mii ■/fr Wwwi mm '!/■' \ ! ' U.U. yecft eJU BEITRÄGE ZUR NATURGESCHICHTE DER HYDROMEDUSEN. VON DR- ERNST HAECKEL. ERSTES HEFT : DIE FAMILIE DER RÜSSELQUALLEN (GERYONIDA). MIT 6 KUPFERTAFELN UND IN DEN TEXT GEDRUCKTEN HOLZSCHNITTEN. LEIPZIG, VERLAG VON WILHELM ENGEL MANN. 1865. DIE FAMILIE DER RÜSSELQUALLEN (GERYONIDA). EINE MONOGRAPHIE VON D*. ERNST HAECKEL, ORDENTLICHEM PROFESSOR DER ZOOLOGIE UND DIRECTOR DES ZOOLOGISCHEN MUSEUMS AN DER UNIVERSITÄT JENA. MIT G KUPFERTAFELN UND IN DEN TEXT GEDRUCKTEN HOLZSCHNITTEN. LEIPZIG, VERLAG VON WILHELM ENGELMANN. 1865. Abdruck aus der Jenaischen Zeitschrift für Medicin und Naturwissenschaft I. und II. Bd. V orwor t. Seit längerer Zeit mit Untersuchungen über Hydromedusen be- schäftigt, beabsichtige ich eine Reihe von Beiträgen zur Naturgeschichte dieser Thiere in einzelnen Heften herauszugeben , von denen das vor- liegende hiermit als das erste erscheint. Die allgemeinere Theilnahme und das erhöhte Interesse, welches in den letzten Decennien den niederen Thieren zugewendet worden ist, hat vielleicht auf keinem Gebiete eine solche Fülle von complieirten und unerwarteten Verhältnissen im Bau und den Lebenserscheinungen auf- gedeckt, als in dem Kreise der Coelenteraten und namentlich in der Classe der Hydromedusen. Die Masse des hier noch verborgen liegenden Materials ist so gross, dass wir wohl noch lange mit Ausgraben und Herbeischaffen der einzelnen Bausteine uns werden begnügen müssen, ehe es uns möglich sein wird , aus diesen das Gebäude einer allgemei- nen Naturgeschichte dieser wunderbaren Thiergruppe aufzurichten und den gesetzlichen Zusammenhang in der Fülle der einzelnen Erschei- nungen aufzufinden. Einen einzelnen solchen Baustein soll die vorliegende Monographie der Rüsselcpaallen oder Geryoniden liefern, einer Medusenfamilie, welche bisher unvollständiger, als die meisten anderen bekannt war, obwohl sie in mehr als einer Beziehung zu einer genauen Untersuchung beson- ders aufforderte. Dass die darauf verwendete Sorgfalt durch manches unerwartete Resultat, zum Theil auch von allgemeinerer Bedeutung, belohnt wurde, wird vielleicht aus der im Folgenden gegebenen Dar- stellung des feineren Baues und der Entwickelung der Geryoniden hervorgehen. Ueber die eigenthümliche und neue Form des Generationswechsels, welche die Geryoniden mit den Aeginiden auf das Innigste verbindet, VI Vorwort. und welche im VIII. undX. Abschnitt alsAlloeogenesis beschrieben und erläutert ist l) , habe ich zu Anfang dieses Jahres eine kurze vorläufige Mittheilung in den Monatsberichten der Berliner Akademie (p. 85, Sitzunevom 2. Februar I86ö) veröffentlicht. Diese Mittheilung finde ich in der Juni-Nummer der »Annais and Magazine of natural historj « (1865, p. 437) von W. S. Dallas in das Engljßche Übersetzt, und zu- gleich kritisch erläutert von Professor Ällman (ibid. p. 468 — 574 . dem wir schon so manche werthvolle Beiträge zur Naturgeschichte der lhdromedusen verdanken. Insbesondere hat derselbe dort die allee- meine Bedeutulm . welche die Alloeoeenesis für die Theorie des Ge- «71 7 O nerationswechsels überhaupt hat, einer eingehenden Betrachtuni: un- terzogen. Ich selbst halte von einer solchen allgemeinen Erörterung dieser wunderbaren Erscheinung vorläufig abgesehen , weil ich dieselbe zu einer solchen noch nicht reif genug, und noch zu unvollständig bekannt erachtete. Der Kern meiner Beobachtungen beschränkt sich darauf, dass die sechszählige Geryonia [Carmarina) hastata, und zwar beide Geschlechter derselben, zu derselben Zeit, zu welcher sie reife Zoosper- mien und Eier in ihren Genitalblättern entwickelt , auf der Oberfläche ihrer Zunge, innerhalb der Magenhöhle, Knospen treibt , welche sich zu der achtstrahligen Cuninu rhpdodtictylu entwickeln, einer Aeginide, welche selbst wieder reife Geschleehtsproduete in ihren Genitalblättern erzeugt. In welchem weiteren genealogischen Zusammenhange diese beiden, anscheinend so sehr verschiedenen Medusenformen stehen, und wie etwa die Aeginiden-Generation (Cunina) wieder in die Geryoniden- Generation [Carmarina) zurückschlägt, habe ich leider noch nicht zu ermitteln vermocht. Ai.lman erörtert nun die verschiedenen Möglichkeiten, welche hier denkbar sind, in sehr klarer und übersichtlicher Form, stellt dieselben mit anderen eigenthümlichen Modifikationen des Generationswechsels, die sich bei anderen Medusen finden, zusammen, und kommt schliess- 1) Diese Alloeoeenesis war mir noch nicht bekannt , als der zweite Abschnitt der vorliegenden Untersuchungen bereits gedruckt wurde. Ich hüte deshalb die irrige Angabe, welche sich dort S. 18 über den Generationswechsel und über die ungeschlechtliche Fortpflanzung der Geryoniden findet, zu entschuldigen und zu streichen. Vorwort. VII lieh zu dem Resultate, dass die Alloeogenesis der Geryoniden sieh Dicht in dein Grade, wie ich es behaupte, von den übrigen, bereits bekannten complicirteren Formen des Generationswechsels unterscheide. Die Hauptschwierigkeit in dem von mir beobachteten Vorgange, durch welche derselbe sich meines Erachtens von allen ähnlichen be- kannten Erscheinungen unterscheidet, liegt nach meiner Ansicht darin, dass nicht, wie sonst immer, eine geschlechtliche und eine (oder meh- rere ) ungeschlechtliche Generation mit einander abwechseln , sondern dass die sechszählige Geryonide, welche auf ungeschlechtlichem Wege die geschlechtsreif werdende Aeginide erzeugt, gleichzeitig selbst ge- schlechtsreif ist, und sowohl Eier alsZoospermien aus demsubumbralen Epithel ihrer taschenförmig erweiterten Radialcanäle entwickelt. Mit- hin sind beide, so sehr verschiedene Medusen-Generationen , die dem Formenkreis einer einzigen »Speeies« angehören, sexual, und es kann nicht die knospentreibende Geryonide als ungeschlechtliche Generation angesehen werden. Diese Hauptschwierigkeit sucht nun Allmax da- durch zu heben, dass er die Geryonide selbst für eine ungeschlechtliche Generation, und ihre Geschlechtsorgane (die blattförmigen Erweite- rungen der Radialcanäle) für selbständige rudimentäre Individuen (Zooiden) einer geschlechtlichen Generation hält; die letztere soll von der ersteren auf ungeschlechtlichem Wege (durch Knospung imGastro- vascularsystem) erzeugt werden und unabhängig von derselben Ge- schlechtsproducle entwickeln. Die Carmarina hastata ist also nach Allman nicht eine sexuale Meduse, oder ein »Gonocheme«, wie Oceania, Bougainvillia etc., sondern eine esexuale Meduse oder ein »Gonoblasto- cheme«, während die Genitalblätter derselben eine selbstständige sexuale Generation darstellen. So sehrieh den Scharfsinn von Prof. Allman und die Vorzüge dieser Auffassune anerkenne, und so sehr ich selbst bemüht Gewesen bin, durch eine ähnliche Deutung eine Verbindung zwischen dem von mir beobachteten Vorgange und den nächstähnlichen Erscheinungen des Generationswechsels bei anderen Hydromedusen herzustellen , so kann ich mich c|ennoch so wenig von Allman's Deutung, als von meinen ei- genen Erklärungsversuchen befriedigt fühlen. Aus Gründen, welche ich an einem anderen Orte ausführlicher erläutern werde, vermag ich VIII Vorwort. nicht die Genitalblätter dcrGcnoniden, welche nichts anderes, als ganz einfache seitliche Erweiterungen der Radialcanäle sind, in denen sich das Epithel stellenweis (und zwar nur auf der subumbralen Seite) zu Eiern oder zu Zoospermien differenzirt, als selbstständige individuelle Bildungen (Zooiden) anzuerkennen. Der Bau und die Entwicklung dieser flachen seitlichen Ausstülpungen der Radialcanäle scheinen mir dieser Auffassung ebenso zu widersprechen, wie die Homologie der- selben mit anderen Bildungen, welche Allman selbst unzweifelhaft für Theile oder Organe des Medusenkörpers , und nicht für eine selbst- ständige Generation hält. Ich muss daher, bis weitere Beobachtungen diesen wunderbaren Vorgang nach allen Seiten hin aufgeklärt haben werden, an meiner Auffassung festhalten. Die anatomischen und histologischen Theile der vorliegenden Mo- nographie waren bereits im vorigen Jahre vollendet, und nur die Unter- suchungen über die Entwickelungsverhältnisse der Cunina verzögerten den Abschluss der ganzen Arbeit noch bis Ende Januar, wo das Manu- script zum Druck abgeliefert wurde. Ich bemerke dies mit Rücksicht auf den histologischen Theil der Untersuchungen, da inzwischen »ver- gleichend-anatomische Untersuchungen« von Prof. A. Kölliker l) er- schienen sind, welche im Herbst 1864 an der Westküste von Schottland angestellt wurden und sich »wesentlich auf die Histologie der Hydro- zoen, Ctenophoren und Anneliden beziehen«. Unsere, ganz unabhängig von einander ausgeführten Untersuchungen haben da, wo sie denselben Gegenstand , nämlich die von Kölliker hier allein berücksichtigten Bindesubstanzen betrafen, ein fast übereinstimmendes Resultat gehabt. Dies gilt namentlich von dem Bau der Gallertscheibe und der soliden Tentakeln der niederen Medusen. Das Gewebe, welches Kölliker als »zellige einfache Bindesubstanz« der niederen Medusen (Hydroiden) be- schreibt, scheint mir ganz oder doch grossentheils mit dem von mir als »Knorpel« gedeuteten Gewebe zusammenzufallen. 1) Würzburger naturwissenschaftliche Zeitschrift. Bd. V. Jena , am I 4. Juli 1865. Ernst Heinrich Haeckel. Inhalt. Vorwort. Einleitung . Literatur der Geryoniden I. Geschichte der Geryoniden II. Organisation der Geryoniden III. System der Geryoniden I. L iriop ida. 1. Liriope. 2. Glossocodon II. Carmarinida 3. Leuckartia 4. Geryonia . 5. Carmarina IV. Anatomie von Glossocodon eurybia (Liriope eurybia) i . Körperform 2. Gastrovascularsysteni 3. Skelet 4. Muskelsystem 5. Nervensystem 6. Sinnesbläschen . V. Metamorphose von Glossocodon eurybia (Liriope eurybia) VI. Anatomie von Carmarina hastata (Geryonia hastata) 1. Körperform 2. Gastrovascularsystem 3. Skelet 4. Muskelsystem 5. Nervensystem 6. Sinnesbläschen . VII. Metamorphose von Carmarina hastata (Geryonia hastata) VIII. Knospenbildung in der Magenhöhle (an der Zunge) von Carmarina hastata .... V 1 2 3 8 21 22 22 26 28 28 30 32 33 33 36 43 44 47 52 60 74 74 77 82 87 99 101 105 115 Inhalt. IX. XI. Anatomie von Cunina rhododactyla .... 125 1. Körperform ...... 1J5 2. Gastrovascularsystem ..... -128 I. Skelet ....... 132 4. Muskelsystem ...... 135 5. Nervensystem ... ... 136 6. Sinnesbläschen ...... 138 Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den Geryoniden und Aeginiden . . 139 Gewebe der Geryoniden ...... 160 1. Epithelialgewebe ..... 162 2. Mantelgewebe . . . 165 3. Knorpelgewebe ...... 169 4. Muskelgewebe ... . 178 5. Nervengewebe ...... 180 Erklärung der Abbildungen ..... 183 Die Familie der Rüsselquallen oder Geryoniden umfasst Tliiere, welche durch eigenthümliehe Verhältnisse des Baues und der Entwicke- lung sich vor den übrigen craspedoten oder cryptocarpen Medusen mehrfach auszeichnen und in mehr als einer Beziehung ein besonderes Interesse zu erregen geeignet sind. Schon die sehr charakteristische Pilz- oder Schirmform ihres langgestielten Gloekehkörpers , sowie die sehr bedeutende Grösse einiger Arten zeichnet sie so aus, dass sie bereits vor laneef Zeil die besondere Aufmerksamkeit der mit dem Studium der Seethiere beschäftigten Naturforscher auf sich zogen. Allein obwohl schon im vorigen Jahrhundert (4775) eine verhiiltnissmässig genaue Beschreibung und Abbildung einer grösseren Gcryonide veröffentlicht wurde, und obwohl die Zahl der beobachteten Arten bald sehr vermeint wurde, so blieben doch die Organisationsverhältnisse und die Entwicke- lungsgeschichle der Rüsselquallen unvollständiger bekannt, als diejeni- gen vieler anderer niederer Medusen, die weniger Eigentümlichkeiten darbieten. Die älteren Autoren warfen die eigentlichen Geryoniden mit anderen Craspedoten zusammen, denen sie zwar äusserlich ähnlich sind, von denen sie sich aber durch ihre innere Organisation wesentlich un- terscheiden. Ueber die letztere findet man noch bei den neuern Autoren die auffallendsten Widersprüche und namentlich haben die verschie- denen Abschnitte des Gaslrovascular-Apparates eine sehr abweichende und vielfach irrige Deutung erfahren. Selbst in dem trefflichen »Ver- such eines Systemes der Medusen« von Gegenbaur (1856) ist der eigent- liche Bau der letzteren nicht erkannt, und die Charakteristik derGeryo- niden-Familie daher weniger zutreffend, als die der übrigen Graspe- doten-Familien. In der neusten grösseren Naturgeschichte der Medusen, Häckel, Rüsselquallen. ) 2 Literatur der Geryoniden. von Agassiz , ist die Familie der Rüsselquallen sogar, auf Grund älterer widersprechender Angaben, in zwei, anscheinend wesentlich verschie- dene Familien, die Leuckartiden und die eigentlichen Geryoniden, gespalten werden. Unter diesen Umständen war es mir sehr erwünscht, dass ein sie- benwöchentlicher Aufenthalt am Meerbusen von Nizza im März und April dieses Jahres mir Gelegenheit gab, zwei Arten dieser Familie, welche dort in Menge vorkommen , und zwar zwei typische Repräsen- tanten ihrer beiden Unterfamilien, andauernd in lebendem Zustande zu beobachten. Durch meine Untersuchungen über den feineren Bau und die Entwicklung derselben glaube ich in den Stand gesetzt zu sein, die Grundzüge der Organisation dieser merkwürdigen Quallen definitiv teststellen und die diil'erentcn Angaben der verschiedenen Autoren über dieselben erklären zu können. Zugleich gab mir eine Yergleichung der Literatur mit meinen eigenen Forschungen Gelegenheit, die Systematik der ganzen Familie zu verbessern und sowohl den Charakter der ein- zelnen Gattungen und Arten , als auch der ganzen Familie scharfer, als es bisher möglich war, zu umschreiben. Die einzelnen Abschnitte der so zu Stande gekommenen monographischen Skizze sind so vertheilt, dass auf eine historische Uebersicht der bisherigen Beobachtungen über Geryoniden zunächst eine übersichtliche und kritische allgemeine Dar- stellung der Organisation der Familie folgt, darauf der Versuch eines Syslemes der Geryoniden, mit kurzer Charakteristik aller Gattungen und Arten, und endlich als zweiter Hauptabschnitt die genaue Darstel- lung der gesammten Organisation und der Enlwickelung und Metamor- phose der beiden von mir beobachteten typischen Species. Literatur der (jeryoiiideii. 1. Forskal, Deseriptiones onimalium, quae in ilinere orientali collegit. 1775. p. 108. (Beschreibung der Medusa proboscidalis). 2. Forskal, Icones rerum naturalium , quas in itinere orientali depingi curävit. 1776. Taf. XXXVI, Fig. J (Abbildung der Medusa proboscidalis). 3. Peron et Lesueur , Tableau des caracteres generiques et speeifiques de toutes lesespeces de Meduses connues jusqu'ä ce jour. Annales du Museum d'histoire naturelle. Tom. XIV. 1809. p. 329 (Beschreibung der Geryonia heapaphyllä) . 4. Peron et Lesueur, Abbildung der Geryonia hexaphylla in: Cuvikr, le regne ani- mal, edition illustree, 1841). Les Zoopbytes, par Milne-Edwards etc., PI. 52, Fig. 3. 5. Chamisso et Eysenhardt, De animalibus quibusdam e classe vermium Linnae- ana. Nova acta phys. med. Tom. X, 1. 1820. p. 357 ; Tat'. XXVU, Fig. 2. A. 15. C. ( Geryonia tetraph ylla) . 6. Quot et Gaimard, Memoire sur la famille des Diphides; Annal. des sc. nat. Tom. X, 1827. PI. VI, Fig. 5—8. (Deutsch in Oken's Isis. Vol. XXI, 1828. p. 342. Tab. V. Fig. 5 — 8). [Dianaea exigua). I. Geschichte der Geryonideu. 3 7. Eschscholtz, System der Acalephen. 1829, p. 86— 91, Taf. XI, Fig. 1,2. (Familie der Geryoniden. Genus Geryonia mit 6 Species). 8. Brandt, Ausführliche Beschreibung der von C. H. Mertens auf seiner Weltum- segelung beobachteten Schirmquallen. Memoires de l'Academie imperiale des sciences de S. Petersbourg. VI. Serie. Tom. II. 1838. p. 389; Taf. XVIII, Fig. 1, 2. [Geryonia hexaphylla) . 9. Lesson, Histoire naturelle der Zoophytes. Acalephes. 1843. p. 329—333; PI. VI, Fig. 3. (Geryonia mit 4, Liriope mit 2, Xanthea mit 1 Species). 10. Forbes, A Monograpb of the British naked-eyed Medusae 1848. p. 36. PI. V, Fig. 2. [Geryonia appendiculata). H. Gfgknr.utr, Versuch eines Systomes der Medusen. Zeitschr. für wiss. Zoologie Bd. VIII. 1856. p. 252—258. Taf. VIII, Fig. 16, 17. (Familie der Geryoniden. Geryonia proboscidalis. Liriope mucronata). 12. Leuckart, Beiträge zur Kenntniss der Medusenfauna von Nizza. Archiv für Naturgesch. XXII. Jahrg. 1. Bd. 1856. p. 3—9. Taf. I, Fig. 1—4. (Geryonia exigua. G. proboscidalis). 13. Fritz Müller, Polypen und Quallen von S. Catharina. Archiv für Naturgesch. XXV. Jahrg. 1. Bd. 1859. p. 310 — 321. Taf. XI, Fig. 1—25. (Die Formwand- lungen der Liriope catharinensis). 14. Mc. Crady, Gymnophthalmata of Charleston Harbor. Proceedings of the Elliott Society of natural history. Vol. I. 1859. p. 207 — 208. [Liriope scutigera). 15. Agassiz, Contributions to the natural history of the United States of America. Second Monograph. Part. IV. Hydroidae. 1862. p. 364—365. [Familien der Geryoniden (Geryonia mit 2 Species) und der Leuckartiden (Leuckartia mit 1, Liriope mit 6, Xanthea mit 2 Species). Liriope tenuirostris}. 16. Haeckel, Beschreibung neuer craspedoter Medusen aus dem Golfe von Nizza. Vergl. Jenaische Zeitschr. f. Med. u. Naturw. 1. Bd. p. 327—330. (Geryonia hastata und Liriope eurybia). I. Geschichte der üeryonideu. Die älteste Beschreibung uud Abbildung einer zur Familie der Geryoniden gehörigen Meduse findet sich in der 1775 erschienenen Dar- stellung der von Forskal auf seiner orientalischen Reise beobachteten Thiere. Die betreffende grosse Rüsselqualle wurde von ihm im Mittel- meer beobachtet und Medusa proboscidalis benannt. Auf eine dieser nahe stehende, ebenfalls im Mittelmeer gefundene Art gründeten 1809 Peron und Lesueur ihre neue Gattung Geryonia , welche sie mit folgen- den Worten charakterisirten : »Point de bras; des filets ou des lames au pourtour de l'ombrelle ; une trompe inferieure et centrale«. Ausser jener grossen, der Medusa proboscidalis verwandten Art, welche diese Forscher Geryonia hexaphylla nannten, zogen sie dazu noch eine zweite, sehr verschiedene Meduse, G. dinema , welche Eschscholtz später Sa- phenia dinema taufte, und welche jetzt unter diesem Namen zur Familie der Geryonopsiden gerechnet wird. Dagegen wurde bald ein anderes, wirklich zur Familie der Geryoniden gehöriges Thier, welches die älteste beobachtete Art der Gattung Liriope ist, von Chamisso im indischen Oeean entdeckt und 1 820 als Geryonia tetraphylla beschrieben und ab- gebildet. Endlich wurde eine dritte, ebenfalls zur Gattung Liriope ge- 1 * 4 I. Geschichte der Geryoaiden. hörige Art 1 827 von Quoy und Gaimard unter dem Namen Dianaea exiijua bekannt gemächt. In der ersten Naturgeschichte der » medusenarliiren Strahlthiere«, dem 1829 erschienenen trefflichen »System der Acalephen« von Esch- scholtz, finden wir die Gattung Geryonia zum Typus einer eigenen Familie, der Geryoniden, erhoben, in welchem ausserdem noch 6 Gat- tungen zusammengestellt werden (Dianaea, Linuche, Saphenia, Eirene, Limnorea , Favonia). Mit Ausnahme der ersten Gattung , die bei Esch- sciioltz nur eine Varietät von Dianaea (Liriope) exigua enthält, gehören diese Genera zu ganz verschiednen Familien. Das Auszeichnende seiner neuen Familie der Geryoniden findet Eschscholtz »in einem langen Fortsatze , welcher aus der Mitte der untern Fläche der Scheibe ent- springt, aus derselben gallertigen Masse gebildet ist, wie die Scheibe selbst, und nicht zur Aufnahme von groben NahrungsslolTen dient, sondern nur ihre Säfte einzieht. Denn dieser Stiel ist ganz so beschaffen wie die Arme und der Stiel bei den Rhizöstomiden: an seiner Spitze befinden sich Saugöffnungen, die in feine den Stiel durchlaufende Ca- näle übergehen , und so den Nahrungssaft den Verdauungshöhlen zu- führen.« Von dem Genus Geryonia sagt Eschscholtz (1. c. p. 80). »Ventri- culi plures cordali in cireuitu disci. Girrhi marginales totidem majores. Pedunculus ante appendicem plicalam constrictus«. »Die durchsichtige Scheibe aller bekannten Arten dieser merkwürdigen Galtung lässt an ihrem Umfang mehrere (1, 6 oder 8) herzförmige, flache, gefärbte Theile leicht erkennen, welche als einzelne getrennte Magenhöhlen anzusehen sind. Ihre Spitze ist dem Rande zugewandt und steht einem Fangfaden sehr nahe , welcher denn auch seinen Ursprung von hier nimmt. Der Stiel hat kurz vor seinem Ende eine Einschnürung, worauf ein gefalteter Anhang folgt, dessen Falten sich nach der Zahl der Magenhöhlen zu rich- ten scheinen. Von dem Anhange entspringen ebenso viele kleine Canäle, als Magenhöhlen vorhanden sind , die in der Masse des Stiels an den Seiten desselben hinaufsteigen und sich zur Mitte des inneren Randes der herzförmigen Anhänge begeben , wo sie gleichsam den Stiel des herzförmigen Rlaltes ausmachen. Als Fortsetzung der Canäle bemerkt man noch einen dunklern Streifen durch die Mille des Blatts verlaufen, wo die Magenhöhle wahrscheinlich noch eine Falte hat«. Wie aus dieser trefflichen Beschreibung hervorgeht, hatte- Eschscholtz die anatomi- schen EieenthÜmlichkeiteB von Ger vom a ^llkommen richtig aufge- fassl, abgesehn von dem einzigen Irrthum, dass er in dem »gefalteten Anhange« des Scheibenstieles den Magen nicht erkannte und vielmehr die flachen herzförmigen Blätter, welche die Genitalien darstellen, für I. Geschichte der Geryoniden. 5 einzelne getrennte Magenhöhlen hielt, Von den G Species, welche Esr.n- scholtz unter dem Genus Geryonia aufführt, kann nur eine einzige, G. proboscidalis, unter demselben stehenbleiben. Eine zweite, nicht hinreichend bekannte Art, G. minima (die Medusa minima von Baster, Orythia minima von Peron und Lesueur) gehört einer andern Familie an. Die 4 übrigen Arten (3. G. tetraphylla, 4. G. bieolor, 5. G. rosacea, 0. G. exigua) sind zu Liriope zu ziehen. Eine neue grosse, von Mertens im stillen Ocean aufgefundene Geryoniden-Art wurde 1838 von Brandt als Geryonia hexaphylla be- schrieben , obwohl sie offenbar von der mit dem gleichen Namen von Peron und Lesueur bezeichneten Art sehr verschieden ist, Durch die in der Abbildung von Brandt sehr deutlich dargestellten centripelalen Ra- dialcanäle stimmt diese Form überein mit der von Gegenbaur bei Mes- sina beobachteten Art, mit welcher zusammen sie in der Gattung Ge- ryonia stehen bleiben kann. In der 1843 erschienenen »Ilistoire naturelle des Zoophytes Acale- phes« von Lesson werden die bis dahin bekannten, zur Familie der Gervoniden gehörigen Medusen eingereiht in seine »Troisieme Groupe: Les Meduses agaricines ou Meduses proboseidees : A disque donnant attache en dessous et au milieu ä im stipe plus ou moins long et epais, entier, ä peine divise au sommet, ou parfois garni de fibrilles termi- nales ou laterales«. Die Gervoniden vertheilt Lesson auf 3 Gattungen, welche er durch folgende Diagnosen unterscheidet: »I. Geryonia: Om- brelle hemispherique, ayanl 4 cirrhes marginaux, 4 appendices folii- formes ä l'estomac, pedoncule assez long, cylindrique, ayant 4 ouver- tures au sommet ou une om erture entouree de 4 petites folioles. 2. Li- riope: Ombrelle hemispherique, excave en dessous, ayant 4 ou 6 ten- tacules marginaux, 4 ou 6 lobes stomacaux cordiformes; im pedoncule central, gros, dilate au sommet en cupule , ä six lobes et perfore au milieu. 3. Xanthea: Ombrelle hemispherique , sans lobes de l'estomac foliolaires , ä pourlour evase , garni de 8 tentacules tres courts. Face inferieure du disque excavee a prolongement proboseiforme long, cylin- drique, termine ä son sommet par une ouverture simple.« Diese Dia- gnosen sind , wie man sieht , in jeder Beziehung ganz ungenügend und unlogisch. Geryonia und Liriope unterscheiden sich hiernach lediglich dadurch, dass bei der ersteren der Mund von 4, bei der letzteren von 6 Mundlappen umgeben ist, während die andern Theile bei beiden in Vierzahl vorkommen können. Zu Liriope stellt Lesson ausser Geryonia proboscidalis' eine individuelle Varietät oder Monstrosität von G. exigaa, welche er Liriope cerasiformis nennt, und welche nuch Eschscholtz als Dianaea exigua von ersterer getrennt hatte. Bei Geryonia lässt Lesson 6 1. Geschichte clor Geryouulen. i Arten stehen (I. G. tetraphijllu . 2. G. bicotor , 3. G. rosacea , I. G. e.riyua). Von seinein Genus Xnnthea führt er nur eine Art auf, X aya- ricina: »Ombrelle hyalin, ä huit courts tentaeules. Pedoncule allongc cylindrique, perfore.« Das ist offenbar nur eine Liriope mit noch nicht entwickelten Genitalien. Von den beiden neuen Arten Geryoniu, welche Will f S 5 5 in sei- nen »Horae tergestinae« aufführte, gehört die eine, G. plaMta , zur Familie der Eucopiden, die andere, G. pellucida, zur Familie der Ge- ryonopsiden und zwar zur Gattung Tima. Dagegen beschreibt Forbes 1848 unter seinen «British nacked-eyed Medusae« eine neue Geryoiiia appendicidata, welche zur Gattung Liriope im Sinne der neueren Auto- ren eehörl. Eine bestimmte Begrenzung erhielten die beiden Gattungen Geryo- iiia und Liriope erst 1856 durch Gegenbavr, welcher in seinem treff- lichen »Versuch eines Systemes der Medusen« zugleich die Familie der Gery oniden schärfer zu umschreiben und die sehr verschiedenartigen, bisher damit gemengten Bestandteile anderer Familien auszuscheiden suchte. Zu diesen letztern gehören namentlich mehrere jetzt zur Familie der Geryonopsiden gestellte Gattungen. Den Charakter der eigentlichen Geryoniden findet Gegenbaur einerseits in der cigenthümlichen , an die Aeginiden erinnernden und von allen andern Craspedoten abweichen- den Bildung der Geschlechtsorgane, welche als ganz flache blattför- mige Ausbuchtungen der Badialcanäle sich nicht über die Fläche der Subumbrella erheben, andererseits in der cigenthümlichen Bildung des Schirmstieles, von dem er irrthümlich annimmt, dass er »in seinem Innern nur einen grossen Behälter für den mit Seewasser gemischten Chymus vorstelle«. — »Vom Magengrunde erstreckt sich ein Canal unter allmählicher, dem Umfang des Stiels entsprechenden Zunahme seines Lumens bis in den Schirm, wo er sich in eine geräumige, im Umfange die Radiärcanäle abgebende Höhlung erweitert«. Die beiden Genera der Geryonidenfamilie, Geryoniu und Liriope, unterscheidet Gegenbaur dadurch, dass bei ersterer blind geendigte centripetale Fortsätze zwi- schen den Radialcanälen vom Ringcanale ausgehen , während diese bei letzterer fehlen. Von beiden Gattungen beobachtete er in Messina einen Repräsentanten! Seine Geryoniu proboscidalis ist von der gleichnamigen Form der früheren Autoren sicher verschieden. Seine neue Liriope mucronata zeichnet sich durch einen, ebenfalls irrthümlich für hohl ge- haltenen , kegelförmigen Fortsatz des untern Endes vom [Schirmstiele aus, der die Magenhöhle frei durchsetzt und oft weit aus dem Munde hervorragt. Wir werden dieses eigentümliche Gebilde fortan als »Zun- genkegel« bezeichnen. I. Geschichte der Geryoniden. 7 Fast gleichzeitig mit Gegenbaur und unabhängig von diesem be- schrieb 1856 Leuckart 2 ebenfalls mediterrane, von ihm bei Nizza beobachtete Vertreter der beiden genannten Gattungen , von denen er den einen mit Gergonia proboscidalis von Eschscholtz, den andern mit G. exigua von Lesson [Dianaea e. Liriope e.) für identisch hielt. Tndess weicht deren Beschreibung und Abbildung so sehr von derjenigen der genannten und auch aller andern Geryoniden ab, dass, falls sie natur- getreu ist, beide unzweifelhaft als eigene Arten abzusondern sind. Von seiner G. exigua, die wir unten als Liriope ligurina aufführen werden, beobachtete Leuckart auch zahlreiche jugendliche Formen, die in vielen Beziehungen so sehr von den erwachsenen abweichen, dass man ohne Kenntniss der vermittelnden Zwischenstufen beide als Angehörige ganz verschiedener Medusenfamilien betrachten würde. Eine noch vollständigere Entwicklungsgeschichte lieferte 1859 Fritz Müller von einer neuen Liriope , die er nach ihrem brasilischen Fundorte L. catharinensis nannte. Es schliesst sich diese Art am näch- sten an L. mucronatn an, und namentlich verlängert sich auch hier der Schirmstiel unten in den Magen hinein in Form eines langen soliden «Zungenkegels a. Die jugendliche Larvenform dieser Art steht den von Leuckart beschriebenen Larven der G exigua sehr nahe, und Müller weist von beiden nach , dass sie nicht wesentlich von den noch nicht geschlechtsreifen Medusenformen verschieden sind, welche Eschscholtz als Eurgbia und Gegenbaur als Eurgbiopsis beschrieben haben. In der 1859 erschienenen Arbeit von Mc Crady über die »Gy- mnophthalmata of Charleston Harbor« findet sich die Besehreibung einer neuen Liriope , welche derselbe wegen ihrer sehr grossen kreisrunden schildförmigen Genitalblätter L. scutigera nennt. Eine andere nordamerikanische Art von Liriope wurde von Agassiz bei Key West (Florida) gefunden. Sie zeichnet sich durch enorm langen Magenstiel aus, der 5 mal so lang als der Schirmdurchmesser ist. Diese Art wird von Agassiz 1862 in seinem grossen Acalephen-YVerke (IV. Band der Contributions etc.) als L. temiirostris aufgeführt. In der »Tabular view of the whole order of Ihdroidae«, welche Agassiz in diesem Werke giebt, finden wir die systematische Gruppirung der Geryoniden in einer ganz neuen Form. Zunächst scheidet Agassiz mit Becht, wie schon Gegenbaur gethan hatte, aus dieser Familie diejenigen craspedoten Medusen als Geryonopsiden aus, welche mit den Geryoniden zwar den rüsselähnlichen langen Magenstiel theilen , aber durch die Bildung der Genitalien ganz von diesen abweichen und sich vielmehr den Eucopiden anschliessen. Ausserdem spaltet er aber , auf die irrige Angabe Gegenbaur's von dem Bau der Gergonia gestützt, die g II. Organisation der Geryoniden, Familie der Geryoniden in 2 Familien, von denen diejenige der eigent- lichen Geryoniden bloss durch Gcryonin [G. proboscidalis , Gegenb.ur und G. hexaphyJla, Brandt) gebildet wird (mit angeblieh einfach hohlem Magenstiel) , wahrend die andere der Leuckartiden (mit getrennten Ca- niilen des soliden Magenstiels) alle andern Gattungen umfasst [Liriope, Xuntheu und Leuckariia [Genjon ia proboscidalis, Lkixk.vrt]). Dass diese Spaltung auf irrthümliehen Voraussetzungen beruht, wird sogleich näher bewiesen werden. Meine eigenen Anschauungen über den Bau und die Entwicklung der Geryoniden gründen sich auf die eingehende Untersuchung von 2 Species, welche ich in grosser Anzahl im Frühjahr 186i im Golfe von Nizza zu beobachten Gelegenheit hatte, und welche bereits auf p. 3 27 der Jenaischen Zeitschr. f. Med. u. Naturw. (I. Bd.) als Geryonia hu- stata und Liviope eurybia beschrieben worden sind. Ehe ich auf die speciellere Darstellung derselben eingehe, werde ich einen allgemeinen Ueberblick über die Organisation der Familie geben , und den Versuch machen , die aufgeführten in der Systematik der Geryoniden entstan- denen Differenzen zu lösen und durch brauchbare Charaktere die ver- schiedenen hierher gehörigen Gattungen und Arten zu scheiden , wobei ich meine oben erwähnte Mittheilung (p. 327) als bekannt voraussetze. II. Organisation der Geryoniden. »Die Familie der Rüsselquallen ist wohl die bezüglich ihres Baues am wenigsten aufgeklärte, und bis in die neueste Zeil ziehen sich wi- dersprechende Angaben über die Structurverhältnisse dieser Wesen in den einzelnen Lehrbüchern fort«. Dass dieser Satz, mit dem Gegenbai r 1856 die Besprechung der Geryoniden beginnt, auch heutzutage noch vollkommen gültig ist, wird jeder zugeben, der die im Vorhergehenden citirten sehr verschiedenen Angaben der zahlreichen Beobachter näher geprüft und in Einklang zu bringen versucht hat, Als der auffälligste äussere Charakter der Geryoniden springt zunächst unmittelbar jedem Beobachter der »Rüssel« in die Augen , d. h. der lange, bewegliche, cylindrische oder conische Magenstiel, welcher an seinem unteren Ende den verhältnissmässig sehr kleinen Magen trägt, während das obere Ende allmählich conisch verdickt in die untere Fläche des Gallert- schirms übergeht und diesen ebenso trägt, wie der Stiel eines Hut- pilzes seinen Hut. Allein so auffallend auch dieser lange Schirmstiel ist, so reicht er doch nicht aus, die Familie der echten Geryoniden allein zu charakleri- siren, denn ein gleicher Stiel kommt auch bei vielen andern Craspe- II. Organisation der Geryoniden. 9 doten, obschon nicht in so hohem Grade entwickelt, vor, erstens bei der von Agassiz als Geryonopsiden getrennten Familie , und dann auch bei zahlreichen Medusen aus Gegenbaur's Abtheilung der Oceaniden und Thaumantiaden. Die letzteren sind jedoch, abgesehen von der ganz verschiedenen Bildung der Genitalien, sofort an den Pigmcnlflecken (Ocelli) des Schirmrandes zu unterscheiden, während die Geryoniden, ebenso wie die Genonopsiden, stets nur Randbläschen (mit Otolithen), niemals Ocelli tragen. Was nun die Trennung der eigentlichen Geryo- niden von den Geryonopsiden betrifft, so sei hier von vornherein her- vorgehoben , dass dieselbe sehr leicht nach der ganz verschiedenen Bildung der Genitalien zu bewerkstelligen ist. Die Familie der Geryo- nopsiden von Agassiz umfasst die Gattungen: Geryonopsis , Eirene, Tiiua, Eutinui, Orythia und Sap henia (Forbes), welche nach Gegenbaur's System in dessen Familie der Eucopiden gehören würden , sich aber von den echten Eucopiden (mit sitzendem Magen) durch den Magenstiel unterscheiden. Bei allen diesen Geryonopsiden verlaufen die Genitalien als meistens cylindrische Wülste, Falten oder Rippen längs der Radial- canäle und springen stets mehr oder weniger von der Subumbrella in die Schirmhöhle vor , oder hängen auch wohl , wie bei den echten Eu- copiden , als bläschen- oder sackförmige Ausstülpungen der Radial- canäle in letztere hinein. Dagegen bei allen Geryoniden breiten sich die Genitalien als ganz dünne flache Blätter in der Subumbrella aus, ohne in die Schirmhöhle irgend vorzuspringen. Es sind diese sehr ver- schieden gestalteten «Genitalblätter« nichts Anderes, als ganz flache taschenförmige seitliche Ausstülpungen der Radialcanäle , welche letzleren selbst wie eine Blattrippe mitten durch jedes Genitalblatt hin- durchlaufen. So erscheinen hier die Ernährungs- und Fortpflanzungs- organe noch inniger verbunden , als bei allen andern Medusen, nur die Aeginiden ausgenommen. Dies hat schon Gegenbaur mit Recht hervor- gehoben, indem er (1. c. p. 263) bemerkt: »In der Bildung dieser Or- gane, oder vielmehr, da hier keine so scharfe Differenzirung der keim- bereitenden Stätte von dem Gaslrovascularsysteme stattfindet, in der Bildung der Geschlechtsproducte , nähern sich die Rüsselquallen auffal- lend genug den Aeginiden«. Während so die charakteristische Genitalbildung der Geryoniden von Gegenbair vollkommen richtig erkannt und gewürdigt wurde , so irrte er dagegen in einer andern Reziehung , indem er bei den echten Rüsselquallen (Geryonia und Liriope) mich eine eigenthümliche Con- struetion des Magenstiels zu erkennen glaubte, und eine Riklung des Gastro vascularsystems , welche wesentlich von derjenigen der Geryo- nopsiden verschieden sei. Diese irrige Angabe erfordert namentlich jO II. Organisation der Geryoniden. deshalb eine besondere Widerlegung, weil Agassi*, lediglieh durch sie bewogen, die Gruppe der Rüsselquallen in seine 2 Familien der eigent- lichen Geryoniden (Geryonia proboscidnlis, Gegexbair und G. hexaphylla Brandt) und der Lcuckartiden (die übrigen Geryoniden) spaltete. »Der Stiel der Geryoniden«, sagt Gegenbair . »charakterisirt sieh vorzüglich durch den Mangel von gesonderten Canälen ; er stellt in seinem Innern nur einen grossen Behälter für den mit Seewasser gemischten Chymus vor, und unterscheidet sich somit wesentlich von ähnlichen stielartigen Verlängerungen«. Bei Geryonia (proboscidalis) entspringt von der con- caven "unterfläche des Schirms »unter allmählicher Verjüngung der etwa 2%" lange Stiel, an dessen Ende der meist gefaltete Magen sitzt. Vom Magengrunde erstreckt sich ein Canal unter allmählicher dem Um- fange des Stiels entsprechenden Zunahme seines Lumens bis in den Schirm, wo er sich in eine geräumige, im Umfange die Radiärcanäle absehende Höhlung erweitert. Solcher Canäle sind 6 vorhanden. Sie sind die Fortsetzungen von eben so vielen weisslichen Streifen, welche vom Magen an längs des Stielcanals verlaufen, ohne dass sie jedoch auf dieser Strecke irgend etwas mit einer Canalbildung zu schaffen hätten, und werden einfach durch einen besondern Epithelüberzug, dessen Zellen durch ihren feinkörnigen Inhalt weisslich erscheinen, dargestellt. Erst da, wo diese weisslichen Streifen im Schirme gegen den Rand hin gerichtet nach abwärts liegen, beginnen die wirklichen Canäle, in deren Auskleidun- die Zellen der Streifen sich fortsetzen. Bis dahin erstreckt sich auch die trichterförmige Höhle als Fortsetzung des Stielcanals und wird in ihrem Lumen durch eine von der Gallertsubst;inz des Schirms -^bildete Vorragung etwas verengert«. Wenn diese Darstellung richtig wäre, so würde sie Agassiz in der Thal zur Aufstellung einer beson- deren Familie berechtigen. Allein die sorgfältige anatomische und mikroskopische Untersuchung eines vollkommen wohl erhaltenen, von Gegenbaur selbst aus Messina mitgebrachten Originalexemplares sei- ner Geryonia proboscidalis erlaubte mir das Irrthümliche jener Darstel- lung nachzuweisen und mich zu überzeugen , dass hier ebenso wie bei den übrisen Geryoniden und wie bei allen Geryonopsiden , die Stiel- canäle bereits getrennt aus dem Magengrunde entspringen , isolirt in der Aussenfläche des soliden Magenstiels zur Unterfläche des Schirms verlaufen und hier unmittelbar in die Radialcanäle sich fortsetzen, welche die Genitalblätter durchlaufen und in den Ringeanal münden. . Querschnitte durch den Magenstiel in allen verschiedenen Höhen von. Magen bis zum Schirm zeigten das Verhältniss sehr klar und gaben dasselbe Bild, welches ich Taf. XL Fig. I. 5. von Geryonia haslala dargestellt habe. Die relativ mächtige Gallertmasse des soliden Magen- II. Organisation der Geryoniden. H Stiels ist übrigens so vollkommen farblos, wasserhell, durchsichtig, homogen und structurlos, und leistet dem Eindringen eines spitzen In- strumentes, mit dem man die scheinbare Stielhöhle untersuchen will, so wenia Widerstand, dass man sehr leicht zur Annahme der letzteren verleitet werden kann. Der Irrthum von Gegenbaur war aber um so leichter möglich, als derselbe, wie ich aus mündlicher Mittheilung weiss, nur wenige und dabei grossentheils verstümmelte Exemplare in Messina zu untersuchen Gelegenheit halte. Dasselbe Organisationsverhältniss des Stiels wie bei Geryonia fin- det sich auch bei Liriope: Der Magenstiel ist auch hier ein solider Zapfen , an dessen Oberfläche die Radialcanäle vom Magengrund zur Subumbrella emporsteigen und ebenso ist auch die merkwürdige Fort- setzung des Magenstiels solid, welche als »Zungenkegel a in die Magen- höhle hinein und oft auch aus der MundölTnung herausragt. Für Liriope catharinensis hat dies bereits Fritz Müller 1859 nachgewiesen. Ich habe mich bei L. eurybia ebenfalls auf das Sicherste davon überzeugt. Damit fallen auch die Schwierigkeiten hinweg, welche Gegexbair, ver- leitet durch die Annahme einer blind geschlossnen , »seinen äussern Contouren conformen Höhle« des Zungenkegels, bezüglich der schein- bar so abweichenden Bildung des Gastrovascularapparates von Liriope findet und über welche er sich (I. c. p. 258) ausführlich ausspricht. Es ist mithin nun festgestellt, dass das Gastrovascularsystem und namentlich der im Magenstiel liegende Theil desselben bei Geryonia sich nicht anders , als bei den übrigen Geryoniden verhält, dass viel- mehr alle diese Medusen hierin vollkommen unter einander und auch mit den Geryonopsiden übereinstimmen. Die von Agassiz aufgestellte Familie der Leuckartiden muss deshalb wieder eingezogen werden und die darunter zusammengefasston Gattungen Leuckärtia , Liriope, Xan- thea müssen mit Geryonia in der alten Familie der Geryoniden vereinigt bleiben. Diese erscheint dann als eine interessante Mittelgruppe zwi- schen den beiden Familien der Geryonopsiden und der Aeginiden , in- dem sie mit jener die Structur des Gastrovascularapparates, und na- mentlich des Magenstiels theilt, dieser dagegen durch die eigenthümliche Bildung der Genitalien sich nähert. Nachdem so die Grenzen der Familie der Rüsselquallen festgestellt sind , erscheint es lohnend , auch auf die übrigen Organisationsverhält- nisse der Geryoniden im Allgemeinen einen Blick zu werfen. Obschon das vorliegende Material über diese merkwürdigen Thiere im Ganzen noch sehr dürftig und unvollkommen ist, und erst sehr wenige Arten genauer untersucht sind, so weichen doch schon diese unvollkommenen 12 II. Omanisation der Geryoniden. Erfahrungen hin, ein besonderes Interesse für diese mehrfach ausge- zeiehnete Quallenfamilie zu erregen. Die äussere Körperform der Geryoniden zeigt im Ganzen einen sehr übereinstimmenden Habitus. Der Schirm ist meistens mehr oder weniger halbkugelig, bisweilen fast kugelig gewölbt, seltener flacher, scheibenförmig, uhrglasförmig oder kegelförmig. Dagegen bie- tet die Zusammensetzung des Körpers aus mehreren gleichen (homo- tvpischen) radialen Ausschnitten oder Kugelsegmentcn dadurch ein besonderes Interesse, dass bei einem Theile der Geryoniden die Zahl dieser homotypischen Körperabschnitte regelmässig Sechs ist, während bei dem andern Theile diese Zahl, wie bei allen übrigen Medusen stets nur Vier beträgt. Alle Geryoniden mit sechszähligem Typus zeichnen sich durch sehr bedeutende Grösse und Körpermasse nicht allein vor den übrigen Thieren dieser Familie , sondern auch vor fast allen craspedoten Medusen aus , so dass sie wohl als die absolut um- fangreichsten Thiere dieser ganzen Gruppe (der Hydroiden) zu betrach- ten sind. Dasselbe gilt dann auch von der Entwicklung aller einzelnen Theile, die sich deshalb zu einer eingehenden Untersuchung besonders eignen. Ich spalte auf Grund dieses sehr merkwürdigen Verhältnisses die Familie der Gerjoniden in 2 verschiedene Unterfamilien: die Li rio- piden mit vierzähligem und die Garmariniden mit sechszähligem Typus , zumal auch andere feinere Unterschiede diese beiden Gruppen tiefer trennen. Die homotypische Grundzahl gilt in diesen beiden Sub- familien ganz durchgreifend für alle einzelnen Körpertheile und Organe, so dass also nicht nur die Radialcanäle und die Genitalblätter, sondern auch die Magenfalten, die Mundlappen, die Randbläschen und die Ten- takeln bei den Liriopiden constant zu i oder x X i , bei den Gar- mariniden zu (i oder x X 6 vorhanden sind. Es hätte dieses wichtige Verhältniss gewiss schon früher in der Systematik der Geryoniden die verdiente Berücksichtigung gefunden, wenn nicht eine vereinzelte An- gabe über eine scheinbare Ausnahme die früheren Autoren irre geleitet hätte. Quoy und Gaimard nämlich bildeten neben ihrer Dianaea (Lhiopc) exigua »im autre individu« derselben Art ab, das sich nur durch den Mangel der Genitalblätter und durch einen sechslappigen Mund von der gewöhnlichen Form unterschied , während die andern Theile , wie ge- wöhnlich in Vierzahl vorhanden waren. Diese Form wurde nun später als eine sehr auffallende Combination des vier- und sechszähligen Ty- pus besonders hervorgehoben und nicht bloss speeifisch, sondern sogar genetisch von Qerymia exigua getrennt. Lesson fuhrt sie als Liriope perasiforvm neben Liriope '((iergonia) pmboscidalis auf und Esciisoholtz gründet sogar auf sie allein seine Gattung Dianaea: »Cirrhi marginales II. Organisation der Geryoniden. 13 quatuor. Pedunculus apiee labio sexies lobatoa (I. c. p. 90). Indessen haben wir es hier, wie ich unten zeigen werde, zweifelsohne nur mit einem Individuum der Liriope exigua zu thun, bei dem die Genitalien gerade nicht entwickelt und der vierlappige Mund zufällig in 6 Falten gelegt war, wie schon Forbes bei seiner Geryonia appendiculata öfter beobachtet hatte , und ich nachher bei Glossocodon eurybia oft gesehen habe. Die Form des Mundes kann überhaupt nicht, wie es öfter ver- sucht worden ist, zur Charakteristik der verschiedenen Arten, oder gar Gattungen der Geryoniden mit Vortheil verwendet werden. Dieser Theil ist nämlich äusserst contractu und beweglich und wechselt seine Form fast beständig, oft in überraschendem Grade. Während ich bei Glosso- codon eurybia den Saum des geöffneten Mundes meist unregelmässig viereckig, oft aber auch ganz regelmässig quadratisch fand, sah ich ihn zu andern Zeiten scheinbar in \ grosse Lappen tief gespalten. Diese Lappen ergaben sich aber bald nur als vorübergehende Falten des Mundsaumes, entstanden durch tiefes Einziehen der Mitte jeder Qua- dratseite und Zusammenlegen der beiden den Quadratwinkel ein- schliessenden Schenkel. Nicht selten bildete sich dann noch an 2 ge- genüber liegenden Stellen zwischen je i Falten eine fünfte und sechste, und öfters endlich zwischen diesen noch eine siebente und achte Falte. Daaeaen scheint die Anzahl der Nesselwarzen , welche den Mundsaura zieren, bei verschiedenen Arten constant verschieden zu sein. Ein höchst merkwürdiges Organ , das in keiner anderen Medusen- gruppe bisher aufgefunden worden ist, besitzen einige, vielleicht viele Geryoniden in dem mehrfach erwähnten seltsamen «Zungenkegel« , einer gleichmässig conisch zugespitzten soliden Verlängerung des Ma- genstiels in die Magenhöhle hinein, in welcher dieser stileiförmige Kegel theils ganz zurückgezogen liegt, theils aus der MundöfYnung weit her- vorgestreckt werden kann. Es wurde dieses Organ zuerst von Gegen- baur bei seiner Liriope mucronuta, später von Fritz Müller bei L. catharinensis und kürzlich von mir bei L. eurybia beobachtet. Sein Vorkommen beschränkt sich aber nicht auf die vierzähligen Liriopiden, sondern erstreckt sich auch auf die sechszähligen Carmariniden, wo ich es bei Geryonia hastata nachgewiesen habe. Da der Zungenkegel, na- mentlich bei der letzteren, eine beträchtliche Grösse besitzt und oft weit aus dem Magen hervorragt, so kann ich kaum glauben, dass die früheren Beobachter bei den andern Arten denselben übersehen haben sollten. Namentlich ist nicht anzunehmen, dass Gegenbacr, der bei Liriope mucronata den Zungenkegel zuerst entdeckte , denselben bei seiner viel grösseren Geryonia proboscidalis, wenn er hier vorhanden 14 II. Organisation der GenonidiMi. Wäre , nicht bemerkt haben sollte. Ich halte daher dieses auffallende Oman für einen wesentlichen generischen Charakter der betreffenden Arten und schlage vor, die vicrzähligen Liriopiden mit Zungenkegel in der neuen Gattung Glossocodon, die sechszähligen Geryoniden mit Zun- «enkegel in der neuen Gattung Caitmrma zu vereinigen und von den zungenlosen Geryoniden abzutrennen. Heber die Function dieses »stilet- förmigen Organs« hat sichFaiffe Miller nicht ausgesprochen. Geuenbur vermuthet, »dass es in engerer Beziehung zur Aufnahme oder zur Ver- änderung der Nahrung stehe«. Ich glaube darin vorzugsweise ein feines Tastorgan und nebenbei vielleicht zugleich ein Geschmacksorgan , eine wirkliche Zunge, zu erkennen , worüber das Nähere unten in der spe- ciellen Beschreibung von Ghssocodon eunjbia zu vergleichen ist, Der Ma^ensack ist bei allen Geryoniden, namentlich aber bei den vierzähligen, von verhältnissmässig sehr geringer Grösse, so dass die früheren Autoren darin nur die Mundhöhle erblickten, und die eigentlich verdauenden Magencavitäten in den Genitalblätlern suchten. Die Verdauungskraft desselben ist nichtsdestoweniger ausserordentlich gross, so dass nicht allein die weicheren wasserreichen pelagischen Organismen, sondern auch harlschaligeCrustaceen, Mollusken und selbst kleine Fische in sehr kurzer Zeit mehr oder weniger vollständig ver- daut, theils in einen unförmlichen Klumpen verwandelt, theils als Brei von feinen Körnchen mit dem aufgenommenen Seewasser in die Ra- dialcanäle übergeführt werden. Dies entspricht ganz dem ausnehmend räuberischen und wilden Charakter dieser behenden , gefrässigen und kühnen Raubthiere. Mc Crady sah eine Liriope seidigem einen Fisch, der 3 mal so gross als sie selbst war, mit den langen Tentakeln und dem offenen Magenschlauche, der saugende Bewegungen ausführte, umschlingen und in kurzer Zeit tödten. Ich fand bisweilen den Magen von Ghssocodon ewybia durch Aufnahme grosser Nahrungsmengen bis um das Zehnfache seines ursprünglichen Volums ausgedehnt. Im ruhi- gen Zustande hängt der Magen meist in Falten geschlagen als dünner Gylinder oder Kegel von dem Magenstiel herab; bei geöffnetem Munde und verstrichenen Falten erscheint er meist glockenförmig. Der durchsichtige solide Magenstiel ist meist scharf von dem undurchsichtigen Magen abgesetzt, cylindrisch oder, besonders nach oben, kegelförmig verdickt, nach unten verdünnt und geht oben ganz allmählich in die Gallerlmasse des Schirmes über. Wie diese, besteht er lediglich aus wasserklarer , hyaliner, vollkommen homogener Gal- lerte, in welcher keine anderen Formelemente, als zahlreiche zerstreute, sehr lange und feine, spitzwinklig verzweigte Fasern zu erkennen sind, die die ganze Dicke des Gallertmantels durchsetzen. Als matt weiss- II. Organisation der Geryonidcu. 15 liehe , seltener röthlieh oder grünlich gefärbte Streifen (bisweilen aber auch ganz farblos und dann oft schwer zu erkennen) steigen an der Oberfläche des Magenstiels die 4 oder 0 Radialcanäle empor, welche getrennt mit abschliessbaren Oeffnungen aus dem Magengrunde ent- springen. Die Breite dieser Canäle ist sehr verschieden und scheint, wie überhaupt der Durchmesser ihres Lumens, nach dem verschiedenen Füllungszustande sehr zu wechseln. Meist sind die Stielcanäle schmä- ler , als ihre Zwischenräume , die von sehr entwickelten Längsmuskel- bändern eingenommen werden. Die i oder G Genitalblätter sind, wie schon mehrfach erwähnt wurde, nichts Anderes, als ganz flache, taschenarlige Ausstülpungen der Radialcanäle. Letztere gehen , während sie an der Subumbrella herablaufen , mit offenem Lumen mitten durch die mit Gesehlechtspro- dueten erfüllten breiten Taschen hindurch , wie Blattrippen durch das Blatt. Die Genitalproducte entwickeln sich lediglich in den Wänden dieser flachen Taschen aus deren Epithel, während das Epithel des mitten durch das Blatt hindurchtretenden Canals unverändert bleibt. Eigentlich befindet sich also jederseils jedes Canals ein Genitalblatt als seitliche Ausstülpung desselben und genau genommen sind mithin 8 oder I 2 Genitallaschen vorhanden. Die Genitalproducte können sowohl in das Lumen des Canals, das mit der Tasche beiderseits in Communi- calion bleibt, als auch unmittelbar nach aussen gelangen, indem sie die dünne Subumbrella durchbrechen. Das letzlere habe ich bei Carmarina hastatu beobachtet. Die Farbe der Genitalblätter ist meist mattweisslich, bisweilen röthlieh oder hellgrün. Ihre Gestalt ist meist mehr oder we- niger dreieckig oder herzförmig, seltener elliptisch, lanzett- oder spiess- förmig, sehr selten kreisrund. Die oft tief eingeschnittene Basis des Herzens ist meistens dem Grunde des Magensliels, die Spitze desselben dem Ringcanal zugekehrt, den sie oft erreicht. Nur bei den beiden von Leuckart in Nizza beobachteten Geryoniden ist umgekehrt die Herzbasis dem Schirmrande zugekehrt. Bisweilen nehmen die Genitalblätter fast die ganze Unterfläche des Schirms (Subumbrella) ein, z. B. bei Liriope seutigeru ; gewöhnlich aber bleiben zwischen ihnen grosse Interstitiell oder sie berühren sich bloss mit ihren Basen. Als eine sehr auffallende Formbeugung des Gastrovascularsystems, die bei keiner anderen Familie der eraspedolen Medusen sich wieder- findet, sind die C en tripetalcanäle zu erwähnen, welche lediglich bei einem Theile der sechszähligen Carmariniden vorkommen. Es sind dies breite cylindrische oder bandförmige Ausstülpungen des Ring- canales, welche von diesem zwischen den Genilalblättern ausgehen und sich in radialer Richtung verschieden weit gegen die Rasis des Magen- \q II. Organisation der Geryoniden. Stiels hin erstrecken , wo sie blind enden, ohne letzteren zu erreichen. Die Zahl derselben ist verschieden, stets unpaar , und nimmt mit dem Alter der Thiere zu, so dass bei den jugendlichen Larven zuerst in der Mitte zwischen je 9 Radialcanälen 1 Centripetalcanal auftritt, dann 2 seitliche zwischen diesem und jenen, und so fort. Bei Geryonia hastata finden sich dann zuletzt 7, bei G. conica sogar 9 zwischen je 2 Radial- canälen. Zuerst wurden diese Centripelalcanäle von I'hron und Lesieir bei ihrer G. hcxaphylla gesehen , wie zwar nicht aus ihrer Beschrei- bung wohl aber aus der von Milnk-Eiavaros veröffentlichten Abbildung derselben hervorgeht. Ebenso wurden sie von Brandt bei G. conica abgebildet. Ihre eieentliche Natur wurde aber erst von Gegenbaur bei G. messanensis erkannt, der dieselben zugleich als generischen Charak- ter der Gattung Geryonia hervorhob. Ich lasse dieses Genus in dem so von Gegenbaur enger umschriebenen Umfange bestehen, wonach es also die 3 zuletzt erwähnten Arten umfasst. Dagegen scheide ich als Garmarina die von mir beobachtete G. kastata aus , welche zwar mit jenen 3 Arten durch den Besitz der Centripetalcanäle übereinstimmt, sich aber durch den Besitz des Zungenkegels von ihnen unterscheidet. Als eine dritte Gattung in der Tribus der Carmariniden winden endlich diejenigen Geryonien zu bezeichnen sein, welche sowohl des Zungen- kegels als der Centripetalcanäle entbehren. Für diese kann der Gat- tungsname Leuckurtia, den Agassiz bereits einer ihrer Arten verliehen hat, passend beibehalten werden. Es gehören hierher die beiden von Forskal und von Leuckart beobachteten Geryonien , welche zwar auch beide als Geryonia proboscidalis bezeichnet sind, indessen den Abbil- dungen nach zu urtheilen (selbst wenn diese nur annähernd genau sind) sowohl unter sich, als von den ersterwähnten Arten verschieden sein müssen. Dass die Centripetalcanäle so scharfsichtigen Forschern, wie Forskal und Leuckart , entgangen sein sollten , ist nicht zu er- warten. Zwischen dem Ringcanale und einem darunter gelegenen breiten, aus Nesselzellen gebildeten Ringe, der als dicker kreisrunder Wulst den Schirmrand vom Vclum trennt, liegt bei den Geryoniden ein sehr schmaler blasser Bing, der wohl als Nervenring zu deuten ist, zumal er unmittelbar unter jedem Bandbläschen zu einem zelligen Knoten (Ganglion?) anschwillt und an jede TenUikelbasis einen faserigen (?) Strang sendet, Leber die näheren Verhältnisse ist unten die Anatomie von Glossocodon eurybia zu vergleichen. Bandbläschen scheinen sich bei allen Geryoniden doppelt so viel als Badialcanäle zu finden, also 8 bei den Liriopiden, \i bei den Carmariniden. Ucber den feineren Bau derselben vergl. unten die II. Organisation der Geryoniden. 17 Anatomie von Carmarina hastata. Die Hälfte derselben sitzt an der Basis der Radialtentakeln , oder vielmehr constant unmittelbar neben derselben, am Ringcanal. Die andere Hälfte sitzt in der Mitte zwischen jenen, unter der Basis der Interradiallentakeln, wo solche noch beim Erwachsenen vorhanden sind. Sehr eigentümlich ist es, dass sich zu- erst die interradialen und erst viel später die radialen Randbläschen entwickeln. Tentakeln sind bei den erwachsenen Geryoniden mindestens ebenso viele als Radialcanäle vorhanden , und am Ende derselben an- gebracht, bei den Liriopiden 4, bei den Carmariniden 6. Ausserdem haben aber viele Arten noch eben so viele interradiale Tentakeln, welche in der Mitte zwischen jenen aussen über dem Schirmrande an- geheftet sind , und in der Jugend scheinen diese niemals zu fehlen. Ja in einer gewissen Jugendperiode scheint bei allen Geryoniden noch ein dritter Kreis von Tentakeln vorhanden zu sein , welche oberhalb der radialen (in denselben Meridianebenen) angebracht sind, so dass die Liriopiden dann 12, die Carmariniden 18 Tentakeln gleichzeitig besitzen (vergl. die Remerkungen über Entwicklung). Die radialen Tenta- keln aller erwachsenen Geryoniden sitzen am Schirmrande schräg gegenüber der Einmündung der Radialcanäle in den Cirkelcanal. Ein Fortsatz des letzteren durchläuft sie bis zum blinden Ende. Sie sind meistentheils lang , im ausgestreckten Zustande mehrmals länger als der Magenstiel, können sich aber sehr rasch und sehr bedeutend verkürzen. Meist sind sie cylindrisch , gleichmässig fadenförmig dünn vom Anfang bis zum Ende , häufig röthlich gefärbt. Ihre starke Wandung enthält entwickelte Längsmuskelzüge. In ganz regelmässigen Abständen sind sie von sehr zahlreichen ringförmigen Wülsten umgeben, die dicht mit Nesselzellen gespickt sind. Ihre Bewegungen nach allen Richtungen hin sind äusserst ausgiebig und lebhaft. Ganz verschieden davon sind die inter radialen Tentakeln, welche etwas oberhalb des Ringcanales von der Aussenfläche des Schirmes entspringen. Sie sind sehr viel kürzer, meist kürzer als der Schirmradius, und auffallend starr, so dass ihre Rewegungen nur sehr langsam pendelartig sind, ganz wie bei den Tentakeln der Trachynemiden. Meist sind sie zierlich nach aussen und aufwärts gebogen , und hornförmig gekrümmt , so dass eine Reihe von mehreren auf ihrer inneren (unteren) Seite angebrachten Nessel- warzen dann nach aussen sieht. Verkürzen können sie sich gar nicht oder nur sehr wenig. Auch sind sie nicht von einem Canal durchzogen, sondern ganz solid, starr, aus einer Reihe grosser heller Zellen zusam- mengesetzt, über welche ein sehr dünner Muskelschlauch weggeht. Das Velum der Geryoniden ist gewöhnlich straff horizontal aus- II ii ekel, Rüsselquallen. 2 1 8 H« OrganisatioD der Geryonideu. gespannt, von niitllercr Breite, derb und mit sehr entwickelten radia- len und eircularen Muskelzügen versehen. Daeeeen sind die Muskel- *-j t » fasein viel schwächer an der Unterfläche des Schirms (Subumbrella) entwickelt. Bei Glossocodon eurybia und bei Carmarina hastata fand ich die Muskeln, sowohl am Velum und der Subumbrella, als an den Tentakeln und dem Magenstiele, sehr deutlich quergestreift, und zwar schon am lebenden Thiere. So scharf als bei Wirbelthieren tritt die Querstreifung an den in Weingeist und Salzlösung aufbewahrten Thieren hervor. (Eine vereinzelte Angabe von Budolpii Wagner ausge- nommen , der allein vor langer Zeit bei Oceania [Thaumaniias] cruciala quergestreifte Muskeln beobachtete, galten die Muskeln der craspedoten Medusen für glatt). Die quergestreiften Muskelelemente konnte ich als sehr dünne spindelförmige Fasern von sehr verschiedener, zum Theil von beträchtlicher Länge isoliren,, die meist viele, seltener nur einen Kern zeigten , und der Länge nach neben und hinter einander gereiht waren. Das Epithel der Subumbrella und des Velum fand ich aus grossen polygonalen Zellen mit feinkörnigem Inhalt und grossem Kern zusammengesetzt, wogegen das Epithel der Umbrella, der Aussen- fläche des Schirms aus ganz hellen, oft schwer unterscheidbaren Zellen bestand. Die E ntwickelung der Geryoniden scheint stets ohne Genera- tionswechsel und ohne ungeschlechtliche Fortpflanzung , auf dem ein- fachen Wege der geschlechtlichen Zeugung zu erfolgen. Knospenbil- dung, Sprossung, Theilung sind noch niemals beobachtet worden. Die Männchen, welche ich viel seltener als die Weibchen fand, sind oft schon äusserlich an der trüberen , opaken Färbung und grösseren Un- durchsichtigkeit der Genitalblätter zuerkennen, während diese beim Weibchen heller und transparenter sind. Die Entwicklung aller Geryo- niden scheint aber durch eine sehr interessante Metamorphose aus- gezeichnet zu sein, indem das aus dem Ei hervorkommende Junge ganz von dem Erwachsenen verschieden ist und die Form des letzteren erst annimmt, nachdem es verschiedene, sehr abweichende Larvenformen durchlaufen hat. Diese Larven sind von einzelnen vierzähligen Liriopi- den schon früher beobachtet, aber als selbstständige Medusengaltungen beschrieben worden. Eine solche Liriopidenlarve ist die lutri/bia exigua von Eschscholtz , die Eurybiopsis anisosfyla von Gegknb.vuh. Die voll- ständige Verwandlung der Larve ist bisher nur von Fuitz Millek bei seiner Liriope calharinensis verfolgt worden. In ganz ähnlicher Weise habe ich dieselbe kürzlich in Nizza bei L. eurybia verfolgt und mich dort auch an den Larven von Carmarina hastata überzeugt, dass die sechszähl igen Carmariniden ganz dieselbe Metamorphose durchmachen, II. Organisation der Geryoniden. 19 wie die vierzähligen Liriopiden. Die jüngsten beobachteten Larven sind kugelig , an einer Stelle des Umfangs mit einer flachen kleinen , nach aussen offenen Höhle versehen , an deren Mündungsrand dann 4 (resp. 6) sehr kleine Tentakel hervorsprossen, aus einem dicken kurzen Faden bestehend, der am Ende einen einfachen Nesselknopf mit einem geissei- förmigen Anhang trägt. In der Mitte zwischen diesen erscheinen später 4 (resp. 6) längere Tentakeln, an deren Unterseite eine Reihe Nessel- warzen sich entwickelt. Das sind die starren interradialen Tentakeln, welche bei vielen Arten zeitlebens, wenn auch nur verkümmert, er- halten bleiben , und als kleine hornförmig gebogene Fäden nach aussen und oben gerichtet werden. Erst nach diesen tritt die Anlage des Ga- strovascularsystems auf, ein Stern von 4 (resp. 6) sehr breiten Strah- len, welche sich in der Mitte der kleinen Schirmhöhlenwölbung durch einen einfachen, von einem wulstigen Rand umgebenen Mund öffnen, während sie nach aussen als Radialcanäle auf die zuerst entwickelten Tentakelrudimente zuwachsen und sich durch einen Ringcanal verbin- den. Später erscheinen die 4 oder 6 interradialen Randbläschen und noch später die 4 oder 6 bleibenden radialen Tentakeln , welche sich am Schirmrande schräg unterhalb der primären Tentakelrudimente entwickeln. Die letzteren schwinden späterhin in allen Fällen. Zuletzt treten die radialen Randbläschen auf und nun beginnt auch der Gallert- schirm sich mehr abzuflachen und in der Mitte der Schirmhöhlenwöl- buna: in einen Masenstiel auszuwachsen , dessen Ende den stärker sich erhebenden und zum Magenschlauch ausziehenden Mundwulst trägt. Die Zahl der Tentakeln scheint demnach bei allen Geryoniden, mag die homotypische Grundzahl 4 oder 6 sein , zuerst bloss das Ein- fache, dann das Doppelte, später das Dreifache der Grundzahl zu be- tragen , dann aber im weiteren Verlaufe der Verwandlung wieder auf das Doppelte und endlich zuletzt bei vielen Arten auf das Einfache der Grundzahl zurückzusinken. Die primären rudimentären Radialtentakeln verschwinden wohl stets, sobald die secundären bleibenden eine ge- wisse Grösse erreicht haben. Dagegen die starren soliden Interradial- tentakeln verschwinden bei vielen Arten erst kurz vor oder selbst nach Eintritt der Geschlechtsreife, während sie bei anderen, sonst sehr nahe stehenden Arten das ganze Leben hindurch, wenn auch nur als sehr reducirte Rudimente bestehen bleiben. Es scheint mir noch zweifelhaft, ob man diese geringe Differenz mit Vortheil zur Aufstellung besonderer Gattungen wird benutzen können. Agassiz trennt allerdings generisch die mit bloss 4 (radialen) Tentakeln versehenen Arten von Uriope ab von denjenigen , welche ausserdem noch die 4 interradialen Larven- tentakel beibehalten und überträgt auf letztere den von Lesson in an- 2* 20 Il> Organisation der Cieryoiürfen. derera Sinne aufgestellten Namen Xanthea (»are eight-tentaculated Liriope«, ÄGisäiz). Da ich aber diesen Unterschied nicht für sehr we- sentlich halte und bei geschlechtsreifen Individuen von Liriope eurybia, die gewöhnlich keine Spur mehr von den interradialen Larvententakeln zeigen, dieselben doch bisweilen noch als kurze Rudimente vorgefun- den habe, so kann ich jenen beiden Gruppen bloss den Werth von Untergattungen lassen. Ich bezeichne demgemäss von den zungenlosen Liriopiden die mit i Tentakeln versehenen als Liriope (im engeren Sinne), die mit 8 Tentakeln \ ersehenen als Xanthea; und entsprechend nenne ich von den mit Zungenkegel versehenen Liriopiden die ersteren Glossocodon (im engeren Sinne) , die letzteren Glossoconns. Bei den sechszähligen Carmariniden scheint die generische Trennung der mit 6 und der mit 12 Tentakeln versehenen Arten noch misslicher zu sein, da hier die starren Interradialtentakeln nur selten und als ganz unbe- deutende Rudimente persisliron, vielleicht sogar conslant beim ge- schlechtsreifen Thiere später verschwinden. Die Färbung der Geryoniden ist, wo sie vorkommt , sehr zart. Viele Arten sind vollkommen farblos und glashell. Bei den andern, die durch sehr reine und helle Farbentöne ausgezeichnet sind, linden sich dieselben fast nur in den Wandungen des Gastrovascularapparales ent- wickelt. Es sind also der Mund (namentlich der Mundsaum) , der Ma- gen, die Radialcanäle in ihrem ganzen Verlaufe, die Genitalblätter, der Ringcanal, die hohlen Radialtenlakeln, in deren Wand das Pigment ent- wickelt ist. Dasselbe tritt bei den sechszähligen Carmariniden biswei- len als Milchweiss, sonst stets nur als ein zartes, meist helles Rosa auf, das bald mehr in Violett, bald mehr in Fleischroth hinüber spielt. Bei den vierzähligen Liriopiden tritt bald ebenfalls Rosa, bald Weiss, bald ein helles gelbliches Grün auf, bisweilen auch Grün und Rosa combi- nirt [Liriope bicolor). Die geographische Verbreitung der Geryoniden scheint sich über alle grossen Meere der Erde zu erstrecken ; in den wärmeren Meeren scheinen sie häufiger zu sein. Von den 18 im Folgenden be- schriebenen Arten ist der Fundort einer Art (Lesson's Xanthea agaricinu) unbekannt. Von den 17 übrigen Species sind 4 südlich, 13 nördlich vom Aequator beobachtet worden. 10 Arten wurden an den europäi- schen Küsten gefunden, 3 im Bereich der asiatischen Küste, i an der amerikanischen (Ost-) Küste (davon 2 in Nordamerika, 2 in Südame- rika). Von den 10 europäischen Species kommen 9 auf das Mittelmeer; 1 auf den englisch-französischen Canal. Die <> bisher beobachteten Allen aus der Unterfamilie der Carmariniden gehören sämmllich der nördlichen Erdhälfle und zwar ö dem Mitlelmeere, 1 dem grossen III. System der Geryoüide». 21 r Ocean an; letztere ist die voiiMertens zwischen Japan und der Bonins- inseln beobachtete Geryonia conica. An den afrikanischen und austra- lischen Küsten sind bisher noch keine Rüsselquallen beobachtet wor- den. Was die 9 mediterranen Arten betrifft, so halte ich es nicht für unwahrscheinlich, dass deren Zahl, wenn eine Vergleichung der von den verschiedenen Autoren beobachteten Originalexemplare möglich wäre , sehr reducirt werden würde. Namentlich gilt dies von den 5 Carmariniden des Mittelmeeres. Indess weichen die von den verschie- denen Beobachtern gegebenen Beschreibungen und Abbildungen so vielfach und in so wesentlichen Stücken von einander ab, dass, wenn dieselben auch nur einigermaassen naturgetreu sind, sie nothwendig als verschiedene Arten und zum Theil sogar Gattungen unterschieden wer- den müssen. Dies gilt besonders von jenen fünf, ganz verschieden dargestellten, Species, für welche bisher die beiden Namen Geryonia proboscidalis und G. hexaphylla in so wechselnder und willkürlicher Weise von den verschiedenen Autoren gebraucht worden sind, dass es, um die Verwirrung nicht noch zu steigern , nöthig erschien , diese bei- den Speciesbezeichnungen gänzlich zu eliminiren und durch neue neu- trale zu ersetzen. Grosse Vorsicht ist aber, wenn man die von ver- schiedenen Forschern gegebenen Darstellungen auf ein und dieselbe zu Grunde liegende Art (z. B. Geryonia proboscidalis) zu reduciren ver- sucht, gerade hier um so mehr nöthig , als das periodische Erscheinen und Verschwinden grosser Schwärme , das viele Geryoniden mit an- deren Medusen theilen , den verschiedenen Forschern , welche zu ver- schiedenen Zeiten einen und denselben Küstenpunct besuchen, nahe verwandte und doch gut unterschiedene Arten in die Hände führen kann. III. System der Cieryoniden. Familie der Geryoniden von Gegenbaur (nicht von Eschscholtz und nicht von Agassiz). Charakter der Familie: Schirm in der Mitte der Unterfläche in einen cylindrischen oder conischen soliden Magenstiel ausgezogen, dessen unteres Ende den Magen trägt, und in dessen Oberfläche 4 oder 6 getrennte Canäle, vom Magengrunde ausgehend, emporsteigen, um oben am Schirm in tue Badialcanäle umzubiegen. Genitalien i oder 6 breite und flache, blattförmige Erweiterungen der Radialcanäle, welche in der Fläche der Subumbrella liegen und nicht in die Schirm- höhle als Wülste oder Falten vorspringen. Randbläschen 8 oder 12. Tentakeln: i oder 6 radiale am Ende der Radialcanäle, hohl, sehr be- weglich ; ausserdem oft noch 1 oder 6 interradiale, in der Mitte dazwi- 22 111- System der -Gervonideii. schon, solid, starr. Bei der Larve (oft) noch eine dritte Zone von 4 oder 6 später abfallenden primären Radialtentakeln. Uebersicht der Gattungen in der Familie der Geryoniden. I. 4 Radialcanäle Kein Zungenkegel J8 Tentakeln . . . \. Xanthea. (Keine Ccnlripotal- canäle) Liriopida. [Liriope) (4 Tentakeln ... 2. Liriope. Ein Zungenkegel (8 Tentakeln . . . 3. Glossoconus. {Glossoeodon} (4 Tentakeln ... 4. Glossucodon. lt. 6 Radialcanäle jkein Zungenkegel j Keine Centripelaleanäle 5. Leuckartia. Carmarinida. L 7 h M^>e e Centnpeta canale 6. Gerjo.na. (Ein Zungenkegel Viele Centnpetalcanale 7. Camiarina. I. Unterfamilie: Liriopida, Haeckel. Körper aus vier homotypischen Theilen zusammengesetzt. 1. Genus: Liriope, Lessox (sensu mutato). Gattungscharakter: Körper aus vier homotypischen Ab- schnitten zusammengesetzt, i Radialcanäle. Keine blin- den Centripetalcanäle am Ringcanal. 8 Randbläschen. 4 oder 8 Tentakeln. Magenstiel nicht in die Ma genhöhle in Form eines Zungenkegels verlängert. I. Subgenus: Xanthea, Lessox (1. c. p. 333) (sensu mutato). 8 Tentakeln am Schirmrande des erwachsenen Thieres; 4 radiale, lang, sehr beweglich , hohl, am Ende der Radialcanäle ; in der Mitte dazwischen 4 interradiale, kurz, starr, solid. 1. Liriope tetraphylla, Gegenbaur (1. c. p. 257). Geryonia tetraphylla, Chamisso (1. c. p. 357). Xanthea tetraphylla, Agassiz (1. c. p. 365). Schirm halbkugelig, ungefähr 3/4 — \ Zoll Durchmesser. Magenstiel cylindrisch , sehr dünn und beweglich , 2 Zoll lang , unten scharf ab- gesetzt von dem kegelförmigen Magen, der unten mit 4 grünen Flecken bezeichnet ist und dessen Mundöffnung von 4 kurzen Mundlappen um- geben ist (»ore quadrivalvato«; nach Eschscholtz »kann er seinen unteren mit 4 grünen Flecken versehenen Rand in 4 Falten legen«). Zwischen den I grünen Magenflecken entspringen die 4 ziemlich breiten weisslichen Radialcanäle, welche am Magenstiel getrennt heraufsteigen. Die 4 Genitalblälter (»Mägen«) sind nach Eschscholtz »breit, herzför- mig , an dem breiten inneren Rande fast gerade abgeschnitten , der Quere nach fein weisslich gestreift, die breite Mittelrippe grasgrün«. — »In der Mitte der Scheibe ist ein wcisslieher, vierlappiger Fleck zu be- merken«. Die 4 Radialtentakcln sind nach der Abbildung noch nicht 111. System (frr Geryonidcn. 23 halb so lang als der Magenstiel, jedoch viel langer, als die ganz kurzen interradialen Tentakeln. Fundort: In der Sundastrasse beim Eintritt in den indischen Ocean. Chamisso. 2. Liriope appendiculata, Gegenbaur (1. c. p. 257). Geryonia appendiculata, Forbes (1. c. p. 36; Taf. V, Fig. 2). Xanthea appendiculata (vergl. oben p. 22). Schirm halbkugelig, von I — I % Zoll Durchmesser. Ebenso lang ist der kegelförmige , sehr bewegliche , beträchtlich dicke Magenstiel, dessen Ende scharf abgesetzt ist von dem kleinen , flach glockenförmi- gen Magen. Die weite Mundöffnung des letzteren ist von 4 kurzen, ihre Form sehr wechselnden Mundlappen umgeben. Die 4 Radialgefasse, welche am Magenstiel emporsteigen, sind schmal, farblos. Die 4 Geni- lalblätter sind herzförmig, etwas länger als breit, hellgrün gefärbt, und mit der Basis nach innen , mit der Spitze nach aussen gegen den Schirmrand gerichtet , von dem sie jedoch weit abstehen. Die 4 sehr contractilen Radialtentakeln sind röthlich gefärbt und in ausgedehntem Zustand viel länger als der Magensliel. Die 4 starren Interradiallenla- keln sind kaum so lang als die Genitalblätter, farblos, und ander Unterseile mit ungefähr 8 Nesselwarzen besetzt. Fundort: An den englischen Küsten de la Manche. Forbes. 3. Liriope liguriiia, Haeckel. Geryonia exigua, Leuckart (1. c. p. 3, Taf. I, Fig. 1, 2, 4). Xanthea ligurina (vergl. oben p. 22). Schirm halbkugelig , von % Zoll Durchmesser. Etwa ebenso lang ist der cylindrische , oben conisch verdickte Magenstiel, der den klei- nen, von 4 Mundzipfeln umgebenen, glockenförmigen Magen trägt. Die sehr schmalen Radialgefässe , welche am Magensliel emporsteigen, sind farblos , wie das ganze Thier. Die 4 Genitalblätter sind zwar auch bei dieser Art herzförmig , wie bei vielen anderen Geryoniden ; allein die Spitze des Herzens ist hier (umgekehrt wie bei den anderen) nach in- nen gegen den Magenstiel gerichtet, während das »abgestumpfte äussere Ende dem Mantelrande bis auf geringe Entfernung angenähert ist«. Die 4 sehr langen und contractilen Radialtentakeln sind in ausgedehntem Zustande mehrmals länger, als der Magenstiel. Die 4 starren Interra- dialtentakeln sind sehr viel kürzer, kaum mehr als \'" lang, und »horn- förmig nach der Kuppel der Mantelglocke zu emporgekrümmt«. Ueber die von Leuckart beobachtete Larvenform dieser Art vergl. unten die Entwickelungsgeschichte von G/ossoeodon eurybia. Fundort: Im Mitlelmeer bei Nizza. Leuckart. 24 III. System der Geryoniden. 4. Liriope snitigera, Mc Crady (1. c. p. 208). Xanlhea scutigera (vergl. oben p. 22). Schirm fast kugelig. Der lange conische Magensliel trägt am un- teren sehr verdünnten Ende den kleinen kelchförmigen Magen, der von 4 kurzen Mundlappen umgeben ist. Die 4 schmalen Radialcanäle, welche am Magenstiel emporsteigen, sind farblos, wie das ganze Thier. Die 4 Genitalblätter sind durch Form und Grösse sehr ausgezeichnet. Sie sind kreisrund und so ausgedehnt, dass sie sich fast mit den Sei- tenwänden berühren und fast die ganze Unterfläche des Schirms ein- nehmen. Die 4 langen, sehr contractilen Radialtenlakeln sind 2—3 mal so lang als der Magenstiel. Die 4 starren Interradialtentakeln sind sehr viel kürzer und an der Unterseite mit einer Reihe Nesselwarzen besetzt. Fundort: Charleston Harbor (Süd-Carolina), zeitweise in sehr grossen und zahlreichen Schwärmen. Mc Crady. 5. Liriope agaricina (?) Gegenbaur (1. c. p. 254). Xanthea agaricina, Lesson (1. c. p. 333, PI. VI, Fig. 3). Alles, was Lesson von dieser Medusenart sagt, ist Folgendes: »Ombrelle hyalin, ä huit courts tentacules. Pedoncule allonge, cylin- drique, perfore«. Da die von Lesson gegebene Abbildung ebenso ober- flächlich und unvollständig , als diese Reschreibung ist , und da auch nicht einmal der Fundort dieser Meduse angegeben ist, so lässt sich ihre Stellung im Systeme nicht näher ermitteln. Es könnte eben so gut eine Geryonopside als eine Geryonide sein. Wenn Letzleres der Fall ist, so würde sie wahrscheinlich der Gattung Xanthea in dem eben angege- benen Sinne (nicht nach Lesson's ursprünglicher Definition) angehören. IL Subgenus: Liriope, Lesson (1. c. p. 331) (sensu strictiori). 4 radiale Tentakeln am Schirmrande des erwachsenen Thieres, am Ende der Radialcanäle. Die 4 interradialen Tentakeln , in der Mitte dazwischen , sind nur in der Jugend (im Larvenzustande) vorhanden, und fallen meist vor der Geschlechtsreife ab. 6. Liriope exigua j Gegenbaur (1. c. p. 257). Dianaea exigua, Quoy et Gaimard (1. c. PL VI, Fig. 5 — 8). Geryonia exigua , Eschscholtz (1. c. p. 89). Dianaea exigua , Eschscholtz (1. c. p. 91). Liriope cerasi form is , Lesson (1. c. p. 332). Schirm fast kugelig, von der Grösse einer starken Kirsche, voll- kommen farblos und durchsichtig, mit sehr dickem Gallertmantel, so III. System der Geryonideu. 25 dass die äussere Fläche des Schirms viel stärker , als die innere ge- wölbt ist. Der Magenstiel cylindrisch, ungefähr ebenso lang , als der Schirmdurchmesser (etwa 9"'). Das untere etwas kolbig verdickte Ende ist scharf abgesetzt von dem sehr kleinen, flach glockenförmigen Magen, dessen Mundöffnung von 4 sehr kleinen Lappen oder Falten umgeben ist. Die 4 Radialcanäle schmal. Die 4 Genitalblätter sehr klein, breit herzförmig, eben so breit als lang, um ihre eigene Länge vom Schirm- rande entfernt , die scharfe Spitze des Herzens nach dem Sehirmrand gekehrt. Die 4 Radialtentakeln sehr kurz, kürzer als der Magenstiel. Während die gewöhnliche Form dieser Art, welche die Entdecker Qloy und Gaimard in Oken's Isis 1 828 auf Taf. V, Fig. 5, (> als Dianaea exigua abgebildet haben , von Eschscholtz und später von Lesson als Geryonia exigua aufgeführt wird, haben die beiden letztgenannten Au- toren nicht nur speeifisch, sondern sogar generisch eine Form von der- selben abgetrennt, welche von Qloy und Gaimard nur als ein etwas abweichendes Individuum (ibid. Fig. 7, 8) neben der gewöhnlichen Form abgebildet wird. Es unterscheidet sich von letzterer lediglich durch etwas dickeren Magensliel, rosettenartig in 6 Falten gelegten Mund und den Mangel der 4 herzförmigen Genitalblätter. Nach meiner Ueberzeugung haben wir es hier nur mit einem unreifen Individuum zu thun , bei dem die Genitalblätter noch nicht entwickelt (oder viel- leicht auch schon rückgebildet) sind. Die G (statt der gewöhnlichen 4) Mundfalten sind bei der wechselnden Form der Mundöffnuni' ohne alle Bedeutung. Schon Forbes hat bei seiner Geryonia appenäiculata gezeigt, dass die gewöhnlich vierlappige Mundöffnung (1. c. Fig. 2 c, 2 h) ge- legentlich auch sechslappig erscheint (1. c. Fig. 2 a). Dasselbe habe ich wiederholt bei Glossocodon eurybia, sogar bei einem und demselben In- dividuum zu verschiedenen Zeiten, beobachtet. Es ist mithin der Name Dianaea exigua, den Eschscholtz, und der Name Liriope cerasiformis, den Lesson diesem Individuum von Geryonia exigua beigelegt haben, einzuziehen. Fundort: Meerenge von Gibraltar. Qloy und Gaimard. 7. Liriope Mcolor, Gegenbaur (1. c. p. 257). Geryonia bicolor, Eschscholtz (1. c. p. 89; Taf. I I, Fig. I). Schirm halbkugelig, ungefähr von % — % Zoll Durchmesser. Ma- genstiel cylindrisch, etwas länger als der Schirmdurchmesser, sowohl oben als unten kegelförmig verdickt und unten in den conischen Magen übergehend, dessen Mundöffnung kurz vierlappig, am Rande »hellgrün, öfters mit Rosenroth eingefasst ist«. Auch der untere Theil des Stiels ist öfters rosenroth gefärbt. Die 4 im Magenstiel aufsteigenden Radial- 26 HI. System der Geryoniilni. canäle sind farblos. Die 4 Genitalblätter sind breit eiförmig, oder fast herzförmig, mit der Spitze gegen den Schirmrand gerichtet »mit feinen weissen Punclen bezeichnet«, und mit einer breiten grünen Mittelrippe versehen, wie bei der sehr ähnlichen L. tetraphi/lla. Die 4 Radialtenta- keln sind etwa so lang als der Magenstiel und mit »weissen Querstrei- fen« (Nesselringen?) versehen. Fundort: Atlantisches Meer an der brasilischen Küste , am Cap Frio (unweit Rio de Janeiro). Eschscholtz. 8. Liriope rosacea, Gegenbaur (1. c. p. 257). Geryonia rosacea, Eschscholtz (1. c. p. 89; Taf. 14, Fig. 2). Schirm halbkugelig, von 3 Linien Durchmesser. Magenstiel cylin- drisch, etwas länger als der Schirmdurchmesser, sowohl oben als unten kegelförmig verdickt und unten in den conischen Magen übergehend, dessen Mundöffnung kurz vierlappig , mit rosenrothem Rande umgeben ist. Die 4 Genitalblätter sind fast dreieckig , eben so breit als lang, mit der gerade abgeschnittenen Rasis dem Magenstiele, mit der abgerunde- ten Spitze dem Schirmrande zugekehrt, den sie fast berühren. Die Rasen der rosenroth gefärbten Genitalblätter berühren sich beinahe mit ihren Seitenecken. Die 4 Radialtentakeln sind ungefähr so lang als der Magenstiel. Fundort: In der Südsee in der Nähe des Aequators. Eschscholtz. 9. Liriope teniiirostris, Agassiz (1. c. p. 365). Von dieser mit 4 Radialtentakeln versehenen Art sagt Agassiz bloss, dass sie sich durch den ausserordentlich langen und dünnen Magenstiel, der 5 mal länger als der Schirmdurchmesser ist, vor allen andern Arten der Gattung auszeichnet. Die Höhe und der Mündungs- durchmesser des Schirms betragen % Zoll , die Länge des Magenstiels 2% Zoll. Fundort: Key West, Florida. Agassiz. 2. Genus: GloSSOCOdon, Haeckel. [ylwaaa Zunge, xw'JW Glocke.) Gattungscharakter: Körper aus vier homotypischen Ab- schnitten zusammengesetzt. 4 Radialcanäle. Keine blin- den Centripetalcanäle am Ringcanal. 8 Randbläschen, i oder 8 Tentakeln. Magenstiel in Form eines langen, soliden Gallertkegels (»Zungenkegels«) in die Magenhöhle hinein verlängert. III. System der Geryoiiiden. 27 I. Subgenus: Glossoconus, Haeckel. 8 Tentakeln am Schirmrande des erwachsenen Thieres ; 4 radiale, lang, sehr beweglich, hohl, am Ende der Radialcanäle; in der Mitte dazwischen 4 interradiale, kurz, starr, solid. 1. Glossocodou niucroiiatus, Haeckel. Liriope mucronata, Gegenbaur (I.e. p. 257; Taf. VIII, Fig. 17). Eurybiopsis anisostyla, Gegenbaur (1. c. p. 247; Taf. VIII, Fig. 1 2) . Liriope mucronata, Keferstein und Ehlers (Zoolog. Beitr. 1861, p. 92, Taf. XIV, Fig. 5, 6). Glossoconus 7nucronatus (vergl. oben p. 22). Schirm halbkugelig, von 4 — C Linien Durchmesser, glashell und farblos, wie das ganze Thier. Magenstiel cylindrisch, ungefähr so lang als der Schirmdurchmesser , und in die Magenhöhle hinein als ein grosser, solider, kegelförmiger Zapfen (»Zungenkegel«) verlängert, der oft weit aus der Magenhöhle hervortritt. Die Mundöffnung ist ganzran- dig, mit Ncsselknöpfen gesäumt, wellig gefaltet, oder mit 4 schwachen Ausbuchlungen versehen. Aus dem Grunde des Magensacks, der nicht scharf vom Magenstiel abgesetzt ist, entspringen die 4 Radialcanäle, welche die Basis des Zungenkegels umgeben und isolirt im Magenstiel emporsteigen. Die 4 Genitalblätter sind länglich herzförmig , mit der Spitze gegen den Schirmrand gekehrt, den sie jedoch nicht erreichen, und liegen ziemlich weit auseinander. Die 4 hohlen Badialtentakeln sind ungefähr so lang als der Magenstiel, rings mit Nesselwülsten be- setzt. Die 4 soliden Interradialtentakeln sind viel kürzer und tragen nur an der Unterseite eine Reihe Nesselwarzen. Als die jugendliche Larvenform dieser Art ist ohne Zweifel die merkwürdige Meduse anzusehen , welche Gegenbaur ebenfalls bei Mes- sina beobachtete und als Eurybiopsis anisostyla beschrieben hat. Vergl. darüber unten die Entwickelungsgeschichte von Glossocodon eurybia. Fundort: Im Mittelmeer bei Messina. Gegenbaur, Keferstein und Ehlers. 2. Ulossocodoii catharinensis, Haeckel. Liriope calharinens s , Fritz Müller (l. c. p. 310, Taf. XI, Fig. 1—25). Glossoconus catharinensis (vergl. oben p. 22). Schirm halbkugelig oder noch stärker gewölbt, von 3 Linien (5 — 6mm) Durchmesser. Magenstiel cylindrisch, dünn, 2""" lang, äusser- lich nicht abgesetzt von dem ebenfalls cylindrischen, 1 %""" langen Ma- gen, in dessen Höhle hinein er sich als ein starker, solider conischer 28 HL System der (iervoiiiden. Zapfen (»Zungenkegek) verlängert' Die Mundöffnung ist ganzrandig, von 24 blassröihlichen Nesselknöpfen umgeben. Aus dem Grunde dos Magensacks entspringen die i Radialcanäle rings um die Basis des Zungenkegels und steigen an der Oberfläche des Magenstiels empor. Die i Genitalblätter sind oval oder elliptisch, stehen etwa um ihre eigene Breite von einander ab und reichen nicht bis zum Schirmrand. Die i hohlen Badialtentakcln sind röthlich gefärbt, in ausgedehntem Zustand vielmals langer als der Schirmdurchmesser, die 4 soliden In- lenadialtentakeln sind sehr kurz, starr, nach aussen und oben gerich- tet und tragen an der Unterseite eine Beihe von 8 Nesselwarzen. Ueber die merkwürdige Larvenform und Metamorphose dieser Art ist die treffliche Abhandlung Fritz Mlller's nachzusehen. Fundort: Im atlantischen Ocean an der brasilischen Küste bei Santa Catharina, sehr häufig. Fritz Müller. II. Subgenus : GloSSOCudon (sensu strictiori), Haeckel. i radiale Tentakeln am Schirmranclc des erwachsenen Thieres, am Ende der Badialcanäle. Die i interradialen Tentakeln, in der Mitte dazwischen, sind nur in der Jugend (im Larvenzustande) vorhanden. 3. Glossocorion eurybia, Haeckel. Liriope eurijbia , Haeckel (vergl. Jenaischc Zeitschrift I. Bd. p. 329, Taf. XII. Fig. H— 25). Die kurze Charakteristik dieser Art ist in der Jenaischen Zeitschrift I. Bd. p. 329 gegeben worden. Fundort: Im Mittelmeer bei Nizza. IL Unterfamilie: Cariiiarinida, Haeckel. Körper aus sechs homotypischen Theilcn zusammen- gesetzt. 3. Genus: Leuckartia, Agassiz (1. c. p. 364). Gattungscharakter : Körper aus sechs h o m o l y p i s c h e n A b- schnitten zusammengesetzt. 6 Badialcanäle. Keine blin- den Centripetalcanäle am Bingcanal. 12 Randbläschen. 6 oder 12 Tentakeln. Magenstiel nicht in Form eines Zun- genkegels in die Magenhöhlc verlängert. I. Leuckartia brevicirrata, Haeckel. Medusa proboscidalis, Forskal (1. c. p. 108; Taf. 36, Fig. 7). Geryonia proboscidalis, Eschscholtz (1. c. p. 88). /. iriope proboscidalis, Lessox (1. c. p. 331). Schirm halbkugelig, von 2% Zoll Durchmesser, durchsichtig, farblos. Schirmstiel rein kegelförmig, so lang oder etwas länger als III. System der Geryon'ulen. 29 der Schirmdurchmesser, an der Basis dicker als ein Finger, ganz all- mählich nach unten verdünnt, Magenschlauch flach glockig, ungefähr V4 Zoll lang (»dimidium unguem longa«) , mit sehr beweglicher, ge- falteter, häutig musculöser Wand und einfacher, ganzrandiger, in 6 Falten gelegter Mundöffnung. Die 6 Radialcanäle steigen vom Magen- grund aufwärts in der Oberfläche des Magenstiels als 6 schmale lineare matt weissliche Streifen (»lineae obsoletae pallidiores«). In der Sub- umbrella gehen sie als Blattrippen mitten durch die 6 Genitalblätler hindurch. Diese sind breit herzförmig, einen Zoll lang und ebenso breit; die nach innen gerichteten breiten Basen der Herzen stehen nur sehr wenig von einander ab ; die nach aussen gerichteten scharfen Spitzen berühren den Ringcanal und die Basis der 6 Radiallenlakeln. Diese sind fadenförmig, sehr dünn, kürzer als der Radius des Schirms. Interradialtentakeln fehlen. Diese Art ist die zuerst (1775) beobachtete von allen Geryoniden. Wenn die Darstellung Forskals einigermaassen genau ist, so zeichnet sie sich vor allen andern Arten aus durch den sehr dicken Magenstiel, die sehr breit herzförmigen Genitalblätter und namentlich die sehr kurzen Tentakeln, die nicht halb solang als der Magenstiel (bei den übrigen Carmariniden vielmals länger) sind. Fundort: Mittelmeer. Forskal. 2. Leuckartia longicirrata, IIaeckel. Geryonia proboscidalis , Eeuckart (1. c. p. 8, Taf. I, Fig. 3). Leuckartia proboscidalis, Acassiz (1. c. p. 364). Schirm halbkugelig, von 2% Zoll Durchmesser, glashell, farblos, wie das ganze Thier (»ausgenommen die opaken Geschlechtsorgane«). Schirmstiel aus conischer Basis cv lindrisch , ungefähr so lang als der Schirmdurchmesser, etwa einen halben Finger dick (kaum halb so dick, als bei L. brevicirrata) . Magenschlauch schlank cylindrisch, in ausge- strecktem Zustand 1 Zoll lang, retrahirt halb so lang. Mundöffnung von 6 spitzen Lappen (oder Falten?) umgeben. Die 6 Radialcanäle steigen vom Magengrunde aufwärts als 6 sehr schmale lineare Streifen , und gehen, an der Subumbrella angelangt, als Blattrippen mitten durch die G Genitalblätter hindurch. Diese sind mattweiss, umgekehrt herzför- mig ; die nach innen gerichtete Spitze des Herzens reicht bis zur Basis des Magenstiels ; die nach aussen gerichtete , tief ausgerandete Basis steht nur wenig vom Ringcanal ab. Die Zwischenräume zwischen je 2 Genitalblättern sind mehrmals breiter als ein Blatt. Die 6 Radialtenta- keln sind fadenförmig, mehrmals länger als der Schirmsliel (»können sich bis auf mehrere Fuss verlängern«) und dicht mit ringförmigen Nes- 30 III. System der Geryoniden. sehvülsten besetzt. Die 6 embryonalen Interradialtentakeln sind beim erwachsenen Thiere ganz kurz, rudimentär, leicht zu übersehen und hornförmig nach oben gekrümmt. Diese Carmarinide von Nizza zeichnet sich vor allen übrigen Arten dieser Subfamilie aus durch die umgekehrt herzförmige Gestalt ihrer Genitalblälter, deren Basis nach aussen, die Spitze nach innen gerich- tet ist, umgekehrt wie bei den übrigen. Auch der in (> lange spitze Lappen gespaltene Mundsaum weicht sehr von dem der übrigen Arten ab. An eine Identität derselben mit der von Peron bei Nizza gefunde- nen Geryonia hexaphylla, oder mit der von mir ebendaselbst beobach- teten Carmarina hastala kann daher wohl kaum gedacht werden. Fundort: Im Mittelmeer bei Nizza. Leuckart. 4. Genus: Geryonia, Peron et Lesuecr (sensu mutato). Gattungscharakter : KörperaussechshomotypischenAb- schnitten zusammengesetzt. 6 Ra dialca nä le. Vom Ring- canal gehen zwischen den Radialcanälen blind geendigte Centripetalcanäle in verschiedener Zahl aus. 12 Rand- bläschen. 6 oder 12 Tentakeln. Magenstiel nicht in Form eines Zungenkegels in die Magenhöhle verlängert. 1. Geryonia timbella, Haeckel. Geryonia proboscidalis , Gegenbaur (1. c. p. 254; Taf. VIII, Fig. IG). Schirm halbkugelig, von 2 Zoll Durchmesser, glashell, durchsich- tig und farblos, wie der ganze Körper, die maltweissen Canäle und Anhänge des Gastrovascularapparates ausgenommen. Magenstiel 2% Zoll lang, cylindrisch, nach unten allmählich verjüngt. Magenschlauch klein, rundlich, oft glockenförmig, meist gefaltet, mit ganzrandigem Mundsaum. Die 6 Radialcanäle entspringen getrennt aus dem Magen- grunde, steigen als 6 ziemlich breite weissliche Streifen in der Ober- fläche des Magenstiels empor und gehen als Blattrippen mitten durch die 6 opaken Genitalblätter hindurch. Diese sind gleichschenklig drei- eckig , die schmale Basis des Dreiecks ist nach innen gekehrt ; die ab- gestumpfte Spitze erreicht fast den Ringeanal. Der Absland zwischen je 2 Genitalblättern ist viel breiter, als ein solches Blatt. Vom Ring- canal entspringen zwischen je 2 Blättern 5 (bei jüngeren Individuen 3) blinde Centripetalcanäle , von denen der mittlere der längste , die bei- den seitlichen die kürzesten sind. Die 6 Radialtentakeln sind hohl, sehr beweglich, fadenförmig, länger als der Magenstiel. Die 6 Interradial- tentakeln sind dagegen sehr kurz. III. System der Geryoniden. 31 Das von Gegenbaur aus Messina mitgebrachte Originalexemplar dieser Art, das ich untersuchen konnte, wurde der vorstehenden Be- schreibung mit zu Grunde gelegt. Es sieht meiner Gärmarina hastata im Ganzen sehr ähnlich, unterscheidet sich aber durch die verschiedene Zahl und Form der Cenlripetalcanäle und durch den völligen Mangel des Zungenkegels, von dem in der anscheinend ganz unverletzten Magenhöhle keine Spur zu entdecken war. Von G. fungiformis unter- scheidet sie sich durch den viel kleineren Magen und die viel schmä- leren und anders geformten Genitalblätter. Fundort: Im Mittelmeer bei Messina. Gegenbaur. 2. Geryonia fungiformis , Haeckel. Geryonia hexaphytta, Peron et Lesueur (1. c. p. 329). Geryonia hexaphylla, Milne Eowards (I. c. PI. 52, Fig. 3). Geryonia , pröboscidalis, Eschscholtz (1. c. p. 88). Schirm halbkugelig, von 6 — 10 Centimeter (2 — 4 Zoll) Durchmes- ser, wasserhell, farblos, mit einigen schwachen Rosatinten. Magenstiel länger als der Schirmdurchmesser, cylindriseh, sehr stark, Magen- schlauch sehr gross, cylindriseh oder kegelförmig, gefaltet, mit ein- facher, runder Mundöffnung. Die 6 Radialcanäle laufen als Streifen am Magenstiel empor. Die 6 Genitalblätter sind auffallend breit, lanzettför- mig, so dass sie sich mit ihrer nach innen gerichteten Basis berühren, während die äussere Spitze fast den Ringcanal erreicht. Zwischen je 2 Genitalblättern scheinen 7 blinde Cenlripetalcanäle vom Ringcanal abzugehen. Die 0 Radialtentakeln sind sehr lang, mehrmals länger als der Schirmstiel. Interradialtentakeln fehlen. Diese Art scheint von allen bisher beobachteten Carmariniden der von mir bei Nizza gefundenen Carmarina hastata am nächsten zu ste- hen und ich würde beide für identisch halten und annehmen, dass der Zungenkegel , der weder in der Reschreibung noch in der Abbildung erwähnt wird, übersehen worden sei, wenn nicht auch die Form der Genitalblätter bei der von Peron bei Nizza gefundenen Art ganz anders dargestellt wäre. In der Abbildung erscheinen sie breit drei- eckig und berühren sich mit ihren sehr breiten Basen , während bei C. hastata die viel schmäleren , flügeiförmig ausgezogenen Basen der spiessförmigen Genitalblätter weit von einander abstehen. Jedenfalls scheinen bei Nizza mehrere Carmariniden vorzukommen ; denn auch die von Leuckart dort beobachtete und G. pröboscidalis benannte Form [Leuckartia longicirrata) dürfte weder mit der von Peron und Lesueur, noch mit der von mir bei Nizza gefundenen Art identisch sein. Fundort: Im Mittelmeer bei Nizza. Peron et Lesueur. 32 HI. System der Geryoniden. 3. tieryonia conohles , Haeckel. Geryania hexaphylla , Brandt (1. c. p. 389; Taf. XVUI, Fig. 1, 2). Liriope proboscidalis, Lesson (1. c. p. 331). Schirm kegelförmig, von 3 Zoll Durchmesser und ebenso viel Höhe, durchsichtig, farblos, bis auf die röthlichen Centripetalcanäie und einen rosenrothen Ring am Schirmrand. Magenstiel kegelförmig, sehr stark, oben fingerdick. Das untere Ende sammt dem daran befestigten Magen war an dem einzigen Exemplare, das von Mertens gefunden wurde, abgerissen und der Verlust durch einen kleinen unförmlichen Stummel ersetzt. Die 6 grossen Genitalblatter sind gelblich, breit lanzettförmig; das äussere abgestutzte Ende erreicht den Ringeanal; die innere breite Basis läuft mit abgerundeten Ecken in einen kurzen stielähnlichen Fort- satz aus , der bis zur Basis des Magenstiels reicht. Die Zwischenräume zwischen den Blattbasen sind viel schmäler als diese selbst. Zwischen je 2 Blättern scheinen 9 blinde röthliche Centripetalcanäie vom Ring- canal abzugehen. Die 6 Radialtentakeln sind mehrmals länger als der Schirmstiel. Interradialtentakeln fehlen. Diese Art ist jedenfalls von den andern 5, sämmtlich im Mittel- meer beobachteten , Carmariniden specifisch verschieden. Ob sie aber zu dieser oder zur folgenden Gattung gehört, lässt sich bei der Unge- wissheit über die Bildung des Magens und die Abwesenheit des Zun- genkegels nicht entscheiden. Das untere Ende des Magenstiels sammt dem Magen fehlte bei dem einzigen beobachteten Individuum eben so vollständig , wie ich es auch bei Carmarina hastata oft gefunden habe. Der lange aus dem Schirm hervorhängende Magenstiel lockt durch seine pendelnden Bewegungen wahrscheinlich als guter Köder die Fische an, die ihn dann abbeissen , oder er reisst auch wohl bei Angriffen auf andere Seethiere ab. Fundort: Im grossen Ocean zwischen Japan und den Bonins- inseln (36° nördlicher Breite, 21 1° westlicher Länge). Mertexs. 5. Genus: Garmarina, Haeckel. [»Carmarina« zusammengezogen aus Carne marina [See-Fleisch] nennen die Fischer in Nizza und an der Riviera ponente sowohl die grösseren Quälten, als auch andere gallertige durchsichtige pelagische Thiere.) Galtungscharakter: Körper aus sechs homotypischen Ab- schnitten zusammengesetzt. 6 Ba d ial ca niile. Vom Ring- canal gehen zw ischen den Radial canii len blind geendigte Centripetalcanäie in verschiedener Zahl aus. 12 Rand- IV. Aiiiitoniie. von Glossocodou purybia. 33 bläschen. 6 oder 12 (in einem gewissen Larvenstadium 18) Tentakeln. Magenstiel in Form eines langen soliden Gallertkegels (»Zungenkegels«) in die Magenhöhle hinein verlange r t. I . Carmarina hastata, Haeckel. Geryonia hastata, Haeckel (vergl. Jenaisehe Zeitschrift I. Bd. p. 327, Taf. XI. Fig. 1—10). Die kurze Charakteristik dieser Art ist in der Jenaischen Zeit- schrift 1. Bd. p. 327 gegeben worden. Fundort: Im Mitlelmeer bei Nizza. IV. Anatomie von Glossocoiloii eurvhia (Liriope tun hin . (Hierzu Taf. II und III.) 1. Körperform. Schirm (Mantel) und Schirmstiel (Magenstiel). Der erwachsene Glossocniton eurybia , welcher in Fig. 11, 12, 15 hei schwacher, in Fig. !3, 14 bei stärkerer Vergrösserung dargestellt ist, hat die Gestalt eines ziemlich flachen Hutpilzes, dessen Schirm auf einem langen dünnen Stiele sitzt. Der ganze Körper ist im Leben voll- kommen glashell, durchsichtig und farblos; nur die reifen Genital- blätler und bisweilen auch der Magen sind ein wenig opak, weisslich getrübt. Nach sehr reichlicher Nahrungsaufnahme erscheinen oft auch die siimmllichen Ganäle des Gastrovaseularsystems durch ihren Inhalt weisslich gefärbt. Die letzteren Theile nehmen in der Begel auch einige Zeit nach dem Tode eine mattweisse Färbung an, sowie dann auch die mit Nesselzellen bevsetzlen Theile, Mundsaum, Schirmrand und Tenta- keln in derselben Weise getrübt werden. Eine röthliche oder grün- liche Färbung einzelner Theile, wie sie bei andern Liriopidon häufig vorkommt, ist bei unserer Art niemals zu bemerken. Der Schirm oder die Umbrella (Fig. II, 12 1) hat die Gestalt eines dicken Uhrglases und bildet ein ziemlich flach gewölbtes Kugel- segment, welches nur im Momente der stärksten Conlraction des Schirmrandes (so bei den heftigsten Schwimmbewegungen) sich der H neck el, Rüsselquallen. 3 IM IV. Anatomie von filossocodou ciiiyhiii. Halbkugelform nähert. Die Schirmwolbung des ruhig im Wasser .schwebenden Thieres Tili. II ist sehr (lach, so dass die Höhe des Srliirms nur ungefähr ein Drittel des Mündungsdurchmessers beträgt. Der letztere misst bei dem erwachsenen Thiere (i — 0, bisweilen bis zu I0mm. Die Höhe des Schirms schwankt zwischen 2 und 5™. Die Dicke seiner hyalinen Gallertsubstanz oder des .Mantels ist wechselnd und scheint, wie bei Carmarma (vergl. unten) von der Menge der aufgenom- menen Nahrung abhäneie zu sein, so dass sie bei lange hungernden Thieren bedeutend abnimmt. In der Regel nimmt die Gallei Isubstanz (I) der Umbrella in der Mitte der Scheibe fast die Hälfte, mindestens ein Drittel der Hohe ein, während sie sich nach dem Rande hin rasch verdünnt. Die Mantel gallerte ist durchaus homogen und slruclurlos und schliesst, wie bei Carmarinu. niemals Zellen ein.' Dagegen ist sie, wie bei (\ov letzteren, von zahlreichen feinen, dichotom verästelten Fasern (Fig. 25) durchzögen, welche von der oberen zur unteren Schirmfläche ziehen und als festes Gerüst der weichen Gallertmasse Halt verleihen (Fig. 87). Sie werden unten in dem letzten Abschnitt näher beschrieben. Dieselben gabelspaltigen Fasern, wie in der hyalinen homogenen Schirmgallerle, sind auch in der gleichartigen Gallertsubstanz des langen dünnen Schirmstieles oder Magenstieles (Pedunculus, Fig. II, 12p) nachzuweisen, welcher als eine solide homogene slielformige Verlängerung der Schirmgallerte aus der Mitte der unteren hohlen Schirmlläche (Subumbrella) entspringt und an seinem freien untern Ende den Magen trägt. Am Ursprünge dick kegelförmig, verjüngt sich der Magensliel ziemlich rasch in einen schlanken Cylinder, welcher sich nach unten gegen den Magen hin nur noch wenig verdünnt, innerhalb des Magens aber in den schlanken conisch zugespitzten Zungenkegel sich fortsetzt. Die ganze Länge des Pedunculus von der Basis (in der Mitte der Subumbrella) bis zur untern freien Spitze des Zungenkegels, kommt in der Regel ungefähr dem Durchmesser des kreisrunden Schirmrandes gleich, oder übertrifft denselben nur wenig, während er bei jüngeren Thieren bedeutend dahinter zurücksteht. Der längste. von mir gemessene Schirmstiel war I2mmlang, während er gewöhn- lich nur 7_9ini" erreicht. Seine Dicke in der Mitte beträgt gew ähnlich 0,5 — 0,8, selten bis lmm. Die äussere Oberfläche des (Jallerlstiels ist von den vier dünnen linearen bängsmuskelbändern (Fig. 18 — 21 in) überzogen, welche mit den vier ungefähr eben so breiten, in der Slieloberlläche \om Magengrund zur Subumbrella aufsteigenden Ha- dialcanälen (Fig. 18 — 21 r) alterniren. Wenn die letzleren stark mit Nahrungsllüssigkeil gefüllt sind, springen sie über das Niveau der IV. Anatomie von Glossocodon eurybia. 35 Muskelbänder derartig vor, dass die Cylinderform des Stiels zu einem vierseitigen Prisma wird und sein Querschnitt nicht mehr kreisrund sondern quadratisch erscheint. Auf solchen Querschnitten quillt die Gallertsubstanz (1) des Stiels, wenn die Muskeln (m) sich stark conlra- hiren, oft halbkugelig oder fast kugelig über die Sclmiltlliiche vor (Fig. 20). Die Zunge oder der Zungenkegel (/) , wie ich die innerhall) des Magenschlauchs gelegene terminale Verlängerung des Magenstiels nenne, ist ein solider gestreckt kegelförmiger Gallertzapfen von '/2 — 1, höchstens von 2mm Länge, welcher bald ganz in die Magenhöhle zu- rückgezogen und dann schwer zu erkennen ist (Fig. 1 I, 14, 19, 20 z), bald eine längere oder kürzere Strecke aus der Mundöffnung hervor- gestreckt wird (Fig. 12, 13), letzteres besonders dann wenn der Magen- schlauch sich nach aussen umstülpt (Fig. 13). Niemals habe ich den zurückgezogenen Zungenkegel in der Weise knieförmig gebogen, ge- knickt oder zusammengelegt gesehen, wie man ihn bei Camavina (Fig. 4 z) häufig beobachten kann. Bei dieser letzteren hat er auch eine länger gestreckte G\ linderform, während er bei Glossocodon mei- stens rein kegelförmig erscheint. Das untere Ende des Magenstieles spitzt sich ganz allmählich kegelförmig in den Zungenkegel zu und die Grenze zwischen beiden wird nur durch die Insertion des Magengrun- des bestimmt. Die solide Gallertmasse des Kegels ist von einem sehr dünnen Muskelbeleg und darüber von einem Epithel überzogen. Durch Muskelcontraction kann seine reine Kegelform mehrfach modilicirl er- scheinen. Er kann nach verschiedenen Richtungen gebogen und wieder gestreckt, bisweilen fast halbkreisförmig gekrümmt w erden. Oefter ist er durch eine oder mehrere ringförmige Furchen der Quere nach einge- schnürt; namentlich ist die feine Spitze durch eine terminale Ring- furche oft fast knopfförmig abgesetzt. Anderemale erscheint die Rasis des Zungenkegels dünn zusammengeschnürt und die Spitze fast eiför- mig angeschwollen, so dass er Kolbengestalt annimmt. Risweilen kann man an lebenden Thieren , deren Magen kragenartig umgestülpt oder stark nach oben zurückgezogen ist, sehen, wie der Zungenkegel lang- sam hervorgeslreckt und träge pendelnd , scheinbar tastend oder su- chend, hin und her bewegt wird- Namentlich wenn kleine in der Nähe des Mundes umherschwimmende Thierchen mit dem Mundsaum in Berührung kommen oder einen Strudel in dessen Umgebung veran- lassen, scheint der Gallortkegel wie ein Tentakel nach ihnen ausge- streckt zu werden. Es scheint mir daher \on den Yormulhuncen, die / O 7 man sich über die Function dieses, bis jetzt nur bei Carmarina und Glossocodon beobachteten seltsamen Organes bilden kann, diejenige am 3 * 36 IV. Aiiiitamip von Glossocodou Piirybia. meisten der Natur zu entsprechen, dass dasselbe zum Betasten, viel- leicht auch zum Schmecken der Nahrurig dient und daher wohl als Zunge bezeichnet werden darf. Dass der Zungonkegol eine zum Ver- wunden oder Tödlen der Beute dienliche Waffe sei, dagegen spricht einerseits die weiche Beschaffenheit seiner Gallerlmasse, andrerseits dt-v Mangel von Nesselzellen in seinem Epithel. Ob der Zungenkegel von Ghssocodon eurybia in einer gewissen Lebensperiode als Knospenstock fungirt, wie bei Cärmarina, kann ich nicht sagen, da ich niemals Knospen an demselben ansitzend gefunden habe. Bei Glossocodou catharinensis dagegen scheint dies der Fall zu sein (vergl. unten den Y11I. Abschnitt). 2. Gastrovascularsystem. Mu n d , Magen , E rn ährungsca näle und Geschlechtsorgane. Der Magen (k) hängt bei dem ruhig schwebenden Thiere als ein c\lindrisches, glattwandiges. nicht gefaltetes Rohr (von 1—3""" Läime 0,2 — 0, 0 — I "nu Durchmesser) von dem Magenstiel herab, dessen Con- tour ohne Grenze in die des Stiels übergeht, während die Substanz des letzteren durch seine vollkommene Durchsichtigkeit sich von dev oft elw as getrübten dicken Magenwand absetzt (Fig. II). Am dicksten und trübsten ist der weissliche Mundsaum, der in cleichmässii: ueolfne- tem Zustand meist ein regelmässiges Quadrat bildet (Fig. Hl). Ge- wohnlich ist der Mundrand des Magens mehr oder weniger weit man- chettenartig nach aussen umgestülpt, sehr häufig sogar die ganze untere Hälfte der Magen wand, sodass der Mundsaum die Insertion des Magen roh rs am Stiele berührt oder noch darüber hinaufragt (Fig. 1 9, 20). Nicht selten stülpt sich dann der Mundsaum nochmals nach vorn um, so dass man dann auf einem Querschnitt 3 sich concentrisch umschliessende Magen- hlätter finden würde (Fig. 21). Seltener als diese doppelte Einstülpung findet man den ganzen Magensack nach oben vollständig zurückgeschla- gen, so dass der Zungenkegel in seiner ganzen Länge frei liegt und der Magen eine stiefelarlige Scheide um den untern Theil des Stieles bildet (Fig. 13). Wenn der Magen reichliche Nahrung aufgenommen hat, so kann er ein sehr viel grösseres Volum und die verschiedensten Formen annehmen. Ebenso wechselnd erscheint Form und Ausdehnung des quadratischen Mundsaums (o'). Bisweilen saugt sich das Thierchen fast mit der ganzen hinein Magenwand auf der Glasplatte fest an (Fig. 1 5, I (i) und es erscheint der Magen dann als eine ziemlich durchsichtige qua* dratischc Platte, von deren \ Ecken i diagonale Binnen (<\) nach der Mille zu laufen, um sich dann bis zum Anfang der Badialcanäle an der Basis des Zungenkegels fortzusetzen. Jede Rinne erscheint als die IV. Anatomie von (Jlnssurndou eurybUi 37 Mittelrippe eines trüben elliptischen Blattes (Figi lod, lud), das mit dem äussern Ende die Quadratecke berührt, und verhält sich zu diesen im Kleinen, wie jeder Radialeanal zu seinem Gcnitalblatt im Grossen. Das Epithel unterscheidet sich von dem helleren der übrigen Magen- wand durch bedeutende Grösse, rundliche Form und dunkelkörnigen Inhalt der Zellen. Jede Zelle enthält ausser dem Kern eine Anzahl von dunkeln, stark lichtbrechenden, wie Fett glänzenden Körnern. Ich vrrmulhe, dass diese Zellen als einzellige Drüsen einen verdauenden Saft absondern und sehe die Blätter (d) als Magendrüsen an. Wenn der Mundsaiun in der erwähnten Weise ausgedehnt ist, so erscheinen die Nesselzellen, welche den zusammengezogenen Mund als dicker Lippenwulst umgeben, ganz regelmässig auf 32 warzenförmig vorra- gende paarweis verbundene Nesselknöpfe vertheilt (Fig. 15, 16, 17 o') ; 2 Paar getrennte Nesselknöpfe kommen auf jede Seite des Quad- rats, 2 Paar auf jede abgestutzte Ecke desselben. Nicht selten wird jede Quadratseite des Mundsaums in der Mitte tief eingezogen, so dass derselbe dann deutlich vierlappig erscheint, besonders wenn zugleich je- der Lappen noch in der Mitte kahnförmig zusammengefaltet wird, so dass der Rücken der Drüsenrinne einen Kiel bildet und die beiden Hälften jedes Drüsenblattes sich bis zur Berührung nähern (Fig. 13, 18, 21). In diesem Zustande glaubt man dann i ganz getrennte selbstständige Mundlappen vor sich zu haben, wie sie für viele Medusen-Arten als charakteristisch gelten. Sobald aber die Falten sich ausgleichen und die tiefe Einziehung der Quadratseitenmitte aufhört, erscheint der Mundsaum wieder ganzrandig. Es geht hieraus hervor, wie wenig Werth auf die Gestalt und Lappenbildung des Mundes der Craspedoten zu legen ist, wenn man danach Arten oder gar Gattungen unterschei- den will. Bisweilen sah ich den Mundsaum unseres (Uossocodon sogar deutlich achtlappig, indem statt der gewöhnlichen einfachen eine doppelte Einziehung jeder Quadratseite eingetreten war, und sowohl die Mitte der I Quadratseiten als die i Ecken in Form lappenförnuger Duplicaturen vortraten. Endlich sah ich bisweilen die doppelte Ein- ziehung an "2 gegenüberliegenden , die einfache Einziehung an den beiden andern Quadralsciten, so dass der Mundsaum nur sechslappig erschien1). Die Lappenbildung des Mundsaums findet auch bei um- gestülptem (Fig. 20) und sogar bei doppelt umgestülptem Magenrand (Fig. 21) nicht selten statt. I) Offenbar ist es dasselbe wechselnde Yerhältniss, welches Eschscholtz und Lesson verleitete, ein einzelnes Individuum von Liriope exigua genetisch von dieser zu trennen (vergl. oben die Beschreibung dieser Art). 38 IV. (Vwalomie von lilnssnrndnn curybiii. Die vier Radialcanäle (r) entspringen im Grunde des Magen- sackes, da wo derselbe am Magenstiele sich inserirt, und wo mithin iiucli der Zungonkegel entspringt. Sie offnen sich an der Rasis des letzleren in die Magerthöhle durch \ runde Oeflhungen (i) , die durch einen Kreismuskel völlig von dieser abgeschlossen werden können. Hier nehmen sie Zugleich das Ende der Rinnen auf, welche von den h Drüsenblattern her wahrscheinlich den Vetdauungssaft dem Magen- grunde und den Radialcanälen zuführen1). Die vier runden Einmün- dungsöffnungen (\cv Radialcanäle sind bisweilen 'wenn sie ganz zu- sammengezogen und verstrichen sind) im Magengrunde sehr schwer oder g;ir nicht zu linden, wahrend sie anderemale sofort in die Augen fallen [Fig. I 'i i , 1f>i, I9i). Aeusserst deutlich sah ich sie einmal in geöffnetem Zustünde [Fig. I7i; , als ein glücklicher Zufall mir bei einem auf dem Rücken liegenden Thiere, welches seinen Magenstiel empor- richtete und den Magen weit öffnete, die volle Ansicht des Magengrun- des von unten vor Augen führte. Es erschienen die \ geöffneten Mündungen der Radialcanäle als i länglich runde, durch ungefähr eben So breite Zwischenräume getrennte Löcher, welche in ganz gleichen Abständen den Zungenkegel (der in Fig. 17 z stark verkürzt erscheint), umgaben. Wie dieEininündungsslellen der Radialcanäle in den Magen- grund, so ist auch ihr Verlauf längs der Aussenfläche des Schirmstieles und längs der Unterfläche des Schirmes bald sehr leicht und deutlich, bald sehr schwierig oder fast gar nicht wahrzunehmen. Rei lebenden Thieren nämlich , welche hungern oder nur sehr wenig Nahrung auf- genommen haben, erseheinen sowohl die Radialcanäle als das sie ver- bindende Rineeefäss vollkommen elashell und farblos und setzen sich fast gar nicht von der gallertigen Schirmsubstanz, die das Licht ebenso blicht, ab. Hat dagegen das Thier reichliche Nahrung aufgenommen, so fidlen sich Radialgefässe und Ringcanal mit sehr zahlreichen kleineren und grösseren, meist stark liehlbrechenden und fettglänzenden Körnchen und Rläschen, welche als Verdauungsproducte des Magens von diesem in die Gefässc hineingetrieben und in diesen durch Flimmerbeweeune amhereeführt werden. Bisweilen erscheinen, nach überreichlicher Nahrungsaufnahme . die Gefässe strotzend mit solchen assimilirten Körnchen gefüllt, dadurch übermässig ausgedehnt , und weisslich ge- färbt, so dass sie sich nun sehr deutlich von der glashellen farblosen Schirmsubstanz absetzen. Ebenso werden sie auch meistens kurze Zeit nach dem Tode weisslich getrübt; und durch Anwendung verschiedener 1) Bei Liriope ligitrina beschreibt LeückaaI (I. c. p. 4) 4 ähnliebe »Rinnen oder Spalten«, deutet dieselben aber wohl irrig als dieOeffnungsspaltefi derRadialcanäle. IV. Anatomie von (ilossocodou enrybiit. 39 FhtssigkeiteH , z. B. Mineralsäuren, welche in dem Epithel oder in den» Lumen der Gefässc körnige Niederschläge hervorbringen , kann man sich dieselben fast immer rasch zur Anschauung bringen. Das Lumen der Canäle scheint je nach der aufgenommenen Nahrungsmenge oder Wassernienge sehr zu wechseln, so dass man sie zu verschiedenen Zei- len von sehr verschiedener Breite lindet. In ihrem Verlaufe längs der Oberfläche des Magenstieles sind die Radialcanäle ( r) meist ebenso breit, als die 4 linearen Muskelbänder (in), durch welche sie von- einander gelrennt werden (Fig. 13, II, 18— 21). Es erscheinen die- selben dann auf Querschnitten des Magenstieles als die abgerun- deten Ecken eines Quadrats (Fig. 18—21). Meist treten auf solchen Querschnitten die klauenden Lichtungen (q) der durchschnittenen Badialröhren sehr deutlich hervor, bisweilen selbst dann noch, wenn die homogene Gallerte des durchschnittenen Magensliels über die Schnittlläche halbkugelig oder fast kugelig hervorgequollen ist (Fig. 20 I). Man überzeugt sich in letzterem Falle auf das Bestimmteste, dass der ganze Magenstiel von der homogenen Gallerte (1) gebildet wird und dass die 4 Badialröhren (r) sowie die 4 sie trennenden Muskelbänder (m) nur äusserlieh auf seiner Oberlläche verlaufen. Deutlich setzen sieh schon bei schwacher Yergrösserung, die Canäle dadurch vor den fein längsstreifig erscheinenden Muskeln ab, dass das eigenthümliehe subumbrale Epithel der Canäle in sehr bestimmter Zeichnung hervor- tritt (Fig. 20). Dasselbe besteht aus sehr grossen und hohen polyedri- schen Cylinderzellen , welche sich durch sehr dicke Wände vor den übrigen Epithelien des Geryonidenkörpers auszeichnen. Die dicke Zel- lenwand ist bemerkenswert!! wegen einer auffallend unregolmässigen, gleichsam unterbrochenen Zeichnung ihres doppelte» Contours, welche vielleicht auf Porencanäle , die die Zwischenwände durchbrechen , zu beziehen ist. (Vergl. unten den letzten Altschnitt übei\die Gewebe.) Nur die der Subumbrella zugekehrte Wand der Radialcanäle besitzt dieses dicke Gy linderepilhel, während die umbrale, der Gallertsubslanz zugekehrte Wand von einem aus kleinen Sachen Zellen gebildeten Pflasterepithel ausgekleidet ist. Nachdem die 4 Radialcanäle längs der Aussenlläche des Magen- Stiels gleichbreit emporgestiegen sind, biegen sie sich , an der Subum- brella angelangt, um und erweitern sieh alsbald zu den 4 Ilachen, breiteiförmigen Taschen, in denen sich die Geschlechlsproducte ent- wickeln fFia. II — 15 g). Diese \ Genitalbläl ter sind bei den ge- schiechtsi'cifen Thieren %on ansehnlicher Grösse, indem sie beinahe \on der Basis des Magenstiels bis nahe an den Schirmrand reichen, so dass ihre nach aussen gewendete Spitze den Chkeleanal erreicht oder sogar 40 IV. Anatomie von GtesseoodM ewrybia. noch etwas in denselben hinein vorspringt (Fig. 1 31) . Dag entgegen-» gesetzte innere (dem Magenstiele aligewendete) Ende jedes Genital- blattes erseheint bald scharf abgerundet und von dein Raüialcanal ab- gesetzt (Fig. I'i), bald geht es mehr allmählich verschmälert in den- selben über (Fig. 13); letzteres mehr bei den männlichen, ersteres bei den weiblichen Thieren. Im Uebrigeri ist die Form der Genitalien bei beiden Geschlechtern ganz gleich ; doch kann man sie häufig schon mit blossem Auge daran unterscheiden , dass die Genitalbläüer (Hoden) des Männchens stärker woisslieh getrübt erscheinen 'Fig. 13 g'j als die helleren, mehr durchsichtigen Geschlechtstaschen (Eierstöcke) der Weibchen (Fig. \\ g" ] . Der Abstand je zweier Genitalbläüer von- einander an ihrer Basis übertrifft ihre eigene Breite bald um Weniges, bald um das Zwei- bis Dreifache. Die Gesehleehtsproducle entwickeln sich bei beiden Geschlechtern aus dem subumbralen Epithel (r s), welches die untere (der Schirmhöhle zugekehrte) Wand der blattförmig flachen Ausstülpung der Radialcanäle bekleidet. Beim Männchen ent- stehen durch fortgesetzte Theilung dieser Epilhelzellen äusserst zahl- reiche und kleine kugelige Samenzellen von 0,00i1,im Durchmesser, deren jede ein einziges stecknadelförmiges Zoospenn zu entwickeln scheint. Das Köpfchen der Zoospermien ist rundlich , der massig lange Faden sehr zart und dünn, sehr beweglich. Die Eier des Weibchens entwickeln sich durch Vergrösserung und forldauernde Vermehrung jener Epithelzellen der unteren Taschenwand, so dass man bei ge- schlechtsreifen Thieren beständig Eier der verschiedensten Grössen nebeneinander findet, alle in einer einzigen Ebene liegend. Die grösse- ren Eier springen, indem sie die vorliegenden circularen Muskelfasern der Subumbrella auseinanderdrängen , über diese Ebene als flache Buckel in die Schirmhöhle hinein vor und werden schliesslich durch Bersten des dünnen Ueberzugs, den hier das flache Epithel der Subum- brella noch über ihnen bildet; frei. So wenigstens habe ich bei Cnv- marina Itastala (Fig. 71), bei Milrocoma Annae und anderen Craspedo- ten die Eier direct austreten sehen, während dieselben in anderen Fällen wohl auch in die Strömung des Gastrovascularsyslems hinein- gerathen und durch den Magen und Mund entleert werden mögen. Die Möglichkeit dieser Ausfuhrungsweise ist jedenfalls dadurch gegeben, dass der Hohlraum der flachen Geschlechtslaschen in der Thal bestän- dig mit dem Lumen der Radialcanäle in offener Communicalion bleibt. Zwar hat es auf den ersten Blick den Anschein , als ob die nach dem Schirmrand gerichtete Fortsetzung der Badialcanäle geschlossen mitten durch die Genitaltasche hindurchliefe, wie die Blattrippe durch das Blatt (Fig. |-8j 14) ; allein diese Trennung ist nur scheinbar und da- IV. Anatomie von Glossocotlou eufybia. 41 durch bedingt, dass dasCanalepithel in der Mitte der Blatter, wo an der subumbralen Canahvand der Radialnerv (ar), von radialen Muskeln begleitet , verläuft, seinen ursprünglichen Charakter behält und keine Gcschlechtsproducte erzeugt. Von der offenbleibenden Communieation der Canalhöhle mit der rechts und links von ihr ausgehenden Aus- stülpung kann man sich leicht durch die Beobachtung der in den Ge- lassen circulircndcn Körnchen überzeugen, die häufig auch zwischen die Samenzellen und namentlich zwischen die Eier hincingelangen. Zwischen den einzelnen Eierhaufen eines jeden Blattes ist sogar häufig, besonders an iheihveis entleerten alleren Eierstöcken, eine Art lacunä- ren C.efässnelzes bemerkbar, indem gewöhnlich die grössten und reif- sten Eier einzeln oder zu wenigen vereint in bestimmten Abständen voneinander entfernt vorspringen; jedes von ihnen oder jedes Paar ist zunächst von einem Hofe mittelgrosser Eier umgeben , zwischen denen zahlreiche, ganz kleine und junge Eierchen liegen, und diese letzteren bilden ausserdem einen peripherischen Ring um die ganze Eiergruppe. Zwischen den so abgegrenzten Feldern bleiben nun häufig schmälere oder breilere eierfreie Zwischenräume übrig, welche eine freiere Gir- culation des Chylus gestatten (angedeutet in Fig. 14, deutlicher bei Cm-murhui hastata in Fig. 1 und 3). Die reifsten und grössten Eier sind in der Regel durch gegenseitigen Druck pohedrisch abgeplattet und erreichen einen Durchmesser von 0,05 bis 0,1 mm. Ihr Dolterproto- plasma ist durch dichte Mengen feiner, dunkler Körnchen getrübt (Fig. 80 g d). Ihr Kern (g v) ist eine helle, kugelige Blase von 0,02 bis 0,05mm, welche einen sehr deutlichen kugeligen Nucleolus (g m) von 0,005 bis 0,01 iam zeigt. In diesem ist deutlich ein innerster Fleck (Kcimpunct, Nucleolinus oder Punctum germinativum) zu unterschei- den (g p, Fig. 84)). Ihre Membran ist sehr zart und dünn und wird bei den jüngeren Eiern vollständig ver- misst. Diese stellen hüllenlose Pro- toplasmaklumpen dar, welche den Kern umgeben. Die Menge des körnigen Protoplasma ist bei den jüngsten Eiern minimal, sodass Fi§- 86- Eiei" von Olossocodon eunßia. ",. ~ iT- -i gd, Protoplasma (Dotter), gy. Keimbläs- diese fast nur aus dem Kerne mit , • T \ v ^ ,. . „ . ,,T ; chen (Nueleus). a m. Keimfleck (Nucleo- seinem Nucleolus zu bestehen lus) g p . Koimpu"nct (Nucleolinus). scheinen. Das äussere spitze Ende der eiförmigen Genitalblälter erreicht, wie bemerkt, den breiten Cirkelcanal (c), welcher die i Radialcanäle am Schirmrande miteinander verbindet. Dieses Ringgefäss erscheint in der 12 IV. Anatomie von Glassocodon eufvbia. Regel sehr breit . oft fast halb so breit wie ein Genilalblatt, oder eben so breit als das Volum. Doch ist das Lumen desselben von sehr wech- selnder Ausdehnung, im prallgofüll- len Zustande fast cylindrisch, bei geringer Füllung daseeen llach la- schenförmig ; im letzteren Falle lie- gen innere und äussere Wand des Gefässringes nahe aneinander, so dass derselbe auf dem radialen Querschnitt ein sehr schmales Oval oder eine Sichel darstellt (Fig. 87 c . Auch an dein Ringeanale ist meist schon bei schwacher Yenjrösserumj: die zierliche feine netzförmige Zeich- nung sehr deutlich (Fig. !S)j welche Fig. 87. Ein ierticaier Radialschnitt durch die hohen und grossen dick- (Meriilumsclinitt) durch den Sehirmrand wandigen Cylinderzellen des sub- von Glossocodon eurybia , zwischen 2 umbralen Gefassepithels hervorge- Randbiäschen. a. Nenenring. c. Ring- bracht wird (Fig. 87 c s) , während geföss. cl. Umbrales.cs. subumbrales d;ls llinbrale der Gallertsubstanz Epithel des Ringgefasses. e 1. Epithel des , „ . . . . .-,.,, r„-n„ f . , U ..» , , „ i des bchirmes zugekehrte Epilhe Gaflertmantels. e s. Epithel crer Subum- ft J brella. 1. Gallertsubstanz des Mantels (Fin- S7 c ') alu'n iim Cirkelgefasse I f. Fasern in der Gallertsiibstanz. nur aus Ilachen , dünnwandigen in s. Ringinuskeln der Subumbr.lla. Pflasterzellen besteht. Die gewöhn- ue. Epithel des Hingknorpels. Li k. Ring- ik.he Vwm (,es Handgelasses ist knorpel. v. Velum. v c. Ringmuskeln. .., . , . ,,. . ,. „ ... . n .- i ii übrigens bei diossocodon euryota v e. unteres Epithel, v r. Radialniuskeln, ' •* v s. oberes Epithel des Velum. nk'hl %N i(> lu>i don DOeisten Medusen ein Kreis, sondern ein Polygon, bald deutlicher viereckig, bald deutlicher achteckig. An dem unteren, dem Knorpelringe zugekehrten Rande des Cirkelcanals wird diese eckige Form durch die 8 einspringenden Winkel erzeugt, welche hier die un- ten zu beschreibenden centripetalen Spangen der äusseren Mantelfläche hervorbringen. Der entgegengesetzte obere Rand des Ringcanals da- gegen wird dadurch polygonal ausgebuchtet, dass derselbe beim Ueber- gange in die Genitalblätter ein wenig an deren Aussenwand hinauf- läuft, während er in der Mitte zwischen zwei Genitaltaschen einen fast halbkreisförmigen Vorsprung bildet, eine Andeutung jener bei Carnut- rinci so entwickelten Onlripetalcanäle (Fig. 13). Ausser den \ Uadialcanälen münden in den (Ürkelcanal, rechts IV. Anatomie von Glossocodou eurybht. 43 neben den radialen Randbläsehen , die i Canäle ein , welche die Axc der Tentakeln ihrer ganzen Länge naeh durchziehen. Der Cirkeleanal bildet übrigens nicht den eigentlichen band des Schirmes, der denselben von dein Velnm abgrenzt. Dieser äusscrste Schinnrand wird \ ielmehr von dem sogleich zu beschreibenden, von einem Nesselepithel überzogenen Knorpelringe gebildet , auf dessen oberem Rande der Nervenring und der untere Rand des Cirkelcanals ruhen. 3. Skelet. Knor p dring des Schi r m r a n des. So befremdend und so wenig passend es auf den ersten Blick scheinen mag, bei so weichen, gallertartigen und oft fast zerlliesslichen Thieren, als es die meisten craspedoten Medusen und auch unsere Ge- ryoniden sind, von einem Skelete zu sprechen, so ist doch in der Thal in dem Korper i\cv f.ononidon , wenigstens der beiden von mir unter- suchten Repräsentanten dieser Familie, ein Theil vorhanden, welcher, obwohl von keiner ansehnlichen Entwicklung, mir dennoch den Namen eines Skeletes vollkommen zu verdienen scheint. Es ist dies ein dün- ner, c)lindrischer oder halbcylindrischer Knorpelring (u k) , wel- cher den untersten Theil des Schirmrandes bildet, so dass er nach aussen und unten frei ist, nach oben an den unteren Rand des Gallerl- mantels und des Ringcanales, nach innen an den Nervenring und den äusseren Rand des Velum stösst. Indem er zwischen diese verschiede- nen Ränder eingeschaltet ist, dient er denselben wesentlich zur Stütze und zur Insertion und giebt zugleich dem Mantelrande vermöge seiner mit grosser Elasticität verbundenen Festigkeil seine bestimmte und bleibende Kreisform. Bei Glossocodon beschränkt sich das rudimentäre Skelet auf den Ringknorpel (Fig. 38, 10, il u k). Rei Carmarinct dagegen gehen von dem Knorpelringe des Schinnrandes noch mehrere kurze, hackenförmig gebogene, fadendünne Ausläufer in Form sehr schmaler Knorpelslreifen aus, welche in der Aussenfläche des (Jallertmanlels in radialer Rich- tung emporsteigen, und welche ich deshalb marginale oder centripetale Mantelspangen nenne (h). Es sind deren eben so viele als Rand- bläschen vorhanden und sie biegen sich von der Basis der Randbläschen nach aussen und oben herum. Jede Manlelspange besteht nur aus einer einzigen Reihe von Knorpelzellen und läuft von einem Muskelstreifen und einem Nerven begleitet und von einem Streifen Nesselepithel über- zogen, in der äusseren Mantelfläche centripetal bis zu der Stelle empor, 44 IV. Auatomie \nn GUossocodoD eurjbia. wo bei der Larve die interradialen und die radialen Nehenlenlakcln festsassen. Hier setzte sieh l)ei den Larven der Knorpelstreif direet in den \ iel dickeren Tentakelknorpel fort. Diese marginalen ManteJapan- gen mit ihren Nerven, Muskeln und EpithHslreifen sind /war bei Glosr- socodon auch vorhanden. Es fehlt ihnen aber das Knorpelskelet, dureh welches die Spangen der Curnuirina gestützt werden. Von den früheren Beobachtern der Gervoniden ist der Knorpel rine meistentheils ganz übersehen, theils aber auch für einen Nervenring oder für einen verdickten Epithelialsaum genommen worden. Die letztere Verwechslung war um so leichter möglich, als der Knorpelring von einem Epithel überzogen ist, das zahlreiche Nesselkapseln entwickelt, und als die dunkeln Nesselkapseln das Licht fast in demselben Grade brechen wie die glanzenden Knorpelhöhlen , so dass ich selbst auch anfanglich oben das ganze Gebilde als Nesselsaum bezeichnet habe. Der Knorpclring (Fig. 13, 14 u; Fig. 38, 10, S7 u k) des kleinen Ghssocot/oit eiirj/hin ist sehr dünn, auf dem verticalcn Radialschnitt halb- cylindrisch , nach unten convex. Er besteht aus dichtgedrängten Rei- hen runder kleiner Knorpelzellen, welche durch ziemlich reichliche Intcr- cellularsubstanz getrennt sind. Am besten zu untersuchen ist er bei jüngeren Larven, wo erst wenige Zellenreihen übereinander liegen (Fig. k\). Ueber das topographische Verhällniss des Knorpelringes zu den Nachbartheilen ist der vorhergehende Holzschnitt Fig. 87, sowie die unten folgende Darstellung des Nervenringes zu vergleichen. Bei Carmarina hastata, wo das Knorpelskelet stärker entwickelt ist, werde ich dasselbe genauer beschreiben. Leber die nähere BesehalTenheit des Medusenknorpels, welcher sowohl seines histologischen, wie seines physikalischen und physiologischen Werthes wegen diesen Namen ver- dient, ist der letzte Abschnitt dieser Arbeit (über die Gewebe der Gc- ryoniden) zu vergleichen. 4. Muskelsystem. Tentakeln, Velum und Subumbrella. Schräg unterhalb dvv Spitze jedes Genilalblatlos entspringt von dem Schirmrande ein sehr conlracliler, langer faden, Tentakel oder Rand faden (t). Genauer bezeichnet nehmen diese i Fangfaden ihren Lrsprung rechts neben den radialen Randbläschen bei Betrach- tung von aussen oder unten) und zwar oberhalb des Knorpelringes des Schirmrandes, von der Aussenlläche des Cirkeleanals. \on welchem aus sich eine Verlängerung als feine Röhre durch die ganze hänge des Tentakels hindurch bis zu seinem blinden Ende fortsetzt. Doch ist die IV. Anatomie von filossoeodon enrybia 45 Fliinmerbewegung oder die Strömung des Chylus in dieser Höhlung des Fangfadens selten und meist nur in der erweiterten Basis zu beobabh- ten, weil die der mikroskopischen Beobachtung zuganglich gemachten Fangfaden sich meist in einem Zustande sehr starker Conlraction befin- den , bei welcher das Lumen des Tentakels ganz oder fast ganz ver- schwindet, indem derselbe seinen flüssigen Axeninhalt in das Bing- gefäss zurücktreibt. In diesem stark zusammengezogenen Zustande gleichen die Tentakeln mit ihren wurmförmigen Bewegungen und ihrer dichten Bingelung gewissen Annelidenformen (Fig. 13, II). Sie über- treffen dann die Länge des Magenstieles meist nur wenig und erschei- nen oft fast so breit als die Muskelbänder am Magensliel. Ganz anders erscheinen sie bei dem frei im Wasser schwimmenden Thiere, welches sie nach allen Seiten wie Angeln verlängernd auswirft (Fig. 12), oder bei dem ruhenden Thiere, bei dem sie in völlig erschlafftem Zustande bewegungslos herniederhängen. Hier übertrifft ihre Länge mehrmals die Länge des Magenstieles und sie erscheinen schon dem unbewaff- neten Auge mit sehr zahlreichen und feinen Knoten besetzt, wie zierliche Perlenschnüre. Jeder solcher Knoten oder jede Perle ergiebl sich vergrössert (Fig. 24 u) als ein ringförmiger dunkler Wulst, wel- cher dicht mit Nesselzellen gespickt ist. Während diese Nesselwülste bei den ganz lang ausgestreckten Tentakeln durch schmälere nessel- zellenfreie Internodien getrennt sind, welche ihre eigene Länge um das Drei- bis Vierfache übertreffen , schwinden dagegen bei starker Con- traction der Bandfäden diese Internodien vollständig, so dass nur Nes- selring an Nesselring gereiht erscheint (Fig. 13, Li). Den grössten Theil der Tentakelsubstanz bilden mächtig entwickelte Längsfaser- bündel. Ihr feinerer Bau ist sehr schwierig zu erforschen, da Quer- schnitte und Längsschnitte, welche allein über denselben Auskunft ge- ben können, nur sehr schwer bei der geringen Dicke der Tentakeln zu erhallen sind. Was ich in dieser Beziehung ermitteln konnte, stimmt mit dem complicirten Bau der Tentakeln von Cuimuvma überein , der unten näher beschrieben werden wird. Sicher ist , dass auch hier bei Glossocodon keine quergestreiften Muskeln , sondern nur glatte Fasern die contractilen Tentakelelemenle zusammensetzen. Ganz verschieden von diesen 4 radialen Haupttentakeln, die sich durch ihre wurmförmigen kriechenden und schlängelnden Bewegungen auszeichnen, sind die i radialen Nebententakeln (s t) , v\ eiche oberhalb der ersleren von der Aussenseite des Schirmes entspringen, und die 4 inlerradialen Tentakeln (y). Beide gehen bei unserer Art noch vor der Entwicklung der Genitalien verloren , während sie (mindestens die in- terradialen) bei anderen Geryoniden zeitlebens persistiren, so bei Glos- 4li IV. Anatomie von filossocodon cuiyliia. socodon catharinensis und G. mucronaius und bei den oben in dem Subgonus Xanthea zusammengefassten Arien von Liriope. Diese 8 Larvententakeln , sowohl die radialen , mit einem Nesselknopf ver- sehenen (Fig. 39) , als die interradialen, mit einer Reihe von Nessel- pulslern versehenen (Fig. 10) bestehen ans einem c\ limbischen Knor- pelstabe, der von einem dünnen Muskelschlauche überzogen ist. Dieser ist nur aus longitudinal verlaufenden quergestreiften Muskelfasern zu- sammengesetzt und von einem einfachen Epithelschlauche überzogen. Alle 12 Tentakeln, welche in einem gewissen Stadium der Entwicklung (Fig. :\"t) sich gleichzeitig zeigen, werden gebogen und verkürzt durch Wirkung der longitudinalen Muskelfasern. Die Ausdehnung der ver- kürzten Tentakeln geschieht bei den i radialen Hauptlenlakeln durch Erection, nämlich durch Injeclion von Ernährungsfliissigkoit aus dem Cirkelcanal in den Avencanal des Tentakels, bei den übrigen dagegen, die nicht hohl sind, durch die Elasticilät des zusammengedrückten und sich wieder ausdehnenden Knorpelskelets. (deiche quergestreifte Muskelfasern , wie sie den Ueberzug der Larvenlentakeln bilden, setzen auch die Bewegungsorgane des Glosso- rWo^schirmes, Volum und Subumbrella zusammen. DasVelum (v) oder die Randmembran, welches ungefähr so breit als die Höhe des Cirkelcanales ist, zeigt Fig. 87 im Querschnitt. Es besteht aus einer oberen stärkeren Lage von Ringfasern (v c) und einer unteren schwä- cheren Lage von Radialfasern (v r). Erstere ist oben von einem Cylin- derepithel (vs), letztere unten von einem Pllasterepithel (ve) bekleidet. Die oireularen Muskelfasern des Velum setzen sich auch auf die Sub- umbrella fort (Fig. 87 ms), wo sie aber viel schwächer entwickeil erscheinen und sich gegen die Basis des Magenstieles ganz \erlieren. Sie sind \on dem dünnen Pllasterepithel der Subumbrella (Fig. 87 e s) über- zogen. Unter der dünnen Ringmuskelschichl der Subumbrella linden sich noch 12 schmale longiludinale oder besser radiale Muskelbänder, von denen die i unpaaren in der äusseren Mittellinie der Radialcanäle die Radialnerven bis zum Gründe der Schirmhöhle begleiten, während die 8paarigen stärkeren Muskelstreifen die Seitenränder der i Radial- canäle säumen. An der Basis des Magenstieles treten dieselben paar- weise zur Bildung der longitudinalen Slielmuskeln (m) zusammen, welche den Zwischenraum zwischen den Radialcanälen längs ihres Ver- laufes am Magenstiele ausfüllen und unten in die oberflächliche l.ängs- muskelschicht des Marens übergehen. IV. Anatomie von (llnssocodou eunbia. 47 5. Nervensystem. Das Nervensystem habe ich bei Glossocodoit eurybia sowohl als hei Curmarina hastaln mit verhällnissmässig grösserer Deutlichkeit und Sicherheit nachzuweisen vermocht, als mir dies hei einer Anzahl an- derer darauf untersuchter Medusen aus den \erschiedensten Familien möglich gewesen ist. Die Geryonidcn scheinen in dieser Beziehung wirklich ein besonders günstiges Beohachtungsobject zu sein, weil sich deutliche nervöse Elementarlheile hei ihnen isolhen lassen. Immerhin ist aber auch hier der Nachweis derselben keineswegs leicht. Ich sehe mich daher um so mehr \eranlassl, alles, was ich darüber durch sorg- fältige Untersuchung ermitteln konnte, hier anzuführen, als dieser Ge- genstand ohne Zweifel sowohl zn den wichtigsten als zu den schwie- rigsten in der Anatomie niederer Thiere gehört, und als gerade im gegenwärtigen Augenblicke die auffallendsten Widersprüche darüber bei den verschiedenen Forschern zu linden sind. Ich schicke einige Worte über die bisherigen Angaben Über das \er\ens\ stein der Quallen voraus. Ein Nervensystem bei Medusen wurde zum ersten Male1 von Aoassiz ') begehrieben und abgebildet, und zwar bei Sursia i, Tiaropsis, Slaiifophora , am ausführlichsten bei Bouyainrillia siipcrciliaris. Es wird als ein unterhalb des Cirkelcanals verlaufender, aus Zellen be- stehender Nervenring geschildert , welcher hinler der Einmündungs- slelle jedes der 4 Badialcanäle eine Anschwellung (Ganglion) bildet. Von diesen 4 Knoten aus steigen 4 Fäden an der Innenseite der Badial- canäle empor und vereinjgeu sich im Grunde der Glockenwölbung, an der Umbiegungsslelle dev Badialcanäle zum Magenstiele, durch einen zweiten Bing, welcher in der Mitte zwischen je 2 Badialcanälen einen andern Faden, abermals an der Innenfläche i\ov Schirnihöhlc, herab- schickl. Die 4 letzteren Nervenfäden sollen aber bloss bis zur Mitte der Glocke hcrabreichen. Als Elementarlheile dieser Nervenladen beschreibt Ac.assiz kernhaltige Zellen. Der zweite Forscher , der für das Nervensystem der Medusen in die Schranken tritt, ist Fritz Miller, dessen Angaben über die Nerven von Liriope catharinensis (1. c. p. 313) ich hier wörtlich anführe: »Um das Binggefäss zieht sich ein ziemlich undurchsichtiger eelblicher Saunt, der namentlich nach aussen scharf contourirle rundliche Zellen von 1) Agassiz, CoiUi'ibutions tu the history ot' the Acalephae of North America. (Memoirs ot' the American Aeademy of Alts and Sciences. Yul. IV. T. II. 1 850.) 48 IV. Anatomie von Glossocotlon eorybfit. 0,005 bis 0,008 mm Durchmesser zeigt und auf dem mehr oder weniger reichliche Nesselzellen liegen. An der Basis der Tentakeln und in der Mitte zwischen diesen Stellen zeigt er längliche Anschwellungen, denen die sogenannten Randbläsehon aufsitzen. Mit aller Wahrscheinlichkeit ist er als Nervenring zu deuten : dafür spricht ausser den Randhläs- cheri tragenden Anschwellungen, dass sich \on jeder dieser Anschwel- lungen ein zarter, aber scharf begrenzter Strang nach oben verfolgen lasst. \ zur Basis der Tentakel , izuPuncten, an denen das jüngere Thier dem erwachsenen meist vollständig fehlende Tentakel getragen hat.« Einen ähnlichen Nervenring mit i Knoten, von denen zahlreiche Fäden (von jedem Knoten gegen 20) zu bandförmigen Tentakeln aus- strahlen, fand Fritz Müller »mit überraschender Deutlichkeit ausge- prägt« bei 1 verschiedenen Arten der brasilianischen Charybdeiden- gattung Tamoya (T. quadrumana und T. haplonema) '). Endlich spricht sich in der neuesten Zeit auch Leickart-) zu Gun- sten eines besonderen Nervensystems der Medusen aus. Er überzeugte sich bei einer in der Nordsee weit verbreiteten Eticope »auf das Be- stimmteste von der Existenz eines besonderen neben dem Binggelässe hinlaufenden Randfadens. Die Anschwellungen, die dieser Faden an der Anhaftungsstelle der Randkapseln und Tentakel zeigt, bestehen aus Zellen von ziemlich indifferentem Charakter, während die dazwischen ausgespannten Commissuren eine Längsstreifung erkennen lassen.« Gegenüber diesen neueren bestimmten Angaben haben gleich- zeitig andere Forscher, welche das Nervensystem der Medusen auf- suchten, es nicht gefunden, und die Existenz desselben eben so bestimmt geleugnet. So erklären Kekerstein und Ehlers1) die Linien, welche A<;assiz als Nervensystem beschreibt, »nur für Fallen des Schwimm- sackes oder der Gallerlglocke, oder für die schalten aus Zellen gebilde- ten Contouren der Radiärcanäle. « Auch die \on Fritz Müller als Ner- vensystem beschriebene Bildung wird nicht von ihnen als solche aner- kannt. Eben so wenig ist Claus4) geneigt, den Medusen ein distincles Nervensystem zuzugestehen. Er fand den \on Fritz Miller beschrie- benen Ring bei Medusen aus verschiedenen Familien wieder, will dm aber nicht als Nervenring gelten lassen, um so weniger, »als es sich hier nicht um einen Gegensatz von Ganglienzellen und nach den ein- zelnen Organen ausstrahlenden Fasern handelt. « Claus lindel, »dass 1) Fritz Milli.u, Zwei neue Ouallen von Santa Calharina. Ahhan.ll Troschel's Archiv für Naturgeschichte. XXX, l. 1864. 3 W. TvKiiusriiN und EHLERS; Zoologische Beiträge, Leipzig I SO I . p. 78. ■V | Zefitschr. l'ui- Wissenschaft!. Zool. 186 4. XIV. p. 3S7. IV. Anatomie von Glossocodon eurybia. 49 der dem Ringgefüss dicht anliegende Strang 2 mehr oder minder scharf Gesonderte Zellenlaeen unterscheiden lässt , von denen die untere nur als Verdickung des Zellbeleges der Gefiisswand anzusehen ist, während die obere allein bei der Deutung als Nervenring in Betracht kommen könnte, « da sie die Randbläschen trägt und überall an der Tentakel- basis Anschwellungen bildet. Allein auch die Zellen dieses »vermeint- lichen Nervenringes« müssen alsTheile des äusseren Epithels aufgefasst werden, da sie mit dem Epithel der Tentakeln continuirlich zusammen- hängen und häufig Nesselkapseln erzeugen. Von den Bildungen , welche ich in Folgendem beschreiben werde und als Nervensystem mit Sicherheit deuten zu dürfen glaube, bemerke ich im Voraus, dass sie weder mit den voiiAgassiz, noch mit den (wahr- scheinlich damit identischen ) bei Liriope von Fritz Müller als Nerven aufgefassten Theilen zusammenfallen. Nur die von letzterem bei 7a- moyn gesehenen und namentlich die von Leuckart als Nerven be- schriebenen Theile scheinen dieselben zu sein , die ich bei den Ge- ryoniden als solche habe nachweisen können. Der sichere Nachweis des Nervensystems ist immer erst möglich durch Darstellung nervöser Elementartheile, wie solche sich sowohl bei Glossocodon als namentlich auch bei Carmarina mit überzeugender Deutlichkeit aus den umgeben- den Geweben herausschälen und isoliren lassen. Bei lebendigen sowie bei frisch getödteten Individuen von Glosso- codon eurybia ist das Nervensystem nur sehr schwer zu erkennen , da die lebende Nervensubstanz in ihrem Lichtbrechungsvermögen sich sehr wenig von den benachbarten Theilen , namentlich der hyalinen Schirmgallerte unterscheidet , und ausserdem so vollkommen durch- sichtig, farblos und wasserklar ist, dass sie sehr leicht ganz übersehen ( wird. Viel besser und leichter lässt sich das Nervensystem (ebenso wie das Gastrovascularsystem) bei Medusen verfolgen, die schon einige Zeit todt sind, und bei denen die beginnende Zersetzung die verschiedenen Gewebe in verschiedenem Grade zu trüben beginnt. Auch durch vor- sichtigen Zusatz verschiedener Reagentien , namentlich verdünnter Mi- neralsäuren , kann man sich die Medusennerven leichter zur An- schauung bringen. Doch ist auch dann die Erkenntniss derselben an verschiedenen Stellen durch mehrfache Hindernisse in verschiedenem Grade erschwert. Das Nervensystem von Glossocodon besteht aus einem schmalen hellen längsstreifigen Ringe (a), welcher zwischen Ringcanal und Knor- pelring längs des Schirmrandes verläuft und an der Rasis der 8 Sinnes- bläschen zu 8 aus kleinen Zellen bestehenden Ganglien von geringer Grösse anschwillt (f). Von jedem der i stärkeren radialen Ganglien, H aeckel, Küsselquallen. 4 50 IV. Anatomie von (Slossocodon eurvbia. welche unterhalb der Einmündungsslelle der i Radialeanäle in den Cirkelcanal unmittelbar unter den radialen Randbläschen liegen, gehen 4 Nervenfäden ab: I. der erste und stärkste Nerv (a r) begleitet den Radialcanal in seiner ganzen Länge vom Schirmrand bis zum Magen. 2. Ein schwächerer (h n) geht durch die radiah1 Mantelspange (h) zur Basis des radialen Nebententakels. 3. Ein dritter gehl zum radialen Haupttenlakel. I. Der vierte kürzeste ist der breite bandförmige Sin- nesnerv (n) , welcher innerhall) des radialen Randbläschens verläuft. Jedes der i schwächeren interradialen Ganglien, welche unterhalb der Basis der interradialen Larvententakeln, und unmittelbar unter dem in- terradialen Randbläschen liegen, giebt nur 2 Nervenstränge ab, nämlich 1 . den breiten Sinnesnerven , welcher innerhalb der letzteren verläuft (n) und 2. den Spangennerven (hn), welcher durch die marginale Mantel- spange zur Basis der interradialen Knorpeltentakeln läuft, Ueber das genauere Verhalten der einzelnen Abschnitte des Ner- vensystems konnte ich bei Giossoco- don Folgendes ermitteln. Der Ner- venring (Fig. 13, 1 1 a) ist ein sehr dünner, blasser und zarler halb- cylindrischer Strang, welcher mit seiner nach- unten gekehrten Con- vexitüt grösstenteils in den oberen Theil des Ringknorpels (u k) einge- senkt ist, während sein oberer, fla- cher und ziemlich ebener Rand in der Mitte zwischen dem unteren Fi,. 87. Ein verlicaler Radinischnitt Rande des Cirkelcanals (c) und dem fMeridianschnitt) durch den Schirmrand äusseren Rande des Velum (v.J liegt, von Glossocodon eurybla , zwischen 2 von erslerem zum Theil verdeckt Randbläschen. a. Nervenring. c. Ring- ^x*. 87 a) . Sein Durchmesser be- gefass. c 1. Umbrales, es. subumbrales . „ . . ., i„„ u „Ä_ j.^ , . , . , „. ' ,„,,, trägt nur etwa y6 oder 74 von dem Epithel des Ringgetässes. c I. Epithel des , . , Gallertmaotete e s. Epithel derSubum- des Knorpelringes. Da er gleichsam brella. 1. Gallertsubstanz des Mantels, in eine Rinne desselben theilweis l f. Fasern in der Gallertsubstanz, eingeschlossen liegt, so ist er auf in s. Ringmuskeln der Subumbrella. Flächenansichten nur mit grosser ue. Epithel desRingknorpels.uk. Ring- ^^ ^ (ijn ^ ^^ g^ knorpel. v. Velnin. v c Ringmuskeln, zu erkennen, um so schwieriger, als ve. unleres Epithel, vr. Radialmuskeln, v s oberes Epithel des Velum. auch derdicke hyaline Gallerlmantel, IV. Anatomie von Glossocodon eurybia. 51 der das Licht fast ebenso wie der Ringnerv bricht, noch von aussen her den Schirmrand umgreift und theüweis verdeckt. Nur bei jünge- ren noch nicht geschleclitsreifen Thieren und bei Larven mittleren Alters kann man auch auf Flächenansichten, namentlich bei Betrachtung des Schirmrandes von innen, von der Schirmhöhle her, den Ringnerven deutlicher erkennen, besonders dann, wenn der Cirkelcanal leer oder stark zusammengezogen ist. Viel besser tritt er aber auf glücklich ge- führten und hinreichend dünnen Querschnitten des Schirmrandes her- vor, welche allerdings sehr schwierig anzufertigen, und nur selten und erst nach längerem Bemühen in einiger Vollkommenheit zu erhalten sind (Fig. 86 a) . Was Fritz Müller bei Liriope catharinensis (1. c. p. 3 1 1) als Nervenring beschreibt, »ein ziemlich undurchsichtiger gelblicher Saum , der namentlich nach aussen scharf contourirte rundliche Zellen 'son 0,005 — 0,008lum Durchmesser zeigt, und auf dem mehr oder we- niger reichliche Nesselzellen liegen, « ist ohne Zweifel der Knorpelring. Der Nervenring enthält bloss unter den Randbläschen, wo er zu den Ganglien anschwillt, Nervenzellen, welche aber kleiner , blasser und zarler, als die des Knorpelrings sind (vergl. unten den Abschnitt über die Gewebe) . Zwischen den Knoten erscheint die blasse zarte Substanz des Nervenringes nur fein längsgestreift (Fig. 38a, 40 a). Die Ganglienknoten (f) des Nervenrings sind bei Glossocodon viel schwieriger als bei Curmarina nachzuweisen, da es bei ersterem nur mit der grössten Mühe glückt, hinreichend klare Querschnitte, wie sie bei letzteren oft sehr schön gelingen (Fig. 63, 64) , durch den Schirmrand an den Stellen anzufertigen, wo die Randbläschen auf den Ganglienknoten aufsitzen. Dagegen gelingt es bisweilen beim Zerzupfen des Schirmrandes ein Randbläschen (b) im Zusammenhang mit dem zugehörigen Ganglion (f) zu erhalten (Fig. 22). Bei jüngeren Thieren kann man dasselbe auch auf Flächenansichten bisweilen als ein flach- gewölbtes , noch nicht halbkugeliges Polster erkennen , welches über den Knorpelring hervorragt und das Bläschen trägt. Von den verschiedenen Nervensträngen, die von den Ganglien des Nervenrings abgehen, sind am leichtesten die innerhalb der Bandbläs- chen verlaufenden Sinnesnerven zu untersuchen (Fig. 22, 23, 40, 48). Ihr Verlauf wird sogleich bei den Sinnesbläsclien beschrieben werden. Sehr schwierig dagegen sind die 4 Nerven nachzuweisen, die zu den 4 radialen Haupttentakeln gehen. Viel leichter erkennt man die 8 Span gen nerven (hn, Fig. 38, 40), welche den mittleren Theil der 8 marginalen Manlelspangen (h) bilden und vom Ganglion aus in der Aussenflache des Mantelrandes centripetal bis zu der Stelle emporstei- gen , wo bei der Larve die 4 interradialen und die 4 radialen Ncben- 4* 52 IV. Anatomie von Glossocodon enrjbia. tentakeln festsassen. Die Mantelspangen sind auch schon von Fritz Müller bei Lir/ope catharinensis gesehen und als Tentakelnerven ge- deutet worden (1. c. p. 314, Fig. 7, 24). Jedoch entspricht nicht die ganze Spange dem Nerven. Der letztere verläuft vielmehr in der Mitte über dem breiteren darunter liegenden Muskelstrange (hm), der sich durch die Querstreifung seiner dunkleren Fasern deutlich von den hel- leren und blasseren Nervenfasern unterscheidet. Beide sind ausserdem nach aussen von dem Spangenepilhel überdeckt, welches zerstreute Nesselzellen enthält. Nerven, welche von den Ganglien zum Velum gehen, habe ich so wenig bei Glossocodon , als bei Carmarina nachweisen können. Da- gegen sind die 4 starken Radialnerven auch bei ersterem ziemlich leicht zu erkennen und zu isoliren, namentlich bei geschlechtsreifen Thieren. Sie begleiten die 4 Radialcanäle in ihrer ganzen Länge vom Schirmrande bis zum Magen, wo sie sich über dessen Oberfläche aus- zubreiten scheinen. Sie erscheinen als 4 ziemlich breite und platte, lineare, fein längsstreifige Bänder, welche in der Mittellinie der äusse- ren Wand der Radialcanäle verlaufen und zwischen dem subumbralen Epithel und der Ringmuskelschicht der Subumbrella liegen. Das Ver- halten der Badialcanäle bei ihrer Ausbreitung auf dem Magen blieb mir auch hier wegen der Undurchsichtigkeit und Dicke dieses Theiles un- bekannt. 6. Sinnesbläschen (Randbläschen). Gleich den übrigen Geryoniden besitzt Glossocodon eurybia doppelt so viele sogenannte Randkörper oder Randbläschen (besser Sinnesbläs- chen genannt) als Radialcanäle. Alle 8 Sinnesbläschen verhalten sich hinsichtlich ihrer Grösse, Structur und Lage gleich. Alle liegen ein- geschlossen in dem unteren Rand der Mantelgallerte, zwischen dem unteren Rande des Cirkelcanals nach innen und der Basis der Mantel- spange nach aussen. Die 4 radialen Sinnesbläschen sitzen unterhalb der Einmündung der 4 Radialcanäle in den Cirkelcanal, links neben der Insertion der radialen Haupttentakeln (bei der Betrachtung des Schirms von aussen oder von unten). Die 4 interradialen Randbläs- chen sitzen in der Mille zwischen jenen, gerade unterhalb der Basis der (beim erwachsenen Thiere abfallenden) interradialen Tentakeln. Die bisherigen Angaben über Lage und Structur der Randbläschen bei den Geryoniden enthalten sehr viel Irrthümliches, und es erscheint daher ein näheres Eingehen auf die wahren Verhältnisse derselben besonders geboten; doch werde ich das Meiste, was ich hierüber ermitteln konnte, nicht hier, sondern bei Carmarina hastata anführen, deren ausseror- IV. Anatomie von Glossocodon enrybia. 53 deutlich grosse Randblüschen ein ganz vorzügliches Beobachtungsobject bilden. Ich beschränke mich daher hier auf Mittheilung nur des We- sentlichsten und auf Ergänzung und Berichtigung der Angaben, welche Fritz Müller über die Randbläschen der nahe verwandten Liriope catharinensis mitgetheilt hat. Zunächst ist besonders hervorzuheben, dass die Sinnesbläschen von Glossocodon enrybia, wie von den anderen Geryoniden , nicht, wie man bisher angenommen hat, frei auf dem Schirmrande aufsitzen, son- dern in der Mantelgallerte des unteren Schirmrandes eingeschlossen liegen. Die bisher allgemein gültige, aber irrige Annahme , dass die- selben frei auf der Aussenfläche des Schirms angebracht sind, wird auch noch von Fritz Müller getheilt, welcher in seiner Fig. 24 (1. c.) einen »schematischen Längsschnitt « durch den Schirmrand am Ur- sprünge eines interradialen Tentakels giebt. Hier liegt das Randbläschen nach aussen und oben von dem (als Ganglion gedeuteten) Knorpelring des Schirmrandes und die als »Tentakelnerv?« gedeutete marginale Mantelspange geht von oben und aussen nach unten und innen herab zum unteren Rande des Cirkelcanals , wobei sie an der inneren Seite von Bläschen und Knorpelring vorbeigeht. In der That aber verläuft die marginale Mantelspange sammt dem eingeschlossenen Tentakelner- ven ausserhalb der genannten Theile, in der Aussenfläche des Mantels, und das Randbläschen liegt, von dein untersten Randtheil der Schirm- gallerte umhüllt, so auf dem Ganglion (f) des Nervenrings und dem Knorpelringe auf, dass es nach innen an den Cirkelcanal stösst, nach aussen von derMantelspange bedeckt wird. Man kann sich von diesem Lagerungsverhältniss leicht auch auf Flächenansichten des Schirm- randes durch wechselnde Einstellung des Focus auf seine verschiedenen Schichten überzeugen. Auf das Klarste und Unzweifelhafteste aber tritt dasselbe sofort bei Betrachtung solcher verticalen Badialschnitte durch den Mantelrand entgegen , wie ich sie von Carmarina hastata in Fig. 63 und 64 abgebildet habe. Ob diese verborgene Lage der Randbläschen in der Gallertsubstanz des Mantels bei den craspedoten Medusen weiter verbreitet ist, müssen fernere Untersuchungen lehren. Sicher ist, dass sie nicht allgemein verbreitet ist, indem bei anderen Craspedoten z. B. Eucopiden, Trachynemiden, Aeginiden, etc. die Randbläschen frei, oft selbst mittelst eines kurzen Stieles , auf dem Schirmrande aufsitzen. Die 4 radialen und die 4 interradialen Sinnesbläschen von Glosso- codon eurybia sind von gleicher Bildung (Fig. 22, 23). Jedes stellt eine sehr zarte durchsichtige Kugel von 0,08mm Durchmesser dar, welche mit der unteren , ein wenig abgeplatteten Fläche (Basis) auf der gangliösen Anschwellung (f) des Ringnerven, wie auf einem dicken kurzen Stiele 54 IV. Anatomie von Glossocodon eurybia. aufsitzt. Die sehr dünne, doch bei starker Yergrösserung doppelt con- tourirte Wand des Randbläschens wird von einer homogenen Membran gebildet, und ist innen von einem einfachen platten Pflasterepithel aus- gekleidet. Der Innenraum des Bläschens wird von einer homogenen hyalinen Masse ausgefüllt , welche eine wässrige Flüssigkeit zu sein scheint. In diese ragt von oben, von der oberen freien Wölbung des Bläschens , ein hier mittelst eines kurzen breiten Stieles angeheftetes helles kugeliges Körperchen (Fig. 22, 23 s) hinein, dessen Durchmesser halb so gross, als der des umschliessenden Bandbläschens ist, und welches einen oder mehrere kleine dunkle conccntrisch geschichtete Concretionen (x) umschliesst. Die genannten Theile sind von denjenigen Forschern , denen wir bisher die eingehendsten Beobachtungen über Geryoniden verdanken, insbesondere von Gegenbaur, Leuckart, Fritz Müller gesehen und in verschiedener Weise gedeutet worden. Gegenüber der allgemeinen Aehnlichkeit, welche diese mit Flüssigkeit erfüllten und eine Concretion umschliessenden Bläschen mit den einfachen Gehörorganen der an- deren niederen Thiere (Mollusken, Würmer etc.) zeigen, hebt schon Gegenbaur *) hervor , dass die Concretionen in den Bandbläschen der Geryoniden, wie der anderen craspedoten Medusen, bewegungslos seien, und »dass die Concretion nicht frei in den Bläschen liegt, son- dern durch einen kurzen Stiel mit der Wandung derselben verbunden ist, ja dass von diesem Stiele aus noch eine sehr feine Membran über die ganze Concretion sich hinwegzieht, und sie somit vollständig gegen das Lumen des Bläschens hin umschliesst, Bei wiederholtem Nachfor- schen sieht man dann zuweilen eine noch viel dickere Umhüllung der Concretion.« Was die Deutung der Bandbläschen betrifft, so ist Gegenbai r geneigt, sie für »Sinnesorgane«, jedoch nicht bestimmt für »Gehörorgane« zuhalten, da den im Bläschen eingeschlossenen Con- cretionen die freie Beweglichkeit abgeht, die sich sonst bei den ana- logen Otolithen niederer Thiere allgemein findet. Leuckart dagegen deutete die Bandbläschen seiner Geryonia exigua (unserer Liriopc Ugurina), mit Bestimmtheit als »Gehörkapseln« und beschreibt die- selben (1. c. p. G, Taf. 1, Fig. 4) folgendermassen : »Die Gehbrkapsel misst etwa 7,5'" und stellt ein sphärisches Bläschen dar, dessen hintere Fläche etwas abgeplattet ist und von der Strömung des Binggefässcs bespült wird. Die vordere Wand ist nicht unbeträchtlich verdickt und trägt ein zweites kleineres Bläschen (%„"') , das in die Kapsel hinein- l) C. Gegenbauk, Bemerkungen über die Randkörper dev Medusen. Müllers Archiv 1856 p. 234; Taf. IX, Fig. 3—5. IV. Anatomie von Glossocodon cnrybia. 55 hängt. Dieses innere Bläschen enthält die Otolithen, einen grösseren Hauptotolithen (V100'") von sphärischer Gestalt und 2 kleinere Neben- otolithen , die demselben anliegen , so dass diese Gehörsteine ganz dasselbe Aussehen haben , wie die des unpaaren Gehörorgans von Monocelis unter den Turbellarien.« Aehnlich beschreibt endlich auch Fritz Müller die Randbläschen von Liriope catliarinensis (1. c. p. 315; Taf. XI, Fig. 9 — 11): »Die rundlichen Blasen haben etwa 0,03mm Durchmesser und zeigen eine doppelte Contour; am oberen Rande entfernt sich die innere von der äusseren, eine Art breiten kurzen Stiel bildend, auf dem eine gelbliche Kugel von 0,0i1"m Durchmesser aufsitzt. Diese, dem Stiel gegenüber leicht ausgehöhlt, umfasst hier eine kleinere, stark lichtbrechende Kugel. Häutiger bietet sich das Randbläschen dem Auge so dar, dass man die grössere Kugel als Halb- mond der kleineren sich -anschliessend sieht, seltener so, dass sie als concentrische Hülle derselben erscheint. « Fritz Müller theilt die Auf- fassung von Agassiz und erklärt die Randbläschen der craspedoten Medusen »als Auge, die kugelige Concretion als Linse, die grössere Kugel, in welche diese eingebettet ist, als Sehnerven«. Wie man sieht, stimmen die 3 genannten Forscher in der anato- mischen Beschreibung der Randbläschen der Geryoniden überein, während sie in der physiologischen Deutung derselben weit auseinander gehen. Doch sind sowohl diesen drei, als auch allen anderen Beobach- tern, die noch die Randbläschen von Geryoniden untersucht haben, mehrere höchst wesentliche anatomische Verhältnisse im Innern der Randbläschen entsannen , welche mir für ihre Deutung als Sinnes- organe von dem grössten Gewicht zu sein scheinen. Ich fand diese merkwürdigen Eigenthümlichkeiten der feineren Struclur zuerst an den verhältnissmässig sehr grossen- Randbläschen von Carmarina kastata auf, bei welchen ich dieselben unten ausführlich beschreiben werde. Erst nachher konnte ich das Wesentliche derselben auch in den viel kleineren Randbläschen von Glossocodon eurybia wiederfinden, obwohl die geringe Grösse und vollkommene Durchsichtigkeit der Theile hier die Erkenntniss sehr erschwert. Die bezüglichen Structur- verhältnisse, die bei den 4 radialen und den i interradialen Rand- bläschen ganz gleich sind1), bestehen kurz in Folgendem (Fig. 22 ein Randbläschen, hallt von aussen, halb von der Seite, Fig. 93 ein Rand- bläschen, halb von aussen, halb von oben gesehen). \) Bei Liriope seidigem giebt Mc Crady (1. c. p. 208) an, dass die radialen und die interradialen Randbläschen verschieden seien, die ersteron doppelt, die letz- teren einfach. An der Basis jedes Radialtentakels befände sieb danach »a double 56 IV. Anatomie von Glossocodon eurybia. Innen an der Basis des Randbläschens, wo dasselbe dem Ganglion (f) des Nervenringes aufsitzt, befindet sich ein flaches, wahrscheinlich mit dem letzteren in unmittelbarem Zusammenhange stehendes Polster (w) von länglich runder Form , zusammengesetzt aus rundlichen und spindelförmigen sehr blassen und zarten Zellen. Ich halte dasselbe für eine im Innern des Bläschens gelegene und unmittelbar mit dem ausserhalb darunter liegenden Nervenknoten verbundene Anhäufung von Nervenzellen und bezeichne sie als Basal ganglion (w). Auf beiden Seiten, rechts und links, (wenn man das Bandbläschen en face, von innen oder von aussen betrachtet) verlängert sich das länglich- runde oder spindelförmige Nervenpolster in einen sehr platten, zarten und blassen, aber ziemlich breiten und deutlich (obwohl sehr fein) längsstreifigen bandförmigen Strang, den ich für den Sinnesnerven halte (nj. Die beiden einander gegenüberstehenden Sinnesnerven laufen wie 2 halbkreisförmig gekrümmte Bügel, gleich den beiden Hälften eines Meridiankreises , an den beiden Seiten jedes Bandbläs- chens, seiner Innenwand eng anliegend, empor, um sich an dem oberen, der Basis entgegengesetzten Pole wieder in eigenthümlicher Weise zu vereinigen (n/y). Hier nämlich scheinen sich die feinen Fäserchen, welche die beiden Nervenbügel zusammensetzen, zu durchkreuzen und zu einem Strange zu verflechten, der alsbald in das kugelige , die Otolithenconcretion umschliessende Körperchen eintritt, welches er mit der Bläschenwand verbindet und als dessen Stiel er erscheint. Dieses gewöhnlich kugelige, bisweilen auch unregelmässig rundliche Körperchen (Fig. 49 — 51), welches von Gegenbaur als »Umhüllung der Concretion«, von Leuckart als »zweites, kleines, inneres Bläschen«, von Fritz Müller als »Sehnerv« bezeichnet ist, halte ich für einen zweiten inneren Nervenknoten, welchen ich kurzweg das Sinnesganglion (s) nennen will. Es zeigt sich dasselbe nämlich bei starker Vergrösserung als eine kugelige, seltener unregelmässig runde Kapsel von 0,04mm Durchmesser, welche in einer zwar zarten, aber doppelt contourirten membranösen Umhüllung eine aus dichtgedrängten kleinen Zellen zu- sammengesetzte Masse umschliesst. Diese Ganglienzellen sind sehr zart und blass, aber nach Zusatz von Essigsäure nebst ihrem Kern capsule, consisling of two cysts, one above tlie other, and connected by an intcr- mediate (tubulär?) thread apparently a continuatioii of the membranc of the cysts.« Ich glaube diese auffallende Angabe einfach dadurch erklären zu können, dass ich das unlere der beiden radialen über einander liegenden Bläschen für das (junge) Handbläschen halle , das obere dagegen für das Rudiment des radialen Neben tentakels, und das die beiden Bläschen verbindende » intermediale tubulär thread« für die centripetale Mantelspange. IV. Anatomie von Glossocodon enrybia. 57 deutlich zu erkennen. Mitten in diesen Zellenhaufen ist der sogenannte »Otolith« oder die »Linse« eingebettet, welche durch ihr starkes Licht- brechungsvermögen am meisten von allen Inhaltstheilen des Bläschens in die Augen springt. Rings um dieselbe scheinen sich zwischen den umlagernden Zellen die Enden der gekreuzten Nervenfasern auszu- breiten. Bei jüngeren Individuen , nicht selten auch bei erwachsenen (Fig. 49—51) sind statt einer einzigen solchen Concrelion mehrere bei- sammen vorhanden, und die Entwicklungsgeschichte zeigt, dass bei den Larven dies die Regel ist und dass die grossen durch Verschmelzung mehrerer kleinerer entstehen (vergl. Fig. 44 — 48). Die Form dieser Concretionen ist bei Glossocodon ziemlich unregelmässig rundlich , oft fast höckerig. Gewöhnlich ist eine grössere birnförmige Concretion vorhanden, welche an einer Seite oder Ecke eine kleine Höhlung zeigt, in der meistens ein zweites kleineres Körnchen oder Steinchen liegt. Nicht selten umfasst dieses dann noch ein drittes. Bisweilen sind 2 grössere und daneben noch mehrere kleinere Concretionen vorhanden. Dann ist die rundliche Form des Sinnesganglion (s) auch sehr unregel- mässig, fast zweilappig eingeschnürt (Fig. 49 — 51 ). Die Concretionen sind sehr stark lichtbrechend , undeutlich concentrisch geschichtet und bestehen aus einer organischen , mit phosphorsaurem Kalk (?) verbun- denen Grundlage. Was die Deutung der Randkörperchen nach Feststellung dieses complicirteren Raues anlangt, so wird zunächst ihre allgemein gültige Stellung als Sinnesorgane dadurch nur befestigt. Was aber die speciellere Feststellung der Sinnesqualität betrifft , so scheint mir diese dadurch nach keiner Richtung hin bestimmter bezeichnet zu werden. Dn Gegenlheil glaube ich, dass damit nur die wesentliche Differenz die- ser Randbläschen von anderen ähnlichen Sinnesorganen niederer Thiere, z. R. von den meist zunächst damit verglichenen Gehörbläschen der Würmer und Mollusken, noch mehr bestätigt und ausdrücklich hervor- gehoben wird. Da das concentrisch geschichtete Concrement, welches gewöhnlich als Otolith gedeutet wird, ganz in der zelligen, von mir als Sinnesganglion gedeuteten Rlase eingeschlossen ist, und ausserdem die Nervenfasern rings um dasselbe innerhalb jener Zellenmasse auszu-x strahlen scheinen, so springt die auffallende Verschiedenheit dieses Or- gans von den mit frei beweglichen Otolithen versehenen Gehörbläschen anderer niederer Thiere sofort in die Augen. Weder die morphologi- schen noch die physikalischen Verhältnisse jenes Apparates lassen eine directe Vergleichung mit diesen letzteren zu. Noch weniger freilich als die von den meisten Autoren angenommene Deutung der Randbläs- chen unserer Medusen als Gehörorgane kann die von Agassiz und Fritz 58 IV. Anatomie von Glossocodon enrybin. Müller vertretene Ansicht befriedigen, dass dieselben Augen seien. Abgesehen von dem völligen Mangel jeden Pigmentes, der allerdings auch bei unzweifelhaften Augen einiger niederer Thiere bisweilen vor- kommt, ist jedenfalls die Deutung der Concretion als »Linse« ganz un- haltbar. Bei Glossocodon eurybia wenigstens hat dieses Concrement kei- neswegs eine regelmässig abgerundete , sondern eine ziemlich unre- gelmässige, bei den verschiedenen Individuen sehr verschiedene Form. Bald ist es kugelig, bald ellipsoid, bald uneben und höckerig, sehr häufig birnförmig oder fast kegelförmig. Meistens ist an der einen (und zwar gewöhnlich an der der Eintrittsstelle des Nerven zugewendeten ) Seite eine zweite, viel kleinere, unregelmässige Concretion mit der grösseren verbunden , und zwar gewöhnlich gleichsam in ein Grübchen auf der letzteren Oberfläche halb versenkt. Anderemale ist dies Grübchen al- lein leer vorhanden. Bisweilen finden sich neben der grossen Concre- tion auch 2 — 3, selten noch mehrere, kleinere, welche ebenfalls der Oberfläche der grösseren anliegen. Solche hat auch Leuckart bei Li- riope Ugurina gesehen und als »Nebenotolithen« beschrieben. Endlich ist noch die Lage der Concretion wechselnd, bald ganz im Innern des Sinnesganglion eingeschlossen, bald an einer Stelle der Innenfläche sei- ner Wand anliegend, gewöhnlich der unteren Wand, welche der Ein- trittsstelle der Nerven entgegengesetzt ist. Alle diese Verhältnisse sind mit der Deutung der Concretion als »Linse« und des sie umschliessen- den Sinnesganglion als »Sehnerv« durchaus unvereinbar. Auch die Lage der Bandbläschen gerade hinter den Mantelspangen, welche sie von aussen her verdecken (Fig. 40) würde zu ihrer Auffassung als Augen schlecht passen. Die Deutung der Sinnesorgane niederer Thiere gehört ohne Zwei- fel zu den schwierigsten Objeclen der vergleichenden Physiologie und ist der grössten Unsicherheit unterworfen. Wir sind gewohnt, die von den Wirbeltliieren gewonnenen Anschauungen ohne Weiteres auch auf die wirbellosen Thiere der verschiedenen Kreise zu übertragen und bei diesen analoge Sinnesempfindungen anzunehmen, als wir selbst be- sitzen. Und doch ist es viel wahrscheinlicher , dass hier wesentlich andere Sinnesempfindungen zu Stande kommen, von deren eigent- licher Qualität wir uns keine bestimmte Vorstellung machen können; wie es z. B. sehr wahrscheinlich ist, dass die Empfindung der Licht- und Schallwellen, für welche bei den höheren Thieren verschiedene Organe diflerenzirt sind, bei den niederen an ein und dasselbe Sinnes- organ, natürlich in unvollkommener Ausbildung, gebunden vorkom- men. Als ein solches »gemischtes Sinnesorgan«, über dessen eigent- liche Function wir uns natürlich vorläufig jeder bestimmteren Ver- IV. Anatomie von Glossocodon enrybia. 59 muthung enthalten müssen , möchte ich auch die Randkörper eines grossen Theiles der Medusen, und namentlich die sogenannten »Rand- bläschen« bei den Geryoniden, Trachynemiden etc. betrachtet wissen. Dass ein ähnlicher Bau der Randbläschen, wie ich ihn hier von den Geryoniden beschrieben , auch bei anderen craspedoten Medusen ver- breitet ist, zeigen mir Beobachtungen an einzelnen Repräsentanten an- derer Familien , wie namentlich an mehreren bei Nizza beobachteten Trachynemiden , Aeginiden und Eucopiden. Doch scheint bei diesen meistens der Nerv, welcher die Wand des Randbläschens durchbohrt, als ein einfacher ungetheilter Strang, gewöhnlich als ein kurzer Cylin- der, in das kugelige oder eilörmige, mit wenigen Zellen erfüllte Sinnes- ganglion einzutreten, welches die Goncretion umschliesst. So finde ich es z. B. sehr deutlich bei Rhopalonema umbüicatüm (Calyptra umbi- licata), wo das eiförmige Sinnesganglion frei in die Mitte des geräumi- gen Randbläschens vorragt und auf dem die Rläschenwand von unten her durchbohrenden Sinnesnerven wie auf einem Stiele aufsitzt. Die Goncretion ist in dem oberen, der Nerveneintrittsstelle entgegengesetz- ten Ende des Ganglion wandständig eingeschlossen. Aehnlich bildet auch V. Densen gelegentlich in seinen ausgezeichneten Studien über das Gehörorgan der Decapoden die Randbläschen einer nicht näher be- stimmten Eucope ab1) und bemerkt dazu: »Dier fand sich in den zahl- reichen Otolithensäcken an der centralen Seite eine verdickte Stelle, als verdickte Epithelschicht zu deuten. Von hier aus sah man sehr feine Daare nach einem Steine zu strahlen , der in der Mitte des Sackes lag. Der Stein war aber in einer inneren Blase, die er nicht ganz ausfüllte, und an die eine Seite dieser Blase gingen auch wieder Daare heran. Die Däärchen waren sehr blass und wenig lichtbrechend.« Wenn ich die Abbildung (1. c. Fig. 2i B) mit jenen oben erwähnten Bildern der Randbläschen mehrerer von mir in Nizza beobachteten Eucopiden (na- mentlich Phialidium viridicans und ferrugineum ) und Trachynemiden [Rhopalonema velatum und umbüicatüm) vergleiche, so finde ich zwischen beiden die grösste Aehnlichkeit und zweifle nicht, dass die von Densen als »Däärchen« aufgefassten feinen blassen Linien die Fasern des Sin- nesnerven sind und die beiden äusserslen »Däärchen« die Gontouren des Nerven, der wie ein Stiel das die Goncretion umschliessende Sin- nesganglion (die »innere Blase«) trägt. Die Theilung des in das Randbläschen eingetretenen Sinnesnerven in 2 an entgegengesetzten Seiten des Randbläschens aufsteigende und sich oben vor dem Eintritt in das Sinnesganglion wieder vereinigende 1) Zcitschr. für Wissenschaft!. Zool. XIII, 1863. p. 355, Anm, 60 V. Metamorphose von Glossodon eurybia. Aeste, oder, wenn man lieber will, die Existenz eines der Innenwand des Randbläschens anliegenden Nervenringes, gebildet aus 2 halbkreis- förmigen Nervenbügeln , die von entgegengesetzten Seiten des Basal- ganglion unten ausgehen und oben sich mit ihren Fasern durch- kreuzen, — diese höchst merkwürdige Bildung scheint den Geryoniden eigenthiimlich zu sein , und ist von mir bei keiner andern Meduse wie- der gesehen worden. Dass die Sinnesorgane im Allgemeinen mehr als andere Körper- theile einer weitgehenden Differenzirung und Abänderung durch An- passung unterworfen sind, und auch bei sonst nächstverwandten Thie- ren bedeutende Modificationen erleiden können , ist eine wichtige und weitverbreitete Erscheinung. Unsere Geryoniden liefern davon ein neues auffallendes Beispiel. Wie im IX. und X. Abschnitt dieser Un- tersuchungen gezeigt werden wird , ist die Familie der Aeginiden mit derjenigen der Geryoniden durch unmittelbare genealogische Verwandt- schaft auf das Engste verbunden: Cunina rhododactyJa entsteht als Knospe auf derOberflächeder Zungein der Magen höhle von Carmarina hastata. Diese beiden anscheinend so sehr verschiede- nen Medusen gehören demnach als verschiedene Generationen dem For- menkreise einer einzigen Species an. Ihre Uebereinstimmung im inne- ren Baue ist weit grösser, als es die sehr verschiedene äussere Körper- form errathen lässt. Mehr aber als alle anderen Körpertheile sind bei beiden Medusenformen die Sinnesbläschen in Zahl, Lagerung, Grösse, Form und feinerem Bau verschieden. V. Metamorphose von (jlossocorion eurybia (Liriope eurybia). (Hierzu Taf. III.) Die Fortpflanzungs- und Entwickelungsverhältnisse der Geryoni- den waren vor weniger als I 0 Jahren noch völlig unbekannt. Man hielt sie für einfacher als diejenigen der meisten andern Medusenfamilien. Doch lernte man, nachdem zuerst Leuckart 1856 an seiner Geryonia exigua [Liriope ligurina) di-e Existenz eines Larvenzustandes nachge- wiesen hatte, die Metamorphose der Larven einer vierzähligen Geryonidc genau kennen durch die treffliche Darstellung , welche Fritz Müller 1859 von den » Form Wandelungen der Liriope catharinensis « lieferte. Die Abkunft dieser Larven aus dem befruchteten Ei konnte nicht fest- gestellt werden ; doch zweifelte man nicht daran , da man eine unge- schlechtliche Vermehrungsweise niemals bei den Geryoniden beobachtet V. Metamorphose von Glossocodon eurybia. 61 hatte. Erst 1861 veröffentlichte Krohn gelegentlich eine kurze Notiz, nach welcher er bereits im Jahre 1843 eine Geryonia beobachtet hatte, die, obwohl geschlechtsreif, im Magen eine aus dichtgedrängten Knospen zusammengesetzte Aehre trug. Mir fiel diese in einer Anmerkung ver- steckte wichtige Notiz erst in die Hände, als bereits die ersten drei Ab- schnitte der vorliegenden Monographie gedruckt waren, weshalb ich die im Ende des zweiten Abschnittes enthaltene Angabe, dass noch niemals ungeschlechtliche Fortpflanzung bei den Geryoniden beobachtet wor- den sei, zu entschuldigen und zu verbessern bitte. Unmittelbar nach- her hatte ich selbst Gelegenheit mich auf das Bestimmteste von der Richtigkeit der KitoHN'schen Angabe zu überzeugen, indem ich auch im Magen mehrerer Individuen meiner Carmarina kastata eine dichte Knospenähre aus dem Zungenkegel hervorsprossend vorfand. Nur sind diese Knospen nicht , wie Krohn glaubte , die Embryonen der Carma- rinide, sondern einer ganz davon verschiedenen achtstrahligen Meduse, wie im VIII. Abschnitte gezeigt werden wird. Es scheinen demnach die Fortpflanzungserscheinungen der Geryoniden weit verwickelter zu sein, als man bisher annahm. Bei Glossocodon eurybia habe ich niemals einen ähnlichen Knospungsvorgang bemerkt. Namentlich zeigte von mehreren hundert untersuchten Individuen kein einziges in^der Magenhöhle eine ähnliche Knospenähre wie die Carmarina, obwohl der Zungenkegel bei beiden gleich entwickelt ist. Die Möglichkeit einer ähnlichen ungeschlecht- lichen Fortpflanzung und eines damit verbundenen Generationswechsels ist jedoch dadurch keineswegs ausgeschlossen , vielmehr aus anderen Gründen wahrscheinlich , wie im X. Abschnitt gezeigt werden wird. Es muss deshalb noch zweifelhaft bleiben , ob die Larven , deren Meta- morphose in Glossocodon ich durch alle Stadien hindurch verfolgte, un- geschlechtlichen Ursprungs sind oder aus den befruchteten Eiern dieses Thieres hervorgegangen. Künstliche Befruchtungsversuche, die ich an- stellte , blieben leider sämmtlich ohne Erfolg. Alle Larven , die ich beobachtete, habe ich frei schwimmend pelagisch gefischt. Die Metamorphose der Larve von Glossocodon eurybia erfolgt, ge- ringe Abweichungen ausgenommen , in derselben Weise wie bei der von Fritz Müller beobachteten Liriope catharinensis , so dass ich die Darstellung dieses trefflichen Forschers nur in Bezug auf das feinere Detail der Vorgänge und insbesondere in Bezug auf den feineren Bau der Larven wesentlich zu ergänzen vermag. Die jüngsten Larven, welche ich fing (Fig. 26 — 28), stellten kleine hyaline Gallertkugeln von 0,3 bis 0,4mm dar, deren Oberfläche fein punetirt erschien. Die Puncte stellen sich bei stärkerer Vergrösserung als die regelmässig ver- 62 V. Metamorphose von Glossocodon eurybia. theilten Kerne des Epithels dar, welches als einfache Zellenschicht die Oberfläche der homogenen Gallerlkugel überzieht , dessen hüllenlose Zellen sich aber noch nicht von einander sondern lassen , sondern zu einem Coenepithel verschmolzen sind (vergl. den letzten Abschnitt). Da von Tentakeln , Randbläschen oder anderen Anhängen , sowie von Theilen des Gastrovascularsystemes noch keine Spur zu bemerken ist, so beschränkt sich die einzige an diesen vollkommen durchsichtigen und wasserklaren Gallertkügelchen wahrnehmbare Organisation auf die erste Anlage der Schirmhöhle und des Velum. Die Schirm höhle, welche als eine kleine grubenförmige Vertiefung an einer Stelle der Oberfläche auftritt, fand ich bei verschiedenen Embryonen , deren Ku- gel den gleichen Durchmesser von 0,3 bis 0,imm zeigte, von ziemlich verschiedener Ausdehnung ; bald erschien sie nur als ein ganz flaches Grübchen, wie eine napfförmige Vertiefung auf einem bestimmten klei- nen runden Felde der Kugeloberfläche ; bald drang sie tiefer in deren Gallerlmasse ein und dehnte sich dabei halbkugelig oder fast kugelig aus. Doch erreichte auch dann ihre Höhe höchstens % der Schirm- höhe. Das kreisrunde Grübchen wird zu einer %ammerartigen Dohle abgeschlossen durch das Velum oder die Randmembran (v) , welches als eine sehr zarte häutige Platte wie ein Diaphragma über die Gruben- öffnung weggespannt ist, so dass es die unterbrochene Kugelform des Gallertkörpers wieder herstellt. Die Epithclzellen sowohl, welche die Innenfläche der kleinen Schirmhöhle auskleiden, als diejenigen, welche das Velum zusammensetzen, sind ziemlich dickwandige Cylinderzellen, dicker, körniger und undurchsichtiger als das klare, zarte Pflasterepithel der Schirmoberfläche. Letzteres repräsentirt die Zellenschicht des Ectoderms, während die scharf davon geschiedenen Epithclien des Velum und der Schirmhöhle das Entoderm zusammensetzen. Aus diesem , dem Entoderm , scheinen alle die verschiedenen Bildungen hervorzugehen , die wir nun in der Schirmhöhle und von dem Velum aus sich entwickeln sehen , während das Ectodernr auf die äussere Oberflächenbedeckung des Gallertschirmes beschränkt bleibt. Von dem Ectoderm wird wahrscheinlich auch vorzugsweise oder allein die hyaline, vollkommen struclurlosc Gallerte abgeschieden , welche beide Zell- schichten voneinander trennt und die Hauptmasse des kugeligen Em- bryonalkörpers bildet. Die jüngsten Embryonen, welche Fritz Müller von Liriope catha- rinensis beobachtete, sind den oben beschriebenen sein- ähnlich, «von kleinzelligem Gefüge, und Zeigen eine geschlossene Höhle, die cl\\;i Y3 des Durchmessers einnimmt und exconlrisch dicht unter der Ober- fläche der Kugel gelagert ist. An dieser Stelle zeigt letztere eine die V. Metamorphose von Glossocodon eurybia. 63 innere Höhle etwas überragende und über das Niveau der Kugel unbe- deutend sich erhebende minder durchsichtige Platte. Der nächste Fort- schritt ist die Eröffnung der inneren Höhle durch Bildung eines Lochs in dieser Platte, die sich bald durch ihre Contractionen als Velum zu erkennen giebt. « Bei den ähnlichen kugeligen Embryonen von Liriope eurybia habe ich mich von der wirklichen Praeexistenz einer ge- schlossenen Schirmhöhle niemals mit Sicherheit überzeugen kön- nen. Ich sah nämlich mehrmals, dass Embryonen , deren Velumplatte bereits die mittlere Eingangsöfi'nung in die kleine Schirmhöhle deut- lich zeigte (Fig. 27 und 28) , kurze Zeit nachher eine völlig geschlos- sene Höhle, ohne Spur einer Oeffnung im Velum zeigten (Fig. 26). Es hatte sich das Velum langsam so vollständig zusammengezogen , dass seine Oeffnung völlig verstrichen war. Durch wiederholte Untersuchung eines und desselben Individuums zu verschiedenen Zeiten überzeugte ich mich , dass die Thierchen abwechselnd die Höhle durch Relaxation des Velum weit öffnen und dann wieder durch ganz vollständige Zu- sammenziehung desselben so verschliessen können , dass keine Spur von der völlig verstrichenen Eingangsöffnung mehr zu erkennen ist. Es ist mir daher zweifelhaft geblieben, ob die Schirmhöhle im Inneren des kugeligen Embryonalkörpers durch excentrische Aushöhlung und nachherigen Durchbruch der einschliessenden Platte (Velum) entsteht, oder vielmehr durch Excavation eines Grübchens von der äusseren Oberfläche der Kugel aus, in welchem Falle das Velum durch Ver- dickung und cenlripetales Wachsthum des kreisförmigen Grubenrandes entstehen würde. Im erstem Falle würde der Durchbruch des Velum dieses erste Entvvicklungsstadium in zwei Abschnitte trennen , den er- sten mit geschlossener, den zweiten mit geöffneter Schirmhöhle. Das zweite Entwicklungsstadium (Fig. 29 und 30) von Glossocodon eurybia wird dadurch charakterisirt, dass im Umkreise des Velum die ersten Anhänge, nämlich 4 gleichweit voneinander entfernte kleine Wärzchen hervorsprossen , die rasch zu kurzen Cylindern mit einem endständigen Nesselknopfe und einer darauf gesetzten Geissei aüswachsen (Fig. 29 und 30 st). Wir bezeichnen diese primordialen Anhänge, welche in den Ebenen der später auftretenden Badialcanäle hervorkeimen, als radiale Nebententakeln oder embryonale Ra- dialtentakeln (st). Dieselben treten entweder alle i zusammen gleich- zeitig auf, oder, was der häufigere Fall zu sein scheint, es treten bloss 2, in einer Meridianebene einander gegenüberstehende Tentakeln auf und zwischen diesen entstehen erst nachträglich die beiden andern, welche in der zweiten , auf jener ersten senkrechten Meridianebene liegen. Dasselbe Gesetz, das paarweise Erscheinen der in G4 V. Metamorphose von Glossoeodon eurybia. Vierzahl vorhandenen Theile, wiederholt sich mit bemerkens- werther Constanz auch bei den folgenden später sich entwickelnden Anhängen, so dass von je i zusammengehörigen Tentakeln, Randbläs- chen u. s. w. zuerst nur ein Paar gegenständige erscheint und erst nachher zwischen jene sich das andere Paar einschaltet. In der Structur und in den Bewegungserscheinungen gleichen die radialen Nebententakeln (Fig. 38 st und Fig. 39) wesentlich den dem- nächst auftretenden interradialen Tentakeln (y) und unterscheiden sich dagegen sehr von den zuletzt erscheinenden radialen Haupttentakeln (t). Die letzteren sind hohl und sehr beweglich, die beiden ersteren solid, starr und sehr wenig beweglich. Jeder radiale Nebententakel (Fig. 39) besteht aus 3 Stücken , nämlich I. dem dicken cylindrischen, unteren Hauptstück, II. dem mittleren kugeligen Nesselknopf, und III. dem dün- nen cylindrischen, oberen Geisselanhang. Der letztere (s f) ist anfangs fast eben so lang, später aber kaum halb so lang, oder selbst mehr- mals kürzer , als das 3- bis 4mal so dicke basale Ilauptstück. Er ist aus sehr kleinen polyedrischen Zellen zusammengesetzt und läuft bald nach der Spitze geisselartig verdünnt aus , bald endigt er dort in eine kolbenförmige Anschwellung, welche an einer Seite ganz oberflächlich eine geringe Anzahl (i bis 8) grössere, stark lichtbrechende, durch gegenseitigen Druck polygonal abgeplattete Körperchen enthält (Fig. 39). Meistens erscheint der fadenförmige Geisselanhang mehrfach gebogen oder geschlängelt. Der dicke kugelige Nesselknopf (s u) , aus dessen Mitte er hervortritt, besteht aus radialgestellten, dicht aneinander gedrängten Nesselzellen und ist fast doppelt so dick , als das cylindri- sche basale Hauptstück. Dieses hat wesentlich den Bau der interra- dialen Tentakeln und besteht aus einer einfachen Beihe von etwa 6 bis 12 kurzcylindrischen Zellen derjenigen Art, die wir unten als Medu- senknorpel beschreiben werden (sk). Der so entstehende Cylinder ist von einer sehr dünnen Lage longitudinaler quergestreifter Muskelfasern überzogen (s m) und diese wiederum von einem ziem- lich lockeren kleinzelligen Epithelialschlauche umhüllt (se). Wie in der Struclur, so gleichen auch in den Bewegungen die radialen Ne- bententakeln den eben so starren interradialen Tentakeln. Bald wer- den sie in schneller Zuckung an den Schirm hinauf- und wieder an das Velum herabgeschlagen , bald beschränkt sich ihre Bewegung auf un- bedeutende, S-förmige Biegungen und auf ein allmähliches Heben und Senken. Bald Findet man sie ganz aufgerichtet und der äussern Schirm- fläche angedrückt, bald völlig nach innen geschlagen und an die Aus- senfläche des Velum angelegt, bald von dem Schirmrande wie Quasten herabhängend. Sie wachsen nur sehr langsam und nur ungefähr bis V. Metamorphose von Glossocodon eurybia. 65 zu, dem Zeitpunkte, wo die ersten Randbläschen sich entwickeln. Aller- höchstens erreichen sie die halbe Länge des Schirmradius, und gehen nach dem Auftreten der letzten Randbläschen bald verloren, indem sie zuerst verkümmern und dann abfallen. Gleichzeitig mit der Entwickelung der 4 ersten Tentakeln und ihres Nesselknopfes bildet sich auch der schmale Knorpel ring, wel- cher das gleichartige Epithel der Schirmhöhle ( Subumbrella ) und des Velum voneinander abgrenzt. Die an der Grenze beider befindlichen Zellen vergrössern sich und scheiden Intercellularsubstanz ab. Bald nach dem ersten Auftreten der radialen Nebententakeln sprossen zwischen ihnen am Aussenrande des Velum 4 andere Höcker- chen hervor, welche rasch zu bedeutend längeren Anhängen , den i n - terradialen Tentakeln (y) sich entwickeln. Ihre Anwesenheit be- zeichnet das dritte Stadium der Entwickelung (Fig. 31 bis 34). Sie sind ebenfalls solid , cylindrisch , anfangs fast gleich dick von der Basis bis zur abgerundeten Spitze , späterhin dagegen an der Basis etwas kolbenartig verdickt (Fig. 40). Bei der vollkommenen Durch- sichtigkeit dieser wasserhellen Cvlinder lässt sich ihre Structur weit leichter als bei den radialen Haupttentakeln ermitteln. Die Hauptmasse jedes interradialen Tentakels wird aus einer ziemlich beschränkten An- zahl von sehr grossen , wasserklaren Zellen des unten näher zu be- schreibenden Medusenknorpels gebildet (Fig. 40 y k). Bei jünge- ren Tentakeln sind deren nur 5, 1 0 bis 1 5 von gestreckt cylindrischer Form vorhanden, welche in einer einzigen Reihe hintereinander liegen. Späterhin vermehren sich dieselben nicht allein durch Bildung von Querscheidewänden, sondern auch durch Entstehung von longitudina- len und schräg verlaufenden Zellenwänden, jedoch nur in der unteren Hälfte des Tentakels, wodurch sich diese etwas kolbenförmig verdickt. Doch findet man auch dann auf einem Querschnitt durch die Tentakel- basis meist nur 2, höchstens 3 bis 4 solcher Knorpelzellen nebeneinan- der. Diese solide Zellenaxe, welche die Form und Grösse des Tentakels bestimmt , ist überzogen von einer conlinuirlichen einfachen Lage quergestreifter Muskelfasern (ym). Doch ist dieser cylindri- sche Muskelschlauch nur sehr dünn und besonders bei lebenden Thie- ren sehr leicht zu übersehen , da er nur aus einer einzigen Schicht von longitudinalen Muskelfasern besteht , welche sehr regelmässig , eine neben der andern gelagert , von der Basis des Tentakels bis zu seiner Spitze verlaufen. In Fig. 40 sind dieselben nur an dem basalen Theile dargestellt. Transversale ( circulare ) oder schräg verlaufende Muskel- fasern fehlen den interradialen Tentakeln durchaus. Die Streckung der durch Contraction aller longitudinalen Muskelfasern etwas verkürz- H aec k el, Itüsselquallen. 5 66 Vi Metamorphose von Glossocodon eurybia. teil und verdickten Tentakeln geschieht lediglich durch die Elasticität des Knorpelskelets. An den beiden Profilrändern der Tentakeln (am scheinbaren Längsschnitt) lässt sich die sehr geringe Dicke der Muskel- schicht messen. Sie beträgt nur 0,002mm. Sie erscheint hier als ein matt glänzender gelblicher Streifen, welcher das Licht nur wenig an- ders bricht, als der innere daran liegende Knorpel und als der äussere daran liegende Epithelialüberzug (y e). Dieser letztere ist an den gerade ausgestreckten Tentakeln mit erschlaffter Musculatur, welche er sehr straff anliegend überzieht , schwer zu erkennen , leichter an den stark gebogenen oder theilweise zusammengezogenen Tentakeln, wo er sich an der coneaven Seite in Falten legt (Fig. 40 y e). Er besteht aus einer einzigen Lage kleiner, heller, polygonaler Pflasterzellen mit Kern. An der unteren oder inneren Seite der Tentakeln, welche aber bei den gewöhnlich aufwärts gekrümmten Tentakeln nach aussen gerichtet ist, entwickeln sich in diesem Epithelialüberzuge an bestimmten Stellen Gruppen von Nesselzellen, welche eine Anzahl polsterförmig gewölbter, elliptischer Nesselballen oder Nesselpolster (y u) zusammensetzen. An den ganz jungen Interradialtentakeln , welche eben erst als kurze, dicke Cylinder aus dem Umkreise des Yelum hervorgesprosst sind, bil- det sich erst nur ein einziger solcher, fast kugeliger Nesselballen an der abgerundeten Spitze. Unmittelbar neben diesem nach unten erscheint dann ein zweiter; bald folgt bei dem rasch fortschreitenden basalen Wachsthum des Tentakels ein dritter und viertel- nach und schliesslich ist an den ganz entwickelten Tentakeln eine Reihe von 6 bis 8, höch- stens 1 0 hintereinander liegender Nesselballcn zu bemerken. Je jün- ger dieselben sind, desto weiter sind sie voneinander entfernt , desto weniger springt ihr Polster über die Unterfläche des Tentakels hervor, desto geringer ist die Zahl der in ihnen zusammengestellten Nessel- zellen und desto näher liegen sie der Tentakelbasis. Die jüngsten , der letzteren am nächsten stehenden Ballen sind ganz flache , nur ein paar Nesselkapseln enthaltende Hügel, deren Abstand voneinander ihren eigenen Durchmesser übertrifft. Die Basis der älteren Interradialten- takeln, mindestens das untere Drittel, oft mehr als die Hälfte , ist ganz frei von Nesselballen. Die interradialen Tentakeln sprossen gewöhnlich , wie die zuerst angelegten radialen Haupttentakeln, paarweise hervor (Fig. 31). Das jüngere Paar erscheint erst dann , wenn die beiden älteren gegenstän- digen schon I oder 2 Nesselpolster gebildet haben. Diese letzteren sind daher dann auch später noch eine Zeit lang daran zu erkennen, dass sie 1 , seltener 2 Nessclballen [mehr zeigen als die beiden zwischen ihnen stehenden jüngeren. Später verwischt sich dieser Unterschied. Die V. Metamorphose von Glossocodon ewybia. 67 Bewegungen der starren Inlcrradiallenlakeln gleichen denen der ra- dialen Nebenlentakeln. Bald schnellen sie in plötzlicher Zuckung em- por und werden eben so plötzlich wieder nach unten geschlagen ; bald krümmen sie sich langsam und werden ganz allmählich gehoben und gesenkt. Verkürzen können sie sich nur sehr unbedeutend, so weit es die Elasticität ihres Knorpelskelets erlaubt. In diesen Beziehungen gleichen sie den ähnlichen starren Tentakeln der Trachynemiden und Aeginiden. Meistens werden sie vollkommen nach aufwärts gekrümmt getragen , so dass ihre untere mit Nesselballen besetzte Fläche nach aussen sieht (Fig. 33 bis 35). Wenn die interradialen Tentakeln etwa 4 Ins 6 Nesselpolster ent- wickelt haben und wenn ihre Länge den grössten Schirindurchmesser erreicht hat, so dass sie die Länge der radialen Nebententakeln um das Drei- oder Vierfache übertrifft , so beginnt die erste Anlage des Gastro vascularsystemes sich zu zeigen. Es differenzirt sich näm- lich das bis dahin aus vollkommen gleichartig aussehenden Zellen zu- sammengesetzte Epithel des Entoderma, welches die Schirmhöhle als Subumbrella auskleidet und das Velum überzieht, in der Weise, dass am Schirmrande , an der Grenze von Velum und Subumbrella , ein breiter Streif (die Anlage des Girk elcanals) erscheint, der aus grösseren und dickwandigeren Zellen zusammengesetzt ist. Gleich- zeitig differenziren sich in der Fläche der flach gewölbten oder halb- kugeligen oder fast kugeligen Subumbrella selbst 2 eben solche breite Streifen , welche sich rechtwinklig in der Mitte der Subumbrella kreu- zen und je 2 gegenständige radiale Nebententakeln paanveise ver- binden. Dies sind die Anlagen der 4 Radiale anale, welche, wie der sie aussen verbindende Cirkelcanal, anfangs so breit sind , dass zwischen ihnen nur 4 verhältnissmässig enge Quadrantenfelder der Subumbrella frei bleiben, welche mit einem blasseren und flacheren, aus kleineren und dünnwandigeren Zellen bestehenden Epithel beklei- det sind. In der Mitte der Schirmhöhlenwölbung , wo die 4 Radial- canäle sich kreuzen, wird nun auch bald eine kleine runde Oeffnung, der Mund, sichtbar, welcher unmittelbar in die sich aushöhlenden Canäle hineinführt. Von einem eigentlichen Magen und Magenstiele ist noch keine Spur vorhanden. Der Schirm , welcher um diese Zeit meist zwischen 0,5 und 0,8mm Durchmesser hat, zeigt meistens noch die ur- sprüngliche Kugelform oder ist nur wTenig abgeflacht, ebenso die relativ noch sehr kleine Schirmhöhle, deren Höhe höchstens J/4 bis % von der des Schirmes beträgt. Der vierte Abschnitt der Entwickelung (Fig. 35 und 36) ist charakterisirt durch das Auf treten der Sinnesorgane, und zwar 5* 6S V. Metamorphose von (ilossocodon eurybia. der 4 interradialen Randbläschen (b i). Es erscheinen diese erst bei Larven von ungefähr 0,8 bis I bis 1,3 mm Durchmesser, bei denen das Gastrovascularsystem bereits angelegt isl und deren I bis 1,3 mm lange interradiale Tentakeln bereits 4 bis 6 Nesselpolster entwickelt haben. Es besteht hier ein kleiner Unterschied von Glossocodon catha- rinemis, dessen erste Randbläschen schon früher auftreten, nämlich schon bei Larven , deren interradiale Tentakeln erst die Länge des Schirmradius erreicht und erst I bis 2 Nesselknöpfe entwickelt haben (1. c. p. 317). Auch die Sinnesbläschen erscheinen, wie die Tentakeln, paarweise und zwar tritt das erste Paar an der Rasis der beiden älteren, zuerst hervorgesprossten interradialen Tentakeln auf. Zwischen dem untersten Ende von deren Basis und dem Knorpelring der Velumperi- pherie, auf dem jene aufsitzen, erscheint ein helles Knöpfchen, aus Zellen zusammengesetzt (Fig. 44). Rald dehnt sich dies zu einem kugeligen Rläschen aus , in dessen Höhlung ein zweites kugeliges, helles, zelliges Körperchen wandständig eingeschlossen ist (Fig. 45). In letzterem, der Anlage des Sinnesganglion , treten dann nachher 1 , 2 bis 4, bisweilen selbst G bis 8 kleine, unregelmässige, dunkle, stark lichtbrechende Körperchen auf (Fig. 46) , welche erst seeundär zu einer einzigen oder 2 grösseren otolithischen Concretionen verschmelzen (Fig. 48). Gleich- zeitig sammelt sich eine grössere Menge von Flüssigkeit zwischen dem Sinnesganglion und der umschliessenden Rlase an , und an der Wand der letzteren werden die beiden bügeiförmigen Sinnesnerven sichtbar, welche von dem Anheftungspuncle des Sinnesganglion zu der gegen- überstehenden Rläschenbasis (am Knorpelring) verlaufen (Fig. 47 und 48) . Gewöhnlich erst nach der vollständigen Ausbildung des ersten gegen- ständigen Paares der interradialen Randbläschen erscheint das damit alternirende zweite Paar derselben, welches sich ebenso an der Anhef- tungsstelle des jüngeren Paares der interradialen Tentakeln entwickelt. Die weiteren Veränderungen, welche die Larve in dieser vierten Periode während der Entwicklung der 4 ersten Sinnesbläschen auf- weist, bestehen vorzüglich in der Ent Wickelung des Magens und in der stärkeren Ausdehnung der Schirmhöhle. Letztere nimmt eine halbkugelige oder noch flacher gewölbte Form an und ihre Höhe beträgt ungefähr die Hälfte der ganzen Schirmhöhe. In ihrem Grunde er- scheint der Magen als eine flache , breite , abgestutzt kegelförmige Hervorragung , gleich einem niedern Trichter mit abgeschnittener Spitze. Er entwickelt sich durch röhrenförmige Verlängerung des wul- stig verdickten runden Mundsaums, der nun auch häufig schon eine deutlich viereckige Form zeigt oder in contrahirtoni Zustande selbst in 4 kreuzweise stehende Lappen (falten) ausgezogen erscheint. Im V. Metamorphose von Glossocodo» eurybia. 69 Grunde der ganz niedrigen, flachen Magenhöhle (die sich jetzt ganz gleich derjenigen der Aequoriden und namentlich der Aeginiden ver- halt) ist um diese Zeit fast regelmässig eine sehr stark lichtbrechende, fettglänzende Kugel zu bemerken, welche in einer weniger glänzenden, concentrischen Kugel (von dreimal so grossem Durchmesser) einge- schlossen ist. Ein gleiches Gebilde habe ich constant im Magengrunde jüngerer Individuen von Rhopalonema umbilicatum (Calyptra wnbiUcata) beobachtet. Mit der Ausdehnung der Schirmhöhle ist auch ein rasches Wachs- thum des Velums , sowie des anliegenden Knorpelringes am Schirm- rande verbunden. DieOeflhung des Velums, welche den Eingang in die Schirmhöhle bildet, erweitert sich bedeutend (Fig. 36). Endlich wird auch in diesem vierten Abschnitt der Entwickelung die Anlage des Nervensystems zum ersten Male deutlich sichtbar, dessen eigentliche Differenz irung allerdings vielleicht schon in eine frühere Zeit fällt , aber wegen der ausserordentlichen Feinheit dieses Gebildes sehr schwer zu constatiren ist. Auch jetzt noch während der Entwickelung der 4 ersten Randbläsehen erscheint das Nervencentrum nur als ein äusserst blasser und zarter , feinstreifiger , schmaler Ring oberhalb des Knorpelringes am Schirmrande, zwischen diesem und dem Cirkelcanal. Leichter und deutlicher sind die 4 kurzen , blassen Ner- venfäden zu verfolgen , welche von dem Nervenringe aus zu der Basis der 4 radialen Nebententakeln verlaufen und sich um so mehr verlän- gern , je weiter jetzt die letzteren von ihrer anfänglichen Anheftungs- stelle am Schirmrande sich entfernen und an der Ausscnfläche des Schirmmantels emporsteigen. Es entstehen so in letzterer die 4 centri- petalen Spangen , welche oben beschrieben sind , theils verursacht durch die Ausdehnung der Schirmöffnung und das Wachslhum des Schirmrandes , theils dadurch , dass die Tentakeln , indem sie sich von dem Schirmrande entfernen, die für sie bestimmte Portion von Nessel- zellen, Muskelfasern und Nervenfasern in Form eines schmalen Stran- ges, eben jener cenlripetalen Spange (h), mit heraufnehmen. Die Larve von Glossocodon im vierten Stadium der Entwickelung hat die grösste Aehnlichkeit mit denjenigen Medusen, welche von Esch- scholtz als Eurybia exigua (1. c. p. 118) und von Gegenbaur als Eury- biopsis anisostyla (1. c. p. 247) beschrieben worden sind. Namentlich letztere ist ohne Zweifel als die Larve von Liriope mucronata anzusehen. Die Larven lieben es in diesem Stadium , sich häufig in eigenthüm- licher Weise zusammenzuziehen , wie dies schon von Fritz Müller bei seiner Liriope catharinensis beschrieben ist. »Das Velum wird fast bis zu völligem Verschlusse contrahirt und gleichzeitig die die Radiär- 70 V. Metamorphose von Glossocodou eurybia, gefässe begleitenden Muskeln , wodurch die Schirmhöhle eine vier- lappige Gestalt annimmt; die Tentakeln werden durch diese Conlrac- tionen nach innen geschlagen und schnellen dann plötzlich wieder nach aussen. « Diese plötzlichen zuckenden Bewegungen habe ich sowohl an den radialen Nebententakeln als an den interradialen nicht selten mehrere Male hintereinander wahrgenommen , wenn ich das bewe- gungslose , starre Thierchen plötzlich aus seinem Ruhezustande auf- störte. Sie stehen in eigentümlichem Contraste zu den langsamen, pendelartigen Bewegungen und Krümmungen, deren diese starren, so- liden Tentakeln ebenfalls fähig sind. Die fünfte Periode der Form wandelung von Glossocoihn eurybia (Fig. 37) ist ausgezeichnet durch das paarweise Erschei- nen der i radialen Haupttentakeln (t), welche späterhin, beim erwachsenen Thiere , von allen I 2 Tentakeln allein übrig bleiben. Die Larven, bei denen man sie zuerst hervorsprossen sieht, haben einen Durchmesser von 2, 2 '/s bis 3 mm. Das erste Paar erscheint unterhalb des älteren gegenständigen Paares der radialen Nebenlentakeln, das zweite , mit dem ersten alternirende , unterhalb des jüngeren Paares der letzteren. Bisweilen treten alle 4 fast gleichzeitig auf, andere Male aber auch das zweite Paar viel später, nachdem das erste schon eine beträchtliche Länge erreicht hat. Die radialen Haupttentakeln erschei- nen zuerst unmittelbar über dem Knorpel- und Nervenringe als kurze, dicke, kegelförmige Höckerchen (Fig. 38 t), welche eine hohle Aus- stülpung des Cirkelcanals nach aussen darstellen. Die Höhlung des letzteren setzt sich unmittelbar in das Lumen des Tentakels fort, wie die Nesselwülste des letzteren mit dem Nesselepithel des Schirmrandes in genetischem Zusammenhange stehen. Die radialen Haupttentakeln liegen nicht in derselben Meridianebene mit den, entsprechenden, üher ihnen befindlichen Nebententakeln. Ihr Ursprung liegt nämlich con- stant schräg neben den centripetalen Spangen, welche von den ein- springenden Winkeln des Schirmrandes zu der Basis der letzteren hinauflaufen. Ebenso liegt er später schief neben dem radialen Rand- bläschen , das sich an dieser Stelle entwickelt. Betrachtet man den Schirm von aussen oder von unten, so liegt die Ausstülpung des Ilaupi- tentakels aus dem Ringgefäss stets rechts von der zugehörigen Spange und vom Randbläschen. Die radialen Ilaupitentakeln wachsen ziemlich rasch, so dass sie häufig schon vor dem Auftreten der radialen Rand- bläschen die interradialen, und in ausgedehntem Zustande selbst den Schinndurchmesser, an Länge übertreffen. Das jüngere Paar bleibt oft lange Zeit bedeutend kürzer als das ältere (Fig. 37). Während sich die radialen Haupttentakeln so ausbilden, beginnen V. Metamorphose von filossocodon eurybia. 71 die interradialen , deren Nesselpolster an Zahl zunehmen , in gleicher Weise an der Aussenflüche des Mantels empoTzusteigen , wie es vorhin von den radialen Nebententakeln beschrieben wurde. Sie bleiben also nur noch durch eine centripetale Mantelspange mit dem Schirmrande in Verbindung. Zugleich wächst auch der Magen beträchtlich durch Verlängerung seiner Wände und geht aus der flachen Kegelform in die Gestalt einer gleichweiten cylindrischen oder fast vierseitig prismatisch abgeflachten Röhre über, welche in der Schirmhöhle bisweilen ungefähr bis zum Niveau des Velam herabhängend gefunden wird. Ferner wer- den an dem wulstig verdickten Mundsaume des Magens erst 4, dann 8, zuletzt 16 Paare von warzigen Nesselzellengruppen sichtbar (Fig. 17). Endlich erscheint um diese Zeit oft schon im Grunde der Magenhöhle die erste Anlage des Zungenkegels als ein spitzes, conisches oder eiför- miges Zäpfchen (Fig. 42 z). Die Canäle des Gastrovascularapparates werden relativ schmäler, indem die Subumbrella zwischen den Radiai- canälen schneller als diese selbst wächst. In dem sechsten Entwickelungsstadium gelangt die pro- gressive Metamorphose von Glossocodo?i eurybia zum Abschluss , indem nun auch noch die 4 radialen Sinnesbläschen erscheinen und indem aus einer Verlängerung des Zungenkegels der Magenstiel her- vorgeht. Es ist diese Verwandelung schon an Larven von 3 bis 3y2mm Durchmesser bemerkbar. Die 4 radialen Sinnesbläschen ( b r) ent- wickeln sich meistens ebenso paarweise , wie die inlerradialen , links neben den radialen Haupttentakeln und gerade unterhalb der radialen Nebententakeln , in einer Meridianebene mit diesen , und am unteren Ende der centripetalen Mantelspange, welche letztere mit dem Schirm- rande verbindet. Das erste Paar der Randbläschen erscheint an der Basis des älteren, das zweite an der des jüngeren Paares. Der Vorgang der Entwickelung ist ganz derselbe , wie bei den interradialen Rand- bläschen (b i). Der Magenstiel oder Schirmstiel (p) entsteht nun dadurch, class der Zungenkegel (z), welcher bisher als ein ganz freier Kegel vom Grunde der Magenhöhle in dieselbe hineinragte, allmählich den Magen- grund ganz ausfüllt, und indem er sich in einen unten conisch zuge- spitzten Cylinder auszieht, ringsum mit dem basalen Theile der Magen- wand dergestalt verwächst , dass nur die 4 Löcher frei bleiben , durch welche die 4 Radialcanäle in die Magenhöhle münden (Fig. 42). Diese Löcher ziehen sich dann beim weiteren Wachsthume des cylindrischen Zungenkegels zu 4 Röhren aus, welche in der Oberfläche des letzteren liegen und aus dem Magen zur Subumbrella aufsteigen. Indem hierbei gleichzeitig der mit dem Zungenkegel verwachsene Magen von dem 72 V. Metamorphose von Glossocoden eiirvbia. Grunde der Schirmhöhle abgehoben und schliesslich aus dieser hinaus- geschoben wird, bildet sich der jüngere, aus dem Grunde der Schirm- hohle immer weiter nachwachsende Theil des Zungenkegels , in dessen Oberfläche die 4 aufsteigenden Badialcanäle liegen, zum späteren Ma- genstiele aus. Der cylindrischc Basallheil des jungen Magenstieles er- scheint, bei seinem raschen Wachslhume anfänglich oft dünner, als der bisweilen fast kolbenförmig angeschwollene, conisch zugespitzte, freie Theil, der als Zungenkegel in die Magenhöhle hineinragt (Fig. 43). Späterhin jedoch wird dieses Verhällniss umgekehrt, so dass der cy- lindrischc Magenstiel an seiner Basis im Grunde der Schirmhöhle weit dicker, als am unteren freien Theile erscheint. Die weiteren Veränderungen, welche in der sechsten Periode noch zu bemerken sind , erscheinen von mehr untergeordneter Art und be- ziehen sich hauptsächlich auf beträchtliche Verlängerung der radialen Ilaupttentakeln , sowie auf die ansehnliche Abflachung des Schirmkör- pers, verbunden mit Erweiterung der Schinnhöhle. Hauptsächlich ist es das überwiegende Wachsthum des Schirmrandes, wo- durch diese Veränderungen bewirkt werden. Dasselbe bewirkt auch die Verlängerung der Badialcanäle , welche jetzt relativ schmäler er- scheinen , sowie die weitere Verlängerung der 8 centripclalen Mantel- spangen, welche von den 8 einspringenden Winkeln des Schirmrandes aus in der äusseren Mantelfläche zu der Basis der 4 interradialen und der 4 radialen Nebententakeln hinaufsteigen. Dadurch werden die 8 letzteren immer weiter an der Aussenfläche des Schirmmantels herauf- gedrängt, so dass sie zuletzt oft fast auf halber Höhe des Schirmes aus- sen aufsitzen. Die radialen Haupttentakeln dagegen entfernen sich nicht weiter vom Schirmrande. Die radialen Nebententakeln gehen be- reits ihrem Untergange entgegen , indem sie ihre Nesselknöpfchcn ver- lieren. Auch die interradialen , welche mit der Ausbildung von 8 bis 1 0 Nesselpolstern ihre höchste Höhe der Entwickelung und eine Länge von etwa 2mm erreicht haben, wachsen nun nicht mehr. Glossocodon eurybia erscheint jetzt auf der Höhe seiner morpholo- gischen Ausbildung angelangt. Das Thierchen (meist von ungefähr 4mm Durchmesser) besitzt 12 Tentakeln in 3 Kreisen, 8 Sinnesbläschen und alle anderen Theile, welche sich am erwachsenen Thiere vorfinden, mit einziger Ausnahme der Geschlechtsorgane. Auch diese beginnen in seltenen Ausnahmsfällen schon sieh zu entwickeln. Derartige ge- schlechtsreife Individuen mit allen 1 2 Tentakeln habe ich 2 oder 3 Mal beobachtet. Als ich das erste von diesen fand , war ich versucht, dasselbe für eine besondere Gattung und Art derGeryoniden- familie zu halten, bis ich mich späterhin von der grossen Va ri ab i- V. Metamorphose von Glossocodon eurybia. 7 ■■> lität der Entwickelung in dieser Familie überzeugte. Diese ge- stattet sehr beträchtliche Variationen in der Aufeinanderfolge und der Zeit des Erscheinens der einzelnen Theile ; so dass sich im Einzelnen viele und bedeutende Abweichungen von dem hier gegebenen die Re- gel darstellenden Schema nachweisen lassen. Die weiteren Veränderungen, welche nun noch die im sechsten Stadium der Entwickelung angelangte Larve durchläuft, bestehen nicht allein in der Entwickelung der Geschlechtsorgane , sondern auch in einer regressiven Metamorphose der Tentakeln, nach welcher man noch zwei weitere Entwickelungsstadien unterscheiden kann. Die siebente Periode der Verwandelung würde durch das Verschwinden der 4 radialen Nebententakeln charakterisirt sein, welche zuerst von allen 1 2 Tentakeln abfallen , wie sie auch zuerst erschienen sind. Schon in den vorhergehenden Perioden hatten dieselben ein ver- kümmertes Aussehen angenommen, waren schlaff und welk geworden und hatten ihren Nesselknopf verloren. Jetzt fallen dieselben an ihrer Basis ab und zwar entweder alle 4 gleichzeitig oder ein Paar nach dem andern, wahrscheinlich zuerst das ältere, zuerst erschienene Paar und erst nach ihm das jüngere, damit alternirende Paar. Ebenso würde der achte Abschnitt- des Larvenlebens durch den Wegfall der 4 interradialen Tentakeln bezeichnet sein. Diese scheinen in der Regel alle 4 zusammen gleichzeitig abzu- fallen ; seltener beobachtete ich erwachsene Individuen , an denen nur noch die Rudimente von 2 gegenständigen interradialen Tentakeln (wahrscheinlich des jüngeren Paares) vorhanden waren , während die beiden anderen, mit ihnen alternirenden (vermuthlich das ältere Paar) schon abgefallen waren. Auch bei den interradialen Tentakeln schei- nen, wie bei den radialen Nebententakeln, dem völligen Verschwinden derselben mehrfache Veränderungen vorherzugehen, welche eine all- mähliche Rückbildung bezeichnen. Die Tentakeln werden schlaff, fal- tig, welk, verlieren ihren eigentümlichen starren und vollen Habitus, und werden nicht mehr so steif aufrecht getragen. Namentlich biegt sich die erschlaffte Spitze zuerst um, wie denn überhaupt diese regres- sive Metamorphose von der Spitze der interradialen Tentakeln beginnt und allmählich nach der Basis zu fortschreitet. Die abgewelkte Spitze scheint oft stückweise abzufallen, wie die abnehmende Zahl der Nessel- polster lehrt. Endlich hat die Rückbildung auch ihre Basis ergriffen ; diese fällt ebenfalls ab, und es besitzt nun das erwachsene Individuum nur noch die 4 bleibenden radialen Haupttentakeln. Die Entwickelung der Geschlechtsorgane beginnt in der Regel erst , wenn die 8 Larvententakeln abgestreift sind. In seltenen 74 W« Anatomie von Carmarina hastata. Fällen, wie schon bemerkt, erscheinen dieselben bereits im sechsten Stadium, wenn noch alle 12 Tentakeln gleichzeitig vorhanden sind. Viel häufiger ist der Fall, dass dieselben bereits in der siebenten Periode sich zu entwickeln beginnen, wenn zwar die 4 radialen Nebententakeln abgefallen, die 4 interradialen Tentakeln aber noch vorhanden sind. Doch ist auch dies immer nur als eine, wenn auch nicht seltene , Aus- nahme zu betrachten, als Regel dagegen, dass die Geschlechtsreife erst nach dem Abfalle aller 8 Larvententakeln eintritt. Die Entwickelung der Genitalien geschieht bei beiden Geschlechtern in gleicher Weise und beginnt damit, dass die 4 linearen, gleich breiten Radialcanäle in der Mitte ihres Verlaufes an der Subumbrella sich ein wenig erweitern oder vielmehr in der Fläche der letzteren ausdehnen. Diese anfangs schmal lanzettförmige Verbreiterung wird allmählich breiler und breiter, dehnt sich auch entlang des Radialcanals aus und wird so zu- letzt zu der ovalen, blattförmigen Tasche, welche das fertige Genital- organ darstellt. An der unteren , der Schirmhöhle zugekehrten Fläche der taschenförmigen Ausbuchtungen entwickeln sich beim Männchen die Samenzellen, beim Weibchen die Eier. VI. Anatomie ><>» Carniariiia hastata (Geryonia hastata). Hierzu Taf. I, IV, V. 1. Körperform. Schirm (Mantel) und Schirmstiel (Magenstiel). Die erwachsene Carmarina hastata, welche in Fig. 1 , 2 und 3 in natürlicher Grösse dargestellt ist, gehört zu den grössten und ansehn- lichsten craspedoten Medusen , indem der Durchmesser ihres flach gewölbten Schirmes 50 bis 60 mm, die Höhe desselben 30 bis 40 mm und die Länge des Schirmstieles oder Magenstieles sogar 60 bis 90ram er- reicht. Der grösste Theil des hutpilzförmigen Thieres ist farblos, was- serklar und durchsichtig; nur die Genitalien unterscheiden sich durch ihr opakes, matt weissliches Aussehen , das in manchen Fällen , jedoch nicht constant und in verschiedenein Grade, auch das gcsammteGastro- vascularsystem zeigt. Einige Zeit nach dem Tode nimmt diese weiss- liche oder gelbliche Trübung zu, so dass dann der Cirkelcanal sowie die radialen und centripetalen Ganäle sehr deutlich hervortreten. Rei den meisten erwachsenen Thieren dieser Art, die ich beobachtete, wa- ren bestimmte Körpertheile röthlich gefärbt, namentlich die reichlich V. Anatomie von Carmarina hastata. 75 mit Nesselzellen und mit Muskelfasern versehenen Organe , wie Mund, Magen, die 6 Muskelbänder am Magenstiel, der Nesselsaum am Schirm- rand, die radialen Tentakeln und in geringerem Grade bisweilen auch das Velum. Die intensivste Färbung zeigten Magen, Nesselsaum und Tentakeln. Die Intensität der Färbung war sehr verschieden; meist matt rosenroth, bisweilen kaum bemerkbar. Ein einzelnes Individuum zeichnete sich durch fast lebhaft purpurrothe Färbung aus; andere, sonst nicht verschiedene, waren aber auch fast farblos, so dass diese oft sehr auffallende Färbung für den Speciescharakter von keinem Ge- wicht ist. Die Form des Schirmes oder der Umbrella (Fig. 1 und 2) ist bald fast halbkugelig , bald aber flacher gewölbt, so dass die Höhe des Schirmes bald fast 2/3 , bald kaum % des Durchmessers beträgt. Die Dicke des Gallertmantels (1) beträgt bald y4, bald fast die Hälfte der Schirmhöhe. Wechsel der Manteldicke , der Schirmhöhe und Schirm- wölbung scheinen in unmittelbarem Zusammenhange zu stehen und zum Theil von der aufgenommenen Nahrungsmenge abzuhängen. Zwei sehr wohlgenährte Individuen mit sehr dickem Gallertmantel und hoch- gewölbtem Schirme, welche ich 5 Tage lang in reinem Seewasser ohne alle Nahrung hielt, hatten während dieser Zeit bedeutend an Mantel- dicke und Schirmwölbung eingebüsst und erschienen viel flacher und dünner. Nach dem Schirmrande zu nimmt die Dicke des Gallertman- tels allmählich und gleichmässig ab (Fig. Iund2). Im Zustande der stärksten Contraction, bei den heftigsten Schwimmbewegungen nimmt die eigentliche Wölbung des Schirmgipfels nur wenig zu, da vorzugs- weise die unteren und mittleren Theile der Glocke, oft fast cylindrisch, zusammengezogen werden. Fig. 2 stellt ein Thier in diesem Momente dar, bei welchem der im höchsten Grade contrahirte Schirm sich eben wieder zu dilatiren beginnt und das erschlaffende Velum durch den mächtigen Stoss des ausgetriebenen Wassers nach unten vorgetrieben wird. Aus der Mitte der Unterfläche des Schirmes entspringt mit breit kegelförmiger Basis der dicke, solide, cylindrische Schirm stiel oder Magenstiel (Pedunculus, Fig. 1 und 2 p), welcher 60 bis 90 mm lang, also eben so lang oder um die Hälfte länger als der Schirmdurch- messer ist und sich sehr allmählich gegen den Magen hin kegelförmig verdünnt (Fig. 99 p). In der Mitte beträgt seine Dicke gewöhnlich 5 bis 8mm. Wenn die in seiner Oberfläche aufsteigenden 6 Radial- canäle sehr prall gefüllt sind, erscheint er oft auf dem Querschnitt fast sechseckig. Der Raum zwischen diesen 6 Canälen wird von 6 halb so breiten oder eben so breiten Muskelbändern eingenommen. Abgesehen 76 VI. Anatomie von Cannarina hastata. von diesem Ueberzuge der Oberfläche besieht der Magenstiel aus der- selben hyalinen , vollkommen homogenen Gallertsubstanz wie der Schinnmantel selbst, dessen Fortsetzung er ist. Die schmalen verästel- ten , unten im letzten Abschnitt näher zu beschreibenden Fasern, welche bei Glossocodon diese Gallertc durchziehen , scheinen bei Car- marina noch weit zahlreicher und mehr verästelt zu sein (Fig. 88 1 f). Auf Querschnitten des Magenstiels quillt die Gallertmasse oft halbkuge- lig oder fast kugelig vor (Fig. 5 I). Die Gallertmasse des Magenstiels setzt sich beiCor- marina ebenso wie bei Glos- socodon, unmittelbar nach seinem Eintritt in den Ma- gen, in die Zunge oder den Zungenkegel (Fig. 2, 4 und 5 z) fort, der hier im Verhältniss noch stärker ent- wickelt ist als bei Glossocodon. Die Gestalt des Zungenkegels ist bei Garmarina mehr ge- streckt cylindrisch und erst nach dem fein zugespitzten unteren Ende zu allmählich kegelförmig verdünnt (Fig. 4 z) . Doch ist bisweilen auch die Basis ein ziemlich dicker Kegel (Fig. 5 z), während andere Male der Magenstiel sehr plötzlich in den viel dünneren Zungenkegel zu- sammengezogen erscheint. Bisweilen ist die untere feine Spitze spindelförmig ange- schwollen (Fig. 5). Die Gallertsubstanz des Kegels ist überzogen von einem einschichtigen Epithel , das aus polygonalen kernhaltigen Zellen von zweierlei Art zusammengesetzt ist (Fig. 6). Diese sind in der Weise auf 6 Paare alternirender bandförmiger Längsstreifen vertheilt, dass 6 breitere Streifen , die aus kürzeren und breiteren Zellen bestehen, abwechseln mit 6 schmäleren Streifen, die aus längeren und schmäle- ren Zellen zusammengesetzt sind. Die 12 alternirenden Bänder laufen in langgezogenen Spirallinien um die Axe des Kegels (Fig. 6). Unter Fig. 99. Schema eines radialen Vertical- schnittes durch eine erwachsene gescblechtsreife Carmarina hastata, rechts durch einen Radial- canal in seiner ganzen Länge, links durch den Seitenflügel eines Genitalblattes in einer inter- radialen Ebene geführt. b. Randbläseben. c. Ringgefäss. g. Geschlechtsproducte. h. Man- telspange, k. Magen. 1. Gallertmantel, p. Ma- genstiel, r. Radialeanal. r 1. Umbrales, r s. sub- umbrales Epithel des Radialcanals. u k. Knor- pelring, v. Velum. z. Zunge. VI. Anatomie von Garmariua liastuta. 77 dem Epithel befindet sich eine sehr dünne Lage von longitudinalen Muskelbändern. Vermöge seiner Contractilität kann der Zungenkegel weit aus dem Munde hervorgestreckt werden (Fig. 5), während er auch vollständig in die Magenhöhle zurückgezogen werden kann. Im letzteren Falle wird er mehrfach knieförmig oder wellenförmig gebogen und zu- sammengelegt (Fig. 4). Bei dem ruhenden, bewegungslos im Wasser schwebenden Thiere ist dann oft keine Spur von dem Zungenkegel wahrzunehmen (Fig. I) ; sobald aber das Thier gereizt und in lebhafte Bewegung versetzt wird, oder wenn ein anderes vorbeischwimmendes Thier in die Nähe des Mundes kommt, streckt es den Zungenkegel weit aus der Mundöffnung hervor und bewegt ihn wie tastend hin und her (Fig. 2). In einer gewissen Lebensperiode fungirt der Zungenkegel als Knospenstock (Fig. 75), worüber unten der VIII. Abschnitt zu ver- gleichen ist. 2. Gastrovasoularsystem. Mund, Magen, E mährungscanäle und Geschlechtsorgane. Der Magen (k) erscheint von dem unteren Ende des Magenstieles deutlich abgesetzt, theils durch seine trübere opake Beschaffenheit und das oft runzelig gefaltete Aussehen seiner Wände, theils durch seine spindelförmig oder glockenförmig erweiterte Gestalt. Doch ist die letztere sehr wechselnd, bald mehr kegelförmig oder cylindrisch, bald mehr sechsseitig-pyramidal oder prismatisch abgeflacht. Ebenso wech- selnd ist auch das Verhalten des Magens zum Munde und die Gestalt des letzteren. Der Mund (o) bildet bald bloss die trichterartig erwei- terte und mit einem verdickten Saum umgebene Ausmündung der Ma- genhöhle , welche stärker gefaltet und gerunzelt ist als die eigentliche Magemvand (Fig. 5) ; bald ist die Mundhöhle als eine besondere trich- terförmige Cavität durch eine enge Einschnürung von der darüber ge- legenen kugeligen oder spindelförmigen Magenhöhle getrennt (Fig. 1 , 2 und 4 ) . Die Wände sowohl der Mund- als Magenhöhle sind äusserst contractu und können sich ebenso bei Aufnahme grosser Nahrungskör- per enorm ausdehnen , oft um das Mehrfache ihrer ursprünglichen Durchmesser, als sie, im entgegengesetzten Falle, auf einen sehr kleinen unansehnlichen Körper sich zusammenziehen können. Die Wände be- stehen aus einer sehr entwickelten äusseren longitudinalen und inneren circularen Muskelfaserschicht. Bei der geringen Durchsichtigkeit und der bedeutenden Dicke der Wände ist der Verlauf der Muskelfasern auf Flächenansichten schwer zu verfolgen, während sich auf Querschnitten 78 VI. Anatomie von Carmarina liastatn. Fig. 89. Ein rund- lich zusammenge- zogenes Stückchen des Mundsaums von Carmarina hastata mit der marginalen (Fig. 73) die innere dicke Ringfaserlage (k c) von 0,005 mm scharf von der äusseren dünnen Längsfaserlage (kl) von 0,002,,im absetzt, Am leichtesten lassen sich einzelne Bündel von Längsmuskeln isoliren. Der meist in zahlreiche grössere und kleinere Falten gelegte Mundtrich- ter ist von einem verdickten rechlichen Nesselsaum (Fig. 4 o' und 5 o') umgeben, der aus sehr zahlreichen warzenförmig vorspringenden Nes- selpolstern zusammengesetzt ist (Fig. 89). Jedes halbkugelige Polster enthält eine Gruppe von radial gestellten Nesselzellen. Da die Con- Iractions- und Faltungszustände des Mundes noch mehr als die des Magens wechseln, so ist auch die Form der Mund- öffnung sehr variabel und kann auch hier, wie dies bereits bei Glossocodon nachgewiesen wurde, nicht ^f^^M^Ä zur systematischen Charakteristik benutzt werden. Bald erscheint die Mundöffnung sehr weit, kreisrund und fast glatt , bald einfach sechseckig , bald stern- förmig in 6 oder selbst in 12 Falten gelegt, bald scheinbar in 6 lange Lappen getheilt (Fig. 74) , die aber bei näherer Betrachtung sich ebenfalls als ein- fache Duplicaturen ergeben. Der scheinbar tief sechstheilige Mundsaum kann plötzlich wieder zu Rcihe von Nessel- einer ganzrandigen kreisrunden Oeffnung verstrei- knoPfen- chen. Vom Mundrande aus ziehen zum Magengrunde 6 bandförmige Drüsenblätter, bestehend aus zahlreichen büschelförmigen Gruppen grosser einzelliger Drüsen (Fig. 73 d), deren dunkelkörnigcr Inhalt oft sehr deutlich sich absetzt von den helleren und blasseren Zellen des geschichteten Gylinderepilhels (Fig. 73 k i), das die innere Magenfläche auskleidet. Diese 6 Magendrüsen scheinen sich ähnlich, wie die 4 Drü- senblätter im Magen von Glossocodon zu verhalten, sind jedoch hier noch schwieriger zu untersuchen. Die sechs R a d i a 1 c a n ä 1 e ( r ) entspringen im Grunde des Magen- schlauches, unmittelbar über der Stric- lur , durch welche der Magen sich mehr oder weniger deutlich vom Ma- gensticle absetzt, und umgehen so den Fig. S8. Horizontaler Querschnitt durch den Magenslicl von Carmarina hastata. a p. Radnilnerv. 1. Gallertsubstanz des Schirmstiels. 1 f. Fasern in der Gallertsubstanz, m. Langs- muskeln. pc. Epithel des Magenstiels. rl.Um- brales, r s. subumbrales Epithel der aufstei- genden Radialcanale. VI. Anatomie von Carmarina liastata. 79 Ursprung des Zungenkegels (Fig. 4). Die 6 kreisrunden oder länglich runden , durch einen Schliessmuskel völlig gegen die Magenhöhle ab- schliessbaren Ursprungsöffnungen der Canäle sind bisweilen in geöff- netem Zustande sehr deutlich sichtbar (Fig. 4 i). Auf dem Quer- schnitte des Magenstiels (Fig. 4 und 5) erscheinen die durchschnittenen Gefässe (q) meist als querelliptische Löcher (Fig. 88 q) ; wenn sie durch reichliche Nahrungprall gefüllt und ausgedehnt sind, auch wohl kreis- rund; anderseits ist das Lumen, wenn sie entleertund zusammengezo- gen sind, oft kaum wahrnehmbar; die Canäle erscheinen dann als platte Bänder. Danntritt auch in der Mittellinie der Aussenfläche jedes Canals sehr deutlich die rinnenförmige Einziehung hervor, in deren Grunde der absteigende Theil des Radialnerven verläuft ( Fig. 4a"). Die kleinen, oft dichotom getheilten Querfalten, welche von dieser Längsrinne aus- gehen, bergen vielleicht Seitenäste des Nerven, die zu den Muskeln gehen. Nach unten setzen sich die 6 Längsfalten der äusseren Canal- wände auch auf die Magenoberfläche fort, sind hier ebenso mit gespal- tenen Querästchen besetzt und enthalten vielleicht die Fortsetzung der 6 Radialnerven zu Magen und Mund (Fig. 4). Von ihrem Ursprünge am Magengrunde an bleiben die Radialcanäle in ihrem ganzen Verlaufe bis zum Cirkelcanale fast gleichbreit, mit Ausnahme der taschenförmi- gen Erweiterungen bei geschlechtsreifen Thieren. Von den 6 ebenso breiten oder nur halb so breiten röthlichen Muskelbändern (m) , durch welche sie längs ihres Verlaufs auf dem Magenstiele getrennt werden, setzen sie sich durch weissliche opake Färbung meist scharf ab , auch durch den Mangel der feinen Längsstreifung, welche erstere oft schon dem unbewaffneten Auge zeigen (Fig. 1 und 2). Bei schwacher Vergrösse- rung markiren sie sich ausserdem durch das fein netzförmige Aussehen, das die dickwandigen grossen Zellen ihres Epithels hervorbringen (Fig. 5 r) . Auch hier ist es , wie bei Glossocodon, nur das subumbrale, nach aussen gelegene Epithel der Radialcanäle (Fig. 88 r s) , welches aus diesen hohen derbwandigen Cylinderzellen besteht , während das umbrale , der Gallertsubstanz zugekehrte Epithel (Fig. 88 r 1) nur aus zarten , flachen Pflasterzellen besteht. Im Grunde der Höhlung des Schirmes angelangt , biegen sich die 6 Radialcanäle auf dessen Unter- fläche (Subumbrella) um, und erweitern sich nun alsbald zu den flachen taschenförmigen Geschlechtsorganen. Die 6 Geschlechtsorgane oder Genitalblätter (g) der erwachsenen Carmarina hastata zeigen eine Form, welche für diese Art sehr charak- teristisch ist (Fig. \ bis 3 g). Während nämlich bei jüngeren Indivi- duen, deren Genitalien sich eben erst entwickeln, jedes Genitalblatt die Form eines langgezogenen gleichschenkligen Dreiecks hat, dessen Höhe 80 VI. Aniitoiiiie von Carniariiia hastata. die Breite seiner nach innen gerichteten Basis um das Doppelte über- trifft und dessen Spitze bis nahe an den Girkelcanal reicht, ziehen sich späterhin die beiden Ecken der Basis in llügelförmige, dreieckige, seit- liche Anhange aus; zugleich wachst die Mitte der Basis mehr nach in- nen hinein; die beiden Seitenränder oder Schenkel des Dreiecks aber treten in der Mitte ein wenig bauchig erweitert vor. und die nach aus- sen gerichtete Dreiecksspitze rundet sich ab. So erhält jedes Blatt eine charakteristische Spiess- oder Spontonform, nach der ich dieser Speeies ihren Namen gegeben habe und welche dieselbe leicht von den ver- wandten Carmariniden (auch abgesehen von dein Zungenkegel ) unter- scheiden lässt (Fig. I bis 3 g). Der Abstand zwischen beiden einander zugewandten Spitzen je zweier benachbarter Genitalblätter ist bei vollkommen geschlechtsreifen Thicren ungefähr ebenso gross als der Abstand der beiden Seitenspitzen jedes einzelnen Genitalblattes. Die Spitze erreicht den Girkelcanal nicht ganz , wenigstens in der Begeh Die Form und Grösse der Genitalblätter ist bei beiden Geschlechtern nicht verschieden , doch kann man dieselben schon mit blossem Auge oft dadurch unterscheiden , dass die Hoden des Männchens (Fig. 2 g' ) feiner und gleichmässiger punetirt und dadurch stärker weisslich ge- trübt erscheinen , als die gröber körnigen, im Ganzen helleren und durchsichtigeren Ovarien des Weibchens (Fig. \ und 3 g"). Ihrer Ent- stehung nach sind die Genitalblätter nichts anderes als sehr flache seit- liche Ausstülpungen der Badialcanäle, mit deren Lumen ihre niedrige taschenförmige Höhlung \ auch beständig in offener Communication bleibt. Die Geschlechtsproducte , sowohl die Samenzellen des Männ- chens als die Eier des Weibchens, entwickeln sich nur aus dem Epithel der unteren, subumbralen, der Schirmhöhle zugekehrten Wand dieser Taschen und gelangen , nachdem sie die circularen Muskelfasern der Subumbrella auseinander gedrängt, unmittelbar nach aussen. Das Ber- sten des dünnen Epithelialüberzuges der Subumbrella, welche durch die grossen reifen Eier zu einer äusserst zarten Platte ausgedehnt wird, und der Austritt aus deren Spalt sind bisweilen direet zu beobachten. In allen diesen Beziehungen verhalten sich die Genitalien der Garma- rina nicht wesentlich von denen des Glossocodon verschieden. So bilden namentlich auch hier die reifen Eier halbkugelige Vorsprünge über die Oherlläche der Subumbrella nach innen (Fig. 71 g) und auch hier sind die Eier meistens dergestalt gruppirl, dass in bestimmten Abständen verlhoilte grössere Eier von Gruppen kleinerer hofarl ig umgeben sind, und dass zwischen diesen rundlich polygonalen Eierhaufen wandungs- lose Hohlräume übrig bleiben, die mit dem in der Milte durch das Ge- nitalblatt offen hindurch tretenden Badialcanal bleibend in freier Com- VI. Anatomie von Cannarina hastata. 81 munieation stehen und von ihm aus Nahrungssaft zugeführt erhalten. Die sehr kleinen kugelrunden Sa inen Zeilen, deren jede ein einziges stecknadelförmiges Zoosperm zu entwickeln seheint, haben 0,006 bis 0,008mm Durchmesser. Die Eier sind sehr grosse, kugelige oder po- lyedrisch abgeplattete Klumpen von 0, 1 bis 0,15, bisweilen selbst von 0,2mm Durchmesser. Aus ihrem dunkeln, körnigen Dotter-Protoplasma (Fig. 71 g d) tritt der grosse, helle, kugelige Kern oder das Keimbläs- chen (von 0,04 bis 0,0Gmm), oft deutlich doppelt contourirt, sehr scharf hervor. In dem sehr grossen Nucleolus desselben (Keimfleck) (von 0,01 bis 0,01 5 mm) ist constant ein ansehnlicher Keimpunct (Nucleoli- nus, Punctum germinativum) (von 0,001 bis 0,003mm) nachzuweisen. Eine den Dotter umschliessende Membran fehlt mindestens den jünge- ren Eiern vollständig und ist auch an den älteren höchstens als eine sehr zarte Haut , vielleicht nur eine festere Rindenschicht des Dotters vorhanden. Der Cirkelcanal (c), welcher die durch die Mitte der Genital- blätter hindurchgetretenen 6 Radialcanäle aufnimmt, ist bei der er- wachsenen Carmarina ungefähr so breit, oft aber auch kaum halb so breit als das Velum , und wie dieses, im Verhältniss zu dem grossen Schirm, weit schmäler als bei Glossoeodon. Meist ist er von gleicher Breite mit den Radialcanälen (Fig. 1 und 3). Wie bei diesen, ist sein Lumen je nach dem verschiedenen Füllungszustande mit Nahrung sehr verschieden, bald bandförmig eng, dünn und hoch, bald fast cylindrisch ausgedehnt. Daher erscheint er auf Querschnitten bald sehr dünn und schmal, bald mehr oval oder fast kreisrund (Fig. 71 c). Auch hier be- sitzen die beiden Canalwände ganz verschiedenes Epithel (Fig. 63, 64 und 71), indem das umbrale (innere) aus flachen zarten Pflasterzellen (c 1), dagegen das subumbrale (äussere, der Gallertsubstanz abgewen- dete) aus hohen dickwandigen Cylinderzellen besteht (es). Nach unten grenzt der Cirkelcanal an den Knorpelring und den Nervenring. Nach oben sendet er die centripetalen blindgeendigten Fortsätze aus, welche für die Gattungen Carmarina und Geryonia so charakteristisch sind. Die erwachsene geschlechtsreife Carmarina hastata besitzt zwi- schen je zwei Radialcanälen sieben blinde G en tripetalcanäle, so dass deren im Ganzen 42 vorhanden sind. Demnach münden in den Cirkelcanal, wenn man noch die 6 Axencanäle der Tentakeln und die 6 offenen , vom Magen kommenden Radialcanäle dazuzählt , nicht we- niger als 54 Gefässe ein (Fig. I und 3). Die 42 Centripetalcanäle ent- wickeln sich nicht alle gleichzeitig; vielmehr treten zuerst nur 6 auf, je einer in der Mitte zwischen 2 Radialcanälen (Fig. 57) ; dann treten 12 andere auf, in der Mitte zwischen letzteren und jenen ersteren H a e c k e 1, Küsselquallen. 6 ^2 VL Anatomie von Carmarina hastaia, (Fig. 58 und 59j ; zuletzt endlich treten in der Mitte zwischen den nun vorhandenen 2 i Gelassen gleichzeitig ebenso \ iele andere auf. Diese letz- ten 24 Centripetalcanäle erreichen nur ungefähr die Hälfte oder 2 Drittel der 18 ersten, so dass also zwischen je 2 Radialcanälcn sich 3 längere und 4 kürzere blinde Centripetalcanäle vorfinden. Die längeren reichen mit ihren Spitzen bis zwischen die seitlichen Spitzen der Genitalblätter hinein. Die blinden Enden sind meistens stumpf, seltener zugespitzt (Fig. I und 3 e). 3. Skelet. Knorpel des Schirm randes und der Mantelspangen. Der Ringcanal bildet bei Carmarina, ebenso wie bei Gbssocodon, nicht den Schirmrand selbst, Vielmehr findet sich unter demselben noch ein eigener, dicker, wulstiger Reif, welcher die eigentliche Grenze zwischen Schirmrand und Velum bezeichnet, Es ist dies ein sehr ent- wickelter Knorpelring (uk), der von einem Nesselepithel überzogen ist und ein stützendes Skelet für das ganze Thier bildet, wie dies schon bei Glossocodon bemerkt wurde. Zwischen ihm und dem unteren Rande des Girkelcanals liegt der Nervenring (a). Ausserdem stehen auch die Sinnesbläschen , die centripetalen Mantelspangen und die Tentakeln durch ihre Lage und Insertion zu dem Schirmrande und dessen ver- schiedenen ringförmigen Organen in der engsten Beziehung. Es er- scheint mir deshalb dieser Theil des Medusenkörpers von besonderer Wicbtiekeit und ich sehe mich um so mehr veranlasst , hier auf dessen anatomische Verhältnisse genauer einzugehen, als dieselben bisher trotz ihrer hohen Bedeutung ganz vernachlässigt worden sind und als sich in- folge dessen theils nur ganz unvollständige, theils sehr unrichtige An- gaben über die hier beisammenliegenden Theile vorfinden. Der einzige Forscher , der dem wichtigen Baue des Schirmrandes bei den Geryoniden bisher einige Aufmerksamkeit geschenkt hat, ist Fritz Müller, der auch allein den vortheilhaften Gedanken gehabt hat, durch Querschnittsdarslellungen die Lagerungs- und Verbindungsverhältnisse der hier beisammenliegenden Theile aufzuklären. Doch sind die beiden Querschnitte des Mantelrandes , die er von seiner Liriope catharinensis giebt (1. c. Fig. 24 und 85.), ganz schematisch gehalten, wie er auch selbst angiebt. Wahrscheinlich sind dieselben nur aus Flächenbildern abstrahirt, Schwerlich sind sie durch directe Anschauung gewonnen, da die Lagerung der verschiedenen Theile des Schirmrandes nicht der Natur entspricht und daher auch ihre Deutung irrig ausgefallen ist. VI. Anatomie von Garmarina hastata. 83 Uebrigens ist auch jene Geryonidenart so klein, dass es wohl sehr schwer sein würde ,i vom Mantelrande derselben befriedigende Querschnitte anzufertigen. Querschnitte können hier aber allein zum Ziele führen. Ein vorzügliches Object zur Anfertigung derselben bot mir nun meine grosse Carmarina hastata und zahlreiche, sehr klare und demonstrative Schnitte, welche ich durch ihren verhältnissmässig dicken Mantelsaum an verschiedenen Stellen anfertigen konnte, haben mir die ziemlich schwierigen anatomischen Verhältnisse desselben so weit klar gelegt, dass ich die folgenden Angaben mit voller Sicherheit vertreten zu kön- nen glaube. (Vergl. Fig. 63, 64 und 71 nebst deren Erklärung.) Al- lerdings habe ich nur in Salzlösungen aufbewahrte Thiere zu den Schnitten benutzt, da ich am lebenden Thiere dergleichen zu versuchen versäumt hatte ; indess waren die wesentlichen Verhältnisse an den gut conservirten Thieren doch vollkommen klar und sicher zu erkennen und zahlreiche von dem lebenden Thiere entnommene Flächenansichten kamen mir dabei wesentlich erläuternd und bestätigend zu Hülfe. (Vergl. Fig. 63 bis 66.) Der eigentliche Mantelsaum des Schirmrandes von Carmarina hastata, d. h. der untere zugeschärfte, freie Rand der Gallertscheibe oder der homogenen gallertigen Mantelsubstanz (e), erscheint schon für das blosse Auge nach unten ringsum abgeschlossen und namentlich von dem Velum abgegrenzt durch einen dicken, wulstigen, kreisförmi- gen Reifen oder Ring, der sich durch seine undurchsichtige Beschaffen- heit und meistens auch durch röthliche Färbung von dem weniger opaken und weisslichen darüberliegenden Cirkelcanal unterscheidet (Fig. 1 bis 3 u, Fig. 63 bis 66 u k). Dieser dicke, wulstige Ring hat von allen Theilen des Mantelsaums die bedeutendste Dicke, Consistenz und Festigkeit und bildet eigentlich die feste Grundlage, das Skelet des Schirmrandes, welches vermöge seiner Resistenz und Elastici- tät demselben auch bei der stärksten Contraction des Velum seine Kreisform wahrt. Von früheren Beobachtern ist dieser wulstige, kreis- runde Saum des Schirmrandes hier, wie bei anderen Medusen , als der Nervenring betrachtet worden. Er enthält aber keine nervösen Ele- mente, sondern besteht wesentlich aus einem cylindrischen oder halb- cylindrischen Knorpel ringe (uk), umhüllt von einer Epithelial— schiebt , deren cylindrische Zellen namentlich an der äusseren Seite zahlreiche Nesselkapseln entwickeln (ue). Ich habe daher oben den ganzen Ringwulst als Nesselsaum (u) bezeichnet. Doch ist dieser Name besser auf den schmalen Ringstreifen von Nesselepithel zu beschränken, der den Knorpelring überzieht. Die membranlosen Zellen (Fig. 70 uk,) des Knorpelringes sind kleiner und mehr rundlich als die Knorpel- 6* 84 VL Anatomie von Ganuarina hastata. zellen in den marginalen Mantelspangen und namentlich als die sehr grossen Knorpelzellen der embryonalen Larvententakeln. Dagegen ist ihre Intercellularsubstanz (Fig. 70 u kj , die Knorpelgrundsubstanz, reichlicher entwickelt, als die der letzteren (Fig. 70). Die Cylinder- epithelzellen (Fig. 63 bis 66 u e), welche den Knorpelring in einer ein- fachen Lage überziehen, entwickeln Nesselkapseln hauptsächlich an der nach aussen gekehrten, weniger an der unteren Seite des Ringknorpels, während sie nach innen flacher werden und in das Epithel der unteren Fläche des Velum (v e) übergehen. Die relative Lagerung der dem Ringknorpel zunächst anliegenden und ihn von oben her bedeckenden Theile ist nun der Art (Fig. 63, 64 und 71), dass die obere Fläche des Knorpelrings (während die untere convexe frei nach unten und aussen sieht) nach innen anstösst an die Basis des Velum (v) , nach aussen an den Mantelrand, d. h. den un- tersten verdünnten Rand der Schirmgallerle (1) und in der Mitte zwi- schen diesen beiden an den unteren Rand des Cirkelcanals (c). Der Nervenring (a) liegt unmittelbar nach innen und unten von dem letz- teren. Auf Querschnitten durch den Mantelrand zwischen 2 Tentakeln (Fig. 71 ) erscheint daher der Nervenring (a) als das Centrum, um welches sich die anderen Theile anlagern ; und zwar liegt dann die Ba- sis (der angewachsene Aussenrand) des Velum (v) ander inneren, der untere Rand des Cirkelcanals (c) an der oberen, der untere Rand des Gallertmantels (1) an den äusseren und die obere ebene Fläche des Ringknorpels an der unleren Fläche des Nervenrings. So an allen Stellen des Mantelrandes zwischen den Tentakeln und den Randbläs- chen. Wird dagegen der Querschnitt durch die Basis eines Tentakels oder noch besser durch die Insertion eines Randbläschens geführt, so wird das Lagerungsverhältniss etwas geändert (Fig. 63 und 64). Das Randbläschen (b) ist nämlich in dem unteren Rande der Schirmgallerte eingeschlossen , wird hier nach aussen von der centripctalen Mantel- spange (h), nach innen von dem unteren Rande des Cirkelcanals (c) begrenzt, und drängt den letzleren hier so nach innen, dass derselbe sich vom Ringnerven entfernt, und dass die obere Seite des Nerven, der hier zu einem Ganglion ( f ) anschwillt , unmittelbar unter dem Randbläschen liegt. Als Resultat dieser anatomischen Untersuchung des Schirm— rancles ergiebt sich also, dass derselbe nicht, wie bisher angenommen wurde , bloss aus dem unteren Rande des Cirkelcanals und einem Zellen- oder Nervenringe gebildet wird , sondern dass in die Zusam- mensetzung desselben nicht weniger als 6 verschiedene ringförmige V. Anatomie von Oartnarhw hastäta. 85 Theile eingehen, nämlich: I. der Knorpelring (uk), 2. der mit Nesselzellen versehene Epithelüberzug desselben oder der Nessel- ring (u e) , 3. der Nervenring (a) , 4. der Gefässring oder Cir- kelcanal (c) ; nach innen stösst an diese Theile 5. der äussere ringför- mige Rand des Velum (v) , nach aussen und oben endlich 6. der un- tere ringförmige , verdünnte Rand der Gallertsoheibe ( 1 ) oder der Mantel ran d. Ebenso wenig als der Schirmrand haben bisher die marginalen c e n t r i p e t a 1 e n Ma n t e 1 s p a n g e n , welche bei den Geryoniden vom Schirmrande zur Basis der Larvententakeln in der Aussenlläche des Mantels emporsteigen, eine genügende Beachtung gefunden. Und doch verdienen sie diese wegen ihrer Beziehung zu jenen embryonalen Ten- takeln in hohem Grade. Der Einzige, der diese wichtigen Gebilde er- wähnt, ist Fritz Müller. Der Beschreibung des Schirmrandes von Li- riupe catharinensis fügt er hinzu : »Mit aller Wahrscheinlichkeit ist er als Nervenring zu deuten; dafür spricht ausser den Randbläschen tragen- den Anschwellungen , dass sich von jeder dieser Anschwellungen ein zarter, aber scharf begrenzter Strang nach oben verfolgen lässt , 4 zur Basis der Tentakeln , 4 zu Puncten , an denen das jüngere Thier dem erwachsenen meist vollständig fehlende Tentakeln getragen hat« (1. c. p. 314). In der Abbildung (Fig. 21), wo dieser Strang irrig an die in- nere Seite des Randbläschens und des Mantelsaums verlegt wird , ist derselbe als »Tentakelnerv "?« bezeichnet. Die Gebilde, welche ich » marginale oder centripetale Mantelspan- gen« (h) nenne, sind in der gleichen Anzahl wie die Randbläschen vorhanden, bei Garmarina also 12. Sie verlaufen in der Aussenfläche des Mantelsaums oder des unteren Randes des Gallertmantels und stei- gen hier von der Basis der 12 Bandbläschen in radialer (centripetaler) Bichtung empor zu der Basis der 6 interradialen Tentakeln (y) und zu der Basis der 6 radialen Nebententakeln (s t). Die radialen Mantel- spangen sind von den interradialen nicht wesentlich verschieden. Beim erwachsenen Thiere sind beide fast von gleicher Länge, während bei der Larve die älteren radialen Spangen an Länge die erst später sich verlängernden interradialen Spangen bedeutend übertreffen. Die Man- telspangen eignen sich bei Carmarina hastata wegen der beträchtlichen Grösse dieses Thiers besonders für eine nähere Untersuchung , wobei wieder Querschnitte durch den Mantelrand von besonderem Werthe sind (Fig. 63 und 64). Jede centripetale Mantelspange ist wesentlich eine Fortsetzung oder ein Ausläufer des Schirmrandes, in welche alle Theile desselben, mit Ausnahme des Gastro\ascularcanales, eingehen. Es ist also in jeder Spange ein Knorpelstreif, ein Muskelbeleg, ein Ner- gß VI. Anatnmio von Carmarina liastata. venstrang und ein Epithelialsaum mit Nesselzellen zu unterscheiden (Fig. 63 bis 65). Die feste und formgebende Grundlage, das Skelet jeder Spange, liefert, wie im Schirmrande selbst, der Medusenknorpel. Allerdings bildet derselbe nur einen schmalen Streifen , aus einer ein- zigen Reihe schmaler, langgestreckter Knorpelzellen bestehend (Fig. 63 h k und 64 h k). Indessen reicht die Festigkeit ihrer derben Grund- substanz oder der Knorpelkapseln doch hin, um der Mantelspange auch bei den verschiedensten Conlractionszuständen des Schirmes ihre cha- rakteristische Form zu wahren. Diese ist bei Garmarina hastata in der Weise hornförmig oder verkehrt S-förmig gekrümmt, dass die untere Hälfte eine starke Convexität nach aussen , die obere eine eben so starke Vorwölbung nach innen ( in die Mantelgallerte hinein ) zeigt (Fig. \ und 2 h) . Die Spange ist von unten nach oben allmählich ver- dünnt, so dass sie an der Basis, wo sie vom Mantelrand ausgeht, am dicksten ist. Dem entsprechend nehmen die Knorpelzellen von unten nach oben allmählich an Dicke ab, an Länge aber gleichzeitig zu; die untersten sind daher fast münzenförmig abgeflacht, die mittleren Cylin- der von gleicher Länge und Dicke, die oberen langgestreckte Cylinder, welche oben convex, unten concav sind. Wie bei den interradialen Tentakeln und bei den radialen Nebententakeln ist das Knorpelskelet zunächst umhüllt von einem continuirlichen Muskelrohre (hm), dessen quergestreifte Fasern sämmtlich longitudinal verlaufen. An der inneren Seite, wo die Mantelspange der äusseren Fläche des unteren Schirm- randes angewachsen ist, folgt nun unmittelbar das sehr dünne, gross- zellige Plattenepithel des Ectoderm. An der äusseren Seite des Span- genmuskels (h m) dagegen liegt der zarte, blasse Nervenstrang an (h n), welcher von dem Ganglion des Ringnerven zur Basis des Larventcnta- kels emporsteigt. Dieser endlich ist überlagert von demselben Cylin- derepithel, das den Knorpelring umkleidet, und das, wie dort , zahl- reiche Nesselzellen entwickelt (h e) . Die Mantelspange ist also ihrem Baue nach wesentlich als ein Ausläufer des Schirmrandeszu betrachten und diese Auffassung wird durch die Entwicklungsgeschichte vollkommen gerecht- fertigt. Die Mantelspangen entstehen dadurch, dass die Larventenla- keln, sowohl die interradialen als die radialen Nebententakeln , welche ursprünglich unmittelbar aus dem Mantelrande hervorkeimen und die- sem aufsitzen , sich späterhin von demselben entfernen und , durch Wachsthum des gallertigen Mantelrandes, eine Strecke weit an dessen Aussenfläche hinaufsteigen. Dabei nehmen sie von den benachbarten, für sie brauchbaren Theilen ein Stück mit fort, ziehen gewissermaassen einen Zipfel des Schirmrandes nach sich , der so zu der centripetalen VI. Anatomie von Carmarina hastata. 87 Spange sich verlängert. So entsteht auch der einspringende Winkel an der Basis der Spange, welcher durch eine Einziehung des Schirm- randes bedingt ist. So lange die Larvententakeln existiren, ist die we- sentliche Function der Mantelspangen darin zu suchen , dass sie den centripetalen Nerven von dem Nervenring zur Tentakelbasis hinüber- führen. Der Nerv bleibt auch späterhin, nach dem Abfall der Larven- tentakeln, noch bestehen, und strahlt wahrscheinlich seine Fäden über die Manteloberfläche aus. 4. Muskelsystem. Tentakeln, Velum und Subumbrella. Carmarina hastata besitzt als erwachsenes und geschlechtsreifes Thier nur 0 radiale Tentakeln (Ilaupttentakeln), indem die 6 interradia- len Tentakeln und die G radialen Nebententakeln , welche die Larve auszeichnen, noch vor dem Eintritt der Geschlechtsreife (wie bei Glos- socodon eurybia) verloren gehen. Diese letzteren werden daher unten in der Entwickelunesseschichte beschrieben werden. Die 6 radialen Haupttentakeln , welche uns hier allein beschäftigen , sind aussen am Schirmrande, schräg gegenüber der Einmündungsstelle der C Badial- canäle in den Cirkelcanal, befestigt, entspringen jedoch (ebenfalls wie bei Glossocodon) nicht von dieser Einmündungsstellc selbst, sondern neben derselben, auf der rechten Seite (bei der Betrachtung des Schirm- randes von aussen oder von unten). Oft sind sie um mehr als das Dop- pelte ihrer eigenen Breite von jener Einmündung entfernt. Die Inser- tion der Tentakeln am Schirmrande ist ferner oberhalb des Knorpel - rings, so dass der Canal , den das Ringgefäss in jeden Tentakel hinein sendet , und der diesen bis zu seinem blinden Ende durchläuft , die ganze Dicke des Gallertmantels oberhalb des Knorpelringes durch- brechen muss (Fig. 98). Die Tentakeln der erwachsenen Carmarina sind im Verhältniss zur beträchtlichen Grösse des Thieres sehr dünn ( verhältnissmässig viel dünner als bei Glossocodon), aber zugleich sehr lang. Wenn sie in voll- kommen erschlafftem Zustande von dem Mantelrande des bewegungslos im Wasser schwebenden Thieres herabhängen (Fig. 1 ) , erreicht ihre Länge oft über 1 , selbst bis 2 Fuss , so dass sie die Länge des Magen- stiels bisweilen um mehr als das Vierfache übertreffen. Jeder Tentakel erscheint dann wie eine zierliche Perlenschnur, da die sehr zahlreichen ringförmigen , röthlichen Nesselwülste , welche in gleichen Abständen den Tentakel besetzen, durch 3- bis 4mal so lange, dünnere, farblose, nesselfreie Internodien voneinander getrennt sind. Doch bedarf es nur 88 VI. Anatomie von Cannnrina hastata. einer geringen Reizung, z. B. einer leisen Berührung der Tentakeln oder des Schirmes mit der Nadel, um die Tentakeln zur Verkürzung zu bewegen, wobei sich die Perlenschnüre in der zierlichsten Weise lang- sam aufrollen, indem die einzelnen Perlen durch Contraction der Inter- nodien genähert werden. Bei heftigerer Reizung, z. B. beim Abschnei- den eines Tentakels, geralhen die Faden in sehr lebhafte Bewegung, und während das erregte Thier mit zusammengezogenem Schirme kräf- tige Schwimmstösse ausführt, bewegen sich die langen, feinen Fäden, wie ein Knäuel von vielen verschlungenen Anneliden , im buntesten Spiel wild durcheinander und gewähren mitunter ein höchst anziehen- des Schauspiel. Namentlich verschlingen sich mehrere Tentakeln dann oft zu dicken Knoten, welche wahrhaft unentwirrbar erscheinen (Fig. 2). Wie ein Convolut zahlreicher dünner Würmer kriechen und schlängeln sich die verschiedenen Fäden durcheinander, bis dann plötzlich wieder die Lösung des scheinbar unauflöslichen Knotens eintritt und die ein- zelnen Fäden frei sich durch das Wasser schlängeln. Auch die abge- rissenen Stücke der Fäden zeigen noch grosse Beweglichkeit und krie- chen wie Würmer umher. Bisweilen sind auch die ruhig herabhän- genden Fäden in Knoten verschlungen und hängen dann in zierlichen Bogen zusammen, wie das in Fig. I von 3 Tentakeln dargestellt ist. Die radialen Ilaupttentakeln von Carmarina hastata zeichnen sich durch eine überraschende Complication ihrer Structur aus, die wahr- scheinlich bei allen Geryoniden in gleicherweise wiederkehrt, die aber bis jetzt den Beobachtern völlig entgangen ist. Schon bei der äusser- lichen Betrachtung der Tentakeln bei schwacher Vergrösserung gewahrt man eine Anzahl von abwechselnd helleren und dunkleren Längsstrei- fen , die namentlich an den durchsichtigen nesselfreien Inlernodien sehr deutlich hervortreten. Versucht man nun, durch Anfertigung von Querschnitten sich genauer über die Anordnung und Bedeutung dieser longitudinalen Bänderun g zu unterrichten, so wird man auf gut gelun- genen Querschnitten durch ein äusserst zierliches Bild überrascht, wel- ches in Fig. 60 bei schwacher Vergrösserung (70) dargestellt ist, während Fig. 61 einen radialen Ausschnitt desselben bei stärkerer Vergrösserung (300) zeigt. Während es noch ziemlich leicht gelingt, leidliche Quer- schnitte zu gewinnen, so ist dagegen die Anfertigung von hinreichend dünnen Längsschnitten mit sehr grossen Hindernissen verbunden, und auch wenn diese ziemlich gelungen sind , so ist dennoch die Deutung des eigenthümlichen Baues, der nur aus der Vergleichung der durch longitudinale und transversale Schnitte erhaltenen Bilder sich feststel- len lässt, mit ausserordentlichen Schwierigkeiten verknüpft. Obwohl ich wochenlang diese Tentakeln auf Längs- und Querschnitten und mit VI. Anatomie von Garmarina hastata. 89 Hülfe verschiedener Reagentien untersucht habe , und obwohl ich über die wesentlichen Eigenthümlichkeiten ihrer Structur jetzt klar zu sein glaube , so inuss ich dennoch auf eine bestimmte Deutung derselben verzichten. Es ist dies hauptsachlich dadurch bedingt, dass die mus- culösen Elementartheile der wurmförmig sich zusammenziehenden Tentakeln ganz andere sind, als diejenigen, welche die anderen Muskeln des Körpers zusammensetzen. Auf gelungenen Querschnitten durch einen radialen Haupttentakel, die eine kreisrunde Scheibe darstellen (Fig. 60 und 61) gewahrt man von innen nach aussen folgende 4 Schichten: 'I. ein inneres, die Centralhöhle des Tentakels begrenzendes Cylinder- epithel (t e) ; 2. einen aus hellen, concentrischen, kreisrunden Streifen zusammengesetzten Ring (tcj; 3. eine dicke Mittelschicht, welche aus ungefähr 60 Paaren von abwechselnd hellen und dunkeln radialen Streifen zusammengesetzt ist (t 1 und t m) ; 4. ein äusseres, zahlreiche Nesselzellen enthaltendes Cylinderepithel (tu). Das genauere Verhalten dieser 4 concentrischen Lagen ist folgendes: I. das innere Cylin- derepithel (t e) von 0,03 1""1 Dicke besteht aus einer einzigen Lage von hohen , schmalen, c\Iindrischen Zellen mit Kern , welche wahr- scheinlich Flimmercilien tragen und das Lumen des hohlen Tentakels unmittelbar umgeben. 2. Die zweite concentrische Lage (tc), der ganz durchsichtige , glashelle , fast structurlose Ring , welcher im Mittel 0,03 mm breit ist und das Canalepithel als ebenso dickwandiger Hohl- cylinder umfasst, zeigt sich bei sorgfältiger Untersuchung aus kleineren concentrischen, hyalinen, kreisrundenRingen von 0,01 mm Breite zusammengesetzt. 3. Die dritte, sehr mächtige, ringförmige ra- dialgestreifte Schicht (tl und t m) , die ungefähr 4- bis 6mal so breit, als jede der beiden ersten ist (im Mittel 0,1 bis 0,l5mm breit), erscheint zusammengesetzt aus ungefähr 60 hellen, hyalinen Radial- streifen und ebenso vielen damit alternirenden dunkleren , scharf da- von abgesetzten Streifen. Die Zahl dieser abwechselnden radialen Streifenpaare ist in verschiedenen Lebensaltern verschieden und nimmt mit dem Alter zu. Bei erwachsenen Thieren finden sich deren meistens zwischen 50 und 60 , selten bis gegen 70 Paare vor. Die glasartig durchsichtigen, hellen Streifen (t 1) , welche aus derselben Substanz wie die concentrischen Ringe der zweiten Lage (t c) bestehen , erschei- nen meist ganz structurlos, oder nur sehr undeutlich und zart gewür- felt oder gepflastert, wie aus sehr kloinen , rundlich-polygonalen Kör- perchen zusammengesetzt. Die meisten hellen Radialstreifen sind linear, gleich breit vom inneren bis zum äusseren Ende. Das letztere ist convex abgerundet, während sich das innere Ende kaum von der 90 VI. Aiiiitninii1 von Ciwwarina lüistata. gleichartigen hyalinen Substanz der zweiten Lage abgrenzt. Einige helle Radialstreifen sind bisweilen nach aussen hin gabelig getheilt, indem gewöhnlich nicht alle dunklen Streifen durch die ganze Dicke der dritten Schicht von aussen nach innen durchgehen , sondern einige meistens nur eine gewisse Strecke weit von aussen nach innen hinein- ragen (Fig. 60 und 61). Diese dunklen Radialstreifen (t in) sind nicht gleichbreit linear wie die hellen mit ihnen alternircnden Streifen, sondern von aussen nach innen allmählich verschmälert, so dass sie in- nen in eine stumpfe Spitze auslaufen, während sie aussen mit breiterer Basis in die unterste Schicht der vierten Lage unmerklich übergehen. Jeder dunkle Radialstreifen ist zusammengesetzt aus 2 unregelmässigen nebeneinander verlaufenden Reihen von glänzenden , runden oder länglichrunden, bisweilen auch durch gegenseitigen Druck etwas poly- gonal abgeplatteten Körperchen von 0,003 bis 0,0! "lm Durchmesser, welche durch eine scheinbar feinkörnige dunkle Zwischenmasse , be- stehend aus kleineren und grösseren dunklen Körnchen, getrennt sind. Sowohl diese Zwischenmasse , als die beiden Reihen glänzender Kör- perchen sind chemisch verschieden von der hyalinen Substanz der hel- len Radialstreifen. Jede der beiden Reihen glänzender Körperchen bil- det häufig einen ziemlich regelmässigen Saum um den Rand des ihr anliegenden hellen Radialstreifens und umsäumt auch noch das äussere, oft nach aussen vorquellende Ende des letzteren , indem sie in die nächste Reihe des benachbarten dunklen Streifens übergeht, welche den entgegengesetzten Rand des hellen hyalinen Streifens säumt, An dem inneren Ende des dunklen Radialstreifens sind die glänzenden Körperchen meist kleiner und durch zahlreichere dunkle Körperchen feineren Kalibers getrennt. In der radialen Mittellinie jedes dunklen Radialstreifens nehmen die kleineren dunkleren Körperchen nach aus- sen hin eine breitere Zone ein und gehen endlich unmerklich über in die feinkörnige dunkle Substanz , welche auch in der tiefsten Lage der vierten und äussersten Schicht des Querschnitts sich findet. 4. Diese vierte concentrische Lage endlich wird gebildet durch das äussere Cylinderepithel (tu) des Tentakels , welches in den nesselfreien Internodien ungefähr so hoch wie das innere Epithel (0,03 mm stark), in den damit alternirenden Nesselwülsten aber 2- bis 3mal so stark (0,06 bis 0,08'nm hoch) und aus mehreren, mindestens 3 verschiedenen Schichten zusammengesetzt ist (Fig. 91 A). Die innerste Lage, welche ich die Schicht der B ü s c h e 1 z e 1 1 e n nenne, wird aus sehr dünnen, fast fadenförmigen Cylinderzcllen zusammengesetzt, welche büschel- weis auf dem convexen Aussenrand der hyalinen Radialslreifen sitzen und oft mehrfach verbogen , bisweilen fast wellenförmig geschlängelt VI. Anatomie von Carmarina hastata. 91 erscheinen. Jedes Büschel (Fig. 91 B) besteht aus etwa 5 bis 1 0 dünn cylindrischen, in der Mitte einen länglichen Kern enthaltenden Zellen (Fig. 91 C) , welche eine central stehende kegelförmige dicke Zelle (Fig. 91 D) umfassen. Die nach aussen gekehrte Basis der Kegelzelle scheint vertieft zu sein zur Aufnahme des unteren oder inneren dünnen Endes einer ähnlichen Kegelzelle der zweiten oder mittleren Epithel- schichl. Diese mittlere Lage nenne ich Schicht der Flaschen- zellen, weil sie grossentheils aus sehr eigentümlichen, einer lang- halsigen Weinflasche ähnlichen Zel- len besteht (Fig. 91 E). Der lange, oft am Ende knopfförmig verdickte Hals der letzteren liegt in der drit- 'm ten oder nesselnden Epithelschicht und füllt die Zwischenräume zwi- schen deren Nesselzellen aus, wäh- rend der dickere cylindrische Fla- schenkörper , welcher den Zellen- kern einschliesst , zwischen den dicken kernhaltigen Kegelzellen (Fig. 91 E) der zweiten Schicht liegt. Die nach aussen gekehrte Ba- sis der letztgenannten Kegelzellen, welche etwas grösser als die der untersten Schicht sind, scheint ver- tieft zu sein zur Aufnahme des in- neren convexen Endes der Nessel- Fig. 91. Epithelzellen aus einem Nesselwulst der radialen Haupttentakeln von Carmarina hastata. A. Ein Stück des Epithels in seiner ganzen Dicke, aus 3 Schichten bestehend : I. Schicht der Büschelzellen. II. Schicht der Flaschen- zellen. III. Schicht der Nesselzellen. Aus 2 Nesselzellen der obersten Schicht zellen (Fig. 68), welche zusammen ist der Nesselschlauch , aus einer zu- gleich der Nesselfaden hervorgetreten. B. Eine Kegelzelle der ersten, tiefsten Schicht , von Büschelzellen umgeben. C. Eine Gruppe von Büschelzellen der ersten Schicht. D. Eine Kegelzelle der ersten Schicht. E. Zwei Kegelzellen und zwei Flaschenzellen der zweiten, mitt- leren Schicht. mit den Hälsen der Flaschenzellen die dritte äusserte Lage des äusse- ren Tentakelepithels, die Schicht der Nesselzellen bilden. Die unter den Nesselzellen gelegenen Kegelzellen zweiter und erster Ord- nung dienen vielleicht, indem sie von innen nach aussen nachrücken, zum Ersatz der Nesselzellen , welche durch Sprengung der Nesselkap- seln verloren gehen. Lässt man auf einen derartig zusammengesetzten Querschnitt eines radialen Tentakels verschiedene chemische Beagentien, z. B. verdünnte Säuren, einwirken , so scheint derselbe für die oberflächliche Betrach- tung nur aus zweierlei verschiedenen Substanzen zu bestehen, nämlich 02 VI. Anatomie von Garmarina hastata. aus don epithelialen Bildungen (innerem und äusserem Epithel), welche durch die Säuren getrübt werden, und aus der hyalinen structurlosen Substanz (zweite Lage und helle Radialstreifen der dritten Lage ), welche zwischen den beiden Epithelschichten liegt und durch Säuren nicht getrübt wird. Die dunklen Radialstreifen der dritten Schicht se- hen wie Fortsätze aus, welche das äussere Epithel in die hyaline mitt- lere Substanz hineinschickt. Namentlich hat das Bild , welches gute, genau senkrecht zur Tentakelaxe geführte und dünne Querschnitte ge- ben, auffallende Aehnlichkeit mit demjenigen, welches gewisse drüsige Apparate auf Flächenschnitten mancher Schleimhäute liefern. Die dunk- len Radialstreifen sehen wie schlauchförmige Drüsen aus , die von dem äusseren Epithel nach innen eingestülpt sind. Die beiden Reihen glän- zender Körperchen (t m) gleichen dem Epithel einer längsdurchschnit- tenen Schlauchdrüse (Fig. 61). Die Längsschnitte der radialen Haupt tont ak ein sind, wie schon bemerkt, in genügend dünnen und durchsichtigen Schichten nur sehr schwierig und unvollkommen auszuführen, und dennoch ist ihr genaues Studium unerlasslich, um über die Bedeutung der oben beschriebenen merkwürdigen Querschnittsbilder eine richtige Ansicht zu erhalten. Die blosse Betrachtung der Tentakeln von aussen erläutert so gut wie nichts , da das dicke und undurchsichtige äussere Epithel die innere Structur verdeckt. Im Allgemeinen liefern die besten Auf- schlüsse die tangentialen Längsschnitte, und namentlich diejenigen, welche ungefähr durch die Mitte der dritten (radial gestreiften) Schicht oder noch näher der Aussenfläche derselben geführt werden. Auf sol- chen tangentialen Längsschnitten durch die radial gestreifte Schicht (Fig. 62) erblickt man weiter nichts, als eine Anzahl von regel- mässig alternirenden dunkleren und helleren parallelen Längsstreifen. Die hellen Streifen sind fast alle von der gleichen Breite (im Mittel 0,01 mm) ; dagegen die mit ihnen abwechselnden dunklen Längsstreifen von verschiedener Breite: ist der TangentialschniU durch die Mitte der dritten Schicht gegangen, so sind sie eben so breit, als die hellen Strei- fen ; ist der Schnitt durch den äusseren Rand der dritten Schicht ge- gangen, so sind sie doppelt so breit; ist er durch den innern Rand ge- gangen, so sind sie nur halb so breit als die hellen Streifen. Bei ge- nauerer Untersuchung zeigen sieh die hellen Longitudinalstreifen entweder ganz slructurlos und hyalin, oder sie lassen nur eine äusserst zarte und blasse longitudinalc Streifung erkennen; sie sind der Länge nach spaltbar und es gelingt beim sorgfältigen Zerzupfen, sie in äus- serst blasse und zarte, sehr hinge und schmale Fasern zu zerlegen. Diese sind durchaus homogen und lassen auch nach Behandlung mit VI. Anatomie von Cannarina hastafa'. 93 Säuren etc. keine Kerne entdecken. Dagegen gelingt es ziemlich leicht, die dunklen Längsstreifen , welche im Ganzen betrachtet eine sehr un- regelmässige und feine longitudinale Streifung zeigen und von zahl- reichen länglichrunden Kernen durchsetzt sind , in ihre Bestandteile zu zerlegen. Beim sorgfältigen Zerzupfen mit Nadeln zeigt es sich, dass sie ganz vorwiegend, fast ausschliesslich aus parallel verlaufenden und eng verbundenen sehr langen Strängen bestehen und jeder dieser letz- teren ist wiederum aus langen und starken spindelförmigen Fasern zu- sammengesetzt. Diese Fasern sind im Mittel 0,1 mm lang, nach beiden fein zugespitzten Enden hin allmählich verdünnt und in der Mitte bis zu einer Dicke von 0,003 bis 0,008 mm angeschwollen. Jede Faser ent- spricht einer sehr verlängerten spindelförmigen Zelle und umschliesst in der Mitte einen ejlipsoidischen oder ovalen Kern von 0,005 bis 0,0I2mm Länge und 0,002 bis 0,006nm Breite. Häufig bildet der dicke Kern an einer Seite der Zelle eine bauchige Vorwölbung. Im Uebrigen ist die Substanz dieser spindelförmigen, kernhaltigen Faserzellen durchaus homogen, und lässt keine Spur von einer Querstreifung erkennen. Sie bricht das Licht in ähnlicher Weise wie die dunkeln glänzenden Nessel- kapseln, wesshalb auch auf Querschnitten ihr Durchschnitt sehr leicht mit Spitzenansichten der letzteren verwechselt werden kann. Viel schwächer lichtbrechend ist die Substanz der blassen kernlosen Fasern, die sich auch in ihrem Verhalten gegen chemische Beagenlien wesent- lich von den dunkeln kernhaltigen Fasern unterscheidet. Auch diese blassen Fasern sind durchaus homogen; niemals erscheinen sie quer- gestreift, wie etwa die Muskeln des Velum, der Subumbrella oder der knorpeligen Larventenlakeln. Eine eigenthümliche Querstreifung tritt an denselben nach Maceration in verdünnter Salpetersäure allerdings auf. Es ziehen dann sehr feine und gedrängte , aber unregelmässige Querlinien über die ganze Breite der aus den blassen Fasern zusam- mengesetzten hellen Längsstreifen hinweg (Fig. 62 rechts). Isolirt man aber die einzelnen Fasern durch Zerzupfen , so zeigt sich , dass diese Querstreifung nicht bedingt ist durch eine Differenzirung der Substanz, wie bei den echten quergestreiften Muskeln , sondern vielmehr durch eine eigenthümliche Schrumpfung der blassen Fasern , an deren Ober- fläche sich viele übereinanderliegende ringförmige Binnen bilden, die durch scharfe vorspringende Riffe getrennt sind (Fig. 62 rechts unten) . Die dunkeln kernhaltigen Fasern werden durch verdünnte Salpeter- säure nicht in dieser Weise verändert, dagegen durch verdünnte Essig- säure werden sie körnig getrübt, während die Substanz der hyalinen Längsstreifen ganz hell bleibt. Die spindelförmigen Zellen werden der 94 VI. Anatomie von Carmarina hastata. Länge nach zu langen Bändern vereinigt durch ein Minimum einer fein- körnigen Kittsubstanz. Radiale Längsschnitte derTentakeln, welche durch die Längs- axe derselben gehen, werden nur selten durch einen glücklichen Zu- fall in einiger Vollkommenheit erhalten. Meistens fallen die so versuchten Schnitte derLängsaxe parallel oder schief gegen sie gerichtet. Die besten radialen Längsschnitte , welche ich erhielt, zeigten alle stets dasselbe Bild, nämlich eine Zusammensetzung aus den 4 folgenden Schichten: \. Zuinnerst, unmittelbar das Lumen des Tentakelcanals umschlies- send, findet sich ein Cylinderepithel von 0,03mm Mächtigkeit, ganz gleich der entsprechenden ersten Schicht des Querschnitts (t e). 2. Die zweite Schicht bildet eine hyaline gallertähnliche Substanz von 0,03mm Breite, welche zahlreiche feine, senkrecht (radial) zur Tentakelaxe ge- richtete Querstreifen zeigt; letztere sind nichts anderes, als die Grenzen der übereinander liegenden concentrischen Ringe der zweiten Schicht des Querschnitts (t c) ; ferner lässt sich an denselben oft auch eine äus- serst zarte Zeichnung wahrnehmen , als ob jeder Querstreif aus einer Reihe nebeneinander liegender rundlich-polygonaler Körperchen be- stünde ; dies sind die Querschnitte der einzelnen langen hyalinen Fa- sern, die die concentrischen Ringe zusammensetzen. 3. Die mächtigste, dritte Schicht, von 0,1 bis 0,l5mra Breite, lässt sich an etwas dickeren radialen Längsschnitten in mehrere übereinander liegende longitudinal- radialgestellte, abwechselnd dunklere und hellere Blätter zerlegen. Je- des dunkle Blatt zeigt sich ausschliesslich zusammengesetzt aus zahl- reichen parallel verlaufenden, sehr langen bandförmigen oder cylindri- schen Strängen von 0,003 bis 0,00Gmm mittlerer Breite. Jeder Strang lässt sich isoliren und ziemlich leicht zerlegen in eine Anzahl der oben beschriebenen kernhaltigen spindelförmigen Faserzellen. Hat man diese Schicht von der Schnittfläche des radialen Längsschnittes entfernt, so gelangt man auf die hyaline, durchsichtige, entweder ganz homogene oder fein längsslreifigc Lage, welche sich beim Zerzupfen in blasse kernhaltige Fasern (t 1) zerlegen lässt. Unter dieser kommt wieder eine Lage von dunkeln kernhaltigen Längsfasern u. s. w. i. Endlich die äusserste und vierte Schicht wird gebildet durch das äussere Tentakol- epithel (tu), dessen innerer Grenzcontour geradlinig, der äussere regel- mässig und tief wellenförmig gebogen ist. Die Wellenlhäler entsprechen den nesselfreien Internodicn, die Wellenbergeden ringförmigen Nessel- wülsten des Tentakels. An letzteren zeigt das Epithel dieselbe Zusam- mensetzung aus 3 Schichten wie auf dem Querschnitt. Hält man nun die so gewonnenen Bilder der Querschnitte und der tangentialen und radialen Längsschnitte zusammen, so ergiebt sich für VI. Anatomie von Oarmftrina hasta ta. 95 den Bau der radialen Haupttentakeln folgendes Resultat. Jeder Ten- takel besteht aus 3 concentrisch sich umschliessenden Hohlcylindern, einem inneren und äusseren Epithelialeylinder und einem dazwischen befindlichen, zum grossen Theile musculösen Cylinder von sehr zusam- mengesetzter Structur. Es besteht der letztere aus einem inneren con- centrisch geschichteten und einem äusseren radial geschichteten Theile. Der innere concentrisch geschichtete Theil (die zweite Lage unserer Querschnitte und radialen Längsschnitte) besteht aus einer einzigen Substanz, angeordnet in Form theils sich einschliessender, theils über- einander gelagerter Ringe. Jeder Ring ist zusammengesetzt aus vielen unregelmässigen, sehr langen und schmalen kernlosen Fasern von cy- lindrischer oder spindelförmiger Gestalt. Alle verlaufen in transver- salen Ebenen, die senkrecht zur Tentakelaxe stehen. Der äussere radial geschichtete Theil des mittleren Tentakelcylin- ders (die dritte Lage unserer Querschnitte und radialen Längsschnitte) bietet der genaueren Untersuchung die grössten Schwierigkeiten. Er ist zusammengesetzt aus einer grossen Anzahl (meistens 120) radial gestellter dünner Blätter, die durch die ganze Länge des Tentakels von seiner Wurzel bis zu seiner Spitze ununterbrochen hindurchlaufen. Diese radialen Blätter sind von zweierlei Art, hellere, mehr homogene, kernlose, und dunklere , mehr differenzirte, kernreiche. Helle und dunkle Blätter sind stets in gleicher Anzahl vorhanden und wechseln regelmässig miteinander ab. Beide sind in der Mitte der Schicht von ungefähr gleicher Dicke. Die hellen Blätter sind überall von gleicher Dicke (0,01 mm) ; die dunklen Blätter sind von aussen nach innen keil- förmig zugeschärft. Die hellen Biälter bestehen aus zahlreichen innig verbundenen, parallel verlaufenden, longitudinalen Fasern, welche sich in längere oder kürzere, unregelmässige, spindelförmige, kernlose, hyaline Fasern auflösen lassen, ganz gleich denjenigen, welche die con- centrischen Ringe der zweiten Schicht zusammensetzen. Die dunklen Blätter, welche scharf von den hellen geschieden sind , bestehen eben- falls aus zahlreichen innig verbundenen und parallel nebeneinander verlaufenden longitudinalen Fasern. Diese sind aber mit zahlreichen Kernen besetzt und zeigen sich zusammengesetzt aus zahlreichen der Länge nach aneinander gelegten , gestreckt spindelförmigen , glatten Faserzellen, deren jede einen ellipsoiden Kern in der Mitte umschliesst. Jedes dunkle Radialblatt besteht eigentlich aus zwei besonderen in die- ser Weise zusammengesetzten Blättern, welche durch ein wenig fein- körnige Zwischensubstanz getrennt sind, wie aus dem Querschnitte (Fig. (30 und 61) hervorgeht. So viel lässt sich also thatsächlich über den merkwürdigen und 96 VI. Anatomie von Cumarins hastata. complicirtcn Bau der radialen Haupttentakeln feststellen. Eine bestimmte Deutung aller Elementartheile vermag ich aber nicht zu geben ; nament- lich gilt dies von den hellen, schwach lichtbrechenden, kernlosen Fa- sern, welche als Ringfasern die zweite, concentrisch gestreifte Schicht (t c) und als Längsfasern die hellen Radialblätter der dritten , radial gestreiften Schicht (tl) zusammensetzen, sowie von den dunkeln, stark lichtbrechenden, kernhaltigen Fasern, welche die dunkeln Radialblätter (t m) derselben bilden. Jedenfalls ist wenigstens das eine dieser Ele- mente musculöser Natur, vielleicht auch das andere, wenn dies nicht vielleicht zur Gewebsgruppe der Bindesubstanzen gehört. Ob aber die dunkeln Fasern Muskeln und die hellen Fasern Bindegewebe sind, oder ob das Umgekehrte der Fall ist , oder ob beide Faserarten Muskelfasern von verschiedenem Bau und Werth sind, darüber muss vorläufig das Urtheil desshalb ganz ungewiss bleiben, weil beide Faserarten , sowohl die hellen kernlosen , als die dunkeln kernhaltieen Fasern ausschliess- lieh in den radialen Haupttentakeln der Geryoniden vorkommen , wäh- rend sie im übrigen Körper fehlen. Die motorischen Elemente des übrigen Körpers, namentlich des Velum, der Subumbrella und der Knorpeltentakeln der Larven, bestehen aus quergestreiften Muskelfasern, welche weder zu den hellen noch zu den dunkeln Fasern der Haupt- tentakeln irgend eine bestimmte Beziehung erkennen lassen. Allerdings ist auch ein grosser Theil der Magenwände (Fig. 73) aus glatten Mus- kelfasern zusammengesetzt. Allein die Aehnlichkeit derselben mit den hellen kernlosen Strängen der Tentakeln scheint bloss eine oberfläch- liche zusein, da sie nicht, wie die letzteren, beim Zerzupfen in die oben beschriebenen spindelförmigen Fasern , sondern in Bündel von äusserst schmalen und langen Fibrillen zerfallen. Erwägt man die ausserordentliche Contractilität der radialen Haupt- tentakeln, und namentlich den Umstand, dass dieselben sich nicht allein sehr bedeutend verkürzen , sondern auch stark der Quere nach ring- förmig einschnüren können , so erscheint es natürlicher, die contrac- tilen Elemente in den blassen kernlosen Fasern zu suchen. Es würde dann eine starke innere Ringmuskelfaserschicht (t c) vorhanden sein, während im entgegengesetzten Falle, wenn nur die dunkeln kernhalti- gen Fasern contractiler Natur wären, Ringmuskeln ganz fehlen würden. Die longitudinalen Muskelzüge würden in beiden Fällen gleich ent- wickelt erscheinen, da die Summe aller hellen und aller dunkeln Ra- dialblätter der drillen Schicht ungefähr gleich sein wird. Vergleicht man die beiderlei Fasern mit den glatten , nicht quergestreiften Muskeln anderer Thiere, so finden sich den hellen kernlosen Fasern ähnliehe Muskelbänder vielfach bei Mollusken, während die dunkeln VI. Anatomie von Carmaiina hastata. 97 kernhaltigen Fasern den contraetilen Spindelzellen der glatten Muskeln von Wirbelthieren sehr ähnlich sehen. Zur Vergleichung der beiderlei Fasern mit den glatten Muskelelementen anderer Coelenteraten fehlt es jetzt noch an genügenden Anhaltspuncten. Es sind sowohl kernlose als kernhaltige homogene Fasern als Muskelzellen bei verschiedenen Coe- lenteraten beschrieben worden. Offenbar steht der eigentümliche Bau und die Zusammensetzung der radialen Haupttentakeln aus diesen glatten Muskelzellen in ursäch- lichem Zusammenhang mit ihrer eigentümlichen Bewegungsweise. Ihre wurmförmigen Contractionen erfolgen nicht so plötzlich und mo- mentan, halten aber auch länger an , wie bei den quergestreiften Mus- keln des Velum, der Subumbrella und der Larvententakeln. Bei die- sen letzteren verläuft die Contraction gewöhnlich momentan in einer energischen Zuckung, auf welche sofort die Erschlaffung folgt, während bei jenen ersteren die Zusammenziehung in der Begel in keiner hefti- gen Zuckung , sondern allmählicher erfolgt und längere Zeit andauert. Die beiderlei contraetilen Elemente unterscheiden sich durch ihre Wir- kung in ähnlicher Weise , wie die glatten und quergestreiften Muskeln der Wirbelthiere. Die quergestreiften Muskeln der Cftrm«> wt bilden einen sehr dünnen, nur aus Längsfasern zusammengesetzten schlauchförmi- gen Ueberzug über die cylindrischen Knorpelskelete der interradialen Tentakeln (Fig. 64 y m) und der radialen Nebententakeln (Fig. 65 s m) der Larve, sowie über die Knorpelstäbe der 12 centripetalen Mantelspan- gen (h), welche am Schirmrande zu jenen hinführen (h m). Ausserdem setzen sie beim erwachsenen Thiere die L ocomotion so rgane zu- sammen, von denen die Subumbrella das schwächere , das Velum das stärkere ist. Das Velum (v) oder die Randmembran der erwachsenen Cor— mariria ist im erschlafften Zustande 5 bis 8mm breit, im stark contra- hirten noch nicht ein Drittel so breit. Seine Dicke beträgt 0,04 mm. Das Velum besteht in seiner ganzen Ausdehnung aus 4 übereinander- liegenden Schichten (Fig. 63, 64 und 71 v). Die der Schirmhöhle zu- gewandte obere Fläche ist von einem massig dicken Cylinderepithel (v s) überzogen, dessen fast kubische kernhaltige Zellen 0,01 8 mm hoch sind. Unter diesem Ueberzuge folgt die sehr entwickelte Bingmuskel- schicht (v c), deren Mächtigkeit 0,007mm beträgt. Unter diesen circular verlaufenden Fasern liegen die etwas schwächeren Radialmuskeln (v r) , die eine Lage von 0,005mm Dicke zusammensetzen. Die untere Fläche dieser Radialmuskelschicht endlich ist von einem Pflasterepithel (ve) Haeckel, Küsselquallen. 7 98 VI. Anatomie von Garmarina hasfata. überzogen, dessen breite kernhaltige Zellen kaum halb so hoch, als die des oberen Epithellagers sind, nur etwa 0,009 mm hoch. Die verschiedenen Schichten des Velum setzen sich nur theilweis auf die Subumbrella fort (Fig. 63, 64 und 71 ). Das untere Epithel des Velum ( v e ) geht aussen in das dickere Epithel des Knorpelrings über (u e). Das obere Epithel des Velum (v s) setzt sich continuirlich in das flachere Epithel der Subumbrella (e s) fort, dessen blasse kern- haltige Pflasterzellen sehr niedrig sind. Ebenso setzt sich die obere, aus den Circularfasern bestehende Muskelschicht des Velum (v c) un- mittelbar in die schwächere Ringsmuskellage der Subumbrella (m s) fort, deren concentrische Faserringe gegen den Grund der Schirmhöhle hin immer dünner und schwächer werden und an der Basis des Ma- genstieles sich ganz verlieren. In den Zwischenräumen zwischen den Radialcanälen liegen die Cirkelfasern der Subumbrella zum grossen Theil unmittelbar auf der Gallertsubstanz des Mantels, nach unten ge- gen den Rand hin auf dem subumbralen Epithel des Cirkelcanals (c s). An der Innenfläche der Radialcanäle dagegen und in deren nächster Umgebung finden sich unter den circularen auch theilweis noch einzelne Züge von longitudinal oder vielmehr radial verlaufenden Muskelfasern der Subumbrella , welche man als partielle Fortsetzungen der Radial- muskelschicht des Velum ansehen kann. Von solchen Radialmus- keln der Subumbrella lassen sich 18 einzelne Bänder deutlich un- terscheiden. Es verlaufen 6 schmale unpaare Radialmuskeln in der Mittellinie der Radialcanäle zwischen ihrem subumbralen Epithel und der Ringmuskelschicht. Sie verlieren sich an der Basis des Magenstiels, während die von ihnen begleiteten Radialnerven (a r) sich in der Mit- tellinie der Aussenfläche der Radialcanäle bis zum Magen fortsetzen (Fig. 88). Die 12 paarigen Radialmuskeln der Subumbrella sind etwas breitere Bänder, welche unmittelbar an den beiden Seitenwänden eines jeden Radialcanals wie längsstreifige Säume desselben verlaufen und namentlich bei jüngeren Thieren, deren Radialcanäle sich noch nicht zu den Genitaltaschen ausgebuchtet haben, sehr deutlich hervortreten. Im Grunde der Schirmhöhle, wo die Radialcanäle auf den Magenstiel um- biegen und sich dabei so sehr nähern , dass nur noch Zwischenräume von ihrer eigenen Breite zwischen ihnen übrig bleiben, werden die letzteren vollständig von den Muskeln ausgefüllt , indem je 2 convergi- rende benachbarte Radialmuskeln (der rechte Muskelsaum von einem jeden Radialcanal und der linke Muskelsaum von dem rechts daneben gelegenen Canal) zusammentreten zur Bildung eines einzigen starken Muskelstreifen, der nun als Längsmuskelband (Fig. 4 und 5 m) bis zum VI. Anatomie von Oarmartfla hastata. 99 Magengrunde herabsteigt und dort in die longitudinale Muskelschicht des Magens sich fortsetzt. 5. Nervensystem. D;ss Nervensystem lässt sich bei der grossen Carmavina hastata mit noch grösserer Sicherheit nachweisen als bei dem kleinen Glosso- codon cuvybta. Die Nervenstränge sind hier grösser, deutlicher und leichter von den Nachbartheilen zu isoliren, als bei dem letzteren , na- mentlich bei Larven mittleren Alters ; von besonderer Wichtigkeit aber ist es , dass es mir hier gelang, unzweifelhaft nervöse Elementartheile mit vollkommener Sicherheit in den Nervensträngen nachzuweisen (Fig. 92). Ueber die Ganglienzellen und die mit ihnen in Verbindung stehenden Nerven- fasern werde ich unten in dem Abschnitt, der von den Geweben handelt, besonders berichten. Hier will ich bloss die anatomische Verbreitung des Ner- vensystems in dem Körper der Carmavina so dar- stellen, wie ich mich nach vielen mühsamen Präpa- tig. 92. Ner\enfa- rationsversuchen endlich von ihr sicher überzeugt sern und Ganglien- . , , , , , , , , , . -, -,. ° zu haben elaube. Ich bemerke dabei, dass mir die zellen von Carma- D ' rina hastata, aus dem oben schon, bei Beschreibung des Mantelrandes er- Nervenring an der örterten Querschnitte die grössten Dienste leisteten. Austrittsstelle aus Bei Larven mittleren Alters kann man auch auf einem radialen Gan- Flächenansichten die Nervenstränge und ihre Gan- glion entnommen. .. , . . Kr ghen ziemlich leicht erkennen ( z. B. Fig. ob , 65 und 66). Bei älteren Thieren dagegen ist es ohne Querschnitte des Mantelrandes , namentlich an den Stellen , wo die Bandbläschen auf- sitzen und die Tentakelnerven abgehen, kaum möglich, zu einer klaren Anschauung des Nervenrings und der von ihm abgehenden Nerven- stränge zu gelangen. • Der Nervenring (a) am Schirmrande von Cavmarina hastata liegt so verborgen zwischen Cirkelcanal, Knorpelring und Velum , dass es nur selten und mit Mühe bei der Betrachtung von blossen Flächen- ansichten des erwachsenen Thieres gelingt , sich von seiner Anwesen- heit bestimmt zu überzeugen. Viel leichter und sicherer gelingt dies durch das Studium von Querschnitten des Schirmrandes. Hier erscheint der Bingnerv als ein cylindrischer, auf dem Querschnitt kreisrunder, oder von oben nach unten etwas abgeplatteter Strang (Fig. 71 a), des- sen Durchmesser nur etwa % bis % von dem des Knorpelrings beträgt. Wie schon bei Beschreibung des Schirmrandes erwähnt, liegt der Bing- nerv unmittelbar auf der oberen Fläche des Knorpelringes , so dass er 7 * 100 W« Anatomie von Cariimrina hastata. in verticaler Richtung den Knorpelring von dem unteren Rande des Cirkelcanales trennt. Ebenso ist er in horizontaler Richtung zwischen Aussenrand des Yelum und unteren Rand des Gallertmantels ein- geschaltet. Nirgends liegt also der Cirkelnerv frei an der Oberflache, und diese versteckte Lage erklärt zur Genüge, warum er bisher über- sehen wurde. Oben w ird derselbe vom Rinseefäss , unten vom Rinc- knorpel , aussen vom Gallertmantel und innen vom Velum verdeckt. Auf Querschnitten erscheint er vollkommen als Grenzmarke für diese i verschiedenen ringförmigen Theile, zwischen welche er eingeschaltet ist. An den Abgangsstellen der Tentakeln wird er ausserdem noch an der äusseren Seite von diesen letzteren und von den centripetalen Mantelspangen, an der oberen von den Randbläschen bedeckt (Fig. 63 und 64). Der Nervenring von Carmarina ist in 12 Ganglien (f) ange- schwollen, welche unmittelbar unter der Rasis der 12 Randbläschen liegen, und auf denen diese, wie auf einem Polster, aufsitzen (Fig. 63 bis 66). Die Ganglien erscheinen als ziemlich unregelmässige rund- liche Knoten oder flache rundliche Hügel , die 6 radialen etwas stärker gewölbt und umfangreicher als die 6 interradialen. Unten und theil- weise auch seitlich sind dieselben von dem oberen Theile des Rine- knorpels umschlossen und verdeckt, der bei Larven mittleren Alters hier eine spindelförmige Anschwellung bildet (Fig. 66). Von jedem der 1 2 Nervenknoten geht nach oben ein starker Nerv ab , welcher sofort durch das Rasalganglion (w) in das Innere der Sinnesbläschen (b) hineintritt und hier in die beiden gegenständigen Sinnesnerven sich theilt, die an der Innenfläche desselben verlaufen (n'l. Ausserdem schickt jedes der 1 2 Ringganglien einen Spangennerven (h n) ab, wel- cher nach aussen und oben zur Rasis der 1 2 knorpeligen Larvententa- keln verläuft. Jeder radiale Knoten giebt ausserdem noch einen Nerven ab, der das entsprechende Radialgefäss begleitet, und einen zweiten, welcher den zugehörigen radialen Haupttentakel versorgt. . Die 6 stärksten Nervenstränge des Schirmes nächst dem Ring- nerven sind die Radialnerven (a r) , welche als platte, breit lineare Ränder, begleitet von den 6 unpaaren radialen Muskelbändern der Sub- umbrella, in der Mittellinie der unteren (der Schirmhöhle zugekehr- ten) Wand der Radialcanäle verlaufen (Fig. 72 a r) , so dass sie hier nur von dem dünnen Ringmuskelbelege (ms) und dem zarten Epithel der Subumbrella bedeckt sind. Sie lassen sich längs des Verlaufs der Radialcanäle bis zum Magen herab verfolgen, wo ihr weitere« Verhalten wegen der Undurchsichtigkeit dieses Theils nur mit grosser Unsicher- heit verfolgt werden kann. Auch über die Oberfläche des Magen hin- VI. Anatomie von Cannarina hastata. 101 weg scheinen sie noch als 6 getrennte Fäden zu verlaufen und dort in die oben bezeichneten Furchen ! Fig. i a") eingeschlossen zu sein. Vielleicht bilden sie um den Mund einen zweiten Ring. Am leichtesten zu beobachten und zu isoliren ist derjenige Abschnitt der Radialnerven, der in Regleitung des Radiahnuskels in der Mitte der 6 Genitalblätter verläuft (Fig. \ bis 3 a r und Fig. G3 a r). Weit schwieriger als die 6 Radialnerven sind die 12 Spangen- nerven (h n) zu verfolgen, welche von den 12 Ganglien aus zu der Rasis der 6 interradialen (y) und zu der Rasis der 6 radialen Neben- tentakeln (st) verlaufen (Fig. 63). Diese sind viel schmäler und an Fasern ärmer als die Radialnerven und ausserdem bei ihrem blassen, zarten Aussehen auf Flächenansichten der Spangen schwer wahrzuneh- men. Auf Querschnitten dagegen überzeugt man sich leichter von ihrer Anwesenheit. Sie liegen unmittelbar unter dem mit Nesselzellen ver- sehenen Epithel der Mantelspangen, zwischen diesem (he) und zwi- schen dem Muskelrohre (h m), welches die Knorpelspange umgiebt. So lange die Larven tentakeln noch vorhanden sind, scheint sich der grösste Theil der Spangennerven in die letzteren fortzusetzen. Späterhin, nach dem Abfallen derselben, strahlen ihre Fäden von dem Ende der Mantel- spange über die Manteloberfläche aus. Die radialen Spangennerven sind schwächer als die interradialen. Von den Ganglien des Nervenringes , entweder bloss von den 6 radialen oder von allen 1 2 , gehen höchst wahrscheinlich auch Fäden in das Velum hinein. Doch ist es mir ebenso wenis bei diesen celun- gen, mich durch unmittelbare Reobachtung sicher von ihrem Verlaufe zu überzeugen, als bei den 6 Nervenfäden , welche von den 6 radialen Ganglien aus zu den 6 radialen Haupttentakeln zu gehen scheinen. Sehr leicht und sicher lassen sich dagegen die Sinnesnerven innerhalb der 1 2 Sinnesbläschen verfolgen , welche sogleich bei diesen beschrie- ben werden sollen. 6. Sinnesbläschen (Randbläschen). Die Sinnesbläschen oder Randbläschen (b) der Carmarina hastata gehören zu den grössten , die bei craspedoten Medusen vorkommen. Sie eignen sich wegen dieser beträchtlichen Grösse ganz besonders für eine genauere Untersuchung, zumal eine mit vollkommener Durchsich- tigkeit verbundene scharfe Abgrenzung der einzelnen Restandtheile den feineren Rau dieser interessanten und wichtigen Organe hier besser, als vielleicht bei den meisten anderen craspedoten Medusen zu erken- nen erlaubt. (Vergl. Fig. 7, 8, 63 b r, 64 b i und 66 b i.) Rei dieser 102 VI. Anatomie von Carmarina hastata. Art entdeckte ich zuerst die beiden halbkreisförmig gebogenen Sinnes- nerven (n'), welche von einem an der Basis des Randbläschens gelege- nen Ganglion [w] aussehen, an entgegengesetzten Seiten des Bläschens emporsteigen und oben sich mit ihren Nervenfasern durchflechten, während sie in ein mit Zellen gefülltes und ein Concrement (x) um- schliessendes kugeliges Sinnesganglion (s) eintreten. Erst nachdem ich diesen complicirlen Nervenapparat im Inneren der Randbläschen von Carmarina erkannt hatte, fand ich denselben nachher auch bei dem kleineren Glossocodon eurybia wieder, bei welchem seine wesentlichen Eigenthümliehkeiten oben bereits kurz beschrieben worden sind. Ebendaselbst sind auch die Angaben der früheren Beobachter über die Randbläschen der Geryoniden-Medusen miteinander verglichen und gezeigt worden, dass wir diese Körper zwar mit voller Bestimmtheit als eigenthümliche Sinneswerkzeuge , aber mit Sicherheit weder als Ge- hör- noch als Gesichtsorgane bezeichnen dürfen. Es scheint daher vor- läufig am sichersten, den neutralen Namen » Sinnesbläschen « für die- selben beizubehalten. Die 6 radialen und die 6 interradialen Bandbläschen von Carma- rina hastata sind von gleicher Grösse und Structur. Sie liegen nicht frei an der Aussenseite des Schirmrandes , wie man bisher annahm, sondern, wie die Querschnitte (Fig. 63 und 64) auf das Deutlichste zei- gen , eingeschlossen in den unteren Randtheil der hyalinen Mantel- gallerte, an der inneren Seite der Basis der 12 cenlripetalen Mantel- spangen, welche an ihrer Aussenseite in der Aussenfläche des Gallert- mantels emporsteigen. Ihre Innenseite berührt den unteren Rand und den untersten Theil der umbralen Wand des Cirkelcanals. Ihre Unter- seite oder Basis ruht auf einem Ganglion (f) des Nervenringes (ä), welches in dem inneren oberen Rande des Ringknorpels (u k) theil- weis eingesenkt liegt. Jedes Sinnesbläschen stellt eine durchsichtige Kugel von 0,2 mm Durchmesser dar, deren umhüllende homogene Membran (b) ziemlich derb und resistent , doppelt contourirt und an der Innenfläche von einer einzigen sehr dünnen Schicht Pflasterepithel ausgekleidet ist. Die grossen, hellen, sehr platten, polygonalen Zellen desselben, die einen flachen , länglich runden Kern umschliessen , treten namentlich bei jüngeren Thieren sehr deutlich hervor, während sie bei älteren oft schwer zu erkennen sind. An der innern Seite der Basis des Band- bläschens, wo dasselbe auf dem Knoten (f) des Nervenringes wie auf einem flachen Hügel aufsitzt, erhebt sich ein flaches, rundliches, wahr- scheinlich unmittelbar mit letzterem in Zusammenhang stehendes Pol- ster (w), das Basalganglion, welches aus rundlichen und spindel- 4 VI. Anatomie von Carmariua liastata. 103 förmigen Zellen mit Kern zusammengesetzt erscheint. Die beiden ent- gegengesetzten Enden desselben, rechtes und linkes, laufen in die bei- den Sinnesnerven (n') aus, welche bei dieser Art so scharf von den Nachbartheilen abgegrenzt, so gross und so deutlich aus feinen, parallel nebeneinander gelagerten Fasern zusammengesetzt sind, dass wohl jeder Zweifel an ihrer nervösen Natur schwinden muss. Man braucht nur vorsichtig und mit Vermeidung jeden Druckes die Rand- bläschen aus dem Rande auszuschneiden und unter dem Mikroskope nach verschiedenen Seiten zu rollen , um sich auf das Sicherste von dem nachstehend beschriebenen Verhalten der beiden Nerven zu über- zeugen. Die beiden Sinnesnerven sind halbkreisförmig gebogene Stränge, welche einander gegenüber an der Innenwand des Randbläs- chens dergestalt emporsteigen, dass beide zusammen einen vollständi- gen Ring oder Meridian bilden, und an dem oberen, freien, der basalen Anheftung entgegengesetzten Pole des Bläschens sich wieder berühren und durchkreuzen. Die Ebene dieses Meridianringes steht senkrecht Tauf der Ebene des Velum und zugleich senkrecht auf einem in der letz- teren liegenden Radius , den man von der Rasis des Randbläschens zu dem idealen Centrum des Velumkreises zieht. Es ist demnach die Con- vexität der beiden halbkreisförmigen Nervenbügel den beiden benach- barten Randbläschen zugewendet, so dass man bei der Ansicht der Randbläschen von aussen nur den schmalen Rand der bandförmig platt gedrückten beiden Stränge zu sehen bekommt. Der letztere Umstand dürfte wohl hauptsächlich Schuld daran sein, dass die beiden ansehn- lichen Nervenbügel den bisherigen Beobachtern völlig entgangen sind, zumal die Dicke der bandförmigen Bügel eine sehr geringe ist , so dass sie sich bei der Profilansicht (Fig. 66) nur wie eine starke Verdickung der Bläschen wand ausnehmen (vergl. auch Fig. 8). Die beträchtliche Breite (0,0Amm) der Nervenbügel wird man erst gewahr, wenn man das Bläschen rollt, so dass man erstere von verschiedenen Seiten sieht (Fig. 8 halb von aussen , halb von oben , Fig. 7 halb von aussen , halb von der Seite) . Am deutlichsten aber tritt jeder Sinnesnerv auf verti- calen Radialschnitten des Mantelrandes hervor, wobei man das Rand- bläschen von der dem benachbarten Bläschen zugewandten Seite und den Nerven somit in seiner ganzen Breite als einen gleich breiten Strang zu sehen bekömmt, der scheinbar senkrecht von dem basalen unteren zu dem freien oberen Pole des Bläschens emporsteigt (Fig. 63 und 64 n'). Die Nerven des ganz unveränderten aus dem lebenden Thiere herausgeschnittenen Randbläschens (Fig. 7) erscheinen zwar sehr blass und zart, wasserhell und farblos, lassen jedoch sowohl die seitlichen 104 VI. Anatomie von Carmariua liastata. Grenzlinien als auch eine feine fibrilläre Längsslreifung deutlich er- kennen. Letztere tritt sehr scharf hervor nach Behandlung der Bläs- chen mit verschiedenen die Nervensubstanz trübenden Reagentien, z. B. verdünnten Mineralsäuren und Sublimat Fig. 8). Es werden dann auch zahlreiche feine, stäbchenförmige Kerne sichtbar, welche die parallelen Längsstreifen stellenweise unterbrechen und der Nervenring zeigt nun ein Aussehen, welches keine andere Deutung als eine Zusam- mensetzung aus feinen, parallel nebeneinander verlaufenden und stel- lenweise mit kleinen Kernen besetzten Fasern zulässt. Eingeschaltete Ganglienzellen sind während des Verlaufes der Nervenfasern an der Bläschenwand nicht zu erkennen. An dem freien , d. h. an dem nach oben gewendeten und dem Basalganglion entgegengesetzten Pole des Randbläschens angelangt, bie- gen sich die beiden gegenständigen Nervenbügel, noch ehe sie sich be- rühren, wieder ein wenig nach unten um und gehen dann, indem sie sich mit ihren pinselförmig ausstrahlenden Fasern kreuzen und durch- flechten, in eine eigenthümliche Art von Ghiasma ein. Diese Durch- kreuzung geschieht, während die beiden Nervenbügel in das Sinnes- ganglion eintreten, welches mittelst der umgebogenen und gekreuzten Nervenstränge , w ie durch einen kurzen , dicken Stiel , an der oberen Wölbung des Randbläschens befestigt ist. Das Sinnesganglion (s) ist eine, weiche , helle Kugel, deren Durchmesser (0,1 m"1) halb so gross, als der des Randbläschens ist, und die von einer doppelt contourirten , aber sehr zarten und zerreis- baren hellen, homogenen Membran umschlossen wird. Den Inhalt die- ser membranösen Kapsel bilden dicht aneinander gedrängte , gleich grosse und durch gegenseitigen Druck polygonal abgeplattete Zellen, welche an dem frischen Randbläschen oft kaum zu erkennen sind oder nur als ganz helle, homogene Körperchen erscheinen (Fig. 7). Nach Zusatz von Sublimat oder von verdünnten Säuren treten aber sofort die Grenzen und die Kerne der einzelnen Zellen sehr scharf und deutlich hervor (Fig. 8). Bald in der Mitte des Sinnesganglion, bald mehr excentrisch, bald der membranösen Wand desselben anliegend, ist darin das Concrement (x) eingeschlossen, welches gewöhnlich als »Otolith« bezeichnet wird. Meistentheils scheint dasselbe wandständig in dem unteren freien Theile des Sinnesganglion zu liegen, welcher der oberen Eintrittsstelle des Nerven entgegengesetzt ist. In der Regel ist diese Concrelion bei Curmarina eine ansehnliche Kugel , deren Durch- messer (0,05 mm) die Hälfte von dem des Sinnesganglion und 74 von dem des Randbläschens beträgt. Seltener ist die Form derselben unregel- mässig rundlich oder höckerig. Bisweilen findet sich , der Oberfläche VII. Metamorphoso von Carniarina hastata. 105 derselben aufsitzend, oder in eine kleine Vertiefung derselben flach eingesenkt, noch eine zweite kleinere Concretion (»Nebenotolith«). Der Otolith ist verkalkt, stark lichtbrechend, dunkel glänzend und zeigt deutlich seine Zusammensetzung aus zahlreichen concentrischen Schich- ten. Diese bleibt auch an der organischen Substanz noch sichtbar, welche zurückbleibt, wenn man durch verdünnte Sauren die Kalksalze entfernt. Der Kalk scheint an Phosphorsaure gebunden zu sein und löst sich in Sauren ohne Entwickelung von Gasbläschen. Dasjenige Strueturverhältniss , welches an den Randbläschen am schwierigsten festzustellen ist und dessen Erkenntniss doch von dem grössten Interesse wäre , ist die Endigungsweise der in das Sinnes- ganglion eingetretenen Nervenfasern. Die beiden Sinnesnerven kreuzen und durchflechten sich, während sie von oben her in das Sinnesganglion eintreten und scheinen dann ihre gekreuzten Fasern in der Weise zwi- schen den Zellen des Kapselinhaltes pinselförmig auszustrahlen , dass die obere Hälfte des Concrementes von einem kegelförmigen , nach un- ten offenen Fasermantel umgeben ist (Fig. 7). Vielleicht stehen die En- den der Nervenfasern mit den Zellen in Zusammenhang. Doch habe ich mir darüber keine Gewissheit verschaffen können. Andere Male hatte es mehr den Anschein, als ob die Nervenfasern nach ihrem Ein- tritt in das Sinnesganglion zunächst rings um einen abgestutzten Kegel sich ausbreiteten , dessen breite Basis den oberen Pol des kugeligen Concrementes umfasst. Bisweilen schien das ganze Concrement von einer Faserhülle umgeben zu sein. Es ist aber bei der Zartheit der nervösen Gebilde sehr schwer, diese Verhältnisse festzustellen, um so mehr, da jeder Druck und jede Zerrung bei der Beobachtung vermieden werden muss und eine mechanische Präparation, z. B. Freilegung und Ausschälung des Sinnesganglion aus dem Randbläschen, gar nicht aus- zuführen ist. Sowohl die Zellen des Sinnesganglion, als die Fasern der Nervenbügel sind so äusserst weich , zart und verletzbar, dass der lei- seste Druck genügt, ihre Structur unkenntlich zu machen. VII. Metamorphose von Carniarina hastata (Geryonia hastata). (Hierzu Taf. IV). Die Entwickelungsgeschichte und die Formenwandlungen der Car- mariniden oder sechszähligen Geryoniden waren bisher nicht bekannt. Larven der Carniarina hastata von sehr verschiedenen Entwicklungs- stufen , welche ich in Nizza gleichzeitig mit den erwachsenen Thieren 1 06 W« Metamorphose von Carmariiiii hastata. fischte, Silben mir Gelegenheit, den Verwandlungsgang dieser Art im Zusammenhange darzustellen. Die Metamorphose von Garmarina hastata folgt im Grossen und Ganzen denselben Gesetzen, wie die oben be- schriebene Verwandlung des Glossocodon eurybia. Nur ist natürlich überall der Unterschied durchgreifend, dass bei dem letzteren alle Or- gane in Vierzahl oder im Multiplum von Vier sich entwickeln , wäh- rend bei Carmarina alle Organe in Sechszahl oder im Multiplum von Sechs auftreten. Doch finden sich auch ausserdem noch mancherlei Abweichungen, namentlich im feineren Baue der Larvenorgane, vor, die immerhin eine gesonderte Betrachtung dieser Entwickelung recht- fertigen. Die Herkunft der Larven blieb mir bei Carmarina leider ebenso wie bei Glossocodon unbekannt, da sie sämmtlich von der Oberfläche des Meers weggefangen wurden. Versuche, aus befruchteten Eiern Larven zu ziehen , schlugen auch hier fehl. Ich bedaure dies um so mehr, als die im nächsten Abschnitt zu beschreibende Knospenbildung in der Magenhöhle der Carmarina gänzlich verschiedenen Medusen den Ursprung giebt und die Fortpflanzungsweise dieser Species mit einem Generationswechsel der merkw ürdigsten Art verknüpft sein lässt. Zunächst ist im Allgemeinen von unseren Larven zu bemerken, dass bei Carmarina nicht das ungleichzeitige Auftreten der alterniren- den homotypischen Theile eines und desselben Kreises zu beobachten ist, welches bei Glossocodon so sehr die Regel ist, dass wir danach jedes Stadium der Larvenentwickelung des letzteren in zwei untergeordnete Abschnitte eintheilen konnten. In jedem der drei Tentakelkreise von Glossocodon, sowie in den beiden Kreisen von Sinnesbläsehen (radialem und interradialem Kreise) erscheinen regelmässig zuerst nur zwei ge- genüberstehende homotypische Theile, denen dann das zweite damit alternirende Paar erst später nachfolgt. Dieses ungleichzeitige Auf- treten lässt sich an den Tentakeln oft noch längere Zeit hindurch an der ungleichen Länge der alternirenden Paare wahrnehmen. Nur aus- nahmsweise treten hier alle 4 homotypischen Organe gleichzeitig auf. Bei den Larven von Carmarina dagegen scheint das gleichzeitige Er- scheinen aller homotypischen Theile eines jeden Kreises die vorherr- schende Regel zu sein. Wenigstens habe ich keine Larven beobachtet, bei denen nur 3 ( oder nur 2 oder 4 ) homotypische Tentakeln oder Randbläschen entwickelt gewesen wären und die anderen noch gefehlt hätten. Nicht einmal geringe Unterschiede in der Länge gegenständiger oder alternirender Tentakeln, oder merkbare Differenzen in der Grösse correspondirender radialer oder interradialer Randbläschen eines und desselben Kreises, welche eine ungleichzeitige Entwickelung derselben VII. Metamorphose von Carmarina hastata. 107 verrathen hätten, Hessen sich jemals mit Bestimmtheit nachweisen. Es scheinen also stets alle sechs homotypischen Theile eines jeden Krei- ses gleichzeitig hervorzusprossen. Die zeitliche Aufeinanderfolge in der Entwickelung der verschie- denen Organe ist bei Carmarina hastata fast dieselbe wie bei Glossoco- don enrybia, so dass also die verschiedenen Anhänge des Schirms und die Sinnesbläschen auch hier die gleiche Reihenfolge des Erscheinens einhalten, nämlich: 1. die radialen Nebententakeln; 2. die interradia- len Tentakeln; 3. die interradialen Randbläschen; 4. die radialen Haupttentakeln; 5. die radialen Randbläschen. Ebenso verschwinden von den beiden nur der Larve zukommenden Tentakelkreisen zuerst die radialen Nebententakeln und dann die interradialen Tentakeln. Es Hessen sich also auch hier die oben bei Glossocodon unterschiedenen acht Perioden der Metamorphose nachweisen. Da wir bei jener Liriopide bereits dieselben ausführlich geschildert haben, so möge hier von der Carmarinide eine kurze Charakteristik der einzelnen Stadien genügen, mit besonderer Erwähnung der Abweichungen, welche der Entwicke- lungsgang der Carmarina gegenüber dem der Liriope zeigt. Die jüngste von mir beobachtete Larvenform der Carmarina hastata ist in Fig. 54 dargestellt. Es entspricht dieselbe nicht dem ersten, son- dern dem zweiten Entwickelungsstadium , das ich von Glossocodon beobachtet habe , indem der kugelige Körper bereits mit dem ersten Kreise der Anhänge, mit den 6 radialen Nebententakeln besetzt ist. Es maass diese kugelige Larve, die mir nur in einem einzigen Individuum zu Gesicht kam, ungefähr I mm im Durchmesser. Der grösste Theil des Körpers besteht aus einer durchaus homogenen und structurlosen Gal- lertmasse.' An der einen Seite befindet sich eine kleine napfförmige Aushöhlung, die erste Anlage der Schirmhöhle, ausgekleidet mit einem trübkörnigen, grosszelligen Epithel. Der Höhlenrand ist wulstig ver- dickt, dunkel und setzt sich als kreisrunder breiter Ring in eine hori- zontal vorspringende Membran fort, welche zeitweise (im Zustande höchster Contraction) ganz geschlossen, zeitweise von einer weiten kreisrunden, centralen Oeff'nung, wie ein Diaphragma, durchbrochen erscheint. Es ist dies das gut entwickelte Velum, welches in dieser Periode die Stelle des Mundes vertritt, sowie die gesammte Schirmhöhle anstatt des noch fehlenden Gastrovascularsystemes zu functioniren scheint. Das dunkle, körnige, aus dickwandigen Cylinderzellen be- stehende Epithel der Schirmhöhle ist das einzige Ernährungsorgan. Der verdickte Rand des Velum , in welchem schon die erste Anlage des Knorpelringes sich erkennen lässt, ist besetzt mit 6 gleichweit von- einander entfernten , noch sehr kurzen , dicken , cylindrischen Tenta- 10S W. Metamorphose von Carmarina hastata. kein, die vollkommen den radialen Nebententakeln der Larven von Glossocodon entsprechen. Die näehslälteren Larven der Carmarina, welche mir zur Beob- achtung kamen , entsprachen der dritten Entwickelungsperiode des Ghssocodon. Eine solche ist in Fig. 55 halb von oben, halb von aussen dargestellt. Zu den 6 radialen Nebententakeln treten jetzt noch 6 in- terradiale hinzu, die mit denselben alterniren. Die Form des Schirmes beträgt etwa % einer Kugelfläche von 2 mm Durchmesser, welche unten durch die Ebene des Velum , von etwa I % mm Durchmesser, abge- schnitten ist. Die Schirmhöhle findet sich sehr bedeutend erweitert, so dass die Gallertmasse des Schirms beträchtlich reducirt ist. Die Schirm- höhle übt nicht mehr die Function einer verdauenden Cavität und das sehr ausgedehnte, mit weiter Oeffhung versehene Yelum nicht mehr die Function des Mundsaumes. Vielmehr ist die Anlage des Gastrovas- cularsystems bereits vorhanden in Form von 6 ziemlich schmalen, flach bandförmigen Canälen , welche von dem Mittelpuncte der unteren Schirmfläche ( Subumbrella ) ausgehend, in derselben radial nach dem Rande zu verlaufen und sich hier in einem schmalen Ringgefäss ver- einen. Den centralen Vereinigungspunct der 6 Radialcanäle bildet eine ganz flache, in die Ebene der Subumbrella eingesenkte Magentasche, welche sich durch eine sechseckige, von einem verdickten Lippenwulst umgebene Mundöfthung in die Schirmhöhle öffnet. Bei geöffnetem Munde springen die 6 Ecken desselben scharf ein gegen den Abgang der Radialcanäle. Sowohl die radialen als das circulare Gefäss sind noch sehr schmal, nur ungefähr so breit als die interradialen Tentakeln, de- ren Auftreten diese dritte Periode charakterisirt. Unmittelbar unter dem unteren Rande des Ringgefässes, wo zugleich der untere Rand des Gallertmantels an den äusseren Rand des Velum grenzt , markirt sich jetzt schärfer der dunkle, glänzende Streif, der schon bei der ersten Larve (Fig. 51) als erste Anlage des Knorpelringes erkennbar ist. Die 12 Tentakeln, welche die Larve in diesem und im nächstfol- genden vierten Stadium besitzt, sind dergestalt vertheilt, dass die 6 interradialen jüngeren unmittelbar dem äusseren Rande des Knorpel- ringes aufsitzen, während die 6 mit ihnen alternirenden radialen Ne- bententakeln bereits vom Rande an die Aussenfläche des Schirmes hi- naufgestiegen sind , und mit dem Knorpelringe nur noch durch eine centripetale Manlelspange zusammenhängen. Die 6 radialen Neben- tentakeln haben oft schon in diesem Stadium den höchsten Grad ihrer Enlwickelung erreicht und erscheinen als ansehnlich dicke Cvlindcr, doppelt so stark als die interradialen , hinter denen sie allerdings an Länge bald bedeutend zurückbleiben. VII. Metamorphose von Carmarina hasfata. 109 Die 1 2 Larvententakeln der Carmarina fehlen wie bei Glossocodon dem erwachsenen Thiere völlig und sind also wesentlich als vorüber- gehende Larvenorgane zu betrachten. Sie sind in Bau und Verrichtung völlig verschieden von den erst später auftretenden radialen Haupt- tentakeln, die dem geschlechtsreifen Thiere allein übrig geblieben sind. Während die letzteren hohle , wurmförmig bewegliche Cylinder sind, die den oben ausführlich geschilderten, eigentümlichen und compli- cirten Bau zeigen , sind dagegen die radialen Nebententakeln (s t) und die ebenso gebauten interradialen Tentakeln (y) der Larven von Car- marina starre, solide Cylinder, die völlig von jenen in der Structur und in den Bewegungserscheinungen abweichen (Fig. 64 und 65). Sie beste- hen wesentlich aus einem cylindrischen Knorpelstreifen, welcher von einem Schlauche quergestreifter longitudinaler Muskelfasern umschlos- sen und über diesem aussen von einem Epitheliallager umhüllt ist. Der Medusenknorpel , welcher die formgebende Grundlage und die Hauptmasse der 12 Larvententakeln bildet, besteht an den radialen Nebententakeln der Carmarina aus einer einzigen Reihe sehr dickwan- diger, kurz cylindrischer Knorpelzellen, die wie die Münzen einerGeld- rolle übereinander liegen (Fig. 65 s k). Ihre Zahl beträgt bei den läng- sten und höchst entwickelten Tentakeln höchstens 10 bis 15. Dagegen sind die Knorpelzellen der interradialen Tentakeln weit zahlreicher und grösser, aber auch viel dünnwandiger und liegen nicht in einer , son- dern in mehreren Reihen neben- und hintereinander (Fig. 64 y k). Sie sind durch gegenseitigen Druck polygonal abgeplattet. Auf Quer- schnitten durch einen ganz entwickelten interradialen Tentakel würde man an derRasis etwa 6 bis 10, in der Mitte 'S bis 6, im äusseren Ende 2 bis 4 Zellen nebeneinander finden. Der Muskelschlauch, welcher den Knorpelcylinder unmittelbar umschliesst, besteht nur aus einer einzi- gen , sehr dünnen Lage von quergestreiften Muskelfasern, die regel- mässig und sehr dicht nebeneinander gelagert, der Länge nach ver- laufen. Circulare oder radiale Muskeln fehlen gänzlich. Zwischen dem Muskelschlauch und dem Knorpelcylinder, strecken weis auch zwischen Zellen des letzteren , verläuft an den interradialen Tentakeln ein dün- ner Nerv, die Fortsetzung des Spangennerven (Fig. 64 yn). Er er- scheint als ein dünner, blasser, feinfaseriger, mit einzelnen spindel- förmigen (Ganglien?) Zellen durchsetzter Strang, der an die einzelnen Nesselpolster Aeste abgiebt. Der Epithelialüberzug , der das Muskel- rohr sehr locker anliegend umschliesst, so dass er bei starker Verkür- zung der Tentakeln sich in circulare Falten legt (Fig. 64 y e und 65 s e), besteht aus einer einfachen Lage ziemlich grosser , flach gewölbter Zel- len , welche an bestimmten Stellen Nesselkapseln entwickeln. An den 110 VII. Metamorphose von Carmarina liastata. radialen Nebentcntakeln sind die sämmtlichen Nesselzellen in einen einzigen grossen, kugeligen Knopf radial dergestalt zusammengestellt, dass ihre verlängerten Axen sich im Centrum der Kugel treffen würden. Der Durchmesser des Knopfs ist fast doppelt so gross als derjenige des darunter befindlichen äusseren Tentakelendes. Der Nesselknopf trägt einen kurzen und sehr dünnen peitschenförmigen Anhang, aus kleinen, hellen , polyedrischen Zellen zusammengesetzt. An den interradialen Tentakeln sind die Nesselzellen auf eine Anzahl concav-convexer kreis- runder Polster vertheilt, welche mit ihrer concaven Fläche höchstens ein Drittel von der Oberfläche des cylindrisehen Muskelschlauchs um- fassen. Die Nesselzellen sind in diesen Polstern derart radial zusam- mengestellt , dass ihre verlängerten Axen sich in der Cylinderaxe schneiden würden. Die Polster sitzen sämmtlich an der unteren oder inneren, subumbralen (gewöhnlich am aufwärtsgeschlagenen Ten- takel nach aussen gekehrten) Seite des Tentakels in der Art in einer Reihe hintereinander, dass sie durch ungefähr ebenso breite Zwischen- räume voneinander getrennt sind. Die Zahl der Nessehvarzen nimmt mit dem Alter der Larve zu. Im Zustande der höchsten Entwicklung besitzt jeder interradiale Tentakel von Carmarina bis zu 12 Nessel- polster hintereinander (Fig. 58 und 59) . Sowohl die interradialen als die radialen Nebententakeln ent- wickeln sich sämmtlich vom Schirmrande aus, mit dem sie auch spä- terhin, wenn sie an der Aussenfläche des Schirmes in die Höhe gerückt sind, durch die centripetalen oder marginalen Mantelspangen (h) noch in continuirlicher Verbindung bleiben. s Es setzen sich daher auch sämmtliche Gewebsschichten des Mantelrandes auf die Mantelspangen und von da auf den Schirm fort, und die Mantelspange gleicht in ihrem Baue , wie bereits oben gezeigt wurde , wesentlich einem Larventen- takel. Der dünne , cylindrische , aus einer einzigen Zellenreihe beste- hende Knorpelstreif, welcher die Grundlage der Mantelspange bildet, geht vom Knorpelring des Mantelrandes aus und verbindet denselben continuirlich mit dem knorpeligen Cylinder der Larvententakeln. Der cylindrische Muskelbeleg der letzteren setzt sich ebenso continuirlich als unmittelbare Umhüllung auf die Knorpelspange und von deren Ba- sis auf den Aussenrand des Velum fort. Der radiale Nerv, welchen die Mantelspange vom Randganglion zur Basis des Tentakels führt, setzt sich unmittelbar auf letzteren fort, und endlich das Nessclzellen führende Epithel des Tentakels hängt durch den ebenso gebauten Epithelialüber- zug der Spange continuirlich mit dem gleichen Ueberzuge des Ring- knorpels zusammen. Die Zahl der Nesselpolster an den interradialen Tentakeln steigt VII. Metamorphose von Carmarina Iiastata. 111 noch während der dritten Entwickelungsperiode, in der sie zuerst auf- treten , von einem bis zu 3 bis 4. In dem darauf folgenden Stadium steigt sie auf 5 bis 6 und die Länge der Tentakeln kommt nun ungefähr dem Schirmradius gleich (Fig. 56). In dieser vierten Periode tre- ten die ersten Sinnesbläschen auf und zwar die 6 interradialen Bläschen (Fig. 66 und 64 b i). Sie erscheinen zuerst als helle halb- kugelige Wülste, welche mittelst eines kleinen, dunkeln, feinkörnigen Knotens auf einer stark spindelförmig verdickten Stelle des Knorpel- rings aufsitzen; dieser Knoten (Fig. 66 f) ist die Anlage des Rand- ganglion ; denn auch das Nervensystem, welches vielleicht schon früher angelegt ist, tritt nun deutlich erkennbar hervor. Der Nervenring (Fig. 66 a) wird als sehr feiner, blasser, längsfaseriger Streif hinter dem oberen Rande des Ringknorpels sichtbar, ebenso der Radialnerv an der unteren Wand des Radialcanales. In den homogenen glashellen Sinneskörperchen wird bald eine Differenz zwischen einer äusseren Hülle (b) und einem eingeschlossenen hellen, kleineren Körperchen (s) sichtbar, dem Sinnesganglion ; und im letzteren tritt bald die dunklere Concretion deutlich hervor. Das Bläschen dehnt sich kugelig aus und hebt sich mehr und mehr von dem darunter liegenden Knoten (f) ab. Die weiteren Veränderungen der Larve in diesem vierten Sta- dium sind wenig bedeutend. Die Schirmhöhle flacht sich fast halbku- gelig ab , indem der Mantelrand beträchtlich wächst. Der Durchmes- ser des Schirms erreicht nun un- gefähr 3 mm. Der Magen erhebt sich ein wenig über die Fläche der" Subumbrella, als kurzer, von ei- nem wulstigen Lippenrand umge- bener (Minder. In letzterem wer- ■J den gegen 50 kleine Nesselwar- zen bemerkbar. Die folgende fünfte Periode der Entwicklung (Fig. 57) ist charakterisirt durch das Auftreten der 6 bleibenden radialen Haupttentakeln (t). Dieselben er- scheinen zuerst als ganz kleine, runde Warzen an der Aussenfläche des Schirmes, welche wie kurze taschenförmige Ausstülpungen des Ring- gefässes nach aussen oberhalb des Knorpelringes hervorragen. Sie tre- ten hier (von aussen oder unten betrachtet) rechts neben der Basis der Fig. 97. Schema eines radialen Ver- ticalschnittes durch eine Larve von Car- marina Iiastata (ans der vierten Entwi- ckelungsperiode), rechts durch einen ra- dialen Nebententakel , links durch einen interradialen Knorpeltentakel geführt. b. Randbläschen, c. Ringcanal. h. Man- telspange, k. Magen. 1. Gallertmantel. r. Radialcanal. s t. Radialer Nebenten- takel, u k. Knorpelring. v. Velum. y. Jn- terradialer Tentakel. 112 VII. Metamorphose von Carmarina hastata. benachbarten marginalen Mantelspange hervor, welche von demSchirm- rantl zu dem darüber gelegenen radialen Nebentenlakel emporsteigt. Die radialen Haupttentakeln unterscheiden sich also nicht allein im Bau und den Bewegungserscheinungen, sondern auch in derEntwickelungs- weise wesentlich von den radialen Nebententakeln (s t) und den inter- radialen Tentakeln (y). Die beiden letzteren sind von Anfang an solide Fortsatze oder Ausläufer des Schirmrandes, dessen verschiedene Ele- mente (Knorpel, Muskeln, Nerv. Nesselepithel) in ihre Zusammensetzung eingehen. Die radialen Haupltentakeln dagegen zeigen sich von Anbe- ginn an als hohle , blindsackförmige Ausstülpungen des Cirkelcanales, dessen Epithel sich in ihren Axencanal fortsetzt (Fig. 98 t). Wahrend nun die radialen Haupttentakeln rasch wachsen, beginnt auch das Gastro vascularsystem in der fünften Periode sich weiter zu entwickeln. Der Magenschlauch, welcher bisher als ganz flache Tasche in die Mitte der Subumbrella eingesenkt lag , verlängert sich zu einem dickwandigen C\ linder, der bis zur halben Höhe der Schirmhöhle herabhängt und an der erweiterten Mundöffnung oft in 6 Falten gelegt, fast sechslappig erscheint. Im Grunde des Magensackes verlängert sich die Gallertsubstanz des Mantels in ein frei vorragendes conisches Zäpf- chen, die Anlage des Zungenkegels. Die ersten Centripetalcanäle treten als zungenförmige Blindsäcke in der Mitte zwischen je 2 Badialcanälen deutlicher hervor, nachdem sie schon in der vierten Periode durch Vor- wölbung des Cirkelcanals über der Basis der interradialen Tentakeln angelegt worden waren. In der sechsten Periode bringt das Erscheinen der 6 radia- len Randbläschen die progressive Entwickelung der Carmarina zum Abschluss (Fig. 58) . Dieselben bilden sich in gleicher Weise wie die interradialen und erscheinen zuerst als helle, halbkugelige Knöpf- chen an der Basis der radialen Mantelspangen , links neben der Ab- gangsstelle der radialen Haupttentakeln. Die letzteren haben durch ra- sches Wachsthum schon eine ansehnliche Länge erreicht, welche den Schirmdurchmesser bedeutend übertrifft, der jetzt ungefähr 8 mm be- trägt. Der Schirm wird flacher gewölbt, indem namentlich der Schirm- rand stark nach aussen wächst und die Schirmhöhle sich auf Kosten der Gallertsubstanz des Mantels ausdehnt. Dadurch werden auch die Man- telspangen länger ausgezogen, während die 121 knorpeligen Larven- tentakeln an der Aussenlläche des Schirmes in die Höhe steigen. Von den letzteren gehen die radialen Nebenlentakeln nun schon ihrem Ende entgegen, indem sie ihren Nesselknopf verlieren und als schlaffe Fäden herabhängen. Auch das Wachsthum der interradialen Tentakeln, VII. Metamorphose von Carmariiiii hastata. 113 Fig. 98. Schema eines radialen Ver- tioal Schnittes durch eine Larve von Car- viarina hastata ( aus der sechsten Ent- wickelungsperiode) , rechts durch einen welche jetzt 10 bis 12 Nesselpolster an der subumbralen Seite tragen, schliesst jetzt ab. Das Gastrovaseularsystem zeigt seine weitere Ausbildung in der sechsten Periode einmal durch die Ausbildung neuer Centripetalcanäle und sodann namentlich durch das Heranwachsen des Magenstieles. Neben jedem Centripetalcanäle erster Ordnung (Fig. 98 e) (der einer interradialen Mantelspange entspricht ) tritt rechts und links , in der Mitte zwischen ihm und dem benachbarten Cirkelcanale , ein neuer kürzerer Blindsack als Ausstülpung des Cirkelcanals nach oben hin auf, so dass jetzt die Larve im Ganzen schon 1 8 blinde Centripetalcanäle besitzt. Der Magenstiel entsteht dadurch , dass der Zungenkegel (Fig. 98z), der schon in der vorigen Periode als ein kurzer conischer Zapfen von der Mitte des Schirm- höhlengrundes aus in die Magen- höhle hineingewachsen war, sich nun beträchtlich verlängert und ringsum mit der Magenwand ver- radialen hohlen Haupttentakel , links wächst, so dass bloss die 6 Radial- durch einen interradialen Knorpeltenta- can.jle offen bleiben. Während kel seführt. h. Randblüschen. c. Rins- ■• i • •■ diese vorher gemeinsam in die flache Magentasche mündeten, lau- fen sie nun getrennt an der Ober- fläche des Macenstiels herab , um erst an dessen Ende in die eigent- liche Magenhöhle zieh zu öffnen. Diese erscheint an der in Fig. 58 ab- gebildeten Larve nur als eine sehr kleine, Hache Glocke, deren Mund- saum in 6 Zipfel ausgezogen ist und in deren Höhlung die kurze freie Spitze des Zungenkegels verborgen liegt. Carmurina hastata ist jetzt, am Ende der sechsten Periode, bei einem Schirmdurchmesser von 81""1, mit verschiedenartigen Anhängen weit reicher ausgestattet als das erwachsene geschlechtsreife Thier, in- dem sie nicht weniger als 3 verschiedene Kreise von je 6 Tentakeln trägt. Die weiteren Veränderungen, welche das Thier nun noch zu durchlaufen hat, bestehen einestheils in der Ausbildung der Genitalien und der noch fehlenden Centripetalcanäle dritter Ordnung ; andern- theils in einer Reduction der Tentakelanhänge, von denen zuerst die 6 radialen Nebententakeln und dann auch die 6 interradialen Tentakeln abfallen, so dass schliesslich nur die 6 hohlen radialen Haupttentakeln H a e c k e 1, Küsselquallen. 8 canal. e. Centripetalcanal. h. Mantel- spange, k. Magen. 1. Gallertmantel. r. Radialcanal. t. Radialer Haupttenta- kel, uk. Knorpelring. v. Velum. y. In- terradialer Tentakel. z. Zunge. 1 14 VII. Metamorphose von Carniariua hastata. übrig bleiben. Man könnte demgemäss noch 2 Stadien der Verwande- lung unterscheiden. Das siebente Stadium , durch den Wegfall der radialen Nebententakeln (s t) charakterisirt , ist in Fig. 59 dargestellt. Die radialen Haupttentakeln sind bei diesen Larven , deren Schirmdurch- messer 12 mm betragt, schon bedeutend länger geworden. Die inter- radialen Tentakeln treten dagegen sehr zurück , werden schlaff und welken ab. Oft löst sich auch ihre freie Spitze mit den oberen Nessel- knöpfen schon stück weis ab. Der Magenstiel verlängert sich bedeutend, ebenso auch seine untere feine Spitze, welche als Zuugenkegel aus der Magenhöhle vortritt. DieGentripetalcanäle dritter Ordnung fehlen noch, so dass zwischen i radialen immer noch nur 3 cenlripetale sichtbar sind. Bisweilen fangen schon in diesem Stadium, bei einem Schirm- durchmesser von I 0 — I 5 mm, die Geschlechtsorgane als seitliche Aus- stülpungen der Radialcanäle sich zu entwickeln an. Der achte Abschnitt des Larvenlebens endlich wird durch das Verschwinden der interradialen Tentakeln und durch die Entwickelung der noch fehlenden Gentripetalcanäle dritter Ordnung be- zeichnet. Von den letzteren sprossen je i in dem Zwischenraum zwi- schen je 2 Radialcanälen aus dem Girkelcanale hervor. Sie erreichen aber nur die Hälfte oder höchstens % von der Länge der Centripetal- canäle erster und zweiter Ordnung, mit denen sie alterniren. Der Schirmrand des Thieres wächst nun noch bedeutend. Dabei nimmt die Wölbung des Schirmes und die Dicke seines Gallertmantels verhält- nissmässig ab. Der Magenstiel und die 6 radialen Haupttentakeln, welche jetzt allein noch von allen 1 8 Randanhängen übrig sind, nehmen an Länge noch beträchtlich zu, ebenso auch der Zungenkegel und der Magensack, in welchem der letztere verborgen ist. Die Entwickelung der Geschlechtsorgane, mit welcher das Thier seine volle Reife erlangen sollte, tritt dennoch bei Carmarina, ebenso wie bei Glossocodon, oft schon lange vor dem Abschlüsse des Wachsthums ein. Schon kleine Garmarinen von 15—20 """ Schirm- durchmesser zeigen die beginnenden Ausbuchtungen an den Seiten- rändern der in der Subumbrella verlaufenden Radialcanäle, welche sich zu den flachen Seitentaschen erweitern, aus deren subumbralem Epithel sich die Geschlechtsproducte entwickeln. Ausnahmsweise treten dieselben schon im siebenten Stadium auf, wenn die interradialen Ten- takeln noch vorhanden und erst 18 Centripetalcanäle ausgebildet sind. Sehr selten dagegen (und ich habe dies nur einmal gesehen), begegnet man Garmarinen, welche noch alle 18 Tentakeln tragen und dennoch schon die beginnende Ausbuchtung der Radialcanäle zu den Genital- VIII. kiiospenbildiing in der Magenhöhle ( an der Zunge) von farmarina hastata. 1 \ 5 blättern erkennen lassen. Die für Carmarina hastata charakteristische Spiessform nehmen die Genitalblätter erst späterhin, bei ganz erwach- senen Thieren, an, während sie bei jüngeren noch als gleichschenklige Dreiecke mit schmaler Basis erscheinen, deren Ecken sich erst später allmählich flüsjelförmie; ausziehen und verbreitern. VIII. Knospeubiltliiiig in «1er lagenböhle (an der Zunge) ron Carmarina hastata. (Hierzu Taf. VI Fig. 74—77.) Wenn die Erkenntniss der thierischen Fortpflanzungsverhältnisse durch die Fülle überraschender Entdeckungen, welche die Arbeiten der letzten Decennien bei den niederen Thieren zu Tage gefördert ha- ben, einer der interessantesten Zweige der Zoologie geworden ist , so gilt dies ganz besonders mit Bezug auf die umfangreiche Abtheilung der Coelenteraten und namentlich die Classe der Hydromedusen. Fast alle denkbaren Möglichkeiten der geschlechtlichen und ungeschlechtli- chen Fortpflanzung, des Generationswechsels und des Polymorphismus scheinen in dieser merkwürdigen Thierclasse erschöpft zu sein; und dennoch liefert fast jede genauere Untersuchung einer einzelnen klei- neren Gruppe oder selbst einer einzigen Species und ihres Formenkrei- ses neue überraschende und seltsame Entdeckungen. Auch die ein- gehende Untersuchung der sechszähligen Geryoniden sollte in dieser Beziehung nicht ohne Erfolg sein. Während Carmarina hastata Geschlechtsproducte entwickelt, aus denen wahrscheinlich die sechszähligen Larven hervorgehen, deren Metamorphose im vorigen Abschnitte dargestellt wurde , erzeugt das- selbe Thier gleichzeitig auf ungeschlechtlichem Wege achtzählige Knos- pen, die zu einer ganz verschiedenen Medusenform sich entwickeln. Sowohl die gänzliche Verschiedenheit dieser achtzähligen Medusenknos- pen von dem sechsstrahligen Mutterthiere und dessen Larven, als auch das Hervorknospen derselben in zahlreichen Gesellschaften aus dem Zungenkegel — innerhalb der Magenhöhle des Mutterthieres, — lassen diese neue Form des Generationswechsels als eine der seltsamsten Com- plicationen auf diesem an abenteuerlichen Verwickelungen so reichen Gebiete erscheinen. Schon vor mehr als 20 Jahren wäre dieser merkwürdige Vorgang beinahe von einem Beobachter, der sich um die Entwicklungsgeschichte der niederen Thiere die grössten Verdienste erworben hat, von August 8* 1 16 VIII. Knospenbildung in der Mageuliölile (au der Zunge) von Carmarina hastata. Krohn, entdeckt worden. Bei Mittheilung seiner »Bemerkungen über den Bau und die Forlpflanzung der Eleutheriu '), welche in geschlechls- reifem Zustande Knospen treibt, bemerkt Krohn (1. c. p. IßK. Anmer- kung): »Wahrend meines Aufenthaltes in Messina, im Jahre 1 843, kam mir ein weibliches Exemplar von Garyoma proboscidalis zu Gesicht, dessen wie bei Liriope frei in die Magenhöhle hinabreichendes Stiel- ende mit Sprösslingen von ungleicher Entwicklung dicht besetzt er- schien. Die minder entwickelten nahmen den oberen, die weiter vor- geschrittenen den unteren Theil desselben ein. An jenen Hessen sich bloss Schirm und Stiel unterscheiden , diese hatten nicht nur schon die sechs Fangfaden oder Tentakeln, sondern auch die Randkörper ent- wickelt. Alle diese Sprösslinge sassen mit dem Scheitelpuncte ihres Schirmes dem Stielende des Mutterthieres fest auf. So befremdend es auch sein mag, Knospen innerhalb eines Organs hervorkeimen zu se- hen, das zugleich zur Aufnahme und Verdauung der Nahrung bestimmt ist, so darf doch nicht übersehen werden, dass dieselbe Erscheinung bereits an einer andern Meduse beobachtet ist. Es ist die Aegineta prolifera von Gegenbaur«. Dieser wichtigen, aber nicht weiter verfolgten Beobachtung des verdienstvollen Krohn schliesst sich eine ähnliche, ebenfalls ganz verein- zelte Beobachtung von Fritz Müller an, welche in demselben Bande 2) des Archivs f. N. mitgetheilt ist und die ich wegen ihrer Wichtigkeit eben- falls wörtlich anführe. Sie betrifft Liriope catharinensis. Er sagt (1. c. p. 51 ): »Zu Anfang dieses Jahres (1 8G0) fing ich eine Liriope catharinensis, der ein langer blassgelblicher Zapfen aus dem Munde hervorhing. Bei näherer Untersuchung ergab sich derselbe als eine aus dichtgedrängten Quallenknospen bestehende Aehre, deren Ende die Liriope verschluckt hatte (Fig. 30). Der frei vorhängende Theil hatte l,75mm Länge und die grössten Quallenknospen fast 0,5 mm Durchmesser. Sie waren fast halbkugelig und die gewölbte Fläche sass mit kurzem Stiele an der ge- meinsamen Axe fest. Am freien Rande erhoben sich acht halbkugelige Randbläschen mit kugliger Concretion ; etwa in der Mitte zwischen Rand und Scheitel sprossten abwechselnd mit den Randbläschen acht kurze plumpe Tentakel hervor. Auf der freien ebenen oder flach ge- wölbten Fläche der Knospe zeigte sich ein grosser ganzrandiger Mund, der in einen flach ausgebreiteten Magen führte. Alle diese Eigentüm- lichkeiten stimmen mit der achtstrahligen Form von Cunina Köllikeri, während nicht die entfernteste Aehnlichkeit mit irgend einer an- 1) Archiv für Naturgeschichte, 4861. XXVII, 1. p. 168. 2) Archiv für Naturgeschichte, 1861. XXVII, 1. p. 51. VIII. Knospenbildung in der Magcnhöhle (an der Zunge) von Carmarina hastata. 117 dem der im Laufe von 4 Jahren hier von mir beobachteten Quallen besteht.« Obwohl die letztere Bemerkung wahrscheinlich vollkommen rich- tig ist, so wird sich doch durch Vergleichung mit den folgenden Mit- theilungen fast mit Gewissheit ergeben, dass diese aus Quallenknospen bestehende Aehre nicht von der Liriope verschluckt war, sondern dass sie als ein Product derselben, durch Knospenbildung im Magen selbst entstanden, aufzufassen sei, wie es bei jener von Krohn beobachteten Geryonia der Fall war. Diese Yermuthung ist auch bereits von Leuckart ausgesprochen, der in seinem Jahresbericht für 1861 den von Krohn und den von Fritz Müller beobachteten Fall neben einander stellt und bemerkt, dass der letztere sich »aller Wahrscheinlichkeit nach« durch den ersteren erkläre.1) Sowohl Krohx's als Fritz Müller' s Beobachtung war mir unbekannt, als ich im März und April 1864 bei Nizza zahlreiche Exemplare von Carmarina hastata untersuchte und die Fortsetzung des Magenstiels in die Magenhöhle hinein beobachtete, welche ich oben als Zungenkegel oder Zunge beschrieben habe (Fig. 4, 5 z). Bei zwei von diesen Thie- ren fand ich in dem Mageninhalte, gemischt mit Crustaceen, Sagitten und anderen kleinen pelagischen Organismen , welche die Carmarinen gefressen hatten, einen etwa 5 — 8 "un langen und 2 — 3 m,n dicken, trüben, blassgelblichen cylindrischen Zapfen, welcher einem Haufen von Fisch- eiern glich und aus kleinen runden Körnern von ungleicher Grösse (die grössten von I mm) zusammengesetzt war. Unter das Mikroskop ge- bracht, gab sich dieser Körnerzapfen als eine aus zahlreichen (über 50) kleinen Quallenknospen zusammengesetzte Aehre zu erkennen. Die kleinen Medusen waren mit ihrer Schirmwölbung (dem Aboralpol) an einer centralen cylindrischen Axe befestigt. Die ältesten Knospen (von 1 mm Durchmesser) zeigten einen flach scheibenförmigen dicken Schirm, dessen der Anheftungsstelle entgegengesetzte Unterfläche in der Mitte in einen kurzen cylindrischen Magen mit runder platter Mundöffnung verlängert war. In der Peripherie der Scheibe zeigten sich 8 kurze Tentakeln und in der Mitte zwischen diesen, an 8 vorspringenden Lap- pen des Schirmrandes, 8 Randbläschen. Da ich bei den beiden Carmarinen, in deren Magen ich diese Qual- lenähren beobachtete, dieselben scheinbar vollkommen frei in der Ma- genhöhlung gefunden hatte und da beide (gleichzeitig gefangene) In- dividuen auch ausserdem dieselben Nahrungsbestandtheile, die gleichen Arten von Copepoden, Sagitten und Würmerlarven im Magen enthielten, 1) Archiv für Naturgeschichte, 1864. XXX, 2. p. 465. 118 VIII. Knospenbildung in der Magenliöhle (an der Zange) von Carmarina liastata. so zweifelte ich nicht, dass auch jene seltsamen Medusenahren , deren Ursprung ich auf keine der mir bekannten Medusenarten zurückzufüh- ren vermochte, von den beiden Carmarinen mit der anderen Beute zu- fallig verschluckt worden seien. An einen genetischen Zusammenhang der achtstrahligen Knospen mit den sechszähligen Geryoniden konnte ich um so weniger denken , als ich damals schon die Metamorphose der sechszähligen Larven von Carmai inu beobachtet hatte. Erst als mir nach meiner Rückkehr von Nizza die von Krohx und Fritz Müller beobachteten beiden Fälle bekannt geworden waren, dachte ich daran, dass wohl auch jene beiden scheinbar verschluckten Aehren möglicher- weise in gleicher Art von der Carmarina abstammen könnten. Ich un- tersuchte sorgfältig alle aus Nizza mitgebrachten und in Salzlösung sehr wohl conservirten Exemplare der letzteren und war nicht wenig überrascht und erfreut, im Magen von mehreren geschlechtsreifen Thie- ren, sowohl von Männchen, als von Weibchen noch vollkommen wohl- erhallene Knospenähren anzutreffen (Fig. 74, 75). Die Anzahl der conservirten geschlechtsreifen Exemplare, die ich nachträglich untersuchen konnte, betrug 23. Von diesen besassen nicht weniger als 9 einen verstümmelten und theilweise in Reproduktion be- griffenen Magen l) . Von den 1 1 übrigen geschlechtsreifen OürmarmeA zeigten die 2 grösslen Exemplare , mit einem Schirmdurchmesser von 50 — 60 mm, in ihren Magen keine Spur von Knospenbildung, eben so wenig auch 5 jüngere Individuen, deren Schirmdurchmesser nur zwi- schen 1 5 und 25 mm betrat* und bei denen eben erst die Bildung der Genitalblätter als seitlicher Ausbuchtungen der Radialcanäle begann. Die 7 übrigen Exemplare, mit einem Durchmesser von 30 — 40 m,u, zeigten sämmtlich in ihrem Magen eine Knospenähre, und zwar gehör- ten die knospentragenden Mägen beiden Geschlechtern an, indem 4 von jenen 7 Thieren weiblich, die 3 andern männlich wa- ren. Das eine Weibchen trug 2 Knospenähren im Magen , was ich für eine zufällige Abnormität, bedingt vielleicht durch ursprüngliche Spal- tung des Zungenkegels, halte. Larven und jüngere Individuen von \) Dieser ausserordentlich häufige Verlust des Magens, welcher den Carma- rinen nichts zu schaden und sehr rasch ersetzt zu werden scheint, erklärt sich, wie ich glaube, dadurch, dass der lange Magenstiel , welcher von den schwim- menden sowohl, als von den ruhig im Wasser schwebenden Thieren wie ein Pen- del langsam hin und her bewegt wird, die Fische wie ein Köder anlockt, und oft von diesen abgebissen wird. Auch reisst wahrscheinlich der verhältnissmässig dünne Magenstiel leicht ab, wenn die Carmarina, wie es bisweilen geschehen mag, ein ihr an Kraft überlegenes Thier mit dem Magen erfasst und verschluckt hat, welches noch innerhalb desselben heftige Bewegungen auszuführen vermag. VIII. Kiiospenbildmig in der Mageuhöhle (au der Zange) von Cannariiia liastata. 119 Carmarina, bei denen noch keine Entw ickelung der Genitalien bemerk- bar war, zeigten auch keine Spur von Knospen im Magen. Bei allen 7 knospentragenden Individuen enthielten die Genitalblätter zwar voll- kommen reife Geschlechtsproducte, zeigten aber doch nur einen mittle- ren Grad der Entwickelung, indem sie schmale gleichschenkelige Drei- ecke darstellten, noch ohne die tlügelförmige Ausbreitung der Basis, welche sie bei ganz erwachsenen Thieren annehmen (Fig. I). Die Knospenähren (Fig. 75) waren im Mittel etwa \ — 8 mm lang, und I — 2, höchstens 3 """ breit. Sie erfüllten bald nur den mitt- leren Axenraum , bald den grössten Theil der Höhlung des stark zu- sammengezogenen Magens (Fig. 74). Sie lösten sich sehr leicht, schon bei leiser Berührimg, von dem Grunde des der Länge nach aufge- schnittenen Magens ab , so dass sie frei in demselben zu liegen schie- nen. Die evlindrische Form der Aehre wurde durch die an der Ober- fläche in ungleicher Vertheilung vorspringenden grösseren Knospen etwas unregelmässig. Zwischen den grösseren und mittleren Knospen sassen überall sehr zahlreiche kleinere1 und kleinste vertheilt, so jedoch, dass die letzteren mehr an dem oberen, die ersteren mehr an dem unte- ren Theile angehäuft waren. Im allgemeinen Habitus glichen die jün- geren , kleineren Aehren der von Fritz Müller abgebildeten Knospen- ähre. An 2 der grössten Aehren habe ich die Knospen gezählt. Ich vertheilte die Knospen nach ihrer Grösse in '.\ Glassen: Grosse, deren Schirmdurchmesser 0,8 — I mm betrug, mittlere, mit einem Durchmes- ser zwischen 0,5 und 0,8 """ und kleine, mit einem Durchmesser von 0,1 — 0,5 """. Die kleinsten Knospen, unter 0, 1 """ wurden gar nicht mitgezählt. Die eine jener beiden Aehren, von einem Männchen pro- ducirt, trug nicht weniger als 85 Knospen, nämlich I I grosse, 21 mitt- lere und 53 kleine. Die andere , von einem Weibchen erzeugte Aehre trug 71 Knospen, nämlich 7 grosse, 18 mittlere und 46 kleine. Bei der in Fig. 75 abgebildeten Aehre, die ebenfalls zu den grössten ge- hörte, mag die Zahl der Knospen gleichfalls gegen hundert betragen, die kleinsten gar nicht einmal eingerechnet. Die kleineren Aehren mochten ungefähr zwischen 20 und 50 Knospen tragen. Auch hier sind die kleinsten, unter 0,1 mm Durchmesser, nicht mit gerechnet. Sämmt- liche Knospen sassen so dichtgedrängt neben und durch einander, dass die Oberfläche der gemeinsamen Zapfenaxe zwischen ihnen fast nir- gends sichtbar war. Bei der genaueren Untersuchung zeigte sich, dass die gemeinsame Axe der Aehre, an welche sämmtliche Medusenknospen mit der Mitte ihrer aboralen Schirmfläche angeheftet waren , nichts anderes, als die Zunge oder der Zungenkegel (Fig. 2, 4, 5 z) sei, so dass also dieses 120 VIII. Knospenbildung in der Magenhöhle (an (Je? Zunge) von Carmnrina hastata. seltsame Gebilde, welches späterhin nur als Tastorgan und vielleicht zugleich als Geschmacksorgan benutzt zu werden scheint, in einem ge- wissen Lebensalter der Curmavina, zur Zeit dvv mittleren Geschlechts- reife ('?), als Knospen stock fungirt. DieStructur der Zunge schien mir, soviel ich an den in Salzlösung conservirten Thieren erkennen konnte, nicht verschieden zu sein von derjenigen des ganz erwachsenen Thie- res. Namentlich erschien mir die Zunge auch jetzt als ein durchaus homogener und solider Gallertzapfen, der als unmittelbare Fortsetzung des soliden Magenstiels keine Höhlung enthielt. Schon die erste oberflächliche Betrachtung der Knospen, noch mehr aber die genauere Untersuchung ihres Baues führte zu den überra- schendsten Resultaten. Es war mir dabei sehr werlhvoll, dass ich einen der ersten Medusenkenner, meinen Freund Gecjenbalr als Zeimen her- beiholen und sich von diesen paradoxen Verhaltnissen mit eigenen Augen überzeugen lassen konnte. Zunächst ist hervorzuheben, dass sämmtliche Knospen ohne Ausnahme aus acht gleichen Theilen zusammengesetzt waren, während alle Car mannen, die ich im erwachsenen Zustande beobachtete, und ebenso alle im VII. Ab- schnitte geschilderten Larven derselben , ohne eine einzige Ausnah- me, aus sechs gleichen Abschnitten bestanden. Die äussere Körperform, der innere Bau, die Bildung der Anhänge 'des Körpers ü. s. w. sind dabei so durchgreifend, sowohl von den entsprechenden Verhält- nissen der erwachsenen Carmarina, als auch von denen ihrer sechs- zähligen Larven verschieden , dass man an einen genetischen Zusam- menhang der beiderlei Formen nimmermehr denken würde, wenn man sie nicht eben in continuirlicheni materiellem Zusammenhange erblickte. Die E n t w i ck e 1 u n g d e r K n o s p e n aus der Oberfläche der Zunge Hess sich mit befriedigender Sicherheit durch alle Stadien hindurch verfolgen , trotzdem die Knospen durch die Aufbewahrung in Salzlö- sung sehr undurchsichtig geworden und dabei so brüchig und weich waren , dass sie selbst bei sehr schonenden Präparationsversuchen so- gleich in Stücke zerfielen. Nach möglichst sorgfältiger Untersuchung und Vergleichung einiger hundert Knospen glaube ich die folgende Darstellung verbürgen zu können (Fig. 94 A — E, 95, 76, 77, 75). DieersteAnlagederKnospe zeigt sich auf der glatten Ober- fläche der Zunge als eine kleine kreisrunde Scheibe von ungefähr 0,05 — 0,08 mm Durchmesser, welche nichts Anderes als eine locale Wucherung des Zungenepithels ist. Während dieselbe anfänglich aus ganz gleichartigen Zellen besteht, tritt alsbald eine Differenzirung der- selben in zwei verschiedene Blätterschichten ein (Fig. 94 A), VIII. Knospenbildnng in der*Mas,enhöhle (an der Zunge) von Carmarina hastata. 121 eine äussere hellere, welche der Zungenoberfläche unmittelbar anliegt (ec), und eine innere dunklere, welche anfänglich nur als ein sehr Fig. 94. A. Anlage einer Zungenknospe von Carmarina hastata, in 2 Blatter differenzirt : ec Ecloderm, en Entoderm. Schematischer Me- ridianschnitt. B.Junge Zungenknospe von Car- marina hastata, mit der geöffneten Anlage der Magenhöhle (k). ec Ectoderm, en Entoderm. Schematischer Meridianschnitt. C. Junge Zun- genknospe von Carmarina hastata, bei der das Magenrohr (k) sich zu verlängern beginnt, ec Ectoderm, en Entoderm. Schematischer Meri- dianschnitt. D. Zungenknospe von Carmarina hastata, mit verlängertem Magenrohr (k) und Verdickung des Entoderms (en) am Mündsau- me, wo sich das Ectoderm (ec) verdünnt ab- setzt. Schematischer Meridianschnitt. E. Zun- genknospe von Carmarina hastata, bei welcher sich der Schirm von dem Magenrohr (k ) abzu- setzen und in dem Schirm der Gallertmäntel -/ abzuscheiden beginnt, ec Ectoderm, en Ento- derm. Schematischer Meridianschnitl. F. Ael- tere Zungenknospe von Carmarina hastata, bei welcher der Grund der Magenhöhle (k) sich in die 8 Radialtaschen ( r) auszustülpen be- ginnt. 1 Gallertsubstanz des Mantels, ec Ecto- derm, en Entoderm. Schematischer Meridian- schnitt. kleines rundes Scheibchen in der Mitte der erstem sichtbar ist (en). Dieses dunklere centrale Scheibchen wird nicht allein an der dem Zun- genkegel zugekehrten Fläche , sondern auch an seinen Seitenwänden ringsum von der äusseren helleren Schicht umschlossen. Beide Zellen- schichten sind ungefähr von gleicher Dicke. Die dunklere innere Schicht (en) ist das Entoderm und liefert weiter Nichts, als das Epi- thel des gesammten Gastrovascularapparates, welches die innere Ober- fläche des Mundes, des Magens und alle damit im Zusammenhange ste- henden Canäle und Hohlräume auskleidet. Die hellere äussere Schicht, welche zwischen der ersteren und der Zunge liegt, bildet als Ecto- derm den Schirm der Meduse und alle übrigen Theile ihres Körpers, mit Ausnahme des Gastrovascularepithels. Die nächste Veränderung der Knospe besteht darin , dass in dem bisher soliden Körper, und zwar in der inneren dunklen Zellenschicht, dem Entoderm, eine Höhlung entsteht, die erste Anlage der Magen - höhle (Fig. 94 B.). Der Durchmesser dieser kugeligen Höhle (k) ist anfänglich nur so gross , als die Dicke eines der beiden Epithelblätter. 122 VIII. Knospenbildung in der Magenhölile (an der Zunge) von Carmarina hastala. Auch hier, wie bei den jüngsten beobachteten Larven von Ghasocodon, kann ich aus eigener Anschauung nicht mit Sicherheit sagen, ob die Höhlung sich als eine geschlossene excentrische entwickelt und erst nachher nach aussen durchbricht, oder ob sie sich von aussen her als kleines Grübchen in der Oberfläche der soliden Scheibe aushöhlt. Die Knospe (Fig. 94 B) im Meridianschnitt stellt jetzt ein plancon- yexes kreisrundes, ringsum abgeflachtes Polster dar, dessen Höhe (Dicke) etwa 2/3 von dem äquatorialen Durchmesser beträgt, welcher letztere ungefähr 0,1 ",m misst. Die ebene oder etwas vertiefte Fläche bleibt mit der Oberfläche der Zunge verbunden. Die äussere convexe Fläche zeigt in der Mitte eine kleine Oeflhung, den Mund, der in die bloss von dein Entoderm eingeschlossene enge kugelige Magenhöhle hinein- führt. Der die Mundöffnung umgebende äusserst« Theil der polsler- förmigen Knospe fängt nun an stärker zu wachsen, und verlängert sich in eine cylindrische Bohre, deren Länge bald dem äquatorialen Quer- durchmesser des Polsters gleich kommt und ihn dann übertrifft. An- fangs ist der äusserste, die Mundöflhung umgebende Band dieses Ma- genrohrs verdünnt oder selbst zugeschärft (Fig. 94 C) ; bald jedoch wird er wieder dicker, so dass die Magenwand in ihrer ganzen Länge sleich dick oder selbst am Mundrande etwas wulstie verdickt erscheint (Fig. 94 D, E). Doch betrifft diese gleiehmässige Dicke nicht die bei- den Blätter, welche die Magenwand zusammensetzen. Am Ursprünge des Magenrohrs, wo dasselbe von dem Polster (der Schirmanlage) ab- geht, sind beide Blätter allerdings noch gleich dick. Gegen den Mund hin nimmt jedoch die Dicke des dunkleren, die Magenhöhle auskleiden- den Entoderms beständig zu, während die Dicke des helleren , die Ma- genoberfläche bedeckenden Ectoderms entsprechend abnimmt, so dass das letztere aussen am Mundrande scharf zugespitzt endet (Fig. 94 D, E. F). Die beiden Blätter gehen also hier nicht in einander über ; viel- mehr ist ihre Trennung hier so scharf, wie in ihrer ganzen Berührungs- fläche, und stets durch eine feine aber scharfe Linie auf Durchschnitts- ansichten deutlich ausgezeichnet (Fig. 94 D). Das cylindrische Magenrohr, welches anfänglich ohne äussere Ab- grenzung in das nunmehr kugelförmig angeschwollene Polster des eigentlichen Knospenkörpers übergeht (Fig. 94 D), setzt sich nun von letzterem auch äusserlich scharf dadurch ab (Fig. 94 E), dass rings um die Abgangsbasis des cylindrischen Magenrohres sich der äussere Band des scheibenförmigen Polsters in Gestalt einer dicken King fa I te nach aussen erhebt. So entsteht eine ringförmige, nach aussen offene, halbcylindrische Kinne rings um die Basis des Magenrohrs, welche die erste A n 1 u g e der Schirmhöhle ist. Der dicke scheibenförmige VIII. Knosppiibihliino in der Mageahöhle (an der Zfflig«) von Cannaiiiia liastata. 123 Schirmkörper setzt sich so aiieb äusserlich scharf von dem Magency- linder ab, dessen Querdiirchinesser jetzt nur noch %, höchstens die Hälfte von dem des ersteren beträgt. Diese grössere Ausdehnung des scheibenförmigen Schirms in die Breite, kommt nicht durch die zunehmende Verdickung beider zelligen Blätter zu Stande, sondern theilweis dadurch, dass der innere erwei- terte Grund der Magenhöhle sich ringsum zu einer flachen kreisrunden Tasche ausdehnt, theilweis dadurch, dass zwischen den beiden Blättern die Ablagerung der Ga 11 er ts üb sla n z des Mantels beginnt (Fig. 94 El). Dieselbe erscheint zuerst nur als ein sehr heller Streif zwi- schen den beiden Blättern, der sich von der oberen Wölbung des schei- benförmigen Schirms kappenartig nach seinem Bande hinüberzieht und dort scharf abgeschnitten endet, ohne sich zwischen die beiden Blätter des Magenrohrs fortzusetzen. Die nächste Veränderung des Embryo besteht nun darin (Fig. 94 F), dass der flache Grund der Magenhöhle sich seillich ausdehnt und an 8 gleichweit von einander entfernten Funden seiner Peripherie in 8 kurze blinde Ausstülpungen in radialer Richtung sich auszieht. Dies sind die er- sten Anlagen der Radi alcanäle (Fig. 94 Fr) , und zwischen ihnen la- gert sich eine mächtigere Masse von Gallertsubstanz ab (1), indem die bei- den Lamellen des gefalteten äusseren Blattes weiter von einander weichen. Die Ablagerung der Gallertsubstanz (1) nimmt nun noch beträcht- lich zu, so dass die beiden Blätter noch weiter von einander weichen und der Schirm sich verdickt, während gleichzeitig das lange Magen- 77, 78, 95). Die Magentaschen (r) dehnen sich bis zum Schirmrande hin aus. wo sie sich durch einen engen Bin gca nal (c) verbinden. Unter- halb des letzteren wird die Anläse des Ringknorpels (uk) sicht- bar. Der gesammte Schirm rand verlängert sich nach unten in Ge- Kig. 05. Schematisclier Meridian- stalt von 8 halbkreis- oder rund- schniit dmeh eine der grössten und äl- bogenförmigen La ppen , an de- testen Zungenknospen von Carmarina ha- ren g Hze je ein kleines Knöpfchen stata , von I mm Durchmesser, b Rand- . , . . , , , . , .. . . . „ .. „. . hervorsprosst, das sich bald zum hlaschen nebst Ganglion, c. Ringcanal. * ec. Ectoderm (Epithel ilerSchirmoberflä- Ganglion mit dem Randbläs- che). en. Entodenn. k. Magen. I. Gal- chen (b) difl'erenzirt. Die Zwi- lertmantel. r. Radialcanal. 1 1. Tentakel, schenräume zwischen den Lappen l w. Tentakelwurzel, v. Velum. Vergrös- vvcrden von einer dünnen Haut. röhr (k) sich verkürzt (Fig serung: 50. dem Velum (v) ausgefüllt, wel- 124 VIII. Knospenbildung in dor Magenhöhle (an drr Zange) von Carmarina hastata. ches nach unten und innen noch über den Schirrnrand vorwächst. Nun erhelten sich auch deutlich von der Mitte des dicken Seitenrandes des scheibenförmigen Schirms die 8 Tentakeln (tt) deren conische W u r- zel (tw) schon über der Mittellinie der oberen Wand jedes Radialeanals sichtbar wurde. Per freie Theil jedes Tentakels erseheint anfangs nur als ein dickes und kurzes eonisches Wärzchen mit stumpfer Spitze, in der Mitte des Einschnitts zwischen je 2 Randlappcn. Sie wach- sen nach dem Hervortreten rasch, werden länger, schlanker conisch und durchsichtiger, und lassen bald eine hellere fein quergestreifte Ave erkennen , welche aus einer einzigen Reihe sehr flacher mün- zenförmiger Zellen besteht. Diese ist überzogen von einer dünnen dunkleren Schicht (von Längsmuskeln) und über der letzteren liegt wieder als l'cberzug ein aus grösseren und helleren Zellen gebilde- tes dickes Epithel. In den Zellen sowohl dieses Epithels, als desjeni- gen des Schirmrandes , werden kleine kugelige, stark lichtbrechende Körperchen sichtbar, in denen sich die ersten Anlagen von kleinen ku- gelrunden Nesselkapseln erkennen lassen. Sie sind unregelmässig über die Oberfläche der Tentakeln zerstreut. Während diese Veränderungen in dem Körper der achtstrahligen Knospen immer deutlicher hervortreten, erreicht ihr Schirm einen Durchmesser von I """. Ris zu diesem Stadium der Entwickelung habe ich sie, am Zungenkegel der Carmarina festsitzend (Fig. 75) verfolgen können. Sie lösen sich nun von demselben ab und treten aus dem Magen des scchsstrahligen Stammthieres hervor, um ausserhalb dessel- ben ihre Entwickelung weiter fortzusetzen. Eine der ältesten von der Zunge abgelösten Knospen ist in Fig. 76 im Profil, in Fig. 77 von unten dargestellt. Der dicke scheibenförmige Gallertschirm ist nur wenig ge- wölbt, im Ganzen fast linsenförmig. Von der Mitte seines Randes hän- gen die 8 Randlappen herab, zwischen denen der obere Theil des Ve- lum ausgespannt ist, während der untere Theil nach innen vorspringt und die kleine enge Schirmhöhle von unten her grossentheils zudeckt. Aus dieser tritt das lange und dicke cylindrische Magenrohr (k) her- vor. An der Spitze jedes Randlappens sitzt ein kurzgestieltes Sinnes- bläschen aussen frei auf. Aus der Tiefe des Einschnittes zwischen je zwei Lappen entspringt ein kurzer, plumper, solider conischer Ten- takel , in die Schirmgallerle eingesenkt mittelst einer conischen hellen Wurzel, die auf der oberen Fläche des zugehörigen breiten Radial- canals aufliegt. Jedes der 8 unter sich gleichen Körpersegmente ent- hält also einen Radialcanal , einen Tentakel, zwei halbe Randlappen und zwei halbe Sinnesbläschen. In Form und Bau sind diese ältesten achtstrahligen Knospen so IX. Anatomie von Onnina rhododactyla. 125 sehr von Carmarina hastata verschieden, dass es selbst angesichts des eontinuirliehen materiellen Zusammenhanges Beider schwer halt, sich von ihrer Zusammengehörigkeit zu überzeugen. Es giebt nur eine Quallenfamilie, welche die Grundzüge des Baues mit den Knospen der Carmarina theilt, und dies sind die Aeginiden. In Gesellschaft der Carmarina hastata, und zwar als constante Begleiterin dersel- ben, habe ich bei Nizza eine Aeginide in zahlreichen Exemplaren ge- tischt, welche ich als Cunina rhododactyla beschrieben habe1), und deren jüngste beobachtete Individuen (von 3 mm) so sehr mit den ältesten beobachteten Knospen der Carmarina (von I m'") überein- stimmen, dass ich an der Identität beider Formen nicht mehr zweifeln kann, so paradox diese Behauptung auch klingen mag. Ich lasse da- her im nächsten Abschnitt die genaue Anatomie dieser Meduse folgen und werde dann in einem besonderen Abschnitt durch eingehende Vergleichung beider Formen die innige Verwandtschaft der Geryoniden und Aeginiden begründen. IX. Anatomie von Cuuina rhoiloiladvla. (Hierzu Taf. VI. Fig. 78 — 85.) 1. Körperform. Der Körper des ruhig im Wasser schwebenden Thieres (Fig. 79) zerfällt für die oberflächliche Betrachtung in zwei Theile, einen oberen wasscrhellen, planconvexen, gewöhnlich halbkugeligen soliden Gallert- mantel (1) und einen unteren, schmalen kragenähnlichen Saum, wel- cher in eine Anzahl (8 — 16) rundlicher Lappen tief gespalten ist, und aus dessen Einschnitten die 8 — 16 Tentakeln abgehen. Dieser Kragen ist nach unten flach trichterförmig erweitert, sodass er über den unteren Band des Gallertmantels nach unten und aussen vorspringt. Der untere freie Kragenrand kann aber auch so zusammengezogen werden , dass die Lappen sich mit ihren Seitenrändern decken und nach unten und innen bis fast zur Berührung sich einschlagen , wobei das ganze Thier beinahe eine Kugelform annimmt. Anderemale erscheint dasselbe flacher gewölbt und in flach ausgebreitetem Zustande selbst fast scheiben- förmig. Die Körperform wechselt ausserordentlich , theils nach dem Contractionsgrade , theils nach dem Ernährungszustande. Der Durchmesser des ganzen Schirmes, mit flach ausgebreitetem Kragen , beträgt bei den jüngsten beobachteten Individuen , welche 8 homotypische Abschnitte zeigen, 3 — 4mmJ bei den ältesten, deren t) Jenaisclie Zeitschrift I, 1 864, p. 335. 126 1\. Anatomie von di iiina rliodoriiirhla. Segmentzahl auf lö — 16 gestiegen ist, 10—11 ,lini. Die Höhe dos ruhig ausgebreiteten Schirmes betrügt bei efSteren ungefähr 2, bei letzteren \ — .")""". Der grösste Tlieil der Körpermasse kommt milden halbkuge- ligen Ga 1 lertsohirm odor Mantel, dessen geSamtate Gallertmasse von einer ziemlichen Anzahl sehr feiner dichotom verästelter Faseril durchzogen, ausserdem aber vollkommen homogen, wasserklarund lärb- los ist, und einen ziemlich bedeutenden ConsisteöÄgrad zeigt. AinRand« setzt sich i\cv planeonvexcGallerlinantel in die Lappen desKragens Port, deren joder seiner Hauptmasse mich aus einer dünnen halbkreisför- migen Gallertscheibe besteht; deren beide Flächen ebenfalls durch leine, die Gallert durchziehende Fasern (Fig. 83 1 f) verbunden sind. Die untere Fläche des halbkugeligen Gallertmantels (1) ist last eben oder nur sehr wenig vertieft , bisweilen in der Mitte sogar etwas eon- ve\ nach unten vorgewölbt, und rim-'s herum dann stär- kor vertieft (Fig. 78, l\i). Fast die ganze llnterlläehe wird von dem flachen, laschenför- migen Magen (k) einge- nommen, dessen Umkreis in 8— IG (meistens 10 — 12) sehr breite und flache Radial- ... nr a . . .r ,. . . ... big. 96. Schema eines Verticalsehnittes canäle ausläutt (r), welche ,|ulTn eine erwachsene Cunina rlwdodactyla, rechts bisher irrig für blinde Ta- durch eine radiale, links durch eine interradiale sehen gehalten wurden. Sie Verlicalebene geführt, b. Randbläseben. c. reichen bis zurEinschnürung Ringbanal. g. Genitälproduete. h Maritelspange. , r, . . . , k. Masen. 1. Gallertmanlel. r. Raclialranal. II. des Schirmsaumes zwischen _ . ° , -,,,,, ■ v , Tentakel. t\v. lentakelwurzel. v. velum. zwei Kragenlappen hinaus und sind hier durch einen engen, zusammenhängenden, längs des Lappensaumes hinlaufenden Ringcanal (c) verbunden. In der liefen Ein- schnürung zw ischen je zwei Kragenlappen nimmt ein kurzer cylindrischer Tentakel seinen Ursprung, der höchstens die Länge des Schirtaradius erreicht (tlj und mit einer in dem Gallertmantel eingeschlossenen Wur- zel (l\v) auf der oberen Fläche einer radialen Magentasche angewachsen ist. Die Randbläschen (b) sind in sehr grosser, mit dem Alter zu- nehmender Anzahl vorhanden und sitzen auf dem vorspringenden Rande der Kragenlappen, an der Spitze einer kolbenförmigen marginalen Spange (h), welche in der Ausscnfläelio der Mantellappen centripetal verlauft, und welche wir als Mantel spange bezeichnen wollen. Bei jüngeren Thieren kommen auf jeden Lappen 1 — 2, bei älteren \ — S Randbläsehen. Das breite V el um (v) füllt die Zwischenräume zwi- IX. Anatomie von Ciinina rliododactyla. sehen den Randlappen aus und springt ausserdem noch über deren Rand hinaus nach innen vor. Der ganze Körper der Ciinina rhododaetyla kann demnach in zwei sehr verschiedene Haupttheile zerlegt werden, nämlich in den plan- convexen einfachen, halbkugeligen Gallertmantel, der die Hauptmasse des Körpers ausmacht und an dessen Unterfläche der kreisrunde flache Magen, in der Mitte mit einfacher Mundöffnung liegt; und in den breiten, in mehrere Lappen gespaltenen Kragen , andern sämmtliche übrigen Organe angebracht sind und der aus mehreren homotypischen radialen Theilen zusammengesetzt ist. Jeder homotypische Theil ent- hält eine radiale Magentasche , einen Tentakel und die beiden angren- zenden Hälften der beiden Kragenlappen, welche den Tentakel zwischen sich nehmen. Auf jedes homotypische Radialsegment kommen ferner 1 — 8 Randbläschen und ebensoviele Mantelspangen. Die ho in o typische Grundzahl nimmt mit dem Alter des wachsenden Thieres allmählich zu und steigt von acht bis auf 16. Doch ist die Körpergrösse nicht immer der Zahl der radialen Körpersegmente entsprechend. Unter 32 genauer beobachteten Individuen befanden sich I) drei ganz jugendliche Individuen von 2 — 3mm Durchmesser, mit 8 Segmenten; 2) vier junge Individuen von 3 — 1 mm5 mit 9 Seg- menten; 3) elf Individuen von i — 6mm, mit 10 Segmenten; 4) drei Thiere von 5 — 8mm, mit 14 Segmenten; 5) sieben Thiere von 6— 9mm, mit 12 Segmenten; 6) kein Thier mit 13 Segmenten; 7) ein Thier von 10 mm, mit li Segmenten; 8) zwei Thiere von 11 mm, mit 15 Segmen- ten; 0) ein Thier von 11 mm Durchmesser, mit 16 Segmenten. Es wurden also alle homolypischen Grundzahlen von 8bis 16, mit alleiniger Ausnahme von 13, beobachtet. Fig. 78 stellt eins der jüngsten Indi- viduen mit 8, Fig. 79 ein älteres mit 10 Segmenten dar. Die obere Hälfte der Figur 80 ist einem Individuum mit 10, die untere Hälfte dem giüssten beobachteten , mit 16 Segmenten entlehnt. Sämmtliche homo- tjpische Radialsegmente des Körpers sind gleichartig gebildet, je- doch oft von ziemlich verschiedener Grösse. Bei jüngeren Individuen mit 8 — 10 Segmenten ist meist auch die Zahl der Randbläschen an den verschiedenen Lappen gleich (je ein oder zwei) ; bei den älteren dagegen wird diese sehr variabel. Mit Ausnahme der constant rosen färben en Tenta kein ist der übrige Körper meistens farblos, höchstens noch der Saum der Kra- genlappen, seltener diese selbst schwach röthlich gefärbt. Die Rosen- farbe der Tentakeln ist an der Spitze intensi\er, oft fast hell purpur und nimmt nach der blassen fleischfarbenen Basis hin allmählich ab. 1 23 IX. Anatomie von Cnnina rhododactyla. 2. Gas trovascular System. Der Magen der Cunhiu rhododactyta (k) erscheint zu verschiede- nen Zeiten von sehr veränderter Ausdehnung und Form. Gewöhnlich stellt er eine sehr flache, fast ebene oder nur sehr wenig vertiefte kreis- runde Tasche dar, welche den grösstenTheil der Subumbrella einnimmt und im Umkreise mit den 8 — 16 radialen taschenförmigen Ausbuch- tungen besetzt ist. Obere und untere Magenwand liegen meist, wenn nicht Nahrunesniassen den Magen erfüllen oder ausdehnen, unmittelbar an einander. In der Mitte der unteren Wand befindet sich die einfache kreisrunde Mundöffnung, welche aber in Bezug auf Lage, Gestalt und Grösse zu verschiedenen Zeiten die überraschendsten Verschieden- heiten darbietet. Selten ist der Mund vollkommen verschlossen, so dass man in der Mitte der unteren Magenfläche Nichts sieht, als einen dunk- len centralen Punct, von welchem viele feine radiale Falten nach allen Seiten ausstrahlen. Andrerseits kann er so ausserordentlich weit, durch Contraction der radialen Muskelfasern der unteren Magenwand , geöff- net werden, dass der Durchmesser des Mundes sogar den des Velum übertrifft, und dass die ganze eigentliche Magenhöhle sanniit den An- fangsstücken der radialen Neben taschen völlig entblösst und offen gelegt wird. Der geöffnete Mund liegt meist central, kann aber auch excen- trisch nach verschiedenen Richtungen hin verschoben erscheinen. Die Form des geöffneten Mundes ist bald kreisrund, bald unregelmässig rundlich oder polygonal , nicht selten viereckig oder achteckig. Sehr häufig ist sie kreuzförmig oder sternförmig ausgezogen. Seltener er- scheint sie als eine schmale lange, von zwei Lippen eingefasste Spalte. Der Mundsaum ist wulstig verdickt. Bisweilen — und dies ist besonders wichtig im Hinblick auf den röhrenförmigen oder trichterförmigen Magen der achtstrahligen Curmarhia-Knospen (Fig. 75, 76) — springt der Mund aus der Mitte der unteren Magenfläche in Form einer kurzen weiten Röhre vor, welche seltener einen kurzen Cylinder, meist einen nach oben kegelförmig erweiterten Trichter , mit unterer enger Mund- öffnung , darstellt. Die s— 16 breiten und flachen Radialcanäle (r), welche von der Peripherie des Magens in gleichen Abständen entspringen und welche bei den Aeginiden gewöhnlich als Magentaschen bezeichnet werden , liegen nicht, mit der centralen Magenhöhle in einer und der- selben Ebene, sondern bilden mit ihr einen sehr stumpfen Winkel und steigen sanft geneigt nach aussen und unten herab (Fig. 79). Sie sind noch flacher, als die centrale Magenhöhle selbst. Die Form der Taschen ist bald mehr quadratisch, bald mehr birnförmig oder keulenförmig nach IX. Anatomie von Cnnina rhododactyla. 129 aussen erweitert. Am schmälsten sind sie kurz nach ihrem Abgang vom Magen. Die Taschen erscheinen gewöhnlich ungefähr so lang als breit, und meist ebenso breit, als die hyalinen Scheidewände von Gallertmasse, durch welche sie getrennt werden, und welche nach innen in Gestalt dicker radialer Septa mit gewölbtem Innenrande in die Magenhöhle hinein vorspringen (Fig. 78 — 80). Die Geschlecht sproducte entwickeln sich bei beiden Ge- schlechtern in der unteren Wand des Magens, aus deren Epithel, jedoch nur an bestimmten Stellen, nämlich an den Intervallen zwischen je zwei Radialcanälen und an dem Aussenrande dieser letzteren selbst. Die Zahl der Hoden und Ovarien richtet sich demgemäss nach der ho- motypischen Grundzahl. Jedes Geschlechtsorgan stellt einen halbmond- förmigen, nach aussen concaven Wulst dar, und umfasst mit seiner Concavität das Gallertseplum des Mantels, welches zwischen je zwei Magentaschen in die Magenhöhle hinein vorspringt. Ein weibliches Thier mit Eiern wurde nur ein einziges Mal beobachtet und zwar war dies zugleich das einzige Individuum, welches 14 Körpersegmente zeigte, von 10mm Durchmesser. Die rosenrothe Färbung der Tentakeln war bei ihm nur angedeutet. Die Eier waren gross und sassen in ziemlich geringer Anzahl an den Rändern der radialen Magentaschen vertheilt, so dass auf jede Tasche durchschnittlich nur 5 — 10 Eier kom- men mochten. Viel häufiger waren geschlechts reife Männchen, deren halbmondförmige Hoden bei einigen Individuen bloss den frei vorspringenden Rand des Gallertseptum zwischen je zwei Radialta- schen umfassten, bei anderen dagegen die ganzen Aussenränder der Taschen säumten und bis in die Tiefe ihres Grundes hinabreichten. Die Hoden waren mit stecknadelförmigen Zoospermien erfüllt. Etwa % oder 3/4 von den beobachteten Individuen zeigten noch keine Ge- schlechtsorgane. Die flachen taschenförmigen Radialcanäle (r) werden gestützt und ausgespannt erhalten durch die kegelförmigen Tentakel wurzeln (tw) welche mit ihrer dicken Rasis in dem Einschnitte des Mantel- kragens zwischen je zwei Randlappen, am unteren (äusseren) Ende der Magenlasche befestigt sind , und in der Mittellinie der oberen Wand der letzteren centripetal nach innen oder oben verlaufen , wo sie an der Einmündung der radialen Taschen in die centrale Magenhöhle, oder etwas nach innen von dieser Einmündungssteile, fein zugespitzt en- den. In der ganzen Länge ihres Verlaufes ist die untere Wand der Tentakelwurzel mit der oberen Wand der Magentasche (r 1) fest ver- wachsen, wovon man sich auf radialen Querschnitten leicht überzeugt (Fig. 81). Es kann daher eine Ausdehnung der Magentaschen niemals H aeckel, Rüsselquallen. 9 1 30 IX. Anatomie von Cunina rhododactyla. in der Länge, in radialer Richtung, stattfinden; und da auch eine seit- liche Erweiterung durch die gallertigen Radialsepta , die zwischen je zwei Taschen vorspringen, nur in sehr geringem Grade gestattet wird, so kann eine beträchtlichere Erweiterung der Taschenhöhle nur durch Ausdehnung der unteren freien Wand zu Stande kommen. Das Epithel, welches die centrale kreisrunde Magentasche und deren radiale Ausstülpungen auskleidet, ist ganz verschieden an der oberen, umbralen und an der unteren subumbralen Wand der ver- dauenden Cavitäten. Das erstere besteht aus einer sehr dünnen ein- fachen Lage von hellen Ilachen Pflasterzellen, die unmittelbar die untere ebene Fläche des Gallertmantels überziehen. Das Epithel der unleren Wand dagegen, welches wohl als das eigentlich verdauende zu be- trachten ist, besteht aus einer viel dickeren, wie es scheint mehrfachen Schicht von dunkleren Cylinderzellen, welche die innere Fläche der starken Muskelhaut des Magens bekleiden (Fig. 81 r s). Aus Theilen dieses Epithels entwickeln sich auch an den Grenzen zwischen je zwei Radialcanälen und an deren Rande die Geschleehtsproducte. Es ist also hier dieselbe Differenzirung des Epithels der beiden Magenflächen und ihrer radialen Taschen , wie an den Gastrovascularcanälen der Geryoniden nachzuweisen. Dasselbe gilt auch von dem Epithel des Ringgefässes , welches den Grund der Radialtaschen verbindet (Fig. 81, 82). Es ist bisher allgemein als der wesentlichste Charakter der Aegi- niden angesehen worden , dass von ihrer centralen Magenhöhle nicht, wie bei den übrigen craspedoten Medusen, radiale Canäle ausgehen, welche durch ein am Schirmrande verlaufendes Ringgefäss verbunden sind , sondern bloss breite und flache radiale Taschen , welche nach aussen geschlossene Blinddärme darstellen und nicht mit einander zu- sammenhängen. Der Mangel des Ringgefässes ist sogar neuerdings so sehr hervorgehoben worden, dass man darauf gestützt dieAeginiden- familie ganz von den craspedoten Medusen zu trennen versucht hat (vergl. unten Abschnitt X). Nun ist aber in der Thal dennoch ein am Schirmrande verlaufendes Ringgefäss vorhanden, welches die äusseren Enden derMagentaschen verbindet, so dass diese keineswegs blind ge- schlossen sind, sondern als vollkommen gleich den Radialcanälen der übrigen Craspedoten sich ausweisen. Wenigstens lässt sich bei unserer Cunina rhododactyla dieses Verhältniss mit der grössten Deutlichkeit nachweisen. Dass das Ringgefäss den bisherigen Beobachtern völlig entging, liegt wohl hauptsächlich an dem geringen Volum desselben, welches allerdings, namentlich gegenüber den colossal erweiterten Ra- dialcanälen , sehr unbedeutend ist. IX. Anatomie von Cuuina rhododactyla. 131 Ein verticaler Radialschnitt durch den Rand eines Mantellappens der Cunina rhododactyla (Fig. 81, 82) zeigt in der Zusammensetzung und den Lagerungsverhaltnissen der verschiedenen Theile auffallende Ueber- einstimmung mit einem gleichen Schnitt durch den Rand von Geryoniu hastata (Fig. 71:, und noch mehr von Glossocodoneurybia (Fig. 86). Ein wesentlicher Unterschied zwischen Beiden besteht eigentlich nur in der verschiedenen Lagerung der (auch different gebauten) Randbläschen, welche bei den Geryoniden in der Gallertsubstanz des Mantelrandes eingeschlossen, bei der Cunina ausserhalb desselben, frei auf der Ober- fläche liegen. Sonst gewahrt man bei der letzteren ebenso, wie bei den ersteren, zunächst das klaffende Lumen des durchschnittenen Ring- gefässes (c) , dessen innere (umbrale), der Mantelgallert zugekehrte Wand (cl) nur aus einer sehr dünnen Lage von Pflasterepithel, dagegen die äussere (subumbrale; Wand (es) aus einer dicken Schicht von Gylinderepithel besteht. Der untere Rand des Ringgefässes grenzt an den äusseren Rand des Velum (v) und nach aussen von diesem an einen soliden cylindrischen , dunklen Strang (u), der die äusserste Grenze des Mantellappens bildet, und, wie bei den Geryoniden, einen dünnen Knorpelring (uk) darstellt, auf dessen oberer Fläche der dünne Nervenring (a) liegt. Doch lassen sich diese einzelnen Theile des Schirmrandes hier viel schwieriger als bei den Geryoniden nachwei- sen. Auf dem vorspringenden Rande des Mantelsaumes (u) sitzen äusserlich , frei zwischen unterer Fläche des Velum und Aussenfläche des Gallertmantels die hügelförmigen Ganglien (f) auf, welche die Randbläschen (b) tragen. Von jedem der letzteren geht eine steife mehr oder weniger gekrümmte Spange (h) aus, welche in der Aussen- fläche des Mantelrandes radial (centripetal) aufwärts steigt und sich sehr ähnlich den Mantelspangen der Carmarina verhält. Der Unterschied, welchen die Durchschnittsansichten des Mantelrandes von Cunina (Fig. 82) und von Carmarina (Fig. 71 , 63) sonst noch darbieten, beruht nur auf dem ganz unwesentlichen Umstände, dass bei ersterer die Gallert- substanz des Mantels zwischen Ringgefäss und Mantelspangen weit mächtiger entwickelt ist, so dass die Spange einen grösseren Bogen be- schreiben muss. Auf Flächenansichten (Fig. 81), bei starker Vergrösserung be- trachtet, zeigt das dicke starkwandige Gylinderepithel, welches die sub- umbraleWand des Ringgefässes der Cunina bekleidet (es) , ganz das- selbe ckarakteristische Aussehen, wie das von Carmarina (Fig. 65) oder Glossocodon (Fig. 38). Das Ringgefäss der Cunina folgt natürlich, da es stets scharf am Rande des gelappten Schirmes verläuft, allen Aus- buchtungen desselben. Der Zusammenhang des Ringgefässes mit den 9 * 1 32 IX. Anatomie von Cunina rhododaetyla. Magentaschen (Radialcanälen) ist desshalb schwer zu sehen , weil diese Einmündungsstelle gerade unterhalb des Abgangs der Tentakeln von ihrer Wurzel liegt, und von den beiden dunkeln halbmondförmigen Wülsten (Fig. 81 t x) , bedeckt wird, welche diese Abgangsstelle um- fassen. Das durchschnittliche Lumen des Ringgefässes misst 0,1 m,n. 3. Skelet. Auch bei Cnnina ist, wie bei den Geryoniden, ein rudimentäres Knorpelskelet vorhanden , welches zwar am Schirme selbst dürftiger entwickelt und schwieriger nachzuweisen ist, als das der letzteren, aber dennoch in Lagerung, Structur und Function wesentlich mit ihm über- einstimmt. Es bildet auch hier der Medusenknorpel erstens einen zu- sammenhängenden Knorpelsaum, welcher unmittelbar unter dem Ring- gefäss am äussersten Rande des Mantels verläuft , und zweitens cen- tripetale Spangen , welche in der äusseren Mantelfläche vom Schirm- rande aus emporsteigen und unter rechtem Winkel von dem Knorpel- ringe abgehen. Endlich wird auch die Hauptmasse der Tentakeln, welche in ihrem Raue vollkommen den soliden Larvententakeln der Geryoniden entsprechen , aus Knorpel gebildet. Der Ringknorpel (Fig. 82, 84 uk) ist bei unserer Cunina , wie der ganze Schirmrand, ungleich schwächer entwickelt, als bei Geryonia und Liriope. Er erscheint als ein sehr schmaler cylindrischer oder etwas plattgedrückter Strang von ungefähr 0,03 mm Durchmesser, welcher an dem untersten Rande des Gallertmantels unmittelbar unter dem unteren Rande des Ringgefässes (c) liegt und diesem zur Stütze, wie dem äus- seren Rande des Velum (v) zur Insertion dient. In einer Rinne im oberen Rande des Ringknorpels, zwischen diesem und dem unteren Rande des Ringgefässes, liegt der Ringnerv (a). Die Knorpelzellen des Ringknorpels sind sehr klein , eng zusammengedrängt und durch viel geringere Mengen von Intercellularsubstanz getrennt, als diejenigen in den Knorpelringen der Geryoniden. Die centripetalen oder marginalen Mantelspangen (Fig. 81, 82, 84 h) erscheinen beider Cunina rhododaetyla zahlreich und stark entwickelt. Es sind ihrer so viel als Randbläschen vorhanden, mindestens also acht, bei erwachsenen Thieren dagegen zwischen fünf- zig und hundert. Es sind cylindrische gekrümmte Stäbe, welche an der Insertion jedes Randbläschens unter rechten Winkeln von dem Knorpelringe abgehen und in der Aussenfläche des Gallertmantels em- porsteigen . mit dessen Oberfläche ihre innere Seite verwachsen ist. Ihre Krümmung entspricht daher auch der. je nach dem Contractiuns- IX. Anatomie von Cunina rhododaetyla. 133 zustande wechselnden , Krümmung der Mantellappen. Meist sind sie dabei etwas unregelmässig verbogen und an dem oberen Ende stark kolbenförmig angeschwollen und abgerundet (Fig. 81 , 82 h). Die Mantelspangen bestehen , wie bei den Geryoniden , aus einem cylin- drischen Knorpelstreifen, der von einem dünnen Muskelrohre, und aussen von einem Epithel überzogen ist, dessen regelmässige polygo- nale Zellen zum grossen Theile dunkel glänzende kugelige Nesselkapseln entwickeln (Fig. 84 h). Der Knorpelstab verleiht den marginalen Man- telspangen einen hohen Grad von Festigkeit, verbunden mit Elasticität, so dass sie, wenn der Mantelrand durch starke Contraction des Velum nach innen gezogen oder bei Erschlaffung desselben umgeklappt wird, nur bis zu einem gewissen Grade nachgeben und das Sinnesganglion, auf dem das Randbläschen sitzt, stets etwas nach aussen gewendet erhalten. Die marginalen Mantelspangen theilen also auch hier, wie bei Carmarina , den Bau der knorpeligen soliden Tentakeln. Aehnliche Spangen sind auch von Fritz Müller bei Cunina Köllikeri als »Nessel- streifen« beschrieben worden. Anderen Aeginiden scheinen dieselben dagegen zu fehlen. Die radialen Tentakeln (tl) sind in den Einschnitten des Man- telkragens, zwischen je zwei Lappen, befestigt und. bestehen aus einem kurzen conischen, im Mantel eingeschlossenen Theile, der Wurzel, und aus einem langen äusseren freien Theile, demStamme. Die Tentakel- wurzel (Fig. 81 tw) ist ein gestreckt kegelförmiges Knorpelstück, so lang als eine Magentasche oder etwas länger. Von ihrer breiten Basis an, welche in den äusseren freien Tentakeltheil übergeht, ver- schmälert sie sich allmählich bis zu ihrem inneren feinzugespitzten conischen Ende, welches gewöhnlich etwas hakenförmig nach einer Seite gekrümmt ist. Die Tentakelwurzel ist ringsum von der Gallert- masse des Mantels umschlossen, mit Ausnahme der unteren Fläche, welche in ihrer ganzen Länge an der oberen Wand der radialen Magentasche aufgewachsen ist. Sie verläuft gerade gestreckt in deren Mittellinie und reicht mit der Spitze bis zu ihrem Ursprünge aus dem Magen oder noch etwas weiter. Die Tentakelwurzel besteht aus wenigen (10— 15) hyalinen Knorpelzellen welche in einer einzigen Reihe hintereinander liegen Fig. 93. Ein Stück einer Tentakelwurzel von Cunina rhodo- daclyla. A Kern. B Protoplasma der Knorpelzellen. C lnter- cellularsubstanz (Knorpelkapseln). D Wässrige Flüssigkeit in- nerhalb des Protoplosmaschlauchs. 134 IX. Anatomie von Cunina rliododaetyla. und durchquere 'tangentiale) Sepia getrennt sind. Die Grösse der Knor- pelzellen nimmt von aussen nach innen zu ab. Die Kerne derselben sind gewöhnlich entweder in der Mitte eines cylindrischen Protoplasma- stranges eingeschlossen , welcher in der Längsaxe der Zelle verlauft, oder von einem strahlenden sternförmigen Protoplasmahofe umgeben. Die Knorpelkapseln (Intercellularsubstanz sind meist dünnwandiger als an dem Tentakelstamme. Der längere freie äussere Theil des Tentakels oder der Tentakel- stamm (Fig. 81 tt, Fig. 83] besteht aus einem soliden, ziemlich dicken cylindrischen Knorpelstabe, der von einem dünnen Muskelschlauche überzogen und aussen von einem Epithelialrohre umhüllt ist. Dieser Theil des Tentakels hat also denselben Bau, wie die interradialen und die radialen Nebententakeln derGeryoniden und gleicht denselben auch vollkommen durch seinen starren Habitus und die eigentümliche Be- wegungsweise. Die Bewegungen bestehen theils in plötzlichen Zuck- ungen , theils in sehr langsamen Biegungen. Verkürzen können sich die Tentakeln nur sehr wenig, soweit es die Elasticität der Knorpel- zellen gestattet, welche auch bei Nachlass der Muskelcontraction den gekrümmten und verkürzten Cyiinder wieder streckt. Gewöhnlich werden die Tentakeln von dem ruhig im Wasser schwebenden Thiere (Fig. 79) nach unten gerichtet und mit der Spitze concav nach einwärts gekrümmt getragen. Bei mechanischer Beizung werden sie gewöhnlich ganz nach innen eingeschlagen (Fig. 78, 80). Seltener werden sie nach aussen und oben in die Höhe gekrümmt. Die freien Tentakel- stämme sind ungefähr so lang als der Badius der Gallertscheibe. Es sind sehr schlanke, dünne Cyiinder, welche nach der stumpf abgerun- deten Spitze zu sich allmählich etwas verdünnen. An der etwas an- geschwollenen Basis, wo sie sich mit der Tentakelwurzel verbinden, besteht ihr Knorpelstab aus mehreren neben einander liegenden Beihen von polygonalen Zellen (Fig. 81), während der grösste Theil der knor- peligen A\e nur aus einer Reihe flach münzenförmiger hinter einander liegender Zellen besteht, deren transversale Scheidewände den Tentakel schon bei schwacher Vergrösserung zierlich quergestreift erscheinen lassen. Die Knorpelkapseln bilden ziemlich breite Streifen von homo- gener Intercellularsubstanz (Fig. 83 sk"). Das Protoplasma kleidet die Knorpelhöhlen als eine zusammenhangende, sehr dünne, feinkörnige Schicht aus und läuft ausserdem durch die Mille (Axe) der Zelle als ein dicker eylindrischer Schleimstrang, der sich nach beiden Enden conisch \ erdickt und in der Mitte, wo er am dünnsten ist, einen rund- lichen Zellenkern cinsehliesst. Die Summe dieser in der Axe der hin- tereinander liegenden scheibenförmigen Knorpelzellen verlaufenden IX. Anatomie von Cunina rhododactyla. 135 Protoplasmastränge stellt einen dunklen Streifen dar, der die gesanimte Tentakelaxe durchzieht, leicht miteinemCentralcanal verwechselt werden könnte, und in der Thal als solcher in den meisten Beschreibungen von Aeginiden figurirt. Der Muskelschlauch, der den Knorpelstab der Ten- takeln überzieht, ist sehr dünn ; dicker ist die dritte und äusserste Ge- wrebsschicht, das Epithel, welches aus einer einzigen Lage von sehr kleinen polygonalen kernhaltigen Zellen besteht, die an zahlreichen ganz unregelmässig zerstreuten Stellen kleine kugelrunde Nesselkapseln in sich entwickeln. Diese Nesselkapseln sind ganz gleich denen der Mantelspangen und zeichnen sich durch eine dicke, sehr stark licht- brechende , dunkelglänzende Wand aus. Nach der Spitze zu sind sie stärker gehäuft. Hier ist auch die rosenrothe Färbung der Tentakeln intensiver, als am Grunde. 4. Muskelsystem. Das hauptsächlichste Bewegungsorgan der Omina ist das sehr starke und breite Velum (v). Dasselbe ist von eben so wechselnder Breite und eben so ausserordentlicher Dehnbarkeit und Contractilität, als die untere musculöse Magenwand. Bald erscheint es breiter , bald schmäler als letztere. Da sein Innenrand eine kreisrunde Oeffnung bildet, während sein Aussenrand überall mit dem Mantelsaume des Schirmrandes verwachsen ist und allen Einschnitten desselben fokt, so muss es natürlich an verschiedenen Stellen eine sehr wechselnde Breite besitzen. Am schmälsten ist es gegenüber der am meisten vorspringenden Mitte der Kragenlappen am breitesten gegenüber der Tentakelinsertion. Das Velum besteht aus einer oberen stärkeren Lage von circularen und einer unteren dünneren Schicht von radialen Muskel- fasern. Bei überwiegender Contraction der letzteren und Erschlaffung der ersteren wird das Velum verschmälert und an den gelappten Man- telsaum herangezogen, dessen Einbuchtungen es folgt, so dass seine Ebene wellenförmig gebogen wird. Bei starker Contraction der Bing- muskeln dagegen wird der Mantelsaum ganz nach innen gezogen und das Velum in einer einzigen llorizontalebene ausgebreitet. Das Epi- thel der oberen Velumfläche besteht aus grösseren, höheren Zellen, als das der unteren. Die Subumbrella ist bei Cunina sehr beschränkt entwickelt, da die grosse Magenscheibe sammt ihren breiten Radialtaschen den bei weitem grössten Theil der unleren Schirmüäche einnimmt. Man kann daher eigentlich als Subumbrella nur die sehr schwache und dünne Schicht von unterbrochenen Bingmuskeln, sowie eine Anzahl von zer- 136 IX. Anatomie von Cunina rhododactyla. streuten, wenig entwickelten radialen Muskelbändern bezeichnen, welche die untere Flache des Gallertmantels zwischen je zwei radialen Magen- taschen und an den Randlappen bekleiden. Die Muskeln, welche ausser dem Velum und der Subumbrella sich noch vorfinden, sind bereits erwähnt. Es sind dies der cylindrische aus Längsfasern gebildete Muskelschlauch , welcher die knorpeligen Tentakelstärnme überzieht , der ähnliche Mnskelschlauch, welcher die marginalen Mantelspangen umhüllt, vor allem aber die sehr stark ent- wickelten radialen und circularen Muskeln der unteren Wand des Ma- gens und seiner Radialtaschen. Resondcrer Erwähnung werth sind die ausserordentlich verschie- denen Formen, welche Cuninu rhododacti/la. bei verschiedenen Contrac- tionszuständen des Velum, der Subumbrella und der Spangenmuskeln annehmen kann. Man glaubt oft ganz verschiedene Thiere vor sich zu haben. Sehr häufig wird der Rand der Mantellappen stark nach innen gezogen , so dass die Spangen radial von aussen nach innen zu den nach innen vorspringenden Randbläschen zu laufen scheinen (Fig. 78 links, HO rechts). Ausserdem wird häufig dann noch der Lappenrand nach oben (und zugleich wieder nach aussen) eingeschlagen, so dass nun die Spangen einen rücklaufcnden Rogen machen und der untere das Randbläschen stützende schmale Spangentheil in der Thal oberhalb des oberen, in den abgerundeten Kolben auslaufenden Spangentheils liegt (Fig. 78 rechts, 80 links, 79). Andere Male zieht sich das Thier vollkommen kugelig zusammen, so dass die Ränder der Kragenlappcn sich decken und die Randbläschen sich beinahe in einem unleren Mittel— puncte berühren. 5. Nervensystem. Die Nerven sind bei Cunina weit unsicherer und schwieriger, als bei Curmarina nachzuweisen. Am deutlichsten und leichtesten kann man sie auch hier wieder (wie bei der letzteren; an den Sinnesbläs- chen erkennen. Durch die Axe jedes cylindrischcn Randbläschens (Fig. 85) geht ein sehr heller und blasser cylindrischer Strang, etwa '/,» so hreit, als das Rläschen selbst (n). Oben berührt er die Concre- lioru, unten setzt er sich fort durch die Axe des conischen Ganglien- hügels (f). Auch bei anderen Aeginiden finde ich diesen blassen cylin- drischen Axenstrang ebenso wieder. Ich halte ihn für den Sinnes- nerven. Weit schwieriger ist es, sich von der Existenz des I'. i n »ncr von zu überzeugen, den ich auch hier, wie bei den Geryoniden, in einem hellen blassen fein längsgestreiften Strange zu finden glaube, ihr IX. Anatomie von Cunina rhododactvla. 137 zwischen Ringgefäss und Knorpelring, in einer Furche des letzteren liegt (Fig. 82a, 8 5 a). Nach innen grenzt er nahe an die Insertion des Velum. Ihn zu isoliren ist mir nicht gelungen. Auf Flächenansichten (Fig. 84) verbirgt sich der Ringnerv leicht hinter dem Gefässe oder dem Knorpelringe. Was Fritz Miller bei Cunina KölUkeri als Ring- nerv beschreibt, halte ich für den Knorpelring. Ausserdem glaubt der letztere dem Nervensystem auch noch »ein paar ansehnliche, ziemlich undurchsichtige Wülste an der Rasis jedes Tentakels, die scharf con- tourirte Zellen enthalten«, zurechnen zu müssen. Diese »Wülste« finden sich auch bei unserer Cunina rhododactyla vor (Fig. 78 — 80, Fig. 81 tx). Es sind zwei dicke coneav-convexe rundliche Polster, welche in dem Einschnitte zwischen je zwei Rand- lappen sitzen und den Tentakelstamm an seinem Uebergange in die Wurzel von beiden Seiten her umfassen. Die beiden Polster sind dun- kel glänzende dünnhäutige, scheinbar geschlossene Rlasen, prall an- gefüllt mit dichtgedrängten, kugeligen sehr stark lichtbrechenden Zellen. Den Eindruck von Nervenzellen machen letztere nicht. Was sie aber sonst sein mögen, vermag ich auch nicht zu sagen. Vielleicht gehören sie zum Knorpelringe. Für Ga n glienknot en halteich die hügelförmigen , flach coni- schen Polster, auf deren Höhe die Randbläschen, wie auf einem kurzen dicken Stiele flach aufsitzen. (Fig. 84, 85 f). Es sind ihrer so viele als Randbläschen vorhanden. Mit ihrer breiten flachen Rasis ruhen sie unmittelbar auf dem Nervenringe, theilweiseauch auf dem Knorpel- ringe und dem unteren dünnen Ende der marginalen Mantelspange. Der Inhalt besteht aus sehr hellen und blassen kugeligen Zellen, ähnlich denen im Randbläschen selbst, aber kleiner. Durch dieAxe des kegel- förmigenGanglienhügels geht der Sinnesnerv, welcher von dem Nerven- ringe sich abzweigt. Das sehr verdünnte unlere Ende der marginalen Mantelspange scheint sich noch über die äussere Fläche des Ganglion bis zur Rasis des Randbläschens selbst fortzusetzen (Fig. 84). Wahr- scheinlich dient der in der Spange liegende Muskel auch zur Revvegung (zum Aufrichten und Niederlegen?) desRandbläscliens. Der Epithelial - Uberzug der Nervenknoten besteht aus sehr kleinen kernhaltigen poly- gonalen Zellen. Jede derselben scheint ein sehr langes und feines, starres Borstenhaar zutragen, welches ungefähr ebensolang oder länger, als das Randbläschen selbst ist (Fig. 85). An der Rasis ist jede Rorste ein wenig verdickt, am freien Ende läuft sie in eine kaum sichtbare feine Spitze aus. Da die starren Fadenborsten nach allen Seiten von der Oberfläche des Ganglion ausstrahlen, bilden sie zusammen ein kegelförmiges, nach aussen offenes Wiinperbüschel, in dessen Axe das 138 ß- V tiat omie von fiiiiina rliododactvla. Randblaschen sitzt. Aehnliche starre Wimperborsten auf den Hügeln, welche die Randbläschen tragen , sind von Gegeniuvr bei Aegineta sol maris, von Kekerstein und Eblbrs bei Aegineta Corona beschrieben worden. Ich halte sie für Tastborsten. Vielleicht stellen sie unmit- telbar mit Nervenenden in Zusammenhang. Aehnliche Tastborsten, welche frei in das Wasser \<>rragen, finde ich auch bei anderen Medusen wieder. Bei Rhopaloneimi umbüicatum Calyptra umbiäcata) sitzen drei Kranze von solchen langen Tastborsten unmittelbar über einander gürtelförmig an der knopfartig verdickten Spitze der starren interradialen Tentakeln, welche aus einem \on Epi- thel überzogenen Knorpelstabe bestehen. Jeder Kranz besteht aus 20 bis M) sehr langen und feinen Borsten von 0,1 mm Lange. Die Borsten der drei Gürtel alterniren mit einander. Sie stehen von der Mitte der kolbig angeschwollenen Tentakelspitze in einer Horizontalebene ab, rechtwinklig zur Tentakelaxe. Die Tentakelspitze kann aber in der Weise nabeiförmig eingezogen werden, dass die Borstenkränze an das äusserste Ende des Tentakels selbst zu liegen kommen und hier einen nach aussen divergirenden conischen Büschel bilden. 6. Sinnesbläschen (Randbläschen). Die Zahl der Randblaschen steigt, wie schon früher bemerkt wurde, bei Cimina rhododaetyla von acht auf fünfzig bis hundert. Bei den jüng- sten beobachteten Individuen, von 3mm Durchmesser (Fig. 78) sind nur 8 Bläschen an der Spitze der 8 Randlappen vorhanden, welche mit den 8 Tentakeln alterniren. Späterhin wächst diese Zahl , indem neue Randbläschen in unbestimmter Reihenfolge neben den alten entstehen. Individuen mit 10 Tentakeln tragen in der Regel auf jedem Lappen 2 _ 3 Randbläschen, ältere mit 12 Tentakeln i ■— 6 Bläschen. Das Maximum der Bläschenzahl auf einem Lappen scheint Acht zu sein. Bei einem der grössten beobachteten Individuen, von I I """ Durchmes- ser, mit 15 Randlappen, zeigten sich die 81! Randbläschen in nach- stehender Reihenfolge auf den Lappenkranz vertheilt: 5, 6, 7, 8, o, 6, 4, 5, 6, 8, i , (5, 7, 4, 8. Die Entfernung der Randbläschen von ein- ander ist daher auch an verschiedenen Stellen eine ungleiche. Die Randbläschen sitzen frei auf den oben beschriebenen conischen Ganglienknoten auf, welche zwischen der unteren Fläche der Yelum- Insertion und dem unteren verdünnten Ende der marginalen Manlel- spangen von dem Knorpelringe (u k ; und dem Nenenringe (a) sich erheben (Fig. 82, 84). Die Form der Kandbläsrlvm ist cAÜndrisch, am freien Ende abgerundet und in der Mitte mehr oder weniger ring- X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den Geryoniden und Aeginiden. 1 30 förmig eingeschnürt (Fig. 85). Ihre Lange beträgt 0,05 mra und ist 2 — 3mal so gross, als die Breite. Die Wand des Randbläschens wird von einem Epithel gebildet, das aus sehr flachen Pflasterzellen besteht. Den Inhalt bilden dichtgedrängte wasserhelle polyedrische Zellen. In der Axe des Randbläschens verläuft der dünne blasse cylindrische Strang, der bereits oben als Sinnesnerv beschrieben worden ist und y3 — % so breit , als das Bläschen selbst ist. Das äussere Ende, oft die ganze äussere Hälfte des Bläschens, nimmt ein Krystall ein , bis zu des- sen Peripherie der Nerv zu verfolgen ist. Seltener sind statt eines Krystalls zwei hintereinander liegende vorhanden, und mehrere Male wurde eine Reihe von drei Krystallen beobachtet, von denen der oberste der grösste war. Die Krystalle scheinen ihrer Form nach dem rhom- bischen Krystallsysteme anzugehören. Da übrigens sonst die sogenann- ten Otolithen in den Randbläschen der Craspedoten stets nicht kristal- linische Concremente, und nur in denen der Acraspeden Krystalle sind, so bietet in dieser Beziehung unsere Cunina eine sehr bemerkenswerthe Ausnahme dar. X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen deu Geryoniden und Aeginiden. 6* Eine unbefangene Vergleichung der ältesten beobachteten Knospen von Carmarina haslala mit den jüngsten Individuen der Cunina rho- dodactyla lässt keinen Zweifel übrig , dass letzlere in der That nichts Anderes ist, als ein weiter entwickelter Zustand der Ersteren. Die ältesten, am weitesten entwickelten Knospen der Zunge von Carmarina hastata, mit einem Schirmdurchmesser von I ,,im, besitzen einen aus acht gleichen homotypischen Abschnitten zusammengesetzten Körper (Fig. 76 im Profil, Fig. 77 von unten). Der Rand des scheibenförmigen Körpers ist in acht rundliche Lappen gespalten , deren Spitze ein frei auf kurzem Stiele vorragendes Sinnesbläschen trägt. Der Zwischen- raum zwischen den Lappen wird von dem oberen Theile des Velum ausgefüllt. Entlang des Randes der Lappen verläuft, auf einen dünnen Knorpelring gestützt, ein zusammenhängendes enges Ringgefäss, wel- ches in der Tiefe der acht Randeinschnitte mit acht breiten flachen ta- schenförmigen Radialgefässen zusammenhängt, die von der Peripherie des centralen flachen und weiten Magens ausstrahlen. In dem Grunde 1 40 X. Verwaildtsohftfl und Generationswechsel zwischen den Geryoniden undAeginiden. jedes Randeinschnittes, zwischen der Basis je zweier benachbarter Lappen, ist ein solider cyJradüischer Tentakel befestigt, welcher mittelst piner kegelförmigen knorpeligen Wurzel in die Scheibensubstanz ein- gesenkt und auf der oberen Flache der entsprechenden radialen Magen- lasche in deren Mittellinie angewachsen ist. Der Tentakel selbst besteht aus einer soliden cylindrischen Axe , aus einer einzigen Zellenreihe ge- bildet, und überzogen von einem dünnen Muskelschlauche, über wel- chem ein N'esselepithel liegt. Alles, was ich hiermit von den charakteristischen and wesentlichen Structurverhältnissen der ältesten, auf dem Zungenkegel der Cur- nxirina aufsitzenden Knospen (Fig. 76, 77) ausgesagt habe , gilt wörtlich ganz ebenso von den jüngsten, frei im Meere gefisch- ten Individuen der Cunina rhododaetyla, von 3mm Durch- messer (Fig. 78) . Es ist in der That nicht eine einzige wesentliche Organisationsdifferenz zwischen Beiden vorhanden. Die einzigen Unterschiede, welche die Zungenknospe der Carnia- rina iFig. 77) und die jüngste freie Form der Omina (Fig. 78) zeigen, sind folgende. Der Gallertschirm der Zungenknospe von Garmarina ist eine dicke , ziemlich flach gewölbte Scheibe von I "' m Durchmesser, derjenige der Cunina eine meist starker gewölbte, oft fast halbkuge- lige Scheibe von 3mm Durchmesser. Die Tentakeln der Garmarina- Knospe sind plumper, dicker und kürzer, als die längeren und schlan- keren der Cunina. Dagegen ist das cylindrische Mundrohr oder Magen- rohr der ersteren im Verhältnis weit länger, als der sehr kurze, kaum über den flachen Magen vorragende Mundrand der letzteren. Ausser- dem sind natürlich alleTheile der Carmurinu-Knospe in entsprechendem Verhältnis« kleiner, die Gallertsubstanz des Mantels weniger entw ickelt, als bei der Cunina. Es bedarf keines weiteren Beweises, dass diese Differenzen sämmt- lich ganz unwesentliche sind, die sich beim fortschreitenden Wachsthuni der Knospen von I zu 3mm ganz allmählich verwischen werden. Der zunächst am meisten auffallende Unterschied, nämlich das lange Magen- rohr der Gärmarinu ^Knospe gegenüber dem kurzen Mundrand dw Cunina. macht in der That nicht die geringste Schwierigkeit, da \\ ir bereits von einer anderen Cunina wissen, dass das reife Thier gar kein vorspringendes Magenrohr, der Embryo desselben dagegen ein ausser- ordentlich langes und dünnes cylindrisches Mägenrohr besitzt. Es ist dies die Cunina öctonaria Mc. Crudy . welche in erwachsenem Zustande unserer Cunina rhoäodactylu sehr ähnlich ist, dagegen als Embryo oder Larve noch ein weit längeres Magenrohr zeigt. Ich kann daher nicht mehr das geringste Bedenken tragen, die pclagisch gefischte Cunina X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den Geryoniden und Aeginiden. ! 4 1 rhododacti/la mit den achtstrahligen Knospen, welche auf der Zungen- oberfläche der geschlechtsreifen Carmarina hastata hervorsprossen, für identisch zu erklären. Ich kann um so weniger an dieser Identität zwei- feln , als die Ciin/na rhododactyla im Golfe von Nizza stets nur in der unmittelbaren Gesellschaft und Umgebung der Carmarina hastata zu linden war. Beide Medusen-Arten erschienen während meines sieben- wöchenllichen Aufenthalts an jener Küste nur an drei oder vier Tagen, an diesen aber in grossen Schwärmen. Doch waren die Carmarmen weit spärlicher vorhanden, als die Cuninen. welche sie in allen \er- schiedenen Entwickelungsstadien massenhaft begleiteten. Die Citnina rhododactyla , eine frei schwimmende und Geschlechts- organe entwickelnde aehtstrahlige Meduse aus der Aeginiden -Familie, wird also auf ungeschlechtlichem Wege, und zwar durch Knospung an der Zungenoberfläche in der Magenhöhle, von der Carmarina hastata erzeugt, einer scheinbar weit davon entfernten und ganz verschiedenen sechsstrahligen Meduse aus der Geryoniden -Familie, einer Meduse, welche ebenfalls frei umherschwimmt und Geschlechtsorgane producirt, und welche sich ausserdem durch eine complicirte Metamorphose aus einer sechsstrahligen Larve entwickelt , die sowohl der erwachsenen Carmarina, als der Cunina sehr unähnlich ist! Diese Thatsache, welche ich nicht mehr bezweifeln kann, ist in der That so fremdartig und wunderbar, entspricht so wenig allen bekannten Verhältnissen der heterogenen Fortpflanzung , dass ich es Niemand ver- argen will, wenn er vorläufig meinen Angaben kein Vertrauen schenkt. Ich würde selbst daran zweifeln, wenn ich nicht die leiblichen Thal- sachen unmittelbar vor Augen sähe. Wir sind durch die vielen treu- lichen Untersuchungen, welche in den letzten Decennien über die Natur- geschichte derHydromedusen angestellt worden sind, mit einerausser- ordentlichen Mannichfaltigkeit der merkwürdigsten Fortpflanzungsver- hältnisse in dieser interessanten Thierclasse bekannt geworden. Alle denkbaren Formen der geschlechtlichen und ungeschlechtlichen Fort- pflanzung, des Generationswechsels und des Polymorphismus, scheinen hier realisirt zu sein. Medusoide und polypoide Formen haben sich in der mannichfaltigsten Weise combinirt gezeigt. Hier aber liegt eine Thatsache vor, die sich keiner irgend bekannten Form des Generations- wechsels anzuschliessen und eine ganz neue Form der Fortpflanzung zu begründen scheint. Leider bin ich nun nicht im Stande, aus dem vorliegenden Mate- riale weitere Aufschlüsse über den ferneren Verlauf dieser höchst merk- würdigen Zeugungsform zu gewinnen , und eine der vielen und wich- tigen Fragen zu beantworten, die sich angesichts dieser wunderbaren 1 42 X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den Geryoniden und Aeginiden. Thatsache unwillkürlich aufdrängen. Auf welche Weise schlägt die acht- strahlige (und zuletzt sechzehnstrahlige) Cunina wieder in die Form der sechsstrahligen Carmarina zurück? Wo kommen die sechsstrahligen Lar- ven der letzteren her? Was wird aus den Geschlechtsproducten der beiden anscheinend so weit verschiedenen Medusen? Zeusen auch die Cuninen ungeschlechtlich? Als die verhältnissmässig einfachste Lösung des Räth- sels würde noch diejenige erscheinen, dass sowohl aus der geschlecht- lichen als aus der ungeschlechtlichen Zeugung der Carmarina hastata dieselbe Cunina rhododactyla hervorgeht, und dass sowohl aus der ge- schlechtlichen , wie aus der ungeschlechtlichen Zeugung der letzteren wieder die Carmarina entspringt. Oder pflanzt sich die Cunina nur als Cunina fort, während die Carmarina gleichzeitig auf geschlecht- lichem Wege ihres Gleichen , auf ungeschlechtlichem aber Cunina producirt? Auf diese und viele andere Fragen werden erst künftige Unter- suchungen Antwort geben. Immerhin bin ich schon jetzt durch eine möglichst genaue vergleichende anatomische Untersuchung beider Me- dusen in den Stand gesetzt, wenigstens von einer Seite her diese merk- würdigen Verhältnisse etwas aufklären zu können und sie weniger wunderbar erscheinen zu lassen , als dies im ersten Augenblicke der Fall ist. Es hat sich nämlich aus einer sorgfältigen Vergleichung des anatomischen Baues der Geryonidc und der aus ihr hervorknospenden Aeginide ergeben, dass die beiden Medusen - Familien , denen sie angehören, weit näher verwandt sind, als dies allgemein angenom- men wird. Da es bei einem so ausserordentlichen und von den gewohnten Vorgängen so abweichenden Verhältnisse , wie das vorliegende, jeden- falls gerathen ist, in der Erklärungsweise die grösste Vorsicht anzu- wenden , und alle , auch die entferntesten Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, so mögen zuvor ein paar Worte über die Frage eingefügt wer- den , ob wir es nicht möglicherweise hier mit einem Parasitismus zu thun haben? Dieses Verhiiltniss ist unter den Medusen überhaupt äusserst selten. Durch Krohn haben wir die merkwürdige Mnestra parasites kennen gelernt1), eine kleine Meduse aus unbestimmter Fa- milie, welche stets an derselben Körperstelle eines Weichthieres, und zwar der Phyllirrhoe bucephalum . äusserlioh angesaugt gefunden wird. Viel wichtiger für unseren Fall ist der seltsame Parasitismus, der neuer- dings von einer. Aeginide durch die treulichen Untersuchungen Mc. Crady's 1) Archiv fiii Naturgeschichte 1853, XIX, l, p. 278. X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den Geryoniden und Aeginiden. 1 43 bekannt geworden ist1). In der Mantelhohle einer Oceaniden- Meduse aus dem Hafen von Charleston, der Turritopsis nutricola, finden sich in Menge und in verschiedenen Entwickelungszuständen die Larven einer frei schwimmenden Aeginide vor, der Gumma oetonaria Mc. Crady. Die jüngsten flimmernden Larven bilden einen kleinen keulenförmigen Korper, der mittelst des dünn auslaufenden Stieles in der Mantelhöhle der Turritopsis befestigt ist. Das andere dickere Ende treibt zwei schlanke und biegsame Tentakeln, die sich bald verdoppeln. Bisweilen treibt die Larve jetzt schon Knospen von ihresgleichen. Dann bekommt sie ein sehr dünnes und langes rüsselförmiges Magenrohr. Zwischen den vier Tentakeln sprossen vier andere hervor, und gleichzeitig mit diesen , und mit allen acht Tentakeln alternirend zeigen sich an einer Ringfalte, die sich von der Mitte des Körpers abhebt (der Anlage des Schirmrandes) acht Randbläschen. Die kleinen Larven halten sich in der Mantelhöhle der 7 \irritopsis an den Wänden derselben und des Magen- stiels fest mittelst der vier primären , nach dem Aboralpol hinauf ge- krümmten Tentakeln, während das sehr lange rüsselförmige Magenrohr der Schmarotzer durch die Mundöffnung ihres Wohnthieres in dessen Magenhöhle hinein gestreckt wird und hier Nahrung aufnimmt. Gewiss ist diese schon an sich höchst auffallende Form des Parasitismus um so merkwürdiger, als hier eine Meduse in einer Meduse schmarotzt, und der erste und natürlichste Gedanke, den auch Mc. Crady in seiner ersten ausführlichen Darstellung desselben hatte und festhielt, ist der, dass jene, gewissen fhdroidpolypen sehr ähnlichen Larven nicht die Schma- rotzer, sondern die Nachkommen der Oceanide sind. Erst später, als Mc. Crady die völlige Umwandlung der mit langem Magenrohr versehe- nen schmarotzenden Larven in die freischwimmende, desselben ent- behrende Cunina oetonaria nachgewiesen hatte, liess er jene erste An- nahme fallen und entschied sich für den Parasitismus der Larven. In der That scheint mir auch jetzt noch diese Deutung die wahrschein- lichste, wenngleich andrerseits, bei Erwägung der sogleich darzulegen- den Verhältnisse, doch der Gedanke nicht ganz ausgeschlossen werden darf, dass Mc. Crady's erste Deutung die richtigere war und dass die Ciniina oetonaria wirklich die Brut der Turritopsis nutricola ist. Höchst wahrscheinlich hat jedoch dieses merkwürdige Verhältniss mit demjenigen, welches uns hier vorliegt, nur eine oberflächliche und äusserliche Aehnlichkeit, obgleich die Cunina oetonaria durch ihre ganze Form und Structur , durch die acht Randlappen und Tentakeln , wie 1) Pruceedings of the Elliott Society of Charleston (South-Carolina). Vol. I, 1859, p. 55 — 90, p. 209 — 212. ] 44 X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den Geryonideu und Aeginiden. durch die Bildung der Randbläschen und ihrer Spanpen , der jüngsten achtstrahligenForm unserer Cunina rhododacU/la sehr nahe steht. Dass aber bei derletzteren kein Parasitismus stattfindet, scheint mir schon aus der oben gegebenen Darstellung des Knospungsprocesses auf der Ober- fläche des Zungenkegels zur Genüge erwiesen zu sein. Die Zunge, der Carmarina hastatn ist ein selbstständiges Organ , welches auch bei den nicht knospentreibenden Thieren völlig entwickelt ist (Fig. 4, 5). Die Ent Wickelung der Knospen aus ihrer Oberfläche lässt sich vom ersten Anfange an Schritt für Schritt verfolgen (Fig. 75, Fig. 94 A — F). Die Knospen sind mit einem grossen Theile ihrer Aboralfläehe fest der Oberfläche des Zungenkegels verbunden und nur durch Continuitäts- trennung davon ablösbar. Wie mit diesen und den übrigen oben ge- schilderten Verhältnissen die Annahme eines Parasitismus der Cunina- Embryonen sich vereinbaren lassen sollte, vermag ich nicht einzusehen. Es bleibt also in derThat nichts Anderes übrig, als die Gewissheit, dass die sechsstrahlige Carmarina und die achtstrahlige Cunina durch wirkliche Blutsverwandtschaft aufs nächste verbunden sind und einer und derselben »Speci es« angehören, d.h. einemFormenkreise, dessen Glieder nachweisbar durch die engste Blutsverwandtschaft zusammen- hängen. Nun sind aber die Gerynniden . zu denen die Carmarina und die Aeginiden, zu denen ihre Knospe, die Cnnina gehört, bisher als völlig ver- schiedene Medusen -Familien allgemein behandelt worden. Nach den übereinstimmenden Ansichten siimmtlicher neuerer Naturforscher, welche die Medusen untersucht haben, sind die Aeginiden von allen übrigen craspedoten Medusen in weit höherem Grade verschieden , als es je zwei andere Familien dieser Ordnung unter sich sind. Namentlich wird als Hauptkriterium stets angeführt, dass bei den Aeginiden bloss »blinde taschenförmige Fortsätze« von dem Magen ausgehen und dass ein Binggefäss fehlt, während bei allen übrigen Craspedoten »radiale Canäle« vom Magen ausgehen, die amRande durch ein Binggefäss ver- bunden sind. Gegenbaur, der von den neueren Autoren die Aeginiden noch am nächsten mit den anderen Craspedoten verbindet und sie am Ende derselben als eine besondere Familie auf die Geryonideu folgen lässt, sagt von den Aeginiden : »Unstreitig ist dies wohl die am wenig- sten gekannte und von den bis jetzt von den Medusen gebräuchlichen Vorstellungen die grössten Abweichungen darbietende Gruppe, die sich aber eben dadurch um so mehr gegen andere Familien hin abschliesst, und bei nur geringen verwandtschaftlichen Beziehungen von allen übrigen die grösste Einheil und Abrundung bietet«. Viel weiter gehen X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den Geryoniden und Aeginiden. 1 45 in der Trennung der Aeginiden von den übrigen niederen Medusen zwei andere neuere Bearbeiter derselben , Fritz Müller und Agassiz. Fritz Müller, der treffliche Forseher, der bisher allein eine genaue anatomische und embryologische Darstellung einer Aeginide (der Cunina Köllikeri) gegeben hat *) , glaubt gerade auf deren Ergebnisse hin die Aeginiden ganz von den Craspedoten oder Cryptocarpen abtrennen zu müssen2). Ertheilt die ganze Classe der Hydromedusen in 4 Ordnungen: 1., Siphonophoren ; 2., Hydroiden (Craspedoten nach Ausschluss der Aeginiden) ; 3., Acalephen (Acraspeden nach Ausschluss der Charyb— deiden) ; 4., Aeginoiden (Aeginiden und Charybdeiden). Diese Aende- rung wird auch von Leuckart gebilligt. Agassiz andrerseits nimmt in seinem grossen Medusenwerke die Aeginiden sogar ganz zu den höheren Medusen (Phanerocarpen oder Acraspeden) hinüber. Er trennt diese Hauptabtheilung (Ordnung der Discophorae) gänzlich von den Hydroiden ab und theilt sie in drei Unter- ordnungen : I., Rhizoslomeen; 2., Semaeostomeen (Aureliden, Stheno- niden, Cyaneiden, Pelagiden) ; 3., Haplostomeen (Aeginiden, Brandti- den , Charybdeiden , Marsupialiden und Lucernariden) . Wegen der weiten blinden radialen Magentaschen und des Mangels eines Cirkel- canals glaubt Agassiz die Aeginiden unmittelbar mit den Ephyren , den Jugendformen der Aureliden , zusammenstellen zu können (1. c. p. 3) . Gegenüber dieser Auffassung glaube ich durch die obengegebene möglichst sorgfältige anatomische Analyse der Cunina rhododactylor und der Geryoniden dargethan zu haben, dass diese beiden Medusenformen im inneren Baue und zwar in den wesentlichsten Beziehungen desselben, ja sogar in der feineren histologischen Structurauf das nächste verwandt sind, und wenn wir einen weiteren vergleichenden Blick auf die ana- tomischen Verwandtschaftsverhältnisse der Geryoniden , einerseits zu den Aeginiden, andrerseits zu den übrigen Craspedoten werfen, dürfte sich leicht herausstellen, dass die ersteren zwischen den beiden letz- teren in der Mitte stehen , ja sogar, dass die Geryoniden (namentlich im Larvenzustande) noch näher den Aeginiden , als den übrigen Cras- pedoten verwandt sind. Da Fritz Müller die entgegengesetzte Ansicht am eingehendsten begründet und zugleich auf eine sehr sorgfältige anatomische Analyse einer Aeginide gestützt hat, so werde ich alle einzelnen von ihm angebrachten Argumente mit meinen Untersuchungs- resultaten vergleichen . 4) Archiv für Naturgeschichte. XXVII., 1. 1861. p. 4 2, Taf. IV. 2) Ibid. p. 303 (Ueber die systematische Stellung der Charybdeiden). H aeck el, Rüsselquallen. \ Q 146 X. Verwandtschaft und Generationswechsel .zwischen den Geiyonidea und Aeginiden. Die Scheibe der Hydroidmedusen oder Cryptocarpen (Craspedo- ten) — säet Fritz Miller (1. c. p. 306) »ist stets ganzrandig, und wie bei den Aealephcn glatt oder etwa mit schwach vorspringenden . von der Mitte des Rückens aussehenden Leisten verseilen. — Dasecen ist die Scheibe der Gttnina und ihrer Verwandten häufig, wo nicht immer, am Rande gekerbt, und wie bei den Charybdeiden, von mehr weniger tiefen, mehr weniger weit auf dieRückenlläche sich fortsetzenden Fur- chen durchzogen«. Das Letztere ist vollkommen richtig. Allein ganz dieselben Einschnitte des Scheibenrandes, welche sich auch als seichte centripetale Furchen eine Strecke weit auf der Aussenflache des Schirmes hinaufziehen, finde ich auch bei den Geryoniden; nur dass sie hier nicht so tief und weit gehend sind, wie bei den Aeginiden; desshalb springen auch dio dadurch entstehenden Lappen des Randes weniger auffallend vor, als bei den letzteren. Die Zahl der Randeinschnitte ent- spricht der Zahl der unmittelbar über denselben sitzenden Randbläschen und der marginalen Manlelspangen, die von ihnen ausgehen. Selbst an erwachsenen geschlechtsreifen Thieren von Carmarina (Fig. 4,2) und noch mehr von Ghssocodon (Fig. 4 3 — 15) tritt diese Kerbung des Randes durch 4 2 oder 8 Einschnitte noch deutlich hervor. Weit auf- fallender erscheint dieselbe oft an den Larven beider Arten (Fig. 55 — 59 , G5 ; Fig. 36 — 38, U), 14). Es ist also in der That bei den Geryo- niden der Schirmrand ebenso (nur weniger tief) wie bei den Aeginiden (Fig. 78 — 80) eingeschnitten und dem entsprechend auch das Velum bei beiden Familien an den Stellen, welche den radialen Einschnitten entsprechen, breiter als an den dazwischenliegenden. »Die Cryptocarpen« — sagt Fritz Müller weiter, »haben stets Slrahlgefässe undRingcanal, und zwar erstere, ausser bei sehr grosser Menge, in fester Zahl. Rei den Aeginiden dagegen hat der Magen breite Seitenlaschen in oft schwankender Zahl , nie Slrahlgefässe oder Ring- canal«. Diese Differenz wird allgemein als die durchgreifendste und namentlich der Mangel des Ringcanals von allen Autoren als der wesentlichste Charakter der Aeginiden angesehen. Dass diese Re- hauptung irrig ist, habe ich oben bei der Anatomie der Cmdna rhodo- dactylu bestimmt nachgewiesen. Diese Aeginide, und ebenso die Qunina albesdens, die ich ebenfalls hierauf untersuchte, haben einen vollkomm- nen Ringcanal am Schirmrande, so gut, wie alle anderen Craspedoten, nur dass er verhältnissmässig viel enger ist. Sowohl auf Querschnitten lässt sich sein Lumen (Fig. 81, 82c) als auf Flächenansichten sein cha- rakteristisches Epithel (Fig. 84 es) ebenso leicht als bestimmt nach- weisen. Ebenso sind auch die so sehr hervorgehobenen »blinden Seitentaschen des Magens« der Aeginiden , die als etwas ganz X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den Geryöniden und Aeginiden. 1 47 Besonderes angesehen zu werden pflegen, ganz gewöhnliche, nur etwas breite und flache Radialcanäle, die innen in den Magen, aussen in das Ringgcfäss einmünden. Ganz ebenso breit und flach findet man auch die taschenähnlichen Radialcanäle von jugendlichen Geryoniden-Larven (Fig. 36 — 38, 56 — 58) wo, besonders bei sehr jungen Glossocodon, die Interstitien zwischen den breiten Radialcanälenfl schmäler sind als diese selbst. Hiermit ist also die Hauptscheidewand zwischen den Aeginiden und den anderen Craspedoten gefallen. »Die Tentakeln der Cryptoc'arpen«, fährt Fritz Müller fort, »sind von sehr wechselndem Bau, nehmen aber doch stets die unmit- telbare Nähe des Ringgefässes ein. — Bei den Aeginiden dagegen sind die Tentakeln , nie die Zahl der Magentaschen überschreitend, stets rückenständig, oft sehr fern vom Rande entspringend; ausserdem sind sie bald durch eine eicenthümliche Starrheit, bald wieder durch eine, bei anderen Medusen ear nicht bemerkte Reweslichkeit ausgezeichnet«. Auch dieser Unterschied ist nicht durchgreifend. Vielmehr stimmen auch in dieser Reziehung die Larven der Geryöniden ganz auffallend mit den Aeginiden überein. Sowohl bei den älteren Larven von Carmarina (Fig. 56 — 58) als von Glossocodon (Fig. 36 — 40) entspringen die inter- radialen sowohl als die radialen soliden Tentakeln auf der Rückenfläche der Scheibe, fern vom Rande, mit dem sie nur durch die marginalen Manlclspangen verbunden sind. Ferner haben sie ganz denselben »star- ren« Habitus und denselben eigenthümlichen Bau wie die Tentakeln der Cunina: ein Knorpelcylinder, aus einer Reihe grosser Zellen gebildet, und überzogen von einem Schlauche von Längsmuskeln, über welchem das nesselnde Epithel liegt. »In der Bildung der Geschlechtst heile endlich«, säet zuletzt Fritz Müller , »schliessen sich die Hydroidquallen den Acalephen oder Phanerocarpen an ; denn obschon von ungemeinem Formenreichthume, nehmen sie doch stets die äussere Wand des Gastrovascularsystems ein und entleeren ihre Producte nach aussen. Die Geschlechtsstoffe der Cunina dagegen bilden sich im Innern der Seitentaschen, und zwar in den seitlichen Winkeln derselben, von wo ihre Bildungsstätte hufeisen- förmig von einer Tasche zur andern sich hinüberzieht«. Auch diese Differenz kann ich nur bis zu einem gewissen Grade gelten lassen und kann sie ausserdem nicht für wesentlich halten. Gerade durch die eigenthümliche Bildung der Geschlechtsorgane scheinen mir die Geryö- niden näher mit den Aeginiden, als mit allen anderen Medusen ver- wandt zu sein. Bei Beiden sind die Radialcanäle zu blattför- migen Taschen erweitert und bei Reiden ist es das Epithel der unteren ( subumbralen ) Wand der blattförmigen Canaltaschen , aus 10* 148 X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den Geryoniden und Aeginiden. welchem sich unmittelbar die beiderlei Geschlechtsproducte entwickeln. Der einzige, und, wie mir scheint, nicht wesentliche Unterschied be- steht darin , dass bei den Geryoniden sich diese taschenförmigen Er- weiterungen nur während der Geschlechtsreife entwickeln , dann aber auf dem grössten Theile ihrer unteren Fläche (die radiale Mittellinie ausgenommen) Samenzellen und Eier produeiren, während dieselben bei den Aeginiden zu allen Zeiten gefunden werden und nur auf einem kleinen Theile ihrer unteren Fläche (namentlich anderümbiegungsstelle einer Tasche in die andere) Geschlechtsproducte entwickeln. Auch bei den Geryoniden sind es, wie bei den Aeginiden, nur die seitlichen Theile der unteren (subumbralen) Fläche der blattförmigen Radial- canäle, welche Eier und Samenzellen liefern , während das Epithel der radialen Mittellinie derselben unverändert bleibt. Ob die Geschlechts- producte direct nach aussen, oder erst in die Höhlung des Gastrovas— cularsystems und dann durch den Mund nach aussen entleert werden, scheint mir gleichgültig zu sein und ich glaube, dass z. B. bei den Ge- ryoniden beide Arten der Ausführung der Genitalproducte neben ein- ander vorkommen. Es bleibt also von allen Differenzen zwischen den Aeginiden und den übrigen Craspedoten , auf Grund deren Fritz Müller beide trennen will, nur noch eine einzige übrig, die verschiedene Beschaffenheit der Randbläschen, welche bei den Craspedoten, »wenn vorhanden, stets rundlich und sitzend«, bei den Aeginiden dagegen »meist gestielt« sind. Diese Verschiedenheit ist nun allerdings gerade zwischen den Geryoniden und Aeginiden vorhanden, und sie ist sogar, wie die von mir gegebene Darstellung ihres feineren Baues lehrt , bedeutender als man glaubte. Die Randbläschen der Geryoniden finde ich in der Gallertsubstanz des Mantelrandes eingeschlossen , diejenigen derCunina frei auf einem Vor— Sprunge der Randlappen sitzend. Die Differenz ihres feineren Baues springt bei der Vergleichung der oben gegebenen genauen Darstellung der Bandbläschen von Carmarina (Fig. 7, 8) und von Cunina (Fig. 84, 85) klar vor Augen. Doch glaube ich , dass auch diese Structurdiffe- renzen grösser scheinen, als sie sind. In beiden Fällen liegt der so- genannte Otolith (k) unbeweglich eingebettet in eine solide Zellenmasse welche von einer Membran kapselartig eingeschlossen ist und welche ich als Sinnesganglion (s) bezeichnet habe. In beiden Fällen tritt der Sinnesnerv (n) von einem hügelförmigen Ganglion (f) aus, welches das Randbläschen trägt, in die Zellenmasse jenes Sinnesganglion hinein und läuft durch sie hindurch zum Otolithen. Der Hauptunterschied beschränkt sich also erstens darauf, dass bei Carmarina zwei sich kreu- zende, bei Cunina ein einfacher Sinnesnerv vorhanden ist, und zwei- X. Verwandtschaft undGenerationswechsel zwischen den Geryoniden iindAeginiden. 149 tens darauf, dass bei den innerlich eingeschlossenen Randbläschen der Geryoniden das Sinnesganglion noch von einer in einer grossen Blase enthaltenen wässerigen Flüssigkeit umspült wird, während dasselbe bei den äusserlich gelegenen Randbläschen der Cunina ohne weitere Hülle, als die dünne Membran , frei in das Seewasser hineinragt und hier noch von den Borsten umstellt ist, die von dem Ganglion (f) aus- strahlen (Fig. 85). Ausserdem aber ist sicher gerade die Structur von so äusserlich gelegenen Sinnesorganen , die sich der Verschiedenheit der äusseren Verhältnisse in so hohem Maasse anpassen können und müssen, für die wahre Erkenntniss der inneren Verwandtschaft nur von sehr unter- geordnetem Werthe. Wohl keine anderen Körpertheile bieten bei nächstverwandten Thieren so bedeutende Differenzen darj, wie es bei den Sinnesorganen der Fall ist, und es ist auch in der That praktisch längst annerkannt, dass diese Organe für die Systematik nur von unter- geordnetem Werthe sind. Da dieselben die Erkenntniss der Aussen- welt vermitteln, so werden sie von dieser selbst auf das vielfachste beeinflusst und durch die Anpassung an jene geht ihr erblicher Cha- rakter früher und vollständiger verloren , als es bei anderen Körper- theilen der Fall ist. Wie verschieden ist z. B. das Auge bei beiden Generationen der Salpen gebildet ! Die craspedoten Medusen selbst liefern das beste Beispiel , wie ausserordentlich verschieden bei sonst sehr nahe verwandten Thieren die Sinnesorgane sich gestalten können. An derselben Stelle, wo bei den Einen ein einfacher Pigmentfleck, bei den Anderen ein solcher mit lichtbrechendem Medium liegt, finden wir bei einer anderen Reihe theils bläschenförmige, mit Flüssigkeit erfüllte, theils solide Körper, welche in eine Zellenmasse eingehüllt eine Con- cretion oder einen Krystall enthalten, zu welchen ein besonderer Nerv tritt. Mit Rücksicht hierauf glaube ich der Differenz, welche sich zwischen den Sinnesbläschen der Geryoniden und Aeginiden findet, nur eine untergeordnete Redeutung zuschreiben zu müssen. Abgesehen aber von dieser Verschiedenheit der Sinnesbläschen, ist wohl durch die oben gegebene vergleichende Anatomie der Car- marina und der Cunina die ausserordentlich nahe anatomische Ver- wandtschaft der bisher für sehr verschieden gehaltenen beiden Medusen- Familien in klares Licht gestellt worden. Ein vergleichender Rlick auf die schematischen Körperdurchschnitte Fig. 95 — 99 lehrt das besser, als jede weitläufige Deduction. Zwei Puncte aber scheinen mir noch eine besondere Berücksichtigung zu verdienen. Es ist dies erstens die Bildung der marginalen Mantelspangen, welche bei der Carma- rina, wie bei der Cunina wesentlich denselben Bau besitzen, und 150 X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den (jervoniden und Aeginiden. Fig. 99. Fig. 98. Fig. 95 — 99. Schematische radiale Verticalschnitte. Fig. 95. Zungenknospe von Carmarina hastata. Fig. 96. Ausgebildete geschlechtsreife Cuninarhododacttjla. Fig. 97. Larve von Carmarina aus der vierten Periode. Fig. 98. Larve von Car- marina aus der sechsten Periode. Fig. 99. Ausgebildete geschlechtsreife Carmarina hastata. b Randhläschen. c Ringcanal. e Centripetalcanal. g Geschleclitspro- ducte. h Marginale Mantelspangen, k Magen. 1 Gallertmantel, o Mund, p Magen- stiel, r Radialcanal. rl Umbrales, rs subumbrales Epithel des Radialcanals. st Radialer Knorpeltentakel, t Hohler radialer Haupttentakel, tt Radialer Knorpel- tentakel, t w Wurzel desselben, u k Ringknorpel, v. Velum. \ Interradialer Knorpeltentakel, z Zunge. Sämmtliche Schnitte sind aus zwei verschiedenen Hälften zusammengesetzt. Die linke Hälfte jeder Figur stellt einen Yertiealsclmitt dar, welcher durch eine in ter radiale, die rechte Hälfte einen solchen , wel- cher durch eine radiale Meridianebene geführt ist. X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den Geryciniden und Aeginideti. 151 welche meines Wissens bei anderen Medusen -Familien nicht vorkom- men. Ganz besonders wichtig aber ist zweitens die besondere- Be- ziehung, welche die Cunina zu der Larve der Carmarina hat. Ver- gleicht man den Durchschnitt der Larve (Fig. 97) mit demjenigen der erwachsenen Carmarina (Fig. 99) einerseits, mit demjenigen der Cunina (Fig. 96) andrerseits, so ist ohne weiteres klar, dass die Larve weit mehr Uebereinstimmung mit der letzteren, als mit der ersteren besitzt. Der für die erwachsene Geryonide so charakteristische Magen- stiel (p) mit seiner zungenförmigen Verlängerung in die tief glocken- förmige Magenhöhle und mit den sechs in seiner Oberfläche getrennt aufsteigenden Radialcanälen fehlt der Larve noch völlig. Vielmehr führt hier, ganz wie bei Cunina, der einfache weite Mund sogleich in eine (lache niedrige taschenförmige Mngenhöhle, von deren Umkreis unmit- telbar die Ilachen taschenförmigen Radialcanäle ausstrahlen, um an der flachen Unterseite des Schirmes zum Rande zu laufen und sich dort durch das Cirkelgefäss zu verbinden. Die Larve der Carmarina besitzt nur solide, starre Knor pellen takeln (Fig. 65 st), ganz gleich ge- baut denen der Cunina (Fig. 83), zusammengesetzt aus einem Knorpel- cylinder, der von einem Längsmuskelschlauche und darüber von einem einfachen einschichtigen Epithel überzogen ist. Die erwachsene Car- marina dagegen, die Imago, hat nur knorpellose, sehr contraclile, hohle Tentakeln, die in gröberen wie im feineren Raue gänzlich von jenen ersten verschieden und aus einer inneren Ring- und äusseren compli- cirten Längsfasersehieht zusammengesetzt, darüber von einem mehr- schichtigen Epithel überzogen sind (Fig. 60 — 62). Diese hohlen Ten- takeln entspringen aus dem Cirkelcanal am Schirmrande (Fig. 98 t), während die Knorpeltentakeln der Larve, gleich denen der Cnnina, aus der Rückenfläche des Schirmes entspringen. In allen diesen wichtigen Beziehungen steht ohne Zweifel die Larve der Carmarina weit näher der Cunina, als der erwachsenen Imago, in welche sie sich allmählich verwandelt. Fände man diese drei Formen nebeneinander im Meere, ohne von ihren Beziehungen etwas zu wissen, so würde man zweifelsohne im Systeme die Cunina und die Larve der Carmarina, etwa als zwei Gattungen einer Familie, zusammenstellen, während man die erwachsene Carmarina als eine weit davon verschie- dene Gattung sicher in eine andere Familie stellen würde '). t) Ich schrieb diese willkürliche Voraussetzung nieder, ohne daran zu den- ken, dass dieser Fall in Wirklichkeit längst eingetreten ist. Eschscholtz hat in seinem trefflichen »System der Acalephen« die Eurybia, welche weiter nichts, als eineGeryoniden-Larve ist, unmittelbar neben Cunina in die Familie der Aequoriden 152 X. Verwandtschaft undlGenoratioiisweeliscl zwischen den Geryoniden und Aeainiden. Diese Erwägung der nahen verwandtschaftlichen Beziehungen zwi- schen den embryonalen Formen der Geryoniden und den erwach- senen Aeginiden führt uns zu den wichtigsten Betrachtungen über die allgemeine Stellung der letzteren Familie, die auch für unseren spe- cialen Fall hier von besonderem Interesse sind. Zuvor jedoch ist es nöthig, ausser den bereits erörterten Grundzügen des anatomischen Baues der Aeginiden auch die sämmtlichen bekannten Entwickelungs- Verhältnisse dieser merkwürdigen Familie in Betracht zu ziehen. Was man davon bisher wusste , ist ausserordentlich wenig. Dieses Wenige aber ist dennoch von der höchsten Wichtigkeit. Ich werde desshalb alles bisher Bekannte hier kurz zusammenfassen. Die erste und lange Zeit einzige, auf die Entwicklung der Aegi- niden bezügliche Beobachtung wurde 1851 von Johannes Müller ver- öffentlicht1). Er beobachtete den bewimperten Jugendzustand der zweiarmigen Aeginopsis mediterranea (Campanella mediterranea Agassiz) , welcher sich von dem halbkugeligen erwachsenen Thiere , ausser durch das Wimperkleid , auch noch durch länger gestreckte , fast cylindrische Körperform und durch viel geringere Länge der beiden Tentakeln unter- scheidet. Johannes Müller macht am Schlüsse seiner Mittheilung folgende Bemerkung: »Da die jüngsten Exemplare Wimperbewegung auf der Oberfläche des Körpers besitzen , so scheinen sie dem Embryonenzu- slande noch nahe zu stehen. Der Umstand aber, dass sie in diesem Zustande in der Form und namentlich in den Armen von der späteren Medusenform wenig abweichen, scheint darauf hinzudeuten, dass diese Gattung von Medusen dem Generationswechsel vielleicht nicht unter- worfen sein könne«. Diese vorsichtige Bemerkung Johannes Müller's wurde von den folgenden Autoren nicht mit derselben Vorsicht aufgenommen und verwerthet. Vielmehr gründete man auf diese eine , und noch dazu unvollständige Beobachtung den Schluss, dass alle Aeginiden sich nur auf homogenem Wege fortpflanzten und entweder durch geschlechtliche oder ungeschlechtliche Zeugung stets nur Ihresgleichen producirten. Ausserdem zog man daraus weiter den ebenfalls irrigen Schluss, dass das Wimperkleid jugendlicher Medusen für ihre Abkunft aus Eiern be- weisend sei , obwohl doch zu dieser Annahme gar kein Grund vorlag, und nicht einmal von den bewimperten Embryonen der Aeginopsis (die dritte der Cryptocarpen) gestellt, während er die Geryoniden als eine eigene Familie (die erste der Cryptocarpen) ansah. 1) Müller's Archiv, 1851, p. 272, Tai'. XI. X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den Geryoniden und Aeginiden. 1 53 mediterranea selbst ihre Abkunft aus Eiern ermittelt, sondern bloss vermuthet war. Eine zweite wichtige Beobachtung in diesem Gebiete wurde von Kölliker \ 853 mitgetheilt1) . Dieser Forscher beschreibt unter dem Na- men Stenogaster complanatus eine kleine Aeginide von 1 '"Durchmesser, mit 1 6 Tentakeln und 1 6 Sinnesbläschen (wahrscheinlich eine Cunina) . Diese kleine Meduse wurde von ihm in Messina nur einmal , und zwar in der Leibeshöhle von Eurystoma rubiginosum gefunden. Unter letz- terem Namen beschreibt Kölliker eine andere Aeginide von 5 — 6 '" Durchmesser, welche vermuthlieh unserer Cunina rhododactyla nahe steht, und welche eine halbkugelige Scheibe mit 10 Randlappen, 10 Tentakeln und je 6 — 8 Randbläschen zwischen je 2 Tentakeln besitzt. In der Leibeshöhle (wahrscheinlich Magenhöhle) von Eurystoma fand nun Kölliker ausser jenem Stenogaster »noch viele Formen, die höchstwahr- scheinlich junge Zustände des Stenogaster sind. Es zeigten sich da : 1., ovale kleine Körper mit einer äusseren Rindenlage und einer inneren ge- schlossenen Ca vität, von denen nach einer Seite ein kurzer Arm abging; 2. , ähnliche etwas grössere Embryonen mit 2 von entgegengesetzten Seiten abgehenden Fangfäden; 3., ebensolche mit 4 kreuzweise gestellten Ar- men ; 4. , endlich noch grössere mit 5 und 6 Armen«. Kölliker deutet diese Beobachtung dahin, »dass das fragliche Individuum von Eurystoina von einem ganzen Schwärm junger Stenogaster (mit dem Eurystoma unmög- lich im Zusammenhang stehen kann) einige in sich aufgenommen hatte«. Die wahrscheinlich richtige Erklärung dieser Beobachtung wurde erst 1861 von Fritz Müller in Desterro gegeben, welcher die Behaup- tung aufstellte, dass Stenogaster nichts Anderes als die Brut von Eury- stoma sei, und diese Behauptung durch die ausführliche Schilderung eines ganz ähnlichen Fortpflanzungsvorganges an einer brasilischen Cunina begründete2). Diese Aeginide, welche er Cunina Köllikeri nennt, besitzt einen meist achtstrahligen Schirm von 6 y2mm Durchmes- ser, zwischen den 8 Tentakeln 8Randlappen, und an jedem der letzteren 1 — 3 Randbläschen. Ausser den achtzähligen Individuen kommen jedoch bisweilen auch Andere mit 6 — 7, seltener mit 9 gleichen Körper- abschnitten vor. Im Magen und seinen Nebentaschen findet sich sowohl bei den geschlechtsreifen Individuen (die stets männlichen Geschlechts waren), als bei älteren, bei denen bereits die Samenbildung erloschen ist, in reicher Menge junge Rrut, deren Segmentzahl von 1,2,4 bis auf 12 steigt. Die jüngsten Knospen, die sich eben erst als rundliche 1) Zeitschrift für wiss. Zool. IV, 1853, p. 322, 327. 2) Archiv für Naturgeschichte XXVII, 1, 1861, p. 42. Taf. IV. 1 54 X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den Geryoniden und .Wunden. Knöpfchen von der Magenwand abgelöst haben, tragen nur einen ein- zigen, die nächstälteren zwei gegenständige Tentakeln. In der Mitte zwischen diesen entstehen zwei neue; »dann ein Tentakel zu jeder Seite des ersten, wie des zweiten Tentakels, endlich ein Paar vor und ein anderes hinter den mittleren Tentakeln. Nicht seilen bleibt die Zahl der Tentakeln auf I I oder 10, seltener auf 9 beschrankt«. Ein einziges Mal kam auch eine Form mit I 3 Tentakeln vor. Die zwölfstrahligen Vuniiien sind ihrem achtstrahligen Vater, in den sie natürlich nicht durch Verwandlung übergehen können, im Uebrigen sehr ähnlich, die jüngeren mit einem Flimmerepithel versehen, gleich dem dei -Magen- hohle, aus der sie hervorgesprosst sind. Das weitere Schicksal der beiderlei Formen von Cnnina Küllikeri ist unbekannt. Ein weiterer Fall von Knospenbildung im Magen einer Aeginide ist schon früher (1854) von Gegenbai r mitgetheilt worden1). Indem peripherischen Theile des Magens von Cunina pfoMfera (späterhin Aegi- neta proUfera genannt) , welche einen Schirm von I I mm Durchmesser und 16 Tentakeln nebst 20 Randbläschen besitzt, finden sich dicht ge- drängt zahlreiche kleine Knospen, die noch , während sie als runde Knöpfchen an der Magenwand festsitzen, die Anlage von vier im Kreuz stehenden Tentakeln erkennen lassen. Nach der Ablösung blei- ben die Knospen noch in der Magenhöhle der Mutter und erhalten hier die übrigen Tentakeln und die Randbläschen. Dieselbe Art ist auch von Keferstein und Ehlers2) später (1860) in Messina wiedergefunden und als Aeyineta gemmifera. beschrieben worden. Der Unterschied beider Arten soll darin bestehen , dass die Magensäcke der Aegimta prolifera »ha Ibbogenförmig abgerundet«, bei A. gemmifera »sanft abge- rundet« sind, und dass das Velum bei ersterer «breit und schlaff her- unter hängend«, bei letzterer »schmal und straff « ist. Offenbar redu- ciren sich diese Differenzen auf verschiedene Contractionszustände. Auch beschreiben Keferstein und Ehlers die Knospung ebenso v\io Gegenbaur. Die ältesten beobachteten Knospen waren flache Scheiben von 1""" Durchmesser, mit I 6 Tentakeln. Bei dieser Art scheint also die Segmentzahl des Körpers beim Stamm tliier und derKnospe gleich zu zu sein. Auch unterscheidet sich die Knospung dadurch von den bei- den Fällen Kolliker's und Fritz Müller's, dass die Tentakeln nicht paar- weis nach einander auftreten, zuerst einer, dann noch einer, dann zwei , vier u. s. w. , sondern dass gleich zuerst vier Tentakeln angelegt werdfen, mit denen alternirend die übrigen hervorsprossen. 1) Zur Lehre vom Generationswechsel. Wtirzburg 1854, p. 56, Fig. 24 — 31. 2j Zoologische Beiträge. Leipzig 1861, pag. 93, Tat'. XIV, Fig. 10, 11. X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den Geryoniden und Aeginiden. 155 Endlieh ist hier nochmals der merkwürdigen , oben erwähnten Embryonen der Cunina octonaria zu gedenken , welche Mc. Crady in der Mantelhöhle von einer Oeeanide, Turritopsis nutricola, schmarotzend fand, und anfangs selbst für die Embryonen dieser letzteren Meduse hielt, eine Ansicht, die wohl auch jetzt noch nicht ganz von der Hand gewiesen werden darf, wenngleich der Parasitismus derselben das Wahrscheinlichere ist. Auch bei diesen Embryonen sprossen die Ten- takeln paarweise hervor, so dass also zuerst 2, dann i, zuletzt 8 vor- handen sind. Die Herkunft dieser Embryonen, wie die Wege, auf welche» die jüngsten Embryonen in die Schirmhöhle ihres Wohnthieres gelangen , sind aber noch ganz unbekannt. Vergleicht man alle diese vier, über dieEntwickelung derAeginiden vorliesenden Angaben, so erscheinen sie durchaus ungenügend, um sich ein allgemeines Bild von den Entwickelungsvorgängen in dieser selt- samen Medusen-Familie zu entwerfen. Dennoch aber sind sie, nament- lich die beiden von Kölliker und Fritz Müller beobachteten Falle, von hohem Werthe für die Beurtheilung des hier vorliegenden Falles von Cunina rhododactyla. Im letzteren , wie in den beiden ersteren Fällen ist jedenfalls ein Dimorphismus zweier verschiedener Gen e- rationen constatirt, von denen die eine aus der anderen durch Knos- pung entstanden ist und nicht direct wieder in die Stammform durch Metamorphose sich umwandeln kann. Köllikers Eurystoma rubiginosum besitzt 10, seine Knospenbrut 16 Segmente des Körpers; Fritz Müller's Cunina K'öllikeri zeigt 8 , ihre Knospenbrut I i Segmente. In beiden Fällen sind aber die Knospen im Uebrigen vom Stainmthier wenig ver- schieden und gehören derselben Familie an. Anders dagegen in unse- rem Falle, wo die Knospe , Cunina rhododactyla mit 8 Segmenten , von ihrem Stammthiere, Carmarina hastata mit 6 Segmenten, so sehr ver- schieden ist, dass ich selbst sie früher als Angehörige zweier ganz ver- schiedener Quallen-Familien beschrieben habe. Die Auflösung dieser wunderbaren Räthsel und die Beantwortung der zahlreichen sich hier aufdrängenden Fragen ist erst von ausgedehn- ten und zusammenhängenden Beobachtungsreihen der Zukunft zu er- warten. Ich zweifle nicht, dass Dasjenige, was hier als ein höchst fremdartiger Ausnahmefall erscheint, sich später als eine weit verbrei- tete Erscheinung, wenigstens unter den niederen Medusen , und na- mentlich unter den Aeginiden , wird nachweisen lassen. Wie verein- zelt erschien bei ihrem Bekanntwerden die Thatsache des Generations- wechsels, und wie allgemein verbreitet hat sie sich jetzt in ganzen Thierclassen herausgestellt! Vielleicht geht es ähnlich mit dieser neuen Form der Fortpflanzungsweise , die sich vom Generationsw echsel we- 1 00 X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den Gcryoniden und Aeginiden. sentlich unterscheidet : denn es findet hier kein Wechsel statt zwischen einer niederen , unvollkommenen und einer höheren , ausgebildeteren Generation, kein Wechsel zwischen einer geschlechtlich entwickelten und einer ungeschlechtlich bleibenden Generation , kein Wechsel zwi- schen einer polypoiden festsitzenden und einer medusoiden frei schwim- menden Generation. Vielmehr sehen wir hier durch unmittelbare Bluts- verwandtschaft, durch das innige Verhältniss der Sprossung, zwei ganz verschiedene Thierformen mit einander continuirlich verknüpft, welche beide als vollkommen entwickelte Medusen mit wohldiflerenzirten Or- ganen und Geweben frei umherschwimmen, beide ziemlich gleich hoch orsanisirt sind , und beide Geschlechtsreif werden. Von allen ver- schiedenen Formen des Generationswechsels ist diese Allo triogonie oder Alloeogenesis, wie man sie nennen könnte, also ganz wesent- lich verschieden. Schon jetzt möchte ich hinweisen auf einige andere, allerdings noch nicht hinreichend sicher constatirte Verhältnisse, in denen wahrschein- lich ganz dieselbe Alloeogenesis, wie in unserem Falle sich findet. Zu- nächst möchte ich hierher ziehen die schon oben erwähnte Knospen- ähre, welche Fritz Müller einmal inderMagenhöhle von Liriope catha- rinensis fand, und von der er glaubt, dass sie von diesem Thiere verschluckt worden sei1). Er selbst sagt von den betreffenden Knospen aus, dass »alle ihre Eigentümlichkeiten mit der achtslrahligen Form von Gunina Köllikeri stimmen , während nicht die entfernteste Aehn- lichkeit mit irgend einer anderen der im Laufe von 4 Jahren dort be- obachteten Quallen besteht«. Höchstwahrscheinlich entsteht also die achtstrahlige Form von Cunina Köllikeri in gleicher Weise durch Knos- pung an dem Zungenkegel von Glossocodon catharinensis . wie Cunina rhododactyla an der Zunge von Carmarina hastata. Ebenso stammt vielleicht die Cunina (?) rubiqinosa (Kölliker's Eurystoma rubicjinosum. vielleicht auch identisch mit Gegenbaur's Aegineta roseal) aus Messina ab von der Geryonia proboscidalis [Carmarina umbrella??) , welche in Messina von Gegenbaur und Krohn , von Letzterem mit Knospenähre an der Zunge, beobachtet worden ist. Den Glossocodon eurybia aus Nizza habe ich niemals mit Knospen an der Zunge und in der Magenhöhle ge- funden. Doch stammt vielleicht von ihm eine kleine Cunina ab. welche der Cunina rhododactyla sehr ähnlich , aber 4 — 6mal kleiner ist , und welche ich vorläufig als Cunina eurybia bezeichnen möchte. Ich hielt sie anfangs nur für eine Zwergform der mindestens 4mal so grossen Cunina rhododactyla und habe sie desshalb nicht näher untersucht. Doch 1) Archiv für Naturgeschichte , XXVII, 1, 1861, p. 51, Tat. IV. Fig. 30. X. Verwandt Schaft und Generationswechsel zwischen den Geryoniden und Aeginiden. 1 57 unterschied sie sich von ihr durch viel stärker entwickelte halbmond- förmige Wülste an der Basis der Tentakeln, durch längere , schlankere und nicht gefärbte Tentakeln und durch geringere Anzahl der Rand- bläschen. Ich habe von dieser Form Individuen mit 8, 10, II und 12 Tentakeln beobachtet. Die meisten hatten deren 10. Sollte sich durch fernere Beobachtungen dieser unmittelbare genealogische Zusammenhang zwischen den Geryoniden und den Aeginiden bestätigen, wie ich ihn bei Car Marina und Canina sicher nachgewiesen zu haben glaube, so kann man natürlich beide Familien nicht mehr getrennt halten. Man wird sie vielmehr ebenso vereinigen müssen , wie dies mit den Hydroidpolypen und den von ihnen abstammenden Craspedoten bereits geschehen ist. Der ana- tomische Charakter dieser vereinigten Medusen -Familien , gegenüber den anderen Craspedoten, würde vor Allem durch die flachen Ge- nitalblätter in sehr bestimmter Weise ausgesprochen sein , wonach man sie Phyllorchiden nennen könnte. Die nähere Charakteristik dieser Familie würde folgendermaassen lauten : Phyllorchi da : Radialcanäle entweder bleibend (Aeginida) oder vorübergehend (Geryonida) in tangentialer Richtung zu sehr flachen und breiten blattförmigen Taschen erweitert, in deren unterer (subumbraler) Wand sich dieGeschlechtsproducte entwickeln, jedoch nurin den beiden Seitentheilen jedes Genitalblattes, sodass dieradialeMittellinie desselben frei bleibt. Solide Knorpeltentakeln entweder nur in der Jugend (Geryo- nida) oder bleibend (Aeginida) vorhanden. Hohle knorpellose Tentakeln entweder gar nicht (Aeginida) oder nur beim erwachsenen Thiere (Geryo- nida) vorhanden. Das gegenseitige Verhältniss der drei verschiedenen Hauptfonnen, welche in derPhyllorchiden-Familie genetisch verbunden sind, wird durch die Vergleichnng der Diagramme Fig. 95 — 99, sowie durch nachstehende Tabelle deutlich hervortreten: Aeginiden- Generation. Larve der Geryoniden- Generation. Imago der Geryoniden Gener atio n. 1 . Magenstiel fehlt. 2. Solide Knorpeltentakeln vorhanden. 3. Hohle Tentakeln fehlen. 4. Radialcanäle viel breiter als der Ringcanal. Magenstiel fehlt. Solide Knorpeltentakeln vorhanden. Hohle Tentakeln fehlen. Radialcanäle ungefähr eben so breit als der Ringcanal. 5. Randbläschen äusserlich Randbläschen im Gallert- auf dem Schirmrand, [mantel des Schirmrandes eingeschlossen. Magenstiel vorhanden. Solide Knorpel ten takeln fehlen. HohleTentakeln vorhanden. Radialcanäle ungefähr eben so breit als der Ringcanal. Randbläschen im Gallert- mantel des Schirmrandes eingeschlossen. 158 X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den Geryoniden und Aeginiden. Es ist nicht unwahrscheinlich, döss sich in den Beziehungen der einzelnen Aeginiden-Fonnen zu den verschiedenen Geryoniden-Arten, und vielleicht auch zu anderen Medusen (z. B. den Trachynemiden, die sonst den Gervoniden von Allen am nächsten stehen , eine grosse Man- nichfaltigkeit von verschiedenen Modificationen ergeben wird, wie sie auch zwischen den Hydroidpolypen und den genealogisch mit ihnen verwandten Craspedoten sich herausgestellt hat. Die Systematik dieser Thiere ist schon jetzt äusserst schwielig, ja fast unmöglich geworden, indem es sich immer mehr auf das deutlichste gezeigt hat, dass weder die äussere Aehnlichkeit , noch die Uebereinstimmung im inneren Bau. noch die Aehnlichkeit in der Entwickelungsweise es ist, welche die systematische »Verwandtschaft« der Thiere bedingt, sondern ledig- lich der continuirliche genetische Zusammenhang zweier wenn auch noch so sehr verschiedenen Formen, das Princip der Abstammung, so dass die systematische und die genealogische Verwandt- schaft zusammenfallen. Der genetische Zusammenhang der Gervo- niden milden Aeginiden liefert hierfür einen neuen schlagenden Beweis. Die Familie oder die Gruppe der Aeginiden im Allgemeinen scheint sehr alten Ursprungs zu sein , und als eine gemeinsame Ausgangsgruppe oder Stammform für verschiedene andere Quallenformen betrachtet werden zu müssen. Namentlich dürfte die Gattung Curiina als eine solche, nach verschiedenen Richtungen divergirende Aeste treibende Stammform aufzufassen sein, während vielleicht andere Aeginiden. wie die Campanella, die Aegineten, in homogener Weise sich fortpflan- zen und den ursprünglichen Stammtypus am reinsten zeigen. Für diese Auffassung scheinen mir mehrere anatomische Gründe zu sprechen. wie die überwiegende Entwickelung der Badialcanäle, während das Ringgefäss noch auf einer sehr niederen Stufe steht; ferner die Bildung der starren soliden Knorpeltcntakeln, welche nur bei den Enibnonen der Geryoniden sich wiederfinden ; und der Mangel der hohlen Tenta- keln, welche letztere im erwachsenen Zustande besitzen. Dieser em- bryonale C ha rak ter im Baue der Aeginiden, der sich con- stant bei den älteren Typen der thier ischen Entwickelungsreihen findet, lässt auf ihr hohes Alter zurückschliessen und annehmen, dass die noch jetzt existirenden Formen uns jenen alten Stamm-Typus noch ziemlich rein erhalten zeigen, von dem aus andere Medusen -Formen, wie na- mentlich die Geryoniden und Trachynemiden, nach verschiedenen Seiten hin sich entwickelt haben. Auch die habituelle und anatomische Ver- wandtschaft der Aeginiden und Charybdeiden , die namentlich von Fritz Müller und Agassiz, wenn auch viel zu einseitig , betont worden ist, dürfte hier zu berücksichtigen sein. Vielleicht sind die Charybdei- X. Verwandtschaft und Generationswechsel zwischen den Geryoniden und Aeginiden. 1 59 den Mittelformen in der Uebergangsreihe von den Aeginiden zu den Acraspeden. Sind diese An schaumigen richtig, so könnte man sich viel- leicht schon jetzt einen sehr einfachen uralten Stammtypus der Aeginiden als gemeinsame Grundform oder Wurzel für verschiedene Stämme dar- stellen. Der eine Stamm würde sich in ziemlich gerader Richtung nur wenig verändert fortgepflanzt und diejenigen Aeginiden geliefert haben, welche auch heutzutage nur Aeginiden erzengen. Ein zweiter Stamm (Cimina) würde durch die Geryoniden zu anderen Craspedoten (Trachy- nemiden?) und ein drittel" durch die Charybdeiden zu Acraspeden hinüberführen. Ein Verhällniss , welches mir ganz besonders diese Auffassung zu stützen scheint, finde ich, abgesehen von der embryonalen Structur der Tentakeln und des Gastro vascularsystems . in der schwanken- den Zahl der Körpersegmente, welche die Aeginiden vor allen anderen Medusen auszeichnet. Bei allen bisher genauer beschriebenen Aeginiden hat sich dieser Mangel einer festen homotypisehon Grundzahl herausgestellt. Allerdings scheint auch hier die ursprüngliche gemein- same homotypische Grundzahl Vier oder ein Multiplum von Vier (na- mentlich Acht) zu sein. Allein während einerseits . wie bei Äeginopsis {Campanella) . auch nur Zwei als Grundzahl vorkommt und dadurch ein Stehenbleiben auf der früheren Entwickelungsstufe der oben beschrie- benen zweiarmigen Cunina-Knospeü angedeutet wird, schwankt andrer- seits die Grundzahl sehr oft in allen Stadien zwischen 8 und 16. wie es unsere Cunina rhododaclyla in der evidentesten Weise zeigt. Bei vielen Aeginiden steigt die Segmentzahl durch weitere Einschaltung neuer radialer Körperabschnitte bis über 20 und 30 hinauf. Am auf- fallendsten zeigt sich diese permanente Schwankung der Grundzahl an den Bandbläschen , die selbst an verschiedenen Lappen eines und desselben Thieres in sehr verschiedener Zahl auftreten können. Die allgemeine homotypische Grundzahl der Segmente des Medusen- körpers ist bekanntlich Vier: die einzigen Craspedoten, die auch in dieser Beziehung zu den Aeginiden sich hinüberneigen , sind wieder die Geryoniden, bei denen nur die eine Abtheilung, die Liriopiden, die Vierzahl zeigen, während bei der anderen Abtheilung, den Carmariniden, die Sechszahl sich consolidirt hat. Um so interessanter ist es, dass die Knospen , die von diesen getrieben werden , wieder in die Vierzahl (8 — 16) der alten Stammältern zurückschlagen. 160 XI. Gewebe der Gervoniden. XI. Gewebe der Geryonideii. Wenn ich schliesslich einen besonderen Abschnitt dieser Unter- suchungen einer ausführlicheren Darstellung der Gewebe, aus denen sich der Geryonidenkörper zusammensetzt , widme , so geschieht dies theils, weil ich meine Untersuchungen nach dieser Richtung hin beson- ders ausgedehnt habe, theils weil unsere histologischen Anschauungen vom elementaren Bau des Medusenkörpers und von den Geweben des Coelenteratenorganismus überhaupt bisher nur höchst unvollkom- mene und fragmentarische waren. Zwar sind in der neueren Zeit zahlreichere Untersuchungen über den feineren Bau des Körpers der Coelenteraten und insbesondere der Hydromedusen angestellt wor- den ; allein über die eigentliche elementare Zusammensetzung des- selben aus den verschiedenen Geweben liegen nur sehr unbefrie- digende Mittheilungen vor. So sind z. B. in dem prachtvollen Me- dusen-Werke von Agassiz zwar zahlreiche Beschreibungen und Ab- bildungen der zelligen Elemente und der aus ihnen gebildeten Schichten gegeben worden ; allein eine histologische Deutung und physiologische Verwerthung derselben , auf welche schliesslich doch unsere histo- logischen Arbeiten hinzielen, wird nur selten versucht. Es mögen mir diese Bemerkungen und der Hinweis auf die Unabhängigkeit mei- ner Untersuchungen von denen anderer Forscher zur Entschuldi- gung dienen , wenn die folgenden Mittheilungen nicht die erwünschte Vollständigkeit haben sollten und wenn sie mehrfach herrschenden Anschauungen entgegen treten. Es wird sich zeigen , dass die histo- logische Differenzirung des Körpers unserer Quallen eine weit grös- sere ist, als man gewöhnlich anzunehmen geneigt ist. Dass so viele feinere Verhältnisse in dieser Beziehung den bisherigen Beobachtern entgangen sind, hat allerdings seinen guten Grund auch in der unge- wöhnlichen Schwierigkeit, welche der histologischen Untersuchung theils durch dieallzugrosse Durchsichtigkeit, theils durch die ungemeine Zartheit der Gewebselemente bereitet wird. Die gewöhnlichen Wirbel- thiergewebe erscheinen grob und roh im Vergleich mit diesen höchst zerstörbaren Elementen. Alles , was ich im Folgenden über den histologischen Bau des Ge- ryoniden-Körpers mittheile , bezieht sich , wenn nichts Besonderes be- merkt ist, auf Carmarina hastata , die sich wegen ihrer beträchtlichen Grösse ganz besonders für die Isolirung und feinere Untersuchung der Elementartheile eignet. Die elementare Zusammensetzung des Körpers XI. Gewebe der (ieivoiüdeu. 161 von Glossocodon eurybia stimmt wesentlich mit derjenigen der ersteren überein ; nur sind die Elemente im Ganzen kleiner , zarter und schwie- riger zu behandeln und zu erkennen. Wo diese Art eigen thümliche Verhältnisse zeigt, werde ich dies besonders erwähnen. Vieles, viel- leicht das Meiste, was ich über die Structur der Gewebe bei diesen beiden Geryoniden gefunden habe , dürfte auch von der Mehrzahl der anderen craspedoten Medusen gelten, welche sich auch in histologischer Beziehung vielfach von den höheren Acraspeden zu unterscheiden scheinen. Wenigstens hat mir die vergleichende histologische Unter- suchung der craspedoten Medusen, die ich im Frühjahr 1864 gleich- zeitig mit Carmarina und Glossocodon in Nizza beobachtete, und ins- besondere der 14 neuen Arten, welche ich auf pag. 326 — 342 des ersten Bandes der Jenaischen Zeitschrift für Medicin undNaturwissensch. kurz beschrieben habe, viele bei den Geryoniden aufgefundene Verhält- nisse bestätigt. Die Eleinentarorganismen . welche den Körper der Geryoniden zusammensetzen, sind theils einfache, einen einzigen Kern enthaltende Zellen, theils Zellencomplexe, entstanden aus der Verbindung mehrerer Zellen und demgemäss mehrere Kerne enthaltend. Die ein- fachen Zellen sind theils membranlose Zellen (Crzellen) , theils von einer Membran umgebene Zellen (Hautzellen). Als membranlose Zellen, Ur zellen oder Primordialzellen, d. h. als fest weiche oder zähflüssiee Klumpen von Zellsubstanz oder Protoplasma , welche einen Kern um- schliessen, sind nachzuweisen: 1., die Nervenzellen der Ganglien, 2., ilie Knorpelzellen, 3., die dunkeln kernhaltigen Spindelzellen der radialen Ilaupttentakeln, i., die blassen (scheinbar kernlosen) Spindel- fasern der radialen Haupttentakeln ('?), 5., einzelne Epithelien, namentlich das Epithel des Ectoderm , wenigstens zu einer gewissen Zeit des Le- bens, 6., die jüngeren Eier. Hautzellen oder Bläschenzellen, d. h. festweiche oder zähflüs- sige Klumpen von Zellsubstanz oder Protoplasma , welche einen Kern enthalten und ausserdem von einer Membran, d. h. von einer festeren, chemisch differenten , oft ablösbaren Bindenschicht umgeben , in einem Säckchen eingeschlossen sind, scheinen zu sein 1., die meisten Epithe- lien, 2., die älteren Eier, 3., die Samenzellen. Die complexen Zellenelemente des Geryoniden -Körpers, welche durch den Besitz mehrerer Kerne ihre Entstehung aus mehreren verschmolzenen Zellen anzeigen , sind die quergestreiften Muskelfasern und die Nervenfasern. H a eck el, Küsselquallen. \\ 162 XI. Gewebe der Gervoniden. 1. Epithelialgewebe. Die Epithelien , welche die särnmtlichen äusseren Oberflächen des Geryoniden-Körpers , sowie die inneren Höhlungen des Gastro vascular- systems auskleiden, sind beim erwachsenen Thiere in sehr verschiedene Formen differenzirt. Bei den jüngsten beobachteten Larven (Fig. 26 — 28) sind dagegen nur zwei verschiedene Epithelialbildungen sicht- bar, nämlich erstens die grösseren und helleren Zellen des Ectoderms, welche bloss die Oberfläche des gallertigen kugeligen Schirms beklei- den , und zweitens die kleineren und dunkleren Zellen des E n t o d e r m s, welche die kleine embryonale Schirmhöhle und das Yelum bekleiden^ und aus denen sich später wohl die anderen Gewebe differenziren. Es scheint hierin eine sehr bemerkenswerthe Differenz von dem gewöhn- lich bei den Coelenteraten vorkommenden Verhältniss zu liegen, wo das Entoderm bloss das Epithel des Gastrovascularsystems , das Ecto- derm alle übrigen Gewebe bildet, wie ich es auch oben von den Knos- pen der Carmarina dargestellt habe (Fig. 94 im VIII. Abschnitt). Die meisten Epithelien sind einschichtig und bestehen nur aus einer einzigen Zellenlage. Sogenanntes geschichtetes oder mehr- schichtiges Epithel, aus mehreren über einander liegenden Zel- lenlagen zusammengesetzt, findet sich nur an zwei Orten, nämlich als innere Auskleidung der Magenhöhle (Fig. 73) und als äusserer Ueber- zug der radialen Haupttentakeln (Fig. 61 ,91) und ist bei deren Dar- stellung oben genau beschrieben worden. Flimmer-Epithelium findet sich bloss in den Höhlungen des Gastrovascularsystems, doch kann ich über die allgemeine Ausbreitung daselbst nichts Bestimmtes angeben. J Fig. 91 . Epithelzellen aus einem Nessel- wulst der radialen Haupttentakeln von Carmarina haslata. A. Ein Stück des Epi- thels in seiner ganzen Dicke, aus 3 Schichten bestehend : I. Schicht der Büschelzellen. M II. Schicht der Flaschenzellen. III. Schicht der Nesselzellen. Aus 2 Nesselzellen der obersten Schicht ist der Nesselschlauch, aus einer zugleich der Nesselfaden hervor- getreten. B. Eine Kegelzelle der ersten, tiefsten Schicht , von Büschelzellen umge- ben. C. Eine Gruppe von Büschelzellen der ersten Schicht. D. Eine Kegelzelle der ersten Schicht. E. ZweiKegelzeltcn und zwei Fla- schenzellen der zweiten, mittleren Schicht. XI. Gewebe der Gcryoniden. 163 Die Epithelien sind zumTheil flache Pflasterepithelien, deren Zellen breiter als hoch , meistens sehr dünne und flache Platten sind. Solche bilden (?, die äussere Bekleidung des Gallertmantels (Ectoderm, el) ; 2., das Epithel der Subumbrella (es); 3., dessen Fortsetzung auf die äussere Fläche des Magenstiels (p e) ; 4., dasEpithel der unteren Velum- fläche (ve); 5., das Epithel der radialen Nebententakeln (se), 6., das Epithel der interradialen Tentakeln (ye); 7., das umbrale (innere, der Gallertsubstanz zugekehrte) Epithel der Radialcanäle (rl) und des Cir- kelcanals (cl) ; 8., dasEpithel der Randbläschen (b e) ; 9., dasEpithel des Zungenkegels (Fig. 6). Zu dem sogenannten Cy linder epi- thel, dessen cylindrische, conische oder prismatische Zellen höher als breit sind, gehören: I ., Das Epithel des Schirmrandes (u e) ; 2., das Epithel der marginalen Mantelspangen (he) ; 3., dasEpithel der oberen Velumfläche (ve); 4., das Epithel der äusseren Magenfläche (k e) ; 5., das subumbrale (der Schirmhöhle zugekehrte) Epithel der Radialcanäle (r s) und des Cirkelcanals (es); 6., das innere (den Axencanal aus- kleidende) Epithel der radialen Haupttentakeln (te). Alle diese Cy- linderepithelien sind einschichtig ; daran schliesst sich als mehrschich- tiges Gylinderepithelium 7., das äussere Epithel der radialen Haupt- tentakeln (tu); 8., das Epithel der Magenhöhle (ki). Ein Theil der genannten Gylinderepithelien , nämlich die unter I, 2, 7, 8 genannten Zellenlager, sind zugleich Nesselepithelien, d. h. einzelne, oft zahlreiche Zellen derselben werden zu Nesselorga- nen und entwickeln im Inneren je eine Nesselkapsel. Diese Organe zeigen an allen Stellen , wo sie vorkommen , den gleichen Bau. Sie sitzen in dem Cylinderepithel theils zerstreut, theils auf einzelne Stellen concentrirt, gruppenweis versammelt. Unregelmässig zerstreut finden die Nesselzellen sich am Schirmrande und an den marginalen Mantelspangen. Reihenweis neben einander geordnet finden sie sich in den ringförmigen Nesselwülsten der radialen Haupttentakeln , gegen deren Längsaxe ihre eigene Axe radial gerichtet ist. In convexe kreisrunde Polster geordnet setzen die Nesselzellen die Nesselpolster der interradialen Tentakeln zusammen. Ebenso bilden sie die halbkugeligen Nessel warzen des Mundsaumes. Einen kugeligen Knopf, gegen dessen Centrum ihre Axe radial gerichtet ist, setzen sie an den radialen Nebententakeln zu- sammen. Der Bau der Nesselorgane lässt sich bei Carmarina hast ata wegen ihrer verhältnissmässigen Grösse deutlich erkennen (Fig. 67 — 69, Fig. 91). Jede einzelne Nessel zell e (Fig. 67) ist ein an beiden Enden abgerundeter Cylinder von 0,03 mm Länge, 0,008 ,nm Breite. Sie ist fast ganz ausgefüllt von der Nesselkapsel , so dass der grosse runde 164 XI« Gewebe der Geryouiden. scheibenförmige Kern , welcher in der Mitte der Zelle zwischen ihrer Wand und der Aussenfliiche der Nesselkapsel liegt . erstere bauchig vortreiben muss. Hier tritt die Membran der Zelle sehr deutlich hervor, die wegen ihres blassen zarten Contours oft übersehen wird. Die nur wenig kleinere Nesselkapsel (Fig. 68 A — D) ist ein sehr dickwandiger Cylinder, dessen Axe gewöhnlich etwas verbogen, die beiden Enden abgerundet sind. Die derbe, starre Wand ist dunkel glänzend und doppelt contourirt. Durch ihre starke Lichtbrechung lässt sie die Nes- selorcane überall sehr deutlich erkennen. Das untere Ende der Nessel- kapsel ist geschlossen, das obere mit einer sehr kleinen, gewöhnlich etwas schiefstehenden Oeff'nung versehen, an welcher sich das eine Ende des Nesselschlauchs inserirt. Der Nessel schlauch ist eine cylindrische, an beiden Enden offene Röhre, welche fast so lang als die Nesselkapsel, aber nur etwa % oder % so dick ist. Sie ist weich und zart und legt sich leicht in Falten. Ihre Wand ist zwar auch bei GOOmalieer Vergrösserung doppelt contourirt, aber weit blasser und dünner, als die der Nesselkapsel. Am freien Ende ist der Nesselschlauch in ein rund- liches Knöpfchen oder einen spindelförmigen Kolben angeschwollen, an dessen feiner Endöffnung sich der lange Nesselfaden inserirt. Der Nesselfaden ist ein sehr langer und dünner, anscheinend solider cylindrischer Strang, nur etwa 0,00 1 mm dick , mehrmals (5 — 20mal länger als die Nesselkapsel. Bei sehr starker Vergrösserung erscheint er spiralig gewunden (Fig. 69) ; doch lässt sich nicht deutlich erkennen, ob er einfach, wie ein Tau, um seine eigene Axe gewunden ist, oder ob er aus zwei Strängen, einem spiralig gewundenen Faden und einem geraden Axenfaden zusammengesetzt ist, von denen der erstere um den letzteren herumläuft. Man trifft die Nesselkapseln in drei verschiedenen Zuständen an. Im Ruhezustande , wenn die Nesselkapsel noch in der unversehrten Nesselzelle eingeschlossen ist (Fig. 68 A von der Seite, B von oben) , ist der Nesselschlauch im Innern der Nesselkapsel verborgen und erscheint in der Axe derselben als ein hellerer Streif. Die Höhlung des Nessel- schlauchs ist leer und der Nesselfaden , der in mehreren Windungen rings um ihn herum zusammengelegt ist, erfüllt die Höhlung der Kapsel. Im zweiten Stadium (Fig. 68 C) ist der Nesselschlauch umgestülpt und durch die obere Oeffhung der Kapsel, an der er inserirt ist, vorgetreten. Das freie kolbenförmige Ende, welches vorher den Boden der Kapsel berührte, bildet jetzt die freie knopfförmige Spitze. Die Höhlung des Schlauchs ist von dem Anfange des Nesselfadens erfüllt, dessen übriger Theil in der Höhlung der Kapsel noch zusammengelegt ist. Im dritten Stadium endlich, wenn der Nesselfaden hervorgeschnellt ist (Fig. 68 D), XI. Gewebe der Geryoniden. 1 65 ist sowohl die Höhlung der Nesselkapsel , als die damit zusammenhan- gende des Schlauches vollständig leer. Die Nesselzellen von Glossocodon eurybia sind nur % so lang, und fast um die Hälfte schmäler , als die von Carmarina hastata. Sie sind ellipsoid, an beiden Enden abgerundet, haben aber sonst den gleichen Bau (Fig. 52). Die ebenfalls eirunden Nessclkapseln sind 0,01 mm lang , 0, 005 mm breit (Fig. 53). Nesselschlauch und Nessel- faden sind sehr zart und dünn. 2. Mantelgewebe. Die eigenthümliche Structur des Gallertmantels , wie ich sie nicht allein bei den Geryoniden , sondern auch bei anderen craspedoten Me- dusen finde, zwingt mich, von dem üblichen Schema abzuweichen, nach welchem man die Gewebe in die vier Gassen des Epithelial-, Binde-, Muskel- und Nervengewebes eintheilt. Es ist allerdings diese Classification der Gewebe, die sich auf ihre physiologische Function stützt, die einzig durchführbare; indessen ist sie, wie namentlich Leydig wiederholt hervorgehoben hat, immerhin eine künstliche und schliesst verbindende Uebergangsbildungen zwischen jenen vier Gruppen kei- neswegs aus. Eine solche evidente Mittelbildung scheint mir das Man- telgewebe der craspedoten Medusen zu sein, welches nach seiner Function mit gleichem Rechte zum Epithelial- wie zum Bindegewebe gestellt werden könnte. Bei den Acraspeden oder phanerocarpen Medusen gehört bekannt- lich die mächtige Gallertsubstanz des Mantels , wie namentlich Max Schultze nachgewiesen hat, in die Kategorie des gallertigen Bindege- webes, indem in der hyalinen homogenen Gallertmasse überall sternför- mige Zellen zerstreut liegen , die durch ihre verästelten Ausläufer ein anastomosirendes Fadennetz herstellen. Dagegen bei den Geryoniden, wie bei allen übrigen Craspedoten , die ich untersucht habe , ist weder von einem solchen Zellennetze, noch überhaupt von Zellen in der ganz homogenen wasserklaren Gallertsubstanz irgend eine Spur zu finden. Die einzigen Formelemente, welche man darin vorfindet, sind sehr feine, spitzwinklig verästelte und anastomosirende, sparsam zerstreute Fasern, die sich scharf von der Gallertsubstanz absetzen. Sie entspre- chen vielleicht den ähnlichen verästelten und anastomosirenden Fasern, welche auch im Mantel der Acraspeden zwischen dem Netzwerk der anastomosirenden Bindegewebszellen vorkommen , sich mit letzteren nicht verbinden und ganz unabhängig von ihnen sind. Die Mantelfasern finde ich bei Carmarina (Fig. 63, 64 1 f) und bei Glossocodon (Fig. 25, 166 XI. Gewebe der Geryoniden. 87 1 f ) in ziemlich gleicher Form und Verkeilung vor. Doch sind sie bei ersterer stärker und zahlreicher. Sie finden sich nicht allein in dem Gallertmantel des Schirmes , sondern auch in dessen unterer centraler Fortsetzung, die den Magenstiel bildet (Fig. 88). Sie sind meistens sehr fein und dünn, höchstens 0,001 mmdick, gewöhnlich noch dünner. Sie sind von zwei sehr feinen und blassen parallelen Contouren einge- fasst, die sich scharf von der umgebenden Gallertsubstanz absetzen, dennoch aber schwer zu erkennen sind, weil sie das Licht fast ebenso wie letztere selbst brechen. Im Schirme ist die Richtung der meisten Fasern senkrecht zur Oberfläche des Schirmes , mit dessen Ectoderm- epithel die Fasern zusammenzuhängen scheinen. Viele Fasern sind in ihrer ganzen Länge einfach , die meisten aber sind dichotom verästelt und anastomosiren mittelst ihrer feinen Gabeläste mit anderen Faser- zweigen, die ihnen entgegen kommen. Bei dem im frischen Zustande untersuchten Mantelgewebe fand ich die Fasern fast immer geradlinig gestreckt verlaufen, und scheinbar die ganze Dicke des Schirms durch- setzen ; dagegen bei den in Salzlösung aufbewahrten Thieren zeigten sie stets einen stark geschlängeilen , oft selbst spiralig gewundenen Verlauf. Zugleich erschienen sie jetzt stärker lichtbrechend , als im frischen Zustand und erinnerten in vieler Beziehung sehr an feinere elastische Fasern des Wirbelthierleibes. Da der Gallertmantel der Graspedoten allgemein , bei den jüngsten beobachteten Larven ebenso wie bei den erwachsenen Thieren , keine Zellen enthält, so muss die homogene Gallertmasse sammt den sie durch- setzenden dichotomen Fasern das Product der einfachen Epithelzellen- schicht sein , welche die Manteloberfläche allenthalben überzieht. Die hyaline Gallertsubslanz sehe ich als Ausscheidungsproduct dieser Epi- thelzellen, die gabelspaltigen Fasern in derselben dagegen als Proto- plasmastränge an , welche ursprünglich die Zellen der beiden nahe an einander liegenden Epithelschichten der oberen und unteren Schirm- fläche mit einander verbanden, und diese continuirliche Verbindung auch dann noch weiter unterhielten , als während der fortdauernden Ausscheidung der Gallertsubstanz beide Zellenlager sich, entsprechend dem fortschreitenden Wachsthum des Mantels , immer weiter von ein- ander entfernten. Ob die anastomosirenden Protoplasmastränge , die später einen bedeutenden Grad von Festigkeit annehmen, ursprünglich bloss dem äusseren Schirmepithel (el) oder dem Epithel der Subum- brella (es), oder beiden zugleich angehören, dürfte schwer zu entschei- den sein; doch ist das Wahrscheinlichste, dass sie bloss von der äus- seren Epilhelialschicht abgeleitet werden müssen. Im Bau sowohl als in der wahrscheinlichen Bildung des gallertigen XI. Gewebe der Geryoniden. 167 Mantelgewebes finde ich auffallende Aehnlichkeit mit dem Baue und der Entwickelung des Knochengewebes , wie sie kürzlich von Gegenbaur l) geschildert worden sind. So paradox dieser Vergleich zuerst klingen mag, so wird er dennoch ganz annehmbar, wenn man nur den verschiedenen Consistenzgrad der beiden Gewebe, jedenfalls ein secundäres Moment, ausser Betracht lässt. Es entspricht dann die Epithelschicht , welche den Mantel absondert , der ebenfalls aus einer einzigen Zellenlage be- stehenden , epithelähnlichen Schicht der Osteoblasten ; die verästelten und anastomosirenden Ausläufer des Protoplasma, welche von letzterem ausgehen , und das feine Netzwerk der sogenannten Knochencanälchen erfüllen , entsprechen den dichotomen Fasern ; die homogene oder in concentrischeu Lamellen abgelagerte Grundsubstanz des Knochens end- lich entspricht der Gallerte selbst, Dieser Vergleich wird weiterhin auch noch dadurch gestützt , dass die Epithelzellen der äusseren Manteloberfläche , ebenso wie die Osteo- blasten des Knochengewebes, membranlose Urzellen, und zwar pflaster- förmige Protoplasmaplatten zu sein scheinen. Wenigstens ist es mir auf keine Weise gelungen , mich von einer Differenz von Inhalt und Membran und von der Bläschennatur derselben bei verschiedenen Cras- pedoten zu überzeugen. Sehr häufig sind Zellengrenzen überhaupt nicht wahrzunehmen und man sieht auf der Schirmfläche nichts , als deutlich vortretende rundliche Zellenkerne, welche in bestimmten Abständen von einander zerstreut liegen (Fig. 26 — 30). Bisweilen ist jeder ein- zelneKern rings von einem Hofe sehr kleiner Körnchen umgeben, welche nicht selten reihenweis nach verschiedenen Richtungen hin von dem Kerne ausstrahlen und sich mit anderen, von benachbarten Kernen kommenden Körnchenreihen netzförmig verbinden, sodass ähnliche Bil- der entstehen , wie sie die Pseudopodiennetze der Rhizopoden bieten. In der hyalinen vollkommen structurlosen Grundsubstanz der Schirm- oberfläche zwischen den Kernen , in welcher später oft feine , scharfe Zellgrenzen nachzuweisen sind, ist in diesen Fällen, namentlich bei jüngeren Craspedoten, auf keine Weise von den letzteren irgend eine Spur zu entdecken. Weder schiefe Beleuchtung , noch chemische Be- handlung vermag solche zur Anschauung zu bringen und beim Zer- zupfen erhält man unregelmässige, mit mehreren Kernen besetzte Fetzen, welche nirgends scharfe gerade oder polygonale Contourlinien zeigen. Die Kerne aber, welche in dieser homogenen Masse so regelmässig zer- streut sind und über ihre Oberfläche als flache rundliche Hügel ein wenig 1) G. Gegenbaur, Ueber die Bildung des Knochengewebes. Jenaische Zeit- schrift für Medicin und Naturwissenschaft. Lp. 343. 168 & Öe#etie der Geryoniden. hervorragen, sind ganz dieselben, wie in späteren Stadien, wo das zu jedem Kerne gehörige Theilchen der Grundmasse als eine polygonale Platte gegen die benachbarten Platten abgeschlossen ist (Fig. 32, 33). Diese Erscheinung lässt sich wohl kaum anders auslegen , als dass an- fänglich die Zellen des einschichtigen Epithels weichere und mehr ho- mogene, kernhaltige, hüllenlose Protoplasmaklumpen darstellen, welche vollkommen zu einer continuirlichen Lage verschmolzen bleiben, wäh- rend erst später sich die einzelnen Zellen differenziren und entweder durch blosse Verdichtung der Peripherie oder durch nachträgliche Bil- dung von Scheidewänden ihre Bezirke gegen einander abgrenzen. Solche aus hüllenlosen Urzellen zusammengesetzte Epi- thelien kann man Coenepithelien nennen. Sie scheinen bei niederen Thieren weit verbreitet zu sein , in manchen Gruppen vielleicht weiter, als die bei den höheren Thieren vorkommenden gewöhnlichen Epithelien , welche aus deutlich neben einander gesonderten Hautzellen bestehen und welche man im Gegensatz zu jenen als Aut epithelien bezeichnen kann. Derartige Coenepithelien habe ich namentlich unter den niederen Gliederthieren (besonders Crustaceen) vielfach voreefun- den, wie ich schon an einem anderen Orte angeführt habe1). Hier will ich nur noch bemerken , dass das Epithel der Schirmoberfläche bei manchen Medusen zeitlebens den Charakter des Coenepithels beibehält und aus einer einfachen Schicht innig verbundener hautloser Zellen be- stehen bleibt; so fand ich es z. B. bei Bhopaloneina umbilicatum sehr deutlich, wo bloss die grossen, in regelmässigen Abständen zerstreuten Kerne die Zahl der zu einem continuirlichen Protoplasmalager ver- schmolzenen Zellen andeuten. Was das Coenepithel betrifft , welches als eine einfache Lage von hautlosen Urzellen die Schirmoberfläche der Larven von Curmarina be- kleidet, so sei hier nur noch bemerkt, dass man fast immer viele Kerne desselben in Theilung findet, was wohl mit dem raschen Wachsthum der Schirmoberfläche zusammenhängt. Bei den Larven von GhssocodoH sind die ziemlich grossen Kerne keine flachen Platten, sondern ellipsoi- dische oder sphäroidale Körper; sie ragen daher etwas über die Schirm- fläche vor und bedingen so das eigentümlich höckerige Aussehen, welches schon die kleinsten Larven auszeichnet (Fig. 26 — 30). An dem Schirmepithel der älteren Carmarina sind die Kerne oft nur sehr schwierig zu erkennen , blass und fein contourirt. Schon bei Larven mittleren Alters sind hier die Zellen bisweilen von colossaler Grösse, von 0,8 — 0,12 mm Durchmesser, dabei aber so äusserst dünne Platten, 1) Jenaische Zeitschrift. I. 1864, p. 73. XI. Gewebe der Geryoniden. 169 dass sie auf dem Querschnitt kaum doppelt contourirt erscheinen. Ge- wöhnlich sind die Zellen hier sehr regelmässig polygonal, meist sechs- eckig, andere Male rhombisch (Fig. 90). Ihre grossen rundlichen Kerne sind fein granulirt und halten durch- schnittlich 0,02 mm Durchmesser. Die Consistenz der Platten ist übrigens nachweisbar bedeutend und scheint denjenigen der dichotomen Fasern, die als ihre Auslaufer zu betrachten sind, Fig. 90. Eine Gruppe von Epithel- Nichts nachzugeben. Die Ränder der zellen der äusseren «chirmoberfläche Platten sind sehr fein gezähneTt, so ^ Carmarina hastata. Einige Zellen , i. xr i •• i ... , sind aus dem Zusammenhang gelöst, dass die \erbindung der ineinander einige mit gethejllem Kern versehen. greifenden Ränder benachbarter Plat- ten eine sehr innige ist (Fig. 90). Da das Epithel der Schirmoberfläche als die Matrix des Gallert- mantels wesentlich zu diesem Gewebe gehört, so ist es klar, dass man das Mantelgewebe sowohl in physiologischer, als in morphologischer Beziehung weder zu dem Epithelialgewebe noch zu dem Bindegewebe ausschliesslich rechnen kann. Obwohl seine homogene Gallertsubstanz die massebildende und formgebende Grundlage des ganzen Medusen- körpers liefert und obwohl seine Bildung sich an die des Knochenge- webes anschliessenlässt, so unterscheidet sich seine Matrix doch wesent- lich dadurch von der Osteoblastenschicht, dass sie zugleich als Aequi- valent der Epidermis die Aussenfläche des Körpers Überkleidet und epitheliale Functionen übernimmt. 3. Knorpelgewebe. Das charakteristische Gewebe , welches ich in Folgendem als Me- dusenknorpel beschreibe, scheint im Körper der Geryoniden, wie vieler anderer Craspedoten, die einzige Gewebsform zu sein , welche ihrem Baue, wie ihrer Function nach die Gruppe der Bindesubstanzen im Kör- per dieser Thiere repräsentirt. Eigentliches Bindegewebe oder soge- nanntes «gewöhnliches Bindegewebe«, von der Art, wie dasselbe im Körper der höheren Thiergruppen so verbreitet ist, d. h. ein Gewebe mit mehr oder minder faserig differenzirter weicher Intercellularsubstanz zwischen den kleinen, oft durch Ausläufer verbundenen Zellen, kommt hier nirgends vor. Die verschiedenen anderen Gewebe , Nerven, Mus- 170 XI. Gewebe der Geryoniden. telfasern, Epithelien, findet man im Körper der Geryoniden überall unmittelbar an einander gelagert und nur durch eine minimale, meist optisch gar nicht nachweisbare Menge einer verklebenden Zwischen- substanz zusammengekittet. Von zwischenliegenden bindegewebigen Schichten, Unterlagen der Epithelien, oder Hüllen der Organe, wie Sar- colemm, Neurilemm und dergl. ist keine Spur wahrzunehmen. Sehr deutlich z. B. lässt sich am Velum nachweisen, dass dasselbe lediglich aus den beiden Muskelschichten und den beiden Epithelüberzügen be- steht (Fig. 63,64v). Selbst die Wandungen der Gastrovascularcanäle bestehen bloss aus einer einfachen Epithelzellenlage , ohne eine beson- dere bindegewebige Grundlage. Dass das Gallertgewebe des Mantels nicht als eigentliche Bindesub- stanz aufzufassen sei, vielmehr seiner Structur, wie seiner Function nach ebenso gut, als zu dieser, auch zum Epithelialgewebe gerechnet werden könne , wurde soeben bewiesen. Ob ein Theil des Faserge- webes der radialen Haupttentakeln (Fig 61,62) , entweder die dunkeln kernhaltigen (tm) oder die hellen kernlosen Fasern (tl, tc) , oder ob keins von beiden zur Bindesubslanz zu rechnen sei , haben wir nicht entscheiden können (vergl. oben). Doch sind beide wahrscheinlich musculöser Natur. Es bleibt also, als zur Bindesubslanzgruppe gehörig, nichts weiter übrig , als das Gewebe , welches das feste Skelet des Schirmes , sowie der interradialen und radialen Nebententakeln bildet. Sowohl seiner physikalischen Eigenschaften und seiner physiologischen Leistungen, wie seines histologischen Baues halber scheint mir dieses Gewebe den Namen des Knorpels mit vollem Rechte zu verdienen, so befremdlich es auch zunächt klingen mag , bei den zarten Medusen , deren ganze Körpermasse nur aus zerfliesslich weichen Geweben zu bestehen scheint, von einem skeletbildenden Knorpel zu reden. Das Gewebe besteht aus grossen kernhaltigen rundlichen Zellen mit mehr oder weniger ansehn- lichen Mengen von Intercellularsubstanz. Da die Zellen desselben oft weit ansehnlicher und grösser sind, als alle anderen im Medusenkörper vorkommenden Zellen , so ist dies Gewebe , welches bei den Medusen sowohl als bei den zugehörigen Hydroidpolypen weit verbreitet zu sein scheint, auch schon mehrfach von anderen Autoren erwähnt, und bald als »zelliges«, bald als »fächeriges« Gewebe, bisweilen auch als »Mus- kelgewebe« gedeutet worden. Seine Bedeutung als Bindesubstanz, und zwar als eine Modification des Bindegewebes, welche dem Knorpel der Wirbelthiere sehr nahe steht, finde ich aber von keinem Beobachter erkannt. In der Familie der Geryoniden, und zwar sowohl bei den vierzäh- XI. Gewebe der Geryoniden. 17 1 ligen (Glossocodon) , als bei den sechszähligen [Carmarina) bildet der Medusenknorpel den oben als »Knorpelring« beschriebenen kreisförmi- gen Skeletreifen, der zwischen dem Aussenrand desVelum und unteren freien Rand des Schirmes eingeschaltet ist und beiden zur festen Stütze dient. Ausserdem bildet er im Larvenzustande der Geryoniden die Hauptmasse der interradialen und der radialen Nebenlentakeln, welche mit dem Abschlüsse der Metamorphose verloren gehen. Endlich stützt er bei der sechszähligen Carmarina (nicht aber bei dem vicrzähligen Glossocodon) die 1 2 vom Ringknorpel ausgehenden und in der äusseren Mantelfläche aufsteigenden spangenartigen Knorpelstreifen , welche wir oben als centripetale Mantelspangen beschrieben haben und welche sowohl dem Schirmrande selbst, als namentlich den interradialen und radialen Nebententakeln zur Stütze dienen. Das Knorpelgewebe verhält sich an diesen verschiedenen Stellen etwas verschieden , so dass seine Identität nicht sofort in die Augen springt. Namentlich sind am Ringknorpel die Zellen bedeutend kleiner, dafür auch die Intercellularsubstanz massenhafter entwickelt , als an den Knorpelstreifen der Tentakeln. Der Ringknorpel (u k) des Schirmrandes ist in Fig. 41, 65, 66 von der Fläche gesehen, in Fig. 63, 64 auf dem Querschnitt abgebildet. Fig. 70 stellt ein sehr feines Split- terchen eines ganz dünnen Querschnittchens dar, welches bei 600ma- liger Vergrösserung das Verhältniss der Knorpelzellen zur Intercellular- substanz besonders deutlich zeigt. Die Zellen des Ring knorp el s (Fig. 41, 70 uk') sind membranlose Urzellen oder Protoplasmaklumpen, welche einen rundlichen Kern umschliessen. DerNucleus ist feinkörnig, scharf contourirt, oft mit einem grösseren Körnchen (Nucleolus) und hält 0,005 — 0,0 15 mm Durchmesser. Er liegt gewöhnlich in der Mitte der Zelle, deren Protoplasmasubstanz bald ganz klar , wasserhell , bald von feinen Körnchen durchsetzt ist. Nicht selten finden sich in einer Zelle zwei Kerne , offenbar eben erst durch Theilung entstanden (Fig. 70 oben rechts). Die Zellen kann man bisweilen aus den Höhlen der Intercellularsubstanz isoliren und sich dann von der Abwesenheit einer Membran überzeugen (Fig. 70 unten links). Die Form der Urzellen und der von ihnen ausgefüllten Hohlräume der Grundsubstanz (Knorpel- höhlen) ist meist unregelmässig rundlich, oft etwas polygonal abgeplat- tet, bisweilen stark in die Länge gezogen (Fig. 41 unten links). Ihr Durchmesser beträgt 0,02 — 0,04 — 0,06 mm. Die Intercellular- substanz oder Grundsubstanz des Ringknorpels (Fig. 41, 70 uk") ist durchaus homogen und lässt keine concentrische Streifung rings um die Knorpelhöhlen wahrnehmen, welche ihrem schichten weisen Ab- satz aus dem Protoplasma entspräche. Sie ist stärker lichtbrechend 172 XI. Gewebe der Geryoniden. als das letztere. In der Mitte zwischen je zwei Zellen ist sie meist be- deutend schmäler, dagegen in der Mitte zwischen je drei Zellen oft brei- ter als der Querdurchmesser der Zellen selbst. Wenn man ein sehr dünnes Knorpelschnittchen in Wasser macerirt, so dass die Primordial- zellen aus ihren Höhlen herausfallen, so bleibt die Intercellularsubstanz als ein fächeriges Lücken werk zurück (Fig. 70). Durch chemische Be- handlung und durch Zerzupfen gelingt es nicht, einzelne blasenförmige Fächer zu isoliren, welche sogenannten Knorpelkapseln entsprächen. Es scheint vielmehr, dass die von den benachbarten Primordial- zellen ausgeschiedene intercellulare Substanz sich sogleich zu einer homogenen Grundmasse verbindet. An den Knorpel des Ringknorpels schliesst sich zunächst seiner histologischen Beschaffenheit nach der Spangenknorpel an, der schmale dünne Knorpelstreif, welcher bei Carmarina das Knorpelskelet der 12 marginalen Mantelspangen (h) bildet (Fig. 63, 6i, 65 h k). Bei Glossocodon fehlt dieser Spangenknorpel. Er besteht aus einer einzigen Reihe hinter einander liegender Zellen , welche anfänglich sehr flache Scheiben darstellen (Fig. 64). Späterhin, wenn die Mantelspange wächst, dehnen sich die Knorpelzellen mehr in die Länge, und es er- scheinen beim erwachsenen Thier namentlich die obersten , welche der Spitze der hornförmig gekrümmten Spange am meisten genähert sind, als sehr schmale und lange Cylinder (Fig. 63). Die Länge der Knorpel- zellen wächst hier allmählich von der Basis bis zur Spitze, während ihre Dicke entsprechend abnimmt. Die Intercellularsubstanz der Spangen- knorpel ist meist nur von geringer Dicke. Der Kern der Zellen liegt meist wandständig an jener Wand der Zelle, welche der Spangenspitze zugekehrt , von dem Mantelrand abgewendet ist. Der Tentakelknorpel, welcher das Skelet der interradialen und der radialen Nebententakeln bildet, und namentlich der der ergleren, zeichnet sich durch sehr bedeutende Grösse der Zellen, sowie durch ge- ringere Mengen von Intercellularsubstanz aus, besonders aber dadurch, dass häufig das Protoplasma, welches die Knorpelhöhlen ausfüllt, grosse Vacuolen enthält, welche mit einer wässrigen Flüssigkeit erfüllt sind. Man könnte dieses Gewebe, statt zum Knorpel, auch zudem sogenann- ten Blasengewebe oder dem blasig-zelligen Bindegewebe rechnen, jener Modifikation der Bindesubstanz , welche bei niederen Thieren (Arthro- poden, Mollusken etc.) so weit verbreitet ist und das faserige Bindege- webe der höheren Thiere ersetzt. Das Knorpelskelet der radialen Neben tentakeln bildet sowohl bei Carmarina als bei Glossocodon eine cylindrische Säule, welche aus einer einzigen Reihe hintereinander gelagerter scheibenför- XI. Gewebe der Geryouiden. 173 miger Knorpelzellen zusammengesetzt ist (Fig. 38, 39, 65 s k). Wenn die longitudinalen Fasern des Muskelcylinders, der den Knorpelstab über- zieht, stark contrahirt sind, so erscheinen die Knorpelzellen breiter und flacher, fast münzenförmig; sind dagegen die Muskelfasern erschlafft, so dehnen sich die Knorpelzellen vermöge der Elasticität der Intercellular- substanz zu längeren und schmäleren cylindrischen Scheiben aus. Die Knorpelkapseln , welche die Intercellularsubstanz bilden , sind an den radialen Nebententakeln dicker, dagegen die Höhlungen der Kapseln und die membranlosen Zellen, welche diese Höhlen ausfüllen, kleiner, namentlich bedeutend kürzer, als an den interradialen Tentakeln. Bei Cavmarina (Fig. 65) sind die Knorpelzellen (s'k) der radialen Neben- tentakeln oft deutlich sphäroid, und da die Grundsubstanz (sk'i, welche zwei benachbarte Zellen scheidet , keine Spur einer transver- salen Grenzlinie zeigt, welche die Kapsel der einen Zelle von der der benachbarten schiede, so erscheint die ganz homogene lntercellulannasse am dünnsten in der Axe des Tentakels, wo die einander zugekehrten Wölbungen der beiden sphäroiden Zellen sich am nächsten stehen. Am dicksten ist die Kapselsubstanz dagegen an der peripherischen Wand des Tentakels in der Mitte zwischen je zwei Zellen. Das Protoplasma der Zellen füllt bei den radialen Nebententakeln bald die ganze Knorpel- höhle aus ; bald enthält es mit wässriger Flüssigkeit erfüllte Vacuolen (Fig. 39 s k). Der ellipsoide oder planconvexe scheibenförmige Kern liegt meist an derjenigen Wand der Knorpelkapsel an, welche der Spitze des Tentakels zugekehrt ist , seltner in der Mitte der Höhle. DerKnorpelcylinder, welcher die Hauptmasse der interradialen Tentakeln (y) bildet, zeichnet sich durch die ausserordentliche Grösse seiner Knorpelzellen aus, welche bei weitem die grössten von allen zelligen Elementen sind , die im Körper der Geryoniden vorkom- men (Fig. 40 y k, Fig. 64 yk). Bei jüngeren Larven liegen dieselben nur in einer einzigen Beihe hinter einander. Das Tentakelskelet er- scheint dann als ein einfacher cylindrischer Knorpelstab, welcher durch transversale Septa (die intercellularen Scheidewände je zweier hinter einander gelegener Zellen) gleichsam gegliedert ist. Die einzelnen Zellen sind dann noch kurze Cylinder, im Mittel ungefähr so lang als breit. Beim weiteren Wachsthuni des Tentakels verlängern sie sich und es beginnt die Bildung von longitudinalen Scheidewänden . so dass nun mehrere Zellen , die durch gegenseitigen Druck polygonal abgeplattet erscheinen , neben einander zu lieaen kommen. Diese Länestheiluns der Knorpelzellen tritt namentlich an der spindelförmig verdickten Basis des Tentakels reichlich auf (Fig. 40, 64), so dass hier auf einem Quer- schnitt 4 — 8 Zellen neben einander gleichzeitig sich zeigen , während 174 XI. Gewebe der Geryoniden. gegen die Spitze hin die Zellenreihe einfach bleibt, oder nur ein ein- ziges Longitudinal-Septum dieselbe in zwei halbcylindrische Reihen theilt. Je grösser die Zahl der benachbarten Knorpelzellen, mit denen jede einzelne in Berührung steht, desto mehr geht ihre ursprüngliche Cylinderform in eine unregelmässig polyedrische über. Ihr Durchmes- ser beträgt bei Glossocodon im Mittel 0,05 — 0,08 mm, bei Carmarina 0,06 — 0,1 mm. Während die Knorpelzellen der interradialen Tentakeln durch ihre ansehnliche Grösse die Knorpelzellen der radialen Nebententakeln , der Mantelspangen uud namentlich diejenigen des Ringknorpels beträchtlich übertreffen, so stehen sie dagegen bedeutend hinter diesen zurück hin- sichtlich der Entwickelung der Grundsubstanz. Diese ist meist nur an den peripherischen Kapselwänden , welche an den umschliessenden Muskelcylinder des Tentakels stossen , von ansehnlicher Dicke , mehr- mals dicker als der letztere , während dagegen die transversalen und namentlich die longitudinalen und diagonalen Scheidewände, welche die benachbarten Knorpelzellen von einander trennen, nur sehr dünn sind. Es sind daher diejenigen Knorpelzellen , welche ganz in der Axc der verdickten Tentakelbasis liegen, nur von einer sehr zarten Knorpel- kapsel umschlossen, während die Kapseln der peripherischen Zellen da, wo sie nach aussen an den Muskel grenzen , ansehnlich verdickt sind. Gegen die Spitze des Tentakels, wo bei jüngeren Larven die Zellen in einer Reifte liegen , ist der Cylindermantel jeder Zelle meist stark ver- dickt, die beiden Grundflächen der Kapsel dagegen nur dünnwandig. Bisweilen ist in der Mitte derScheide wand je zweier benachbarter Zellen eine feine Linie sichtbar, welche die Grenze der den beiden Zellen zu- gehörigen Kapselwände andeutet, die noch nicht zu homogener Grund- substanz verschmolzen sind. Bisweilen bleiben auch da, wo drei oder vier Knorpelkapseln in einerEcke zusammentreffen, kleine polyedrische Intercellularräume zwischen ihnen übrig (Fig. 64). Die Kerne in den Knorpelzellen der interradialen Tentakeln sind bald Ellipsoide, bald planconvexe Scheiben , welche theils wandständig der Innenfläche der Knorpelkapseln anliegen (besonders derjenigen Wand, welche der Tentakelspitze zugekehrt ist) , theils in der Mitte der Zelle oder an anderen Stellen der Höhle in das Protoplasma eingebettet liegen. Oft sind in einer Knorpelzelle mehrere Kerne sichtbar, bisweilen drei bis vier in einer Reihe hinter einander liegend , so dass es aussieht, als ob sie eben erst durch wiederholte Quertheilung des ursprünglich ein- fachen Kernes entstanden seien. Das Protoplasma (Fig. 40, 64 yk') füllt die Knorpelhöhlen der interradialen Tentakeln bald vollständig, bald nur theilweiseaus, indem XI. Gewebe der Geryoniden. 175 häufig eine Anzahl von kleineren und grösseren Vacuolen in dasselbe eingelagert sind , die mit einer wässerigen Flüssigkeit gefüllt zu sein scheinen. Oft nehmen diese Vacuolen an Ausdehnung so zu, dass der grösste Theil der Knorpelhöhle von der wässrigen Flüssigkeit erfüllt wird, während das Protoplasma (meist deutlich zu unterscheiden durch sehr feine blasse Körnchen, die in seine zähflüssige Grundsubstanz ein- gelagert sind) , sich beschränkt auf eine dünne wandständige Schicht, die die Innenwand der Knorpelhöhle auskleidet (Primordialschlauch) und auf mehrere einfache oder verästelte Schleimfäden, welche die wassererfüllte Zellenhöhlung durchziehen und nicht selten durch Ana- stomosen ein Netzwerk herstellen (Fig. 93). Liegt der Kern nicht an der Innenwand der Knorpelhöhle an , sondern frei in derselben , so bildet er oft das Centrum dieses Fadennetzes, indem nach allen Richtungen Fäden von ihm ausstrahlen , welche zur Höhlenwand laufen und sich dort zur Bildung der Wandschicht vereinen. Kurz es bieten dann die Knorpelzellen dasselbe Bild, wie es in grösseren Pflanzenzellen so häu- fig gefunden wird. Wahrscheinlich befinden sich auch im lebenden Knorpel die einzelnen Theilchen des Protoplasma in einer langsamen Bewegung ; doch ist wegen der geringen Grösse und Zahl der in dem- selben suspendirten Körnchen diese Strömung schwer zu constatiren. Unmittelbar habe ich von derselben , auch bei anderen Craspedoten- medusen, mich niemals überzeugen können; wohl aber bemerkte ich, dass an einer und derselben Zelle die Configuration des Schleimfaden- netzes, das den Hohlraum der Knorpelhöhle durchzieht, sich nach eini- ger Zeit verändert hatte. Es sind diese Knorpelzellen ganz ähnlich den sogenannten strahligen oder radiirten, in runde Knorpelhöhlen einge- schlossenen »Knorpelkörperchen« , welche auch im Knorpel derWirbel- thiere hier und da vorkommen , auch bei Menschen öfter pathologisch beobachtet und z. B. von J. Lachmann *) aus einem menschlichen Enchon- drome beschrieben worden sind. Derselbe Knorpel, den ich hier von Carmarina und Glossocodon beschreibe, scheint bei den craspedoten Medusen weit verbreitet vor- zukommen. Wenigstens habe ich bei der grossen Mehrzahl aller cras- pedoten Medusen , die ich zu beobachten Gelegenheit hatte , einzelne Skelettheile aus demselben gebildet gefunden. Insbesondere sind es diejenigen Formen von soliden Tentakeln, welche sich nicht bedeutend verkürzen können und welche man wegen ihrer eigenthümlichen Be- wegungen als »starre Tentakeln« bezeichnet, bei denen der Me- dusenknorpel den grössten Theil des Volums bildet und die eigenthüm- i) Müller's Archiv, 4857, p. 46, Taf. II. 176 XI. Gewebe der Geryonideii. liehen physikalischen Eigenschaften dieser Gebilde, ihre Starrheit, verbunden mit grosser Elastieität bedingt. Die grösste Entwicke- lung erreichen diese sogenannten »starren Tentakeln« in der durch ihren starren Habitus ausgezeichneten und, wie wir im X. Abschnitt gezeigt haben, den Geryoniden genetisch sehr nahe verwandten Familie der Aeginiden (Thalassantheen) , deren bedeutendere Consi- stenz auch schon von anderen Beobachtern als »knorpelartiga bezeichnet wird. In dieser eigenthümlichen Familie scheinen sämmlliche Tenta- keln solid und aus einein dicken Knorpelstabe gebildet zu sein, der von einem dünnen Muskelschlauche und zu äusserst von einem Epithel über- zogen ist (Fig. 81, 83). Die Knorpelzellen sind hier meist münzenför- mig, flache kreisrunde Scheiben , welche in einer einzigen Reihe hinter einander liegen und eine Knorpelsäule , gleich einer Geldrolle bilden. Ihr Durchmesser ist oft colossal bis zu */2mm und darüber. Die Knorpel- kapseln der einzelnen Zellen können hier bisweilen von einander isolirt werden, sodass die Intercellularsubstanz, welche gewöhnlich als homo- gene Grundsubstanz zwischen je zwei Zellen eingeschaltet ist (Fig. 83), hier bisweilen in Form einer sehr dicken Zellenmembran auftritt. Diese verbindet in hohem Grade, gleich genuinem Knorpel, Festigkeit und Elasti- eität. Der grösste Theil der Knorpelhöhle ist bei den Aeginidententakeln und ihren Wurzeln, die sich ganz besonders zum Studium des Medusen- Knorpels eignen (Fig. 93), meist von einer hellen wässrigen Flüssig- keit (D) erfüllt, während das zähe, flüssige oder fein- körnige Protoplasma (B) sich auf eine Wandschicht be- schränkt, welche die Innenfläche der Knorpelhöhle (C) auskleidet. Von dieser Schicht gehen meist verzweigte Schleimfäden aus, welche, wie oben beschrieben, anasto- mosirend den hohlen Zellenraum durchziehen und, wenn der Kern (A) in der Mitte der Zelle liegt, von diesem auszustrahlen scheinen. Andere Male zieht nur ein ein- ziger Protoplasmastrang, der Längsaxe des Tentakels entsprechend, mitten durch die cylindrische Knorpelzelle hindurch, die Mitten ihrer beiden Grundflächen verbin- dend, und in der Mitte den Kern umschliessend (Fig. 83 ) . Diese Gebilde sind schon von mehreren Autoren beschrieben, aber irrig gedeutet worden. Im letzteren Falle hat man z. B. die Summe der in der Tentakelaxe verlaufenden Proloplasmastränge als einen centralen Canal aufgefasst. Die Proto- Fig. 93. Ein Stück einer Tentakelwurzel von Cunina rhododaetyla. A Kern. B Protoplasma der Knorpelzellen. C Intercellularsubstanz (Knorpelkapseln). D Wassrige Flüssigkeit innerhalb des Protoplasmaschlaucbs. Xi. Gewebe der Geryoaiden. 177 plasmastränge sind auch öfter als Muskeln beschrieben worden , wäh- rend der Muskelschlauch, der den Knorpelstab überzieht, ganz über- sehen wurde. Eine gute Abbildung einzelner Knorpelzellen aus den Tentakeln von Aegineta Corona geben Kefersteix und Ehlers *■) und bemerken dazu : »Die Tentakeln sind von regelmässigem, fächerigem Bau ; in jedem Fach befindet sich eine Muskelzelle , die an der Basis des Tentakels einfach spindelförmig ist ( 9 a ) , in der Mitte desselben schon eine Anzahl Ausläufer besitzt (9 b) und in der Tentakelspitze endlich sehr vielfach verzweigt ist (9c), so dass die Beweglichkeit der Ten- takeln nach der Spitze hin zunimmt«2). Diese verschiedenen Formen der »Muskelzellen« sind nur die verschiedenen Formen, welche der die Zellhöhle durchziehende Theil des Protoplasma annimmt , während der wandständige Theil desselben , der in diesen Knorpelzellen einen ge- schlossenen Sack bildet, von ihnen , wie von den andern Beobachtern, übersehen wurde. Was gewöhnlich als »Fach« bezeichnet wird, ist die Knorpelkapsel. Aus denselben Knorpelzellen und zwar allein aus ihnen sind allgemein die eigenthümlichen »Tentakelwurzeln« zusammengesetzt, mittelst deren die Tentakeln der Aeginiden in den Schirmrand einge- schlossen sind (Fig. 81 tw). Ganz ebenso gebaut wie die Knorpeltentakeln der Geryoniden und Aeginiden sind auch diejenigen der nahverwandten Trachynemiden. Bei Rhopalonema velatum ist der cylindrische, von Muskeln und Epithel überzogene dicke Axenknorpel aus einer einzigen Beihe münzenförmi- ger Zellen zusammengesetzt , während bei R. umbilicatum deren meh- rere neben einander liegen. Denselben Bau finde ich ferner an den Tentakeln der Aglaura, an denkleinen, meist spiral aufgerollten Neben- tentakeln und soliden Kolbententakeln von Mitrocoma und Cosmetira, an den Mundarmen vieler Oceaniden , sowie an den Bandtentakeln und Mundarmen vieler anderer Craspedoten. Ausserdem finde ich den Medusenknorpel bei vielen Craspedoten am äussersten Schirmrande vor, wo er als festes ringförmiges Skelet sowohl dem Velum einen sicheren Insertionspunct bietet and die feste Basis des Schirmrandes bildet, als auch durch seine Elasticität den durch das Velum contrahirten Schinnrand wieder ausdehnt. Auch bildet der Knorpel bei einigen Craspedoten feste spangenförmige Leisten in der Subumbrella , welche die Badialcanäle begleiten und deren Lumen, auch bei starker Contrac- 1) Keeerstein und Ehlers, Zoologische Beiträge 1861 , p. 95, Taf. XIV, Fig. 9. 2) Auch angenommen, es läge wirklich eine einfache oder verästelte Muskel- zelle in jedem solchen Fache, glaubeich doch nicht, dass man daraus diesen Schluss ziehen dürfe. Wie soll aus der Verästelung einer in ein starres Fach ein- geschlossenen Muskelzelle eine grössere Beweglichkeit dieses Theiles resultiren? H aeckel , Rüsselquallen. 4 2 / 178 XI. Gewebe der Geryoniden. tion der Muskelschicht der Subumbrella, offen erhalten helfen. So finde ich in sehr ausgezeichneter Weise bei Rhopuloncma velatum jeden Radial- canal auf beiden Seiten von einer breiten Knorpelleiste eingefasst, welche ein rechtwinkliges Dreieck bildet und den Canal vom Ringgefäss bis zur Basis der Genitalien begleitet . wo sie zugespitzt endet. Offenbar haben diese Knorpelstreifen an der knorpelartigen Consistenz , welche den starren Schirm der Trachynemiden auszeichnet , wesentlichen An- theil ; auch ist wohl die Elasticität des Knorpels hier die Ursache, dass der Schirm, unmittelbar nach der durch die ausserordentlich entwickelte Subumbrella bewirkten Contraction, mit solcher Kraft sogleich wieder in die flache Form zurückschnellt. Von besonderem Interesse endlich ist die Existenz des Medusen— knorpels, und namentlich der letzterwähnten knorpeligen Schirmtheile, für die Frage von der Bedeutung jener in geschichteten Gesteinen ent- haltenen Abdrücke, welche man als fossile Medusen gedeutet hat. Wenn man wegen der weichen zerfliesslichen Beschaffenheit der meisten Me- dusen Bedenken getragen hat , jene namentlich in den Sohlenhofener Schiefern enthaltenen Abdrücke, welche nur auf Medusenschirme, und auf keine anderen Organismen bezogen werden können , für solche zu erklären, so erscheinen diese Bedenken jetzt nicht mehr gerechtfertigt, da die Annahme , dass jene Arten einen theilweise knorpeligen Schirm hatten, gestattet ist (Vergl. Haeckel, über fossile Medusen, Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie. Bd. XV., Taf. XXXIX). 4. Muskelgewebe. • Das contractile Gewebe des Geryonidenkörpers tritt in zwei ganz verschiedenen Formen auf, als quergestreifte und als glatte Muskel- fasern. Die letzteren bilden ausschliesslich das contractile Gewebe der radialen Haupttentakeln (t) und zum Tfaeil auch der Magenwand, wäh- rend die ersteren die Muskeln aller übrigen Körpertheile zusammen- setzen. Die verschiedene Structur der beiderlei Elemente bedingt auch eine differente Function derselben , die sich in den abweichenden Be- wegungsformen der aus ihnen zusammengesetzten Organe deutlich ausspricht. Die glatten homogenen Muskelfasern (Fig. 61, 62) sind bereits oben, bei der detaillirten Darstellung des complicirten Baues der radialen Haupttentakeln von Carmarina, ausführlich besprochen wor- den. Wir mussten es unentschieden lassen, ob bloss die blassen kern- losen Fasern (theils Iongitudinal (tl), theils circular (tc) verlaufend), oder ob bloss die dunkeln kernhaltigen longitudinalen Spindelzellen (tm), oder ob endlich beide Elemente zugleich musculöser Natur seien. XI. Gewebe der Geryoniden. 179 Das letztere ist wohl das Wahrscheinlichste. Die glatten Muskeln, welche einen Theil der Magenwand bilden (Fig. 73) , und dort in einer äusseren dünneren Längsfaserschicht (kl) und einer inneren dickeren Ringfaserschicht (kc) entwickelt sind, scheinen sich den hellen kern- losen Fasern der radialen Haupttentakeln anzuschliessen, unterscheiden sich aber von ihnen wesentlich dadurch , dass sie sich beim Zerfasern nicht in spindelförmige Stränge (Fig. 62 tl), sondern in Bündel von sehr feinen und langen structurlosen Fibrillen auflösen. Die quergestreiften heterogenen Muskelfasern sind am stärksten entwickelt imVelum, wo sie eine obere stärkere Lage von circularen und eine untere schwächere Schicht von radialen Muskel- fasern bilden. Sehr stark sind auch die longitudinalen Muskelbänder, welche am Magenstiele die Zwischenräume zwischen den Radialcanälen ausfüllen. Viel schwächer sind die circularen Faserzüge der Subum- brella und die radialen Bänder, welche, von letzteren bedeckt, die Ra- dialcanäle paarweise begleiten. Auch an der äusseren Magenfläche, oberhalb der oben erwähnten dicken Lagen von glatten Muskelfasern, findet sich eine dünne Schicht von longitudinal verlaufenden querge- streiften Fasern , welche die untere Ausbreitung der breiten Längs- muskelbänder des Magenstiels darstellen. Sie bilden auf der Magen- oberfläche 4 — 6 schmälere Längsbänder, welche den Mundsaum in 4 oder 6 Lappen einziehen können (Fig. 18 — 21 , Fig. 58, Fig. 74). Auch über dem Knorpelskelet der interradialen und der radialen Neben- tentakeln bilden die quergestreiften Muskeln nur eine dünne Lage von longitudinalen Fasern. Die Querstreifung der Muskelsubstanz tritt bei Carmarina und bei Glossocodon an allen genannten Theilen bei Anwendung genügend star- ker Vergrösserungen ((500) so scharf und deutlich hervor, als bei den Muskeln der Vertebraten und Arthropoden (Fig. 4 0, 40, 64, 72). Nur ist die Grösse der Sarcous-Elements viel geringer , als bei den meisten der letzteren. Einfach und doppelt brechende Substanz sind aber eben so scharf von einander abgesetzt. Die Form und Grösse der Ele- mente zu bestimmen , welche die Muskelfasern zusammensetzen , hält sehr schwer. Sowohl beim Zerzupfen der frischen Muskeln als nach Behandlung derselben mit verschiedenen Säuren etc. erhält man zwar bisweilen lange, oft sehr lange, spindelförmig an beiden Enden zuge- spitzte Fasern , welche in verschiedenen Abständen mit sehr kleinen feingranulirten länglichen Kernen besetzt sind (Fig. 10 m). In der Begel aber erhält man beim Zerzupfen nur ganz unregelmässige Bündel von sehr feinen und langen quergestreiften Fibrillen, die noch nicht 0,001 mm breit sind (Fig. 72 m s). Mit den stärksten Vergrösserungen 12 * 180 XI. Gewebe der Geryoniden. betrachtet, erscheinen die Fibrillen varicös, indem die dunkleren Sarcous-Elements breiter aussehen, als die blasseren Zwischenscheiben des Längsbindemittels. Nicht selten erscheinen die breiteren Muskel- bander, namentlich die sehr regelmässigen Längsmuskeln, welche die Radialcanäle am Magenstiele von einander trennen . und an der Sub- umbrella paarweise begleiten , wenn man sie unversehrt bei starker Vergrößerung betrachtet, zusammengesetzt aus zahlreichen, sehr regel- mässig parallel nebeneinander verlaufenden und gleich breiten linearen Strängen von 0,003 mm Dicke. Beim Zerzupfen zerfällt jeder derselben sehr leicht in ein Bündel von Fibrillen. Von grösseren oder kleineren Scheiden um die Muskeln ist nirgends etwas wahrzunehmen. Die ein- zelnen feinen Fasern scheinen einfach neben einander gelagert und durch ein Minimum eines Querbindemittels verkittet zu sein. Verflech- tung oder Anastomose der Fasern scheint nirgends vorzukommen. 5. Nervengewebe. Die Elementartheile des Nervensystems der Geryoniden sind, wie bereits oben erwähnt wurde, von zweierlei Art, sehr zarte und dünne homogene Fasern und mit diesen zusammenhängende kleine kern- haltige membranlose Zellen. Beide sind sowohl bei Carmarina als bei Glossocodon schwer nachzuweisen. An den lebenden Thieren sind sie so vollkommen hell und durchsichtig , dass sie sich kaum von den ebenfalls glasartigen Nachbartheilen absetzen. Dabei sindsieso zart und zerstörbar, dass man bei mechanischen Präparationsversuchen mit Mes- ser und Nadel meist nur unkenntliche Trümmer erhält und dass auch die Hülfe chemisch einwirkender Agentien nur mit grosser Vorsicht in Anspruch genommen werden darf. Viele Zeit und Mühe habe ich ver- geblich aufgewendet, ehe es mir gelungen ist, die nervösen Elementar- theile völlig zu isoliren und als solche zu bestimmen (Fig. 92). Soweit ich diese sehr schwierigen Verhältnisse mit einiger Sicher- heit erforschen konnte, habe ich die Nervenzellen nicht allein auf die unmittelbar unter der Basis der Sinnesbläschen gelegenen Ganglien- knoten beschränkt gefunden , sondern auch im Verlaufe der Fasern mehrfach eingeschaltet zu erkennen geglaubt. Die rundlichen oder flach hügelförmigen Ganglienknoten (f), 12 bei Carmarina, SbeiGfosso- codon . sind bereits oben beschrieben worden. Sie sind in eine Ver- tiefung des Knorpelrings eingebettet (Fig. 63, 64 f), aus welcher sie sehr schwierig herauszulösen sind. Beim Zerzupfen der Knoten erhält man neben und in einer feinkörnigen detritusartigen Masse kleine und zarte unregelmässige Zellen von sehr verschiedener Grösse, welche zum XI. Gewebe der Geryoniden. 181 Fig. 92. Nervenfa- sern und Ganglien- zellen von Carma- rinahastata, aus dem Nervenring an der Austrittsstelle aus einem radialen Gan- glion entnommen. Theil mit sehr feinen Nervenfasern zusammenhängen. Die Kerne sind verhältnissmässig gross, die der grösseren Nervenzellen so gross, als die ähnlichen Kerne der Knorpelzellen des Ringknorpels, mit wel- chen auch die Zellen selbst leicht verwechselt wer- den können. Wie die aus ihren Knorpelhöhlen herausgelösten Knorpelzellen erscheinen auch die kleinen Nervenzellen als membranlose Urzellen , ge- bildet aus einer homogenen Substanz , welche feine Körnchen enthält, die namentlich um den Kern herum angehäuft sind. Unter den isolirten Zellen kann man solche mit einem und zwei Fortsätzen öfter finden, auch die verlängerten Fortsätze als identisch mit den Fasern erkennen. Seltener lassen sich stern- förmige Zellen isoliren, welche die Ansätze von meh- reren abgerissenen Ausläufern zeigen. In situ kann man kleine spindelförmige Nervenzellen im Zusammen- hang mit den Nervenfasern an den zarten Nervensträngen verfolgen, welche zwischen dem Knorpelskelet und dem Muskelschlauche der inter- radialen Tentakeln verlaufen (Fig. 64 yn). Die kleinen blassen Zellen können auch hier mit den ungefähr eben so grossen , oft von einem sternförmigen Protoplasmahofe umgebenen Kernen der grossen Knorpel- zellen verwechselt werden. Leichler und sicherer, und zugleich in Menge beisammen liegend, kann man Nervenzellen in dem Basalganglion (w) der Sinnesbläschen beobachten (Fig. 7, 8, 22, 23). Sie scheinen hier meist spindelförmig zu sein. Auch die Zellen , welche die das Concrement enthaltende Blase innerhalb der Sinnesbläschen erfüllen, sehe ich als Ganglienzellen an und deute jene Blase demgemäss als Sinnesganglion (s) ; um so mehr, als die gekreuzten Sinnesnerven in- nerhalb derselben zwischen den Zellen ausstrahlen und sich wahr- scheinlich mit ihnen verbinden. Die Zellen erscheinen hier in frischem Zustand als sehr helle homogene polyedrische Körper (Fig. 7) , lassen aber nach Zusatz von Säuren den Kern sehr deutlich vortreten (Fig. 8). Die Nervenfasern (Fi™ 72 a r 92 ) sind vollkommen homo- gene, sehr zarte und blasse Fibrillen von 0,0001 bis höchstens 0,001 mm Breite , welche nirgends eine Differenz von Hülle und Inhalt erkennen lassen. In situ untersucht man sie am besten an den unversehrten Bandbläschen, an deren Innenwand sie die beiden gegenständigen halbkreisförmig gebogenen Nervenbügel (n') zusammensetzen (Fig. 7, 8, 22, 23, 63, 65). Die sehr zarte Längsstreifung , welche man an den letzteren wahrnimmt, ist jedenfalls auf die Zusammensetzung aus 1 82 XI. Gewebe der Geryoniden. Fibrillen zu beziehen. In frischem Zustande vollkommen homogen lassen sie nach Zusatz von Säuren, Sublimat etc. zerstreute sehr kleine längliche Kerne erkennen (Fig. 8). Ebenfalls in situ, aber schwieriger kann man die Nervenfasern in den schmalen blassen Nervensträngen nachweisen (yn), welche zwischen dem Knorpelskelet und dem Muskelrohr der interradialen Tentakeln verlaufen (Fig. 64). Hier ist auch ihr Zusammenhang mit eingestreuten Ganglienzellen bisweilen zu erkennen. Zur Isolirung und Untersuchung der einzelnen faserigen Nerven- elemente eignen sich am meisten die starken Radialnerven, welche man mit leichter Mühe aus den umgebenden Geweben herausschälen kann, besonders während ihres Verlaufes durch die Mitte der Genitalblätter. Beim Zerzupfen der Radialnerven mit Nadeln erhält man ziemlich leicht einzelne sowohl, als in kleine und grössere Bündel vereinigte Nerven- primitivfasern, welche als einfache un verzweigte Fäden parallel gelagert sind (Fig. 72 ar). Die meisten sind gleichbreit, noch nicht 0,0005 mm dick , hie und da mit sehr kleinen stäbchenförmigen Kernen besetzt. Sehr instructive Präparate erhält man von diesen Stellen dann , wenn an dem isolirten Nervenstückchen noch ein Fetzen von der unmittelbar darüber liegenden circularen Muskelschicht der Subumbrella (ms) hän- gen geblieben ist. Fig. 72 giebt ein solches Präparat getreu wieder. Bei hinreichend starker Vergrösserung (900) treten dann die Differenzen in der Lichtbrechung zwischen den blasseren , vollkommen homogenen Nervenfibrillen und den dunkleren , quergestreiften Muskelfasern sehr deutlich hervor. Mit anderen Elementartheilen, als den letztgenannten, können aber auch bei schwächerer Vergrösserung die Nervenfasern nicht verwechselt werden, da ähnliche fibrilläreTheilchen, namentlich binde- gewebiger Natur (mit Ausnahme der im Gallertmantel verlaufenden di- chotomen Fasern) imGeryonidenkörper nicht vorkommen. Weitschwie- riger als die Radialnerven , ist der Ringnerv zu isoliren und in seine Fasern zu zerlegen ; doch gelingt es auch hier bei sorgfältiger Präpara- tion , die nervösen Elementartheile zu isoliren und die Nervenfasern noch im Zusammenhange mitdenkleinen Ganglienzellen nachzuweisen. Erklärung der Abbildungen. Die Bedeutung der Buchstaben ist in allen Figuren dieselbe. a Nervenring am Schirmrand, zwischen Knorpelring und Gefässring. a p Radialnerven während ihres Verlaufs am Magenstiel (in der Mitte der äusse- ren Wand der Radialcanäle). a r Radialnerven während ihres Verlaufs an der Subumbrella ( in der Mitte der Genitalblätter). b Sinnesbläschen oder Randbläschen. b e Epithel der Innenwand der Randbläschen. b i Interradiale Randbläschen. b r Radiale Randbläschen. c Gefässring am Schirmrand (Cirkelcanal). c c Lumen des Gefässringes. c 1 Umbrales (der Gallertsubstanz zugekehrtes, Epithel des Gefässringes. c s Subumbrales (der Subumbrella zugekehrtes) Epithel des Gefässringes. d Drüsenblätter in der Magenwand. d' Mittelrinne der Drüsenblätter. d" Einzelne Drüsen aus einem Drüsenblatt. e Centripetalcanäle (Blindgefässe). e c Ectoderm. e 1 Epithel der äusseren Schirmoberfläche (des Gallertmantels) . e n Entoderm. e s Epithel der Schirmhohle oder der Subumbrella. f Ganglienknoten des Ringnerven, unmittelbar unter dem Randbläschen. g Genitalblätter. g' Hoden. g" Eierstöcke. h Marginale Mantelspange (centripetale Spange des Schirmrandes). h e Epithel der Mantelspangen (zum Theil mit Nesselzellen). h k Knorpelskelet der Mantelspangen. h m Muskeln (longitudinale Muskelfasern) der Mantelspangen. h n Nerv der Mantelspange. i Ursprung der Radialcanäle aus dem Grunde der Magenhöhle. k Magen. k' Innenfläche des Magens, umgestülpt. 184 Erklärung der Abbildungen. 1 Gallertsubstanz des Mantels und des Schirmstiels. I f Dichotom verzweigte Fasern in der Gallerlsuhstanz. m Muskelbänder in der Aussenfläche des Magenstiels zwischen denRadialcanälen. rn s Circulare Muskelfasern der Subumbrella. n Nerven im Randbläschen. n' Sinnesnerven (8 gegenständige Bügel) an der Innenwand des Randbläschens. n" Kreuzung [Chiasma) und Durchflechtung der beiden Sinnesnerven am freien Pole des Randbläschens, beim Eintritt in das Sinnesganglion. n'" Ausstrahlung der gekreuzten Sinnesnerven innerhalb des Sinnesganglion, rings um das Concrement. o Mund. o' Nesselknopfe am verdickten Saum des Mundes. p Magenstiel [Schirmstiel). p e Epithel des Magenstiels. q Querschnitt der Radialcanäle. r Radialcanäle, in der Oberfläche des Magens aufsteigend. r 1 Umbrales (der Gallertsubstanz zugekehrtes) Epithel der Radialcanäle. r s Subumbrales (der Subumbrella zugekehrtes) Epithel der Radialcanäle. s Sinnesganglion (mit Zellen erfüllte Kapsel im Innern des Randbläschens). s e Epithel der radialen Nebententakeln (s t). s f Geisselanhang der radialen Nebententakeln. s k Knorpelskelet der radialen Nebententakeln. s k' (Membranlose) Knorpelzellen derselben. s k" Intercellularsubstanz des Knorpels derselben. s m Muskeln (aus Longitudinallasern zusammengesetzter Muskelcylinder) der ra- dialen Nehententakeln. s t Radiale Nebententakeln (primäre Larvententakeln). s u Nesselknopf der radialen Nebententakeln. t Radiale Ilaupttentakeln. t c Helle circulare Fasern der radialen Haupttentakeln. t e Inneres, das Centralrohr auskleidendes Epithel der radialen Haupttentakeln. t 1 Helle (kernlose) longitudinale Fasern der radialen Haupttentakeln. tm Dunkle longitudinale Fasern der radialen Haupttentakeln (spindelförmige, kernhaltige, stark lichtbrechende Zellen). t t Radiale Tentakeln der Cunina. t u Aeusseres mehrschichtiges Epithel der radialen Haupttentakeln. t w Tentakelwurzeln der Cunina. t x Dunkle Wülste an der Tentakelbasis der Cunina. u Aeusserster Schirmrand ( Mantelsaum ) , bestehend aus dem Knorpelring und dem den letzteren überziehenden, theilvveis mit Nesselzellen durch- setzten Epithel (Nesselsaum). u e Epithel des Schirmrandes , den Ringknorpel überziehend und theilvveis mit .Nesselzellen durchsetzt (Nesselsaum). u k Knorpelskelet (Ringknorpel) des Schirmrandes. u k' (Membranlose) Zellen des Ringknorpels. u k" Intercellularsubstanz des Ringknorpels. u t Ringförmige Nesselwülste der radialen Haupttentakeln. v Velum oder Randmembran. v' Freier Innenrand des Velum. Erklärung der Abbildungen. 185 v c Girculare Muskeln des Velum. v e Unteres (flaches) Epithel des Velum. v r Radiale Muskeln des Velum. v s Oberes (hohes) Epithel des Velum. w Basalganglion des Randbläschens (Zellenpolster an der Innenfläche seiner Ba- sis, unmittelbar über dem Ganglion (f) des Nervenringes). x Concentrisch geschichtete, kalkhaltige Concretionen (Otolithen? ) , einge- schlossen im Sinnesganglion der Randbläschen. y Interradiale Tentakeln (secundäre Larvententakeln). y e Epithel der interradialen Tentakeln. y k Knorpelskelet der interradialen Tentakeln. y k' Knorpelzellen. y k" Intercellularsubstanz des Knorpels. y m Muskeln (aus Longitudinalfasern zusammengesetzter Muskelcylinder) der in- terradialen Tentakeln. y n Nerv (?) der interradialen Tentakeln. y u Nesselpolster der interradialen Tentakeln. z Zungenkegel Zunge). Tafel 1. Carmarina bastata (Geryonia hastata). Fig. \. Ein geschlechtsreifes Thier (Weibchen) bewegungslos im Wasser schwe- bend. Von den schlaff herabhängenden Tentakeln sind 3 in einen Knoten verwickelt. (Natürliche Grösse.) Fig. 2. Ein geschleclitsreifes Thier (Männchen) im Zustande der stärksten Contra- ction des Schirmes in der lebhaftesten Bewegung. Das Velum (v) ist durch das kräftig ausgestossene Wasser vorgetrieben, der Magenstiel (p) stark ge- krümmt, die Zunge (z) tastend vorgestreckt. Die lebhaft wurmfürmig sich krümmenden Tentakeln sind knotig verschlungen. Die Centripetalcanäle und der Cirkelcanal sind nicht abgebildet. (Natürliche Grösse.) Fig. 3. Ein geschleclitsreifes Thier (Weibchen), halb von oben gesehen, um dieCen- tripetalcanäle (e) und die Genitalblätler (g) deutlieh zu zeigen. (Natürliche Grösse.) Fig. k. Das untere Ende des Magenstiels (p), mit fast kugelig zusammengezogenem Magen (k). Der Zungenkegel \z) ist knieförmig gebogen und grösstentheils in den Magen zurückgezogen. Fig. 5. Das untere Ende des Magenstiels (p) , mit sehr stark zusammengezogenem Magen (k). Der Zungenkegel (z) ist sehr weit vorgestreckt und am Ende in eine spindelförmige Spitze angeschwollen. Die Gallertsubstanz (I) des Schirm- stiels ist fast halbkugelig über der Schnittfläche vorgequollen. Fig. 6. Ein Stück des Zungenkegels. Das Epithel, welches die Oberfläche des soli- den Gallertcylinders überzieht, besteht aus 6 breiteren spiralig gewundenen Bändern von ziemlich regelmässig polygonalen Zellen, welche mit 6 schmä- leren Bändern abwechseln, die aus schmal lanzettförmigen Zellen bestehen. Fig. 7. Ein Randbläschen, halb von aussen, halb von der Seite gesehen. Fig. 8. Ein Randbläschen, halb von aussen, halb von oben gesehen, mit verdünn- tem Sublimat behandelt, wodurch die Kerne in den Zellen des Sinnesgang- lion und in den Nerven deutlich hervorgetreten sind. 186 Erklärung der Abbildungen. Fig. 9. Ein Stück eines radialen Tentakels, u' die ringförmigen Nesselwülste, t die nesselzellenfreien Internodien. Fig. 10 2 Muskel-Primitivbündel vom Magenstiel, m' die quergestreifte Muskelmasse. Tafel II. Glossocodon eurybia (Liriope eurybia). Fig. 11. Ein erwachsenes Thier, bewegungslos im Wasser schwebend. Die Ten- takeln (t) sind ziemlich stark zusammengezogen. Der Zungenkegel (z) ist ganz zurückgezogen. Fig. 12. Ein erwachsenes Thier, in lebhafter Schwimmbewegung. Die Tentakeln (t) sind verlängert. Der Zungenkegel (z) ist vorgestreckt. Fig. 13. Ein geschlechtsreifes Thier (Männchen), von unten betrachtet. Das Velum (v) ist sehr stark zusammengezogen, der Magen (k') umgestülpt, der Zun- genkegel (z) weit daraus vorgestreckt , die Tentakeln (t) ziemlich zusam- mengezogen, g' Hoden. Fig. 14. Ein geschlechtsreifes Thier (Weibchen), von oben betrachtet. Der Zungen- kegel (z) ist in die Magenhöhle (k) zurückgezogen , die Tentakeln (t) stark zusammengezogen . g" Eierstöcke. Fig. 15. Ein erwachsenes Thier , das sich mit vollkommen ausgebreitetem Magen an die Glasfläche angesaugt hat , von oben gesehen. In dem zu einer qua- dratischen Scheibe ausgedehnten Magen (k) treten die 4 Drüsenblätter (d) mit ihren Mittelrinnen (d') deutlich vor. Fig. 16. Das untere Ende des Magenstiels mit zurückgezogenem Zungenkegel (z) und vollkommen zu einer quadratischen Scheibe ausgedehntem Magen, der sich an die Glasfläche angesaugt hat. d die 4 Drüsenblätter, d' deren Mittelrinne, o' Nesselknöpfe des Mundsaumes. Fig. 17. Die Magenhöhle, durch den geöffneten Mund von unten gesehen. Man sieht in der Mitte den (verkürzten) Zungenkegel (z) umgeben von den Ursprungs- öffnungen der 4 Radialcanäle (i). Am Mundsaum erscheinen regelmässig vertheilt 16 Paar Nesselknöpfe (o'). Fig. 18. Das untere Ende des Magenstiels, mit sehr stark zusammengezogenem Ma- gen und vierzipflig eingezogenem Mundsaum. Fig. 19. Das untere Ende des Magenstiels, mit verlängertem Magen und kragen- artig umgestülptem Mundsaum. Fig. 20. Das untere Ende des Magenstiels, mit sehr stark verlängertem und halb nach aussen umgestülptem Magen, und vierzipflig ausgezogenem Mund- saum. Die Gallertmasse (1) des soliden Magenstiels ist über dessen Schnitt- fläche fast kugelig vorgequollen. An den Radialcanälen (r) ist das gross- zellige Epithel angedeutet. Fig. 21. Das untere Ende des Magenstiels, mit vollkommen nach aussen umge- stülptem Magen (k') , dessen unterster Theil (k) sammt Mundsaum (o') abermals nach unten umgeklappt ist. Fig. 22. Ein Randbläschen, halb von aussen, halb von der Seite gesehen. Fig. 23. Ein Randbläschen, halb von aussen, halb von oben gesehen. Fig. 24. Ein Stück eines radialen Tentakels, u' die ringförmigen Nesselwülste, t die nesselzellenfreien Internodien. Fig. 25. Dichotom verästelte Fasern aus der Gallertsubstanz des Mantels. Erklärung der Abbildungen. 187 Tafel III. Glossocodon eurybia (Liriope eurybia). Fig. 26 — 28. Jüngste beobachtete Larve, in der ersten Periode, ohne alle Anhänge. An dem kugeligen Gallertschirm von 0,3 mm Durchmesser ist bloss die kleine peripherische Schirmhöhle zu bemerken, deren Oeflhung durch das Velum (v) verschlossen ist. Die kleinen Körnchen auf der Oberfläche des Gallertschirmes sind die vorstpringenden Kerne des Epithels. Vergrösse- rung 60. Fig. 26. Die Larve von unten, mit vollkommen contrahirtem Velum. Fig. 27. Dieselbe Larve, von unten, mit erschlafftem Velum, in dessen Mitte der Eingang in die Schirmhöhle sichtbar ist. Fig. 28. Dieselbe Larve, mit erschlafftem Velum, von der Seite. Fig. 29 — 30. Larve in der zweiten Periode, mit erschlafftem Velum, in dessen Um- kreise der Knorpelring sichtbar wird , und die 4 radialen Nebententakeln (s t) paarweis hervorgesprosst sind. Das ältere Paar unterscheidet sich durch bedeutendere Grösse von dem jüngeren. Vergrösserung 60. Die Larve, von unten. Dieselbe Larve, von der Seite. -34. Larve in der dritten Periode. Der zweite Kreis der Tentakeln, die 4 interradialen Tentakeln (y) sind hervorgesprosst. Larve im Anfang der dritten Periode , von unten gesehen. Es sind erst 2 gegenständige interradiale Tentakeln erschienen. Vergrösserung 60. Larve in der dritten Periode, halb von unten , halb von der Seite gesehen. Von den 4 interradialen Tentakeln besitzen die beiden gegenständigen jüngeren (kürzeren) erst 2, die beiden älteren 3 Nesselpolster. Im Um- kreise des geöffneten Velum (v) ist der Knorpelring angelegt. Die Aussen- fläche des Gallertschirms zeigt ihr Epithel. Vergrösserung 100. Fig. 33. Larve in der dritten Periode, etwas weiter entwickelt, halb von unten, halb von der Seite gesehen. Die interradialen Tentakeln sind schon mehr- mals länger als die radialen Nebententakeln , die beiden gegenständigen jüngeren mit 3, die beiden älteren (längeren) mit 5 Nesselpolstern. Im Umkreise des geöffneten Velum (v) ist der Knorpelring (u) jetzt sehr deut- lich. Vergrösserung 100. Fig. 34. Larve in der dritten Periode, aus demselben Stadium wie Fig. 33, von der Seite (im Profil) gesehen. Die radialen Nebententakeln sind schon weiter vom Schirmrand entfernt und an der Aussenfläche des Schirmes hinauf- gerückt. Vergrösserung 60. Fig. 35. Larve in der vierten Periode, von der Seite und etwas von unten gesehen. An der Basis der interradialen Tentakeln, welche länger als der Schirm- durchmesser sind , haben sich die interradialen Randbläschen entwickelt. Die beiden älteren interradialen Tentakeln zeigen 8 , die beiden jüngeren nur 5 — 6 Nesselpolster. Im Grunde der bedeutend erweiterten Schirmhöhle ist die erste flach trichterförmige Anlage der Magenhöhle sichtbar, deren Mundöffnung aufgesperrt ist. In der Oberfläche des Schirms sind die Zellenkerne ihres Epithels als feine Puncte sichtbar. Vergrösserung 60. Fig. 36. Larve in der vierten Periode , von oben gesehen, etwas weiter entwickelt, die interradialen sind gleich den radialen Nebententakeln vom Schirm- rande entfernt und an der Aussenfläche des Schirmes emporgestiegen. Fig. 29 Fig. 30 Fig. 31 Fig. 31 Fig. 32 188 Erklärung der Abbildungen. Das Gastrovascularsystem tritt mit seinen sehr breiten Canälen und ihrem grosszelligen Subumhralepithel sehr deutlich hervor. Die vollkommen contrahirte MundüfTnung ist durch sternförmige Falten bezeichnet. Das Velum ist erschlafft. Vergrösserung 50. Fig. 37. Larve in der fünften Periode, von unten gesehen. Die radialen Hauptten- takeln sind erschienen , die beiden gegenständigen älteren durch bedeu- tendere Länge vor den mit ihnen alternirenden jüngeren ausgezeichnet. Die radialen Nebentenlakeln, weit an der Aussenfläche des Schirmes heraufgerückt und in Rückbildung begriffen , haben ihren Nesselknopf verloren. Das Velum ist sehr stark contrahirt. Zwischen Knorpelring und dem breiten Cirkelcanal ist als schmaler heller Streif der Nervenring sicht- bar. Die Canäle des Gastrovascularsvstems sind strotzend gefüllt. Der viereckige Mund ist geöffnet. Vergrösserung 50. Fig. 38. Ein Ausschnitt aus dem Schirmrande einer Larve in der fünften Periode, von aussen betrachtet. Der radiale Haupttentakel (t) ist eben erst als Ausstülpung aus dem Cirkelcanal (es) rechts neben der centripetalen Mantelspange (h) hervorgesprosst. Der radiale Nebententakel (st) hat noch seinen Nesselknopf. Ueber dem Ringknorpel (uk) ist der Nerven- ring (a; sichtbar. Vergrösserung 300. Fig. 39. Ein radialer Nebententakel von einer Larve aus der dritten Periode. Der Geisselanhang (s f) , welcher an seiner verdickten Spitze eine Reihe glän- zender, heller Körperchen einschliesst, ist noch fast so lang als der knor- pelige Theil des Tentakels, dessen Skelet aus einer Reihe von 6 Knorpel- zellen zusammengesetzt ist. Von den centralen Kernen der Knorpelzellen gehen verzweigte Protoplasmaströme zur Innenwand der Knorpelkapseln. Vergrösserung 500. Fig. 4 0. Ein inlerradialer Tentakel aus der vierten Periode. Im dickeren basalen Theile des Tentakels sind die quergestreiften longitudinalen Muskelfasern angedeutet, welche das cylindrische Knorpelskelet als zusammenhängen- den Schlauch überziehen. Von den Kernen der Knorpelzellen gehen ver- zweigte Protoplasmaströme zur Innenwand der Knorpelkapseln. Von der Basis des Tentakels geht eine kurze Mantelspange , hinter welcher das in- terradiale Randbläschen versteckt ist, zu dem einspringenden Winkel des Ringknorpels herab. Am oberen Rand des letzteren ist der Nervenring (a) angedeutet. Vergrösserung 250. Fig. 41. Ein Stück vom Ringknorpel einer Larve aus der vierten Periode. An dem Ausschnitt des Ringknorpels befindet sich oben noch der untere Theil der Mantclspange, welche von demselben zur Basis eines radialen Neben- tenlakels hinaufsteigt. Der Knorpel, dessen Zellen durch ziemlich reich- liche Intercellularsubstanz getrennt sind, setzt sich nicht in die Spangen- basis hinein fort. Der letzteren gegenüber ist am unteren Rande des Knor- pelringes der einspringende Winkel sichtbar. Vergrösserung 700. Fig. 42. Der Magen einer Larve aus dem Ende der fünften Periode, durch den sehr kurzen Magenstiel mit dem ausgeschnittenen Centraltheil der Subumbrella zusammenhängend. An letzterer sind die noch dicht aneinander liegenden Anfänge der 4 Radialcanäle sichtbar. Der eben erst in Bildung begriffene Magenstiel setzt sich in die Magenhöhle hinein als ein kurzgestielter, eiför- miger, zugespitzter Körper fort, der die Anlage des Zungenkegels bil- det, Der Mundrand ist unten kragenartig umgestülpt. Vergrösserung 50. Erklärung der Abbildungen. 189 Fig. 4 3. Der Magen einer etwas älteren Larve aus der sechsten Periode. Der etwas längere Magenstiel setzt sich in einen bedeutend längeren und dickeren Zungenkegel fort , der weit aus der Mundöffnung hervorragt. Vergrösse- rung 30. Fig. 4* — 48. Entwicklung der Sinnesbläschen oder Randbläschen. Vergröße- rung 400. Fig. 44. Erste Anlage eines Randbläschens. An der gangliösen Anschwellung des Ringnerven tritt ein solider, aus hellen Zellen zusammengesetzter sphä- roider Knopf auf, umhüllt von einer doppelt contourirten Membran. Fig. 45. Die Membran des Randbläschens hebt sich ringsum von dem soliden Zellenknopf ab , in welchem eine kleine dnnkle Concretion bemerkbar wird. Fig. 46. Es treten mehrere Concretionen in dem Zellenknopf (Sinnesganglion) des Randbläschens auf. Fig. 47. Es werden die beiden gegenständigen Bügel der Sinnesnerven an der In- nenwand des Randbläschens sichtbar. Dieselben ragen am oberen Pol als kurzer Stiel, welcher das Sinnesganglion trägt, in das Bläschen hinein. Fig. 48. Die zahlreichen kleinen Concretionen sind zu einem einzigen grossen Con- crement verschmolzen, welches einen grossen Theil des Sinnesbläschens ausfüllt. Fig. 49 — 51. Verschiedene Formen des Sinnesganglion in den Randbläschen und der in ihm eingeschlossenen Concretionen. Vergrösserung 600. Fig. 49. Höckeriges Sinnesganglion mit 2 grossen und mehreren kleinen Concre- tionen. Fig. 50. Dreiseitig pyramidales Sinnesganglion, welches im unteren freien Theil wandständig eine einzige grosse Concretion umschliesst, die eine excen- trische Höhle (?) enthält. Fig. 51. Sehr ungleiches zweilappiges Sinnesganglion mit einem zusammenge- backenen Haufen von mehreren grossen und kleinen Concretionen. Fig. 53. Eine geschlossene Nesselzelle aus dem Nesselknopfe eines radialen Neben- tentakels. In der doppelt contourirten Nesselkapsel , welche wandständig den grössten Theil der ellipsoiden bläschenförmigen Nesselzelle ausfüllt, ist der eingesenkte Nesselschlauch sichtbar. Rechts neben der Nessel- kapsel der Zellenkern. Vergrösserung 600. Fig. 53. Eine Nesselkapsel, frei, mit vorgestülptem Nesselschlauch; A) mit einge- schlossenem Nesselfuden , B) mit ausgetretenem Nesselfaden. Vergrös- serung 600. Tafel IV. Carmarina hastata (Geryonia hastata). Fig. 54. Jüngste beobachtete Larve, eine solide Gallertkugel von ungefähr 1 mm Durchmesser, in der zweiten Periode. Im Umkreise der flachen Schirm- höhle, die unten von dem Velum begrenzt wird, sind die 6 radialen Ne- bententakeln sichtbar. Vergrösserung 4 0. Fig. 55. Larve in der dritten Periode, von 2mm Durchmesser, halb von oben, halb von der Seite gesehen. Die erste Anlage des Gastrovascularsystems tritt deutlich hervor. Die 6 schmalen , durch den Cirkelcanal verbundenen Radialcanäle münden in einer flachen sechseckigen Magentasche im Grunde 190 Erklärung der Abbildungen. der Schirmhöhle zusammen. In der Mitte zwischen den 6 radialen Ne- bententakeln sind die 6 halb so dicken interradialen hervorgesprosst, welche bereits 3 Nesselknöpfe zeigen. Vergrösserung 4 0. Fig. 56. Larve in der vierten Periode, von 3mm Durchmesser, von unten gesehen. Am Grunde der 6 interradialen Tentakeln sind die 6 ersten Randbläschen erschienen, aufsitzend auf einem Ganglienknoten, der durch eine spindel- förmige Verdickung des Knorpelrings geschützt und gestützt wird. Der Knorpelring ist in ein gleichseitiges Sechseck ausgezogen, dessen 6 Ecken durch centripetale Mantelspangen mit den an der Aussenseite des Mantels heraufgerückten 6 radialen Nebententakeln verbunden sind. Zwischen Ringknorpel und Cirkelcanal ist der Nervenring sichtbar. In der Mitte der Radialcanäle treten die Radialnerven deutlich vor. Der Magen ist in einen dicken Wulst contrahirt , der die sechseckige aufgesperrte Mund- öffnung umgiebt. Vergrösserung 30. Fig. 57. Larve in der fünften Periode, mit 4 8 Tentakeln , von 4™m Durchmesser, halb von unten, halb von der Seite gesehen. Rechts neben der Basis der radialen Mantelspangen sind die 6 radialen Haupttentakeln hervorgesprosst. Entsprechend den 6 interradialen Tentakeln bildet der Cirkelcanal die 6 ersten Centripetalcanäle. Der Magenstiel beginnt deutlich vorzutreten. Vergrösserung 20. Fig. 58. Larve in der sechsten Periode, von 8 mm Durchmesser, halb von unten, halb von der Seite gesehen. Alle 12 Randbläschen sind entwickelt. Die radialen Nebententakeln haben bereits ihren Nesselknopf verloren. Die radialen Haupttentakeln sind schon mehrmals länger als die emporgekrümmten interradialen Tentakeln, welche je 10— 12 Nesselpolster tragen. Der Ma- genstiel ist noch kürzer als der Glockendurchmesser. Der Saum des weit geöffneten Mundes ist in 6 Lappen gefaltet. Der Zungenkegel ist in den Magen zurückgezogen. Zwischen je 2 Radialcanälen gehen vom Ringcanal 3 centripetale blinde Canäle ab , welche noch sehr kurz und breit sind. Vergrösserung 9. Fig. 59. Larve in der siebenten Periode der Metamorphose, von 4 2»im Durch- messer, ganz von unten gesehen. Alle Formen sind schlanker als bei der vorigen. Die radialen Nebententakeln sind abgefallen ; die interra- dialen Tentakeln erscheinen stark reducirt und gehen ihrem Ende ent- gegen. Die radialen Haupttentakeln sind bedeutend länger, zum Theil in Knoten verschlungen. Die centripelalen Blindcanäle sind schmaler und länger. Doch sind immer noch nur je 3 zwischen je 2 Radialcanälen vor- handen. Der Magensack ist zurückgestülpt und der Zungenkegel weit daraus hervorgestreckt. Vergrösserung 6. Fig. 60. Querschnitt durch einen radialen Haupttentakel (t). Die Höhlung des Tentakels ist umschlossen von einem dicken Cylinderepithel (te), dieses von einer ebenso dicken, hellen Schicht von Ringfasern (tc). Die nun fol- gende breite , radial gestreifte Mittelschicht besteht lediglich aus longitu- dinalen Fasern von zweierlei Art, helleren und dunkeln, weichein der Weise alterniren, dass ungefähr 60 radial gestellte Züge von hellen Längs- fasern (tl) mit eben so vielen Radialblättern von dunkeln Längsfasern (t m) wechseln. Aussen ist das Ganze von dem dicken, aus 3 Schichten zusammengesetzten Cylinderepithel überzogen, dessen äusserste Schicht Nesselzellen führt. Vergrösserung 70. Erklärung der Abbildungen. 191 Tafel V. Carmarina hastata (Geryonia hastata). Fig. 61. Ein Segment aus dem in Fig. 60 dargestellten Querschnitt eines radialen Haupttentakels, stärker vergrössert (300). t e das innere Cylinderepithel, welches die Tentakelhöhle begrenzt, t c helle Ringfasern ; 1 1 helle Längs- fasern, im Querschnitt; t m dunkle Längsfasern, im Querschnitt, tu äusseres Epithel des Tentakels, in 3 Schichten : I. Schicht der Büschel- zellen , IL Schicht der Flaschenzellen , III. Schicht der Nesselzellen. Ver- grösserung 300. Fig. 62. Ein Fragment von einem tangentialen Längsschnitt durch die Mitte der dritten (radial gestreiften) Schicht eines radialen Haupttentakels. Die ab- wechselnden hellen und dunkeln Bänder (welche auf dem Querschnitt Fig. 60 als ungefähr 60 Paare von alternirenden hellen und dunkeln Ra- dialstreifen erscheinen) zeigen sich aus lauter longitudinalen Fasern zu- sammengesetzt, die dunkeln Streifen aus spindelförmigen, kernhaltigen Faserzellen (t m), die hellen aus spindelförmigen, kernlosen Strängen (tl). Erstere (t m) sind auf der linken Seite des Präparates durch Zerzupfen isolirt. Letztere (t 1) erscheinen auf der rechten Seite des Präparates eben- falls zum Theil isolirt und hier durch Einwirkung verdünnter Salpeter- säure in eigenthümlicher Weise geschrumpft, wodurch die hellen Bänder fein quergestreift erscheinen. Vergrösserung 300. Fig. 63. Ein verticaler Radialschnitt durch den Schirmrand eines erwachsenen Thieres , unmittelbar links neben einem radialen Randbläschen. Der grösste Theil der Gallertsubstanz (1) des Schirmes ist der Raumerspar- niss halber weggelassen und nur derjenige Theil derselben mit seinen Gallertfasern (1 f) gezeichnet, welcher unmittelbar das radiale Randbläs- chen (b r) umschliesst und der von letzterem abgehenden radialen Man- telspange ( h ) anliegt. Von dem radialen Haupttentakel ist im Schnitt nichts zu sehen, da derselbe weiter rechts hinter der Schnittfläche liegt. Auch von der subumbralen Wand des Cirkelcanals (es) und von dem Velum (v) ist nur der zunächst am Ringknorpel (u k) gelegene Theil dar- gestellt. Der querdurchschnittene Nervenknoten (f) des Ringnerven grenzt nach oben an das Randbläschen, nach aussen an die Basis der Mantel- spange, nach unten an den Ringknorpel, nach innen an die Basis des Ve- lum und des Cirkelcanals. Vergrösserung 150. Fig. 64. Ein verticaler Radialschnitt durch den Schirmrand einer Larve aus der siebenten Periode , unmittelbar rechts neben einem interradialen Rand- bläschen (bi). Die Gallertsubstanz (1) des Schirmrands ist beträcht- lich dünner als beim erwachsenen Thier (Fig. 63). Doch ist auch hier das Randbläschen (bi) völlig darin eingeschlossen. Von der subumbralen Wand (c s) des Cirkelcanals (c) und vom Velum (v) ist nur der zunächst am Ringknorpel (u k) gelegene Theil dargestellt. Der Knorpel der Mantel- spange (h k) verbindet continuirlich den Ringknorpel (u k) mit dem volu- minösen Knorpelskelet des interradialen Tentakels (y) , von welchem nur die Basis dargestellt ist. Von der letzteren ist ein Theil (y k) in die anliegende Gallertsubstanz des Mantelrandes eingesenkt, und nicht mit Muskeln versehen, y m' bezeichnet die Grenze zwischen diesem und dem freien Theile, welcher von einem cylindrischen Schlauche quergestreifter 192 Erklärung der Abbildungen. Muskelfasern umschlossen i-t. Von den 12 Nes-selpolstern (5 u des Ten- takels sind nur die beiden untersten dargestellt. Vergrösserung 150. Fig. 65. Ein radialer Nebententakel (s t) von einer Larve aus der vierten Periode (Fig. 56) , nebst dem zugehörigen radialen Abschnitte des Mantelrandes und der benachbarten Theile, von oben und aussen gesehen. Die grossen platt scheibenförmigen Knorpelzellen (sk') des Tentakelskelets sind durch dicke Wände von Intercellularsubstanz (s k") getrennt. Der Tentakel ist von seiner Insertion nach unten, über dem Schirmrand, zurückge- schlagen, und ragt mit dem Geisselanhang (s f) des Nesselknopfs s u) noch über den inneren Rand des schmalen Velum (v] hinüber. Links von der ManteNpange (h) ist der Radialnerv f a r), von Muskelfasern begleitet. sichtbar, indem er in der Mittellinie des Radialcanals durch dessen Epithel (es) hindurchschimmert. Vergrösserung 1 50. Fig. 66. Ein interradiales Randbläschen b i) von einer Larve aus der vierten Pe- riode (Fig. 56) nebst dem zugehörigen Abschnitt des Mantelrandes, von innen gesehen. Das Randbläsehen sitzt auf einem Ganglion (f) des Ring- nerven (a) , welches gestützt wird durch eine spindelförmige Verdickung des Knorpelrings (u k . Vergrösserung 150. Fig. 67. Eine Nesselzelle von 3 verschiedenen Seiten betrachtet A B C) . Die Zelle schliesst ausser der Nesselkapsel einen grossen kreisrunden Kern ein, welcher als coneav-convexe Scheibe die cylindrische Nesselkapsel nni- fasst und die Zelle in der Mitte vorwölbt. Der Kern ist in A von der Fläche, in B auf dem scheinbaren Längsschnitt, in C von oben gesehen. Ver- grösserung 700. Fig. 68. Eine Nesselkapsel, in 3 verschiedenen Zuständen. A und B mit zurück- gezogenem Nesselschlauche, A von der Seite, B von oben, C mit vorge- stülptem Schlauche und eingeschlossenem Nesselfaden, D mit vorgestülp- tem Nesselschlauche und ausgeworfenem Nesselfaden. Vergrösserung 700. Fig. 69. Ein Stückchen eines Nesselfadens, sehr stark (etwa 2000mal) vergrössert. Fig. 70. Ein Stückchen von einem sehr dünnen Querschnitt durch den Ringknor- pel, in Wasser macerirt, so dass die hautlosen Knorpelzellen zum Theil aus den Höhlungen der Intercellularsubstanz herausgefallen sind. Ver- grösserung 700. Taf. VI. Garmarina hastata und Ganina rhododaetyla. Fig. 71 — 77. Carmarina hastata. Fig. 71. Ein vertiealer Radialsclmitt durch den Schirmrand eines erwachsenen ge- schlcchtsreifen Weibchens von Carmarina. Der Schnitt ist so geführt, dass er einen grossen Theil eines Ovariums (der flügelartigen Seitentasche eines Radialcanales, r) eröffnet hat; in der subumbralen Wand desselben ist das Epithel in Eier umgewandelt. Den Dotter (g d) der Eier umgiebt ein sehr grosses Keimbläschen (gv|, in dessen Keimfleck (gm) noch ein centraler Körper, der Keimpunct (Nucleolinus) sichtbar ist. Die Gallert- substanz (1) des Schirmes ist von vielen Fasern (lf) durchsetzt. Zwischen dem Radialcanal (cc) nach oben, dem Knorpelring (uk) nach unten, und dem äusseren Theil des Velum (v) nach innen, ist der Querschnitt des Ringnerven (a) sichtbar. Vergrösserung 50. Erklärung der Abbildungen. 193 Fig. 72. Ein kleines Stück eines Radialnerven (a r) von Carmarina , senkrecht ge- kreuzt von den darunter liegenden circularen Muskelfasern der Subum- brella (ms). Die quergestreiften Muskelfasern sind kaum breiter, als die blassen , mit sehr kleinen Kernen besetzten Nervenfasern. Vergrös- serung 9 00. Fig. 73. Querschnitt durch die Magenwand von Carmarina. Zwischen dem dicken geschichteten Cylinderepithel der inneren (k i) und dem einfachen Epithel (k e ) der äusseren Magenfläche ist eine äussere dünnere Schicht von Längs- muskeln (k 1) und eine innere dickere Schicht von Ringmuskeln (k c) sichtbar. Innen mündet rechts eine büschelförmige Gruppe von ein- zelligen Magendrüsen (d"). Vergrosserung 300. Fig. 74. Der Magen einer knospentragenden Carmarina , nebst dem unteren Ende des Magenstiels, dessen Fortsetzung, die Zunge, dicht mit Knospen be- deckt ist. Vergrosserung 3. Fig. 75. Eine grosse Knospenähre aus dem Magen einer knospentragenden Carma- rina. Jüngere und ältere Knospen bedecken die Zunge so dicht gedrängt, dass von deren Oberfläche Nichts zu sehen ist. Vergrosserung 30. Fig. 76. Eine der reifsten Knospen, von 1 mm Durchmesser, aus der Knospen- ähre abgelöst , von der Seite gesehen. An den nach abwärts gewendeten Tentakeln (tt) ist schon die Zusammensetzung der Axe aus einer Reihe flacher Knorpelzellen durch feine Querstreifung angedeutet. Die Rand- bläschen (b) ragen frei über die Spitze der 8 Randlappen vor. Ver- grosserung 50. Fig. 77. Eine der reifsten Knospen , von 1 mm Durchmesser , aus der Knospenähre abgelöst, von unten gesehen. Drei von den 8 Tentakeln ftt) sind nach abwärts (einwärts) geschlagen. An der Basis der übrigen ist die helle Tentakelwurzel (tw) sichtbar. Der Mund (o) ist geöffnet. Vergros- serung 50. Fig. 78 — 85. Cunina rhododactyla. Fig. 78. Eins der jüngsten frei gefischten Individuen von Cunina, mit 8 Körperseg- menten, von 3 mm Durchmesser , von unten gesehen. Der Mund (o) ist massig geöffnet, das Velum (v) schlaff, breit. Die Lappen des Schirm- randes sind stark nach innen eingezogen und auf der rechlen Hälfte völlig eingerollt. Zwei Tentakeln sind ganz nach innen geschlagen. Vergros- serung 20. Fig. 79. Eine ältere Cunina, mit 10 Körpersegmenten, von 6 mm Durchmesser, von der Seite gesehen. Die hier dargestellte Haltung haben dieThiere gewöhn- lich, wenn sie ruhig im Wasser schweben. Der Rand der Mantellappen ist nach innen und oben eingeschlagen. Vergrosserung 10. Fig. 80A. Die Hälfte einer älteren Cunina, mit 1 0 Körpersegmenten, von 7 '» ™ Durch- messer, von unten gesehen. Vier Tentakeln sind ganz nach innen ge- schlagen , zwei nach aussen gestreckt. Die beiden rechten Lappen des Schirmrandes sind etwas eingezogen, die drei linken vollkommen eingerollt. Der Mund (o) ist weit geöffnet, das Velum massig breit. Vergrosserung 12. Fig. 80 B. Die Hälfte einer völlig erwachsenen Cunina, mit 16 Körpersegmenten, von 11 mm Durchmesser, von unten gesehen. Drei Tentakeln sind ganz nach innen geschlagen, die vier anderen in verschiedenen Krümmungs- zuständen dargestellt. Der Mund (o) ist viel weiter geöffnet, als in der 194 Erklärung der Abbildungen. vorigen Figur und das Velum (v) sehr stark zusammengezogen und schmal. Die 4 rechten Lappen des Schirmrandes sind eingezogen, die 4 linken vollkommen eingerollt. Vergrösserung 8. Fig. 81. Radialer Verticalschnitt durch den unteren peripherischen Theil des Cu- nma-kürpers. Der Schnitt ist unmittelbar neben einem Tentakel (tt) ge- führt, so dass die Insertion der Wurzel (tw) desselben auf der oberen Wand (r 1) der radialen Magentasche fr) in ihrer ganzen Länge sichtbar ist. Ausserdem sieht man den an den Tentakel angrenzenden und hinter demselben liegenden Randlappen, dessen Rand nach innen und oben ein- gerollt ist und den Durchschnitt des Ringgefässes (co zeigt. Vergrös- serung 30. Fig. 82. Radialer Verticalschnitt durch den eingezogenen Schirmrand der Cunina. Der Nervenring (a) grenzt nach innen an die Insertion des Velum (v), nach oben an dasRinggefäss (cc), nach aussen an den Ringknorpel (uk), nach unten an das Ganglion, welches das Randbläschen (b) trägt. Ver- grösserung 60. Fig. 83. Ein Stück von dem äusseren Theile eines Tentakels der Cunina. In der Axe des Knorpelcylinders verlaufen die centralen Protoplasmastränge der Knorpelzellen, welche den Kern derselben umschliessen. Die dünne Längs- muskelschicht (sm) ist von einem Epithel (se) überzogen, dessen Zellen kugelige glänzende Nesselkapseln entwickeln. Vergrösserung 150. Fig. 84. Ein Stück von dem eingerollten Schirmrande der Cunina, von innen und unten her betrachtet. Das Randbläschen (b) ist ganz nach innen gezo- gen, so dass es der unteren Fläche des Velum (vj fest aufliegt. Die dick- wandigen polyedrischen Zellen , welche das äussere ;subumbrale) Epithel des Gefässringes (es) bilden, treten so sehr hervor, dass man die darüber liegenden Schichten (Gallertmantel und umbrales , inneres Epithel des Ringcanals) gar nicht bemerkt. Zwischen Knorpelring (u k) und Gefäss- ring tritt der Nervenring (a) deutlich hervor. Vergrösserung 200. Fig. 85. Ein Sinnesbläschen (Randbläschen) der Cunina rhododaetyla , in welchem der Sinnesnerv (u) sehr deutlich hervortritt. Von dem auf dem Nerven- ring (a) aufsitzenden Ganglion ( f ) strahlt ein Büschel von sehr langen und feinen, starren Borsten aus, welche das Sinnesbläschen umgeben. Ver- grösserung 600. u - i .-' ■• : HP ■ ■■'■ ' 'IS ER Wmmimwm V//lir ■ . . Y/i;