebend für die Entwicklungsrichtungen, für das or- ganische Wachsen, wie ich mich ausdrückte, für die Entstehung der Arten ist. Es wird dies allein durch die Art des Abänderns, eben durch die bestimmt gerichtete Entwicklung bewiesen, welche so sicher vor sich geht, dass äussere Einwirkungen auf den Organismus offenbar nur jeweils etwas die Richtung ändern, nicht aber den ganzen Plan, wenn ich mich so ausdrücken darf, verändern können. Geht ja doch diese bestimmt gerichtete Entwicklung so weit, dass sie nach noch so langem Stillstand immer die alte Bahn im Wesent- lichen von Neuem verfolgt, wenn sie wieder in Gang kommt. Des- halb eben sind die Arten nur in der Entwicklung mehr oder weniger stehengebliebene oder vorgeschrittene Glieder der Or- ganismenkette. Indessen will ich auf diese Dinge hier nicht näher eingehen. Ich wollte im Vorstehenden nur zeigen, dass die bestimmt gerichtete Entwicklung und zeitweiliger Entwicklungsstillstand allein für Entstehung von Arten genügend sind. Die Entwicklungsrichtungen der Schwalbenschwänze. Wir erkennen bei den Schwalbenschwänzen ganz genau die- selbe Gesetzmässigkeit der Zeichnung und im Wesentlichen ganz die gleichen Mittel der Umbildung derselben, welche ich für die Segelfalter festgestellt und dargelegt habe 1). Die Arten sind alle zurückzuführen auf die Grundform , wie sie heute unter den Seglern noch in Alebion, Glycerion und Paphus am ursprüng- lichsten erhalten ist: auf eine Grundzeichnung mit 11 Längsbinden (vergl. Alebion Taf. I Fig. 1), welche sich noch über beide Flügel, auch auf die hinteren, erstrecken. Aber die ursprünglichsten Formen der Schwalbenschwänze sind gegenüber jenen ursprünglichen Seglern weit vorgeschritten. Der Stammform der Schwalbenschwänze am nächsten steht, wie schon hervorgehoben, Eurymedon (V, 5). Derselbe gleicht in der Zeichnung am meisten Leosthenes (III, 1), noch mehr Nomius (III, 4) und Aristeus (III, 5) unter den Seglern: er hat im Wesentlichen ganz dieselbe Entwicklungsrichtung genommen wie die beiden letzteren, ein hervorragendes Beispiel für unabhängige Entwicklungsgleichheit (Homoeogenesis). 1) Vergl. insbesondere S. 7. 20 Es handelt sich in beiden Fällen, bei Eurymedon einerseits und Nomius und Aristeus andererseits, bei der Umbildung um dieselben Vorgänge : 1) seitliche Verwachsung von Binden, 2) Verbreiterung von Binden, 3) Schwinden einer Anzahl von Binden in der Richtung von hinten nach vorn, während andere geblieben sind. Und zwar sind es in beiden Fällen dieselben Binden, welche im Vergleich mit der ursprünglichen Papilio-Form Alebion diese Ver- änderung erfahren haben: seitlich verwachsen sind die Binden II/III, V/VI, VII/VIII, X/XI; verbreitert sind diese sämmtlichen Binden, vor allem Binde IX, welche dieses Verhalten auch bei zahl- reichen Seglern zeigt (ich verweise nur auf Podalirius, Epidaus u. a.) und zugleich darin wieder ein Beispiel von Homoeogenesis vor Augen führt, dass sie zu den Binden gehört, welche auf den Hinter- flügeln am längsten erhalten bleiben (vergl. ebenda u. a.). In der Richtung von hinten nach vorn geschwunden sind bei Epidaus und bei Nomius-Aristeus die Binden IV, V/VI, VII/VIII, bestehen geblieben eben IX, sodann X/XI. Eine neue Eigenschaft und damit Einleitung zu einer neuen Entwicklungsrichtung zeigt Eurymedon in der schwarzen äusseren Umgrenzung der Mittelzelle der Hinterflügel, welche durch die meisten Schwalbenschwänze zu verfolgen ist und, indem sie oben und unten schwindet und nur in der Mitte bestehen bleibt, zu einer sehr kennz eichn enden C-Z eich nun g wird oder zu einem auffallenden schwarzen Strich im Binnenraum der Hinter flügel (man vergleiche insbesondere die Turnus- und die Machaon-Gruppe, Taf. V und VI). Es ist sehr bemerkenswerth , dass zu solcher farbigen Um- grenzung des äusseren Randes der Mittelzelle ider Hinterflügel auch bei einem Segler ein Anlauf genommen wird, nämlich bei Protesilaus (I, 5), aber nicht in schwarzer, sondern in rother Farbe. Und noch wichtiger wird dieser weitere Fall von unabhängiger Ent- wicklungsgleichheit dadurch, dass die neue Eigenschaft bei den Schwalbenschwänzen zuerst am stärksten auf der Unterseite der Hinterflügel auftritt, bei Protesilaus aber nur auf der Unterseite. Es geht also bei dieser verschiedenstufigen Entwick- lung die Unterseite der Oberseite voran, während sonst meist das Umgekehrte zu verzeichnen ist. Betrachten wir nun in Beziehung auf die Entwicklungsrichtungen zuerst noch etwas genauer die Turnus-Gruppe (Taf. V und Taf. VIII, Fig. 1). Gerade hier ist, abgesehen von der C-Zeichnung, die Unterseite gegenüber der Oberseite im Wesentlichen auf früherer Stufe der Ent- 21 wicklung stehen geblieben. Die Thatsache, dass die Binde II/III nicht zu einem Ganzen verschmolzen ist wie auf der Oberseite, scheint hierher zu gehören. Dass die Verschmelzung bei Eurymedon, der sonst ursprünglichsten Form, am weitesten gediehen ist, kann nach den Thatsachen der Heterepistasie nichts dagegen beweisen. Uebrigens könnte es sich in der Zweitheilung der Binde II/III auf der Unter- seite der Vorderflügel bei den Turnus wie bei den Machaon auch um einen Rückschlag handeln. Jedenfalls sind die Hinterflügel auf der Unterseite, insbesondere in Beziehung auf die Randbinden und auf das Afterauge, gegenüber der Oberseite zurückgeblieben. Denn es lässt sich bei den Turnus wie auch bei vielen Machaon als Entwicklungsrichtung eine starke Verbreiterung der Randbin den, der vorderen wie der hinteren, erkennen, so dass der farbige Binnenraum der Flügel, besonders der hinteren, verkleinert wird. Und zwar nimmt auf den Hinterflügeln das Schwarz der schwarzen Randbinden in vielen Fällen dergestalt zu, dass das Blau durch dasselbe verdeckt und verdrängt wird. Ganz dieselbe Entwicklungsrichtung findet sich wiederum bei den meisten Seglern. Ein Kennzeichen der Turnus-Gruppe ist die Verbindung, das bogenförmige Ineinandergehen der Binden IX und X/XI, am inneren Rande der Hinterflügel, etwas vor dem Augenfleck, bezw. der blauen Randbinde. Es wird dadurch auf der Ober- und der Unterseite der Flügel auf allen vier derselben zusammen eine auffallende W-förmige Zeichnung hergestellt, welche den Machaon voll- kommen fehlt, während dort die C-Zeichnung vorhanden ist. Auch bei den Seglern tritt häufig eine ähnliche Bindenverbindung auf; aber da hier die Binden X und XI meist getrennt bleiben, so geschieht die Verbindung nur zwischen Binde IX und X, und es entsteht somit kein allen vier Flügeln gemeinsames W, sondern auf dem rechten und dem linken Flügelpaar je für sich ein 0. (Man vergleiche hierzu u. a. P. Alebion, Podalirius, die Unterseite von Protesilaus und Agesilaus und von Antiphates, die Leosthenes-Anti- crates-Ajax, die Ajax-Policenes). Eine eigenthümliche Entwicklungsrichtung, welche bei Seglern in dieser Weise nicht vorkommt, zeigt sich bei den Turnus und auch bei den Machaon und den meisten Asterias darin, dass sich die Binde II/III mit der Binde IV am Vorderrande der Vorderflügel quer verbindet. Nur Alexanor fehlt diese Verbindung. Der Verbindungstrang, zuerst dünn, verbreitert sich weiter innen beilförmig bis zur vorderen Ader- begrenzung der Gabelzelle, an welche das Beil oder besser der Zahn des Ankerhakens anstösst : die ganze Verbindungszeichnung bildet nämlich zusammen mit der inneren Randbinde (II/III) der Vorder- flügel die eine Hälfte eines Ankers. 22 Der Ankerhaken ist meist im Innern hell, aussen schwarz be- rändert, und der helle Binnenraum geht bei P. Daunus ? in die Grenze der Binden II/III über, woraus ersichtlich ist, dass der Ankerhaken die Fortsetzung dieser zwei Binden darstellt. Als neue Entwicklungsrichtung macht sich die V er schmäle- rung der Binnenbinden bei Turnus und Daunus, und zwar, als Ausdruck männlicher Präponderanz, nur bei den Männchen bemerkbar. Als neue Entwicklungsrichtung erscheint ferner bei Turnus und ebenso bei Daunus S, aber angedeutet auch schon bei Eurymedon, eine oranienrothe Färbung in den hinteren Zellen der Hinter- flügel vor der inneren schwarzen Umgrenzung der Randbinden — bei Turnus und Daunus S in Gestalt von 3, 4, bezw. 5 Flecken, welche nur den mittleren und unteren Theil der betreffenden Flügelzellen einnehmen. Diese Flecke, auch bei den Machaon vorhanden, erlangen eine grosse Ausbildung in der Asterias-Gruppe (vergl. Taf. VII, VIII). Da sie beim männlichen Turnus zuerst auftreten, so erscheinen sie wiederum als Ausdruck männlicher Präponderanz. Da sie auf der Unterseite zuerst vorkommen, sind sie ein Beispiel vorgeschrittener Entwicklung der Unterseite. Bei höheren Formen der Asterias-Gruppe, bei P. Hellanichus (VII, 5), und bei Calverleyi (VIII, 6), in der Machaon-Gruppe ferner bei Zolicaon (VI, 5) erscheinen sie auch auf der Oberseite. Erste Spuren derselben aber lassen sich schon bei Seglern erkennen, nämlich, wie Taf. II zeigt, in der Antiphates-Gruppe bei Antiphates, Euphrates, Epaminondas — wiederum ein Beispiel von Homoeogenesis. Noch eine neue Entwicklungsrichtung zeigt ihre Spuren in der Turnus-Gruppe, bei Daunus: das Auftreten eines schwarzen Punktes bei Daunus S im Roth des Afteraugenflecks zu- nächst auf der Oberseite, während auf der Unterseite statt des Punktes ein schwarzer Querstrich in jenem Roth liegt, ganz wie bei P. Machaon oregonia. Ich komme auf diese Zeichnung später zurück. Die wichtige C-Zeichn ung als neue Entwicklungsrichtung wurde schon besprochen, ebenso die Entwicklungsrichtung, welche ein Schwinden der äusseren Binnenlängsbinden von hinten nach vorn bedeutet: sehr hübsch ist in dieser Beziehung wie der hintere Theil der Binde VII/VIII bei Turnus und bei Daunus <}, bei jenem wenigstens auf der Oberseite, nur noch als wolkiger Schatten erscheint. Auch Pilumnus zeigt schon Rückbildung ; bei Alexanor ist sie vollendet. Als eine neue Entwicklungsrichtung muss es bezeichnet werden, dass auch die gelben Randflecke der Hinterflügel ora- nienrothe Färbung annehmen, zunächst auf der Unterseite, dann ein vorderster und zwei hinterste auch auf der Oberseite : diese letzteren (oder drei hintere) fangen bei Eurymedon auf der Unterseite, 23 die letzten zugleich auf der Oberseite an, diese neue Eigenschaft zu zeigen, die zwei letzten auf beiden Seiten bei Daunus. Der vorderste und die zwei hintersten sind bei Turnus auf der Ober- seite rothgelb gefärbt, der hinterste ist der roth gelbe After- augenfleck, wie er bei allen Schwalbenschwänzen mehr oder weniger ausgesprochen vorkommt, während derselbe Fleck der Segler aus der Prachtbinde hervorgegangen ist. Man vergleiche hierzu P. Machaon asiatica (VI, 7), welcher oben ähnliche Verhältnisse zeigt wie P. Turnus, ferner P. Turnus Glaucus (VIII, 1). Eine neue Entwicklungsrichtung, welche auch bei den vor- geschritteneren Seglern auftritt (vergl. Taf. III und IV, aber auch schon Androcles Taf. II), ist das Erscheinen von Querverbindungen der Binden I und II/III durch Schwarz färbung der Quer- adern) auf den Vorderflügeln. Endlich beginnen Spuren von Schwarzfärbung auch auf den ßinnenqueradern aufzutreten, auf den Vorderflügeln bei allen Arten mit Ausnahme von Alexanor, wiederum entsprechend dem Verhalten bei den höheren Segelfaltern (Taf. IV) und wiederum Ausdruck unabhängigerEntwicklungsgleichheit, hinführend zur Entstehung einer Querzeichnung, nachdem durch Schwinden der Binnenlängsstreifen von hinten her aus der ursprünglichen Längs- streifung zunächst mehr eine fleckenartige Zeichnung, wenigstens auf den Vorderflügeln entstanden war. Eine sehr merkwürdige Entwicklungsrichtung zeigt sich in der sprungweisen Umbildung des Weibes von P. Turnus in die in Fig. 1, Taf. VIII abgebildete Abart P. Turnus Glau- cus L. Diese durch unbekannte Ursachen offenbar mitten unter der gewöhnlichen Form der Turnus entstandene weibliche Abart im süd- lichen Nordamerika ist dadurch ausgezeichnet, dass sie über die all- mäligen Umbildungen, wie sie in der Asterias-Gruppe an den ver- schiedenen auf Taf. VII abgebildeten Arten derselben erkennbar sind, mit einem Male um eine Stufe weiter, als sie einer der vorgeschrit- tensten jener Falter, P. Asterias (Taf. VII, Fig. 10) zeigt, vorschreitend wie eine höhere Form der Asterias und als zur Asterias-Gruppe ge- hörig, erscheint. Es ist dies also ein sehr hervorragendes Beispiel für Halmato- genesis auf Grund von kaleidoskopischer Umbildung, für weib- liche Präponderanz und für Hom oeoge nesis zugleich. Abgesehen von dem nach etwas anderer Richtung entwickelten P. Palamedes (VIII , 3 und 4) und dem merkwürdigen Calverleyi (VIII, 5 und 6) steht nur P. Troilus (VIII, 2) unter den Gliedern der Asterias-Gruppe höher als Turnus Glaucus. Nach unten steht ihm am nächsten P. Asterias, welchem er auch am ähnlichsten ist Das Schwarz der Zeichnung und die Reste der Grundfarbe sind bei 24 ihm wie bei Asterias : mit Ausnahme dieser Reste, welche nur noch als gelbe bezw. rothe Flecke in den Binden liegen, mit Ausnahme ferner der gelben Randkerben, des Afteraugenflecks und endlich der blauen Flecke der inneren Binde ist der Falter oben mattschwarz. Unten ist er heller, graubräunlich: hier treten aber die schwarzen Zeich- nungen des gewöhnlichen Turnus deutlich hervor, wie auch auf der Oberseite der Vorderflügel der Aussenrand der Mittelzelle schwarz, in der Mitte als Fleck erscheint. Unten sind ferner die äusseren Randflecke wie bei Gliedern der Asterias-Gruppe theilweise oranienroth gefärbt, und wie dort er- scheinen ausserdem oranienrothe Flecke im hinteren Flügelwinkel in einzelnen Zellen vor der inneren Umgrenzung der blauen Randbinde. Glaucus ist ein hervorragendes Beispiel für jene correlative Umbildung, welche ich als kaleidoskopische bezeichnet habe, weil sie durch gleichzeitige Veränderung zahlreicher Eigenschaften entstanden ist. Er verhält sich zu den in der Entwicklung zunächst hinter ihm zurückgebliebenen Gliedern der Asterias-Gruppe: Asterias und Aste- rioides (VII, 6, 7) ähnlich wie sich unter den drei Jahreszeiten- bezw. Wärme- Abarten des Ajax Ajax Marcellus zu A. Telamonides und Walshii oder unter den Vanessa V. Prorsa zu V. Porima und V. Levana verhält. Und es ist wohl nicht anders anzunehmen, als dass es wie dort äussere Einwirkungen auf die Raupe oder auf die Puppe während der Entwicklung sind, welche Glaucus ebenso wie die Glieder der Asterias-Gruppe aus den Turnus, bezw. aus Machaon erzeugt haben. Und zwar liegt es nach dem Beispiel der genannten und anderer Jahreszeiten-Abarten am nächsten, die Wärme als Umbildungsur- sache anzunehmen, welche dann bei Glaucus nur in stärkerer Wirkung erscheint als bei den weniger weit entwickelten Gliedern der Asterias- Gruppe. Die Machaon-Gruppe (Taf. VI). Das Schwinden der Binnenbinden von hinten nach vorn, wie es bei den Turnus eingeleitet war, ist hier vollendet bis auf Reste von V/VI und VII/VIII, welche jetzt nur als fleckenartige Zeichnungen wesentlich auf den Bereich der Mittelzelle beschränkt sind : die überall, auch bei den Segelfaltern zu beobachtende postero-anteriore Entwicklung hat aus der Längsstreifung eine Fleckung zuwege gebracht, welche auch noch in Anderem Ausdruck findet; auf den Vorder- flügeln sind nämlich Binde IX und X/XI seitlich zusammengeflossen und bilden gemeinsam einen grossen Flügelwinkelfleck. Es besteht die Richtung in der Entwicklung, diesen Fleck gegen den Binnenraum der Vorderflügel hin zu verbreitern, wie die Ver- 25 gleichung von P. Machaon aestivus (VI, 4) mit P. M. Hippocrates (VI, 1) u. a. zeigt. Andererseits schreitet die schon bei Segelfaltern und in der Turnus-Gruppe ausgiebig gewordene Verbreiterung der Randbinde nach innen fort. Dadurch wird der helle Binnenraum der Vorder- flügel verengert, Auf den Hinterflügeln geschieht die Verkleinerung des Binnen- raumes von aussen her ebenfalls durch Verbreiterung der Randbinden, von innen her dadurch, dass die Binden X und XI zu einem breiten Band verschmelzen, welches sich nach einwärts verbreitert: man ver- gleiche hierzu P. Machaon aestivus (VI, 4) und P. M. asiatica, (VI, 7) u. a. Es handelt sich dabei um die Entwicklungsrichtung, welche zur allmäligen Schwarzfärbung führt, wie sie bei Glaucus, Asterias u. a. ausgeführt ist. In Beziehung auf diese Schwarzfärbung schreitet die Oberseite der Unterseite voran. Die schon bei den Turnus ausgesprochene Queraderverbindung der Binden I und II/III auf den Vorderflügeln ist verstärkt. Dadurch und durch Fortschreiten der Schwarzfärbung der Quer- adern auf den Vorderflügeln entsteht zunächst auf diesen der Ein- druck einer quergerichteten Zeichnung. Aber auch die fortschreitende Schwarzfärbung der Adern der Hinterflügel führt zuletzt zum Herrschendwerden von Quer- streifung, wie die in dieser Beziehung am meisten ausgebildeten Papilio Xuthus (VI, 9) und Xuthulus (VI, 10) zeigen. Wir gelangen also, entsprechend meinem allgemeinen Zeichnungsge- setz, auch hier von der ursprünglichen Längsstreif ung zu Fleckung, Querstreifung und Einfarbigkeit. Die Schwarzfärbung der Hinterflügeladern erscheint als Fort- setzung einer Entwicklungsrichtung, welche hier mit der C-Zeichnung schon in der Turnus-Gruppe begonnen hat. Die C-Zeichnung selbst ist gegenüber der Turnus -Gruppe zu- weilen noch verstärkt. Die Verbreiterung der Randbinde lässt sie zuletzt mit dieser in Verbindung treten (Fig. 1, 2, 3, 4, 6). Die schon bei Gliedern der Turnus-Gruppe vorhandene Anker- zeichnung in der Vorderecke der Vordertlügel ist bei allen Machaon vorhanden. Als neue Eigenschaft erscheint hinter derselben, in der Gabelzelle, oberseits ein schwarzer Punkt, meist als kräftiger Fleck ausgebildet, zuweilen wieder mit hellerer Mitte. Das letztere ist bei Hospiton (VI, 6) ausgesprochen. Zuweilen findet sich in der hinter der Gabelzelle gelegenen Zelle (erste Seitenrandzelle), im hellen Binnenraum derselben bei Machaon ebenfalls ein Pünktchen, sehr klein und scharf gezeichnet. Es ist 26 Abbildung A. an einzelnen unserer einheimischen P. Machaon vorhanden, ebenso an einem von Allahabad. Auf der Tafel ist es bei P. Xuthus (10) in Gestalt eines kleinen Querstrichs sichtbar. Ob es hier allgemein ist, weiss ich nicht. Bei P. Machaon erscheint es offenbar als Beginn einer neuen Ent- wicklungsrichtung, als Abartung. Da dieses Pünktchen in der ersten Seitenrandzelle liegt, kann es auch als Seitenrandzellen- fleck (vgl. Abb. A) bezeichnet werden, der in der Gabelzelle gelegene Fleck aber als Gabel- zellen fleck. Der Gabelzellenfleck ist ein Artkenn- zeichen für sämmtliche Glieder der Machaon- Gruppe. Er ist, wie die Abbildungen zeigen, auf der Oberseite überall vorhanden, auf der Unterseite nur zuweilen. Eine nicht ganz neue Eigenschaft in der Machaon-Gruppe, eine solche, welche auch bei P. Daunus und bei Turnus Glaucus auftritt, aber erst bei manchen Machaon sich sehr stark entwickelt und vollkommen ausbildet, ist der schwarze Fleck im Afterauge, der Augenkern. Die Abbildungen zeigen, dass er aus der unteren schwarzen Umgrenzung des oranienrothen Afterauges hervorgeht. Diese Um- grenzung ist zuweilen , so bei unserem gewöhnlichen P. Machaon (Fig. 8), ebenso bei P. M. aestivus (4) und bei P. Hospiton (6), noch sehr ursprünglich erhalten. Dann verkürzt und verdickt sie sich nach innen, um sich zuletzt zu einem Punkt abzuschnüren, welcher in das Innere des Afterauges hineinrückt. Die Uebergänge werden darge- stellt durch das Verhalten von P. M. Sphyrus (3), P. M. asiatica (7) und Hippocrates (1), dann von P. Zolicaon (5). Bei P. M. oregonia (2) ist auf der Unterseite noch die schwarze Umgrenzung vorhanden, auf der Oberseite aber der Augenkern aus- gebildet. Dies entspricht offenbar der ursprünglichen Entwicklung, welche oben vorangeschritten ist. Bei P. Xuthus ist der Augenkern sehr kräftig, bei Xuthulus aber ist er geschwunden, wie hier auch im Gegensatze zu Xuthus der Gabelzellenfleck sehr klein ist und der Seitenrandzellenfleck fehlt. In der Asterias-Gruppe spielt der Augenkern eine hervorragende Rolle, denn er ist hier, abgesehen von einigen Arten, bei welchen er Rückbildung erfahren haben muss, hoch ausgebildet. Sehr merkwürdig ist, dass er, entsprechend dem Verhalten der Asterias-Gruppe, auch bei Turnus Glaucus im Werden be- griffen ist — wieder oben mehr entwickelt als unten — während 27 bei dem gewöhnlichen Turnus sogar die hintere schwarze Umgrenzung des Augenfleckes fehlt. Besondere Entwicklungsrichtungen des Afterauges sind die, dass dasselbe 1) die innere schwarze Umgrenzung des Blau verliert (vergl. Fig. 1 u. a. mit 3, 4), 2) dass es grösser wird, 3) dass sein Oraniengelb sich in Roth und zuletzt in Violett ver- wandelt (vergl. die Stufen : 2, 1, 7, 8, 3). Nach dem Verhalten auch der nordafrikanischen Formen zu schliessen, scheint das letztere eine Wärmewirkung zu sein. Oranienrothe Färbung einzelner gelber Randflecke, besonders der vorderen der Hinterflügel (7) kommt auch zuweilen hier vor. Allgemein ist dieselbe Färbung in einigen Zellen der Hinterflügel, innerhalb der blauen Randbinde auf der Unterseite, eine Entwicklungsrichtung, welche schon in der Turnus- Gruppe erschien und welche in der Asterias-Gruppe hohe Bedeutung erlangt. Ein ganz besonderes Verhalten zeigt die dritthinterste dieser Zellen bei P. M. aestivus (4) in Beziehung auf Ausdehnung und Be- grenzung der oraniengelben Färbung, indem diese nach hinten weit in das Blau der Randbinde hineingreift. Eine besondere Entwicklungsrichtung, welche schon bei einzelnen Machaon (Fig. 4, 8), auch bei Hospiton auf der Unterseite ange- deutet ist, macht sich bei Xuthus und Xuthulus auf der Oberseite geltend, in schwarzer Längsstreifung des hinteren Theils der Mittel- zelle der Vorderflügel (9, 10). Aussen fangen diese Querstreifen bei letzteren Faltern an, durch Unterbrechungen Punkte zu bilden (vergl. später). Die Asterias-Gruppe (Taf. VII und VIII). Diese Gruppe ist ausgezeichnet durch die gemeinsame Eigenschaft des Melanismus, welcher in ihren Gliedern stufenweise stärker ausgebildet erscheint, als Ausdruck einer neuen bei Machaon schon vorbereiteten Entwicklungsrichtung. Die Arten der Asterias-Gruppe sind, wie am deutlichsten P. Bairdii (VII, 9) zeigt, unzweifelhaft umgebildete Machaon. Dies scheint auf den ersten Blick auch für die übrigen auf der VII. Tafel abgebildeten Formen zu gelten, auch für P. brevicauda (2), Asterioides (6, 7) und den damit so nahe verwandten Asterias. Allein Turnus Glaucus (VIII, 1) ist wieder Asterias so sehr ver- wandt, und andererseits steht ihm P. Troilus so nahe, dass man zweifeln muss, ob nicht wenigstens diese Arten ebenfalls auf Turnus JS zurückzuführen seien. Auch P. Palamedes (VIII, 3, 4) steht wieder Asterias nahe. Wegen der grossen Rolle, welche un abhängige Entwicklungs- gleichheit überall spielt, und wegen der nahen Verwandtschaft von Turnus und Machaon , welche eben wieder ähnliche Entwicklungs- richtungen bedingt, ist es nicht leicht möglich, überall zu entscheiden. Genug, dass überall dieselben hauptsächlichsten bestimmten Entwicklungsrichtungen die Glieder der Asterias-Gruppe beherrschen und in derselben zu ähnlichen Eigenschaften führen. Die Schwarzfärbung geht wie bei P. Glaucus, so bei P. Bairdii und auch bei P. Asterioides vom Weibeaus; bei Asterias Calverleyi dagegen ist sie beim Manne mehr ausgebreitet. Sie nimmt auf den Flügeln hauptsächlich die Richtung von innen nach aussen und war ja in der Machaon - Gruppe in diesem Sinne schon sehr vorgeschritten. Bei einigen, wie bei Bairdii, ist sie aber auch umgekehrt von den Randbinden her erheblich nach innen vorgeschritten. Dadurch, dass die Verbreitung des Schwarz wesentlich von innen nach aussen geschieht, bleibt innerhalb der Randbinden, mehr oder weniger ausgedehnt, nur ein beschränkter heller Raum übrig, welcher weiterhin bis auf Flecke, zuletzt aber ganz schwindet (man vergleiche die Stufen bei Bairdii