LIBRARY OF 1885- 1©56 Die Forst-Insecten oder Abbildung und Beschreibung der in den Wäldern Preufsens und der Nachbarstaaten als schädlich oder nützlich bekannt gewordenen Insecten; In systematisclier Folge und mit besonderer Rücksicht auf die Vertilgung der Schädliclien. Im Auftrage des Chefs der zweiten Abtheilung des König!. Preufs. Haus-Ministeriums Herrn Geheimen Staats-Ministers von Ladenberg Excellenz herausgegeben JULIUS THEODOR CHEISTIAN EATZEBUEG, Dr. der Medicin und Chirurgie und berechtit,'tem Arzte, Professor der Naturwissenschaften an der Königlich Preufsischen hohem Forst-Lehranstalt, der Kaiserllich Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher, der Schlesicchen Gesellschaft für vaterländische Ciiltnr zu Breslau, der Kaiserlichen natiirforschenden Gesellschaft zu Moskau so wie der naturforschenden Gesellschaft zu Emden, der Gesellschaft zur Beförderung der Waldwirthschaft in Rufsland zu St. Petersbur" der Märkisch-Ökonomischen Gesellschaft zu Potsdam, der Hufelandschen medizinischen Gesellschaft zu Berlin, des Apotheker-Vereins für das nördliche Deutschland des entomologischen Vereins zu Stettin und der soci^te des Sciences Physiques, Chimiques et Arts agricoles et Industrieis de France wirklichem, correspondireuden und Ehrenmitgliede. Zweiter Theil. Die Falter. Mit 17 theils in Kupfer gestocheneu, tbeils lithographirten Tafeln (unter XVI Nummern) und mehreren Holzschnitten. Berlin Nicolai'sche Buchhandlung 18 4 0. „Brauch jedes Mittel früh, zu spät hilft's nie." G. L. Hnrtig. Vorrede. l^s ist zwar nicht Sitte für jeden einzelnen Band eines Werkes eine besondere Vorrede zu schreiben, ich mufs mir hier aber eine Ausnahme erlauben, weil das Erscheinen dieser Bände so weit von einander entfernt ist, und die darin abzuhandelnden lusecten so verschieden sind. dafs das Ganze als aus drei gesonderten Werken bestehend gedacht werden kann. Die Bearbeitung dieses zweiten Bandes weicht in mehreren Stücken von der des frühe- ren ab. Ich habe erstens, obgleich die Zahl der Waldschmetterliuge der der Käfer gewifs nicht nachsteht, doch hier weniger Arten als dort beschrieben und abgebildet. Ein Blick auf die beigefügten Tabellen wird dies aber erklären. Nützliche giebt es unter den Faltern gar nicht, und wenn wir unter den Käfern über 100 sehr schädliche und merklich schädliche Arten zählen, so haben wir unter den Faltern kaum halb so viele. Unter jenen herrschen die Rinden-, Wurzel-, Holz- und Markfresser, und unter diesen die weit weniger gefährlichen Blattfresser. Es bedarf wohl keiner Rechtfertigung: warum ich die Nadelfresser vor- zugsweise berücksichtigt habe. Sie sind fast alle ausführlich beschrieben und abgebildet. Bei den Laubholzfressern beschrieb ich nur die wichtigsten Arten. Um aber dem Forst- manne auch von der grofsen Menge der minder häufigen, die hin und wieder auch wohl ein- mal einen Ast lichten mögen, so wie von deren Vertheilung auf die verschiedenen Hölzer einen Begrift' zu geben, habe ich sie auf einer grofsen Tabelle (Nr. III.) mit vieler Mühe zu- sammengestellt, auch mehrere derselben, namentlich die meisten der von Bech stein auf- geführten, in einem Anhange, der den Haupttext nicht stört, beschrieben. Da letztere gröfstentheils in Rösel's Insectmbehistigiingen in allen Zuständen vortrefflich abgebildet sind, und dieses Werk fast überall zu finden ist, besondeis der erste Band, welcher die mei- sten einheimischen Falter enthält, so habe ich ihn auch immer angeführt. Die in Parenthese gesetzten Buchstaben F. E. R. P. bedeuten Falter, Eier, Raupe, Puppe. Ich mufste in der Auswahl der zu liefernden Gegenstände um so vorsichtiger sein, als die Abbildungen der breiten Schmetterlinge sehr viel Raum erfordern, und eine gröfsere Zahl derselben das W^erk bedeutend vertheuert haben würde, ohne ihm einen bedeutend erhöhten Werth zu geben. rv Vorrede. Eine bemerkenswerthe andere und, wie icli glaube sehr -wichtige, Veränderung Ije- steht darin: dafs dieser Band einen möglichst ausführlichen allgemeinen Theil erhielt und dem spcciellen dadurch eine Menge von Wiederholungen ersparte. Das Material für diesen allgemeinen Theil vermehrte sich fast täglich. Es konnte keine günstigere Zeit für diesen Zweck geben, als die gegenwärtige. Nicht nur Preufsen, sondern fast auch ganz Deutsch- Itmd erfuhr eine Raupenausbreitung, wie sie gev?ifs nur selten vorkommt. Sie wurde, so traurig sie auch an xmd für sich war, doch bei dem immer mehr steigenden, regen Interesse des forstmännischen Publicums für diesen Gegenstand, trefflich benutzt. Ich selbst habe, zum Zwecke der Beobachtung öfters Reisen in verschiedene Gegenden unternommen, zu- letzt aber unmittelbar bei meinem Wohnorte die l)este Gelegenheit gefunden, täglich zu sehen und die verschiedenen Vertilgungsmittel selbst im Grofsen zu versuchen. Es ist jetzt kein deutsches schädliches Forstinsect, dessen Lebensweise und Wirkungen ich nicht in der freien Natur kennen gelernt hätte. Noch in dem Augenblicke, als ich die mir ganz unbekannte vielbesprochene Bombyx pityocarnpa verdrüfslich nach Büchern beschreiben mufste, zeigte sich die vermeintliche in unserer Gegend und setzte mich in Stand, den Irrthum, der ihretwe- gen so lauge und in allen Büchern geherrscht hatte, aufdecken zu können. Leider war da- mals Taf. VIII, auf welcher in Fig. 3. das Weibchen der ächten pityocarnpa imd die Hüb- ner'sehe (wahrscheinlich schlecht gemalte) Raupe derselben neben dem Männchen (Fig. Srrf) dargestellt ist, schon gedruckt und colorirt. Ich entschlofs mich defshalb noch zuletzt eine neue Tafel mit, nach der Natur entworfenen Abbildungen zu geben und als Taf. Villa ein- zuschieben. Den Schmarotzern habe ich viel mehr Platz eingeräumt, als es, meiner Ansicht nach, ihre forstliche Bedeutung erfordert. Es mufste dies aber geschehen , da gerade jetzt die künstliche Erziehung als ein, alle übrige Mittel überÜüssig machendes gerühmt wird. Mehr darüber s. im Allg. Th. Abschn. 4. u. 5. Im Übrigen bin ich dem, einmal für dies Werk angenommenen und von vielen Seiten gebilligten Grundsatze getreu geblieben : Alles so genau , wie es mir möglich war , zu be- schreiben, denn die Erfahrung hat gelehrt, dafs Vieles, was heute unwichtig erschien, l)ald darauf ganz unerwartet neue Beziehungen erhielt, und für die P)-axis wichtig wurde. So ha- ben sich z. B. schon mehrere Borkenkäfer, welche bis zum Erscheinen meines ersten Bandes kaum bekannt gewesen waren, hier und da sehr häufig gezeigt. So wird es gewifs auch mi t manchen der hier beschriebenen Insecten, namentlich Wicklern, gehen. Bei der Beschrei- bung der Raupen und Puppen erschien mir vieles, bisher gar nicht Beachtete wichtig. Wo aber die Wissenschaft eine gröfsere Ausführlichkeit forderte, als für den vorliegenden Zweck nöthig zu sein schien, da übergab ich die gesammelten Materialien besonderu Abhandlungen, namentlich in den Novis Actis Academiae Caesareae Leopoldiiio-Garolinae. ♦ V 0 R n E D E. y Die meisten der schon im ersten Bande genannten Herren nnterstützten uiiclt auch bei diesem. Hrn. Saxesen verdanke ich den ganzen, auch in einigen Separat -Abdrücken er- schienenen Abschnitt ühev Fichtenwickler. Ferner ist zu bemerlcen, dals auf den Tatein die Buchstaben neljcn den Nummern ge- ändert wurden, weil manche der hier gegebenen Figuren sich nicht gut mit denen des ersten Bandes vergleichen liel'sen. Die Bedeutung derselben ist auf S. viii zu finden. Meist luibe ich die Anfangsbuchstal)en der Puppen (p), Larven (l) u. s. f. gewählt. Die Abbildungen sind, mit Ausnahme der copirten Raupen und Puppen der Terebra und pityocampa, wie im ersten Bande, nach der Natur, die Raupen und Puppen sogar nach dem Leben gemalt. Noch mufs ich mit besonderem Danke der Bemühungen der Kais. Russischen Wald- baugesellschaft um die Verbreitung des Werkes in Rnfsland erwähnen. Es Avurde mir von derselben das zu diesem Zwecke ins Russische übertragene Verzeichniis der wichtigsten In- secten des ersten und zweiten Bandes, welches dem Text in den nach Rufsland gehenden Exemplaren vorgeheftet ist, zugeschickt. Der dritte und letzte Band wird die Hymenopteren und Orthopteren, aus welchen beiden Ordnungen die Blatt- und Holzwespen, so wie die Grillen für den Forstmann die wichtigsten sind, enthalten, und auch von den übrigen Insectenordnungen so viel, als dem wissenschaftlich gebildeten Forstmanne zu wissen ziemt, mittheilen. Da diese Gegenstände wegen ihrer Vertlieilung, und wegen der so verschiedenen, bis jetzt zum Theil noch ganz unbekannten Eutwickelung der Thiere, grofse Schwierigkeiten verursachen, so mufs ich mir eine längere Frist für ihre Bearbeitung erbitten. Dafs auch diese neue Arbeit so viel Nutzen geAvähren möge, wie sie Mühe verursacht hat, wünscht der Verfasser. Berichtigungen. Auf Taf. VIII. uuten ist hinzu zu fügen: „3 f c? pinicora" — Taf. SVI. statt „3 f" (oben links) setze „1f". Folgenden, noch nicht im ersten Bande genannten Herren verdanke ich schriftliche Beiträge für diesen zweiten Theil. Hrn. Belim, Königl. Preufs. Oberförster zu Küdersdorf. — V. Berlepsch, Königl. Sachs. Gelieimen-Oberfinanzrathe. — Biermans, Gemeinde-Forstadmiuistrator zu Bulliugen. — Co Omans, Genieinde-Forstadministrator zu Kesternich. — Crelinger, Königl. Preufs. Regierungs- und Forstdepartementsrathe zu Potsdam. — Göhren, Königl. Preufs. Oberförster zu Alt-Lietzegöricke bei Molirin. — V. Hopffgarten, Grofsherzogl. Weimar. Geheinien-Kammerrathe und Oberforstmeister. — Kaden. Schuldirector zu Dresden. — V. Käthen, Königl. Preufs. Oberförster zu Werder auf Jasmund Insel Rügen). — V. Leblanc, Königl. Preufs. Oberförster zu Abbeudorf bei Salzwedel. — Leusenthin, Königl. Preufs. Oberförster zu Puppen in Ostpreufsen. — Müller, Königl. Preufs. Forstmeister zu Luckau. — Müller, Königl. Preufs. Revierförster zu Freren im Regierungsbezirk Slünster. — V. Pachelbl-Gehag, Königl. Preufs. Oberforstmeister dermalen zu Arnsberg. — V. Rappard, Königl. Preufs. Oberförster zu Hoeven bei Montjoie. — Regener, Gutsförster zu Golzow. — Roth, Königl. Preufs. Forstmeister zu Berlin. — Schirmer, Königl. Preufs. Oberforstmeister zu Colin am Rhein. — Schmidt, Königl. Preufs. Oberförster zu Lehniu (Regierungsbezirk Potsdam). — Smaliau, Königl. Preufs. Oberforstmeister zu Stralsund. — T. Stein, Königl. Preufs. Oberförster zu Glinke (Regierungsbezirk Brumberg). — Wernehurg, Königl. Preufs. Feldjäger im Corps zu Pferde. — Zeibig, Königl. Sachs. Revierverwalter zu Antonstadt bei Dresden. — V. Zychlinski, Königl. Preufs. Oberförster zu Himmelpforte. Verzeichuils der im zweiten Bande augefülirteu, früher noch nicht genannten Schriften. Allgemeine Preufsische Staatszeitung. Beiträge zur Geschichte der Kiefernraupe nach angestellten Bemerkungen Sächsischer Forstmänner. Dresden 1800. 8. V. Bülow-Rieth, Neue Beobachtungen über den Kieferuspinuer. Stettin 1828. 8. — Neue Beobachtungen über die Nonne. Stettin 1831. 8. L. V. d. Bus sehe, über verschiedene Insecten in den jungen Nadelholz-Anlagen. Osnabrück 1826. 8. 15 Seiten. Dunkers, Abhandlung über die grofse Kiefernraupe. Berlin 1793. l'-i. (voller entomologischem Unsinn, wie sich Henuert richtig ausdrückt). Esper, Die Europäischen Schmetterlinge in Abbildungen nach der Natur mit Beschreibungen. Erlangen 1779. 4. 3 Theile. F. A. Frolich, Enumeratio Tortriciim Wiirtembergiae {Dissert. inang.). Tübing. 1828. 8. De G6er, Abhandlungen zur Geschichte der Insecten, aus dem Französ. von Götze. Nürnberg 1778. 4. J. G. Gebhardt, Die schädlichsten Feld-, Wald- und Obstbauminseoten. Hannover 1837. 8. G. L. Hartig, Anleitung zur Vertilgung oder Verminderung der Kiefernraupe. Berlin 1827. 8. Hempel, Abhülfsbüchlein der Raupennoth, ein Beitrag zur Erhaltung der Obsterndte und Fruchtbäume im Laude. Hübner, Sammlung Europäischer Schmetterlinge, errichtet von J. Hühner, fortgesetzt von C. Geyer. Augsburg 1805 (gestochen. Tit.) bis 1834 (gedruckt. Tit.) (gegen 800 colorirte Kupfertafeln!). — Geschichte Europäischer Schmetterlinge. Augsburg 1805. 4. (über 400 colorirte Kupfertafeln!) Jördens, Geschichte der kleinen Fichtenraupe oder der Larve von der Phal. Monacha Linn. Hof 1798. 4. (mit den besten Abbild, der Nonne aus älterer Zeit). Laurop, Annalen der Forst- und Jagdwissenschaft. Bd. V. H. 3. Marburg u. Cassel 1818. 8. Liebich, Allgemeines Forst- und Jagd-Journal. Jahrg. II -VI. Prag 1832-1836. Meyer, Zeitschrift für das Forst- und Jagdwesen in Baiern. Jahrg. VI. München 1816. 8. A. H. Nicolai, Die Wander- oder Prozessionsraupe in naturhistorisch-landespolizeilicher und medizinischer Hinsicht geschildert. Berlin 1833. 8. F. Ochsenheimer und Treitschke, Die Schmetterlinge von Europa. Leipzig 1807-1835. 8. J. V. Uslar, Pyralis liercyniana. Ein Beitrag zur Kenntnifs waldverderbender Insecten. Hannov. 1798. 8. v. Zanthier, Abhandlungen über das theoretische und praktische Forstwesen , mit Zusätzen und Anmerkungen heraus- gegeben von Henne rt. Berlin 1799. 8. Zenker, Naturgeschichte schädlicher Thiere. Leipzig 1836. 8. Erklärung der auf den Tafeln des zweiten Bandes gebrauchten Buchstaben und Zeichen. C bedeutet Cocon oder Gespinnst der Puppe E — Eier in iiatürliclier Gröfse E* — — vergrüfsert Er — — — kurz vor dem Auskoramen E" — — nach dem Auskommen (zerbroolieu) E' — — in welchen Schmarotzer wohnten F — den fliegenden Falter F' — den sitzenden Falter F" — die Falter in der Begattung H — Haare, stark vergröfsert K — Koth der erwachsenen Raupen K' — Koth der jungen Raupen L — Larve (Raupe) ganz oder fast ganz ausge- wachsen, mit oder ohne Frais L' — ganz junge Larven L" — halbwüchsige Larven L'" — ruhende, zur Verpuppung sich anschickende Larven L+ bedeutet Larven von Schmarotzern bewohnt L* — vergröfserte Larven L'' — Varietäten einer Raupe / — einzelne, vergröfserte Larventheile 0 — nicht zum lusect gehörige Gegenstände P — die Pnppe von vorn gesehen P' — die Puppe von der Seite P" — die Puppe von hinten P'" — die Pnppe lialb von vorn PX — den aus der Puppe hervorbrechenden Falter P+ — von Schmarotzern bewohnte Puppen p — einzelne vergr. Theile der Puppen S — Spuren (Fährten) der Raupen X — Frafs der Larven, besonders dargestellt Z — einzelne, vergröfserte Frafsgegenstände (5* — Männchen Q — Weibchen Eine gerade oder etwas gekrümmte vertikale oder horizontale Linie giebt die natürliche Länge, und eine von vertikaler Linie diirchkreuzte horizontale auch die natürliche Breite des daneben stehenden, vergröfserten Gegenstandes an. Diese Dimensionen sind von mittelmäfsigen, nicht übermäfsig grofsen oder kleinen Individuen entnommen. Von nicht zu kleinen Schmetterlingen, Puppen und Raupen wurde nur die natürliche Gröfse abgebildet. Zweite Ordnimg. Falter oder Staiibllügler, Lepidoptera Linn. Sclimetterlinge, Glossata Fabr. A 1 1 ß' e m e i n e r T li e i 1. Erster Abschnitt. CHARACTERISTIK. Jjliigel, Mundtbeile und Metamorphose zusammen genommen, ja die Flügelbildung oder die Bildung der Mundtbeile schon allein, characterisiren einen Falter hinlänglich. Die Flügel fehlen zwar einigen, jedoch dann nur den Weibeben, und da diese immer in der Nähe der deutlich geflügelten Männchen sind, auch meistens noch eine Spur von Flügeln und übrigens alle andern Theile nach Art der Falter gebildet ha- ben, so werden sie auch keine Schwierigkeiten machen. Die Flügel (s. Th. 1. S. 13.) sind stets mit staub- äbnlichen Schuppen bedeckt und werden defshalb undurchsichtig — mit Ausnahme einiger Däm- merungsfalter, welche fast glasbelle Flügel haben, aber doch an den Mundtheilen genug als Falter zu erkennen sind — ■. Die Mundtbeile sind saugende und bilden einen Rollrüssel. Die Raupen un- terscheiden sich dadurch, dafs sie [mit Ausnahme einiger wenigen fufslosen (Blattminirer)] mehr als ?> Paar Beine, aber nie mehr als 8 Paar Beine haben, von Käfer- und Aderflüglerlarven (besonders den sogenannten Afterraupen). Genauer characterisirt man sie noch so: Vollkommenes Insect (Falter). Kopf (Taf. I. Fig. 1, 18, 23), ziemlich grofs, hart, hornig, meist stark gewölbt und fast kuglig. Wangen, Stirn und Scheitel deutlich gesondert. Kopfschild stets schmal (F. 24) (*). Nur 2 zusammengesetzte, nie auffallend grofse, aber meistens stark kuglig hervorragende und fein behaarte Augen. Nebenaugen sehr selten. Fühler (F. 3, 4, 18*) allermeist mit, aus sehr vielen (oft 60) und sehr kleinen Gliedern zusammengesetzt und dennoch (mit Ausnahme einiger nicht forstlich wichtiger Ar- ten) nur mäfsig lang, stets nur grade, borsten- oder fadenförmig, zuweilen prismatisch oder geknöpft, bald nur undeutlich doppelt-gekämmt (gewöhnlich, aber unrichtig, genannt gezähnt) (s. T. I. F. 3, 4), bald schön deutlich doppelt-gekämmt, aber so, dafs durch feine, parallele Härchen der, von der Basis bis zur Mitte an Länge zunehmenden und dann wieder abnehmenden, Kammstrahlen die Form entsteht, welche wir bei den Pflanzenblättern doppelt-gefiedert nennen (s. Taf. I. F. 18*). Mundtbeile saugend. Man nennt sie (*) Die sonderbarste Bildung zeigt pitipcampa und pinivora (s. dort Cliaract. des Falters). Band II. 2 Allgemeiner Theil. bei den Faltern Rollrüssel (s. Tb. I. S. S.)- Diesen Namen wird zwar Jeder, der einmal einen Falter aus einer Blume mit aufgerolltem Rüssel saugen sähe, sebr passend finden, allein er beziebt sich nur auf die Unterkiefer. Nämlicb nur diese allein bilden den Rollrüssel. Da wo er so aufserordentlicb lang ist, dass er der Körperlänge fast gleiebkommt oder sie übertrifft (Tag- und Dämmerungsfalter) (Fig. 24), sollte man die Unterkiefer nicht in ihnen wieder erkennen, wohl aber wenn man ihn bei den Nachtfaltern, wo er oft nur ganz kurz ist (ja er fehlt hier zuweilen ganz !), betrachtet (F. 19, 18). Bei diesen hat er die gröfste Ähnlichkeit mit dem Bienenrüssel, und man unterscheidet deutlich den Stamm- und Ladentheil. Bei diesem kurzen Rüssel liegen die beiden Kiefer auch nie dicht an einander, bei dem langen hingegen (s. F. 26 den Durchschnitt) berühren sie sich mit ihren Innenrändern so genau, dafs, da diese gleichsam eine Hohlkehle bilden, eine breite Rinne entsteht (s), durch welche der aufgesogene Saft zum Schlünde steigt. Beim Querschnitte bemerkt man in jedem Kiefer ausserdem noch eine Öffnung (F. 26, «) und man vermuthet (s. Burmeister), dafs dadurch ein 3-facher Saugcanal entstehe. Beim kurzen Rüssel sieht man den Canal, zu welchem diese Öffnung führt, durchschimmern (s. Fig. 19). Er erscheint hier ganz in Form einer Luftröhre und endet blind vor der Spitze des Kiefers, auch schien er mir einigemale am Ende verzweigt zu sein und ich halte ihn daher für ungeeignet tropfbare Flüssig- keit mit einzusaugen (*). Auch durch die Gegenwart von Tastern characterisiren sich die beiden Theile des Rüssels als Unterkiefer. Sie stehen an der Basis desselben — wo man sie auch nur allein suchen könnte — , sind aber allermeist aufserordentlicb kurz, nur aus einem einzigen, borstentragenden, kleinen Gliedchen bestehend (F. 19, y, F. 25, ß). Bei einigen uns nicht speciell angehenden Nachtfaltern {Pyra- lis) sind sie 3-gliedrig und deutlich. Obgleich nun der Rollrüssel das einzige, zur Aufnahme der Nah- rung beitragende Organ der Mundtheile ist, so hat doch die Natur die übrigen, bei andern Insecten sich findenden Theile nicht ganz vergessen und sie wenigstens angedeutet (s. Fig. 24). Die Lefze, meist kaum sichtbar, liegt dicht unter dem Kopfschilde und die beiden Oberkiefer, welche über die Basis des Rüs- sels weggreifen und entweder nur häutig oder halbhornig sind, werden ganz von den Kopfhaaren (wel- che überhaupt, wenn man die Mundtheile ordentlich untersuchen will, erst abgeschabt werden müssen) verdeckt. Die Lippe ist ebenfalls sehr schwach und wahrscheinlich bedeutungslos für den Falter. Ihre Taster (Lippentaster F. 24, 25, d u. F. 2) dagegen, welche stets mehr- (gewöhnlich 3-) gliedrig sind, erschei- nen grofs, kräftig und mit Schuppen und Haaren meist bedeckt und tragen deutlich zur Unterstützung des Rüssels, welcher zwischen ihnen wie zwischen einem Paare Stützen liegt, bei (**). Der Rumpf er- scheint wie ein einziges dickes Stück wegen der Alles bedeckenden dichten und langen Haare. Ent- fernt man diese aber, so zeigen die vertieften, glatten Näthe die Grenzen des Halsschildes (des gröfsten), des rundlichen, ziemlich gewölbten Schildchens und des schmalen, am tiefsten liegenden Hiuterstückes deutlich. Der (eine deutliche Mittelnath zeigende) Halsschild ist stark gewölbt und bildet den gröfsten Theil des Rückens. Sein vorderer Theil [Collare (s. Ratze bürg in Nov. Act. Leo}). C. Vol. XIX.)] ist äufserst schmal, macht sich aber dennoch bei den Eulen sehr bemerklich durch die schönen langen, aufgerichteten, an den Schleier der Eulen erinnernden Haare, den Kragen (F. 1). Sein hinterer Theil (*) Dafs er die Bedeutung eiüer Trachea habe, scheint mir noch aus Folgendem hervorzugehen. Bei einigen Bom- byces, z. B. lanestris, sähe ich in der eben gebildeten (noch ganz weichen) Puppe jeden der beiden Rüsseltheile von einem solchen Canal durchzogen, aber ausserdem auch noch jeden Fuss der beiden ersten, nicht von den Flügeln be- deckten Paare damit versehen. (**) Unter allen Insecten gewähren die Falter die geringste Mannigfaltigkeit hinsichtlich der Mundtheile, und viele Gattungen bieten wenige oder gar keine Unterschiede darin. Defshalb wird ihnen bei diesen auch nicht so ausführliche Beschreibung eingeriiumt werden, wogegen sie hier im Allgemeinen weitläufiger geschildert wurden und ihre Darstel- lung auch auf einer besondern Zergliederuugs-Platte absolvirt ist. Characteeistik. 3 (Pro- et Mesothorax) ist viel gröfser und hat an der Verbindungsstelle mit dem vordem jederseits eine hornige, dreieckige, lang behaarte Schuppe (Schulterlappen, jjteryf/odes Latr.), welche den Flügelansatz deckt und schützt (s. z. B. T. III. F. 1 r). Die ebenfalls sehr stark behaarte Brust zeigt den Ansatz der Beine dicht hinter einander. Der Hinterleib verwachsen (s. Bd. I. S. 4), walzen- oder kegelförmig, sehr dünn oder sehr dick, aus 7-8 Ringen bestehend. Zwischen der Ober- und Unterseite des letzten Rin- ges tritt bei den Männchen die hornige Ruthe und bei den Weibchen einiger eine lange, kegelförmige Legeröhre (z. B. bei der Nonne) hervor. Die Beine hornig, aber meist nur schwach und dünu, das vor- dere Paar (Taf. II. F. 2f') sogar öfters (bei vieleuTagvögeln) verkümmert. Fufsglieder stets 5 (s. F.31). Häkchen klein, einfach oder gespalten (Tagvogel). Die Schienen an ihrem stark verdickten Ende, die des letzten Fufspaares auch noch vor demselben auf einem besondern Fortsatze, mit ansehnlichen Dornen (s. F.31). Die Flügel, bei welchen die beiden, fast parallelen Ränder Vorder- und Innenrand genannt werden, der dritte aber Hinterrand, allermeist vorhanden (nur mit Ausnahme der flügellosen Weibchen eini- ger), und dann stets beidePaare [oberes und unteres oder (wegen der Lage im Fliegen) besser vorde- res und hinteres], die auch immer von gleicher Substanz und gleich stark beschuppt sind. Ausser den merkwürdigen Schuppen haben sie auch immer mehr oder weniger Haare und Mittelbildungen zwi- schen beiden. Die Schuppen, welche die bewundernswürdigste Zierlichkeit der Form zeigen und zu den gröfsten mikroskopischen Ergötzlichkeiten gehören, erscheinen häufiger länglich als rundlich, seltner ganz als gezähnt oder gesägt. Die Zähne oder feinen Spitzen oder Zacken sind oft sehr lang [beson- ders bei den Spinnern und zum Theil auch bei den Scliwärmern (F. 28, 29 u. 27),] meistens sind sie aber nur kurz und der Zahl nach (von einem und demselben Flügel) sehr verschieden. An ihrer Basis sind sie häufiger ganz (Schwärmer und Nachtfalter) als gebuchtet [Tagfalter (s. F. 7, 8)]. Sie sitzen an einem walzigen oder keulenförmigen Stielchen. Die sehr feinen (nur bei 200-maliger Vergröfserung recht deutlich bemerkbaren) Parallel-Streifchen scheinen anzudeuten, dafs die Schuppe aus vielen feinen verwachsenen Härchen besteht. Die Haare sind entweder vollkommen fadenförmig oder gegen das Ende etwas keulenförmig verdickt. Bei einigen Faltern (Sesia Fabr.) bedecken die Schuppen die Flügel nicht ganz und diese erscheinen daher durchsichtig. Die Flügel sind meistens auffallend grofs, und zeigen grofse Verschiedenheiten in der ganzen Form so wie in der Beschaffenheit der Ränder. Letztere sind näm- lich bald grade, bald geschwungen, bald ganz und ganzrandig (s. Taf. XII.), bald gebuchtet, oder gezähnt, oder gekerbt (z.B. Taf. II. F. 2). Auch sind die Ecken derselben zuweilen lang ausgezogen (geschwänzte Flügel). — Auch dieLage derselben ist verschieden und wichtig für die Bestimmung. Sie werden näm- lich vom Falter in der Ruhe aufgerichtet, d. h. mit der Oberseite dicht an einander liegend, getragen [Tagfalter (z. B. T.II. Fig. 2f')], oder wagerecht, oder herabhängend über dem Körper ein Dach bildend (s. z.B. T. V. F.2f'), oder zusammengewickelt u.s. f. Um sie besser zusammenfalten und die Luft kräf- tiger mit Einer Fläche beim Fluge schlagen zu können, haben viele an der Basis des Vorderrandes der Hinterflügel ein Bündel langer, steifer Borsten erhalten, welche wie ein Zapfen hinter den Innenrand der Vorderflügel einhaken (s.Taf. L Fig.30). Dafs die Verschiedenheit der Farben das Auffallendste an ih- nen ist und leicht aufzufassende Merkmale abgiebt, weifs ein Jeder. Der ganze Körper ist, wie die Flügel, mit Schuppen und Haaren bedeckt, so dafs man diese, wenn man die Form der Theile kennen lernen will, erst abschaben mufs. Die Gröfse der Falter variirt zwar auch, aber doch nicht so auffal- lend wie die der Käfer. Die Weibchen sind meist gröfser als die Männchen, besonders zeichnen sie sich oft durch dicken Hinterleib, so wie auch zuweilen durch stärkere, wollenähnliche Behaarung am Ende desselben aus (s. z.ß.T. V.F.4f). Die Männchen haben dafür meist schönere, doppelt gekämmte Fühler und oft einen After-Haarbüschel (T. XIV. F. 6 5), selten aber schönere oder überhaupt sehr ab- weichende Farben. — Larven (Raupen). Kopf stets deutlich, aber von sehr verschiedener Gestalt A2 4 Allgemeiner Theil. und Gröfse (T. I. F. 5, 9, 14, 22). Gabellinie wie bei den Käfern vorhanden. Angen in Form von meh- reren (meist G, seltner nur 5) kleinen, im Halbkreise gestellten, glatten, gewölbten Äugelchen hinter den Fühlern. Fühler meist 3-gliedrig. Am Ende des dritten Gliedes neben der langen Borste, nach innen noch ein sehr kleines accessorisches 4tes Gliedchen. Die Mimdtheile sind beifsend, d. h. es sind ein Paar starke, hornige gezähnte Oberkiefer (F. 5, ß) und ein Paar , mit kräftig gedornter oder gezähnter Lade versehene, Unterkiefer (F. 6, u. 5, y), welche auch einen kurzen 4-gliedrigen Taster tragen, vorhan- den, und der Mund wird von oben durch eine, an häutigem Saume vor- und zurückziehbare Lefze und von unten durch eine Lippe (F. 5, 6, rf) geschlossen, welche 2-gliedrige Taster, aber sonderbar genug auf der Innenseite, trägt und eine durchbohrte, hornige Verlängerung zum Durchlassen des Spinnfadens hat (F. 6 stärker vergröfsert). Der, wie bei den Käferlarven aus 12 Ringen bestehende und 9 Paar Luftlöcher (das Iste am Isten, das 2te am 4ten Ringe u. s. f.) zeigende, Leib der gröfsten Länge nach gleich dick und daher von oben walzig erscheinend, unten dagegen fast flach. Die drei ersten (über- haupt sehr häufig durch Eigenthümlichkeiten vor den übrigen ausgezeichneten) Ringe, so wie die letzten meist etwas schmaler und kürzer, so dafs der Leib meist an beiden Enden, besonders häufig am hintern, etwas verdünnt erscheint. Einige wenige (unmerklich schädliche) Raupen sind ganz oval und schildför- mig (Schild- oder Asselraupen), andre linienförmig und ganz flach. Die Beine fehlen höchst selten (ei- nigen Minirraupen, s. z.B. Taf.XVI. Fig.4L) ganz, allermeist sind 16 vorhanden: 6, aus 4 Gliedern und einem Häkchen bestehende, hornige Brustbeine an den 3 ersten Ringen (F. 16) und 8 Bauchbeine am 6ten bis 9ten Leibesringe nebst 2 Nachschiebern am letzten , welche aus 2 fleischigen Gliedern beste- hen und am Ende eine ein- und ausziehbare, mit einem halben oder ganzen nach innen gewendeten Hakenkranze versehene, meist gebuchtete Sohle haben (*). Bei vielen (namentlich den Spannern) sind aber nur 4-6 Bauchfüfse vorhanden, und bei einigen wenigen (Gabelschwänzen) 6-8 Bauchfüfse und anstatt der Nachschieber ein Paar Spitzen oder eine lauge bewegliche Gabel. Von einer Gliede- rung der Ringe sehen wir eben so bestimmte Andeutungen wie bei den Käferlarven (s. Tli. I. S. 92.). Nur bei den stark behaarten Raupen und den auffallend kleinen und verkümmerten (z. B. der Tinea connüanella und laricinella) wird sie undeutlich oder ganz schwindend. Da dieser Gegenstand aber ein rein wissenschaftlicher ist, so habe ich ihn in eine besondere Abhandlung verwiesen (iVoy.^cf.Leo^;. a.a.O.) und bringe aus derselben nur das Allernothwendigste bei, um so mehr, als selbst das Speciel- lere aus meinen Abbildungen (Taf. XII, XIII, XV u. XVI.) hervorgeht, welche mit der möglichsten Sorg- falt, auch in Hinsicht auf diese Punkte, entworfen wurden. Ich unterscheide folgende verschiedenen, durch feine Furchen gebildeten Wülste: Keilwulst, Scheidewulst, mittlere Scheide wulst- falten, seitliche Scheidewulstfalte, vordere und hintere Seitenwulst, Trapezoidal- wulst, Luftlochwulst, ünterwulst, Hauptwulst (s.F.9). Hinsichtlich seiner Substanz zeigt der Leib der Larven nicht so grofse Mannigfaltigkeit wie der der Käferlarven, denn die allermeisten sind ganz weich und nur bei einigen {Sesia, Wicklern und Motten) trägt der erste und letzte Ring oben ein Hornplättchen und einzelne, ähnliche, wiewohl kleinere, finden sich auch wohl noch bei einigen Motten- Raupen an andern Ringen. Dafür findet sich aber bei ihnen eine grofse Mannigfaltigkeit der Beklei- dung. Fleischige Höcker und Warzen (entweder in der Mittellinie oder zu Paaren), Dornen und Ga- (*) Diese Sohle ist an einem breiten Stiele und kann mittelst desselben, so wie durch eine Menge Falten in der Ruhe (s. Fig. 15.) trichterförmig eingezogen und wieder hervorgestreckt werden beim Fortkriechen. Bei denen mit hal- bem Hakenkrauze stülpt sich der Trichter um und wird üach. Indem diese FLäche nach oben zu liegen kommt, wird der in der Ruhe nach innen gewendete Rand der äufsere und der in der Ruhe nach aufsen concave Hakenkranz ist nun nach aufsen convex, nach innen concav geworden. Chaeacteristik. 5 beln, so wie mehr oder weniger lange und zahlreiciie, einzelne und büschelförmig gestellte, bürstenför- mig gescliorne oder ungleich lange Haare und Haarpinsel bedecken die Raupe. Sie haben die gröfste Mannigfaltigkeit und Schönheit der Farben, wiewohl auch ganz kahle und nackte Raupen öfters schöne, in Flecken oder Streifen oder Sprenkeln abwechselnde Farben zeigen. Die Haare sind öfters so kurz, dafs man sie nur bei starker Vergrösserung bemerkt. Sie haben dann eine so bestimmte Stellung, dafs man sie danach in Einhaare, Doppelhaare, Dreihaare eiutheileu kann (s. meine Abhandlung a.a.O.). So sind z. B. stets unbehaart die mittleren Scheidewulstfalten. Einhaarig sind die hinteren Seitenwülste, doppelhaarig die Luftlochwülste u. s. f. (s. auch defshalb bei Tortrix). Nur bei den allerkleinsten Räup- chen schwindet dies. Sind die Haare länger und dichter, so können sie faden- oder borstenförmig, oder auch lanzettförmig sein (die kurzen, blauen z. B. bei B. Piiit s. Taf. I. Fig. 17) und letztere ähneln sehr gewissen Schuppenbildungen (s. unten). Widerhakige Haare habe ich nur an den rothbrauneu Flecken der B. haiestris und an den merkwürdigen Prozessionsraupen (s. dort. u. Tab. I. F. 11, 12 u. VHIa) gefunden und suche darin gröfstentheils den Grund der grofsen Schädlichkeit dieser Haare bei der letzteren, wo sie sehr leicht losgehen (s.Abschn. 15.). Nach diesen Verschiedenheiten der Körperbekleiduug hat man den Raupen auch wohl, um sie kurz zu bezeichnen, eigne Namen gegeben. Ein auffallender Maugel an Haaren bezeichnet die Kahlraupen und das Fehlen von Hervon-agungen die Ebenraupen. Die glattleibigen heifsen Glatt- raupen, die rauhen aber Chagrinr aupen. Die Einhornraupen haben ein Hörn auf dem llteu Ringe und die Afterhornraupen nur einen Höcker. Bei den Höckerraupen stehen auf dem Rück^ Fleischhöcker und bei den Zapfenraupen kegelförmige Zapfen. Die Hörnerraupen haben am Kopfe 2 lange, grade Hörner. Bei den Knospenraupen (z. B. Monacha, dispar) stehen auf allen Ringen regelmäfsige Querreihen grofser knospenähnlicher Knöpfchen und bei den Warzenraupen kleine Wärzchen. Bei den Ein spitz raupen läuft der Körper in 1 Spitze aus und bei den Gabel- raupen in 2 Spitzen. Hinsichtlich der Behaarung unterscheidet man D üu nhaarraupen und Pelz- oder Bärenraupen, ferner Büschelraup eu oder Bürstenraupeu (z. B. jJud'btmda). Dornen- raupen sind viele Tagfalter. Nach der Färbung nennt man die sehr bunten Scbäckenraupen, die- jenigen, welche dunkle Querfurchen zwischen allen Ringen haben, Gürtelraupen, und zwischen den 3 ersten Halsbandraupen. Die Verschiedenheit der Raupen während der verschiedenen Häutungen ist oft aufserordentlich grofs, indem z. B. bei der ptidibunda keine Spur der künftigen auffallenden Be- haarung und Farbe zu finden ist. Die merkwürdigste Verwandlung geht aber mit der piniperda vor, welche nach dem Ausschlüpfen spannenmessend geht (s. Beschr. A^x piniperda). Die Puppen sind bald sehr gestreckt, bald sehr gedrungen. Der Kopf breiter oder schmaler. Die Augen, so wie überhaupt alle Glieder bald mehr bald weniger vorragend, vorzüglich stark die Fühler einiger Männchen (z. B. der Monacha). Zwischen den Augen oft eigenthümliche Wölbungen oder zwischen 2 Vorsprüngen Ein- drücke, ohrenartige Hervorragungen u. dergl. Unter denselben, in der Mittellinie, der Kopfschild, dann die Lefze und unter derselben die beiden kleinen, dicht zusammenstofsendeu Oberkiefer und neben der- selben die beiden, die Oberkiefer an der Basis umhüllenden Unterkiefer abgehend, welche letzteren bald nur bis zur ersten Hälfte des ersten Fufspaares reichen (Bombyces), bald bis zwischen die Flügel rei- chen {Papiliones, Noctuae). Vom 3ten Fufspaare sind meist nur die Spitzen der Fufsglieder (und bei B. pini auch diese nicht einmal) zu sehen und von dem 1 sten und 2ten meist nur die Schienen und Fufsglieder, indem von den Schenkeln des 1 sten nur bei einigen (z. B. Bergiella) ein Stückchen zwi- schen Rüssel und Schiene zum Vorschein kommt. Halsschild mit mehr oder weniger deutlichem und glatten Mittelleistchen. Hinterleib mehr allmählig oder plötzlich gegen das Ende verdünnt und hinter der Afterspalte entweder abgerundet, oder mit einer Wulst oder einem Fortsatze (After-Wulst oder Aftergriffel) endend, welcher letztere oft noch mit Haaren, Hakenbörsteben (wahrscheinlich zur Be- 6 Allgemeiner Theil. festigung der Puppe) u. dgl. besetzt, zackig, 2- oder mehrspitzig u. dgl. ist (liieriu Hauptverschiedenheiteu der Arten!). An der Oberseite der Hinterleibsringe oft Eindrücke, oder Runzeln, oder Dornen (zum Herausschieben der Puppe) u. dgl. Die 3 auf den Kopf folgenden Abschnitte, deren mittelster (welcher mit dem 3ten die Flügel trägt) der grösste ist und von dem sich später das Schildchen abschnürt, sind den 3 Brustringen der Larve entsprechend, dann sind die beiden folgenden (von denen der erste sehr schmal und luftlochlos ist) den beiden beinlosen der 16- beinigen zu vergleichen, die folgenden 4 [wel- che häutig noch in der weichen Puppe die Farben (z. B. die rothe bei lauestris) oder Höcker der 4 Bauchbeine zeigen] den 4 bebeinten Ringen, und die dann folgenden Ringe stellen 3 Larvenringe vor. Letztere scheinen in der Puppe zwar 4 zu sein (also der ganze Hinterleib 10-ringlig), allein das kommt nur daher, dafs der After sich besonders abschnürte. Dicht vor der Afterspalte liegt die Geschlechtsspalte. Bei der männlichen Puppe setzt sie sich aber bis in den vorletzten Ring fort, während sie bei der weib- lichen auf den letzten beschränkt ist (z. B. T. XIL F. 3, 4 p). So kann man also, meiner Beobachtung zufolge, männliche und weibliche überall in der Puppe unterscheiden (s. d. zahlreichen Abbildungen). Behaaruug und Farbe der ganzen Puppe geben ebenfalls gute Merkmale, obgleich nicht so mannigfaltige wie bei den Käferpuppen. Wohl zu beachten ist: dafs die Farbe vieler Puppen sehr veränderlich ist, denn sie sind meist gleich Anfangs hell, oft ganz grün oder blofs an den Flügeln grün und später dunk- ler, meist schwarzbraun. Bei den Puppen der Falter kommt nun noch hinzu: dafs sie nicht immer nackt, sondern auch häufig verhüllt sind. Die Hülle {foUiculus, cocon) besteht entweder nur aus ein- zelnen, losen Fäden (welche oft nur den Zweck haben, die Puppe mittelst des Schwanzes oder über den Rücken au einen Ort in vertikaler oder senkrechter Lage zu befestigen) oder aus einem noch durchscheinenden Gewebe (wie bei Monacha), oder endlich aus einem völlig undurchsichtigen, watten- artigen, in welches gewöhnlich die Raupe ihre Haare noch mit verspinnt (z. B. Phii). Das Ende, nach welchem der Kopf der Puppe liegt, ist lockerer gesponnen und zeigt nach dem Ausschlüpfen des Fal- ters eine Öffnung, die zuweilen in einen vollkommen walzigen Gang verwandelt ist. Es scheint als bilde sich die Öffnung allmälig dadurch: dafs die Puppe mehrere Tage vor dem Auskommen des Falters sich stark bewegt und durch Andrägen mittelst des Kopfendes die Gespinnstfäden zer- reifst und die Öffnung erweitert. Auch für die Puppen hat man sehr bezeichnende, kurze Namen, z. B. Eckeupuppen (die eckigen) und Rundpuppen (die rundlichen), letztere wieder Walzenpup- pen oder Kegelpuppen. Die Nasenpuppen haben eine Rüsselscheide (z. B. Pinasfri), die Af- tergriff elpuppen (z. B. Monacha), Afterwulstpuppen (Pini), Afterspitzenpuppen {piniperda), Afterdornpuppen {Buoliana) verschiedene Endigungen des Afterringes. Hinsichtlich der Behaarung heifsen sie Kahlpuppen {Plnastri), Feinhaar puppen {piniperda) und Haarbüschelpuppen {Mo- nacha). Die Nacktpuppen haben gar kein Gespinnst, die Netzpuppen nur lockere Fäden, die Balgpuppen einen festen Cocon und die Doppelbalgpuppen ein doppeltes Gewebe, ein inneres feste- res und äufseres lockeres (z. B. pudibunda). Zuweilen ist um einen solchen festen Cocon noch ein äufseres, lockereres gesponnen. Im Cocon findet man aufser der Puppe noch die abgestreifte Larven- haut am Schwanzende derselben. — Die Eier zeigen in dieser Ordnung mehr Verschiedenheiten als in andern. Sie sind kugelrund oder länglich oder eiförmig, mit Eindrücken, vorragenden Kanten, regel- mäfsigen Streifen u. dgl., auch von sehr mannigfaltigen Farben und sehr verschiedener Gröfse, eben so durch die Gruppen ausgezeichnet, in denen sie abgelegt werden (*). — Der Koth würde bei den Fal- (*) In keiner Ordnung macht die Präparation und Aufbewahrung der verschiedenen Zustände mehr Mühe als in dieser, wefshalb hier noch Einiges für die, welche sich dem Geschäfte unterziehen, zu sagen wäre. Die Falter mufs man mit ausgebreiteten Flügeln (so dafs die Innenränder der Vorderflügel in Eine Linie kommen) trocknen (spannen). Vorkommen und Frass. 7 ter-Larven noch ganz besonders mit zur Characteristik benutzt werden müssen, da er leicht an der Erde, besonders auf Sandwegen und trocknen Blättern, bemerkt werden kann und oft allein die Gegen- wart der Raupen auf den Bäumen verrätb. Er unterscheidet sich durch Grofse, Form und Farben. Die auf Nadelholz fressenden Raupen haben immer deutlich hellgrünen Koth, die Laubholz-Raupen da- gegen meist mehr dunkeln. Bei den jungen Raupen der grofsen Arten (so wie bei den erwachsenen kleineren) haben die Stückchen wegen der bunt durcheinander liegenden, wenigen Bissen eine unregelmä- fsige Form, bei den halbwüchsigen und erwachsenen hingegen bestehen die Kothstücke aus sehr vielen und gröfsern Bissen und haben oft eine ansehnliche Länge und Breite nach der verschiedenen Form und Grofse des Mastdarms. Von den Falten des letzteren nehmen sie auch noch gewisse Eindrücke an, wodurch sie z. B. bei der Forleule sehr regelmässig .3 Abtheilungeu erhalten und bei der Kienraupe u. A. auf der kreisförmigen Endfläche ordentliche Radien zeigen. Der Frafs hat natürlich auf die Eigen- schaften des Kothes grofsen EinÖufs. Eine und dieselbe Raupe nimmt nämlich bekanntlich Laubhölzer wie Nadelhölzer au. Zweiter Abschnitt. VORKOMMEN UND FRASS. Hinsichtlich der geographischen Verbreitung stehen die Falter wohl nur den Käfern nach, wel- che namentlich höher in Gebirgen und weiter nach Norden hinauf gehen. Die Falter erscheinen nicht allein bald hier bald da in ungeheurer Menge, sondern viele unter ihnen werden nie eine Seltenheit und plagen den Menschen Jahr aus Jahr ein (s. Menge). Mit der Abnahme der Temperaturgrade ver- mindert sich auch die Menge der Lepidopteren. Graf Sponeck (Laurop's Annalen IV. 3. S. 7.) ver- sucht zu beweisen, dafs in keinem hohen Gebirge- nicht einmal in einem Mittelgebirge bei löW Höhe, Raupenfrafs vorkäme. Das mag für die gröfsern Raupen gelten, obwohl der berühmte Nonnenfrafs in den Vogtländischen Gebirgen auch ziemlich hoch ging. Auf die kleinern kann es aber nicht bezo- gen werden und es ist dabei gewifs übersehen worden : dafs Tortfix Jierctjniana z. B. noch am Einers- berge bei Clausthal und an vielen andern ansehnlichen Höhen des Harzes tüchtig frifst. Man macht sich dazu eigne Spannbretter oder nimmt auch Borkenstücke, welche man so viel wie möglich ebnet und mit einer Einne versieht, in welche der Leib des Falters zu liegen kommt. Die Flügel werden alsdann auf der Fläche mit einer Nadel ausgebreitet und sogleich mit einem etwas beschwerten Glastäfelchen bedeckt oder mit Papierstreifcheu be= festigt und so gespannt erhalten bis (nach 8—14 Tagen) das ganze Thier trocken ist (welches man an der Zerbrechlich- keit der Theile erkennt) und von den Glasscherben befreit und weggesteckt werden kann. Noch mehr Mühe macht die Conservation der Raupen. Diese müssen förmlich ausgeweidet werden. Man erweitert den After mit einem feinen Scheercheu und zieht dann alle Innern, weichen Theile mit einem Zängelchen heraus. Die Raupe fällt, da sie nun nur noch ein Hautlappen ist, zusammen und miü's durch Luft wieder aufgeblasen und über Feuer schnell getrocknet werden. Da das Einblasen der Luft mittelst des Mundes zu beschwerlich ist, so nimmt man eine Schweinsblase mit einem an derselben fest angebundenen Messingröhrchen und drückt die vorher mit Luft gefüllte Blase so, dafs fortwährend ein Luftstrom an der Mündung der Canäle erhalten und allmälig in den über Kohlenfeuer trocknenden Raupenbalg geleitet werden kann, der, wenn er einmal trocken ist, auch nicht wieder zusammenfällt. Während des Trocknens (welches jedoch viel Übung erfordert, damit nichts ansengt, besonders wenn die Raupe behaart ist) kann man der Raupe sogar jede beliebige Stellung geben und sie nachher in derselben durch einen, von hinten in sie hineingeschobenen und mit Leim bestrichenen Draht erhalten, dessen Ende dann um eine, in die Sammlung zu steckende Nadel gewunden wird. Die Puppen bedürfen keiner besondern Präparation, da die weichen Theile derselben allmälig eintrocknen und die die= selben umgebende Haut zu fest ist, als dafs sie ihre Form viel verändern sollte. Man kann sie dadurch leicht tödten, dafs man sie 24 Stunden in ein kleines Glas legt, dessen Pfropfen nur mit 10—15 Tropfen Spiritus benetzt zu sein Tbraucht, so dafs der Dunst das Glas erfüllt. 8 Allgemeiner Theil. Hierher gehört auch eine Nachricht von Jester (Hartig's F. u. J. Arch. Jahrg.III. H. 2. S.49.), welcher behauptet: in Ostpreufsen scheine die dort unfreundliche und abwechselnde Witterung, beson- ders im Frühjahre, ja selbst die oft im Sommer eintretenden Nachtfröste und häufigen kalten Regen, so wie der plötzliche Übergang von grofser Tageshitze zur NachtkiUte, der Vermehrung und dem Ge- deihen der Raupen hinderlich zu sein. Defshalb wäre auch jeder Raupenfrafs in Ostpreufsen von kürzerer Dauer. Die Länder, in welchen die gefährlichsten Lepidopteren und die meisten Individuen sich linden, werden, durch das Vorherrschen der Kiefer bezeichnet. Kein Land hat solche Beispiele von Raupen- verheerungen aufzuweisen, wie unsre Mark (s. Phalaena Bomhtjx pini) sie in den Neunziger Jahren darbot. Die Lepidopteren nehmen nicht, wie die Käfer, im fliegenden Zustande consistente Nahrung zu sich, können dies auch nicht wegen ihrer eigenen Mundtheile. Nur im Larvenzustande fressen sie tüchtig. Die Falter bedürfen nur einiger Tröpfchen einer wässrigen oder süfslichen Flüssigkeit, um ihr kurzes Dasein zu fristen, und viele können auch diese kaum finden, da sie sich von der trocknen Rinde der Bäume wenig entfernen, wie z. B. die Nonne und der Kiefernspinner. Wenn sie aber von dem Orte des Fra- •fses und ihrer Nachkommenschaft weit wegfliegen, wie z. ß. die zuweilen an Weidenblüthen saugenden Falter der Forleule, die um Geisblattlauben schwirrenden Kiefernschwärmer, die um Wasserplätze va- gabundirenden Weifsliuge u. A., so sollte mau ihnen die Schädlichkeit gar nicht ansehen. Desto mehr Nahrung bedürfen die gefräfsigen Larven. Bekanntlich giebt es keine Raupe, die von Thieren lebte. Alle fressen nur Pflanzen (mit Ausnahme der wenigen Pelz- u. dgl. fressenden, uns nichts angehenden Motten) und alle sind daher auch nur schädlich, keine forstlich nützlich. Die Eintheilung der schäd- lichen in sehr schädliche, merklich schädliche, kaum merklich schädliche und unmerk- lich schädliche beruht theils auf der verschiedenen Nahrung derselben und der Art und AVeise wie sie dieselbe nehmen, theils aber auch auf der Menge der fressenden Individuen und der Zeit ihres Er- scheinens. 1) Was die Verschiedenheit der Raup eunahrung betrifft, so theilen wir sie danach in Monophagen und Polyphagen. Die Mouophagen halten streng die ihnen einmal bestimmte Holzart inne und geben nur in der Noth an verwandte, wie z. B. die nur Kiefernnadelu fressende lüeuraupe, der nur Fichtennadeln suchende Fichten-Nestwickler (herci/niaiia), der nur Fichten- und vielleicht auch Tannenzapfen angehende Tannenzapfenwickler, der nur im Pappelnholze hausende Glasschwärmer {Sesla apiformis) u. s. f. Monophagen sind im Allgemeinen die Nadelholz-Lepidopteren; die Forleule und der Spinner, welche eher verhungern als die ihnen vorgeworfenen Laubholzblätter fressen, gehen nur ungern von den Kiefernnadeln am Fichtenzweige, nur wenn sie der Hunger zwingt. Polyphagen sind alle Laubholzbewohner. Keiner der letztern begnügt sich mit einer Holzart. Nur in so fern giebt es noch einige eigensinnige unter ihnen, als sie nur Laubhölzer im Allgemeinen, aber nicht Nadelhölzer annehmen, wie z. B. der Baumweifsling, Goldafter, Eichenwickler. Die merkwürdigste Polyphagie zeigt die Nonne, welche fast eben so häufig auf Laubhölzeru als auf Nadelhölzern vorkommt. Ja sie frifst öfters sogar Heidelbeeren (Vaccinium MijrtiUus) unter den Bäumen ab. Von Bomhyx dispar erzählt man sogar, dafs er auf Sadebaum gehe und sich da den Tod hole. Dagegen weicht keine Art von den einmal gewählten Pflanzeutheilen ab, d. h. die Blattfresser sind streng gesondert von den Frucht-, Knos- pen-, Mark-, Holz-, Rindenfressern. Als eine Ausnahme ist es nicht anzusehen, wenn einige Laubholz- fresser, wie hrumata, zugleich mit den Blättern auch die Blüthen abfressen oder vorher gar schon an den Knospen nagen. Diese Theile sind alle grün und saftig und haben in so fern Ähnlichkeit mit ein- ander. 2) Auch in der Mechanik des Fressens kommen merkwürdige Verschiedenheiten vor. Immer fangen die Blattfresser von den Rändern der Blätter und Nadeln an zu fressen und einzelne merkwür- dige Ausnahmen finden sich nur bei dem Fichtennest- Wickler, welcher die Nadel auf der Fläche an- Lebensweise. Ent Wickelung. 9 bohrt UDi in das Innere zu gelangen, und bei den Blattminireru. Die meisten fressen die ganzen Blät- ter und Nadeln ab, oder sie lassen noch kleine Stümpfe stehen, oder sie fressen auch nur einen Theil der Blätter und Nadeln, während sie das Übrige wegwerfen (s. Monacha). So giebt es der merkwür- digen Verschiedenheiten noch viele, die zwar nur geringfügig erscheinen, aber doch in der ganzen Na- tur des Thieres begründet sind und mit zu den Characteren der Art gehören. Die Forstinsecten geben dazu ganz besonders hübsche Belege. Man vergleiche die Abschnitte über Vorkommen und Frafs bei den einzelnen. Auch in sofern kommt noch ein, für die Praxis beachtenswerther Unterschied vor: als einige, wie die Nonne, lieber an den untern Ästen fressen, andere, wie die Prozessionsraupe, lieber die höchsten Gipfel vorziehen. Es versteht sich, dafs alle diese feinen Unterschiede verloren gehen, wenn die Nahrung auszugehen anfängt und die Raupen gezwungen werden, den Frafs mühsam zusammen zu suchen. Eine sehr wichtige Beziehung haben wir noch zwischen dem Raupenfrafse und dem Wüchse und der Bodenbeschaffenheit der Bestände. Eben so wie die meisten Käfer lieber krankes als gesun- des Holz angehen, eben so ziehen auch die meisten Falter, namentlich die Nadelholzfresser, die auf einem dürftigen, trocknen Boden kümmernden Hölzer den auf kräftigem Boden oder in frischen Niede- rungen und Einsenkungen erwachsenen vor und eine Ausnahme ist mir nur selten vorgekommen (s. Ph. Bombijx l'njniperda, welche kerngesunde Bäume angeht). Es ist dies so auffallend, dafs man bei einem noch nicht gar zu argen Raupenfrafs die Menge der Raupen oder der abgelegten Eier nach den bedeu- tenden Unebenheiten des Bodens, Brüchern, Hügeln u. dergl. vorhersagen kann. Bei den Nadelhölzern fällt dies noch mehr auf als bei den Laubhölzern (s. defshalb Phal. Bomhyx Pini, Monacha u. A.). Einestheils kommt daher auch gewifs der schützende Einflufs der gemischten Bestände, welche bessern Boden als reine Kiefernbestände fordern (s. Ph. Bomhyx Pini Vorkomm. u. Frafs u. Leb.). Es ist dies auch sehr leicht erklärlich. Denn die kräftigen, starren, reichlich mit organischen und unorganischen Stoffen gefüllten Nadeln und Triebe und deren rasches Wachsthum widerstehen den Raupen, beson- ders so lange sie noch klein und schwach sind, mehr als die zarten, kleinern und schwächern Theile eines kümmerlich vegetirenden Baumes, welche dem Frafse weniger Widerstand entgegensetzen und leich- ter von den Raupen verdaut werden. Einzelne merkwürdige Erfahrungen hinsichtlich des Unterschiedes von durchforsteten und nicht durchforsteten Beständen, des lichtem Standes der Bäume, einzelner Horste und ganzer Bestände u. dergl. s. bei Pini, hercyniana, Monacha, Buoliana u. A. Endlich ist noch des Vorzuges zu gedenken, welchen die meisten Raupen, namentlich Nadel- holzfresser, den niedrigem Bäumen, also den Stangenhölzern und mittelwüchsigen Beständen geben. Beim Spanner und der Eule tritt dies am deutlichsten hervor, wahrscheinlich weil beide ihre Eier in die Krone der Bäume ablegen und nicht gern hoch fliegen. Aber auch in dieser Beziehung kommen die mannigfaltigsten Abweichungen vor, besonders wenn allgemeine Verbreitung des Insects dem legen- den Weibchen keine Wahl mehr gestattet. Dritter Abschnitt. LEBENSWEISE. L Entwickelung. Die Falter gehören mit zu den Insectis metabolis (s. Th. 1. S. 5.), d. h. sie gehen vier, in Gestalt und Beweglichkeit gänzlich verschiedene Zustände, die des Eies, der Larve (Raupe), Puppe und der Fliege (Falter, Schmetterling) durch. Nachdem z. B. (*) die Eier des Kiefernspinners (*) Bei den Käfern konnte von der Zeit der verschiedenen Häutungen nicht die Rede sein, weil genaue Beobachtungen mit den entweder sehr kleinen oder versteckt lebenden Larven nur äufserst schwer anzustellen sind, und ich möchte behaupten, Band H. B 10 Al-lgemeiner Theil. 20 — 22 Tage gelegen haben, durchbricht das junge Räupchen die Eischale und verzehrt meist noch die Überreste derselben. Es wächst und wirft die alte, allmälig schmutziger und trüber werdende Haut, sobald diese zu eng wird, ab. Indem die Haut nur am Kopfe und Rücken durchbrochen wird, bleibt sie ziemlich vollständig erhalten, so dafs ich sie z. B. nach der letzten Häutung der Prozessionsraupe wie einen aufgeblasenen Raupenbalg in meiner Sammlung verwahren konnte (*). Nach den beiden ersten, im Herbst 1837 abgemachten und nicht genau von mir verzeichneten Häutungen meines Kien- räupchens, erfolgten die übrigen im Vorsommer 1838 pünktlich wie folgt. Die dritte am 3. Mai, die vierte am 16. Mai, die fünfte am 4. Juni, die sechste am 29. Juni und die siebente (innerhalb des Co- cons) am 8. Juli. Die Temperatur war bis zur Mitte des Juni zwischen -|- 12 u. 15 " R. gewesen. Nach dieser Zeit stieg sie bis auf -j- 20 *• R., nahm aber im Juli wieder etwas ab. Die Raupe frafs meistens schon drei Tage vor der Häutung nichts mehr und fing auch erst einen Tag nach der Häutung wieder an, Nahrung zu sich zu nehmen. Von dem ersten Augenblick des Einspinnens an bis zur Vollendung der Verpuppung (welche ich nach der eigenthümlichen Puppeubewegung innerhalb des Cocons beur- theilte) gebrauchte sie drei Tage. Nach 20 Tagen war die Puppenruhe beendet und ein weiblicher Falter kroch hervor. Das Thermometer war wahrend dieser Zeit allmälig von -|- 17 " bis auf -j- 15" heruntergegangen (**) (s. auch Hrn. Regener's Beobachtungen bei dem Kiefernspinner). Beim Auskrie- clieu des Schmetterlings reifst die Puppenhülse am Rücken des Halsschildes und an den Seiten. Der Falter arbeitet sich in der Lage, welche er in der Hülse hatte, hervor (s. Taf. VH. Fig. P^). Anfangs sind seine Flügel klein, auch noch sehr weich, wenn sie sich schon ganz entfaltet haben, erhärten aber gleich bei den ersten Flugversuchen. Manche Falter lassen gleich nach der Entwickelung der Flügel einige Tropfen einer gefärbten Flüssigkeit — beim Baumweifsling z. B. blutroth, daher die Volkssage vom Blutregen — aus dem After. Einige, wie z. B. Spinner und Nonne, lassen eine solche, wenn man sie angreift, von sich. II. Generation. Die Lepidopteren zeigen zwar auch eine grofse Mannigfaltigkeit der Genera- tion, d. h. des Zeitraums ihrer ganzen Entwickelung, indem sie nicht blofs einjährige haben, die aller- dings die häufigste ist, sondern auch mehrjährige (z. B. Cossiis, Sesia). Sie unterscheiden sich aber doch dadurch von den Käfern: dafs sie höchst wahrscheinlich nie eine doppelte Generation haben. Auch sind dafs Alles, was über diesen Gegenstand frülier gegeben wurde, zum Theil mit Vermutlmngen durcUwebt war. Selbst bei den grofsen, frei lebenden Lepidopteren ist es nicht leicht, das lusect durch alle Stände zu verfolgen. Meine Zeit erlaubte es nur, dies bei der wichtigsten Raupe durchzuführen. Hier bin ich aber meiner Sache vollkommen gewifs, da ich ein und dasselbe Individuum während seiner ganzen Lebensdauer verfolgte. Sperrt man mehrere zusammen, so kommt man leicht zu einem quid pro gvo. Die eine Raupe häutet sich früher als eine zweite und diese wieder früher als eine dritte, und es entstehen leicht Täuschungen. (*) Einer merkwürdigen Erscheinung, die mir bei der Forleule vorgekommen ist, mufs ich hier noch erwähnen. Oft fand ich bei eingesperrten jungen und halbwüchsigen Raupen, welche sich eben gehäutet hatten, nur die Köpfe und nichts von der Haut, und ich kann nicht anders glauben, als dafs sie die letztere verzehrt haben. (**) Die Zahl der hier angegebenen Häutungen wird sich bei derselben Art wohl immer gleich bleiben, wahrschein» lieh auch bei der Mehrzahl der Arten der Lepidopteren, vielleicht mit Ausnahme der kleinsten und dann besonders der grofsen, mehrjährigen. Die Zeitzwischenräume, in denen diese Häutungen erfolgen, sind aber gar sehr verschieden, selbst in einer und derselben, gleichzeitig ausgekommenen Raupenfamilie, wie mau das beim Füttern derselben leicht bemerken kann. Das individuelle Befinden, so wie auch Temperatur, Frafs u. dergl. haben darauf entschiedenen Ein- flufs. Die Häutmigen, welche Hr. Th. Hartig beobachtete (Liebich Allg. Forst- u. Jagd-J. Jahrg. VI. S. 165.) sind daher auch wohl von einem seltnen Zufalle abhängig gewesen, wenn sie sich alle 25—28 Tage regelmäfsig wiederholten und zwar, wie der Beobachter hinzusetzt, in der letzten Hälfte der Monate. Dafs es nicht immer so ist, beweist wenig- stens meine Beobachtung, die noch dazu mit einem untadelhaft kräftigen Thiere und bei einer gewifs möglichst gleich bleibenden Temperatur, von welcher mau am Ersten gleichbleibende Resultate hätte erwarten müssen, angestellt wurde. Lebensweise. Flug und Begattung. Ablegen der Eier. 11 ihre verscliiedeneii Zustande mehr an gewisse Zeiten gebunden, was wahrscheinlich daher kommt, dafs ihnen nicht so häufig der Schutz der Rinde für Eier und Larven zu Theil wird, wie z. B. vielen Kä- fern, denen es einerlei ist: ob sie als Larven oder als Puppen oder als Käfer ttberwinteru. Und wenn bei grofser Vermehrung einer Art, z.B. des Spinners (s. dort Leb. am Ende), auch häufige Abweichungen von der Regel vorkommen (deren Gründe z. B. auch beim Spinner in Erwägung gezogen wurden), so wird man doch nie in einem und demselben Jahre zweimal eine vollständige Brut sich entwickeln sehen. Es wird eine solche doppelte Generation zwar von vielen Schriftstellern, selbst von den erfahrenen Ochsenheimer und Treitschke, Bechstein u. A., häufig angenommen, allein ich habe mich oft ge- nug von dem Nichtvorhandensein einer solchen überzeugt und weifs auch, woher jene Täu.schungen gekommen sind. Wenn man nämlich z. B. von Painlio Pohjcliloros im Mai und wieder im Juli flie- gende Falter sieht, so rühren die ersteren als überwinterte Falter vom vorigen Jahre her und die letz- tern gehören nur der Brut des laufenden Jahres (s. auch Th. L S. 108. No.1.5.). Eine doppelte Gene- ration würde meiner Meinung nach auch in den günstigsten Jahren nicht einmal als Ausnahme Statt finden können. Wohl aber kommt eine verzögerte einfache als Ausnahme vor. Dahin gehört die neuer- lich bekannt gewordene Überjähi-igkeit der Kienraupen (s. dort Leb. am Ende), so wie auch das Üeber- liegen von Puppen von Sph'nix jii'iasfri, Bombijx lanestris u. A. Etwas Ähnliches, nur in noch auffal- lenderem Maafse, haben wir ja auch bei den Kiefern-Blattwespen. III. Flug und Begattung. Die Flugzeit der Falter, der kürzeste Zeitabschnitt des Daseins des Insects, zeigt so auffallende Verschiedenheiten, wie nirgends anders. Die Forleule fliegt schon im März und April und der Winterspanner gewöhnlich erst im November! Dazwischen haben wir nun fast zu allen Zeiten einen Flug: im Mai den Kiefernknospen- Wickler, im Juni den Kiefernspannei", im Juli den Kiefernspinner, im August die Nonne und im September gewöhnlich erst den Prozessionsspinner. Da- gegen fliegt pinivora , sie sich zu derselben Zeit wie processionea verpuppt, erst im folgenden April. Zu den wichtigsten Eigenthümlichkeiten gehört die Auswahl der Flugzeit, indem die Tagfalter {Papilio) nur bei Tage, die Dämmerungsfalter {Sphinx) nur in der Abenddämmerung und die Naclitfalter {Pha- laetia) meist nur mit dem Einbruch der Nacht fliegen. Unter den letzteren kommen die meisten Ausnah- men vor, denn pinktria z. B. fliegt lieber bei hellem Sonnenschein als in der Nacht. Gewöhnlich geht gleich nach dem Fliegen auch die Begattung vor sich und nur zuweilen wird dieselbe durch das Üeber- wintern der Schmetterlinge verzögert. Bei den meisten Tagfaltern wird sie jedoch, nachdem Männchen und Weibchen sich erst eine Zeit lang in der Luft herumjagten und dicht an einander flogen, nach Art der copula bei den Käfern vollzogen. Bei den Nachtfaltern aber nähern sich die Männchen, nachdem sie die Weibchen einige Zeit umflatterten, den letztern rückwärts mit den Hinterleibsenden und bleiben in dieser Stellung, meist mit zusammengeschobenen Flügeln, oft die ganze Nacht hindurch hängen, ja selbst noch den andern Tag. Sie gleichen in dieser Stellung so sehr der Rinde, an welcher sie sitzen, dafs man sie beim Sammeln leicht übersieht, wenn man die Erscheinung nicht genau kennt. Man mufs daher auch die Arbeiter darauf aufmerksam machen (daher auch Fig. jP" auf Taf. VII.). IV. Ablegen der Eier. Dies erfolgt entweder unmittelbar nach der Begattung, wie ich dies beim Spinner gesehen habe, oder es verzögert sich noch einige Tage, selten aber über 8 Tage. Die damit im Zwinger angestellten Beobachtungen geben für den Vorgang im Freien keine völlige Sicher- heit, und im Freien sind desfallsige Untersuchungen leider gar nicht mit Sicherheit auszuführen, weil das Weibchen gewöhnlich nach der Begattung noch herumfliegt und nicht gleich legt. Ich habe mir öfters die Stelle gezeichnet, an welcher ich den Spinner oder die Nonne in copula fand, aber nach einigen Stunden, oder doch wenigstens den andern Tag, waren die Schmetterlinge verschwunden und Eier wa- ren nicht zurückgeblieben. Durchschnittlich wird man annehmen können: dafs 2-3 Tage nach dem B2 12 Allgemeiner Theil. Ausschlüpfen der Falter aus der Puppe es noch Zeit ist sie zu tödten, um der Entstehung von Brut vorzubeugen. Den Beweis dafür, dafs man bei einer sofort unternommenen Vertilgung der Schmetter- linge nicht zu spät kommt, hat man in der erfolgreichen Anwendung dieses Mittels beim Spinner und bei der Nonne (s. dort Begegnung). Manches allgemein Wichtige bietet nun uocii die Art und Weise des Ablegens und der Ort der Ablage dar. Manche Falter legen nämlich ihren ganzen Eiervorrath an einer Stelle ab, wie z. B. der Ringelspinner und die sogenannten Schwammspinner. Die meisten und wichtigsten Forstschmetter- linge verschleppen sie dagegen, namentlich der Spinner, die Nonne, die Eule, der Spanner u. A. Von den letztern findet man immer nur 10-50 Eier beisammen. Auch die Eier des Spinners habe ich nie alle (150-200) beisammen gesehen. Die Nester der Nonne zeigen wohl hier uud da 150 Eier oder später Räupchen, aber viel häufiger findet man doch nur kleinere Partien von 10-50 Stücken und diese liegen in der Regel in geringer Entfernung von einander und oft in Einer Linie, so dafs schon daraus ersichtlich ist: das Weibchen sei nach dem ersten Lege- Act weiter fortgerückt und habe denselben öf- ter wiederholt. Dagegen liegen die Eier von Einem Weibchen der dispar gewöhnlich auf Einem Hau- fen. Zu den interessantesten Zügen des thierischen Instincts gehört noch das Überziehen der Eier mit einer harten, gummösen Masse oder mit der Afterwolle — sogenannte Schwammeier von Bomhijx dispar und chrysorrhoea — . Irgend eine weise Absicht mufs doch die Natur haben. So leicht ist dieselbe aber nicht erforscht, denn wenn wir auch glauben möchten, dieser Wollüberzug diene den Eiern als Schutz gegen Witterung, so wird dies dadurch widerlegt: dafs ein solches Schwammnest (von dispar) überwintert, das andere (von chrysorrhoea) aber nicht. Warum bekämen denn auch die Eier des Baumweifslings , welche mit den letztern zu gleicher Zeit gelegt werden und zu gleicher Zeit fast auskommen, einen solchen Überzug nicht? Eben so viel Gesetzmäfsigkeit, wie in der eben angegebe- nen Ökonomie zu finden ist, eben so viel findet sich auch in dem Ablageorte der Eier. Einige, wie die Eule und der Spanner, legen nur an die Nadeln. Andere, wie der Prozessionsspinner, der Bürsteu- spinner, Schwammspinner, legen nur an die Rinde der Stämme oder Äste, und der Ringelspinner uud Rüsternfalter nur um die jungen Zweige herum. Die Nonne legt fast immer an die Rinde, zuweilen aber auch an die Nadeln oder in seitneu Ausnahmsfälleu (wahrscheinlich wenn sie verunglückt) in eini- ger Entfernung vom Baume auf das Moos. Beim Spinner finden wir ziemlich eben so viele Eier an den Nadeln des Unterholzes als an den Ästchen uud der Stammrinde. V. Aufenthalt und Gewohnheiten der Raupen. Die Räupchen zeigen schon gleich beim Ausschlüpfen aus den Eiern manche, für den Forstmann sehrbeachtenswertheEigenthümlichkeiten. Einige, wie die meisten Wickler und Motten, Geotnetra br-umatra u. A., finden gleich beim Ausschlüpfen gedeck- tenTisch. Andere, wie unsre wichtigsten Kiefernspinner, derProzessionsspinneru.A., müssen es sich schon saurer werdenlassen, ehe sie zum Futter gelangen. Die jungen Kienräupchen, die Prozessionsspinner, Ringel- spinner u. A. halten sich nicht lange bei den zerbrochenen und halbverzehrten Eischaalen auf, sondern wandern spätestens am zweiten oder dritten Tage baumaufwärts. Mehrere andere dagegen, und unter ihnen besonders die Nonnenräupchen, verweilen ungewöhnlich lange, selbst beim schönsten Wetter 4-5 Tage, neben ihrer Geburtsstätte, so dafs man Zeit genug hat, die zu dieser Zeit sehr Kenntlichen selbst in gröfseren Beständen mit Bequemlichkeit zu vernichten. Was kann sie so lange an diese Stelle fes- seln? Zu schwach können sie sich doch nicht fühlen, ihre Geschäfte gleich anzutreten, da doch andere eben so schwache Räupchen gleich dazu geschickt sind. Ein anderer bemerkenswerther Zug in der Lebensweise der Raupen ist die Geselligkeit einiger. Bis zur Verpuppung behalten diese nur we- nige bei. Die Prozessionsspinner bleiben so lange gesellig zusammen, bis sie sich auch gemeinschaft- lich verpuppen können. Die Raupen der lanestris gehen schon etwas früher, kurz vor ihrer Verpup- Aufenthalt der Puppen. Begünst. od. hemmende Einflüsse. 13 pung, auseinander. Die Ringelspinner leben nur bis zur dritten Häutung ge.sellig und die Baumweifs- ling-Raupen zerstreuen sich nocli früher. Diese geselligen Raupen liaben auch sämmtlich ein bedeu- tendes Spinnverniögen und benutzen es, um zur Zeit der Häutung oder bei schlechtem Wetter sich ein schützendes Zelt zu bereiten. Wenn die Raupen überwintern, wie das doch bei einigen in der Regel, bei manchen der als Eier überwinternden — Weidenspinner, Nonne — auch als Ausnahme der Fall ist, so zeigen sie da auch wieder ihre Eigenthümlichkeiten. Die Kienraupe, wenn sie auch noch so klein und schwach ist, be- gnügt sich, unter das Moos zu gehen. Die Räupchen des Goldafters und Baumweifslings ziehen es aber vor, sich gesellig in trockne Blätter einzuspinnen und geben uns so Gelegenheit, sie mit einem Schlage zu tilgen. Manche kriechen vor der Verpuppung von den Bäumen, wie Spinner und Nonne, andere, wie Spanner und mehrere Wickler, lassen sich an Gespinnstfäden herunter und kriechen noch lange unruhig an der Erde umher. VI. Aufenthalt der Puppen. Die Verpuppung geht entweder unmittelbar am Orte des Fra- fses vor sich, wie beim Kieferntrieb-, Kiefernkuospeu-, Harzbeuleu- Wickler u. A., oder sie erfolgt, we- nigstens zum gröfsten Theile, entfernt davon. Wenn z. B. auch eine Menge Raupen des Spinners und der Nonne in der Krone der Bäume bleiben, so kommen doch die meisten zur Verpuppung herunter und wir bauen darauf eine Vertilgungsmafsregel. Von der Eule und dem Spanner bleibt auch nicht eine Puppe auf dem Baume. Diese letzteren wählen auch, eben so wie einige andere, beständig das Lager unter dem Moose oder gar in der Erde selbst. Andere gehen aber dahin gar nicht, obgleich sie des Schutzes eben so gut bedürftig wären, wie jene. Nonnen und Spinner bleiben meist am Stamme. Goldafter, Schwammspinner, Baumweifsling u. A. sitzen als Puppen an den Bäumen, Zäunen, Mauern u. dergl. Der Cocon, welchen einige um sich haben, kann auch wohl nicht allein des Schutzes wegen da sein, denn sonst hätte auch z. B. die Nounenpuppe, welche nur von losen Fäden umgeben wird, Anspruch darauf. Vierter Abschnitt. BEGÜNSTIGENDE ODER HEMMENDE EINFLÜSSE. Im Allgemeinen nimmt man an, dafs die Falter, wie die Insecten überhaupt, begünstigt werden 1) durch Wärme, 2) durch einen Überflufs geeigneter Nahrung, 3) durch den Mangel an Inserctenfeinden und 4) durch eine, der Art eigenthümliche Fruchtbarkeit. Obgleich es danach scheint, als wenn uns schon alle, die Insectenvermelirung begünstigenden Umstände bekannt wären, so ist dies in der That doch keinesweges der Fall, denn es tritt oft Insectenfrafs ein, wo wir ihn, trotz unserer vermeintlichen Kenntnisse, nicht vermuthen, und umgekehrt fehlt er zuweilen wieder dann, wenn wir ihn zu erwarten uns berechtigt glauben. Wir müssen daher annehmen, dafs der Natur auch noch andere Mittel zu Ge- bote stehen, uns diese Plage unerwartet zu senden, dafs vielleicht imponderable Stoffe, wie Electricität, noch einen Einflufs üben. Einiges Gewicht erhält diese Meinung durch die bekannte Erfahrung der Einwirkung häufiger und starker Gewitter auf Insecten und andere Thiere (s. Maikäfer, Forleule und Nonne). Auch sind es wahrscheinlich die oben angegebenen Momente, welche die Insecten begünstigen sollen, nicht an und für sich, sondern es kommt gewifs auch sehr darauf an: wie und wann sie wirken. So ist namentlich der Augenblick gewifs zu berücksichtigen, in welchem die begünstigenden oder widrigen Einflüsse wirken. Es kann z. B. bei einer scheinbar sehr widrigen Witterung doch ein Insect prosperiren, wenn es nämlich von derselben nur in den wichtigsten Perioden seines Lebens zufällig verschont wird. Im Jahre 18.38 gedieh die Nonne trotz einer lange anhaltenden, beispiellos schlechten Witterung. Es 14 Allgesieiner Theil. waren aber die Apriltage, in welchen die Riuipchen entschlüpften, schön gewesen, und die letzte Hälfte des Juni, in welcher die Raupe ihre wichtigsten Häutungen übersteht und am Meisten wächst, hatte eine ungewöhnliche Wärme und gleichmäfsige Witterung gehabt. Nun konnten dem lusect weder die kalten, regnichten Julitage, in welcher das völlige Wachsthum erfolgte, schaden, noch der stürmische und nasse August, in welchem die Weibchen ungestört ihre Eier ablegten. Wenn man daher Tempe- ratur- und Witterungs-Angaben machen will, aus welchen das Gedeihen oder Kümmern der schädlichen lusecten ersehen werden soll, so ist es nicht hinreichend, die klimatischen und meteorischen Erscheinun- gen vom Frühling, Sommer, Herbst und Winter summarisch zu geben, .sondern sie müssen wälirend dieser verschiedenen Jahreszeiten nach Monaten, im Sommer sogar nach Wochen verzeichnet werden, damit man die einzelnen Zeiten des Fluges, der Eierlage, der wichtigsten Häutungen und der Verpup- pung eines Insects daraus erkenne. Hennert {Raiqienfr. u. Windbr. S. 62.) hat schon Witterungs- tabellen gegeben, selbst mit datis vom J. 1501 an. Er zieht daraus den Schlufs, dafs unter den 20Ma- len, wo die Raupen in besonderer Menge sich in den Forsten eingefunden hatten, 4 Sommer kühl, 10 warm, 7 aber trocken und heifs gewesen wären. Er bleibt sich aber in seinen Schlüssen nicht con- sequent, denn, während er in den meisten Fällen nur die Temperatur der Frafsjahre berücksichtigt, geht er in dem sehr rauhen Frafsjahre 1782 auf das Jahr 1781 zurück, um in dessen Wärme die Ur- sache des Frafses zu suchen. Hätte er das bei den übrigen Frafsjahren eben so gemacht, so würde er auf grofse Widersprüche gestofsen sein. Denn in jenen finden sich unter den Angaben mehr un- günstige für seinen Zweck als günstige, d. h. gelinde Winter, kalte Frühjahre und Sommer. Es bedarf ■wohl kaum einer Frage, dafs man die Begünstigung eines Frafses nicht in dem Frafsjahre selbst, son- dern schon in dem vorhergehenden suchen mufs, namentlich beim Spinner und der Nonne, die immer schon vor dem ersten Frafsjahre in grofser Menge, theils in Eiern, theils schon in jungen Raupen vor- handen sind. Die begünstigenden Einflüsse der Wärme auf Entwickelung und Frafs, welche Hr. Re- gener bei der Kienraupe genau beobachtete, sind dort ausführlich verzeichnet. Die begünstigenden Ein- flüsse der Wärme und die hemmenden der Kälte kenneu wir übrigens schon lange und benutzen die- selben oft zu unsrem Vortheil. So z. B. werden in späten Jahren die Eier des Seidenspinners in küh- len Räumen so lange zurückgehalten, bis der Laubausbruch der Maulbeerbäume den Seidenwürmern Nahrung verspricht. Zweitens ist hier noch der geeigneten Nahrung zu erwähnen, welcher das Insect zu einer ungewöhnlichen Vermehrung bedarf. Geeignet nennt man sie, wenn sie der Natur der Raupe am Meisten zusagt. Einmal können wir ihre geeignete Beschaffenheit in der Örtlichkeit, auf welcher das Holz sich findet, suchen, alsdann aber auch in einer temporären, durch ungünstige Witterungsein- flüsse herbeigeführten TJmstimmung der Vegetation. Anhaltend trockne Jahre können schon aus dem Grunde eine Menge von Insecten begünstigen. Im Allgemeinen hängen aber die Monophagen (also haupt- sächlich die Nadelholzfresser) mehr davon ab, als die Polyphagen, weil die letzteren in der Auswahl ihrer Nahrungspflanzen nicht so sehr eigen zu sein brauchen. Drittens führten wir als begünstigendes Moment das sparsame Vorhandensein der Insecten feinde an. Man hat diesen Einflufs in vielfacher Beziehung in Zweifel gezogen. Einige wollenden Vögeln, Säugethie- ren, Ameisen u. dergl. (Räubern) nicht das gebührende Recht widerfahren lassen, und Andere streiten wieder gegen den vertilgenden Einflufs der Ichneumonen (Schmarotzer). Auch hier ist die Mittelstrafse die beste. Man darf auf beide nicht Alles geben, man darf aber auch ihre Wirksamkeit nichtganz in Zweifel ziehen. Es ist doch schon genug, dafs die Räuber die schädlichen Insecten während vieler aufeinander folgenden Jahre in Ordnung halten, und es wäre unbillig zu verlangen: dafs sie es auch thun sollen, wenn die Insecten- vermehrung einmal, durch ungewöhnliche Ereignisse erzeugt, über seine normalen Grenzen hinaus ge- gangen ist. In diesem Falle wird ihre Hilfe nie ausreichen, selbst wenn alle die Nachstellungen gegen Begünst. od. hemmende Einflüsse. 15 diese nützlichen Tliiere, welche man dem Menschen mit Recht vorwirft, wegfielen. Sie helfen aber auch oft hier noch so viel sie können, wie das z. B. Niemand längnen wird, der das Zusammenziehen von Krähen und andern Vögeln, von Schweinen besonders, in raupenfriifsigen Gegenden beobacJitet hat. Das ist schon genug, um sie des Schutzes würdig zu erklären, denn es wäre thöricht, sie defshalb, weil sie dann und wann einen Raupeufrafs aufkommen lassen, für ohumächtig zu halten und sie nun allen Nachstellungen ruhig zu überlassen (*). Den Schmarotzern (Iclineumonen und Fliegen) hat man viel mehr Gerechtigkeit widerfahren las- sen, ja, wie ich glaube, allermeist zu viel. Man begnügt sich nicht damit, die Wirksamkeit derselben bei Gelegenheit eines Raupenfrafses zu beweisen, sondern man will auch durchaus, dafs sie keinen Rau- penfral's mehr aufkommen lassen sollen (s. Raupenzwinger bei Begegnung). Dabei wird aber nicht be- dacht, dafs hier ein ganz anderes Verhältnifs wie bei den räuberischen Vögeln und Säugethieren ein- tritt. Diese sind von einem Raupenfrafs ganz unabhängig, die Schmarotzer aber nicht. Diese werden erst in Menge durch einen Raupenfrafs hervorgerufen. Wie sollen sie also einem solchen vorbeu- gen können?! Wenn man ihnen einen Nutzen einräumen will, den sie unverkennbar haben, so besteht dieser nur darin; Ohne sie würde die Menge von Raupen bei einem Frafse nocii gröfser sein und der letztere würde sich viel weiter ausbreiten. Eine Menge von Raupen, welche im ersten und zweiten Frafsjahre noch fruchtbare Schmetterlinge geliefert und zu zahllosen Nachkommen mehr Aulafs gegeben hätten, werden durch sie getödtet. Aber einen auf einem kleinen District wütheudeu Raupeufrafs kön- nen sie nicht unterdrücken und werden es auch nie können. Eine andere Frage ist es: Ob sie an dem Aufhören eines Raupenfrafses allein Schuld sind, oder ob dabei noch andere Ursachen mitwir- (*) Ich lasse mich nicht weiter auf fliesen, mit so grofser Heftigkeit geführten, Streit ein, imd führe nur noch die gewifs nicht z\i verwerfenden Autoritäten, welche ich neuerlich kennen gelernt hahe, an. Auf das Kräftigste spricht sich der vielerfahrene Lenz (Gemeinmit:i(/e Natitrgesc/i. Bd. IV. Abth. 1. S. VIII. Vorrede) darüber folgender Ha- lsen aus; „Was ist Schuld an der allzugrofsen Vermehrung des schädlichen Ungeziefers? Die von Jahr zu Jahr zu- nehmende Verminderung derjenigen Vögel, welche der Schöpfer zur Vertilgung des Ungeziefers bestimmt hat. Jeder alte Beobachter und insbesondere jeder alte Vogelsteller hat diese Verminderung schon lange mit Verdrufs bemerkt. Und was ist Schuld an der Verminderung jener Vögel? Erstlich die Verminderung der Waldungen, welche sich leicht durch Anpflanzung von Obstbäumen auf Wiesen und Triften, so wie durch Vermehrung der lebendigen Zäune würde ersetzen lassen. Zweitens die vielen Kaubvögel. Drittens das viele Wegfangen." Er geht nun nach der Reihe durch: wie man dagegen einschreiten müsse (s. Begegnung), und zeigt mit ungewöhnlicher Sachkeuntnifs: welche Gründe aller- dings dafür sprechen, dafs in neueren Zeiten die Vertilgung nützlicher Vögel mehr als je überhand genommen hat und welche Schliche und Pfiffe benutzt werden, um den bestehenden Verboten zuwider zu handeln. In einem Vormittage, sagt er, werden oft 5 Vögel, da wo sie ihre Nester haben, weggefangen und 5 Brüten sind mit einem Male zerstört! Der Vogelfänger hat über 3 Thlr. gewonnen und setzt gewifs Alles daran, die leichte Arbeit je eher je lieber zu wie- derholen. Eben so kräftig wie Lenz redet Hr. Dr. Waguer, der verdiente Beobachter der giftigen deutschen Schlan- gen, den nützlichen Säugethieren und Vögeln das Wort (Allij. Anzeig. u. National:, d. Deutsch. Bd. I. S. 101 n. f.): „Nur seit den letzten 20 Jahren, sagt er, fingen hier die Kiefernraupen an, gröfsere Verheerungen auszurichten" u. s. f. „Vor 40 Jahren, fährt er (S. 103) fort, prangten die Forsten kerngesund und hatten ohne Forstsohutz gegen Raupen und Käfer ein Alter von 100—300 Jahren und mehr erreicht" u. s. f. Er zählt darauf in sehr anziehender Schilderung alle die vier- und zweibeinigen unbezahlten Forstbeschützer auf, welche nur durch unsere Schuld verschwunden seien. Das ist aber ein gewöhnlicher Irrthum der Laien. Denn einmal haben wir jetzt noch recht stattliche Wälder, und wenn sie nicht mehr Urwälder sind, wie ehedem, so liegt das in dem wohldurchdachten Plane der Forstmänner. Alsdann ist es auch durchaus nicht gegründet, dafs ehedem weniger Raupen- und Käferfrafs geherrscht habe. Im Gegentheil, es war ehedem noch viel ärger. Mau lerne nur die Chroniken kennen (s. Forstl. Bed. u. Chronik in diesem Bande u. Bd. I. S. 149.). In sofern stimme ich ihm aber vollkommen bei : als die Nachstellung nützlicher Thiere jetzt gröfser ist als je. Könnte man sie ganz verhindern und zur Vermehrung von Säugethieren und Vögeln beitragen (s. Begegn.), so würden wir vielleicht noch seltener grofsen Raupenfrafs haben, als es ohnedies der Fall ist. 16 Allgemeiner Theil. ken? Man ist fast allgemein der Meinung, dafs nur die Schmarotzer es sind, welche so häufig ei- nen Raupenfrafs beenden, und zwar aus folgenden Gründen: 1) Die Schmarotzer besäfsen eine so grofse Fruchtbarkeit, dafs sie die weniger fruchtbaren Schmetterlinge bald überflügeln müfsten. 2) Das Aufhören eines Raupenfrafses erfolgte gewöhnlich in einem dreijährigen Cyclus (s. z. B. Bomhyx Pini forstl. Bed. u. Chron.) und wenn derselbe länger dauerte, so war die Schmarotzererzeugung durch ir- gend einen Zufall (z. B. widrige Witterung, welche die Raupen noch nicht, wohl aber die zarten Ichneumonen und Fliegen zu tödteu im Staude war), gestört. Ich glaube aber nicht, dafs es dabei ohne Täuschungen abgegangen ist. Auch hat man sich zu sehr an die Form der Erscheinung gehalten und zu wenig das Wesen derselben berücksichtigt. Wenigstens gebe ich Folgendes dabei zu bedenken: Ist denn die grofse Fruchtbarkeit der Schmarotzer bei allen Arten derselben zu bemerken ? Gewifs nicht ! Nur die in einigen wenigen Raupen und Puppen, namentlich des Spinners, lebenden (s. dort) sind so fruchtbar, von vielen andern aber, z. B. den in der Nonne, Eule u. A. lebenden, ist dies durchaus nicht bekannt, und wenn wir bei einem Frafse so erstaunlich viel Schmarotzer in den Puppen finden, so müssen wir auch nur die beachten, welche ohne Schmarotzer ausgestorben sind. Ich habe eine grofse Menge kranker Raupen, z. B. der Nonne, zergliedert und in vielen keine Spur von Schmarotzern gefunden. Es ist auch bis jetzt noch kein einziger Schmarotzer bei der Nonne bekannt geworden, der so fruchtbar wäre wie mehrere der beim Spinner beschriebenen. Überdies ist es nicht unwahrschein- lich, dafs die Schmarotzer am Liebsten kranke Raupen anstechen und dafs die zunehmende Menge der ersteren eine immer mehr um sieh greifende Epidemie der letzteren verräth. Eine interessante Beobachtung des Hrn. Zimmer spricht sehr dafür. Er hatte eine grofse Menge eben ausgekommener, kleiner Ichneu- monen (Mtcrogaster reconditus) mit Kienraupen, die im Glaszwinger waren, zusammen gesperrt. Den 17. Septbr. Vormittags waren sie ausgekommen und Nachmittags fielen sie schon über die Raupen her und stachen die ängstlich und rasch umherkriecheuden an, und zwar mehr nach vorn, nach dem Kopfe hin. Die Raupen blieben im Winter in der warmen Stube. Aber merkwürdig! Aus keiner einzigen Raupe entwickelte sich Microgaster. Die meisten verpuppten sich im December. Aus 4 Puppen schlüpf- ten Falter aus, die meisten aber gaben den grofsen Ichneumon (Ojihion) circumflexvs. Die meisten Raupen hatten sich gar nicht verpuppt, sondern wurden von Tachinen entbunden. Die kleinen Mi- krogasteren hatten also, obgleich ihnen die Wahl zwischen gesunden und kranken blieb, nur die letzte- ren gewählt, hier aber, da diese schon besetzt waren, für ihre Brut keine Nahrung gefunden. Sollte dies nicht darauf führen, dafs eine grofse Menge von Raupen und Puppen — wenn ich auch uicht sagen will, alle^ — auch ohne die Schmarotzer gestorben wären? Höchstwahrscheinlich! Denn es wirken hierbei gewifs noch dergleichen Umstände mit, welche die unendliche Vermehrung anderer Thiere, wie Mäuse, Hamster u. s. f., ohne dafs diese doch einer Art von Schmarotzern erlägen, hemmen. Wir ken- nen sie nur noch nicht ordentlich, dürfen aber vermuthen, dafs die mancherlei Widerwärtigkeiten, wel- che diese Thiere während einer grofsen Ausbreitung erfahren, darauf hinwirken. Wir sehen, dafs das beste und geeignetste Futter bald vergriffen ist, dafs die Raupen, um nicht Hungers zu sterben, bald genöthigt werden, die Überreste zu nehmen, welche ihre Vorgänger gelassen haben, so dafs sie zuletzt die harte Rinde benagen, den Unterwuchs abfressen und dann doch kaum ihr kümmerliches Leben bis zur Verpuppung fristen. Wäre es da ein Wunder, wenn ein Frafs auch einmal ohne Ichneumonen aufhörte ? Sollte man nicht meinen, die gütige Natur schicke die Schmarotzer nur, um den Raupen den Hungertod zu ersparen (*)? (*) Es ist der Mühe doch nicht ganz unwerth, zu untersuchen: welche Ahsicht die Natur wohl bei der Erschaffung und ungeheuren Fruchtbarkeit dieser Thiere gehabt habe. Gewifs ist es fern von ihr, die Raupen dadurch im Zaume Kkankheitex txd Feinde. 17 Es liefse sich noch gar viel über den Gegenstand sagen. Er ist aber noch nicht hinlänglich durch wiederholte, unbefangene Beobachtungen im Freien vorbereitet, als dafs wir ihn ganz erschöpfen könnten. Seit einiger Zeit hat sich jedoch die Aufmerksamkeit so Vieler darauf gewendet, dafs wir bald mehr Aufklärung darüber zu erhalten hoffen düi'fen. Meine Einwürfe, wenn einige auch wirklich un- gegrüudet sein sollten, werden gewifs den Nutzen haben, dafs sie zu neuer unpartheiisclier Überlegung die von der Sclimarotzer-Tlieorie ganz Hingerissenen auffordern. Davon glaube ich aber das Publicum in diesen Blättern überzeugt zu haben: dafs eine künstliehe Schmarotzer- Vermehrung uns nicht helfen kann, weil sie olme Raupenfrafs unausführbar ist (s. Raupenzwiuger bei der Vertilg.) und dafs die Na- turgeschichte dieser Schmarotzer daher nie grofsen Einilufs auf die Praxis haben wird, dafs wenigstens eine genaue Kenntnifs der Arten nicht vom Forstmanne zu verlangen ist. Ich habe mich dennoch ent- schlossen die wichtigsten, weil sie jetzt so häufig besprochen werden, den wichtigsten Faltern beizu- fügen. Das Weitere bei diesen und in dem folgenden Abschnitt über Krankheiten und Feinde. Viertens gehört zu den begünstigenden Einflüssen einer grofsen Raupenausbreitung auch noch die Fruchtbarkeit der Schmetterlinge. Wo diese fehlt, wie bei den von jeher als unschädlich anerkann- ten (s. Tabelle III.), da kann auch nie grofse Raupenvermehrung Statt finden. Es mag indessen Falter ge- nug geben, die eine eben so grofse Menge von Eiern wie die schädlichen legen und die doch nicht schäd- lich werden, weil ihre Eier oder die auskommenden Räupchen zu vielen Widerwärtigkeiten ausgesetzt sind. Wir müssen daher annehmen, dafs unsere schädlichen diese leichter zu überwinden im Stande sind. Diejenigen, welche nicht so häufig überhand nehmen, wie z. B. der Rothschwanz, können dies nicht so leicht, als z. B. die Nonne oder gar der Spinner. Audi hier giebt es noch viel Räthselhaftes. Warum wird z. B. der Kiefernschwärmer nie so häufig wie die mit ihm zu gleicher Zeit und an dem- selben Orte fressende Kienraupe ? Sollte hier nicht auch ein Mangel an Eiern, oder doch an fruchtba- ren, die Schuld tragen? Fünfter Abschnitt. KRANKHEITEN UND FEINDE. Die früheren Zustände der Lepidopteren, namentlich die Raupen, haben von Krankheiten mehr zu leiden, als andere Insecteu. Es ist daher gar nicht selten, dafs ein Raupenfrafs, noch ehe er seinen halten zu wollen. Gewifs folgt sie auch hier nur ihrem grofsen Gesetze: ein aufgehendes Lehen aus einem untergehen- den andern hervorzurufen. Man sieht dies deutlich daraus: dafs der Nutzen, welchen die Schmarotzer und Räuber nach unserer Meinung stiften sollen, sehr oft wieder dadurch aufgehoben wird, dafs sie sich einander selbst bekriegen. Man erzieht häufig aus Ichneumonen und Fliegen andere Ichneumonen. Hr. Th. Hartig (Jahresber. Jahrg. I. H. 2. S. 253.) führt allein aus Mikrogasteren 6 solche Schmarotzer auf und sagt, dafs sie mitunter in solcher Menge vorkämen, dafs mau nicht selten gar keine Mikrogasteren, sondern lauter Feinde derselben erziehe. Hr. Zimmer beobachtete ebenfalls, dafs die kleinen Schmarotzer der Kienraupe, nachdem sie die Gegend von letzterer gesäubert hätten, völlig vernichtet wor- den wären. Ich habe die Larveu von Calosoma Sycoplianta mit Hunderten von Schmarotzerlarven angefüllt gefunden (Th. I. S. 7.) und zwar desto mehr, je gröfser der Raupenfrafs und die Raubkäfermenge war. Ich habe mehrmals im Freien gesehen, dafs Calosomenlarven einander auffrafsen. Bei dem Nonnenfrafse unserer Gegend waren schon im zweiten Frafssommer die kleineu einsamen Mikrogasteren so stark von Pteromalinen befallen, dafs im dritten gewifs kein einziger durchkommen wird. Diese Rücksicht sollte uns wohl noch mehr zum Nachdenken über die vorgeschlage- ne, künstliche Schmarotzer-Vermehrung auffordern! Wer weifs denn, ob wir nicht grade nach den Zwingern die Feinde der Schmarotzer hinlockeu und hier zur gänzlichen Ausrottung der nützlichen Ichneumonen und Fliegen bei- tragen würden? Wenigstens haben uns die zuverlässigen Nachrichten derer, welche Raupenzwinger anlegten, noch keine gute Meinung von der Wirksamkeit der letzteren beibringeu können. Band II. C 18 Allgemeiner Theil. dreijährigen Cyklus vollendet hat, durch eine augenscheinliche Epizootie beendet wird. Über die nä- heren Ursachen dieser Krankheiten, ihren Sitz u. dergl. sind wir zur Zeit aber noch gänzlich im Dun- keln. Es möchte auch ganz unmöglich sein, eine Insecten-Pathologie mit der Sicherheit zu gründen, wie eine Pathologie der Wirbeltliiere. Bei den Insecten sind die Innern Organe schon viel mehr ver- einfacht, namentlich ist das Kreislanfssystem, welches bei den Krankheiten der AVirbelthiere eine so wichtige Rolle spielt, schon sehr tief gesunken. Wir können daher bei den Insecten weder von Ent- züuduugs- noch von Nervenkraukbeiten reden. Ein Nervensystem haben sie allerdings, auch hat dies sogar mit dem der höheren Thiere noch mehr Ähnlichkeit wie das Gefäfssystem beider. Aber ohne rege Gefäfsthätigkeit ist auch keine Nerventhätigkeit denkbar! Dife Krankheiten der Insecten lassen sich also, meiner Meinung nach, sämmtlich auf Störungen in den Verdauuugsorganen und auf gestörte Haut- thätigkeit zurückführen. Die Erfahrungen beweisen dies. An Nervenschwäche, Reizbarkeit, Echauife- ment u. dergl. leiden die Raupen nie, wohl aber sehen wir, dafs ihnen schlechtes Futter übel bekommt und dafs sie von Nässe und Kälte leiden, und zwar desto mehr, je nackter sie sind. Die Beziehung der Hautthätigkeit zu den Verdauuugsorganen ist allgemein bekannt und sie fehlt den Raupen gewifs niclit, ja es läfst sich annehmen, dafs die Verderbnifs der Eingeweide, welche wir gewöhnlich bei sol- clien Epizootien wahrnehmen, meist eine secundäre ist, indem ihr eine Lähmung der gekränkten Haut, deren Thätigkeit nun der Darmkanal übernehmen mufste, voranging. Doch genug davon. Über ein- zelne äufsere Erscheinungen an kranken Raupen habe ich noch bei Bomhyx Piiii, Moiiachci, Noctua piniperda etwas mehr beigebracht. Die entfernteren Ursachen der Krankheiten sind deutlicher. Anhal- tend widrige Witterung, mangelnde oder schlechte Nahrung, Verletzungen durch Feinde u. dergl. treten am Meisten hervor. Öfters ist es aber höchst auffallend, dafs ein durchaus örtliches Viehsterben bei den Ranpen eintritt. So fand Hr. Grafshoff am 11. Juli 1838 in mehreren 25— 35 jährigen, geschlosse- nen Stangenhölzern sämmtliche Eulenraupen in einzelnen kleinern und gröfsern Horsten todt und an den Nadeln aufgetrocknet, während unmittelbar daneben, wo weniger Raupen vorhanden gewesen 'wa- ren, keine einzige todte sich fand. Ein Gewitter, meint Hr. Grafshoff, welches vor 3 Tagen vor- übergezogen war, oder ein am vorigen Tage vorhergegangener Frost, konnten doch nicht die Ursachen gewesen sein, weil sonst alle Raupen in der ganzen Gegend dadurch hätten getödtet werden müssen. Vom Froste weifs man es doch aber, dafs er hier und da an den Gewächsen höchst auffallende, lo- cale Zerstörungen im Frühlinge anrichtet. Sollte eine solche, in Folge eines besonderen Striches des Frostes, einer Einsenkung oder dergl. herbeigeführte doch nicht auch hier bei dem Insect gewirkt haben? Im J. 1839 machte Hr. v. Zyc hl insky der Königl. Regierung die Anzeige, dafs die Nonnenraupen in seinem Reviere im Juli todt unter den Bäumen gefunden worden seien, ohne dafs man den Grund hätte erforschen können. Bekannter als die eben angeführten Krankheiten sind die durch die I n s e c t e n f e i n d e (s. S. 14.) ange- richteten Zerstörungen. Man hat neuerlich sogar, wiewohl nur als Seltenheit, Wurmkrankheiten der Raupen kennen gelernt. Hr. Graff erhielt im J. 1837 eine ganze Portion feiner, langer Filarien aus Tinea evoiujmella und Bombyx chrysorrhoea. Die Insectenfeinde theilt man im Allgemeinen, wie schon angegeben, in Räuber und Schmarotzer. Die Räuber tödten ihre Beute auf der Stelle oder verstümmeln sie wenig- stens, die Schmarotzer aber reiben sie allmälig auf. Zu den Schmarotzern gehören nur Insecten. Die Eingeweidewürmer entstehen auf ganz andere Weise als diese und ziehen wahrscheinlich auch nicht den Tod des Thieres unumgänglich nach sich. Merkwürdig ist, dafs nur Insecten aus 2 Ordnungen in den Raupen schmarotzen. Es sind dies die Schlupfwespen {Ichneumon) aus der Ordnung der Aderflügler, und Fliegen [Musca Linn., oder eine neuerlich Tachina Meig. genannte Abtheilung der Keankheitex und Feinde. 19 selben aus der Ordnung der Zweiflügler (Diptera)]. Wir sehen die Schmarotzer aus den Eiern, Kaupen und Puppen sich entwickeln, aber nicht aus den Schmetterlingen. Aus den Eiern kommen nur kleine Ichneumonen, aus den übrigen Ständen kleine und grofse Ichneumonen und auch Fliegen. Das Insect erliegt also seinen Feinden entweder schon im Eie, oder erst in der Raupe — entweder der unlängst ausgeschlüpften, der halbwüchsigen oder voUwüchsigen — oder Puppe. Im letzteren Falle sehen wir, dafs z. B. die Kienraupe sich noch einspinnt, aber vom Ichneumon getödtet wird, ehe sie sich noch verpuppen kann, oder dafs sie sich im Cocon auch noch vollständig verpuppt und dann erst stirbt (s. auch die Abbild, bei Bomhyx Phü). Die Flugzeit der Ichneumonen ist also sehr verschieden. Man begreift nur nicht, was sie z. B. anfangen, wenn sie (wie z. B. Ichneumon flavator'ms aus der Non- nenpuppe) schon im Nachsommer ausfliegen, aber erst im nächsten Sommer Gelegenheit haben, die Raupen anzustechen, welche der von ihnen früher bewohnten Lepidopteren-Art angehören. Man mufs, wenn man nicht annehmen will, dafs sie sich Wochen, ja Monate lang, zum blofsen Vergnügen herum- treiben, glauben: sie suchten während der Zeit andere Raupenarten auf. Seitdem man sich neuerlich mehr mit der Erziehung der Schmarotzer aus Raupen und Puppen beschäftigt und gefunden hat, dafs eine und dieselbe Art aus den Puppen mehrerer verschiedener Lepidopteren hervorgeht, darf man dies auch annehmen. Ich habe z. B. den Ichnmmon {Pimpla) inst'ujator aus den Puppen der imdihunda (im Frühjahre), der Pini (im Juli) und der Monacha (im August) gezogen, ferner den Ichneumon ni- gritarius aus piniperda, pi)üaria und Uttiraria u. s. f. Von vielen ist es aber noch nicht erwiesen, dafs sie sich, in Ermangelung der einen Wohnuugsraupe, auf eine andere werfen. Bei den wichtigsten Arten der Forstschmetterlinge findet man mehr darüber. Ausführlicheres über die Lebensweise der Schmarotzer gehört in den dritten Theil dieses Werkes (*). Es ist hier der passendste Ort von den Kennzeichen zu reden, an welchen man merkt, dafs Eier, Raupen oder Puppen von Schmarotzern bewohnt sind. Es giebt hier äufsere Kennzeichen der gestörten Form und innere des gestörten normalen Lebens. Die äufseren Verletzungen sind nur sehr unbedeutend und ihre Erkennung erfordert ein geübtes Auge. Bei den kahlen, grünen Raupen erkennt man die Stichflecke noch am Ersten an der dunklen Farbe, bei den behaarten habe ich aber nur sehr selten eine verdächtige Stelle auffinden können, wenn auch die Raupe Schmarotzer-Maden enthielt. Ich be- wahre noch Raupen in Weingeist, welche ganz mit Mikrogaster-Maden angefüllt sind und dennoch auf der Oberfläche der Haut keine deutlichen Stichflecke zeigen, wogegen sich diese bei andern Raupen (viel- leicht frischer angestochenen) wieder unverkennbar finden. Hr. Grafshoff (Pfeil's crit. Bl. VII. 2. S. 195.) will bemerkt haben, dafs bei der Kienraupe zuerst ein kaum bemerkbarer Punkt entstehe, wel- cher immer gröfser werde, zuletzt die Gröfse einer Linse erreiche und dann ganz dunkelbraun oder schwarz werde. Bei der Section fand er unter dem Flecke eine oder mehrere Maden, aus denen sich später Ichneumonen entwickelten. Man wird sich daher viel mehr nach den Kennzeichen der verletz- ten Vitalität richten müssen, obgleich man sich auch darin täuschen kann, indem eine Raupe, die überhaupt krank ist, für eine gestochene gelten könnte. Dieser Irrthum wäre aber für die Praxis ganz unschäd- lich. Am Besten lassen sich kranke oder bewohnte Puppen erkennen. Allermeist haben sie ihre Be- (*) Die Zahl der Arten ist so aufserordentlich grofs , dafs mau sie , der bequemeren Übersieht wegen , in kleinere Gattungen abtheilen mufste. Da ich die wichtigsten Arten — mit den seltneren darf man den Forstmann nicht be- schweren — bei den wichtigsten Lepidopteren schon in diesem Bande angegeben habe, so habe ich ihnen auch jedesmal den neueren Gattungsnamen in ( ) beigefügt und behalte mir nur vor, im III. Theile die Characteristik dieser Gattun- gen zu geben. Die Arten glaube ich, wenn auch nur mit wenigen Worten, doch kenntlich gemacht zu haben, da hier nur die verwandten Arten der in Forstinsecten lebenden in Betracht kommen und nicht andere verwandte. C2 20 Allgemeiner Theil. weglichkeit ganz verloren, d. h. wenn mau sie öfters mit dem Finger an der Sehwanzspitze berührt, so bleibensie, anstatt dafs die gesunden lebhafthinundher sciilagen (s.S. 23.), in der Stellung, welche manibnen giebt, stehen oder sie verändern nur etwas und sehr langsam dieselbe nach Einer Richtung. Eine in- teressante Ausnahme von dieser Regel theilt uns Hr. Zimmer mit. Er erkannte die Maden deslchneu- mon circumflexiis erst, wenn die Puppen des Spinners schon einige Zeit gelegen hatten. Anfänglich zeigten die letzteren noch ganz ihr normales Leben und waren von gesunden Puppen gar nicht zu un- terscheiden. Erst später, als die Made sich mehr entwickelt hatte, verlor die Puppe ihr Leben. Die kranken Puppeu verlieren auch meist ihre normale Farbe und werden dunkler. Schwerer ist es, die gestochenen Raupen zu erkennen und man findet sehr häufig die irrige Meinung bei den Forstleuten, dafs eine Kienraupe, die am Tage auf dem Zweige hingestreckt liegt und nicht frifst, krank sei. Eine fressende Raupe kann krank sein, und umgekehrt eine zu gewissen Zeiten nicht fressende Raupe kann, gesund sein. Vom Frafse enthalten sich diejenigen Raupen, welche nicht vor der VoUwüchsigkeit von Schmarotzern getüdtet werden, erst zuletzt. Vor dieser Zeit mufs man also zu andern Kennzeichen seine Zuflucht nehmen und diese sind ganz untrüglich folgende : Die Raupe verliert, sobald sie ange- stochen ist oder auf andere Weise hart erkrankte, ihre Agilität. Die Kienraupe, welche im gesunden Zustande sogleich, wenn sie berührt wird, die Brust aufrichtet und schnell nach unten schlägt (s. Taf. VII. die röthlichgelbe Raupe), bewegt sich nur wenig. Die Nonnenraupe krümmt sich, wenn sie gesund ist und schnell vom Baume genommen und auf eine ebene harte Fläche, z.B. einen Schachtel- deckel, gelegt wird, so kräftig zusammen und streckt sich wieder aus, dafs sie sich in wenigen Mo- menten von der Schachtel herunter schnellt. Die kranke hingegen krümmt sich nur sehr träge und un- vollständig oder verharrt wohl gar in dieser Stellung krampfhaft zusammengezogen. Sie kann sich nicht herunterschnellen und vermag nur schwerfällig, wenn man sie auf den Rücken legt, wieder in die Bauchlage sich zu versetzen. Bei der Eule und dem Spanner bemerkt man eine ähnliche unverkenn- bare Trägheit. Hr. Hartig {Jahresher. J. 1. H. 2. S. 248.) bemerkte auch, dafs die angestochenen Kieuraupen, welche sich durch grofse Schlaffheit und Weiche auszeichneten, beim Anprallen der Bäume zuerst herunterfielen. Raupen, aus denen sich die Maden bereits herausgefressen haben, sterben in der Regel nicht gleich. Ja ich habe gesehen, dafs Raupen der Crataegie und coeruleocephala noch herum- krochen, nachdem die Ichneumonen, deren Maden sich aus ihnen herausgefressen hatten, schon ausge- flogen waren. Ich glaube übrigens nicht, dafs der Aufenthalt der Schmarotzer im Innern der Raupen denselben grofse Schmerzen verursacht, denn man bemerkt keine Äufserungen derselben. In einzelnen Fällen, z. B. wenn edlere Organe ergriffen werden, mag das Ausnahmen erleiden. Auch dann, wenn die Maden sich eben aus der Raupe herausfressen, macht die letztere keine auffallenden Bewegungen. Eine Raupe der coeruleocephala, welche mit den schon verpuppten Maden auf dem Rücken wie mit Stacheln bepanzert war, kroch noch ganz munter umher. Zu den Räubern gehören zum Theil Insecten, zum Theil aber auch Thiere aus ande- ren Classen; Spinneu, Amphibien, Vogel und Säugethiere. Die wichtigsten Räuber aus der Classe der Insecten sind die in der ersten Abtheilung des ersten Theiles (Nützliche Insecten) (*) abgehandel- ten, besonders die Lauflväfer (s. dort Taf. I). Bei der Nonne wird noch erwähnt werden, dafs 2 Kä- ferlarven (Dermestes und Clerus) die Eier ausfressen. Alsdann folgen mehrere Aderflügler {Sphex, Crahro, Vespa, Foi-mica), Netzflügler (Llbellula), Halbflügler (Cimex) und Ohnflügler {Scolopendra). (,*) Staphylinus in verschiedenen Arten zeigt sich sehr häufig in Raupengräben. Hier noch nachträglich die in- teressante Bemerkung des Hrn. Erichson, dafs die Staphylinen keine Mundötfnung haben und den Raub daher wahrschein- lich aussaugen. Ihre Oberkiefer zeigen an der Basis nur eine feine Öffnung. (Erichs. Gen. et spec. Staphyl. Berol. 1839.) Krankheiten und Feinde. 21 Sie benagen die Raupen und Puppen zum Tlieil, oder fressen sie wohl gar aus (Carabus Sijmphanict). Auch stechen sie sie blofs an und benutzen nur ein wenig Saft aus denselben. Die Nützlichkeit eines der hier aufgeführten Insecten, der Ameise (Forniica), ist noch in Zweifel gezogen worden, aber, wie ich fest überzeugt bin, mit Unrecht. Graf Sponeck (s. Laurop's Ännalen Bd. V. H. 3. S. 51.) sähe sogar, wie die schwarzen Ameisen die Eier des Kieferuspinners anbissen und auffrafsen. Der alte, ver- ständige Schmidberger weist auch an vielen Stellen seiner Schriften den Nutzen der Ameisen unwi- derleglich nach, selbst auch im Garten. So sagt er z. B. (inKollar sclukll. Ins. S. 224.), man dürfe sie nur in dem Falle vertreiben, wenn sie ihr Lager unter dem Wurzelstocke eines Obstbaumes aufgeschla- gen hätten. Ich selbst habe das zwar öfters gesehen, was man der guten Meinung von ihrer Nützlich- keit entgegengestellt: dafs sie todte Raupen vor haben, oder irgend ein anderes todtes Insect ohne Zweck liin- und herzerren. Ich habe aber auch gesehen, dafs sie noch ganz muntere Raupen angriffen und diese so lange zwackten, bis sie sich nicht mehr rühren konnten. Ich vermuthe, dafs es dabei haupt- sächlich auf die Säfte der Raupe abgesehen ist, da die Ameisen bekanntlich wässrigen Theilea gern nachgelieu und dieser in trocknen Jahren und in trocknen Gegenden noch mehr bedürfen. Dem sei wie ihm wolle. Die Ameisen sind im Forste wenigstens nicht nachtheilig und wir schonen sie daher. Der Nutzen der Spinnen ist allgemein bekannt und in der That oft so augenfällig, dafs man alle Ursache hat, darauf aufmerksam zu sein. In raupenfräfsigen Orten findet man auch immer mehr Spinngewebe als anderswo, und in demselben hängen Käfer, junge und schon ältere Räupcheu. Frei- lieli wird ihnen auch wieder vorgeworfen, dafs sie auch kleine Ichneumonen fingen! Wenn man aber so ins Kleinliche gehen will, kann man am Ende auch beweisen, dafs die Singvogel schädlich sind und bei Raupenfrafs weggeschossen werden müssen, weil sie auch Ichneumonen wegschnappten! (Ällfj. Forst- II. J.-Z. IV. S. 620.) Als Eierzerstörer schildert sie Hr. Smalian. Die Wirbelthiere sind mm diejenigen, welche in ihrer Nützlichkeit immer melir anerkannt wer- den, besonders die Säugethiere und Vögel (s.S. 15.). Von derThätigkeit der Vögel hatte ich bei einembegin- nenden Frafse der Nonne im J. 1839 den schlagendsten Beweis. In unserem Forstgarten nämlich, wel- cher Laubhölzer in überwiegender Menge enthält, hatten sich die Nonnenraupen schon im Juni auffal- lend vermindert im Vergleich mit den umgebenden Kiefern, eben weil die Vögel sich nach dem Laub- liolze gezogen hatten. Von Säugethieren würden wir mit einem Worte Alles beim Raupenfrafse nütz- lich nennen, was nicht zur Ordnung der Nagethiere, Wiederkäuer und Einhufer gehört. Die Katze be- zeichnet Hr. Lenz zwar als ein Thier, welches den Vögeibruten sehr nachtheilig wird, eben so wie Iltis, Wiesel, Hermelin und Steinmarder manchen Vogel würgen. Allein sie sind in anderer, wichtiger Be- ziehung (z. B. gegenMäuse) wieder sehr nützlich (s. Begegn., Vorbauung). Wenn von irgend einem dieser Thiere ein besonderer Nutzen gegen eine Raupenart bekannt geworden ist, so habe ich diesen auch dort besonders angeführt. Besonders ist da hervorzuheben der aufserordentliche Nutzen der Schweine gegen Eule und Spanner, des Kukuks, Hebers etc. gegen die behaarten Raupen (s. Pini). Unter den Vögeln giebt es auch nur einige wenige, welche nicht nützlich, sondern durch AVegfaugen der kleineren nützlichen Vögel, oder durch Zerstörung nützlicher Früchte und Saamen (wie z. B. die Tauben, Kreuzschnäbel, Finken) schädlich werden. Von diesen hebt Hr. Lenz {Gemeinnutz. Natunjesch. Bd. IV. Abth. 1. Vorrede S. VIII.) besonders die Habichte, Sperber und Wanderfalken [wozu ich noch den Lerchen- und Steinfalken oder Merlin (Falco Subbuteoii.Aesalon) bringen möchte], so wie den Uhu hervor, dann auch die Kolkraben, Elstern und Würger, weil sie unzählige Brüten kleiner Vögel vernichten. Wegen der Würger {Lantus) aber erinnere ich, dafs sie auch eine Menge schädlicher Insecten, besonders Maikäfer zerstören und dafs namentlich L. minor u. ruficeps mehr von diesen als von Vögeln leben. Jene wären also allein zu verfolgen (s. Begegn., Vorbauung). Die Amphibien leben sämmtlich von Insecten, wenn auch 22 Allgemeiner Theil. nicht hauptsächlich, so doch nebenher, und sie würden sämmtlich mit zu den nützlichen gehören. Die giftige Yiper kommt den Menschen und Thieren so selten nahe, dafs wir defshalb nicht nöthig haben, ihr ausdrücklich den Krieg zu erklären, sondern uns lieber darauf beschränken müssen, ihr wo möglich aus dem Wege zu gehen. Sie ist ja auch eine treffliche Mäusevertilgerin! Sechster Abschnitt. DIE MENGE, in welcher manche Lepidopteren oft hier und da erscheinen, ist, wie schon öfters erwähnt wurde, sehr grofs, jedoch wohl kaum mit der zu vergleichen, in welcher die Borkenkäfer oder auch die Mai- käfer oft da sind. Man darf sich bei diesem Vergleiche nur nicht durch die ansehnliche Gröfse der Raupen täuschen lassen, denn es läuft eher ein ganzer Graben voll Raupen, als sich ein tüciitiger Schwärm von Borkenkäfern bildet oder sich ein Scheffel damit füllt. Die allermeisten Falter (s. Ta- belle No. III.) kommen immer nur einzeln vor. Viele leben gewöhnlich einzeln und erregen daher Ver- wunderung, wenn sie in grofser Menge erscheinen, wie der Rothschwanz. Noch andere treten so häu- fig verheerend auf, dafs sie überall berüchtigt sind. Nur wenige sind es, welche fast nie ganz selten werden, wie mehrere unserer Gartenraupen, die Kienraupe u. A. Danach richtet sich auch mit die Be- stimmung der forstlichen Bedeutung (s.S. 24.). Bei dieser Gelegenheit will ich nochauf die Abwechselung der Menge aufmerksam machen, welche ich zwischen Käfern und Faltern bemerkt habe. Oft sieht man mehrere Jahre hinter einander auffallend viele Raupen, aber wenige Käfer, und umgekehrt sind in kä- ferreichen Jahren (z. B. 1830 bis 1835) wenige schädliche Raupen zu finden. Wollte man einen Grund für diese eigne Erscheinung finden, so wäre es etwa folgender. Wenn ein ausgedelmter Käferfrafs (besonders unter der Rinde) in einer Gegend herrscht, so bleibt für die Raupen nicht Futter genug. Wenn wir aber Raupenfrafs haben, so wird dadurch das Holz für den Käferfrafs empfänglich gemacht. Wie oft hat man es auch schon erlebt, dafs nach dem Frafse der Nonne in Fichten der Fichtenbor- kenkäfer und nach dem Spannerfrafse sich der Waldgärtner in den kranken Kiefern einstellte. Siebenter Abschnitt. BEWEGLICHKEIT DER FALTER. " Die Kenntnifs derselben in den verschiedenen Zuständen der Lepidopteren ist für den Forst- mann von grofser Wichtigkeit, weil er danach Vertilgungsmittel einrichten mufs. Als Schmetterlinge sind die meisten sehr beweglich und nur die Weibchen einiger (s. eine eigene Abtheilung der Spanner) können gar nicht fliegen, sondern werden gezwungen den Stamm in die Höhe zu kriechen, um ihre Eier auf den Baum zu bringen. Man kann sie davon also leicht durch ringförmige Theerbänder um den Stamm abhalten. Die mit Flügeln versehenen sind bald sehr flüchtig, bald mehr träge, bald zeigen sie einen sicheren Flug, bald mehr einen taumelnden, unsichern. Im Allgemeinen sind die Männchen leich- ter und beweglicher als die dickleibigen Weiber. Aber auch die schwerfälligsten, wie der Spinner, können meilenweite Flüge unternehmen. Wahrscheinlich werden sie durch einen heftigen Wind auf- genommen und nach einer Gegend fortgetrieben, wo sie plötzlich Alles überfüllen. Einige auffallende Beispiele sind beim Spinner, bei der Nonne und bei der Eule erwähnt. Es ist höchst wichtig darauf genau zu achten, weil man sich, im Falle die Sache durch gehörige Beläge erwiesen werden kann, von dem Verdachte einer Unachtsamkeit zu reinigen im Stande wäre. Forstliche Bedeutung und Chronik. 23 Die gröfste Mannigfaltigkeit kommt in den Bewegungen der Raupen vor. Die meisten krie- chen auf 16 Beinen und bewegen sicii, da die meisten Leibesringe mit Fiifsen besetzt sind, wellenför- mig. Bei einigen sind aber nur 10 Füfse vorhanden und sie können die beinlosen Ringe nicht auf- setzen, sondern werden genöthigt, die ßauchfüfse bei jedem Schritte vorwärts an die Brustringe zu zie- hen und mit diesen dann erst weiter vorzuschreiten. Sie heifsen davon Spanner (s. Phal. Geometra). Diese Spanner sind auch die wunderbarsten Raupen hinsichtlich der verschiedenen Stellungen, die ihr Körper annehmen kann (s. dort). Eigenthümliche Bewegungen zeigen die Raupen ferner noch, wenn man sie unerwartet berührt, oder wenn sie sich an Fäden von den Bäumen herunterlassen, oder wenn sie sich einspinnen. Einige kriechen weit, ohne zu ermüden, z. B. der Spinner, und können durch Rau- peugräben leicht gefangen werden. Andere kriechen dagegen nur ungern auf der Erde, wie die Eulen- raupe, oder gar nicht, wie die Spanner. Die Puppen zeigen die geringste Beweglichkeit, wie bei allen Insectis metaboUs. Nur ihr Hinterleib ist beweglich, mit dem schlagen sie aber oft so kräftig hin und her, dafs sie dadurch von der Stelle, auf welcher sie liegen, fortgewälzt werden. Daran kann mau auch erkennen, ob sie noch lebendig sind. Wenn man den Hinterleib berührt oder etwas drückt, und sie noch gesund sind, so bewegen sie denselben krampfartig, wobei die ganze Puppe sich öfters aus den Fingern schnellt. Selbst oline alle äufsere Störung bewegen sich die Puppen. So macht z. B. die des Spinners in ihrem Cocon oft einen solchen Lärm, dafs man es, wenn man mit ihr in einem Zimmer ist, hören kann. Achter Abschnitt. FORSTLICHE BEDEUTUNG UND CHRONIK. I. Vergleich mit andern Insectenokdnungen. Die Falter müssen wegen der unter ihnen vor- kommenden sehr schädlichen Arten zu den wichtigsten Forstinsecten gerechnet werden. Wollten wir ihre Schädlichkeit mit der anderer Insecten vergleichen, so würden hier nur die Käfer in Betracht kom- men. Diese kommen, eben so wie die Falter, in ungeheurer Menge und in grofser Ausdehnung vor (s. Th. L S. 16.), sind auch Feinde unserer wichtigsten Holzarten, der Nadelhölzer (vergl. Meloloutha, Bostrichus, Htjlesbms, Ciircidio in Th. I.) und dürfen daher keiuesweges hintenan gesetzt werden, noch dazu da sie viel kleiner sind, mehr im Verborgenen wirken und von dem weniger unterrichteten Forst- manne häufiger übersehen werden als die Raupen. Beachtenswerth ist bei diesem Vergleiche noch Fol- gendes : Die Käfer haben auch nützliche Arten aufzuweisen, die Falter aber nicht. Ferner werden die Falter nur in Einem Zustande, dem der Larve, schädlich, dagegen fressen viele Käfer in beiden Zustän- den, dem des Käfers und der Larve. Die Falter haben wieder in sofern mehr Wichtigkeit, als ihre Vermehrung unter begünstigenden Umständen viel plötzlicher vor sich geht (nur die Borkenkäfer aus- genommen) wegen der gröfseren Menge von Eiern, welche sie legen und weil man bei einer geringen Zahl von Schmetterlingen schon mehr Besorgnisse hegen mufs, als wenn man eine Menge von Rüssel- käfern, Blattkäfern, Borkenkäfern u. dergl. herumschwärmen sieht. Unter den übrigen Insectenordnungen können sich nur die Aderflügler einigermal'seu mit den Faltern vergleichen, indem sie nützliche Insecten (Schmarotzer) und schädliche (Blatt- und Holzwespen) enthalten. Die letzteren werden zwar hier und da gefährlich, allein niemals ist doch der durch sie angerichtete Schaden so bedeutend und so ausgedehnt, wie der von vielen Käfern und Faltern angerichtete. II. Worauf es bei der Beürtheilung der Schädlichkeit der Lepidopteren ankommt. Wir haben zu berücksichtigen 1) die Menge der Insecten, 2) die Nahrungspflanzen derselben, 3) die von ihnen angegangenen Gewächstheile, 4) die Jahreszeit des Frafses, 5) den Aufenthaltsort der verschie- 24 Allgemeiner Theil. tleaen Stände, 6) die Gegend, in welelier der Frafs herrscht, und 7) noch besondere Eigenthümlichkei- tou der Raupen beim Frafse. Da ich über alle diese Dinge schon in den vorigen Absclinitten ausführ- lich gesprochen habe, so darf ich hier nur noch einige Andeutungen wegen der jetzt in Rede stehen- den Beziehungen nachfolgen lassen. 1) Hinsichtlich der Menge versteht es sich von selbst: dafs Raupen, welche häufig sich aufserordentlich vermehren (Spinner) schädlicher sind, als nur dann und wann sich häufig zeigende (wie z. B. Nonne und Forleule), und dafs die niemals sich so ansehnlich vermehrenden nur den unmerklich scliädlichen gehören. Bei denjenigen, welche die edelsten Theile des Baumes be- fallen, wie z. B. die in den Knospen lebenden Wickler, bedarf es nicht einmal einer so aufserordent- lichen Menge, damit sie sehr schädlich werden. 2) Die Beachtung der Nahrungspflauzen ist eben so wichtig als die Menge, denn die Nadelholzfresser sind weit schädlicher als die Laubliolzfresser. Daher können auch Nadelholzfresser, welche sicli nicht so aufserordentlich vermehren, schädlicher werden, als viel fruchtbarere Laubholzfresser. Defshalb habe ich sämmtliche, mir bekannt gewordene Falter der Kiefer und der Fichte beschrieben, während ich das unmerklich schädliche grofse Heer der Laubholz- fresser nur den Namen nach (s. Tabelle Nr. HL) aufführte. 3) Wurzelfresser haben wir unter den Lepidop- teren gar nicht. Unter den Bastfressern stehen nur einige, welche bis jetzt noch nicht sehr häufig ent- deckt wurden {Tortrix dorsana). Auch Holzfresser (Cossus, Sesia) giebt es nur wenige und diese kommen nur an den weniger empfindlichen Laubhölzern vor. Die Knospenfresser sind schon wichti- ger, weil sie so wichtige Theile befallen und dann und wann auch recht häufig werden {BuoUana). Auch die Fruchtfresser sind nicht gleichgültig. Sie bringen uns oft um die Früchte der Obstbäume und kosten auch manchen Kiefern- und Fichtenzapfen. Die Blattfresser sind die zahlreichsten und daher auch die wichtigsten. 4) Die Jahreszeit des Frafses ist ebenfalls sehr wichtig, weil danach die Wie- derausschlagsfähigkeit der Hölzer beurtheilt werden mufs (s. Behandl. des raup. Holzes). Laubhölzer, welche im Nachsommer gefressen werden (z. B. vom Rothschwanze), leiden am Wenigsten. Die schon im Vorsommer gefressenen (z. B. vom Prozessionsspinner) leiden mehr. Eben so steht es um die gleich im Frühjahre (z. B. durch Spinner, Eule, Nonne) gefressenen Nadelhölzer schlechter, als um die erst nach Johanni (z. B. durch den Spanner, den Fichtennestwickler) beschädigten, denn bei den letztem kann sich der Knospenquirl für das nächste Jahr noch ungestört ausbilden, bei den erstem aber nicht. Dazu kommt noch, dafs die im Nachsommer fressenden empfindlicher sind als die übrigen und daher der Frafs öfters mit einem einzigen Jahre abgemacht ist. 5) Auch der Aufenthaltsort der Schmetterlinge, Eier, Raupen und Puppen mufs beachtet werden, weil es sich danach richtet: ob wir den einen oder andern Zustand leicht und längere Zeit hindurch erreichen können. Die Vertilgung des Spinners im Raupenzustande, der Eule und des Spanners im Puppenzustande, so wie des Goldafters und Baum- weifsliugs im Nestzustande ist defshalb so sehr vorzuziehen, weil sie in diesen Ständen den ganzen Winter an der Erde oder an den Bäumen leicht bemerkbar verweilen. 6) Die Gegend, in welcher der Frafs herrscht, kommt in mehrfacher Hinsicht in Betracht. Einmal müssen wir auf den Boden und Holz- wuchs bei der Beurtheilung der Wiederausschlagsfähigkeit Rücksicht nehmen. Zweitens kann uns auch die Bodenbeschaftenheit bei der Leitung der Vertilgungsmafsregeln und der Revision zur Richtschnur dienen, indem wir gewöhnlich auf einem guten frischen Boden lange nicht so viel Raupen zu erwarten haben, als auf oft ganz benachbartem schlechten, hügligen, trocknen. Drittens lassen sich auch in grofsen zusammenhängenden Wäldern, wo die Population nur gering ist, nicht so leicht Arbeiter bei der Ver- tilgung der Raupen, Puppen und Schmetterlinge aufbringen, als in volkreichen Gegenden, wo man dem Übel viel leichter steuern kann. 7) Zu den besonderen Eigenthümlichkeiten rechne ich noch folgende: Manche Raupen fressen nur einen Theil des Laubes oder der Nadeln, wie die Nonne, welche die Hälf- te wegwirft, und werden in dieser Beziehung schädlicher als diejenigen, welche Alles fressen. Manche Verhalten der Beamten. 25 sind so gefräfsig, dafs sie nicht einmal die Nadelscbeideu — aus denen sieh noch neue Knospen ent- wickeln könnten — stehen lassen und durch ihre Gefräfsigkeit sogar getrieben werden, auch die Rinde der jungen Triebe zu benagen. Eben so giebt es uocii eine Menge von Eigenthiiinlichkeiten in dem Leben der Schmetterlinge und Raupen, dem Puppen- und Eierlager, welche bei der Feststellung der forstlichen Bedeutung und der Anwendung der Vertilgungsmittel zur Sprache kommen. Sie sind in den Abschnitten über Lebensweise, Vorkommen und Frafs erwähnt. Auch ist der Schädlichkeit der Rau- pen für Menschen und Thiere, welche den Forstmann ebenfalls angeht, und der gegen Verletzungen anzuwendenden Mittel in einem besonderen Abschnitte gedacht (Abschn. XV.). 111. Die CuuoxiK giebt uns Auskunft über früher schon vorgekommene Raupeuausbreitungen. Sie beachtete die Falter immer mehr als die Käfer, weil erstere auch dem Laien mehr iu die Augen fallen. Eine genaue Unterscheidung der einzelneu Arten können wir natürlich nicht erwarten und wir müssen schon zufrieden sein, wenn wir in älteren Zeiten von grünen Raupen, grofsen und kleinen be- haarten Raupen u. dergl. lesen. Die wichtigsten Arten erkennen wir denn doch schon gewöhnlich aus den zufällig mit einfliefsenden Angaben über Frafszeit, Verpuppung und dergl. Seit der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts werden die Berichte immer verständlicher und wir dürfen hoffen, dafs die Nachwelt uns noch besser verstehen wird. Bei den wichtigsten Arten habe ich das, was mir aus der Chronik bekannt geworden ist, immer dem Abschnitt über forstliche Bedeutung beigefügt. Wir ersehen daraus fast überall, dafs in neuesten Zeiten die allgemeinen Verheerungen durch Raupen eben so wohl abgenommen haben, wie die Wurmtrocknifs. Wir wollen es dahin gestellt sein lassen: ob nicht die Abnahme der Wälder überhaupt daran einen Antheil hat. Zur Ehre der Fortschritte in der Kenntnifs der Insecten- Ökonomie können wir aber auch glauben, dafs die Anwendung von verständiger gewähl- ten und beharrlicher durchgeführten Begegnuugsmitteln auch einen Antheil daran habe. Die Behauptung derer, dafs es ehedem gar keinen Raupenfrafs gegeben habe, dafs wir nur jetzt, da der Zustand der Urwälder aufhöre, Raupenfrafs bekämen u. dergl., ist also ganz unrichtig und beruht auf Unkenntnifs. Neunter Abschnitt. ÜBER DAS VERHALTEN DER BEAMTEN BEI ZU ERAVARTENDEM ODER SCHON EIN- GETRETENEM RAUPENFRASSE. Das Erste und Wichtigste ist immer die gehörige Kenntnifs von der Characteristik und der Le- bensweise der Insecten. Auf diese stützen sich die Vertilgungsmittel. Von den verwaltenden Beamten kann man sie, bei dem gegenwärtigen Stande der Bildung in den meisten Staaten, voraussetzen, nicht aber von den Schutzbeamten und den Lehrlingen. Da diese aber fast noch mehr in den Wald kom- men, als der Verwalter, so ist es höchst wichtig, dafs auch sie die gehörigen Kenntnisse von den schädlichsten Insecten je eher je lieber erlangen, besonders derer, welche in dem Reviere erfah- rungsmäfsig sich schon öfter bemerklich gemacht haben. Die Abbildungen dieser Insecten, welche in jeder Oberförsterei als Inventarium zu finden sind, müssen bei jenen cirkuliren, damit sie sich nach ihrer Weise kurze Beschreibungen davon entwerfen. Der Oberförster giebt ihnen dazu einige An- leitung und macht sie besonders aufmerksam auf die verschiedenen Farben und Gröfsen der Eier, Rau- pen, Puppen und Schmetterlinge, selbst des Raupenkothes, wobei hauptsächlich die Fufszahl, Behaa- rung oder Nacktheit der Raupen, so wie auch die Form und Hülle der Puppen zu berücksichtigen sind. Von der Ökonomie, den wichtigsten Erkennungs- und Begegnungsmitteln, habe ich eine besondere Ta- belle in Form eines Kalenders gegeben, welche sich die Unterförster und Lehrlinge abschreiben und an Band II. D 26 Allgemeiner Theil. die Thüre ihres Zimmers heften müssen. Auch findet man in dem vorletzten Abschnitte (Auffindung oder Revision) noch eine kleine Anleitung : wie gewisse kleine Hilfsmittel die zeitige Entdeckung eines Frafses sehr erleichtern. Wenn auf diese Weise nur die nothdürftigsten Kenntnisse von den verschiedenen Raupenarten, welche in dem Reviere vorkommen können, allgemein verbreitet sind, so kann ja zur Zeit, dafs gerade eine Art in besorglicher Menge aufzutreten anfängt, auch diese ganz speciell nach dem Buche durchge- nommen werden. Tritt dennoch Gefahr plötzlich ein, vielleicht dadurch, dafs Schmetterlinge aus benach- barten Revieren überfliegen und Brut setzen, oder dafs im Frühjahre plötzlich eine grofse Menge von jungen Nonnenräupcheu erscheinen, deren Eier im Winter sehr versteckt lagen; so kann der Revier- verwalter sogleich proprio marte die geeigneten Mittel ergreifen, da, wie schon Heunert {Eatipeiifr. S. 136.) sagt, die Befehle von obenher oft nicht so geschwinde erfolgen können, dafs nicht der günstig- ste Zeitpunkt der Vertilgung aus den Händen ginge. Denn, wenn die Mittel auch mit mäfsigen Kosten verbunden sein sollten, so werden sie gewifs jederzeit bei einer verständigen Behörde Beifall finden. In den allermeisten Fällen sieht man aber das Übel, bei gehöriger Aufmerksamkeit, allmälig herankommen. Es ist dann nöthig, dafs der verwaltende Beamte dem inspicirenden und dieser der Re- gierung Anzeige mache, damit von letzterer die vorgeschlagenen Vertilgungsmittel genehmigt werden. In manchen Fällen, z. B. wenu beim Abbrennen eines raupeufräfsigen Ortes polizeiliche Anstalten nö- thig werden, mufs auch der landräthlichen Behörde Anzeige gemacht werden. Diese macht das Nöthige durch die öffentlichen Blätter bekannt und beordert nöthigen Falles Gensd'armes, damit diese für die Aufrechterhaltung der Ordnung sorgen. Erfährt der Revierverwalter, dafs in einem benachbarten ausländischen oder Privatreviere Rau- penfrafs ausgebrochen ist, so mufs er sich, wo möglich, durch den Augenschein von der Art des Insects nnd seiner Ausbreitung überzeugen, um beurtheilen zu können: wann und wo Gefahr für sein Revier entstehen könne und wie seiner Behörde etwa davon Anzeige zu machen wäre. Es versteht sich von selbst, dafs er dem Nachbar mit Rath und That an die Hand gehe, weil ja sein eigenes Interesse dabei betheiligt ist. Weigert sich jener, etwas zur Abwehrung oder Verminderung der Gefahr zu thun, so hat er Alles anzuwenden, um ihn dazu zu bewegen. Kann man den Säumigen nicht zwingen, so mufs man einen Vergleich mit ihm zu Stande bringen und ihn vielleicht durch eine Quantität Holz entscliädi- gen, wenn er z. B. sein raupeufräfsiges Holz niederschlagen oder verbrennen soll. Zehnter Abschnitt. BEHANDLUNG DES RAUPENFRÄSSIGFN HOLZES. Bei einem starken Raupenfrafse ist es vor allen Dingen wichtig: vorher zu bestimmen, ob das befallene Holz tödtlich verwundet sei oder nicht. Denn, wenn man vergeblich gehofft hat, es zu retten, so wird das zu lange in der Rinde bleibende verderben. Ordnet man dagegen den Einschlag zu voreilig an, so erliält man ohne Noth grofse Lücken in den Beständen. Man mufs daher die Kennzeichen, welche das Eingehen des gefressenen Holzes bestimmt erwarten lassen oder es schon als abgestorben bezeichnen, genau beachten: 1) Es finden sich allerlei Insecten unter der Rinde ein, welche nur von der todten oder modernden Holzfaser leben, namentlich verschiedene Cerambyces, z. B. Cerambyx Äedilis und Cossomis crassirostris (s. Th. I.), ferner verschiedene Arten von kleinen, starkglänzenden, plattgedrückten schwarzen Käfern (Hister), dann ganz besonders die im Feuchten le- benden, langen, fadenförmigen, köpf- und fufslosen Mückenlarven {Tipula). Auch wenn Hylesinus pi- niperda (s. Th. 1.) das stehende Holz anbohrt, ist es immer ein Zeichen von grofser Kränklichkeit oder Behandlung des eaupenerässigen Holzes. 27 tödtlicher Verletzung. 2) Die Nadeln sind bis iu die Scheide abgefressen und öfters auch selbst die noch nicht ganz verholzten Triebe angenagt. Auch erscheinen die Endknospeu nicht fest und nicht o-riin, sondern welk und weich und inwendig briUiulich-grün. Au schon abgewolbten Stämmen bemerkt man auch wohl au den untersten Ästen, dafs die Zweigspitzen welken, und es ist dies, falls es nicht von einer örtlichen Krankheit, z. B. von der Gegenwart eines Wicklers oder des Waldgärtners her- rührt, für ein sehr schlechtes Zeichen zu halten. 3) Auf dem Baste und inmitten des Splintes zeigen sich braune oder bläuliche, oft sternförmig auseinander laufeude, kleine Flecke. Dies ist das sicherste Zeichen des eingetretenen Todes und kann mit der bei Thiereu nach dem Tode eintretenden Verwesung verglichen werden. 4) Die Rinde läfst sich in grofsen Stücken leicht abnehmen, ohne dafs sie auf der Innenfläche frisch und von Cambium feucht wäre (*). Dagegen kann man unter folgenden Umständen noch nicht unbedingt das Eingehen der Stämme erwarten und mufs mit dem Einschlage zögern, besonders wenn andere Arten als der Spinner gefressen haben: 1) Wenn die Entnadelung im Herbste erfolgte, wie z. B. beim Frafse des Spanners und dem (immer erst im Herbste) beginnenden Frafse des Spinners. Die Endknospen konnten sich dann ruhig schon vorher ausbilden. Der entgegengesetzte Fall ist im Allgemeinen schon viel bedenklicher. Be- ginnt nämlich der Frafs schon im Vorsommer, wie z. B. bei Eule und Nonne, oder wird er zu dieser Zeit von den überwinterten Raupen, z. B. des Spinners, fortgesetzt, so kann sich der Maitrieb nicht ordentlich ausbilden und der Knospenquirl verkümmert, so dafs meist im nächsten Jahre gar kein Aus- schlag erfolgen kann. Gewöhnlich sind dann auch die Nadeln so vollkommen abgefressen, dafs sich nicht einmal Knospen in den Nadelscheiden entwickeln. Wenn diese auch nicht einen Baum ganz zu erhalten im Stande sind, so fristen sie doch sein Leben, und es ist oft schon ein Gewinn, wenn man einen Ort nicht mit einem Male abzutreiben braucht, sondern ihn gleichsam durch Auspläntern allmälig versilbert. In dem Falle eines Vorsomraerfrafses ist um so weniger mit dem Hiebe zu zögern, als das Holz voll Saft steckt und leicht verdirbt. 2) Wenn der Frafs nur junge, auf einem kräftigen Boden erwachsene Orte betraf, die sich leichter erholen als altes, über 100 Jahre altes und auf schlechtem Boden erwachsenes Holz. 3) Wenn die Entnadelung nicht vollständig erfolgte und den Zweigen noch kleine Nadelbüschel verblieben. Aber auch wenn das Holz sich nach einem Raupenfrafse wieder erholt, gehören oft 6-8 Jahre dazu, und unterdessen gehen doch immer einzelne Stämme ein und der Bestand lichtet sich nach und nach. Geschieht dies in jungen Orten, die ihre Krone noch nicht abge- wölbt haben, so leidet auch der Höhenwuchs sehr. Bei der Gelegenheit mufs ich bemerken, dafs Hr. V. Berlepsch folgende sehr zweckmässige Einrichtung traf. Die Revierverwalter mufsten die befalle- nen Orte genau untersuchen und dabei unterscheiden: ob diese a) sehr angegriffen waren, wo näm- lich es zweifelhaft schien, dafs diese sich erhalten würden, h) angegriffen, wo der Schaden dem Auge sichtbar war, aber das gänzliche Absterben nicht zu befürchten stand, c) wenig angegriffen waren, wo der Schaden nicht merklich auffällig erschien. Nach diesen Abstufungen mufsten die Districte nach ihrer Gröfse, so weit es nach den vorhandenen Kosten ohne Messung möglich war, angegeben werden. (,*) HeHnert (S. 98.) sagt darüber noch: Manches Holz stand von oben her ab, anderes hatte noch grüne Na- deln am Zopfe, verlor aber die Borke am Stamme. Das entborkte Holz, welches auf dem Stamme stand, fand man härter als das gesunde Holz und die Holzschläger wollten es nicht zu dem gewöhnlichen Preise aufschlagen. Vieles war inwendig blau; man bemerkte aber, dafs wenn dergleichen angelaufenes Holz zu Klafterholz aufgeschlagen wurde und einige Zeit an der Luft stand, sich das Blaue verlor. Eine ähnliche Erscheinung haben wir auch bei den sogenannten Bichenspiefsen (s. Bostriehus villosus in Th. I. Aufl. 2. S. 195.). Die Rinde löste sich an solchen von Käfern bewohnten Stämmen noch im Frühjahre zum letzten Male, blieb dann aber, da sie sich nicht ferner mit Saft füllte, lose und fiel zuletzt ab. D2 28 Allgemeiner Theil. Aufser diesen Rücksichten des Gesundheitszustandes kommen aber auch noch andere wirth- schaftliche (*) in Betracht. Mit dem Einschlage eines haubaren Ortes wird man z.B. viel weniger zögern, als mit der Fällung junger Hölzer, welche viel gröfsere Störungen in die wirthschaftlichen Ver- hältnisse bringt, als der Abtrieb solcher, welche ohnehin nur noch 10 Jahre gestanden hätten, abgese- hen von dem Schaden den man hat, wenn haubares Holz auf dem Stamme verdirbt. Man wird also folgendermafsen bei der Anordnung des Hiebes zu Werke gehen: a) Bestände über 80-100 Jahre und überhaupt solche, welche, auch wenn sie jünger sind, in der ersten Periode liegen, müssen, wenn sie vor der Beendigung des Maitriebes so gefressen werden, dafs sie ganz entnadelt erscheinen, gleich eingeschlagen werden und zwar in folgender Art: «) zuerst die zu Bauholz und Brettklötzen geeigneten und solche, welche in ganzen Stämmen oder Klötzen verkauft werden sollen. Kann der Verkauf nicht auf der Stelle erfolgen, was freilich immer vorzuziehen ist, und mufs das Holz längere Zeit aufbewahrt werden, so kann das frisch gefällte auch ungeschält sogleich ins Wasser geworfen werden (""*). Kann dies nicht ohne grofse Kosten geschehen, so mufs es so geschält werden, dafs nur höchstens 3-4" breite Rindenstreifen stehen bleiben. Erspart dies Schälen in Streifen nicht bedeutende Kosten, so ist es bes- ser, den ganzen Stamm zu schälen. Es erfolgt in Accord, indem das Holz nach den bekannten Sor- timenten: „Klein-, Mittel-, Stark-Bauholz, Brettklötze" stückweise bezahlt wird (***). ß) Kann Spalt- holz gearbeitet werden, wie Stabholz, Schindelholz, Werkklafteru , so folgen die Arbeiter, welche es bereiten, gleich hinter denen, welche Bauholz einschlagen. Die starken Kloben in den Nutz- oder Werkklaftern müssen gleichfalls von der Rinde befreit werden, y) Erst wenn alle zu Nutzholz taug- liche Bäume aufgearbeitet wurden und dadurch gegen das Verderben gesichert worden sind, wird das Brennholz gefällt. Bei diesem verliert man weniger, wenn es auch auf dem Stamme abstirbt. Bei sei- nem Einschlage ist aber auch zu beachten, dafs es desto weniger au Güte verliert, je mehr man ver- mindern kann, dafs die im Holze befindlichen Säfte in Gährung und Fäulnifs übergehen , dafs es ,also durch Auslaugung im Wasser und Austrocknen viel gewinnt. Es eignet sich daher zu den am Schnell- sten austrocknenden Schnitt- und Spaltwaaren sehr gut, wenn diese schnell aufgearbeitet werden kön- nen, d) Die Scheite in den Nutz- und Werkklaftern sind nicht so stark als gewöhnlich zu spalten und die Klötze beim Aufspalten passend einzutheilen, damit nicht Nutzholz verspalten wird, f) Die Schnitzhölzer sind möglichst klar zu spalten und die in der Hauordnung vorgeschriebene Stärke darf nicht überschritten werden, f) Das Knüppelholz mufs einmal aufgespalten werden und es darf über- haupt gar kein Raupenholz rund und ungespalten in die Klaftern gestellt werden. ^) Alles Holz mufs (*) Diesen AbscLiiitt , so wie die beiden folgenden, habe ich gröfstentlieils aus einem Aufsatze des Hrn. Oberforst- raths Pfeil entnommen, welcher ihn mir zur Benutzung erlaubte. Hennert {Raupenfr. S. 100. über die Mafsregeln, welche zur Verwendung des von den Raupen zerstörten Holzes getroffen werden) hat darüber schon vieles Brauchbare gegeben, allein es ist zum Theil veraltet, zum Theil durch Vermengung mit fremdartigen Betrachtungen zu weitschwei- fig, immer aber noch für den Praktiker sehr lesenswerth. (**) Über die Conversation s. auch Hennert S. 108 und derselbe in v. Linker besorgt. Forstm. S. 336, nament- lich über die Abänderungen, welche an verschiedenen Orten und unter verschiedenen Verhältnissen getroffen werden. (***) Dafs das raupenfräfsige Holz, wenn es gleich geschlagen wird, noch sehr gut zu gebrauchen ist, das beweist eine sichere Nachricht des Hrn. Trampnau. Auf etwa 100 Morgen des Zelgniewoer Raupenfrafses (s. Bombyx Pini) waren die 30-60jährigen , völlig entnadelten Kiefern nicht mehr zu retten gewesen. Mau hatte sie aber sogleich ge- schlagen, und die Käufer, welche es unmittelbar darauf zu Gebäuden verwandten, fanden es nach 10 Jahren noch in vollkommen dauerhaftem Zustande. Hennert spricht S. 147 sehr ausführlich über die Brauchbarkeit des raupenfräfsi- gen Holzes zu Brennholz und Kohlen, und vergleicht die Kohlen von trocknem, gesunden Holze, vom Windbruch und vom ßaupenholze, welche sich in der Menge und Güte ganz gleich verhielten. Das Bauholz hp,tte dagegen, bei der grossen Menge desselben, von seinem Werthe verloren. Behandlung der Raupenorte. 29 aufgespalten wo möglich erst einige Zeit an der Sonne liegen und austrocknen, bevor es in Klaftern gesetzt wird. Diese müssen Unterlagen erlialten und sollen nicht in grofsen Haufen dicht zusammen gesetzt, sondern mehr einzeln aufgestellt werden. Kommt es auf die Ablage, so mufs es auch hier luftig und weitläufig stehen, damit es nicht in den Reihen stockt. Kann es gleich verflöfst werden, so ist es desto besser. Verfaulen die Unterlagen oder werden sie gestohlen, so müssen sie sogleich durch neue ersetzt werden. b) Wenn haubare Bestände, die nach dem speciellen Hiebsplane doch in den nächsten 10 Jaii- ren zum Hiebe kommen, so raupenfräfsig sind, dafs sie dadurcli bedeutend im Wüchse zurückgesetzt werden würden, so sollen sie bald eingeschlagen werden, selbst wenn ihr gänzliches Eingehen nicht zu befürchten ist. c) Wenn dagegen jüngere Bestände aus spätem Perioden raupenfräfsig sind, durch deren Ein- schlag der ganze Betriebsplan gestört würde, so soll ihr Einschlag erst nach erfolgter Gewifsheit des Todes Tor sich gehen. d) Wird der Einschlag nicht so bedeutend, dafs dadurch die Preise gedrückt werden, so sollen auch die zweifelhaften Bestände mit gefällt werden. Es mufs dann doch der Ort sogleich aus der Hand wieder angebaut werden. Die Schonung solcher zweifelhaften Bäume würde, da sie doch nicht Samen tragen, weiter nichts nützen. Wird aber der Einschlag so grofs, dafs das Holz nun im Preise sinkt und die grofsen Blöfsen nicht wieder angebaut werden können, so ist es wichtig, den Einschlag für mehrere Jahre zu vertheilen und so viele Bäume als möglich zu erhalten, da sie später doch noch vielleicht wieder Samen tragen und gegenwärtig den Boden noch schirmen. Es entsteht dadurch freilich die Unannehmlichkeit, die Bestände durch fortwährende Plänterung abzutreiben. Es versteht sich, dafs dies in einer Art geschieht, wobei die Coutrole nicht gefährdet wird (*). Elfter Abschnitt. BEHANDLUNG DER STARK BEFRESSENEN, STEHEN BLEIBENDEN ODER IN FOLGE EINES RAUPENFRASSES ABGETRIEBENEN ORTE. Da die Raupen meist nur das hohe Holz und das Unterholz befallen, die kleinen Samenpflan- zen aber verschonen, so kann man oft nach dem Einschlage des Raupenholzes durch Einschonen noch eine natürliche Verjüngung erwarten. Dies ist um so mehr nöthig, als das Vieh gern in die vom Rau- penkothe gedüngten, grasreichen Orte geht. Aber auch solche Orte, welche vorläufig noch stehen bleiben, aber wahrscheinlich durch Plänterung abgetrieben werden, müssen, so weit es die Weideser- vitute und Hütungsverhältnisse erlauben, sogleich eingeschout werden, da auch bei ihnen oft die Ver- jüngung aus der Hand umgangen werden kann. In den meisten Fällen wird es zweckmäfsig sein, die nach dem Raupenfrafse abgetriebenen Orte auf 1-2 Jahre in Ackercultur auszugeben, damit sich die etwa noch vorhandenen Puppen oder Raupen gänzlich verlieren. Es mufs den Miethern dabei ange- deutet werden: dafs sie bis zum letzten Februai, oder spätestens bis Mitte März Alles umgepflügt oder umgegraben haben müssen. Die dadurch nun tief unter die Erde gebrachten Puppen oder Raupen müssen sterben. Will man haubare Bestände, welche stark befresseu wurden, noch erhalten, so darf (*) Über die Art und Weise, wie in den Preufsischen raupenfräfsigen Revieren in den Neunziger Jahren gehauen WTirde und nach welchen Grundsätzen die Verwendung des Holzes bestimmt wurde, wie ferner die beschädigten Orte herausgemessen und auf Charten eingetragen wurden — darüber berichtet Hennert mit seinem gewohnten praktischen Geschick S. 101. 30 Allgemeiner Thell. man wenigstens nicht daran denken, in den nächsten 5-6 Jahren hier einen Sanienschlag zn stellen und es müfste nöthigen Falles die Hiebsfolge danach geändert werden. Über den Wiederanbau der durch Raupenfrafs zerstörten Districte spricht auch Hennert sehr ausführlich (S. 114 n. f.). AufTaf. VIll. giebt er eine Charte, worauf ein Theil eines, durch die Raupen zerstörten Reviers gezeichnet ist und dazu (ad pag. 104.) ein damit übereinstimmendes Register, zum Beispiel wie selbiges ausgearbeitet werden müfste. Die Buchstaben im Register haben Bezug auf die in dem Plane mit eben diesen Buchstaben bezeichneten Figuren. Auf einer ausgeschnittenen Tectur ist das Revier dargestellt, in was für einem Zustande es bei der speciellen Vermessung des Raupenfrafses gewesen, und wie die Holzbestände darin nach den Rubriken des Registers gefunden wurden. Der untere Plan aber zeigt, welche Theile des Reviers so ausgehauen werden müssen, dafs es nöthig ist, sie in Holzanbau zu bringen, so wie man solches in den Anmerkungen des Registers aufgeführt findet. Es sind darin alle die Theile durch die (auf dem Plane selbst erklärten) Farben und Signaturen so unterschieden, dafs diejenigen, welche aus der Hand besäet werden müssen, und die, wo noch die Beihilfe der Natur zu erwarten ist, deutlich entnommen werden können. Zwölfter Abschnitt. VERHALTEN DER HEIDEMIETHER UND BERECHTIGTEN. Im Falle mau das mit Cocons und Eiern beladene Holz bald aus dem Walde zu haben wünschte, mufs den Heidemiethern und Berechtigten nachgegeben werden; dafs sie das ihnen zufallende Holz schon im Sommer abholen können, auch selbst aufser den Holztagen und noch während auf den Schlägen gearbeitet wird. Weiter durfte dieser Abschnitt nicht ausgeführt werden, weil die Beamten den Geschäftsgang am Besten selbst kennen und dieser auch in verschiedenen Gegenden verschieden ist. Dreizehnter Abschnitt. BEGEGNUNG. Über Begegnung und Auffindung ist zwar schon im Allgemeinen (Th. I. S. 8-11.) ziemlich viel gesagt, allein es bedürfen alle die Punkte, welche in Beziehung auf die Lepidopteren dort nur ober- flächlich angedeutet werden konnten, hier noch einer näheren Erörterung, damit nachher bei den ein- zelnen Arten, welche in mancher Behandlungsweise eine Übereinstimmung zeigen, nicht so oft Wieder- holung nöthig werden. Wir unterscheiden auch hier Vorbauung und Vertilgung. I. Verhütung oder Vorbauung. Gegen die Lepidopteren besitzen wir verhältnifsmäfsig wenige Vorbauungsmittel, wenn wir nicht durch stete Aufmerksamkeit und Beachtung der von der Natur gegebenen Gegenkräfte gegen den Aus- bruch eines Raupenfrafses ankämpfen. Man hat zwar in der Durchforstung, in der Anlage gemischter Bestände u. dergl. Schutzmittel gegen Raupenausbreitung zu finden geglaubt. Allein einmal sind diese Hoffnungen auch öfters getäuscht worden und dann kann man die vorgeschlagenen Mafsregeln nicht immer ausführen. Über die Widersprüche, welche hinsichtlich der stärker und schwächer durchforsteten Bestände die Erfahrung lieferte, s. beim Vorkommen des Spinners. Hinsichtlich der gemischten Bestände, welche hauptsächlich den Nadelraupen widerstehen sollen, bemerke ich: dafs erstens diese nicht gegen Begegnung. Vorbauung. 31 die polyphagische Nonne, aucli nicht einmal ganz gegen Eule nnd Spanner .schützen, denn ich habe selbst bei miifsiger Verbreitung sie überall in den mit Buchen gemischten Kiefern bei Neustadt und auch schon in andern Gegenden gesehen, und eben so wenig halten sie unbedingt den Spinner ab, wenn er in einer Gegend sehr überhand genommen hat. Alsdann ist es aucii gewifs nicht das einge- sprengte Laubholz allein, welches schützt, sondern die darin am Liebsten nistenden Vögel (s. Krankh. u. Feinde) helfen hier und der kräftige frische Boden, der es erzeugte, wirkt mit. Wo dieser ist, gehen die Raupen auch so leicht nicht an die reinen Nadelholzbestände, wie viele Erfahrungen beweisen (s. Bombyx Pini Vorkommen u. Frafs). Und wo er nicht ist, wie will man da es anfangen, Laubholz in die Höhe zu bringen? G. H artig {Kiefernraupen S. 43.) sagt: „die Ranpen haben uns da, woderBo- den trocken ist, alle Kiefern zwischen den Birken abgefressen. Nur an solchen Orten verschonten sie die zwischen den Birken stehenden Kiefern, wo der Boden feuclit und niedrig ist. Derglei- chen feuchte Niederungen gingen sie aber auch vorbei, wenn keine Birken zwischen den Kiefern stan- den! Der Glaube, als blieben die mit Birken gemengten Kiefernbestände von Raupen verschont und dafs man daher alle neuen Kiefern-Ansaaten mit Birken vermengen müsse, um gegen Raupenfrafs künftig sicher zu sein, ist also der Erfahrung nach irrig." Die wichtigsten Vorbeuguugsmittel sind Aufmerksamkeit und Aufrechterhaltung der Naturkräfte. Hinsichtlich der Aufmerksamkeit verweise ich anf einen früheren Abschnitt (Verhalten der Beamten) und auf einen späteren (Insecteu- Visitation). Haben alle diejenigen, welche den Wald am Meisten besuchen, nur die nothdürftigsten Kenntnisse von den wichtigsten Forstinsecten, ihrem Er- scheinen zu den verschiedenen Zeiten, den Kennzeichen ihres Vorhandenseins, so wird ihnen so leicht kein Rau])enfrafs unerwartet kommen, und das ist schon ein grofser Vortheil, indem man sich doch, wenn das Unglück nicht abzuwenden wäre, gegen die Behörde ausweisen und den harten Vorwurf der Unachtsamkeit abwenden könnte. Zinken {hesor(jt. Forstni. S. 37.) that schon einen Vorschlag, der mir sehr gefällt, der meines Wissens aber gar nicht beachtet worden ist. Er will nämlich, dafs man an- statt der Preise, welche in manchen Gegenden noch jetzt auf die Ablieferung von allen Falken, Eulen und Spech- ten — imter denen es doch so viele nützliche giebt! — gesetzt werden, lieber Preise für 1 Schock der schädlichsten Waldraupen aussetze, versteht sich aber nur zur Zeit, wenn kein Frafs Statt findet. In gewöhnlichen Jahren könnte das keine grofsen Ausgaben verursachen, da Nonnen-, Eulen- und Spannerraupen oft so selten sind, dafs man kaum einige Dutzende in einem Sommer zusammen- sucht. Es würde aber dennoch viele unbeschäftigte Leute zum Sammeln reizen und wir entledigten uns dadurch nicht allein einer Menge Raupen, aus denen unter begünstigenden Umständen sehr fruchtbare Sciimetterlinge sich entwickeln könnten, sondern wir ersähen auch aus den sparsameren oder häufige- ren Ablieferungen, ob Gefahr für die nächste Zukunft bevorstände oder nicht. Ferner beugen wir vor durch Aufrechterhaltuug der Naturkräfte. Über Witterungsein- flüsse (s. begünst. oder hemmende Eiufl.) haben wir nicht zu gebieten, es kann hier daher nur noch von den sogenannten Feinden der Lepidopteren die Rede sein. Eine Würdigung derselben enthält der Ab- schnitt V. „Krankheiten und Feinde" und IV. „Begünstigende oder hemmende Einfiüsse". Hier nur noch von den Rücksichten, welche man bei Schonung oder Vertilgung derselben zu nehmen hat. 1) Was die Säugethiere und Vögel anbelangt, so kommt hier eine doppelte Rücksicht zur Sprache. Es giebt unter ihnen einige, wie Steinmarder, Baummarder, Iltis, Wiesel, Hermelin, Fuchs, welche dadurch nützlich werden, dafs sie kleine schädliche Nager, besonders Mäuse, vertilgen, die aber zugleich dadurch schädlich werden, dafs sie Vögel fressen, welche uns vom Ungeziefer befreien. Da mufs denn doch die letztere Rücksicht untergeordnet werden, weil uns die Mäuse häufig noch lästiger werden, als Raupen, wenigstens ganz gewifs in Laubholzrevieren, wo diese vierbeinigen Verwüster die 32 Allgemeiner Theil. sclilimmsten sind. So ist es auch mit einigen Vögeln, namentlich den Körnerfressern, welche uns da- durch schaden, dafs sie einige Samen und Früchte zerstören, aber zugleich auch sehr nützlich werden dadurch : dafs sie zur Zeit des Brütens eine Menge von lusecten verbrauchen. Noch heutiges Tages füttert einBouche, wie ich selbst gesehen habe, in seinem grofsen Garten, trotz seiner schönen Kir- schen, die aus der ganzen Gegend vertraulich ihm zueilenden Spatzen und hat dafür an ihnen treue Hilfstruppen gegen die Raupen, von denen sein Garten oft in der ganzen Gegend allein frei bleibt. Selbst die Finken, welche den Kiefernsaatbeeteu so uachtheilig sind, müssen da, wo mau dergl. nicht anlegt, geschont werden, da sie zur Brutzeit emsig au den Zweigen auf- und ablaufen, um Eier und Räupcheu zu suchen. Ich wüfste als wahre Holzsamenfeinde, die den angerichteten Schaden durch kei- nen Nutzen aufwiegen, nur die Tauben und die Kreuzschnäbel aufzuführen. Man ersieht daraus, dafs man sich sehr in Acht nehmen mufs, das sehr weise eingerichtete und dem blinden Menschen hier und da versteckte Gleichgewicht der Natur zu stören, und dafs mau lieber zu wenig als zu viel von diesen Thieren tödten mufs. Man mufs sich, um thätige lusectenvertilger zu sichern, darauf beschränken zu schiefsen und zu fangen: die vögelfressenden Habichte und Sperber {Falco paJumbarius xmA. Nisus)^ die Wanderfalken {^F. peregrlnus), die Lerchen- und Steinfalken {F. Subbuteo und Äesalon), den Uhu {Strix Biibo), den Kolkraben und die Elster (Corvus Corax und Pico). Die Würger {Lmiius) möchte ich schon nicht mit Lenz in die Acht erklären (s. den Abschn. über Kraukh. u. Feinde). Der Forstmann kann also viel mehr durch das Schonen als durch das Wegschiefseu nützen. Er mufs die Gesetze und Verordnungen, welche das Schonen nützlicher Thiere verfügen, besonders wenn Insectenplagen zu er- warten sind, aufrecht erhalten. Es dürfen keine Donenstriche geduldet werden und die Vogelfänger müssen auf das Strengste bestraft werden (*). Er kann aber sogar zur Hegung und Pflege der nütz- lichsten Thiere ohne grofse Arbeit beitragen. Wir haben schon aus älteren Zeiten manchen verständi- gen Rath in dieser Hinsicht erhalten (s. z. B. Graf Sponeck in Laurop's Annalen B. V. H. 3. S. 39.). Bäume mit Höhlungen, Astlöchern und anderen Brüte- und Zufluchtsörtern für Fledermäuse und Vögel sollen geduldet und beerentragende Sträucher, wie Wachholder, Schneeball, Hartriegel, Berberitze, Kreuz- und Wegedorn u. dergl. sollen erhalten werden, ja man soll sie in einiger Quantität da ansäen, wo es angeht. Es ist in dieser Beziehung merkwürdig, dafs das Grimnitzer Revier in der Nähe von Neustadt, welches eine seltene Menge von Wachholderbeeren — die hier aber zum lästigen Forstunkraut wer- den — hat, nie von einem Raupenfrafs heimgesucht worden ist, wie schon Henner t {Baujjenfr. S. 90.) bemerkt. Vielleicht giebt dies einen Fingerzeig für die Nützlichkeit der Vögel, die man nirgends in gröfserer Menge hat, als dort. Leisler versichert, dafs die Prozessionsraupen in solchen Gegenden bei Hanau grofsen Schaden gethan hätten, wo einige Jahre vorher mehrere Tausend alter Eichen gefällt wurden und zwar zur Zeit des Winterschlafes der Fledermäuse, wodurch diese zu Grunde gingen. (*) Niemand hat die Unsitte des Vogelfanges in ein helleres Licht gestellt, als unser trefflicher Lenz (Gemeinnütz. Katurgesch. Bd. IV. Abth. 1. Vorrede pag. X.). Nachdem er alle Ränke beschrieben hat, deren die Vogelsteller sich immer mehr und mehr bedienen, um zu ihrem Zweck zu gelangen, schliefst er folgendermafsen : ,,Der Vogelfänger hat mit Spafs in einem Vormittage über 3 Thlr. verdient. Er fängt, trotz der Strafe, die darauf gesetzt ist, immer fort, weil er doch weifs, dafs er nicht dabei erwischt wird, wenn er's nur listig anfängt. Wäre ihm aber durch das Ver- bot, Singvögel in der Stube zu halten, oder todte an Liebhaber von Leckerbifschen zu verkaufen, die Möglichkeit des Verkaufs abgeschnitten, so würde er sich bald nicht mehr mit dem Fange bemühen. Nur das Rothkehlcheu und die Bachstelze könnte man dem Landmanue zur Vertilgung der Fliegen gestatten. In der Stube könnte man sich mit Kanarienvögeln, Stieglitzen, Zeisigen u. dergl. körnerfressenden begnügen. Das Fangen der Ler- chen und Drosseln sollte blofs ein Jahr um's andere erlaubt sein." (s. auch Pfeil Insectenschad.) (S. die Anmerk. b. d. begünst. u. hemm, Einfl.) Begegnung. Vorbauung. Raupenzwinger. 33 2) Hinsichtlich der nützlichen Ampliibieu ist es schon genug, wenn wir ihre Verfolguno- nicht dulden, das grausame Spiel unterdrücken, welches Kinder oft mit Eidechsen treiben, nicht jede Kröte und jede Schlange für giftig halten und sie todt schlagen. Alle diese Thiere sind als thätige Vertilger von schädliclien Insecten, zum Tiieil aucli der sclüldlichen Mäuse, bekannt (s. auch Krank- heiten u. Feinde S. 22.). 3) Hinsichtlich der nützlichen Insecten i,st die Sache eigentlich eben so einfach, d. h. wir lassen die liebe Natur ruhig walten und beschranken uns auf das Erhalten (s. Th. I. ed. 1. S. 24.). Hin und wieder können wir zu dieser Erhaltung wirklich etwas beitragen. Denn, wenn wir z. B. die jungen, eben ausgekommenen Räupchen der Nonne zerstören, so sind wir sicher, dafs keine Schmarotzer mit ihnen zerstört werden, sondern dafs diese die der Vertilgung entgehenden aufsuchen und mit ihnen A'iel eher fertig werden, als wenn sie es mit dem ganzen Heere zu thun gehabt hätten. Man hat sich aber nicht mit dem blofsen Schutze dieser Schmarotzer begnügen, sondern diese Thiere auch künstlich ver- mehren wollen. Von den sinnlosen früheren Vorschlägen, durch ausgelegte Cadaver die Ichneumonen und Fliegen anzulocken, kann jetzt nicht mehr die Rede sein. Wohl aber mufs ich die, jetzt fast allgemein verbreitete Lehre von der künstlichen Erziehung der Schmarotzer mittelst auf Zwingei-n ausgesetzter Raupen ausführlich durchnehmen, so wenig ich ihr auch beistimme. Da icli über die Beziehung der Schmarotzer zu den von ihnen bewohnten Thiereu schon in einem früheren Abschnitte (Begünst. oder hemmende Einfl. S. 15. u. f.) ausführlich gesprochen habe, so wende ich mich hier gleich zur Betrach- tung der sogenannten Raupenzwinger. a) Man versteht darunter kleine, mit Graben umgebene Orte, auch wohl mit Drath beflochtene Häuschen im Walde, in welchen durch künstlich gefütterte Raupen Ichneumonen und Fliegen zur Be- kämpfung der Raupen im Reviere erzogen werden sollen. Nach und nach hat mau dabei einen dop- pelt verschiedenen Zweck zu erreichen gewünscht, ohne dafs dies aber irgendwo mit Worten ausge- sprochen wurde. Einmal will man darin blofs die bei Gelegenheit eines Frafses gesammelten Eier Raupen und Puppen verwahren, damit nicht durch das, sonst gebräuchliche Vergraben oder Verbren- nen auch die darin steckenden Schlupfwespen und Fliegen getödtet würden. Zweitens beabsichtigt mau aber auch bei der Anlegung von Raupenzwingern die Erziehung und Vermehrung von Schlupf- wespen und Fliegen, um mit diesen einem etwa ausbrechenden Raupenfrafse zu begegnen. Ge- gen die ersten, welche ich Vertilgungszwinger nenne, habe ich nicht so viel, denn, wenn sie auch meiner Meinung nach, nicht viel helfen, so schaden sie doch auch nicht bei sorgfältiger ßeaufsichtiguno. Würde diese Beaufsichtigung, und vielleicht auch die Aussetzung, aber zu mühsam und kostspielig (s. S. 35, 37. die Absätze e u. g die Anmerkungen), so erkläre ich mich auch gegen sie. b) Was nun aber die zweite Art, die Vorbauungs z winger, betrift't, so wollen die Anordner derselben alljährlich eine Quantität Raupen erziehen, welche eine zur Säuberung der Reviere hinreichende Menge von Schlupfwespen und Fliegen aulocken und ernähren sollen. Nun bedenke mau aber die unge- heure Menge von Raupen (versteht sich nicht blofs von einer Art, sondern von allen schädlichen oder doch den meisten!), welche dazu nöthig wären, in allen Preufsischen Revieren hinreichende Schlupfwes- pen zu unterhalten, um den beabsichtigten Zweck zu erreichen! Gesetzt den Fall, sie liefsen sich dann und wann in Gegenden, wo gerade ein Frafs herrscht, aufbringen, welche Kosten würde der Transport derselben verursachen? An Fahren wäre gar nicht zu denken, da Raupen, wenn sie übereinander ge- packt und gerüttelt und geschüttelt werden, sehr weichlich sind und leicht krank werden und sterben (s. S.37. Absatz*/ Anmerk.). Wenn nun aber auch dieRaupen etc. glücklich au Ort undStelleangelangtwä- ren; wenn alle Schwierigkeiten ihrer Pflege und Wartung (wobei die Abwehrung der Vögel einen Jäger allein beschäftigen würde) überwunden wären; wenn die Schlupfwespen sich gewünschter Mafsen — in Band II. E 34 Alloemeexer Theil. der Wirklichkeit tiiiin sie es nicht — zalilreicli eingefunden uud tleifsig gebrütet hätten: was wäre dann das Resultat? ein zerstörter Zwinger! Gleichsam ein zerstörtes Revier im Kleineu! Denn eben so wie in einem grofsen Reviere eine grofse Raupenmenge eine grofse Schmarotzermenge erzeugt, alsdann untergeht und die Verminderung ihrer Feinde nach sich zieht, so würde auch in einem Zwin- ger die Raupenmeuge einer Schmarotzermenge unterliegen und diese letztere müfste dann auch wieder verschwinden, denn es wird ja vorausgesetzt: in dem zu schützenden Reviere befänden sich wenige oder gar keine Raupen. Und träfe man es wirklich so glücklich, dafs man eine solche Schmarotzer- menge gerade bei einem entstehenden Raupenfrafse zur Disposition hätte, wie weit sollte diese dann ausreichen? Wie grofs müfste ein Zwinger sein, um alle Raupen in einem grofsen Reviere bei einem beginnenden Frafse mit Schmarotzern zu versehen? Bei diesen Annahmen folgte ich den Voraussetzungen und Theorien derer, welche diese Zwinger vorschlugen. Ich wage dreist zu behaupten, dafs jene nie einen gröfseren Zwinger der Art angelegt und mehrere Jahre unterhalten haben, denn sonst hätten sie auf die unüberwindlichen Schwierigkeiten stofsen müssen, die ich aus Erfahrung kenne. Es ist weder unseren Versuchen, die wir häufig zur Belehrung unserer Studirenden hier bei der Anstalt anstellten, noch den zahlreichen Anderer, welche ich seit einigen Jahren besuchte, geglückt, solche Zwinger — natürlich nur von einer Art die gerade in der Nähe frafs, denn von allen wichtigen Raupen zugleich bin ich, trotz aller angewandten Mühe, nie im Stande gewesen Zwinger zu halten — länger als höchstens ein Jahr zu unterhalten. Entweder liefen die Raupen weg, wenn sie nicht mit grofser Aufopferung an Zeit zusammengehalten wurden, oder sie starben an plötzlich eingetretenen Krankheiten, oder sie ver- schwanden ganz allmälig. Es scheint nämlich, als verlören sie in solchen Zwingern alle ihnen sonst von der Natur verliehene Sicherheit und Widerstandskraft, denn Vögel, Eideclisen, Wanzen, Laufkäfer u. dergl.. Alles wetteifert sie aufzuräumen. Die armen Ichneumonen, welche ich selten in Zwingern be- schäftigt sähe, kommen dabei gar nicht einmal zum Ziele, und so bewährt sich auch gar nicht einmal die Annahme der Raupenzwinger-Theoretiker: Ichneumonen und Fliegen nisten sich auf einem Zwinger ein. Bei dem so bedeutenden Kienraupen-Frafse im Annaburger Reviere hatten die Zwinger auch keinen Erfolg, denn es zeigten sich auf diesem nicht mehr gestochene Raupen als aufserhalb desselben, und da, wo man der Verheerung durch kräftige Mittel vorbeugte, waren keine Zwinger vorhanden. Wollte man auch diesen, doch mit Erfahrungen und Beispielen genugsam belegten wohlgemeinten Worten nicht glauben und die Zwinger in einem ganzen Lande einführen, so würde der erste, gewifs leicht vorauszusehende Erfolg der sein: dafs diese Anstalten in den ersten Jahren mehr kosten, als sämmtliche im Laufe von vielen Jahren möglicher Weise eintretende Ranpenbeschädigungen und die etwa dagegen zu ergreifenden vernünftigen Mafsregelu [der Himmelpforter Zwinger (s. Absatz (j Anmerk.) hatte ja in 4 Monaten schon gegen 100 Thlr. Kosten verursacht!]. c) Noch ein Wort über die Vertilgungs-Raupenzwinger. Auf diese sollen also nur gesam- melte Raupen und Puppen aus der Nähe zusammengebracht werden. Man verlangt von ihnen nichts weiter, als: sie sollen die mit den Raupen und Puppen schon eingewanderten Ichneumonen, die beim Tüdten der ersteren verloren gegangen wären, dem Reviere wieder zuwenden. AVenn ich diese Art Zwinger auch für ausführbar halte, da das dazu erforderliche Material herbeizuschaffen ist, so würde ich sie doch nie da einführen, wo die Anstellung der Aufseher oder andere dazu nöthige Anstalten (s. S. 27. Anmerk.) sehr kostspielig wären. Läfst man sie ohne Aufsicht, oder beschränkt mau diese blofs aufs Füttern, so werden eine Menge Raupen wieder weglaufen und die durchgefütterten werden sich nach ihrer Verpuppung in die Lüfte erheben und entfernte Gegenden besamen. Und ist man nun auch wirklich diesem Allen zuvorgekommen, was hat man dann zu hoffen? Die auskommenden Schma- rotzer werden dahin gehen, wo sie am Meisten Beute finden, d. h. auf die Raupen der schon ungeheuer Bege(;nun(t. Vokhauunh. KalipenzwinctER. 8 5 befressenen Reviere, die doch wabrscheinlich uicht mehr zu retten wären. So waren auch die Zwinger, welche ich i. J. 1837 in der Gegend von Fi'irstenberg sähe, nicht im Staude, mir einen bessern Begriff von der Nützlichkeit dieser Anstalten beizubringen. Dafs sie Geld gekostet hatten, sähe mau an ihrer zNveckmäfsigen Einrichtung. Dafs sie nichts genützt hatten, sähe mau an den ungeheuren Verwüstun- gen, welclie die Kaupen weit und breit augericlitet hatten und denen nur durch Vertilguugsmafsregeln hatte Einhalt gethan werden können. Doch will ich dies daiiin gestellt sein lassen und Demjenigen, welcher geneigt wäre, die Sache nocli einmal durchzumachen, meine Erfahrungen über Ort, Grüfse, Eiii- riclitung und Beaufsiclitigung solcher Zwinger mittlieileu. (/) Der geeignetste Ort wird immer da sein, wo ein nur mäfsiger Raupenfrafs Statt lindet. Mit- ten in einem mit Raupen überfüllten, bereits ganz abgefresseneu Reviere würde ich keinen Zwinger an- zulegen rathen, auch schon defsbalb nicht, weil hier die Anschaffung des Futters mit Schwierigkeiten ver- bunden wäre. [Von dem Vorbauungszwinger, als einem, meiner Meinung nacii, ganz unausführbaren, spreche ich uicht weiter. Könnte man durcli ihn etwas bezwecken, so würde der geeignetste Ort für ihn da sein, wo sich Bestände lindeu, welche erfahrungsmäfsig am Ersten und am Meisten von Raupen leiden (s. Vorkommen u. Frafs).] e) Über die einem Raupenzwiuger uöthige Gröfse haben wir bereits mehrere Erfaliruugen ge- macht. Ich habe grofse Raupenzwinger (von 2-3 Morgen) gesehen und auch kleine. Die grofsen hat- ten nicht allein keinen Nutzen gestiftet, sondern vielmelir Schaden angerichtet dadurch, dafs die Raupen und Puppen uicht ordentlich hatten beaufsichtigt werden können und dafs gesunde Bestände durch die auskommenden Falter iniicirt worden waren (*). Kleine Zwinger (von Vs bis V-t Morgen grofsj, welche ich sähe, z. B. an der Mecklenburgischen Grenze, waren viel besser im Stande; man bemerkte wenig- stens keinen andern Nachtheil als den: dafs die weggelaufeneu Raupen einige Bäume in der unmittel- baren Nähe des Zwingers abgefressen hatten. Dafs sieh auch auf solchen kleinen Zwingern Raupen genug unterbringen lassen, das zeigt eine einfache Rechnung. In eine Metze gehen von den gröfsten (den Kien-) Raupen 1500 bis 2000, also in den Scheffel höchstens 32,000. Will mau diese flach auf der Erde ausbreiten, etwa in der gekrümmten Stellung, wie mau sie im Winterlager findet, so gebrau- chen sie einen Raum von 10-15 Sehritten ins Geviert. Sobald sie fressen, werden sie nocli viel we- niger Platz einnehmen, da sie au den Zweigen zerstreut sitzen. /) Zu der Einrichtung eines Raupenzwiugers gehört seine Absperrung und seine Bevölkerung. Absperrung ist nötbig, damit die Raupen nicht davon laufen und später die Falter nicht entwischen. Die Raupen- Absperrung wird bewirkt dadurch, dafs man den Zwinger mit Gräben umgiebt, die so be- schaffen sein können, wie die Raupengräben (s. 13. Abschn. II. c), nur mit dem Unterschiede: dafs man die innere Wand derselben nicht senkrecht absticht, sondern schräg, damit die in die Gräben gekomme- (.*) Im Hinimelpforter Reviere (s. S. 37. Annierk.) ivnrden im ,T. 1835 etwa 2 Wispel Kienraupeu sogar auf einem 30 Morgen grolsen, zu einem Zwinger eingerichteten Terrain ausgesetzt. Um die Raupen recht zu pflegen und sie so viel wie möglich naturgemäfs zu halten, hatte man ihnen sogar die Bäume gelassen. Der Erfolg war aber nicht be- friedigend, denn 1) waren sehr viele Raupen und Puppen dennoch gestorben, 2) bemerkte man nur wenige Ichneumo- nen, 3) war man genöthigt , den am Meisten befressenen Theil des Holzes herunterzuhauen, weil sich viele Raupen an den Zweigen eingesponnen hatten, 4) betrugen die durch den Zwinger verursachten Kosten 96 Rthlr. l'/a Sgr. — ver- steht sich ohne die, auf das abgetriebene Stück zu verwendenden Cultiirkosteu zu rechnen! — 5) mufste die fernere Unterhaltung des Zwingers , da es an jungen Raupen fehlte , aufgegeben werden. Der Versuch gewährte manclie Be- lehrung, und es freut mich, dafs ich das Terrain selbst habe sehen und die hier mitgetheilten Bemerktingen aits den. von Hrn. Oberförster Körner geführten Acten , deren Einsicht mir Hr. Oberförster Zychlinski gütigst gestattete, selbst habe entnehmen können. E2 36 Allgemeiner Theil. nen Raupen leicht nach dem Zwinger wieder zurückkriechen können. Mau wird gut thun, in diesen Gräben auch Fauglöcher anzubringen und diese von Zeit zu Zeit zu räumen; deun es hält, wie ich aus eioeuer Erfahrung weifs, sehr schwer, das Entweichen der Raupen zu verhindern. Die in unsei-em Forstgarten angelegten, kleinen Zwinger haben wir sogar mit doppelten Gräben umgeben und doch kamen Raupen genug davon. Ja, wir haben den Zwinger innerhalb des ersten Grabens mit senkrecht stehenden Brettern umgeben und diese mit 8 — 12" breiten Streifen polirten Eisenbleches bena- gelt, und dennoch kamen die Raupen, auch ehe das Blech noch anfing zu rosten (wodurch das Über- kriechen natürlich bedeutend erleichtert wurde) darüber weg. Es ging zwar sehr langsam, aber nach 5 Minuten war das Blech doch überschritten, und, wenn eine Raupe auch nach fast überstandener Ar- beit wieder herunterfiel, so versuchte sie es aufs Neue, bis der Übergang gelungen war. Durch diese Vorrichtung und die doppelten Gräben wurde das Entwischen jedoch so sehr erschwert, dafs die Rau- pen nur einzeln und langsam im zweiten Graben ankamen und vor ihrer gänzlichen Befreiung wieder in den Zwinger zurückgeworfen werden konnten, wenn der Wärter nur alle Stunden einmal nachsähe. Da wir im Forstgarten sehr niedrig gelegene Gegenden haben, so umgaben wir in einem Sommer einen Zwinger mit einem Wassergraben. Da konnten die Raupen allerdings nicht fort, wenn wir aber den Zwinger nicht in der ersten Woche verödet sehen wollten, mufsten wir alle Tage die zahlreich in den Graben gelaufenen Raupen mühsam mit Stöcken herausfischen. Also Beweise genug, dafs die Absperrung kei- neswegs so leicht ist, wie es viele vorgeben, vielleicht aber nur defshalb, weil sie durch das Bekennt- nifs der Raupenüucht tadelnswerth zu werden glaubten, oder weil sie nicht ordentlich beobachteten. Zweitens wird aber noch eine Absperrung uöthig, wenn die Raupen sich verpuppen. Man mufs die Puppen sorgfältig zusammenlesen, in Erdgruben bringen und diese mit einem, nach der Gröfse des aus- kommenden Falters, weit- oder engmaschiger eingerichteten Gewebe (Fischernetzen, Bastgetlechten o der dergl.) überspannen, damit die ausschlüpfenden Falter zurückgehalten, die Ichneumonen etc. aber durch- gelassen werden. [Wenn wir auch hier wieder der Vorbauuugszwinger mit einigen Worten erwähnen wollen, so können wir bei dieser Gelegenheit gerade die Unausführbarkeit derselben recht deutlich zei- gen. Bei ihnen käme es doch auf die mehrjährige Durchführung des Zwingers und auf die Erhaltung der Schmetterlingsbrut an. Wenn dies nun auch z. B. bei Ph. Bomhyx Pini, wiewohl im Grofsen gewifs immer nur mit grofser Mühe, möglich wäre (*), so sehe ich doch nicht ein, wie man es bei den Arten (z. B. Ph. Bombyx Monacha) anstellen wollte, deren Eier in der Rinde überwintern und gegen das Austrocknen sehr empfindlich sind und deren eben ausgekommene Räupchen ich auch nie in der Stube auffüttern konnte.] (J) Zu der Einrichtung eines Zwinges gehört nun noch seine Bevölkerung. Auch diese ist nicht so leicht zu bewerkstelligen, als man Anfangs glaubt, deun man hat dabei vielerlei Dinge zu be- (*) In kleinen Quantitäten habe ich schon mehrere Raupen-Arten, namentlich Pini, piniperda, piniaria, aus den Eiern a'ezogen, jedoch gehörten immer eine Menge Künsteleien dazu, den beabsichtigten Zweck zu erreichen, und er wurde sicher verfehlt, wenn ich die Eier einmal zu trocken gehalten hatte. Ziemlich sicher erreichte ich denselben, wenn ich die Weibchen in Drathkasten sperrte, wahrscheinlich weil das stets kühl bleibende Metall die daran gelegten Eier vor dem Austrocknen schützte. Am Besten ist es natürlich, wenn man die Weibchen an lebenden Pflanzen — wozu natürlich nur kleine gewählt werden dürfen — einsperren kann (durch übergestülpte Drathgitter oder umgebun- dene Netze). Raupen, die auch nicht an so jungem Holze zu leben pflegen, gewöhnen sich recht gut daran und ich würde von ihnen Puppen genug bekommen haben, wenn nicht der, an solchen freien Orten ganz unvermeidliche, Zugang der Vögel, Eidechsen, Wanzen meine Raupen (selbst wenn viele Tausende da waren) allmälig aufgerieben hätte. Gelang es mir auch einzelne Falter zu erziehen, so waren diese doch nicht zur ferneren Unterhaltung des Zwingers hinreichend und er mufste eingehen, wenn ich nicht zufällig wieder Raupen aus den Revieren erhalten konnte. Giebt man nur ab- gebrochene Zweige zum Ablegen, so werden diese im heifsen Sommer bald so trocken, dafs die Eier mit vertrocknen. Begegnung. V()RbauüN(;. Raupenzwinger. 37 achten. Erstens ist schon heim Einsammeln der für den Zwinger hestimmteu Raupen darauf zu sehen, dafs sie nicht zu lange diclit übereinander gepackt liegen. Die Sammler müssen weite Gefäfse bei sich haben, in welche sie die Raupen immer bald nach dem Einsammeln in ihre Töpfe, Kannen etc. aus- schütten. Es hat dies freilieh viel Uubequemlichiceit wegen des uothwendigen Ausmesseus in Gegen- Avart der Beamten, wobei die Raupen wieder durch Hin- und Herschütteln bedeutend leiden. Hat man nun die Raupen beisammen, so entsteht wieder die Frage: Soll mau sie gleich in den Zwinger aus- setzen oder niclit? Ist die Zeit des Raupensammelns noch nicht vorüber (z. B. bei der Kienraupe der Herbst, der Winter bis zum Monat März und April), so ist es bedenklich, die Raupen gleich in den Zwinger zu bringen, indem die Sammler in Versuchung kommen, dort, und nicht unter den Bäumen ihre Metzen zu füllen, si.ch dieselben also zweimal bezahlen zu lassen. Diese Rücksicht bewog z. B. Herrn Oberförster Körner, die Raupen bis zum Ende der Sammelzeit in der Nähe unter Aufsicht zu halten, wobei aber natürlich die schwierige Aufgabe entstand: mehr als 2 Wispel Raupen der PA. 5o»»- bi/.v Pini und Puppen der Sphinx Pinastri auf einem kleinen Räume aufzubewahren (*). Bringt man die Raupen im Sommer oder Herbst in den Zwinger, so hat man für Moos, unter welches sie sich zur Verpuppung oder zur Überwinterung verkriechen können, zu sorgen, und alsdann für Futter, welches, wenn es auch aus Nadelzweigeu besteht, doch wenigstens alle 3 Tage erneuert werden mufs, so lange die Raupen fressen, und bei den Laubholzfressern natürlich tagtäglich. h) Eine besondere Beaufsichtigung ist nöthig, damit die Gräben stets in Ordnung ge- halten und die Raupen, wenn sie zu sehr hineinlaufen, wieder zurückgebracht werden. Auch das (*) Die Aufgabe wurde auf verscliiedeue, sehr sinnreiche Weise gelöst, vrie ich aus den Acten ersehe. Zuerst wur- den die Raupen in grofse Fässer geschüttet, welche mit Säckeu überbundeu waren. Da die Raupen aber die Leinwand zerfvafseu und sich so leicht befreiten, wurde zu einer andern Aufbewahrung geschritten. Es wurden Gruben gemacht, welche S'/j' tief und 36— 48 n F. weit waren und senkrechte Wände hatten. Mau erwartete, dafs die 9" hoch einge- schütteten Raupen (Mitte März) vor Nachtfrösten gesichert sein und auch durch die mittägliche Wärme nicht zu sehr in Bewegung gesetzt werden würden. Dennoch wurden sie während einiger warmen Tage sehr belebt und liefen an den Grubenwänden so stark umher, dafs der lockere Sand in Menge auf die unten liegenden herunterfiel und diesen Gefahr drohte. Es mufste daher wieder zu andern Einrichtungen geschritten werden. Die Raupen wurden einstweilen aus ihren Gruben in andere gebracht, und nachdem erstere ausgebessert und mit einem eigenen Apparat versehen wor- den waren, nahmen sie die Raupen wieder auf. Dieser Apparat war darauf berechnet, die Raupen auf eine möglichst grofse Fläche zu vertheilen und sie zugleich zu füttern. Es wurden in jeder Grube zwei, 6 — 7' lange, oben gabelförmig endende Stangen gesetzt und durch eine in die Gabeln gelegte Querstange verbunden, welche jedoch nicht länger als die Grube sein durfte und etwa 2' hoch aus der Grube hervorragte. Diese wurde nun mit frischen Kiefernzweigen behangen, so dafs sie bis auf die Raupen hinunterreichten und von ihnen leicht bestiegen werden konnten. Die Rau- pen setzten sich in 4 — 5" starken Klumpen daran um sich zu sonnen, frafsen aber Anfangs wenig. Nach einigen Tagen konnten die abgefressenen Zweige, nachdem sie Abends von den in die Tiefe zurückkehrenden Raupen verlassen worden waren, abgenommen und durch frische ersetzt werden. So zweckmäfsig nun diese Vorrichtung auch erschien, so fing man doch an zu fürchten, dafs den in der Grube gebliebenen, immer noch stark über einander geschichteten Raupen der von den auf den Zweigen fressenden herunterfallende Koth zu sehr schaden würde, da er von dem häufig eintreten- den Regen erweicht eine Art Fäulniss unter den Raupen verursacht zu haben schien, besonders in der Mitte, wo er am Meisten sich gesammelt hatte. Einige Scheffel Raupen waren dadurch eingegangen. Man machte daher abermals eine neue Vorrichtung, welche bezweckte: die Raupen nicht so hoch an die warme Luft gelangen zu lassen, damit man sie nicht zu füttern brauchte. Drei andere Gruben wurden eingerichtet, so dafs in jede vier Stück 6" hohe Klötze ge- legt wurden. Auf je zwei derselben legte man eine starke Stange, dann wieder auf die beiden Stangen zwei andere nach der Quere und auf diese wieder andere, so dafs eine Art von Rost gebildet wurde. Schon vorher hatte man den Boden der Grube mit sperrigem Reisig (aber nicht von der Kiefer) etwa 9" hoch bedeckt. Die nun hineingeschütteten Raupen konnten sich am Tage auf dem grofsen Roste verbreiten und zur Nacht unter demselben im Reisig zerstreut Schutz suchen. Mit dem Anfange des April hörte das Raupensammeln im Forste auf und man konnte nun die Raupen in Fässer packen und auf den Zwinger aussetzen. 38 Allgejieixer Theil. Füttern mufs sehr eigen besorgt werden. Die Zweige werden, damit sie nicht so leicht trocknen, in die Erde gesteckt und müssen, wenn mau sie durch frische ersetzt, abgelesen werden, weil die Raupen sehr träge sind und zu ihrem eigenen Schaden oft bis zum gäuzlicheu Vertrocknen der Nadeln auf einem Zweige sitzen bleiben. Im Anfange — man möchte sagen, ehe sich die Raupen gewülmt haben — ist besonders eine grofse Aufmerksamkeit nach dem Füttern nüthig, deun die Raupen werden dann von Neuem unruhig und kriechen in die Gräben. Später, oder wenn man die Raupen schon im Herbst auf den Zwinger brachte, gewöhnen sie sich eher. Alsdann hat der Wärter darauf zu sehen, dafs die Puppen und Cocons immer bei Zeiten zusammengesucht und in die Fanggruben gebracht werden, die er denn auch bald überspannen mufs (s.S. 36. f.). Kommt esnungar darauf au, ineinemVorbauuugszwingervou den auskommenden Faltern neue Brut zu erziehen, so giebt es natürlich der Arbeit ungleich mehr, oder es ist auch ganz unausführbar. Mau hat sich aber auch noch auf andere Art der Schmarotzer Itedieneu wollen, um schneller eiueu Raupenfrafs zu beendigen. Ich will das Verfahren, welches zuerst von Hrn. Zimmer in einem Schreiben an mich angegeben wurde, mit dem Namen der Raupenübertragung be- zeichnen. Dies neue Mittel beruht auf einer Beobachtung, welche ich gleichzeitig mit Hrn. Zimmer ge- macht zu haben glaube, indem ich schon im J. 1837 meine Zuhörer in der von der Kienraupe gefres- senen Schonung bei Werneucben darauf aufmerksam machte: dafs an gewissen Stellen die Eier der Spiunerweibchen unversehrt seien, während man an andern, gar nicht weit davon entfernten Orten kaum einige von den Räupchen zerbrochene, sondern fast nur von Ichneumonen durchbohrte Eier fände. Bald darauf schrieb mir Hr. Zimmer Folgendes: „Ich finde, dafs die Ichneumonen, welche dem Spinner auf seinen Zügen folgen, sich nicht auf einmal über die ganze Waldgegend, welche von den Raupen ange- nommen ist, verbreiten, sondern sich gleichsam iu kleinen Schwärmen erst vorfinden. So giebt es z. B. Orte, auf welchen, buchstäblich genommen, alle Kienraupeu Ichueumouen in sich tragen, während einige Hundert Scliritte davon entfernt wieder alle Raupeu gesund siud. Unter den vordersten Zügen des Spinners siud Ichueumonen nur selten aufzufinden."' Hr. Zimmer übersaudte mir zugleich eine ausehu- liche Menge Raupen von Orten, welche er für Schmarotzer- Wohnungen gehalten hatte, und ich mufs gesteheu, dafs er sie vortrefflich ausgesucht hatte, indem nach und nach alle bis zum Ende des August von Ichneumon globatus entbunden wurden. Im Jahre darauf habe ich mich auch bei der Nonne über- zeugt, dafs die Schmarotzer über gewisse Horste verbreitet sind. Die Erkennung wird bei diesen aber schwerer, denn man mufs die Raupen erst in die Hand nehmen und sie mehrmals drehen und wenden, ehe mau dahinter kommt: ob sie krank sind oder niclit. Hr. Zimmer macht nun folgende Nutzanwen- dung von dieser Erfahrung. Er läfst beim Raupensammeln solche Orte, welche reichlich mit Schma- rotzern besetzt sind, verschonen, oder er läfst auch wohl gar die angestochenen Raupen sammelu, um durch sorgfältiges Übertragen auf Orte, wo gesunde Raupen sich vorfinden, die Ichneumonen allge- meiner über den Wald zu verbreiten. Im J. 1838 übertraf der Erfolg dieser Operation alle Erwartun- gen. Die übertragenen Raupen suciiten die in der Nähe stehenden Kiefern auf, blieben an den Schäf- ten und Ästen sitzen und ergossen bis zur Mitte des August die kleinen Ichneumonen in solchen Mas- sen, dafs die Kiefern von den Gespinnsten derselben in der Ferne wie weifse Federbüsche aussahen. Diese Gegenden wurden durch die Nachkommenschaft der übertragenen Schlupfwespen vollkommen von Raupen gesäubert. Eben so schlägt Hr. Zimmer vor, auch durch Übertragung der Puppen, welche sich nach der Flugzeit des Spinners noch uneröffnet vorfinden und sich nicht mehr bewegen, zur Ver- breitung der Sclimarotzer über gesunde Gegenden beizutragen. Endlich will er auch die angestochenen Eier zur Übertragung des Ichneuinoii ovulorum gebrauchen. Um mit dem Aussuchen nicht zu viel Zeit zu verlieren, läfst er auf den Districten, wo sich viele angestochene finden , alle sammeln und in die gesunden Gegenden übertragen. Da sich aber in der Regel noch genug gesunde Eier dabei finden, so Begegnung. Vertilgung. 39 Ulfst er Vursiclitsmafsregelu treffen, um tlas Eiitweiclieii der etwa aiiskriecheudeii Rilupclieu zu verhin- dern. Findet sich niclit eine schon A'on der Natur gegebene isolirte Lage, etwa jenseits eines Wassers, so niufs der den Eiern angewiesene Ort mit einem Isolirungsgraben (s. Vertilg., Raupengräben) oder wohl gar mit getheerten, vertikalen Brettern umgeben werden. Sobald die Ichneumonen ausgeflogen sind, überdeckt man den Ort mit trocknem Reisig und zündet dasselbe an, um alle etwa noch lebende Räupchen zu verbrennen. Ein Jeder wird auf den ersten Blick sehen, dafs die Raupenübertragung von den Raupenzwiugern sehr wesentlich verschieden ist, indem man es bei der ersteren nur mit kran- ken Raupen, denen nur zufällig einzelne gesunde untermengt sind, zu thun hat und dafs man diese nicht zu warten braucht, während auf den Raupeuzwingern alle Raupen oder doch die meisten gesund sind und mit grofser Anstrengung verwahrt werden müssen. Das Mittel ist einem Jeden zu empfehlen, der sich Geschicklichkeit genug zu verschaffen weifs, um die gesunden Raupen, Puppen und Eier von den kranken zu unterscheiden. Unter allen eignet sich der Spinner am Meisten für dies Verfaliren und zwar besonders als Raupe. II. Vertilgung. Es hat schon Mancher geäufsert: bei einem Raupenfrafse sei es besser, das Holz sogleich zu fällen und das daraus gelöste Geld auf Interessen zu geben, als durch die Vertilgungsmittel Kostenauf- wand herbeizuführen, der öfters sogar ganz vergeblich wäre. Dafs diese Idee aber nicht allgemeinen Anklang findet, ersieht man aus den stets erneuerten Versuchen der Insecteuvertilguug. Man stützt sich dabei auf Folgendes: 1) Man weifsja nie voraus, ob dieSacheeinenunglücklicheu Verlauf nehmen wird, denn selbst in den Fällen, wo man wenig oder gar nichts thut, wird der Wald öfters durch die Mitwirkung der gütigen Natur gerettet. 2) Man setzt sich bei einem zu voreiligen Einschlage der Gefahr aus, die Holz- preise, zum Schaden der ganzen Gegend, niederzudrücken. 3) Es werden durch einen solchen Hieb oft die unangenehmsten Störungen in den wirthschaftlichen Verhältnissen herbeigeführt. 4) Ist man ja gar nicht sicher, dafs nach 10 oder 20 Jahren derselbe Frafs zurückkehrt und zu einem neuen Ein- schlage nöthigt, so dafs man auf diese Weise niemals zu altem Holze käme. 5) Ist man ja auch selbst bei diesem Verfahren nicht aller Mühe der Vertilgung überhoben, denn man mttfste doch auch, wenn das Holz bereits gefällt wäre, dafür sorgen, dafs die an der Rinde klebenden Puppen, Eier u. dergl. unschädlich gemacht würden. Eine andere Frage ist: Wie viel man wohl an die Vertilgung wenden könne? Darüber läfst sich im Allgemeinen nichts bestimmen, da der Werth des Holzes so sehr ver- schieden ist, ja öfters, wenn es die Bewohner eines Landes gegen widrige Winde schützt u. dergl., gar nicht mit Geld bezahlt werden kann. Es sind Fälle vorgekommen, in denen der Morgen über 10 Thlr. zu stehen kam! Durchschnittlich kann man aber rechnen, dafs mit 2 Thlr. pro Morgen schon viel be- stritten werden kann. Das Schlimmste ist nur, dafs zuweilen das Geld gar nicht einmal die Hauptsache ist, indem man in manchen Gegenden keine Leute zum Arbeiten bekommen kann. Die Vertilgung tritt dann ein, wenn sich eine schädliche Art schon so sehr vermehrt hat, dafs wir überall einzelne Schmetterlinge fliegen oder sitzen sehen, oder wenn schon auf jedem Stamme einzelne Raupen oder Pujjpen sich finden. An den Eiern werden wir selten den Beginn eines Frafses entdecken, weil diese zu klein sind und schon in grofser Menge vorhanden sein müssen, wenn man sie finden soll. Je früher wir gegen dieses Übermafs von Insecten einschreiten, desto mehr Aussicht auf günstigen Erfolg haben wir. Je mehr wir damit zögern, desto unsicherer wird dieser. Ein Frafs dauert von der ersten auffallenden Erscheinung der Raupen an gewöhnlich 3 Jahre (*). Im ersten Jahre ist noch die gröfste Hoffnung (*) Hr. V. Bülow-Rieth {Kiefernspinner S. 8 u. f.) schildert die allmälige Entwickelung^eines Frafses nach seinen vielseitigen Erfahrungen folgendermafsen sehr treffend: ,Jn der ersten Periode der Ausbreitung oder im ersten Jahre 40 Allgesieixer Theil. vorhanden, dafs wir das Insect unterdrücken, oder es wenigstens so vermindern, dafs die Orte nicht ganz gefressen werden und die Natur uns noch durch ihre Vertilgungsmittel zu Hilfe kommt. Geht das erste Jahr ungenutzt vorüber, so steht die Sache im zweiten schon sehr mifslich, ja wir haben, selbst wenn im ersten alles Mögliche gethan wurde, noch einen harten Stand, um die Sache nur hin zu halten. Im dritten Jahre ist, wenn vorher Alles vernachlässigt wurde, gar nichts mehr zu thun, als dies Holz schleunigst einzuschlagen. Selbst beim Beginn des dritten Jahres, wenn der Frafs sich über Tausende von Morgen erstreckt, müssen wir öfters schon den gröfsten Theil des Waldes aufgeben, um nur einzelne, besonders werthvolle Bestände zu retten. Denn, wenn mir 100 Menschen zu Gebote ste- hen, kann ich mit diesen auf 500 Morgen natürlich mehr ausrichten, als auf 5000 Morgen (s. v. Bülow- Eieth in der Beilage zur Kön. jxrivileg. Berlinisch. Zeifuiu/ v. J. 18.39. No. 197.). Es ist also nöthig : 1) dafs mau zur rechten Zeit einschreite (*) und 2) dafs man es nicht bei einem Mittel bewenden lasse, sondern mehrere anwende und zwar meiirere Jahre hinter einander, so dafs also die Succession der Vertilgunsmittel bei jeder Art genau gekannt werden mufs. Diese Me- thode der Darstellung habe ich daher auch bei jeder Art gewählt, während ich hier, im Allgemeinen, von den verschiedenen, anzugreifenden Ständen, von der Zeit der Vertilgung und der Eintheilung der Mittel spreche. Ehe ich mich zu diesen einzelnen Gegenständen wende, mufs ich jedoch noch bemerken: dafs man sich keinesweges schon vollkommen über die zweckdienlichsten Mittel geeinigt hat. In der That ist es auch wohl eben so schwer darüber zu entscheiden, wie über die zweckmäfsigsteu Arzneimittel gegen gewisse Krankheiten. Eben so wie dem Einen Arzte dies Mittel gegen eine Krankheit hilft und einem Andern ein anderes gegen dasselbe Übel; eben so empfiehlt der Eine dies gegen die Nonne, der Andere jenes. Dies beweist, meines Erachtens, aber nicht die Unzulänglichkeit der Mittel, sondern nur: dafs verschiedene gleich wirksam sein können, je nachdem sie mit Geschicklichkeit und Ausdauer, aus- geführt und den örtlichen Verhältnissen angepafst wurden, ja dafs sogar verschiedene nach einan- der gebraucht werden müssen. Ich werde mich bemühen, alle Streitfragen vorzulegen und nach den zahlreichen Erfahrungen Anderer, welche ich sammeln konnte, und den eigenen ein Urtlieil darüber zu fällen. Ä. Von den verschiedenen Ständen, welche vertilgt werden sollen. Im Eizustande ist das Insect gewöhnlich am Schwersten zu vertilgen, da die Eier wegen ihrer Kleinheit immer schwer der Dauer bemerkt man zuerst an den Sommerabenden nach Sonnenuntergang einzelne Schmetterlinge schwärmend, und bei einiger Aufmerksamkeit findet man auch bei Tage Exemplare an den Bäumen sitzen. Im Spätherbst, wo die junge Brut (des Spinners) halbwüchsig geworden ist, sieht man gewöhnlich schon ein Lichtwerden der Gipfel. In dieser er- sten Periode noch keine Spur von Schlupfwespen. Die Weibchen wählten nur gedeihliche Orte, d. h. auf trockuera, sandigen Boden, um ihre Eier abzulegen. Wenn der Forstbeamte an diesen Stellen keine Raupen findet, so ist er si- cher, dafs sein Revier von Ansteckung frei sei. In der zweiten Periode (zweites Jahr) gedeihen die Raupen im Vor- sommer, eben so wie ihre Nachkommen im Herbst, ganz besonders, und damit hält ihre Vermehrung gleichen Schritt. Was im Vorsommer nur halb entnadelt war, wird es im Herbst vollkommen. Den Schmetterlingen bleibt nicht mehr die Wahl gedeihlicher Orte und man findet die Eier überall in Menge. Jetzt erhält man einzelne Exemplare der Schlupfwespen. Die entscheidende Periode ist die dritte. Bis zur Zeit des Verspinneus bemerkt man noch keine we- sentliche Verschiedenheit in ihrem Befinden. Dann aber zeigt sich die tödtliche Verletzung durch Schmarotzer, und im vierten Jahre findet man kaum eine Raupe mehr." (Ausnahmen kommen allerdings vor, s. b. Spinner den Annaburg. Frafs.) (*) Hr. Pfeil {Insectenschaden S. 12.) sagt: „Wenn 100 Menschen einen Fleck rein absuchen und eine Metze Raupen finden, so tödten sie vielleicht "jio aller vorhandenen und schützen denselben vollkommen für mehrere Jahre. Wenn aber bei ausgedehntem Raupenfrafse grofse Massen Raupen durch noch zehnmal so viele Menschen getödtet wer- den, so ist dies kaum bemerkbar." Vertiitkn erwähne ich nur der (auch auf Taf. III. Fig. 4 abgebildeten) S. asiliforinis Führ., welche sich durch geringere Gröfse (kaum 1,4" Flügelspannung), schlankere Form lind schöne blaue und gelbe Farben von der S. apifonnis und auch den übrigen, entweder kleineren oder anders gefärbten Arten, unterscheidet. Ich fand sie mehrmals im Juli an Pyramidenpappeln (Po- puhis dilatata) sitzen und ganz in der Nähe, 5-6' über der Erde, die aus einem kleinen Stammloche hervorgeschobenen Puppenhülsen. Die Stämme zeigten durchaus kein kränkliches Ansehen. Sonst soll sie (nach Och s enheimer) in den meisten Gegenden Deutschlands heimisch und hier und da auch gar nicht selten sein. Vierte Gattung. Phalaena Linn. Nachtfalter. Charactekistik. Die Falter sind auch hier, wie in den übrigen Gattungen, vortrefflich charac- terisirt durch die faden- oder borsteuförmigen Fühler. Diese sind nämlich niemals am Ende dicker, sondern nur an der Basis, imd verdünnen sich dann gewöhnlich allmälig nach der Spitze hin. Wenn es bei de- nen mit gekämmten Fühlern auch zuweilen so aussieht, als sei die Basis dünner, so kommt das nur daher, dafs die ersten Kammstrahlen kürzer als die folgenden sind (s. Allgemein. Th. pag. 1.). Der Schaft (der ja meist auch nur allein vorhanden ist) erscheint dennoch an der Basis am Dicksten. Von den Raupen und Puppen können wir nur negative Kennzeichen anführen, d. h. die ersteren haben nie die Dornen der Tagfalter und das Schwanzhorn der Dämmerungsfalter, und die letzteren sind nie eckig und entbehren stets einer Rüsselwulst. Auch könnte man von den Raupen sagen, dafs sie oft weniger als 8 Paar Füfse haben und dafs alle grofsen, mit Ausnahme der grofsen Holzbewohner und einiger unmerklich schädlichen (s. den Anhang), starkbehaart sind. Sonst lassen sich, bei der grofsen Mannig- faltigkeit der hier vorkommenden Bildungen, keine allgemeine Kennzeichen geben. Eben so wenig ist dies möglich in Hinsicht der Lebensweise und des Vorkommens, da auch hierin die gröfste Verschiedenheit herrscht. Von der forstlichen Bedeutung läfst sich nur im Allgemeinen sagen , dafs diese die der vo- rigen Gattungen bei Weitem übertrifft, indem in dieser die wichtigsten Lepidopteren, ja, in gewisser Beziehung, die schädlichsten aller Forstinsecten stehen. Eine weitere Eintheilung in kleinere (Unter-) Gattungen schien selbst Linne schon bei dieser Gattung nöthig, theils weil die Verschiedenheit vieler Arten zu grofs ist, theils weil auch die Zahl der Arten, im Verhältnifs zur Artenzahl der vorigen Gattungen, viel zu grofs gewesen sein würde. Es wurde bei der Bildung dieser Untergattungen theils auf die Falter, theils auf die Raupen, ja selbst auch auf die Verschiedenheit der Lebensweise gesehen. Sie heifsen bei Linne: 1) Bomhyx , 2) No- ctiia, 3) Geometra, 4) Tortrix, 5) Pijralis, 6) Tinea, 7) Alucita. Die Arten der Gattung Geometra sind an der Adjectiv-Endung aria oder ata kenntlich, die der Tortrix an ana, die der Pyralis a,nalis, die der Tinea an ella und die der AUucita an dactyla. Da aber die Untergattungen Pijralis und Band II. L 82 Specieller Theil. Alucita mir wenige auf Holzgewächsen lebende Arten; und unter diesen nur äufserst unmerklich schäd- liche zählen, so lassen wir sie, um die Unterscheidung durch Vereinfachung des Systems möglichst zu erleichtern, ganz weg (*). Fühler der Männchen , oft auch der Weibchen , dop- pelt gekämmt, und , wo dies nicht ist , die Larven kahle Holzraupen oder Spanner Fühler ungekämmt. Rau- pen keine Spanner, aller- meist nur unmerklich be- haart Die Weibchen dickleibig, häufig auch mit ge- kämmten Fühlern. Raupen allermeist 16-bei- nig. Puppe im Gespinnst (ausgenommen hu- cephaln) 1. Bomhyx. Die Weibchen selten auffallend dickleibig, nie mit gekämmten Fühlern. Raupen aller- meist 10-beinig. Puppe ohne Gespiunst . . 2. Geometra. Hinterleib ganz kegelförmig. Flügel nie auf- fallend lang u. schmal, stets ohue vorragende Schultern. Raupen ohne Nackenschild, auf den Blättern frei lebend 3. Noctua. Flügel mit vorragenden Schultern, oder auf- fallend .schmal m. breitem Franzensaum. Rau- pen mit einem Nackenschilde, in Blättern od. Knospen oder zwischen Gespiunst versteckt lebend Flügel nicht auf- fallend schmal, oh- ne breiten Saum, geschultert, in der Ruhe dachförmig Flügel schmal, breit gesäumt, nicht geschultert, in der Ruhe dicht anschliefsend, oder um den Körper ge- rollt 4. Tortrix. 5. Tinea. Erste Untergattung. (Phalaena) Bomhyx Linn. Spinner. Characteristik. Die Spinner gehören noch zu denjenigen Abtheilungen, die sich am Besten unterscheiden, nämlich durch die schön (nur bei den Holzbohrern nicht so deutlich) gekämmten Fühler der Männchen, den dicken Hinterleib der Weibchen, die allermeist 16-beinigen, nur bei den Holzboh- rern und einigen wenigen unmerklich schädlichen kaum beliaarten, überdiefs immer grofsen oder sehr grofsen Raupen, und die von Gespiunst umgebenen Puppen. Ausführlicher characterisiren wir die Falter: Der Kopf klein, fast ganz unter dem Halsschilde versteckt, nicht auifallend behaart, mit (*) Die meisten Pyralis-Arteii unterscheiden sich durch 14-beinige Raupen sehr gut von allen übrigen. BOMBYX. VOKKOmiEN UND LEBENSWEISE. FORSTLICHE BEDEUTUNG. 83 stark gewölbten, ziemlich giofsen oder auch nur kleinen Augen. Die Fühler verhiiltnifsmlifsig nicht lang (d. h. den Halsschild kaum überragend), borsteufürmig, bei den Männchen allermeist schön doppelt- gekämmt, bei den Weibchen zuweilen ähnlich, doch öfter nur undeutlich gekämmt {vnldadurch er- leidet, machen es erklärlich: warum junge, kräftige Stämme an der Stelle, wo der Frafs inwendig wü- 86 Specieller Theil. thet, äufserlich stark anschwelleu und stärker geborstene Riude als au andern Stelleu bekommen. Au ei- nem Erleustamme war mir das besonders auffallend. In demselben mufsteu schon seit mehreren Jah- ren Raupen gehauset haben, deun ich fand inwendig nur die verlassenen Gänge und iu der Peripherie 5 grofse Mündungen. An der einen Seite war in der Gröfse von einer halben Hand niciit nur die Rinde verloren, sondern auch einige Splintbogen waren vertieft ausgefressen. Wahrscheinlich hatte sich hier ein ganzes Nest von Raupen genährt, wie in dem von Rösel erwähnten Falle, wo er zwi- schen Holz und Rinde einer Eiche eine ziemliche Anzahl von Raupen von verschiedener Gröfse gefun- den hatte. Einige ganz kleine fand ich noch dicht unter der Rinde in einer kleinen Splinthöhlung ge- krümmt überwinternd. Auch in ganz jungen Stämmchen, welche nur wie ein starker Daumen dick waren, fand ich die Raupengänge und zwar auch bis in die Mitte des Holzes. Sie waren aber hier höchstens bis 2'" dick und konnten unmöglich die Raupe bis zu ihrer Verwandlung ernährt haben. Sollte dieselbe, sobald ihr die Wohnung zu eng wird, wieder herausgehen, um sich andere, beque- mere Bäume aufzusuchen? Dafür spricht die Erfahrung, dafs man öfters den Raupen begegnet, wie sie emsig über die Erde wegkriechen. In allen Fällen sind diese Verwüstungen an dem untersten Theile der Stämme beobachtet worden, gewöhnlich dicht über der Erde. Die beschriebenen Zerstö- rungen würden die Raupen nicht so leicht ausführen können, wenn sie dabei nicht durch den ätzenden Saft unterstützt würden, welchen sie aus ihren Speicheldrüsen durch die Lippe hervortreten lassen und über die zu zermalmende Holzfaser ausgiefsen (*). Einmal sähe ich in einem Eichenstocke die ganze Stelle, an welcher sie arbeiteten, mit einer klebrigen, gelblichweifsen Feuchtigkeit überzogen, darauf deuten auch wohl Rösel's (a. a. 0. S. 114.), Worte: „Sie safsen ganz nahe unten an dem Erdboden oder gegen die Wurzel eines Baumes und zwar meistentheils in einer braunen, schlüpfrigeu Feuchtig- keit, welche sich daselbst zwischen dem Stamme und der Rinde gesammelt hatte." Nach Rösel und Kollar (schädl. Ins. S. 212.) spritzen sie ihren Verfolgern einen ätzenden Saft von unangenehmem Ge- rüche, den ich indessen beim Anfassen der Raupe nicht bemerkte, entgegen und Rösel bildet ihn (Cl.II. Papil. Noct. Tab. XVIII. Fig. 1. a.) sogar ab. Dieser Sub,stauz können sie sich auch wohl, dazu bedienen, um Fäden an Gegenstände zu befestigen und an diesen, wie an einer Strickleiter sich hin- auf zu helfen. Bei Rösel, der sie in ein Glas eingesperrt hatte, machten sie das so. Indessen ist auch der Kraft ihrer Kiefer dabei viel beizumessen, denn sie durchnagen mit hörbarem Geräusche die hölzerne Schachtel, in welche man sie setzt, in kurzer Zeit. Bei der schweren Arbeit, welche die Raupe hat, und der ansehnlichen Gröfse, welche sie erreicht, ist es nicht zu verwundern, dafs sie bei- nahe 2 volle Jahre zu ihrer Entwickelung gebraucht, nach Loudon's Angabe sogar 3 Jahre. Rösel thut dies nicht allein durch die Zucht, welche er mit ihnen anstellte, dar, sondern es beweisen dies auch die alltäglichen Erfahrungen : dafs man über Winter Räupchen fiudet, die noch nicht viertelwüch- sig sind und daher wenigstens noch den ganzen folgenden Sommer fressen müssen , um ihre volle Gröfse zu erreichen. Sind sie ausgewachsen, also gewöhnlich im Vorsommer des dritten Jahres ihres Lebens, so kriechen sie unruhig umher und fangen an sich einzuspinnen. Im Freien nagen sie zugleicir Stückchen von Holz oder Rinde ab und vermengen diese auch wohl, mit etwas Erde gemischt, unter ihr Gewebe. Es entsteht dadurch ein Cocon, der öfters wohl die Gröfse einer Faust hat, auswendig rauh und uneben, meist dunkel erscheint, inwendig aber schön weifs und zart ausgesponnen ist. Ge- wöhnlich wird dieser Cocon innerhalb des Baumes, vor dem, vorher von der Raupe mit Abnagsein verstopften Auswurfsloche gefertigt. In schwachen Stämmen, wo die Raupe keine so ansehnliche (*) Die Speichelgefäfse liegen iu Form von 2 zolllangen Säcken jederseits neben der Speiseröhre nnd haben viel Ähnlichkeit mit denen der Spinnen. B. cossus. Forstliche Bedeutung. 87 Gröfse erreichen konnte, scheint auch wohl der Cocon zu fehlen, denn in dem von Hrn. Senftleben gesandten Weidenabsehnitt finde ich noch Puppenstüclve, aber keine Spur von Cocon. Auch sonst, wenn ich die leere Puppenbülse in Stämmen steckend fand, sähe ich keinen Cocon. Zuweilen soll er sich aber auch in der Erde finden. Bechstein {Forstins. S. 326.) grub selbst im Monat Februar eine Kaupe aus einem Beete aus, welche sich, in einem mit Erde gefüllten und mit feuchtem Weidenholze versehenen Glase verpuppte. Auch Preyfsler {Böhm. Ins. S. 22.) bemerkt, dafs man im Bubenc Puppen unter Steinen fände, wo sie sich aus Maugel des Holzes die Erde zum Einhüllen wählten. Dies ge- schieht meist im Mai, so dafs sich nach 3 bis 4 Wochen der Falter zeigt. Doch kann auch die Pup- penruhe bis 6 Wochen dauern, vom I.Mai bis 15. Juni (Wittwer in Alhj. F. u. J.-Z. 1834. S. 569.). Ehe der Falter ausschlüpft, arbeitet sich die unruhige Puppe mittelst der gegen die Gespinnstwände angestammten Hinterleibsstacheln halb zu dem Cocon heraus und öffnet dann erst seine Hülse, um den Schmetterling hervorkriechen zu lassen (s. Taf. IV. F. 1. die aus dem Cocon hervorgeschobene Pup- penhülse und vergl. die beiden bei Äesculi und Terebra erklärten Fig. 2 u. 3.). Auf diese Weise sähe Bechstein einstmals innerhalb einer Stunde 4 Puppen aus einem Weideubaume aus der nämli- chen Öffnung hervortreten und die Falter aus derselben auskommen. In dem Falle müssen sich doch aber die Puppen ganz und gar aus ihren Cocons hervorgeschoben haben. Einen merkwürdigen Zug der Lebensweise der Raupen, welcher die Gefräfsigkeit derselben besonders bezeichnet, führt uns Rö sei (a. a. 0. S. 118.) noch an. Naclidem das ihnen dargereichte Futter (Eichenrinde) verzehrt war, machte sie der Hunger so rasend, dafs sie einander selbst anfielen und die Stärkeren nicht nur die Schwäche- ren erwürgten, sondern auch mit Haut und Haaren, bis auf die Kopfe, auff'rafsen. Auch eine, die sich schon verpuppt hatte, wurde so verzehrt. In der Verzweiflung warf er ihnen Eicheln hinein, aber sie nahmen diese nicht eher an, als bis sie angefangen hatten zu keimen. Hr. G raff hatte einstmals eine ganze Menge Raupen mit geschnittenen Äpfeln durchgefüttert. Die Raupen sollen einen moschusähn- licheu Geruch verbreiten, der den von ihnen bewohnten Baum schon von fern verriethe. Es mufs dies nicht immer der Fall sein, denn ich habe es in sehr vielen Fällen nicht bemerkt. Der Englische Name Goat-Moth soll sogar von dem eigenthümlichen Geruch {yoat = Ziegenbock) entnommen sein (Lon- don's Arhor. Brit. p. 2.). Die FORSTLICHE Bedeutung des Weidenbohrers ist keineswegs gering. Es finden sich zahl- reiche ältere imd neuere Beläge, um ihn wenigstens zu den merklich schädlichen zu stellen. Abgesehen von den ältesten Schriften, welche schon einzelne Fälle von Zerstörungen durch die Rau- pen anführen, wollen wir zuvörderst Bechstein's (Forstins. S. 327.) Meinung hören. Wenn nicht von Meisen und Spechten, sagt er, so viele Eier und junge Raupen vertilgt würden, so würde dieser Spinner sehr grofsen Schaden anrichten. Oft ist der Stamm von einer solchen Menge von Raupen so durchwühlt, dafs er morsch und vom Winde gewöhnlich abgebrochen wird. In einem einzigen grofsen Birnbäume, den der Wind abbrach, traf Bechstein einmal 266 dieser Raupen an! In England und Frankreich klagte man neuerlich besonders über die Beschädigungen, welche das Inseet au Rüstern anrichtet. Nach London (der dabei wahrscheinlich zugleich auf ein Französisches Journal Bezug nimmt) wären besonders in der Nähe von Paris schon unzählige Stämme {Innumerahlc trees) auf diese Weise vernichtet worden {Arboret. Britann. S. 2.). Über Zerstörungen an Weiden besitze ich fol- gende Nachrichten aus dem mittleren und nördlichen Deutschland. Im Dezember des J. 1836 wurden in den städtischen Göttinger Anlagen 3 starke, fast 1' dicke Trauerweiden ausgerodet, aus welchen beim Zerklüften über 100 Raupen hervorkrochen. Hr. Schlotthauber schreibt bei der Gelegenheit, dafs gewifs noch viele in dem Holze zurückgeblieben wären, auch versichert er ausdrücklich : dafs die Bäume ganz gesund gepflanzt, sehr gut verpflegt und nie geköpft worden wären. Dies Inseet hätte 88 Speciellee, Theil. im Gegentbeile gerade diese kerngesunden Stämme, nebst noch vielen andern, welche von selbst ab- brachen, den nahe benachbarten, alten, beschädigten Kopfweiden vorgezogen. Als einen ferneren Be- weis, dafs das Insect ganz gesunde Bäume angeht und sie wirklich in grofser Menge zerstört, kann ich noch eine mündliche Mittheilung meines Oheims, des Hrn. Geheimenrathes Wutzke, anführen. Derselbe hatte häufig bei seinen Revisionen der Bauten auf der Curischen Nehrung in Ostpreufsen das Mifsver- gnügen, von den jungen, zur Bepflanzung der Strafsen angewandten, Satzweiden einen bedeutenden Theil wieder eingehen zu sehen. Man sagte dort allgemein, diese Zerstörungen würden durch den Bohrwurm angerichtet. Auf meine Anfrage bei dem Plantagen-Inspector, Herrn Senf tl eben, erhielt ich einen Weiden-Abschnitt mit Gängen, welche offenbar von der Raupe des Weidenbohrers herrühr- ten, aber wenig über 2'" Breite hatten (s. das vorher bei den Erlen Erwähnte). Das unter der Rinde aufgefundene Hinterleibsende einer männlichen Puppe beseitigte alle Zweifel und setzte mich in noch gröfsere Verwunderung, indem es nun bewiesen war, dafs die Raupen sich nicht aus diesen kleinen Gängen entfernt, sondern auffallend kleine Falter geliefert hatten. Die 5 letzten Hinterleibsringe mafsen kaum 2'" Länge! Hr. Senftleben bemerkt dabei noch: dafs die Stämme unten au der Erde ange- bohrt würden und dafs der Wurm dann in der Markröhre nach oben bis an die Äste steige und viele Seitengänge auf diesem Wege mache. Eben so hat Hr. Radzay häutig das Insect in Erlen gefunden und zwar sowohl an stärkeren Bäumen wie auch an schwachen, 1" starken, üppig wachsenden, immer aber nur an einer Seite, der Nordseite. Begegnungsmittel werden also, wegen der hier und da bemerkten Schädlichkeit des Insects, nicht unnöthig sein, nur leider wird die Anwendung derselben immer ihre Schwierigkeit haben. Den schon ausgebrochenen Frafs zu unterbrechen ist ganz unmöglich, wenn man nicht den ganzen Baum wegnehmen will, was allerdings im Falle einer gefürchteten Weiterverbreitung des Insects das Beste wäre. Durch eingespritztes Scheidewasser, naciigeschobenen Drath u. dergl. die Raupen inwendig töd- ten zu wollen, ist lächerlich. Bechstein versuchte die Stelle, wo die Raupen an der Oberfläche ihre Gänge herausgruben, mit Theer zu bestreichen, allein er bewirkte dadurch nichts, als dafs sie \weiter fortrückten und an einer andern Stelle ihre Gänge durchgruben. Die Falter grade beim Eier- legen ertappen und tödten zu wollen, ist auch sehr mifslich, da sie tief unten sitzen und schwer von der grauen Stammrinde zu unterscheiden sind. Es bleibt also nichts übrig, als diese an dem Eierlegen zu verhindern. Zu dem Ende schlug Latreille (Loudon's Arhoret. Brit. pag. 3.) vor, die Basis der Stämme, wo man den Angriff' der Falter zu fürchten habe, mit einer Lage von Lehm und Kuhmist zu umgeben. Das kann man ja überall leicht haben. Nicht unzweckmäfsig würde es auch sein, noch einige scharfe Substanzen, wie Holzasche, Kalk oder dergl., beizumengen und den Anstrich bis 5' hoch hinaufzuführen, vorher aber Flechten und Moose abzukratzen, damit der Überzug gleichmäfsig verbreitet werde und besser hafte (s. auch Ällg. F. u. J.-Z. J. 1833. Jahrg. IX. S. 44.). Spechte, Baumläufer und Meisen sind die wirksamsten Verfolger des Insects und diese mufs man daher, wo sie thätig sind, nicht stören. Der Grünspecht {fhe green ivoodpecker) soll beim Aufschneiden seines Magens oft einen un- erträglichen Geruch nach den Raupen haben (London a. a. 0.). 2. Ph. B. Aesculi Linn. Blaupuuktirter Holzbohrer (Taf. 111. Fig. 2.). Namen. AVenn Linne diese Art auch als eine Noctua aufführt, so beschreibt er sie doch unter dem früheren Namen pyriiia und später als Aesculi so treffend, dafs seine Auctorität vor allen gilt. Übrigens darf man dies nomen nicht als ein omen anselien, denn die Raupe dürfte eben so gut, und noch mehr, in vielen andern Holzarten anzutreffen sein, als in Aesculus Hippocastaniim. Deutsch BOMBYX AESCULI. CeARACTERISTIK. VORKOMMEN UND LEBENSWEISE. 89 lioif^it sie aufii wohl noch: Rofskastanien-Spiuner, Pf e rdekas t an ieii-11 olzbolirer, Linden- bobrer, Lindenholz-Spinner, Blansieb, grofses Blausieb, Punkteule, Tieger. CiiAKAcnntisTiK. Der Falter (F. 2f) hat bis 2,3", selten bis 3" (wie ich 1 Stück besitze) Flii- gelspannungiind l,l"Läugeund untersciieidet sich überdiefs noch von seinem naiienGattungs- Verwandten, der vorigen Art, sehr merklich dadurch, dafs die Fühler ganz einfach erscheinen, indem die, üherdiefs schon kurzen, Sägezi'ihne fast ganz unter weifsen Haaren versteckt liegen (wefshalb Liune das Thier auch zu Ndchia brachte). Die Flügel sind nur dünn beschuppt und daher durchsclieinend , auch auf- fallend schmal. Die sciiöne, atlasglänzeude, weifse Grundfarbe des Körpers wird vortrefflich gehoben durch die Flecke des Ilalsschildes und der Flügel, so wie durch die breiten Binden der Hinterleibs- ringe von stahlblauer oder etwas grünelnder Farbe. — Die Raupe (F. 2i,) wird bis 1,8" lang und zeichnet sich besonders durch das eigenthümliche (wahrscheinlich zum Fortscbieben dienende) Nacken- schild aus, dessen Hinterraud gezähnt ist (s. Fig. 2^). Die Grundfarbe ist ein zartes, bald dunkleres, bald helleres Gelblichweifs. Die Füfse sind etwas dunkler. Die Schilder des Nackens und der letzten Kiuge, so wie die 8 kleinen Wärzchen eines jeden Ringes fast schwarz und zum Theil glänzend. Haare einzeln und ziemlich lang, besonders auf der Afterklappe. — Die Pup pe (Fig. 2p') bis 1" lang, gestreckt , sonst der des Weidenbohrers ähnlich. Es fehlt aber die F'ühlerfurche und der After ragt stärker kuglig hervor. Auch fehlt der untere, spitze Fortsatz zwischen den Augen, besonders sind die Stacheln der Hinterleibsringe anders. Am letzten finden sich nur um den After 6 grüfsere und 6 klei- nere, und am vorletzten sind nur undeutliche Spuren vou einzelnen, und erst am drittletzten eine bis nach vorn halb bogenförmig herumreichende Reihe. Dem ersten Ringe fehlen sie gänzlich. — Die Eier (nach Ochsenheim er) klein, rund und orangefarbig. — Der Koth (von Birken) (Fig. 2k) ziemlich grofs, walzig, mit meist abgerundeten Enden und einigen unregelmäfsigen (mehrere zusammen- geklebte Stücke andeutenden) Querfurchen, ohne Sterneindrücke und Längsfurchen, fasrig-uueiien, glän- zend wie lakirt, röthlich- oder bräunlich-gelb. Vorkommen und Lebensweise. Der blaupunktirte Holzbohrer kommt im Ganzen seltner v or als der Weidenbohrer, scheint aber eben so weit verbreitet zu sein wie jener, da er von Schweden (Linne) bis nach Süd-Europa genannt wird und greift noch zahlreichere Holzgewächse an. Vermöge seiner Gröfse kann er im Larvenzustande selbst schwache, Fingersdicke Sträucher bewohnen. Daher habe ich ihn denn nicht allein in den gewöhnlich von den Schriftstellern genannten Rüstern, Wallnufs- bäumen, Linden, Birnen- und Äpfelbäumen, Ebereschen, Rofskastanien, Buchen, Birken, Erlen und Ei- chen (wozu Ochsen heimer noch den Granatbaum fügt) gefunden, sondern auch in Sträuchern von Cornus sangulnea. Nach Bech stein {Forstins. S. 33L) soll er sogar an hölzernen Umzäunungen ge- funden werden. Am Liebsten scheint er Birken und Erlen zu wählen und zwar wieder vorzugsweise junge, wüchsige Stämmchen. Fig. 2 l zeigt ein solches von Birken, wie es von der Raupe in der Mark- röhre angefressen ist und auch ein Auswurfs! och hat. Das letztere ist gewöhnlich nur klein, wie mit No. 8 oder 9 geschossen, meist nur 1' hoch über der Erde und wird leicht durch den unten liegenden Koth verrathen (s. Taf. IV. F. 3.). Die Gänge der Raupe gehen von diesem Loche nach unten und nach oben. Ich fand sie aber stets nach oben sitzend, wahrscheinlich damit der Koth immer gleich seiner Schwere folgend herunterfiele. In einem Birkenstämmchen, welches vom Winde umgebrochen worden war, blieb die Raupe in dem abgebrochenen Theile sitzen, verspann aber bald den Ausgang mit Fäden und ver- stopfte ihn immer mehr mit ihrem Kothe. Die Verpuppung sähe ich immer nur innerhalb des Ganges erfolgen, und zwar gewöhnlich im Juni, obgleich einzelne Individuen auch wohl noch bis zum Nach- sommer frafsen. Die Puppe schiebt sich zu dem erweiterten, vorher mit Abnagsein verstopften, Aus- wurfsloche heraus und entläfst dann den Falter (s. Taf. IV. Fig. 3 ein Stämmchen von Cornus sangulnea Band IL M 90 Specieller Theil. vorstellend). Im Übrigen dürfte die Lebensweise der bei dem Weidenbohrer ausführlich beschriebe- nen ähneln. Hinsichtlich der fokstlichen Bedeutung gehört diese Art nicht zu den letzten, sondern ent- schieden zu den merklich schädlichen. Die Entomophilen sagen zwar, man solle dies Thier eher schonen als vertilgen, damit sie ihre Sammlungen mit schönen Exemplaren füllen können. Allein sie wissen nicht, dafs manches schöne Stämmchen uns durch die Raupe zerstört wird. Denn, wenn auch die Menge nicht sehr grofs ist, in welcher die Falter in den meisten Jahren vorhanden sind, so ist doch zu bedenken: dafs jedes Weibchen wenigstens 100 Eier legt und dafs jedes Ei einen Stamm oder einen Ast kostet und daher 1 Dutzend Schmetterlinge schon viel Unfug auf einem Orte anrich- ten kann. Ich habe nämlich nie gesehen, dafs so viele Raupen beisammen leben wie von dem Wei- denbohrer. Immer fand ich sie nur einzeln, wie sie entweder einen starken Ast oder ein junges Stämm- chen in Besitz genommen und dies durch Auffressen des Markes und der Holzlagen so zerstört hatten, dafs, wofern der Tod nicht von selbst eintrat, der nächste stai'ke Windstofs einen Bruch hervorbrachte. Besonders war uns der Verlust empfindlich, welchen wir im Jahre 1836 und 1837 in unserm Forstgarten erfuhren, wo eine Menge von Raupen in jungen Birken, Ebereschen, Buchen und Hartriegel-Sträuchern gleichzeitig hausten, ohne dafs wir vorher nur einen Schmetterling bemerkt hatten, obgleich fast zu je- der Stunde des Tages und Abends hier aufmerksame Leute aus- und eingehen. Also darf man aus dem seltenen Erscheinen des Falters nicht auf die Seltenheit der Raupe schliefsen. Der erstere drückt sich immer fest an den Stamm und sitzt auch tief imten, so dafs er schwer zu finden ist. Bechstein rechnet das Thier aucli mit zu den mehr schädlichen, weil, wie er sagt, die von demselben befallenen Zweige allezeit verdorren. Nach Kollar {schädl. Ins. S. 214.) soll diese Art in der Gegend von Wien denselben Schaden anrichten wie der Weidenbohrer. Bechstein schlägt vor, die Schmetterlinge, wo man sie antrifft, zu tödten. Da aber, wie oben angegeben wurde, wenig auf das leichte Sammeln der Falter zu rechnen ist, so verlasse man sich darauf nicht, sondern suche lieber die Brut zu vermindern dadurch, dafs mau auf die Pflanzungen ein wachsames Auge hält und die Stämmchen oder Ästchen gleich herausnimmt, welche kränkeln oder wohl gar durch den unten liegenden Koth , der (wie auch schon Rösel bemerkt) nach dem Regen eine ganz braunrothe Farbe annimmt, die Gegenwart der Raupe andeuten. Verwandt sind noch mehrere Holzbohrer, die aber, meines Erachtens, alle selten sind oder gar nicht bei uns vorkommen. Bechstein (Forstins. S. 328.) nennt noch Ph. B. Terehra Fabr. (2,5" Flügeisp. und Cossus am Ähnlichsten, auch in der Raupe, die aber weifslich und über dem Rücken gelb- lich sein soll) welche an Pappeln vorkommen und wie der Weidenbohrer schaden soll (s. Taf. IV. Fig. 2. nach Hübner einen durch die Mitte geschnittenen Pappelnstamm vorstellend, welcher im Innern aus- gefressen ist und hier eine, zum Hervorschieben bereit liegende Puppe und eine zur Verpuppung sich anschickende Raupe zeigt). -| — |- Spinner, deren Raupen auf den Blättern und Nadeln leben. * Raupen 16-füfsig mit Knospenwarzen, verpuppen sich zwischen sparsamen Fäden oder in durch- sichtigem Cocon. 3. Ph. B. {Liparls oder Laria) Monacha Linn. Nonnenspinner oder Nonne (Taf. V. F. 2.). Namen. Die verschiedenen deutschen Benennungen Nonnenspinner oder Nonne, Fichten- bär, Fichtenspinner, Apfelspinner, weifser schwarzgestreifter Spinner, Rothbauch sind theils von der verschiedenen Nahrung des Insects, theils von den weifsen, schwarzwelligen Flügeln oder BOMBYX MONACHA. ChARACTERISTIK. 91 dem rosenrothen Hinterleibe entnommen. Daher auch im Französischen Je Zifjzcuj a vodrerouge. An- dere Artnamen hat das Thier nie geliabt, weil es weder im Falter-, noch im Raupeuzustande zu ver- wechseln ist. Der Gattungsname Liparis rührt von Ochsenheimer und Laria von Schrank her. Chakactehistik. Der weibliche Falter (Taf, V. Fig. 2f) hat zuweilen bis fast 2,5" Flügelspannung und, ohne die behaarte röthlichgelbe, hervorragende Legeröhre, bisl"Länge. Hinsichtlich der Form des Körpers und seiner einzelnen Theile herrscht grofse Ähnlichkeit mit dem (weitläufig be- schriebenen) Spinner und den gleich nacliher zu beschreibenden Arten, im Ganzen ist der Bau aber schlanker als bei ersterem. Sehr aufteilend verschieden sind aber die Farben. In der Regel nämlich sind Vorderilügel und Vorderleib weifs mit zahlreichen braunschwarzen, tief gekerbten, gezähnten oder gebucJite- ten Binden oder Flecken und die Hinterflügel bräunlichgrau, der Hinterleib aber ganz besonders aus- gezeichnet durch abwechselnd schwarze und rosenrothe Quevbinden. Es kommen zwar unendlich viele Varietäten vor, unter denen besonders einige mit breiteren und schwärzeren Flügelbin- den, ja sogar fast ganz schwarze (*), nur hier und da noch ein helleres Fleckchen zeigende sich aus- zeichnen, allein die normalen behalten doch immer bei Weitem die Oberhand und die Erkennung bei einem Frafse hat keine Schwierigkeit. Die Männchen (Taf. V. Fig. 2f') sind stets kleiner als die Weibchen, haben einen dünnen Leib und schön doppelt-gekämmte Fühler. Beide Geschlechter un- terscheidet man auch, wenn sie am Stamme, selbst in beträchtlicher Höhe, sitzen, daran: dafs die Männchen die Flügel etwas mehr ausgebreitet (so dafs die Unterflügel etwas mehr zu sehen sind), die Weibchen aber dieselben stärker eingelegt tragen, so dafs erstere fast ein gleichseitiges und letztere ein gleichschenkliges Dreieck bilden (s. die beigedruckteu beiden Figuren). Die Stellung in der Begattung ist dieselbe wie die beim Spinner beschriebene und abgebildete. So stark schieben sich jedoch die beiden Geschlechter nicht zusammen. — Die vollwüchsige Raupe (Taf. V. Fig. 2l im fres- senden Zustande und 2l"' kurz vor der Verpuppung) bis 1,5" lang, nur ge- gen das Ende etwas verschmälert. Kopf grofs und ziemlich gewölbt. Die 6 Brustfüfse ziemlich dünn und kurz, die 8 Bauch- und die 2 Afterfüfse lang und stark, mit breiter, gebuchteter, hakiger Sohle. Herrschende Färb | unten grünlich-grau, oben grau, bald mehr ins Weifsliche (Fig. 2l"') balde ins Röthliche ziehend, selten schwärzlich (Fig. 2l untere Figur) — ein schö- nes, rein schwarzes, auf dem Bauche etwas grünelndes Exemplar hatte nur hellere Bauchfüfse, weifse Pünktchen an der Seite des Rückens, besonder des 3ten Ringes, imd die rothen Wärzchen des 9ten und lOten Ringes, su wie die Andeutungen der übrigen röthlichen und braunen Punkte der, sonst etwas zu sehr verkürzten, Abbildung — oder grünlich (obere Fig.), überall braun und schwarz punktirt und geädert. Auf jedem Ringe 6 Knopfwarzen : den äufsersten des Iten Ringes und die kleinsten die darauf nach innen folgenden am Iten bis 3ten Ringe, so wie die beiden innersten (nur schwer bemerkbaren) auf dem 4ten bis Uten Ringe. Über den Rücken zieht ein breiter grauer Streifen, welcher auf dem 2ten Ringe mit einem fast herzförmigen, sammetschwarzen Fleck beginnt, sich darauf inmitten eines hellen Fleckes verschmälert und vom 4ten bis Uten Ringe wieder erweitert, aber auf dem 8ten, und zum Theil auf dem Tteu und 9teu Ringe, von die gröfsten sind die bei- (*) Diese seltnen schwarzen Varietäten hat Ochsenheimer {Schmett. Eur. III. 194.) aus schwarzen Raupen (T. V. F. 2l) erzogen. Ich habe hingegen mehrmals aus schwarzen Ranpen nur gewohnlich gefärbte Schmetterlinge bekommen. M2 92 Specieller Theil. einem grofsen, hellen Flecke unterbrochen wird. Die mittelsten und innersten, kleinsten Knopfwarzen stehen auf diesem Streifen und hellem Mittelflecke und tragen die Farbe derselben. Auf dem 9ten und loten Kinoe in der Mittellinie ein kleines, röthliches, vertieftes Wärzchen. Zwei ähnliche, aber viel kleinere und blassere Wärzchen, auf dem4ten bis 7ten Ringe innerhalb des grauen Streifens. Die Knopfwar- zen mit Büscheln schwarzer und weifser Haare: die der mittelsten kürzer als die der äufsern. Kopf und Fül'se weniger stark behaart. — Die eben ausgeschlüpften Räupchen (T. VI.F.8u.9vergr.) sind ganz hell (schmutzig gelb) und haben nur einen breiten dunklen Streifen zu jeder Seite der Mittellinie und einen o-länzend schwarzen Kopf. Besonders hell sind die Knospenwärzcheu. Diesen Wechsel der hellen Mittellinie und der dunklen Seitenstreifen sieht man schon gegen die Zeit des Auskriechens durch die Eischaale hindurchschimmern, in welcher das Räupchen fast spiralförmig gewunden liegt. Nach einigen Stunden werden aber auch die Wärzchen dunkel und dann ist das ganze Räupchen fast scliwärz- licb nur mit Ausnahme der Mittellinie, welche ihre ursprüngliclie Helle behält. Sehr auffallend sind auch die aufserordentlich langen Haare. Die mittelsten der Büschel der ersten Seitenwarzen sind fast so lauf wie der ganze Körper und eben so die der letzten Wärzchen des Körpers. Die Puppe (T. V T.2c) bis 12'" lang und 4'" breit, etwas gedrungen, am Kopfe breit. Flügel nicht über die Hälfte des Körpers hinausragend, wenig gerippt, die unteren nur sehr wenig an den Seiten vorragend. Glieder stark verhüllt. Die Fühler stark vorragend, besonders die aufserordentlich dicken des Männ- chens welche bis zum Ende des Isten Fufspaars reichen. Das Ende der hintersten Fufsglieder nur weni"- sichtbar. Augen nicht sehr stark vorragend. Zwischen denselben eine geringe Erhabenheit. Rüsselscheide kurz. Mittelleistchen am Rücken des Halsschildes deutlich, am Kopfe uur ganz hinten bemerkbar. Hinterleib an den letzten 3 Ringen stark verdünnt. Afterfortsatz (F. 2 p) dick, lang gerunzelt, am Ende mit starken Hakenbörstchen, deren beide mittelsten meist länger und weniger gekrümmt und mit- telst eines strickförmig gewundenen Gespinnstes die Puppe an das lockere Gespinnst befestigen. An- fano's "Tünlich, später dunkelbraun, meist mit Bronzeschimmer. Die sehr starken Haarbüschel gelbbraun, weifslich oder seltner blutroth, 2 hinten am Kopfe und Halsschilde dunkel-stahlblau. Das Gespinnst, in welchem die Puppe zwischen Blättern und Rindenrissen liegt, besteht nur aus wenigen, schmutzig- gelben Fäden. — Die Eier (Taf. V. Fig. 2 e in natürlicher Gröfse, 2e* vergröfsert von oben gese- hen 2ei- mit durchschimmerndem Räupchen und Taf. VI. Fig. 7. zwischen den Rindenrissen, zwi- schen welchen sie aber viel häufiger ganz versteckt sind) gedrückt-kuchenförmig, in der Mitte etwas vertieft, glatt, gleich nach dem Ablegen matt rosenroth, etwas bronzefarben, später grau-braun, auch wohl etwas perlmuttergläuzend, besonders gegen die Zeit des Ausschlüpfens (s. Vertilg. Spiegelsam- meln) (wie Kiefernborke). — Der Koth (Fig. 2 k) grofs und dick (bis fast 2'" lang und über 1,5'" dick) walzig mit deutlichen Furchen und auf dem Abschnitte mit Sterneindrücken, schmutzig gelbgrün (von Kiefern) und durch die grob zerbissenen Nadelstückchen uneben (besonders die Seitenrippen der Stückchen). (Über die möglichen Verwechselungen mit trocknen Kiefernkätzchen s. die Beschreib. b. Spinner.) Vorkommen und Fkas.s. Die Nonne gehört mehr den gemäfsigten als den kältesten Climaten, denn in Ostpreufsen erliegt sie schon häufig den Witterungseinflüssen (s. ßegünst. am Ende), und in Schweden nennt sie Linne schon selten {Faun. Suec. ed. 2. p. 300.). Nach Hrn. Menetries ist sie auch nicht mehr bei Petersburg. Die ansehnlichsten Ausbreitungen des Frafses sind auch mehr in süd- lichen Gegenden vorgekommen. Sie ist unter den gefährlichen Kieferninsecten das einzige, welches auch andern Hölzern bedeutend schadet, denn sie hat auch schon Fichten (*) in grofser Ausdehnung verwü- (*) Mit Verwunderung liest man bei JOrdens {kl. Fichtenraupe S. 10.), dafs die Raupen im Bayreuthisclieu BOMBYX MONACHA. VORKOMMEN IIXD FrASS. 93 stet, befällt ebenfalls gern Blieben, Birken und Eichen, und geht auch noch auf Apfel- und Pflaumen- bäume. Da sie sich selbst mit Weifstannen-, Lärchen-, Weymouths- und Wachholderbeernadeln, Wei- deublätteru u. dergl. füttern läfst (s. Zinke in v. Linker's besorgten Forstm.), und in einem abgefres- seneu Reviere sogar mit dem Ünterwuchs (besonders Heidelbeeren, während sie aber Preifselbeeren nicht berührt) vorlieb nimmt, in unserem Forstgarten sogar auf fremde Hölzer, selbst die giftige Ritus Typhuia ging, so kann man sagen, dafs sie in hohem Grade polyphagisch ist. Ursprünglich scheint sie aber nur den Nadelhölzern angehört zu haben, denn da wo diese erst neuerlich eingeführt worden sind, hat man frü- her von ihr niclits gehört, sondern erst jetzt [Hannöe. Magaz. Nr. 72. (v. J. 1833) p. 576.] zeigt sie sich dort. Aus dieserMaunigfaltigkeit des Futters mag es auch zu erklären sein: warum daslnsect sich ziemlich häufig in gemischten Beständen einfindet. So sähe ich z. B. im Himmelpforter Reviere im J. 1837 in einem, mit Buchen gemischten Kiefernorte auf gutem Boden die Nonne auf den Buchen und die Forleule auf den, über dieselben hinausragenden, alten Kiefern fressen. Auch hat man sie schon öfters in den mit Birken durchsprengten Revieren nur auf letzteren gefunden. Bei uns schienen ihr dagegen wieder die Birken und auch die Eichen nicht so angenehm zu sein, wie die Buchen und selbst Hagebuchen. Ge- wifs giebt es dabei viel Zufälligkeit. So fand ich z. B. die jungen Eichen des Forstgartens ziemlich stark von ihnen befallen, während man auf dem Eichen-Unterholze in den nahe gelegenen Revieren nur selten eine Raupe sähe. Sie zieht, wenn sie die Wahl hat, gewifs immer die weniger saftreicheu Nadeln der auf ärmerem Boden erwachsenen Hölzer vor, und hält sieh daher auch gern auf unterdrückten Stangen und dem Uuterholze, so wie auch auf den untern beschatteten Zweigen. Hr. v. Berlepsch erkannte höchst bestimmt: dafs der Frafs immer von den unteren Zweigen gegen die Spitze des Baumes vor- rücke, so dafs die Bestände, von unten her betrachtet, immer ein bedenklicheres Aussehen hätten, als wenn man die gefällten besähe, die oben noch schön grün, unten aber schon ganz grau erschienen. Dies bestätigte sich auch bei dem Frafse in unserer Gegend. An dem Unterholze rückte dagegen der Frafs von der Spitze nach der Basis fort, weil die Raupen vom Oberholze heruntergefallen waren. Die 30-50-jährigen Stangenhölzer sind ihr die Liebsten, wie die erfahrenen Beobachter (HH. Pfeil, Hennert, Lehmann, Grafshoff u. A.) bezeugen und wie ich selbst es gesehen habe. Hr. v. Le- blanc versichert, dafs das Holz, an welchem er sie gesehen habe, nie unter 30 Jahren und nie über 80 Jahre gewesen sei. In Ostpreufsen hatten die Raupen im J. 1816 nur an den Stämmen dritter und vierter Classe, und zwar nur an den untersten Zweigen, gefressen, im J. 1808 aber beinahe ausschlie- fsend an den haubaren Hölzern (Jester in Hartig's F. u. J. Arch. HI. 2. S. 41.). Zu den merkwür- digsten Eigenthümlichkeiten gehört aber die Verschwendung der Raupe. Sie verzehrt in der Regel nur wenig von einem Blatte, sondern läfst das Meiste fallen, so dafs man an der Menge der unten lie- genden Reste von Nadeln und Blättern die Gegenwart dieses Insects sehr bestimmt erkennt. Wo die Raupe in grofser Menge frifst, da ist der Boden ganz damit bedeckt. Ich liefs einzelne Stellen auf Wegen und Gestellen im Mai und wieder im Juni rein fegen, um zu sehen, ob nach der Halbwüchsig- keit die Verschwendung aufhören würde, aber nach einigen Tagen war Alles wieder, wie zuvor, be- deckt. Hr. Zeibig will dagegen bemerkt haben, dafs die Raupen, nachdem sie halbwüchsig geworden waren, die Nadeln von der Spitze herein frafsen. Die Art, wie die Raupe frifst, ist folgende. Sie nagt Voigtlande nur Ficlitennadeln gefressen, die Nadeln von Kiefern und Lärchen aber nur zur Zeit des gierigsten Frafses im höchsten Grade des Hungers angenommen hatten, so dafs Jördeus sogar zweifelt: ob es mit der Beobachtung des Frafses in Kiefern seine Richtigkeit habe. Man kann sich diese seltsame Erscheinung nur etwa so erklären : Der Raupe standen bis zur Halbwiichsigkeit nur Fichteuuadeln zu Gebote und sie gewöhnte sich so daran , dafs sie nachher nichts Anderes anging. Im Dresdner Walde frafsen sie auf Kiefern und auf Fichten. 94 Specieller Theil. die Nadel entweder in der Mitte oder dicht über der Scheide, selten an der oberen Hälfte, schräg durch und frifst dann blofs den Stumpf. An Blättern legt sie sich gegen Zweig und Blattstiel und fäno't von dem einen Rande entweder in der Mitte oder über der Basis an zu fressen. Wenn sie bis an die Mittelrippe gekommen ist, geht sie entweder au derselben in die Höhe und frifst die eine Seite bogenförmig aus, in einem Halbkreise gegen ihren eigenen Rücken gekrümmt, oder sie beifst auch die Mittelrippe durch und schneidet einen grofsen Theil des Blattes, den sie zuweilen noch auffängt und herunterwürgt, bogenförmig aus (s. die beigedruckte Abbildung eines Buchenblattes). Meist läfst sie die Mittelrippen stehen, da aber, wo Mangel an Futter entstand, sähe ich sie auch diese abfressen, so dafs die Bäume so kahl wie im Winter waren. Am Wenigsten frifst sie von den Birkenblät- tern, denn diese lagen fast ganz unversehrt unten (s. die Abbildung). Ent- weder waren sie am Blattstiele durchgebissen, oder nur ein kleines Stück- chen an der Blattbasis war ausgenagt. Jördens {kl. Fichtenrmipe S. 14.) fand die unter den Bäumen liegenden Fichtennadeln sogar mit kleinen Äst- chen, die die Raupe abgebissen hatte, vermengt, wefshalb der Frafs auch ganz besonders in Fichten so schädlich sein mag. Hr. v. Bülow-Rieth be- merkt noch, dafs die Raupen die Eichenblätter eben so verschwenderisch wie die Nadeln, Buchen- und Birkenblätter benutzen. Lebensweise. I. Die Entwickelung der Nonne geht im Ganzen regelmäfsiger vor sich, als die des Spinners. Die Flugzeit fällt in die letzte Hälfte des Juli und zieht sich meist bis in den August hinein, ist also ge- wöhnlich später als die des Spinners. Man sieht um diese Zeit die Falter am Tao-e entweder am Stamme sitzen (s. Beschr. und den Holzschnitt S. 91.) meist in erreichbarer Höhe seltner über 10 Fufs hinauf, auch gewöhnlich in der der Wetterseite entgegen gekehrten Richtung, oder sie fliegen auch am Tage munter umher, besonders die taumelnden Männchen (s. V. Bewegl.). Der Reiz des Sonnenlichtes scheint sie vornehmlich in ihrem Tagschlafe zu stören, denn bei trübem Wetter sitzen sie fester. Die Hauptschwärmzeit beginnt gegen die Dämmerung, und mit einbrechender Nacht fliegen und laufen sie an den Stämmen mit schwirrendem Flügelschlage auf und ab. Der Anfang der Begattung tritt auch erst mit der Nacht ein, denn ich habe wohl am Tage Männchen und Weibchen in copula gesehen, aber nicht den Beginn derselben. Bei einem Frafse in unserer Gegend schien es, als wenn anfänglich fast nur Männchen da gewesen, die Weibchen sich aber später gemehrt hätten. Auch Hr. Z eibig bemerkt, dafs von den zuerst (gegen Ende des Juli ausgekommenen Schmetterlingen die Mehrzahl männlichen Geschlechts gewesen sei. Das Eierlegen verzögert sich gewifs meistens meh- rere Tage, ja bei unfreundlichem Wetter findet man erst 8-14 Tage nach Beginn der Flugzeit die er- sten Eier. Man ersieht dies auch daraus; dafs, nachdem die gesammelten Schmetterlinge schon längere Zeit vergraben waren, man grofse Klumpen von Eiern in der Erde fand (s. Begegn.) Jördens fand auch, dafs die Begattung oft erst den vierten Tag nach dem Ausschlüpfen vor sich giug, dafs das Eier- legen dann erst nach 24 Stunden begann und sich oft mehrere Tage hinzog (s. kl. Ficht. S. 25.). Die Art und Weise, wie das Weibchen seine Eier unterbringt, ist höchst bewundernswürdig. An den rissi- gen und schuppigen Bäumen, wie Kiefern und Fichten, schieben sie die Legeröhre so geschickt in die Risse und unter die Blätter der Rinde, dafs man die hier abgelegten Eier von aufsen gar nicht bemerkt. Einmal sähe ich sie sogar so tief zwischen die etwas vom Holze getrennte Rinde eines Ästebens hin- eingeschoben, dafs ich mir gar nicht erklären konnte, wie sie hier hineingekommen. Es scheint, als BOMBYX MONÄCHA. VORKOMBIEN UND FrASS. 95 würden sie dabei von einer Sorge für die Brut geleitet. Bedenken wir aber, dafs die Eier, auch wenn sie den Winter über ganz frei am Moose liegen, oder, wenn sie beim Wintersammeln abspringen oder beim Reinigen in den Auskehrig gerathen, dennoch auskommen; so verliert diese Vermuthung an Ge- wicht, und es ist erlaubt auch zu glauben, dafs das Weibchen vielleicht einen Anhaltpunkt für die lange Legeröhre suche, wenn es dieselbe so tief unter die Rinde schiebt. Zuweilen liegen sie nämlich auch ganz frei, in sehr seltenen Ausnahmen auch wohl auf dem Moose (aber immer in der Nähe der Stämme) und dann wurde das Weibchen wahrscheinlich vom Winde herabgeworfen und vom Drange des Le- geus überrascht, noch ehe es einen geeigneten Platz aussuchen konnte. Überhaupt werden bei schlech- tem Wetter mehr niedrig und bei gutem mehr hoch liegende Eier gefunden (s. auch Vertilg. I., II.). An den glattrindigen Buchen legen sie die Eier zwischen Moos und Flechten, jedoch auch gern an solchen Stellen, wo die Rinde etwas vorspringt (*). Die meisten Eiernester liegen in Manneshöhe, viele aber auch darüber und sogar bis zu 15-20' hoch, sparsamere, aber meist sehr volle, am Fufse der Stämme. An Kiefern und Fichten scheint die Grenze der zahlreich abgelegten Eier da zu sein, wo die Rinde gelblich wird und nur noch blättrig erscheint (Hr. Zeibig). Bei den von Hrn. v. Berlepsch angeord- neten Untersuchungen fand der Herr Revierverwalter Zeibig sogar in den Seitenästen einer gefällten Kie- fernstange eine Partie zwischen den Nadelscheiden. Zuweilen legt das Weibchen, besonders au starken Stäm- men, alle Eier, bis 150 Stücke, nach Jördens sogar bis 170, auf einen länglichen Fleck und zwar neben einandei', aber auch einige übereinander, ziemlich fest mit einander verklebt (traubenförmig). Viel häufiger sind aber die kleineren Nester, in denen nur 20-50 Eier liegen, wahrscheinlich verschleppte. Jördens (a.a.O.) beobachtete dies Verschleppen der Eier auch selbst. Das Weibchen kroch oder flog, nachdem eine kleine Partie Eier abgelegt worden war, weiter, um an einem anderen Orte wieder einige Eier abzu- setzen. Dies, sowie der Umstand, dafs auch hier und da Eier in Moos und Kräuter gelegt werden (s. besorgt. Forstm. a. a. 0. die Nachrichten von Hennert daselbst [III. 330.] und die Beobachtungen von Hrn. Grafs ho ff), vermehrt die Schwierigkeit des Eiersammeins bedeutend. Nach dem Legen fällt der Leib des Weibchens zusammen und wird ganz schmal und dünn. Das Männchen, bei welchem das Roth des Hinterleibes gleich nach der Begattung bleichen soll — wovon ich mich jedoch nicht immer habe überzeugen können — stirbt meist einige Tage früher als das Weibchen. Aus diesen Eiern schlüpfen die Räupchen im nächsten Frühjahre, Ende Aprils oder zum Anfange des Mai, selten schon im Herbst (**), aus. Hr. v. Bülow-Rieth {Nonne S. 21.) sähe sie in den J. 1828 u. 1829 gegen den (*) Ich sähe sie beim Ablegen nur still sitzen. Hr. Kollar (schädl. Ins. S. 341.) meint dagegen, und stimmt darin fast wörtlich mit Hrn. v. Bülow-Rieth (Xonne S. 29.) überein, dal's auf Buchen, Eichen und Birken, wo der Legestachel nicht angewendet werden kann, das Weibchen sich flügelschlagend über die Eier bewege und sie da- durch mit dem Staube der Flügel bedecke. Ich habe sie aber nur immer ganz nackt gesehen, bin auch fest überzeugt, dafs jene Angaben auf einem Irrthum beruhen. (**) Am Ausschlüpfen im Herbst zweifeln die meisten Beobachter und Hr. v. Bülow-Rieth sagt gradezu, dafs, ob- gleich im Juli und August alle Wände bei ihm mit Eiern bedeckt gewesen und nachher noch heifse Tage eingetreten wären, die Räupchen sich doch erst in der letzten Hälfte des nächsten April entwickelt hätten (Nonne S. 27.). Auch selbst in dem ungewöhnlich warmen Sommer und Herbst 1839 kamen bei uns keine Eier aus, nicht einmal die in der Stube, wo das Thermometer nie unter -{- 15» stand, gehaltenen. Auf dem Darfs sollen aber einzelne Nester ausgekom- men sein, wie mich der später öfters zu erwähnende Müller als Augenzeuge versicherte, und wie dies auch durch Hrn. Smalian bestätigt wurde. Der Müller versicherte aber zugleich, dafs zu jener Zeit im October schon Nachtfröste Statt gefunden und dann die Räupchen getödtet hatten. Defshalb glaubte man auf dem Darfs, dafs, im Falle einmal die ganze Entwickelung des Insects durch warmen Frühling und Herbst begünstigt würde, auch ein Herbst-Auskom- men der Eier und eine Zerstörung der Räupchen durch Nachtfröste zu hoffen wäre ('?). Zinken [besorgt. Forstm. S. 415.) erzog nicht allein aus den Eiern in der Stube im J. 1796 den 28. September, so wie den 3. und 7. October 96 Specieller Theil. 24. April und 1830 schon den 19. April auskriechen. Das dürfte wohl in unseren nördlichen Gegen- den der früheste Termin sein, denn selbst bei Dresden sähe sie Hr. Zeibig im J. 1838 erst am 1. Mai auskommen. Bei der Nonnenverbreitung um Neustadt sehlüpften die ersten Räupchen erst den 6. Mai aus und das allgemeine Entkriechen erfolgte erst vom 9. Mai an und dauerte fast 14 Tage. Es ist, wegen der anzustellenden Vertilgung, höchst wichtig, den Zeitpunkt des Entkriechens schon einige Tage vorher bestimmen zu können. Ich habe bei der Vertilgung weitläufiger von dem Eiersammeln und dem Entkriechen gesprochen. An dunklen Stellen oder hinter grofsen Rindenschuppen verzögert es sich mehr als an sonnigen Stellen. Auch wenn die Eier an Laubhölzern zwischen Moosen und Flechten ver- steckt liegen, kommen sie etwas später aus. Einige Tage vor dem Auskriechen werden die schön perl- mutterglänzenden Eischalen so durchsichtig, dafs man die abwecjjselnd dunklen und hellen Streifen und die hellen Wärzchen des etwas spiralförmig gewunden liegenden Räupchens deutlich hindurch schimmern sehen kann. Die durch das ausgekrochene Räupchen zerbrochenen Eischalen sind noch schöner perl- mutterglänzend und ganz weifs. Das Auskriechen geht sehr schnell vor sich, denn als nur erst ein kleines Löchchen in die Schale genagt war, hatte sich das Räupchen auch schon nach 1-2 Stunden herausgemacht. Anfänglich kriechen die Räupchen auf den Eischalen herum und zehren an denselben, entfernen sich dann aber bald einige Linien weit davon und sitzen dann mehr oder weniger gedrängt in den verschiedensten Richtungen und Stellungen beisammen. Künstlich in der Stube konnte ich sie nicht erziehen. Man erkennt sie am Baume als kleine schwarze Strichelchen sehr deutlich, auch selbst bis 10' Höhe, weil sie sich hier auf der röthlichen Rinde noch deutlicher abheben. So verweilen sie 4-6 Tage an Einer Stelle, wahrscheinlich um sich an der Sonne und Luft zu erlaben. Nach dieser Zeit sind sie öfters plötzlich verschwunden. Zuweilen sieht man auch, wie sie einzeln den Baum hinauf wandern oder sich auch auf das Unterholz gleich begeben. Hr. Lehmann fand sie so häufig und so jung auf demselben, dafs er sich gar nicht erklären konnte : wie das schwache Räupchen so schnell über Stock und Stein dahin gekommen sein konnte (s. auch Hrn. Grafshoff's Bemerkung in Pfeil's crit. Bl. VH. 2. S. 191.). Darüber glaube ich durch die von Hrn. v. Berlepscb angestellten Theerversuche Aufschlufs geben zu können. Hr. Zeibig sagt nämlich: „Sämmtliche betheerte Kiefern waren unterhalb des Theeres bis auf die Erde mit einem feinen, netzartigen Gewebe umzogen, an wel- chem die Räupchen auf- und abkrochen, ohne jedoch auf den Theer zu gehen. Häufig aber auch lie- fsen sich die Raupen an den fein gesponnenen Fädchen durch den Wind so lange hin- und hertreiben, bis es ihnen gelang, durch solchen an einen anderen Baum geführt zu werden." Offenbar können sie auf diesem Wege also auch das nahe stehende Unterholz erreichen. J Ordens {li. Fichtenraupe S.U.) hat es auch beobachtet, dafs die Räupchen mittelst ihrer feinen Gespiunstfäden von einem Aste zum andern gelangen, und von einem Baume zum andern. Doch zerreifsen die Fäden, wie er sagt, leicht, und die Raupen fallen beim Fällen des Baumes in grofsen Haufen von demselben. Ich selbst habe die Raupen, sondern er sammelte auch den 2. Januar im Saalburger Walde unter dem dicksten Moose auf der Erde etliche 40 junge, ganz zusammengekriimmte Waldraupen, von denen die gröfste 6'" lang war Später sollen sogar einige auf dem Schnee gefunden worden sein, die die zweite Häutung schon überstanden hatten (?). Ja ! bei Saalburg soll sogar den 28. Februar eine fast voUwüchsige Raupe gefunden worden sein (?'?). Auch wollte man im Dezember lebende Pup- pen gefunden haben — daher auch wohl Becbstein's (S. 305.) Angabe von überwinterten Puppen — . Im J. 1827 will auch Hr. Leblanc das Auskriechen im Herbst bemerkt haben. Die Herbstentwickelnng ist also nicht zu bezwei- feln, mufs aber nur als eine seltene Ausnahme betrachtet werden. Dafs aus den einzelnen, mit einer Öffnung ver- sehenen, weifsen, leeren Eiern, welche man im Herbst und Frühjahre zwischen den vollen bemerkt, nicht die Räup- chen von selbst auskamen, wie Hr. H artig {Jahresber. I. 2. S. 258.) vermuthet, ist jetzt durch Beobachtungen er- wiesen (s. Krankh. u. Feinde). BOMBYX MONACHA. BEGÜNSTIGENDE ODER HEMMENDE EINFLÜSSE. 97 Eäupchen an Fäden hängend gesehen, dafs ich gar nicht begreifen konnte, wo diese herkämen. Das Spinnen dauert bis zur Halbwiichsigkeit. Auf Laubhölzern, besonders Buchen, schreitet die Entwicke- lung viel rascher vor, als auf Kiefern; daher man auf ersteren immer die gröfsten Raupen und auch die ersten Puppen findet. Der Frafs, welcher auch während der Nacht andauert, ist gegen Ende des Juni oder spätestens im Juli beendet. Die Raupen kommen dann in Schaareu von den Bäumen, um sich unten am Stamme, so wie auch an den Nadeln der unteren Äste und des Unterholzes zwischen einzel- nen Gespinnstfäden zu verpuppen. Sie wählen dazu am Liebsten grofse Risse und Spalten, die sie ge- gen Wind und Wetter, welches dennoch an ihrem feinen Netze oft tüchtig rüttelt, schützen. Ich faud zwar auch zwischen den Nadeln der Gipfel versponnene Puppen (s. Taf. V. Fig. 2 c). Diese waren in- dessen wenig beweglieh oder ganz steif und daher sicher krank, was auch daraus hervorgeht: dafs mau im ersten und zweiten Jahre des Frafses ihrer weniger oben hndet als im dritten. Hrn. Zeib ig" s Beob- achtungen sagen dies und ich habe es auch gefunden (*). In 15-20 Tagen kommt dann der Falter aus. Die Dauer der verschiedenen Zustände gestaltet sich hier also ganz anders als beim Spinner, denn die Eier liegen hier 7-8 Monate und die Raupe frifst nur 8-10 Wochen. Die Abweichungen, welche in der Entwickelung der Nonne vorkommen, sind im Verhältnifs zu den beim Spinner beobachteten nur sehr un- bedeutend, denn über Winter finden wir nur Eier und der Frafs ist lediglich auf Mai, Juni und Juli beschränkt. Dafs das Überwintern von Raupen und Puppen, wenn ein solches vorkommt, nur als eine sehr seltene Ausnahme anzusehen sei, wurde schon (s. S. 95.) erwähnt. Sonst bestehen die Ab- weichungen nur darin: dafs in Folge eines dichteren Standes der Bäume die Raupen etwas langsamer sieh entwickeln, und daher während der allgemeinen Verpuppung noch einzelne, fressende Raupen und auch im September noch fliegende Schmetterlinge vorkommen (Th. Hartig Jahresher. Jahrg. 1. H. 2. S. 257.). Hr. Lehmann, Hr. Wittwer {äU(j. F. u. J.-Zeif. v. Jahre 1834. S. 570.) sahen es bei einem ansehnlichen Frafse und ich bei einem mäfsigen. Von Überjährigkeit kann bei dieser Raupe daher auch nicht die Rede sein. Die BEGÜNSTIGENDEN ODER HEMMENDEN EiNFLüssE slud Im Allgemeinen dieselben oder ganz ähn- liche, wie die beim Kiefernspinner angegebenen. DieNonneistzwar weniger hart als dieser, verträgt aber doch bei Weitemmehrals Forleule und Spanner. Daher ist auch ein Frafs derNonne häufiger als der der Eule, aber seltener als der Frafs des Spinners. Dafs die Nonne bis z. 53. n. 54. " N. Br. so leicht nicht den feindlichen Witterungseinflüsseu erliegt, beweisen zahlreiche Erfahrungen. Der strenge Winter vom J. 18||, in wel- chem die Temperaturbis — 22" sank, hatte die Eier in Pommern nicht getödtet (v. Bülow-Rieth Älhj. F. u. J. Z. V. 576.). Auch war der vorhergehende Sommer sehr nafs und regnicht gewesen, besonders vom Ende des Juni bis in den Juli und August, und dennoch waren die letzten Häutungen und die Verpuppung ungestört von Statten gegangen. Dieselben Resultate lieferten mir die Beobachtungen des Sommers 1838, welcher sich durch das beispiellos kalte, regnichte und stürmische Wetter des Juli und August, dem auch die meisten Forleulen- und Spanner-Raupen erlagen, auszeichnete. Die Nonnenrau- pen kamen aber trotz dem, wenn auch etwas später als gewöhnlich, fast alle zur Verpuppung und die Falter schlüpften in grofser Menge aus. Diese litten nun allerdings, da während der ganzen Flugzeit nicht ein einziger Tag ganz warm und freundlich gewesen war. Dennoch schwärmten die Männ- chen öfters während des Regens und es fanden sich im Winter au jedem Stamme Eier, auch kamen (*) Im J. 1837 gab es bei uns mir sehr einzelne Falter, im .1. 1838 konnte man aber schon 8-12 Raupen pro Stamm rechnen. Von diesen gingen, nach den an gefällten Stämmen vorgenommenen Untersuchungen, '/i herunter und Vi blieb oben. Von diesem Viertel verschrumpften noch dazu einige und die Puppen, welche sich bildeten, waren meist krank. Im J. 1839 fanden sich 20—40 pro Stamm oben, also etwa »3. Von diesen waren die Hälfte krank. Band U. N 98 Speciellbr Theil. diese, ungeachtet Winter und Frühjahr sehr veränderlich waren, aus, leider nur zu glücklieh! denn wir hatten Noth, uns nur eines Theiles zu entledigen. Wir haben zwar auch Nachrichten, dafs ein, 8 Tage anhaltender Regen im Juni, zur Zeit der Häutung, die Raupen bis auf die letzte Spur, welche die Ichneumonen noch übrig gelassen hatten, vernichtete (Ällg. F. u. J. Z. Jahrg. VII. S. 459.), auch erinnere ich mich von Jemand gehört zu haben, dafs einst ein bedeutender Raupenfrafs durch ein starkes Ge- witter plötzlich beendet wurde. Dasselbe ist ja aber auch beim Spinner beobachtet worden. In käl- teren Gegenden scheint aber die Nonne nicht so häufig aufkommen zu können. In Ostpreufsen, erzählt Jester (in Hartig's Archiv III. 2. S. 40.), wurden die Raupen, die sich im Frühjahre 1807 in überaus grofser Menge gezeigt hatten, nach einem Thauwetter durch heftige Nachtfröste plötzlich vernichtet. Auch der Frafs von 1808 wurde durch Wolkenbruch ähnliche Platzregen gehoben. Eben so der von 1816 durch kalte, anhaltende Platzregen. Neuerlich berichtete Hr. Leus ent hin, dafs im Frühjahre 1829 die imgeheure Eier-Menge, welche den Beständen völligen Untergang drohte, durch starke Fröste (denen die pommerschen Eier nicht erlagen, getödtet worden sei. Im J. 1831 und 1832 zeigte sich die Raupe abermals in andern Gegenden und erlag den schädlichenWitteruugseinflüssenzur Verpuppuugszeit. Hennert's Nachrichten (s. v. Linker hes. Forstm. S. 321.) stimmen damit ebenfalls überein (*). Krankheiten und Feinde. Eben so wie die Nonne den Witterungseinflüssen fast in dem Grade wie der Spinner trotzt, so leidet sie auch durch Krankheiten weniger als Eule und Spanner. Auch die Zahl ihrer Feinde ist nicht bedeutend. Die Säugethiere, mit Ausnahme der Fledermäuse, können ihr schon defshalb wenig anhaben, weil sie in keinem Zustande an der Erde verweilt. Unter den Vö- geln giebt es dagegen zahlreichere Verfolger als bei dem Spinner, denn niclit allein die dort genannten fressen sie, sondern auch aufserdem noch bestimmt (wenigstens im Puppenzustande) die Krähen, Dros- seln, Staare und wahrscheinlich noch andere Singvögel. Unter den Schmarotzern der Nonne finden wir zwar zahlreiche Arten, aber keine dieser Arten ist so reich an Individuen wie mehrere Schma- rotzer des Spinners. Gesellige Microgasteren müssen in der Raupe nur sehr selten vorkommen, denn nur ein einziges Mal erhielt ich mehrere kleine, gesellig versponnene Tönnchen von Hrn. Lichtenstein, welche demselben, angeblich aus der Nonnenraupe, übersandt worden waren. Keiner von den zahl- reichen Beobachtern, welche Nonnen in grofser Masse einzwingerten, spricht von diesen. Dagegen habe ich im Juni 1839 einen einsamen Microgaster , welcher dem (bei B. Pini beschriebenen) J. (jlobatiis (na- mentlich reconditus) aufserordentlich gleicht, in grofser Menge gezogen und, was das Auffallendste ist, aus ganz kleinen, kaum 3'" langen Räupchen. Das grünlichgelb-weifse Tönnchen dieses Schmarotzers sitzt auf dem Blatte am Bauche des Räupchens. Nur von Dipteren leben einige gesellig in der Raupe, so z. B. Musca (Tachina) bimaculata Hrt., welche Hr. Hartig aber sowohl wie ich nur sehr einzeln erzogen. Hr. v. Bülow-Rieth {Nonne S. 38.) erzog mehrere Fliegenarteu und Raupen. Von Hrn. V. Alemann erhielt ich sogar eine kleine ächte Musca aus der Nonne. Ferner findet sieh der gesel- lige Ichneumon ovulorum L. (genauer Teleas phalaenariim Nees) nach Hrn. Hartig in den Eiern, wie- wohl selten {Jahresher. S. 258.) Die übrigen Ichneumonen sind sämmtlich einsame aus der Puppe. Aufser einigen kleineren Arten nenne ich nur als die gemeinsten grofse, theils von mir, theils auch von Hrn. Mufs, wie es seheint auch von Hrn. v. Bülow-Rieth {Nonne S. 39.), gezogene: den schönen (*) Einen besonderen Beweis von Zählebigkeit zeigte mir die Nonne in folgender Hinsicht. Ich hatte eine grofse Menge gesammelter Puppen, die ich in den Zwingern nicht mehr unterbringen konnte, 2' tief vergraben lassen und bekam nach 14 Tagen Lust zu sehen, was mit ihnen goworden sei. Nachdem ich sie wieder ausgegraben hatte, entwickelten sich noch eine Menge Falter, wenn auch nur kümmerlich, und legten Eier. Von Ichneumon flavatorius und instigator kamen ebenfalls noch viele Exemplare aus den Puppen. Die Kühle der Erde wirkte offenbar schützend auf sie ein. BOMBYX MONACHA. KRANKHEITEN UND FeINDE. 99 Ichneumon (Trogus) ßaratorius Fabr. (bis 8'" lang, ohne Legeröhre, fast ganz röthlicbgelb, besonders durch raucbgraue Flügelenden und blauschwarze Schwanzspitzen ausgezeichnet) und dann den Ichneumon (Pimpla) examinator Fabr., instigator Fabr. und varicornis F abr. [alle drei (ohne Legeröhre gemessen) bis 7'" lang, mit ganz schwarzem Körper und nur unterschieden dadurch, dafs der letztere eine kaum 1,5'" lange, die beiden ersten aber eine bis 2"' und darüber lange Legeröhre (bei den grufseren Individuen) haben und sich unter einander so unterscheiden: dafs der zweite stärkere, ganz rothgelbe Schenkel und Schienen, der erstere aber grauschwarze, weifsgeringelte Schienen und dünnere Fühler hat], so wie auch den /. (P'nnpla) jlaricans Fabr. (bis 6'" lang, mit 2'" langem Legebohrer, fast ganz bräunlich-gelb, nur an Brust und Halsschild etwas schwarz gefleckt), welche sämmtlich noch im Herbste aus der Puppe kommen, fast gleichzeitig mit der Flugzeit der Schmetterlinge. Aufserdem sind auch schon einige sel- tenere Arten aus der Nonne gezogen (s. Hartig Juhresher. S. 259.), so dafs wohl schon über 1 Dutzend Schmarotzer derselben bekannt sein möchten. Zu den interessantesten Verfolgern der Nonne gehören 2 Käferlarven, welche ich, nach den, mir von Hrn. Göhren übersandten trocknen Exemplaren, für die eines DermestesxmA Clerus halte (s. Bd. L). Hr. Göhren hatte sie beim Aussaugen der einzelnen, zwischen den vollen vorkommenden, weifsen Eier gefunden. Hr. Reufs hatte dies ebenfalls beobachtet und Hr. Smalian erzählte mir, dafs er auch Spinnen beim Zerstören von Nonneneiern betroffen habe. Ca- rahus Sijcophanta (Bd. L T. I. F. IL) ist gegen die Raupen und Puppen dieser Art so nützlich wie gegen andere. Ich habe nie eine solche Menge dieser Thiere beisammen gesehen, als im J. 1839 bei dem Raupenfrafse in unserer Gegend. Seine Larve sähe ich oft ganz in der ausgefressenen Puppe drin stecken. Hrn. Zeibig schien es, als wenn die Käfer sich den Raupen schon vorher durch deu Geruch bemerklich gemacht hätten, denn die letzteren safsen anfänglich ganz still und fielen dann, so wie jene ihnen ganz nahe gekommen waren, mit unglaublicher Schnelligkeit zur Erde. Die Käfer konn- ten übrigens leicht über die Theerringe (s. Begegnung) hinwegkommen. Auch Wanzen, Ameisen uud Spinnen zeigten sich entschieden im Dresdner Walde nützlich. In den Raupengräben fanden sich bei uns Staphylinen sehr häufig ein, besonders castanopferus. Libellula depresa sähe Jördens {kl. Fichtenraupe S. 29.) die Schmetterlinge verfolgen. — Hinsichtlich der Menge steht die Nonne nur dem Kiefernspinner, der auch wegen seiner ansehnlichen Gröfse mehr füllt, nach. Besonders fallen die Schmetterlinge, wegen ihrer weifsen Farbe, sehr auf, so dafs es nach manchem grofsen Frafse heifst, die Stämme seien wie mit Schneeflocken bedeckt gewesen. Die Beweglichkeit des Insects ist in verschiedenen Zuständen verschieden. Die Falter sind viel beweglicher wie die des Spinners (s. Entwickl. S. 94.), und daher auch ein häufigeres und wei- teres Überfliegen erklärlich (*). Auch die Raupe kriecht, wenn sie gröfser wird, sehr geschickt und schnell, nur die jungen, eben ausgekommenen sind sehr träge und helfen sich mehr durch ihre Gespinnst- fäden als durch die Kraft der Füfse fort (s. Entwickl. S. 96.). (*) Der merkwürdigste Fall, welcher vielleicht je vorgekommen ist, ereignete sich auf der Halbinsel Darfs an der Ostseeküste und ist auch, wie aus den Regierungs- und Ministerial-Acten hervorgeht, vollkommen vor Gericht consta- tirt. Der Tagelöhner Steiuort aus Wieck kam am 15. August 1838 in einem Boote auf dem Biunenwasser (welches wenigstens 1 Stunde Breite hat) zwischen Born und Neuendorf gefahren und wurde plötzlich von so unglaublichen Flü- gen der Nonne umschwärmt, dafs diese den Leuten im Boote wie Schneeflocken anklebten und in Schürzen und Ta- schen krochen. Den Tag darauf fand sich denn auch an der Südseite der Forstbeläufe Born, Wieck und Ahrenshoop des Reviers Darfs an den 60-70jährigen Kiefern eine so unglaubliche Menge von Schmetterlingen, dafs ein allgemeines Aufgebot an die 4 Ortschaften des Darfses erlassen wurde, und dafs, trotz der angestellten Sammlung von vielen Schef- feln, doch im nächsten Winter noch gegen 300 Pfund Eier gesammelt werden konnten. N2 100 Specieller Theil. Forstliche Bedeutung und Chronik. Die Nonue nimmt uuter dea vier schädlichsten Kieferu- Lepidopteren die zweite Stelle ein. Ihre grofse Schädlichkeit wird hauptsächlich dadurch begriiadet: 1) dafs sie aufser der Kiefer auch noch der Fichte sehr gefährlich wird [auch dadurch, dafs sie Bor- kenkäfer nach sich zieht (Jester, Jürdens)] und sogar den Laubhölzern öfters schadet, 2) dafs sie mit Nadeln und Laub so verschwenderisch umgeht (s. Vorkommen u. Frafs S. 93.), 3) dafs ihr, im Ver- hältnifs zum Spinner, nicht so zahlreiche Schmarotzer entgegengestellt sind. Dagegen vermindert ein Umstand ihre Schädlichkeit wieder etwas, das ist nämlich die (S. 93.) geschilderte Polyphagie. Wenn die Raupen, noch ehe sie die Stämme entnadelt oder entblättert haben, heruntergehen, so begnügen sie sich mit dem Heidelbeerkraute, was keine andere Kiefern-Raupe thut. Ferner will Hr. Lehmann, iu Übereinstimmung mit mehreren andern Praktikern und mit den von uns hier bei Neustadt gesammelten Erfahrungen, bemerkt haben, dafs die im vorigen Jahre am Stärksten befressenen Orte in diesem Jahre wenig von den Raupen besetzt waren, so dafs die Falter fortzurücken und frische Bestände aufzusu- chen scheinen. Bestätigte sich dies öfters, so würde man hoffen können, dafs die dominirendeu Stämme, wenn sie nur einmal entnadelt werden, sich wohl wieder erholen. Im Ganzen kommt auch in Betracht: dafs sie am Liebsten nur die unteren Äste der Stämme und die trockneren Nadeln des Unterholzes frifst, und dafs sie ferner lieber die alten Nadeln als die jungen frifst (jedoch mehr bei der Kiefer als bei der Fichte) und endlich: dafs sie seltener als der Spinner sich in besorglicher Menge vermehrt, so dafs wir wohl von ungeheuren Frafsen, aber nicht so häufig, hören. Den Laubhölzern schadet der Frafs der Nonne, wie der anderer Lepidopteren, nur wenig und Hr. v. Bülow-Rieth {Nonne S. 47.) sagt, dafs er an seinen Laubholzstämmen keinen Verlust gehabt habe, obgleich sie den früheren, freu- digen Wuchs nicht zeigten und mehrere Jahre bedurften, um sich vollständig zu erholen. Bei dem gro- fsen Frafse im Voigtländischen wurden auch Buchen mit abgefressen, schlugen aber nach Johanni wie- der aus (besorgt. Forstm. III. S. 30L). Auch bei uns ereignete sich dies. Die Hagebuchen trieben später als die Buchen. Dagegen hat das Insect an Kiefern und Fichten schon grofse Verheerungen an- gerichtet. Den letzteren soll es nach Jester (a. a. 0. S. 4L), der Vergleiche anstellen konnte, ungleich mehr als den ersteren schaden, auch deuten auf den Vorzug, den die Raupe den Fichten giebt, schon die (S. 92. bei Gelegeuh. d. Vorkomm. u. Frafs) Bemerkungen von Jördens. Wahrscheinlich beruht diefs darauf, dafs die alten und jungen Nadeln an der Fichte weniger verschieden sind, als bei der Kiefer. Die ersten bedeutenden Frafse ereigneten sich im J. 1784 und dann wieder in den Jahren 1794-1798 im Voigtlande (*), eben so um diese Zeit iu Ostpreufsen, wo sich der Frafs 1808 und 1816 wiederholte (Jester in Hartig's F. u. J. Arch. III. 2. S.41 u. f., s. auch IL Begünstig, am Ende). In den Jahren 1783 und 1784 war die Raupe auch in Vorpommern bemerkt worden, eben so in West- preufsen. Dafs sich in einer Gegend der Frafs nicht so häufig wiederholt, geht aus dem Berichte des Hrn. V. Bülow-Rieth {Nonne S. 19.) hervor, welcher die Raupe in Pommern, wo sie 1808 und 1809 gefressen hatte, erst im Frühjahre 1827 wieder sähe. Seit der Zeit ist sie wieder häufiger aufgetreten xind besonders seit dem Jahre 1835 haben wir aus den verschiedensten Gegenden des nördlichen Deutsch- lands Klagen über den Frafs der Nonne gehört. Im J. 1838 und 1839 hauste sie sowohl bei Dresden, Altenburg (Hr. v. Hopff garten), als auch in der Mark und in Schlesien, selbst in Oberschlesien (Hr. V. Aurich, Hr. Zebe). Hr. v. Bülow-Rieth hat auch bei ihr den 3-jährigen Cyclus nachgewiesen (**), und wenn dieser auch häufiger als bei dem Kiefernspinner unterbrochen wird, so verläuft er doch ge- (*) Die Verheerungen im Voigtlande sind unstreitig die bedeutendsten, die wir kenneu. Im Saalwalde allein star- ben 510,000 Klaftern ab! (v. Linker besorgt. Forstm. III. S. 353.) (**) Im Sommer 1827 war die Raupenausbreitung zuerst sichtbar geworden, im J. 1828 zeigten die Raupen ein vor- zügliches Gedeihen uud noch wenig Schmarotzer, im J. 1829 waren die letzteren in den Reviertheilen, welche schon in BOMBYX MONACHA. BEGEGNUNG. 101 -wohnlich regelmäfsiger als bei deu kahlen Raupen. Der neueste Nonnen-Raupenfrafs, welchen wir in der Mark, in Pommern, Schlesien und Saclisen haben, ist gegenwärtig noch nicht beendet, und es läfst sich daher auch noch nicht mit Bestimmtheit von den Folgen desselben für das Holz reden. Dagegen erfahre ich so eben Einiges aus andern Ländern, welches dafür spricht: dafs die diesmalige Verbreitung nicht ohne bedeutenden Schaden abgehen wird, und dafs überhaupt die Nonne so gut für die Kiefer wie für die Fichte sehr gefährlich werden kann. Der Königl. Hannoversche Forstamts-Auditor Hr.Mühry , welcher von einer grofsen Reise durch Deutschland zurücklcehrt, erzählt mir, dafs bei Braudeis, einige Meilen von Prag, 900 Joche oO-40-jähriger Kiefern gänzlich abgefressen worden seien und zum Ab- triebe kämen. Derselbe hatte auch von einem zuverlässigen Würtembergischen Forstbeamten gehört: der Laurentien- und Sebaldy-Wald bei Nürnberg, so wie der grofse Altdorfer Wald in Oberschwaben seien ebenfalls gröfstentheils durch die Nonne zerstört. Hr. Forstcandidat Kunschke sagt mir, dafs im Altstrehlitzer Reviere in Mitten der nicht ganz gefressenen jungen Hölzer, sämmtliche zu Bauhölzern übergehaltene, einzelne 150 -jährige Kiefern im Sommer d. J. 1839 gänzlich abgefressen worden wären. Im September war das Holz schon blau und mufste schleunigst gefällt werden. Begegnung. Die zeitige Entdeckung des Feindes ist auch hier eine Hauptsache und um so mehr zu wünschen, als die Nonne, hinsichtlich ihrer Vertilgung, mehr Schwierigkeiten als irgend ein an- deres Insect verursacht, indem die ganze Masse des Insects in keinem Zustande so lange in erreichba- rer Nähe verweilt, als z. B. Spinner, Eule und Spanner, denn auch selbst ein Theil der Eier liegt hoch an den Stämmen. Es schwebt daher immer noch die Frage: In welchem Zustande kann man die Nonne am Erfolgreichsten angreifen? Die Antwort wird sein: Wenn man schon bei den andern, ganz er- reichbaren Lepidopteren nicht mit den, gegen Einen Zustand derselben ergriffenen, Mafsregeln ausreicht, so wird man es vollends bei dieser nicht können. Wir mögen mit der Vertilgung der Eier anfangen, so werden wir dennoch mit dem Raupeusammeln nachher fortfahren müssen. Oder, wir mögen mit der Vertilgung der Puppen imd Falter beginnen, so werden wir nichts destoweniger nachher noch auf die Eier aufmerksam sein müssen. Ein Jahr wird immer darüber hingehen, wenn wir des Frafses Herr werden wollen. Ja wir müssen öfters noch ein zweites Jahr daran wenden und erreichen zuweilen dennoch niclit den gewünschten Zweck. Man darf nur nicht verzweifeln, so lange die Verbreitung nicht etwa ganz allgemein geworden ist und die vorhandenen Arbeitskräfte nicht mehr hinreichen. In der Regel bemerkt man die Nonne zuerst als Schmetterling. Dieser ist weifs und markirt sich sehr leicht an der dunkeln Rinde der Stämme (s. Abbild. S.91.). Auch ist er sehr beweglich, und ganz besonders fliegen die Männchen auch bei Tage unruhig umher. Sie dürfen also nur einiger Mafsen häufig sein, so werden sie dem aufmerksamen Forstmanne nicht entgehen. Zu dieser Zeit ist aber noch nichts zu thun, denn 1) ist es sehr schwer die unruhigen Schmetterlinge, wenn ihrer noch so wenige sind, weg- zufangen, und 2) mufs man erwarten, dafs man bei Gelegenheit der ersten Entdeckung, da man nicht vorbereitet war, zu spät kommt und gröfstentheils entleerte Weibchen fängt. Man kann also in die- sem Falle den Winter oder das Frühjahr abwarten und dann einschreiten. I. Das Eiersammeln vom September bis zum April. Über kein Vertilgungsmittel läfst sich so viel sagen wie über dies, so neu es auch noch in seiner Anwendung ist. Die Erfahrungen, welche bis jetzt darüber gesammelt wurden, rühren, so viel ich weifs, nur aus unserm Vaterlande her und wurden durch den Nachdruck hervorgerufen, mit welchem der Herr Oberlandforstmeister das Mittel empfahl. Entweder wurde es bisher von den Auetoren und Praktikern gar nicht genannt, oder man den beiden vorhergehenden Jahren befresseu wurden, zahlreich, in den übrigen, über welche sich der Frafs aber erst eben verbreitet hatte, noch selten, und im J. 1830 kamen die Kaupen, obgleich sie bei warmen Tagen noch lebhaft ge- fressen hatten, nur sparsam zur Verpuppung, und auch die wenigen Puppen waren zahlreich von Schmarotzern bewohnt. 102 Specieller theil. führte es mit den übrigen Mitteln gemeinschaftlich auf, ohne seine Ausführbarkeit oder Unausführbarkeit gehörig zu würdigen, oder es wurde wohl gar als ein ganz unpraktisches, unausführbares Mittel genannt. Allerdings darf man sich nicht wundern, dafs Jemand, der es nur oberflächlich prüft, es für unpraktisch hält, denn wenn man sieht: wie die Eier tief unter die Rindenschuppeu geschoben sind, wie sie nicht einmal zuHunderten beisammen, sondern öfters nur zulO-50isolirtliegen, wie sie ferner hoch hinauf bis zu den Ästen zerstreut liegen: da vergeht den Meisten wohl die Lust, selbst einen Versuch zur Sammlung im Grofsen zu machen. Und doch wird das Folgende (*) lehren, dafs nach längerem Bemühen sich etwas durchsetzen läfst, was anfänglich unpraktisch erschien und dafs wir ein Mittel nicht defshalb gleich aufgeben dürfen, weil wir dasselbe nicht mit unsern Händen und Augen auszuführen (*) Für die Geschichte der Eiersammlung siud diese Fälle sehr lehrreich, welche ich als die ersten kennen lernte. Der erste ereignete sich auf dem Darf se, wo die Nonne durch Überfliegen sich plötzlich verbreitet hatte (s. Leb. u. Überfl.). Hr. Sraalian erkannte die Gefahr, welche dem, den Seewinden ausgesetzten, Lande drohte, wenn die daselbst befindlichen Bestünde gänzlich gefressen worden wären. Er trat demÜbel mit seltenerBeharrlichkeitentgegen. Noch ist der Ausgang nicht abzusehen, da noch das verhängnifsvolle Jahr 1840 abgewartet werden mufs. Indessen steht zu erwarten, dafs jene Bemü- hungen nicht ohne glücklichen Erfolg bleiben werden , und dafs wir hier einmal einen sichern Fall aufweisen können, in welchem man sagen kann: ohne Zuthun des Menschen wäre Alles verloren gewesen. Nach Hrn. Sma- lian's gütigen Mittheilungen wurden am 16. October 1838 bis 18. Mai 1839 die unerhörte Menge von 293 Pfund 26'/* Loth gesammelt und zu 183,343,825 Stück geschätzt. Anfänglich waren für das Loth 15 Sgr. und später 10 Sgr. fest- gesetzt worden, ja im Herbste 1839 wnrde das Loth schon zu 3-4 Sgr. gesammelt, wofür bis Ende Octobers schon wieder 400-.500 Pfund abgeliefert gewesen sein sollen. Die Abnahme der Eier fand alle 14 Tage durch den Herru Oberförster Kurth Statt. Sie wurden in Packeten von 2 Pfund Netto in Kasten gepackt und der Königl. Regierung zu Stralsund eingeschickt, damit ja kein Glaube an Verfälschung aufkommen konnte. (Diese Mafsregel ist sehr zu em- pfehlen, da sonst leicht etwas von dieser theuren Waare entwendet werden könnte. Denn, wenn schon ganze Scheffel davon vorhanden sind, kann sie der Förster gar nicht mehr so sicher verwahren. Am Besten ist es , sie gleich nach erfolgter Ablieferung zu verbrennen, wobei man aber sehr vorsichtig sein mufs, da die Eier im Feuer stark explodireu.) Die zum Absuchen eines Stammes erforderliche Zeit war sehr verschieden: während mancher starke Stamm einige Stunden erforderte, so konnten dagegen von deu schwächeren Bäumen 10-15 in einer Stunde abgesucht werden. Die Zahl der abgesuchten Kieferu (auf etwa 3040 Morgen) betrug: Kiefern von 20-40 Jahren 364,000 Stuck, von 40-60 J. 318,000 St., von 60-80 J. 123,000 St., von 80-100 J. 53,100 St., von 100-120 J. 48,300 St. Von den gesammelten Eiern befanden sich etwa : a) bis 5' Höhe = 0,3, b) von 5-24' Höhe = 0,4, c) noch höher = 0,3. Die Eier- Vertilgungskosten betrugen nach Hrn. Smalian 0,04 bis 0,05 des Holzwerthes. Über einen andern Fall, der wieder in anderer Beziehung lehrreich ist, theilt mir Hr. Grafshoff Folgendes mit: „Einem hohen Befehle gemäfs wurde mit dem Sammeln der Eier der Anfang gemacht, und zwar zuerst im Tagelohne, weil die Leute die Eier noch nicht ordentlich kannten, theils auch nicht beurtheilt werden konnte: wie viel Lohn für 1 Loth Eier zu bewilligen sein würde. Zu der ersten Probesammlung hatte ich mir 8 der anstelligsten Burschen von 15-20 Jahren ausgesucht. Ich zeigte ihnen die Eier und das beim Sammeln zu beobachtende Verfahren, damit sie es später den übrigen Arbeitern mittheilten. Nach dem Durchschnitte von einer Woche stellte sich der Preis von 1 Loth, bei einem täglichen Verdienst von 4-5 Sgr. auf 1 Rthlr. 24 Sgr. Anfangs wollten sich die Arbeiter dennoch nicht auf einen Accord einlassen und gingen fast sämmtlich aus der Arbeit. Nachdem ich aber den zuerst eingeübten 8 Burschen einen täglichen Lohn von 6 Sgr. garantirt hatte, fingen diese das Geschäft von Neuem an. Sie fanden min ihre Rech- nung und zogen täglich mehr Nachahmer herbei, so dafs icli an manchen Tagen 400-500 Arbeiter hatte. Ganze Fa- milien zogen in den Wald hinaus. Der Preis erniedrigte sich nun auch immer mehr, und ich erhielt endlich das Loth zu 20 Sgr. Anfänglich wurde nur stehend gesammelt, später auch mit Leitern bis zu einer Höhe von 24'. Au einem gut abgesuchten Stamme durfte man gar keine Ritzen in der Rinde mehr finden." Während ich dies zum Druck befördere, ist auch bei uns das Eiersammeln im vollen Gange, und ich habe mich von dem vorher Angegebenen auch im Grofsen überzeugen können. Anfänglich wurden pro Loth 8 Sgr., nach einigen Wochen aber nur 5 Sgr. gezahlt, obgleich der Eintritt eines tiefen Schnees und harten Frostes das Sammeln sehr er- schwerte. An einzelnen starken Stämmen wurden über 2 Loth Eier gefunden! Ein Vater konnte mit seinen beideu kleinen Kindern öfters bis 6 Loth in einem Tage sammeln, indem er, auf der Leiter stehend, die Borkenstücke ab- stammte und den Kindern herunterwarf, welche sie auf Tüchern absuchten. BOMBYX MONACHA. BEGEGNUNG. 103 Terstehen. Es bestätigt sicli bei der Gelegenheit wieder die alte Erfahrung, dafs Leute aus der niedera Volksclasse sich zu gewissen mechanischen Beschäftigungen am Besten eignen. Freilich hat man auch bei ihnen wieder oft Trägheit und Vorurtbeile zu bekämpfen, denn ich habe es schon mehrere Male erfahren, dafs sie die gröfsten Schwierigkeiten machten, ehe sie die Eier finden lernten. Bald war es ihnen zu mühsam sie zu suchen, bald klagten sie über Kälte, bald konnten sie die schon gesammelten Eier nicht reinigen u. dergl. Da mufs man nur die Geduld nicht verlieren und immer wieder zur Aus- dauer ermahnen. Die Erfahrung hat nun schon gelehrt, dafs zuletzt der gröfste Eifer sich findet (s. An- merkung). Aus den grofsen Erfolgen, welche man auf dem Darfse von dem Eiersammeln, wo das Loth zuletzt sogar für 3 Sgr. geliefert worden war, erlangte, ging hervor, dafs hier ganz vorzüglich brauch- bare Arbeiter vorhanden gewesen sein müssen. Der Fischer Chr. Müller, ein ehemaliger Matrose, welcher uns durch Hrn. Smalian im Oc- tober des Jahres 1839 hergeschickt worden war, bewährte diese Vermuthung vollkommen. Sein Blick war so geschärft und sein Arm so fest, dafs er, nachdem er nur einige Stämme untersucht hatte, be- stimmen konnte: wie viele Eier man in dem Orte finden und zu welchem Preise man sie sammeln las- sen würde. Er wurde dazu gebraucht, bei uns eine Anzahl von Leuten, die die Sammler in unseren Gegenden einüben sollten, zu instruiren. Auch ich habe von ihm noch Manches gelernt und bin jetzt im Stande eine Anweisung im Sammeln zu geben, wobei überall die eigene Anschauung zum Grunde liegt. Niemand, der sich danacli richtet, wird es schwer werden, Sammler zu unterrichten und ihnen aucli Lust zum Sammeln zu machen (s. Hrn. Grafshoff in der Anmerk.). Es wird indessen gut seiu, wenn man sich zum Anfange einen District aussucht, von welchem man sich vorher überzeugt hat, dafs er viele und leicht aufzufindende Eier enthält, damit die Sammler nur erst durch den Erfolg ermuthigt werden und anfänglich nicht zu hohe Preise machen. Man hüte sich aber auch die Preise zu sehr zu erniedrigen. DieWerkzeuge, welche man beim Sammeln gebraucht, sind höchst einfach und bestehen aus einem Stämmeisen oderMeifsel, einem starken Messer und einem Säckchen zur Aufnahme der Eier. Mit dem Meifsel arbeitet es sich leichter und mit diesem wird man daher vorzugsweise Kinder ausrüsten, schon aus dem Grunde: weil sie nicht hoch reichen können und die dicken Borkenlagen am Fufse der Stämme nur mit diesem abgestammt werden können. Mit der rechteuHand wird der Meifsel geführt und mit der linken das abgestämmteBorkeu- stück gefafst und auf der unteren Seite besehen. Erwachsene Personen richten mehr mit einem Messer aus, dessen Klinge aber nicht gröfser als die eines Tischmessers sein darf. Grofse Bratenmesser oder gar "Wiegemesser sind weniger brauchbar. Man hält es horizontal und führt damit nun lange Schnitte von oben nach unten, und zwar so : dafs anfänglich nur die Flechten und Moose und dann die oberfläch- lichsten Rindenschuppen entfernt wurden. Gewöhnlich zeigen sich dann schon nach wenigen Schnitten klein» oberflächliche Nester hier und da in den Ritzen. Um nun aber auch die gröfseren Nester zu erhalten, welche tiefer liegen und von dickeren Schuppen bedeckt sind, mufs man diese letzteren an ihren Kanten beschneiden. Indem nun zwei benachbarte Schuppen, welche früher beinahe in einer Ebene lagen, einen stumpfen Winkel gegen den Bast hin bilden, eröffnet sich eine tiefe Ritze, welche vorher von der einen Schuppe oder von beiden bedeckt war. Sieht man hier nicht auf den ersten Blick Eier, so sind auch keine in der Nähe und man geht weiter, um neue Schuppen eben so zu be- schneiden. Dies Abmeifseln, Beschneiden oder Anröthen wäre also der erste Act des Sammeins. Der zweite ist das Wegnehmen und Einsacken der Eier, welches vielleicht noch mehr Schwierigkeit als der erste verursacht. Die Eier fallen nämlich an der untergehaltenen Hand vorbei oder springen so leicht aus einander und in das Moos, dafs den Anfängern wenigstens die Hälfte der schon entblöfst daliegen- den Eier und somit auch ein hübscher Theil des Verdienstes abgeht. Ja Müller behauptete, dafs der Grund, warum auch in den abgeborkten Revieren des Darfses noch Raupen genug gefressen hätten, in 104 Specieller Theil. tliesem Übelstande begründet sei. Die Eier kommen im Moose eben so gut wie am Baume aus und ■wandern dann im Mai wohlgemuth baumaufwärts. Diesem Übelstande kann man durch einige kleine Kunstgriffe leicht begegnen. Sitzen die Eier noch etwas eingeklemmt, imd ist das Nest nicht zu stark, so fafst man mit der Messerspitze dahinter und drückt mit dem Daumen der bewaffneten Hand darauf, so dafs nie Eier zwischen diesem und dem Messer zusammengedrückt werden. Auf diese Weise lassen sie sich sicher und leicht einsacken. Hat man aber eine grofse und ganz freiliegende Eiertraube vor sich, so thut man besser sie unmittelbar in das Säckchen, in welches gesammelt wird, zu befördern. Dieses Säckchen hatte sich Müller höchst einfach und zweckmäfsig construirt. Es wird vom ersten besten Baume oder Strauche, am Besten vom Wach- holderstrauche, ein Bügel, wie der hierneben durch eine Abbildung in natürlicher Gröfse gezeichnete, ge- schnitten und die Enden der beiden Arme an ein- ander gebunden. An letztere wird dann ein leine- ner, spannenlanger Beutel in Form einer Bügel-Geld- börse genäht und innerhalb dieses grofsen Beutels noch ein kleiner, an die Einrichtung von Fischreusen erinnernder, angebracht, welcher aber nur eine enge Öffnung haben darf und dazu dient, um den schon eingesackten Eiern bei einem zufälligen Herabstürzen des Beutels, wenigstens zum Theil, den Ausgang zu versperren. Auch die in der Zeichnung angegebe- nen Ecken oder Knicke haben ihre Bedeutung. Diese kann man so dicht an die vorhin beschriebenen, gro- fsen Ritzen setzen, dafs die Eier sich ohne deji ge- ringsten Verlust in das Säckchen scharren lassen. Sind die Bäume untenher abgesucht, so geht's hinauf. Oben findet man öfters viel mehr Eier als unten, besonders wenn in einem Reviere im Nach- sommer Schmetterlinge gesammelt worden waren. Be- kanntlich kann man diese nur bis zu einer gewissen Höhe erreichen und die darüber hinaus sitzenden nicht am Legen verhindern. Wer nicht klettern kann, mufs eine Leiter haben. Unter den Burscheu nnd Männern wird aber selten Eiuer sein, der sich das Vergnügen des Kletterus nehmen liefse, sollte er sich auch die Stiefeln dabei ausziehen müssen. Mit den Beinen hält sich der Kletterer fest und mit den Händen entblöfst und löst er die Eier. Das Säck- chen hält er dabei mit den Zähnen und nähert es einer Ritze, als wenn er es an der Erde mit der Hand hielte. Für die Mühe, die dem Sammler dadurch verursacht wird, entschädigt ihn auch wieder die Leichtigkeit, mit welcher er die schwachen Rindenblättchen oben löst, hinter welchen oft mehrere Nester dicht bei einander liegen. Vor der Ablieferung müssen die Eier vom Staube und den anhängenden Riudenstückchen ge- reinigt werden. Die letzteren kann man gröfstentheils schon mit den Fingern auslesen. Die feineren BOMBYX MONACHA. BEGEGNUNG. 105 Blätteben lassen sieb, wenn Alles auf einem irdenen, niclit zu boclirandigen Teller liegt, leicht abblasen. Auch kann man sieb zum Sondern eines Siebes bedienen, oder die schon so ziemlich gereinigten Eier auf einen Bogen Löschpapier sctiiitten, auf welchem, wenn man die Eier langsam herabrollen lafst, der Staub zurückbleibt. Mit dem Keliriclit, in welchem etwa nach und nach eine Menge einzelner Eier sich angesammelt haben, mufs man sich, wenn man ihn ins Feuer werfen will, in Acht nehmen, denn die Eier knallen wie Pulverkiirner und eine grofse Portion derselben könnte einen Ofen sprengen. Eine Aufsicht von Seiten der Förster ist beim Sammeln gar nicht nöthig, da ein jeder, Sammler, weil er in Accord arbeitet, schon von selbst ileifsig ist. Auch hat man nicht nöthig, ihnen besondere Distriete anzuweisen, da sie nach und nach doch alle durchgehen. Anfänglich werden sie allerdings nach den am Meisten befallenen Orten, also gewöhnlich nach den sehr geschlossenen schwachen Stan- genhölzern, wo auch das Abborken wenig Mühe verursacht, hingehen. Auch an grofsen Wegen und in der Nähe von Blöfsen und Räumden versichert Müller immer sehr gute Lese gehalten zu haben. Nachher nehmen sie aber auch gewifs die weniger besetzten Stämme vor, da ihnen die einmal erlangte t'bung den Mangel an zahlreichen Nestern ersetzt und der Verdienst immer noch sicher und bequem ist. So erzählte mir Müller, dafs die Leute auf dem Darfse so lau fisch gewesen wären, dafs sie meilenweite Wege nicht gescheut hätten, um Morgens zum Sammelplatze und Abends wieder nach Hause zu kommen. Anfänglich seien wohl die Bäume nur oberflächlich durchsucht worden, später wä- ren sie aber sämmtlich zum zweiten Male vorgenommen, so dafs kein Baum die Rinde behalten hätte (*) Wäre auch wirklich einmal ein Stamm hier und da übergangen worden, so hätten ihn die von Neuem durchziehenden Sammler schon von Weitem gesehen und im Wettlaufe zu erreichen ge- sucht, um wieder eine reichliche Lese zu halten. An den Laubbäumen findet man zwar im Ganzen weniger Eier als am Nadelholze. Allein auch dies wird gewifs immer mit abgesucht werden, weil es besonders an Buchen, so leicht ist, denn hier brauchen nicht die Rindenschuppen ganz losgebrochen oder abgeschnitten zu werden. Man hat nur nöthig Flechten und Moose abzuschaben und die schon vorhandenen Ritzen zu durchspähen. Was dann nicht zu sehen ist, wird auch nicht vorhanden sein. Ehe ich noch zu dem zweiten, der Jahreszeit nach zunächst folgenden Mittel, dem Spiegel- tödten, übergehe, will ich nur noch die Frage erörtern: Ist denn wirklich das Eiersammeln ein so wichtiges Mittel, dafs es nicht wegen des mühsameren Such ens dem viel leich- teren Tödten der Spiegel n achstände und in vielen Fällen ganz ausgesetzt werden müfste? Ich behaupte ja. Seine "Vortheile sind so grofs, dafs man es niemals da, wo überhaupt noch vertilgt werden soll, unterlassen darf. 1) Hat man bestimmt und unter allen Umständen wenigstens 7 (*) Es könnte Jemaml wohl die Frage aufwerfeii: ob das Abborken den Bäumen nicht schadete? Obgleich wir noch keine Erfahrtmgen in dieser Hinsicht gesammelt haben, so glaube ich doch schon a priori versichern zu können: dafs kein Nachtheil zu erwarten steht, ja dafs eher noch ein Nutzen für die Stämme davon zu hoffen ist. Die Rinde wird nie ganz bis auf den Bast weggenommen. Dafür bürgt uns der eigene Vortheil der Sammler, welche an den star- ken Stämmen schon Arbeit genug mit den oberflächlichen Schuppen, die meist enorm dick sind, haben, au den schwä- cheren aber gar keine Veranlassung finden tiefer zu schneiden, weil hier keine Eier mehr liegen. Der Vortheil, wel- chen ich für die Stämme vermuthe, besteht darin: dafs die Feuchtigkeit leichter die noch übrig gebliebenen, schwachen Kindenlagen durchdringen und den Bast anfrischen kann , was namentlich an schon früher befressenen, kränklichen Bäu- men von grofser Wichtigkeit sein dürfte. — Mau bat auch Versuche gemacht, den ganzen Baum von Binde dadurch schnell zu entblöfsen: dafs man sie mit einem grofsen, mit 2 Griffen versehenen Messer abschnitt. Es läfst sich aber nicht viel von dem Mittel erwarten, denn 1) bat man ein so grofses Messer nicht ganz in seiner Gewalt und es wäre, da nur robuste, meist rohe Menschen dazu gebraucht werden könnten, immer zu fürchten, dafs der Bast oft verletzt würde, und 2) liefse sich auch die Vertilgung der Eier, die gewifs meist ins Moos fallen würden, nicht controlireu. Eine Abnahme der Eier nach dem Gewichte müfste natürlich dabei unterbleiben. Band H. 0 106 Specielleb Theil. Monate dazu Zeit, während das Spiegeltodten nur innerhalb 2-3 Wochen möglich ist. 2) Weii's man auch bestimmter, was für einen bestimmten Lohn geschehen ist, denn für 5-10 Sgr. habe ich nach dea gangbarsten Lohnsätzen 20,000 Eier, vernichte also 20,000 Raupen. Wenn ich in einem Tage also 100 Rthlr. ausgegeben habe, so weifs ich mit vollkommener Gewifsheit, dafs ich für den nächsten Sommer 6 bis 12 Millionen Raupen weniger auf den Bäumen habe. Nehmen wir dagegen den, gewifs häufig vorkommenden Fall: es werden in einem Reviere, wo das Eiersammeln über Winter unterblieb, im nächsten April und Mai 100 Rthlr. täglich ausgegeben, wofür ich verhältnifsmäfsig weniger Leute be- komme da die Kartoüfelzeit hohe Lohnsätze nöthig macht. Was habe ich dafür? Ein gar nicht mit Sicherheit anzugebendes Resultat. Im günstigsten Falle wischen mir die Arbeiter dafür vielleicht 12 Millionen Räupchen, von denen aber möglicher Weise (s. nachher) die Hälfte unzerdrückt ins Moos fällt und nachher noch bäumt, von den Bäumen, auch vielleicht noch etwas mehr. Was ist aber bei, im April so leicht und so plötzlich einfallendem, schlechten Wetter, wenn die Räupchen nicht hinter den Rindenschuppen hervorkommen, zu erwarten? Wenig oder gar nichts! Diesen Punkt hebt auch Hr. Grafshoff, der beide Mittel, das Eiersammeln und Spiegeltodten, im Grofsen anwandte, besonders hervor, indem er sagt: „Das Aufsuchen der Spiegel scheint zwar lohnender zu sein, ist es aber, un- ter gleichen Umständen, in der That nicht, denn an kalten oder regnichten Tagen ist wenig oder nichts auszurichten, da die Räupchen versteckt sitzen." 3) Gebrauche ich beim Eiersammeln wenig oder gar keine Aufsicht, während ich im April und Mai die Förster und Jäger von den dringendsten Kultur-Arbeiten abrufen und bei den Raupensamm- lern anstellen mufs. Hr. Grafshoff sagt auch in dieser Hinsicht: „Das Tödten der Spiegel kann nur im Tagelohn und unter specieller Aufsicht geschehen, so dafs die letztere sehr bedeutend sein mufs, wenn viele Arbeiter beschäftigt werden sollen." So kann ich noch hinzufügen, dafs wir mit sämmt- lichen Zuhörern an einem Tage, der bei dem Nonnenfrafse im Sommer 1839 dem Unterrichte in die- sem Gegenstande gewidmet wurde, zu thun hatten, um 100 Arbeiter in Ordnung zu halten. 4) Habe ich beim Eiersammeln noch den wesentlichen Vortheil, dafs die ganz von Borke- und tiefen Ritzen befreite Rinde für viele Jahre ungeeignet ist, Nonneneier wieder aufzunehmen. So zeig- ten sich auf dem Darfse, wo im Winter 18|| die Bäume vollkommen abgeplättet worden waren, im Winter 18|J nur sehr wenige Eier. Wie lange es schützt, ist noch nicht mit Erfahrungssätzen zu belegen, da der erste Fall, in welchem ein ganzes Revier abgeplättet wurde, erst im vorigen Jahre vorge- kommen sein dürfte. Auch der Vortheil ist nicht zu verkennen, dafs die im nächsten Frühjahre aus den übergegangenen Eiernestern auskommenden Spiegel auf der angerütlieteu Rinde viel besser, selbst in ansehnlicher Höhe, zu sehen sind als auf der grauen und öfters mit Flechten überzogenen Rinde (*). n. Das Spiegeltodten im April und Mai. So sehr ich dies Mittel auch im Vergleiche mit dem Eiersammeln zurückgesetzt habe, so sehr mufs ich es vorziehen, wenn jenes aus irgend einem Grunde unterblieben sein sollte. Ja es geht aus jenem Vergleiche hervor, dafs in den günstigsten Fällen von dem Spiegeltodten vielleicht noch glänzendere Resultate zu erwarten sein werden als vom Eiersammeln, da bei günstigem, warmen Wetter in kurzer Zeit eine grofse Menge Räupchen ver- nichtet werden können. Es ist daher, trotz der Unbequemliclikeiten, die ich dort erwähnte, wichtiger als alle Raupen-, Puppen- und Schmetterlingssammlungen, welche man etwa im darauf folgenden Som- mer anzustellen Lust hätte. Ich will damit nicht sagen, dafs letztere nach dem Spiegeltodten ganz uu- terbleiben können, sondern will nur andeuten, dafs sie keinen Ersatz für die Unterlassung jenes (*) Während icli dies zum Druck gebe, bearbeitet Hr. Pfeil denselben Gegenstand für das neueste Heft seiner kritischen Blätter, welches man daher nach seinem Erscheinen wird vergleichen müssen. BOMBYX MONACHA. BEGEGNUNG. 107 Mittels gewähren. So habe ich z. B. zu verschiedenen Malen mit der Uhr in der Hand gesucht und in 5 Minuten 8-10 Bäume, auf denen circa 50 Nester lagen, abgesammelt. Rechnet man nur 50 Räup- chen durchschnittlich auf 1 Nest, so hatte ich über 2000 Räupchen zerstört, also das was im Juni ziemlich eine Hetze füllen würde. Wenn wir also mir auf einen ganz mäfsigen Fleifs eines Arbeiters rechnen können, so mufs derselbe unter günstigen Witterungsverhältuissen in einem Tage beinahe einen Morgen bestreiten können. Rechneu wir nun 12-18 Tage als die zu dieser Arbeit nutzbare Zeit — man mufs bedenken, dafs nicht alle Räupchen mit Einem Male auskriechen, sondern durch die ganze Sammhuigsperiode hindurch — , so kann 1 Mann 10-15 Morgen unterdessen bestreiten und zu 1000- 1500 Morgen gebraucht mau 100 Arbeiter, wenn man sie einmal durchgelieu lassen will. Sollen sie mehrmals dieselben Bestände absuchen, wie es doch nöthig wäre, um von den nach und nach später auskommenden Raupen noch welche zu erhalten; so könnten sie natürlich nur 300-500 Morgen so be- streiten, dafs sie immer nach 4-6 Tagen wieder denselben Strich nähmen. Aus dem Gesagten geht nun aber hervor, dafs diese Hilfe sehr schnell herbeigeführt werden mufs, da ein Verlust von wenigen Tagen schon grofsen Abbruch thut. Der Revierverwalter mufs also bei Zeiten seine Mafsregeln treffen und die Genehmigung seiner vorgesetzten Behörde, wenn eine sol- che nöthig ist, schon spätestens im Monat März einholen. Im April müssen mehrere Eieruester in ver- schiedenen Gegenden des Reviers aufgesucht und gezeichnet werden. Sobald nach der Mitte des April — das wäre für unsere nördlichen Gegenden der früheste Termin — warme Tage eintreten, so müssen täglich die Nester einmal vevidirt werden, vorläufig wenigstens an einem Punkte des Reviers (in der Nähe der Försterwohnungen). Man wird dann bald bemerken, dafs die Eier, durch welche man schon lange das Räupchen an den dunklen Streifen und den hellen Wärzchen hindurch erkennen kann, allmä- lig einen Perlmutterglanz und eine weifsliche Farbe bekommen, weil nämlich alle Flüssigkeiten in demselben aufgezehrt sind und die Schale immer dünner und dünner wird. Dann wird man nach einigen Tagen auch schon die ersten Räupchen finden, die gleich nach dem Entkrieciien gelb sind, nach einigen Stunden aber schon ganz schwarz werden. Wenn nun auch noch 24 Stunden vergehen, ehe das ganzeNest auskommt, und noch 2-3 Tage, ehe das Entkriechen in allen Theilen des Reviers allgemein wird, so ist es doch rath- sam die Arbeiter sogleich zu bestellen. Es ist besser einenTagvergebens denLohn zu bezahlen, als in einer so hochwichtigen Angelegenheit nur ^ Tag zu spät kommen. Übrigens hat man ja um diese Zeit immer Arbeiten auf den Gulturen und beim Eichenplätten, und die Arbeiter konnten in den Tagen vor dem Auskriechen in der Nähe beschäftigt werden. Hinsichtlich der Bestellung und Unterweisung der Arbei- ter noch Folgendes: 1) Es sind mehr erwachsene Leute als Kinder zu wählen, da die letzteren nicht hoch genug an die Bäume hinauf reichen können. Kann man aber gerade viele Kinder haben (jedoch nicht unter 12 Jahren), so darf man sich ihrer guten Augen wohl beim Erspähen der Räupchen in an- sehnlicher Höhe bedienen, mufs sie aber immer in der Nähe eines erwachsenen Arbeiters halten, damit dieser herbeispringeu und das Nest da zerstören kann, wo das Kind nicht hinreicht. Auch können Kinder dazu benutzt werden, den unteren Theil des Stammes bis 4' Höhe abzusuchen, wahrend dann ein Mann desto aufmerksamer die höheren Gegenden absuchen könnte. Diese letztere Mafsregel wand- ten wir mit gutem Erfolg an, denn wenn auf diese Weise auch ein Baum zwei Menschen eine Mi- nute beschäftigte, so wurde er desto reiner abgesucht, da sonst die Erwachsenen oft zu faul sind sich zu bücken, und dicht über der Erde manches Nest liegen bleibt. Zuletzt, als sich fast nur ganz unten an den Stämmen noch Raupennester fanden, gebrauchten wir nur Kinder. 2) Es mufs sich jeder Ar- beiter mit einer starken, etwa 8' langen Stange und einigen alten Lappen oder etwas Werg versehen, welche mittelst einer Klemme und etwas umgebundenen Bindfaden oder Bast am Ende der Stange be- festigt werden. Der dritte und vierte Mann mufs eine noch längere Stange (bis 12') haben, um die 02 108 Specibller Theil. allerhöchsten Nester, deren aber meist weniger sind, abreichen zu können. Die Stange darf sich aber nicht zu stark biegen, sondern mufs stark sein und steif stehen, weil man sie sonst nicht mit Sicherheit oten gegen den Stamm drücken kann. Damit werden die Raupennester, welche nicht mit der Hand abgereicht werden können, am Baum zerrieben^ Eine blofs zugespitzte oder mit schräger Fläche an- geschnittene Stange reicht dazu nicht hin. Auch Besen, die hier und da empfohlen werden, sind nicht .so brauchbar, weil viele der kleinen Räupchen zwischen den groben Reisern durchfallen und nicht getödtet werden. Noch weniger würde ich die Anwendung der Axt, welche Hr. Witt wer (a. a. 0. S. 570.) gestattete, billigen. Die Raupennester, welche man mit der Hand erreichen kann, zerreibt man mit dieser, weil es schneller geht und sicherer ist. Man kann dazu eine Handvoll Moos von der Erde aufnehmen, besser aber ist es auch dazu alte Lappen oder Werg zu benutzen. Werg und Moos hat noch den Nebennutzen, dafs überall an den Bäumen kleine Fasern sitzen bleiben, an denen man bald erkennen kann, wo schon einmal gesammelt worden ist. Eine Mütze oder einen Schirm mufs Jeder auf dem Kopfe haben, weil er sonst beim Sonnenschein die oberen Baumgegenden gegen die Sonne nicht ordentlich übersehen kann. 3) Auch Leitern könnten beim Raupennester-Sammeln eben so gut gebraucht werden, wie beim Eiersammeln. Auf 4-5 Arbeiter müfste immer eine Leiter gerechnet wer- den, damit dieselbe schnell dahin geschafft werden könnte, wo sie nöthig ist, d. h. besonders an stär- kere Stämme, an denen man von untenber schon in ansehnlicher Höhe Nester bemerkt. 4) Es müssen die Arbeiter gehörig von den Förstern unterwiesen werden, wozu gar nicht viel Zeit gehört, da die Raupen- nester überall so in die Augen fallen, dafs, nachdem erst einige Dutzende gesucht worden sind, auch der einfältigste Mensch fast jedes Nest am Baume mit Leichtigkeit finden mufs. Hier und da hat man gefunden, dafs die Raupengruppen nur die Gröfse eines Vier- oder Achtgroschenstücks hatten. Bei uns nahmen die gröfseren (von 50-100 Raupen) aber immer eine Fläche von der Gröfse einer halben Hand ein, wahrscheinlich weil die Sonnenwärme sie schon etwas auseinander trieb. Hat man gröfse Eile und sind nur wenige Arbeiter zu haben für ein grofses Revier, so könnte man auch die Arbeit dadurch abkürzen, dafs taan die Stämme nur nach Eiuer Seite absuchen läfst. Ge- wöhnlich ist dies die Morgen- oder Mittagsseite, welche die Schmetterlinge bei West- und Nordwinden am Liebsten zum Ablegen wählen. Bei uns war das sehr auffallend, da während des ganzen Legemo- nats August im Jahre 1838 heftiger , mit Regen begleiteter Westwind geweht hatte. Es fanden sich aber dennoch auch an der Nord- und Westseite einzelne Raupennester und die Bäume wurden rund herum abgesucht. Besonders war das an solchen Stellen der Fall, wo eine Blöfse oder ein kleiner Sumpf die Bäume an der Südseite blofsgestellt und die Schmetterlinge geuöthigt hatte an die Nordseite zu flüchteu, wo sie doch durch die nächsten Bäume geschützt waren. Anfangs schien es uns, als lägen ganz unten an den Stämmen die wenigsten Nester. Sie vermehrten sich aber hier mit jedem Tage, wahrscheinlich weil die Eier bisher durch die kühle Nähe der stark verdunstenden Erde am Auskom- men verhindert worden waren. 5) Eine Hauptsache ist die gehörige Beaufsichtigung der Arbeiter. Da man sie auf Tagelohn annehmen mufs, so ist man ihres Fleifses nicht immer versichert, und es handelt sich hier nicht allein um den Verlust des Tagelohns, sondern auch um die Täuschung, dafs man einen Fleck für abgesucht hält. Es ist also nöthig, dafs man für 10-15 Mann immer einen Aufseher hat, wo- zu ja aufser den Förstern und Jägern auch recht gut einige zuverlässige Holzhauer gebraucht werden können. Diese müssen fortwähreud hinter der Fronte her revidiren, um die Sammler stets in Furcht zu erhalten. Es ist besser ihnen die Gelegenheit zur Nachlässigkeit zu benehmen, als es auf das Fort- jagen ankommen zu lassen. Gewöhnlich haben die Leute um die Zeit überall Arbeit, müssen Kartof- feln stecken u. dergl. Ich habe gesehen, dafs es ihnen daher ganz gleichgültig war, wenn man sie auf der Stelle ablohnte. Defshalb ist es auch rathsam, in diesem Falle einen möglichst hohen Lohn zu BOMBYX MONACHA. BEGEGNUNG. 109 bewilligen. Sie siad dann aufmerksamer und nehmen sieh vor dem Ablohnen mehr in Acht. Es ver- steht sicii , dafs Sonn- und Festtage in diesem Falle nicht respectirt werden können. Einen Vortheil kann ich bei diesem Vertilgungsmittel nicht umhin noch hervorzuheben. Der besteht darin: dafs gar keine Ichneumonen und Fliegen mit getödtet werden und dafs diese daher das noch übrig bleibende Viertel, welches man nicht mit absammeln kann, weit eher aufzureiben im Stande sind, als wenn noch dreimal so viele Raupen da gewesen wären. Das Sammeln der Raupenuester ist übrigens schon einige Male mit sehr glücklichem Erfolge angewandt worden. Hr. Grafshoff (Pfeil's crit. Bl. VII. 2. S. 191.), Hr. Wittwer {AUgcm. F. u. J. Z. a. a. 0. S. 570.), Hr. v. Bülow-Rieth {Nonne S.30.) und Hr. Mechow empfehlen es sehr. Der Hauptübelstaud bleibt immer der: dafs sich eine grofse Menge von Arbeitern schwer coutroliren lassen und dafs man, selbst wenn bei der Revision hinter der Fronte keine Spiegel mehr gefunden werden, doch noch fürchten mufs, es seien viele Rilupchen nicht zerdrückt, son- dern nur abgewischt. Hr. Pf eil will daher besonders die sonst unerklärliche Erscheinung ableiten : dafs bei uns, wo so viel Aufsicht war wie vielleicht nirgends angeschafft werden kann, doch noch die abgesuchten Bestände hart gefressen wurden. Dem würde sich nur dadurch entgegen arbeiten lassen: dafs man die Räupchen von den Bäumen abpinseln, in Säcken sammeln und nach dem Gewicht bezah- len liefse. Auf den ersten Blick erscheint dies unpraktisch, und in der That dürfte auch etwas Zeit darüber verloren gehen. Allein die Sicherheit, welche man hat, wiegt die Nachtheile gewifs reichlieh auf. Das Verfahren ist auch wirklich schon mit gutem Erfolge angewendet worden. Müller erzählte mir darüber Folgendes. Auf dem Darfse wurden noch immer Eier bis zur Mitte des Mai gesucht, als schon die ersten Spiegel erschienen. Öfters brachten auch die Arbeiter das, was sie am Morgen als Eier gesammelt hatten, am Abend als Raupen nach Hause. Es wurde daher bestimmt, dafs auch die Räupchen nach dem Gewichte bezahlt werden sollten, da sie, nach angestelltem Vergleiche, nach dem Auskommen noch eben so viel wogen, als sie in den Eiern gewogen hatten. Natürlich kamen aber die Arbeiter bald dahinter, dafs die Räupchen sich leichter als die Eier suchen liefsen, selbst wenn sie sie abpinseln mufsten. Der Oberförster liefs sich dies zwar gefallen, bezahlte aber für die Räupchen nur den dritten Theil des Lohnes. In 5 Tagen war eine ganze Tonne voll gesammelt worden! III. Die während des Sommers anzuwendenden Mittel. Mit dem Eier- und Spiegel- sammeln wird die Sache aber nie abgemacht sein. Entweder man hat den rechten Zeitpunkt nicht ge- nau getroffen und hat mehrere Tage versäumt, oder es ist zu viel starkes Holz vorhanden gewesen, au welchem die Nester zu hoch safsen, oder es waren nicht Menschen genug zu haben, um zur rechten Zeit durch alle Theile des Revieres zu kommen. Auch unter den günstigsten Umständen bleiben ja noch Raupen genug. Es ist daher nöthig auch im darauf folgenden Sommer, je nachdem die übrig ge- bliebene Raupenmenge grofs oder klein ist, noch in der Vertilgung thätig zu sein. So lange die Räup- chen noch alle spinnen, ist nichts zu machen. Sobald sie aber beim Anprallen eines Baumes mit der Axt in Menge herunterfallen, mufs man zum Anprallen der Stangenhölzer und selbst der schwächereu Bäume in älteren Orten schreiten. Die Stimmen sind getheilt. Hr. Pfeil stimmt nicht für das Anpral- len. Allerdings habe ich mich auch überzeugt, dafs die Nonueuraupen nicht so gut wie die Raupen des Spinners und vollends nicht so gut wie die der Eule und des Spanners fallen. Indessen kann man doch rechneu, dafs vom Ende des Juni an wenigstens die Hälfte der Raupen fällt, wie wir uns durch Versuche an gefällten, geprällten Stangen überzeugt haben. Rechnet man dazu : dafs später auch beim Puppensammeln ein guter Theil oben bleibt und nicht gesammelt werden kann, ferner dafs zur Zeit des Puppensammelns in manchen Gegenden wo die Ernte früh beginnt, oft nicht Arbeiter genug zu haben sind, so wird man sich in den meisten Fällen doch dazu entschliefsen müssen. Es bat sich das An- prallen auch schon mehrmals gegen die Nonne wirksam gezeigt. Interessante Nachrichten darüber ver- 110 Specieller Theil. danke ich z.B. Hrn. Lehmann, welcher nicht allein die Stangen anprallen, sondern auch Bäume mit starker, tief herabgeheuder Beästung von Leuten besteigen und die Äste durch Auftreten und Anschla- gen mit der Axt erschüttern liefs (s. das AUg. der Vertilg. Abschn. Anprallen). Es wurden durch diese Mafsregel so wie durch das damit verbundene Absuchen des Unterholzes gegen 7 Wispel Raupen bis zur Mitte des Juli gesammelt! Dies Absuchen des Unterholzes, sowie auch selbst des Heidelbeerkrau- tes, ist da, wo es häufig steht, nie zu versäumen. Die Raupen werden gleich Anfangs, wenn sie noch in Fäden hängen, auf dasselbe geweht oder sie fallen darauf von dem Oberholze. Das Sammeln wird während der ganzen Periode der Verpuppung fortgesetzt, ja die Nothwendigkeit desselben wird immer dringender, da die meisten Individuen von den Bäumen herunterkommen, um sich unten an den Stäm- men zu verpuppen. Auch weifs man nicht, wie viel man gegen die Schmetterlinge wird ausrichten kön- nen. Ist das Wetter warm, so sind sie sehr unruhig imd lassen sich schwer sammeln. Indessen darf man auch diese Periode nicht ungenutzt verstreichen lassen, selbst auf die Gefahr, dafs man schon viele entleerte Weibchen mit einsammelt. Verstreicht auch diese günstige Zeit und man befindet sich schon im zweiten Frafssommer, so müssen die für den nächsten Sommer angegebenen Mafsregeln wiederholt angewendet werden. Mau wird jetzt auch zur Anwendung der Raupengräbeu, welche im ersten Sommer ganz unzweckmäfsig wä- ren, da nur sehr wenige Raupen herunterkommen, schreiten. Aber auch wenn die Raupen anfangen von den Bäumen herunterzugehen, tiiun die Raupengräben nicht so gute Dienste wie beim Spinner, weil die Raupe auch vom Unterwuchse sich nährt und daher keine Veranlassung zum weiten Wan- dern hat. Hr. Lehmann, der die Raupe oft in seinem Reviere hatte, sähe keinen merklichen Nutzen (*) von den Raupengräben. Als Isoliruugsgräben sind sie aber durchaus nothwendig. Hat der Frafs so heftig gewüthet, das man genöthigt wird, das Holz im nächsten Winter oder schon im Herbst zu fäl- len, so mufs man nothwendig auch die Rinde von demselben entfernen und verbrennen, weil die darin klebenden Eier im Frühjahre ganz auskommen würden und das Übel bei der Abführe des Holzes wohl gar noch in andere Gegenden verschleppen konnten. Im Bayreuthischen und Voigtläudis^hen wurde daher in den Neunziger Jahren durch ein erlassenes Patent sämmtlichen Privatholzbesitzern aller Verkauf des raupenfräfsigen Holzes mit der Schale förmlich untersagt (besorgt. Forstm. No. IIL S. 285.). Man wird indessen selten nöthig haben, zu der äufsersten Mafsregel, der Fällung des, von der Nonne befallenen Holzes zu schreiten. Kann man dadurch aber, dafs man auf diese Weise den Frafs auf einem kleinen Orte erstickt, die Ausbreitung desselben verhindern, so zögere man nicht. Das Abbren- nen würde unter ähnlichen Umständen, wie beim Spinner, und mit ähnlicher Vorsicht, eintreten müs- sen. Die schon beim Spinner verworfenen Vertilgungsmittel, wie Raupenzwiuger, Eintreiben der Schweine, Leuchtfeuer, Ausrechen des Mooses, verdienen auch gegen die Nonne keine weitere Er- wähnung. Ein Mittel mufs ich jedoch noch etwas näher besprechen, das ist das Anlegen von Theer- ringen. Es wurde zuerst von Hrn. Witt wer in Oberschlesien angewendet und hatte einen aufseror- dentlichen Erfolg {AUg. F. u. J. Zeit. S. 570.). Da eine grofse Menge von Raupen bei der Fällung der, zur Durchforstung angewiesenen, Stämme, und vom Winde abgeschüttelt, zur Erde fielen, so versperrte man ihnen die Rückkehr zur Krone dadurch, dafs man bei 3' Höhe einen 3" breiten Theering um die Stämme anbrachte. Die Raupen sammelten sich in ungeheurer Masse unterhalb desselben und wurden mit dem Rücken der Axt zerquetscht. Später nahm man Steinkohleutheer, der in grofser Menge und wohlfeil (*) Heniiert {Raupen/r. S. 34) sagt ebenfalls, dafs die Raupe nicht wandre. Jester behauptet aber das Gegen- theil und konnte die Einwanderung der Raupen in das Königl. Revier beschränken. Die Verschiedenheit dieser Nach- richten erklärt sich aus dem oben Gesagten. BOMBYX DISPAB. NaMEN. ChARACTERISTIK. 111 ZU haben war (200 Quart zu 12 Rthlr. 25 Sgr.). Im Ganzen war für Tlieer und Arbeitslohn 169 Rthlr. 25 Sgr. 9 Pf. ausgegeben worden. Da es 819i Klafter Durchforstuugsholz gegeben hatte und die Klaf- ter zu 1| Rthlr. verkauft worden war, so wurden die Kosten reichlich gedeckt und der Wald war ge- rettet. Auf meine Bitte war Hr. v. Berlepsch so gütig im J. 1838 einen Versuch auf dem Neudörfer Reviere bei Dresden anstellen zu lassen. Auf einer Fläche von 155 D R. waren 672 Stück Kiefern von dem übrigen Theile des Bestandes gänzlich isolirt worden. Am 25. April wurde an jeder die auf- geborsteue Borke bei G', und mit Hilfe von Leitern bei 10' und 12' Hohe glatt gemacht, um die 4-6" breiten Theerringe gleichmäfsiger verbreiten zu können. Sie mufsten von Zeit zu Zeit, im Ganzen bis zur Verpuppung hin 7 mal, erneuert werden. Die Kosten betrugen 6 Rthlr. 14} Sgr. Der Hr. Revier- verwalter Zeibig, dem die Ausführung übertragen worden war, sagt darüber: „Das Theeren ist wohl von Nutzen, wenn es irgend im Grofsen, der Kosten halber, ausführbar sein dürfte. Nur müssen die Theerringe ganz in der Nähe der Äste angelegt werden, weil viele Eiernester sehr hoch liegen. Wenn der Theer alle 4-6 Tage erneuert wird, kommt keine Raupe über denselben hinweg." Über die Behandlung des raupenfräfsigen Holzes und den Wiederanbau der Blöfsen ist schon im Allgemeinen so viel gesagt worden, dafs ich im Besonderen nichts hinzuzufügen weifs. Im Ganzen wird man sich aber mit dem Einschlage des Holzes nach einem Frafse der Nonne mehr als nach einem Kienraupenfrafse in Acht nehmen müssen, weil manche Eigenthümlichkeiten der ersteren (s. Forstl. Be- deut. und Begünst. Einfl. am Ende) oft noch ein Ergrünen der Bestände hoffen lassen. 4. Ph. B. {Liparis oder Luria) dispar Linn. Schwamm Spinner (Taf. V. F. 1.}. Namen. Die verschiedenen Namen Rosenspinner, Schwammspinner, Schwammraupe, Grofse Schwammraupe, Schwammmotte, Stammmotte, Grofskopf, Grofskopf spinner, Ungleicher Spinner, Zwiefach, Mottenscheifser u. A. bezeichnen theils den Aufenthalt des Fal- ters, theils die schwammähnlichen Eiergruppen, theils den grofsen Kopf der Raupe. Charä.cteristik. Der Schwamm spinner hat als Falter grofse Ähnlichkeit mit der Nonne, die Weibchen (F. 1f) sind aber viel gröfser (bis über 2,5" Flügelspannung und über 1" Länge) und haben weniger zahlreiche und mehr verloschene Binden auf mehr bräuulich-weifsem Grunde, wogegen die Männchen (F. 1 f') höchstens 1,5" Flügelspannung haben und sich auch durch viel dunklere (graubraune), mit schärferen Bin- den bezeichnete, Vorderflügel unterscheiden. Das sicherste Unterscheidungszeichen, in Beziehung zur Nonne, bleibt immer der gänzliche Mangel an Roth des Hinterleibes, welches doch den Nonnenfaltern nur äufserst selten fehlt (s. Taf. V.). Auch bei dieser Art giebt es eine grofse Menge von Varietäten, theils in der Grofse, theils in der Grundfarbe und den Bindenzeichnungen. Das Weibchen trägt am Ende des Hinterleibes einen schwammähnlichen Überzug bräunlich-grauer Wollenhaare, mit welchem die abgelegten Eier überzogen werden. — Die vollwüchsige Raupe (Taf. V. Fig. 1l) bis 2\" lang, überall gleich breit. Kopf sehr grofs. Die 6 Brustfüfse so wie die 8 Bauch- und besonders die 2 Afterfüfse stark, die letzteren mit breiter, gebuchteter, hakiger Sohle. Unterseite schmutzig graubraun, mit dunklern Mittelflecken, die obere hellgrau und grob schwarz grainirt mit hellerer Mittellinie und 4 Läugs-Reihen Knopfwarzen: auf jedem Ringe 4 (nur auf den 3 ersten 6) in Querreihe gestellte (die beiden der Mittellinie zunächst stehenden, so wie die beiden seitlichen des ersten Ringes, die gröfsten). Die mittleren 10 ersten blau, die übrigen braunroth. In der Mittellinie des 9ten und lOten Ringes eine kleine vertiefte, rothe Warze auf schwarzem Grunde. Der Kopf hell (gelblich), mit 2, gegen den Seheitel convergirenden, schwarzen, breiten Streifen. Die Knopfwarzen mit Büscheln braungrauer, hier und da schwarzer, langer Haare: die der Seiten länger als die des Rückens. Kopf und Füfse weniger behaart. — Die Puppe (F. Ic) des Weibchens bis 14'" lang, des Männchens meist nur bis 9'", gedrungen, 112 Speciellbr Theil. am Kopfe ziemlich breit. Flügel wenig (Männcbeu) oder gar nicht (Weibchen) über die Hälfte des Körpers hinausragend, undeutlich gerippt, die unteren sehr wenig am Rande hinten vorragend. Glieder stark verhüllt. Die Fühler, welche beim Männchen breit und stark gewölbt sind, reichen kaum bis zum Ende des Isten Fufspaares. Hinterfufsendeu kaum Jiinter den dicht beisammen liegenden Flügelenden sichtbar. Augen deutlich gewölbt. Mittelleistchen des Halsschildes erhaben, auf dem Kopfe kaum be- merkbar. Hinterleib mit laugem, dicken, gerunzelten, am Ende sehr starke Hakenbörstchen tragenden Giffeifortsatz. Braun. Die Haarbüschel rostfarben. Das G e s p i n n s t (F. 1 c), in welchem die Puppe zwischen Blättern, au Stämmen und Zäunen liegt, besteht nur aus wenigen, unregelmäfsig über einander gezoge- nen Fäden. — Die Eier oft über 400 an der Zahl, ganz ähnlich denen der Nonne, gleich nach dem Ablegen auch blafsrosenroth, aber etwas gröfser, später bräunlich-grau, besonders ausgezeichnet durch den dichten, schwammähnlichen Überzug der bräunlich-grauen Afterwolle des Weibchens (s. Taf. VI. F. 4.), meist an Stämmen und Ästen der Bäume abgelegt, überwinternd. — Der graugrüne Koth (Fig. 1k von Eichen) ist sehr grofs und gedrungen, dabei vollkommen walzig, mit 6 sehr deutlichen Stern- eindrücken und 6 deutlichen Längsfurchen. Die Rippen stark gerunzelt oder gekerbt. Vorkommen und Frass. Der Schwammspinner gehört zu den verbreitetsten Insecten. Nicht allein im südlichen Europa findet er sich, sondern noch in der Gegend von St. Petersburg ist er nach Hrn. Menetries sehr gemein. Er zeichnet sich durch seine Gefräfsigkeit aus. Es scheint der Raupe ganz gleich zu sein, welches Futter sich ihr darbietet. Mau hat sie nicht allein auf allen möglichen Wald- und Gartenbäumen gesehen, so wie auf einer Menge von einheimischen Sträuchern, sondern Hrn. Bouche {Gartenins. S. 71,) frafsen sie auch die Topfgewächse, Azaleen, Myrten, Granaten und dergl. ab. Ja sogar Krautgewächse verschmähen sie nicht, und, was das Wunderbarste ist, nicht einmal giftige Gewächse, wie Cicuta virosa (v. Uslar Pyral. hercyn. S. 47.) und Jmüperus Sahina. Im Jahre 1831 schrieb mir Hr. v. Türk, dafs sie im botanischen Garten bei Berlin auf allerlei Gewächsen ge- fressen und dann auf dem Sadebaum den Tod gefunden hätten. Sie fressen die Blätter sammt dem Blattstiele ab und zeigen, meines Wissens, dabei weiter keine Eigenthümlichkeit. Am Häutigsten hat man sie bis jetzt aber doch auf Laubhölzern, namentlich Obstbäumen, Linden und Eichen gefunden, dagegen ist an Nadelhölzern noch kein bedeutender Schaden durch sie verübt worden. Im J. 1831 sähe sie Hr. Th. H artig {Conrers. Lex. S. 103.) im Thiergarten bei Berlin in xmgeheurer Menge auf den mit Eichen und Laubhölzern melirten Lärchen- und Weymouthskiefern fressen, während sie in dem nur eine Stunde entfernten Schönhauser Garten die Nadelhölzer unberührt gelassen, sämmtliche Eichen aber fast völlig entblättert hatten. Die Lebensweise gleicht auch der der Nonne sehr, nur fällt die Flugzeit meist etwas später, d. h. in den August, seltener noch in den September. Die schwerfälligen Weibchen sitzen sehr fest und nur die Männchen sieht man häufig herumschwärmen. Das Weibchen sitzt meist niedrig und legt die Eier, welche sie mit ihrer graubraunen Afterwolle überzieht (s. Taf. VI. Fig. 4.), an Stämme, Zäune, Mauern, am Liebsten aber an die untere, geschützte Seite der untersten, meist erreichbaren Äste, wird auch in dieser Stellung öfters todt angetroffen. Hier liegen sie, einem länglichen Stücke Feuerschwamm sehr ähnlich, bis zum nächsten April und Mai, oder sie kommen ausnahmsweise, wie ich selbst am 5. Sep- tember 1836 gesehen habe, noch im Herbste aus. Die Räupchen, unter dem Namen der grofsen Schwamm- raupen — zum Unterschiede von der kleinen Schwammraupe {Ph. B. chrijsorrhoea), welche aus einem klei- neren Schwämme kommt und auch nicht die ansehnliche Gröfse erreicht — bekannt, durchbohren den Scliwammklumpeu so, dafs er wie mit Nadeln durchstochen erscheint und verweilen bei kühlem Wet- ter auch wohl noch einige Tage auf demselben. Hr. Schmid berger (Kollar schädl. Ins. S. 210.), der sie in seinem Garten in grofser Menge beobachten konnte, sähe sie schon im April an die vor- BoMBYX SALICIS. Namen. Characteristik. 113 schiebenden Knospen und jungen Blätter gehen. Bei ungünstigem Wetter sammelten sie sich aber am Stamme gleich unter der Krone oder in den Astgabeln, und hüllten sich in ein Gespinnst. Gehen sie wieder zur Weide, so zerstreuen sie sich auf den Bäumen und fressen, wie ihre enorme Gröfse schon erwraten läfst, aufserordentlich stark. Beim Anfassen zeigen sie oft das Eigenthümliche, dafs sie sich in der Hand zusammenkugeln. Bei schlechtem Wetter suchen sie in gröfseren Gesellscliaften Schutz in den Astwinkeln. Gegen Ende des Juni oder Anfangs Juli sind sie erwaclisen und kommen dann herunter, um sich an den untersten Zweigen zwischen Blättern (s. Taf. V. Fig. Ic) oder in den Ritzen der Rinde oder selbst an todten Gegenständen, wie Zäunen, Mauern, Pfählen u. dergl. zwischen einzel- nen lockeren Gespiunstfäden zu Yerpuppen, meist einzeln, seltner in Gesellschaft von mehreren. In 3 Wochen ist dann gewöhnlich der Falter da. Forstliche Bedeutung. Der Schwammspinner ist oft ein lästiges und äufserst gefräfsiges Gar- teninsect, kann aber, da er nur selten im Forste erscheint, nur zu den merklich schädlichen Forst- insecten, etwa wie der Rothschwanz und der Prozessionsspinner, gerechnet werden. Einmal vermehrt er sich nicht in so ungeheurer Menge, wie z. B. die Nonne, dann frifst er nie mehrere Jahre hinter einander (*) so stark und endlich zieht er die Laubholzer meist den Nadelhölzern vor. Ilr. v. Meye- rinck beobachtete in den Eibgegenden, dafs bei Choerau und in der Oberförsterei Alteuplatow in Jen Jahren 1830 und 1831 die Birken von der Raupe ganz kahl gefressen wurden, so dafs bei gleichzeitig eintretender Dürre, viele alte entblätterte Birken im folgenden Jahre abstarben. Aucii eine Birkenpflan- zung vom Jahre 1830 ging in Folge des Frafses ein. Anfäuglich war die Raupe nur über einige Hun- dert Morgen verbreitet, wanderte aber weiter, sobald ein Ort abgefressen war. Begegnung. Wenn dem Forstmanne an der Vertilgung dieses Insects einmal gelegen sein sollte, so würde er sie leicht durch Zerstörung der Eier während des Herbstes und Winters bewerkstelligen können. Diese sind an der schwammähnlichen Wolle so kenntlich und liegen so oberflächlich, dafs man sie leicht abkratzen kann. Hat man sie übersehen und wimmelt es im nächsten Sommer, oder wohl schon gar, wie zuweilen, im Herbst von Raupen, so kann man diese, die wie die Nonnenspiegel (S. 106.) in der Jugend beisammen sitzen und dann leicht abgerieben werden können, von niedrigen oder dünnen Stämmen abklopfen. Oder man erwartet kalte Regenschauer, während welcher die Rau- pen in ganzen Ballen sich unter den untersten Ästen sammeln. Gegen die zerstreut hängenden Puppen ist nichts zu machen. Wenn aber die Weibchen ausgekommen sind, verfolge man auch diese. Sie ver- rathen sich durch ihre weifse Farbe schon in einiger Entfernung und sitzen sehr still, so dafs sie mit den Händen abgenommen oder mit einer Stange herunter gestofsen werden können. 5. P)i. B. {Liparis) Salicis Linn. Atlasspinner (Taf. V. F. 3.). Namen. Atl asspinner, Weidensp inner, Atlasvogel, Weiden- oder Pappelmotte, Ringelfufs. Characteristik. Das Weibchen (Taf . V. F. 3f) hat über 1,5" und zuweilen bis'über 2" Flü- gelspannung, und 1" Länge. Das Männchen aber, welches überdiefs noch schön graubraun gekämmte (*) Ein merkwürdiges Beispiel von schnellem Verschwinden des Insects findet sich bei Frey fsler (Böm. Ins. S. 41.). Nachdem die Raupe sonst so gemein gewesen war, dai's die Obstbäume oft aller Blätter und Früchte beraubt standen, wurde sie durch den starken Winter des Jahres 1784 und die darauf folgende Donau-Überschwemmung zur gröfsten Seltenheit gemacht. — Im Jahre 1784 wurden in einigen Gegenden Thüringens in mehreren Dorfschafteu nicht allein die Obstbäume, Zäune und Hecken ganz kahl gefressen, sondern auch groi'se Linden, Pappeln und alle Laub- hölzer standen so kahl wie im Winter da. Die Raupen kamen in die Häuser und wurden zur grofsen Plage. Das Jahr darauf war keine Spur davon zu bemerken (Gebhard schädl. Ins. S. 56.). Band II. P 114 Spbcieller Theil. Fühler bat, ist etwas kleiner. Sonst sind beide, bis auf den dickeren Hinterleib des Weibchens, voll- kommenübereinstimmend und von allen äbnliclien unterschieden durch die atlasglilnzendeweifse Farbe, wel- che nur an den Fttfsen durch schwarze Kingel unterbrochen wird. Die gelbliclie Färbung, welche man zuweilen am Vorder- und Innenrande der Vorderflügel in den Sammlungen sieht, entsteht erst nach dem Tode, eben so tritt die schwarze Färbung des Rumpfes und Hinterleibes erst nach dem Verluste der weifsen Haare und Schuppen hervor. — Die vollwüchsige Raupe (T. V. F. 3l) bis 1,7" lang, überall ziemlieh gleich breit. Kopf grofs und gewölbt. Die 6 Brustfüfse sowohl, wie die 8 Bauch- und 2 Afterfüfse stark, die letzteren mit breiter gebuchteter, hakiger Sohle. Unterseite schmutzig-grau- gelb, Oberseite hellgrau und schwarz feiu-punktirt. In der Mittellinie eine Reihe breiter, und zu jeder Seite derselben eine Reihe schmaler, schön citrouengelber oder scbneeweifser Schildflecke und über den Rücken 4 Reihen braunrother Knopfwarzen. Der mittlere Schildfleck eines jeden Ringes X'^^^'i^iS» der seitliche ein durch die grofse Knopfwarze unterbrochener Strich. Zwischen den grofsen und klei- nen Schildflecken eine Reihe schwarzer, eine Seitenbinde bildender Flecke. Der grofse Schildfleck des 4ten und 5ten Ringes in der Mitte durch eine schwarze, warzige Gabel und der des 9ten und lOten Ringes durch eine in der Mitte vertiefte, hellbraune, kleine Warze unterbroclien. Kopf- und Brustfüfse gröfstentheils schwarz. Die Knopfwarzen mit Büscheln braungelber, hier und da schwarzer, langer Haare, die der Seiten länger als die des Rückens. Kopf und Füfse nicht so stark behaart. — Die Puppe (T. V. F. ,3p'") bis 12"' lang und 3,4"' breit, ziemlich gedrungen, am Kopfe breit. Flügel über die Hälfte des Körpers reichend, deutlich gerippt: die unteren nur sehr wenig an den Seiten vorragend. Glieder stark vortretend, besonders die, bis zum Ende des 2ten Fufspaares reichenden Fühler. Das Ende der hintersten Fufsglieder kaum sichtbar. Augen deutlich vorragend. Zwischen denselben ein stark vorragendes Knöpfchen. Am Kopf- und Halsschild eine deutliche Mittelleiste. Hinterleib allmälig verdünnt. Afterfortsatz lang, vor der Spitze etwas breiter und hier mit hakigen, das Gespinnst halten- den Börstchen. Schwarz mit mehr oder weniger grofsen und zahlreichen weifsen oder gelblichen Flek- ken. Haare büschelig, sehr lang und zottig, goldgelb. Das Gespinnst, in welchem die Puppe zwi- schen Blättern oder Rindenrissen liegt (T. VI. F. 5.), besteht nur aus wenigen gelblichen Fäden. — Die an die Rinde oder an die Blätter, in Form einer plattgedrückten Mandel oder Wallnufs abgeleg- ten, mit einander verklebten und von einer schaumigen, elastischen, silberglänzenden, speichelähnlichen Masse überzogenen Eier (T. VI. F. 6.) kuchenförmig, auf beiden Seiten etwas eingedrückt, glatt, An- fangs grün, später grünlich-grau, nach dem Zerbrechen perlmutterglänzend. — Der Koth (T. V.F. 3 k) ziemlich grofs, rundlich, unregelmäfsig-eckig oder etwas walzig, oft mit 6 deutlichen Sterneindrücken und Längsfurchen, sehr uneben und feinhöckerig, von Aspen graugrün. Vorkommen und Feass. Der Atlasspinner ist fast in ganz Europa gemein, hält sich aber nur an Pappeln und Weiden, deren verschiedenste Arten oft gänzlich von ihm entblättert und in einzelnen Stämmchen auch getödtet werden. Die Raupen sind äufserst gefräfsig und lassen gewöhnlich nichts weiter an den Zweigen als Blattstiele und Mittelrippen stehen. Lebensweise. Die Flugzeit der Falter fällt in den Juli. Sie sind dann oft so häufig, dafs sie wie Schneeflocken herumfliegen und selbst bei Tage von einem Baume zum andern fliegen. Das Weib- chen legt dann seine 150 — 200 Eier an die Rinde der Bäume obenauf oder auch an die Blätter. Ge- wöhnlich überwintern diese, einem Speichelflecke sehr ähnlichen Eiernester, jedoch kommen sie zuweilen schon im Herbste aus und die jungen Räupchen überwintern dann in den Ritzen oder zwischen den Flechten und Moosen der Stämme, selbst an der Erde unter dem Moose oder Grase. NachHrn. Kol- lar {schädl. Ins. S. 331.) soll sie sich zu dem Ende sogar ein feines Gewebe machen, welches ich nie bemerkte. Im nächsten Mai beginnt dann erst der lästige Frafs. Zur Zeit der Häutungen sieht BOMBYX CHRYSORRHOEA. NaMEN. ChARACTERISTIK. 115 man die Raupen unruhig an den Stämmen auf- und abwandern und sich an den Astachseln in grofsen Haufen versammeln. Am Tage sieht man sie gewöhnlich still sitzen und es scheint, als wenn sie nur des Nachts anhaltend fräfsen. In der Hand kugelt sich die Raupe ziemlich stark zusammen. In der Mitte des Juni oder zum Ende des Monats ist der Frafs beendet, so dafs die Falter zuweilen schon im Juni, ge- wölinlich aber erst im Juli, ausfliegen. Die Raupen spinnen sich vor der Verpuppung einige lockere Fäden, durch welche gewöhnlich, besonders wenn mehrere Puppen dicht beisammen hängen, mehrere Blätter oder kleine Zweige vereinigt werden. Von den Stämmen herunter kommen nur wenige, um sich zu verpuppen. Auch wenn die Falter ausgekommen sind, bemerkt man die leereu Puppeuhülsen zwischen den zusammengezogeneu Blättern und Zweigen noch bis zum andern Jahre und kommt in Versuchung, sie, wenn sie hoch am Baume sitzen, für Raupen-Nester zu halten. Von diesem Gange der Entwicke- lung kommen eben so gut Abweichungen wie bei andern Insecten vor, d. h. es finden sich zuweilen noch einzelne, fressende Raupen im September, wie Hr. Bon che mir sagte. Das mag seinen ersten Grund in der verschiedenen Herbst- und Frülijahrs-Entwickelung der Räupchen haben. Eine doppelte Generation, wie sie Bech stein [Forstins. S. 312.) will, darf man aber defshalb ja nicht annehmen. FousTLicHE Bedeutung. Sie sind nur in so fern, als der Forstmann in seinen Baumschulen Pappeln für öÖentliche Anlagen, Wege u. dergl. zu erziehen hat, merklich schädlich zu nennen. Es ist schon öfters bemerkt worden, dafs junge Stämmchen dem Raupenfrafse erliegen. Wiederholt sich der Frafs mehrere Jahre hinter einander, wie das häufig beobachtet wird [s. z. B. die Nachricliten von Bechsteiu (i^ors^/«s. S. 312.), welcber sie 3 Jahre hintereinander fressen und districtweise fortrücken sähe], da die Raupe schädlichen Witterungs-Einflüssen bedeutend trotzt, so kränkeln auch die kräftig- sten Bäume lange. Mein Oheim, der Hr. Geheimeratli Wutz ke, hatte bei seinen zahlreichen Chaussee- Bauten und Plantagen-Anlagen oft Gelegenheit, die schädlichen Einwirkungen des Insects kennen zu ler- nen. Man hat daher wohl Ursache, zuweilen an die Vertilgüngsmassregeln zu denken, so schwer ausführbar sie auch sind. Die wirksamste würde immer sein die schaumähnlichen Eiernester von den Stämmen abkratzen und verbrennen zu lassen, wo- zu man aber schon den August benutzen mufs, da die jungen Räupchen oft schon im Herbste auskom- men. Auch die mit Eiern belegten Blätter abzupflücken, wie Hr. Kollar {schndl. Ins. S. 331.) vor- schlägt, ist wohl sehr schwer ausführbar, da sie hoch hängen und man die Eiernester nur schwer auf ihnen von untenher bemerkt. Ist dies unterblieben und die Stämme sind noch schwach, so kann man die im nächsten Jahre fressenden Raupen durch Anprallen (s. das Allgem. S. 44.) oder auch durch Ab- sammeln oder Zerquetschen, wenn sie sich am Stamme und den untersten Zweigen sammeln, verringern. Die Puppen hängen so zerstreut und viele so hoch, dafs ihre Zerstörung mit der gröfsten Anstrengung verbunden sein würde. Von den Schmetterlingen kommen dagegen die meisten an den Stamm herun- ter und man kann daher in den Frühstunden, wenn sie noch fest sitzen, eine grofse Menge sammeln. 6. Ph. B. (Lipcü-is) cknjsorrhoea Linn. Goldafter (Taf. V. F. 4.). Namen. Goldafter oder gelbaftriger Nachtfalter, Schwan, Goldafter-Schwan, Weifsdornspinner, Brandeule, Brandreitel, Gartenspinner, Rosenvögelchen, Schwarze Winterraupe, Fleckraupe, Kleine Schwammraupe, Grofse Nesterraupe. — Franz. P/ta- laine blanche ä cul hrun. ChARACTERISTIK. Dcr wcibHche Falter hat gewöhnlich nur 1,2" Flügelspannung und 0,6" Länge. Das durch seine, schön bräunlich-gelb gekämmten Fühler ausgezeichnete Männchen ist noch etwas kleiner. Die Farbe ist so atlasglänzend weifs, wie beim Atlasspinner und nur an folgenden Theilen abweichend. Beim Männchen ist fast der ganze Hinterleib röthlich-braun, der Vorderrand der Vorder- P2 116 Specieller Theil. flügel schmal schwarzbraun und die Oberseite am Innenwinkel der Vorderflügel meist mit 1-2 schwar- zen Fleckchen gezeichnet (s. T. V. F. 4f'). Beim Weibchen ist aber nur Rothbraun am Ende des Hin- terleibes an der Afterwolle, mit welcher die abgelegten Eier überzogen werden (s. F.4f). Der Innen- rand der Vorderflügel ist bei beiden Geschlechtern nur kurz behaart. — Die vollwüchsige Raupe ist bis 14'" lang, überall gleich dick, die 3 ersten Ringe kaum etwas dünner. Kopf mäfsig und ziem- lich gewölbt. Die 6 Brustfüfse ziemlich dünn und kurz, die 8 Bauch- und die beiden Afterfüfse eben- falls dünn, aber lang, letztere mit stark gebuchteter, fast halbmondförmige!', hakiger Sohle. Herrschende Farbe dunkel graubraun, auf dem Bauche augenehm grau und gelb marmorirt, auf dem Rücken beson- ders mit braunrotben Zeichnungen, welche auf den 3 ersten Ringen schmutziger und in Form von zahl- reichen Querfleckchen gestellt sind, auf dem 6ten bis lOten aber als 2 feine, die dunkle Mittel- linie zwischen sich lassende Streifen erscheinen, die an jedem Einschnitte absetzen und am Anfange und am Ende eines jeden Ringes etwas divergireu. Auf dem 9teu und lOten Ringe in der Mittellinie eine, in der Mitte vertiefte, aus- und einziehbare, zinnoberrothe Warze. Die in sternförmigen Büscheln ste- henden fein gefiederten Haare lang und gelbbraun. Auf dem 4ten, 5ten und Uten Ringe ein gröfsei'er (aus zweien verschmolzener), brauner, kurz geschorener Haarflausch, ein dergleichen zu jeder Seite des rothen Rücken-Doppelstreifens und dann noch ein dergleichen von einem schneeweifsen Fläuschchen nach oben begrenzter über jedem Luftloche vom 4ten bis Uten Ringe. Die jungen Nesträupchen kaum 2'" lang und gleich kenntlich an den 2 (wie 1 erscheinenden) rothbraunen Haarfliluschchen des 4ten und 5ten Ringes. Mit der Loupe bemerkt man auch schon die rothen Rückeu-Doppelstreifeu und die beiden rotheu Warzen des 9ten und lOteu Ringes. — Die Puppe in einem nicht ganz festen, ziemlich durchsichtigen Gewebe, bis 8'" laug imd 2,5"' breit, ziemlich gestreckt, aber am Kopfe breit. Flügel wenig über die Hälfte des Körpers hinausragend, sehr schwach gerippt, stark eingedrückt: die hinteren nur an der Seite ein wenig unbedeckt. Glieder deutlich vorragend, von den hinteren Fufsgliedern aber kaum etwas zu bemerken. Fühlerfurcbe fehlend. Die Fühler beim Weibchen nicht bis zum Ende des Isten Fufspaares, und viel schwächer als beim Männchen, wo sie bis zum Ende des 2ten Paares reichen. Augen deutlich vorra- gend. Halsschild mit glatter, deutlicher Mittelleiste. Afterfortsatz fast kegelförmig, mit einem starken Büschel am Ende hakiger, rothbrauner Borstenhaare. Schwarzbraun, an den Einschnitten heller. Die Haarbüschel gelbbraun. Das graubraune, mit einzelnen Raupenhaaren durchwebte, meist mit einzelnen weifsen Fäden zwischen Blättern befestigte Gespinnst welches die Puppe umgiebt, ist zwar nicht so weitmaschig wie bei den vorigen, sondern hat schon die Form eines Cocons, ist jedoch immer noch viel zarter und dünner als ein eigentlicher Cocon, so dafs man auch die Puppe sammt der zurückge- streiften Raupenhaut sehr genau erkennen kann. — Die Eier sind fast kuglig, nur ein wenig zusam- mengedrückt, ganz glatt, bräunlich-gelb, schwach metallglänzend, von einer dicken, meist länglichen Schicht der rothbraunen Afterwolle des Weibchens bedeckt und umgeben (s. Taf. VI. F. 1.). — Der Koth klein, vollkommen walzig, zuweilen gekrümmt, hierund da gerunzelt, fein gekörneltund schwärz- lichgrün (von Apfelblättern) (Taf. V. F. 4 k). Vorkommen und Frass. Der Goldafter ist fast durch ganz Europa verbreitet und als Plage der Gärten überall bekannt. Sein Frafs ist auf Laubhölzer beschränkt und unter diesen wählt er auch nur die Eichen, Weiden, Rüstern, Hagebuchen und ganz besonders die Obstbäume, gleichviel von wel- cher Gattung und Art, so dafs in Forstgärten alle Arten ^onMespiltis, Pijrus und Prunus gleich gern von den Raupen befallen werden. Hr. R. v. Meyerinck bemerkte, dafs sie die Eichenschonungen den Kopfholzpflanzungen vorzogen. Knospen, Blüthen und Blätter werden von ihnen gleich hart mitgenom- men. Sie lassen nur die Blattstiele und einen Theil der Mittelrippe stehen und unterscheiden sich dadurch vom Blüthenwickler, welcher auch die Blattstiele mitfrifst und den Baum ganz kahl macht. BOMBYX CHRYSORRHOEA. LEBENSWEISE. FORSTLICHE BEDEUTUNG. 117 Lebensweise. Die Flugzeit der Schmetterlinge ist im uürcllicheii Deutschland der Juli, im süd- lichen auch wohl schon der Juni (Schmidberger). Die Weibchen, welche bei Tage meist still sitzen, des Abends aber schwärmen, legen dann ihre Eier, 200-300 an der Zahl, an die Unterseite der Blät- ter oder an Stämme und Aste und überziehen sie, auf die, S. 112, angegebene Weise, mit ihrer Afterwolle, welche sich zu dem Zwecke förmlich vom Hinterleibe abwickeln kann. Da diese Schwämme kleiner, nament- lich meist schmaler als die des Schwammspinners sind, so nennt man die daraus hervorkommenden Riuipeu auch kleine Schwammraupen. Sie entwickeln sich schon nach 15-20 Tagen und durchbrechen deU; nachher wie mit Nadeln durchlöcherten Schwamm auf seiner Oberfläche. Je nachdem dies Aus- schlüpfen früher oder später vorgeht, fressen die Räupchen auch noch in demselben Jahre mehr oder weniger. Sie beschränken sich nicht blofs auf das Blatt, an welchem sie auskommen, sondern sie spin- nen auch noch benachbarte Blätter mit demselben zusammen und nagen nun an der Oberhaut. Herr Schmidberger beobachtete auch (Kollar schäcll. Ins. S. 199.), dafs sie diese Blätter verlassen und bei kaltem Winde oder Platzregen dahin zurückiiüchten. Nach ihm sollen sie hier sogar schon eine Häutung bestehen. In diesen versponnenen Blättern überwintern sie, wie die Räupchen des Baumweifs- lings, und ihre Nester werden zum Unterschiede von diesen grofse Raupennester genannt. Sie bleiben über Winter an den Bäumen hängen, und sind daher an solchen, die das übrige Laub verlie- ren, schon von Weitem zu erkennen. Nimmt man sie ab, so sieht man, dafs sie mittelst vieler weifsen, oft wie ein feiner Atlas, ausgebreiteten, Fäden aus Blättern versponnen sind, die von 2-3 Knospen her- kommen. Nur mit Mühe trennt man das feste Gespinnst und findet im Innern noch die rothbraune, nur etwas dunkler gewordene Schwammsubstanz, zum Beweise, dafs die Räupchen ihr Geburtsblatt noch nicht verliefsen. Aufserdem liegt auch noch eine Menge krümlicheu, schwarzen Kothes neben der Schwammwolle. Die Räupchen sitzen meist auf der, nach innen gerollten Oberfläche des Blattes und zwar zu 2-3 in ordentlichen kleinen Gespinnstblasen von der Gröfse eines Nadelknopfes bis zu der einer Erbse. Zuweilen sieht man auch wohl gar 10-20 beisammen sitzen. Nur selten kommen Nester ohne Schwammwolle vor und diese mögen wohl von solchen Räupchen verfertigt sein, welche sich von der grofsen Familie zu weit entfernten und nicht wieder zurück konnten. Nie ist blofs Ein Blatt zu einem solchen Neste bereitet, wie man das häufig beim Baumweifsling (s. dort S. 69.) findet. Im Monat April wird das Nest früher oder später belebt. Die Räupchen kommen schon vor dem Laubausbruche hervor und benagen die Knospen. Bald werden sie so stark, dafs sie in das Nest gar nicht mehr zu- rückkehren, sondern an geschützte Stellen der Äste gehen und hier bei unfreundlichem Wetter sich verspinnen. Hr. Schmidberger beobachtete schon gegen Ende des April die zweite Häutung, was aber wohl auf unser Clima nicht pafst. In der zweiten Hälfte des Mai sähe er schon die dritte Häu- tung, die bei uns vor Ende des Mai nicht eintritt. Nach dieser zerstreuen sie sich erst, und wenn man sie dann noch in Menge beisammen findet, so rührt das nur von der grofsen Menge her, in der sie sich auf einem Baume finden. In der Mitte des Juni tritt die Verpuppung ein. Zu dieser Zeit vei'- sammeln sich wieder mehrere Raupen, um sich ein gemeinschaftliches Gespinnst zwischen den Blättern zu verfertigen (s. Charact.). Sie sollen dazu besonders Pflaumenbäume lieben, auf welche sie von den nahen Äpfel- und Birnbäumen gehen (Schmidberger). Forstliche Bedeutung. Der Goldafter ist für Obstgärten ein sehr schädliches Insect, da er oft mehrere Jahre hinter einander die ganze Obsternte zerstört und die Bäume im Wüchse zu- rückbringt. Er wird aber auch öfters ein merklich schädliches Forstinsect, indem er in Menge die Eichen, besonders junge Orte befällt und Laub und Blüthen abfrifst. Im Lödderitzer Reviere lei- den auch öfters die stärksten Bäume, vielleicht weil hier das Insect auf den ausgedehnten Obstbaum- Anlagen Gelegenheit findet, sich zahlreich zu entwickeln. Ich sähe Nester aus einer jungen 8-12-jäh- 118 Specieller Theil. rigen Eichenpflanzung, welche den (Taf. VI. F. 2.) abgebildeten vollkommen glichen, nur dafs die Eicbenblätter noch viel fester zusammenklebten und das Ansehen eines festen Knäuels hatten. Begegnung. Die angegebenen Eigenthümlichkeiten in der Lebensweise des Insects bieten ein vortreffliches Mittel zur Vertilgung dar. Da die Räupcheu sämmtlich an den Bäumen in leicht bemerk- baren Nestern, den einzigen Blättergruppen, überwintern, so kann man diese leicht entfernen. An nie- di'igen Ästen pflückt man sie mit der Hand ab, und von den höheren schneidet man sie mit einer Gar- tenscheere weg. Man hat nicht lange zu suchen und da geht auch dies schnell genug, besonders wenn man ein Kind zur Hilfe nimmt, welches die abgeschnittenen Nester aufsammeln mufs. Liegen darf man sie nämlich nicht lassen, weil die Räupchen an der Erde im Frühjahre eben so gut wie an den Bäumen auskommen und diese dann besteigen würden. Man hat damit bis zum Monat März Zeit. Länger darf man aber nicht warten, denn die Räupchen, welche auch entblöfst einen bedeutenden Kältegrad ertragen können, entfernen sich öfters schon in der ersten Hälfte des April von den Nestern. Auch vor dem November darf die Operation nicht begonnen werden, damit die Räupchen nicht etwa an einem sonnigen Tage aufserhalb des Nestes sich befänden (Schmidberger). Bei den Gärtnern ist dies Mittel längst als ein untrügliches anerkannt, und es werden daher die säumigen, des allgemei- nen Besten wegen, alljährlich von Polizei wegen zur Ausführung desselben angehalten. Auch im Forste ist es bei nicht zu hohen Bäumen anwendbar, und man sollte es immer vorziehen, während des Winters einige Thaler für Arbeitslohn auszugeben, als sich die Bäume kahl fressen zu lassen und, aufser dem widrigen Anblick des im Sommer entblätterten Waldes, auch noch den Schaden einer verunglückten Mast und eines kümmerlichen Zuwachses zu tragen. Man kann zwar auch gegen Raupen, Pappen und Falter (wie bei dispar) etwas unternehmen, allein die Mühe, welche man damit hat, ist ungleich gröfser als die auf das Nestersammeln verwendete, so dafs wir hier nicht weiter davon reden. Das Sammeln der Raupen und Puppen hat übrigens das Unangenehme: dafs man leicht in Gefahr kömmt, von den entzündenden und leicht brüchigen Haaren des Insects verletzt zu werden. Ich habe beim Füttern der Raupen selbst an den Händen häfsliche Entzündungen und Ausschläge davongetragen. 7. Ph. B. (Ltparis) aiiriflua Fabr. Gartenbirnspinner, Schwan, Goldfüfsiger Nachtfalter, Früh birn Spinner (s. Taf. V. F. 5.). Characteristik. Der Falter ist dem Goldafter so ähnlich, dafs er schon selbst von mehre- ren Entomologen verwechselt wurde. Er hat eigentlich mehr Anspruch auf den Namen Goldafter als jener, da die Afterwolle des Weibchens und auch die Eudigung des Hinterleibes beim Männchen nur bei ihm, und nicht bei jenem, eine goldgelbe Farbe hat (s. Fig. 5 f). Der Falter ist auch etwas gröfser als der vorige und unterscheidet sich höchst bestimmt durch die langen Haarfranzen am Innen- rande der Vorderflügel, zwischen denen einzelne kürzere stehen. Beim Männchen sind die Fleckchen am Innenwinkel der Vorderflügel, wenn sie vorhanden sind, gröfser und braunschwarz, und die schwarz- braune Farbe auf der Unterseite der Vorderflügel am Vorderrande ist nach der Spitze hin mehr aus- gebreitet. — Die vollwüchsige Raupe (T, V. F. 5l) bis 14'" lang, der des Goldafters ähnlich. Grundfarbe schwarz. Die beiden Rücken -Doppelstreifen zinnoberroth (bei jüngeren orange und hier fast ganz verfliefsend, während sie bei alten eine schwarze Mittellinie zeigen). Die 3 mittelsten, zin- noberroth eingefafsten Haarfläusche des4ten, 5ten und Uten Ringes sehr stark, bei jungen ganz schwarz, bei alten mit untermischten schneeweifsen Härchen. Auch findet sich noch Roth am Bauche und an beiden Seiten unter den Luftlöchern. — Eier und deren sehr heller, röthlichgelber Wollüberzug (T. VI. F. 3.) , so wie Puppe (T. V. F. 5p') denen der Ph. Bomhyx chrysorrhoea vollkommen ähnlich. Die jungen schwarzköpfigen Räupchen bräunlichgelb, mit kürzeren und aufserordentlich langen, fast BOMBYX PEOCESSIONEA. NaMEN. ChARACTERISTIK. 119 borstigen, auf Wilrzclien sternförmig stehenden Haaren. — Der Koth (T. V. F. 5k) dem des Gold- afters vollkommen ähnlich. — Vorkommen und Fkass. Die Raupen des Frühbirnspinners befallen dieselben Holzgewäehse wie die des Goldafters, und machen, wie es scheint, noch weniger Unterschied zwischen den verschiedenen Arten derselben, so dafs man sie ziemlich eben so häufig auf den Weiden wie auf den Obstbäumen, den Linden, Rüstern und dergl. findet. Lebensweise. Die ganze Entwickelung des Frühbirnspinners hat hinsichtlich der Zeit die gröfste Ähnlichkeit mit der des Goldafters, d. h. die Flugzeit ist im Juli, das Dasein der Raupen schon im Nachsommer und Herbst und wieder im nächsten Vorsommer und die Verpuppung im Juni. Er un- terscheidet sich aber wesentlich dadurch, dafs die Räupchen, welche aus einem, wie beim Goldafter gestalteten, aber mehr goldgelben Schwammneste hervorkommen, sich schon im Herbste zerstreuen. Als ganz kleine Raupen sähe ich sie wohl noch zu 6-8 gesellig bei einander an der Oberhaut, be- sonders der Unterseite der Blätter, fressen, aber schon im Herbste zerstreuen sie sich so, dafs man sie einzeln zusammensuchen mufs. Sie überwintern zusammengerollt am Fufse ihrer Frafsstämme unter Gras und Moos verborgen. Im April oder Mai setzen sie dann eben so vereinzelt den Frafs fort und verpuppen sich im Juni einzeln und zerstreut zwischen zusammengezogenen Blättern, oder an den Zwei- gen oder Stämmen in einem durchsichtigen, Coconähnlichen braunen Gespinnst. Forstliche Bedeutung und Begegnung. Der Frühbirnspiuner erscheint nie in der Menge wie der Goldafter, ist aber doch immer noch häufig genug, um in den Gärten und Obstanlagen merklich schädlich zu werden. Nach Gebhardt (schädl. Ins. S. 57.) wird die Raupe, obgleich sie nur zer- streut lebt, dadurch besonders schädlich, dafs sie gern die jungen Früchte und deren Stiele anfrifst und dadurch das Abfallen derselben befördert. An Weiden, Linden und Birken habe ich auch schon hier und da das Laub durch sie gelichtet gesehen, einmal auch an Eichen. Sollte es nöthig werden, gegen sie einzuschreiten, so würde man am Ersten nach den leicht bemerkbaren, meist an Blättern ab- gelegten. Eierschwämmen (s. T. VL F. 3.) suchen und diese entfernen müssen. Raupen und Puppen leben zu sehr zerstreut, als dafs man ihrer leicht habhaft werden könnte. *■* Raupen 16- selten 14-fürsig, ohne Knospenwarzen, verpuppt in festem Cocon (meist Gastropaclia). % Raupen bis zur Halb- oder VoUwüchsigkeit gesellig. 8. Ph. B. (^Gastropacha) processionea Linn. Prozessionsspinner (Taf. VHL Fig. 2.). Namen. Pro zes sions Spinner, Prozessionsmotte, Prozessi ons vogel, Viereichen - spinner, Heerraupe, Katzeneule, Umgänger, Brennraupe. Theils von dem Frafse, theils von der merkwürdigen Wanderung, theils von den entzündenden Eigenschaften der Raupe hergenommen. ChARACTERISTIK. Der weiblichc Falter (Taf. VHL Fig. 2f) hat 16-18'" Flügelspannung und 7'" Länge, und das Männchen gewöhnlich nur 13-14'". Die Flügel ziemlich schmal. Der Halsschild stark behaart und den kleinen, nach unten gerichteteu Kopf wie mit einem Pelze umgebend (daher Katzeueule). Der Hinterleib ziemlich stark mit einem dicken Afterbüschel. Die herrschende Farbe bräunlich-grau, besonders hell an der Basis der Vorderflügel, auf den Hinterflügeln und der Unterseite. Dunkler, hin und wieder fast schwärzlich, erscheinen der Halsschild, der Afterbüschel, eine breite Quer- binde aufserhalb der Basis der Vorderflügel und eine schmalere, gegen den Vorderrand sich erwei- ternde und über die Hinterflügel verloschen sich fortsetzende, so wie zuweilen ein Punkt in Mitten des hellen Feldes zwischen beiden Binden. Die Männchen (Fig. 2y(3) sind kleiner (bis höchstens 1,1" Flügelspannung), haben schön rostgelb gekämmte Fühler und einen schlanken, gebarteten Hinterleib. 120 Specieller Theil. Die Farben ähnlich wie bei den Weibchen, jedoch im Allgemeinen angenehmer und bestimmter, d. h. die Hiüterflügel heller (grauweifs) und die Vorderflügel dunkler, namentlich die Querbinden (die der Basis meist nicht ganz ausgefüllt zwischen den Wänden) dunkler und bestimmter und der Franzensaum der Vorderflügel gefleckt. Auch die Unterseite heller als beim Weibchen und die Binden etwas deut- licher durchschimmernd. — Die vollwüchsige Raupe (Taf. VIII. F. 2l) bis 1,2" lang, ziemlich ge- streckt und überall gleich dick. Kopf grofs und stark gewölbt. Die 6 Brustfüfse so wie die 8 Bauch- und 2 Afterfüfse ziemlich stark, letztere mit gebuchteter, hakiger Sohle. Kopf braunschwarz, Brustfüfse hellbraun. Leib unten grünlich-hellgrau, oben dunkel-bläulich-grau, in der Mittellinie fast schwärz- lich. Auf den 3 ersten Ringen 8 in Querreihe gestellte, rothlich-braune Knöpfcheu, auf den folgenden nur 4 solche, dafür in der Mittellinie ein röthlich-brauuer Qiierfleck, welcher aus den feinen, wider- hakigen (*) und daher entzündenden Härchen (s.Taf.I.) besteht, unter welchen aber 2 gröfsere, sich fast be- rührende Warzen liegen, die an den Häuten zum Vorschein kommen, wenn die Raupe sich der Haare entledigt hat. Aufserdem über jedem Brustfüfse 1, und unter jedem Bauch-Luftloche 2 etwas hellere Knöpfchen. Luftlöcher schwarz. Der ganze Körper fein behaart und aufserdem noch auf jedem Knöpf- chen ein sternförmiges Büschel sehr langer, weifslicher, ebenfalls widerhakiger Haare. Die jungen eben aus- gekommeneu Räupchen sind gelb mit glänzend schwarzem Kopfe, schwarzem Nackenschilde und schwar- zen Beinen. Die aufserordentlich langen Haare schwarz und weifs. — Die Puppe (F. 2 p) auftauend klein, nur bis 6'" lang, gedrungen, am Kopfe schmal. Flügel bis über die Hälfte des Körpers reichend, deutlich gerippt: die unteren nur ganz hinten äufserst wenig vorragend. Glieder ziemlich verhüllt. Die Fühler reichen nicht ganz bis zum Ende des 2teu Fufspaares, welches sich in den, durch Zusammeu- stofsen der Flügel gebildeten, oberen Winkel fügt, während aus dem unteren das Ende des oten Paa- res hervorsieht. Augen ziemlich stark vortretend. Die Erhöhung zwischen denselben sehr unbedeu- tend. Am Halsschilde ein, bis auf den Hinterkopf fortsetzendes, glattes Leistchen. Hinterleib ganz all- mälig verdünnt und stark abgerundet. Zu jeder Seite des Afters ein starker, hakenförmig nach aufseu gekrümmter Stachel (F. 2p). Farbe hellbraun, am Kopfe und After dunkler. Behaarung gänzlich feh- lend, wenn man die von der Innenseite des Cocons angeklebten Haare abpinselt. Der Cocou (F. 2 c) tönnchenförmig, schmutzig weifs (nach Nicolaigraugelb), ganz undurchsichtig, durch das Aneinanderliegen mit den übrigen Cocons öfter etwas eckig erscheinend, inwendig mit dem entzündenden Staube der Raupe ausgestreut. — Die Eier (T.IX.F. 1. Copie nach Nicolai) wenig gröfser als Mohnkörner, oben und unten ganz plattgedrückt und daher fast walzig, nur durch den gegenseitigen Druck hier und da etwas eckig, weifs, nach dem Zerbrechen perlmutterglänzend, fest an Holz (oder Glas, an welches sie in meinem Zwinger abgelegt wurden) angeleimt und oben mit schwärzlich-brauner Afterwolle überzogen. — Der Koth dunkel grünlich-schwarz (von Eichenblättern) unregelmäfsig walzig, gekörnelt, mit undeutlichen Sterneindrücken. Vorkommen und Frass. Der Prozessionsspinuer hat eine viel beschränktere Verbreitung als die meisten übrigen schädlichen Falter. Er kommt zwar selbst auch in der Nähe von St. Petersburg vor (Hr. Menetries), allein in vielen Gegenden fehlt er ganz, obgleich Eichen genug da sind, ihn zu ernähren. So z. B. habe ich in unseren Gegenden nur von ihm bei Magdeburg und Havelberg gehört, auch bei Potsdam soll er sich nach Hrn. Graff vor vielen Jahren einmal gezeigt haben. Am Häufigsten hat er sich immer im westlichen Deutschland, besonders in Westphalen verbreitet, wo in den Eichen- reichen Gegenden ein Frafs alle 8-10 Jahre zurückkehrt. Die iiauptsäcldichste Nahrung der Raupe be- (*) Nicolai beschreibt und zeichnet diese (S. 23 u. Taf. Fig. l-) nur als stachelförmige Härchen, scheiulich weil die von ihm angewandten Vergröfserungen nicht stark genug waren. BOMBYX PROCESSIONEA. LEBENSWEISE. 121 steht aus Eichenblättern, in Deutschland der Trauben- und Stieleiche, in Ostreich aber auch der Quer- ctis Cerris (Kollar schädl. Ins. S. 325.), nid wenn man sie auch andere Gewächse befressen sieht, so geschieht dies nur aus Noth. In dieser greifen sie aber zum Äufsersten, denn sie wandern, wenn die Eichen kahl gefressen sind, nicht blofs auf alle übrigen, in der Nähe befindlichen Laub-Bäume und Sträucher, sondern auch auf die Feldfriichte, wie Kartoffeln, Bohnen, Kohl, Flachs u. dergl. (Nicolai Prozess.-Roupe S. 8.), ja sogar auf Wachholder nach Hrn. Borchmeyer. Alle diese Gewächse wer- den ganz kahl gefressen, so dafs meist nicht einmal die Blattstiele stehen bleiben. Sind sie nicht in grofser Menge vorhanden, so ziehen sie die räumen Bäume den geschlossenen Beständen vor, und fangen auch in diesen am Liebsten bei den von der Sonne beschienenen Wipfeln an. Lebensweise. Die En Wickelung des Insects nimmt in der Regel einen normalen Gang. Die Flugzeit ist im August und September. Am Tage sitzen die Weibchen ziemlich still, aber mit dem Ein- brüche der Nacht fliegen sie schwirrend umher. Alsdann wird auch nur die Begattung gepflogen. Um zu legen, drückt das Weibchen den Hinterleib fest auf und bestreicht die Fläche, auf welcher die 150 — 200 Eier liegen sollen, zuerst mit einer klebrigen, bald aufserordentlich fest werdenden Masse. Die Eier werden dann neben einander gelegt und mit einer dünnen Schicht der Afterwolle, aus welcher die Weibcheu nach Bech stein und Kollar auch ein Unterlager bereiten sollen, überzogen. Dadurch werden die überwinternden vor Nässe und Frost geschützt und auch der Rinde so ähnlich gemacht dafs man sie schwer auffindet. Am Häufigsten findet man sie an der Sonnenseite der Stämme oder Äste. Da die Eichen immer später als andere Bäume ausschlagen, so ist es auch nicht zu verwundern dafs die Räupchen erst in der Mitte des Mai ausschlüpfen, ja auch dann beginnt meist noch nicht der regelmäfsige Frafs. Hr. Borchmeyer erzählt, dafs sich im Jahre 1829 die Räupchen schon in den warmen Tagen des Mai gezeigt hätten, dafs sie aber durch die Rückkehr einer unfreundlichen Witte- rung bis gegen den 9. Juni unthätig erhalten worden wären. Sie hatten sich in der Noth wohl auch in alte verlassene Nester (die später beschrieben werden) geflüchtet. Dann aber hätten sie auch so begierig gefressen, dafs in wenigen Tagen die einzelnen Bäume und lichten Bestände, im strengsten Sinne des Wortes, kahl gewesen wären, und auch selbst in geschlossenen Beständen die Gipfel der Bäume oft gleiches Schicksal gehabt hätten. Das Merkwürdigste, was sich jetzt in der Lebensweise ereignet ist die berühmte Wanderung oder Prozession, von welcher das Insect den Namen hat. Da ich nie selbst das Glück gehabt habe, das Insect im Freien zu beobachten, so folge ich den von meinem Freunde Hrn. Nicolai (*) gegebenen Beschreibungen. In der Mitte des Mai (Nie. S. 8 u. f.) sähe er, wie kleine Gruppen von 10—20 grauen langbehaarten, 3-4'" langen Räupchen, die er für eine Familie hielt und die aus Einem Eierhaufen hervorgegangen waren, nach den ersten kleinen Schöfslingen der Eichen wanderten und hier Tag und Nacht frafsen, binnen 2 Tagen merklich wuchsen und dann, kräftiger geworden, sich mit mehreren andern Gesellschaften zu einer gröfseren Horde von 100 und mehreren Stücken vereinigten um dann auch verhältnifsmäfsig gröfsere Zweige aufzusuchen. Bis gegen Ende des Mai hielten diese Familien sich dann zusammen und wanderten, bei eintretendem Nahrungsmangel, auf einen andern Zwei«- oder nach einem andern Baume. Sie häuteten sich nun zum ersten Male. Vorher wurde die sonst *) Derselbe lebte mehrere Jahre in einer Gegend (zu Bünde in Westphalen) , wo er einen starken Prafs täglich zu beobachten Gelegenheit fand. Er benutzte dieselbe trefflich und lieferte uns eine Reihe von ganz neuen Nachrichten und Ansichten über den Mechanismus des Wanderns, die Häutung, Verpuppung u. dergl. Hier und da haben diesel- ben sogar etwas Wunderbares und Unglaubliches, und ich mufs gestehen, dafs ich Manches für Täuschung halten würde, wenn mir die Ruhe und der Scharfblick des Beobachters nicht aus längerem Umgänge mit demselben bekannt geworden wären. Band H. O 122 Specieller Theil. graue Haut der Raupen mehr gelbgrau, glanzlos und schien veraltet, die Raupen selbst aber wurden, wenn sie auch träger waren, kräftiger. Sie sammelten sich an einem etwas dicken und rauhen Theile eines Baumes, gern da wo ein Ast abgeht, setzten sich der Reihe nach dicht neben einander und span- nen sich an der Rinde mit einem dünnen Gespinnste so an, dafs, wenn alle safsen, einige hervorkro- chen und zuerst Fäden an die hervorragenden Spitzen der Baumrinde befestigten, dann über die Rau- pen hinwegkrochen und an den langen Borstenhaaren ebenfalls Fäden befestigten. Dies Gespinnst war so dünn und durchsichtig, dafs man den Act der Häutung vollständig liiudurch beobachten konnte (Nie. S. 12.). Nachdem die Raupen ihre alte, an der Innenseite des Gespinnstes befestigte Haut abgeworfen und wie- der einen frischen Glanz angenommen hatten, zogen sie aus dem Neste hervor nach einem Orte, wo sie sich wieder versammelten. Hier blieben sie wohl 2 Tage sitzen, um diejenigen, welche sich etwa beim Häuten verspätet haben könnten, zu erwarten. Sitzen sie dann alle neben einander, so schnellen sie mit dem Kopfe und, während einige gröfsere um den Haufen herumkriechen, verwandeln die Rau- pen ihre schnellenden Bewegungen nach oben in einen Stofs. Dadurch dafs eine jede ihre Vorder- raupe an den Schwanz stöfst und sie vorwärts zu schieben sucht, werden sie alle über die Richtung belehrt, welche der Zug nach vorn nehmen soll. Indem sich nun eine der um den Haufen herum- kriechenden an die Spitze stellt und vorwärts kriecht, setzt sich der ganze Zug in Bewegung, meistens dahin wo eben junges Laub zu finden ist. Die Anführerin macht nach allen Seiten Bewegungen, als wenn sie den besten Weg suchte. Dann folgen 2, 3 bis 6 und 8 neben einander so, dafs der Zug eine lange, bandartige Fläclie, die in der Mitte am Breitesten ist, bildet. Nur der Kopf der Anführerin ist frei, der der folgenden ist immer am Schwanzende der Vorderraupe durch einzelne Fäden befestigt. Bei den neben einander kriechenden sind die langen Haare so verschränkt, dafs keine von der andern abweichen kann, sondern Alle ein Stück bilden, das sich zusammenhängend über grofse Flächen fort- bewegt. Den Beschlufs des Zuges machen wieder einzelne. Einen solchen Zug soll man, wie ich von Augenzeugen gehört habe, gar nicht zerstören können, denn, so wie man ihn mit dem Fufse oder einem Stocke trennt, sammelt er sich in gröfster Eile wieder. Nimmt man ihnen das Kopfthier, so ersetzt eine der folgenden Raupen dasselbe sogleich wieder_ Macht diese eine Wendung, so schwenkt sich der ganze Zug. Wenn sie am Orte des Frafses angelangt sind, fressen sie wieder Tag und Nacht und wachsen mächtig. Bei der folgenden Häutung {*), die aber nicht in dem alten Gespinust vorgenommen wird, setzen sie sich nicht allein neben einander, sondern auch, da sie nun bedeutend gröfser gewor- den sind und eine zu grofse Fläche einnehmen würden, auch über einander; Sie sammeln sich nun auch schon in immer gröfseren Gesellschaften, zu vielen Hunderten. Wenn der Zug nach der zweiten Häutung seine neue Wanderung unternimmt, läfst er überall an den Gegenständen, über welche er geht, ein glänzendes, schleimähnliches Gespinnst zurück. Zugleich geben sie in dieser Zeit die gröfste Menge des entzündenden Staubes von sich. Vor der Verpuppung (Nie. S. 15.) halten sie die gröfsten Wan- derungen, theils weil sie jetzt die meiste Nahrung gebrauchen und die Bäume daher schnell entlauben, theils weil sie sich auf diesen Wanderungen mit immer zahlreicheren Gesellschaften vereinigen und mit Hilfe derselben das allgemeine Verpuppungsgespinnst anfertigen müssen. Dies wird gewöhnlich an der Sonnenseite, meist in der Nähe einer Astachsel, an einem gröfseren oder kleineren Baumstamme, je nachdem die Gesellschaft mehr oder weniger zahlreich ist, bereitet. Die Raupen setzen sich der Reihe nach zuerst neben einander, bis zum Umfange einer ausgebreiteten Hand, und dann über- und aufein- (*) Nach der Augalie des Herrn Beobachters sollte man glauben, dafs die Raupen nur zweimal sich häuteten. Ge- wifs häuten sie sich aber mehrmals, wie andere Raupen, und es ist wahrscheinlich nur nicht möglich gewesen, Eine Familie durch alle ihre Häutungen zu verfolgen. BOMBYX PROCESSIONEA. LEBENSWEISE. 123 ander, so, dafs oft 3 und 4 auf einander sitzen. Nachdem alle in einem Haufen versammelt worden sind, kriechen einige gröfsere hervor und überspinnen die ganze Gesellschaft so, wie es bei der Häu- tung angegeben wurde (Nie. S. 16.). An der einen oder andern Seite des Gespinnstes (s. Taf. IX. F.l.) bleibt eine Öffnung, ein Ein- und Ausgang, an welchem sich beständig einige grofse, recht vollkommene, gleichsam als Wächter aufhalten, um einigen Nachzüglern, welche noch nicht zur Verpuppung reif sind, den Eingang zu verwehren. Gröfsere, die etwa noch zurückgeblieben wären, erhalten dagegen Einlafs (!). Haben sich während der Zeit mehrere kleine neben dem Neste versammelt, so stellt sich einer der grö- fsereu Wächter an ihre Spitze und führt sie an eine Stelle, wo noch Nahrung zu finden ist. Hier bleiben die kleineren zurück und die gröfseren begeben sich wieder zum Neste. Dies wird nun im- mer mehr befestigt, zum Theil auch durch den Koth, welchen die darin sitzenden Raupen in Menge von sich geben. Innerhalb desselben spinnt sich jede Raupe noch ihren besonderen Cocon und verpuppt sich in demselben (*) (s. Taf. IX. Fig. 1.). Diese Gespinnstnester haben sehr verschiedene Gröfse, je (*) Um die Verpuppimg genauer zu beobachten, nahm Hr. Nicolai einige Raupen in eine Schachtel. Sie erfolgte aber über Nacht und entging daher der Beobachtung. Über das fertige Gespinnst kann ich als Augenzeuge einige Nachricht geben. Am 23. Juli und am 8. August 1838 erhielt ich durch die Güte der Hrn. v. Pachelbl und Schir- mer einige bedeutende Quantitäten der Prozessionsraupe in Kästen, mit Futter wohl versehen, zur Post. Sie hatten sich aber unterweges, bis auf einige wenige kranke, sämmtlich versponnen und ihre schon erhaltenen Häute (die mit zur Herstellung einer getreuen Abbildung beitragen und besonders hinsichtlich der zu untersuchenden, von Nicolai nicht gauz genügend beschriebenen, Haarbildung benutzt wurden) auf der Oberfläche zurückgelassen. In der einen Kiste lagen zwei grofse, kuchenförmige Nester, deren jedes 50-60 Cocons enthielt. Sie waren mittelst der langen, weifsen Haare, welche auch die Cocons umgaben, mit einander verbunden und auf der einen Seite mit einer Masse von Koth bedeckt. Die Cocons lagen übrigens unregelmäfsig, d. h. theils mit ihrer Längenaxe in der Breitendimension des Kuchens, theils diagonal. Der eine Kuchen war zwischen den Blättern eines Eichenzweiges mit vielem weifsen Ge- spinnst befestigt und die abgestreiften Häute lagen über denselben zerstreut. Der andere war ganz blofs und die Häute zu einem besonderen Pacquet versponnen neben ihm. In der andern Kiste fanden sich 3, aber ganz ähnlich gebildete Nester. Eins lag blofs und die beiden andern waren zwischen Eichenästen versponnen. Der gröfste Kuchen hatte die Gröfse einer Hand, war aber kaum 2 Finger dick. Vom 22. August bis zum Ende des Monats erhielt ich aus diesen Nestern eine Menge schöner, gesunder Schmetterlinge, die auch an die Holz- und Glaswände meines Zwingers legten. Noch mufs ich bemerken, dafs die Beobachter vor Nicolai (Reaumur, Bechstein, Esper) Manches anders beschreiben. Ich glaube aber nicht, dafs sie so genau wie Hr. Nicolai beobachtet und sich zum Theil vielleicht zu sehr nach der Lebensweise der lanestris (s. später) gerichtet haben. Nach diesen Nachrichten blieben die Ranpen wäh- rend mehrerer Häutungen unter einem und demselben Gespinnst, gingen des Abends ans demselben hervor auf den Frafs und kehrten des Morgens dahin zurück um den Tag über zu ruhen. Dies ist schon defshalb unwahrscheinlich, weil eine so grofse Menge von Raupen sehr bald einen Baum kahl gefressen hat und daher auf einen andern ziehen mufs. Nach jenen Angaben müfste man also glauben, dafs sie auch selbst auf den abgefressenen Baum in ihr altes Nest zurückkehrten, was gewifs nicht geschieht und von Nicolai auch au einer Stelle bestimmt geleugnet wird. Überdies sprechen auch die Nachrichten von Oken {Naturgesch. S. 159.), der das Insect ebenfalls genau beobachtete, mehr für Nicolai 's Darstellung. Er sagt nämlich, die Raupen hätten, so lange sie jung wären, keine feste Nieder- lassung, sondern schlügen ihr Lager bald da bald dort auf der Eiche auf, sie machten sich Gespinnste, unter denen sie nur während der Häutung blieben, und fertigten dann später wieder anderswo ein neues Gespinnst. Dafs sie bei Son- nenuntergang ausrückten, sagt auch er. Das kann wohl oft vorkommen, ohne dafs es gerade immer zu sein braucht. Bemerkenswerth ist, was er noch hinzusetzt: „auf den Blättern angelangt, marschiren sie auf und fressen in breiteren Linien neben einander. Auf diese Weise kann man sie in einem Zimmer alle mögliche Wendungen und Schwenkun- gen machen lassen, je nachdem man ihnen einen bestimmten Raum unterlegt, z. B. einen Fensterladen, auf dem sie sich so vertheilen, als wenn er mit einer Schnur eingefafst wäre." Die erwachsenen Raupen zu beobachten habe ich leider! nicht selbst Gelegenheit gefunden, bin dafür aber durch das interessante Schauspiel des Raupen-Durchbruches aus den Eiern, dessen kein mir bekannter Schriftsteller gedenkt, entschädigt worden. Im Freien möchte es auch nicht leicht sein, dies zu beobachten. Bei mir hatten, wie vorher erwähnt, mehrere Schmetterlinge an die Wände des Zwingers Eier abgelegt. Am 2. Mai entwickelten sich die ersten Räupchen aus denselben. Sie liefsen sich sogleich an Fäden Q2 124 Speceellee, Theil. nachdem grofsere oder kleinere Gesellschaften sich zusammenfanden, oft die eines Menschenkopfes. Das Gesammt-Einspinnen der Raupen sähe Hr. Nicolai in der letzten Hälfte des Juli oder zu Anfang des August erfolgen. Es richtete sicli danach, wie viel Nahrung die Raupen fanden und wie die Witte- rung beschaffen war. Hr. Kollar {schädl. Ins. S. 325.) hatte die Verpuppung schon Anfangs -Juli be- obachtet. Die ersten Schmetterlinge erschienen den 25. August, also in derselben Zeit wie bei mir die Rheinischen und Westphälischen Exemplare auskamen. Sie kriechen aus verschiedenen Öffnungen des Nestes hervor, vorzüglich bei Abend. Am 22. August hatte ich früh Morgens 3 Exemplare, Mittags wieder 1 und Abends 8 Uhr schwärmten schon 12-15 im Zwinger. Bei Hrn. Graff kamen einst die Schmetterlinge gerade um 5 Uhr Nachmittags zum Vorschein. Die zurückbleibenden leeren oder nur noch von Schmarotzern (s. nachher) bewohnten Nester, welche Hr. Kollar als schmutzige, schwammähn- liche von Stämmen oder Hauptästen herunterhängende Beutel beschreibt, bleiben noch viele Jahre sichtbar. Über BEGÜNSTIGENDE UND HEMMENDE EiNFLüssE, wclche auf das luscct wirken, wissen wir auch schon Manches. Die gütige Natur hat dasselbe so gut wie andere in Schutz genommen, und es i.st we- der von grofser Kälte noch von Nässe zu erwarten, dafs sie die Eier über Winter oder die Raupen im Sommer immer bestimmt tödten sollten. Hr. Nicolai wunderte sich sehr, als die Raupe im J. 1828 so zahlreich erschien, da der vorige Winter sehr nafs und kalt gewesen war und überdiefs schon im vorigen Herbste nur wenige und sehr schwach erscheinende Männchen und Weibchen da gewesen wä- ren. Dagegen fehlt es auch nicht an Beispielen, dafs die Raupe plötzlich durch die Witterung unter- drückt wurde. Hr. Borchmeyer erzählt, dafs die Raupen in den Jahren 1828 und 1829 wieder an denselben Orten gefressen hätten. Nachdem sie durch die ersten warmen Mai-Tage hervorgelockt, dann aber bis zum 9. Juni wieder durch Regen und Kälte verscheucht worden und nachher wieder hervor- gekommen waren, um in wenigen Tagen desto schneller alles kahl zu fressen, mufsten sie vom 28. Juni abermals dem kalten Regenwetter weichen. Ihr zahlloses Heer lag träge au den Zweigen hingestreckt. Mehrere nahmen ihre Zuflucht zu alten vorjährigen Nestern, weil die neuen Nester noch nicht fertig waren. An der Erde fand man sie an einigen Orten so gedrängt, dafs sie eine vollständige mit .Ge- spinnst überzogene Decke bildeten. Hier fanden sie endlich durch einen Gufsregen ihr Grab und die verwesenden Körper verbreiteten den widerlichsten Geruch. Auf der Erde und im Moose fand maa keine Verpuppungen, aber aus den alten Nestern kamen in den ersten September-Tagen gegen Abend ein- bis auf den Boden des Zimmers herab und sammelten sich zu kleinen Gesellschaften. Bald darauf begannen diese im Gänsemarsche vorzurücken. In der Entfernung von 2-3" hielten sie an und sammelten sich in Einen Haufen, um wel- chen sich der ganze Zug herumwickelte. So blieben sie die Nacht über sitzen und zeigten nur wenig Bewegung. Erst um Mittag des andern Tages begannen sie wieder eine Prozession, die natürlich wegen der Schwäche und Kleinheit der Räupchen nur sehr langsam vorschritt. Am 4. Mai hatten sich mehrere abgesonderte zahlreiche Gesellschaften ge- bildet, von denen sich aber öfters mehrere vereinigten und ganz willkürlich nachher wieder sonderten. Einmal ent- stand ein über 2" langer Zug, in welchem vorn 4-5 Räupchen neben einander marschirten, hinten aber nur eine ein- zige ging. Nach einigen Minuten ging die Bewegung plötzlich in entgegengesetzter Richtung, so dafs die Einzelne nun die vorderste wurde. Zuletzt bildeten sich auch ganz kleine Prozessionen von 3-5 Raupen. Einzelne wurden aus grö- fseren Zügen plötzlich emporgehoben und gewährten, da sie den Schwanz in die Höhe streckten, ein höchst eigenthüm- liches Ausehen. So gab es der Ansichten stets neue, und selbst Laien, denen ich sie zeigte, konnten sich nicht satt an den wunderlichen kleinen Thierchen sehen. Leider dauerte die Freude aber nicht lange, denn die Räupchen starben nach und nach, und 14 Tage nach dem ersten Auskommen war keius mehr am Leben. Ich hatte alles Mögliche ver- sucht, sie zu füttern: ihnen künstlich getriebene junge Eichenblätter, Eichenknospen, grofsere Zweige und Holzstücke mit Flechtenüberzttgen gegeben — aber Alles vergebens. Noch mnfs ich ausdrücklich bemerken, dafs ich nie eine Fä- den-Verbindung zwischen dem Kopfe der hinteren und dem Schwänze der vorderen bemerken konnte und dafs ich ge- o-en Nicolai's Beobachtung eines solchen Aneinanderspinnens um so mehr mifstrauisch geworden bin, als ich dies auch nicht bei den Prozessionen der pinivora bemerken konnte (s. S. 130.). BOMBYX PEOCESSIONEA. FeINDE. MeNGE. BEWEGLICHKEIT. FORSTLICHE BEroUTÜ&jtplä^^L.F zelne Schmetterlinge hervor. In den folgenden Jahren wurde keine Raupe wieder gesehen, bis im J. 1835 im Juli etwa 5' über der Erde an einer Eiclie wieder ein neues, aber schon von seinen Bewoh- nern verlassenes Nest gefunden wurde. Wärme dient zur Entstehung und Entwickelung des Insects. Es findet sich daher immer zuerst an einzelnen, der Sonne ausgesetzten Bäumen, deren es in Westphalen an Äckern, Wiesen und Weiden überall viele giebt. Auch in den geschlossenen Beständen wälilen sie, wie ich schon angeführt, immer am Liebsten die Wipfel-Partieen. Unter ihren Feinden sollen sich nach Nicolai (s. S. 30.) gar keine Vögel finden. Es läfst sich auch den- ken, dafs der ungewöhnlich stark entzündende Raupeastaub, Aei ja auch den Puppen anklebt, alle zu- rücksclieucht. Eier und Falter mögen sie wohl eher nehmen. Dagegen fehlt es nicht an Schmarotzern, welche ich selbst aus der kleinen, mir übersandten Partie Rheinischer und Westphälischer Exemplare erzog. Ich erhielt aber, aufser einigen kleinen Pteromalinen, nur Diptera und zwar drei, noch gar niclit beschriebene Arten: 1) Musca (Tacliina) ochracca (der veiiusta Meigen am Ähnlichsten, daher zu seiner Sect. Ca.** gehörig), nur 3-5'" lang und ausgezeichnet durch schöne ochergelbe Farbe des Kör- pers, schwarze oder schwärzliche Stirnstrieme, Fühler, Augen, Behaarung und durch weifsliclie Brust und Untergesicht. — 2) M. (Tachina) processioneae (zur Sect. Ca.** Meigen gehörig), 4 bis fast 5'" lang, blauschwarz und weifs schillernd, mit röthelnden Seitenenden der Mittelbrust, röthelnder Spitzenhälfte des Schildchens und röthelnden Söhlchen. Beide die Raupe kurz vor der Verpuppung tödtend und noch vor der Flugzeit der Falter fliegend. — 3) T. iUaca (zu derselben Sect. wie die vorige), 4'" lang, schwärzlichgrau mit gelblichen Tastern und Schienen, besonders ausgezeichnet durch ein röthlichgelbes Schildchen und röthlichgelbe Seitenflecken des Isten und 2ten Ringes. Hr. Nicolai (a. a. 0. S. 30.) spricht auch von Ichneumonen, die er zur Verpuppungszeit des Insects bemerkt haben will. Sollten diese nicht vielleicht gar aus andern Puppen, als denen der processionea sich entwickelt haben, so müfste man sie wenigstens als Seltenheiten ansehen, da ich glaube, dafs langhaarige Raupen meist nur von Fliegen und nur ungern von Ichneumonen angegangen werden. Auch Hr. Graff machte diese Er- fahrung an verschiedenen Euprepien. Was über die Menge, in welcher das lusect dann und wann erscheint, so wie über die Be- weglichkeit desselben zu sagen wäre, ist schon im Vorigen enthalten und wird auch im Folgenden noch einmal berührt. Hinsichtlich der forstlichen Bedeutung können wir dies lusect unbedenklich mit zu den s e li r schädlichen stellen, denn einmal wird dies durch den wirklichen Schaden, welchen die Raupen am Holze anrichten, gerechtfertigt, und dann kommt bei diesem Insect noch die gefährliche Einwirkung auf Menschen und Thiere in Betracht, welche dem Forstmanne auch nicht gleichgültig sein kann. Dem letzteren habe ich daher einen besonderen Abschnitt (hinter der Vertilgung S. 127.) gewidmet. Was die Holzverwüstungen betrifft, so werden diese noch von Manchen in Zweifel gezogen. Es mag auch aller- dings sein, dafs bei einem kräftigen Wüchse der Orte und einer mäfsigen Raupenmenge sich manch- mal sämmtliche Stämme wieder erholen. Es ist aber eben so bestimmt nachgewiesen, dafs der Forst- mann auch öfters harte Einbufse erleidet. Hr. Nicolai (S. 25.) erwähnt dies schon im Allgemeinen mit den Worten: „es bleibt auf grofsen Eichenwäldern nicht allein nicht ein Blatt und junger Trieb übrig, sondern viele Bäume, selbst grofse Stämme, sterben ab, vertrocknen, und wenn die Eichenwal- dungen zerstört sind, so begiebt sich das Insect auch auf die Birken, Erlen und Buchen, nicht minder auf die Äcker, und richtet am Flachse, an den Erbsen und Bohnen grofsen Schaden an (*)." An (*) Der Zusatz „dals die Prozessionsraupe den Eiolienpflanzungen melir als der Spinner dem Nadelholze schade ist aber nicht zu billigen. 126 Speciellek Theil. einem andern Orte (S. 8.) sucht er mit Recht den Grund der ßaumbeschädigungen darin: dafs die Ent- blöfsung von Laub (welche die Eiche am Wenigsten vertragen kann) zur Zeit der grofsten Sonnenhitze vorfalle. Ein practischer Forstmann, Hr. Borchmeyer, bestätigt dies auch mit den Worten: „Der gleich beim ersten Erscheinen dieser bei uns unvergefslichen, verhafsten Raupen befürchtete Nachtheil hat sich augenscheinlich bewährt. Sehr viele Bäume, welche zuvor als die kräftigsten bekannt ge- wesen waren, wurden theils gleich, theils in folgenden und in den späteren Jahren ganz trocken, an- dere bekamen dürre Zweige und Äste und wurden dadurch für ihre ganze noch übrige, unzweifelhaft auch bedeutend verkürzte Lebenszeit gezeichnet. Besonders litten auch die Eichenpflanzungen, welche von den Raupen befallen wurden. Ich habe dergleichen genau beobachtet und unmittelbar vorher über das rasche Wachsthum der vor 7 oder 8 Jahren geptianzten, etwa 20-25 Jahre alten Stämme mich ge- freut. Gleich darauf standen sie im grofsten Siechthum mit fast durchgehends trocknen, äufsern Zwei- gen und gewährten ein trauriges Ansehen. In diesem Zustande blieben sie 7 Jahre und nun erst be- ginnt das junge Leben wieder aufzublühen. Viele sind in der Zwischenzeit ganz ausgegangen." Zu diesen Nachrichten des Hrn. Borchmeyer macht Hr. v. Wintziuger ode noch die Bemerkung, dafs auch in den Königl. Preufsischen Forsten sich die angegebenen Folgen des Raupenfrafses gezeigt hät- ten, namentlich seien die im jungen Holze einzeln stehenden älteren Eichen Gegenstand der Verwüstung gewesen und hätten seit der Zeit ein kränkliches Ansehen bekommen. Die Chronik hat uns nur spar- same Nachrichten aufbewahrt. Das Insect scheint sich erst nach und nach weiter verbreitet zu haben, denn selbst im Regierungsbezirk Münster ist eine auffallende Erscheinung der Prozessionsraupe, wie Hr. Borchmeyer sagt, vor dem Jahre 1828 nicht vorgekommen, so viel sich wenigstens die älteren Leute erinnern konnten. Merkwürdig ist es, dafs im Jahre 1828 auch ein grofser Frafs in Österreich sich ereignete (Kollar S. 325.). In der Gegend von Preufs. Minden, Lübbecke, Herford, Bünde soll, nach der Mittheilung älterer Bewohner, das Insect sich nach Ablauf von 8-10 Jahren immer wieder in grofser Zahl zeigen (Nicolai a. a. 0. S. 25.). Es wäre also eine ähnliche Erscheinung der Periodicität wie beim Spinner, In dem von Nicolai beobachteten Falle hatte der Frafs auch einen dreijährigen Verlauf. Begegnung. Alle, die das Thier in der Natur selbst beobachtet haben, sind darin einverstan- den: dafs das beste Vertilgungsmittel das Abnehmen der Gespinnstbeutel mit den Puppen sei und dafs dieses zu Ende Juli's oder Anfang des August geschehen müsse. Man bewirkt dies an den niedrigen Baumtheilen mit einer stumpfen Hacke und bei den höher sitzenden Nestern mittelst einer Stange, an welche oben ein Eisen zum Abstofsen oder eine Klemme zum Abreifsen befestigt ist. Eine Hauptsache ist dabei aber, dafs man die Nester möglichst unversehrt herunter zu bekommen sucht, damit sie nicht zerbrechen und den vergiftenden Staub über die Arbeiter ausschütten. Hr. Borchmeyer ist von der Unfehlbarkeit dieses Mittels so sehr überzeugt, dafs er behauptet: gegen kein anderes Forstinsect könne der Mensch so wirksam einschreiten als gegen die Prozessionsraupe. Er wünscht daher auch, dafs selbst polizeiliche Verordnungen alle Waldbesitzer dazu verpflichten möchten, damit auch der Fahrlässige angespornt würde, durch die Unterlassungssünde seinem Nachbarn nicht gefährlich zu werden. Alle übrigen Mittel werden als schwerer ausführbar oder unwirksamer verworfen, namentlich das Eiersam- meln, weil es so viele Zeit und Mühe koste, das Raupensammeln und Schmetterlingsfangen aus demsel- ben Grunde und das Ziehen von Raupengräben defshalb, weil es, wenn es nicht etwa im lockern Flugsande geschehen könne, nichts helfe, indem ein ganzer Zug Raupen sich durch denselben eben so gut hindurchschleppe, wie über einen Bach ziehe (*). Man hat auch gegen dies Insect Theerbänder (*) Hr. Nicolai beschreibt dies (S. 35.) folgender Mafsen: Berühren sie auf ihrem Zuge ein Wasser, so ziehen BOMBYX PROCESSIONEA. MEDIZINISCHE UND POLIZEILICHE RÜCKSICHTEN. 127 um die Stämme empfohlen, um die Raupen abzuhalten. Dieses Mittel findet aber hier, wie überall im Grofsen, seine Gegenanzeige in der Unausführbarkeit. Auch in Gärten kann es nicht einmal viel hel- fen, weil die Raupen, wenn sie von den Bäumen abgehalten wurden, über die andern Gewächse her- fallen und hier oft noch unangenehmer sind. Hr. Kollar (S. 327.) schlägt vor, so lange die Raupen sich noch niclit so sehr vermelirt haben, besonders an lichten Stellen und Rändern, die einzeln stehen- den Bäume in Obacht zu nehmen und hier auch die Raupen in ihren Häutungsgespinnsten aufzusuchen, besonders in den Astachseln, wo sie bei Tageshitze oder Regen still säfsen. Medizinische und polizeiliche Rücksichten. Es ist .schon erwähnt, dafs der feine Haarstaub der Raupe (dessen Sitz ich in der Characteristik S. 120. beschrieb) auf Menschen und Thiere sehr un- angenehme, ja gefährliche Wirkungen hervorbringe. Hr. Nicolai hat uns auch darüber sehr gründlich belehrt. Der Haarstaub wird nicht allein von der Raupe, und wie es scheint willkührlich ausgeschüt- tet, sondern er bleibt auch an Gegenständen, an welchen sie vorüberzog, hängen und ist besonders in grofser Menge innerhalb der Verpuppungsgespinnste angehäuft. Diese schaden, da sie lange hängen bleiben, oft noch nach mehreren Jahren. Es ist daher auch leicht zu glauben, dafs er sich wähi-end des Frafssommers, seiner Leichtigkeit wegen, in der Luft schwebend erhalte und von dem Winde weit fortgeweht werde. Hr. Nicolai (S. 26.) sagt: Werden Heerden von Schafen, Ziegen, Kühen in einen Raupenort getrieben, wird mit Pferden darin gefahren, Holz geschlagen u.s. f., so entstehen bei den Thieren die heftigsten Krankheiten, die man schon längst beobachtet, oft auch von dem Kriechen der Raupen auf dem Körper der Thiere abgeleitet hat. Schafe werden am Meisten von Augenentzündung und heftigem Husten befallen. Dasselbe ist der Fall bei Kühen und Ziegen, die aufserdem noch innere Entzündungen und Beulen über die ganze Haut verbreitet erleiden. Da diese heftig jucken, so werden die Thiere sehr unbändig und rasend. Von Pferden sähe man es schon, dafs sie wie rasend umherliefen und wohl todt niederstürzten. Die Menschen laufen besonders Gefahr, wenn sie im Walde gehen, unter Bäu- men schlafen, Erdbeeren oder dergl. suchen, oder beim Holzfällen oder Raupen- und Puppen-Zerstören beschäftigt sind. Entweder giebt es Entzündungen der äufseren Theile (der Augen- und der Geschlechts- theile, heftig juckende Haut-Ausschläge) oder auch selbst, wenn Staub allein oder über Nahrungsmittel ausgestreuet, verschlucktwurde, der inneren Theile, namentlich entstehen Bräune, Hals- und Lungenentzün- dungen. In allen diesen Fällen kann man folgende, überall zu findende Mittel, nach Hrn. Nicolai an- wenden. Bei äufseren Entzündungen Einreibungen mit Öl, oder Bähungen und Waschungen mit Milch. Die Milch mindert das Jucken und Brennen. Ich selbst bekam, obgleich ich mich mit meinen wenigen Raupen sehr in Acht nahm, Ausschläge an den Fingern und per sympathiam über den ganzen Körper. Kalte Staubbäder vertrieben aber das Übel sehr bald. Bei inneren Entzündungen kann man in leich- teren Graden auch mit Milchtrinken oder Hinunterschlucken eines feinen Öles ausreichen. Bei heftigeren Symptomen werden eingreifendere Mittel nöthig und man mufs den Arzt rufen, der ein entzündungswi- driges Verfahren einleiten, oftBlutegel setzen, Brechmittel und dergl. reichen wird. Auf dieBrechmittel giebt Nicolai (S. 38.) besonders viel, da sie zur reichlichen Absonderung des Schleimes beitragen, der die Schärfe des Staubes einhüllt und reizlos macht. Sehr wichtig ist noch die Entdeckung des Hrn. Nico- lai, dafs der Haarstaub seine schädlichen Wirkungen nur auf nasse Theile, namentlich vom Schweifse befeuchtete, ausübt, auf der trocknen Haut aber ohne alle Wirkung ist. Leider ist das Schwitzen aber sie am Ufer herum, um eine Brüclie zu suclien. Finden sie auch iiur einen Baumzweig, der auf dem Wasser liegt, so hegeben sie sich darauf und suchen das andere Ufer zu erreichen, was ihnen um so eher gelingt, da der Zug ein Stücli hildet, sie alle zusammen hängen und die hinteren, deren immer mehr sind, die vorderen nachschieben. Hat nur eine erst das andere Ufer erreicht, so geht nicht ein Stück verloren, da sie gleichsam ein Band über dem Wasser bilden. 128 Specieller Theil. im Sommer nicht zu vermeiden, und man wird dem Übel nicht entgehen, wenn man nicht, wie Nicolai räth, alle dem Staube ausgesetzten Theile mit Öl oder Fett bestreicht. Dies heilt nicht blofs, wie schon vorhin angegeben wurde, sondern schützt auch. Gewifs ist dies leichter ausführbar, als die Menschen im heifsen Sommer, wie es Bechstein vorschlägt, mitLarven und Handschuhen zuwaffnen. In polizeilicher Hinsicht findet Nicolai (S. 35.) nöthig anzuordnen: dafs auf die angegebene Weise verpestete Wälder gesperrt oder mit Gräben umgeben werden; dafs also das Weiden des Viehes in solchen Wäldern verhütet werde, damit die Thiere nicht Schaden nehmen oder wohl gar dadurch, dafs sie wild werden, Menschen schaden; endlich auch, dafs das Sammeln von Beeren u. dergl. untersagt werde, weil nicht allein die Sammler Schaden nehmen, sondern auch das Gift auf der Oberfläche der Früchte verschlep- pen könnten. 9. Ph. B. (Gastropacha) pinivora Tr. Kiefern-Prozessionsspinner. [Taf. VIII. Fig.Snj' (früher fälschlich für jniijocampa gehalten) und Villa. Fig. 1.] Namen. Von verschiedenen Namen kann bei einer noch so wenig bekannten Art nicht die Rede sein. Meines Wissens ist auch der Name pinivora so gut wie noch gar nicht bekannt und steht erst an der einzigen Stelle bei Treitschke (Bd. X. Abth. I. d. Supplem. S. 194.), wo ich ihn erst kurz vor dem Beginn des Druckes bemerkte. Er hat auch eigentlich nur halben Anspruch auf Auctorität, da er nur nach einem einzigen männlichen Individuum gemacht wurde. Früher hatte ich die Art für neu gehalten und ihr in Briefen an meine Freunde den Namen ammophila beigelegt. In dem Ab- schnitt „Vorkommen u. s. f." habe ich gezeigt, dafs sie schon öfters bei uns vorgekommen ist, aber im- mer nur als Raupe bemerkt und mit dem Namen pitijocampa (*) belegt wurde. Characteristik. Der Falter, ist dem des Prozessionsspinners sehr ähnlich, in der Regel aber etwas kleiner, denn das Männchen hat gewöhnlich nur 13'", zuweilen aber auch bis 14'" und das Weib- chen an den beiden Exemplaren des Hrn. Kaden bis 17'" Flügelspannung. Die Grundfarbe ist heller und stark mit blassem Rothbraun gemischt, welches besonders deutlich an den Bindenrändern dec Vor- derflügel hervortritt und am ganzen schwarzeingefafsten Hiuterleibe herrscht. Die Binden der Vorder- flügel sind schwächei-, und der Raum zwischen den beiden ersten niemals ganz ausgefüllt. Auf den Hiu- terflügeln ist keine Spur von solchen Binden und nur am Innenwinkel ein dunkler Wisch, zuweilen auch der Franzensaum beim Männchen gefleckt. Die beiden ersten (Basal-) Binden sind so stark ge- nähert, dafs die erste mit ihrem (etwa in der Mitte) nach aufsen gewendeten Winkel die zweite berührt und oberhalb dieser Stelle zuweilen braunschwarz gefleckt ist. Die dritte Binde convergirt hinten mit der zweiten bedeutend, berührt sie aber höchst selten (wie T. VIII. Fig. 3 fc?), bleibt jedoch auch zuweilen so entfernt, dafs sie fast parallel sind (T. Villa. Fig. IfS). In dem, zwischen beiden bleibenden Mittel- felde steht ein winkeliger, zuweilen ausgefüllter Fleck. Aufserhalb der dritten Binde beginnt am Vor- (*) lu jenem Abschnitte werde ich ausführlich zu beweisen suchen , dafs pityocampa höchstwahrscheinlich gar nicht bei uns vorkommt. Sie kann hier daher auch nur mit wenigen Worten berührt werden. Hinsichtlich der Characte- ristik bemerke ich: dafs sie Atr pinivora als Falter aufserordentlich ähnlich ist und dafs sich eigentlich nur in der gröfseren Entfernung der beiden ersten (Basal-) Binden ein constanter Unterschied (s. Taf. VIII. Fig. 3 f g u. VIII. a. F. 2.) findet, der selbst bei einigen Exemplaren des Königl. Musei nicht ganz deutlich ist. Die übrigen von Treitschke angegebenen Unterscheidungszeichen sind sehr unsicher, denn ich habe kleine Exemplare der (allerdings beim Weibchen zuweilen bis 21'" gespannten) pityocampa und grofse der pinivora vor mir. In der hell rostgelben Farbe der Fühlerkämme kann ich durchaus nicht mit Sicherheit Unterschiede finden und eben so wenig laufen die 2te und 3te Binde immer (wie in Taf. Vin. Fig. 3 f c?) hinten zusammen. Obgleich sie bei pityocampa in der Kegel mehr parallel sind (Taf. Vni. Fig. 3 F 2 und VIII. a. F. 2f Q), so findeich sie doch auch bei einem Männchen hinten vollkommen vereinigt (T. Vlll.a. F. 2 a). Auch ist der Mittelfeldfleck hei pityocampa nicht immer halbmondförmig, sondern auch zuweilen winkelig (T. Villa. F.2 f Bissen zeigend), fein gekörnelt, schmutzig dunkelgrün (von der Weifsbuche). Vorkommen und Feass. Der Ringelspinner ist nicht blofs überall in Deutschland sehr gemein, sondern auch fast durch ganz Europa verbreitet, so gut im nördlichen (Schweden und Rufsland) wie im südlichen. Die Nahrung der Raupe ist sehr mannigfaltig. Sie lieben zwar vorzüglich Obstbäume, Hagebuchen und Pappeln, gehen aber auch auf alle übrige Laubhölzer. Von den abgefressenen Blät- tern bleiben oft kaum die Blattstiele stehen. Lebensweise. Die Flugzeit ist im Juli. Am Tage ruhen die Schmetterlinge, besonders die trä- gen Weibchen, an Stämmen, Zäunen, Pfählen, und bei Abend scliwärmen sie und suchen sich die 1-3- jährigen Ästchen, um die Eier in Form eines Ringes fest anzuleimen (s. Char. u. T. IX. F. 2 u. 3.). Diese überwintern, und es dürfte wohl nicht einmal als Ausnahme ein Beispiel für das Auskommen im Herb.^t aufzutiudeu sein. Im Frühjahre brechen die Räupehen oft schon im April, spätestens in den ersten Maitagen, daraus hervor, so dafs sie genöthigt sind, ihre erste Nahrung in den Knospen zu suchen. Ich sähe sie oft halb darin stecken und die Blütlien so schon im Keime zerstören. Bei kaltem Wetter bleiben sie noch mehrere Tage auf der Oberfläche des Eierringes sitzen und überspinnen denselben mit unzähligen Fäden. Anfangs entfernen sie sich nicht weit von ihrer Wiege, aber nach der ersten Häu- tung gehen sie schon auf einen andern Ast. Sie rücken dann jedes Mal, so wie auch, wenn sie durch grofse Sonnenhitze oder Regen belästigt werden, sehr nahe an einander und überspinnen sich, oft in Gesellschaft von mehreren Hunderten, unter einem gemeinschaftlichen Gewebe, am Liebsten in einer Astachsel, wo man sie auch schon in einiger Entfernung daran, dafs das Gespinnst den Winkel der Gabel aus- füllt, bemerkt. Dadurch sowohl, wie auch durch das gesellige Beisammenleben während des Frafses, der Tag und Nacht währt, kommen sie den Prozessionsraupen sehr nahe. Ist ein Baum abgefressen, auf welchem sie lebten, so wandern sie in Masse auf einen andern. Bis zur dritten Häutung bleiben sie so gesellig beisammen. Dann aber findet man sie auch einzeln zerstreut, und naht erst die Verpup- pungszeit heran, so findet man sie so gut an der Erde, an Zäunen und Mauern, wo sie ihren Cocon zwischen Ritzen befestigen, wie auch auf den Bäumen selbst, wo sie einige Blätter sehr geschickt zu- sammenziehen, um sich zwischen denselben einzuspinnen (s. T. IX. F. 4.). Dies geschieht gewöhnlich im Juni, so dafs der Falter öfters schon im Juni, in der Regel aber erst im Juli ausfliegt. Forstliche Bedectung und Begegnung. Der Ringelspinner verdient mit unter die sehr schäd- lichen, wenn auch nur des zweiten und dritten Grades, gestellt zu werden, zunächst in Beziehung zu den Obstbäumen, die nicht allein der Blätter beraubt, sondern auch am Fruchttragen verhindert wer- den. In den Jahren einer grofsen Verbreitung werden aber auch die eigentlichen Waldbäume befallen und Bechstein {Forstins. S. 289.) erzählt, dafs sie in den J. 1804 u. 1809 auch die Weifsbuchen, Eichen und Ulmen ganz abgefressen hätten. Auch Hr. R. v. Meyerinck fand sie im J. 1839 auf den Eichen des Lödderitzer Reviers in ungeheurer Menge. Man wird daher zuweilen gegen sie einschreiten müs- sen. In den Gärten zerstört man sie immer mit dem Goldafter und Baumweifsling zusammen, denn während man nach den Raupennesteru des letzteren umherspäht, bemerkt man auch die Eierringel des Ringelspinners. Sie sind zwar nicht so leicht zu finden, da sie die Farbe der Rinde haben und nicht Band H. S 138 Specieller Theil. grofs sind, allein bei einiger Übung erkennt man sie doch bald an der Hervorragung des Ringels um das Ästeben und an seinem eigenthümlichen Glänze (s. T. IX. Fig. 2.). Man schneidet sie mit der Gartenscheere oder bricht sie ab und verbrennt sie. Ist dies unterblieben oder nicht vollständig ge- nug bewirkt worden, so ist es noch ziemlich leicht, den Raupen beizukommen. Da sie gesellig fressen und sich gesellig in grofsen Klumpen verspinnen um sich zu häuten, so kann man hier mit einem Male eine grofse Menge zerquetsclien. Am Besten bedient man sich dazu eines kleineu aber scharfen Be- sens, mit welchem man aucli leiclit zwischen die Zweige und Blätter kommen und die Raupen, wenn sie auch nicht gleich zerquetscht werden, doch verwunden und herunterwerfen kann. Hr. R. v. Meye- rinck sähe, dafs sie in den Jahren 1830 und 1831, wo sie bei Neuhaldensleben auf Obstbäumen, Wein und räumen Eiciien Alles kahl gefressen hatten, mit eisernen Kratzen beruntergeholt und in Scheffeln gesammelt wurden. Im Lödderitzer Reviere konnte man gegen sie in den 8 -15jährigen Ei- cheuorten nichts macheu, weil sie hier überall zerstreut safsen. In den Heisterpflanzungen aber, wo sie sich an den Stämmen oder an den Zweigen alle dicht zusammensitzend fanden, bis dafs der Baum ganz entblättert war, unternahm man ihre Vertilgung, und zwar soll hier das Ausschiefsen mit Pulver sehr leicht und sicher zum Ziele geführt haben (s. das Allgem. S. 55.). Es war dies um so nöthiger : als die Heister den Insecteufrafs viel weniger vertragen als die jungen Schonungen. Gegen die Puppen ist, wegen ihres sehr zerstreuten Sitzes, nichts zu machen, und auch die Schmetterlingsjagd würde sehr mühsam sein. §§. Raupen gar niclit oder nur in der Jugend gesellig. (§. s. pag. 119.) 12. Ph. B. {Gastropacha oder Lasiocampa) Piiii Linn. K i efe ms p inner oder Spinner. (T. VII.) Namen. Der Spinner hat so zahlreiche, verschiedene Namen wie es seine Wichtigkeit und seine, einem Jeden auffallenden Eigenschaften erwarten lassen. Die meisten beziehen sich auf die von ihm bewohnte Holzart, die Kiefer, welche bekanntlich in manchen Gegenden von Laien auch Fichte oder Tanne genannt wird. Er heifst: Föhrenspinner oder Fichtenspinner, Fichten- oder Tan- nenglucke, Fichtenmotte oder Kienmotte, Fichteneule, Fichtennachtfalter, Fichtenwan- derer, Teufelskataen, Grofser Waldraupenvogel und die Raupe: Grofse Kienraupe, Rauhe Raupe. Der Name Glucke, welcher auch andern verwandten Arten beigelegt wird, bezieht sich dar- auf: dafs der Schmetterling im Sitzen die Flügel so herunterhängen läfst wie eine brütende Glucke ihre Flügel. Andere wissenschaftliche Artnamen als den bekannten Pinl hat das Thier nie gehabt, da es nicht zu verwechseln ist. Den Gattungsnamen hat man wohl geändert, indem Schrank den Namen Lasiocampa und Ochsenheimer Gastropacha gebrauchte. Zu Gastropacha werden dann noch die folgenden Arten neustria, processionea, pityocampa, pinivora und lanestris gerechnet. Gharacteristik. Der weibliche Falter (F. F£) hat über 3" Flügelspannung und bis 1,2" Länge. Der Kopf ist klein, fast ganz unter dem Halsschilde versteckt mit ziemlich grofsen Augen. Der Rüssel äufserst kurz, ganz zwischen den vorgestreckten Tastern versteckt. Die Fühler den Halsschild nicht überragend, bei den Weibchen ganz kurz, bei den Männchen sehr schön laug-doppelt-gekämmt. Rumpf und Leib besonders beim Weibchen, sehr dick. Die Flügel grofs und ganz, aber an den Hiuterrun- dern stumpf- und zum Theil nur uudeutlich-gezähnt. Das ganze Thier stark-, meist anliegend-, an der Ba- sis der Flügel aber, und zum Theil auch an den Beinen und dem Hinterleibe, abstehend-behaart. Die Farben sind einfach und nicht selir ansprechend, im Allgemeinen braun. Auf den HinterHügeln und dem Hinterleibe ist dies reiner, auf den Vorderflügeln und dem Rumpfe aber mit Grau gemischt. lu dea seltensten Varietäten ist es überall hell röthlich-braun. Die Hinterflügel stets einfarbig, die vorderen BujiBYX PiNi. Characteristik. 13& aber haben meist an der Basis einen verwaschenen Fleck und am letzten Drittheil eine Querbinde von grauer (Fig. f (j") oder rothbrauner (Fig. f^) Farbe. In dem Flecken, mehr am äufsern Rande, steht ein schneeweifser, halbmondförmig oder fast dreieckiger Punkt, und die Querbinde wird meist von bei- den Seiten, oder doch von der äufsern mit einem dunklen gekerbten oder gebuchteten Saume begrenzt, der zuweilen doppelt ist und sich auch wohl noeli einmal, parallel mit jenen am Aufsenrande des Weifspuuktes vorbeigehend, wiederholt. Die Unterseite der Flügel ist, wie Brust, Baucli und Füfse, einfarbig hell graubraun, lilfst meist die dunklereu Säume der Querbinde der Vordertlügel als dunklere Bogeulinien, die sich auch über die Hinterilttgel fortsetzen, durchschimmern. Die Kammstrahlen der Fühler von der Grundfarbe des Körpers, der Schaft aber heller, grauweifs. Die wichtigsten Farben- abänderungen, welche vorkommen, sind hier schon berührt, der unbedeutenderen giebt es aber unzäh- lige, und Ochsen heimer sagt mit Recht, dafs kaum ein Exemplar dem andern vollkommen ähnlich sei. Der schneeweifse Punkt in dem dunkleren Fleck der Basis und die Querbinde der Vorderflügel bleiben immer untrügliche Kennzeichen, deren es auch nicht einmal bedarf, da in Kiefern-Revieren gar kein älnilicher Schmetterling an der Kiefer vorkommt. Die Männchen (F. Fe?) sind kleiner als die Weibchen, haben auch einen dünnern Leib und unterscheiden sich auch noch durch die schön doppelt- gekämmten Fühler. In der Ruhe tragen Männchen und Weibchen die Flügel dachförmig geneigt und schieben sich, in der Begattung sitzend, mit den Hinterleibsenden so an einander, dafs sich auch die Flügelendeu noch zum Theil decken. Die Füfse werden ausgestreckt, die Fühler aber sind hart an den Leib ge- zogen (s. Fig.F", ein Paar an der Rinde in Begattung sitzende Falter vorstellend). — Die vollwüchsige Raupe (F.L.) bis über 3" lang (*), überall gleich dick, oder wenigstens nur höchst unbedeutend nach hinten verschmälert. Der Kopf grofs und ziemlich gewölbt. Die 6 Brustfüfse so wie die 8 Bauchfüfse und besonders die beiden Afterfüfse sehr stark. Bauch- und Afterfüfse mit breiter, etwas gebuchteter, hakiger Sohle. Die herrschende Farbe am Häufigsten aschgrau oder braun, seltener braunroth, roth oder gar schwärzlich, häufig aus allen diesen gemischt. Auf dem Rücken vom 4ten Ringe an dunklere (braune, schwarze oder röthliche) Flecke von fast herzförmiger oder rhombischer Gestalt. Zwischen je zweien ein heller Fleck, besonders grofs und dreieckig aber der zwischen dem 7ten und 8ten Ringe. Auch an den Seiten der Ringe ähnlich gefärbte Fleckchen und Pünktchen und meist ein deutlicher Schrägstricli vor dem Luftloche. Bauchfüfse und Unterseite stets heller, meist mehr oder weniger grün- lich, letztere in der Mittellinie röthlich. Luftlöcher schmutzig-weifs, an Stelle derselben am 2ten und 3ten Ringe ein helles, meist orangegelbes Fleckchen. Behaarung sehr ausgezeichnet. Die Haare lang (besonders unmittelbar nach der Häutung an den 3 ersten Ringen): die längeren Büschel greisgrau mit einzelneu, untermischten dunkleren, die einzelnen und kürzeren Büschel meist dunkler, theils fadenför- mig (T. I. F. ITa.), theils schuppenförmig (T. I. F. 17b), namentlich ein stahlblauesBüschel zu jeder Seite der herzförmigen Rückenflecke, eines auf der Mitte des Uten Ringes und ein sehr breites und dichtes in den Einschnitten des 2ten und 3ten Ringes — gewöhnlich der stahlblaue Nacken st reifen ge- nannt — welche sämmtlich mit einzelnen langen, schwarzen Haaren untermischt sind. Bei den jungen und halbwüchsigen, meist aber nicht mehr bei den vollwüchsigen, auf der ganzen Oberseite eine Menge silberweifser (besonders unmittelbar nach der Häutung vortrefflich glänzender) Schuppenhaare. Die Mannigfaltigkeiten im äufsern Ansehn sowohl der Behaarung als auch der Farben so grofs, dafs kaum zwei Raupen vollkommen übereinstimmen. Characteristisch bleibt immer der stahlblaue Nackenstreifen, der aber nur deutlich hervortritt, wenn das Thier nach einer Berührung den Kopf nacJi unten wirft (*) Nach Hrn. Hartig {Allg. F. ii. J. J. Jalirg. VI. S. 164.) soll die Gröfse der ausgewachsenen Raupen bis 4'/2" steigen. Solche Stücke sind mir lebend nicht vorgekommen, wohl aber sähe ich ausgeblasene von der Länge. S 2 140 Specieller Theil. (i>. Taf.VlI. F.L die Seitenansicht der nicht fressenden). — Junge Larven von 2-3Tagen (s.Taf.VII. F.l' an der Rinde) sind kaum 3'" lang und lassen sich kaum für Kienraupen erkennen. Von den stahlblauen Nackenstreifen ist noch keine Spur, sondern an Statt deren braunschwarze Einschnitte. Die 3 ersten Ringe schmutzig gelblich-weifs, auch die folgenden, welche nur zu jeder Seite der Mittellinie entschieden gelb sind und zu jeder Seite der Mittellinie vorn ein gröfseres und dahinter ein kleineres, dunkles, mit Haarbüscheln besetztes Wärzchen, wodurch auf dem 4ten Ringe eine todtenkopfähnliche Figur entsteht, tragen. . Die der beiden letzten Ringe sind die grofsten und die des vorletzten treten wie zwei starke Kugeln hart aneinander. Die Haare schwarz und weifs gemischt, besonders am Isteu Ringe selir lang, fast die halbe Körperlänge erreichend. Der Kopf gröfstentheils hell braungelb, und nur Stirn, Gesicht uudMundtheile dunkel. Angefafst bewegen sie sich mitunglaublicher Geschwindigkeit, fast wie eine hin- und herschleuderude Mückenlarve im Wasser. Nach der erstenHäutung (F.l' amZweige), die oft schon nach 14 Tagen eintritt, erhalten sie die stahlblauen Einschnitte und werden den erwachsenen überhaupt schon sehr älinlich, nur dafs die Färb en weniger variiren und bei allen vorherrschend hellbraun sind. — Die Puppe(F.p' v.d. Seite u.p"v. hinten) 12-18'" lang, etwas gedrungen, am Kopfe schmal. Flügel über die Hälfte des Körpers hinausragend, schwach gerippt, stark eingedrückt in der Mitte: die unteren hintern ziemlich breit vorragend. Glieder ziemlich stark vorragend: die Fühler, welche beim Männchen etwas breiter und stärker gewölbt erscheinen, bis zum Ende des Isten Fufspaares reicliend. Die Flügel auf ansehnliche Länge zusammen- stofsend und die Spitzen des 3ten Fufspaares ganz verdeckend. Augen scliwach vorragend und zwi- schen denselben gar keine Wölbung. Kopf- und Halsschild mit deutlichem, glatten Mittelleistchen. Hin- terleib allmälig verdünnt und abgewölbt endend. Hinter der Afterspalte eine mit rothbraunen, die Puppe an den Cocon befestigenden, Hakenbörstchen dicht besetzte Wulst. Der ganze Hinterleib und Rücken des Halsschildes mit rothbraunen Härchen. Farbe braun, am Hinterleibe heller, am Halsschilde und den Gliedern dunkler. Sie liegen in einem elliptischen, an beiden Enden verdünnten, weifsen oder schmutzig grauen, mit einzelnen Raupenluiaren durchwebten Cocon, welcher an dem am Meisten ver- dünnten Ende eine mit wenig Fäden versponnene Öffnung hat, die der auskommende Falter durchbricht. — Die Eier (Taf. VII. Fig. E) fast von der Gröfse der halben Hanfkörner, rundlich-elliptisch, an einer oder an beiden Seiten schwach eingedrückt, an einem Ende mit dunklem Fleckchen, gleich nach dem Legen bläulich-grün, später perlgrau (s. d. Eier am Ästcheu), glatt, an Rinde oder an Nadeln in kleineu nackten Gruppen abgelegt. Sehr leicht können damit die Eier der Ph. B. Bubi verwechselt werden, noch dazu, da sie sich ganz zu derselben Zeit wie die der Pini finden. Obgleich deren Raupen gar nicht an der Kiefer leben, so findet man doch die Eier häufig an derselben abgelegt, wie sich dies z. B. in Boytzenburg ereignete. Indessen sind die Eier der Bubi kleiner, mehr abgerundet-viereckig, haben stärkere Eindrücke, und besonders markirt sich der Punkt an der Spitze viel stärker, indem er schwarzbraun, von fast weifsen Kreisen umgeben ist, während dieser Punkt bei den Eiern der Pini, so lange sie noch grün sind, dunkelgrün erscheint und rings herum heller. Auch sind die letzteren voll- kommen oval und nirgends abgerundet-eckig. — Der Koth junger Räupchen (wie er sich in der Re- gel im Nachsommer oder Herbst findet) ist schmutzig gelbgrüu, so fein wie Schiefspulver, und nur aus wenigen kleinen rhomboidalen (also schief abgenagten) Bissen zusammengeklebt. Dennoch ist er schon grofs genug und so hell gelbgrün, dafs man ihn unter den Bäumen, besonders auf den Gestell- und Sandwegen und alten gelben Blättern, leicht bemerken kann (T. VII. F. K'). Von der halbwüchsigen Raupe hat er schon eine ziemlich regelmäfsige, walzige Form und von der ganz ausgewachsenen erlan- gen die einzelnen Stücke fast 4"' Länge (F.k). Sie zeigen mehrere Längsfurchen und sind auch durch 2 Quer- eindrücke rund herum so deutlich eingeschnürt, dafs jedes Stück 3 Absätze hat. Nach einigen Wochen verwandelt sich die hellgrüne Farbe in eine schmutzig gelbe, so dafs die Kothstückchen den abgefalle- BojrBYX rixi. Vorkommen und Frass. 141 nen mäuulicheu Kiltzclien der Kiefer (Taf. VII. Fig. 0) sehr ähnlich sehen, die sich aber immer durch ilire eiförmige Gestalt und das Stielcben unterscheiden, welches über die HüllbUlttehen hinausragt. VoitKOMMEN UND FiiAss. Der SpinuBr kommt in grofser Menge nur in Kiefernforsten vor, nach Hrn. Koller (schädl. Ins. S. ;i3G.) auch auf Pinus nlgricunü. In gemischten Beständen mag die Raupe einzeln, oder in der Noth auch wohl iiiluliger, auf andere Nadelhölzer gehen. In unserem Forstgarten saiie ich wenigstens, wie sich einzelne Raupen auf Fichten (ja sogar auf Pinus alba) und auf Lärchen grofs gefressen und an den Nadeln versponnen hatten. Sie waren mir aus einem Kasten-Zwinger ent- wischt und liätteu nicht weit zu wandern nöthig gehabt, um auf Kiefern zu kommen. In der Görlitzer Heide wurde einmal beobachtet, dafs die Raupen, nachdem sie weit und breit alle Kiefern abgefressen hatten, auch die Fichten (durchaus aber nicht die Tannen) angriffen. Es fanden sich aber bald eine Menge todter Raupen unter den Bäumen zum Beweise, dafs ihnen die Fichteunadeln schlecht bekom- men waren (Rischke im besorgt. Forstm. S. 374.). Eingesperrte, denen ich verschiedenes Laub vor- warf, rülirten aber dasselbe nicht an. Nachdem sie mehrere Tage gehungert hatten und ich ihnen Fich- tenzweige gab, fielen sie gierig über diese her. Andere, als Nadelnahruug scheint ihrer Natur gänzlich zuwider zu sein. So erwähnt auch Henne rt (Baup. u. Windbr. S. 24:.), dafs eine Menge Raupen, wel- che einst aus einem an Felder grenzenden Reviere auf Getraide gekrochen seien, hier den Tod gefun- den hätten. Auch Bechstein (Forstins. S. 283.) sagt, dafs er im Jahre 1791 eine grofse Menge Rau- pen von Flachs getroften habe, den sie wahrsclieinlich für junge Kiefern augesehen hätten. Reine Na- delholzbestände ziehen sie noch mehr den gemischten vor, als andere Raupen. Der Grund liegt gewifs einmal in dem schon Theil I. S. 10 Angegebenen und dann auch wohl noch darin: dafs die Kienraupe mehr die trocknen Nadeln eines sandigen Bodens, auf welchem keine gemischten Bestände gedeihen, liebt als die sehr saftigen (*). Hr. v. Span genb erg (Hartig' s F. u. J. Arch. Jahrg. III. H. 1. S. 67.) berich- tet, dafs bei dem, in den Jahren 1802 u. f. in der Lausitz wüthenden Frafse, die schönen, geschlosse- nen Bestände auf moorigem, torfigen, feuchten Holzboden verschont geblieben wären, weil, wie er sich ausdrückt, diese sich mehr dem naturgemäfsen Zustande der Forsten näherten. In der Herrschaft Mus- kau litten die Forsten ebenfalls wenig, weil sie zum Theil eine niedrige, feuchte Lage haben, zum Theil aber nicht durch Streurechen entkräftet waren. Am Häufigsten sind die Beispiele eines ausgedehnten Frafses in älterem, 80-100-jährigen Holze vorgekommen, jedoch werden auch sehr leicht die jüngeren, mittelwüchsigen Bestände angegangen. Dafs dies gar sehr veränderlich ist, ersieht man aus den so sehr abweichenden Meinungen. Unser Herr Ober-Landforstmeister Reufs sähe den heftigsten Frafs in mit- telwüchsigem Holze und auch Bechstein führt das 15-40-jährige Holz als das am Häufigsten gefähr- dete an, wogegen Hr. Pfeil und Hr. v. Bülo w-Rieth den Frafs am Meisten und Stärksten in älterem Holze beobachteten. Ich meinestheils habe dreimal einen grofseu Frafs in hohem Holze gesehen und jedesmal in mittelwiichsigem (Potsdam, Boytzenburg und Himmelpforte). Wahrscheinlich spielt also der Zufall, wie man es gerade trifft, eine wichtige Rolle. Man kann vielleicht nur sagen: das ältere schlecht- wüchsige Holz disponire mehr zu einem Frafse (z. B. bei uns im Biesenthaler Reviere Jagen 102, (*) Der Herr Förster Keg'ener sucht deu Grund des Prosperireus der Kieuraupe in reinen Kiefernbestäuden auch noch in Folgendem. Solche Bestände sind im Sommer wärmer als die andern, und nur in einer gewissen hohen Tem- peratur kann das Insect gedeihen. Die bekannte Erscheinung, dafs die Raupe sich nicht gern in jungen Schonungen ansiedelt, sucht er dadurch zu erklären: dafs in diesen durch Beschattung der bis tmten hin benadelten Zweige immer eine grüfsere, der Raupe unaiigenehme Kühle erzeugt würde (s. Lebensweise den Abschnitt der begünst. Einflüsse). Er behauptet, dafs er sich in den berüchtigtsten Ravipenjahren in der Uckermark und in deu Revieren seiner Gegend über- zeugt habe: es fände kein verheerender Raupenfrafs in den mit Laubholz oder Graswuchs (?) besetzten Kiefernwäldern Statt (s. Begegnung L). 142 • Specieller Theil. 103 etc., wo wir Jalir aus Jahr ein einzelne Raupen und oft nur liier allein, haben), derselbe erstrecke sich aber, bei der geringsten begünstigenden Veranlassung, so gut auf ältere wie auf jüngere Bestände. Wo Samenbäume in Dickungen verwachsen sind, findet man sie zuerst auf diesen (Pfeil Insect. Schad. S. 25.). Weniger leiden die Stangenhölzer und die Schonungen, wahrscheinlich weil in diesen im- mer noch der kräftigste Wuchs Statt findet und diesen die Raupe nicht liebt. Eine merkwürdige Be- obachtung wurde im Jahre 1837 im Annaburger Reviere gemacht. Beim Abklopfen eines 26-jährigen Stangenortes zeigte sich der vor einigen Jahren durchforstete Theil desselben offenbar stärker befallen als der nicht durchforstete. Dies spräche gegen die Annahme des Hrn. v. Zychlinski, welcher in dem lichten Stande der Bäume einen Schutz gegen Raupenfrafs sucht. Er glaubt auf seinem Re- viere bemerkt zu haben, dafs durch lichte Bestände die Schmetterlinge (besonders durch nächtliche Gewit- terstürme) getrieben und am Ablegen der Eier verhindert wurden. In der Richtung von W. nach 0. hatten sich auch die Raupen, von der Mecklenburgisclien Grenze her, über sein Revier verbreitet. Wenn man sie in Schonungen antrifft, kann man ziemlich sicher darauf rechnen, dafs die legenden Weib- chen nur hierher verschlagen wurden. Derselbe Grund ist wohl auch dann vorhanden, wenn sie sich auf einzelnen, ganz isolirten Horsten von Kiefern finden, wie ich dies auf der Südseite der Spiegelsberge bei Halberstadt im Jahre 1837 bemerkte. Ich fand hier den 9. September Eier und junge Räupchen. Vor einem solchen Überfliegen sind selbst die besten Reviere nicht sicher, und in der Noth verschont die Raupe kein Alter und keinen Wuchs der Kiefern. Ich habe in der Schonung bei Werueuchen selbst die niedrigsten PHanzeu und Kusselu mit Raupen bedeckt gesehen. Sie zeigen bei ihrem Frafse manche Eigenthümlicbkeit. Während ich die halbwüchsigen und älteren Raupen am Liebsten die vor- jährigen Nadeln befressen sähe, gingen die ganz jungen, 1-2 Wochen alten eben so gern an die jun- gen, diesjährigen als an die älteren Nadeln. Diese kleinsten Räupchen nagen aber, eben so wie die Nonuenräupchen, nur so wenig von den Nadeln ab, dafs letztere wie von Curculio incanus befressen aussehen und harzige Frafsränder haben. Die schon etwas stärkeren fressen dann schon die Nadel an der einen Seite der Mittelrippe herunter. Oft sieht man aber auch schon die jungen, kaum 2 Wo- chen alten die jungen Kiefernnadeln bis zur Scheide abfressen. Sie beifsen zuerst die Spitze ab und verkleinern den Stumpf gleichmäfsig von oben nach unten der ganzen Breite nach (gewöhnlich in 8-12 Bissen). Auch beifsen sie wohl die Nadel in der Mitte an und fressen so tief hinein , dafs die obere Hälfte nur noch daran hängen bleibt. Das scheint weniger vom Alter als von andern Umständen, z. B. dem Wetter, der Jahreszeit u. dergl., abzuhängen, denn ich sähe einst im October, dafs kräftige Raupen, die schon 8 Wochen alt waren, blofs die eine Seite der Nadel abfrafsen oder wohl beide Seiten, so dafs die Mittelrippe, wie beim Afterraupenfrafse, stehen blieb. Wenn sie ausruhen, sieht man sie häu- fig platt an die Nadel gedrückt sitzen, und zwar meist den Kopf nach der Scheide hin gerichtet. Es wollte Jemand sogar beobachtet haben: dafs sie jene bei der Gelegenheit mit verletzten und daher qua- litativ so schädlich wie die erwachsenen wären. Ich habe das aber, obgleich ich sie so häufig fütterte und zu den verschiedensten Zeiten besuchte, nie beobachten können. So bald sie Nadeln genug hatten, frafsen sie diese nur bis an die Scheide ab und nur bei eintretendem Mangel auch diese mit weg. Diese ist die gefährlichste Verletzung, denn die jungen Maitriebe, wenn sie so ganz der Nadeln beraubt werden (s. den untersten Trieb an dem Zweige der Tafel VII.), sterben noch vor dem Winter ganz ab und erhalten ein braunes welkes Ansehen. Eine halbwüchsige Raupe braucht 5 Minuten um eine Nadel zu verzehren, wenn sie dabei bleibt. Sonderbar, dafs sie dann immer gleich die andere desselbigen Paares vornimmt und nicht eine von einem anderen Paare, wenn ihr diese auch näher läge, als jene. Ich habe in den J. 1837 und 1838 sehr sorgfältig dieselbe Raupe, von der ich die Häutungen im Allgemeinen (s. S. lü.) angab, auch hinsichtlich ihrer Gefräfsigkeit beobachtet und jeden Tag verzeichnet, wie viel RoMBYX PiNi. Lebensweise. Entwickelung. 143 sie verzeliit liatte. Wenn ich da die ivurze Zeit des Herbstfrafses bis zur ersten Hilutung, während welcher nur kleine, niciit gut zu berechnende Nadeltheile verbraucht wurden, abrechne, so hat die Raupe 815 ganze und 14 lialbe Nadeln bis zu ihrer Verpuppung gefressen. Die Raupe war übrigens sehr kräftig und der aus ihrer Puppe iiervorgehende Falter vollkommen entwickelt, so dafs man an- neiimen darf, die ganze Erzieliuug in der Stube wird von der Entwickelung anderer Raupen im Freien uiciit sehr abweichend gewesen sein. Wollten wir den letzteren auch etwas mehr Kraft zuschreiben und die bis zur ersten Häutung verbrauchte Nadelmenge etwa auf 50 anschlagen, so würden auf jede normal sich entwickelnde Raupe durclischnittlicii 1000 Nadeln zu reclinen sein. Da es sich nun ziem- lich leicht berechnen lassen wird: wie viele Nadeln ungefähr ein Baum von gegebenem Alter hat, so wird man nun auch leicht beurtheilen können: wie viele Raupen etwa dazu gehören ihn kahl zu fres- sen (*). Hr. Fintelmann beobachtete einst einen von der Kienraupe heimgesuchten Bestand, in wel- chem die After raupen kurz Torher gehaust hatten. Da die letzteren hier die zweijährigen Nadeln ver- nichtet hatten, so mufsten die Raupen die einjährigen annehmen, welche sie bis auf 1-2"' lauge Stümpfe abfrafsen. Lebensweise. Zuerst die Entwickelung des Insects. Bei beschränkter Verbreitung und be- ginnendem Frafse ist die Flugzeit ziemlich regelmäfsig um die Mitte des Juli. Bei Abend sieht man nicht allein die Männchen herumschwärmen, sondern auch die Weibchen, welche allerdings die träg- sten und schwerfälligsten unter allen sind, die ich kenne. Wenn daher ein so entferntes Überflie- gen, wie ich es schon öfters beobachtet habe Statt findet, so müssen die Thiere schon durch einen aufserordentlichen Luftzug in Bewegung gesetzt worden sein. S. das Allgem. S. 22 und den Ab- schnitt von der Beweglichkeit des Spinners. Diese Schwerfälligkeit der Weibchen macht es auch erklärlich: warum sie alle so niedrig, und allermeist in erreichbarer Höhe, sitzen. Gegen Regen und starken Wind müssen sie doch sehr empfindlich sein, denn sie sitzen regelmäfsig an der Seite, die sie dagegen schützt. Bei anhaltendem Regenwetter drücken sie sich auch wohl zwischen die Rin- denspalten oder in die Vertiefungen, welche von zwei Ästen eines Baumes gebildet werden. Die Rich- tung nach einer Weltgegend erleichtert das Aufsuchen derselben sehr. Den Anfang der Begattung habe ich nie beobachten können, denn sie tritt wahrscheinlich erst in tiefer Nacht ein. Am andern Morgen findet man Männchen und Weibehen gewöhnlich in der, auf Taf. VH. an der Rinde abgebildeten Stellung (d. h. das Männchen nach unten gerichtet) zusammen, und so bleiben sie auch noch den ganzen Tag. Das Ablegen der Eier erfolgt dann nach einigen Tagen oder, wie ich in einigen Fällen sähe, auch wohl erst nach 8 Tagen. In einem Falle, nachdem das Weibchen bis zum andern Abend 10 Uhr in copula (*) übrigens dürfte es nicht unwichtig sein noch hinzuzufügen, in welchem Verhältnifs der Frafs gegen die VoU- wüchsigkeit hin sich steigerte. Bis zur 6ten (letzten, freien) Häutung (gerade bis Ende Jvtni) hatte die Raupe gefres- sen (abgerechnet jene 50 vor der ersten Häutung) 464 ganze und 14 halbe. Ganz uuverhältnifsinäfsig erscheint daher die Zahl von 151 Nadeln, welche die Eaupe vom 1. bis zum 2. Juli (also gleich nach der Häutung) gefressen hatte. Vom 2. bis 4. wurden noch 150 verbraucht, vom 4. bis 5., welcher den ganzen Frafs beschlofs, nur noch 50, und zwar alle fast nur von vorjährigen Trieben, so dafs ich die Maitriebe meist ganz unberührt wieder aus dem Zwinger nahm. — Sehr specielle Versuche sind in dieser Beziehung von Hrn. Reg euer, besonders um den Einflufs der Wärme zu zeigen, angestellt worden. Er ermittelte, dafs eine jede Raupe vom Ausschlüpfen bis zur Verpuppung durchschnitt- lich */5 Loth Nadeln gebrauche (d. h. als trockner Koth gewogen). Er berechnete nun, dafs, wenn 1 Pfund Nadeln in einem Tage verzehrt werden sollten, bei + 12-15° R. dazu 4754 Raupen erforderlich wären, aber bei -\- 19-22° R. nur 2218 Raupen. Und um 1500 Pfund Nadeln (,etwa die Menge von einem Morgen, trocken gewogen im Durchschnitt) in 20 Tagen zu verbrauchen, wären bei 12-15 R. an 356,571 Raupen nöthig, aber bei 19-22° nur 166,400 Raupen! Man ersieht daraus, dafs in einem warmen Sommer gar nicht so viele Raupen dazu gehören, einen Bestand gänzlich zu entnadeln. 144 Specieller Theil. gesessen hatte, legte es gleich in der Nacht darauf und zwar sämmtliche Eier (210!). Auch bei dem Ablegen benimmt sich das Weibchen sehr träge, und das ist auch der Grund: warum nicht alle Eier auf eine Stelle gelegt werden. Man sieht dies sowohl im Zwinger, wo sie die Eier in kleineren run- den und kettenförmigen Haufen zerstreuen, wie auch im Freien, wo man selten mehr als 50 beisammen liegen sieht, und doch legt ein Weibchen mindestens 100-150 oder auch wohl über 200 Eier. Sie liegen in unordentlichenHaufen, meist nur neben einander, ganz oberflächlich ohne Hülle oder Überzug, theils an der Rinde der Kiefern, theils um die Nadeln und die Ästchen des Unterholzes herum (s. Taf.VH. E,E'). In der Krone desBaumes werden gewifs nur selten Eier abgelegt, da die Weibchen so gern niedrigsitzen. Nach8-12 Tagen stirbt das Weibchen und die Räupchen entwickeln sicli aus den Eiern nach 20-25 Tagen, nach Hrn. Regen er, bei ungünstiger Temperatur, auch wohl erst nach 36 Tagen. Hr. Fintelmann hatte dagegen im J. 1836 schon nach 13-15 Tagen junge Räupchen und Hr. Grafshoff (Pfeil's krit. Bl. VII. 2. 197.) in einem südlich gelegenen Fenster schon in 10 Tagen (wobei jedoch wohl das Ablegen nicht ganz genau bemerkt worden war). In einem Keller kamen die Eier bei Hrn. Grafshoff erst nach 6 Wo- clien aus, gröfstentheils verdarben sie hier aber. Dies geschieht also gewöhnlich gegen die Mitte des August. Da jetzt die wärmste und beständigste Jahreszeit ist, so eilen auch die Räupchen gleich ih- rem Frafse zu, den sie auf dem Unterholze schon bei der Hand finden, wenn sie daselbst auskom- men. Die an dem hohen Holze auskommenden besteigen den Baum gleich mit grofser Leichtigkeit, wobei ihnen gewifs das Spinnvermögen, welches sie in dieser frühesten Jugend in ausgezeichnetem Grade besitzen, sehr zu Statten kommt, vielleicht auch in der bei Monacha geschilderten Art. Sie sind erstaunlich beweglich und schnellen, wenn man sie berührt oder stört, mit dem Kopfe und Schwänze unglaublich schnell hin und her. Ich habe öfters bemerkt, dafs sie den gröfsten Theil der Schalen der Eier, aus denen sie kamen, verzehren. Daher findet man auch da, wo sie glücklich aus- schlüpften, so geringe Überreste der Eier. Auf Taf. VII. sind an den Nadeln (Fig. E' undE") einige solche zerbrochene, inwendig perlmutterglänzende Eier abgebildet. Die anderen, mit dem schwarzen Punkt bezeichneten, waren von Iclmeumonen bewohnt gewesen. Der Frafs der jungen Räupchen dauert nun bis zum Eintritt des Frostes, ist aber, wie aus den S. 142 mitgetheilten genauen Erfahrungen her- vorgeht, zu dieser Zeit noch nicht so gefährlich. In der Regel haben sie im October auch erst die Dicke eines schmalen Gänsekiels. Wenn sie aber nur 3-4 Wochen früher ausgekommen sind, so sind sie auch bedeutend stärker. Je später sie dagegen aussehlüpften, desto kleiner und dünner sind sie zum Winter. Sie steigen nun gewöhnlich von den Bäumen herab und beziehen das Winterlager un- ter Streu und Moos. Geht dies bis dicht an die Stämme , so bleiben sie auch in unmittelbarer Nähe derselben. Sind diese aber am Fufse entblöfst, vielleicht durch früher schon einmal vorgenommenes Raupensammeln, oder wenn hier Schweine brachen oder Streurechen vorgenommen wurde, so entfer- nen sie sich von ihnen, bis dafs sie die schützende Decke finden. Sie liegen, ringförmig gekrümmt, entweder platt auf der Erde oder wühlen sich auch wohl, besonders wenn sie von oben nicht viel Schutz finden, etwas in dieselbe ein, jedoch nie so, dafs sie von derselben ganz bedeckt würden. Dafs sie den ganzen Winter über auf den Bäumen blieben oder sich auch nur in Rindenspalten versteckten, davon giebt es keine glaubwürdige Beispiele. Ich habe selbst Versuche angestellt und sie in Mitten des Winters zwischen schützende Rindenspalten verwahrt, aber sie starben mir hier entweder, oder waren auch bei gelindem Wetter hervorgekrochen und hatten sich auf den Boden fallen lassen. Es ist dies um so auffallender, als sie doch am Boden einen hohen Grad von Kälte vertragen können. Ja sie sollen sogar, wenn man sie versuchsweise in Wasser einfrieren läfst, nach dem Aufthauen ungestört fortleben. Mir ist dieser Versuch aber, den ich mehrmals anstellte, nicht geglückt. Ich liefs eine ganze Quantität Raupen im Februar des J. 1837 im Wasser einfrieren, fand sie aber, nachdem ich sie schon BoMBYX PiNi. Lebensweise. Entwickelung. 145 den dritten Tag allniillig liatte auftliauen lassen, todt. Die Eanpen hatten in einem kalten Zimmer iibenvintert. Yielleiclit wäre das Resultat anders gewesen, wenn ich sie eben erst aus dem Winter- lager aufgesammelt hätte. Hrn. Regener' s Versuche bewiesen aber noch: dafs sich die Raupen nich^ zu viel bieten lassen und dafs namentlich nicht nasse, in Moos gehüllte, und in einer durchlöcherten Schachtel grofser Kälte ausgesetzte Raupen sterben. Der Sciuitz der Waldbestände ist der Raupe da- her wohl sehr nöthig. Mehr darüber bei den begünst. u. hemmenden Einfl. Im Ganzen lehrt die Erfahrung, dafs die Raupen viel aushalten können, sich doch aber öfters auch recht empfindlich zeigen. Ich glaube, das ist auch der Grund, warum die Raupe sich nicht gern in feuchten Niederungen hält. Auch die Fälle (*), in denen die Raupen noch im November oder Dezember auf den Bäumen gefunden wurden, gehören zu den Ausnahmen. Haben sie einmal das W^interlager bezogen, so ver- lassen sie es auch nicht wieder, wenn die Temperatur sich noch einmal erhöhen sollte (**). So sähe ich selbst auf unserm Forstgarten-Zwinger im Jahre 1835, dafs die Raupen, welche Anfang Octobers schon das Moos gesucht hatten, nicht wieder hervorkamen, obgleich es schöne, sonnige Tage und häufio- + 10-12" R. gab. Im Frühjahre besteigen sie die Bäume wieder, und dabei zeigt sich ihre grofse Härte, die man bei jeder Gelegenheit bemerkt, aufs Neue. Sie kriechen nämlich oft schon im März hervor lind begnügen sich, wenn wieder rauhes Wetter eintritt, Schlupfwinkel in den Rindenrissen aufzusu- chen. Auf dem Zwinger unsers Forstgartens, wo sie an starken, in die Erde gesteckten Zweigen schon öfters im März und Anfangs des April frafsen, gingen sie, ungeachtet ihnen die schützende Moosdecke sehr nahe war, doch nicht bei Spätfrösten und kaltem Regen wieder unter dieselbe, sondern sie ver- steckten sich in Klumpen zusammengezogen unter den Schutz der Nadelbüschel, theils dicht gegen die Zweige gelegt, theils in den Astachseln zusammengedrängt. Die Lage der Orte trägt übrigens zu ihrem Wiedererscheinen im Frühjahre viel bei. Während z. B. auf unserem Zwinger Ende März des Jahres 1833 das schon 5-6 Tage anhaltende schöne Wetter Alles belebt hatte, lagen die Raupen in den o-e- schlossenen, dunklen Beständen noch ruhig im Moose. Im Allgemeinen darf man also annehmen: dafs die eigentliche Wiuterruhe bis Ende März dauert, dafs die Raupen in der ersten Hälfte des April an- fangen zu baumeu; dafs sie aber erst gegen Ende des Monats anhaltend fressen (***). Der Frafs dauert dann bis zum Juni, und zwar, mit wenigen Unterbrechungen während der Häutungen oder während (*) Den einen erzählt der Herr Forstmeister von Wnrmb in einem Briefe. Die Raupen hatten sich, trotz des mit Schnee eingetretenen, frühen Winters, bis gegen Ende des November auf den Bäumen gehalten und konnten da- her erst im Anfange des Dezember an der Erde gesammelt werden. Hr. Finteiniann sähe im J. 1835 in einer dich- ten, 16-jährigen Schonung noch den '1. November fressende Eaupen. Eben so waren, wie Hr. v. Zychlinski meldet, im Himmelpforter Revier die jungen, 3-4'" langen Käupchen, im J. 1886 noch zu Ende Novembers auf den Bäumen. Als am 23. Novbr. bedeutender Schnee fiel und dieser in der Nacht vom 24. zum 25. mit starkem Regen und Sturm von den Bäumen geworfen ward, erschien der Schnee unten auf einzelnen Stellen ganz grau von der Menge der mit herabgefallenen Eäupchen. Und doch schadete es ihnen nicht. Merkwürdig ist aber, dafs sich im J. 1837 wenige der- selben verpuppten, viele sehr grofse aber, die höchst wahrscheinlich überjährig waren, ins Winterlager gingen. Audi würde die Erfahrung, welche ich im Winter IS'Vst machte, hierher gehören. Junge, 8 Wochen alte Räupchen hatten in einer kalten Stube den ganzen Winter hindurch au den Zweigen gesessen , mit welchen sie im Herbste noch gefüttert worden waren (s. auch Begünst. Einfl. Anmerk. 1.). (**) Hr. Sack beobachtete im Jahre 1838 einmal das Gegentheil. (***) Hr. Kämpffer beobachtete darüber Folgendes. Der Frafs beginnt im Frühjahre oft erst 8 Tage nach dem Aufsteigen der Raupen. Es scheint, als suche sich die Raupe erst au die AVitteruug zu gewöhnen, bevor sie den Frafs beginnt, denn sie steigt nicht gleich bis zur Krone des Baumes, sondern am ersten Tage häufig nur 8-10' hoch, kehrt auch wohl, bei kalter Nacht, noch einmal um, um sich zwischen die dicksten Borkeurisse zu verbergen. Am zweiten Tage steigt sie bis zu den untersten Zweigen, kehrt auch wohl noch einmal um, und am dritten Tage erst geht sie an die Nadeln, ohne aber gleich zu fressen. Band II. T 146 Specieller Theil. ungünstiger Witterung, Tag und Nacht. Oft habe ich nach Sonnenuntergang noch den Frafs am rau- schenden Falle des Kothes erkennen können; man sieht zwar auch, ohne dafs dafür ein Grund an- zugeben wäre, die Raupen lange unbeweglich an den Zweig gedrückt liegen; man darf dies aber al- lein nicht als ein Zeichen von Krankheit ansehen (s. Krankheiten u. Feinde). Gegen Ende des Juni oder Anfangs Juli tritt dann die Verpuppung entweder (wie gewöhnlich) unten an der Rinde, oder in der Krone der Stämme (s. Vertilgung) ein, und in 20 Tagen ist der Falter da (*). Während also über den Puppen-, Falter- und Eizustand ^-2 Monate hingehen, gebraucht die Raupe 10-12^ Monate, von denen freilich fast 6 Monate auf die AVinterruhe kommen. Von diesem Gange der Entwickelung giebt es nun unzählige Abweichungen. Entweder tritt die allgemeine Flugzeit, von der Witterung begünstigt, etwas früher, schon im Juni, oder, durch widrige äufsere Einflüsse verhindert, etwas später, erst im August ein, oder sie ist auch, bei ungeheurer Vermehrung des Insects, gar nicht mehr an bestimmte Zeiten gebunden, und wir sehen alle Zustände zu allen Zeiten des Jahres. Dafs beim Spinner sich dies häufiger ereignet als bei anderen Faltern , rührt von der grofsen Trägheit und Unempfindlichkeit desselben her. Während Nonne, Eule und Spanner gar nicht im Stande wären als Raupen zu über- wintern, bezieht der Spinner als kleine oder grofse Raupe das Winterquartier. Oft findet man in die- sem die kleinen, kaum sichtbaren Räupchen mit ganz ausgewachsenen beisammen, und es folgt daraus, dafs die aus den ersteren und den letzteren sich entwickelnden Falter zu ganz verschiedenen Zeiten fliegen und den Grund zu Brüten legen, welche diese Verschiedenheit nur noch vermehren (**). Als (*) Die schou öfters erwähnte, während ihres ganzen Lehens von mir heohachtete Raupe hatte sich den 6. Juli zu- erst mit einem feineu Gespinnst umgeben, und den 8. Juli lag sie schou verpuppt im fertigen Cocon. Die Temperatur war eine ganz normale, d. h. zwischen -j- 16" und 20° R. wechselnd. Nach Hrn. Regen er sind bei -|- 18-28° R. nur 12 Stunden zur Einspinnung erforderlich , wogegen er sie bei -|- 13° R. 3 Tage gebrauchen sähe. Die Verpuppung er- folgte bei ihm bei + 16-22° R. in 2 Tagen, bei + 8-11° aber erst in 15 Tagen. Der Falter erschien bei + 16-23° in 3 Wochen, und bei + 11-14° erst nach vollen 7 Wochen. Die Lebensdauer des Schmetterlings wird im günstigsten Falle (d. h. das Maximum) auf volle 16 Tage angegeben. Nach neueren Versuchen bestimmte er die ganze Lebensdauer eines Individuums (d.h. vom Ei bis zum Falter) bei + 12-15° R. auf 204 Tage, bei + 14-17° auf 149 Tage, bei + 16-19» auf 116'/2 Tage, und bei 19-22° nur auf 97';2 Tage. (**) Diese leicht anzustellende Beobachtung hat auch zu keiner Zeit, seitdem man aufmerksamer auf Insecteu wurde, gefehlt. Zinke (v. Lincker hes. Foratm. No. II. S. 145.) sagt schon. „Die Kiefeniraupe ist die einzige, welche iu verschiedenen Jahreszeiten erscheint. Man findet sie vom März bis in den späten Herbst, ja sogar in kalten Winter- tagen, und oft trifft mau ausgewachsene, halberwachsene, die nur erst aus den Eiern gekrochen, und eiugesponnene Raupen, nebst Phalänen und Eiern, an einem Baume beisammen." Auch Hennert äufsert sich darüber eben so wie Beohstein {Forstins. S. 284.) fast mit denselben Worten wie Zinke. Am Meisten hat 'indessen Hr. Th. Hartig dem Gegenstande Aufmerksamkeit gewidmet (Li eh ich AUg. F. u. J. J. Jahrg. VI.). Er führt seine Beobachtungen von meh- j.eren Jahren an, die er theils mit einheimischen Raupen, theils mit den aus verschiedenen Gegenden (Churmark Bran- denburg, Neumark, Pommern, Ostpreufsen) zusammengebrachten anstellte. Die Art der Zusammenstellung (zum Theil tabellarisch) giebt eine bequeme tfbersicht. Es wird zwar daraits gefolgert, dafs, wie ich auch schon S. 10 mittlieilte, eine gewisse Regelmäfsigkeit in der Häutung und Verpuppung zu bemerken gewesen sei. Allein ich glaube , dals da- bei viel dem Zufalle beigemessen werden mufs. Hr. Hartig sagt (S. 168.) ja auch selbst , dafs im J. 1835 das Schwär- men nicht in so bestimmten Absätzen als im J. 1834 erfolgt sei, indem den ganzen Sommer hindurch fast zu jeder Zeit Falter im Zwinger gewesen wären, wiewohl um die Mitte (?) der Mouate immer die meisten. Das ungleiche Schwärmen der Falter bei ziemlich gleichzeitiger Verpuppung wird aus der schon nachgewiesenen, ungleichen Dauer der Puppenruhe, die auch hier vom April ab 8 Wochen, von Anfang Juni ab 8 Wochen, von Ende Juui ab 2 Wochen, und von der Mitte Juli ab 3 Wochen dauerte, erklärt. Auch ist man, wenn so viele Individuen beisammen fressen, manchen Täuschungen aus- gesetzt. Eben um diese zu vermeiden, sperrte ich einzelne Räupchen ab, und da kann die vollkommene Richtigkeit der S. 10 gemachten Angaben nicht bezweifelt werden. Ich sähe , dafs selbst in einer und derselben Brut die Häutung der verschiedenen Individuen zu verschiedenen Zeiten vor sich ging und dafs meine einzelne Raupe sich bald im Anfange, bald in der Mitte, bald am Ende eines Monats häutete. Interessant sind Hrn. Hartigs's {a. a. 0. S. 164.) Mittheilungeu BoMBYx PiNi. Lebensweise. Ent-\vickelung. 147 eine ganz besondere Unregelmäfsigkeit ist neuerlich eine Erscheinung bekannt geworden, welche Herr Crelinger, der sie zuerst allgemeiner bei mehreren Künigl. Oberförstern zur Sprache brachte, die Überjilhrigkeit oder das Über sommern nennt. Hr. Oberförster Schmidt und Hr. v. Zychlinski haben nämlich beobachtet, dafs eine Menge Raupen nicht, wie gewöhnlich, im zweiten Jahre zur Voll- kommenheit gelangten, sondel-n bis ins dritte hinüber lagen, also länger als 1 Jahr lebten. Hr. Ober- förster Schmidt glaubte schon im J. 1828 so etwas bemerkt zu haben, erlangte aber erst im J. 1837 die volle Überzeugung eines ungewöhnlich lange gefristeten Raupenlebens. Die erwachsenen Raupen welche er im Herbste 1837 das "Winterlager beziehen gesehen hatte, konnten, seiner Meinung nach, un- möglich von demselben Jahre sein, da der Frühling des letzteren so spät begonnen hatte, dafs die Raupen erst Mitte Mai's das Winterlager verliefsen, ja, wegen fortdauernder nafskalter Witterung, erst im Juni anfingen zu fressen. Er mufste sie daher für die Brut des Herbstes 183G halten. Überdiefs war es bekannt, dafs dieser Satz vom Herbste 1836 sehr schwach das Winterlager bezogen hatte. Hierzu kommt ferner noch: dafs man im J. 1837 nur grofse, und nur vom September an aucli kleine, fand, und dafs man sich dadurch noch mehr zu dem Schlufs berechtigt fand: nur die kleineu rührten vom J. 1837 her, die grofsen aber von 1836. Endlich wird noch als Grund der Überjährigkeit dieser grofsen Rau- pen angeführt: dafs einzelne sich schon im Winterlager mit einer Art Gespinnst umgeben hätten und dafs sogar einzelne Cocons schon unter dem Moose gefunden worden waren. Das in der Begattung am 2. April gefundene Pärchen, dessen schon vorhin Erwähnung geschähe, rührt auch von diesen her. Auch wurden schon eine Menge Cocons den 6. Mai im Freien gefunden. Hr. v. Zychlinski beob- achtete dasselbe in denselben Jahren und kann den Grund nur in einer Überjährigkeit finden. Er sagt, es seien im J. 1837 zu keiner Zeit auiFallend viele Falter da gewesen, so dafs auch im darauf folgen- den Winter fast gar nichts von kleinen Räupchen gefunden worden sei, während doch im Winter 18|s eine ungeheure Menge von Räupchen in der Gröfse einer Stecknadel da gewesen wären (s. auch über volhvüchsige, überwinteriide Kaupen, die man meinen Erfahrungen zufolge nicht häufig antrifft und die nach Hrn. Oberförster Schmidt immer als überjährige (s. oben) anzusehen wären. Sie nahmen im Frühjahre, als der Frafs der übrigen, kleineren begonnen hatte, nicht mehr Nahrung zu sich. Nachdem sie bis Mitte Aprils unthätig gesessen hatten, verspannen sie sich und häuteten sich zum letzten Male innerhalb des Cocons zur selbigen Zeit, als bei den kleinen Raupen ebenfalls die Häutung- eintrat (wohl nur Zufall!). Die Puppenruhe dauerte vom 24. oder 28. April bis zum 18-20. Mai. Im J. 1835 fand das Einspinnen der gröfsten Raupen ebenfalls Mitte Aprils Statt, aber die ersten Falter schwännten erst den 8. Juni, also nach 8 Wochen! Nimmt man an, dafs die Raupe 14 Tage im Gespinnst unverpuppt gelegen habe, was in der Wirklichkeit auch meist der Fall ist, so war hier 6 Wochen Puppenruhe. — Als einen Grund der so bald sich einstellenden verschiedenen Ausbildung der Zustände giebt Hr. Oberförster Schmidt mit Recht noch die mehr oder weniger geschützte und nahrungshaltige Lage der Frafsgegenden an. Zu den seltensten Er- scheinungen gehört gewifs die Begattung zweier Schmetterlinge, welche im J. 1838 von ihm beobachtet wurde, als nur eben der Schnee weggegangen war und noch Raupen im Winterlager gesammelt wurden. Sie mufsten sich doch schon im Herbst verpuppt haben, wenn man nicht gar annehmen will: sie hätten als Falter überwintert! Das Eier -Über- wintern ist, meines Wissens, bis jetzt noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen. Hr. Hartig (a. a. O. S. 165.) sagt zwar: „Es läfst sich annehmen, dafs die nach der Häutung zu Anfang Augusts noch fressenden zweizölligen Raupen sich frühestens Anfang Septembers verpuppt und in der letzten Hälfte des September geschwärmt hätten, dafs also in der ersten Hälfte Octobers noch Brut erfolgt wäre, wenn diese nicht als Eier überwintert hätte, wofür auch Burgs- dorf's (Forsthandbuch S. 466.) Aussage „die Eier kommen im August aus oder bleiben über Winter kleben" spricht. Es scheint mir aber wahrscheinlicher, dafs die spät gelegten Eier, welche nicht noch im Herbst auskommen, über Win- ter verderben. Das Auskommen geht aber bei günstigem Herbstwetter noch sehr spät vor sich, wie ich das im Herbst in der Werftpfuhler Schonung sähe. Auch Hr. Th. Hartig {Jahresher. Jahrg. I. H. 2. S. 251.) sagt, dafs er im Herbst 1837 noch den 10. October Räupchen gefunden habe, welche kaum 8-10 Tage alt gewesen wären, so dafs hier in der Mitte des September eine Haupt-Sehwärmzeit Statt gefunden haben muTste. Er sähe selbst noch ganz frisch abgelegte Eier und solche, aus denen die Räupchen eben auskrochen. T2 148 Specieller Theil. Forstl. ßed. am Ende, Anmerk.). Man mufs gestehen, dafs man im Freien sich nicht mehr Gewifs- beit verschaffen kann, imd dafs danach die Überjährigkeit als ausgemacht anzusehen ist. Überdiefs hat sich Hr. Schmidt auch noch durch sorgfältige Versuche mit (im Freien) eingeschlossenen Raupen, zu denen keine fremde Raupen (die man für diesjährige hätte halten können) kommen konnten, überzeugt, dafs die Sache sich wirklicli so verhält. Auch habe ich selbst, sobald der Gegenstand angeregt worden war meine Versuche auf dem Forstgarten-Zwinger dahin gerichtet und ebenfalls die Überzeugung o-ewonuen, dafs wenigstens einzelne Raupen überjährig werden. Der grofste Theil der im Winterlager des Jahres 18J| im Griemitzer Reviere gesammelten, zahlreichen Raupen war von Ichneumonen getödtet oder nach der Verpuppung seit dem Monat Juni allmälig ausgeflogen. Einige wenige waren jedoch noch am 1. September übrig. Obgleich auch diese nach meiner Rückkehr von der Reise, im October, verschwunden waren, so bin ich doch überzeugt, dafs sie sich nicht verpuppt und als Falter entfernt haben konnten. Wahrscheinlich waren sie durch Vögel weggeholt worden. Das sind eben die Gefah- ren denen die Raupen in freien Zwingern ausgesetzt sind. In die Stube darf man sie nicht wieder brin<^en weil man sich da den Vorwurf einer unnatürlichen Zucht zuzieht. Um alles mir Bekannte (*) über diesen, früher wenig oder gar nicht berührten, Gegenstand anzuführen, erwähne ich noch einer Abhandlung des Hrn. Grafshoff (in Pfeil's crit. Bl. B. VII. H. 2. S. 196.), wo er ebenfalls der erwach- seneu Herbstraupen, welche noch überwintern, gedenkt und sie für angestochen erklärt (s. Krankhei- ten etc.). Es mag allerdings ein grofser Theil solcher Raupen von Schmarotzern (Ichneumonen und Tachineu) angestochen sein. Alle sind sie es aber bestimmt nicht, denn ich habe in dem Reste meiner Zwinger-Raupen nichts gefunden und Hr. Schmidt glaubt ebenfalls nicht, dafs die Schmarotzer Theil an der Überjährigkeit hätten. Hrn. v. Zychlinski's Nachrichten von der Überjährigkeit seines Frafses (s. Forstl. Bedeut. am Ende, Anmerk.) sprechen auch höchst bestimmt dagegen. Hr. H artig erzog ja auch aus solchen vollwüchsig überwinterten Raupen die Schmetterlinge (s. S. 146. Anmerkung). Ich habe dem Gegenstande absichtlich so viel eingeräumt, weil er bei uns oft zur Sprache kam und die Königl. Regierung sogar die Frage aufstellte; „Ist die Erscheinung für die Praxis wichtig? und in wiefern?"- Es ist bis jetzt noch zu kurze Zeit darauf geachtet worden, als dafs man die ganze Bedeutung derselben schon übersehen sollte. Soviel geht indessen schon aus den Erfahrungen hervor, dafs die überjährigeu Raupen keineswegs alle krank und für die Fortpflanzung untauglich sind. Man darf also keiuesweges glauben, es sei überflüssig sie im Winterlager zu sammeln. Will man die, in einem Theile derselben etwa enthaltenen Schmarotzer dem Walde erhalten, so kann man ja die besonders gesammelten auf einem wohl verwahrten Raupenzwinger aussetzen. Vermuthungen über die Überjährigkeit finden sich noch am Schlufs des Abschn. Begünst. u. hemmende Einfl. Überdies kann es daneben immer noch vorkommen, dafs erwachsene Frühjahrs-Raupen nicht überjährige sind. Es kommt, wie schon er- wähnt, vor, dafs Eier bereits im Mai, ja in seltnen Ausnahmen noch früher, gelegt werden. Die aus diesen sich entwickelnden Raupen werden aber, wenn sie das Wetter nur irgend begünstigt, im Herbst erwachsen sein und kurz vor ihrer Verpuppung das Winterlager beziehen. Diese aber von den wirk- lich überjährigen zu unterscheiden, dürfte sehr schwer sein, ist auch für die Praxis völlig gleichgültig. (*) Hierher möchte auch eine Äufserung des Hrn. Th. Hartig (a. a. 0. S. 167.) gehören, welcher meint, dafs viel- leicht hei ungünstiger Witterung die kleinsten der überwinterten Raupen durch eine zweite Winterruhe ins dritte Jahr übergehen. Bemerkenswerth ist, dafs auch Hennert (Raup. u. Windhr. S. 29.) schon der Möglichkeit einer Überjäh- rigkeit gedenkt, sie aber mit folgenden Worten bezweifelt: „Im Frühjahr, wenn sie wieder auf die Bäume kriechen, sind sie von sehr verschiedener Gröfse, so wie sie später oder früher ausgekommen sind; dafs aber einige so spät aus- kommen sollten, dafs sie gegen die künftige Spinnzeit nicht ihre gehörige Gröfse erhalten und also sich erst über ein Jahr einspinnen sollten, ist noch nicht erwiesen und zu bezweifeln. BOMBYX PINI. BECxtiNSTIfiENBE ODER HEMMENDE EiNELÜSSE. 149 Eine in einem und demselben Sommer vollendete Entwickelung ist nocli nicht bekannt gewor- den. Denkbar ist sie bei sebr günsfigem Wetter aber, denn Hrn. Regener gelang es in einem Ver- suche sie künstlich zu bewirken. Vom 31. Juli bis zum 16. August d. J. 1838 kroch eine Partie Räup- chen aus dem Ei, welche bis zum 27. October im Freien blieben. Nun wurden mehrere derselben in eine gewöhnlich geheizte Stube gebracht und gefüttert. Die erste Raupe spann sich den 20. Dezember ein und am 21. Januar erschien der erste Schmetterling. Den 24. Januar waren Eier da und am 9. Fe- bruar Räupclien. Begünstigende oder hemmende Einflüsse. Die die Vermehrung des Insects fördernden Ein- flüsse sind die schon im Allgemeinen (s. S. 13.) genannten: Wärme, reichliches Futter, Mangel an Fein- den und grofse Fruchtbarkeit des Insects. Da wir viel häufiger Frafs des Spinners als anderer Rau- pen haben, so dürfen wir schliefsen: dafs bei ersterem nicht grade alle Umstände zusammenzuwirken brauchen, und dafs z. B. schon die Begünstigung des Frafses und eine gewisse, einmal erlaugte Häufig- keit hinreicht, das Insect noch stärker zu vermehren. Dafür spricht, dafs in den eben verflossenen 3-4 Jahren, welche auffallend viele abweichende Witterungserscheinungen zeigten, die Raupenmenge in den verschiedensten Gegenden doch ungeheuer grofs war (*). Wenn die Kienraupe durch Frost und Nässe getödtet werden soll, mufs es schon sehr hart kommen. Dies beweist das S. 144, 145 Gesagte. Es sind mir nur sehr wenige Fälle bekannt, in denen die plötzliche Vernichtung der Raupen durch Unwetter erfolgt wäre. So schrieb z. B. Hr. v. Stein, dafs im Winter ISfg, ungeaciitet der oft strengen Kälte und der häufig wechselnden Witterung, die Raupen, welche sogar öfters im Eise eingefroren gefunden worden waren, dennoch nicht gelitten hätten und erst ihren Untergang fanden, als vom 6. bis 10. Mai bedeutende Nachtfröste einfielen. Viele Raupen wurden unter dem Schirm der Bäume und auf den unteren Ästen derselben (auf welche sie gewifs herabgefallen waren) hangend, erstarrt, zusammenge- schrumpft und leblos angetroften. Da sich indessen an den unteren Zweigen, der Mittagsseite zugekehrt, und im Schutze der dichtesten Benadelung noch lebende Raupen genug fanden, so schien es, als seien nur die Raupen der höchsten Gipfel, welche am Meisten entblöfst waren, getödtet worden. Ein andrer Beitrag ist aus dem Berichte des Hrn. Trampnau entlehnt. Es wurde bei dem grofsen Raupenfrafse in der Königl. Zelgniewoer Forst im Jahre 1827 bemerkt (s. das Nähere darüber bei der Begegnung), dafs die Witterung, welcher Art sie auch sein mochte, aufser der Verwandlungszeit gar keinen nach- theiligen Einflufs auf das Insect hatte, bis endlich, grade während des Einspinnens vieler Raupen, am 20. Juni, kaltes und regnichtes Wetter auf mehrere Tage eintrat und grofse Verheerungen unter dem Insect anrichtete. Auch unter den Cocons, welche sich schon früher gebildet hatten, waren viele im Innern verfault. Diese Fälle sind aber, wie gesagt, wahre Ausnahmen. Mehr kann für die Härte des Insects nicht sprechen als die Ausdauer desselben im Jahre 1838. Ich habe über ihr Verhalten zu die- ser Zeit besonders genaue Nachrichten von Hrn. v. Zychlinski. Von der ersten Hälfte des Juli bis (*) Dasselbe sagt schon ein alter, erfahrener Beobachter, Hr. v. Bülow-Rieth [N. B. ü. d. Kiefemspinner S 17.). Aus einem Berichte des Hrn. Oberforstmeisters Meifsner führt er z.B. folgende Stelle an: „Der grofsen Kiefernraupe schadet weder Nässe noch Kälte: in den kältesten Tagen des Winters 1802-3 habe der Oberförster Weber 30 Raupen 3 Tage in ein stark geheiztes Zimmer gestellt, hierauf die belebten Raupen auf Eis gelegt und frieren lassen, aber alle diese Mifshaudlungen hätten ihnen nicht geschadet." Ferner: im Jahre 1793 habe er erlebt, dafs ein starker Schnee und Frost zu Ende März schon alle Kienraupen auf den Bäumen getrofl'en, ihnen aber nicht geschadet habe." Interes- sant ist auch die von ihm gegebene Nachricht, dafs der Hr. Forstmeister Furbach im Winter 1808-9 versuchsweise auf 2 Morgen alles Moos weggenommen und die Raupen dadurch völlig entblöfst habe, dafs sie aber nicht gestorben, son- dern schon nach einigen Tagen weiter gekrochen wären (es mufs also doch zu einer Zeit gewesen sein, wo kein schar- fer Frost herrschte) (s. auch Leb., Entwickl. Anmerk. 1.) 150 Specieller Theil. nach der Mitte des August war fast unausgesetzt kühles, nasses und zum Theil stürmisches Wetter, so dafs bei uns^schon Ende Juli Eule und Spanner, die so häufig waren, fast spurlos verschwanden. Schon hatte man sich der angenehmen Hoftnung hingegeben, dafs die Falter des Spinners während dieser Zeit in den Puppen umkommen würden. Allein vergebens ! Es erschienen immer mehr und mehr Schmet- terlinge und den 23. August auch schon die ersten Räupchen , die sich denn auch bald so sehr mehr- ten, dafs' Aussicht zu einer reichlichen Winterernte war! Hr. Kämpf fer bemerkte, dafs die Witterung am Nachtheiligsten dann auf die Raupen wirkte, wenn sie im Frühjahre die Bäume bestiegen und einige Tage'^gefressen hatten und dann nach einem recht warmen Tage von einem heftigen Nachtfrost getroffen wurden. Er fand sie dann am andern Tage ganz erstarrt unter den Bäumen liegen. Sie erholten sich auch nicht wieder, wie es zu anderer Zeit geschieht. Auf diese Weise wurden sie im Jahre 1831) in einem sehr exponirten District mit einem Male vertilgt. Man bemerkte auch nicht, dafs sie gerade in der Häutung gewesen wären. Ich könnte noch mehrere eigene Erfahrungen über die Härte der Raupe, die oft Tage lang den anhaltendsten Regen auf unsrem ganz oft'nen Forstgarten-Zwinger aus- hielt, ohne daran zu sterben, anführen. Man kann daher wohl nicht sagen, dafs Wärme das einzige begünstigende Moment sei, ohne welches kein Gedeihen der Raupe denkbar wäre, obgleich sie aller- dings wesentlich einen Frafs befördern mag, besonders wenn sie zufällig die wichtigsten Perioden des Insects trifft. Auch dürfte eine Begünstigung des Frafses in trocknen und heifsen Sommern darin lie- gen: dafs die Kiefern alsdann kürzere, schwächere Nadeln treiben, während sie in einem feuchten Som- mer oft doppelt so viel Masse an Nadeln tragen und defshalb eine grofse Raupenmenge ohne merk- liche Belästigung nähren können, wie dies Hr. v. Zychlinski im J. 1838 bemerkte. Hr. Regener hat die befördernden Einflüsse der Wärme, ohne Rücksicht auf die andern Wirkungen, durch mühsame Versuche;! gründlicher beobachtet als es bisher geschehen war (in der Hemde- u. Spener'sche Zeitung, BeUacjen zu No. 48, 121 u. 129 des J. 1838 und in mehreren an die Königl. Regierung zu Potsdam gesandten Berichten). Seine Angaben über die verschiedene, zur Entwickelung erforderliche Zeit sind schon S. 146 mitgetheilt. Über die Beschleunigung des Frafses, in Folge einer hohen Temperatur herbeigeführt, be- merkt er Folgendes. Wenn die Raupen bei -j- 3-4" R. nur 1 Gewichtstheil in 24 Stunden fressen, verzehren sie bei -|- 19-22° schon 15 solcher Gewichtstheile, und wenn die Wärme von -|- 15-22° wechselte, nahmen sie nur 10 solcher Gewichtstheile. Die Raupen befanden sich am Behaglichsten in möglichst gleichmäfsiger Wärme bis zu -|- 22°. Bei höheren Wärmegraden frafsen sie am Meisten und am Gierigsten, wogegen sie bei wechselnder Wärme weniger frafsen, und auch bei sehr hohen Wär- megraden, eben so wie bei geringen, nicht so sehr zum Fressen geneigt waren. Frei und ungeschützt erfroren Raupen bei — 10° R., die Puppen bei — 5° R., die Schmetterlinge bei — 6° und die Eier bei — 8° R. Er bemerkte, dafs die Raupen ganz frei viel eher erfroren, als wenn sie in trockner Erde la- gen oder im Eise oder nasser Erde eingefroren waren. In den letzten November-Tagen des J. 1838 lagen die erfrornen Räupchen fast an einander gereiht an der Erde , weil sie bis dahin bei dem schönen Wetter noch auf den Bäumen gewesen waren und nun plötzlich durch den Frost überrascht wurden. Der Einfluss der höheren Temperatur ist also unverkennbar und namentlich gewifs immer in reinen Nadelholzbeständen vorhanden, weil hier die geringere Verdunstung weniger Wärme bindet (latent macht) als in den stärker verdunstenden und daher allerdings auch kühleren Laubholzwäldern. Des- senohugeachtet sind hier aber nicht die andern Rücksichten (s. das Allgem. S. 13 u. f.) zu übersehen. Auch können wir, trotz dem, dafs wir längst von der Frafs-Disposition der reinen Nadelwälder überzeugt sind, doch allermeist keine gemischten Bestände erziehen, da die meisten unserer sandigen Kiefernwäl- der gar nicht Laubholz erzeugen würden (s. Vorbauung bei der Begegn.). Die Erklärung der Über- jährigkeit, welche Hr. Regen er in den ungünstigen Temperaturverhältnissen gewisser Jahre sucht, ist BoMBYx PiNi. Krankheiten und Feinde. 151 eigentlich sclion iu den Nachrichteu des Hrn. Oberförsters Schmidt enthalten, welcher diese Erscheinung aus einer verspäteten Entwickelung der Raupe herleitet. Hr. Regener fügt in dieser Beziehung noch eine interessante Erfahrung hinzu. Nicht eine einzige der von ihm in anhaltend erwärmten Behältern aufbewalirten, gefütterten Raupen überwinterte zweimal, gleichviel ob sie von Ichneumonen gestochen waren oder nicht. Die begünstigenden Einflüsse des Futters sind aus dem Abschnitt über Vorkom- men zu entnehmen. Zu den begünstigenden Umständen gehört noch das sparsame Auftreten der KuANKHEiTEN UND DER Feinde. Im Gauzcu ist der Spinner weniger Krankheiten ausgesetzt als ein anderes Insect, was wohl, wie schon aus dem Vorigen hervorgeht, ihrer grofsen Widerstands- kraft gegen schädliche Einflüsse zuzuschreiben ist. Jene bestehen, wenn sie nicht von inwohnenden Schmarotzern herrühren, öfter in einer Contraction als in einer Schlafflieit und Weichheit, welche z. B. bei der Eule und dem Spinner, auch den Afterraupen, so häufig und meist so plötzlich eintreten. Eine Menge Raupen, welche man im Zwinger erzieht, trocknen ganz allmälig zusammen und zeigen noch lange, wenn sie auch seit Wochen keine Nahrung mehr zu sich nahmen, noch Bewegung, bis sie öfters knochenhart werden. In der Behaarung kann diese Eigenthümlichkeit auch nicht liegen, denn ich habe die viel stärker behaarte Raupe der Ph. Bomhyx imdibunda in wenigen Stunden, nach einem Regen, gänzlich aufgelöst gesehen. Als eine krankhafte Erscheinung ist auch wohl das frühzeitige Einspinnen der Raupen zu betrachten, die oft, wenn sie kaum eine Länge von 2,5" haben, dazu schreiten. Die schlimmste und immer tödtliche Krankheit wird dem Spinner durch die Schmarotzer zugefügt (*). Es wäre nur zu wünschen, die Raupen erlägen derselben früher, dann würde mancher Bestand, der noch von angestochenen Raupen abgefressen wird, erhalten. Über die Kennzeichen, an denen mau die an- gestochenen Raupen erkennt, s. das Allgemeine (S. 19 u. f.). Während die noch von den Maden bewohn- ten Raupen sich durch eine grofse Schlaffheit und Trägheit auszeichnen, ziehen sie sich nach dem Her- ausfressen ihrer Feinde mehr zusammen imd werden zuletzt ganz steif und trocken. Die von Ichneu- monen bewolmten Puppen haben, aufser der mangelnden Beweglichkeit, noch eine dunklere Farbe als die gesunden. Man hat bereits einige zwanzig Arten von Schlupfwespen und Fliegen aus Eiern, Raupen und Puppen des Spinners erzogen, von denen einige in vielen Hundert Individuen in einer Puppe, und mehrere zu Hunderten in einer Raupe leben. Am Häufigsten haben sich bisher folgende gezeigt: A. Von den Schlupfwespen: a) In Eiern Ichneumon orulortim L. [Teleas ■phalaenarum Ne es (schwarz), Encijrtus emhrijopliagiis Hrt. (gelb) und Chrysolavqncs solitarhisHYt. (metallisch grün)], deren Larven und Puppen bis 12 Stücke in einem Ei leben und meist wie die Häringe über einander gepackt liegen. Flugzeit im Nachsommer oder Herbst. Die ausgefressenen Eier an einem feinen Lö- chelchen kenntlich (s. Taf. VII. F. E'). — b) In den Raupen lebend: 1. Ichneumon (jlohatus L. [Micro- (jaster recomlHus N e e s (mit zum Theil dunklen Beinen, namentlich schwarzen Hüften) und Microgaster (*) Es ist öfters, wegen des sehnlichst gehofften Aiifhörens eines Frafses, wichtig zu wissen: wie viele Raupen und Puppen angestochen sind. Da bleibt nichts übrig, als Raupen und Puppen in möglichst grofser Menge aus verschie- denen Theilen des Reviers zusammenzuholen und abzusperren (in Gläsern, Gaze -Kasten oder dergl.) und dann abzu- warten wie viele pro Cent sterben und Tachinen-Tönnchen oder Ichneumoneu bringen werden. Man wird, wenn dies im Vorsommer geschieht, noch vor dem Herbste mit ziemlicher Gewifsheit bestimmen können; ob V^ oder % der In- secteumeuge krank sei und ob man die gänzliche Auflösung des Frafses der Natur überlassen dürfe oder ob man mit Feuer oder Sammeln einschreiten müsse. Dies Erziehen unter sorgfältiger Aufsicht gewährt auch den Vortheil: dafs mau schon vorher mit ziemlicher Genauigkeit von der Zeit der Verpuppung und des Fluges benachrichtigt wird, wenn die Differenz der Temperatur draufsen nicht gar zu grofs ist. 152 Specieller Theil. neniorum U r t. (mit fast ganz hell rötlilicb-gelben Beinen, namentlich hellen Hüften der 2 ersten Paare)], deren weifse, kleine Maden gesellig zu 100-200, und sogar noch mehreren Stücken in der Raupe leben, zur Zeit der Vollwüchsigkeit derselben, oder auch wohl früher, sich herausfressen und in kleinen weifsen Tönnchen sich verpuppen. Letztere sieht man entweder in regelmiifsigen, wie Tonnen über einander gelagerten Reihen au der Rinde kleben oder den Raupenbalg ganz umhüllen (s. T. VII. Fig. L+ links). — 2. Ichneumon (Pimpla) Mussil Hrt. (4,.5"' lang, mit 1,5'" langem Legebohrer, schwarz mit gelbem Gesicht der Männchen) deren Maden gesellig in- der Raupe leben, sich aber erst nach dem Verspinnen dersel- ben herausfressen und sich neben dem Balge derselben, innerhalb des Cocons dicht an einander klebende, schmutzig weifse Cocons bereiten, aus denen sie im nächsten Vorsommer hervorbrechen (s. Fig. L+ rechts). — 3. Ichneumon (Pimpla) Graminellae Grav. (bis 5'" lang, mit 1-7"' langem Legebohrer, schwarz), ähnlich wie der vorige lebend, aber schon seltner vorkommend. — 4. Noch 6-8 seltnere von Hrn. Hartig («. a. 0. Jahrg. L H. 2. S. 254.) und mir gezogene Arten. — c) In den Puppen le- bend: 1. Ichneumon (Anomalon) circumflexiis L. bis 1" lang mit grofsteutheils gelbem, sichelförmig gekrümmten, seitlich zusammengedrückten Hinterleibe), dessen einsame Larve mit in die Verpuppuug übergeht und gegen den Herbst sich verpuppt. Ich zog ihn sowohl in Menge wie ich ihn auch bei verschiedeneu Frafsen im Herbst häutig lliegen sähe, und Hr. v. Bülow-Rieth gedenkt seiner auch als einer häufigen Art. — 2. Ichneumon (Pimpla) instigator Grv. [bis 8'" lang und 2'" langem Legebohrer, schwarz (s. auch Feinde der Nonne)] lebt wie der vorige einsam. — 3. Ichneumon j;««jj«rM«« L. {Eu- lophus pallipes Hrt.) aufserordentlich klein und daher zu vielen Hunderten in der Puppe als Made und Puppe lebend und im folgenden Jahre aus derselben hervorbrechend. 4. Noch mehrere einsame, ziem- lich grofse, von Hrn. Hartig (a. a. 0. S. 255.) beschriebene, aber seltnere Arten. B. Von den Fliegen habe ich die Musca (Tachina) bimaculata Krt. (3-4,5'" lang, besonders durch 2 schwarze, dicht behaarte, in der Peripherie stark glänzende Flecke des vorletzten Ringes auf der Bauchseite des Männchens ausgezeichnet und, wie alle Tachinen, eine unbehaarte Fühlerborste und sehr starke, steife Behaarung zeigend), welche sich aus den fast erwachsenen Raupen herausfrifst und in der Erde in den bekannten röthlich-braunen Tönnchen verpuppt, in Menge erzogen. Hr. Hartig erzog am Häufigsten Fliegen aus anderen Untergattungen, namentlich Musca (von Tachina durch die gefiedert-haarige Fühlerborste unterschieden), und zwar Musca (Musca) stabulans und b-vittata, einzeln auch noch Arten aus 3 andern Untergattungen, zu denen ich noch ein Paar neue (bis 5'") grofse Ta- chinen bringen könnte. Noch andere Insectenfeinde hat der Spinner an den schon Bd. I. (ed. 1. pag. 21 u. f. und ed. 2. pag. 21 u. f.) beschriebenen Laufkäfern und Kurzflüglern. Besonders ist Carabus Sijcojyhanta (s. Bd. I. Taf. I. Fig. 11.) ein arger Räuber, der als Käfer und als Larve die gräfslichsteu Zerstörungen an Rau- pen, Puppen uud Faltern anrichtet und den Weibchen der letzteren oft ganz gemächlich die Eier bei lebendigem Leibe herausfrifst. In der Ukermark sähe Hr. Lehmann im J. 1837 besonders den Cara- bus nitens (dem auf Taf. I. Fig. 8. abgebildeten auro-nitens sehr ähnlich, aber noch brillanter grün glän- zend und etwas kleiner) sehr thätig und zwar in einer Gegend, wo Sycophanta nicht zu finden war. Bemerken mufs ich doch noch, dafs Dermestes vulpinus und murinus (Bd. I. ed. 1. pag. 33. und ed. 2. pag. 34.) sich im Sommer des Jahres 1835 in aufserordentlicher Menge nach unserem Forstgarten-Kien- raupenzwinger hinzogen und tief unter dem Moose an abgestorbenen Raupen ihr Wesen trieben. Da eine bedeutende Knochenmühle (auf dem Zainhammer) in der Nähe ist, so mögen sie wohl dort ihren Hauptsitz gehabt haben. Der Spinnen (die doch sonst als nützliche Thiere angesprochen werden) er- wähnt Hr. Hartig (Jahresber. 1.2. S. 257) als schädlicher lusecten, weil er oft Hunderte der kleinen Eiersclüupfwespeu in ihrem Gewebe hängend fand. Nützlich sind gewifs auch die Wanzen, besonders BosEBYX PiNi. Krankheiten und Feinde. 153 Cimex marginatus und rufipes, welche sich liäufig auf dem Raupenzwinger halten und ganz bestimmt auch die Ameisen, welche wenigstens die Bäume, an deren Fufse ihre Hügel sind, rein halten. Auch Scolopendra forßcata (der Tausendfufs) wurde von Hrn. Brinckmann in der Schonung bei Werneu- chen bei den Kienraupen beschäftigt gefunden, ist auch als Feind der Eule bekannt. Unter den Wir- belthieren ist die Zahl der Kienraupen-Feinde nur beschränkt zu nennen, vielleicht ein Grund mehr: warum diese Raupe gerade so häufig Überhand nimmt. Die Schmetterlinge möchten wohl dieselben Feinde wie andere Nachtfalter haben (s. das Allgem. S. 17 u. f.), besonders an den Fledermäusen und Eu- len; sie wissen sich gewiss aber denselben besser zu entziehen, da sie aus dem Dunkel des Waldes selten hervorkommen, während die andern, unruhigeren Falter sich hoch in die Luft erheben oder aucii wohl gar (wie die Eule) aus den Beständen herauskommen, um an Weiden- und Pappel-Blütheu sich zu ergötzen. Dafs die Raupen viel weniger Feinde haben, als die kahlen Raupen, ist bekannt. Mit Sicherheit sind unter den Vögeln bis jetzt nur nachgewiesen: der Kukuk {Cuciilus canorus) (*), der Wiedewal {Oriolus Galbula), der Ziegenmelker {Caprimulgiis europaeus) und der Heher {Corvus (jlan- darius), nach Hrn. Pfeil {Insectenschad. S. 37.) auch Krähen und Dohlen, wahrscheinlich auch Staare und Eulen. Hr. Kämpffer sähe, dafs auch die Meisten fleifsig die Zwinger besuchten und viele Rau- pen wegtrugen. Es ist ja auch niclit nothig, dafs sie sie ganz auffressen, indem die Meisen sehr ge- schickt sind, einen zwischen den Zehen gehalteneu Körper zu zerhacken und nur theilweise zu verzeh- ren. Den Nutzen der Krähen bestreitet Hr. Sack durch .folgende Erfahrung. Er sähe, dafs sie eine grofse Menge von mit Schlupfwespen gefüllten Puppen von den Zweigen holten und überzeugte sich bei der Section einer Krähe, dafs sie grüfstentheils Puppen mit Schlupfwespen-Maden verzehrt hatte. Der Heher möchte wohl der wichtigste sein, da er das ganze Jahr hindurch bei uns lebt. Hr. Grafs- hof f sähe, dafs sie sich in die, dicht an den Raupenzwinger stofsenden Dickungen zogen und von hier aus eine Raupe nach der andern holten. Die Eier des Spinners dürften aus dem Grunde weniger von den Vögeln zu leiden haben, als die Wintereier anderer Insecten, weil es zu dieser Zeit andere Nah- rung, namentlich auch vegetabilische, vollauf giebt. Welche Säugethiere die Kienraupe gern fressen, ist noch nicht recht bestimmt ausgemacht. Man behauptet, der Fuchs könne sie vertragen und die Schweine fräfsen die jungen, aber nicht gern die alten Raupen. Nach den Erfahrungen von Hrn. Pfeil und Hrn. v. Zychlinski nehmen wilde Schweine durchaus die Raupe nicht an, denn in stark befalle- nen Revieren sahen sie sie nie brechen, auch fand sich im Wanst der zerlegten Stücke nie eine Spur von Raupen. Auch Hr. G. Hartig {Kief.-Rp. S. 36.) versichert, dafs die zahmen Schweine, selbst wenn sie hungrig wären, die vorgeworfenen Raupen verschmähten. Es ist daher entgegengesetzten Nachrich- ten nicht zu trauen und auf Hilfe der Schweine nichts zu geben. Bemerkenswerth ist die Nachricht des Hrn. Kämpffer, dafs der Igel (Erinaceus europaeus) ein Feind der Kienraupe sei und einen ganzen Raupenzwinger einst in kurzer Zeit entvölkert habe. Die Amphibien sind zwar auch thätig, allein sie dürf- ten, weil sie sämmtlich nur klein sind und doch in denBeständen selten häufig vorkommen, unreine unter- geordnete Rolle spielen. Die Eidechse (Lacerte «(////s) hielt sich immer sehr gern auf unserem Raupenzwinger. (*) Der Kukuk ist der älteste, bekannteste Vertilger der haarigen Raupen, der sogar die kahlen nur ungern nimmt. Die abbrechenden Haare bohren sich bei ihm in die innere Mageuhaut (nicht in den drüseureichen Vormagen nach Gloger Eur. Vö;/. Th. I. S. 445.), welche dadurch oft so rauh wie ein Mäusefell erscheint, zuweilen aber auch nur theilweise rauh ist. Hr. Oberförster Mechow schickte mir aus dem Magen eines geschossenen und frisch zerlegten Kukuks 5 ungeheuer grofse und noch ganz gut erhaltene Kienraupen. Seitdem wir im Forstgarten bei Neustadt einen Raupenzwinger angelegt haben , hält sich jeden Sommer ein Kukuk in der Nähe und wir haben auch schon zu ver- schiedenen Malen den jungen Kukuk im Neste eines Lanius im Forstgarten gefunden. Jetzt wundert es mich auch nicht mehr, dafs unser Zwinger immer so bald entvölkert wurde. Band H. U 154 Specieller Theil. Von den Fröschen wurde es schon immer behauptet, dafs sie Kienraupen fräfsen. Das Auffallendste dabei ist aber, dafs sie auch die Kiefern besteigen, wahrscheinlich doch um die Kaupen leichter zu be- kommen. Hr. Hartig und Hr. Brinckmann haben sie herunter geschüttelt, ersterer die Rana tem- jwraria im Monat November (nicht früher) im Charlottenburger Forste. Schlangen, die Frösche und Mäuse so gern verzehren, werden die Kienraupe vorkommenden Falles gewifs nicht verschmähen. Die Menge, in welcher der Spinner vorkommt, ist oft aufserordentlich grofs, obgleich dieselbe gewifs, wegen der Gröfse der Raupe, mehr in die Augen fällt als bei andern Insecten. Wer einen ansehnlichen Frafs erlebte, wird wissen, dafs die Raupen oft so dicht gedrängt sitzen, dafs die Zweige sich beugen. Hr. Pfeil hat es mit angesehen, wie er mir sagte, dafs die zum Schutze der Reviere an- gelegten Gräben voll Raupen gelaufen waren und den nachfolgenden zur Brücke dienten. Halb ge- füllte Raupengräben habe ich auch schon gesehen. Die Beweglichkeit des Insects ist, je nachdem es im Falter- oder Raupen-Zustande vor- kommt, verschieden. Die Falter sind, wie schon Eingangs der Entwickelungsgeschichte S. 143 erwähnt wurde, sehr träge, und es kommt daher auch gewifs ein Überfliegen dieser viel seltner als anderer Fal- ter vor. Indessen sind solche Fälle mit voller Bestimmtheit nachgewiesen. Einmal unterrichtete ich mich davon selbst. Im Jahre 1837 zeigten sich im Juli plötzlich in einem kleinen Horste 60-70-jäh- riger Kiefern beim Dorfe Lodderitz eine Menge Schmetterlinge des Spinners, ohne dafs, wie ich mich selbst überzeugte, in dem kleinen Kieferuorte, welcher der einzige in der ganzen Gegend ist, auch nur eine Spur von Raupenkoth zu finden gewesen wäre. Die Schmetterlinge mufsten wenigstens 2-3 Mei- len geflogen sein. Ein anderes Mal hatte man auch (nach der Älkj. F.- u. Jagd-Zeit. IV. S. 247.), weit entfernt von angesteckten Orten, die mit Eiern noch gefüllten Falter auf Wiesen und in Feldern ge- funden. Ein Müller nahm in einer von Kiefern ganz entblöfsten Gegend an mehreren Tagen Morgens eine Menge Schmetterlinge aus den abgespannten Segeln der Mühlenruthe.- Dafs im J. 1826 der Frafs in dem Königl. Zelgniewoer Forste, in Folge eines Überfliegens aus den nicht fern belegenen Filehner angesteckten Waldungen, ausbrach, ist auch kaum zu bezweifeln. Eben so war es augenscheinlich, dafs das Königl. Preufs., so hart bedrängte Himmelpforter Revier durch den ungeheuren Frafs im Mecklenburgischen angesteckt wurde (s. forstl. Bed.). Ich führe hier absichtlich mehrere bestimmte Fälle an, weil man leicht den Verdacht hegt, und gewifs zuweilen auch nicht mit Unrecht: dafs die Beamten das Überfliegen als eine ungegründete Entschuldigung vorbringen. Will man sich die Mühe geben, dies genauer zu untersuchen, so kann das nicht schwer halten. Man darf nur einige Orte, ja nur einige Stämme (die man sich aber natürlich nach freier Wahl aussuchen mufs) genau durchsuchen und findet sich da kein Raupenkoth an der Erde (s. Taf. VII. Fig. K und K' Koth von jungen und alten Raupen und 0 die leicht damit zu verwechselnden Kiefernkätzchen) oder auf den trocknen Blättern, zwischen dem Moose etc. und kein Cocon an der Rinde oder au den Zweigen des Unterholzes (Taf. VII. Fig. C), so kann man der Aussage vollen Glauben schenken. Was nun aber die Raupe betrifft, so ist diese sehr beweglich und wandert mit grofser Behendigkeit grofse Strecken fort, wefshalb die Raupengräben auch am Meisten bei ihr Anwendung finden. Forstliche Bedeutung und Chronik. Der Spinner gehört ohne Frage zu den sehr schäd- lichen Insecten, ja er kann für unsere Kiefernwälder als das schädlichste aller Forstinsecten angesehen werden. Denn einmal erscheint das Insect so häufig und so unerwartet in ungeheurer Menge, frifst so gierig und ist so wenig nachtheiligen Einflüssen unterworfen (s. den Abschnitt), und dann herrscht auch der Frafs zu so verschiedenen, für die Vegetation wichtigen Jahreszeiten, dafs daraus schon ein Jeder auf die grofse Schädlichkeit schliefsen würde, wenn ihn nicht auch die Chroniken dar- über belehrten. Henne rt (Baujyenfr. u. Windhr. S. 2 u. f.), der diese fleifsig studirte, führt schon aus BoMBYX piNi. Forstliche Bedeutung und Chronik. 155 dem Jahre 1502 einen ungeheuren Raupenfrafs, wahrscheinlich durch den Spinner angerichtet, an. Von Zeit zu Zeit wiederholten sich Klagen, man ist aber nicht gewifs: ob sie blofs über die Kienraupen geführt wurden oder ob sie aucli andere Raupen trafen (s. besonders b. d. Forleule). Vom Jalire 177G an werden diese immer häufiger und bezeichnender, gewifs nur defshalb, weil man immer aufmerksamer wurde. Von 1779-1781 herrschte ein grofser Frafs in Hinterpommern. Gleichzeitig, und auch später noch, wurden auch Vorpommern und die Neumark heimgesucht. Allmälig zog sich das Übel auch nach der Cburmark Brandenburg, wo es sich besonders in den Jahren 1791-1793 auf eine so entsetz- liciie Weise ausbreitete. Zuerst hatten sich die Raupen in den Forsten um Potsdam gezeigt, oder man war vielmehr hier zuerst darauf aufmerksam geworden. ' Bald liefen dann auch die traurigsten Nach- richten aus den Gegenden bis zur Oder, bis zur Altmark, bis aa die Elbe und aus dem Landstriche bis zur Sächsischen Grenze ein. Henne rt {Raupenfr. S. 88 u. f.) hat diese Verheerungen Schritt vor Schritt verfolgt und ich begnüge mich, auch weil die speciellere Darlegung hier keinen Nutzen haben würde, nur noch anzuführen: dafs die ganze Fläche, auf welcher die angegriffenen Forsten (etwa 650,000 Morgen oder fast 30 Quadratmeilen grofs) lagen, 196 Quadratmeilen betrug. Von diesen war \ ab- gefressen und zerstört! Ähnliche Nachrichten von ungeheuren Verwüstungen liefern uns noch andere Schriften. So ist es bis in die eben verflossenen Jahre, welche sich wieder durch Raupenfrafs sehr auszeichneten, fortgegangen, und wir ersehen daraus leider! dafs fast ohne Unterbrechung die eine oder die andere Gegend heimgesucht worden ist, während die Wurmtrocknifs z. B. doch immer nur nach grofsen Pausen aufgetreten ist und in neueren Zeiten ganz aufhören zu wollen scheint. Die Erfahrung hat aber gelehrt, dafs in einer und derselben Gegend nach einem Frafse immer eine Reihe von Jahren verging, ehe sich ein neuer entwickelte. Hr. v. Bülow-Rieth {Kiefernsp. S. 40) giebt die Dauer eines Frafses auf 3 Jahre und die der Pause auf 5-6 Jahre an, so dafs also ein Cyklus von 10 Jahren ent- stände. Zuweilen trifft dies allerdings zu, wie z. B. in der Oberlausitz, wo in den Jahren 1774, 1784, 1794 und wiederum 1806 ein bedeutender Frafs herrschte (v. Spangenberg in Hartig's F. u. J. Arch. Jahrg. III. H. 1. S. 55.). Oft aber sind auch die Pausen viel grofser, oder auch der Frafs, auf dessen Regelmäfsigkeit Hr. v. Bülow das meiste Gewicht legt, dauert länger (*). Er sagt (S. 7.) „eine 4-jährige Dauer halte ich unmöglich, eine 2-jährige für selten." Er vergleicht dies mit den Krisen in menschlichen Krankheiten und sucht den Grund der Erscheinung in dem Zunehmen der Schmarotzer, welche im dritten Jahre eine solche Niederlage unter den Raupen anrichten, dafs man im 4ten Jahre kaum noch eine finde. In gewöhnlichen Fällen findet dies allerdings Statt (s. das Allgem. d. Lep., Abschn. über Begünst.). Die in der Anmerkung erwähnten Fälle zeigen aber auch Ausnahmen genug. Theils dürfte dabei eine geringere Schmarotzer-Ausbreitung in Betracht kommen, zum Theil liegt es aber auch wohl in andern Ursachen (s. begünst. u. hemm. Einfl.). Wollte Gott, dafs die Pausen von nun an immer grofser würden und dafs der Frafs immer seltner seinen gewöhnlichen Culminations- punkt, d. h. die gänzliche Zerstörung erreichte. Es wäre sehr wichtig, dafs ein jeder Forstbeamte sich, wo möglich, einmal den Anblick eines solchen Frafses verschaffte, da er sonst gar keine Vorstelluüg davon hat. So weit das Auge reicht, sieht man geschlagene Hölzer, rauchende Meiler, Berge von (*) In der, die drei Oberförstereien Annaburg, Thiergarten und Züllsdorf enthaltenden, circa 60,000 Morgen grofsen Annaburger Haide ereignete sich der seltene Fall, dafs die Kienraupe während 5 Jahre ununterbrochen gefressen hatte. Der Anfang des Fkasses war im Jahre 1834, seine höchste Höhe, hinsichtlich der verderblichen, später zu schildernden Folgeu für das Holz (abgesehen von der Raupenmenge, welche im Jahre 1836 am Gröfsten gewesen war, s. nachher)^ im Jahre 18 3 8 und die Abnahme desselben erst im Jahre 1839. Da , auch abgesehen von der ungewöhnlichen Dauer dieses Cyklus , der Frafs vieles Merkwürdige darbot und durch den Hrn. Forstmeister v. Hagen und Hrn. Oberförster Ü2 156 Specieller Theil. Abraum, zum Theil noch mit Cocons besetzt und mit den widrigen Raupen, die überall noch herum- kriechen. Der Wald ist verödet und wird nur belebt durch eine eilige Abfuhr und lüsterne Holz- Sack sehr genau beobachtet worden ist, so theile ich seineu Verlaxif hier mit, iudem ich glaube, dafs er eben so be- lehrend für den i)ractischen Forstmann sein wird, wie es eine Krankengeschichte für den Arzt ist. Die Nachrichten der beiden genannten Herren stimmen im Wesentlichen ganz überein. Da aber die des Hrn. Sack sich auch über die bei dem Frafse vorgekommenen Schmarotzer welche in natura beigegeben wurden, verbreiten, und ich überdiefs Manches mündlich mit demselben besprechen konnte , so wähle ich seine mir gütigst mitgetheilten Beschreibungen für den vor- liegenden Zweck. Im Allgemeinen bemerkt derselbe, dafs die Verbreitung der Raupen sich gleich Anfangs in der Oberförsterei Thiergarten auf einen Flächenraum von circa 2000 Morgen erstreckt habe, und dafs im ersten Jahre die mehrsten Raupen nur in den 70 -80 -jährigen Beständen, später aber in den Stangenhölzern, gefunden seien, vorzüglich da wo dieselben am Geschlossensten standen. I. Was die Verbreitung betrifft, so wähle ich hier die von der Oberförsterei Thiergarten gegebenen Nach- richten aus. Im Herbst 1834 fanden sich unter vielen Kiefern schon durchschnittlich 4-5, mitunter auch wohl 6-8 Raupen. Die Erscheinung, dafs die 60 -90 -jährigen Kiefern besonders ergriffen wurden, erklärt Hr. Sack aus dem im Jahre 1831 vorangegangenen Sommerwasser, und dem im Jahre 1833 erfolgten Windbruche, wodurch die Kiefern krank gemacht und sehr licht gestellt worden waren. Aus diesem Grunde waren auch die Bestände der benachbarten Reviere Hohenbucko und Glücksburg, welche überdiefs einen ungleich besseren Boden und defshalb mehrere gemischte und reine Laubholzbestände haben, vom Raupenfrafse verschont geblieben, obgleich sich die Kienraupe daselbst ebenfalls im Jahre 1834 eingefunden hatte und obgleich nichts zu deren Verminderung geschähe. Die Raupen waren im Thiergarten in diesem Jahre so grofs, dafs 600 Stücke ein Berl. Quart (deren 3V2 auf eine Metze gerechnet werden) füllten. Im Herbst 1835 fanden sich hin und wieder schon 13-17, ja hier und da bis 22 Raupen unter den mehrsten Stämmen. Sie gingen aber kleiner ins Winterlager als im vorigen Herbste — 1600 nämlich füllten ein Berl. Quart — eine Erscheinung, die im nächsten Jahre noch auffallender hervortrat und höchstwahrscheinlich darin ihren Grund hat: dafs die überwinterten Raupen sich (in Folge eines späteren Frühjahres und eines nicht so reichlichen Frafses?) lang- samer entwickelten und die Schmetterlinge später flogen. Der Frafs wttthete besonders in den 40 -80 -jährigen Bestän- den. Die Stangenhölzer standen in ziemlichem Schlufs. Im Herbste 1836 war die Raitpennienge aufs Äufserste gekommen, denn 200-600 waren die gewöhnlichen Zah- len und an einzelnen Kiefern fanden sich sogar 1000-1600! Zugleich hatte aber auch die Schwäche der überwintern- den Raupen den höchsten Grad erreicht, denn es gingen 3000 auf 1 Quart! Sie fanden sich in 40 -50 -jährigen, gröfs- tentheils sehr geschlossenen Stangenhölzern. Im Herbst 1837 waren die Raupen sehr verschieden vertheilt, denn in den 15 -30 -jährigen Beständen waren sie nur sehr einzeln, in den 100- 120- jährigen zu 10-30 pro Stamm und in den 40-'50-jährigen 40, 60, 80, 100, ja bis 150. Sie überwinterten ziemlich grofs (700 auf das Quart), wahrscheinlich weil sie durch die ungewöhnliche Wärme des Nachsommers bedeutend gefördert worden waren. Im Herbste 1838 fanden sie sich in den jüngsten Orten auch wieder nur einzeln, in den 70 -80 -jährigen, noch ziemlich grünen Beständen zu 12-20, und nur in den 40-60-jährigen zu 15-35 pro DRuthe. Es füllten 860 1 Quart. Im Herbst 1839 konnte man den Frafs als beendet ansehen, denn in einem 35-jährigen Stangenholze, wo im vorigen Frühjahre noch die meisten Raupen vorhanden gewesen waren, fanden sich beim Anprallen im Septbr. von 72 verschiedenen Stämmen nur 20 Stämme mit einzelneu Raupen, während auf 52 Stämmen gar keine mehr gewesen wa- ren. Gegen Ende des October waren in einem District auf 100 Stämmen nicht mehr als 4 Raupen und 5 Raupen hat- ten bereits das Winterlager bezogen. In den beiden andern Oberförstereien war die Zu- und Abnahme des Frafses ziemlich dieselbe, nur ersehe ich aus der tabellarischen Anordnung des Hrn. Sack, dafs die Raupenmenge hier in keinem Jahre so grofs war wie im Thier- garten, indem nur in der Oberförsterei Annaburg im Jahre 1836 bis 300 Raupen unter Einem Stamme sich fanden, was seinen Grund wohl darin haben mag: dafs in jenen Oberförstereien nicht das Maximum, sondern nur immer die Durchschnittszahl der vorhandenen Raupen angenommen worden war; abgesehen davon, dafs hier die Untersuchungen auch nicht in der Ausdehnung erfolgten als in der Oberförsterei Thiergarten. In den Dickungen waren auch hier die wenigsten Raupen. n. Hinsichtlich der Vertilgung wird bemerkt, dafs sowohl Raupen durch Winter -Sammeln und Anprallen als auch Cocons und Falter gesammelt worden wären. Die tabellarische Zusammenstellung ist so belehrend, dafs ich sie hier aus der Oberförsterei Thiergarten unverkürzt mittheile: BoMBYx piNi. Forstliche Bedeutung und Chronik. 157 händler! Wer sollte da nicht den ernsten Vorsatz fassen, alles Mögliche zu thun, um ein solches Elend abzuwenden. Wenn dies auch nicht immer in menschlichen Kräften steht — in den Fällen eines im Jahre Es wurden eingesammelt An Fang- a) gegen Lohn b) unentgeltlich durch Frühner oder Isoli- rungsgräben (li' breit, U' tief mitsenk- rechtenWän- den) sind au- gelegt Geldaufwand Raupen Schmet- terlinge u. Cocons Schmet- terlinge Raupen pro Einheit in Summa „ _^ Metzen ^^^■^ (ä 3J Quart) Quart Quart Quart Kuthen Thl. Sgr. Pf. Thl. Sgr. Pf. I. In der Oberförsterei Thiergarten. V. Novbr. 1834 bis Ende März 1835 Juli u. Aug. 1835 Winter 18'',36 Winter IS^/si u. resp. Sommer Winter IS^'as ^ u. resp. Sommer Winter 18»»/39 4661 i 5414 21,844 44,713 28,476 14,127 7587 302 279 1933 871 ( 5133 1 - 8 6 6 4 3 2 1 1 2 6 9 6 7 8 1243 148 1082 ) 2228 1824 1 " 1898 2 21 24 16 5 27 12 3 1 in Summa j! 105,108,V . 14,127 8330.V (= 49,445 Q.) 302 2583 5133 — 1 8513 17 4 In der Oherforsterei Annaburg waren 88,568V2 Quart Raupen und 49 Q. Schmetterlinge für Lohn, so wie 10 Q. Schmetterlinge und 1024' « Q. Raupen durch Fröhner gesammelt und für erstere so wie für 2500 Ruthen Gräben ver- ausgabt worden = .5894 Thl. 4 Sgr. 3 Pf. In der Oberförsterei ZüUsdorf wurden 117,421 Quart Raupen und 964 Q. Schmetterlinge gesammelt und dafür so wie für 3384 Rutheu Gräben 4824 Thl. 27','* Sgr. verausgabt, abgesehen von den, durch Fröhner gesammelten 532 Q. Schmetterlinge und 3058'/2 Q. Raupen. [Dafs verhältnifsmäfsig hier eine gröfsere Quantität Raupen als in Anuaburg für geringeren Lohn eingesammelt worden war, hat darin seinen Grund: dafs hier im Sommer 1836 eine Menge Rau- pen durch Anprallen, welches in Anuaburg nicht Anwendung fand, sehr wohlfeil eingeliefert wurde.] Im Ganzen waren also in den 3 Oberförstereien 19232 Thl. 18 Sgr. 10 Pf. verausgabt worden. Die Summe ist zwar sehr bedeutend, allein die Wirkungen, welche dadurch hervorgebracht wurden, traten auch sehr deutlich her- vor, besonders da unverkennbar rasch, wo man in den Sommermonaten die Raupen von den schwächereu Stangen abklopfte, indem dadurch ganze Districte solcher Stangenhölzer vor dem sonst unvermeidlichen Verderben bewahrt worden sind. Diese waren mitunter so von den Raupen befallen, dafs eine völlige Eutnadelnug innerhalb eini- 158 Specieller Theil. ■wirklichen Überfliegens der Falter, bei einer ganz allgemeinen Verbreitung der sehr kleinen Käupchen im Winterlager, lässigen Nachbarn, Beamten-Wechsel oder dergl. — , so ist es doch allermeist zu er- reichen, wie dies aus der ganzen Naturgeschichte des Thiers und aus den Erfahrungen eines Henn er t, Pfeil, Hartig u. A. hervorgeht. Davon bei der Begegnung. Gegen die Kienraupe kann uns, wie gegen alle andere Insecteu, nur zeitige Revision und stete Aufmerksamkeit schützen, denn die Uuausführbarkeit der Anlage gemischter ger Wochen nicht anshleiben konnte. Weniger schnell wurden dagegen die Wirkungen der, über die ganze grofse Haide sich erstreckenden Einsammlung der Winter-Raupen sichtbar, sie waren aber desto nachhaltiger. Der Einschlag der raupenfräfsigen Hölzer, welcher im Thiergarten vorgenommen werden mufste, betrug im .Jahre 1838 an 9752 Klaf- tern und im Jahre 1839 gegen 51,197 Klaftern. Die kahl abgetriebene Fläche betrug etwa 4405 Morgen. In allen 3 Revieren zusammen wurden 109,3.52 Klafter raupenfräfsiges Holz eingeschlagen und ungefähr 9372 Morgen abgetrieben. III. In Betreff der Naturein Wirkungen, welche dem Insect feindlich entgegentraten, bemerkt der Herr Oberförster Folgendes : Das erste Erscheinen der Raupenfeinde, besonders der Ichneumonen, fällt auf den Sommer 1836, in welchem besonders die letzteren ziemlich häufig waren. In gröfserer Menge zeigten sie sich im Sommer 1837 neben einer bedeutenden Anzahl der Laufkäfer, besonders des Sykophanten, so dafs im Juli in den am Meisten ange- griffenen Districten viele todte, ausgefressene Raupen zu finden waren. Auch erhielt man zu jener Zeit aus 400 einge- zwingerten Cocons mehrere 100 Fliegen und 57 Ichneumonen. Eben so brachten die Eier eine Menge kleiner Schma- rotzer (Eulophus). Im Sommer 1838 war hiernächst der Frafs der im Spätherbst zuvor in das Winterlager gerückten, vielen kleinen Raupen, begünstigt durch die, bis zur Mitte Juli's anhaltende Hitze, am Verheerendsten, denn es wurden binnen eini- gen Wochen ganze Bestände entnadelt und die Ranpen verschonten nicht einmal den kräftigen, jungen Maitrieb. Sie drangen sogar häufig nach jungen Dickungen und Culturen und man konnte sie hiervon nur durch die Fanggräben abhalten. Es steigerte sich aber auch die Zahl der von den Schmarotzern gestochenen Raupen, wogegen die Laufkäfer, im Vergleich zum Sommer 1837, zurücktraten. Zu Anfang Augusts! 1838 eröifnete Hr. Sack 500 Cocons und fand 206 theils von Maden bewohnt, theils von Sykophanten ausgefressen. Obgleich '/s der Cocons nicht zerstört waren, so kamen, wahrscheinlich wegen der im Juli andauernden Nässe, doch nur wenige Schmetterlinge aus, so dafs die später erscheinenden Raupen von den schon früher ausgekommenen Faltern herrühren mufsten. Auch fand man zu jener Zeit viele todte Raupen unter den Bäumen, und viele hingen matt in grofsen Klumpen an den Bäumen. In dem merkwür- digen April 1837 dagegen hatten die Raupen, trotz der für sie so ungünstigen Witterung, gar nicht gelitten. Eine neue, gegen Ende des Juli angestellte Probe ergab noch auffallendere Resultate. Unter 300 frisch eingesammelten Co- cons enthielten nur 58 ausgebildete Falter und 242 waren mit Schlupfwespen und Fliegenlarven gefüllt. Hr. Sack schliefst demnach: dafs auf den als beendigt anzusehenden Raupenfrafs wohl nur die Schmarotzer und Laufkäfer, und nur erst im vorigen Sommer auch noch die Witterung Einflufs geübt hätten, tind dafs dieser hemmende Eiuflufs, nach dem gewöhnlichen Verlauf, gewifs schon im 3ten Jahre hervorgetreten wäre, wenn nicht gerade damals sehr ual'skalte Witterung, die den Schmarotzern naohtheilig war, auf die Raupen aber gar nicht wirkte, sich er- eignet hätte. Auch der Hr. Oberförster Schmidt, welcher in mehreren Fällen einen 3-jälirigen Cyklus wahrnahm, hatte in den letzten Jahren Gelegenheit zu beobachten, wie dieser Termin überschritten wurde. Als Ursache davon giebt er an: es hätten sich die Feinde der Raupe, wahrscheinlich in Folge des ungewöhnlich kalten Frühjahres 1837, so vermindert, dafs man nur einzelne in den Raupen gefunden hätte. Ferner kann ich noch eine Erfahrung des Hrn. v. Zychlinski für die Über -Dreijährigkeit einer Frafsperiode (die freilich in dieselbe Zeit wie jene fällt, daher auch wohl dieselben Ursachen in ungünstiger Entwickelungswitterung hat) anführen. Er sähe die Raupen nämlich von 1834-1838 in seinem Reviere fressen und wahrscheinlich wird auch 1839 der Frafs noch nicht erlöschen. In den 3 Jahren 1836, 1837, 1838 war das Wetter im Frühjahr kalt und nafs und daher kam auch wahrscheinlich die Überjährigkeit der 1836er Raupen, wofür man wenigstens die ausgewachsenen hielt, welche im Frühjahre 1838 überwintert waren, aber dennoch, wunder- bar genug, erst im Juni sich verspanneu. Hr. v. Zychlinski sucht auch zu beweisen, dafs diese Über-Dreijährigkeit des Frafses und die Überjährigkeit der Raupen vom Fehlschlagen der Ichneumonen herrührte, da bis zum 27. Juni 1838 nur wenige angestochene Raupen da waren, während es im Jahre 1837 im Septbr. und Octbr. so viele Mikrogasteren gegeben hatte, dafs in mehreren Beständen die Stämme weifsgrau erschienen von der Menge todter Raupen. (Also kann auch das Angestochensein der Raupen nicht Schuld au der Überjährigkeit sein!) BoMBYX PiNi. Begegnung. 159 Bestände, welche meistens schützen würden, ist schon im Allgemeinen gezeigt worden. Hat man diese versänmt nud wird man aus dem Schlummer erst durch das Geräusch des fallenden Kothes oder durch die Abends schwirrenden Schmetterlinge geweckt, so ist es zu spät. Es ist auch nicht genug: etwa alle 3-4 Jahre oder nach einem warmen Sommer, bei Nachbarfrafs etc. revidiren zu wollen, sondern es mufs dies regelmäfsig alljährlich geschehen. Wird dies auf die gleich anzugebende Weise pünktlich (*) vorgenommen, so braucht es auch nur einmal zu geschehen. Denn, wenn man z. B. im Winterlager 18|g keine Kaupen findet, so ist es nicht denkbar, dafs im nächsten Sommer welche da sein sollten, und es liefse sich nur annehmen, dafs durch eine besondere Fruchtbarkeit der einzelnen Weibchen und Begünstigung durch das Wetter, Überfliegen oder dergl. im Juli oder August wieder Räupchen gesetzt würden, von denen man dann aber vor dem Winter nicht Notiz zu nehmen brauchte (s. nachher die Herbstrevision). Diese Haupt-Revision würde also die Winter-Revision sein. Diese mufs unter specieller Aufsicht des Revier- Verwalters von den Schutzbeamten und mehreren zuverläs- sigen Arbeitern ausgeführt werden. Die Erfahrung lehrt (s. Vorkommen), dafs wüchsige oder in Nie- derungen gelegene oder gemischte Bestände entweder ganz oder doch wenigstens von dem ersten Aus- bruche desRaupenfrafses frei blieben. Wenn man daher die verdächtigen Orterevidirt und frei gefunden hat, so werden in jenen gewifskeine Raupen sein. Ist das Revier nicht zu grofs, so ist es besser auf den ver- schiedensten Punkten desselben solche Revisionen anzustellen. Die Arbeit ist ja keine zu grofse und zu be- schwerliche, da man nicht auf jedem Morgen alle Stämme abzusuchen braucht. Wenn sich im Centro und an einzelnen Punkten der Peripherie an 20-30 dicht beisammen stehenden Stämmen keineRaupe odernurhier und da eine findet, sosindauch Inder ganzen, benachbarten, nicht abgesuchtenGegend keine oder unmerklich wenige. Um diese Stämme herum mufs aber Moos und Streu bis auf einen Radius von 3 Schritten weg- genommen und ausgeschüttelt werden, damit mau sich überzeugt, dafs die Raupen nicht etwa noch dar- in stecken. Im November, wo die Revision am Besten vorzunehmen ist, werden aber die Raupen meist schon auf der Erde liegen. Diese mufs man dann, auf den Knieen liegend, Zoll für Zoll mustern, da die Raupen, besonders die kleinsten, nicht so leicht zu erkennen sind. Scharren darf man da- bei wohl ein wenig mit den Fingern, weil man dadurch öfters nur erfährt, ob ein Gegenstand die zu- sammengerollte Raupe, Wurzel-Holzstückchen oder etwas anderes ist. Aber wühlen darf man nicht, weil die Räupchen dadurch leicht unbemerkt unter die Erde kommen könnten ; man braucht es auch nicht, weil die Raupen nie von Erde bedeckt sind. In Revieren, welche schon einmal durch Sammeln um die Stämme herum entblöfst wurden oder wo dies durch Streurechen, Eintreiben der Schweine geschähe, ist die Revision mühsamer und man mufs da auf gröfsere Entfernungen von den Stämmen ab suchen imd besonders die Vertiefungen , Furchen und Schutzstellen wahrnehmen , welche an den ent- blöfsten Wurzelästen entstanden. In solchen Fällen sollen die Raupen auch wohl von Erde bedeckt liegen. Ich sähe dies aber nie, halte es auch für einen unverbürgten Ausspruch. Au den Wurzeln pflegen immer die stärksten Raupen zu liegen. Hrn. Grafshoff's (Pfeil's krit. Bl, VII. 2. S. 198.) (*) Freilich mufs mau sich hier auch auf das Wort der Beamten verlassen können , dafs es nicht so geht wie Hr. V. Bülow-Rieth {Kiefermp. S. 46.) erzälilt: „Noch bei der letzten Ausbreitung des Spinners machte die Regierung eine Inspection auf die Raupen in einigen Revieren aufmerksam und veranlafste eine Nachforschung, erhielt aber die Autwort, dafs keine Spuren von Raupen gefunden worden wären. Man beruhigte sich aber dabei nicht und verfügte eine zweite, die ein sehr besorgliches Resultat lieferte!!" So mag es auch wohl meist in den Fällen gehen, wenn be- hauptet wird: der Frafs ist ausgebrochen, ohne dafs man vorher eine Spur von Raupen bemerkt hatte, menschliche Kräfte vermöchten dagegen nichts, mau müfste der Natur freien Lauf lassen u. dergl. Man sieht, dafs man sich leider ! noch nicht überall auf die Kenntnisse und den guten Willen verlassen kann, und die Regierung müfste in jedem wich- tigen Falle dem verdächtigen Beamten einen geschickten Commissar zur Hilfe senden. 160 Specieller Theil. Bemerkung, dafs man bei der Winter-Revision vorzüglich dominirende Stämme berüclisiclitigen müsse, ist auch zu beachten. Da diese Revisionen aber schon im November vorgenommen werden müssen, damit mau uöthigenfalls noch im laufenden Winter sammelu lassen könne, so ist es auch nöthig daran zu denken: dafs die Raupen wohl gar noch auf den Bäumen sitzen könnten (s. Leb. I. Anmerkung). Man mufs daher eine Axt bei der Hand haben und die Stämme, an deren Fufse man keine Raupen fand, entweder ganz oder, wenn sie zu stark sind, an einzelneu Ästen dreimal stark anprälleu lassen, auch mittelst einiger untergebreiteten Säcke, Tücher oder dergl. das Herunterfallende auffangen, um zu sehen: ob Kienraupen darunter sind. Hohen Schnee hat man um diese Zeit gewöhnlich noch nicht. Sollte sich derselbe ausnahmsweise schon eingestellt haben, so müsste man das erste Zusammensinken oder Wegthauen desselben abwarten, um dann sogleich die Revision vorzunehmen. Findet sich nichts, so bat man auf ein Jahr vor dem Spinner Ruhe (*). Liegen aber schon unter jedem Stamme Rau- pen, wenn auch nur 1-2, so mufs zum Sammeln geschritten und dasselbe noch vor Ablauf des März beendet werden. Man läfst unter Aufsicht einige Tage Probe sammeln und bestimmt danach den Lohn (s. das Allgem.). Wenn derselbe pro Hetze oder Quart auch noch so hoch zu stehen kommt, so ist es doch immer viel besser angewandt, als wenn man die Metze im nächsten Winter für die Hälfte oder ein Viertel haben könnte. Ich mufs nur noch besonders auf die verschiedene Gröfse der Rau- pen aufmerksam machen, welche so oft im Winterlager bemerkt wird. Da natürlich eine Bindfaden dicke Raupe eben so gefährlich ist wie eine Fingersdicke, und noch schlimmer, da sie länger als diese frifst, so mufs auf ihre Einsammlung eben so sorgfältig gesehen werden, wie auf die der grofsen. Es füllen aber von diesen schon 500-700 Stücke ein Quart, während von den kleinsten oft 4000 nöthig sind (s. Anmerkung zur Forstl. Bed. S. 156.) Wenn also die Sammler nicht gezwungen sein sollen, die kleinen liegen zu lassen, so mufs mau für diese das vier- oder sechsfache zahlen — es versteht sich in demselben Winter, denn im zweiten Sammlungs-Winter kann man vielleicht schon die kleinen eben so billig haben wie die grofsen im ersten Winter. Um dies genau controliren zu können, mufs der Revier-Verwalter eigentlich beim Probe-Sammeln das Verhältnifs der kleinen zu den grofsen be- rechnen. Dann wird er bei den Ablieferungen ziemlich genau bestimmen können: ob viele kleine lie- gen geblieben sind oder nicht. Ich brauche wohl nicht noch besonders zu erwähnen: dafs man alle Raupen, grofse so gut wie kleine, sammeln mufs und dafs die überjährigen noch eben so gut wie die andern schaden können. Es ist ja nicht nöthig, dafs man sie gleich tödtet. Bei grofser Menge wird aber das Aufbewahren sehr schwer (s. am Ende der Begegn. und Raupenzwinger im Allg. S. 34 u. f.). (Über die Handgriffe beim Sammeln, Gefäfse, Vorsicht u. dergl. s. das Allgem. S. 42 u. f.) Je nachdem die Raupenmenge in dem Sammlungswinter grofs oder klein gewesen ist, je nach- dem dielndividuen kleiner oder gröfser gewesen sind und dergl., danach wird es sich auch richten: ob viele oder wenige liegen bleiben. Dafs immer noch Raupen, selbst nach dem sorgfältigsten Sammeln, übrig bleiben , ist keine Frage. Defshalb darf die Sorge auch nicht mit dem Winter aufhören, sondern sie mufs auf den Sommer noch übertragen werden. Einige (z.B. G. Hartig a.a. 0. S. 41.) wollen schon ■wieder eine Vertilgung im März oder April, wenn die Raupen bäumen, vornehmen. Sie wollen sie dann, wenn sie an den Bäumen in die Höhe kriechen, sammeln oder zerdrücken lassen. Diese Me- thode verwirft aber Hr. Pfeil (Forstschutz S. 132.) und, wie ich glaube, mit Recht; denn, wer einmal (*) G. L. Hartig {Kiefern-Raupen S. 25.) macht auf die Wichtigkeit solcher Revisionen mit folgenden Worten aufmerksam: „Sie müfsten gesetzmäfsig vorgeschrieben und verordnet sein, dafs von den landesherrlichen Forst-Offi- zianteu die Berichte an die Regierungen, die Berichte aus den Communal- und Privat- Waldungen aber, bei namhaf- ter Strafe, am Schlüsse des October jeden Jahres an die Landriithe eingeschickt werden sollen." BoMBYx piNi. Begegnung. 161 gesebeu hat, wie allmälig das Hervorkriechen der Raupen aus dem Winterlager geschieht — indem öfters 10 noch ganz erstarrt unter dem Moose liegen, während eine schon am Stamme kriecht — wie sie dann aher am Stamme selbst oft rasch in die Höhe steigen, der wird gewifs darauf verzichten, zu dieser Zeit etwas Wesentliches auszurichten. Es mufs daher schon gewartet werden, bis dafs die Raupen alle wieder auf den Bäumen sind. Dann aber kann man ihnen, wenn sie, wie so häufig, in Stangenhölzern fressen, erheblichen Abbruch thun durch das Anprallen. Das Verfahren ist dasselbe wie bei den übrigen Raupen und daher gleich im Allgemeinen S. 44 u. f. ausführlich beschrieben. Ich will hier nur noch Folgendes bemerken. Wegen der brüchigen und leicht entzündenden Haare der Kienraupe ist es nöthig, dafs man den Sammlern räth, sie möchten den Nacken vor etwa einfallenden Raupen schonen. Dafs das Anprallen bei der Kienraupe wirklich von wesentlichem Nutzen ist, davon kann man sich schon durch einen Versuch im Kleinen überzeugen, indem nach drei tüchtigen Axtschlägen kaum noch eine Raupe auf dem Baume sein wird. Die Erfahrung im Grofsen hat es aber auch schon mehrmals gelehrt (*). Mit dem Anprallen mufs aber in einem grefsen Reviere möglichst früh vorge- gangen werden, damit die Zeit der Verpuppuug, wo diese Sammlungs-Art aufhören mufs, nicht zu früli herannaht. Man hat auch vorgeschlagen, sich das Sammeln nach dem Anprallen dadurch zu ersparen, dafs man Heerden (nach Hennert S. 73 besonders Schafe) durchtreibt. Es ist aber leicht einzusehen dafs ein grofser Theil Raupen dadurch nicht sicher vernichtet werden und die Bäume wieder besteigen und dafs das Sammeln durch Menschenhände, wenn die Mafsregel nicht eine halbe bleiben soll, uner- läfslich ist. Auch darf man sich nicht darauf verlassen, dafs die Raupen etwa gelegentlieh durch Sturm oder Regen heruntergeworfen und dann gesammelt werden sollen, denn einmal ereignet es sich nicht immer, und dann geschieht es auch gewifs immer nur unvollkommen, indem der Sturm so allmälig ein- tritt, dafs vielen Raupen immer noch Zeit gelassen wird, sich fest anzuklammern und dafs sie nicht herunterfallen. Läfst die Stärke des Holzes das Anprallen nicht zu, so wird man entweder Raupengräben zie- hen (von denen noch am Schlufs besonders), oder man wird die Verpuppung des Insects, weil es da in eine erreichbare Höhe kommt, oder, im Falle einer Verpuppung in den Kronen, die Flugzeit ab- warten müssen. So lange der Frafs noch mäfsig war, kommen die allermeisten Raupen von den Stäm- men herunter und verspinnen sich unten am Stamme oder kriechen wohl gar bis aufs Unterholz. Man kann hier also leicht die sehr in die Augen fallenden Cocons (s. Taf. VII. Fig. C in der Rindenspalte und am Zweige), so wie auch an den untern, herabhängenden Zweigen der Bäume absuchen lassen. G. Hartig {Kienraup. S. 36.) schlägt (was eigentlich schon von Gleditsch empfohlen wurde) vor: abgehauene Kiefernzweige um den befallenen District zu stecken, damit sich die Raupen daran einspin- nen. Mir kommt aber diese Mafsregel sehr unpraktisch vor, denn das Herbeischaffen und Ausstecken des Reisigs würde eben so viel Zeit kosten wie das ganze Sammeln. Und was oben bleiben will, das läfst sich auch durch diese Zweige nicht locken. Das geschieht aber nur bei sehr grofser Raupen- menge, dafs die Wipfel voll von Cocons hängen. Im Himmelpforter Reviere hatten sich schon bei einer Raupenmenge von circa 20 pro Stamm fast alle in den Gipfeln verpuppt. Vielleicht hatte dar- (*) Hr. Grafshoff sagt (Pfeil's crit. Blatt. YII. 2. S. 194.): „Nachdem die Raupen im näclisteu Frühjahre die Bäume wieder bestiegen hatten, wurde das Herabklopfen vermittelst Anschlagen mit der Axt und Auflesen derselben angewandt, und obgleich diese Tilguugsart höchst kostspielig war, so darf behauptet werden, dafs nur dadurch circa 800 Morgen 35-40-jähriges sehr geschlossenes Stangenholz erhalten wurden, da auf den dominirendeu Stämmen durch- schnittlich 300-400 Raupen befindlich waren. Im Jahre 1828 wurden durch etwa 430 Arbeiter vermittelst Abklopfen und Auflesen durchschnittlich täglich 29-30 Berl. Scheffel Raupen vertilgt." Band H. X 162 Specieller Theil. auf auch der geschlossene Stand des Holzes Einflufs. In diesem Falle wird man das Ausfliegen der Schmetterlinge abwarten müssen. Sie sitzen immer und unter allen Umständen fast alle in erreich- barer Höhe, meist alle nach einer Weltgegend, und lassen sich, auch weil sie selbst in bedeutender Entfernung wegen ihrer Gröfse gesehen werden können (s. Fig. F" Inder Begattung an der Rinde) mit grofsem Vortheil einsammeln. Auch fliegen sie nicht leicht davon, besonders die trägen Weibchen, so dafs man sie selbst mit einer Stange, wenn man sie nicht gleich auf der Stelle zerdrücken will, lierab- stofseu kann. Dabei ist besonders der Morgen, wenn derThau noch an den Thieren hängt, günstig (*). Das Schmetterlings-Sammeln wird sich ganz besonders bei einem erwiesenen Überfliegen wirksam zei- gen, weil man dadurch allen ferneren Weitläufigkeiten vorbeugen könnte. Indessen ist nicht immer dar- auf zu rechnen, dafs ein solches Überfliegen, das doch meist plötzlich geschieht und öfters da wo man es nicht erwartet, zeitig genug entdeckt wird, und es fragt sich, was dann später dagegen zu thun sei. Man wird in diesem Falle sowohl, wie auch in dem, dafs das Raupen-, Puppen- und Schmetterlings- sammeln bei einem einheimischen Frafse versäumt sein sollte, ruhig den Winter abwarten müssen. Denn gegen die Eier und gegen die jungen Herbsträupchen läfst sich nichts mit Vortheil unternehmen. Es lassen sich allerdings in kurzer Zeit eine ganze Menge Eier sammeln, wie Hr. Th. Hartig (Jn/ires- hericht I. 2. S. 249.) bemerkt. Allein es ist nicht immer so leicht wie in dem von ihm beschriebenen Falle, dafs man nur die Eier von den Nadeln abzustreifen braucht. Im hohen Holze und da, wo gar kein Unterholz ist, werden die Eier fast alle an die Rinde der Stämme gelegt und noch dazu nie bei- sammen, so dafs das Suchen, besonders wenn die Eier ihre grüne Farbe verloren haben, wohl be- schwerlich ist. Auch sagte ich vorhin, dafs gegen die jungen Herbsträupchen nichts zu machen wäre. Das heifst so viel: man würde ihrer nur durch Abklopfen, und selbst dann nicht ohne grofse Mühe wegen ihrer Kleinheit und des Spinnvermögens, habhaft werden können, und man hat jetzt nicht so zu eilen, da der Frafs im Herbst nicht bedeutend ist und bald die sichere Zeit des Wintersammeins da ist. Wäre die Menge aufserordentlich grofs, das Auskommen derselben schon früh im Sommer er- folgt, so dafs sie schon von Stamm zu Stamm wanderten, so würden jetzt Raupengräben die besten Dienste thun (s. am Ende). Dies ist der gewöhnliche Verlauf des Raupenfrafses und die angegebenen sind die besten Mit- tel zur Vertilgung in den verschiedenen Perioden desselben. Allerdings giebt es mm noch verschiedene erprobte Mittel, die ich jedoch, da sie eigene Rücksichten erfordern und zu verschiedenen Zeiten ein- treten können, nachfolgen lasse. Hierher gehören 1) die Raupengräben. Im Allgemeinen haben im- mer die Isolirungsgräben mehr als die Durchschneidungsgräben geleistet, denn die ersteren werden nur (*) Auch für die Ausführbarkeit und Wirksamkeit dieser Mafsregel will ich einen Belag geben. Hr. Trampnau sagt in einem Bericht über die gelungene Vertilgung des Spinners: „Möglichst viele Menschen, die gewohnlich schon am Vorabende in die Nähe der befallenen Bestände beordert waren, wurden mit Tagesanbruch an den durchzusuchen- den Bestand in eine Linie, alle 5-6 Schritte einer, gestellt und die zur genauen Aufsicht nöthigen Personen dabei so vertheilt, dafs jeder Aufseher eine besondere Abtheilung erhielt. Ich war, als Anführer, meist zu Pferde, um das Com- mando auf der ganzen Linie zum langsamen Vorrücken zu geben. Alle vorgefundenen Schmetterlinge, die ihren Sitz fast nie anders als big 2-6' hoch an den Stämmen nahmen, wiu'den in Körbe oder Beutel gesammelt. So wurde in den Beständen auf- uud abgegangeil und, je nachdem die Luft trocken iind warm war, bis 7, bei anderem Wetter auch wohl bis 9 Uhr Vormittags mit dem Einsammeln fortgefahren, denn später wurden die Schmetterlinge zu mobil. Es kam öfters vor, dafs in einem Bestände an einem Tage die Schmetterlinge bis auf die letzte Probe eingesammelt wur- den und fast gar keine mehr zu finden waren. Dennoch aber waren sie am andern Morgen daselbst in unzähliger Menge wieder vorhanden und das Einsammeln mufste von Neuem beginnen, gewährte dabei aber doch die Beruhigung dafs erst frisch ausgekommene Exemplare, die noch nicht gelegt hatten, gesammelt würden." Im Ganzen waren 130 Scheft'el so gesammelt worden, also, wenn man 23,000 Stück Falter auf 1 Scheffel rechnet, an 2,990,000 Stücke! BoMBYX piNi. Begegnung. 163 da angewendet, wo wir uns gegep ein Überkriechen sichern wollen. Finden die Raupen auf dem iso- lirten Flecke so viel zu fressen, dafs die sich verpuppen können, so iielfen sie, wenn wir nicht Co- cons und Schmetterlinge sammeln, wenig, weil die Schmetterlinge nachher docli überfliegen. Ist die Raupenmenge sehr grofs und kann sie auf einen kleinen Ort abgesperrt werden, auf dem sie bald, um andere Nahrung zu suchen, anfängt zu wandern, so dienen die Isolirungsgräben zugleich als Fanggrä- ben und können durch einige Durchschueidungsgräben (*) unterstützt werden. Die Durchschueidungs- oder Fanggväben haben im Allgemeinen immer weniger genützt (**). Dennoch darf mau ihre Anlegung zur rechten Zeit, d. h. dann, wenn die Raupenmenge so grofs ist, dafs ein Wandern zum Frafs oder zur Verpuppung eintritt, nicht unterlassen, indem dadurch eine Menge Raupen gefangen werden, die sonst noch weiter fressen oder sich wenigstens ungehindert verpuppen würden. Überhaupt sind sie beim Spinner wirksamer als bei irgend einem andern Insect, da Eule und Spanner wenig oder gar niciit wandern und die Nonne, wenn sie auch von den Bäumen steigt, nicht weit geht, da sie in der Noth das Heidelbeerkraut abfrifst. 2) Das Ausbrennen mittelst Lauffeuern ist auch schon gegen den Spinner versucht worden während des Winterlagers der Raupe. Der Erfolg ist aber in den wenigen bekannten Fällen (***) so mifslich und imbefriedigend gewesen, dafs man nicht zur Wiederholung des Mittels rathen kann. 3) Das Abbrennen eines stark befressenen Ortes. Dies Mittel dürfte gegen den Spinner schon eher einmal zur Anwendung kommen. Von seiner Ausführlichkeit und Wirk- samkeit habe ich mich selbst einmal überzeugt imd das damals beobachtete Verfahren, weil es auch gegen andere Raupen in Anwendung kommen möchte, im Allgemeinen S. 53 beschrieben. Wo die Anwendung anderer Mittel unterblieben ist, die Verpuppung der Schmetterlinge herannaht, und der Aus- flug derselben benachbarte Reviere bedroht, da ist nicht einmal mehr so viel Zeit, das Holz herunter- zuhauen, es abzubuschen und die mit Cocons beladenen Äste zu verbrennen. Dann mufs mau trocknes (*) Hr. V. Zychlinski ei'wähnt eines Falles, in welchem der Nutzen der Isolirungsgräben, verbunden mit Durch- schneidungsgTäben, recht augenfällig war. „Im Jagen 161 war im Jahre 1836 ein Ort von etwa 30 Morgen, unmittel- bar an der Grenze mit der Lychener Hospital-Haide, so mit Raupen befallen, dafs ein gänzliches Entnadeln der 50-60- jährigen Kiefern zu befürchten war. Als nun der, das Wandern der Raupen bedingende, wichtige Zeitpunkt: die Hun- gersnoth, eintrat, da war auch bereits der Bestand mit Raupengräben mehrfach um- und durchzogen, und es wanderten nun die Raupen dermafsen in diese Gräben ein, dafs doppelte Fanglöcher, ja alle 2 Ruthen, damit angefüllt wurden. Hierdurch sind damals die angrenzenden Bestände gerettet worden." (**) Hr. V. Zychlinski erwähnt dies schon bei Gelegenheit des eben angeführten Berichtes. Im Juli 1837 hatte ich in seinem Reviere Gelegenheit, mich selbst davon zu überzeugen. In den noch wenig befressenen Orten, wo man indessen zur Vorsicht schon im Vorsommer Raupengräben quer durch die Bestände (40 -60 -jährige Kiefern) nach allen Richtungen gezogen hatte, fanden sich nur äufserst wenige Raupen in den Gräben. Im vorhergehenden Jahre im Herbst hatte ich dagegen die Raupengräben im benachbarten Mecklenburgischen halb mit Raupen gefüllt gesehen. Hier war aber auch keine grüne Nadel mehr auf den Bäumen zu finden (s. auch Pfeil Forstsclnttz S. 136. und Insectenschad. S. 35. wo dieselben Ansichten ausgesprochen sind). (***) Hrn. Grafshoff's kaum noch gefahrlos abgelaufenen Versuch habe ich schon im Allgemeinen erzählt. Hier verweise ich nur noch auf einen Versuch des Hni. v. Bülow-Rieth {Kiefentsp. S. 41.), welcher im Monat Mävz auf eine Fläche von 50 Morgen haubarer Kiefern ausgedehnt wurde und gar nicht den erwünschten Erfolg hatte. Die Raupen blieben unter dem Feuer unversehrt. In mehreren andern Fällen, die der Herr Berichterstatter erlebte, ging es eben so. Ich selbst hin nie Zeuge des Ausbrennens gewesen, kann mir aber die Nutzlosigkeit desselben, besonders da wo viel Moos liegt und die filzigen, feuchten Wurzelpolster die Raupen bedecken, denken, da ich die grofse Un- empfindlichkeit der Kienraupe gegen Feuer in einem andern Falle kennen lernte. In der abgebrannten Schonung bei Werneuchen waren nämlich eine Menge Raupen auf einzelnen Bäumen, die das Feuer umgangen hatte, verschont ge- blieben. Man kann sich leicht denken, welchen Grad von Hitze sie hier ausziihalten gehabt haben, wenn ich versichere, dafs man sich den Grenzen des Brandes nicht auf 50 Schritte nähern konnte, ohne aufs Äufserste erhitzt zu werden. Ganz todt waren nur Raupen und Puppen, welche ganz verkohlt worden waren. X2 164 Specieller Theil, Wetter und einen günstigen Wind abwarten, um das gefährliche Insect mit einem Schlage zu vernich- ten. Das ist Alles nicht leicht, und man hat daher auch seine Noth damit. Überdiefs darf auch nicht ein Stamm vom Feuer verschont bleiben, da die Raupen nicht allein gegen Kälte sehr unempfindlich sind, sondern noch viel mehr gegen die Hitze (s. die Anmerk.). — 4) Das Eintreiben der Schweine. Hennert {Raupenfr. S. 76.) sagt zwar: „es war von sicherem Nutzen" und fügt an einer andern Stelle noch hinzu „dafs nach sicheren Erfahrungen den Schweinen das Brechen im Raupenfrafs nicht schäd- lich ist, zumal wenn man sie gleich nachher zu Wasser treibt." Allein die ganze Angabe ist doch zu kurz und zu wenig durcli Beläge motivirt, und wir haben überdiefs gerade entgegengesetzte, neuere Ansichten von Hrn. Pfeil {Insectenschad. S. 36. und Forsfsch. S. 133.). Man wird daher, und auch weil es selbst durch Versuche im Kleinen noch nicht sicher ausgemacht ist, dafs Schweine die Rau- pen gern und viel fressen (s. Krankh. und Feinde), gut thiin, diesem unsicheren Mittel das sicherere Sammeln vorzuziehen, zumal in einem Reviere, wo die Schweine gebrochen haben, in den nächsten Jahren gar nicht einmal die Raupe im Winterlager gesammelt werden kann. — 5) Das Anlegen von Raupen Zwingern. Über diese ist im Allgemeinen (s. S. .33 u. f.) schon so viel gesagt worden, dafs ich hier nichts mehr hinzuzufügen weifs. Bei einem noch nicht sehr verbreiteten Frafse geht es wohl an, dafs man die gesammelten Raupen füttert. Sind aber schon viele Scheffel oder gar Wispel gesammelt, wer will die erhalten? Und sind erst so viele Raupen da, dann bleiben auch im Reviere selbst noch so viele mit Schmarotzern, dafs diese hinreichen die wenigen, noch gesunden Raupen anzustechen. — 6) Die künstliche Übertragung der Schmarotzer. Hr. Zimmer hat, wie ich schon im All- gemeinen zeigte, die von mir gemachte Beobachtung der in einzelnen Gruppen vertheilten Schma- rotzer wiederholt und darauf ein Vertilgungsmittel gegründet, welches ich im allgemeinen Theil S. 38 mit dem Namen der Raupenübertragung bezeichnete. 7) Das Abbuschen eines Ortes darferst dann vorgenommen werden, wenn man nicht mehr hoffen darf denselben zu retten (s. das Allgem. über Behandlung des raupenfr. Holzes), und wenn man nicht zum Abbrennen schreiten will. In diesem Falle, und wenn man bei Fällung eines grofsen Raupenfrafses eine Menge, noch von Insecten besetzten -Ab- raums erhalten hat, mufs man Alles (auch die abgeschälte, mit Eiern besetzte Rinde) auf der Stelle verbrennen. Nur im Falle, dafs Eier da wäi-en,- dürfte man den Abraum wegfahren, da die jungen Räupchen, wenn sie über J Meile entfernt auskommen, nicht mehr zum Walde zurückkehren können. 8) Das Anlegen von Theerringen um die Bäume ist auch neuerlich wieder zur Sprache gekom- men und -verdient, wie ich im Allgemeinen S. 49 ausführlich besprochen habe, in kleinen, von Raupen befallenen Orten, Beachtung. Er werden gegenwärtig einige Versuche im Grofsen gemacht, über die ich künftig berichten zu können hoffe. Bei der Fällung des Holzes, der Übergabe des gerodeten Ortes in Ackercultur und dem Wie- deranbau desselben kommt das schon im Allgemeinen ausführlicli Erörterte in Betracht. Als unzweckmäfsig ist jetzt ganz allgemein verworfen die Anwendung von Leuchtfeuern (Hr. Pfeil, Hr. Trampnau, Hr. v. Zychlinski, Hr. Lehmann u. A.) eben so wie das Ausrechen des Mooses und der Streu, und zu den längst vergessenen Mitteln einer noch wenig aufgeklärten Zeit gehört die Anwendung von Räucherungen (deren selbst Hennert S. 75 noch gedenkt, aber mit verdienter Würdigung), von Mixturen, von Dunker' s Streupulver-Arcauum, Beschiefsen der Raupen und dergleichen. 13. Ph. B. {Orgyia) pudibunda Linn. Rothschwanz. (Taf. X. Fig. 2.) Namen. Rothschwanz (wegen des rothen Schwanzbüschels der Raupe), Wallnufsspinner (sehr unpassend), Buchenspinner (nach der gewöhnlichsten und am Meisten belästigten Nahrungs- BOMBYX PUDIBUNDA. ChARACTERISTIK. 165 pHanze). Streckfufs, weifser Streckfufs (wegen der weit vorgestreckten Vorderfüfse des Falters), weifses Buschbärchen, .schamhafter Spinner (die Raupe kugelt sich beim Anfassen stark zu- sammen). Chahactkkistik. Der weibliche Falter (Taf. X. Fig. 2f) hat meist bis fast 2" Flügelspan- nung und 9'" Länge. Der Vorderrand der Vorder Hügel am Ende stark gebogen. Vorderleib und Vor- derrtügel grauweifs, etwas bräunelnd, Hinterleib und Hinterliügel grauweifs. Die Vorderilügel mit un- zähligen dunkleren Atomen besprengt, am Saume gefleckt und mit 2-3 dunkleren bräunlichen Querbin- den-Streifen, von denen der erste gewöhnlich nur stark und deutlieh ist. Auf den HinterHügeln ent- weder nur ein dunkler Wisch oder eine schwache Schattenbinde. Die Unterseite weifsgrau, sehr schwach bräunelnd, auf jedem Flügel einen graubraunen Fleck und Spuren eines verloschenen Binden- streifens zeigend. Das durch die, schön gelbbraun gekämmten, Fühler ausgezeichnete, oft ansehnlich grofse Männchen ist dunkler, besonders stärker besprengt und mit deutlichem Bindenstreifen, deren mittelste öfters zu einer dunklen Binde ausgefüllt sind. — Die Flügel im Sitzen, wie bei den meisten Spinnern, geneigt. Die stark behaarten Vorderbeine werden wie ein Paar lang vorgestreckte Antennen im Sitzen gehalten. — Die vollwüchsige Raupe (Fig. 2l) bis 1,3" und auch wohl darüber lang, und wegen der starken Haare dick erscheinend, nach hinten etwas verdünnt. Kopf sehr dick. Die 6 Brustfüfse so wie die 8 Bauchfüfse und die beiden Nachschieber stark und lang, letztere mit hakiger Sohle. Be- haarung sehr stark. Auf dem 4ten bis 7ten Ringe ein bürstenartig scharf abgeschnittener Flausch und auf dem Uten Ringe ein pinselförmiger Büschel. Die übrigen nicht so dicht stehend, wohl aber so lang wie die Flausche, von der grünlichgelben oder bräunlichrothen Grundfarbe des Körpers, mit ein- zelnen, noch längeren grauen Haaren untermischt. Der Schwanz-Haarpinsel schön rosenroth oder auch braunroth. Die vier Bürstenfläusche gelb oder bräunlichgrau. Die, besonders bei der zusammengerollten Raupe sichtbaren, Einschnitte, so wie ein Seitenstreif des 8ten bis lOten Ringes und die Unterseite sammetschwarz. Die Häuptfarben der zahlreichen Varietäten spielen bald mehr in Grünlichgelb, bald mehr ins schönste Rosenroth. Die jungen eben ausgeschlüpften Räupchen erscheinen ganz schwarz, weil die grünliche Grundfarbe ganz verdeckt wird durch die Querreihen starker schwarzer Wärzchen, wel- che sehr lauge starke schwarze Haare und kürzere, dünnere, weifsliche tragen. Sie haben also noch nicht Bürsten- und Pinselhaare, die 4-5'" langen (zweimal gehäuteten) haben dieselben aber schon, so wie man diese auch schon an den abgestreiften Häuten bemerkt. — Die Puppe (Fig. 2p) 6-9"' lang, gedrungen, am Kopfe ziemlich breit. Flügel über die Hälfte des Körpers hinausragend, stark und deut- lich gerippt: die untern nur hinten ein wenig vorragend. Glieder deutlich vortretend, besonders die kaum bis zum Ende des Isten Fufspaares reichenden Fühler, gewölbt. Rüsselscheide ziemlich kurz. Vom letzten Fufspaare nur die äufsersten Glieder zwischen den, am Ende etwas aus einander gehenden Flügeln vorragend. Ein schwaches Mittelleistchen nur am Halskrageu des Halsschildes bemerkbar. Hin- terleib allmälig verdünnt, am Ende mit einem Griffelfortsatze, welcher an der Spitze sehr feine Haken- bürstchen trägt. Farbe braun, am Vordertheil dunkler als am hinteren. Der ganze Rücken der Puppe mit feinen und ziemlich dichtstehenden graugelben Zottenhaareu. Auch die Vorderseite des Hinterlei- bes hat dergleichen, aber in regelmäfsigen Fläuschehen stehend. — Das Gespinnst (Fig. 2c) ist dop- pelt, läfst aber doch die Puppe durchschimmern: das äufsere besteht fast nur aus lockeren Gespinnst- fäden, mit wenigen eingewebten Raupenhaareu, das innere, coconförmige dagegen besteht gröfsteutheüs aus verworrenen Raupenhaaren. — Die ganz glatten, Anfangs schön hell graugrünen, später bräunlich- grauen Eier liegen zu 90-100 beisammen an der Rinde, haben die Gröfse kleiner Stecknadelknöpfe, sind auch, bis auf die untere, angeleimte Fläche fast kuglig, oben in der Mitte mit kleiner, einen Tüpfel zeigender Vertiefung. — Der Koth (Fig. 2k) bis 2'" lang und mehr als 1,5'" dick, walzig, mit 6 ziem- 166 Specieller Theil. lieh tiefen Längsfurchen und sehr deutlichem, 6-strahligeu Sterueindruck, grünlich-schwarz oder auch gelblich oder bräunlichgrün (von Buchen). VoRKOMMKN LND Frass. Der Rothschwanz ist in ganz Deutschland gemein, kommt auch fast durch ganz Europa vor. In manchen Jahren wird er sogar durch seine ungeheure Menge in Wäldern sehr lästig. Die Raupe lebt nicht allein am Wallnufsbaume, von welchem sie ganz unpassend den ge- bräuchlichsten'Namen führt, sondern auch an allen Waldbäumen, ja selbst an Rosensträuchern, Hopfen und dergl. hat man sie gesehen, und wenn auf den Bäumen nichts mehr ist, frifst sie den Unterwuchs ab. Auf Kiefern, wo ich zuweilen einzelne eingesponnen fand, sind sie wohl nur zufällig. Die Buchen scheinen ihr doch aber am Meisten zuzusagen, denn nur auf diesen hat man sie in den verschiedensten Gegenden verheerend gefunden. Ich selbst habe zu verschiedenen Malen ganze Bestände gesehen, auf denen im September kein Blatt mehr war. In den lichtbestandenen, mit starker Moosdecke überzoge- nen Orten auf dürftigem Boden sähe Hr. v. Käthen den Raupenfrafs am Stärksten wüthen, während auf kräftigerem Boden die mehr geschlossenen imd dicht belaubten Stämme verschont waren imd oft die schönsten, grünen Baumgruppen in Mitten einer entlaubten Wüste prangten. Lebensweise. Die Flugzeit des Falters fällt erst in den Mai und Juni. Ich fand in der Mitte des Juli noch die an der Buchenrinde (besonders stärkerer Bäume undzwarweitunten)klebenden und derselben sehr ähnlichen Eier und die eben ausgekommenen Räupchen; in der Stubekamen mir jedoch schonNesterimJuni aus. Einige Male faud ich die Eier auf dem Cocon, aus welchem der Schmetterling ausgekommen war, klebend. Das Weibchen mufste also auf der Stelle begattet worden sein und hatte auch gleich gelegt. Gewifs eine seltene Erscheinung. Die jungen Räupchen benagen nur die Oberhaut der Blätter und es kommt der August heran, ehe sie die ganzen Blätter verzehren. Die Raupe kugelt sich, wenn man sie in die Hand nimmt, stärker als andere Raupen zusammen, und davon hat sie eben den Namen der schamhaftigen erhalten. Gegen Ende des August sind die Bäume gewöhnlich schon ganz entlaubt, und die Raupe ist genöthigt herabzusteigen und sich noch vom Haidekraute bis zur Verpuppung zu ernäh- ren. Diese tritt erst in der letzten Hälfte des October ein. Die Raupe liebt defshalb eben den moos- reichen Boden, um sich hier bequem und geschützt verspinnen zu können. So liegt sie den Winter über bis zum nächsten Mai und Juni. Begünstigende oder hemmende Einflüsse. Eben so sehr wie die Vermehrung des Insects -durch günstige, warme Witterung, sonnige Lage und kümmerlichen Wuchs der Orte begünstigt wird; eben so sehr wird sie auch durch die entgegengesetzten Bedingungen beschränkt. Ungeachtet des star- ken Haarpelzes ist die Raupe doch so empfindlich wie die kahlen Raupen der Eule. Hr. v. Katheu sähe, dafs die zahllosen Raupen, welche bis zur Mitte des August im Jahre 1838 sich sehr wohl be- funden hatten, doch zu dieser Zeit, mit dem Eintritt eines stürmischen Regenwetters, in den ganz kahl abgefressenen Orten, wo ihnen ein Obdach mangelte, binnen 8 Tagen spurlos verschwanden, wogegen die Raupen in andern Theilen der schönen, von der Ostsee gegen SO. und N. umschlossenen Stubbe- nitz unter dem Schutze des Laubdaches noch ihren Frafs fortsetzen konnten. Auch ich habe im Jahre 1837 den 18. October gesehen, dafs die zahllosen Raupen, welche in den Buchenbeständen bei Lychen noch einige Tage vorher munter herabgewandert waren, um sich unten zu verspinnen, von dem herab- strömenden Regen sehr schnell getödtet wurden. Der Regen hatte sich in dicken Tropfen zwischen die grofseu Haarbüschel gesetzt, und diese waren der Raupe in so fern nur nachtheilig geworden. Nur mit Müiie fand ich noch eine Quantität ganz munterer Raupen, d. h. solche, die sich beim Anfassen nocii zusammenkugelten. Am andern Tage thaten sie auch dies nicht mehr, sondern bewegten nur noch die Füfse ein wenig und endlich hingen sie ganz schlaff und bewegungslos herab. Nur einige wenige verpuppten sich in meiner Schachte], aber auch ohne sich vorher versponnen zu haben. Einige Falter BOMBYX PUDIBUNDA. FORSTLICHE BEDEUTUNG UND BEGEGNUNG. 167 kamen jedoeli noch aus. Einmal wird das Insect gewifs schon dadurcli in Schranken gehalten. Als- dann giebt es aber auch noch einen Schmarotzer, welcher sich in unzähliger Menge einfindet, wenn das Insect Überhand genommen hat. Es ist ein kleiner schwarzer Ichneumon, den ich, da er noch nirgends beschrieben ist, Ichneumon (Phnpla) pudihimda genannt habe. Er ist dem stercorator und MussH am ÄJnilichsten, hat aber bis 5'" Länge und aufserdem noch eine 3'" lange Legeröhre. Die Fühler beim Weibchen unterhalb bräunlich, am Isten Gliede aber ganz schwarz, beim Männchen vom Isten Gliede au die Unterseite leuchtend gelb, nacliher in Braun verlaufend. Die durchlöclierten Cocons, aus denen sie schon im Herbste kommen, sind, wie gewöhnlich, doppelt. Innerhalb des Innersten nimmt der zer- störte Raupenbalg nur einen sehr kleinen Raum ein, weil 10-12 Ichneumon-Cocons, die wie Bienen- zellen aneiuanderkleben, darin Platz finden mufsten. Hr. v. Käthen fand, dafs schon im ersten Jahre des Frafses ungefähr die 30ste Puppe die Ichneumonenlarven enthielt, was sich schon durch die weifs- gelbe Farbe der Puppen verrieth. Aufserdem bemerkte er, dafs die Spinnen dadurch grofsen Nutzen stifteten, dafs sie Tausende von Raupen umspannen. Forstuche Bedeutung und Begegnung. Das Insect gehört mindestens mit zu den merklich schädlichen. Die Raupen haben schon zu verschiedenen Malen beträchtliche Buchen-Reviere abge- fressen. Bechstein erwähnt schon einen Frafs im Fulda'schen. Neuerlich haben die Raupen in der Gegend von Lychen 3 Jahre hinter einander in demselben Buchenorte gefressen, bis sie im Jahre 1837 durch den erwähnten October- Regen getödtet wurden. Auf der Insel Rügen hat sich die Raupe so oft, wie vielleicht in keiner andern Gegend, geregt und ist zuletzt noch über 800 Morgen verbreitet gewesen. Aus den Ministerialacten theilte mir der Herr Oberlandforstmeister gütigst mit, dafs schon in den Jahren 1818 und 1819 und dann wieder 1829 der Rothschwanz in der Stubbenitz gefressen habe. Im Jahre 1835 wiederholte sich der Frafs abermals, und wie sich dieser in einzelnen Orten endete, habe ich schon (Begflnst.) nach den Nachrichten des Hrn. v. Katheu berichtet. Schon im J. 1829 und auch bei späteren Untersuchungen über den dortigen Holzzuwachs wurde bemerkt: dafs die Jahresringe eines Raupenjahres und des darauf folgenden Jahres gegen den vorjährigen bedeutend schwächer wa- ren. Der Hr. Oberförster v. Schi e gell hatte den Verlust an Holzzuwachs, nach sehr mäfsigen Sätzen, blofs für das verflossene Jahr auf 252 Thlr. berechnet. Wenn daher die Bäume auch jedesmal wieder ausschlagen (da der Frafs glücklicher Weise erst nach Johanni beginnt) so ist doch der Sehaden, den sie leiden, erwiesen und man mufs je eher je lieber der Vermehrung des Insects Einhalt thun. Ist diese schon bis zu einem hohen Grade gestiegen, so werden die Vertilgungsraittel allerdings zu kostspielig, und wiegen den Vortheil nicht auf. Das beste Mittel besteht im Sammeln der Puppen über Winter. Das Aufwühlen des Mooses hat, wie auf Rügen bemerkt wurde, noch Vortheil für die Besamung der Buchenschläge. Im Jahre 1835 wurden dort 2,692,800 Puppen gesammelt und Anfangs 1 Sgr. und zu- letzt 3 Pf. pro Hundert gezahlt. Hr. v. Käthen liefs im Frühjahre 1838 (wegen ungünstig. Witterung erst im April) über 1,500,000 Puppen sammeln und verausgabte etwa 220 Thlr. Die Vermehrung war aber so ungeheuer gewesen, dafs trotz dem im Jahre 1838 der Frafs eben so stark auf dem abgesam- melten Reviere als zuvor wüthete. Auch kann man schon im September und October, wenn die Rau- pen in Schaaren von den Bäumen kommen, sie an den Stämmen zerquetschen oder, wenn sie an der Erde herumkriechen, sammeln. ANHANG. Unter den Spinnern giebt es noch eine grofse Menge vonDendrophagen. Sie sind aber allermeist so unwichtig, dafs es hinreichen dürfte sie nur namhaft zumachen(s.Tab.No.III.) Nur folgende auf den wich- tigeren Holzgewächsen zuweilen noch häufig vorkommende verdienen eine kurze Beschreibung. 1) Ph. B. (Pijgaera) hucephala Linn. (Lindenspinner, Gelbkopf, Mondvogel) ist auf 168 . Specieller Thbil. Taf. X. durch die Abbildungen des Falters (Fig. 1f), der Raupe (Fig. 1l) und der gespinnstlosen Puppe (Fig. 1 p) kenntlich genug gemacht. Die Raupe frifst Anfangs gesellig fast auf allen Laubhölzern, na- mentlich gern auf Buchen und Eichen und schlüpft erst zu Ende des Juni oder im Juli aus. Daher verpuppt sie sich auch erst spät im Herbst und der Falter fliegt auch erst im Juni aus. Die Puppen liegen ohne Cocon flach in der Erde und machen in so fern eine merkwürdige Ausnahme von den übrigen Spianern. Da sie zuweilen in zahlreichen Familien liier und da einen jungen Baum abweiden, und den noch zarten Pflanzen schaden, so mufs man sie absuchen und tödten. Im Monat Juli ündet man die ganze Raupengellschaft, welche sich bei der Berührung durch Aufheben der Schwänze gleich verräth, gewöhnlich noch auf einem Blatte zusammen und kann sie mit einem Drucke tödten. Auch später fressen sie noch so nahe beisammen, dafs die Zerstörung ohne Mühe gelingt. — 2) Ph. B. coe- ruleocephala Linn. (neuerlich zu den Eulen gezogen als Episema coeruleocephala Ochsh.) (Blaukopf, Brillenvogel) ist ebenfalls auf Taf. X. durch die Abbildungen des Falters (Fig.Sr), der Raupe (Fig. 3l) und der Puppe (Fig. 3p), so wie des Kothes (Fig. 3k) kenntlich genug gemacht. Die Raupe frifst im Vorsommer vorzüglich an Obstbäumen, so wie auch an Schlehen, Weifsdorn und Linden, nach Hrn. R. v. Mey erinck auch sehr bedeutend auf Eichen. Im Juni macht sie sich einen, mit Koth-, Holz- und dergl. Stückchen übersäeten Cocon an den Zweigen (s. Taf. X. Fig. 3c), Stämmen oder Zäunen, aus welchem der Schmetterling gewöhnlich noch im Herbst auskommt und noch vor Winter seine grü- nen, oben gewölbten Eier au die Rinde legt. Die Raupen sind nur in Gärten schädlich, werden hier aber öfters so allgemein über alle Obstbäume, besonders Pflaumen, verbreitet gefunden und schaden den Knospen schon so früh, dafs Bechstein {Forstins. S. 324.) sie mit zu den mebi- schädlichen rechnet und räth, dafs man sie dnrch Absammeln der leicht in die Augen fallenden Raupen im Vor- sommer, und durch Tödten der meist niedrig angesponnenen und an der weifsen Farbe leicht kennt- lichen Puppen im Nachsommer zerstören soll. Nach Hrn. Saxesen frifst sie auch an andern Laubbäumen, namentlich Haseln, bedeutend. Ich fand sie auch am Schwarzdorn häufig. — 3) Ph. B. Querciis himi. (Eichensp inner, Quitte nvogel) (Rösel Tom. I. Gl. IL Papil. nocturn. Tab. XXXV a. Fig. 1, 2. R. Goc. Tab.XXXVb. Fig. 3-6. P.E.]. Der Falter bis 3" breit, mit röthlichgelben (beim Weibchen) oder ka- stanienbraunen (beim Männchen) Flügeln, welche fast in der Mitte eine geschweifte, schmale hellgelbe Querbinde und nach innen von derselben einen weifsen, dunkelgerandeten Fleck führen. Die Raupe über 3" lang, graubräunlich behaart mit breiten, sammtschwarzen Einschnitten zwischen allen Bauchrin- gen und schneeweifsen <^ über den Luftlöchern. — 4) Ph. B. quercifoUa Linn. (Kupferglucke, Ei- chenblatt) [Rösel Tom. L Gl. IL Po?;, noct. Tab. XLL Fig. 1-7. (F.R.P.G.)]. Der Falter fast 3" breit, mit stark gezähnten, niederhangenden, rostrothen, am Hinterrande bläulichen Flügeln. Die Raupe bis 4" lang, bläulichgrau oder schmutzig braun, mit dunkleren Zeichnungen, 2 dunkelblauen Nackeneinschnit- ten, 1 behaarten kurzen Zapfen des Uten Ringes und behaarten Warzen an den Seiten. — 5) Ph. B. Vinula Linn. (Gabelschwanz, Bandweidenspinner) [Rösel Tom. I. Gl. IL Pap. noct. Tab. XIX. Fig. 1-lL (F.R.P.G. E.)]. Der Falter über 3" breit mit grauweifsen, zahlreiche schwärzliche Zick- zackstreifen und Flecke zeigenden Flügeln. Die fast kahle Raupe bis 3" lang, 14-füfsig, indem die bei- den Afterfüfse in die nach oben gekrümmte Gabel verwandelt sind. Ganz jung schwarz, dann grün- lichgelb (wie kranke Blattflecke), erwachsen grün mit dunklem, weifs eiugefafsten Rücken und vor der Verpuppung roth. — 6) Ph. B. Carpini Wien. Verz. (Haynbuchenspinner, kleines Nacht- pfauenaug) [Rösel Tom. L Gl. IL Pap. noct. Tab. IV. (R. G.) und Tab. V. (F. P.)]. Der Falter oft über 3" breit, mit gerundeten, schwach gekerbten, röthlichgrauen, schön gebänderten, 4 doppelkreisige Augen zeigenden Flügeln. Die fast kahle Raupe bis 3" lang, sehr dick, jung schwarz, erwachsen grün, mit sammtschwarzen Gürteln, auf welchen 6 goldgelbe oder rosenrothe, sternhaarige Warzeuknöpfe ste- NocTUA. Characteristik. 169 heil. Flugzeit April luul Mai. Verpuppung im Nachsommer. — 7) Ph. B. TcmLinn. (Roth buchen- spinne r, T-Vogel) [Rüsel Tom. III. Tab.LXVIII. Fig. 1. (R.), Tab. LXX. Fig. 4-6. (R.) und Tom. IV. Tab. VII, Fig. 3-4. (F.)]. Der Falter bis 3,5" breit, mit bräunlichgelben, 4 blauschwarze Augen, in deren Mitte ein weifser T-Fleck steht, zeigenden Flügeln. Die fast kahle Raupe grün, bis 3" lang, jung mit 5 langen, rotheu, ästigen, beweglichen Dornen, erwachsen chagrinartig mit weifslichen Schräg- streifen der Seiten und weifser Längslinie unter den Luftlöchern. Flugzeit im April und Mai. Verpup- pung im Nachsommer. — 8) Ph. B. anasfoiiiosis Linn. (Espenspinner, Wirrband) [Rösel Tom. I. Cl. II. Poi). noct. Tab, XXVI. Fig. 1-5. (F.R.P.C.)]. Der Falter fast 2" breit. Flügel aus Grau und Rothbraun gemischt, mit 3 anastomosirenden, weifslichen ßindenstreifen. Die wenig behaarte Raupe fast 2" lang, braun mit breiter, schwarzer, weifsgefleckter, gelbeingefafster Rückenbinde. In der gelben Einfassung rothe , behaarte Knöpfchen. Auf dem 4ten Ringe eine gröfsere und auf dem Uten Ringe eine kleinere schwarzbehaarte und weifsgefleckte Zapfenwarze. Flugzeit Mai und Juni, oft noch einmal im Herbst. — 8) Ph. B. antlqua Linn. (Aprikosenspinner, Paradoxum [Rösel Tom. I. Cl. II. Pap. noct. Tab. XXXIX. Fig. 1-5.) (E.R.P.C. F.)]. Das Weib ungezügelt bis 9'" lang, grau be- haart, der Mann geflügelt über 1,2" breit, mit rostbraunen, dunkelgestreiften und schneeweifs gefleckten Flügeln. Die Raupe bis 1,3" lang, bläulichgrau, vorn, an den Seiten und hinten mit 11-13 federbusch- ähnlichen, schwarzen, uud 4 bürstenartig geschorenen, gelben Haarbüscheln der Mittellinie. Flugzeit Nachsommer und Herbst, die Raupe frifst im Vorsommer (zuweilen recht häufig). — 9) Ph. B. Zkzac Linn. (Flechtweidenspinner) [Rösel Tom. L Cl. IL Pap. noct. Tab. XX. Fig. 1-8. (E.R.P.C. F.)]. Der Falter fast 2" breit. Die Vorderflügel halb gelblichbraun, halb weifsgrau, mit einer grofsen dunk- len, nach innen helleingefafsten, Halbmondzeichnung etwa in der Mitte, und 2 Bindenstreifen der Basis. Die fast kahle Raupe (*) bis 2" lang, roth, vorn dünn, hinten dick, mit herzförmigem Kopfe und 2 gro- fsen Kugelhöckern des 5ten und 6ten Ringes. Flugzeit April und Mai, oft noch einmal im Nachsom- mer. — 10) Ph. B. castrensls Linn. (Flockenblumspinner). Lebensart, Falter und Raupe gleichen denen der neustria (unsere Taf. VIII. Fig. 1.) sehr, jedoch ist das Weib dunkler mit helleren Binden- säumen und die Raupe auf dem Rücken rothgelb, schwärzlich, abgesetzt gestreift und punktirt, mit bläu- licher Mittellinie. Auch frifst sie gewöhnlich nur auf Kräutern, oft in ganzen Klumpen auf Wolfsmilch, jedoch zuweilen auch recht arg auf Bäumen. Zweite Untergattung. (Phalaena) Noctua Linn. Eule. Characteristik. Die Eulen sind von den Spinnern und Spannern genugsam durch den ganz kegelförmigen Hinterleib, die allermeist ungekämmten Fühler, den langen Rüssel und die 16-beinigen Raupen (**) unterschieden, und unterscheiden sich ferner von den Wicklern und Motten durch die (*) Die fast kahlen Raupen mehrerer verwandten, auch nicht seltenen, Arten (z. B. Droinedarius , Tritophus, Torva) haben ähnliche, ansehnliche Rückenhöcker und noch andere (dictaea, dictaeoides und die über 2" lange grüne ver- eicolora) einen Höcker (Sphinx-Rudiment) oder (camelina) 2 Spitzen des Uten Ringes, und werden dadurch leicht kenntlich. (**) Alle diese Kennzeichen linden sich auch bei der neuerlich zu Bombyx gebrachten qitadra, wel'shalb ich sie mit hierher stelle. Band II. Y 170 Specieller Theil. ziemlich grofsen, nicht geschulterten Flügel. Ausführlicher characterisiren wir die Falter. Der Kopf klein, fast ganz unter dem Halsschilde versteckt, stark behaart, von dem Collare wie von einem Eulen- (Strix-) Kragen umgeben, mit stark gewölbten, aber meist nur kleinen Augen. Die Fühler ziem- lich lang, d. h. den Halsschild stark überragend, entweder nur einfach faden- oder borstenfürmig mit we- nigen, kurzenHärcheu besetzt, oder beim Männchen gewimpert-gesägt(s. Taf.I. Fig. 3.), seltenkurz doppelt- o-ekämmt(*). Der Rollrüsel laug. Taster mäfsig lang uud dick,4gliedrig. Rumpfund Hinterleib ziemlich stark, der letztere allmälig schon von derBasis an verdünnt uud daher ziemlicli kegelförmig. Die Füfse ziemlich stark. Die Flügel nicht sehr grofs, aber kräftig und stark: die vorderen ziemlich schmal, die hinteren rundlich, selten eckig, gezähnt oder gekerbt, in der Ruhe etwas gewölbt, dachförmig geneigt. Die Farben sehr bunt und, wenn auchmeist dunkel doch angenehm durch Fleckchen, kleine Strichelchen uudBindeugeziert, zuweilen mitMe- tallschimmer. — DieRaupen sind 16-füfsig, selten 14-füfsigC/ac«-crclae Hart, [dem vorigen sehr ähnlich, aber etwas stärker, fast ganz schwarzbeinig und weifsschildig, fast oline Legeb.]. — J. (Cnjptus) seficornls [fast 5'" laug, über 2'" lange Lege- bohrer, mit sehr langen, borstenartig feinen, schwarzen, oder schwach weifs geringelten Fühlern, fast ganz rothen Beinen und rothem, nur gegen das Ende geschwärzten Hiuterleibe]. — 10) J. (Cryptus) filicornis [nur etwas kleiner als voriger, sonst unterschieden durch ein Flügelwölkchen, etwas stärkere und kür- zere, stark weifsgeringelte Fühler und ganz rothen Hinterleib]. — 11) Miisca (Tachina) glahrata Mg. (zur Sect. B. a.* M eigen gehörig), 5-6'" lang, bläulich-schwarz, mit behaarten Augen. Braunroth sind die Taster, das Scbildchen, die Seiten der 3 ersten Leibesringe, so wie die Fühlerglieder ganz oder gröfstentheils. Alle haben dieselbe Flugzeit mit Ichneumon compressus, obgleich eine Menge von Indi- viduen noch bis Mitte des Sommers schwärmen. Die schon im Vorsommer von ihneu angestochenen Raupen erkennt man au der gröfseren Trägheit, so wie an den schwarzen, gegen die Peripherie verlau- fenden, etwas erhabeuen Stichwunden. Hr. Th. H artig {Jahresher. I. 2. S. 260.) bemerkte im Jahre 1837 im Königl. Charlottenburger Forste, dafs \ aller, durch Anprallen gewonnenen Raupen angesto- chen waren und vermuthet: dafs das Verhältnifs der kranken zu den gesunden Raupen wahrscheinlich blofs defshalb so günstig erschienen wäre, weil die angestochenen Raupen durch das Anprallen leichter herunterfielen als die gesunden, auch war wahrscheinlich ein grofser Theil der letzteren schon in die Erde gegangen, als die Untersuchung (Ende Juli"s) vorgenommen wurde. Als bei uns im Jahre 1838 der erste Frafs eintrat, aber auch schon im Juli durch die Witterung unterdrückt wurde, fand ich nur wenige angestochene Raupen. Die grofse Menge schöner Ichneumonen erhielt ich aus Puppen, die mir Hr. Lehmann von Boitzenburg schickte, wo der Frafs schon länger gewüthet hatte. Als eifrige Verfolger der Raupen habe ich auch uoch die beim Spinner genannten Wanzen kennen gelernt. Als einen sehr wichtigen Feind der Forleule fähren die Herren Behm und Roth noch den Tausendfufs (Scolopendra forficata) (der sich durch seinen langen, schmalen, plattgedrückten, mit mehreren Hundert Füfsen besetzten, braunen, glänzenden Körper auszeichnet) an. Sie sahen im Jahre 1832, dafs die Puppen sich in dem Grade verminderten, wie die Tausendfüfse sich vermehrten, und es wurde häufig bemerkt wie diese Thiere in der Puppenhülse steckten und darin frafsen. Forstliche Bedeutung und Chronik. Die Forleule gehört zu den sehr schädlichen lusec- ten und streitet mit der Nonne, welche sie als Kiefernzerstörerin gewifs noch übertrifft. Die Raupe hat schon oft ganze Bestände entnadelt und zum Abstehen gebracht. Etwas, was ihre Schädlichkeit noch etwas mindert und sie oft, wenn sie im Begriff steht sich plötzlich zu vermehren, mit einem Male zurückdrückt, ist die grofse Weichlichkeit derselben (s. Begünst.). Auch wird man defshalb öf- ters ihrer Herr, weil sie mehr, als die meisten andern Raupenarten, sich zusammeudräugt, wie Hr. Pfeil (Forsfschutz S. 145.) sagt, obgleich sie demselben in ungeheuer rasch fortsehreiteuder Entwickelung auch schon zu gleicher Zeit auf mehr als 30,000 Morgen vorgekommen ist. Der Frafs hat manches Eigen- thümliche. Man möchte ihn einen versteckt -schädlichen nennen, denn mehrere Forstleute (z. B. H. Müller, Jester o. ct. 0. S. 119) versichern, dafs sie durch die neuen Nadeln und Knospen, welche die von der Forleule gefressenen Kiefern wieder getrieben hätten, getäuscht worden wären, weil die 176 Specieller Theil. Bestände dann doch hinterher plötzlich abgestorben seien. Wahrscheinlich liegt dies darin, dafs die Räupchen schon so früh im Mai auskommen und den eben erst sich verlängernden Trieb anfressen (s. Vorkommen und Frafs). Dafs die von der Eule gefressenen Kiefern nach Johauni noch einmal Triebe machten, die dann aber später erfroren und den Bestand nicht erhalten konnten, erzälilte mir Hr. Regierungs-Forstrath Ewald. Eine hübsche Übersicht des durch die Forleule ausgeübten Scha- dens finden wir bei Hennert {Raupenfr. S. 1 u. f.), wenn es auch nicht immer möglich ist, ganz be- stimmt das Insect aus den Berichten zu erkennen. Schon im Aufauge des 18. Jahrhunderts zeigen sich ziemlich bestimmte Nachrichten von dem Frafse einer grünen Raupe an der Elbe. Auch ist zu ver- muthen, dafs der Frafs, welcher im Jahre 1777 im Grofs-Schönebecker Forste auf viele Tausend Mor- gen verbreitet war, von der Eule ausging. Im Jahre 1781 war sie in den Vorpommerschen Forsten so häufig (zum Theil mit Tenthredo Pini zusammen), dafs man auf einer Quadratruthe in der Garzischen Stadthaide an 300 Puppen finden konnte. Von 1783 und 1784 an waren die bösen Kiefernraupen fast durch die ganze Kurmark, zum Theil auch durch die Neumark und durch Vorpommern verbreitet und grüne Raupen hatten überall Theil daran. Von 1787-1791 blieben die Königl. Forsten ver- schont. Dann aber kam die traurige Zeit, von welcher alle Bücher erzählen (s. Forstl. Bed. beim Spin- ner). Das Jahr 1783 war es auch, wo diese Raupe die Fränkischen und Sächsischen Forsten ver- wüstete (Meyer in seiner Zeitschr. IV. 138.), namentlich im Auspachischen, Bayreuthischen und Nürn- bergschen verbreitet war. Auch in den Görlitzer Forsten war die Raupe in den Jahren 1779, 1783 und 1792 allgemein verbreitet (v. Linker besorgt. Forstm. S. 367.). In Franken hat auch in den Jah- ren 1808 und 1815 wieder ein Frafs Statt gefunden (Bechstein S. 334.) und aus dem Jahre 1815 be- richtet Jester (Hartig's Archiv III. S. 119.) von einem bedeutenden Frafse in Ostpreufseu. Bei den neuesten Raupenausbreitungeu in den Dreifsiger Jahren ist die Forleule, wie ich zum Theil selbst ge- sehen und durch sichere briefliche Nachrichten erfahren habe, überall mit dabei gewesen, theils allein, theils mit der Nonne zusammen, theils derselben folgend, aber selten mit dem Spinner zusammen, na- mentlich in Pommern (Hr. Grafs hoff), in Mecklenburg (Hr. Kämpffer), in der Uckermark (Hr. Leh- mann), bei Berlin (Hr. Th. Hartig), bei Neustadt u. s. f. Im Jahre 1828 hatte auch ein Frafs im Lin- gen'schen Statt, und Hr. Müller versichert, dafs man vor dieser Zeit nie etwas davon gehört habe. Begegnung. Bemerkt man im Sommer den Beginn eines Frafses, so mufs man den Herbst ab- warten und in die Orte, wo man das Herabsteigen der Raupen von den Bäumen sähe, die Schweine eintreiben. Es ist dies das erste und beste Mittel gegen die Eule, und zugleich kann man sagen: es ist das Eintreiben der Sehweine gegen kein Insect so wirksam als gegen Eule und Spanner. Je mehr das Schwarzwildpret ausgerottet wird, desto mehr müssen wir darauf denken, den Nutzen, welchen uns diese Thiere gegen Ungeziefer gewährten, künstlich zu ersetzen. Ich führe hier nur folgenden Fall als Beleg an. Im Rüdersdorfer Reviere hatten sich, nach den Berichten der Hrrn. Roth undBehm, meh- rere Gemeinden dazu verstanden ihre Schweineheerdeu in den Forst zu schicken. Es wurden dazu, und weil die Heerden eine weite Trifft hatten. Buchten eingezäunt, um die Schweine Abends da hinein zu treiben. Die Kosten, so wie ein Hirtenlohn vergütete die Behörde. Das Mittel bewährte sich vor- trefflich, denn die Schweine verzehrten ungemein viel Puppen. Man wird also den gröfsten Theil des Winters Zeit haben, dasselbe in Anwendung zu bringen. Nur bei starkem Frost ohne Schnee kann das Schwein^'j nicht brechen. Wenn die Schweine gehörig Wasser finden, gewähren ihnen auch die Eulen-Puppen eine sehr gesunde Nahrung. Stehen Einem nicht diese vierbeinigen Sammler zu Gebote, so mufs man sich dazu bequemen, Menschen sammeln zu lassen. Diese machen es aber viel schlechter, und sie haben auch aus dem Grunde viel mehr Mühe bei dem Sammeln der Eulenpuppen als beim Sammeln der Spinnerraupen, weil die ersteren überall unter der Schirmfläche zertreut liegen und auf NOCTUA QUADRA. NaMEN. ChAEACTERISTIK. 177 nacktem Boden wohl gar iu der Erde stecken (s. Leb.), wo sie gar nicht gesammelt werden können. Hr. Grafsho ff mufste in einem kleinen Orte von 200 Morgen, um Alles ordentlich absammeln zu las- sen, 300 Thlr. ausgeben. Es wird daher gewifs vorkommen, dafs man bis in den zweiten Frafssommer gelangt, ohne dafs etwas zur Vertilgung geschehen ist. Dann mufs man, wenn die geringe Stärke des Holzes, wie gewöhnlich, es erlaubt, das Anprallen gebrauchen. Die Raupe sitzt niclit sehr fest und es fallen beim ersten Schlage schon viele Raupen, die meisten beim zweiten und die letzten beim dritten (s. Allgem. Sammeln S. 46.). Geht dies nicht an, so wartet man, bis die Raupen von den Büumeu (im Juli oder August) steigen. Hr. Pfeil {Forsfscltufz S. 148.) räth zu dieser Zeit, wo die Raupen oft län- gere Zeit am Fufse der Bäume, entweder an der Rinde oder auf dem Boden, in schon veränderter Ge- stalt und Farbe (s. Taf. X. Fig. 4l"') verweilen, bei schlechtem Wetter in ganzen Klumpen, sie zu sam- meln oder auch auszurechen. Auch Raupengräben thaten ihm gute Dienste, wenn sie hinreichend dicht (weil die Raupe nicht weit wandert) gezogen wurden, doch nur in dem Falle, wenn das Holz ganz entnadelt wird. Den meisten Nutzen werden sie auch hier als Isolirungsgräben haben. Hr. Müller beschränkte z. B. durch sie einen sehr heftigen Frafs auf 700 Morgen. Ganz abgefressene Orte müssen im Herbst, nachdem sie abgeholzt wurden, gerodet und gehörig umgepflügt werden, damit die Puppen tief unter die Erde kommen und sich im Frühahre nicht entwickeln können. Es versteht sich von selbst, dafs zur Zeit eines Frafses alle sich in einem Reviere zusammenziehende Thiere, selbst die sonst als schädlich bekannten Füchse und Marder, weil sie eben wegen der guten Nahrung sich hier versam- meln, geschont werden müssen. Alle übrigen, etwa noch gegen die Eule empfohlenen Mittel, wie das Sammeln der Schmetterlinge, das Anzünden von Leuchtfeuern gegen dieselben und dergl., sind von den Praktikern einstimmig verworfen. Die gemischten Bestände schützen gegen die Eule wenig oder gar nicht, wie ich selbst erfahren habe und aus den Nachrichten von Hrn. Kämpffer ersehe. 2. Ph. N. (LifJiosia) quadra Linu. Vi erpunkt (Taf. X. Fig. 5.) (*). Namen. Vierpunkt, Vierpunkt -E nie oder Spinner, Viereck, Stahlmotte, Stroh- hut, Pflaumen-Eule, grofse Schabe, Maronenvogel, Würfelvogel, Hangflügel. Characteristik. Der weibliche Falter (Fig. 5fc) hat bis 1,7" Flügelspannung und 6'" Länge. Die Fühler sind borstenförmig, fein gewimpert, kaum etwas gekerbt. Die Flügel sind lang, und be.sou- ders die vorderen schmal und in der Ruhe um den Leib geschlagen. Der Rollrüssel ziemlich lang und aufgerollt. Der Leib ziemlich schmächtig. Die Fühler dunkelbraun. Die Füfse gröfstentheils metallisch bläulichgrün. Die Flügel auf der Ober- und Unterseite, so wie Vorder- imd Hinterleib röthlichgelb, die hinteren etwas blasser. Auf den vorderen stehen jederseits 2 stahlblaue oder grünliche, meist vier- eckige Flecke, einer am Vorderrande und der andere über die Mitte hinaus. — Das Männchen (Fig.örd") ist etwas kleiner, hat etwas dickere und stärker gewimperteFühler und unterscheidet sich besonders leicht dadurch, dafs oben und unten die Vorderfiügel (so wie der Vorderrand der Hinterjlügel) raucbgrau an- geflogen sind und an der Basis so wie auf dem Halsschilde schön dunkel röthlichgelb, am Vorderrande aber stahlblau oder grün erscheinen. — Die vollwüchsige Raupe (Fig. 5l) bis 1,5" lang, walzig und nur nach vorn ansehnlich und nach hinten etwas verschmälert. Kopf kleiu und ziemlich gewölbt. Die 6 Brustfüfse so wie die 8 Bauch- und 2 Afterfüfse lang und stark, letztere mit halbmondförmiger, hakiger Sohle. Kopf schwarz. Füfse hell. Unten grünlichgrau, oben graubraun, in der Mitte mit brei- tem, gelben, gezähnten, wellenstreifigen Längsbande, in welchem auf dem 2ten, 3ten, 7ten und Uten (*) Die kleine Gattung Lithosia wird von den neueren Systematikern, wie mir aber scheint mit Unrecht, zu den Spinnern gebracht (s. Charact. von Nuctua S. 169.). Band H. Z 178 Specieller Theil. Ringe ein schwarzer Fleck steht, und an dessen Rändern sich jederseits auf dem 2ten bis Sten Ringe ein gröfseres und auf dem 4ten bis lOten Ringe ein gröfseres und ein kleineres, rothes Wärzchen und auf dem Uten Ringe 2 blauschwarze "Wärzchen befinden. Haare sehr lang, büschelständig, weifs und dunkelbraun. — Die Puppe (Fig. 5p) bis 7'" lang, gedrungen, amKopfe schmal. Flügel ziemlich weit über die Hälfte des Körpers hinausreichend, sehr schwach gerippt: die unteren nur hinten ein wenig sichtbar. Glieder stark verhüllt. Rüsselscheide und Fühler bis zur Spitze der Flügel. Vom 3teu Fufspaar nur die äufsersten Spitzen bemerkbar. Augen deutlich vorragend. Die Wölbung zwischen denselben unbedeutend. Kopf- und Halsschild am Rücken mit undeutlichen Leistchen. Hinterleib allmälig ver- dünnt und abgerundet, ohne irgend eine Auszeichnung der Aftergegeud. Behaarung gänzlich fehlend. Farbe dunkelbraun. — Das Gespinnst (Fig. 5c), welches die Puppe umgiebt, nur locker und durch- sichtig, mit den Haaren der Raupe durchwebt. — Der Koth (Fig. 5 k) 1,5'" lang und fast 1'" breit, walzig, hier und da unregelmäfsig eingeschnürt und nur fein gekörnelt, auf dem Abschnitte mit 5 Stern- eindrücken, schwarz oder grünlichschwarz. Lebensweise, Vorkommen und Frass. Der Vierpunkt ist durcli ganz Deutschland verbreitet, kommt aber nur selten einmal häufig vor. Ich habe ihn nur ein einziges Mal häufig beobachtet, da aber auch in solcher Menge, dafs man 200 Raupen und mehr pro Stamm rechnen konnte. Über sei- neu Frafs herrscht nocli ein Streit. Mehrere erfahrene Entomologen (z. B. Ochsenheimer HL 128.) behaupten, dal's die Raupe sich nur von den Lichenen (Flechten) an den Bäumen nähre und selbst auf bemoosten Hausdächern vorkomme. Dagegen behaupten wieder ganz zuverlässige Forstmänner mit Be- stimmtheit, dafs die Raupe Nadeln fresse, dann aber auch auf Buchen, Eichen, Weiden, Kirschen, Lin- den gehe. Schon Hennert {Raupenfr. S. 37.) führt sie unter den schädlichen Insecten auf. Alsdann ist sie in den Weimarischen imd Schwarzburgischen Forsten im Sommer 1828 in grofser Menge in Nadelholz-Beständen gefunden worden {Allg. F. u. J. Zeit. Jahrg. V. S. 420.). Hr. v. Bülow-Rietli {Nonne S. 37.) bemerkt, dafs ihre Vermehrung im Jahre 1830 in Pommern grofse Fortschritte gemacht habe. Endlich sagt Hr. Grafshoff (Pfeil's crit. Bl. VH. 2. S. 199.): „Der Vierpunkt war in der Schuöggersburger Haide mit der Forleule zusammen bei dem grofsen Kienraupenfrafse, wenn auch nicht so häufig wie die Eule. Er verschwand so imbemerkt, wie er gekommen war. Bech stein behauptet von ihm, er verzehre nicht die Nadeln, sondern nur die Schroffmoose. Dafs er aber wirklich die Na- deln frifst, dieselben wie die Nonne abnagt und zum Theil herunterfallen läfst, unterliegt keinem Zwei- fel, denn ich habe mich oftmals davon überzeugt." So achtuugswerth nun diese letzteren Auctoritäten auch sind , so mufs ich ihnen doch mit der Vermuthung entgegentreten ; dafs sie höchst wahrscheinlich getäuscht wurden. Meine Gründe dafür: dafs die Raupe nur Flechten frifst, sind: 1) Sie hungerten mehrere Tage lang, als ich sie mit Kiefern- und Buchenzweigen zusammen eingesperrt hatte. 2) Sie fielen, als ich ihnen Flechten vorwarf, gierig über diese her und versammelten sich nur um diese. 3) Ich habe sie auch im Freien nur an den Flechten der Stämme {PariniUa furfaracea, saxatilts, oUmcea u. A.) fressend gefunden. 4) Die Buchen, auf denen sie zu Hunderten safsen, hatten nur wenig Laub verloren, und dies war nur durch den Frafs der gleichzeitig vorhandenen Nonne zerstört worden. Schon fing ich an, in dieser Ansicht waukeud zu werden, denn eines Tages waren meine Kieferntriebe tüchtig im Zwinger befressen. Allein bei näherer Untersuchung fand ich, dafs sich einige Nonnen mit einge- schlichen hatten. Sollte es jenen Verfechtern der Laubuahrung wohl eben so gegangen sein? Meine Raupen verpuppten sich schon gegen Ende des Juni. Im Freien sähe ich, dafs sie, obgleich sie für den Frafs die Buchen vorgezogen hatten, doch lieber auf die Kiefern zur Verpuppung gingen. Die Nadeln gaben ihnen bequemere Anhaltspunkte für die Gespinnstfäden. Audi fand ich sie in den ein- zelnen grofsen Rindenrisseu der Buchen versponnen. Die Flugzeit ist im Juli oder August. Die klei- NOCTUA QUADRA. FORSTLICHE BEDEUTUNG. ANHANG. 179 nen Eier werden an Rinde, Nadeln oder Blätter gelegt und die jungen Räupchen schlüpfen noch im Herbst aus. Da sie aber wenig mehr fressen, so überwintern sie sehr klein, wahrscheinlich unter dem Moose. Im Frühjahre sind sie im April schon auf den Bäumen und erreichen zum Ende Junis ihre vollkommene Gröfse. Forstliche Bedkutung. Der Vierpunkt ist meinen Erfahrungen zufolge ganz unschädlich, ja man könnte ihm sogar einen Nutzen beimessen, da er die Bäume von den lästigen Flechten reinigt. Es wäre gewifs manchem Garteuliebliaber sehr erwünscht, wenn man ilim einige Millionen von dieser Raupe zu- führen könnte, die besser als Kuhmist und Kalk für die Reinigung der Stämme sorgen würden. Wir können das Insect also ohne Bedenken aus der Liste der mehr schädlichen, zu denen es Bechstein brachte, streichen. Icii würde es gar nicht mit abgebildet haben, wenn ich nicht hätte dazu beitragen wollen, durch kenntliche Figuren die Kenntnifs des Insects allgemeiner zu machen und die richtige An- sicht von seiner Lebensweise immer mehr zu befestigen, auch den Forstmann, der es noch nicht kennt, zu beruhigen. Denn verdenken kann ich es Keinem, wenn er bei dem plötzlichen Erscheinen der Raupe in solcher Menge, wie ich sie gesehen habe, in Schrecken geräth. Es wäre, wenn sie den übri- ger Baumraupen im Frafse gliche, vorauszusehen, dafs kein Blatt ganz bliebe. ANHANG. Die unmerklich schädlichen Eulen haben noch weniger Bedeutung als die Spinner, da ihre Rau- pen gröfstentheils kleiner und weniger gefräfsig sind. Es sollen daher hier nur noch einige der grofsen Arten kurz beschrieben werden. 1) Ph. N. Fraxini Linn. (Escheneule, blaues Ordensband) [Rösel Tom. IV. Tab. XXVIH. Fig. 1. (F.)]. Der Falter über 4" breit. Die Vorderflügel weifs und grau-bunt, die Hinterflügel schwarz mit breiter blauer Bogenbiude. Die Raupe über 3" lang, bläulich- grau, doch auch zuweilen dunkel rothlich oder bräunlich, au jeder Seite mit einer Reihe weifslicher "Wimper-Franzen, in der Mitte des 8ten Ringes wulstig erhaben. — 2) Ph. N. nupta Linn. (Band- weiden-Eule). Der Falter über 2,6" breit. Die VorderÜügel grau, bläulich und gelblich gebändert, die Hinterflügel roth, mit 2 schwarzen breiten Bogenbinden, deren innerste abgebrochen. Die Raupe über 2,5" lang, bräunlich-grau, verwaschen-gelb gefleckt und dunkel abgebrochen-gebändert, jederseits mit Wimper-Franzen und schwacher Wulst des 8ten Ringes (*). — 3) Ph. N. Psi Linn. (Schlehen- eule, Pfeil- oder Ps/-Eule) [Rösel Tom. L Gl. IL Paj). noct. Tab. VIL Fig. 1-5. (R.P.F.)]. Der Falter fast 2" breit, hellgrau, mit mehreren schwarzen V'-Zeichen. Die behaarte Raupe fast 2" lang, schwarz mit schwefelgelber, auf dem 4ten Ringe durch eine schwarze Kegelwarze unterbrochener Mit- tel-Rückenbiude. Flugzeit im April und Mai, und zuweilen wieder im Nachsommer. — 4) Ph. N. Ace- ris Linn. (Rofskastanien-Eule [Rösel Kleemann Tom. I. Tab. XVII. Fig. 1-5. (R.P.C.F.)]. Der Falter bis 1,7" breit. Die Vorderflügel heller oder dunkler grau oder braun, mit zahlreichen dunklen Strichen und Wellen-Querstreifen, einem /--förmigen Längsstrich der Basis und einer nierenförmigen und einer fast kreisrunden Makel der Flügelmitte. Die Hinterflügel bräunlichweifs mit stärkerem oder schwächerem braunen Anfluge. Die Raupe über 1,6" lang, sehr ausgezeichnet durch die (5-6"') langen, zahlreichen, federbuschähnlichen, theils citronengelben, theils orangefarbenen Haargruppen und die sil- (*) Unter dem Namen der Rothen Ordensbänder gehen noch mehrere Arten (z. B. elvcata, dilecta, sponsa, jiromissa, pacta, coiijiincta) , welche der mipta sowohl im Falter- wie im Ranpenzustande sehr ähneln und hier über- gangen werden können, zumal es noch nicht recht ausgemacht ist: ob sie sich nicht blol's wegen der Flechten an den Bäumen aufhalten (Hr. Saxesen). Z2 180 Specieller Theil. berweifsen, schwarz gesäumten Khombenflecke der Mittellinie, welche beim Zusammenrollen der Raupe am Deutlichsten werden. Flugzeit im Mai und Juni. — 5) Ph. N. instaUUs W. V. (Mandelneule) [Rüsel Tom. I. Cl. II. Pap. noct. Tab. LIII. Fig. 1-4. (R. P. F.)]. Der Falter fast 2" breit, grau mit rost- braun gesäumten Bindenstreifen und Makeln der Vorderflttgel. Die fast kahle Raupe beinahe 2" lang, gelbgrüu mit helleren Streifen und Pünktchen. Flugzeit sehr früh, oft schon im März. — G) Ph. N. llhatrix Linn. (Dotterweideneule) [Rosel T. IV. Tab. Xli. Fig. 1-4. (R. P. F.)]. Der Falter über 2" breit, sehr schön grau, braun und gelb, mit gebuchteten und gezähnten, jederseits 2 weifse Fleck- chen und 2 weifse, nach hinten cönvergirende Bindenstreifen führenden Vorderflügeln. Die fast kahle Raupe über 1,7" lang, sehr schlank, gelbgrün mit gelben Einschnitten. — 7) Ph. N. Coeuohita Esp. (Fichteneule) [Rösel Tom. III. Cl. II. Pap. noct. Tab. XLVIII. Fig. 1-2. (R. P.)]. Der Falter gleicht dem der Ph. B. Monacha aufserordentlich, entbehrt aber stets das Rosenroth und hat schärfere und dunklere schwarze Zeichnungen. — Die Raupe erreicht beinahe 2" Länge und hat viel Ähnlichkeit mit der Raupe der Ph. B. Pini, auch wegen des Schiagens mit dem Kopfe (s. Taf. VII.). Sie zeichnet sich aber durch eine dunkelblaue Grundfarbe, gelbliche Mittellinien-Spiegel, braunrothe Seitenstreifen und weifse Jt. Flecke vor und hinter den Luftlöchern, so wie durch die gelblichweifsen und schwarzen langen Haare aus. Flugzeit im Juli und August. Raupen Nadelfresser auf Tannen und Fichten. — 8) Ph. N. aprilinah. {runica Hübn.) Kahneic heu-Eule, April-Eule) [Rö sei Tom III. Cl. II. P«^;. noct. Tab. XXXIX. Fig. 4. (F.)]. Der Falter bis 2" breit. Die VorderHügel schon apfelgrüu mit zahl- reichen schwarzen, dreieckigen, viereckigen und mondförmigen Zeichnungen. Die Hinterflügel schwärzlich mit einer helleren und dunkleren Bogenbinde. Die Raupe fast 2" lang, graubraun, bald heller, bald dunkler, mit zahlreichen Punkten und einer Reihe dunkler, hell gefleckter und puuktirter Schilder der Mittellinie, welche durch eine weifse, gekerbte Einfassung gebildet werden. Flugzeit August und Sep- tember. — 9) Ph. N. pyralina W. V. (Pflaumeneule). Der Falter über 1,2" breit. Die Vorder- flügel rothbraun mit schwarzen gekerbten Querbindenstreifen und röthlichen Binden, am Vorderrande durch eine halbmondförmige, weifseingefafste Zeichnung und 2 nach aufsen daran stofsende schwarze Flecke aus- gezeichnet. Hinterflügel mit einer dunklen Halbmondlinie, grau, gegen die graugelben Franzen dunkler. Die Raupe (nach Treitschkes Beschreibung) grün mit 5 weifsen Streifen und weifsen Rückeupunk- ten. Flugzeit Juli. Nach der Versicherung mehrerer Pomologen schädlich, soll besonders nach Herrn Schmidberger (Kollar a. a. 0. 217.) auf Obstbäumen sehr gefräfsig sein und in Gesellschaft der Ph. G. hruMuta leben. — 10) Ph. N.falhula W. V. (Weifsbirkeneule). Der Falter fast 1,5" breit mit ausgezeichnet stark gekrümmter Vorderflügelsichel. Die Vorderflügel graubraun mit 3 gezähnten und gekerbten Bindenstreifen, einer dunkelbraunen, von der Flügelspitze herkommenden Querbiude, einer bläulichschwarzen Makel und einem Punkte. Die Hinterflügel bräunlichweifs mit zahlreichen gekerb- ten Bogen-Bindenstreifen. Die Raupe über 1" lang, vierzehn füfsig (an Statt der Nachscbieber ein etwas in die Höhe gerichteter Fortsatz über dem After), grün mit braun quergestreiftem Kopfe und brei- tem, braunen, dunkler eingefafsten Rückenstreifen, in welchem auf dem 2ten, 3ten, 5ten Ringe 2 grofse, auf dem 3ten 2 kleinere und auf den übrigen 2 noch kleinere haartragende Warzen nebst mehreren andern, noch kleineren, ebenfalls haartragenden stehen (*). (*) Sehr nahe verwandt und au der auffallenden Flügelsiohel und den H-flU'sigeu , wirklich fast eidechsenförmigen Raupen erkennbar sind noch mehrere Arten und ganz besonders häufig lacertula bei uns. Sie sind ein wunderbares Gemische von Spinner, Spanner und Eule, und man ist wirklich in Verlegenheit: wohin man sie mit gröfserem Rechte bringen soll Geometea. Characteristik. Vorkommen und Lebbnsaveise. 181 Dritte Untergattniig. (Phalae7ia) Geometra Linn. Spanner. Chakactehistik. Die Spanner unterscheiden sich als 10-füfsige Raupen von allen übrigen Le- pidopteren, und auch als Falter sind sie von den Spinnern durch den dünnen, meist langen Hinterleib unterschieden, als Puppen durch den Mangel eines Gespinnstes. Von den übrigen Untergattungen un- terscheiden sie sich durch die grofsen, dünnen und zarten, häufig etwas eckigen, in der Ruhe flach aus- gebreiteten oder wohl gar aufgerichteten Flügel, so wie durch die häufig doppeltgekämmten Fühler der Männchen. Ausführlicher characterisiren wir die Falter. Der Kopf klein, aber ziemlich stark vorragend, mit grofsen und stark vorragenden Augen, nicht stark behaart. Fühler ziemlich lang, d. h. den Halsschild ziemlich weit überragend, entweder bei beiden Geschlechtern einfach faden- oder borstea- förmig und gewimpert, oder beim Männchen schöu doppelt gekämmt. Der Rollrüssel kurz oder mäfsig lang. Die Taster kurz, dünn und zugespitzt. Rumpf und Hinterleib lang, schwach, und der letztere ganz walzig oder nur gegen das Eude verdünnt. Die Füfse zart und schwach. Flügel sehr grofs und breit, aber nur dünn und schwach, zuweilen eckig oder gezähnt oder gebuchtet, in der Ruhe entweder ganz flach ausgebreitet oder aufgerichtet. Farben nicht durch ihre Schönheit, wohl aber durch den häu- figen Wechsel, besonders der zarten, zahlreichen Querbinden der Vorderflügel, oft auch durch einen schönen Seidenglanz ausgezeichnet, sehr selten etwas metallglänzend. — ^Die Raupen sind meist 10- füfsig, sehr selten 12- oder 14-füfsig, allermeist sehr lang und gestreckt. Der Kopf klein oder mäfsig, rund- lich, oder wegen der beiden Scheiteldecken fast herzförmig. Sie sind alle nur schwach behaart, aber selten ganz eben und glatt, vielmehr häufig mit Warzen, Auswüchsen oder dergl. geziert. Die Farben zart, meist schön bunt. — Die Puppen gestreckt, allmälig verdüuut, mit langer, fast bis zum Ende der Flügel reichender Rüsselscheide, allermeist mit einfachem oder zweispaltigem Aftergriffel, meist nackt in einer kleinen Erdhöhle. — Die Eier rundlich, nackt, streifig oder grubig, selten ganz glatt, meist grünlich. — Der Koth der kleineren Raupen ist krümlich uijd imregelmäfsig verklebt, bei den gröfse- ren aber vollkommen walzig, gefurcht und sternförmig eingedrückt. Vorkommen und Lebensweise sind auch in dieser artenreichen Abtheilung äufserst mannigfal- tig. Das, was die Raupen besonders" auszeichnet — der Mangel der Füfse an den, sonst bei andern Raupen bebeinten, 3 Bauchringen — bringt auch die gröfste Eigenthümlichkeit in deren Bewegungen. Sie müssen, um weiter zu kommen, die bebeinten Bauchringe den Brustringen nähern und defshalb einen Buckel machen. Man hat diese Bewegung mit der fortschreitenden Bewegung eines geschlossenen und dann geöffneten und wieder geschlossenen Cirkels verglichen und sie defshalb Geometrae genannt. Aber auch andere, merkwürdige Stellungen scheint dies zu Wege zu bringen. Man sieht die Raupen oft steif wie die Äste stehen (s. Taf. XI. Fig. ,3l), indem sie sich mit den Bauchfüfsen festklammern und die Brustfüfse an sich ziehen. In dieser Stellung hält man sie, besonders wenn sie braun oder grün gefärbt sind, für kleinere Äste. Die Spanner sind in ihrem nackten, zarten Raupeustande vielen Widerwärtig- keiten ausgesetzt, und fordern daher eine, dieser Eigenthümlichkeit angemessene Temperatur. Es giebt unter ihnen verhältnifsmäfsig viele auf Holzgewächsen vorkommende Arten, und unter diesen sind meh- rere, ja sogar zwei wichtige, Nadelholzfresser. Holzfresser giebt es unter ihnen nicht. Gesellig leben 182 Specieller Theil. sie nicht. Die meisten verpuppen sich ohne Gespinust und gehen entweder nur unter die schützende Moos- oder Grasdecke, oder selbst in die Erde. Die FORSTLICHE Bedeutüng ist nicht gering, da wir einige sehr schädliche Arten und melirere luerlvlich schädliche unter ihnen haben. Die Tabelle No. III. zeigt auch, dafs es eine grofse Menge von Arten giebt, welche auf den yerschiedensten Holzgewächsen leben. Die Begegnungsmittel gleichen den bei der Forleule angegebenen am Meisten, da die mei- sten und wichtigsten Spanner als Puppen im Winter oder Herbst zu finden sind und durch Schweine ausgewühlt werden können. Nur Raupengräben sind bei ihnen gar nicht anwendbar, weil sie, wegen ihrer schwerfälligen Bewegungen, nicht gern auf dem Boden kriechen. Eine Eintheildng in die zahlreichen Gattungen der Neuereu ist für unsern Zweck ganz uunö- thig, auch haben diese neueren Gattungen noch so wenig Stätigkeit, dafs man auf ihr immerwährendes Bestehen nicht rechnen kann. Ein Art von Eintheilung ist schon in den eigenthümlichen Endigungen der Artnamen angegeben. Bei denjenigen Arten nämlich, welchen die Endsylben aria angehäugt sind, haben die Männchen gekämmte, und bei den auf ata endigenden einfach faden- oder borstenfürmige Fühler. Erste Abtheiluug. Nadel holz- Spanner. 1. Ph. G. {FidoHta) phiiaria Linn. Kiefernspanner. (Taf. XI. Fig. 1.) Namen. Kiefern-, Föhren-, Forchen- oder Fichtenspanner, Fichtenmesser, Po- stillion, Wildfang, Bruchlinie, Gestreifter Föhrenspanner, Märzmotte oder März vögel- chen, kleine grüne gelbgestreifte Raupe. Characteristik. Der weibliche Falter (Fig. Ifq) hat gewöhnlich 1,3" Flügelspannung und 6'" Länge. Die Flügel ganz und ganzrandig. Die Fühler einfach borstenförmig, schwach gewimpert. Die Oberseite der Flügel ist rothbraun, nach den Rändern hin und auf 1-2 Querbindenstreifen dunkel- braun. Auf der Unterseite haben die Vorderflügel eine helle rothbraune Farbe, werden aber gegen den Hinterrand dunkler, stellenweise auch gegen den Vorderraud, wo aber eine gelblichweifse Färbung in Punkten und Flecken damit wechselt. Auf den Hiuterflügeln wechselt eine graubraune Grundfarbe mit einzelnen, gröfseren schwarzbraunen und gelblichweifsen Flecken, welche letztere einen deutlichen, brei- ten Längsstreifen wie einen Strahl bilden. Das Männchen (Fig. 1f(j') ist gewöhnlich etwas kleiner, doch öfters auch etwas gröfser als das Weibcheq und hat schön doppelt gekämmte Fühler. Die Farben sind fast ganz anders, denn an Statt des Rothbraun liegt auf beiden Seiten der Flügel ein helles Bräunlichgelb, welches sehr scharf und breit nach allen Seiten von Braunschwarz begrenzt wird und auch noch als Flecke und Punkte in die Grundfarbe hineingeht. Auf der Unterseite ist es heller als auf der oberen und erscheint viel bunter wegen der zahlreicheren Punkte und der röthlichbraunen Schattirungen. Der gelblichweifse Strahl der Hiuterflügel ist auch hier wie beim Weibchen. Die Franzeu der Flügelsäume bei beiden Geschlecliteru lieller und dunkler gefleckt. In der Rulie werden die Flügel aufgerichtet ge- tragen (Fig. 1f'). — Die vollwüchsige Raupe (Fig. 1l) bis 1,3" lang, gestreckt, überall gleich dick, nur nach hinten etwas verschmälert. Kopf grofs. Die 6 Brustfüfse schwach, die 4 Bauchfüfse ziemlich stark mit hakiger Sohle. Hauptfarbe gelblichgrün mit weifslichen und gelblichen Längsstreifen : Weifs (nur schwach gelbelnd) ist der Streifen der Mittellinie des Rückens so wie ein (etwas dunkler einge- fafster) viel feinerer zu jeder Seite derselben. Alle 3 setzen über den Kopf fort, die beiden seitlichen sind sogar deutlicher als die der Leibesringe. Dicht unter den hellbraunen Luftlöchern läuft noch eine (und zwar die breiteste) ganz gelbe und setzt schwach über den Kopfraud fort. Auf der etwas blas- seren Unterseite stehen auch noch 3 ziemlich deutlich gelbe und dunkler eingefafste Längsstreifen. Die Geometra piniaria. Vorkommen und Frass. Lebensweise. 183 5 Augenpunkte bestehen in einem schwarzen Punkte in Mitten einer hellgrünen Halbkugel. Dunkle, sehr sparsame, kurze Härchen sind kaum bemerkbar über den ganzen Körper verbreitet. — Die Puppe (Fig. 1 r) über 6'" lang ziemlich gedrungen, am Kopfe etwas schmaler, am Hinterleibe verdünnt. Flügel bis über die Hälfte des Körpers reichend, ziemlich deutlich gerippt: die unteren nur sehr wenig hinten hervorragend. Glieder stark verhüllt, wenig vorragend. Fühler deutlich gegliedert, beimMännchen breiterals beim Weibchen, nur schwach geschwungen, nicht ganz bis zur Spitze der dicht zusammenstofsenden Flügel reichend. Rüsselscheide nicht ganz bis zur Füiderspitze herunterreichend. Das 2teFurspaar überall der Rüssel- scheide dicht anliegend ohne sichtbare Hüften. Fufsglieder des StenPaares nicht sichtbar. Scheitel gerundet. Am Halsschilde ein feines Mittelleistchen, und 6 Härchen von vorn sichtbar. Hinterleib grob punktirt. Hinter dem After (Fig. 1p) ein kleiner, kugliger, fast concentrisch runzliger Höcker, mit kurzem, ganzen oder gabiig gespaltenen Griffelfortsatz. Farbe Anfangs ganz grün, zuletzt meist nur noch au den Flügelschei- den etwas grünelnd oder überall glänzend braun. — Die Eier (Fig. 1e an der Nadel in natürlicher Gröfse und 1e* eines vergrofsert) haben kaum die Gröfse eines halben Mohnkornes, sind elliptisch, auf der Oberseite etwas eingedrückt, hellgrün, in Reihen wie die Euleneier an die Nadeln abgelegt. — Der Koth (Fig. 1k vergrofsert mit daneben liegenden Stückchen in natürlicher Gröfse) klein und un- regelmäfsig vieleckig, mit nur lose verklebten und unregelmäfsig durch einander liegenden Kiefernna- delbissen, welche grüfstentheils noch ganz vollkommen erhaltene, nur au den Enden zerbissene, Na- delstückchen sind. Vorkommen und Frass. Der Kiefernspanner ist fast durch ganz Europa ein gefürchtetes In- sect, hat aber doch seine vorzüglichste Verbreitung in Deutschland. Kiefernnadeln sind zwar seine häuptsächlichste Nahrung, allein es fehlt nicht an Beispielen, dafs er auch in Fichten schädlich gewor- den ist (Guth in Meyer 's Zeitschrift f. d. Forst u. Jmjd. III. IV. S. 104.). Die Raupe soll zuweilen sogar Tannen imd selbst Wachholder angehen. Er liebt mehr die Stangenorte und die jüngeren Höl- zer als die alten, vielleicht weil die Schmetterlinge in die Kronen der Bäume abzulegen gewohnt sind und nicht höher als 20-30 Fufs fliegen können. Auch will mau beobachtet haben, dafs sie die räum- lichen Bestände den gedrängt stehenden vorziehen und solche Orte meiden, in welchen das zu häufige Unterholz den raschen Flug der Falter hemmen würde. So haben sich in einem Reviere in den durch- forsteten Strecken die Raupen am Häufigsten eingefunden, während die mit Fichtenbolz unterbrochenen Strecken und das daran stofsende hohe Holz ganz verschont geblieben waren (Mühlwenzel in Lie- bich Allff. F. u. J. J. III. S. 12.). Beim Frafse sind sie ziemlich verschwenderisch, denn sie beifsen die Nadeln in der Mitte durch und benagen dann nur den Stumpf etwas. Anfänglich nehmen sie nur die Nadeln der einjährigen Triebe, später, wenn Mangel eintritt, auch die der Maitriebe. Lebensweise. Die Flugzeit ist bald schon Anfangs Mai, bald erst im Juni, selten erst im Juli, am Häufigsten im Juni. Wahrsclieinlich rüln-t dies von der früheren oder späteren Beendigung des Frafses und dem Eintritte der Verpuppung im vorhergehenden Herbste her. An eine doppelte Generation ist defshalb aber, wie Einige sie annehmen, durchaus nicht zu glauben. Die Falter schwärmen (jedoch fast nur Männchen) schon bei Tage sehr lebhaft, selbst beim hellsten Sonnenscheine sieht man sie lu- stig und schnell taumelnd durch einander fliegen, so dafs man kaum einen fangen kann. Sie setzen sich, jedoch nur auf Augenblicke, an die benadelten Zweige und die Weibchen legen auch nur in den höheren Partien des Baumes an die Nadeln ihre Eier ab. Anfangs Juli bemerkt man die jungen Räup- chen beim Abklopfen der Äste zuerst. Sie wachsen sehr langsam, so dafs sie frühestens im September, gewöhnlich erst im October oder einzelne auch wohl noch im November zur Verpuppung kommen. Zu dem Ende steigen sie von den Bäumen herab oder sie lassen sich auch wohl au langen Fäden her- unter, an denen man sie aber schon während des ganzen Herbstes hier und da hängen sieht. Wenn 184 Specieller Theil. sie bis zu einer Höhe von 5-7' über der Erde sich herabgelassen haben, fangen sie öfters mit einem Male wieder an sich an dem Faden hinaufzuhelfen, indem sie denselben um ihre Brustfüfse wickeln und dabei hin- und hersehankeln (s. Fig. 1l). Die Puppen findet man während des ganzen Winters bis zum Mai unter dem Moose, aber nicht blofs um die Stämme herum, sondern auch entfernt davon überall unter der Schirmfläche der Bäume. Hr. Th. H artig {Convers-Lex. S. 627.) vermuthet zwar, dafs die Puppen auch in der Erde lägen, weil er in stark befressenen Beständen im Frühjahre keine Puppen finden konnte und weil Hennert {Raupenfr. S. 42.) auch von Verpuppung in der Erde spräche. Allein das sind wohl noch nicht Gründe genug, indem im ersteren Falle die Raupen noch vor Winter untergegangen sein konnten und im zweiten offenbar ein Irrthum obwaltet, da Hen- nert auch von einem leichten Gespinnst spricht. Dies habe ich nie gesehen, auch in den zahlreichen von mir selbst beobachteten Raupenfräfsen immer die Puppen oberflächlich gesammelt, wie dies ja auch erfahrene Forstleute behaupten. Die Menge, in welcher dieser Spanner zuweilen erscheint, ist sehr beträchtlich. Hr. Grafs hoff fand im Winter 1835-36 nur etwa 2 Puppen unter jeder domiuirenden Kiefer, und etwa 600-650 Pup- pen pro Morgen. Im Winter 1836-37 fanden sich aber schon 17,000 pro Morgen, d. h. es wurden auf 1 Quadratruthe, auf welcher nicht einmal ein Baum staad, 95 Stücke gefunden. Die BEGÜNSTIGENDEN ODER HEMMENDEN EiNFLüssE slnd dieselbcu wle dic bei der Forleule an- geführten. Anhaltende kalte Witterung und Regen belästigen sie so sehr wie die Eule. Davon über- zeugte ich mich in demselben Sommer 1838, in welchem Eule und Nonne gemeinschaftlich mit dem Spanner frafsen, und ich könnte noch viele andere Beläge dazu geben. Auch die Feinde des Kiefernspanners stimmen merkwürdig mit denen der Forleule überein. Die kahle, saftige Raupe findet eben so viel Zuspruch von Säugethieren und Vögeln, wie jene. Ja auch die wichtigsten Schmarotzer haben beide gemein. Denselben Ichnetimoii nlgritarius und anmila- tor, welchen die Forleule so häufig lieferte, erzog ich auch in Menge aus den Puppen des Spanners. Die übrigen 9 Arten, welche die Hrrn. Bou che, Hartig und Mufs noch erzogen, zu denen ich 3 'neue Arten bringen kann, erschienen sämmtlicli nur einzeln, so dafs im Ganzen lange noch nicht so viele Arten aus dem Spanner als aus der Eule erzogen worden sind. Die FORSTLICHE Bedeutung bringt auch den Spanner zu den sehr schädlichen Forstinsecten, obgleich derselbe einen Grad niedriger als die Nonne und Eule steht. Der Schaden, welchen die Raupe anrichtet, würde noch bedeutender werden, wenn der Frafs nicht so spät im Jahre anfinge und den Knospen Zeit zur Entwickelung liefse, dann auch die Natur selbst so häufig das Insect schon im ersten oder zweiten Jahre wieder unterdrückte. So sagen uns mehrere Nachrichten ganz bestimmt, dafs der dadurch angerichtete Schaden nicht bedeutend gewesen sei, und dafs, ungeachtet ein grofser Theil der Nadeln in den 30-jährigen Föhrenbestäuden abgefressen wurde, doch nirgends sehr viel Holz abständig geworden sei {AUcj. Forst- u. Jmjd-Zeit. 1834. S. 157.). Auch in unserem Lieper Reviere hatten wir im Jahre 1832 in einigen Jagen einen ziemlich heftigen Frafs, welcher allerdings in der Menge einge- schlagenen Holzes sichtbare Spuren zurückliefs, aber doch weit schlimmer abgelaufen sein würde, wenn er vom Spinner oder der Eule verübt worden wäre. Es sind eine Menge von Nachrichten vorlian- den (z. B. in Hennert und Bechstein a. a. 0. in Hartig' s Archiv III. 1. S. 54.), selbst aus dem südlichen Europa {Annal. d. l. soc. Roy. d'agric. de Paris, Sptbr. 37. pag. 125.), welche auf den Frafs des Spanners in verschiedenen Gegenden hindeuten; allein es ist zum Theil nicht mit Gewifsheit zu sagen: ob nicht auch die grünen Raupen der Eule dabei betheiligt waren, wie ich das selbst mehrmals erlebt habe. Die Chronik ist daher gerade hier am Unzuverlässigsten. Begegnung. So wie der Spanner in den Hauptzügen der Lebensweise manche Älmlichkeit mit Geometra lituraria. Najien. Characteristik. 185 der Eule liat, so werden auch dieselben Vertilgungsmittel gegen ihn angewandt. Das erste und beste ist auch hier, das Herabsteigen der Raupen von den Bäumen abzuwarten, welches gewöhnlich erst im October erfolgt, und dann durcii Eintreiben der Schweine sie zu vermindern. Das Sammeln durch Menschenhände hat liier dieselben Schwierigkeiten wie bei der Eule, darf jedoch, wenn die Schweine niciit zu haben sind, um so weniger unterbleiben: als die Puppen sich nie, wie die Eulenpuppen es zu- weilen thun, in die Erde eingraben, sondern oberflächlich unter dem Moose, wenn auch überall zer- streut, liegen. Ist dies unterblieben, so ist nicht eher wieder etwas zu maciien, als bis die Raupen von Neuem tüchtig fressen, denn die Schmetterlinge sind zu unruliig, als dafs man sie sollte sammeln kön- nen. Mau wählt dann am Besten den August oder September, während die Raupen schon so grofs sind, dafs man sie ordentlich sehen kann, um sie durch Anprallen von den schwachen Stangen, auf welchen sie am Liebsten fressen, herunterzustürzen. Wenn man sie durch diese Mittel auch nicht gänz- lich vertilgt, so hält man sie doch so lange in Schranken, bis die Natur von selbst wieder einschreitet und die sehr empfindliche Raupe durch irgend ein Witteruugsereignifs beschränkt. Die Raupengräben wären beim Spanner zu keiner Zeit anwendbar, weil die Raupe an der Erde nicht kriecht, sondern nur am Stamme umherkriecht und an Fäden sich herunterläfst. Die Leuchtfeuer wirken aucii hier eben so wenig wie bei andern Schmetterlingen (s. Allg. Forst- it. Jaf/d-Zeif. 1834. S. 158, wo auch angeführt wird, dafs das Durchtreiben von Schaafheerden nicht half, indem dadurch die Puppen nur in den Bo- den getreten, aber nicht zertreten wurden). 2. Ph. G. (Ennomos) lituraria (*) Linu. Blaugrauer Kiefernspanner. (Taf. XI. Fig. 2.) Namen. Bei Linne (und auch bei spätem, einsichtsvollen Entomologen, z. B. Wien. Ver- zeichnifs) heifst diese Art eigentlich liturata. Da aber das Männchen schon eine Spur von gekämm- ten Fühlern zeigt, so haben Hühner, Treitschke u. A. den Namen liturata in lituraria verwan- delt. Wegen der unbedeutenden Verwechselung, welche nachher noch mit alternaria vorgenommen wurde, siehe Treitschke (VI. 1. S. 13.) und Hübner (Abbild. Geometr. I. Fig. 54, 314, 315.). Zu deutsch würde man diese, bisher zu wenig beachtete Art, nach der ausgezeichneten Farbe der Falter, blaugrauer Kiefernspanner, oder nach der Raupe rothköpfige grüne Kiefernraupe am Be- sten nennen. Die Gattung Ennomos halte ich für sehr schwach, da man bei dieser Art blofs den Fal- ter berücksichtigte, aber gar nicht die mit piniaria so nahe verwandte Raupe und Puppe. Characteristik. Männliche (Fig. 2f) und weibliche Falter sind, bis auf die stark gesägten (*) Mit der liturarln haben noch, sowohl hinsichtlich der eigenthümlichen Form der Falter, als anch der Raupen, Puppen und Lehensweise, die gröfste Ähnlichkeit 2 auf Kiefeni (auch Pichten? s. Treitschke und Hübner) lebende, wahrscheinlich aber mehr südliche Arten, die signariu Hübn. und alteriiaria W. V. Defshalb und weil sie auch stets nur sehr sparsam vorkommen, verdienen sie wenig Beachtung. Die alternaria hat die am Stärksten zugespitzten Flügel und unterscheidet sich dadurch von beiden, wie sich signaria wieder von der ähnlich geformten lituraria durch mehr graue, des Röthlichgelben ganz entbehrende Farben unterscheidet. Die Raupen sind sich so ähnlich, dafs ich, da Exemplare mir nie zu Gesicht kamen, sie nicht zu unterscheiden wage. — Eben so wenig kann ich auf die schöne grofse dentaria Hübn., die, wenn sie einmal häufig wäre, gewifs nicht übersehen worden wäre, Gewicht legen. Der Falter hat fast 2" Breite. Die Vorderflügel abwechselnd stärker und schwächer gezähnt oder ausgenagt, bräunlichgrau, mit 2 nach hinten couvergirenden dnnkleu, hell gesäumten Bindenstreifen, deren äufserer über die hellereu Hinterflügel fortsetzt. Die (von Hübner auf Fichten abgebildete) kurzhaarige Raupe hat 2" Länge und ist bald mehr grünlich, bald grau- braun, mit dunkleren X- Zeichnungen der Mittellinie. Unter den warzigen Erhabenheiten zeichnen sich besonders die des 5ten, lOten und Uten Ringes aus. Flugzeit im Frühlinge. — Eben so sind mir adumhrata und hospitata, wel- che Hr. Saxesen als unmerklich schädliche der Fichte aufführt, zu wenig bekannt, als dafs ich etwas über sie sa- gen konnte. Band U. Aa 186 Speciellek Theil. und gewimperten (aber kaum gekämmt zu nennenden) Fühler der ersteren, kaum zu untersclieiden. Flügelspannung gewöhnlich 13'". Der Aufsenwiukel der Vorderflügel etwas eckig und der Innenraud ein wenig geschweift. Hinterflügel mit deutlich vorragender Hinterecke. Oberseite bUuüichgrau, mit dunklereu Atomen besprengt, auf den Hinterflügeln blasser und nach der Basis in hell Bräuulichgrau verlaufend. Auf den Vorderflügeln entspringen breit am Vorderrande, dann aber sich verschmälernd, 3 schwarzbraune Biudenstreifen, von denen 2 meist noch, aber abgesetzt und verloschener, über die HinterÜügel fortsetzen. Aufserhalb des äufsersten beginnt eine röthlichgelbe Binde, welche nach aufsen dunkel eingefafst ist und auch etwas verloschen über die Hinterflügel fortsetzt. Am Vorderrande der Vorderflügel mehrere feine gelbliche Saumstrichelchen. Auf den Hinterflügeln im Mittelfelde ein schwärz- licher Punkt. Die Franzen der Vorderflügel blaugrau, der hinteren gelblichgrau. Die Unterseite (Fig. 2f') ist gelblichweifs, braun besprengt und läfst die Zeichnungen der Oberseite matt durchschimmern. Am Aufsenwinkel der Vorderflügel steht hier meist ein elfeubeinweifser, schwarz besprengter Fleck. Der Vorderleib braungrau. Der Hinterleib graugelb und Kopf nebst Halskragen rothgelb. — Die voll- wüchsige Raupe (Fig. 2l) bis 13'" lang, von der Gestalt und Fufsbildung der pimai-ia, nur etwas stärker und mit etwas stärkerem Kopfe. Grundfarbe wie bei innlaria gelblichgrün. Die Mittellinie dunkelgrün, heller gesäumt. Die beiden Seitenstreifen breit und ganz weifs, nach aufsen meist dunkel (schwarz-) grün eingefafst. Der Unterluftlochstreifen deutlich gelb. Briistfüfse so wie die Sohlen der Bauchfüfse (welche zuletzt jedoch häutig ganz grün sind) gröfstentheils röthlichbraun. Der Kopf schmut- zig weifslich und grünlich mit mehreren röthlichbraunen Flecken nnd Punkten. Behaarung etwas stär- ker als \)e.\ piniaria. — Die Puppe (Fig. 2p) bis 5,9'" lang, der der jxiniaria sehr ähnlich, aber ge- streckter. Die Fühler schmaler und stärker geschwungen. Am Ende lassen sie einen breiten Zwischen- raum, welcher durch das Ende der weit herunterreichenden Rüsselscheide, das Ende des 2ten Fufspaares und der Fufsglieder des 3teu Paares ausgefüllt wird. Auch ist die Rüsselscheide jederseits am ersten Drittheil gebuchtet, und hier kommt die Hüfte des 2ten Paares zwischen diesen und der Rttsselscheide zum Vorschein. Der kuglige Afterhöcker vorn eingedrückt, jederseits runzlig. Der Griffelfortsatz län- ger und dünner als bei 2nniaria und stets gabiig (Fig. 2 p). VoRKOMMEM, Frass UND LEBENSWEISE. So ähulich wlc die Totbköpfigc Raupe der Föhrenspan- nerraupe ist, so sehr stimmen sie auch im Frafse und der Lebensweise überein. Littiraria scheint durch ganz Deutschland vorzukommen (Treitschke VI. 1. S. 15.), und ist bei uns sogar so gemein, dafs bei einem ziemlich bedeutenden Spannerfrafse in den Jahren 1837 und 1838, fast die Hälfte oder doch we- nigstens ein Drittel aus rothköpfigen Raupen bestand. Beide, die roth- und grünköpfigen Raupen, fra- fsen zusammen und untereinander, verpuppten sich auch zu gleicher Zeit, so dafs ich in der Lebens- weise durchaus keinen Unterschied zwischen beiden bemerken konnte. Auch aus den Puppen der li- turaria erzog ich sehr häufig Ichneumon nkjrltarius und cumulatoy. Die Puppen beider überwintern unter dem Moose. Daher sind denn auch Forstliche Bedeutung und Begegnung mit jenen ganz übereinstimmend. Es mufste doch aber dieser Art, als einer wirklich spezitisch verschiedenen und mit zu den sehr schädlichen gehörenden, hier ausführlich gedacht werden. Verwandt sind nun aufserdem noch mehrere Spanner sowohl hinsichtlich der Raupenbildung als auch der Nadelnahrung. Da sie aber viel seltner als die beiden vorigen Arten vorkommen, als Rau- pen auch auf dieselbe Weise und zuweilen mit diesen zusammen vertilgt werden können, so übergehe ich sie hier kurz, um so mehr als noch keine recht zusammenhängende Nachrichten sie vollständig ge- nug erläutern. 1) Ph. G. {Chesias) fulvata Fabr. {obeliscata Hübn., Tr. jnnctata Borkh., nach Treitschke Geometra lituraria. Verwandte. 187 auch variata dahin gehörig). Die über 14'" gespannten Falter haben besonders verlängerte Flü- gel. Auf der bräunlichgrauen Grundfarbe, welche auf den Ilinterllügeln uud der ganzen Unterseite etwas heller ist, stehen auf den VorderHttgeln 2 dunkel gelldichbraune Binden, deren kleinste kür- zeste die Basis einnimmt, und deren breiteste, nach hinten aber verschmälerte, gekerbte, hier und da fast schwarz gerandete gerade in der Flügelmitte steht. Die hellen (bindenäimlichen) Flügelräume zu beiden Seiten der letzteren sind etwas silberweifs glänzend, und in dem äufseren steht ein verloschen silberglänzender, gekerbter Bindenstreifen. An der Spitze der Vorderflügel ein diagonales, schwarzes Strichelchen. Einzelne Flügeladern an gewifsen Stellen silberglänzend, au andern schwärzlich. Hinter- flügel mit einem, nur beim Lichtauffalle bemerkbaren Bogenstreifen. Auf der Unterseite schimmern die dunklen Binden grau und 4-6 Fleckchen der OberseHe schwärzlich durch. — Die Raupe bis 1" lang, grün, heller gestreift, braunrothköpfig (Hübner Law. Lep. V. Geom. II. Acquivoc. I. b. Fig. 1. a.), nach Hrn. Th. Hartig (Jaliresber. 1.2. S. 262.) besonders ausgezeichnet durch 2 geradeaus stehende kegel- förmige Fleischspitzen des Afters, welche beim Aufsetzen der Hinterbeine zangenartig auseinander wei- chen.— Die Puppe fast 6'" laug, hellbraun, ziemlich gedrungen, mit zwisclien den Flügelenden auseinan- der stehenden und die Fufsgliederspitzen zwischen sich aufnehmenden Fühlerspitzen. Der etwas zusam- mengedrückte, vorn vertiefte und gerunzelte Afterhöcker mit kleiner schwarzer Spitze und mehreren braunen Hakenborsten am Ende, mittelst welchen sich die Puppe zwischen den, die Kiefernnadeln zusammenziehenden, Gespinnstfäden befestigt. Hr. Hartig (a. a. 0.) und ich erzogen sie im August und September. Im Freien mag die Flugzeit aber dennoch, wie Treitschke angiebt, im Mai uud Juni sein. Raupen manchmal recht häufig, ohne jedoch merklichen Schaden zu thun. 2) PJi. G. (Cheslas) juniperata Linn. als Falter der vorigen sehr ähnlich, aber unterschieden durch geringere Gröfse (kaum 1" Flügelspannung), mehr graue als braune Grundfarbe und 2 Flecken an Statt des Diagonalstriches der Flügelspitze, so wie durch deutliche, graue Bogenlinie der Hinterflügel. Fliegt im September und October auf Wachholdern uud Kiefern. Die beinahe |" lange, bald schmut- ziggrüne, bald bräunlichgraue oder bräunliche Raupe (bei Hüb n er Law. Lepid. V. Geom. II. Aequi- voc. Lb. Fig. 2. b., auch noch mit einem rothen Seitenstreifen über den Luftlöchern gezeichnet), soll nach Zinke (Besorgt. Forstm. S. 192.) auch auf Rothtannen leben und die jungen Triebe zerstören. 3) Ph. G. (Ellojna) fasciaria Linn. (j)rasinaria Rühn.). Flügel, deren vordere nach der Spitze etwas sichelartig gekrümmt erscheinen, grofs und breit. Fast 1,5" Flügelspannung. Männchen mit schön doppelt gekämmten Fühlern. Der ganze Falter fast über und über licht rothbraun, nur über die Vor- derflügel zieht eine breite, dunklere, nach den stärker geschwungeuen Rändern noch dunkler werdende und hier schwach schmutzig grünlich gesäumte Binde, welche auch über die Hinterflügel setzt, aber ohne den inneren dunkleren und grünlichen Saum. Oder eben so vorherrschend über und über gelb- licligrüu mit rötbliehbraunem (auch unten stark angedeutetem) Vorderrande und 2 weifsen, eine wenig dunklere Binde einschliefsenden, mehr eckigen als geschweiften Bindenstreifen, von denen auch nur der äufsere über die Hinterflügel fortsetzt, blasserer Unterseite mit durchschimmernden, weifsen Bindenstrei- fen. Letztere wurde sonst als prasinaria von der ersteren, faseinaria, als besondere Art geschieden, ist jetzt mit derselben aber auf das Bestimmteste vereinigt worden (s. Tr eits chk e X. 2. S. 117.), weil die mannigfaltigsten Übergänge, zwischen dem Rothbraunen und Grünen nachgewiesen wurden. Bei diesen auffallenden Abänderungen dürfte es denn auch nicht schwer sein, die abweichenden Beschrei- bungen und Abbildungen von Hennert {Raupenfr. S. 43.), Bechstein, Treitschke u. A., bis auf die allerdings unerklärliche Angabe der Zwölffüfsigkeit, zu vereinen. Hr. Th. Hartig {Jakresber. I. 2 S. 265.) vermuthet, dafs auch seine porcellanscheckige Kiefern-Spanuerraupe, welche er folgender Ma- fsen beschreibt, hierher gehört; „In der Jugend grün, der Rücken breit weifsgrün mit schmaler weifser Aa2 138 Specieller Theil. Einfassung; die Hautfalte gelblich, derBauch mit schmalen weifsen Längsstriemen. Am grünenKopfe sind die Wangen braunfleckig. DieStirn mit 2 weifsen Striemen. Brustbeine fast schwarz. Bei der mittel wüchsi- gen die Grundfarbe schmutzig porcellauweifs. Auf Rücken und Seiten 12, auf dem Bauche 8 sehr feine, braune, geschlängelte und durchbrochene Längsstriemen. Brustbeine braun. Kopf dunkelbraun, Wangen, Kopfschildchen und Stirnstriemen jederseits derSchädelnath porcellauweifs mit braunen Puukttlecken. Bei der volhvüchsigen die Grundfarbe dieselbe, aber die geschlängten Längsstriemen in der Mitte jedes Ringes sich verdickend und in einander verlaufend, wodurch der Körper so viele dunkle, breite Ringbänder erhält, als er Ringe zählt." Ich klopfte die erwachsene Raupe ziemlich häufig von Kiefern und erzog Ende Juni daraus mir fasciaria, während ich von Hrn. Saxesen aus Fichten m\x prasmaria erhielt. Die Raupe ist zwar dann und wann ziemlich häufig, dürfte aber kaum merklich schädlich zu neuneu sein und hat nur einigen Ruf durch Bechstein und Hennert erlangt. 4) Ph. G. (Larentia) stroUlata Hübn. Flügelspannung 10'". Grundfarbe der Flügel hell asch- grau, des Körpers etwas dunkler. Die Vorderflügel verhältnifsmäfsig sehr breit gegen die Hinterflügel, oben in 3 Felder getlieilt. Das mittelste zeigt die Grundfarbe am Reinsten, und ist durch einen grofseu braunschwarzen Punkt, über welchem sich bis nach dem Vorderrande hin noch ein breiter schwarz- brauner Fleck zieht, bezeichnet. Es wird durch einen eckigen, schwarzbraunen, gewässerten feinen Bin- denstreifen jederseits begrenzt. Im ersten (Basal-) Felde steht zunächst der Basis ein kleiner, fast recht- winkliger dunkler Bindenstreif und aufseriialb desselben eine kleine, ebenfalls winklige, röthlichbraune Binde. Im dritten Felde ebenfalls eine röthlichbraune, aber gröfsere, nach aufsen gesägte und gewässerte Binde. Vor dem braungrauen Franzensaume zieht ein feiner, dunkler, weifs durchbrochener Randstreif. Dieser, sowie der äufsere eckige Bindenstreif des Mittelfeldes, setzt auch über die Hiuterflügel fort, welche ge- gen die Basis auch einen dunkelbraunen Punkt im hellsten Theile der Flügel führen. Die Unterseite ist noch etwas heller und läfst die dunklen Zeichnungen der Oberseite, besonders die 4 Punkte, ziem- lich deutlich durchschimmern. Die Raupe ist nach De Geer (Ins. Bd. II. Th. 1. S. 340 und Taf. IX. Fig. 11.) hellbraun und bewegt sich, ungeachtet sie nur 10 Füfse hat, nicht nach Art der Spanner, son- dern wellenförmig. Die Ringe sind hellgrün, etwas fleischfarbig, mit verschiedenen schwarzen, haartra- genden Pünktchen. Kopf, Brustfüfse, ein hornartiger Fleck auf dem Isten Ringe, so wie auf dem letz- ten Ringe und an den beiden Hinterfüfsen sind glänzend schwarz (also nicht zu verwecheln mit der Ph. Tinea strohilella). De Geer fand sie zu Ende des Juli in den noch grünen Tannenzapfen (wahr- scheinlich ist Pimis Äbies Linn. gemeint), welche eine Öffnung zum Hinausschaffen des Kothes haben (Fig. 10. abgebildet). Ich selbst habe das Thier nie gezogen, erhielt aber einen Falter durch Hrn. Th. Hartig, welcher ihu aus Kiefernzapfen erzog. So viele madige Kiefernzapfen ich auch untersuchte, so fand ich doch immer nur die Spuren der sijlvesti-eUa darin, aber nie diesen unverkennbaren Spanner. In Österreich und mehreren Gegenden von Deutschland soll er nicht selten sein (Treitschke VI. 2. S. 111.). Auch Hr. Saxesen fand den Schmetterling im Harze an Fichten häufig. Sie werden aber wohl beide nicht vielen Schaden thuu, am Wenigsten der letztere. Zweite Abtheilung. La ubholz-S panner. Erste Unteraljtheiliing. Die Weibchen nngeflügelt. 3. Ph. G. (Acidalia) hruniata Linn. Winterspanner. (Taf. XI. Fig. 4.) Namen. Fast alle Benennungeu dieses Spanners, als: Winterspanner, Frostschmetterling, Reifschmetterling, Fro s tspauuerphaläne, Spätling, beziehen sich auf den späten Flug dessel- Geometra brümata. Characteristik. Vorkommen und Frass. 189 ben. Aiicb ueunt man ihn wohl Fruhbirnspanner und Blütheuwickler, obgleich er nichtzu den Wicklern (Tortrix) gehört. Die Rainje heifst auch Spaniol. Characteristik. Der männl i c he Falter (Fig. 4Ftj') bat oft über 13'" Flügelspannung und ist äufserst zart, fein und dünn. Die Flügel sind grofs und stark abgerundet. Die Farbe ist ein schmutziges Braungrau, auf den Hinterliügeln heller, auf den Vorderllügeln dunkler und hier etwas ku- pferglänzend, besonders gegen den Vorderrand. Auf diesen finden sich auch mehrere gekerbte dunkle Bindenstreifen, von denen eine im letzten Drittheil immer deutlich, oft doppelt ist, und dann eine schmale Binde bildet: die anderen, mehr gegen die Basis gerichteten (3-4) sind aber stets undeutli- cher. Unterseite schmutziger und etwas heller als Oberseite, mit 4 etwas dunkleren, auch häufig ver- wischten Punkten- und undeutlich durchschimmernden Bindenstreifen. Franzensäume bräunlichgrau, etwas seidenglänzend, an der Basis mit weitläufigen dunklen Fleckchen. — Das Weibchen (Fig. 4fQ) 3,7'" lang, mit langen und dünnen Fühlern und Füfsen. Beide Flügelpaare vorhanden, aber kaum bis zum zweiten Hinterleibsringe reichend, reichlich weifs bestäubt mit einer schwarzbraunen Querbinde vor dem Ende, und zuweilen noch mit einzelnen dunklen Fleckchen au der Basis. Die Grundfarbe des Körpers graubraun mit unzähligen weifsen Schüppchen gesprenkelt, besonders reichlich Kopf und Halsschild. — Die vollwüchsige Raupe (Fig. 4l) gewübiilich T" lang. In der frühesten Jugend ist sie grau. Nach der ersten Häutung wird sie hell und gelblich-bleichgrün, und es ziehen sich weifse, kaum sichtbare Linien über den Rücken. Der Kopf ist schwarz und hinter ihm stellt ein solches Fleckchen, (Treitschke). Nach der zweiten Häutung wird die Grundfarbe ganz bell gelblicbgrün und bleibt auch bis zur Voll- wüchsigkeit so. Alsdann ist nur die Mittellinie des Rückens dunkler, auch der Fleck der Augenpunkte (schwärzlich) am Kopfe und die Luftlochringe (braun). Zu jeder Seite des Rückens bis gegen den Kopf ziehen sich 3 sehr helle, grünlichgelbe Längsstreifen hin, deren mittelster und unterster häufig un- terbrochen und gleichsam geronnen erscheinen. Die Haare kurz, am Kopfe und Istenund 12ten Rin'j-e am Längsten (*) — Die Puppe (Fig. 4p) über 4'" laug, gedrungen, bellbraun, ausgezeichnet durch den kurzen, am Ende zweiarmigen (aber nicht zweispaltigen) Afterfortsatz, so wie dadurch, dafs die Fühler und die Endigungen beider Fufspaare und die Fufsgliedereudeu des oten, dahinter versteckten Paares zwischen den Flügeln neben einander zu sehen sind. Haare am Kopfe fehlend. — Die Eier (Fig. 4e in natürl. Gröfse und e* vergröfsert) kaum den vierten Theil eines Mohnkorns messend, ellip- tisch, grubig, in kleinen Klümpchen zu 3-20 Stück an den Knospen der Bäume, anfangs blafsgrün, spä- ter, nach Hrn. Bon che, rothgelb. Vorkommen und Frass. Der Winterspanner gehört zu den Jedermann bekannten Insecten und findet sich fast in ganz Europa. Die Raupe nimmt die verschiedenste Nahrung und, wenn sie auch am Liebsten auf Obstbäumen lebt, unter denen ihr die fremden Arten von Pijrus, Mespilus, Prunus etc. eben so lieb sind wie die einheimischen, so geht sie doch auch ohne Umstände auf Eichen, Buchen, Linden, Rüstern und Haynbuchen, nach Hegetschweiler {Schweiz. Denksclir. \. 2. S. 92.) sogar an Wall- nüsse, Haseln, Faulbaum. Man findet sie so gut auf grofsen Bäumen wie auf jungen Pflanzen und Hecken (s. das Weitere über den Frafs bei der Leb.). Eine Andeutung bei Treitschke (VL 2. S. 26.) besagt zwar, dafs eine Varietät (für die der Name horeata gebraucht wurde) auch auf Fichten (*) Verschiedene andere Farben bezeichnen entweder Varietäten oder verschiedene Häutungszustäude, die man sehr schwer verfolgen kann, da die Raupe sich nicht gut füttern läfst. Ich habe ganz junge (kaum 1,5"' lange) Räupcheu gesehen, die schon ganz gelbgrttn waren, mit grünlichgrauem Kopf, Brustfüfsen, Nackeufleck und Wärzchen. Bei halb- wüchsigen sähe ich grflnlichbraunen Kopf und schmutzig dunkelgrüne Grundfarbe, und bei vollwüchsigen den ganzen Raum zwischen den beiden obersten gelben Längsstreifen grünlichgrau und Kopf und Isten Ring grau gefleckt u. drgl. 190 Specieller Theil. und anderem Nadelholz lebe. Allein das ist sehr unzuverlässig und darf nicht angenommen werden, ehe nicht bestimmtere Beweise dafür beigebracht worden sind. Hegets chweiler sagt auch sehr be- stimmt, dafs die Raupe nicht an Nadelhölzer, Hex Hedera und dergl. gehe. Lebensweise. Das Eigenthiimlichste in der ganzen Entwickelung des Insects ist die späte Flug- zeit, welche dasselbe mit der defoUaria theilt. Im November, oder gar erst im Dezember, sehen wir an lauen Abenden, oder auch bei geringer Kälte in der Abenddämmerung und während der finsteren Nacht bis 10 Uhr die Männchen lustig umherflattern und die Weibchen suchen, welche an den Bäumen müh- sam hinaufsteigen. Man darf dann nur das Profil des Baumes aufmerksam betrachten und man wird bald hier bald dort ein flatterndes Männchen bemerken. Nimmt man es ab, so erhält man zu- gleich das daran hängende Weibchen, welches beim Besteigen des Baumes das Männchen hinter sich her zog. Oft war das Thermometer schon bis — 12" R. heruntergegangen und die Schmetterlinge er- schienen, nachdem der Boden wieder aufgethaut war, doch frisch und munter. Zuweilen sieht man auch noch einzelne Männchen im März und April fliegen. Wenn die Weibchen in der Krone ange- langt sind und befruchtet worden waren, suchen sie sich Knospen, Blattstielnarben oder andere kleine Hervorragungen in der Nähe der Knospen und kleben daran die sehr kleinen, nachher kaum aufzufin- denden Eichen, oft über 200, fest. Die kleinen, anfänglich kaum zwirnsfadendicken, Räupchen kom- men bei uns gewöhnlich erst im Mai aus, sollen aber nach Herrn Bouche (Gartenins. S. 102.), sogar schon bei warmen März- und Apriltagen sich in die Knospen einbohren. Hr. Schmidb erger (Kol- lar schädl. Ins. S. 219.) beobachtete sie bei ihrem ersten Erscheinen am Genauesten. Nach ihm besteht ihre erste Nahrung aus den feinen Spitzen der Laubknospen und der Blüthendecke. Wäh- rend sie daran fressen, sind sie schwer zu bemerken. Nur wenn man die Blüthenknospen genau be- sieht, bemerkt man ein feines Gespinnst zwischen der Blüthendecke und der hervorragenden Blüthe, in welchem die Räupchen verborgen sind. Sobald aber die Blumenblätter etwas sichtbar werden, beifsen sich die Räupchen gleich in diese ein, während andere in die sich entwickelnden Laubknospen drin- gen (*). Beide aber kleben sie zusammen, so dafs sie sich nicht entfalten können (daher auch Blüth'en- wickler genannt). Entfalten sich die Blttthen, so wickeln sich die einen in die Blumenblätter, die an- dern in die Blüthendecke, und noch andere in die Mitte der sich entwickelnden Laubknospen. Auch die kleinen Früchte lieben sie so , dafs nur die Stiele oder etwas vom Kernhause übrig bleibt. Dann geht's wieder an die Blätter, wo sie zuerst die zarteren, dann später die übrigen fressen. Haben sie keine Blätter mehr, so müssen sie zu den zerfressenen, bereits verdorrten Gerippen der Blätter und Blattstiele schreiten. Diese kleben sie zusammen wie einen Knäuel und verbergen sich darin. Sie zeh- reu darin die letzten Überbleibsel der Knospen auf, wodurch sie sogar den Trieb des künftigen Früh- lings aufheben. Diese Knäuel und Klümpchen geben dem Baume das Ansehen, als wären seine Blätter und Schöfslinge verbraunt, und dann ist nichts Grünes mehr am Baume. Jetzt erst verlassen sie ihn und suchen einen andern. Finden sie auch auf deu benachbarten nichts mehr, so graben sie sich, wenn sie nur einiger Mafsen ausgewachsen sind, zur Verpuppung in die Erde, oder sie verhungern, wie es im Jahre 1827 geschähe. Sie fressen nach Hrn. Hegetschweiler («. «. 0. S. 94.) am Heftigstendes (*) Ganz gewöhnlich findet man iimerhalh der versponnenen, eben erst entwickelten Blätter und Blüthen der Obst- bäume, auch noch 2 andere Räupchen. Die grölsere ist schmutzig dunkelgrün mit glänzend schwarzen, behaarten Wärz- chen der Leibesringe, schwarzen Brustfüfsen , Kopf und Nackeuschild. Es ist nach Hrn. Bouche Tortrix pruniana Hübn. Die andere ist dunkel rothbraun mit schwarzen Brustfüfsen, Kopf und Nackensohilde und dürfte die Tortrix luscana Fabr. {ocellana W. V.) von Schmidberger sein. Die zuerst genannte ist von Schmidberger wahrscheinlich unter dem Namen Tortrix cynosbana L. aufgeführt. GeOMETRA BRUMATA. MeNGE U. HEMMENDE EINFLÜSSE. FOESTL. BeDEUT. U. BEGEGNUNG. 191 Nachts. Die Verpuppung fällt iu die Mitte des Juui , in südlicheren Gegenden wohl schon zu Ende Mai's. Nach S chmid berger wären die später sich Verpuppenden die Nacldvommen der Frühjahrsfal- ter. Die Raupen lassen sich an Fäden von den Bäumen herab und gehen 2-3" tief in die Erde, wo man sie in einer gerundeten Höhle findet. Einzelne sollen sich auch unter Steinen und Erdschollen finden. Die Folge dieser aufserordentlich frühen Verpuppung ist denn auch der, noch in demselben Jahre eintretende Flug der Sciimetterlinge. Einzelne verpuppen sicli aber auch später und diese sind es wahrscheinlich, welche erst im nächsten Frühjahre fliegen. Menge und hemmkndf. Einflüsse. Das Insect vermehrt sich öfters in ungeheurer Menge, so dafs man viele Tausende von Schmetterlingen auf den Theerbändern, welche man zu ihrer Vertilgung anwendet, sehen kann. Es treten ihnen aber auch eine Menge feindlicher Einflüsse entgegen, indem zahlreiche Schmarotzer und sehr viele Vögel ihnen nachstellen, und anhaltend kühles und nasses Wet- ter sie oft plötzlich vertilgt. Hr. Plieninger {Maikäfer S. 39.) erzählt den seltsamen Fall, dafs sie durch ein Gewitter getödtet worden wären. Nach Hrn. Seh midberger giebt es an den niederen Ufern der Donau so wenig Winterspanner, weil die Überschwemmungen die Puppen tödten. Auch nasses Frühjahr, Regen während der zweiten und dritten Häutung, Schnee und Eis beim Auskommen der Schmetterlinge aus den Puppen verhindert die Vermehrung. In trocknen Jahren gedeihen sie nach Hrn. Bouche am Besten. FousTLicHE Bedeutung und Begegnung. Gewöhnlich tritt der Winterspanner nur als sehr schädliches Obstinsect auf, wird doch zuweilen aber auch den eigentlichen Waldbäumen, besonders jungen Buchen- und Eichenpflanzen, nachtheilig. Im Jahre 1835 sähe ich sie in grofser Menge mit Ph. G. defoliaria in einem Buchenschlage bei Neustadt fressen und die jungen 2-jährigen Pflänzchen bedeu- tend verletzen. Unter den Obstinsecten giebt es kein schädlicheres. Nach den übereinstimmenden Nach- richten der erfahrensten Gärtner (Hrrn. Bouche und Schmidberger) wird durch sie nicht allein oft die Obsterndte zerstört, sondern es sterben auch Bäume gänzlich ab, besonders wenn ein strenger Win- ter folgt. Alte kränkliche Bäume fangen oft erst Ende Juni an sich wieder zu belauben, treiben aber höchstens nur an den Spitzeu der Zweige Blätter, aber nicht Schöfslinge. Junge ki-äftige Bäume trei- ben wohl etwas früher im Juni, machen aber auch nur kleine schmächtige Triebe, welche nur bei gün- stigem Herbstwetter zeitigen. Nach Hrn. Bouche {Gartenins. S. 102.) werden sie am Gefährlichsten in kalten Frühlingen, weil sie sich da bei warmen März- und Apriltagen schon in die Knospen einbohr- ten und bei der langsamen Entwickelung derselben desto mehr innerhalb zerstörten. In warmen, feuch- ten Frühlingen, wo sich die Knospen rasch entwickeln, soll ihnen dagegen gewöhnlich der Trieb zu rasch entwachsen. Wegen dieser anerkannten Schädlichkeit verdient auch das Insect überall verfolgt zu werden. Auf den Waldbäumen kann man demselben am Wenigsten anhaben, weil die gleich bei den Obstbäumen zu beschreibenden Mittel in dichten Beständen nicht anwendbar sind. Glücklicher Weise dürfte in diesen auch nie so grofse Gefahr durch den Winterspanner herbeigeführt werden, dafs man derselben kräftig entgegen zu treten nöthig hätte. Fressen die Raupen einmal in den jungen Bu- chen- oder Eichenschlägen arg, so klopft man sie in einen Schirm oder läfst sie absammeln. Bei Ver- heerungen in Obstanlagen sind nun folgende Mittel mit vorzügliciiem Erfolg in Anwendung gebracht worden. Als das wirksamste Mittel von allen empfiehlt Hr. Bouche {Gartenins. S. 102.), da, wo es der Raum gestattet, in der Zeit vom Juni bis zum September, die Erde um die Bäume herum 1 Fufs tief umzugraben und dann festzutreten, damit die Puppen so tief unter die Erde gebracht werden, dafs den Schmetterlingen das Entschlüpfen unmöglich gemacht wird. Nebenher vertilgt mau zugleich das Unkraut dadurch und die herausgeworfenen Engerlinge können aufgelesen werden. Ein noch viel häu- figer angewandtes Mittel, welches namentlich von Schmidberger obenan gestellt wird, ist im October 192 Specieller Theil. und November das Anlegen von Theerringen um die Bäume, welche ich im Allgem. S. 49 u. f. ausführlich beschrieben habe. Die aus der Erde hervoi-kriechenden und den Stamm hinauf wandernden, flügello- sen Weibchen bleiben darauf sitzen und die hier abgelegten Eier verderben. Von der Wirksamkeit dieses Mittels wird sich ein Jeder überzeugen, der es einmal gebraucht, denn jeden Herbst sammeln sich auf dem klebrigen Ringe eine Menge Weibchen, die sonst die Knospen mit ihren Eiern bevölkert hätten. Hr. Bouche empfiehlt die einfachsten Vorrichtungen — Papier- oder Lederstreifen mit Theer oder Vogelleim bestrichen — als die besten. Hr. Schmidberger dagegen erzählt von seinen Bretter- kasten so viele Vorzüge, dafs man sich versucht fühlt, diese anzuwenden. Den Theer auf die blofse Rinde, oder auf die leicht durchschlagende Leinwand zu streichen, ist oifenbar das nachtheiligste Ver- fahren. Andere Anstalten zum Abhalten der Schmetterlinge, wie Wasserbehälter und dergl., werden als unpractisch verworfen. Hr. Bouche bemerkt übrigens noch, dafs, wenn das Anlegen von Theer- oder Vogelleim-Ringen wirksam sein soll, keine Gesträuche in der Nähe stehen dürfen, welche den Baum über dem Ringe berühren und den Weibchen hier als Leiter dienen könnten. Bei frisch acht gemachten jungen Bäumen bedient sich Hr. Bouche noch eines andern Mittels, die schädliche Winterspanner- Raupe abzuhalten. Er bestreicht die Augen und Triebe mit weichem Baumwachs. Dieser verhindert das Eindringen der Räupclien in die Knospen, um so mehr, als frisch gepfropfte oder copulirte Bäume später treiben und folglich die Baumwachsbekleidung spät zersprengen, wenn die Raupen sich schon anderweitig Nahrung gesucht haben. Verwandt sind zwei Spanner so nahe, sowohl der Lebensweise als den, gegen sie anzuwen- denden Vertilgungsmitteln nach, dafs ich sie, obgleich sie mit zu den merklich schädlichen gehö- ren, doch nur kurz abhandle: 1) Ph. G. (Fidonia) aesciilaria. Rofskastaniens panner. Das Männchen hat gewöhnlich bis über 14"' Flügelspannung. Die Fühler stark gesägt und wimprig gekämmt. In den Farben der hrn- mata ziemlich ähnlich, nur haben die langgestreckten Flügel nicht die zahlreichen gekerbten Binden- streifen, sondern an Statt deren nur 2, meist sehr undeutlielie, gesägte, nach aufsen weifslich eingefafste Bindenstreifen, welche ein etwas dunkleres, mit schwarzbraunen Strichelchen bezeichnetes, Mittelfeld einschliefsen. In der äufseren Flügelspitze ein brauner, oft etwas weifs gesäumter Diagonalstrich. Die grauweifsen, sehr stark gerundeten Hinterfiügel mit deutlichem, dunklen Punkte. Vor den Frauzen ein Saum von dunklen Punkten. Die Unterseite blasser als die obere, mit durchschimmernden Punkten und einem gesägten Bindenstreifen der Vorder- und Hinterflügel. Das Weibchen bis 5'" lang, gänz- lich flügellos, bräunlichgrau, mit bedeutendem Afterbarte. — Die Raupe wird bis 9'" lang, ist dunkel- braun, auf dem Rücken mit helleren Querstreifen, auch au jeder Seite mit helleren Flecken oder Strei- fen (Lang und Bork hausen), oder (nach Treitschke) weifslich grün mit einer sehr deutlichen, weifslichen Längslinie zu beiden Seiten des Rückens, einer andern, weniger deutlichen oberhalb der Füfse und vielen andern, sehr zarten und schwachen über den Rücken und in den Seiten. Die Puppe in der Erde oder auf derselben, mit wenigem Gewebe (Treitschke). Hinsichtlich der Lebensweise scheint sich dieser von mir selbst nie beobachtete Spanner gar nicht voq dem Winterspauner zu un- terscheiden, nur dafs sieh nach Hrn. Hofgärtner Richter, welchem ich einige mündliche Mittheilungen verdanke, der Schmetterling häufig erst im März und April entwickelt und seine Eier dann in Ringeln (wie der Ringelspinner) um die Ästchen legt und mit der Afterwolle überzieht. Bei Hrn. Richter frafs die Raupe oft mit der brumata zusammen und war in manchen Jahren recht merklich schädlich. 2) Ph. G. {Fidonia) defoliaria Linn. Waldlindenspanner (s. Taf. XI. Fig. 5.). Der männ- liche Falter hat fast 1,5" Flügelspannung, sehr schön doppelt gekämmte Fühler und ziemlich ge- streckte, aber abgerundete Vorderflügel. Die herrschende Farbe ein röthliches Braungelb. Die Vor- Geometka brumata. Verwandte. 193 derflügel sind in 3 Felder getheilt.. Das mittlere, breiteste und hellste, durch einen dunklen, fast halb- mondförmigen Fleck bezeichnete wird durch ein Paar dunkel röthlicbbraune, gezackte, hell eingefafste Binden eingeschlossen. Das der Basis näher liegende wird fast ganz durch eine dunkle röthlicbbraune Färbung eingenommen und das äufserste zeigt die Grundfarbe. Die HiuterHügel sind heller (schmutzig hell bräunlichgelb) und führen einen schwachen Punkt. Die Unterseite ist noch iieller und läfst die Zeichnungen der Oberseite matt durchschimmern. Das Weibchen (Fig. öf^) hat bis .5'" Länge, sehr lange Beine und Fühler, und ist gänzlicli flügellos, hell schmutziggelb und schwarz gefleckt und gespren- kelt. Die 9'" lange Raupe (Fig. 5l) fast überall gleich stark, lO-füfsig, oben röthlichbraun mit dunkler Mittellinie, unten gelblich. Die Einschnitte zwischen denRingen biäuli(;ligrau. Jederseits ein breiter hellgel- ber, oben meist schwarz eingefafster Streifen, in welchem die Luftlöcher stehen und von einem braunrotheu Flecken umgeben sind. Die Brustfüfse gelblichbraun, die Baucbfüfse röthlich. Behaarung sparsam und kurz (*). Die Puppe (Fig.öp) des Männchens bis 9'" lang, mit langen Flügelscheiden, und bis zum Ende derselben reichenden, breiten Fühlern, einem breiten Kopfe mit hinter demselben seitlich hervorragenden Ohrenhöckerchen, deu gewöhnlichen 6 Härchen und einem am Ende zweispitzigen, an der Basis dickern Aftergriffel, rothbraun. Die Raupe frifst auf den verschiedensten Holzgewächsen (s. Tabelle), beson- ders Obstbäumen, Buchen, Eichen und Birken, und vermehrte sich in manchen Jahren so bedeutend, dafs man sie zu den merklich schädlichen Insecten rechnen kann. Wir besitzen den Nachweis ihrer Schädlichkeit z.B. von Hrrn. Schmidberger (Kollar schädl. Ins. S. 232.), Hegetsch weiler {a. a. 0. S. 95.), Bouche {Gartenins. S. 105.) und Hrn. Werneburg. Die drei ersten Beobachter lernten sie nur auf Obstbäumen kennen. Letzterer aber erfuhr, dafs im Viernauer Reviere im Jahre 1835 die Mittelwaldbestände, und namentlich die Birken, sehr stark durch die Raupe beschädigt worden wären. Ich selbst fand sie im Jahre 1835 mit der Ph. G. brumata (s. dort forstl. Bed.) zusammen in grofser Menge auf jungen Bucbenpflanzen fressen, und zwar in Gesellschaft der in der Anmerkung er- wähnten, mir unbekannten Spannerraupe. In der Lebensweise stimmt sie so sehr mit der brumata über- ein, dafs ich, bis auf den, gewöhnlich einige Tage früher eintretenden, Flug, keinen Unterschied anzu- geben weifs, wefshalb auch gegen sie die dort angefülirten Begegnungsmittel zu gebrauchen sind. 3) Ph. G. {Fidonia) progeminaria Hübn. {capreolaria Esp.) (Hübn. Geom. II. Aequiv. B. F. 183.). Die Männchen und die flügellosen Weibchen haben die meiste Ähnlichkeit in Gröfse und Flügelschnitt mit der defoliaria, jedoch ist die Grundfarbe beim Männchen ein trübes Gelb mit röthlicli- braunem Staube bestreut. Auf dem letzten Drittheil der Vorderflügel steht eine röthlicbbraune, von 2 dunklen, unregelmäfsig gezackten Bindenstreifen eingeschlossene Binde (ähnlich wie bei defoliaria), und weiter gegen die Flflgelbasis noch ein Bindenstreifen. In dem Felde aufserhalb des letzteren ein dunkler Schrägstrich. Hinterflügel schmutzig weifs mit einigen verloschenen Flecken und Wischen. Vor den Franzen dunkle Punkte. Unterseite schmutzig weifs, rothbraun bestäubt mit durchschimmernden Zeichnungen der Oberseite. Fühler der Männchen hell röthlichbraun, schön fein doppelt gekämmt. — Die lü-füfsige Raupe (Hübu. Larv. Lep. V. Geom. II. Aequivoc. B. a. Fig. 2.a.) über 14'" lang, sehr gestreckt, bräunlichgelb. Sie wird durch röthlicbbraune, hell gesäumte und dunkle Streifen sehr bunt. Besonders treten in der Mitte des Rückens zierliche X- förmige Figuren hervor, in deren Coucavität ein dunkler Punkt das Ansehen eines Auges gewinnt. — Die Puppe 5'" lang, mit 2-spitzigem After- griffel, Anfangs au den Flügelscheiden grün, später ganz glänzend braun. In der Lebensweise stimmt />ro- (*) Mit der defoliaria zusammen fand ich eine (Fig. 6l) braune, fein schwarz gestreifte und gefleckte, etwas schwächere Raupe in ziemlicher Menge. Da ich aber keine Schmetterlinge daraus erziehen konnte, so mufste ich vor- läufig auf ihre Bestimmung verzichten. Band n. Bb 194 Specieller Theil. (jenimaria so sehr mit hrumata übereiu, dafi?, im Falle einer starken Vermehrung, auch dieselben Ver- tilgungsmittel (s. dort) gegen sie zu ergreifen sein werden. Hr. Saxesen hat beobachtet, dafs in Thü- ringen die Raupen den Birken arg zusetzten, wefshalb ich sie mit hier aufnahm. 4) Ph. G. {Fidonia) aurantkiria Httbn. (Hübn. Lepid. V. Geom. II. Äequlvoc. B. Fig. 184.). Auch wieder der defoliaria sehr ähnlich, nur ein wenig geringer. Die Vorderfliigel des Männchens rötlilichgelb, rostbraun bestäubt, mit 3 dunkleren Bindenstreifen durchzogen, deren beide kürzesten dicht bei einander au der Basis stehen. Zu jeder Seite der längeren ein dunkler Punkt. Hinterflügel heller mit einer dunkleren, bogenförmigen Wellenlinie und einem Punkt innerhalb derselben. Unterseite blafs- gelb mit durchscheinenden Bindenstreifen und Punkten. Das braun und gelb gefleckte Weibchen mit kurzen, hellgrauen, etwas bräunlich-gefleckten, laugbehaarten Flügellappen. — Die Raupe nach Treitschke (VI. 1. S. 312.) der der defoliaria ähnlich: rothbraun, stellenweise dunkler braun oder auch grünlich gemischt. Auf jedem Ringe, zu beiden Seiten des Rückens, 2 kaum sichtbare gelbe Pünktchen, welche auf den 3 ersten und auf dem vorletzten Ringe grofser sind. Auf dem 5ten Ringe in jeder Seite ein schwärzlicher Schattenstreif und auf dem Rücken des Uten Ringes 2 Fleischspitzen. Hübn er (Fig. c) bildet sie grün und weifsgestreift, mit gelbrothem Kopfe und Aftergliede ab. Lebens- weise wieder wie bei defoliaria, hrumata, daher auch Vertilgung wie dort. Hr. Saxesen erhielt die auranfiaria mit der Bemerkung von Hrn. Kellner, dafs sie stark an Birken fresse. Zweite TJnterab tlieiluiig. Sowohl die weiblichen wie die miiiiulichen Falter geflügelt. 4. Ph. B. {Cuhera) pusaria Linn. Birkenspanner. Characteri.stik. Der weibliche Falter hat über 1" Flügelspannung, ist seidenartig glänzend, schneeweifs und führt über die abgerundet-dreieckigen Vorderflügel 3, und über die nicht viel kleine- ren, gerundeten, nur nach innen etwas eckigen Hinterflügel 2, schmale graue, etwas bogige Bindenstrei- fen. Die Unterseite ist schneeweifs, an den Vorderrändern ziemlich diclit, sonst sparsam bräunlich be- sprengt. Die Raupe ist über 1" lang, 10-füfsig, und hat am letzten Ringe 2 genäherte, grade, feine Spitzen. Hinsichtlich der Farben variiren sie ungemein, denn man findet ganz grüne, welche blofs in der Mittellinie des Rückens Roth haben (s. Bech stein" s Forstinsecten Tab. IV. Fig. 32&) und dann ■wieder ganz rothe Raupen, bei welchen das Grün nur am Kopfe, auf dem Rücken und dem Bauche durchschimmert (s. Hübner's Larv. Lep. V. Geom. I. Ampliss. P.b. Fig. I.e.). — Die Puppe ist kaum 5'" lang, mit einem einfachen, stumpfen Aftergriffel, glänzend dunkelbraun (Hübn er a. a. 0. Fig./.), nach Treitschke in einem leichten Gewebe, welches sie mit Sandkörnern vermischt. Vorkommen und Lebensweise. Der Birkenspanner lebt, wie sein Name ganz richtig andeutet, am Liebsten auf Weifsbirken, man hat sie aber auch schon auf Erlen, Weiden, Buchen, Eichen. Aspen und Haynbuchen gefunden. Nach den Berichten von Colditz in Sachsen (s. besorgt. Forstin. S. 255.) fräfse sie nur auf niedrigen Sträuehern, denn einzelne hohe Stämme von Buchen und Birken waren in Mitten der abgefressenen Buchen- und Birken-Sträucher ganz unbeschädigt geblieben. Sie ist ziem- lich überall gemein und liat schon zu verschiedeneu Malen recht tüchtig gefressen. Die Falter fliegen am Gewöhnlichsten im Monat Mai, einzelne Spätlinge auch wohl noch im Juni. Man fängt sie häufig im Grase, zum Ablegen begeben sie sich aber an die Holzgewächse. Die Raupen fressen hier bis zum Juni oder Juli. Alsdann lassen sie sich an Fäden zur Erde herunter und verpuppen sich hier. Die Puppe überwintert also, und wenn auch einzelne Schmetterlinge schon im Herbst auskommen und legen sollten, so würde dadurch doch keinesfalls in demselben Jahre ein zweiter Raupeufrafs entstehen können, wie dies Bech st ein, Treitschke u. A. anzunehmen geneigt sind. Geometra betulaeia. Characteristik. 195 Über FORSTUCHE Bedeutung. UND Begegnujji; kann icli aus eigener Erfahrung nichts angeben, da ich das Insect nur immer in einzelnen Faltern fand. Es wird aber behauptet, dafs der, im besorg- ten Forstmann S. 255 beschriebene, arge Frafs in jungen Birken von diesem Insect herrühre. Aus der sehr rohen Darstellung des Berichterstatters ist zwar nicht das Insect zu erkennen, allein es wird in einem späteren Bericht aus Dresden, wie es seheint von sachkundiger Hand (S. 281.), ganz bestimmt als G. pusaria L. bezeichnet. Sehr schwer zu erklären ist die Nachricht: die Raupe sei das erste Mal im Monat Mai entdeckt worden, habe dann aber wieder im Monat August zum zweiten Male auf dem Taundorfer Reviere einen kleinen District 9-jähriger Birken ganz abgefressen, so dafs sie fast gar nicht wieder ausschlugen. Das Holz sei ganz entkräftet und verstockt und noch schlechter als ausgewässer- tes Flofsholz gewesen. Ich kann, wenn dem Berichte ganz zu glauben ist, nur annehmen, dafs die Raupen, welche im Mai frafsen, von vorjährigen Eiern abstammten, die Augustraupen aber von späteren diesjährigen Eiern. Das beste Mittel, wenn ein Frafs sich einmal wieder ereignete, würde das Eintrei- ben der Schweine in den befressenen Ort sein, während die Puppen in und an der Erde ruhen. Es möchte nun der Frafs früh oder spät eingetreten sein, so würde die geeignetste Zeit im Monat August sein. Die verspäteten Raupen kommen dann schon von den Bäumen und die vielleicht sclion länger verpuppten können dann noch nicht ausgeflogen sein. Ein nur einiger Mafsen umsichtiger Forstmann wird dies am Besten nach dem visum repertuni, wie ja das bei allen Raupen geschehen mufs, beur- theilen und einleiten. 5. Ph. G. {Amphidasis) hetuhtria Linn. Astspanuer, Birkenspanner (Taf. XI. Fig. 3.). Characteristik. Der weibliche Falter (Fig. 3f) hat zuweilen über 2" Flügelspannung und zeichnet sich besonders durch einen sehr kräftigen Bau, starken, kegelförmigen Hinterleib und lange, schmale Fliigel aus. Die Grundfarbe ist gewöhnlich weifs, doch meist etwas ins Graue oder Gelbliche (s. Abbild.) stechend. Sie ist mit unzähligen schwarzbraunen kleineren und gröfseren Atomen besprengt, von denen einige zu wahren Flecken und Biudenstückchen zusammentreten. Die Unterseite zeigt fast dieselben Atome und Flecke wie die obere, besonders treten 2 der Vorder- und 2 der Hinterflügel stark hervor. Das etwas kleinere Männchen hat schön doppelt-gekämrate, fein zugespitzte Fühler. — Die vollwüchsige Raupe (Fig. 3l in 3 verschiedenen Farben-Varietäten) über 2" lang, gleich dick, nach hinten sogar etwas mehr verdickt. Kopf ziemlich klein, vorn flach, und in der Mitte sogar et- was eingedrückt, fast viereckig, nur oben gebuchtet. Die 6 Brustfüfse schwach, die 2 Bauchfüfse (am 9ten Ringe) stark, und die 2 Afterfüfse noch stärker. Die letzteren mit starker, hakiger Sohle. Der ganze Körper mit rauhen Wärzchen bedeckt. Die gröfsten (weifsen) derselben in 4-8 etwas er- habenen Gruppen oben gegen den Vorderrand der Ringe zusammengedrängt. Zwei dieser Warzen- gruppen erheben sich auf dem Uten Ringe etwas stärker, und auf dem 8ten jederseits zu einem gro- fsen, bis zum Vorderrande des Luftloches reichenden Höcker. Auch auf der Unterseite des 6ten und 7teu Ringes in der Mitte gegen den Hinterrand ein Warzenhocker. Der Bauchrand zwischen den Bauch- und Afterfüfsen und der Hinterrand der letzteren weifs gefranzt, sonst der ganze Körper nur mit sparsamen schwarzen Haaren besetzt. Die Wärzchen gröfstentheils schwarz, Brustfüfse und Kopf braun, letzterer mit dunkler V-Zeichuung der Stirn. Grundfarbe grünlichgrau (auf Eichen, Ebereschen, Birken), seltner bräunlich oder gelblich. Unterseite mit helleren Flecken und wellenförmigen Längsli- nien. Luftlöcher rothbraun. — Die glänzend dunkelbraune Puppe (Fig. 3p) ist bis 11'" lang, hat eine rundliche, gerunzelte Afterwulst und einen, am Ende gekerbten Aftergriflfel. Hinter dem breiten Kopfe bemerkt man zur Seite ein Paar hervorragende Ohrenhöckerchen. Die Fühler reichen nicht ganz bis zum Ende der Flügel, nehmen das Ende des vorletzten Fufspaares zwischen sich, und sind beim Bb2 196 Specieller Theil. Mäniicheu sehr breit. — Der Kotb (Fig. 3k) grofs, walzig, mit abgerundeten Kanten, auf dem einen Abschnitte deutlich G-strahlig tief eingedrückt, auf der andern vollkommen abgerundet ohne Eindrücke, schwarz (von Eichen) und im ganz frischen Zustande glänzend. Vorkommen und Lkbensweise. Dieser Spanner kommt, wie die Tabelle nachweist, auf ver- schiedenen Laubhölzern, besonders Rüstern, Weiden, Pappeln, Birken, Eichen und Ebereschen vor. Auf Eichen und Ebereschen, deren Blätter er öfters auf jungen Pflanzen und Sträuchern gänzlich ab- frifst, fand ich ihn am Häuligsten. Die Raupen stehen so steif wie ein Ast von dem Zweige ab und täuschen dadurch den Vorübergehenden, noch dazu da sie die Farbe der Zweige haben, an denen sie sitzen. Daher zog ich den Namen Astspanner dem sonst mehr gebräuchlichen Birkenspanner vor. Man findet sie im September und October ausgewachsen. Sie geht dann in die Erde und liegt in einer kleinen glatt geformten Höhle über Winter. Der Schmetterling kommt im nächsten Mai oder Juni aus, und schwärmt dann oft häufig genug herum. FoKSTLicHE Bedeutung und Begegnung. Dieser Spanner soll schon in verschiedenen Ländern so häufig vorgekommen sein , dafs die Birkenwälder durch denselben ganz kahl gefressen wurden (s. Kr Unit z Encykioj). Th. C. Berl. 1805. S. 107. und Forst- u. Jagd-Taschenhuch. Leipz. 1798. S. 250 u. f.). Auch ich sähe einzelne, durch die Raupe ganz entblätterte junge Stämme, welche sie den älteren vorziehen, mehrere Jahre kränkeln. Findet sich die Raupe nur in Pflanzschulen oder sonst in be- schränkten Orten, so kann mau sie durch Anprallen im Juli und August sammeln. Käme sie in grö- fserer Ausdehnung vor, so würde mau sie durch Beiiütung mit Schweinen während des Winters leicht vertilgen können. ANHANG. Die wichtigsten Spanner sind unter den Hauptuummern, und solche, welche hier und da schon einmal tüchtig gefressen haben, unter den Verwandten ziemlich ausführlich beschrieben worden. Es bleiben demnach nur noch einige wenige kurz zu erwähnen übrig, theils wegen ihrer Gröfse, theils we- gen des Rufes, welchen sie durch Bechstein erlangten. Den Anfang mache ich mit den wunderbaren Arten, deren Weiber ungeflügelt sind, die auch in der Lebensweise mit hrmnata und defoUaria die meiste Ähnlichkeit haben. Eine Art {(jrossulariata) frifst, nach Hrn. Saxesen, auch wohl einmal eine Haselstrauchhecke ab, ist aber doch, in Betracht der Unwichtigkeit der von ihr bewohnten Hölzer kaum merklich schädlich, l) Ph. G. püosaria W. V. (Birnspanuer). Der männliche Falter bis 1,8", breit, kammhörnig. Die Vorderflügel graugrün mit 4 dunklen gekerbten Bindenstreifen. Das Weib flügellos. Die sparsam behaarte Raupe fast 2" lang, braun und gelb gefleckt mit abgebrochenen Längs- und Querbinden und zahlreichen eckigen Warzen. Die Flugzeit meist erst im April. — 2) Ph. G. ba- jaria\N. V. (Weichselspanner) [Rös el, Kleemann s ^e/Yr. Tab. XXXV. Fig. A-D. (R. P. F.)]. Das Weib flügellos. Der kammhörnige Mann dunkel, 1,8" breit. Die Vorderflügel graubraun mit mehi-eren dunkleren und helleren Streifen und Flecken. Die fast kahle Raupe aber 1,5" lang, braungrau, mit einer auifallenden, eckigen, schwarzen und weifsen Warze in der Seite des 5ten Ringes und 2 der Mittellinie des Uten Ringes. Flugzeit auch erst im Frühjahre (*). — 3) Ph. G. marcjaritaria Linn. (Haynbuchenspanner). Der Falter bis 1,7" breit. Die Flügel eckig, hell apfelgrün, die vorderen mit breiter, bräunlichgrün eingefafster bräunlicher Binde. Die äufsere Einfassung auch über die Hinter- flügel fortsetzend. Die spanuenmessende Raupe bis 1,6" lang, grünlichbrauu mit weifslichen Flecken, (*) Es giebt noch einige Arten mit ungeflügelten Weibern, die aber stets zu selten vorkommen, als dal's mau je einen Schaden von ihnen erwarten dürfte. Geometra betularia. Anhang. 197 mit 4 Paar Bauchfüfsen, deren 2 vordere Paare aber verkümmert sind. Flugzeit im April. — 4) Ph. G. j)rodromaria Fbr. (Lindenspanaer, Sclineevogel). Der kammbüruige Falter bis über 2" breit. Die Flügel gelblich-, röthlicli- oder grünlich-weifs, brauu puuktirt, die vorderen mit 2 breiten braunen, dunkelzackig eingefafsten Binden. Die fast kahle Raupe der der hetidaria (Taf. XI. Fig. 3). sehr ähn- lich, bis 2,4" laug, bald mehr grau, bald mehr braun (*). Flugzeit April, oft schon früher. — 5) Ph. G. punctaria Linn. (Eicheubuchspanner). Der kammhöruige Falter kaum 1" breit, liell briiunlich- gelb, schwarz puuktirt. Die Flügel am Hiuterraude stiimpfeckig, die vorderen mit einem gebogenen, gegen die Mitte etwas eckigen schwarzbestäubten Streifeu , der gegen den Innenrand rotli wird. Die fast 1" lange, beinahe kahle Kaupe gelbbraun oder gelblichgrüu, mit dunkelbraunen, citronengelben und mennigrothen Zeichnungen. Flugzeit meist im Mai und Juni. — 6) Ph. G. 2)eimaria Linn. (Ilagebu- chenspanner). Der sehr schön und stark gekämmte Manu fast2"breit, röthlichgelb. DieFlügel schwach gekerbt, die vorderen etwas zugespitzt mit 2dunkleren, rothbrauuen, weifsgesäumteu Bindenstreifen, deren äufserer etwas absetzend über die Ilintertlügel zieht. Die sparsam behaarte Raupe bis 2" lang, bald mehr grau, bald bräunlich, vielfältig heller und dunkler gestricJielt und gelleckt, besonders ausgezeichnet durch 2 rostbraune, weifsgefleckte Spitzeu des Uten Ringes. Flugzeit im Herbst. — 7) Ph. G. alnia- WwLinn. (Erlenspanner [Rösel Tom. I. Gl. III. Pap. noct. Tab. I. Fig. 1-6. (E.R.P.F.)]. Der schön und stark gekämmte Maun etwa 2" breit, hell bräunlichgelb. Die Flügel gebuchtet und gezähnt, mit 2 dunkleren Bindenstreifen der Vorderflügel, deren äufserer auch über die Hintertiügel fortsetzt. Die fast kahle, über 2" lange Raupe ist beinahe schwarz, hier und da bräunlichgelb gefleckt, mit 5 Paaren fleischiger Spitzen der Mittellinie. Flugzeit im Nachsommer. — 8) PA. G. hexupterata Fbr. (Berg- Buchenspanner, Sechsflügler) [Rösel Kleemann Tom. I. Tab. XIX. Fig. A.B. (R.)]. Der faden- hörnige Mann über 1" breit, mit grau und braun vermischten Vorderflügeln und hellen, an der Basis noch 2 Flügelauhänge zeigenden Hinterflügeln. Die Raupe über 1" lang, hellgrün, kurz behaart, heller gestreift, mit 2 Afterfortsätzen. — 9) Ph. G. grossulariata Linn. (Stachelbeerspanner) [Rösel Tom. I. Gl. HI. Pap. noct. Taf. II. Fig. 1-5. (R.P.F.)]. Der fadenhörnige Falter fast 2" breit, mit wei- fsen, hier und da etwas röthelnden, überall schwarz gefleckten Flügeln. Die Raupe über 1,5" lang, deutlich behaart, weifs, am Bauche röthlichgelb, mit vielen schwarzen Flecken, deren mittellinienstän- dige fast viereckig sind. Flugzeit im Nachsommer. Raupen erscheinen uoch im Herbste, und die über- winternden können mit dem zusammengekehrten Laube oder durch Abklopfen der Sträucher auf Tü- cher vertilgt werden. — 10) Ph. G. i^endulariaW.Y. (Hangelbirkenspanner). Der Falter über 1" breit, grauweifs, mit 4 Augenflecken und 8 bogigen Puuktreihen der Flügel, deren vordere etwas si- chelförmig zugespitzt. Die Raupe bis 1" lang, bald mehr grün, bald mehr braun, an den Seiten mit gelben Flecken, welche fast eine zusammenhängende Stigmenbinde bilden, und sich auch bis auf den Rücken als feine Linien der Einschnitte fortsetzen. Die Einschnitte neben der Mittellinie noch mit 2 nach hinten convergireuden, gelblichen Strichen. (*) Mit dieser hat auch die hirtaria, so wie mehrere andere, so grofse Ähnlichkeit, selbst iu der Lebensweise, dafs eine Verwechselung in practischer Hinsicht ganz gleichgültig wäre. 198 Specieller Theil. Vierte UutergattuDg. (Phalaena) Torf rix Linn. Wickler. Characteristik. Diese Linne'sche (Unter-) Gattung, welche Fabricius unbegreiflicher Weise Pyralis — mit welchem Namen Linne eine ganz andere, forstlich nicht wichtige (Unter-) Gattung be- zeichnete ■ — nannte, unterscheidet sich, wie schon in der analytischen Tabelle (S. 82.) gezeigt wurde, besonders durch die Form der Yordertiügel. Diese haben meist eine so merklich ^f^^^j^^- vorspringende Schulter (s. z. B. Taf. XII. Fig. 5 c^ und Taf. XIV. Fig. G.), dafs schon |v2^ Reaumur die Falter j^apilloiis ä larges epaules nannte. Eben so macht auch der ^ Innenrand nahe der Basis der Vorderflügel in entgegengesetzter Richtung einen Bogen, so dal's die Flügel nirgends gleich breit sind. Auch die Hinterflügel sind in so fern characte- i'istisch, besonders im Vergleich mit denen der Motten, dafs sie mehr gerundet als gestreckt sind, und nie einen auffallend langen Franzensaum haben. Eigenthümlich ist es den Männchen einiger, dafs sie an der Basis des Vorderraades eine kleine Falte (Umschlag) haben. Die Farben der Vorderflügel sind höchst selten nur einfach wie bei der T. virklana. Allermeist sind sie marmorirt oder noch häufiger mit Querzeichnungen versehen, welche entweder eine ansehnliche Breite haben (Binden) wie bei der Ratzehurgiana und pygviaeana, oder aus schmalen Streifen (Bindenstreifen) wie z. B. bei der dorsana und coniferana, oder aus bindeuartig geordneten Fleckchen (Bindenflecken) wie bei hercyniana, Clausthaliana, bestellen. Bei einigen findet sich ein, mit kurzen Längsstrichen durchzogener, ausgezeich- neter Fleck vor dem Hinterrande (Spiegelfleek). — Die Flügel werden meist daclifürmig (Taf. XIV. Fig. 3f'), viel seltener aufliegend getragen. Der Kopf ist mäfsig grofs, nicht auffallend stark behaart. Die Augen seitlich, vorragend, bei den Männchen besonders grofs. Nebenaugen 2, versteckt. Die Fühler nicht so lang wie der Körper, das Wurzelglied meist grofs und dick. Bei den Weibchen sind sie nur schwach und faden- oder borstenförmig, bei den Männchen aber dicker, und wegeu der etwas vorspringenden Glieder, unter der Loupe gesägt und ziemlich stark wimprig behaart erscheinend. Der Rollrüssel kurz, die Taster 3-gliedrig: das 2te Glied sehr lang und stark, schuppig behaart, das 3te, wenig behaarte, sehr klein, wenig aus den Haaren des 2ten hervorragend. Halsschild rundlich-eiförmig, mit nach hinten besonders aufgerichteten Haaren und einem, jederseits die Flügelbasis deckenden Bü- schel (Schulterlappeu). Hinterleib ziemlich gestreckt, beim Männchen mit mehreren, im Leben beweg- lichen Haarbüscheln am Ende (s. d. Holzschnitt). Die Beine ungleich : die vorderen, auf besonders lange Hüften gestützten kürzer als die mittlem, und besonders die hintern, welche auf der Mitte sowohl wie am Ende der Schienen ein Paar starke Dornen führen. Fufsglieder 5, mit kaum bemerkbaren Dornen. Bei den Raupen weifs ich kein wesentliches Kennzeiclien zu nennen, und ich könnte nur anführen: dafs mir, aufser dem getheilten Nackenschilde und dem, zuweilen als ein Schild sich darstel- lenden Afterklappen-Hornflecke, weiter keine Hornflecke bekannt sind, wie sie sich bei manchen Mot- tenraupen auf dem zweiten und dritten, auch wohl auf dem letzten Ringe finden. Die Raupen sind weder sehr gestreckt noch auffallend gedrungen. Meist ist die Oberseite, mit Ausnahme der ziemlich flachen strubilaua, stark gewölbt. Sie haben stets 16 Füfse, d. h. 6 Brustfüfse, 8 Bauchfüfse und 2 Nachschieber. Der Kopf ist mittelmäfsig, zeigt aber bei genauerer Betrachtung doch verschiedene Gröfse bei verschiedenen Arten, und ist bald mehr gestreckt wie bei hisirionana und x)iceana, bald mehr ver- ToRTRix. Chaeacteeistik. 199 kürzt und rundlich, wie bei der strobiI7'(;7/(<.s- Ahietis, herbeilocken und dadurch den Stämmen Verderben bringen. Im Solling, wo das Insect schon mehrere Jahre beobachtet worden war, zog es im Jahre 18.38 ganz besonders die Aufmerksamkeit auf sich. Hr. Burckhardt giebt uns darüber eine ausführliehe und interessante Nachricht. Er beobach- tete den Frafs ebenfalls unter den Quirlen, jedoch mit Ausschlufs des jüngsten. In den jungen Fich- tenbeständen waren bereits Stämme aufzuweisen, welche durch das Insect getödtet worden waren, und in einem jungen Orte zeigten sich so viele Stämme davon ergriffen, dafs in der That nur der kleinste Theil verschont geblieben war. Indessen besteht die Folge, welche dies bis jetzt gehabt hat, erst dar- in: dafs, aufser einigen ganz abgestorbenen Stämmen, die am Stärksten verletzten Fichten trockne Zweige und gelbliche Nadeln bekommen haben. Soviel schien gewifs, dafs nur einige wenige Räup- chen nicht im Stande seien, einem Stamme bemerkbar zu schaden, die lokalen Verletzungen abgei-ech- net. Auch ist bemerkeuswerth, dafs prädominirende Stämme durch ihre Kräftigkeit keineswegs vor dem Insect geschützt waren. Es fanden sieh an einzelnen derselben oft an 30, von dem Frafse her- rührende AVunden. Vertilgungsmafsregeln waren bis dahin noch nicht ergriffen worden. Es würde, ■wenn das Insect noch weiter um sich griffe , nöthig sein , die Orte genau zu revidiren und die krän- kelnden Stämme herauszunehmen, damit die ungestörte Entwickelung der Larven nicht noch mehr Schmetterlinge gäbe. In den jüngeren Schonungen würde man auch, wenn die Örtlichkeit und der Holzübertlufs es begünstigen sollten, ausnahmsweise Leuchtfeuer zur Flugzeit des Schmetterlings ver- suchen können, weil die hell empor lodernde Flamme doch einen weiter verbreiteten Schein als im ho- hen Holze hier hat und eine Menge Falter anlocken dürfte. 2. Ph. T. {Grapholita) conlferana Saxs. Schwarzer Nadelholz- Wickler. (Taf. XIL Fig. 1.) Namen. Eine sicher hierher gehörende Abbildung oder Beschreibung ist mir nicht bekannt, da- her ich die Art für neu halte und nach ihrem Aufenthalte an verschiedenen Nadelhölzern benenne. ChARACTERISTIK. Der Faltcr hat 5,5-6,5'" Flügelspannung. Er ist der dunkeln Varietät der (Jorsaiia so ähnlich, dafs man versucht sein könnte, ihn zu derselben Art zu stellen. Allein es schei- nen ihn einige Merkmale bestimmt von jener Art zu trennen, namentlich schon die geringere Gröfse und dann die etwas schmäleren und an den Spitzen ein wenig mehr abgerundeten Flügel, so wie die noch dunklere Grundfarbe mit einem noch deutlicheren, blauen Schiller, als bei jener bemerkbar ist. Die silberweifsen Bindenstreifen sind ebenfalls sehr ähnlich, allein das zweite, vom Spiegelfleck bis zum Vorderrande reichende. Paar (von der Spitze her gezählt) pflegt ganz zu fehlen oder nur als ein klei- nes Pünktchen am Vorderrande zu erscheinen, das innerste Paar hingegen einen vollständigen Halb- mond zu bilden, obgleich auch dies nicht immer ist, so wie überhaupt die Zeichnungen undeutlicher Band 11. Ee 218 Specieller Theil. sind und oft theilweise ganz ausbleiben. Dies gilt auch von dem blafs erzfarbenen, schwarz liniirten Spiegelfleck, welcher öfters kaum vorhanden ist. Sehr viel Ähnlichkeit hat con/fercnia auch mit der cosinophornna, unterscheidet sich aber bestimmt durch etwas ansehnlichere Gröfse, dunklere Grundfarbe und einen stärker geschwungenen, mit feiner dunkler Linie durchzogenen innersten Bindenstreif (vergl. dort die Beschr.). Coniferana scheint das an der Kiefer zu sein, was dorsmin an der Fichte ist. — Die Raupe ähnelt der von dorsana ebenfalls, ist aber kleiner und, so viel ich mich entsinne, schlanker als diese und ganz farblos. Vorkommen und Lebensweise. Zu den bemerkenswerthesten Eigenthümlichkeiten dieser Art gehört, dafs sie sowohl an der Kiefer wie an der Fichte vorkommt. Im Herbst 1835 fand ich am Ei- nersberge bei Clausthal mehrere Raupen, die sich am übrig gebliebenen imteren Ende eines, im letzt verflossenen Winter durch Sturm splittrig abgebrochenen Fichtenstammes 6-8" lange, senkrechte Gänge in den Bast gefressen hatten, besonders in der Nähe der Ränder, an denen auch hin und wieder Wui'm- mehl hervorgequollen war, welches mich zuerst aufmerksam gemacht liatte. In den Gängen war zwar allenthalben etwas Harz ausgequollen und verhärtet, aber doch nicht in dem Mafse wie bei dorsana, die ganz in einer unmittelbaren Umgebung von flüssigem oder festem Harze lebt. Bei dieser fand ich auch nie so lange, d. h. höchstens 1-2" lange, Gänge. Alsdann ist das Insect noch mehrmals von Hrn. Zebe gesammelt und beobachtet worden. Er fand es mit Curculio notatus zusammen in jungen Kie- fernstämmchen und sagt: „die Larve bohrt sich vor der Verwandlung durch die Rinde, macht sich von dem Holzmehl einen Beutel, durch welchen dann die Puppe zur Hälfte herauskommt." Zweite Sectioii. Die Ficlitenwickler ohne Spiegelfleck (Cocci/.v et Sciaphila). 3. Ph. T. {Coccyx) strohilana hin n. Tannenzapfen- Wickler. (Taf. XII. Fig. 8. und Taf. XIII. Fig. 1.) Namen. Linne rechnete diese Art zwar, wie selbst noch sein berühmter Nachfolger Fabri- cius, zu den Motten, und nannte sie daher strobilella, es ist diese systematische Difterenz aber eine so geringe, dafs man die Linne" sehe Auctorität auch bei strobilana ohne Widerrede gelten lassen mufs. Chakactekistik. Der Falter hat 5-8"' Flügelspannung und hat mit der dorsana die meiste Ähnlichkeit. Kopf, Halsschild und Hinterleib dunkelbraun, der letztere mit helleren, weifslichen Ein- schnitten. Die Beine dunkelgrau. Die Vorderflügel dunkelbraun, an der Wurzel am Dunkelsten, übri- gens etwas kupferglänzend und mit sehr bestimmten, gräulich-silberglänzenden, feinen Bindenstreifen durchzogen. Die beiden ersten, ziemlich parallelen lösen sich gegen die Mitte des Innenrandes in einen hellen, höchstens noch kleine, gewässerte, silberweifse Strichelchen zeigenden Fleck auf. Die folgenden bilden ein X, dessen beide, gabiig getheilte Schenkel äufserst klar gegen den hier sehr dunkel gefleck- ten Vorderrand stofsen. Das Feld zwischen den beiden vorigen meist auffallend dunkel. Der vor- letzte Bindenstreifen läuft stark geschwungen gegen das Franzenende und theilt sich hier meist. Der letzte umfafst halbmondförmig die Flügelspitze. Die dunkelgrauen Franzen und der schmal schwarze Hinterrand ist von 2-3 helleren Strichelchen durchschnitten. Die Hinterflügel dunkler als die vorderen und mit helleren Franzen gesäumt. Die ganze, an den Aufsenrändern dunkel gesäumte Unterseite bräun- lich mit silbergrauem Anfluge, am Vorderrande der Vorderflügel die punktförmigen Anfänge der Sil- ber-Bindeustreifen zeigend. — Die Raupe (Taf. XII. Fig. 8 l und 8/) bis (5"' lang, etwas platt, hell- gelblichweifs. Der Nackenschild nur wenig durch braunere Farben unterschieden, auch die Füfse nur hier und da schwach bräunelnd. Die sehr kleinen Luftlöcher braun, eben so die Hakenkränze der TORTRIX STROBILANA. VORKOMBIENU. LEBENSWEISE. FORSTLICHE BEDEUTUNG U. BeGEGN. 219 Baiichfüfse. Die sehr feinen Haare, welche nicht von Wärzchen sondern unmittelbar aus der Haut entspringen, hellbräunlich, auf dem 12ten Ringe in der Mitte paarig (Fig. SO- Afterborsten fehlen. — Die Puppe (Taf.XlI. Fig. 8p und 8p) bis 3,4'" lang und ausgezeichnet durch spitz hervorragende Stirn so wie durch eine, mit 4 Hakenborsten besetzte Afterwulst und den Mangel der Hinterleibsstaeheln. Vorkommen und Lebensweise. Auch diese Art scheint ziemlicli weit verbreitet zu sein , wenig- stens hat man aus den meisten Gegenden von Nord- und Mittel-Deutschland und selbst aus dem süd- lichen (HH. Bechstein, Frölich, Hartig, Kellner. Zebe, Zinke u. A.) schon von ihr geliürt. Sie lebt nur in Zapfen der Fichte oder Rothtanue. Ob sie auch in denen der Weifstanue vorkommt (wie Bechstein, wiewohl mit dem Zusatz „selten" anführt), ist noch nicht ausgemaciit, kaum aber unwahr- scheinlich. Die Flugzeit des Falters ist im Mai und Juni (und nicht, wie Treitschke angiebt, im Juli). Die Eier werden also noch zur Zeit, wenn der Zapfen weich ist, angelegt. Anfangs nähren sich die jungen Räupchen nur von der Markröhre der Zapfenspindel und gehen erst dann, wenn die Nüfs- chen anfangen zu reifen, daran, auch diese auszufressen. Man findet sie in diesen manches Mal ganz darin stecken. Oft sitzen bis zu 6 Raupen in einem Zapfen, der dann sehr bunt zerstört ist. Die Mark- röhre ist zerfressen und stellenweise mit krümlichem, braunem Koth erfüllt. Eben so sind viele Schup- pen an ihrer Basis zerstört und die Nüfschen sind theils halb theils ganz ausgefressen. Am Liebsten scheinen sie von der Markrühre, in welcher mau sie öfters ruhend findet, auszugehen und zwar erst die dicke Basis der Schuppen zu durchbohren und dann erst die Nüsse anzufressen. Man sieht dies deutlich an der Abbildung (T. XIII. Fig. 1.). Der für dieselbe gewählte Zapfen wurde dem gröfsten Theile der Länge nach in der Mitte durchschnitten, oben aber blieben alle Schuppen daran. Links wurden, in einiger Entfernung vor der Spitze, einige Schuppen ausgebrochen, um die innere Seite einer sehr zerfressenen Schuppe zu zeigen. Im Herbst sind die Raupen erwachsen. Sie überwintern aber im Zapfen und verpuppen sieh erst im Frühjahre. Dafs dies zuweilen sehr früh vorgeht, beweisen Bechsteins Worte ,, verpuppt im Februar und März". Auch ich habe schon den 7. Mai bei Grund einen fliegenden Schmetterling angetroffen. Aus den, au meine Freunde in die Ebene versandten Zapfen hatten sich in der warmen Stube schon den 5. April einige Falter entwickelt und die nicht in der warmen Stube, sondern im Freien aufbewahrten Zapfen ergaben den 5. Mai die ersten Falter. Es dürfte sich daher nur sehr selten ei'eignen , dafs die Verpuppung erst im Juni und der Ausflug im Juli er- folgt, wie dies Treitschke (VIII. 135.) angiebt. Eine sehr merkwürdige Erscheinung beobachtete ich im Herbste des Jahres 1838, welches wenige oder gar keine Fichtenzapfen brachte. Ich fand in über- jährigen, an der Erde liegenden Zapfen ausgewachsene Raupen, die gewifs vom Jahre 1837 herstamm- ten, wahrscheinlich dauern also die Raupen in schlechten Saamenjahren, wenigstens theilweise, 2 Win- ter, ehe sie sich verwandeln, so dafs einige Individuen eine 1-jährige, andere eine 2-jährige Generation zeigen. Wie wäre es auch möglich , dafs zahlreiche Falter bei einem Mangel an Zapfen ihre Eier anbrächten ? Nachdem der Schmetterling ausgeflogen ist, bemerkt man die leeren Puppenhülsen zwischen den Zapfenschuppen hervorgeschoben. Von einem weifsen, eiförmigen Gespinnst, welches sich die Raupe vor der Verpuppung innerhalb des Markes nach Treits chke (wahrscheinlich nach Zinke) bereiten soll, habe icli nichts bemerken können. Wohl aber verspinnt die Raupe die kleine Öft'nuug der Markröhre, welche nach Aufbrechen des Zapfens sie dem Lichte blofsstellt. FoKSTLicHE Bedeutung und Begegnung. Diese Art ist in der That merklich schädlich, da sie in grofser Menge vorkommt und die noch gesunden Zapfen am Baume angreift (was man z. B. von den Zapfen- Anobien nicht sagen kann). Nach Bechstein und Zinke {besorgt. Forstm. S. 194.) soll öfters die Hälfte der Zapfen, oder wohl gar noch mehr, verloren gehen! Solche Zapfen unterschei- den sich schon von aufsen durch die mehr gekrümmte Form, so wie auch durcii den Harzausflufs an Ee2 220 Specieller Theil. mancheu Stelleu. Viele Zapfen erreichen auch nicht einmal die normale Gröfse, uud die ganz ausgewach- ■seneu, wurmstichigen sind gröfstentheils taub. Die Vertilgung würde nur durch Zusammenharkeu uud Verbrennen der Zapfen im Frühjahre, so lange die Raupen noch darin sind, möglich sein. Leuchtfeuer sind ganz uuanwendbar, da die Schmetterlinge nur im hohen Holze fliegen. 4. Ph. T. {Cocajx) hercyuicnia \}a\. Fichten-Nestwickler. (Taf. XII. Fig. 4.) Namen. Es giebt zwar für diesen Wickler noch einen andern Namen, ja sogar einen (aber nur auf Treitschke's Auctorität) viel allgemeiner angenommenen, nämlich comitana Wien. Verz. Allein wenn man bedenkt, dafs es sehr schwer ist, die Rechte des letzteren nachzuweisen, dafs hingegen mit dem Namen hercyniana ein nie mehr zu verwechselndes Thier bezeichnet ist, so werden wir doch diesen letzteren lieber gebrauchen, um so mehr, als alle Forstmänner diesen schon längst angenommen haben, v. Uslar 's Pyra^/.v hercyniana Hannover 1798. 8vo, auch von sehr characteristischen Abbildun- gen begleitet, beweist dies zur Genüge. Eben so leicht ist die unsichere Anwendung des Namens comi- tana zu beweisen. Unsere besten Lepidopterologen, Hübner, Treitschke, Frölich u. A., streiten sich noch darüber: ob damit diese oder jene Art zu bezeichnen sei. Treitschke (VII. 132.) mag allerdings durch Anschauung von Origiualexemplaren sich die meiste Gewifsheit verschafft haben. Es ist ja doch aber traurig, wenn man eine Art nicht aus dem Buche, sondern erst mit Hilfe der Exemplare des Be- schreibers aufsuchen mufs! Wir haben zwar vor namhaften Auctoritäteu grofse Achtung, aber ihnen defshalb auch Alles nachzubeten, ist nicht zu verlangen. Hrn. v. Uslar und seinen Freunden (z.B. Prof. Hellwig) war es daher durchaus nicht zu verdenken, dafs sie dies Thier für neu hielten. Da es von seiner Zeit her Niemand, der seine Schrift kennt, mehr für neu halten wird, so nehmen wir seinen Namen an, der auch viel bezeichnender ist als der andere, gar nichts bedeutende. Am Aller- wenigsten wird uns an dieser Annahme verhindern: dafs Treitschke einen ganz andern Wickler mit dem Namen hercyniana belegte. Er durfte sich nicht erlauben denselben, da er so wohl gewählt und so gut begründet war, nach Gutdünken zu vergeben (s. No. 5.). Freilich ist es noch übler, dafs er ihn gar nicht verstanden hat. Das geht daraus hervor, dafs er Bechstein und Frölich ci- tirt, welche beide unsre herc)jnia)i.a meinen. Frölich citirt sie ja auch bei comitana] Eine andere Verwirrung richtet Bechstein {Forstins. S. 350.) dadurch an, dafs er die hercyniana bei seiner pine- tana citirt. Dabei hat ihn wahrscheinlich Hühners Abbildung (Taf. 10. Fig. 57.) verleitet, unter wel- cher pinetana steht. Später ist aber, da dies Thier gar nicht an Nadelholz lebt, der Name in Zinckeana verändert worden. H artig {Convers.-Lex. S. 840.) beschreibt unter dem nicht haltbaren Namen pine- tana den gemeinsten Kieferntrieb-Wickler {BuoUana\ wahrscheinlich verleitet durch Hennert's Namen pinastreUa {Baup. u. Windhr. S. 52.), unter welchem die Buoliana unverkennbar abgebildet ist (Taf. V Fig. 16.). Characteristik. Der Falter hat 5-6'" Flügelspannung. Er ist zwar der Clausihaliana (her-, cyniuua Tr.) ähnlich, aber doch schon gleich durch die viel geringere Gröfse zu unterscheiden. Kopf uud Halsschild von der Farbe der Vorderflügel. Hinterleib, Füliler und Füfse aschgrau. Die Vordertlügel braun, etwas kupferglänzend, meist sehr hell, zuweilen etwas dunkler uud mit zahlreichen elfeubeinweifseu, von feinen dunklen Streifen der Grundfarbe in der Mitte durchsetzten Bindentieckeu besprengt, welche noch unregelmäfsiger als bei nanana stehen und nur Ähnlichkeit liaben mit den uu- regelmäfsigen der Clausthaliana. Meist sind sie so gestellt, dafs 3 (fast y-förmige) Paare am Vorder- rande stehen und 3, mit den vorigen alternirende Paare am Hinterrande, so dafs sie sich mit ihren En- den in der Mitte des Flügels berühren. Zuweilen stofsen sie auch beinahe auf einander, so dafs ent- weder alle, oder wenigstens die beiden innersten weifse Querbindeu bilden (im ersteren Falle 3 sol- TORTRIX HERCYXIANA. VORKOMMEN UND LEBENSWEISE. 221 eher Binden), die dann aber immer noch einen schmalen, dunklen Streifen der Grundfarbe in ihrer Mitte einschliefsen. Die beiden, der Flügelspitze am Näclisten stellenden sind nur ganz kurz und bil- den einen verschwindenden, die Flügelspitze einschliefsendeu Ilaken, dessen Fortsetzung der weifse Fran- zenfleck ist. Die Kränzen grau silbrig. Die Hintertlügel dunkel braungrau, die Franzen hellgrau. Die seltenste Abänderung ist: dafs zwischen den weifsen Bindentleckchen nocli eine grofse Menge weifser Pünktchen stehen, welche den Flügeln ein ungewöhnlich buntes Ansehen geben. Die ganze Unterseite hell braungrau, etwas knpfrig schillernd. Am Vorderrande der Anfang der weifsen Bindentleckchen an der zweiten Hälfte durchschimmernd. — Das Männchen zeichnet sicli durch die Falte des Vorder- randes aus. — Die Raupe bis 4'" lang, meist hellgelblichbraun mit 2 braunrothen, schmalen Rücken- Längsstreifen (s. d. Abbild. Taf. XII. Fig.4L), seltener grünelnd mit schmutzigeren und helleren Rückenli- uien. Die Wärzchen grau, in der Mittellinie des Rückens des 12ten Ringes unpaarig. Afterborsten vorhanden. Der verhältnifsmäfsig sehr kleine Kopf, Nackenschild und Brustfttfse braunschwarz mit hel- lereu Fleckchen. Afterklappe wolkig, schwarzgrau verlaufend. Haare braun. — Die Puppe (Taf. XII. Fig. 4r) bis 2,8'" lang und ausgezeichnet durch wenig vortretende Stirn, dornige Afterwulst so wie da- durch, dafs die Weibchen (s. d. mittelste Figur) kürzere Fühler zeigen, was man bei keiner der ver- wandten Arten wieder bemerkt. Vorkommen und Lebknsvveise. Der Falter ist schon in den verschiedensten Gegenden von Deutsch- land gefunden (Österreich, Baiern, Würtemberg, Sächsische Schweiz, Lüneburg undHolstein, ThüringerWald, Harz, SoUing), aber überall nur auf Fichten und zwar meistens auf jungen 10-20-jährigen, wiewohl an Südhängen auch auf älteren (Hr. v. Berg in Allg. F. u. J.Zelt. Jahrg. 3. S. 536.), anfänglich nur auf kleinen Horsten, später aber auch ganz allgemein verbreitet. Er scheint vorzüglich die Gebirge zu lie- ben. Bei uns kommt er in der verschiedensten Hohe vor und in den verschiedensten (nördlichen und südlichen) Lagen, wonach sich auch die Flugzeit richtet. Aber nie habe ich ihn schon so früh, wie es Hr. Fischer van Röslerstamm angiebt, tiiegend gefunden, nämlich nie vor der Mitte des Mai, und am Oberharz nie vor dem Ende des Mai. Gegen Nachmittag und in der ersten Dämmerung werden sie lebhaft und umschwärmen die Bäume bis nach Souneu-Untergang. Später am Abend mindert sich die Zahl der schwärmenden und verbirgt sich unter Asten und Nadeln. Gegen Kälte sind sie sehr em- pfindlich und bleiben, wenn man schüttelt, ruhig sitzen oder fallen erstarrt zu Boden (Hr. v. Berg rt. «. 0.). Vor Anfang des August habe ich dann nie die Räupcheu gesehen, wiewohl Hr. Fischer auch diese schon im Juni bemerkte. Auch darin findet eine Differenz in unsern beiderseitigen Erfah- rungen Statt: dafs nach Hrn. Fischer die Räupchen zum Theil an den Bäumen bleiben, bei uns aber, wie auch HH. v. Berg und v. Uslar angeben, mit sehr einzelnen Ausnahmen im Herbste in die Erde gehen. Wahrscheinlich überwintern sie auch bei uns, wie in Sachsen, nur als Larven, denn 1) habe ich nie eine Puppe im Winter gefunden, und 2) würde sich auch sonst der späte Flug nicht erklären lassen. Ganz bestimmt fressen sie aber nie mehr im Frülijahre. Raupen, die ich im Frühjahre noch im Gespinnst fand, habe ich nie erziehen können, auch schienen sie krank und angestochen zu sein. Hr. V. Berg (a. a. 0.) will allei-dings beobachtet haben, dafs sie sich auch im Novbr. schon verpupp- ten und zwar 3-4" tief in der Erde. Im Jahre 1837 sähe ich Ende Novembers noch unzählige Raupen in den Gespinnsten und nach dem Herablassen auf der Schneefläche umherkriechen. Wahrscheinlich hatte das schneereiche Frühjahr den Flug der Falter so verspätet und in Folge dessen auch den Frafs der Raupen. Hr. v. Uslar beobachtete dies schon. Die interessanteste Erscheinung ist die Eigenthüm- lichkeit des Frafs es. Die Räupchen nähren sich nämlich nur von der inneren Substanz der Nadeln und verschonen die Rinde derselben, bis auf das Eingangsloch, gänzlich. Ist das Räupchen noch jung und die Nadeln stark, so kriecht es in die letztere ganz und gar hinein. Sind sie aber beinahe ausge- 222 Speciellek Theil. wachsen und haben sie es mit schwachen Nadeln auf jüngeren, schwächlichen Fichten zu thun, so kriechen sie nur mit dem Vordertheil hinein. Indem sie zugleich eine Menge unregelmäfsig sich kreuzender Fäden spinnen, in welchen die bald trocknenden und vom Winde abgeworfenen Nadeln hängen blei- ben, eben so wie der während des Frafses ausgestofsene Koth, so bilden sich gröfsere oder kleinere Klumpen an den Bäumen, in welchen Nadeln, Koth und Gespinnst verworren durch einander sitzen und an der braunen und weifslichen Farbe schon den Frafs von Weitem verrathen. Die auf Taf. XIII. Fig. 7. gegebene Abbildung ist von einem noch ziemlich frischen, aber doch schon sehr bunt erschei- nenden Zweige genommen, an welchem die ausgefressenen Nadeln meist noch fest sitzen. Fig. 7 z stellt eine kleine, mit Koth und Gespinnst verwebte Gruppe derselben so vergröfsert dar, dafs man die meist an der Basis, seltner auf der Mitte oder am Ende der Nadeln befindlichen Eingangs- und Aus- gangs-Löcher deutlich sieht. Über die Periodicität des Frafses hat Hr. v. Berg {ÄUy. F. u. J.-Z. S. 58.) noch Folgendes beobachtet. Früh Morgens ist die Raupe ruhig und verläfst nur, wenn die Stämme erschüttert oder wenn die Nadeln am Boden auseinander gezogen werden, ihren Aufenthalt. Später am Tage, besonders gegen den Abend, wird sie, wie der Falter, lebhafter, frifst und zieht sich au dün- nen Fäden von einem Zweige zum andern, läfst sich zuweilen auch wohl auf den Boden herab, wo sie sich verkriecht. Der Gipfel und die äufsersten Nadeln der Zweige werden immer zuerst angegrif- fen, und erst, wenn diese weicheren Nadeln alle verzehrt sind, werden auch die älteren angenommen. Die Raupe ist gegen nasse und rauhe Witterung eben so empfindlich wie der Falter. Forstliche Bedeutung. Dies Insect ist ohne Frage das schädlichste unter den Mikrolepidopte- ren der Fichte, und es würde wenigstens merklich schädlich, wo nicht gar sehr schädlich zu nennen sein. Es stimmen darin die erfahrensten und aufmerksamsten Gebirgs-Forstmänner überein, wie HH. V. Berg, v. Uslar, Burckhardt. Sie schildern es nicht allein als sehr gefräfsig, wovon ich mich selbst genugsam habe überzeugen können, sondern der Eine und der Andere hat es auch schon in solcher Menge auf seinen Revieren gehabt, dafs vielleicht nur die Borkenkäfer als häufigere Insecteu angesehen werden können. Von der Menge, in welcher das Insect in den Achtziger und Neunziger Jahren auf dem Harze vorhanden gewesen sein soll, haben wir jedoch jetzt nicht mehr einen Begriff. Hr. V. Uslar sagt, dafs im Jahre 1795 die Raupe über die ganzen Fichtenwaldungen des Harzes ver- breitet gewesen sei. Sogar die Fichtenhecken, welche in einigen Gärten standen, waren nicht frei da- von. Im Frühjahre 1796 trieben die Fichten sehr spät und langsam, die Vegetation war, ungeachtet eines sehr fruchtbaren Sommers, gering, die Jahresschüsse kurz, und der Wald erhielt nicht das fröh- liche, üppige Ansehen des blühenden Wachsthums, eine natürliche Folge der vorangegangenen Entna- delung. Wenn nun gleich die Fichten durch den Raupenfrafs nicht unmittelbar abstarben — denn ein- zelne Stämme liefern keinen Beweis — , so wurde doch die Borkenkäfer-Trocknifs dadurch in diesen Jahren wiederum vermehrt. Die Vermehrung des Borkenkäfers in, von der Raupe entnadelten Forst- orten ist besonders in den Hohengeister Forsten auffallend gewesen. Als besonders merkwürdig führt V. Uslar (a. a. 0. S. 48.) an: dafs die Borke auf den Bäumen, welche entnadelt worden waren, in den Monaten Juni und Juli nocii so fest safs, wie sonst im November, als Beweis, wie sehr die Vege- tation durch die Entnadelung gestört worden war. In neueren Zeiten hat wohl Hr. v. Berg den an- sehnlichsten Frafs erlebt. In den beiden Jahren 1832 und 1833 waren die Wickler in einigen Fich- tenorten so häufig gewesen, dafs die Bäume durch den Frafs der Raupen merklich gelitten hatten. Noch mehrere Jahre nachher machten sie sich durch einen spärlicheren Wuchs, durch mattere Nadelfarbe und dergl. bemerklich. Im Solling hatte sich nur eben erst im abgeflossenen Jahre ein sehr bedeuten- der Frafs gezeigt. Die Bestände hatten ein äufserst trauriges Ansehen angenommen und man wufste noch nicht, was aus ihnen werden würde. Dies sind wohl Beläge genug, um die oben angeführte Mei- ToRTRix Clausthaliana. Nasien. 223 iiung der Scbädliclikeit zu begrüuden. Wenn es liier und da, und selbst in den meisten Fällen, aucli nicbt so arg ist, und sieb die Bestände sebon im näcbsten Jalire wieder ganz erbolen, so ist das noch kein Beweis gegen die entgegengesetzten Erfahrungen und mufs in besonderen Umständen gesucht wer- den. Wird die Vermehrung des lusects plötzlich gehemmt, ist das nächste Jahr kühl und feucht, kein Borkenkäfer vorbanden und dergl., so wird natürlich der Schaden unbemerkt vorübergeben. Die Begegnung hat bei diesem, wie bei den meisten übrigen Lepidopteren , grofse Schwierig- keit, und die liebe Natur wird auch hier das Beste thun müssen. Man hat behauptet, das Tnsect zöge sich nur nach den kränklichen Orten, z. B. im Harze nach den vom Hüttenrauche belästigten. Dafs dies sich nur zufällig einige Male ereignet hat, geht daraus hervor, dafs man ja viel häufiger die Rau- pen fern von den Hütten gefunden bat. So traf ich sie z. B. noch kürzlich in ziemlicher Menge im Spiegelthaie und den angrenzenden Thälern, wo weder Hüttenrauch hindringt, noch überhaupt ein kränk- licher Wuchs Statt hat. Den bedeutsamsten Wink für die Vorbauung giebt uns aber eine andere Er- fahrung. Hr. V. Berg (a. a. 0. S. 63.) bemerkte ganz entschieden, dafs in dem durchforsteten Hütten- kopfe sich viel weniger Raupen fanden als in den benachbarten Orten, welche noch nicht durchforstet worden waren. Ganz dasselbe beobachtete der aufmerksame Hr. Forts ch, der die Raupen am Häu- tigsten in den geschlossensten Beständen auf gutem Boden, an N. NO. und NW. Hängen, wo es et- was feucht und dumpfig war, antraf. Hr. v. Berg vermuthet ganz richtig: dafs namentlich den .schwachen Faltern der dicht gedrängte Stand der Stämme mehr Schutz gewähre. Vielleicht ist es auch den Raupen angenehm, dafs die von ihnen ergriffenen Nadeln nicht so schnell trocknen, oder sie ent- ziehen sich auch in diesem Verstecke besser ihren Feinden. Damit scheint zwar ihre Vermehrung in trocknen, heifsen Sommern und ihr Vorkommen in durch Schneedruck oder unfruchtbaren Hängen und an Sonnenseiten gelegenen Orten im Widerspruch zu stehen. Allein dabei ist die förderliche Einwir- kung der Luftwärme auf ein günstiges Schwärmen nicht zu verkennen, auch dürfte das in heifsen Sommern eintretende Kränkeln der Fichten diesem Falter eben so angenehm sein wie allem übrigen Ungeziefer, wenn sie sich auch nicht grade gern die Sonne auf den Frafs scheinen lassen, wie das ja bei dem Borkenkäfer auch der Fall ist. Im Jahre 1833 zeigte es sich zwar, dafs der Hüttenkopf am- Meisten gelitten hatte, indem die Bestandmasse auf § der anfänglichen Zahl reducirt worden war, während in den angrenzenden Forstorten, welche von dem Insect stärker befallen worden waren, der Schaden weniger erbeblich erschien, wenn auch einzelne ganz abgestorbene Fichten vorkamen. Allein Hr. V. Berg bemerkt selbst dabei, dafs der Schaden vielleicht geringer gewesen wäre, wenn man die Lichtstellung mit gröfserer Vorsicht vorgenommen hätte. Auch ist dabei nicht zu übersehen, dafs das Streurechen, welches man dort zugleich vorgenommen hatte, wahrscheinlich eben so viel, wo nicht noch mehr, als das Insect, geschadet hatte. Da die Raupe in der Erde liegt, kann sie doch nicht durch das Streurechen entfernt werden. Und wenn dies auch nicht wäre, so würde der Schaden, welchen man durch Entblöfsung des Bodens und durch Beschädigung der Wurzeln herbeiführt, nicht durch die Entfernung der Raupen aufgewogen werden. Das Streurechen ist also zu unterlassen. Leuchtfeuer sind wohl noch nicht ordentlich versucht worden, obgleich ihnen ßech stein {Forstins. S. 352.) das Wort redet. Im hohen Holze sind sie gewifs ganz unwirksam. Zu den wichtigsten Vertilgungsmafs- regeln gehört auch gewifs das Schonen der Feinde des Insects, also vor allen der Vögel, dann aber auch der kleinen Säugetbiere, welche Larven und Puppen aus der Erde hervorholen möchten. 5. Ph. T. (Cocajx) Clausthalicma Rtzb. Grofser Fichtennadel- Wickler. (Taf. XH. Fig. 2.) Namen. Schon bei No. 4. wurde erwähnt, dafs Hr. Treitschke den alten, wohlbegründeten Namen hercyniana ohne allen Zweifel auf eine Art angewandt habe, welche nie damit belegt wurde. 224 Specieller Theil. Wenn es auch nicht ganz ausgemacht ist (s. Charact.), so ist es doch höchstwahrscheinlich, schon we- gen der von ihm angegebenen, sehr ansehnlichen Gröfse, dafs er gegenwärtige Art damit meint. Es ist daher wohl billig, dafs das Recht jener Benennung erhalten und gegenwärtiger ein anderer Name gegeben wurde, entnommen von unserer Bergstadt, die schon so manche Aufklärung über Forstinsecten, namentlich auch über die Wickler, verbreitete und bei vielen Entomologen und Forstmännern einen guten Klang hat. Chaeacteristik. Der Falter hat 6,5-7'" Flügelspannung. Er hat zwar grofse Ähnlichkeit in der Zeichnung mit der herctjniana Usl., allein die Gröfse unterscheidet ihn sehr bestimmt und leicht. Auch ist die ganze Grundfarbe stets dunkelbraun und man bemerkt nie so regelmäfsig alter- nirende weifse Bindenfleckchen oder Querbinden, wie bei jener, sondern mehr verworrene Punkte und Fleckchen, besonders im Mittelfelde. Am Constantesteu sind die Flecken des Vorderrandes. Die bei- den äufsersteu, kleinsten, als deren Fortsetzungen die beiden, weifsen Franzenfleckchen unterhalb der Spitze angesehen werden können und hinter denen das rein braune, gar nicht mit weifs gemischte, kleine Feld liegt, sind stets rein weifs. Die beiden folgenden, bis zur Mitte des Randes reichenden schliefsen dagegen stets einen dunklen Strich ein und eben so die beiden, einander sehr stark genäher- ten, zuweilen fast zusammenfliefsenden des Basaltheiles. Den letzteren gegenüber stehen auch die bei- den allein etwas deutlichen, nämlich N- oder X- oder JJ-förmig gestellten weifsen Flecken des Hin- terrandes. Aufser den genannten beiden, weifsen Franzenfleckchen zunächst der Flügelspitze sieht man noch einen oder zwei solcher gegen das Ende der Franzen. Das Braun der grau gefranzten Hinter- flügel ist etwas beller als das der Vorderflügel. Noch etwas heller ist das der ganzen Unterseite, an welcher man das Ende der weifsen Flecken des Vorderrandes der Vorderflügel so wie die des Fran- zenrandes sehr bestimmt und scharf abgeschnitten durchschimmern sieht. In der Tr ei tschke' sehen Beschreibung dürfte die Bezeichnung „capite jialpisque albis" Zweifel erregen. Die Palpen sind ge- wöhnlich grau, bald heller, bald dunkler und gegen die Spitze immer dunkler. Nur wenn das Licht in einer bestimmten Richtung auifällt, erscheinen die Palpen und auch der Kopf weifslich. Die Flügel haben allerdings einen röthlichen (Kupfer-) Schiller und defshalb mag sie Treitschke wohl röthlich- braun genannt haben. — Die Raupe (Fig. 2l) bis 5'" lang (und vollkommen ausgewachsen wahr- scheinlich noch gröfser) stets bräunlich-roth (fast wie das Herbstroth der Blaubeerblätter), nie grün. Das Nackenschild braun, vorn weifslich, hinten schwärzlich gerandet. Die Wärzchen des 12ten Rin- ges zweireihig, das mittelste der hinteren Reihe unpaarig. Afterborsten vorhanden. — Die Puppe zeichnet sich durch besonders dunkle Färbung, fast Schwärzlichbraun, aus. Beim Ausfliegen drängt sie sich zur Hälfte aus dem Gespinnst hervor. Vorkommen und Lebensweise. Von dieser Art wissen wir erst mit Sicherheit aus wenigen Gegenden, und es wird sogar am Besten sein, um Verwirrungen zu vermeiden, die fremden Nachrichten, namentlich die Treitschke' sehen, welche sich auf unsere No. 4. beziehen, ganz wegzulassen, und da- für blofs meine Erfahrungen zu geben. Bei uns erscheint das Thier am ganzen, westlichen Harze in einer Höhe von ohngefähr 1200-2000'. Ganz bestimmte Fundorte sind: der Clausberg, der Langen- berg, Eiuersberg, das kleine Clausthal, die Festenburg und der Klingebühlskopf am Kahlenberge. Die Flugzeit ist von der Mitte Juni bis Ende Juli. Schon wegen dieser späten Flugzeit, und auch defshalb, weil ich im Frühling nur Raupen, ja nicht einmal ganz ausgewachsene, fand, läfst sich vermuthen, dafs diese regelmäfsig überwintern. Sie leben nicht nur an den stark benadelteu Zweigen junger Fichten, sondern auch an den Wipfeln stärkerer Bäume, wo sie sich zwischen den Nadeln ein Gespinnst ma- chen und die Nadeln von aufsen anfressen. Ob die Raupe vielleiclit in frülier Jugend Nadeln ausliöhlt, wie hercijniana, pyginneana und nnnana., habe ich niclit beobacliten können. Zur Verwandlung zieht sie Anfangs Juni 6-8 Nadeln zu einer Röhre zusammen, die inwendig mit weifsem Gespinnst ausgo- T. NANANA. Namen. Charact. Vork. u. Lebensw. P'orstl. Bedeut. u. Begegnung. 225 ausgekleidet ist. Sie geht also nicht in die Erde, wie die kleineren 6'(;ccy/^:-Arteii der Fichte, sondern verhält sich ganz gleich den ächten Tortri/x-Arteu , denen sie überliaupt näher zu stehen sclieint als den Cocci/x-Arten, vorzüglich als Raupe. Forstliche Bedeutung und Begegnung. Bei der geringen Anzahl, in welcher diese Art bis jetzt vorgekommen ist, kann sie wohl nur unmerklich schädlich genannt werden. Es scheint auch als wenn sie sich einem grofsen Raupenfrafse der hercynianu niclit beigesellte, denn sonst miifste man sie auch schon bäuiiger gesehen haben. Über die Begegnung ist daher nichts zu sagen. 6. Ph. T. (Coccißv) nanana Kuhlw. Kleinster Fichtennadelm ark-Wickler. (Taf. Xll. Fig. 10.) Namen. Aufser dem Namen nanana, welchen nach Treitschke (X. 3. pag. 80.) der verstor- bene Hr. V. Kuhlwein zuerst gab, hat das Thier, meines "Wissens, keinen andern erhalten. Chauacteristik. Der Falter (F. 10.) hat kaum 5'" Flügelspannung. Kopf, Halsschikl, Hinterleib und Füfse grau, die ersteren am Dunkelsten und bräuuelnd. Die Vorderfliigel dunkel graubraun. Die Ausdehnung dieser Grundfarbe übertrift't aber fast noch die der 3 hellen Querbijiden, die aber selbst bei den reinsten Exemplaren nicht rein weifs sind, sondern bedeutend bräunelnd und überdiefs noch häu- fig dunkel punktirt erscheinen. Die mittelste bildet nach aufsen einen etwas vorgezogenen L der wohl gar bis in die äufserste, dritte hineinreicht. Gegen den Vorderrand laufen die Binden in schmale Streifen aus, welche am Rande selbst fast rein weifs werden. Sie schliefsen hier, wie bei Claustha- Ikina, haarförmige, braune Striche ein, nur die vorletzte pflegt ohne solche zu sein und die letzte er- scheint, wiewohl selten, doppelt, läfst aber keine deutliche, durch den Franzenrand gehende Fortsetzuno- bemerken. Die Hinterflügel graubraun und, so wie die Vorderflügel, etwas kupfrig schillernd. DieFranzeu beider seidig grau. — Die Raupe (F. IOl) bis kaum 4'" lang, schlank, dunkel brauuroth mit schwar- zem Kopfe und Nackenschilde, letzteres durch eine helle Mittellinie der Länge nach getheilt, vorn nicht weifs gerandet. Mit jungen Raupen von Clausthaliana leicht zu verwechseln, doch durch die Zeich- nung des Nackenschildes verschieden, so wie ganz besonders durch die einreihigen Warzen des 12ten Ringes. Gegen die Verwandlungszeit geht die braunrothe Farbe verloren und es tritt eine schmutzig gelbe Färbung ein, in der Regel mit einem matten, dunkelgrauen Flecken auf der Mitte des Rückens. Afterborsten vorhanden. —Die Puppe (F. 10p) nur 2,5'" laug, und der der j^l/pnaeana am Ähn- lichsten, aber ohne die stark vorragende Stirn. Vorkommen und Lebensweise sind von mir zuerst genauer beobachtet worden. Der kleine Wickler kommt am ganzen westlichen Harze von circa 1000 bis 2000' hoch vor und zwar eben nicht selten. Die Flugzeit ist von der Mitte Juni bis in den Juli. Wahrscheinlich überwintert die Raupe obgleich es mir nicht unmöglich vorkommt, dafs einzelne, sehr früh auskommende Stücke sich schon im Herbst verpuppen. Sie höhlt, wie hercijniana und comitana, die Nadeln der Fichten aus. Ich habe gewöhnlich bemerkt, dafs sie bis weit in den Mai hinein frifst, wahrscheinlich aber am Stärksten im vorangegangenen Spätsommer und Herbst. Wenigstens findet man ganz früh im Frühlinge schon ziem- lich voUwüchsige Raupen. Die Verwandlung geschieht theils in Cocons zwischen zusammengezogenen Nadeln, theils wahrscheinlich in der Erde, oder zwischen Moos oder dergl., da man die Raupe zur Zeit der Verwandlung nicht selten an Fäden hangend findet, doch wohl um sich zur Erde hinabzu- lassen. Auch von den eingefangenen Räupchen hatten sich die meisten zwischen alten Fichtennadeln und Moos eingesponnen. Forstliche Bedeutung und Begegnung. Wie pijcjmaeana immer noch nicht häufig genug um mehr als unmerklich schädlich zu werden, wahrscheinlich aber bei einem bedeutenden Frafse der hercyniana immer mit thätig. Band II. F f 226 Specieller Theil. 7. Ph. T. {Coccyx) pygmaeana Hübn. Kleiner Fichtennadelmark-Wickler. (Taf. XII. Fig. 9.) Namen. Unter andern Namen dürfte diese kleine, sehr ausgezeichnete Art wohl noch nicht vorgekommen sein. Hr. Treitschke (VIII. 136.) vermuthet aber, dafs die perniixtana von Hübner (Taf. 12. Fig. 75.), welche derselbe später zum Unterschiede von seiner zweiten ijermixtana (Fig. 187.) reliquana nennt, nur eine dunklere, braunere Varietät der pygmaeana sei. So stark rothe Individuen sind mir aber unter einer grofsea Menge nicht vorgekommen. Höchst auffallend ist es, dafs Herr Treitschke (VIII. 135.) in seiner Diagnose sagt „speculo nigra striato" , während er doch in der Be- schreibung von keinem eigentlichen Spiegelfleck spricht und auch Hübner keinen solchen abbildet. Dafs er aber unter dem 'Na.men speculum das versteht, was wir Spiegelfleck nennen (s. erste Section), geht aus seiner Diagnose bei dorsana und cosmophorana u. A. hervor. Ich möchte fast meinen, er habe sich zu sehr nach der Diagnose von Frölich (Tortr. Wärt. p. 90.) gerichtet, welcher höchst- wahrscheinlich mit seinem Namen pygnumma ein anderes „in sijlvis frondosis caedtds" lebendes Thier bezeichnet. Ich würde sogar Anstand genommen haben, gegenwärtige Art für die Treitschke'sche zu halten, wenn ich nicht mehrmals mein Thier unter dem Namen pygmaeana stecken gesehen hätte, namentlich 1 Exemplar von Hrn. Director Kaden in Dresden, der durch seinen Verkehr mit Fischer auch für eine Treitschke'sche Auctorität angesehen werden kann. Charactebistik. Der Falter (F. 9.) bat bis 6'" Flügelspannung. Er steht hinsichtlich seiner Zeich- nungen zv/isehen Batzeburgiana und nanana in der Mitte: der letzteren näher, weil sich 3 recht deut- liche Querbinden finden (nämlich auch an der Basis deutlich), und wiederum der ersteren näher, hin- sichtlich der Reinheit und der eckigen Form derselben. Die Grundfarbe ist aber ganz anders. Die Vorderflügel haben ein dunkles, stellenweise zu beiden Seiten der mittelsten Binde und in kleinen Flek- ken des Vorderrandes sogar schwärzliches Braun, wogegen das Weifs der Binden und Linien sehr grell absticht. Rostroth ist so wenig zu bemerken, dafs es nur die abgeflogenen Exemplare an einzelnen Stel- len, z. B. zu beiden Seiten der mittelsten Binde, zu bezeichnen scheint. Einen schwachen Kupferschil- ler haben aber alle Exemplare. Am Meisten zeichnet sich das Thier durch die rein weifse, nur nach aufsen durch Braungrau begrenzte Grundfarbe der Hinterflügel aus, welche nur bei sehr wenigen Wick- ler-Arten wiederkehrt. Auf der Unterseite sind die Hinterflügel nicht allein fast ganz weifs, sondern auch die Vorderflügel, welche am Vorderrande weifse Fleckchen durchschimmern lassen, sind gegen die Wurzel weifslich. Auch die Beine sind fast ganz weifs und graugefleckt, der Hinterleib aber, wie ge- wöhnlich, grau, und Halsschild und Kopf von der Farbe der Vorderflügel. — Die Raupe (F. 9l) bis fast 5'" lang, schlank, mit kleinem Kopfe. Sie ist Anfangs gelblieh, später lebhaft grün und nur Nackenschild und Kopf schwarz oder grünlich, und die Brustfüfse hell. Die Warzen verhältnifsmäfsig sehr grofs, auf dem 12ten Ringe einreihig. — Afterborsten vorhanden. Vorkommen und Lebensweise. Auch über diese Art glaube ich die ersten, anhaltenden Beob- achtungen angestellt zu haben. Auf Hrn. Fr ö lieh's {Tortr. Würt. p. 91.) Angabe „in syl vis frondosis caedtds" ist nichts zu geben, da er bei seiner Diagnose der pygmaeana mit „specido nigro striata" bestimmt einen andern Falter als mus^vq pygmaeana bezeichnet. Treitschke sagt nichts weiter, als dafs der Falter in Baiern, Sachsen und Böhmen fliege, um Wien aber noch nicht gefunden sei. Wir haben überdiefs bei den Namen gesehen, dafs es nicht unwahrscheinlich sei: Treitschke habe hier Verwechselungen begangen. Meine pygmaeana habe ich bis jetzt nur auf dem Harze gefunden. Sie kommt allenthalben in der Umgegend von Clausthal vor, von der Spitze des Kahlenberges bis hinab in die Thäler und an den Rand des Gebirges. Sie lebt nur an der Fichte, jungen, 12-20-jährigen sowohl wie auch älteren, selbst starken. Die Flugzeit fällt sehr früh, schon von Ende März, wenn der Schnee ToETRix Ratzeburgiana. Nasien. Characteristik. 227 kaum anfängt zu schwinden, bis i» den Mai. Diese pygmaeana ist daher wohl der früheste Schmet- terling am Harze. Während die Raupe noch klein ist, bohrt sie sich in eine Fichtennadel ein und höhlt diese völlig aus. Solche Nadeln sind gewöhnlich an der Spitze und an der Basis mit einer Öff- nung versehen (s. Taf. XIII. Fig. 8z), so dafs es aussieht, als kröche die Raupe in die eine hinein und käme zur andern wieder heraus. Später pflegt sie 2 Nadeln zugleich von der Seite anzufressen und die Ränder der beiden Öffnungen an einander zu spinnen, so dafs die Nadeln wie an einander geklebt erscheinen. Sobald die Höhlung grofs genug ist, verbirgt sich die Raupe ganz darin. Mitunter spinnt sie auch mehrere Nadeln zusammen und frifst sie von der Seite her aus. Solche ausgefressene und zusammengesponnene Nadeln (Frafsstellen) gleichen den von hercyniana ausgefressenen gar sehr, so dafs man sie, wenn sie von der Raupe verlassen sind, kaum unterscheiden kann, und in den meisten Fällen mag wohl der Frafs von pycjmaeana mit auf Rechnung der hercyniuna gestellt werden. Un- terscheidend würde noch sein: dafs man in den Gespiansten der pycjmaeana keine Excremente wie bei hercyniana findet. Auch frifst pyymaeana viel früher, meist nur an vorjährigen Nadeln. Schon im Juli verläfst sie das Gespiuust, um sich zu verpuppen. Wahrscheinlich geschiebt dies in der Erde, we- nigstens nicht in ihrem Frafse. Puppen fand ich unter den eingefaugenen schon im August. Forstliche Bedeutung und Begegnung. Unmerklich schädlich, da der Schmetterling nicht in übergrofser Menge vorkommt und nur die älteren Nadeln angreift. Besondere Begegnungsmittel wird man daher nicht gegen ihn anzuwenden nöthig haben. 8. Ph. T. (Coccyx) Ratzehurcjiana Sxs. Rostrother Fichtenwickler. (Taf. XII. Fig. 3.) Namen. Nirgends findet sich ein Thier beschrieben oder abgebildet, welches sich mit gegen- wärtigem vergleichen liefse, wefshalb ich es mit einem neuen Namen belegen zu müssen geglaubt habe. Characteristik. Der Falter (F. 3.) hat bis 6'" Flügelspannung und zeigt in Gestalt und Zeichnung die meiste Ähnlichkeit mit pygmaeana, von der sie sich aber auf den ersten Blick durch die Rostfarbe der VorderÜügel und das einfarbige Dunkelgrau der Hinterflügel unterscheiden läfst. Kopf und Hals- schild sind blafs gelblich-braun, so wie auch der Afterbüschel des Männchens. Hinterleib grau. Füh- ler braun. Beine blafs grau. Auf den Vorderflügeln ist zunächst ein dunkles Feld, das mit schwarz- braunen Wellenlinien oft so dicht durchzogen ist, dafs die Grundfarbe fast ganz verschwindet. Nach aufsen ist dieses Feld schwarzbraun eingefafst und tritt in einem rechten L bis beinahe auf die Mitte des Flügels vor. An dies Feld legt sich eine schräge Binde die hell erscheint, weil die Grundfarbe mit milch- (silber-) weifsen Wellenlinien durchzogen ist. Durch das Eingreifen des zum ersten dunklen Felde gehörenden L wird die Binde beinahe in 2 dreieckige Flecken getheilt, von denen der, gegen den Innenrand des Flügels stofsende der breiteste und am Meisten dreieckige ist. Nach der Binde folgt wieder eine schwarzbraune Einfassung, die in schräger Richtung vom Vorderrande zum Innenrande läuft und zwar so, dafs sie vor der Mitte des Vorderrandes beginnt, aber weit hinter der Mitte des Innen- randes aufhört. Hinter dieser dunklen Einfassung liegt das gröfseste, fast dreieckige oder rhomboidale Feld, in welchem die Grundfarbe lebhafter hervortritt, nur hin und wieder mit schwachem Schwarz- braun gemischt, dagegen von mehreren milch- (silber-) weifsen Wellenlinien durchzogen, die von 4 Punkten des Vorderrandes ausgehen und alle die Richtung gegen die äufsere Ecke des Innenrandes nehmen, denselben aber nicht erreichen, sondern vorher zusammenfliefsen. Die Franzen dunkelgrau mit 3-4 weifslichen Flecken, die mit der äufsersten der Silberlinien communiziren und von denen 2 neben einander nicht weit von der Flügelspitze liegen, einer dagegen allein oder noch ein zweiter, verloschener weiter gegen den Innenrand. Der Vorderrand des Männchens ohne Falte. Abänderungen kommen nur in so fern vor : als eine hellere oder dunklere Färbung in Folge von mehr oder weniger Schwarzbraun Ff2 228 Specieller Theil. hier und da eintritt. — Die Raupe (Fig. 3 l) bis über 5'" lang, gedrungen, blafs einfarbig weifsgelb mit ziemlich kleinem Kopfe, kleinen und paarigen, einreihigen Mittelwärzchen des 12ten Ringes. After- borsten fehlen. — Die Puppe (Fig. 3 p) bis 3'" lang, denen der vorigen am Ähnlichsten, aber ausgezeichnet durch lange Fühler, durch abgestutzte Stacheln des letzten Ringes und den Mangel von Hakenborsten. Vorkommen und Lebensweise. Auch diese Art scheint sich nur an Fichten zu finden. Bis jetzt kenne ich nur solche Exemplare, die aus dem Harze herrühren, obwohl es höchst wahrscheinlich ist, dafs die Art sich auch in anderen Gegenden findet, wo sie wahrscheinlich mit andern Arten, nament- lich vielleicht m\i pißjmaeana verwechselt wird. Fundorte sind: Wildemann, kleines Clausthal, Voigts- lust bei Clausthal, Kahlenberg. Sie kommt also in einer Höhe von etwa 1200 bis 2200' vor. Die Flugzeit ist Julius und August. Den Frafs bemerkt man in den starken Endknospen der Zweige junger kräftiger Fichten von 20-50 Jahren, auch wohl älterer Bäume, wo die Raupe an der einen Seite des Triebes gegen die Spitze hin ein tiefes Loch in die dichte Masse der zarten, jungen Nadeln frifst. Wenn der junge Trieb sich entwickelt und die Ausschlagsschuppen abschiebt, spinnt sie diese an der Spitze desselben fest, um darunter gegen die unmittelbaren Einwirkungen der Sonne und der Witte- rung geschützt zu bleiben (s. XIII. Fig. 3, 4.). Ein solcher, von dieser Raupe angefressener Trieb ent- wickelt sich ungehindert fort, bleibt aber doch oft krüppelig, oder verkümmert später ganz. Gewöhn- lich kann man ihn bis spät in den Sommer an den, an der Spitze hängen bleibenden Schuppen und an der Krümmung der Spitze von andern, angefressenen Trieben unterscheiden. In den letzteren Juni- Tagen des Jahres 1837 fand ich zu gleicher Zeit und an demselben Orte leere Frafsstellen — wo die Raupen also schon zur Verwandlung geschritten waren — , alsdann ausgewachsene imd endlich sogar ganz junge Räupchen. Leicht mit diesem Frafse zu verwechseln ist der einer kleinen Afterraupe [Ten- thredo [Nematus) parva Hrt.], nur pflegt letztere sich nicht mit den jungen Nadeln zu begnügen, son- dern vielmehr den Stengel an der Spitze ganz zu zerstören, so dafs der Trieb gar nicht zur Entwicke- lung kommt. — Auch sind bei dieser die Schuppen nicht festgesponnen. Forstliche Bedeutung. Doch nur unmerklich schädlich, theils weil die angefressenen Triebe, wenigstens an der unteren Hälfte, wenig zu leiden pflegen, theils weil das Thier bisher immer nur in geringer Zahl beobachtet worden ist. 9. Ph. T. (Sciaphila) histrionana Fröl. Ziegenmelkerfarbiger Fichtenwickler. (Taf. XII. Fig. 5. und Taf. XIII. Fig. 5-6.) Namen. Lange hielt ich diesen schönen Wickler, welcher mir noch die meiste Ähnlichkeit mit adjunctana oder lienana zu haben schien, und vielleicht als jneeana bei Bechstein beschrieben ist, für eine neue Art, und hatte sie unter dem Namen caprimulgana (wegen der gewifs nicht geringen Ähnlichkeit seiner Flügelfarben mit denen des Caprimulgiis) stecken. Allein nach reiflicherer Überle- gung schien es mir doch, um nicht an leidigen Synonym-Häufungen Schuld zu sein, rathsamer: den Namen histrionana anzunehmen. Denn, wenn Hr. Frölich {Tortr. Würth. p. 57. No. 125.) auch keinesweges den Falter so treffend beschrieben hat, dafs man ohne Weiteres das Thier danach wiedererkennen könnte, so wird doch die Vermuthung zur Gewifsheit, dafs meine caprimulgana gemeint sei, wenn ich Hübner 's Abbildung (Taf. 49. Fig. 310(3' und 311 Q nebst Text) vergleiche. Allerdings kann auch diese an und für sich wegen des grünlich-grauen Colorits, welches sich in der Natur durchaus nicht findet, täuschen. Es wird jedoch klar, wenn man die Beschreibung von Frölich (von welchem nach Geyer's Vorrede vom Jahre 1830 die zu den Abbildungen gewählten Exemplare herrühren) vergleicht, dafs die Abbildung nicht richtig colorirt, wohl aber in Hinsicht der Gröfse, Gestalt und Zeichnung recht deut- lich gestochen sei. Noch verständlicher ist die Beschreibung von Treitschke (X. 3. pag. 94.), der TORTRIX HISTRIONANA. ChäRACTERISTIK. VORKOMMEN VXD LEBENSWEISE. 229 auch die Raupenbeschreibung nach. Hrn. v. Tisch er giebt. Auch mufs ich noch bemerken, dafs Hr. Boje auch den Namen histrionana für dies Thier hat. Charactekistik. Der Falter (F. 5.) hat 7-8'" Flügelspannung. Kopf, Halsschild und Hinterleib sind einfarbig grau, wie das Grau welches in der Grundfarbe der Vorderflügel vorherrscht. Dies Grau ist nämlich bald mehr bald weniger gelblich- oder aschgrau, am Kopfe und Halsschilde, dessen Schulter- schuppen heller sind, etwas mehr bräunelnd. Zunächst der Wurzel zeigeu sich mehrere schwarze, fei- nere und gröbere Querstriche oder Wellenlinien, und zwischen denselben eine rostfarbene Mischung der Grundfarbe, so dafs dadurch ein mehr dunkles, gelbbraunes, gestricheltes Feld gebildet wird. Dar- auf folgt ein Feld, auf dem die Grundfarbe rein erseheint, nur zuweilen mit ganz feinen, schwarzen Wellenlinien durchzogen. Hierauf folgt ohngefähr auf der Mitte des Flügels eine breite, unterbrochene, schwarze Binde, oder vielmehr 2 Flecken, von denen einer am Vorderrande und einer am Innenrande liegt. Der am Vorderrande ist immer rein dunkel schwarzbraun, viereckig und von allen Zeichnungen die constanteste. Der Raum zwischen den beiden Flecken, der also die Binde unterbricht, ist rostfar- ben, auch sind beide Flecken nach innen rostfarben eihgefafst. Der am Innenrande gelegene Fleck breitet sich gegen den Rand so aus, dafs er den Innenwinkel des Flügels erreicht, löst sich aber häu- fig in Wellenlinien auf, deren Zwischenräume rostfarben ausgefüllt sind. Am Vorderrande folgt nun zunächst ein heller, gelblicher Fleck, der jedoch oft beinahe in die Grundfai'be übergeht, und darauf folgt wieder ein grofser schwarzbrauner, der aber häufig durch eine helle Linie in 2 getheilt wird. Un- ter demselben ist der Grund rostfarben und schwarz gestrichelt. Gleich neben demselben am Rande folgt wieder ein kleiner, gelblicher Fleck. Vor der rostfarbenen oder gelblichen Flügelspitze liegt eine schwärzliche Linie, die vor den Franzen bis zum Innenwinkel des Flügels hinabläuft. Die Franzen sind hell, mehr oder weniger rostfarben und dunkel gefleckt. Die Unterflügel sind einfarbig dunkelgrau mit helleren Franzen und weifslichem Vprderrande (welcher auch in der Hübner' sehen Abbildung ausge- drückt ist, und allerdings bei den meisten Wicklern so ist). Die Unterseite gleichfalls dunkelgrau, nur der Vorderrand der Vorderflügel und die Franzen heller und dunkler gefleckt. Beim Männclien hat der Vorderrand der Vorderflügel eine Falte. Auch Abänderungen finden sich häufig, besonders das Grau der Grundfarbe wechselt vom reinen Aschgrau bis zu hellem Röthlich- oder Gelbgrau, auch sind alle dunkle Zeichnungen bald gröfser bald kleiner, bald deutlicher bald undeutlicher, besonders der zweite, grofse Fleck am Vorderrande. — Die Raupe (F. 4l) ausgewachsen wahrscheinlich über i Zoll lang, etwas schmutzig- (in der Jugend oft rein und lebhaft) grün (doch nie braun), mit schwarzem, grofsen Kopfe und Nackenscbilde (welches letztere nach Hrn. v. Tisch er vorn schneeweifs gerandet beschrieben wird). Stets reiner grün als piceana und meist mit einem gelblichen Rückenfleck. (Der Kopf soll nach Hrn. V. Tis eher kastanienbraun und das Schild braungrün sein, das variirt aber wohl nach Alter und Häu- tung.) Die Wärzchen mittelmäfsig, auf dem 12ten Ringe doppelreihig. Behaarung ziemlich lang. After- borsten zahlreich vorhanden. — Die Puppe (Fig. 5p) bis 4-5'" lang, ausgezeichnet durch den 7-bor- stigen Aftergriffel (s. Fig. 5 p) und die wenig vorspringende Stirn. Vorkommen und Lebensweise. Bis jetzt schon in Österreich, Würtemberg, im Meifsner Hoch- lande, im Harze und Thüringer Walde bekannt geworden, und höchstwahrscheinlich noch viel weiter verbreitet. Ich habe sie am ganzen westlichen Harze von den höchsten Punkten des Kahlenberges bis an die Vorberge des Harzes gefunden, und zwar am Häufigsten in der Nähe des Kiefhölzerteiches bei Clausthal. Sie fliegt im Juli und lebt an jungen 12-30-jährigen, vielleicht auch stärkeren Fichten. Die Räupchen fand ich im Frühling zwischen vorjährigen Nadeln in einem Gespinnst fressend (s. Taf. XIII. Fig. 6.). Später, wenn die neuen Triebe hervorbrechen, greifen sie diese oft noch unter den anhän- genden Ausschlagsschuppen an, so dafs die 1-2 Zoll langen Triebe oft an einer Seite bis auf den 230 Specieller Theil. Stengel abgefressen werden und sich ganz krumm biegen. Immer setzen sie dabei ihr röhriges Ge- spinnst fort, so wie sie weiter fressen (s. Fig. 5.). Forstliche Bedeutung. Noch unmerklich schädlich, so lange sich die Falter nicht stärker vermehren, als sie bisher gefunden wurden, obwohl sie am Harze nicht selten, stellenweise sogar häufig genannt werden können. 10. Ph. T. {Sciaphila ?) Hartigiana Sxs. Gabelbindiger Fichtenwickler. (Taf. XII. Fig. 11.) Namen. Da diese Art zuerst von Hrn. H artig {Conversat.-Lex. S. 843. ^r.) gefunden und be- schrieben worden ist, aber ohne Namen, so nenne ich sie nach diesem. Characteristik. Der Falter (F. 11.) hat 7'" Flügelspannung. Die Vorderflügel habeti zunächst der Basis ein braunes Feldchen mit einer bleifarbigen Querbinde in der Mitte, dann folgt eine gröfsere solche Binde, und hinter dieser der strohgelbe Fleck, der gleichfalls in der Mitte durch eine bleigraue Querbinde getheilt ist, die sich gegen den Vorderrand in 2 Äste spaltet, zwischen welchen der Grund braun erscheint. Hinter dem gelben Flecken ist der ganze Grund braun. Vom letzten Drittheil des Innenrandes geht ein bleigraues Band gegen den Vorderrand aus, das alsbald einen kurzen Ast in der Richtung gegen den gelben Flecken hin abgiebt und sich bald darauf zweimal dichotomisch theilt, so dafs es mit 4 Ästen gegen den Vorderrand stöfst. Ein kurzes Band fafst die äufsere Flügelspitze ein, indem es von der Spitze des Vorderrandes ausgeht und gegen die Mitte der Franzen stöfst. Ein ähn- liches geht vom Innenwinkel der Flügel aus und berührt kaum das grofse 5-ästige Band mit dem obe- ren Ende. Alle Bänder sind mehr oder weniger weifslich. Die Franzen sind, wie die Bänder, blei- grau. Die Unterflügel einfarbig, dunkel bräunlichgrau, die Franzen etwas heller. Halsschild, Hinterleib und Afterbüschel von derselben Farbe. — Die Raupe (s. Fig. Hl nach einer Zeichnung des Hrn. Hartig) bis 9'" lang (ausgeblasen), grün, mit hellbraunem Kopfe und grünlich-braunem Nackenschilde. Brustfüfse grün mit brauner Beschildung. Afterklappe ganz grün. Afterborsten vorhanden. Aufjtfder Seite des Kopfes hinter dem Augenflecke ein schwarzer Fleck (Hartig' s F. Conv. Lex. S. 844.). — Die Puppe (s. Fig. 11p und 11p nach leeren Hülsen), bis 4'" lang, ausgezeichnet durch einen gezähn- ten, hakenborstigen Aftergriffel und vorn eingedrückte, stark emporragende, nach hinten in einen breiten Kamm auslaufende Stirn. Vorkommen und Lebensweise. In der Gegend von Berlin auf Rothtannen. Der Schmetterling schwärmt den ganzen Mai und die ersten Tage des Juni und legt seine Eier an die Nadeln der jungen Triebe. Die kleine Raupe frifst sich in die Nadeln hinein (?) und höhlt diese aus , befestigt sie aber zuvor mit Seidenfäden an die benachbarten, um ihr Abfallen zu verhüten. Die ausgefressenen Nadeln sind an ihrer Strohfarbe und einem Eingangs- und Ausgangsloche leicht zu erkennen. Ist die Raupe so grofs gewoi'den, dafs sie im Innern der Fichtennadeln keinen Platz mehr hat, so lebt sie äufserlich in dem Gespinnste und frifst die Nadeln von aufsen ab. Verpuppung im Herbst in der Erde, doch müssen auch einzelne Raupen überwintern, da man ausgewachsene Exemplare während der Schwärm- zeit im Frühjahre vorfindet, die sich im Juni zwischen Nadeln verpuppten {F. Conv.-Lex. S. 844.). Forstliche Bedeutung. Auch wohl nur bis jetzt als kaum merklich schädlich zu be- trachten. 11. Ph. T. piceana Linn., welche auch an Kiefern (und aufserdem selbst an Lärchen) vorkommt, ist dort ausführlich beschrie- ben worden. ToRTRix Zebeana. Namen. Characteristik. Vorkommen und Lebensweise. 231 Dritte Unterabtheilung. Läuchen-Wicklek. Es sind bereits ein Paar Wickler auf Lärchen, der eine wahrscheinlich sogar ganz eigenthümlich, gefunden worden, so dafs deshalb die Aufstellung einer besonderen Unterabtheilung gerechtfertigt ist. 1. Ph. T. (Coccyx) Zebeana. Lärchenrindenwickler. (Taf. XV. Fig. 6.) Namen. Von diesem schönen kleinen Wickler ist noch in keinem Buche etwas zu ünden. Ich habe ihn daher zu Ehren des Entdeckers, dem wir schon so viele interessante Beiträge für die Forstinsecten und für die Insectenkunde seines Vaterlandes überhaupt verdanken, benannt. Characteristik. Der Falter (Fig. 6.) hat bis 6'" Flügelspannung und 3'" Länge, zuweilen selbst mehr. Der Kopf ist mäfsig. Die Taster wenig vorstehend. Die Fühler ziemlich kurz und dick, die Flügel gewöhnlich, mit wenig vorragenden Schultern. Die Grundfarbe von Kopf, Rumpf und Vorder- flügeln ein dunkles Grau. Auf letzteren stehen 12-14 schwarze Flecken in der Spitzenhälfte; die bei- den dem Innenrande am Meisten genäherten, hinter denen meist noch 2 schwarze Punkte stehen, liegen etwas mehr nach der Basis hin, und die 4 folgenden von der Flügelmitte bis zum Hinterrande. Die 6 am Vorderrande liegenden wechseln mit gelblichweifsen Fleckchen ab. Der äufserste schwarze Fleck nimmt die Spitze ein und zieht sich als ein schwarzer Streifen vor dem Franzensaum bis zum Innen- rande fort. Innerhalb dieses schwarzen Streifens ist noch ein schwach stahlblau glänzender, oft in ein- zelne Flecken zertheilter Streifen, zuweilen auch wohl noch einzelne solche Flecken zur Seite einzelner schwarzer Flecken. Der Franzensaum schwarzgrau, hier und da etwas stahlblau. Hinterflügel schwarz- braun, etwas kupferglänzend mit bräunlichweifsem Saum. Die Unterseite schwarzbraun mit schwach durchschimmernden Flecken des Mittelfeldes, aber stark angedeuteten Flecken des Vorderrandes. Die Ränder wie oben. — Die Raupe (welche ich erst später erhielt und defshalb nicht mehr abbilden konnte) ist bräunlichgrau mit dunkelbraunem, fast schwarzem Kopfe, Nackenschilde, Brustfufsschildern, Hakenkränzen und Afterklappe. Wärzchen der Oberseite einhaarig und nur die seitlichen des 12ten Ringes, auf welchem die Wärzchen einreihig, zweihaarig. Afterborsten fehlen. Das Luftloch des Uten Ringes höher als die übrigen und von grofsem, schwarzen Hornringe umgeben. — Die Puppe (Fig. 6 p) bis 4'" lang, ausgezeichnet durch ganz gerundete Stirn und einfache Afterwulst, welche mit einem Halbkranz starker Dornen besetzt ist (Fig. 6p). Auch an den Hinterleibsringen finden sich Dornen- Halbkränze. Vorkommen dnd Lebensweise. Dieser Wickler scheint nicht in sehr vielen Gegenden vorzu- kommen, da er sonst wegen seiner ausgezeichneten Farben nicht hätte verborgen bleiben können. Hr. Zebe hat ihn zuerst bei Jägerndorff in Österreichisch Schlesien in einem melirten, aus Tannen und Lärchen bestehenden Walde gefunden. Die Larven bewohnten in einer 4-10-jährigen Lärchenbaum- Pflanzung sowohl den Stamm wie auch die Äste. Die mir zur Ansicht mitgetheilten Abschnitte zeigten eine bedeutende Verwüstung. Die Stellen, an welchen die Larven gehaust hatten, sind so stark aufge- trieben, dafs man sie schon von Weitem erkennt. Zugleich findet sich an manchen Stellen ein bedeu- tender Harzausflufs. Die Raupe hat sich nur in und unter der Rinde aufgehalten. Bald ist sie in der Nähe eines Astes um das Stämmchen oder den Zweig herumgegangen, bald hat sie auch in die Höhe gefressen. Am Ende des Ganges findet sich eine gröfsere, mit Gespinnstfäden ausgekleidete Höhlung, in welcher die Verpuppung erfolgt sein mufs. An dieser Stelle hat sich die Puppe aus der Rinde her- vorgeschoben. Die Hülsen, aus welchen der Falter entschlüpfte, stehen an allen Stücken lang hervor. Die Zeit des Fluges giebt Hr. Zebe, der mehrere Schmetterlinge in der Stube erzog, Ende Mai an. Im April fand er aber noch Larven. Zu derselben Zeit, meint er, fände man auch noch kleine Ge- 232 Specieller Theil. schwülste und Harzausflüsse, worin man kleine Räupchen vermuthen sollte. Niemals fanden sich aber solche darin, wahrscheinlich weil sie schon früher umgekommen waren. FousTLicHE Bedeutung und Begegnung. Sollte sich der Wickler einmal in einer Gegend nur einiger Mafsen häufig zeigen, so würde er merklich schädlich werden können, da er die Stämme höchst empiindlich, ja zuweilen tödtlich verletzt. Man würde seiner Verbreitung durch Ausschneiden und Verbrennen der befallenen Stämme zuvorkommen. 2. Ph. T. incecma, ■welche auch an Kiefern lebt, ist dort ausführlich beschrieben. ZWEITE ABTHEILUNG. LAUBHOLZ- WICKLER. Auch diese Abtheilung der Wickler läfst sich nur durch die Lebensweise auf Laubhöl- zern characterisiren (s. die erste Abth. pag. 201.). Diese unterscheidet sie aber bestimmt genug, denn es ist bis jetzt noch keine Art dieser Abtheilung bekannt geworden, welche zugleich ein Nadelholz an- ginge. So eigen, wie die Nadelholzwickler meist nur eine Holzart wählen, suchen sie aber meist nicht aus, und wir haben nur wenige monophagische Arten, wie gerade unsere viridana, welche nur Eichen- blätter und die pomonana, welche nur Kernobst frifst. Die Zahl der Laubholzwickler übertrifft die der Nadelholzwickler bei Weitem, sie sind aber allermeist in hohem Grade unmerklich schädlich, da die wenigen, von den sparsamen Raupen abgefressenen Blätter oder Blüthentheile ganz entbehrlich sind für das Gedeihen der Pflanzen. Nur eine etwas merklichere Art ist unter diesen bekannt geworden. Das ist die Ph. T. Carpocapsa Woeheriana (Treitschke VIII. 164. und Hübner Frafs. Law. Lep. VIL Tortr. II. Noctuoides C. a sah No.2. abgebildet), welche in den Stämmen verschiedener Steinobstarten lebt, krankhafte Saftergiefsungen aus den Bohrlöchern und das Absterben der Rinde verursacht. Da aber Pflaumen- und Kirschbäume nicht zu den vom Forstmanne cultivirteu gehören, so unterblieb hier die speciellere Darstellung und Abbildung der Art. Eben so wenig dürfte die arcuana Linn., wenn sie auch in den Stämmen der Hasel lebt, ihrer Seltenheit wegen Interesse für den Forstmann haben. Al- lerdings giebt es aucb einige Arten, welche mit den Raupen des Winterspanners gemeinschaftlich an Bättern und Blüthen der Fruchtbäume zehren, allein sie sind doch immer viel seltner als diese (s. dort) und verdienen daher keine ausführliche Behandlung. Einige Arten sollen noch im Anhange kurz be- schrieben werden. 1. Ph. T. {Tortrix) viridana hinn. Eichenwickler. (Taf. XIV. Fig. 8.) Namen. Der Wickler ist so ausgezeichnet, dafs zu keiner Zeit Verwechselungen vorgekommen sind. Überall, selbst in den forstwissenschaftlichen Büchern, führt er denselben Namen. Deutsch heifst er: Eichenwickler, Kahneichen wickler, Grünwickler, Grüne Eichenmotte, Grüner Nachtfalter, Spinngewebewickler. Characteristik. Der Falter (Fig. 8f) hat oft über 9'" Flügelspannung. Die Schultern der Vorderflügel treten ziemlich stark hervor, Fühler und Taster sind gelbgrau. Kopf, Halsschild und Vor- derflügel schön apfelgrün, ersterer etwas blasser, letztere am Vorderrande mit feiner gelblicher Linie, welche in den gelblichweifsen Franzensaum übergeht und sich auch noch auf den Innenrand als feine Linie fortpflanzt. Hiuterflügel hellgrau mit grauweifsem Franzensaume. Die Unterseite weifsgrau, auf den Vorderflügelu etwas dunkler und ins Grünliche spielend. — Die voll wuchs ige Raupe (Fig. 8l) bis über 6'" lang, gestreckt, am Ende etwas verschmälert, mit grofsen, starke Haare tragenden Würz- TORTRIX VIRIDANA. VORKOMMEN UND LEBENSWEISE. 233 eben. Die des 12tenRinges in der Mitte des Rüclvens unpaarig. Afterborsten vorbanden. Kopf, Brust- füfse, Ränder des Nacivenschildes, Wärzcben und Afterlvlappenscbild schwarz. Die Haare bräunlich, der Körper ziemlich schmutzig, dunicel gelblichgrün. Das ganz junge, kaum 1'" lange Räupchen ist grünlichgrau, nur in der Mittellinie des Rückens etwas dunkler, mit glänzend schwarzen Brustfüfsen, Kopf und Nackenschilde. — Die Puppe (Fig. 8p) bis 5'" lang, gestreckt, braunschwarz, hier und da schön ins Roth stechend, ausgezeichnet dadurch, dafs die schwach gezähnelte und gewimperte Afterwulst gradlinig begrenzt hervortritt (Fig. 8p). Stachelkränze des Rückens vorbanden. — Der Kotli der Rau- pen liegt unter den Bäumen, wo sie fressen, wie ausgestreutes Pirscbpulver umher. Vorkommen und Lebensweise. Der Eicbenwickler kommt überall in Deutschland vor, jedoch in manchen Gegenden mehr einzeln, in andern wieder in ungeheurer Menge. Hr. von Meyerinck be- merkt, dafs das Insect in seinem Reviere (*) oft Decennien hinter einander fresse. Hier scheint die niedrige geschützte Lage, der gute kräftige Boden und die Menge geeigneter Nahrung dasselbe beson- ders zu begünstigen. Aus andern Gegenden hören wir nur dann und wann von einem Frafse, obgleich derselbe, wie schon Bech stein anführt, hier und da recht ernsthaft aufzutreten scheint. Der Name Eichenwickler ist vollkommen gerechtfertigt, da die Raupe nur Eichen gern frifst und an andere Bäume nur ungern geht. Auch nimmt sie nur unsere beiden einheimischen Arten, Stiel- und Traubeneiche, an. Wenigstens hat man sie an den Nordamerikaniscben Eichen des Wörlitzer Gartens, welcher doch sonst von dem Insect heimgesucht wird und auch an die Frafsgegenden grenzt, nie bemerkt. Indessen scheint die Raupe die Stieleiche doch der Traubeneiche vorzuziehen, wahrscheinlich weil erstere früher aus- schlägt. Auch von diesem Schmetterlinge hat man, wie von so vielen andern, eine doppelte Generation (zwei Brüten, wie Bechstein sagt) mit Unrecht angenommen. Es ist durchaus falsch, wasBechstein sagt, dafs die Raupen zweimal fräfsen, einmal im Vorsommer und dann wieder im Nachsommer. Das allein kann zu der Meinung einer doppelten Generation Anlafs gegeben haben: dafs einzelne Schmetter- linge aus überwinterten Puppen schon im Mai flogen und der Hauptflug dann im Juli eintrat. Wirk- liche Beobachter haben noch nie gesehen, dafs die Eichen auch nach Johanni wieder gefressen worden wären. Es kann also auch nicht zum zweiten Male Raupen gegeben haben. Zuerst bemerkt mau die ganz kleinen Räupchen im Monat Mai, wenn die Knospen sich entfalten, so dafs man auf ein Über- wintern der Eier an oder in den Knospen zu schliefseu berechtigt ist. An den, mir durch Hrn. V. Meyerinck überschiekten zahlreichen Zweigen konnte ich schon Anfangs Mai im Zimmer Folgendes beobachten; In den meisten Knospen steckte nur 1 Räupchen, selten deren 2-3. Ich glaube, dafs sie nnter den Ausscblagsscbuppen auskommen, denn, wenn ich sie im Innern der Knospe fand, so waren sie bestimmt erst dorthin gekrochen. Diejenigen, welche noch nicht viel gefressen hatten, safsen dicht unter den Schuppen in einem feinen Gespinnst und von Kothkörnchen umgeben. Die schwarzen Bohr- löcher, welche von der Schuppengegend ausgingen, durchdrangen Anfangs meist nur 1-2 Blätter, gingen also nie bis ins Innere. Wenn die Raupe zuletzt bis ins Innere gelangte, so waren hier auch schon bedeutende Zerztörungen angerichtet und überall lagen der schwarze, krümliche Koth und die zerbisse- nen Blatttheile umher (s. Fig. 8x). Die bewohnten Knospen verrathen sich schon von Anfang an durch ein kränkliches Aussehen. Die Schuppen schliefsen nicht so fest, und die eine Seite ist gewöhnlich et- was verzogen. Öfters sind 2 benachbarte Knospen befallen, und die Ein- uud Ausgangslöcher beider (*) Im Lödderitzer Reviere fand ick bei einiger Verbreitung der viridana stets nocb andere Wickler in grofser Menge thätig, namentlich sorbiana Hübn. (rosana Schw.) [bis 1" breit, also zu den gröfsereu, die Vorderflügel grün- lich-hellbraun, seidengläuzend mit einer dunkleren Schrägbinde, welche in der Mitte plötzlich abbricht und einen Rhom- boidalfleck der Grundfarbe zwischen seine beiden, am Vorderrande verbreiterten Seiten nimmt. Die Raupe bis 1" lang, fast schwarz] und die kleineren laevigana, diversana u. A. Band U. Gg 234 Specieller Theil. dann mit Gespinnst umgeben. Die meisten Räupclien starben mir, einige bekam ich jedoch, nachdem sie 8 Tage lang in einem durchsichtigen, weifsen Gewebe versponnen gesessen hatten, am 19. Mai zur Verpuppung. Im Freien tritt diese auch gegen Ende des Mai oder Anfangs Juni zwischen versponne- nen Blättern, wo die Raupen sich schon während des Frafses aufhielten, besonders des Unterholzes, in den Rindenritzen und an der Erde, ein, so dafs noch im Juni, seltner erst im Juli, der Schmetterling ausfliegt. Kurz vor der Verpuppung bemerkt man das Fädenspinnen, welches das Räupcben schon in frühester Jugend zeigte, am Häufigsten. Die Gewebe hängen in den Revieren, wo sie in Menge hausen, wie Spinnengewebe von den Bäumen. Die Schmetterlinge fliegen meist nur in der Morgen- und Abenddämmerung. Wenn sich die Raupen zwischen den zusammengewickelten und inwendig mit Seide übersponnenen Blättern verpuppten, sieht man aus diesen nach dem Ausfliegen der Schmetterlinge die schwarzen Puppenhülsen hervorragen. Forstliche Bedeutung und Begegnung. Der Eicheuwickler ist wenigstens mit zu den merk- lich schädlichen Forstinsecten zu zählen. Die Eichen werden durch den Frafs öfters gänzlich ent- laubt, besonders die Gipfelpartien, deren Knospen öfters ganz voll Raupen sitzen, während man an den tieferen Zweigen wenig oder gar nichts bemerkt (Hr. v. Meyerinck). Dadurch wird nicht allein der Zuwachs bedeutend vermindert, sondern auch die Masterträge, welche im Lödderitzer Reviere we- gen der Eichensaat doppelt wichtig sind, leiden sehr darunter. Nach Hrn. v. Meyerinck können die von Bechstein angegebenen Vertilgungsmittel (Leuchtfeuer und Todtschlagen der an Fäden sich her- unterspinnenden Raupen) wenig helfen. Selbst nafskaltes Wetter verzögert nur den Frafs. Die Rau- pen liegen unterdessen fest in die Blätter eingewickelt und nur allein mehrtägige starke Landregen bei warmer Witterung und zu der Zeit, wo die Raupen sich herunterspinnen, können sie zur Unschädlich- keit vermindern. In den Jahren 1818 und 1819, wo dies eintrat, gingen die Raupen wie Zunder auseinan- der und man war der Plage für mehrere Jahre los. Auch die Vögel helfen zur Zeit eines grofsen Frafses nichts, indem sie sich zu dieser Zeit, wo sie brüten, in die dunklen Wälder ziehen. Auch ge- gen Spätfröste ist die wohl verwahrte Raupe, wie Hr. v. Meyerinck beobachtete, sehr hart. Tödten diese aber das Eichenlaub, oder wird dies durch Maikäfer abgefressen, so müssen sie verhungern (s. auch Hrn. v. Meyerinck's Beobachtungen in Pfeil' s krit. Bl. Bd. XI. H. 1. S. 73.). Im Jahre 1838, als das Eichenlaub total erfroren war und die Raupen keine Nahrung hatten, nahmen sie in der Noth auch das Aspenlaub an, welches weniger vom Froste gelitten hatte, und verpuppten sich auch in den zusam- mengewickelten Blättern (Hr. R. v. Meyerinck). Soviel ich die Sache beurtheilen kann, ohne einen Frafs selbst gesehen zu haben, würde ich dafür halten: dafs zur Zeit der Verpuppung noch am Ersten dem Insect, welches nun niedrig sitzt, künstlich Abbruch gethau werden könnte dadurch : dafs man die Puppen theils einsammelt, theils mit stumpfen Besen von den Stämmen zusammenfegt und auf dem Un- terholze sammelt oder gleich zerdrückt. 2. Fh. T. (Carpocaspa) iMinonana hin n. Apfelwickler. (Taf. XIV. Fig. 7.) Namen. Linne rechnete diesen Wickler zu den Motten und hatte defshalb den Namen ^jowo- nella d&iür. Deutsch nennt man ihn auch wohl noch Obstwickler, Obst- oder Birnmotte, Obst- schabe, Obstmade u. dergl. Charactekistik. Der Falter (Fig. 7f') hat bis 9'" Flügelspannung und 4'" Länge. Die Flügel nicht sehr breit, ohne bemerkbare Schultern. Die Grundfarbe des Vorderleibes und der Vorderflügel ein freundliches Bläulichgrau, mit vielen feinen Streifen gerieselt, welche, so wie eine vollständige, breite Binde und eine unvollständige in der Mitte der Flügel, dunkelbraun erscheinen. Das Ausgezeichnetste ist am letzten Drittheil ein grofser, ovaler sammetschwarzer Fleck, in welchem ein kupferrothes, fast TORTEIX POMONANA. VORKOMMEN UND LEBENSWEISE. 235 gauz geschlossenes Auge stellt und vor welchem man noch gegen den Vorderrand die Anfänge von Bin- denstreifen bemerkt, die etwas bläulich überflogen sind. Die Kränzen, vor welchen eine schwarze Linie herzieht, sind bräunlichgran. Die HiuterlUigel röthlichbraun, mit etwas Kupferglanz überflogen. DieFran- zensäume derselben grau. Die Unterseite graubraun und nur die Bindenstreifen am Vorderrande und der Augenfleck schimmern durch. — Die vollwüchsige Raupe (Fig. 7l) bis 7'" lang, ziemlich ge- drungen, mit getheiltem, halbmondförmigen Nackenschilde und grofsen Wärzchen mit ziemlich langen Haaren. Grundfarbe hell roseuroth oder gelbröthlich, auf der unteren Seite heller als auf der oberen. Die Wärzchen und die Afterklappe grau. Nackenschild glänzend, grünlichgrau, mit 8-10 schwarzen Fleck- chen. Kopf braun und schwarz gefleckt. Das junge Räupchen ist lieller, fast weifs, und schwarz sind nur die hornigen Theile des Körpers. — Die Puppe (Fig. 7p) meist über 4'" laug, ziemlich gestreckt, hellbraun, an der Stirn gewölbt, mit einem halben Doruenkranze an der Afterwulst und einzelnen Ha- kenborsten zwischen diesem und um den After herum (s. Fig. 7 p). Vorkommen und Lebensweise. Auch dieser Wickler gehört zu den halb monophagischen, in- dem er nur an Obstbäume geht und zwar vorzugsweise an Äpfel und Birnen, ßouche {Gartenins. S. 113.) und Treitschke (Bd. VIIL S. 1G2.) sagen, dafs die Raupe auch von den Kernen dei- Pflau- men lebe. Ich habe sie in diesen noch nicht gefunden und wundre mich, dafs auch zwei ausgezeich- nete Gärtner, Hr. Richter {Anhalt. Gart.-Zeit. v. J. 1838. No. 41. S. 324.) und Hr. Schmidberger (Kollar schädl. Ins. S. 235.) eben so wie Hr. Westwood gar nichts davon erwähnen. Eine andere Controverse ist die Generation. Hr. Schmidberger behauptet, dafs diese doppelt sei. Davon sagen aber unsere Norddeutschen Pomologen und Gärtner nichts und ich glaube ebenfalls nicht daran, ob- gleich ich zugeben will, dafs im südlichen Deutschland, wo die Natur früher erwacht und die Schmet- terlinge eher zum Ablegen der Eier kommen, eine solche möglich ist (*). Bei uns wie auch in Eng- land, nach Hrn. Westwood's Zeugnifs (Loiid. Gard. Mag. J/ay 1838. p. 237.), fliegt der Falter erst im Juni, wenn die Früchte schon halbwüchsig sind. Im August sind die Raupen dann erst ausgewach- sen. Die bewohnten Früchte (s. Fig. 7x) zeigen mehrere schwarze Flecken, der eine ist aber stets der gröfsere und ausgezeichnet durch das graubraune Pulver, welches die Öifnung verbirgt. Diese führt zu einem gewundenen Gange, welcher meist bis in die Capsel steigt, so dafs nicht allein das Fleisch angefressen und mit verschieden gewundenen Gängen durchzogen ist, sondern auch die Samen sind in- nerhalb der Capsel angegriffen. Der andere Fleck scheint die Stelle zu bezeichnen, durch welche das junge Räupchen hineinging. Wenn auch zuweilen die Eier an den Kelch gelegt werden, so ist es doch nicht nüthig, dafs dies immer geschieht. Im Herbst verläfst die Raupe die wurmstichige Frucht und sucht sich an den Stämmen der Bäume zwischen den Rindenrissen, oder in den Fugen der Dielen oder Bret- ter in den Obstkammern, wo die wurmstichigen Früchte verwahrt wurden, ein Plätzchen, um sich ein mit holzigen Abnagsein vermengtes Gewebe zu bereiten. In diesem liegt sie aber über Winter als Larve, und verpuppt sich erst im Mai des nächsten Jahres. Hr. Westwood beobachtete sie in einem Kästchen, wie sie sich am oberen Ende desselben ein dünnes, aber eng verschlossenes Gewebe von dunkler Seide spann, ähnlich dem eines Blattwespentönnchens. Reaumur hatte sie in einem mit Pa- (*) Hr. Scliinidberger sagt, dafs im Mai die Eier auf den Kelch oder in die Stielhühle der Früchte gelegt wür- den. Die Larve käme dann bald aus, und man hätte schon im Mai madige Aepfel und Birnen. In 4 Wochen sei sie ausgewachsen und verpuppe sich. In wenigen Tagen (?) käme dann der Falter aus und das Weibchen lege gleich wieder, so dafs im Juli und August aufs Neue viele gesunde Früchte angestochen würden. Im Jahre 1822, welches sehr warm und trocken gewesen sei, wäre mehr als die Hälfte der edlen Früchte wurmstichig gewesen, und man hätte gesehen, dafs noch Ende September's Falter legten. Ich kann mir dies nur in dem Falle erklären, dafs die Obstbäume zum zweiten Male Früchte getragen haben. Gg2 236 Specieller Theil. pierdeckel verwahrten Kästchen. Das Papier wurde zernagt und die kleinen Stückchen dienten zur Verstärkung des Gewebes. Forstliche Bedeutung und Begegnung. Da der Apfelwickler die eigentlichen Waldbäume gar nicht angeht und nur die Obstbäume besucht, so ist er auch nur da wichtig, wo diese im Forste oder in Gärten cultivirt werden. In Bezug auf diese kann er aber merklich schädlich genannt wer- den. Er bringt den Besitzer solcher Anlagen oft um die halbe Obsternte und sucht sich noch dazu immer die feinsten Sorten der Äpfel und Birnen aus (Schmidberger). Ihn im Laufe seiner Verwü- stungen zu hemmen ist ganz unmöglich, seiner Wiederkehr kann man nur dadurch vorbeugen: dafs man das wurmstichige Fallobst so schnell wie möglich sammelt und verbraucht, damit noch die darin woh- nenden Raupen zerstört werden. An Sammeln oder Fangen der Schmetterlinge ist nicht zu denken. 3. Ph. T. {Carpocapsa) splendana Hübn. Buchelnwi ekler (*). Chaeacteristik. Der Falter hat 8-9'" Flügelspannung und 3-3,5'" Länge. Flügelschnitt und Farbenvertheilung — wenn auch durchaus nicht die aus Weifsgrau und Braun (letzteres häufig kupfrig schillernd und hier und da dunkel gefleckt) gemischten Farben selbst — etwa wie bei der (Taf. XII. abge- bildeten) coni/ercma und Ratzehurykma, d. h. das erste Drittheil der Vorderflügel wird gebildet durch einen dunklen, fast rhomboidalen Fleck. Das zweite Drittheil erscheint in Form einer Binde, welche am Vorderrande am Breitesten, am Innenrande etwas schmaler und in der Mitte durch die ausspringenden Winkel des Rhombus und des Spiegels stark verengt ist. Der weifsgraue (gröfsere) Theil derselben nimmt den gröfsten Theil des Vorderrandes ein, umfafst die beiden Ränder des Rhombus und breitet sich auch noch etwas im Innenrande aus, geht aber in der Gegend des Spiegels in ein dunkles, kupfrig überflogenes Braun über, welches auch das letzte, nur vom Spiegel erhellte Drittheil einnimmt. Dieser bildet auch beinahe einen Rhombus, dessen fast halbbogenförmig (nach innen) gekrümmte Seiten silber- grau, fast perlmutterglänzeud, und hier und da braunschwarz eingefafst sind. Das Innere des Spiegels von der Grundfarbe des letzten Drittheils, mit 2-3, den halben Spiegel durchziehenden (am Leichtesten verwischbaren) schwarzen Strichelchen. Am Vorderrande bis zum Rhombus 7-8 silbergraue, innen dun- kelbraune, y-ähnliche Bindenstreifeu. Die beiden äufsersten mit ihnen vereinten Enden die dunkle Flü- gelspitze bogenförmig einfassend. Die Hinterflügel grau-kupferröthlich, die Franzen etwas heller. Un- terseite kup ferro thlich-grau: auf den Hinterflügeln fein dunkel gefleckt, auf den Vorderen die Vorder- randzeichnungen durchschimmernd. Fühler, Kopf und Halsschild wie das Basal-Drittheil der Flügel. Taster, Hinterleib und Beine heller, letztere schwach dunkel geringelt. Vorkommen, Lebensweise und forstliche Bedeutung. Das Insect ist bisher noch so wenig beachtet worden, dafs man über Vieles noch ganz im Dunklen ist. Hr. Hofmedicus Dr. Zinken in Braunschweig erzog die hier beschriebenen Falter aus Buchein, deren Kerne ganz ausgefressen waren. Es scheint also, als wenn dieses Insect einen Antheil an der so häufigen Zerstörung der Buchnüsse habe. Es ist indessen wahrscheinlich, dafs noch andere dabei betheiligt sind. Spätere Beobachtungen an eingezwingerteu Buchein werden uns wohl noch einmal gründlicher darüber belehren. Bis dahin (*) Die Exemplare verdanke ich Hrn. Saxesen, der sie erst im Herbst des Jahres 1839 von Hrn. Zinken in Braunschweig erhalten hatte. Es liefs sich für diesesmal daher keine Abbildung mehr geben. Ob sie wirklich zur splendana gehören, mufs ich dahingestellt sein lassen. Es stimmt mit der (allerdings etwas zu unvollständigen) Be- schreibung bei Treitschke (Bd. VIII. S. 164.) fast Alles, bis auf den Spiegel, welcher „inwendig golden" sein soll. Ich-habe daher eine eigene Beschreibung entworfen, mit deren Hilfe sich die Sache später vielleicht eher aufklärt. Bei Hübner (Taf. 6. Fig. 31.), dessen Abbildung so ziemlich mit Hrn. Saxesen's Exemplar übereinstimmt, mit Aus- nahme des zu dunklen Vorderraudes, ist auch kein goldener Spiegel zu sehen. Anhang. 237 müssen wir den Ausspruch über die forstliche Bedeutung der gegenwärtigen Art, die aber nicht ausgelassen werden durfte, unterdrücken. Treitschke fing seine sphndana einmal in Steyermark ne- ben einem grofsen Obstgarten und giebt an, dafs die Flugzeit mit der A&\- pommiana übereinstimme. Begkgnen würde mau den Buchelzerstörern nur auf die bei Curculio nuciim (Bd. I. ed. 2. S. 150.) angegebene Weise können. ANHANG. Unter den Laubholzwicklern sind noch einige gröfsere, oder etwas häufigere Arten zu charac- terisiren. Andere, welche mit der gemeinen oirklana zusammen fressen, sind dort schon in einer An- merkung erwähnt. 1) Ph. T.pras'mana Linn. (fagana F. Bebst.) (Buch enw ick 1er) [Rö sei Tom. IV. Taf. XXII. Fig. 1-5. (R. P. C. F.)]. Der Falter oft über 1,5" breit, grün, mit 3 scliiefen, weifslichen Bin- denstreifen und röthlichem Anfluge. Die fast kahle Raupe über 1,2" lang, gelbgrün, mit schönen, gel- ben Bindeustreifen und rosenrothen Einfassungen, in einem kahnförmigen Cocon sich verspinnend. Flug- zeit im Mai. — 2) Ph. T. quercana Schrk. {Pyr. prcisinarla F.) (Eichenwilckler) [Rösel Tom. IV. Taf. X. Fig. 1-5. (R. P. C. F.)], dem vorigen sehr ähnlich, aber der Falter über 1,7" breit mit 2 Schräg- streifeu und die Raupe ohne Roth, auf dem 2ten Ringe mit kurzer Kegelwarze. Flugzeit im Juni. — 3) Ph. T. clomna Linn. (Weiden Wickler) [Rösel Tom. L Gl. IV. Pap. iioct. Taf. III. Fig. 1-5. (R. P. C. F.)]. Der Falter bis 11"' breit, mit grünen Vorder- und weifsen Hinterfiügeln. Die kurz be- haarte Raupe bis 8"' lang, schmutzig grün, mit hellerem, dunkel eingefafsten Mittellinienstreifen, in wei- fsem, keilförmigen Cocon sich verpuppend. Flugzeit Mai. — 4) Ph. T. testudinana Hübn. {B. Testudo W.V.)(Schildmotte, Erdschneckenmotte, Zwergeichenspinner) [Rösel Tom.I. Tab. XXXVIII. Fig. 1-10. (R. P. C. F.)]. Der merkwürdigste Falter! bis 15"' breit, ochergelb, mit 2 nach hinten gebo- gen divergireuden, dunklen Bindenstreifen der Vorderflügel einem Spinner ähnelnd {neustria oder ca- strensis). Die asseiförmige, nur bis 8'" lange, aber fast 4"' breite, grüne, gelb- und roth-gestreifte und punktirte , fast kahle Raupe aber wieder den asseiförmigen Tagfalter-Raupen ähnlich , und der Cocon wicklerartig angesponnen! Flugzeit Mai und Juni. — 5) Ph. T. frutetcuta Hübn. Die sehr schwer kurz zu characterisireuden Falter (kaum ß'" breit!) und Raupen (zu dem unübersehbaren Heere der grünen gehörig!) sollen nach Hrn. Sasesen zuweilen an der jungen Birke häufig sein. Eben so 6) Ph. T. scutuhnia W. V. (siinikma) fast 9'" breit, also schon durch die ansehnlichere Gröfse, so wie auch durch die grofse, weifse, eckige, die Mitte des Innenrandes berührende Makel der bräunlichen oder grünlichen, gebänderten und gefleckten Vorderflügel ausgezeichnet. — 7) Ph. T. Mitterpacheriana F. fast 8'" breit mit zimmtfarbenen und grauen Vorderflügeln. Die über 6"' lange, fein behaarte, weifs- liche, dunkelwarzige Raupe ist sehr ausgezeichnet durch ihren Aufenthalt in den männlichen Kätzchen der Hasel, welche sie schon im Februar und März ausfrifst, nachher mit den Blatt- und gemischten Knospen vertauscht. Flugzeit Mai. — Über einige andere, besonders am Obste schädliche Arten s. d. An- merk. bei Pli. G. bruinata. — 8) Ph. T. ameiitana (*), von mir wegen des Vorkommens in dem männ- (*) So sehr ich auch die neuen Namen scheue, so mnfste ich mir doch hier einen schaffen, da weder Falter, noch Raupen, noch Lebensweise auf eine vorhandene Beschreibung passen wollten. Die mir durch Hrn. Harzer aus Dres- den überschickten (wahrscheinlich in der Fischer'scheu oder Tischer'schen Sammlung bestimmten) Exemplare der Mitterpaclieriaiia sind meiner amentana zwar sehr ähnlich, aber sie sind etwas kleiner, die Grundfarbe ist heller Roth- braun und die Makel mehr bräunlich gemischt, mit fast rechtwinklig auf den Flügelinnenrand gerichtetem Innen, rand. In der Beschreibung der Treitschke' sehen il/(tt«r^acAen'ana kann ich meine amentana eben so wenig wieder- finden wie in der daselbst gegebeneu Fischer'scheu Beschreibung der Raupe, welche „schmutzig weifslich mit kaum dunkleren Wärzchen" sein soll. Die daselbst citirte Hübner' sehe Abbildung (Taf. 30. Fig. 192.) hat, aul'ser Gröfse und 238 Specieller Theil. Hellen Erlenkätzchen, in welchen ich sie im Herbst in grofser Menge ausgewachsen fand, so genannt. Der Falter gleicht der corticana am Meisten, ist aber höchstens 7'" breit. Dem dunkelbraunen, mit zahlreichen, silbergrauen Strichelchen und Fleckchen durchzogenen Grunde mischt sich viel Kupferglanz bei. Die sehr ausgezeichnete weifse, braun gefleckte Makel des Innenrandes gebogen trapezoidal, in eine verloschene, gegen die Mitte des Vorderrandes ziehende Binde verlaufend, so dafs auf dem Rücken der zusammengelegten Flügel ein schönes weifses, von besonders dunkler Grundfarbe umgebenes Pen- tagon mit rechtwinklig abgehenden Armen entsteht. Die Raupe ist 5'" lang und 0,7'" breit, schmutzig röthlichbraun (bald etwas heller, bald dunkler). Dunkelbraun mit helleren Fleckchen sind: Kopf, Nak- kenschild und Afterklappenschild und Brustfüfse. Graubraun sind die Härchen tragenden Wärzchen. — 9) Ph. T. aUetana Hbn. (Fichtenwickler). Der Falter bis 1,3" breit. Die Vorderflügel erscheinen wegen der Menge gesträubter Schüppchen rauh und uneben. Auch am Vorderrande abstehende Haar- schuppen. Sie sind gewöhnlich gelblichbraun, zuweilen selbst schwarzbraun und erscheinen, wegen der von dunklen Adern umzogenen helleren Flecke, marmorirt. HinterÜügel seidig-grau mit sehr langen Franzen. — Nach Hrn. Fischer v. Rös 1er stamm («. a. 0. Heft VII. Tab. 34 a-g. und 35 a-d.) im September und October stets in aufserordentlicher Menge von Fichten bei Reichstadt geklopft. Nachtrag zu Tortrix resinana. Der dort vergessene Stock stellt eine aufgeschnittene Harzgalle vor, in welcher sich, an Statt des Wicklers, eine Ichneumon-Larve ausgebildet hat. Die Triebe des Zweiges sind, noch ehe sie sich entwickeln konnten, vertrocknet. Flügelschnitt, gar keine Ähnlichkeit mit meinem Wickler. Eher stimmen damit die Farben der (Taf. 33. Fig. 209. und Taf. 43. Fig. 270. abgebildeten) corticana. Mitterpacheriana soll in Haselnkätzchen im März leben. Tinea, Characteristik. Vorkommen und Lebensweise. 239 Fünfte Untergattung. (Phalaena) Tinea Linn. Motten. CiiARACTEKisTiK. Die Motteu, welche einige von Linne zu ilinen gezählte Arten an die Wick- ler (s. dort) neuerlich haben abgeben müssen, kommen diesen zwar seiir nahe, unterscheiden sich aber doch allermeist durch dieungesehultertenVorderHügel und denlangen (in der Ruhe aufgerichteten s.T.XVI.F.Sf') Franzensaum der Hinterflügel, auch dadurch, dafs die Flügel in der Ruhe dem Leibe dicht angeprefst, oder wohl gar umgerollt liegen. Von Spinnern, Spannern und Eulen imterscheidet sie schon die ge- ringe Gröfse auf den ersten Blick. Ausführlicher charaeteris iren wir sie so: Kopf mäfsig und stark vorragend, mit ziemlich grofsen Augen und ansehnlichem Haarschopfe am Scheitel. Fühler lang oder sehr lang, d. h. den Halsschild bedeutend überragend, oder auch viel länger als der ganze Körper, einfach faden- oder borstenförmig, selten langbehaart. Rollrüssel lang. Taster ziemlich lang, dünn und zugespitzt. Rumpf und Hinterleib schwach, mäfsig lang. Füfse ziemlich zart und schwacli. Flügel laug und schmal, die hinteren durch meist auffallend langen Franzensaum und stark ausgeschweiften In- uenrand ausgezeichnet, in der Ruhe dicht au den Leib geprefst oder um denselben gerollt. Farben sehr zart und angenehm, besonders durch den häufigen Metallglanz der Flügel und deren Flecken ge- ziert.— Die Raupen sind die kleinsten unter allen, allermeist 16-füfsig, sehr selten 8-14-füfsig oder fufslos, oder mit verkümmerten Füfsen, meist ziemlich gestreckt und gewölbt, selten flacli. Der Kopf klein oder mäfsig, meist gewölbt. Sie sind alle nur mäfsig oder gar unmerklich behaart, mit regelmä- fsigen Querreihen von Wärzchen. Der Iste Ring hat einen ähnlichen Nackenschild wie bei den Wick- lern. Zuweilen auch noch auf den folgenden ein Schildchen {laricinella) und aufserdem noch hier und da mit Icleinen Hornfleckchen. Die Farben meist nur schmutzig. — Die Puppen dünnschalig, ge- streckt oder sehr gestreckt, meist mit sehr verschmälertem Hinterleibe und langen oder sehr langen, oft zugespitzten Flügelscheiden und bis zum Ende der Flügel oder bis zum ersten Fufspaare reichender Rttsselscheide, einer gerundeten Afterwulst oder mannigfaltigen Fortsätzen und Hakenborsten (zum Be- festigen), entweder nackt oder von einem Cocon umschlossen, sehr selten mit Dornen-Halbkränzen des Hinterleibs -Rückens. — Der Koth ist noch kleiner und unbedeutender als bei den Wicklern, und gewährt defshalb sehr wenig Sicherheit beim Bestimmen. Im Vorkommen und der Lebensweise haben die Motten mit den Wicklern, wie schon bei diesen gezeigt wurde, die gröfste Ähnlichkeit. Auch sie leben fast von allen Theilen der Gewächse, gehen sowohl auf Nadelhölzer wie auf Laubhölzer, vermehren sich oft in grofser Menge und haben nur eine einjährige Generation. Unter ihnen sind die eigentlichen Minirraupen zu Hause, denn es giebt un- ter ihnen nicht allein Nadelhöhler, sondern auch wahre Blattminirer, die bei den Wicklern nicht vor- kommen. Sie sind, vermöge ihrer Fufslosigkeit und ihres plattgedrückten Baues, im Stande, in dem au- fserordentlich engen Räume zwischen den beiden Oberhäuten der Ober- und der Unterseite der Blätter sich fortzubewegen. Eine auffallende Erscheinung ist es unter den Arten dieser (Unter-) Gattung Thier- fresser zu finden; das sind die berüchtigten Motten, welche die Haare und Federn der Thier- und Vogel- bälge zerfressen und daher auf mancherlei Art schädlich werden, besonders für zoologische Sammlungen (*). (*) Es liegt wohl kein Insect, welches nicht zu den eigentlichen Forstinsecten (Holzverderberu) gehört, dem Forst- manne so nahe wie dieses. Von jeher hat derselbe Gefallen an ausgestopften Thieren (gefunden, und es giebt wenige 240 Specieller Theil. Hinsichtlich der forstlichen Bedeutung stehen die Motten unter den Wicklern, da wir unter ihnen nur wenige merklich schädliche und gar keine sehr schädliche Arten haben. Der unmerklich schädlichen ist allerdings eine grofse Menge, wie unsere Tabelle No. III. nachweist. Da sie nicht weiter im Speciellen berücksichtigt werden können, so müssen wir uns mit dieser Übersicht der Zahl und der Na- men und der kurzen Beschreibungen einiger im Anhange begnügen. Die Begegnung hat nichts Besonderes, ist auch sehr selten so dringend wie bei Verheerungen anderer Insesten. Wir übergehen hier daher die allgemeinen Betrachtungen und bringen bei den Arten das Nöthige bei. Die EiNTHEiLUNG bietet auch hier, wenn man alle Arten berücksichtigt, grofse Schwierigkeiten. Auch bei den Motten hat man neuerlich ein grofse Menge von kleineren Gattungen gebildet. Es ist nicht eine einzige darunter, welche durch so viele Forstinsecten ausgezeichnet wäre, wie einige Wick- ler-Gattungen. Wir übergehen sie daher ganz, und begnügen uns, die Motten nach den am Meisten dem Forstmanne in die Augen fallenden beiden Abtheilungen der Nadel- und Laubfresser aufzuzählen. Übergänge zwischen beiden kommen, meines Wissens, nicht vor. Erste Abtheilung. Nadelholz-Motten. Sie unterscheiden sich nur durch ihr Vorkommen auf und in Nadelhölzern. Das ist aber auch genug, denn in Revieren, wo nur Laubhölzer sind, wird man keine Spur von ihnen finden. Es sind jetzt schon Arten bekannt geworden, die der Kiefer, der Fichte und der Lärche eigenthümlich sind. L Ph. T. Reusieila. Kieferntrieb-Motte. (Taf. XV. Fig. 5.) Namen. Ich habe diese kleine, hübsche Motte zu Ehren unsres, um die Forstinsecten so ver- dienten Hrn. Ober-Landforstmeisters Reufs genannt, da sie mit Sicherheit aus früheren Schriften nicht herauszufinden ist. Vermuthen konnte man wohl, dafs sie die Linne'sche f?orfece?Za sei, da die von ihm citirte De Geer'sche Abbildung (Th. I. PI. 22. Fig. 22, 23.) und seine eigene Beschreibung, einiger- mafsen daraufpassen. Letztere „alis griseisj^aUidofasciaiis: pmictis trium pariunifuscis" ist aber zu kurz, und man müfste annehmen, dafsLinne den Punkt an der Basis der Flügel ganz übersehen habe. Und was den De Geer betrifft, so hat sich der zu ungewifs über ihren Aufenthalt ausgedrückt. Es heifst zwar Th. I. S. 73.: der Schmetterling sei aus Fichtenzapfen hervorgekommen; allein Heunert spricht da- von, dafs derselbe nicht wieder hätte ausschlagen können, und man mufs, wenn man zugleich die kleine Oberförstereien, wo nicht ein schöner Falke, eine Eule oder deren viele in und auf den Schränken der Zimmer pa- radirte. Aber nur zu häufig werden diese mühsam präparirten Stücke durch Motten und Speckkäfer (Dermestes lar- darius s. Th. I. ed. 1. S. 33. und 2. S. 34.) zerstört. Es giebt nur ein sicheres Mittel, sich dagegen zu verwahren, das besteht darin: die innere Seite des abgebalgteu Thieres mit einer Gift-Composition mittelst eines Pinsels zu bestrei- chen. Das Rezept derselben, unter dem Namen der Becoeur'schen Seife hekaunt, erhielt ich vonHru. Rammelsberg, luspector der Königl. zoologischen Sammlungen in Berlin, welcher es seit vielen Jahren als vollkommen bewährt und schützend gefunden hat. Man mischt zuerst 8 Loth feingepülverten weifsen Arsenik mit so vielem Wasser als nöthig ist, um das Auffliegen des gefährlichen feinen Staubes zu verhüten, setzt dann 8 Loth geschabter Medicinalseife, 2 Loth ungelöschten Kalks und ö Loth Pottasche hinzu und sucht Alles unter Hinzutröpfeln einer Kampher-Auflösung in Wein- geist , durch langes Reiben so innig und gleichartig wie möglich zu mischen. In einem Porzellangeschirr aufbewahrt, wird sie hart und mufs vor dem Gebrauch mit Wasser anfgelöset und zur Consistenz von Sahne zerrieben werden. Um grofse Häute von Säugethiereu, welche auf diese Weise einzuschmieren sehr kostspielig sein würde, zu sichern, macht Hr. Rammelsberg eine Auflösung von 4 Pfund Alaun und Vli Pfund Kochsalz in 2 Eimern weichen, warmen (aber nicht heifsen) Wassers und steckt, nach dem Abkühlen derselben, die Häute hinein. Tinea Reussiella. Characteristik. Vorkommen und Lebensweise. 241 Fig. 21. betrachtet, annehmen: es sei hier doch ein junger Trieb von der Fichte gemeint, oder auch von der Kiefer. Zu dieser Unsicherheit kommt noch die Verwirrung, welche die forstwissenschaftlicheu Schriftsteller mit der dodecella, wie mit einer mythischen Person, angerichtet haben. Bechstein hat eine so schlechte Beschreibung und so rohe Abbildung von seiner dodecella, welche den Längeuwuclis der Kiefern und der Fichten (!) zerstören soll {Forsf/iis. Tab. IV. Fig. 42a), gegeben, dafs mau nicht weifs: hat er aus Linne und De Geer geschöpft, oder hat er die Natur vor sich gehabt. Bei Zinke {besorgt. Forstm. S. 196.) finden wir nichts als die kurzen Angaben des Linne, welche er nur ein wenig ausschmückte. Hennert (Tat'. V. Fig. 6 u. 9.) giebt die Copie der De Geer' sehen Abbildung, aber nach d er Be Schreibung (ziemlich fabelhaft) colorirt. In dem neuesten und umfassendsten Schmetterlingswerke von Ochsen he im er und Treitschke steht nichts von einer dodecella, zum Be- weise, dafs diese scharfsichtigen Männer es nicht wagten, noch ferner eine so unsichere Art zu halten. Unsere Beussiella mufs ihnen nicht bekannt geworden sein, denn das Werk enthält nichts was darauf hindeutete. Chakactekistik. Der Falter (Taf. XV. Fig. 5.) hat nur höchstens G,5"' Flügelspannung und 2,5'" Länge. Der Kopf klein. Die Fühler lang, fast so lang wie der Leib. Die Taster lang und ge- krümmt, bis weit über die Fühlerbasis hinaufreichend. Flügel ziemlich breit mit sehr langen Franzen- säumen, besonders au den HinterÜügeln. Die Beine ziemlich lang, die Schienen des hinteren Paares gedornt und sehr laug behaart. Leib ziemlich schlank. Grundfarbe hell aschgrau, röthelud, aus helleren, weifs- lichen und dunkleren Schuppen gemischt. Eine weifsliche, geschwungene schmale Querbinde sondert das Spitzen-Drittheil von den beiden ersten Drittheilen der Vorderüügel, welclie durch 3 Paare schwarzer, in gleichen Zwischenräumen in der Flügelmitte stehender Flecken eingenommen werden. An der Basis jedes Flügels steht noch ein einzelner schwarzer Flecken. Jeder Punkt hat nach aufsen und hinten noch ein weifses Fleckchen. Zuweilen vereinen sich von beiden Punkten auch die Fleckchen und bil- den eine Art von Querbinde. Auch wird die Spitze des Flügels meist noch von einer weifsen Bogen- linie eingefafst, in welcher 4-6 schwarze Punkte stehen. Die Franzensäume von der grauen Farbe der Hinterflügel, röthelud, nur die um den Spitzentheil der Vorderflügel herumziehenden etwas dunkler und fein schwarz bestäubt. Unterseite grau, der Vorderflügel etwas dunkler als der hintere. Fühler und Taster grauweifs und schwarz geringelt. — Die Puppe (Fig. 5 p) über 3'" lang, braun, am Hinterleibe heller als an den Flügelscheiden. Die Flügel reichen bis zu | der Körperlänge und werden von den, am Ende an einander liegenden Fühlern bis zur Spitze begleitet. Stirn gewölbt. Der Hinterleib ohne Dor- nenreihen, aber die Afterwulst mit zahlreichen Hakenborsten besetzt (s. Fig. 5p) (*). Von Vorkommen und Lebensweise kann ich für jetzt nur so viel mit Gewifsheit sagen: dafs die Motte schon mehrmals aus Kieferntrieben erzogen wurde, und diesen daher auch höchstwahrschein- lich eigenthümlich ist. Im Jahre 1837 hatte ich eine grofse Menge solcher Triebe eingezwingert, wel- che von Raupen der Tortrix BuoUana bewohnt waren. Nachdem diese beinahe sämmtlich bis zum Anfang des Juli abgeschwärmt hatten, erschien die Motte und lieferte einen ziemlichen Vorrath für die Sammlung. Die Puppenhülsen, welche ich nachher fand, zeigten deutlich, dafs die Raupen mit denen des Wicklers zusammen in den Trieben gelebt und diese mit zerstört hatten. Man wird also nach den Raupen in den Monaten April und Mai zu suchen haben. Gewifs unterscheiden sie .sich von deneu der BuoUana durch eine hellere Farbe. '■*) Leider habe ich die Larve nicht mit Sicherheit auffinden können und mufs die Beschreibung und Abbildung derselben für jetzt unterlassen. Beschreibung und Abbildung der Puppe machte ich nach einer Puppenhülse, die mich wegen der Behaarung am Kopfe in Zweifel liefs. Band U. Hh 242 Specieller Theil. L^ber die forstliche Bedeutung und Begegnung läfst sich noch nichts Bestimmtes sagen, ehe das Insect nicht in mehreren Gegenden und häufiger gefunden worden ist. Sollte es auch nie häufig vorkommen, so wird es wegen der Collisionen mit dem, von den Forstmännern so gefürchteten Namen dodecella doch immer merkwürdig bleiben. 2. Ph. T. (Phi/cis) sylvesfrella. Kiefern-Motte. (Taf. XV. Fig. 1.) Namen. Auch diese Motte ist neu und von mir nach der Entwicklung in Pinus sijlvestris ge- nannt. Im Hartig'schen Conversationslexicon (S. 834.) ist sie zwar unverkennbar beschrieben, allein der hier dafür gebrauchte Name stroUlella kana nicht bleiben, weil Linne mit diesem den Fichten- zapfen-Wickler bezeichnete. Die De Geer'sche Beschreibung und Abbildung bezieht sich ebenfalls nicht auf diese Motte, sondern auf Geometra strobilata (s. dort). Bech stein hat sie also ganz richtig bei seiner G. strobilata allegirt, eben so wie er bei seiner dodecella nicht den De Geer-Hennert'schen Wickler citirt (wie im Conversationslexicon gesagt wird), sondern die Linne 'sehe dodecella (s. Beus- siella). Die Zinken 'sehe (besorgt. Forst»/. S. 194.) strobilella ist Tortrix strobilana und hat mit un- serer sylvestrella nichts zu thun. Characteristik. Der Falter (Fig. 1.) hat bis 13"' Flügelspannung und bis 5'" Länge. Roll- rüssel lang. Taster bis über den Fühlergrund hinaufstehend. Das letzte Glied kurz und dünn (s. Fig. 1(5"). Fühler ziemlich lang, borstenförmig, das erste Glied dicker und länger als die übrigen. Beim Weibchen (Fig. 2 & von der nahe verwandten abietella) die folgenden wenig abgesetzt beim Männchen (Fig. IcJ) deutlich gesägt und stark gewimpert, die ersten 8-10 fast verschmolzen und am Innenrande mit einem stark beschuppten geschwungenen Leistchen bekleidet. Die Beine nicht sehr lang, die Schie- nen mit mäfsigen Spornen und nicht merklich abstehenden Haaren. Die Grundfarbe des Kopfes, Rum- pfes, der Beine und der Vorderflügel aschgrau, überall mit einzelnen hell-purpurrothen Schüppchen ge- mischt, besonders deutlieh auf dem Halsschilde, der Flügelbasis und den Beinen. Auf den Vorderflü- geln 3 dunkle Bindenstreifen: der der Basis am Breitesten, zuweilen eine wahre Binde bildend, die bei- den andern winklig. Zwischen dem ersten und zweiten bleibt eine helle, ziemlich breite Binde. Der Raum zwischen dem 2ten und oten ist fast noch einmal so breit, und hat in der Mitte ein grauweifses, nach aufsen (oder hinten) gebuchtetes Fleckchen. Alle 3 Bindenstreifen haben belle Säume. Die Fran- zensäume sind aschgrau, mit dunklerer Schuppenreihe durchzogen und vor denselben zieht eine schwarze, grau gebuchtete Linie. Die Hinterflügel bräunlich-grau mit dunklerem Rande und weifsgrauen Franzen- säumen. Die Unterseite weifsgrau, die der Vorderflügel dunkler, seideuglänzend, mit wenig durchschim- mernden Zeichnungen. — Die Raupe (ganz ähnlich der sub Fig. 2l vorgestellten) über 1" lang, fast ganz walzig, nur gegen das Ende etwas verdünnt, mit grofsen Warzen, besonders ausgezeichnet dadurch, dafs an Statt des Wärzchens der trapezoidalen Wulst ein horniger, fast ganz geschlossener Ring eine Art pon Augenfleck bildet, so wie ebenfalls zur Seite der Hauptwulst des Uten Ringes über dem auf- fallend grofsen Luftloche ein ähnlicher horniger Fleck sich findet (s. Fig. II). Die Grundfarbe ist (wahr- scheinlich nach den Häutungen) verschieden: bei einigen Exemplaren schmutzig hellgrün (Hr. Fintel- maun) bei andern hell röthlichbraun, mit einem hellgrauen, in der Mitte hell getheilteu Rücken (die äl- testen). Der Kopf, der getbeilte Nackenschild, ein horniges Fleckchen unter demselben, und die Brust- füfse röthlichbraun. Die Wärzchen ganz dunkel. Die ziemlich langen Haare graubraun. — Die Puppe (Fig. 1p) hat bis über 6'" Länge und ist ziemlich gestreckt. Die Flügel bis über die Hälfte des Kör- pers hinausragend und einen breiten Raum zur Aufnahme der Enden der Fühler, Füfse und des langen Rüssels zwischen sich lassend. Hinterleib ohne Dornenkränze. Die ziemlich ansehnliche Afterwulst mit 6 starken Hakenborsten (Fig. Ip). Farbe hellbraun. Tinea sylvesteblla. Vorkommen und Lebensweise. 243 Vorkommen und Lebensweise. Mit Sicherheit künuen wir als das Vaterland der Kiefernmotte nur die Mark anführen. Hr. Th. Rurtig {Coni'ers.-Lex. S. 834.) hat sie bei Berlin, Hr. Fintelmann bei Mügelin, und ich bei Neustadt gefunden. Stets wurde sie aus der Kiefer gezogen und zwar sowolil aus Zapfen als auch aus kranken Ästen. Hr. Hartig sammelte sie einst mit CurcuUo notatus gemeiu- schaftlieh in Kiefernzapfen. Im Juli verpuppte sie sich aufserhalb der Zapfen in einem weifsen Seiden- gespinnste, aus welchem am 1. August der Schmetterling hervorging. Im Sommer konnte ich sie durch- aus nicht tinden, so oft ich auch Zapfen pflückte uud an der Erde sammelte. Im Winter aber, als ich Gelegenheit hatte viele Hunderte von Wispeln in unserer Saamendarre zu durchsuchen, fand ich die Spuren des Thieres, welches immer vor dem Winter ausgekommen sein mufste. Hier und da steckten noch die gestorbenen, vertrockneten Raupen darin und liefsen über die Identität des Insects keinen Zweifel. Die Zapfen hatten meist ihre normale Gröfse und auch die Saamen (Früchte) darin waren gröfstentheils reif geworden. Die bewohnten Zapfen verriethen sich von aufsen durch die Krümmung, welchegewöhnlichnachderSeiteging, wohin das Stielcheu gekrümmt ist. Au dieserSeite ist auch derFrafs. Man bemerkt hier eine Stelle von 1" Länge und darüber und 3-4'" Breite, welche nicht geschlossen ist. Entweder ist sie mit Harz ausgefüllt, oder sie ist auch nackt und man bemerkt dann eine Menge roth- brauner Kothstückchen (über V" lang und aus 2 zusammengeklebten Stückchen bestehend, welche aus sehr kleinen krümlichen Bissen zusammengekuetet sind), so wie auch 1-2 Öffnungen, welche in das Innere des Zapfens führen. Zuweilen enden diese ganz oberflächlich, und der gröfste Theil der Saa- men ist wohlerhalten und reif. Zuweilen dringen sie aber auch tief ein, und die ganze Basis der Spin- del, um welche der Gang zuweilen ganz herumgeht, ist von Saamen entblöfst. An einzelnen Zapfen ging auch wohl ein Gang von der Basis bis zur Spitze, aber ziemlich oberflächlich. Die kleinen Zapfen waren immer am Meisten zerfressen (*). Hr. Fintelmann entdeckte dasselbe Insect, von welchem er mir Exemplare mittheilte, an einem ganz andern Aufenthalte. Gegen Ende des August fand er es in einer 15-jährigen, am Rande einer Schonung erwachsenen Kiefer. Am Hauptstamme, wo sich der zwei- jährige Trieb von dem dreijährigen schied, war unter dem Quirl eine Anschwellung, zum Theil durch Harzausflufs erzeugt. Es fanden sich imter derselben 5, theils von oben, theils von unten unter die saftige Rinde laufende, 2-2,5'" Durchmesser haltende Gänge, und unter derselben auf den Zweigen und Nadeln kleine, weifse und bräunliche Frafsspähue. Der ganze Trieb wurde abgeschnitten und einge- zwingert, vorher aber schnitt Hr. Fintelmann vorsichtig ein lD"grofses Rindenstück aus, um zu se- hen, was darunter vorging. Es zeigten sich gleich 2 Larven, später eine dritte und, wie das Aus- schlüpfen eines Schmetterlings wenige Tage nach der Fund zeit ergab (**), hatte mit diesen früher noch eine vierte gelebt. Im Zwinger verhielten sich die Raupen ganz eigen. Sie lebten keines- weges stets nur unter der Rinde, sondern sie verliefsen häufig (nur) mit Sonnenuntergang ihre, 1-3"' tief in das Holz hineingefressenen, theils gerade auf, theils etwas spiralförmig um den Trieb herum lau- fenden Gänge. Sie benagten die Rinde, seltner die Nadeln, und liefen ungewöhnlich schnell umher, oft 2-3 Stunden. Bei Tage frafsen sie im Holze. An manchen Tagen, besonders gegen Ende Septembers, fanden sich über 8 Gran Frafsspähue am Boden. Mit dem 28. September nahm die Menge der Frafs- spähue ab und am 4. October hatte der Frafs ganz aufgehört. Die Puppen überwinterten unter der (*) Die Zapfen, welche von CurcuUo notatus bewohnt waren, sind von aufsen nicht so zerstört, sondern zeigen hier nur das kugelrunde Flugloch, welches gerade ins Innere führt. Hier findet mau auch nicht den Raupenkoth, son-- dem nur den fasrig-pulvrigen, gelbbraunen Frafs. (**) Sollte diese nicht von einer vorvorjährigen Brut herrühren und somit die Annahme einer 2-jährigen Genera- tion gestatten? Hh2 244 Specieller Theil. Rinde. Ich selbst zog aus einer grofsen Höhle, welche mit versponnenen Harz- und Abnagselkriimchea ausgefuttert war, eine Puppenhülse. FoKSTLicHE Bedeutuno ömd Begegnung. Es ist keinem Zweifel unterworfen, dafs diese Motte, wenn sie nur einiger Mafsen häufig werden sollte, merklich schädlich zu nennen ist. Sie wird doppelt schädlich: einmal an den Kiefernzapfen und dann auch an den Stämmen selbst. Die Zapfen, welche von der Raupe bewohnt waren, sprangen nicht und sind als unbrauchbar zu betrachten. Die Verletzungen, welche Hr. Fintelmann an den Kiefernstämmen, noch dazu an ganz gesunden, kennen lernte, bezeichnet er als sehr gefährlich. Sie waren von der Beschaffenheit, dafs mindestens das Ab- sterben des ganzen, oberhalb der Frafsstelle befindlichen Theiles vom Stamme zu befürchten war. Ich habe ebenfalls mehrere Male solche eigentliümliche, ekelhaft anzusehende, mit Harzausflufs besetzte Auf- treibungen an Kiefern gesehen, aber nur an Ästen derselben, und dann hauste auch meist allein Ano- hium molle (s. Tb. I. ed. 2.) darin. Es ist möglich, dafs sie von der Motte schon verlassen worden wa- ren. Solche, schon von Weitem kenntliche Äste mufs man vor Johanni abbrechen, damit die Vermeh- rung des Insects nicht dadurch begünstigt wird. Gegen die in den Zapfen wohnenden ist nichts zu machen, weil man die letzteren meist erst nach dem Auskommen des Insects bemerkt. 3. Ph. T. {Phycis) abiefella Fa.hr. Fichtenzapfen-Motte. (Taf . XV. Fig. 2.) Es ist mir noch sehr zweifelhaft: ob diese Motte von der vorigen wirklich speeifisch verschie- den sei. Wenigstens bin ich nicht im Stande an Raupen und Puppen irgend einen Unterschied auf- zufinden und an den Faltern, die ich Hrn. Saxesen verdanke, kann ich auch weiter keine Verschieden- lieit finden, als einen Mangel der purpurrothen Schüppchen, welche nur sehr sparsam vorhanden sind und sehr matt erscheinen. Auch scheinen die Bindenstreifen schärfer winklig zu sein, und zwischen der Isten und 2ten, und 2ten und 3ten Binde, so wie auch aufserhalb der 3ten findet sich ein bräun- lich-kupferrother Anflug. Es ist aber auch möglich, dafs dies Alles nur individuell ist. Bei diesen Mot- ten kommen eine Menge von kleinen Varietäten vor, die zum Theil von der Zartheit der leicht zer- störbaren Schuppen herrühren. Künftige Zeiten werden darüber erst entscheiden können, wenn auf das Vorkommen mehr geachtet worden ist. Diese Motte nämlich kommt aus Fichtenzapfen und ist schon in den verschiedensten Gegenden gefunden worden. Zuerst hat sie De Geer (Th. II. Tab. 9. Fig. 10, 13, 14 und pag. 360.) beschrieben. Er fand 3-4 Raupen in einem Zapfen, und beschreibt ihre Verwü- stungen ganz ähnlich wie die von mir bei der vorigen an Kiefernzapfen geschilderten. Im August fand er solche bewohnte Zapfen an den Bäumen hangend, und am 12. Juni schlüpfte ihm der Falter aus. Hr. Dr. Zinken (s. Treitschke Bd. IX. Abth. 1. S. 178.) beobachtete, dafs die Verpuppung erst im künftigen Frühjahre erfolgte und die Flugzeit im Anfang des Juli eintrat. Die Generation kann demnach wohl nur einjährig sein, weil die Fichtenzapfen schon im ersten Sommer, und nicht, wie die Kiefernzapfen, im zweiten reifen. Hübner's T. (^ec;«7'e//a (Tab. ll.Fig.74.) stellt höchst wahrscheinlich diese Art dar. 4. Ph. T. (Oniix) laricineMa Bechst Lärchen- Mi ni r motte. (Taf. XV. Fig. 3.) Namen. Hübner {Larv. Lepid. VIII. Tin. VI. Alucitiform. A.a. Fig. 1. und Tin. Tab. 64. Fig. 427.) nennt die Motte laricella. Treitschke (Bd. X. Abth. 3. der Supplem. S. 221.) zieht den Namen ar(jijropennella Tischer wegen der (uns aber gleichgültigen) Verbindung mit dem Namen (jienneUa) der übrigen Arten vor. Charactemstik. Der Falter (Fig. 3.) hat höchstens 4,5'" Flügelspannung und 1,5'" Länge. Die Flügel sind sehr schmal, besonders die hinteren, linienförmigen. Die Franzensäume sehr breit. Die Tinea laeicinella. Vorkommen und Lebensweise. 245 Taster lang, dünu und vorgestreckt (im Leben angedrückt und bis zur Fülilerbasis reichend). Die Füh- ler von der Länge des Körpers. Die Beine ziemlicli lang: die Schienen der hinteren stark gedornt und lang behaart. Die Farbe ist ein seidenartig glänzendes Aschgrau. Die Franzen haben etwas weniger Glanz (*). — Die Raupe (Fig. 3l) kaum 2'" lang, ausgezeichnet durch einen sehr kleinen Kopf und sehr kleine Füfse, namentlich die nur warzenähnlichen, am Ende mit 2, nicht ganz vollständigen Halb- kränzen schwarzer Häkchen besetzten 4 Paar Bauchfüfse. Die beiden nur wenig getrennten Nachschie- ber sehr dick und mit einem Halbkranze schwarzer Häkchen versehen. Von horniger dunkler Substanz ist nicht nur das sehr grofse, in der Mitte getheilte Nackeuschild und das grofse Afterklappenschild, sondern auch ein kleiner mit breiter, heller Linie durchzogener Schild des 2ten Ringes und endlich noch ein Fleckchen zu jeder Seite der 3 ersten Ringe, als wenn es ein Luftloch umschlösse. Deutlich behaart ist nur Kopf, Ister Ring und Afterklappe, auf den übrigen Ringen kaum bemerkbare einzelne Härchen. Grundfarbe dunkel rothbraun. — Die Puppe (Fig. 3p) bis 1,5'" lang, fast linienförmig und äufserst schmal, braunschwarz. Die langen, zugespitzten, schmalen Flügel überragen meist den Hinter- leib (die Figur rechts), seltner sind sie kürzer (links). Die Afterspalte (Fig. 3p) ganz horizontal auf einer Wulst, welche 2 nach aufsen gerichtete, lange Dornhöcker abschickt, innerhalb deren noch 2 ganz kleine Höckerchen stehen. An Statt der Dornenkränze des Hinterleibes nur ganz kleine Höckerchen. Haare sehr fein und einzeln. — Der Koth (3k), welcher zwischen den zusammengesponnenen Nadeln oft hängt, erscheint als kleine, grünlich braune und gelbliche Krümelchen, welche 2-3 zusammenge- klebte Stückchen zeigen. Diese sind aber so erweicht und so stark verklebt, dafs man sie kaum un- terscheidet. Vorkommen und Lebensweise. Diese Motte kommt nur allein auf der Lärche, und zwar meist in jungen 8-20-jähi-igen Anlagen, vor, und ist schon in den verschiedensten Gegenden von Deutschland, sowohl im Gebirge, wie in der Ebene, sehr häufig gefunden worden. Hr. v. Berg und Hr. Oberforst- rath König haben die Motte sogar in 40-60-jährigen Lärchenbeständen, und zwar bis fast zur Höhe von 2000' (Breitenberg im Harz) beobachtet. Nach Hrn. v. Berg waren die Stämme von unten bis zum Wipfel mit dem Insect bedeckt. Hr. König bemerkte noch, dafs er dasselbe nicht im Innern der An- lagen gesehen habe, sondern nur am Rande, gerade da, wo es den Winden am Meisten ausgesetzt war. Die Flugzeit der Motten ist Anfangs Juni, im Gebirge etwas später. Sie fliegen sehr schnell und laufen äufserst behende mit vorgestreckten Fühlern und wenig herabhängenden, hinten nicht kammförmig ge- sträubten Flügeln au den Nadeln auf und ab. Wahrscheinlich werden die Eier in die Gegend der nächstjährigen Triebe abgelegt. Dies zu beobachten ist man noch weniger als bei den übrigen kleinen. Lepidopteren im Stande. Im Frühjahre kommen die Räupchen mit dem Ausschlagen der Lärchen aus, und fressen sich durch ein Löchelchen an der Spitze der Nadel hinein, um dieselben auszuhöhlen. Man findet letztere daher meist zur Hälfte gelb und verdorrt, während die Grundhälfte noch grün ist (s. Fig. 3x). Gewöhnlich sind alle Nadeln eines Büschels so befressen, dafs keine einzige ganz grün geblieben ist. An einigen fehlt aber, auch der Spitzentheil. Wahrscheinlich hat sich das Räupchen daraus den kleinen Sack gemacht, welchen es mit sich herumschleppt. Beim Fortkriechen kommt es nur mit den Brustriugeu aus demselben hervor und hält die übrigen Ringe mit dem Sacke hoch in die Luft (s. F. 3x.). Defshalb sind auch wohl dießauchfüfse so verkümmert. Sobald die Räupchen ausgewachsen sind, gewöhn- lich schon vor Ende des Mai, spinnen sie den Sack an eine Nadel fest und ziehen sich in denselben ganz zurück. Man findet die Puppe in demselben mit dem After gegen die Nadel und mit dem Kopfe (*) Der augeiiartige Eindruck an der Flügelspitze und die Längsvertiefung, welche Treitschke beschreibt, rühren wahrscheinlich vom künstlichen Spannen her, da mau an lebenden Exemplaren die Flügel ganz eben sieht. 246 Specieller Theil. gegen eine kleine Öffnung gekehrt, durch welche der Falter nach 2-3 Wochen hervorschlüpft. Die Cocons zeigen blofs eine kleine Öffnung, ohne dafs die Puppenhülse daraus hervorgeht. Diese bleibt im Innern des Cocons. Forstliche Bedeutung und Begegnung. Die Lärcheumotte ist wenigstens für merklich schäd- lich zu erachten. Gewöhnlich sind alle Nadeln eines Büschels so stark befressen, dafs keine einzige ganz gesund blieb. Bechstein sagt, dafs man im Mai Lärchenbaum-Districte anträfe, welche wie mit weifsen Schuppen ganz bedeckt seien, und im Junius von den verdorrten Nadeln gelblich wie abgesengt - da ständen. Auch in den Gebirgsforsten im Eibenstock drohte das Insect neuerlich sehr verderblich zu werden. Hr. Thiersch schreibt mir darüber Folgendes. „Die Lärchen-Culturen, deren älteste vom Jahre 1817 herrühren, hatten einen so glücklichen Erfolg, dafs sie in den Vorbergen bedeutend erwei- tert wurden. Seit der Mitte Mai's bieten sie aber einen wahrhaft beklagenswerthen Anblick, indem die Larven der Motte nur wenige grüne Nadeln übrig gelassen haben. Auffallend ist es, dafs gerade die kräftigsten Stämme am Stärksten entnadelt sind." Die Mittel, welche wir gegen dieses unangenehme Insect besitzen, sind nur sehr schwach. Gegen Larven und Puppen ist gar nichts zu machen. Bech- stein (Forstins. S. 358.) schlägt zwar vor, Kinder durch die Anlagen gehen und die Büschel mit den Fingern zerdrücken zu lassen, an welchen die Eäupchen mit ihren Säcken sitzen. Was wäre das aber für eine ungeheure Arbeit und wie viele Räupchen würden dennoch übergangen werden. Auch ab- schneiden kann man die Zweige nicht, wie es hier vorgeschlagen wird. Das einzige Mittel, welches man hier versuchen könnte, wären die bei andern Faltern ganz unauwendbaren Leuchtfeuer (s. Tortrix hercijniana). Auch wäre das frühzeitige Durchforsten als ein schützendes Mittel zu erwähnen, da die Räupchen in den Dickungen und da, wo die Zweige am Meisten beschattet sind, am Ärgsten, fressen. 5. Ph. T. {Blastotere) Bercßella Sxs. Fichtenknospen-Motte. (Taf. XV. Fig. 4.) Namen. In den vorhandenen entomologischen Schriften liefs sich diese Motte nicht mit Sicher- heit nachweisen. Hr. Saxesen hat sie daher für eine neue Art erkannt und ihr den Namen nach dem, um die Forstinsecten verdienten Hrn. v. Berg gegeben. Auch kann sie nicht zu einer bekannten Gat- tung gezogen werden, namentlich wegen ihrer eigenthümlichen Lebensweise und der bebeinten Raupen weder zu OecoiyJiora noch zu Elachista, obgleich die Falter wohl dahin passen. Der Name Blastotere ist von ßXaaos (Knospe) und rspecu (ich durchbohre) gebildet. Nicht unerwähnt darf ich lassen, dafs nach einer neuerlichen Mittheilung von Hrn. Saxesen diese Motten bei Hrn. Boje in Kiel als T. (Oe- cophora) üluminateUa steckt. Der bereits gedruckte und gestochene Name Bergiella war aber nicht mehr zu ändern. Auch erwähnt Hr. Saxesen, dafs Hr. Kefer stein die Bergiella für die complanella Hübn. halte. Aber weder Hübner's Abbildung (Fig. 428.) noch Treitschke's Beschreibung pafst darauf (s. complanella). Chakacteristik. Der Falter (Fig. 4.) hat 6-7'" Flügelspannung und 2-2,5'" Länge. Der Kopf (Fig. 4d') ziemlich grofs. Die Fühler mäfsig, sehr schwach haarig-gesägt. Die Taster 4-gliedrig, stark in die Höhe gekrümmt. Die Flügel ziemlich schmal. Farben gelb und grau , etwas metallglänzend. Kopf, mit Ausnahme der Stirn, der Mundtheile und der Fühler, welche weifslichgelb und dunkel ge- ringelt sind, röthlichgelb. Die lanzettförmigen VorderÜügel so wie der Halsschild strohgelb. Die Fran- zensäume beginnen schon am Vorderrande des zugespitzten Flügeleudes, werden da am Längsten, wo der Hinterrand unmerklich gebogen in den Inneuraud übergeht. Sie werden hier hell graugelb, wäh- rend sie an der Flügelspitze die Farbe der Flügel haben. Die Hinterflügel linien-lanzettförmig, zugespitzt und sammt dem Hinterleibe gelblich hellgrau. Die schon vor der Mitte des Vorderrandes beginnenden Tinea Bergiella. Vorkommen und Lebensweise. 247 Franzen werden gegen die Basis des Innenvandes immer länger und sind, eben so wie die Beine, liell- grangelb. Die ganze Unterseite iiellgrau. Die Franzen hell-graugelb. — Die vollwüchsige Raupe (Fig. 4l) bis 3'" lang, fast farblos, kaum merklich röthlich-grau, durchscheinend mit etwas dunklerer Rückenlinie und gewöhnlich etwas dunklerem After. Der kleine Kopf schwarz, der Nackenscbild bald mehr bald weniger schwärzlich, hell getheilt. Die Brustfüfse scliwarz geringelt und auch an der Basis der Hüften ein schwarzer Ring. Jederseits an der Basis der Nachschieber ein schwarzer Fleck und auf dem Rücken der Afterklappe ein halbmondförmiges horniges Schildchen schwarz. Hauptwülste von den trapezoidalen nicht geschieden. Haare sehr kurz, auf den Brustringen gesonderte Doppelhaare. — Die Puppe (Fig. 4p) bis 2,7'" lang, sehr gestreckt, mit schmal hervortretendem Scheitel. Flügel die Hälfte des Körpers weit überragend. Die Fühler bis zum Ende der Flügel reichend (*). Das 3te Fufspaar die Flügel überragend. Das Iste die Rüsselscheide weit überragend. An der Afterwulst (Fig. 4 p) 4 nach vorn gewandte, feine, dunkle Börstchen und 4 nach hinten gewandte, etwas hellere und gekrümm- tere Dörncheu. Haare fein und ziemlich zahlreich. Bräunlicii-gelb. VoRKOAiMEN UND LEBENSWEISE. Dic Mottc ist zuerst am Harze, und später auch im Thüringer- walde entdeckt worden. Schon vor vielen Jahren fand ich die Räupchen in den Knospen der Fichte, konnte aber den Falter nicht erziehen. Nach Hrn. Saxesen kommen sie am ganzen westlichen Harze von der Spitze des Kahleuberges bis in die Thäler und Vorberge vor, also von 2200' bis zu 800' hinab. Meist findet man die Räupchen nur an jungen Fichten, seltner an starken Bäumen. Das auskommende Räupchen bohrt sich wahrscheinlich zu Ende des Juli oder im August, in die Rinde eines jungen Trie- bes nahe unter der Endknospe ein. Nie fand Hr. Saxesen diese Bohrstelle mehr als 1" weit von der Endknospe entfernt. Ein Bohrloch ist nicht sichtbar, wohl aber erkennt man die Stelle des Ein- bohrens an einem Harztröpfchen, welches dort ausquillt und erhärtet (s. Fig. 4x" bei a). Im Baste frifst sich die Raupe einen gewöhnlich spiralfönnigen Gang bis zur Spitze des Triebes. Hier scheint sie erst das Innere der Seitenknospen und zuletzt das der Endknospen auszufressen (s. Fig. 4x'). Der leere Raum ist zum Theil wieder durch den Koth in Form eines braunen oder schwärzlichen Wurm- mehles ausgefüllt. Wenn die Knospen an der Spitze des Triebes nicht hinreichen, um die Raupe bis zur Verwandlung zu ernähren, so frifst sie sich wieder abwärts einen Gang im Baste des Stängels, keineswegs aber in der Markröhre, die man nie ausgefressen findet. Nur einmal fand Hr. Saxesen eine solche abwärts fressende Raupe (Fig. 4x"). Ob diese zur Verwandlung in die Endknospe zurück- gekehrt sein oder vielleicht eine Seitenknospe zu diesem Zwecke aufgesucht haben würde, möchte schwer zu entscheiden sein. Die ausgefressenen Knospen unterscheiden sich von den gesunden im äu- fseren Ansehen fast gar nicht. Das einzige Merkmal, woran man in der Regel das Vorhandensein der Raupe erkennt, ist das oben erwähnte Harztröpfchen, welches besonders im Frühlinge durch die Win- ternässe getrübt erscheint. Gewöhnlich ist nur eine Raupe in einer Knospe. Im Jahre 1837 sähe Hr. Saxesen aber auch einmal zwei darin. Die Verwandlung gelit bei der ersten Frühlingswärme, ge- wöhnlich im März, vor sich und zwar in der ausgefressenen Knospe. Im April 1836 fanden sich die Räupchen nur noch sehr einzeln. Sie hingen in senkrechter Stellung mit dem Kopfe nach unten (s. Fig. 4x"'), selten in den Seitenknospen. Im Jahre 1837 verpuppten sich dagegen die von Hrn. Saxe- sen mir geschickten Räupchen schon im Winter. Das Ausfliegen findet wahrscheinlich an der Spitze (*) Unter den mir von Hrn. Saxesen geschickten Puppen fand ich eine, welche der Bergiella in allen Stücken vollkommen gleicht, sich aber höchst bestimmt unterscheidet dmxh kürzere, nur bis zum Ende des 2ten Fufspaares rei- chende Fühler. Da ich Männchen und Weibchen der Berr/ielln hatte, so konnte auch in dieser Hinsicht keine Ver- wechselung möglich sein und es ist gewifs: dafs neben Bergiella in den Pichtenknospen noch eine zweite Blasto- tere wohnt. 248 Specieller Theil. der Knospe Statt, sobald sich die Schuppen bei der Sonnenwärme zurückbiegen. Hr. Sasesen fand sie wenigstens nach dem Ausfliegen häufig zurückgebogen. Die Flugzeit ist Ende Juni und Anfangs Juli. Das Ablegen der Eier, welches wahrscheinlich an der Rinde in der Nähe der Endknospe ge- schieht, konnte nicht beobachtet werden (*). Forstliche Bedeutung und Begegnung. Bis jetzt kann man dies Insect kaum merklich schädlich ansprechen, da die Zahl der Individuen immer nur beschränkt gefunden wurde. Bei an- sehnlicherer Vermehrung könnte es aber wohl merklich schädlich werden, da durch jede Raupe min- destens ein ganzer Trieb, oft ein ganzer Quirl, zu Grunde gerichtet wird. Die Vertilgung würde dann aber grofse Schwierigkeit haben, da man, wie schon erwähnt, die bewohnten Knospen sehr schwer er- kennt und es grofse Arbeit machen würde sie zu entfernen. Es wären dann allein nur die Leucht- feuer zu versuchen. Der Frafs kommt fast immer nur in 3-6' hohen Pflanzen vor und in diesen dürfte ein grofses Feuer schon auf weite Strecken hin leuchten. Ich habe noch einige Motten aus verklebten Kiefernnadeln gezogen, sie sind aber so erstaunlich klein und die Beschädigungen würden, selbst wenn sie in gröfserer Menge vorkämen, so unbedeutend sein dafs ich den Umfang dieses Werkes durch ausführliche Beschreibung derselben nicht vergrü- fsern darf. Zweite Abtheilung. Laubholz -Motten. Sie halten sich eben so bestimmt auf dem Laubholze, wie die vorigen auf dem Nadelholze lebten. Sie sind die unwichtigsten für den Forstmann, wefshalb nur einige wenige Arten hier beschrie- ben werden sollen. Am Meisten Beachtung verdienen noch die ziemlich grofsen, weifsen, mit 30-50 schwarzen Punkten auf jedem Flügel versehenen Arten, welche gewöhnlich unter dem Namen padella zusammengefafst werden, aber eigentlich zu 3 Arten gehören, der: 1. Ph. T. (Hyponomeuta) padella Linn. (Taf. XVI. Fig. 1f rechts u. 1f links oben. (**). 2. Ph. T. (Hypojiomeuta) cognatella Hübn. (Taf. XVI. Fig. 3.) 3. Ph. T. (Hyponomeuta) evomjiuella Linn. (Taf. XVI. Fig. 2.) Chaeactekistik. Die Falter sind einander sehr ähnlich; schneeweifs mit dunkelgrauen Hinterflügeln und dunkelgrauen, grau oder weifslich gesäumten Unterseiten, auf dem Rücken des Rumpfes mit 7 schwarzen Punkten. T.evonymella und cognatella haben beinahe 12'" Flügelspannung. T. padella mifst dagegen selten bis 10"'. Alle 3 führen schwarze Punkte auf den Vorderflügelu : die evonymella etwa 50 auf jedem, cognatella (*) Hr. Saxeseu, dem ich diese interessanten, genauen Beobachtungen verdanke, fügt ihnen noch Folgendes hinzu. Auffallend ist es, dafs man schon ganz früh im Frühlinge, während die meisten Raupen noch unverpuppt sind, an der Basis einer der, unmittelbar unter der Endknospe sitzenden Seitenknospen, selten etwas tiefer, in der Rinde des Triebes häufig eine kreisrunde oder auch zusamraeugedrückte Öffnung findet (Fig. 4s""), ähnlich dem Bohrloche eines kleinen Käfers. Die Endknospe ist dann immer nebst den Seitenknospen ausgefressen wie gewöhnlich, allein es ist meist kein Thier und nur zuweilen eine Raupe oder Puppe darin zu finden. Manchesmal sind die Knospen auch leer, wenn die Öffnung nicht da ist. Die Entstehung der letzteren ist also sehr räthselhaft. Das Eingangsloch des Räupchens kann es nicht sein, denn dies läfst sich fast immer durch Verfolgung des Raupeugauges an einer andern Stelle nachweisen, ist auch äufserlich nicht sichtbar. Wenn es das für den Falter vorbereitete Flugloch wäre, so müfste es immer vorhanden sein. Das Flugloch eines Schmarotzers kann es auch nicht wohl sein, da sich noch Ranpen und Puppen öfters neben demsel- ben finden. Wahrscheinlicher ist es: dafs neben der Mottenraupe die Larve von irgend einem andern Insect, etwa eines Rüsselkäfers, in den Knospen haust und aus diesen im Herbst herausgeht, um sich in die Erde zu verpuppen. (**) Durch einen, erst nach dem Abdruck der Platte bemerkten Stichfehler hat die obere Figur links an Statt l die Ziffer 3 erhalten. Tinea padella, cognatella, evonyjiella. Vorkommen und Lebensweise. 24y imd pa(.U'U<( aber kaum 30. Die beiden letzteren untersclieideu sich uiiu wieder, aiifser der verschiede- nen, doch zuweilen triiglicheu Gröfse, dadurch, dafs die Franzensäunie der Hiuterliügel bei padella ganz grau, bei mpiatella aber mehr weifslich sind, besonders gegen die Spitze hin (*). — Die Rau- pen sind l()-füfsig, nach vorn und nach hinten ziemlich autialleud verschmälert, mit grofsem Kopfe und getheiltem Nackeuschilde. Die ziemlich langen, gelbbraunen Ilaare der Oberseite stehen auf schwärzli- chen Wärzchen. Auf den Haiiptwülsten des 2ten bis 12teu Ringes stehen 2 grofse, schwarze oder braunschwarze, die beiden mittelsten Haarwarzeu von aufsen einschliefsende Flecken. Bei T. evony- mella befinden sich aufserdem noch auf den Keilwülsten des 4ten bis Uten Ringes, hinter den grofseu Flecken der Hauptwülste, 2 kleinere haarlose, die mittelsten Haarwarzen nicht ganz berührende, braun- schwarze Flecken (s. Fig. 2/), von denen h&\ padellu, und cotjnafella (s. Fig. IIa. '61) keine Spur vorhan- den ist. — Die Raupen der coynatella (F. 3l) sind die dicksten und gröfsten (bis 9'" laug) und die A%\- pa- della (F. li,) die schlanksten. Die der padella sind grau, bald mehr grünelnd, bald mehr gelbelnd, die der cognatella und evomjmella gelb, die ersteren blasser und reiner (**). — Die Puppen ziemlich ge- streckt, die der cognatella bis 5'" lang, die andern etwas kleiner. Sie unterscheiden sich übrigens sehr leicht dadurch, dafs bei evoniiinellu die Afterwulst gar keine Borsteuhaare, sondern nur Spuren kleiner Dörnchen zeigt (Fig. 2p), während padella und cognatella (Fig. 3 p) 6 hakige Borstenhaare haben. Die Puppe der cognatella pflegt ganz blafsgelb zu sein mit Ausnahme des dunkleren Hinterleibseudes und der schwarzen Augen. Die padella aber ist am Kopfe, Rumpfe, und ganz oder zum Theil an den Flügeln und dem Hinterleibsende, schwarzbraun. Vorkommen und Lebensweise. Wahrscheinlich sind alle 3 Arten durch ganz Europa ver- breitet, wenigstens hört man von der T. padella als einem sehr gemeinen und unangenehmen Insect so- wohl in Frankreich und England, als auch in Rufsland und Schweden. Bei der noch ziemlich allge- mein bestehenden Namenverwirrung, besonders in Bezug auf die Raupen, ist aber noch nicht zu be- stimmen: welche dieser 3 Arten einer Gegend etwa fehlt, oder wie sie über die Gewächse verbreitet sind. Nach den Erfahrungen dieses Sommers mufs ich glauben, dafs man sich früher in der Angabe der Gewächse geirrt habe, oder dafs von einer Raupe sehr verschiedene Gewächse angegangen wer- den. Meine evonymella fand ich in grofser Menge auf Prunus Padus, der noch dazu ganz in der Nähe von nicht abgefressenen Evomjmus stand, und auch früher schon mehrmals, wenn ich nicht sehr irre. Dagegen sähe ich padella nur auf Sorbits aucuparia, Primus spinosa und mehreren Pyrus- und (*) Treitschke (IX. pag. 218.) läl'st für padella nur die bleifarbig gefleoliten Exemplare gelten, wie solcbe z. B. bei Hühner (Taf. 58. Fig. 393-395.) abgebildet sind. Ich erhielt von Hrn. Graff ein solches und sähe bei Hrn. Bouche mehrere (s. Fig. 1 f rechts), halte sie jedoch nur für Varietäten, da ich unter den äufserst ähnlichen, aus meinen grauen Raupen erzogenen, kleinen punktarmen Individuen kein einziges livides Exemplar erhielt, wohl aber, nachdem sie abgeflogen waren, einzelne bleifarbig gefleckte sähe. Ein Grund melir ist, dafs Treitschke selbst sie für sehr sel- ten erklärt und von der Raupe und deren Nahrung gar niclits weifs. Auch erhielt ich von andern Sachverständigen nur ganz weifse Exempl. für ^jofW/a (Fig. Iplinks oben). Westwood (Loudon's Gard. Mag. Oct. 1837. p. 435.) scheint dieselbe Ansicht vom Variiren der bleifarbenen Flecke zu haben, denn er sagt: „Extremely variable: some exemples having the grouud of the anterior wiugs white, others with the costa livid, and the inner margiu white; some with a livid or pale lead-coloured central cloud; others, again, entirely of a pale or deep lead colour; and all intermediäre shades occur: the number of spots also varies (Stephens Illustr-. Brit. Ent. Lepid. Vol. IV. p. 243.). (**) Im Sommer 1839 habe ich mich auf das Bestimmteste überzeugt, dafs die früheren Zustände auf die angegebene Weise sich unterscheiden, und zu den, von den Auetoren benannten Faltern so passen. Ich habe sie alle 3 zugleich er- zogen. Diejenigen, welche die gelben und grauen Raupen anders unterbringen, müssen daher nothwendig im Irrthunie sein. So z. B. nennt Treitschke die cognatella sammtartig grau und Bouche (Naturgesch. S. 127.) die eroiigmeltn grau. Vielleicht kommt dies daher , dafs padella während einer früheren Häutung gelb erscheint und dafs ganz unpas- sende Gewächse zur Bildung der Artnameu gewählt wurden (s. Vorkommen). Band U. 11 250 Specieller Theil. MesjnlKs-Arten fressend. Die cocjnateUa aber, die ich früher auf Apfelbäumen gesehen zu haben ver- niuthe, frafs nur auf Evomjmus^ wie ich in 2 ganz verschiedenen Jahren bestimmt gesehen habe. Die einzigen Unterschiede in der Lebensweise, welche ich bemerkt habe, bestehen in Folgendem. T. co- ynutella verpuppte sich auf dem Spielbaum am Frühesten und padella auf der Eberesche am Spätesten. Die Cocons von evonymella und co(jnatella hängen in den Gespinnsten in grofser Menge dicht bei- sammen und sind ganz undurchsichtig. Die der pacJella aber sind ganz dünn und durchsichtig und hängen mehr einzeln und gestürzt. Die Haupt-Flugzeit fiel jedoch so ziemlich allgemein zu Ende Juni und Anfangs Juli. Die Weibchen legen dann gleich ihre Eier ab. Mir ist es nie geglückt, dies zu be- obachten. Nach Hrn. Westwood (London' s Gard. Mag. Octbr. 37. pag. 437.) soll Hr. Major {Treatise pag. 51.) zuerst das Eierlegen gesehen haben. Er fand am 29. Juli das Weibchen (angeblich von T. padella) wie es die eben gelegten Eier mit einer gummösen Masse überzog. Als die Schicht am 19. October untersucht wurde, fanden sich 26 Räupcheu, die noch nicht ihren Aufenthalt verlassen hatten. Er meint, sie zögen dann schon einige Nahrung aus dem Safte der Zweige, verliefsen aber je- denfalls ihren Geburtsort nicht eher als im nächsten Frühjahre. Dagegen meinte Mr. Lewis, dafs die Räupchen erst mit dem Laubausbruche auskröchen. So habe ich es auch nur immer gesehen, und wenn das Auskriechen der Räupchen wirklich zuweilen schon im Herbst vor sich geht, so möchte es doch auch zuweilen anders sein. An Sträuchern von Evomjmus, welche im Sommer mit Raupen, Puppen und Faltern beladen gewesen waren, konnte ich im nächsten Winter bei der sorgfältigsten Nachsuchung nicht eine Spur des Insects finden und ich mufste vermuthen, auch die Eier lägen versteckt, vielleicht unter den Deckschuppen der Knospen, Dies bestätigte die Frühjahrsrevision. Am 5. Mai, als eben die ersten Knospen sich öffneten, fand ich auch die ersten Räupchen in denselben. Noch ehe die Blätt- chen sich hatten entfalten können, waren sie von den Räupcheu wieder zusammengesponnen worden. Diese eigenthümliche Gruppe führte mich auch zuerst auf die Entdeckung der Räupchen, die so klein waren, dafs sie eben erst ausgekrochen sein mufsten. Gegen alle diese Beobachtungen streiten die Nachrichten von Hrn. Schmidberger (Kollar scliädl. Ins. S. 234.), welcher sagt, dafs 20-30 Eier nahe bei einer Knospe auf einen Haufen gelegt würden, dafs die Räupchen noch im Herbst auskämen, eine Zeitlang weideten, und sich vor Winter gemeinschaftlich einspännen. Von dem ersten Erscheinen im Frühjahre an machen sich die Raupen immer mehr bemerklich. Sie spinnen immer mehr Blätter zusammen und auch die Blüthen, so wie diese zum Vorschein kommen. Diese Gespinnstnester sind mit unzähligen Fäden nach allen Richtungen durchwebt, so dafs sich die Raupen wie an Strickleitern in jeder beliebigen Richtung vor- und rückwärts bewegen können (F. 1 l). An der Erde können sie sich ih- rer Beine aber nur ungeschickt bedienen. Beunruhigt man sie in ihrem Neste, so lassen sich viele au Fäden in grofser Eile zur Erde herab. Nach Hrn. Westwood fräfsen sie nur das Pareuchym der Oberseite der Blätter und verliefsen das Nest, so wie jenes verzehrt sei. Meinen Beobachtungen zufolge thun sie dies nur in der Jugend, denn später sähe ich sie immer die ganzen Blätter bis auf die Rippen abfres- sen. Bieten ihnen die Blätter im Gespinnst keine hinreichende Nahrung mehr dar, besonders wenn ihrer viele in demselben sind, so verlassen sie es, um neue Blätter zu suchen und neues Gespinnst um dieselben anzulegen. Aus den leeren Gespinnsten sind also die Raupen nicht ausgezogen um sich zu verpuppen. Die Verpuppung erfolgt stets im Gespinnst selbst um die Mitte des Juni, bei cogna- tella und evonymella in dichten Massen (s. Fig. 3c). Die Cocons haben etwa die längliche Gestalt von Gerstenkörnern. Nach 2-3 Wochen arbeitet sich der Falter daraus hervor. Forstliche Bedeutung und Begegnung. Diese Motten kommen zwar auf den eigentlichen Waldbäumen nicht vor, allein sie berühren doch den Forstmann in dem Falle, dafs grofse Obstanlagen, Ebereschen, Traubenkirschen und Schwarzdorn seiner Aufsicht anvertraut sind. Der Schwarzdorn Tinea complanella. Chaeacteristik. Vorkommen und Lebensweise. 251 wurde z. R. im Lödderitzer Reviere^ wo er wegen des Verbrauches für Gradirwerke so wichtig ist, im Jahre 1839 gänzlich abgefressen. In Beziehung zu diesen Hölzern sind sie wenigstens merklich schäd- lich zu nennen, da sie nicht blofs Blätter und Blüthen verzehren, sondern auch die Früchte verdorren machen (Schmidberger). Die Gärtner, namentlich Hr. Richter in Louisium bei Dessau, nennen sie sogar sehr schädlich, wohl auch defshalb, weil der widrige Anblick der weifsen Nester und der ent- blätterten Sträucher und Bäume, die oft herunterhängenden und den Vorübergehenden in die Augen fliegenden Gespinuste die Unannehmlichkeit in Gärten noch vermehren. Im Juli d. J. 1837 sähe Herr Westwood {Gard. Mag. p. 434. Octbr. 1837.) alle Apfelbäume an dem Wege zwischen Abbeville und Paris durch die Raupen (angeblich der podclla) entblättert. Die Gewebe hingen von den Z\Yeigeu her- ab wie Festons und die Erde war nahe den Stämmen wie mit Seide tapezirt. Manciie Arten von Äpfeln (doch wohl nur zufällig), wie auch die Birnen, waren frei davon. Nach seiner Rückkehr nach London erfuhr Hr. Westwood, dafs die Motte auch rund um London herum gehaust habe,' obwohl weniger ausgedehnt als in Frankreich. Begegnung. Am Leichtesten vertilgt man sie durch Abschneiden der Gespinnste Anfangs Juni. Sind sie nicht gar zu häufig, so ist dies auch leichter ausführbar. Was man nicht mit der Hand errei- chen kann, mufs mit der Gartenscheere abgeschnitten werden. Das von Hrn. Westwood (a. a. 0.) mitgetheilte Mittel: mit kräftiger Seifenlauge mittelst Giefskannen die Gewebe zu begiefsen, ist zu um- ständlich und läfst sich höchstens im Garten an niedrigen Sträuchern anwenden. 4. Ph. T. {Elachista) complanella Hübn. Eichen- Minirraupe. (Taf. XVI. Fig. 4.) Characterlstik. Der Falter (Fig. 4f) hat bis 5'" Flügelspannung und 2'" Länge. Die Fühler des Weibchens etwas dunkel geringelt , des Männchens stark wimprig behaart. Die Vorderflügel lan- zettförmig und nebst Kopf und Rumpf bräunlichgelb, gegen die Spitze etwas dunkler, die Frauzensäume au der Spitze eben so, aber am Inuenrande ins Graue übergehend. Die sonst linienförmigen, sehr schmalen Hinterflügel sind sammt den aufserordentlich grofsen Franzensäumen hellgrau. Die Unterseite bräunlich- grau, und nur die Franzen an der Spitze der Vorderflügel braungelb. — Die voll wüchsige Raupe (Fig. 4l von der Seite und 4l" von unten) 3'" lang, sehr stark zusammengedrückt, gelb, nur Kopf und Afterring etwas dunkler. Nur die 3 Paar Brustfüfse als kleine Wärzchen angedeutet und die After- füfse als 2 dicke Wülste unter der Afterklappe halb verborgen. Die Wülste, an welchen die Bauch- füfse stehen sollten, etwas stärker als die der übrigen Ringe vortretend, mit einem, wulstige Ränder zeigenden Grübchen versehen. Behaarung (Fig. 4l und 4/) äufserst fein und von der gewöhnlichen sehr abweichend. — Die Puppe (Fig. 4p) bis 2,5'" lang, sehr gestreckt, hell bräunlichgelb. Flügel die Hälfte des Körpers weit überragend, sehr schmal. Die Fühler nur bis zum Ende" des 2ten Fufs- paares reichend, das 3te die Flügel überragend. An der letzten Hälfte des 2ten bis 5ten Ringes eine Reihe äufserst schwacher Dörnchen. An der Afterwulst 2 divergirende kegelförmige Dornfortsätze (Fig. 4 p). Haare sehr fein und einzeln. Vorkommen und Lebensweise. Die Eichenmotte kommt wahrscheinlich durch ganz Deutschland vor. Wenigstens habe ich sie schon in den verschiedensten Gegenden, sowohl der Ebene wie der Vorberge, gesehen. Die Räupchen leben innerhalb der Eichenblätter, besonders an jungen Stockausschlägen, wo sie sich, vermöge der kleinen, warzeuähnlichenFüfschen und der eigenthümliciien rauhen Stellen leicht unter der Oberhaut fortschieben können. Diese erhebt sich dadurch in Blasen und stirbt ab. Oft sind viele Räupchen in einem Blatte und dann erhält dies ein weifsscheckiges, schon von fern bemerkbares Ansehen (s.das auf Taf. XVI. abgeb. Eichenblatt). Gegen Ende des Juli werden diese Flecken zuerst sichtbar. Die Räupchen überwintern in den meist abfallenden Blättern und im nächsten Mai oder Juni schlüpftdie kleine Motte aus. Ii2 252 Specieller Theil. Die FORSTLICHE Bedeütung des Insects ist nur geriug, da nie so viele Blätter befallen werden, dafs die Saftbereitung für das Gewächs darunter bedeutend leiden sollte. Es mufste der Erscheinung hier nur erwähnt werden, da sie dem Forstmanne, wo sie vorkommt, sehr auffällt. Eine ähnliche ist die schon im ersten Theile (ed. 2. pag. 155.) bei Curciclio {Orchestes) Querais L. erwähnte. Die Larve dieses Rüsselkäfers erhebt die Epidermis auch in weifsen Blasen, aber man erkennt hier stets den An- fang des Larvenganges an seinem feinen und geschläugelten Verlauf. ANHANG. Es giebt nur wenige Motten, welche hier noch eine Stelle verdienten, denn, wenn auch mehrere die ihnen abgehende Gröfse durch die Menge, in welcher sie vorkommen, zu ersetzen suchen, so sind sie doch auch in dieser nicht vermögend den Holzpflanzen nur einigen bemerkbaren Schaden zuzufü- gen. 1. Ph. 2'. ^»•oa;('?we//a Hübn. (Birken motte). Der Falter bis 7'" breit. VorderÜügel bläulich- grau, mit 10-12 dunklen Punkten und Fleckchen. Hinterflügel dunkelgrau. Die Raupe über 6'" lang, weifslich-grün, mit einer Rückenlinie und 2 Seitenstreifen von röthlichem Schimmer. Die sparsamen Här- chen auf schwarzen Wärzchen. Flugzeit Mai. Die Raupen leben wicklerartig auf jungen Birken, nach Hrn. Saxesen oft recht zahlreich. — 2. Ph. T. prtmieUahinn. (Schlehenmotte). Der Falter nur höchstens 6'" breit. Die Vorderflügel glänzend hellbraun, mit schneeweifsem Innenraude und einem goldbraunen, in der Mitte durch einen schrägen Querstrich gekreuzten Längsstrich der Mitte. Die Hin- terflügel grau, etwas bläulicli schillernd. Das höchstens 5'" lange, fein und sparsam behaarte Räupchen hellgrün, selbst zuweilen hellgelb, mit braunem, hornigen Nackeuschilde und Kopfe, auch bräunlichem Afterklappenschilde. Flugzeit im Juni. Die Raupe lebt im Mai auf mehreren Pyrus- und Pruiius-Av- ten in den zusammengerollten und ausgesponnenen Ecken der Blätter. Von ßechstein sogar zu den mehr schädlichen gerechnet, weil sie die Blüthen einspänne. — 3. Ph. T. Goedartella Linn. (Erlen- blüthenmotte). Der Falter fast 7'" breit. Die Vorderflügel mit abwechselnden Gold- und Silber- zeichnungen. Von Silber sind 2, am Vorderrande entfernte und hier einen Fleck einschliefsende, ge- gen den Innenrand zusammenlaufende Querstreifen und aufserhalb derselben noch einige. Die Hinter- flügel grau mit einzelueu Goldstäubcheu. Das nur sehr kurz und sparsam behaarte, kleinwarzige Räup- chen über 5'" lang, entweder mehr rothbraun oder grünlich mit röthlichen Einschnitten. Die gewöhn- lichen, hornigen Theile schwarzbraun, zuweilen auch heller. Die Flugzeit Juni. Die Räupchen werden im Frühjahre in den männlichen, gröfstentheils zerstörten Kätzchen der Birke (Treitsch ke) und nach Hrn. Hartig {Conv.-Lex. S. 164) auch der Erle, eben so wie in der Rinde dieser Bäume gefunden. Gewifs istdie Verwechselung mit meiner «wertto;*« (s. pag. 237.) sehr leicht möglich. — 4. P/t. T. Leuwenhoeckella W. V. {Schmkltella Tr.?). Der Falter kaum 5'" breit. Die Vorderflügel dunkel goldgelb, mit 6-7 auf einer Seite schwarz gesäumten Silberflecken, deren 2 öfters zu einer Binde verfliefsen. Hinterflügel äufserst schmal, grau, metallisch, sehr lang gefranzt. Von Hrn. Zebe aus Lärchenbaumrinde erzogen. — 5. Ph. T. Clerckella Linn. (Pflaumenlaubm otte). Der Falter kaum 4'" breit! Die Flügel aufserordentlich schmal: die vorderen silberweifs, gegen das Ende mit brauneu Flecken und einem schwarzen Spitzen- fleckchen am Ende einer weifs und braun gefiederten Zeichnung. Die Raupe (nach Hübn. Tin. VL Äluclfaefonn. A. Fig. a-c.) wenig über 3"' lang, mit deutlichen Füfsen, grün, am Kopfe und dem letzten Ringe braun. Nach Hrn. Saxesen wohnt die kleine Larve in grofser Menge in braunen rundlichen Plätzen im Diachym der Kirschenblätter, und nach Hrn. Westwood (Loud. Gard. Mag. Nov. 37. pag. 524.) auch in den Blättern der Birnbäume, deren Früchte dadurch litten. Flugzeit nach Treitschke im September, nach Westwood im Mai und Juni. Ich vermuthe indessen, dafs hier verschiedene Ar- ten (s. Hübn er Taf. 28.) gemeint sind, indem die kleinen Thierchen so winzig sind, dafs man wenig Verschiedenheiten an ihnen auffinden kann. Q^t,- ^ru-Arty-jT,-,, JicJ^,in^y/"-ry.' ./>v ,^/„//,; ,un/ //{,>»/„■,< r,ryv..J.,r,/. Lvp. '/äf. l. lf.,/-.>-octua. !•..>--.? l-a,nHo. T. <;-/^ Tox-tx-xx. B.p. //-/2 Bon.\^ pi-oceffioxxea . B. /5-2/BomW. S. ^2 - .?^ SpTm^ . J/-//(/a//4//^' -yrri/ -//y/if l:iy',i //i //!<■/■// /it/J- t^y"^////'^' Lrf,. Tu f. II. Papilio. l. Cia(;ie<>i, '2 . ToKfliloi-os . ,~. l'iuastri. iiuii- jn^/»"' ■•■' '■" r" L,'i>.ihr.iii. Plinlaciia Boinb'V'x C'osrua . 2 . Aesi'iili . S e 1 'i a 3. apiforinis . -i . at'ilil'oiMiÜ!- .*<■ Lep.Tar.lV. Phalaena . *15 ^iX Boinbyx Cossus / /f / ^w^« m . d . l'iippenJmUt / , Terebra ^ ^.Äi«^e «. /V/"^/ ' Aesculi /Ji:>K?//<9'«J-«'«r/' n ■ fitp/milmU J. Scsia apiformis /' F. '/ . /ütiipfti i Verpuppuny fertig u . Pufpenhdtsfn J . ,'Vr/./y//r/. /T //.//_^.:^v^. Lop. Ta£ J: *-«> V *<,<»> P h a 1 a e iia Born b v:?c L. rlispai-. 2. Moiiat-ha. ?t . Salicis. t. dii-vforrkoc a . 3. aurifhia (Ofni. ':^a/^/^^yK,a< t!^a^u// .jc/^iü/ucJtrA^ t /a/^^ H^i^^^.iX^t^^. Lep Taf.Vl ••-■ !«-■ Plialaena . Bombyx vXiVy ^arr\\ocVi f F. /. SchriHtmmeur, !. WüiU^ . Raupennt^l J , ^nriSX-wn / .T ScfimammderJ , AisTpa.r / -i^. ScMtrammfirrJ. Salicis f o. Puppen , ßSchaamtirrJ , Mouacha // Eifi- , r/'. auskritffitjiitt Bäupc/itn . Jf Jiäiipc/ien vtrifKj. ) y. ' yr//^/>'/^'''////r . /^/r//^ • -4///^/ Lc^. Ihr. ni. Pli a 1 a e u a T\ o uvli vx Piiii. <2yM^u///r//f /% /<^rÄfZ /', J^//< frA^^f///r//f' / , jKr rÄfZ,/^//<\/' i^/l 7141 hir/. ^rfv'j/e.} Leu. Taf. r/71. Plxal a eiLa B oiii.T);y:x: 1. neiLstria 2 . procesüoive a . 3. pitvocainpa. 4. lanesU-is --./i*^/ ..J .<. /-.-.-r .1 /;. ,„„J> naUiH Or^ffi ' Zop. nr IUI - r^..- ^>"-\m'-' f Pia la eiL a Lrp.Taf.lX \/% l'S im '< 4^=' •-■^'"^-'"fet.^.^iäi:^ .,^:=.. I'haliirii.'i . ßumiryxiprocessionea ^ F. /. Eier u yerpnppiuiijn-ne.H J , uriistria f 'J ^'J. Kür, i (iiccii J , \Mnvs\r\sS.TiMJi"npfnfifjrt, Lei). 7h/: X BontbA'x 1. piidibiindci . cori'iilcoccpliala ^oc t Ti a »•.^inipcrda. .). iinaat a. 6. defoliaTia. . Tr^ff"! «^ «n'- ■«'■^ »fy* ■ J2^^aV/^r/,'^^ J^i:^j:ya//n ,/n .%■/,/. //,JA^ Lep.7hf.:KlL. Pltal a ena Toi' fTlX l.coiiiferana . 1 Clausflialiaiia . ö . llatzebui-giaiia . 4. Tiercyiiiaiia . 5. üfü-ioiiaiLa . 6, 7. dorfaaia. 8.ftrol)ilajia. 9 . pyg'inae ana . lO.naiLana. 11 . HaTtigia^ia . «^* ,r Ä-^r*«:? ^ (?SI^.,^^^/.//////^v/ . /h>/A\jr/,rrr///r^> . /.„/rl .%/^r .^Ar/A»/A.//,l ^^'7^ Lr/j. 'Ihr.XIR. r li a 1 a c 11 a T o r t r i X l.fU-obilana. ü. picrana ö. i. Katzebm-giaiia. 3-6. hifti-ionaua. 7. Iunc%nii:uia . 8. pyomaL-ana Lcjj. 7a/:xji: Plvalaeira T o r t rix ri-rmana. 2 cosuioplioi-ana . 3. (la-ioiiaua. -i- Buoliaiia ö. Riiplaaia. 6 picoaiia . ." pomonaaa. 8 viiid aiia . 71 IHrnirr „J n-rl: ,M ,t j\: Lep.Taf.Xl'. bl P li a 1 a e 11 a Tinea l. sylvcstrella. 2. abietella. 3. larLcinella . 4. BcToiolla. 3. KeilCsiella . Tortrix G. ZeLeana . , JtatzfiuTj/ e^ M^o 2?Mc/uf t. ffa^O TroJc/u/ .1 Zep.Taf.XVL P li a 1 a e 11 a T i n e a Lpaäella. 2. evonAnuclla. 5 . co^'uateUa . 4. complanclla . INSERT FOLDOUT HERE INSERT FOLDOUT HERE INSERT FOLDOUT HERE INSERT FOLDOUT HERE