Digitized by the Internet Archive in 2016 with funding from BHL-SIL-FEDLINK https://archive.org/details/dieconiferenundd1187stra DIE W, CONIEEREN t (ö L UND DIE GNETACEEN. v EINE MORPHOLOGISCHE STUDIE VON DK EDUARD STRASBURGER PROFESSOR IS JESA. (MIT EINEM ATLAS VON XXVI TAFELN.) . ' 1 ^ v ‘ V ^ 1 DUPLICATA DE LA BIBLIOTHEOIJB * DU CONSERVATOIRE BOTANIQUE DE GENESE A ' ' VENDU EN 1922 .. "-*•' \ i *■ Leipzig, Verlag von Ambr. Abel. CÖ> i 0 . > \J u 1* % 1. ; 1> - « DIE CONIFEREN UND DIE GNETACEEN. EINE MORPHOLOGISCHE STUDIE VON DR EDUARD STRASBURG EU PROFESSOR IN JENA. PKW rOK* ■9TAN1CAL (MIT EINEM ATLAS VON XXVI TAFELN.) DU OON^vATA DE LA bibliOTHeQÜb r A G '■ Q Ü L DU OONSERVATOIRE BOTANIQUE - VENDU EN 1922 ' " , vV : ■ .v - U-B»* Leipzig, Verlag von Ambr. Abel. * 7- 1923 fc’EW Y(fux *<*r anical. ‘»AtftJfc'N Vorwort. Durch die Descendenztheorie sind der heutigen Forschung ganz neue Ziele gesteckt worden; die vergleichende Untersuchung hat eine phylogenetische Bedeutung gewonnen; sie wird das Mittel, die wirklichen Verwandtschaften der organisirten Wesen festzustellen, und das natürliche System, das als abstracte Vorstellung dem früheren Forscher vorgeschwebt, gewinnt durch dieselbe eine reale Grundlage: es ist der natürliche Stammbaum der Organismen. Schwierige morphologische Aufgaben werden daher genealogisch zu lösen sein: denn der morphologische Werth eines Gebildes wird duröh seinen Ursprung bestimmt. Die individuelle Entwickelung hat nur deshalb eine so hohe Bedeutung für die Morphologie ge- wonnen, weil sie eine kurze Wiederholung der paleontologischen Entwickelung ist. Diese Anschauungen durch anderweitige Arbeit gewonnen, suchte ich auf eine Frage anzuwenden, die seit langer Zeit die verschiedensten Deutungen erfährt: auf die Frage nach dem mor- phologischen Werthe der s. g. „gymnospennen“ Bliithe. Man hatte versucht, dieselbe nach Analogien zu lösen und so machte ein Jeder diejenigen geltend, die ihm besonders geläufig waren oder die ihm besonders überzeugend schienen. Den Gründen auf der einen Seite wurden stets entgegengesetzte vorgehalten, ohne sich endgültig auszuschliessen. Immer noch blieben die verschiede- nen Auffassungen neben einander bestehen. t CD ID IV Das Folgende soll ein Versuch sein, die Frage phylogenetisch zu lösen. Wohl mir' bewusst der Schwierigkeiten, die einer solchen Lösung entgegenstehen, der Lücken, die sie nothgedrungen enthalten muss, unternahm ich sie mit der Zuversicht, schon durch die Art der Behandlung neue Seiten für die Untersuchung zu fördern. Die Aufgabe lautete zunächst nur für die Bltithenentwickelung; die gewonnenen Resultate ermunterten • mich bald, dieselbe auch auf die vegetativen Theile der nämlichen Pflanzen auszudehnen. So wuchs das Ganze zu einer umfangreicheren Arbeit, welche gleich- mässig alle generativen und vegetativen Theile der Coniferen und Gnetaceen behandelt und so übergebe ich sie heute der Oeffentlich- keit: als einen Beitrag zur vergleichenden Morphologie der Pflanzen. Jena, im Mai 1872. Eduard Strasburger. % Inhaltsverzeichnis ßliithenentwickelung. s.ite Die weibliche Blüthe l A. Coniferae. I. Taxaceae. 1. Taxeae 2 Taxus baccata L 2 Torreya nucifera Sieb 8 Cephalotaxus Fortunei Hook 11 Ginkgo biloba L 12 2. Podocärpeae 16 Phyllocladus trichomanoides Don 17 Dacridium Franklini Hook, fil 18 Podocarpus chinensis Wall 19 Podocarpus dacridioides A. Rieh 22 II. Ajraucariaceae. 1. Cupressineae. Biota orientalis Don 25 Thuja occidentalis L 30 Callitris quadrivalvis Vent 31 Libocedrus chilensis Endl 31 Juniperus- Arten 31 Cupressus-Arten 36 Chamaecyparis-Arten 39 2. Taxodineae. Cryptomeria japonica Don - 42 Glyptostrobus heterophyllus Endl . 46 Taxodium 46 3. Sequoineae. Sequoia sempervirens Endl 47 Arthrotaxis 48 4. Sciadopiteae. Sciadopitys verticillata Sieb, et Zuec 48 VI Seite 5. Abietineae. Pinus'Pumilio Haenke 50 Larix europaea DC 55 Abies pectinata DC 55 Picea vulgaris Lk 55 Tsuga canadensis Carr 55 6. Araucarieae. Cunninghamia sinensis R. Br 60 Araucaria Cunninghami Ait 64 Araucaria excelsa R. Br 68 Dammara australis Lamb 70 B. Gnetaceae. 1. Ephedra 76 2. W elwitschia 91 3. Gnetum 101 Die männlichen Blüthen 102 A. Coniferae 121 B. Gnetaceae. 1. Ephedra 132 2. Welwitschia 141 3. Gnetum 155 Bildungsabweichungen 159 Litteratur 161 Ein durchwachsener Zapfen von Abies Brunoniana Lindl. 165 Androgyne Zapfen von Pinus Laricio 171 Geschichtliches. Weibliche Blüthen 173 Targioni Tozzetti 173 Mirbel (1810) 174 Tristan 175 Mirbel (1812) 175 Robert Brown ' 175 Achille Richard 176 Brogniart 180 Mirbel (1843) 180 Lindley (1833) 180 Nees von Essenbeck 180 Blume 180 Schleiden 182 David Don 185 Miquel 185 v. Mohl (1845) 185 A. Henry 187 Lindley (1845) 187 G. Heinzei 188 Gottsche 188 Link 189 VII Seite C. A. Meyer 189 Hofmeister 190 Karsten 190 Agard 191 Schacht 192 Griffith • . . . . 192 Alex. Braun (1853 u. 1860) 193 Tulasne 194 Bailion (1860) 194 Payer 195 Caspary (1861) 196 A. Dickson 19 7 J. D. Hooker 198 Eichler 199 Wigand 203 Pariatore 203 Baillon (1864) 205 Oersted (1864) 208 Caruel (1865) 208 Dickson 209 Favre 210 Brogniart u. Gris . 210 Murray 211 Gris 212 Sachs (1868) 212 Oersted (1868) 213 Sperk 215 De Candolle 215 Pariatore (Prodromus) 216 Caruel (1869) 216 Alex. Braun (1869) 217 Van Tieghem 218 Caspary (1870) 220 Magnus 220 Delpino _ 221 Sachs (1870) 222 H. v. Mohl (1871) 223 Ergebnisse eigener Untersuchungen: Weibliche Blüthen. A. Coniferae. I. Taxaceae. 1. Taxeae 225 2. Podocarpeae 226 II. Araucariaceae. 1. Cupressineae 228 2. Taxodineae 229 3. Sequoieae 229 4. Sciadopiteae 5 230 5. Abietineae» 230 6. Araucarieae 231 VIII Seit« B Gnetaceae. 1. Ephedra 233 2. Welwitschia 235 3. Gnetum 236 Allgemeine Resultate 238 Männliche Bliithen 241 Systematische Uebersicht 243 Vergleich mit den Gycadeen 245 Weiterer Verwandtschaftskreis der Coniferen und Cycadeen 253 (Bulbillen von Lycopodium Selago. Anm. 1) 255 Verwandtschaft mit den Metaspermen 259 Stammbaum 261 Die Tafel zum Stammbaum 264 Die Bestäubung 265 Die Befruchtung 274 Litteratur 274 Eigene Untersuchungen: Cupressineen 277 Abietineen 281 Taxaceen (Taxus u. Ginkgo biloba) \ . . 290 Zusammenfassung 293 (Gnetaceen) 295 Eutwickelungsgeschichte des Keimes 298 Litteratur 298 Eigene Untersuchungen: Cupressineae 302 Abietineae 308 Taxaceae 312 Gnetaceen 313 Keiiuuug 319 Da9 Spitzenwachsthum des Stammes 323 Litteratur 323 Eigene Untersuchungen: Araucaria brasiliana u. Verw 324 Ephedra campylopoda .* 325 Taxaceae, Cupressineae, Taxodineae, Sequoineae .... 327 Abietineae 327 Sciadopitys 328 Verhalten des Protoderma bei der Blüthenbildung . . . 328 Achselknospen 329 Litteratur 329 Eigene Untersuchungen: Ephedra campylopoda 330 (Beiknospen) 331 Coniferen 334 Cycadeen (Vegetationskegel des Stammes) 335 Lycopodium (Vegetationskegel des Stammes) 336 IX -öelt-5 Das Spitzenwachsthum der Wurzel , - - ... - -340 Litteratur ...... 340 Eigene Untersuchungen ...... 340 Metaspermen (Vegetationskegel der Wurzel) 353 Ly copodium (Vegetationskegel der Wurzel) 355 Cycadeen (Vegetationskegel der Wurzel) . . . - . 358 Das Verhältniss von Stamm und Wurzel 360 Litteratur 360 Eigene Untersuchungen- Biota orientalis 362 Pinus Pinea . . .. 366 Araucaria brasiliana 369 Ephedra vulgaris 371 Welwitscllia (Deutung des Stammes und des Gefässbündelverlaufes) . . . 374 Sciadopitys (Deutung der Doppelnadelu) 382 Phyllocladus (Deutung des Cladodium) 391 Allgemeine morphologische Betrachtungen 396 Allgemeines 396 Specielle Deutung der Samenknospen 409 Litt'eratur 409 Eigene Untersuchungen: Delphinium elatum L 415 Aconitum Napellus L 416 Centaurea nervosa Willd 418 Passiflora coerulea L 419 Primulaceae 420 Anthericum ramosum L 420 Orchideae 421 Monotropa Hypopithys L 421 Deutung der Missbildungen 423 Specielle Deutung der Staubblätter 429 Schluss 440 Berichtigung. Es ist mehrfach im Text M. M., auch MM. statt Mm. stehen gehlieben; es bedeute in allen Fälleu nur Millimeter. Blüthenentwickelung Die weibliche Bliitlic. Den Ausgangspunkt unserer Untersuchungen soll die. weibliche Blüthe bilden, weil sie die hauptsächlichsten Merkmale zur Feststellung der Ver- wandtschaften unter den zu behandelnden Pflanzen liefert. Auch hat die weibliche Blüthe der Coniferen und Gnetaceen die mannigfaltigsten Deutungen erfahren, so dass wir mit derselben sofort in eine der wichtigsten Fragen eingreifen, die uns in diesem Werke beschäftigen sollen. Eine Litteratur von seltenem Umfang tritt uns hier entgegen, und doch bleiben noch die Hauptpunkte zu entscheiden: denn während die Anhänger Piobert Brown’s an der Samenknospennatur dieser Blüthen festhalten, erklären sie die Gegner mit immer neuen Gründen für Fruchtknoten. Auch die Stellung der einzelnen Blüthen und die Bedeutung der sie tragenden Tlieile ver- langen eine erneuerte Untersuchung, denn es frägt sich immer noch: ob die Blüthe axenständig oder blattständig ist, ob die s. g. Fruchtschuppe einem Blatte, einer Blattexcrescenz , einer flachgedrückten Axe, oder gar einer metamorphosirten Knospe entspricht. Um zur Lösung dieser Fragen „entwicklungsgeschichtlich" beitragen zu können, war es vor Allem erforderlich', über ein möglichst umfangreiches Material zu verfügen, ich suchte dasselbe zu erlangen und unterwarf es dann einer gleichmässigen Bearbeitung. Ich hoffe im Nachstehenden ein ziemlich zusammenhängendes Bild der sämmtlicher Coniferen - und Gnetaceen - Tribus geben zu können und beginne sofort mit der ersten Gruppe : Strasburger, Coniferen und Gnetaceen. 1 — 2 — A. Coniferae. I. Taxaceae. 1. Taxeae. Die bekannteste Pflanze dieser Gruppe, von der letztere auch den Namen führt: ist Taxus baccata. Die Früchte dieses Baumes werden im Herbste von einer fleischig gewordenen höchrothen Cupula umgeben. Im jüngeren Zustande ist diese Cupula nur schwach entwickelt und nur an der Basis der Blüthe zu finden, die im Uebrigen von einem nackten Knospenkerne und einer einfacher Fruchtknotenwandung gebildet wird.1) Die Blüthen schliessen kurze Seitentriebe, in den Blattaehseln nächst älterer Zweige, ab. Sie sind aus diesem Grunde für Endproducte dieser Seitentriebe gehalten worden, in Wirklichkeit stehen sie ober seitlich an denselben. — Bei genauer Untersuchung kann man stets neben der Blüthe noch das abortirte Axen- ende des Sprosses auffinden und sich überzeugen, dass diese Blüthe als secundärer Achselspross in der höchsten Blattachsel des primären sich entwickelt hat. (Taf. I. Fig. 1. u. 5.) In ganz seltenen Fällen kommt es denn auch vor, dass der primäre Achsel-Process nachträglich sich von neuen verlängert, die secundäre Achselknospe zur Seite drängt und zu einem kleinen beblätterten Zweige auswächst (Taf. I. Fig. 10. u. 7), auch dass in der Achsel des nächstunteren Blattes am primären Achselsprosse eine Blüthe angelegt wird und somit zwei Blüthen an demselben stehen (Taf. I. Fig. 8. u. G.) Der primäre Achselspross beginnt mit zwei transversalen, dann nach 2/5 Stellung auf diese folgenden, kleinen, angedrückten, allmälig grösser werdenden Schuppen; in der Achsel der 8ten oder, wie gewöhnlich, der 13ten Schuppe, wird der secundäre Achselspross angelegt, der mit zwei transversalen Blättern beginnend, im ganzen 3 decussirtje Blattpaare (Vorblätter) trägt. Diese entwickeln sich stärker als die Schuppen des primären Achselsprosses; auch führen sie Chlorophyll, während die Schuppen sich alsbald bräunen und grosse lufterfüllte Räume zeigen (Fig. 5.). Ueber dem dritten Blattpaare schliesst der secundäre Achselspross mit einer Blüthe ab; am primären werden, über dem fertigen Blatte, nur noch einige rudimentäre Schüppchen angelegt, und durch die anschwellende Blüthe bald bei Seite gedrängt. Das Tragblatt des secundären Achselsprosses ist äusserlich nicht von den benachbarten Blättern zu unterscheiden, da der secundäre Achselspross in gerader Richtung den primären fortsetzt (Fig. 5), als Anhaltepunkte können aber die 3 Blattpaare des secundären Achsel- ') Diese Bezeichnungsweise werde ich in der Folge zu rechtfertigeu suchen. 3 sprosses benutzt werden, wenn es gilt die primäre Achselknospenspitze auf einem Längsschnitt blosszulegen. Natürlich wird derselbe so geführt werden müssen, dass er durch die Mediane des mittleren Blattpaares am sec. Blüthensprosse geht, also in der Richtung in der die Blüthe die einfache, nicht die doppelte Blätterhülle besitzt. Die Fruchtknotenwandung zeigt eine verhältnissmässig bedeutende Dicke; sie wird äusserlich von einer grosszelligen Epidermis umgeben, auf diese folgt eine Zelllage grosser fast kubischer, auf diese eine zweite Lage kleinerer, radial gestreckter Zellen und weiter kleinzelliges dichtes Gewebe, das sich gleichmässig bis an die innere Fläche der Wandung fortsetzt. Das kleinzellige Gewebe v< rholzt später und bildet die harte Fruchtschale, während die grossen peripherischen Zellen sich mit einer braunrothen Flüssigkeit füllen, der Inhalt der Epidermiszellen dunkel und körnig erscheint, die Cuticularschichten sich gelb färben und zusammen eine braune dünne Haut bilden, die sich leicht von der Fruchtschale abschaben lässt (Taf. I. Fig. 14). Der Fruchtknotenmund ist ursprünglich an jüngeren Bliithen deutlich zweilippig (Taf. I. Fig. 4), bleibt bis zur Bestäubungszeit offen (Fig. 5, 6), später schliesst er durch Anschwellung des Innenrandes fest zusammen (Fig. 14). Die Lippen alterniren mit dem obersten Blatt- paare. Der Nucleus ist in jungen Bliithen völlig frei (Taf. I. Fig. 5), später streckt es sich bedeutend an der Basis, unterhalb der inneren Einfügungs- stelle der Fruchtknotenwandung, welche in Folge dessen emporgehoben wird (Fig. 14). In älteren Zuständen wird der Nucleus von dem stark anschwellenden Embryosacke fast völlig verdrängt. Zwischen der Fruchtknotenwandnng und dem letzten Blattpaare sieht man schon zeitig im Frühjahr den kreisförmigen Wall sich bilden, der später zum becherförmigen Discus auswächst (Fig. 5, G, 7). Er bleibt längere Zeit stationär, vom Frühjahr an bis Ende Juli, als kreisförmiger, ziemlich scharf sich nach oben verjüngender Wall von geringer Höhe (Fig. 14). Erst nach vollzogener Befruchtung setzt er seine Entwickelung fort. Der primäre Blüthenspross erhält, wie jede andere Achselknospe, zwei Gefässbündel aus dem Mutterstamm; diese Bündel spalten sich sofort rechts und links zu je drei, und geben die mittleren Zweige für das erste Schuppenpaar ab, die übriggebliebenen verschmelzen paarweise an den * entgegengesetzten Seiten (Taf I. Fig. 15 a), trennen sich von neuen und versorgen die aufeinanderfolgenden Schuppen (Fig. 1 5 b). In der Ein- fügungsebene der obersten fruchtbaren Schuppe gehen drei Bündel aus dem Bündelkreise ab, von welchem das eine äussere für das Deckblatt, • i* 4 die beiden inneren für den neuen Achselspross bestimmt sind (Fig. 15 c) Die zurückgebliebenen ’ Bündel des primären Achselsprosses zeigen weiter hin eine nur schwache Entwickelung und erlöschen in dem rudimentären Axenende, die beiden der secundären Achselknospe hingegen ordnen sich in derselben zum neuen Kreise an und versorgen die drei decussirten Blattpaare (Fig. 15d’ e- f). Auf dem Querschnitte sieht man jetzt abwech- selnd G (I5d), 4 (15e), oder 2 (15f) Bündel, indem wiederholt an Stelle jedes einzelnen Bündels, von unten nach oben fortschreitend, zunächst drei auftreten, das mittlere in das Blatt ausbiegt und die, zurückgebliebenen, je zwei auf jeder Seite mit dem letzten Blattpaare alternirend, zu je einem neuen seitlichen Bündel verschmelzen. Der Discus erhält kein Bündel, wohl aber sieht man nach Abgang der beiden obersten Blattbündel, die vier zurückgebliebenen Bündel der Axe, ganz wie es bisher der Fall ge- wesen , mit dem letzten Blattpaare alternirend , verschmelzen und an zwei sich entsprechenden Punkten in die Fruchtknotenwandung treten (Fig. 15 s). Sie erlangen in derselben eine zwar nur sehr schwache Entwickelung, sind fast nur auf Schraubengefasse reducirt, doch lassen sie sich mit aller Be- stimmtheit bis in den Scheitel der Fruchtblätter verfolgen (15h’ '• k’ '■ m- "). Diesen beiden Bündeln entsprechend, zeigt der Fruchtknoten zwei, mit dem letzten Blattpaare alternirende Kanten (Fig. 15"' °), häufig auch drei, wenu nämlich die erwähnte letzte Verschmelzung der Axenbündel auf der einen oder der andern Seite der Axe unterbleibt und so an der einen Stelle zwei Bündel statt des einen in die Fruchtknotenwandung treten (Fig. 16)1); in selteneren Fällen kommen auch vier Bündel vor, wenn die Vereinigung der Bündel zu beiden Seiten unterbleibt, in noch selteneren fünf, wenn eines dieser Bündel sich gleichzeitig noch verdoppelt. Vor ihrer seitlichen Vereinigung und dem Eintritte in die Frucht- knotenwandung, versorgen die noch getrennten vier Bündel auch die Basis der Bltithe, von ihren Rändern gehen Schraubenzellefi ab, die sich seitlich aus- breiten, zu einem Ringe anordnen und unter demNuclens erlöschen (Fig. 15 h> Der Gefässbündelverlauf gewährt uns so einen klaren Einblick in den Bau der Blüthensprosse, bestätigt das anderweitig Gesagte über die seit- lich axillaere Stellung der Blüthe an den primären Achselsprossen und zeigt auch dass die Fruchtknotenwandung sich durchaus in ihrem Gefäss- bündelverlauf an die tieferliegenden Blätter anschliesst und möglicherweise also auch, aus zwei verwachsenen, mit dem letzten Blattpaare alternirenden ') Die Kanten werden erst in der oberen Hälfte des Fruchtknotens sichtbar. Fruchtblättern zusammengesetzt sei. Die zwei Bündel würden dem ent- sprechend die Mediane der beiden Blätter anzeigen. Ihr Verlauf wird äusserlich durch eine Kante markirt, und so kommt es auch, dass in Fällen, wo die Verschmelzung der Axenbiiudel auf der einen oder andern Seite unterbleibt, und also mehr als zwei Bündel in der Fruchtknotenwan- dung vorhanden, auch mehr Kanten äusserlich an derselben zu bemerken sind, ohne dass man schon deshalb zu einer Zusammensetzung aus mehr denn zwei Carpellblättern seine Zuflucht nehmen müsste, so wie es Al. Braun zu thuen geneigt scheint1). » Der Gefässbündelverlauf bei Taxus baccata, wurde, vor kurzem auch, von van Tieghem, in einem Aufsatze über die vergleichende Anatomie der weiblichen Bliithe und Frucht der Cycadeen, Coniferen und Gnetaceen2) geschildert. Wir kommen auf diesen Aufsatz noch öfters zu sprechen, da er ein dem unsrigen so nahes Thema behandelt. Van Tieghem suchte nach einem obersten Criterium zur Unterscheidung von Blatt und Axe und glaubte dasselbe in der Gefässbündelan orclnung zu finden. Ueberall, sagt er, wo die Bündel symmetrisch gruppirt sind um einen Mittelpunkt, haben wir es mit einer Axe zu thun, wo sie symmetrisch zu einer Ebene stehen, mit einem Blatte3). Wie richtig dieses oberste Criterium ist, können wir schon bei Taxus sehen, wo Verfasser zu dem Resultate kommt, dass das Eichen nicht terminal, sondern seitlich und einem Blatte gleichwertig sei. Nachdem er den Gefässbündelverlauf in dem Blüthensprosse im Wesentlichen (1. c. p. 180) richtig geschildert, auch auf Taf. 16, F. 89 — 97 richtig abgebildet und auch erkannt hatte, dass der eigentliche Bliithenspross secundär in der Achsel des obersten Blattes des primären Achselsprosses entstanden, findet er, dass auch die Blüthe in der Achsel eines obersten Blattes des secun- dären Achselsprosses stehe und das Equivalent des ersten Blattes eines sonst nicht zur Entwickelung gekommenen tertiären Achselsprosses vor- stelle, — und dies Alles, weil es ihm zu beweissen galt, dass die Bliithen der Coniferen Samenknospen seien und als Samenknospen entweder einem offenen Carpellblattc eingefügt, oder einem ganzen Blatte entsprechend. Ueber eine Missbildung von Podocarpus Cbinensis etc. (Aus den 'Monatsbericht, der kl. Ac. d. VViss., Berlin, October 1869). 2) Anatomie comparee de la fleur femelle et du fruit des Cycadees, des Coniferes et des Gnetacees par Mr. Ph. van Tieghem (Ann. d. scienc. nat. 8®me Serie T. X. p. 2G9, 1869). •’)• Le rameau a toujours ses faisceaux disposes et Orientes symetriquement par rapport ä une droite; la feuille n’a jamais de faisceaux disposes et Orientes symetriquement que par rapport ä un plan. (L. c. p. 269;. G Nach dem früher Gesagten kann die axile Natur der Bliithen bei Taxus schlechterdings nicht in Zweifel gezogen werden und auch die Ent- wickelungsgeschichte beweisst dies in ganz unwiderlegbarer Weise; die von van Tieghein so hoch gepriesene anatomische Methode hätte hiemit also nicht gerade ihre höchsten Triumphe gefeiert. Die Achselknospen, welche die Bliithe tragen sollen, zeigen sich be- reits zu Anfang des Sommers in den Blattachseln der jüngst entwickelten Sprosse. Die Knospe bildet zuerst ihre beiden transversalen und dann weiter die nach 2/5 gestellten Schuppen; Anfang September wird die secundäre Achselknospe in der Achsel der obersten dieser Schuppen er- zeugt; Ende September kommt die Blüthe zur Anlage (Taf. I. Fig. 1). — Die Entwickelung derselben ist bereits von Bailion geschildert worden1). Die Blüthenaxe bildet, heisst es dort, nachdem sie eine ziemlich grosse Anzahl fasst decussirter Schuppen entwickelt hat, zwei kleine hufeisen- förmig gekrümmte Höcker, welche sich zu einem gleichsam horizontalen Ringe vereinigen. Es ist dies der erste Anfang des Ovariums. Sie wachsen zu einem conischen Sacke aus, dessen Rand in zwei schwach ausgeprägten, mit dem letzten Blattpaare alternirenden Lippen endet. Sie entsprechen diesen Blättern und setzen die Serie der Decussation fort, sie verwachsen nur frühzeitig an der Basis; dies ist der einzige Unterschied. In dem Maasse als der Sack sich erhebt, verlängert sich auch die Axe, um das erste Rudiment des Eichen zu bilden. „Ich denke, sagt Bailion weiter, '1860), dass die axile Natur des Trägers dieses Eichens von Niemand bis jetzt in Abrede gestellt worden ist.“ Als Ergänzung dieser Angaben füge ich noch einige eigenen Beobach- tungen hinzu. Ende September dieses Jahres (1871) habe ich die Ent- wickelung der Bliithen verfolgt. Der Vegetationskegel der secundären Achselknospe schwillt zunächst über dem letzteren Blattpaare an, ver- längert sich ein wenig und flacht an seinem Scheitel ab, jetzt treten zu seinen beiden Seiten die Anlagen der Carpellblätter auf, als zwei, wenn auch nur wenig distincte doch constant mit dem letzten Blattpaare alter- nirende, halbmondförmige Höcker2) (Taf. I. Fig. 1, 2 u. 3). Die Axen- ’) Recherches organogeniques sur la fleur femelle des Coniferes. Adansonia, Bd. I. p. 4, auch Taf. II. f 12—15. 2) Die Angabe von Sperk (Die Lehre von der Gymnospermie im Pflanzenreiche, Mem. de PAc. des scienc. de St. Petersb., VIPme Serie, T. XIII. Nr. 6), dass bei Taxus tardiva die Frucbtknotenentwickelung mit vier Blattern beginne, wird einfach durch den Umstand erklärt, dass Sperk einen Vegetationskegel mit zwei decussirten Blattpaaren für die Blüthenaulage gehalten (so nach f. 72, Taf. III zu urtheilen). 7 spitze bleibt zwischen denselben sichtbar und wächst zum nackten Knospen- kerne aus (Fig. 1, 2, 3), während die beiden Höcker, sich in ziemlich gleiehmässig geschlossenem Kreise erhebend, zur Fruchtknotenwandung werden1) (Tat. I. Fig. 2, 3, 4). Anfang Oktober ist die ganze Entwickelung vollendet, die Ovarium- Mündung schwach zvveilippig, die Lippen ohne Ausnahme mit dem letzten Blattpaare alternirend , ziemlich weit geöffnet, die Nucleusspitze überragend, so dass diese nur bei Ansichten von oben zu erblicken ist. Vom Discus ist noch keine Spur vorhanden. Die ganze Anlage wird von den oberen Schuppen des primären Achselsprosses über- deckt und bildet eine geschlossene Knospe (Fig. 4). So bleiben die Verhältnisse bis zum nächsten Frühjahre. In den ersten warmen Tagen sieht man dann die Blütlie sich stark an der Basis strecken und mit der Mündung zwischen den Schuppen hervortreten (Taf. I. Fig. 9). Es erfolgt jetzt die Bestäubung und die Pollenkörner treiben kurze Schläuche in das Gewebe der Kernwarze (Taf. I. Fig. 11, 12, 13). Mitte Mai sieht man' dann weiter eine mittlere Zelle an der Basis des Knospen- kernes, in der Höhe der inneren Einfügung der Ovariumwand gelegen, anschwellen (Fig. 5, 6, 7) und rasch zum Embryosack auswachsen; auch wird der Discus im Umkreis der Bliithe als schwacher Wall jetzt bemerk- bar. Er verdankt seine Entstehung einer seitlichen Wucherung der Axe, ohne die Blattstellung und den Gefässbündelverlauf an derselben in irgend welcher Weise zu bceindussen , ist also ein wahrer Discus. Um die näm- liche Zeit fangen auch die Gefässbündel erst an, sich in die Carpellblätter hinein zu difterenciren. Anfang Juni füllt sich der Fhnbryosack mit Endo- sperin , die Corpuscula werden gebildet ; in der ersten Hälfte des Juli er- folgt die Befruchtung. Ende August ist die Entwickelung des Keimes vollendet, die Fruchtschale erhärtet, bräunt sich auf ihrer Oberfläche und bald darauf wächst auch der Discus becherförmig um dieselbe, wird fleischig und nimmt die erwähnte schöne, rotlie Färbung an. Die Frucht ist eine von einer Cupula umgebene Nuss. Ausser den im Text citirten, wären hier noch einige ältere Angaben über die Taxusblüthe anzuführen. Richard2) unterschied bei Taxus: ein mehrblättriges Involucrum, einen ringförmigen Discus oder Reccptaculum, einen Kelch (unseren Fruchtknoten) und ein Ovarium (unseren Nucleus). *) Dass die Entwicklung hier mit zwei Höckern anhebt, giebt auch Caspary zu, (De Abietinearum doris femineis structura morphologica dissert. Apr. 1861), der sie für an- dere Coniferen in Abrede stellt. 2) Commentatio botanica de Conif. et Cycad, 1826. p. 20 u. Taf. 2, 8 Nach Blume1) besitzen die Taxineen krugförmige oder cupulaartige Carpelle, den offenen Carpellen der Abietineen und Cupressineen ent- sprechend, und von denen der andern Dicotyledonen nur dadurch unter- schieden, dass ihnen die Narbe fehlt. Sie schliessen ein Ovulum ein, das dem directen Einfluss des Pollens ausgesetzt ist. Bei den eigentlichen Taxineen ist dieses Ovulum in der Mitte des becherförmigen Fruchtknotens inserirt und aufrecht. Ebenso Endlicher2): Amenta gemmulifera uniflora. axillaria, perulis imbricatis cincta. Discus cupulaeformis , brevissimus, demum increscens. Gemmula unica, in centro disci sessilis, atropa apice pertusa. Bailion3) erklärte auf Grund entwickelungsgeschichtlicher Untersuchung die Hülle des vermeintlichen Eichens für die Fruchtknotenwaud, den Kern für eine nackte Samenknospe. Caspary4) hält hingegen die ganze Blüthe für eine Samenknospe und spricht die Vermuthung aus, dass auch sie einem Carpellblatte aufsitze, eine Annahme zu der, wie wir eben gesehen, auch van Tieghem kam. Eichler5 *) erklärt die Taxusblüthe für ein endständiges nacktes Ovulum, welches für sich allem me ganze Blüthe darstellt. Pariatore8) endlich wiederum für einen Fruchtknoten, der von einem „cercine“ (Walle) umgeben wird, der dem „organo squamoso“ anderer Coniferen entspricht und aus untereinander verschmolzenen Bracteen besteht. Mit Taxus am nächsten ist Torreya nucifera Sieb, verwandt (Taf. I. Fig. 17) und man braucht sich nur an dem primären Achselsprosse % von Taxus, ausser dem einen, auch noch ein zweites secundäres Achsel- sprösschen vorzustellen, ein Fall, der ja häufig genug vorkommt (Fig. 6), um eine fast vollständige Uebereinstimmung zwischen beiden Arten zu erhalten. Bei Torreya nucifera werden die zweibliithigen Inflores- cenzcn (Taf. I Fig. 17), in den Niederblattachseln der erst im nächsten Frühjahr zur Entwickelung kommonden Triebe angelegt. Im Herbste findet man sic deshalb in der Endknospe und den beiden obersten Achselknospen nächst älterer Zweige cingcschlossen. Die Knospen öffnen sich im Früh- *) Rumphia Bd. III. p. 209. 1847. 2) Synopsis Coniferarum 1847. p. 242. 3) Adansonia p. I. p. 4. 4) Ann. de. sc. nat. IV serie, Tome XIV. p. 209 •’’) Flora bras. fase. XXXIV. p. 445. ,l) Studi Organografici 1864 p. 17, 9 jahr; die untersten Internodien mit fünf bis sechs alternirenden sterilen Schuppenpaaren bleiben kurz, dann folgen verlängerte Internodien mit drei bis sechs Paaren fertiler Schuppen, und erst nach vollzogener Be- stäubung entwickelt sich der Yegetationskegel zwischen denselben weiter und erzeugt Laubblätter in schraubiger Aufeinanderfolge. Die Infiorescen- zen stehen also auch hier an llaupttrieben ähnlich wie bei Taxus, nur dass diese Triebe nicht um eine Entwickelungsperiode älter, sondern gleich alt mit denselben sind, auch dass die Intlorcsccnzcn nicht in den Achseln von Laubblättern, sondern von Niederblättern sich finden. Jede Inflorcscenz trägt, wie erwähnt, zwei Blüthen; diese stehen in den Achseln der beiden ersten und einzigen Blätter der primären Achsel- knospe rechts und links an derselben (Fig. 17.) Der Vegetationskegel der primären Achselknospe stirbt ab und ist nur als kleiner Höcker, meist mit zwei rudimentären, mediangestcllten Blättchen, zwischen den Blüthen noch zu erkennen (Fig. 17). Ein Längsschnitt der durch beide Blüthen geht, gleicht auffallend einem solchen durch eine zwei-blüthige Taxus -Infiorescenz (Fig.) 6. — Die beiden secundären Achselknospen tragen noch je zwei sich kreuzende Blattpaare und enden mit einer terminalen Blüthe. Zwischen dieser und dem letzten Blattpaare ist aber nachträglich ein Discus eingeschoben worden. In seltenen Fällen wird auch der Scheitel der primären Achsel- knospe zur Blüthe, so dass man eine dreiblüthige Infiorescenz erhält. Der Gefässbündelverlauf ist ebenso wie bei Taxus: Die zwei Achselknospen- biindel die in die primäre Achselknospe treten, spalten sich jederseits zu je dreien; das mittlere jeder Gruppe geht in das Blatt, die beiden seit- lichen in die secundärc Achselknospe, das rudimentäre, primäre Axenende erhält keine Bündel. In der secundären Achselknospc wiederholt sich der nämliche Vorgang. Die Bündel trennen sich, um ein Blattpaar zu ver- sorgen, vereinigen sich seitlich alternirend mit demselben und trennen sich von neuen, so wie ich es für Taxus beschrieben habe. Die letzten vier Bündel spalten sich, ordnen zum Ringe an und laufen, weil hier die innere Insertionsebene der Carpelle durch nachträgliches basales Wachstlmm weit emporgehoben wird, an der inneren Grenze zwischen Discus und Carpellen innerhalb des basalen Stückes eine Strecke weit in die Höhe, um sich im Umkreise der Nucleus-Basis aufzulösen. Die Entwickelung der Infiores- cenzen beginnt Ende September; es wird, wie erwähnt, nur die primäre Achselknospe mit ihren zwei Blättern und in den Achseln derselben blatt- lose Höcker im Herbste angelegt, die weitere Entwickelung erfolgt im 10 Frühjahr. Sobald sich die Zweigknospen dann zu strecken beginnen, bilden die secundären Achselknospen ihre beiden Blattpaare und dann mit dem letzten alternirend, die beiden Carpellhöcker, die sofort in kreisförmigem Walle sich erhebend, eine gleichförmig umschriebene Mündung zeigen. Baillon’s Angaben1) stimmen mit den meinigenzum grössten Theile überein2); der Umstand aber, den auch Braun3) hervorhebt, dass auf der Zeichnung (Taf. II. Fig. 7 — 10. die Carpellblätter dem letzten Blattpaare opponirt sind statt mit demselben zu alterniren, muss wohl nur durch einen zu- fälligen Irrthum bei Ausführung der Tafel entstanden sein, da ein so auf- fallendes Verhalten sonst wohl von Bailion im Text erwähnt worden wäre. In Wirklichkeit sind hier die Carpelie ebensowenig wie bei Taxus dem letzten Blattpaare opponirt, und werden durchaus nicht vom Dis- cus beeinflusst, der ganz die nämliche Bedeutung wie bei Taxus hat. Dieser Discus bildet sich auch hier erst nachträglich nach vollzogener Blütlienanlage, als eine kreisförmige Falte an der Basis der Bltithe, ent- wickelt sich aber, zum Unterschiede von Taxus, sofort weiter und da er von einer entsprechenden starken Streckung des Bliithenbodens begleitet wird, so hebt er die Fruchtknoten wandung und den Nucleus bis zu be- deutender Höhe mit empor (Fig. 17). — Durch diesen Umstand veranlasst, müssen sich auch die Gefässbündel der Blüthenbasis strecken und laufen, wie schon erwähnt, kreisförmig angeordnet bis zum Nucleus hinauf (Taf. I. Fig. 18). Der Embryosack wird in der Höhe der inneren Einfügungs- ebene der Fruchtknotenwandung angelegt. — AnBltithen die ich am 14. Juni untersuchte, reichte der Discusrand fast schon bis zum Furchtknoten- munde. Bei weiterer Entwickelung schliesst er völlig über demselben zu- sammen. Freilich habe ich nur sterile Früchte untersucht, dem äusseren Anschein nach waren ihre Wandungen aber normal entwickelt. Der Fruchtknoten war in demselben weit emporgehoben, nur ganz schwach entwickelt, von der Cupula völlig eingeschlossei», diese letztere aber, von zahlreichen Gummigängen durchzogen, bildete die ganze dicke Frucht- wandung (Taf. I. Fig. 18)4). Bevor ich Torreya verlasse, muss ich erwähnen, dass auch van >) 1. c. Bd. I. p. 5. 2) Nur hat Baillou eigenthümlicher Weise den mittleren Höcker, das Ende der primären Achselknospe zwischen den secundären ubersehen, sowohl im Texte, wie in den Figuren Taf. II. Fig. 4—11. 3) Missbildungen bei Podocarpus 1. c., p. 745, Anm. l) Ein Querschnitt durch die, Cupula und den getrennten Blütheuboden, unterhalb der Insertion der Fruchtknotenwandung, in halber Höhe der Frucht. 11 Tieghem (len Gefässbünclelverlauf in derselben auf p. 282 seiner Arbeit geschildert hat, doch nur unvollständig und mit demselben Resultate wie bei Taxus, dass nämlich das nackte Ovulum, das hier terminal an einem Zweige dritter Ordnung zu stehen scheint, in Wirklichkeit ein ganzes Ei- blatt repräsentire und also das erste und einzige Blatt eines Zweiges vierter Generation sei. Auf die übrige Litteratur gehe ich hier nicht weiter ein, da die Deutungen der Torreya-Blüthe sich nicht wesentlich von denen bei Taxus unterschieden haben. Cephalotaxus Fortunei Hook, stand mir ebenfalls in mehreren Entwickelungszuständen zu Gebote. Die Blüthenstände werden hier, wie bei Torreya, an der Basis gleich alter Triebe in den Achseln der Nieder- blätter derselben angelegt; doch nicht direct die zweiblättrigen Intiores- cenzen wie bei Torreya, sondern Blüthenstände höherer Ordnung, welche erst in den Achseln ihrer Schuppen, die zweiblüthigen Inflorescenzen tragen. Ein solcher zusammengesetzter Blüthenstand von Cephalotaxus Fortunei verdient durchaus den Namen eines Zapfens. — Er trägt über einem basalen verlängerten Internodium 4 — 8 Paare fertiler, dichtgedrängter Schuppen und schliesst mit denselben auch sein Wachsthum ab. Im Frühjahr ent- wickeln sich die Zäpfchen zuerst und man sieht sie in Gruppen, oft bis zu sechs, die Enden vorjähriger Triebe einnehmen. Erst nach der Bestäubung entfaltet sich aus ihrer Mitte auch der zugehörige, Laubblätter tragende Zweig. Die Stellung der Schuppen am Zapfen ist eine decussirte1), doch meist nachträglich, in Folge der Kürze der Internodien, mehr oder weniger verschoben. Die einzelnen Deckblätter sind eiförmig, am Scheitel zugespitzt, in der oberen Hälfte doppelt gesägt, mit vorspringender medianer Rippe. Die zweiblüthigen Inflorescenzen in den Achseln dieser Deckblätter unter- scheiden sich von denen bei Torreya nur durch Mangel jeder Blattbildung2). Die Inliorescenz erscheint zunächst als Höcker in der Achsel des Deck- blattes, dieser entwickelt nun zu beiden Seiten, wie bei Torreya, doch ohne die zugehörigen Vorblätter, zwei neue Höcker; diese werden ihrer- seits unmittelbar zu den beiden Blüthen. Die Blüthenentwickelung stimmt im Uebrigen mit der bei Torreya völlig überein, die beiden Carpelle treten transversal oder nur wenig an den Höckern verschoben auf3);» meist ist ’) Vergl. Figur 33 auf Taf. II. bei Pariatore 1. c. -) Torreya zeigte bereits eine Reduction der Blattbildung gegen Taxus, hier hat diese ihr Minimum erreicht. s) Pariatore 1. c. p. 18 hält die Fruchtknotenwandung für die Cupula, die nackte Samenknospe für den von derselben eingeschlossenen Fruchtknoten. Aehnlich, haben auch die meisten anderen Autoren hier eine Cupula angenommen. 12 der Fruchtknoten deutlich zweilippig. Nach der Bestäubung scliliesst sich der Mund durch transversale Streckung und Vermehrung seiner Zellen. Das Ende des primären Achselsprosses bleibt als runde Erhebung zwischen den beiden Blüthen sichtbar; doch wird cs durch nachträgliche Entwicke- lung an die Raehis gedrückt und verwächst zum Theil mit derselben. Der Gefässbündelverlauf1) ist ganz wie bei Torreya, nur mit den selbstverständ- lichen Modificationen, welche durch den Mangel der Blätter hervorgerufen werden. Die beiden Bündel, die aus der Raehis in die primäre Achsel- knospe treten, gehen sofort nach rechts und links in die beiden sccundären Achselknospen über. Hier spalten sie sich zu je zwei, welche die Tracheen zukehrend, transversal sich stellen und in die beiden Carpelle eintreten (Taf. I. Fig. 19). Ein Discus wird nicht angelegt. Die ganze fleischige Wandung der reifen Frucht ist ein Product der Fruchtknotenwandung. Die Wandung sieht äusserlich derjenigen von Torreya ganz ähnlich, ist ebenso im Innern gebaut, von denselben Harzgängen durchzogen und doch von verschiedenem morphologischen Werthe — nur in physiologischer Beziehung analog. Einen Anhaltepunkt zur richtigen Beurtheilung des Sachverhältnisses geben übrigens schon die Querschnitte, denn die Frucht- knotenwandung wird hier wie bei Taxus von zwei Bündeln durchzogen, und diese entsprechen der Mediane der beiden Carpellblätter (Fig. 19), der Discus von Torreya enthält aber keine Bündel, diese laufen hingegen im Kreise vertheilt in der Blüthenaxe und enden unter dem Nucleus (Fig. 18). An der Basis der reifenden Frucht von Cephalotaxus erscheint das primäre Deckblatt etwas vergrössert und angeschwollen, ebenso das nun flachgedrückte Rudiment des primären Achselsprosses; beide zusammen bilden eine Art Pseudo-Discus, dem die Frucht aufgesetzt erscheint. Nur die eine Bliithe der zweiblüthigen Inflorescenz kommt zur wei- teren Entwickelung und drückt die andere zur Seite. Meist ist sie auch die einzige am ganzen Zapfen. — Die Fruchteutwickelung wird auch hier von einem sehr starken basalen Wachsthum begleitet, so dass die innere Fruchtwandungsinsertion meist emporgehoben wird. Ginkgo biloba L. scliliesst sich hier unmittelbar an. Die Blüthen- stände stehen in den Niederblatt- (theilweise Laubblatt-) Achseln gleich alter Triebe und kommen mit denselben zugleich, im Frühjahr, zur Ent- faltung. Sie sind in denjenigen Fällen, die man für typisch erklären könnte, zweiblüthig (Taf. I. Fig. 26) und von den zweiblüthigen InHorescenzcn von *) Van Tieghem 1. c. j>. 280 Taf. 16. Fig. 87—88. 13 Cephalotaxus hauptsächlich nur dadurch unterschieden, dass sie liier nicht zu einem besonderen Zapfen versammelt sind, und dass die Axe des prim. Achselsprosses sich streckt und die secundären Achselknospen bedeu- tend emporhebt. Sehr häufig tritt hier aber auch der Fall ein, dass die- selbe Inflorescenzaxe mehr als zwei Blüthen trägt (Taf. I. Fig. 24, 25, Taf. II. Fig. 27); ihre gegenseitige Stellung im fertigen Zustande erscheint oft ganz unregelmässig, doch ist auf jungen leicht zu constatiren, dass sie alternirend mit den ersten Paaren angelegt werden; gewöhnlich kommt aber von diesem oberen Paare nur die innere Blüthe zur Entwickelung, so dass wir drei Blüthen in einer Inflorescenz vereinigt sehen (Taf. II. Fig. 27), meist in Folge nachträglicher Verschiebung in gleicher Höhe ein- gefügt. Häufig habe ich auch beobachten können, dass eine oder beide sec. Achselknospen der Inflorescenz, statt unmittelbar die Blüthe zu bilden, zwei transversale seitliche Blüthen erzeugen. Dabei spaltet sich die prim. Inflorescenzaxe meist in zwei gleiche Arme (Taf. I. Fig. 25). Auch kommen Spaltungen vor, wo jeder Arm unmittelbar mit einer terminalen Blüthe abschliesst, auch solche, wo inmitten des Spaltes noch eine dritte Blüthe auftritt. Der Gefässbündelverlauf1) ist fast wie bei Cephalotaxus: zwei Bündel treten aus der Hauptaxe in’s Deckblatt und zwei über denselben (die näm- lichen die jede Achselknospe enthält) in die Inflorescenzaxe; — ihrer Ein- fügungsweise in der Hauptaxe gemäss, treten sie in die Inflorescenzaxe mit nach unten gekehrten Tracheen und halten sich an deren Rückenseite. Bald darauf verdoppeln sie sich durch Zweitheilung (Taf. II. Fig. 30) und vertheilen sich etwas gleichmässiger in den Umfang der Inflorescenzaxe. Unter der Einfügungsstelle der beiden Blüthen entfernen sie sich seitlich von einander und lösen sich in je einen Halbkreis von Schraubenzellen an der Basis des Nucleus auf (Taf. II. Fig. 28). Die Inflorescenzaxe ist an der Aussenseite (Tragblattseite) etwas abgeflacht, auf der Innenseite gewölbt; häufig ist an der Wölbung noch ein mittlerer Vorsprung und ihm entsprechend ein drittes Bündel (auf dem Querschnitt) resp. höher an der Axe ein Bündelpaar zu erkennen (Taf. II. Fig. 29): es verdankt der Verzweigung eines der Seitenbündel seine Entstehung. Häufig, doch nicht immer, ist dann auch eine dritte Blüthe vorhanden, welche von diesem Bündelpaare versorgt wird. Die Bliithenstände werden bereits im Herbste angelegt; sie treten als *) Van Tieghein 1. c. p. 27G u. Taf. 15, Fig. 58 — G2. 14 abgerundete ziemlich breite HöckerMn den Achseln ihres Deckblattes auf (Taf. I. Fig. 20a). In den ersten Zuständen ist wohl meist ein mittlerer Vorsprung an denselben als eigentlicher Vegetationskegel zu erkenneit. bald folgt jedoch eine Einsenkung in der Mitte1) (Taf. I. Fig. 20b u. c), die beiden Seiten schwellen dann etwas an und bezeichnen die Stelle für die beiden Blüthen (Taf. I. Fig. 21). ( Die Anlage ist von der Aussenseite, wo sie dem Deckblatte fest an- liegt, auch dem entsprechend Hach, auf der Innenseite, wo sie zwischen andere Gebilde greift, eckig. Sie überwintert auf diesem Entwickelungs- zustande; die Blüthen selbst werden im Herbste nicht angelegt, hin und wieder nur die Stelle auf der seitlichen Anschwellung, welche zum Nucleus auswachsen soll, kreisförmig umschrieben. Im Frühjahr, sobald die Knospe zu schwellen beginnt, sieht man den Nucleus als mittleren Höcker und fast gleichzeitig die beiden Carpelle erscheinen, die auch sofort kreisförmig zusammenschliessend sich um denselben erheben (Fig. 22 u. 23). Die Carpelle beginnen mit sehr breiter Basis als dicke, fleischige Wälle. Sie sitzen unmittel- bar der genannten seitlichen Anschwellung auf, die sicher als secundäre Achsel- knospe zu deuten ist, deren Deckblatt, wie bei Cephalotaxus, nicht zur Entwickelung kommt. Eine weitere Verschmelzung und Anpassung der Theile hat hier die ursprünglichen Verhältnisse aber noch mehr verwischt. Der Rand der Anschwellung erscheint als Wall um die Basis des Frucht- knotens, er wird zuerst über der Einfügung desselben sichtbar (Taf. I. Fig. 23b), greift dann zu beiden Seiten und schliesst endlich von unten zusammen (Fig. 26); am stärksten ist er an den beiden oberen Kanten ent- wickelt. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass diese Anschwellung hier nicht der Cupula entspricht vielmehr als Rudiment der ersten beiden transversalen Blätter der sec. Achselknospe zu deuten sei; dafür spricht der Umstand, dass die beiden Carpellblätter, welche die Fruchtknotenwandung bilden, von vielfachen Unregelmässigkeiten abgesehen, oft deutlich median stehen-), wie mit einem vorhergegangenen Blattpaare sich kreuzend (Taf. I. Fig. 23a, 26); für diese Deutung spricht dann weiter der Vergleich mit Cephalotaxus, wo, wie wir gesehen haben, ebenfalls jede Spur eines Discus fehlt und die Anschwellung an der Basis der Frucht auch ähnlichen Ursprungs ist. ') Nur in monströsen Fällen, bei den erwähnten Spaltungen, wird hin und wieder auch eine mittlere Blüthe gebildet. 2) Ebenso stehen auch später die scharfen Kanten des verholzten Endocarps. 15 Sobald die Blüthen von Ginkgo angelegt worden, streckt sich (Anfang Mai) das basale Stück der Inflorescenzaxe und die Blüthen werden aus 'der sich öffnenden Knospe hervorgeschoben, bevor noch die der Haupt- sache nacli mehr nach innen liegenden Blätter derselben zur Entwickelung kommen. Zur Bestäubungszeit ist noch der Fruchtknotenmund deutlich zweilippig (Taf. I. Fig. 25, 26). Hie Knospenwarze wird in der nämlichen Zeit tief ausgehöhlt (Taf. II. Fig. 28), so dass die Pollenkörner weit in das Innere derselben gelangen können. Nach der Bestäubung verdorren die beiden Lippen, rollen sich häufig auch nach innen ein und durch Streckung der inneren Zellen des Mundes wird derselbe geschlossen. Schon Mitte Mai erscheint der Embryosack, aus einer mittleren Zelle in der Höhe der inneren Einfügung der Fruchtknotenwandung angelegt (Taf. II. Fig. 28 und 31). Diese Zelle nimmt rasch an Grösse zu und dehnt sich von ihren Entstehungspunkten, ziemlich gleichmässig nach oben und unten aus. Dem folgt ein starkes basales Wachsthum der Blüthe, durch welches die innere Insertion der Fruchtknotenwandung weit hinaufgeschoben wird. Die junge Blüthe erscheint meist, wenn auch nur schwach, zweikantig, selten dreikantig; ausgeprägter zeigt diese Gestalt der innere vom Ovarium eingeschlossene Raum: die Kanten sind nach oben und unten gerichtet, ent- sprechend den Medianen der beiden Carpellblätter. Gefässbiindel werden nicht in die Fruchtwandung hinein differenzirt, so dass man sie hier nicht, wie bei Taxus, für die unmittelbare Ursache der Kanten ansehen kann und da, so weit ich sehen konnte, auch sonst keine besonderen Zellen- züge sich an den genannten Stellen auszeichnen, so muss man wohl die Kanten für einen, von den, mit Gefässbündeln versehenen Früchten er- erbten Charakter halten. Auf älteren Zuständen kann man eine fortschreitende Gewebedifferen- zirung in der Fruchtknotenwandung erkennen; die innerste Partie der- selben erscheint kleinzelliger, dichter, ohne Gummigänge, die äussere hin- gegen grosszeiliger und reichlich mit Gummigängen durchsetzt. Die inneren, kleinzelligen Gewebe sind es, die später verholzen und die harte Schale, das Endocarp, um den inneren Kern bilden; auch dieser erscheint, entsprechend der Gestalt des inneren Raumes, scharf zweikantig, seltener dreikantig; mit den Kanten nach oben und unten gestellt. Hierauf schwillt der äussere grosszeilige Theil der Fruchtknotenwandung bedeutend an und rundet sich fast kugelig ab. — Erst im Monat August werden in dem sehr grossen Embryosacke die Corpuscula1) angelegt, meist zwei, ') Wie bei Taxus gebaut. 16 aber auch drei, selbst vier. Der Embryosack erscheint am Scheitel etwas kantig; entsprechend’ den Kanten des Endocarps, und auf diesen Kanten kommen die Corpuscula zu stehen. Der Scheitel des Embryosackes wird von einer kleinen Warze eingenommen; der Xucleus erscheint, in Folge der Ausdehnung des Embryosackes, auf eine dünne, pergamentartige Hülle reducirt; die gebräunte Knospenwarze krönt ihn als kurze Spitze. Ginkgo gehört zu denjenigen Pflanzen, die man als Stütze der Ovular- natur der Blüthen angeführt hat, weil sie ein doppeltes Integument be- sitzen sollen1); wie wenig die Ansicht von einem doppelten Integumente gerechtfertigt ist, haben wir gesehen und weiss ich nicht einmal zu sagen, ob als solches, der innere verholzte Tlieil der Fruchtkuotenwandung: das Endocarp, oder die ausgehöhlte Nucleusspitze wie in anderen Fällen (z. B. bei Araucaria) angesehen worden ist Von sonstigen Angaben, die im Texte noch nicht angeführt worden, hätte ich nur noch die von van Tieghem zu erwähnen. Van Tieghem verfolgte den Gefässbiindelverlauf bei Cephalotaxus sowohl, als auch bei Ginkgo und schloss aus der Stellung der Bündel, dass die ganze Inflores- cenz bei Ginkgo ein Carpellblatt sei, das erste Blatt einer Achselknospe. Die Inflorescenzaxe ist seiner Auffassung nach ein langer Blattstiel und dieser endet oben mit zwei Samenknospen, die je einer Hälfte der Lamina entsprechen. Bekanntlich, sagt von Tieghem weiter, seien auch die Laub- blätter liier zweilappig; wie es aber auch drei-, vier-, selbst fünflappige Blätter hier gebe, so kämen auch Carpelle mit ebenso vielen Samen- knospen vor. Im Uebrigen herrschen in der Auffassung der Ginkgo-Blüthe ziemlich die nämlichen Differenzen wie bei Taxus, seitdem durch Smith-) erkannt wurde, dass dieser Baum, trotz seines eigentümlichen Habitus, wirklich zu den Coniferen gehört. 2. Podocarpeae. Wir haben nun der Leihe nach die zweite Hauptgruppe der Taxaceen, die Podocarpeen, zu besprechen und beginnen mit Phyllocladus. Leider lagen mir von letzteren nur ältere Blüthen vor. An den vorhandenen Zeichnungen und Beschreibungen3) konnte ich immerhin einige Anhalte- punkte gewinnen. *) Eicbler: Flora brasil. p. 442. ?) Linn. Trans. III. p. 330. *) Richard: 1. c. Taf. 3. Baillon: 1. c. Bd. I. p. 4 und Taf. II. Fig. 22 — 24, Bd. V. p. 10. Pariatore: p. 18 und Tat. II. Fig. 28—32. Henkel u. Hochstetter: Synopsis der Nadelhölzer. 17 Die Bltithen stellen bei Phyllocladus-Arten einzeln in den Achseln kleiner alternirender kahnförmig gestalteter Schuppen, zu kleinen, wenig blüthigen Infloreseenzen vereinigt. Nur die zwei bis vier unteren Schup- pen sind fertil, die oberen steril. Bei Phyllocladus trichomanoides Don. vertreten die Inflorescenzen einzelne Abschnitte am Cladodium1). Jede Blüthe entsteht (nach Bailion)2) durchaus von ihrem Tragblatte unabhängig, in dessen Achsel, auf einem kleinen gewölbten Receptaculum und wird von dem Nucleus und zwei lateralen verschmolzenen Carpellblättchen (Taxus ganz ähnlich) gebildet. Die ältere Blüthe wird zur Hälfte von einer häutigen, weissen, am Rande fein gezähnten Cupula umgeben. Den Gefässbündelverlauf konnte ich an den mir zu Gebote stehenden älteren Exemplaren leicht verfolgen. Ein Bündel geht aus der Raeliis in’s Deckblatt, die zwei Achselknospen-Bündel in die Blüthe; hier kehren sie sich die Tracheen zu und lösen sich sofort unter dem Nucleus zu Schrau- benzellen auf. Die Cupula erhält keine Bündel, eben so wenig die Car- pelle, die trotzdem aber, ähnlich wie bei Taxus, und wohl aus Gründen, wie ich sie früher bereits besprochen, ihren Medianen entsprechend, vor- springende Kanten zeigen. Der Mundrand ist, nach der Fig. 24 Taf. II. von Baillon3) zu schlies- sen, an jungen Blüthen tief zweilippig. Später, doch noch vor der Be- stäubung, entsteht an der Basis der Blüthe die Cupula als kreisförmige Erhebung, durchaus der von Taxus homolog. Die Deckblätter4) bei Phyllocladus werden fleischig und sind zum grössten Theile unter einander und der ebenfalls fleischigen Raeliis ver- schmolzen, sie bilden Höhlungen, in* welchen Frucht und Cupula ein- geschlossen sind. Richard5) unterscheidet liier wie bei Taxus eine Cupula, ein Calyx persistens und einen Fruchtknoten; Endlicher6): eine „Gemmula, sub quavis squama unica, sessilis, atropa, basi disco ureeolari cincta“, in einem Worte dieselben Theile wie bei Taxus. An Phyllocladus schliesst sich zunächst Dacridium an 7). Die Blüthen 0 q Vergl. das am Schlüsse dieses Werkes über das Cladodium gesagte. 2) 1. c. Bd. I. p. 4. 3 ) 1. c. Bd. I. 4) Pariatore 1. c. p. 18. 5) 1. c. p. 23. Taf. 3. 8) 1. c. p. 234. 7) Vergl. die Abb. bei Richard 1. c. Taf. II. Pariatore 1. c. Taf. II. Fig. 40—54. Strasburgar, Coniferen und Gnetaceen. * 2 18 stehen bei Dacrklium Franklinii llook fil. zu vier bis neun, in eine gipfel- ständige Aelire versammelt. Die Blätter, in deren Achseln die Blüthen stehen, sind kahnfönnig, oben zugespitzt, mit einer medianen Kippe ver- sehen, grösser als die tiefer stehenden sterilen. Von Phyllocladus haupt- sächlich dadurch unterschieden, dass hier die ßliithe auf das Deckblatt hinaufgeschoben ist und aus dessen Mitte zu entspringen scheint. Dieses wird durch eine Verwachsung zwischen Bliithenstiel und Deckblattbasis hervorgerufen und lässt sich sofort aus der medianen Anschwellung des Deckblattes unterhalb der Blütheninsertion und aus dem Gefässbündel- verlauf ermitteln. Drei Bündel verlassen auch hier die Hauptaxe: das erstere versorgt das Deckblatt, die beiden oberen die Bliithe; in der Ver- einigungsstelle an der Basis des Deckblattes kehren sich beide Systeme die Tracheen zu, sowie es aus ihrer resp. Einfügung und ihrem Verlauf in der Hauptaxe folgt. An der Basis der Blüthen treten die beiden oberen in dieselbe ein und lösen sich unter dem Nucleus in Schraubenzellen auf, während das untere Bündel seinen Weg in dem Deckblatte fortsetzt. Die Bliithe besitzt keine Vorblätter, dagegen eine hier eigentümlich gestaltete Cupula, die zu einer Zeit, wo sie auf der Aussenseite stark entwickelt ist, auf der Innenseite kaum mit ihren Rändern zusammenschliesst. Es lässt sich überhaupt in allen Theilen der Bliithe eine Bevorzugung des Wachs- thums der Aussenseite erkennen. An der Basis der Rückseite zeigt die Cupula sogar eine spornartige Anschwellung; im Uebrigen verdickt sie sich nur wenig, ist gefässbündellos und ähnlich wie bei Phyllocladus am oberen Ende gezähnt. Pariatore1) hält die Cupulae der Taxineen nicht für discoide Bildungen, sondern meint, sie seien aus Bracteen verwachsen. Sie. umgeben seiner Ansicht nach entweder nur die Basis der Bliithe oder schliessen das ganze Pistil ein. Im ersten Falle befindet sich Taxus, im zweiten Cephalotaxus, wo, wie bereits angeführt, Pariatore die Frucht- knotenwandung für die Cupula (sein „oreiolo“ o*ler „otricello“) erklärt. Bei den Podocarpeen sollen nun gar zwei „otricelli“ vorhanden sein, und bei Dacridium Franklinii das äussere (unsere Cupula) von einer „bratteola“ ge- bildet sein, das innere (unsere Fruchtknotenwandung) wie bei Cephalo- taxus ein „otricello" und erst den Fruchtknoten (Nucleus) einschliessen. Wir haben bisher immer gesehen, dass die Cupula, wo sie als solche vorhanden, später als die Bliithe auftritt und sich durchaus wie eine dis- coide Bildung verhält, so dass an eine Entstehung derselben aus ver- >) 1. c. p. 17, 18 und 19. 19 wachsenen Brakteen nicht zu denken ist. Ebenso verhält es sicli aueli bei Dacridium, denn auch hier erscheint die Blüthe zuerst, die Cupula nachträglich und zwar in Folge der eigenthümlichen Bevorzugung des Wachsthums der Aussenseite zunächst an dieser Stelle, an der sie auch stets stärker entwickelt bleibt. Richard1) unterscheidet auch hier eine Cupula, oder Involucrum, welche der inneren Fläche des kahnfönnigen Blattes entspringt und in ihrem Innern die aus einem Kelch und einem Pistille bestehende Blüthe einschliesst. R. Brown2) hält die Blüthe von Dacridium und Podocarpus, eben so wie die anderer Coniferen, für ein nacktes Ovulum; von der äusseren Hülle, die er zunächst selbst als Cupula bezeichnet hatte, ist es ihm zuletzt wahrscheinlich, dass sie auch als Testa des Eichens anzusehen sei. Blume3) beschreibt bei Dacridium ein becherförmiges Ovarium und ein in der Mitte desselben inserirtes Ovulum, dieses ist zunächst vom Ovarium eingeschlossen und geneigt, mit der Micropyle abwärts schauend, endlich weit hervortretend und emporgerichtet. Endlicher4) schliesst sich wieder an R. Brown an: Squama ebracteata subcymbaeformis medio gemmulifera. Gemmula unica in media squama sessilis, inversa, integumento exteriori laxo, interioris apice in collum breve producto exserto. Von den vier Sectionen, die man in der Gattung Podocarpus unter- scheidet, ist es mir gelungen, einen Repräsentanten der zweiten Section, Eupodocarpus Ernll.: den Podocarpus Chinensis Wall., und einen Reprä- sentanten der vierten Section, Dacrycarpus: den Podocarpus dacrydioides A. Rieh., entwickelungsgeschichtlich zu untersuchen. Die Bevorzugung des Wachsthums der Aussenseite hat hier eine völlige Umkehrung der Blüthe zur Eolge. Bei Podocarpus Chinensis stehen die ein- zweiblüthigen Intlorescenzen in den Achseln der Laubblätter an den jüngsten Trieben, mit denen sie gleichzeitig zur Entfaltung kommen; ihre Anlage erfolgt im Herbste (an Treibhaus-Exemplaren kommen sie im Frühjahr zur Entwickelung). Die Inflorescenzaxe der kleinen ein- resp. zweiblüthigen Achseltriebe ist an der Basis dünn und schwillt höher hinauf zu dem sogenannten Receptaculum >) 1. c. p. 16 und Tat. 2. 2) Verm. Schriften IV. p. IOC. 3) Rumphia Bei. III. p. 220. 4) 1. c. p. 224. 2* 20 an (Taf. II. Fig. 45). An der Stelle, wo die Anschwellung beginnt, stehen zwei pfriemenförmige transversale Blätter (Taf. II. Fig. 45), auf diese folgt, sich mit ihnen kreuzend, ein zweites Paar, dessen freies Ende sehr schwach entwickelt ist, und deren mit der Inllorescenzaxe verwachsener Theil, das Blattkissen, bedeutend anschwillt (Fig. 45). Die Anschwel- lung bildet, wie Alexander Braun1) nachgewiesen hat, das s. g. fleischige Receptaculum. Auf dieses zweite Blattpaar folgt endlich noch ein drittes, transversales, ebenfalls mit angeschwollenen Blattkissen, doch viel schwächer entwickelt, der freie Theil oft kaum angedeutet: zwischen diesem letzten Paare ist der abgestorbene Vegetationskegel der Axe stets aufzufinden. — Nur das mittlere Blattpaar ist fertil und zwar meist nur das eine Blatt desselben, das vordere oder das hintere. Das fertile Blatt erscheint höher hinaufgerückt als das ihm gegenüberliegende sterile (Taf. II. Fig. 46, 47), in seiner Achsel steht der Blüthenstiel, dessen Scheitel nach dem Innern des Blüthenstandes umgebogen ist und in einer Blüthe endet (Fig. 46, 47). Auf ganz jungen Zuständen sieht man die Blüthenstielanlage als abge- rundete, etwas abgeflachte Erhebung sich, als sec. Achselknospe, in der Achsel ihres Tragblattes zeigen (Taf. II. Fig. 38). Sobald sie eine gewisse Höhe erreicht hat, wird eine Bevorzugung des Wachsthums der Aussen- seite merklich, der morphologische Scheitel wird nach innen verschoben und bald zeigt sich, hier noch schräg nach oben gerichtet, eine kreisförmig umschriebene Erhöhung, die erste Spur des Knospenkerns (Fig. 38). Lang- schnitte zeigen, dass alle Zellreihen der Anlage in demselben gipfeln, dass er wirklich den organisirten Scheitel der Achselknospe repräsentirt. In dem Maasse als die Entwickelung fortschreitet, wird, bei fortgesetzter Be- vorzugung der Aussenseite, diese Anlage zunächst rein seitlich (Taf. II. Fig. 40), dann allmälig nach unten gekehrt (Taf. II. Fig. 41, 42, 43). Gleichzeitig hat sich um dieselbe ein fast gleich hoher kreisförmiger Wall gebildet (Fig. 40 u. 41), als erste Spur der Fruchtknoten wandung. Auf nun folgenden Entwickelungszuständen sieht die Blüthenanlage schräg nach unten; der kreisförmige Wall hat an Höhe zugenommen und um denselben beginnt nun auch der Rand der ganzen Axe von oben nach beiden Seiten zu, hufeisenförmig vorzutreten (Taf. II. Fig. 42). Das Wachs- thum der Fruchtknotenwandung und des Knospenkerns ist verhältniss- mässig langsam; dagegen erfolgt das einseitige Wachsthum der Cupula am ) Missbildung von Podocarpus, p. 742. 21 oberen Rande und den Einfügungsstellen auffallend rasch, nimmt die ganze Blüthe mit, und drängt sie immer mein* hinab (Taf. II. Fig. 43, 44). Dieses erinnert in mancher Beziehung an die Bildung der anatropen Samenknospen der höheren Phanerogamen, ein Umstand der wohl in der Aehulichkeit der fertigen Zustände beider Gebilde seine Erklärung findet, direct lassen sich aber, wie wir bald sehen werden, die Blüthen der ana- tropen Samenknospen nicht von den hier auftretenden ablciten1). Auf dem nächsten Entwicklungszustande schliesst die Fruchtknoten- wandung über dem Nucleus in einem ziemlich unregelmässig umrandeten Munde (Fig. 44, 45 u. 46) und gleichzeitig wird die ganze Blüthe von der Cupula völlig überdacht (Fig. 44, 45), nur ein basaler Einschnitt führt zu derselben und kaum ist die Fruchtknotenmunduug noch äusserlich zu er- blicken (Fig. 45). Die Bildung der Cupula vom Podocarpus zeigt die grösste Aehnlieh- keit mit der bei Torreya, auch dort tritt die Cupula ebenso so zeitig auf, wird die Blüthe schon auf dem frühesten Zustande von derselben mit emporgehoben und schliesslich auch völlig eingeschlossen, der Unterschied zwischen beiden Bildungen beruht nur in dem Umstande, dass bei Torreya die Bildung allseitig glcichmässig, hier mit einseitiger Bevorzugung erfolgt. Der Uebergang wird durch die Dacridien vermittelt und manche derselben schliesscn so vollkommen an Podocarpus an, dass an einer Homologie aller dieser Gebilde sich nicht zweifeln lässt -). Mit genannter Deutung der Podocarpus Blüthe stimmt auch der Ge- fässbiindelverlauf überein. Auf Querschnitten durch ältere Inllorescenzen sieht man über der Einfug ungsstelle des untersten pfriemförmigen Blatt- paares die beiden, mediangestellten Bündel in je drei Arme sich spalten (Taf. II. Fig. 48 a), die mittleren beiderseits in die resp. medianen Blätter eintreteu, die seitlichen rechts und links zu je einem Bündel verschmelzen und dem fertilen Blatte folgen. Wo beide Blätter fertil, unterbleibt die transversale Vereinigung und beiden Blattbündeln gesellen sich die ent- *) Wie denn überhaupt Aebnlichkeiteu für sich allein nicht, über die Homologie ■ zweier Gebilde entscheiden. 2) Von Brogniart und Gris (Ohservations sur diverses plantes nouvelleS etc. de la nouvelle Galedouie. Anu. de sc. uat. 1806 5®me serie Bd. VI, p. 238) wird genannte Bildung bei Dacridium als Arillus bei Podocarpus als tegument exterieur bezeichnet; dabei erwähnt, dass bei Dacridium taxoides dieser Arillus „eompletement reflechi sur l’ovule“ sei, so dass man genannte Spccies zunächst für ein Podocarpus gehalten! — Viel richtiger war es dann, so wie es li. Brown (Venn. Sehr. IV, p. 106) gethan, die genannte Bildung in beiden Fällen für eine Testa (äusseres Ovular-Lntegument) aus- zugeben. 22 sprechenden je zwei Achselbündel (Taf. II. Fig. 48 c), genannte Bündel nehmen alsbald die Lage gewöhnlicher Achselknospenbündel an, sie drehen allmälig ihre Tracteen nach aussen und verschmelzen, seitlich einander sich nähernd, zu einem einzigen breitgezogenen Bündel (Fig. 48 d). Dieses erfolgt bereits an Stellen, die höher als der Vegetationskegel der Intiores- ceuzaxe liegen. Das äussere B.ümlel tritt jetzt in das freie Ende des Deckblattes, das Achselbündel läuft mit unveränderter Stellung in dem Blüthenstiele fort (Taf. II. Fig. 48 d> e- f> g), biegt in dessen oberen Rand um (Fig. 48 hi *• k) und löst sich nun in einen Kreis von Bündeln auf, welche der inneren Grenze der Cupula folgend im Umkreise der Xucleus-Basis erlöschen (Fig. 48 g- '* auch die Längsschnitte Fig. 46 u 47). Also auch im Gefässbündel verlauf ganz das nämliche Yerhältniss, wie bei Torreya, wo der Xucleus ebenfalls durch basale Streckung emporgehoben wird und die Bündel ihm ganz in der nämlichen Stellung und Veitheilung folgen. Das oberste sterile Blattpaar erhält keine Bündel. Eine Abgrenzung zwischen dem Blüthenstiel und der Cupula ist weder auf Querschnitten noch auf Längsschnitten nachzuweisen; das nämliche Gewebe setzt sich continuirlich in beiden fort; wohl aber unterscheidet sich das Gewebe der Bliithe selbst von dem der Cupula, es ist kleinzelliger, langgestreckter und sofort an seiner helleren Färbung zu erkennen (Taf. IL Fig. 46, 47). Podocarpus dacridioides (Taf. II. Fig. 49 u. 50) trägt seine Blüthen an dem Ende gewöhnlicher Laubsprosse in den Achseln der obersten zwei oder drei Blätter. Diese Blätter folgen, wie die vorhergehenden Laub- blätter, in einer Spirale, nach ®/8 Stellung aufeinander; sie sind ebenfalls stark angeschwollen, fleischig, an der Basis untereinander und mit der Infiorescenzaxe verschmolzen. Nur das oberste Blatt ist fertil und unter- scheidet sich von Podocarpus chineusis nur dadurch, dass der Blüthenstiel hier seiner ganzen Länge nach mit dem Deckblatte verwachsen ist, ja dieses Letztere sogar mit einer stumpfen Spitze den Blüthenstiel über- ragt (Taf. II. Fig. 49, 50). Die Entwickelungsgeschichte ist die nämliche wie bei Podocarpus chineusis, nur ist hervorzuheben, dass hier die Frucht- knotenwandung deutlich mit zwei getrennten Carpellen beginnt, und später mit zwei schönen rechts und links gestellten Lippen aus der unteren Oefl'nuug der Cupula hinausschaut (Taf. II. Fig. 49), ein neuer Beweis für die discoide Natur der Cupula, denn würde diese aus der Verschmelzung des ersten Blattpaares der Blüthenknospe entstanden sein, so müssten die erwähnten Carpellblätter vorn und hinten stehen. Auch der Gefässbündel- verlauf entsprach ganz dem von Podocarpus chineusis. Zur Reifezeit 23 werden die angeschwollenen Blätter, auch die sterilen, dunkelblau und bedecken sich, namentlich von der inneren Seite, mit einem feinkörnigen Wachsüberzuge. Ich denke, dass diese Schilderung die Angaben über ein doppeltes Integument auch für Podocarpus beseitigt — eine doppelte Hülle, die sich als doppeltes Integument deuten Hesse, ist mir bei keiner Conifere vor- gekommen und dürften liiemit auch alle hierauf basirten Schlüsse1), welche die Samenknospennatur derBlüthe beweisen sollten, hinlänglich entkräftet sein. Es ist mir überhaupt kaum eine andere Coniferen-Blüthe bekannt, über die so viele verschiedenartige Deutungen versucht worden wären, als grade Podocarpus. — Robert Brown erklärte sie für ein umgewandtes (orthotropes) Ovulum mit zwei Integumenten, das der Länge nach mit einer Fruchtschuppe verwachsen sei2). Endlicher3) hielt sie für ein, auf einem fleischigen Discus sitzendes orthotropes Ovulum, später4) schloss er sich der Ansicht R. Browns völlig an. L. Richard5) nahm an, dass die weibliche Bliithe hier umgekehrt sei, ■ ihrer ganzen Länge nach mit einem fleischigen Discus verwachsen und einen von einem Kelch umschlossenen Fruchtknoten besitze. Eichler hingegen sagt6): Ovulum in Podocarpis revera exstat anatro- pum et liberum neque ut longe plerique auctores scripserunt orthotropum et „squamae interiori“ inverse adnatum. Opinio illa erronea oriunda est e perperam intellecta Podocarpi cum Dacridio analogia. Dacridii enim squamae ovuligerae respondet in Podocarpo squama ovuluin anatropum suffulciens (quae saepius cum aliis in receptaculo connata offenditur); „squama interior“ in Podocarpo prorsus non existit; id quod pro illa botanici habuerunt et tamquam partein squamae ovuligerae in Dacridio analogam duxerunt, nil est nisi ovuli dorsum supra rhaphen aliquantum incrassatum et saepius vertice (ad chalasam) in apiculum productum (quod saepissime etiam in ovulis Angiospermarum observatur), unde simi- litudo quaedam levis cum squama Dacridii cymbiformi elficitur. Jam vero intra Dacridieas ovula ad anatropiam tendentia inveniuntur e. gr. in Microcachryde tetragona Hook. fil. J) Eichler: Flora Bras. p. 442. 2) Bennett und R. Brown: Plantae japanicae rariores 1858. 3) Endlicher: Genera plantarum, 1840, p. 262. 4) Endlicher: Synopsis Coniferarum, 1847, p. 184. s) L. c. p. 125. fl) Flor. bras. fas. XXXIV, p. 430. 24 Pariatore1) beschreibt das genannte Gebilde wiederum als umgekehrten Fruchtknoten, umgeben von zwei Involucren, von welchen das innere, krugförmige, mit einer kreisförmigen Oeffnung am Scheitel, von den zwei oberen Bracteen gebildet wird, das äussere von den zwei gleich darauf folgenden unteren, die mit einander und mit dem inneren Involucrum verschmolzen seien. Den Nucleiis scheint er auch hier für den Frucht- knoten zu halten. Favre2) erklärt die Blüthe für ein anatropes Ovulum, das von einer Raphe durchzogen wird, welche in einer „expension chalazienne“ endet und von zwei völlig verschmolzenen Integumenten umgeben ist. Sperck3) hält den Blütheustiel für eine Schuppe, der Fruchtschuppe der Abietineen analog, auf welcher das Ovarium von einem Involucrum umgeben, sitzt. Für van Tieghem endlich ist auch hier der Blüthenstiel ein Blatt- gebilde, das erste Blatt einer sonst nicht zur Entwickelung kommenden Achselknospe. Dieses Blatt ist nach der Rückenseite umgeschlagen, um dort ein anatropes Ovulum zu bilden. Das sind die Angaben über die Podocarpus-Blüthen, so weit sie mir bekannt geworden. Sie erschöpfen so ziemlich alle Möglichkeiten der Deutung, eigenthümlicher Weise, ohne dass auch nur ein Mal versucht worden wäre, die Angaben entwickelungsgeschichtlich zu stützen, was gerade liier verhältnissmässig so leicht zu erreichen war. Das Vorhergehende dürfte genügen, um uns einen Ueberblick über die ganzen Taxaceeu zu verschaffen: dieselben sind charakterisirt durch den Mangel ächter Zapfenbildung (abgesehen etwa von Cephalotaxus) und die völlige Freiheit oder doch (abgesehen von Podocarpus) relativ nur ge- ringe Verschmelzung der Blüthentheile; ausgezeichnet sind sie ausserdem durch die charakteristische Entwickelung der Cupula, welche als discoide Bildung die Blüthe der meisten Arten (Ausnahme Cephalotaxus, Ginkgo) umgiebt. Die beiden Hauptunterabtheilungen der Taxaceen: die Taxeen und Podocarpcen unterscheiden sich hauptsächlich dadurch, dass die Bliithen der ersteren in den Achseln der Deckblätter meist in zweiblüthigen InHorescenzen (bei Taxus einblüthig nur durch abort) — der letzteren >) L. c. p. io. -) ltecherches sur la fleur femelle du Podocarpus sinensis. Ann. d. sc. nat. 5me Serie, Tome III, 1865, p. 371. 3) 4>ie Lehre von der Gymnospermie etc. Mem. de l’Ac. des Sciences de St. Petersb. Tome XIII, No. 6, 1869. — 25 — meist einzeln auftreten und dass die Blüthen der ersteren völlig frei und aufrecht, der letzteren, mit Ausnahme von Phyllocladus, mehr oder weniger mit den Deckblättern verwachsen und mehr oder weniger umgekehrt sind. Eine Ausnahme bildet Phyllocladus mit aufrechten freien Blüthen, schliesst sich aber trotzdem durch seine übrigen Eigenschaften den Podo- carpeen an. II. Araucariaceae. 1. Cupressineae. Die Cupressineen bilden eine der artenreichsten Gruppen unter den Coniferen. Eichler theilt sie in vier Subtribus ein. 1) Cupressineae verae: Cupressus, Chamaecyparis. 2) Actinostrobeae: Widdringtonia, Frenela, Fitz-Roya, Actinostrobus, Callitris, Biota, Thuja, Thujopsis. 3) Juniperineae: Juniperus, Sabina, Arceuthos. 4) Diselmeae: Diselma. Trotz des Umfanges dieser Gruppe besteht eine bedeutende Ueber- einstimmung unter den einzelnen Gattungen, die alle ausgezeichnet sind1): durch die zwei- mehr giiederig quirlige Stellung der Schuppen, die Alter- nation der Quirle, die verhältnissmässig geringe Zahl derselben in einem Zapfen, die völlige Verschmelzung von Fruchtschuppe und Deckblatt, die mehr oder weniger vollständigere Verwachsung der Schuppen untereinander, endlich durch die aufrechten achselständigen Blüthen. Wenige Beispiele werden genügen, um die Gruppe zu charakterisiren und scheint mir Biota orientalis besonders geeignet, um uns in dieselbe einzuführen. Der Zapfen von Biota orientalis2) (Taf. III. Fig. 6 — 22) wird von drei decussirten Schuppenpaaren gebildet. In älteren Zapfen sind die Schuppen verkehrt eiförmig, oben in einen langen walzenförmigen, zugespftzten und nach aussen zurückgebogenen Fortsatz verlängert, auf den Innenrändern J) Abgesehen von den vegetativen Merkmalen und denjenigen etwa, die sich von den männlichen Blüthen herleiten lassen. 2) Vergl. Richard 1, c. PI. 7, Flora japonica Taf. 117 und 118, Pariatore 1. c. Taf. I. Fig. 13—15. und besonders am oberen Rande wulstig aufgetrieben und fest unter ein- ander verbunden. Dfe Verbindung besteht in einer Verlängerung und dem Ineinanderwachsen der sich gegenüberliegenden Oberhautszellen und die relative Festigkeit derselben in dem Umstande, dass diese Zellen nach- träglich an ihrem Scheitel keilförmig anschwellen. — Durch die Verdickung der Ränder wird die Oberseite der Schuppen ausgehöhlt und die reifenden Früchte in diese Höhlungen eingeschlossen. Die Mediane der Schuppe springt ein wenig nach innen vor. Nur die zwei unteren Schuppenpaare sind fertil; das unterste Paar trägt je zwei, das mittlere je eine Bliithe (Taf. III. Fig. 17 u. 18). Das oberste Paar ist steril (Fig. 18), zeigt trotz- dem aber, wenn auch in geringerem Grade die Anschwellung auf der Innenseite. Sehr häufig kommt die eine oder die andere Bliithe nicht zur Entwickelung, so dass wir nur einseitige Blüthen an den unteren Schuppen bekommen, oder es fehlt die einzige Bliithe einer mittleren Schuppe. Die Blüthen stehen direkt an der Basis der Schuppen, doch stets deutlich auf denselben, und bei Lostrennung der Schuppe vom Zapfen entfernt man auch stets gleichzeitig die zugehörigen Blüthen. Die Blüthen sind ganz einfach gebaut, auf der Innenseite eine Strecke weit hinauf mit der Schuppe verwachsen. Der nackte Knospenkern ist bis an seine Basis frei, von einer einfachen Fruchtknotenhülle umgeben. Auf medianem Längs- schnitte erscheinen die Schuppen aus gleichmässigem Gewebe, das von Harzgängen durchzogen wird, gebildet. Zwei übereinanderliegende Ge- fässbündel laufen in jeder Schuppe, von ihrer Eiufiigungsstelle in der Rachis an, deutlich von einander getrennt (Taf. III. Fig. 8, 9); sie kehren sich die Tracheen zu; das äussere endet in der Spitze des walzenförmigen Fortsatzes, das innere hingegen hält sich auf der Oberseite der Schuppe, läuft in den Vorsprung des oberen Randes derselben, biegt hier um und erlischt dicht unter der Oberfiäche (Taf. III. Fig. 9). Die Bündel werden auf der Bastseite von gleichlaufenden Harzgängen begleitet. Das sterile oberste Schuppenpaar ist so wie die fertilen mit doppeltem Biindelsystcm versehen (Taf. III. Fig. 9), dagegen sind die an der Basis des Zapfens stehenden Blattpaare, wenn auch ein wenig angeschwollen, doch durchaus in dieser Beziehung einfach, und erhalten nur ein einziges Blattbündel (Taf. III. Fig. 8—9). Querschnitte bestätigen diese Angaben. Man findet an der Basis der Schuppe drei Bündel, zwei obere und ein unteres (Taf. III. Fig. 13 u. folg.): das untere bleibt ungetheilt, die oberen spalten sich, bis ihre Zahl auf höher geführten Schnitten auf etwa acht steigt (Taf. III. Fig. 14 — 19). Vau Tieghein’s Angaben stimmen im wesentlichen mit den meinigen über- 27 ein, doch giebt er an, dass sich auch das hintere Bündel theile, was wir nie vorgekommen ist. In der Racliis bleiben die Bündel getrennt; das untere tritt wie ein gewöhnliches Blattbündel in den Bündelkreis; die beiden oberen verschmelzen hier mit zwei seitlichen (Taf. III. Fig. 10—13). Ein Vergleich mit den vegetativen Sprossen (Taf. III. Fig. 20—22) lehrt, dass sich diese zwei oberen Bündel durchaus wie gewöhnliche Achsel- knospenbündel verhalten1); daraus folgt wohl schon, dass die Schuppe kein einfaches Blatt sein könne, sondern aus Blatt- und Achselprodukt ver- wachsen. Die Gründe, welche, aus dem continuirlichen Uebergang der Blätter an der Basis des Zapfens in die Schuppe, gegen diese Deutung an- geführt werden, können sie nicht schwächen; sie beweisen zwar, dass in der Schuppe ein dem Blatte homologer Theil vorhanden ist, durchaus aber nicht, dass er die Schuppe einzig und allein bilde. Auch ist der Uebergang kaum so vollständig, wie man es anzugeben pflegt, namentlich auch nicht an älteren Zapfen, die, wie wir bald sehen werden, die einzig massgebenden sind. — Mit dem dritten Schuppenpaare ist das Gefäss- biindelsystem der Axe völlig erschöpft; sie endet hier gefässbündel- los in einem kleinen Höcker (Taf. III. Fig. 9). Die Blüthen werden nicht mit besondern Bündeln aus der Axe versorgt; die Bündel, welche der Achselknospe angehüren, laufen dicht unter denselben, ununterbrochen in die Schuppe fort (Taf. III. Fig. Öa u. 9a), ja sie geben nicht einmal bestimmt begrenzte Zweige an dieselben ab; die Ernährung der Blüthen erfolgt allein durch Transfusionsgewebe, das an die beiden Achselbündel anschliesst, bevor sie sich noch in weitere Zweige zerlegt haben. Entwickelungsgeschichtliche Angaben über Biota, habe ich nur bei Bailion vorgefunden. Adansonia I, p. 5 heisst es: die Tliuia-Arten besitzen wie die Torreya zwei weibliche Blüthen in der Achsel einer jeden Bractcc. Ueber diesen Bracteen, die selbst nie etwas tragen, schwillt die Axe der Inflorescenz etwas auf und bildet zwei kleine, aus je zwei Frucht- blättern gebildete Blüthen, ganz wie bei Taxus und bei Phyllocladus. Auf der basilaren Placenta erhebt sich ebenfalls ein orthotropes Eichen. Im Wesentlichen konnte ich diese Angaben Baillons bestätigen. Die Blüthen treten in den Achseln der Deckblätter auf (Taf. III. Fig. 1 — 5)2); sic werden Anfang September für das nächstkommende Frühjahr ü Vergl. auch Geyler: Ueber den Gefässbündelverlauf in den Laubblattregionen der Coniferen p. 75 und Taf. IV, Fig. 5, 6, 7, in Pringsheim’s Jahrbüchern für wiss. Bot. Bd. VI. 2) Die hier citirten Figuren 1 — 5 stammen eigentlich von Thuja occidentalis, ver- halten sich aber denen von Biota so ähnlich, dass sie dieselben hier vertreten können. — 28 — angelegt, au den Enden diesjähriger kurzer Seitenzweige. Schon äusser- lich ist die Anlage an einer, wenn auch geringen Anschwellung, meist etwas bräunlicher Färbung und später an der Krümmung der betreffenden Zweige zu erkennen. Die Blüthen werden erst angelegt, wenn ihre Deckblätter eine ziem- lich vollständige Entwickelung erreicht haben und bereits über dem Vege- tationskegel der Knospe Zusammenschlüssen (Taf. III. Fig. 1 und 2). Sie werden in der Achsel seihst angelegt auf einer sich hier zunächst bilden- den geringen Anschwellung (Taf. III. Fig. 1 u. 2), in den Achseln des unteren Deckblattpaares, wo, wie erwähnt, je zwei Blüthen vorhanden, ent- stehen beide gleichzeitig, ein kleiner Höcker, der als rudimentärer Vege- tationskcgel gedeutet werden muss, und oft ganz stattlich entwickelt ist, lässt sich zwischen denselben (Taf. III. Fig. 4) erkennen. Wir haben es hier also wirklich mit einer zweiblütliigen Intioresccnz zu thun, die ganz ähnlich wie bei Cephalotaxus auf die beiden Blüthen und den nacktcu Vege- tationskegel der primären Achselknospe reducirt ist. In den Achseln des oberen Deckblattpaares, wo nur je eine Bliithe vorhanden, entsteht sie un- mittelbar aus dem Vegetationskegel der primären Achselknospe, mit Phyllocladus etwa vergleichbar. Ob die Blüthenhülle bei Biota orientalis mit zwei gesonderten Höckern entsteht, lässt sich schlechterdings nicht entscheiden, sehr auffallend ist die Zweiblättrigkeit der Anlage aber bei Thuja occidentalis (Taf. III. Fig. 3). Vor allem erhebt sie die Blüthen- anlage als abgerundeter oben etwas abgellachter Höcker, um ihren Scheitel bildet sich dann die Hülle, die Scheitelmitte wächst zum Nucleus aus. Die Hülle nimmt rascher als der Nucleus au Grösse zu, erreicht dessen Scheitel und schliesst über demselben zusammen (Taf. III. Fig 4, 5). So weit schreitet die Entwicklung im Herbste fort, im nächsten Frühjahr fangen die Deckblätter plötzlich an, an ihrer Basis zu wachsen; dieses Wachsthum erfolgt besonders in der Einfügungsebene der Blüthen; die hier gebildete axilläre Anschwellung wird mit in das Wachsthum des Blattes hineingezogen, und erhebt sich, eine innere Verdoppelung au dem- selben bildend, einseitig mit in die Höhe (Taf. III. Fig. 6 u. 7). Dies ist der Anfang der Fruchtschuppe. Sie wird jetzt erst, wo die Entwicklung der Blüthen lange schon vollendet ist, als bräunlicher Wall an der Basis des Deckblattes sichtbar. Deckblatt und Fruchtschuppe nehmen, innig mit einander verschmolzen rasch an Grösse zu (Taf III. Fig. 8a u. 8b), ihr Wachsthum bleibt auf die Basis localisirt. Eine Folge dieses Ent- wickelungsganges ist, dass auch Hie Blüthen ein wenig mit auf die 29 Fruchtschuppe hinaufgezogen werden und an der Basis ihrer Aussenseite, ein wenig mit derselben verwachsen scheinen (Taf. III. Fig. 8, 9, 16, 18). Die Deckblätter legen sich zur Bestäubungszeit auseinander, sobald diese vorüber, stossen die fortwachsenden, an ihren Rändern angeschwollenen Fruchtschuppen, über den Blüthen zusammen, und verwachsen hier in der beschriebenen Weise (Taf. III. Fig. 9), um die reifenden Früchte zu schützen. Die Hauptmasse der Schuppe3), wie wir sie in dem reifenden Zapfen finden, verdankt also erst einem nachträglichen basalen Wachsthum ihre Entstehung und nur das walzenförmige Ende an derselben entspricht dem ursprünglich vorhandenen freien Theile des Deckblattes, demjenigen Theile, der beim Auftreten der Blüthen allein das ganze Deckblatt aus- machte. Das Gefässbündel für das Deckblatt wird frühzeitig schon, im Herbste angelegt, dasjenige für die Schuppe viel später, so wie es für Axelprodukte, dem Tragblatte gegenüber, gewöhnlich zu geschehen pflegt — erst im Frühjahr (Taf. III. Fig. 8a “• b). Die Schuppe von Biota orientalis besteht also in fertigem Zustande aus zwei Theilen: dem einen, welcher dem Deckblatte angehört und dem anderen, der vom Achselprodukte gebildet wird, erst nachträglich, nach vollendeter Aidage der Blüthen, als eine seitliche Expansion derselben ent- steht, den wir also als discoide Bildung bezeichnen müssen Hiermit ist auch ein Anknüpfungspunkt an die Taxineen gegeben, denn es liegt nahe, diese Bildung mit der Cupula derselben zu vergleichen. Aehnliche ein- seitige Cupulae sind uns bei Podocarpeen vorgekommen, nur dass die s. g. Fruchtschuppe hier, eben so gut einer, als auch vielen Blüthen gemeinsam angehören kann. Auch ist ein weiterer Unterschied in dem Umstande be- gründet, dass dort die Cupula keine Bündel erhält, die Bündel in oder unter der Blüthe enden, hier hingegen die Bündel unter den Blüthen hin- weg, ununterbrochen in die Fruchtschuppe verlaufen. Auch ist die Frucht- schuppe hier mit dem Deckblatte verwachsen, ein Fall der uns hei Taxineen nicht vorgekommen ist. Es dürfte also kaum möglich sein beide Gebilde in grader Linie von einander abzuleiten, es sind vielmehr divergirende Zweige einer gemeinsamen Grundform, die uns hier in den beiden Typen der Taxineen und Cupressineen bereits in charakteristischer Verschieden- heit entgegentreten. Bei Cupressineen dürfte sich die eigene Art der Bildung der Frucht- *) Wie bereits wohl aufgefallen, gebrauche ich die Bezeichnung: Schuppe, jedesmal wenn ich das ganze Gebilde, Fruchtschuppe, wenn ich nur den axilen Tlieil derselben im Auge habe. 30 schuppen mechanisch, wie ich glaube, durch das nachträgliche basale Wachsthum des Deckblattes erklären, von welchem das Achselprodukt ein- seitig, und in manchen Fällen (Juniperus communis) scheinbar passiv ge- dehnt und mit in die Höhe genommen wird. Das freie Ende der Schuppe entspricht dem ursprünglichen Deckblatt- ende und besitzt demzufolge auch nur ein einziges Gefässbündel; der Körper der Schuppe ist doppelten Ursprungs und besitzt daher ein dop- peltes Bündel. Da an der Fruchtschuppe keine seitlichen Glieder angelegt werden, und die Achselbündel sich nachträglich erst, nach erfolgter An- lage, in derselben differenziren, so lag auch kein Grund vor, weshalb sie ihren ursprünglichen Lauf in der Fruchtschuppe hätten ändern sollen; sie behalten die Richtung bei, die sie in der Rachis haben, oder nehmen doch eine solche ein, die unmittelbar aus derselben folgt und müssen also ihre Tracheen dem Deckblatte zukehren. Aus dieser Erwägung folgt, wie wenig berechtigt es ist, auf den Bündel verlauf allein seine Deutungen zu stützen und, wie es van Tieghem gethan, die Vertheilung der Bündel in einer Fläche als ein entscheidendes Criterium für die Blattnatur eines Gebildes anzusehen. Die Blüthen von Biota orientalis zeigen zur Be- stäubungszeit eine ziemlich unregelmässig umrandete Fruchtknotenmündung und nur in seltenen Fällen zwei deutliche Lippen; sie entwickeln seitlich keine Flügel. In den Achseln des obersten sterilen Deckblattpaares, bildet sich ebenfalls eine axilläre Anschwellung, die aucb mit dem Deckblatt fort- wächst, eine wenn auch schwache Verdoppelung derselben darstellend, ohne jedoch zuvor eine Bliithe gebildet zu haben; sie dürfte als eine rudimen- täre Bildung aufzufassen sein. Die andern Cupressineen schliessen sich mehr oder weniger an Biota an. Bei Thuja occidentalis L. ') (Taf. III. Fig. 1—5) haben die Schuppen ebenfalls ein doppeltes Gefässbündel; die Fruchtschuppe schwillt an ihrem Scheitel auf und greift sogar über das Deckblatt hinaus. — Die Ent- wickelungsgeschichte ist ganz die nämliche. Die Blüthen werden Anfangs September angelegt; erscheinen hier aber deutlich in zwei getrennten Höckern (Taf. III. Fig. 3) und bleiben deutlich zweilippig bis zur Be- stäubungszeit (Taf. III. Fig. 4 u. 5); sie sind stark geflügelt und ent- sprechen die Flügel der Mediane der beiden Carpellblätter. Zwei Blüthen stehen in Achsel eines Deckblattes, die beiden Seitenblüthen einer kleinen Inflorescenz, deren Kndbliithen nicht zur Entwickelung kommen, darstel- ') Vergl. Richard PI. 7. Pariatore 1. c. Taf. I. Fig. 9—12. 31 lend; der rudimentäre Vegetationskegel der primären Achselknospe ist meist auf den jüngsten Entwickelungsstadien zwischen den beiden Blüthen leicht nachzuweisen, ja oft sehr stark entwickelt (Taf. III. Fig. 4 u. 5). Mit der Deutung als zweiblüthige Inflorescenz scheint aber der Umstand nicht übereinzustimmen, dass die Carpellblätter beider Bliitben, nicht vorn und hinten, sondern von Anfang an, rechts und links in der Achsel des Deckblattes angelegt werden (Taf. III. Fig. 3, 4 u. 5); — doch bei den so vielfach hier eingetretenen Verwachsungen und Verschiebungen ist auch eine Drehung der Bliitben den Raumverhältnissen sich anpassend mehr als wahrscheinlich und die Beobachtung des rudimentären Vegetations- kegels zwischen denselben von viel entscheidender Wichtigkeit. Im Grunde auch nur wenig verschieden ist Callitris quadrivalvis1). Die Zusammensetzung der Schuppe aus zwei verschiedenen Theilen hier leicht sichtbar. Der Zapfen wird von zwei Schuppenpaaren gebildet, beide, oder nur das äussere, sind fruchtbar, doch enthält das äussere gewöhnlich mehr, meist je drei Blüthen, während das obere Paar entweder ganz steril ist, oder doch nur einige wenige Blüthen zeigt. Diese sind dicht an der Basis der Schuppe gestellt, deutlich zweilippig und sehr stark ge- flügelt. Van Tieghem giebt auf PI. 14. Fig. 40 ein Bild vom Gefässbiindel- system, welches wohl ganz mit Biota übereinstimmen dürfte. Bei Frenella rhomboid. wird der Zapfen von sechs Schuppen, in zwei alterirenden drei- gliederigen Wirbeln, gebildet; die innern drei Schuppen grösser, die äusseren kleiner; drei bis vier Blüthen entsprechen je einer äusseren, sieben bis acht je einer inneren Schuppe (Richard 1. c. p. 48) sonst Callitris sehr ähnlich2) An jungen, blühenden Exemplaren von Libocedrus Chilensis, die ich untersuchte, war der Zapfen auch von zwei Schuppenpaaren gebildet; die äusseren fand ich steril, die inneren mit je zwei Blüthen versehen, welche in Folge dessen den Scheitel der Racliis einzunehmen schienen, ohne sich jedoch in ihrer Stellung von andern Cupressineen zu unterscheiden. Eine etwas grössere Abweichung von dem geschilderten Typus zeigten dagegen die Juniperus-Arten. Juniperus communis (Taf. III. u. IV. Fig. 24—32) L. besitzt Zäpfchen, die von drei in einem Wirbel stehenden Schöppen ge- bildet werden. — Im altern Zustande werden sie fleischig und bilden zu- sammen die charakteristische Scheinbeere, den sog. Galbulus. — Die seit- q Richard PI. 8. Pariatore Taf. I. Fig. 7 u. 8, auch Sachs Lehrbuch der Botanik, 2te Auflage, f. 322. p. 425. 2) Vergl. die Abbildung bei Richard 1. c. Taf. 18, No. 1. •, 32 liehe Verschmelzung ist vollständig und beruht auf einem gemeinsamen Wachsthum der Schuppen an ihrer Basis, sie sind hier also von Anfang an vereinigt und nicht durch nachträgliche Verwachsung. Eine solche er- folgt nur ganz oben am Scheitel zwischen den drei Vorsprüngen, welche dem ursprünglich freien Ende der Schuppe entsprechen; also nur an dem oberen Rande der Schuppen, und ist zu erkennen an den drei Näthen, welche zwischen den Vorsprüngen beginnen und mitten am Zapfenscheitel zusammenstossen (Taf. IV. Fig. 32). — Auf Querschnitten aus der obersten Spitze lassen sie sich eine kurze Strecke hin verfolgen (Taf. IV. Fig. 31). Die Vereinigung beruht ganz wie bei Biota auf einem Gegen- und Zwischen- einanderwachsen der nachträglich an ihren Enden noch anschwellenden Oberhautszellen. — Auf dem dreigliederigen Schuppen-Quirl folgt bekannt- lich bei Juniperus comm. ein mit diesem alterirender, ebenfalls dreiglie- deriger Blüthen-Quirl (Taf. III. Fig. 27, Taf. IV. Fig. 28, 29), dessen Glieder man aus diesem Grunde mehrfach schon für metamorphosirte Blätter er- klärt hat. Eine nähere Untersuchung zeigt jedoch, dass diese Bliithen, ganz wie bei Biota, Thuja und allen anderen Cupressineen, wirklich auf den Schuppen stehen (Taf. III. Fig. 27), und dass die Alternation dadurch nur hervorgerufen wird, dass sie nur einseitig und zwar an allen drei Schuppen an der entsprechenden Seite angelegt werden. Das Verhältniss zur Schuppe ist hier ein ganz ähnliches wie bei anderen Cupressineen, z. B. bei Biota-Arten, nur dass von den zwei hier wohl ursprünglich vor- handenen Bliithen jeder Schuppe, in Folge räumlicher Verhältnisse die eine stets abortirte, allmälig gar nicht mehr zur Entwickelung kam und schliesslich in einseitiger Entwickelung constant vererbt wurde. — Auf ein- ander folgende Querschnitte verschaffen über die wahre Stellung der Blü- then sowohl, als auch über die Natur des Schuppenwirtels volle Gewiss- heit. — An der Basis des Zapfens zeigt ein Querschnitt durch die Axe neun im Kreise angeordnete Bündel (Taf. III. Fig. 24), weiter hinauf sieht man drei Bündel aus diesem Kreise, um 120" divergirend, hinaustreten, die Bündel zwischen denselben verschmelzen zu je einer Bündelgruppe (Taf. III. Fig. 25). Dann tlieilt. sich jede dieser Gruppen wieder in drei Bündel, von welchen die beiden seitlichen je einen Zweig nach aussen ab- geben, der dem ersten auf dem Wege folgt (Taf. III. Fig. 26). — Wir sehen jetzt auf dem Querschnitte drei austretende Bündelgruppen, jede aus je drei Bündeln bestehend, einem mittleren, tiefer stehenden und zwei seitlichen höher gestellten (Taf. III. Fig. 26). Ein Vergleich mit vegeta- tiven Sprossen zeigt, dass dort der Verlauf der Bündel der nämliche ist 33 und dass in den gleichen Fällen das untere Bündel das Blatt , die beiden oberen die Achselknospe versorgen3). Hier treten alle drei gemeinschaft- lich in die Schuppe ein. Auf Querschnitten, höher durch den Zapfen sehen wir, dass das äussere Bündel sich in mehrere, fünf bis sieben Zweige getheilt hat und dass diese peripherisch in der Schuppe laufen, mit nach innen gekehrten Tracheen. Ihnen gegenüber, sehen wir die obern Bündel, deren Zahl ebenfalls auf vier oder mehr in jeder Schuppe gestie- gen ist und die sich an der Innenfläche der Schuppe halten, mit nach aussen gekehrten Tracheen (Taf. III. Fig. 27). Seitlich ist im Gewebe der Schuppen keine Trennung zu erkennen, eben so wenig in der Region zwischen beiden Bündelsystemen. Die Schuppe besteht ganz gleichmässig aus grosszeiligem, lockerem Gewebe, das von zahlreichen Harzgängen durchzogen wird. Auf den genannten Querschnitten kann man auch sehen dass der Vegetationskegel des Zapfens dicht über der Einfügungsebene der drei Schuppen in einem kurzen Höcker aufhört, und auch die Gefäss- bündel desselben an dieser Stelle erlöschen. Die drei Blüthen stehen auf der Basis der Schuppen, dicht an der Axe, erhalten auch hier keine eigenen Bündel und werden nur durch Transfusionsgewebe ernährt, das an die nächsten Schuppenbündel anschliesst. Die äusseren Bündel der Schuppe lassen sich bis fast an den Scheitel derselben verfolgen (Taf. IV. Fig. 28 — 31), die inneren erlöschen früher, fast in halber Höbe (Taf. IV. Fig. 28). Der Scheitel des Zapfens (Taf. IV. Fig. 32j zwischen den drei Endzipfeln ist mit zahlreichen Spaltöffnungen besetzt, die auf den Seiten der Frucht nur spärlich auftreten; ein ähnliches Verhältniss wie an den vegetativen Blät- tern, die hauptsächlich nur auf der Oberseite Spaltöffnungen führen. Die Gestalt der Früchte riclffet sich nach den Raumverhältnissen im Innern des Zapfens (der Scheinfrucht); sie neigen nach oben mit ihren Mündungen zusammen (Taf. IV. Fig. 29). Der Nucleus wird von der einfachen Frucht- knotenwand umgeben und ist bis an seine Basis frei. Nicht wesentlich verschieden verhalten sich auch die Arten mit de- cussirter Blatt- und Schuppenstellung. Zwei altemirende Schuppenpaare, mit einander verwachsen, bilden denGalbulus von Juniperus virginiana, das äussere nur ist fertil, doch beide aus Fruchtschuppe und Deckblatt zu- sammengesetzt, beide mit doppeltem Gefässbündelsystem. Die Alternation der aufeinander folgenden Schuppenpaare wird hier selbstverständlich durch das Vorhandensein der Blüthen am unteren ') Vgl. Fig. 1 und 2 Taf. IV. für Junip. nana Wild, bei Geyler: Ueber den Ge- fässbündel verlauf in den Laubblattregiouen der Coniferen. Pringsbeim’s Jalirb. Bd. IV. Strasburger, Coniferen und Gnetaceen. d 34 nicht gestört, der beste Beweis, wenn es noch eines bedurfte, dass diese Blüthen nicht als metamorphosirte Blätter aufgefasst werden können, ja sicher als Aehselproducte zu dem unteren Deckblattpaare gehören. Das Nämliche muss also auch für Juniperus coinm. gelten, wenn man nicht anders annehmen will, dass bei Juniperus comm. den Blüthen eine andere morphologische Natur als bei Juniperus virginiana zukomme. Die Schuppen bergen oft zusammen nur eine Blüthe, die nur der einen Schuppe zuge- hört oder sie bergen zwei, die entweder nur der einen, oder beiden Schuppen zu je einer Blüthe aufsitzen, oder endlich sie zeigen derer drei, so dass in der Achsel der einen Schuppe eine, der anderen zwei Blüthen stehen. Gewöhnlich kommt nur eine Frucht zur Reife. — Ganz ähnlich wie Juniperus comm. verhält sich Juniperus oxycedrus und rigida1), wie Juniperus virginiana: Juniperus sabina, chinensis etc.2 3). Entwickelungsgeschichtliche Angaben sind auch hier nur von Baillon vorhanden8); sie beschränken sich aber fast ausschliesslich auf eine Betonung (Caspary gegenüber der Thatsache, dass auch bei Juniperus comm. die weib- liche Blüthe auf einem besonderen, kleinen Blüthenboden, mit zwei Car- pellblättern auftrete, die zwar nur kurze Zeit, doch deutlich unterscheid- bar seien. Eins der beiden Carpellblätter soll stets das vordere, das andere daß hintere seiu, ja häufig Vorkommen, dass beide lange Zeit an ihrem Scheitel auch in Folge uugleichmässiger Fortentwickelung, ähnlich wie bei der Lärche, unterscheidbar bleiben und dass selbst in sehr vorgerücktem Alter die nach vorn geneigte Mündung des Fruchtknotens noch zweilippig erscheine, und zwar die hintere Lippe länger als die vordere. Mit diesen kurzen Angaben Baillon’s stimmen auch meine Untersuchungen überein, wenn es auch meist hier sehr schwer wird, den zweiblättrigen Ursprung der Blüthen nachzuweisen4), ein Umstand, auf den auch kaum so viel Gewicht zu legen ist. Wir haben gesehen, dass sich zwei so nahe verwandte Pflanzen, wie Biota orientalis und Thuja occidentalis in dieser Beziehung unterschei- den, und es ist leicht begreiflich, dass, wenn die Verschmelzung sich auf su jungen Zuständen geltend macht, sie auch auf die allerjüngsten zu- rückgreifen kann; das Wichtigste für uns bleibt, dass die Zusammensetzung aus zwei Carpellblättern sich in manchen Fällen so deutlich erhalten hat, *1 Abbild, bei Juccarini in Siebold flora Japou. Band II. T. 125. 2) Ebendaselbst Taf. 127. 3) Adansonia V. p. 4. 4) Siehe die Fig. 23 Tal'. III. für Juuiperus sabina. 35 die minder deutlichen sind denselben anzureihen, da, was für die einen hier unzweifelhaft nachgewiesen, auch für die anderen gelten muss '). Die Bildung der Fruchtschuppe ist bei Juniperus communis sowohl, als auch bei Junip. sabina und virginiana, wo ich sie überall verfolgen konnte, ganz die nämliche wie bei Biota. Zur Zeit des ersten Auftretens der Bliithen ist sie noch nicht vorhanden (Taf. III. Fig. 23), und entsteht erst durch nachträgliches Wachsthum und Streckung an der Basis. Bei Juniperus communis ist die Entwickelung der Fruchtschuppe eine ver- hältnissmässig sehr schwache; sie erreicht gar nicht die Spitze des Deck- blattes, wie man das aus dem Aufhören der Bündel schon in halber Höhe der Schuppe schliessen kann. In Folge dessen sind auch die Spitzen der Deckblätter am Scheitel des Zapfens sehr nahe an einander gerückt, und entspricht selbst der Raum zwischen denselben nur ihrer eigenen etwas angeschwollenen Innenseite, welche, wie erwähnt, selbst noch die Spalt- öffnungen behalten hat. — Anders ist es bei Juniperus sabina und vir- * giniana: dort erreichen die Fruchtschuppen eine sehr starke Entwicke- lung, sie greifen meist über die Spitzen der Deckblätter und diese wer- den in Folge dessen nach aussen gerückt, indem sie die kleinen Höcker an den Seiten des Zapfens bilden. Auf dem Querschnitte sieht man dort in Folge dessen auch die Gefässbündel des Deckblattes fast horizontal nach aussen, nach den erwähnten Höckern laufen, während die Bündel der Fruchtschuppen auf der Innenseite derselben fast senkrecht empor- steigen.' Die Anlage der Bliithen erfolgt auch hier im September, die Streckung an der Basis der Deckblätter erst im nächsten Frühjahr. Zum Unterschiede von Biota erheben sich bei Juniperus comm. die drei in einer Höhe stehenden Deckblätter an ihrer Basis gemeinschaftlich und bilden so den krugförmigen Behälter, aus dem die Fruchtknotenmündungen zur Bestäubungszeit hinausschauen. Eine ähnliche Verschmelzung findet zwischen sämmtlichen Deckblättern und Schuppen des Zapfens, auch M Aehnliche Verschmelzungen jüngster Blattanlagen bis zum Unkenntlichwerden der Theile sind auch bei höheren Phanerogamen nicht selten. So entstehen z. B. die beiden Hüllen der männlichen Bltithe von Kajas major (Magnus Beitr. z. Kennt, d. Gatt. Kajas. L. p. 28, Taf. II. Fig. 10, u. Taf. IV. Fig. 7) als gleichmässige Wälle um de« Vegeta- tionskegel, erst später wird der Rand der inneren Hülle zweilappig, iudem das Längen- wachsthum an zwei entgegengesetzten Punkten am intensivsten ist, und von diesen aus gegen die Mitte zwischen denselben abnimmt (Taf. II. Fig 12). — Aehnlich verhalten sich auch viele Fruchtknoten, z. B. der Primulaceen, die sicher mehrblättrigen Ur- sprungs sind. Auch der Fruchtknoten von Luzula campestris (Payer Organog. PI. 146, Fig. 9), der von drei Fruchtblättern gebildet wird, erhebt sich als ein im Umkreise gleich hoher Wall. Ebenso der zweiblättrige von Carex. Sehreberi (1. c. Taf. 147, Fig. 13). Vergl. auch Baillon Adansonia, Bd. V. p. 7. 3* bei Juniperus virgin. und sabina Statt, so dass es im fertigen Zustande kaum noch möglich ist, die Grenzen der einzelnen Schuppen anzugehen. Bei Juniperus oxycedrus L. ist es nach Pariatore leicht (Fig. 1 und 2, Täf. I. 1. c.), das Deckblattende und unter demselben den Fruchtschuppen- scheitel an halbreifer Frucht zu erkennen, besonders leicht aber bei Juni- perus drupacea Labill. (ebendaselbst Fig. 19 — 21, Taf. III.), wo die Ver- einigung von Deckblatt und Fruchtschuppe weniger vollständig ist und welche auch in ihrem äusseren Aussehen bereits sehr den Biota- Arten sich nähert. Weiter wären hier die Cupressus- Arten zu besprechen; sie sehliessen ziemlich nahe an Frenela und Callitris an. Cupressus funebris besitzt drei bis vier Schuppenpaare im Zapfen, im älteren Zustande schildförmig ent- wickelt. — Von aussen gesehen, ist jede Schuppe viereckig, wulstig um- randet und trägt die Deckblattspitze (Taf. IV. Fig. 38, b.)1) als kurzen Vorsprung in der Mitte. Auf der Innenseite sieht man die viereckige Schildfläche sich gleichmässig in den kurzen Stiel verengen (Fig. 38), auf der Oberseite des Stieles sind die Blüthen in grosser Zahl befestigt (Fig. 37). Das unterste Schuppenpaar ist etwas anders als die höheren gestaltet, es fehlt ihm die untere Schildhälfte (Taf. IV. Fig. 38). Auf dem Längs- schnitte kann man auch die beiden Gefässbiindelsysteme der Schuppen mit grösster Leichtigkeit bis an ihre Ursprungsstelle in der Rachis verfolgen (Fig. 38). Sie entsprechen durchaus denen bei Biota. In dem Gewebe der Schuppe ist keine Sonderung zu erkennen; Harzgänge begleiten afcch hier auf der Innen- und Aussenseite der Schuppe die Bündel. Auf dem Quer- schnitte sieht man die äusseren Bündel sich bis auf neun, die inneren bis auf zwölf und mehr Zweige vermehren (Taf. IV. Fig. 42). Dabei greifen die seitlichen Bündelzweige des oberen Systems, um die unteren und sehliessen sie theilweise ein (Fig. 39—42). Qie Zweige des unteren Sy- stems erscheinen auf dem Querschnitte in einer nach oben convexen Linie angeordnet (Fig. 40 — 42) und enden in dem mittleren Vorsprung des Schildes, respective in dem untersten Schuppenpaare) in dessen unterem Rande (Fig. 38) — die oberen Bündel in dem oberen und den Seiten- rändern des Schildes (Fig. 38, 42). — Die ganze obere Hälfte des Schildes und auch dessen Seiten sind Bildungen der Achselknospe; die untere Hälfte, vor Allem der mittlere quere Vorsprung, gehören dem Deckblatte. 9 Die Figuren gehören zu Cupressus sempervirens, die sich aber in allen Punkten der Cupr. funebris sehr ähnlich verhält. 37 Aehnliche Bilder von diesem Gefässbttndelverlauf giebt van Tieghem Taf. 14. Fig. 42—45. Bei Cupressus sempervirens wird der Zapfen von vier bis fünf Paaren fruchtbarer Schuppen gebildet, eine jede (Fig. 37) zur Blüthezeit bereits aus einem grösseren, äusseren Deckblatte und einer inneren, kürzeren, wulstigen Anschwellung: der Fruchtschuppe, bestehend1). Diese Anschwel- lung trägt in den mittleren Schuppen neun bis dreizehn, häutig aber auch noch viel mehr aufrechte Blüthen; in den oberen Schuppen wird ihre Zahl geringer. Eichler vergleicht diese Blüthen mit den Beiknospen der höheren Ge- wächse und sucht so ihre grosse Zahl zu erklären; Baillon sieht sie für eine gestauchte Cyma an, ähnlich dem Halbscheinquirl bei den Labiaten, und sucht dieses durch die Entwickelungsgeschichte zu stützen. — Die Blüthen sind zwischen den Schuppen dicht eingepresst, auf dem Querschnitte rund, in älteren Zuständen schwach geflügelt, mit deutlich zweilippiger Frucht- knotenmündung; der Nucleus ist bis an seine Basis frei. Die Fruchtschuppenbündel sind zur Blüthezeit kaum angedeutet (Taf. IV. Fig. 36), die Deckblattbündel schon völlig angelegt. Baillon giebt eine vollständige Entwickelungsgeschichte dieser Blüthen, die ich nach eigenen Untersuchungen bestätigen kann. Er sagt zuerst Adansonia, Bd. I. p. 8: „Die Deckblätter des Zapfens tragen auch bei der Cypresse keinerlei Gebilde. Die Axe schwillt über der Basis des Deck- blattes ein wenig an und erzeugt vor dessen Mediane einen kleinen zwei- blättrigen Fruchtknoten, ähnlich wie bei Thuja. Bald erscheint eine ähn- liche Bliithe vor und unter der ersten, zwei andere an den Seiten, dann andere noch mehr nach aussen und mehr nach unten umgeben die ersteren in mehreren concentrischen Kreisen, und ihre Zahl kann bedeutend steigen. Wir haben es hier also mit einem axillären, centrifugalen Blüthenstande zu thun, etwa vergleichbar dem axillären Glomerulus der Labiaten, dessen Gesammtheit dort wie hier eine Aehre bildet.“ — Dann Band II. p. 4, wo er besonders auf die Entwickelung der einzelnen Blüthen eingeht und gleichzeitig (Taf. I. Fig. 1 — 12) durch schöne Abbildungen illustrirt: „Ge- wisse Arten der Cypresse, sind ebenfalls zur Untersuchung „geeignet, weil die Art, in welcher hier die beiden Carpellblätter auftreten, so auffallende Eigenthümlichkeiten zeigt, dass es unmöglich ist anzunehmen, ein Ovular- Integument könne sich in der nämlichen Weise bilden. So ) Siehe auch das Bild Fig. 3—6, Taf. I. bei Pariatore, 38 ist es bei Cupressus Goveniana, welche alle Jahve, im Herbste, reichlich blühet und an welcher man leicht den in den Figuren dargestellten Ent- wickelungsgang verfolgen kann. Der conische Körper, der zunächst allein die Blüthe vorstellt, verbreitet sich erst etwas gegen den Scheitel, dann ändert er seine Gestalt so, als wenn er von hinten nach vorn zusammen- gedrückt worden wäre und bildet gleichzeitig rechts und links zwei vor- springende Kanten, welche im voraus die Stellen bezeichnen, aus denen sich die beiden Carpelle erheben sollen. Die Figuren zeigen, dass nie ein Ovulum sich in dieser Weise entwickeln könnte und machen jede Ver- wechselung unmöglich. Erst ein Blick auf ältere Zustände macht es be- greiflich, in welcher Weise hier, der Irrthum entstehen konnte und in welche Täuschung diejenigen verfallen müssen, welche, anstatt sich nur auf werdende Zustände zu stützen, ihre Schlüsse aus älteren Bildern ziehen. An letzteren siebt man, dass die Carpellöffnung zu gewissen Zeiten ganzran- dig und kreisförmig werden kann, gezähnt erscheinen oder selbst einen ziemlich ausgeprägten seitlichen Fortsatz zeigen, ohne dass diese aufein- ander folgenden und sehr variablen Gestaltsveränderungen irgend welches Licht auf den ursprünglichen Zustar^lder Organe werfen könnten.“ Ich selbst habe Mitte Februar die Anlage des Bliithenstandes und der einzelnen Blüthen bei Cupressus sempervirens verfolgt und kann im Wesent- lichen die Angaben Baillon's nur bestätigen, auch sind seine Figuren im Ganzen richtig, so dass ich die mehligen sehr beschränken konnte. Nur ist darauf zu achten, dass die Insertionsebene der Deckblätter bei ihm zu schmal angegeben ist, dass die ganze mit „r“1) bezeicbnete, abgerundet gezeichnete Fläche, zur Blattinsertion gehört, die Blüthenanlagen wäh- rend ihrer Entwickelung stets bis an das Deckblatt reichen, so wie er es übrigens auf Taf. II. Fig. 18 seiner ersten Arbeit (Adans. Bd. I.) für Cu- pressus sempervirens ganz richtig abgebildet batte. Weiter habe ich über die Entwickelungsfolge der Blüthen zu bemerken, dass die oberste mittlere Blüthe zuerst auftritt (Taf. IV. Fig. 33) (wie auch aus Baillon’s Bildern, vor Allein Bd. I. Taf. II. Fig. 18, und Bd. V. Taf. I. Fig. 1 zu ersehen ist), dann die beiden seitlichen, so dass man drei in einer Linie inserirte Blüthen nun vor sich hat; die axile Anschwellung, auf der sie stehen, nimmt einseitig nach aussen zu und in dem Maasse treten neue Blüthen auf, stets in den Lücken zwischen den Vorhergehenden. Auf die drei ersten folgen meist vier, dann fünf u. s. w. in immer weiter werdenden Bögen ') hi der Figurenerkläruug bezeichnet als „receptacle tres court et epais“. (Taf. IV. Fig. 33). Die Zahl der Blüthen kann ziemlich bedeutend steigen und die ganze Entwickelung ergiebt, dass wir es hier mit einem centri- fugalen, einseitig nur zur Entwickelung kommenden Blüthenstande zu thun haben, mit einer einseitigen gestauchten Cyina1). Das ursprüngliche Erscheinen der Blüthenaxe und das seitliche ge- trennte Auftreten der beiden Carpelle an derselben lässt sich hier mit Sicherheit verfolgen (Fig. 33), wenn auch dieses letztere nur, wie Baillon her- vorhebt, an den allerjüngsten Zuständen sichtbar ist und beide Carpelle sich bald gemeinschaftlich, als gleichmässiger geschlossener Wall um ihre Blüthenaxe erheben. Die Entwickelung der Schuppe ist ganz die nämliche wie bei anderen verwandten Arten und erhält auch hier durch gemein- same Streckung an der Basis und starkes einseitiges Wachsthum die end- gültige Gestalt (Taf. IV. Fig. 34 — 36). Zum Schlüsse bleibt nur noch eine letzte Gattung zu erwähnen, die so nahe mit Cupressineen verwandt ist, dass sie von Eichler mit denselben unter die Cupressineae verae gestellt worden ist und aus diesem Grunde auch keiner weiter eingehenden Schilderung bedarf: es ist dies die Gattung Chamaecyparis. Chamaecyparis Lawsoniana Pari., die ich untersuchte, hat einen aus vier alternirenden Schuppenpaaren gebildeten Zapfen, die Schuppen eben so schildförmig wie bei Cupressus gestaltet, doch mit einer viel geringeren Blüthenzahl , in den Achseln der unteren Schuppenpaare je zwei, der oberen vier oder mehr, beiderseits geflügelt. Der Gefässbündelverlauf wenig verschieden, nur dass das äussere Bündel hier einfach bleibt oder sich doch nur ganz wenig spaltet, das obere dagegen in zahlreiche Zweige zerfällt, deren äusserste seitlich das untere Bündel umfassen. Das untere Bündel begleitet lange Zeit das mittlere des oberen Systems, dicht an der Oberseite der Schuppe sich haltend, die seitlichen Zweige des oberen Systems kommen daher auf dem Querschnitte weit tiefer als jenes zu liegen (Taf. IV. Fig. 43). An Chamaecyparis Lawsoniana schliesst sich, nach den Abbildungen von Pariatore (1. c. Taf. I. Fig. 17 — 25) zu schliessen, Chamaecyparis sphaeroidea 2) völlig an, doch sollen alle Schuppen hier nur zw^i Blüthen J) Payer sagt in dem Berichte über den Aufsatz von Baillon in der Ac. d. sc. (Abgedr. in der Adans. Bd. I. p. 17): „Bei den Cypressen erreichen die Deckblätter eine bedeutende Entwickelung und bilden die Schuppen des Zapfens; die Blüthentriebe da- gegen bleiben sehr kurz und die Blüthen, die sehr zahlreich siud, erscheinen auf ihrer Oberfläche wie in einer zusannnengezogenen Cyma von Lamium album. *) Vergl. auch die Abbild, bei Richard 1. c. p. 8 unten, unter Thuja sphaeroidalis. 40 in ihrer Basis besitzen, auch Chamaecyparis (Retinospora) obtusa, pisifera und squarrosa, von denen Zuccarini in Siebold’s flora Japonica (Bd. II. Taf. 121, 1 22 und 123) schöne Bilder giebt. Besonders bei Chamaecyparis pisifera ist das seitliche Umfassen der unteren Bündel durch das obere Bündelsystem auffallend (Taf. IV. Fig. 44—47). Die mittleren, besonders vollständig entwickelten Schuppen des Zapfens sind schildförmig, sechs- eckig, ein wenig breit gezogen, die Ränder auswärts gebogen, die Mitte etwas vertieft, mit einem ganz kleinen Nabel versehen. An der Einfügungs- stelle der Schuppen auf dem Querschnitt sieht man zwei obere und ein unteres Bündel; in älteren Schuppen erscheinen sie zu einem Ringe vereinigt; weiter hinauf lösen sie sich in einzelne Bündel auf, das untere (das Blatt- bündel) bleibt einfach, die zwei oberen vermehren sich und ihre äussersten Zweige greifen sofort um das untere, welches alsbald in der Mitte zu liegen kommt (Fig. 45, 46), von einem völligen Kreise einzelner Achselknospen-Bündel umgeben. Das mittlere Bündel endet indem mittleren Vorsprunge des Schildes, der dem Deckblattende entspricht, die anderen laufen bis in die Ränder des Schildes. Das Deckblatt, welches bei Cupressus bereits theilweise von der Fruchtschuppe umfasst wird, erscheint also bei Chamaecyparis völlig von derselben umgeben, ein gewiss nicht uninteressanter Fall einer immer weiter greifenden Verschmelzung, und deren Lösung aus dein Gefässbündel allein van Tieghem doch gewiss einige Schwierigkeit bereitet hätte. Es dürfte hier auf diesem Wege gewiss nicht leicht fallen, sich ein richtiges Urtheil über die Natur der Schuppe zu bilden, nur die Entwickelungs- geschichte und die ununterbrochene Verfolgung und Vergleichung der stufenweise eintretenden Veränderungen, kann über die extremen Fälle Auf- schluss ertheilen. Als Resultat dieser Betrachtungen hätten wir also gewonnen, dass die Cupressineen-Schuppe aus zwTei verschiedenen Theilen besteht: aus dem Deckblatt und der eigentlichen Fruchtschuppe, und dass diese letztere einer einseitigen Entwickelung der axilen Blüthen oder Blüthenstandsaxe ihre Entstehung verdankt. Die Blüthen waren in allen Fällen terminal, entweder unmittelbar die Achselknospe abschliessend, oder zu einem blüthen- ärmeren oder bliithenreicheren Bliithenstande versammelt, dieser ohne Spur von Deckblättern. Die Blüthen werden zuerst angelegt, erst nach- träglich an ihrer Basis die Fruchtschuppe, auf welcher sie dann, wenn auch in dieser Gruppe nur wenig, hinaufgerückt werden. Die Blüthen beginnen .mit einem axilen Höcker, um welchen die Fruchtkuotenhülle mit zwei mehr oder weniger deutlich markirten Car- 41 * pellen sich zeigt. Im fertigen Zustande ist die mittlere Axe zur nack- ten Samenknospe, die Hülle zu einer geschlossenen Fruchtwandung ge- worden, die Mediane beider Carpelle häufig in Flügeln aufgewachsen. Die Vereinigung zwischen Deckblatt und Fruchtschuppe ist so vollständig, dass sie vielfach in Abrede gestellt worden ist, so von Eichler '), der sie sonst bei Cryptomeria, Taxodium, Sciadopitys, Cunninghamia und anderen zjigiebt. Hingegen hatte Braun 1860 (Polyembryonie, p. 243 Anm. 3) hervor- gehoben, dass Taxodium, Cryptomeria und vielleicht alle Cupressineen mehrere unter sich und mit der Deckschuppe innig verwachsene Frucht- schuppen besässen. Auch Pariatore* 2) hat die doppelte Zusammensetzung richtig erkannt und sie an einer grossen Zahl von Beispielen zu erläutern gesucht. Die entwickelungsgeschichtlichen Angaben, die ich hier hinzu- gefügt, dürften jeden Zweifel über die Richtigkeit dieser Deutung lösen. Eigenthiimlich erscheint darnach die auf den Gefässbiindelverlauf gestützte Auffassung van Tieghem’s, nach welcher die Schuppe, zwar aus zwei Theilen bestehe, diese aber das Deckblatt und das erste Blatt einer sonst nicht zur Entwickelung gekommenen Achselknospe seien, beide mit ihrer Ober- seite verwachsen. Van Tieghem stützt seine Behauptung von der Blatt- natur der oberen Hälfte der Schuppe auf den Gefässbiindelverlauf in der- selben, weil er in einer Ebene orientirt ist und nicht um einen Mittelpunkt gestellt, wie er es für Axen verlangt. Wir haben diese Auffassung im Texte bereits näher beleuchtet und abgesehen von den entscheidenden entwickelungsgeschichtlichen Angaben, erinnern wir nur nochmals an den Bündelverlauf bei Chamaecyparis, der wohl schwerlich von diesem Standpunkte aus irgend welche Deutung finden würde. Auf diese Auffassung gestützt nimmt nun van Tieghem aber an, der obere Theil der Schuppe sei ein Carpellblatt und trage die Samen- knospen auf seinem Rücken. 2. Taxodineae. Die Gruppe, welche unmittelbar an die Cupressineen anschliesst und auf die wir jetzt zu sprechen kommen, ist die der Taxodineen, von den Cupressineen hauptsächlich durch die vollkommenere Zapfenbildung und spiralige Insertion der Schuppen unterschieden. Von den drei Gattungen dieses Tribus: Taxodium, Glyptostrobus und Cryptomeria standen mir nur die beiden letzteren zur Verfügung. J) Flora bras. p. 447. 2) 1. c. p. 11-13. 42 Bei Cryptomeria japonica erkennt man an jeder älteren Schuppe, schon hei oberflächlicher Betrachtung deutlich die Zusammensetzung aus zwei verschiedenen Theilen, einem inneren und einem äusseren; der innere ragt über den äusseren vor und endet in vier bis sechs aufrechten Zähnen; der äussere ist kürzer, setzt in seinem obersten Theile etwas von dem inneren ab und schliesst mif einer einzigen, nach aussen umgebogenen Spitze. An der Basis des inneren Theiles, den wir wohl schon als Frucht- schuppe erkannt haben, stehen drei oder vier aufrechte, schwachgeflügelte Fruchtknoten, von denen die beiden seitlichen vor den mittleren greifen. Die Schuppe ist auf diesem Entwicklungszustande verkehrt eiförmig, oben breiter, an der Basis verschmälert, seitlich zusammengedrückt, so dass hier die Dicke der Schuppe ihre Breite fast übertrifft, auf der Oberseite mit etwas vorspringender medianer Kante. Auf dem Längsschnitte ist keine Grenze zwischen Deckblatt und Fruchtschuppe zu erkennen: das Gewebe setzt sich continuirlich aus der oberen Schuppenhälfte in die untere fort und besteht aus einem grosszelligen von einzelnen stark verdickten Zellen durchzogenem Parenchym. Die beiden Gefässbündelsysteme der Schuppe divergireu nach innen und aussen von der Basis derselben an: das untere endet in der hinteren Deckblattspitze, das obere läuft bis in die aufrechten vorderen Zähne. Dicht unter dem unteren Bündel ist ein langer Harzgang zu sehen. Der Nucleus ist bis an seine Basis frei, in älteren Blüthen oben ausgehöhlt und zeigt Pollenkörner in der Höhlung ; in noch älteren werden im Scheitel des Embryosackes Corpuscula, bis zwölf, dicht aneinanderliegend, den Cupressineen ganz ähnlich, angelegt. An der Basis der Schuppe findet man auf dem Querschnitte zwei obere und ein unteres Bündel (Taf. IV. Fig. 48, 49), völlig von einander getrennt; eins der beiden oberen Bündel theilt sich bald in zwei, so dass wir nun drei obere und ein unteres Bündel erhalten (Fig. 50), ein Verhält- nis, welches in ganz ähnlicher Weise sich bei Pinus - Arten wiederholt. Die drei oberen Bündel der Fruchtschuppe sind, wie in anderen analogen Fällen, mit ihren Tracheen nach unten gekehrt; sie versorgen noch, bevor sie sich weiter theilen, die Blüthen, für die sie je einen nur schwach an- gedeuteten, sich sofort in Schraubenzellen auflösenden Zweig abgeben Taf. IV. Fig. 51). Wo vier Blüthen vorhanden, hat sich der mittlere Zweig zuvor in zwei getheilt und jeder dieser neuen Zweige versorgt jetzt die entsprechende Blüthe. Diese stehen an der Basis fast in der Achsel und doch deutlich auf der Fruchtschuppe, deren Beziehung zu ihnen auch 43 durch das Verhalten der Gefässbündel sicher documentirt wird. Ueber die Anheftungsstelle der Bliithen theilen sich die drei Bündel. Zuerst verdoppelt sich stets das obere, dann die beiden seitlichen (Fig. 52), während das untere Deckblattbündel einfach bleibt, und in seinem ganzen Verlaufe von einem weiten Harzgang begleitet wird (Fig. 52). Wir erhalten nunmehr auf dem Querschnitte sieben Bündel: sechs obere und ein unteres (Fig. 53). Die oberen im Halbkreise angeordnet, der Oberfläche der Fruchtschuppe folgend, das untere in der Mediane des Deckblattes. Höher hinauf theilen sich die äussersten Bündel der Fruchtschuppe rechts und links nochmals in je zwei neue Zweige und der jeweilige unterste der- selben kommt nun bis auf die Unterseite der Fruchtschuppe in einer Ebene mit dem Deckblattbündel, mit nach oben gekehrten Tracheen zu stehen (Taf. IV. Fig. 54, 55, 56). So wird das Gewebe der Deckschuppe von dem Gefässbündelsystem der Fruchtschuppe, auch hier, ganz wie bei Chamaecypans, seitlich umfasst und die beiden dem Deckblatte zugesellten Zweige, folgen ihm fast bis m den freien Tlieil des Deckblattes, wo das mittlere einfach gebliebene Bündel in dessen Spitze erlischt. Die übrigen oberen Fruchtschuppenbündel laufen nach dem Rande der Fruchtschuppe und enden in den freien Zähnen derselben; in dem normalsten Fall, wo sechs Zähne vorhanden, je ein Bündel in einem Zahne. Die sterilen Schuppen des Zapfens verhalten sich verschieden je nachdem ihnen die Fruchtschuppe fehlt oder nicht; im ersten Falle zeigen sie meist in der ganzen Länge drei Bündel, zwei obere und ein unteres, im letzteren nur ein Bündel. Mit solchen drei Bündeln sind die sterilen Schuppen an der Spitze des Zapfens, mit nur einem, diejenigen an seiner Basis versehen. Van Tieghem, der eiue so grosse Zahl Coniferen auf ihren Gefässbündelverlauf hin untersucht hat, giebt auch von Cryptomeria japonica eine Schilderung p. 275 und Bilder Taf. XIV, p. 49 — 57. Da, wie erwähnt, van Tieghem seine ganze Deutung der Coniferen-Blüthen auf den Gefässbündelverlauf derselben stützt, so sollte man wohl die grösste Genauigkeit in diesen seinen Angaben erwarten. Dem ist aber durchaus nicht so; ja, wenn er auch, wie gar nicht anders möglich, das Verhältniss beider Bündelsysteme zu einander richtig erkannte, so sind 'doch die meisten seiner Schilderungen in den Einzelheiten unrichtig und lässt es sich entschieden behaupten, dass dieselben nicht, wie er angiebt, aus voll- ständigen Reihen auf einander folgender Querschnitte, sondern meist wohl nur aus vereinzelten Schnitten erschlossen wurden. So heisst es z. B. für Cryptomeria (Erklärung der Abbildungen p. 298), 44 dass jedes der beiden oberen Bündel an der Basis der Schuppe sich in drei Anne theile und- dass höher in derselben das Deckblattbündel seit- liche Zweige abgebe, während doch in Wirklichkeit, wie wir gesehen haben, das eine der beiden oberen Bündel sich verdoppelt und so drei Bündel entstehen, von welchen jedes jetzt erst in zwei Arme sich theilt, das untere Bündel einfach bis in die Spitze .des Deckblattes bleibt, und seine Nach- barbündel, mit nach oben gekehrten Tracheen, von den nächsten Frucht- schuppenbündeln herrühren. Bemerken muss ich noch, dass die Ver- schiedenheit dieser Angaben nicht etwa in der Verschiedenheit der Schuppen begründet sein kann , da alle von mir untersuchten Schuppen an ver- schiedenen Zapfen, sich gleich verhielten und nur hin und wieder durch eine weitergehende Verdoppelung der einzelnen Bündel sich unter- schieden. In der Rachis finden wir die drei Bündel der Schuppen-Basis wieder; sie verschmelzen hier nicht mit einander, sondern laufen frei getrennt, wie bei Cupressineen, bis in den Bündelring, wo Blatt- und Achselbündel für sich mit bestimmten älteren Bündeln des Kreises verschmelzen (Taf. IV. Fig. 48). Der einzige Unterschied von vegetativen Sprossen besteht nur darin, dass der longitudinale Abstand der Austrittstellen beider Bündel verkürzt erscheint. — An einem Exemplare unseres botanischen Gartens konnte ich auch die Entwicklungsgeschichte der Fruchtschuppen und Bliithen verfolgen. Dieselben wurden im Warmhause Ende Januar ange- legt. Sie unterscheiden sich in ihrer Entwicklung nicht wesentlich von den Cupressineen. Zur Zeit als die Blüthen gebildet, werden ist von der Fruchtschuppe noch nichts vorhanden, sie entstehen auf einer schwachen Anschwellung in der Achsel des Deckblattes. Sie beginnen mit zwei halbmondförmigen Höckern, und bleiben auch später noch längere Zeit deutlich zweilippig. Das Exemplar unseres botanischen Gartens ist dadurch eigentümlich^ dass es constant nur zwei Blüthen in der Achsel jedes Deckblattes erzeugt. Ein kleiner Vegetationskegel ist wie bei Thuja häufig noch zwischen denselben aufzufinden. Erst wenn die Blüthenentwicklung vollendet, zeigt sich die Fruchtschuppe als Anschwellung an der Basis des gleichzeitig hier wach- senden Deckblattes. Die Entwicklung ist die nämliche wie bei Cupressineen, mit dem Unterschiede nur, dass der Rand der Fruchtschuppe gleich bei ihrem Auftreten in (an unserem Exemplare) meist drei freie Zipfel aus- wachst: in einen mittleren stärkeren und zwei seitlichen schwächere. Der Mittlere wird zunächst sichtbar. Uebrigens ist die Zahl dieser Zipfel ziemlich variabel und sind dieselben sicher nur als Randwucherung der Fruchtschuppe aufzufassen. An mehrbliithigen Schuppen anderer Exemplare konnte ich entschieden beobachten, dass die Zahl der Zipfel in durchaus keinem Verhältniss zu der Zahl der Blüthen stellt*, — ich habe ebenso häufig vier Randzipfel an dreiblüthigen, als auch drei Zipfel an vierbliithigen Schuppen gesehen. Im übrigen bleibt die Fruchtschuppe mit dem Deckblatte verbunden: beide strecken sich gemeinschaftlich an der Basis bis die freien Zipfel hoch auf dem angeschwollenen inneren Rande der Schuppe zu stehen kommen. Wo drei Blüthen vorhanden, scheint die mittlere zuerst aufzutreten; immer stehen die Blüthen bei ihrer Anlage genau in der Achsel des Deck- blattes und werden erst in der Folge etwas auf die Fruchtschuppe empor- gehoben. Sie sind mit ihrer Fruchtknotenmündung dicht der Frucht- schuppe angedrückt; die Mündung erscheint auch noch an älteren Blüthen mehr oder wenig deutlich zweilippig, in einigen monströsen Fällen sogar tief zweitheilig. Die Zusammensetzung der Schuppe aus zwei Hälften ist hier so deut- lich, dass sie auch von Eichler zugegeben wird: er fasst die innere als Axillarspross in der Achsel der äusseren auf, ganz wie bei Abietineen. Pariatore giebt fl. c. Taf. I. Fig. 33 — 42) eine Reihe schöner Abbildungen, welche die Schuppen zur Blüthezeit und in späteren Entwickelungs- zuständen, von verschiedenen Seiten gesehen, darstellen, und auch eine Beschreibung auf Taf. VIII, die völlig mit der Natur der Sache über- einstimmt. Auch macht Pariatore1) auf die nahe Verwandschaft mit Chamaecy- paris aufmerksam, ein Umstand den auch wir hervorgehoben haben und der, wie unsere Untersuchungen zeigen, seinen Ausdruck auch im Gefäss- bündelverlauf der Schuppe findet, in dem seitlichen Umfassen des unteren Blattbündels durch die axillären Bündel. Van Tieghem (1. c. p. 275) sieht auch hier die Schuppe aus Deckblatt und Carpellblatt gebildet, die beide mit ihrer Oberseite verbunden sein sollen; das Carpellblatt trägt die Samenknospen an der Basis seiner Rückenfläche, dieser Theil hat sich, wie er sagt, nicht gestreckt, in Folge cfessen sind die Samenknospen aufrecht geblieben, während sie, wo eine solche Streckung erfolgt wäre, eine umgekehrte Lage erhalten hätten. Schon ein Vergleich der Fig. 26 — 32 mit den Fig. 33 — 42 auf Taf. I. *) Pariatore 1. c. p. 9. — 46 — bei Pariatore genügt, um die völlige Uebereinstimmung zwischen Crypto- meria und dem nahe verwandten Glyptostrobus heterophyllus zu erkennen, so dass icli füglich auf die nähere Beschreibung gar nicht einzugehen brauche. An der Basis der Fruchtschuppe stehen hier zwei Samenknospen auf der inneren Seite eine Strecke weit mit der Fruchtschuppe verwachsen; ein merklicher Vorsprung ist in der Mediane auf der Oberseite vorhanden der Gefässbündelverlauf mit Cryptomeria völlig übereinstimmend, an der Basis drei Bündel, zwei obere und ein unteres. Eins der oberen theilt sich in zwei und die jetzt vorhandenen verdoppeln sich nun weiter, er- reichen schliesslich wohl eine grössere Zahl als bei Cryptomeria und enden in den oberen Einschnitten der Fruchtschuppe. Das Deckblattbündel bleibt ungetheilt und auch liier, ganz wie bei Cryptomeria, geben die zu äusserst gelegenen Fruchtschuppenbündel je einen Zweig rechts und links ab, und beide gesellen sich dem Deckblattbündel zu, indem sie mit nach oben gekehrten Tracheen (sich häufig auch noch spaltend) eine längere Strecke hin mit demselben fortlaufen und erst in der hinteren Anschwellung der Schuppe erlöschen, während der mittlere bis in die ursprüngliche Deck- blattspitze sich verfolgen lässt. Ganz unmittelbar schliesst sich hier auch Taxodium an1) mit schild- förmig gestalteten Schuppen, von Cupressus nur verschieden durch eine grössere Zahl der Schuppen im Zapfen, ihre spiralige Insertion und die nur je zwei Blüthen in den Achseln der Schuppen. Die Vereinigung zwischen Deckblatt und Fruchtschuppe ist in den verschmolzenen Theilen der Schuppe bei Taxodineen fast noch vollständiger als bei Cupressineen; die beiden Bündelsysteme schliessen seitlich so an- einander, dass es gar nicht möglich wäre aus vereinzelten Querschnitten zu sagen, welche Bündel dem einen, welche dem anderen System an- gehören. — Erst sorgfältige Untersuchung zeigt, dass das Blattbündel ein- fach bleibt und die ihm benachbarten Bündel dem oberen Systeme ent- springen, van Tieghem aber wurde in Folge dessen verleitet eine Theilung des unteren Deckblattbündels anzunehmen. 3. Sequoineae. An die Taxodineen schliesst zunächst Sequoia an, welche in Taxodium4) ihren nächsten Verwandten findet, ja in die nämliche Gattung mit de- selben sogar als Taxodium sempervirens Lamb. gestellt wurde. Endlicher *) Richard 1. c. Taf. X und Pariatore 1. c. p. y. *) Siehe die Abbildung bei Richard 1. c. PI. X. 47 hat aus Sequoia eine besondere Gattung gemacht (Syn. Conif. 198) und den Cunninghamiae zugezählt, ebenso Eichler1). Braun2) mochte sie trotz der hängenden Ovula lieber unter den Cupressineen sehen. Pariatore zählt sie zu den Taxodineen. Mehrfaches Erwägen veranlasst mich sie mit Arthrotaxis zu einer besonderen Tribus zu erheben — denn sie unterscheidet sich von den Taxodineen durch die, wenigstens auf älteren Entwicklungszuständen, stets umgekehrten Blüthen, — von Cunninghamia, wie wir bald sehen werden, durch das Verhalten ihres Gefässbündelsystems, der Fruchtschuppe und vieler andern Gharactere. Freilich sind die Unter- schiede von den Taxodineen nicht sehr bedeutend; doch auch diese letzteren sind von den Cupressineen kaum durch schärfere Gharactere geschieden. Die Schuppen sind an älteren Zapfen von Sequoia sempervirens, von aussen betrachtet, schildförmig rhombisch mit angeschwollenem Rande und einem kurzen, spitzen Vorsprunge etwas oberhalb der Mitte. Von innen sieht man den Schild sich plötzlich in einen dünnen Stiel verschmälern. Die Blüthen sind zu den beiden Seiten, und über dem Stiele befestigt; sie liegen ihm der ganzen Länge nach an und kehren ihre Mündungen fast senkrecht gegen die Oberfläche der Rachis. Die Zahl der Blüthen steigt von fünf bis auf acht, sie greifen seitlich übereinander und sind beider- seits geflügelt. Der Nucleus ist von seiner Basis an völlig frei, lang- gezogen, mit ebenso langem Embryosäcke, der fast bis an seinen Scheitel reicht. Auf Längsschnitten ist keine Gewebesonderung im Innern der Schuppe zu bemerken, sie bestellt aus grosszelligem Parenchym und wird von Gefässbiindeln und Harzgängen durchzogen. Am jungen Zapfen er- scheinen die Schuppen als einfache Blätter oben in einer breiten flachen Spitze endend, bald zeigt sich an der Basis eine knieförmige Biegung und beginnende äussere Anschwellung derselben. Diese wächst dann allmälig zur unteren Schildhälfte aus. Die Fruchtschuppe wird auf der Innenseite in der bekannten Weise angelegt, sie ist an jungen Zapfen kaum ange- deutet, viel kürzer als das Deckblatt, doch nach und nach verlängert sie sich, wird breiter und schwillt endlich zu dem dicken Wulste auf, welcher über den Scheitel des Deckblattes hinausgreift. Die Spitze des Deckblattes kommt in Folge dessen auf die äussere Schildfläche zu liegen und bildet an derselben den erwähnten kurzen Vorsprung. Die Blüthen (sind zur Bestäubungszeit in der basalen Einbiegung der Fruchtschuppe eingesenkt, und ihre Mündungen kommen fast in gleicher Höhe mit den aufwärts- 1. c. p. 422 doch mit?? 2) Polyembryouie p. 243, Anm. 3. 48 gebogenen Seitenwänden derselben zu stehen. So werden sie wohl .am besten von den, an der Fruchtschuppe hinabgleitenden Pollenkörnern- er- reicht. Die Stellung der Blüthen auf der Schuppe ist jetzt noch eine fast aufrechte, erst in Folge einer weiteren Streckung der Schuppenbasis werden sie an derselben weiter hinauf, geschoben, allmälig umgekehrt und liegen nun dem Fruchtschuppenstiele an. Wir haben es hier also mit einer Bildung zu thun, welche den Uebergang von den Formen mit rein aufrechten Blüthen zu den mit umgekehrten vermittelt. Auf Querschnitten an der Basis der Schuppen finden wir, wie in den andern bisher betrachteten Tribus, ein unteres und zwei obere Bündel. Die oberen theilen sich alsbald in eine grosse Zahl seitlicher Zweige, die wellenförmig in der Fruchtschuppe angeordnet erscheinen und an den nach oben vorspringenden Stellen schwache Zweige an die Blüthen abgeben. Diese Zweige dringen aber auch hier nicht in die Blüthen, sondern er- löschen noch innerhalb der Fruchtschuppe unter den Anheftungsstellen der- selben. Die übrigen Bündel der Fruchtschuppe enden erst in dem angeschwol- lenen oberen Bande derselben. Das untere Deckblattbündel tlieilt sich ebenfalls noch an der Basis der Schuppe in drei Zweige. Der mittlere derselben bleibt einfach und endet in dem freien Deckblattende d. h. in der kurzen Spitze auf der Mitte des Schildes. Die beiden seitlichen ver- mehren sich weiter, jederseits auf drei bis vier Zweige, so dass die Ge- sammtzahl der Deckblattbündel auf dem Querschnitt auf sieben bis neun steigt; sie enden zu beiden Seiten der Deckblattspitze. Die untere, nach- träglich hinzugekommene Hälfte des Schildes erhält keine Bündel. Van Tieghein giebt (1. c.) auf Taf. XIII, Fig. 22 — 30 ein Bild von diesem Ver- lauf, welches mit unseren Angaben im Wesentlichen übereinstimmt. Diese zwei Gefässbündelsysteine sind übrigens nur den fertilen Schuppen eigen, die sterilen besitzen nur das untere Bündelsystem. Nach Eintritt in die Rachis laufen das Deckblattbündel und die beiden Fruchtschuppenbündel dicht neben einander fort, doch münden sie deut- lich getrennt in den Bündelkreis ein (Taf. IV. Fig. 57). Arthrotaxis habe ich nicht selbst untersuchen können, doch stimmt es nach van Tieghem’s Angaben zu urtheilen (1. c. p. 275) völlig mit Sequoia überein. 4. Sciaclopiteae. Ziemlich nahe an die Sequoineen, doch nicht so nahe wie diese an die vorangegangi-ne Tribus, schliessen die Sciadopiteen an. Sciadopitys ver- 49 dient aus mehr denn einem Grunde zu einer besonderen Tribus erhoben zu werden. Sie schliesst sich an die Sequoien durch die umgekehrten, in Mehrzahl (meist sieben) vorhandenen, mit den Rändern übereinander greifenden, völlig freien, beiderseits geflügelten Blüthen, durch ihr Gefäss- bündel und durch die fast vollständige Verwachsung von Deckblatt und Schuppe; andererseits aber an die Abietineen durch den ganzen Habitus des Zapfens. Zuccarini1) dem wir die erste ausführliche Beschreibung dieser Pflanze verdanken, reihte sie den Cunninghamieae an, ebenso Endlicher2); Eichler3) brachte sie zu den Abietineen und Pariatore4) zu seiner Subtribus der Taxodieae. — Sciadopitys unterscheidet sich aber durch den Habitus des Zapfens und selbst den der Schuppe, auch vegetativ durch die eigenthüm- lichen doppelten Nadeln, die auf gemeinsamen Ursprung mit den Abietineen hinweisen, von allen den genannten Tribus; von den Abietineen muss sie aber auch getrennt werden, wegen der freien, in Mehrzahl vorhandenen geflügelten Blüthen, der Verwachsung von Fruchtschuppe und Deckblatt, Charakteren, welche mir hinreichend erscheinen, um sie zu einer eigenen Tribus: der Sciadopiteae zu erhebon. Ich selbst hatte nur Gelegenheit einen reifen Zapfen zu untersuchen, doch dieser genügte vollständig um die charakteristischen Merkmale fest- zustellen. Die Fruchtschuppe gleicht in ihrer äusseren Gestaltung durch- aus den Abietineen Fruchtschuppen; doch ist sie mit dem Deckblatte ver- wachsen, dessen oberer Rand frei ist und sich als dicker Wulst, in 3/4 Höhe der Fruchtschuppe, von dem Rücken derselben abhebt. Beide Gefässbündelsysteme sind völlig frei und schliessen ganz wie in den vegetativen Theilen unabhängig an das Bündelsystem der Rachis an. An der Basis der Schuppe findet man ein unteres und zwei obere Bündel, das untere bleibt einfach und endet in der Spitze des Deckblattes; es kehrt seine Tracheen nach innen, die beiden oberen kehren dagegen ihre Tracheen nach aussen und vermehren sich durch Theilung des einen Bündels zu- nächst auf drei, dann durch weitere Zweitheilung der seitlichen bis auf fünf, sieben, neun und noch mehr. Weite Harzgänge begleiten auf der Deckblattseite die Bündel, der J) Flora japonica, Bd. II. p. 1. *) Synops. conif. 3) Flora brasil. p. 422. 4) De Candolle Prodromus. Strasburger, Coniforen und Gnetaneen. 4 grösste läuft in der medianen Anschwellung, die schon äusserlich am Deck- blatt zu erkennen ist. Etwa in 3/4 Höhe des Fruchtblattes versorgen diese Bündel durch Abgeben schwacher’ seitlicher Zweige die Blüthen, die in ihrem Bau, so weit ich denselben beurtheilen konnte, sich an die der Sequoieae an- schliessen 2). 5. Abietineae. Der Zapfen der Abietineen zeigt ganz den nämlichen Habitus wie der Zapfen von Sciadopitys, unterscheidet sich aber im Einzelnen von dem- selben durch die fast vollständige Unabhängigkeit von Deckblatt und Fruchtschuppe, die constante Zweizahl der Blüthen und die theilweise Ver- schmelzung der Innenseite derselben mit der Fruchtschuppe. Mit Sciado- pitys am nächsten verwandt ist die Gattung Pinus und zwar die Section Pinaster mit zweinadligen Kurztrieben. Ja man darf wohl annehmen, dass sie gemeinsamen Ursprungs seien, da, wie von Mohl nachgewiesen, und ich selbst noch in der Folge zu zeigen versuchen werde, eine s. g. Nadel der Sciadopitys morphologisch einem Achseltriebe mit zwei verwachsenen Nadeln entspricht, also aus solchen zweinadlichen Kurztrieben sich ent- wickelt haben muss. Ich fange dem entsprechend mit der Gattung Pinus an und zwar mit Pinus Pumilio (Taf. Y.i, die ich am vollständigsten untersucht habe. — Es schien mir von Interesse mit der Entwicklungsgeschichte des ganzen Zapfens zu beginnen. Dieselben werden Ende August oder Anfang September angelegt, einzeln oder zu mehreren an der Spitze der für das nächste Jahr bestimmten Triebe. Ein solcher Trieb hat zuvor eine grosse Anzahl Deckblätter und in deren Achseln Anlagen für die zweinadlichen Kurztriebe gebildet; diese Anlagen sind meist nach 5/ia Stellung geordnet und die Zapfen treten in derselben Reihenfolge ein; sie werden in den Achseln ähnlicher Deckblätter wie die Kurztriebe angelegt, doch an der Stelle, wo sich sonst Zweigknospen bilden. Während die Kurztriebe meist decussirte Schuppenpaare zeigen, sehen wir auskerdem an der Zapfenanlage, auf das erste transversale Blattpaar, sofort eine schraubige Stellung mit -jb Divergenz folgen. An den Kurztrieben werden im Herbste nur die Niederblätter, bis zu sieben Paaren angelegt, die beiden Nadeln erst Ende April des kommenden Jahres. An den Zapfenanlagen sehen wir dagegen ungefähr zweiund- ’) Vergleiche im Uebrigen die Figuren der Taf. 102, in Seibold’s Flora japonica. zwanzig sterile grössere Niederblätter auftreten, dann das Axenende be- deutend anschwellen (Taf. V. Fig. 1) und einen ovalen Körper bilden, an dem von der Basis nach dein Scheitel langsam vorrückend (Taf. V. Fig. 2), doch so, dass der grössere Theil des Scheitels bis zum nächsten Jahre noch nackend bleibt (Fig. 2), die kleinen, fertilen Schuppen, als abgerundete Höcker, nach 5 13 Stellung sich zeigen. Auf diesem Entwickelungsstadium überwintert der Zapfen mit den Kurztrieben in einer gemeinsamen Knospe eingeschlossen. Im Monat April beginnt sieh der ganze Zapfen zu strecken, die vorhandenen Blattanlagen desselben werden auseinandergerückt und bald sieht man in ihren Achseln die Fruchtschuppen auftreten (Taf. V. Fig 3, 4, 5). — Sie erscheinen bald ein wenig auf das Deckblatt hinauf- geschoben (Fig. 4), doch nicht mehr, als andere axilläre Gebilde, z. B. die ersten Anlagen der Zapfen selbst, oder der Kurztriebe; sie aus diesem Grunde für eine Protuberanz des Deckblattes zu erklären, dürfte also hier, abgesehen von allen anderen Gründen, wenig gerechtfertigt erscheinen. Ein solches Hinaufrücken der Achselknospe auf das Deckblatt ist über- haupt keine seltene Erscheinung und kommt häufig, in noch viel auffallen- deren Maasse vor’). Der Zapfen ist auf diesem Entwickelungsstadium bereits als spitzer Höcker äusserlich am Scheitel des 'verlängerten, doch noch von den braunen Deckschuppen völlig bedeckten, Triebes kennt- lich. Um die gleiche Zeit beginnt die Anlage der beiden Nadeln in den Kurztrieben. Die Fruchtschuppe entsteht als abgerundeter und abgeflachter querer Wall; mitten auf demselben wird bald eine kleine Erhöhung sichtbar (Taf. V. Fig. 6), die sich als der VegetatioDskegel der Anlage zu erkennen giebt; die beiden Kanten rechts und links von demselben schwellen unbe- deutend auf, wohl als erste Spur zweier transversaler Blätter (Taf. V. Fig. 7). Die Anlage zeigt hierauf eine auffallende Bevorzugung des Wachsthums ihrer hinteren Seite. Der Vegetationskegel wird, in Folge dessen, auf die Mediane der Innenfläche verschoben (Fig. 8), und zu beiden Seiten der- selben zeigen sich die Blüthen, um je einen schwachen mittleren Höcker, mit je zwei halbmondförmigen Wällen beginnend (Taf. V. Fig. 8, 9, 10). Von diesen beiden Wällen ist der innere, nach der Mediane der Frucht- schuppe zu liegende, stets höher, der äussere stets tiefer an der Frucht- schuppe gestellt (Fig. 8, 10). Dass sie sich gesondert zeigen, oder doch ’) So die häufig citirten Beispiele von Tilia, Thesium, Samolus, wo die Bltithe oder Infiorescenz aus der Fläche des Blattes, in dessen Achsel sie steht, zu entspringen scheint, so auch häufig bei Papilionaceen, z. B. bei Citisus etc. — 52 — in der Art ihres Auftretens durchaus zweiblättrigen Fruchtknoten vieler höherer Phanerogamen gleichen, kann hier schlechterdings nicht in Abrede gestellt werden; auch ist die respective Stellung der beiden zuerst sich zeigenden Erhebungen stets die nämliche, was nicht der Fall sein würde, wenn sie nicht genetisch begründet wäre. Jede Untersuchung zeigt auch, dass hierbei an eine Beeinflussung durch benachbarte Gebilde, seitlichen Druck u. dergl. nicht zu denken ist und es nur ererbte Eigenschaften sein können, welche diese Stellung bestimmen. Wir haben es hier also sicher mit einer zweiblättrigen Anlage zu thun, beide Blätter verschmelzen aber sofort mit ihren Rändern und erheben sich nun gemeinschaftlich zu einer rings geschlossenen Fruchtknotenwandung (Fig. 10). Diese wächst rascher, als der nackte Knospenkern in ihrer Mitte und sckliesst über seinem Scheitel zu einer engen Mündung zusammen. Aus der Stellung der Blüthen und der Art ihrer ersten Anlage wird es weiter mehr denn wahrscheinlich, dass sie Achselproducte der beiden angedeuteten transver- salen Blätter sind. Durch Verschiebung des eigentlichen morphologischen Scheitels der Anlage auf ihre Oberseite, sind auch sie auf die Oberseite derselben gekommen und die beiden Carpellblätter haben aus der näm- lichen Ursache ihre Lage verändert, doch so, dass man in dem der Mitte näheren, höher gestellten, das von der Rachis des Zapfens entferntere, in dem tiefer liegenden das ihr nähere Blatt der sec. Achselknospe erkennen kann. — Während der weiteren Entwickelung der Blüthen dauert das einseitige hintere Wachsthum der Fruchtschuppe fort, der ursprüng- liche Scheitel wird auf diese Weise immer mehr auf die Oberseite verschoben, der Vegetationskegel immer mehr in die Länge gezogen, und da er gleichzeitig noch fortwächst, so bildet er schliesslich einen gestreckten, der Oberseite aufsitzenden, zugespitzten Kiel (Taf. V. Fig. 10, 11, 12). Diese eigenthümliche Art des einseitigen Wachsthums bewirkt hier auch, dass sich die Blüthen stärker auf ihrer eigentlichen Aussenseite entwickeln und in Folge dessen immer mehr Umschlägen (Taf. V. Fig. 8, 10, 11). Die Fruchtknotenwandung verwächst auf der Innenseite immer mehr mit der Fruchtschuppe und der Fruchtknotenmund streckt sich zu zwei langen Fortsätzen, welche ihrer Stellung nach den Medianen beider Carpellblätter entsprechen (Fig. 11). Das Reifen der Blüthen am Zapfen erfolgt in basipetaler Richtung, so dass man am Scheitel derselben die ältesten, an der Basis die jüngsten Zustände antrifft. Ende Mai findet plötzlich eine bedeutende Streckung der Rachis an ihrer Basis statt, der Zapfen wird gleichsam gestielt und aus der 53 Knospe hervorgeschoben. Die Nadeln der Kurztriebe sind um diese Zeit schon fertig angelegt, doch noch von den basalen Schuppen derselben umgeben; die Zäpfchen stehen deshalb ganz frei und aufrecht am Scheitel der stark verlängerten Triebe. Ende Mai oder Anfang Juni erfolgt die Be- stäubung und erst dann strecken sich auch die Nadeln der Kurztriebe und durchbrechen ihre Scheiden. Nach der Bestäubung schwellen die oberen Theile der Fruchtschuppen an und schliessen auf diese Weise fest an- einander. Die Zäpfchen legen sich allmälig um. Der Embryosack bildet bis dahin eine einzige Zelle, die tief an der Basis des Knospenkerns, unterhalb der inneren Einfiigungsebene der Fruchtknotenhülle zu erkennen ist. Bald nach der Bestäubung fängt der Embryosack zu wachsen an und füllt sich mit Endosperm. Während seiner Vergrösserung streckt sich auch die Blüthenaxe unter- halb der innern Insertion der Fruchtknotenhülle, so dass diese mit dem Knospenkern zugleich emporgehoben wird und in älteren Blüthen hoch an demselben inserirt zu sein scheint. In Wirklichkeit ist aber in jungen Blüthen der Nucleus zum grössten Theil frei und wird er auch jetzt als Ganzes mit der Hülle einporgehoben. Das Gewebe der sich streckenden Blüthenaxe differenzirt sich dann ganz ähnlich dem Nucleargewebe und wird es namentlich schwer, zwischen beiden zu unterscheiden, wenn sie gemeinschaftlich durch den Embryosack ausgehöhlt worden sind. Diese Hebung der Fruchtknotenhülle lässt sich überall dort bei den Coniferen verfolgen, wo während der Entwickelung des Embryosackes die Blüthenaxe sich unterhalb der inneren Einfügung dieser Hülle streckt (so z. B. auch bei vielen Taxeae); wo die Streckung oberhalb derselben erfolgt (z. B. bei vielen Cupressineen und Araucarieen), da bleibt der Nucleus bis an seine Basis frei. Die einzelnen Tribus verhalten sich in dieser Beziehung also verschieden, und dürfte es kaum geiechtfertigt erscheinen, hierin, wie dies mehrfach geschehen, einen Beweis für die Samenknospennatur dieser Blüthen zu erblicken. Das im ersten Jahre gebildete Endosperm bei Pinus Pumilio wird im Monat Mai des nächsten Jahres aufgelöst, der Embryosack nimmt noch bedeutend an Grösse zu, fängt von neuen an, Ende Mai, Endosperm zu bilden und einzelne Endospermzellen am Scheitel desselben werden zu den Corpuskeln1). Ende Juni erfolgt die Befruchtung. Um der Streckung des Embryo- J) Yergl. die Fig. 13. V. für Tsuga canadensis. 54 sackes zu folgeu, haben die Bliithen an der Basis ein bedeutendes Wachs- thum erfahren; in Folge dessen ist die innere Einfügungsstelle des Frucht- knotens am Nucleus weit emporgehoben worden, und statt, wie ursprüng- lich, an der Basis, befindet sie sich jetzt in s/4 Höhe au demselben. — Doch alle diese Verhältnisse sind hinlänglich bekannt und nur der Voll- ständigkeit halber berühre ich sie hier in Kürze; auch will ich noch hin- zufügen, dass der einseitige Flügel der Frucht hier eiue morphologisch ganz andere Bildung ist, als in den andern Tribus. Dort ist es ein Aus- wuchs der Mediane des Carpellblattes, hier ein Produkt der Fruchtschuppe. Fs löst sich von derselben , in einem ziemlich weiten Umfange , die Epidermis mit etwa drei (Larix) darunter liegenden Zellschichten ab, und bleibt von der einen Seite mit der Frucht verbunden. Dieses Loslösen beruht auf dem Umstande, dass die genannten oberen Zellen dünnwandig bleiben während die darauf folgenden, tieferen, sich ziemlich stark verdicken. Durch eine ähnliche Ursache wird auch die Lostrennung der Frucht von der Fruchtschuppe veranlasst Der Gefässbündelverlauf lässt sich am ausgewachsenen Zapfen leicht verfolgen. — Die Gefässbündel treten zwar noch vor der Bestäubung auf, zuerst in dem Deckblatte, später in der Fruchtschuppe1); doch bleiben sie bei l'inus Pumilio im ersten Jahre sehr zart und lassen sich erst im folgen- den bequem untersuchen. Auf tangentialen Schnitten durch die Rachis des Zapfens (Taf) V. Fig. 14)-) sieht man aus derselben ein Blattbündel für das Deckblatt und über diesem zwei Achsenknospenbündel für die Fruchtschuppe ausbiegen (Fig. 14). Noch innerhalb der Rachis giebt eins derselben einen Zweig ab, der eine obere, mediane Stellung einnimmt, so dass man auf tangentialen Schnitten, dicht unter der Oberfläche der Rachis, Gruppen von je vier concentrischen Bündeln antrifft (Fig. 14). Das untere tritt jetzt in das Deckblatt: die drei oberen, dem unteren die Tracheen zukehrend, in die Fruchtschuppe (Fig. 17)3). Das Bündel im Deckblatt bleibt einfach, die beiden seitlichen Bündel der Fruchtschuppe verzweigen sich, so dass man im Ganzen meist neun (Fig. 18) ziemlich gleich starke Nerven erhält, welche, nur wenig divergireud, neben einander laufen und ’) Besonders ist dies bei Larix eur. der Fall, wo die Fruchtsckuppe lauge Zeit klein bleibt und erst nach der Bestäubung ihre Gefässbündel differenzirt. *) Siebe auch den Querschnitt durch die Rachis von Pinus Pumilio Fig. 16. und den tangentialen Schnitt durch die Rachis von Larix. !) Ein Schnitt gun;. unten an der Basis, wo beide noch verbunden sind. Bei Abies pectinata bleiben beide etwas länger vereinigt (Fig. 20). 55 in dem obersten Rande der Fruchtschuppe sich einander sogar ein wenig nähern. Die beiden rechts und links vom Mittelnerven liegenden Bündel versorgen die Bliithen mit je einem schwachen, seitlich abgezweigten Bündel, welches unter der Ansatzzelle der Blüthe sich in Transfusions- gewebe auflösst. Unter der Einfügungsstelle der Blüthe sind die beiden Fruchtschuppenbündel dicker als ihre benachbarten, erst nachdem sie die Blüthenzweige abgeben, erscheinen sie von gleicher Stärke. Eigene Blüthenbiindel giebt es hier ebenso wenig wie in den anderen verwandten Gruppen, von den Cupressineen angefangen; auch treten die Bündel nicht direkt in die Blüthen, sondern lösen sich unter der Ansatzstelle derselben auf, eine Einrichtung, die wohl deshalb vortheilhaft sein mag, weil sie das Ablösen der Früchte erleichtert. Wie Pinus Pumilio verhielten sich im Wesentlichen alle von mir untersuchten Abietineen. Van Tieghem1) hingegen folgert auch hier aus dem Verlaufe der Bündel, dass die Fruchtschuppe ein Carpellblatt sei, und die Ovula auf seinem Rücken trage. Bei den Gattungen ohne Kiel auf der Fruchtschuppe bildet das mor- phologische Axenende eine mediane Anschwellung auf der Oberseite, zwischen den beiden Blüthen, in der unteren Hälfte der Fruchtschuppe: so bei Larix europaea, Abies pectinata, Picea vulgaris, Tsuga canadensis u. a. m. Weitere unerhebliche Verschiedenheiten lassen sich in der rela- tiven Grössenentwickelung von Deckblatt und Fruchtschuppe beobachten, auch in der Entwickelung der Fruchtknotenmündung. Diese letztere wird bei Larix auf der, der Racliis zugekehrten Seite besonders in ihrer Ent- wickelung begünstigt, wächst zu einem einseitigen starken Lappen aus. Deckblatt und Fruchtschuppe bleiben bei Abietineen entweder in ihrer ganzen Länge von einander getrennt oder doch nur an der Basis mit ein- ander verbunden; bei Picea vulgaris z. B. sind sie völlig frei, bei Pinus Pumilio zu einem ganz kurzen, gemeinschaftlichen Stiele vereinigt, dieser Stiel wird verhältnissinässig am stärksten bei Abies pectinata entwickelt2) und doch auch hier nur auf die Basis beider Gebilde beschränkt. Entwickelungsgeschichtliche Angaben über die Abietineenblüthen ver- danken wir Baillon, Payer und Caspary. Baillon3) verfolgte 1860, die Ent- *) 1. c. p. 273 u. Taf. XIII. Fig. 18—21. 2) Diese geringen Verschiedenheiten im Verhalten von Deckblatt und Fruchtschuppe bei Abietineen findet man bei Pariatore: Studi organografici p. 6 verzeichnet. *) 1. c. Bd. I. p. 6 Taf. I. Fig. 1 — 25. 56 Wickelung dev Bliithen von Pinus resinosa. Meine vorhin gegebene Schil- derung stimmt mit der seinigen im Wesentlichen überein. Bailion hat in ähnlicher Weise die Entstehung der Fruchtschuppe als eines abgettachten Höckers in der Achsel des Deckblattes beobachtet und deutet sie als Axe; ebenso hat er an diesem Höcker eine mittlere und zwei seitliche Erhebungen sich bilden sehen und die mittlere für den organischen Scheitel der Anlage erklärt. Dieser Scheitel kommt durch eine constante Gestaltsveränderung der kleinen Axe schliesslich auf 'der Mitte ihrer Oberseite zu liegen und bildet hier eine abwärts gerichtete Spitze. Die beiden seitlichen Lappen (lobes) der Anlage verbreitern sich allmälig und tragen auf ihren unteren Theilen die Blütlien. Die eigentliche Verschiebung des Vegetationspunktes auf die Innen- fläche, die wahre Bedeutung der beiden seitlichen Lappen und das Ver- hältniss der Blütlien zu denselben wird von Bailion nicht näher erörtert; er begnügt sich damit, die Fruchtschuppe für eine abgeflachte Axe, welche die Blütlien trägt, zu erklären. Die beiden Carpellblätter lässt er getrennt auftreten und sich nachträglich vereinigen; auffallend ist nur, dass auf seinen Zeichnungen (Taf. I.) das Carpellblatt am Kiele, tiefer zu stehen kommt als das am Rande. Da dies Verhältuiss constant auf allen Figuren eingehalten wird, so wäre fast anzunehmen, dass hier die Ver- schiebung des Axenendes auf die Oberseite der Fruchtschuppe noch stärker und besonders stark in der Mediane sei, und so das ursprünglich obere Carpellblatt schliesslich zum unteren geworden. — Der Ansicht Baillons schloss sich Payer an1). Die Deckblätter bei den Pinus-Arten, sagt er, bleiben sehr kurz, während die Bliithenstiele sich stark verlängern und abttacken, um die Fruchtschuppe des Zapfens zu bilden. Die Blütlien treten in der Zweizahl auf und zwar sowohl hier als auch bei den Cy- pressen in Gestalt kleiner Höcker, zu deren beiden Seiten je ein kleiner Wulst sich bildet, der völlig einem jungen Blatte gleicht. Diese beiden Wülste verschmelzen bei weiterer Entwickelung und bilden um den cen- tralen Höcker eine Art Becher, dessen Ränder, den beiden ursprünglichen Wülsten entsprechend, sich zu zwei Spitzen auszieheu. Für denjenigen, welcher vergleichend der Entwickelung des Eichens und des Fruchtkno- tens bei den Chenopodiaceen, den Amarantaceen, den Polygoneen etc. ge- folgt ist, kann kein Zweifel darüber bestehen, dass diese Wülste die An- lagen zweier Carpellblätter seien und der Becher den sie später bilden, *) Abgedr. in der Adansonia, Bd. I. p. 17. 57 der Anfang eines Fruchtknotens. Die. Ränder dieses Bechers erheben sich langsam, seine Basis schwillt an und man erhält schliesslich einen flaschen- förmigen Sack, einen wahren Fruchtknoten, dessen unterer angeschwollener Theil das Ovarium, der obere verschmälerte der Griffel ist. — In dem Maasse, als sich der Fruchtknoten so verändert, schwillt auch der innere Höcker auf, verlängert sich und bildet ein Ovulum; doch be- merkt man an demselben nie eine Primine noch Secondine: es ist ein nacktes, auf seinen Nucleus reducirtes Ovulum. — Diese Schilderung die Payer bei Gelegenheit des Gutachtens über die Baillon’sche Arbeit, am 9. Juli 1860 in der Pariser Academie der Wissenschaften machte, ist nicht ohne Wichtigkeit, da Payer unstreitig in den Fragen der Blüthenent- wickelung eine Autorität ist und seine Ansicht also hier schwer in’s Ge- wicht fallen muss. Zwar 'sind seine Arbeiten gerade in Frankreich in letzter Zeit vielfach angegriffen worden, und lässt z. B. van Tieghem, keine Gelegenheit unbenutzt, um sie herabzusetzen, doch tragen diese Angriffe viel zu sehr das Gepräge des Tendenziösen, um eine Beachtung zu verdienen, um so mehr als gerade in letzter Zeit in Deutschland, durch Hofmeister und Sachs, die Payer’schen Arbeiten vielfache Anerken- nung gefunden. Die Angaben von der Zweiblättrigkeit der Blüthenanlage bei Coni- feren wurde von Caspary1) angegriffen, der sich Anfang Januar 1861 Blü- then von Thuja orientalis, Taxus baccata, Cupressus sempervirens L., Cal- litris montana, Juniperus communis L., Sphaerica Lindt., sabina L., vir- giniana L. und hauptsächlich, wie es scheint, von Larix europaea angesehen hatte und in Folge dessen die Baillon’scheif und Peyer’schen Untersuchungen in Frage stellen zu müssen glaubte. Die Hülle erhebt sich, seinen An- gaben zufolge, mit Ausnahme von Taxus baccata, wo seitlicher Druck die Anlage zweiblättrig erscheinen lässt, als gleich hoher Wall um den centralen Höcker, und müsse also als Integument gedeutet werden. — Dies veranlasste Bailion, auch junge Lärchenzapfen zu untersuchen2) und das Resultat war, dass auch bei Larix, ganz wie bei- Pinus resinosa, die Hülle mit zwei Blättern beginnt, die man freilich hier, wie überall, auf den jüngsten Entwickelungszuständen beobachten muss. Der einzige Unter- schied zwischen Larix und Pinus resinosa ist der, dass bei Larix, das der Rachis nähere Carpellblatt, zu einem langen breiten Lappen auswächst3). *) Caspary: de Abietiuearum Carr. floris feminei structura morpholog. oratio, Re- gioinont. 1860 und in Aun. d. sc. natur., Serie 4, Vol. XIV. p. 200. 2) Adansonia Bd. V. p. 1. 3) Vergl. die Figuren bei Baillon 1. c. Bd. V. Taf. I. Fig. 13 — 25. 58 Diesen Lappen habe ich bereits erwähnt und kann auch die übrigen Angaben Baillon’s hier bestätigen. Die Entwickelung der Fruchtschuppe war mir übrigens noch in anderer Beziehung interessant. Die Schuppe wird im Herbste angelegt, die Blüthe kommt aber erst1) im nächsten Früh- jahr zur Entwickelung. Die Schuppe bleibt verhältnissmässig klein, ihr Vegetationskegel kommt, in Folge des auch hier, ganz so wie bei anderen Abietineen, stark bevorzugten Wachsthums der Hinterseite, bereits im Herbste ganz vorn, fast an der Basis der inneren Seite zu liegen. Die Blüthen entstehen zu beiden Seiten der Fruchtschuppe, wie er- wähnt, zunächst jede mit zwei gesonderten Wällen, die sich bald ge- meinschaftlich erheben. Von den beiden Carpellblättern liegt das eine nach der Basis, das andere nach dem Scheitel der Fruchtschuppe zu, also hier ohne seitliche Verschiebung, in der ursprünglichen Lage, nur durch das einseitige Wachsthum der Schuppe auf ihre Oberseite gerückt. Das der Rachis nähere Carpellblatt wächst zu dem breiten Lappen aus, der über den Carpellmund hinüber greift. Der Vegetationspunkt bleibt als eine Erhöhung zwischen den beiden Blüthen sichtbar. Zur Bestäubungs- zeit ist von der übrigen Fruchtschuppe noch kaum etwas entwickelt, sie wird fast ganz von den Blüthen eingenommen. Erst nach erfolgter Be- stäubung nimmt sie rasch an Grösse zu, indem sie von neuen an den hinteren Rändern bedeutend zu wachsen beginnt. Ein Vergleich mit den anderen Gruppen, bei Berücksichtigung der Entwickelungsgeschichte, giebt auch für diese Tribus die Deutung der Fruchtschuppe so, wie sie sich wohl schon Manchem beim Lesen dieser Zeilen aufgedrungen haben wird. Jede Fruchtschuppe entspricht sicher einer zweiblüthigen Intlorescenz, so wie wir dieselben bei den Taxeae und vielen Cupressineae kennen lernten, nur haben weitere Anpassungen ihren morphologischen Oharacter noch unkenntlicher gemacht. Die Abietineen-Fruchtschuppe knüpft durch Vermittlung von Scia- dopitys, der Sequoineae und Ta-xodineae ununterbrochen an die Frucht- schuppe der Cupressineae an, ja sie setzt dieselbe voraus. Dort haben wir der Entstehung der Fruchtschuppe unter dem Einflüsse des Deckblattes gleich- sam beigewohnt. Das Deckblatt nahm die Inflorescenzaxe einseitig mit in die Höhe und veranlasste so die Entstehung der discoiden Bildung. Diese Bildung hat sich auf die folgenden Gruppen vererbt und kommt nun auch dort zur Entwickelung, wo die äussere Ursache ihrer Entstehung zu wirken •) Wenigstens im verflossenen Jahre. 59 aufgehört hat. Die Fruchtschuppe bildet sich hier völlig frei aus, zeigt ungeachtet dessen ganz das nämliche Verhalten, als wenn sie noch vom Deckblatte einseitig von hinten emporgehoben würde. Andererseits ist eine Modifikation in der Entwickelung der Fruchtschuppe eingetreten, die wir bereits bei den Taxodineen , Sequoineen und Sciadopiteen kennen gelernt; sie entsteht nämlich noch vor der Anlage der Blüthen und unterhalb ihrer Insertion, so dass diese mit emporgehoben und bei fortgesetzt einseitigem Wachsthum der Fruchtschuppe schliesslich umgekehrt werden. Wie wir gesehen haben, entstehen an der jungen Inflorescenzanlage auch zwei Blattrudimente, diese werden bei weiterer Entwickelung mit in die Länge gezogen und kommen auf die Oberseite der Schuppen zu liegen. Ihre beiden Achselknospen : die Blüthen , nehmen eine dem entsprechende Stellung ein; der Vegetationskegel der primären Achselknospe kommt als kielförmiger Vorsprung oder als einfache langgezogene Erhöhung zwischen den Blüthen zu liegen. Die Fruchtschuppe der Abietineen stellt also eine zweiblüthige Inflorescenz ohne alle Vorblätter dar, sie liesse sich in dieser Beziehung mit der Inflorescenz von Cephalotaxus vergleichen, ganz nahe ist sie mit den zweiblüthigen Inflorescenzen der C'upressineen verwandt und man braucht sich dort nur die Fruchtschuppe frei und die Blüthen auf dieselbe hinaufgerückt und umgekehrt denken, um eine völlige Ueberein- stimmuug zu erhalten. Die Fruchtschuppen der Abietineen haben die mannigfaltigsten Deu- tungen erfahren. Seitdem Robert Brown die Blüthen hier für nackte Samenknospen erklärt hatte, pflegte man ganz allgemein die Fruchtschuppe für ein offenes Carpellblatt zu halten. Triftige Gründe gegen diese Auf- fassung brachte zuerst Schleiden1), von dem Standpunkte ausgehend, dass ein einfaches Blatt nicht in der Achsel eines anderen stehen könne. Er erklärte deshalb die Fruchtsclmppe für ein Axengebilde und zwar für eine Samenknospen tragende Placenta. Alex. Braun'2) schloss hingegen aus beobachteten Missbildungen an Pinus Larix, dass jede Fruchtschuppe einen zweiblättrigen Spross reprä- sentire, dessen beiden einzigen Blätter miteinander verwachsen seien. In letzter Zeit suchten, wie bereits erwähnt, Bailion und Payer entwicke- lungsgeschichtlich die Fruchtknotennatur der s. g. Samenknospen nachzu- weisen und erklärten die Fruchtschuppe für eine abgeflachte Axe. Unsere J) Beiträge p. 25. 2) Individuum 1853 p. 05. Anm, 60 eigene Auffassung nähert sich am meisten der von Braun und Eichler (Flora bras. Fase. XXXIV. p. 435 u. f.) welche die Fruchtschuppe für eine zweiblüthige Inflorescenz , die Blüthen für die Achselproducte der ersten beiden Blätter derselben erklären. Freilich sollte hierbei die Frucht- schuppen selbst, diese beiden ersten, mit den Rändern verwachsenen Blätter repräsentiren und die Bliithe eine nackte Samenknospe sein1). 6. * Araucarieae. Die Araucarieae lassen sich direct an keine der bisher besprochenen Gruppen anschliessen , sie haben zwar mit den Cupressineen , Taxodineen und Sequoien einerseits, den Sciadopiteen und Abietineen andererseits eine Summe gemeinsamer Charactere, welche es gerechtfertigt erscheinen lässt, sie zusammen den Taxaceen gegenüber zu stellen, doch unmittelbar lassen sie sich von keiner dieser Gruppen ableiten. Sie unterscheiden sich von denselben durch eine sehr geringe Entwickelung der Fruchtschuppe und durch eine eigenthümliehe Verschmelzung des Gefässbündelsystems, wie es uns in keiner dieser Gruppen vorgekommen. Paleontologische Gründe sprechen dafür, dass die wenigen noch vorhandenen Araucarieen-Genera die letzten Sprossen einer vor Zeiten sehr verbreiteten Familie seien, ja es scheint, dass sie mit den Taxeen die ältesten Coniferen - Formen unserer Erde bildeten2). Die Cupressineen dürften sich von diesen Araucarieen-Ur- formen abgezweigt haben und stellen nunmehr mit allen ihren bisher be- handelten Nachkommen, einen von den Araucarieen ziemlich divergierenden Zweig vor. Immerhin lassen sich aber beide, als Zweige desselben Astes dem Subordo der Taxaceae gegenüberstellen und habe ich sie in diesem Sinne gemeinschaftlich in dem Subordo der Araucariaceae vereinigt. Die Ursache, die mich aber bestimmte, die Tribus der Araucarieen zuletzt zu behandeln, war in dem Umstande begründet, dass die hier ein- getretenen Verschmelzungen die Deutung sehr erschweren und wir alle die bereits gewonnenen Anhaltepunkte brauchen, um uns auch hier orientiren zu können. Ich rechne zu den Araucarieen die Gattungen Cunninghamia, Dam- mara und Araucaria und glaube, dass diese Vereinigung sich im Folgenden rechtfertigen wird. Zur Untersuchung von Cunninghamia diente mir Material aus dem *) Siehe im Uebrigen in der Litteratur-Uebersicht. 2) Vergl. Hildebrand, die Verbreitung der Coniferen etc. Verb, des naturhist. Ver- eins für Rheinl. u. Westph. 18. Jabrg. 1861. p. 189 und Schimper, Faleontol. veget. Bd. II. p. 227. botanischen Garten zu Neapel in verschiedenen Entwickelungszuständen, zu Anfang März und Anfang April dieses Jahres (1871) gesammelt. Sehr schön lässt sich an diesen Zapfen der allmälige Uebergang der Nieder- blätter in den Schuppen verfolgen. Es kann somit keinem Zweifel unter- liegen, dass Blätter an dem Aufbau der Schuppe sich betheiligen; die anatomische Untersuchung und der Vergleich mit anderen Arten lehrt jedoch bald, dass sie nicht für sich allein die ganze Schuppe ausmachen. Die Schuppen des Zapfens sind verhältnissmässig flach, nur an der Basis, wo sie knieförmig umgebogen sind, etwas stärker, hier auch bedeutend breiter, am Scheitel unmittelbar in eine kurze Spitze auslaufend. Diese Spitze schliesst auch an älteren Zapfen unmittelbar die Schuppe ab, sie wird hier nicht wie bei Cupressineen, Taxodineen oder Sequoineen durch starke Entwickelung der Fruchtschuppe nach aussen gedrängt, sondern hält un- verändert ihre ursprüngliche Stellung ein. Das Achselproduct auf der Innenseite des Deckblattes erreicht hier nämlich eine nur sehr schwache Entwickelung, es ist äusserlich kaum zu erkennen und bildet über den Ansatzstellen der Bliithen nur einen flachen, schwach gezähnten Saum. Die Blüthen sind in Dreizahl vorhanden, eine mittlere und zwei seitliche, ungefähr in halber Höhe an der Schuppe eingefügt, schwach geflügelt, mit nach unten gekehrter Mündung. Auf dem Längsschnitt ist keine Gewebesonderung im Inneren der Schuppe wahrzunehmen; dieselbe wird von einem grosszelligen, mit Stärke- körnern angefüllten und von einzelnen, unregelmässigen, verdickten Zellen durchsetzten Gewebe gebildet'; dicht unter der Oberfläche läuft ein starkes Bündel mit nach oben gekehrten Tracheen, über diesem, in umgekehrter Lage, ein viel schwächeres, das man unter der Anheftungsstelle der mitt- leren Blüthen peripherisch aushiegen und erlöschen sieht. Die Blüthe selbst ist ganz ähnlich wie bei Cupressineen gebaut; an Exemplaren, die ich Anfangs April in Neapel gesammelt, war der Embryosack eben an- gelegt, der Nucleus von der Fruchtknoten wandung allseitig eingeschlossen, die Knospenwarze ausgehöhlt und Pollenkörner auf derselben vorhanden. Der Gefässbündelverlauf zeigt eine Vereinfachung, wie sie uns noch nicht vorgekommen. Auf dem Querschnitte fast reifer Schuppen war un- mittelbar an der Basis nur ein einziges starkes Bündel zu finden (Taf. VI. Fig. 47), etwas höher hinauf konnte man einseitig, (Fig. 52) oder wie gewöhnlich beiderseits von demselben (Fig. 48) je ein schwaches Bündel abgehen sehen, das um seine Axe sich drehend, mit nach unten gekehrten Tracheen dem grossen unteren Bündel sich gegenüberstellte (Taf. IV. 62 — Fig. 49, Taf. VII. Fig. 52). Somit sind zwei oder wie gewöhnlich drei Bündel angelegt, die beiden oberen um vieles schwächer als das untere; bald fängt das untere an sich seitlich auszubreiten und allmählig in mehrere Arme zu sp'alten (Taf. VI. Fig. 50, Taf. VII. Fig. 53); ist die Zahl derselben auf etwa vier gestiegen, so sieht man, etwa in der Höhe der Einfügungsstelle der Blüthen, von den Rändern dieser Gruppe, noch je ein weiteres kleines Bündel abgehen (Taf. VI. Fig. 50, Taf. VII. Fig, 54), das um seine Axe sich drehend- fast unmittdlbar nach der Oberfläche der Schuppe läuft. So finden wir auf dem Querschnitte in genannter Höhe vier (selten drei) vordere Bündel und die vier bis acht hinteren, die sich alsbald in eine noch grosse Zahl seitlicher Zweige spalten. Die vier (oder drei) vor- deren Bündel versorgen die drei Blüthen, indem die mittleren unter der Einfügungsstelle der mittleren Bliithe, die seitlichen unter der Einfügungs- stelle der seitlichen erlöschen (Taf. VH. Fig. 51 und 54). Ueber den Blüthen ist auf Querschnitten nichts mehr von den inneren Bündeln zu bemerken, und nur die äusseren laufen, sich weiter spaltend, bis in die Ränder der Schuppe. In allen Schuppen, die ich untersuchte, war der Verlauf der Bündel derselbe und muss ich deshalb wohl annehmen, dass auch hier van Tieghem (1. c. p. 300 u. Taf. XV. Fig. 77 — 78) aus einem einzigen Schnitte sich den ganzen Gefässbündelverlauf construirt hatte, da er angiebt, beide Systeme seien von Anfang an völlig getrennt und schon an der Basis der Schuppe ein unteres Bündel für das Tragblatt und drei obeie für die Blüthen vorhanden. Er giebt zwar an, die drei Bündel durch Entfernung der Epidermis in ihrem ganzen Verlauf freigelegt zu haben, doch dieses beweist nur, dass er die ganzen Bündel, deren kleiner Theil nur den Blüthen angehört, für Blüthenbündel gehalten; bei auf- merksamer Betrachtung hätte er sich überzeugen können, dass dieselben sich über die Ansatzssellen der Blüthen hinaus fortsetzen. Im Innern der Rachis sieht man das einfache verschmolzene Bündel aus der Schuppen- basis wie ein einfaches Blattbündel durch nie Rinde laufen und auch wie ein solches in den Bündel kreis eintreten. In vegetativen Sprossen zeigen die Blattspuren ganz den nämlichen Verlauf; für die Achselknospe werden wie gewöhnlich zwei Bündel ab- gegeben und tritt hier nur die leichte Modification ein, das beide, für Blatt und Achselknospe, fast gleichzeitig aus dem Bündelkreise ausbiegen und den Weg durch die Rinde gemeinsam zurücklegen, um dann in das Blatt resp. die Achselknospe zu treten. Wie ist nun der Gefässbündelverlauf im Zapfen der Cunninghamia zu deuten? — Wir haben es hier mit einer weitgehenden Verschmelzung zu thun. Die Bündel sind noch an der Basis der Schuppe vereinigt und lösen sich auch nicht auf einmal, sondern nach einander von dem Deckblatt- bündel los, ein Theil, der die mittlere Blüthe versorgt, bereits an der Basis der Schuppe, der andere für die Seitenblüthen, erst in der Höhe ihrer Einfügung. Häufig tritt dabei eine Schwächung der einen Seite des Achselbündelsystems ein, indem nämlich an der Basis der Schuppe nur von der einen Seite ein Bündel für die mittlere Blüthe abgegeben wird. Wir haben hier aber entschieden, trotz der Verschmelzung, die- selben beiden Bündelsystemen vor uns, die wir auch in allen anderen Tribus bisher angetroffen, somit ist auch diese Schuppe den Schuppen anderer Tribus entsprechend, aus zwei Theilen aufgebaut, aus dem Deck- blatte und dem Achselprodukte. Das Deckblatt bildet hier die Haupt- masse der flach bleibenden, ihre ursprüngliche Gestalt beibehaltenden Schuppe, das Achselprodukt wird sehr schwach entwickelt, repräsentirt aber sicher einen mit dem Deckblatte verwachsenen kleinen Blüthenstand mit einer terminalen und zwei seitlichen Bltithen. Der über den Blüthen befindliche discoide Theil: die eigentliche Fruchtschuppe, wird hier kaum angedeutet, sie besteht aus dem schwachen gezähnten Saume, der sich über den An- satzstellen der Blüthen hinzieht und der in Folge dieser schwachen Ent- wickelung hier auch gar keine Gefässbündel erhält. Dass die Deutung der drei Blüthen als einer terminalen und zwei seitlichen richtig sei, dafür spricht auch' eine entwickelungsgeschichtliche Angabe Dickson’s (Adansonia, Bd. II. p. 76), nach welcher die centrale Blüthe zuerst, die beiden latera- len erst nach derselben angelegt werden; — für eine auch hier erfolgende Streckung der Schuppen an der Basis, spricht ein Bild in Siebold’s Flora Japonica (Taf. 104, Fig. 1), welches zeigt, dass an ganz jungen Frucht- schuppen von Cunninghamia die Blüthen ähnlich wie au jungen Sequoia- Zapfen tiefer an den Schuppen, in der knieförmigen Einbiegung derselben aufrecht stehen und also erst durch nachträgliches, basales Wachsthum der Schuppe in die endgültige Lage versetzt werden. Die Zusammensetzung der Cunninghamia-Schuppe aus zwei Theilen wurde schon von Richard1) erkannt (1. c. p. 81 und Taf. XVIII. p. 3) und auch von Eichler2) zugegeben. *) Ad introrsam siugularum bractearum basim, conspicitur margiuulus brevis, über appressus, transverse arcuatim extensus, subtilissime, eroso timbriolatus; qui est summa pars squamulae floriferae; caetero toto et indistincte ungui bractearum adnatae. 2) 1. c. p. 444. 64 Endlicher (Synopsis Con. p. 192) hatte sie hingegen für deckblattlose Fruchtblätter erklärt und nannte transversales Receptaculum das, was wir als Saum der eigentlichen Fruchtschuppe bezeichnet haben. Dieser Ansicht schloss sich auch Schleiden an. Richtiger hielt wie- derum Dickson (Adansonia Bd. II. p. 73) Deckblätter und Fruchtschuppe auseinander und auch Pariatore in seinen St.udi organographici (p. 10) erklärte sie für doppelt zusammengesetzte Gebilde. Van Tieghem (1. c. p. 78) sali in denselben ähnlich wie in anderen Fällen umgeschlagene Samenknospen, auf der Rückseite ihres, mit dem Deckblatte verwachsenen Carpellblattes eingefügt. Aus unserer ganzen Untersuchung folgt, dass wir es hier mit einem, von den früher betrachteten ziemlich verschiedenen Falle zu thun haben, wahrscheinlich nur mit dem Endgliede einer Reihe, deren Anknüpfungs- punkte an die anderen Tribus der Araucarineen weit zurückliegen. Eigen- thümlich ist es ausserdem, dass nur in dieser Reihe die Verschmelzung der Bündel so weit vor sich gegangen, in den andern Tribus aber fast un- verändert, wie in vegetativen Sprossen sich erhalten hat. An -Cunninghamia schliesst sich zunächst Dammara, dann Araucaria an; ich beginne mit der letzteren, um das Verständniss des noch reducir- teren Gefässbündelverlaufes der Dammara zu erleichtern. Die Gattung Araucaria wird von den meisten Autoren als Subtribus zu den Abietineen gestellt1), aus oben genannten Gründen dürfte diese Vereinigung wenig gerechtfertigt erscheinen. Die folgende Darstellung stützt sich auf Beobachtung an Araucaria Cunninghami Ait. und excelsa R. Brown, die ich vorigen März (1871) frisch in Palermo zu sammeln Gelegenheit hatte, und an einigen Zapfen von Dammara australis aus dem botanischen Garten zu Berlin. An den erwähnten Zapfen von Araucaria Cunninghami waren die Schuppen verkehrt eiförmig, an den Seitenrändern stark geflügelt, im oberen Thcile eckig angeschwollen, am Scheitel in eine auswärts umge- bogene Spitze verlängert. In der Mediane auf der Oberseite der Schuppe war die Bliithe eingesenkt. Sie erscheint mit nach der Basis der Schuppe gerichtetem Scheitel, in halber Höhe auf der Schuppe eingefügt, auf der Innenseite mit derselben verwachsen, steht auch kaum über die Oberfläche der Schuppe vor, selbst seitlich geht sie continuirlich in dieselbe über. Die ') So von Farlatore in De Cantlolle’s Prodromns, während Kichler (Flora bras. p. 425) sie zu einer den Abietineen und Cnnninghamien gleichwerthigen Tribus erhebt. Fruchtknotenmündung ist als kurzer querer Spalt dicht an der Basis der Schuppe zu erkennen. Ueber der Ansatzstelle der Blüthen sieht man an der Schuppe noch eine kurze, in einem einzigen Zahnfortsatze endende Lamelle (Taf. VII. Fig. 55), die übrigens nicht allen Araucarien eigen und besonders nur für die Section Eutacta charakteristisch ist. Auf dem Längsschnitt (Taf. VII. Fig. 55) erscheint die Schuppe von ziemlich gleich- förmigem grosszeiligen Gewebe gebildet, das unter der Epidermis mit einer schwachen Schicht langgezogener, verdickter Zellen abschliesst. Das lockere innere Gewebe enthält zahlreiche Gummigänge, wird auch dicht unter der Epidermis der Oberseite von einem Gefässbündelstrange durchsetzt, der an der Basis der Schuppe einfach erscheint, höher hinauf sich aber in nach oben und unten divergirende Arme spaltet. Die oberen Zweige sieht man über der Einfügungsstelle der Blüthen sich umbiegen und erlöschen, ein- zelne bis in die erwähnte Ligula laufen, die unteren in der umgebogenen Spitze der Schuppe enden (Fig. 55). Eine Gewebesonderung zwischen den unteren und den oberen Bündeln war nicht zu erkennen, wohl aber zwischen der Schuppe und der Blütlie. Sowohl an ihrer Basis ist die Blüthe, ungeachtet sie keilförmig in das Gewebe der Schuppe eingreift, scharf gegen dieselbe abgegrenzt, als auch auf der Innenseite, wo ihr helleres kleinzelleriges Gewebe leicht gegen das grosszellige, dunklere der Schuppe absticht (Taf. VII. Fig. 55). Eben so wenig sieht man das Gewebe der Schuppe sich über die Blüthe fortsetzen. Nur die Epidermis ist beiden gemeinschaftlich und läuft continuirlich über beide, das Gewebe unter derselben aber sofort verschie- den und nur wenige, stärker verdickte langgezogene Rindenzellen der Schuppe folgen der Epidermis auf ganz kurzer Strecke (Fig. 55). Die obere Decke über dem Knospenkerne wird also von der Fruchtknotenwandung allein gebildet, wenn diese auch, äusserlich betrachtet, continuirlich in das Gewebe der Schuppe überzugehen scheint. Ein langzugespitzter nackter Knospenkern wird von dem Fruchtknoten eingeschlossen; er reichte in den beobachteten, bereits befruchteten Blüthen, nicht ganz bis an die Fruchtknotenmündung. Er schien völlig frei, und nur mit der Basis an die Schuppe befestigt (Fig. 55). Nachdem der Samen reif geworden, wird der Nucleus auf eine papierartige, dünne Hülfe redu- cirt, wie dies auch sonst bei anderen Coniferen geschieht, ein Umstand, der aber Eichler (Flora 1862, p. 370 und Flora brasil. p 425) veranlasst hat, ihn für das Integument der Samenknospe, die langgezogene, zur Bestäu- bungszeit sich aushöhlende Knospenwarze für die Micropyle zu erklären; Strasburijer, Coniferen und Gnetaceen. 5 die wahre Fruchtknotenwandung, also denjenigen Theil, den er als Integu- ment hätte bezeichnen sollen, hält er für einen Theil der Fruchtsclmppe, dem Velum hei Isoetes vergleichbar. Der vom Nucleus eingeschlossene Embryosack zeigt vier bis acht Corpuscula, die im Umkreise desselben ver- theilt sind, so wie dies schon von Schacht (Anatom, und Phys. p. 397) her- vorgehoben und auf Tat X. Fig. 27 für Araucaria bras. abgebildet wurde; doch zeichnet Schacht zwei Reihen Corpuskeln unter einander, während ich sie stets nur in einem einfachen Kranze angeordnet gesehen habe (Fig. 55). So weit aus dem vorhandenen Material zu ersehen war, enthält auch hier jedes Ei einen schönen, grossen Zellkern, der an den, zur Untersuchung dienenden Exemplaren, sich noch nahe unter dem Halse des Corpusculum befand. Die Corpuscula werden von einer flachen Zellschicht wie bei Abietineen umgeben, ihr Hals bildet von otien betrachtet eine Rosette von circa acht Zellen, die durch wiederholte Theilung aus ursprünglich einer Zelle entstanden zu sein scheinen. Instructiv sind Querschnitte durch die Schuppe, weil sie Einsicht in die eigenthümliche Gefässbiindelvertheilung gestatten. An der Basis der Schuppe findet man zwei Bündel, ein unteres und ein oberes; beide kehren sich die Tracheen zu (Taf. VII. Fig. 63). Nach Eintritt in die Schuppe theilt sich zunächst das untere Bündel in drei Arme (Fig. 64), das obere bleibt noch einfach, theilt sich aber bald darauf ebenfalls in zwei (Fig. 64), dann in drei Arme (Fig. 65), nur dass dieselben nicht so stark wie die unteren divergiren i Fig. 65). Beide Gefässbiindelsysteme bleiben völlig von ein- ander getrennt, das untere auf die untere Hälfte der Schuppe, das obere auf die obere beschränkt: sie kehren sich constant die Tracheen zu. Die Zahl der Bündel vermehrt sich durch weitere Theilung in dem Maasse, als sich dieselben von der Basis der Schuppe entfernen; die Zahl der unteren kann bis auf zwölf steigen, die der oberen bis auf sieben (Fig. 68 1. Beide Systeme bleiben einander genähert bis zu dem Augenblicke, wo sie die Basis der Blütlie erreichen; hier entfemey sie sich von einander, die unteren Bündel behalten ihre frühere Richtung und erlöschen in dem an- geschwollenen Ende der Schuppe (Fig. 70, 71), wo sie sich in die bekannten Schraubenzellen auflösen, ein mittleres lässt sich bis in die äusserste Spitze verfolgen. Von den oberen Bündeln sieht man einzelne an der Basis der Bliithe umbiegen und unter dem Knospenkerne derselben aufhören (Taf. VII. Eig. 69), andere laufen bis in die freie Lamelle (Fig. 70) und enden iu dem zahnartigen Fortsatze derselben. Bereits van Tieghem (1. c. p. 270) hatte auf dieses doppelte Gefäss- bündelsystem aufmerksam gemacht und in Fig. 63 — 73 auf Taf. 15 1. c. für Araucaria brasiliana abgebildet; allein unter den Figuren fehlen die untersten Querschnitte aus der Basis der Schuppe, sind auch weder im Texte noch bei der Erklärung der Abbildungen beschrieben, so dass schlechterdings aus denselben nicht zu ersehen ist, in welcher ursprüng- lichen Beziehung die beiden Bündelsysteme zu einander stehen. Sterile Schuppen von Araucaria bras. besitzen nur das untere Bündelsystem, einümstand, der uns bei der Deutung der Schuppen sehr zu statten kommt1). Auf tangentialen Längsschnitten durch die Rachis sieht man die beiden superponirten Bündel der Schuppe sich allmälig einander nähern (Taf. .VII. Fig. 61, 60) und endlich vereinigen, nachdem das obere sich einseitig an das untere angelegt hat (Fig. 59, 58, 57). Dieses Bündel durchsetzt nun in schräger Richtung die ziemlich starke Rindenschicht der Rachis, um bis in den Bündelkreis derselben zu gelangen; es gleicht jetzt einem ge- wöhnlichen Blattbündel und als solches legt es sich dann seitlich an ein anderes Bündel des Bündelkreises an, ganz ähnlich wie ein einfaches Blatt- bündel in den vegetat. Sprossen. — Wir haben es also hier mit einer noch weiter gehenden Verschmelzung zu thun; dieselbe ist in der einen Beziehung zwar weniger vollständig als bei Cunninghamia, da die Ver- einigung beider Bündelsysteme erst innerhalb der Rachis erfolgt, in anderer Beziehung aber noch mehr vom ursprünglichen Typus abgewichen, indem das eine Achselknospenbündel gar nicht mehr zur Entwickelung kommt. Angedeutet war dies Verhältniss bereits bei Cunninghamia durch die häufig vorkommende Schwächung des einen Achselknospenbündels, hier ist es gänzlich verschwunden. Dabei stimmt der Ciefässbiindel verlauf in den vegetativen Sprossen ganz mit dem bei anderen Coniferen überein2), so dass die genannten Mo- *) Vergl. van Tieghem Figurenerklärung, p. 299 und Fig. 63 u. 64 aut' Taf. 15. - Nach Eichler kommt der zahnartige Fortsatz auch an sterilen Schuppen bei Arauc. bras. häufig, bei Araucaria imbricata Pavon (Dombeyi Rieh.) immer vor; solche Schuppen durften auch ein doppeltes Bündelsystem besitzen, ähnlich wie die oberen sterilen Schup- pen von Thuja, doch hatte ich nicht Gelegenheit, sie zu untersuchen. -) In den Laubblättern von Araucaria Cumiingh. (vergl. auch Geyler 1. c. p. 173) findet man auf dem Querschnitte fünf bis sieben Bündel, natürlich alle in einer Ebene angeordnet mit nach oben gerichteten Tracheen. Ihre Vereinigung erfolgt nur theil- weise an der Basis des Blattes, denn noch in der Rinde sind drei neben einander liegende Blattbündel zu erkennen, und kurz erst vor dem Eintritt in den Bündelkreis vereinigen sie sich zu einem einzigen. Die Bündel für die Achselknospe, wo eine solche vorhanden, zweigen sich von dem Bündelkreise höher ab, sind auch hier in Zweizahl vorhandeu und laufen horizontal, natürlich ohne mit den Blattbündeln zu verschmelzen, durch die Rinde, bis sie ihren Bestimmungsort erreichen. 08 dificationen nur innerhalb des Zapfens vor sieh gegangen sein können und in immer weiter fortschreitender Vereinfachung vererbt wurden. Araucaria excelsa (Taf. VII. Fig. 56) verhält sicli im Wesentlichen der A. Cunninghami völlig gleich. Ungeachtet mir aber nur ein noch jüngerer Zapfen zu Gebote stand, waren seine Schuppen dennoch grösser, verhält- nissmässig breiter und nur an der Basis der Seitenwände geflügelt. Die blattartige Lamelle mit zahnartigem Fortsatz (Fig. 56) war hier eben so stark wie bei Araucaria Cunninghami entwickelt Der Längsschnitt glich völlig dem von Araucaria Cunninghami. Die Blüthe befand sich auf einem jüngeren Entwickelungszustande, der Embryosack hatte sich eben erst mit Endosperm erfüllt, so dass die Corpuskeln in demselben noch nicht sicht- bar waren, und was besonders auffallend: die Xucleus-Spitze reichte noch bis zum Fruchtknotenmunde, ja sie ragte sogar aus demselben hervor1) (Taf. VII. Fig. 50). Es konnte kein Zweifel darüber bestehen: wir hatten es hier mit einer neuen Einrichtung zur Vermittelung der Bestäubung zu tliun; während bei allen anderen Coniferen die Fruchtknotenränder diese Bolle übernehmen, hatte sich hier die Xucleusspitze selbst derselben an- gepasst. Sie war aus dem Fruchtknotenmunde hervorgegangen und zeigte hier eine Art narbenartiger Ausbreitung. An dieser konnte ich wieder- holt noch Pollenkörner vorfinden. Wahrscheinlich secernirt diese narben- artige Kern warze zur Bestäubungszeit Flüssigkeit und die Pollenkörner mögen in derselben unmittelbar ihre Schlauche treiben, so wie es aus den Angaben Schacht’s auch für Araucaria brasiliana zu folgen scheint2), auch möchte man aus seinen Abbildungen schliessen (1. c. Taf. 10 Fig. 27), dass die Knospenkernspitze auch dort aus der Fruchtknotenmündung her- vorragt. Was die Deutung der Araucaria-Schuppe anbetrifft, so kann, nach dem schon für Cunninghamia Gesagten, gar nicht gezweifelt werden, dass diese auch hier aus zwei Theilen, dem Deckblatt und dem Achselprodukte, be- stehe; beide sind aufs Innigste verwachsen. Das Deckblatt endet in der äusseren Spitze, die aus dem Achselprodukte entstandene Fruchtschuppe in der oberen Lamelle. Die letztere kann auch ganz fehlen und so jeder äussere Anhaltepunkt für die Beurtheilung der doppelten Natur der ‘) Eichler (Flor, bras.) führt dies als allgemeinen Charakter für Araucaria an, dass die Samenknospe mit der Micropyle aus der Oeffnung der Schuppenhöhlung kurz her- vorschaue. 2) Anatom, u. Phys. p. 378 Bd. II. heisst es: „Bei Araucaria bras. werden die Schläuche schon zwischen den Samenknospen gebildet und hängen als lange, weisse Fäden aus dem Knospenmund dev Samenknospe.1 — f.O — Schuppe schwinden; doch der Vergleich mit anderen Formen hilft auch hier über die Schwierigkeit hinweg und das doppelte Bündel im Innern, wenn auch stark vereinfacht, hilft mit die Frage zu entscheiden. Die Entwickelungsgeschichte konnte ich nur unvollständig an einzelnen Alcohol- Präparaten verfolgen, auch sie spricht für obige Deutung. Das ganze Achselprodukt wird hier mit dem basalen Theile des Deck- blattes emporgehoben: die innere, dem Deckblatte zugekehrte Seite des- selben besonders im Wachsthum bevorzugt, die Blüthe in Folge dessen umgelegt. Wir haben es bei Araucaria mit nur einer einzigen terminalen Blüthe zu thun, die ähnlich wie bei Abietineen auf ihrer Innenseite mit der Fruchtschuppe verwachsen ist und auch ähnlich wie dort ent- stand. Die Schuppe schwillt gleichzeitig seitlich im Umkreise der Blüthe an, und so kommt diese schliesslich in einer Einsenkung derselben zu liegen. Es ist hier der ganze Blüthenstiel der sich mit dem Deck- blatte 'weiter entwickelt hat, und kommt die Blüthe deshalb so hoch auf der Schuppe zu stehen, der einseitige discoide Auswuchs des Blüthen- stiels: die Fruchtschuppe, aber kaum zur Entwicklung; sie bildet nur die schwache Ligula, oder kann auch ganz fehlen. Wir haben es hier also mit einer ganz ähnlichen Verwachsung des Blüthenstiels mit dem Deckblatte wie bei Tilia, Thesium, Samolus, Helvingia, Citisus u. s. w. zu thun, nur dass die Blüthen umgekehrt sind. Die Bltithenanlage rückt während ihrer Entwickelung langsam an der Schuppe empor in dem Maasse als das Waclisthum des Deckblattes an der Basis vorschreitet und man kann ihre erste Anlage dicht an der Basis der Schuppe, die folgenden immer höher an derselben verfolgen, wie das auch aus den Figuren 7 j. auf Taf. 111 bei Eichler 1. c. zu sehen ist. Nicht uninteressant ist auch die Analogie, welche eine Araucaria- schuppe mit Podocarpus, wo das Deckblatt ebenfalls mit dem, eine um- gekehrte Blüthe tragenden Achselprodukte verwachsen ist, zeigt. Am auffallendsten ist die Aehnlichkeit mit Podocarpus dacridioides, welche ein über das Achselprodukt hinausragendes Deckblatt besitzt; wobei aber nicht zu vergessen ist, dass diese Uebereinstimmung sich nur auf die Ver- wachsung des Blüthenstiels mit dem Deckblatte und der Umkehrung der Blüthe erstreckt, die discoiden Bildungen (dort Cupula hier Ligula) aber eine verschiedene Lage zeigen. Auch verwächst bei Araucaria die primäre Achselknospe, welche der kleinen ein- bis zweiblüthigen Inflorescenz von Podocarpus entspricht, mit dem Deckblatte, dort, ein secundärer Achselspross der aus den primären entstanden, — was eine weitere Verschiedenheit be- gründet. Die Andeutungen über die doppelte Zusammensetzung der Arau- cariasehuppe sind von allerjüngstem Datum. So fasst Endlicher (1. c. p. 184) im Sinne R. Brown’s die ganze Schuppe als Fruchtblatt und die Blüthe als Samenknospe auf; der Samenknospe schreibt er zwei Integumente zu, die innere papierne Hülle hält er für das innere, die Fruchtknotenwandung bis zur oberen Lamelle und selbst diese mit inbegriffen, für das äussere. Für Alex. Braun (Polyembryonie 1860, p. 243, Anm. 3) scheint Arau- earia eine mit dem Deckblatte verwachsene Fruchtschuppe zu besitzen. Dickson (Edinb. new pliil. Journ. 1861) erklärt die Schuppe für ein dem Deckblatte homologes Gebilde, weil man am Zapfen den allmäligen Uebergang des einen in die andere in aufsteigender Richtung walir- nelnneu kann, — dann aber die obere Lamelle für den freien Theil einer wirklichen Squama fructifera, die im übrigen mit dem Deckblatte ver- wachsen sei. Achnlich erklärt Eichler in zweiter Deutung in der Flora brasiliensis *) die Schuppe für ein Deckblatt, an dem die axilläre Samenknospe empor- gerückt sei, hält aber, wie erwähnt, den verdrängten Knospenkern für das Integument, die Fruchtknotenwandung, also das, was er als Integument hätte bezeichnen sollen, für einen Auswuchs der Schuppe, eine Art von Velum. Für Pariatore (1. c. p. 17) sind es auch sicher zwei Organe, welche die Fruchtschuppe der Araucaria zusammensetzen, das Deckblatt und „l’organo squainoso“ mit der Blüthe. Van Tieghem endlich sucht auch hier nachzuweisen (1. c. p. 278), dass die Fruchtschuppe aus dem Deckblatte und einem Carpellblatte bestehe und dass dieses letztere an seiner Spitze (pu ä peu pres) ein einziges Ovulum trage Das Carpellblatt sei auch hier das einzige Blatt einer sonst unterdrückten Aehselknospe, mit seiner morphologischen Oberseite dem Deckblatte zugekehrt. Das Ovulum sei nach der Basis des Carpell- blattcs und zwar nach seiner morphologischen Oberseite umgeschlagen und somit eingeschlossen zwischen dem Deckblatte und dem Carpellblatte, die vollständig mit einander verbunden seien. Dammara australis besitzt verkehrt eiförmige, verkältnissmässig breite Schuppen diese sind am oberen Ende etwas angeschwollen, ausserdem im halbreifen Zustande ziemlich scharf knieförmig umgebogen, so dass die Spitze der Schuppe nach oben gerichtet erscheint; auf der Unterseite an der J) p. 424. 71 Biegungsstelle wird ein äusserer Vorsprung gebildet; eine Ligula ist hier auf der Oberseite der Schuppe nicht vorhanden, über der Anheftungsstelle der Bliithe sieht man nur eine unbedeutende Anschwellung, unter derselben eine leichte Vertiefung, in der die Bliithe eingesenkt liegt (Taf. VII. Fig. 72, 73j. Die Bliithe ist ganz frei, nur an ihrer Basis unterhalb der erwähnten An- schwellung an der Schuppe befestigt, mit ihrem Munde nach der Basis der Schuppe gerichtet, im Uebrigen, wie bei Cunninghamia und Araucaria, aus einer einfachen Fruchtknoten wandung und einem nackten Knospenkern auf- gebaut. Der Fruchtknoten ist an der einen Seite stark geflügelt (Fig. 72), hin und wieder zu beiden Seiten. Der Fruchtknotenmund ist in der Richtung senkrecht zur Oberfläche der Schuppe eingeschnitten, erscheint daher tief zweilippig, der Nucleus sieht wie bei Araucaria aus dem Fruchtmunde hervor (Fig. 73). Auf einem medianen Längsschnitte (Fig. 73) lässt sich an der Schuppe eine stark verdickte Oberhaut und darunter eine schwache Lage lang- gezogener Zellen, weiter im Inneren ein ziemlich lockeres Gewebe, welches dicht unter der Oberfläche der Schuppe, von einem, in der Spitze der Schuppe endenden Bündelcomplexe durchsetzt wird. In der Bliithe, im Inneren des langgezogenen Nucleus, ist ein eben so langer Embryosack zu erkennen, leider war er in den mir zu Gebote stehenden Blüthen zu sehr verändert, um eine eingehendere Untersuchung zu gestatten. Das Gefässbüudcl zeigt endlich auf dem Querschnitte eine noch weiter gehende Verschmelzung als bei Cunninghamia und Araucaria, die voll- ständigste, die mir überhaupt vorgekommen ist. Ein einziges Bündel nur, mit nach oben gekehrten Tracheen, findet man an der Basis der Schuppe (Fig. 74); dieses Bündel giebt alsbald rechts und liuks je einen seitlichen Zweig ab (Fig. 75), die ebenfalls ihre Tracheen nach oben kehren. Das mittlere Bündel bleibt zunächst das stärkste; es verzweigt sich auch nicht weiter und läuft in der Mediane der Schuppe fort (Fig. 74). Während dem haben sich die beiden seitlichen Zweige weiter getheilt, so dass die Gesammtzahl der Bündel auf dem Querschnitt nun auf fünf, sieben, neun ja bis auf fünfzehn steigt (Fig. 76 — 78). Alle diese Bündel sind in der- selben Ebene angeordnet, alle mit gleich orientirten Holz- und Basttheilen. Das mittlere Bündel bleibt immer noch unverändert; erst kurz ünter der Einfügungsstelle der Bliithe sieht man es einseitig etwas breiter werden und hier ein Bündel abzweigen (Taf. VII. Fig. 77, 78). Dieses Bündel dreht sich langsam um seine Axe und um das Mutterbündel und stellt sich bald demselben mit zugekehrten Tracheen gegenüber (Fig. 79). Es verhält sich in dieser Beziehung also ganz ähnlich wie das obere Bündel von Araucaria, nur dass dort die Lostrennung dieses Bündels schon in der Rachis des Zapfens, hier erst in der Schuppe erfolgt, und dass dort dieses Bündel vor jeder andern Verzweigung, hier erst nachdem zwei seitliche Zweige abgegeben, das Deckblattbündel verlässt. Beide Bündel der Dammara- schuppe laufen nun eine Strecke weit, sich mit ihren Tracheen beinahe berührend gemeinschaftlich fort, bis sie die Anschwellung, die sich über dem Anlieftungspunkte der Blüthe befindet, erreichen; hier theilt sich das innere Bündel in zwei gleiche Hälften, beide rücken nach der Oberfläche der Schuppe, geben unterwegs je einen schwachen Seitenzweig noch ab und treten, sich die Tracheen zukehrend, in die Basis der Blüthe, um sich dort in Schraubenzellen aufzulösen (Taf. VII. Fig. 81). Die beiden schwachen Seitenzweige erlöschen nach ganz kurzem Verlauf noch innerhalb der über der Blüthe befindlichen Anschwellung (Fig. 82). Die sterilen Schuppen an der Basis des Zapfens besitzen ein einfaches Bündelsystem; nur die, dem Deckblatte angehörenden Bündel sind vor- handen, der obere Zweig des mittleren Bündels fehlt. Auch dieser Gefässbündelverlauf ist bereits von van Tieghem geschildert worden, wie der Text und die Erklärung der Abbildungen sagt für Dam- mara australis, doch so unrichtig, dass es fast scheinen möchte, als wenn ihm eine andere Pflanze zur Untersuchung Vorgelegen hätte. Van Tieghem giebt nämlich an und stellt es in einer schematischen Flächenansicht dar, dass ausser den äusseren Bündeln noch zwei, von der Basis an völlig ge- trennte innere, in die Schuppe treten und über der Basis der Blüthe con- vergiren, um in dieselbe einzutreten. Ein einziger Schnitt an der Basis der Schuppe genügt, um sich von der Unrichtigkeit dieser Angabe zu überzeugen. Auf ihren ferneren Verlauf von der Basis der Schuppe nach dem Bündelkreise der Rachis, verhalten sich die Schuppenbündel nunmehr ganz so wie gewöhnliche Blattspuren und legen sich,, ähnlich wie bei Araucaria, seitlich an andere Bündel an (Taf. VII. Fig. 74). In vegetativen Sprossen sieht man die Blattbündel sich sofort nach dem Austritt aus dem Bündel- kreise in zwei, drei, fünf bis sieben Bündel noch innerhalb der Rinde theilen. Wo eine Achselknospe vorhanden, werden für dieselbe zwei Bündel höher als für das entsprechende Tragblatt abgegeben und auch diese theilen sich schon innerhalb der Rinde1) und bilden einen Kreis von ') Wenigstens in den Sprossen, die mir aus dem berliner botanischen Garten zur Verfügung standen. circa acht Bündeln (Taf. VI. Fig. 46) — von einer Verschmelzung mit den Tragblättern kann unter solchen Umständen ebenso wenig als bei Arau- caria die Rede sein, so dass man auch hier den Gefässbündelverlauf der Rachis nicht direkt an den der rein vegetativen Theile anknüpfen kann. Auch ist der Verlauf der Bündel in der Rachis (wenigstens in dem oberen Theile) ein spiraliger, während in den vegetativen Sprossen die ursprüng- liche Stellung der Blätter eine quirlige ist und nur durch nachträgliche Verschiebung verändert wird. Auf dem Querschnitt kräftiger Endzweige habe ich stets je drei Blattbündel (bei Seitenzweigen zwei) in gleicher Höhe aus dem Bündelzweige ausbiegen und die aufeinanderfolgenden Quirle mit einander alterniren sehen1). Eine Entwickelungsgeschichte der Dammarablüthe wurde uns von Dickson gegeben2) und sogar durch entsprechende Figuren illustrirt. Im ersten Stadium der Entwickelung zeigt sich die Blüthe als eine kleine Warze auf der Oberseite der Schuppe, bei 1li Zoll langer Schuppe etwa 7,0 Zoll von der Basis derselben entfernt. Schon bei ihrem ersten Auf- treten ist sie umgekehrt, indem sie mit dem Scheitel nach der Rachis sieht. Auf einem bald folgenden Stadium erscheint die Anlage rechts und links von je einem seitlichen, halbmondförmigen Wall umgeben: sie ent- sprechen den von Baillon bei Pinus und Taxus beschriebenen „Carpellen“ Dickson kann zwar nicht sagen, dass er beide Erhebungen völlig frei von einander gesehen, doch fehlte jedenfalls nicht viel zu ihrer völligen Tren- nung. Die beiden seitlichen Wälle erheben sich nun gemeinschaftlich und umschliessen den sich gleichzeitig fortentwickelnden mittleren Höcker: den Nucleus. Die beiden Stellen, welche den C'arpellblattspitzen entsprechen, ent- wickeln sich am stärksten; dadurch entsteht ein ziemlich tiefer Einschnitt im Fruchtknotenrande, der hinten etwas tiefer als vorn ist: der Fruchtknoten zeigt sich, namentlich von der hinteren (inneren) Seite, etwas zusammen- gedrückt. Die Nucleusspitze sieht immer noch zwischen den Carpell- rändern vor, sie entfaltet sich endlich zu einer nach oben umgebogenen fast blattartigen Lamina3)- Jetzt wird auch der Mgelartige Fortsatz aus dem einen Seitenrande des Fruchtknotens entwickelt, entsprechend der Mediane des Carpellblattes Auf der rechten oder linken Seite, doch con- 1) Geyler 1. c. p. 175 giebt au, dass die Blätter bei Dammara australis ursprüng- lich in zweizähligen Quirlen stehen, die Quirle aber in einer Spirale wahrscheinlich nach 2/5 oder % auf einander folgen. 2) Abgedruckt in der Adansonia, Bd. II. p. 77. ®) Also wohl zu einer ähnlichen narbenartigen Ausbreitung wie bei Araucaria. staut für denselben Zapfen und zwar: wenn die Zapfenspirale von rechts nach links läuft, auf der rechten Seite des Pistils angebracht, läuft die Zapfen- spirale dagegen von links nach rechts, auf der linken Seite desselben1). Die Deutung der Dammaraschuppe liegt, nachdem wir uns über Araucaria bereits fixirt, unendlich nahe und wir können sie ebenfalls nur als, aus Deckblatt und Achselprodukt gebildet betrachten. Es kehren an derselben die nämlichen Verhältnisse wie bei Araucaria wieder, nur ist die Blüthe frei und nur an d'er Basis mit der Schuppe verbunden die Verschmelzung der Bündel im Innern noch weiter vorgeschritten, denn wäh- rend Letztere bei Araucaria sich bereits in der Rachis trennen, erfolgt wie erwähnt ihre Trennung hier erst in der Schuppe und nachdem das Deck- blattbündel zuvor je einen Seitenzweig abgegeben hat Auch kommen bei Dammara die oberen Bündel, welche bei Araucaria (Cunning. u. excel.) bis in die freie Lamelle laufen, kaum zur Entwickelung und sind auf zwei ganz schwache Bündel reducirt, die unmittelbar unter der Blüthe erlöschen. In dieser wie in mancher andern Beziehung hält Dammara die Mitte zwischen Cunninghamia und Araucaria und habe ich sie zuletzt behandelt nur wegen dieser vorgeschrittenen Gefässbündelverschmelzung. Mit Dammara hat dieses Bündelsystem überhaupt seine grösste Vereinfachung erreicht, wenigstens so weit meine Erfahrungen reichen und es wäre hier gewiss van Tieghem schwer geworden aus dem Gcfässbündelverlauf allein, wenn er denselben richtig erkannt hätte, auf die Natur der Schuppe zu schliessen. Das Gefässbündel ist eben so anpassungsfähig, wie jede andere Eigen- schaft und wenn es hier wirklich, fast bis zuletzt noch als Anhaltepunkt dienen konnte, so verdankt es dies nur dem Umstande, dass es, als im Innern der Pflanze eingeschlossen, den äusseren verändernden Einflüssen im Ganzen weniger ausgesetzt war als die äussern Theile, und sich dem entsprechend langsamer verändern, länger seinen ursprünglichen Charakter bewahren konnte. Da au der Dammaraschuppe äusserlich keine differenten Theile zu erkennen sind, so hielt sie Endlicher (1. c. p. 192) für ein einfaches Fruchtblatt dem das Deckblatt fehlt, ebenso Schleiden und auch Braun, in seinem Werke über Polyembryonie (p. 243, Anm. 2) bemerkt, dass er bei Dammara weder eine Spur von Brakteen unter den samentragenden Schuppen, noch auch irgend eine Andeutung einer etwaigen Verwachsung von Deck- und Fruchtschuppe hätte finden können. M Nach AI. Braun, Polyembryonie p. ^43 dehnt sich der eiuseitige Flügel des han- genden Samens constant in der Richtung des langen Weges der Blattstellung (21/a*) aus. Erst Dickson (1. c.) 1861 suchte darzuthun, dass man es liier mit einer Verwachsung des Blüthenstieles mit dem Deckblatte zu thun habe; er sprach diese Ansicht zuerst in einem Aufsatze über den morphologischen Bau einiger Abietineen aus und suchte sie dann in einer späteren Arbeit entwickelungsgeschichtlich zu stützen. Diese Ansicht vertrat dann auch. Alex. Braun und Eichler in der Flora brasiliensis (p. 425). Dagegen hat van Tieghem wieder auf Grund seiner Gefässbündel- studien herausgefunden, dass die Fruchtschuppe hier aus einem Deckblatt und einem mit ihm verwachsenen Carpellblatte besteht, dessen endständiges Ovulum auf die Rückenseite des Carpellblattes umgeschlagen sei. Mit der Betrachtung dieser letzten Gruppe hätten wir die Coniferen abgeschlossen und gehen nun zu der Familie der Gnetaceen über. B. Gnetaceae. Diese Familie ist so nahe mit den Coniferen verwandt, dass ihre Repräsentanten lange Zeit ohne weiteres den Coniferen zugezählt wurden; sie dürfte demzufolge manche Anhaltepunkte für unsere Untersuchung bieten. Andererseits schliessen nach dem gemeinsamen Urtheile vieler Forscher die Gnetaceen auch an die s. g. Angiospermen an. Sollte es uns gelingen diesen Zusammenhang wirklich nachzuweisen, ihn im einzelnen zu begründen, die Gnetaceen andererseits von den Coniferen abzuleiten, so wäre die Aufgabe gelöst, die wir uns zu Beginn dieses Werkes gestellt hatten. Die Bezeichnungen der Coniferenblüthc sind stets den höheren Pliane- rogamen entlehnt worden, es frug sich nur ob man sie dem Fruchtknoten oder den Samenknospen derselben gleichzustellen habe. Man urtheilte nach ziemlich weit gehenden Analogien. Uns gilt es die Homologie mit einer dieser Bildungen fcstzustellen und hierzu schlagen wir den Weg ein, den wir bisher in dieser Arbeit gegangen: den Weg der Entwicklungs- geschichte und des stufenweisen Vergleiches. Leider sind uns nicht alle Mittelstufen erhalten, welche die beiden Endpunkte dieser Reihe verbinden, es wird somit, selbst diejenige Unter- suchung, die alle heut lebenden Formen berücksichtigt, manche Lücke 0 zeigen. In den meisten Fällen führt der genannte Weg doch zu sicheren Resultaten und wird ein Schluss, auch wo die Reihe unterbrochen, immer noch weniger gewagt erscheinen, als dort wo er aus ganz entfernten Ana- logien gezogen wurde. Die erhaltenen Resultate gewinnen den höchst möglichen Grad von Wahrscheinlichkeit und mehr kann man von den- selben nicht verlangen. Die den Coniferen nächst verwandte Gattung der Gnetaceen ist: 1. Ephedra. Ephedra schliesst fast unmittelbar an die Taxeen: an Taxus oder Phyllocladus an. Die Blüthenstände nehmen die Stellen gewöhnlicher Achsel- knospen an jüngeren Zweigen ein. Bei Ephedra campylopoda werden sie von einem längeren Stiele getragen. Das unterste Internodium desselben ist gewöhnlich kurz, so dass die beiden ersten transversalen, an der Basis verbundenen Blätter der Anlage, in der Achsel des Deckblattes ver- borgen bleiben, in anderen Fällen gestreckt, so dass die transversalen Blättchen bis in die Mitte des Stieles emporgehoben werden. Diese Blätt- chen verhalten sich wie andere vegetative Blätter und bergen häufig Achselknospen an ihrer Basis. Diese Knospen kommen bei Ephedra cam- pylopoda nie zur Entwickelung, bei E. altissima wachsen sie dagegen häufig zu secundären mit Bliithen endenden Achselknospen aus. Bei E. campylopoda sind die Blüthenzweige aus dem genannten Grunde einfach, bei altissima häufig zu mehreren zwei oder drei vereinigt. Auf die langen Internodien des Stieles, (bei Eph. altissima zwei bis drei1), deren jedes ein mit dem vorhergehenden alternirendes Blattpaar trägt, folgen nun die kurzen, welche in derselben Reihenfolge viel grössere, sonst aber wie die vegeta- tiven gebaute, und an der Basis ebenfalls verschmolzene Blätter tragen: bei Ephedra campyl. und altissima gewöhnlich drei Paare, die rasch an. Grösse zunehmen. In einem Falle bei Ephedra altissima war das eine Blatt des äussersten Blattpaares 1 1/2 Mm. lang, des folgenden 6 Mm., des höchsten 12 Mm. Bei Ephedra alt. sind nur zwei solche Blattpaare vor- handen. Diese Blattpaare sind es die später fleischig werden und meist hochroth gefärbte Hüllen um die reifen Früchte bilden. Die obersten beiden Blätter tragen bei Ephedra campylopoda%und Alte die beiden Bliithen als secundäre Achselknospen in ihren Achseln (Taf. XV. Fig. 49), ähnlich wie bei Torreya oder selbst Taxus; bei Eph. altissima schliesst die Bliithe bereits die primäre Achselknospe ab (Taf. XVI. Fig. 50 u. 54). Die Blüthen besitzen zwei Hüllen, eine äussere und eine innere (Taf. XV. Fig. 49 und Taf. XVI. Fig. 50 u. 54). Die äussere lässt am Scheitel eine nur enge Oeffnung übrig und zu dieser tritt der schmale lange Hals der innern ') Vergl. auch Meyer Mouogr. der Gattuug Ephedra Taf. II. Hülle, die unmittelbar den Nucleus umgiebt, hervor (Fig. 49, 50, 54). Die äussere Hülle ist stark entwickelt, in älteren Blüthen verholzt (Taf. XXII. Fig. 1) und bis an ihre Basis frei, die innere schwach und dünn, von nur wenigen Zelllagen gebildet und dem Nucleus aufsitzend, ihr langer Hals in einem einseitigen, bei Ephedra campylopoda der Axe zu- gekehrten Lappen endigend. Der Nucleus ist selbst in ganz jungen Blüthen auf dem verlängerten Blüthenboden ziemlich bedeutend über die Insertion der äusseren Hülle emporgehoben (Fig. 49). In älteren Blüthen zeigt er eine trichterförmige Vertiefung am Scheitel, die bis auf den Embryosack führt (Taf. XVI. Fig. 54). Der Embryosack ist langgezogen, die Corpus- cula am Scheitel desselben drei bis fünf zu einer Gruppe vereinigt, von protoplasmahaltigem Gewebe umgeben (Taf. XVI. Fig. 53). Ich fasse die äussere Hülle als Fruchtknoten wandung, die innere als Integument auf und will versuchen diese Auffassung noch weiter zu stützen; doch um möglichst viel Anhaltepunkte zu gewinnen wollen wir zunächst den Gefässbündelverlauf in den weiblichen Blüthen verfolgen. Derselbe ver- hält sich in dem unteren Theile der Blüthenknospe ganz so wie in gewöhn- lichen Achselknospen und versorgt die aufeinanderfolgenden Blattpaare mit je zwei Bündeln. Erst am obersten Blattpaare, in dessen Achseln die weib- lichen Blüthen stehen, zeigt er eine gewisse Verschiedenheit. Den beiden Bündeln des Deckblattes gesellt sich nämlich jederseits noch ein drittes mittleres Bündel zu, das gleichzeitig mit ihnen die Axenmitte verlässt. Dieses mittlere Bündel kommt in den vegetativen Theilen der Pflanze nicht vor. Zwar tritt auch dort (nicht bei allen Arten) ein drittes mittleres Bündel zu den beiden Laubblattbündeln hinzu, doch erst nach ihrer Ver- einigung im Knoten, es folgt ihnen abwärts im Internodium1), nicht aber ') Bekanntlich sind die vegetativen Sprosse deutlich in Knoten und Internodien ge- gliedert und tragen die Knoten die alternirend aufeinanderfolgenden Blattpaare. Jedes Blatt giebt zwei Bündel an die Axe ab. Diese verschmelzen durch horizontales (aus netzförmig verdickten Zellen bestehendes) Transfusionsgewebe im Knoten und setzen sich zu drei Strängen vermehrt (d. h. mit Zuhiilfenahme eines zwischen den beiden Blattsträngen liegenden Ergänzungsbündels) in unveränderter Richtung in das nächste Internodium fort. Im Knoten angelangt, verschmelzen sie von neuem durch Trans- fusionsgewebe und laufen in unveränderter Richtung doch auf die beiden Seitenstränge reducirt durch das folgende Internodium, an der Basis desselben entfernen sie sich end- lich von einander, um Platz für die Bündel des zweitunteren Blattpaares zu machen und verschmelzen rechts und links mit den Seitenbündeln des nächstuntern Bl&ttpaares. Die Bündel eines Blattes laufen hier also durch zwei Internodien und vereinigen sich an der Basis des Letzteren mit den ihnen nächsten Bündeln der beiden nächst unteren Blätter, nachdem die Bündel derselben bereits ein Internodium in der Axe zu- rückgelegt haben. Dieser Verlauf gilt zunächt für Ephedra campylopoda, wo man dem entsprechend zehn Bündel auf dem Querschnitte durch junge Internodien antrifft. Bei wie hiev oberhalb des Knotens in der Richtung der Blattachsel. Wir wollen es als Ergänzungsbündel bezeichnen. In der Inflorescenzaxe von Ephedra campyl. findet man unter der Einfügungsebene des letzten Blatt- paares ganz wie in den vegetativen Axeu derselben Pflanze, acht Bündel; je zwei und zwei derselben in Begleitung des Ergänzungsbündels rücken, wie erwähnt, nach aussen (Taf. XVI. Fig. 59 a) und lassen im Innern der Axe noch vier Bündel übrig: diese vier sind concentrisch um den Mittelpunkt der Axe gruppirt. Jetzt erfahren sie eine langsame Drehung um ihre Axe, so dass je zwei derselben sich ihren Holztheil zukehren und bald sogar ihn schräg nach aussen richten (Fig. 59 a). Die beiden Blattbündel zu jeder Seite treten in das entsprechende Deckblat; das Ergänzungs- bündel bleibt dagegen in der Axe und begiebt sich mit den letzt erwähnten beiden Bündeln in die Achselknospe. Das Rudiment der Axe über den beiden Blüthenanlagen erzeugt keine weiteren Blätter; es fehlen ihm dem entsprechend auch alle Gefässbiindel; dieselben gehen vollständig in der Bildung der beiden Achselknospen auf. Diese Verhältnisse scldiessen sich, wie wir sehen, durchaus an die der Coniferen an, mit dem Unterschiede nur, dass das Deckblatt hier zwei Bündel erhält und ein Ergänzungsbündel zu den beiden Achselknospen hinzukommt. Nach dem Eintritt in die Bliithe nehmen die beiden Achselknospenbündel die beiden inneren Seiten- kanten derselben ein: das Ergänzungsbündel stellt sich median auf der Ausseuseite (Taf. XVI. Fig. 59 b); alle kehren sie die Tracheen jetzt dem Mittelpunkte der Bliithe zu. Ein wenig höher in der Blüthe sehen wir die beiden Seitenbündel in je drei gleiche Zweige zerfallen, und den mittleren derselben, rechts und links an die sich hier abhebende Frucht- knotenwandung abgeben (Fig. 59 c). Dieses berechtigt zu der Annahme, dass wir es auch hier mit zwei Carpellblättern zu thun haben und dass sie dem ersten, transversal ge- stellten Blattpaare, ähnlich wie bei vielen Coniferen, entsprechen. Diese beiden Blätter sind übrigens etwas auf die Innenkante der Anlage gerückt, was auch bei vegetativen Achselknospen eine häufige Erscheinung ist. Das Ergänzungsbündel bleibt für gewöhnlich ungetheilt, hin und wieder, Eph. vulgaris Rieb, und Eph. equisetiformis Webb. et Berth. scheinen nach den Be- schreibungen und Abbildungen von Naegeli (Beiträge, Heft I. p. C>1 und Taf. II. Fig. 1 u 2) und Geyler (Jabrb. f. wiss. Bot. Bd. VI. p. 196 und Taf. IX. Fig. 1 u. 2) die Er- gänzungsbündel zu fehlen, so dass nur acht Bündel auf dem Querschnitt sind. Eph. altissima zeigt nur sechs Bündel, indem die beiden Blattbüudel hier nur im ersten lnter- nodium isolirt laufen, im nächsten aber zu einem einzigen verschmelzen. 79 «o namentlich bei Ephedra Alte giebt es noch einen schwachen medianen Seitenzweig an die Fruchtknotenwandung ab. Ueber den Austrittsstellen der Carpellbiindel zerfallen die in der Blüthenaxe zurückgebliebenen in eine ganze Anzahl vereinzelter Schrauben- zellen; diese ordnen sich zum Kreise und enden vereint unter dem Knospen- kerne (Taf. XVI. Fig. 59 d). Das Integument selbst erhält keine Gefäss- bündel. Bei Ephedra altissima', wo nur eine einzige terminale Bliithe vor- handen, ist der Verlauf wesentlich 'derselbe; unter der Bliithe sind, wie auch in vegetativen Sprossen, sechs Bündel auf dem Querschnitte zu sehen (Taf. XVI. Fig. 55 a und 55 f). Je zwei gehen nun jederseits für das oberste Blattpaar ab, und auch hier bemerken wir zwischen demselben, auf beiden Seiten, oder wie gewöhnlich nur auf der einen, das Ergänzungs- bündel (Taf. XVI. Fig. 55 fj. Die beiden Bündelpaare treten jetzt in die Blätter, das Ergänzungsbündel dagegen begleitet die beiden zurück geblie- benen Bündel der Axe in die terminale Bliithe. Jedes der drei Bündel theilt sich bald in drei Zweige und giebt den mittleren Zweig an die Fruchtknotenwandung ab (Taf. XVI. Fig. 55g-)> (hier stets auch das Er- gänzungsbündel). Die übrigen lösen sich, wie bei E. campylopoda, zu einem Kreise Schraubenzellen unter dem Ansatzpunkte des Nucleus auf (Fig. 55 ‘ j, Die beiden Carpellbündel, die von den Bündeln der Axenmitte stammen, kreuzen sich mit den Bündeln des Blattpaares. Besonders schön ist das zu sehen, wenn zwei Ergänzungsbündel (also wie in Fig. 55) den beiden Bündeln der Axenmitte in die Bliithe folgen; wenn nur ein solches vorhan- den, tritt eine seitliche Verschiebung der Bündel ein (so in Fig. 56 — 57, auch 58), sie theilen sich in den Raum und machen so die Alternation unkenntlich. Die Bündel lassen sich bis in die Spitze des Fruchtblattes verfolgen (Taf. XVI. Fig. 54 a’ 55 k und 551). Ihrer Zahl entsprechend bilden sie auf Querschnitten an der Spitze älterer Früchte einen drei- oder vierstrahligen Stern, indem die weissen Spicularzellen, von denen sie auf der Innenseite begleitet werden, scharf gegen das übrige Gewebe der Fruchtwandung abstechen (Taf. XVII. Fig. 61 stellt einen Theil eines solchen Querschnittes dar). Der Gefässbiindelverlauf in dem weiblichen Blüthenstande von füphedra ist auch von van Tieghem1) geschildert worden und ist er auch hier zu dem Resultate gekommen, dass die Samenknospe einem Carpellblatte auf- J) 1. c. p. 290, Tat'. XVI. Fig. 100—106. — BÖ — sitzt, indem er den Fruchtknoten für ein einziges zweinerviges Carpell- blatt, das erste Blatt einer unentwickelten Achselknospe erklärte, welches am Grunde seiner Oberseite eine Samenknospe trägt. — Jeder Quer- schnitt zeugt hier vom Gegentheil, jede Entwickelungsgeschichte lehrt auf das Augenscheinlichste, dass diese Auffassung unmöglich ist, ja für Ephedra altissima sollte man meinen, sei eine solche Deutung von vornherein aus- geschlossen. Wir selbst wollen aus der genannten Gefässbündelvertheilung zunächst nur den Schluss ziehen, dass wir es hier mit einem endständigen oder achselständigen Gebilde zu thun haben; dazu berechtigt uns der Vergleich mit den vegetativen Sprossen (ein Vergleich, den van Tieghem in seiner ganzen Arbeit nicht ein einziges Mal angestellt hat), und die Ueberein- stinunung mit früher untersuchten Formen. Wahrscheinlich wird aus den genannten Gründen auch, dass die äussere Hülle zweiblättrig sei, und zwar um so mehr, als wir wissen, dass alle Achselknospen der Coniferen und auch die von Ephedra mit zwei transversalen Blättern beginnen. Ein dem Deckblatte opponirtes Blatt müsste sowohl hier als auch für Coniferen von vornherein schon unwahr- scheinlich erscheinen. Instructiv ist wiederum, dass die vermuthlichen Carpellblätter hier je ein Bündel (vom Ergänzungsbündel abgesehen, das hier nicht in Betracht kommt, da es ganz anderen Ursprungs ist) erhalten, während doch alle Laubblätter zwei Bündel besitzen und ein neuer Beweiss (wenn es sich wirklich bestätigen sollte, dass wir es hier mit zwei Carpellblättern zu thun haben) für eine früher ausgesprochene Meinung, dass die Blüthen und die vegetativen Theile bis zu einem gewissen Maasse, d. h. so weit es die s. g. Correlation der Theile zulässt, sich selbstständig modificirt und un- abhängig ihre Charaktere vererbt haben. Die Entwickelungsgeschichte der weiblichen Blüthen konnte ich an einem starken Exemplare von Ephedra campylppoda verfolgen. Ende April d. J. (1871) zeigten sich die ersten Anlagen für dieselben. Sie traten an Stelle gewöhnlicher Achselknospen an jüngeren Zweigen auf und waren schon in den ersten Entwickelungszuständen an den breiteren und kürzeren Blattanlagen, vor Allem an der beginnenden Anschwellung des Scheitels und einer etwas helleren Färbung von den vegetativen Knospen zu unterscheiden. Jede Blüthenknospc beginnt, wie erwähnt, mit mehreren sterilen Blatt- paaren, bis dass sich in den Achseln der obersten beiden Blätter (etwa 81 des vierten Blattpaares) die Anlagen für die beiden Blüthen zeigen. Sie werden zuoberst an der Axe über den jüngsten Blattanlagen gebildet und unterscheiden sich hierdurch von den gewöhnlichen Achsclknospen der Ephedra, die erst in den Achseln älterer Blätter auftreten. Die Axe ent- wickelt sich hierauf nicht weiter und bleibt als kleine warzenförmige Er- hebung zwischen den beiden Blüthen sichtbar. Sic wächst bis zur Anlage der beiden Blüthen, wie die Axe jeder anderen vegetativen Knospe, ihr Vegetationskegel ist von einer continuirlichen Dermatogen- Schichte über- zogen, im Innern sieht man, ganz ähnlich wie in rein vegetativen Knospen, die Gewebesonderung vor sich gehen; auch die Blätter werden ganz in derselben Weise angelegt und unterscheiden sich nur durch etwas ein- facheren Bau und die verkürzte Gestalt von denjenigen gewöhnlicher Achselknospen. Erst mit der Anlage der Blüthenknospen treten specifische Wachsthums-Unterschiede auf: der Vegetationskegel des Sprosses wird in der Richtung des obersten Blattpaares breiter (Taf. XV. Fig. 39) und zu beiden Seiten desselben über diesem Blattpaare erheben sich die secun- dären Achselknospen (Taf. XV. Fig. 40). Von dem primären Scheitel des Vegetationskegels werden nur die mittelsten Zellen (Fig. 40) (auf Längs- schnitten etwa 3 — 5) in die neuen Wachsthums-Richtungen nicht mit hin- eingezogen und bilden dann das rudimentäre Axenende. Die beiden Blüthen- anlagen unterscheiden sich aber durch die Art ihres Wachsthums von ge- wöhnlichen Achselknospen, denn wir sehen die Epidermis sich an ihrem inneren Aufbau betheiligen. Die Dermatogeu-Zellen, welche bis dahin in einer einschichtigen Lage den Vegetationskegel überzogen, theilen sich jetzt an den Stellen neuen Wachsthums durch zur Oberfläche parallele Wände (Fig. 40). Sie verdoppeln sich in radialer Richtung, die aus den- selben hervorgegangenen Zellen wiederholen den Vorgang und vergrössern so immer mehr die Anlage. Mit den radialen Theilungen wechseln dann auch tangentiale ab, mit den vorhergehenden unter rechten Winkeln sich schneidend, und bilden so nach dem Scheitel zu divergirende Reihen (Fig. 40). Nur die Zellen der Basis der Anlage, die unter dem primären Dermatogen vor Beginn seiner Theilung gelegen hatten, schliessen sich an diese Reihen nicht an und fahren fort, sich durch intercalare Theilungen selbstständig zu vermehren. , Ich gehe auf diese histologischen Einzelheiten hier ein, weil sie mir für Ephedra vollständiger als für die anderen untersuchten Pflanzen be- kannt wurden und füge nur hinzu, dass auch in dieser Beziehung Ephedra sich von Taxus nur wenig unterscheidet. Strasburger, Coniferen und Gnetaceen. 6 S2 Schon nach dein Auftreten der ersten Theilungen im Dermatogen sieht man auf Längsschnitten auf der Innenseite der Anlage, in Folge einer stärkeren Entwickelung der hier liegenden Zellen, eine neue Erhebung sich bilden (Fig. 40). Auf Ansichten von oben überzeugt man sich, dass es zwei ge- sonderte Höcker sind, welche die beiden inneren Kanten der jungen An- lage einnehmen. Es sind das die beiden ersten Blätter der Achselknospe und ihre leichte Verschiebung nach hinten erklärt sich hinreichend aus dem Mangel einer Axe hinter denselben1). Gesondert lassen sich die beiden Blattanlagen übrigens nur auf den allerjüngsten Entwickelungs- zuständen sehen, sie vereinigen sich hierauf mit ihren Rändern zunächst auf der inneren, dann auf der äusseren Seite und erheben sich gemein- schaftlich geschlossen weiter (Fig. 41, 42). Dass wir es hier aber mit einer zweiblättrigen Bildung zu thun haben, dafür zeugen auch jetzt noch die Einschnitte auf der Innen- und der Aussenseite; auch werden die beiden Innenkanten der Ilnlle in ihrem Wachsthum dauernd bevorzugt und sind als die Medianen der beiden Blätter stets zu erkennen. Kurz nach Anlage des Perigons sieht man auch das Integument sich bilden. Es entsteht gleichzeitig im ganzen Umfange der Axe ebenfalls durch tangentiale Theilungen einer obersten Zellschicht an derselben (Taf. XV. Fig. 43, 44, 45, 4G). Es wächst durch Theilungen der beiden obersten Zellen des Randes, so dass es zweischichtig wird (Fig. 47). Längere Zeit erhebt es sich gleichmässig im ganzen Umkreise und erst später wird die Innenkante in ihrem Wachsthum bevorzugt und so ein einseitiger Lappen hier erzeugt (Taf. XV. Fig. 48 u. 49). Die ganze Entstehungsweise des Iutegu- mentes spricht dafür, dass es auch ein Blattgebilde sei, vielleicht ein ein- ziges Blatt, das erste mediane Blatt einer auf das transversale Blattpaar folgenden Spirale2), das gewöhnlich bei Coniferen auf der Stammseite zu stehen kommt3); hierfür scheint auch die Entwickelung des Lappens zu sprechen, der, wenn er ein marginaler Auswuchs nur wäre, kaum eine so constante Lage zeigen dürfte; — er entspricht also wahrscheinlich der Mitte des Blattes4). ’) Vergl. Hofmeister: AUgein. Morphologie, p. SOG. 2) Zwar kommen bei Ephedra an vegetativen Sprossen nur decussirte Blattstellungeu vor, doch dies braucht, wie anderseitig ausgeführt, nicht durchaus auch für die Blitthe zu gelten. 3) Vergl. Henry. Beiträge zur Ivenntniss der Laubknospen, 2. Abth. Coniferen. Nova Acta Leop. Carol. Bd. XIX. 1839, p. 92. ') So sehen wir, um einen analogen Fall anzufuhren, den einblättrigen Fruchtknoten von Tvpha augustifolia (Payer Organogen. Taf. 139 Fig. 26) ringförmig entstehen und erst nachträglich auf der einen (hinteren) Seite stärker wachsen. 83 Die weitere Deutung der Ephedra-Blüthe und der ganzen Coniferen drängt sich dann von selbst schon auf. Die äussere Hülle entspricht entschieden der einzigen Hülle der Coniferen-Blüthe, sie stimmt, wie wir gesehen haben, in ihrer Entwickelung durchaus mit Taxus überein, sie ist deutlich zweiblättrigen Ursprungs und es differeneiren sich in die Me- diane ihrer beiden Blätter die nämlichen Gcfässbiindel und in ganz ähn- licher Weise wie bei Taxus hinein. Die innere Hülle fehlt den Coniferen, sie ist eine Neubildung, die in aufsteigender Richtung an dem Vegetations- kegel der Axe hinzugekommen — sie ist, höchst wahrscheinlich einblätterig, gefässbündellos, nur zwei Zellagen stark, entspricht also durchaus den Integumenten der Samenknospen bei den s. g. Angiospermen, die sich ebenfalls gleichmüssig um den Nucleus erheben, keine Gefässbiindel besitzen, nur wenige Zelllagen stark sind und, wie monströse Fälle zeigen, auch nur je einem Blatte zu entsprechen scheinen. Hiermit wäre auch die Bezeichnungsweise der Blüthen, wie wir sie im Vorhergehenden eingeführt hatten, gerechtfertigt. — Sie war, ausser allen anderen, früher besprochenen Gründen, besonders auch durch eben diesen Vergleich mit den Gnetaceen geboten, — einen Vergleich, den ich im Folgenden noch weiter auszuführen Gelegenheit nehmen werde. Die Spitze der Axe wächst nach Anlage von Carpell und Integument gleichzeitig noch weiter, doch wird sie bald von diesen überholt (Taf. XV. Fig. 47). Die Fruchtknotenhülle verengt sich über ihrem Scheitel zu einer meist deutlich zweilippigen Mündung, und die Integumentspitze tritt mit ihrem einseitigen Lappen zu dieser Oeffnung hervor und bildet durch weiteres intercalares Wachsthum den langen Hals, der schliesslich bedeu- tend über die Blüthe hinausragt (Fig. 49, auch Taf. XVI. Fig. 50 u. 54 für E. altissima). Nach vollendeter Anlage der Samenknospe streckt sich der Bliithen- boden, dem sie aufsitzt, noch ziemlich bedeutend und hebt sie mit empor (Taf. XV. Fig. 47, 48, 49). Diese Streckung rührt von neuen Theilungen her in dem Gewebe, welches ursprünglich unter dem Dermatogen der Blüthenanlage gelegen. Auf diese Weise kommen die radialen Zellreihen, die durch Theilung des Dermatogens entstanden sind und das Integument über der Insertion der Fruchtknoten wandung zu stehen. Der oberp, aus radialen Zellreihen aufgebaute Theil ist der Nucleus, der untere hingegen, der in seiner Gewebebildung unmittelbar an die Inflorescenzaxe anschliesst, der Bliithenboden. Jetzt sieht man auch eine Zelle der mittleren Zellreihe an der Basis des 6* 84 Nudeus, etwas tiefer als die innere Einfügungsstelle des Integumentes ge- legen (Taf. XV. Fig. 47), an Grösse zunehmen, mit Protoplasma sich fällen und allmälig zum Embryosacke auswachsen (Fig. 49, Taf. XVI. Fig. 50, 54). Der bedeutenden Ausdehnung dieser Zelle muss auch der Blüthenboden folgen, er wächst also intercalar fort. Dieses Wachsthum erfolgt unterhalb der inneren Einfügungsstelle des Integumentes, welches auf diese Weise weit emporgehoben wird und schliesslich fast in dreiviertel Höhe am Nucleus eingefügt erscheint (Fig. 50, 54). Der junge Embryosack nimmt allmälig eine spindelförmige Gestalt an 'Fig. 50). Er erscheint dicht mit schaumigem Portoplasma angefüllt1). Anfang Juni dieses Jahres (1871) begann er sich mit Endosperm zu füllen in der für Coniferen charakteristischen Weise. Man sah nämlich Zellkerne in seinem ganzen Umkreise auftreten (Taf. XVI. Fig. 51\ um diese Primordialzellen sich bilden, sich vergrössern, gegen einander ab- tlachen und schliesslieh durch tangentiale Theilungen vermehren. So füllt sich der Embryosack bald mit grossen radial angeordneten Zellen. Am Scheitel zeigt er eine schwache Einsenkung, unter derselben entstehen die Corpuscula aus einzelnen ungeteilten Endospermzellen (Taf. XVI. Fig. 52). Die Blüthe hat jetzt ihre völlige Entwickelung erreicht und harret der Bestäubung (Taf. XVI. Fig. 54). Der Integumenthals sieht weit aus dem Fruchtknoten hervor; die beiden Zelllagen, die ihn bilden, haben sich verschieden differeneirt: die äussere besteht aus langgezogenen, die innere aus ganz kurzen Zellen, beide sind bedeutend verdickt (Fig. 53), die Ova- riumwandung ist ziemlich stark geworden, ist blattartig gebaut und wird von den Gefässbündeln durchsetzt. In der Mündung, um den Integument- fortsatz herum, ist die Epidermis zu kurzen, keulenförmigen Papillen aus- gewachsen (Taf. XVI. Fig. 53), deren Bildung insofern gerade an dieser Stelle autialt, als sic an die Narben-Papillenbildung auf dem Fruchtknoten- rande bei höheren Phanerogamen erinnert2). %An der Integumentspitze ist von solchen Papillen hier aber nichts zu sehen (Taf. XVII. Fig. 60). Kurz vor der Bestäubung lockert sich auch die Knospenwarze auf und es bildet sich hier eine trichterförmige Vertiefung, die bis auf den Embryosack führt ('Taf. XVI. Fig. 54, 'Taf. XVII. Fig. 63). Die weitere Entwickelung ') Ich gehe aut' diese Verhältnisse etwas näher ein, weil sie bisher nicht geschildert worden. * 2) Eine ähnliche Erscheinung, wenn auch in geringerem Grade, zeigen übrigens auch die Hüllblätter. 85 der Corpuscula stimmt durchaus mit der bei Coniferen tiberein. Eine pri- märe Endospcrmzelle theilt sich in eine obere kleinere und eine untere grössere Zelle, beide mit je einem schönen Zellkern versehen (Tat. XVI.) Fig. 52). Die obere wird zur Hals-, die untere zur Centralzelle des Cor- pusculum. Der Embryosack erfährt wie diese Zellen eine bedeutende Streckung, die Halszelle folgt derselben durch quere Theilungen (Taf. XVI. Fig. 53) so, dass die Centralzelle schliesslich von einer der Hauptsache nach einfachen Reihe von 7 — 9 Zellen gekrönt wird (Fig. 53, Taf. XVII Fig. 63). Dadurch wird sie auch von dem Scheitel des Embryosackes ent- fernt. Die Centralzelle füllt sich mit Protoplasmen, so wie es für Coniferen bekannt. Von ihrem Scheitel, dicht unter dem Halse, wird eine schöne Kanalzelle mit eigenem Kern abgegliedert (Taf. XVI. Fig. 53, Taf. XVII. Fig. 63, 64, 65), unter derselben ist meist der primäre Kern der Central- zelle noch aufzufinden (Fig. 64). Die Centralzelle wird im Umkreis von Hachen, inhaltsreichen Endo- spermzellen umgeben und schliesst sich also auch in dieser Beziehung an die Coniferen an. Die Corpuscula sind nicht, wie Schacht wollte, in der Einzahl, son- dern stets in Mehrzahl (3 — 5) vorhanden, zu einer im Umkreise spindel- förmigen axilen Gruppe vereinigt. Die Täuschung wurde wohl hei ober- llächlicher Betrachtung durch die Trübung des Inhaltes der die Corpus- cula umgebenden Endospermzelleu veranlasst, — eine Trübung, welche die Corpuscula nur schwer sichtbar macht und die Vermuthuug wohl aufkom- men lässt, als sei die ganze spindelförmige mittelständige Masse ein ein- ziges Corpusculum. Die inhaltsreichen Endospermzelleu müssen dem Wachsthum des gan- zen Embryosackes und der Centralzelle des Corpusculums folgen — sie vermehren sich durch Theilung. Sehr schön lässt sich hierbei auch die Theilung der Zellkerne beobachten1). Zunächst sieht man den Zellkern sich in der Richtung des stärksten Wachsthums der Zelle etwas vergrössern und oval werden, auch das Kern- körperchen nimmt an Grösse zu und, wie ich mich mehrfach aufs Sicherste überzeugen konnte, theilt es sich (meist quer) durch die Mitte, und es gehen zwei neue Nucleoli aus dieser Theilung hervor, sie entfernen sich etwas von einander und bald wird zwischen ihnen, senkrecht zur vorlier- l) Eben so schön auch in dem Endosperni anderer Coniferen, z. B. hei Pinus Pu- milio, Taf. VI. Fig. 32. 86 gehenden stärksten Wachsthumsrichtung der Zelle, eine dünne Trennungs- linie sichtbar. Heide Theilhälften runden sich gegen einander ab und trennen sich schliesslich völlig von einander; jetzt beginnt nun auch die Theilung der ganzen Zelle zwischen denselben. — Mit absolutem Alcohol lassen sich diese Zustände in der schönsten Weise fixiren und fast auf auf jedem Längsschnitt entsprechender Entwickelungszustände leicht ver- folgen. Sie bilden ein schönes Beispiel für eine wirkliche Theilung der Zellkerne, die in letzter Zeit vielfach bezweifelt worden ist, doch sicher neben der anderen, wo der Zellkern aufgelöst wird, besteht. Nach den vorhandenen Beobachtungen1) möchte es fast scheinen, als wenn die erste Art der Theilung mehr bei rein vegetativen, die zweite mehr bei repro- ductiven Vorgängen verbreitet wäre. Die empfängnissfähigen Eier sind langgezogen, unten zugespitzt, mit fast homogenem Plasma angefüllt. Leider war die Bestäubung aus Mangel an blühenden männlichen Pflanzen nicht erfolgt und die Eier gingen all- mälig zu Grunde. Der Nucleus und das Integument schrumpften zu- sammen, und nur die Fruchtknoten wandung entwickelte sich noch längere Zeit weiter. In besonders auffallender Weise erfolgt diese Weiterentwickelung der Fruchtknoten wand bei Ephedra Alte, wo trotz ausgebliebener Befruchtung und Verschrumpfung der inneren Theile dieselbe verholzt, und auch die Hüll- blätter um dieselbe sich durchaus normal verhalten, fleischig werden und sich schön roth färben. Das Fleischigwerden der Hüllblätter beruht auf dem Umstande, dass sich die Zellen derselben prall mit wässriger Flüssig- keit füllen und gegen einander abrunden (wTie etwa die Zellen einer saftigen Birne), das Chlorophyll gleichzeitig desorganisirt wird und in kleine, rothe Körnchen zerfällt. Nur die Gefässbündel und die Epidermis sind von diesem Prozesse ausgeschlossen. Die ersteren füllen sich mit Luft, die letztere mit gelbem, körnigem Inhalte. Auch zwischen den saftigen Zellen ist viel Luft an- gesammelt; vom Zellkerne derselben ist meist nur noch eine Art Hülle zurückgeblieben und ein lichtbrechendes Kernkörperchen, das lose in dieser Hülle liegt. Physiologisch entspricht die Fruchthülle demArillus von ’) Vergl. Haustein’s vorläufige Mittheilung über die Bewegungsersckeinungen des Zellkernes in ihren Beziehungen zum Protoplasma (Sitzungsber. der niederrheinischen Gesellschaft in Bonn vom 19. Dezember 1870, p. 217). — Haustein hält p. 230 die Theilung des Zellkernes in den vegetat. Zellen der höheren Pflanzen für das Normale und zieht in der Anmerkung die Auflösung des Zellkernes überhaupt in Zweifel. Taxus, sie dient vermutlilich zum Anlocken der Thiere, welche die ver- holzte Frucht unverdaut wieder von sich geben und so zu ihrer Verbreitung beitragen; morphologisch ist sie eine durchaus verschiedene Bildung. Die Fruchtknotenwand ist hier dagegen sowohl physiologisch als morphologisch der von Taxus entsprechend, morphologisch aus dem schon angeführten Grunde, physiologisch, weil sie ebenfalls zum Schutz des Samens dient. Sie zeigt aus diesem Grunde denselben Bau wie die Fruchtknotenhülle von Taxus, ist eben so stark verholzt und entsprechend der Mediane ihrer beiden Carpellblätter und der sie durchsetzenden Gefässbündel äusser- licli wie bei Taxus mit zwei Kanten versehen. Bei Ephedra altissima, wo nur eine Bliithe vorhanden, wird sie un- mittelbar aus dem Scheitel der primären Achselknospe erzeugt; der Vege- tationskegel derselben wird zum Nucleus. — Sonst stimmt die Entwicke- lung mit der von Ephedra campylopoda völlig überein: die beiden Carpell- blätter werden alternirend mit dem letzten Blattpaar angelegt und stim- men in ihrem Verhalten so auffallend mit der Hülle von Taxus überein, dass an ihrer Homologie kaum gezweifelt werden kann1). Das Integument wird auch hier in einem ununterbrochenen Kreise gleichförmig angelegt und wächst, wie dort, zu einem langen Halse und einseitiger Micropyle aus2) (Taf. XVI. Fig. 54). Die Gefässbündel lassen sich, wie schon erwähnt, bis in den Scheitel der Fruchtknotenwandung verfolgen; der Nucleus wird zur Zeit der Bestäubung auch hier trichterförmig ausgehöhlt. An Alkohol-Exemplaren, die ich durch die Güte des Hin. Ch. Martins aus Montpellier erhielt, dürfte die Bestäubung Ende Februar erfolgt sein und waren Pollenkörner in dem Tricher zu finden, wo sie Schläuche in das Gewebe der Knospenwarze getrieben hatten. Zur Zeit der Bestäubung sind die Gorpuscula noch kaum angelegt. Sie stimmen in ihrem Baue völlig mit Ephedra campylopoda überein. Exemplare vom 16. März zeigten ganz reife Corpuscula mit schön entwickelter Kanalzelle, oft Spuren der beginnenden Befruchtung, den Zellkern in der Mitte des Eies und mit Stärke angefüllt (Taf. XVII. Fig. 65), sowie bei Cupressineen3). Leider war im ganzen Material auch nicht ein einziges bereits getheiltes Ei zu finden; 0 ’) Ein Längsschnitt durch einen ganz jungen Blüthenstand von Ephedra campvl., der beide Blüthenaulagen getroffen, erinnert hingegen sehr an Torreya. 2) Aehuliche einseitige Bildungen, wenn auch nicht so langgezogen, habe ich au dem Integumente von Betula alba beobachten können. *) Vergl. das Capitel über Befruchtung. 43. Bei indischen Loranthaceen ist nach den Angaben Griffith’s zu schliessen, der Embryonalschlauch der ganzen Länge nach doppelt. Hofmeister L c. p. 549. 97 Gedanken an einen genetischen Zusammenhang erweckt, — doch die an- geführten Gründe schliessen auch nur die Möglichkeit eines solchen Zu- sammenhanges aus, und sie zwingen zu der Annahme, dass wir es in beiden Fällen mit morphologisch verschiedenen Bildungen zu thun haben, die sich aber einer ähnlichen physiologischen Function angepasst haben, d. h. den Pollenschläuchen entgegen wachsen, um die Befruchtung zu erleichtern. Nach dieser Abweichung wollen wir den Faden unserer Untersuchung wieder aufnehmen. Die schlauchförmig verlängerten Corpuscula bleiben, wenn man auf Längsschnitten den Embryosack entfernt, unversehrt am Nucleus und treten, oft einen dichten Knäuel bildend, aus demselben her- vor (Taf. XIX. Fig. 31). Es hängt das mit einer Lockerung der Zellen des Embryosackscheitels zusammen, durch welche der Zusammenhang der Corpuscula und ihrer Nachbarzellen aufgehoben wird. Auf Querschnitten durch die untere Hälfte des Nucleusscheitels erscheinen sie als unregelmässig vertheilte Löcher in demselben (Taf. XIX. Fig. 46g u- h ). Das Pollenschlauchende legt sich seitlich an die Corpusculumspitze au1) und vermittelt so die Befruchtung. Dieses ist eine weitere Annäherung an die Phanerogamen und würde sich freilich auch wieder mit dem seit- lichen Anlegen an den Embryosack vergleichen lassen, doch ebenso gut, und wie ich glaube, richtiger, mit dem seitlichen Anlegen des Pollenschlauch- endes an den s. g. Fadenapparat bei Santalum2). Ja ich musste mir mehr- fach die Frage aufwerfen, ob nicht vielleicht die ganze obere schlauchförmige Verlängerung des Corpusculum von Welwitschia als eine stark entwickelte Kanalzelle aufzufassen und somit dem s. g. Fadenapparat bei Santalum zu vergleichen sei3), wie derselbe ja auch häufig bei höheren Phanero- gamen in gleicher Stärke vorkommt, und nach Angaben von Schacht, bei Ixia und Watsonia4) sogar bis zur Micropyle der Samenknospe hinaus- wächst. Doch dieses wird sich erst an frischem, oder doch besser erhalte- nem Materiale entscheiden lassen. Der Zapfen, der mir zur Verfügung stand, war zufälliger Weise gerade *) Hooker 1. c. T. X. Fig. 16, 17. . 2) Schacht 1. c. Taf. III u. IV. 3) Dass der s. g. Fadenapparat von Santalum album wirklich den oberen Theil des Eies (und nicht etwa eine Verdickung des Embryosackmembran) vorstellt, davon konnte ich mich auf das bestimmteste überzeugen, auch durchbricht er den Embryosack (also ähn- lich wie die Corpuscula von Welwitschia), tritt nach aussen und der Pollenschlauch legt sich unmittelbar an ihn an. 4) Schacht, Ueber Pflanzenbefruchtung, Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. I. p. 193. Taf. XI. Strasbnrger, Coniferen und (Jnetaceen. 7 98 zu Anfang dev Befruchtungszeit in Alkohol gelegt worden, so dass es mir gelang, die ersten Theilungszustände der Eier aufzufinden (Taf. XIX. Fig. 34—39). Welwitschia schliesst sich hierin unmittelbar den Coniferen, vor- nehmlich den Taxineen an, wie ich dies bei Besprechung der Keimbildung noch weiter erörtern will. Sobald sich der Keim zu entwickeln beginnt, gehen aber auch weitere Veränderungen in der Samenknospe vor; das Endosperm nimmt an Grösse zu, wird aber in dem Maasse als der Embryo vordringt, unter seinem Scheitel aufgelöst und setzt ihm also keinen Widerstand entgegen. Der untere Theil des Nucleus wird durch die Ver- grösserung des Embryosackes immer mehr verdrängt und bildet schliess- lich nur noch eine Art peripherischer Hülle um denselben. Dieser untere Theil des Nucleus gehört übrigens streng genommen nicht dem Nucleus, sondern der Blüthenaxe an, die sich hier durch intercalares Wachsthum verlängert und die ganze Samenknospe emporgehoben hat; der auch nach unten hin sich ausdehnende Embryosack, höhlte dann diese Axe aus. Da- her wird die Hülle bis zu der Ansatzstelle des Integumentes von Gefäss- bündeln durchzogen (Taf. XIX. Fig. 37). Hooker bespricht diese Hülle auf p. 37, ohne sich jedoch definitiv über ihre Deutung fixiren zu können. „Aehnliche Vorkommnisse bei den Loranthaceen und das Vor- handensein eines Gefässbündels sprechen“, seiner Meinung nach, „für die axile Natur, während doch andererseits die Continuität des Gewebes zwischen dem unterem Theile, dem Integumente und dem oberen Theile, ferner die Analogie mit Gnetum, wo diese Hülle sicher Perisperm sein soll (weil dort das äussere Integument auch im reifen Samen an der Basis eingefügt und nur das innere nach der Spitze zu gerückt ist), endlich ähn- liche Vorkommnisse bei nahe verwandten angiospermen Pflanzen dagegen sprechen. In Folge dessen soll dann auch das Gefässbündel in dieser Hülle als Raphe gedeutet werden.“ — Nach dem oben Gesagten lässt sich, wie ich denke, die Frage hier sehr einfach lösen, da ja die Entwickelungs- geschichte in derselben durchaus entscheidend ist. Wir haben gesehen, dass dieses in Frage stehende basale Stück, durch intercalares Wachsthum unterhalb der Nudcusbasis und der Ansatzstelle des Integumentes nach- träglich eingeschoben wurde, dass es continuirlich das Gewebe der Axe fortsetzt und auch die Bündel ohne Unterbrechung in dasselbe übergehen; es ist also bestimmt axiler Natur, durch das basipetale Wachsthum des Embryosackes nachträglich ausgehöhlt. Die Gefässbündel, sechs an der Zahl, im Umkreise vertheilt, setzen sich bis an die Ansatzstelle des In- 99 teguuientes fort und würden bei anderer Deutung eine jedenfalls höchst eigenthümliche ßaphe darstellen. Es bleibt mir noch übrig den Gefässbündelverlauf zu schildern.1) Vier Bündelgruppen, meist aus je drei einzelnen Bündeln bestehend, laufen den vier Schuppenreihen entsprechend, durch die Rachis des weib- lichen Zapfens, seitlich durch schwächere Bündel in unbestimmter Anzahl zu einem Kreise verbunden (Taf. XIX. Fig. 44). Die Rachis ist sehr stark entwickelt und die Bündel treten gegen die Masse derselben sehr zurück, zunächst der Oberfläche sich haltend. Die Bündel jeder Hauptgruppe sind halbmondförmig gruppirt und kehren ihre convexe Seite nach innen (Fig. 44 u. 45), die schwachen Nebenbündel sind alle gleich weit von der Oberfläche vertheilt. Die einzelnen Bündel jeder Hauptgruppe anastomosiren in ihrem Verlauf, ebenso die Nebenbündel unter sich und mit den Hauptbüudeln. Unter der Einfügungs- stelle eines fertilen Schuppenpaares geben die .Seitenbündel der ent- sprechenden Hauptgruppen je einen. Seitenzweig ab, der peripherisch aus- biegend nach der Oberfläche der Rachis läuft, um in ein Deckblatt zu treten (Taf. XIX. Fig. 45 lit fb.). Den Deckblattbündeln folgen bald auch die Bündel für das Achselprodukt. Sie haben einen doppelten Ursprung, indem sie jederseits mit zwei gesonderten Bündeln beginnen, einem, das dem Seitenbündel der Hauptgruppe, einem anderen, das einem benachbarten Nebenbündel entspringt (Fig. 45 lit. fa.). Beide Bündel verschmelzen äusser- lich ausbiegend sofort zu einem einzigen, der in Gesellschaft eines ihm ent- sprechenden entgegengesetzten, die Achselknospe versorgt. — Die beiden Deckblattbündel verdoppeln sich jederseits an der Basis des Blattes und theilen sich dann weiter fächerartig nach den Rändern desselben zu (Taf. XVIII. Fig. 25). In ihrem Verlauf werden sie von schraubenförmig und netzförmig verdickten Zellen begleitet (v. Mohl, Transfusionsgewebe) und lösen sich endlich ganz in dieselben auf, ein Vorgang, der hier wegen der Durchsichtigkeit der Blätter besonders leicht und schön zu beob- achten ist. Die beiden Bündel der Achselknospe zerfallen an der Basis derselben in je drei gleiche Zweige (Taf. XIX. Fig. 46 a). Das mittlere der drei geht sofort peripherisch ab und tritt in die Mediane des hier eingefügten Carpellblattes (Fig. 46 b), in welchem es sich bis hart an die Spitze ver- folgen lässt (Taf. XVIII. Fig. 22), ohne Seitenzweige an die Flügel ab- 9 Diese Schilderung weicht in sehr vielen Punkten von derjenigen Hooker’s ab. 7* 100 zugeben. Die beiden jederseits zurückgebliebenen Bündel, setzen ihren Weg in der Blüthenaxe unverändert fort, und die weitere Modifikation, die sie erleiden, besteht nur darin, dass ein Bündel zu jeder Seite (das vordere oder hintere), durch seine grössere Stärke bereits von den be- nachbarten unterschieden sich noch verdoppelt (Fig. 46 b “■ c) und das mittlere nun entstandene, sich median und etwas peripherisch zu seinen beiden seitlichen stellt (Fig. 46° “• d), und in derselben Richtung weiter mit ihnen läuft Man kann so die sechs Bündel bis an die Basis des Xucleus verfolgen, wo sie in seinem Umkreis erlöschen. Während der basalen Streckung des Blüthenbodens, nehmen dann auch sie an Länge zu und laufen, wie bereits erwähnt, nachdem die Axe durch den Embryosack ausgehöhlt worden, in der so gebildeten Hülle bis unter die Einfügungsstelle des Integumentes (Taf. XIX. Fig. 37). Der Gefässbündelverlauf bestätigt, wie wir sehen, das anderweitig Gewonnene. Die beiden Carpellblätter werden wie sonst die beiden ersten Blätter einer Achselknospe, auch wie die Carpell- blätter von Taxus oder Ephedra versorgt, das Integument erhält dagegen keine eigenen Bündel, ja dieselben ordnen sich nicht einmal so an, als wenn sie ein neues Blattpaar zu versorgen hätten, sondern setzen un- verändert ihren Weg in der Axe fort. Dies erweckt denn wohl die Yer- muthung (und diese gilt auch für Ephedra), dass das Integument nicht durch Metamorphose eines ausgewachsenen, mit Gefässbiindeln bereits ver- sehenen Blattes oder Blattpaares entstanden sei, sondern aus einem jugend- lichen zarten, noch gefässbündellosen, das auf diesem Zustande bereits, in seiner Entwickelung aufgehalten, sich der neuen Function angepasst hat und somit auch als fertiges Integument zart und gefässbündellos erscheint, ohne Mediane ist und keinen directen Einfluss auf das Bündelsystem der Blüthenaxe ausübt. Dass übrigens das Integument nicht durchaus gefäss- bündellos zu sein braucht, werden wir bei Gnetum sehen; nicht das Vor- handensein oder Fehlen der Gefässbündel kann über die morphologische Natur desselben entscheiden (denn sonst müssten ja die meisten Frucht- knoten der Coniferen Integumente sein), sondern nur die Homologie. Hier bietet uns aber grade auch das Gefässbündel einige Anhaltepunkte zur Feststellung derselben. Das wären im Allgemeinen die Resultate, zu denen mich die Unter- suchung der weiblichen Blüthe von Welwitschia geführt ; sie weichen auch in der Deutung von denen Ilookers insofern ab, als er die äussere Hülle für ein Perianthium, ich für einen Fruchtknoten halte. Die innere Hülle er- klärt er für ein Integument, der einzigen Hülle der Coniferen gleich; ich 101 suchte dagegen bereits bei Ephedra nachzuweisen und hielt diese Deutung auch für Welwitschia aufrecht, dass es die äussere Hülle ist, die der ein- zigen Hülle der Coniferen entspricht, die innere dagegen ein wahres In- tegument, den Integumenten der Samenknospen bei höheren Phanerogamen zu vergleichen. Ilooker fällt es überhaupt schwer, den Bliithenbau der Gnetaceen mit dem der nächstverwandten Coniferen zu parallelisiren. Denn, sagt er, vorausgesetzt, dass die Eier sich in beiden Familien entsprechen, so bleibt doch noch ein Gebilde bei Abies z. B. übrig, das sich der Vergleichung entzieht: es ist dies die Fruchtschuppe. Erachtet man nämlich die äussere Schuppe von Abies als dem Deckblatte von Gnetum entsprechend, so müsste man das Perigon von Gnetum als Analogon der Schuppe, also etwa nach Rob. Brown’s Deutung, als Carpellblatt, oder die Fruchtschuppen von Abies als Perigon auffassen, was beides nicht gut möglich ist. Diese Auffassung Hookers hängt mit der Rob. Brown’schen Carpellar- theorie für Coniferen zusammen, und dürfte in dem früher Gesagten seine Erledigung finden. Bei Gelegenheit der Mittheilung der Hooker’schcn Arbeit in der Flora 1863, in der Anmerkung auf S. 510, erklärt Eichler ebenfalls das Ovulum von Welwitschia für homolog der Coniferenblüthe, beide unterscheiden sich, seiner Ansicht nach, dadurch nur, dass das erste ein Perigon besitzt, das letztere nicht. Ebenso urtheilt Pariatore1) und Bailion2), nur dass sie das Ovulum hier als Fruchtknoten bezeichnen und dann ebenfalls den für Fruchtknoten erklärten Coniferenblüthen parallelisiren. 3. Gnetum. Es erübrigt uns eine letzte Pflanzengattung zu besprechen, die uns nicht minder wichtig als ihre beiden Verwandten unter den Gnetaceen er- scheint, leider mir aber nur in wenig genügendem Material zur Verfügung stand. Es ist dies die Gattung; Gnetum. Die besten Angaben über dieselbe verdanken wir Blume, was seitdem ge- schehen, kann schlechterdings kaum für einen Fortschritt angesehen werden. Die weiblichen Blüthen von Gnetum sind durch ihre drei Hüllen aus- gezeichnet (Taf. XVIII. Fig. 27). Die beiden inneren werden von Blume 1) 1. c. p. 21. 2) 1. c. Bd. V. p. io. 102 als Integumente, die äusseren als nackter Fruchtknoten bezeichnet. Be- kanntlich behauptete Blume 1848 in der Rumphia (Bd. IV. p. 2), dass die beiden Integumente v.on Gnetum, ähnlich wie bei höheren Phanerogamen, von innen nach aussen iangelegt werden. Blume hatte die Entwickelungs- geschichte an in Spiritus aufbewahrten Exemplaren verfolgt; er beschreibt sie folgendermassen : „In welchem Stadium der Entwickelung man auch die weiblichen Bliithen von Gnetum untersucht, immer findet man den Nucleus des Eies von dem, am Scheitel durchbrochenen fleischigen Ovarium völlig eingeschlossen. Der Nucleus erscheint im Grunde der Ovariumhöhlung als kleiner abgerundeter Höcker Um diesen bildet sich das innere In- tegument. Es entsteht im Umkreise als ringförmige Erhebung. Während es sich allmälig gegen den Scheitel des Nucleus hin verlängert, sieht man an der Basis desselben schliesslich eine neue kreisförmige Anschwellung sich zeigen, welche zum äusseren Integumente wird. Dieses umwächst das innere und endet in einem kurzen Halse, der im Ovarium eingeschlossen bleibt, während das innere Integument sich zu einem langen Tubus streckt, der aus dem Ovarium hervortritt.“ Anders lauten die Angaben von Griffith.1) In den androgynen Blüthen- ständen von Gnetum Brunonianum sollen, dessen Beobachtungen zufolge, lange vor der Reife der Antheren, die über denselben stehenden Ovula, aus einem centralen soliden Körper bestehen, der von zwei Hüllen umgeben ist. Die äussere dieser Hüllen ist fibrocellular und der Länge nach auf der inneren Seite geötfnet. Die innere Hülle ist cellular und unregel- mässig am Scheitel zertheilt, sie bedeckt noch nicht vollständig den Nucleus. Auf dem nächsten Entwickelungsstadium schwindet der longitudinale Einschnitt auf der Hinterseite der äusseren Hülle, und die innere wächst bis über den Nucleus. Während der Blüthezeit der Antheren zeigt sich ein Sack im Innern des Nucleus, den Griffith für das Ammion hält. Bald nach dem Abfallen der männlichen Blüthen- sieht man eine bedeutende Aenderung in den weiblichen Blütlien vor sich gehen, es tritt nämlich sehr rasch, und wie es scheint, ganz plötzlich, eine neue celluläre Membran zwischen der innern Hülle und dem Nucleus auf. Diese neue Hülle setzt sich über dem Scheitel des Nucleus in eine cylindrische Röhre fort, deren Rand zerschlitzt ist. Die beiden äusseren Hüllen bleiben während dem unverändert, die neue wächst aber aus der Oeffnung der äusseren zu einer ziemlich bedeutenden Länge hervor. *) Mitgetheilt von Lindley im Veget. Kingdom. p. 283, hierzu die Fig. CLXIV und von Henfrey in den Transact. of the Linn. Soc. XXII. 299 — 312. tab. 55—56. 103 Auch Hooker untersuchte Gnetum, doch nur beiläufig, um es mit Welwitschia zu vergleichen Die gewonnenen Resultate theilt er in einer Anmerkung (1. c. p. 29) mit: „Meine Beobachtungen, heisst es dort, wurden an Griffith’s Exem- plaren von Gnetum scandens, Gnemon, Brunonianum und anderen an- gestellt, weichen jedoch sehr von denjenigen dieses Forschers ab, dessen Angaben über die Entwickelung der Ovularintegumente sicher unrichtig sind. In keiner dieser Species fand ich, dass das Erscheinen der inneren Integumente plötzlich, oder erst nachträglich, nach der Bildung des äusseren Integumentes erfolgen sollte. Im Gegentheil, das innere Integu- ment wird zuerst und allmälig um den Nucleus wie ein Becher mit fim- brirtem Rande entwickelt und es überdeckt meist den Nucleus, bevor sich das äussere Integument zeigt. Das letztere wird erst ringförmig um die Basis des inneren sichtbar, mit einem gelappten oder unregelmässig gezähnten, oft schrägen Rande. Beide Integumente wachsen zusammen, aber das innere überragt stets das äussere. Die Gewebe beider sind ähnlich, nämlich aus ‘länglichen Zellen gebildet; keins von beiden enthält Gefässbünclel in der Jugend; das innere erhält solche auch zu keiner Zeit, im äusseren laufen sie aber bald in grosser Anzahl. Ich (Hooker) habe weibliche Blüthen von Gnetum scandens beobachtet, ohne jede Spur eines äusseren Integumentes, obgleich das innere bereits weit über den Nucleus hinausgewachsen war. Es kommt sehr gewöhnlich ein monströser Zustand in der Bliithc von Gnetum Brunonianum vor, wo das Perianth kugelförmig und fleischig ist, der Nucleus des Ovulums läng- lich nackt und auf einem fleischigen Discus sitzend.“ Den entwickelungsgeschichtlichen Angaben Blume’s schloss sich ganz entschieden Eichler in der Flora brasiliensis J) an, weil ihm die Beschrei- bungen und Zeichnungen von Blume (Rumpbia, Bd. IV. Taf. 176) viel entscheidender als die von Griffith (Transact. Linn. Soc. 1859. 299 und Taf. 55 u. 56) erscheinen. Ja in einer Anmerkung zu Hooker’s Aufsatz über Welwitschia in der Flora 1863. p. 509 heisst es: „Die Integumente von Gnetum entstehen, wie dies auch sonst gesetzmässig ist, in der Ordnung von innen nach aussen. Die Darstellung Griffith’s, nach welcher das Gegentheil stattfinden soll, ist völlig unrichtig.“ Ich war nach Kräften bemüht, mir Material von Gnetum zu ver- schaffen und somit eine wichtige Bücke in dieser Arbeit zu füllen. *) p. 440. 104 Leider gelang es mir trotz dem nicht, mir Alkohol-Präparate jüngster Entwickelungszustände zu verschaffen, und bleiben somit die Angaben, die ich hier machen kann in mancher Beziehung sehr unvollständig. Von Alkohol - Exemplaren untersuchte ich überhaupt nur einen männlichen (pseudo-androgynen) Blüthenstand von Gnetum Brunonianum Griff, und zwei weibliche unbestimmte (Fig. 3 und 4), wohl mit G. latifolium Bl. ver- wandte, beide von 0. Beccari auf Borneo gesammelt. Ausserdem stand mir das Herbarium -Material von Wien und Berlin, einiges auch aus London und Petersburg zur Verfügung, und fand ich schliesslich nach langem vergeblichen Suchen an der Basis eines älteren Blüthenstandes von Gnetum spec. (Herb. Griffith Nr. 4976) aus der Petersburger Sammlung, einen jungen Blüthenstand, der es mir gestattete, auch mit der Ent- wickelungsgeschichte der Blüthe zu einem gewissen Abschluss zu gelangen. Gleich bei Untersuchung des ersten Materials, das mir in die Hände kam, fiel mir eine Eigenthümlichkeit des Verhaltens zwischen den weib- lichen Blüthen in den androgynen und denjenigen in den rein weiblichen Bliithenständen auf, die ich mir zunächst kaum* zu erklären wusste. Die weiblichen Blüthen der androgynen Blüthenstände zeigten nämlich con- stant nur zwei (Taf. XXI Fig. 10), diejenigen in den weiblichen constant drei Hüllen. Ich untersuchte die ältesten weiblichen Blüthen, die ich zur Verfügung hatte, aus dem androgynen Blüthenstände, die jüngsten aus den weiblichen, immer blieb sich dieses Verhältniss gleich. Ich hatte zunächst nur androgyne Blüthenstände mit auffallend sichtbaren weiblichen Blüthen, wie z. B. Gnetum Gueinon L. berücksichtigt, bald zeigte sich aber, dass auch alle andern androgynen Blüthenstände, ohne jegliche Aus- nahme, über den männlichen Blüthen weibliche führen, und dass dieselben nur ihrer Kleinheit wegen bisher meist übersehen wmrden. In den letztge- nannten Bliithenständen waren die Blüthen lange noch vor der Keife der Antheren abgestorben, und -da zwischen diesen kleinsten abgestorbenen Blüthen und den zur Verstäubungszeit noch lebenskräftigen sich in den androgynen Bliithenständen alle Mittelformen auffinden Hessen, so lag wohl die Vermuthung nahe, dass wir es hier überall mit rudimentären Bildungen zu thuii hätten. Bei Ephedra campylopoda kommen androgyne Blüthenstände ebenfalls vor, man sieht nicht selten am Scheitel des männlichen Blüthenstandes zwei weibliche Blüthen auftreten, die nach kurzer oder längerer Entwicke- lung constant zu Grunde gehen. Wir haben es also mit einer ganz ähn- lichen Erscheinung zu thun, mit dem Unterschiede, dass bei Ephedra cam- 105 pylopoda dieses Auftreten nur abnorm ist, bei Gnetum hingegen auf eine androgyne Vergangenheit mit fertilen weiblichen Blüthen hinzudeuten scheint. Jedenfalls ist diese Tendenz, weibliche Blüthen über den männ- lichen zu bilden, in der ganzen Familie vorhanden und findet schliesslich ihren höchsten Ausdruck bei Welwitschia in dem Auftreten eines Frucht- knotens am Scheitel der männlichen Bliithe. In einem androgynen Bliithenstande von Gnetum Brunonianum Griff., das ich von 0. Beccari in Florenz erhielt, waren die männlichen Blüthen bereits abgeblüht, theilweise abgefallen, die weiblichen noch erhalten. So weit dies nach den Alkoholexemplaren zu beurtheilen war, schienen sie im Augenblicke des Einsammelns noch entwickelungsfähig gewesen zu sein (Taf. XXI. Fig. 10); sie waren verhältnissmässig stark, 1,75 MM. hoch, mit der ersten Andeutung eines Embryosackes im Innern, doch auch jetzt nur mit zwei Hüllen versehen. Nach dieser Beobachtung könnte vermuthet werden, dass diese Blüthen bei Gnetum Brunonianum sich auch noch weiter entwickeln, ja dass es auch noch andere Gnetum- arten giebt, bei welchen die weiblichen Blüthen der androgynen Blüthen- stände noch keimfähige Samen erzeugen; — unmöglich ist dieses nicht, mir persönlich aber kaum wahrscheinlich, trotz der Beobachtung einer Embryosackanlage bei Gnetum Brunonianum und ungeachtet der positiven Angabe von Blume und Griftith. Denn auch die weiblichen Blüthen in den androgynen Blüthenständen von Ephedra campylopoda erzeugen häutig einen Embryosack, selbst Corpuscula in demselben, und gehen doch regelmässig zu Grunde; was aber die Angaben von Blume und Griffith anbetrifft, so sprechen diese stets von drei Hüllen auch um die aus dem androgynen Bliithenstande stammen sollende weibliche Bliithe, während diese doch constant nur zwei Hüllen besitzt. Ja gerade speciell für Gnetum Bru- nonianum beschreibt Griffith, dass nach dem Abfallen der männlichen Blüthen, um die weiblichen eine dritte Hülle sich bilde. Ich halte dies für geradezu unmöglich und bin vielmehr der Ansicht, dass hier überall weib- liche Blüthen aus rein weiblichen Blüthenständen für spätere Zustände solcher aus androgynen gehalten wurden. Eine eingehendere Untersuchung der in Frage stehenden weiblichen Blüthe drängte mir die Ueberzeugung auf, dass sich um dieselbe keine dritte Hülle nachträglich bilden könne. In den vorerwähnten Blüthen von Gnetum Brunonianum waren sämmtliche Theile bereits angelegt, die Ge- fässbündel in denselben differencirt, die Zellen des Nucleus mit Reserve- i stoffen angefüllt und nirgends, weder auf der Innen- noch der Aussen- 106 seite des Ovularintegumentes, auch nur die Andeutung einer jüngeren Hülle zu sehen. Die vorhandenen zwei Hüllen grenzen scharf aneinander und es ist kaum (.lenkbar, dass hier noch eine neue Hülle eingeschoben werden könne, da ja doch sonst in Fällen, wo dies nachträglich zu ge- schehen pflegt, z. B. bei Taxus, wenigstens der Raum für dieselbe zurück- gelassen wird, und eine schwache Anschwellung den Ort derselben bezeich- net. Auch würde eine solche Hülle dann schlechterdings nur als Arillus und nicht als äusseres Integument gedeutet werden können. Dass dieselbe endlich, wie es Griffith will, zu innerst um den Xucleus entstehen sollte, ist ganz undenkbar. Erstens gäbe es für einen solchen Vorgang kaum einen analogen im ganzen Gewächsreiche, und wenn ich auch auf Ana- logieen kein zu grosses Gewicht lege, so zeigen doch andererseits die mit Reservestoffen dicht angefüllten Zellen des Xucleus, dass derselbe unmöglich jetzt noch als Yegetationskegel fungiren und neue Hüllen bilden könne. Auch wird der Xucleus so eng von dem vorhandenen einzigen Integumente umschh sseu, dass hier schwerlich für ein neues Platz sich finden würde (Taf. XXI. Fig. 10). Griffith giebt an: die innerste dritte Hülle erscheine ganz plötzlich nach Abfallen der männlichen Bliithen; ihr Entstehen selbst hat er also nicht gesehen. Nach dem Yorhergesagten dürfte wohl die be- reits ausgesprochene Vermuthung noch mehr "Wahrscheinlichkeit gewinnen, dass ihm zweierlei Blüthenstände von Gnetum Brunoniauum zur Unter- suchung Vorlagen, ein androgyner und ein rein weiblicher, und dass er den weiblichen für einen weiteren Zustand des audrogynen, mit abgefallenen männlichen Bliithen gehalten hat.1) Bleiben dann aber noch die Angaben von Blume über Gnetum Gnemon, welches ebenfalls fertile androgyne Blüthenstände besitzen soll. Auf Taf. 176 sind dieselben in Fig. 9 und 14 abgebildet und in der Explicatio figurarum2) die Fig. 9 als Amentum florigerum, die Fig. 14 als Amentum fructiferum bezeichnet. Eine unbefangene Betrachtung beider legt nun auch hier die Yennuthung nahe, dass es zwei verschiedene Blüthenstände sind. In dem androgynen Fig. 9, stehen die weiblichen Bliithen in einem Kranze über den männlichen, von dem vorwachsenden Deckblattwirtel ziemlich entfernt, in Fig. 14 stehen sie unmittelbar über diesem Deckblattwirtel, so dass 9 Diese Vermuthung wird zur Gewissheit, weun man die von Henfrey mitgetheilten Figuren Griffith' s vergleicht. Die jüngeren Zustände, wie Fig. 10, stammen von männ- lichen, die älteren, wie Fig. 15, 18 u. s. w., von rein weiblichen Blüthenständen (Trans- act. XXII. Taf. 55). *) ßd. IV. p. 8. 107 kaum einzusehen ist, wo hier der Raum für die männlichen Bliithen ge- wesen. Bei den reifenden stark angeschwollenen Früchten könnte man noch allenfalls vermuthen, dass durch die Anschwellung derselben nun- mehr der ganze Raum in Anspruch genommen wurde, allein dasselbe gilt auch für die klein gebliebenen abortirten Blüthen, die ebenfalls fast un- mittelbar das Deckblatt berühren. Wie verhält es sich hier nun weiter mit den entwickelungsgesehichtlichen Angaben? Nach dem Texte (p. 2) zu urtheilen, sollte man wirklich meinen, Blume hätte ganz junge Blüthen untersucht und die Integumente der Samenknospe von innen nach aussen auftreten sehen. Hierzu passen aber sehr wenig die beigegebenen Figuren. Dieselben lauten nur auf Gnetum Gnemon, so dass es wohl kaum dem Zweifel unterliegt, dass Blume auf die Untersuchung dieser Pflanze seine Angaben stützte. Nun sind aber hier die Figuren kaum über- zeugend; sie stellen Zustände vor, auf denen sonst bei allen anderen Pflanzen beide Integumente längst schon angelegt zu sein pflegen, und die Bildung, die man in Fig. 19 z. B. um das innere Integument auf- treten sieht, nachdem das innere Integument bereits zu einer langen Röhre, bis in die Fruchtknotenmündung hinein, ausgewachsen ist, könnte doch höchstens nur als Arillus gedeutet werden. Gegen die Richtigkeit der Zeichnungen sprechen ausserdem meine eigenen directen Beobachtun- gen, so unvollständig sie auch sein mögen, und legen also auch hier dieVer- muthung nahe, dass Blume das spätere Auftreten einer dritten Hülle zunächst nur aus dem Vergleich der weiblichen Blüthen der androgynen Blüthenstände mit denjenigen rein weiblicher, die er für identisch hielt, erschlossen hatte und dann auch durch einige Präparate, bei denen eine beliebige Täuschung unterläuft, bestätigt zu finden glaubte. Bei Gnetum latifolium und Verwandten hat Blume auch die rudi- mentären weiblichen Blüthen in den androgynen (männlichen) Bliithen- ständen gesehen und richtig als rudimentär erkannt, bei Gnetum Gnemon und Verwandten hat dagegen sowohl er, als auch Griffith, sich aller Wahrscheinlichkeit nach, durch die verhältnissmässig bedeutende Grösse dieser Blüthen täuschen lassen und sie für functionsfähig gehalten. Dieses war um so leichter möglich, als die genannten Pflanzen nicht lebendig an Ort und Stelle, sondern erst in Europa nach mehr oder weniger unvoll- ständigen Herbar-Exemplaren und einigen wenigen Alkoholpräparaten untersucht w'urden. Durch diesen Umstand ist aber eine ganz eigcn- thümliche Verwirrung in die Systematik der Gattung Gnetum eingebrochen und verlangt dieselbe dringend eine erneuerte Untersuchung.^ Sehr viele 108 der aufgestellten Arten gehören, meiner Ueberzeugung nach, paarweise zu einander, besonders solche, von welchen einerseits nur androgyne, anderer- seits nur weibliche Blüthen beschrieben werden. Blume’s Arbeit ist in dieser Beziehung entschieden die beste, und muss ich ihr, trotz der ent- wickelungsgeschichtlichen Differenzen, die höchste Anerkennung zollen, — was seitdem aber über Gnetaceen veröffentlicht wurde; hat nur eine un- endliche Confusion in dieselben hineingebracht. Von den in der Rumphia angeführten Arten sind fast alle noch dioecisch: Gnetum latifolium Bl., G. leptostachyum Bl., G. cuspidatum Bl., G. edule Bl., G. neglectum Bl., G. microcarpus Bl. und G. funiculare Bl. Als monoecisch wird nur das Gnetum Gnemon L. und dessen Varietäten angeführt, und zwar, weil der weibliche Blüthenstand hier für einen älteren androgynen ge- halten wurde. Tulasne hingegen in den „Gnetaceae Americae australis“1) beschreibt fast lauter monoecische, und zwar androgyne Arten: 1) Gnetum paniculatum R. Spr. et Benth. 2) Gnetum Thoa R. Br. 3) Gnetum Leyboldi Tul. 4) Gnetum amazonicum Tul. (nur weibliche Blüthen lagen vor!). 5) Gnetum nodiflorum Ad. Brog. 6) Gnetum venosum Spr. et Benth. 7) Gnetum microstachyum Spr. et Benth. und zwar mit „?“ Von diesen zum Theil neu aufgestellten Arten dürften sich wohl nur wenige halten, um so mehr als Tulasne hier, sogar früher für dioecisch er- klärte Arten halbirte und zwei neue aus denselben machte: so das Gne- tum Leyboldi (pseudo -androgyn) und das Gnetum amazonicum (weiblich), aus dem Gnetum dioicum von Leybold. Auch beschreibt Bentham in seiner „Description of two american species of Gnetum“2) sowohl das Gne- tum paniculatum Spr., wie auch das Gnetum venosum Spr. als dioecisch, während beide von Tulasne als monoecisch und zwar androgyn bezeichnet werden. Wahrscheinlich gehört auch das Gnetum nodiflorum Ad. Brogn. als männliche Pflanze zu irgend einer anderen Art, vielleicht sogar zu Gnetum Thoa, wenn auch beide als monoecisch beschrieben werden. Na- türlich ist die hier ausgesprochene Zusammengehörigkeit zunächst nur eine blosse Vermuthung, die an dem Material, das mir zur Verfügung stand, *) Ann. d. sc. nat. IV. ser. Bd. X. 1858. p. 111 und in der Flora brasiliensis. 2) Hookcr’s Journ. of Bot. VIII. p. 357 — 359. Tab. II und III. 109 sich nicht entscheiden liess, und soll sie nur zu einer wiederholten Be- arbeitung dieser Gattung anregen.1) Wie erwähnt, führen die männlichen Blüthenstände aller Gnetum-Arten weibliche Blüthen über den männlichen2), ob nun die einzelnen Bliithen- knoten3) einander stark genähert sind, wie bei Gnetum latifolium und Ver- wandten, oder von einander entfernt, wie bei Gnetum Gnemon (Taf. XXI. Fig. 1 u. 2). In männlichen Blüthenständen mit gedrängten Blüthen- knoten bleiben die weiblichen Blüthen sehr klein und zwischen den sie umgebenden Haaren verborgen, so dass sie äusserlich nicht zu sehen sind: so bei Gnetum neglectum Bl., G. scandens Roxb., G. latifolium Bl. u. s. w. Bei den männlichen Blüthenständen mit entfernten Bliithenknoten werden sie gewöhnlich grösser und sind dann sofort zu erkennen (Taf. XXI. Fig. 1 u. 2: so bei Gnetum Gnemon, Brunonianum, Gnetum sp. Birma Hrb. Griffith 4974; oder sie bleiben auch hier klein und unscheinbar, ähnlich wie in den Blüthenständen mit gedrängten Knoten, so bei Gnetum nodi- florum Brogn. und G. dioicum Leyb. (mas.). Sie bilden gewöhnlich nur einen einzigen Kranz über den männlichen Blüthen: so bei G. nodiflorum, G. venosum nach Tulasne, Gnetum Gnemon, G. Brunonianum; selten mehrere: so bei Gnetum paniculatum Spr. Con- stant besitzen diese Blüthen nur zwei Hüllen, wie dieses schon Blume bei Gnetum latifolium aufgefallen war. In der Rumphia 1. c. p. 8 bei der Beschreibung von Gnetum latifolium heisst es unter anderem, dass die \ unvollkommenen weiblichen Blüthen in den männlichen Blüthenständen ein röhrenförmiges Involucrum oder Ovarium besitzen, das am Scheitel mehr oder weniger aufgeschlitzt ist und im Grunde ein rudimentäres Ovulum birgt. Der Nucleus dieses Ovulums schwelle hin und wieder an, doch könne er höchst wahrscheinlich, in Folge der unvollkommenen Entwickelung der Integumente, nicht befruchtet werden. Sein inneres Integument trete nie zum Ovariumscheitel hervor, sei auch nicht zu einem Tubus verlängert, 3) Nachträgliche Bemerkung: dass Gnetum Gnemon auch zweierlei Blüthenstände, pseudo-androgyne und rein weibliche besitzt, kann ich nunmehr mit Sicherheit aus dem Alkoholmateriale schliessen, das mir Prof. Suringar aus Leyden zu schicken die Güte hatte, leider liess sich aber auch dieses Material, das in gewöhnlichem Branntweine autbewahrt war, zu keiner eingehenderen Untersuchung brauchen. 2) Blume 1. c. erwähnt sie als rudimentär bei G. edule und G. latifoliumr und als fertil bei Gn. Gnemon. Tulasne beschreibt sie als fertil bei G. paniculatum, G. Ley- boldi, G. nodiflorum Brog., G. venosum Spr. Ich selbst fand sie bei allen untersuchten Arten. 3) Ich bezeichne als Bliithenknoten den ganzen Blüthencomplex über einem ver- schmolzenen Deckblattwirtel. 110 sondern unregelmässig zerrissen. Von einem äusseren Integumente end- lich ist auch nicht die Spur vorhanden. Die Figuren 6, 7, 8, 9 und 10 auf Taf. 174 illustriren diese Zustände. Dass auch die vollkommneren weiblichen Bltithen in den männlichen Blüthenständen von Gnetum Gne- mon nur zwei Hüllen besitzen, ist Blume entweder entgangen, oder er hat sie eben, wie früher motivirt, für jüngere Entwickelungszustände solcher mit drei Hüllen gehalten. Die dritte Hülle soll, wie erwähnt, um die innerste sich bilden, deshalb deutet Blume auch die innere, der nur in Zweizahl vorhandenen Hüllen, an den rudimentären Blüthen von Gnetum latifolium, als inneres Integument. Die einzige positive Angabe über drei Hüllen an der weiblichen Blüthe der pseudo-androgvnen Blüthenstände, wo sicher nur solche Vorlagen, wird von Tulasne (1. c. p. 116) für Gnetum Leyboldi gemacht, allein aus den eigenen Figuren Tulasne’s (Fl. bras. Tab. CIII.) ist zu ersehen, dass diese Angabe nur auf einer Täuschung beruht. In allen denjenigen Fällen, wo diese weiblichen Blüthen schon früh- zeitig absterben (so vor allen in den männlichen Blüthenständen mit ge- drängten Bliithenknoten) fand ich sie zur Blüthezeit der Antheren bereits gebräunt, der Nucleus verschrumpft, ohne jede Spur einer Embryosack- anlage, den Fruchtknoten am Scheitel geschlossen, fleischig, das einzige Integument sehr zart, meist den ganzen Nucleus bedeckend über demselben verengt und in einem mehr oder weniger zerschlitzten Bande endigend. Die um vieles vollkommneren Blüthen von Gnetum Brunonianum und Verwandten (Taf. XXI. Fig. 10) zeigten einen flaschenförmig gestalteten Fruchtknoten, einen stark entwickelten, die Fruchtknotenhöhle fast aus- füllenden Nucleus und um denselben ein ganz normal gebildetes Inte- gument. Der Nucleus war mit Reservestoffen angefüllt, und im Innern war, in den ältesten solcher Blüthen, sogar der Embryosack, wenn auch noch klein und ohne innere Zellbildung, bei’cits angelegt. Das einzige In- tegument war ganz ähnlich wie bei Ephedra gebaut, zart, nur zwei Zellen stark, oben in einen kurzen Tubus verengt und in einem mehr oder weniger zerschlitzten Rande endigend. Den Fruchtknoten fand ich in allen beobachteten Fällen am Scheitel geschlossen (Fig. 10), so dass es mir frag- lich wurde, ob sich derselbe überhaupt öffne. In rein weiblichen Blüthenständen stehen die weiblichen Blüthen unmittel- bar über dem cupulaartig verschmolzenen DeckblÄttwirtel (Taf. XXI Fig. 3 u. 4, 15 u. 16) in allen beobachteten Fällen einen nur einfachen Kranz um die Axe bildend. Die Axe ist an dieser Stelle angeschwollen und die 111 Blüthcn von gegliederten Haaren dicht umgeben. Jede Bliithe besitzt drei Hüllen (Fig. IG, 27, 28, 29), eine äussere, fleischig und stark ent- wickelte, welche der äusseren von Ephedra durchaus homolog ist, und zwei zartere innere. Die inneren stimmen in ihrem Baue und sonstigem Verhalten in der jungen Bliithe völlig überein (Fig. 28) nur ist die äussere beider kürzer als die innere; während nämlich die innere sich zu einem langen Halse verlängert und bald zur oberen Oeffnung des Fruchtknotens hervor- tritt, bleibt die äussere stets in der Fruchtknotenhöhlung eingeschlossen (Fig. 28,31). Auch ist die äussere dieser zwei Hüllen tiefer geschlitzt als die äussere, ohne dass hierin aber ein charakteristischer Unterschied zwischen beiden sich begründen liesse. Zur Bestäubungszeit legen sich die Lappen der innersten Hülle sternförmig auseinander (Fig. 31), in noch älteren Blüthen wird der ganze, aus der Oeffnung hervorragende Theil der Röhre braun und bricht leicht ab, so dass er an älteren Fruchtanlagen nicht mehr zu finden ist (Taf. XXI. Fig. 29). Durch die Streckung des Bliithenbodens in der Einfügungsebene der inneren Hülle wird dieselbe in älteren Blüthen mit sammt dem Nucleus emporgehoben, die äussere bleibt in ihrer ursprünglichen Stellung. Diese Erscheinung secundärer Art kann na- türlich nicht, wie dies geschehen, einen morphologischen Unterschied zwischen den beiden Hüllen begründen und muss man hier wie überall in solchen Fragen an die jüngeren Zustände sich wenden. Welche Bedeutung kommt aber den beiden Hüllen zu? Sind sie wirklich als Integumente aufzufasssen und wenn dieses der Fall, welche von ihnen entspricht dem einzigen Integu- mente von Ephedra oder von Welwitschia? Wir haben in dem Vorhergehenden das Vertrauen zu den früheren Deutungen verloren und müssen eine eigene uns zu bilden suchen. Zu einer solchen konnte nur die Entwickelungsgeschichte führen, und es glückte uns, wenn auch nur an einer getrockneten Pflanze, dieselbe in ihren Hauptpunkten zu erkennen. Es war mir von Anfang an auf- gefallen, dass bei allen weiblichen Blüthen, die ich untersuchte, so jung sie auch sonst sein mochten, immer schon alle drei Hüllen angelegt waren. Diese drei Hüllen fand ich auf Entwickelungszuständen, die viel jünger sein mussten, als die meisten der von mir beobachteten, nur mit zwei Hüllen versehenen weiblichen Blüthen androgyner Inflorescenzen, ein Umstand, 0 der von vorn herein den directen Zusammenhang dieser Blüthen aus- schloss. An der Basis einer älteren Inflorescenz eines mit Nr. 4976 be- zeichueten Gnetum des Petersburger Herbars (Gnetum spec. Birma and Malay Peninsula Herb. Griff.) fand ich, wie erwähnt, zwei jüngere Blüthen- 112 stände, welche die gewünschten Entwickelungszustände enthielten. Die ge- nannten Bliithenstände waren ungewöhnlicher Weise in den Achseln der beiden ersten Blätter einer älteren Inflorescenzaxe aufgetreten, sonst aber durchaus normal entwickelt. Die jungen Blüthen überragten noch kaum die sie dicht umgebenden gegliederten Haare; die Fruchtknoten-Hülle war bereits angelegt, die beiden inneren Hüllen eben erst in der Entstehung begriffen (Taf. XXI. Fig. 25) J); die innere Anlage verhielt sich also wirk- lich zu der äusseren wie eine Samenknospe zum Fruchtknoten (Fig. 25). Wie es aus den zu Gebote stehenden Entwickelungszuständen deutlich zu erkennen war, hatte die Axe, nach Anlage der Fruchtknotenwandung, sich etwas verjüngt, gestreckt und nun in rascher Aufeinanderfolge die beiden Integumente angelegt und zwar wie gar nicht zu bezweifeln war, in der Reihenfolge von aussen nach innen. Auf einigen Präparaten war erst das äussere Integument und kaum nur eine Anschwellung zur Bildung des inneren vorhanden (Fig. 2-4), auf anderen beide Integumente entwickelt, doch so, dass das äussere noch längere Zeit stärker als das innere er- schien (Fig. 25 u. 26). Die Entwickelung der Fruchtknotenwandung selbst konnte ich nicht verfolgen, doch liess sich aus der longitudinalen Ver- schmelzung2) am Scheitel und der sonstigen Uebereinstimmung mit nächst- verwandten Pflanzen wohl auch hier annehmen, dass dieselbe aus zwei innig verschmolzenen rechts und links gestellten Blättern entstanden sei Aus der Entwickelungsgeschichte der Integumente fühlt man sich geneigt den Schluss zu ziehen: erstens, dass das einzige Integument in den weiblichen Blüthen pseudo-androgyner Bliithenstände nicht dem inneren Integumente, sondern dem äusseren, in rein weiblichen Inflorescenzen ent- spricht, und zweitens dass das einzige Integument von Ephedra dem ein- zigen der weiblichen Blüthen in androgynen und dem äusseren in rein weiblichen Inflorescenzen homolog sei. — Für die Identität des einzigen Integumentes der weiblichen Blütlie der androgynen mit dem inneren der rein weiblichen, sollten die entwickelungsgeschichtlichen Angaben Blume’s *) Ich bemerke nochmals, dass die Zeichnungeil (Fig. 24, 25 und 26) dieser jüngsten Zustände nach aufgeweichtem Material entworfen wurden. Sie können also kaum die- selbe Genauigkeit wie die anderen Zeichnungen beanspruchen, wenn auch das Verhält- niss der Tbeile sicher richtig ist. 2) Beiläufig sei bemerkt, dass der obere Rand des Fruchtknotens auf diesem jungen Entwickelungszustande mit Papillen besetzt war (Taf. XXI. Fig. 25), die uns an die- jenigen der Fruchtknotenmündung bei Ephedra erinnerten, so dass der mit Papillen be- setzte narbeuähnlich entwickelte Fruchtknotenrand in der pseudo-hermaphroditen Blütke von Welwitschia auch hier einen Anknüpfungspunkt finden könnte. 113 sprechen; dieser Grund wäre hiermit abgewiesen. Weiter wurde angeführt, dass die Zahnungen des Randes am einzigen Integumente dort, am inne- ren hier, sich entsprächen; allein der Unterschied der Zahnung zwischen dem inneren und äusseren Integumente ist überhaupt viel zu geringfügig, um eine Homologie begründen zu können. Blume und seine Anhänger Hessen sich in ihrer Deutung vor Allem durch die Ansicht leiten, dass das einzige Integument der weiblichen Bliithe der androgynen Blüthen- stände bei Gneturn Gnemon und Verwandten, durch Auftreten eines äusse- ren Integumentes selbst zum inneren werde, eine Ansicht, die, wie wir gesehen haben, ebenfalls unbegründet ist. Wir können somit, auf unsere eigenen Untersuchungen gestützt, sicher die oben gegebene Deutung auf- recht halten und beide Bildungen, d. h. das äussere Integument einerseits, das einzige andererseits, für homolog erklären. Durch diese Schluss- folgerung wird eigentlich auch gleich das Verhältniss zu Ephedra be- stimmt; denn unstreitig steht die weibliche Blüthe androgyner Bliithen- stände der Ephedra-Blüthe näher, als die rein weibliche. Ich nehme hypothetisch an, • die Vorfahren von Gneturn hätten nur ein Ovular- Integument, so wie Ephedra gehabt und zwar so- wohl in den androgynen wie auch den reiu weiblichen Bltithenständen. Auch die weiblichen Blüthen in den androgynen Blüthenständen mögen zu jener Zeit fertil gewesen sein, wenigstens ist man verleitet, aus dem ganz allgemeinen Vorkommen derselben in den männlichen Blüthenständen diesen Schluss zu ziehen. Diese Blüthen müssen aber schon zu einer Zeit steril geworden sein, wo die Blüthen rein weiblicher Blüthenstände das zweite Integument noch gar nicht besasseu. Dieses trat erst später auf und zwar in den allein noch functionsfähigen Blüthen der rein weiblichen Blüthenstände. Dieses neue Integument übernahm dann auch die Ver- richtungen des äusseren. Es wuchs über dasselbe hinaus und vermittelte nun an dessen Stelle die Bestäubung, während das äussere, als nunmehr functionslos, sich langsam zurückbilden musste. Die von aussen nach innen fortschreitende Entwickelung der Integu- mente bei Gneturn erscheint uns auch in anderer Beziehung noch lehrreich; sie ist eine weitere Bestätigung unserer Deutung der Blüthe von Ephedra. Wir sprachen dort, gestützt auf anderweitige Gründe, die Behauptung aus, die äussere Hülle von Ephedra sei der einzigen Hülle der Coniferen ho- molog, die innere eine neu hinzugekommene Bildung. Wir glaubten so- mit amiehmen zu müssen, die Metamorphose der Bliithentheile habe hier nicht nach hinten auf schon vorhandene Blattbildungen zurückgegriffen, Strasburger, Coniferen und Gnetacecn. 8 114 sondern neue, an der Blüthenaxe über den vorhandenen erzeugte Blatt- bildungen, seien in dieselbe eingetreten. Diese Annahme wird auch durch die Beobachtungen an Gnetum gestützt. Die äusseren Hüllen von Ephedra und Gnetum, die wir als Ovariumwand bezeichn eten, entsprechen sich in jeder Beziehung so vollkommen, dass Niemand, wie seine Auffassung auch sonst gewesen, an ihrer Identität gezweifelt hat; — wenn dem aber so ist, so muss auch gleichzeitig zugegeben werden, dass eine der beiden innern Hüllen bei Gnetum sich neu hinzugebildet hat, und da die Entwickelungs- geschichte zeigt, dass diese Hüllen sich von aussen nach innen entwickeln, so können wir den Schluss ziehen, dass es auch hier ein Blattgebilde ist, das in den Metamorphosenkreis der Blüthe neu eingetreten. Gnetum ver- hält sich in dieser Beziehung zu Ephedra ganz ähnlich, wie Ephedra zu den Coniferen und stellt eine weitere Entwickelungsstufe desselben Typus vor. Andererseits kann nicht geleugnet werden, dass wir in den beiden Integumenten von Gnetum eine weitere Annäherung an die Integumente der höheren Phanerogamen gewinnen. Dieses schafft uns dann aber auch neue Anhaltepunkte zur Beurtheilung der morphologischen Natur der Samenknospe. Dass diese hier eine wahre Knospe ist, steht wohl sicher, der Nucleus entspricht der metamorphosirten Axe, die Integumente den Blättern derselben. Nahe liegt dann anzunehmen, dass auch bei ältesten Repräsentanten der höheren Phanerogamen die Integumente der Samen- knospen wie jede andere Blattbildung von aussen nach innen fortschreitend sich entwickelt hätten, und dass die umgekehrte Entwickelungsfolge bei den jetzt lebenden Arten nur eine spätere Modification dieses ursprüng- lichen Vorganges sei. Die beiden Integumente hätten somit trotz ihres centrifugalen Auftretens bei den höheren Phanerogamen die Bedeutung von Blattgebilden und nicht etwa, wie bereits auch vielfach angenommen wurde, das äussere: die eines Arillus. Für diese Auffassung der beiden Integumente der höheren Phanerogamen sprechen auch die beobachteten Missbildungen, und stützen somit auch wieder die hier gewonnene An- schauung. Bei Ephedra hatten wir es früher wahrscheinlich zu machen gesucht, dass das einzige Integument einem einfachen Blatte gleichwerthig sei; hier sind die Unterscheidungsmerkmale, welche für die Ein- oder Mehrzahl der in die Bildung eines Integumentes eingehenden Blätter sprechen könnten, so völlig verwischt, dass aus der directen Beobachtung einen Schluss zu ziehen uns unmöglich erscheint; nur die Verwandtschaft mit Ephedra könnte dafür sprechen, dass sich die Integumente hier wie dort verhalten. Bei 115 höheren Phanerogamen sind, wie schon erwähnt, die beobachteten Miss- bildungen ebenfalls einer solchen Deutung günstig. Bei Gnetum und zwar bei Gnetum dioicum Leybold. (fern.), (Gnetum amazonicum Tul.), habe ich eine andere Art von BilduDgsabweichung beobachtet, welche mir instructiv erschien, weil sie die Zusammen- gehörigkeit der beiden inneren Hüllen und ihr Verhältniss zu der Frucht- knotenhülle in schönster Weise demonstrirte (Taf. XXI. Fig. 30). D'ie Fruchtknotenwand war durchaus normal entwickelt, das Stielchen (Funi- culus) der Samenknospe hatte sich hingegen bedeutend gestreckt und die verhältnissmässig klein gebliebene Samenknospe, mit ihren beiden Hüllen emporgehoben, so wie es besser als jede Beschreibung die Fig. 31 zeigt. Eine Besprechung des cupulaähnlichen, fleischig angeschwollenen Deckblattwirtels, der die sämmtlichen Blüthen continuirlich an der Basis umfasst, habe ich bis jetzt vermieden, weil äussere Anhaltepunkte zur Be- urtheilung seiner Zusammensetzung fehlen, aber zu hoffen war, dass das Studium des Gefässbündelverlaufes einiges Licht über denselben verbreiten könnte. Der Gefässbündelverlauf in den Blüthenständen von Gnetum bietet überhaupt viele interessante Einzelnheiten; um ihn zu verstehen, müssen wir aber an den Gefässbündelverlauf in den vegetativen Sprossen an- knüpfen. Freilich stand mir auch liier sehr unvollkommenes Material zur Verfügung und soll die zu gebende Schilderung zunächst nur weitere Untersuchungen anregen. Die Laubblätter der Gnetumarten stehen paar- weise am Stengel; die aufeinanderfolgenden Paare alterniren, sie werden durch meist lange Internodien von einander getrennt. Auf dem Quer- schnitte unterhalb des Knotens findet man, nach den Arten verschieden, acht bis zehn Bündel. Bei einer Gnetumart1) fand ich jedes Blatt mit fünf Bündeln versorgt, zuerst verliessen die drei mittleren den Bündelkreis der Axe, dann die beiden seitlichen, je ein Bündel ging zwischen den Bündeln der Axe ab, so dass die Blattbündel jedes Blattes den, diesem Blatte zu- gekehrten, halben Umfang der Axe in Anspruch nahmen. Bei Gnetumarten mit acht Bündeln auf dem Querschnitt wird das Blatt mit vier Bündeln versorgt; dieselben verlassen in derselben Weise den Bündelkreis der Axe, zuerst die beiden mittleren, daun die beiden seitlichen; das mittelst^ Bündel fehlt in diesem Falle. Bei Gnetum 4976 fand ich an der Basis der In- l) Ich bin wegen der hier herrschenden Unsicherheit der Speciesbestimmung kaum je in der Lage dieselbe anzugeben. 8* 116 floresccnz die beiden ersten Niederblätter mit je drei Bündeln versorgt, mit dem mittleren zuerst, dann den beiden seitlichen. Der Verlauf lässt sich, wie wir sehen, nicht unmittelbar an andere Gnetaceen oder Coni- feren anschliessen, er erinnert vielmehr an Dicotyledonen, ja durch die Nervatur der Blätter reiht es sich unmittelbar an dieselben an. Eine andere Eigenthümlichkeit unterscheidet Gnetum ausserdem von den bisher betrachteten Pflanzen, nämlich die Art, in welcher seine Achselknospen versorgt werden. Beinahe jedes Blatt birgt eine Knospe in seiner Achsel, so dass man diesen Vorgang auf Querschnitten fast eines jeden Knotens beobachten kann. Jedes Blattbündel zweigt kurz nach dem Austritt aus dem Bündelkreise rechts und links je ein Bündel ab, und diese Bündel ordnen sich zum Kreise und bilden noch innerhalb der Knoten ein Com- plex von acht, resp. zehn Bündeln, die in die Achselknospe treten. Die Achselknospenbündel sind also ursprünglich mit den Blattbündeln ver- schmolzen, verlassen mit denselben den Bündelkreis der Axe und lösen sich dann erst von ihnen ab und zwar in doppelt so viel Zweigen als Blattbündel vorhanden sind. In den Intiorescenzen stehen meist zwei Knospen hintereinander und kommen auch in vielen Fällen beide zur Entwickelung; so fand ich auch in den Achseln der beiden vor- erwähnten ersten Niederblätter der Inflor escenzaxe von Gnetum (4976) je zwei hintereinanderliegende Bündelkreise; sie hatten ihre Bündel in ganz ähnlicher Weise von den drei Bündeln erhalten, die hier die Blätter versorgten; der innere Achselbündelkreis stammte vorzüglich von den durch nachträgliche Theilung vermehrten beiden Bündeln des mittelsten zuerst ausgetretenen Blattbündels; der äussere Achselbündelkreis von den ebenfalls vermehrten Bündelzweigen der beiden seitlichen später aus- getretenen Blattbündeln. — Dieses wird genügen, um uns auch den Ver- lauf innerhalb der Blüthenknoten verständlich zu machen. Bei dem bereits mehrfach erwähnten, auf Borneo von Beccari gesam- melten, mit G. latifolium verwandten Gnetjim, fand ich auf dem Quer- schnitte der Inflorescenzaxe unterhalb der Blüthenknoten meist acht grössere Bündel. An der Stelle der beginnenden Anschwellung der Axe, giebt jedes dieser Bündel, einseitig oder beiderseitig, je ein Bündel ab, so dass man im Ganzen zwölf bis vierzehn Bündel aus dem Bündelringe austreten sieht. Scharf umbiegend laufen diese senkrecht gegen die Aussenfläche der Axe, so dass ein gelungener Querschnitt den ganzen Verlauf derselben blosslegen kann (Taf. XXI. Fig. 17). (Vergl. auch den Längsschnitt Fig. 15, 16). Sofort nach Austritt aus dem Bündelkreis giebt ein jedes rechts und 117 links, ganz wie die Blattbündel in vegetativen Sprossen, je ein Achsel- knospenbündel ab (Fig. 17); diese letzteren wenden sich nach oben, wäh- rend die Blattbündel weiter nach aussen laufen, sich vielfach baumartig verzweigen und schliesslich, an den Endzweigen, zu Schraubenzellen an- schwellen und erlöschen. Alle Zweige halten sich in derselben Ebene, so dass man schon auf den nächsten Querschnitten durch die Axe von ihnen nichts mehr zu sehen bekommt (Fig. 18). Nur die äussersten Zweige haben sich etwas emporgerichtet und bilden einen Kreis isolirter Bündel dicht unter der Oberfläche, dem Rande des hier freiwerdenden Deckblatt- wirtels entsprechend (Taf. XXI. Fig. 18). Die Achselknospenbündel haben sich gleichzeitig bedeutend vermehrt und rücken seitlich nahe aneinanderschliessend in einem Kreise langsam nach aussen (Fig. 1^, 19). Einzelne stärkere Bündel aus ihrer Mitte sind am Bündelkreise der Axe zurückgeblieben, erst wenn der äussere Achsel- knospenbündelkreis den halben Weg nach der Peripherie zurückgelegt, vermehren auch sie sich durch seitliche Theilung und bilden bald einen zweiten Achselknospenbündelkreis, der dem äusseren nachrückt (Fig. 20,21). So erhalten wir jetzt auf dem Querschnitte drei concentrische Bündelkreise, einen innersten aus meist acht grösseren Bündeln bestehenden und zwei peripherischen, deren jeder bis vierzig kleine Bündel enthält (Fig. 21). Gleich darauf entstehen im äusseren Kreise wellenförmige Vorsprünge, sie ent- sprechen den Einfügungsstellen der weiblichen Blüthen (Fig. 21). Der nächste Schnitt trifft den unteren Rand dieser Blüthen. Bündel des äusseren Kreises treten nun in dieselben; die Bündel des mittleren Kreises folgen bald (Fig. 22) und auf weiteren Querschnitten sind beide Kreise aus dem Gewebe der Axe verschwunden (Fig. 23, vergl. auch Längsschnitt Fig. 15, 16). Auf tangential schiefen Schnitten parallel zur Einfügungs- ebene der einzelnen^ Blüthen sieht man, dass die beiden peripherischen Kreise, bevor sie die Axe verlassen, in partielle Kreise zerfallen, der Zahl der weiblichen Blüthen entsprechend. Die Aussenseite eines jeden solchen par- tiellen Kreises wird von Bündeln der peripherischen, die Innenseite von Bündeln des mittleren Kreises gebildet (Fig. 15, 16). Etwa acht Bündel treten in die Bliithe. Die Zahl der Blüthen schwankte zwischen fünf bis neun, acht kam häufiger vor und konnte als normal gelten. , Die becherförmige Deckblatthülle ist wohl nach Analogie mit den vegetativen Vorgängen und der decussirten Blattstellung an der ganzen Pflanze, als aus zwei Blättern verwachsen anzusehen. Jedem dieser Blätter würde dann die Hälfte der abgezweigten Blattbündel zukommen. Die Blüthen über die Zweizahl hinaus müsste man demzufolge als Beiknospen deuten, eine Anschauung, welche zunächst in der schwankenden Zahl der- selben eine Stütze, findet, vor allem aber auch in dem Verhalten der männlichen Blüthen, die zu vierzig bis sechszig über der einzigen Deck- blatthülle auftreten. Die Vorsprünge, die man bei einigen Gnetumarten in Mehrzahl an der Aussenseite der Hülle sieht, stehen in keinem unmittelbarem Ver- hältniss zu der Zusammensetzung derselben und dürften einer späteren Einwirkung ihre Entstehung verdanken, vor Allem wohl dem Druck, den die Blüthenwirtel auf die Deckblatthülle üben. Auf jedes der beiden Blätter der Deckblatthülle kommen somit fünf bis sechs Bündel, was durchaus sein Analogon in der vegetativen Sphäre findet; an diese schliesst sich der Verlauf in den Inflorescenzen, vor allem auch durch die charak- teristische Art der Abgliederung der Achselknospenbündel an. Am Scheitel enden die Infiorescenzaxen meist nur mit wenigen Blüthen, häufig mit einer einzigen, in welcher dann die Axenbtindel un- mittelbar enden. Nicht so leicht ist es, den Verlauf in der weiblichen Blüthe selbst zu deuten. An der Basis dieser Blüthe finden wir den, in dieselbe eintretenden Bündelkreis, von beiläufig 8 — 10 Bündeln gebildet (Taf. XXI. Fig. 32); bald vermehrt dieser durch seitliche Spaltung die Zahl seiner Elemente (Fig. 33) und giebt gleichzeitig peripherisch bis 20 Bündel ab (Fig. 34). Diese bilden zusammen einen Kreis, der sich rasch unter weiterer Vermehrung nach aussen bewegt. Dann wird, von dem centralen Büudelkreise aus, ein zweiter peripherischer Kreis abgegeben aus 12 — 14 Bündeln be- stehend (Fig. 35), auch diese vermehren sich, doch ohne sich viel von den mittleren zu entfernen. Der mittlere Kreis endlich, etwa 12 Bündel zählend, fängt an sich zu erweitern, spaltet sich in eine grössere An- zahl seitlicher Bündel und kommt dem mittleren Kreise bald an Stärke gleich (Fig. 36, 37). Der äusserste Kreis versorgt die Fruehtknotenhülle, der zweite tritt in das äussere, der mittlere bis an die Basis des inneren Integumentes. — In reifenden Früchten kann man im äusseren Integu- mente die Bündel fast bis an dessen Scheitel verfolgen, die Bündel, die an der Basis des inneren Integumentes enden, werden bei der Streckung des Blüthenbodens in die Länge gezogen und durchlaufen endlich die im Umkreise des Embryosacks stehende, auf eine dünne Hülle reducirte Blüthenaxe, ähnlich wie bei Welwitschia. Zur Blüthezeit sind nur die Frucht- 110 knotenbündel merklich entwickelt, in dem äusseren Integumente kaum an- gedeutet. Aus diesem Gefässbündelverlauf allein könnten wir wohl kaum einen Schluss auf die Zusammensetzung der Blüthe ziehen und begnügen wir uns zu constatiren, dass er den früher gegebenen Deutungen nicht wider- spricht. Auch darf das verschiedene Verhalten der Bündel gegen die beiden Integumente keinen Zweifel an ihrer Gleichwerthigkeit erwecken, da beide in der nämlichen Weise angelegt werden, ja in jungen Blüthen völlig gleich sind und nur durch nachträgliche Differencirung diese Unter- schiede erlangen. Interessant ist es überhaupt, dass das äussere In- tegument hier von ähnlichen Bündeln wie die Fruchtknotenwandung durchzogen wird, und nur ein weiterer Beweis für die morphologische Verwandtschaft beider. Wen das Vorhandensein von Gefässbündeln im äussern Integumente befremden sollte, den erinnere ich an folgende Stelle bei Hofmeister (Neuere Beobachtungen über Embryobildung der Phanerogamen, Jahrb. f. Wiss. Bot. Bd. I. p. 98): „Auch die kleineren Samen der Betulineen zeigen die bei Quercus, Corylus, Fagus, so auffallende Erscheinung, dass sofort nach den ersten Theilungen des befruchteten Keimbläschens von dem Endpunkte des Gefässbündels der Kaphe aus, allseitig zum Exostom auf- steigend, im äusseren Integument Gefässbündel sich bilden.“ — Ueber die weitere Entwicklung der Blütlie zur Frucht weiss ich für Gnetum nichts anzugeben. Die ältesten gut erhaltenen Blüthen, die ich unter den Alcoholexemplaren vorfand, zeigten im Innern des Nucleus einen langgezogenen Embryosack, im innern desselben war aber noch kein secun- däres Gewebe gebildet worden. Die Untersuchungen späterer Zustände konnten an getrocknetem Materiale zu keinem befriedigenden Resultate führen, was um so mehr zu bedauern war, als auch hier die interessante- sten Aufschlüsse sich erwarten Hessen. Aus einigen Zeichnungen von Blume (1. c.) und einer Bemerkung von Hooker1) scheint zu folgen, dass Gnetum in dem Verhalten des Embryosackes und der Corpuscula sich an Welwitschia anschliesst und somit vielleicht auch weitere Anhaltepunkte zur Beurtheilung der Verwandtschaft mit 0 höheren Phanerogamen geboten hätte. Auf diese wäre bei späteren Untersuchungen besonderes zu achten. Flora 1863. p. 519. 120 Um die Litteratur zu vervollständigen bleibt mir nur noch die Deutung der einzelnen Blüthentheile durch frühere Forscher zu erwähnen. Diese schliessen sich unmittelbar an die von Ephedra an. Robert Brown schrieb auch Gnetum nackte Ovula zu: von den drei Blüthen von Gnetum, sollen die beiden innern dem Nucleus angehören, also Integumente sein, die äussere ein Perigon.1) Blume (1. c.) hatte, freilich von einem anderen Standpunkte ausgehend die einzelnen Blüthentheile bereits ganz in der- selben Weise, wie wir es hier g*ethan, bezeichnet.2) Endlicher3) nahm hier drei Ovulaintegumente an, und ebenso wie es scheint Lindley und Griffith.4) Meyer5) bezeichnete wie bei Ephedra die äussere Hülle als vagina öder involucrum, die inneren als Samenhäute. Tulasne6) schloss sich vollständig an R. Brown an, er schreibt Calyx masculus, wie auch Calyx femineus; . . . dann Ovarium nullum, ovulum unicum, erectum, orthotropum dichlamy- datum. Ebenso Eichler7). Pariatore8) hingegen giebt an: Involucrum nullum: Bracteolae 4, per paria oppositae et coalitae, urceolum duplex utrumque apice pro emissione styli perforatum et pistillum includens effor- mantes. Pistillum solitarium. Stylus longus filiformis. Stigma fimbriatum. Die männlichen Blüthen. Die männlichen Blüthen der Coniferen zeigen . die grösste Ueber- einstimmung und ihre morphologische Deutung liegt aus vielen Gründen so nahe, dass die meisten heutigen Botaniker über dieselbe einig sind. Nach dem übereinstimmenden Urtheilev. Mohl’s9), Braun’s10) und Eichler’s11) wird, je ein sogenanntes Kätzchen, als einzelne Bliithe aufgefasst: in den- jenigen Fällen aber, wie bei einigen Podocarpus oder Cephalotaxus-Arten, wo mehrere Pseudo-Kätzchen an einem gemeinsamen Stiele auftreten: als männliche Infiorescenz. 12) Anders ist es mit der männlichen Blüthe der 1) In King Itiu. Austr. T. II (1827). * 2) So fasst er auch, wie erwähnt, die Cupula der Taxineeu als Fruchtknoten auf. •1) Synopsis Coniferarum 1817. 4) Vgl. 'Kingdom, p. 232. a) Monographie der Gattung Ephedra 1819. ®) Ann. d. sc. nat. u. Fl. bras. 7) Fl. bras. 8) Prodromus XVI. p. 319. °) Vermischte Schrifen p. 45. 10) Polyembryonie p. 242. u) 1. c. p. 437. 12) Ebendaselbst. 121 Gnetaceen, deren wiederholte Parallelisirung mit den weiblichen Blüthen, zu den mannigfachsten Controversen Veranlassung gegeben hat. Vor Allem war es der Fall bei Welwitschia, wo die männliche Blüthe ein eigentüm- liches, fruchtknotenähnliches Gebilde aus ihrer Mitte entwickelt. A. Coniferen. Der Uniformität wegen, die in der Entwickelung der männlichen Blüthen der Coniferen herrscht, kann ich mich bei ihrer Schilderung auf wenige Bei- spiele beschränken. Ich wähle als ein solches zunächst Pinus Pumilio. Die männlichen Blüthen dieser Pflanze stehen in grösserer Zahl in der unteren Hälfte eines gleichalten Zweiges, der in seiner oberen Hälfte Kurztriebe bildet und sie bald nach dem Verstäuben dieser Blüthen entfaltet. Die Blüthen sind nach 6/l3 angeordnet und entsprechen in ihrer Stellung durchaus den Kurztrieben, die auch in ununterbrochener Reihenfolge an dieselben anschliessen.1) Die Blüthen stehen auch ganz ähnlich wie die Kurztriebe in den Achseln der Niederblätter. Die Blüthen werden schon Anfang August für das kommende Jahr angelegt, also früher als die weiblichen Blüthen und kommen auch früher > zur Reife. Das gilt nicht nur für Pinus, sondern auch für alle anderen Coniferen, die sämmtlich ihre männlichen Blüthen zeitiger als die weib- lichen entwickeln. Bei ihrer ersten Anlage unterscheidet sich die männliche Blüthe von Pinus Pumilio nicht von der eines gewöhnlichen Kurztriebes und bildet meist drei alternirende Paare Niederblätter; wie immer, so auch hier, mit einem transversalen Paare beginnend.'2) Dann schwillt ihre Axenspitze an und wird in mancher Beziehung der Anlage eines Zapfens ähnlich. Auch bleibt der Kegel eine Weile nackend, fast bis an die Basis der An- schwellung, wie am weiblichen Blüthenstande (Taf. XXIII. Fig. 17); doch folgt die Bildung der Staubblätter bald in rascher Aufeinanderfolge (Taf. XXIII. Fig. 17 u. 18) und erreicht in Kürze den Scheitel. Die Blätter werden dicht gedrängt gebildet (Fig. 18) und ordnen sich in zehn geraden Reihen, also nach 2/10 an; es lässt sich dies mit Leichtigkeit an noch ungeöffneten Blüthen constatiren. Nachdem sie in Vollzahl angelegt ‘) Die weiblichen Blüthen stehen, wie wir gesehen haben, bei Pinus Pumilio zu oberst an den Trieben und entsprechen ganzen Zweigen. 2) Im weiblichen Zapfen folgen auf das erste transversale Blattpaar etwa 20 Nieder- blätter nach 2/ä Stellung. 122 worden, erlischt die Thätigkeit des Vegetationskegels und es beginnt die Bildung der Antherenfächer; diese werden als längliche Anschwellungen an der Basis der Bückenfläche zu beiden Seiten an dem verkehrt eiför- migen Staubblättchen sichtbar. Die Antherenfächer sind bei ihrem ersten Auftreten bedeutend kleiner als das Staubblatt und erreichen kaum 1/3 von dessen Länge. Auf Längsschnitten sieht man an dieser Stelle das Gewebe des Staubblattes von, mit Protoplasma reich angefüllten, mit grossen Zellkernen versehenen, radial angeordneten Zellen gebildet. Sie grenzen sich gegen das übrige Gewebe des Blattes durch tangentiale Theilungen einer peripherischen Zellschicht ab, so dass die mittleren, polygonalen Zellen des Faches von einer doppelten Lage flacher Zellen umgeben erscheinen. Wir wollen diese Lage beiläufig als Grenzschicht bezeichnen. Diese Grenzschicht also, scldiesst fast unmittelbar an die Epi- dermis der Unterseite des Blattes an; von der Epidermis der Oberseite wird sie durch eine doppelte Lage grösserer, inhaltsärmerer Zellen ge- schieden. In der Mediane des Blattes stossen beide Fächer an einander und werden nur durch eine doppelte Zellwand geschieden, an welche die Grenzschicht beiderseits anlegt. Diese mittlere Scheidewand setzt scharf an die Epidermis der Blattunterseite an, nach oben spaltet sie sich und lässt Kaum für einen mehrere Zellen hohen Gewebestreifen, in welchem das sehr einfache Gefässbündel des Blattes läuft. Dieses Entwickelungs- stadium haben die männlichen Blüthen schon Ende August erreicht, zu einer Zeit, da der weibliche Zapfen kaum seine ersten Deckblätter zu bilden beginnt; auf diesem Zustand überwintern sie auch, mit dem höher stehenden Kurztriebe in derselben Knospe eingeschlossen. Im nächsten Frühjahr streckt sich die Blüthenaxe, die Antherenfächer nehmen bedeu- tend an Grösse zu und, da das Staubblatt nicht in demselben Maasse wächst, so tritt es alsbald sehr gegen die Grösse dieser Fächer zurück. Mitte April beginnt die Theilung der Pollenmutterzellen mit Auflösung des primären Zellkernes und Auftreten neug.’, entweder durch succedane Zweitheilung oder simultan tetraedrisch; die beiden Fälle Hessen sich in demselben Fache beobachten. Eine Membran um die Tochterzellen wird erst nach vollendeter Theilung gebildet. Anfang Mai waren sämmtliche Pollenkörner angelegt, bereits ab- gerundet und lagen von einer wässerigen Flüssigkeit umgeben, frei im Antherenfache. Die mit körnigem Plasma angefüllten Zellen der Grenz- schicht nehmen an diesen Veränderungen 'nicht mit Theil, sie bleiben jn ihrer ursprünglichen Lage an der Wand des Faches und fangen jetzt 123 langsam an sich zu desorganisiren. Die Knospe entfaltet sich inzwischen zur Blüthe und die Fächer nehmen noch rasch an Grösse zu. Auch die Pollenkörner zeigen ein bedeutendes Wachsthum und alsbald werden auch die ersten Spuren der Flügelbildung an ihnen sichtbar. Die Bildung dieser Flügel beginnt an zwei Stellen, indem hier die Cuticula (Exine) ein besonders starkes Wachsthum zeigt und sich allmälig von den inneren Schichten der Pollenmembran abhebt. Der Zwischenraum wird immer grösser und ist zunächst mit farbloser wässeriger Flüssigkeit erfüllt; erst kurz vor dem Verstäuben trocknet diese Flüssigkeit sowohl im Fache selbst, als auch in den Säcken aus und wird durch Luft ersetzt. Die Membran des Pollenkornes hat sich inzwischen ziemlich stark verdickt und lässt zwei Schichten: eine zarte Exine und stärkere, quellungsfähige Intine unterscheiden. Die Oberfläche der Säcke nimmt ein schön gefeldertes Aussehen an, während die Oberfläche des übrigen Pollenkornes glatt bleibt. Die für die Coniferen charakteristischen inneren Zellen der Pollenkörner werden erst kurz vor dem Verstäuben gebildet. Man sieht zunächst das Proto- plasma sich an der Rückenfläche x) des Pollenkornes ansammeln und sich hier einen Hachen Zellkern bilden (Taf. VI. Fig. 25). Bald folgt dann eine nach innen convexe Scheidewand, welche uhrglasförmig dieser Stelle auf- gesetzt ist (Taf. VI. Fig. 26). Eine weitere Theilung findet bei Pinus Pumilio nicht statt. — Die kleine Zelle verändert sich nicht weiter, während die grosse später zum Pollenschlauch auswächst (Taf. VI. Fig. 27. 28). Während des Reifens der Pollenkörner verschrumpft allmälig die Grenz- schicht im Umkreise des Faches. Das Staubblatt hat jetzt seine endgültige Grösse erreicht (Taf. V. Fig. 22 im Längsschnitt u. Fig. 23 im Querschnitt); die Epidermis zeigt auf ihrer ganzen Oberfläche eine eigenthümliche Ver- dickung, die an die bekannte der Blumenblätter von Primula erinnert, nämlich kleine, knopfförmig angeschwollene Falten an den Seitenwänden2) (Taf. VI. Fig. 24). Die Stelle, an der sich das Staubfach öffnen soll, ist auf dessen Oberfläche vorgezeichnet und lässt sich als grade Linie auf der Epidermis verfolgen. Die Linie wird durch die schwächere Entwickelung zweier sich berührender Zellreihen hervorgerufen (Taf. V. Fig. 23). Diese verdorren schliesslich und weichen auseinander zu einer longitudinalen q Wenn wir die mit Flügeln versehene Seite als Bauchseite bezeichnen. 2) Besonders schön sind diese entwickelt auf der Epidermis der Staubfächer von Araucaria brasiliana, wo sie senkrechte oder etwas geneigte Balken auf den Seiten- wänden bilden, diese auf Seitenansichten also wie leiterförmig verdickt erscheinen. 124 Spalte. Dieses Oeffnen erfolgte bei uns im Frühjahr 1871 Anfang Juni; in Catania sah ich Pinus Laricio schon am 10. März stäuben. Die Blütlie ist .jetzt völlig entwickelt (Taf. V. Fig. 21), sic steht in der Achsel eines langgezogenen, zugespitzten Deckblattes; dieses sowohl, als auch die drei Vorblattpaare der Blütlie sind nun braun gefärbt, schuppenartig, dürre. Das Deckblattbündel hört in der Basis des Deck- blattes auf, ohne sich in dessen oberen Theil fortzusetzeu. Die Blütlie selbst erhält zwei Bündel, die nämlichen wie jede andere Achselknospe. Sie treten rechts und links in dieselbe ein, vermehren sich alsbald und ordnen sich zu einem Kreise an, aus dem die einzelnen Staubblätter, wie gewöhnlich mit je einem Bündel, versorgt werden. Die Vorblätter bleiben bündellos. "Wie Pinus Pumilio verhalten sich auch mit geringen Modificationen die Staubblätter der übrigen Abietineen. Bei Picea vulgaris *) werden die männlichen Blüthen aus Achselknospen in den Achseln der Nadeln, häufig aber auch aus den Endknospen der vorjährigen Zweige gebildet. Die Zahl der Vorblätter ist grösser, da jede Blütlie hier für sich eine besondere Knospe bildet, auch sind dieselben spiralig angeordnet und gehen in die ebenfalls spiralig gestellten (viel- leicht nach 13/34) Staubblätter über. Die Antherenfächer öffnen sich mit je einer longitudinalen Spalte. Bei der Edeltanne ist es ganz ähnlich, doch die Spalte diagonal. Bei der Lärche werden die männlichen Blüthen, ähnlich den Zapfen, aus der Endknospe eines verkürzten Zweiges, der im Jahr zuvor Nadeln getragen hat, angelegt. Die Zahl der Staubfächer am Staubblatte ist bei den anderen Coniferen-Tribus sehr verschieden: bei Taxus 5 — 9, meist 7; bei Salis- buria und Podocarpus, Dacridium, Phyllocladus 2; bei Cephalotaxus 3; bei Thuja und Cupressus 3—4; Callitris, Juniperus 4; bei Thujopsis 5; bei Taxodium 6; Sequoja 4; Sciadopitys 2;* 2) bei Araücaria und Dammara 8—14; bei Cunninghamia 3.3) Bei Araücaria brasiliana sind die Staubblätter nagelförmig lang- gezogen und tragen an der Unterseite des dreieckig angeschwollenen Connectiv’s, meist über acht schmale, lange, dem Filament parallele An- ’) Vgl. auch Schacht: der Baum, p. 262. 2) Vergl. auch Braun. Polyembryonie p. 242. 3) Siebold’ s Flora japonica , .Taf. 102. 125 therensäcke. Die Staubblätter sind nach 2/27,1) eventuell nacli 2/28 oder (2/3J), an einer bis 20 C.-M. langen Blüthenaxe in vielen Hunderten zu einem zapfenähnlichen Pseudo- Am entum versammelt und stehen terminal an kurzen Seitenästen. Bei Sequoia sempervirens gehen die Staubblätter aus schmalem Stiele plötzlich in eine breite, oben geschlitzte, grosse Lamina über; diese trägt vier runde Antherenfächer, die sich mit je einer longitu- dinalen Spalte öffnen, an der Basis ihrer Rückseite. Bei Cupressus semper- virens sind die Blüthen endständig an jungen Seitenzweigen, die Staubblätter decussirt in etwa zehn Paaren, schildförmig; der unteren Schildhälfte ent- springen 3 — 4 runde Antherensäcke mit ebenfalls longitudinaler Spalte. Die männlichen Blüthen von Podocarpus Chinensis Wall, sind nach Al. Braun’s Angaben: verlängert walzenförmige Kätzchen, an welchen die mit deutlicher Connectivspitze versehenen, zweifächerigen Staubblätter acht genau senkrechte, durch 3/8 Stellung bedingte Zeilen bilden. Unterhalb der Staubblätter befinden sich an dem, etwas verlängerten Stiele der Bliithe, mehrere zerstreute, linienförmige Hochblättchen, von denen die zwei untersten grundständigen je eine Seitenblüthe aus ihrer Achsel her- vorgehen lassen, so dass je drei sogenannte Kätzchen in der Achsel eines Laubblattes sich befinden.2) Bei Cephalotaxus drupacea sind die Infiorescenzen sogar achtblüthig. Sie stehen ebenfalls in der Achsel eines Laubblattes, an nächst älteren Zweigen, beginnen mit einem gemeinsamen Stielchen, das vier oder mehr Paare decussirter Niederblättchen erzeugt, dann aber auf verkürzten Inter- nodien plötzlich eine Anzahl grösserer schraubig gestellter Blättchen bildet, welche die einzelnen Blüthen in ihren Achseln tragen. Der kurze, dünne Stiel des Staubblattes geht in eine kleine, plötzlich aufgerichtete Spitze über, welche an der Basis drei hängende Antherensäcke zeigt. — Bei Gingko endet das Filament in einem kleinen Höcker, von dem zwei ovale, longitudinal sich öffnende Säck* herabhängen. Bei Taxus baccata endlich sind es schildförmige Staubblätter, die im Umkreise des ganzen Stieles Antherensäcke tragen. Die Form der Staub- blätter kann also sehr variiren, doch bleiben sie stets frei und einfach und somit leicht zu erkennen. Da die Schilder von Taxus baccata die extremste Form der Staub- 0 blätter hier repräsentiren, so füge ich noch ihre Entwickelungsgeschichte bei. J) Eichler 1. c. p. 427. 2) Ueber eine Missbildung von Podocarpus Chinensis. Monalschr. der K. Ak. d. Wiss. zu Berlin, October, 1869. 126 Die männlichen Bliithen von Taxus baccata werden bekanntlich wie die weiblichen in den Achseln der Blätter nächst älterer Zweige meist in grösserer Anzahl an demselben Zweige angelegt. Die Achselknospe beginnt mit decussirten Schuppenpaaren und geht dann in 2 - Stellung über, die Schuppen werden immer grösser, endlich folgen in unbestimmter Stellung die schildförmigen Staubblätter und scliliessen die Knospe ab. Ihre Ent- wickelung beginnt Anfang August, sie erheben sich als abgerundete Höcker, die bald durch gegenseitigen Druck polygonal werden. Im Inneren des Höckers beginnt an meist sieben Stellen des Umkreises, die von oben sich als hellere Flecken zu erkennen geben, eine Zellvermehrung, welche eine seitliche Anschwellung der Anlage an entsprechend vielen Stellen veranlasst. In Folge dieser seitlichen Anschwellung erscheint die Anlage jetzt am Grunde eingeschnürt. Im Innern der Anschwellungen werden die Pollenmutterzellen erzeugt, sie bilden ovale Massen, die von der Epidermis der Aussenseite durch zwei Lagen unregelmässig gestalteter inhaltsarmerer Zellen getrennt werden, und durch tangentiale Theilung ihrer äussersten Zellschicht sich gegen einander, gegen den mittleren gemeinsamen Stiel, und gegen die Oberfläche des Schildes abgrenzen. Die Pollenkörner werden durch tetraedrische Theilung angelegt. Jedes Staubblatt erhält ein Bündel, das in den Stiel verläuft. Bei der Reife öffnet sich das Fach, indem die ganze Epidermis an seiner Basis und an den beiden Seiten sich ablöst und nach aussen zurückschlägt. Zum Schluss kann ich mir nicht versagen, hier noch einige Bemer- kungen über die Pollenkörner der Coniferen anzureihen. Ich habe bei der Schilderung der Entwickelungsgeschichte der Pollen- körner von Pinus Pumilio bereits angegeben, dass die einzige biconvexe Zelle an der Rückseite des Kornes kurz vor dem Oeffnen der Antheren angelegt wird. Es ist mir gelungen solche Pollenkörner in Zuckerwasser zum Austreiben ihrer Schläuche zu bringen und habe mich dabei über- zeugen können, dass der Pollenschlauch aus $er oberen grossen Zelle des Kernes gebildet wird (Taf. VI. Fig. 27). Das Korn treibt entweder zwischen den beiden Flügeln, oder auch seitlich, dann hin und wieder zwei Schläuche, doch so, dass der eine alsbald das Uebergewicht gewinnt. Viel schöner und bequemer lässt sich die Pollenschlauchbildung beobachten, wenn man junge Zäpfchen acht Tage etwa nach der Bestäubung untersucht. Jeder Längsschnitt halbirt wohl eine oder mehrere Bliithen und nun wflrd es ein Leichtes den Nucleus mit der Nadel freizulegen und die Schläuche in demselben zu verfolgen (Taf. VI. Fig. 28). Die Intine ist es, welche 127 den Pollenschlauch bildet; dabei wird die Exine durchbrochen, die Intine (und zwar auch im Inneren des Kornes) tritt von derselben zurück und rundet sich keulenförmig ab. Die kleine Rückenzelle wird von ihr mit- genommen, sie bleibt lange Zeit am Scheitel der Keule sichtbar, mit deutlichem Zellkern, doch nur schwach gegen die grössere Zelle abgegrenzt (Taf. YI. Fig. 28). Der Kern dieser letzteren wandert in den Pollen- schlauch hinein. In älteren Blütlien nimmt die Exine einen schwärzlichen Ton an und bedeckt kappenförmig den Gipfel des Schlauches. Die auf der Bauchseite liegende grosse Zelle des Pollenkornes ist es also bei Pinus Pumilio, welche unmittelbar nach erster und einziger Theilung des Pollenkornes zum Schlauche auswächst. Ebenso dürfte es auch bei allen anderen ächten Pinus -Arten sein. Die Membran des Pollenkornes zeigt bei den meisten, an der Stelle wo die kleinere Zelle ansitzt, eine linsenförmige Spalte, die durch Trennung der Intine von der Exine gebildet wird; sie ist mit Flüssigkeit oder selbst mit Luft erfüllt. Die Entstehung dieser Spalte ist also eine ganz ähnliche wie diejenige der beiden Flügel, nur dass sie unmittelbar unter der innersten Verdickungsschicht, die anderen dicht unter der äussersten sich bilden, während Schacht1) behauptet, dass sie aus den untersten zusammen- gefallenen und mit Luft erfüllten Zellen des inneren Zellkörpers hervor- gehe. — An die Pinusarten schliesst sich auch der Pollen von Podocarpus an, dessen männliche Blütlien überhaupt viel Aelmlichkeit mit den Abie- tineen2 3) zeigen. Bei Picea vulgaris ist das Pollenkorn äusserlich ganz ähnlich gebaut, doch die innere Zellenbildung verschieden; nachdem nämlich die erste Theilung erfolgt ist, wölbt sich die Scheidewand sehr stark convex nach innen und bildet einen in das Innere des Kornes tief hineinragenden, keulenförmigen Körper, der alsbald durch eine Theilung dicht an seiner Basis eine niedrige Stielzelle absondert. s) Untersucht man weibliche Blütlien bald nach der Bestäubung, so kann man sich überzeugen, dass es auch hier die Intine des ganzen Pollenkornes ist, welche zum Pollenschlauche auswächst (Taf. YI. Fig. 30 u. 31). Ich hebe das besonders hervor, da heute allgemein angenommen *) Schacht: Ueber den Bau einiger Pollenkörner, in den Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. II. p. 144. 2) Die Fig. 12 bei Schacht und die Figuren auf Taf. 113 bei Eichler Flora bras. zeigen den inneren Körper nicht, nur die äusseren Contouren des Kornes. 3) Vergl. Schacht 1. c. Taf. XVII. Fig. 11. 128 wird, dass es die obere Zelle des inneren Zellkörpers sei, welcher die Bildung des Pollenschlauches obliege. Diese Angabe rührt von Schacht1) her und ist seitdem wiederholt worden, ungeachtet auch bei Schacht der direkte Beweis für dieselbe durch Beobachtung der Schlauchbildung eigentlich nicht geliefert worden war. Diese Ansicht veranlasste aber Schacht weiter auch bei Pinus sylvestris (die sich ganz wie Pumilio verhält) ein Wachs- thum und eine Theilung der unteren Zelle anzunehmen und auch hier sollte es die obere Zelle eines inneren Zellkörpers sein, die sich zum Pollenschlauch verlängert. Aus der vorhin gegebenen Entwickelungs- geschichte haben wir bereits gesehen, dass dies bei Pinus nicht der Fall sein kann, da hier überhaupt nur eine kleine Zelle an der Rückenfläche des Kornes abgegliedert wird, und selbst die eigenen Zeichnungen Schacht’s (Fig. 7 u. 8) sprechen eigentlich gegen eine solche Auffassung, denn der Raum, den er zwischen dieser seiner Zelle und der Intine des Kornes lässt, ist ganz inhaltsleer und beweist eben nur, dass bei Einwirkung von Salpetersäure (denn unter dieser wurde das Korn gezeichnet) der Inhalt der grösseren Pollenzelle durch Quellung der Intine von der Exine zu- rückgetreten war. Ein Aehnliches folgt aus dem Bilde von Sachs2) für Pinus Pinaster und noch mehr aus den älteren Bildern Geleznoff’s3) auf die sich Schacht bezieht, die aber vielmehr für eine entgegengesetzte Deutung sprechen. Aus diesen Bildern, namentlich der Fig. 8, 10, 12 auf Taf. XIV, geht nämlich deutlich hervor, dass die Intine des ganzen Kornes zum Pollen- schlauch wird; das giebt Geleznoff auch zu, nur soll die obere Zelle des inneren Zellkörpers (seine vierte Membran) erst anschwellen, das ganze Korn ausfüllen und sich dann auflösen, was jedenfalls nicht im Sinne Schacht’s gedeutet werden konnte. In Wirklichkeit wächst also auch hier die Intine des ganzen Kornes direkt zum Schlauch aus, der innere Zellkörper dagegen war auch noch vier Wochen nach der Bestäubung (Picea hat einjährige Samenreife) in % seiner ursprünglichen Stellung zu erkennen (Taf. VI. Fig. 30 u. 31). Hin und wieder gelang es jetzt ihn aus diesem Korne herauszudrücken (Fig. 31), er hatte an Grösse abgenommen, sein Inhalt war gleiclnnässig feinkörnig geworden, ein theilweise desorganisirter Zellkern in seinem ») 1. c. p. 144. -) Lehrbuch p. 423. Fig. 321 B. *) Anu. d. sc. natur. III Serie. T. XIV. p. 188: Memoire sur l’embryogenie du Meliere. 129 Innern zn erkennen, der Pollenschlauch mit verhältnissmässig grosskörniger Stärke angefüllt, in viel grösserer Menge als sie das ursprüngliche Korn fassen konnte, also das Produkt einer später erfolgten Ernährung. Wie Picea vulgaris verhält sich auch Abies pectinata.1) Der Spalt an der Einfügungsstelle des inneren Zellkörpers ist hier schön zu sehen. Der innere Zellkörper zeigt den nämlichen Bau wie bei Picea und Abies auch bei Larix europaea2) (Taf. VI. Fig. 29), wo man sich auch über die wahre Natur des einen, oder bei Larix microcarpa Poir 3) der zwei hinter einander liegender Spalte in der Membran leicht orientiren kann; dem Pollenkorne fehlen die Flügel. — Auch Abies canadensis ist flügellos, der innere Zell- körper wie bei Larix gebaut, doch sehr schwer nur zu sehen. Hier wie in ähnlichen Fällen hilft oft Säure-Zusatz, z. B. SO3, doch muss man während der Einwirkung beobachten; den Pollenkörnern fehlen die Flügel.4) Viel einfacher dagegen ist der Bau der Pollenkörner bei den C’upressi- neen. — Bei Cupressus sempervirens 5) theilt sich das Pollenkorn kurz vor der Bestäubung in eine kleine untere und grosse obere Zelle, ähnlich wie bei Pinus- Arten; auf der Kernwarze wächst die grosse obere Zelle zum Pollenschlauch aus : die Exine klappt zweilappig auf und wird bald abge- streift. Ganz ähnlich bei Biota orientalis, doch sollen nach Schacht 6) hier häufig quere Theiluugen in der oberen Zelle, oft im Inneren des gebildeten Pollenschlauches auftreten. Auch Araucaria7) zeigt in den runden Pollenkörnern eine einzige ba- sale Theilung. Bei Taxus baccata habe ich häufig auf dem Knospenkerne Pollen- körner gesehen, deren obere, grössere Zelle sich zum Schlauch verlängert hatte (Taf. I. Fig. 11, 12 und 13). Hier wie überall bei Coniferen das- selbe charakteristische Abstreifen der Exine. Ganz wie bei Taxus sind auch die Pollenkörner bei Cephalotaxus tardiva aus einer grossen oberen und kleinen unteren Zelle aufgebaut. Bei Ginkgo biloba s) ähneln die Pollenkörner äusserlich durchaus denen 9 Vergl. Schacht, 1. c. Fig. 9. 2) Schacht, 1. c. Fig. 5. 3) Cramer gieht eine ganz richtige Abbildung Taf. V. Fig. IG u. 17. 4) An diesen Typus schliessen auch die Cycadeen an; vergl. de Bary,*Bot. Zeit. 1870. p. 5. Taf. VIII. B. 5) Schacht, 1. c. Fig. 17 — 21 und der Baum, p. 270. Fig. 183. u) 1. c. Fig. 22 — 24. 7) 1. c. Fig. 25. s) Schacht, 1. c. Fig. 15 u. IG. Strasburger, Coniferen nnd Grietareen. 9 130 der Monocotylen. Sie sind der Länge nach gefaltet (Taf. II. Fig. 35) und runden sicli sofort im Wasser ab. Gegenüber der Falte erkennt man auf der Rückenseite zwei Zellen: in jüngeren Körnern beide ganz flach (Taf. II. Fig. 32), in älteren die äussere etwas gewölbt (Taf. II. Fig. 33 und 34). Die Entwickelungsgeschichte zeigt, dass es die äussere Scheide- wand ist, welche hier zuerst auftritt und dass die so entstandene Zelle sich später nochmals halbirt; sie erinnern insofern an die beiden Zellen in den Pollenkörnern von Picea, Abies und Larix. — Der sich einfaltende Theil der Membran des Kornes ist etwas schwächer verdickt und von hellerer Farbe, die Linie, in der die Einfaltung beginnt, ist äusserlich meist schon als schwacher Streifen zu erkennen; im Durchschnitt sieht man die stärkere, sich nicht faltende Membran an dieser Stelle eine un- bedeutende Verdickung zeigen (Taf. II. Fig. 33 und 34). Auf der Kern- warze wächst das ganze Korn an der schwächer verdickten Stelle zum Schlauche aus (Fig. 36 und 37), die beiden kleinen innern Zellen bleiben längere Zeit noch sichtbar (Taf. II. Fig. 36). Es sind uns somit, was die inneren Theilungen der Pollenkörner an- betrifft, verschiedene Fälle begegnet. Entweder bleibt die durch Theilung angelegte kleinere Zelle einfach und von Anfang an unthätig: so bei Taxus, Podocarpus, Cupressineen und den eigentlichen Pinns-Arten, oder sie ent- wickelt sich zunächst weiter, theilt sich sogar und bildet einen keulenförmig in das Innere des Kornes hineinragenden Körper: so bei den übrigen Abie- tineen. Die Mitte zwischen beiden Extremen halten solche Fälle ein, wie wir sie bei Ginkgo kennen gelernt. Ganz allgemein stimmen aber alle Coni- feren darin überein, dass secundäre Zellen im Pollenkorne erzeugt werden. Wie sind nun aber diese Zellen zu deuten? Nach dem, überein- stimmend für alle betrachteten Fälle, über das Verhalten dieser Zellen Gesagten, liegt, denke ich, diese Deutung nicht fern. Sie können nur als vegetative Zellen, den vegetativen der Lycopodiaceen und somit auch dem Prothallium der Farne homolog, aufgefasst werden. Die grössere Zelle des Pollenkornes dürfte somit dem Antheridium der Cryptogamen entsprechen, und wie bereits Hofmeister nachgewiesen hat, treten in derselben sogar, kurz vor der Befruchtung, zellige Pdldungen auf, welche durchaus an die Mutterzellen der Spermatozoiden erinnern. Die Deutung, die ich hier gebe, ist nicht neu, doch hat sie, wie ich denke, durch die vorliegende Untersuchung eine neue Stütze gewonnnen. So lange nämlich mit Schacht angenommen wurde, dass bei Cupressineen und Verwandten die obere Zelle des ganzen Pollenkornes, bei Abietineen da- — 131 gegen, die obere Zelle des inneren Zellkörpers zum Pollenschlauche aus- wachse, schien mir die Deutung des Pollenkornes in einem eigentümlichen Widerspruch befangen. War, wie es jeder Vergleich so nahe legte, die kleine untere Zelle einer CuprcsSus der kleinen vegetativen Zelle in den Microsporen von Isoeter oder Selaginella J) homolog: also ein rudimentäres Prothallium, die grössere Zelle von Cupressus der grösseren der genannten Pflanzen entsprechend: also ein Antheridium, so frug es es sich, welche Bedeutung den nämlichen Theilen bei den Abietineen zukäme. Es schien hier der eigene Fall eingetreten zu sein, dass ein rudimentär gewordenes Organ von neuem seine Thatigkeit aufgenommen. Diese Annahme wird nun- mehr überflüssig und die grösste Uebereinstimmung herrscht in dem Ver- halten der Pollenkörner der ganzen Gruppe. Diese Uebereinstimmung er- streckt sich bis auf die Cycadeen, bei welchen, wie bereits Schacht* 2) wahr- scheinlich machte und vor Kurzem auch de Bary3) aussprach, sich eben- falls die ganzen Körner zum Pollenschlauch verlängern. Die directe Beob- achtung der Schlauchbildung fehlt zwrar noch, doch stimmen die von de Bary auf Taf. VIII. B. für Cycas Rumphii abgebildeten Körner so auf- fallend mitGinkgo biloba überein, dass an einer Uebereinstimmung auch im Verhalten beider sich kaum zweifeln lässt. Auch die Zahl der Zellen, die durch Theilung im Pollenkorne bei Co- niferen und Cycadeen angelegt w'erden, bleibt sich constant, sie übersteigt nach meinen Beobachtungen nie zwei. Die Angaben über eine grössere Zahl von Zellen dürften hingegen nur in dem Umstande begründet sein, dass man auch die unter der Ansatzstelle des Innenkörpers sich bildenden Spalten in der Membran für verkümmerte Zellen ausgab. Der einzige Unterschied bleibt also nur in dem Verhalten der Zellen des Prothallium- rudimentes'bestehen, welche in manchen Gattungen flach und klein bleiben, in den anderen anschwellen und eine bedeutende Grösse erreichen; doch das sind unwesentliche Modificationen, um so mehr, als diese Zellen, nach erfolgter Schlauchbildung, ihren Inhalt zum grössten Theil einbiissen und ver schrumpf en. Ueberhaupt ist hervorzuheben, dass diese Zellen in vielen Gattungen bereits sehr schwach gegen das übrige Pollenkorn abgegrenzt erscheinen rwas ihre Beobachtung häufig sehr erschwert), und dass sie ]) Vergl. die Abbild, nach Millardet in Sachs, Lehrbuch, p. 380, 381, auch Pfeifer, Die Entwickelung des Keimes der Gattung Selaginella, p. 7 und Taf. I. 2) 1. c. p. 155. 3) 1. c. p. 579. 9 * 132 leicht bei äusserer Einwirkung in dein übrigen Inhalte des Kornes auf- gehen. Bei Gnetaceen sind sie, wie wir bald sehen werden, kaum mehr nachzuweisen und verschwinden endlich bei höheren Phanerogamen gänzlich. B. Gnetaceae. Die Gnetaceen werden von den Coniferen hauptsächlich durch ihre männlichen Blüthen unterschieden, wir wollen auch hier versuchen, den Zusammenhang beider Gruppen näher zu begründen. Von den Gnetaceen lagen bisher entwickelungsgeschichtliche Angaben gar nicht vor, das ver- anlasste mich, eine besondere Aufmerksamkeit denselben zuzuwenden. 1. Ephedra. Die Entwickelung der männlichen Blüthen der Ephedra-Arten habe ich an Ephedra monostachya, Ephedra campylopoda, zum Theil auch an Epliedra altissima verfolgen können. Sie entstehen an Stelle gewöhnlicher Achselknospen, an den jüngeren Zweigen. Die Achselknospe erzeugt zunächst zwei sterile Blattpaare und erst in der Achsel des dritten und der folgenden Paare treten die Anlagen für die männlichen Blüthen auf. Nach drei bis vier fertilen Blattpaaren hört die weitere Entwickelung der Axe auf und lässt sich dieselbe auch noch an völlig entwickelten Blüthenständen als verdorrter, mit ein oder zwei rudi- mentären Blattpaaren besetzter Höcker, zwischen den höchststehenden Blüthen nachweisen. Die Axe des männlichen Blüthcnstandes verhält sich zunächst ganz ähnlich wie diejenige rein vegetativer Knospen. Vom Augenblicke an, wo das erste fertile Blattpaar angelegt wird, sind aber charakteristische Unterschiede zu bemerken; die secundäre Achselknospe, welche dieBlüthe erzeugt, wird nämlich nicht, wie bei vegetativen Knospen, erst in der Achsel eines älteren Blattes, zv»ei bis drei Blattpaare weit vom Vegetationskegel, sondern unmittelbar über dem höchsten Blatte an- gelegt, noch bevor das nächsthöhere Blattpaar sichtbar wird. Ein Längs- schnitt durch einen in der Entwickelung begriffenen Blüthenstand bietet deshalb ein Bild, wie wir es in Fig. 1 — 3. Taf. XIV. dargestellt haben. Die secundäre Achselknospe wird durch Theilung in der auf die Epidermis folgenden Zelllage angelegt (Taf. XIV. Fig. 1), doch wächst sie nun, wie auch die weibliche Bliithenanlage, durch tangentiale Theilung ihrer Der- matogenzellen (Fig. 2 u. 3). Diese Theilungen wiederholen sich in rascher 133 Aufeinanderfolge und das Gebilde nimmt dem entsprechend rasch an Grösse zu. Gleichzeitig sehen wir vorn und hinten an seiner Basis je einen Wall sich bilden; es ist dies der Anfang des Perigons (Fig. 2 u. 3): er wird in zwei völlig getrennten Höckern angelegt und auffallend genug, nicht wie es stets an allen bis jetzt betrachteten Achselknospen gewesen, transversal, sondern median. An der Bildung dieses Perigons betheiligen sich nur wenige Zellen der Oberfläche der Knospenaxe und es erhebt sich alsbald nur zwei Zellen stark an seinem Rande wachsend (Fig. 3 u. 4). Noch bevor seine Ränder den Scheitel der Knospe erreichen, erfährt auch diese eine weitere Ver- änderung. Ihr Scheitel flacht sich zunächst ab und dann werden bestimmte Stellen desselben in ihrer weiteren Entwickelung begünstigt; die ganze Knospe wächst gleichzeitig viel stärker auf ihrer inneren Seite, dadurch wird ihre Scheitelfläche in eine von innen nach aussen ziemlich stark geneigte Lage gebracht; auf dieser sprosst nun, zunächst rechts und links, je ein Höcker hervor, auf welche beiden dann zwei Höcker auf der Innenseite und end- lich zwei auf der Aussenseite folgen (Taf. XIV. Fig. 6, 7, 8, 9 u. 10). Die beiden ersten Höcker stehen bei Ephedra monostachya nicht rein seitlich sondern sie sind auf die beiden Innenkanten der Anlage etwas verschoben. Bald zeigen beide Höcker bei eben derselben Ephedra monostachya, eine seichte Einbuchtung am Scheitel (Taf. XIV. Fig. 9 u. 10 SA.) und wachsen nun zu je zwei Höckern aus. Bei Ephedra campylopoda unterbleibt diese Theilung. Dem entsprechend besitzt Ephedra monostachya je zwei s (Taf. XIV. Fig. 11), Ephedra campylopoda je eine seitliche Anthere (Taf. XIV. Fig. 7 u. 8). Das Verrücken des ersten Antherenwirtels auf die Innenseite beeinflusst bei Ephedra monostachya auch die Entwicke- lung des dort stehenden inneren Antherenpaares; während nämlich bei den übrigen Antheren die mittlere Scheidewand und dem entsprechend die obere Furche auf der Anthere, mehr oder weniger radial gestellt er- scheint, diese Antheren somit ihre breite Seite der Mitte der Blüthenaxe zukehren, erscheinen die beiden inneren Antheren 90° um ihre Axen ge- dreht, stellen ihre Scheidewand tangential und kehren somit ihre schmale Seite der Mitte der Blüthenaxe zu (Taf. XIV. Fig. 11). Diese Stellung er- hält sich bis zur völligen Reife. Bei Ephedra campylopoda werden sämmt- liche sechs Antheren mit gleicher radialer Stellung ihrer Scheidewand angelegt (Fig. 7, 8). Dass die beiden äusseren Höcker etwas später als die beiden inneren sich zeigen, hängt mit der Bevorzugung des Wachsthums der ganzen inneren Seite der Anlage zusammen. Bei Ephedra monostachya findet eine solche Bevorzugung in viel geringerem Maasse statt, die An- 134 thcren stehen in Folge dessen im fertigen Zustande aufrecht (Taf. XIY. Fig. 34), während sie bei Ephedra campylopoda nach aussen gerichtet sind (Taf. XIY. Fig. 28. , Taf. XV. Fig. 29 — 32). Bei Ephedra altissima sicht man überhaupt nur zwei Antheren-Höcker die also auch, so wie die beiden ersten Höcker bei E. campylopoda, rechts und links an der Bliithen- axe mit dem Perigon alternirend auftreten. Den fertigen Zustand stellt Fig. 35 — 38. Taf. XV. vor. Aus diesem Allem folgt, dass die Antheren bei Ephedra in einem oder in zwei Wirteln stehen; der erste Wirtel ist zweigliederig, oder wie bei Ephedra monostachya nur durch eine frühzeitige Verdoppelung, viergliederig: der zweite viergliederig. Der zwei- gliederige ist der erste, es kreuzt sich mit dem Perigonblattpaareund auch bei Verdoppelung bleiben die je zwei Antheren jederseits seitlich stehen. Dieses, so wie der Vergleich mit den anderen Arten zeigt, dass man es auch in diesem Falle mP ursprünglich nur einem Blattpaar zu thun hat1). Der folgende viergliederige Antherenkreis zerfällt in ein vorderes und ein hinteres Antherenpaar. Sehr häufig werden übrigens nicht alle Antheren angelegt, die Zahl derselben ist in Folge dessen, oft innerhalb einer und derselben Blüthe, grossen Schwankungen unterworfen, so dass man auf die eigentlich normale Zahl, nur aus dem besonders häufigen Vorkommen schliessen kann. Auch die Antherenhöcker werden durch tangentiale Dermatogentheilungen aufgebaut. Jeder Höcker besteht in Folge dessen aus radial angeordneten Zellreihen, die sich fast continuirlich, von seiner Basis bis zu seiner Oberfläche, verfolgen lassen. Die äusserste Zellschicht grenzt sich als Epidermis ab, dann zeigt jeder Höcker eine leichte Ein- buchtung quer über seinem Scheitel: es ist dies die erste Andeutung einer Theilung in die beiden Fächer (Taf. XIV. Fig. 4); dieselbe macht sich auch bald im Innern geltend, in der Anordnung der Zellen zu einer mitt- leren Scheidewand (Taf. XIV. Fig. 5). Die nächste, auf die Epidermis folgende Zelllage theilt sich im ganzen Umkreis »der Fächer durch tan- gentiale Wände und bildet so eine zwei Zelleji starke Schicht tafelförmiger Zellen (Fig. 12—13). Es ist dies die Grenzschicht, die wir bereits bei Coniferen kennen lernten. Sie grenzt das sich bildende Fach auch gegen ') Pariatore in Decandolle’s Prodromus giebt an für Ephedra Andina Pöppig 5 — 8 Antheren, für Eph. Tweediana Fisch, u. Mey. 4 — 5, ebenso für Ephedra antisyphilitica C. A. Mey. Bei Eph. americana Humb. u. Bonpl. 5, Ephedra triandra Tul. 3, Eph. vul- garis Rieh. sub. 8, Eph. fragilis Desf. 5 — 4 rarius 6, Eph. altissima Des). 2 raro 3 — 4, Eph. Alte C. A. Mey. 3—5, Eph. monosperma Gmel. 6—8, Eph. nebrodensis Tin. 4—8, Eph. procera Fisch, u. Mey. 5—8, Eph. alata Decsne 3 — 8. nie Bliithenaxe ab und läuft auch an der in sieh differcncirenden Scheide- wand. Diese Scheidewand stellt senkrecht auf der Basis der Anthere und schliesst seitlich und nach oben unmittelbar an die Epidermis an. Die Zellen im Innern der Fächer nehmen dann rasch an Grösse zu und füllen sich dicht mit Protoplasma; dieses ballt sich in einer jeden zur Primordialzellc zusammen (Taf. XIY. Fig. 13); gleichzeitig quillt die Mem- bran der Zellen sehr stark auf und sie beginnen sich von einander zu lösen (Taf. XIV. Fig. 14). Ihr protoplasmatischer Inhalt zerfällt dann in je vier, meist tetraedrisch gestellte, nackte Zellen (Taf. XIV. Fig. 14 u. 15), welche erst nach erfolgter Theilung sich mit Membran umgeben. Während dem beginnt auch äusserlich an der Anthere die Epidermis wellig zu werden. Die auf die Epidermis folgenden beiden Zellschichten zeigen ein ungleiches Verhalten (Taf. XIV. Fig. 13, 14); die Zellen der äusseren führen stark lichtbrechende Zellkerne, doch nur wässerigen In- haltes und sind stark in die Länge gezogen und abgeflacht; die Zellen der inneren sind stärker, mit Protoplasma reichlich angefüllt und fangen bereits an sich zu desorganisiren, sie zerfallen alsbald in eine körnige Schicht, welche das ganze Fach, natürlich auch die mittlere Scheidewand auskleidet (Taf. XIV. Fig. 23). Auf der Epidermis, am Scheitel der Antheren, wird bald eine schwach vertiefte Linie der Stelle entsprechend sichtbar, wo später das Oeffnen erfolgen soll; diese Linie ist unter einem rechten Winkel gegen die mittlere Scheidewand gerichtet und lauft in einer Richtung auf beiden Fächern. Die im übrigen welligen Zellen der Epidermis (Taf. XIV. Fig. 24, 25) stossen an diesen Stellen, wo sie später auseinander- weichen sollen, mit flachen Wänden aneinander, sind auch von der ge- nannten Seite etwas stärker verdickt (Fig. 24 u. 22) und von geringerer Höhe. Die beiden Perigonblätter vereinigen sich bald nach ihrer Ent- stehung mit den Seitenrändern (Taf. XIV. Fig. 9 u. 10 a. P. u. i. P.) und erheben sich als gemeinschaftlich geschlossene Hülle; sie erreichen den Scheitel der Anlage um die Zeit etwa, da die Antheren ihre Epidermis bilden. Der innere Perigonrand ist in seinem Wachsthum wie alle übrigen Theile der Anlage bevorzugt und greift oben am Scheitel über den äusse- ren. Die Blüthenanlage wird um diese Zeit äusserlich in der Achsel ihres Deckblattes kenntlich. Die Antheren reifen unter dem Schutze der fest verbundenen Perigonblätter. Bei Ephedra altissima mit nur zwei Antheren und E. monostachya mit acht, behalten diese ihre ursprüngliche Stellung die sie in der Anlage gehabt (Taf. XV. Fig. 34 u. 35 — 38). Bei Ephedra 136 campylopoda mit sechs Antheren werden dagegen die beiden äusseren durch das Vergreifen der beiden seitlichen nach der Mitte der Blüthe zu gedrängt und kommen in der fertigen Blüthe in die Mitte (von vier peri- pherischen Antheren umgeben) (Taf. XIV. Fig. 28. Taf. XV. Fig. 29 — 32) zu stehen. Gleichzeitig reifen die Pollenkörner. Ihre Membran spaltet sich in die schwächere Exine und stärkere Intine (Taf. XIV. Fig. 20), die erstere bildet ihre charakteristischen Längsfalten (Fig. 18, 19). Erst beim Oeffnen der Blüthe streckt sich die bis dahin kurz gebliebene Blüthenaxe zwischen der Perigonbasis und den Antheren, drängt die beiden Perigon- ränder auseinander und hebt die Antheren aus denselben und aus der Achsel des Deckblattes empor (Taf. XIV. Fig. 28. Taf. XV. Fig. 29, 31, 35, 38). Die Einfügungsfläche der Antheren auf der Blüthenaxe bleibt bei Ephedra campylopoda und altissima stark geneigt, so dass die sämmtlichen Antheren nun nach aussen schauen. Sie öffnen sich schon während der Streckung und entlassen ihren Pollen. Der basale Theil der Antheren selbst hat sich so wenig verlängert, dass dieselben auf der Blüthenaxe fast sitzend oder doch nur ganz kurz gestielt erscheinen (Fig. 30, 36); ihre Wand ist durch völliges Desorganisiren der körnigen Zellage fast ein- schichtig geworden (Taf. XIV. Fig. 22, 23). Die Pollenköruer lassen bei starker Vergrösserung und sehr sorgfältiger Beobachtung eine Zusammen- setzung aus zwei inneren Zellen, ähnlich wie Cupressineen, erkennen; aus einer kleinen vegetativen und einer grösseren, die später zum Pollen- schlauch auswächst1) (Taf. XIV. Fig. 16c, 21). Diese Zellen sind nicht leicht zu sehen, da die Trennungslinie zwischen denselben nur äusserst schwach ist und sie mit der grössten Leichtigkeit ineinander fliessen. Eine feste Membran zwischen beiden ist überhaupt nicht mehr vorhanden, nur eine schwache Abgrenzung, so dass man wohl in derselben die letzte Spur einer Zellbildung im Inneren des Pollenkornes erblicken kann. Im Wasser quillt die Intine, durchbricht die Exine und tritt aus derselben hervor (Fig. 16a). Körner aus einer und derselben Anthere verhalten sich in dieser Beziehung verschieden und während bei einzelnen die Intine sofort aus der Exine tritt, bleibt sie bei anderen in derselben eingeschlossen und das Korn' scheint dann längere Zeit hindurch keine weitere Veränderung zu erfahren. *) Schacht, 1. c. gieht auclj hier die Existenz eines inneren zusammengesetzten Zell- körpers an und dessen Auswachsen zum rollenschlauche. Yergl. auch Fig. 14. Taf. XVII. 137 Im Uebrigen wäre über den Bau der männlichen Blüthen nur noch wenig hinzuzufügen. Die Antlierentragende Axe besteht aus gleichförmigen parenchymatischen, schwach verdickten Zellen, von denen nicht ein Ma eine Epidermis abgegrenzt wird ') und ist bei Ephedra altissima von zwei, bei Ephedra campylopoda von vier bis sechs (Taf. XIV. Fig. 26 u. Taf. XV. Fig. 33), bei monostachya vier bis acht Gefässbiindeln durchzogen. Das Perigon besitzt gar keine Bündel* 2) und besteht aus nur zwei Lagen gleich- massiger, parenchymatischer, ziemlich stark verdickter und gebräunter Zellen, natürlich ohne Spaltöffnung. Das Deckblatt, in dessen Achsel die Blüthe entstand, entspricht in seinem Baue anderen Laubblättern derselben Pflanze, wenn auch bedeutend vereinfacht; es wird, wie die gewöhnlichen Blätter, von zwei Gefässbündeln durchzogen; diese treten in die Bliithen- standaxe, wie in jede andere Achselknospe ein; es sind deren zwei, die über den beiden Gefässbündelndes Deckblattes von den Bündeln der Haupt- axe abzweigen. Sie vermehren sich in der Bltithenstandaxe zunächst auf acht, je zwei und zwei gehen dann, wie in vegetativen Sprossen, an die Blattpaare ab; auch die fertilen Blattpaare erhalten ihre beiden Bündel und die Bündel für die einzelnen Blüthen werden wiederum wie gewöhn- liche Achselknospenbündel aus der Axenmitte abgezweigt (Taf. XV. Fig. 33). Ueber dem obersten Blüthenpaare erlöschen die Bündel in dem Axen- rudimente und zum Theil auch noch in dessen rudimentären Blättern. In der männlichen Blüthe bleiben die Bündel änsserst zart. Die Pe- rigonblätter erhalten keine Bündel, die Zahl derselben in der, die An- theren tragenden Axe, wird aber von der Zahl der Antheren bestimmt. Bei Ephedra altissima, wo nur zwei Antheren vorhanden sind, laufen die beiden ursprünglichen Bündel der Blüthe, ohne sich zu verändern, rechts und links durch die Axe bis zu diesen Antheren fort. Bei Ephedra cam- pylopoda vermehren sie ihre Zahl auf vier, auf fünf, im normalsten Falle auf sechs, entsprechend den sechs Antheren (Taf. XV. Fig. 33). Es pflegen dann wohl je ein Bündel sich mehr seitlich, vier sich mehr in der Mitte zu halten und versorgen dem entsprechend die beiden seitlichen oder die vier mittleren Antheren (Fig. 29 u. 30). Sehr häufig kommt es nun aber *) Ihres einfachen Baues wegen wurde sie wohl auch von früheren ForSchern für ein Filament (Blume, Endlicher, Meyer für Gnetum) oder eine Vereinigung mehrerer Filamente gehalten (Endlicher, Meyer für Ephedra, Lindley, Veg. Kiugd., p. 232). Die neueren Autoren sind meist über ihre axile Natur einig (wenigstens für Ephedra), Eichler nennt sie Columna. antherifera. 2) Nur ein einziges Mal ist mir ein Perigonblatt mit einem solchen vorgekommen. vor, dass die vier Bündel der Mitte paarweise miteinander verschmelzen und man statt sechs Bündel nur vier erhält, ja die Variabilität in diesem Falle ist sehr gross und sind mir auch drei oder fünf Bündel vorgekom- men. — Die Bündel bleiben auf nur wenige Schraubenzellen beschränkt, jede Verdickung unterbleibt, entsprechend der kurzen Lebensdauer der Bliithe. An der Basis der Anthcre löst sich das Bündel in Schrauben- zellen auf und schwillt in Folge dessen bedeutend auf (Fig. 30, 3G), das Bündel reicht bis in den unteren Theil der Scheidewand hinein. Wo die Bündel innerhalb der Blüthenaxe vereinigt waren, trennen sie sich jetzt von einander und jede Anthere erhält ihr eigenes Bündel. Die Inflorescenzaxe entspricht in ihrem Baue durchaus den rein vege- tativen Axen; ihre beiden untersten Internodien werden lang, von den ersten fertileu Blättern an bleiben sie kurz, so dass die Blüthen alle dicht gedrängt übereinander stehen (Taf. XIV. Fig. 28). Die Blüthen entfalten sich je zwei gleichzeitig, in aufsteigender Ordnung. Häufig wird in den Achseln der beiden untersten fertilen Blätter je eine neue Infiorescenz (meist zwei Blüthenpaare tragend), an Stelle der einfachen Bliithe angelegt (Taf. XV. Fig. 31, 38); man erkennt sie schon auf jungen Zuständen, weil dann die ersten beiden Blätter der Achselanlage, nicht wie an der Blüthe von innen und aussen, sondern rechts und links angelegtwerden (Fig. 31). Hin und wieder kommt es bei Ephedra campylopoda vor, und ein solcher Fall ist bereits von Meyer’) beschrieben und abgebildet worden, dass über den letzten beiden männlichen Blüthen und zwar mit diesen alter- nirend zwei weibliche Blüthen angelegt werden (Taf. XV. Fig. 31 u. 32). An einem männlichen Exemplare von Ephedra campylopoda im botanischen Garten zu Würzburg und einem, wahrscheinlich ähnlichen Ursprungs, in Halle, waren sämmtliche Inflorescenzen androgyn. Die weiblichen Blüthen wurden in allen Bliithenständen angelegt (Fig. 32), abortirten aber schon für gewöhnlich auf den allerersten Entwickelungsstadien — in manchen brachten sie es bis zur Bildung von Emhryogäcken, ohne jedoch in irgend welchem Falle reife Früchte und Samen zu erzeugen. Diese androgvnen Blüthenstände wurden von Meyer (1. c.) für den sichersten Beweis der Gleichwerthigkeit der äusseren Hülle der weiblichen Blüthe und der einzigen der männlichen Blüthe angesehen und er bezeich- nete beide Hüllen als Involucellum. Dieselbe Identificirung war auch früher ’) Versuch einer Monogr. der Gattung Ephedra. Mem. d. l’Ac. imp. d. sc. d. St. 139 bereits von Richard (1. c. p. 135), von Robert Brown1) und in neuester Zeit auch wieder durch Tulasne2), Hooker3) und auch Eichler4) versucht worden, wobei alle von der unbegründeten Anschauung ausgingen, dass männliche und weibliche Blüthen hier morphologisch gleichwertige Bil- dungen seien. Wie wir nun aber gesehen, ist dies durchaus nicht der Fall: die beiden Perigonblätter der männlichen Bliithc von Ephcdra werden vorn und hinten, die beiden mit denselben identificirtcn Carpellblätter der weiblichen Bliithe rechts und links angelegt. Ueberhaupt finden wir den obigen Vergleich ganz unzulässig; der- selbe hätte nur dann einen Sinn, wenn nachgewiesen oder doch wahr- scheinlich gemacht worden wäre, dass ursprünglich nur eine hermaphrodite Bliithe vorhanden gewesen und erst später durch Verkümmerung des einen oder des anderen Geschlechtes getrennt-geschlechtlich wurde. Dann wären beide Bildungen freilich identisch, so aber, wie die Verhältnisse stehen, spricht doch Alles viel mehr gegen ihre Identität. Die weiblichen Blüthen sowohl als die männlichen sind bereits als solche von anderen Arten ererbt worden und der etwaige gemeinsame Ursprung beider liegt unendlich weit zurück. — Die Verwandtschaft der weiblichen Ephedra-Blüthen mit denConiferen-Blüthen liegt auf der Hand und müssen wir also auch für die Deutung , der männlichen Bliithe nach Anknüpfungspunkten bei den Coniferen suchen. Dass beide Blüthen bei Coniferen verschiedene Bildungen sind, das lehrt aber der Augenschein und auch jeder monströse androgyne Pinuszapfen, an dem die Deckblätter zu Antheren werden und trotzdem noch Fruchtschuppen in ihren Achseln tragen, beweist es zur Ge- nüge. Um so grösser muss dann aber die Verschiedenheit der beiden Blüthen bei Gnetaceen werden, die ja noch weiter vom gemeinschaftlichen Ursprung der beiden Geschlechter entfernt sein müssen. Man hatte sich bei dieser Identificirung eben nur durch äussere Aehnlichkeiten leiten lassen, denn auch die Entwickelungsgeschichte zeigt ja auf das bestimmteste, dass von einem wirklichen Vergleichen beider Hüllen nicht die Rede sein kann. Sie besitzen nur so viel habituelle Aehnlichkeit, als es die Correlation, in der sämmtliche Tlieile einer Pflanze zu einander stehen, mit sich bringt. Wie stellt sich aber das Verhältniss der männlichen Ephedra-Blüthe zu derjenigen der Coniferen? gewöhnlich wird ja die Ve^schieden- ') Kiug’s Yoyage, p. 535. 2) Ann. d. sc. uat. IV. Serie X, p. 110. -1) On Welwitschia etc. 4) Flor, brasil , p. 441. 140 heit derselben als Hauptunterscheidungsmerkmal für beide Gruppen an- geführt. Meiner Meinung nach ist der Unterschied nicht bedeutend, nur müssen wir auch hier wieder an die allernächsten Verwandten unter den Coniferen uns wenden, z. B. an Taxus. Die Vorblätter der männlichen Bliithe bei Taxus entsprechen durchaus den Vorblättern bei Ephedra und können dort ebenso gut als Perigon bezeichnet werden. Dass bei Ephedra nur zwei Blätter vorhanden, bildet keinen wesentlichen Unterschied, um so mehr, als ja die Stellung dieser Blätter (wie später nachgewiesen werden soll) vermuthen lässt, dass auch hier noch ein äusseres transversales Blattpaar ursprünglich vorhanden war und erst nachträglich verschwand. Die im Verhältniss zu den kätzchenförmigen Blüthen anderer Coniferen so verkürzte Blüthenaxe von Taxus erinnert bereits sehr an die Blüthenaxe in der männlichen Blütlie von Ephedra, als einziger Unterschied bleibt uns also schliesslich nur das Verhalten der Antheren. Doch auch diese Verschiedenheit ist bei näherer Erwägung nicht so bedeutend, denn that- sächlich entspricht ja jede Anthere bei Ephedra, einem auf seine Fächer reducirten Coniferen-Staubblatte. Bei Taxus, Ginkgo u. s. w. hatten wir ja bereits was ganz ähnliches vor uns. Die Entwickelungsgeschichten ge- nannter Antheren stimmen bis in’s Einzelne überein und haben wir hier die nämliche Scheidewandbildung, die nämliche Grenzschicht, Pollenmutter- zellbildung und Theilung, dieselbe Epidermis etc. wieder gefunden. Auch die Stellung der Antheren bietet hier nichts Ungewöhnliches, da sie ja auch innerhalb der Coniferen sehr verschieden sein kann; dieselben ordnen sich in fertigem Zustande nach Maassgabe des Raumes und erinnern hierdurch sowohl als auch durch ihre unstätte Zahl sehr an Taxus baccata; es er- hält ebenfalls jede Anthere ihr eigenes einziges Bündel wie das Staubblatt der Coniferen und endet dieses Bündel in der Mediane zwischen den beiden Fächern. Endlich lässt sich auch schon bei Cephalotaxus, eine ganz ähnliche Vereinigung der Biiithen zur Inflorescenz wie bei Ephedra, beobachten, so dass Ephedra, wie wir sehen, in jeder Beziehung an die Coniferen an- schliesst. Der Unterschied zwischen der männlichen Bliithe von Ephedra und der Coniferen ist also kaum grösser als derjenige zwischen ihren weib- lichen Blüthen und so kommen wir zu der Ueberzeugung, dass auch die männlichen Blüthen beider Familien homologe Bildungen sein müssen. Hiermit ist gleichzeitig die so vielfach ausgesprochene Homologie der männlichen Blüthen von Ephedra mit ihren weiblichen Blüthen beseitigt und will ich nur noch erwähnen, dass diese Verschiedenheit bereits richtig 141 von Blume l) erkannt wurde, als er die Hülle der männlichen Blüthe als Perigon, die der weiblichen als Ovarium2) bezeichnete. 2. Welwitscliia. Die männlichen Inflorescenzen von Welwitscliia mirabilis sind den weiblichen derselben Pflanze ganz ähnlich, doch in allen Theilen kleiner. Die männliche, dem Anschein nach hermaphrodite Blüthe (Taf. XVIII. Fig. 8), besitzt nach Hooker3) ein Perigon von vier, zu zwei und zwei de- cussirten häutigen Blättchen; die zwei äusseren sind vollkommen frei, sichelförmig gekrümmt, schmal spatelig und spitz, die inneren breit spatel- förmig bis verkehrt eirund, und an der Basis in eine zusammengedrückte Bohre verwachsen. Innerhalb dieses Perigons befinden sich sechs am Grunde monodelphische Staubgefässe, mit cylindrischen Trägern und end- ständigen kugeligen dreifächerigen Antheren, die über dem Scheitel mit einer dreischenkeligen Spalte aufreissen. Die Pollenkörner sind einfach und elliptisch. Das Centrum der Blüthe nimmt ein einziges, aufrechtes orthotropes, mit breiter Basis sitzendes Ei ein, ohne weitere Umhüllung als ein einfaches Integument, das in eine griffelähnliche Röhre mit scheiben- förmig ausgebreiteter Spitze ausgezogen ist. Diesem Ovulum fehlt jedoch der Embryosack und es ist daher steril. — Die männlichen Zäpfchen zeigen die nämliche Eigentümlichkeit wie die weiblichen, die Blüthen werden in aufsteigender Reihenfolge ziemlich langsam angelegt, so dass ein einziger Zapfen mir genügte, um eine voll- ständige Entwickelungsgeschichte zu gewinnen. Die jüngsten Anlagen findet man oben am Vegetationskegel der Rachis. Dieser zeigt ganz die nämliche Gestalt und Structur, wie an den männlichen Blüthenständen von Ephedra: er ist kegelförmig, erhaben, von einem Der- matogen überzogen, dessen Zellen, namentlich die oberen, auch in lebhafter Quertheilung begriffen sind und zeigt auch im Inneren eine ähnliche Dif- ferenzirung. Die Anlagen der Deckblätter und Blüthen werden in un- unterbrochener Reihenfolge angelegt, so dass abwechselnd Achselknospen oder Blattanlagen dem Scheitel zunächst stehen. Das Dermatogen dieser Anlagen zeigt mehr Selbständigkeit als bei Ephedra, es überzieht con- tinuirlich die jungen Knospen und Blätter und diese verdanken Besonders *) Rumphia, Bd. IV. p. 2. *) Freilich hielt er aber diese letztere für der Cupula der Taxineen analog. 3) 1. c. ich folge an dieser Stelle den Mittheilungen von Eichler, Flora 1863, p. 462. 142 den Theilungen der beiden nächst tieferen Zellschichten ihre Erhebung. — Die Blüthe erscheint als kleiner, etwas flach gedrückter Höcker in der Achsel ihres Deckblattes (Taf. XYIII. Fig. 1) und lässt alsbald rechts und links je eine unbedeutende Anschwellung als Anlage des ersten Blatt- paares des s. g. äusseren Perigons erkennen (Taf. XVIII. Fig. 1). Auf dieses erste transversale Blattpaar folgt schnell ein zweites medianes (Taf. XVIII. Fig. 2), dessen beiden Blätter alsbald seitlich miteinander ver- schmelzen und sich breit spatelförmig erheben; sie bilden das innere Pe- rigon ;Fig. 2). Dann zeigt sich wiederum rechts und links je ein Höcker (Taf. XVIII. Fig. 3), und vorn und hinten bald nachfolgend je zwei (auf Fig. 3 eben in der Entstehung begriffen), alle sechs vergrössern sich rasch, werden alsbald fast gleich stark (Fig. 4), vereinigen sich seitlich an ihrer Basis und erheben sich nun gemeinschaftlich (Fig. 4). Sie stellen die An- lage der beiden, am Grunde monodelphisch werdenden Antherenwirtel. Die beiden seitlichen Höcker treten früher als die vier diagonalen auf (wie Fig. 3 zeigt), sind auch tiefer an der Blüthenaxe inserirt und bleiben einige Zeit auch grösser, Alles Gründe, welche entschieden für zwei aufeinander- folgende Staubblattkreise: einem zweigliederigen äusseren und einem vier- gliederigen inneren sprechen *). Der äussere zweigliederige Staubblattkreis kreuzt sich mit dem vorhergehenden inneren Perigonblattpaare, der vier- gliederige innere steht diagonal zu beiden. Das innere Perigonblattpaar erreicht inzwischen den Scheitel der Anlage und schliesst über demselben zusammen (Fig. 3). Endlich erhebt sich noch um den Vegetationskegel der Blüthenaxe die letzte Bildung, wieder ein medianes Blattpaar, welches die vordere und hintere Lücke des inneren Antherenwirtels einnimmt und somit sich mit dem äusseren Antherenpaare kreuzt. Die Blätter dieses Paares treten übrigens weniger deutlich gesondert auf; sie sehliessen auch sofort seitlich aneinander und erheben sich röhrenförmig über die nunmehr in ihrer Entwickelung zurückbleibende Axe (Taf. XVIII. Fig. 4 u. 5). Die Ränder der Röhre sind von Anfang an stark divergirend und lange Zeit deutlich zweilippig (Taf. XVIII. Fig. 4, 5 u. 8). Die Röhre selbst wächst bald zu einem schmalen Halse über den Scheitel der Axe aus, ihre Ränder breiten sich schliesslich flach tellerartig aus (Taf, XVIII. Fig. 8, 11). Während dem erreichen auch die anderen Theile der Blüthe ihre volle Entwickelung. Das äussere Perigon wird jetzt von zwei schmalen, Also kein sechsgliederiger Wirtel, wie es Hooker will; der sich auch nicht ring- förmig erhebt, so wie er es beschreibt. 143 in der Mediane etwas vorspringenden Blättern gebildet; das innere ist breit spatelförmig geworden (Taf. XVIII. Fig. 3, f>, 8) und greift mit seinem vorderen Rande über das hintere (Fig. 6, 8). Beide Hüllen sind von sehr zarter Structur, nur von zwei bis drei Zellschichten gebildet, mit stark verdickten Spicularzellen durchsetzt (Taf. XVIII. Fig. 9), beide ohne Spur von Spaltöffnungen oder Gefässbündeln. Die Antheren durchlaufen eine ganz ähnliche Entwickelung wie bei Ephedra. — Nachdem der Höcker eine bestimmte Grösse erreicht und sich abgerundet hat, differencirt sich an seiner Oberfläche die Epidermis und unter derselben eine bald tangential sich fliehende Zellschicht. Im Inneren treten drei radiale, sich in der Mitte der Antheren schneidende, zu ihrer Basis senkrechte Wände auf; zwischen diesen werden alle Zellen des Inneren zu Mutterzellen des Pollens verwendet und nur die, durch tangentiale Theilung entstandenen zwei äusseren Zellschichten bleiben unbenutzt; die äusserste derselben flacht sich bald ab und führt wässerigen Inhalt: die innere ist' grumös, mit Proto- plasma erfüllt und kleidet das Innere der Fächer aus. Der Pollen wird auch hier tetraedrisch angelegt. Wenn auch dieses Stadium der Ent- wickelung erreicht ist, strecken sich die Staubblätter beider Kreise an der Basis zu einer gemeinschaftlichen Röhre1) (Taf. XVIII. Fig. 8, 10). Sechs Gefässbündel differenciren sich in dieser Röhre und laufen bis in den oberen freien Theil eines jeden Filaments und enden in der Basis der Scheidewände (Taf. XVIII. Fig. 10). Die reifen Antheren besitzen eine schöne wellige Epidermis; sie öffnen sich durch drei mit den Scheide- wänden alterairenden radialen Spalten (Taf. XVIII. Fig. 10, 10b), deren Stellung, wie bei Ephedra, durch seitliche Verdickung der an dieser Stelle flach an einander grenzenden Zellen schon frühzeitig angedeutet ist. Die Pollenkörner könnten ihrer äusseren Gestalt nach leicht mit denen von Ephedra verwechselt werden; eine Differencirung im Inneren war an dem in Spiritus convertirten Material nicht mehr zu erkennen. Kurz vor dem Stäuben der Antheren strecken sich die inneren Theile der Blüthe, öffnen die inneren Perigonblätter und treten über die Spitze des Deck- blattes hervor, frei an die Oberfläche des Zapfens. In der Mitte zwischen den Antheren, sieht man den wellig hin und her gebogenen Griffel (Taf. XVIII. Fig. 8) mit der tellerförmigen Narbe: diese ist ganz mit, kleinen birnenförmigen, am Scheitel etwas eingedrückten Papillen besetzt (Taf. XVIII. Fig. 12). Eine Befruchtung kann hier trotzdem nicht erfolgen, denn das *) Ein bei höheren Phanerogamen bekanntlich sehr häufiger Fall. 144 mittlere Axenende hat es nicht einmal bis zur Bildung eines Embryo- sackes gebracht. Ein Längsschnitt zeigt im übrigen, dass dieses Axenende ähnlich wie der Nucleus der weiblichen Blüthe gebaut ist: seine Zellen sind mit Protoplasma, vor Allem auch mit Stärkekörnern reich angefüllt. Am Scheitel ist es zugespitzt und füllt vollständig die Höhlung aus, die von der griffelartig verlängerten Hülle gebildet wird (Taf. XVIII. Fig. 11). Diese Hülle endlich wird von gleichförmigem, mehrere Zellreihen starkem Gewebe aufgebaut; sie ist von ihrer Einfügungsstelle in der Axe an völlig frei (Taf. XVIII. Fig. 11). Der männliche Blüthenstand ist wie erwähnt ganz wie der weibliche gebaut, nur in allen Theilen kleiner; er bildet eine dichotomisch ver- zweigte Cyma mit stehenbleibenden opponirten Bracteen an jedem Knoten. Die Internodien sind langgezogen, dick, rund, die Knoten angeschwollen. Die Gefässbündel laufen parallel in den Internodien; in den Knoten rücken "sie meist an zwei entgegengesetzten Seiten auseinander, und in die gebildeten Lücken tritt das Gefässbündelsystem einer secundären Axe ein, rechts und links an das der Primären anschliessend. Im Augenblicke der Vereinigung sind die Bündel der Seitenaxe zu je einem rechten und linken Bündel verschmolzen. Das Niederblatt, in dessen Achsel die Seitenaxe steht, erhält zwei Bündel aus der Hauptaxe; sie schliessen ebenfalls rechts und links in der Hauptaxe an, und zwar an die nämlichen Bündel wie die Seitenaxe, nur tiefer. Die Bündel anastomisiren seitlich im Knoten, und rücken, in Folge der Anschwellung desselben, seitlich auseinander, was bei der grossen Zahl Bündel und ihrer unregelmässigen Vertheilung eigenthümlich complicirte Bilder auf dem Querschnitt giebt. Die secundären Axen zeigen in ihren Bündeln dieselbe Anordnung wie die primären, nur nimmt die Zahl der Bündel ab. In der Rachis des Zapfens sieht man endlich, ähnlich wie in dem weiblichen, vier Gruppen von, der Hauptsache nach, je drei Bündeln, — welche den vier Schuppen- reihen entsprechen. Der Querschnitt durch, die Rachis des männlichen Zapfens unterscheidet sich übrigens sofort von dem weiblichen durch einen viel geringeren Durchmesser, durch die fast in einem Viereck gestellten Bündel und durch den Mangel der schwächeren Bündel, die in der Rachis des weiblichen Zapfens die Hauptgruppen seitlich untereinander verbinden. Jede der vier Bündelgruppen, die hier je die eine Seite des Vierecks einnehmen, besteht, wie erwähnt, gewöhnlich aus drei Bündeln oder auch nur aus zwei, wenn das mittlere, meist schwächere, Bündel mit einem der seitlichen verschmilzt. Die Deckblätter und Bliithen werden von 145 diesen vier Hauptgruppen versorgt, die Art wie dies erfolgt ist leicht an der Fig. 40 a- Taf. XIX. zu verfolgen. Kurz bevor zwei neue Blattbündel abgegeben werden, sieht man die Bündel der vier Gruppen in den Ecken sich einander nähern (Fig. 40 c- d). Die beiden seitlichen Bündel zweier oppo- nirten Gruppen geben dann gleichzeitig je einen Seitenzweig ab (Fig. 40a- b- d), der sofort in schräger Richtung sich nach der Peripherie der Rachis hin bewegt. Beide Blattbündel entfernen sich hierbei von einander. Dann folgen auch die für das Achselproduct bestimmten Bündel. Sie lassen meist, ähnlich wie in der weiblichen Rachis, einen doppelten Ursprung erkennen. Die beiden einer Ecke nächsten Bündel zweier Seiten geben nämlich je einen schwachen Zweig ab, beide verschmelzen sofort (Fig. 40e- f> a) zu einem einzigen, der stark umbiegend, nach der Insertion der Bliithe läuft. Beide für die Blüthe bestimmten Bündel convergiren stark nach derselben (Taf. XIX. Fig. 40a'b-c-d). Häufig zeigen die Achselknospenbündel auch, nur einfachen Ursprung, wenn sich das Eckbündel der entsprechenden Seite allein an ihrer Bildung betheiligt. Im Augenblick, wo die Bündel auf zwei sich opponirten Seiten der Rachis in Blatt und Blüthe treten, werden mit ihnen alternirend neue Bündel für das nächste Blatt und Blüthenpaar aus dem Bündelkreise abgegeben (Fig. 40d>e). Die beiden Bündel des Deckblattes entsprechen den beiden Bündeln von Ephedra, laufen aber nicht, wie bei Ephedra, unverändert bis in die Spitze des Blattes, sondern verzweigen sich fächerartig in demselben und enden nahe dem Rande (Taf. XVIII. Fig. 7). Männliche und weibliche Blüthenstände unterscheiden sich in dieser Beziehung wenig von einander (Taf. XVIII. Fig. 7 u. 25). Die beiden Bündel, welche in die männliche Blüthe eintreten, stellen sich rechts und links in derselben, mit nach der Mitte zugekehrten Schraubgefässen (Taf. XIX. Fig. 41 a ). Die beiden Perigon- blattpaare bekommen keine Bündel (Taf. XVIII. Fig. 9), verhalten sich also wie das Perigon von Ephedra. Unter der Ansatzstelle der Antherenröhre sieht man die beiden Bündel in je drei zerfallen (Taf. XIX. Fig. 41 b); das mittlere jeder Gruppe geht sofort peripherisch ab (Taf. XIX. Fig. 41 c), die beiden zu jeder Seite zurückgebliebenen verdoppeln sich dann wieder und je einer ihrer Zweige geht ebenfalls nach aussen (Taf. XIX., Fig. 41 1 u. 42a). Drei Bündel treten auf diese Weise jederseits in die Antherenröhre J) Diese Verhältnisse sind an den kleinen Figuren kaum sichtbar zu machen, und sollen dieselben zunächst nur den Verlauf in seinen Hauptzügen illustriren. Straaburger, Coniferen und Onetaceen. 10 146 (Taf. XIX. Fig. 41 0 , 42b , 43b- ®) entsprechend den sechs Antheren derselben. Am oberen Rande der Röhre angelangt, treten sie, zu je einem, in den freien Theil der Filamente und hören erst an der Basis der Antherenfächer, ähnlich wie bei Ephedra auf, indem sie sich hier in Schraubenzellen auf- lösen. — Dieses ungleichzeitige Austreten der Antherenbündel aus der Blüthenaxe spricht, ebenso wie die ungleichzeitige Anlage, und dann die ungleiche Grösse der Antheren- in der jungen Blüthe, für die früher gegebene Deutung, dass wir es hier, ähnlich wie bei Ephedra, mit einem doppelten Kreise: einem zweigliederigen äusseren und viergliederigen inneren zu thun haben, — die beide an der Basis zu einer einzigen Röhre verschmolzen sind. Die vier Bündel, die nach Versorgung der Staubblätter in der Blüthe zurückgeblieben, verhalten sich jetzt so, als wenn sie in ein weiteres Blattpaar noch einzutreten hätten (Taf. XIX. Fig. 41® , 43a- b): sie rücken Paarweise an einander auf der Vorder- und der Hinterseite der Blüthe und aus ihrer Mitte sieht man oft sehr deutlich noch je ein mittleres Bündel nach aussen gehen (Taf. XIX. Fig. 41®, 43a-b). Diesem mittleren Bündel folgen dann auch noch die beiden seitlichen und lösen sich zu einzelnen Zweigen unterhalb der Basis des rudimentären Nucleus auf, während das vorerwähnte mittlere Bündel sich meist noch etwas weiter hinauf unabhängig verfolgen lässt. Freilich kommen bei der Vertheilung dieser Bündel manche Unregelmässigkeiten vor, wie sie bei einer rudimentär gewordenen Bildung nicht anders zu erwarten sind; immerhin bleibt die Verschiebung der Axenbündel nach Versorgung der Antheren von rechts und links nach vorn und hinten in allen Fällen constant, so dass es stets den Anschein hat, als sollten sie noch in ein neues ßlattpaar treten. Dieses dürfte wohl eine neue Stütze für die ursprüngliche Zweiblättrigkeit des in Frage stehenden, mittleren Gebildes in der männlichen Blüthen abgeben. Die Deutung der männlichen Blüthe von'Welwitschia bietet, wie wir sehen, mehr Schwierigkeiten als irgend welche der bisher betrachteten männ- lichen Blüthen; wir wollen deshalb durch Vergleich mit den nächsten Verwandten weitere Anhaltepunkte für die Beurtheilung derselben zu ge- winnen suchen. Auch das Verständniss der Ephedra-Blüthe wird hier- durch noch gefördert werden. Ephedra besitzt, wie uns erinnerlich, nur ein Perigonblattpaar und zwar ist dieses Blattpaar, ungeachtet es das erste einer achselständigen Knospe ist, eigenthümlicher Weise ein medianes. Wir sprachen schon damals die Vermuthung aus, dieses Verhalten könne kein ursprüngliches sein so dass man hier aus morphologischen Gründen das Verschwinden eines ersten, der, für Coniferen, allgemeinen Regel nach, transversal ge- stellten Blattpaares annehmen müsse. Diese Vermuthung wird durch Welwitschia auf das glänzendste bestätigt. Das innere Perigonblattpaar von Welwitschia stimmt in der äusseren Gestalt, der seitlichen Verschmelzung, dem Uebergreifen des inneren Blattes über das äussere, in dem ganzen Baue so vollkommen mit dem Perigon von Ephedra überein, dass an einer Homologie beider sich nicht zweifeln lässt. Ephedra und Welwitschia dürften nach alledem von gemeinsamen Vorfahren abstammen, die ein doppeltes Perigon besassen: dieses muss bereits ähnlich differencirt gewesen sein, wie bei Welwitschia, so dass sein äusseres Blattpaar nur schwach, das innere «Stark entwickelt war und diesem letzteren allein der Schutz der Blüthe zufiel. Diese Verhältnisse erhielten sich bis jetzt bei Welwitschia. Bei Ephedra schwand hingegen das nutzlose äussere Perigon, und zwar so vollständig, dass auch nicht die Spur desselben mehr nachzuweisen ist. Dieser Fall ist von Interesse, da er mit verhält nissmässig grosser Sicherheit sich fest- stellen lässt und dürfte somit auch über andere ähnliche Fälle einiges Licht verbreiten. Er zeigt auch weiter, wie Entwickeiungsgeschichte allein nicht in allen Fragen endgültigen Aufschluss gewährt und welche wichtige Rolle der vergleichenden Morphologie in diesen Fragen zukommt. Solche Fälle sind dann weiter auch für die Transmutationstheorie von Bedeutung, denn gleichgültig, ob es sich um grosse oder kleine Wirkungen handelt, ihre Beweiskraft »hängt nur von der Sicherheit ab, mit der sie sich feststellen lassen, und wir glauben hier: die wirklich eingetretene Veränderung eines ursprünglichen Zustandes (bei Ephedra) mehr denn wahrscheinlich gemacht zu haben. Dass die Antheren sich bei Welwitschia ganz in der nämlichen Weise wie bei Ephedra entwickeln, haben wir bereits gesehen; der einzige Unter- schied ist, dass sie hier dreifächrig, dort zweifächrig werden, wobei noch zu bemerken ist, dass auch bei Ephedra ausnahmsweise einzelne drei- fächrige Antheren Vorkommen. Ein grösserer Unterschied besteht ;in der Vereinigung der Filamente zu einer Röhre; im Uebrigen bietet uns aber Ephedra, besonders E. campylopoda, die nämliche Anordnung der Antheren, und entstehen auch dort die beiden lateralen äusseren früher 148 als die vier medianen und sind die ersten auf jungen Zuständen der Blüthenaxe entschieden tiefer als die letzteren eingefügt. Der grösste Unterschied zwischen Ephedra und Welwitschia wird also nur durch das Auftreten des eigenthümlichen Samenknospen- oder Frucht- knoten- ähnlichen Gebildes in der Bliithe der letzteren bedingt. Ephedra besitzt nichts Analoges: die Axe derselben schliesst mit der Entwickelung der Antheren ab.. Wir haben es hier mit einer Neubildung zu thun, die kaum nach rückwärts, unter den noch heute lebenden, jetzt bekannten Pflanzen, ein ihr Aehnliches findet. — Der directe Vergleich mit dem, aus früheren Untersuchungen Gewonnenen, kann uns hier also kaum die unmittelbare Lösung bringen und müssen wir uns vor allen Dingen noch nach weiteren Anhaltepunkten umsehen. — Was ist es, müssen wir zunächst fragen, für ein Gebilde, das uns hier zum ersten Male in der sonst rein männlichen Bliithe entgegentritt? ist es ein Fruchtknoten oder eine Samenknospe? — Broker, der bisher allein diese Pflanze untersucht hatte, behauptet bekanntlich das Letztere. Er stützt seine Ansicht auf den Vergleich mit der weiblichen Blüthe; wir wollen ihm auf diesem Wege zu folgen versuchen. Hooker hält die männliche und die weibliche Blüthe für homologe Gebilde und fängt mit dem Vergleiche der äusseren Hüllen der männlichen Blüthe und der äusseren der weiblichen an. Wir haben mehrfach die Gründe angegeben, welche eine Vergleichung der männlichen und der weiblichen Blüthe hier unstatthaft machen, und können deshalb auch Hookcr’s Anschauungsweise nicht theilen. Das einzige, was sich aber in Wirklichkeit in der männlichen und weiblichen Blüthe von Welwitschia vergleichen lässt, ist das erwähnte Gebilde, welches den Scheitel der männlichen Blüthe abschliesst. Wir können uns nämlich vorstellen, dass eine Ephedra ähnliche männ- liche Blüthe, statt mit den Antheren aufzuhören, ihre Axe zwischen denselben fortentwickelt hätte, um an ihrem Scheitel ein« weibliche Blüthe zu erzeugen. Dieser Fall könnte zuerst wohl leicht als Bildungsabweichung auftreten und dann weiter in normaler Weise vererbt werden — giebt aber keinen Grund ab, alle Theile der männlichen und weiblichen Blüthe zu identi- ficiren, ebensowenig als der Umstand, dass am Scheitel männlicher Blüthenstände von Ephedra campylopoda weibliche Blüthen auftreten, die Gleichwerthigkeit beider beweist. So wie der androgyne Blüthenstand von Ephedra, resp. von Gnetum, eine Summe männlicher und weiblicher Blüthen ist, so dürfte vielmehr auch eine hermaphrodite Blüthe von 149 Welwitschia die Summe zweier Blüthen, einer männlichen und einer weib- lichen repräsentiren. Wir wollen übrigens den Hooker’schen Vergleich noch weiter ver- folgen und sehen, wie weit er durch die Thatsachen gestützt wird. Hooker sagt (1. c. p. 27): „Das Perigon (Perianth) der weiblichen Blüthe1) entspricht den äussersten beiden Blättchen der männlichen, denn nicht nur ist die Stellung beider gegen die Axe dieselbe, sondern es finden auch die flügelartigen Ausbreitungen der ersteren ihr Gegenstück in einem schmal geflügelten Kiele auf dem Rücken der letzteren.“ Der Vergleich zwischen der äusseren Hülle der weiblichen Blüthe und der äusseren Hülle der männlichen wird somit vor Allem durch die Stellung zur Axe und auf die flügelartigen Fortsätze gestützt. Ist dieses allein entscheidend? Jede Achselknospe fängt ja bei Gymnospermen2) -mit einem transversalen Blattpaare an, also ist es wohl mehr denn natürlich, dass auch beide Blüthen mit einem solchen beginnen, aber durchaus kein Grund zu der Annahme, dass beide von denselben metamorphosirten Achselknospen abstammen sollten. Was aber die Flügel am Rücken anbetrifft, so sind solche an dem männlichen Perigon in dem Sinne wie an der weiblichen Hülle gar nicht vorhanden, vielmehr nur eine scharfe Brechung in der Mediane des Rückens zu sehen, die zunächst nur eine Folge der Raum- verhältnisse in der Achsel des Deckblattes ist. Will man sich wirklich an dergleichen rein äussere Merkmale halten, so lässt sich ausserdem mit eben demselben Rechte dem angeführten Vergleiche entgegenhalten, dass die, für die Flügel der weiblichen Blüthe so charakteristischen welligen Zellen, in dem männlichen Perigon durchaus fehlen, ebenso das Gefässbündel, welches die Mediane der weiblichen Hülle durchzieht. Dann ist das männ- liche Perigon überhaupt viel einfacher gebaut, und was entschieden nicht ohne Wichtigkeit ist, seine beiden Blätter sind von der Basis an frei und schmal, weit von einander abstehend, während die weibliche Hülle von zwei von Anfang an verschmolzenen Blättern gebildet wird. Dieses nur beiläufig, um an einem Beispiele mehr zu zeigen, wie wenig solche bloss auf Analogien der Stellung oder äusseren Gestalt gegründeten Vergleiche Berechtigung haben, wenn nicht gleichzeitig alle andern Momente mit berücksichtigt werden. ') Die Fruchtknotenhülle nach unserer Auffassung. 2) Ephedra, wie wir gesehen haben, nur durch Abort des ersten Blattpaares eine Ausnahme. 150 Wir gehen nun aber zu der weiteren Frage über, die uns wirklich von Bedeutung scheint, nämlich zu der Parallelisirung des eigenthümlichen mittleren Gebildes in der männlichen mit der weiblichen Blüthe. Hooker hat dieses Gebilde für ein Eichen erklärt. Die äussere Hülle der weiblichen Blüthe entsprach seiner Anschauung zufolge dem äusseren Perigon der männlichen: nur die innere Hülle der- selben blieb somit zum Vergleich noch übrig. Diese innere sollte es sein, die hier das fragliche Gebilde um dasAxenende bildet und der einzige Unterschied zwischen derselben und der inneren Hülle in der weiblichen Blüthe nur darin bestellen, dass die Hülle dort in eine lange, gerade, am oberen Rande nur ein wenig gezähnte Röhre verlängert ist, hier dagegen eine wellenförmig hin und her gebogene Röhre bildet, welche am Scheitel * in einer ßich tellerartig ausbreitenden, mit narbenartigen Papillen be- setzten Scheibe endet. Ein Analogon für das innere Perigon und die beiden Antherenkreise fehlt, nach Hooker, in der weiblichen Blüthe. Für mich stand die Frage von vornherein anders: ist, meinte ich, die Bildung im Inneren der männlichen Blüthe der weiblichen Blüthe homolog, so muss sie es ihr als Ganzes sein, denn nur als solche konnte sie am Axeneiule der männlichen Blüthe auftreten. Da diese Bildung aber nur eine einzige Hülle besitzt, so frug es sich weiter, welcher der beiden Hüllen der weiblichen Blüthe diese eine entspricht? Das Gebilde im Inneren der männlichen Blüthe ist sichtlich rudimentär und erinnert in dieser Beziehung an manche hermaphrodite Blüthen der höheren Phanero- gamen, die durch Abort der weiblichen Organe männlich geworden. In allen diesen Fällen geht aber, so weit mir bekannt, die Rück- bildung stets von innen aus, und schreitet nach aussen fort; zuerst abortiren die Samenknospen, dann der Fruchtknoten; ist nur eines von beiden vorhanden, so ist es stets die Fruchtknotenhöhle. Beispiele letzterer Art sind insofern selten, als meist auch vom Fruchtknoten in solchen Blüthen nur noch Rudimente vorhanden sind; immerhin sind mir welche bekannt geworden: besonders schön und gerade für unsern Fall instructiv bei Silene Otites Smith. Die männliche Pflanze dieser Silene besitzt einen ganz normal entwickelten Fruchtknoten, mit schönen, reichlich mit Papillen besetzten .Narben, im Innern der drei Fächer aber keine Samenknospen, die Placenten durchaus steril. So vollständig, wie bei Silene Otites, bleibt der Fruchtknoten nach dem Verschwinden der Samenknospen freilich nur sehr selten erhalten, doch kann ich auch noch ein zweites Beispiel: Rhamnus cathartica L. anführen, 151 wo ich im Innern des Fruchtknotens abortirte Samenknospen mit nur angedeutetem Integumentanfange fand, aber normal entwickelte Narben. Gewöhnlich abortiren die Narben gleichzeitig mit den Samenknospen so z. B. bei Asparagus verticillatus und anderen; in den extremen Fällen zeigen die männlichen Blüthen nur noch Spuren des Ovariums, so z. B. bei Myriophyllum spicatum,1) Urtica membranacea 2) u. s. w. Stets aber, und das ist für uns wichtig, schreitet die Rückbildung von innen nach aussen fort. Von dieser Wahrnehmung ausgehend, erschien es uns bereits a priori wahrscheinlicher, dass die einzige Hülle der fraglichen Bildung in der männlichen Blüthe eher der äussern als der innern Hülle der weiblichen Blüthe entspräche; ja, wir glaubten hier einen ganz ähn- lichen Fall wie bei Silene Otites vor uns zu haben. Der direkte Vergleich der männlichen und der weiblichen Blüthe spricht auch nicht gegen die Deutung dieser Hülle als Fruchtknotenwandung, denn in Wirklichkeit ist sie von den beiden Hüllen der weiblichen Blüthe im Baue gleich verschieden und vor Allem fehlt in der weiblichen Blüthe ein Gebilde, das sich mit der Narbe der ersteren vergleichen Hesse. Es ist also jedenfalls eine durch weitere Anpassung stark veränderte Bildung. Die Entwicklungsgeschichte und der Gefässbündelverlauf geben zu ihrer Beurtheilung noch einige Anhalte- punkte. Wir erinnern uns, dass das Integument der weiblichen Blüthe in seiner Entwicklung durchaus keine Zusammensetzung aus einzelnen Blättern mehr erkennen liess, dagegen zeigte sich die fragliche Hülle in der männ- lichen Blüthe mehr oder weniger deutlich zweiblättrig, hierin also mehr der Fruchtknotenhülle der weiblichen Blüthe entsprechend. Dann haben wir gesehen, dass die Gefässbiindel in der weiblichen Blüthe, nachdem sie die Fruchtknotenhülle versorgt hatten, unverändert fortliefen und von dem Integumente durchaus unbeeinflusst blieben; in der männlichen Blüthe dagegen stellten sich die Bündel nach Versorgung der Antheren so, als wenn denselben ein neues Blattpaar noch folgte, ja in besonders günstigen Fällen sahen wir sogar ein Bündel aus ihrer Mitte abgehen und peripherisch laufen, gleichsam um in ein Blatt zu treten. Diese Stellung der Bündel entsprach auch der Lage der Blätter, wie wir sie entwicklungsgeschichtlich gewonnen hatten und machte somit diese Deutung sehr wahrscheinlich. Dass aber die Bündel sich hier nicht, wie in der weiblichen Blüthe, in die Fruchtknotenwandung fortsetzen, hängt mit dem jedenfalls rudimen- *) Wydler, kleinere Beiträge. Flora 1860. p. 235. 2) Peyer, Organogenie de la fleur. PI. 60. Fig. 7. 152 tären Zustande derselben zusammen. Auch ist die genannte Hülle von der Basis an frei und entspricht in sofern auch der Fruchtknotenhülle der weiblichen Blüthe, was jedoch nicht besonders hervorgehoben werden darf, da auch das Integument der weiblichen Blüthe ursprünglich der Basis des Nucleus aufsitzt und erst durch nachträgliche Streckung derselben emporgehoben wird, eine Streckung, die hier wo kein Embryo- sack angelegt wird, natürlich unterbleibt. — Zum Schluss will ich auch noch an einen Umstand erinnern, der wenn auch auf den ersten Blick unwesentlich, doch, vielleicht einige weitere Anhaltepunkte uns bieten kann. Wie erwähnt, ist in der weiblichen Blüthe von Welwitschia keinerlei Bildung vorhanden, die mit den Narben- papillen in der männlichen Blüthe zu vergleichen wäre; dagegen erinnern wir uns in der weiblichen Blüthe von Ephedra am oberen Rande der Carpellblätter, in dem Canale, durch welchen der Integumenthals durch- geht, Papillen gesehen zu haben. Bei wiederholter Betrachtung über- zeugen wir uns, dass diese Papillen auffallend ähnlich denen von Wel- witschia sind; auch dort sind sie kurz knotenförmig angeschwollen, häufig am Scheitel eingedrückt, und wenn derartigen Trichom-Bildungen auch kein besonderes Gewicht beigelegt werden kann, so gleichen sie sich doch die hier genannten in Gestalt und Stellung so sehr, dass man ganz unwillkührlich geneigt wird, einen genetischen Zusammenhang zwischen den- selben auzunehmen. Hooker spricht (1. c. p. 24) die Vermuthung aus, Welwitschia sei der einzige bekannte Repräsentant eines ausgestorbenen Pflanzen-Geschlechtes, in welchem dieses stigmaähnliche Organ wirklich befähigt war die Functionen einer Narbe zu erfüllen, und da wir dieses Organ in einer hermaphroditen Blüthe auftreten sehen, so läge es nahe anzunehmen, dass wir in Wel- witschia eme Mittelbildung sowohl in der Function als auch in der Structur vor uns haben, zwischen den angiospermen und den gymnospermen Dicotyle- donen und dass dieses hypothetische Geschlecht gebildet wurde von herma- phroditen Blüthenpflanzen, bei welchen die Thätigkeit des Stigma der Carpell- blätter erfüllt wurde durch eine stigmatöse Ausbreitung des ovularen Integu- x) Norman (Quelques observations de morphologie vegetale faites au jardin botanique de Christiania. Programme de l’Universite pour le lor Sem. 1857. p. 19) machte bereits, auf solches Auswachsen der äussersten Spitzenzellen des Scheitels junger Blätter vieler Epilobilen in Papillen aufmerksam und verglich sie mit der Ausbildung des Scheitels der Fruchtblätter. Magnus (Bot. Zeit. 1871. No. 29) giebt eine ähnliche Beschreibung und Deutung der Blattspitze einiger Wasserpflanzen. 153 mentes. Es ist nicht so schwer sich vorzustellen, welche allmäligen Verände- rungen mit diesem imaginären Typus vorgegangen sein müssen, um nach Ab- lauf vieler Generationen, das Obliteriren des Embryosackes und Aulhören der Function des Ovulums in den Blüthen gewisser Individuen, und das Obli- teriren der Staubgefässe und des stigmatischen Gipfels an dem Ovulum der Blüthen anderer herbeizuführen — ein Vorgang, durch welchen schliesslich die zweigeschlechtlichen Pflanzen eingeschlechtlich wurden. Eigenthümlich genug sei Ephedra der Welwitschia um einen Schritt voran- geeilt: in dem vollkommenen Verschwinden des Ovulums in der männ- lichen Blüthe und einen Schritt hinter derselben zurückgeblieben: in dem Beibehalten eines functionslosen, stigmatiformen Discus an ihrem normalen Ovulum. Wir dürften der Hooker’schen wohl mit grösserem Rechte die folgende Hypothese entgegenhalten: Welwitschia sei der Nachkomme einer Pflanzen- gattung, welche zweierlei Blüthen weibliche und hermaphrodite besass, weibliche, die sich direct an Ephedra anschlossen und hermaphrodite, welche entstanden, als die männliche, ebenfalls Ephedra ähnliche Blüthe, statt mit den Antheren abzuschliessen, aus ihrem Scheitel eine weibliche Blüthe zu entwickeln begann. Die so gewordene homophrodite Blüthe durfte zunächst in ihrem weiblichen Abschnitte durchaus der rein weib- lichen geglichen haben, veränderte sich dann aber eigenmächtig weiter, mit der ganzen hermaphroditen Blüthe, deren integrirenden Tlieil sie nun bildete und wurde der weiblichen Blüthe immer unähnlicher; sie veränderte sich bedeutend, während wie es scheint, die rein weibliche im wesentlichen bei ihrem ursprünglichen Typus verblieb. Es ist anzunehmen, dass an der hermaphroditen Blüthe der röhren- förmige Integumentfortsatz der Samenknospe allmälig eingezogen wurde, die Fruchtknotenhülle aber in demselben Maasse ihren, wie bei Ephedra, mit Papillen besetzten Rand ausbreitete. Dieser Charakter wurde von Insecten weiter gezüchtet, — denn es unterliegt, wie ich später noch zeigen will, keinem Zweifel, dass diese Blüthen mit Hülfe der Insecten bestäubt wurden. Die mit besonders schönen Narben versehenen Blüthen mussten sich eines besonders häufigen Besuches erfreuen und so kam es denn, dass die Narben durch natürliche Zuchtwahl immer grösser wurden und dem entsprechend, seine frühere Function einbüssend, auch das Integument sich immer mehr in die Fruchtknotenhöhle zurückzog; ja es ist möglich, dass es damals schon völlig verschwand. Eine solche Blüthe dürfte nicht unähnlich manchen der heut lebenden Loranthaceen gewesen 154 sein, und es ist wohl anzunehmen, dass dieselben an eben dieser Stelle an die Gnetaceen anschliessen. — Die Vereinfachung im Bau der Corpuscula, die wir in der noch vorhande- nen weiblichen Blüthe von Welwitschia verfolgen konnten, lässt vermuthen, dass die hermaphrodite Biiithe auch in dieser Beziehung sich den höheren Phanerogamen bedeutend näherte und dass wir in ihr einen vollstän- digen Anschluss für die kermaphroditen Blüthen der höheren Phanero- gamen finden würden. Andererseits ist anzunehmen, dass auch zu der Zeit, da diese Blüthe sich bereits an die Insecten angepasst hatte, der Besuch derselben nur noch spärlich war und dass in Folge dessen es diesen Pflanzen einen Vortheil brachte, neben der liermaphroditen, mit Hülfe der Insecten bestäubten Blüthe, auch noch eine zweite durch Vermittelung des Windes bestäubte zu erhalten, ähnlich wie noch heute bei manchen Pflanzen zwei Arten von Blüthen existiren, z. B. solche, die auf Insecten- besuch eingerichtet sind und solche, die sich selbst bestäuben1 . Der Besuch der Insecten mag aus beliebigen Gründen später bei Welwitschia gänzlich ausgeblieben sein, und in Folge dessen wurde der Fruchtknoten der ker- maphroditen Blüthe rudimentär. Seine Samenknospe hörte auf, sich zu entwickeln, Embryosack und Corpuscula wurden nicht mehr angelegt und nur der Fruchtknoten mit der Narbe erhielt sich und wurde functionslos vererbt, ähnlich wie bei Silene Otites. Diese Hypothese hat natürlich nur einen ganz relativen Werth und will auch keinen anderen beanspruchen. Sie scheint mir mit einiger Wahr- scheinlichkeit aus unserer ganzen bisherigen Untersuchung zu folgen und glaubte ich jedenfalls, sie der Hooker’schen Hypothese entgegenzustellen zu dürfen. Dass die weibliche Blüthe von Welwitschia aus einer liermaphroditen, durch Obliteriren der Staubgefässe und der stigmatischen Ausbreitung am Scheitel entstanden sein sollte, dürfte weniger als wahrscheinlich b Solche zweierlei Blüthen besitzen bekanntlich die Viola Arten: grosse sich öffnende, die von Insecten besucht werden und kleine, die geschlossen bleiben und dem ent- sprechend sich selbst bestäuben müssen. Auffallender Weise zeigen die grossen Blüthen hier eine Neigung zur Unfruchtbarkeit, ja sie sollen bei einer Papilionacheae: Voandzeia, ganz unfruchtbar sein. Aehnliche Blüthen, doch beide Formen fruchtbar, wurden ferner bei Oxalis acetosella, wo kleine Blüthen dicht am Boden auftreten zu einer Zeit, wo die grossen bereits ihre Früchte reifen, dann bei Impatiens nolitangere, bei Lamium amplexicaule, Specularia perfoliata, Commelina bengalensis u. s. w. beobachtet. Siehe von Mohl, Bot. Zeit. 1863. p. 309 und die Zusammenstellung bei Sachs Lehrbuch. II. Autl. p. 641. 155 erscheinen, und dass auch, wie Hooker weiter meint, die weibliche Blüthe von Ephedra auf eine ähnliche Weise sich gebildet habe und die männ- liche Blüthe derselben ursprünglich eine Samenknospe in der Mitte besass, dafür dürften doch wohl kaum irgend welche Gründe sprechen. Hätte Hooker, wie wir, an die Coniferenbliithen angeknüpft, ihre stufenweise Annäherung an die Gnetaceen verfolgt, die Homologieen beider erwogen, er hätte unmöglich zu einer solchen Meinung gelangen können. Wenn Hooker sagt: der functionslose stigmatiförmige Discus hätte sich an dem normalen Ovulum von Ephedra erhalten, so liegt diesem Ausspruche ein doppelter Irrthum zu Grunde — erstens ein Beobachtungsfehler, denn die weibliche Blüthe von Ephedra besitzt nichts, was man als narben- ähnliche Ausbreitung bezeichnen könnte; zweitens, die unrichtige Annahme, dass bei Ephedra (so wie es Hooker ebenfalls unbegründeter Weise für Welwitschia annimmt), die Bestäubung noch vor der Bildung des Integu- mentes erfolge. — Schliesslich ist zu verwundern, dass Hooker, nachdem er selbst die hermaphrodite Blüthe von Welwitschia in Bau und Function für eine Mittelform zwischen Gymnospermen und Angiospermen erklärte, das weibliche Organ derselben, mit so ausgezeichneter Narbe, als Inte- gument bezeichnen konnte. Lag es doch vielmehr schon in dem Wesen dieser Anschauung begründet, sie ebenfalls als Fruchtknoten und Narbe zu deuten, oder der Vergleich mit den s. g. Angiospermen musste über- haupt aufgegeben werden, denn mit den Integumenten der s. g. Angios- permen hat diese Bildung wohl kaum eine Aehnlichkeit. 3. Gnetum. Die männlichen Bliithen der Gnetumarten schliessen viel näher an Ephedra als an Welwitschia an, ja sie erinnern auflallend an die männ- lichen Bliithen von Ephedra altissima. Wie bei Ephedra finden wir hier nur ein einziges Perigon und wie bei Ephedra altissima zwei Antheren (Taf. XXI. Fig. 14). Die männlichen Bliithen stehen bei den Gnetumarten in grösserer Anzahl beisammen, auf dem angeschwollenen Bliithenboden, von dem cupulaartig verschmolzenen Deckblattwirtel gemeinschaftlich um- geben (Taf. XXI. Fig. 1 u. 2). Die Zwischenräume zwischen den Bliithen werden von den langen gegliederten Haaren eingenommen, der ganze Blüthenknoten, wie früher vielfach hervorgehoben, nach oben durch einen Kranz weiblicher Blüthen begrenzt (Fig. 1 u. 2). Die Zahl der Bliithen kann bis auf 60 steigen, so z. B. bei Gnetum dioicum Leybold (mas), wie das auch aus den Abbildungen Tulasne’s (Fl. bras. Tab. CIII u. CIV) zu 156 ersehen ist: in dem genannten Falle nach 8/21 angeordnet. Die Parastichen treten scharf hervor und machen die Bestimmung der Stellung leicht. Ungeachtet die Blüthen in so grosser Anzahl auftreten, ist jede derselben doch in ähnlicher Weise an der Axe orientirt, wie die Blüthe von Ephedra in der Achsel ihres Deckblattes. Die beiden Blätter, aus denen das Perigon gebildet wird, stehen vorn und hinten, die beiden Antheren rechts und links. Das Perigon der Blüthe ist wie hei Ephedra gebaut (Fig. 15), unterscheidet sich jedoch durch die Anwesenheit der Gefäss- bündel. Diese Gefässbündel sind zwar nur auf wenige Schraubengefässe reducirt, lassen sich aber bis in den oberen Rand des Perigons verfolgen. Als den normalsten Fall möchte ich denjenigen ansehen, wo nur zwei Bündel am Perigon vorhanden sind: eins in der oberen und eins in der unteren Hälfte. Ebenso häutig kommen aber auch drei, auch vier und fünf Bündel vor, durch Verdoppelung der einzelnen entstanden. Die Blüthenaxe ist über der Ansatzstelle des Perigons säulenförmig wie bei Ephedra verlängert, auch ebenso gebaut und wird wie bei Ephedra altissima, rechts und links von einem einzigen Gefässbündel durchzogen (Fig. 14). Die Antheren erinnern auch ganz entschieden an Ephedra wenn auch jede derselben einfächerig geworden, d. h. die mittlere Scheidewand eingebüsst hat. Die beiden Antheren berühren sich auf der Innenseite, ohne jedoch mit einander zu verschmelzen (Fig. 12, 13, 14), sie öffnen sich mit je einer apicalen, transversalen Spalte (Fig. 14). Der Bau der Antherenepidermis erinnert sehr an Ephedra und die Coniferen, auch im Baue der ganzen Wandung stimmen sie völlig überein (Fig. 13). Dieselbe ist im reifen Zustande einschichtig, inwendig von der granulösen, aus der Resorption der angrenzenden Zellreihen entstandenen Schicht aus- gekleidet. Die Stelle, wo die Anthere sich öffnen soll, ist schon frühzeitig angedeutet, indem die Oberhautzellen hier flach aneinanderstossen und kleiner bleiben. Der Pollen ist oval, oft fast rund ohne äussere Erhaben- heiten, aber mit deutlichen Poren in der Exine. Ueber das innere Ver- halten konnte ich mir aus dem vorhandenen Materiale kein Urtheil bilden. Die beiden Gefässbündel der Blüthenaxe enden mitten in der Basis der entsprechenden Antheren (Fig. 14), sie lösen sich hier wie bei Ephedra in einzelne Schraubenzellen auf. Jüngere Entwickelungszustände habe ich bei Gnetum paniculatum Spr. gefunden, die beiden Antheren waren als Höcker, rechts und links, am Scheitel der noch verkürzten Blüthenaxe (also ganz wie bei Ephedra) sichtbar. Das Perigon der männlichen Blüthe bleibt bis zur Reifezeit der Antheren über denselben geschlossen, die ganze Blüthe 157 hat eine nagelförmige Gestalt (Fig. 11). Zuletzt streckt sich die Blüthen- axe bedeutend, das Perigon wird zweiklappig geöffnet, und die beiden An- theren treten, je nach der Specics, mehr oder weniger, manchmal sehr weit, aus der Oeffnung hervor (Fig. 14). Dieses Verhalten erinnert in allen Punkten so an Ephedra, dass man an der Homologie beider Blüthen gar nicht zweifeln kann. Der filamentartigen Blüthenaxe und der beiden einfächerigen Antheren wegen, ist die ganze Blütlie hier, wie so häufig auch bei Ephedra, für ein einfaches Staubgefäss erklärt worden; so von Blume (Rumphia, Bd. IV. p. 3), wo es heisst: Stamen unum, e fundo vaginulae (s. perigonii) mem- branaceae clavatae initio clause tandem disruptae ortum; Filamentum Simplex v. rarissime apice bifidum; anthera didyma, in vertice poris binis oblongis dehiscens1), und auch von Tulasne: Filamentum lineare compla- natum, inclusum aut nonnihil exsertum saepiusque brevissime bifidum. Anthera unica, minima, e lobis duobus globosis, sessilibis, plus minus dis- cretis singulisque rima lata superne dehiscentibus. Was uns anbetrifft, so glauben wir früher die Axennatur des An- therenträgers von Ephedra hinlänglich festgestellt zu haben und an der Homologie der männlichen Blüthen von Ephedra und Gnetum ist, nach dem oben Gesagten, schlechterdings nicht zu zweifeln; auch schliesst der Bau der Gnetum-Blüthe an und für sich, so auch die beiden Gefässbiindel, die in der Blüthenaxe verlaufen und einzeln unter den Antheren endigen, endlich die Art der Entstehung dieser letzteren u. s w. jede andere Deutung aus. Der Gefässbündelverlauf in der männlichen (pseudo -androgynen) In- florescenz lässt sich, wenn auch mit einigen Differenzen, an denjenigen in der weiblichen anreihen. Ich habe denselben bei Gnetum Brunonianum verfolgt. Die Deckblattbündel gehen gleichzeitig nach aussen ab, etwas ab- steigend und am Rande sich wieder erhebend, so dass man auf dem Quer- schnitte ihren Ursprung und 'ihre äussersten Zweige sieht (Taf. XXI. Fig. 6). Sie bleiben hier verhältnissmässig einfacher als in den weiblichen Bliithenständen. Den Deckblattbündeln folgen gleichzeitig mit denselben verbunden, alle Achselknospenbündel (Fig. 7, 8). Die Achselknospenbündel verlassen dann die Deckblattbündel in ähnlicherWeise wie in den weiblichen a) Dagegen hiess es richtiger in einer älteren Arbeit: De novis plantarum familiis Ann. de sc. nat. 1834. p. 101. Gneteae. . . . Hane structuram si spectes rectius fortasse unumquemque Horem masculum diandrum diceres antheris duabus unilocularibus. 158 Blüthenständen, und laufen seitlich zusammenschliessend in mehr oder weniger einfachem, weniger scharf umschriebenem Kreise in der Axe in die Höhe (Fig. 8). Die männlichen Blüthcn werden aus diesem Kreise mit kleinen Bündelcomplexen von vier oder mehr zu einem partiellen Kreise sich an- ordnenden Bündeln versorgt und ähnlich auch die über den männlichen Blüthen stehenden weiblichen Blüthen (Taf. XXL Fig. 8, 9, auch 5 u. 10); bei Gnetum Brunonianum, wo -diese letzteren auffallend gross werden, erhalten sie stärkere Bündel (Fig. 5 u. 10) und die Anordnung derselben zum partiellen Kreise beginnt auch etwas früher als für die männlichen Blüthen, so wie in den rein weiblichen Blüthenständen, sofort nach der Abzweigung von den Blattbündeln. Die fleischige Deckblatthülle darf man wohl auch hier, als aus zwei Blättern verschmolzen ansehen; auch ist die Zahl, der aus dem Bündelkreise der Rachis afcgezweigten Blattbündel, die nämliche, wie in der rein weiblichen Inflorescenz. Die Blüthen müssen, wie schon früher motivirt, für Beiknospen erklärt werden. Die aufeinanderfolgenden Internodien der Rachis werden in der nämlichen Weise mit Bündeln versorgt; der Scheitel der Inflorescenzaxe gipfelt auch hier häufig, wie in den rein weiblichen Inflorescenzen, in einer einzigen weiblichen Blüthe. * Bildungsabweichungen. Die Bildungsabweichungen haben bei der Deutung der Coniferen- Bliithe eine wichtige Rolle gespielt, so dass ich sie an dieser Stelle nicht übergehen darf. Morphologisch interessante Fälle sind fast ausschliess- lich bei den Abietineen beobachtet worden, über die anderen Tribus sind mir nur wenige Angaben bekannt. Es scheinen überhaupt die Gruppen mit frei entwickeltem Deckblatt und Fruchtschuppe mehr zu Bildungsabweichungen zu neigen als die übri- gen. Einfache Durchwachsungen der Rachis kommen hingegen ebenso häufig als bei Abietineen, auch bei Taxodineen und Cunninghamieen vor. Diese Durchwachsungen beweisen nun zunächst auf das bestimmteste, dass die Rachis sich von den vegetativen Axen nur relativ unterscheidet. Ihr Yegetationskegel erlischt gewöhnlich nach Bildung einer bestimmten Anzahl von Deckblättern und Blüthenständen, doch kann er eventuell auch weiter wachsen und auch gewöhnliche Laubblätter und Laubknospen erzeugen. Man könnte diesen Fall als einen atavistischen bezeichnen, denn die Vermuthung liegt nahe, dass der abgeschlossene Blüthenstand sich aus einem unbegrenzt fortwachsenden Zweige, cier die kleinen Bliithenstände in den Achseln seiner Blätter trug, entwickelt habe, ein Fall, der ja noch in ganz analoger Weise bei Taxineen: Taxus, Podocarpus, Torreya normal ein trifft x). Zu solcher apicaler Durchwachsung neigen besonders die Lärchen- zapfen* 2), und man trifft nicht selten Bäume, die mit hunderten solcher *) Die kleinen zweiblütkigen Inflorescenzen mit begrenztem Wachstkum bei Taxineen entsprechen den Fruchtschuppen der Abietineen — der Zweig also der sie trägt: der Rachis. 2) Beobachtet und abgebildet von Richard 1. c. Tat. 13. Fig. 9. 1826, wiederholt von de Candolle, Organographie 1828. Tab. 36. Fig. 3 und von Seringe, Eiern, de Bot. 1841. Taf. XIII. Fig. 12. — Beschrieben und gedeutet von A. Braun. Das Indiv. 1853. 160 Zapfen bedeckt sind. Ebenso häufig ist diese Art von Durchwachsung auch bei Cunninghamia sinensis, sehr häufig auch bei Cryptomeria japonica1). Gewöhnlich bleibt der Zweig, der aus dem Scheitel des Zapfens treibt, sehr klein und stirbt frühzeitig ab, so namentlich bei Larix europaea und Cryptomeria japonica, doch kommt es auch vor, dass er sich weiter entwickelt. So besitze ich einen Zapfen von Pinus Pinea2 3 *), der in einen kräftigen Ast, der selbt .wieder mehrere kräftige Zweigquirle gebil- det hat, ausgewachsen ist, und habe ich auch im botanischen Garten zu Neapel einen jungen kräftigen Baum von Cunninghamia sinensis gesehen, der, nachdem er einen Zapfen getragen, seinen Gipfeltrieb durch denselben hindurch weiter entwickelt hatte. Gewöhnlich wird durch diese apicale Durchwachsung des Zapfens die Entwickelung der Deckblätter und Fruchtschuppen nicht gestört. Besonders selten geschieht dies bei Cunninghamia und den Taxodineeir5), im Verhält- niss häufiger bei den Abietineen. Ich habe viele Hunderte durchwachsener Zapfen von Larix in den Händen gehabt, die im Uebrigen ganz normal entwickelt waren; oder waren doch nur an denselben die Achselknospen in den Blattachseln des Endtriebes verbildet. Doch kommen, wenn auch seltener, Durchwachsungen der kleinen Inflorescenzen vor. In einfachster Weise tritt uns eine solche bei Taxus baccata entgegen, wo wir den Vege- tationskegel der primären Achselknospe hin und wieder neben der einen seitenständigen Blüthe zu einem kleinen Laubzweige austreiben sehen, (Taf. I. Fig. 7 u. 10). Diese Durchwachsung bestätigt die übrigens auch anatomisch sehr leicht zu constatirende Thatsache, dass die Blüthe hier nicht die primäre Achselknospenaxe abschliesst, sondern als secundäre Achselknospe erst an dieser angelegt wird. Nicht so leicht ist die Frage nach dem Bau der Abietineen-Frucht- schuppe zu lösen und deshalb die hier vorkomraenden Missbildungen p. 65. — Von Wigand, Bot. Unters. 1S54. — Caspary, Be abietineanun fl. fern, struct. raorph. 1861. — Gramer, Biklungsabweichuugen 1864. p. 4. — Oerstedt. Videnskabelige Meddel- elser etc. 1864 (Larix u. Picea excelsa). — Bei Picea vulgaris von Stenzei, Verhandl. der schles. Gesell, f. vaterl. Cultur. 43. Jaliresber. p. 103. *) Eichler, Fl. bras. p. 444. 2) Einen ähnlichen von Pinus Pinea, zeigte mit Prof. A. Braun, abgebildet in den Mannheimer Jahresberichten, 3) Ueber diese sind mir nur die Angaben von Braun und Eichler Flor. bras. p. 444 bekannt. 161 von besonderem Interesse1). Dieses veranlasste so oft die wiederholten Beschreibungen und Deutungen derselben. — Die erste Angabe findet sich bei Alex. Braun2), wo es heisst: „Die samentragenden (in den Achseln von Deckschuppen stehenden) Fruchtschuppen des Zapfens der Abietineen sind dem Anscheine nach gleichfalls einblätterige Sprossen; allein die Reihe der Veränderungen, welche diese Schuppen an durchwachsenen Zapfen von Pinus Larix zeigen, beweisen, dass diese Fruchtschuppen aus je zwei ver- wachsenen Blättern gebildet sind." — Diese Deutung übertrug Alex. Braun später mehr oder weniger auch auf andere Coniferen3). — Bestätigt wurde sie von Caspary4), der sich ihr im Wesentlichen bei Pinus Larix anschloss und hinzufügte, dass die Samenknospen aus diesen beiden Blättern (den Carpellblättern), erzeugt werden. Caspary beschreibt bis in’s Einzelne einen solchen durchwachsenen Zapfen, den er 1858 bei Bonn gefunden hatte. In dieser Beschreibung heisst es: Die holzigen Fruchtschuppen des Zapfens zeigen zunächst als ersten Grad der Verbildung einen schwachen Einschnitt am Scheitel. Dieser Einschnitt wird bei denjenigen Fruchtschuppen, die den Uebergang zu den blättertragenden Knospen bilden, immer tiefer. In den oberen Theilen des Zapfens werden die Fruchtschuppen minder dicht und so tief eingeschnitten, dass sie fast in zwei Theile zerlegt erscheinen. Beide Tlieilc tragen an der Basis auf der inneren und oberen Seite noch die Rudimente der Samenknospen. Noch höher hinauf erscheinen die Fruchtschuppen völlig getheilt, die beiden Hälften weiter entfernt, kleiner, länglich, fast trapezoidisch, oben schräg abgestutzt, mit abgerundeten Ecken und häufig- breiter am Scheitel als an der Basis, ohne Spur einer Samenknospe und als Factum von allerhöchster Bedeutung: zwischen den Theilen der Frucht- schuppe und der primären Axe, tritt eine mit Niederblättern besetzte Knospe auf. Die beiden getrennten Hälften der Fruchtschuppe waren so durch Grösse, Gestalt und Stellung allmälig den beiden seitlichen Nieder- blättern einer gewöhnlichen Knospe gleich geworden. Somit sei es denn auch bewiesen, dass die holzige Fruchtschuppe von Larix aus den zwei ersten seitlichen, mit den äusseren Rändern verbun- denen Niederblättern, einer sonst unentwickelten, in der Achsel des Deck- *) Vergl. auch die allgera. morph. Betrachtungen über den Werth der Missbildungen, am Ende dieses Werkes. *) Individuum p. 65, Anmerk. (1853). 3) Polyembryonie etc. p. 243, Anmerk. 3. 4) De Abictinearum etc. 1. c. Ann. d. sc. natur. IV ser. T. XIV, p. 200. Strasburger, Coniferen und Gnetaceen. 11 162 blattes stehenden Knospe, sich bilde. Diese Bedeutung sei für Larix und als auch für alle anderen Abietineen so klar und unzweifelhaft erwiesen, dass alle anderen Ansichten, die über die Fruchtschuppe der Coniferen in der Morphologie aufgestellt worden sind, falsch sein müssen. Die weib- lichen Organe der Coniferen aber sind (Taxus selbst nicht ausgenommen), nackte, aus den Carpellen hervorgezogene Samenknospen1). Im Jahre 1862 beobachtete Pariatore monströse Zapfen von Pinus Brunoniana aus Pallanza am Lago maggiore. Auch hier waren die Frucht- schuppen in Zweige verwandelt, die mit mehr oder weniger Blättern be- deckt waren. So lange der Zweig kürzer als die Fruchtschuppe blieb, war diese letztere noch ungetheilt und die Blätter der Knospe unter einander verschmolzen; doch in dem Maasse, als der Zweig sich mehr ent- wickelte, wurde die Zahl der freien Blätter grösser und auch die Fruclit- sclmppe verlängerte und theilte sich in zwei, drei oder mehrere Theile; endlich wurden, bei noch stärker entwickelten Trieben, diese Theile völlig frei, so dass es dann ganz klar war, dass das schuppenförmige Organ gänzlich aus verkürzten und verwachsenen Blättern gebildet sei. Aus den beigefügten Figuren und wiederholten Beschreibungen in den Studi organo- grafici2) ist zu ersehen, dass die Knospe hier auf der Innenseite der Frucht- schuppe zwischen derselben und der Rachis aufgetreten war. Aber auch ein neuer, 1862 an Pinus Lemoniana, in dem alten Garten der Gartenbaugesellschaft in Chiswich (London) beobachteter Fall eigen- thümlicher Missbildung wird in den Studi organografici beschrieben. Die Zapfen dieser Species stehen einzeln und aufrecht an der Spitze eines Zweiges, welcher mit verschiedenen Bracteen bedeckt ist und völlig der Blätter ermangelt. Einzelne dieser Zapfen hatten nun ihre unteren Frucht- schuppen zu langen Nadelpaaren, entsprechend denen des Baumes und von eben solchen Scheiden umgeben, entwickelt. Andere hatten in ihrer ganzen Höhe solche Nadelpaare aufzuweisen, indem sich abwechselnd je die zweite Fruchtschuppe in dieselben* umgewandelt hatte. Dieses, meint Pariatore, beweise so klar als möglich, dass die Fruchtschuppe ein verkürzter Zweig sei, mit ebenso verkürzten, breiter gewordenen und er- härteten Blättern. Andere ähnliche Thatsachen von Alex. Braun und Cas- pary beobachtet, zeigen weiter, wie es auch Eichler zugiebt, dass man in der Fruchtschuppe der Abietineen nicht eine Axc allein, wie cs Schleiden *) l. c. p. 209. 2) p. IG. 163 wollte, nicht ein Fruchtblatt, wie gewöhnlich geglaubt wird, sondern einen verkürzten Zweig mit blattartigen Gebilden zu erblicken habe. Eine ähnliche interessante Missbildung beobachtete dann Oersted ’) im Garten von Upsala an einem strauchartigen Exemplare von Picea excelsa, welcher alljährlich durchwachsene Zapfen trägt. Auch hier sieht man (vergl. seine Abbildungen 1 — 30) die Fruchtschuppe in zwei Hälften sich theilen; doch auffallender Weise zeigen einige Figuren (namentlich Fig. 23), dass hier die Knospe nicht auf der inneren, sondern auf der äusseren Seite der sich theilenden Fruchtschuppe auftritt, so dass man mit derselben Berech- tigung wie Caspary, hier schliessen müsste, dass die Fruchtschuppe aus den beiden ersten, mit den Innenrändern verwachsenden Blättern einer sonst unentwickelten Achselknospe sich bilde. Auch Stenzei* 2) schloss sich den Angaben von Braun und Caspary an, dass die Fruchtschuppe aus zwei verwachsenen Blättern gebildet sei. Ausserdem glaubt er aber, dass bei der Fichte auch noch ein drittes, mittleres Schuppenblatt an der Bildung der Fruchtschuppe sich betheilige. Auch stand, abweichend von den von Caspary beobachteten Lärchen- zapfen, bei allen umgebildeten Fruchtschuppen die zugehörige Knospe von innen nach aussen, so, dass man annehmen musste, die Samenknospen seien auf dem Rücken derselben eingefügt, eine, wie dem Autor scheint, so un- wahrscheinliche Annahme, dass wohl erst weitere Beobachtungen volle Gewissheit über dieselbe würden verschaffen können. Inzwischen waren von Braun und Eichler neue Beobachtungen auch für die Deutung anderer Coniferen mit doppelter Schuppe veröffentlicht worden. So theilt Eichler in dem Excursus morphologicus de formatione Horum Gymnospermarum 3) nach brieflichen Angaben Braun’s mit, derselbe habe ähnliche Durchwachsungen bei Taxodineen beobachtet und bei Cryp- tomeria, Taxodium und Glyptostrobus an Stelle der inneren Schuppe Knospen auftreten sehen; weiter sagt er, aus diesen Missbildungen gehe hervor, dass hier eine grössere Anzahl Blätter zu der schuppenförmig ge- stellten Knospe verschmolzen seien. Nach diesem kann Eichler nicht mehr zweifeln, dass auch bei allen anderen Gattungen, welche sichtbar eine doppelte Schuppe haben, wie Sciadopitys und Cunninghamia, die inneren Schuppen die nämliche morphologische Natur besitzen, und nur die Zahl der in der Fruchtschuppe vereinten Blätter Schwankungen unterworfen ist. ') Nidenskabclige Meildelelser ctc. for Aarct, 18G4. 2) Verh. der schles. Gesell, etc. 43. Jahresber. p. 103- ') Flora bras. p. 444. li* 164 Für die Samenknospen der Taxineen giebt Eichler an, dass sie die Spitze eines Zweiges repräsentiren ; bei den übrigen Coniferen mit sitzenden Samenknospen seien dieselben als Zweige in den Achseln von Bracteen oder Laubblättern zu betrachten; bei Coniferen mit doppelten Schuppen endlich als secundäre Achselknospen in den Achseln der in eine Frucht- schuppe verwachsenen Niederblätter. So seien beiläufig bei Pinus zwei, bei Sciadopitys sieben bis neun, bei Cunninghamia drei, bei Cryptomeria zwei bis fünf Niederblätter zur Fruchtschuppe vereinigt und trügen ent- sprechend viel Samenknospen in ihren Achseln. Diese Behauptung stützt Eichler auf Beobachtungen monströser Fälle, ohne jedoch genau anzu- geben, bei welchen Species sie ihm vorgekommen. Er will gesehen haben an zweigartig ausgewachsenen Fruchtschuppen, dass in dem Maasse, als die Samenknospen verschwanden, Laubknospen an ihre Stelle in den Blattachseln sich zeigten. Mit dieser Annahme war freilich die frühere Carpelltheorie aufgegeben, die Blütlie nicht wie bisher für blattständig, sondern für ein Achselproduct erklärt und nur noch aus anderweitigen Gründen für eine Samenknospe gehalten. Leider hat Eichler die monströsen Fälle, welche die Achselkuospennatur der Samenknospe bei Formen mit doppelter Fruchtschuppe beweisen sollten, weder näher bezeichnet, noch abgebildet, was um so wünschenswerther gewesen wäre, als ähnliche Miss- bildungen sonst von Niemandem1) beobachtet worden und auch mir, trotz alles Suchens, nicht vorgekommen sind. Aus allen diesen Untersuchungen scheint ganz allgemein zu folgen, dass die Fruchtschuppe einer Verwachsung der ersten und einzigen Blätter einer Achselknospe ihre Entstehung verdanke; fraglich blieb es aber, ob diese Blätter mit dem vorderen oder hinteren Rande mit einander verwachsen seien. Das sicher constatirte Vorkommen beider Fälle bei den Abietineen schien hier einen eigenthümlichen Widerspruch in sich zu schliessen. Die Möglichkeit seitlicher Verwachsung der Coniferenblätter wurde dann auch für vegetative Sprossen nachgewiesen. Alex. Braun2) beob- achtete im botanischen Garten zu Berlin an Taxus tardiva zwei bis elf *) Sperck 1. c. p. 5G will zwar eine solche Missbildung beobachtet haben und hat sie Taf. I, Fig. 21 abgebildet; doch ist bei den unglaublichen Verwechslungen, welche in dieser Arbeit Vorkommen, kaum etwas auf diese Angaben zu halten, ja aus den Figuren bereits zu scbliesseu, dass auch hier eine Täuschung unterläuft. *) Sitznngsber. der Naturf. Freunde zu Berliu, 21. Juli 1869, p. 27. 165 seitlich verbundene Laubblätter; Caspary1) an einer Rqthtanne (bei Gum- binnen), bei welcher ebenfalls zwei bis sieben ziemlich auf gleicher Höhe stehende Nadeln zu einem einzigen gefurchten, mit mehreren Spitzen ver- sehenen Blatte seitlich verschmolzen waren. So stand die Deutung der Fruchtschuppe, als aus der Verwachsung von Blättern gebildet, nicht mehr so vereinzelt da. Ueber die Frage, ob es die Vorder- oder die Hinterränder seien, mit denen diese Blätter in der Fruchtschuppe verwachsen, schien aber erst eine ganz neue Arbeit v. Molil’s einiges Licht zu verbreiten. Von Mohl2) unter- suchte die s. g. Blätter von Sciadopitys und erkannte, dass auch sie ähn- lich wie die Abietineen-Fruchtschuppen, durch Verwachsung der beiden ein- zigen Blätter einer Achselknospe entstanden seien; die anatomische Unter- suchung der Gefässbiindel deutete aber darauf hin, dass diese Verwachsung hier mit den beiden äusseren Blatträndern erfolgt war. Für diese Deutung schien weiter auch die anatomische Untersuchung der Abietineen-Frucht- schuppen selbst zu sprechen, denn, wie van Tieghem3) kurz zuvor gezeigt hatte, kehren diese den Basttheil ihres Gefässbündels der Hauptaxe, die Schraubengefässe dem Deckblatte zu, demnach so, wie es von zwei mit ihren Aussenrändern verwachsenen Blättern zu erwarten wäre. Dies Alles veranlasste denn auch v. Mohl, trotz des scheinbaren Widerspruches4) den die beobachteten monströsen Fälle boten, sich für diese letztere An- sicht auszusprechen, weil sie ihm nach Wiederholung der van Tieghem’schen Beobachtungen und nach seinen eigenen Erfahrungen an Sciadopitys unab- weisbar schien5). Während meines letzten Aufenthaltes in Florenz im Frühjahr 1871 erhielt ich von Prof. Pariatore zwei der vorhin erwähnten interessanten Zapfen von Abies Brunoniana und war so im Stande mir aus eigener An- schauung ein Urtheil in dieser Frage zu bilden. Nach allen den früheren Schilderungen war an der Achselknospen- natur der Fruchtschuppe gar nicht mehr zu zweifeln, doch blieb das Ver- hältnis von Blatt und Axe im Aufbau derselben, weiter auch das Ver- ü Pinus Abies L. mit gemeinsam aufgewachsenen breiten Nadeln. Bericht über die 7te Versamml. des preuss. bot. Vereins zu Braunsberg 1869. 2) Morpkolog. Betrachtung der Blätter von Sciadopitys. Bot. Zeitung, 13. Jan. 1871. 3) Ann. d. sc. nat. Vrae Serie, t, X. p. 273. 4) 1. c. p. 23. 5) Diese Figur nach Pariatore Studi organogr. Taf. III. Fig. 36 copirt; der Zapfen, der mir zu Gebote stand, war diesem ganz ähnlich. 166 halten der Blüthep, noch näher zu bestimmen. Die früher gewonnenen entwickelungsgeschichtlichen Resultatte an den Fruchtschuppen von Pinus Pumilio, Larix und Abies canadensis sollten mir hier vorzügliche Anhalte- punkte gewähren. Wie wir es bereits ausführlich erörtert haben, entsteht die Fruchtschuppe in der Achsel des Deckblattes als eine abgerundete, quer gestreckte Erhöhung, an deren Scheitel alsbald ein mittlerer und zwei seitliche Höcker zu erkennen sind. Der mittlere Höcker musste aller Analogie nach als Axenende, die beiden seitlichen als Blattanlage auf- gefasst werden. Sowohl der mittlere als auch die beiden seitlichen Höcker kommen aber zu keiner weiteren Entwickelung und die ganze Anlage be- ginnt sich durch stark bevorzugtes Wachsthum der Aussenseite sofort um- zukehren, so dass der mittlere und die beiden seitlichen Höcker alsbald auf die Innenseite der Fruchtschuppe zu stehen kommen, beide auch gleich- zeitig in der Wachsthumsrichtung der Fruchtschuppe lang gezogen und mehr oder weniger unkenntlich gemacht werden. Dieses Letztere ist na- mentlich mit der Blattanlage der Fall, während die Axenspitze häufig zu einem s g. Kiele auswächst. Die beiden Blüthen verrathen durch diese Anlage auf der inneren Seite zu beiden Seiten des langgestreckten Vege- tationskegels eine Beziehung zu demselben und den Blattanlagen und lassen sich entschieden als secundäre Achselknospen auffassen, während der obere grösste Tlieil der Fruchtschuppe, wie besonders schön bei Larix zu sehen, sich aus einer unteren, tiefer als die Blattanlage und der Vcgctations- kegel liegenden Zone der Anlage entwickelt und somit nur eine discoidc Bildung sein kann. Diese Wiederholung schien mir nöthig, um uns alle Momente, die bei der Beurtheilung der Missbildungen wichtig sein können, von neuen zu vergegenwärtigen. Wir linden in dem durchwachsenen Zapfen vor Allem zwei extreme Fälle, die wir zu vergleichen haben: gegen den Scheitel des Zapfens hin völlig entwickelte Zweigtriebe, an der Basis derselben normale oder nur wenig veränderte Fruchtschuppen, zwischen beiden alle möglichen Mittel- formen. In diesen Mittelformen sehen wir zwei der Pflanze eigenthümliche, durch Vererbung fixirte Entwicklungsformen gegen einander ankämpfen. Die eine hat das Bestreben die normale Fruchtschuppe, die andere eine normale Zweigknospe zu entwickeln durch das Zusammenwirken beider werden Mittelbildungen erzeugt, und weil diese nun nicht erblich fixirt sind, so variiren sie nach den verschiedensten Richtungen, so dass auch nicht zwei verbildete Fruchtschuppen sich vollkommen gleichen. Gewisse 167 Erscheinungen bleiben sich immerhin co'nstant, es sind solche, welche beiden Bildungen: der Fruchtschuppe und dem gewöhnlichen Achseltrieb gemein- sam sind, so wie das constante Umschlagen in den Achselspross, hier ent- schieden auf die Homologie beider hindeutet: d. h. eine Rückschlags- Erscheinung ist. So konnte man an der schönen mir zu Gebote stehenden Missbildung (Taf. VI. Fig. 33) *) neben den sonstigen unbestimmten Ab- weichungen gewisse constante Charactere wiederkehren sehen. Zunächst zeigte sich an allen Fruchtschuppen bei beginnender Missbildung eine Knospe, und zwar nicht, wie bisher einfach angegeben wurde, an der inneren Basis der Fruchtschuppe, sondern auf der inneren Fläche an derjenigen Stelle, die wir auf entwicklungsgeschichtliche Daten gestützt, als den morphologischen Scheitel der Fruchtschuppe bezeichnet hatten. Diese Stelle schwillt in einigen Fällen nur ein wenig an (Taf. VI. Fig. 34), in anderen Fällen entspringt ihr nur ein oder einige kleinere Blättchen (Taf. VI. Fig. 35), welche hin und wieder mit ihrem Scheitel sogar nach der Basis der Schuppe gerichtet sind, endlich sieht man sie in noch andern Fällen zu einer Knospe auswachsen (Fig. 41a> b- 44a> b). In dem Maasse, als sich diese Stelle individualisirt, schwillt auch die Fruchtschuppe in der Mediane unter derselben an und bildet hier schliesslich einen stielförmigen Vorsprung. Gleichzeitig mit der Bildung der Knospe auf der Innenseite der Schuppe sieht man letztere sich meist auch etwas in die Länge strecken und an ihrem oberen Rande einen, seltener zwei Einschnitte sich bilden. Zu bemerken ist zugleich, dass bei dieser Lappenbildung die der Mitte (der Fruchtschuppe) zugekehrten Ränder der Lappen sich meist verdoppeln und die Knospe dann mit ihren Rändern umfassen. Beide Lappen bleiben dann auch wohl mit diesen Rändern verbunden und es kommt vor, dass die Knospe in die central entstandene Höhlung ganz cingeschlosscn wird (Taf. VI. Fig. 39a-b- 42a>b). Bei vorgeschrittener Verbildung wird der Einschnitt des Fruchtschuppenrandes gewöhnlich tiefer. Die Verdopplung ist meist unvollständig, häufig kommt nur der eine oder der andere Rand zur Entwicklung. Ist cs der der Racliis zu- gekehrte, so kann es den Anschein bekommen, als stände die Knospe auf der Aussenseite der Schuppe. Aelmlichcs kann auch bei einfacher Spaltung der Schuppe erfolgen, wenn die beiden Lappen ihre inneren* 2 *) Ränder nach der Racliis zu drehen (in Fig. 34 angedeutet).8) ’) „Innen und Aussen“ soll sich hier überall auf die Fruchtschuppe seihst und nicht auf ihr Verhältniss zur Rachis beziehen. 2) Aehnliches mag Oersted und Stenzei beobachtet haben. s) Aehnlich etwa wie die normal entwickelten Doppelnadeln von Pinus Lemoniaua, # - 168 — Auch kam cs -sehr häufig vor, dass die inneren Ränder der ver- doppelten Lappen nur auf der Rachisseite frei entwickelt, auf der Deck- blattseite noch völlig mit der Fruchtschuppe verschmolzen waren (Taf. VI. Fig. 40 b). Während die Knospe sich vergrössert, steigt auch die Zahl der an derselben gebildeten Blätter, von welchen einige sogar nadelförmig aus- wachsen können. Meist sieht man deutlich, dass das erste Blattpaar dieser Knospe median (zum Zapfen) gestellt ist; das rachissichtige Blatt dieses Paares ist bis an seine Basis frei, das deckblattsichtige häufig mit der Fruchtschuppe verschmolzen, einen dritten Lappen an derselben bildend. Das erste transversale Blattpaar wird nur an völlig metamorphosirten Fruchtschuppen frei (Taf. VI. Fig. 41a>b) und reicht dann zu beiden Seiten fast dicht bis an die Basis der Knospe. Diese erscheint jetzt einer nor- malen Zweigknospe sehr ähnlich und es ist zu vermuthen, dass hier schon auf den allerersten Entwickelungsstadien die eine Entwickelungsnorm die Oberhand über die andere gewonnen hatte. Wir haben es dann freilich mit keiner Mittelbildung mehr zu thun. Die Möglichkeit durch eine gewöhnliche Laubknospe ersetzt zu werden, beweist zwar, wie schon her- vorgehoben, dass die Fruchtschuppe aus einer solchen sich entwickelt hat; eine solche Knospe kann aber nicht mehr benutzt werden, um die einzelnen Tlieile an der Fruchtschuppe zu deuten, denn sie stellt einen Zustand des Gebildes vor, auf dem diese Tlieile noch gar nicht vor- handen waren. 1) Während der Umbildung der Schuppe schwinden die Blüthen von derselben; an ihrer Stelle derselben ist zunächst eine Anschwellung zu be- merken, schliesslich sieht man auch diese nicht mehr. In Fällen wo die Spaltung der Schuppe besonders tief ist und die beiden Lappen eine Drehung um ihre Axen in der Richtung der Rachis erfahren, umfasst jede, die ihr entsprechende Blütlie gleichsam von der Mitte der Fruchtschuppe aus. Die Blüthg, kommt scheinbar auf der Aussenseite des Lappens zu stehen (Taf. VI. Fig. 37 a). An dieser Stelle findet man dann auch in ähnlichen Fällen, in denen aber die Blütlie ganz verschwunden ist, immer noch die Flügel, die sich leicht von der Schuppe ablösen lassen und an ihrer weisslichen Färbung die Pariatore an Stelle der Fruclitscliuppe gesehen, nicht zur Deutung der einzelnen Theile derselben dienen können. ’) Einen ähnlichen Fall beobachtete Dickson (Adansonie Bd. II, p. 70 u. 72) bei Abies nigra. 169' kenntlich (Taf. VI. Fig. 40a, 45 a) sind. Secundäre Achselknospen an Stelle der Blüthen habe icli weder hier, noch bei Larix auftreten sehen. Die Veränderungen greifen übrigens so tief in das Wesen des Lappens ein, dass selbst die Deckblätter von denselben afficirt werden und häufig zu langen Nadeln auswachsen (Taf. VI. Fig. 39a’b, 43a-b). Das sind im Allgemeinen die Resultate zu denen wir durch die Untersuchungen der beiden monströsen Zapfen von Pinus Brunoniana geführt werden; sie bestätigen durchaus die entwickelungsgeschichtlich gewonnenen Angaben. Die Knospe tritt an wahren Mittelbildungen nicht an der Basis der Innen- seite, sondern stets auf der Innenfläche und zwar in halber Höhe der- selben auf. Die Fruchtschuppe spaltete sich entweder einfach an ihrer Spitze oder ihre Lappen verdoppelten sich gleichzeitig. Diese Spaltung hat hier eine zweifache Ursache: wo sie ohne Ver- dopplung und Verlängerung der Fruchtschuppe erfolgt, ist sie ein Versuch des Dioscoidengebildes in zwei Hälften sich zu theilen, von denen jede einer Blüthe angehört. Sehr schön sieht man das, wenn sie, wie häufig, die beiden Blüthen zu umfassen suchen. Die Blüthen und ihre Flügel kommen dann, — wie erwähnt, scheinbar auf der Aussenseite der beiden Discushälften zu liegen; würden diese die Blüthen allseitig umfassen, so hätten wir einen den Taxineen ganz analogen Fall vor uns, etwa eine zweiblüthigen Taxus oder Torreya Inflorescenz, in der jede Blüthe von ihrem eignen Discus umgeben wird. Blätter sind sie hier jedenfalls nicht, denn sonst könnten die Blüthen unmöglich auf ihrer Aussenseite zu stehen kommen. Wenn hier, wie noch häufiger, die Spaltung, mit einer Verdoppelung der Randes verbunden ist, sind Blätter mit im Spiele, und zwar die ersten beiden transversalen Blätter, die beiden Blattrudimente, die wir bei der Entwicklung der Fruchtschuppe kennen gelernt haben. Diese haben sich dann weiter entwickelt und umfassen dem entsprechend die Knospenmitte mit ihren Rändern. Häufig kommen aber, wie erwähnt, nur die vorderen oder hinteren Ränder zur Geltung. Noch häufiger sind es Mittelbildungen aus Blatttheilen und der sich ebenfalls spaltenden Fruchtschuppe zusammen- gesetzt. Es wird dann sehr schwer zu sagen, was dem einen und was dem andern Gebilde zugehört. Gewöhnlich tritt in demselben Maasse als die beiden transversalen Blätter sich entwickeln die discoide^ Bildung zurück, aber es lassen sich auch Fälle wie Fig. 40a-b beobachten, wo von der Rachisseite alle Blatttheile der Achselknospe schon bedeutend diffe- rencirt sind (40 a), auf der Deckblattseite aber noch alle mit dem Discus verschmolzen. 170 Das Verschwinden der Blüthen, ohne durch secundäre Achselknospen ersetzt zu werden in stärker veränderten Iuflorescenzen, erklärt sich, wie ich denke, durch den Umstand, dass die gewöhnlichen vegetativen Achsel- knospen hier ja überhaupt nie secundäre Achselknospen in den Achseln ihrer beiden ersten Blätter entwickeln. Auf das transversale Blattpaar folgend wird, wie erwähnt, ein medianes angelegt, und wenn der Discus nur wenig zurückgebildet ist, so verschmilzt das deckblattsichtige Blatt dieses Paares mit demselben und bildet den dritten Lappen, den auch Stenzcl für Picea vulgaris erwähnt. Der Rückbildung des Discus entsprechend entwickeln sich die beiden transversalen Blätter der Achselknospe immer stärker und nehmen eine immer normaler werdende Lage an der Achselknospc ein. Endlich ist von dem discoiden Gebilde nichts mehr vorhanden und somit das Stadium einer Vergangenheit erreicht, auf welchem es noch gar. nicht entstanden war, ein ^Stadium, das jedenfalls aber weiter, als die Existenz der heutigen Abietinccngruppc, zurückliegt. Daraus folgt aber, dass cs hier nicht der Urtypus der Inflorescenz in seiner ganzen Reinheit ist, der uns an Stelle der Fruchtschuppe entgegentreten kann, sondern eine vegetative Achselknospe der nämlichen Pflanze, so wie cs eben die Corrcllations- Gcsetze der Gestaltung nicht anders zulassen. Dieses darf nicht aus den Augen gelassen werden, und muss es uns also auch nicht wundern, dass an Stelle der Blüthen hier keine secundären Achselknospen auftreten. Diese waren bei der Urform gewiss vorhanden, ähnlich vielleicht wie bei Torreya; bei einem vegetat. Achselspross von Pinus Brunoniana sind sie aber in den Achseln der beiden ersten Blätter nicht möglich und deshalb verschwinden sie ohne in die erwartete Meta- morphose einzutreten. Durch die vorliegenden Untersuchungen wird wie ich denke auch die Controverse über das Auftreten der Knospe auf der Innen- oder dcrAussen- seitc der Schuppe in einfachster Weise gelöst^ und braucht cs wohl kaum weiter hervorgehoben zu werden, dass, nach der gegebenen Deutung, die Analogie der Fruchtschuppe mit den verwachsenen Nadeln von Taxus, Picea und selbst Sciadopitys aufhört und somit die Schlüsse, die aus der- selben gezogen wurden, auch ihre Tragweite verlieren. Dieselbe Deutung wie für die Abietineen-Schuppe gilt natürlich auch für die anderen Coniferen mit doppelten Fruchtschuppen, für die wir entwickelungsgeschichtlich auch die discoide Natur nachgewiesen haben. Bei Cuprcssineen werden Blattelemente an der sich erhebenden axillaren 171 Anschwellung gar nicht angelegt und können sich unmöglich an der Bildung der Schuppe betheiligen, ebenso bei den Taxodineen und Cun- ninghamieen, wo also die Zähne des Bandes der Fruchtschuppe nicht von den sie bildenden Blättern herrühren können, vielmehr Randbildungen des Discus sind, häufig wechselnd an Zahl und auch ohne bestimmte Beziehung zu der Zahl der Bliithen. Die Fruchtschuppe bleibt überall die nämliche discoide Bildung, wenn sie auch, in manchen Fällen, (so bei Cunninghamieen), sehr schwach entwickelt wird, und der Bliithenstiel dort grösstentheils nur als solcher, mit dem Deckblatte verwächst. Bei Cupressi- neen und mehr oder weniger bei Taxodineen und Sequoiecn ist die Fruchtschuppe mit dem Deckblatt verschmolzen und diese Verschmelzung kann fast bis zur völligen Einschliessung des Deckblattes in die Frucht- schuppe fortschreiten (so bei Cupressus, Chamaecyparis u. a. in.). Eine andere sehr häufig beobachtete Missbildung, die männlichen Blüthen betreffend, stand mir auch weiter zu Gebote; es waren dies die be- kannten, mehrfach beobachteten androgynen Zapfen, die an der Basis männ- liche Blüthen tragen, an der Spitze zu allmälig weiblich werden. Ich fand die genannten Missbildungen im Frühjahr 1871 in Catania und zwar waren sie dort auf fast sämmtlichen Exemplaren von Pinus Laricio vorhanden. Sie standen in grosser Anzahl an den Gipfeln der Zweige versammelt in Gruppen von 5—9. Im Umkreise der Gruppe waren fast rein männliche Blüthen; darauf folgend, nach innen zu, gemischte; in der Mitte endlich rein weibliche Zapfen zu finden. Die androgynen zeigten sämmtliche Uebergänge von ganz normal entwickelten Staubblättern, ohne die Spur einer axillaren Fruchtschuppe, bis zu völlig normal entwickelten Frucht- schuppen, in den Achseln normaler Deckblätter, ohne jede Spur von Staubfächern. Die Ersteren waren an der Basis, die Letzteren an der Spitze der Zapfen zu finden. Die Umwandlung schritt nicht gleichmässig vor im ganzen Umfange des Zapfens, so dass häufig die eine Seite noch rein männlich, die andere hingegen rein weiblich erschien. Die Mittelformen zeigten einerseits, ein allmäliges Schwinden der Anthercn und Verkümmerung des Staubblattes, andrerseits, ein entsprechend abgestuftes Auftreten der Fruchtschuppen; diese erschienen zunächst als fleischige, zungenförmige Gebilde, dann wurden sie blattartig, doch noch ohne Blüthen, endlich zeigten sich Blüthen an ihrer Basis. Die Umwandelung des Staubblattes in das Deck- blatt der Fruchtschuppe, konnte man durch alle Mittelstufen verfolgen. Gewöhnlich schwinden bei fortgeschrittener Entwickelung der Fruchtschuppe die Staubfächer völlig von dein Deckblatte; in einem Falle nur traf ich Staubfächer am Deckblatt und Samenknospen an der Fruchtschuppe.1) — Wie sich nach dieser, schon so häufig und stets mit demselben Erfolge gemachten Beobachtung, noch an der Blattnatur der Staubblätter zweifeln lässt, ist eigentlich kaum begreiflich.2) Zuerst wurden diese Missbildungen von L. C. Richard3) für Abies excelsa abgebildet, doch ohne^ alle Einzelnheiten. Genau beschrieben, illustrirt und richtig gedeutet wurden sie erst von Hugo v. Molil im Jahr 1837. 4) Von Molil beobachtete bei Pinus alba Zäpfchen, welche ebenfalls in der unteren Hälfte mehr oder weniger vollständig männliche, in der oberen normal weibliche Blüthen trugen. Die Uebergänge fand er ganz so wie in dem eben geschilderten Falle und so klar den morphologischen Werth illustrirend, dass er aus denselben bereits den Schluss zog, dass die Staub- blätter einzelnen Blättern, das sogenannte Kätzchen also einer einzigen Blüthe entsprechen müsse. Eine ähnliche Missbildung beobachtete Schleiden5) bei Pinus alba, Meyer6) bei Larix europaea. Im Jahre 1860 wurde sie nochmals von Dickson7) bei Abies excelsa und Abies nigra, im Jahre 1864 von Gramer8) bei Larix microcarpa Poir. beschrieben. Schacht9) will monströse Uebergänge bei Araucaria gesehen haben, beweisend, dass Staubblätter derselben ächte Blätter seien. Eichler10) beobachtete den Uebergang der Staubblätter in Blätter bei Podocarpeen und Cupressineen. Braun endlich beschreibt durchwachsene männliche Blüthen von Podocarpus Chinensis, welche oberhalb der Staub- blätter einen Schopf ungewöhnlich kleiner Laubblätter trugen. An der Uebergangsstelle zu den letzteren konnte man sich überzeugen, dass das Connectiv zur Breite des Laubblattes auswächst, während die Antheren- fächer stufenweise kleiner werden und verschwinden. 1) Bekanntlich geschieht dies noch von Parlatore.^ Siehe De Candolle’s Prodromus Pars XVI, sectio posterior, Fase. II, Coniferae. 2) 1. c. Taf. XIV, No. 3. s) Verm. Schrif. p. 45, Taf. I. Fig. 1—9. 4) Wiegman’s Archis 1837, Bd. I, p. 310. 5) Wiegm. Archis 1838, p. 155. 6) Adausonia Bd. II, p. 65 u. Transact. Bot. Soc. Fdimb. VI (1860), p. 418. 7) Bildungsabweichungen p. 4. 8) Anat. u. Phys. Bd. II, p. 433. 9) Flora Brasil. Fase. 34 p. 437. ,0) Missbildung von Podocarpus. Monatsber. d. k. Acad. d. Wiss. Berlin. Oct. 1869. Geschichtliches Weibliche Blüthen. Bevor ich es jetzt versuche die Resultate meiner vergleichenden Untersuchungen über den Bau und die Entwickelung der Blüthen zusam- menzustellen, will ich noch einen kurzen Ueberbliek der älteren Arbeiten auf diesem Gebiete gehen. Dieselben sind ausserordentlich zahlreich, wohl zahlreicher als über irgend welchen anderen Gegenstand in der Botanik und könnten an und für sich ein umfangreiches Buch füllen. Zu unserem Zwecke wird eine gedrängte Zusammenstellung genügen, um so mehr, als ich bereits im speciellen Tlieile auf die einzelnen Angaben Rücksicht genommen habe. Eine ziemlich vollständige Aufzählung der hier in Betracht kommenden Werke findet sich in dem kürzlich erschienenen Aufsatze von Sperk. J) Ich glaubte mich desselben bei vorliegender Bearbeitung bedienen zu können, überzeugte mich aber bald, dass er ohne alles Ver- ständniss zusammengestellt worden, ja theilweise unrichtige Angaben enthält. Ich musste also in jedem einzelnen Falle auf die Quellen zurückgehen, was mir besonders dadurch erleichtert wurde, dass Herr Prof. Al. Braun die Güte hatte mich mit seinem erfahrenen Rath und reichhaltiger Biblio- thek hierin zu unterstützen. — Ich beginne mit einer verhältnissmässig neuen Zeit, nämlich mit dem Anfang dieses Jahrhunderts und zwar aus doppelten Gründen: 1) weil die älteren Arbeiten keinen wesentlichen Einfluss geübt auf die Streitfrage, die sich erst zu Anfang dieses Jahrhunderts entwickelte; 2) weil sich diese älteren Arbeiten mehrfach schon in früheren Werken zusammengestellt finden, vor allem in L. C. Richard’s werthvoller Com- mentatio botanica de Conifereis et Cycadeis. , Die erste Arbeit, die ich hier zu erwähnen hätte, ist von Targioni Tozzetti, sie stammt aus dem Jahre 1810, war aber fast gänzlich unbe- *) 1. c. p. 15. 174 achtet geblieben, bis vor Kurzem Caruel1) die Aufmerksamkeit auf die- selbe lenkte. Es besteht nämlich auffallender Weise eine grosse Aehnlichkeit in der Auffassung Targioni-Tozzetti’s und derjenigen, die später durch Robert Brown eine Sb grosse Verbreitung gewann. Targioni-Tozzetti2) hebt zum ersten Mal hervor, dass die Befruchtung bei den Coniferen wesentlich anders als bei den übrigen Phanerogamen erfolge; der Pollen wirke hier nicht auf die Narbe, es nehme vielmehr das Ovariuni, oder vielmehr das Ovulum den Befruchtungsstoff unmittelbar in seine Oeffnung auf und führe ihn dem nackten Embryo zu. Ein wahres Stigma fehle hier also und das Ovarium, welches er lieber für ein Ovulum erklärt wissen möchte, über- nehme alle Functionen eines Pistills. Die interessante Stelle heisst: „In floribus vero foemineis (Coniferarum) quidpiam singulare occurrero credo; nam cum in caeteris plantis seu peri- carpio donatis, seu seminibus, ut ita dicitur, nudis vel pseudospermis insignitis, fecundatio a polline mediante stigmate absolvatur, verusque germinis, seu seminis embryo membranis ovarii Jussieui, seu germinis Linnaei semper obtegatur et occludatur et cum stylo et stigmate commu- nicet, in Coniferi aliter se res habet, et atiquarum cryptogamicarum ad instra, ovarium, seu uterus, vel votius ovulum ipsum ore hiante auram recipit, et ad embryonem nudam immediate transmittit. Hoc ovarii os Stigma dicitur a celebri Jussieu, sed Stigma nullum occurrit et germen, seu ovarium onxnes pistilli functiones absolvit, perfectaquc foecundatione clauditur, scrobiculo in apice seminis remanente.“ Mirbel hat mehrere von einander abweichende Ansichten über die Coniferenblüthe ausgesprochen. In seiner ersten Arbeit (1810) s) hatte er sich hauptsächlich zur Aufgabe gemacht zwei Unterabtheilungen unter den Coniferen zu begründen, je nachdem die Blüthen aufrecht und frei, oder umgekehrt und angewachsen waren. In der einen Unterabtheilung sagt er: ist «die weibliche Blüthe mit ihrer Basis an der Mutterpflanze befestigt, so dass die Narbe nach oben sieht; in der zweiten ist der Fruchtknoten seiner ganzen Länge nach mit den 2) Bulletin de la soc. bot. de France XII Session ä Nice 24 Mai 18G5 p. 39 publice en Mai 18G8 p. XLI. ') Observ. bot. decas. 3, 4, 5 in „Annali del Museo di Firenze II, part 2 ,la, pag. 21 (1810). 2) Mirbelct Schubert, Examen des endhoriscs es et exorliizes. Ann. Mus. hist. nat. XV 473— 47G, XVI 450—453, 45G pl. 19—21. 175 Schuppen des Zapfens verwachsen, und die Narbe gegen die Axe des Zapfens gerichtet. Gleichzeitig stellte Mirbel fest, dass sowohl die Schuppen, welche die Staubfächer in den männlichen Blüthen als auch diejenigen, welche die Fruchtknoten in der weiblichen Blüthe tragen, Laubblättcr analog seien, und hin und wieder stufenweise in dieselben übergehen. In demselben Jahre (1810) veröffentlichte Tristan ein „Memoire sur le genre Pinus“1) und schloss sich in demselben in einer gewissen Beziehung an eine ältere Auffassung von Jussien an: „Ich glaube,“ schreibt er, „dass die innere Schuppe ein zweifächriges Ovarium ohne Griffel sei, dessen oberen Ränder oder die Spitze, die Function der Narbe erfüllen. Die Stellung der Ovula an der innern Basis dieser Schuppe und die zarten Haare, welche sie in vielen Fällen krönen, stützen diese Ansicht. Die äussere Schuppe ist eine Bractee.“ Im Jahre 1812 trat Mirbel mit einer neuen Deutung der Coniferen- blüthe auf.2) Er unterschied nunmehr an derselben die äussere Hülle als Cupula und nahm noch weiter ein Perianthium an, welches mit dem unterständigen Fruchtknoten innig verwachsen sei. Es stützt sich hierbei hauptsächlich auf Ephedra, bei welcher sowohl die Narbe als auch ein bedeutender Theil des Griffels über die Cupula hervorragen, ohne mit ihr verschmolzen zu sein. Ebenso heisst es 1815 in den elements de Physiologie vegetale Bd. II, p. 907 bei Beschreibung weiblicher Coniferenblüthen: „Cupule uniflore, presque close, pistiliforme. Perianthe adherant membranace. Ovaire unique. Stigmate sessile, simple (un style long, saillant, un stigmate oblique dans l’Ephedra). Wichtig ist in demselben Werke (Phys. veget.) Bd. I, p. 347 die Bemerkung über den Zapfen der Coniferen, der von angeschwollenen Brakteen oder Bliithenstielcn gebildet sein soll. „Bei den Cypressen,“ heisst es dort, „schwellen die Brakteen nagelförmig an ihrer Spitze an und drängen sich mit ihren Rändern dicht an einander; bei Juniperus werden sie fleischig und bilden eine Art Beere. Bei Larix, Cedrus, Pinus sind es hingegen die Bliithenstile, die schuppenförmig werden und sich gegenseitig deckend, den Zapfen bilden. Den *bedeutendsten Einfluss auf die Deutung der hier in Betracht kommenden Blüthen übte Robert Brown aus. Derselbe hatte sich zunächst q Ann. du mns. d’hist. nat. XVI p. 240—253. 2) Mirbel et Schubert. Nouv. bull. d. 1. soc. pbilomatique III. 73. * 176 in einer Abhandlung über die Flora Australiens1) (1814) der Ansicht Mirbels aus dem Jahre 1812 mehr oder weniger angeschlossen; er nahm ebenfalls die Cupufa an, und suchste sogar nachzuweisen, dass diese in manchen Fällen, so bei Podocarpus und Dacridium, doppelt sei. Eilf Jahre später2) kam er auf zahlreiche Beobachtungen gestützt, und ohne von der 15 Jahre ältern Arbeit Targioni-Tozzetti’s zu wissen, zu jenen ganz ähnlichen Resultaten, welche für die Zukunft, die Lehre von der Gymnospermie der Cycadeen, Coniferen und Gnetaceen begründen sollte. Dieser Auffassung zufolge werden die Blüthen der Cycadeen, Coniferen, Ephedra und Gnetum nicht von Ovarien, wie bei den übrigen Phanerogamen gebildet, sondern sie stellen nackte Samenknospen vor. Brown stützt seine Ansicht vor Allem auf die Uebereinstimmung ihres Baues mit dem der Eychen anderer phanerogamischer Pflanzen und auf zwei weitere Argumente: 1) dass das fragliche Organ am Scheitel durchbrochen sei, so dass die Pollenkörner unmittelbar auf den Nucleus gelangen, 2) dass der nackte Nucleus ein zu einfaches Gebilde sei, um für sich allein als voll- ständige Samenknospe gedeutet werden zu können. Eine weitere Betrach- tung derjenigen Theile, welche bei Cycadeen und Coniferen die Eichen tragen, führte ihn dann zu der Annahme, dass dies offene Fruchtblätter seien. Vor Allem spricht für diese Auffassung der weibliche Kolben von Cycas, und dieser ist mit Zamia nahe genug verwandt. Vom Kolben der Zamia ist derUcbergang zu der fruchttragenden Schuppe der Coniferen im engeren Sinne, nämlich zu Agathis oder Dammara, Cunninghamia, Pinus und auch Araucaria, nicht schwer. Auch auf die Cupressineen ist diese Ansicht an- wendbar, wenn sie auch weniger einleuchtend für dieselben ist und möchte selbst auf Podocarpus und Dacridium ausgedehnt werden können, wenn gleich zugegeben werden muss, dass diese auch eine andere Deutung zu- lassen. Robert Brown schrieb überhaupt seine Ansichten mit der grössten Vorsicht nieder und macht mehrfach selbst« auf die Schwierigkeiten auf- merksam, die ihnen entgegenstehen — ein Umstand, der von seinen An- hängern nicht immer hinreichend beherziget wurde. Als erster Gegner R. Brown’s trat Achille Richard auf, u. z. noch im ’) Flinders Voyage to terra Australis. Appendix III p. 5G9— 574. Venn. Schrift. Bd. I p. 92. 2) Vom Bau der weiblichen Blüthe bei den Cycadeen und Coniferen, gelesen in der Linn. Soc. Nov. 1825, gedr. in Capt. King’s voyage London 182G. Appendix b. Botany p. 529—559, auch Aun. de sc.,nat. VIII Juni 1826 p. 211. Verm. Schrif. Bd. IV p. 103. 177 Laufe desselben Jahres in dem Ii. Brown seine Untersuchungen veröffent- licht hatte. Er bespricht die Robert Brown’sche Deutung auf den letzten Seiten des grossen Werkes1), das der Hauptsache nach von seinem Vater Louis Claude Richard verfasst, von ihm vollendet und 1826 herausgegeben wurde. Nach Richard werden bei allen Coniferen die weiblichen Blüthen der Hauptsache nach aus einem Pistil und einem Kelch oder Perianthium ge- bildet und müssen alle Theile, die äusserlich von diesem liegen, als ac- cessorisch, d. h. als der Cupula oder dem Involucrum gehörig auf- gefasst werden. Welche Theile Richard aber mit diesem Namen belegte, werden wir am besten an einigen Beispielen sehen können. Die weib- lichen Blüthen von Ginkgo, heisst es da, werden von langen, an der Spitze erweiterten Blüthenstielen getragen; ihr Kelch ist kegelförmig, etwas ver- kürzt, oben, wo er in einem kleinen kreisförmigen Rande endet, etwas verschmälert; in seiner Mitte sieht man eine kleine Oeffnung. Der Länge nach durchschnitten, zeigt der Kelch in seinem Innern einen Fruchtknoten, der nur in seinem oberen Drittel frei ist, während er in dem unteren Theile mit der inneren Wand des Kelches verschmolzen ist. Der freie Theil des Fruchtknotens bildet einen conischen Höcker, dessen Spitze mit sehr feinen Drüsen besetzt, die Rolle einer Narbe versieht. Aeusserlich um die Basis des Kelches findet man einen Wall, der durch die Erweite- rung des Blüthenstieles gebildet wird und eine Art Cupula vorstellt. Diese Cupula ist bedeutend stärker bei Taxus entwickelt: die Blüthen von Taxus stehen einzeln in den Achseln der Blätter und sind eingeschlossen in einer kleinen eiförmigen, von dachziegelförmig angeordneten Schuppen gebildeten Knospe; die eigentlichen Blüthen sind ganz wie bei Ginkgo gebaut. Bei Podocarpus sind die Blüthen gestielt und jeder Stiel von einer eigenthiimlichen Hülle eingeschlossen; diese Hülle besteht aus zwei bis vier sehr fleischigen Schuppen, die unter einander fast bis auf den Gipfel ver- schmolzen sind; in der Achsel der unteren Schuppe entwickelt sich eine andere sehr dicke, welche nach innen umgebogen ist und auf ihrer obe- ren und inneren Fläche eine umgekehrte Blüthe trägt. Diese Blüthen- schuppe erstreckt sich über die eine Seite des Kelches und bildet eine Art stumpfen Vorsprungs, der an seinem der Basis der Blüthe entsprechen- den Gipfel in einen kleinen abgerundeten Höcker mündet. (Die doppelte ') L. C. Richard, Mem. sur les Coniferes et les Cyeadees. Comtnent. bot. de Co nifereis et Cycadeis etc. Opus posthumus edidit A. Richard 1826. Strasburqer, Coniferen und Gnetaceen. 12 178 Hülle hat hier Richard übersehen). Im Uebrigen ist der Bau des Kelches und Fruchtknotens derselbe wie bei anderen Gattungen. Bei Dacrydium wird die Bliithe von der innersten hohlen Schuppe getragen, sie steht auf der Mitte ihrer Oberseite, so dass sie in Folge dessen halb umgekehrt ist; ausserdem ist hier aber jede Blütlie vollständig von einem einblätterigen, aufgeblasenen, oben geöffneten Involucrum eingeschlossen. Die Gattung Ephedra hat, einzelne oder paarweise gestellte Blüthen, welche von einem gemeinsamen, aus drei bis vier alternirenden Blattpaaren gebildeten Involucrum umgeben sind. Jede Bliithe ist ausserdem unmittel- bar umgeben von einem einblätterigen Involucellum, das an seinem Gipfel die Röhre des Kelches hindurchtreten lässt. Dieses Involucellum ent- spricht augenscheinlich der Hülle der männlichen Bliithe. Die Blüthen der Juniperus- Arten sind zu zweien oder dreien vereinigt inmitten eines, aus unter einander verwachsenen Blättchen entstandenen Involucrums: dieses bildet um die Früchte eine fleischige, pericarpoide Hülle. Bei Thuja, Callitris, Taxodium, sind die Blüthen zu einer Art Kätzchen versammelt; sie stehen einzeln, zu zweien, oder zu mehreren, auf- recht und frei, in den Achseln von Schuppen, welche ein nachträgliches, bedeutendes Wachsthum zeigen. Bei den übrigen Coniferen tritt noch eine weitere Modifikation ein; jede Schuppe ist dort doppelt: die innere, die grösser und stärker ist, trägt auf ihrer Aussenseite eine andere kleine oft gezähnte Schuppe. Nur die Gattung Agathis zeigt keine Spur dieser zweiten Schuppe. In den Gattungen Pinus und Abies findet man constant zwei Blüthen für jede innere Schuppe und bei Agathis und Araucaria nur eine einzige, drei bei Cunuinghamia; diese Blüthen sind stets umgekehrt und mit einer Seite der Schuppe angedrückt, mit der sie wie verschmolzen erscheinen. Der öftere äussere Theil jeder Blütlie verlängert sich in einen flügelartigen, membranösen, unmittelbar der Schuppe anliegenden Fortsatz. Die accesso- rische Schuppe, welche an der äusseren Basis der Bliithenschuppe auf- tritt, hält Richard für derjenigen analog, welche er am Gipfel der Staub- gefässe in den männlichen Blüthen vieler Coniferen-Genera beobachtet hatte. Mit Robert Brown’s Auffassung kann sich Richard nicht einverstanden erklären1), vor allen Dingen nicht, weil die Coniferen und Cycadeen alsdann eine eigentümliche Anomalie zeigen würden, die sie von allen anderen Gruppen des Pflanzenreiches entfernen müsste, denn keine >) 1. c. p. 203. 179 unter jenen biete ganz nackte und fruchtknotenlose Ovula. Ausserdem sei ja die Micropyle überall, wo sie beobachtet wurde, eine punkt- förmige Oeffnung, in keiner Weise vorspringend und ganz einfach. Wie passe nun dazu der manchmal so lange Tubus, den wir bei Coniferen antreffen, so z. B. bei Ephedra? Dagegen seien derartige Erscheinungen bei einem Perianthium etwas ganz gewöhnliches. Zur Zeit der Frucht- reife werde diese Hülle oft sehr dick und hart, so z. B. bei Pinus Pinea und den Cycadeen; wo findet man aber Samen, an denen das äussere Integument diesen Bau zeigen würde? an Kelchen, wenn sie ausdauernd sind und mit dein Ovarium verbunden, kann man ihn hingegen alle Tage antreffen. Dass, was R. Brown als inneres Integument des Eichens an- sieht, kann nach Richard nur ein Fruchtknoten, mit sitzender Narbe am Scheitel, sein. Nach den Beobachtungen R. Brown’s soll diese Hülle am Scheitel eine Oeffnung haben, während Richard in den meisten Fällen hier eine vorspringende Warze, aber nie die Spur einer Durchbohrung finden konnte. Richard ist der Ansicht, dass die Coniferen, abgesehen von dem sehr nahen Zusammenhänge mit den Cycadeen, mit den Amen- taceen, besonders den Betulineen und den Cupuliferen nahe verwandt seien. Ich habe das Werk von Richard etwas ausführlicher besprochen, als es für den engen Ramen eines geschichtlichen Ucberblickes vielleicht an- gemessen erscheint, — doch abgesehen von der Deutung der Blüthen, mit der wir nicht übereinstimmen, verdient auch dieses Werk ein höchstes Interesse und die Tafeln desselben gehören immer noch zu den vollstän- digsten und brauchbarsten, die wir über diese Pflanzen besitzen. Bevor wir dieses Werk verlassen, will ich noch hinzufügen, dass Richard auch bei Cycadeen einen Kelch und Fruchtknoten an den Blüthen annimmt. Auch sollen die Blüthen der Cycadeen auf Schuppen gestellt sein, und vor Allem die Gattung Zamia in dieser Beziehung sehr an die Abietineen erinnern. Die Blütlie soll auch im Uebrigen ganz mit den Coniferen iiber- einstimmen: der Kelch ist dick, fleischig, bis auf 2/3 Höhe mit der äusseren Wand des Fruchtknotens verschmolzen und endigt an seinem Gipfel in einem kurzen Tubus. Das in diesem Kelche eingeschlossene Ovarium ist mehr denn halb unterständig und endigt oben in einem kleinen Höcker, der manchmal etwas drüsenartig erscheint und den man als die wahre Narbe oder doch als eine die Function derselben ausübende Bildung ansehen muss. 2) M 1. c. p. 179. . 12* 180 Einen eifrigen Anhänger fand R. Brown in Brogniart* 2); derselbe schloss sich seiner Deutung ganz unbedingt au und stellte zuerst, in dem noch heute gültigen Sinne, die Gasse der Phanerogames Gymnospermes auf. 1844 in dem Dictionnaire universel d’histoire naturelle vou Orbigni — p. 178 spricht er die Ansicht aus, die innere Schuppe der Abietineen sei nur ein Dedoublement oder Auswuchs des Deckblattes. Mirbel hingegen vertrat jetzt (1843) wiederum, in Gemeinschaft mit Spach, seine ältere Ansicht aus dem Jahre 1810, und sagte iu einem Auf- satz über die Embryogenie der Coniferen3), die Blüthen demselben „sont assurement des plus simples qu’on connaisse: elles se composent d’un nucelle conique contenu dans un ovaire beant.“ Zu den ersten Anhängern Brown’s gehört auch Lindley, er bildete ebenfalls 1833 4) eine Gasse der Gymuospermae und brachte sie 1836 5) zwischen die Monocotylen und die Dicotylen. Auch in seinem Yegetable Kingdom 1847 tindet man die Cycadeaceae, Pinaceae, Taxaceae und Gne- taceae als Gymnogens zwischen den Endogens und Dictyogens einerseits, den Exogens andererseits. In Deutschland stellte sich zuerst Xees von Essenbeck6 7) auf die Seite Brown’s, dann alsbald Endlicher in seinen Genera plantarum T), wo er den Coniferen auch ein offenes Carpellblatt (Ovarium) zuschreibt. Die Cu- pressineen werden, nach seiner Auffassung, von den Abietineen durch den Mangel der Deckblätter unterschieden, die Taxineen durch den mehr oder weniger entwickelten fleischigen Discus. Auch Ephedra und Gnetum stehen unter den Coniferen; die Cycadeen dagegen werden, ungeachtet Endlicher sie durchaus im Sinne Brown’s gedeutet, der Verschiedenheit im Bau der vegetativen Organe wegen, von den Coniferen getrennt, und an die Spitze der Acrobrya, also der Cryptogamen gebracht; die Coniferen dagegen figuriren als I. Cohors der Acramphibrya, also der Dicotyledonen, von den Cycadeen durch alle Monocotyledonen und Rhizantheen getrennt. Wichtige Arbeiten auf diesem Gebiete haben wir Blume zu ver- danken. Schon im Jahre 1833 ^ hatte er Ephedra und Gnetum zu 0 Prod. Veget. foss. 1828. p. 88 und in seinen späteren Werken. 2) Ann. de sc. nat. Nov. 1843. p. 237 u. f. 3) Nixus plantarum, p. 20. 4) Natur. Syst, of Bot. 5) Genera plantarum Florae germanicae fase. I. Coniferae 1833. 6) Cycadeae p. 70—72; Coniferae 258—264. 1836, 1837. 7) De novis quibusdam plantarum familiis expositio. Extrait in Ann. de sc. nat. H. 1834. p. 101—106. 181 einer besonderen Familie der Gnetaceen erhoben und sich gegen die R. Brown’sche Auffassung der Gnetaceen - Blüthe ausgesprochen. Das, was R. Brown als Kelch, Richard als Involucellum der Blüthe bezeich- net hatten und für gleichwerthig mit der äusseren Hülle der männlichen Blüthe erklärten, das musste nach Blume’s Auffassung ein nacktes Ovarium sein, das ein einziges Ovulum einschliesst. Er führt zur Stütze seiner Meinung an, dass das, was er hier Ovarium- Wand oder Pericarpium nennt, weder in seiner Gestalt, noch im Bau von den Pericarpien anderer Pflan- zen abweicht, da es sowohl bei Ephedra als auch bei Gnetum das Ovulum bis zu seiner Reife einschliesst, und mit demselben alle Veränderungen durchmacht, was man bei sehr vielen anderen Früchten, aber niemals bei Involucellen oder der Samenhaut findet. Eine Samenhaut zeige nie eine solche Stärke und bestehe blos aus einer Art Zellgewebe, das Pericarpium zeige hier aber drei verschiedene Schichten: ein Exocarpium, ein steinhartes Endocarpium und ein Meso- carpium, in welches einige Spiralgefässbiindel eintreten und das in der reifen Frucht von Gnetum gewöhnlich fleischig ist. Das Ovulum sei mit einem griffelähnlichen Fortsatze versehen, der erst kurz sei, nach der Befruchtung aber sich auffallend verlängere, weshalb er dann von älteren Autoren als Griffel mit gezähnter Narbe beschrieben worden sei. Auf Längsschnitten erkenne man deutlich, dass die Samenhaut bei Gnetum doppelt sei, die innere bildet den griffelähnlichen Fortsatz, die äussere umgiebt sie, ist aber kleiner und tritt nicht aus dem Ovarium hervor. Die Gnetaceen sind durch Ephedra mit den Coniferen nahe verwandt, andererseits aber mit den viel höher organisirten Casuarineen; jedenfalls sind sie höher entwickelt als die Cycadeen und die Coniferen und von denselben be- sonders durch den höheren Bau der männlichen Blüthe und die in einem Fruchtknoten eingeschlossenen Eichen unterschieden. Im III. Bande der Rumphia im Jahre 1847, p. 208, bei Behandlung der javanischen Coniferen nimmt Blume für die Abietineen und Cupres- sineen: Carpella explanata, squamaeformia v. peltata, uni-pluri ovulata an und schliesst sich für diese beiden „Sectionen“ also an R. Brown an; für die Podocarpeen und Taxineen dagegen: Carpella urceolata v. cu- pulaeformia, uniovulata, wobei er also die Cupula als Carpellblatt be- handelt. Bedeutender ist wiederum der Abschnitt über Gnetaceen in dem nächsten Bande . desselben Werkes (p. 1), der auch Angaben über die Entwickelungsschichten der Blüthe bringt. Auch hier wird für Gnetaceen ein nacktes Ovarium und ein mit einem Integument (Ephedra) oder mit 182 zwei Integumenten (Gnetum) umgebenes Ovulum beschrieben. Auch macht hier Blume die Angabe, dass das äussere Integument bei Gnetum später als das innere sieb bilde. Somit gleiche der Fruchtknoten hier durchaus demjenigen der höheren Phanerogamen nur die Narbe fehle, doch sei der Ort, wo sie zu stehen pflegt, mit einem Porus durchbrochen. Auch für Cycadeen beschreibt Blume in demselben Werke p. 13: ovaria nuda, ses- silia apice pervia, Fructus drupaceus monospermus. Spadiees feminei spathulati, utrinque ad margines sub apice foliaceo-explanato in sinubus pistilligeri. — • Somit weicht Blume in seiner Auffassung mehrfach von R. Brown ab, ohne ihn jedoch, wie die Abietineen beweisen, gänzlich zu verlassen. Schleiden nahm zwar auch 1837 4) bei den Abietineen ein offenes Carpellblatt an, allein er hielt das Deckblatt für dasselbe. Die von R. Brown für ein offenes Ovarium gehaltene Schuppe sei offenbar die Axillarknospe des unter ihr stehenden zarteren Carpcllblattcs und kann schon deshalb kein Blattorgan sein, weil ein Folium in axilla folii in der ganzen Pflanzenwelt ohne Beispiel ist. Für Taxus stellte er übrigens alle Spur eines Carpellblattes in Abrede: es sei dort die Tlaccnta ohne Zweifel das Ende der Axe selbst. Ueber Cupressineen Hesse sich wegen Mangel an Entwickelungsgeschichte nichts sagen* 2). Bei Cycas müsste hingegen untersucht werden, ob das angeblich verkümmerte Blatt, das die Ovula trägt, nicht vielmehr aus der Achsel eines Blattes hervorkommt und somit seine Zweignatur zu erkennen gäbe. Schleiden hält cs für mehr denn wahrscheinlich, weil dafür die so nahe Verwandtschaft mit den Abietineen spricht. 3) In den Grundzügen der wissenschaftlichen Botanik4) sind diese An- sichten etwas modificirt und die verschiedenen Fälle folgendermassen zu- sammcngestellt: a) Die nackte Samenknospe als unmittelbare Endung der Bliithenaxe, also ohne unterscheidbaren Samenträger, finden wir bei Taxus, Ephcdra, Podocarpus, Dacrydium und den Lorautbaceen. b) In der Achsel eines Deckblattes (bei Pinus, Larix, Abies, Ginkgo) oder ohne Deckblatt (bei Zamia Araucaria, Agathis) bildet sich ein Zweig, 3 Einige Blicke an!' die Entwickelungsgeschichte u. s. w. Wicgmann’s Archiv, p. 289. Taf. 8 und Beiträge zur Botanik, p. 26. 2) Grundzüge, IV. Aufl. p. 496. 3) Beiträge, p. 29. 3 IV. Au«. p. 49G. 183 welcher, als selbständiger Samenträger, die Samenknospe trägt. Dieser Samenträger ist flach und trägt viele Samenknospen an seinen Rändern bei Cycas; schuppenförmig und trägt eine (bei Agathis und Araucaria) oder zwei Samenknospen (bei Zamia, Pinus, Larix, Abies) auf seiner oberen Fläche, oder stengelartig verästelt und trägt auf der Spitze jedes Zweiges eine Samenknospe vbei Ginkgo). Ueber die anderen Coniferen, besonders aus der Gruppe der Cu- pressinecn, z. B. Juniperus, Cupressus, Thuja u. s. w., wage er beim Mangel der Entwickelungsgeschichte oder genügender Analogieen, auch nicht einmal eine Vermuthung auszusprechen. Dass die Coniferen und die Cycadeen nackte Samenknospen besitzen, hätte, heisst es dann weiter1), Robert Brown an ihrem Baue unwider- leglich nachgewiesen und die Entwickelungsgeschichte bestätige diese Wahrheit. Für die Axennatur des Samenträgers wird vor Allem die be- *■ reits erwähnte, seitdem so oft wiederholte morphologische Regel auf- gestellt, dass in der Achsel eines Blattes niemals unvermittelt ein anderes Blatt stehen könne. Bemerkenswerth ist, dass Schleiden auch die Loranthaceen zu den Gymnospermen zählte, der grossen Analogieen halber, die er zwischen denselben und den Coniferen findet.2) Diesem Beispiele folgte auch Meyen3), als er die Bliithe von Viscum für ein nacktes, in den Kelch verstecktes Eichen erklärte, eine Ansicht, die später Hofmeister4) auf Grund ent- wickelungsgeschichtlicher Untersuchungen entschieden verwarf. Der Schleiden’schen Ansicht entgegen suchte David Don5) 1838 nach- zuweisen, dass die von Schleiden als Spermatophore (placenta) bezeichneten Gebilde wahre Carpellblätter seien. Ich führe hier die Stelle an.6) „Bei Pinus (Picea) bracteata z. B. unterscheiden sich diese vermeint- lichen Pericarpien nicht von den gewöhnlichen Blättern und bei einigen anderen Arten ist der Uebergang derselben in die Blätter ganz unmerk- lich, da die äusseren in den meisten Fällen steril sind. Die vermeintliche *) 1. c. p. 498. 2) Ueber die Bliithe der Loranthaceen. VViegmann’s Archiv I. 1839. p. 253. *) Ueber Polyembryonen, Berlin 1840. 8. 41. ') Reue Beiträge etc. 1859. p. 552. Abhand. d. math. phys. Classe d. Sgl. sächs. Gesell, d. Wiss. 5) Descriptions of two new Genera of the natural family of Plants called Coniferae. Read April 1838. Transact. of Linn. soc. XVIII. 1839. p. 103 und Anu. de sc. nat. XU. 227—243. «) 1. c. p. 169. 184 Placenta zeigt einen blattartigen Charakter bei Abies und Larix; bei cler Silber-Föhre, wo die Blätter gestielt sind, erscheinen die Schuppen auch gestielt und folgen sie in allen Fällen der Anordnung der blattartigen Organe, was nicht so constant der Fall sein dürfte, wenn sie Theile der Axe und nicht Modificationen der Blätter wären. Dies ist sehr schön an der Gattung Arthrotaxis zu sehen, wo die weibliche Aehre ganz den Ha- bitus eines jungen Astes annimmt.“ „Bei Cunninghamia und Araucaria ist blos ein Organ vorhanden, welches deutlich vom Blatt abstammt und die Function der vermeintlichen Placenta von Tinus erfüllt; bei der ersten dieser beiden Arten trägt es mehrere Ovula, bei Araucaria nur eins, mit dem es verschmilzt. Das Vor- handensein einer einzigen „floral envelope“ bei diesen beiden Arten lässt sich durch die Annahme erklären, dass die Bractee und das Fruchtblatt frühzeitig verwachsen seien, oder dass beide nur ein einziges Organ bilden und die Schuppe nur die verbreiterte Basis des Pericarpialblattes vor- stelle, — eine Ansicht, welche unterstützt wird durch die Veränderung der Blätter an erkrankten Aesten der Fichte. Pavon beschreibt und zeichnet in seiner Abhandlung über Araucaria imbricata die freien Enden des Pericarpialblattes und den Flügel des Ovulums, welche in jungem Zu- stande leicht zu unterscheiden sind, als bivalves Stigma. Die überzeugend- sten Beweise für die wahre Natur der vermeintlichen Placenta dürfte vielleicht Callitris liefern, denn wir finden dieselben in den verschie- denen Arten dieser Gattung constant bestimmt, durch die Zahl der Blätter in einen Wirtel, die zwischen drei und vier schwankt.“ „Alle diese Umstände scheinen die Richtigkeit der R. Brown’schen An- sicht zu bestätigen, dass die Schuppen ausbreitete Pericarpien seien, und es ist natürlicher anzunehmen, dass die Placenta nur einen Theil, als dass sie das Ganze des Pericarps bilde.“ „Das Vorhandensein entwickelter Knospen auf den Blättern ist keine so grosse Seltenheit, wie es Schleiden meint, dpnn nicht allein Bryophyllum, aber auch Kalanchoe, Rochea, Echeveria und andere Genera der Crassu- laceen vermehren sich bekanntlich durch ihre knospenbildenden Blätter. Die Segmente der Blätter von Cardamine pratensis und amara trennen sich im Herbst von der Mittelrippe, schlagen Wurzeln und erzeugen eine junge Pflanze. Im Herbst 1836 im Garten des Marquis von Ailesbury zu Tottenham Park, Wilts, hatte ich die Freude, eine Varietät von Brassica oleracea zu sehen, deren Blätter mit unzähligen Knospen auf der oberen Seite längs der Rippen und der Nerven bedeckt 185 waren. Der Stiel und die Lamina solcher Blätter zeigten in anderer Beziehung das gewöhnliche äussere Aussehen. Der überzeugendste Beweis für die Abstammung der Ovula von den Carpellblättern wird aber ge- liefert durch eine eigenthtimliche Varietät des gewöhnlichen Cheiranthus Cheiri (zuerst von Brown beobachtet), dessen Stamina in offene, sich ver- einigende Carpelle, die auf ihren Rändern Ovula tragen, verwandeln. Diese Facta geben die klare Bestätigung der Ansicht, dass die Ovula von Car- pellblättern abstammen und ich glaube annehmen zu können, dass der Fall bei Taxus, so eigenthümlich er auch sein mag, nicht eine Ausnahme von der Regel bildet. Ich könnte auch an die weibliche Inflorescenz von Cycas erinnern, welche eine deutlich modificirte Frons darstellt, obgleich ich mir dessen wohl bewusst bin, dass hier der Annahme: die Frons sei ein Blatt, die Art ihrer Entwickelung entgegen gehalten werden kann.“ In der Monographia Cycadearum geht Miquel1) bei Beurtheilung des morphologischen Werthes der Blüthentheile zunächst von der Annahme aus, dass die Frondes der Cycadeen keine eigentlichen Blätter, sondern höchst wahrscheinlich zerschlitzte Aeste mit begrenztem Wachsthume sind. Zwischen den Frondes, zuerst auftretend, befinden sich meist Schuppen, aus deren Achseln scheinbar die Frondes hervorgehen.2) Die weiblichen als auch die männlichen Spadices entsprechen sicher den Frondes. Bei den männlichen wird dies bestätigt durch den Ursprung und die Ver- theilung der Antheren; sie entstehen auf der ganzen Oberfläche des Spadix nicht in dessen Parenchym3). Die Ovarien hingegen können mit ver- änderten Foliolen, oder die Vertiefungen, aus denen sie entspringen mit den Achseln der Foliolen, und die Ovarien dann mit dort stehenden Knospen verglichen werden. Die anatomische Untersuchung klärt über dieses Verhältniss besonders auf. Die Continuität der Gewebe zwischen Spadix und Ovarium ist so vollkommen, dass man dieses Letztere für nichts anderes als für ein umgewandeltes Foliolum, gleichsam für die aus- gehöhlten Nerven des Foliolum ansehen möchte. Das Ovulum würde aber als Knospe in dieser Höhlung entstehen.4) v. Mohl5) besprach nur beiläufig in seiner Dissertation über die männ- *) Trajecti ad Rhenum. 1842. 2) 1. c. p. 8 und 11. 3) 1. c. p. 11. 4) 1. c. p. 12. 5) Dissertation aus dem Jahre 1837 mit Zusätzen in den Yerm. Schriften 1845. p. 45. 186. liehen Bliithen der Coniferen auch die weibliche Blüthe derselben. „In Beziehung auf die weibliche Blüthe dieser Pflanzen herrscht", heisst es zu Anfang der Dissertation, „seitdem Robert Brown mit seinem gewöhnlichen Scharfsinne ihre Organisation erläuterte, wohl kaum mehr eine bedeutende Meinungsverschiedenheit." — Seitdem ist es freilich anders geworden, was auch v. Molil schon bei dem wiederholten Abdruck dieser Arbeit in den vermischten Schriften im Jahre 1845 in einer Anmerkung sagt. Aus dieser Arbeit v. Mohl's sind uns mehrere Stellen von Wichtigkeit. „Betrachten wir", heisst es dort unter anderem, „das weibliche Blüthenkätzchen von Juni- perus, Thuja, Cupressus, so werden wir seine Axe unmittelbar mit Car- pellblättern besetzt und dieselben nicht, wie bei Pinus, in den Achseln von Bracteen stehen finden. Man kann nun entweder annehmen, dass diese Carpellarblätter von Juniperus die metamorphosirten Blätter der Haupt- axe des Kätzchens sind oder man kann annehmen, dass sie, wie bei Pinus, secundären Axen angehören und dass die ihnen zugehörigen Bracteen, wie dies Don bei Arthrotaxis vermuthet, mit dem Carpellarblatte auf’s Innigste verwachsen sind. Im ersteren Falle wäre das Kätzchen als eine einfache Blüthe, entsprechend den männlichen Bliithen, im zweiten Falle dagegen als ein wirkliches Kätzchen zu betrachten. Wenn für diese zweite Ansicht die Aualogie mit Pinus und den verwandten Gattungen sprechen würde, so ist doch dagegen zu bemerken, dass von einer fehlgeschlagencn oder mit dem Carpellblatte verwachsenen Bractee auch nicht die leiseste Spur zu finden ist und dass für die erstere Ansicht die freilich entferntere Analogie mit den Cycadeen angeführt werden kann, bei welchen die Car- pellarblätter unmittelbar aus einer Metamorphose der Blätter der primären Axe der weiblichen Zapfen, oder bei Cycas aus der Metamorphose der Stammblätter hervorgehen. Wenn diese Analogie auch von entfernter stehenden Pflanzen hergenommen ist, so scheint mir die auf sie gegründete Ansicht dennoch wahrscheinlicher, als die andere zu sein, und zwar, .ab- gesehen vom Mangel der Bracteen, auch noch wegen des Baues der vegetativen Theile dieser Pflanzen." Bei Pinus und Verwandten, sagt ,v. Mohl weiter, ist eine Neigung zum Fehlschlagen der Blätter schon am Stamm vorhanden und deshalb verkümmern diese auch an den weiblichen Blüthen zu Bracteen, in deren Achsel erst ein in ein Carpellblatt umgewandeltes Blatt der secundären Axe steht. Bei Thuja, Cupressus, Juniperus ist ein solches Fehlschlagen der Blätter an der Axe nicht zu bemerken, nur eine bestimmte Reduction, die stabil bleibt; sic werden nicht durch Blätter der axillären Knospen — . 187 ersetzt. Sie gehen auch ganz allmälig in die Schuppen der Blüthen- kätzchen: in die Carpellblätter über. Diese innige Verwandtschaft der Stammblätter und Carpellblätter tritt schliesslich noch auffallender an 'der weiblichen Bliithe von Cycas hervor. Wir haben diese Angaben v. Mohl’s ausführlich angeführt, weil sie, wie alle Arbeiten dieses Forschers in vieler Beziehung zu den besten gehören, die aus diesen Zeiten stammen. Wir sind zwar weit davon entfernt, alle seine Anschauungen zu theilen, doch selbst dort, wo wir zu anderen Re- sultaten gelangten, bleiben uns seine Angaben werthvoll, weil sie immer auf genauerer Beobachtung und scharfsinnigem Vergleich beruhen. In- teressant war es uns, hier zum ersten Male der Ansicht zu begegnen, es sei die Fruchtschuppe der Abietineen, das umgewandelte Blatt einer secundären Axe in der Achsel des Deckblattes — eine Auffassung, der wir in mannigfachen Modificationen noch häufig begegnen sollen. In A. Henry’s Beiträgen zur Kenntniss der Laubknospen1) finden sich am Schlüsse der zweiten Abtheilung, die über die Coniferen handelt, auch einige Bemerkungen über die Blüthe derselben. „Das Laubblatt“, sagt Henry2), „welches wir am Antherenzweige sich zum Antherenblatte, zu einem wesentlichen Organe umwandeln sahen, bleibt an den weiblichen Blüthenzweigen untergeordnet. Es bleibt Stützblatt und tritt immer mehr zurück, je kräftiger sich das in seinem Winkel stehende Fruchtblatt ent- wickelt. Diesem Fruchtblatte sind zwei nackte Eichen aufgewachsen; es ist also mit seinem Eichen eine Lateralbildung des weiblichen Blüthen- zweiges,’ und wir müssen folglich hier eine Unterscheidung des männlichen und weiblichen Blüthenstandcs annehmen.“ „Wenn wir im Antherenzweige eine Metamorphose des Laubblattes in ein Antherenblatt sehen, so können wir im weiblichen Blüthcnzwcigc eine Metamorphose der Axillarknospe in Fruchtblatt und Eichen annehmen.“ Lindley3) suchte andererseits an Beispielen von Uebergängen der Fruchtschuppen in Laubblätter, ihre Blattnatur zu beweisen. Auch führt Lindley gegen den von Schleiden aufgcstelltcn morphologischen Grundsatz an, dass auch der Fruchtknoten von Salix nichts anderes sei, als ein Blatt in der Achsel eines anderen Blattes. Die sonderbare morphologische Begriffsverwirrung, die diesem Aus- *) Nova Acta Ac. Leop. Carol. Bd. XIX. 1839. p. 87. *) p. 108. 3) Veg. Kingdom 1845. p. 227. 188. — Spruche zu Grunde liegt, ist dann von Bailion1) hinlänglich gewürdigt worden und darauf hingewiesen, dass die Fruchtknoten von Salix aus zwei Carpellblättern und einer Axe bestehen und also jedenfalls eine zwei- blätterige Knospe in der Achsel des Deckblattes darstellen. G. Heinzei erklärt die männliche Schuppe von Macrozamia Preissii2) für ein aus der Verwachsung vieler Filamente entstandenes Gebilde mit Melaleuca oder Hypericum vergleichbar: für eine columna staminalis. Der männliche Zapfen der Macrozamia entspräche wohl dem männ- lichen Kätzchen von Juniperus communis, die einzelnen columnae den Schuppen von Juniperus. Diese columnae staminales sind für Heinzei nackte Blüthen ohne Perianthium, der ganze Conus also eine Inflorescenz. Ebenso fasst er auch als Inflorescenz die weiblichen Zapfen dieser Pflanze auf und zwar aus nackten, schraubenförmig um die gemeinsame Bachis gestellten Blüthen gebildet. Jede Blüthe bestehe aus einem einzigen schildförmigen Carpo- phor, das in zwei Grübchen des Randes zwei Früchte berge; die Frucht sei von einer earpophoralen Schicht umrandet, von einem knorpelfönnigen Epicarp, einem mit Gefässbündeln versehenen Mesocarp, und einem dünnen Endocarp, das ein sehr einfach gebautes orthotropes, auf einen Nucleus (der aus der Verschmelzung mehrerer Nuclei hervorgegangen ist) reducirtes Ovulum einschliesst Ebenso verhält sich der weibliche Zapfen von Pinus Pinea, der auch gebildet wird von weiblichen, schraubenförmig um die ge- meinsame Rachis angeordneten Blüthen. Jede Blüthe wird dann weiter auch hier von einem einzigen blattartigen Carpophor, das aus der Achsel des Perianthiums (R. Brown) entspringt, getragen. Das Carpophor zeigt an der Basis der Oberseite zwei Früchte, die aus denselben Theilen, wie die Früchte von Macrozamia Preissii bestehen. Auf die Gründe einzugehen, welche Heinzei zu dieser Deutung bewegten, dürfte hier kaum weiter von Interesse sein. Bei Besprechung der Heinzel’schen Dissertation über Macrozamia Preissii kommt auch Gottsche3) im Allgemeinenauf die Deutung der Blüthen beiCo- niferen und Cycadeen zu sprechen. Zuerst behandelt er die männliche Blüthe und stellt sich hier auf v. Mohl’s Seite, dann werden die verschiedenen Deutungen der weiblichen durchgenommen und schliesslich so zusammen- b Adansonia, Bd. I. p. 10. 1860. b Nov. act. acad. Leopold. Carol. N. Cur. Bd. XXI. 1845. p. 203. :|) Bot. Zeit. 1845. Nr. 22 und folgende. Bemerkungen zur Inaugural-Dissertation „de Macrozamia Preissii“ Auct. G. Heinzel von Dr. Gottsche in Altona. 189 gefasst: 1) Bei den Abietineen ein offenes Carpellblatt (bractea Auctor.) mit einem eigentümlichen Axengebilde (Spermophorum Schleiden) und 2) bei Cupressineen und Cycadeen ein offenes Carpellblatt, welches in seiner Blattachsel den Samen trägt. — Die Ansichten Schleidens scheinen Gottsche mehr mit dem Bau der Abietineen, die Ansichten Brown’s und Mohl’s mehr mit der zweiten Gruppe zu stimmen. Linck, Abietinae Horti regii bot. berol. cultae J) giebt für Abietineae an : Flores diclini. Amentum masculum squamis subpeltatis subtus antheras gerentibus. Amentum femineum squamis binis, exterioribus bracteas, infe- rioribus excrescentibus strobilum constituentibus. Germen inversum peri- carpio, seminique micropyle apertis. Linck, Flora 1845. p. 289 (falso 257): über die Stellung der Cycadeen im natürlichen Systeme, nebst einigen Worten über die Anamorphose, hält die Cycadeen für den Palmen am nächsten verwandt, für weniger entwickelte Palmen oder palmenartige Zwiebelgewächse. Aus dem Wurzelstock oder Zwiebelstock treiben schuppenartige Blätter hervor, wie sie die Zwiebeln in der Regel haben und aus den Winkeln dieser Schuppen erst die soge- nannten Blätter. Eigentlich sind es Aeste in der Gestalt von Blättern, eine Erscheinung, die Linck Anamorphose nennt. Cycas circinalis trägt die Früchte am Rande eines Blattes; Rob. Brown hält dieses für einen der Beweise, dass die Klappen der Samengehäuse als Blätter am Rande die Samen tragen, eher mochte Link auch hieraus den Schluss ziehen, dass diese fruchtbaren Blätter auch nur scheinbare Blätter, eigentlich Aeste seien. Im nächsten Jahre, bei Gelegenheit der wiederholten Besprechung der Abietineen des berliner botanischen Gartens (Linnaea, Bd. XX, pag. 284) sagt er: dass in der männlichen Blüthe der Bliithenstiel gleichsam mit dem Filamente verwachsen sei und, in das Connectiv übergehend, die Anthere stütze. In der weiblichen Blüthe wachse derselbe Blüthenstiel in die Schuppe aus und trage die sogenannten Samen, welche eigentlich Caryopsen sein. C. A. Meyer* 2) unterscheidet bei Ephedra und Gnetum als aufeinander- folgende Hüllen 1) das Involucrum, 2) das Involucellum, 3) eine äussere Samenhaut, die sich in einen Griffel verlängert und endlich 4) eine innere P Linnaea, Bd. XY. 1841. 2) Versuch einer Monographie der Gattung Ephedra. Mem. de l’acad. de sc. de St. Petersb. 1846. 190 Samenbaut Das Involucellum der weiblichen Bliithe soll dem der männ- lichen entsprechen, wie aus einem audrogynen Blüthenstande, wo an Stelle männlicher Blüthen • am Scheitel weibliche standen, mit Gewissheit zu folgern war. In seinen embryologischen Arbeiten1) vom Jahre 1851 bediente sich Hofmeister der R. Brown’schen Terminologie, ohne jedoch weiter auf die Frage einzugehen. — Im Jahre 1859 2) sprach er aber auf Grund ent- wicklungsgeschichtlicher Untersuchungen die Ansicht aus, dass die Loran- thaceen und Belanophoren nicht zu den Gymnospermen gehören, da ihre s. g. Integumente ganz die nämliche Entwicklung wie die Fruchtknoten anderer Angiospermen zeigen. In Karsten’s Organographischen Betrachtungen der Zamia muricata Willd3) möchte man aus den Angaben auf pag. 203 zunächst den Schluss ziehen, dass Karsten die Staubfächer tragenden Schuppen für Blattorgane hält, denn er sagt, dass ihre erste Bildung nichts Abweichendes von der Entstehung der Blätter biete. In der Anmerkung geht er dann noch weiter auf diesen Punkt ein: diese Gebilde seien nicht als Axenorgaue zu deuten, wie es bei einigen, die Geschlechtsorgane tragenden blattartigen Organen der Coniferen geschehen ist, da sie nicht wie diese von Deck- blättern unterstützt werden. Auch bei den Abietiueen, der Ephedra, Taxus, sei das Schüppchen, welches das eitragende Organ stützt, nach Molil’s belehrenden Beobachtungen der audrogynen Kätzchen von Pinus alba, ebensowohl als zur Blume gehöriges Blattorgan zu deuten: als unfruchtbares, zum Blumenblatt gewordenes Staubblatt, das mit dem Fruchtblatt die einfache nackte Blume bildet. Wenig passt zu dieser Aus- einandersetzung aber das folgende schon auf der nächsten Seite. Man hat geglaubt, die Schuppen des männlichen Blüthenstandes naturgemäss mit einem regelmässig gebildeten Staubblatte vergleichen zu müssen und die auf diesen Schuppen sich entwickelten Antheren der Cycadeen als theilweise Umbildung des Staubblattgewebes hi Pollen , die gestielten, meistens zweifächerigen Antheren der Zamia muricata tragen jedoch zu deutlich den Charakter eines von einem Staubfaden getragenen Staub- beutels, als dass man sie für blosse Lücken des Parenchyms der Schuppen ansehen könnte. Sie sind ganz nach dem Typus der Antheren, der Coni- l) Vergl. Unters., p. 12G — 138. -) Neue Beiträge zur Keuntn. der Embryobildung I. p. 552 und 570. '•) Abhandlungen der König!. Akad. der Wiss. zu Berlin 1856. p. 193. 191 feren und der Amentaceen gebildet, nur dass hier bei den Amentaceen die Staubblätter von einer Deckschuppe gestützt sind, bei den Cyeadeen und Coniferen freistehen; man muss annehmen, dass sie, ähnlich wie die Staubgefässe der Monopetalen, hier mit einem freien, nicht von Deck- schuppen unterstützten Perigonblatte verwachsen sind.“ — Man sehe, wie das Alles zu einander passt! und freue sich auf derselben Seite (204) noch an der interessanten Mittheilung, dass der Pollen von Zamia aus zwei- durchsichtigen, glashellen Zellen, die eine Kernzelle einscldiessen, be- steht. Dann weiter auf p. 205, „die Fruchtblätter verhalten sich in ihrer Entstehung und ihrem anatomischen Baue ähnlich wie die Antheren- blätter. Jedes dieser Blätter trägt zwei Eichen.“ Dann aber ungeachtet dessen der Zapfen nicht als BHitlie, sondern überall als Fruchtstand be- zeichnet! Noch Agard ') spricht die narbenähnliche Behaarung in der Gegend der s. g. Micropyle bei Larix, die divergirenden Lippen bei Abies, die zum wenigsten ungewöhnlich für eine Eihaut wären, endlich der griffel- förmige Fortsatz bei Gnetaceen und Loranthaceen mehr für die Frucht- knoten als für die ovulare Natur dieser Gebilde. Sie würden, wenn man den Vergleich mit höheren Pflanzen führen will, viel eher als nackte Fruchtknoten zu bezeichnen und mit denen der Amentaceen zu ver- gleichen sein. Weiter hält Agard aber auch den Nucleus der Coniferen- und Gnetaceen-Bliithe für eine axile Placenta, welche die, auf ihre Embryo- säcke beschränkten Ovula (die s. g. Corpuscula) enthält. Das Verhältniss sei hier ein ganz ähnliches wie bei Loranthaceen und Sautalaceen, und genannte Familien auf das innigste mit einander verwandt. Auch seien die Ovula hier ähnlich in der centralen Placenta versenkt wie bei Primulaceen, Ardisieen und besonders bei Aegiceras, mit dem Unterschiede nur, dass die Ovula dieser Letzteren viel perfecter sind. Während nach der heutigen Deutung sich die Coniferen vor allen anderen Pflanzen, durch ihre doppelten Embryosäcke von verschiedenem Alter und verschiedener Her- kunft, und die Neigung zur Polyembryonie in einem und demselben Eichen unterscheiden, wurden sie durch die Annahme einer centralen Placenta und mehrerer auf ihre Embryosäcke reducirter Ovula in volle' Ueber- einstimmung mit denselben gebracht. Schade nur, muss ich hier hinzu- fügen, dass Hofmeister bereits 1851 2) auf das Entschiedenste die Homologie J) Theoria Systematis Plautanim 1858. p. 317 — 320. -) Vergl. Unters, p. 12G— 138. 1851. 192 des primären Embryosackes der Coniferen mit dem der höheren Phanero- gamen festgestellt hatte. Die Agard’sche Deutung wäre sehr schön, wenn ihr nicht die Thatgachen widersprechen möchten. Schacht schloss sich (1859) in seinem Lehrbuch zunächst an Schleiden an. Vor Allem erklärte er auch die Schuppe der Ahietineen für ein Axen- organ, die äussere für ein Deckblatt. Bei Cycadeen hält er, der Schleiden’schen Annahme entgegen, den Samenträger für ein Blattgebilde. Ueberhaupt meint er, ständen die nackten Samenknospen auf Theilen, die bald als Stammorgane, bald als Blattorgane gedeutet werden könnten: so heisst es Ann. u. Phys. Bd. II, p. 323: „Bei Taxus tritt die Samenknospe als End- knospe eines Seitenzweiges auf, bei Podocarpus erscheint sie als Achsel- knospe, bei den Ahietineen bildet sie sich an einer Samenschuppe, welche in der Achsel eines Blattes entsteht und deshalb einem Stammorgan entspricht. Ebenso bei den Cupressineen, wo die Samenknospen in der Achsel eines Blattes erscheinen, ist der Theil auf dem sie stehen sicher ein Stamm- organ. Bei Cycas bilden sich die Samenknospen an einem Blüthenstande, der einem gefiederten Blatte entspricht, und bei Araucaria entstehen die- selben an einer Samenschuppe, welche kein Stützblatt hat und die man deshalb beliebig sowohl für ein Blattorgan, als auch für eine Stamm- bildung ansprechen kann, die man aber, wie ich (Schacht) glaube, richtiger als Stammorgan, der Samenschuppe der Ahietineen analog, zu deuten hat, da Stammbildungen ohne Deckblatt gar nicht selten sind. Der Blüthen- stand der Cycas revoluta muss dagegen, wenn man den Wedel dieser Pfianze für ein Blatt erklärt, ebenfalls als solches gedeutet werden.“ Griffith gab 1859 x) eine Entwicklungsgeschichte der Blüthenbüllen bei Gnetum in einer von Blume abweichenden Art, ein Umstand der, bei der Seltenheit des hier in Frage kommenden Materials, und der Unmöglichkeit, in der sich in Folge dessen die meisten Forscher befanden, diese Angaben selbst zu prüfen, die Veranlassung zu vielen Controversen wurde. Griffith behauptete nämlich, dass das zuletzt auftsetende Integument nicht das äussere (respective mittlere, wenn man wie Griffith alle drei Hüllen für Integumente hält), sondern das innere sei; hiermit schien aber die von Blume betonte Uebereinstimmung mit der Entwicklung der Integumente bei Angiospermen aufzuhören. Nach Griffith’s Angabe bildet sich in den an- drogynen Blüthenständen von Gnetum Brunonianum das innerste, mit langer x) Romarks on Gnetum Transact, of the Linn. Soc. XXII. 299—312. tab. 55. 56 in der Hauptsache bereits mitgetheilt von Lindley im Vegetable Kingdom 1847. p. 232. 193 Röhre versehene Integument erst nach dem Abfallen der männlichen Blüthen plötzlich um den Nucleus. Ein bedeutender Fortschritt in der Auffassung der sog. Gymnospermen- blüthe wurde durch einige kleinere Mittheilungen von Alex. Braun und den unter seinem Einfluss entstandenen morphologischen Excurs in der Flora brasiliensis angebahnt. Die erste, oft citirte, hier bezügliche Angabe stammt aus dem Jahre 1853 und befindet sich in seinem Werke über das Individuum der Pflanze in der Anmerkung auf p. 65. „Die samentragenden (in den Achseln von Deckschuppen stehenden) Fruchtschuppen des Zapfen der Abietineen sind dem Anschein nach gleichfalls einblättrige Sprosse; allein die Reihe der Veränderungen, welche diese Schuppen an durchwachsenen Zapfen von Pinus Larix zeigen, beweisen, dass diese Fi'uchtschuppen aus je zwei ver- wachsenen Blättern gebildet sind.“ In einem späteren Werke über Polyembryonie und Keimung von Caelebogyne 1860, bei Besprechung der Frage „ob die Fortpfianzungs- apparate der Cryptogamen als Blüthen zu betrachten sind oder nicht,“ behandelt Alexander Braun auch etwas ausführlicher die Coniferenblüthe (p. 242). Die Blüthen der Gymnospermen, heisst es dort, lassen sich, so sehr sie auch von denen der übrigen Phanerogamen abweichen, mit Notli noch als Blüthen aulfassen. Sie erleichtern den Uebergang zu den Cryptogamen. Die männlichen Blüthen der Gymnospermen entbehren nicht bloss der Blüthenhiillen, sondern es fehlt ihnen auch durchgängig die sonst für die Blüthen charakteristische Ausbildung und die damit zusammenhängende Be- stimmtheit der Zahlenverhältnisse. Die oft verlängerte Bliithenaxe und die schuppenförmigen Staubblätter verleihen ihnen das Ansehen der Kätzchen oder Zapfen. Dieses und der Umstand, dass die Zahl der Pollensäcke wechselnd ist, und dieselben nicht wie bei Phanerogamen der vordem, sondern der Rückseite des Staubblattes aufsitzen, ja selbst durch Stiele sich von denselben absondern, wurde wiederholt die Veranlassung zur naturwidrigen Bezeichnung der einzelnen Staubblätter als Blüthen. — Vor allem ist aber in der weiblichen Blüthe der Zusammenhang mit der vegetativen Sphäre auffallend, die Bliithenbildung noch weniger abgeschlossen. Die Frucht- blätter sind nur an der Anwesenheit der Ovula als solche kenntlich, alle anderen charakteristischen Merkmale der Fruchtblattbildung, als Schliessung zur Bildung einer Fruchthöhle, Griffel und Narbenbildung fehlen; ja die Anwesenheit selbst solcher Fruchtblätter ist nicht überall, so z. B. Strasburger, Coniferen und Gnetaceen. 13 194 bei Taxus und Salisburia nicht nachweisbar. In einigen Fällen bilden diese Fluchtschuppen zapfenförmige Blüthen, ähnlich wie die schuppen- förmigen Staubblätter: so bei Zamia, Encephalartos und Dammara, an welcher letzteren auch nicht die Spur von Bracteen unter der samen- tragenden Schuppe nachzuweisen ist, — in anderen Fällen stehen die Frucht- schuppen einzeln, paarig oder zu mehreren, in den Achseln wahrer Hoch- blätter, natürlich an einer unentwickelten Seitenaxe und erscheinen so als achselständige Blüthen, welche um eine Axe zum zapfenähnlichen Blüthen- stande sich ordnen. Eine einzige mit dem Deckblatte verwachsene Fruchtschuppe scheint Araucaria zu besitzen; 2 unter sich, aber nicht mit der Decksclmppe verwachsene Pinus; mehrere unter sich und mit der Deckschuppe innig- verwachsene besitzen Taxodium, Cryptomeria und vielleicht alle Cupres- sineen. Bei der weiblichen Blüthe von Cycas endlich ist selbst die den Blüthen allgemein zukommende Eigenschaft die Axe zu schliessen ver- loren, indem aus dem Centrum der Blüthe sich eine neue Laubkrone ent- wickelt. Weiter entwickelt und in einigen Punkten modihcirt werden wir diese Auffassung bei Eichler in dem erwähnten Excursus morphologicus finden, auf den wir später zu sprechen kommen. Der Reihe nach habe ich eine Arbeit von Tulasne zu erwähnen. Bei Besprechung der Gnetaceen des tropischen Amerika beschrieb Tulasne die äussere Hülle sowohl der männlichen als der weiblichen Blü- the als Calyx und erklärte beide für homologe Gebilde; von dieser Hülle sei in der weiblichen Blüthe das Ovulum umschlossen und mit einem Integument bei Ephedra oder mit zweien bei Gnetum versehen. Tulasne folgt in seiner Auffassung Robert Brown und hebt dies auch besonders auf p. 111 hervor.1) Von entschiedener Wichtigkeit für die Deutung der s. g. Gymno- spermen-Blüthe werden die Untersuchungen von Bailion der zum ersten Male in umfassenderem Maasse die Entwickelungsgeschichte hier zu Hülfe zog. An Baillon schloss sich fast unmittelbar Payer, der auch sonst riihm- lichst bekannte Forscher auf dem Gebiete der Blüthenentwickelung an. Baillon trat ganz entschieden gegen die R. Brown’sche Auffassung der Coniferen -Blüthe auf, er behauptete gestützt auf die Entwickelungsge- ’) Gnetaccae americae australis exposuit L. R. Tulasne. Ann. d. sc. nat. 4*“me Serie, Tome X. 1858. 195 schichte1), dass die Coniferen-Bliithen stets: entweder terminal, oder in der Achsel eines Deckblattes oder eines Blattes gestellt seien, doch immer, wie es Schleiden will, einer Axe inserirt, nie von einem Deckblatte getra- * • gen. Entsprechend "der Annahme von Mirbel -und Spach sei diese Blüthe nicht gymnosperm, sondern sie besitze einen aus zwei Carpellen gebil- deten Fruchtknoten ohne Blüthenhülle, der ein aufrechtes orthrotropes, auf einer basilaren Placenta stehendes Ovulum, in seinem Inneren ein- schliesse. Die Cupula endlich sei eine spätere discoide Bildung, die ihre Entstehung einer Anschwellung der Axe verdanke. R. Brown glaubte einen oben geöffneten Sack nicht für ein Ovarium ansehen zu dürfen, da für gewöhnlich ein Ovarium völlig geschlossen sei, dagegen bemerkt Bailion dass derartige geöffnete Fruchtknoten wenn auch selten doch bei Cisti- neen, Tamariscineen und Resedaceen beobachtet wurden. Robert Brown habe den inneren Kern der Blüthe, den er (Baillon) als nacktes Ovulum auff'asst, zu einfach gefunden, um ihn als Ovulum zu bezeichnen, allein seitdem seien auch in vielen anderen Pflanzenfamilien nackte Ovula nachgewiesen worden. Dass die Fruchtschuppe der Abietineen kein Blattproduct sei, folgt schon unmittelbar aus dem Schleiden’schen Grundsätze, dass ein Blatt nicht unmittelbar in der Achsel eines andern auftreten könne: Es ist eine abgeflachte Axe. In dem Rapport über die Bailionische Arbeit schloss sich Payer2) derselben völlig an — Einige seiner Angaben sind uns ebenfalls wichtig. Bei den Cypressen sagt er: entwickeln sich die Bracteen sehr stark und bilden die Schuppen des Zapfens, die Blüthenstiele bleiben sehr kurz und die zahlreichen Blüthen erscheinen in einer zusammengezogenen Cyma angeordnet ähnlich wie bei Lamium album. Bei den Pinus- Arten ent- wickeln sich die Bracteen sehr wenig, während die Blüthenstiele sich be- deutend verlängern, abflachen und die Schuppen bilden, auf deren Ober- seite die Blüthen in Zweizahl erscheinen. Diese Gestalt der abgeflachten Blüthenstiele überrascht diejenigen nicht, welche wissen, dass bei mehre- ren Pflanzen, z. B. bei Ruscus, Xylophylla, Phyllocladus die Aeste ebenso gestaltet sind. Die Blüthe selbst tritt bei Cypressen sowohl, als auch bei Pinus-^rten in ’) Adansonia, Bd. I. p. 11. 1860. 2) Rapport fait ä l’academie des Sciences sur un memoire de M. Baillon intitule Recherches organogeniques sur la fleur des Coniferes le 9 Juillet 1860. Abgedr. in der Adansonia, Bd. I. p. 17. 13* 196 zwei gesonderten Höckern auf, welche sich vereinigen und gemeinschaftlich erheben. Für denjenigen, welcher die Entwickelung des Ovulums und des Fruchtknotens bei . Chenopodiaceen, Amarantaceen Polygoneen etc. ver- gleichend verfolgt hat, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass wir es hier mit einem zweiblättrigen Fruchtknoten zu thun haben, der in seinem Innern ein nacktes Eichen einschliesst. Als R. Brown seine Untersuchungen über die Coniferen-Blüthen ver- öffentlichte, hatte noch Niemand nackte Ovula beobachtet, diese sind seit- dem nachgewieseil für Loranthaceen, Santalaceen, Acanthaceen und hat die Entwickelnngsgeschichte ausserdem gezeigt, dass jeder Fruchtknoten während der Entwickelung weit offen ist und erst kurz vor dem Auf- blühen sich völlig schliesst. Die von Baillon und Payer gegebene Deutung reiht sich zunächst an die ältere von Mirbel an, der über Zusammensetzung des Zapfens und Bildung der Bliithe ganz ähnliche Ansichten ausgesprochen hatte. Im Jahre 1861 veröffentlichte Caspary1) Beobachtungen über einen monströsen Zapfen von Larix und schloss sich in der Deutung desselben zunächst an Alex. Braun’s Anmerkung im Individuum der Pflanze vom Jahre 1853 an. Er sah allmälig die Fruchtschuppe sich in zwei Blätter spalten und eine Knospe zwischen ihr und der Axe des Zapfens auftreten: es schien ihm somit offenbar, dass die Fruchtschuppe die beiden ersten verwach- senen Blätter einer sonst nicht zur Entwickelung kommenden Achsel- knospe vorstelle. Die Fruchtschuppe ist also ein Blattproduct, und die fraglichen Gebilde auf derselben wirkliche, von Carpellblättern getragene nackte Samenknospen. In der Verallgemeinerung am Schlüsse der Arbeit heisst es sogar, alle Coniferen, Taxus nicht ausgenommen, besitzen Samenknospen, die nicht aus der Axe, sondern aus Carpellblättern entspringen, — wie auch sonst auf den ersten Blick die Sache erscheinen möge. Gegen Bailions Schilderung der Entwickelungsgeschichte führte Cas- pary seine Beobachtungen an Thuja orientalis L., Taxus baccata L., Cu- pressus sempervirens L. , Callitris montana, Juniperus communis L., sphaerica Lindl., Sabina L., virginiana L. und Pinus Larix L. an, bei wel- chen allen, nur mit Ausnahme von Taxus, er die Samenknospenhülle, nicht *) De abietinearum Horis femineis structura morphologica Disc. April 1861. Reim* pressa in Ann. d. sc. nat. IV. Ser. Tome XIV p. 200. 197 wie es Baillon will, mit zwei Höckern (also nicht wie Carpellblättcr), son- dern als gleichhohe Wälle (also wie Integumente) hat auftreten sehen. Bei Taxus lassen sich zwar zwei Höcker erkennen, doch nur weil die Entwickelung des Integumentes von dem letzten Blattpaare beeinflusst wird, und ähnlich scheinen die beiden Höcker, mit denen das Integument von Abies excelsa L. beginnt, durch ähnliche Verhältnisse bedingt zu werden. Ausserdem hebt Caspary hervor, dass es zweilippige Integumente gäbe, z. B. bei Polygala comosa und beruft sich auch für Polygala spe- ciosa und Tremandoa verticillata auf Payers Abbildungen (Organog. Tab. 31. Fig. 39. und Tab. 29. Fig. 31., 37.). Auch gäbe es Organe, die sicher einfach seien, und doch bei ihrem Auftreten 2 Gipfel aufzuweisen hätten, so z. B. die Stipulae von Victoria regia, Euryale ferox, die Palea superior der Gramineen. Endlich führt Caspary an, dass bei einigen Cruciferen die Integumente theils einseitig, theils im ganzen Umkreise gleichzeitig ihre Entwickelung beginnen, es also nicht wundern könne, wenn auch Integumente existiren, deren Entwickelung von zwei Seiten anhebt. Dass die Samenknospen nicht von Axen, sondern von Blättern getra- gen werden, beweise zur Genüge die bei Larix beobachtete Missbildung. Auch schildere ja Baillon selbst, an der jungen Fruchtschuppen- Anlage einen mittleren und zwei seitliche Höcker, die seitlichen Höcker vergrös- sern sich, seiner Angabe zufolge, öhrchenförmig und tragen die Blüthen — es sei somit auch aus dieser Schilderung zu ersehen, dass die junge An- lage aus drei Theilen gebildet wird, aus einer mittleren Axe und den bei- den seitlichen, öhrchenförmig auswachsenden Gebilden — die doch wohl ein Jeder für die beiden ersten und einzigen Blätter dieser Axe erklären muss. — Fast in gleicher Zeit veröffentlichte A. Dickson mehrere Untersu- chungen, in welchen es sich entschieden für die Baillon - Payer’sche Auf- fassung der Coniferen-Bliithe aussprach. In einem Aufsätze vom Jahre 1860 *) über monströse bisexuelle Zapfen von Abies excelsa hatte Dickson bereits die Ansicht vertreten, dass die Fruchtschuppen, so wie es Schleiden wollte, Axenbildungen seien. , In einem zweiten Aufsatze (1861)* 2) sprach er aus: dass bei Cunning- 9 Gelesen in der botanischen Gesellschaft zu Edinburg den 12. Juli 1860. Abge- druckt aus den Transactions dieser Gesellschaft in der Adansonia, Bd II. p. 65. 2) Gelesen ebend. am 10. Januar 1861. Trausactions u. Adanson. Bd. II. p. 70. 198 hamia, Araucaria, Dammara die Schuppen doppelt, die Bracteen stark ent- wickelt, die Fruchtschuppen mehr oder weniger reducirt und mit den Bracteen verbunden seien. Die Fruchtschuppen sollen von einem Blüthen- stiele gebildet werden; bei Araucaria und Dammara von der Axe einer dreiblttthigen Inflorecenz bei Cunninghamia. Endlich gab Dickson in einer dritten1) bald folgenden Untersuchung die Entwickelungsgeschichte der Bliithe von Dammara australis. Er fand, dass ähnlich, wie es Baillon beschrieben, die Bliithe mit zwei Höckern an- fängt und erklärte sie deshalb auch für ein zweiblättriges Ovarium, die ganze Bliithe für eine Achselknospe. Im Jahre 1863 erschien eine Arbeit von J. D. Hooker2) welche'grosses Aufsehen erregte, wegen der höchst eigenthtimlichen Pflanze, welche in derselben behandelt wurde. Es war das: Welwitschia mirabilis, diese merkwürdige Gnetacee, welche Welwitsch in den steinigen Einöden um das Cap Xegro und im Damara-Lande an der Westküste des tropischen Afrikas entdeckt hatte. Bei Behandlung der Blüthen dieser Pflanze musste Hooker natürlich auch eine Deutung derselben versuchen. Er schloss sich in derselben der R. Brown’schen Samenknospentheorie an. In einem Ueberblicke über die drei Gattungen der Gnetaceen wird bei Gnetum für die weibliche Bliithe: ein Perianthium und ein Ovulum mit zwei Integu- menten angegeben; für Ephedra: ein Perianthium und ein Ovulum mit nur einem Integument; bei Welwitschia, in der männlichen, pseudohermaphro- diten Blüthe: ein steriles Ovulum mit einem einzigen, in einem narbenähn- lichen Discus endenden Integumente, in der weiblichen Blüthe: ein zusam- mengedrücktes Perianth mit zwei Flügeln und ein Ovulum mit einem, mit langem griffelähnlichen Fortsatze endenden Integumente. Das Perianthium der weiblichen Blüthe wird für homolog dem Pe- rianthium der männlichen erklärt und auf diese Weise seiner Benennung gerechtfertigt. Ebenso hält Hooker das Ovulum in der weiblichen und das Ovulum in der Pseudohermaphroditen-Blüthe für durchaus gleiche Gebilde. Die Uebereinstimmung des Ovulums der Welwitschia mit dem der übrigen Gymnospermen scheint Hooker ganz evident , ebenso die Uebereinstimmung mit dem Ovulum von Ephedra; das Ovulum von Gne- tum unterscheidet sich aber durch 2 Integumente, von welchen das innere *) Gelesen den 11. Juli 1861. Edinburgh new philosophical Journal 1861. Adans. Bd. II. p. 77. *) On Welwitschia, a new genus of Gnetaceae. Trans. Linn. Soc. XXIV. Pars. I. p. 1—48. Taf. 1—14. 199 dem einfachen Integumente von Welwitschia analog ist und wie dieses sich in einen griffelähnlichen Fortsatz verlängert. Bei der Annahme, dass das Ovulum hier überall gleichwerthig sei, wird es Hooker1) aber weiter unmöglich, den Blüthenbau der Gnetaceen mit dem denConiferen inUeber- einstimmung zu bringen: „vorausgesetzt nämlich, dass das Ovulum bei bei- den Familien in der Tliat nackt sei, und die seinen Kern umschliessenden ein oder zwei Hüllen seine Integumente vorstellen, nicht aber carpellaren Ursprungs seien, so hätten wir z. B. bei Abies 2 Ovula, getragen von einer Schuppe und diese gestützt von einem äussern Blättchen. Wollte man nun eine vollkommene Harmonie zwischen Gnetaceen und Coniferen herstellen, so ist es einleuchtend, dass diese dadurch erzielt werden würde, dass man die äussere Schuppe bei Abies als Analogon der Tragschuppe bei den Gnetaceen, also als Bractea betrachtet und nun entweder die innere Schuppe bei Abies als Perigon, oder anderseits das Perigon der Gnetaceen als Analogon der innern Schuppe bei Abies, also etwa, nach der bekannten Interpretation dieses Organs von Robert Brown, als Carpel- largebilde auffasst. Letztere Deutung ist jedoch völlig unmöglich, wie der Bau der männlichen Blüthe von Welwitschia schlagend beweist; der erstere aber im höchsten Grade unwahrscheinlich, wie sich dies aus einer Menge von Thatsachen mit ziemlicher Sicherheit folgern lässt.“ Ebenfalls im Jahre 1863 brachte Eichler bei Gelegenheit der Bear- beitung der brasilianer Gymnospermen, im XXXIV. Hefte der Flora bra- siliensis von Martius (p. 435) einen Excursus morphologicus de formatione Florum Gynmospermarum. Derselbe ist, wie es Eichler auf S. 449 hervorhebt, unter dem Einfluss Alex. Braun’s entstanden und verdient in jeder Beziehung unser un- geteiltes Interesse. In ? diesem Werke tritt uns die R. Brown’sche Theorie in einem neuen Gewände entgegen. Eichler beginnt zunächst mit den Cycadeen (p. 439). Bei Cycas, heisst es dort, ist der die Eichen tragende Spadix entschieden dem Laubblatte derselben Pflanze analog, da beide in der anatomischen Structur und dem morphologischen Werth übereinstimmen. Die Eichen vertreten an dem- selben die Stelle der unteren Fieder und verhalten sich als solche. Bei den anderen Gattungen der Cycadeen entspricht der eiertragende Spadix der Squama antherifera und muss deshalb auch als Eichentragendes Blatt gedeutet werden. Im Allgemeinen haben wir es also bei Cycadeen mit J) Ich folge hier der Uebersetzung von Eichler. Flora 1863. p. 509. 200 einem offenen Cärpidium, das nackte Eichen trägt, zu thun; der ganze Zapfen muss hier daher als einfache Blüthe aufgefasst werden. Auch die Gnetaceen sind wahre Gymnospermen (p. 441), nur dass die Bliithen hier ein einblätteriges oder mehrblätteriges Perigon erhalten und dass sie aus dem Scheitel der Axe selbst gebildet werden. Das Eichen hat ein (Ephedra) oder zwei (Gnetum) Integumente und beweisen die Untersuchungen Blume’s, dass die zwei Integumente von Gnetum centrifugal angelegt werden. Dass die äusserste Hülle als Perigon' zu deuten sei, beweise ihre Anwesenheit in beiden Geschlechtern. Für Coniferen zeige zunächst bei Eichen mit nur einem Integumente die Uebereinstimmung mit Cycadeen und Gnetaceen, dass man es wirklich mit nur einem Eichen zu thun habe; für Eichen mit zwei Integumenten, wie z. B. Podocarpus und Salisburia, folge das näm- liche aus der Verwandtschaft mit solchen, wie z. B. Cephalotaxus und Phyllocladus, deren Integumente einfach sind, und auch aus dem Umstande, dass beide Integumente manchmal verwachsen, was häufig zwischen In- tegumenten, aber niemals zwischen Ovarium und Eichen geschehe; weiter folge dasselbe aus dem nachträglichen Auftreten einer accessorischen Hülle: der s. g. Cupula Rieh, oder Arillus der neueren Autoren, endlich ebenfalls aus der Analogie mit Cycadeen und Gnetaceen. — Somit sei das Eichen der Coniferen ebenfalls nackend mit einfachem oder doppeltem Integumente und zuweilen bei der Reife von einem Arillus umgeben, aber nirgends von einem wahren Ovarium oder Perigonium. Nach dieser Besprechung wendet sich Eichler gegen diejenigen Autoren, welche das Ovulum für einen Fruchtknoten erklären. Baillon’s Argumenten hält er die Untersuchungen von Caspary ent- gegen, und hebt auch hervor, dass durch die Baillon’sche Deutung die Fälle mit zwei Integumenten nicht erklärt werden. Was die Stellung der Eichen anbetrifft, so entsprechen dieselben bei Taxus und Torreya entschieden dem Scheitel eines beblätterten, bei Salisburia eines nackten Zweiges — verhalten sich hier also wie bei Gnetaceen. Ganz ähnlich ist es auch bei allen anderen Coniferen, nur dass der Bllithenstiel immer kürzer und kürzer wird und die Blüthe fast sitzend oder sitzend in der Achsel ihres Deckblattes erscheint. Aus diesem ist zu schliessen, dass die das Eichen stützenden Blattorgane deren Brac- teen, nicht aber deren Carpellblätter sind. Dass diesem so ist, folgt unmittelbar für alle Cupressineen, für Ce- phalotaxus, Phyllocladus und Phaerosphaera, deren Samen wohl in der Reife über der Basis der Schuppen stehe, in der Jugend aber wirklich 201 achselständig sind. Das Vorhandensein mehrerer Eichen in der Achsel bei Cupressus findet sein Analogon in dem Auftreten, von Beiknospen bei an- deren Gewächsen. Auch kann es bei der Deutung nicht stören, dass bei Juniperus die Eichen nicht gerade vor der Mitte der Schuppen gestellt sind, da dieses auch bei anderen unzweifelhaften Achselproducten vor- kommt. Evident achselständig sind die Ovula auch bei Podocarpus Section Stachycarpus. Bei anderen fehlt es nicht an Uebergängen zwischen solchen, welche rein achselständig und solchen, die auf der Basis der Schuppe em- porgehoben sind. Ebenso verhält es sich bei den Dacridien, wo Phaeros- phaera achselständige aufrechte, Dacridium, Saxo - Gothaea, Microcachrys mehr oder weniger auf die Schuppen emporgehoben und umgekehrte Eichen haben. Dass bei Dammara das Eichen zunächst an der Basis der Schuppe auftritt, hat Dickson gezeigt, ähnlich dürfte es bei Araucaria sein. Das Achselproduct ist hier mit der Schuppe verwachsen und durch ihr rasches Wachsthum an der Basis emporgehoben, ähnlich wie dies bei anderen Phanerogamen: bei Tilia, Thesium, Samolus, Limnanthemum, Helwingia beobachtet wird. Das Eichen ist somit hier für die ganze Blume zu erklären und zwar sind bei Salisburia, Taxus, Torreya, und allen Co- niferen mit einfacher Schuppe, diese Blüthen im ersten Grade achselständig. Bleiben noch die Gattungen mit doppelter Schuppe übrig, deren innere Schuppe als Achselknospe zu deuten ist, die aus zwei oder mehr unter- einander und mit der Axe verwachsenen Blättern entstanden. Die Eichen sollen hier nach Eichler’s Ueberzeugung aus den Achseln dieser ver- wachsenen Blätter entspringen. Bei Pinus darf man die Fruchtschuppe als aus zwei, bei Sciadopitys sieben bis neun, Cunninghamia drei, Crypto- meria zwei bis fünf verschmolzenen Blättern gebildet denken, die ebenso viele Eichen in ihren Achseln tragen; dass bei Abietineen und Cunning- hamien die Eichen umgekehrt sind, darf nicht wundern, da dieses auch bei Araucarien und Dacridien, überall wo die Ovula höher auf die Schuppe emporgehoben werden, zu beobachten ist. Die Blüthen der mit doppelter Schuppe versehenen Coniferen sind somit im zweiten Grade axillär. Nun haben Pariatore und Dickson, auf Analogieen sich stützend, an- genommen, dass auch bei denjenigen Pinaceen und Cupressineen die eine 0 einfache Schuppe besitzen, diese aus der Verwachsung einer Bractea mit ihrer axillären Fruchtschuppe entstanden sei. Eichler hält an seiner früheren Deutung fest und erklärt die Schuppen der Cupressineen und Taxineen für einfach, weil man continuirlich an der Axe den Uebergang 202 der Blätter in dieselben (Dacrydieae, Cnpressineae nonnullae) verfolgen kann, und auch die von A. Braun beobachtete Missbildung bei Podocarpus chi- nensis und die Entwickelungsgeschichte für diese letztere Auffassung sprechen. Somit folgt für alle Coniferen, dass ihre Blüthen stets achselständig sind: entweder mit Vorblättern versehen oder nackt, entweder gestielt oder sitzend, aus der Achsel der Blätter oder der Bractecn entspringend. Die Bracteen sind bald einzeln, bald zu einem Kätzchen vereinigt, diese Kätz- chen einfach oder im ersten Grade zusammengesetzt. U ebersichtlicher stellt Eichler diese Verschiedenheiten folgendermaassen zusammen:; 1. Ovula e foliorum frondosorum axillis. « a) bracteolata: Taxus, Torreya. b) nuda (et pedunculata): Salisburya. II. Ovula e bractearum axillis (ubique nuda et sessilia v. subsessilia). a) bracteae (raro subsolitariae) in amentum simplex dispositae: Taxaceae (praeter genera supra iudicata) Cupressaceae, Arau- carieae. 1. Ovula anatropa: Podocarpeae. 2. Ovula orthotropa: Dacridieae, Phyllocladus, Cephalotaxus, Cupressaceae, Araucarieac. a) Ovula altius in squama posita indeque inversa: Da- crydieae, exceptis Phaerosphaera et Dacrydii spec., Araucarieae. ß) Ovula ad basin squamae vel paullo supra illam posita et erecta: Phaerosphaera, Dacridii spec., Cephalotaxus, Phyllocladus, Cupressaceae. b) Amentum compositum; secundariis amentis squamiformibus (bracteis amenti secundarii cum axe et inter sese in squamam „inferiorem“ connatis) bractea fultis. 1. Ovula ad basin squamae collocata et erecta: Taxodineae. 2. Ovula altius in squama collocata indeque inversa: Cunning- hamieae, Abictineae. Bei Besprechung der Verwandtschaften der Gymnospermen weist Eichler zunächst auf die habituelle Aehnlichkeit hin: von Ephedra mit den Casuarineen, von Gnetum mit den Chloranthaceen. Weiter hebt er auch die übereinstimmenden Charaktere der Cycadeen mit den Farmen, der Coniferen mit den Lycopodiaceen hervor. Diese beschränken sich nicht nur auf äussere Aehnlichkeit, sondern lassen sich oft bis in’s einzelne ver- 203 folgen. Aller Wahrscheinlichkeit entsprechen sich die Ovula und die Sporangien, und demgemäss sehen wir auch die Sporangien bei den Farmen auf Blättern, bei Lycopodiaceen in den Achseln der Blätter auftreten. Aus Allem dem folgt, dass die Gymnospermen eine wirklich natürliche Classe bilden, die eine intermediäre Stellung zwischen den Cryptogamen und den Angiospermen einnimmt. In demselben Sinne äussert sich Eichler auch, noch im Laufe des- selben Jahres (Flora 1863 in einer Anmerkung auf p. 510), bei Besprechung der Hooker’schen Arbeit. Er hält seine Ansicht der höchst künstlichen von Hooker entgegen und hebt nochmals ganz besonders das Verhältniss der Gnetaceen- zu der Coniferen-Blüthe, hervor. In demselben Jahrgange der Flora (1863, p. 529) wurde auch über den Eichler’schen Excursus morphologicus von A. Wigand (A. W.) referirt. Wigand macht hierbei einige Anmerkungen, die nicht ohne Interesse sind. 1) Kann er Eichler nicht beipflichten in der Deutung der Cycadeen- Eichen. Eichler erklärte dieselben für metamorphosirte Blattlappen. Ref. hält in diesem und in allen anderen Fällen an der Knospennatur der Eichen fest, und glaubt dieselbe unwidersprechlich bewiesen. 2) Hebt Wiegand hervor, dass trotz der Einwände Caspary’s die Be- obachtungen Baillon’s entschieden für die Annahme zweier Carpelle sprechen, und dass so lange die Unrichtigkeit seiner Zeichnungen nicht nachgewiesen ist, auch seine Ansichten nicht als vollständig widerlegt an- gesehen werden können. 3) Macht Wigand darauf aufmerksam, dass Eichler für seine Annahme: die Ovula seien, bei Coniferen mit doppelten Schuppen, Achselproducte in t den Achseln der verschmolzenen Bracteen, die Beweise schuldig geblieben sei, und dass, wenn Eichler für seine Ansicht geltend macht, dass keine fremden Beobachtungen gegen dieselbe sprechen, er jedenfalls vergessen habe, dass Caspary entschieden das Gegentheil behauptet und auf Grund der beobachteten Missbildungen bei Pinus Larix und seine entwickelungs- geschichtlichen Untersuchungen sich mit aller Bestimmtheit dahin aus- gesprochen habe, dass die Eichen aus den die Fruchtschuppe bildenden Blättern (Carpellblättern) entspringen. Es ist bereits bei Besprechung des Eichler’schen Werkes, auch mehr- 0 fach von den Arbeiten von Pariatore die Rede gewesen, ohne dass wir auf dieselben bisher näher eingegangen wären. Es hängt das mit dem Umstande zusammen, dass dessen grösseres Werk über die Organographie der Coniferenblüthe erst im Jahre 1864 erschienen ist und wir es für 204 richtiger hielten, gleichzeitig seine sämmtlichen Untersuchungen zu be- sprechen. Dieselben begann im Jahre 1860 mit einer Note sur la com- position du cone des Coniferes1), welcher bald eine zweite ähnliche Note folgte2); dann veröffentlichte Pariatore einen Aufsatz über einen monströsen Zapfen von Abies Brunoniana3), endlich die zuerst erwähnte grössere Arbeit4), welche die Resultate aller vorhergehenden zusammenfasst, so dass wir an diese uns hier nur zu halten haben. Pariatore ist in dieser Arbeit zunächst bestrebt, durch zahlreiche Uebergänge und Schilderung jüngerer Zustände von Deckblatt und Schuppe nachzuweisen, dass in den Früchten oder Zapfen der Coniferen, ausser der Ptachis drei verschiedene Bildungen vorhanden sind: die Bractee, die Fruchtschuppe und das weibliche Organ. Die ersten beiden sind entweder unabhängig von einander, oder auch unter einander verschmolzen. Die Bractee ist völlig oder doch zum grössten Theile von der Fruchtschlippe ge- trennt bei Abies, Larix, Cedrus, Pinus, Pseudo-Larix unter den Abietineen und bei Actinostrobus unter den C'upressineen und zum grössten Theile oder fast völlig verschmolzen in den anderen Gattungen der Abietineen und der Cupressineen. Die Fruchtschuppe erklärt Pariatore, auf seine Beobachtungen an Pinus Brunoniana sich stützend, für einen achselstän- digen Blüthenspross mit verbreiterten und erhärteten Blättern und Brac- teolen, mehr oder weniger unter einander, mit der Bractee und der weib- lichen Bliithe verschmolzen. Bei den Taxineen, den Daerydien und Podo- carpeen (p. 171) ist die Fruchtschuppe von der Bractee unabhängig und tritt hier in Gestalt eines Walles oder Bechers auf, der bald membranös, bald fleischig ist und von untereinander verschmolzenen Bracteen gebildet wird. Auch bei Cephalotaxus und Salisburia ist eine solche Cupula vor- handen, sie bildet die äussere Hülle der Blüthe und schliesst die eigent- liche Blüthe erst in ihrem Inneren ein. Die Blüthe selbst wird von Par- iatore für einen mit zwei Narben versehenen Fruchtknoten gehalten mk einem nackten Eikern im Innern. — Bei den Gnetaceen sind die Verhält- nisse im Wesentlichen ähnlich. Bei Epliedra ist die Blüthe in einen Becher eingeschlossen, der von zwei untereinander verschmolzenen Bracteen ge- bildet wird, mit einer Oetfnung am Scheitel, durch welche der Gritfel der weiblichen Blüthe hervortritt. Bei Gnetum dürfte man, wenn die Angaben J) Compte rendu d. TAcad. Paris LII. p. 312—316 2) Ebendas. LIH. p. 164—169. 3) Compte rendu, LIV. 977—979 und Ann. d. sc. uat. XVI. 215—217. 4) Studi Orgauografici sui fiori e sui fruti delle Conifere Eireuze 1664. 205 über die doppelte Hülle richtig sind, zwei -sich kreuzende Paare ver- schmolzener Bracteen annehmen. Dass dies wirklich verschmolzene Bracteen und nicht etwa Integumente seien, beweise die Anwesenheit der Gefäss- bündel in denselben und die Analogie mit den Hüllen der männlichen Blüthe. — In allen Fällen bestehe bei Coniferen und Gnetaceen eine Tendenz, die Blüthenzweige zu verkürzen, wie dies ja auch in der vegetativen Sphäre an den Kurztrieben zu beobachten ist. Ebenso sind in den vege- tativen Sprossen die Verwachsungen der Blätter mit dem Hauptstamme und den Aesten sehr häufig, wie dies besonders schön bei Frenela sich verfolgen lässt. Sehr nahe scheint Pariatore die Verwandtschaft der Coniferen und Gnetaceen mit den Betulineen und den Casuarineen zu sein.1) Die Betu- lineen stehen den Coniferen näher und besitzen auch ein unterständiges Decklatt und zwei (Betula) oder vier (Ainus) Bracteolen, welche untereinander verschmelzen; in den Achseln letzterer stehen die Pistille, von welchen jedes mit zwei langen Narben versehen ist. Bei den Casuarineen, welche den Gnetaceen näher verwandt sind, hat jede weibliche Blüthe eine Bractee und zw'ei kleine Bracteolen, die sieh vergrössern, fleischig oder holzig werden und unter einander verschmelzen, so dass sie eine Art Becher bilden, ähnlich demjenigen bei Podocarpeen und Taxineen, welcher eben- falls die Frucht einschliesst. Auch bilden die Bracteen mit den Bracteolen und Fruchtknoten zusammen einen Zapfen, wie bei einer Conifere. Pariatore fast in einem Worte die Coniferen und Gnetaceen als di- cotyle Gewächse auf, welche mit den Amentaceen die nächste Verwandt- schaft zeigen. — Im Jahre 1864 veröffentlichte Baillon „Neue Untersuchungen über die weiblichen Blüthen der Coniferen.“ 2) Dieselben wraren der Hauptsache nach gegen Caspary gerichtet und suchten seine Einwände zu entkräften. Vor allen Dingen kommt Baillon deshalb mit einer Entwickelungsgeschichte der Blüthen von Larix und hält dieselben den Untersuchungen von Cas- pary an derselben Pflanze entgegen. Auch bei Larix behauptet er, ent- wickele sich die Blüthenhülle aus zwei isolirt auftretenden Höckern und sei ihr Rand nach der Vereinigung deutlich zweilippig; dazu komme ‘) Diese Verwandtschaft besteht nach Pariatore auch im Baue der männlichen Blüthen, die er für wahre Kätzchen, jedes Staubblatt nämlich für eine Blüthe hält. -) Adansonia, Bd. V. p. 1. 206 liier die Eigentümlichkeit, dass der eine Lappen sich viel stärker als der andere entwickele und helmartig dann den Scheitel der Bliithe bedecke. Auch bei Juniperus communis soll die Entwickelung mit zwei Blättern beginnen; besonders schön sei dies auch bei Cupressus Goveniana zu sehen, nur müsse man die allerjüngsten Zustände untersuchen und nach diesen sich ein Urtheil bilden. Daher seien auch die Angaben Caspary’s von zweilippigen Integumenten bei Polygala comosa und Tremandra verticillata ohne Bedeutung, weil sie nur für den fertigen Zustand gelten, diese In- tegumente aber, wie alle anderen, kreisförmig um den Nucleus angelegt wurden. Auch zeige die „palea superior“ der Gramineen zwei Gipfel erst in einem etwas älteren Zustande, sie trete aber entschieden als einziger Höcker auf. Caspary verwechsele hier eben continuirlich ganz heterogene Dinge. Man müsse sich übrigens hüten, gesetzt selbst den Fall, dass der Fruchtknoten wirklich als kreisförmiger Wall auftreten sollte, den Schluss daraus zu ziehen, dass es ein Integument sei. Es würde dies nur be- weisen, dass das Studium der Entwickelungsgeschichte allein nicht in allen Fällen ausreicht, und dass das Ovarium in einigen Fällen, ähnlich wie ein Integument sich entwickeln könne. Es wird die Sache des Beobachters sein, in solchen Fällen den richtigen Weg zu treffen und gleichzeitig mit der Organogenie auch alle anderen Mittel zu Hülfe ziehen, welche zur Lösung der Frage beitragen könnten. So bildet sich der Fruchtknoten der Primulaceen als continuirlicher kreisförmiger Wall, und doch zeigt die anatomische Untersuchung, dass wir es hier mit eben so viel Carpellblättern zu thun haben, als Haupt- Gefässbündel in der Fruchtknoten wand verlaufen und wo die Histologie nicht hilft, kann man oft zu der Analogie seine Zuflucht nehmen. So zeigt uns die Analogie, dass das Ovarium eines The- sium, das, so wie bei Samolus, mit einem kreisförmigen Walle beginnt, aus mehreren Carpellblättern gebildet sein muss, so wie der Fruchtknoten einer nahe verwandten Pflanze des Santalum, deren Carpellblätter von Anfang an getrennt sind. So giebt es auch unter den Coniferen Fälle, wo die Hülle den Knospen- kern kreisförmig anhebt: bei mehreren Cupressineen, bei Welwitschia, ähn- lich wohl bei Ginkgo; doch solche Typen beweisen eben nichts, weder nach der einen, noch nach der anderen Richtung, man muss sich dann an andere Pflanzen wenden. — Nach dieser interessanten Auseinandersetzung, weist Baillon auf die Verwandtschaft der s. g. Gymnospermen mit den Loranthaceen, den Poly- goneen und anderen Familien hin. Bereits im Jahre 1862 in seinen Me- 207 raoire sur les Lorantliacees *) hatte er dieses Verhältniss besprochen* 2), jetzt dient ihm die von Hooker kürzlich beschriebene Welwitschia zum Anknüpfungspunkte. Das, was Hooker bei Welwitschia als Integument bezeichnete, hält Bailion für ein Ovarium. Namentlich sei es unmöglich, das Gebilde in der hermaphroditen Bliithe als Ovulum aufzufassen, oder man müsse das nämliche auch für Anthoboleen, Olacineen, und weiter auch für Loranthaceen und uniovuläre Santaleen thun. Jedenfalls ist, selbst wenn Welwitschia gymnosperm sein sollte, ihre Placentation axil, was durchaus gegen die Schlüsse von Caspary spricht, welcher ja behauptet, dass die Eichen bei Gymnospermen von appendiculären Organen getragen werden. Phyllocladus, meint Baillon, sei geeignet, uns auch über das Verhalten von Pinus aufzuklären. Bei Phyllocladus finden wir in den Achseln wenig entwickelte Bracteen, abgefiachte, blattähnliche Zweige. An den Rändern dieser Zweige findet man Erhöhungen, welche Bracteen tragen. In den Achseln dieser Bracteen stehen die weiblichen Bliithen, und, wie man auch diese Bliithen auffassen mag, sicher ist es, dass sie an einer deformirten Axe in der Achsel eines Blattes inserirt sind. Die Gestalt dieser Axen- gebilde ist, meint Baillon, noch eigenthümlicher als bei Pinus. Sind die Bliithen nackte Eichen, so muss man also zugeben, dass bei Phyllocladus die Placenta Axennatur besitze, was wiederum gegen die Schlüsse von Caspary verstösst. Wenn die Coniferen gymnosperm sind, so müssen es die Loranthaceen entschieden auch sein, und hatte Meyen Recht, es zu behaupten. Wem kann es nur entgehen, dass derselbe Sack, den man Integument bei Taxus nennt, Fruchtknoten bei Anthobolus ist! Wie kann man bei zwei so verwandten Pflanzen wie Welwitschia und Exocarpus dieselbe Hülle einmal als Primine, das andere Mal als Frucht- knotenwandung bezeichnen? Zur Zeit, da R. Brown seine Theorie auf- stellte, glaubte man, dass ein Ei ohne Integument nicht bestehen könne, seitdem sind wir eines Besseren belehrt worden. Was endlich die Frucht- schuppe anbetrifft, wie complicirt würde ihre Zusammensetzung sein, wollte man Caspary’s und Braun’s Hypothese annehmen. Für Baillon ist es eben nur ein Zweig, dessen Gestalt in den verschiedenen Gattungen variirt: kurz, dick bei Thuja und den Cypressen, cylindrisch bei Ginkgo, abgeflacht bei den Abietineen — doch immer gleich sich bleibend, was seine Natur anbetrifft. b Adansonia, Bd. II. p. 330. 2) p. 375. 208 „Die Theorie von Braun und Caspary fusst auf einem teratologischen Falle — allein dieser beweist eigentlich doch weiter nichts, als dass ein Blüthenzweig durch, einen Laubzweig vertreten werden kann/' „Welche Schlüsse kann man überhaupt nicht aus einer beliebigen Ano- malie ziehen? mit Monstrositäten beweist man eben Alles, was man will — oder es wird durch dieselbe vielmehr nichts bewiesen." „Was die extremen Consequenzen der Caspary’schen Theorie anbetrifft, so hat sie Caspary selber gezogen, als er die Behauptung aussprach, dass auch das Eichen von Taxus einem Blatte iuserirt sei; daraus würde denn auch eine foliäre Placentation für die Polygoneae, Juglandeae und Loran- thaceae folgen." Ganz im Sinne der älteren Auflassung von Braun und der Auffassung Caspary’s, deutete Oersted1) die Schuppe der Abietineen, gestützt ebenfalls auf durchwachsene Zapfen von Picea excelsa und von Larix. Auffallend schien es nur, nach einigen Figuren von Picea excelsa zu schliessen (1. c. Fig. 5, 8, 23), dass hier die Knospe nicht, wie in den von Caspary be- obachteten Fällen, zwischen Fruchtschuppe und Racliis, sondern zwischen Fruchtschuppe und Deckblatt aufgetreten war. Oersted nimmt ein offenes Fruchtblatt mit zwei abwärts gewandten Eiern an. Es entsteht dieses Fruchtblatt aus der Verwachsung der zwei ersten Blätter einer Knospe; die zwei Zähne, die man oft an der Spitze sieht, deuten diese Zusammensetzung an. Bei Cupressineen fehlen die Fruchtblätter, und die Bliithen werden allein durch nackte gerade Eier repräsentirt, die, wenigstens im Anfang ihrer Entstehung in der Achsel des Deckblattes stehen. Die Gesammtheit der Eier bei den Cypressen und Verwandten muss als zusammengezogener Blüthenstand aufgefasst werden; jede Bliithe entspricht einem Spross und wird durch ein nacktes Ei gebildet. Bei Taxus ist die Blüthe terminal. Bei Gelegenheit der Besprechung einiger Beobachtungen über die Eichen der Anemonen2), äussert sich M. Caruel gegen jede Verschmel- zungstheorie der Organe. Dieselben seien ja im Vegetationskegel noch nicht distinct vorhanden und würden überhaupt erst zu solchen in dem Maasse, als sie aus demselben angelegt würden. Deshalb kann sich Caruel auch ’) Videuskabelige Meddelelser t'ra den naturhistoriske Forening i Ivjöbenhavn Nr. 1 — 2 for Aaret 1S64. Bidrag til Naaletraperner Morphologie. 2) Observations sur les Gemmules des Anemones Florence, Avril 1S65, gedr. in dem’ Bull, de la soc. bot. de France. Tom. XII. session extraord. ä Nice en mai 1865. p. XXXV. mit der Verschinelzungstheorie bei denConiferen nicht befreunden1). Er kann nur da ein Achselproduet in der Achsel des Deckblattes statuiren, wo ein solches unabhängig vom Deckblatte auftritt; in allen den anderen Fällen, wo Verschmelzung angenommen wird, sieht Caruel in der Schuppe einen complicirteren Organismus, der die Bractee ersetzt. Im Jahre 1865 hielt A. Dickson eine Eröffnungsrede in der bota- nischen Gesellschaft zu Edinburg2), in welcher er die Frage über die Be- schaffenheit der weiblichen Blüthen bei den Coniferen einer eingehenderen Erörterung unterzog. Namentlich wendet er sich hierbei gegen Hooker’s Deutung der Welwitschia-Blüthe. Er nimmt die Gründe durch, welche Hooker veranlasst haben, die Nu- cleus- Hülle für ein Ovular-Integument anzusehen; diese waren bekanntlich: der Mangel an Gefässbtindeln in dieser Hülle; ihr gleichzeitiges Auftreten im ganzen Umkreise des Nucleus; das Aufhören des Wachsthums der- selben lange vor Reifwerden des Samens, und das Emporheben ihrer Inser- tion auf den fortwachsenden Samen. Ajich sollen die Integumente der Samenknospen bei Coniferen merkwürdig gleichförmig in ihrer Structur sein, was auch für die Integumente der Angiospermen gilt, während die Fruchtknoten dieser letztem sehr variable Organe vorstellen. „Im Falle wir“, schliesst Hooker, „das Integument der Samenknospe bei Gymno- spermen für Carpellar erklären wollten, so müssten wir gleichzeitig zu- geben 1. dass es weder die Gestalt, noch den Bau, noch die Function eines angiospermen Carpellblattes besitzt, dass es hingegen 2. die Eigenschaften eines angiospermen Integumentes zeigt, dass 3., während das Carpell sonst ein sehr veränderliches Organ ist, es merkwürdig gleichförmig bei den Gymno- spermen bleibt.“ Gegen diese Annahmen sucht nun Dickson in seiner Rede Gegenbeweise anzuführen und glaubt am Schlüsse derselben gezeigt zu haben, dass keine der Eigenschaften der weiblichen Bliithe der Coni- feren im Widerspruche mit einer carpellaren Natur derselben sei. Wir haben gesehen, sagt er, dass es auch C'arpelle ohne Gefässbündel (Belanophoreen), nackte Knospenkerne und unterständige Samenknospen Loranthaceae) bei unzweifelhaften Angiospermen giebt; dass, wenn auch vom physiologischen Standpunkte aus, keine Narben bei den Coniferen-Bliithen sich annehmen lassen, eine Neigung zur Bildung derselben doch 'vielfach vorhanden sei. (Die Randfortsätze des sogenannten Integuments bei Abie- *) Besonders also auch nicht mit der Deutung von Pariatore. 2) Transactions of the Bot. Society of Edinb. 1865, 1866. Strasburger, Coniferen und Gnetaceen. U _ 210 — tineen, die stigmaartige Ausbreitung in der männlichen Blütlie von Wel- witschia). Die Abwesenheit der Narbe sei wahrscheinlich in Correlation mit irgend welcher Eigentümlichkeit des Pollens, allein sie werde auch durch die Annahme der Xacktsamigkeit nicht erklärt und diese Letztere sei ausserdem gegen jede Analogie. Wegen des von Hooker betonten gleichzeitigen Auftretens der Nucleus- Hiille bei Welwitschia im ganzen Umkreis des Xucleus, verweist Dickson auf die Baillon’sche Auseinandersetzung und, was das Aufhören des Wachs- thums der Hülle vor der Reife anbetrifft, so käme, meint er, etwas Aelm- liches auch bei Cuphea vor, wo sich die Placenta so stark entwickelt, dass die Wandung des Carpells platzt, zu wachsen aufhört und noch vor dem Reifwerden der Samen verwelkt. Die Behauptung der Gleichförmigkeit der Nucleus-Hnllen bei Coni- feren hält Dicksou für unrichtig und verweist auf die so verschiedenen Hüllen von Gnetum mit langer Röhre;, Abies (mit eigenthiimlich gestal- teten Lippen), Dammara (mit einseitigem Flügel) u. s. w. Schliesslich werde die Carpellarnatur dieser Hüllen noch durch die entwickelungsge- schichtliche Thatsache gestützt, dass dieselben so häutig mit zwei geson- derten Höckern auftreten. — ln Anbetracht aller dieser Thatsachen, sagt Dickson, sei die Carpellarnatur dieser Hüllen über alle Zweifel erhoben. Anderer Meinung ist Favre1) der um die nämliche Zeit (1865) einen Längschnitt durch eine fertige Podocarpus-Bliithe machte und aus dem- selben sichere Anhaltepunkte zur Beurtheilung ihrer Samenknospenuatur gewann. ln den „öbservations sur diverses Plantes nouvelles ete de la nouvelle Caledouie“ par A. Brogniart et A. Gris2) wird die äussere Hülle von Da-*# cridium als Arillus, die von Podocarpus als äusseres Integument bezeichnet. Nun aber wird weiter gesagt, dass bei Dacridium taxoides der Arillus völlig über das Ei zerückgeschlagen sei, so dass man die Pflanze zunächst für ein Podocarpus gehalten. Hätte dies nicht ein Fingerzeig sein sollen, dass ge- nannte Bildungen bei Dacridium und Podocarpus identisch sind? nein, sie werden für verschiedene Gebilde, für ein Arillus hier, für ein äusseres. In- tegument dort erklärt. *) Recherches sur la tieur femelle du Podocarpus sinensis. Ann. de sc. nat. ö“6- serie. T. III. 1865. p. 379. -J Ann. d. sc. nat. 1868, 5>“e- Serie, Yol. VI. p. 238. Murray1) bespricht in einem Aufsätze in den Annals und Magazine of natural History die Homologien der männlichen und der weiblichen Blüthe der Coniferen. Er geht von der Betrachtung der männlichen l’düthe aus und findet, dass die Schuppen, welche die Säcke tragen, zwar eine Fortsetzung der Schuppen des Zweiges, jedoch breiterund grösser sind, einen zerschlitzten Rand, fahlbraune Färbung und petaloide Structur bezitzen. Sie sind so- mit Blumenblätter; jedes Blumenblatt eine Blüthe und die kleinen an dessen Basis befindlichen Anschwellungen eben so viele Antheren. Die männliche Blüthe ist also monopetal und diandrisch hei Sequoia und Wel- üngtonia, monopetal und polyandrisch bei Cypressen und Verwandten. Die weibliche Blüthe ist ebenfalls monopetal. Die Bractee repräsentirt hier das Blumenblatt, die Samenhülle ein Pistil, die Fruchtschuppe müsse ein Discus sein, da sie zwischen dem Blufnenhlatte und Ovarium steht. Da- raus folgt, dass die Fruchtschuppe der Fichte ein Homologen des Discus bei dem Eibenbaume sei, nur dass heim Eibenbaume das Ovarium vom Discus völlig umschlossen, hei der Fichte hingegen dieser auf die eine Seite verschoben erscheint, weil der Kaum auf der entgegengesetzten, durch den nächstfolgenden Discus eingenommen wird. Diese Stelle ver- anlasst^ mich, die Arbeit liier anzuführen, weil eine gewisse entfernte- Aehnlichkeit in der Art wie Murray und wie ich die Fruchtschuppe auf- fassen, vorhanden ist — diese Aehnlichkeit ist aber rein zufällig, wie man denn überhaupt beim Lesen dieses Aufsatzes und Betrachtung der zuge- fügten Tafel ganz unwillkührlieh sich verleitet fühlt, denselben in verflossene Jahrhunderte zu verlegen. — So kommen hier folgende Stellen vor: (p. 214 unten) „Wenn wir einen jungen grünen Zapfen von Wellingtonia oder Sequoia sempervirens öffnen, so sehen wir den Kaum zwischen den Schuppen von einer hellen, rothfarbigen Materie angefüllt, welche wie ein Exsudat aussieht und genau den Sinuositaeten der Schuppen folgt, diese ist das Fetal. Mit einer Linse betrachtet, ist die petaloide Structur nicht zu verkennen, bei reifen Zapfen ist das Blumenblatt in ein Häutchen' oder eine Kruste — verwandelt und dann weiter, unter Anderm, auf p. 220 „Im Innern des Carpells findet man bei Coniferen wie in anderen Pflanzen einen von zwei Hüllen umgebenen Nucleus: der äusseren, der primine, und der inneren, der secondine“ und „Die Corpuscula oder Embryosäcke sind richtiger aus- gedrückt, die jungen Cotyledonen, und wer da behauptet, dass das Ovu- *) On tbe Homologies of the male et female Flowers of Conifers Annals et Ma- gazine of natural Hist. Yol. XVIII, Third Series London 1866. i>. ‘212. 212 lum nur 2 Cotyledonen habe, sagt damit in anderen Worten, es habe nur einen Embryosack, oder wer es für polycotyledonisch erklärt, drückt da- mit auch gleichzeitig aus, dass es Corpuscula im Ovulum enthalte.“ Hier- bei wollen wir es bewenden lassen und auf die Additional -Remarks auf pag. 304 desselben Bandes nicht weiter eingehen. In einer Xote sur les corps reproducteurs des Cycadee’s1) nimmt Gris sicher an, dass diese Samenknospen seien, da sie so sehr der früher von ihm untersuchten und sehr genau beschriebenen Samenknospen von Ricinus communis gleichen. In der ersten Auflage seines Handbuches 0868) schliesst sich Sachs insofern der Robert Brownschen Theorie an, als er Samenknospen und Carpelle wenigstens für Cycadeen sicher) hei Cycadeen und Coniferen an- nimmt. „Die morphologische Orientirung der Samenknospen, heisst es dort p. 412, ist bei den Gymnospermen eine sehr mannigfaltige und zum Theil ist sie noch ganz unklar und streitig. Bei Cycadeen sind die Sa- menknospen offenbar metamorphosirte Fiederblättchen der C'arpelle; sie sitzen am Rande derselben und liegen bei Cycas ganz frei; bei den Gne- taceen und Taxus ist die Samenknospe scheinbar das Ende der Bliithen- axe, bei den Cupressineen sind sie einzeln oder in mehreren anscheinend axillär, hei den Abietineen sitzen sie auf einer anscheinend axillären Schuppe (Samenschuppe) die bei den Araucarien kein Stützblatt zeigt. In allen diesen Fällen, mit Ausnahme der Cycadeen, ist der morpholo- gische Ort der Samenknospe und somit die Frage, ob sie blattbürtig oder selbst ein Blatt sei, noch unentschieden.“ Sachs möchte nicht die Samenknospen für wirklich terminal oder wirklich axillär erklären, da man sie sonst für metamorphosirte Sprosse halten müsste, eine Annahme die ihm unwahrscheinlich scheint, weil die Samenknospen der nahe verwandten Cycadeen entschiedene Blattgebilde i Fiederblättchen der Carpelle) sind und weil auch bei der Mehrzahl der Angiospermen die Blattnatur der Samenknospen ganz ausser Zweifel steht, es aber nicht anzunehmen sei, dass in einem so überaus wichtigen morphologischen Verhältnisse innerhalb der Phanerogamen eine wesent- liche Verschiedenheit obwalten sollte. Es führt liier Sachs dann weiter an, dass die drei Samenknospen bei Juniperus (communis) mit dem letzten Blattwirtel alterniren, also je eiu ganzes Blatt repräsentiren. Die Zapfenblätter der Cupressineen dürfte b Bull, de la soc. bot. de France XIII. p. 10 — 13. 1866. 213 man wohl als Carpellblätter bezeichnen und annehmen, dass die Samen- knospen auf denselben stehen, was aber erst die Entwickelungsgeschichte endgültig entscheiden würde. Bei Taxus könnte die Samenknospe auch vielleicht dem ihm nächsten Blatte angehören; ähnlich bei Podocarpus. Bei Abies pectinata ist die Schuppe bei ihrem ersten Auftreten nicht axillär, sondern deutlich eine Protuberanz des sog. Deckblattes, so dass sie Sachs für eine Excrescenz des sogen. Deckblattes halten mochte; dieses letztere wäre somit das eigentliche Carpell und die Schuppe weiter nichts als eine mächtig entwickelte Placenta. In diesem Falle aber ist die Axe des Zapfens eine blosse Bliithenaxe, der Zapfen selbst nicht eine Infiorescenz, sondern eine einfache Blütlie, nach dem Plane der männlichen Abietineen- Blüthe gebaut. • Oerstecl veröffentlichte im Jahre 1868 eine zweite die Coniferen- Blüthe betreffende Mittheilung, dieselbe geht darauf aus zu zeigen, dass die Uneinigkeit in der Deutung der Gymnospermen -Blütlie daher rührt, dass man nicht erkannte, der Entwickelungsgang sei bei derselben der einer rückschreitenden Metamorphose, während es bei den vollkommenen Blüthenpflanzen der einer vorwärtsschreitenden ist. Bei höheren Pflanzen folgen sich die Blattformationen in bestimmter Reihenfolge: unvollkommene Niederblätter tiefer an demselben Sprosse als die Laubblätter, ebenso an dem Blüthenspross die Kelch- und Kro- nenblätter tiefer als die (vollkonnnneren) Staubblätter. Bei den Föhren und Cypressen dagegen beginnt die Pflanze damit vollkominnere Blätter zu bilden, diese finden sich aber nur auf dem ersten Spross; die späte- ren Blätter werden schuppenförmig — dasselbe macht sich an den Blüthen- sprossen geltend, vor Allem bei Cycas, hier sinkt der Blüthenspross zur vegetativen Blattgestalt zurück oder die Verwachsung, welche sonst nur als Missbildung bekannt ist, wird hier normal. Die Cycadeen gelangen nicht weiter als zur Bildung der Deckblatt- formation, und dasselbe ist auch bei den Coniferen für die Staubblätter der Fall: Eier und Staubsäcke bei den ersteren, Staubsäcke bei den letz- teren, treten auf einer Blattformation auf, welche sonst (bei anderen Pflan- zen) dem vegetativen Spross angehört und dessen oberste Region ein- nimmt. ' *) Vklenskabelige Meddelelser fra den uaturhist. foreuing i Kjöbenhavu. 1868. Nr. 6 bis 10. Eine Uebersetzung im Auszug dieser Arbeit, verdanke ich der Güte des Hrn. Prof. A. Braun. 214 Die Befruchtungsorgane der Cvcadeen gehen aus einer Umbildung von Deckblättern hervor und wir haben bei diesen Pflanzen keine Bliithe im eigentlichen Sinne des Wortes. Bei den Farnen sind die Sporangien, die noch Ei und Staubsack zu- gleich sind, auf eine noch niedrigere Blattformation: die Laubblätter herabgedrückt, so dass die Gymnospermen hierin wie in vielen anderen Hinsichten, ein Uebergangsglied zwischen den Bliithenpflanzen und den Sporenpflanzen bilden. Oersted will beweisen, dass in dieser ganzen Pflanzengruppe die rückschreitende Metamorphose der normale Entwicke- lungsgang sei; dass der Staubblätterstand bei den Coniferen und ebenso die beiderlei Geschlechtsorgane der Cvcadeen weder Blüthen noch Bltithenstände sind, sondern ein Verhalten sui generis zeigen — dieses macht nötliig 1) auf die letzt erschienenen Deutungen der Coniferen-Blüthe einzugehen, weiter 2) das morphologische Verhalten der Deckblätter näher zu bestimmen, 3) das Verhältniss zwischen der vor- und riick- schreitenden Metamorphose zu erörtern, 4) die Deutung der Gymno- spermen- Bliithe zu finden. Aus dem ersten Theile nimmt Oersted dieselbe Stellung in der Frage ein, wie in dem zuerst veröffentlichten Aufsätze, er sucht besonders die Auffassung von Sachs zu bekämpfen. Vor Allem hebt er auch hervor, dass der den Keimsack einschliessende Eikern immer ein Axengebilde sei, dass die Staubträger immer ein umgewandeltes Blatt (Ausnahme Najas und Casuarina nach Magnus) vorstellen. Auch findet Oersted eine gewisse Analogie in dem Verhalten der Zweige und der Bltithenstände. Bei den Föhren giebt es zwei Arten vegetativer Sprosse und auch die reproductiven Sprosse unterscheiden sich ähnlich: hei den Zapfen (den Zweigen entsprechend) sind die Achselgebilde, bei den Staubblattständen (den Kurztrieben entsprechend) die Blattgebilde überwiegend. Bei den Picea-Arten ist kein solcher Unterschied unter den vegetativen Sprossen vorhanden und auch die reproductiven stehen in Knospen, die sich nicht unterscheiden. Im zweiten Theile der Arbeit wird das morphologische Verhalten der Deckblätter besprochen. Die Hochblätter und namentlich die Deckblätter bilden eine selbständige Blattformation, ln Folge ihrer Stellung sind die Hochblätter die einzige Blattformation, welche zugleich dem geschlecht- lichen und ungeschlechtlichen Sprosse zukommt; sie sind entweder Deck- blätter, die die Blüthen stützen, oder Vorblätter vom Blüthenstiele aus- gehend und dann als Niederblätter des Blüthensprosses zu betrachten. 215 Die Deckblätter gehören gewöhnlich (wenn auch nicht immer) eigenen Sprossen und Axen an, die den Uebergang zwischen den vegetativen Sprossen und den Bltithen bilden. Grösse, Form und übrige Beschaffen- heit der Deckblätter stimmt wesentlich mit denen der Niederblätter über- ein, im Gegensätze zu den Laubblättern; selten entsprechen sie aber den untersten Niederblättern, gewöhnlich, wenn auch nicht völlig, den höheren, vollkommneren. Sie finden sich auch bei den Coniferen , wo man sie früher vermisste, aber sehr klein. Folgt eine grosse Anzahl Beispiele, die wir hier übergehen. Der dritte und vierte Theil der Arbeit fehlt noch, doch kann man aus dem Schluss des zweiten auf die folgenden schliessen. „Es ergiebt sich hieraus," heisst es hier, „dass die Hochblätter eine eigene selbst- ständige Blattformation bilden, wie die Laubblätter, Kelchblätter u. s. w., ihr Wesen liegt in ihrer eigen thümlichen Stellung, Form und Bau, nicht darin, dass wirklich eine Bliithe auf sie folgt. Sie werden Hochblätter resp. Deckblätter bleiben, auch wenn dieses nicht geschieht, ja sie können andere Functionen übernehmen: wie ein Staubgefäss steril werden und auch andere Functionen übernehmen kann, aber morpholo- gisch ein Staubgefäss bleibt. Dies wird in den folgenden Abschnitten zur Anwendung kommen, wo gezeigt werden soll, dass die Deckblätter bei den Coniferen die Function der Staubblätter und der Fruchtblätter über- nehmen.“ Auf die Arbeit von H. Sperk: „Die Lehre von der Gymnospermie im Pflanzenreich“ J) brauche ich hier schlechterdings nicht einzugehen, es genügt die Tafeln anzusehen, um sich ein Urtheil über dieselbe zu bilden. Erwähnenswerth wäre der historische Theil im Anfang, der ziemlich voll- ständig die ganze Litteratur über die Gymnospermen bringt; — doch auch dieser ist ohne alle Kritik behandelt, so dass er sich nur mit der grössten Vorsicht benutzen lässt. Der Bearbeitung der Gymnospermen in de Candolle’s Prodromus, wurde ein eigenes Loos zu theil. Die Zusammenstellung der Classen- charaktere und die Bearbeitung der Cycadeen übernahm Alph. de Candolle, ein Anhänger der R. Brown’schen Ansichten; die Bearbeitung der Gnetaceen und Coniferen Ph. Pariatore, ein entschiedener Gegner derselben. Alf. de Candolle sieht dies für einen Vortheil an, weil auf diese Weise der jetzige Zustand der Frage am besten im Prodromus seinen Ausdruck *) Memoire de l’acad. de sc. de St. Petersburg. VII. Serie. Tome XIII. Nr. 6. 1869. 216 findet. Die Gründe, welche de Candolle veranlassen sich R. Brown anzuschliessen, sind folgende (1. c. p. 346): 1°. Evolutio partium quae in ovariis centripeta, in ovulis centrifuga, et in semine Cvcadacearum et Coniferarum quoad partem a pluribus ovariuni dictam siniiliter centrifuga. 2°. Seniina in Coniferis interdum (Podocarpus) anatropa, quod in ovariis hucusque cognitis non adest. Et enini ovaria gynobasica Labia- tarum etc., ubi ex forma aliquid simile vidctur, sunt ovaria gibbosa, quorum pars superior (stigniata) a basi valde distans remanet. 3°. Insertio quae ovuli est, nec ovarii sive fioris. Nascuntur enim semina in Coniferis et plerisque Cycadaceis e basi aut iuxta basim bracteae, nunc prophyllis (Caspary), nunc folio ipso bracteali (Dickson, de Dammera) respondentis, ut ovula in pluribus plantis, et in Cycade ex ipso margine folii, ut saepissime in Phanerogamis. Prolificatio e margine folii gemmas (ut in Bryophyllo) aut ovula frequenter gignit, minquam ovaria, id est Hores et equidem inflorescentiae vere cpiphyllac rarissime, mihi solum in quibusdam Begoniis cognitae (Prodr. 15 sect. 1 p. 353,354) pedun- culum praebent ex apice petioli nec e periphaeria limbi ut ovula Cycadis. Transitio ad Angiospermas adest in Gnetaceis, ubi processus ovulo exteriores et praecociores perigonio, potius quam ovario, comparandi videntur (conf. ad Tulasne et Eichler in Fl. bras. fase. 34 et Hook. f. de Welwitschia). Auf Parlatore’s Bearbeitung derConiferen undGnetaceen brauchten wir nicht weiter einzugehen, er vertritt hier die uns bereits aus den Studi organografici bekannten Ansichten. Gegen die von Alf. de Candolle aufgestellten Sätze wandte sich alsbald Caruel.1) Dem ersten Satze De Candolle's, dass die Entwicklung in dem frag- lichen Organe der Coniferen und Cycadeen centrifugal sei, könnte man (meint Caruel) auf die Untersuchungen Bailions sich stützend, ebensogut entgegenhalten, dass sie centripetal sei. In Wahrheit sei sic aber weder centrifugal noch centripetal, da die Theilc, welche die weibliche Bliithe bilden, gleichzeitig auf dem Receptaculum auftreten. Die Entwicklung dieser Tlieile sei durchaus die nämliche, wie der Fruchtknoten mit grundständiger Samenknospe, z. B. der Iuglandeen, Papilio- ’) Nuovo gioniale botanico italiano Vol. I. Nr. 2. 1869. Sulla Gimnospermia delle Couifere. 217 naceen, Salsolaceen, Caricineen, spräche also vielmehr gegen die Gymno- spermie. Ueberhaupt habe aber ein solches Argument keine entscheidende Bedeutung, da notorisch ein und das nämliche Organ häufig eine ver- schiedene Entwicklungsweise zeigen kann. So zeige z. B. das Blatt eine basifuge, basipede oder gemischte Entwicklung, so entstehe der Kelch, statt wie gewöhnlich zuerst, bei den Compositen zuletzt in Gestalt von Haaren. Die Spelze (orciolo) der Carices, das erste appendiculäre Organ einer Achselknospe, bilde sich ganz ähnlich wie das äussere Integument einer Samenknospe: folglich centrifugal, während im Allgemeinen doch die Entwicklung der Knospe eine centripetale ist. Das Androceum sei in seiner Entwicklung manchmal centripetal, manchmal centrifugal u. s. w. Zweitens meint de Candolle: es gäbe anatrope Samenknospen bei Coniferen (Podocarpus), man habe aber nie anatrope Fruchtknoten gesehen; allein dadurch ist die Möglichkeit anatroper Fruchtknoten nicht aus- geschlossen. Ebenso gut wie es orthotrope und anatrope Samenknospen giebt , könne es auch orthotrope und anatrope Fruchtknoten geben; was seien beide Anderes als metamorphosirte Laubknospen; die Laubknospen seien für gewöhnlich orthotrop, allein es seien auch Beispiele von wirk- lichen campylotropen und anatropen Knospen bekannt, so bei Orchideen, bei Ranunculus Ficaria, bei Colchicum, den Gagea-Arten, den Tulpen, den Gladiolen u. s. w. Drittens behauptet de Candolle die Art der Stellung der fraglichen Organe sei hier eine solche, die man wohl an Samenknospen, aber nicht bei Fruchtknoten beobachtet. Er stützt sich hierbei auf die vermuthliche Stellung dieser Gebilde auf Blättern; allein gerade die neuern Untersuchungen haben ja eine solche Stellung in den meisten Fällen in Frage gezogen. Caruel’s Meinung nach, ist die Stellung der fraglichen Organe bei den Coniferen gewiss axillär und nicht epiphyllisch und nur für Cycadeen will er die Frage unentschieden lassen, da er nicht selbst Gelegenheit hatte lebende Pflanzen zu untersuchen. Alex Braun1) beobachtete im bot. Garten zu Berlin eine interessante Missbildung, welche Licht über die wahre Natur des zur Zeit der Reife fleischig werdenden sog. Receptaculum bei Podocarpus Chinensis verbreitet. Er fand nämlich an einem kleinen vegetativen Zweige Anschwellungen der Blattkissen, ebenso saftig-fleischig und sich schon röthend, wie das vor- erwähnte Receptaculum. Somit war festgestellt, was anderweitig auch J) Monatsber. der kgl. Acad. d. Wiss. zu Berlin, October 1869, p. 738. 218 schon vermuthet worden, dass die Bildung des gen. fleischigen Recepta- culunis, nicht aus angeschwollencn Bracteen, sondern durch Ansehwellen der Blattkissen derselben sich bilde. Auf Pag. 739 befindet sich eine Anmerkung, welche sich auf die Deutung „des weiblichen Blüthenstandes oder wenn man lieber will der Blüthe von Podocarpus^ bezieht. Wenn man nämlich zugiebt, dass bei angiospermen Pbanerogamen der Fall vorkommt, dass das Eiknöspchen in der Achsel eines Fruchtblattes steht, ein Fall, der Braun übrigens noch nicht ganz festgestellt zu sein scheint, so kann man in gewissem Sinne auch die Deckblätter der Coniferen, in deren Achsel die Eiknospen sitzen, als Fruchtblätter und somit eine mit mehreren solchen Deckblättern besetzte Axe als eine weibliche Blüthe be- trachten. So bei den Cupressineen, bei Dammara und bei einigen Taxineen, namentlich bei Podocarpus. Einfacher jedoch erscheint es, die weibliche Blüthe der Coniferen als eine auf das blosse Eiknöspchen reducirte anzusehen, welche Betrachtung eine einheitliche Auffassung aller Fälle, auch derjenigen, in welchen die Eiknospe terminal ist (Taxus), zulässt. Ueber die Beschaffenheit der Samenknöspchen kann Braun nichts Ent- scheidendes mittheilen, vor Allem, weil eine Entwicklungsgeschichte der selben fehle. Was die Angaben Baillon’s von der Bildung der Integumente aus zwrei ringförmig zusammenfliessenden Schwielen anbetrifft, so hat Braun keinen Grund dieselben zu bestreiten, aber er bestreitet die Folgerung, dass das auf diese Weise entstandene Gebilde ein Pistill sein müsse. Mit demselben Rechte könnte man es für einen Kelch erklären und mit demselben Rechte kann man es für ein Integument halten, wenn man Integumente überhaupt für ringförmig sich entwickelnde Blattgebilde hält, die nicht nothwrendig den Werth eines einzigen Blattes zu haben brauchen, wie es bei den höheren Phanerogamen, nach den Missbildungen zu urtheilen, allerdings anzunehmen ist. Für die Bildung des Integumentes bei Taxus aus zwei oder mehrereu Blättern spricht bei Taxus die Gestalt des reifen Samens, der bei T. baccata gewöhnlich zweikantig, zuweilen dreikantig, bei T. tardiva nicht selten sogar vier bis fünf Kanten zeigt. Da die Samenknospe hier terminal ist, so ist an einen etwaigen seit- lichen Druck hierbei nicht zu denken, und müssen die Kanten also eine innere Ursache haben. Die im Laufe meiner eigenen Untersuchungen öfters citirte Arbeit Van Tieghem’s ]) muss ich auch hier der Reihe nach erwähnen. VanTieghem ’) Anatomie comparee de la fleur femelle et du fruit des Cycadees, des Coniferes et des Gnetacees. Ann. de. se. nat. V. ser. T. X. 1869. — 219 glaubte gefunden zu haben, dass man Axe und Blatt am sichersten und leichtesten nach der Stellung der Gefässbiindel in denselben unterscheiden könne und wandte nun diese Methode an, um den Werth der Carpellblätter und Placenten der angiospermen Pflanzen und dann auch der gymnospermen Blüthen zu bestimmen. Es handelt sich darum, sagt Van Tieghem, zu erfahren, ob die Reproductionsorgane der Cycadeen, der Coniferen und der Gnetaceen von Blättern oder von Axen getragen werden; im ersten Falle sind sie sicher Ovula, im zweiten fragt es sich dann weiter, ob sie selber appendiculärer oder axiler Natur seien. Nun sind aber, (und das ist das genannte oberste Criterium das bei Van Tieghem entscheidet), die Bündel einer Axe stets symmetrisch um eine gerade Linie orientirt, die Bündel des Blattes stets symmetrisch zu einer Ebene: — die Entscheidung der Frage wird also allein von dem Gefässbündelverlaufe abhängen. Auf diesen gestützt kommt nun Van Tieghem zu dem Resultate: Dass die Cycadeen wahre Gymnospermen sind, da modificirte Blätter dort die Ovula an ihren Rändern tragen und somit offene Carpelle bilden. Die Coniferen besitzen ebenfalls nackte Eichen und sind gymnosperm; allein es ist nie die Bractee erster Ordnung, welche dieselben trägt, sondern sie stehen auf der Rückseite des ersten und einzigen Blattes eines Achselsprosses, der nach Bildung dieses Blattes erlischt. Genanntes Blatt ist ein offenes Carpell, und stellt für sich allein die ganze weibliche Blüthe vor; es ist stets umgekehrt, das heisst dem Deckblatte so opponirt, dass sich beide ihre Oberseiten zuwenden. Die Gnetaceen endlich besitzen ein Ovarium, doch es ist ein klaffendes Ovarium (ovaire beant) ohne Griffel und Narbe. Das Hauptverdienst dieser Arbeit und gleichzeitig die Ursache, welche mich veranlasst, sie öfters im Texte zu citiren, besteht nun aber darin, dass Van Tieghem zuerst erkannte, dass das Gefässbündel in den Frucht- schuppen der Abietineen, statt wie dies in Blättern ganz- allgemein, den Holztheil ihrer Bündel nach oben zu kehren, ihn nach unten, dem Deck- blatte zuwenden, und dass auch die scheinbar einfachen Schuppen wie z. B. der Cupressineen ein doppeltes so orientirtes Bündelsystem be- sitzen, das auf eine Zusammensetzung aus Deckblatt und Achselprodukt hinweist. Im Uebrigen sind die Schlussfolgerungen oft von d6r aller- eigenthümlichsten Art, so z. B. wenn der Verfasser mit Hülfe seiner (Methode zu dein Resultate kommt, dass die Eichen von Ephedra und Taxus einem Blatte inserirt sind, dass der lange Stiel bei Salisburia ein Blattstiel, die ganze Bildung ein Carpellblatt mit Samenknospen sei u. s. w. 220 Oft erheiternd ist der Eifer mit dem der Verfasser bei jeder Gelegenheit die Entwicklungsgeschichte und alle anderen Untersuchungsmethoden an- greift und die seinjge, die anatomische als die einzig seligmachende preist: „wie sie doch in manchen Fällen zu so ganz unerwarteten Resultaten führe!" Bei Gelegenheit der Beschreibung von Lagarosiphon Schweinfurthii Casp. s. n.1) bei welcher der äussere Integumentrand mit 4—5 ungleichen unregelmässigen Zähnen oder Lappen endet, kommt Caspary auch wieder auf die Coniferen zu sprechen. Er wurde lebhaft, meint er, bei Betrach- tung dieses Randes, an den etwas unregelmässig melniappigen oder gezähnten Rand der Samenknospenhülle bei Cupressus sempervirens L., Callitris, Juniperus virginiana L., Juniperus sabina L. etc. erinnert. Diese Randbildung sei für einige Neueren unter andern ein Grund gewesen, die Samenknospenhülle der Coniferen für ein aus mehreren Fruchtblättern gebildetes Ovarium zu erklären; hier sei es klar, dass wir es mit einer Samenknospenhülle zu tlmn hätten, und somit falle auch der aus dieser Zahnung gezogene Schluss für die Coniferen. Einige hier bezügliche Angaben finden wir auch in einer Arbeit von Magnus: Beiträge zur Kenntniss der Gattung Najas L. Eine vorläufige Mittheilung derselben veröffentlichte Magnus schon 1869 (Bot. Zeit. No. 46), das Werk selbst erschien 1870. Magnus weist in demselben unter anderen die Axennatur der Samenknospe von Najas nach: diese finde vor Allem ihre Analogie bei Taxineen und Gnetaceen, bei denen das Ovulum aus dem Scheitel der Axe resp. einer Achselknospe sich bilde. Die von Sachs gegen die axile Natur des Ovulum von Taxus und Verwandten erhobenen Einwendungen - seien mehr speculativer Natur, von der Voraussetzung geleitet, dass ein Ovulum einem Blattorgan entsprechen müsse. Nun sei die axile Natur aber auch für die Angiospermen-Ovula nachgewiesen, die an der Stelle des Scheitels der Blüthenaxe stehen. Die Hüllen der weiblichen Blüthe von Najas erheben sich im ganzen Umkreise der Axe gleichzeitig, und theilen sich erst nachträglich durch un- gleichmässiges Wachsthum des Randes in mehrere Zähne. Die Hüllen sind ganz gleichmässig im ganzen Umkreise gebaut, so dass sie Magnus für einblättrig erklärt. Der Mangel jeder Mediane bildet hier zwar eine bedeutende Schwierigkeit der Deutung, doch finden sich einige analoge Fälle medianloser Blätter bei Monocotylen. Am grössten ist hier freilich ') Bot. Zeit. 1870. p. 88. die Analogie mit den Integumenten der Ovula. Diese stehen zum Kerne des Ovulum in demselben Verhältnisse, wie Blätter zur Axe, und wenn man das Ovulum als metamorphosirte Knospe betrachtet, worüber sich hier Magnus nicht ausbreiten will, so wären sie als Blätter der Ovular- knospe zu bezeichnen. Auch theilen sich die Integumente, wie die Hüllen zuweilen in zwei oder mehr Zipfel. Bailion hat ähnliches an den Ovulis der Coniferen beschrieben, Caspary diese Angaben bestätigt, doch mit der Modification, dass die Mündung keineswegs stets zweitheilig und so regel- mässig gelappt ist, wie Bailion es beschrieben. — Endlich weist Magnus auf die Aehnlichkeit des Baues der männlichen Najasblüthe mit dem Bau des orthotropen Ovulum. In der That sei zwischen der männlichen Blüthe von Najas minor All. und dem Ovulum von Taxus (von der Zahl der Hüllen abgesehen) kein anderer Unterschied, als dass an Stelle der ein bis drei Embryosäcke im Kern des Ovulnm von Taxus, mehrere Pollen- mutterzellen im Kern der männlichen Najasblüthe gebildet werden. Analog dieser engen Beziehung zwischen dem Ovulum und der männlichen Najas- blüthe haben James A. Salter an Passiflora palmata und Maxwell T. Masters an Rosa arvensis monstroese Ovula beobachtet, in deren Kern statt der Embryosäcke Pollen gebildet war. In Delpinos „Ulteriori osservazioni sulla dicogamia nel regno vegetale“ 1870, p. 26 findet sich eine Stelle, die ich hier anführe, weil sie sich in Beziehung zu einer Erscheinung bringen lässt, die Robert Brown mit1 bestimmte die Bliithen der Coniferen für Samenknospen zu erklären, nämlich dass die Pollenkörner hier unmittelbar auf den Knospenkern gelangen. „Eine wahre Narbe im morphologischen Sinne“ heisst es bei Delpino „ist eine apicale Bildung der Placenta (Erinus und der grösste Theil der Papaveraceen) oder der Placenta und der Carpellblätter (Elscholtzia) oder der Carpelle allein (Primulaceae) oder der mit den Placentcn verschmolzenen Carpelle, bei den meisten Pflanzen. Im physiologischen Sinne hat eine wahre Narbe den Zweck, den Pollen anzuhalten, zur Bildung der Schläuche anzuregen und diese zu den Eichen zu führen. Das sog. Stigma der Gymnospermen erfüllt nun streng genommen keine dieser Functionen, und kann morphologisch auch nicht als placentare oder carpellare Bildung angesehen werden. Somit verdient es eine andere Bezeichnung. , Einige sehen es für eine Micropyle an. Ungeachtet nun diese Bezeichnung vom physiologischen Gesichtspunkte aus nicht richtig ist, weil die Micro- pyle der Angiospermen eine ganz andere Function versieht, wollen wir diese Bezeichnung beibehalten, da sie morphologisch im Allgemeinen 222 richtig- ist. Nun geht Delphin auf die Function der gymnospermen Micropyle ein und zeigt, was auch ich im Laufe desselben Jahres nach- gewiesen hatte, *) dass dieselbe Flüssigkeitstropfen ausscheidet, in welchen die Pollenkörner sich ansannneln. Somit hat sie in ihrer Function durch- aus keine Aehnlichkeit mit der Micropyle der angiospermen Samenknospe, so dass man dieses Verhalten durchaus nicht mit als Stütze für ihre Natur anführen kann. Der wiederholte Nachweis der Axennatur der Samenknospen tvou Eichler für Helosideen, -) von Schmitz für Piperareen,3) von Magnus für Najasb veranlasste Sachs in der zweiten Auflage seines Lehrbuchs il87o von seinen früheren Deutungen etwas abzugehen, ip. 4<>-F „Betrachtet mau die morphologische Natur derjenigen Gebilde, aus denen die Samenknospe unmittelbar entspringt, so ergiebt sich eine beträchtliche Mannigfaltigkeit nur selten erscheint die Samenknospe als Verlängerung, als Schlussgebilde der Blüthenaxe selbst, so dass der Knospenkern geradezu den Vegetations- kegel der letzteren darstellt, wie bei Taxus, Polygoneen; häufiger ist es schon dass die Samenknospe seitlich unter dem Scheitel der Blüthenaxe hervor- wächst, also in der Stellung einem Blatte entspringt, wie hei Juniperus, den Primulaceen und Compositen. Der häufigste Fall aber ist der, dass die Samenknospen aus unzweifelhaften Blättern den Carpellen: (Frucht- blättern) entspringen und zwar gewöhnlich aus dem Rande derselben, wie Fiederblättchen aus dem Blatte, so z. B. sehr deutlich bei Cycas . . . .“ Somit wären in dem einen Falle die Samenknospen als metamor- phösirte Caulome, in dem andern als metamorphosirte ganze Blätter, in dem dritten als metamorphosirte Fliederblättchen zu betrachten; ja, manche Samenknospen (bei Orchideen,) scheint es sogar möglich als metamor- phosirte Trichome aufzufassen, ähnlich wie die Sporangien der Farne und Rhizoearpeen. „Die Samenknospen der Cupressineen p. 425) stehen zuweilen scheinbar in den Achseln der Carpelle, es ist aber zuweilen deutlich, dass sie aus diesen selbst, tief unten an ihrer Insertion, aber auch höher oben ent- springen.“ Die Fruchtschuppen der Abietineen werden auch jetzt als Placentarbildungen des äusseren Deckblattes oder C’arpellblattes gedeutet p. 426). ') Jenaische Zeitsclir. f. Med. u. Xaturwiss. Bd. VI. Heft 2. ') Bot. Zeit. 1868. s. 546. ä) Bot. Zeit. 1870 s. 40. 8) i. c. p. 30. — 223 — Endlich erübrigt es uns noch einer Arbeit Hugo v. Mohl’s vom An- fänge dieses Jahres zu erwähnen: „Morphologische Betrachtung der Blätter von Sciadopitys. ') v. Mold kam nach eingehender anatomischer Unter- suchung zu dem Resultate, dass die sog. Blätter von Sciadopitys, mor- phologisch als die beiden, mit ihren Innenrändern verwachsenen, ein- zigen Blätter, einer sonst nicht zur Entwicklung kommenden Achselknospe seien. Dieses Doppelblatt besitzt dem entsprechend ein doppeltes Ge- fässbündel und kehrt seine morphologische Oberseite und den Holztheil beider Bündel dem Deckblatte zu. v. Mold erblickt in diesem ganzen Ver- halten eine auffallende Analogie mit der Fruchtschuppe der Abietiueeu. Zwar ist Carpary, auf eine Missbildung bei Larix gestützt, der Ansicht, dass die beiden Blätter, welche die Fruchtschuppen bilden, hier mit ihren, dem Deckblatte zugekehrten Rändern verwachsen seien, und somit .wie gewöhnliche Carpelle ihre Eichen auf der oberen Blattseite tragen; doch lassen die Figuren von Oersted, der Missbildung bei Picea excelsa, anderer- seits auch keinen Zweifel darüber bestehen, dass dort die Verwachsung mit den entgegengesetzten Rändern erfolgt war. Für diese letzte Deutung sprachen schliesslich entschieden die anatomischen Untersuchungen Van Tieghems, näm- lich der Nachweis, dass die Fruchtschuppe der Abietineen ihre Tracheen dem Deckblatte zuwendet. Diese letzte Annahme scheint somit v. Mold unab- weisbar und so würde die Blattbildung von Sciadopitys in der vegetativen Sphäre der Coniferen, einen den Fruchtschuppen in jeder Beziehung ähn- lichen Fall bieten, und ein Beispiel dafür liefern, dass bei den Gymno- spermen die vegetativen Organe und die Fructificationsorgane durch eine weniger tiefe Kluft von einander geschieden sind, als bei den Angiospermen. Ich habe mich im Vorstehenden verleiten lassen, etwas ausführlicher auf die Litteratur einzugehen, als es ursprünglich in meiner Absicht war, und namentlich sind es die neuesten Arbeiten gewesen, die ich mit beson- derer Vorliebe behandelt habe. Dieses wurde mir durch meine eigenen Untersuchungen, die so vielfach an dieselben anzuknüpfen hatten, sehr nahe gelegt, und will ich nur wünschen, dass diese Uebersicht- allen Denjenigen, die selbst nicht Gelegenheit hatten, sich speciell mit dieser Frage zu beschäftigen, nicht ganz unwillkommen sein möge. Sie kann, wie ich es denke, Anspruch auf einige Vollständigkeit machen — es sei denn, dass ich Arbeiten in derselben unerwähnt gelassen habe, die meines Erachtens nach ohne jeden Einfluss auf die Entwickelung der Frage geblieben sind. , *) Bot. Zeit. 1871. Nr. 1 u. 2. Von besonderem Interesse war es mir die eigeuthiimlichen Contro- versen zu verfolgen, die sich im Laufe aller dieser Untersuchungen ent- wickelt haben; — den Gründen auf der einen Seite, wurden stets entgegengesetzte vorgehalten und es dürfte auch nicht ein Argument unangefochten geblieben sein. Eine endgültige Entscheidung, die alle anderen Gegengründe beseitigt hätte, fehlte noch immer; — wie weit es mir nun selbst gelungen ist die Frage dieser endgültigen Lösung näher zu bringen, darüber wird eine spätere wissenschaftliche Kritik zu urtheilen haben. Die Ueberzeugung hatte ich jedenfalls aus dem Studium dieser ganzen Litteratur gewonnen, dass auf dem Wege der blossen Analogien diese Aufgabe nicht zu lösen war. Als ich in der Folge beschloss, die Conifereu- und Gnetaceen- Blüthen zum Gegenstände eingehender Studien zu machen, nahm ich mir vor, alles mir zugängliche Material in den Kreis meiner Untersuchung zu ziehen und den Werth der in Frage kommenden Gebilde genealogisch bestimmen zu suchen. Nicht weitgehende Analogien, denen sich in den meisten Fällen andre entgegengesetzte Vorhalten lassen, sollten entschei- den, sondern die wirkliche Homologie, d. h. der genetische Zusammenhang. Stillschweigend ging ich hierbei von der Hypothese aus, die eine Ent- wicklung der Organismen aus gemeinsamer Quelle, eine Blutverwandtschaft derselben annimmt. Gelingt es auf diesem Wege den Zusammenhang zweier Bildungen nachzuweisen oder doch, um streng wissenschaftlich zu sprechen: im hohen Grade wahrscheinlich zu machen, so ist unsere Auf- gabe gelöst. Deshalb wurden immer nur die nächstverwandten Formen mit einander verglichen, diese wiederum mit nächst verwandten u. s. w Die Analogien werden nur dort zu Hülfe gezogen, wo Lücken in der Reihe vorhanden, im Allgemeinen aber kein grosses Gewicht auf dieselben gelegt, weil ihnen keine entscheidende Kraft mehr zukommt. Diese Unter- suchungsmethode dürfte gewiss die Approbation aller derjenigen finden die — eine „Entwicklung“ der Organismen annehmen — und diese wird durch jede vergleichende Untersuchung unendlich nahe gelegt; aber auch selbst diejenigen, die an die Unwandelbarkeit der Art glauben, werden zugeben müssen, dass eine Untersuchung, welche sich zur Aufgabe macht eine Frage durch Vergleich zu lösen, jedenfalls am sichersten fährt, wenn sie das Allernächste zu vergleichen sucht. Freilich würde es mir in diesem letzten Falle ziemlich schwer fallen, mich von dem Werthe eines solchen Vergleichens zu überzeugen, denn wenn es so viele Arten giebt,, als von Anfang an erschaffen wurden, so sind es eben ganz heterogene Dinge, deren Vergleich zu keiner wissenschaftlichen Erkenntniss führen kann. — Man könnte sich dann wohl einer grösseren oder geringeren Aehnlich- keit zwischen zwei Formen freuen, Aufschluss über ihre Natur würde aber dadurch nicht gewonnen werden. Nach einem abstracteu gemein- samen Bauplane zu suchen, der der ganzen Schöpfung etwa zu Grunde lag, dürfte aber kaum die Aufgabe des Naturforschers sein. Ich wiederhole hier jetzt in Kürze die Ergebnisse meiner Unter- suchungen: "Weibliche Bliithen. A. Coniferae. I. Taxaceae. 1. Taxeae. % Die Blüthe von Taxus baccata entsteht als secundäre Achselknospe in der Achsel des obersten 8 — 13ten Niederblattes eines kleinen Triebes mit begrenztem Wachsthum, welcher selbst als primäre Achselknospe in der Blattachsel eines nächst älteren Zweiges angelegt wurde. Diese Achsel- knospe beginnt mit drei decussirten Vorblattpaaren und endet mit dem Carpellblattpaar der Blüthe, welches mit dem letzten Vorblattpaare alternirt. Das Carpellblattpaar wird gewöhnlich von zwei Gefässbündeln durchzogen, die sich wie die Vorblattbümlel verhalten, und schliesst den nackten Knospenkern ein. Um die Basis der Blüthe bildet sich gleich- mässig, im Umkreise, ein discoides Gebilde, das zur Cupula auswächst. I Hin und wieder trägt auch das nächst untere Niederblatt der pri- mären Achselknospe eine secundäre Achselknospe, die mit einer Blüthe endet, so dass wir eine kleine zweiblüthige Infiorescenz erhalten. Das Deckblatt in dessen Achsel die primäre Achselknospe steht, erhält ein Bündel aus dem vegetativen Zweige, die primäre Achselknospe zwei, so dass wir auf dem Querschnitte hier zwei obere und ein unteres Bündel austreten sehen. Aehnlich verhalten sich die Bündel an den Ursprungs- stellen der sec. Achselknospen. Torreya nucifera unterscheidet sich da- durch hauptsächlich von Taxus baccata, dass die primäre Achselkno'fo in der Niederblattachsel eines gleich alten Zweiges entsteht, ein einziges transversales Blattpaar anlegt, und normal zwei Achselkuospeu in den Strasburijer, Coniferen und Gnetaceen. lj 22G Achseln dieser beiden Blätter entwickelt. Jede dieser beiden sec. Aclisel- knospen entwickelt zwei decussirte Blattpaare» endlich zwei Carpellblätter» die wie bei Taxus- sofort verschmelzend» die Fruchtknotenhülle um den nackten Knospenkern bilden. Die Cupula entwickelt sich frühzeitig und bebt die ganze Blüthe mit empor. Der Gefässbündelverlauf ist ganz der nämliche wie bei Taxus» doch erhalten die Carpellblätter keine Bündel. Die Blüthenbündel lösen sich, zu einem Kreise unter dem Nucleus auf» werden bei seiner Hebung durch die Cupula mit in die Länge gezogen und lassen sich nun eine Strecke weit an der innern Grenze der Cupula» im Umkreise» bis zur Nueleusbasis verfolgen. Cephalotaxus Fortune besitzt ganz ähnliche zweiblüthige Inflorescenzen wie Torreya nucifera, unterscheidet sich aber von derselben» 1) durch den Mangel jeder Blattbildung an diesen kleinen Inflorescenzen und 2) dadurch» dass die Inflorescenzen nicht an einem rein vegetativen Zweige mit unbe- grenztem Wachsthum» sondern an kurzen Trieben mit begrenztem Wachs- thum» in den Achseln decussirter Niederblattpaare» in grösserer Anzahl zu einem Zapfen vereinigt» stehen. Die Blüthen werden unmittelbar ohne jede Deckblattbildung rechts und links an einer ganz rudimentären Achsel- knospe angelegt» und sind ausserdem noch ausgezeichnet durch den Mangel einer Cupula. Ginkgo biloba schliesst sich ganz an Cephalotaxus an» nur streckt sich die Achselknospe unter der Insertion der Blüthen zu einem langen Stiele. - Häufig werden hier ausser dem ersteren transversalen Blüthen- paare auch noch eine oder beide Blüthen eines medianen Paares angelegt Die Cupula fehlt auch hier» und die unregelmässige kreis- förmige Anschwellung an der Basis der Blüthen scheint vielmehr ein Rudiment zweier Vorblätter zu sein. Die Fruchtknotenwandung ist ein- fach» die innere holzige Schale wird durch das Verholzen der inneren Schichten dieser Wandung gebildet. Sie wird nicht von Gcfässbiindeln durchzogen» doch zeigt sie zwei Kanten, der Mediane der beiden Carpell- blätter entsprechend, diese Kanten sind besonders an den innern verholzten Theilcn sichtbar. Im Uebrigen schliesst der Gefässbündelverlauf durchaus an Taxus, Torreya und Cephalotaxus an. 2. Podoearpeae. Phyllocladus bildet seine Blüthe unmittelbar als primäre Achselknospe in der Achsel eines Deckblattes, Vorblätter werden an derselben nicht gebildet, die beiden ersten transversalen Blätter sind die Carpellblätter. Die ’Blüthen stehen alternirend in unbedeutender Anzahl an kleinen Trieben mit begrenztem Wach stimm, einen kleinen Zapfen bildend. Die Deckblätter und die Rachis dieses Zapfens schwellen bedeutend an und werden fleischig, die Blüthen sind bis zur halben Höhe von einer weissen, am Rande gezähnten Cupula umgeben und zwischen der Rachis und dem kahnförmigen fleischigen Deckblatte eingeschlossen. Dacridium unterscheidet sich von Phyllocladus besonders durch die, auf die Deckblätter hinaufgerückten Blüthen. Diese stehen wie bei Phyllo- cladus unmittelbar an primären Achselknospen in den Achseln der Deck- blätter, sind aber kurz gestielt und dieser Stiel mit dem Deckblatte verwachsen, so dass sie scheinbar aus dessen Mitte entspringen. Es findet hier eine Bevorzugung des Wachstlmms der äussern Seite der Blüthen- anlage statt, wodurch diese in eine gegen die Axc geneigte Lage zu stehen kommt; auch wird aus gleichen Ursachen die Cupula stark einseitig (auf der äusseren Seite) entwickelt, schliesst sich im Uebrigen durchaus an Phyllocladus an. Auch der Gefässbündelverlauf ist hier der nämliche, die Carpellldätter erhalten in beiden Fällen keine Bündel. Die Blüthen stehen an den Enden junger vegetativer Zweige, so dass also kaum eine bestimmte Zapfenbildung zur Geltung kommt. Podoearpus dacridioides zeigt die nämliche Stellung der Blüthen wie Dacridium; die Blüthen entstehen ebenfalls ohne alle Vorblätter als pri- märe Achselknospen, doch sind sie noch mehr mit dem Deckblatte ver- wachsen und zeigen eine noch viel auffallendere Bevorzugung des Wachsthums ihrer Aussenseite, wodurch die ganze Bliithe hier umgekehrt und von der einseitig entwickelten Cupula überdacht wird. Die Cupula wird frühzeitig, ähnlich wie bei Torreya angelegt, sie hebt die ganze Bliithe mit empor, wodurch auch hier die Gefiissbündel gestreckt werden und einen Bündelkreis bilden, der zwischen Cupula und Bliithenaxe bis an die Nucleusbasis läuft. Podoearpus Chinensis unterscheidet sich im Bau der Blüthen durchaus nicht von P. dacridioides, dadurch aber, dass hier die Blüthen nicht an den Enden, sondern an der Basis gleichalter Zweige in der Achsel der Niederblätter gebildet werden, und zwar ähnlich wie bei den Taxeae, in zwei — resp. einblüthigen Infloreseenzen. * Die primäre Achselknospe erzeugt drei decussirte Blattpaare, das mittlere ist einseitig oder beiderseits fertil und trägt die, als secundäre Achselknospe angelegte, mit dem Deckblatte verwachsene Bliithe. ' 228 II. Araucariaceae. 1. Cupressineae. Thuja occidentalis erzeugt wie die Taxeae in den Achseln der Deck- blätter kleine zweiblüthige Inflorescenzen. Sie verhalten sich ganz ähn- lich denen von Cephalotaxus; sie sind auf die beiden Blüthen und den rudimentären Vegetationskegel der Achselknospe zwischen denselben re- ducirt. Die Fruclitknotenhülle der Blüthe wird wie bei Taxaceen aus zwei Carpellblättern gebildet. Die fertilen Deckblätter stehen in 4 — 6 decussirten Paaren zu einem Zapfen vereinigt. Unterhalb der Insertions- stelle der Blüthen wächst, nachdem sie völlig angelegt, eine beiden ge- meinsame, einseitige, discoide Bildung hervor, der einseitigen C’upula der Podocarpeen vergleichbar, wenn auch kaum von derselben direct abzuleiten; sie erhebt sich gleichzeitig mit dem an der Basis wachsenden Deckblatte und bleibt mit ihm verbunden, die innere Verdickung an demselben bildend. Die zweiblüthige Inflorescenz erhält wie bei Taxaceen zwei Achsel- knospenbündel, das Deckblatt wie dort ein Blattbündel; charakteristisch ist hier aber, dass die Achselknospenbündel nicht unter den Blüthen enden, sondern unverändert ihre Richtung beibehaltend, sich in die dis- coide Bildung die Fruchtschuppen) fortsetzen und hier sich spaltend, ein' dem Deckblattbündel gegenüberliegendes, ihm die Schraubengefässe zukeh- rendes System darstellen. Die Blüthen erhalten überhaupt keine eigenen Bündel, sie scliliessen nur mit Transfusionsgewebe an die, unter denselben laufenden Fruchtschuppenbündel an. Wie Thuja occidentalis verhält sich auch Biota orientalis, nur dass in den Achseln der oberen Deckblätter des Zapfens eine Blüthe, als unmittelbare, primäre Achselknospe, erzeugt wird. Aehnlich auch viele andere Cupressineen. Juniperus communis unterscheidet sich dadurch, dass nur ein Blatt- wirtel und zwar der oberste fertil ist, und dass er aus drei Blättern besteht. Die Inflorescenzen in den Achseln dieser Blätter sind auf je eine einseitige Blüthe reducirt, die in Folge dessen mit dem Blattwirtel zu alterniren scheinen. Die Fruchtschuppe wird hier nur schwach entwickelt, die Deck- blätter erheben sich gleichzeitig an der Basis mit einander verbunden, werden fleischig und bilden die Scheinbeere. — Der Gefässbündelverlauf ist wie bei den anderen Cupressineen. 229 Die Mitte zwischen Juniperus communis und den Thuja-Arten halten Juniperus Sabina, virginiana, oxycedrus — Cupressus funebris, sempervirens und Verw., unterscheiden sich aber nur dadurch, dass sie eine grössere Anzahl von Blüthen in der Achsel eines Deckblattes anlegen, eine ein- seitige gestauchte Cyma darstellend. Die discoide Bildung: die Frucht- schuppe, ist hier ebenfalls diesen sämmtlichen Blüthen gemeinsam. Die aus Deckblatt und Fruchtschuppe verwachsenen Schuppen haben eine schildförmige Gestalt; die Verschmelzung beider ist so vollständig, dass die Fruchtschuppenbündel das Deckblattbündel seitlich theilweise umfassen. Ganz wie die Cypressen verhalten sich auch Chamaecyparis-Arten, nur dass die Deckblattbündel noch vollständiger von den Fruchtschuppen- bündeln umgeben werden. 2. Taxodineae. Cryptomeria, Glyptostrobus und Taxodium sind sehr nahe mit ein- ander verwandt und unterscheiden sich von den Cupressineen durch die spiralige Stellung der Schuppen an den Zapfen, die grössere Zahl dersel- ben, überhaupt eine vollständigere Zapfenbildung. Die Blüthen stehen auf- recht in den Achseln der Schuppen in wechselnder Anzahl und sind wie bei Cupressineen gebaut, Fruchtschuppe und Deckblatt sind völlig ver- schmolzen oder die Fruchtschuppe endet nur in einzelnen freien Zähnen. Die Entwickelung ist die nämliche. Das Gefässbündelsystem in der Schuppe doppelt und durchaus an Chamaecyparis anschliessend, indem das einfache Deckblattbündel seitlich von den Fruchtschuppenbündel umfasst wird; ja die untersten Fruchtschuppenbündel kommen in derselben Höhe wie das Deckblattbündel zu stehen und kehren, wie dieses, ihre Tracheen nach oben, so dass es nur durch das Verfolgen des ganzen Verlaufs mög- lich wird, ihre Zugehörigkeit zu den Fruchtschuppenbündeln zu erkennen. Aus der Rachis werden für jede Schuppe drei Bündel abgegeben, zwei obere und ein unteres, eines der oberen theilt sich sofort, so dass man gleich an der Schuppenbasis drei obe^e und ein unteres Bündel hat. Die oberen versorgen mit je einem schwachen Zweige die Blüthen. Die Zweige lösen sich unter der Basis derselben in Schraubenzellen auf. In der Rachis schliessen die beiden Achselknospenbündel und das Blattbündel völlig ge- sondert in dem Gefässbündelkreise an. 3. Sequoieae. Zu dieser Tribus rechnen wir Sequoia und Arthrotoxis; sie unter- scheiden sich von den Taxodineen durch ihre umgekehrten Blüthen. Fruchtschuppe und Deckblatt sind wie bei Taxodineen völlig verschmol- zen, sie bilden an älteren Zapfen einen schildförmigen Körper, der an der Basis sich in einen dünnen Stiel verschmälert. Die 5 — 8 Blüthen stehen um die obere Hälfte dieses Stieles: an jungen Fruchtschuppen, noch bevor der Stiel entstanden, mehr aufrecht, später nach vollendeter Streckung des Stieles, völlig umgekehrt und demselben angedrückt, so- mit einen Uebergang von den Tribus mit aufrechten Blüthen zu denjeni- gen mit umgekehrten bildend. Die Entwickelung wie bei den Taxodi- neen. Die beiden Gefässbündelsysteme laufen getrennt in der Schuppe, beide theilen sich in eine grosse Anzahl Zweige und laufen mehr oder weniger in zwei zu einander parallelen Ebenen, ohne dass das obere das untere umfasst. Die Blüthen werden nur durch ganz schwache Zweige versorgt, welche seitlich von den Fruchtschuppenbündeln abgehen und noch unterhalb der Blütheninsertion erlöschen. 4. Sciadopiteae. Sciadopitys erheben wir zu einer besonderen Tribus, da sie sich von den Sequoieae durch ihren Habitus und den Bau der Zapfen unter- scheidet, von den Abietineen aber, denen sie sich in ihrem Habitus und Zapfen anschliesst, durch die Verwachsung von Deckblatt und Fruchtschuppe und durch die grössere Anzahl (7 — 9) Blüthen. Auch sind die Blüthen völlig frei, beiderseits der Mediane der beiden Carpellblätter entsprechend, schwach geflügelt und zeigen in so fern wieder mehr Verwandtschaft mit den Sequoieae. Entsprechend ihrer doppelten Zusammensetzung zeigt die Schuppe ein doppeltes Bündelsystem, zwei obere und ein unteres Bündel; die oberen theilen sich und versorgen mit schwachen Seiten- zweigen die Blüthen; das untere bleibt einfach. 5. Abietineae. Mit Sciadopitys nahe verwandt, doch durch die eben erwähnten Charaktere unterschieden. Bei den Abietineen sind Deckblatt und Frucht- schuppe von einander getrennt, die Fruchtschuppen stets zweiblüthig, die Blüthen umgekehrt und auf der Innenseite mit der Fruchtschuppe ver- wachsen. Der Gefässbündelverlauf wie bei Sciadopitys, das untere Bündel läuft in das Deckblatt, die beiden oberen in die Fruchtschuppe, theilen sich und versorgen mit schwachen Seitenzweigen die Blüthen. Sic münden getrennt in den Bündelkreis der Racliis ein. 231 Die Zapfen stehen an Stelle der Zweigknospen an den jungen Trieben; die Deckblätter werden an der anschwellenden Zapfenanlage zuerst im Herbste, die Fruchtscliuppen in ihren Achseln im Frühjahr angelegt. Die Anlage erscheint als transversaler Wall, an dem ein Vcgetations- kcgel und zwei Blatthöcker zu bemerken sind. Die Bildung der Frucht- schuppe beginnt noch vor dem Sichtbarwerden der Blüthen, sie entsteht ' durch einseitiges Wachsthum des hinteren Randes der Anlage; der Scheitel derselben wird in Folge dessen auf die Oberseite verschoben und ebenso die Blattrudimente. Hier kommen dann auch die Blüthen zu stehen, die eigentlich Achselproducte der beiden Blätter sind, und werden bei fort- dauerndem einseitigen Wachsthum der Anlage schliesslich ganz umgelegt. Die Fruchtschuppe der Abietineen ist somit eine zweiblüthige Inflorescenz, ohne Vorblätter, ähnlich der zweiblüthigen Intlorescenz von Cephalotaxus unter den Taxeae, verwandt der von Biota oder Thuja unter den Cupres- sineae. Von den kleinen zweiblüthigen Infforescenzen der genannten Cupres- sineae unterscheidet sie sich nur in sofern, als hier die Entwickelung der Fruchtschuppe vor der Anlage der Blüthen erfolgt und diese somit auf die Schuppe hinaufgerückt werden. Den Uebergang von den Cupressi- neen zu den Abietineen vermitteln in dieser Beziehung die Taxodineae und Sequoieac. Es gilt für dieselben die nämliche Deutung wie für Cu- pressineae und Abietineae. Die Taxodineen mit aufrechten Blüthen nähern sich mehr den ersteren, die Taxodineen uud Seiadopiteen mit um- gekehrten Blüthen den letzteren — wobei das Verhältuiss von Sequoia oder Sciadopitys mit zahlreichen Blüthen, zu den zweiblüthigen Infiores- ccnzcn der Abietineen das Nämliche ist, wie das von Cupressus etwa zu Thuja. G. Araxicarieae. Die Araucarieen werden meiner Auffassung nach von den drei Gat- tungen Cunninghamia, Dammara und Araucaria gebildet. Diese schliessen an keine der andern Tribus der Araucariaceen direct an, sind vielmehr die Endglieder eines einst mächtigen Zweiges, aus dessen Basis die an- dern Tribus durch Vermittelung der Cupressineen entsprungen sind. Besonders eigenthümlich ist bei den heutigen Araucarieen die schwache Entwickelung der Fruchtschuppe und eine Verschmelzung der Deckblatt- und Achselknospenbündel, wie sie sonst in keiner andern Tribus vor- kommt. 232 Die ausgewachsenen Schuppen von Cuuninghamia werden fast ihrer ganzen Masse nach vom Deckblatt gebildet, die Fruchtschuppe ist nur noch als schwacher gezähnter Saum über der Einfügung der Bliithen zu er- kennen. Jede Schuppe trägt drei Blüthen, die in halber Höhe an derselben eingefügt sind, umgekehrt, doch ganz frei, schwach geflügelt. Das Deck- blattbündel und die Achselknospenbündel sind an der Basis der Schuppe innig verschmolzen und münden wie ein gewöhnliches Blattbündel in den Bündelkreis der Rachis ein. Die Achselknospenbündel befreien sich auch nicht gleichzeitig von dem Deckblattbündel, sondern an der Basis der Schuppe zunächst einseitig ein, oder wie gewöhnlich beiderseits je ein Bündel, welche sich dem Deckblattbündel gegenüberstellen und dann die mittlere Blüthe versorgen; höher, nachdem das Deckblattbündel sich zu spalten begonnen, werden von den Randbündeln desselben noch beiderseits je ein Bündel abgegeben, welche unter den beiden seitlichen Blüthen er- löschen. Die Bündel haben hier eine eigentümliche Vereinfachung erfahren; doch ist das doppelte Bündelsystem nicht zu verkennen. Dieses doppelte Bündel, so wie die Homologie mit den andern Tribus weisen darauf hin, dass auch die Schuppe von Cunningliamia aus einem Deckblatte und einem Achselprodukte verwachsen sei und zwar wird dieses hier seiner ganzen Masse nach mit auf das Deckblatt emporgehoben, ähnlich wie bei Podocarpus unter den Taxaceae, die Blüthe wie dort in Folge einer Be- vorzugung des Wachsthums auf der Aussenseite der Anlage umgekehrt, doch die eigentliche discoide Bildung: die Fruchtschuppe, nur sehr schwach entwickelt. Dieses Achselprodukt bildet hier eine kleine dreiblüthige In- florescenz aus einer mittleren Blüthe, die zuerst zur Entwickelung kommt und aus zwei Seiteubliithen aufgebaut. Die Dammaraschuppe unterscheidet sich zunächst von der von Cun- ninghamia nur durch ihre Einblüthigkeit und es unterliegt keinem Zweifel, dass wir es hier ebenfalls mit einer achselständigen Blüthe zu thun haben, die mit dem Deckblatte verwachsen ist. Von der ganzen Frucht- schuppe ist nur noch eine Anschwellung über der Ansatzstelle der Blüthe geblieben. Die Blüthe ist völlig frei, einseitig stark geflügelt, mit langge- zogenem Xucleus, der zur Fruchtknotenmündung hervorsieht. Der Gefäss- bündelverlauf noch mehr als hei Cuuninghamia reducirt. Das Achsel- knospenbündel hebt sich noch später von dem Deckblattbündel ab und erst nachdem dasselbe seitliche Zweige abgegeben. Die Blüthe von Araucaria ist ganz so wie die von Dammara gebaut, 233 mit dem Unterschiede nur, dass sie auf der Innenseite mit der Schuppe verwachsen ist. Sonst stimmt sie selbst in den Einzelheiten mit Dam- mara überein, so in dem langgezogenen Knospenkerne, der auch hier aus der Fruchtknotenmündung hervorsieht. Die Fruchtschuppe ist in der Section Kutacta als kurze freie Ligula über der Bliitheneinfügung ent- wickelt, in der Section Colymbea ist die Ligula nicht vorhanden. Das Gefässbiindel ist weniger verschmolzen als • bei den vorhergegangenen Arten, doch eigenthiimlich dadurch, dass das Achselknospenbündel nur ein- seitig von dem Deckblattbündel abzweigt: beide münden auch hier wie ein gewöhnliches Blattbündel in den Bündelkreis der Bachis ein; in der Basis der Schuppen stehen sie sich gegenüber d. h. mit zugekehrten Tracheen und laufen nun gesondert, sich vielfach theilend in der Schuppe, das äussere endet in dem Deckblattrande, das innere zum Theil unter der Blüthe, zum Theil in der Ligula. B. Gnetaceae. Die drei Gattungen: Ephedra, Welwitschia und Gnetum, welche in der Familie der Gnetaceae vereinigt werden, sind zum wenigsten eben so verschieden, wie die einzelnen Hauptabtheilungen der Coniferen unter ein- ander. Trotzdem zeigen sie aber auch die unverkennbaren Merkmale einer Verwandtschaft, welche es berechtigt erscheinen lässt, sie in dieselbe Familie zu vereinigen. Jedenfalls haben wir es hier mit einer merkwür- digen Pflanzengruppe zu tluin,. welche den Uebergang von den niedern zu den höhern Phanerogamen vermittelt und deren meisten Repräsentanten, wie es so häufig in Uebergangsgr uppen geschieht, ausgestorben sind. Nur drei ziemlich divergirende Zweige derselben haben sich erhalten, un- endlich verthvoll, weil sie uns die wichtigsten Aufschlüsse über den Zu- sammenhang der Coniferen mit den höhern Phanerogamen verrathen und es überhaupt ermöglichen, letztere von den ersteren genetisch abzureiten. 1. Epliedra. Schliesst sich zunächst an die Coniferen an. Die Blüthcn werden bei den meisten Arten als secundäre Achselknospen, in den Achseln der bei- den obersten Blätter einer kleinen primären Achselknospe angelegt, wir erhalten somit zweibliithige Inflorescenzen wie bei den meisten Coniferen, nur bei Ephedra altissima schliesst die primäre Achselknospe unmittelbar mit einer Blüthe ab. 234 Die Blütlie besitzt zwei Ilüllen, eine äussere und eine innere: die äussere ist stärker entwickelt, blattartig und schliesst oben mit einer meist zweilippigen .Mündung ab; die innere ist nur zwei Zellen stark, in- tegumentartig, oben in einen langen Hals verschmälert, der aus der Oeff- nung der äussern Hülle hervortritt und in einem einseitigen, dem Deck- blatt abgewendeten Lappen endet. Die primäre Acliselknospc erhält zwei Achselknospenbündel aus der Mutteraxe und versorgt mit je zwei Bündeln die Blätter der aufeinander folgenden alternirenden Blattpaare, unter dem fertilen Blattpaare gehen je drei Bündel ab, zwei Blattbündel und ein Er- gänzungsbündel. Erstere treten in das Deckblatt, letzteres gesellt sich zu den zwei Bündeln der Blüthenknospe und nimmt eine äussere mediane Stellung in der Blütlie ein, während die zwei Bündel rechts und links in die Seiten derselben treten. Hier spalten sich die beiden in je drei Zweige und versorgen mit den mittleren beiderseits die äussere Hülle; die zurückgebliebenen Bündel lösen sich unter dem Nucleus auf, zu diesen gesellt sich auch meist das Ergänzungsbündel, nur hin und wieder giebt cs auch einen schwachen äusseren Zweig ab an die äussere Hülle. Die innere Hülle erhält keine Bündel. Die Entwickelungsgeschichte zeigt, dass die äussere Hülle sich ganz in der nämlichen Weise wie die einzige Hülle der Coniferen, vor allem der Taxineen entwickelt: aus einer zweiblättrigen Anlage, die unmittelbar mit den Rändern verschmilzt und als geschlossene zweilippige Hülle sich weiter erhebt. Auch der Gefäss- bündelverlauf in derselben stimmt durchaus mit Taxus überein, abgesehen von dem Ergänzungsbündel, welches eine unwesentliche Modification ist und meist ja gar nicht in die Hülle tritt. Die Entwickelung der äusseren Hülle stimmt weiter völlig überein mit der Fruchtknotenbildung bei sehr vielen höheren Phanerogamen: der Chenopodiaceen, Amarantaceen, Poly- goneen u. s. w. Nach Anlage der äusseren Hülle wird um die fortwachsende Blüthen- axe die innere angelegt; diese entsteht sofort gleichmässig im ganzen Um- fange, ohne die Spur einer seitlichen Gliederung zu zeigen und erhebt sich nur zwei Zellen stark um den Nucleus. Sic entspricht in ihrer Entwickelung durchaus den Integumenten der höheren Phanerogamen und vergebens suchen wir unter den Coniferen nach einem ihr homologen Ge- bilde. Sie ist eine Neubildung, die hier zum ersten Mal in die Er- scheinung tritt. Die äussere Hülle bei Ephedra ist somit ein Fruchtknoten, und da sie der einzigen Hülle der Coniferen homolog ist, so haben wir hiermit auch eine neue Stütze für unsere frühere Deutung gefunden. Die innere Hülle von Ephedra ist ein Integument, auf das die Integumente der höheren Phanerogamen sich zurückführen lassen, und da es hier sicher ein Blattgebilde, der Xucleus ein Axengebilde ist, so sind beide auch geeignet einiges Licht über den morphologischen Werth der ganzen Samenknospe bei höheren Phanerogamen zu verbreiten. — Nachdem das Integument von Ephedra sich eine zeitlang gleichmässig fortentwic.kelt hat, wächst es zu einem inneren einseitigen Lappen aus, dessen Stellung so constant ist, dass man in demselben mehr denn eine unbestimmte Bandbildung erblicken möchte. Möglich dass das ganze Integument hier nur ein Blatt repräsentirt und dass der Lappen der Mediane dieses Blattes entspricht? Für die Einblättrigkeit der Integumente sprechen die Missbildungen bei höheren Phanerogamen und würden so nach rückwärts diese Ansicht stützen. In dem Verhalten ihres Embryosackes, ihrer Corpuscula und Eier stimmt Ephedra völlig mit den Coniferen überein, so dass an einer innigen Verwandtschaft nicht zu zweifeln ist. Die Bliithen von Ephedra altissima schliessen, wie erwähnt, bereits die primäre Achselknospe ab, sonst bieten sie wenig Verschiedenheit; das Carpellblattpaar alternirt mit dem letzten Blattpaare der Knospe, es stimmt im übrigen selbst in dem Vorhandensein der Ergänzungsbüudel mit den anderen Arten überein. Der Blüthenboden streckt sich bei allen Ephedraarten sehr stark nach der Befruchtung und hebt Xucleus und Integument in die Höhe; durch den sich vergrössernden Embryosack wird der Xucleus und der Blüthen- boden später ausgehöhlt und bildet eine Art Hülle um das Endosperm. 2. Welwitscliia. Die weiblichen Blüthen dieser merkwürdigen Pflanze stehen in den Achseln decussirter Deckblätter 70 — 90 dicht gedrängt, zu einem länglich cylindrischen Zapfen vereinigt. Die fertige Bliithe besitzt zwei Hüllen, eine äussere, der äussern von Ephedra entsprechend, doch beiderseits stark geflügelt, und eine innere, welche den Xucleus umgiebt, und mit langem Halse, wie bei Ephedra, aus der oberen Mündung der äusseren Hülle hervortritt. Die äussere ist die Fruchtknotenhülle, die innere das Integument. Je ein Bündel läuft rechts und links in der Mediane beider Carpellblätter, dicht unter dem Flügel und lässt sich bis an ihren Scheitel verfolgen. Das Integument erhält keine Bündel, und lässt sich nicht ein Mal irgend eine Beziehung desselben zu den noch vorhandenen Bündeln der Bluthenaxe erkennen. Das Deckblatt erhält zwei Bündel, also auch wie bei Ephedra, das Ergänzungsbündel fehlt. Die Bildung der Frucht- knotenhülle beginnt ziemlich gleichraässig im ganzen Umfange der Blüthen- axe, doch so dass die Medianen beider Carpellblätter sofort an ihrer stärkeren Entwicklung zu erkennen sind; auf weiteren Zuständen wird ihre Mündung auch deutlich zweilippig — das Integument erhebt sich ganz gleichmässig und gleich stark im ganzen Umfange, und wenn auch später au der Micropyle eine Ausrandung zu bemerken ist, so lässt sich doch nachweisen, dass sie in keinem Zusammenhänge mit der morpho- logischen Natur dieses Gebildes steht. Merkwürdig ist Welwitschia dadurch noch, dass der Embryosack an seiner Spitze aufgelöst wird, und einzelne vergrösserte Endospermzellen in das Gewebe des Knospenkerns hineinwachsen. Diese Zellen sind die Corpuscula, sie bleiben einfach, ohne Halszelle und schliessen sich in sofern an die Keimbläschen der höheren Phanerogamen, um einen Schritt näher, au. In dem Gewebe der Kernwarze begegnen sie dem Pollenschlauche, welcher sich ihnen seitlich anlegt, und so die Befruchtung vollzieht. An der Berührungsstelle ist eine Quellung der Corpusculummembran zu erkennen. Wir haben es hier vielleicht mit einer ähnlichen Erscheinung zu thun, wie sie bei höheren Phanerogamen häufig vorkommt, wo das Pollenschlauchende sich an eine Verlängerung der Keimbläschen den sog. Fadenapparat (Kanal- zelle' anlegt, doch müssen weitere Untersuchungen an günstigerem Materiale erst über den eigentlichen V erth dieser oberen Verlängerung des Corpus- culum bei Welwitschia entscheiden. Die Samenknospe wird auch bei Welwitschia durch Streckung der Blüthenaxe emporgehoben, der Nucleus und diese Blüthenaxe von dem sich vergrössernden Embryosacke ausgehöhlt und auf eine Hülle reducirt, die bis zur Einfügungsstelle des Integnmentes hin, d. h. so weit sie dem Blüthenboden angehört, von Gefassbündeln durchzogen wird. 3. Gnetum. Soweit meine Untersuchungen an ziemlich unvollständigem Materiale reichen, besitzen alle Gnetum- Arten zweierlei Blüthenstände: männliche und weibliche. Die männlichen sind pseudo-androgyn, denn sie führen stets rudimentäre weibliche Blütheu über den männlichen, die bei den meisten Arten mit dicht gedrängten Bliithenknoten in den männlichen Kätzchen nur sehr klein und unscheinbar, bei Arten mit entfernteren Bliithenknoten in den männlichen Kätzchen meist grösser und äusserlich schon sichtbar sind. Diese Blüthen stehen fast immer nur in einem einfachen Kranze um die Axe und besitzen auch, wo sie besonders stark entwickelt sind, stets nur zwei Hüllen: eine Fruchtknotenhülle und ein Integument. Die Fruchtknotenhülle schliesst am Scheitel zusammen, das Integument endet in einem zerschlitzten Bande. Auch in den rein weib- lichen Blüthenständen bilden die Blüthen nur eine einfache Reihe in der Achsel des becherartig verwachsenen Deckblattwirtels; jede Blüthe besitzt hier aber drei Hüllen: eine äussere blattartig gebaute Fruchtknotenhülle und zwei innere schwächer entwickelte Ovular-Integumente. Die Entwicklungs- geschichte, so weit ich sie verfolgen konnte, zeigte, dass die Frucht- knotenhülle zuerst gebildet wird, und erst nachdem sie völlig entwickelt, die Integumente um das etwas verjüngte Axenende, im Innern der Frucht knotenhöhle auftreten. Die Integumente werden rasch nach einander angelegt, doch das äussere deutlich früher als das innere. Dass sie zu einander und zu der centralen Samenknospe gehören, zeigte auch weiter die Uebereinstimmung ihres Baues in jüngeren Blüthen und auch eine Missbildung, wo die Bliithenaxe nach Anlage des Fruchtknotens sich gestreckt hatte und die Samenknospe mit ihren beiden Integumenten im Innern der Frucht- knotenhöhle emporgehoben. Acht grössere Gefässbündel konnte ich in der Intlorescenz-Axe einer Gnetum-Art aus Borneo verfolgen. Zwischen diesen gehen die Bündel für den Deckblattwirtel ab, sie verzweigen sich reichlich und laufen fast horizontal nach aussen. Ein Vergleich mit dem Verlauf in vegetativen Sprossen lehrt, dass wir es hier mit nur zwei innig verwachsenen Blättern zu thun haben, dass somit die grössere Zahl weiblicher Blüthen in ihren Achseln auf Beiknospen zurückzuführen sei. Jedes Blattbündel giebt, nachdem es sich verdoppelt, gleich nach dem Austritt aus dem Bündel- kreise, rechts und links ein Achselknospenbündel ab — ebenfalls in ganz ähnlicher Weise wie in vegetativen Sprossen. Diese Achselknospenbündel vermehren sich rasch und ordnen sich zu zwei concentrischen Kreisen an, die, in der Einfügungsebene der Blüthen sich in partielle Bündel spalten und 8 — 10 Zweige stark in die Blüthen treten. Hier wird zunächst ein sich rasch vermehrender Bündelkreis für die Fruchtknotenhülle abgegeben; ein zweiter für das äussere Integument; der mittlere selbst erlischt unter der Basis des inneren Integumentes. Interessant ist, dass das äussere Integument hier Bündel erhält, doch dieses ist auch eine bei Amentaceen verbreitete Erscheinung und eine neue Stütze für die Ansicht, dass die Ovularhüllen eine der Fruchtknotenhülle morphologisch aequivalente Bildung seien. Allgemeine Resultate. 1. Die weiblichen Blüthen der Coniferen und Gnetaceen sind meta- morphosirte lüiospen. 2. Die ganze Blüthe ist auf einen nackten Fruchtknoten reducirt, besonders differencirte Blüthenhiillen wie bei höheren Phanerogamen fehlen. 3. Die einzige Hülle der Coniferenblüthe ist homolog der äusseren Hülle bei den Gnetaceen; die äussere Hülle der Gnetaceen der Frucht- knotenhülle der höheren Phanerogamen: sie ist also ein Fruchtknoten. 4. Diese Fruchtknotenhülle umschliesst bei Coniferen eine nackte Samenknospe, bei den Gnetaceen eine mit einer oder mit zwei Integu- menten versehene Samenknospe. 5. Diese Integumente der Samenknospe der Gnetaceen sind homolog den Integumenten der Samenknospen der höheren Phanerogamen, werden aber noch in aufsteigender Richtung angelegt, das innere Integument später als das äussere. 6. Alle diese Hüllen sind als metainorphosirte Blatt gebilde zu be- trachten. 7. Das Axenende der Knospe wird zum Nucleus. S. Die Fruchtknotenwandung wird in beiden Familien von zwei Car- pellblättern gebildet. Diese treten getrennt auf, um sich bald mit ihren Rändern zu vereinigen; nur in seltenen Fällen sind sie von Anfang an verschmolzen. 9. Die Integumente hei Gnetaceen werden ausnahmslos gleichmässig im ganzen Umfange der Blüthenaxe angelegt, sie dürften einzelnen Blättern entsprechen. 10. Nachträglich unter schon vorhandenen Blättern eingeschaltete blatt- ähnliche Bildungen bei Coniferen sind discoiden Ursprungs. Sie bilden die sog. Fruchtschuppe bei den Araucariaceen und die Cupula der Taxa- ceen, fehlen den Gnetaceen ganz. Nach diesem Ergebnis* dürfte es kaum noch gerechtfertigt erscheinen, den Namen Gymnospermen für diese Abtheilung des Pflanzenreiches zu behalten und die höheren Phanerogamen als Angiospermen ihr gegen- überzustellen. 239 Zwar giebt cs auch andre Namen, die so Zusagen rudimentär geworden sind, d. h. ihre frühere Bedeutung verloren haben, und trotz dem fort- bestehen: z. B. Cryptogamen, rhanerogamen, Rhizocarpeen u. s. w. und könnte dieses auch hier für die Beibehaltung des alten Namens sprechen; allein gerade hier ist mit demselben, in Folge der Verschiedenheiten in der Auffassung, eine ganz bestimmte Bedeutung verbunden worden und diese würde sich kaum wieder verlieren. Die ganze Abtheilung den Dicotylen beizuzählen, wie es bereits mehrfach geschehen, ist nicht statthaft, da sie trotz ihrer Verwandtschaft mit den Dicotylen, doch in ganz bestimmtem Gegensatz zu der ganzen € Abtheilung der sog. Angiospermen steht. Dieser Gegensatz musste auch in der Bezeichnung beibehalten werden. Ein Gebilde ist nun wirklich vorhanden, dass allen Cycadeen, Coniferen und Gnetaceen (z. T.) eigen, welches den sog. Angiospermen fehlt, es ist dies das sog. Corpusculum: es lag nahe, dieses für die Namengebung zu verwerthen. Doch das Wort „Corpusculum“ „Körperchen“ selbst ist so nichtssagend, dass cs kaum zur Benennung einer ganzen Abtheilung des Pflanzenreichs geeignet erschien und war auch kein anderer Name für die höheren rhanerogamen im positiven Gegensatz zu demselben zu finden; daher entschloss ich mich nach längerer Ueberlegung die zeitliche Aufeinanderfolge allein in Betracht zu ziehen und die beiden Abtheilungen der Samenpflanzen einfach als „die ersten oder ursprünglichen“ und als „die späteren Samenpflanzen“ zu bezeichnen; schlage also für die früheren Gymnospermen den Namen Archispermen — für Angiospermen den Namen Metaspermen vor. lieber die Stellung der Blüthen bei Coniferen und Gnetaceen gebe ich nachträglich noch folgenden Ueberblick: Die Blüthen A. schliessen eine primäre Achselknospe ab: 1) mit Vorblättern: Ephedra altissima. 2) ohne Vorblätter: Phyllocladus, Dacridium, Cupressineen (die eine, mediane Bliithe, in der Achsel der oberen Schuppen von Biota orientalis, die centrale Bliithe der gestauchten Infloreszenz von Cupressus und Anderen) Cunninghamia (die mittlere Bliithe der dreibliithigen Inflorescenz) Dammara, Araucaria, Welwitschia, Gnetum. 240 B. entstehen als secundäre Achselknospen an der primären. I. Die primäre Knospe mit Vorblättern: 1) die secundäre mit Vorblättern: Taxus, Torreya, Podocarpus. 2) die secundäre ohne Vorblätter: Ephedra campylopoda. II. Die primäre ohne Vorblätter: 1) die secundäre mit Vorblättern: Beispiele unbekannt. 2) die secundäre ohne Vorblätter: Cephalotaxus, Salisburia, Cu- pressineen (mit Ausnahme der oben angeführten Fälle; auch wo nur eine Blüthe in der Achsel des Deckblattes vorhanden, wenn sie einseitig steht, wie bei Juniperus communis) Taxodineen, Sequoieen, Sciadopiteen, Abietineen und die beiden seiten- ständigen Blüthen bei Cunninghamia. Die Blüthensprosse A. verwachsen nicht mit dem Deckblatte: bei Taxus, Torreya, Cephalo- taxus, Salisburia; dem primären Achselsprosse von Podocarpus: den Cupressineeu und Taxodineen, (wo nur der Discus mit den Deckblättern verwächst) Abietineen, Ephedra, Welwitschia, Gneturn. B. sind mit dem Deckblatte verwachsen : bei Dacridium, bei Podocarpus, die sec. Achselsprosse), Sequoieen, Sciadopiteen, Araucarieen. Die Blüthensprosse A. mit Discusbildung: Alle Coniferen mit Ausnahme von Cephalotaxus und aller Wahrscheinlichkeit nach auch Salisburia. B. mit sehr schwacher Discusbildung: Araucarieen. C. ohne Discusbildung: 'Gnetaceen. Die discoide Bildung A. nicht mit dem Deckblatt verwachsen: Taxaceen, Abietineen. B. mit dem Deckblatt mehr oder weniger verwachsen: die übrigen Coniferen. Die Blüthen A. aufrecht: Taxeae, Cupressineae, Gnetaceae. B. halb umgekehrt: Dacridium; jüngere Zustände bei Sequoieae. C. umgekehrt: Podocarpus, ältere Zustände der Sequoieae, Sciado- pitys, Abietineae, Araucarieae. 241 Die Bliithcn stehen einzeln oder zu wenigblüthigen Inflorescenzen ver- sammelt, auch in Zapfen oder Kätzchen, und entsprechen sich in den einzelnen Arten die folgenden Glieder 2 secund. Blüthen. ebenso. Taxus Veget. Zweig mit un- Priin. Achselspr. mit Torreya begrenzt. Wachst. begrenzt. Wachst. ebenso ebenso Cepbalotaxus Rachis mit begrenzt. ebenso Wachst. Ginkgo Veget. Zweig mit un- begrenzt. Wachst. ebenso Phyllocladus Rachis mit begrenzt. Wachst. Primäre Blüthe Dacridium Veget. Zweig mit be- ebenso grenzt. Wachst. Podocarpus ebenso Prim. Achselspr. mit begrenzt. Wachst. Cupressineae Rachis mit begrenzt. (Prim. Achselspr. mit Wachst. 4 begrenzt. Wachst. Primäre Blüthe Primäre Blüthe Taxodineae - ebenso |Prim. Achselspr. mit 1 begrenzt. Wachst. 1 Primäre Blüthe Sequoia ebenso (Prim. Achselspr. mit begrenzt. Wachst. Primäre Blüthe Sciadopitys ebenso Primäre Blüthe Abietineae ebenso Prim. Achselspr. mit Araucaria J begrenzt. Wachst. Dammara f ebenso Primäre Blüthe Cunuinghamia ebenso Primäre Blüthe Ephcdra altissim Veget. Zweig mit un- Primäre Blüthe begrenzt. Wachst. — carapylopoda ebenso Prim. Achselspr. mit begrenzt. Wachst. ! 2—4 securnl. Blüthen. 1— 2 secund. Blüthen. 2— viel sec. Blüthen. ebenso. j2 0 secund. Blüthen. |2— 7 securnl. Blüthen. 6 — 8 secund. Blüthen. 2 secund. Blüthen. 2 secund. Blüthen. 2 secund. Blüthen. Der Gcfässbiindelverlauf in der Schuppe. A. Deckblatt und Achselknospenbündel frei: Taxaceae, Cupressineae, Taxotlineae, Sequoieae, Abietineae. B. Deckblatt und Achselknospcnbündel verschmolzen: Araucarieae. Männliche Bliithcn. Aul die Litteratur der männlichen Blüthen brauche ich hier nicht einzugehen, da sich dieselbe in der Dissertation v. Mohl’s „Ueber die männlichen Blüthen der Conifercn“ aus dem Jahre 1837 *) vollständig ’J Mit Zusätzen in den venn. Schriften, p. 45. Strasbu rger , Coniferon und Gnotacecn. % 15 I 242 zusammengestellt findet, und die Frage nach dem morphologischen Werth e dieser Blüthen durch genannte Arbeit so vollständig gelöst wurde, dass die späteren abweichenden Auffassungen als wissenschaftlich unberechtigt, kaum noch einer Erwähnung verdienen1). Mohl kam, gestützt auf gründliche Untersuchungen der männlichen Blüthen selbst, und einer früher schon erörterten Missbildung von Pinus alba, wo Deckblätter eines weiblichen Zapfens normale Staubbeutel auf der Rückseite trugen, zu der Ueberzeugung, dass jede Pollen-tragende Schuppe einem einfachen Blatte entspräche, somit als einfaches Staubblatt: das ganze männliche Pseudokätzchen als eine einzige Blüthe aufzufassen sei. Unsere eigenen entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen und die Beobachtung einer ähnlichen Missbildung haben uns zu durchaus den gleichen Resultaten geführt und scheinen uns dieselben somit auch ganz unabweisbar. Die Litteratur der männlichen Gnetaceenblüthen habe ich im speciellen Theile dieser Arbeit ausführlich erörtert, so dass auch hier eine Rekapi- tulation ohne Interesse wäre; errinnern will ich nur an das Hauptergebnis, das wir gewonnen hatten: dass nämlich die männliche Gnetaceenblüthe ebenso wie die weibliche, direkt an die Coniferen anschliesst. Es ist bei Gnetaceen nur eine bedeutende Verkürzung der Blüthenaxe eingetreten, die aber auch bei Coniferen, z. B. bei Taxus, schon vorkommt. Die Antheren-tragende Blüthenaxe bei Ephedra entspricht durchaus der die Antheren- (Staubblätter) tragenden Axe bei den Coniferen und wir könnten deshalb auch die Schuppen, welche an der Basis dieser Axe unterhalb der Staubblätter bei Coniferen stehen, als ein Perigon bezeichnen, da sie, wenn auch in weniger bestimmter Anzahl, doch entschieden dem Perigon der Ephedra nnd der andern Gnetaceen homolog sind. Diese Bezeichnung ist um so gerechtfertigter, als es wirklich auch diese Blätter sind, die später an der Bildung des farbigen Perigons bei höheren Phanerogamen sich betheiligen. Ja schon unter den Coniferen bei Taxus zeigt dieses Perigon eine eigene Entwickelung. Die unteren Schuppen an der Basis der entfalteten männlichen Blüthe sind dicht gedrängt, breit eingefügt, braun gefärbt und bilden eine Rosette: eine Art Kelch im Gegensatz zu den (meist) drei obersten Schuppen an der Blüthenaxe, welche gewöhnlich etwas auseinandergerückt sind, lang- genagelt, spatelförmig, weiss, in einem Worte ganz petaloid erscheinen. b Mehrfach hier bezügliche Angaben finden sich übrigens schon in der vorher- gehenden Litteraturzusammenstellung über die weiblichen Blüthen angeführt, da die Art der Behandlung eine Trennung beider nicht immer zulicss. 243 Das Perigon von Ephedra bietet die auffallende Eigentümlichkeit, dass es von zwei median gestellten Blättern gebildet wird, ungeachtet diese zu unterst an einer Achselknospe stehen;- — ein Vergleich mit Wel- witschia zeigt dass die ersten beiden transversalen Blätter hier ver- schwunden sind. Die Antheren von Ephedra stellen ein zweifächriges, auf die beiden Fächer reducirtes Staubblatt vor. Die männliche Blüthe von Gnetum verhielt sich ähnlich der von Ephedra, namentlich der von Ephedra altissima, sie wiederholte dieselbe gleichsam in vereinfachter Gestalt. Diese Vereinfachung gilt vor Allem den Antheren, deren zwei Fächer hier zu einem verschmelzen und die unmittelbar mit breiter Basis der Blüthenaxe inserirt sind. Im fiebrigen ist die verlängerte Blüthenaxe selbst ganz so wie bei Ephedra gebaut, und auch das Perigon auffallend mit dieser letzteren übereinstimmend, denn auch liier ist es auf die beiden medianstehenden Blätter reducirt. Wie bei Gnetum die zweifächrige Anthere durch das Schwinden der Scheidewand einfächrich wurde, so wurde sie bei Welwitschia durch das Hinzukommen einer solchen dreifächrig. Das Perigon der Welwitschia-Blüthen ist höchst instructiv, weil in demselben auch die beiden ersten, rechts und links gestellten Achsel- knospenblätter sich erhalten haben und das äussere Perigon bilden. Das innere Perigon stimmt so völlig mit dem bei Ephedra und Gnetum vor- handenen überein, dass an einer Homologie beider nicht zu zweifeln ist. Eigentlnimlich ist das Verhalten der Antheren, welche hier an ihrer Basis f zu einer Piöhre verwachsen sind, vor Allem aber das Verhalten der Blüthenaxe, welche oben am Scheitel durchwächst, und einen rudimen- tären Fruchtknoten mit ächter Narbe bildet. Eine solche Blüthe er- innert unmittelbar an die hermaphroditen Blüthen der höheren Phanero- gamen und ohne Zweifel werden gewisse Gruppen derselben (vielleicht die Loranthaceae) von hier aus abzuleiten sein. Trotzdem lässt sich auch diese pseudo-hermaphrodite Blüthe der Welwitschia durchaus an die männ- liche Blüthe von Ephedra und weiter an die Coniferen anschliessen, und zeigt Charaktere, welche ihre Zusammengehörigkeit mit denselben über alle Zweifel erheben. Systematische Uebersicht. Bei Berücksichtigung aller im Laufe dieser Untersuchung gewonnenen Resultate, dürfte folgende Eintheilung der Coniferen und im Anschluss: der Gnetaceen, besonders naturgemäss erscheinen: io* ORDO GNETACEAE. — 244 — c n -• O H p x ^ p p > 2 p P *2 -! 03 1^2^ ESJ •? cc t s» " oE o iO ^ c 's s= =' 2. to g- p 2“ 3 =- "S P P CD g P- s- $s ° cf — • o P r? o p . P- 23 2 r > w * « p o Q H s p ’“' a> p* 03 > wP h- — cn* 5?* CD CC. — o ^ [R 2 N- CC p P P 03 Wsr r £. ‘ ?r ö> p P* O P P p. X 03 2-HH §. F ' x‘ Q o _ a> *7 ^7 o \Z. . P- ° N ^ P 5- O Subordo I. Taxaceae. I Subordo II. Araucariaceae. 245 Vergleich mit den Cycadeen. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass Coniferen und Gnetaceen einerseits, Cycadeen andererseits, aus einem gemeinsamen Stamme sich entwickelt haben. Die Uebereinstimmung im Bau der Blüthen ist zu auf- fallend, um eine andere Möglichkeit zuzulassen. Es ist kaum denkbar, dass die so übereinstimmend erbauten Pollen- körner, Embryosäcke, Corpuscula, Embryonalschläuche unabhängig .von einander entstanden sein sollten. Und dasselbe gilt auch von dem Baue der Holzzellen, welche die so charakteristische Tüpfelung zeigen. Anders ist die Frage, wenn man der Nähe der Verwandtschaft Rechnung tragen will. Dann treten wiederum alle Unterschiede in den Vordergrund, sowohl vegetativer als generativer Art, bedeutend genug, um die beiden Gruppen als stark divergirende Zweige eines gemeinsamen Stammes erscheinen zu lassen. Die Coniferen und Gnetaceen können unmöglich eine direkte Fort- entwickelung der Cycadeen sein, sie sind jedenfalls nur ein diesen gleich- werthiger Zweig. Von einem solchen Standpunkte aus müssen wir auch die Blüthen beider Gruppen zu vergleichen suchen, und nicht ohne weiteres eine völlige Uebereinstimmung verlangen, wo keine Continuität, sondern nur Verwandtschaft im Spiele ist. Von der entgegengesetzten Auffassung waren aber die meisten Forscher ausgegangen, sich nicht begnügt auf die Homologie der weiblichen Organe selbst hinzuweisen, sondern diese Homologie auch ohne weiteres auf die Träger dieser Organe ausgedehnt. Mit besonderer Vorliebe wurden die Fruchtschuppeu der Abietineen und ihrer Verwandten, mit dem die Blüthen resp. Samen- knospen tragenden Organe der Cycadeen identificirt. Hätte doch das so verschiedene Verhalten der Blätter in beiden Gruppen schon eine War- nung sein sollen, und doch daran erinnern, dass sich nicht alle Theile beider Pflanzengruppen ohne weiteres entsprechen könnten. Die nächste Folge dieser Anschauung war, dass von dem Augenblicke an, wo man an der Blattnatur der Abietineen - Fruchtschuppen zu zweifeln begann, man auch die Blattnatur dieser Blüthen resp. Samenknospen tragenden Organe in Frage zog,1) und da ihre Homologie mit den Laubblättern sfehr nahe lag, auch diese schliesslich für Achsenorgane erklärte.2) ') Schleiden, Beiträge p. 29. s) Monogr. Cycad. p. 8. 246 Schleiden war cs, der zuerst die Ansicht aussprach, weitere Unter- suchungen würden wohl nach weisen, dass die Samenknospen -tragende Pla- centa von Cycas in der Achsel eines Blattes angelegt werde, und Miquel dehnte diese Behauptung auch auf die Laubblätter aus und behauptete sogar, dass sie „quasi" in den Achseln von Niederblättern stehen. Hiermit waren ihm auch die die Geschlechtsorgane-tragenden Gebilde, Aeste mit be- schränktem Wachsthum, und zwar sowohl die weiblichen als die männ- lichen; jede weibliche Blütlie an derselben: ein Fruchknoten, jedes Staub- fach: eine Anthere. Andererseits wirkte die R. Brown’sche Deutung dieser Organe als Samenknospen-tragender Fruchtblätter1) auf die Coniferen zurück und wurde von den Anhängern R. Browns mit als Hauptstütze seiner Theorie angeführt. Es könne keinem Zweifel unterliegen, heisst es oft, dass wir bei Cycadeen mit offenen Fruchtblätttern zu thun haben, und so müssen denn auch die Schuppen der Coniferen als Fruchtblätter zu deuten sein. Verstärkt wurde diese Auffassung durch die, längere Zeit herrschende Ansicht, dass alle Samenknospen Blättern oder metamorpho- sirten Blatttheilen entsprächen und dieser morphologischen Natur gemäss auch inserirt sein müssten. Erst in der Braun - Eichlerschen Auffassung werden Cycadeen und Coniferen streng in dieser Richtung gesondert, und ohne von einander beinflusst zu werden, behandelt. So heisst es von den Cycadeen: der Eichen tragende Spadix stimme bei Cycas im anatomischen Baue und morphologischen Wertlie mit dem Laubblatte überein und unterscheide sich von ^demselben dadurch nur, dass hier die untern Fiedern durch Metamorphose in Ovula übergegangen seien. Zwischen den weiblichen Spadices von Cycas und der anderen Cycadeen sind alle Uebergänge vorhanden, ebenso seien sie den Antheren- schuppen gleich werthig. In einem Worte, die weiblichen Spadices der Cycadeen seien offene Carpellblätter, welche nackte Eichen tragen, und der ganze Zapfen somit eine Blütlie. Für Coniferen und Gnetaceen werden hier dagegen, wie mehrfach erwähnt, ebenfalls nackte Eichen, doch als endständige oder achselständige Bildungen, ohne Carpellblätter angenommen, jedes Eichen als einzelne Blütlie, der Zapfen als eine Inflorescenz behandelt. Die Staubblätter aber als den s) Kingia p. 29: „Cycas in which the femcle spadix bcars so striking a resem- blance to a partially altered frond of leaf, producing marginal ovula in one part and in auotker being divided into segments in some cases nearly resembling tbose of the or- dinary fronds.“ 247 Deckblättern der weiblichen Blüthen homolog: das ganze männliche Pscudo- kätzchen als eine Bliithe. Meine eigenen Untersuchungen der Cycadenblüthen habe ich nur so weit ausgedehnt, als es mir wünschenswert schien, um zu einer selbst- ständigen Ansicht über ihr Yerhältniss zu den Coniferen zu gelangen. Vor Allem konnte ich mich an mehreren jungen Pflanzen von Cycas revoluta sicher überzeugen, dass die grossen gefiederten Blätter wirklich Blätter, und nicht wie es Miquel wollte, Aeste mit begrenztem Wachs- thum seien. Ich fand sie ganz in derselben Weise wie die Niederblätter der Axe inserirt, in den genannten jungen Pflanzen in unterbrochener Reihenfolge auf diese Niederblätter folgend, häufig einzeln unter denselben zerstreut. Auch konnte ich auf Querschnitten durch die Axe mich über- zeugen, dass diese Laubblätter mit ganz den nämlichen Bündeln versorgt wurden wie die Niederblätter, und auch innerhalb beider Arten von Blättern blieb ihr Verlauf zunächst der gleiche. Die Insertion der frucht- baren Blätter konnte ich nicht untersuchen , doch kann es selbst bei äusserer Betrachtung kaum dem Zweifel unterliegen, dass sie den Laub- blättern homolog seien. Ausserdem kommen uns hier die Formen zu statten, welche ihre Fruchtblätter an besondc n Seitenaxen entwickeln. Die Homologie der Gebilde, die hier und bei Cycas die Blüthen resp. Samenknospen tragen, lässt sich wohl kaum in Frage stellen; es galt also hier ihre morphologische Natur zu bestimmen und die gewonnenen Re- sultate auch auf Cycas zu übertragen. Zur Untersuchung lagen mir vor Stangeria paradoxa, eine Macrozamia und Zamia Fischeri. Ich werde hier nur auf die Beschreibung der Letzteren eingehen, weil die Verhältnisse an derselben besonders übersichtlich sind, und .will nur gleichzeitig ver- sichern, dass sie sich, was ihre morphologische Gliederung anbetrifft, durch- aus so , wie die beiden zuerst genannten Arten verhält. Ausserdem standen mir männliche Zapfen von Zamia integrifolia zur Verfügung, so dass hier der Vergleich beider besonders lehrreich wurde. Die einzelnen Schuppen (so will ich sie zunächst nennen), von Zamia Fischeri sind schildförmig gestaltet. Die Schilder von aussen betrachtet sechseckig, dicht an einander gedrängt. Der Schild ist läng gestielt und zu beiden Seiten des Stieles sieht man rechts und links auf der Innenseite des Schildes je eine s. g. Samenknospe eingefügt. Man könnte ''hier viel- leicht ein ähnliches Yerhältniss wie bei Cupressineen oder Sequoien ver- muthen, mit deren schildförmiger Schuppe, die hier erwähnte, einige äussere Aehnlichkeit zeigt. Man könnte sich vorstellen, dass auch diese Schuppe aus zwei Theilen, einem Deckblatte und einem Achselproducte, innig verwachsen sei. Die äussere Betrachtung bietet hierfür aber keine Anhaltepunkte; doch auch bei den genannten Coniferen ist diese Zusammen- setzung äusserlich nur wenig zu erkennen; wir wollen also zur anatomischen Untersuchung unsere Zuflucht nehmen. Die Schuppen von Zamia Fischcri stehen in alternirendcn viergliedrigen Wirbeln und bilden so acht gerade Reihen an der Spindel. Auf den Querschnitten durch diese Letztere findet man acht Bündel, paarweise in einem Bündelkreise angeordnet und Lücken bildend, in welche man je ein neues Bündelpaar aus jeder Schuppe ein- biegen sieht. Die beiden Bündel des besagten Paares legen sich dann rechts und links an die nächsten Bündel der Racliis an und sind mit denselben verschmolzen, bevor das nächstfolgende Bündelpaar in den Bündelkreis eintritt. Querschnitte an der Basis des Schildgriffes zeigen die zwei Bündel neben einander, mit nach oben gekehrten Tracheen; jedes der beiden theilt sich nun in zwei, und das äussere derselben nochmals in zwei. Wir er- halten somit sechs Bündel auf dem Querschnitte. Die je zwei Randbündel liegen etwas höher als die zwei mittleren, so dass sie zusammen eine V- förmige Figur darstcllen. In der Höhe der Insertion der weiblichen Organe sieht man das äussere Randbündel seitlich abgehen, einen Bogen beschreiben, gleichzeitig in drei, die Tracheen sich zukehrende Bündel sich spalten und so in die Basis des weiblichen Organes treten. Dieses besteht bekanntlich aus einer einzigen Hülle und einem Nucleus. Der Nuclcus führt auf älteren Zuständen in seinem Innern einen grossen Embryosack und dieser wiederum am Scheitel drei bis vier kleine Corpuscula. J) Die drei Bündel, welche in die Basis der weiblichen Organe treten, geben hier je einen Seitenzweig nach aussen ab; diese neuen drei Bündel laufen in die äussere Hülle und lassen sich in derselben, sich oft noch ver- doppelnd, bis an den Scheitel verfolgen: die drei ursprünglichen lösen sich unter dem Nucleus auf. Die vier in der Schuppe zurückgebliebenen Bündel laufen noch eine Zeit lang neben einander fort, dann breiten sie sich seitlich aus und enden in den Ecken der Schilder. Weder hier noch an irgend welcher Stelle der Schuppe war eine Gewebesonderung zu erkennen, die auf eine Zusammensetzung der Schuppe aus verschiedenen Theilen hätte schliessen lassen. Alle Beobachtungen sprechen also für die ') „Aus Mirbel’s Abbildung (El. d. Phys. veg. PI. 61. Fig. 10) sollte man bei Cycas auf 5 Corpuscula schliessen. Gottsche fand bei Encephalartos 3—5, bei Macrozaroia Preissii 3—6 (Pot. Zeit. 1845. S. 309), Karsten bei Zamia muricata 3 (Abb. der Ac. d. Wiss. Perl. 1850. Taf. I. Fig. 14).“ Braun, Polyembr. p. 136. 249 Blattnatur der Schuppe. Doch wi| wollen den Schluss endgültig ziehen, erst wenn wir über alle Vergleich ungsinonicnte verfügen und wenden uns zunächst zu der Betrachtung der männlichen Blüthc der naheverwandten Zamia integrifolia. — Der männliche Zapfen dieser Pflanze ist äusserlich einem weiblichen so ähnlich, dass sic auf den ersten Blick leicht ver- wechselt werden könnten. Doch sind die Schuppen in senkrechter Richtung schmäler, etwas kleiner, und in mehr Reihen gestellt. Am Zapfen, der mir zur Verfügung stand, bildeten sic cilf Orthostichen. Bei Isolirung einer einzigen Schuppe sieht man, dass auch der Griff des Schildes im oberen Thcilc beiderseits etwas geflügelt ist und auf der Unterseite dieser Flügel Staubfächer trägt, paarweise, meist acht auf jeder Seite. Die Staubfächer sind völlig frei, etwas zusammengedrückt, fast rund, kurzgestielt und zwar je zwei mit diesem kurzen Stiele gemeinschaftlich eingefügt. Ueber den Rücken läuft ein longitudinaler Vorsprung', der der späteren Spalte entspricht; dieser Vorsprung liegt auf beiden Staubfächern in einer Linie. Auf den Querschnitten durch die Rachis waren meist cilf Bündel im Bündelkreise zu sehen, zwischen denselben gehen rechts und links anschliessend, ganz die nämlichen Biiudelpaare für die Staubblätter, wie für die Fruchtblätter ab. Auffallender Weise findet man unter den doppelten regellos vertheilt auch einzelne einfache, die sich nur einseitig im Bündelkreise anlegen und erst an der Basis des Staubblattes oder auf dem Wege nach demselben in zwei Bündel spalten. — Die zwei Bündel verhalten sich dann weiter durchaus so wie die von Anfang an doppelten. Auf dem Querschnitte an der Basis des Staubblattstieles findet man also stets zwei Bündel, die ihre Tracheen nach oben kehren, dann theilt sich jedes derselben in zwei gleichwerthige Zweige. Das Randbündel giebt hierauf zuerst auf seiner innern, dann auf der äussern Seite ein schwaches Bündel für zwei Anthcrenpaare ab. Die Bündel laufen bis in den Stiel der Antliercn und erlöschen erst in dem- selben. Die vier Bündel der Staubblätter setzen ihren Weg fort. In der Insertionshöhe des oberen Staubfachpaarcs spaltet sich das äussere Bündel in zwei gleichwerthige Hälften und geht in den beiden Staubfachpaaren beiderseits gänzlich auf. Die beiden mittleren Bündel des Staubblattes laufen aber unverändert fort und erlöschen erst in dem Schilde. Aus dem Gefässbündelverlaufe müssen wir auch hier schliessen, dass wir 6s mit einem Blatte zu thun haben, und jedenfalls mit einem der weiblichen Schuppe identischen Gebilde. Gegen die Blattnatur desselben ist bisher nur Miquel aufgetreten und wie in der weiblichen Blüthc, für einen Zweig mit begrenztem Wachs- 250 thum erklärt. Er glaubt eine clirecte Stütze für diese Annahme auch liier in der Beobachtung zu finden, dass die Antheren nicht im Parenchym dieser Schuppen, sondern auf ihrer Oberfläche sich entwickeln. Von Mohl hebt dagegen hervor, „dass ihm dieses keine Beweiskraft zu haben scheine, denn wir haben in den Antherenfächern und den Sporangien vieler Pflanzen, z. B. von Osmunda den Beweis, dass die Pollen- oder Sporen-führenden Abtheilungen eines Blattes sich zu kapselähnlichen, bis auf einen dünnen Stiel von dem Träger sich abschnürenden Organen ausbilden können; auch widerspräche sich Miquel selbst, indem er an einer anderen Stelle (p. 11) angiebt, dass die Substanz der männlichen Spadix selbst zur Anthere an- schwellc, so dass die Epidermis der Spadix die Antherenwandung zu bilden scheine." In dem Verhältnisse der Antherenloculamentc zu ihrem Träger kann v. Mohl daher ebensowenig einen Beweis gegen die Blatt- natur der letzteren finden, als er einen solchen in dem innern Baue des weiblichen Spadix von Cycas gefunden hat.1) Auch macht Eichler2) auf die Aehnlichkeit der Staubblätter der Da- maren und Araucarien mit denen der Cycadeen aufmerksam, sowohl was die ungewöhnliche Gestalt des Connectivs, als auch die Zahl der Antheren- fächer anbetrifft. — Eigentümlich bleibt die Sache trotzdem, wenn man namentlich auch des Umstandes gedenkt, dass hier die Antherenfächer paar- weise, bei anderen Arten zu drei und vier an gemeinschaftlichen Stielen dem Staubblatte eingefügt sind, und jede solche Gruppe ein besonderes Bündel erhält. Doch man darf hier eben keine zu grosse Uebereinstimmung mit den Coniferen erwarten, vor Allem auch bedenken, dass die Cycadeen sicher eine für sich abgeschlossene Gruppe bilden und dass die Form der Staub- blätter, wie sie uns bei höheren Phanerogamen entgegentritt, nicht an das Staubblatt der Cycadeen, sondern an das der Coniferen und Gnetaccen anschliesst. Uebrigens verhalten sich auch die Coniferen in dieser Beziehung ver- schieden. Die Zahl der Staubfacher an den Staubblättern ist grossen Schwankungen unterworfen, ihr Verhalten zu dem Staubblatte sehr mannig- fach. Die Staubbeutel der Cycadeen lehnen sich immerhin an die Formen mit besonders frei entwickelten Staubbeuteln an und darf es nicht wundern, dass sie an den heut lebenden Individuen dieser Gruppe eine noch grössere Verschiedenheit und besonders auffallende Selbstständigkeit und Anordnung *) Yerm. Schriften, p. 57. 5) Flor. bras. (1. c.) p. 438. 251 erlangt haben. Deshalb halte ich es, da alle andern Gründe so gewichtig dafür sprechen, für ganz unzweifelhaft, dass wir es in der Cycadeenschuppe m wirklich mit einem Staubblatte zu tliun haben, dass die Miquel’schen Antheren wirklich nur Staubbeutel sind, der ganze männliche Zapfen also als eine einzige Bliithe aufzufassen sei. — Da nun beide Schuppen, die männliche und weibliche völlig mit einander übereinstimmen, so finden wir in dem gewonnenen Schlüsse auch eine weitere Stütze für die Blattnatur der weiblichen Schuppe. Für dieses spricht endlich auch das Verhalten ge- wöhnlicher Laubblätter, denn soweit ich mich für Cycas revoluta über- zeugen konnte, erhält auch dort jedes Blatt zwei Bündel aus der Axe und stimmen diese in ihrer Stellung und ihrem Verhalten ganz wesentlich mit denen in der weiblichen und der männlichen Schuppe überein. Wie muss man aber die weiblichen Geschlechtsorgane deuten ? — Es unterliegt keinem Zweifel, dass diese denen der Coniferen homolog seien. Bei der Beurtheilung des morpholigischen Werth es dieser Organe bei den Coniferen gingen wir von der Frage aus, welcher Theil in der Bliithe der Metaspermen ihnen entp rieht. Die stufenweise Verfolgung der Entwicklung zeigte mit Sicherheit, dass es die Fruchtknotenhülle sei, und wir fühlten uns aus dem* Grunde veranlasst sie für Fruchtknoten zu erklären, wobei wir auch in der Entwickelungsgeschichte eine Stütze fanden. Dieses trieb uns auch jeden Fruchtknoten für eine Bliithe, den Zapfen für einen Blüthen- stand zu erklären, und die Gnetaceenbliithe stand uns für die Richtigkeit dieser Auffassung. Wenn wir nun andererseits zu der Ueberzeugung ge- langen, dass das weibliche Organ der Cycadeen dem der Coniferen homolog sei, so ist somit auch die Bezeichnung dieses Organes als Fruchtknoten gegeben. Hiermit stossen wir aber auf einige Schwierigkeiten. 1) da die Blattnatur der Schuppen nachgewiesen ist, würden wir gleichzeitig auf Blättern inserirte Fruchtknoten erhalten, 2) würde es fraglich sein, wie man dann den ganzen Zapfen aufzu- fassen habe. Ich glaube im ersten Theile dieser Arbeit gezeigt zu haben, dass die Fruchtknoten der Coniferen metamorphosirte Knospen sind, und dasselbe galt auch für die Samenknospen der Gnetaceen, deren Nucleus stets als das metamorphosirte Axenende, die Hüllen als metamorphosirte' Blätter sich herausgestellt haben. Wenn, was kaum zu bezweifeln ist, die Meta- spermen an die Gnetaceen anschliessen, so muss das Nämliche auch für ihre Samenknospen gelten, denn es ist nicht anzunehmen, dass so überein- stimmend gebaute Organe mehrfach unabhängig von einander entstanden 252 seien Die Samenknospen der höheren Phanerogamen wären somit auch metamorphosirte Achselknospen und hiermit gleichzeitig der Beweis ge- liefert, dass stabile2) Knospen auch auf Blättern stehen können. Wenn dies aber für Samenknospen, die metamorphosirte Knospen sind, möglich ist, warum nicht auch für den Fruchtknoten, dem derselbe morphologische Werth zukommt. Ist ja, wie meine ganze Untersuchung zeigt, nur ein relativer Unterschied zwischen, der Fruchtknotenhülle und dem Integumente vorhanden. Wir bczeichnetcn die Hülle der Coniferenblüthe nur deshalb als Fruchtknotenhülle, weil es uns nachzuweisen gelang, dass sie zur Fruchtknotenwandung der Metaspermen geworden; sie hätte aber gewiss , eben so gut auch zum Integumente derselben werden können. Thatsache ist, dass die Bliithen der Coniferen metamorphosirte Knospen sind; darum bleibt für Cycadeen dieselbe Schwierigkeit der Erklärung, ob wir diese Gebilde dort als Samenknospen oder als Fruchtknoten bezeichnen: immer bleiben es stabile Knospen auf Blättern. Die Bezeichnung „Samenknospe“ war deshalb nur für Cycadeen üblich, weil sie an ein bekanntes Ver- hältniss anknüpfte, an die Thatsache, dass auch bei höheren Phanerogamen Samenknospen von Blättern getragen werden; man beachtete es aber nicht, dass beide Gruppen unendlich weit von einander entfernt sind, der Ver- gleich also nur auf einer Analogie beruht, und dass im Uebrigen auch bei höheren Pflanzen die Art und Weise wie die Samenknospen auf die Blätter gelangt sind, durchaus noch nicht genetisch aufgeklärt ist. Die Lösung dieser Frage, die kaum als solche bisher gestellt worden ist, will ich zum Gegenstände einer nächsten Arbeit machen. Hier lässt sich die Frage nicht entscheiden, da uns nur beide Extreme erhalten worden, und begnüge ich mich deshalb nur den Fall zu constatiren, dass ein Organ an dessen Homologie nicht zu zweifeln und dessen Knospennatur bei Co- niferen entwicklungsgeschichtlich festgestellt ist, bei Cycadeen stabil auf Blättern auftritt. Die Schuppen, welche diese Bildungen tragen, als Car- pellblätter zu bezeichnen, wäre hiernach kaum gerechtfertigt, um so mehr, als diese Bezeichnung auf eine Homologie mit den Carpellblättern der höheren Phanerogamen hinweisen möchte, die sicher nicht existirt, da, wie mehrfach erwähnt, die höheren Phanerogamen durchaus nicht direct an die Cycadeen anschliessen. Die Bildung, welche die weiblichen Organe hier trägt, ist also nur -den Carpellblättern der höheren Pflanzen in mor- x) Für den weiteren entwickelungsgeschichtliehen Beweis dieser Ausicht schlage am Ende dieses Werkes nach. a) Im Gegensätze zu adventiven. 2ö3 phologischer Bezeichnung analog, als ein stabile Knospen tragendes Blatt. Diese Knospen müssen wir der wirklich existirenden Homologie mit den Coniferen zu Folge aber als Fruchtknoten bezeichnen, wobei jedoch sofort betont werden muss, dass, da der directc Zusammenhang dieser Gebilde mit den Metaspermen aufhört, hier auch der, von dort entlehnte Blüthen- bcgriff, verloren geht und es kaum mehr gerechtfertigt erscheint, in diesem Sinne den einzelnen Fruchtknoten als Blüthe, den ganzen Zapfen alsBliitheu- stand zu bezeichnen. Diese Bezeichnungsweise bleibt aber immerhin noch, in Anbetracht auf die Verwandtschaft mit den Coniferen, die passendste und soll zunächst hier angewandt werden. Weiterer Verwandtscliaftskreis der Coniferen und Cycadeen. Nach Feststellung einer bestimmten Verwandtschaft zwischen den Co- niferen und den Cycadeen bleibt aber die Frage nach ihrem gemeinsamen Ursprung bestehen. Beide dürfen wohl als Zweige eines gemeinsamen Stammes angesehen werden und müssen wir weiter die Frage nach der Natur dieses Stammes näher zu prüfen suchen. Bekanntlich werden die Cycadeen besonders häufig von den Farnen abgeleitet, von Rumphius angefangen, der die erste Art der Gattung Cycas entdeckte bis auf unsere Zeiten. In Wahrheit lässt sich die Verwandtschaft der beiden Gruppen auch nicht ganz in Abrede stellen, wenn auch die Untersuchungen auf diesen Gebieten kaum weit genug vorgeschritten sind, um einen genetischen Zusammenhang: eine Homologie in unserem Sinne wirklich zu begründen. Die Vergleiche, wie sie bisher hierangestellt wurden, waren der Hauptsache nach nur äusserer Art, wenn sie auch einen ent- schieden grösseren Werth hatten als diejenigen, welche mehrere Forscher zu einer Parallelisirung der Cycadeen und Palmen veranlassten. Sie stützten sich zunächst nur auf Analogien, welche der Foliacio circinalis, der regel- mässigen Abwechselung steriler und fertiler Blätter die bei Farnen ebenfalls vorkommt, und der Aehnlichkeit in der Stellung der Sporangien und der Staubfächer entnommen waren. Dass die Stellung und Entfaltung der Blätter in beiden Gruppen eine auffallende Uebereinstimmung zeigt, ist nicht zu leugnen, wenn auch gleichzeitig hervorgehoben werden muss, dass die Vorgänge am Vegetationskegel und an der Blattspitze bedeutende Unterschiede zeigen: bei Farnen beide mit einer Scheitelzelle wachsen, bei 254 Cycadeen dagegen einer solchen Sclieitelzelle entbehren. Andererseits hat v. Mold schon Ende der dreissiger Jahre darauf aufmerksam gemacht, dass im inneren Bau des Stammes die Farne und Cycadeen manche Aehnlich- keit haben, und dass, da der Bau der Cycadeen mit dem der Coniferen grosse Uebereinstimmung zeigt, der Cycadeenstamm als Uebergangsbildung zwischen den Banmfarnen und den Dicotylen erscheine.1) Auch bemerkt v. Mold an anderer Stelle,2) dass bei Zamia und Cycas „eine sehr grosse Menge von Antherenfächern gruppenweise uuf der Unterseite der Staub- gefässblätter vertheilt liegen, auf ähnliche Weise, wie die Sporangien auf der Unterfläche des Farnwedel, so dass die Analogie nicht vollsändiger sein könne.“ Freilich muss aber auch nicht vergessen werden, dass die Sporangien der Farne liermophrodite, die Staubfächer der Cycadeen männliche Sporen enthalten, dass zwar die Analogie zwischen diesen Staubfächern und den Sporangien der Farne nicht zu leugnen sei, dass aber ein Analogon der Fruchtknoten durchaus bei den Farnen fehle und dass also die Cycadeen nicht von den eigentlichen Farnen in der heutigen Umschreibung der Gruppe, sondern höchstens nur von solchen farnähnlichen Pflanzen abge- leitet werden könnten, bei welchen die Trennung des Geschlechtes bis in die Sporen zurückgegriffen hatte und Macro- und Microsporangien ge- bildet wurden. Die Coniferen hat man besonders gern an die Lycopodiaceen ange- schlossen und für diese Verwandtschaft sprechen entschieden gewichtige Gründe. Es lässt sich, wie wir später noch sehen werden, die Gewebe- bildung der Coniferen ganz unmittelbar an die noch lebender Lycopodien anschliesscn; die Trennung der Geschlechter hatte in dieser Gruppe be- reits bis in die Sporen zurückgegriffen und die Sporangien wurden ganz ähnlich schon wie bei Coniferen achselständig angelegt, wie man es an jeder Selaginella bei unbefangener Betrachtung sehen kann.3) Auch giebt Juranyi4) für Psilotum triquetrum an, dass „die Papillen am Vegetations- kegel von Psilotum, welche sich zu Sporangien entwickeln, alle Charactere der Astpapillen besitzen und von denselben auf dem ersten Stadium ihrer *) Venn. Schrift., p. 115. 2) Verm. Schrift., p. 103. 3) Vergl. im Uebrigen: Bischof!', Lehrb. d. Botanik I., p. 433. v. Mold, verm. Schriften, p. 10G. Hofmeister, Vergl. Unters., p. 11!) und Jahrl). f. Wiss. Bot., Bd. 111. p. 292. ') Bot. Zeit. 1871. Nr. 12, 255 Entwickelung nicht zu unterscheiden sind.“ Dass weiter die zweispaltigen Blätter, in deren Achsel die fertigen Sporangicn sitzen, nicht als einfache mit zwei Zipfeln endigende Blätter zu betrachten seien, denn jeder Zipfel dieses Blattes entstehe als selbstständiges Blatt verhältnissmässig ziemlich trief unter der Spitze der sich zum Sporangium entwickelnder Papille.1) ') Auch die Sporangicn von Lycopodium Selago sind sicher achselständig. Man kann auf jungen Zuständen ganz unmittelbar die Zellreihen der Axe sich in dieselben fort- setzen sehen. Es dürfte hiernach auch nahe liegen, die Bulbillen, die in den Achseln gewisser Blätter hei Lycopodium Selago auftreten, für morphologisch gleichwertig den Sporangicn zu halten. Unter dem Schutze der ersten Blätter eines Jahrestriebes scheinen sich vorzüglich Sporangien, in der Achsel der späteren dagegen Bulbillen zu entwickeln. Ilin und wieder kommt es vor, dass in einem und demselben Blattcpiirle Sporangien und Bulbillen abwechseln. Hie Bulbillen verhalten sich aber ähnlich den Achselsprossen der Conifercn, sie beginnen mit einem transversalen Blattpaarc und gehen nach mehreren alternirenden Paaren in spiralige Stellung über. Deckblatt und Bulbille sind auf eine kurze Strecke hin mit einander verwachsen und abortirt in Folge dessen das dem Ueckblatte zugekehrte Blatt des ersten medianen Paares der Bulbille. So lange die Bulbille an der Mutterpflanze bleibt, werden gewöhnlich nicht mehr als 14 Blätter angelegt, dann trennt. sich die Bulbille von der Mutterpflanze und zwar an dem besonders dünnen Internodium zwischen dem 6. und dem 7. Blatte, die unteren Blätter verbleiben in der Achsel des Deckblattes. Die Bulbille befestigt sich im Boden mit einer Wurzel, die noch vor der Trennung von der Mutterpflanze über dem Orte der Einschnürung nachzuweisen war. (Diese Schilderung nach Cramer, Pflanzenphysio- logischc Untersuchungen von Naegeli und Cramer, lieft 3, p. 18 — 21). Auch giebt Cramer an, dass das Gefässbündel für die Bulbille nicht an die Bündel des Stammes, sondern an das Deckblattbiindel anscbliesst; zuerst gehen von diesem Deckblattbündel in gleicher Höhe zwei Bündel für das erste transversale Blattpaar der Bulbille ab, dann in einiger Entfernung, etwas unterhalb der Einschnürung der Knospen-Axe in nahezu gleicher Höhe drei weitere Bündel, für das eine mediane Blatt und das nächste trans- versale Blattpaar. Ein einziges Bündel verbindet den später abfallenden Theil der Knospe mit dem an der Mutteipflanze zurückbleibenden, es verschmilzt ebenfalls mit dem Uefässbündel des Stützblattes und versorgt das siebente Blatt, an dieses setzt sich ein Bündel für das achte Blatt an u. s. w. bis zum zehnten Blatte, erst oberhalb des zehnten Bündels zeigen sich zwei Bündel in der Bulbillenaxe, indem sich das Bündel 11 statt an 10 an 9 und das Bündel 12 statt an 11 an 9 ansetzt. Diese Schilderung bestärkt Sachs (Lehrbuch II. p. 386) in der Annahme, dass auch diese Bulbillen nicht axenständig, sondern blattständig seien, sich also ganz wie die, seiner Annahme nach ebenfalls blattständigen Sporangien verhalten. Ich selbst habe mehrere dieser Bulbillen untersucht und konnte mich auf das Bestimmteste von ihrer Achselknospenuatur über- zeugen. Ein Blick auf die Fig. 31. Tat'. XXV. genügt, um dies zu sehen. Ich war aus Mangel an Raum genöthigt, die Figur etwas klein zu zeichnen, doch ist sie mit der grössten Genauigkeit ausgeführt und zwar nachdem zuvor mehrere Skizzen bei stärkerer Vcrgrösserung entworfen worden waren. Nicht das Gefässbündel der Bulbille lehnt sich an dasjenige des Deckblattes, als vielmehr dieses letztere an das der Bulbille an. Dass beide verschmelzen können, haben wir auch bei Coniferen mehrfach gesehen und ist es überhaupt ja auch nicht gesagt, dass die Lycopodiaceen sich in dieser Beziehung durchaus wie die Conifercn verhalten müssen, und auch hier die Bündel etwaiger vege- tativer Achselknospen an das Bündelsystem der Mutteraxe direct anschliesscn. Von dem gemeinsamen Bündel, das wir hier sehen und das sich ununterbrochen in die Bul- 1 — 256 — Somit würden wir in diesen Sporangien einen Anknüpfungspunkt für die weiblichen Blütlien der Goniferen erhalten, und zwar liegt die Ver- lnuthung nahe, dass das ganze Sporangium sich aus dem nackten Knospen- kern entwickelt hat, zwei, den beiden bei Psilotum entsprechende Blätter zur Fruchtknotenhülle. Wie dann weiter der Anschluss des Lycopodiaceen- Sporangiums an das der Ophioglosseen und Rhizocarpeen sich gestalten wird, muss wohl zunächst dahingestellt bleiben. Nach dem jetzigen Stande der Untersuchungen zu schliessen, kommen hier jedenfalls morphologisch bille fortsetzt, gehen zunächst schon an der Basis des Stieles zwei Bündel für das erste transversale Blattpaar al) (die Ansatzstelle des vorderen auf der Figur angegeben), dann höher, das Bündel für das Deckblatt und ihm gegenüber das Bündel für das einzige innere Blatt des ersten medianen Paares, dann zwei Bündel für das zweite transversale Paar (die aber aut der Figur nicht angegeben sind, um die Zeichnung nicht zu ver- wirren). Ueber diesem Blattpaare liegt die tiefe Einschnürung, an der sich die Bulbille später ablösen soll. Das Achselknospenbündel setzt unverändert seinen Weg in der Bulbille fort und die folgenden Bündel lehnen an dasselbe an. Eine Verdoppelung des- selben war in Fig. 31 noch nicht eingetreten. Die Bulbdle wird, wie Figura zeigt, sehr nahe am Stammende angelegt und zunächst oft stärker entwickelt als dieses letztere. Die charakteristische Einschnürung lässt sie jedoch sofort von jedem Gabel- zweige unterscheiden und die Art der Einfügung, vor allem des Gefässbündels lehrt, dass sie unmöglich durch Gabelung der Axenspitze entstanden sein kann. Mettenius (Abhandl. d. Kön. Sächs. Gesclls. d. Wiss. VII. 1800. p. (»28) behauptet, dass die Bulbillen nicht in die Blattspirale der Ilauptaxe fallen, und hält sie deshalb für Seitenknospen, welche ähnlich wie die, seiner Auffassung nach „Seitenknospen“ bei den meisten Farnen in einer bestimmten Beziehung zu den Blättern, doch nicht in deren Achseln stehen. Somit wäre auch das als Deckblatt gedeutete grössere Blatt an der Bulbille .derselben eigen; cs würde das äussere Blatt des ersten medianen Blatt- paares vorstellen und nicht nur nicht abortirt sein, vielmehr stärker als alle anderen entwickelt. Wie wir sehen, spricht für die Mettenius’sche Auffassung die grössere Einfachheit, da wir mit derselben nicht zum Abort des äusseren Blattes des ersten medianeu Blattpaares unsere Zuflucht zu nehmen brauchen, — trotzdem kann ich mich derselben nicht anschliessen, 1) weil ich bei sehr zahlreichen Beobachtungen an Lycopodium Selago mich überzeugen konnte, dass die Bulbillen in den meisten Fällen und oft in cvidentischer Weise wirklich in die Blattspirale der Ilauptaxe fallen, und dass Abweichungen, welche hier Vorkommen, ebenso häufig sich auch bei gewöhnlichen Blättern antrefieu lassen und 2) weil das eine grössere Blatt an der Bulbille sich wirk- lich auch sonst wie ein Deckblatt verhält, früher als die Bulbille zur Entwickelung kommt und durchaus den benachbarten sterilen Blättern des Stammes gleicht. Ich be- halte mir im Uebrigen vor, noch vollständiger die ganze Entwickelung der Bulbille zu verfolgen. Für die Achselknospennatur der Bulbille hatten sich vor Cramer bereits Bisehoff (Crypt. Ilft. II. 102) und Brogniart (Hist. d. veg. foss. II, 4. T.! 7. 1) erklärt, gegen dieselbe vor kurzem auch Schimpcr in der Paleontologie, vegetale, Bd. II. p. 8: „L’absence de bourgeons lateraux daus les Lycopodiacees exclut naturellement les ra- meaux lateraux ou axillaires; les productions gemmiformes qu’on observe entre autres sur le Lycopodium Lelago, et qu’a premiere vue on pourrait prendre poui des bourgeons axillaires, ne sont cn realite que des excroissances foliaircs qui remplacent les sporanges, dont eiles paraissent etre les cquivalents morphologiques.“ verschiedene Bildungen in Betracht. Bei Salvinia werden die Sporangien, (Trichome wie bei Farnen), von einem metamorphosirten Blattzipfel, der Sporenfrucht, eingeschlossen; bei Ophioglossum und Marsilca (diese letztere nach einer neueren Untersuchung von Russow) von metamorphosirten vorderen Blatttheilen. Bei Marsilia bleiben die Sporangien im Innern der Sporenfrucht erhalten; bei Ophioglossum werden die Sporen direct im Blattgewebe erzeugt, die Sporangien sind verschwunden; denn die Höh- lungen im Blattgewebe von Ophioglossum sind gewiss nicht dem einzelnen Sporangium der Farne: dem Trichom, viel eher einem ganzen Fache von Marsilia, also einem ganzen Sorus homolog. Lyeopodiaceen einerseits, Ophioglosseen und Rhizocarpeen andererseits, dürften somit die diver- gireiuleu Aeste eines farnähnlichen Stammes darstellen. Die Ophioglosseen und selbst die Rhizocarpeen sind diesem Stamme verhältnissmässig nahe geblieben, die Lyeopodiaceen hingegen haben sich weit von demselben entfernt. Die Ophioglosseen haben sich von diesem Stamme noch vor geschlechtlicher Trennung der Sporen abgezweigt. Die Rhizocarpeen und Lyeopodiaceen erst nach erfolgter Trennung, doch die Rhizocarpeen in derselben Richtung wie die Ophioglosseen, die Lyeopodiaceen in der ent- gegengesetzten. Directe Uebergänge zwischen Rhizocarpeen und Lycopo- diaceen sind nicht denkbar. Das längere Zeit für eine solche Mittelbildung ausgegebene Phylloglossum (vergl. Kunze, Bot. Zeit. 1843, p. 721) hat sich als eine durchaus typische Lycopodiaceae erwiesen (vergl. Braun, Flora 1846, p. 196; Spring, Monogr. d. Lycopod. II, 1849, p. 36, und vor allen Mettenius, Bot. Zeit. 1867, p. 97). Eine kürzlich von van Tieghem vor- gebrachten Ansicht, die von neuen an Kunze ansehliesst, Ann. d. sc. nat. 5me serie Tom. XIII p. 109, verdient hiernach kaum der Erwähnung. Die Sporangien der Farne sind Trichomgebilde und somit, ihrer mor- phologischen Natur nach örtlich wenig fixirt; bei den Ophioglosseen und Rhizocarpeen sind sie nun auf dem Blatte geblieben und sind endogen geworden, indem die Lamina des Blattes über ihnen allmälig zur Sporenfrucht zusammenschloss; bei den Lyeopodiaceen sind sie wohl auch endogen ge- worden, doch von einem Caulom aufgenommen. Habituelle und histologische Aehnlichkeiten zwischen den im Innern der blattwerthigen Frucht einge- schlossenen Sporangien der Rhizocarpeen und den freien Sporangien der Lyeopodiaceen können natürlich über ihren morphologischen Werth nicht entscheiden, ja wollte man auch wirklich beide Familien in dieser Bezie- hung vergleichen, so könnte man doch immer nur, so wie es Mettenius schon richtig gethan (vergl. Bot. Zeit. 1867 p. 9X), dem fnien Spoiangium Strasburger, Coniferen und (jnetaceen. 17 258 der Lycopodiaceen den ganzen Sporenstand von Ophioglossum somit die ganze Sporenfrucht der Bhizocarpeen (vor allem von Marsilea und Pilularia), entgegen stellen, also eine Bildung, die auch im ganzen Habitus diesem Sporangium unähnlich ist. — Wie sich aber in Wirklichkeit das Sporangium der Lycopodien zu dem der Farne verhält, weiss ich zunächst wegen Mangel an Mittelbildungen nicht zu sagen. So viel ist nur sicher, dass es als Ganzes nicht einem Trichom entspricht und liegt es auch nahe anzunehmen, dass der trichonvwerthige Theil, ähnlich wie hei Ophioglosseen in das Phvllom, hier in ein Caulom aufgenommen und unterdrückt worden sei. Möglich, dass spätere Untersuchungen hier noch weitere Anhaltepunkte schaffen, diese Bemerkung sollte nur andeuten, welche Fragen hier haupt- sächlich zu beachten wären.1) Der Anschluss des Lycopodiaceen Sporangium’s an das der Farne bleibt also noch festzustellen, sein Verhältniss zu den Coniferen liegt hingegen klar genug vor uns, und können wir hier folgendermassen die aufsteigende Keihe entwickeln: nackter Knospenkern (Sporangium) mit zwei transversalen Blättern an der Basis bei Psilotum- ähnlichen Gewächsen, diese Blätter zur Fruchtknotenhülle vereinigt und den nackten Knospenkern umgebend bei Cycadeen und Coniferen, über dieser eine neue Hülle um die Blüthenaxe auftretend bei Ephedrä, zwei bei Gnetum. Im Inneren des Kernes sind die Uebereinstimmungen gleichzeitig nicht geringer. Der Embryosack wird in ganz ähnlicher W'eise wie die Macrosporen angelegt, er bildet endogenes Prothalium-Gewebe und am Scheitel desselben Corpuscula, die in ihrer Entwickelung bis in alle Einzelheiten hinein mit den Archegonien übereinstimmen. Das Ei füllt die ganze Centralzelle aus, besitzt eine Kanalzelle und bildet nach der Befruchtung einen Suspensor, welcher in demjenigen am Keime von Selaginella sein Vorbild findet. Wie es aber bei den Farnen an einem Analogon der weiblichen Organe der Cycadeen fehlte, so fehlt es hei Lycopodiaceen an einem Analogon für "Staubblätter der Coniferen, denn diese lassen sich aus den achselständigen Sporangien nicht ableiten. Wäre da nicht die Vermuthung gestattet, dass der gemeinsame Stamm, dem die Coniferen und Cycadeen ') Nach dieser Auseinandersetzung wird es von selbst auch klar, dass der Vergleich der Najasblüthe und des Ovulum überhaupt, mit dem Receptaculum von Salvinia (vergl. Magnus I. c. p. 40), auch abgesehen von dem Umstande, dass so viele Mittelglieder bei demselben übersprungen werden, unstatthaft ist. Das Receptaculum von Salvinia ist ein metamorphosirter Blatttheil, die Najas-Blüthe und das Ovulum überhaupt: eine metamor- phosirte Knospe. 259 — als divergirende Aeste entsprungen sind, weder mit den heut lebenden Farnen noch Lycopodiaceen übereinstimmte, vielmehr eine, die Mitte zwischen beiden haltende Gruppe bildete, welche Microsporangien auf Blättern ähnlich den Sporangien der Farne, Macrosporangien in den Achseln seiner Blätter ähnlich wie die Lycopodiaceen enf wickelte? Leider sind die paleontologischen Befunde nach dieser Richtung hin so unvollständig, dass ich aus denselben weder für noch gegen diese Ansicht Gründe schöpfen konnte, ich will mich also begnügen, aus morpholo- gischen Gründen auf die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit, einer solchen Gruppe hinzuweisen und dieselbe provisorisch als Lycopterideae bezeichnen. Aus dieser Gruppe mögen sich dann wohl noch in der Uebergangsperiode nach zwei divergirenden Richtungen die Cycadeen und Coniferen entwickelt haben. Die Microsporangien blieben in beiden auf der Unterseite der Blätter erhalten, in der Stellung der Macrosporangien trat aber allmälig eine Verschiedenheit ein, ähnlich derjenigen, die wir in der Stellung der Samenknospen bei höheren Phanerogamen beobachten, so zwar, dass sie bei den Coniferen in der Blattachsel verblieben, bei Cycadeen aber schliesslich auf Blättern zu stehen kamen. Der erste dieser Aeste: der der Cycadeen, gelangte im Keuper und untern Lias zu einer so bedeutenden Entwickelung, dass er mit die Physiognomie der ganzen damaligen Vegetation bestimmte; doch war ihm keine weite Zukunft beschieden. Er bildete keine neuen lebensfähigen Zweige und ist seit der Kreidezeit im Erlöschen begriffen, in der Jetztzeit nur noch in wenigen Gattungen und einer spärlichen Zahl von Individuen vertreten. Anders der Zweig der Coniferen; er kam gleichzeitig mit den Cycadeen zur vollen Entwickelung, erhielt sich aber lebenskräftig bis in die Neuzeit und bildete vor Allem mächtige Zweige, die heute noch die Vegetation der Erde beherrschen. Verwandtschaft mit den Metaspermen. Welche Familien höherer Phanerogamen sind aber zunächst von den Coniferen respective also von den Gnetaceen abzuleiten? Die Meinungen waren darüber getheilt. Ich hebe nur einige der neueren hervor« Nach Blume1) sind die Gnetaceen durch Ephedra mit den Coniferen und Casuarineen verwandt. ’) Ann. de sc. liat. tt. 18S4. p 101 — 106. 17* Lindley in Yegetable Kingdom ’) giebt von dieser Verwandtschaft das folgende Bild: Chloranthaceae. ^ Pinaceae. Gnetaceae. Taxaceae. Casuarineae. Ebenso schliesst nach Eichler* 2) Ephedra an die Casuarineen, Gnetum an die Chloranthaceen an; Richard3) stellte die Araentaceen, vornämlich die Betulineen den Coniferen am nächsten; auch Hofmeister4) wies auf die eigenthümlichen Uebereinstimmungen in den Bestäubungs- und Befruch- tungszeiten in beiden Gruppen hin. Neuerdings suchte Pariatore5) den directen Zusammenhang derselben sogar durch Abbildungen zu stützen.6) Ephedra, erklärt er, wie Blume, Lindley und Eichler, für mit den Casuarineen verwandt. Andererseits hebt wiederum Bailion die Uebereinstimmungen im Bau der Loranthaceen und Gnetaceen-Bliithe hervor; ihm scheint der Zusammenhang beider Familien über alle Zweifel erhaben: auch Hooker legt auf das Verhältniss zu den Loranthaceen und Santalaceen einen besonderen Nachdruck8) und Agarth und Henfrey gehen sogar so weit zu behaupten, dass die Gnetaceen den Loranthaceen näher stehen als den Coniferen.9) Die Wahrheit dürfte auch hier in der Mitte liegen und diese ver- schiedenen Anschauungen sich in der Weise versöhnen lassen, dass eben mehrere verschiedene Zweige den Coniferen, resp. den Gnetaceen ent- sprangen sind. Namentlich sind die Gnetaceen durch die so mannigfache Ent- wickelung ihrer einzelnen Genera wohl geeignet, eine solche Vermuthung zu stützen. Doch diesen Punkt will ich hier nicht weiter erörtern, da ja eine eingehendere Bearbeitung desselben möglich ist und behalte mir vor, ihn zum Gegenstand einer besonderen Untersuchung zu machen. Wenn sich aber auch für den Augenblick noch nicht mit Bestimmt- heit sagen lässt, welche Gruppen im besonderen von den Coniferen und Gnetaceen abzuleiten sind, so viel ist immerhin schon sicher, dass die ») p. 234. 2) 1. c. p. 450. 3) 1. c. p. 120 f. l) Hofmeister: Neuere Beobachtungen. Jahrb. für wiss. Bot. p. 98. 5) Studi organografici, p. 23. «) 1. c. Taf. III. f. . 7) Adairsonia, Bd. II. p. 375. 8) Welwitschia etc., p. 41, 31—34. v) 'Welwitcchia etc. Anmeik. p. 39. Metaspermen wirklich an die Archispermen anschliessen, ja sogar, dass es die niedern Dicotylen sind, die sich aus den letzteren entwickelt haben müssen. Dieses wird auch durch das Verhalten des Keimes bestätigt, wie wir es noch im Laufe dieser Untersuchungen zu sehen bekommen. Dort soll auch das Verhältnis der Monocotyledonen zu den Dicotyledonen besprochen werden, und begnügen wir uns hier mit der Bemerkung, dass die Mono- cotylen sich weder von den Coniferen noch Gnetaceen direct ableiten Jassen, und dass auch die vielfach vermuthete Verwandtschaft der Palmen mit den Cycadeen auf einer rein äusserlichen Aehnlichkeit sich stützte und bereits von H. von Mohl J) widerlegt worden ist. Stammbaum. So lange mir das ganze Verhältniss der einzelnen Gattungen der Coniferen unter einander, zu den Cycadeen und den Gnetaceen, und dieser letzteren zu den Metaspermen lebhaft noch vor den Augen steht, will ich versuchen sie graphisch in Gestalt eines Stammbaumes darzustellen. Dieser Stammbaum kann natürlich nicht Anspruch darauf machen, den weltgeschichtlichen Entwicklungsgang der ganzen Reihe vorzuführen, er soll nur die Verwandtschaften der einzelnen Gruppen veranschaulichen und muthmasslich andeuten, wie sie auseinander entstanden sind. Als ich an die Ausführung dieses Stammbaumes schritt, suchte ich mir paleonto- logische Anhaltspunkte für denselben zu verschaffen, musste aber bald auch hier einsehen, dass die vorhandenen Angaben wohl im Grossen und Ganzen zur Feststellung einer gewissen Aufeinanderfolge, durchaus aber nicht im Einzelnen, zur Bestimmung des Zusammenhanges einzelner Gat- tungen, ja nicht einmal einzelner Tribus ausreichen. Auch ist von ältesten Formen meist nur das Holz bekannt und nach diesem die Bestimmungen vorgenominen, endlich nur ein ganz kleiner Theil der Erde paleontologisch durchforscht. Soviel scheint immerhin sicher, dass Araucarieen und Taxaceen das höchste Alter unter den Coniferen besitzen. Folgende Zusammenstellung der in der Vorzeit in Europa verbreiteten Coniferen, die ich einer Arbeit von Hildebrand* 2) entnehme, dürfte für uns von Interesse sein. „Sie be- ’) Verm. Schriften, p. 204. 2) Die Verbreitung der Coniferen in der Jetztzeit und in den früheren geologischen Perioden. Verh. des naturh. Ver. d. pr. Rheinl. u. Westph. 18. Jahrg. 1861. p. 199 die angeführte Stelle p. 373. zieht sich nur auf Europa, da für diese allein hinreichendes Material vorliegt. „Die älteste Form, unter welcher die Coniferen in Europa erschienen, ist die der Araucarineen, und zwar treten diese schon in der Uebergangs- periode auf, also in den ältesten Schichten, aus denen überhaupt Pflanzen- reste bekannt sind, so dass wir nicht mit Sicherheit sagen können, ob dieselben nicht etwa schon vor dieser Zeit auf der Erde existirten. Eine andere Ordnung, die der Taxineen scheint gleichzeitig schon in Nord- Amerika vorhanden gewesen zu sein. In der folgenden Steinkohlen-Periode entfalten sich hierauf die Araucarineen zu einem so grossen Artenreich- thume, wie er in keiner der folgenden Perioden zu finden ist; neben ihnen erscheinen die ersten Anfänge der Abietineen in dem englischen Pinites anthracinus;1) die Ullmannien scheinen das Auftreten der Cupressineen anzubahnen, die noch nicht in ihrem jetzigen Character vorhanden, da Calycocarpus thuioides kaum einer sicheren Bestimmung als Conifere überhaupt fähig ist. Auch in der folgenden Trias-Periode haben neben wenigen zurückgebliebenen ächten Araucarineen noch die Uebergangsformen zu den Cupressineen als Voltzia und Albertia die Vorhand: doch fangen hier schon deutlicher die Cupressineen selbst mit Taxodites tenuifolius an; ferner findet sich hier am Schlüsse zuerst die eigentlnimlich farnkraut- ähnliche Coniferenform als Pachypteris Münsteriana. 2) In der Jura-Periode treten dann zwar auch noch mehrere Araucarien-ähnliche Formen auf, neben ihnen fangen aber die Abietineen an sich weiter zu entfalten, und auch die Cupressineen sondern sich deutlicher von den noch zu den Arau- carineen neigenden Uebergangsformen; es erscheinen Podocarpites acicularis und Taxites podocarpoides als Vorläufer der erst später deutlich ver- schieden sich zeigenden Podoearpeen und Taxineen (Pachypteris von diesen getrennt betrachtet). Die Kreide-Periode bringt darauf die Abietineen zu noch grösserer Entwickelung, auch die Cupressineen treten zahlreicher auf; ein deutliches Taxineenholz zeigt von dem Vorhandensein dieser Ordnung; hingegen schmelzen die Uebergangsformen zu den Araucarineen, so wie diese selbst bedeutend zusammen. So treten wir in die Tertiär-Periode, diejenige, welche für Europa den grössten Coniferenreichthum mit sich gebracht hat; die Abietineen erreichen ihre höchste Entwickelung, ebenso ’) Ce fossile . . . est trop fragmeutaire pour ne pas laisser de grand doutes au sujet de son attribution generique. Schimper, Paleont. veget. Kd. II. p. 297. 1869. -) Nach Schimper ein Farn. Paleon. veget. Bd. I. p. 492. 'die Cupressineen und Taxineen, die Podocarpeen erscheinen geschieden von den letzteren, und die Gnetaceen beginnen; hingegen verschwinden die Araucarineen fast ganz; alle Ordnungen sind deutlich von einander getrennt, nur hier und da findet sich noch eine Zwischenbildung. Von diesem Reich- thuni sinkt darauf die europäische Coniferenflora zu ihrer jetzigen Armuth herab; von den Abietineen und Cupressineen sind einige geblieben; die Taxineen verschwanden bis auf eine Art, die Araucarineen und Podo- carpeen gänzlich; nur die Gnetaceen sind zahlreicher geworden; alle Ordnungen sind streng geschieden, ohne Uebergangsformen. J) Mit diesen Angaben stimmen im Wesentlichen auch die von Sehimper in der Paleontologie vegetäle (1869) überein. Wir sehen, dass die Resultate, zu denen wir auf morphologischen Grundlagen gelangt waren, sich im Allgemeinen mit den paleontologischen Befunden vereinigen lassen. — Im Einzelnen bleiben wir freilich nur auf morphologische Anhaltspunkte angewiesen, da in den entsprechenden paleontologischen Angaben eine zu grosse Unsicherheit herrscht. Es ist dies in dem Zustande des Materials selbst begründet, welches meist nur in einzelnen Bruchstücken und stark verändertem Zustande zur Beobachtung vorliegt. Wie oft ist in Folge dessen nicht eine und dieselbe Pflanze von verschiedenen Forschern zu ganz verschiedenen Gruppen gebracht worden, häufig Theile einer einzigen Pflanze mit verschiedenen Namen belegt, bis ein glücklicher Zufall ihre Zusammengehörigkeit dargethan. Aus den paleontologischen Angaben auf den Zusammenhang der ein- zelnen Tribus zu sehliessen, war also nicht möglich und musste ich deshalb den ursprünglich gefassten Plan, einen Stammbaum aufzu stellen, cler auch der Entwickelung der einzelnen Tribus in den aufeinander folgenden geologischen Perioden Rechnung tragen sollte, aufgeben und beschränke mich auf den hier vorliegenden, der vor Allem nur die Verwandtschaft der einzelnen Tribus vergegenwärtigt. Ein Vergleich mit der eben citirten Stelle aus Hildebrand’s Arbeit, zeigt dessen Uebereinstimmung mit den paleontologischen Befunden, was uns um so werthvoller erscheint, als wir uns zunächst bei Aufstellung desselben von rein morphologischen Gründen leiten Hessen. Es ist dies ein neues Beispiel für die Parallele zwischen der phylogenetischen und der systematischen Entwickelung. Auf die nähere Erklärung dieses Stammbaumes gehe ich nicht ein, um Wiederholungen zu vermeiden, und setze dabei voraus, dass dem Leser das Vorhergegangene noch so weit als hier nöthig gegenwärtig sei. *) Vergl. Sehimper, Bd. If. p. 117 u. 118. 264 Ich habe die Aufstellung dieses Stammbaumes nicht bis an das Ende meiner Untersuchungen verschoben, weil aus den Verhältnissen der Blüthe vor Allem die Anhaltspunkte für denselben gewonnen wurden. Berück- sichtigt habe ich gleichzeitig aber auch alle anderen Beziehungen, und wir sollen in Folgendem noch manche weiteren Aufschlüsse und manche wichtige Stütze für diesen Stammbaum gewinnen. Die Bestäubung- Bis vor kurzem wurde ohne weiteres angegeben, dass es der Wind sei, der die Bestäubung bei Conferen vermittle. Erst zu Anfang des vorigen Jahres beobachteten gleichzeitig Delpino1) und ich,2) dass hier weitere Ein- richtungen in Betracht kommen, welche diese Bestäubung erleichtern. Die Erwägung, dass bei der Kleinheit der Fruchtknotenmündung bei Coniferen- Blüthen der Pollen kaum in so grosser Anzahl auf den Nucleusscheitel derselben gelangen könnte, hatte mich veranlasst den Vorgang genauer zu beobachten; das Endresultat war: dass zur Blüthezeit die Frucht- knotenmündung Flüssigkeitstropfen ausscheidet, in welchen die Pollen- körner sich ansammeln, dass diese Tropfen allmälig verdunsten und die in denselben angesammelten Pollenkörner auf diese Weise in die Bliithe hineingezogen werden. Besonders stark ist diese Ausscheidung bei solchen Corpusculaten, die ganz freie, einzeln stehende Samenknospen, wo der Pollen unmittelbar in den Tropfen aufgefangen wird, besitzen; schwächer bei denjenigen mit entwickelten Fruchtschuppen, wo diese den Pollen den Blüthen zuleiten können. Znm ersten Male sah ich die genannte Tropfenausscheidung bei Taxus baccata. An schönen sonnigen Tagen, wenn die männlichen Blüthen im vollen Stäuben sind, kann man an der Spitze jeder Blüthe einen schönen farblosen Tropfen bemerken. Die mikroskopische Untersuchung liess meist in diesem Tropfen auch Pollenkörner auflinden; derselbe war ein ganz wenig klebrig; nach der Verdunstung liess er nur unmerkliche Spuren auf dem Objectträger zurück. Gegen Abend waren die Tropfen verschwunden, 1) Ulteriori osservationi sulla dicogamia nel regno vegetale Parti sec. Fase. I. 1870. 2) Die Bestäubung der Gymnospermen. Jenaische Zeitschr. für Medic. u. Naturw. Bd. VI. Heft 2. p. 249. Taf. VIII. 266 der Pollen dann auf der Nucleusspitze zu linden. Diese Spitze hatte sich um die nämliche Zeit etwas aufgelockert, so dass die Körner leicht ihre Schläuche in dieselbe treiben konnten: (Taf. 1. Fig. 11). Vier Wochen später verfolgte ich die nämliche Erscheinung Tage lang an Ginkgo biloba; der Nucleus wird hier trichterförmig ausge- höhlt ;Taf. II. Fig. 28.), so dass die Pollenkörncr auf diese Weise bis tief in das Innere desselben gelangen. Die so ausgehöhlte Nucleusspitze ver- schrumpft später, bräunt sich, vertrocknet und bildet den Nabel an dem, auf eine papierdünne Hülle reducirten Nucleus, in älteren Blüthen. Zur Zeit der Tropfenausscheidung ist die Fruchtknotenmündung zier- lich ausgebreitet, später verdickt sie sich und schliesst den Kanal; ihre lippenartigen Ränder verdorren oder neigen zusammen und legen sich an einander. Aehnliches dürfte auch für alle andern Taxaceen gelten. Ende März dieses Jahres (1871) sah ich in Neapel einen schönen Strauch von Cephalotaxus Fortunei, über und über von solchen Tropfen bedeckt, im Sonnenschein glänzen, und die nämliche Ausscheidung beobachtete ich schliesslich auch an einem Exemplare von Podocarpus chinensis an den Mündungen der Blüthen. Bei Cupressinecn erfolgt die Bestäubung in derselben Weise, die Zäpfchen befinden sich meist zur Blüthezeit in geneigter oder umgekehrter Lage, so dass die Blüthenmündung nach der Seite oder nach unten sieht; in Folge dessen können die umgebenden Deckblätter kaum den Blüthen den Pollen zuleiten, derselbe wird direct von jeder einzelnen Bliithe aufgefangen. Dem entsprechend ist die Tropfenausscheidung noch sehr bedeutend, man kann sie mit der grössten Leichtigkeit an Thuja, noch schöner an Cupressus im Frühjahr sehen. Bei den Abietineen werden die Pollenkörner den Blüthen von den Deckblättern oder den Schuppen zugeführt, man trifft hier die schönsten Auffassungen. Bei Pinus Pumilio und sylvestris stehen die jungen weiblichen Blü- then aufrecht an der Spitze der jüngsten Triebe, sie werden zu einer Zeit empfängnissfähig, wo die Doppelnadeln noch nicht entwickelt sind und stellen in Folge dessen von allen Seiten frei und zugänglich da. Meist sind es mehrere, 2 — 5, die den Gipfel eines solchen Zweiges einnehmen, zur Blüthezeit nur etwa 10 M. M. gross, doch leicht sichtbar an ihrer schönen rothen Färbung. Die Deckblätter solcher Zapfen sind klein, die Fruchtschuppen fleischig, breit abgerundet, in der Mitte mit einem vor- springenden Kiel versehen, an der Basis mit dem Deckblatte zu einem 267 ganz kurzen Stiel verschmolzen, auch im Ucbrigen dicht an dasselbe an* liegend. Sobald die Antheren zu stäuben beginnen, streckt sich die Iiachis des kleinen Zapfens auf ein Mal ziemlich bedeutend, die Fruchtschuppen werden auseinander gerückt. Die Bliithe ist um die nämliche Zeit schon völlig angelegt, der Fruchtknotenrand in zwei lange, rechts und links Orient irte Fortsätze ausgezogen, die zu beiden Seiten des Fruchtschuppen- stiels vorspringen. Diese Fortsätze werden von farblosen, glashellen Zel- len gebildet, die mit Flüssigkeit prall angefüllt sind und dieselbe reich- lich secerniren. Wenn jetzt durch einen Luftzug zugeführte Pollenkörner auf den jungen Zapfen fallen, so gleiten sie an den aufgerichteten Frucht- schuppen zu beiden Seiten des mittleren Kieles hinab und gelangen un- mittelbar zwischen die Fortsätze der Fruchtknotenmündung; hier sammeln sie sich in der secernirten Flüssigkeit an und werden nun in die Frucht- knotenhöhle aufgenommen. Auch hier ist die Nucleusspitze ausgehöhlt und zu ihrem Empfange vorbereitet, so dass sie leicht Schläuche in das Gewebe derselben treiben können. So ist der gewöhnliche Vorgang, der wohl für alle echten Pinusarten gilt. Der Kiel scheint eine besondere Anpassung der Axenspitze der Fruchtschuppen zu sein, welcher den Pollen an seinen Bestimmungsort leitet. Diese gleiten zu beiden Seiten des mittleren Vorsprungs an den glatten Schuppenwänden hinab und gelangen unmittelbar auf die Blüthen. Diejenigen, die ihren Weg verfehlen, fallen in die Gänge, welche rechts und links um die Rachis, in Folge der schmäleren Insertion der Fruchtschuppen und Deckblätter entstehen mussten; da die Fortsätze der Blüthen in diese Gänge hineinragen, so kommen sie leicht einer anderen Bliithe zu gute. Die Deckblätter liegen der Unterseite der Fruchtschuppen dicht an, so dass sie die Bestäubung nicht stören können. Gleich nach erfolgter Bestäu- bung nehmen die Schuppen bedeutend an Dicke zu; die Axe streckt sich nicht in entsprechendem Maasse und so legen sich die Schuppen mit ihren Rändern dicht an einander und versehliessen den Zugang zu den Blüthen. Eine gleichzeitige Harzabsonderung hilft die Schuppen zu ver- kleben: Die Bracteen bleiben stationär, und sind in Folge dessen in ältern Inüorescenzen kaum mehr nachzuweisen. Auch der Kiel auf der Frucht- schuppe verdorrt nun allmälig, nachdem seine Rolle ausgespielt. Die rothe Farbe des Zäpfchens geht jetzt in eine braune, endlich in eine grüne über; auch senkt sich der Zapfen langsam und nimmt schliesslich eine hängende Lage an. Acht Tage nach vollendeter Bestäubung waren 268 auch bereits die beiden Narben gebräunt und theilweise verschrumpft. Die Pollenkörner, welche an denselben hängen geblieben, ohne in das Innere des Ovariums zu gelangen, waren ebenfalls abgestorben, ohne Schläuche zu treiben. Der Ovarienmund war längere Zeit noch offen und erst später durch starke Verdickung des Randes geschlossen. Picea vulgaris reiht sich durchaus an Pinus an, nur fehlt der Kiel auf den Fruchtschuppen.. Die Zapfen werden auch aus den End- knospen der jährigen Zweige einzeln entwickelt, sie sind zur Blüthezeit bedeutend grösser als bei Pinus (bis 30 M. M.) und werden in Folge des- sen auch hier von den sie an der Basis umgebenden Nadeln beeinträch- tigt. Sie stehen zur Blüthezeit gerade aufrecht und sind durch ihre schöne rotlie Farbe weit sichtbar. Die Deckblätter an diesem Zapfen sind ganz klein, viel kleiner im Verhältniss als bei der Kiefer, der unteren Fläche der Fruchtschuppe fest angedrückt und selbstverständlich ohne jede Rolle bei der Bestäubung; die Fruchtschuppe ist in der Mitte etwas gewölbt, in ihrer äusseren Hälfte fast horizontal gestellt, sie ruht mit ihren Seiten- rändern rechts und links auf den nächsten Fruchtschuppen. Hier entstehen Rinnen, welche die Pollenkörner direct nach den weiblichen Blüthen führen. Diese letzteren besitzen hier die nämlichen beiden Fortsätze wie bei Pinus-Arten und verhalten sich auch sonst diesen in allen Punkten gleich. Deckblatt und Fruchtschuppe sind nur auf eine ganz kurze Strecke mit einander vereinigt. Die Fruchtschuppe ist fast unmittelbar an ihrer Ein- fügungsstelle verbreitert. Daher sind auch die beiden Fortsätze des Fruchtknotenrandes der Blüthen, der Rachis etwas angedrückt und fehlen auch die Gänge, die bei Pinus um die Rachis führen. Nach der Bestäubung legen sich die Fruchtschuppen bald an einander, der Zapfen nimmt noch an Grösse zu und verliert seine Farbe, auch sieht mau ihn mitsammt dem Zweige, dem er aufsitzt, in Folge seiner rasch zunehmenden Schwere, langsam einen weiten Bogen in der Luft beschrei- ben und schliesslich abwärts hängen. Ebenso ist es bei Picea nigra, die äusserst niedlichen, zur Blüthezeit 20 bis 25 M. M. hohen Zäpfchen zeigen die nämliche Einrichtung, doch sind die Fruchtschuppen noch mehr ge- wölbt, an den Rändern etwas emporgehoben und in Folge dessen die Rinnen besonders schön entwickelt und besonders leicht zu verfolgen. Anders gestaltet sich das Verhältniss zwischen Deckblatt und Frucht- schuppe bei der Edeltanne und Lärche. Hier ist zur Blüthezeit das Deck- blatt grösser als die Fruchtschuppe und vermittelt die Bestäubung; auch 209 zeigt das Deckblatt eine Anschwellung in der Mittellinie, welche sich frei als Spitze über die Lamina hinaus fortsetzt und wenn auch morphologisch durchaus verschieden, doch in mancher Beziehung an den Kiel auf der Fruchtschuppe der Pinus- Arten erinnert. Die Fruchtschuppe ist zur Blüthe- zeit ganz klein und an der Basis des Deckblattes auf der Innenseite desselben verborgen. Sie ist fleischig, abgerundet und auf der obern Seite völlig von den zwei Blüthen eingenommen. An der Basis sind Deckblatt und Fruchtschuppe miteinander verschmolzen. Der Fruchtknotenrand der Blüthen ist bei der Lärche ebenfalls zweilippig, doch ungleichseitig ent- wickelt, die innere und obere Lippe ist helmartig gestaltet und greift über die ganze Mündung des Fruchtknotens hinweg; die untere und äus- sere Lippe ist in ihrer Entwickelung zurückgeblieben. Die Zapfen der Lärche werden aus den Endknospen kurzer Seitentriebe angelegt und stehen aufrecht zur Blüthezeit und etwa 10 M. M. hoch; die Deckblätter sind an einer kurzen Rachis rosettenartig gestellt, roth violett, eiförmig, oben ausgerandet, aufstrebend, etwas nach aussen umgebogen. In der Mittellinie, wie erwähnt, angeschwollen, über die Lamina hinaus in eine Spitze verlängert. Nach der Basis hin nimmt die mittlere Anschwellung an Breite zu. Die Pollenkörner werden zu beiden Seiten derselben hin- abgeführt und kommen auf diese Weise bis an die Seiten-Ränder der flei- schigen Fruchtschuppe; zwischen diese und das Deckblatt können sie nicht gelangen, denn beide schliessen dicht aneinander; so gleiten sie denn an den glatten Rändern der Fruchtschuppe weiter hinab und fallen in den helmartig entwickelten Lappen, welcher gleichsam wie eine Hand hohle zu ihrem Empfange offen steht. Gleich nach der Bestäubung schlägt sich dieser Lappen weiter nach dem Innern des Fruchtknotens ein, führt so alle Pollenkömer in die Oeffnung desselben. Die Samen reifen hier in einem Jahre, deshalb folgen sich diese Vorgänge in ganz raschem Tempo, so dass man den Fruchtknoten meist schon ohne den helmartigen Fort- satz antrifft, und derselbe auch auf den meisten Bildern, welche von der Lärche zur Blüthezeit entworfen worden, fehlt. Auch treten die Haare, welche man für gewöhnlich an den unteren Fruchtschuppenrändern angegeben findet, erst nachträglich auf und spielen keine Rolle bei der Bestäubung. Die Zapfen der Edeltanne stehen meist paarweise an den Enden der Zweige, am Gipfel älterer Bäume. Sie werden auf der Oberseite dieser Zweige angelegt und entwickeln sich in aufrechter Stellung. Der Zapfen nähert sich in seiner äusseren Gestalt mehr der Fichte, in der Entwicke- lnng der Deckblätter und Frucht'schuppen durchaus der Lärche. Auch der Fruchtknotenraiul ist einseitig, stark hehnartig entwickelt und der Xucleusscheitel ausgerandet. Beide Zapfen, sowohl der Lärche wie der Edeltanne, bleiben aufrecht während ihrer ganzen Entwickelung. Die Fruchtschuppen nehmen nach der Bestäubung rasch an Grösse zu und überholen bald die nur noch langsam wachsenden Deckblätter. Diese stehen später mit ihrem ohereu Bande nur noch wenig zwischen den fest aneinander schliessenden Fruchtschuppen hervor. Die übrigen Abietineen schliessen sich, soweit mir bekannt, alle au eine oder die andere der genannten Formen an. Die Taxodineen und Sciadopityneen vermitteln den Uebergang von den Cupressineen zu den- selben. Die Cunninghamien reihen sich auch mehr oder weniger an die Abietineen an; hei Araucaria excelsa habe ich, wie bereits erwähnt, ein eigenthiimliches Verhalten der Nucleusspitze zur Bliithezeit beobachten können; diese war nämlich zur Eruchtknotenmündung hinaus gewachsen und hatte sich hier narbenartig ausgebreitet, so dass die an den Schup- pen hinuntergleitenden Pollenkörner ganz unmittelbar auf dieselbe gelan- gen und ihre Schläuche treiben konnten (Taf. VII. Fig. 56). Hiermit stimmt auch eine Zeichnung von Schacht ( Anat. und Phys. Bd. II. Taf. X. Fig. 27) für Auracaria brasiliana überein, wo ebenfalls die Kernwarze aus der Fruchtknotenmündung hinausragt und man die Pollenkörner vor derselben sehen kann. Ganz ähnlich scheint es sich auch bei Dammara australis zu verhalten. Auch die Gnetaceen werden durch Vermittelung des Windes bestäubt; sie schliessen sich in der Art ihres Verhaltens, auch in dieser Beziehung wie in so vielen andern, unmittelbar an die Taxaceen au. Bei Ephedra kann man zur Blüthezeit einen schönen farblosen Tropfen oben an der Mündung des langen Integumenthalses sehen; der Flüssigkeitstropfen ver- dunstet allmälig und die Pollenkörner werden in das Innere eingezogen, wo die Nucleusspitze ebenfalls zu ihrem Empfange vorbereitet ist und tief bis auf den Embryosack hin ausgehöhlt erscheint. Es ist zu vermuthen, dass Gnetum sich in dieser Beziehung ähnlich verhält. Hier ist es das innere Integument, welches zu einem langen Halse ausgezogen ist und den Tropfen an seiner Spitze zeigen dürfte. Durch den langen Hals wird der Tropfen über die Bliithe emporgehoben und so möglichst von allen Seiten zugänglich gemacht. Von der Tropfen- ausscheidung her auf die Identität zwischen dem innern Integumente von Gnetum, dem einzigen von Ephedra und den Fruchtknoten der Coniferen zu schliessen, wäre jedenfalls unrichtig, denn 1) entscheidet die Function nicht über den morphologischen Werth der Organe; 2) wird die Flüssig- keit sicher nicht von den Rändern der betreffenden Hüllen, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach von der, gleichzeitig sich desorganisirenden Nu- cleusspitze ausgeschieden. Die Hülle leitet sie nur einfach nach aussen. Dass aber bei Gnetum die Nucleusspitze ebenfalls ausgehöhlt wird, lässt sich mit aller Sicherheit aus der Figur 22, Taf. 170 bei Blume (1. c.) schliessen. Man sieht hier oben an der Kernwarze ganz die nämliche Ein- senkung wie bei Ephedra, der freilich durch Blume eine ganz andere Deutung gegeben wird. Auch in der wirklichen Blüthe von Welwitsehia darf ich mit gutem Grunde den nämlichen Vorgang vermuthen. Hooker behauptete zwar, die Pollenkörner könnten hier unmöglich durch einen so engen Hals auf den Nucleus gelangen, und sprach deshalb die Ansicht aus, dass die Bestäubung hier noch vor Schliessung des Inte- gumentes über den Scheitel der Kernwarze und mit Hülfe von Insecten erfolgen müsse. Allein Hooker kannte die ganz analogen Vorgänge bei Ephedra nicht, wo der Hals ebenso lang und eng, die Pollenkörner ebenso gross sind und doch den Hals passiren. Ausserdem habe ich schon früher gezeigt, dass die Pollenkörner, die hier so leicht auf der Nucleus- spitze nachzuweisen sind, sich auf derselben erst finden, wenn der Integu- menthals gebildet und die Blüthe den nämlichen Reifezustand erreicht hat, auf dem die Bestäubung auch bei Ephedra erfolgt. Auch wird die Nucleusspitze durch Auflockerung ihrer Zellen ebenso hier zur Aufnahme der Pollenkörner vorbereitet, wenn auch keine Aushöhlung derselben wie bei Ephedra und Gnetum erfolgt. Die Spitze des Integuments verhält sich ganz ähnlich wie bei Ephe- dra: in einem Worte, es darf wohl kaum gezweifelt werden, dass auch hier Tropfen ausgeschieden werden und die Bestäubung mit Hülfe des Windes erfolgt. Anders scheint es bei dem Fruchtknoten gewesen zu sein, dessen Spuren wir noch in der pseudohermaphroditen Blüthe vorfinden. Die noch vorhandene stark papillös entwickelte Narbe ruft die Vermu- thung wach, dass hier ganz andere Motoren im Spiele waren.» Es ist geradezu unmöglich, dass auch hier Tropfen ausgeschieden und die in denselben angesammelten Pollenkörner durch Verdunstung des Tropfens in das Innere des Fruchtknotens eingeführt worden; der Tropfen hätte sich über die weite Fläche der Narbe verbreitet und die Pollenkörner 272 wären zwischen den Papillen derselben liegen geblieben; nein, alles deutet darauf hin, wie früher bereits hervorgehoben, dass die Bestäubung durch Insecten vermittelt wurde. Es giebt zwar auch für die Bestäubung durch Vermittelung des Windes eingerichtete, secernirende Narben, auf denen die Pollenkörner liegen bleiben und ihre Schläuche treiben; allein solche Narben sind meist viel- fach zerschlitzt, lang, fadenförmig ausgezogen, um eine möglichst grosse Berührungsfläche zu bieten und sehen immer weit aus der Blüthe hinaus, während die hier in Frage kommende Narbe tellerförmig gestaltet und verhältnissmässig nur kurz gestielt ist: Alle diese Betrachtungen sprechen für die Insectenbestäubung und wir hätteu hiermit auch den ersten An- schluss für das bei höheren Phanerogamen so häufige Verfahren gefunden. Eigentümlich ist dass nachdem der Inseetenbesuch aufgehört und der ganze Fruchtknoten rudimentär geworden, die Narbe sich in so schöner Weise erhalten hat. Wenn die noch existircnden weiblichen Blüthen von Welwitschia mit Hülfe von Insecten bestäubt würden, wäre das Vorhanden dieses narben- artigen Organs erklärlich, es könnte mithelfen, die Insecten zu den männ- lichen Blüthen heranzulocken1), wo sie mit Blüthenstaub beladen würden, ähnlich etwa, wie die functionlosen Randblüthen von Viburnum Opulus, die Insecten zu den fertilen Blüthen anziehen.2) Doch die Möglichkeit der Insectenhülfe bei der Bestäubung der heut functionirenden weiblichen Blül he ist völlig ausgeschlossen und somit die so vollkommene Erhaltung der genannten Narbe in der männlichen Blüthe jedenfalls eine morphologische Merkwürdigkeit. Dieselbe Art der Bestäubung wie für Coniferen und Gnetaceen gilt schliesslich auch für Cycadeen; auch hier werden zur Empfängnisszeit der weiblichen Blüthen Tropfen aus der Fruchtknotenmündung ausgeschieden, auch wird die Nucleusspitze ähnlich wie in den schon erwähnten Fällen ausgehöhlt, was hier sogar die Veranlassung zur Annahme eines zweiten Integumentes wurde. lieber den Pollen der Corpusculaten habe ich noch eine kurze Be- merkung hinzuzufügen — auch er ist der Bestäubung durch Vermittelung des Windes angepasst. Vor allen Dingen sind hier die Körner zur Reife- zeit der Antheren überall sehr trocken, um nicht an einauder zu kleben i) Eiue solche Möglichkeit liegt z. B. für Silene Otites vor, wo die Narbe in der männlichen Blüthe ebenfalls so vollkommen erhalten ist. ") C. Spengel, das entdeckte Goheimniss der Natur, p. 159. und leicht vom Winde bewegt werden zu können. Bei Pinus und Podo- carpus-Arten kommen die eigentümlichen mit Luft angefüllten, flügelartigen Bläschen hinzu. Bei Pinus Picea und Abies bringt sie Hartig1) mit dem Umstande in Zusammenhang, dass hier die männlichen Blüthen meist tiefer, die weiblichen meist höher an den Bäumen stehen und die ge- nannten Säcke den Pollenkörnern zu der aufsteigenden Bewegung verhelfen: für die diöcischen Podacarpen - Arten ist dies jedenfalls anders und dürften sie hier überhaupt nur durch ihre leichte Beweglichkeit diesen Pflanzen von Nutzen sein. Eigentümlich ist auch die Färbung der Zapfen zur Blütezeit; bekanntlich hängt diese bei höheren Phanerogamen mit der Bestäubung durch Insecten zusammen, die sich durch die schönen Farben angezogen fühlen; hier fällt dieser Grund weg: die Färbung zur Blütezeit ist eine blosse Correlationserscheinung, eine Folge des erhöhten Stoffwechsels zur Blütezeit, ähnlich wie der rothe Farbestoff den man bei der Keimung vieler Samen auftreten sieht, und dürfte uns immerhin ein Fingerzeig sein, wie eine so prägnante Eigenschaft überhaupt zuerst als blosse Correlation auftreten und in Folge des Nutzens den sie der Pflanze bringt, nachträglich gezüchtet werden kann. Die Litteratur, die ich hier zum Schlüsse zu erwähnen hätte, beschränkt sich auf die in der Einleitung citirte Schrift Delpino’s, der gleichzeitig mit mir die Tropfen-Ausscheidung bei vielen Coniferen beobachtet hat2 3). Bei Abietineen erklärte er ebenfalls, schon früher, die Schuppen für leitende Organe8), doch nicht so direct, wie ich es in dem Vorliegenden gethan, sondern überhaupt nur um den Pollen den Gängen zuzulühren, welche rechts und links um die Kachis laufen und in welche die Frucht- knotenrand- (Micropylrand) Fortsätze hineinragen. In diesen Gängen sollen die Körner in wirbelnde Bewegung versetzt werden und dabei ihnen ihre Luftsäcke sogar zu statten kommen. *) Bot. Zeit. Nr. 49. 1867. 2) Ulteriori osservazioni. Parte secoüda 1870, p. 25. 3) Ulter. osserv. Parte prima 1868 — 1869, p. 2. Strasburger, Coniferen und Gnetaceen. 18 Die Befruchtung. Wiederholte Untersuchungen in letzten Jahren veranlassen mich auf diesen Gegenstand noch ein Mal zurückzukommen. In meiner früheren Arbeit ') hatte ich mich einer älteren Auslegung Mohl’s (Entw. d. Embr. von Orchis Morio bot. Zeit. 1847, Pag. 472) angeschlossen, die auch von Braun (Ueber Polyembrvonie und Keimung von Caelebogvne Anm. p. 134) trotz entgegengesetzter Ansichten Hofmeister’s, vertreten worden war — nach welcher der ganze Inhalt der Centralzelle des Corpusculums als Ei, dem Keimbläschen anderer Phanerogamen homolog, gedeutet wurde. — Ein Umstand gab zu wiederholter Prüfung meiner früheren Angaben die Veranlassung: ich hatte zunächst einiges Material, das mir bei der ersten Untersuchung gedient hatte, in absolutem Aleohol aufbewahrt und bei nachträglicher Beobachtung desselben mich überzeugen können, dass es sich nunmehr in viel höherem Grade für die Untersuchung eigene. In absolutem Aleohol aufbewahrte Eier behalten in erstaunlicher Weise alle Eigentümlichkeiten ihrer Structur, ihr Volumen, die Contouren aller ihrer Vacuolen und sind so erhärtet, dass sie sich nunmehr mit der grössten Leichtigkeit aus den Corpuskeln herauspräpariren und ungestört unter- suchen lassen. Solche Eier geben in Glycerin gelegt bei Hinzufügung einer ganz geringen Menge Kalilauge die schönsterwünschten Präparate. Ich hatte mich bei meiner ersten Untersuchung auf die Beobachtung möglichst unveränderter Objecte unter Eiweisslösung beschränkt. Diese Methode hatte ihre Vortheile aber auch zugleich ihre Nachtheile, wie ich dies jetzt schon bei der Untersuchung der ersten Alcoholpräparate bemerken musste: sie hatte ihre Vortheile, denn sie führte uns die Objecte ') Die Befruchtung bei den Coniferen. Jena, 1869. 275 in möglichst natürlichem Zustande vor, ihre Nachtheile, weil sie ver- hältnissmässig wenig Einblick nur in den ganz gleichmässig das Licht brechenden Inhalt der Eier gewährte. Schon an den ersten Präparaten von Pinus- Arten, die ich zur Befruchtungszeit in Alcohol eingelegt hatte, konnte ich im Innern des Eies eine grosse, einige Stärkekörner führende Masse unterscheiden, constant die Mitte des Eies einnehmend. Diese Masse war mir bei meinen früheren Untersuchungen nicht als differenter Theil des Eies aufgefallen; ich beschloss daher die ganze Untersuchung einer nochmaligen Prüfung zu unterwerfen. Zwei Jahre hinter einander habe ich dieselben nun fortgeführt und die ganzen Vorgänge an Alcohol-Präparaten von Pinus Pumilio, sylvestris, austriaca, Picea vulgaris, Thuja occidentalis, Juniperus Sabina und virgi- niana, Ginkgo biloba, zum Theil auch an Taxus baccata und Ephedra altissima verfolgt. Da mit derselben ein neues Moment, die erwähnte innere Masse im Eie zur Beobachtung kommt und dieselbe einen Einfluss auf die ganze Art der Deutung üben könnte, so fühle ich mich veranlasst die Angaben Hofmeisters, denen ich meine früheren gegenüberstellte, noch- mals kurz hier in Erinnerung zu bringen. Ich halte mich hierbei an die letzte Deutung, die er von den Befruch- tungsvorgängen der Coniferen in seinem Handbuche (die Lehre von der Pflanzenzelle, Leipzig 1867, P. 119) giebt. „Bestimmte Zellen der Scheitelregion des Eiweisskörpers der Gymnospermen erlangen eine relativ sehr beträchtliche Grösse. Sie sind die sogenannten Corpuscula oder secundären Embryosäcke In ihnen entstehen die Keimbläschen, ebenfalls durch freie Zellbildung aus nur einem Tlieile des protoplasmatischen Inhalts der Zellen. Bis zur Erlangung der vollen Grösse enthalten die Corpuscula der Coniferen nur einen dünnen Wandbeleg aus Protoplasma, in welchen der Kern der grossen Zelle eingelagert ist. Nach Vollendung des Wachsthums der Corpuscula, nimmt ihr Gehalt an Protoplasma rasch zu. Der Wandbeleg wird schnell um Vieles dicker, die Vacuole immer kleiner. Sie wird bei Abietineen und bei Taxus sehr bald, bei den Cupressineen etwas später in eine grössere Anzahl kleiner, kugelförmiger Vacuolen zerklüftet, die endlich völlig verschwinden. In den Platten und Massen von Protoplasma, welche die einzelnen Vacuolen umgeben und von einander trennen, treten nach Verflüssigung des primären Kern’s des Corpusculum secundäre Zellkerne in Anzahl auf: in mässiger, bis etwa acht, bei Taxus: in grösserer bei den Cupressineen: in sehr grosser, bis zu mehreren Hunderten bei den Abietineen. Um jeden solchen 18* 276 Kern ballt sich eine Masse dichteren Protoplasma’s zu einer primordialen Zelle (einem Keimbläschen), nach deren Anlegung die noch vorhandenen Vacuolen rasch aufgezehrt werden. Die Keimbläschen schwimmen jetzt theils frei, in gleichartig feinkörnigem Protoplasma, tbeils sind sie der Wand des Corpusculum, insbesondere der Scheitelwölbung desselben ange- scluniegt. Bei den Kiefern erfolgt in vielen Keimbläschen noch vor der durch die Ankunft des Pollenschlauchendes in dem obern Ende des Cor- pusculum vermittelten Befruchtung, die Bildung freier Tochterzellen, die allmälig wachsend die Mutterzelle ausfüllen. — Nach Anlangen des Pollen- schlauchendes am Corpusculum nimmt eines der Keimbläschen an Grösse beträchtlich zu, wandert nach der untern Wölbung des Corpusculums, beginnt eine Zellvermehrung durch Scheidewandbildung nach bestimmter Regel, presst sich dem unteren Ende des Corpusculum fest ein, erhält feste, elastische Zellwände und wird so zur Anlage des Embryo.“ Die ersten Entwickelungszustände junger Corpuscula (erste Anlage des Corpusculum, der Hals- und der Centralzelle, Theilung der Halszellen, Bildung der Kanalzelle etc.), die ich untersuchte, ergaben an Alcohol-Präpara- ten ganz die nämlichen Resultate, die ich bereits in meiner früheren Arbeit „Ueber die Befruchtung der Coniferen“1) zu schildern Gelegenheit hatte. Sie bestätigten es nochmals mit voller Bestimmtheit, dass die Corpuscula der Coniferen im Prothalliumgewebe der Macrospore (hier Endosperm und Embryosack genannt) ganz in derselben Weise angelegt werden wie die Archegonien, der höheren Cryptogamen. Einzelne äusserste Prothallium- (Endosperm-)Zellen am Scheitel der Macrospore sind es, welche anschwellen und durch eiue quere Theilung in eine kleinere obere Halszelle und eine untere sog. Centralzelle zerfallen. Die Halszelle bleibt einfach oder sie theilt sich, wie gewöhnlich, in mehrere Zellen, die entweder alle in einer Ebene, oder in mehreren übereinander liegenden Etagen angeordnet sind und zusammen den Hals bilden. Die Centralzelle wird vom Prothallium-Gewebe aus, wie bei Farnen, mit einer besonderen Zellschicht umgebeu, sie füllt sich langsam mit Protoplasma und schlägt hierbei den umgekehrten Weg ein, dem sonst vegetative Zellen bei Bildung des Zell-Lumens folgen. Es treten Vacuolen in dem Wandbelege auf, derselbe nimmt an Dicke zu, das ursprüngliche Lumen schwindet immer mehr, endlich ist die ganze Zelle mit schaumigem Protoplasma angefüllt. An dieser Stelle schliessen meine jetzigen Unter- ‘) Jena, 1869. 277 suchungen an. Der zuletzt erwähnte Vorgang lässt sich sehr schön in den Corpuskeln der Juniperus- Arten verfolgen. So wenig diese in frischem Zustande zu solcher Untersuchung geeignet sind, so schön erhält man die Präparate, wenn man sie zuvor eine Zeit lang mit absolutem Alcohol behandelt, dann auf einige Tage in Glycerin gelegt und endlich auf die Schnitte unter Glycerin ein ganz wenig Kali- lauge wirken lässt. Die Figuren 1—16, Taf. IX, möglichst getreu nach solchen Präparaten copirt, geben das beste Zeugniss für ihre Voll- kommenheit; auch lassen sich solche Präparate leicht in verdünntem Glycerin autbewahren und befinden sich alle in meiner Sammlung. Figur 1, Taf. IX (Juniperus virginiana) zeigt den jüngsten Zustand, der hier in Frage kommt. Das Corpusculum besteht aus der Hals- und der Centralzelle und in dieser letzteren sieht man eine grosse centrale Vacuole den grössten Theil der Centralzelle ausfüllend. Ueber der Vacuole, im Plasma des oberen Theiles der Centralzelle, liegt der Zellkern, ein etwas abgehacktes Bläschen an einem (selten mehreren) stark licht- brechenden, ziemlich grossen Kernkörperchen leicht kenntlich. Fig. 2 der nämlichen Pflanze zeigt ähnliche Verhältnisse wie das vorige Bild, doch ist die centrale Vacuole bedeutend kleiner geworden, — das Protoplasma hat in dem Maasse zugenommen, — und der Zellkern ist, wohl in Folge des Schwindens der centralen Vacuole mehr nach dem Innern der Centralzelle gerückt.1) Gleichzeitig hat dieser Zellkern an Grösse zugenommen, ist blasenförmig angeschwollen, zeigt aber unverändert dieselben lichtbrechenden Kernkörperchen im Innern. Eine Kanalzelle ist bei Juniperus und allen Cupressineen kaum zu erkennen. Sie bleibt auf eine Ansammlung farblosen Plasma’s, das oft etwas zwischen die Zellen des Halses hineinragt, beschränkt. Der vor- erwähnte Zustand geht kurz der Befruchtung voraus. In Fig. 2 hat das Pollenschlauchende eben die Corpuscula erreicht. In Fig. 3 ist die centrale Vacuole völlig verschwunden, das Plasma fast gleichmässig durch die ganze Centralzelle vertheilt. Die Zellkerne erscheinen noch etwas grösser; im Innern zeigen sie, in Folge der beginnenden Einwirkung des Pollen- schlauches, ausser dem Kernkörperchen noch einige verhältnissmässig grosse Stärkekörner. In Fig. 4 ist die Befruchtung noch weiter vorgeschritten; die Zellkerne noch mehr angeschwollen, ganz mit Stärkekörnern aus- gefüllt (Fig. 4h), das Kernkörperchen ist nur noch schwer unter denselben ') Nicht aufgelöst, wie bisher angenommen wurde. 278 aufzufinden. Die Kerne erscheinen auch theilweise aus ihrer Lage ver- rückt-, ihre Contouren werden jetzt undeutlich (Fig. 5, 6, 7, 8, Taf. IX), gleichzeitig nehmen sie immer noch au Grösse zu und da die geringe Breite der Centralzelle bald dieser Yergrösserung seitlich eine Schranke setzt, so werden sie oval (Fig. 5, 6). Eine deutliche Contour ist bald an ihnen nicht mehr nachzuweisen, sie gehen in eiue diforme Stärkemasse auf, die sich immer mehr der Basis des Corpusculum (Fig. 5. Taf. IX.^ nähert. Da dieses an der Basis immer enger wird, so giebt die Stärke- masse endlich ihren Zusammenhang völlig auf und vertheilt sich nun gleichmässig in diesem Theile des Corpusculum (Fig. 5, 9). Ein Drittel bis ein Viertel des ganzen Eies wird auf diese Weise mit Stärkekörnern dicht angefüllt. Sobald dies geschehen, sieht man in der Stärkemasse mehrere über einanderliegende hellere Räume auftreten und das Ei hier schliesslich simultan in drei oder mehr über einander liegende Zellen zer- fallen. Eine Membran wird erst nachträglich ausgeschieden, sie läuft durch die Stärkeplatten, die sich zwischen den helleren Räumen gebildet hatten (Fig. 9, 10, 11 und llb, 12, 13. Taf. IX). Die drei ersten Zellen zerfallen bald in eine grössere Anzahl über einander liegender (Fig. 11, 12). Die Theilung schreitet von oben nach unten fort; auch folgen bald zu den ersten senkrechte oder geneigte Wände, nament- lich in den obersten Zellen, die meist in je vier laterale Zellen zerfallen, sich strecken und die Embrvonalschläuche bilden, während die untersten Zellen der Anlage zunächst meist ungetheilt bleiben (Fig. 13, 14, 15, 16). Dieses wurde durch die Beobachtung, alle zwölf Stunden in Alcohol eingelegter Fruchtanlagen gewonnen. Der Kern vermittelt die Befruchtung und man kann Schritt für Schritt die Zusammengehörigkeit desselben mit dem primären Kerne der Centralzelle verfolgen; dieser primäre Kern wird also nicht im jungen Zustande aufgelöst, auch wird er nicht zu einer Zelle, einem etwaigen „Keimbläschen“, denn man kann mit aller Sicherheit verfolgen, dass es seine ursprüngliche Hülle ist, die unmittelbar anschwillt, dass sein Kernkörperchen unverändert bleibt und dass nach begonnener Befruchtung die Stärkekörper in seinem Inneren auftreten. Wie Hofmeister hier sogar zu der Annahme mehrerer Keim- bläschen gekommen ist, ist mir nicht erklärlich, auch sind seine An- gaben gerade in diesem Punkte schwankend. So heisst es auf p. 175 (Pringsh. Jahrb. B. I, über Embryobildung der Phauerogamen; Juniperineen für Thuja orientalis): „lieber dieser (der mittleren grossen Yacuole) liegt im Protoplasma der primäre, kugelige Kern des Corpusculum. Etwas 279 später verschwindet dieser1); im Protoplasma treten dafür einige freie, neue Zellkerne, um welche binnen Kurzem sphärische Zellen, die Keim- bläschen sich bilden, unter welchen eines oder einige, dem oberen Ende des Corpusculum nahe2), durch besondere Grösse sich auszeichnen" Ganz gut lassen sich hingegen in dem vorher Gesagten die folgenden Angaben Hofmeister’s fp. 177) begründen: „Die erste Veränderung, welche im Cor- pusculum nach Eintritt des Pollenschlauchendes sichtbar wird, ist die Zunahme des Gehaltes des grösseren Keimbläschens an körnigen Stoffen. Es rückt diese Zelle allmälig gegen das untere Ende des Corpusculum vor, dem sie sich endlich einpresst." Nach meiner Darstellung bleibt über die Natur des Hofmeister’schen Keimbläschens kein Zweifel übrig; gerade hier ist seine Identität mit dem primären Zellkern der Centralzelle am sichersten festzustellen und auch sein weiteres Verhalten lässt keine andere Deutung zu: er wird schliesslich aufgelöst, die eigenthüralich grobkörnige in seinem Innern angesammelte Stärke wandert nach dem unteren Theile des Eies3), es werden hier mehrere über einander liegende neue Kerne gebildet und das Ei theilt sich zwischen denselben in entsprechend viele Zellen. Die Figuren zeigen den Vorgang besser als jede Beschreibung, und kann ich mich vor Allem auf dieselben berufen. Ich bleibe somit bei meiner früheren in der „Befruchtung der Coniferen" ausgesprochenen Deutung, wonach der ganze Inhalt der Centralzelle als Ei aufzufassen ist und das Auffinden eines Kerns in demselben bildet nur eine neue Ueber- einstimmung mit den höheren Cryptogamen, wo ebenfalls ein grosser Kern meist in der Mitte des Eies zu sehen ist. Im frischen Zustande vor der Befruchtung erscheint dieser Kern nur als helle Blase und lässt sich deshalb kaum von sonstigen Vacuolen unterscheiden, ein Umstand, der sowohl die frühere Annahme seines baldigen Verschwindens als auch die mehrerer Keimbläschen hinreichend erklärt. — Ein Fall scheint auf den ersten Blick gegen meine Deutung zu sprechen: unter den vielen Hunderten beobachteter Präparate, die alle mit der vorhergehenden Beschreibung übereinstimmen, kam mir nämlich ein’s vor, wo der Kern des einen Corpusculums sich abnormer Weise, in halber Höhe des Eies, in zwei 1) In den vergl. Unters, p. 130 heisst es für Juniperus communis: der primäre Kern erhalte sich im Corpusculum bis zu der Zeit, da er seine volle Grösse erreicht hat. 2) ln den vergl. Unters, p. 137 heisst es: „Das befruchtete, dem unteren Ende des Corpusculum eingepresste Keimbläschen erzeugt auch hier eine, seine untere Wölbung ausfüllende Tochterzelle, welche den ganzen Inhalt der Mutterzelle an Protoplasma ein- schliesst.“ 3) Dem organographischen Scheitel des Eies. 280 dicht nebeneinander liegenden, von Stärkekörnern umgebenen Kerne getheilt hatte. — Es waren in demselben Eie ebenfalls ungewohnter Weise unter dem Zellkerne zwei grosse Vacuolen vorhanden, welche die Stärkemassen in ihrer Wanderung nach dem unteren Ende des Eies aufhielten und wohl mit zu ihrem ungewöhnlichen Verhalten beigetragen haben mögen. Ich glaubte zuerst eine getheilte Zelle (Hofmeister’s Keimbläschen) vor mir zu sehen; doch es zeigte sich bei näherer Untersuchung, dass von einer Zelltheilung hier nicht die Rede sein konnte; nicht die ganze Stärkemasse etwa in zwei Theile zerlegt war, sondern in derselben zwei freie, nebeneinander liegende, von Stärkekörnern allseitig umgebene Kerne aufgetreten waren, ein Fall, auf den ich in der Folge bei Besprechung der Pinus-Arten noch zurückzukommen haben werde. Ein anderer Fall ist mir auch unter den Vielen vorgekommen, wo der Kern eine ganz regellose Entwickelung zeigte: er bildete eine Blase mit Kernkörperchen, einem gewöhnlichen Zellkerne ganz ähnlich, der aber seitlich von oben eine andere kleinere und neben dieser eine dritte grössere Blase ansassen; nur die letztere war dicht mit Stärke angefüllt, die beiden ersteren stärkearm; entschieden hatten wir es hier mit einem durchaus abnormen Zustande zu thun, der nur zeigen soll, wie wenig man auf ein einzelnes sogenanntes „entscheiden- des Präparat“ Gewicht legen darf. Ein Vergleich meiner hier beigefügten Zeichnungen mit denen der Tafel III meiner früheren Abhandlung zeigt, wie grosse Vorzüge Alcohol- Präparate hier der Beobachtung bieten und wie unendlich mehr Einblick sie in diesen Vorgang gestatten. Der etwaige Einwand, dass der Alcohol möglicher Weise verändernd auf die Eier wirke, kann ich hier nicht gelten lassen, denn Hunderte der beobachteten Präparate verhielten sich in jeder Beziehung gleich und frische wurden zur Controle stets verglichen. Den meisten Figuren meiner früheren Arbeit wäre nach dem oben Gesagten ein Kern beizufügen, der, seiner geringen Sichtbarkeit halber, im frischen Zustande mir nicht auf- gefallen war. Sonst blieben sich die Bilder fast völlig gleich, da die früheren Präparate unter Eiweisslösung beobachtet und so in möglichst unverändertem Zustande gezeichnet wurden. Anders ist es, wenn man sie im Wasser untersucht, wo bald die verschiedensten diosmotischen Wirkungen sich geltend machen. Im Pollenschlauche der Cupressineen hat Hofmeister1) ganz richtig ') Vergl. Unters, p. 132 und Pringsh. Jahrb. I. p. 174 u. 176. 281 zellige Gebilde gesehen — die vorhandenen sind an frischen Präparaten ebenfalls nur sehr schwer zu constatiren, so dass ich ihre Existenz in in meiner früheren Arbeit angezweifelt hatte. Dieselben werden durch absol. Alcohol ebenso wie der Inhalt der Eier tixirt. Sie treten auf, noch bevor der Pollenschlauch die Embryosäcke erreicht. Es sind wirkliche Zellen, wenn auch ohne deutlich differenzirte Membran: Primordialzellen, mit centralem Zellkerne, der auch blasenförmig, ganz ähnlich dem Zellkerne des Eies differenzirt erscheint, und auch ein lichtbrechendes Körperchen in seinem Innern zeigt. Ich habe meist nur je eine solche Zelle im Pol- lenschlauch gesehen, wenn dieser die Corpuscula erreicht, sieht man häufig an Stelle des einen Zellkernes zwei in der Zelle auftreten; die Zelle erscheint dann eliptisch und die Zellkerne in den Brennpunkten der Elipse. Dem Auftreten zweier Zellkerne folgt dann und wann auch eine wirkliche Theilung der Primordial-Zelle; mehr denn zwei Zellen sind mir nicht vor- gekommen. Nach erfolgter Befruchtung kann man die Zelle meist noch verschrumpft im Pollenschlauche wiederfinden; sie wird während der Be- fruchtung aufgezehrt. Der Befruchtungsvorgang bei Pinus Pumilio, sylvestris und austriaca1) zeigen die Figuren 3 — 29 Taf. VIII., die ebenfalls nach Alkohol-Präpa- raten und zwar freigelegten Eiern ausgeführt wurden. Die jüngsten der untersuchten Eier waren mit einer einzigen grossen Vacuole, ältere (Fig. 3) mit zahlreichen kleineren angefüllt, in welchen bei Pinus sylvestris und Verwandten oft noch secundäre Vacuolen auftraten.2) Sehr schön lässt sich an solchen Eiern auch die Kanalzelle sehen (Fig. 3 — 4. Taf. VIII.), in älteren Zuständen (Fig. 5, 6, 7.) löst sie sich leicht von dem Eie los und bleibt bei Entfernung desselben als eine Art Kappe unter dem Halse des Corpusculums hängen. Unter der Kanalzelle liegt der primäre Kern des Eies (Fig. 5.). Allmälig schwinden die Vacuolen, J) Ganz ebenso auch: Picea vulgaris, Abies pectinata und canadensis. *) Hofmeister, Pflanzenzelle, p. 120, erklärt sie für Bildungen freier Tochterzellen in den Keimbläschen; auf die richtige Deutung dieses Verhältnisses bin ich schon früher eiugegangen. Alkohol -Präparate lassen keine Zweifel über die Richtigkeit meiner früheren Deutung aufkommen: das, was Hofmeister für die Kerne dieser Zellen hält, kann nur der unter Wasser coagulirte, ei weisshaltige Inhalt derselben sein wie denn Hofmeister selbst sagt (vergl. Unters, p. 131): „Der Inhalt der Zellkerne, der in den Corpuscula von Pinus sylvestris, austriaca, Strohns frei schwimmenden Zellen bricht das Licht so völlig gleichartig dem Inhalte der Zellen, dass die Kerne erst dann deutlich werden, wenn durch längere Einwirkung von Wasser oder von Jodtinctur der Inhalt der Zelle und des Kernes verändert die eiweissartigen Stoffe derselben zum Gerinnen gebracht werden.“ 282 das Protoplasma des Eies wird immer gleiehmässiger und in der Mitte desselben lässt sich nun deutlich ein grosser, runder, blasenförmiger Körper mit lichtbrechendem Körperchen (Fig. 6, 7, 8.) erkennen. Dieser Körper tritt bei Alcohol - Präparaten sehr scharf in die Erscheinung; wie schwer er aber in frischen Zuständen zu unterscheiden ist, kann man schon aus dem Umstande schliessen, dass er bisher stets übersehen worden ist. Mir war er bei der früheren Untersuchung nicht als differenter Körper aufgefällen und auch Hofmeister hat sein constantes Vorhanden- sein im Centrum des Corpusculum nicht bemerkt, oder ihn doch stets für identisch mit den vorhandenen Yacuolen gehalten. So in der mehrfach citirten „Ptlauzenzelle“ p. 120, wo er eine grössere Anzahl „Keimbläschen“ hier im Corpusculum anführt. Auch sollen diese „Keimbläschen“ theils frei in gleichartigem, feinkörnigem Protoplasma schwimmen, theils der Wand des Corpusculum, insbesondere der Scheitelwölbung desselben an- geschraiegt sein, während wir uns für alle Coniferen überzeugen können, dass dieser Körper stets nur in der Einzahl vorhanden und auch seine Lage im Eie eine ganz bestimmte ist. Um den CTnterschied zwischen frischen und Alcohol-Präparaten recht augenscheinlich zu machen, schalte ich hier in die Tafel zwei Bilder von Abies canadensis ein, bei welchen der Zellkern besonders scharf markirt ist. Fig. 1. Taf. VIII. zeigt denselben an einem Alcoholpräparate, Fig. 2 dagegen im frischen Zustande, wo er kaum als helle Blase durch das Protoplasma des Eies durchscheint und mit der grössten Leichtigkeit für die mittlere Vacuole, wie sie uns auch nächst jüngeren Zuständen ent- gegen tritt, gehalten werden kann, ja Hofmeister scheint aut eben diesen Zellkern für eine Vacuole gehalten zu haben, wenn er sagt: (Pringsh. Jahr- bücher Bd. I. p. 176) dass „gerade bei Pinus canad. Picea vulg., Larix eine oder zwei der Yacuolen im Mittelpunkte des Corpusculum bis zum Zeit- punkte der Befruchtung sich zu erhalten pflegen.“ — Die Zusammen- gehörigkeit dieses Körpers mit dem primären Zellkerne ist hier nicht so leicht nachzuweisen wie bei Juniperus, da er in jüngeren Zuständen nur schwer von den ihn allseitig verhüllenden Yacuolen zu unterscheiden ist, doch lassen die Fig. 5, 6, 7, 8. Taf. VIII. eigentlich auch hier kaum einen Zweifel mehr über diese Zusammengehörigkeit bestehen. Der Zellkern wandert also auch hier langsam von dem oberen Ende nach der Mitte des Eies und schwillt während dieser Wanderung blasen- förmig an (Fig. 7, 8, 9.) Auch hier ist es wie bei Juniperus an seinen (einem oder mehreren 283 lichtbrechenden Kernkörperchen kenntlich. In der Mitte angelangt misst der Kern durchschnittlich 0,1 M. M. und bleibt nun bis zum Augenblick der Befruchtung unverändert. Der Pollenschlauch dringt bei Pinus-Arten bis in das Innere des Eies (Fig. 12 und folg.), bei beginnender Einwir- kung desselben nimmt der Kern noch an Grösse zu'), sein Inhalt trübt sich (n. b. an Alcohol-Präparaten), wird dunkel, feinkörnig (Fig. 12, 13. Taf. VIII.) seine Contouren werden bald undeutlich (Fig. 12), die Kern- körperchen schwinden und es treten kleine Körner an deren Stelle auf. (Pinus Pumilio, 14. Juni). Endlich ist der Kern nicht mehr im Plasma des Eies zu unterscheiden. Das nächste unmittelbar jetzt folgende Stadium zeigt im unteren Ende des Eies* 2) 4 in einer Ebene nebeneinander liegende regelmässig übers Kreuz gestellte Zellkerne; sie werden von dichterem Protoplasma umgeben, welches gegen das übrige Ei eine sich sofort markirende Abgrenzungs- linie (Fig. 19, 20, 21, 22, 23, 25, 26. Taf. VIII.) zeigt. Ich vermuthete ursprünglich, der Zellkern wandere nach dem unteren Ende des Eies und zerfalle hier in 4 neue Kerne: ich glaubte hierin die Er- klärung der Hofmeister’schen Angaben über das Wandern des Keimbläschens zu finden; doch wurde diese Vermuthung nicht bestätigt. Ich habe, ich kann es wohl sagen, viele Hunderte isolirter Eier unter den Augen gehabt, allein den hier in Frage kommenden Stadien während der Befruchtung; doch auch nicht in einem Falle den Kern in Wanderung nach dem unteren Ende des Eies gesehen; ich habe mich vielmehr überzeugen müssen, dass der- selbe in seiner mittleren Stellung verschwindet: auch habe ich weiter ge- funden, dass im unteren Ende des Eies sofort 4 Kerne auftreten, und nicht etwa erst einer, wie man das erwarten könnte. Ich stütze mich auch hiebei auf den Umstand, dass unter den vielen beobachteten Fällen, wie jung im Uebrigen auch die Theilungsanlage sein mochte, mir nicht einer vorgekommen, wo nicht schon alle vier Kerne nebeneinander sich hätten nachweisen lassen. Scheinbar nur einen Kern enthaltende Theilungszustände haben sich bei sorgfältiger Beobachtung, vor allem bei Isolirung und Wendung des Eies, stets nur als die Folge ’) Daher heisst es auch hei Hofmeister: „Nach Anlangen des Pollenschlauches nimmt das Keimbläschen an Grösse beträchtlich zu. Pflanzenzelle, p. 120 — und Jahr- bücher I. p. 172: „Nach Ankunft des Pollenschlauchendes in oder am oberen Ende des Corpusculum (bei Abietineen) wird eines der hier gelegenen, dem Pollenschlauchende nahen Keimbläschen befruchtet.“ 2) Dem organographischen Scheitel. 284 einer ungewöhnlichen Lage der Kerne herausgestellt. Bei Schnitten konn- ten sie durch das Messer zum Tlieil entfernt worden sein und Hessen sich dann auch stets wieder in Vollzahl auffinden. Das Auftreten eiues ursprünglich einzigen Kerns war mir a priori wahrscheinlicher; er erklärte so gut die regelmässige Anordnung der vier Kerne, die man sich durch wiederholte Zweitheilung entstanden denken konnte; doch musste ich mich eben in den Augenschein fügen. Es könnte eingewendet werden, dass mir nur ein bestimmter in Aleohol fixirter Entwickelungszustand zur Untersuchung Vorgelegen, doch ich fand dasselbe bei Bearbeitung des säinmtlichen zu den verschiedensten Zeiten ' eingesammelten und verschiedenen Arten angehörenden Materials, dabei auch stets neben bereits getheilten Eiern auch ungetheilte, so dass an der Vollständigkeit der vorliegenden Beobachtungsreihe nicht zu zweifeln war. Dass der mittlere Körper wirklich den Kern des Eies vorstellt, das hätte man nunmehr, auch ohne das Vorhergehende zu kennen, aus dem Vergleiche mit den im unteren Ende des Eies auftretenden, ganz unzw'eifel haften Kernen schliessen können; sie zeigen durchaus den nämlichen Bau, stellen dieselben Blasen mit trübem Inhalt vor und besitzen dieselben Kernkörperchen (Fig. 21. Taf. VIII.) im Innern. Die genannten vier Kerne im unteren Ende des Eies werden bei ihrem Auftreten durch Plasma-Platten von einander getrennt, in letzteren zeigen sich später die Scheidewände; ebenso wird auch die obere Scheidewand, durch welche das ganze Ei sich theilt, nicht unmittelbar um die Zell- kerne, sondern stets über denselben in dem Plasma des Eies selbst und zwar in der Hautschichtplatte gebildet, die seitwärts scharf an die Seiten- wände des Eies sich anlehnt. Es kann nach alledem und nach Vergleich der Figuren nicht gezweifelt werden, dass es die ganze Masse des Eies ist, die hier eine Theilung eingeht. Der Vorgang ist bei Aleohol -Präpa- raten so evident, dass er gar keine andere Deutung zulässt. Anderer- seits sprechen die eigenen Fig. Hofmeisters, wie z. B. Fig. 8, 8b Taf. XXX. Fig. 16, 17. Taf. XXVIII. Fig. 2. Taf. XXIX. Fig. 2. Taf. XXXII. wenig für seine Ansicht, ja sie sind bereits von Alex. Braun (Polyembr. und Keim, von Caelebogyne, p. 134) in entgegengesetztem Sinne gedeutet worden. Hofmeister beschreibt den Vorgang freilich anders als wir es gethan; am vollständigtsen unter andern für Pinus Larix (Jahrb. I. p. 171): „Neben dem in das Corpusculum herabreichenden Pollenschlauchende, heisst 285 es dort, zeigt sich eine grössere Zelle durch mehr als doppelten Umfang; lichtere Inhaltsflüssigkeit und festere Haut abstechend von den benach- barten Keinbläschen. ... In anderen Corpusceln des männlichen Zapfens findet sich eine derartige grössere Zelle näher am Grunde des Corpus- culum, ihr Umfang noch beträchtlicher erweitert, ihr Inhalt in ähnlicher Weise beschaffen wie in dem befruchteten Keimbläschen von Pinus syl- vestris (eine eiförmige, umfangreiche Zelle mit scharfer Begrenzung, in deren spitzerem, unterem Ende ein linsenförmiger Zellenkern in einer beträchtlichen Ansammlung von körnigem Protoplasma liegt). Das spitzere, untere Ende der eiförmigen Zelle wird angefüllt von einer ebenfalls eiförmigen Tochterzelle mit trübem Inhalt und festerer Membran. Der grössere obere Tbeil der Zelle ist kernlos; eine dünne Protoplasmaschicht belegt die Innenwand und eine ähnliche plattenförmige Schicht durchsetzt den inneren Raum seiner Länge nach (Fig. 5. Taf. IX). Kurze Zeit darauf erscheint die untere, an körnigem Protoplasma reiche Zelle dem Grunde des Corpusculum eingepresst (1. c. Fig. 6. Taf. IX), sie ist jetzt in die Breite gezogen; ihre obere, dem Innenraum des Corpusculum zugekehrte Wand nur schwach gewölbt. Der Augenschein lehrt, dass sie die Anfangs- zeile des zusammengesetzten Keims ist. Die obere kernlose Theilhälfte der grossen Tbeilzelle schmiegt ihre Seiten ebenfalls der Wölbuug des Corpusculum an, wird aber bald aufgelöst “ — Ganz ähnlich lautet die Beschreibung des Vorganges von Pinus sylvestris, p. 169 und auch in einem Resume p. 172 heisst es, dass bei Abietineen eines der dem Pollen- schlauchende nahen Keimbläschen befruchtet wird, es an Grösse zunimmt und durch den Brei von Protoplasma und unbefruchteten Keimbläschen1), welcher das Corpusculum ausfüllt gleitet bis zu dem Grunde, welchem es sich einpresst. Auch soll es jetzt (bei Pinus canadensis) oder schon während des Ilerabsteigens (bei Pinus sylvestris und Larix) in seinem unteren Ende eine Tochterzelle bilden, und aus deren wiederholter Zweitheilung der zusammengesetzte Vorkeim entstehen. Ein Vergleich mit unseren Figuren genügt, um zu zeigen, wie wenig diese Anschauung möglich ist; die Fig. 5 auf Taf. IX. 1. c., welche den Vorgang1) illustriren soll, ist geradezu undenkbar — ebenso wie die frühere in den Vergl. Unters, p. 133 vertretene Ansicht; nach welcher sehr bald, nachdem das Ende des Pollenschlauches an der oberen Wölbung des i) Die Verschiedenheit ist wohl vor Allem in der vefschiedenen Behandlungsmethode der Objecte (vergl. Unters, p. 131) begründet. 286 Corpusculum anlangte, die der unteren Wölbung desselben eingezwengte Zelle (das Keimbläschen) eine beträchtliche Zunahme ihrer Grösse zeigt u. s. w.“ Die Anschauung von der Wanderung des Keimbläschens tritt über- haupt erst in den Jahrbüchern auf und hat wohl ihren Ausgangspunkt in einer unserer Meinung nach unrichtigen Deutung des Vorganges bei den Cupressineen gefunden, welche auf p. ITT als besonders für die Unter- suchung günstig auch hervorgehoben werden „da jeder gelungene Länge- schnitt durch einen befruchteten Eiweisskörper mehrere verschiedene Ent- wickelungszustände von Corpuscula nebeneinander bloslegt, so dass bei der grossen Menge zur Vergleichung kommender Fälle keine Zweifel über deren Reihenfolge obwalten können.“ Dort bewegt sich, wie wir gesehen haben, -die Stärkemasse wirklich nach dem unteren Theile des Eies. Viel- leicht hat dieselbe Ursache auch Schacht zur Annahme einer Wanderung der Anlage im Corpusculum bewogen. Er schreibt (Anatomie und Phys. Bd. II. p. 399) „Bei den Taxineen und Cupressineen erscheint die erste Anlage zum Embryo ebenfalls in der Spitze der Corpuscula; die Schlusszellen sind um diese Zeit durch Resorption verschwunden. Bald darauf findet man den Zellenkörper, der hier den Embryonalschlauch und den Embryo bildet, im Grunde des Corpusculum; ja ich glaube diesen Zellenkörper bei Thuja zuerst im oberen, darauf im mittleren, zuletzt im unteren Theile des Corpusculum gesehen zu haben“ Freilich beruft er sich hierbei auf die Figur 25. Taf X. 1. c., die ein beliebiges Artefact ist, so dass es über- haupt fraglich wird, ob die ganze Aufgabe auf etwas wirklich Thatsäch- lichem beruhe. Ueberhaupt vertrat Schacht die höchst eigenthiimliche, schon auf den ersten Blick unmöglich erscheinende Auffassung, dass die Schlusszellen (Halszellen) die Keimbläschen seien und dass es ihr be- fruchteter Inhalt sei, der nach der Basis des Corpusculum wandere. Nach Allem oben Gesagten brauche ich kaum noch einen weiteren Nachdruck darauf zu legen, dass der ganze untere Vierzelleneomplex bei seinem ersten Auftreten im unteren Ende des Eies oft bedeutend kleiner als der aufgeschwollene Kern, (wie er zuletzt sichtbar ist), erscheint, was bei unmittelbarer Theilung desselben wohl kaum zu begreifen wäre (ex- tremer Fall, Taf. VIII. Fig. 22). Besonders auffallend ist dies Verhalten bei Pinus austriaca (Fig. 23) wo die untere Theilung constaut sehr flach ausfällt , bedeutend kleiner als der zuvor beobachtete Kern. Wir haben es hier «utschieden mit einer Auflösung des primären Kernes und simultanem Auftreten vier neuer 287 zu thun, ein Fall der ja auch anderweitig häufig vorkommt, nur dass hier die neu auftretenden Kerne nicht, wie zu erwarten wäre, in der ganzen Masse des Eies vertheilt, sondern dicht aneinander gedrängt an einer ein- zigen Stelle desselben auftreten. Uebrigens kommt der zuerst genannte Fall auch hier ausnahmsweise vor und muss zuletzt noch als besonders lehrreich betrachtet werden. Unter den vielen betrachteten Fällen ist es mir nämlich wiederholt vorgekommen, dass nach Verschwinden des cen- tralen Kerns die vier neuen Kerne nicht am unteren Ende, sondern beliebig im Eie vertheilt und in wechselnder gegenseitiger Entfernung aufgetreten waren. Sie zeigten im Uebrigen ganz den nämlichen Bau wie die normalen, traten auch constant in der Vierzahl auf, so dass an ihrer Identität mit den an der Basis auftretenden normalen nicht zu zweifeln war. — Diese abnormen Theilungen beweisen unzweifelhaft, dass wir es hier mit einem centralen Kerne und nicht mit einer Zelle (Hofmeisters Keimbläschen) zu thun hatten: wäre das Gebilde eine Zelle, so könnte es sich höchstens in solchen monströsen Fällen unmittelbar in vier zusammenhängende Zellen theilen, nicht aber, wie beobachtet wurde, sich auflösen und durch vier un- abhängige, ähnliche Gebilde ersetzt werden. Wir haben es hier also ohne alle Zweifel mit einem Zellkerne zu thun; ja, in einem Falle war der Theilungsvorgang an dem erhärteten Präparate gleichsam unmittelbar zu verfolgen, die Kerne hingen noch durch einzelne Plasma -Streifen an einander; von einer sie continuirlich umgebenden Hülle, oder irgend welcher gemeinsamen Abgrenzung war aber auch nicht die Spur zu erblicken. — Ob solche Fälle, wie die geschilderten, einer weiteren Entwickelung fähig sind, lässt sich natürlich nicht direct ermitteln, doch möchte ich aus dem Umstande, dass mir nie ältere Zustände vorgekommen, die sich auf einen solchen abnormen Theilungsvorgang hätten zurückführen lassen, fast schliessen, dass solche im Innern des Eies gebildeten Kerne wohl nach- träglich wieder aufgelöst werden und vier neue normal gelegene im un- teren Ende des Eies auftreten. Zum Schluss will ich noch erwähnen, dass es mir einige Male auch vorgekommen ist, dass die vier Zellen der ersten Anlage nicht im untersten Ende des Eies selbst, sondern an einer der Seitenwände der unteren Ei- hälfte aufgetreten waren. Solche seitlichen Theilungen des Eies sowie die in seinem Innern auftretenden Kerne werden wohl hin und wieder die Veranlassung zu Angaben über getheilte Keimbläschen im Innern des Eies geworden sein, in anderen Fällen mögen auch nur secundäre Vacuolen im 288 Innern von primären eine solche Deutung verursacht haben: so bei Schacht (Anatomie und Phys. Bd. II. p. 398.) wo es heisst: „Während in normalen Fällen die Theilupg der scharf umgrenzten Protoplasmamasse, welche ursprünglich am Pollenschlauche hängt, erst im Grunde des Corpusculums erfolgt, habe ich bei Pinus Sylvestris, später auch hei Pinus Pinaster und Strobus einzelne Fälle beobachtet, wo die Zellenmasse noch am Pollen- schlauche hängend eine feste Membran erhalten und sich bereits in vier Zellen getheilt hatte.“ — Zellen im Pollenschlauche sind bei Abietineen äusserst selten; nur ein Mal habe ich eine solche in der oberen Anschwellung des Schlauches über dem Embryosacke gefunden: hingegen ist das Pollenschlauchende hier dicht mit Stärke angefüllt. Auffallender Weise sehen wir bei Juniperus, wo keine sichtbare Stärke im Pollenschlauche vorhanden, dieselbe wäh- rend der Befruchtung im Eie auftreten: — umgekehrt bei Abietineen: wo sichtbar körnige Stärke im Pollenschlauche vorhanden, tritt dieselbe im befruchteten Eie nicht auf und trübt sich dasselbe nur während der Be- fruchtung. Man möchte aus dieser Wahrnehmung schliessen, dass während der Befruchtung ein ähnlicher Stoffumsatz stattfindet, wie bei der Wanderung plastischer Stoffe in den Geweben, dass also der Austausch vor Allem auch hier auf diosmotischem Wege erfolgt: dass der Stoff, der aus dem Pollenschlauch in das Ei tritt, sofort im Innern desselben in einen andern übergeführt werde und so in immer grösserer Menge sich in demselben anhäufen kann. — Möglich dass hier gleichzeitig auch der Druck noch mitwirkt, den seitliche Zellen auf den Pollenschlauch üben, jedenfalls spielt aber dieser nicht die Hauptrolle bei dem Vorgänge und dürfte in manchen Fällen, wie bei Taxus, wo der entleerte Pollenschlauch auch noch im ersten Stadium nach der Befruchtung, eine bedeutende Weite besitzt, kaum in Betracht kommen. Dasselbe folgt aus einer Angabe bei Hofmeister (Jahrb. Bd. I. p. 170): „Nachddem ie dem untern Ende des Corpusculum eingepresste Zelle durch wiederholte Theilungen in den zu- sammengesetzten Vorkeim sich verwandelte, erscheint nicht selten die Spitze des Pollenschlauches von Pinus sylvestris offen, ihr Inhalt in den Innenraum des Corpusculum getrieben; dies ist offenbar die Folge einer mechanischen Zerreissung. Die Zellen des Eiweisskörpers, welche die trichterförmige, auf das Corpusculum zuführende Einsenkung umgeben, strecken sich nach der Befruchtung bedeutend in die Breite und pressen den Pollenschlauch, zusammen häufig bis zum Verschwinden seines Lumen. 289 Sein Inhalt leidet dadurch einen starken Druck, der endlich bis zur Sprengung des freien Endes führen muss.“ — „Dieser Vorgang scheint nie früher statt zu finden, als geraume Zeit nach der Befruchtung. Ich fand das untere Ende des Pollenschlauches nur dann offen, wenn jede der vier Längsreihen von Zellen des Vorkeims aus mindestens drei Zellen bestand“ (vergl. Unters, p. 135). Das Ende des Pollenschlauches zeigt bei Abietineen und wie es scheint auch bei den meisten anderen Coniferen einen feinen, doch stets geschlos- senen Tüpfel (vergl. die Abbildungen in meiner früheren Arbeit). Auch ist noch zu bemerken, dass während der Befruchtung um das Pollenschlauchende herum Vacuolen auftreten (Fig. 22, 25. Taf. VIII.), die später häufig eine bedeutende Consistenz erhalten und in Folge dessen oft auch dann noch zu finden sind, wenn das Ei sich bereits getheilt hat: hin und wieder nehmen diese Vacuolen eine langgezogene Form an (Fig. 12. Taf. VIII.) und scheinen den Substanz- Austausch zwischen dem Pollenschlauchtüpfel und dem Kern zu vermitteln. Hofmeister hat solche Vacuolen bereits gesehen (Jahrb. Bd. I. p. 170): „Bei Untersuchung wenig weiter entwickelter Zapfen (von Pinus Larix) findet man am freigelegten Pollenschlauchende eine Zelle haften; sie gleicht in allen Stücken einem der kleineren, im Innern des Corpusculum schwim- menden Keimbläschen; später (p. 171) erhält sie eine feste Zellstoffhaut. Die Innenwand des Pollenschlauches zeigt genau in dem Punkte, wo die Zelle ihr ansitzt, einen engen, die der Wand inzwischen angelagerten Ver- dickungsschichten dursetzende Tüpfel (vergl. Taf. IX. Fig. 3, 3b, 5, 4). Stets erscheint dieses nach aussen geschlossen, niemals konnte eine offene Verbindungsstelle zwischen dem Pollenschlauche und der Zelle an ihm er- kannt werden.“ (p. 172): „Es ist eine für die Befruchtung unwesentliche Erscheinung, dass bei Pinus Larix stets, bei Pinus sylvestris öfters einige oder auch eine der unbefruchteten, den Pollenschlauch berührenden aber unbefruchtet bleibenden Keimbläschen feste Zellstoffhäute erhalten und dem Schlauche sich anheften.“ Aehnliche am Pollenschlauche haftende Blasen zeigt Fig. 2. Taf. IX. 1. c. für Taxus baccata. „Auch bei Juniperus (Jahrb. Bd. I. p. 177); namentlich bei Juniperus communis erhalten häufig kleinere, dem' Pollen- schlauchende unmittelbar anhaftende, unbefruchtete Keimbläschen feste Membran aus Cellulose.“ Hofmeister erklärt sie für unbefruchtete Keimbläschen; es sind aber, wie aus dem früher Gesagten hervorgeht, Vacuolen, die sich im Plasma Straiburger, Coniferen und Gnetaceen. 19 290 des Eies bei Uebertritt des Polleoschlauchinhaltes bilden und deren Grenz- schichte nachträglich oft erhärtet. Diese Beispiele werden, wie ich denke, genügen, um uns eine richtige Vorstellung von dem Befruchtungsvorgange bei Coniferen zu verschaffen. Andere Fälle, die ich untersuchen konnte, schlossen sich denselben in der Hauptsache an. Sehr schön und deutlich ist der centrale Kern des Eies bei Taxus1) zu sehen (Taf. VIII. Fig. 30 u. 31); er verhält sich wie bei Pinus. Auch Ephedra zeigt eine schöne deutliche Kanalzelle am Eie, und einen Zellkern unter derselben, der, so weit ich es verfolgen konnte, an die Cupressineen anschliesst, und zur Befruchtungszeit sich dicht mit Stärke füllt. — Ganz eigenthiimlich und in mancher Beziehung noch vereinzelt ist das Verhalten des Eies bei Ginkgo biloba. Es ist gleichzeitig das I instructivste, weil es jede andre Deutung ausschliesst. Da die Blüthe von Ginkgo überhaupt nach dieser Richtung hin nicht untersucht wurde, so will ich erst mit einigen Worten auf dieselbe eingehen. Ich schliesse hier an die Schilderung an, die ich bei Gelegenheit der Blüthenentwicklung gegeben. Der primäre Embryosack von Ginkgo biloba wird in der mitt- leren Zellreihe des Nucleus nach vollendeter Entwickelung der Hüllen, etwa Mitte Mai angelegt. Aus einigen Bildern möchte ich den Schluss ziehen, dass er aus einer bereits durch ihren Inhalt ausgezeichneten Zelle durch Viertheilung entstanden (Taf. II. Fig. 31), allein von den vier Zellen nur eine zur weiteren Entwickelung gekommen ist. Dieses würde einen höchst wichtigen Aufschluss über die Macrosporenbildung der höchsten Cryptogamen abgeben, lässt sich aber bei den hier obwaltenden Verhält- nissen nicht mit voller Sicherheit für alle Fälle feststellen. Für Taxus ist die Anlage mehrerer Embryosäcke, von denen einer nur zur Entwickelung kommt, durch Hofmeister bereits behauptet worden (vergl. Unters, p. 127) Der junge Embryosack von Ginkgo biloba liegt in der Einfügungshöhe der Fruchtknotenhülle (Taf. II. Fig. 28). Er nimmt sehr rasch an Grösse zu und dem entsprechend streckt sich auch die ganze Blüthe an ihrer Basis. *) So deutlich, dass er selbst im frischen Zustande auffällt. So findet sich bei Hof- meister folgende Stelle (Jahrb. Bd. I. p. 174): „Die unbefruchteten Corpuscula (von Taxus) enthalten nur wenige 0 — 10 freie Keimbläschen, unter denen eines im Mittelpunkte des Corpusculum schwebend, durch Grösse, Schärfe der Umrisse und reichen Gehalt des Zellraumes au körnigen Stoffen sich auszeichnet.“ Die Fig. 1. Taf. IX. ist in Folge dessen auch ganz richtig, nur mussten die Einschlüsse der peripherischen Vacuolen fehlen, jedenfalls sind sie anderer Natur als das Kernkörperchen des mittleren Keimes. Ursprünglich hielt auch Hofmeister dieses Gebilde für den primären Kern, wie die An- merkung auf derselben Seite 174 sagt. — 291 — Der Embryosack wird eiförmig. Im Juli hat er eine bedeutende Grösse erreicht und den ganzen Nucleus verdrängt, dessen Rest nur noch als dünne Hülle seinen Scheitel überzieht. Jetzt füllt er sich auch mit Endo- sperm in der nämlichen Weise wie bei den übrigen Coniferen, Anfang August werden die Corpuscula aus einzelnen grösserwerdenden Endosperm- zellen angelegt. Diese Endospermzellen berühren die primäre Embryo- sackwand und zerfallen durch eine Querwand in eine obere kleinere dache Halszelle, und eine untere grössere Centralzelle. Die Halszelle theilt sich nur ein Mal durch eine senkrechte Wand, so dass der Hals hier nur von zwei seitlichen Zellen gebildet wird (Taf. XIII. Fig. 55 u. 56). Er schliesst sich zunächst an Taxus an. Die Centralzelle füllt sich in der bekannten Weise langsam mit Protoplasma und wird zunächst von einer einzigen grossen Vacuole eingenommen. Der Zellkern liegt unter dem Halse, wo man alsbald auch eine (an Alcoholpräparaten) ziemlich stark lichtbrechende Kanalzelle auftreten sieht (Taf. XIII. Fig. 54). Am Scheitel des primären Embryosackes hat sich während dem ein warzenförmiger Vorsprung ge- bildet (Taf. XIII. Fig. 52), selten zwei (Taf. XIII. Fig. 53). Der Embryosack selbst erscheint meist zweikantig1) und die Corpuscula stehen in 2 oder Mehrzahl auf dieser Kante, an den beiden Seiten der Warze (Fig. 52). Dies Alles liess sich an den Früchten eines in unserm botanischen Garten in Jena befindlichen Baumes verfolgen. Dieselben waren auch Anfang Mai bestäubt worden, doch suchte ich vergebens (mehrere Jahre hinter einander) nach befruchteten Zuständen. Ebensowenig gelang es mir an mehrfach von Prof. Julius Sachs aus Würzburg zugesandtem Material solche zu finden, wenn auch notorisch festgestellt war, dass in besonders günstigen Jahren der dortige Baum keimfähige Samen erzeugt. Zwei Jahre hintereinander erhielt ich auch im Spätherbst Früchte aus dem botanischen Garten zu Wien und fand in denselben denn auch wirklich Keimanlagen. Die ersten Stadien der Keimanlage und die Befruchtung selbst fehlten mir noch immer und gelang es mir erst in diesem Jahre an Genfer Material die Frage endgültig zu lösen. Ginkgo hiloba zeigt ein merkwürdiges Verhalten; zur Zeit der Befruchtung ist die innere Schicht der Fruchtknotenhülle schon völlig und allseitig verholzt und so der Embryosack gegen alle äusseren Einflüsse abgeschlossen. Die Befruchtung, die Anlage und weitere Entwicklung des Keimes erfolgen nun in der näm- lichen Weise, ob die Früchte sich noch am Baume befinden oder von *) Vergl. p. 15 u. 16. 19* 292 demselben abgenommen worden sind; sie erinnern in dieser Beziehung gewissermaassen an das Verhalten der Macrospore bei den Cryptogamen. Die Befruchtung fand an den mir zu Gebote stehenden Material erst Ende October statt, sie wurde verfolgt an den Genfer Früchten, die von drei zu vier Tagen, in grösserer Anzahl, in abs. Alcohol aufbewahrt worden waren. Der Pollenschlauch legt sich, wie es scheint, ganz in der nämlichen Weise, wie bei Taxus über das Corpusculum und treibt einen Fortsatz zwischen die beiden Zellen des Halses. Dieselben erscheinen nach begonnener Befruchtung stets gebräunt, doch ohne deutliche Durchbrechung, der Pollen- schlauch ist äusserst schwer nachzuweisen. Das Ei besteht jetzt aus einem ziemlich gleichmässigen Protoplasma, in dem nur noch eine oder einige grössere Vacuolen zu sehen sind. Die Befruchtung beginnt wie bei anderen Coniferen mit der Ver- grössevung und Auflösung des jetzt die Mitte des Eies einnehmenden Zellkernes (Taf. XIII. Fig. 57). Derselbe verschwindet und es treten neue Kerne auf, doch, und das ist das Eigeuthümliche des hier stattfindenden Vorgangs, die neuen Kerne bilden sich nicht wie bei Abietineen oder bei Taxus am untersten Ende des Eies und in Vierzahl, sondern sie erscheinen simultan und bis an die vierzig in der ganzen Masse des Eies vertheilt (Taf. XIII. Fig. 58, 59). Der Vorgang ist ziemlich langsam und bedarf zur Vollendung mehrerer Tage. Auch gelang es mir mehrfach die Kerne bei ihrer Entstehung zu fixiren wie sich neue Knotenpunkte im Plasma, durch Verdichtung desselben an einzelnen Stellen bilden (Fig. 58), mit viel- strahligen Fortsätzen, die erst nachträglich eingezogen werden. Haustein hat neulich die Vermuthung ausgesprochen, dass bei Theilung mit ver- meintlicher Auflösung des primären Zellkerns sich vielleicht annehmen liesse, derselbe sei nur bis zur Ununterscheidbarkeit aufgequollen und aus den Hälften seiner Masse hätten sich zwei frische Kerne verdichtet.1) Dann müsste man aber in diesem speciellen Falle annehmen, dass der Zellkern sich zum ganzen Eie erweitert habe, da ja die neuen Kerne in der ganzen Masse des Eies auftreten. Die directe Theilungs-Theorie lässt sich hier also durchaus nicht statuiren. Von höherer Wichtigkeit ist es nun für uns, dass hier die ganze Masse des Eies in Theilungen (Taf. XIII. Fig. 60.) eingeht. Das bei Pinus abnorme Auftreten der Kerne in der Gesammt- masse der Eier ist hier gültiges Gesetz, und zwar mit dem weiteren ‘) Vorläufige Mittheilung über die Bewegungserscheinungen des Zellkernes in ihrer Beziehung zum Protoplasma. ■ Sitzungsber. d. niederrhein. Gesell, zu Bonn. 19. Dec. 1870. 293 Unterschiede, dass nicht wie dort nur vier, sondern eine viel grössere Anzahl Kerne gleichzeitig entsteht. An der Deutung des ganzen Ge- bildes als Ei, des inneren als Zellkern kann nach diesen Beobachtungen un- möglich noch gezweifelt werden. Auf dem nächsten Entwicklungsstadium, Mitte November, fand ich die Zahl der Kerne durch direkte Theilung be- deutend vermehrt und dünne Scheidewände zwischen denselben gebildet (Fig. 60), das ganze Ei war in mehr denn hundert Zellen zerlegt. Auf diesem Entwickelungszustande verharrt es längere Zeit, im Freien wohl den ganzen Winter; an im Zimmer gehaltenen Exemplaren entwickelte sich hin- gegen der Embryo langsam weiter und war Ende Februar meist schon fertig aufzufinden. Mit diesem Beispiele muss ich meine Untersuchung über die Befruchtung abschliessen, dieselben lassen es als möglich, ja selbst wahrscheinlich erscheinen, dass auch noch andere Modificationen dieses Vorganges bei Archispermen aufgefunden werden, die Deutung dürfte hiermit aber endgültig festgestellt sein. Um eine Uebersicht des Ganzen zu erleichtern wollen wir versuchen, es in kurzen Worten nochmals zusammen zu fassen.1) Die Corpuscula der Coniferen sind äusserste Prothalium-(Endosperm-) Zellen. Sie zei'fallen durch eine Querwand in eine obere, kleinere Zelle (die Halszelle) und eine grössere untere, die sog. Centralzelle. Die Halszelle bleibt einfach oder sie zerfällt in mehrere nebeneinander oder übereinander liegende Zellen, sie bildet den Hals. Die Centralzelle wird von dem benachbarten Endospermgewebe aus von einer besonderen flachen Zellschicht (einer Hüllschicht) umgeben. Sie füllt sich mit Proto- plasma, indem ihre Wandschicht immer stärker wird, Vacuolen in derselben auftreten und schliesslich das ganze ursprüngliche Lumen schwindet. Dieses Plasma bildet durch Vollzellbildung eine einzige Zelle, das „Ei“. Im Innern des Eies ist stets ein Zellkern vorhanden, der erst am oberen Ende (der organographischen Basis) des Eies liegt, dann das Cen- trum des Eies einnimmt. Am oberen Ende des Eies sammelt sich ausserdem farbloses Plasma an (Cupressineen), das in den meisten Fällen als besondere Zelle („Kanal- zelle“) abgegrenzt wird. Der Pollenschlauch wird, auch wo stark entwickelte Tochterz^llen im Pollenkerne vorhanden, stets als unmittelbare Verlängerung des Pollen- kernes selbst erzeugt.2) Er dringt, durch besonders inhaltreiches Gewebe *) Yergl. meine frühere Abhandlung, p. 18. *) Siehe S. 127—130- 294 der Knospenkernspitze geführt, bis an die Corpuscula, legt sich an mehrere derselben an, oder tritt einzeln in dieselben. Im ersteren Falle treibt er nur kurze Fortsätze zwischen die Hals- zellen, im letzteren dringt er völlig in den Hals, ja oft eine Strecke weit in die Centralzelle hinein. Der Pollenschlauch ist dicht mit Stärke oder nur mit trübem, fein- körnigem Inhalte angefüllt und bildet kurz vor beginnender Befruchtung eine Primordialzelle, selten mehr, in seiner Spitze. In dem mit Stärke angefüllten Pollenschlauche kommen solche Zellen nur äusserst selten vor. Ausserdem ist in der Pollenschlauchspitze meist ein feiner, durch eine zarte Membran geschlossener Tüpfel zu erkennen. Schon vor Anfang der Befruchtung pflegt der -Zellkern des Eies sich zu vergrössern und nimmt gleichzeitig eine mehr oder weniger centrale Lage in demselben ein. Er stellt ein Bläschen vor mit meist deutlichem Kernkörperchen, ist an frischen Präparaten nur äusserst schwer, an in abs. Alcohol erhärteten Präparaten aber ausnehmend schön zu sehen. Bei beginnender Befruchtung wird der Inhalt des Pollenschlauches an das Ei abgegeben, häufig treten Vacuolen um das Pollenschlauchende auf. — Der Kern des Eies füllt sich mit körniger Stärke; wenn der Pollen- schlauch keine solche enthielt, oder mit trübem Plasma, wenn Stärke- körner im Pollenschlauche vorhanden waren, seine Contouren werden bald darauf undeutlich und er wird aufgelöst. Bei Cupressineen, wo Stärke im Kerne aufgetreten war, sieht man dieselbe jetzt nach dem unteren Ende (dem organ ographischen Scheitel des Eies wandern und sich dort vertheilen. Das Ei zerfällt dann an dieser Stelle (dem unteren Dritttheil) in mehrere, meist 3 übereinanderliegende Zellen. Bei Ahietineen geht der Inhalt des Kernes unmittelbar in der Masse des Eies auf und am unteren Ende (dem organographischen Scheitel) des letzteren sieht man vier in einer Ebene liegende Kerne auftreten. Diese Kerne grenzen sich bald durch eine Querwand von dem oberen Theile des Eies ab. Bei Ginkgo verhält sich der primäre Kern wie bei Abie- tineen, doch treten an seiner Statt eine grosse Anzahl Kerne in der ganzen Masse des flies auf, das Ei zerfällt dem entsprechend in seiner ganzen Masse in eben so viele Zellen. Merkwürdig ist das Verhalten des Zellkernes, der gleichsam die Be- fruchtung vermittelt. Bedenkt man gleichzeitig die Rolle, welche der 295 Kern bei der Zelltheilung spielt, so wird man geneigt, demselben besimmte reproductive Eigenschaften zuzuschreiben. Unter den Gnetaceen schliesst sich Ephedra, wie bereits bemerkt, unmittelbar an die Coniferen an, Welwitschia hingegen und wie es scheint auch Gnetum, weichen in dem Baue und dem Verhalten der Corpuskeln mehr oder weniger von den Coniferen ab. Eine Beschreibung dieser Cor- puskeln habe ich bei Besprechung der Welwitschia -Blüthe bereits ge- geben1) und brauche ich hier nur daran zu erinnern, dass dieselben Prothallium- (Endosperm) Zellen sind, allein einzellig bleiben, keinen Hals mehr bilden und in dieser Weise dem s. g. Keimbläschen der höhe- ren Phanerogamen sich bedeutend nähern. Freilich kommt hier die wei- tere Eigenthümlichkeit hinzu, dass der Corpusculumscheitel zu einem langen Schlauche weit in das Gewebe des Nucleus hinein sich verlängert, doch scheint mir dies eine specielle Anpassung zu sein, auf die kein zu grosses Gewicht zu legen ist. Auch bleibt es späteren Untersuchungen Vorbehalten, über den Inhalt der Corpusceln uns weiteren Aufschluss zu verschaffen. Aus dem vorhandenen Material liess sich als ein Anknüpfungs- punkt an höhere Phanerogamen auch noch ermitteln, dass das Pollen- schlauchende sich hier seitlich an das Corpusculumende anlegt; während die vier in dem unteren Ende des Corpusculums auftretenden ersten Zellen der Keimanlage einerseits an die meisten Coniferen, andererseits auch an die Loranthaceen erinnern. So geht wohl mit grosser Wahrscheinlichkeit aus der ganzen obigen Darstellung hervor, dass die Eier (Keimbläschen) der Metaspermen homo- log den Eiern der Archispermen seien, und dass diese letzteren in ganz den nämlichen Verhältnissen zu den Eiern der höheren Cryptogamen stehen.2) Der Hals des Corpusculum der Archispermen entspricht dem Halse des Archegoniuin der höheren Cryptogamen, die Centralzelle ist der Central- zelle, die Kanalzelle der Kanalzelle homolog und dürfte wohl auch die Vermuthung gerechtfertigt erscheinen, dass der s. g. Fadenapparat, wie er bei Metaspermen vorkommt, ein Homologon dieser Kanalzeile sei. Der Hals und das die Corpuscula umgebende Prothalliumgewebe geht bei Meta- spermen verloren, ein Schritt nach dieser Richtung wird ja schon bei Welwitschia gethan; dort schwindet auch bereits die Hüllschicht um die 0 Corpuscula und hängen dieselben so wenig mit den benachbarten Endo- 1) Vergl. S. 95- 2) Diese Deutung wurde zuerst von Alex. Braun gegeben, Polyembryonie, p. 136. 296 spermzellen zusammen, dass sie ohne weiteres aus demselben befreit werden können. Endlich gebt bei den meisten Metaspermen auch die Membran des Corpusculum verloren. Das Ei wird nackend und erst nach der Befruch- tung von einer Haut umgeben.1) Nur in seltenen Fällen ist eine solche Haut auch vor der Befruchtung vorhanden, so bei Nuphar, Tropaeolum, Cheiranthus, Evonymus, Rosa, Godetia, Grevillea, Pedicularis, Rbinanthus, Lathrea, Funkia, Crocus, Yiscpm (zur Winterzeit) und dürfte dann gewiss der Corpusculum- Wand entsprechen. Vom Prothallium- Gewebe: dem Endosperm der Coniferen, ist bei Meta- spermen nur noch ein Rudiment vorhanden, denn als solches sind die Gegenflissleriunen anzusehen. Diese treten in sehr schwankender Anzahl auf, können event. ganz fehlen und verrathen in jeder Weise ihre rudi- mentäre Natur. Das s. g. Endosperm der Metaspermen unterscheidet sich hingegen von dem gleichnamigen Gewebe der Coniferen dadurch, dass es erst nach voll- endeter Befruchtung im Embryosack auftritt, sich also nicht als selbst- ständige Production des Embryosackes, vielmehr als eine erst von aussen durch die Befruchtung angeregte Bildung zu erkennen giebt. Nicht minder instructiv ist der Vergleich der Pollenkörner der Archispermen mit den Microsporen der höh. Cryptogamen und den Pollen- körnern der Metaspermen, hier ist der Zusammenhang noch vollständiger, an der Homologie gar nicht zu zweifeln. Namentlich ist dies der Fall, nachdem es nunmehr festzustellen gelang, dass bei allen Archispermen trotz der Bildung von Tochter - Zellen im Inneren der Pollenkörner es immer die Pollenzelle selbst ist, die zum Pollenschlauch auswächst. Die im Innern der Pollenkörner angelegten Tochterzellen sind also auch nur Ru- dimente, ganz denen als „vegetative“ bezeichneten Zellen entsprechend, die Millardet in den Microsporen der Lycopodiaceen nachgewiesen hat.2) Der Pollenschlauch ist somit dem Antheridium homolog und die in dem- selben auftretenden Zellen dürfen gewiss, wie es schon von Hofmeister3) geschehen, für Rudimente der Spermatozoidmutterzellen gehalten werden. Die Theilungen, welche die vegetative Zelle in den Pollenkörnern der *) Nach Hofmeister, Jahrb. I. p. 178. 2) Yergl. die Abbildungen in Sachs, Lehrbuch II. Aufl. p. 380 u. 381, vergl. auch Pfeffer: Entwickel. des Keimes der Gattung Selaginella, p. 6 u. Taf. I. 3) Vergleichende Unters, p. 132. 297 Abietineen eingeht, ist nur als eine, vielleicht atavistische Wucherung der- selben aufzufassen. Der Uebergang von den Coniferen zu den Metaspermen, wo die vege- tative Zelle ganz aus dem Pollenkorne schwindet, wird aber durch die Gnetaceen vermittelt, wo die vegetative Zelle kaum angedeutet, jedenfalls durch keine feste Membran von ihrer Schwesterzelle abgegrenzt wird. Entwickelungsgeschichte des Keimes. Diese Untersuchung war durch Hausteins Arbeiten über die Ent- wickelung des Keimes der Monocotylen und Dicotylen so nahe gelegt, dass wohl zu erwarten war, dass gleichzeitig mehrere Forscher sich mit derselben befassen würden. Ich war eben auch nicht überrascht, als ich vor kurzer Zeit die vorläufigen Mittheilungen von Pfitzer über diesen Gegenstand erhielt. Die Veröffentlichung der Arbeiten Pfitzer’s dürfte in nächster Zeit zu erwarten sein, wenn ich mich trotzdem nicht abhalten lasse, meine Untersuchungen niederzuschreiben, so geschieht das 1. weil es der Zusammenhang der ganzen Arbeit verlangt, 2. weil ich auch meh- rere Pflanzen untersucht habe, die Pfitzer in seiner vorläufigen Mitthei- lung nicht erwähnt — endlich 3. weil auch bei denjenigen Pflanzen, die wir gemeinsam untersucht haben, ein Vergleich der Resultate nicht un- interessant sein dürfte. Immerhin will ich mich in Erwägung der Arbeiten Pfitzers kürzer fassen als ursprünglich meine Absicht gewesen und da die Zahl der Tafeln dieses Werkes auch so bedeutend angestiegen ist, mich nur auf die nothwendigsten Figuren beschränken. Die ersten Angaben über die Embryobildung der Coniferen verdanken wir bekanntlich R. Brown.1) Schon im Jahre 1826 hatte er beobachtet, dass in mehreren Coni- feren (Pinus strobus, Abies excelsa und Larix europaea) ähnlich wie bei >) On the plurality and developpement of Embryos, in the seeds of coniferae 1835. Fourth report of the British association for the advancement of Science p. 596. Später abgedruckt in den Ann. de sc. nat. Octob. 1843 und mit einem Postscriptum in den Annals and Magazine of Natural History for May 1844. 299 Cycadeen die Embryonen in Mehrzahl in dem befruchteten Ovulum im Perisperm regelmässig vertheilt Vorkommen. Weitere Beobachtungen im Sommer 1834 an einigen anderen Gattungen, namentlich an Pinus syl- vestris und P. Pinastes machten es ihm wahrscheinlich, dass dieses Ver- halten für die ganze Familie gelte. Die erste Veränderung nach der Be- fruchtung, schreibt Brown, besteht in der Bildung eines soliden Körpers im Innern des Nucleus d. h. des Albumens. In dem Albuinen zeigen sich alsbald mehrere (3 — 6) fast cylindrische Corpuscula von etwas verschie- dener Consistenz und Farbe als das Albuinen. Diese Corpuscula stehen in einem Kreise vertheilt am Scheitel des Albuinen. In jedem derselben bildet sich ein einziger Faden oder Funiculus aus mehreren gewöhnlich vier verlängerten Zellen bestehend, mit oder ohne quere Wände. Diese Funiculi sind häutig verzweigt und jeder Zweig endet in dem kleinen Rudimente eines Embryo. Doch da die seitlichen Zweige der Funi- culi meist aus einer einzigen verlängerten Zelle bestehen, während der Hauptzweig gewöhnlich von mehr denn einer Zelle gebildet wird, so folgt daraus, dass die Embryonen der Coniferen, entweder von einer einzigen oder mehreren Zellen, oder selbst einem einzigen Funiculus abstammen können. Die nächst folgende für ihre Zeit nicht unbedeutende Arbeit über die Embryobildung der Coniferen wurde 1843 von Mirbel und Spach') ver- öffentlicht; einzelne Figuren derselben sind in mancher Beziehung selbst noch heute brauchbar. In der genannten Arbeit heisst es auf p. 4. (des Separatabdruckes): Im Innern des Perisperm, ganz nahe von seinem Scheitel, zeigen sich mehrere Bläschen von länglicher Form; sie sind concen- trisch angeordnet und haften nur wenig an dem sie umgebenden Peri- sperm. 3/4 ihrer Höhlung ist von einem gelblichen, sehr feinen Gewebe erfüllt. Das untere Viertel enthält 5 Bläschen, die zusammen eine ele- gante Rosette, den Anfang des Suspensors bilden. Dann folgt ein Augen- blick, wo alle Bläschen an ihrer Basis reissen, die Suspensoren sich ver- längern und in den im voraus ausgehöhlten centralen Theil des Perisperms hinabsteigen. Alle diese Schnüre sind einzeln und unabhängig von ein- ander, oder in zwei, drei, vier oder mehr mit einander verbunden. In beiden Fällen enden die Suspensoren in einer oder mehreren Bläschen — Das terminale Bläschen der isolirten Suspensoren oder die terminalen Bläschen der vereinigten sind ohne Zweifel werdende Embryonen; doch ist l) Ann. de sc. nat. Nov. 1843. .300 eigenthümlicher Weise derjenige, der bestimmt ist die Pflanze fortzu- ptianzen, nicht von den andern zu unterscheiden. Bei weiterer Entwicke- lung wachsen aus dem Radicularende des Embryos röhrenförmige Zellen aus, die dann allmälig sich seitlich vereinigen, sich theilen und mit dem Embryo verschmelzen, während gleichzeitig immer neue ähnliche Zellen dem Radicularende entsprossen. In der dritten Auflage der Grundzüge giebt auch Schleiden einige hier bezügliche Angaben.1) Er schreibt, dass im Pollenschlauchende der Coniferen, bald nach dessen Eindringen in das Corpusculum sich vier Zellen bilden, die sich cylindrisch ausdehnen; dann bildet sich in dem freien Ende jeder derselben abermals eine Zelle (Juniperus communis), die bald darauf drei (?) Zellen in sich entwickelt (Abies excelsa), so dass das Embryokügelchen nun aus 12 in vier Reihen neben einander liegenden Zellen besteht. Der Vermehrungsprozess der Zellen schreitet dann in dieser Weise fort und so bildet sich ein kleines, warzenförmiges, zelliges Körperchen als Embryokügelchen, welches einem langen, aus vier paral- lelen Zellen bestehenden Embryoträger aufsitzt Die wichtigsten Angaben verdanken wir auch hier wieder Hofmeister.2) Dieser verfolgte zum ersten Male eingehend die ganze Entwickelung des Keimes. Bei Abietineen werden seinen Angaben zufolge im Grunde des Corpusculum zunächst zwei in einer Ebene liegende Zellen gebildet, die entweder sofort oder nach vorhergehender Quertheilung durch eine Längs- wand in je zwei neue Zeilen zerlegt werden. Das Doppelpaar zweizeiliger mit rechtwinkligen Berührungskanten aneinanderstossenden Parallelreihen von Zellen, aus denen jetzt der Vorkeim besteht, vermehrt sich durch wiederholte Quertheilungen stets der unteren Zelle; diese bleibt hierbei die Inhaltreichste. Die Zunahme der Länge des Vorkeimes sprengt die untere Wölbung des Corpusculum, es tritt sofort eine beträchtlichere Längsdehnung eines der Doppelpaare von Zellen, aus welchen er besteht, gewöhnlich des zweiten, bisweilen aber auch des ersten. Das untere Ende wird hierdurch tief in den inzwischen aufgelockerten Eiweisskörper hinab- geführt. Bald vereinzeln sich liier die Längsreihen von Zellen, welche den Vorkeim zusammensetzen. Kurze Zeit nachher beginnt in der End- zeile einer jeden Zellenreihe entweder sofort oder nach noch einigen Theilungen durch horizontale Wände, die Bildung des Embryo selbst durch l) ln der Herten Auflage auf p. 525. =) Vergl. Unters. 1851. p. 133 u. f. 301 stetig wiederholte Theilung je der Scheitelzelle mittelst wechselnd rechts und links geneigter Wände, Theilung der Zellen zweiten Grades durch der Axe parallele Längenwände in innere und äussere, und so fort, nach Art der Zellenvermehrung der Fruchtanlage der Laubmoose, der Endknospe von Equisetum und Anderer. Es werden mindestens viermal so viele Embryonen angelegt als Corpuscula befruchtet werden; meist kommt nur einer zur Entwickelung. Der Vorkeim von Taxus besteht gewöhnlich aus G Zellen. In einigen derselben erlischt die Vermehrung und das Wachsthum schon sehr früh, zwei oder eine der Längsaxe des Vorkeimes unmittelbar angrenzende Längsreihen von Zellen entwickeln sich stärker, vermehren ihre Zellen in Richtung der Länge schneller, als die mehr peripherischen. Der Vorkeim zerfällt erst spät in einfache Zellreihen, und dann auch gewöhnlich nur theilweise. In der Regel gelangt nur eine derselben über die ersten An- fänge der Embryobildung hinaus. Bei Juniperus gleicht die Entwickelung der Tochterzellen des befruch- teten Keimbläschens im Wesentlichen der der Abietineen. Schacht giebt im Lehrbuche der Anatomie und Physiologie *) an, dass die Keimanlage bei den Nadelhölzern nur in den ersten Stadien ver- schieden sei. Bei den Abietineen, wo sich vier Zellenschichten im Corpus- culum bilden, deren jede aus vier Zellen besteht, vergeht die obere Schicht sehr bald, die zweite Schicht dagegen wird zur Rosette, welche im Cor- pusculum bleibt, die dritte Schicht verlängert sich bedeutend, sie bildet die Embryonalschläuche, welche aus dem Corpusculum hervorbrechen und die vierte Schicht, aus welcher der Keim entsteht, in das aufgelockerte Sameneiweiss hinabführen. Bei Araucaria brasiliana ist die Höhle des Corpusculum von zahlreichen langen Zellenschläuchen ausgefüllt, welche statt der Rosette einen seitlichen Vorsprung bilden und deren weitere Verlängerung die hier sehr zahlreichen Embryoschläuche darstellen, welche insgesammt nur einen Embryo tragen. Bei Taxus, Thuja und Cupressus fehlt die Rosette, und die Embryonalschläuche, deren Zahl hier nicht fest bestimmt ist, wachsen direct aus dem Corpusculum hervor. Bei der Mehr- zahl der Nadelhölzer bilden die Embryonalschläuche eines Corpusculum, insgesammt nur einen Embryo (Pinus sylvestris, Picea vulgaris, Abies pectinata, Larix europaea, Araucaria brasiliana, Taxus baccata, Thuja orientalis und Thuja occidentalis). Bei anderen dagegen trennen sich die ein- b 1859. p. 401. 302 zelnen Schläuche später von einander und jeder derselben bildet seine eigene Keimanlage (bei Pinus Pinastes, wo aus jedem befruchteten Corpusculum vier junge Embryonen hervorgehen und nach Hofmeister auch bei Pinus Strobus). Die weitere Entwickelung des Keimes unterscheidet sich nicht wesent- lich von der Entwickelungsweise des Phanerogamen-Embryos im Allgemeinen, indem auch hier meist die Axe und darauf unter ihrer Stammknospe die Samenlappen und zwar bei Araucaria, Thuja, Taxus, Juniperus und Ephedra zwei, bei den Abietineen aber* 4 — 12 entstehen, während sich gleichzeitig am entgegengesetzten Ende der Keimaxe die Wurzelhaube bildet und in der Axe sich die verschiedenen Gewebe als Mark, Verdickungsring und Rinde differenciren. Dies war der Stand der Frage, als ich meine diesbezüglichen Arbeiten begann; sie stimmen in den Resultaten der Hauptsache nach mit Pfitzer’s vorläufiger Mittheilung überein. — Ich habe meine Untersuchungen auf folgende Pflanzen ausgedehnt: Thuja occidentalis. Juniperus virginiana. — Sabina. — communis z. T. Pinus Pumilio. Picea vulgaris. Taxus baccata. Ginkgo biloba. Ephedra altissima (z. T.). Welwitschia mirabilis (die jüngsten Zustände). Zunächst bot sich mir Ende Juni Thuja occidentalis zur Untersuchung. Die Pflanze hatte den Winter 1870 — 71 gut ausgehalten und fructifi- cirte reichlich, während Biota orientalis in der ganzen Gegend vollständig ausgefroren war. Dieselbe Ursache hatte wohl auch Pfitzer zur Wahl dieser Pflanze bestimmt. „Bei Thuja occidentalis,“ schreibt Pfitzer, „wächst der Embryo, nachdem die Streckung der Vorkeimzellen eingetreten ist, eine Zeit lang durch eine Scheitelzelle, die abwechselnd rechts und links Segmente abgiebt Eine der vier Embryonalzellen ist dabei von Anfang an gefördert, sie bildet etwa fünf Segmente, während die anderen diese Zahl lange nicht erreichen. Diese letzteren wachsen dabei am hintern Ende in langen Zotten aus, ebenso wie das hinterste Segment der gefor- derten Zellgruppe. Diese letztere stellt dann das Scheitelwachsthum, wenigstens in der bisherigen Form ein, indem sie ihre Scheitelzelle durch 303 eine tangentiale Wand theilt, nachdem vorher bisweilen noch eine die bisherigen Segmente kreuzende etwas geneigte Wand in derselben Zelle aufgetreten ist. Es folgen nun in der Scheitelzelle wie in den inzwischen entstandenen äusseren Tochterzellen der Segmente zahlreiche Theilungen parallel der Aussenfläche, durch welche Theilungen schliesslich das Der- matogen in der nicht scharf begrenzten Form, wie es den Coniferen eigen ist, differencirt wird. Das innere Gewebe theilt sich nach allen Richtungen und bildet eine Zellmasse, die schliesslich am vorderen Ende die beiden Cotyledonen der Länge nach den Segmenten entsprechend erhebt und am hintern Ende, durch das Auftreten zahlreicher, in ihrer Gesammtheit etwa eine Halbkugelfläche bildender Wände die Wurzelspitze von den abster- benden die Zotten tragenden Theilen des Keimes und vom Vorkeim sondert." Die Angabe über die zweiflächig zugespitzte Scheitelzelle und ihr baldiges Schwinden ist jedenfalls auffallend und dürfte es wohl von In- teresse sein im Folgenden die Bestätigung derselben zu finden; — dagegen wird die eigenthiimliche Art der Wurzelanlage insofern ihre Berichtigung finden müssen, als das was Pfitzer für die Wurzel erklärt, zunächst nur der Pleromscheitel derselben ist. Bei Schilderung der Befruchtungsvorgänge haben wir bereits angegeben, dass, nachdem die Stärkemasse bei Cupressineen das untere Ende des Eies erreicht und sich in derselben vertheilt hat, das Ei hier simultan meist in drei übereinanderliegeude Zellen zerfällt. Die Längstheilung dieser Zellen schreitet dann langsam von oben nach unten fort. Bei Thuja occidentalis zerfallen die beiden oberen Zellen auf diese Weise, in meist je vier in einer Höhe liegende, häufig auch nur in zwei oder drei; die untere Zelle bleibt aber ungetheilt, diese wird sofort, seltener nach vorhergehen- der einer oder mehreren Quertheilungen, zur Scheitelzelle des Keimes (Taf. X. Fig. 1 u. 2). Es wird also nicht, wie Pfitzer will, eine der vier Embryonalzellen gefördert, sondern die untere Zelle der Anlage hat sich überhaupt nicht über’s Kreuz getheilt. Dann tritt eine bedeutende Streckung der oberen Zellen ein und wird das Corpusculum an seiner Basis durch- brochen. Die vier obersten Zellen wachsen zu den langen Embryonal- schläuchen aus, welche an ihrem Ende die nächstfolgende Zelletage und die Scheitelzelle, beide schon in weiterer Theilung begriffen zeigen (5a). In den Embryonalschläuchen treten nur selten und nur vereinzelt quere Wände auf. Die Zellen der zweiten Etage theilen sich meist zunächst durch je eine quere, dann durch je eine tangentiale Längswand, die meist \ 304 aber manche Unregelmässigkeit in ihrer Stellung zeigen (Tafel X. Fig. 3. 4. 5. 6). In der Scheitelzelle tritt zur Zeit der ersten Quertheilung in der zweiten Etage eine Wand auf, die unter einem mehr oder weniger spitzen Winkel an die obere Querwand ansetzt und die gewölbte Aussenwand der Scheitelzelle seitlich trifft (Taf. X. Fig. 2, 4). Häufig (Fig. 2, 3) ist durch die stärkere Entwickelung der einen Seite der zweiten Etage, die Quer- wand zuvor gebrochen und die erste Theilungswand der Scheitelzelle setzt an die geneigte Seite derselben an. Hierdurch erhält die neugebildete Scheitelzelle sofort eine zweiflächig zugespitzte Gestalt (Fig. 2, 3). Auf diese erste geneigte Scheidewand folgt bald ihr in halber Höhe aufsitzend, eine entgegengesetzt geneigte (Taf. X. Fig. 3, 5) *) und wird so ein zweites Segment abgeschieden. Die Theilungen in den Segmentzellen zeigen in ihrer Aufeinanderfolge einige Variation; im Allgemeinen lässt sich jedoch sagen, dass das Segment sich zunächst durch eine radiale Längswand in zwei gleiche Zellen theilt, dann durch eine tangentiale Längswand in je eine innere und äussere ziemlich gleiche Hälfte, und dass jetzt erst je eine Quertheilung in den beiden äussern Zellen folgt (Taf. X. Fig. 6). Erst später, sieht man je eine Quertheilung auch in den beiden Innenzellen auftreten, so dass das Segment nun aus acht Zellen (vier innern und vier äussern) besteht. Die vier äusseren theilen sich dann weiter durch eine radiale Längswand, dann durch eine tangentiale, dann wieder durch Querwände, manchmal mit einer auffallenden Regelmässigkeit (Taf. X. Fig. 7), die aber häufig auch durch einzelne unregelmässige Theilungen gestört wird. Die ganzen Theilungsvorgänge schliessen, wie wir sehen, unmittelbar an die Cryptogamen an, am nächsten an die Stammspitze von Selaginella, oder, wie auch Pfitzer bemerkt, von Salvinia. Ein ähnliches Wachsthum, wie die Segmente zeigen zunächst, wenn auch meist mit grösseren Unregel- mässigkeiten, die über denselben liegenden Zellen der zweiten Etage (Fig. 6, 7); doch verhalten sich diese Zellen in ihrer weiteren Entwickelung sehr verschieden von den aus der Scheitelzelle erzeugten; denn während letztere den Keim bilden, schliessen erstere an die Embryonalschläuche an, sie verlängern und theilen sich fortgesetzt der Quere, die mittleren bauen unmittelbar den immer stärker werdenden Suspensor auf, die äusseren wachsen blind aus und umgeben die Keimbasis mit unregelmässigen Zotten. ') Ich habe die Figuren nicht schematisirt, um ihnen nicht einen subjectiven Stem- pel aufzudrücken, sondern sie naturgetreu zu copiren gesucht, um ein objectives Urtheil zu ermöglichen. Die mit lit. b. bezeichneten Figuren sind Seitenansichten von lit. a. t Die Schcitelzelle bildet, den Angaben Pfitzers entsprechend, gegen fünf Segmente (Taf. X. Fig. 16). ’) Dann sieht man dieselbe die bisherige Theilnngsfolge aufgeben und sich in ihrem weitern Verhalten an den benachbarten Segmentzellen anschliessen, sie theilt sich jetzt wie diese durch eine radiale Längswand2) senkrecht zu den Segmenten und dann durch je eine zur Oberfläche parallele Wand: Hiermit ist die Scheitelzelle den Segmentzellen gleich geworden und wächst nun im Wesentlichen wie dieselben durch abwechselnd sich schneidende radiale und tangentiale Scheidewände. Eine Zeit lang ist sie noch als solche zu erkennen (Taf. X. Fig. 17), später wird sie sowohl als auch die Abgrenzung der Segmente durch weitere intercalare Theilungen unkenntlich gemacht (Fig. 8). Das Dermatogen kommt jetzt zum beiläufigen Abschluss. Die ganze Keim- anlage wächst cylinderförmig aus; der untere Theil derselben zeichnet sich durch seinen protoplasmatischen Inhalt von dem obern zu dem Sus- pensor gehörigen durchsichtigen Theile aus. Auch macht sich alsbald eine Bevorzugung im Wachsthum der mitt- leren Zellreihen an der Basis der Anlage in der Richtung des Suspensor’s geltend, wodurch die minder rasch wachsenden mehr peripherischen Zell- reihen gegen die mittleren Zellreihen emporgerichtet werden. Hat der inhaltreiche Theil der Anlage eine Länge von etwa 0,4 M. M. erreicht, so beginnt die Differenzirung der Wurzel. Sie hebt etwa 0,15 M. M. vom Scheitel an, in derselben Höhe, in der die Abgrenzung des Derma- togens äusserlich aufhört und die auch für die oberflächliche Betrachtung zu erkennen ist, weil die vom Scheitel an gleich starke Keimanlage an dieser Stelle gegen den Suspensor hin plötzlich etwas anschwillt. Die Bildung wird durch tangentiale Theilungen in einer Lage halbkugelförmig angeordneter Zellen eingeleitet, die allseitig von dem Gewebe der Embryo- nalanlage eingeschlossen sind. Die halbkugelförmige Anordnung derselben war durch die erwähnte Streckung der mittleren Reihen und Hebung der peripherischen bereits vorbereitet worden. Die Art der Entwickelung be- wirkt, dass diese Anlage sofort nach dem Suspensor hin von zahlreichen Paraboloidmänteln: gleichsam Wurzelkappen, bekleidet wird. Der neue Wachsthumherd ist nur an der geringeren Höhe der Zellen und ihrem besonders reichen Inhalte von demselben zu unterscheiden. Er ist, wie • 0 ') Die Fig. 12 — 19 gehören zu Juniperus virginiana, schliessen aber auf ältere Zu- stände an Thuja an, dass sie hier ohne weiteres angeführt werden können. 2) Ich konnte bei Thuja occidentalis mich hiervon nicht sicher überzeugen, wohl aber bei der ganz übereinstimmenden Juniperus virginiana; für Thuja stütze icli mich auf die Angabe Pfitzers. Strasburger, Coniferen und Gnetaceen, 20 306 wir sehen, ganz endogenen Ursprungs, und liegt allem Anschein nach noch innerhalb des aus der Scheitelzelle entstandenen Gewebes; — doch lässt sich dies kaum mehr mit Bestimmtheit nachweisen. Gleich nach Anlage des innern Kegels beginnt eine bedeutende Streckung desjenigen Theiles der zwischen demselben und dem Scheitel des Keimes liegt. Die Zellen der Mitte wachsen zwischen beiden zu lang- gezogenen Gestalten aus, sie theilen sich nur wenig und bilden die Anlage des Markes; an das Mark grenzen nur wenige Lagen der Länge nach getheilter etwas schmälerer Zellen, die wir als Verdickungsringe bezeichnen wollen im Umkreise derselben liegt endlich die aus etwas kürzeren und weiteren, der Quere nach sich theilenden Zellen, bestehende Rinde. Die tangentialen Theilungen der beschriebenen halbkugelförmigen Anlage schliessen nicht wie zu erwarten wäre an das Dermatogen der Keimanlage an, sondern gehen continuirlich in die äusserste Schicht des Verdickungs- ringes über. Die über dieser Anlage liegenden wurzelkappen-ähnlichen Paraboloid-Mäntel lassen sich hingegen ununterbrochen in die Rindenlagen verfolgen; je weiter die Kappe von dem innern Vegetationskegel entfernt, um so peripherischer schliesst sie an die Rinde an, in einer gewissen Ent- fernung sieht man eine solche Kappe in das Dermatogen übergehen, die noch entfernteren keilen sich peripherisch an der Basis aus. Dieses Ver- halten und vor Allem die später noch zu erörternde Keimung und das Wachsthum älterer Wurzeln lehren uns: dass der endogen angelegte Kegel den Pleromscheitel der Wurzel vorstellt, und dass die Rinde continuirlich über demselben laufend in einem eigenen Periblemscheitel gipfelt, dem auch die Bildung der Wurzelhaube obliegt. ' Um die Zeit der beginnenden Streckung, nach vollendeter Anlage der Wurzel tritt auch die Mitte des Keimscheitels deutlich vor, und bildet den Vegetationskegel des Stammes. Zu beiden Seiten desselben erheben sich bald darauf die Cotyledonen; sie werden aus dem Periblem, zunächst durch tangentiale Theilung der äussersten Zellschichten desselben gebildet, während das Dermatogen der Hauptsache nach seine Selbständigkeit bewahrt. Diese Vorgänge begleitet eine immer bedeutender werdende Streckung des ganzen Keimes zwischen dem Vegetationskegel und dem Wurzel-Ende, bis der Zustand der Eig. 10 und weiter der fertige Zustand des Keimes (Taf. XI. Eig. 19) erreicht wird. Die mittleren Zellreihen zwischen den beiden Vegetationspunkten des Stammes und der Wurzel haben sich bedeutend gestreckt; sie bilden das Mark: an zwei Stellen im Umkreise desselben, den beiden Cotyledonen 307 entsprechend, hat sich je ein Procambiumstrang differenzirt. Der Strang zeichnet sich durch seine langen, schmalen Zellen und besonders reichen Inhalt aus. Seitlich von den Procambiumsträngen sind die Zellen nur wenig von Mark und Rinde verschieden, im ganzen doch schmäler als jene, so dass sie immerhin als Verdickungsring (Sanio) bezeichnet werden könnten. Die Procambiumstränge laufen in unveränderter Richtung von den * Cotyledonen bis zur Wurzelspitze. Die Juniperusarten unterscheiden sich nur auf den ersten Entwicke- lungszuständen von Thuja occidentalis. Die Theilung des Eies beginnt wie bei Thuja mit fast simultaner Bildung dreier (oder mehr) übereinander liegender Zellen im unteren Drittel desselben (Taf. IX. Fig. 9 u. f.), doch die darauf folgenden Längstheilungen bleiben nicht auf die oberen Zellen beschränkt, sondern sie setzen sich bis in die unterste fort. Hierdurch wird auch diese von Anfang an in meist vier in einer Ebene liegende Zellen zerlegt. Die oberste Zellen-Etage streckt sich dann, das Corpus- culum wird durchbrochen und die Anlage tritt in das Endosperm (Taf. X. Fig. 12). Die obersten Zellen wachsen rasch zu einer bedeutenden Länge aus, während die unteren sich seitlich gegen einander abrunden (Fig. 12). Bald treten sie aus dem Verbände (Taf. X. Fig. II)1) und die Trennung schreitet von unten nach oben fort bis zur völligen Isolirung der Schläuche (Fig. 11). Die beiden Endzeilen runden sich auch gegen ihren Suspensor ab und können sich leicht von demselben loslösen, so dass man meist beim Freilegen der Schläuche dieselben ohne die Endzeilen erhält. Bei Juniperus communis theilen sich einzelne Endzeilen noch der Quere, haben aber hiermit ihre Entwickelung für das erste Jahr beendigt. Im Winter findet man in der Fruchtanlage einen Ivnäul aus vielen verflochtenen inhaltsarmen Schläuchen bestehend, die an ihrem Ende in zwei bis drei inhaltsreichen Zellen enden (Fig. 11). Juniperus Sabina und virginiana bringen es hin- gegen schon im ersten Jahre bis zur ansehnlichen Grösse, doch nicht bis zur Wurzelbildung. . Die unterste Zelle der Anlage wird auch hier zur Scheitelzelle und theilt sich meist sofort durch eine geneigte Wand (Taf. X. Fig. 13). Dieser f folgt eine entgegengesetzt geneigte (Fig. 13) und so fort wie bei Thuja, bis die Vollzahl der Segmente erreicht worden ist (Fig. 14. 15. IG). Die ') Fig. 11 und 19 sind von Juniperus communis, Fig. 12—18 von Juniperus vir- giniana. 20* 308 Segmente verhalten sich ebenfalls ganz wie bei Thuja (vevgl die Figuren). Die über der Scheitelzelle liegende Zelle der zweiten Etage theilt sich in den meisten Fällen entweder zunächst der Quere und dann senkrecht über’s Kreuz oder in umgekehrter Reihenfolge, und die entstandenen acht Zellen verhalten sich dann weiter wie die primären Zellen der zweiten Etage von Thuja (Fig. 14). Abweichungen sind übrigens sehr häufig (Fig. 13). Im Embryonalschlauche kommen hier häufiger wie dort quere Theilungen vor (Fig. 15). Di« weitern Vorgänge zu schildern, wäre hier überflüssig, ich müsste das schon bei Thuja Gesagte wiederholen. Erwähnt sei nur, dass auch hier die Zellen der zweiten Etage den Embryonalschlauch weiter aufbauen und seitlich zu den Zotten auswachsen (Fig. 15. 16. 17), und nur der eigentliche Keim aus der Scheitelzelle erzeugt tfird. Die Scheitelzelle stellt nach Bildung von etwa fünf Segmenten die Theilungen ein (Fig. 15. 17) und wächst dann weiter wie die benachbarten Segmente (Fig. 17). Einen derartigen jungen Keim kann man mit dem von Thuja fast verwechseln; der Unterschied besteht nur darin, dass der Suspensor bei der ersteren am Ausgangspunkte mit einem %einfachen, hei der zweiten mit einem zusammengesetzten Schlauche beginnt; allein auch dieser Unter- schied ist nicht durchgreifend, denn meist lösen sich bei Thuja auf Ent- wickelungszuständen wie der Fig. 7 u. 8 die primären Embryonalschläuche von einander und häufig auch einzeln von dem Keime ab, der dem ent- sprechend dann auch von nur einem einfachen Schlauche getragen wird. Auf noch älteren Zuständen werden ausserdem die primären Embryonal- schläuche durch die aus der zweiten Etage entstandenen zahlreichen Schläuche verdrängt, verschrumpfen dann und können nicht mehr als Anhaltepunkte dienen. Biota orientalis scheint (nach der Fig. 12. Taf. X. von Mirbel & Spach (1. c.) zu schliessen) sich wie die Juniperus-Arten zu verhalten. Anders als bei Cupressineen ist nach den Angaben von Pfitzer (1. c.) die Entwickelungsgeschichte des Keimes bei den „Abietineen (Pinus Pinaster, Laricio, sylvestris, Abies canadensis). Nachdem hier jede der ursprünglichen, durch Streckung der nächstvorhergehenden Zellen in das Endosperm ein- gepressten Embryonalzellen, in den normalen Fällen noch drei Zellen zum Vorkeim abgegeben hat, von welchen die erste ungetheilt zu bleiben, die zweite in zwei, die dritte in vier parallele Tochterzellen zu zerfallen pflegt, welche letzteren durch starkes Anschwellen an die Zotten von Thuja erinnern, theilt sich normal die Endzeile eines jeden der früh vereinzelten 309 Stränge durch eine horizontale oder schwach gewölbte Wand in eine halbkugelige Endzeile nächst-niederen Grades und eine kurzeylindrische Segmentzelle. Jene ist die Anlage des Stammes, diese die der Wurzel. Die erste Wand der Endzeile ist längs gerichtet und bald gerade, bald geneigt; die so gebildeten Tochterzellen bilden darauf je eine, die vorige kreuzende, gleichfalls meist geneigte Wand. Die so entstandenen vier, in der Form Kugelausschnitte darstellenden Zellen, die in ihrer Entstehung an die von Hanstein bei Monocotylen beobachteten Verhältnisse erinnern, schliessen das Auftreten einer einzigen Scheitelzelle aus. Tangentiale das Dermatogen bildende Theilungen, wie sie nun bei den Dycotylen sofort erfolgen, erscheinen bei den genannten Abietineen normal erst später, nachdem eine Reihe verticaler und horizontaler Wände vorhergegangen ist. Der ganze Entwickelungsgang zeigt übrigens eine grosse Mannigfaltigkeit der Wege, auf welchen das Endziel erreicht wird. Die Wurzelspitze wird, nachdem die kurzeylindrische Segmentzelle sich durch in ihrer Mitte vor- wiegend horizontale, an ihrer Aussenliäche tangentiale Wände zu einem vielzelligen Körper entwickelt hat, schliesslich ähnlich differenzirt, wie bei Thuja.“ Meine Untersuchungen erstreckten sich der Hauptsache nach auf Pinus Pumilio und Picea vulgaris. Das Ei beider bildet, wie früher beschrieben wurde, zunächst vier in einer Ebene liegende Zellen (Taf. VIII. Fig. 18 etc.), diese theilen sich durch quere Wände in drei übereinander liegende Etagen (Taf. VIII. Fig. 27) l). Dann erfolgt in bekannter Weise die Streckung der zweiten Etage (Taf. VIII. Fig. 29) und Durchbrechung der Corpusculumbasis. Die Zellen der zweiten Etage wachsen zu den langen Embryonalschläuchen aus, die Zellen der obersten bleiben als Rosette in der Basis des Corpusculum, verschmelzen aber später mit denen der zweiten (Taf. XI. Fig. 20). Die Zellen der untersten Etage zeichnen sich von Anfang an durch ihren protoplasmatischen Inhalt von den beiden inhaltsarmen oberen aus. Sie theilen sich bei Pinus Pumilio in je drei übereinander liegende Zellen (Taf. XI. Fig. 21). Dann beginnen die so gebildeten Zellreihcn sich seitlich gegen einander abzurunden und lösen sich endlich von einander ab (Taf. XI. Fig. 22). 2) Diese Trennung schreitet langsam von unten nach oben fort und erstreckt . *) Künstlich von einander getrennt. 2) Pinus Laricio. 310 sich bald auch auf die Schläuche. Die weitere Entwickelung zeigt einige Verschiedenheiten, wenn man dieselben auch kaum als wesentlich be- zeichnen kann. Diese Verschiedenheiten beruhen in der Art, wie die unteren aus der dritten Etage entstandenen Zellen sich an der Bildung der Embryonal- schläuche betheiligen. Ich habe Fälle beobachtet, die sich sehr nahe an die von Pfitzer beschriebenen anreihen Hessen und wo wirklich noch drei Zellen an den Vorkeim abgegeben wurden — namentlich fand ich das bei Pinus Laricio; bei Pinus Pumilio hingegen war ihre Zahl meist geringer, zwei oder eine und verhielten sich diese in ihrer Theilungsweise sehr verschieden (vgl. Taf. XI. Fig. 23, 28, 31 c). Die Endzeile tlieilt sich dem entsprechend noch der Quere, so dass der untere inhaltsreiche Theil des Keimes stets wieder aus drei oder mehr übereinander liegenden Etagen besteht. In diesen schreitet nun die Theilung senkrecht iiber’s Kreuz von der unteren (dem Suspensor angrenzenden) auf die obere Zelle fort, so dass sie schliesslich alle aus je vier in einer Ebene liegenden Zellen bestehen (Taf. XI. Fig. 23. 24. 25. 26. 27). Diese Theilungsweise schliesst natürlich die Existenz einer Scheitel- , zelle sofort aus. Die ganze Anlage wächst hier vom Anfang an, ähnlich wie der Keim der Cupressineen nach Verlust seiner Scheitelzelle. Dieser erste Zustand der Cupressineen wird übersprungen und darf uns als eine weitere Stütze für die früher schon ausgesprochene Ansicht gelten, dass die Abietineen erst von den Cupressineen, nicht etwa umgekehrt die Cupressineen von den Abietineen abzuleiten seien. Auf die senkrechten Theilungen in den drei unteren Zellen folgen nunmehr quere (Fig. 24. 25. 26. 27), dann von neuem senkrechte und zwar zuerst radial, dann tangential gestellte (Fig. 28). In vielen Fällen erfolgen diese Theilungen in der regelmässigsten Weise. Jetzt sieht man auch die oberen Zellen zottenförmig auswachsen (Fig. 28. 29. 30. 31), doch ohne sich, wie bei Cupressineen, zu einer Krone auszubreiten. Die mittleren dieser Zellen vermehren sich rasch durch quere Thei- lungen, strecken sich dann und gehen zu dem immer mehrzelliger werdenden Suspensor über. Einstweilen wechseln im untern Theil der Anlage die Theilungen nach den drei Richtungen des Raumes mit einander ab, doch selbst auf dem Stadium der Figur 32 ist es noch nicht zur Bildung des Bermatogens gekommen. Wenn der untere vom Suspensor durch seine Undurchsichtigkeit sich unterscheidende cylindrisclie Theil des Keimes eine 311 Länge von circa 0,5 M. M. erreicht hat, zeigt sich die erste Anlage fin- den Pleromscheitel der Wurzel nur etwa 0,15 M. M. vom Scheitel des Keimes entfernt (Taf. XII. Fig. 41 . l) Die Anlage unterscheidet sich im Wesentlichen nicht von der bei Thuja und bedarf hier keiner wiederholten Beschreibung. Den directen Nachweis zu führen, dass durch die erste Theilung der unteren Zelle der Embryonal -Anlage dieselbe so wie es Pfitzer will, in den Stamm- und Wurzeltheil zerlegt werde, scheint mir bei Vergleich der Figuren, selbst bei Beachtung aller Mittelstufen, kaum möglich. Nach Anlage der Wurzel beginnt sofort die Streckung zwischen derselben und dem Scheitel des Keimes und spitzt sich dieser letztere zum Vegetationskegel zu (Taf. XII. Fig. 42). Auch das Dermatogen hat es um diese Zeit schon zu einem beiläufigen Abschluss gebracht, der aber sowohl jetzt als auch später nur ein relativer bleibt. Die Cotyledonen meist sechs an der Zahl erheben sich im Umkreise des Vegetationskegels erst nachdem dieser sich deutlich differenzirt hat (Taf. XI. Fig. 33. 34). Die Embryonalanlage stösst auf diesen Entwickelungszustand schon mit dem Scheitel gegen die Basis des Embryosackes an und wird ihr Radicular- ende in Folge dessen gehoben, bis es wieder die Stelle erreicht, von der die Embryonalschläuche ausgegangen. Die Schläuche werden verdrängt und schliesslich auf einen einzigen Knäuel reducirt. Die Zahl der Keimanlagen in einer Samenknospe ist, ihrer Ent- stehungsweise entsprechend, sehr bedeutend und kann bis auf zwanzig steigen; die eine eilt aber bald den anderen in ihrer Entwickelung voraus und erreichen dieselben kaum ein weiteres Entwickelungsstadium als das der Figur 31. Das Nämliche gilt für die Cupressineen, ja für die Coniferen und Gnetaceen überhaupt; trotz der in der Anlage normalen Polyembryonie sind die Fälle, wo wirklich mehrere Embryonen zur Reife kommen, ver- hältnissmässig selten. Picea vulgaris (Taf. XII. Fig. 35 — 43) ist nur auf den ersten Entwicke- lungszuständen von Pinus verschieden. Sie verhält sich zu derselben etwa wie Juniperus zu Thuja; — während nämlich bei Pinus die ursprüngliche An- lage sich spaltet, bleibt sie bei Picea vulgaris vereinigt, so dass aus einem Eie nur ein Embryo erzeugt wird. Die Zellen der zweiten Etage sind es ') Fig. 35 — 43 von Picea vulgaris, die auf älteren Zuständen ganz mit Pinus über- einstimmt. 312 auch liier, die zu den primären Embryonalschläuchen auswachsen. Die Zellen der dritten Etage theilen sich in drei übereinander liegende Zellen (Fig. 35) und verhalten sich weiter wie eine durch senkrechte Theilungen in zwölf Zellen zerlegte Pinus- Anlage (Fig. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43). Meist acht Cotyledonen erheben sich um den Vegetationskegel der Axe (Fig. 43). Der Keim wächst in der nämlichen Weise wie bei Pinus, doch die Zellen des secundären Embryonalschlauches verhalten sich anders, insofern sie nämlich sehr leicht seitlich auseinandertreten und sich auch vom Keime loslösen (Fig. 43). Aus der Gruppe der Taxaceen habe ich Taxus und Gingko unter- suchen können. Von Taxus ist nur so viel in der „Vorläufigen Mittheilung“ von rtitzer erwähnt, dass er sich im Wesentlichen wie Thuja verhalte. Ich habe die jüngsten Zustände ziemlich verschieden von Thuja gefunden; während nämlich bei Thuja von Anfang an nur eine Scheitelzelle an der Anlage vorhanden ist, wird bei Taxus der Scheitel derselben von 4—6 ungefähr in gleicher Höhe liegenden Zellen eingenommen (Taf.XILFig.44). Im Ganzen besteht hier eine grosse Mannigfaltigkeit in dem Verhalten der einzelnen Zellenreihen der jüngsten Anlage. Sie bestehen auch hier im Wesentlichen aus drei, zum Theil aber auch nur aus zwei Etagen. Die obere Etage streckt sich zu den (meist sechs) Embryonalschläuchen und führt die untern in das Endosperm (Taf. XIII. Fig. 51). Hierbei gewinnt schon eine der Zellen am Scheitel, meist eine der Mitte nächste, die Oberhand und tlieilt sich sofort durch eine geneigte Wand, auf welcher dann eine entgegengesetzt geneigte folgt (Taf. XII. Fig. 44). Sie verhält sich nun überhaupt wie die Scheitelzclle von Thuja (Fig. 45. 46) und bildet den Keim, während alle ihre benachbarten Schwesterzellen allmälig in dem Aufbauen der secundären Embryonalschläuche aufgehen (Fig. 45. 46). Ein seitliches Ablösen einzelner primärer Zellreihen kommt hingegen nur selten vor. Die übrige Entwickelung stimmt, so weit meine Erfahrungen reichen, ganz mit Thuja überein (Taf. XIII. Fig. 47. 48. 49. 50). Um so merk- würdiger ist die Entwickelung des Keimes bei Ginkgo biloba. Ich habe auf das eigenthümliche Verhalten desselben schon bei Besprechung der Befruchtungsvorgänge aufmerksam gemacht. Das ganze Ei zerfällt bei Gingko in primäre Embryonalzellen (Taf. XIII. Fig. 59. 60), die sich dann weiter durch Theilungen nach drei Richtungen hin vermehren (Taf. XIII. Fig. 61). Freilich standen mir hier nur ungenügendes Material und vereinzelte Ent- wickelungszustände zu Gebote, doch glaube ich sicher behaupten zu 313 können, dass zu keiner Zeit eine Scheitelzelle an der Embryonalanlage vorhanden ist; dieselbe wird zum Theil schon durch die Art der ersten Theilungen des ganzen Eies ausgeschlossen. Die Anlage wächst auch sofort an ihrem ganzen Rande durch radiale und tangentiale Längswände, mit diesen abwechselnde Querwände (Fig. 61) und nimmt ( langsam an Umfang zu. Embryonalschläuche werden nicht gebildet, wohl aber wachsen die, dem Halse des Corpusculum zugekehrten Zellen zu kurzen Zotten aus (Fig. 61. 62). Die Befruchtung und ersten Embryonalzustände (Fig. 54 — 60' wurden an -Genfer Material, das ich im warmen Zimmer hielt, Anfang October durchlaufen; im November vorigen Jahres hatte ich an ähnlich aufbewahrten wiener Früchten das Stadium der Fig. 61 gefunden. Ende Dezember fand ich an demselben Material den Zustand Fig. 62, der in seinem ferneren Verhalten sich nunmehr schon ganz an die übrigen Coniferen anschloss. Er hatte das Corpusculum durchbrochen und be- fand sich zum grössten Theile im Endosperm, mit seiner Basis unter dem Halse des Corpusculum sich anlehnend. An seiner obern (Scheitel-) Hälfte hatte sich der Keim etwas verschmälert und man sah, ganz ähnlich wie bei andern Coniferen, die Anlage des Pleromscheitels der Wurzel an dieser Stelle durchschimmern (Fig. 62). Im Februar fand ich endlich in mehreren ebenfalls aus Wien stam- menden Früchten reife Keime mit zwei schönen Cotyledonen (Taf. XIII. Fig. 63), in einer Frucht sogar zweie, ein Fall, der hier verhältnissmässig häufig vorzukommen scheint, J) und leicht begreiflich wird, wenn man das Verhältniss des kleinen Embryo zu der grossen Endospermmasse ins Auge fasst. Diese eigentlnimlichen Entwickelungsvorgänge bei Ginkgo lassen ver- nmthen, dass auch noch andere Modificationen der Embryoentwickelung innerhalb der Taxaceenpruppe sich würden auffinden lassen und dürfte diese Erwägung jedenfalls zu weiterer Untersuchung, vor Allem auch der I’odocarpeen anregen. Die Gnetaceen scheinen Taxus gegenüber eine ähnliche Stellung einzunehmen, wie die Abietineen den Cupressineen. Zwar liegen mir für dieselben nur unvollständige Entwickelungsreihen vor, immerhin scheinen sie zu diesem Schlüsse zu berechtigen. Von Ephedra altissima konnte ich keine jüngeren Zustände als die der Fig. 66. Taf. XVII. zur Untersuchung bekommen, doch gelang es mir in einem Falle, die Em- ’) Vergl. Alex. Braun, Polyembr. p. 145. 314 bryonalschläuche bis an ihren Ausgangspunkt zu verfolgen und mich zu überzeugen, dass sie hier mit vier primären Schläuchen beginnen. Aus den beobachteten Zuständen war weiter zu ersehen, dass hier das Der- matogen etwas früher als in den bisher betrachteten Fällen auftritt. Die Wurzel wird wie Fig. 68. Taf. XVII. zeigt, ganz ebenso wie bei den Coni- feren angelegt, üb eine Scheitelzelle hier zu Anfang thätig ist, oder nicht, liess sich aus den erwähnten Entwickelungszuständen nicht mehr mit Sicherheit entscheiden — um so interessanter war es mir, die allerersten Theilungszustände bei Welwitschia aufzufinden. In dem mir zu Gebote stehenden Material sah ich zunächst Corpuscula, von deren zwiebelförmig angeschwollenen Basis eine flache Zelle abgegrenzt worden war; dann fand ich diese Zelle übers Kreuz getheilt (Taf. XIX. Fig. 34), dann weiter die vier Zellen in zwei Etagen (Fig. 35.), endlich, durch nochmalige Theilung der untern in drei Etagen zerlegt. Die Entwickelung schreitet also zu- nächst ganz in der Art der Abietineen fort. Dann theilen sich aber die vier Zellen der oberen Etage durch je eine radiale Längwand, so dass ihre Zahl bis auf 8 steigt, und diese 8 Zellen verlängern sich zu den Em- bryonalschläuchen (Fig. 38 und 39) ohne jedoch die Corpusculumwand zu durchbrechen. Es stand mir zwar kaum hinlängliches Material zu Gebote, um diesen letzten Punkt endgültig zu entscheiden, doch schien es mir aus den Beschreibungen Hooker’s mit Nothwendigkeit zu folgen. Es geht nämlich aus diesen Beschreibungen hervor, dass das Corpusculum hier noch längere Zeit mitwächst und einen oberen einzelligen Suspensor bildet, der in den achtzeiligen continuirlich übergeht.1) Ein älterer Entwickelungszustand, den ich noch untersuchen konnte, wiess weiter darauf hin, dass sich hier keine Scheitelzelle am Keime diffe- renzirt, sondern dass derselbe nach Art der Abietineen-Keime, oder auch derjenigen anderer Coniferen, nachdem sie ihre Scheitelzelle verloren, wächst. Hooker lässt es unentschieden, ob hier eine Spaltung der Keimanlage eintritt oder nicht; meinen Beobachtungen zufolge wird aus der Gesammt- anlage sicher nur ein Embryo erzeugt. In dem Maasse als der Embryo wächst, werden auch, ähnlich wie bei den Coniferen, neue Zellen an x) Hooker 1. c. p. 35: „Die Zellen des Suspensors verlängern sich schnell und werden in grosser Anzahl entwickelt, sie wachsen rascher als das Corpusculum, so dass die Kasis des Letzteren immer mehr und mehr von der Terminalzelle (der Keimanlage) entfernt wird. In gleicher Zeit, als das Corpusculum sich streckt, wird es auch immer dünner und bildet cs zuletzt einen zarten Tubus, der mit den Zellen des Suspensors wie mit einer ihn umhüllenden Scheide abschliesst.“ 315 den Suspensor abgegeben, der Suspensor wird immer stärker und er- reicht nach Hookers Angaben mitunter 3 Zoll Länge. Um die Basis des Embryo wachsen die Zellen zottenförmig aus und bilden eine Art Krone um denselben. Von grossem Interesse wäre es hier gewesen, auch die weitere Differenzierung zu verfolgen, leider verfügte ich nicht über das nöthige Material; aus den Zeichnungen Hooker’s möchte ich immerhin schliessen, dass auch der Keim von Welwitschia ähnlich dem von Ephedra auf seinen späteren Entwickelungs - Zuständen an Taxus zunächst sich anschliesst. Von Gnetum heisst es bei Blume (1. c. p. 3.) „Embryon in apice al- buminis inversum, radicula filo longissimo tiexuoso appendiculata.“ Aus dieser Andeutung und der Figur 3 Taf. 178B. ist wenigstens zu ersehen, dass der Embryo an einem langen Suspensor hängt und somit wenigstens in dieser Eigenthümlichkeit an die andern Gnetaceen und Coniferen (Ginkgo ausgenommen) anschliesst. Brauchbares Material war hier nicht zur Untersuchung zu bekommen und dürfte somit die ganze Familie in dieser Beziehung eine wiederholte Bearbeitung beanspruchen. Wie dem aber I auch sei, so viel haben wir immerhin aus den vorhandenen Beobachtungen, (namentlich für Ephedra) gewonnen, um behaupten zu können, dass die Gnetaceen in ihrer Embryonal-Entwickelung unmittelbar an die Coniferen anschliessen. Beide Familien nehmen auch hierin wiederum die Mitte zwischen den höheren Cryptogamen und den Metaspermen ein. Namentlich sind es die Cupressineen und die Taxaceen, (für Araucarieen ist die Entwickelungsgeschichte leider unbekannt) die sich den höheren Cryptogamen durch ihre zweiflächig zugespitzte Scheitelzelle nähern1) und *) Wie sich im Besonderen das Verhältnis zu den Keimen der Lycopodiaceen stellen wird, soll erst die Zukunft lehren. Bisher ist nur der Keim von Isoetes durch Hofmeister (Abth. d. k. s. Gesell, d. W., Bd. II. 1855) und von Selaginella durch Hof- meister (vgl. Unters, d. p. 124) und aus einer neulich erschienenen schönen Arbeit von Pfeffer (Hanstein’s botan. Abhandl., viertes Heft) bekannt. Beide Gattungen stehen be- kanntlich den Coniferen um vieles ferner als Lycopodium, ob es aber je gelingen wird, den Keim desselben zur Beobachtung zu bringen, ist zum wenigsten fraglich. Die Keimanlage von Isoetes zeigt nur wenig, die von Selaginella hingegen schon mehr An- näherung an den Coniferen-Keim. Vor Allem wird bei Selaginella bereits ein Suspensor gebildet, der Keim durch Wachsthum desselben in das innere Gewebe der Macrospore geführt (welches Gewebe dem Endosperm der Coniferen aber nicht homolog ist, da letz- teres bekanntlich dem Prothallium-Gewebe entspricht). Der Keim besitzt zunächst eine zweiflächige zugespitzte Scheitelzelle, die aber später vierflächig, dann wieder zweiflächig wird. Auch bildet der eim Ivschon 2 opponirte Cotvledonen, unterscheidet sich aber in seinem unteren Theile durch die seitliche peripherische Anlage der Wurzel und Bildung eines I’usses noch sehr von den Archispermen. 316 da diese Zelle auf altern Zuständen verloren geht, so bieten sie uns auch ein neues lehrreiches Beispiel für den anderweitig schon vielfach ausge- sprochenen Satz, dass höhere Organismen auf jüngeren Entwickelungs- zuständen häufig an die fertigen Zustände nächst niederer, verwandter Formen anschliessen1). Von besonderem Interesse war es mir, gerade bei Taxa- ceen und Cupressineen die Scheitelzelle zu finden, da ich auch aus andern morphologischen Gründen mich veranlasst gesehen hatte, sie mit für die ältesten unter den Coniferen -zu erklären. Die Beobachtungen über die Embryonalentwickelung bieten somit eine neue Stütze für den früher schon aufgestellten Stammbaum; im Einzelnen Hessen sie sich für denselben freilich nicht verwerthen, da es mir trotz aller Mühe unmöglich war, mir ein vollständigeres Material zu verschaffen. Vor Allem wäre es von grossem Interesse gewesen, die noch existi- renden Araucarieen zu untersuchen, ob dieselben ihre ursprüngliche Schei- telzelle noch behalten, oder dieselbe bereits verloren haben. Die Zeich- nung Schacht’s (Anat. u. Phys. Bd. II. Taf. X. Fig. 28.) giebt hierfür kaum Anhaltspunkte, andererseits immerhin zeigt sie aber, dass die Keiment- wickelung der Araucarieen sich von derjenigen der Abietineen wesentlich unterscheiden muss. Wir finden somit in derselben die Bestätigung der anderweitig schon begründeten Ansicht, dass Araucarieen und Abietineen durchaus nicht so nahe zu einander stehen, wie vielfach angenommen wird. Wie das Verhältniss sich in dieser Beziehung noch im Besonderen stellt, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Den Metaspermen scheinen sich in ihrer Entwickelung am nächsten die Gnetaceen anzureihen; ist es richtig, und dies scheint aus den An- gaben Hooker.s unmittelbar zu folgen, dass das Corpusculuin von Wel- witschia nicht durchbrochen wird, sondern direct zum Embryonal- Schlauclie auswächst, so ist dessen Homologie mit den Keimbläschen von Loranthus wohl über alle Zweifel erhoben. Auch bei Loranthus europaeus theilt sich nach den Angaben und Zeichnungen Hofmeister’s2), nachdem es zu einem langen Schlauche ausgewachsen dicht' an seiner Basis durch eine quere Scheidewand. Die so abgetrennte Zelle verlängert sich ebenfalls zu einem langen Cylinder. An dem Embryosackgrund an- gelangt, gliedert sich eine neue Zelle vom obern Cylinder ab. Diese theilt sich entweder sofort durch eine Längswand oder es geht dieser Theilung die Theilung durch eine schräge Querwand voraus. In den parallelen Zellen, ’) Dieses Verhältniss ist auch von Ptitzer 1. c. hervorgehoben worden. 2) Neue Beiträge, p. 543. 317 aus welchen jetzt das Ende des Vorkeims besteht, tritt bald eine neue Längstheilung durch auf den zuvor entstandenen rechtwinkelige Wendung ein. Die verdickte Spitze des Vorkehns ist jetzt aus vier pa- rallelen Längsreihen von Zellen zusammengesetzt, dem noch nicht zer- fallenen Vorkeime einer Abietinee sehr ähnlich. Eine weitere Verfolgung der Entwickelungsgeschichte von Loranthus dürfte von höchstem Interesse sein. Die jungen Keime die Karsten in der Bot. Zeit. (1852 Taf. IV. Fig. 15 und 16) für Passowia odorata: eine Loranthaceae von Puerto Cabello abbildet, erinnern sehr an entsprechende Zustände bei Taxaceen und Gnetaceen, denn auch an diesen Keimen ist das Radicularende verjüngt und stark in die Länge gezogen und scheint dort so wie bei den niederen Phanerogamer, (und zwar zum Unterschied von den von Hanstein beobachteten höheren), der Vegetationskegel des Stammes vor den Cotyledonen aufzutreten1). Mit den von Hanstein2) untersuchten Keimen weit entfernter monocotyler und dicotyler Pflanzen3) lässt sich schlechterdings ohne die Kenntniss der Mittel- stufen kein Vergleich mehr führen. Immerhin zeigen diese Untersuchungen, dass die monocotylen und dicotylen Keime viel näher zu einander stehen4) als zu den Archispermen und spricht dieses von neuen für die Ansicht, dass die Monocotylen nicht direct von den Archispermen, vielmehr von ent- schiedenen Dicotylen abstammen. Ja wir können diesen Punkt, auf die Hanstein’schen Untersuchungen gestützt, hier noch etwas weiter aus- führen. Bei allen von Hanstein beobachteten Dicotylen geht die Bildung der Cotyledonen der Bildung des Vegetationskegels voraus, derselbe erhebt sich erst nachträglich. Nämliches geschieht nun in gleichem, ja in noch erhöhtem Maasse an den von Hanstein beobachteten Monocotylen, wo der eine Cotyledon ganz unmittelbar aus dem Gewebe der Keimanlage difl'e- rencirt wird, und der Vegetationskegel des Stammes erst nachträglich seit- lich an demselben auftritt. Diese Entwickelung ist auch morphologisch höchst instructiv, indem sie beweist, dass der Begriff Caulom und Phyllom nicht blos nach Raum- beziehungen sich bildet, sondern eine reelle, genealogisch fixirte Grösse darstellt. b Das Zellennetz ist schematisirt, so dass es keine Anhaltspunkte bieten kann. 2) Botanische Abhandlungen, Heft I. 1870. 3) Capsella, Oenothera, Nicotiaua, Viola, Veronica, Cerastium, Roemeria, Geum, Alisma, Funkia, Album, Asphodeline, Atherurus, Ruscus, Tradescantia, Brachypodium. 4) Vergl. die Uebersicht in Ilanstein’s Abhandlung p. 61. 318 Am Ausgangspunkt der Phanerogamen-Reihe finden wir nämlich den Keim der Coniferen mit deutlich differencirter Axe und Blättern, die seitlich und unterhalb eines vorgebildeten Vegetationskegels entstehen. Dieser Keim wird zunächst auf die niedern Dicotyledonen übertragen, durch weitere Anpassung wird innerhalb der dicotylen Reihe das Verhältniss der beiden Cotyledonen zu dem Vegetationskegel verändert, so dass er nach- träglich erst sich zwischen denselben erhebt. Bei den Monocotylen geht dann das eine Keimblatt verloren, das andere wird unmittelbar aus der Keimanlage differencirt, das Verhältniss zu dem Vegetationskegel bleibt aber erhalten und wir sehen ihn seitlich von dem bereits vorhandenen Keimblatte entstehen. Selbstverständlich hat sich hierdurch weder der morphologische Werth des Cauloms noch der Phyllome verändert, oder es müsste aus demselben Grunde jede Ver- schiebung und Verwachsung oder Aenderung der Entwickelungsfolge u. s. w. den morphologischen Werth eines Gliedes beeinflussen. Keimung Bekanntlich durchbricht der Keim der Coniferen und höchst wahr- scheinlich auch aller Gnetaceen bei beginnender Keimung mit seinem Wurzelende die Fruchtschale. Dieses wird durch eine bedeutende Streckung der Zellen des hypocotylen Gliedes, die nachweisbar in demselben Maasse an Länge zunehmen1) bewirkt. Die Fruchtschale wird hierbei meist unregelmässig, hin und wieder regelmässig zweiklappig geöffnet, die Samen-Hülle2) wird ein wenig ausge- stülpt und neben der Kernwarze durchbrochen. Erst nachdem die erste Streckung vollendet, beginnt der Vegetationspunkt des Stammes und der Wurzel seine Thätigkeit. Die Wurzel wächst, wie bald geschildert werden soll, zu der Hauptwurzel aus. Durch fortgesetzte Streckung des hypoco- tylen Gliedes und der Cotyledonen wird bei fast allen Gattungen gleich- zeitig die Fruchthülle über die Erde gehoben und allmälig abgestreift. Der nackte Vegetationskegel des Stammes bildet jetzt erst die ersten Blattanlagen und wenn die Cotyledonen sich auseinanderlegen, kommt erst die Plumula zur Entwickelung. Die meisten Coniferen und die Gnetaceen besitzen zwei, selten mehr Cotyledonen3), nur die Abietineen sind durch eine grössere Zahl derselben ausgezeichnet.4) Die Cotyledonen ergrünen schon unter der Erde und ver- halten sich den folgenden Laubblättern ganz ähnlich. Bei der Tanne, die ') Vergl. die Untersuchungen über Wachsthumsgeschichte und Morphologie der Phanerogamen- Wurzel von Johannes Reinke, p. 8 u. 9. 2) Aus dem verdrängten Nucleus erzeugt. 3) So Araucaria hin und wieder 3 oder 4, Taxodium 6—9, Sequoia 2 — 6, Callitris 2 — 4, Thuja hin und wieder 3, Biota selten 3, Cupressus selten 3 — 4, Juniperus sehr selten 3. Die Taxaceen ohne Ausnahme 2. 4) Bis 15. 320 nach Schacht im ersten Jahre nur einen Nadel -Kreis bildet, bleiben sie jahrelang saftig, bei der Fichte und Kiefer dagegen, welche schon im ersten Jahre einen mit zahlreichen Blättern besitzten Stammtrieb ausschickt, vertrocknen sie bereits im ersten Sommer, und bei der Lärche, welche sich im Herbste entlaubt, fallen sie mit den Nadeln vom Stämmchen.1) Die Arten der Gattung Araucaria keimen bekanntlich in verschiedener Weise, indem sie in der Sectio Eutacta Link, wie andere Coniferen ihre Keimblätter über die Erden erheben, in der Sectio Colymbea hingegen die- selben unter der Ende lassen. Die Keimung beginnt bei Araucaria brasi- liania zunächst wie bei anderen Coniferen mit dem Hervortreten des Wurzel- endes, doch nimmt das hypocotyle Glied stark an Dicke zu und streckt sich nur wenig; durch das Wachsthum der Cotyledonen wird die Basis der- selben mit dem Vegetationskegel des Stammes aus der Fruchtschale hervor- geschoben. Die Cotyledonen verbleiben imPerisperm und trocknen, nachdem dieses verbraucht worden ist, ab. Die Plumula wächst während dem seitlich zwischen den Cotyledonenbasen zu einem kräftigen Triebe hervor, der mit alternirenden Blattpaaren beginnend bald in Schraubenstellung übergeht. Durch diese Art der Keimung erinnert die Sectio Colymbea an die Cyca- deen, deren zwei Cotyledonen ebenfalls in dem Fruchtboden verbleiben. Doch sind nach den Angaben von Richard2), Miquel3), Schacht4) und An- dern die Cotyledonen der Cycadeen an der Spitze verschmolzen, während sie bei den genannten Araucarien völlig frei waren. Einer annähernd ähnlichen Verschmelzung der Cotyledonen wie bei Cycadeen, begegnen wir übrigens auch innerhalb der Coniferen-G ruppe bei Ginkgo biloba. Auch Ginkgo lässt seine Cotyledonen im Endosperm unter der Erde stecken, nur die Basis derselben tritt aus der Fruchtschale hervor. Die Cotyledonen sind zwar nicht völlig an ihrer Spitze verwachsen, doch adhaeriren sie hier so fest an einander, dass sie nicht ohne Zerreis- sung des Gewebes getrennt werden können und, was noch besonders an die Cycadeen erinnert, die äussersten Spitzen der Cotyledonen sind ange- schwollen und zeigen schwache Einschnitte, ganz ähnlich wie es Schacht für Zamia spiralis abbildet. Bei Ephedra campylopoda wäre noch einer anderweitigen, doch nur unwesentlichen Modification bei der Keimung zu erwähnen. Zunächst durch- J) Schacht, der Baum p. 53. 2) Commentatio de Conif. et Cycad., p. 1S1. Taf. 25. 3) Monogr. Cycad., p. 16. Taf. II. Fig. 3. 4) Der Baum, p. 52 und Fig. 48. — 321 — bricht die Radicula auch hier die meist zweiklappig aufspringende Fruchtschale, sie drückt gleichzeitig die von dem Nucleusreste gebildete Samenhaut aus derselben hervor. Das Radicularende des Embryo tritt seitlich unterhalb der verschl-umpften Kernwarze aus der erwähnten Hülle. Befand sich der Embryo in aufrechter Stellung im Boden, so wird die Fruchtschale durch das sich streckende hypocotyle Glied und die Cotyle- donen aus dem Boden mit in die Höhe genommen; lag aber, was der Natur der Sache nach häutiger eintreten muss, die Frucht horizontal oder schräg im Boden, so tritt eine andere Erscheinung ein. Nachdem nämlich das Wurzelende des Keimes die Samenhülle von der Unterseite durch- löchert und senkrecht in den Boden eingedrungen, durchbrechen die Coty- ledonen mit ihrer stark gekrümmten Basis die genannte Hülle auf der entgegengesetzten Seite oberhalb der warzenförmigen Verdickung, und da ihr Wachsthum besonders an dieser Stelle erfolgt, so erhebt sich ihre Basis, eine immer weitere Oese bildend, über die Frucht und zieht endlich, sich gerade richtend, auch ihre Spitzen aus derselben hervor. Die Folge ist, dass die leere Frucht im Boden verbleibt und die Keim- ptlanze der Samenhülle gleichsam eingefädelt erscheint.1) Mit der weiteren. Ernährung hat der Vorgang schlechterdings nichts mehr zu thun; der Theil, der die Keimpflanze umfasst, besteht einzig nur aus der abgestorbenen Samenhülle,2) eine anderweitige Verbindung ist nicht vorhanden. Die beiden Keimblätter von Ephedra (beobachtet an E. vulgaris) bleiben lange Zeit lebenskräftig; sie wachsen auch sehr bedeutend aus und können eine Länge von 40 M. M. u. mehr erreichen. Der Vegetationskegel des Stammes beginnt die ersten Blätter erst anzulegen, wenn die Cotyle- donen schon ihre halbe Länge erreicht haben. Die jungen Keimpflanzen der Abietineen pflegen keine Knospen in den Achseln ihrer ersten Blätter zu erzeugen, diese Blätter wachsen aber auch dort, wo sie später nur schuppeuförmig entwickelt werden, laubblatt- artig aus. So trägt z. B. die Kiefer im ersten Jahre nur einfache Nadeln, erst im folgenden entwickeln sie Kurztriebe und dann ziehen sich die Blätter, in deren Achseln die Kurztriebe stehen, niederblattartig zusammen. Auch die Lärche bildet ihre Nadelbüschel uicht im ersten, ja meist erst im dritten Jahre aus. —f 0 J) Etwas ähnliches erfolgt auch bei Pinus Pinea, doch wird die Frucht von der aus- gestülpten Samenhülle losgerissen und emporgehobeu, diese umgiebt dann allein das hypocotyle Glied tvergl. Fig. m und 1. PI. 12 bei Richard 1. c. ?) Ich hebe dies hervor, weil Schacht hier eine Krnährungsvermittelung vermuthet. Anat. und Phys., Bd. II. p. 471. Strasburger, Coniferen und Gnetaceen. 21 322 Ebenso werden auch an der Keimpflanze von Sciadopitys1), auf die zwei Samenlappen folgend, im ersten Jahre nur einfache Blätter, etwa 6 mit den Samenblättern einen Scheinquirl bildend, erzeugt, erst am nächsten Jahrestriebe entstehen die eigenthümlichen Doppelnadeln, in den Achseln der zu Schuppen reducirten Blätter des Hauptstammes. Ebenso wenig wie in den bisher besprochenen Fällen konnte ich auch an Keimpflanzen von Taxus, Knospen in den Achseln der ersten Laub- blätter erblickeu. Bei Thuja-Arten und Biota sind sie hingegen nicht selten. Bei Ephedra (vulgaris) endlich werden constant schon in den Achseln der beiden Cotvledonen Achselknospen angelegt. Diese Knospen entwickeln sich auch hier sofort weiter und werden fast ebenso stark wie der Haupt- trieb. Die ersten Laubblätter der Keimpflanzen unterscheiden sich bei Coniferen oft bedeutend von den folgenden; sie gehen aber meist sehr bald in die- selben über. Sehr ausgeprägt und andauernd tritt dieses Verhältniss uns bei den Cupressiueen entgegen. Hier folgen (bei Thuja- und Cupressus- Arten) auf die beiden Keimblätter zwei diesen ähnliche, lineale, frei abstehenden Laubblätter, sie bilden ein mit den Keimblättern alternirendes Paar; dann wird mit diesen beiden alternirend ein viergliederiger Laub- blattquirl angelegt; hierauf folgt ein zweiter viergliedriger und so weiter. Bei Thuja-Arten werden häufig schon in den Achseln der untersten Laubblätter Knospen angelegt., die mit einem transversalen Blattpaare beginnend noch ein oder zwei weitere Paare grosser, frei abstehender Blätter erzeugen und dann in die kleinen der Axe angedrückten, daeh- ziegelig gestellten, für Thuja-Arten charakteristischen Blattpaare übergehen. Die Verzweigungen dieses Achseltriebes liegen bereits (meist alter- nirend) in einer Ebene und beginnen sofort mit kleinen Blättern. Die Haupt- axe fährt hingegen noch lange fort die grösseren viergliedrigen Blattquirle zu entwickeln. Die Keime der Cupressus-Arten gleichen zunächst ganz denen der Thuja-Arten, doch werden die Achselknospen erst höher am Haupttriebe angelegt; auch entwickeln diese Knospen zunächst und noch längere Zeit die nämlichen, grossen, linealen, frei abstehenden Blätter wie der Haupt- stamm. Sie beginnen mit einem transversalen Blattpaare, auf welches q v. Mohl, Morphologische Betrachtung der Blätter von Sciadopitys, Bot. Zeit. Nr. 1. 1871. 323 meist schon ein viergliedriger diagonal gestellter Wirtel folgt.1) Wir besitzen in unserem bot. Garten bis über ein Meter hohe Samenpflanzen von Cupressus funebris, die immer noch keine anderen Blätter erzeugt haben; bei andern Exemplaren zeigen sich einzelne Zweige mit kleinen- ange- drückten Blättern, in dem eigentlichen Cupressus -Habitus, und bieten so die schönsten Fälle von Heterophyllie. Doch wir wollen uns mit diesen allgemein gekannten Verhältnissen nicht länger aufhalten um sofort zu den Wachsthumsvorgängen am Vege- tationskegel des Stammes und der Wurzel überzugehen. Das Spitzenwachstlmm des Stammes. Sowie Hofmeister allen Conifereu-Iveimen eine dauernde Scheitelzelle zugeschrieben hatte, so suchte er dieselbe auch für das Stammende der erwachsenden Pflanze nachzuweisen. Auf Taf. VII. seiner neueren Bei- träge zur Kenntniss der Gefässkryptogamen giebt er Scheitel- Ansichten von Pinus balsamea (Fig. 9.), P. Abies L. (Fig. 10.), auch Zainia longifolia (Fig. 12.) mit dreiseitiger Scheitelzelle und Cupressus pyramidalis (Fig. 13 bis 16.) mit zweischneidiger Scheitelzelle.2) Bei Pinus Abies und Zamia longifolia soll die dreiseitige Scheitelzelle eine kürzere Kante zeigen, ja Basis und Schenkel derselben werden gemessen und das Verhältniss der Blattstellung entsprechend gefunden. Auch in der Allgemeinen Morpho- logie (p. 513; werden Abietineen und Cycadeen solchen Gewächsen zu- gezählt, deren Axenende von einer zweischneidigen oder verkehrt pyrami- dalen Scheitelzelle gekrönt ist — gleichzeitig aber bemerkt, dass sich die Anlagen der Blätter derselben von Anfang an als vielzellige Protube- ranzen über die Peripherie des Axeuendes erheben, die nicht auf Segmente des Stengels bezogen werden können. Die Untersuchungen Hausteins3) an Metaspermen und die Abweisung der Existenz einer Scheitelzelle für dieselben, legten es nahe, auch die ’) Oft wird erst eine grössere Anzahl decussirter Blattpaare erzeugt. Hin und wieder sind sich die beiden Blätter eines Paares nach der einen Seite hin genähert und folgt auf dieselben ein dreigliederiger Quirl, an welchen weitere dreigyederige regelmässig anschliessen. Bei Juniperus communis, wo die dreigliederigen Quirle normal sind, folgt er stets auf das erste transversale Blattpaar der Achselknospe und kehrt eins seiner Blätter der Hauptaxe zu. 4) Beiträge zur Kenntniss der Gefässcryptogamen II. p. 643 u. 644. !) Die Scheitelzellgruppe im Vegetationspunkt der Phanerogamen. 21* 324 Archispermen einer wiederholten Prüfung zu unterwerfen. So finden wir bereits einige hier bezügliche Andeutungen in einem Aufsätze Pfitzers über das Hautgewebe der Pflanzen1) und eine kürzlich erschienene vor- läufige Mittheilung -lässt bald eine ausführliche Arbeit desselben über diesen Gegenstand erwarten. In der vorläufigen Mittheilung heisst es einstweilen, dass das Resultat’ zu dein der Verfasser gelangte, das sei, „dass die wachsenden Spitzen älterer, aus dem embryonalen 'Stadium herausgetretener Zweige von Coni- feren eine Scheitelzelle allerdings nicht besitzen, von den Angiospermen aber durch die unvollkommene Scheidung von Dermatogen und Periblem abweichen, sowie dadurch, dass die PI erom- Stränge, ähnlich wie es Hau- stein und Reinke bei den Wurzeln von Angiospermen gefunden haben, (Vergl, die Sitzungsber. der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde 1870 S. 175 ff.) in frühester Jugend gesondert sind und eine Art von Spitzen wachsthum zeigen.“ Ich selbst habe gleichzeitig mit den andern bereits vorgeführten Unter- suchungen die Stammspitzen der meisten Conifereu und Ephedra einer sorgfältigen Prüfung unterworfen und glaube mir einen ziemlich vollstän- digen Ueberblick über dieselben verschafft zu haben. Zur Schilderung der hauptsächlichsten hier vorkommenden Modificationen dürfte die Betrach- tung folgender Pflanzen: Araucaria brasiliana, Ephedra campvlopoda, Taxus baccata, Thuja sp., Sciadopitys verticillata und Pinus Pumilio genügen’. Eigentümlicher Weise schliesst Araucaria brasiliana am nächsten an die Metaspermen an. Ein Vergleich meiner Eig. 13. Taf. XXIII. mit der Fig. 2 (Cochlearia glastifolia) bei Haustein (1. c.) reicht hin, um dies fest- zustellen. Das Bild (Tafel XXIII. Fig. 13.) ist nach einem kräftigen Triebe, von einer im Freien wachsenden Pflanze im botanischen Garten zu Neapel stammend, entworfen worden. Ein continuirliches Protoderma2) (Pd.) über- zieht den Scheitel und die jungen Blattanlageu; auf dieses folgen zwei völlig abgeschlossene Periblemlagen (Pb.) und an der Blattanlage (links) kann man sehen, dass sie es sind, welche durch ihre zunächst tangentialen Theiluugen die Bildung des Blattes veranlassen. Auf die beiden Periblem- l) I. c. p. 56 u. 57. -) Indem ich im Uebrigen die Hanstein’sche Terminologie beibehalte, fühle ich mich veranlasst, die äusserste: Epidermis bildende Schicht, wo sie scharf gesondert von An- fang an vorhanden, Protoderma fürhaut) zu nennen und werde die Hanstein’sche Be- zeichnung Dermatogen iHautbildner) für solche Fälle reserviren, wo diese Schicht nicht scharf gegen das Periblem abgegrenzt ist. 325 lagen folgt das Plerom (PL), das auf unserem Bilde in zwei grössere Zellen am Scheitel gipfelt (PI.) Auf die Theilungen dieser obersten Zellen (die übrigens nicht immer so schön und regelmässig auftreten wie gerade in diesem Falle) lässt sich das ganze Plerom zurückführen und zwar werden durch quere Theilungen derselben zunächst nach unten hin Markzellen abgegliedert, (M.) durch longitudinale Theilungen zu den beiden Seiten Zellen (V. R.), die tiefer verfolgt deutlich dem Verdickungsringe den Ur- sprung geben. Annähernd ebenso wie Araucaria brasiliana verhält sich auch eine andere untersuchte Art, die Araucaria Cunninghami und in weiterer Folge auch Dammara und Cunninghamia. Von Ephedra campylopoda habe ich viele hunderte von Vegetationskegeln untersucht und zwar wegen der interessanten Modificationen, die hier Vorkommen. Der Vegetationskegel von Ephedra campylopoda ist ziemlich steil, die Blätter werden in alter- nirenden Paaren angelegt (Taf. XXII. Fig. 2—7). Im Allgemeinen (Fig. 2. und 6.) wird der Scheitel von einem continuirlichen Protoderma überzogen; dieses läuft auch, ohne sich anders denn radial zu theilen, über den Blattanlagen. Unter dem Protoderma liegt das Periblem — auf dieses folgt das Plerom. Es kommt hier fast gleich häufig vor, dass das Periblema mit einer oder zwei Zellen über den Scheitel läuft oder auch: dass das Plerom mit einer oder zwei Zellen bis unter das Protoderma reicht und das Peri- blem im Umkreise desselben abschliesst. Die Trennung von Periblem und Plerom ist überhaupt kaum am Scheitel vorhanden, so dass es in vielen Fällen (Fig. 3.) fraglich wird, ob man eine bestimmte Zelle dem einen oder dem andern zuzählen soll. Die im Ganzen häufigsten Zustände illustriren die Figuren 2, 3, 6, 10. Nun kommen aber auch hin und wieder Fälle vor, wo das Protoderma seine Selbständigkeit aufgiebt. Bei kräftig wachsenden Vegetationskegeln war es besonders häufig die oberste Dermatogenzelle (denn so dürfen wir sie hier nennen; die sich quer theilte und ihre untere Hälfte meist dem Plerom abgab (Fig. 4.) Man wäre in solchen Fällen geneigt, eine Scheitelzelle anzunehmen, wenn dieses ihr Verhalten nicht temporär, die Theilungen nicht auf die Bildung einzelner Zellen beschränkt und ohne jeden Einfluss auf die übrige Gewebe -Difie- renzirung wären. Auch sind mir Fälle vorgekommen, wie Fig. 5, wo ganze Reihen von Dermatogenzellen sich getheilt hatten (links), ihre Zellen an das Periblem abgebend; dann auch solche mit querer Theilung einer beliebigen seitlichen Dermatogenzelle, endlich auch welche, wie Fig. 7, 326 mit schiefer Theilung einer obersten Dermatogenzelle. Auch Scheitel- ansichten des Vegetationskegels (Taf. XXII. Fig. 8a ) zeigen, dass hier keine der Zellen der Axenmitte besonders vor den andern gefördert wird und alle die hier -liegenden mehr oder weniger gleichmässig sich theilen. Die ganze den obersten Scheitel einnehmende Zellgruppe besteht aus Protoderma-Initialen und führen die tiefer im Umkreis liegenden Protoderma- Zellen in mehr oder weniger radial angeordneten Strahlen auf dieselben hin. Fig. 8b ist der Mitte der -vorigen Figur 8a entnommen, wo ausser den (schwächer gezeichneten) Protoderma-Zellen, die darunter liegende Periblem- lage (stärker) angegeben ist, zeigt, wie unabhängig beide Histogene von einander sind. Die Blätter verdanken hier wie bei Araucaria queren Theilungen der beiden äusseren Periblemlagen ihre Entstehung (Fig. 6), ihre weitere Ent- wickelung illustriren die Fig. 2. und 3. Die Bildung der Achselknospen soll später besprochen werden. Wo das Plerom deutlicher gegen das Peri- hlem absetzt, kann man sehen, dass auch hier aus den mittleren Zellreihen desselben das Mark, aus den peripherischen der Verdickungsring erzeugt wird. Die inneren Zellreihen theilen sich besonders der Quere, bleiben dem entsprechend gross, polygonal, runden sich dann gegen einander ab und bilden, mit Luft sich füllend, Interzellularräume. Die äusseren Zellreihen theilen sich vornehmlich der Länge nach, strecken sich bedeutend und füllen sich, fest an einander schliessend, reich mit plastischen Stoffen. Die Blätter zeigen ein prononcirtes basales Wachsthum, die Spitze ist lange schon fertig, ihre Epidermiszellen stark verdickt und mit Spalt- öffnungen versehen, wo noch ein starkes intercalares Wachsthum an der Basis erfolgt. Dem entsprechend zeigen sich in der Spitze des Blattes die ersten Schraubengefässe und Gefässzcllen (Transfusionsgewebe) die letztem z. T. netzförmig verdickt, von diesen abwärts differenciren sich lange dünne Schraubengefässe, z. T. mit Ueberspringen einzelner Stellen, die aber rasch nachgeholt werden und setzen an den Verdickungsring im nächsten Internodium an, von wo aus weiter absteigend die Bildung der Schraubengefässe bis an den nächsten Knoten fortschreitet, um an hier bereits differencirte Gefäss- Bündel anzuschliessen. Die Internodien wachsen ebenfalls durch intercalare Theilungen lange an ihrer Basis fort und erreichen schliesslich eine beträchtliche Länge. Die horizontale Ver- einigung der Bündel im Knoten wird erst nach vollendeter Bildung der- selben bewerkstelligt und zwar durch mehr oder weniger polygonale, netz- 327 förmige, verdickte Zellen, die ihrem Ursprung nach, dem Grundgewebe angehören und also auch als Transfusionsgewebe aufzufassen sind. Die Taxaceenund die Cupressineen, Taxodineen und Sequoineen nehmen durch das Verhalten ihrer Axenspitze die Mitte zwischen Araucaria und Ephedra ein. Bei Taxus, Podocarpus, Saxe-Gothaea, Ginkgo, Thuja und Cu- pressus auch Sequoia und Cryptomeria überzieht ein selbständiges Protoderma den Scheitel, auf dieses folgt eine meist 2 Bogen starke Periblemschicht continuirlich über den Scheitel laufend, endlich ein in mehreren Initialen gipfelndes Plerora. Doch ist auch hier, wie bei Ephedra, die Grenze häufig nicht scharf genug, als dass man sich für die Periblem- oder Plerom-Natur einzelner Grenzzellen stets sicher entscheiden könne. Es kommen dann auch hier, wie bei Ephedra Modificationen mit Theilungen der Protoderraa- Zellen u. s. w. vor. Bei Entstehung der Blätter bleibt hier wie dort das Protoderma selbständig und nur die Periblemzellen beginnen sich zu theilen. Im Ganzen genommen zeigten die bisher beobachteten Fälle eine grosse Uebereinstimmung und schliessen fast unmittelbar an die Metaspermen an. Am meisten von denselben unterscheiden sich aber die Abietineen. Auf diese passt zunächst auch nur die erwähnte Pfitzer’sche Beschreibung. Bei Abietineen sind Dermatogen und Periblem wirklich nicht von einander geschieden, auch nimmt das Plerom rascher einen entschiedenen Charakter an und tritt seitlich schärfer von dem Teriblem ab. Die Repräsentanten dieser Gruppe besitzen einen massig entwickelten Vegetationskegel, dessen Höhe je nach der Lebhaftigkeit der Vegetation sich ändert; bei Zunahme desselben sich steigert, bei Abnahme verringert, ja der im Winter sich fast völlig abflachen kann1). In Folge der massigen Entwickelung lassen sich die bereits diff'erenzirten Gewcbeelemente des Stammes bis in den Scheitel verfolgen und ist die Orientation über ihren Ursprung verhältnissmässig leicht. Fig. 15. Taf. XXIII. zeigt einen Vegetationskegel von Pinus Pumilio in lebhaftem Wachsthum begriffen. Eine wenig bestimmte Dermatogenlage läuft über den Scheitel, man sieht, dass dieselbe wenig scharf gegen das Periblem abgegrenzt ist und dass viele Periblemzellen deutlich von der- selben abstammen. An Stelle, wo ein Blatt angelegt werden soll, theilen sich die Dermatogenzellen der Quere, und auf diese folgen erst quere Thei- lungen auch im Periblem. Das Periblem läuft meist mit einer Zellrbihe über i) Eine ähnliche Erfahrung machte C. Müller an Fraxinus excelsior. Jahrb. für wiss. Bot., Bd. V. p. 263. 328 den Scheitel und nimmt beiderseits rasch an Mächtigkeit zu. Das Plerom gipfelt in einigen Initialen, die oft scheinbar unmittelbar das Dermatogen berühren. Doch ist auch hier, ungeachtet es Pfitzer besonders hervor- hebt, dass die Pleromstränge gesondert sind und ähnlich, wie die Wurzeln, eine Art von Spitzenwachsthum zeigen, oft schwer zu entscheiden ob die obersten Zellen noch dem Plerom oder demPeriblem angehören.1) Das Plerom nimmt sehr rasch an Breite zu, so dass es dicht unter dem Scheitel schon die Hauptmasse des Stammes bildet, sehr deutlich lässt sich hier die Entstehung des Verdickungsringes, auf die äussersten Lagen (meist zwei) des Pleroms zurückführen. An dem genannten Vege- tationskegel werden Ende August nur Niederblätter erzeugt; Fig. 15. giebt die Scheitelansicht von einem solchen Entwickelungsstadium. Fig. 16. zeigt einen ähnlichen Vegetationskegel von oben. Die Nadeln (bei Picea vulgaris) werden in ähnlicher Weise wie die Niederblätter durch Theilung der Dermatogenzellen angelegt. Den Angaben Ptitzers2) entsprechend fand ich, dass die sclerenchymatischen Schichten unter der Epidermis dieser Nadeln mit, aus den quer sich theilenden, ursprünglichen Dermatogenzellen des Stammscheitels angelegt werden, das innere Gewebe und das Gefässbiindel aus dem Periblem.3) Die Mitte zwischen Abietineen einerseits, Sequoien und Cupressineen andererseits hält endlich Sciadopitys ein (Taf. XXIII. Fig. 14), wo das Dermatogen über dem Scheitel eine abgeschlossene Zellschicht wie bei Cupressineen bildet, allein die Blätter wie bei Abietineen mit queren Theilungeu der Dermatogenzellen beginnen (Fig. 14). Wie wenig übrigens in der ganzen Gruppe noch das Protoderma am Scheitel des Stammes fixirt ist, zeigt das Verhalten derselben bei der Blüthenbildung. Bei Abietineen giebt das Dermatogen am Scheitel sowohl der weiblichen als auch der männlichen Zapfenanlagen (Fig. 17. Taf. XXIII.) seine Selb- ständigkeit so vollständig auf, dass gar keine Grenze mehr zwischen Der- matogen und Periblem (zum Theil auch zwischen Periblem und Plerom) zu unterscheiden ist (Fig. 17); das Nämliche gilt fast in der gleichen Weise auch für die analogen Fälle bei den andern Tribus; ja selbst für die Zapfenscheitel von Welwitschia. *) Wenn mau nicht etwa die Bilder Schematismen will, was ich grundsätzlich ver- mieden habe. 2) Jahrb. f. wiss. Bot., VIII. Bd. p. 55. 329 In allen den genannten Fällen wird dieses eigentümliche Verhalten bedingt durch die rasche Dickenzunahme der Anlage, die durch die queren Theil ungen der Dermatogenzellen vor Allem so rasch anschwillt (vergl. auch Fig. 13 und 21. Taf. V.). Auch bei der Blüthenanlage von Ephedra wird die Selbständigkeit des Dermatogens in demselben Maasse aufgegeben (vergl. Fig. 3. Taf. XIV. Fig. 40. Taf. XV). Aus diesem Allen folgt, dass das Verhalten der obersten Zellschichten am Vegetationskegel an und für sich sehr variable, leicht anpassungsfähig ist. Anhaltepunkte für die Beurteilung der Verwandt- schaft und der Abstammung der einzelnen Tribus dürften wir also kaum aus der Anordnung am Vegetationskegel schöpfen und darf es uns nicht wundem, wenn dasselbe bei verhältnissmässig jüngeren Formen, wie die Abietineen, weniger fixirt als bei älteren: den Cupressineen ist. Achselknospen. Die Untersuchungen am Vegetationskegel boten mir eine geeignete Gelegenheit, auch über die Entstehung der Achselknospen mich zu orien- tiren. Zwei Fragen waren hier zu beantworten 1° nach der Ent- stehungsfolge der Knospen, ob sie über oder unter den jüngsten Blättern am Scheitel angelegt werden und 2° nach der Art ihres Ursprungs, in welchem Histogen sie sich differenciren. Bekanntlich hat vor kurzem Hofmeister die Ansicht ausgesprochen1), dass die am terminalen Vegetationspunkte einer Axe über die Aussen- tiäche derselben hervortretenden Nebenaxen früher auftreten als die Anlage von Blättern. Diese letzteren wiederum früher, also höher als die jüngsten Haare; in einem Worte, um die Ausdrücke Hofmeisters zu brauchen, dass die Sprossungen verschiedener Dignität ihrem Range gemäss am Vege- tationskegel erzeugt werden. Somit könne, wie es Pringsheim2) schon früher ausgesprochen, jede Anlegung einer seitlichen Axe als eine Theilung der nackten, die jüngsten Blattanlagen überragenden Spitze des Stengels aufgefasst werden u. s. w. Gegen diese Ansicht Hessen sich seitdem einige Stimmen hören. So zunächst von Magnus3) der an Bliithenähren von Veronica speciosa beob- v. 0 *) Leider muss ich mir versagen, diese und viele andere Figuren zu veröffentlichen, um nicht die Kosten der Auflage unverhältnissmässig zu steigern. 2) Allgemeine Morphologie 1868, p. 411. 3) Bot. Zeit. 1853, p. 609. 330 achtet haben will, dass die Blätter zuerst an dem stark gewölbten Vege- tationskegel auftreten, und erst in den Winkeln weiter entwickelter Blätter die jüngsten Blüthenanlagen als sanfte Erhebungen sich zeigen. Ja Sachs geht in der zweiten Auflage seines Handbuches so weit, zu behaupten, dass überhaupt die normalen Seitensprosse später auftreten als die jüngsten Blätter1) — also gerade das Gegentheil von dem, was von Hofmeister ausgesprochen wurde. Ich selbst habe die Achselknospenbildung zunächst bei Ephedra campvlopoda untersucht; Ephedra entwickelt Achselknospen in den Achseln ihrer sämmtlichen Blätter und schien mir deshalb besonders für diese Untersuchung geeignet. Median durch übereinanderstehende Blattpaare geführte Schnitte mussten auch die Anlagen der jüngsten Knospen treffen. Es gelang mir denn auch wirklich bald, dieselben bis auf die allerersten Theilungen zurückzuführen und somit den Ort ihrer Entstehung und ihr Yerhältniss zu den Blättern genau zu bestimmen. Die erste Theilung für die Achselknospe erfolgt in einer unter dem Protoderma liegenden Periblemzelle, die sich durch ihre Grösse und reicheren Inhalt bereits von den benachbarten unterscheidet (Taf. XXII. Fig. 2. Ak.). Die Zelle liegt zu unterst in der Achsel des Blattes und theilt sich zunächst tangential und zwar erfolgt diese erste Theilung um eine Zeit, wo das nächst höhere Blattpaar bereits ziemlich weit entwickelt ist (auf der Figur 2 natürlich nicht zu sehen) und mit seinen Spitzen den Scheitel des Vegetationskegels eben erreicht. Auf nächstfolgenden Entwickelungszuständen (Fig. 4.) haben sich die beiden Zellen meist senkrecht übers Kreuz gethei'lt, so dass an Stelle der ursprünglichen: 8 Zellen vorhanden sind. Ausserdem Hellt man nun tangen- tiale Theilungen auch in den benachbarten Periblemzellen erfolgen und zwar in einem Halbkreise, dessen Radien sich in der zuerst getheilten Zelle treffen. An der Basis eines nächstfolgenden Internodiums (in der Achsel des vierten Blattpaares von oben, das jüngste mit gerechnet), findet man dann Zustände der Fig 9. Die Gewebesonderung, wie wir sie am fertigen Vegetationskegel gesehen, ist hier bereits mehr oder weniger eingetreten. Die mittleren Zellen (Pleromzellen) schliessen unmittelbar an die Markzellen des folgen- den Knotens an. Die Periblemreihe setzt sich hingegen continuirlich nach *) Beiträge zur Kenntniss der Gattung Najas 1870, p. 27. ?) p. 152. 331 oben in das Peniblem des Internodiums, nach unten in das des Blattes fort. Die Epidermis über dieser Stelle bat sich bisher noch kaum ra- dial getheilt und tritt nur wenig nach aussen vor. Am nächstfolgenden Internodium endlich finden wir den Zustand Fig. 10., der keiner Erklärung mehr bedarf und auch ohne Weiteres aus der Figur 9 zu construiren ist. Wie aus dieser ganzen Entwickelungsgeschichte folgt, wird also die vegetative Achselknospe von Ephedra tiefer als die obersten Blätter an- gelegt und zwar lässt sich ihre erste Spur bis auf das dem Scheitel zweitnächste Blattpaar verfolgen. Etwa acht Internodien von der Terminalknospe entfernt, hat die Achselknospe bereits ihre völlige Entwickelung erreicht, sie besteht meist aus drei unentwickelten Internodien lind trägt dem entsprechend drei Blattpaare: das oberste nur angedeutet. Zwei Gefässbtiudel- Anlagen, freilich auf einige Schraubengefässe reducirt, haben sich um diese Zeit auch schon rechts und links in dieselbe entwickelt, sie setzen im Stamme: nicht an die Bündel des Deckblattes, sondern an die nächsten beiden seitlichen Bündel an, die dem nächst höheren Blattpaare angehören. Das Deckblatt, in dessen Achsel diese Achselknospe stellt, ist auch schon bis auf seine Basis abgestorben. Auf diesem Zustande verharrt die Knospe längere Zeit oder vegetirt doch nur äusserst langsam fort, — bis sie plötzlich zum Achseltriebe auswächst. J) Sehr häufig wird (bei allen Ephedra-Arten) auch noch eine Beiknospe auf der Aussenseite der primären Achselknospe angelegt (Taf.XXII.Fig.il), eine Erscheinung, wie sie bei Metaspermen so häufig, bei Archispermen hingegen mir nur für Ephedra bekannt geworden. Die Beiknospe wird nur ') Dicht über der Einfügungsstelle der Achselknospen sieht man im Mark älterer Internodien eine nach unten convexe Querzone verlaufen, welche das saftige Gewebe des Knotens, von dem lufterfüllten Gewebe des Jnternodiums scheidet (Taf. XXII. Fig. 11). Diese Querzone besteht aus einem Gewebe ziemlich stark verdickter flacher Zellen (etwa 5 über einander) führt wässerigen Inhalt, zum Theil auch Chlorophyll. Der Gurt grenzt nicht unmittelbar an die eigentlichen Zellen des Knotens, sondern wird von diesem noch 4—5 Zellen hoch durch gewöhnliche Markzellen getrennt, die sich von den über dem Streifen liegenden, nur durch ihren wässerigen Inhalt unterscheiden. Die Zellen des Knotens führen Stärke, zum Theil Chlorophyll, und erst in ganz alten Zweigen füllen auch sie sich mit Luft Nach unten hin grenzt das Knotengewebe un- mittelbar an das Intel nodialmark, der Gurt fehlt. Ein ähnlicher, nach unten convexer Gurt schliesst auch das Mark der Axenknospen, wo diese ausgewachsen sind, gegen den Knoten der Mutteraxe (Fig. 11). Sie verhütet das Austrocknen des Markgewebes. In älteren Interuodien fidlen sich die Zellen des Gurtes mit grumösem braunem Inhalt, unterscheiden sich immerhin von gewöhnlichen Korkzellen durch die Art ihrer Ver- dickung. 332 dann gebildet, wenn das unterste Internodium der primären Achselknospe lang angelegt worden, d. h. sich nachträglich strecken soll; ist das erste Internodium der primären Achselknospe kurz, so fehlt die Beiknospe, hierfür ist aber in 'den Achseln der beiden ersten Blätter der primären Achselknospe, die in der Achsel des primären Deckblattes verborgen bleiben, je eine seeundäre Achselknospe (wie auch sonst normal) zu finden. Daher kommt es dann auch, dass man bei besonders kräftigen Sprossen, drei Triebe aus der Achsel eines jeden Blattes sich entwickeln sieht. An ähnlichen Sprossen, wo das erste Internodium der primären Achselknospen sich gestreckt hat, kann auch die Beiknospe auswachsen, für gewöhnlich verharrt sie jedoch auf ihrem ersten Zustande. Das Gefässbiindel der Beiknospe schliesst innerhalb des Mutterstammes an das Gefässbiindel der primären Achselknospe an. — Besonders schön konnte ich die Entwickelung aller dieser Zweigsysteme an einer Pflanze von Ephedra altissima im botanischen Garten zu Neapel verfolgen. Einzelne Zweige derselben wurden besonders kräftig und schossen, statt wie die andern überzuneigen, senkrecht aus der Mitte der andern hervor; sie waren auch fast doppelt so stark wie die andern, meist war auch die Zahl der Blätter in den Wirteln auf drei, ja selbst auf vier vermehrt. Sämmtliche Zweigsysteme derselben waren ausgewachsen. Die Entwickelung dieser „Wildlinge“ ist übrigens von nur kurzer Dauer, bald stirbt der Vegetationskegel derselben ab und die oberen Internodien strecken sich nicht mehr; doch kommen auch hier noch alle Achselanlagen zur Entwickelung, die ebenfalls rasch absterben und einen dichten Besen am Scheitel des „Wildlings“ bilden.1) Ich habe mich durch diese Verhältnisse von dem Ziele, das wir zu- nächst im Auge gehabt, etwas ablenken lassen und will von neuem an dasselbe anzuknüpfen suchen. Die Frage nach dem Orte der Entstehung der Achselknospen haben wir für die vegetativen Achselknospen von Ephedra in der Weise beantwortet; dass dieselben tiefer als das oberste Blattpaar, in den Achseln des nächstfolgenden angelegt und erst in den Achseln des vierten Blattpaares (vom Scheitel) sich über die Oberfläche ') Adventivknospen kommen bei Ephedra im Ganzen nur selten zur Entwickelung, immerhin konnte ich sie mehrfach an Knoten alter Aeste, unregelmässig vertheilt, be- obachten; aus den, dem Boden aufliegenden oder unter denselben befindlichen Zweigen entspringen auch adventive Wurzeln: ebenfalls im Umkreise der Knoten, die erste meist unter der Mediane der Achselknospe, die folgenden seitlich von derselben. .Die unter der Erde befindlichem aus älteren Stammtheilen entstandenen adventiven Stammknospen, sind völlig vergeilt und kriechen oft auf weite Strecken im Boden umher. 333 des Internodiums erheben. Auch fanden wir, dass diese Achselknospen dem Periblem ihre Entstellung verdanken. Wir wären hier also zu einem der Pringsheim - Hofmeister’schen Annahme entgegengesetzte Resultate gelangt, doch hüten wir uns dasselbe sofort zu verallgemeinern; Ephedra selbst lehrt uns, dass diese Entstehungsweise und Entstehungsfolge nicht die einzig mögliche ist. An den Blüthenständen von Ephedra werden Blätter und Achselknospen in ununterbrochener Reihenfolge der Höhe ihrer Einfügung gemäss angelegt, so dass abwechselnd eine Blattpaar- anlage, oder Achselknospenanlage, dem Scheitel die nächste ist. Auf das Blattpaar folgen die demselben zugehörigen beiden Achselknospen, und erst mit diesen alternirend das nächste Blattpaar (Taf. XIV. Fig. 1). Dieses gilt vor Allem für die männlichen Blüthen, die in mehreren alternirenden Paaren angelegt werden (Taf. XIV. Fig. I, 2 u. 3) doch auch für die weiblichen, wie, wenn auch nur ein Blüthenpaar gebildet wird, das rasche Folgen der beiden Knospen auf ihre Deckblätter zeigt (Taf. XV. Fig. 40). Dasselbe haben wir auch: sowohl an den männlichen als auch an den weiblichen Zapfen von Welwitschia gefunden. Es ist nach diesem Allem klar, dass die seitlichen Sprossungen sich nicht ihrem Range gemäss, über die Oberfläche des Vegetationskegels der Axe erheben und dass also auch vice versa, die Entstehungsfolge am Vegetationskegel sich nicht zur Be- stimmung des morphologischen Werthes eines Gliedes gebrauchen lässt.1) Dieselbe kann, wie Ephedra lehrt für eine und dieselbe Pflanze ver- schieden sein. Ob man in solchen Fällen, wo die Achselknospen über dem höchsten Blattpaare angelegt werden, berechtigt ist, von einer Theilung des Vegetationskegels der Mutteraxe zu sprechen, will ich hier nicht weiter erörtern, jedoch bemerken, dass dieses für unsere Fälle sich kaum begründen Hesse. Ja, selbst bei der Anlage des weiblichen Blüthenpaares Fig. 40, Taf. XV war immer noch die seitliche Entstehung der Knospen am Vegetationskegel deutlich zu constatiren, wenn auch derselbe nur als Rudiment zwischen den beiden Knospen übrig bleibt. Nun wäre es freilich auch denkbar, dass der Vegetationskegel der Mutteraxe so rudimentär würde, dass die beiden Achselknospen sich unmittelbar an dieser Stelle berührten, allein selbst in einem solchen Falle müsste vom phylogenetischen Stand- puncte aus scharf unterschieden werden zwischen einer wirklichen Theilung des ursprünglichen Kegels, wie er uns für die Lycopodiaceen. bekannt Hofmeister, Allgem. Morphol. p. 416. 334 ist und dem Seilwinden desselben und ersetzt werden durch secundäre Axen. Die Achselknospe der Phanerogamen ist ihrem Ursprung nach sicher eine seitliche Bildung und bleibt eine solche, auch wenn sie unter gewissen Umständen bis an den Scheitel der Mutteraxe rückt.1) Bei den Coniferen sind die Achselknospen nur auf die Achseln gewisser Blätter beschränkt und die Verfolgung ihrer Entwickelungs- geschichte dem entsprechend schwieriger. Am günstigsten in dieser Be- ziehung sind verhältnissmässig noch die Thuja-Arten, weil hier die Ver- zweigung ziemlich häufig und regelmässig und nur in einer Ebene erfolgt. So konnte ich mich denn auch bei Thuja- Arten überzeugen, dass die Vorgänge bei der Knospenbildung völlig denen von Ephedra gleichen. Die Knospenanlage lässt sich bis auf das zweitoberste Blattpaar ver- folgen, die Knospen entwickeln sich aber viel rascher als bei Ephedra und ununterbrochen weiter, und treten bald aus der Achsel ihres Deck- blattes hervor. Auch habe ich die Entwickelung der Achselknospen und zwar der Kurztriebe bei Pinus Pumilio (Anfang Juli) beobachten können; diese werden erst in den Achseln der 4 — 5 obersten Blätter bemerkbar. Die Entwtckelung unterscheidet sich nicht von Ephedra, auch wird sie im Periblein eingeleitet, doch mit dem Unterschiede, dass den Vorgängen am Axenende gemäss, das Dermatogenen seine Selbständigkeit nicht einhält, vielmehr sehr bald durch tangentiale Theilungen an der Bildung der Achselknospe sich betheiligt. Eigenthümlich sind hier die Verhältnisse an dem weiblichen Zapfen. Im Herbste werden die unteren Blattanlagen an der angeschwollenen Axe erzeugt; der ganze obere Theil desselben bleibt den Winter über nackend. Im Frühjahr tritt eine rasche Entwickelung wieder ein; Blätter und Fruchtschuppenanlagen werden rasch, fast in ununterbrochener Reihenfolge, in der oberen Hälfte angelegt, diese wird jetzt überhaupt bevorzugt, so dass man in mittlerer Höhe am Zapfen die grössten Achselknospenanlagen finden, dieselben von hier aus nach oben und vor Allem auch nach unten an Grösse abnehmen sieht. Die weitere Entwickelung derselben schreitet hier basipetal fort und dieses Verhältniss erhält sich fast bis zur Blüthezeit, so dass man noch bei Anlage der Blüthen, in der Mitte und am Scheitel die ältesten, an der Basis die jüngsten Zustände findet. *) Pie Deutung kann hier unter Umständen auch noch dadurch erschwert werden, dass die Deckblätter der Achselknospen schwinden, aber auch dann kommt meist der Vergleich zu Hülfe, um das Verhältniss ins richtige morphologische Licht zu stellen. 335 Cycadeen. Von Interesse schien es mir weiter auch den Vegetationskegel des Cycadeenstammes in den Kreis meiner Untersuchung zu ziehen und hierzu boten mir die in Palermo gesammelten Adventivknospen von Cycas revo- luta eine günstige Gelegenheit. Ausser der bereits erwähnten Scheitelansicht von Zamia longifolia auf Taf. VII, Fig. 12 in Hofmeister’s „Beiträgen zur Kenntniss der Gefäss- kryptogamen II“ sind mir keine weiteren Abbildungen vom Vegetations- kegel der Cycadeen bekannt, die hier beigefügten dürften also einiges Interesse beanspruchen. Hofmeister beschreibt und bildet für Zamia longi- folia eine dreiseitige Scheitelzelle (mit kürzerer einer Kante) ab, bestimmt auch, wie früher erwähnt, die Grösse der Basis und der Schenkel derselben, und sucht die gewonnenen Zahlen in Uebereinstimmung mit der Blattstellung zu bringen. An anderer Stelle (1. c. p. 627) wird vom Vegetationspunkt von Cycas noch angeführt, dass er in die Stammspitze eingesenkt sei, eine Angabe, die von Mettenius1) für Cycas revoluta bestätigt wird. Endlich führt Hofmeister in einer bereits erwähnten Stelle der allgemeinen Morpho- logie (p. 514) die Cycadeen unter diejenigen Pflanzen auf, die zwar von einer zweischneidigen oder verkehrt pyramidalen Scheitelzelle gekrönt werden, deren Blätter sich aber sofort als vielzellige Protuberanzen erheben. Wie Fig. 35 u. 36 Taf. XXV zeigen, ist der Vegetationskegel von Cycas revoluta ziemlich steil und läuft an seiner Basis flach bis an die nächsten Blattanlagen aus. Der peripherische Theil des dicken Stammes (Fig. 35) eilt den centralen in der Entwickelung voraus und ist der Vegetations- kegel in Folge dessen zwischen den älteren Blattanlagen ziemlich tief eingesenkt. Der Querschnitt Taf. XXV, Fig. 38 dicht über dem Kegel durch die Blattbasen geführt, demonstrirt diese Verhältnisse am besten. Die Fig. 34 zeigt den Scheitel des Kegels bei stärkerer Vergrösserung (250 M.). Die mit Kreuzen bezeichnete Zellgruppe nahm den höchsten Punkt desselben ein und beherrschte das Wachsthum, von einer einzigen Scheitelzelle ist nichts zu sehen. Ein Längsschnitt durch die Mitte des Kegels (ebenfalls bei 250maliger Vergrösserung), Fig. 36, zeigt ähnliche Verhältnisse wie bei Abietineen, doch ist die Grenze zwischen Dermatogen und Periblem hier völlig aufgehoben, beide bilden gemeinsam Epidermis b Beiträge zur Anatomie der Cycadeen. Abli der k. s. Ges. d, Wiss. VII. p. 573. 336 und Rinde und gipfeln in der eben erwähnten Dermatogeuzellgruppe am Scheitel. Auch das massige Plerom beginnt am Scheitel mit wenig Initialen. Es reicht mit denselben bis an die Dermatogeuzellgruppe. Das Plerom bildet nach unten zu axil das Mark, peripherisch das Gefäss- bündel. Die starken Blätter (Fig. 35) werden an der Basis des Vegetations- kegels angelegt, hauptsächlich durch Periblemtheilungeu. Sie werden auf etwas älteren Zuständen auch der Rückseite nahe dem Scheitel von einem dichten Haarbüschel gekrönt. * Wie aus der obigen Beschreibung folgt, zeigt Cycas eine noch schwächere Dermatogeu- und Periblem-Trennung als die Coniferen, im übrigen denselben analoge Verhältnisse. Die Frage nach der Entstehung dieser Art von Vegetationskegel, nach ihrem Zusammenhang mit den, eine Scheitelzelle besitzenden wird durch die Betrachtung von Cycas zwar gefördert aber noch nicht gelöst und entschloss ich mich in Folge desseu meine Untersuchungen auch auf Lycopodium auszudehnen. Lycopodium. Ich beschränke mich auf die Beschreibung von Lycopodium Selago, nachdem ich mich zuvor überzeugt hatte, dass desseu Vegetationskegel besonders zum Studium geeignet sei, und im Wesentlichen auch mit Lycopodium clavatum übereinstimmt. Hier hatte ich zunächst an die Cramer’sche Arbeit anzuknüpfen: „Das Punctum vegetationis,“ schreibt Gramer, „ist bei Lycopodium Selago sehr flach gedrückt und lässt weder von Aussen noch im Längsschnitt eine durch Form, Grösse oder Inhalt ausgezeichnete Zelle erkennen, die man für die ausschliessliche Scheitelzelle halten könnte; es scheint viel- mehr, dass das Längenwachsthum durch mehrere Zellen vermittelt wird, und zwar in der Weise, dass sich diese Zellen abwechselnd durch zur Scheiteloberfläche senkrechte Längswände und horizontale Querwände theilen. Die Figuren 12 Taf. XXXI u. Taf. XXIX Fig. 1 u. 2 bei Gramer illustriren diese Verhältnisse. Gramer hat ganz richtig erkannt, dass der Stammscheitel von Lyco- podium Selago keine Scheitelzelle besitzt, doch sind ihm, wie ich zu zeigen versuchen werde, die Einzelheiten der innern Vorgänge des Kegels ent- *) PÜanzenphysiologische Unters, von Nägeli u. Gramer. Heft 3. p. 10. — 337 — gangen und war dev Längsschnitt Fig. 2 Taf. XXIX. sicher nicht völlig durch die Mitte geführt. Ich fand den Scheitel von meist drei grossen in lebhafter Theilung begriffenen Zellen eingenommen (Fig. 30. Taf. XXV). Alle entfernteren Zellen der Oberfläche führten radial auf dieselben hin und schienen aus denselben entstanden. Auf dem Längsschnitte durch den Hachen Vegeta- tionskegel (Taf. XXV. Fig. 29) waren die Zellen der Mitte stets durch ihre Grösse und vor Allem auch durch den Mangel querer Scheidewände ausgezeichnet. Vielmehr waren in denselben auch auf dem Längsschnitte zarte Längs wände zu sehen, die auf eine Bildung nur seitlicher Zellen hinwiesen. Diesen letzteren schlossen sich dann beiderseits, in leicht zu übersehender Weise, auch die entfernteren seitlichen Zellen an; ja man kann im Gewebe oft die etwas stärker verdickte untere Wand der ursprünglichen Mutterzelle am Scheitel treppenförmig gebrochen, immer mehr sich von der OberHäche entfernend an der Grenze zwischen Rinde und Plerom verfolgen. Diese und weitere Untersuchungen führten mich alsbald zu der Ueberzeugung, dass die obere Initialgruppe (Dermatogen- Initial-Gruppe im eigentlichsten Sinne des Wortes) Epidermis und Rinde erzeugt, das Periblem hingegen in besonderen Initialen gipfelnd ein unab- hängiges Wachsthum besitzt (Fig. 29). Die Entwickelung von Epidermis und Rinde geht nun folgendermaassen vor sich. Jede der seitlich von den Derinatogen-Initialen abgeschiedenen Zelle theilt sich zunächst der Quere, dann die oberen beiden Zellen der Länge nach über’s Kreuz, während die untere zur Initiale eines Rindenstreifens wird. Diese aus der Theilung der oberen Zelle entstandenen Zellen, wiederholen den ursprüng- lichen Vorgang, auch sie theilen sich der Quere und geben eine neue Initiale für einen Rindenstreif ab, dann der Länge und so fort, wie aus Fig. 29 zu ersehen ist.') Die Bildung der Blätter wird noch durch quere Theilungen der Der matogenzellen eingeleitet, über dieselben hinaus ist eine äusserste Zellschicht: ein Protoderma, zur beiläufigen Abgrenzung ge- kommen und theilt sich nicht weiter der Quere.'* 2) Das Plerom reicht mit seinen: ein oder zwei Initialen, bis unter die Dermatogenscheitelgruppe; die q Die Mitte der Cramer’schen Figur 2. Taf. XXIX. wird sicher von einer solchen der Quere getheilten abgeleiteten Zelle eingenommen. 2) Lycopodium clavatum unterscheidet sich von Selago dadurch nur, dass die seit- lich von der Scheitelgruppe abgeschiedenen Dermatogenzellen sich zunächst dem Scheitel nur ein Mal der Quere theilen: daher auch der steile Vegetatiouskegel bei Lycop. cla- vatum. Strasburger, Coniferen und Gnetaceen. 22 338 von derselben abgegliederten Zellen theilen sich weiter, vorzüglich der Länge nach, strecken sich bedeutend und bilden den centralen Cambiuin- cylinder. Auf dieser Schilderung fussend dürfte es nunmehr ein Leichtes sein den Vegetationskegel der Cycadeen, der Coniferen und weiter der Gnetaceen und höheren Phauerogamen von den Lycopodiaeeen abzuleiten. Bei Cycas finden wir noch eine ganz ähnliche Verschmelzung von Derina- togen und Periblem; Dermatögen-Initialen, die das Wachsthum beider beherrschen; ein Periblem, das sich ziemlich selbständig verhält und mit seinen Initialen bis unter die Dermatögen-Initialen reicht; nur ist die Dermatogen- Initialengruppe grösser, die Zellen derselben auch wohl der Quere sich theileud, überhaupt die Regelmässigkeit in der Aufeinander- folge der Theilungen bereits aufgegeben. Bei Coniferen wird dann die Initialengruppe verwischt; die Trennung von Dermatogen und Periblem eingeleitet; die Trennung von Plerom und Periblem wird hingegen viel weniger scharf und ist oft schwer zu bestimmen. Bei manchen Gruppen (Abietineen) sehen wir Verhältnisse, die sehr an die Cycadeen erinnern, bei andern (wie den noch existirenden Araucarien) ist die Trennung von Der- matogen und Plerom so weit vorgeschritten, dass sie unmittelbar an die höheren Phanerogamen sich anreihen. Mit Lycopodium glauben wir nunmehr auch den Anschluss an die mit eiuer einzigen Scheitelzelle wachsenden Cryptogamen gefunden zu haben Auf welche Weise die Scheitelzelle eingebüsst werden kann, haben wir bereits an den Coniferen-Embryonen der Tribus der Cupressiueen und Taxineen gesehen; die zweiflächig zugespitzte Scheitelzelle derselben theilte sich zunächst durch eine senkrechte, die letzte Segmentwand unter rechtem Winkel schneidende Längswand, dann die beiden Hälften durch tangentiale Wände. In ähnlicher Weise können wir die Initialgruppe von Lycopodium Selago auf eine zwei- oder (nach der Figur 31 zu schliessen) dreiflächig zu- gespitzte Scheitelzelle zurückführen, die sich durch eine horizontale, dann durch senkrechte Wände getheilt hat. Die untere Zelle ist zur Initiale des Pleroms geworden, die oberen zu den Initialen der Haut und der Rinde. Möglich, dass es einst noch gelingen wird, ähnliche Verhältnisse an Lyco- podium-Embryonen direkt zu verfolgen. Selaginella-) verhält sich in ihrem l) Die nämlichen Verhältnisse fand ich auch am Scheitel der Bulbilleu wieder. *) Der Embryo von Selaginella Martens» nach Pfeffer’s schöner Untersuchung (Bo- tanische Abhandl. her. von Hanstein, Heft 4 besitzt zunächst eine zweischneidige 339 Wachsthum von Lycopodium zu verschieden um hier viel Anhaltepunkte zu bieten. An den Embryonen derselben tritt das eigenthümliche Ver- hältniss ein, dass die zweiflächig zugespitzte Scheitelzelle in eine vier- seitige übergeführt wird und diese wieder in die zweischneidige zurück- kehrt; möglich, dass bei Lycopodium die ersten Entwicklungsstadien ähnlich sind, die vierschneidige Scheitelzelle aber in den oben geschilderten Zustand, wie wir ihn am Scheitel der fertigen Pflanze antreffen, dann übergeht. Wir sehen bereits, dass bei Farnen mit massig entwickelter Stamm- spitze (vgl. z. P>. Fig. 8. Taf. VI. und viele andere, in Hofmeister’« Bei- trägen zur Kenntniss der Gefässkryptogamen II.) das Plerom sich sehr bald so unabhängig von den peripherischen Theilungen macht, dass es schwer wird es auf die ursprünglichen Theilungen der Scheitelzelle zurück- zuführen; — dieses Verhalten findet endlich bei dem Lycopodium seinen höchsten Ausdruck in dem wirklichen Selbständigwerden dieses Pleroms; die Theilungen in den Dermatogenzellen verhalten sich aber noch in mancher Beziehung den Theilungen in den Segmentzellen der Farne oder Selaginella ähnlich, nachdem von den Letzteren durch die erste tangentiale Wand1) der innere Pleromtheil abgeschieden worden ist. — Wie die Wachsthums- vorgänge von Lycopodium durch die Embryonalentwickelung der Coniferen einiges Licht erhalten, so erhält auch andererseits die Embryonalentwickelung der Coniferen durch die bei Lycopodium gewonnenen Resultate eine tiefere Bedeutung und der früher ausgesprochene Satz, „dass diese Keime in kurzer Stufenreihe ihre Stammesgeschichte wiederholen“, findet in den- selben eine gewichtige Stütze. Auf die innere Differencirung des Coniferenstammes, den Gefäss- bündelverlauf in demselben und die Anatomie seiner Blätter gebe ich hier nicht ein, da diese Theile sich mehrfach schon sorgfältiger Bearbeitung zu erfreuen hatten; einige besondere Fälle behalte ich mir übrigens vor noch am Schluss dieser Arbeit zu besprechen und gehe nun zur Betrach- tung der Wurzel über. Scheitelzelle-, gleich nach Anlage der beiden Keimblätter wird sie durch entsprechende schief geneigte Wände in eine vierseitige Scheitelzelle übergeführt, deren Segmente de- cussirt folgen, dann verdoppelt sich diese vierschneidige Scheitelzelle, endlich werden beide wieder in zweischneidige übergeführt, wie wir sie auch an der fertigen Pflanze antreffen. Auch die vierseitige Scheitelzelle ist nach innen zugespitzt. x) Wand 3 in Pfeffer’s Fig. 1. Taf. 6. Ü2* 340 Das Spitzenwachsthum der Wurzel. Die eigentümliche Art der endogenen Anlage der Wurzel im Keime machte es zur dringenden Aufgabe, dieselbe auch in ihrer weiteren Ent- wickelung zu verfolgen. Die Coniferenwurzeln waren bis jetzt keiner eingehenderen Untersuchung unterworfen worden, und die Lücke war um so fühlbarer, als durch Xägeli und Leitgeb1) einerseits die Wurzeln der höheren Cryptogamen, durch Reinke'2) andererseits der Metaspermen eine sorgfältige Bearbeitung erfahren hatten.3) Zwar waren auch für die Coni- feren von Reinke eingehende Studien in Aussicht gestellt,4) doch floss diese Untersuchung auch für mich so unmittelbar aus dem Gang meiner Arbeit, dass ich mich durch dieselbe nicht abhalten liess, näher auf den Gegenstand einzugehen. Ich habe auch keinen Grund, dieses zu bedauern. Reinke hat bis jetzt nur „Andeutungen über den Bau der Wurzel von Pinus Pinea" (Bot. Zeit. 26. Jan. 1872.) veröffentlicht, und diese sind wie ein Vergleich mit dem hier Folgenden zeigen wird, vielfach unrichtig. Noch vor den Reinke’schen „Andeutungen" war im Dezember vorigen Jahres in den „Annales des Sciences naturelles" (5 eine Serie, T. XIII.) eine Arbeit von van Tieghem erschienen, die sich mit der Structur der Pflanzen im Allgemeinen befasst und zunächst die Wurzel behandelt. Ein Ab- schnitt ist speciell den „Gymnospermen" gewidmet (1. c. p. 187. u. f.) und wenn sich van Tieghem in demselben auch nicht mit den Verhältnissen am Vegetationskegel beschäftigt, so bringt er doch manche schätzenswerthe Beiträge zur Kenntniss des Baues der jungen Wurzel. Die Arbeit van Tieghem’s macht eine ähnliche, seitdem erschienene, von J. Klein (Flora 1872, 21. Febr. und 1. März) völlig überflüssig, um so mehr als Letztere der Ersteren auch bei Weitem an Vollständigkeit und auch an Genauigkeit nachsteht. Wie ein Blick auf die Figuren 10. Taf. XI. u. Fig. 33. Taf. XII. lehrt, und wie au anderen Orten bereits hervorgehoben worden, schliesst die in Gestalt eines Paraboloidmantels auftretende Wurzel an die äusserste Zell- 1 1 Entstehung und Wachsthum der Wurzeln. Beitr. zur wiss. Bot. IV. Heft, p. 73. -) Untersuchungen über Wacbsthumsgeschichte und Morphologie der Phanerogamen- Wurzel. Bot. Abhandl. von Hanstein, Heft 3. ') Yergl. auch: Der Uebergang des Dicotyledonen-Stengels in die Pfahl- Wurzel von Dr. A. Dodel, Jahrb. f. wiss. Bot. VIII. Bd. 2. Heft, p. 149. *) 1. c. p. 40. 341 reihe des Verdickungsringes an, die Rindenzellen des hypocotylen Gliedes hingegen, gehen continuirlich in die kappenförmig über einander geschich- teten Zellreihen oberhalb der Wurzelanlage über. Aehnliche Verhältnisse wiederholen sich auf einem Längsschnitte durch die Spitze einer älteren Wurzel. Der Vegetationsheerd derselben erscheint tief in das Gewebe der Wurzelspitze eingesenkt und das Plerom gipfelt in demselben; die ganze Rinde läuft hingegen continuirlich über den Scheitel, ihre Reihen spalten sich hier und bilden die mehr oder weuiger mächtigen Wurzelhauben1). Alle Coniferen-Wurzeln verhalten sich im Wesentlichen gleich, so dass die Beschreibung einer einzigen für alle Fälle genügt. Ich wähle hierzu die Wurzel von Thuja occidentalis, wobei die der anderen Arten aber stets auch im Auge behalten werden sollen. Die Fig. 22. Taf. XXIV. stellt die Wurzel von Thuja occidentalis bei 240maliger Vergrösserung dar, die Fig. 23 giebt ein Habitusbild derselben. Das Plerom (PI.) sehen wir am Scheitel in mehreren Initialen gipfeln. Die auf das Plerom folgende Zellreihe läuft am Scheitel continuirlich über dasselbe; es ist dies die innerste Periblemschicht (Pb1.); von dieser aus lassen sich bis an die Peripherie noch 12 — 14 Zelllinien zählen, die sich Alle oben über dem Scheitel fortsetzen. Die inneren laufen continuirlich, die äusseren sind am Scheitel aufgerissen. Die innersten 8 — 10 Schichten sehliessen am Scheitel dicht an einander, sind gelockert, ihre Elemente runden sich gegeneinander ab, quellen bedeutend auf und bilden die Wurzelhaube. Dieselbe wird hier also nicht von einer einzigen Zellschicht, sondern von dem gesammten Periblem ausgebildet und ^ann es der Natur der Sache nach keine scharfe Grenze zwischen dem Periblem und der Wurzelhaube geben. Die Quertheilungen in den Periblemmänteln reichen bis in die innersten, dicht an das Plerom grenzenden Lagen, sind aber auf keine derselben im Besonderen beschränkt und bewirken so in dem ganzen Periblemscheitel eine stätige Verdoppelung und ein langsames Vorrücken der Schichten von innen nach aussen. Gleichzeitig und viel zahlreicher als die tangentialen Theilungen sehen wir in den Periblemlagen auch radiale auftreten, durch welche seitliche Zellen für die Rinde abgegeben werden. Daher kommt es auch, dass man auf Längsschnitten die Zelllinien bis in den Scheitel verfolgen und sie nach dieser Richtung hin sich von Zeit zu Zeit verdoppeln sieht. Djese Ver- *) Vergl. auch Reiuke, Bot. Zeit. 1872, Nr. 4; das Bild hierzu Taf. I. Fig. 1 ist rein schematisch. 342 doppelung gilt selbst für die innerste an das Plerom grenzende Lage (Pb1.)1). Die mittelsten Zellen der übereinanderliegenden Periblem - Mäntel zeichnen sich durch ihre Grösse und besonders ausgiebigen Tangential- theilungen von den benachbarten aus, bei Thuja erst in den mehr peri- pherischen, bei Pinus fast bis in den innersten Reihen; sie bilden auf dem Längsschnitt 2—3 axile Zellreihen, die sich bis in die Wurzelhaubenspitze verfolgen lassen und sehr an -die Bildung erinnern, die Ileinke bei den Metaspermen beobachtet und als Säule der Wurzelhaube beschrieben hat. Die Zellen dieser Säule sind reich mit Stärke angefüllt, sie schliessen auch eng aneinander, während die seitlich hier anstossenden Periblem- Zellen in den äusseren Regionen der Wurzelhaube oft lufterfüllte Iuter- cellularräume zwischen sich lassen. Dieselbe Periblem-Säule habe ich schon im Embryo beschrieben; sie ist so auffallend, dass sie auch auf älteren Bildern, so z. B. bei Schacht (Flora 1853, Taf. V. Fig. 1. für Pinus sylvestris) angedeutet wurde. In dem Maasse als die älteren Wurzelkappen aufgelöst werden, nehmen neue ihre Stelle ein. Die Mächtigkeit der Wurzelhaube, den ganzen Periblem-Scheitel mit- gerechnet, hängt hauptsächlich von der Ausgiebigkeit der Theilungen in der Periblemsäule ab; — diese ist bei den einzelnen Gattungen sehr verschieden. Thuja (Fig. 22) stellt den, bei Coniferen besonders häufigen Zustand dar; ihr schliessen sich z. B. alle Pinus-Arten und Araucarien an. Taxus und Ginkgo besitzen eine schwach entwickelte Haube, Ephedra endlich die stärkste, die vom Pleromscheitel an eine Höhe von 1,5-2 M. M. erreicht (Taf. XXII. Fig. 12). Wie aus obiger Entwickelungsgeschichte folgt, kann es bei Coniferen und Gnetaceen nicht zur Bildung einer echten Epidermis kommen und wird die Aussentläche der Wurzel nicht von einer continuirlichen, sondern einer aus einzelnen Stücken zusammengesetzten Haut bekleidet. Diese Stücke repräsentiren die Schenkel von Parabeln, deren Scheitel als Wurzelhaube ') 1. c. p. 19: Auch in Ilofmeister’s Allgemeiner Morphologie (Band II. 1, p. 424) kommt die Stelle vor, „ist in den jüngsten Theilen der Wurzelhaube das Wachsthum und die Vermehrung der Zellen in der Richtung der Längslinie excessiv über das in den von ihr abweichenden Richtungen gesteigert (Abietiueen), so ist die Wurzelhaube aus einer axilen, aus vielen parallelen Läugsreihen von Zellen zusammengesetzten Säule und aus an diese sich anschliessenden Zellschichten von Form in der Mitte durchlöcherter Kappen aufgebaut.“ 343 abgeworfen worden sind. Sie greifen treppenförmig übereinander, ähnlich wie bei den mit Dermatogen versehenen Wurzeln (vergl. Fig. 1. Taf. I. bei Reinke), nur dass dort die Stufen der Treppe durch die Verkleinerung der Dennatogenzellen nach Anlage jeder neuen Klappe erzeugt werden. Der Mangel an achter Epidermis erklärt es auch, dass bei vielen Coni- feren gar keine Wurzelhaare zur Entwickelung kommen; dieselben scheinen bei Thuja, Sequoia, den Araucaria- Arten ganz zu fehlen; kommen nur ausnahmsweise bei Ephedra vor, sind spärlich vertreten bei Pinus- Arten, wo einzelne oberflächliche, langgezogene Periblem -Zellen an einer mittleren Stelle auswaehsen, und treten zahlreich nur bei Taxus auf. Dort kommt es sogar zur Bildung einer Pseudo-Epidermis. Die Fig. 26. Taf. XXIV. illustrirt diesen Vorgang. Unter der Stelle, wo die nächst äussere Kappe sich ablösen wird, hat sich bereits die nächstfolgende Periblemreihe durch zahlreiche quere Theilungen in eine grosse Anzahl übereinanderliegender Zellen zerlegt, über dieser Stelle die nächstfolgende Periblem-Reihe u. s. w., so dass die Haut bereits für eine lange Zeit vor- bereitet ist. Sobald die die betreffende Stelle deckende Kappe abgeworfen worden, beginnt die bisher von ihr gedeckte, eng getheilte Periblemreihe sich zu strecken und ihre Zellen wachsen nun sogar äusserlich zu den kräftigen, auf der Aussenfläche mit kleinen Wärzchen besetzten Haaren aus (Fig. 26.). — Wo die Haarbildung so entwickelt ist, wie bei Taxus, sorgen diese letzteren für die Ernährung, in anderen Fällen wühl die ganze Oberfläche der Wurzel; in noch anderen, wo dieselbe bis fast an die Spitze von gebräunten Zelllagen umgeben ist, wohl auch die Wurzelhaube. Für diese Annahme spricht der Umstand auch, dass in denjenigen Fällen, wie bei Taxus, wo die Behaarung stark, die Wurzelhaube am schwächsten ist; im entgegengesetzten Falle dagegen besonders stark entwickelt. Für eine bestimmte Thätigkeit der Wurzelhaube scheint auch die Stärke zu sprechen, welche die Wurzelhaube erfüllt , besonders dicht ist sie in der Säule an- gesammelt. Bei Taxus ist die Grenze zwischen den aufgelockerten Periblem- mänteln, d. h. der eigentlichen Wurzelhaube und den sich noch fort- theilenden lebenskräftigen Theilen des Periblems schärfer als in den anderen Fällen (vergl. die Fig. 24. Taf. XXIV.) und wird an dieser Stelle rother Farbstoff ausgeschieden; er erscheint schon dem unbewaffneten Auge als rother, rund umschriebener Fleck an der Wurzelspitze. Wie bereits angegeben, werden die Zellen der Rinde schon fertig in 344 — ihrer ganzen Masse im Pleromscheitel angelegt, abwärts vom Scheitel theilen sie sich nur noch der Quere und strecken sich vor Allem bedeutend. Am Scheitel sind die PeriblemZellen dicht mit gelblichem Protoplasma an- gefüllt verlieren aber bald ihren Inhalt. Nur eine innerste Zelllinie am Plerom zeichnet sich dann noch durch ihren Inhalt aus; ihre Zellen bleiben auch schmäler, werden länger wie die anderen und bilden alsbald die innere Schutzscheide der Wurzel. Das Plerom gipfelt hei Thuja occidentalis in mehreren Initialen, deren Zahl schwankend ist und sich nach der Stärke der Wurzel richtet. Diese Initialen sind in fortgesetzter Theilung begriffen und geben Zellen an das Mark und den Cambi umring ab. Durch tangentiale Theilungen werden vornehmlich Zellen für die Mitte des Cylinders abge- schieden, durch radiale Theilungen für den Rand desselben. Die neu entstandenen, unteren Zellen verdoppeln und vervierfachen alsbald durch longitudinale Scheidewände ihre Zahl. Die Zellen der Mitte führen einen mehr wässerigen Inhalt; bei vielen Arten werden sie aber von langen, aus der Verschmelzung ganzer Zellreihen entstandenen Röhren durchsetzt, die sich durch ihren stark lichtbrechenden, wohl haupt- sächlich aus Fett- und Gerbstoffen bestehenden Inhalt auszeichnen1). — Die 2 — 3 Zelllinien im Umkreise des Cylinders führen meist plastische Stoffe, namentlich in ausgeprägter Weise dort (z. B. bei Thuja), wo die eben erwähnten Röhren fehlen oder nur spärlich vertreten sind. Weitere Differenzirungen im Cambiumcylinder pflegen erst in ziemlich bedeutender Entfernung von der Pleromspitze : bei Thuja occidentalis beiläufig 15 M. M. von derselben, einzutreten. Sie beginnen mit der Bildung der Schraubengefässe. Diese treten gleichzeitig an mehreren (in der Pfahlwurzel an 2 oder mehreren),2) in den Nebenwurzeln fast aus- nahmslos an 2 sich gegenüberliegenden3) Stellen auf. Diese Stellen liegen peripherisch im Cambiumcylinder, sind aber von dessen äusserster Grenze stets durch mehrere, bei Thuja 2 — 3 Zellreihen getrennt. Die zuerst auftretenden Gefässe stehen tangential neben einander, sie sind die engsten und äussersten, die folgenden ebenfalls Schrauben- oder Ringgefässe sind ein wenig weiter und setzen von innen an die ersten an. ’) Aehnlich den Gerbstoffgefässen, die Sachs (über die Keimung der Schmink- bohne 1859) und Dodel bei Phaseolus-Arten beschrieben. 2) Besonders zahlreich bei den Abietineen. *) Bei Cupressus, Thuja, Taxus und hauptsächlich bei Sequoia sempervirens hin und wieder an 3—4 Stellen. 345 Die Gesammtzahl derselben wird liier nie bedeutend, zwischen 6 — 12 schwankend. Bei Cupressineen, Taxaceen, Picea und Abies sind sie zu einer kleinen Gruppe oder einem radialen Streifen vereinigt; bei Pinus-Arten bilden sie eine V-förmige Figur, die ihre Schenkel nach aussen richtet. Gleichzeitig mit dem Auftreten der ersten Schraubengefässe sieht man auch, mit ihnen abwechselnd und von der Peripherie des Cambiumcylinders durch meist eben so viele Zellreihen getrennt, einen Gewebestreif aus dem procambialen Zustande heraustreten: er stellt den primären Bast vor. Dieser besteht hier freilich nur aus dünnwandigen Elementen, die sich von den benachbarten nur durch ihre meist etwas verschiedene Grösse (enger oder weiter) und ihrem plastischen Inhalt unterscheiden: hin und wieder führen einzelne Gerbstoff Nur in seltenen Fällen (so namentlich bei Abietineen) sind sie etwas stärker verdickt und treten somit deutlicher hervor. Es sind langgezogene Zellen, die auch auf Längsschnitten keinerlei charakteristische Verdickung erkennen lassen. Nach Differenzirung des primären Bastes nimmt auch die innerste Periblemreihe die entschiedenen Charaktere einer Wurzelscheide an. Es tritt an ihren radialen Wänden die bekannte schwarze Streifung auf. Bei Thuja, Taxus und auch anderen Gattungen wird ausserdem, an den ebenfalls radialen Wänden der nächstfolgenden Periblemreihe, eine starke linsenförmige Verdickung sichtbar und so auch noch eine Art äusserer Wurzelscheide angelegt1). Im Innern des Cambiumcylinders beginnen nach Differencirung der Gefässe die Zellen des Umkreises sich gegen die des Inneren deutlich abzuheben: sie bilden das Pericambium. Dieses ist bei Thuja, Taxus, Ephedra nur 2 — 5, bei Pinus2), Araucaria 6 — 8 Zellen stark. Auf Längs- schnitten lässt es sich bis in die mit plastischen Stoffen besonders reich erfüllten peripherischen Zellreihen im Pleromscheitel verfolgen3). An dieser Stelle sowohl, als auch weiter hinab in der Wurzel, ist es dicht mit Stärke angefüllt, führt hin und wieder vereinzelte Gerbstoff- röhren, während die Zellen der Rinde ausserhalb der Schutzscheide (oder Schutzscheiden) ganz inhaltsleer werden. Nur in solchen Fällen, wie bei Vergl. auch ran Tiegkem 1. c. p. 188 u. f. 2) Reinke hat eigenthümlicher Weise bei Piuus Picea (Bot. Zeit. 1872. 5fr. 4) sowohl die Schutzscheide als auch das Pericambium übersehen. ') Auch bei Metaspermen wird von Reinke 1. c. p. 25 das Pericambium dem Plerom zugezählt: bei Helianthus bildet es eine Zellreihe und lässt sich bis in] den Plerom- scheitel verfolgen. In anderen Fällen besteht es aus mehreren Zellreihen. 346 Torreya und Sequoia, wo auch die äusseren Rindenzellen, der äusseren Seliutzscheide ähnlich, verdickt werden, oder wie bei Podocarpus- Arten alle Rindenzellen Verdickungsbänder besitzen, führen auch die Rinden- zellen Stärke: im Pericambium nimmt sie dann in gleichem Maasse ab. Auf weiteren Entwickelungsstadien der Wurzel werden auf der Innenseite der primären Gefässe und zwar unmittelbar an dieselben anschliessend, einzelne stark verdickte, grosse, auf dem Querschnitte fast rund erscheinende Zellen angelegt; sie zeigen behöfte Tüpfel. Auf Längs- schnitten kann man sie als langgezogene, oben und unten zugespitzte Holzzelleu erkennen, sie vertreten hier die sonst bei Metaspermen auf der Innenseite der primären engen Schrauben- und Ring-Gefässe auftretenden netzförmig verdickten oder behöft getüpfelten weiten Gefässe. Ihre Bildung schreitet langsam nach der Mitte fort, hier stossen sie endlich zusammen und bilden nun, je nach der Zahl der ursprünglichen Gefässgruppen einen Streifen oder einen Stern, der die primären Gefässe untereinander vereinigt. Zwischen diesen centralen Holzzellen und dem primären Baste wird nun aus dem übriggebliebenen Procambiumstreifen das seeundäre Holz und der seeundäre Bast der Wurzel gebildet. Dieser Procambiumstreif ist meist nur zwei, selten drei (Podocarpus) Zellen stark1). Die innere Zell- reihe desselben, die unmittelbar an den mittleren Holzstreifen anschliesst, bleibt dünnwandig und füllt sich mit Stärke, — die äussere Zellreihe, die den primären Bast berührt, beginnt sich tangential zu theilen und bildet das Cambium, das nunmehr secundäres Holz nach innen, secundären Bast nach aussen erzeugt2). Einiges bliebe hier noch über die Schutzscheide anzufügen3). Sie fehlt bei keiner Conifere. Abietineen und Ephedra besitzen nur sie allein, bei den meisten anderen Tribus wird sie noch von einer Art äusserer Schutzscheide begleitet Sie wird von langgezogenen Zellen gebildet, die mit horizontalen Querwänden auf einander stossen und schliesst so in ihrer Gestalt an das Pericambium an — doch ist sie auf dem Querschnitt in tangentialer Richtung mehr als dieses Letztere gestreckt. Die schwarz erschei- nenden tüpfelähnlichen Bildungen auf den radialen Seitenwänden werden *) Yergl. auch van Tieghein 1. c. p. 189 u. f. Diese Zellen werden von van Tieg- hem „cellules conjonctives“ genannt. a) Ebenso van Tieghem 1. c. 3) Yergl. hierüber auch die ganz richtigen Angaben van Tieghem's 1. c. p. 187 u. f. 347 wie Caspary zuerst richtig nachgewiesen hat1), durch die Wellung eines transversal der Zellenwand eingefügten Randes erzeugt. Dasselbe trans- versale Band tritt uns auch in den Zellen der äusseren Schutzscheide ent- gegen, wo eine solche, wie z. B. bei Thuja, vorhanden ist. Dieses Band ist hier bei weitem stärker und da die Bänder der benachbarten Zellen aufeinander treffen, so erscheinen sie auf dem Querschnitte wie stark lichtbrechende, bieonvexe Linsen, die zunächst weiss, in etwas älteren Wurzeln glänzend gelb werden; bei Einwirkung von Kali quellen sie bedeutend auf und zeigen eine deutliche Schichtung. Diesen dicken Bändern fehlt aber die Wellung, auch sind die Zellen, welche diese Bänder führen, im Uebrigen nicht von den benachbarten Rindenzellen zu unterscheiden und ziemlich isodiametrisch wie jene. Die äussere Schutzscheide berührt stets die innere; sie stellt ein continuirliches und einfaches Band im Umkreise der- selben vor: bei Taxus, Thuja; bei Frenela rhomboidea Endl. ist die äussere Schutzscheide nur auf 2 Seiten des Cambiumcylinders beschränkt und fehlt vor den Gefässen. Auch wird sie nicht von einer einzigen Zellreihe, sondern von einem ganzen Gewebestreifen gebildet, der sich rasch zu beiden Seiten auskeilt. Jede Zelle in diesem Gewebestreifen führt mehrere, mehr oder weniger netzförmig verbundene Bänder, die alle gleich stark verdickt sind und so das Lumen der Zelle oft fast zum Schwinden bringen. Bei Torreya nucifera ist die äussere Schutzscheide ganz wie bei Thuja oder Taxus gestaltet; ausserdem zeigen die, an die äusserste grenzenden 2—3 Zellreihen der Rinde, ebenfalls eine der Schutzscheide ähnliche, wenn auch mehr netzförmig werdende Verdickung. Aehnlich zeigt Sequoia semper- virens ausser der äusseren Schutzscheide netzförmige Verdickungen in den Rindenzellen, doch schwächer und auf alle Rindenzellen gleichmässig vertheilt. Bei Podocarpus endlich und auch ähnlich bei Phyllocladus ist eine äussere Schutzscheide als solche nicht besonders markirt, wohl aber sämmtliche Zellen der Rinde fein netzförmig verdickt. Die Nebenwurzeln werden bei Coniferen und Ephedra ausnahmslos vor den Gefässgruppen angelegt, so dass die Zahl ihrer Reihen durch die Zahl der Getässbündel bestimmt ist2). Sie entstehen aus den Pericam- biumzellen und dieser Umstand so wie der Vergleich mit den Figuren auf *) Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. IV. p. 101 u. f. 2i Dieses die Ursache der reihenweisen Anordnung der Nebenwurzeln, die zuerst durch Clos: deuxieme memoire sur la Rbizotaxie (Ann. d. sc. nat. III™» Serie, T. XVIII. p. 322, 1852) und Schacht, Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Wurzel: (Flora 1853, p. 259) nachgewiesen wurde. Vergl. auch v. Mohl': Verm. Schrift., p. 240. 348 Taf. XX. und XXI. bei Nägeli und Leitgeb 1. c. lehrt, dass die Deutung dieser Zellschichten als Pericambium in dem Nägeli - Leitgeb’schen Sinne wirklich begründet ist1). Die Bildung der Nebenwurzeln wird durch tangen- tiale Theilungen in den erwähnten Zellen direkt vor, oder doch nur wenig seitlich von der Gefässgruppe eingeleitet. Den allerersten Anfang einer solchen Nebenwurzelanlage habe ich bei Phyllocladus trichomanoides beob- achtet: sie begann mit tangentialen Theilungen der äussersten an die Wurzelscheide grenzenden Periblemreihe, nachdem die betreffenden Zellen'2) derselben sich zuvor mit Inhalt reich angefüllt und vergrössert hatten. Neun tangential nebeneinander liegende Zellen betheiligten sich an der Neubildung: in den mittelsten waren die Theilungen am ausgiebigsten gewesen. Fig. 27. Taf. XXIV. stellt einen nur etwas älteren Zustand einer solchen Anlage von Taxus baccata vor. Taxus baccata besitzt, wie erwähnt, eine doppelte Schutzscheide, (vergl. Fig. 25. Taf. XXIV.); an der Stelle, wo die Wurzelanlage entsteht und die Scheide durchbrechen soll, wird an 2—3 Zellen der äusseren Scheide das dicke Band aufgelöst. Auf Fig. 27 sind nur noch Spuren desselben vorhanden. Auch die Zellen der inneren Schutzscheide füllen sich an dieser Stelle mit plastischen Stoffen, ja sie theilen sich sogar durch tangentiale Wände und betheiligen sich dann an der Bildung der äussersten Wurzelkappen, ohne sich hier jedoch irgend welche tiefere Bedeutung zu gewinnen3). Die Nebenwurzeln werden der Hauptaxe nach in acropetaler Folge b Bei Nägeli und Leitgeb heisst es 1. c. p. 145: „Die Nebenwurzeln der wenigen von uns untersuchten, aber verschiedenen Monocotyledonen- und Dicotyledonen-Ordnun- gen angehörenden Pflanzen entstehen ohne Ausnahme aus dem Pericambium. Hierin tinden wir einen bemerkenswerthen Unterschied von den Gefässcryptogamen mit drei- seitiger Scheitelzelle, wo sie aus den innersten Kindenzellen entstehen.“ — Ebenso sagt Reinke 1. c. p. 48: „Die erste Anlage einer Seitenwurzel (bei höheren Phanerogamen) findet stets endogen und zwar im Pericamhium statt“, ebenso van Tieghem in der mehr- fach citirten Arbeit „über die Symmetrie der Structur der Pflanzen.“ Ann. d. sc. natur. 5eme Serie, T. XIII. 2) Also wie es Reinke 1. c. für die Metaspermen angiebt und nicht wie er es Bot, Zeit. 1872, Nr. 4 für Pinus Pinea beschreibt. :!) Diese Theilungen sind aber ohne jede weitere Bedeutung für die Wurzelanlage, können auch ausbleiben. In jedem Falle werden die Zellen die aus diesen Theilungen entstehen alsbald abgeworfen. Hierzu passen die Angaben von Reinke 1. c., der eben- falls fand, dass die innerste Rindenschicht sich an der Bildung der Metaspermen- Wurzel nicht betheiligt, selbst auch da nicht, wo, wie bei Pistia, Theilungen in derselben auf- treten (1. c. p. 45). — Hingegen gaben Nägeli und Leitgeb an (1. c. p. 146), dass die innerste Rindenschicht bei den Phanerogamen die Anlage für die ganze Wurzelhaube oder doch für deren erste Hälfte erzeugt. 349 angelegt, so dass es leicht aus aufeinander folgenden Querschnitten gelingt, eine vollständige Entwickelungsreihe zu erhalten. Ich gebe auf Taf. XXIV. Fig. 28. einen älteren Entwickelungszustand einer Wurzel von Sequoia: man kann sich leicht die Entstehung desselben aus dem der vorigen Figur construiren. Durch fortgesetzte tangentiale und radiale Theilungen hat sich der ganze Körper vergrössert und vor seinem Scheitel die sich auf- lösenden Zellen der Rinde verdrängt. Man kann hier noch leicht den Zusammenhang mit den Pericambiumreihen der Mutterwurzel erkennen. Die mittleren Zellreihen setzen sich ununterbrochen von der Basis bis in den äussersten Scheitel der Nebenwurzel fort. Das Plerom wird eben abgegrenzt, durch ganz die nämlichen tangen- tialen Theilungen, die wir im Keime bereits bei Anlage der Wurzel beob- achtet. Die junge Wurzelanlage wird jetzt von dem absterbenden Rinden- gewebe durch eine Luftschicht getrennt. Auf einem nächstfolgenden Entwickelungszustande sind alle Gewebe derselben schon angelegt: die junge Xebenwurzel durchbricht die Rinde der Mutterwurzel und tritt aus derselben hervor. Ein Quer- oder Längsschnitt durch die Einfügungsstelle einer älteren Nebenwurzel zeigt auch die Art der Einfügung ihrer Gefässe in der Mutterwurzel. Dieselben schliessen an zwei Stellen, nämlich oben und unten an dem primordialen Vasalstrang der Mutterwurzel an,1) man sieht sie unter fast rechtem Winkel derselben entspringen. Bei Pinus-Arten, wo ein Harzgang zwischen den beiden Schenkeln der V-förmig angeordneten Gefässgruppe der Mutterwurzel liegt, spaltet sich der Gefässstrang der Nebenwurzel gabelförmig an seiner Basis, umfasst den Harzgang und schliesst an die beiden Schenkel des Gefässstranges der Mutterwurzel an. Auch die Gefässe in der Nebenwurzel sind V-förmig angeordnet und von einem Harzgang begleitet, den man ebenfalls an die, den Harzgang der Mutterwurzel umgebenden Zellen, unter rechten Winkel ansetzen sieht. Auf Quer- und Längsschnitten durch etwas ältere Nebenwurzeln lässt sich auch sehr schön der continuirliche Zusammenhang der übrigen Gewebe derselben mit dem Pericambium der Mutterwurzel verfolgen. Die Rinde l) Ebenso bei Phaseolus-Arten, wenn die Nebenwurzel nur zwei Gefässstränge be- sitzt, zeigt sie derer wie gewöhnlich vier, so schliessen die beiden anderen rechts und links, doch alle stets an den nämlichen Vasalstrang der Mutterwurzel an. Dodel 1. c. p. 158. Die Wurzeln der Gefässcryptogamen (vergl. Nägeli und Leitgeb 1. c. p. 88) be- sitzen meist zwei primordiale Gefässgruppen und dem entsprechend zwei Reihen Neben- wnrzeln. Die Gefässe der Nebenwurzel sind aber ohne Ausnahme rechts und links, also quer gestellt (p. 90). 350 der Nebenwurzel schliesst an die äussersten Pericambiumreihen der Mutterwurzel seitlich von den Gefässen derselben an. Die Schutzscheiden der Nebenwurzel keilen sich nach unten aus; die innere reicht tiefer, die äussere (wo eine solche vorhanden) hört schon früher auf. Die ganze Rinde der Nebenwurzel zieht sich an der Basis auf nur wenige Zellreihen zusammen, dieses ist die Ursache warum die jungen Wurzeln, so lange noch ihre Rindenzellen turgescent sind, an ihrer Insertionsstelle so staik verjüngt erscheinen. Dieses Verhältnis verwischt sich, sobald ihre Rinden- zellen collabiren. Eine ähnliche Erscheinung finden wir übrigens auch häufig an den Wurzelspitzen im Frühjahr; im Winter sterben nämlich viele derselben am Scheitel bis auf die innersten Periblemreihen ab, im Frühjahr beginnt von dort aus die Bildung neuer Periblemreihen und einer neuen Wurzel- haube, die äusseren abgestorbenen Periblemlagen werden durchbrochen und umgeben nach Art einer Coleorhiza den stark angeschwollenen jungen Gipfeltrieb. Besonders auffallend ist dieses bei Ginkgo biloba, wo man im Frühjahr die dünnen, ihrer ganzen Länge nach gebräunten Wurzeln, in einer wenigstens doppelt so starken, weissen, kurzen, scheidenförmig um- fassten Keule enden sieht; — mit dem Absterben und Collabiren der Rinde des neuen Triebes gleicht sich dann die Stärke des älteren und des jüngeren Theiles von neuen aus. Es lag zunächst in meiner Aufgabe nur die Vorgänge in der Wurzel- spitze zu verfolgen, doch konnte ich nicht umhin meine Untersuchung auch auf die secundär in der Wurzel eintretenden Erscheinungen auszudehnen und will derselben hier noch mit einigen Worten erwähnen.1) Während der Difi’erenzirung des centralen Holzstreifens oder Holz- sterns sehen wir bei den Cupressineen oder Taxaceen, Sequoien, Araucarieen die innere Schutzscheide mit rothein Farbstoff sich füllen; nur die wenigen 4 — 6) vor den Gefässen liegenden Zellen derselben bleiben gewöhnlich farblos. Sobald das Cambium seine Thätigkeit beginnt, werden die Zellen dieser Schutzscheide bei allen Coniferen zusammen ged rückt2) und zwar wie leicht' begreiflich, zunächst an den, den Cambiumstreifen entsprechenden Seiten, viel später vor den Gefässen. Hier bleiben sie noch längere Zeit unversehrt erhalten und füllen sich auch hin und wieder (Podoearpus spinulosa) mit Harz. >) Yergl. hierüber auch Yan Tieghem 1. c. p. 190 u. f. 2) Nachträgliche radiale Theilungen ohne Band, wie sie van Tieghem angiebt, habe ich in der Schutzscheide nie beobachtet. 351 Gleichzeitig beginnen dann auch, bei allen von mir untersuchten Coni- feren, die Zellen der äussersten, an die Schutzscheide grenzenden Pericam- biumlage sich zu theilen und bilden eine Korkschicht, die schliesslich auch vor den Gefässen zusammenschliesst. Diese Korkschicht ist bei Taxus, Araucaria u. A. m. zunächst auch mit rothem Farbstoff angefüllt, später bräunt sie sich. Sobald die Korkschicht angelegt ist, stirbt die ganze Rinde der Wurzel bis auf die Schutzscheide rasch ab und wird dann von der Wurzel abgestreift. Durch die Thätigkeit des Cabiumstreifens werden nach innen getüpfelte Holzzellen, nach aussen secundärer Bast, ausserdem nach innen und aussen Bündelstrahlen erzeugt. Zunächst stellen diese Bildungen so viel isolirte Partieen vor, als primäre Gefäss- und Bast- gruppen vorhanden waren, allmälig erreichen die Cambiumsstreifen jedoch, immer mehr sich von der Mitte der Wurzel entfernend, die äussere Grenze der Gefässe und schliessen durch Interfascicularcambium aus dem Peri- cambium ergänzt, vor denselben bis auf einen dünnen Bündelstrahl zusammen. Bei Pinus-Arten kommt auch der vor den Gefässen liegende Harzgang auf diese Weise im Holze zu liegen, man findet ihn au der Basis des, auf die Gefässgruppe führenden, Bündelstrahles. Bei Taxaceen, Cupressineen, Taxodineen und Sequoineen besteht das Wurzelholz nur aus Holzzellen und Bündelstrahlzellen, und zwar wechselt z. B. bei Taxus fast jede zweite radiale Holzzellreihe mit einer Bündelstrahlreihe ab, Harz- gänge fehlen im Holze der erwähnten Tribus, sind hingegen bei Abietineen vorhanden; in allen Fällen grenzt, wie bereits erwähnt, das secundäre Holz nicht unmittelbar an das primäre centrale Holz, sondern wird durch eine bis zwei dünnrandige Zellreihen von demselben getrennt. Der primäre Bast wird bei beginnender Thätigkeit des Cambiums zerquetscht, er bildet dann an der Peiipherie des secundären Bastes einen collabirten, meist stärker lichtbrechenden Streifen. Besonders schön habe ich ihn bei Taxus, Torreya und Pinus Arten gesehen. Während der primäre Bast nur von einer Art dünnwändiger Zellen gebildet wurde, zeigen die Elemente des secundären Bastes eine bedeutende Mannigfaltigkeit in ihrer Entwickelung; meist sind sie in regelmässig eon- centrischen Reihen angeordnet: bei Taxus wechseln vier solche Reihen mit einander ab: eine Reihe langgezogener, bastfaserähnlicher Zellen, die aber nur verhältnissmässig schwach verdickt und durch eigenthümliche schwarzerscheinende Granulationen an den Wänden ausgezeichnet sind; dann eine Reihe Bastgefässe mit den charakteristischen Siebporen an den Seitenwänden, dann eine Reihe Bastparenchym, wieder eine Reihe Bastgefässe 352 und endlich von neuen eine Reihe bastfaserähnlicher gestreckter Zellen mit den granulirten Wänden. Die Granulation rührt nicht wie es Van Tieghem angiebt1) von Körnchen her die der Wand anliegen, sondern von dicht aneiuanderstehenden ' knötchenförmigen, unregelmässigen Verdickungen der Zellwand, welche in das Lumen der Zelle vorspringen.2) Man kann sich hiervon auf sehr zarten Schnitten überzeugen, auch reagiren diese Pseudo- körnchen ganz wie die Zellwand der sie aufsitzen: auf Cellulose. Aehnlich wie Taxus verhält* sich Cephalotaxus, nur ist die Anordnung nicht so regelmässig; nur die radialen Reihen sind markirt, nicht die tan- gentialen, auch sind die einzelnen Elemente nicht zu besonderen Streifen angeordnet, vielmehr durcheinander gestellt, endlich treten die Zellen mit granulirten Wänden an Zahl sehr gegen die anderen zurück, zeigen sich nur ganz vereinzelt und sind sehr unregelmässig gestaltet.3) Bei Torreya nucifera verdicken sich einzelne Bastfasern sehr stark, nehmen bedeutend an Umfang zu und erscheinen dann ganz unregelmässig im Baste vertheilt.4) Aehnlich besitzt Phyllocladus, Podoearpus und Ginkgo5 6) vereinzelte stark verdickte Bastfasern unter dem radial angeord- neten, dünnwandigen Elemente ihres secundären Bastes. Die Cupressineen: Thuja Juniperus u. dergl. m. zeigen ganz die näm- liche Anordnung und Differenzirung ihres sec. Bastes wie Taxus, nur werden die so schwach verdickten eigentluimlichen Bastfasern von Taxus hier durch die charakteristischen, fast bis zum Schwinden des Lumens ver- dickten, ersetzt. Die Zellen sind auch hier mit auffallender Regelmässigkeit in radiale und tangentiale Reihen angeordnet und wechselt stets eine Bastfaserreihe mit drei dünnwandigen, deren mittlere aus Bastparenchym, deren äussere und innere aus Bastgefässen besteht. K) Die nämliche Structur besitzt auch der sec. Bast von Sequoia seinper- virens und gigantea. 7) Bei Pinus-Arten werden nur dünnwandige Elemente im secundären Baste erzeugt. Derselbe besteht nur aus Bastgefässen und Bastparenchym, q Yan Tieghem 1. c. p. 191. 2) Yergl. auch Dippel. Microscop. II. Bd. p. 271. ’) Eine etwas abweichende Schilderung giebt van Tieghem 1. c. p. 194. J) Van Tieghem 1. c. p. 194. 5) Ebend. p. 193. 6) Yergl. auch van Tieghem 1. c. p. 196; auch die älteren Angaben v. Mohl's für den Bast des Stammes, Bot. Zeit. 1855, p. 891 und Taf. XV. Eig. 8 und 9 und die Bilder in Dippel’s Microscop. Bd. II. p. 271 und 272. 7) Ebend. p. 196. — 353 — die Bastgefässe herrschen vor, so dass mehrere tangentiale Gefässreihen auf eine Parenchymreihe kommen.1) Die reihenweise Anordnung ist viel . weniger ausgeprägt als bei Taxus und den Cupressineen. 2) Ebenso verhält sich auch Picea und Abies. Bei Larix ist die Anordnung der dünnwandigen Elemente eine ganz ähnliche wie bei Pinus-Arten, dieselben werden aber unregelmässig, an vereinzelten Stellen, von kurzen stark verdickten Bastfasern durchsetzt.3) Uebereinstimmend verhalten sich auch die Arailcarieen, 4) doch ist die Zahl der Bastfasern eine grössere, in einem Worte: es kehren im secundären Holz und Bast der Wurzel ganz die nämlichen Verhältnisse wie im Stamme wieder, eine Thatsache, die für die Metaspermen bereits von Naegeli festgestellt wurde.5) Die innerhalb der Korkschicht und ausserhalb des primären Bastes liegenden Pericambiumreihen folgen längere Zeit dem Wachsthum der Wurzel, sie vermehren sich ziemlich bedeutend, sind reich mit Stärke angefüllt und vertreten so -die abgeworfene Rinde. Später sterben auch diese Zellen ab und werden mit sammt den äusseren Bastpartieen abgeblättert. Metaspermen. Ein Vergleich meiner Figuren mit denen bei Reinke 1. c. zeigt, dass sich Archispermen und Metaspermen-Wurzeln in ihrem Wachsthum etwas unterscheiden. Vor Allem kommt dort ein Protoderma zur selbständigen Entwickelung und bildet allein durch tangentiale Theilungen nach aussen die Wurzelkappen; ausserdem werden die Plerominitialen nur durch eine oder zwei Periblemreihen von dem Protoderma geschieden und diePeriblem- initialen theilen sich nur durch radiale Wände. Trotzdem ist es ein Leichtes, das ganze Verhalten auf das der Coniferen zurückzuführen. Taxus giebt uns hierfür die besten Anhaltepunkte. Auch dort wird bereits ein Pseudo-Protoclerma erzeugt und der Unterschied zwischen den genannten Wurzelspitzen und den von Reinke untersuchten bei Metaspermen, ist J) Dippel 1. c. i). 273. 2) v. Mohl 1. c. p. 891. 3) Dippel 1. c. p. 270. 4) Ebend. p. 270. •’) Beitr. zui' wiss. Bot. I. Heft 1858, p. 23. Strasburger, Coniferen and Gnetaceon. 2 3 354 hauptsächlich nur in dem Umstande begründet, dass die unter dem Proto- derma am Scheitel der Metaspermenwurzel (z. B. bei Helianthus, Reinke 1. c. Fig. 1) liegenden Periblemlagen einfach bleiben, bei Taxus hingegen sich gleich der äussersten Lage tangential theilen. Da tangentiale Theilungen bei Helianthus im Periblem des Scheitels nicht erfolgen, so bleibt auch das Dermatogen geschlossen und dem Plerom- scheitel unmittelbar genähert. Bei Taxus, wo die Periblemreihen auch am Scheitel tangential sich theilen, 'wird die äussere Lage derselben mit der Wurzelhaube von dem Pleromscheitel entfernt und durch nachgebildete Lagen ununterbrochen aufgerissen. Der Pleromscheitel verhält sich in beiden Fällen gleich. Im Uebrigen brauche ich auf diese Differencirungen nicht weiter einzugehen, da ich sie bei einer andern Gelegenheit noch zu behandeln gedenke. Beiläufige Untersuchungen haben mir nämlich gelehil, dass der Uebergang des einen Typus in den andern nicht an der Grenze zwischen Archispermen und Metaspermen, wohl aber erst innerhalb der Letzteren: erst innerhalb der Dicotyledonen erfolgt. Ich habe die näm- lichen Verhältnisse wie bei Coniferen- und Gnttaceen-Wurzeln auch bei den Amentaceen1) dann bei Casuarineen und selbst bei Proteaceen angetroffen und ich zweifle nicht, dass sie auch noch bei andern Familien sich werden auffinden lassen. Die bis jetzt durchmusterten Monocotylen zeigten mir alle den aus- geprägten Metaspermen-Typus. Wie übrigens die Verhältnisse am Scheitel auch sein mögen, iu der weiteren Differencirung zeigen die Archispermen- und Metaspermen-Wurzeln die grösste Uebereinstimmung. Ich führe hier als Beleg für diesen Aus- spruch folgende Stelle aus einer älteren Arbeit von Naegeli „Ueber das Wachsthum des Stammes und der Wurzel bei den Gefässpflanzen“ an:2) „Die Wurzeln zeigen, insofern sie perennirend sind, späterhin eine merk- würdige Uebereinstimmung in ihrem Dickenwachsthum mit den Stammtheilen der gleichen Pflanze und wir können daher bei denen der Dicotyledonen die gleiche Zahl von Wachsthumstypen unterscheiden. In ihren ersten Stadien aber bieten die Wurzeln eine constante und charakteristische Ver- schiedenheit gegenüber den Stammtheilen dar. Dieselbe besteht im Allgemeinen darin, dass die Gefässbildung (im Cambium überhaupt oder J) Für die Buche konnte dieses bereits aus einer Abbildung Scbacht’s (Flora 1853. Taf. IY. Fig. 21 erschlossen werden. 3) Beitr. zur wiss. Bot. I. Heft 1858, p. 23. 355 wenigstens in einem äussern Kreise von Cambiumsträngen) an der Peri- pherie beginnt und nach dein Centrum der Wurzel hin fortschreitet und dass das, zu diesen centripetalen Vasalbündeln gehörige Cambium oder Cambiform nicht in radialer Richtung ausserhalb oder innerhalb, sondern in tangentialer Richtung neben oder zwischen denselben liegt; während in den Stammtheilen der Phanerogamen die Gefässbildung centrifugal ist und das Cambium oder Cambiform ausserhalb der Gefässe oder wenigstens der ersten befindlich ist.“ Noch auffallender erscheint die Uebereinstimmung der Archispermen- und Metaspermen-Wurzel, wenn man die freilich etwas schematisirten Figuren bei Van Tieghem 1. c. Tafel 3 vergleicht, sie sind sich in dem Zustande kurz vor Beginn der secundären Gewebebildung, fast bis zum Verwechseln ähnlich. In allen ist dieselbe Schutzscheide, dasselbe Pericambium, die- selbe Vertheilung der Gefässe und des primären Bastes zu sehen. Diese Uebereinstimmung erstreckt sich zum Theil auch auf die Wurzeln der höheren Cryptogamen und findet wohl ihre einfache Erklärung in dem Umstande, dass die Wurzeln viel gleichförmigeren Verhältnissen ausgesetzt waren als die oberirdischen Theile und deshalb auch viel weniger zum Variiren angeregt wurden. In den einzelnen Gattungen und Gruppen wäre es fast unmöglich, die Wurzel der einer Pflanze von der der andern zu unterscheiden, ja die Wurzeln oberirdisch so verschiedener Pflanzen wie der Farne und Rhizo- carpeen gleichen sich bis in den feinsten Details. Da die innern Verhält- nisse, vor Allem der primären Differencirung, sich überall so gleich geblieben, so möchte ich vermuthen, dass auch die wirklichen Unterschiede im Verhalten des Vegetationskegels und der secundären Differencirungen, nicht sowohl Anpassungserschein ungen als vielmehr Correlationserscheinungen sind, welche durch die oberirdischen Theile erworben und passiv auf die Wurzeln übertragen wurden. Lycopodium. Für die Beantwortung der Frage wie die Scheitelgruppe der Wurzel aus der ursprünglich einen Scheitelzelle der Cryptogamen sich entwickeln konnte, finden wir wiederum bei Lycopodium einige Anhaltepunkte. Die Fig. 32 Taf. XXV zeigt, dass Lycopodium Selago sich im Wesentlichen schon den Coniferen ähnlich verhält. Die Angaben über nur eine Scheitel- zelle bei Lycopodium waren überhaupt nur wenig bestimmt ausgesprochen 23* 356 worden1), so dass ich a priori einen Anschluss an die Coniferen vermuthen konnte: so vollständig hatte ich mir denselben kaum gedacht. Für meine Zwecke wird es genügen, wenn ich mich auf die Beschreibung der Aussen- spitze bereits aus der Mutterwurzel hervorgetretener Seitenwurzeln, für deren fortgesetztes Wachsthum die noch erfolgenden Gabeitheilungen sprechen, beschränke. Solche noch in der Entwickelung und Gabelung begriffenen Nebenwurzeln von Lycopodium Selago gaben mir immer ein der Fig. 32 entsprechendes Bild. Ein continuirliches Protoderma (Pd) läuft über den Scheitel; es theilt sich durch radiale Scheidewände. Oben am Scheitel wird die Wurzelhaubc von demselben abgeschieden (nach einigen Prä- paraten zu schliessen) durch gleichzeitige tangentiale Theilung mehrerer oberster Zellen. Diese Theilungen zur Bildung der Wurzelkappen erfolgen nur nach weiten Intervallen, so dass die Zahl der Kappen nur gering und ihre Ansatzstellen am Protoderma weit von einander entfernt sind. Die abgeschiedenen Wurzelhaubenzellen sieht man auf Längsschnitten zunächst radial, dann weiter tangential sich theilen. Die mittelsten schwellen alsbald an, runden sich gegeneinander ab und treten schliesslich aus dem Verbände. In einiger Entfernung vom Scheitel, noch von der Wurzelhaube bedeckt, werden von den Epidermiszellen die Wurzelhaar- zellen in einer eigenthiimlichen von Naegeli und Leitgeb2) beschriebenen Weise abgegliedert. Auf das Protoderma folgen drei ebenso continuirlich über den Scheitel laufende, einfach bleibende Periblemreihen, die sich nur radial theilen. Innerhalb dieser gipfelt das Plerom in drei Initialen, die durch fortgesetzte Theilungen, nach dem Innern des Carabiumcylinders, sich longitudinal spaltende Zellenreihen abgeben (Taf. XXV. Fig. 32). Man braucht sich nur tangentiale Theilungen auch in den drei Periblemreihen über dem Pleromscheitel zu denken, um ganz die nämlichen Verhältnisse wie bei Coniferen zu erhalten. Die Gabelungen der Wurzel gehen von dem Pleromkegel aus und werden zunächst beide Gabelzweige von den Periblemreihen gemeinsam umgeben. Die Gabelung beginnt mit einer seitlichen Zunahme der Plerominitialen und in Folge dessen einer Breitenzunahme des ganzen Pleromkörpers: derselbe wird im Querschnitt eliptisch, weiter hinauf immer langgezogener, noch höher endlich wird eine mittlere Einschnürung >) Vergl. Xngeli und Leitgcb 1. c. p. 121. -) Vergl. 1. c. p. 124. 357 zwischen den beiden Brennpunkten der Elipse sichtbar und sie zerfällt in zwei selbständige Kreise. Die Periblemreihen folgen mehr passiv der Gabelung. Ich kann selbstverständlich diese Verhältnisse hier nur andeuten, da sie zunächst nicht in dem Bereich meiner eigentlichsten Untersuchung liegen und eine weitere Verfolgung der Einzelheiten eine geraume Zeit in Anspruch genommen hätte. Auch kann ich hierbei auch auf die Eig. 12, Taf. XIX bei Naegeli und Leitgeb (1. c.) verweisen, die sich unserer Schilderung völlig anschliesst. Die Figur bezieht sich auf Isoetes und liefert somit gleichzeitig den Beweis, dass sich Isoetes ganz ähnlich wie Lycopodium verhält.1) Bei Isoetes gipfelt in der erwähnten Figur das Plerom in den Initialen c1, und bei c sieht man beide Pleromkörper in einen übergehen und kann sich unschwer die ganze Theilung aus der Gabelung desselben construiren. Ueber den beiden Pleromkörpern laufen die Gewebelagen y u. z und bilden gemeinschaftlich das Periblem. In der innern Gabelungsstelle keilen sie sich aus; nach aussen werden sie von dem Protoderma (o) umgeben, das noch weiter auswärts die mit Kreuzen bezeicbneten Zellen der Wurzelhaube abgegeben hat.2) Was die Verhältnisse der weiteren Differenzirung der Wurzel anbetrifft, so ist bereits auf die grosse Uebereinstimmung derselben zwischen Coni- feren und höheren Cryptogamen, ja im ganzen Cormophytenreiche über- haupt, hingewiesen worden. Auch Lycopodium besitzt in der Jugend eine Schutzscheide, die aber alsbald sich sehr stark wie die übrigen Zellen der innern Binde verdickt und von demselben dann nicht mehr zu unterscheiden ist3). Auch besitzt Lycopodium ein 2 — 3 Zellen starkes dünnwandig bleibendes Pericambium, das aber hier, wo keine Nebenwurzeln seitlich angelegt werden, unthätig bleibt. Auch erfolgt die Differenzirung der inneren Elemente des Gefäss- *) Gegen eine frühere Angabe von Hofmeister, der hier eine nach oben und unten sich abwechselnd theilende Scheitelzelle annahm. Abh. d. math. phys. CI. der K. sächs. Gesellschaft der Wiss. Bd. II. 1855, p. 136. 2) Diese Uebereinstimmung mit Lycopodium veranlasst mich, auch diese Figur als durchaus die Zustände am Scheitel der noch fortwachsenden Wurzel richtig charakteri- sirend anzusehen und theile ich nicht die Ansicht Leitgeb’s, dass die vorliegende An- ordnung der Histogene an derselben nur durch die bereits eingetretene abermalige Gabelung verursacht sei (so dass an jedem Gabelzweige die beiden neuen Scheitel über und unter der Schnittfläche liegen sollten). Für die Lycopodiumwurzeln, die ich unter- suchte, war eine solche Möglichkeit auch dadurch schon ausgeschlossen, dass ich die zu unterscheidenden Wurzeln z. T. nur der Länge nach halbirte und die beiden Hälften durchsichtig machte, um sie in allen ihren Theilen übersehen zu können. 3) Van Tieghem 1. c. p. 84. 358 cylinders wie bei allen Wurzeln in centripetaler Folge und wechseln in derselben die primären Gefässe mit dem primären Baste ab. — Die Schutz- scheide ist auch allen Equiseten, Farnen, Ophioglossen und Rhizo- carpeen eigen und wird, mit einziger Ausnahme der Equiseten, aus der innersten Rindenreihe erzeugt; nur bei Equiseten entsteht sie aus der vorletzten1). Farne und Rhizocarpeen besitzen auch das Pericambium, bei Ophioglossen fehlt es nach van Tieghem vor den Bastgruppen; bei Equi- seten wird es durch die innerste Rindenschicht ersetzt. Bei allen den genannten Familien wechseln die primären Gefässe und der primäre Bast in der Wurzel ab; wo Seitenwurzeln erzeugt werden, entstehen dieselben stets vor den Gefässen, doch zum Unterschied von den C'oniferen nicht aus dem Pericambium, sondern aus der Schutzscheide. Auch ist es bei diesen Xebenwurzeln Regel, dass ihre Gefässe nicht oben und unten, sondern rechts und links an die Gefässe der Mutterwurzel anschliessen, Alles im Grunde genommen geringe Verschiedenheiten, wenn man der Menge übereinstimmender Merkmale gedenkt. — Cycadeen. Die Wurzel der Cycadeen, vor Allem der von mir hauptsächlich unter- suchten Cycas revoluta und Zamia integrifolia stimmen so vollkommen mit den Coniferen- Wurzeln überein, dass man sie ohne Weiteres mit einander verwechseln könnte. Ich finde am Scheitel dieser Wurzel denselben im Innern des Gewebes eingeschlossenen Pleromkegel und über ihm die continuir- liche Periblemlage, welche durch tangentiale Theilungen auch die Wurzel- haube bildet. Auf dem Querschnitt, in einiger Entfernung von der Wurzel- spitze, sehe ich die primären Gefässstränge wie bei Coniferen vertheilt: in den Xebenwurzeln meist in Zweizahl vorhanden2). Seitlich zwischen den Strängen ist das Gewebe in Holzzellen, dünn- wandigen Bast und Cambium gespalten, es wird im Umkreise vom Peri- cambium, und der ganze Gefässcylinder von einer mit welligem Bande versehenen Schutzscheide, (der inneren, eigentlichen Schutzscheide der Coni- feren entsprechend) umgeben. H Ebendas, p. 115. Eigenthiimlicher Weise erwähnt Nägeli und Leitgeb 1. c. nicht des welligen Bandes. 2) Bei Cycas revoluta selten mehr, doch auch 3, ja selbst nach Mettenius (Beiträge zur Anat. d. Cycad. Abh. d. k. sächs. Gesell, d. Wiss. p. 599) 5 — 8; ebenso bei Dioon, Zamia muricata, Encephalartos horridus. In der Hauptwurzel wohl meistens mehr als 2; bei Zamia muricata nach Mettenius G. 359 Die Cycadeen schliessen also vollständig an die Coniferen an, das was mich aber veranlasste, sie an dieser Stelle erst zu behandeln, ist die Art ihrer Verzweigung. Diese erfolgt nämlich in doppelter Weise: die gewöhnliche, den Habitus der ganzen Wurzeln bestimmende, ist wie bei Coniferen die monopodiale; ausserdem sieht man aber einzelne der Erd- oberfläche nahe Nebenwurzeln entweder selbst an ihren Enden anschwellen oder Seitenwurzeln entwickeln, welche anschwellend sich über die Boden- oberfläche etwas erheben und in rascher Aufeinanderfolge wiederholt dichotomisch theilen. Die ursprüngliche Nebenwurzel wird auf diese Weise schliesslich in einen ganzen Wurzelcomplex verwandelt, dessen einzelne Glieder sich nicht strecken und in Folge dessen ein knäulartiges Gebilde erzeugen: eine Art Luftwurzelsystem an der Oberfläche des Bodens. Die Nebenwurzeln, die an den gewöhnlichen, monopodial sich ver- zweigenden Wurzeln angelegt werden, treten in acropetaler Reihenfolge auf. Sie entstehen ganz in derselben Weise wie bei den Coniferen vor den Gefässgruppen, aus dem Pericambium1). Die dichotomischen Theilungen einzelner Nebenwurzeln erfolgen hin- gegen durchaus in der nämlichen Weise wie bei Lycopodium. Sie sind verhältnissmässig leicht zu verfolgen, ich fand sie bei allen Cycadeen2} und untersuchte sie genauer bei Zamia integrifolia. Jedes etwas an- geschwollene Gabelzweigende enthält schon die Anlage der nächsten Gabel- äste. Die Gabelung geht vom Pleromkegel aus. Die Initialen desselben vennehren sich zunächst nach einer Richtung, durch zu einander parallele Längswände. Das Plerom wird in Folge dessen im Querschnitte lang- b Eine schöne, nur zu wenig beachtete Abbildung einer jungen Nebenwurzel von Cycas circinalis gab Schacht im Jahre 1853 (auf Taf. IV. Eig. 19) in seinem Aufsatze: „Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Wurzel“ (Flora 1853, p. 257). Er sagt bei der Erklärung der Tafel, die Figur sei nach einem sehr gelungenen Längsschnitt, Zelle für Zelle gezeichnet worden. — Die Figur ist auch wirklich richtig, nur fehlt die Ab- grenzung gegen das Plerom, die auf diesem Zustand bereits deutlich hervortritt. 2) Miquel (Monogr. Cycad. 1842, p. 6) erwähnt dieser Wurzeln bei Encephalartos- Arten. Schacht beschreibt sie in dem eben genannten Aufsatze für Ceratozamia muri- cata und mexicana, Zamia pumila und Cycas circinalis (vergl. Taf. IV. Fig. 11 — 23), beobach- tete auch ganz ähnlich sich verhaltende Wurzelbildungen, neben normalen Seiten wurzeln, an fast jeder Wurzel der Schwarzerle (Taf. IV. Fig. 3—10). Wie früher schon erwähnt, zeigen die Wurzeln der Amentaceen auch sonst den nämlichen Bau, wie, diejenigen der Archispermen. Uebrigens sollen dichotomische Theilungen der Wurzelspitze auch nach Schacht den gelappten oder zertheilten Orchisknollen (Orchis latifolia, Habenaria, Gym- nadenia) eigen sein und auch den, einem Hirschgeweih ähnlichen, bis 4 und 5 Zoll langen Luftwurzeln des Laurus canadensis (der Baum, p. 172). 360 gezogen eliptisch und schnürt sich, an höher liegenden Stellen, in der Mitte ein. Die Periblemlagen verhalten sich hierbei mehr passiv, ganz so wie bei Lycopodium, nur dass das Protoderma hier, wie bei Coniferen, fehlt und die Pleromreihen durch tangentiale Theilungen unmittelbar die Wurzelhaube erzeugen. Die Gabelung erfolgt in einer Ebene, die durch die beiden Bündel der Mutterwurzel geht. Sobald sich das Plerom unterhalb der Gabelung zu strecken beginnt, vermehren die beiden Bündel in der gleichen Pachtung die Zahl ihrer Elemente und treten schliesslich ohne ihre Lage zu verändern, als einfache langgezogene Streifen, oder sich auch in der Mitte spaltend, in die Gabelzweige. Die Bündel der Gabeläste liegen somit in der Theilungsebene und da der Vorgang in diesen Aesten sich in gleicher Weise wiederholt, so müssten auch alle andern Zweige in derselben Ebene liegen, wenn die Richtung streng eingehalten würde. Dieses ist nun aber nicht der Fall, vielmehr sind Abweichungen nach _ der einen oder der andern Seite die Regel, und kommt schliesslich ein ganz unregelmässiges Verzweigungs- system zu Stande. Eigenthümlich und gewiss nicht ohne Bedeutung ist es, dass die Cyca- deen in ihren Wurzeln die beiden Verzweigungssysteme: der Coniferen einerseits, der Lycopodiaceen andererseits vereinigen. — Das Yerhältniss von Stamm und Wurzel. Eine Arbeit ähnlichen Inhalts unter dem Titel: „Der Uebergang des Dicotyledonen-Stengels in die Pfahl- Wurzel“ ist vor Kurzem in den Jahr- büchern für wissenschaftliche Botanik (Bd. VIII. p. 149.) von A. Dodel veröffentlicht worden — theilweise wird das genannte Verhältniss auch in Reinke’s Arbeit über die Wachsthumsgeschichte und Morphologie der Phanerogamen- Wurzel (p. 7 u. f.) besprochen. Reinke sucht die Grenze zwischen Pfahlwurzel und hypocotylem Gliede zu bestimmen. Aehnliche Versuche sind bereits früher angestellt worden. A. P. Dr. Candolle führt an1), dass Gaertner und L. C. Richard diese Grenze, das s. g. Collum an die Einfügungsstelle der Cotyledonen ver- legten; er selbst weist dem Collum eine tiefere Stelle an und behauptet, dass sie dem freilich äusserlich meist unsichtbaren Orte entspräche, wo U Ptianzen-Physiologie II. Band (Röper’scke Uebersetzuug, p. 325). — 361 — die aufsteigende und absteigende Wachsthums -Richtung an einander grenzen1). Clos2) will hingegen die ganze Axe zwischen den Cotyledonen und der Wurzelbasis als Collum bezeichnet wissen, da dieser Theil specifische Charaktere besitzt, die ihm sowohl von der Wurzel wie von dem epico- tylen Stamme unterscheiden. Reinke findet (in der citirten Schrift p. 8.), dass es nicht möglich ist, die Grenze zwischen Stamm und Wurzel durch die entgegengesetzte Wachsthumsrichtung festzustellen. Die Radicula wird als einheitliches Glied angelegt und bildet mit den Cotyledonen ein in sich abgeschlossenes Ganze, das der Anlage nach weit mehr im Gegensätze zur nächsten epico- tylen Spross -Etage steht. Reinke sucht deshalb nach anderen Criterien. Aus der centralen Verschmelzung der Bündel zu einem axilen Strange, wie es Nägeli3) will, sind solche nicht zu schöpfen, denn häufig setzt sich das Mark des Stammes sicher noch tief in die Wurzel fort; Reinke glaubt aber diese Grenze bestimmen zu können aus dem Auftreten der ersten Nebenwurzeln, der Beschaffenheit der Oberhaut, vor Allem der Bildung der Wurzelhaare, die an einer ganz bestimmten obersten Grenze aufhören; endlich pflegt auch erst oberhalb dieser Stelle sich Chlorophyl im liypo- cotylen Gliede zu zeigen. Neben wurzeln und Wurzelhaare kommen aber bereits an Orten vor, wo nur Blattspurstränge der Cotyledonen, noch keine wurzeleigenen Gefässbündel Vorkommen, ein Beweis, dass diese für die Grenze zwischen beiden nicht bezeichnend sind. Dodel (1. c. p. 152) giebt an, dass das hypocotyle Stengelglied der Phaseolus-Arten an Dicke alle übrigen Stengeitheile übertrifft. Im Niveau des Bodens erreicht es die grösste Stärke und verjüngt sich rasch beim Uebergang in die Hauptwurzel. „Diese Verjüngung beginnt unterhalb des Abganges der ersten Nebenwurzeln und ist ein Hauptcharakter des Basal- theiles der Hauptwurzel. Der Basaltheil der Pfahlwurzel zeichnet sich ausserdem durch zahlreichere Nebenwurzeln von den übrigen Theilen der Hauptwurzel aus. In der Regel kommen an letzterer vier Längsreihen von Nebenwurzeln vor, während im Basaltheile oft 5, 6 oder gar 7 Längs- reihen beobachtet werden.“ *) Memoire sur les Legumineuses T. II. p. 55. 2) Ann. d. sc. nat. 3me Serie. Tome XIII. 1849, p. 6. 3) Beiträge zur wiss. Bot. Heft I. S. 24. 1858: „Der Uebergang von dem mark- führenden Stengel in die marklose Wurzel und von der Strangordnung des einen in die des anderen findet plötzlich statt.“ 362 Aus obigen Beschreibungen scheint mir zu folgen, dass es keine scharfe Grenze zwischen dem hypocotylen Gliede und der Pfahlwurzel giebt und dieses ist auch nicht gut anders möglich, da die Gewebe beider continuirlich ineinander übergehen, da die eine die directe Fortsetzung der andern bildet. Es muss also ein Achsentheil geben, der die Charaktere beider Gebilde theilt, der den Uebergang der einen in die andere ver- mittelt und da dieser in dem hypocotylen Gliede erfolgt, so erscheint es in mancher Beziehung gerechtfertigt, wenn Clos dieses ganze als Collum bezeichnet. Dass es keine scharfe Grenze zwischen dem Stamme und der Pfahl- wurzel giebt, wird vor Allem auch durch den Umstand angezeigt, dass nicht alle Charaktere des Stengels gleichzeitig sich ändern und in die der Wurzel übergehen, sondern wie Reinke selbst anführt, oft die Aussenfläche ganz wurzelähnlich geworden ist und Wurzelhaare und Nebenwurzeln erzeugt, während die Gefässbündel noch den hypocotylen Charakter be- wahren. Wir müssen also von einer scharfen Grenze zwischen beiden Bildungen absehen und unsere Aufgabe wird sich vielmehr darauf beschränken, ähnlich wie es schon von Dodel geschehen, den Uebergang der einen in die andere zu ermitteln. Dieses lässt sich nun bei Coniferen und Gneta- ceen oft in der schönsten Weise verfolgen, da die Cotyledonarspuren einfach, höchstens doppelt sind, und die Eigenschaften der Wurzel sehr ausgeprägt auftreten. Ich kann mich hier auf nur wenige Beispiele beschränken. Biota orientalis bietet uns wohl das einfachste Verhältnis. Bei der Keimung tritt, wie schon früher erwähnt, zunächst das Radicularende aus der aufspringenden Fruchtschale. Diese erste Grössenzunahme beruht allein auf der Streckung der Zellen des hypocotylen Gliedes. Erst nachdem das Radicularende etwa 2 — 3 Mm. weit aus der Fruchtschale hervor- getreten, beginnt die Wurzelspitze ihre Thätigkeit und bildet sowohl am Pleromscheitel als auch in den Periblemreihen über demselben, ähnlich wie die ältere Wurzel, neue Zellen. In Folge dessen reissen alsbald die äussersten primären Wurzelklappen am Scheitel, und neue nehmen ihre Stelle ein. Die Wurzel verlängert sich rasch und dringt jetzt senkrecht in den Boden. An einem beispielsweise 15 Mm. langen Keimling hatte die Wurzel eine Länge von 7 Mm. erreicht, während das hypocotyle Glied 3 Mm. und die Cotyledonen 5 Mm. massen. Mit der ersten Streckung des hypocotylen Gliedes hat auch die Bildung 363 der Schraub engefässe begonnen; sie hebt von der Cotyledonar - Basis an und schreitet von hier nach oben und unten fort1). An dem eben erwähnten Keime erreichten die Gefässe in der einen Richtung die Wurzel- basis und waren in der entgegengesetzten bis zu 3/4 Höhe in den Cotyle- donen zu verfolgen. An dem Vegetationskegel des Stammes zeigten sich auf diesem Zu- stande die ersten beiden, mit den Cotyledonen alternirenden Blatthöcker. Die Epidermis hört in 3 Mm. Entfernung von der Cotyledonarbasis auf, von hier an fehlt dieselbe wie an der älteren Wurzel, und ist die Ober- fläche von den Resten der Wurzelhaube bedeckt. Dieses verursacht, dass sie von Anfang an schwach gebräunt erscheint und so die Grenze wo die Epidermis aufhört, auch für das unbewaffnete Auge sichtbar macht. Nach dieser Grenze wurde auch das oben angegebene Wurzelmaass bestimmt. Im Keime liegt der Ort, wo die Epidermis aufhört, in gleicher Höhe mit dem Pleromscheitel der Wurzelanlage, so dass, wenn man ihn als die Grenze von Stamm und Wurzel bezeichnen will, die ganze sogenannte Radicula des Keimes dem hypocotylen Gliede angehören, die Wurzel des Keimes hingegen auf den Vegetationskegel allein reducirt sein würde. Selbst eine Pseudo-Epidermis, wie bei Taxus, kommt hier nicht zu Stande, die Wurzelhaare fehlen fast vollständig, die Wurzelhaube hingegen ist sehr kräftig entwickelt, und wird von der Säule durchsetzt, die 4 — 5 Zellreihen stark, dicht mit Stärke erfüllt, bis an die Oberfläche der Kappen reicht. Mit der Epidermis des hypocotylen Gliedes hören auch fast vollständig die langen mit braunem Inhalt erfüllten Röhren, aller Wahrscheinlichkeit nach Gerbstoffgefässe auf, die unmittelbar unter der Epidermis des hypocotylen Gliedes laufen. Da die Gefässbündel auf so jungem Zustande nur wenig angedeutet, das epicotyle Glied noch gar nicht angelegt ist, so wählen wir, um den Verlauf der Bündel zu studiren, eine etwas ältere Keimpflanze, welche die Fruchtschalen bereits abgestreift, ihre Cotyledonen entfaltet und an der Plumula mehrere Blattwirtel entwickelt hatte. Dicht über den beiden Cotyledonen zeigt ein Querschnitt durch den Stengel vier concentrisch gruppirte Bündel. Jeder Cotyledon besitzt ein Bündel und giebt dasselbe an das hypocotyle Glied ab. Die vier Bündel des epicotylen verschmelzen *) Ebenso bei Phaseolus. Dodel 1. c. p. 182. Wo die Cambiumpartieen des Sten- gels in die Cotyledonen ausbiegen, treten die ersten Gefässe auf, nachdem das im trock- nen Samen von Phaseolus vulgaris 3 — 4 Mm. lange hypocotyle Glied 11 — 12 Mm. er- reicht hat. 364 sofort rechts und links mit den Cotyledonarbündeln, so dass man gleich unterhalb der Insertion der Cotyledonen nur zwei Bündel an trifft. Jedes Bündel besteht auf so jungem Zustande aus einem innern Gefässtheile, der aus dunkel contourirten, engen Schraubengefässen besteht und einem hellen äussern Theile: dem primären Baste. In geringer Tiefe unter der Insertion der Cotyledonen wird eine langsame Spaltung im primären Baste des Gefässbiindels sichtbar. Die Schraubengefässe bleiben an ihrer Stelle, den primären Bast sieht man hin- gegen auf den folgenden Schnitten, immer tiefer sich zerklüften, und die beiden Hälften um die innersten Schraubengefässe rotirend, sich immer mehr seitlich von einander entfernen. Bald kommen beide Hälften mit den Gefässen in der nämlichen tangentialen Ebene zu stehen, weiter unten stossen sie endlich zu beiden Seiten an die von entgegengesetzter Richtung sich ihnen nähernden Basthälften des gegenüberliegenden Bündels und verschmelzen mit ihnen. Die Gefässgruppen haben in Folge dessen eine ganz peripherische Lage erhalten, die innersten Gefässe sind zu den äussersten geworden, die beiden Basthälften bilden mit denselben einen spitzen Winkel. Wo die Vereinigung vollendet ist, findet man auf dem Querschnitte zwei periphe- rische Gefässgruppen von je 5 — 7 Gefässen und zwei mit denselben alter- nirende breitgezogene primäre Baststreifen. Aus der Spaltung und Drehung der Gefässbündel folgt bereits, dass auch die Richtung, in der die Differencirung ihrer Elemente vor sich geht, in verschiedenen Höhen an der jungen Pflanze eine verschiedene sein müsse: dicht unter den Cotyledonen eine contrifugale wie im epicotylen Stamme, tiefer unten tangential, von den Gefässen beginnend, nach beiden Seiten hin; noch weiter unten endlich, nach vollendeter Umdrehung, eine centripetale, in der Art, wie wir sie bereits für die Wurzel beschrieben haben. Diese Aenderung der Differencirungsrichtung hat bereits Dodel richtig erkannt1). Archispermeu und Metaspermen stimmen in dieser Beziehung durchaus überein. Die Spaltung des primären Bastes des ursprünglichen Bündels beginnt, wie schon angedeutet, bald unter den Cotyledonen, die seitliche Verschmelzung mit den entsprechenden Hälften des anderen Bündels erfolgt noch weit oberhalb der Stelle wo die Epidermis aufhört, etwa in halber Höhe am ») 1. c. p. 180. 365 hypocotylen Gliede. Gleichzeitig mit dieser Vereinigung schwindet auch das Mark, das ursprünglich die beiden Bündel trennte und es zeigt sich an dessen Stelle der früher beschriebene centripetal sich entwickelnde Holzstreifen, der die beiden Gefässgruppen vereinigt und an welchen dann zu beiden Seiten, das später aus dem Cambium erzeugte secundäre Holz anschliesst. Das hypocotyle Glied hält in mehr denn einer Beziehung die Mitte zwischen dem Stamme und der Wurzel. Auch die Schutzscheide wird schon in halber Höhe desselben gebildet. Unter den Cotyledonen sieht man zunächst die Elemente des Procambiums unmittelbar an das Gewebe der Rinde grenzen, dann tritt erst nur schwach, alsbald ganz deutlich, in einer Zellreihe im Umkreis, mit schwarzen radial gestellten Faltenbändern, die Schutzscheide auf. An dieser Stelle haben sich die primären Basthälften bereits mehr oder weniger vereinigt. Die Schutzscheide läuft in einiger Entfernung von denselben durch das durchschnittlich zwei Zellen starke Pericambium von ihnen geschieden. Die Rinde in den oberen Theilen des hypocotylen Gliedes ist dicht mit Stärke erfüllt, von dem Augenblicke an, wo die Schutzscheide auftritt, nimmt sie in der Rinde ab und hört bald gänzlich auf. Nur das Peri- cambium führt noch Stärke; in der Mitte des Procambiumcylinders, hin und wieder auch im Umkreise desselben treten vereinzelte Gerbstoffröhren auf. Sie werden zahlreich in dem Maasse als die unter der Epidermis liegenden peripherischen schwinden. Am Vegetationskegel älterer Wurzeln treten sie nur ganz vereinzelt auf. Ein wenig höher als an der Stelle, wo äusserlich die Epidermis aufhört, beginnt auch die äussere Schutzscheide von Thuja sich zu zeigen. Ihre Zellen unterscheiden sich von den benachbarten Rindenzellen nur durch das dicke Band das sie führen, zum Theil auch durch ihre meist schräg geneigte Lage gegen den Gefässcy linder; sie gehen nach oben in gewöhn- liche Rindenzellen über. Die weitere Differencirung der Wurzel geht in der früher beschrie- benen Weise vor sich; in dem Maasse als dieselbe fortschreitet schwinden die Geibestoffröhren aus ihrem Gewebe. Die ersten Nebenwurzeln zeigen sich erst unterhalb der Stelle, wo die Epidermis aufhört, sie sind den beiden Gefässgruppen entsprechend, in zwei Reihen angeordnet: unter den Medianen der beiden Cotyledonen. Sie treten acropetal auf, doch bleiben an älteren Pflanzen die jüngsten zum wenigsten 40 — 50 Mm. von dem Vegetationskegel der Pfahlwurzel entfernt. 366 Sie zeigen sich überhaupt erst da, wo die Differencirung der Gefässgruppe vollendet ist. Am hypocotylen Gliede fand ich auch an einjährigen Pflanzen keine Nebenwurzeln, auch nicht Bei wurzeln, selbst auch dann nicht, wenn das ganze hypocotyle Glied sich unter der Erde befand. Dieser wurzellose Tlieil zeigte auch an allen untersuchten Exemplaren eine ziemlich constante Länge: gegen 40 Mm. Eine gewöhnliche Erscheinung ist es hingegen, dass secundäre Neben- wurzeln aus den älteren Stellen der Wurzel hervorbrechen und zwar dicht an der Ansatzstelle einer älteren, abgestorbenen, primären Nebenwurzel: etwas über und unter derselben. Die Wurzeln sind an ihren Spitzen keulenförmig angeschwollen, was durch den Umstand verursacht wird, dass in einer gewissen Entfernung von der Wurzelspitze die Rinde grösstentheils abstirbt und collabirt. Die einjährige Pfahlwurzel besitzt bereits einen kräftigen Holz- cylinder, derselbe hat auch schon vor die beiden Gefässgruppen gegriffen, so dass diese jetzt vom Holze völlig eingeschlossen erscheinen. Je ein enger Bündelstrahl führt auf dieselben; auch das übrige Holz ist von Bündelstrahlen durchsetzt. Das Mark fehlt; der mittlere zuerst angelegte Holzstreifen zeichnet sich ein wenig durch die Grösse seiner Elemente aus; er wird von den secundären Holzzellen durch ein bis zwei Stärke führenden Zellreihen getrennt. Der primäre Bast ist zerquetscht, der secundäre wird von den früher beschriebenen Lagen aufgebaut, so dass Bastfasern, Bastgefässe und Bastparenchyen abwechseln. Pinus Tinea zeigte an einigen Exemplaren 11, 12, 13, an noch anderen 14 Cotyledonen.1) Jeder derselben giebt ein Gefässbiindel an das hypocotyle Glied ab. Diese treffen hier auf eine gleiche Zahl Bündel die aus dem epicotylen Gliede stammen und verschmelzen mit diesen, sich einseitig vereinigend, zum weiten Kreise. Doch, noch in der oberen Hälfte des hypocotylen Gliedes wird eine Störung der ursprünglichen Anordnung im Kreise bemerkbar; die Bündel weichen an einzelnen Stellen desselben, und zwar in entgegengesetzten Richtungen auseinander, um ihre, an der ur- sprünglichen Stelle verbleibenden Gefässe sich drehend. Wir haben hier also eine ganz ähnliche Erscheinung vor uns, wie wir sie bei Thuja kennen gelernt, doch führen ganze Bündel die Drehung aus ohne Spaltung des Bastes. Die Drehung erfolgt meist an fünf bis sechs Stellen des Bündel- ’) Yergl. auch van Tioghem 1. c. p. 197 u. f. 367 kreises, an den in ihrer ursprünglichen Stellung verharrenden Theilen schwinden die Schraubengefässe, so dass nur der primäre Bast derselben, mit dem seitlich zusammenrückenden Baste der anderen Theile vereinigt, zurückbleibt. Wir bekommen somit, nachdem die seitlichen Drehungen vollendet sind, fünf resp. sechs (auch weniger oder mehr) Gefässgruppen und ebenso viele, dazwischen liegende, primäre Basttlieile. Gleichzeitig mit dem tangentialen Auseinanderweichen der primären Basttlieile der Bündel, wird der frei werdende Raum vor der, ihre ursprüngliche Stellung behauptenden Gefässgruppe, von einem Harzgange eingenommen, der sich dann ununterbrochen durch die ganze Wurzel fort- setzt. Die primären Gefäss- und Basttlieile schliessen in der Pfahlwurzel ein weites Mark ein. Auf etwas älteren Zuständen bilden sich auf der Innenseite der Gefässe einige Holzzellen. Der primäre Bast ist von den Markzellen durch einen Procambiumstreif getrennt, der sich bald darauf als Cambium constituirt und secundäre Holzzellen nach innen, secundären Bast nach aussen bildet. Die inneren secundären Holzzellen verschmelzen seitlich mit den primären vor den Gefässen liegenden, zu einem Holzkreise: einer Art Markkrone, welche das Mark umgiebt. Dieses Alle^ gilt zum Theil auch schon für das hypocotyle Glied, d. h. für denjenigen Theil der noch weit oberhalb der Stellen liegt, wo die Epidermis aufhört und die ersten Nebenwurzeln auftreten. Auch erfolgt hier bereits, und zwar in der untern Hälfte dieses hypocotylen Gliedes, die Bildung der Schutzscheide, die ein weites, vier bis sechs Zellen breites Pericambium um den Gefässbündelcylinder abschliesst. Gleichzeitig verschwindet dann die Stärke in der Rinde und wird auf das Pericambium beschränkt. Gerbstoffröhren fehlen liier in der Rinde und Harzgänge nehmen ihre Stelle ein; auch diese verschwinden bald1), hingegen treten Gerbstoffröhren im primären Baste auf. Sie verlieren sich bei der weiteren Differencirung, oder werden auch mit dem primären Baste zerquetscht. Das Mark erhält sich bis tief in die Pfahlwurzel hinein, ich habe es oft über 100 Mm. weit in derselben verfolgen können. Immerhin nähern sich, in dem Maasse, als man tiefer liegende Querschnitte untersucht die Bündeltheile immer mehr der Mitte; vor Allem gilt dies für den primären J) Pinus cephalonica verhält sieh wie Pinus Pinea, Pinus Cembra dagegen zeigt Gerb stoffröhren in der Rinde, während die Harzgänge in derselben fehlen, 368 Bast oder auf späteren Zuständen für die, auf seiner innern Seite entstande- nen Bildungen, während die Gefässe nur langsamer nachrücken und so im Verhältniss zum Bast immer peripherischer werden. Das ganze Bündel- system erhält in Folge dessen jetzt auf dem Querschnitte eine stern- förmige Gestalt. Die auf der Innenseite der Gefässe auftretenden gefässartigen Holzzellen nähern sich immer mehr dem Centrum der Wurzel, endlich erreichen sie dasselbe und verschmelzen hier mit einander. Das secundäre Holz wird auch hier durch einen stärkeführenden Streifen von diesen primären Holzzellen getrennt. Die Nebenwurzeln treten erst unterhalb der Stelle auf wo die Epi- dermis aufhört. Diese Stelle ist auch an älteren Keimpflanzen noch zu erkennen, denn das hypocotyle Glied blieb auch, nachdem es die Epidermis durch Kork ersetzt hat, glatt; die Wurzel hingegen wird von abgestorbener Rinde bis an die Schutzscheide heran bedeckt und besitzt in Folge dessen eine rauhe Obertläche. Dieses Verhältniss bleibt sich gleich, ob das hypocotyle Glied sich über oder unter der Erde befindet. Die Gefässe der Wurzel sind, wie schon früher erwähnt bei allen Pinns-Arten V-förmig angeordnet und ein Harzgang li^gt zwischen den beiden Schenkeln. Auf älteren Zuständen werden dann Gefässe und Harzgang von secundärem Holze eingeschlossen und hauptsächlich im hypo- cotylen Gliede fast zum Unerkenntlichwerden zusammengedrückt. Picea und Abies verhalten sich im Wesentlichen wie die Pinus-Arten mit dem Unterschied nur, dass die Gefässe nicht V-förmig, sondern in einem einfachen Streifen angeordnet sind; dem entsprechend fehlt der Harzgang vor den Gefässen, bei einigen Arten hingegen tritt er hier secundär auf, so nach van Tieghem fl. c. p. 203) bei Picea Khutrow Carr. bei andern habe ich ihn in der Mitte des Cabiumcylinders beobachtet: so bei Abies Fraseri Lindl. und Abies l’ichta Forb. Wie bei I’inus Pinea fand ich fünf Gefässgruppen in der Pfahlwurzel auch bei I’inus Cembra und Abies Pinsapo Boiss., drei bis vier bei Pinus Teuce Grisb., drei bei Pinus halepensis Mill. und Pinus sylvestris. Auch Clos1) fand bei Pinus sylvestris drei Nebenwurzelseiten und erinnert daran, dass auch Link2) Querschnitte junger Wurzeln von Pinus Strobus und 3 Deuxieme memoir sur la Rhizotaxie. Ann. de sc. nat. IIIme Serie, Bd. XVIII. 1852, p. 324. 2) Icones selectae anatnmico botanicae fase. II. t. XIII. Fig. 2, 4, 5. 369 variabilis hat abbilden lassen, die je drei Bündel zeigen1). Auch Naegeli giebt drei Bündel für Pinus an '2), und Schacht bildet deren ebenfalls drei, für Abies pectinata ab3). Van Tieghem4) endlich zählte bei Pinus hale- pensis drei bis fünf, Pinus Pinaster vier bis sechs, Pinus sylvestris vorwiegend drei, Pinus Pinea vier bis sieben, Pinus Laricio drei bis fünf, Pinus rigensis drei bis vier, Pinus maritima vier, Picea vulgaris vorwiegend drei, Abies Pinsapo fünf Bündel. Araucaria brasiliana bietet ausser der hypogeischen Keimung noch weitere interessante Eigenthümlichkeiten, die hier noch zu besprechen wären. Das kurz bleibende hypocotyle Glied ist spindelförmig angeschwollen und verjüngt sich an der Basis rasch in die Pfahlwurzel. Zwei Neben- wurzeln entspringen unter der Mediane der beiden Cotyledonen, noch innerhalb des angeschwollenen Theiles. Jeder Cotyledon zeigt auf dem Querschnitte gegen acht Bündel, diese vereinigen sich innerhalb der Rinde des hypocotylen Gliedes zu zweien und treten so in den Bündelkreis ein. Hierdurch unterscheiden sie sich von den späteren Laubblättern, deren Bündel zwar auch in der Spreite sich in fünf bis neun Zweige spalten, die aber innerhalb der Rinde zu einem einzigen verschmelzen, als einfache Blattspur in den Bündelkreis treten, und einseitig an eine ältere Blattspur anlegen5). Die Cotyledonar- spur besteht hingegen aus zwei Bündeln. Im Bündelkreis des hypocotylen Gliedes treffen dieselben auf sechs Bündel, die aus dem epicotylen Gliede stammen und hier zu je dreien eine mit den Cotyledonen alternirende Stellung eingenommen haben. An diese legen nun rechts und links die Cotyledonarbündel an. Auf einem nächstfolgenden Schnitte treten die vier Cotyledonarbündel scharf hervor. Seitlich werden die von den entgegen- gesetzten Seiten von einem schwächeren Bündelstreifen vereinigt und auch zwischen den beiden zu einem Cotyledon gehörigen Bündel bildet sich später Interfascicularholz. Die Cotyledonarbündel ragen mit ihren Schraubengefässen in das Mark des hypocotylen Gliedes hinein. Etwas tiefer nimmt die ganze Bündelgruppe eine bisquitförmige Gestalt an, indem die beiden Bündel je einer Cotyledonarspur, mit ihrem Basttheile ’) Clos schliesst daraus, dass die ternäre Symmetrie der ganzen Gattung eigen sei. 2) Beitr. zur wiss. Bot. Erstes Heft 1. 858, p. 23. 3) Der Baum, p. 182. 4) 1. c. p. 200. 6) Vergl. Geyler: Ueber den Gefässbiindelverlauf in den Laubblattregionen der Co- niferen. Jabrb. f. wiss. Bot. IV. Band, p. 170. Straeburger, Coniferen und Gnetaceen. 24 eine seitliche Schwenkung ausführen. Sie entfernen sich mit demselben von einander, nähern sich einander hingegen mit ihren Gefässen. In den unteren Theilen des hypocotylen Gliedes sind (auch an älteren Keim- pflanzen), die Bündelstreifen, welche die einander opponirten Cotyledouar- bündel vereinigten, verschwunden, nur das Interfascicularholz, das die zu einem Cotvledon gehörenden Bündel verband, noch vorhanden. Auf noch tieferen Schnitten kommen dann die je zwei zugehörigen Cotyledonarbündel tangential zu. stehen und die Gefässe vereinigen sich zu einem radialen Streifen. Weiter unten verschmelzen endlich die Basttheile von entgegengesetzten Seiten mit einander und bilden zwei mit den Ge- fässen alternirende Zonen. Die bisquitförmige Gestalt des genannten Bündelsystems geht hierbei verloren; es erscheint jetzt im Querschnitt tonnenförmig. An dieser Stelle entspringt dann das erste Nebenwurzel- paar, mit seinen Gefässen an den Gefässstreifen des hypocotylen Gliedes anlegend. Gleich darauf verjüngt sich das hypocotyle Glied sehr stark; die innern Verhältnisse bleiben sich aber ziemlich gleich. Nur das Mark verkleinert sich immer mehr, ist aber auch noch sehr tief in der Wurzel zu finden. Erst innerhalb der Wurzel treten auf der Innenseite der Gefässe die charakteristischen Holzzellen auf und vereinigen sich bald in der Mitte der Wurzel zum Streifen; einige. Stärkeführende Zellen bleiben zu ihren Seiten erhalten und trennen auch später den centralen Streifen vom secundären Holze. Wie wir sehen unterscheidet sich die Gefässbündelvertheilung in der Wurzel von Araucaria im Resultate nicht von derjenigen anderer Coniferen. Der Verlauf ist in seinen weiteren Folgen ganz ähnlich dem bei Thuja, nur dass hier ursprünglich zwei Bündel vorhanden sind, die mit ihren Gefässen verschmelzen, dort hingegen nur ein Bündel: eine ursprünglich einfache Gefässgruppe, also auch einfacher Bast, der sich erst 'spalten muss. Wie bei Thuja und Pinus verschmilzt dann der, verschiedenen Bün- deln angehörige primäre Bast, um je eine mit den Gefässen alternirende Gruppe zu bilden. Ein Verhältnis dessen ich noch erwähnen muss, unterscheidet aber Araucaria von den beiden eben genannten Arten, es ist dies der Mangel einer Schutzscheide, sowohl im hypocotylen Gliede als auch noch tief in der Pfahlwurzel hinab. Im hypocotylen Gliede ist in Folge dessen die ganze stark entwickelte Rinde dicht mit Stärke angefüllt, und an älteren Keimpflanzen von einer peripherischen Korklage umgrenzt. Das nämliche gilt für die oberen Tlieile der Pfahlwurzel, nur dass die Kork- 371 bildung immer tiefer iu die Rinde greift und schliesslich einen Raum umschliesst, der dem, von der Schutzscheide bei andern Coniferen umgebenen annähernd entspricht. Eine Schutzscheide lässt sich aber auch hier nicht nachweisen. Sie tritt erst ganz tief auf, wo die Verschmelzung des Holzes im Centrum der Wurzel vollendet ist. Auch muss man um die Schutzscheide zu sehen, ganz junge Zustände untersuchen, da sie an jeder älteren Wurzel zerquetscht wird und durch eine Korklage ersetzt, die aus der äussersten Pericambiumschicht erzeugt wird. — Die Neben- wurzeln zeigen die Schutzscheide sofort von der Basis an, und schliessen in ihrem Habitus am nächsten an Sequoia- oder Podocarpus-Wurzeln an. Sie besitzen nämlich ausser der Schutzscheide noch starke band- und netz- förmige Verdickungen. Araucaria zeigt in der Wurzel je drei grosse Harzgänge vor dem pri- mären Bast. Im hypocotvlen Gliede sind diese Harzgänge in einem Kreise zwölf etwa an der Zahl in der Rinde vertheilt. Gerbstoffröhren fehlen. Die Nebenwurzel schliesst mit zwei Gefässgruppen oben und unten an die Gefässe der Mutterwurzel an, hin und wieder kommen Neben wurzeln mit drei Gefässgruppen vor, wo dann die obere oder untere Gruppe durch zwei ersetzt ist. Die Nebenwurzeln werden acropetal, verhältnissmässig nahe am Scheitel und sehr zahlreich angelegt, und eignen sich in Folge dessen besonders für das Studium der Wurzelanlage. Ephedra vulgaris zeigt in den beiden langen linearen Cotyledonen, eben so wie in allen folgenden schuppenförmigen Blättern, zwei Gefässbiindel. In dem epicotylen Gliede findet man auf dem Querschnitte acht in ein Rechteck angeordnete Bündel, je vier Bündel kommen vor jedem Cotyledon zu stehen. Im Augenblicke wo die Cotyledonarbündel in die Axe ein- rücken, haben' sich die epicotylen Bündel in zwei, mit ihnen alternirende Bündelstreifen vereinigt. Diese Streifen trennen sich weiter unten wieder in je zwei Hälften und jede dieser verschmilzt mit dem einen Cotyledonar- bündel; das hypocotyle Glied hat somit unterhalb dieser Stelle nur vier Bündel aufzuweisen. Dieselben verhalten sich in ganz der nämlichen Weise wie bei Araucaria. Die Verschmelzung der Gefässe und der Bast- theile in der für die Wurzel charakteristischen Weise, erfolgt noch inner- halb des hypocotylen Gliedes, noch oberhalb der Stelle, wo die Epidermis aufhört und die früher beschriebene Hülle ösenförmig den Keinr umfasst. Die erste Nebenwurzel entspringt hingegen erst unter dieser Stelle. Auch isolirte Wurzelhaare treten hier auf, durch das Auswachsen einzelner Rindenzellen gebildet. Die Schutzscheide zeigt sich noch inner- ar halb des hypocotylen Gliedes, ist aber hier so schwach markirt, dass es oft schwer fällt sich von ihrer Existenz zu überzeugen; sie umschUesst ein eben so weites Pericarabium wie bei Pinns-Arten. Die beiden Gefässgruppen verbinden sich alsbald durch einen Streifen weiter Holzzellen. Die Bildung von secundärem Holz und Bast, beginnt wie bei Coniferen in einer Zellreihe, die zwischen den primären Baste und dem primären Holzstreifen liegt und von Letzterem durch ein bis zwei Zell- reihen getrennt bleibt1). Das 'secundäre Holz besteht hier bekanntlich wie im Stamme aus Holzfasern und Gefässen. Diese Gefässe unterscheiden sich von den Holzfasern zunächst nur durch ihre Weite und die Durch- brechung ihrer geneigten Querwände, die eine bis zwei Reihen grosser runder Löcher zeigen'2 3). Zwischen diesen Gefässen und den Holzfasern lassen sich alle Mittelstufen auffinden. Die Holzbildung greift bald vor die Gefässgruppen, doch auch in älteren Wurzeln bleibt stets ein breiter Bündelstrahl erhalten, der auf dieselben führt und so den Holzkörper der Wurzel in zwei Hälften theilt. Der secundäre Bast8) zeigt peripherisch eine Gruppe stark verdickter Bastfasern, weiterhin werden fast nur dünnwandige Elemente erzeugt, die in radialen Reihen angeordnet aus Bastparenchym und Bastgefässen in unregelmässiger Yertheilung bestehen; verdickte Bastfasern zeigen sich hier nur ganz vereinzelt in kleinen Gruppen. Von der äussern Pericambiumlage aus wird eine Korkschicht erzeugt und die Binde abgeworfen, die innern Pericambiuinlagen vermehren sich bedeutend, sind mit Stärke reich angefüllt und bilden eine Pseudo-Rinde, die an älteren Wurzeln ebenfalls abstirbt. Ephedra stimmt, wie wir sehen, im Bau ihrer Wurzel durchaus mit den Coniferen überein; andere Gnetaceen- Wurzeln standen mir nicht zur Verfügung und müssten nachträglich noch untersucht werden. Die Reihe der angeführten Beispiele dürfte genügen, um uns einen Einblick in die eigentümliche centripetale Entwickelung der Wurzel zu gestatten. Dieselbe erklärt sich in ziemlich einfacher Weise: sie ist eine Folge der Drehung, die ein jedes Bündel des hypocotylen Gliedes beim Eintritt in die Wurzel erfährt. Jedes dieser Bündel rotirt langsam um J) Vergl. van Tieghein 1. c. p. 211. -) Vergl. auch v. Mohl: Ueber den Bau der grossen getüpfelten Röhren von Ephedra. Verm. Sehr., p. 268. 3) Dippel, 1. c. p. 271. seine innersten Gefässe und wird in Folge dessen die Stellung seiner ein- zelnen Elemente gegen den Mittelpunkt der Wurzel verändert Die innersten Gefässe des Bündels kommen nach aussen, sein primärer Bast, und in der Folge sein sec. Holz und sec. Bast seitlich von denselben und dem Mittelpunkt der Wurzel näher zu stehen. Die ursprüng- liche, für die oberirdischen Theile der Pflanzen geltende Differcncirungs- folge wird aber beibehalten und muss in Folge der Umkehrung der Bündel in der Wurzel, nun centrifugal vor sich gehen. Diese Verhältnisse für die Hauptwurzel einmal fixirt, wurden auch auf die Nebenwurzeln vererbt: wo die Umdrehung nicht mehr zu erfolgen braucht, welche vielmehr sofort mit centripetaler Entwickelung beginnen. Welwitschia Einige Bemerkungen über Welwitschia dürften hier vielleicht noch am Platze sein. Nach Hooker’s Abbildungen zu schliessen, besitzt der Keim von Wel- witschia manche Aehnlichkeit mit dem Keime von Taxus, noch mehr mit dem von Ephedra, nur sind seine Cotyledonen viel kleiner. Hooker sagt1): „Der Keim liegt in einer Höhlung mitten im Endosperm, er ist linear, stielrund oder etwas zusammengedrückt und erreicht s/4 der Länge des Endosperms. An seinem Radicularende verdickt er sich plötzlich in eine fleischige Masse: das untere Ende des Suspensors; an seinem Caulicular- ende verschmälert er sich und spaltet in zwei kleine flache Cotyledonen, die einander flach änliegen. Eine Plumula ist zwischen denselben nicht wahrnehmbar.“ Wir haben gesehen, dass auch bei Ephedra und den Coniferen keine Plumula am Keime angelegt wird, so lange er in der Frucht eingeschlossen bleibt. Nur ein schwacher nackter Vegetationskegel ist zwischen den Cotyledonen vorhanden. Erst während der Keimung werden die ersten Laubblätter an demselben erzeugt. Bei Welwitschia ist leider bis jetzt die Keimung nicht beobachtet worden, doch scheint, nach älteren Zuständen zu schliessen, hier eigen- thümlicher Weise die Bildung der Plumula bei der Keimung gänzlich zu unterbleiben. Nur die Radicula wächst zur Pfahlwurzel aus, das hypoco- tyle Glied und die beiden Cotyledonen bilden die ganze übrige Pflanze. Hierdurch ist sofort der ungeheure habituelle Unterschied gegeben, der Welwitschia von den übrigen Gnetaceen und Coniferen trennt, während sie sich in Bltithe und Frucht durchaus an dieselben anschliesst: eine höchst eigenthümliche Anpassung, wie sie uns sonst noch kaum im Pflanzen- reiche begegnet1). Eines fortentwickelungsfähigen Vegetations- Kegels entbehrend, wächst die Pflanze nur durch Verdickung des hypocotylen Gliedes, an welchem wohl alljährlich ein neuer Gewebering zwischen das schon vorhandene Holz und die Kinde eingeschoben wird. Die Pflanze erhält auf diese Weise das eigenthümliche Aussehen, wie es aus der Be- schreibung Hooker’s bekannt wurde. Sie bildet einen verkehrt eiförmigen Stamm der nur wenige Zoll über den Boden hervorragt, und sich nach unten plötzlich oder allmälig, in eine starke, an der Spitze verästelte Pfahlwurzel verschmälert. Der oberirdische Theil ist anfangs convex, flacht sich später ab und wird endlich concav; ist stets deutlich zweilappig. An seiner Oberfläche verlaufen unregelmässig concentrische Wülste, die an der Peripherie am deutlichsten, nach dem Centrum hin undeutlich werden. An der Peripherie des Stockes, seinen beiden Lappungen entsprechend, entspringen die beiden ungeheuren Cotyledonen, von welchen jeder aus- gewachsen eine Länge von 6 Fuss und darüber erreicht; sie sind am Stamme in zwei tiefen Furchen eingefügt, die Stock und Scheitel des Stammes auf diese Weise von einander trennen. Dicht oberhalb der Insertionsstellen der Blätter, im Umkreise des oberirdischen Theiles, aus dem letzten concentrischen Wulste desselben, erheben sich endlich in grosser Zahl die Inflorescenzen. Das Wachsthum erfolgt nach Hooker’s Angaben durch einen Meristem- ring der fast den ganzen Stamm umkleidet. Ich habe denselben auch in den stärkeren Inflorescenzaxen beobachten können. *) In einer gewissen Weise analoge Fälle beobachtete immerhin Widler (Morphol. Notizen, Flora 185G, p. 33), wie folgende Stelle lehrt: Die keimende Pflanze von Tetragonolobus purpureus Münch, hat das Eigenthüm- licke, dass sie nur ein einziges Stengelglied: das hypocotyle, bildet. Der Scheitel dieses Stengelgliedes erweitert sich zu einer bald mehr flachen, bald etwas gewölbten Scheibe, um welche herum eine Anzahl stärkerer oder schwächerer Sprossen entspringt, es sind die Achselprodukte der beiden Cotyledonen — jeder Cofyledon bringt ausser einem llauptzweige noch eine Anzahl (3—4) accessorische oder seriale Zweige hervor, die ent- sprechend ihrem Alter vom obersten nach dem untersten an Grösse abnehmen. Diese Zweige verzweigen sich wieder ihrerseits mehr oder weniger und die stärksten kommen zur Blüthe. Bei ihrer späteren Entwickelung weichen sie von einander nach rechts und links ab. Aehnliche Unterdrückung sämmtlicher Stengelglieder, mit Ausnahme des ersten, findet sich ähnlich bei Tetragonolobus biflorus, bei manchen Arten von Lotus, bei Scorpiurus, Astrolobium scorpioides, Medicaginis sp. ; unter den Euphorbien, unter anderen bei E. chameasyce, bei welcher sogleich auf die Cotyledonen die Gipfel-Inflores- cenz folgt. Der Meristemring, sagt Hooker, (p. 11.) „ist am besten entwickelt an der Peripherie des Scheitels (der Krone), wo die Blüthenstände entspringen und er bildet auch den äussersten der Piinge des Stockes gerade unter der Blätterbasis, von wo aus er sich nach innen biegt und die Blattfurche umgiebt. Er ist am wenigsten entwickelt gegen die Depression iu der Längsaxe des Scheitels.“ Ueber das Gefässbündelsystem sagt Hooker weiter: (p. 13.) „Dieses besteht erstens: aus einem dünnen, verlängerten, schalenartigen (coneaven) Stratum, welches die Axe des Stockes (zu dessen Obertiäcke es parallel ist) gerade unter der Krone schneidet und die An- satzstellen der Blätter vereinigt; dieses giebt zweitens: Entstehung einem aufsteigenden System von isolirten Gefässbündeln, welche die Krone durch- ziehen und in deren Ringen enden; drittens: einem absteigenden System von Gefässbündeln, welche in der Axe des Stockes und der Wurzel zu keilförmigen Gruppen vereinigt sind, aber andererseits im Stock meistens isolirt stehen und sich in dessen Meristemringe verlieren.“ „Das vasculäre Stratum, welches wir der Depression des Centrum des Scheitels, oder, genauer sprechend, dem aufsteigenden Wachsthum der Stocklappen schulden, hält sich stets in gleichmässiger Entfernung von dem Periderm des Scheitels, ist nie horizontal, wird aber immer mehr concav mit dem fortschreitenden Wachsthum der Pflanze. Der Umfang dieses Stratums (mit den Insertionen der Blätter coineidirend) ist der Heerd der grössten Vitalität in dieser Pflanze; von ihm aus gehen die zahllosen Gefässbündel aus, welche die Blätter durchkreuzen und auch der Stimulus zum Wachsthum wird, so zu sagen, den lebenden Geweben des Scheitels des Stockes und der Wurzel von hier mitgetheilt“ „An dem Rande des Stratum begegnen sich die Cambiumschichten beider: des Stockes und Scheitels und nachdem sie die weichen Wände der Blattfurche gebildet haben, setzen sie sich continuirlich in das Parenchym der Blätter fort. Dies ist also die Stelle der Hauptvitalität der ganzen Pflanze und die zarten und wichtigen Gewebe sind hier con- centrirt und geschützt vor äussern Einflüssen durch die eng zusammen- gepressten Lippen der Furche.“ Aus diesen Angaben und den Zeichnungen Hooker’s und den, wenn auch nur geringen eigenen Erfahrungen möchte ich von dem Gefäss- bündelv erlaufe bei Welwitschia folgendes Bild entwerfen: Der Stamm wächst etwa den Piperaceen, Amaranthaceen, Nyctagineen u. s. w. (Sanio, Bot. Zeit. 1864, p. 231) ähnlich durch einen Verdickungs- ring (Sauio). In diesem werden die Gefässbündel der Blätter durch inter- 377 calares Wachsthum verlängert und neue Bündel gebildet. Die Gefäss- bündel der Cotyledonen erzeugen in Folge dieser intercalaren Ver- längerung, das der Oberfläche des Stockes parallele, Hooker’sche Stratum, welches der endlichen Grösse und Langlebigkeit der Cotyledonen ent- sprechend eine bedeutende Grösse erreicht, im Verdickungsringe an der Cotyledonarbasis immer neue horizontale Zweige bildet und sich so, mit dem Wachsthum des ganzen Stockes fortschreitend, immer mehr ausbreitet. Das intercalare Wachsthum dieser Bündel bleibt übrigens gegen das der umgebenden Gewebe etwas zurück und wird hierdurch erreicht, dass die Cotyledonarbasen in eine Vertiefung (eine Furche) zu liegen kommen und so ihre zarte fortwachsende Basis geschützt wird. Aus diesem Grunde muss auch der Verdickungsring unter der Blattinsertion eine Einbiegung zeigen und so das ganze Gefässbündelsystem scheinbar in ein oberes und unteres zerlegt sein. In Wirklichkeit bildet dieses aber eine ununter- brochene Schicht, die vom Scheitel des Stockes bis in die Wurzel läuft. Durch die Thätigkeit des Verdickungsringes werden alljährlich neue Lagen von Grundgewebe und Gefässbiindel zwischen die schon vorhandenen innern und die Rinde eingeschoben und diese Thätigkeit auch nach aussen durch einen concentrischen Wulst markirt. Diese Wülste sind in der Mitte verwischt, werden aber mächtiger in dem Maasse als die Pflanze erstarkt, wachsen dann sogar etwas über die andern hinaus, so dass der ursprünglich convexe Scheitel endlich concav wird. Dass diese Wülste einem jährlichen Wachsthum entsprechen, dafür spricht der Umstand, dass sie fast ohne Ausnahme nur eine einzige Reihe von Inflorescenzen tragen und diese höchst wahrscheinlich in einem Jahre ihre Entwickelung vollenden1). Was die Blüthenstände anbetriflt, so zeugt, meiner Meinung nach, ihr Auftreten auf dem je jüngsten Walle dafür, dass sie aus Adventiv- knospen entstehen, die ja stets mit besonderer Vorliebe dem cambialen Gewebe entspringen. Für diese Deutung spricht dann auch ihr aus- nahmsweises Auftreten auf dem Stocke unterhalb der Cotyledonen'2). Hooker sagt andererseits über diesen Gegenstand auf p. 27: „Die Frage nach der theoretischen Entwickelung der Krone (Ober- ') Hooker p. 9. 2) Analoge Fälle adventiver Sprosse am bypocotylen Gliede bat zuckst Köper an Euphorbia (Emmen. Eupliorb. 1824), Bernbardi bei Linaria arenaria beobachtet (Lin= naea VII. 561. t. 14. Wydler (Flora 1850. Nr. 22) bei Anagallis arvensis und (Flora 1856. Nr. 3) bei Alliaria offieinalis. Jrmisch (Bot. Zeit. 1857. Nr. 26 u. f.) bei Convolvulus und Thesium montauum. 378 fläche des Stammes) ist nicht so leicht zu lösen, auch kann ich nicht bestimmen, ob ihre Ringe als „plumular“ angesehen werden sollen, oder als aus lauter verschmolzenen axillären Blüthenständen bestehend. Da keine andern verticalen Axen bei Welwitsehia entwickelt werden, so können diese Ringe, wenn Blüthenstände, kaum als wirklich axillär betrachtet werden. Auf der andern Seite muss jede Entwickelung des Embryo zwischen der Basis der Cotyledonen als mehr oder weniger plumular bezeichnet werden; es ist daher leichter anzunehmen, dass die aufeinander folgenden Ringe der Krone aus unentwickelten plumularen Axen bestehen, mit welchen die Bliithenaxen verschmolzen sind, als dieselben für ganz plumular oder floral zu halten. . . . Die Disposition der Gefässbündel in den reifen Pflanzen von Welwitsehia ist zu unbestimmt, um viel Licht über diesen Gegenstand verbreiten zu können.“ Was mich anbetrifft, so glaube ich kaum, dass wir in einer so compli- cirten Erklär ungsweise unsere Zuflucht zu suchen brauchen. Wir nehmen an, dass die Plumula bei der Keimung gar nicht zur Entwickelung kommt und dass das Gewebe des Axensclieitels zwischen den Cotyledonen sich also überhaupt nicht als Vegetationskegel verhält. Es fängt dann das hypo- cotyle Glied an, sich durch Vermittelung seines Verdickungsringes zu verdicken, die Einfügungsstellen der Cotyledonen werden auseinander gerückt und das Gewebe des Scheitels zwischen denselben wird gleichzeitig mehr oder weniger passiv gedehnt. Es vermehrt sich durch Theilung so, dass es an der jungen Pflanze sogar convex erscheint Der Meristemring reicht bis an den Scheitel, seine periodische Thätigkeit markirt sich hier in den Ringen und die fortwachsenden Cotyledonen werden immer mehr von einander entfernt. Die Ringe dürften also, wie ich es früher schon aussprach, Jahresringe sein, — gegen ihren plumularen Ursprung spricht ja schon hinreichend der Umstand, dass sie centrifugal entstehen! ,Aus dem Vegetations - Kegel könnte sie ja nur centripetal entwickelt werden. Bei Betrachtung der Ilooker’schen Abbildungen 'älterer Welwitschia- stöcke wird man ganz unwillkührlich an einen, in geringer Höhe über dem Boden abgeschlagenen vom Rande aus überwallenden Coniferen- oder Dicotylen-Stämm erinnert, und wirklich auch das Wachstlmm beider lässt sich bis zu einem gewissen Grade vergleichen. Ein solcher Stock kann nach den Angaben von GoepperU), wenn l) Beobachtungen über das sogenannte Ueberwallen der Tanueustöcke. Bonn 1842. 379 seine Wurzeln mit denjenigen eines anderen normalen Raumes verwachsen sind, noch jahrelang, ja bis 100 Jahre (1. c. p. 9.) fortwachsen und sein Cambium immer neue Jahresringe erzeugen. Diese überragen alsbald die Schnittfläche und je die äusseren Schichten erheben sich über die vorher- gehenden, so dass die Innenfläche des Stammes alsbald concav wird. Hier neigen sie ausserdem aber auch nach der Mitte zusammen und, wenn die Entwickelung regelmässig von allen Seiten erfolgt, sieht man die Ueber- wallungsschichten endlich über der Mitte des Stammes zusammenstossen. (Goeppert 1. c. Tab. II). Bei der Weiss- und Rothtanne, die überhaupt keine Adventivknospen besitzen, entwickeln sich aus den Stumpfen in der Regel auch keine Zweige, doch kommen solche, wenn auch selten, vor und Goeppert erwähnt zweier Tannenstöcke mit Astausschlag (p. 12.), in welchen die Aeste ganz entschieden aus den Ueberwallungsschichten, aus hier aus- nahmsweise gebildeten Adventivknospen entsprungen waren. Diese wenigen Bemerkungen hatten sich mir beim Lesen der Hooker’schen Arbeit und bei Untersuchung der Blüthenstände auf- gedrungen: über die einzelnen Punkte, vor Allem auch das wahre Ver- hältniss der Blüthenstände zu den Ringen , werden jedenfalls spätere Arbeiten zu entscheiden haben. Den Gefässbündelverlauf in den Blüthenständen habe ich an einer andern Stelle geschildert und brauche auf denselben hier also nicht ein- zugehen, doch über ihren Bau und ihre Vertheilung in der Intlorescenzaxe seien hier noch einige Beobachtungen hinzugefügt. Die Fig. 49. Taf. XX. durch ein unteres Internodium einer stärkeren männlichen Inflorescenzaxe (Pedunkel), möge zunächst zur Orientation dienen. Im Grundgewebe um eine mittlere, wohl als Mark zu bezeichnende Partie, sieht man eine Anzahl grösserer Bündel, im Kreise ziemlich nahe aneinander stehend, ohne jedoch seitlich zu verschmelzen. Alle diese Bündel kehren ihren Holztheil dem Marke, den Bast der Rinde zu; sie bestehen aus Schraubengefässen, die durch ihre tief in’s Lumen vorspringende Bänder ausgezeichnet sind. (Taf. XX. Fig. 50, 51. u. der Längschnitt Fig. 52.) zwischen den Schrauben- gefässen sieht man auch hin und wieder einige Tüppelgefässe von den ersteren eigentlich nur durch stärkere Entwickelung und theilweise Ver- schmelzung der Bänder unterschieden. Auf diese Gefässe folgen nach aussen langgezogene Zellen/ mit schief geneigten Querwänden aufeinander stossend, dünnwandig, ohne jede charak- teristische Verdickung, sie vertreten hier die Ilolzzellen (Fig. 52. H.j. Sie aufen nebeneinander in radialen Reihen, erreichen aber selbst in den. 380 stärksten Bündeln eine nur sehr geringe Mächtigkeit. Auf diese Zellen folgt dann weiter nach aussen ein noch diinnwanderiges Gewebe (mit dem ersten zusammen von Hooker als Cambium bezeichnet), welches in den grösseren Bündeln eine bedeutende Stärke erreicht, ja die Hauptmasse des Bündels bildet: cs besteht aus ganz dünnwandigen, langgezogeneu, oben und unten etwas angeschwollenen Zellen, an denen man hier und dort Siebplatten angedeutet findet. Es ist dies der Basttheil des Bündels, der aus Bastgefässen und Bastparenchym besteht und nach aussen mit einigen Bastfasern abschliesst1: (Fig. 52. B.). Holz und Bast werden ausser- dem von radial verlaufenden, meist nur eine Zelle breiten Zellreihen durchsetzt, deren Zellen sich durch körnigen Inhalt auszeiclmen und aus diesem Grunde und nach ihrer Anordnung als Bündelstrahlen zu erkennen sind (Fig. 50> Thätiges Cambium war in älteren Bündeln nicht mehr vorhanden, es erlischt frühzeitig, doch verräth schon die radiale Stellung der Holzzellen, Bastzellen und Markstrahlen dessen Thätigkeit. Um diesen ersten Bündelkreis, der durch seine regelmässige An- ordnung und stärkere Entwickelung auf dem Querschnitte zunächst in die Augen fällt, sieht man noch eine Anzahl unregelmässig im LTmkreise ver- theilter peripherischer Bündel entweder einzeln stehen, mit beliebig orien- tirtem Holztheile, oder zu mehreren in kleinen Kreisen, alle dann ihren Holztheil der Mitte dieses Kreises zukehrend (Fig. 49). In ihrem Baue unterscheiden sie sich nicht von den ersteren, geben aber durch ihre eigenthümliche Stellung dem Ganzen ein fremdartiges Aussehen. Alle diese Bündel werden von einem Grundgewebe umgeben, welches um die Bündel meist gestreckter, englumiger ist, als an anderen Stellen, sonst überall dieselben grossen einfachen Tüpfel zeigt, hin und wieder auch Einfaltungen der Membran ähnlich den für das Parenchym der Coni- feren-Blätter bekannten (Fig. 52). An dem Basttheil der Bündel sieht man halbmondförmig oft eine dem Grundgewebe angehörende, mehrere Zellen starke Schicht ansclili essen, die durch ihren Stärkereichthum besonders ausgezeichnet ist. An der Ausseuseite der Bündel finden wir 'endlich das Gewebe der Fände ganz ähnlich wie bei Ephedra von langen bastfaserähnlichen Zell- gruppen durchsetzt (Fig. 52.); dicht unter der Oberhaut treten diese Zellen vereinzelt auf und in ganz unregelmässiger Verzweigung (Fig. 52). Auch zeigt die Rinde viele Gummigänge. Die Epidermis ist der von Ephedra ganz ähnlich, ja sogar mit ganz den nämlichen Spaltöffnungen versehen. Die Pedunkeln, die mir zur Untersuchung Vorlagen, hatten bereits ihr 381 Wachstli um beendet, alle Gewebe waren in den Dauerzustand getreten (Fig. 49.), doch konnte es, nach den jüngsten zu urtheilen, kaum zweifel- haft sein, dass die peripherischen in einem Cambiumringe im Umkreise der innern nachträglich angelegt worden waren. Ein kleinzelliges, inhalt- reicheres Gewebe, das diese Bündel im Umkreise verband, war in vielen Fällen noch nachzuweisen. In ähnlicher Weise dürfte auch der Stamm wachsen. Charakteristisch für Welwitschia ist es, dass bei dieser Entstehung secundärer Bündel sich so häufig um die zuerst differencirten Schrauben- gefässe herum, an mehreren Stellen oder im ganzen Umkreise Holz und Bast bildet, und dass einzelne Bündel auf diese Weise gleichsam in ein ganzes Bündelsystem verwandelt werden. Hooker vergleicht den Gefässbündel verlauf bei Welwitschia mit dem der Dracaenen. Eine gewisse Aelmlichkeit in der Vertheilung der Bündel und dem Wachsthum durch einen Verdickungsring ist auch wirklich vor- handen, der Bau der Bündel selbst aber durchaus verschieden. Dieser schliesst sich mehr an die Coniferen resp. die Dicotylen an. Die Haupt- Differenz von den Coniferen und den anderen Gnetaceen beruht nur in der Verschiedenheit der Entwickelung des Holzes und auf dem so frühen Erlöschen des Cambiumringes; — sonst zeigen die einzelnen Elemente dieselbe Vertheilung: Schraub engefässe im Innern, dann Holzzellen, dann Cambium (in jungen Bündeln), dann Bast aus Bastgefässen, Bastparenchym, und einzelnen Bastfasern bestehend; ja sogar Bündel - Strahlen werden gebildet! Das frühe Erlöschen des Cambiums gestattet nicht die Bildung eines geschlossenen Holzkörpers. Am nächsten schliesst sich Welwitschia mit diesem Bau noch an die bereits erwähnten Dicotylen mit exogener Gefässbündelbildung an (Sanio Bot. Zeit. 1864 p. 230), wo ebenfalls zuerst ein innerer Bündelkreis, dann ausserhalb desselben secundäre Bündelkreise im Verdickungsringe entstehen. Aus dem genannten Verhalten auf eine Verwandtschaft mit den Mono- cotyledonen zu schliessen wäre jedenfalls kaum gerechtfertigt. — Sciadopitys Diese japanesische Schirmfichte wurde unter ihrem jetzigen Namen1) zuerst von Zuccarini, in Siehold’s Flora japonica Bd. II. fase. 1. beschrieben und auf zwei schönen Tafeln (101 u. 102) dargestellt. Die eigenthümlichen Nadeln derselben hat vor Kurzem Hugo von Mold2) zum Gegenstand einer besonderen Arbeit gemacht. Auf anatomische Merkmale sich stützend, kam von Mold zu dem Resultate, dass die blattartigen Gebilde, die in den Achseln kleiner Schuppen an der erwachsenen Pflanze auftreten, nicht einfache Blätter seien, sondern der Verwachsung der beiden ersten Blätter eines im Uebrigen verkümmerten Achselsprosses ihre Entstehung verdanken. Diese Angabe widersprach früheren Deutungen: so derjenigen von Zuccarini, der sie für gewöhnliche, der Axe unmittelbar abstammende Blätter hielt (1. c. Bd. II. p. 3) — (siehe auch Pariatore in Decandolle’s Prodromus Pars. XVI. p. 435) und denen von Al. Dickson (in Seeman’s Journal of Botany IV. 1866, p. 224), der sie für phylloide Stengel (phylloid shoots) analog denen von Phyllocladus, erklärte; sie stimmte hingegen zu einer Stelle bei Engelmann „Ueber die Charaktere der Abietineen-Genera“ in der bot. Zeit. 1866, p. 486, wo derselbe sie ebenfalls als aus zwei ver- wachsenen Blättern entstanden auffasste, und hatte letzterer diese Aus- sicht auch in der Sitzung der Naturfreunde in Berlin (1868 p. 14) aus- gesprochen, ohne sie jedoch eingehender zu motiviren. Mir schien es von Wichtigkeit die von Hugo von Mohl anatomisch gewonnenen Resultate entwicklungsgeschichtlich zu prüfen und eine kräftige 1) Früher als Taxus verticillata. Thumberg, flora jap. p. 276. 2) Morphologische Betrachtungen des Blattes von Sciadopitys. Bot. Zeit. 1871. 101 und 102. 383 Pflanze von Sciadopitys verticillata im hiesigen botanischen Garten bot mir die Gelegenheit hierzu. Bekanntlich wechseln an der entwickelten Pflanze verlängerte Inter- nodien, die an hervorragenden Pulvini nur verkümmerte, schuppenartige Blätter tragen, mit sehr kurzen Internodien ab, wo in den Achseln dieser Schuppen die langen, nadelförmigen Gebilde stehen, scheinbar einen Quirl um die Axe bildend. Diese blattartigen Gebilde1) sind linienförmig, an der stumpfen Spitze eingeschnitten, auf der oberen Seite convex, auf der unteren Seite ziemlich abgeflacht; in der Mittellinie beider Seiten verläuft eine Furche, welche auf der oberen Seite seichter ist, dieselbe schöne, grüne Farbe und den gleichen Glanz wie die übrige Oberseite des Blattes besitzt, während die Furche der Unterseite tiefer und breiter ist und sich durch eine matte, gelblich-weisse Färbung auszeichnet (vergl. unsere Taf. XXVI. Fig. 2 u. 3). Die anatomische Untersuchung zeigt, dass diese Gebilde von zwei in sich abgeschlossenen vollkommen freien Gefässbünd^ln durchzogen sind (Taf. XXVI. Fig. 4), diese Gefässbündel sind um ein Drittel des ganzen Blattdurchmessers von einander entfernt, ihre Markstrahlen sind nicht unter einander parallel, sondern divergiren stark nach der Oberseite des Blattes hin; doch was besonders hervorzuheben ist, ihr Holz ist nicht wie gewöhnlich der Oberseite, sondern der Unterseite zuge- wendet; sie kehren dem entsprechend ihren Bast nach oben (Fig. 4). Von Mohl schloss aus diesem Umstande, wie auch aus anderen anatomischen Thatsachen, dass diese blattartigen Gebilde aus der Verwachsung der beiden ersten Blätter, einer im übrigen verkümmerten secundären Axe entstanden seien. Es sind die beiden einzigen Blätter derselben, denn an ihrer Basis ist nichts von anderen blattähnlichen Gebilden zu bemerken; dass es Blätter sind und nicht Phyllocladus ähnliche Cladodien wie es Al. Dickson behauptete, erkannte von Mohl aus dem Vorhandensein eines nur den Coniferenblättern eigenen Gewebes, das er als Transfusionsgewebe2) bezeichnet und das ihre Gefässbündel umschliesst. Endlich folgt, seiner Annahme nach, aus der Stellung der Bündel, dass die beiden Blätter hier mit ihren gegen die primäre Axe des Triebes hingewandten Rändern ver- wachsen sind, dass daher die scheinbar obere Seite des Doppelblattes *) v. Mohl, 1. c. p. 3. 2) 1. c. p. 12. Ein Gewebe, das den Uebergang vom Gefässbündel zum umgebenden Gewebe vermittelt und in welches das Gefässbündel sich allmälig in der Blattspitze auf- löst. Dieses Gewebe scheint den Uebertritt des Saftes aus den Gefässbiindeln zum Parenchym des Blattes zu erleichtern. 384- organographisch als die Unterseite aufzufassen sei.1) Gestützt wurde diese Deutung auch durch einen Vergleich mit jungen Samenpflanzen, wo die Cotyledonen und die ersten auf dieselben folgenden Blätter einfach sind, ohne Stützblatt auftreten, keinen Einschnitt an der Spitze haben und dementsprechend auch nur ein einziges Bündel besitzen, das sein Holz nach oben und seinen Bast nach unten kehrt. (Vergl. unsere Fig.l.Taf. XXVI.) Die gegebene Deutung konnte auch nicht cntkräftigt werden durch das Auftreten, ja durch das Beschränktsein der Spaltöffnungen auf die untere Furche des Blattes (also auf die ermittelte organographische Ober- seite) während die Cotyledonen und ersten einfachen Blätter von Sciadopitys ihre Spaltöffnungen nur auf der Unterseite tragen; denn auch bei anderen Coniferen befinden sich bei ungewöhnlicher Blattstellung die Spaltöffnungen häufig auf der aufwärts gerichteten Seite, so z. B. bei Thujopsis, Libo- cedrus, bei Juniperusarten etc. An der Keimpflanze folgen auf die beiden lineal-lanzettförmigen Samenblätter die, dem ersten sehr verkürzten Jahrestriebe angehörenden, einfachen Laubblätter (mit ungeteilter Spitze und einfachem Gefässbündel) mit den Samenblättern zusammen einen Scheinquirl bildend. Der nächste Jahrestrieb besitzt schon, abgesehen von der schwächeren Entwickelung, vollkommen die Organisation der späteren Triebe; der untere Theil desselben besteht nämlich aus verlängerten Internodien mit verkümmerten schuppenartigen Blättern, — der obere aus äusserst verkürzten Internodien, wo in den Achseln der Schüppchen bereits die linienförmigen, an der Spitze emarginirten, mit zwei Bündeln versehenen Blätter stehen. Es ist also, sagt von Mohl (p. 3) auf den ersten Blick klar, dass wir einen ähn- lichen Fall vor uns haben, wie ihn eine keimende Kiefer zeigt; Entwicklung des Blattes an der primären Axe im ersten Jahre, Verkümmerung desselben in den späteren Jahren an allen Trieben und Ersatz durch ein aus einer verkümmerten secundären Axe stammendes blattähnliches Gebilde. Die Keimpflanzen, die ich untersuchte, bestätigten in allen Punkten die Mohl’schen Angaben. Die entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen brachten aber noch weitere interessante Einzelheiten. Der Vegetationskegel von Sciadopitys (Taf. XXIII. Fig. 14) unterscheidet sich nur wenig von dem der Pinusarten (Taf. XXIII. Fig. 15). Eine conti- nuirliche Dermatogenschicht überzieht zunächst den Scheitel: unter derselben befindet sich eine doppelte Lage Periblem und das spitz nach oben zu- q 1. c. p. 21. 385 laufende Plerom : die beiden Letzteren nur schwach von einander geschieden. Die Blattbildung wird durch tangentiale Theilungen der Dermatogenzellen, wie bei Pinusarten, eingeleitet. Die Blätter bleiben schuppenförmig, sind sehr einfach gebaut, besitzen eine spaltöffnungslose Oberhaut, ein lockeres, inneres Gewebe, in welchem man in der Mediane des Blattes, der oberen Fläche näher, ein sehr einfaches Bündel verlaufen sieht. In älteren Blättern werden die Zellen der etwas dichter zusammenschiessenden, auf die Epidermis folgenden Zelllage, einzeln stärker verdickt und bilden so unregelmässig zerstreute Spicularzellen. In den Achseln dieser Blätter werden in bestimmten Intervallen die Doppelblätter gebildet (Taf. XXVI. Fig. 6, 7, 8). Sie treten schon in geringer Entfernung vom Vegetatiouskegel auf (Fig. G), doch erst dann, wenn ihr Tragblatt in seiner Entwicklung ziemlich vorgeschritten ist und sein einziges centrales Gefässbiindel zu bilden beginnt; sie erheben sich aus der Axe- durch tangentiale Theilungen im Periblem als kleine, etwas flachgedrückte Höcker (Fig. 6 u. 7), sonst durchaus wie gewöhnliche Achsel- knospen. Die Anlage bleibt bis an die Basis frei; ihre Oberfläche ist nur auf den allerjüngsten Zuständen gleichmässig abgerundet, zeigt aber alsbald einen deutlichen, medianen Einschnitt am Scheitel (Fig. 7); diesem folgt an etwas älteren Anlagen ein schwacher medianer Einschnitt auf der Unter- seite. Ein Scheitelwachsthum ist über dieses erste Stadium hinaus an der Anlage nicht mehr wahrzunehmen; sie wächst nur durch intercalare Theilungen, besonders an ihrer Basis, wie andere Nadeln rasch in die Länge. So lange der Einschnitt noch wenig sichtbar ist, erinnert das Doppelblatt an eine junge Fruchtschuppenanlage, etwa von Picea, noch mehr von Ginkgo (Taf. I. Fig. 20—20); ein Vegetationskegel, auf den diese beiderseitigen Blattanlagen bezogen werden könnten, tritt liier aber nie vor; der Scheitel der Axe selbst ist vor der Bildung der Querfurche jedenfalls als solcher aufzufassen, allein er geht in der Bildung der beiden Nadeln auf, so dass sich beide Anlagen in der Mittellinie unmittelbar berühren. Der Einschnitt am Scheitel ist bei jungen Doppelnadeln viel auffallender als bei älteren (Taf. XXVI. Fig. 9), denn die Doppelnadeln nehmen bedeutend an Länge zu, während der Scheitel fast unverändert bleibt. Auch die Furche auf der Unterseite der Anlage wird bald deutlicher; es hat sich eine ihr gegenüberliegende doch schwächere auf der Oberseite gebildet. Um die Anlage herum entspringen Haare, die rasch wachsen, mehrzellig werden, sich vielfach hin und her krümmen und in einer kopfförmigen Anschwellung enden; sie dienen Strasburger, Coniferen und Gnetaceen. 25 386 wohl, da das Tragblatt sehr zart geblieben, zum Schutze des jungen Doppelblattes. Erst wenn das Doppelblatt etwa die Länge von 0,65 Mm. erreicht hat, beginnt die Bildung der Gefässbündel in demselben (Taf. XXVI. Fig. 8). Man sieht von den beiden nächsten Stammbündeln aus, über der Bündel- insertion des Deckblattes, je ein Bündel abgehen und ziemlich rasch in aufsteigender Richtung sich in das Doppelblatt hinein differenziren. Ihr Verlauf wird zunächst durch da's Auftreten einzelner Spiralgefässe in dem langgestreckten mittleren Gewebe jedes der Doppelblätter angezeigt: einzelne Stellen werden hierbei häufig übersprungen, um alsbald durch nachträgliche Differenzirung eingeholt zu werden. Das Bündel wächst mit dem Blatte fort. Es sind dies die nämlichen beiden Bündel, die auch bei anderen Conifgren die Achselknospen versorgen und wir sehen sie auch bei Sciadopitys in diejenigen Achselknospen treten, die zu Zweigen aus- wachsen. Die Bündel zeigen innerhalb der Axe ihre habituelle Lage, und treten auch in derselben Lage d. h. mit schräg nach oben und aussen gerichtetem Baste in die Anlage des Doppelblattes. Wir haben es hier also auch mit einer ganz ähnlichen Erscheinung wie bei den Fruchtschuppen der Coniferen zu thun. Mit dem Wegfallen der äusseren Gliederung an der Achselknospe fällt auch die Ursache weg, welche die Bündel aus ihren ursprünglichen Bahnen ablenkte, sie setzen nun in unveränderter Lage ihren Lauf aus der Axe fort. Diese Stellung mit schräg nach oben gekehrtem Baste hört auf wunderbar zu sein, sobald man dieses erwägt, und dass die Bündel wirklich diese Lage schon in der Axe haben und dass sie aus der Art ihrer Einfügung im Bündel- kreise folgt, kann man auf jedem Tangentialschnitte sehen. Jedes Bündel verfolgt selbständig im Doppelblatt seinen Weg und ist zu keiner Zeit mit dem anderen verbunden; es zeigt von Anfang an dieselbe Stellung wie im fertigen Blatte. Auf Querschnitten des Stengels durch die ver- kürzten Internodien, kann man die Bündelgruppen (1 für das Deckblatt und 2 für das Achselproduct) auf ihrer Wanderung durch die Rinde in ver- schiedener Entfernung von der Stengelmitte verfolgen. Dieses Alles zeigt unzweifelhaft, dass wir es hier mit einer Achsel- knospe zu thun haben und die Entwickelungsgeschichte lehrt uns ausserdem, dass die Vereinigung der beiden Blätter dieser Knospe zum Doppelblatte bis auf die ersten Stadien ihrer Entwicklung zurückgreift, so dass ein Vegetationskegel zwischen denselben sich zu keiner Zeit mehr nach- weisen lässt. So wichtig diese Befunde, so werden sie es noch mehr, wenn man diese jungen Zustände der Doppelnadel mit den entsprechenden hei Pinus Pumilio vergleicht (Taf. XXIII. Fig. 19 — 21). Die Kurztriebe in den Achseln der Deckblätter erzeugen bei Pinus Pumilio zunächst eine Anzahl Nieder- blattpaare (meist 7). Ein deutlicher Vegetationskegel ist zwischen denselben vorhanden, ähnlich dem der Haupttriebe (Taf. XXIII. Fig. 19). Auf diese Niederblätter folgen die beiden Nadeln; sie erheben sich zu beiden Seiten des Vegetationskegels, doch so nahe an einander, dass derselbe in ihrer Bildung fast gänzlich aufgeht; nur ein kleiner, unscheinbarer Höcker bleibt in der Mitte zwischen den Nadeln zurück und wird in die neuen Wachsthumsrichtungen nicht mit hineingezogen (Taf. XXIII. Fig. 20) J). Denken wir uns auch diesen mit emporgehoben, so bleiben beide Nadeln verbunden und erzeugen dieselbe Doppelnadel wie bei Sciadopitys. Die Aehnlichkeit der Anlagen ist so auffallend, dass man sich bei ihrer Betrachtung dieses Gedankens gar nicht erwähren kann. Er erweckte denn auch in mir die Vermuthung, ähnlich verwachsene Doppelnadeln könnten ausnahmsweise bei Pinus Vorkommen: ich suchte nach solchen und war auch bald so glücklich mehrere derselben, sowohl bei Pinus Pumilio wie auch bei Pinus sylvestris zu finden. Sie sind bisher wohl deshalb nur übersehen worden, weil sie den Kurztrieben mit nur einer Nadel, die ebenfalls und zwar viel häufiger Vorkommen, sehr ähnlich sind. Bei aufmerksamer Betrachtung kann man sie immerhin schon äusserlich erkennen; sie sind dicker als gewöhnliche Nadeln, allseitig abgerundet und hin und wieder wie die Doppelnadeln von Sciadopitys mit zwei kurzen Spitzen am Scheitel versehen (Taf. XXVI. Fig. 11 u. 12). Auf dem Quer- schnitte zeigten solche Pinusdoppelnadeln zwei mehr oder weniger von einander getrennte Gefässbündelgruppen, jede aus zwei Bündeln bestehend (Fig. 13). Jedes dieser Bündelpaare verhielt sich wie das Bündelpaar eines gewöhnlichen Blattes und war von einer besonderen Schutzscheide umgeben. Wo die Verwachsung eine recht vollständige war, zeigten die beiden Bündelpaare auch die nämliche Stellung wie die beiden Bündel im Doppelblatte von Sciadopitys: sie kehrten ihre Markstrahlen und ihren Bast divergirend nach oben und aussen, ihr Holz nach unten und innen. Meist waren die beiden Blätter aber nicht völlig mit einander verwachsen, und dann waren es, abgesehen von späteren Drehungen, stets die nach ') Schacht giebt schon an (Beitr. p. 207), dass der Vegetationskegcl zwischen beiden Nadeln verschwindend klein sei. Vergl. auch die Abbildung. Baum, p. 54. unten gekehrten Seiten, die eine mehr oder weniger tiefe Spalte zwischen sich Hessen (Fig. 13). Das Nadelpaar schien also nicht rein transversal zu stehen, sondern nach der oberen Kante etwas verschoben. F.s lässt sich das vielleicht mit dem Umstand in Zusammenhang bringen, dass häufig die Nieder- blätter statt decussirt, nach -/5 an den Kurztrieben stehen und dann die Nadeln vielleicht auch in derselben Stellung folgen. Sie dürften dann die beiden letzten, der Hauptaxe zugekehrten Glieder des Spirale sein, und also auch nur um 2/5 des Stammumfanges von einander abstehen. Möglich ist weiter, dass sie dann auch leichter verschmelzen und dass in Folge dessen solche, auf der unteren Seite einen Spalt zeigende Doppel- nadeln besonders häufig Vorkommen. Ich habe diesen Umstand hier besonders hervorgehoben, weil er vielleicht auch erklärt, warum bei Sciadopitys die untere Furche etwas tiefer als die obere ist. Dieser Punkt lässt sich freilich nur hypothetisch behandeln; so viel ist aber durch die Entwicklungsgeschichte und den Vergleich mit Pinus sicher gestellt, dass auch die Doppelnadel von Sciadopitys aus zwei Blättern besteht, die der Hauptsache nach mit ihren Oberseiten verbunden sind, und den Vegetationspunkt der sie trennen müsste, gemeinschaftlich empor- heben. Durch die Beobachtung homologer Fälle bei Pinus Pumilio und sylvestris werden überhaupt alle Einwände, die man sonst noch gegen die doppelte Zusammensetzung der Sciadopitysnadeln Vorbringen könnte, beseitigt. Endlich findet dieselbe auch ihre glänzende Bestätigung in einem von Maxwell T. Masters (Vegetable Teratology1) beobachteten monströsen Fälle. Maxwell T. Masters beschreibt hier nämlich, wenn auch mit ganz anderer Deutung, die Durchwachsung einer Doppelnadel von Sciadopitys. Das Pseudoblatt hatte sich gespalten und zwischen seinen beiden Theilhälften eine kleine Axe entwickelt, die an ihrem Scheitel einen Wirtel neuer Pseudoblätter trug. Diese Bildungsabweichung beweist, dass in manchen Fällen ein Vege- tationskegel zwischen beiden Blättern Zurückbleiben, und dieselben getrennt auftreten können, ja dass dieser Vegetationskegel sogar zu einem Zweige auswachsen könne. Bei der Kiefer kommt der analoge Fall bekanntlich ziemlich häufig vor, und wenn dieselbe, von Schafen zerbissen ihrer Spitze *) London 18G9, p. 351, Amn. 3. Auf diese Stelle machte mich Herr Prof. Braun gütigst aufmerksam. 389 beraubt wurde, oder wenn der Kiefermarkkäfer den Baum befällt, so treibt der Vegetationskegel zwischen den Nadeln bisweilen junge verlängerte Zweige — was bei der canarischen Kiefer sogar immer geschieht, sobald sie viel Aeste und Zweige verloren hat1). Es wäre zu versuchen, ob man durch Entfernung der Zweigenden die jungen Doppelnadeln der Sciado- pitys nicht künstlich zu dieser abnormen Zweigbildung bewegen könnte. Die Beobachtungen an Pinus Pumilio und sylvestris legten die Ver- muthung nahe, dass auch bei der californischen Nusskiefer, der Pinus mono- phyllos Fremmont, deren Kurztrieb nur eine Nadel trägt, letztere eine Doppelnadel sei2). — Dieses bestätigte sich nicht, vielmehr verhielten sich die einnadligen Sprosse ganz wie der grössere Theil der einnadligen auch bei Pinus Pumilio — sie besitzen wirklich nur eine einzige, einseitige Nadel3), an deren Basis der verschrumpfte Yegetationskegel des Kurz- triebes häufig noch nachzuweisen war. Auf Querschnitten durch einen solchen Kurztrieb von Pinus monophyllos findet man zunächst einen geschlossenen Bündelkreis, der schwache Bündeln an die, wohl nach 2/5 gestellten (bis 7) Niederblätter abgiebt. Höher hinauf öffnet sich der Biindelkrcis einseitig und tritt als einfaches und einfach bleibendes Bündel in die, die Axe scheinbar unmittelbar fortsetzende Nadel (Taf. XXVI. Fig. 14). Ihr gegenüber sind Spuren des Vegetationskegels zu erkennen. Dass die Spaltöffnungen in so eigenthümlicher Weise bei Sciadopitys nur in der unteren Furche stehen, verleitet fast zu der Annahme, dass die, bei der Urform noch getrennten Blätter, ihre Spaltöffnungen auf der Überseite trugen, (ein Fall der bei Coniferen nicht selten ist), und dass diese Spaltöffnungen nur deshalb auf die untere Furche beschränkt sind, weil diese allein noch einen Streifen der ursprünglichen Oberfläche bietet (ähnlich wie die untere Furche an der Doppelnadel von Pinus). Damit scheint es nun aber nicht gut übereinzustimmen dass die Samenlappen und ersten einfachen Blätter von Sciadopitys ihre Spaltöffnungen nur auf der Unterseite tragen. Doch auch bei Thuja, Cupressus und Juniperusarten werden an den Blättern der erwachsenen Pflanzen die Spaltöffnungen nur auf der inneren oder hauptsächlich doch auf der inneren also morphologisch oberen Blatttiäche angelegt, während sie an den frei entwickelten ersten J) Schacht, der Baum, p. 114. • *) Diese Vermuthung wurde schon von Al. Braun ausgesprochen: Individuum p. 65 Anm. ■1) Dieses erkannte auch schon van Tieghem: Ann. d. sc. nat. 5'me Serie, T. X, p. 273. 390 Blattern der Samenpflanzen vornämlich auf der Unterseite oder doch allseitig auftreten. Möglich also, dass bei den hypothetischen Vorfahren der Sciadopitys, die aller Wahrscheinlichkeit nach zweinadlige Kurz- triebe wie die heutigen Pinusarten besassen, die Spaltöffnungen auch nur auf den einander zugekehrten, geschützteren Blattflächen, also den Ober- seiten der Nadeln gebildet wurden, ähnlich wie sie bei den vorhin erwähnten Cupressineen nur auf der, der Axe angedrückten, geschützteren Oberseite stehen. Leider bieten die Doppelnadeln von Pinus hier keine Anhaltepunkte, da sie ebenso wie die einfachen Nadeln, ihre Spaltöffnungen allseitig tragen. Von Mohl glaubte eine auffallende Aehnlichkeit zwischen den Blättern von Sciadopitys und der Fruchtschuppe der Abietineen gefunden zu haben, indem er hierbei von der bekannten Deutung von Braun und Caspary ausging, dass die Fruchtschuppe der Abietineen aus zwei Blättern, den ersten Blättern einer noch unterdrückten Achselknospe verwachsen sei. Nachdem wir im ersten Theile unserer Arbeit nachgewiesen, dass die Fruchtschuppe discoiden Ursprungs ist, fällt selbstverständlich die Analogie in diesem Sinne weg. Die genannten Gebilde bleiben nur insofern analog als sie metamorphosirte Achselsprosse, und zwar beide metamorphosirte Kurztriebe sind. Im Uebrigen machen sich Unterschiede zwischen beiden schon auf den allerersten Entwicklungsstadien geltend, denn während die kleine zweiblüthige Infloresccnzanlage der Abietineen sofort durch starkes einseitiges Wachsthum ihrer Aussenseite die Frucht- schuppe erzeugt und ihr Vegeta tionskegel, die beiden Blattrudimcnte und die Axclproducte derselben (die beiden Blüthen), auf die Oberseite der Anlage verschoben werden, entwickelt hier die Achselknospenanlage sofort ihre beiden Blätter, die sich gemeinschaftlich erheben und ihre ursprüng- liche Wachsthumsrichtung beibehaltend durch basale Streckung wie andere Nadeln in die Länge wachsen. Phyllocladus. In mancher Beziehung ist Phyllocladus noch merkwürdiger als Sciado- pitys. Schon Richard1) macht darauf aufmerksam, dass die eigentüm- lichen, blattartigen Gebilde dieser Pflanze in den Achseln kleiner Nieder- blätter stehen und dass man sie deshalb wohl als abgeflachte Zweige aufzufassen habe. Seitdem sind sie auch fast ausnahmslos als Phyllodien und Cladodien beschrieben worden, ohne dass aber meines Wissens, eine eingehende Untersuchung derselben unternommen worden wäre. Jede nähere Betrachtung lehrt nun aber, dass ein solches Cladodium von Phyllocladus ein höchst complicirtes Gebilde ist und dass es jedenfalls noch eine andere morphologische Bestimmung als die eines abgeflachten Zweiges verdient. Ich wähle als erstes Beispiel Phyllocladus rhomboidalis Ilich. Es wechseln hier an der Axc die sterilen Niederblätter an verlängerten Intcr- nodien mit fertilen Niederblättern an verkürzten Internodien ab. Aus den Achseln dieser letzteren entspringen die Cladodien (Taf. XXVI. Fig. 15 u. 16), sie sind einander in Folge dessen genähert, wenn auch nicht bis zur Bildung eines Schcinwirtels, wie bei Sciadopitys. Die Niederblätter sind sehr zart gebaut, klein, lineal; sie sterben frühzeitig ab und sind an der Basis entfalteter Cladodien nur noch als gebräunte kleine Schuppe zu erkennen. Die Cladodien sind rautenförmig, gesägt, manche wohl auch mehr oder weniger alternirend fiederförmig eingeschnitten (Fig.^ 15, 16). Schon mit dem blossen Auge kann man erkennen, dass die Zähne am J) Memoires sur les Coniferes et les Cycadees, p. 92. 392 Rande des Cladodium von verschiedener Natur sind; einzelne erscheinen grösser und enden in einer scharfen gebräunten Spitze, die anderen sind kleiner, weniger scharf und meist nicht verdorrt; auch bemerkt man, dass * die grösseren, je an der Basis eines meist vorspringenden Abschnittes des Cladodiumrandes stehen, alle mit, nach dem Scheitel des Cladodium zu, gerichteter Spitze; die kleinen stehen auf den Abschnitten und sind nach dem Scheitel dieser gekehrt. Hält man ein solches Cladodium, welches durch Liegen in Alkohol durchsichtiger geworden, gegen das Licht (Fig. 15), so bemerkt man zunächst einen starken Mittelnerv in demselben und von diesem ausgehend: abwechselnd einfache Zweige, welche in den grösseren Zähnen enden und ganze Zweigsysteme, welche in die vorspringenden Abschnitte des Randes laufen und sich in diesen auf die einzelnen Zähne vertheilen. Das System eines solchen Abschnittes wiederholt in allen Stücken (nur in kleinerem Maassstabe), das System des ganzen Cladodiums. Die einfachen Zweige und Zweigsysteme wechseln rechts und links am Cladodium ab; in den obersten Theilen derselben sieht man endlich nur die einfachen Zweige. Was liegt nun näher als anzunehmen, dass ein solches Cladodium ein ganzes Zweigsystem repräsentirt: dass die grösseren Zähne die Deck- blätter, die Abschnitte über denselben secundäre Zweigsysteme in ihren Achseln seien. Durch den Querschnitt (Taf. XXVI. Fig. 18 u. 19) gewinnt diese Annahme bedeutend noch an Stütze. Man findet nämlich den Mittel- nerven an der Basis des Cladodiums von einem kleinen Bündelkreise gebildet, dieser Bündelkreis spaltet sich in eine vordere und hintere Hälfte und giebt ein Blattbündel und zwei Achselknospenbündel ab. Das Blattbündel kehrt seinen Bast nach dem Cladodiumrand, sein Holz der Mitte zu; die beiden Achselknospenbündel verschmelzen mit ihren Rändern und zeigen eine dem Blattbündel entgegengesetzte Stellung. Das Blattbündel tritt in den grösseren Zahn, das Achselknospenbündel in den darüber liegenden Randabschnitt, doch haben auch sie zuvor sich zum Kreis vereinigt und abwechselnd rechts und links Blattbündel abgegeben, die in den kleinen Zähnen enden. In dem unteren Theile des Cladodiums sind alle Deckblätter fertil, am Scheitel erzeugt das Cladodium nur noch sterile Deckblattzähne und endet schliesslich zwischen denselben in einem abgestorbenen, gebräunten Vcgetationskegel. Jede Flächenansicht (Taf. XXVI. Fig. 15, 16) und jeder Querschnitt (Fig. 18 u. 19) zeigen diese Verhältnisse in der anschaulichsten Weise. Auch kann man aus dein Querschnitte ersehen, dass sich der Bau des 393 Clado’diums auf seinen beiden Seiten gleich bleibt und die Epidermis auch beiderseits Spaltöffnungen führt. Wie Phyllocladus rhomboidalis verhält sich auch Ph. trichomanoides Don., nur dass die einzelnen Abschnitte am Cladodium stärker entwickelt und auseinander gerückt sind, so dass es das Ansehen eines gefiederten Blattes erhält (Taf. XXVI. Fig. 17). Die Fiedern wiederholen in etwas kleinerem Massstab die Verhältnisse des ganzen Cladodiums von Phyllo- cladus rhomboidalis, denn sie zeigen zum Theil auch noch Achselproduete in den Achseln ihrer untersten Deckblattzähne. Die Fiedern alterniren deutlich an der Mittelaxe des Cladodium. Der Bau und der Gefässbündel- verlauf ist der nämliche wie bei Ph. rhomboidalis. Die Entwicklungsgeschichte des Ph. trichomanoides ist sehr leicht zu verfolgen da die einzelnen Abschnitte das ganze Cladodium wiederholen; es genügt ein einziges junges Cladodium aus einer sich öffnenden Knospe, um dieselbe vollständig zu erhalten (Fig. 20). Das Cladodium wächst mit einem Vegetationskegel, der sich wie der Vegetationskegel des Stammes verhält. Aus dem Vegetationskegel werden abwechselnd rechts und links Blattanlagen erzeugt; diese nehmen rasch an Grösse zu, der Vegetations- kegel entwickelt sich zwischen denselben weiter. In den Achseln des 3. bis 4. Blattes unterhalb desselben bildet sich die erste Anschwellung für die Achselknospe. Diese erscheint, in Folge gemeinsamer Streckung an der Basis, alsbald auf das Deckblatt etwas hinaufgerückt. Etwa am fünften Blatte vom Scheitel sieht man die Achselknospe ihr erstes Blatt bilden, es entsteht gegenüber dem Deckblatte auf der Aussenseite (Fig. 20); das nächste folgt auf der Deckblattseite über demselben; das nächste wiederum auf der Axenseite u. s. w. An besonders kräftigen Cladodien sieht man auch hier noch weitere Achselanlagen entstehen, doch bringen diese Letzteren es kaum mehr bis zur Blattbildung. Das junge Cladodium zeigt hierbei eine schwache Bevorzugung des Wachsthums der Innenseite, die sich in Folge dessen etwas wölbt; die Aussenseite wird concav; die Spitzen der Deckblätter greifen hier herüber. Während der weiteren Entwicklung der Achselproduete dauert auch die gemeinsame Streckung derselben und des Deckblattes an der Basis fort; hierdurch wird die Cladodiumspreite erzeugt. Bei Ph. rhomb. ist diese Streckung allen seitlichen Anlagen 'gemeinsam: die Cladodiumfläche bleibt zusammenhängend; bei Ph. trichoman. wachsen in Folge einer bedeutenderen Verlängerung der Mittelaxe die einzelnen Abschnitte selbständig aus und bilden die isolirten Fiedern (Fig. 20). Das 394 junge Cladotliuni von Th. trich. ist ganz schmal, später wird es breiter, die sich bildenden Blättchen immer grösser bis die freien Deckblattenden gegen dieselben verschwinden und schliesslich nur noch wie Zähnungen des Randes erscheinen. Die primären Blätter am Cladodium sind stärker als die secundären an den Achselabschnitten, sie bleiben, wie erwähnt, auch stärker markirt, und verdorren an ihrer Spitze, während die dazwischen liegenden kleineren noch längere Zeit frisch bleiben. Ebenso wie die ein- zelnen Abschnitte am Cladodium, wird dasselbe auch in der Achsel des Niederblattes, am Zweige erzeugt, nur entsteht hier nicht das erste Blatt des Cladodium dem Deckblatt gegenüber, sondern rechts und links von demselben, es erfolgt denn auch nicht eine gemeinsame Streckung an der Basis, wodurch das Deckblatt auf das Achselproduct emporgehoben würde, sondern dieses Deckblatt behält seine Stellung und verdorrt am Aste, während sich das Cladodium frei aus seiner Achsel entwickelt (Fig. 15,1 6 u. 17). Die Abschnitte des Cladodium zeigen übrigens auch hier schon eine Alter- nation, doch stehen sie, wie erwähnt rechts und links vom Deckblatte. Wir haben also bereits dem Verhalten der primären Anlage des Cladodiums einen Anhaltepunkt zur Beurtkeilung seiner Abschnitte abgewonnen. Dieser für Coniferen scheinbar ganz vereinzelte Fall der Bildung des ersten Blattes des Achselsprosses an der Axenseite gegenüber dem Deckblatt, ist nämlich, wie hiernach zu schliessen, aus dem ersten Typus durch eine frühzeitige Drehung der jungen Anlage um 90° in der Achsel ihres Deck- blattes entstanden. Diese Drehung greift so weit in der Entwicklung zurück, dass sie sich kaum mehr nachweisen lässt und findet vielleicht nur noch ihren unmittelbaren Ausdruck in dem Verdrängen der Deckblattspitzen auf die Bauchseite der Anlage. Auch sieht man sehr häufig bei Phyllocladus trichom. einzelne Abschnitte, namentlich am Scheitel des Cladodium eine Transversal-Stellung einnehmen. Dann wird auch sofort die Alternation der secundären Blattanlagen an einem solchen Abschnitte und das Hinauf- rücken des Deckblattes auf dasselbe vermindert (Taf. XXVI. Fig. 22). Wenn aber auch die Blätter an den Cladodiumabschnitten, ursprünglich rechts und links gegen ihr Deckblatt gestanden, nicht weniger bleibt eigenthümlich ihre Alternation und ihre Beschränkung auf nur zwei Seiten des Triebes. Sie ist jedenfalls eine Folge ihrer frühzeitigen Abflachung, dass sie aber aus einem gewöhnlichen Sprosse entstanden, dafür sprechen die so häufigen Durchwachsungen derselben. Nicht nur bei Ph. trichom., sondern auch bei Ph. rhomb. entwickelt sich der Vegetationskegel des 395 Gladodiums häufig weiter und bildet wieder Blätter und neue Cladodien in spiraliger Aufeinanderfolge. big. 16 zeigt ein Cladodium, das am Scheitel spiralig angeordnete männliche Bliithen trägt. Die weiblichen Bliithen von Phyllocladus tricho- manoidcs werden wie früher erwähnt an Stelle eines oder mehrerer secundärer Abschnitte am Cladodium erzeugt, und zwar entwickelt sich dann ein kleiner, ebenfalls älternirende Blätter (bis 6) tragender Spross, dessen mittleren Blätter je eine weibliche Bliithe bergen. Allgemeine morphologische Betrachtungen. Die höchste Aufgabe der Morphologie ist die Gestalt der Pflanzen zu erklären; diese Aufgabe kann aber nur genealogisch gelöst werden. — Jede Gestalt, wie sie uns heute in der Pflanzenwelt entgegentritt, ist ein Product aus vielen Factoren; sie repräsentirt eine Reihe von Veränderungen, die durch Vererbung summirt uns als Einheit entgegentreten. Nur indem wir es in seine einzelnen Bestandtheile zerlegen, können wir das Fertige begreifen — denn nur durch das Werden wird das Sein erklärt. Jede veränderungsfähige Gestalt kann nur historisch aufgefasst werden. Wir müssen ihre Entstehung zu verfolgen, ihren ursprünglichen Zustand zu ermitteln, und sie aus demselben zu entwickeln suchen. So verfährt auch der Historiker, wenn er ein geschichtliches Factum verstehen lernen will und der vergleichende Sprachforscher, wenn er nach der Wurzel eines Wortes strebt. Solche Aufgaben sind freilich nicht leicht, aber auch entschieden die höchsten, die sich eine Wissenschaft zu stellen vermag. In den biolo- gischen Wissenschaften haben sie noch ganz besondere Schwierigkeiten zu überwinden. Die palaeontologischen Befunde sind so unvollkommen, dass sie eine direkte Verfolgung der geschichtlichen Formentwickelung kaum oder doch nur in den gröbsten Zügen zulassen — man bleibt fast aus- schliesslich auf die indirekten Methoden angewiesen. Diese kommen aber überhaupt erst zur Geltung wenn wir die wissen- schaftliche Berechtigung einer Hypothese zugeben, welche die Entwicklung der Organismen aus gemeinsamer Quelle annimmt. Diese Hypothese ist 307 durch so viele Beweisgründe gestützt, dass kein denkender Naturforscher ihre Berechtigung, ja ihre hohe Wahrscheinlichkeit in Abrede stellen kann. Sobald wir aber die Entwicklung der Formen aus einander annehmen, so werden uns die niedern Anhaltepuncte zur Beurtheilung der höheren abgeben können. Zwar erhalten wir in keinem Falle eine continuirliehe Entwicklungsreihe, da viele Formen ausgestorben sind; — auch nicht die reinen Entwicklungsmomente, da jede Form sich weiter selbständig ange- passt und verändert hat; immerhin wird es in sehr vielen Fällen möglich sein das Ursprüngliche vom Secundären zu trennen und so die Entwick- lungsreihe zu construiren. Manche Fragen werden freilich kaum zu lösen sein, andere hingegen, wo die Mittelformen sich erhalten haben besonders günstige Resultate ergeben und hin und wieder dann auch Licht über die anderen verbreiten. Man wird uns vorwerfen, dass die Sicherheit der gewonnenen Resultate eine sehr zweifelhafte sei, doch, dem ist entgegenzuhalten, dass wir eben nicht mehr von dem Gegenstände verlangen können, als was er zu bieten vermag und dass ganze Zweige der Naturwissenschaften: vor allem die Geologie gar nicht existiren könnten, wenn solcher Schlussfolgerung die Berechtigung versagt werden sollte. Auch jede Lösung morphologischer Fragen ist auf diese Methoden angewiesen, denn was ist anders der Vergleich, den wir doch stets, wenn auch nur stillschweigend, zu Hülfe ziehen. Sind nicht ausserdem jedem Botaniker geläufige Ausdrücke, wie z. B. Metamorphose, von genealogischer Bedeutung? Setzt sie nicht die Veränderung eines ursprünglichen Zustandes voraus? — Oder nimmt man nicht zu einer genealogischen Deutung seine Zuflucht, wenn man von „verwachsenblättrigen“ Fruchtknoten: die aus der Verwachsung mehrerer ursprünglich getrennter Fruchtblätter, oder von Doppelnadeln bei Sciado- pitvs spricht, die aus der Verschmelzung zweier Nadeln entstanden sind? — Wir brauchen dieselben Methoden ununterbrochen, wenn auch meist ohne uns ihrer Bedeutung bewusst zu sein — ist es da nicht richtiger, dass wir sie bewusst gelten lassen mit ihrer hohen wissenschaft- lichen Bedeutung. Der strenge Empiriker verlangt freilich überall das Experiment und die Gontinuität, allein wie würde unsere Wissenschaft aussehen, wenn wir auf das allein angewiesen wären, was sich experimentell vorführen und continuirlich verfolgen lässt. Wir nehmen ununterbrochen unsere Zuflucht zur Hypothese, ja selbst die Entwicklungsgeschichte der heut lebenden Pflanzen, wenn es nicht gerade eine niedere Alge ist, lässt sich nicht 398 direct beobachten, sondern nur aus Einzelzuständen, die meist verschiedenen Individuen entnommen sind, construiren. Die Entwicklungsgeschichte der Art: die Phylogenie, hat freilich andere Lücken zu füllen als die Entwicklungsgeschichte der Individuen: die Onto- genie *); die einzelnen Entwicklungszustände müssen eist durch Vergleich gewonnen werden; — sind dieselben gefunden so wird die Entwicklungs- reihe hier wie dort abstrahirt. Dem Vergleich wird also die höchste Rolle in der phylogenetischen Forschung zukommen und wird sich derselbe um sicher zu gehen über sämmtliche Resultate der heutigen Forschung zu erstrecken haben. Vergleichende Untersuchung ist in der Botanik noch viel zu wenig getrieben worden und namentlich hat sich auch in neuester Zeit die Tendenz geltend gemacht die ganze Wissenschaft auf eine möglichst genaue Kenntniss des Einzelnen zu beschränken. Diese Menge vergleichender Untersuchungen in der Botanik wird recht auffallend, wenn man dieselbe mit ihrer nächst verwandten Schwester der Zoologie vergleicht, von der sich sogar ein vergleichender Zweig: die vergleichende Anatomie, als selbständige Disciplin abgegliedert hat, und nunmehr die höchste Stellung in derselben einnimmt; und doch ist gerade die Botanik, meiner Ueber- zeugung nach bestimmt, einst die erste Rolle unter den vergleichenden morphologischen Wissenschaften zu spielen, da die Urform der ganzen Reihe: die pflanzliche Zelle durch ihre Cellulose - Hülle von Anfang an so fixirt wurde, dass sie sich mit verhältnissmässig enormer Selbständigkeit durch das ganze Pflanzenreich hindurch erhielt. Wir können somit jedes Organ bis auf sein erstes oder seine ersten Elemente, gleichsam bis auf seinen Urzustand verfolgen, was in der thierischen Morphologie auch nicht im entferntesten möglich ist. Seit langer Zeit ist es in der pflanzlichen Morphologie Sitte, den sog. morphologischen Werth der Organe zu bestimmen, ohne dass es wohl in den meisten Fällen sicher erkannt worden, welche Bedeutung einer solchen Bestimmung zukommt. Man machte die Erfahrung, dass viele, vielleicht alle höheren Pflanzenformen sich auf Axe (Caulom), Blatt (Phyllom) oder 5) Ich lolge der von Haeckel (Generelle Morphologie, Bd. I. p. 30) vorgeschlagenen Bezeichnungsweise, die sich unter den Zoologen bereits ganz allgemeiner Verbreitung erfreut. 399 Haar (Trichom) zurückführen lassen und stellte sich nun die Aufgabe, auch wo es noch nicht geschehen war, die Bestimmung durchzuführen. Dieses Bestreben wurde bald zum Selbstzweck; in Wirklichkeit fällt es aber in gewissem Sinne mit unserer eben formalisirten Aufgabe zusammen: es ist ein allgemeiner Theil derselben. Die mannigfachen Pflanzenformen der Cormophyten haben sich, wie die genannte Erfahrung der Möglichkeit ihres Zurückführens auf Caulom, Phyllom und Trichom lehrt, aus diesen drei morphologisch differenzirenden Grundformen entwickeln müssen. Ein Zurückführen aller höheren Pflanzen auf diese drei Grundformen beweist also ihre gemeinsame Abstammung, wobei zunächst von dem Zusammen- hänge im Einzelnen abgesehen wird. Als der allgemeine Theil unserer Aufgabe hat diese Werthbestimmung auch jeder speziellen Untersuchung voranzugehen: wir müssen erst den sog. morphologischen Werth der Gebilde kennen lernen, ehe wir sie auf ihren Ursprung vergleichen — sind ja morphologisch verschiedene Werthe von vorneherein von jeder Gemeinschaft ausgeschlossen. Bei einer jeden phylogenetischen Aufgabe wird also die Werth- bestimmung die Voruntersuchung bilden. Ueberhaupt werden wir die vergleichende Morphologie der Pflanzen einzutheilen haben in: 1) einen allgemeinen Theil, der sich mit der Werth- bestimmung der Organe befasst und 2) einen speeiellen Theil, der den Zusammenhang der Formen im einzelnen verfolgt. Der vergleichenden Morphologie als Ganzes würden wir die be- schreibende entgegenstellen, die nur d'ie genaue Kenntniss jeder Er- scheinung beansprucht. Diese muss natürlich der ganzen vergleichenden morphologischen Forschung vorausgehen. Die beschreibende und ver- gleichende Morphologie würden sich zu einander ähnlich verhalten wie die Grammatik zur vergleichenden Sprachforschung. Die beschreibende Morphologie ist wie die Grammatik: an sich nur Kenntniss; erst die vergleichende Morphologie und vergleichende Sprach- forschung führt zur Erkenntniss. Der ganzen Morphologie wäre schliesslich als Einleitung die Promor- phologic1) vorauszuschicken und zwar verstehe ich darunter die Lehre von der geometrischen Gestalt der Pflanzen und von den Raumbeziehungen ihrer Theile: vor Allem die Arten der Verzweigung und gegenseitiger 9 In ähnlichem Sinne schon von Hackel unterschieden. (Generelle Morphologie, Bd. I. p. 377). — 4M — Stellung, also Verhältnisse, die nicht auf eine bestimmte Grundform, sondern auf alle gleichmässig sich beziehen. Wir erhalten somit folgende Eintheilung der gesummten Morphologie: I. Promorphologie. II. Eigentliche Morphologie. 1) beschreibende, 2) vergleichende; a) allgemeine, b) specielle. Mittel zur Lösung morphologischer Fragen bieten uns: Die Entwickelungsgeschichte, die Anatomie, die Stellungsverhältnisse, die Bildungsabweichungen und endlich der Vergleich. Es dürfte nunmehr von Interesse sein, die Bedeutung jeder derselben noch einer näheren Prüfung zu unterwerfen. Die Entwickelungsgeschichte (Ontogenie) leistet vor Allem vorzügliche Dienste; dieses ist in Deutschland so allgemein anerkannt, dass fast alle Untersuchungen in neuerer Zeit auf derselben fussen: sie ist, man kann es sagen, zur herrschenden Methode geworden, wenn man wohl auch nur in den seltensten Fällen sich ihrer wahren Bedeutung bewusst wurde. Ihre Vorzüge sind aber in der Natur der Objecte selbst begründet. Die ganze Pflanze so wie jeder ihrer Theile wiederholen in Kürze in ihrer Entwickelung ihre historische Vergangenheit, Auf dieser Tliat- sache fusst die grosse von Haeckel1) zuerst klar aufgestellte Parallele zwischen der paleontologischen und der embryologischen Entwickelung. Was Wunder, dass auf diesem Wege morphologische Fragen am leichtesten zu lösen sind? Die Entwickelungsgeschichte würde überhaupt jede morphologische Frage entscheiden, wenn nicht (wie dieses Darwin zuerst gezeigt hat), in dem Maasse als durch Anpassung und Vererbung neue Entwickelungs- Momente am Ende der Reihe hinzukommen, die am Anfänge derselben stehenden mehr oder weniger zusammengezogen würden, und wenn nicht, was wohl noch wichtiger, die jüngsten Zustände auch anpassungsfähig wären. Ja, wegen der Plasticität der jungen Gewebe, würden dieselben J) Generelle Morphologie, Bd. II. p. 300. 401 i sich noch weit mehr verändert haben als die älteren, wenn sie nicht in den meisten Fällen von anderen Geweben geschützt und so zum Tlieil wenigstens äusseren Einflüssen entzogen wären. Die Entwickelungsgeschichte kann hiernach oft für sich allein eine schwierige Frage noch nicht lösen: So entsteht das Doppelblatt von Scia- dopitys in der Achsel seines Deckblattes sofort als breiter, am Scheitel continuirlich abgerundeter Höcker; es ist zu keiner Zeit, wie zu erwarten wäre, ein abgegrenzter Vegetationskegel zwischen den beiden Nadelanlagen zu sehen. Ebenso tritt häufig ein sicher mehrblätteriger Fruchtknoten von Anfang an als ein völlig geschlossener gleich hoher Wall in die Erscheinung: die Zusammensetzung aus mehreren Blättern ist also entwickelungsgeschichtlich an denselben nicht nachzuweisen u. s. w. Wo die Entwickelungsgeschichte allein nicht hinreicht, hilft dann oft die anatomische Untersuchung. Wir sehen nämlich häufig, dass auch dort, wo die äussere Gestalt sich vielfach modificirt hat, die innern Ein- richtungen verhältnissmässig stabil verblieben. Es hängt das mit dem Umstande zusammen, dass die Oberfläche mehr den äussern Einflüssen ausgesetzt ist als die inneren geschützten Theile. Wir haben dieses im Laufe unserer Arbeit mehrfach in Erfahrung gebracht und den Gefäss- bündelverlauf unverändeit gefunden, wo äusserlich, durch Verschiebung und Verschmelzung, die ursprünglichen Zustände ganz unkenntlich gemacht worden waren. So fanden wir in den Fruchtschuppen der Cupressineen, Taxodineen, Sequoineen, die Gefässbündel vom Deckblatt und Achsel- product völlig gesondert erhalten, wo die genannten Gebilde äusserlich gänzlich verschmolzen waren. Ebenso waren auch zwei getrennte Bündel in den Doppelnadeln von Sciadopitys, isolirte Blattbündel in verschmolzenblättrigen Fruchtknoten zu finden u. s. w. Dieses Verhalten veranlasste van Tieghem das anato- mische Criterium zum obersten, entscheidenden zu erheben. Allein die innern Theile der Pflanze verändern sich nur langsamer in Folge ihrer geschützten Lage; ihrer Natur nach aber sind sie eben so gut anpassungs- fähig wie die äusseren: daher können auch sie nicht überall entscheiden. Dass dem so ist, haben wir bei Araucarien gesehen, wo auch die im Innern der Gewebe eingeschlossenen Bündel unter einander verschmolzen waren, für sich allein, uns also keinen Aufschluss über den morphologischen Werth der Schuppe hätten abgeben können. Sehr wichtige Anhaltpunkte gewähren dann häufig noch die Stellungs- verhältnisse. Dieses wird unter anderem durch die allgemeine Verbreitung ßtrasburger, Conifuren und Gnetacoen. 26 402 bewiesen, welche der Schleideu’schc Grundsatz gefunden hat, dass ein Blatt in der Achsel eines andern Blattes nicht unvermittelt auftreten könne. Schon nach den Stellungsverhältnissen allein sind wir häutig im Stande, Caulorn, Phyllom und Trichom zu unterscheiden; dass aber die Stellungs- verhältnisse nicht allein maassgebend sind, brauche ich nicht erst zu sagen und auch nicht besonders hervorzuheben, dass ein Phyllom nicht zum Caulorn wird, auch wenn es, wie z. B. im Keime der Monocotylen direct die Axe fortsetzt. Besonderes Licht verbreiten die Stellungs- verhältnisse auf solche Fälle, wo gewisse Gebilde aus dem Entwickelungs- kreise verschwunden sind. Ich erinnere an die beiden ersten und einzigen median gestellten Perigonblätter der männlichen Blüthe von Ephedra. Ohne Welwitschia zu kennen, konnten wir aus dieser Stellung allein schon mit Sicherheit den Schluss ziehen, dass ein erstes, transversales Blattpaar hier ursprünglich vorhanden sein musste. Ebenso machte auch die mediane Stellung des ersten Kelchblattpaares bei Cruciferen das Schwinden eines transversalen Vorblattpaares mehr denn wahrscheinlich, und wirklich wurde ein solches auch auf ersten Jugendzuständen bei Alyssum, Hesperis, Raphanus, Bunias von Wretschko (Stzbr. der K. Acard. der Wiss. zu Wien Bd. LVIII. 1. Abth. Juli Heft 1 868) aufgefunden. Deshalb heisst es auch wohl mit Recht bei Braun (Individuum p. 50. Anm.): die Stellung der Bliithentlieile einer seitlichen Blüthe ist von be- stimmten Gesetzen des Zweiganfangs abhängig; wo sie mit diesen sich nicht vereinigen lässt, ist auf Unterdrückung vorangehender Blätter zu schliessen. So erklärt sich z. B. die so häutige Stellung der nach -5 geordneten Kelche mit dem zweiten Kelchblatt nach hinten, bei zwei Vorblättern „nach bestimmten Gesetzen , sie ist dagegen unerklärlich ohne Vor- blätter.“ In sehr verschiedener Weise ist der Werth der Bildungsabweichung beurtheilt worden. Die einen legten das höchste Gewicht auf dieselbe, die andern sprachen ihr jede wissenschaftliche Bedeutung ab. Diese Meinungsverschiedenheit wird durch die Natur der Bildungsabweichung selbst geboten, dieselbe kann nämlich von zweierlei Art sein, entweder A) eine Anpassungserscheinung, oder B) eine Rückschlags - Erscheinung. Ist sie eine reine Anpassungserscheinung, so ist sie ohne morphologischen Werth. Sie ist dann eine blosse Reaction auf bestimmte Einflüsse. Als extremes Beispiel erinnere ich nur an die durch Insectenstiche und Para- siten verursachten Auswüchse, an die Veränderung durch Druck ti. s. w.; 403 ja es giebt Missbildungen, die durch gewisse Entwickelung« - Zustände begünstigt werden, ohne in der Natur der Gebilde selbst begründet zu sein, Bei Behandlung der Samenknospen sollen wir solche Fälle noch kennen lernen, jetzt muss ich mich begnügen, dieselben anzuführen. Alle diese Missbildungen sind ohne morphologischen Werth: ja namentlich die Letzteren, weil sie oft an normal vorkommenden Formen anschliessen, sind häufig die Ursache falscher Deutungen geworden. Von grossem morphologischen Werthe ist hingegen die zweite Art der Bihlungsabweichungen : die Rückschlagserscheinungen. Diese offen- baren uns oft mit einem Schlage den morphologischen Werth eines Ge- bildes, indem sie uns seinen Ursprung vorführen: so z. B. die Umwandlung der Fruchtschuppen der Abietineen in Laubsprosse; die Verwandlung der Staubblätter oder Fruchtblätter in Laub- oder Blumenblätter u. s. w. Zu dieser Kategorie rechne ich auch die s. g. Hemmungsbildungen, denn auch diese sind atavistischer Art. Wie ist aber eine Rückschlags-Erscheinung von einer Anpassungs- erscheinung zu unterscheiden? Die Antwort auf diese Frage ist nicht leicht, ja in vielen Fällen nicht möglich. Als Anhaltspunkte können dienen: a) die Häufigkeit einer gegebenen Missbildung, weil man dann ver- muthen darf, dass sie in der Natur des Gebildes seihst begründet ist. Doch auch die Anpassungserpcheinungen bleiben sich gleich bei gleichen äussern Einflüssen. Die Gallen z. B. sind einfache Reactionen auf einen localen Reiz und bleiben sich doch so constant, dass man für gewöhnlich selbst das Iusect angeben kann, dem sie ihre Entstehung verdanken. Auf- fallend in dieser Beziehung sind auch die bekannten zapfenähnlichen An- schwellungen an der Fichte durch die in den Achseln der Blätter lebenden Larven von Chermes abietis L. verursacht. Ebenso constant bleiben sich auch die erwähnten, durch bestimmte Entwickelungszustände begünstigten Missbildungen, wie später gezeigt werden soll. bj Zur Unterscheidung von Rückschlags- und Anpassungserscheinungen kann weiter als Anhaltspunkt die Aehnlichkeit mit andern bekannten Formen dienen, allein in vielen Fällen wird auch hier der Schluss durch den Umstand erschwert, dass fast jede Rückschlagserscheinung von ganz regellosen Bildungen begleitet wird. Es ist dies begreiflich, 'wenn man bedenkt, dass ja bei jeder Missbildung der normale, für das bestehende Gebilde gültige Entwickelungsweg verlassen, und ein anderer weit zurück- liegender eingeschlagen wird. Somit zeigt jeder atavistische Fall neben 26" 404 einer Summe constant wiederkehrender Eigentümlichkeiten auch Zufällig- keiten (reine Anomalien), die auch wohl bis zum Unkenntlichmachen des Wesentlichen, Constanten, sich steigern können. Auch schliessen die er- wähnten, durch gewisse Entwickelungszustände begünstigten Missbildungen an normale Formen an und können in fraglichen Fällen die Entscheidung noch mehr erschweren. c) Die atavistischen Fälle sind meist durch Mittelformen mit den normalen verbunden; dieses kann sehr oft wichtige Fingerzeige abgeben; doch auch nicht in allen Fällen, denn wie ich noch nachzuweisen beabsichtige, zeigt auch die zuletzt erwähnte Missbildung häufig solche Uebergänge. Somit kann auch die Bildungsabweichung allein in einer schwierigen Frage nicht entscheiden, namentlich auch nicht, wenn die Beobachtung nur auf einen Einzelfall sich gründet. Es gilt von ihr in noch viel höherem Maasse dasjenige, was wir von der Entwickelungsgeschichte, der Anatomie und den Stellungsverhältnissen gesagt haben: einzeln für sich können sie nicht entscheiden, wohl aber gewinnt jedes auf dem einen dieser Wege erhaltene Resultat ungemein an Bedeutung, wenn es auf einem anderen bestätigt worden ist. Kehrt eine entwickelungsgeschichtlich gewonnene durch Bau und Stellung gestützte Thatsache auch in der Bildungs- abweichung wieder, so ist wohl ihre Deutung über alle Zweifel erhaben. So z. B. fanden wir entwickelungsgeschiciitlieh, anatomisch und aus den Stellungsverhältnissen, dass die scheinbar einfache Nadel von Sciado- pitys einen Kurztrieb mit zwei verwachsenen Doppeluadeln repräsentirt — Die von Masters beobachtete Spaltung und Durchwachsung einer solchen Doppelnadel giebt dieser Deutung die volle Gewissheit. Dem Vergleich kommt endlich die höchste Instanz zu, doch erst nachdem die directe Untersuchung vollendet ist. Diese soll dem Vergleich die breiteste Basis schaffen. Nicht auf die äussere Gestalt oder Stellung allein wird sich derselbe zu beschränken haben, sondern auf sämmtliche Resultate der Forschung. Durch den Vergleich allein kann die Homologie d. h. der genetische Zusammenhang zweier Formen festgestellt werden — aber auch in denjenigen Fällen, wo es sich nur um die allgemeine Be- stimmung eines Organes, nicht um dessen specielle Entwickelung handelt, kann der Vergleich oft den Ausschlag geben. Freilich ist, wie bereits betont, diese Methode am schwierigsten zu handhaben und hat schon manchen auf Irrwege geführt. — Vor Allem müssen hier zwei Gesichts- punkte festgehalten werden. Wie schon gesagt muss man 1) dem Vergleich 405 stets die ganze directe Untersuchung vorausgehen lassen, um möglichst viele Anhaltepunkte für denselben zu sclmtfen, 2) darf man stets nur das Nächste vergleichen und sich nicht durch weitgehende Analogieen bestimmen lassen, welchen, wie aus der Litteratur über die weibliche Coniferen-Blüthe wohl hinlänglich zu ersehen war, meist entgegengesetzte vorgehalten werden können. Wir wollen das Beispiel der weiblichen Coniferen-Blüthe uns hier nochmals ins Gedächtniss zurückrufen. Vom allgemein - vergleichenden morphologischen Standpunkte hatten wir zunächst an die Hülle dieser Blüthe nur die Frage zu stellen, ob sie ein Blattorgan sei und wenn dieses der Fall, aus wie viel Blättern sie bestehe; ist dieses in einer gegebenen Species durch die directe Unter- suchung nicht festzustellen, so wenden wir uns an ihre nächsten Ver- wandten und suchen, ob nicht bei der einen oder anderen dieselbe Bildung prägnanter auftritt und ihre Natur und Zusammensetzung leichter offenbart. Häufig gelingt es dann sofort die Frage zu lösen, denn, wenn das Resultat an nächst verwandten Formen und an unzweifelhaft derselben Bildung gewonnen wurde, so hat cs auch für die vorliegende Species entschiedene Geltung. Die specicll vergleichende Morphologie stellt an die Hülle der weiblichen Coniferen-Blüthe eine andere Frage, sie setzt voraus dass ihr allgemein morphologischer Werth bereits sichergestellt sei, und sucht nun weiter zu ermitteln: ist diese Hülle eine Fruchtknotenwandung oder ein Ovularintegument d. h. ist sie der Fruchtknoten wandung oder dem Ovularintegumente der Metaspermen homolog? aus welchen Formen hat sie sich entwickelt? welchen den Ursprung gegeben? Um dieses zu ent- scheiden, wird man sich natürlich nicht nur an beliebige nahe verwandte, günstig scheinende Formen zu wenden haben, wie bei der allgemeinen Wertli- bestimmung, sondern man wird den Vergleich auf alle verwandten Formen ausdehnen und bestrebt sein, eine möglichst zusammenhängende Entwickelungsreilie zu erhalten. Dass ein Schluss nach Analogie in diesem Falle noch werthloser ist als in dem vorigen, dass eine specielle morpho- logische Frage bei Coniferen nicht dadurch gelöst werden kann, dass mau eine beliebige Conifere mit einer beliebigen Metasperme oder einem beliebigen Farne vergleicht, brauche ich darnach wohl kaum nlehr zu be- tonen; — dass aber ein ununterbrochener fortgesetzter Vergleich auch hier zum Resultate führen kann, war ich bestrebt, in dieser Arbeit zu zeigen. — 406 Dem von uns eingenommenen Standpunkte entgegen hat sich in letzter Zeit mehrfach das Bestreben geltend gemacht, die Verschiedenheit der morphologischen Grundformen als veraltetes Dogma zu verwerfen; ja man wollte sicher den Uebergang der einen in die andere beobachtet haben. Namentlich wurde dies von den Samenknospen und Staubblättern behauptet: die einmal Caulome, dann Phyllome, ja selbst Trichome sein konnten. Die Unterschiede von Caulom und Phyllom sollten zunächst nur durch Raumbeziehungen bestimmt werden und bei Veränderung der Raum- beziehung sich auch verändern; ein Phyllom z. B. als Caulom aufzufassen sein, wenn es direct die Axe fortsetzt. Nach den Gesetzen der Erblichkeit war freilich etwas Anderes zu erwarten, sehen wir doch Caulom, Phyllom und Trichom uns von den höheren Cryptogamen an als scharf gesonderte Grundformen entgegen- getreten. Nach bereits vollzogener Differeneirung in Caulom, Phyllom und Trichom haben sich alle die mannigfachen Gebilde der Phanerogamen- Pflanzen entwickelt, also müssen sie entweder einer der drei Grundformen angehören, oder als Gebilde von ganz neuem morphologischen Werthe hinzugekommen sein. Solche Neubildung ist entschieden möglich, — (sind doch die in Axe, Blatt und Haar gegliederten Pflanzen aus ungegliederten Thallus -Pflanzen entstanden) — ist auch wirklich aufgetreten, denn als solche nur kann ich die s. g. Axenwucherungen, wie z. B. den Fuss am Keime der höheren Cryptogamen J), die Arillus und Discusbildungen auf- fassen, doch sind dieses nur Ausnahmen: Beobachtung und Vergleich lehren übereinstimmend, dass alle anderen Gebilde aus einem der drei Grund- gebilde sich entwickelt haben und somit bestimmte, dem Grundgebilde dem es augehört eigene, von denen anderer Grundgebilde verschiedene Eigen- schaften in Erbtheil erhielten. Eine Verschiebung oder Verwachsung, Orts- oder Gestaltsveränderung kann aber nicht den morphologischen Werth eines Gebildes beeinflussen. Es bleibt an demselben stets ein Etwas, das er nicht verleugnen kann, es ist dies seine Herkunft. Wie verhält es sich dann aber mit den Staubblättern und Samen- knospen, die einen verschiedenen morphologischen Werth wirklich besitzen sollen? Wenn sich der morphologische Werth der Gebilde nicht ver- ändert, so muss man vielleicht annehmen, dass die Samenknospen (um *) So bei Marsilea (Haustein, Jahrb. f. vviss. Hot., Bd. IV. p. 252), Selagiuella (Pfeffer, Botanische Abk. von Haustein, 4. Heft), 407 uns zunächst an dieses Beispiel zu halten) wiederholte Male unabhängig von einander entstanden sind; das eine Mal durch Metamorphose eines Trichoms: wie z. B. bei Orchideen, das andere Mal durch Metamorphose eines Blattes: wie bei Primula, ein anderes Mal durch Metamorphose eines Blattzipfels: wie bei Delphinium, ein anderes Mal endlich durch Metamorphose des ganzen Axenendes: wie bei Najas. — Keiner, der diese Samenknospen gesehen hat, wird dies glauben wollen, denn sie sind viel zu übereinstimmend gebaut, tragen viel zu sehr das Gepräge einer gemeinschaftlichen Abstammung; — also bleibt nichts übrig, vorausgesetzt dass die oben angeführten Deutungen richtig sind, als anzunehmen, dass ein Trichom zum Phyllom oder Caiilom werden könne. Man suchte wohl auch die Sache noch anders darzustellen, indem man von der Auffassung ausging, dass keine physiologische Arbeit ausschliesslich an ein einziges morphologisch bestimmtes Grundorgan gebunden sei, und dachte sich also, dass ähnlich wie die inneren Gewebe eines Caulomes sich anders differenciren können, wenn dasselbe zum Cladodium geworden und die physiologischen Functionen eines Blattes übernommen hat, die- selben unter gewissen Bedingungen auch Pollenkörner erzeugen könnten. Das sind aber von Grund aus verschiedene Dinge. Im Cladodium ist nur das bereits Vorhandene verändert worden, es hat sich den neuen Verhältnissen entsprechend modificirt, die Zellen sind auseinander getreten, haben Chlorophyll gebildet, die Epidermis Spalt- öffnungen erzeugt — alles Erscheinungen, die auch auf der Oberfläche des unveränderten Stengels sich zeigen können, Veränderungen, deren wohl die meisten Zellen fähig sind. Specifisch Neues, was nur bestimmten Blatt- formationen oder gar gewissen Zellen bestimmter Blattformationen eigen wäre, sehen wir hier nicht auftreten; dieses möchte aber wirklich den Fall sein, wenn rein vegetative Zellen anfangen würden Pollenkörner zu erzeugen, also einen Entwickelungsgang einschlagen, der seit unendlichen Zeiten nur auf bestimmte Zellen vererbt wurde. Ebenso gut könnte man alsdann erwarten, dass eine jede beliebige Zelle Spermatozoiden erzeuge oder ihren Inhalt zu einem entwickelungsfähigen Eie zusammenballe. Dieses ist gegen jede Erfahrung, vor Allem gegen das Gesetz der specifischen Vererbung. ' Bei Algen , Pilzen u. dgl., wo die vegetativen und generativen Functionen noch kaum getrennt sind, wäre wohl so etwas möglich, nicht aber bei den Phanerogamen, nachdem diese Trennung so weit zurück 408 liegt und nachdem so lange schon die generativen Functionen nur auf bestimmte Zellen übertragen wurden. Nur in solchen Functionen können sich die Grundformen ohne weiteres vertreten, deren jede Zelle mehr oder weniger fähig ist: nicht aber in solchen, die nur an bestimmte Zellen gebunden sind. Freilich kann man hier einwenden, dass, da die generativen Functionen an Zellen gebunden sind, dieselben ihren Ort langsam verändern könnten und nicht an ein einziges Grundgebilde fixirt zu sein brauchten. Dieses ist entschieden möglich, hat aber, so weit die Erfahrung reicht, bei Phane- rogamen nicht stattgefunden J). In allen den eben angeführten Fällen, wo die morphologische Natur der Samenknospen verschieden sein sollte, handelt cs sich übrigens nie um den Embryosack allein, sondern stets um die ganze Samenknospe mit ihren charakteristischen Hüllen. Durch die Annahme einer Verschiebung des Embryosackes wäre hier also wenig geholfen, da es sich vielmehr um die morphologische Werth- veränderung der ganzen Samenknospe handelt. Wir waren somit von neuen aut die Alternative angewiesen: entweder die oben angeführten Deutungen dieser Samenknospen anzuzweifeln oder die Umwandlung der morphologischen Grundgebilde in einander anzunehmen. Um diese und ähnliche Schwierigkeiten zu lösen, glaubten einige auch zwischen einer physiologischen und morphologischen Deutung unterscheiden zu müssen und ein Gebilde für ein Axenorgan ausgeben zu dürfen, ohne gleichzeitig die Möglichkeit auszuschliessen, dass es etwa aus ver- schmolzenen Blattgebilden entstanden sei 2). — Ich halte eine solche Auf- fassung geradezu für unmöglich; für mich und wie ich hoffe für die meisten Naturforscher, fallen die beiden oben genannten Begriffe zu- sammen und kann ich schlechterdings nicht zugeben, was hieraus ja unmittelbar folgern, würde, dass die beiden, mit ihrer Oberseite ver- >) Eine Vertheilung der generativen Zellen vom Blatte aus (bei Farnen) auf Blatt und Axe (bei Lycopodiaceen und Phanerogamen) hat sicher einmal stattgefunden, doch scheint sie auch damals nicht durch Verschiebung endogener Zellen vor sich gegangen zu sein, vielmehr durch Verschiebung der blattständigen Triehome (Sporangicn), die als Irichome sowohl auf Caulomen als auch auf Phyllomen stehen könnten. Diese Ver- schiebung erfolgte erst nach geschlechtlicher Trennung der Sporangien und es wurden schliesslich die einen vom Blatte (die Microsporien), die andern von der Axe (Macro- sporangien) aufgenommen und Micro- und und Macrosporen auf diese Weise endogen. (Vergl. auch das p. 257 darüber Gesagte). 2) Dieses ist für die s. g. staubbildenden Axen geschehen. 409 wachsenen Blätter von Seiaclopitys als ein Caulom zu deuten seien, weil sie unmittelbar die Axc fortsetzen, wenn bewiesen worden ist, dass sic aus zwei verschmolzenen Blättern entstanden sind J). Alle diese Erwägungen veranlassten mich, die fraglichen Fälle bei Samenknospen und Staubblättern einer erneuerten Prüfung zu unterwerfen. Unsere Untersuchungen an Coniferen und Gnetaceen haben ergeben, dass die Samenknospe eine metamorphosirte Knospe ist, und dass der Nucleus dem Stammtheil, die Integumente den Blättern dieser Knospe entsprechen. Ist unsere Auffassung von dem Zusammenhang mit den Metaspermen richtig, so wird dasselbe wohl auch für die Samenknospen dieser letzteren gelten. Für einige Fälle ist die Knospen-Natur der Metasperinen-Ovula auch wirklich nachgewiesen worden: So hat vor Allem Payer2) für Urticaceae3), Polygoneae4) für Cheno- podiaceae, Paronychieae 5), Amaranthaceae 6) die axile Natur des Ovulum festgestellt. Eichler 7) zeigte dann bei Helosideen, dass sich die Axenspitze in die nackte aufrechte Samenknospe verwandelt; bei Verwandten dieser Pflanzen treten genau an Stelle dieser Samenknospe häufig axile Placenten auf, an deren axiler Natur man im Allgemeinen nicht zweifeln kann: so bei Santalineen, Loranthaceen, Scybalieen, Lathrophyten, Primulaceen, Myr- sineen. Auch bei Najas wird nach Magnus 8) die anatrope Samenknospe aus der Axenspitze selbst erzeugt, die Integumente sprossen unter dem Scheitel derselben hervor. 4) Es wäre dies etwas ganz Aehnliches, als wenn ein Zoolog von einem Rumpf sprechen wollte, der aus der Verwachsung von Extremitäten entstanden sei. 2) Traite d’organogenie Taf. 66. Fig. 6, 15, 16 für Beta maritima, Fig. 20 — 23, für Microtea maypurensis; Fig. 32 für Salsola Soda. 3) Taf. 60. Fig. 11, 13, 14, 17 für Urtica cannabina. 4) Taf. 64. Fig. 13, 14, 16, 17, 18 für Polygonus cymosum, Taf. 65. Fig. 8, 9, 10, 27, 28 für Rlieum undulatum, australe und Rumex pulcher. < ?) Taf. 70. Fig. 8, 9 für Scleranthus anuus, Fig. 19 und 20 für Illecebrum verticil- latum. 6) Taf. 74. Fig. 8, 11 Alternanthera tenella. 7) Botan. Zeit. 1868. sp. 546. 8) Beiträge zur Kenntniss der Gattung Najas L. p. 36, Endlich giebt auch Haustein -und Schmitz1) an, dass bei Peperomia repens H. B. K. die Spitze der Bliithenaxe sich im Innern des Frucht- knotens erhebt und zur Samenknospe wird. Eine der obersten Zellen des Pleroms bildet im Innern derselben den Embryosack. In allen diesen Fällen haben wir es also, wie bei den Ooniferen und Gnetaceen, mit einer metamorphosirten Knospe zu thun. Hingegen kommt Gramer auf Grund beobachteter Missbildungen zu folgendem Schlüsse: „Das Pflanzenei (sagt er Bildungsabweichungen p. 120) ist entweder ein metamorphosirtes Blatt oder ein metamorphosirter Blatttheil (ein Blatt- zipfel oder ein Auswuchs der Blattoberfläche). Ich halte für ein ganzes Blatt das Ei der Primulaceen und der grossen Familie der Compositen und vermuthe das Nämliche werde sich bei genauerem Nachsehen auch für andere Pflanzen darthun lassen, besonders für solche, die ein einziges, angeblich terminales Ei in der Blütlie besitzen sollen: z. B. Taxus, Urtica, vielleicht auch für die Dipsaceen etc. Der Eikern ist in diesem Falle eine Neubildung auf dem Ovularblatte, der Funiculus entspricht der Basis, die Eihüllen entsprechen dem ein- oder zweimal becher- oder kapuzenförmig um den Eikern erhobenen oberen Theil desselben. Dagegen halte ich für blosse Blatttheile alle diejenigen Eier, die nachgewiesener Maassen einzeln oder zu mehreren am Rand oder auf der Oberfläche von Carpellblättern entspringen, wie bei den Cycadeen, Abietineen, Liliaceen, Umbelliferen, Ranunculaceen, Ilesedaceen, Cruciferen, Leguminosen u. s. w. stehen. Hier ist der Eikern eine Neubildung an diesem Lappen, der Funiculus entspricht der Basis, die Eihüllen entsprechen dem ein bis zwei Mal becherförmig um den Eikern erhobenen obern Theil desselben. Nur bei den wenigen bis jetzt bekannten Pflanzen mit hüllenlosen Eiern (einigen Amarvllideen und Belanophoreen) entspricht der Eikern, das Ei in seiner Totalität eben diesem Lappen des Fruchtblattes.“ Auch dem Nucleus spricht Gramer 1». 127 die Axennatur ab. „Wie das ganze mit Eikern und Eihüllen ver- sehene Ei an der Placenta, so entsteht auch der Eikern, gleichviel ob später mit, oder ohne Eihüllen, am Funiculus (resp. am Carpell bei den hüllenlosen Eiern) nach Art von Normalknospen und Blattemergenzen durch Auswachsen peripherischer Zellen. Da nun der Funiculus, wie das Garpell Blattnatur besitzt, an Blättern aber Normalknospenbildung bis jetzt nicht ') U< ber die Entwickelungsgeschichte der Bliithen einiger Piperaceen, Bot. Zeit. 1870. Sp. 39. 411 bekannt ist, so glaube ich auch aus der Entsteh ungs weise des Eikerns den Schluss ziehen zu dürfen, der Eikern sei eine blosse Blatterzeugung und besitze gleichfalls Blattnatur." — Dann macht Gramer gegen dessen Axennatur noch geltend: „seine anerkannte Analogie einerseits, mit den Sporangien insbesondere der Farne und Schachtelhalme, andererseits mit den Pollensäcken der Pha- nerogamen. Wenn aber diese nicht als Stengel Organe, sondern als blosse metamorphosirte Blattemergenzen betrachtet werden, so ist es inconsequent den Eikern anders zu deuten. Somit würden sich Stengel und Blatt der Phanerogamen von einander wesentlich unterscheiden, dadurch, dass nur das Blatt der Fortpflanzung im engeren Sinne des Wortes dient. Ja, es darf dieser Satz vielleicht auf sämmtliche Gefässpflanzen ausgedehnt werden. Gramer stützte wie erwähnt seine Angaben auf eine grosse Zahl beobachteter Missbildungen und die Entwickelungsgeschichte, was seine Ansicht so fest zu begründen schien, dass ihr Sachs in der ersten Auflage seines Lehrbuches fast vollständig beipflichtete. In der zweiten Auflage wurde dies wesentlich anders. Sachs sagt hier selber (p. 474): „Ich habe- mich diesen Ansichten Gramers in der ersten Auflage dieses Buches, nur mit Vorbehalt bezüglich der Orchideen, angeschlossen, besonders weil ich damals auf die morphologische Gleichartigkeit des Knospenkerns bei allen Phanerogamen glaubte Werth legen zu müssen; dieser Grund hat für mich, nach weiterer Erwägung, seine Bedeutung verloren, und ich finde mich um so mehr veranlasst, den Samenknospen je nach ihrer Ent- stehung und Stellung verschiedene morphologische Bedeutung zuzuschreiben, als von Magnus, Rohrbach, Hanstein und Schmitz gezeigt wurde, dass bei den Piperaceen, Typhaceen, Najadeen, wirklich die Samen- knospe als Terminalgebilde der Blüthenaxe sich entwickelt und dass bei Najas die terminale Samenknospe sogar anatrop wird; ich finde in diesen Angaben nicht nur die Bestätigung eigener Beobachtungen an Ghenopodeen und Polygoneen, sondern sie berechtigen auch zu der Annahme, dass die schon früher von Payer terminal beschriebenen Samenknospen wirklich solche sind." Zu einer ähnlichen Ansicht war auch Hanstein gelangt1)- Er hat „aus mancherlei Beobachtungen die Ueberzeugung gewonnen, dass ebenso wie überhaupt die Function im Pflanzenkörper durchaus nicht an morphologisch *) 1. c. sp. 37. 412 gleichwertige Organe gebunden sei, so auch das zu bestimmtem Zweck gestaltete Samcnknöspchcn sehr verschiedenen morphologischen Ursprungs, zuweilen als Differenzirungsproduct der Axe unmittelbar, ja sogar als überhaupt nur unvollkommen differencirte Vorkommen könne." Sowohl Sachs als Haustein stützen sich in ihrer Auffassung auf die Cramer’schen Angaben. Diese hätten wir also vor Allem ins Auge zu fassen1). Cramer fühlte sich aber veranlasst die Blattnatur der Samen- knospen anzunehmen aus vielfach beobachteten Fällen von Vergrünung, wo an Stelle der Samenknospen entschiedene Blätter aufgetreten waren. So sah er bei Primula chinensis Fälle die sich durchaus nicht anders deuten Hessen: „Die Primulaceen-Eier, sagt er2), lassen sich nicht als Knospen, die Eikerne nicht als deren Axen, die Eihüllen nicht als die Blätter der Knospen betrachten; denn weitaus den meisten obiger ver- bildeter Eier fehlt vor Allem der Eikern vollständig und wo stärkere blattförmige Bildungsabweichungen ihn noch erkennen lassen, steht derselbe deutlich seitlich an dem Blatte, nicht dieses seitlich am rudimentären Eikern. Der Eikern ist also hier ein Erzeugniss des Blattes und zwar, da das Gcfässbündel ausnahmslos am concaven Eirande sich in die innere Eihülle fortsetzt, ein Erzeugniss der oberen Blattfläche.“ Cramer hatte bei den meisten verbildeten Eiern auch beobachtet, dass die äussere Eihülle mit dem Maasse der zunehmenden Verbildung schwindet und nur die innere sich blattartig ausbreitet; daraus zieht er weiter den Schluss: „Die Eihüllen sind nicht zwei verschiedene Blätter, sondern eigenthümlich ausgebildete Theile ein und desselben Blattes; sonst müssten sich doch bei diesen Bildungsabweichungen bisweilen beide Eihüllen blatt- artig gestaltet haben.“ Auch die Entwickelungsgeschichte des normalen Eies von Lysimachia punctata L. :<), scheint Cramer dieser Deutung nicht zu widersprechen. „An der Oberfläche der Placenta treten zunächst zahlreiche, halbkugelige, zellige Vorsprünge auf. Etwas später erscheinen dieselben schwach haken- förmig abwärts gekrümmt. Dann erhebt sich wenig unterhalb der Spitze dieser Haken (welche nichts anderes sind als die jungen Eikerne), je eine ring- förmige Wulst (die innere Eihülle) und gleich darauf ausserhalb dieser noch 1) Auf die übrige Litteratur einzugehen, dürfte hingegen nicht in unserem augen- blicklichen Interesse liegen, und verweise ich auf die treffliche Zusammenstellung in Alex. Braun, Polyembryonie, p. 185 u. f. und auf Cramer’s Bildungsabweichuugen. 2) 1. c. p. 45. >) 1. c. p. 132. 413 — eine zweite (die äussere Eihülle). Der Nuclcus ist zwar noch auf diesem Stadium auffallend kleiner als die erste halbkugelige Erhebung an der Placenta, die Eihüllen entspringen nicht an diesem Eikern, sondern an der dicken Basis, welche auch den Eikern trägt; es kann daher der Eikern ganz wohl als eine Neubildung an jener halbkugeligen Erhebung der Placenta betrachtet werden." Bei den Compositen ’) fand Cramer in verbildeten Blüthen von Senecio vulgaris in vielen Fruchtknoten eine Knospe, aber nicht an der Stelle des Eies, sondern neben demselben, und einige Fälle zeigten unzweifelhaft, dass das äusserste Blatt dieser Knospe dem Eie entspricht. Es zeichnete sich durch seine überwiegende Grösse aus und hin und wieder war auf seiner concaven Seite ein langer vielzelliger Kegel offenbar der ver- kümmerte Eikern aufgesetzt. Die Axe der Compositenblüthe schliesst also mit einem Blatte ab, das zum Ei wird, und kann in abnormen Fällen durchwachsen. Auch die Entwickelungsgeschichte normaler Eier von Cen- taurea Jacea L. 2) zeigt, dass das Ei nie in der Mitte des Fruchtknotens, sondern stets merklich seitlich sich als zelliger Vorsprung erhebt. Dieser Vorsprung krümmt sich dann constant gegen die leere Hälfte der Fruchtknotenhöhle und ist der Gestalt nach einer Blattanlage äusserst ähnlich. Etwas später erscheint dieser etwas gebogene Auswuchs auf der ursprünglich concaven Seite in eine Anfangs kleine, später mehr und mehr kegelförmige Warze vorgezogen. Die Warze stellt den Eikern dar, bleibt noch längere Zeit bedeutend kleiner als die erste Anlage des ganzen Eies und wird endlich von seinem Träger aus mehr und mehr überwölbt. Das Endresultat ist die Bildung eines normalen anatropen Eichens mit Eikern und einfacher Eihülle. Es liegt kein Grund vor, die erste Anlage des ganzen Eies für den Eikern nnd den kleinen Vorsprung d. h. den wahren Eikern für die Spitze der ganzen Anlage zu halten. An vergrünten Blüthen von Delphinium elatum L. 3) beobachtete Cramer eine (schon früher beschriebene) Lappenbildung an den Rändern der stets aufgeschlitzten Carpelle. Auf der Innenfläche einzelner Rand- lappen waren, vom Gefässbündel derselben unabhängig, kleine halbkugelige Vorsprünge sichtbar. Dass diese Vorsprünge als rudimentäre Eikerne und die Läppchen als Eihüllen aufzufassen seien, zeigen die Mittelstufen. >) 1. c. p. 61. *) l. c. p. 181. «)p. 6. Manchmal nämlich sind die Läppchen, welche jene Zellwülste tragen, stark nach innen gekrümmt, manchmal löffelförmig, schalenförmig, selbst becher- förmig, die Zellhügel ganz locker umschliessend; je mehr sie sich um den • Vorsprung herum wölben, desto grösser ist gewöhnlich dieser, desto kleiner dagegen das concave Läppchen. Auch Trifolium repens L. var. viridiflorum konnte Gramer unter- suchen, und einer älteren Angabe Caspari’s gemäss constatiren, dass hier nicht die innere , sondern die äussere Eihülle blattartig wird und der Eikern, wenn seine Bildung nicht unterbleibt, nicht etwa an der Insertions- stelle der Spreite am Stiel, sondern mitten auf der Spreite und aus dem Parenchym der Oberseite, d. h. unabhängig von den Gefässbündeln sich erhebt, so dass hier gar keine Möglichkeit übrig bleibt, den Eikern als Axe, welche die Eihüllen trüge, oder etwa als Adventivknospe an- zusehen. Endlich giebt Gramer auch eine Entwickelungsgeschichte der normalen Eier von Anthericum Liliago L., die ich noch nicht Gelegenheit hatte zu erwähnen und kommt auch hier zu dem Resultate, dass der Eikern nicht der ganzen ursprünglichen Zellwarze entspricht (Ovularanlage), sondern erst später und zwar seitlich an dieser auftritt. Es schien mir nach Durchlesung der Arbeit von Gramer vor Allem wichtig, seine Angaben entwickelungsgeschichtlich zu prüfen und zwar zunächst an den nämlichen, oder doch den nächsten Verwandten der- jenigen Pflanzen, an welchen er seine Beobachtungen angestellt hatte. Ich wählte deshalb zur Untersuchung: Primula chinensis Lind — Lysimachia verticillata Bbrst., Gentaurea nervosa Willd., Delphinium elatum L., Aconitum Napellus L., Anthericum raniQSum L., und ausserdem noch: Passiflora cocrulea L., Monotropa Hypopitys L. und Gymnadenia conopsea R. Br. 415 Delphinium elatuni L. Bei Delphinium elatum zeigt sich die Samenknospe an dem jungen Fruchtblattrande als eine kleine abgerundete Warze, die bald zum Höcker auswächst. Sie verdankt ihre Entstehung tangentialen Theilungen einiger unter der Oberhaut des Fruchtblattes liegenden Zellen; diese treiben die Oberhaut des Fruchtblattes in die Höhe und bauen die Samenknospe im Innern auf, während die Oberhaut desselben sich zunächst nur durch radiale Scheidewände theilt und so die Zahl ihrer Zellen vermehrt. Die Anlage stellt alsbald einen an seiner Spitze etwas verjüngten Höcker dar und krümmt sich ein wenig nach der entsprechenden Seite der Frucht- knotenhöhlung; gleichzeitig sieht man an der entgegengesetzten Seite, etwa in halber Höhe am Höcker, die erste Anschwellung für das Inte- gument sich bilden. Es ist hier constant eine (selten zwei) Zelle, der unter der Epidermis des Höckers liegenden Zellenschicht, die an Grösse zunimmt und sich durch eine zu der Oberfläche desselben parallele Wand halbirt. Hierdurch wird die Oberhaut an dieser Stelle aufgetrieben und erhebt sich nun als ziemlich breiter Wall. Dieser greift rasch von beiden Seiten um den gleichzeitig sich immer stärker krümmenden und an Länge zunehmenden Höcker. Auf der Rückseite zeigt der Integumentwall bleibend eine stärkere Entwickelung und es ist auch eine, wenn auch sehr schwache Einsenkung unterhalb seines Randes zu bemerken. Das Integument wird hier von etwa 5 Zelllagen gebildet, d. h. aus der innern und äusseren Epidermis und drei innern Schichten, die aus den Periblemzellen erzeugt worden sind. Im Körper des Höckers laufen alle Zellreihen nach dem Scheitel zu; dieses ist so deutlich und so leicht zu verfolgen, dass man auch ohne die vorhergehende Entwickelungsgeschichte die Höckerspitze für den Scheitel der ganzen Anlage erklären müsste. Besonders schöne Präparate werden auch hier erhalten, wenn man die Schnitte erst mit verd. Kali- lauge behandelt, dann auswäscht und Essigsäure auf dieselben einwirken lässt. In dem Maasse, als sich der Integuinentraml dem Höckerscheitel nähert, wird der vorerwähnte Einschnitt auf der Rückenseite desselben immer deutlicher, endlich so tief, dass man den Rand zweier Integumente vor sich zu haben glaubt. Dieses wird durch eine Anschwellung der Inte- gumente unterhalb des Einschnitts hervorgerufen. Der durch diese An- Schwellung gebildete Rand bleibt in der Höhe des Höckcrscheitels, er greift zu beiden Seiten um die Samenknospe und schliesst an das Gewebe des Funiculus an; der obere Integumentrand erhebt sich hingegen bis über den Höckerscheitel, — er ist im ganzen Umkreise desselben gleich- massig entwickelt und schliesst hier, eine feine Micropyle bildend, zusammen. Die letzte Erhebung dieses Randes über den äussern, wird durch eine Theilung seiner obersten Dermatogenzellen eingeleitet, er schwillt gleichzeitig auf. In Folge dieser Anschwellung kommt der äussere Contour des oberen Randes wiederum fast in gerader Linie mit dem Contour der Antheren zu stehen; der Einschnitt zwischen beiden ist zwar tiefer, doch weniger kenntlich; er erscheint auf dem Längsschnitte als eine scharf in das Gewebe des Integuments eindringende Furche. Noch bevor der Integitmentrand den Scheitel des Höckers erreicht hat, sieht man die oberste Dermatogenzellen dieses Letzteren, 4—5 an der Zahl, sich durch je eine zur Oberfläche parallele Wand halbiren. Die oberste Zelle der mittleren Zellreihe des Höckers fängt an durch ihre Grösse sich etwas vor den andern auszuzeichnen. Der Höcker nimmt alle charakteristischen Eigenschaften des Knospenkerns an. Im fertigen Zustande hat sich der Embryosack aus der letzterwähnten Zelle völlig entwickelt, er zeigt zwei birnenförmige Keimbläschen am Scheitel und gegen vier Gegenfusslerinnen an der Basis. Die aus der Theilung der obersten Dermatogenzelle entstandenen Zellen haben sich nochmals getheilt, so dass eine Schicht von je vier flachen Knospenkernzellen über dem Embryosacke liegen, die Knospen warze bildend. Das Integument ist auf der Rückseite, unterhalb der beiden Ränder 7 — S Zellen stark, auf der Funicularseite nur 2 — 3. Im Funiculus läuft ein Bündel, das an das Randbündel des Carpellblattes anschliesst, es endet unter dem Nucleus; der Funiculus ist, die schmalen Zellen des Gefassbündels mitgerechnet, 12 — 14 Zellen breit. Aconitum Napellus L. Die Samenknospe von Aconitum Napellus ist ganz so wie die von Delphinium gebaut, doch besitzt sie zwei deutlich gesonderte Integumente; das äussere endet in der nämlichen Höhe in welcher der Einschnitt bei Delphinium liegt, der obere Rand des innern entspricht durchaus dem 417 oberen Rande des Integumentes von Delphinium. Das äussere Integument zeigt auf der Rückenseite der Samenknospe 4 — 5 Zelllagen, das innere 2—3, zusammen sind sie hier also gerade eben so stark, wie das einzige Integument von Delphinium. Auf der Funicularseite ist nur das innere Integument vorhanden, das äussere schliesst zu beiden Seiten an den Funiculus an. Die Ucbereinstimmung im Baue beider Samenknospen erstreckt sich auch bis ins Einzelne hinein, so dass Alles zu der Annahme drängt, dass das einzige Integument von Delphinium aus der Vereinigung des inneren und des äusseren entstanden sei, und dass der Einschnitt unter dem Scheitel, dem oberen Rande des äusseren Integu- mentes entspricht. Beide Integumente erheben sich bei Delphinium ge- meinschaftlich, was jedenfalls einen interessanten Fall von vorgeschrittener Verschmelzung uns bietet, und nur eine schwache Vertiefung am Scheitel der Erhebung zeugt von Anfang an für ihre doppelte Zusammen- setzung. Auf der Funicularseite entwickelt sich bei Delphinium wie bei Aco- nitum nur das innere Integument, während das im unteren Rande endende äussere, beiderseits an den Funiculus anschliesst. Wie weit eine solche Verschmelzung der beiden Integumente auch bei anderen Dicotylen mit einfachem Integumente vorkommt, kann ich, auf meine geringe Erfahrungen hin, nicht angeben; eine vergleichende morpho- logische Untersuchung dürfte hier aber auch noch von Interesse sein. Ihrem gegenseitigen Verhältnisse im fertigen Zustande entsprechend erheben sich auch die Integumente von Aconitum unabhängig von ein- ander. Beide werden fast gleichzeitig angelegt oder das innere doch nur wenig früher. Das innere, das im fertigen Zustande nur 2 — 3 Zellen stark ist, verdankt seine Entstehung zwei quer sich theilenden Dermatogen zellen; das äussere etwa 5 Zellen starke, beginnt mit der queren Theilung einer oder zweier unter der Epidermis liegender Zellen. Die Epidermis wird dann passiv emporgehoben und bleibt auch bis zuletzt selbständig. Das innere Integument erhebt sich fast gleichmässig im ganzen Umfange des Höckers; das äussere beginnt auf der Rückseite und greift dann zu beiden Seiten um den stark sich krümmenden Nucleus, bis es den Funiculus erreicht. Es bleibt auf der Rückseite stets stärker entwickelt.. Das einzige Integument von Delphinium greift sofort um den ganzen Nucleushöcker, ist aber auch, von Anfang an, auf der Rückseite stärker entwickelt als auf der Bauchseite und schliesst mit dem stärker ent- wickelten Theile dann auch beiderseits an den Funiculus an. Es theilt Strasbarger, Coniferen and Gnetaceon. 27 418 also in jeder Beziehung die Eigenschaften der beiden Integumente von Aconitum und wird seine doppelte Zusammensetzung endlich über allen Zweifel erhoben, durch die von A. Braun beobachteten Missbildungen. Derselbe sah nämlich, an abnormen Eiknospen von Delphinium (und ebenso bei Adonis und Kigella) dessen äusseres Integument geöffnet und aus- gebreitet war, ein zweites inneres Integument auftreten ’). Centaurea nervosa Willd. Auf Längschnitten durch junge Blüthenköpfchen der Centaurea ner- vosa Willd gelang es mir, meist mehrere Samenknospen- Anlagen frei zu legen. Mit Kali dann mit Essigsäure behandelt, gaben solche Schnitte die schönsten Beobachtungsobjecte. Die Samenknospe erhebt sich als ein länglicher Höcker aus dem Bliithenboden, dem einem Fruchtblatte, wie bekannt, ein wenig mehr genähert. Sie nimmt aber trotzdem von Anfang an die ganze Breite des Blüthenbodens in Anspruch und ein etwa zurück- bleibender seitlicher Vegetationskegel oder selbst, ein diesem ent- sprechender Raum ist zu keiner Zeit nachzuweisen. Ihre wirklich laterale Stellung an der Bliithenaxe wird also erst durch die beobachteten Durch- wachsungen der Bliithenaxe bewiesen. Der Samenknospenhöcker krümmt sich bald ein wenig nach dem entfernteren Fruchtblatte zu und auf seiner Rückenseite wird die Integumentanlage sichtbar. Sie bildet hier bald eine starke Anschwellung, durch welche der Höckerscheitel noch mehr zur Seite gedrückt wird. Es spitzt sich gleichzeitig ein wenig zu, bei stärkeren Vergrösserungen sieht man, dass alle Zellreihen des Höckers in diesem zugespitzten Scheitel gipfeln und kann mau dessen Krümmung Schritt für Schritt verfolgen2). Die Bildung des Integuments wird hier trotz dessen Stärke zunächst durch Dermatogenzelltheilungen eingeleitet Zwei bis drei nebeneinanderliegende Dermatogenzellen nehmen an Grösse zu und theilen sich durch tangentiale und weiter auch durch senkrechte Wände, erst später zeigen sich auch Theilungen in der nächstfolgenden Zellschicht, unter den noch deutlich auf einen Dermatogenursprung zurückzuführenden äusseren Zelllagen. Das einzige Integument von Centaurea und so weit ich sehen konnte ’) Polyembryonie, p. 192. -) Einen ganz ähnlich zngespitzten Scheitel besitzt auch der gerade Knospenkern von Polygonum cymosum. Vergl. Payer, Organog., Taf. 64. Fig. 17 und 18. 419 auch der anderen Compositen, verhält sich in seiner Entwickelung durch- aus wie das äussere Integument der mit zwei Integumenten versehenen Pflanzen; es beginnt auf der Rückseite und greift nun ganz langsam um sich, nach den beiden Seiten hin. Bevor es den Innenrand des Nucleus erreicht, hat sich derselbe schon sehr stark gekrümmt; es schliesst an dessen Funiculus an und verschmilzt mit demselben, ohne also die Bauch- seite des Nucleus zu decken. Diese liegt unmittelbar dem Funiculus an. Also auch bei Compositen wird der Scheitel der Samenknospenanlage zum Nucleus und entsteht das Integument unter dessen Spitze. Kühne kam in seiner werthvollen Untersuchung der Blüthen - Ent- wickelung bei den Compositen* *) über diesen Punkt nicht ganz in’s Klare. Die von Cramer behauptete seitliche Entstehung des Kerns wurde ihm immerhin zweifelhaft. Da er bei Compositen nicht zum endgültigen Resultate kommen konnte, nahm er zu andern Pflanzen seine Zuflucht, und überzeugte sich endlich sicher bei Begonia, dass der Scheitel der Samenknospenanlage dort zum Knospenkern wird und dass die Integu- mente: das innere im Umkreise, das äussere einseitig, unter demselben entstehen 2). Passiflora coerulea L. Eben so leicht als bei Begonia kann man sich, nach meinen Unter- suchungen, von dem Verhältnisse der Integumente zum Knospenkern auch bei Passiflora coerulea überzeugen; es genügen hierzu schon die schwächsten Vergrösserungen, während selbstverständlich bei stärkeren durch Ver- folgung der Zellenreihen die ganze Untersuchung noch bedeutend an Sicherheit gewinnt. Unter den durch ganz junge Fruchtknoten geführten Querschnitten kann man leicht welche finden, die den ganzen Vorgang der Integumentanlage gleichzeitig demonstriren : indem man inmitten der Placenta ältere, nach den Rändern derselben zu jüngere Zustände an- trifft. Der etwas zugespitzte Höcker zeigt noch vor Anlage der Integu- mente eine leichte Krümmung. Das innere Integument erscheint hier zuerst gleichzeitig im ganzen Umkreise, dann erst unterhalb desselben auf 1) Inaugural Dissertation, Berlin 1869. a) 1. c. p. 66. • 27* der Rückenseite das äussere. Die Entwickelung stimmt sonst mit Aco- nitum überein, so dass ich auf dieselbe nicht weiter einzugehen brauche. Primulaceae. Wichtig war es mir auch Primula chinensis Lind, und Lysimachia (verticillata Bbrst.) zu untersuchen, weil Gramer auf diese vor Allem seine Anschauungsweise stützte. Es zeigte sich, wie leicht schon vorauszusehen war, dass auch hier die Entwickelung mit den vorher genannten Fällen übereinstimmte. Immerhin bot sie einige interessante Einzelheiten. Die Anlage des Höckers erfolgt durch quere Theilungen meist zweier Zellen unter der Epidermis, die auf diese Weise emporgehoben wird. Der so entstandene Höcker krümmt sich bald ein wenig nach der Basis des centralen Samenträgers hin und spitzt sich etwas zu. Alle Zellreihen führen nach dem Scheitel. Welches Integument hier zuerst angelegt wird, ist schwer zu unterscheiden: ja wie es scheint zuerst das äussere, wenigstens schwellen die Dermatogenzellen hier zuerst auf. Beide Integumente werden durch Dermatogentheilungen gebildet1), beide bauen sich in derselben Weise auf und sind auch im fertigen Zustande gleich (etwa 2 Zelllagen) stark. Das innere Integument beginnt hier deutlich auf der Rückenseite, greift aber rasch um den ganzen Nucleus; das äussere lehnt sich ebenfalls sehr bald nach seiner Anlage an den Funiculus an. Der Nucleus verhält sich ganz wie bei Delphinium, seine obersten Dermatogenzellen theilen sich in je vier Zellen und bilden die Knospenwarze; die oberste Zelle der innern Zell- reihe (Pleromzelle) wird zum Embryosack. Lysimachia verticillata Bbrst. stimmt mit Primula völlig überein. Anthericum ramosum L. Anthericum ramosum L. zeigt ganz den nämlichen Bau und Ent- wickelung wie Aconitum, so dass ich auf dasselbe nicht weiter eingehe. Sehr schön sieht man hier das Gefässbündel unter der Nucleus - Basis erlöschen. ü Ebenso auch bei Linum perenne. 421 Orchideae. Bei Orchideen wurde die Samenknospe bekanntlich für ein Trichom erklärt, weil sie sich (nach Hofmeister ') aus einer einzigen Oberhautzelle erheben soll. Abgesehen davon, dass das histologische Verhalten den morphologischen Werth eines Organes nicht bestimmt, haben mich Unter- suchungen an Gyinnadenia conopsea R. Br. und mehreren anderen Orchi- deen gelehrt, dass die Samenknospenanlage stets durch die quere Theilung einer unter der Oberhaut liegenden Zelle eingeleitet wird, dass durch diese Theilung die Oberhaut gehoben wird und die genannte Zelle die mittlere Zellreihe der Anlage bildet. Der Höcker krümmt sich noch vor Bildung der Integumente, beide Letzteren entstehen durch Theilung einer Dermatogenzelle das innere im Umkreis, das äussere einseitig; dann an den Funiculus sich anlehnend. Eigentümlich ist dass die Samenknospe hier kein Gefässbündel erhält und vor Allem eigentümlich die Bildung des Embryosackes. Derselbe wird nicht aus der obersten Zelle der mittleren Zellreihe allein, sondern aus mehreren hintereinander liegenden Zellen erzeugt, deren schwache Querwände aufgelöst werden. Aehnlich geht es auch mit denjenigen Dermatogenzellen, welche den Embryosack umgeben, sie werden jetzt verdrängt und ihr Inhalt geht in dem Plasma des Embryo- sackes auf. Dieser Letztere nimmt schliesslich den ganzen Scheitel des Nuclcus ein. Monotropa Hypopithys L. Durchaus ähnlich den Samenknospen der Orchideen verhalten sich die von Monotropa Hypopithys. Auch hier wird die Bildung der Samen- knospe durch quere Theilung einer unter der Epidermis liegenden Zelle eingeleitet und die ganze Samenknospe aus der Epidermis und nur einer mittleren Zellreihe aufgebaut. Die Bildung des einzigen Integuments wird durch quere Theilung einer Dermatogenzelle eingeleitet. Es entsteht zuerst auf dem Rücken der sich krümmenden Samenknospe, die Krümmung * nimmt rasch zu, an der schärfsten Stelle derselben sieht man durch quere Theilungen die Zellen zu einem zugespitzten Fortsatze auswachsen. Die q Neue Beiträge II. p. 653. 422 oberste Zelle der centralen Reihe wird auch hier zum Embryosack, und eigenthüralicher Weise entsteht sie auch hier aus der Verschmelzung einer kurzen Zellreihe. Ganz in der nämlichen Weise werden dann auch wie bei Orchideen die Zellen des Knospenkerns verdrängt und der Embryo- sack unmittelbar von dem einzigen Integumente umgeben. Durch die angeführten Beispiele wäre wohl, wie ich denke, hinreichend festgestellt, dass in allen Fällen der Scheitel der Samenknospenanlage zum Nucleus wird und dass die Integumente unter demselben entstehen, auch dürften uns die mancherlei Uebereinstimmungen nicht entgangen sein, welche diese Samenknospen mit denen der Gnetaceen zeigen. Namentlich besitzen auch die Integumente ganz den nämlichen Bau und nähern sich solche Fälle wie bei Primula, wo das äussere Integument fast früher als das innere angelegt wird, wenn man von dem Anatropismus absehen will, sehr an Gnetum. Dann haben wir auch gefunden, dass die Integumente, entweder beide aus dem Dermatogen, oder eins aus dem Dermatogen, das andere aus Dermatogen und Periblem angelegt werden, ja dass beide sogar völlig mit einander verschmelzen können. Diese Verschiedenheiten zeigen, welche wichtigen Resultate eine eingehendere, vergleichende morpho- logische Untersuchung hier noch fördern könnte. Für unsere Zwecke genügt diese kurze Auseinandersetzung, welche auch ein weiteres Eingehen auf die Litteratur überflüssig macht. Bemerken will ich nur, dass vor Kurzem auch Magnus1) zu ähnlichen Resultaten über die Entwickelung der Samenknospen gelangte. Durch den bereits erwähnten Fall der terminalen anatropen Samenknospe der Najas- Arten veranlasst, untersuchte er nämlich auch die Samenknospen der Begoniaceen, von Bellis perennis, Solanum tuberosum, Capselia bursa pastoris und Papaver Rhoeas und diese „zeigten ihm auf’s Schlagendste, dass die Spitze des Ovularhöckers durch ungleiches Wachsthum der Seiten desselben zur Seite gedrängt wird und die Integumente unterhalb dieser Spitze hervorsprossen.“ Die entwickelungsgeschichtliche Basis wäre hiermit der Cramer’schen Auffassung entschieden genommen: bleiben noch die aus den Bildungs- abweichungen gewonnenen Schlüsse. Wo die Entwickelungsgeschichte so ') Beiträge zur Kenutniss der Gattung Najas L. 1870, 423 klar wie im obigen Falle vorliegt, können auch scheinbar widersprechende Bildungsabweichungen sie kaum erschüttern, — jedenfalls wird es aber unsere Aufgabe sein, in solchen Fällen nach einer Lösung des scheinbaren Widerspruches zu suchen. Ich will dies noch im Vorliegenden versuchen. Zunächst habe ich liier einige Beobachtungen von Alex. Braun anzu- führen, welche den Cramcr’schcn widersprechen. Alex. Braun beschreibt ^ die bei Ranunculaceen beobachteten Bildungsabweichungen mit folgenden Worten: „An chlorotischcn Blüthen von Delphinium Ajacis fand ich (1832) die Ovula in verschiedenen Graden verändert, vergrössert, grün, haarig, zuletzt aus der anatropen Biegung in die rechtwinkelige übergehend, aber stets ohne blattartige Erweiterung des Funiculus. Das vom Fruchtblatt- rande durch einen deutlichen Stiel getrennte Integument war in ver- schiedenen Graden kaputzenartig erweitert und mehr oder minder weit geöffnet, zuletzt fast in der Gestalt eines Frauenhutes, wobei der früher ringförmig geschlossene Band desselben auf der am Stiel anliegenden Seite geöffnet erschien. Der Kern war bald vorragend, bald versteckt, bald geschlossen, bald geöffnet, d. i. mit einem zweiten anliegenden Inte- gument umgeben. Denkt man sich in diesen Fällen den Eistiel blattartig ausgebreitet und seine Ränder mit denen des geöffneten äusseren Inte- guments verbunden, so erhält man die Formen, welche Brogniart an Delphinium elatum beobachtet hat. \ on Adonis autumalis fand ich (1841) folgende Umgestaltungen. In den stark verlängerten und mehr oder weniger geöffneten I ruchtblättcrn hatte das sonst hängende 0\ uluni eine aufrechte Richtung angenommen, womit zugleich ein mehr oder minder vollständiger Uebergang aus der anatropen Form in die orthotrope verbunden war. Das Integument war in verschiedenem Grade geöffnet und erreichte oder auch nur die halbe Höhe des Kerns, welcher an der Spitze meist eine Oeffnung zeigte, den Rand eines nur wenig tief ein- dringenden zweiten Integumentes. Stärker veränderte Ovula zeigten das äussere Integument einseitig verlängert und in einen lanzettenföimigcn Lappen ausgewachsen, der bald aufrecht, bald helmartig über den Kern herabgebogen war. Endlich fanden sich Ovula, deren äusseies Integument in ein einseitiges, lappig zerschlitztes und laubartig grünes Blattgebilde umgewandelt war. Eine ähnliche Reihe von Umgestaltungen sah ich bei Nigella Damascena. Ich finde keinen Grund das zerschlitzte laubaitige Bfattgebilde, zu welchem in den zuletzt erwähnten Fällen das (äussere) 3) Polyembryonie, p. 190, 424 Integument sich entwickelt hat, für ein Segment des Fruchtblattes und nicht für ein selbständiges, der Eiknospe selbst angehöriges Blatt zu halten. Wenn dies richtig ist, so ist die Knospennatur des ganzen Ovulums gerettet.“ Diese Beschreibung und die Figuren sprechen entschieden für die Knospertnatur der Eiknospe, was Gramer auch dagegen sagen mag, und beweisen jedenfalls, dass neben der Verwandlung in Blattlappen welche den Nucleus seitlich auf ihrer Oberfläche tragen, auch solche Vorkommen, wo die blattartig entwickelten 'vergrösserten Integumente seitlich am Nucleus stehen. Ebenso beweisend scheint mir die von Braun erwähnte Beobachtung C. Schimper’s von Nigella damascena. Flinige Ovula dieser Pflanze hatten, wie wohl vergrössert und aufgetrieben, noch ihre anatrope Gestalt und zeigten zwei Integumente, von denen das innere aus dem mehr oder weniger geöffneten äussern hervorragte ; an Stelle des Nucleus hatte sich aber eine Laubknospe entwickelt, die entweder durch die erweiterte Mündung des innern Integuments, oder seitlich die Integumente durch- brechend, aus denselben hervortrat. Auf die übrigen, den Cramer’schen entgegengesetzten Angaben von Engelmann, Wiegand, Wydler u. s. w. gehe ich nicht weiter ein, — da die- selben mir weniger beweisend, ja zum Theil wirklich, wie es Cramer will, fraglicher Natur erscheinen, — und stelle mir sofort die Frage, wie es kommt, dass wenn die Samenknospen wirklich Knospen sind, sie in so vielen Fällen (so auch bei Delphinium, nach den übereinstimmenden Angaben von Brogniart1), Rossmann2) und Cramer sich in Blätter oder Blattzipfel umwandeln. Die Erscheinung ist so constant, so häufig wiederkehrend, dass man sie kaum als bloss zufällig betrachten kann, vielmehr sollte man ver- muthen, dass sie wirklich die wahre morphologische Natur der Samen- knospe offenbart. Dem ist nun meiner Auffassung nach dennoch nicht so, vielmehr rechne ich dieselbe zn den durch das Verhalten gewisser Entwickelungszustände begünstigten Bildungsabweichungeu. Die bestimmte Art der Missbildung kehrt nur deshalb constant wieder, weil auch die bestimmten Entwickelungszustände stätig wiederkehren. J) Examen de quelques cas de monstruosites vigetales. Anu. d. sc. nat. III. Ser. vol. II. p. 20 und Archives du museum d’hist. nat. T. IV. 1844, p. 43, p. 1, IV und V. 2) Entwickelung der Eiknospen aus dem Fruchtblatte und Deutuug des Samen- trägers. Flora 1855, S. 657 und 705. Ich habe an einem andern Puncte die Behauptung ausgesprochen, dass weder die Häufigkeit des Vorkommens gewisser Missbildungen, noch das Vorhandensein von Mittelstufen, noch ihre Aehnlichkeit mit normalen Bildungen über ihren morphologischen Werth entscheiden kann, — ich hatte, als ich dies niederschrieb, eben auch diese verbildeten Samenknospen im Auge. — Vor allen Dingen war es mir aufgefallen, dass die säinmt- liclicn angeführten Verwandlungen der Samenknospen in Blätter oder Blattlappen immer nur auf mehr oder weniger anatrope Samenknospen sich beziehen und stellte ich mir deshalb die Frage, ob nicht die Um- kehrung der Samenknospe diese Missbildung begünstige. Dieses ist nun wirklich der Fall, und zwar durch die Art und Weise, wie die Integumente angelegt werden. Das einzige Integument der Compositen, das einzige (aus innerem und äusserem zusammengesetzte) von Delphinium, die beiden Integumente von Primula, also alle die Fälle, die hier hauptsächlich in Betracht kommen, ausserdem das äussere Integument aller anatropen Samenknospen, wird zuerst auf der Rückenseite des Ovular-Höckers angelegt — auch ist der Nucleus anatroper Samenknospen in allen Fällen, um die Zeit der Integumentbildung, schon mehr oder weniger gekrümmt; — stellen wir uns jetzt den Fall vor, dass ein solches sich eben zeigendes einseitig- angelegtes Integument blattartig auswächst, so ist es klar, dass es den Nucleus seitlich auf seiner Oberfläche tragen wird1). Der Höcker ist zur Zeit der Integumentanlage noch sehr klein, es ist deshalb auch sehr gut möglich, dass bei der Streckung des Blattes, dasselbe mit in die Länge gezogen und ganz unkenntlich gemacht wird. Wir haben es hier mit einem in einiger Beziehung ähnlichen Falle zu thun, wie bei Pinus monophyllos, wo die eine Nadel unmittelbar den Spross fortsetzt und der Vegetationskegel des Sprosses kaum noch seitlich an der Basis derselben zu erkennen ist2). Einen analogen Entwickelungs- *) Gewöhnlich ist dieser Nucleus nackend, wo aber zwei Integumente an der nor- malen »Samenknospe vorhanden: das innere gleichmässig im Umkreise und nur das äussere einseitig angelegt wird, da werden auch hin und wieder Fälle Vorkommen, dass dieser Nucleus noch ein Integument, nämlich das innere, zeigt. So z. B. hin und wieder bei Cruciferen. Vergl. Peyritsch, Jahrb. f. wiss. Bot., Band VIII. p. 127. 2) Magnus (Verhandl. des bot. Ver. der Provinz Brandenburg, p.xlOo) beschreibt unter den Adventivknospen von Calliopsis tinctoria De. eigentkiimlicli verbildete blatt- lose Sprosse. Die einen erscheinen als Längsleisten am Stamme, die anderen in spreu- blattartiger Ausbildung. Von einem am Grunde stehenden Knospenscheitel ist nichts zu sehen. Magnus vergleicht diese blattlosen Sprosse mit den nicht seltenen Formen 42«) fall bieten auch die Fruchtschuppen der Abietineen, an welchen der Vegetationskegel, in Folge der einseitigen Entwickelung der Fruchtschuppe, auf deren Oberseite zu stehen kommt, und bei weiterer Entwickelung entweder ganz unkenntlich wird, oder einen Höcker auf der Oberseite der Schuppe bildet. Was dort normal geworden kommt hier abnormer Weise vor und zwar wie augenscheinlich durch gewisse Entwickelungsumstände der Samenknospe begünstigt. Die Fälle wo der Nucleus sich selbst gerade gerichtet hat und die blattartig gewordenen Integumente seitlich trägt, dürften also, trotz dem sic viel seltener sind, der wahren morphologischen Natur der Samenknospe entsprechend. Zu dieser Deutung passt vorzüglich eine Stelle, die ich in einer kürzlich veröffentlichten Arbeit von Peyritsch1) finde. Derselbe beobachtete in gewissen Fällen bei Cruciferon „bei abnormer Bildung des Cärpells, an. der sogenannten Nath die durch die Verwachsung der randständigen Nerven derselben gebildet wird, bald Samenknospen, bald aber Gebilde, deren erste Entwickelungsstadien noch jenen der Samenknospen gleichen, nach vollendetem Wachsthum flache blattähnliche oder verschieden geformte rührige Bildungen darstellen. Letztere tragen an irgend einer Stelle ihrer Innenfläche, jedoch niemals einem Nerven aufsitzend, ein zelliges kegel- förmiges Wärzchen, das mit dem Nucleus einer Samenknospe sich ver- gleichenlässt; in andern Fällen kommen aber anscheinend als unzweifelhafte Blätter zu deutende Gebilde vor, denen jenes Wärzchen fehlt; in sehr seltenen Fällen erscheinen eigenthümlich gestaltete Blüthen, welche mit der Samenknospe die Anheftungsweise und den Verlauf des Funieulus und der Raphe, die äussere Hülle derselben gemein haben, während man von dieser einzelne monströse, jedoch noch als Staubgefässe oder Frucht- knoten erkennbare Gebilde eingeschlossen findet. Bisweilen kommt es jedoch vor, dass auch Laubknospen den randständigen Nerven auf- sitzen“ .... „Das bezieht sich jedoch nur auf die Umwandlung von anatropen oder amphitropen, der Carpellnath augehefteten Samenknospen während bei einem Falle abnormer Bildung einer orthotropen, am Grunde des Fruchtknotens befindlichen Samenknospe, die ich an Rumex scutatus beobachtete, die beiden rührigen oder scheidigcn durch ein mehr oder minder langes Internodium von einander entfernten Integumente augen- monströs verbildeter Ovula — meiner Meinung nach müsste aber vor Allem festgestellt werden, ob diese Bildungen wirklich aus dem ersten Blatte einer Knospe entstanden sind und nicht etwa Cladodien entsprechen. fl Jahrbücher für wiss. Bot. VIII. Band 1871, p. 125, 427 scheinlich an einem und denselben Stiele, der mit dem Nucleus abschliesst, inserirt sind.“ Diese Stolle passt so vollkommen zu dem von mir Ge- sagten, dass sie wohl kaum einer weiteren Auseinandersetzung bedarf. Bleiben aber noch mehrere weitere Einwände hier mit einigen Worten zu berücksichtigen; so könnte wohl meiner Deutung cntgegengehalten werden das Verhalten des Gefässbündels: der sog. llaphe, welche sich bei stärkerer Entwickelung des sog. Ovularblattes nicht in den Höcker auf der Oberseite dieses Blattes, sondern in das Blatt selbst fortentwickelt und somit als ein Blattbündel zu erkennen giebt; doch dieses ist nur eine secundäre Erscheinung und einfach die Folge der stärkern Entwickelung des Blattes und wir erinnern uns noch der auch in der Fruchtschuppe der Coniferen gemachten Erfahrung, dass die Bündel sich in- ihrem Ver- laufe nach der äusseren Differencirung richten und statt, wie dort zu erwarten wäre unter den Blüthen zu enden, sich in die Fruchtschuppen fortsetzen. Mit unserer Auffassung scheint weiter auf den ersten Blick nicht übereinzustimmen, dass, an den von Gramer beobachteten Bildungs- abweichungen der Samenknospen von Priinula chinensis, das „Samenblatt“, wie es Gramer nennt, den Nucleus auf der Oberseite trug, statt auf der unteren — allein hier liegt unbedingt eine frühzeitige Drehung der Anlage, wohl durch die Raumverhältnisse geboten, der ganzen Erscheinung zu Grunde; wie denn auch Gramer selbst, wenn auch durch andere Motive geleitet, zu der Ueberzeugung kommt, dass auch hier das Samenblatt den Nucleus auf der Oberseite trage.1) Weiter glaubt aber Gramer, dass die oberflächliche Anlage der Samen- knospen mit ihrer etwaigen Knospennatur unvereinbar sei, — allein auch dieses kann, wie wir gesehen haben nicht maassgebend sein, denn es werden ja auch die Blüthen von Ephedra, die doch sicher Achselknospen sind, oberflächlich, ja selbst mit Zuhülfenahme von Dcrmatogentheilungen angelegt und auch die vegetativen Achselknospen werden im Verhältnis« nicht tiefer erzeugt. Ebenso hat vor Kurzem Magnus beobachtet, dass die eigentümlichen Adventiv-Knospen auf dem Stengel von Calliopsis tinctoria De. ganz peripherisch gebildet werden2). Anderer Art ist der Einwand dass stabile Knospen3) nicht auf Blättern zu stehen pflegen, während dies bei Samenknospen, die eben doch Im Gegensatz zu adventive. 2) 1. c. p. 133. *) 1. c. p. 15t). 428 stabile Knospen sind, häufig vorkommt; — doch auch dieser Einwand kann die in jeder Weise sicher gestellte Thatsache, dass die Samenknospen Knospen sind, nicht mehr erschüttern. Für die Auffassung derselben als Knospen spricht wie. wir gesehen haben die Homologie, die Entwickelungs- geschichte, ja in manchen Beziehungen selbst die Missbildungen. Wir müssen also Cramcr auf diesen letzten Einwand antworten, dass, wenn auch sonst stabile Knospen auf Blättern nicht zu steheu pflegen, dieses eben der erste Fall sei, wo es sich anders verhält. Es ist wohl heute im Allgemeinen sicher gestellt, dass die Frucht- blätter Blätter sind. Eine höchst wichtige, vergleichend - morphologische Aufgabe dürfte es somit sein zu verfolgen, auf welche Weise die Samen- knospen auf Blätter gelangten. Hiermit wollen wir den Abschnitt über Samenknospen abschliessen, nachdem wir zu der Ueberzeugung gekommen, dass die Anhänger der Relativität morphologischer Werthe sich jedenfalls nach anderen Stützen für ihre Behauptung Hinsehen müssten. Gleichzeitig haben wir aus dieser Untersuchung neue Anhaltepunkte zur Beurtheilung des Werthes der Bildungsabweichungen gewonnen und gefunden, dass dieselben in schwierigen Fällen nie allein den Ausschlag geben können. Die Art, wie hier eine bestimmte Bildungsabweichung durch gewisse Entwickelungszustände constant begünstigt wird, ist jedenfalls auffallend, und könnte leicht die Veranlassung zu einer neuen stabilen Formentwickelung werden, wenn mit dieser Bildungsabweichung nicht gleichzeitig die Sterilität verbunden wäre, die eine directe Vererbung derselben unmöglich macht. Ehe wir dieses Thema ganz verlassen, muss ich übrigens auch noch einige Bemerkungen über die Integumente demselben anknüpfen. — Dass die Integumente nicht wie Schacht und einige älteren Forscher es wollten Disci sind, liegt auf der Hand, ebenso sicher ist es aber auch, dass beide Integumente nicht, wie es Gramer annimmt, Theile nur eines Blattes seien. Diese Deutung wird durch die Entwickelungsgeschichte hinlänglich widerlegt. Es folgt vielmehr aus unserer ganzen Untersuchung, dass sie metamor- .phosirte Blätter sind und dass jedes Integument je einem Blatte entspricht. Dieses stimmt sehr wohl zu den bei Gnetaceen, besonders bei Ephedra gewonnenen Resultaten, und nach der bei Primula gemachten Erfahrung, könnte es leicht möglich sein, dass sich selbst noch solche Formen unter den niedersten Dicotylen auffinden lassen werden, bei welchen die Ent- wickelung der Integumente in aufsteigender Richtung erfolgt. Wenn 429 Hanstein in letzter Zeit behaupten konnte, dass das Integument von Pepe- romia repens H. B. K. ein Trichomgebilde sei1); weil es aus einer Der- matogenzelle entwickelt wird, so muss dem entgegengestellt werden, dass das histologische Verhalten, mit dem morphologischen Werthe der Organe nichts zu thun hat2); dass ein Stachel nicht aufhört ein Trichomgebilde zu sein, weil auch Periblemzellen sich an seiner Bildung betheiligen, und dass die Perigonblätter in der nämlichen Bliithe von Ephedra nicht zu Tri- chomen werden, weil sie auch nur aus Dermatogenzellen ihren Anfang nehmen. Auch müsste ja dieser Morphologie zu Folge, das äussere Inte- gument bei Primula, Linum, oder den Orchideen, ein morphologisch anderes Gebilde sein, als das äussere Integument von Aconitum, oder Anthericum, denn bei den zuerst genannten Pflanzen erhebt es sich aus dem Dermatogen allein, bei den letztgenannten mit Zuhülfenahme der nächst folgenden Periblemschicht. Hanstein würde freilich auch durch diese Erwägung sich von seiner Deutung nicht abhalten lassen, denn er sagt wörtlich: „die Integumente seien ebenfalls ihrer Entstehung nach ver- schiedener Natur, insofern die einen als wirkliche Blätter oder Blatttheile zu betrachten sind: und das sind fast sämmtliche äussere Integumente der hängenden Samenknospen, die andern aber als Erzeugnisse der Ober- haut nur die Bedeutung von Trichomen besitzen: nämlich die grosse Mehrheit der innern Integumente!! Aehnlicher Art sind auch die andern Auseinandersetzungen Hansteins über die morphologische Natur der ganzen Samenknospe, die wenn sie im Gewebe vertieft ist, oder mit den umgebenden Theilen verwachsen, (Loranthaceae) ihren morphologischen Werth ändern soll. Ich brauche auf dieselben hier wohl nicht mehr einzugehen. Doch giebt es auch noch ein zweites Gebilde, dem die verschiedensten morphologischen Werthe vindicirt worden sind, und welches die Anhänger der Relativität morphologischer Werthe anzuführen pflegen, es ist dies das Staubblatt. Selbst Magnus, der sich im Allgemeinen für die Knospen- natur der Samenknospen erklärt, bleibt in diesem Falle unentschieden und hält die Anthere von Najas für ein Axenorgan. ' ») Bot. Zeit. 1870. Sp. 40. 2) Dieses ist auch bereits von Magnus geschehen, S: Beitr. zur Kenntn. der Gatt. Najas, p. 38. Anm. 2. 430 Wir gehen bei unseren Bestimmungen immer wieder von dem Stand- punkte aus, dass Verschiebung und Verwachsung den morphologischen Werth eines Gebildes nicht verändert, dass morphologische und phyloge- netische Deutung zusammenfällt, und dass die morphologischen Grund- gebilde nicht durch Raumbeziehungen bestimmbare, sondern wirklich phylo- genetisch fixirte Grössen sind. Dass die Grundorgane sich aus gemeinsamer Quelle entwickelt haben müssen, ist zwar sicher, doch einmal differencirt, hat sich jedes derselben selbständig weiter verändert und seine specifisch erworbenen Eigenschaften direct vererbt. Jedes Grundorgan stellt somit bei höheren Pflanzen eine Summe vererbter Eigenschaften vor und kann in Folge dessen nicht in ein anderes übergehen. Nachdem wir uns dieses in’s Gedächtniss zurückgerufen, wollen wir sehen ob wirklich die Staubblätter gegen diese Auffassung sprechen und ob ihnen hier der Beweis entnommen werden kann, dass die Grundorgane nicht specifisch verschieden sind. Zunächst muss ich auch nochmals an das instructive Beispiel von Sciadopitys und Pinus monophyllos erinnern und zwar weil es uns gerade hier besonders zu statten kommen soll. Ungeachtet bei Sciadopitys die beiden Nadeln mit einander verwachsen sind und unmittelbar die Axe fortsetzen, wird doch wohl kein Morpholog behaupten wollen, sie seien zum Caulom geworden; vielmehr bleiben sie Blätter. — Ebendasselbe gilt von einer Nadel von Pinus monophyllos, welche auch unmittelbar die Axe fortsetzt und trotzdem nicht als Caulom aufgefasst werden kann. Wir sehen an diesen Beispielen schon in überzeugender Weise, dass Raumbeziehungen nicht den morpholo- gischen Werth bestimmen können und dass ein Blatt ein Caulom direct fortsetzen kann, ohne selbst Caulom zu sein. Nun haben wir aber bei Coniferen als sicher gewonnen, dass die Antherenfächer stets von Blättern erzeugt werden, und ein Vergleich mit den Gnetaceen lehrte uns, dass auch dort, ungeachtet der scheinbaren Verschiedenheit, die Verhältnisse ganz die nämlichen sind. Wir fanden, dass auch bei Gnetaceen jede Anthere einem Blatte entspricht und dieses galt selbst für die Gattung Gnetum, wo ein Filament an den Antheren gar nicht vorhanden ist, dieselben auf je ein Fach reducirt erscheinen und die Blüthenaxe ein durchaus filamentartiges Aussehen annimmt. Man glaubt auf den ersten Blick bei Gnetum ein einziges zweifächeriges Filament vor sich zu haben und doch zeigt der Vergleich und die Entwickelungs- 431 geschickte, dass der untere filamentartige Träger die Blüthcnaxe ist und jedes Fach morphologisch betrachtet ein Staubblatt. Wir brauchen uns die beiden Staubblätter nur ein klein wenig mehr auf ihrer Innenseite vereinigt zu denken um ein Verhältnis.*? zu erhalten, das sich vom allgemein morphologischen Standpunkte vom Sciadopitys- blatte nicht unterscheiden würde. W'ie stellt sich aber dieses Verhältniss bei Najas dar? Wir finden be allen Arten dieser Gattung ein geometrisch axiles einziges Stamen, das unmittelbar aus der Blüthenaxe hervorzugehen scheint, nachdem diese zuvor unterhalb ihres Scheitels, zwei Hüllen entwickelt hat1). Man glaubt hier auf den ersten Blick ein Pollen erzeugendes Caulom vor sich zu haben; doch dürften demjenigen der Gnetum, Pinus mono- phyllos und Sciadopitys kennt, einige Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Deutung aufkommen. Es kann ja auch hier ein Fall vorliegen wie so. viele andere, wo die Ontogenie allein keinen Aufschluss gewährt und wo man zur Phylogenie seine Zuflucht nehmen muss. Dass hier Verschmelzungen im Spiele sein könnten, lehrt uns schon das Verhalten der Staubfächer bei den verschiedenen Arten dieser Gattung. Bei Najas minor AU., N. flexilis (Willd.), X. falciculta A. Br., N. microdon A. Br., N. gracillima (A. Br.) finden wir nur ein einziges centrales Fach in dem geometrisch axilen Gebilde. Najas major All., X. ancistrocarpa A. Br., N. arguta H. et Kth., N. Wrightiana A. Br., X. tenuifolia R. Br. etc. Zeigen bereits vier gesonderte Fächer. Also die Verschmelzung der vier Fächer zu einem einzigen erfolgt noch innerhalb der Gattung. Es fragt sich dann weiter, haben wir es hier nicht vielleicht mit einem ähnlichen Falle wie bei Pinus monophvllos oder bei Sciadopitys zu thun, d. h. stellt nicht etwa dieses scheinbar das Caulom unmittelbar fortsetzende Gebilde nur ein einziges endständiges Blatt dar, oder besteht es nicht aus zwei innig verschmolzenen Staubblättern? In einem eben erschienen Aufsatze2), den ich mich freue hier noch erwähnen zu können, entscheidet sich Hieronymus für die erste dieser Deutungen. Derselbe beobachtete in mehreren andern Fällen: bei Centrolepis und Alepyrum, so wie bei Festuca Pseudo-Myurus und geniculata, dass die einzelnen Stamina: unzweifelhafte Blattbildungen, die Fähigkeit haben, den übrig bleibenden Vegetationskegel, an dem sie entstehen, mehr oder wenige** schief zu ') Magnus 1. c. p. 29. !) Bot. Zeit. 1872. Nr. 11, 12 und 13. — 432 stellen und zu unterdrücken. Es liegt somit, folgert er hieraus weiter1) „der Gedanke nahe, dass auch dann, wenn der Vegetationspunkt durch die Entwickelung der Staiuen ganz aufgezehrt wird, wir trotzdem dass das gebildete Stamen in -der Verlängerung der Axe liegt, es nicht mit einer staubentwickelnden Axe, sondern auch mit einem in der Verlängerung der Axe stehenden Blattgebilde zu tliun haben, zumal wenn beide Arten der Staminalbildung an so nahe verwandten Gattungen sich finden, wie an Brizula auf der einen und Centrolepis und Alepyrum auf der anderen Seite.“ „Das Verbindungsglied mit der gewöhnlichen mehrzelligen Staminal- bildung in Wirteln giebt. . . Festuca genieulata,“ sie führt gewöhnlich drei Staubblätter, „es ist jedoch auch nicht selten2), dass nur eins angelegt und ausgebildet wird. Es entsteht dann dasselbe in ganz derselben Weise wie das Staubblatt bei Festuca Pseudo-Myurus, während bei der gewöhnlichen Entstehung dreier Staubblätter von einer Schiefstellung des Vegetations- punktes nicht die Iiede sein kann, in dem sich dann die gleichwertigen Seitengebilde gewissermaassen das Gleichgewicht halten.“ Dass bei Najas nur ein einziges terminales Stamen vorhanden sei, folgert Hieronymus im besonderen aus der Verwandtschaft mit Zanni- chellia. Die Entwickelungsgeschichte zeigt ihm, dass auch das einzige Stamen von Zannichellia terminal ist, d. h. den ganzen Vegetationskegel der männlichen Bliithe zu seiner Bildung in Anspruch nimmt, und auch lehrt „die anatomische, sowie die eutwickeliingsgeschichtliche, mit Hülfe des Mikroskops angestellte Untersuchung, dass man es gleichzeitig, ob nun zwei, drei oder vier Antherenfächer vorhanden sind, doch immer nur mit einem Stamen zu tliun hat. Es ist in jedem Fall nur ein die Antheren- fächer verbindendes Connectiv vorhanden, welches von einem medianen Gefässbündel durchzogen wird“3). Uebrigcns zeigt auch das vierfächerige Staubblatt von Zannichellia gewöhnlich eine wohl differenzirte Aussen- und Innenseite“4). Somit würde die Najasblüthe ähnlich wie die von Zannichellia vom allgemein morphologischen Standpunkte dem Kurztriebe von Pinus mono- pliyllus entsprechen. Diese Deutung liegt nahe, dürfte immerhin ihre endgültige Lösung, erst von einer vergleichend morphologischen Untersuchung der ganzen *) l. c. p. 210. 2) 1. c. p. 207. *) 1. c. p. 208. 4) 1. c. p. 209. 433 Verwandtschaftsgruppe zu erwarten haben. Denn wenn die Entwickelungs- geschichte bei Zannichellia auch für die Auffassung des ganzen Gebildes als nur eines Stamen zu sprechen scheint, so ist doch nicht zu vergessen, dass eine andere nahe verwandte Pflanze: die von Bornet untersuchte Phu- cagrostis major Cavol.1) mit ebenfalls nur einem terminalen Stamen, in diesem Letzteren sicher die Zusammensetzung aus zwei auf ihre Staubfächer reducirten Staubblättern zu erkennen giebt2). Diese Staubblätter, hier freilich zu je vier Staubfächern, sind wie bei Zannichellia einseitig gestellt und werden durch die tilamentartig werdende Blüthenaxe gemeinsam em- porgehoben. V ir hätten also bei Phucagrostis wiederum ein ganz ähnliches Ver- hältniss wie bei Gnetum und bei Sciadopitys. Ob nun Najas endgültig als mit einem einzigen terminalen Stamen oder mit zwei verschmolzenen wird zu deuten sein3), sicher ist, dass wir es hier mit keiner staubbilden- den Axe zu thuu haben. Wenn aber, wie aus dieser Auseinandersetzung folgt, das terminale Stamen von Najas kein Caulom ist, so verliert auch die Analogie, welche Magnus4) zwischen dem einen centralen Staubfache von Najas minor und Verwandten und dem Embryosacke von Taxus findet, jede Bedeutung. Die von James A. Salter bei Passiflora coerulea und palmata und Maxwell T. Masters5) bei Rosa arvensis beobachteten Pollenkörner an Stelle des Embryosackes in monströsen Ovulis, beweist aber nur, vorausgesetzt dass die Angaben richtig sind6), die Verwandtschaft zwischen Pollenkörnen und dem Embryosacke, aber durchaus nicht zwischen ihren Hüllen. Denn die Verwandtschaft der Pollenkörner und Embryosäcke greift noch in ihre Cryptogamenzeit zurück, bis über die Macro- und Microsporen-Periode hinaus, in eine Vergangenheit, wo die Geschlechtsdifferenzirung noch nicht bis in die Sporen zurückgegriffen hatte, und wo sie in demselben Spo- rangium eingeschlossen waren. Die Hüllen aber, welche Pollenkörner und Embryosack umgeben, sind viel spätere, nach erfolgter Trennung der Ge- *) Ann. d. sc. nat. 5me Serie, Tome I. p. 5. Vergl. 1. c. die Beschreibung, p. 26 und die Tafel 6. 3) Aehnlich versuchte Irmisch (Flora 1851, p. 85 u. f.) auch die Zannichellia-Blüthe zu deuten, doch wie Hieronymus zeigt, sind seine Beweisgründe nicht stichhaltig. 4) 1. c. p. 30. •’) Yegetable Teratology, p. 185. ,l) Die Abbilduug von Passiflora nach Salter in Maxwell T. Masters Teratol., p. 185. Fig. 99 lässt jedenfalls sehr viel zu wünschen übrig und könnte auch Alles andere vor- stellen. Strasburger, Coniferen nnd Gnetaceen. 28 434 schlechter ganz unabhängig erworbene Bildungen, wie denn schon die bekannte Missbildung der androgenen Zäpfchen einiger Abietineen ihre Verschiedenheit unwiderleglich beweist. Ebense finde ich unter den zahlreichen Fällen der Umwandlung der Carpellblätter in Staubgefässe bei Metaspermen, dass es nie die Ovula sind, die zu den Antheren werden, sondern dass die Ovula schwinden und die Antheren gleichzeitig an anderen Stellen des Blattes, meist höher, ausserdem im Innern des Blattgewebes auftreten. Sehr schön und leicht kann man dies an den so häufig vorkommenden Umwandlungen der weib- lichen Weidenblüthc in die männliche sehen. Ein Aehnliches findet statt wenn Ovula an den Staubblättern sich zeigen, auch hier bilden sie sich unabhängig von den Antheren und tiefer am Blatte. Den Fall einer männlichen Bliithe mit nur einem axilen Staubgefäss soll uns nach N. Kauffmann’s1) Untersuchungen auch Casuarina quadri- valvis bieten; nach dem oben Angeführten kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, dass wir es hier auch mit einer terminalen Staubblattbildung zu thun haben, oh übrigens dieses geometrisch axile Staubgefäss einem einzigen oder zwei Blättern entspricht, muss erst die spätere Untersuchung zeigen; — die nahe Verwandtschaft zu Gnetum macht die letztere An- nahme wahrscheinlicher. Bleibt weiter die Angabe Rohrbach’s über die axile Natur des An- dröceums der männlichen Typhablüthe2); allein diese ruht auf so schwacher Grundlage, dass sie selbst von Magnus zurückgewiesen wurde, ungeachtet dieser gleichzeitig die (morphologisch) axile Natur des Stamens von Najas verth eidigte. „Bei der engen Verwandtschaft“ schreibt Magnus 3), von Typha zu Sparganium und den Cyperaceen und Glumaceen leuchtet es, dächte ich, sehr leicht ein, dass das Andröceum von Typha aus drei verwachsenen Staubblättern gebildet ist, die bei Sparganium und den männlichen Blüthen der Cyperaceen und Glumaceen noch frei sind; bei Sparganium hat Schnizlein4) Blüthen mit verwachsenen Staubgefässen beobachtet, Typha ist eben im Vergleich zu Sparganium ein, wenn man so sagen darf, höherer, weiter entwickelter Typus; dies tritt in den Verhältnissen des *) Bull de la soc. des Natural, de Moscou 1868, p. 374. 2) Sitzb. d. Gesell, naturf. Fr. zu Berlin, 16. Nov. 1869, p. 35 und Verb, des bot. Ver. f. d. Mark Brandenb., Jabrg. XV. p. 69. 3) 1. c. p. 34. 4) Die nat. Fam. d. Typbaceen 1845, p. 12. Magnus 1. c. 435 Blüthenstandes, in denen des Perigons, in der Verwachsung der Staub- gefässe u. s. w. deutlich zu Tage." Eines der complicirtesten Verhältnisse treffen wir bei den Euphor- biaceen, doch gerade auch hier lässt sich aus dem vorhandenen Material die Blattnatur der s. g. axilen Staubfäden sicher feststellen. Bekanntlich haben über die Natur der Pseudoblüthe der Euphorbien zwei Ansichten von je her sich geltend gemacht *). Die eine von Linne herrührend, in neuester Zeit von Peyer und Baillon vertreten, wollte in dem fraglichen Gebilde nur eine einzige Blüthe erkennen. Die andere durch Robert Brown begründet, von Adr. de Jussien und vor Allem durch Röper und Wydler weiter entwickelt, erblickte in der- selben einen kleinen, zusammengezogenen Blüthenstand. Durch die neueren Untersuchungen von Warnung 1. c. und Schmitz* 2), hat diese letztere Deutung sehr an Wahrscheinlichkeit gewonnen, wenn ihr auch in eben diesem Augenblicke wieder die Möglichkeit der ersteren Deutung, mit neuen Gründen gestützt, von Hieronymus 3) entgegen- gehalten wird. Nach der letzteren Deutung repräsentirt jedes einzelne Staubgefäss dieser Inflorescenz eine selbständige Blüthe. Schon Wydler erklärt die Staubgefässgruppen für Wickel; dies bestätigen die entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen Warming’s. In der Achsel eines jeden der fünf Hochblätter, welche die Hülle bilden, wird eine Achselknospe, gebildet. Beide, Hüllblatt und Achsel- knospe, werden gleichzeitig und zwar in einem gemeinsamen Höcker angelegt, der sich erst durch eine sanfte Querfurche in einen oberen grösseren Wulst: die Achselknospe, und einen kleinen unteren Wulst: das Hüllblatt, sondert. Nachdem die Achselknospen -Anlage an Grösse zu- genommen, entsteht an der Basis derselben an der einen Seite ein zweiter Höcker: dann an dem zweiten, von der entgegengesetzten Seite, ein dritter und so fort abwechselnd rechts und links, an jedem folgenden ein neuer Höcker, bis die Vollzahl derselben erreicht ist. Jeder dieser Höcker flacht sich bald an seinem Scheitel ab und erhält eine sanfte longitudinale und *) Vergl. (las Nähere in Warnung. Ueber die Entwickelung des Blüthenstandes von Euphorbia. Flora 1870, p. 385. -) Zur Deutung der Euphorbia-Blüthe, Flora 1871, p. 417. 3) Einige Bemerkungen über die Blüthe von Euphorbia und zur Deutung sogenann- ter axiler Antheren, Bot. Zeit. 1872, Nr. 11, 12 und 13. 28* 436 mediane Furche: die erste Andeutung der beiden Antherenhälften, die sich nun auf die gewöhnliche Weise ausbilden. So waudelt sich jeder Höcker an seinem Scheitel unmittelbar in eine Anthere um. Der Träger wird erst entwickelt nachdem Pollen in den Antherenfächern aufgetreten ist. Dann zeigt sich der Fibroveralstrang in demselben, seine Differen- cirung beginnt am Grunde des Connectivs. Der Fibroveralstrang kann schon ausgebildet sein, ehe noch eine Spur der Articulation wahrnehmbar ist Diese zeigt sich schliesslich, in Gestalt einer Ringfurche um den ursprünglich gleichförmigen Träger. Warming schliesst aus dieser Entwickelung auf die axile Natur des Staubfadens, er erklärt denselben für eine staubentwickelnde Axe. Für diese Auffassung scheint wirklich die Entwickelungsgeschichte zu sprechen, doch da wir aus früheren analogen Beispielen wissen, dass diese allein nicht entscheiden kann , so wollen wir uns zunächst noch nach anderen Anhaltepunkten für die Deutung umsehen. Von Interesse war uns in dieser Beziehung der kürzlich erschienene Aufsatz von J. Müller „Bestätigung der R. Brown’schen Ansicht über das Cvathium der Euphorbien“1); derselbe spricht sich gegen die axile Natur des Staubgefässes von Euphorbia aus. Zunächst macht er auf die auf- fallend verschiedene Entwickelung aufmerksam, die bei mehreren brasi- lianischen Species von Euphorbia der unte* der Gliederung stehende Theil des Pseudo-Filamentes, gegen den oberen zeigt und darauf hinweist, dass wir im unteren Theile ein Pedicell, im oberen ein nacktes Staubblatt vor uns haben2). — Dass diese Differenz bei anderen Euphorbia-Arten schwindet, dürfte die Deutung ihres Pseudo-Filamentes nicht ändern, ja ein Fingerzeig für uns sein, auf welchem Wege allmälig die extremste Form erreicht wurde. Dann hebt J. Müller weiter hervor, dass bei vielen Arten von Croton die 11 oder 16 Staubgefässe besitzen, in den zwei- bis dreifachen penta- meren Staminalquirlen oft genau im Centrum ein vereinzeltes Stamen steht, es ist nicht selten in einiger Entfernung vor dem inneren Quirle eingefügt, sonst aber durchaus wie die anderen Stamina gebaut. Weiter betont Müller, dass bei den brasilianischen Gattungen Algernonia und Ophtalmoblapton normaler Weise überhaupt nur ein einziger centraler Staubfaden, genau in der Mitte der Blüthe, vorhanden sei; hin und wieder trete aber auch ein zweiter auf, dem ersten völlig gleich, der dann seitlich l) Flora 1872, p. 65. -) 1. c. p. 67. 437 zu dem ersten stellt, ganz frei, oder ein wenig an der Basis mit dem- selben verwachsen sei. Bei einigen Arten der brasilianischen Gattung Actinostemon heisst es dort auch, stehen die männlichen Blüthen in kräftigen Aehven ; jede Bractee trägt in ihrer Achsel ein fast sitzendes einfaches Trichasium, an welchem jedoch mitunter 3 — 4, statt nur 2 laterale Blüthen stehen. Die mittlere Bliithe ist länger gestielt, hat einen entwickelteren Kelch und mehr Stamina (8 — 4) als die lateralen Blüthen (5 — 2) und wo auf dieser redu- cirten Cyma mehr als 2 laterale Blüthen stehen, geht die Reduction der- selben so weit, dass in einzelnen, nicht gerade seltenen Fällen die eine oder die beiden der überzähligen Blüthen, eines Kelches gänzlich beraubt und nur noch mit einem einzigen Staubblatt versehen sind Die monandrischen Blüthen sind hier also ganz einfach durch Reduction oder Verarmung, durch Schwinden des Kelches und der äusseren Stamina, durch Entwickelung des blos innersten centralen und terminalen Stamens entstanden, geradezu mit den männlichen monandrischen Blüthen von Euphorbia identisch werdend. Wir lassen es zunächst dahingestellt, in wie fern diese Deutung- berechtigt ist und wenden uns zu den interessanten Bildungsabweichungen (Vergrünungen) die vor kurzem von Schmitz *) an Euphorbia Cyparissias L. beobachtet und beschrieben wurden. Wir wollen uns hier auf die Be- sprechung der für uns wichtigen Fälle: auf die Verbildung der s. g. Staubgefässe beschränken. — Im normalen Falle ist das Staubgefäss von Euphorbia Cyparissias vierfächrig und articulirt. In vergrünten Blüthenständen findet man häufig solche normal entwickelte Stamina einzeln stehend in den Achseln von Blättern, die sich an der seitlichen Drüsenbildung noch als Involucral- blätter des aufgelösten Involucrum zu erkennen geben (Schmitz, Taf. IV. Fig. 2, 45). Sehr häufig sieht man nun in den aufgelösten vergrünten Blüthenständen die Zahl der Staubfächer am Scheitel des Stamens zu- nehmen, wobei dann nach der Figur 6, 7, 8, 9, 10, 11, 13 Taf. IV. bei Schmitz zu schliessen, die Articulation gleichzeitig schwindet. An der Axe, welche diese Staubfächer trägt, sieht man dann Blätter auftreten. Die Vermehrung der Staubfächer scheint auf eine Vermehrung der Staubblätter am Axenende hinzudeuten, wobei aber diese Letzteren sitzend sein müssten. Eine andere Deutung ist hier zwar möglich, da ja auch ') Flora 1871, p. 417 u. f. 438. — an gewöhnlichen Staubblättern eine Vermehrung der Staubblätter in abnormen Fällen beobachtet wurde, aber, wie ich denke, durch die Fi- guren 10 und 11 von Schmitz, so gut wie ausgeschlossen. In den ge- nannten Figuren sehen wir einen Theil der Staubfächer, und zwar je zwei, durch ein Carpellblatt ersetzt. Fig. 10 zeigt zwei Staubfächer und zwei Carpellblätter; die Fig. 11, vier Staubfächer und ein Carpellblatt Die Carpellblätter und Staubbeutel sind in derselben Höhe inserirt, sie ersetzen sich gegenseitig; liegt d$ der Werth dieser Staubbeutel nicht klar genug vor Augen?: je zwei bilden ein dem Carpellblatt gleich- werthiges Staubblatt. Man wird so mit aller Macht auf eine der älteren Röper’schen ähnliche Deutung zurückgeführt, der diese Pseudo -Stamina, ,, durch Verwachsung zweier, vielleicht dreier Filamente“1) sich entstanden dachte -). Warming glaubt für die axile Natur des Staubfadens die Ent- wickelungsgeschichte anführen zu können; J. Müller erklärt ihn aus anderen Gründen für ein einziges terminales Staubblatt, uns führen die von Schmitz beobachteten Bildungsabweichungen entschieden auf eine andere Deutung. Spricht denn aber die Entwickelungsgeschichte wirklich gegen dieselbe? Wir glauben, dass dieses nicht der Fall, denn die oben angeführte entwickelungsgeschichtliche Schilderung Warmings unterscheidet sich un- wesentlichen nicht von denen, die wir selbst von der männlichen Ephedra- Blüthe, hauptsächlich von Ephedra altissima, gegeben. Auch bei genannter Ephedra sehen wir am Scheitel des Bliithenhöckers zwei Hervorragungen entstehen, oder, um mit Warming’s Worten zu reden, eine longitudinale Furche sich bilden. Jeder dieser beiden sec. Höcker zeigt dann einen medianen Einschnitt am Scheitel als Andeutung zweier Antherenfächer. Die Axe streckt sich unterhalb dieser Fächer erst zu einer Zeit, wo bereits Pollen in denselben entwickelt worden, auch das Gefässbündel zeigt sich jetzt erst und ist, wie wir dies bei Ephedra campylopoda gesehen, der vielfachsten Verschmelzung fähig. Die Entwickelung des Androeceuins der männlichen Bliithe von . 0 Köper, Vorgefasste botanische Meinungen 1860, p. 46. 2) Schmitz giebt zu diesen Figuren eine ganz andere Deutung-, so schreibt er zu Fig. 10: „Ich stehe nicht an, diese Bildung hier so zu erklären, dass nach Anlage zweier Phyllome die zu Fruchtblättern sich entwickelten, in der Vegetationsspitze des Sprosses selbst durch innere Differenzirung zwei Staubfächer entstanden, jegliche Streckung der Iuteruodien oberhalb dieser Fruchtblätter völlig unterblieb.“ — Vergl. auch Hieronymus 1. c. 203 Anm. 439 Ephedra altissima unterscheidet sicli also, wie wir sehen, kaum wesentlich von derjenigen der Pseudo-Stamina von Euphorbia, und doch konnten wir es dort sicher feststellen, dass wir es nicht mit einem einfachen centralen Staubfaden, sondern mit einer Biüthenaxe, die zwei sitzende, zweifächrige Antheren am Scheitel trägt, zu thun haben. So lange also durch Nachweisung des unmittelbaren Zusammenhanges mit anderen Euphorbiaceen-Typen nicht das Gegentheil sichergestellt ist, wollen wir an unserer oben gegebenen Deutung festhalten, die zwar an die Röper’sche anschliesst, doch mit dem Unterschiede, dass wir nicht zwei bis drei verwachsene, sondern zwei sitzende zweifächrige Antheren annehmen und das ganze Pseudo-Filament, auch oberhalb der Articulation für die Biüthenaxe halten. Die Articulation getrauen wir uns nicht zu deuten, doch sei bemerkt, dass bei Euphorbia Cyparissias die Articulation nur in einer oberflächlichen Einschnürung besteht, dass man auf Längsschnitten, das Gefässbündel ohne Unterbrechung und jegliche seitliche Abweichung aus dem Theil unter der Articulation in denjenigen über derselben laufen sieht und dass auch die Zellreihen sich continuirlich aus dem unteren Tlieile in den oberen ver- folgen lassen und nur an Stelle der Articulation sich durch ihre geringere Höhe auszeichnen. In dieser Beziehung verhalten sich die Zellen in der Articulation zu denjenigen der höher und tiefer liegenden Theile wie in anderen Fällen die Zellen des Knotens zu denjenigen der Internodien. Ist es nicht vielleicht gerade an dieser Stelle, dass das einzige oder eines der Blättchen entspringt die in den von Schmitz beobachteten Bildungsabweichungen so häufig an der Antherenaxe zu sehen waren1)? Die Articulation schwand, nach den Zeichnungen von Schmitz zu schliessen, in allen diesen Fällen, .so dass die äusseren Anhaltepunkte zur Feststellung unserer Vermuthung fehlen, vielleicht hätten sich dieselben aber anatomisch gewinnen lassen? Es würde jedenfalls bei späteren Gelegenheiten auf diesen Punkt zu achten sein. Sehr instructiv in vieler Beziehung erscheint uns noch die in Fig. 182) ') Eine ganz ähnliche Deutung versucht Celakovsky, Flora 1872, p. 156. Er nimmt an Stelle der Articulation ein unterdrücktes Vorblatt der männlichen ^Blüthe an, das in abnormen Fällen znr Ausbildung kommt. Auch im Uebrigen nähert sich meine Auf- fassungsweise sehr der seinigen. (Nachträgliche Bemerkung). 9) Eine ähnliche scheint auch Hieronymus beobachtet zu haben an einer von Uromyces befallenen Pflanze von Euphorbia Cyparissias L. 1. c. p. 203. 440 1. c. dargestellte Bildungsabweichung und bringt, wie wir denken, eine weitere Bestätigung unserer Ansicht. In der Achsel eines Involucralblattes hat sich hier eine beblätterte Knospe entwickelt, das ältere Blatt dieser Achselknospe zeigte aber, in jeder der beiden Seitenhälften des Lamina ein regelmässig gebildetes Staubfach mit deutlich entwickelten, normalen Pollenkörnern. Wir sehen in diesem Blatte, das auch nur zwei Staubfächer: eins rechts und eins links besitzt, das Aequivalent eines der sitzenden, zwei- fächrigen, auf seine Staubfächer reducirten Staubblätter in der normalen männlichen Bliithe. Wie bereits erwähnt, ist ganz vor Kurzem der Auffassung der Pseudo - Blüthe von Eupliorbia als InÜorescenz, von Hieronymus die als Blüthe entgegengehalten worden, ohne dass derselbe sich im Uebrigen für die eine oder die andere Deutung sicher hätte entscheiden wollen. Es liegt uns fern, hier weiter auf die ganze Streitfrage einzugehen, erwähnt sei nur, dass mir trotz der sinnreichen Einwände von Hieronymus nach den erwähnten Bildungsabweichungen die Deutung „als Blüthe“ kaum mehr möglich scheint J). Diese kurze Revision' der fraglichen Fälle bei Samenknospen und Staubblättern dürfte genügen, um zu zeigen, dass die Angaben über den verschiedenen morphologischen Werth derselben einer sicheren Grundlage entbehren. Wenn dem aber so ist, so fallen auch die wichtigsten Beweise für die behauptete Relativität morphologischer Werthe, die vorzüglich an diesen Beispielen ihre Stütze finden sollten, und der Satz: dass die mor- phologischen Grundgebilde nicht durch Raumbezeichnungen bestimmbar, sondern phylogenetisch tixirte Grössen sind, gewinnt auch für Samen- knospen und Staubblätter volle Berechtigung. Es kann wohl ein Grundgebilde durch Anpassung einem abgeschlosse- nen Zustande eines anderen Grundgebildes ähnlich werden, wenn ich mich so ausdrücken darf, die passiven Charaktere eines anderen annehmen, doch so weit die Erfahrung reicht, zeigt es nie die activen morphologi- schen Eigenschaften desselben. Es ist dies nach den Gesetzen der Erb- lichkeit und Entwickelung so gut wie unmöglich, denn wenn auch die An- b Ich verweise im Uebrigen auf den citirten Aufsatz von Hieronymus. 441 x / passungsfähigkeit keine Grenzen kennt, so vollzieht sie sich doch nicht nach einem vorgezeichneten Plane, sondern als Reaction auf unmittelbar wirkende Ursachen. Es müsste nun mit sonderbaren Dingen zugehen, wenn auf ein bestimmtes Organ dieselben Einflüsse sich geltend machen und dieses Organ in ganz der nämlichen Weise auf dieselben reagiren sollte, wie früher ein anderes, um so mehr, als bereits die Grundlage für die Ein- wirkung verschieden und somit auch die Reaction zunächst eine andere sein musste. Wenn die drei morphologischen Grundgebilde der Cormophyten aber wirklich verschieden sind, wie kommt es dann, dass es so schwer ist, all- gemein gültige Deffinitionen für dieselben aufzufinden: Deffinitionen, nach welchen diese Grundorgane in allen Fällen zu bestimmen wären? Die Ant- wort ist leicht zu geben: — weil die Anpassungsfähigkeit der Gebilde keine Grenzen kennt, so ist auch eine allgemeine Deffinition nicht möglich, da ja jede Deffinilion eine solche Grenze verlangt. Handelt es sich aber trotzdem um eine Deffinition der drei Grundgebilde, so wird dieselbe nur in begrenzter Form — nach den für vegetative Sprosse vorherrschend gültigen Verhältnissen, auf welche erfahrungsmässig alle anderen zurück- zuführen sind — aufzustellen und der Deffinition eines jeden Grund- gebildes hinzuzufügen sein: „und was aus demselben durch Metamorphose entstand.“ So wie es die Aufgabe der Morphologie ist, nach vollzogener Difife- renzirung in die drei Grundgebilde, die Metamorphose derselben auf allen ihren Wegen zu verfolgen und andererseits jede metamorphosirte Form wiederum auf ihre Grundform zurückzuführen, so wird es auch eine nicht minder wichtige morphologische Aufgabe sein, die in drei Grundgebilde differenzirte Gestalt von der allen Pflanzen gemeinsamen Urform: der pflanzlichen Zelle abzuleiten. In dieser Beziehung ist freilich bis jetzt nur wenig Zusammenhängendes geschehen, die Aufgabe wird aber auch hier eine doppelte sein: 1) eine allgemeine, welche die allgemeine Ent- wickelung der Gestaltung erstrebt, und 2) eine specielle, welche den phylogenetischen Zusammenhang im Einzelnen verfolgt. 442! Die Wege, auf welchen die Differeuzinmg 4)ei den Thallophyten vor- geschritten ist, sind viel mannigfaltiger als bei den Cormophyten. Der Urstamm derselben hat sich in mehrere Zweige gespalten, die weiter von einander divergireu, als die Zweige der Cormophyten. An welchen dieser Thallophyten-Zweige die Cormoplivten anschliessen, wird die weitere For- schung erst zu zeigen haben, doch liegen bereits Andeutungen vor, wo der Anknüpfungspunkt zu suchen wäre. — Jedenfalls finde ich es aber unrichtig, wenn neuere Autoren, ohne weiteres, den Cormophyten ent- nommenen Bezeichnungen von ganz bestimmtem morphologischen Wertlie: Caulom, Phyllom und Trichom, bei den Thallophylen anwenden. Müsste doch erst die Homologie dieser Gebilde bei Cormophyten mit den so be- zeichneten bei Thallophyten nachgewiesen oder doch wenigstens wahr- scheinlich gemacht sein. Man sollte, meiner Meinung nach, sich in diesem Falle zunächst auf nur allgemein räumliche Benennungen, wie Stamm, Ast, Zweig u. dgl. m. beschränken und eine speciellere Bezeichnung erst einer weiteren, vergleichenden Forschung überlassen. Druck von Bär & Hermann in Leipzig. In gleichem Verlag erschien: DIE BEFRUCHTUNG BEI DEN CONIFEREN VON D* E. STRASBURGER PROFESSOR IN JENA. / Druck von Bär A Hermann in Leipzig. New York Botantc.il Garden Library QL20.A1 S68 v.l 9®" Strasburger. Eduard/Die Coniferen und d 3 5185 00005 4690